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Full text of "Ullerband Sprachdummbeiten"

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Allerhand 
sprachdumm 

. kleine 
deutsche 
grammatik ... 





Gustav Wustmann 



REESE LIBRARY 




OF THK 



UNIVERSITY OF CALIFORNIA. 



%eceived AUG 20 1894 . 189 . 

•ylccessions No. 



-U— U— U— U U— U U LI— U U U—U LI U U u LT" 



riurm (gebiete citirt, auf ein <SScbict)t angefpictt tourbc, an bem mir uns entweber 
frlbft nodj in jüngrrn ^nftren, ober an bem unfre CEltrrn unb QJroficltern fic^ etnft 
erbaut unb erweitert fjaben, baS uns beute lote ein <2tttcf alten, beifette gefegten 
.fcnuSratcS anmutet, baS §alb üerfcfypnm unb oergeffen ift, baS man aber bod) 
gern mieber einmal bcrüorf uriirti uub börcu ober lefcn mödjtc ! «Eine faule Onlir 
fang — Cin jungel Uammcfjen tnctfs tote j&tfjnee — friß fear ein ftenenfguter 
Stange — t?tllmut»j toar etn f riebenfftörer — 9n einem fluß, ber raufdjrnD 
ftüoß — £ttll , toaö fdjletdjt bort fo alleine — 3n jaaprttllf jerfallner fcütte — 
B?einnd) lag bei fetner .Jfitubcrmafjlttn — .rtfttin guter JRtttjtl Hebet mtdj — 
0?let rurjft bu, Karl. Mite toerb' ldj rufjn — Ausgelitten ijart bu, auf gerungen - 
TOaf ift bec JRenfdj? halb Cur. halb «Enge! — «flftftn fcerr Jftater, toollt* er 
tooljl — Jtadj einmal, fiobert. nT toit fdjetben — 3ft benn Xteben etn L>rr« 
brechen ? — Hdj , toenn bu toärfr metn etgen üon biefen uno üielen , Dielen 
nfjitHrtjen ..altmobifrfjnf* Cicbern, ioic oft mörfjte man ftcf) baS eine ober anbre 
gern mieber einmal ins ©cbädjtntS Aiirttcf rufen ! 

ttber ba cutftegt grofic Wot. Ter eine meifi nur bie erfte tfeile nod), einem 
jmetten octiitot cS oicllcidjt, bie gan^c erfte <Sttopl)r noct) 5ufammcnjubriua,en, cin 
brittcr ficuert ein paar SJrotfcn au« ber Witte bei, cin oiertcr befämpft entlüftet 
bie 2cSaiteu aller übrigen unb behauptet, bie feiuige fei bie cdjte. Uub nun btc 
Öragc: ?8ie alt mag bas ©cbid)t moljl fein? EBcr mag ber Dichter (ein? To 
bcOnuptct bev eine, e$ fei ein alte* ©oltSlicb, ben Didjter tcmie man gar nid)t; 
cS flingt mic aus ber (Sentimentalität** ober Qfcnttftrlft, fagt cin anbrer; es 
mirb moljl aus einem aMuicnalmanadj von anno 177;> bis 1780 fein, meint cin 
Dritter ; 0 nein, es ift aus ber ®octl)c=Sd)illcrjctt, fo meuig cS aud) fdnucrifd) 
ober goetgifd) Hingt, erflärt ein oiertcr; cS ift im cdjtcn lieber meierton, behauptet 
cin fünfter, ber mit beut SBortc ©iebermeier in ber N l>oefie eine äljiilidje unflarc 
SJorftellung oerbiubet, mie oiele Seilte in ber bilbenben Äunft mit bem Worte 
Sopf. ©er hat nun Wcdu? »ann niemaitb baS (»ebidtf perbeifdjaffen? 2Öci& 
feiner, wo e? etwa gebrurft fein tonnte? 

Da ift e* in beu meinen fällen rcd)i ftywcr, *u Reifen. ©anj ocrctnjcii 
in j^y^g^^i^i^ggj^iigyiii^otil nud) nodj in untem beutigen 9tnt6o- 
l0 ä|S Bk* 'nn& mau bod) ©djaube galbcr aud; 

fjeufl Btod) jo „jopfig" flingen; merben borti 

tljvjj Bc<d)id)tc gcpnefenl SWcbr nod) udun, 




Digitizdl 



foflnr um SJtcloblcn berfchru, mitten unter alten ©olfSliebero unb allcrfjanb 
jtodfelhaften mobernen (jraeugniffen, in birfleibigen muftfaltfehen Sicbcrfammlun* 
gen. $anbclt ftdjS um eine einzelne Stile mitten aus einem Qkbidjt, fo geben 
toohl WehdjS „dttatenfchal" unb ©Ochmanns „Geflügelte «Borte" wcnigftcnS 
Aber bte richtige SeSart unb über bie $ertunft Auffcblu&, unb ein prächtiges, niebt 
flcnug ju breifenbcS ©uch: „ttnfcre bolfStümltchen ßteber" oon $offmann bon 
ftancrSleben, Bezeichnet fogar bon $unberten folehcv Sicher bie Anfangszeilen 
nWabetifd) georbnet unb giebt genaue litterarifehe Wach weife baju. Aber wer 
Irfiafft bie fiieber fclbft gerbet? Die meiften ftanben in alten DeflamattonSbüchcrn 
unb in beu Sammlungen, bie am Cfnbe beS borigen unb ju Anfang unferS 3aht ; 
bunberts au allerhanb lehrhaften ßweefen für bie 3ugenb aufammcngcftcll: mürben. 
«Iber wo finb biefc ©fleher geblieben? Die gute lantc mag wohl nod) ein* bc= 
fifcen, fie hat uns ja, als mir noch JMnber waren, oft etwas beßamtrt. ©ewifc 
ftrrft auch noch eins — jerlcfen unb jerfefct — -in ber großen ©üetjerf ifte, bie 
auf bem ©oben ftcht. Aber wer hat ßuft, barnadj &u fudjen? 

Die unleugbare Surfe, bie hiermit angebeutet ift, füllt biefc Cicber» 
fammlung au«. Sie umfafrt bte fcett bon erb» 1740 W$ 1840 unb jerfänt in 
brei Abteilungen. Die erfre Abteilung entfall fabeln unb örjäDIunqen, bic 
jwelte bte eigentlichen Xtrber unb bciwnnbtcS, bie brittc: Pom fC&eeter bringt 
alles, maS aus 6cr)aufbielen , Slugfbiclen, Dtoeretten unb Opern botlStümltcb 
geworben ift. innerhalb jeber ber brei Abteilungen $errfd)t ftreng cbronologlfchc 
Anorbnung ; jcbcS ®cbicr)t trägt bie SahreSjabl feiner erften Veröffentlichung. 
Dte fabeln unb Erzählungen beginnen mit $agcbornS „Sohann ber muntre Seifen* 
fieber" 1788 unb enbtgen mit $offmanuS bon ftaucrSlebcn „«Bcttftreit" 1835 (Der 
fturfutf unb ber fffcl). An ber Sbifce ber zweiten Abteilung fleht baS Sieb, baS 
frfjon ber junge ©oethe, als er im (Jlfafr ©ollSliebcr faminclte, als beliebte? 
ölobelieb oorfanb : .3* liebte nur SSntcnctt," am Schluffe geobor SöweS „ftahnen* 
macht" (Der Säuger hält im ftelb bic 5ahnentoarf)t) Dte brüte wirb eröffnet 
mit bem Siebchen aus Chr. SBct&cS Stngfbiel: „Der Deufcl ift loS" 1761: 
„Ohne Sieb* unb ohne SHein" unb befefj (offen mit ber Arie ber $ulba aus ÄauerS 
»Donauweibchen": „3n meinem Schlöffe ift'S gar fein." Diefc ©renzen werben 
ben reichen Inhalt ber Sammlung ahnen laffen. Dabei ift aber bie Auswahl 
feineSWegS, wie tu fo Dielen Anthologien, mit unnü&em ©aüaft befchwert; Tic 
wirb laum jWei ober brei Wummern enthalten, bie ber eine ober anbre Sefer für 
t entbehrlich halten möchte. 

Aufter ber cfjronologifchcn Anorbnung, bie allein fchon ber Sammlung neben 
• ihrem inhaltlichen Weij auch einen lirteralunoiffenfchaftlichen SBert berlciht, jeichnci 
fie fieh burch größte ftorreltheit be$ XertcS (ber in ben meiften Säuen bireft auf 
ben erften Drucf, in aubern loenigftenS auf bie beften erreichbaren Duellen 
Zurütf geht) unb burch reiche , in einem Anhang beigegebene Utterarifehc Wachweife 
aus. 5ür bic ÖrtinbiichfcU unb Subcrläffigfcit biefer wiffenfrtjaftlichen Seite beS 
©uerjeS bürgt ber Warne bc§ Herausgebers. 

Die oncrlicbfte AuSftattuitg fchliefjt ftch möglichft getreu ber 3elt an, bie 
, bnlKiltniSmäfeig am reichften in ber Sammlung bertreten ift, ber Scntimen* 
talitäts* unb ©enieberiobe , luuftgcfchichtlich gefbrochen bem 9?ofofo. DaS ©uch 
ift mit einer Schriftgattung unb in einer thpograbhifchen Anorbnung aus ber 
3cit um 1770 gebrurft unb mit zierlichen Äobfleiftcn unb Schlu&ftücten im 
Wofofogcfdjiuacf unb einem burch Äubfcrblatte htrgeftellten Ditclblatt gefchmfleft. 
(SS ift fo recht ein ©u<h für 3ung unb Alt, für bte »Iren aber, für Groß* 
betet unb Großmutter, für brn alten enlri unb bte alte Cante ift e# oanj be< 
lonocrf oap uuwitjjtfte fpeieflenRDUqj, mir oem man ite enreucn wann 



9>aS „CBrofcbatcrbuch" bllbet baS Anfang glieb einer Weihe bon anbern 
»ntljologic u , bie, alle im ßufammenhang ftehenb unb einanber ergän^enb, im 
flleldjen Format gebrurft . in bemfclbcn ©erläge erfchienen finb. ftrtb ba« bie 
• Samiuluugiu : 



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<<JJ 12 Sl- gegeben oon Dr. %. St. ft r u t « (^ut SSccfi 

ber Zage - $cr ßiebe Äuft unb fietb — %l\it unb £bbc bc« Ccbeu« 
allerlei $umor — »Uber unb ©eflalten — «efd)auii$c« unb (frbauiKtjcS.) Ul 
600 ©cticit 3u ©attn mit ©olbfehnttt gebunbtn 7 TO , in ?ltlo* ober Staiblebcr 12 3 

Üämpfe tief neunseßnten Safjrfjunberi 

$eraudgeg. bon Dr. (E. $etycf. (8cfrciung$friege — Sin* ber Shricgft&ctt b 
1840 — $rang* unb Sturmjahre - Die 3al)re ber (Ermattung — S)cr franaöfifr 
Srrieg unb ba# neue ÄeläV- 600 ©etten. 3« einfachem fcinbanb 6 SOI . 
Satin mit ®olbfe$nttt 7 SR., in «tla« ober ffalblcbcr 12 TO 

itßallabBUbudl* f* 0 "^" 1 teutf^en »auaben, liomanjen, £tu: 

men bet &aae unb eeft&tfftte unb poettfdjen Cr3üj 

Iungtn. $erau*gcgeben bon Dr. 5. 9t. Ärai*. Über 600 Seiten. 3 
einfachem «inbanb 6 TO , in Satin mit ©olbfdjuttt 7 TO., tu ?ltla» ober Stall 
(cber 12 TO. 

/IPtf c*f Pttllll^lft Cefluatite J®orte, &prtcfjtDörtrr unb &entcn)en. ilv 
\^!!^2ZllllS£ZZal ©runb oon 8eufd)ner* (Sitatenf djafc uoititäitM 
neu bearbeitet oon Dr. $an8 Sfcehrti. Über 6(0 Seiten. 3» ciufadjci: 
©inbanb 6 TO., in Satin mit ©olbfcbnitt i\50 HR., in 9Ula« ober «alblcbcr 1 1 .50 TO 

ffi fejffHrflC X lZittV. £» ^mmlunfl, ber fdjönnen C&orile um 
V£K — I s l&omncn nebft blerftimmlgem Jftotenfat3 bt 

berüDmtcften JReintr. $crau?gcgcbcn bon $rof. Dr. ftre lurf)iit a 1 

*JJaul Stbbe unb Äonftftortalrat Steife Ib. ©cgen 700 Seiten. Sit cur 

fächern «tnbanb 6 TO., in Satin mit ©olbfefmitt 7 SD?., in ?lt(a« ober Ralfr 

teber 12 TO. 

3ebe« biefer 93ü<r)cr ift in )einer Slrt eine TOufterfammlung im toahren 
Stnne bc§ SBortcS, unb fie bttben jufammen eine $au6MMtothcf, tote e5 feine 
ittxitc giebt. SBer Scbarf an Derartigen ©fiebern hat, für ftd) felbft ober ju &c 
lehcufcn, toirb gebeten, in ben JBuchlfibcn nach ben ©runorofehen Sammlungen 
ju fragen, unb wolle fleh ber flcinen TOÜf)c unterbieten, fte mit ähnliche- 
ȟtfjcrn ju Dergleichen. SBer nur einige* littcrartfehc lttteil befitft, toirb fetjon 
beim Rcbcnctiumbcrholtcn ber Slutorcnregifter fehen, no$lau. Sinftdjt ltnb We» 
l'^marf ^crrfa)en, unb wie er ju toä^len ijat. 

3)ic öüa)er fmb {ämttia^ bon berufener UHffenfdjnftUdKTT ^anb jufam- 
mengeftent unb aus bem Scbürmi* itjrcr Sammler gerabc für ba* ©u$ 
fjeroorgegangen, ba« pc fif^ aur Aufgabe machten TOan ift jefct nic^t feOi 
lorifcb gefitmmt in £eutfdjlanb, unb bic 'ißoefte ift ut*&cionbic bei ben drwarhfeni! 
ftarf in ben ^intergmnb getreten. Unb boeb ift ein Sa^ab lebenbiger uiu 
farbiger ^Jorfte bic fa^önftc TOitgabe, bic man fürs öeben ^aben fanu cinCon; 
ber (frqutcfung für jcbcS SebenSalter. 5)e*^alb fönten bic Crtoaetjicncn niaji 
allein fetbft in ruhigen S tun ben einmal nad) folgen ^üc^eru greifen, tote fic 
^icr geboten merben, eB ift audj irjrc ^flie^t, fte ber Sugrnb in bie ^anb flu 
geben, ©ic fon ein geiftig gefunte* Wef^ledjt heranreifen, loenn ber 3ngenb, 
bie heutzutage nur ju leidjt ju einer matcrinliftifrijen ^eltanfrijauung hingeflibn 
toirb, gerabc ba§ ocrloren gc^t ober oevfümmert, luaö uufer SSolt in allen fetnoern; 
Stunben erhoben unb über bic aufsein Jfämbfc unb ^Ötc hina umgeleitet öat: bic 
beutjehe ^Joefic? fiaffen »ir in jebe* junac ^»erj i^ren Stimmer fallen mit 
erhalten mir fic barin tebenbig, e* ift bte befte QteluäOr, ba| c* einft ben 
Stürmen be* ßeben* getoaehfen fein roirb. 

9lber man laffc nittjt iebe* beliebige Sammclfurium , ba» man für ein 
paar ®rojd}cn billiger haben faun, aU Vermittler gelten, fonbem prüfe, 
mo fld) ernftc unb funbige ?tuSioal)l finbet. £a* tuirtlich Conenbete, in 
Jorm unb Inhalt gleich Srtjbue unb SWuftcrljaftc, ba* ebeufo einen rctiun 



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Büerliatttr Spratfjtmmmfieiten 

4$» 



Goog 



2Ulert>ant> 



kleine beutle ©rammntif 
be* gtüeifel^afteii, be£ gn(|d)en uub be$ £ä&üd)en 

©in §tlf*bucf) für alle 
bie )\<f) öffentlich ber beulen ©pra^c bebtenen 

Dr. ©uftaü SBuftmonn 

€M6tbi6lioif|eIac imb Xirettor bcS RaMartyo* in Scipjij 



SünfttS 3e$ntaujctib. 



1892 



Du* i);cil)t Der llberfetyiing MctOt üovbefiaitcr. 



LJ IQI1IZ so Dy 



ed by Godlle 



(Einleifunjj 



Goog 



(Einleitung 



eit einigen Sauren fln& plöfclid) bie klugen 
barüber aufgegangen, ba& ftcf) unfre Sprache in 
einem 3 u f* ait be Der SBernrilberung befinbet. Qmax 
einige wenige l)aben fdjon länger barum geraupt, t)abeu 
aud) warnenb unb malmenb it>rc ©timme erhoben; 
in ben testen jroanjig ^al)ren ift eine ganje 3tetf)e 
von ©d)riften erfcfyienen, bie, balb ruf)ig aufflärcnb 
unb belefjrenb, balb leiben fcfjaftltd) fdjeltenb unb 
fftmpfenb, auf aHerfyanb OTi^ftänbc in unfrer 6prad)c 
aufmerffam gemacht ^aben. 3n engem Greifen ^at 
wobl aud) bie eine ober bie anbre biefer ©Triften gute§ 
gewirft. $m ganzen aber Ijaben fie boef) wenig genügt, 
ba§ Übel ift mit jebem Saljre fcblimmer geworben 
unb macfyt ret&enbe ftortf djritte. 

Seber ©ebilbete weif}, bafj bie ©pradje etwa3 leben* 
btge§ ift, bajj fie bafyer, wie aü*e3 lebenbige, in fort* 
wafyrenber Söeränberung begriffen ift. 9ttand)e fagen, 
biefe SBeränberung fei eine (Smtwtcflung $u immer 
böfjerem unb ooflfommnerem, anbre wollen einen 93evfafl 
barin fef)en. ©ie baben beibe 9^edt)t : ein§ gebt eben 
ununterbrochen neben bem anbern fax, alte§ ftirbt ab, 
bafür blü^t neue3 auf, be3 einen £ob ift be§ anbern 
geben. &on ber gotifd)en SBibelüberfefcung be3 
SöulfUa an bi§ l)erab auf bie ©rjeugniffe unfrer beu* 
tigen $age§preffe $ief)t ficf) eine ununterbrodjne ©pracF;; 




entroicflung ^in. $)eutfch ift aHeS: baS Nibelungen- 
lieb, bie Sieber SöaltfjerS, fiutherS neues £eftament, 
ber SimpliciffimuS, SeffingS Öaofoon, ©oetfjeS Söerther, 
ber letzte ©artenlaubenroman. Slber roelche Unter* 
fdjiebe bajroifchen! Nicht blofe SutherS, fclbft ^effingS 
Sprache mutet uns heutige fdron frembartig an, be= 
barf für ben, ber feine tiefem fprad)gefcf)ichtlichen 
ßenntmffe hat, fchon melfach ber ©rflärung; roaS 
oollenbS über Suther jurücfliegt, erfdjeint unS fchon 
faft roie eine frembe (Sprache, bie überfefct roerben 
muj}, um ©erftanben ju werben. $)afj aber biefe Um-- 
bilbung jemals ftillftünbe, ift gan$ unbenfbar, fie roirb 
auch in 3 u ^ un f^ roettergehen, in ^unbert fahren roirb 
abermals ein anbreS $eutfd) gefprodjen unb gefchrieben 
roerben, als heutzutage. 

ältere fieute folgen ber Umbilbung ber Sprache ge* 
roölmlich mit SÖiberftreben, fte Rängen an ber SluSbrucfSs 
roeife, bie fte fidj in ihrer ßinbheit unb 3ugenb an- 
geeignet haben; bie Jüngern roerben immer bereit 
fein, fid) bem neuen anjuf erliegen. Nun finb aber 
alle Urteilsfähigen — auch bie Jüngern unter ihnen — 
barüber einig, baf* fid) jefct bie Umbilbung unfrer 
(Spraye nicht nur mit einer Schnefligfeit oofl$teht, bie 
in aller Sprach gef dachte nicht ihresgleichen hat, fonbern 
fie haben auch babei in oiel höherm ©rabe ben ©in* 
bruef beS Verfalls als ben ber ©ntroieflung. Nichtiges 
roirb burch falfcheS, fchöneS burch r)äßlicr)e§ oerbrängt; 
faft jeber £ag gebiert neues, roaS ben frreunb ber 
Sprache mit Trauer, ja mit 3 orn erfüllt. 

2Öenn man in einem ber zahlreichen $utjenbromane 
ober einer ber zahlreichen beutferjen 3 e itfd)riften auS 
ben breifnger fahren unferS $ahrf)unbertS blättert, 
fo ftnbet man bort ein $)eutfd), baS gegen unfre h^u= 
tige ©chriftfprache gerabeju flafftfdf) erfcheint; eS ift, 
alS ob auch auf bem unbebeutenbften 3luf fafce jener £eit 
noch «i« 1 ^glanj von unfrer großen fiitteraturperiobe 
am ©nbe beS oorigen unb Anfang biefeS SahrhunbertS 
ruhte. Sraft überall tritt unS eine jroar frembroörter* 
reiche, aber boch grammatifch reine unb richtige Sprache, 
ein leichter, flüffiger Stil, ein einfacher, flarer, über* 



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fid)tUd)er ©afcbau entgegen, ^pfufdjer unb ©d) mierer 
t)at e§ immer gegeben, audj) bamal§; aber ber ®e* 
famteinbruef ber bamaligen litterarifdjen ©rjeugmffe 
ift bod), roa§ bie ©prad)e betrifft, burdjau§ erfreulich). 
Unfre heutige Spraye erfcljeint bagegen nid)t nur 
burcr) unb burdf) anber§, fie erfcfyeint gerabe^u nrie t>er* 
fommen unb oerrottet. Söolnn man bttrft, fieljt man 
jefet Unbeholfenheit unb ©chroerfäfligfeit, ©chnmlft unb 
3iereret, unb roa£ ba§ traurigfte ift, eine immer ärger 
roerbenbe grammatifche gehler haftigfeit. 

Unfre ©prache fchleppt ohnehin au§ alter 3eit 
noch bie fjcffeln einer unnatürlichen ©chreibf prache mit 
fich — ©chretbfprache, nicht ©chrtftfprache! — baju 
bie 9tefte einer umftänblichen, wortreichen, gefpreijten 
Äanjletf prache. (Sine befonbre ©<$riftf prache bat ja 
jebe gebilbete Spraye, unb fie ift burd)au§ berechtigt, 
^n ber Umgang3fpracr)e läßt man fict) geben, ba bilbet 
man oielfach feine ttrirflicr)en ©ciije, man unterbricht 
ficr), fehrt $urücf, fdfn'ebt ein, braucht auch SBörter, 
bie $u fcrjreiben man SBebenfen tragen mürbe — furj, 
man bewegt ftch ba rote im beqmmm £au§fletbe. $n 
ber ©dt)riftfprache nimmt man ftch jufammen, ba legt 
man ba§ ©trafen* ober ©efellfchaftSftetb an. S)ennod) 
ift nichts in ber guten ©djriftf prache, wa§ nicht in ber 
lebenbigen ©prache märe. 3Ber in ber Unterhaltung 
gute ©cbrtftfprache fpräche, würbe nicht auffallen, 
hödhften§ angenehm auffaflen. ©ang anber§ bie ©d)rett>* 
fpradje, ba§ £tntenbeutfch, ber papteme ©til, roie man 
fie neuerbing§ auch genannt J)at, jene wunberlidje 
fchrtftliche 9lu3brud§wetfe, bie nie gefprodjen, fonbern 
immer nur gef daneben roirb, unb bie au§fchlief$ltch 
eine ©igentümlid^feit ber beutfd^en ©pradhe ift. ®ie 
©chretbfprache hat ftd) eine Sftenge Don fingen $uge= 
legt, bie e§ in ber lebenbigen ©prache überhaupt nicht 
giebt; fie fdjretbt ftet§ melier für ber, in welchem 
für worin, berfelbe für er, auf bemfelben für 
barauf, wofelbft für roo, fie bringt bie ©liebmaßen 
ber ©prache in eine oerjerrte unb oerframpfte ©tel* 
hing, fdhretbt: unb hat ba§ SHreftortum nadt) 
reiflicher (Srwftgung fiel) entfchloffen — ftatt: unb 



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ba§ 3)ireftorium hat fid) nach reiflicher (Erwägung 
entfcfjloffen u f. w. ©leicht bie lebenbige ©pradje ber 
6(ijje, bie trofcbem beutlict), ja in it)rer 9lrt fdjön fein 
lann, gleicht bie gute ©c^riftfpracr)e ber forgfältig auf- 
geführten 3 e ^ nun 9^ f° gleicht bie ^ßapierfprache ber 
ftarifatur. 

28a§ man ßanftleifprache , 2lmt3ftil, Slftenbeutfcr) 
nennt, ift nicht fd)led)thin baSfelbe, wie jene Rapier* 
fpradje. $llle3, wa§ ber Rapier fpradje angehört gehört 
natürlich auch bem SlmtSftil an, baS ift wof)l felbftoer* 
ftänblich; aber ber 2lmt3fttl ift mehr als bie Rapier * 
fpradje, er f>at baneben nod) feine befonbern eigentümlich 
feiten, er liebt e3, fid) in bie ©ruft ju werfen, fid) breit unb 
u)icf)tig au§$ubrüden, er fyat ein erftaunüdf)e§ ©efehief, 
bie etnfachften ©ebanfen unter einem unoerftänblichen 
ober fdhwerüerftänbltchen 2öortfd)wall ju oergraben, 
er t)at aud) fein befonbre3 Söörterbud). (Sr bat ftcf) 
§war im Saufe ber Saljrfmnberte fdjon fehr ^u feinem 
©orteil üeränbert, er ift um r»iele£ einfacher geworben, 
er ^at fid) ber fonft üblichen ©crjrtftfpradje bebeutenb 
genähert. <2)ie Qtiten Hegen weit jurürf, wo ber 
2lftenmenfd) ben ©ebanfen: itjr werbet euch erinnern — 
nod) fo auSbrücfte: (£w. 3öof)l= unb ^odjebelgeboren 
werben in unentfunfenem 3lnbenfen ruhen - ober einem 
mitteilte, bafj nad) feiner ot)n3ielfe^Iid)en SWeinung $ero 
2lnf)erofunft nunmehro nicht mehr nötig fei. 2lber e§ ift 
ihm auch heute noch eine Kleinigkeit, ben ©ebanfen 
5. SB., ben ber jüngere ©eneca in bie f deichten SBorte 
gefletbet fyat: non scholae, sod vitao diseimus — in eine 
s $eriobe einzuhüllen, wie folgenbe: bie größere $ahl ber 
Slanbibaten ift feine§weg§ oon bem ©ebanfen burch^ 
brungen, baf? bie Vorbereitung nicht be$wede, ben 
Prüfungen ju genügen, fonbern ben 9lnforberungen, 
welche jeber in ben ijbtyxn 3ufti§btenft eintretenbe an 
fich felbft ju fteHen genötigt ift, wenn anberS er feinen 
iöeruf 00H ju erfüllen in ber Sage fein will — , unb 
auch ^eute noch oerfchmäht er eine Spenge non 
Söörtern, bie ber gewöhnliche Sterbliche unbebenfltd) 
braucht, fagt ftatt laffen, nennen unb faufen 
ftetS: belaffen, namhaft madjen unb fäuflid) 



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erwerbe n, rebet n od) immer von einem in einer 
Strafte belcguen £>aufe unb von befjobnen ^er* 
t et)r§ftörungen , obwohl e§ weber ein 3 e ^ wor ^ & Cs 
liegen nod) ein 3 c ^ roort begeben giebt,*) fetjt gu 
taufenben von ©auptwörtern tl)örid)te, tnfyaltSlofe, jum 
Seil aud) falfd) gebilbete glicfmörter, wie bejüglid) 
unb bie§be$üglidi) (!), bie man überall wegftreidjen 
tarnt, ofyne ben <Sinn im minbeften $u ueränbern,**) 
rebet von 93ef)uf, entraten, unterteilen unb 
gemeint fein (baä s £rooin$ialfd)ulfoflegtum ift nid)t 
gemeint, tiefe Gepflogenheit weiter um fid) greifen 
$u laffen), wo anbre ßeute 3roe<f # entbehren, 
annehmen, bie Mbfidjt f)aben fagen, fcrjreibt nie- 
mals: in Berlin, fonbern ftet§: ju Berlin, niemals: 
wer, fonbern immer: berjenige, weld)er. niemals: 
wenn, fonbern immer: falls ober bafern, niemals: 
Öfter, breiter, näfjer, fonbern ftet§: De§ öfteren, 
be§ breiteren, be§ näheren unb würbe fid) etwa§ 
$u oergeben glauben, wenn er jemals ftatt t§unlid) 
unb untfyunlid) (man beachte ba3 fdjöne n!) fo ge* 
meine 5ltltag§wörter brauchen wollte, wie möglid) 
unb unmöglid). 9JUt manchen feiner Sieblinge weife 
er $mar md)t§ redijteS anzufangen, wie mit r» er laut* 
baren; er weife nid)t, foll er f djreiben: e£ hat etwa§ 
oerlautbart, ober: e3 ift ctwa§ oerlautbavt worben. 
SIber wa§ ttmtS? oerlautbaren gehört nun einmal 
in fein 2Börterbu<$. 

(£3 gab eine 3eit, wo ba§ gute 6d)riftbeutfd) bie 
Ueffeln biefer s $apierfprad)e fdjon einmal jiemlict) ab- 
geftreift Ijatte: eS war ba8 bie $eit unfrer grofeen 
£itteraturblüte etwa oon 1770 bis 1830. Seitbem finb 
wir aber wieber tiefer hineingeraten als je, unb ba$u 
greift eine Unfidjerfjeit unb Unwiffentjeit in gramma* 
tifd)en fingen um fid), bie immer befd)ämenber wirb. 
3)eutfdje 6d)riftfteüer glauben jefct, fie Ratten ©euetioe 
gebilbet, wenn fie fdjreiben: bie Qugenbjalnre griebrtd) 

•j %m \)oxl\ci\ ^afjv^unbcvt faßte mau aucl) nod) b c Ij ö r c n mit 
bc\d)cf)en (ftatt gebore 1; unb a,cfd)eljcn). 

**) Bu «nfmiflc btefe« ^n^fjuttbert« n>ar ba« SicblinflÄfiicfiuoit 
bc*f nllf 1(1. 



öeS ©rofcen ober : ^)ilfs£affe i'eip$igeröournalifteii, 
beutfd)e Sd)riftfteüer fönnen gefonnen unb gefinnt, 
gefdjaffen unb gefdjafft, gebrungen unb ge* 
brängt nid)t mefjr unterfcfjeiben, fie reben oon £tns 
gäbe unb Aufgebot, wo fie Eingebung unb s iluf * 
bietung meinen, fie bilben ftammelnbe 3 u f ammcn * 
feijungen mie Soolebab unb ^o^lejeidjnung (ftatl 
Soolbab unb $of)len$eid)nung),fie reben oon ftatt* 
gefunbnen Verfammlungcn, als ob ftattgefunben 
ein ^ßaffioum, oon fdjrittmeifer Veroollfoinmnung, 
alS ob fd)rittroeife ein Mbjeftioum, oon rectjtS ber 
(Slbe, al§ ob red)t§ eine ^räpofition märe, fie bilben 
Wörter mie frembfpracfjltd) (ftatt frembf prad)ig), 
reben oon Mangtid)en ^irfungen, lautlichen ©e* 
fefcen unb fulturellem (!) <yortfd)ritt ftatt oon Solang* 
mirtungen, fcautgefefcen unb Slulturfortfcrjritt, laden 
oon Otembranbtfcrjülern unb 9Jio$artopern unb 
fcrjreiben: in (£rgän§ung unb in Vefyinbrung, al§ 
ob in einen 3mecf ober einen Veroeggrunb auSbrücfen 
fönnte! $)abei überfcrjroemmen fie unfre Spradje, 
entmeber au§ ©ebanfenlofigfeit (meil ifynen gerabe ba3 
oorfjanbne treffenbe ©ort nid)t einfällt) ober au3 
(£itelfeit (um ben ^Infdjein ju ermeden, al£ ob it^rc 
©ebanfen mit ben oorljanbnen Korten nicf)t mefjr au§* 
jubrüefen mären), mit einer Unmaffe überflüffiger, ge- 
fdjmacfloS ober gerabe^u regetmibrig gebilbeter neuer 
Wörter, tonnen fid) auf ber einen Seite nid)t breit 
unb fd)leppenb genug auSbrütfen, madjen au§ jebem 
oon, bei, 511, mit ein fettend, anlä&lid), ge* 
legentlid), oermittelft, au3 jebem ober ein be* 
jiebung^ioeif e, fagen für ausgeben nurnod): $ur 
Verausgabung bringen, für ausgegeben merben 
nur nod): jur Verausgabung gelangen, ftatt: bie 
Aufgabe ift fefyr fdjtoierig — ftetS: bie Aufgabe ift 
eine f ct)r fd)miertge, unb auf ber anbern Seite 
fudjen fie etroaS in einem mortEnaufrigen Xelegrammftil, 
mie: £>err 9ttüller = £eip3ig. Vor breijjig Qafyren 
l)ätte man einen Quintaner gcbacfjtelt, ber fid) einen 
fo gemeinen fterjler mie: am Donnerftag ben 10. Sep- 
tember hätte ,}u fdjulben fommen laffen; Ijeute fpridjt 



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unb f djreibt bie §älfte, vielleicht fdjon bic größere £älfte 
aQer gebtlbeten $)eutfchen fo unb — hält baS für richtig! 

3u biefer gehlerhaftigfeit unb biefem ©d)toulft aber 
fommt enbltd) noch, baf* unftc ©prache immer mehr mit 
s 4$rooinaiali3men, GtaEttctSmen, SlngltciSmen burchfefct 
w>trb. $8on auffälligen ^rooinjialtgmen ift unfre «Schrift* 
fpradje früher jicmlict) oerfchont geblieben, unfre guten 
©c^riftfteller haben immer ein richtiges ©efühl bafür 
gehabt, toaS ftd) oon munbartlicben Eigenheiten für 
bie ©chriftfprache fdjitf t, unb toaS ntd)t. §n neuerer &\t 
aber haben fid) boeb ^iemlicr) otele oerbreitet, unb nicht 
alle finb fo harmlos nrie baS hannooerifche bislang 
(ftatt biöljer) ober baS f)olfteinifd)e fort (ftatt 
toeg); eme9lnjaf)l fübbeutfdjer unb öfterreid)ifcher ^ßro* 
oinjtaliSmen, roie baS häßliche jener (ftatt ber) oor 
©enettoen, baS garftige würbe mit bem 3nfuutu> in 
SöebingungSfätjen, tonnen einem ja faft beu 9Jtogen 
umkehren. $)ie greulichen falfdjen formen fragt unb 
frug, bie ftd) oon 9torbbeutfd)lanb auS mit erftaum 
lieber ©djnelligfeit nad) ÜJUttelbeutfd)lanb unb neuer- 
bingS aud) fdjon nad) <Sübbeutfd)lanb oerbreitet haben, 
100 man fid) anfangs bagegen roebrte, unb fo abfcheulidje 
falfdje Partizipien tote überführt unb überfiebelt 
(ftatt übergeführt unb übergef iebelt), bie nun 
lieber auS <£übbeutfd)(anb unb Dfterreid) gefommen 
finb, haben felbft unfre ^erbalflejäon inS SÖanfen ge= 
bracht, unb bie auS bem 9Heberbeutfd)en ftammenbe 
garftige ©eioofmheit, baS Partizipium toorben beim 
Perfectum passivi überall toegjulaffen , broht, unfre 
(Sprache gerabeju etneS SempuS 311 berauben. 

Über unfre 2luSlänberet , über biefe ($rbfd)toäche 
beS $eutfchen, ift fchon oiel geflagt roorben, aber 
immer »ergebend. $er $eutfd)e mag fo alt werben, 
n)ie er null, er wirb immer unb etoig ber 2lffe ber 
anbern Stationen bleiben, roirb immer baS, toaS anbre 
Golfer höben, für beffer, feiner unb oornehmer halten, 
als toaS er felber hat. Söenn er ein paar Monate 
im 9luSlanbe zugebracht hat, fo tfjut er bei feiner 
Dtürffehr, al§ ob er feine 9J2utterfprache oerlernt hätte; 
bleibt er oollenbS brausen, fo hat er nichts eiligeres 



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3U thun, als ben $)eutfd)en ausziehen unb in ber 
(Sprache, bcn ©itten unb ben ©ebräuchen be3 9lu^ 
lanbe§ aufougehen. 2Jcan hoffte, bafj barin nad) bem 
beutf c^^f ran^öfif d>cn Kriege eine äßenbung gum beffern 
eintreten, baft ftd) ber $eutfd)e ju etwas 9totionalftol$ 
aufraffen würbe. 2lber bie Hoffnung ift ganj oergeblidj 
gemefen. $ie alte <§d)ulmemung, bafj ein „politifdjer 
Auffdnoung" immer auch ba§ ganje ©eifteSleben einer 
Nation emporheben müffe, fyat fic^ bei un§ grünblid) 
al§ Aberglaube ermiefen. 2Öo ift ba§ nationale ®rama, 
100 ift bie nationale ßunft geblieben, bie man 1870 
erwartete? <5ie foflen nod) heute fommen. S8on po= 
litifcher 2Had)terhöhung eine£ Golfes eine ©rp^ungunb 
Söereblung feinet geiftigen Sebent $u erwarten, ift ebenfo 
finblid), wie wenn man etwa oon einer ©d)u(e einen 
grofeen Umfdjmung unb Auffdjmung erwartet, wenn fie 
auS einem alten, beferjeibnen £aufe, worin fie jahrhutv 
bertelang jugebradjt hat, in einen „$eitgemäfien," neuen, 
prächtigen ©chulpataft überfiebelt. 2lud) ba bleibt 
innerlich unb im &erne gewöhnlich aUe§ beim 
alten. 9tationalftol$ liegt nun einmal nierjt im 2Öefen 
be§ $)eutfd)en, er fürd)tet fid) womöglich baoor, 
fürchtet, man möchte ihm am (£nbe „©hauointömuS" 
oormerfen. 2öir fterfen feit 1870 fo tief ober ©ielmetjr 
tiefer in ber 5Iu3länberei al§ je. 9lud) oon un§ 
gilt bas 3öort be§ £oraj: Graecia capta victorem 
ropit. %xo$ aller Bemühungen be3 Allgemeinen 
beutfcr)en ©pracfpereinS ift bie ftrembwörterei unb 
namentlich bie Sud)t, alle§ fran$öfifd) gu bezeichnen, 
eher fchlimmer al3 beffer geworben. $>as ©elänbe 
unb ber SBahnfteig, bie ftahrfarten unb bie 
23riefumfd)läge thunS nicht, fo lange unfre ©e- 
fd)äft§welt in biefem fünfte aller ©inficht unb atteS 
@hrgefühl§ bar ift. (Schlimmer aber noch <*l§ bie 
JJremb Wörter finb bie 5 remDlt>cnDun 9 en ^ i enc ^bge- 
fchmadten ©aflici§men, wie: oon langer £anb (de 
longue main) oorbereiten, ftd) auf bem laufenben 
(au courant, b. h- in ber (Strömung!) erhalten u. ät)nl., 
unb ba§ fdjlimmfte, wenn einem ©allicigmu3 juliebe, wie 
ber gänzlich unbeutfehen 33erbinbung eine3 unfleftirten 



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^ßerfonennameng mit einem 9lppeHatümm ( 93 u d) - 
hanblung ftocf) mit ocrroüftenber §anb in unfern 
©atjbau eingebrochen wirb.*) 

3ur frranjofennachäfferei aber ift feit einigen 3<*fy*en 
bie (£nglänbernad)äfferei getreten. ^ßlöfcltch mürbe ba§ 
Schlagwort ausgegeben: ftranjofifch brauet man nicht 
$u lernen, aber (Snglifct) — mit <£nglifd) fomint man 
burd) bie ga^e Söelt! 2lnfang§ f ernüchtern, nur „faful* 
tatio," würbe an unfern ©nmnaften ber englifdje Unter» 
ric^t eingeführt, aber balb glaubte tlm niemanb mehr 
entbehren ju fönnen. 3)ann fam ber englifcrje ©port, 
ber Nuberfport unb ber Nabfahrfport mit all feinen 
bunten Starrheiten, bann bie englifcrje ftleibermobe — 
feit einigen ftatjven fie^t ja unfer grof$ftäbtifche§ 
©trafjenpubltfum au§, al§ ob un§ ©nglanb alle feine 
bummen jungen f)erübergefd)icft hätte! — unb neuer? 
bing§ beginnt nun auch bie engtifd)e Sprache einen be= 
benflichen ©influfj auf bie unfrige au^uüben. Ober 
wäre etwa ba§ rohe Söorleimen eine§ DrtSnamenS 
r»or ein SfypeHatümm , wie Dlnmpiametope, ber 
greuliche 2flijwrauch, ber feit einigen fahren mit unferm 
Smperfeftum getrieben wirb, nicht auf Nachäfferei be§ 
Ghtglifcrjen gurücfjuf ühren ? 

2öa§ ftnb bie Urfachen, bafr fich in wenigen %af)x- 
ahnten folcr)e 2Jtt&ftänbe in unfrer Sprache fyaben 
bilbeu fönnen? 

$lUe ©prachentwidflung ift ein Äampf, ein fort? 
wäbrenber ßampf jmifchen §wei dächten: jwifchen 
bem fchöpferifchen Naturtrieb ber Sprache felbft unb — 
bem Unterricht. 3n bem ®inbe, ba§ erft reben lernt, 
ift ber Naturtrieb ungezügelt thätig. 2)a§ einzige ©e- 
fefc, ba§ unbewufjt babei mirffam ift, ift ba£ ber 9lna= 



*) Olmc ßwcifcl fjat ba* graitiöftfdjc and) feinen guten Gtnfiufe 
auf unjrc ©pradjc gehabt. SBoljcr fjaben benn bie be)ten bcutfdjen 
©e^riftficller bcö bortgen Safjrljunbert* ifjrcn Maren, übcrftd)tUd)cii 
«liertobenbau adjabt, ber ftrf) freihielt Don aller @d)a#telci? 9lu8 bem 
Sateiniföcti bodi nic^t, bod) nur aus bem ftranaöfiidjcn. ^nfofern muü 
mau bie ßäifigfeit , womit ba3 $rattjöftfcf}c jetyt in $>eut|dj(aiii> be- 
trieben toirb, bebauern; bie folgen *ctgen fiel) ja and) ferjon. Wort 
bannt Ijaben bie ©nllicifcmm uidjt* £u tljun. 



logie. $>a3 fttnb nennt aüe $>tnge, bie e§ nod) 
nid)t hat nennen Jjören, unb bilbet ade Qr^tmen, bie 
e§ nod) nicht ^at bilben fyören, frtfehroeg nach Ana- 
logie. £>at e§ bie weisen ßeme am 2Öethnad)t£>= 
pfefferfuchen, bie ihm baran mißfallen ^aben, unb bie 
e£ oor bem (£ffen t)erau§gettaubt hat, al§ Üftanbeln 
bezeichnen IjÖren, fo nennt e§ fortan jeben ©egenftanb, 
ber ihm an einer ©peife mißfällt, unb ben e§ befeitigt, 
SWanbeln: ben Hümmel im ßäfe, bie braunen Siefen 
unter ben grünen ©choten u. f. ro. §at e§ bie fchroarjen 
3etchen in feinem $8ilberbud)e 93 u ch ft a b en nennen hören 
unb e3 nrirb eine iöterflafche auf ben Xifd) gebracht, 
auf ber ähnliche 3eid)en in§ ©la3 gegoffen finb, fo 
entbeeft e§ ju fetner greube an ber ftlafdje grlafchen* 
ftaben. @§ bitbet ©ätje, nrie: mir tjaben brei $äfe 
gefehen — ber breite lief in SBalb — ber SBogel 
fliegte fort — , roeil e§ ^at fagen t)ören: bie^änbe, 
ber jroeite, er fagte. 3ft bie Analogie, nach ber 
ba§ ßinb btlbet, richtig, fo läfjt man e§ gewähren; 
ift fic falfdt) — unb ba§ fommt fehr oft t>or — , fo 
greift bie SHutter mit ladjenbem SWunbe ein unb 
beffert, unb fo erfährt ba§ ®tnb, bafe e§ fagen mufc: 
bie $afen, ber brüte, er flog, unb bajs bie 93ud^ 
ftaben SBuchftaben bleiben, aud) wenn fle an einer 
3-lafc^e ftehen. 2Ba§ ift ba§ aber anberS al§ ©prad)= 
Unterricht? 2öir reben mit <Red)t oon ber aKutter* 
fprache; non ber 2Thttter oor ädern lernt ba§ ®inb 
reben, bie 9flutter ift e§, bie ben fpradjfdjöpferifcfjen 
Srieb be§ !teinen 2Öefen§ jnerft leitet unb sügelt. 
©päter treten anbre 3Jlädt)tc an ir)rc ©teile: bie ©d)ulc / 
bie SBüdjer, ba§ Ceben. Aber immer ift bie ©pract)* 
entmieflung ein ^robuft au§ $n>ei fjaftoren — td) 
brauche t)ier abftc^tlidr) bie ftunftauSbrücfe ber SJcathe* 
matif be§ natürlichen ©prad)triebe§ unb be§ 
Unterrichte. 

9loch in oiel höherm ©rabe 'greift ber 9flenfd) 
orbnenb unb regelnb in bie ©pradje ein, roenn er ftd) 
oom münblichen $um fchriftltchen ©ebanfenauSbrucf 
roenbet. 3ft bie ©prache an fid) ein 9catureräeugni§, 
fo ift ber fchriftliche ©ebraudj ber ©prache gerabeju eine 



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ftunft - meld) mtdjtige ftunft, mag man barau§ feben, 
baß ba§ Söort Stil*) (urfprüngltd) ber ©riffel, ba3 
©djreibgerät, stilus) in ber ©ebeutung von 3lu3brutf3= 
lücifc ober $arftellunggn)etfe auf aOe anbem fünfte 
übergegangen ift. ©treiben ift eine ßunft, baoon ^at 
audj ber Ungebilbetfte eine bunfle Stynung. 2)er (leine 
£anbroerfer ober ©efd)dft§mamt, ber fid) fjinfefct, um 
eine 2ln$etge für bie 3*itang bredjfeln, bie $>ienft* 
magb, bie bie Vorbereitungen $u einem ßiebeöbriefe 
trifft, fie füllen, baß fie ftdj jufammenne^men muffen, 
baß fte ba oor einer Aufgabe ftefcen, bie eigentlich nid)t 
ttjre ©adje fei. Sollte man fte fragen, worin fte btefe 
ungeroöfmlidje Aufgabe erblicften, fo mürben fie anU 
roorten, baß man bod) „nidjt fo f djreiben fönne, nrie 
man f pridjt!" 

3)ie ©prad)e ift oft mit bem $ßflanaenn>ud)8 oer= 
glichen roorben, unb e£ ift ba§ in ber ifyat ber treffenbfte 
Vergleich. $)ann ift ber ©prad)lebrer ber ©ärtner, mit 
SBaft unb ©djere, iRecfjen unb ßanne. Unfre heutige 
©prad)e aber madjt taufdjenb ben ©tnbrutf etneS 
©artenS, um ben fid) jahrelang !ein ©artner gefümmert 
bat. $>ie SSeete finb vertreten, auf ben Segen roädjft 
©ra3, an SBäumen unb ©träudjern nmdjern jat)Uofe 
roilbe ©d)ößlinge, fdjöne SBlumen finb entartet, eble 
3rrud)t bäume oerfommen. 

Senn, wie mir annehmen, unfre ©eifte3bilbung 
fortfdjritte, fo müßte bod) bie Wlafyt be§ Hflenfdjen* 
geifteS über ben rofyen Naturtrieb ber ©pracfje immer 
größer toerben, mit anbern Sorten: bie Umbilbung 
ber ©pradje müßte fid) oerlangfamen; $ugletd) müßte 
bie «Sprache immer mefjr oerfeinert unb oerebelt werben, 
©tatt beffen Ijat fid) bie unfrige in ben legten Satyr* 
jetynten immer fd^neder umgebtlbet, unb babei ift fte 
oerroilbert unb oerrobt. 

dergleichen (ann nur gefd)ef)en, wenn ftd) ba§ 
richtige Verhältnis pifc^en ben beiben 2ttäd)ten, bie 
bei ber ©pradjentroitflung ttyättg ftnb unb ttyättg fein 



*) ®on Saint ücifct>rter SBctfc nod) immer 3 1 ij l gefc^ciebcit , al* 
b c§ mit bem ßncdjtfdjrii orrlog (©nute) äufnmmcnöinge. 



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14 *&x*nx*wat&sta 



muffen, ocrfchoben hat, roenn bie rohe 9taturgen>a(t 
mächtiger geworben ift al§ ber bilbenbe 9ttenfd)engeift. 

Seit länger al3 einem ättenfdjenalter ift in unfrer 
Sprache eine Stacht am Serfe, bie fchon unfägli djen 
«Schaben angerichtet hat unb auch noch femer anrichten 
nrirb: bie SageSpreffe. ES mag für alle, bie an ihrer 
©erftellung beteiligt ftnb, bitter gu hören fein, aber e§ 
ift borf) bie Wahrheit, ma§ fd)on fo oft auggefprodjen 
morben ift: bie ©aupturfache ber SBernnlberung unfrer 
Spraye, ber eigentliche ©erb unb bie ©rutftätte biefer 
SBernrilberung finb bie Leitungen, ift bie $age§preffe in 
ber ©eftalt, bie fte fett (Einführung ber vprefefreir>cit 
(1848), noch me *) r fett Einführung ber ©eroerbefreihett 
unb oor allem feit ber politifchen Erregung ber 8rieg§= 
jähre 1864, 1866, 1870 unb ber fokalen unb mirtfchaft= 
liehen Erregung, bie barauf folgte, angenommen l)<\t. 

53or fünfzig 55ar)ren gab e§ in $eutfchlanb noch 
feine SageSblatter oon unfrer heutigen 9Irt. 2)ie 
politifchen 3 e tt UTl gen waren reine 9tochrichtenblcitter, 
fte brachten nur ba§, ioa§ heute ber oerhältnigmä&ig 
fleine tageägefchichtliche $eit unfrer 3eitungen bringt, 
baju ein roenig Unterf)altung3ftoff, ein ©efdnchtchen, 
ein paar Slnefboten, unb ihre 9ln$eigcn. ftür belehrenbe 
3Iuffäfce au§ all ben oerfchiebnen ©ebieten ber SStffen* 
fchaft, für 53efprechung litterarifcher Sfteuigfetten, 
für Mitteilungen au§ bem Shinftleben, Berichte über 
neue 2Berfe ber bilbenben ftunft, über ßonjerte unb 
Xheateroorfteüungen , für Veröffentlichung neuer Er« 
Zählungen unb ©ebid)te gab e3 anbre Blätter, bie 
mehr unfern heutige Söochen- unb Sflonatöfchriften 
glichen. Ein§ gab e£ noch gar nicht: bie gebrückte 
politifche ßannegie&erei, bie fich heutzutage al3 „Seit* 
artifel" unb au&erbem in fo unb fo oiel anbern 
©eft alten, al§ ftorrefponben$, al3 s #artexerguf5 u. bgl. 
in jeber $age3$ettung finbet. ftür biefe 3n>ecfe ent= 
ftanben erft in ben oierjiger fahren politifche ftampf* 
blatter aller s 2lrt, benen aber bie Eenfur ba§ Öeben 
fchmer machte, unb bie meift nur ein fur$e3 SDafein 
geführt haben. 9lHe biefe 3eitungen roaren flein, eine 
9htmmer umfa&te nur wenige Quartblätter, fie erfd)ienen 



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auch nicr)t ade Sage, »tele erfd)ienen nur ein paarmal 
bie 2öod)e. ®efd)rieben aber unb herausgegeben rourben 
fie alle r>on „fiitteraten," roie man bamalS fagte — 
heute ein anrüchiges 2Öort, baS aber bamalS nod) 
etroaS oon feinem urfprünglicrjen guten Sinne fjatte 
ihomo litterataB) unb einen 5Jcann bebeutete, ber orbent* 
lief) mit ber fteber umzugehen muf?te, beffen ^anbmerf 
eS mar, §u treiben. (SS roaren oortreffliche ©cfjrift* 
fteüer barunter, beren tarnen heute in ber £itteratur= 
gefd)id)te ftefjen. 

3öie anberS heute! %n oe " üier$ig Qa^ren oon 
1850 bi§ 1890 finb in $eutfd)lanb hunberte, ja taufenbe 
pon neuen 3 e ^ungen entftanben. @ine ©tabt, bie in 
ben oierjiger fahren eine, f)öcf)fien§ $mei fyattt, fyat 
jefct ihrer jehn, baS fleinfte ^rooinjialftäbt^en \)at für 
fief) unb feine naebfte Umgebung feine eigne 3 e ^ un 9/ 
an bie ©teile ber befcheibnen oier Quartblätter von 
ehemal§ finb $ebn, jmölf Blatt in ©ro&folio getreten, 
ber Inhalt hat fid) r»erhunbertfad)t, alle nur erbenf= 
liefen SebenSgebiete — aufjer s £olitif, äöiffenfdjaft unb 
ftunft aud) ©eroerbe, §anbel, Berfebr, Unterrid)tSmefen, 
Rechtspflege, ©efunbheüSpflege u. f. m. merben in 
ben ßreiS ber Betrachtung gebogen. (£inc ÜTlaffe oft nur 
halbgebtlbeter ober ganj ungebilbeter 57cenfd)en ift $ag 
für £ag bamit befdjäftigt, biefen fo oerhunbertfachten 
Inhalt ber 3 c ^ u "9 c n 8 ur ©teile ^u fcfjaffen unb ihm 
notbürftig bie $orm ju geben, bie bei ber 3«go unb £>aft, 
mit ber baS gefebiebt, gerabe noch möglich ift. ©rofe 
genug ift fd)on ber ©djabe, ber fachlich baburch angerichtet 
roirb. @in SXtann t>on föenntniffen unb Urteil mürbe 
nicr)t fertig merben, roenn er ftcf> bte 3Jiür)e nehmen 
wollte, Sag für 'Sag $u berichtigen, maS eine einzige 
ßettung — oieOeicht fein eignes „Öetborgan" ! — ben 
Cefern auftifebt in oerbohvten politifcfjen 9lnfcfjauungen, 
veralteten miffenfehaftlichen eingaben, fd)iefen littera* 
rifcr)en Urleilen, unreifem ®unftgefd)mäö u. bgl. s 3lber 
maS miü oaS aüeS fagen gegen bie Berrottung, in bie 
unfre ©pradje baburd) geraten ift! 3)ie ßerfteüung 
einer Leitung, bie früher eine litterarifcfje Seiftung mar, 
ift $u einem ©emerbe h^bgefunten, unb in (einem 



(bewerbe ber äöelt giebt e§ fo oiel s }$fufd)er, wie im 
3eitung§gewerbe. 2öa§ bic Berichterftatter ber £age3* 
blattet Ieiften in ftorrefponbenaen, Mitteilungen oon 
©tabtneuigf eiten , Berichten über gefttichf eilen unb 
fteierlidjf eiten, über llnglüd§fätle unb Verbrechen, Ber* 
fammlungen unb Berhanblungen, ^onjert^ unb ^^eater- 
auf f Urningen, babei fann fcrjon längft nicht mehr oon 
$anbwerf, gefdjmeige benn von ftunft bie Webe fein, 
e3 ift nach Snfjalt unb ftorm nur noch frabrtfarbett, 
unb jwar meift f)tttfid) fchled)te ftabrifarbeit. 

©ewifc giebt e§ aud) eine erfreuliche 2lnjahl vor* 
neunter Leitungen in $eutfchlanb, bie non grünblid) unb 
üielfeitig gebilbeten, aud) fprachltd) gebilbeten Männern 
geleitet unb bebient werben, 3 e ü un 9 en > 0 * e befannt bafür 
ftnb, bajj fie aud) in forgfältige unb faubere Behanblung 
ber ©pradje eine @E)re feigen. 9lber bei ber unenblid) 
großen 9ftaffe ber mittlem unb fleinern Blätter ift e3 
ja fdjon ein ©lürf, wenn ber Mebafteur ober — ber 
ßorreftor ein leiblid) gebilbeter SRann ift; bie 9flit* 
arbeiter finb meift litterarifd)e Gräfte ber untergeorb* 
netften 9lrt, unb ganj ohne foldje fönnen aud) unfre 
größten unb beften 3eitungeu nicht auStommen. Weift 
finb e§ £eute, bie norfjer fchon aHe§ mögliche oerfuc^t 
Ratten, bi§ fie enbUd) beim 3eitung3gewerbe hängen 
geblieben finb, oerfehlte @riften$en aller 2lrt. 3um 
3eitung3gewerbe brängt ftd) al!e§, wa§ anberwärtS 
©dnffbrud) gelitten fyat. 9ioch nie mirb man gehört 
^abcn, bafj ein beutfdjer 3 un 9 e au f °ie 3^age: wa§ 
nriüft bu werben? geantwortet l)ätte: id) will 3eitung§= 
fdjreiber werben. ($in $ üben junge oielleidjt Ber= 
pfitfehte 9lfabemifer aller Jyafultäten, alte wie junge, 
fortgejagte ©nmnafiaften, grüne Burfd)en, bie nid)t§, 
gar nichts gelernt haben, am wenigften eine £>e\U an = 
ftänbigeg Deutfd) fdjreiben, Beamte, bie ihre (Stellung 
nerloren haben, wo fdjlüpfen fie unter? 93ei einer 
3eitung. ©er fed)3jährigen ftinbern ba3 31936: bzu 
bringen will, mufe fid) oorher einer (Staatsprüfung 
untergehen unb feine Befähigung bapu nachmeifen. 
$ie Sag für £ag in ben 3eitungen bie ©rwachfenen 
unterrichten unb belehren - nach beren Befähigung 



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fragt niemanb. 2ld), unb erft in ber f leinen DrtS* 
preffe, bie ber 3>rucfer unb Verleger — meifi biefelbe 
s £erfon — felbcr $ufammenftoppelt,*j in ber unenbltd) 
üerjroeigten großen unb Heuten ©eroerbefachpreffe, bie 
oon £>anbroertern unb ©eroer btreibenben mit fümmer= 
licr)er Bolf3fd)ulbilbung gefchriebcn unb „rebigirt" wirb, 
in ber Unmaffe r»on ftunft= unb 9Jiufifjeitungen [elften 
unb fiebenten s Jtange§ — roa3 für ein SDeutfd) roirb bort 
verbrochen! (£in ©rauen befällt einen ja, wenn man 
gelegentlid) in fold)e Blätter einen Blid wirft. 

Sprachfehler finb ju aflen $eiten gemacht roorben. 
3lud) unfre großen ©chriftfteOer fyaben juroeilen falfd) 
getrieben (roie fid) bie großen ßünftler guroeilen oer* 
zeichnet haben), unb e§ fann nid)t§ verkehrtere^ geben, 
al§ fid), roie e3 fo oft gefchtefjt, jur Berteibtgung eine§ 
gehterS auf einen großen ©chriftfteHer $u berufen; ein 
gehler bleibt ein fehler, mag getrieben haben, 
rver ba roifl. Slber fo fehlerhaft, roie unfre Leitungen 
jefet fdjreiben, ift noch nie unb nirgenbg in $)eutfd)lanb 
gefdjrieben roorben, roirb aucr) nirgenb3 im 2lu3lanbe 
geschrieben, auch von ben auslänbifd)en ßeitungen 
nicr;t. fteben Sflonat, jebe 2Bod)e, ja jeben Sag roirb 
man irgenbroo burd) neue 9?ad)läfftgfeiten, 2öiUfür= 
Itcf)feiten, ©efchmadlofigteiten überrafd)t, bie man 
bisher nod) nicht gelefen hatte; aber faum aufgetaucht, 
haben fie fid) auch fchon verbreitet, fifcen feft, roerben 
für $8erfd)bnerungen unb Bereicherungen ber Sprache 
gehatten, unb ba§ gute unb richtige ift roie verfchüttet 
unb begraben. 

5luf ben ßeipjiger Steffen roar früher bei einem 
©tra&enbuchhänbler eine Lithographie $u fehen: ba§ 
tränte ^ßferb. ®§ roar bie 2Ibbilbung eineg ^ferbeä, 
an bem ade ßranfheiten unb ©ebredjen, bie ba§ s $ferb 
überhaupt befallen fönnen, gleichzeitig bargefteüt roaren : 
ein unglütffelige§ ©efdjöpf mit Budein unb Beulen, 
Söerrenfungen unb Berfteifungen. Unfre heutige Qeu 

*) «or furiem würbe in cittcr ^eitunö«aiiäeige ein Sefeer ^ 
fud)t, ber jußlcid) bie Webnftion einer X«fle*Aettung mit ül'eriteljmeii 
föimie ! 



• 

tung^fprache gleicht biefem franfen pferbe auf 3 ©aar. 
Soroie man eine 3*ü"ng fo bie £anb nimmt, fällt ba* 
9luge auf einen s <Huffafc, eine Nachricht, einen 93erid)t, 
beffeu 93erfaffer fid) förmlich 3Tiü^c gegeben ju fabelt 
fcheint, auf engftem JHaume mögltchft met unb möglidjft 
oerfd)iebne Sprachfcfmitjer unb Spradjgefchmadlofig= 
feiten anzubringen; mitunter fi^en fie fo bid)t §u= 
fammen toie bie beeren an ber Traube. 

(Meroifj finb e§ nid)t bie 3 c ^ un 9 en allein, bie 
bie ^erfdjlechterung unfrer Sd)riftfprache herbeigeführt 
tjaben. Sieht man aber näher gu, worin fie befteht, 
fo fann man nicht im 3weifet fein, bafj fie bie 
©auptfchulb baran tragen. $ie polittf unb alles, 
ma§ bamit aufammenhängt, bie Shätigfett ber ganb« 
tage unb Parlamente, bie ©efefcgebung, ba§ Partei* 
treiben, ba§ Vereins- unb ^erfammlungSioefen, baS 
aöe§ fonnte feinen 9?ieberfd)lag in ben 3*ttungen nur 
in jenem Rapier = unb 9lftenbeutfd) finben, ba§ oon 
jeher bie Setbfprache berer geroefen ift, bie bei allen 
biefen fingen bie §auptrolle fpielen: ber fünften. 
$>a£ h^t fiel) bann oerbrettet, h^t ftd) ber 3^ttungen 
überhaupt bemächtigt, unb roenn man jetjt in einem 
s ittem oon $(mt3* unb 3^itung§beutfd) fpricht, fo begeht 
man bamit gar feinen ftetyex; beibeS ift roirflict) fo 
ziemlich baSfelbe geroorben. ^ie arge ftehlerhaftigfeit 
ber 3^itung§fprache ift natürlich ber Unfumme oon £>alb= 
bilbung unb Unbilbung $u oerbanfen, bie bei ber ©er* 
ftellung ber 3eitungen thätig ift. s ^on s £rootnjtali3meH 
mimmelt bie lanbfehaftliche unb bie CrtSpreffe, unb 
burch oie taufenbe unb abertaufenbe oon &\tun$& 
au§fd)nitten, bie bie SageSpreffe aller ©egenben 3)eutfcf)= 
lanb£ täglich wti Schere unb ftleifter unter fid) au§= 
tauf cht, toerben fie herüber- unb hinübergefd)leppt. 2)ic 
l5mllici§men unb s 2lngttci3men ftammen oor allem auü> 
ben auSlänbifdjen 3eünngen; fie geraten burch eiliges, 
gebanfenlofeS, nad)läffige§ Überfein in unfre Sprache. 

Unb noch etroa§ fommt ^tti^u. (Sin großer XctI 
unfrer 3 c ü u ttgen, oielleicht ber größte unb einflufj= 
reichfte, mirb oon Seuteu gefd)rieben, bie einem frembeu 
^olfe angehören, beren ©ro&eltern, ja bereu SJäter 



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unb Mütter oielleid)t baS $eutfd>e no<$ nicf)t als it)tc 
äRutterfpracfye gefprodjen fjaben! ©o flinf fiel) aud) ber 
Sube, rote in alleS, roa§ mit bem bloßen $erftanbe 
$u erreichen xft, in bic (Elemente ber beutfcfjen ©ram= 
mati! ftnbet, fo flinf er aud) feinem ©efdjreibfel 
ben 6d)etn einer leiblich richtigen Rapier fpradfye 
$u geben roexjj: roo e§ auf§ ©prad) g e f ü l an* 
fommt, bleibt er bod) immer ber grembe. 2öo jroei 
Lebensarten mit einanber oermengt roerben fönnen, 
ba oermengt er fte, er ift ja ber geborne SBippdjen; 
aber aud) roo jroei ftonftrufttonen oerrotrrt, ja jroei 
einfache Wörter oerroectjfelt roerben fönnen, oerroirrt 
unb oerroedjfelt er fte. 3ft er bod) oiel ju eitel, als 
ba& er nic^t mit Vorliebe gerabe §u folgen SBilbern, 
Söenbungen unb Söörtern griffe, mit benen er — 
am roenigften umjugefjen weife. ($r er$ä£)lt nidjt blof? 
faltläd)elnb, bafc irgenb einem baS Sanbftretdjen 3ur 
jroeiten ©eroo^n^eit geroorben fei, er fd)reibt aud): 
bie 2rrage wirft fid) (!) auf ober: bamit (!) rooflen 
roir fein 9Iufl)eben£ macfjen, fpridjt oon einem 
2)id)ter, ber naef) (!) bem Sorbeer beS £ragtfcr§ 
Ijetfdjt (ftatt geigt), braucht oor anformten, 100 
er fortfdjretten meint u. f. ro. Qtox^tn Söörtern 
roic fid)tltd) unb ftd)tbar lernt er nie unterf Reiben 
(er fdjreibt: mit fidjtbarer (!) fjreube), nod) roeniger 
lernt er jemals nad)füt)len, roaS f) ei m lieb, unb roaS 
fyetmtfcb, bebeutet (er füllte ftd) in feiner Umgebung 
nic^t fjeimlid) — fdt)rctbt er), g-ür filberne $oct> 
jeit su fagen ©ilberljodjjeit — barauf fann $um 
erftenmale nur ein Sube oerfallen fein. 3lber aud) 
gegen bie clementarften Dtegeln ber ©rammatif oerftöfjt 
er, er fcr)reibt: roarnen gegen (ftatt oor) etroaS, er- 
flären als (ftatt für) etroaS, unb er oor allen ift eS, 
ber, roo er als 3r rcmoer oen reichen SÖortfdjafc unfrer 
Sprache nid)t befjerrfdjt, fofort mit überflüfftgen, falfdjen 
unb fjäjslicfyen Sfteubtlbungen bei ber £anb ift, bie itjm 
ber ®eutfd)e bann gebanfenloS nacf)braud)t. ®in 
groger $etl unferS heutigen ©pradjunratS gel)t auS* 
fd)lief?ttd) auf baS 3ubenbeutfd) ber berliner unb ber 
Söiener SageSpreffe jurücf. 



ßeiber ^at bie ^eitunggfprache bereite unfre gc= 
famte ©d)riftfprache angeftecft. Sebermann lieft ja 
täglich 3 c ünngen, ber gröfite Seil be§ $8olfe3 lieft 
überhaupt niä)t§ anbre3, nimmt ein $8ucf) fauin 
mehr in bie §anb, am roenigften ein 93ud) au§ einer 
Qeit, roo unfre ©praetje noch nicht fo nerfommen war. 
(Einern benfenben Sttenfchen fann freilich auch bie 
fchlechtefte Sprache nicf)t§ angaben. Ser nrirflict) 
benft, ber ruf)t nicht eher, al§ bi§ er für feine ©ebanfen 
ben $utreffenbften, fnappften, fauberften 3lu8brucf 
gefunben l)at. 2Iber nrie Diele benfen benn? 93ei ben 
meiften fmb ja bie Sorte immer eher ba al3 bie 
©ebanfen, fie gebrauchen bie Sprache ^alb wie im 
Straume, fie beftreiten ihren ©ebanfenaufroanb gleich* 
fam mit ßa^lpfennigen — ba§ ftnb bie Sörter unb 
Senbungen, bie fie täglid) in ihrer 3*i Iu ng kf*n. 3lber 
auch gebilbete 9Jcänner, Männer, bie unzweifelhaft 
benfen, auch Männer in reifen Sahren, felbft ho*h s 
bejahrte üUlönner, von benen man meinen foHte, ihre 
(Sprache fei fo feft unb ficher, baf? fie gegen allen neu* 
mobifchen ©prachunrat gefeit fei, erroeifen fich oft 
biefem Unrat gegenüber al§ oöllig nriberftanb£lo§, 
aud) in ih re Sprache ftefert er hinein, gan$ ohne baft 
fie e3 merfen. Sie ift e§ nur möglich? fragt man 
manchmal bei einer neuerfchienenen ©cfjrift eineS 
©echsig* ober Siebzigjährigen, fo hätteft bu boef) früher 
nicht gef einrieben! Sie fommft bu nur baju? hältft 
bu ba§ unb ba§ roirflich für richtig, für einen gort- 
fchritt ber Sprache? l>aft bu baS mit 9lbfid)t, mit 
Überlegung gefchrieben? ober gebraucht auch bu bie 
Sprache halb urie im Traume? 3)ie 3eitung3fprad)e 
hat e§ aOen angethan. $>er IKomanfchreiber fällt 
mitten in ben poetifchften ©teilen hinein unb weife e$ 
gar nicht, ber Sßrofeffor fchreibt fie in feinem nriffen* 
fchaftlichen öanbbucije unb fyat feine 9lf)nung baoon, 
ber junge 5>oftoranb t>erbirbt feine 5)iffertation bamit, 
unb niemanb erbarmt fich feiner. Qnn fprachfunbiger 
unb fprachfühlenber SKann fann h*ute getroft eine 
Sette eingehen: man nehme au3 bem ©chaufenfter 
einer $$uchh<*nblung blinblingg ein neu erfdneneneS, 



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in beutfcher ^ßrofa gefchriebneS 93ud), glcidjoiel weld)c§ 
3nc)alt§, glricf)triel von roem oerfafjt, von einem Um* 
uerfttätSIehrer, einem ©djutmann, einem ^Beamten, 
einem 93aumeifier, einem 9Tcufifer, einem $echntfer, 
einem Srabrifanten, einem unfrer „führenben" ©d)rift* 
ftefler, einem 93lauftrumpf, man fd)Iage e§ auf, roo 
man min, unb fefce ben Ringer hinein: in einem Um* 
freife von fünf Zentimetern $urcf)meffer um bie Ringer* 
fpifce foH ein grober grammatifcher gehler &u finben 
fein, bie ©efcrjmacflofigfeiten gan$ ungerechnet — fo 
weit finb mir jefct! Unfre ÜJJutterfprache ift roie ein 
cble§ ©aiteninftrument für ben, ber fte gu fpielen it>ei&; 
aber roenn man in unfre 3 e it u "Qcn unb neuen 93üd)er 
bltcft, fo t)at man oft ben ©inbrud, als fragte eine 
plumpe 9^euling§l)anb auf einer fd)önen ®eige herum. 

9Iber e§ get)t noer) weiter: bie 3 c ^ ull 9^fP rac ^ e 
ir»irb bereite gefprocfjen! SBäfyrenb früher bie leben* 
bige Sprache unb ba§ Papierbeutfeh gef Rieben roaren 
tnie Öl unb SBaffer, fängt bie Papierfpracrje jefct an, 
fogar bie Umgang§fpracf)e ju ergreifen. iDlan höre 
nur, roie ba§ Söott füricht. Solange fief) ber Keine 
3flann am S3iertifd)e mtt fein e§glei eben unterhält, rebet 
er, urie ihm ber Schnabel gemachten ift; forote ihn 
aber einer anfprid)t, ben er für etroaS höhereg hält, 
fotrne fid) ba§ ©efpräd) um einen anbern Stoff breht, 
al§ um ben, ben fie im ®lafe t»or fieb fyabtn, fomie ber 
t (eine 9flann ein bi§d)en „*8tlbung" geigen möchte, fof ort 
»erfäflt er in bie 3 c ^ung§fprad)C 93on einem, ber 
eine rechte Suabe h^tte, fagte man früher: er rebet nrie 
ein SBud). $>a£ 33ilb ift längft oeraltet, aber bafür fann 
man tyutt von oielen fagen: fie reben roie eine QeU 
tung. 2öie fie ihr biSchen 2Bei§h^t täglich fij unb 
fertig au§ ber Leitung fchöpfen, urie ihre ganje 93iU 

bung 3 e ^ un 9 § ^ oun 9 f° W auch ba§ 3 e ^ un 9^ s 
beutfeh für fte ber Inbegriff einer gebilbeten Sprache. 
9Iber machend benn bie £öf)erftehenben oiet beffer? 
$)er Parlamentarier, ber Stabtoerorbnete, ber Vereins* 
norfüjenbe, fogar ber Pfarrer (nicht auf ber ®an$el, aber 
auf ber ßanbe§ftmobe!), roie reben fte benn? fotl ba§ 
beutfeh fein? 2öenn man in manche ftenographifchen 



Berichte blicft, man t)ält e§ ja nicht für möglich, bafj 
bic 27länner fo gefprodjen haben! SBer fpricfjt benn 
fo? @§ fann aber bod) nicht aOc§ überarbeitet fein, 
fte muffen ftd) bod) roirflich be§ unnatürlichen Rapier* 
beutfd) bebient haben, ba§ ba gebrueft fteht. ®te 
baben§ auch, aber — fie haben feine Slljnung banon. 

(Sie haben feine 2lt)nung banon, unb wollen auch 
gar feine Ifaben, unb ba§ ift nun ba§ traurigfte 
babei. Söeit fd)ltmmer al§ ber ßuftanb felbft, roorin 
ftd) unfre Sprache jefct beftnbet, ift bie faft allgemeine 
UrteilSloftgfeit barüber unb bie ftumpfe ©leichgtltig* 
feit bagegen bei benen, benen man noch Urteil unb 
©efühl in @prad)bingen zutrauen foHte. 2Öem eine 
unappetitliche ©peife norgefeljt rotrb, ber fdjtebt fie 
prücf; aber ben ©pracrjfpülicrjt unfrer 3 c ^ un 9 en 
fchltngen täglich SCftlltonen mit SBegierbe hinab, unb nicfjt 
blofc ber grofee §aufe. SÖenn man an ben (Spiegel* 
f Reiben etneS grofcftäbtifchen (Safe§ vorübergeht, fo 
fann man oft fünfzig, fechjtg ältere unb jüngere 3flänner 
ba fifcen fefjen, jeben in eine 3 e ^ un 9 owtieft. Sieht 
man aber ihren ©efidjtern ba§ geringfte Unbehagen 
an? 3luch fie f Clingen alle§ mit Söonne hinab. 

58or fünfzig fahren märe eine SBuchbefprechung, 
roorin nicht auch *>ie SJarfteHung, ber Stil be§ 93ucheS 
beurteilt roorben märe, in einer beutfehen ^eitfehrift 
gan$ unbenfbar geroefen. Obroobl bamalg im all* 
gemeinen niel beffer gefchrieben rourbe al§ jetjt, e§ oiel 
mehr fieute gab, bie richtig unb fd)ön fchreiben fonnten, 
rourbe boch tnel ftrenger über bie Sprache gemacht; 
e§ gab auch t>tel mehr fieute, bie e3 beurteilen fonnten 
unb auch wirf lieh beurteilten, ob ein 93ud) gut ober 
fehlest gefchrieben mar. £>eute fällt ba§ niemanb 
mehr ein, ber Inhalt eines 58udje§ ift afle§ geroorben, 
bie gorm ift gar nichts mehr. 2lud) bei einem nod) 
fo f chled)t gefchriebnen SSuche lieft man jefct fehr 
feiten einmal ein Söort über bie 3)arfteHung. Manche 
unfrer gefeiertften 2flobefchriftfteller ber legten breiig 
3ahre hätten ferjon um ber fortgefe^ten 9Jii£hanblung 
ber Sprache roiHen, bie fte ftch haben ju Schulben 
fommen laffen, nicht *u oer Stellung gelangen bürfen, 



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bie fie eine 3eit ^ an 9 eingenommen haben. s 2lbcr bic 
meiften D^enfenten oon fyeute ftnb ja oöllig unfähig, 
ben Stil eine§ S8ucr)e§ ju beurteilen. 

Spricht aber roirflid^ einmal ein fpracf)tunbtger 
®ritifer offen einen Säbel au3, toa§ gefchieht bann? 
Sofort fctjreit ber SBerfaffer be3 93ud)e3 über Schul* 
metfterei, ^ebanterie, unb erf lärt SBerftöge gegen bie gram* 
matifche föidjtigfeit unb ben guten ©efehmatf, bie ihm 
nachgetoiefen werben, für feine „ftüiftifdje ©igenart," 
bie er ftdt) nicht antaften unb oerfümmern laffen roerbe. 
2)af$ e§ eine beutliche, gar nicht ju oerfennenbe ®ren$* 
linie giebt ebenfo ^roifd)cn Drbnung§* unb Schönheit^ 
(Inn unb ^ßebanterie, mie ^unferjen 9iad)läffigfeit unb 
fünftlerifdjer Freiheit — baoon null man nichts Pren. 
Scr)ulfnabenfd)nii5er unb — ftiliftifdje ©igenart! 

^a fo weit ftnb mir, bafj e§ bei manchen fchon 
al§ guter %on gilt, bie Sptachform al§ etma§ oöllig 
nebenfäd)lid)e§ §u betrachten. 2Ber fid) ber «Sprache 
annimmt, mufj Ijeute ftet§ gemärtig fein, ba& il)m 
ber SBorrourf ber ftleinigrettSfrämerei an ben ßopf 
fliegt, ©in hochftehenber, geiftooller, oielbefchäftigter 
SWann t)at ja heute gar feine Seit mehr, fid) um 
eine folcfje Sappalie mie bie (Sprache §u fümmem. Sm 
günftigften ftafle fpricht man h^ablaffenb oon ben 
roohlmeinenben Sprad)oerbefferern , bie mieber ein= 
mal aufgetaucht feien, im §erjen aber münfeht man 
biefe „rooblmeinenben Sprachoerbefferer" jum Teufel, 
benn e§ ftnb ja blofj unbequeme StÖrenfriebe. 2lber 
hinter biefer fcheinbaren (&rt)abznl)tit fud)t man boch 
nur fein fchled)te§ Sprachgennffen $u oerbergen. 2Öie 
e§ fo oft im Seben geflieht, bafc man ben haßt ober 
oerachtet, ben man beleibigt hat, fo hoffen unb oer= 
achten auch fjeroiffe ßeute bie Sprache, roeü ihnen ihr 
fchlechte§ ©etoiffen fagt, bafc fte fie täglich »erleben 
unb beleibigen. 

ßetn Söunber, bafc ba3 2lu3Ianb bereits anfängt, 
an unfern Sprad)$uftänben bittre ftritif 51t üben. ®er 
9lu§länber fprach früher oon unfrer Sprache jmar mit 
furcht oor ihrer angeblichen Schmierigfeit, aber bod) 
ftet3 mit Achtung. $a§ hat fid) in neuerer 3 e ^ tf av 



fcfjr geänbert. Über unfrc ftnbifche 5J* emon, ö rte *f uc f)t 
macht fid) ba§ 2Iu3Ianb frf)on lange luftig; aber auch 
unfre fonfttgen Sprachsuftänbe forbern jetjt ben Spott 
be§ 5lu3lanbe§ l)erau§. 3n ber Revue des deux Mondes 
(nom 15. September 1890) fchreibt 9Ilfreb ftouiüVe in 
einem $luffa^ über UnterridjtSroefen oon ber beutfchen 
©praeter La langue allemande est encore ä Tetat nebu- 
leux: eile n'a ni une forme assez precise, ni des reales 
exaetes, ni des limitos nettes, ©in befd)ämenbere3 Ur* 
teil ift faum benfbar: ä l'etat nebuleux! ßeiber ift e3 
nur all^u begrünbet; ba§ einzige ©ort encoro ift ein 
3rrtum - e3 müfjte enfin beiden, benn in biefen „nebele 
haften 3uftanb" ftnb mir bod) erft im ßaufe ber legten 
oier bi§ fünf Sahr^ehnte geraten, baburd) geraten, bafj 
ber ®ampf, ben alle nernünftige Sprachentmicftung 
bilbet unb bilben muf, menn bie Sprache nicht oer* 
milbern fofl, mit ganj ungleichen Gräften bei un§ ge= 
füt)rt morben ift. 

3n ber ju riefigem Umfang angefchroollenen $aa.e§- 
preffe ift für unfre (Sprache eine ©efahr erroachfen, ju 
beren 5lbtt»ehr fid) bie Schule, bie beutfehe Schule, 
fdjon längft f>ätle aufraffen müffen. 2Il§ im Dftober 
oorigen QahreS ba§ Sojialtftengefe^ aufgehoben unb 
bie fo^ialiftifcrje treffe mieber freigegeben mürbe, brachte 
ber ftlabberabatfd) ein ©ebicht, ba§ bie r>orau§ficf)tlicf)en 
©irfungen biefer Httafjregel fcf)ilberte unb mit ben Sorten 
fcf)lo6 : 5)ocr) um bie arme beutfehe Sprache tt)ut mir§ 
leib!*) 9113 ob unfre Sprad)oerberbni3 burcr) bie fojta= 
lifttfdje treffe noch öW ärger merben fönnte! $)te ift 
in biefer SBejiefjung nicht fchlimmer al§ bie übrige 
treffe, Sod) um bie arme beutfehe Sprache thut mir§ 
leib — ba§ hätte fchon cor oier^ig fahren gefagt 
merben müffen, al§ bie ^re&freiheit gegeben rourbe. 
^lu^erorbentliche ßuftänbe erforbern auch aufeerorbent* 
liehe 3Rttte(. s 2lber ftatt ba& fich bie Schule bereiten gegen 
bie gefahrbrohenbe 3Had)t ber $age£preffe gemaffnet, 



*) 3" bem ©ebidjtc felbft ^iefe c?: 

35?o ift Mc ^eitunß, locldjc groben Uitfua, nid)t 
%n jebem £oa. mit unfrer armen Spraye treibt? 



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gegen ifyre bod) oorauSjufebenben Söirfungen einen plan? 
mäßigen ®ampf begonnen £)ätte, bat fie bie ©efafyr oon 
Qa^r §u $al)x rubig toad)fen feben unb ift bi§ auf ben 
heutigen $ag auf bemfelben ©tanbpunfte ftefyen ge? 
blieben, mo fie vor üierjtg ^afyren ftanb, al§ bie ©e- 
fabr begann, immer ftolj, immer ergaben, immer ftege3= 
gemifj. darüber $roar ftnb mir bod) enb(id) binau§, ba£ 
ein Primaner eine§ beutfdjen ©nmnaftums, rote e§ nod) 
uor aroan^ig Qabren möglich mar, fdjon bztyalb ben 
flaffifdjen ^Pbi^Iogen für oerbäd)tig gilt, weil er einen 
guten beutfeben Sluffafc fdjreibt, bap ber fie^rer be§ 
Deutzen al§ ber ©cböngeift, ber $tfettant unter ben 
Männern ber fracrjroiffenfcrjaft im ftollegtum baftebt, 
baf? ber Sebrer be§ ©ried)ifd)en lädjetnb feine Un= 
roiffenbeit geftefjen barf, wenn fid) ein §unge über 
irgenb eine ®Ieinigfeit au§ ber beutfeben grormenlebre 
bei tbm SRatS erholen miß. 2luct) ben eingefleifcbteften 
©todpf)üologen bämmert boeb enblicr) bie (£infid)t auf, 
bafj e§ fo, mie in ben legten 3at)r$ebnten, nietjt roeiter* 
geben fann. üöo ftammen fie benn tyx, bie £>eutfcf)* 
nerberber ber legten oierjig £$al)re, menn nic^t au§ 
ber beutfetjen ©dimle? Sßir baben ja gar feinen beut* 
fetjen Unterricht! 2öir treiben Latein unb ©rieebifd), 
JJtanaöfifd), (Snglifd) unb ©ebräifd), aber mann unb 
wo in afler Söelt lernt ber beutfebe ßnabe feine eigne 
©prad)e? 3n granfreid), in ©nglanb, in Italien ift 
t>a§ £auptjiel unb bie SBlüte alle§ böbern Unterrichts 
bie fixere SBeberrfdmng ber 2Jtutterfpracbe. s 2lber in 
£)eutfd)Ianb tötet man noeb bie Qeit — bie 3*it, bie 
bod) immer f oftbarer mirb! — mit lateinifeben 9Iuf= 
fäfcen unb grtecrjifcben ($£temporalien, quält bem jungen 
ben color Latinus an, bredjfelt lateinifdjje ^Serfe mit 
ibm unb überlädt e§ i^m, ftd) in ber Sftutterfpradje 
f elber au^ubilben, mie eS Zufall unb Neigung, Um* 
gang mit 3ftenfd)en unb Umgang mit $üd)ern gerabe 
fügen. Unfer fötifer fyat bei ber Eröffnung ber 53er « 
liner ©d)ulfonferen$ ba§ nid)t genug $u preifenbe 
Söort gefproeben, bafc ber beutfebe Unterriebt in 3 U; 
fünft ber ÜJhttelpunft unfern gefamten böbern Unter* 
rid)t§ merben müffe; nid)t $u jungen Römern unb 



©riechen, fonbcrn ju jungen $eutfchen wofle er bie Knaben 
erjogen haben. Sflag ilm babei bie cotle (Sinftdjt in 
bie 3urücfgebliebenhett unfer§ fyötyrn Sd)ulwefen§ 
geleitet, ober mag er ©ebanfen, rote fie ihm oft 
von einpoligen Männern jugefommen fein mögen, 
fur$ unb bünbig jufammengefaßt haben, ficher hat er 
bamit ben Sftagel auf ben ®opf getroffen, ba§ §aupt= 
gebrechen unfern fyötyxn SchulwefenS fdjlagenb be- 
zeichnet. 

2öa§ in unferm beutfehen Unterricht oollftänbig fehlt, 
ba§ ift eine jufammenhängenbe, planmäßige Unters 
meifung in ber beutfehen ©rammatif an ber £anb 
ber Sprachgefcfuchte. Söeber auf ben untern noch auf 
ben obem Stufen be§ ©rjtnnafutmS giebt e§ irgenb 
etwa§ bem ähnliche^. $>er eigentliche Sprachunier* 
rid)t befchränft fiel) im beutfehen auf oereinjelte 
Beobachtungen, Bemerfungen, Dtegeln, Söinfe, ju benen 
irgenb eine auffällige Spracherfchetnung beim Sefen 
eine§ SchriftfteHerS, irgenb ein fehler in einem beutfehen 
^luffatj Einlaß giebt. 2lber wa§ finb baS für bürftige, 
jufammenhangSlofe, &om 3 u faH abhängige Brodten, 
bie auf biefe SÖeife ben jungen hiwg^orfen werben! 
2öer au§ bem ©gmnafium heutzutage einen leiblich 
fichern unb gewanbten ©ebraucr) feiner 9flutter fpracfje 
mit hinauSnimmt, bem Unterrichte uerbanft er§ nicht, 
gewöhnlich üerbanft er§ fich felbft, er hat ^>id gelefen 
unb fich baran etma£ gefault. 9lber wie lange hält 
ba§ oor? s iflan fet)e nur bie 9lnfchläge, bie bie Schrift- 
führer ber zahlreichen „atabemifchen Bereinigungen" 
am fchroarjen Brett ber Unioerfität machen — au 
Schriftführern werben gewiß nicht bie fchledjteften 
Stiliften gewählt! — , wa§ aeigen fie? 5)aß bie Ber* 
faffer — wenige Semefter, nachbem fie bie Schule ©er* 
laffen höben — mit ©aut unb föaar bem 3 e ^ung§= 
beutfeh nerfatlen finb. 

9?un ift e£ freilich richtig, baß aller Unterricht in 
fremben Sprachen aud) zugleich beutfeher Unterricht 
ift, ja man hat mit SHecht gefagt, baß nur ber eine 
wirtliche ©inficht in feine 9Jcutterfpracr)e gewinne, ber 
minbeftenS eine frembe Sprache ba^u lerne; wer nur 



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feine Sprache tenne, fenne gar feine. Sttit ben toten 
(Sprachen t>or allem befchäftigt man fich bod) nicht 
um ihrer felbft willen, fonbem einerfett§ um burch fte 
ju einer möglichft unmittelbaren unb lebenbigen ftennt* 
m3 be£ 2lltertum§ ju gelangen, anbrerfeitS um an 
tfmen benfen unb feine ©ebanfen flar unb beftimmt 
auSfprechen ju lernen. SIber biefer ©eminn f)at bod) 
feine ©renjen. 9Hd)t nur ba& jur SBehanblung einer 
SERenge oon @rf Meinungen unb ©efetjen ber Sflutter* 
fpradje ber Unterricht in ben fremben (Sprachen gar 
leine ©elegenhett bietet, er birgt fogar, u>enn er in 
minber gefchieften §änben liegt, mannid)fad)e ©efahren, 
cor ädern bie ©efahr, baf? ben fremben ©prägen ju- 
liebe ©igentümltchfeiten ber beutfdjen uerwifd)t werben, 
bafc fid) ßatini§men unb ©räriSmen etnfchleichen. 
%\t befte beutfd)e Überfefcung ift ntd)t bie, bie ben 
©inn be§ UrterteS auf§ fdjärffte unb ohne jeben föeft 
tmebergiebt, fonbem bie, bie ba§ $ugleid) in bem beften 
$)eutfd) tr)ut unb ohne ber fremben Sprache irgenb 
welche ßwgeftänbniffe ju machen; ba$u fmb aber oft 
tiefgehenbe Umgeftaltungen be§ Urtextes nötig, oofl- 
ftänbige SBeränberungen be8 SatjbauS, 3 u f ammetl * 
^ie^ungen, Erweiterungen — oft mufc ein förmlicher 
föimpf gefämpft werben, wenn bie frembe Sprache be- 
zwungen werben unb ber beutfdjen it>re Eigentümlich* 
feit gemährt bleiben fofl. ©efd)teht ba§ überall V Ober 
wirb nicht *8. bie r^ä^tic^e, gänzlich unbeutfehe 
2Jcanier, ba§ SIbjeftümm im ^räbifat ju fleftiren (bie 
Aufgabe ift eine fehr fdjwiertge), wirb nicht bev 
s £räpofttionenfd)wulft, ber fid) in unfern anläßlich 
unb gelegentlich, auf ©runb oon unb mit Qu- 
hilfenahme oon zeigt, recht eigentlich Uber= 
fetjen großgezogen, weil man fich oon bem fleftirten 
5lbjeftio ber fremben Sprache nicht losmachen, fich gar 
nicht genug thun fann, an bie „Sftüance" hinanju- 
fonnnen, bie irgenb eine ^ßräpofition trielleicht in ber 
fremben (Sprache hat? Unb weiter: wirb auch jebe 
Gelegenheit benutjt, üble Neigungen unfrer *Ptutter* 
fprache mit §ilfe ber fremben (Sprache $u betampfen? 
ober wirb nicht oielmehr ben <Schülern£ weisgemacht, 



castra hostium müffc „gut beutfch" burd) feinbs 
ltcr)e$ ßager überfefct roerben? 

Ceiber giebt e§ in neuerer Dichtung in 

ber Sprachnriffenfchaft — man nennt fie rvofyl bie 
naturnriffenfehaftliche — , bie jeben SBerfud), in bie 
„natürliche" Qpntroicflung ber Sprache einzugreifen, für 
unberechtigt r)ält. Sie behauptet, bafc ei ein 9iid)tig 
unb ein Qralfch in ber Sprache überhaupt nicht gebe. 
2lfle§, roa§ bie Sprache tjern orbringe, fei eben be§^alb 
gut, richtig unb vernünftig. 9hxr oon gebräuchlich 
unb ungebräuchlich fönne bie s Jtebe fein, unb roa§ bie 
attehrjahl brauche, müffe ftetS al§ ber beffere Sprach 
gebrauch betrachtet werben. (£§ fei aber auch 9<*"8 
oergeblicr), in bie ©ntnridf lung ber Sprache einzugreifen ; 
gehe einmal bie Neigung ber OTct)rr)eit bahin, irgenb 
einer Spracrjerfcheinung ben Vorzug $u geben, fo h*lf* 
afle „Schulmeifterei" nichts, bie Sprache Iaffe fich nicht 
maßregeln. 

Vergleicht man bie Sprache mit bem pflanzen« 
umd)3, ben Sprachmeifter mit bem ©ärtner, fo läfjt 
fich biefer rotffenfdjaftltche Stanbpunft mit bem be§ *8o* 
taniferS oergleichen. 2Bie e§ für ben 93otanifer fein 
Unfraut giebt, bie eine ^flanje ihm fo lieb unb roert 
unb an^iehenb ift nrie bie anbre, fo fagt auch biefe 
fprachmiffenfehaftliche Dichtung 3. 93. nicht: unfern mit 
einem ©enetio ober $atio 31t oerbinben ift ein freier, 
benn unfern ift ein 9lboerbium — fonbern fie fucht unb 
fammelt monatelang anbächtig Stellen, roo unfern 
mit oon, mit bem ©enetio, mit bem $atio oerbunben 
ift, freut fich &er s D^annichfaltigfeit, aber ein Urteil 
giebt fie nicht barüber ab. 

$ie Behauptung, ba& alle (Eingriffe in bie Sprach 5 
entnncflung vergeblich feien, roirb burch bie Sprach- 
gefliehte gut ©enüge miberlegt. 2Öa§ tyat bie Schule, 
ma3 hat ber Unterricht in ber Sprachen tmieflung nicht 
alle§ fchon fertig gebracht! Sinb bod) fogar gemiffe 
Sprachbummheiten lebiglich burch ben Unterricht in bie 
Sprache gefommen! (£3 ift gan$ unnerftänblich, wie 
man behaupten fann, baf? bie Schule ber Sprache 
gegenüber machtlos fei. (Sbenfo unoerftänblich aber 



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ift bie cmbre Behauptung. Senn man auch nicht ge* 
rabeju fagen fann, baf? alle Spracrjumbilbung eigentlich 
eine un unter brodjne ftette x>on Sprachbummhetten fei, 
fo x>iel ift bod) fid)er: ein fehr grofjer £eil ber 
9lnberungen, bie mit ber ©pradje vorgenommen n>er= 
ben, hat feinen ©runb nur in ber Dummheit, ber Un- 
roiffenheit unb gegenwärtig namentlich in bem £alb* 
roiffen unb bem §albgefchmacf, bie unfre ßeit au§* 
zeichnen unb aud) auf fo nieten anbern (Gebieten 
©chaben ftiften. 3e höher gebilbet jemanb ift, je 
grünblicrjer er bie Sprache nurtltd) fennt, je mehr er 
ihren Reichtum beherrfd)t, befto f eltner wirb er s 2lnlaf$ 
haben, an ber (Sprache ju neuern. $>a§ größte Unheil 
richten, wie überall, fo aud) f)ier bie £>albgebilbeten 
an. Unb baju follen bie Söiffenben, bie Urteilsfähigen 
fd)it>eigen? fid) non bem großen Raufen in§ «Schlepptau 
nehmen laffen? 

©öffentlich ftnb folche „wtffenfchaftltche'' 2ln* 
fchauungen noch nicht in bie ©djule gebrungen. 93ei 
bem furjen ©ebärm, ba£ manche ©djuhneifter höben, 
ift afle§ möglich- ©rammattf ift unb bleibt ©ram* 
matif, baneben Cogif unb Äfthettf, aber nicht ©tatiftif. 
Die ©rammatif hat ju zeigen, nicht wie gefprochen 
wirb, fonbern wie gefprochen werben foll. 9JMt einer 
©rammatif, bie fid), anftatt ben ©prachunrat ju be* 
feitigen, ben Dummheit, Denffaulheit, Unwtffenheit, 
©efchmadlofigfeit, ©itelfeit in bie 6prad)e hinein* 
werfen, baju erniebrigt, bahinter herzulaufen, ihn pflichte 
fchulbigft aufjulefen unb anbächtig ju oerzetdmen, fann 
feiner Sprache gebient fein. Allmählich fängt wohl 
auch i ene roiffenfchaftliche Dichtung an, ba§ f elber ein- 
jufehen; fte foll neuerbingS etwa£ ben SRüdjug ange- 
treten haben, nad)bem fie gefehen hat, wohin unfre 
Sprache fchon ohne biefe Sehre gefommen ift, gefehen 
hat, nrie unnötig e§ ift, ber Spradjfubelei nod) wiffen* 
fchaftliche Riffen unterzulegen. 

£Benn bie mafjgebenben Äreife fo fchneü al§ mög^ 
lieh ben Söunfch unferS ßaiferS erfüaten, ben beutfehen 
Unterricht jum SKittelpunfte unferS gefamten höh«n 
Unterrichts $u machen, fo märe etwa in einem 2Jlenfd)en* 



alter wieber auf eine SBefferung unfrer ©pradföuftänbe 
ju hoffen, früher nicht. 3flan überlege fid) nur, bajs 
e§ vorläufig oielfach felbft an ben geeigneten Seffern 
fehlt, baß e§ oor allen fingen gilt, mehr Seljrer ju 
f Raffen, bie ba§ 3 € ^g unb ben guten Sitten haben, 
im ©inne beS $aifer§ an unfrer Sugenb ju arbeiten. 
*8t3 bicfe $ugenb bann f elber fo weit ift, bafj fie 
fühlbar in bie Seiterentmicflung unfrer Sprache ein- 
greifen fann, vergeht minbeften§ ein SJienfchenalter. 
3)af$ bloß ber Unterricht, bloß bie ©d)ule Reifen fann, 
unb bafi bie ©djule ^ier vor ihrer bringenbften, 
wichttgften unb fchönften Aufgabe fteht, ift flar. 
2Ber foll benn Reifen, wenn bie ©chule nicht ^ilft? 
$aß noch einmal große ©chriftfteller burdj ihre SBerfe 
bilbenb auf bie Sprache be§ ganzen $Bolfe§ einwtrften, 
wie gur ßeit unfrer ßlaffifer, ift oöllig au3gefd)loffen. 
Unb wenn ein (£ngel r>om Gimmel fäme unb fchriebe 
ba8 befte SBud) für ba§ beutfäe $8olf in ber beften 
Sprache, ein $8ud), ba§ in Dielen ^unberten von 
Auflagen gefauft unb — gelefen (!) würbe, ber er* 
brücfenben Übermacht ber £age§preffe gegenüber würbe 
feine Sflacht t>erfchwinben wie ein tropfen im 2Jceere, 
bie £age3preffe macht alle 93üd)er tot. Setber ge- 
winnt e§ ben 9lnfchein, al§ foflte für bie nächfte Qtit 
in unferm ©chulmefen fo ziemlich aHe§ beim alten 
bleiben: ftatt mit bur ergreif enben Reformen fdjeint j 
man mit falben 9ftaßregeln unb mit ©chetnmaßregeln 
fommen ju wollen. ©efchähe ba§, bann wehe unfrer 
SHutterfprache! 

2Jtag gef drehen, wa3 ba will, auf jeben frall ift, 
auch wenn oom grünen £ifche bie fehnlich get)offte 
Anregung ausbleibt, nicht bloß in ben Greifen ber 
©d)ule, fonbern auch in weitern Greifen be§ SBolteS 
ba8 ©ebürfntS nach 53efferung t>orhanben unb wirb 
fleh hoffentlich noch fteigem. ©in Stiften bafür ift 
ber ©prachoerein, ber, $unächft jur 93efämpfung be§ 
3rrembwörterunwefen§ gegrünbet, boch oon Saht &u 
^ahr feine Aufgabe größer unb weiter auffaßt unb 
anfaßt 3 U M«fei SBefferung möchte auch ba§ t>or* 
liegenbe SBüchlein mitwirken. 



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(SS fct>U uns in 3)eutfd)lanb nid)t an Sef)rbü<$ern 
bcr beutfdjen (Spraye, bicfcn unb bünncn. Slber bie 
meiftcn von iljnen lehren bod) nnr ba§, tt>a§ ©ott 
fei $)anf nod) jeber richtig macfyt; über ba§, worüber 
piele im 3meifel finb unb bod) gern eine (£ntfd)etbung 
fjbren möchten, über ba£, n>a§ triele, ja rrielleidjt bie 
meiften fd)on falfd) machen unb bod) für richtig 
galten, über ba§, roaS unfre ©pradje entfteüt unb 
bod) von nielen für fd)ön gehalten nrirb, über 
aHe§ ba§ fdjroeigen fie; nur oerftedt in einer flehten 
Slnmerfung nrirb tueileicrjt l)ie unb ba einmal vox 
einem frefyler geroarnt. 

S)a§ oorliegenbe ©ud) fd)lägt einmal einen anbern 
2öeg ein: e3 nennt ftd) ©rammatif be§ 3roetfelf)aften, 
be§ Sralfäen unb be§ £äfelid)en. 2Iuf SSoUftänbiaieit 
madjt e3 feinen 2lnfprud). 2ßie fönnte e§ ba§ aud)! 
(£§ roill nur anregen, bie klugen öffnen, ba§ ©prad)= 
geroiffen anftadjjeln, e§ nrill ein -ftotmtttel fein gegen 
ben t)orf)anbnen Dlotftanb. $)te ©runbfätje, bie bei 
feiner $lbfaffung mafjgebenb geroefen ftn&, finb fur$ 
folgenbe. 

3?n rein grammattfdjen fragen ift ber einjig richtige 
(Stanbpunft ber fonferoatioe, b. f). man mufc ba£ 
bisherige richtige %u nerteibigen unb ju retten fudijen, 
wo unb folange e§ eingebrungnem ober einbringenbem 
neuem unb falfd)em gegenüber irgenb $u retten ift; 
aud) in anfcfjeinenb oerjroeifelten Qräüen barf man 
bie Hoffnung md)t aufgeben, burd) Klärung be§ 
getrübten ©pradjberoufitfeinS ober burcrj 5lufftad)elung 
be§ trägen <5prad)genriffen§ ba§ nötige nod) &u er; 
galten. 9tur in gan§ auSfid)t§lofen fallen ift ber 
^ampf aufzugeben unb bem neuen, aud) roenn e§ 
falfd) ift, ba§ gelb ju räumen. 2öo urfprünglid) ©in? 
^eit unb ©teidjmä&igfeit maltet, ba ift fie ftreng ju 
roafjren unb jebe miUfürlic^e ®urd)bredi)ung ab$u* 
roefjren; roo urfprüngltdj 3ftannid)falttgfeit fjerrfcfjt, 
ift fie $u fronen unb jeber öben ©leidjmadjerei vor* 
jubeugen. 5)abet ift überall ber 33olf§munb ju berütf- 
jid)tigen, aber jnrifdjen $8olf3munb unb SßolfSmunb 
woty ju unterfdjeiben: bie ©pradje ber Ungebilbeten, 



bie naio unb otme ©rübelet oerfährt, ift meift in 
befferm fechte als bic ber £>albgebübeten , bic fid) 
©ebanfen macht unb babci irre geht, toeil e§ ihr an 
ftenntntffen fef>It. !gn Iogifdjen fragen hat bie ©nt* 
f Reibung einzig unb aflein ber gefunbe Üftenfdjem 
oerftanb. So feine Iogtfdje Unterfdnebe, bie bi§he* 
beobachtet toorben finb, oenoifd)t ju toerben brofjen, 
ba ift ebenfo entfd)ieben entgegenzutreten, toie ba, 
100 man ftd) plöttfid) al§ $>ummfopf behanbeln 
unb ftd) ofme afle3 93ebürfni§ Unterfcheibungen 
($)iff erenjirungen ! I aufnötigen Iaffen foü. 2ßo aber 
ßogif unb #fthettf um ben Vorrang ftreiten, fyat 
ftet§ bie SÄfthettf ba§ entfeheibenbe 2öort au fpredjen, 
benn ber ©ebraud) ber Sprache ift eine ftunft, unb 
in .aller ftunft finb bie oberften ©efefce bie ©e* 
fefcc ber Schönheit. $)arum ift aud) auf§ nad)brütf= 
lidjfte aüe Unnatur, alle 3* erere * 5 U befämpfen, toie 
fie fid) oft in gefügter &ürge, nod) öfter in gefugter 
breite, in Sd)toulft unb Überlabung äupert. S)ie 
Sprache f od bamit fetne3roeg§ jurüdgefd)raubt werben 
ju einer nüchternen ^at>If>eit be§ 5lu3brud§, aber fie 
mufj erhalten werben bei ber Schlichtheit unb ©infach* 
heit, in ber aflein aüe wahre (Schönheit beruht. *8or 
allem aber ift überall ber lebenbigen Sprache $u 
ihrem SHcd)te ju oerhelfen gegenüber ber unlebenbtgen, 
gemachten Sdjretbfprache, bie unfer Schriftbeutfd) fo 
oielfach entfteOt. Unb wenn fein anbre§, ba§ eine 93er* 
bienft nimmt btefe§ Büchlein für ftd) in Slnfprud), bafj 
e§ jum erftenmale in weiterm Umfange auf bie lebem 
bige Sprache hingemiefen fyat. ©ine gute beutfdjc 
©rammatif ber lebenbigen Sprache — ba§ ift ba£ 
nächfte unb wtd)ttgfte Schulbuch, ba§ in 3)eutfd)lanö 
gefdjrieben toerben muß! 



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3ur 3f0rtttttttef|re 



Btaxkt unfc fü}wad)t f tklimition 

efanntlid) giebt e§ — ober nrir wollen bod) lieber 
eljrltd) fein unb einf ad) fagen: e§ giebt im %zuU 
fd)en eine ftarfe unb eine fdjwadje $)ettination. Unter 
ber ftaTfen nerfteljt man bie, bie bie größere £riebfraft 
l>at unb bat)er einen grö&ern 3rormenreid)tum unb 
größere ^ormenmannic^faltigfeit erzeugt l)at. 6ie I)at 
in ber (Sinjaljl im ©enetto bie (Snbung e§, im $atiu e, 
in ber Sftefyraaljl im Sftominatio, ©enetio unb 2lffu= 
fatin bie (£nbung e (bei oielen SÖörtern föcr)licr)en ®e* 
fd)led)t§ er), im %atxv en (ern). $)ie ©tammuofale 
a, o, u unb ber 2)ipljtf)ong au werben babei in ber 
ajlerjrjal)! gemöfynlicf) in ä, ö, ü, äu t>erwanbelt, wa§ 
man ben Umlaut nennt.*) Unter ber fdjwadjen %z* 
ftination oerfterjt man bie, bie eine geringere £riebfraft 
fyat unb bafyer formenärmer ift. gn ber fdjwacrjen 
$)eflination l)aben alle ®afu§ ber ©inja^l (mit 2lu3* 
narjme be§ ^ominatioS) unb alle ßafuS ber Sftefjrjaljl 
bie ©nbung en. 5)te fcrjwacrje $eflination Ijat au<$ 
feinen Umlaut. 3u beiben $eflinationen gehören 
Söörter männlichen, weiblichen unb fäd)lid)en ©e- 
fdt>Icdt)t§. 5>te SBörter weiblichen ®efd)led)t§ werben 
in beiben $)eflinationen nur in ber SRerjrjal)! beflinirt. 

3ur ftarfeu 2)eflination gehören 3. 95. ber ftufj, 
bie £anb, ba§ §au§; jur fcrjmactjen ber SJcenfd), 
bie fjrau, $**8- 



*) 3)ie »ejeic&mutaen ftarfe uiib fdjwadje Deftination ftnb ebettfo 
wie Umlaut t>on ^atob ®tttnnt erfunben. 

3* 




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3m Söergleid) $u bcm großen 9ieid)tum unfrev 
6prad)e an £>auptroörtem unb ber großen 2ttanmdr)* 
faltigfeit, bic fid) innerhalb ber beiben $eflinattonen 
enhtncfelt bat, ift bie 3af)l ber Jäfle, roo fjeute ^e* 
flination3fel)ler im ©djroange finb ober roo fid) Un* 
fidjerfjeit *eigt, t>erf)ä(tm3mäfng flein. Wber ganj fet)lt 
e£ bod) iüd)t bran. 

llamc o&er llnmm? 

$*ei einer Keinen 9Injal)l von f>auptrobrtern fdjiuanf t 
ber s Jtominattt> $nnfcr)en einer §orm auf e unb einer 
auf en; e£ ftnb ba§ folgenbe SBörter: fjr tebe, 
banfe, ©taube, $aufe, 9lame, Same, ©djabe 
unb Söille. $ie ftorm auf en ift aber falfd). $iefe 
Söörter gehören fämtlid) ber fdimadjen £)eftination 
an.*) 3m ©enettu bilben fie eine 9Jiifd)form au§ ber 
ftarfen unb ber fdnr>ad)en $eflination auf en§ (be£ 
Wamen§). $)a f)at fid) nun unter beni ©influffe biefer 
9JUf deform ba§ en au§ bem $)attD unb 3Iffufatio audj 
in ben 9tominatit) eiugebrängt. ^)a aber bie alte, 
richtige fjorm überall noef) baneben lebenbig unb im 
©ebraud) ift, fo follte fie aud) ftet£ oorgejogen, alfo 
gefagt werben: ber3rtte° c °on 1871, ber ©djabe ift 
nid)t grofj, ntd)t: ber ^rieben, °* r ©djaben.**) 
5lud) ber 9tominatü> Reifen neben ftelS ift auf biefe 
Seife entftanben, alfo falfd); ba§ 2Bort gehört ur= 
fprünglid) ber ftarfen Xeflination an, bafjer ift fogar 
gegen bie Datir»; unb bie 9lffufatit>form ftel§ (^om 
ftel§ jum Weere^ nid)t§ einjumenben. 

Pas fatiu-r 

$u bef lagen ift e3, baf$ in ber ftarfen Deflination 
immer mel>r bie Steigung um fid? greift (roie e§ fdjeint, 

*) 9)iit 9Iu&iiaömc luut ^ riebe unb ©cbanlc, bic im Littel 
OocfjbcutfdKti (vridc, gedanc) nodj suv Warfen TeMinatton aeljörtftt. 

**) ©ttoaS anbrcS ift ei in gäncii, too bic folfctjc gorm bie alte, 
rirfjtiac oii« bcm ©pracfjbcttmfjtfcin fdjon aanj bcrbräncjt Ijat, mic bei 
Ernten, .^opfen, Äudjcn unb Würfen, bic im Wirtelfjodjbeutftfjcit 
nod? br»te, hopfe, kuche, rucke fliefeen. 



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von ©übbeutfdjtanb au3), ba§ 5)atiu = e roegjuwerfen 
unb §u fagen: cor bem ftönig, in bcm Sßud), au§ 
bem £>au§, nad) bem ftrieg, im Satyr, im 9ied)t, 
im JReidi), im 2Öalb, am 3Jieer, (ftatt Könige, 
$3ud)e, §aufe, Kriege, ^atjre, Oiedjte u. f, n>.)< 
s 2tbgefel)en baoon, bafj bcr ofjnetjin fd)on ftarf oer^ 
fümmerte £5rormenretd)tum unfrcr $eflination baburd) 
immer mef)r oerfümmert, erhält au<$ bie ©pracrje, 
namentltd) wenn ba§ e bei etnfilbigen Söörtern n>eg= 
gemorfen ttrirb, baburdj etroa§ $erl)adte3. ©in ein* 
$ige§ $atu>*e fann oft mitten unter rTapprigen ein- 
rtlbigen Söörtern (in einem Keinen §au3 im Söalb 
am ftufe bes töiefengebirgeg) s Jtf)ntlmiu3 unb 2öoI#= 
laut f)erftetlen. 9flan foflte e§ bafjer überall forgfältig 
fdjonen, in ber lebenbigen Sprache nrie beim Schreiben, 
unb bie <Sd)ule foQte aüe§ branden, e3 ju erhalten. 
9tur roo ba£ auf bas 25atio*e folgenbe Söort mieber 
mit einem Sßofal anfängt, alfo ein fogenannter §iatu§ 
entftef)t, mag man ba£ e suroeilen fallen Iaffen — 
zuweilen, benn aud) ba ift immer ber s Jtyntt)mu3 ju 
berüdfid)tigen ; eine medjanifd) $u befolgenbe Siegel, 
ba& jeber §iatu§ $u meiben fei, foü bamit nid)t au3= 
gefprodjen werben. 

2In ben Wörtern auf ni3 unb tum unb an 
g-rembmörtern roirft ba§ $atio = e metft unangenehm 
fdjleppenb; bem *ßerf)ältniffe, bem (Sigentume, 
bem ©ufteme, Dem Probleme, bem Organe, bem 
s $rin5tpe, bem iHeftorate, bem Programme, bem 
3ttetalle, bem Dffijiere u. f. m. flingt r)ä^tid). 

Sic Stiefel ober bir gticfcln? 

*8on ben Hauptwörtern auf el (unb er) gehören 
alle 5 em ^ mna oer fd)macr)en ^eflination an; bafyev 
bilben fic ben Plural : Nabeln, s J3Mnbeln, ftadjetn, 
klingeln, Jadeln, s Bur$eln, Startoffeln, iHe = 
geln (Wimpern, Leitern, ©d)euern, dauern, 
Kammern); alle äflaSfulina unb Leutra gehören $ur 
ftarf en $>efltnation, nrie <§d)lüff el, Mäntel, SB im* 
pcl, Wentel, Siegel ((Sber, 3eiger, dinier, 



«after, Ufer, fclöfter). 3)iefe Megel gilt, rote bie 
SBetfptele jeigen, ebenfo für urfprüngltcr) beutfdje wie 
für Sefmwörter. $llfo finb formen wie Sftöbeln, 
©tiefein, Pantoffeln, 3iz$tln, 2lpofteln falfd). 
9iur 6tacr)el madjt eine 9lu3nafmte (bie ©tadeln), 
bod) aud) nur fdjeinbar, benn ba3 2öort hatte ur= 
fprünglid) metblidjeg ©efd)led)t, unb eine Erinnerung 
baran t)at fid) in ber ^ßluralbilbung nod) erhalten. 

« 

Potte unb gtlärter, OBeijöltc unb ©eljäüfr 

5)ie einen reben r>on ftremb Wörtern, bie anbern 
oon grembm orten. 2öa§ iftridjtig? — $)ie ^lural* 
enbung er, bie befonberS bei SBörtern fad)lid)en ©efd)led)t§ 
oorfommt (©räber, Kälber, Kräuter, Lämmer, 
SR in ber, Xfyälei), im 3ttittelhod)beutfd)en ir (baf)er 
ber Umlaut), ftnbet fid) jwar bei SB ort fcfyon im 
9JlittcIt)occ)bcutfd)en, wirb aber boef) erft im fec^e^nten 
3af)rf)unbert üblicher; £utt)er fagt nod) burdjgängig: 
die wort. Ein Unterfd)ieb in ber ©ebeutung rourbe 
anfangt nid)t gemacht. Erft im adjtjelmten Satyr* 
bunbert begann man unter 2Börtern blofee Seile ber 
©pradje (vocabula), unter Sorten Seile ber aufammen- 
fjängeuben SHebe 31t oerfte^en. SWan fprad) atfo nun 
oon Hauptwörtern, Zeitwörtern, SBörter- 
büerjern, bagegen oon $)id)terworten, £e£twor= 
ten, fd)öne Sorte machen u. f. ro. liefen Unter- 
fd)ieb empfiehlt fid)§ aber nun aud) feftjutyalten. Sorte 
fjaben ©tnn unb 3 u f cimmcn f>arig ^ Sörter finb $u* 
famment)ang§lo3 aufgereiht. Senn e§ alfo auef) nid)t 
gerabeju al£ falfd) bezeichnet werben fann, oongrembs 
roorten ober ©djlagworten ju reben, fo ift boct) bie 
S'orm ftrembwörter, Schlagwörter entfdn'eben 
ooraujie^en. 5)er Sörter finb genug gewechfelt — 
wirb niemanb einfallen §u fagen. SÜhnltd) unterfdjeibet 
man *8anbe (ber greunbfdjaft, ber 93erwanbtfd)aft) 
unb SBänber; Söanbe finb gleichfam ein ganzes 9lefc 
oon Affeln, 93 an ber finb einzelne ©tücfe. 2lucr) 
Öid)te unb ßichter finb bem ©inne nach ju unter * 
Reiben. £td)te finb Serben (28ad)8 lichte, Stearin* 



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lichte), Sinter finb flammen (burd) ba§ g-enfter 
[trauten jaljllofe Sinter). 

3ßo fonft srcei formen auf c unb auf er neben 
ehmnber befielen ($>enfmale unb 2)enfmäler, ©e- 
roanbe unb ©eioänber, fianbe unb ßänber, 
XI) alz unb $f)äler), erfcfyeint bie ältere ftorm, nrie 
fo oft, jeijt als bie eblere unb ift bafyer auf bie 2lu§* 
brucfStoeife be§ £)id)ter§ unb be§ töebnerS befdjränft. 
3o bigtoeilen Ijaben bie ^formen auf er gerabeju einen 
gemeinen $lang. Sftur ba§ niebrige 93oIf rebet in ßetp$xg 
oon ©eioölbern unb ©ef di)äf tern, ber ©ebilbete 
von ©eroölben unb ©efd)äften. Öeiber mad)t ber 
gemeine Plural ©el) älter (Selker gel) älter, Beamten* 
gemalter) ebenfo wie bie E>ö^Iid>e neutrale Singular* 
form ba§ ©efjalt oon 9Jorbbeutfd)lanb, namentlid) 
roofjl oon Berlin au£, jefct aud) in ben Greifen ber 
©ebilbeten immer weitere fjortf dritte. @3 fängt iefet 
audj f$on in Seidig an für fein $u gelten, wenn man 
ba§ ©eljalt fagt. $)ie gute (Sprache fennt nur ben 
©eljalt unb bie ©ehalte.*) 

gote ober gtfte? 

5©ei einer 2ln$af)l oon £>auottoörtern ioirb ber Sßlural 
jeijt mit bem Umlaut gebilbet, 100 biefer nid)t bie ge- 
ringfte Berechtigung f>at. Solche falfcf)c Sßlurale fmb: 
s Ürme, Böte, »röte, <Köi)re, Böben, Säften, 
fragen, Säger, 3Kägen, Säge, Söägen, Bögen. 
üDian rebet oon ©eburtStägen, dufter lägern, ftufc 
böben, ©ummtf ragen u.f.ro .**) 9tid)ttg ift einzig unb 
allein bie ftorm of)ne Umlaut: bie 5lrme, bie haften, 
bie Säger, bie 9lol)re u. f. ro. 9ttan benfe fi$, 



*) fBenn ein $auWoort in feinem ©efdjlcdjt fdjmanft , fo Ijat ba§ 
»eutrum faft immer ettoa« gemeine?. (ES Ijängt ba8 bamtt aufammcu, 
bajj ntdjt 6I0B bei ungebilbete grembc, bei be« 2)eutfd)en nt$t mächtig 
tft, olle bcutfdjcn $au$tn>örter im groeifelfallc fädjlidj beljanbett (ba* 
©ruber, baS Dffijier, ba8 Äutfdjer), fonbem aud) ber un= 
gebübetc Dcutfdjc ebenfo mit 5rembtt)brtem »erfährt. STOan benfe nur 
an bie unau«fteljlidjett Leutra unfrer ßabenbiener unb tfanblung* 
reifenben: ba* ftimta, ba§ ftaeon, ba« Stifctt. 

**) 3n »aicrn fafjrt man in SB ä gen! 



baj* e£ in (£tctyenborff§ fcrjbnem Siebe: 0 Später weit, 
o £>öl)en — am ©crjluffe fne&e: fdjlag nod) einmal bie 
S3ögen (!) um mid), bu grünet 3elt! Sludj^erjöfle 
ift falfd), e£ muf? §erjoge fjeifeen; baS ©ort ging 
früher fogar nad) ber fdjroadjen $cf(ination («lio her- 
zogen). 



s -l>on ben ftrembroortern finb triele in ben Umlaut 
hineingezogen roorben, obroofjl er t^nen eigentlid) aud) 
ntdjt $ufommt, md)t blofj Sefjnroörter, beren frembe 
§erfunft man nid)t mefjr empftnbet, roetl fie ganj um* 
gestaltet ro orben finb, rote « i f d) ö f e , y a l ä ft e , s ^ I ä n e , 
*8äffe, fonbern aud) SBörter, bie man noef) lebhaft al§ 
ftrembroörter empfinbet, roie Altäre, Senöre, £>o* 
fpitäler, Kanäle. 3Iber anbre bilben bod) bie aflerjr* 
jafjl richtig olme Umlaut, roie s ilbmirale, ^rinji* 
pale, Journale. SQJenn fid) baljer irgenbroo ein 
©djroanien ju $ eigen beginnt, fo ift e§ flar, ba& bie 
JJorm ofme Umlaut ben ^orjug oerbient. Keffer alfo 
al§ ©eneräle ift alfo unzweifelhaft ©enerale. 33i3* 
roeilen fjat bie ©pradje bie 2flöglid)feit ber boppelten 
2rorm ju einer Unterfdjetbung be§ ©üme£ benutzt: 
Kapitale (ober Kapitalien) ftnb (Selber, Kapi- 
tale ©äulenfnäufe; l)ier fyei&t at!erbing§ aud) fdjon 
Die (£tnjaf)l Kapital.*) 



Qu einer befannten beutfdjen (Siemen targrammatif 
l)ei&t e§: fein beutfd)e§ 2öort r)at im ^lural ein 3 in 
ber (£nbung, unb biefe Siegel ift gan$ richtig. 9hm 
oergleid)c man aber einmal bamit unfre heutige Um= 
gangS* unb Sd)riftfprad)e! Senn roir tron ©enie§, 
KorpS, ^enbant^, «eeffteafg unb Meetings 
reben, fo ift ba§ § natürlid) ba§ franjöfifdje unb eng< 

*) ©o untfrfcfieibet ber opractjgebraud) aud) df feite (SBirlungen) 
unb feiten (SöcrUiapiere ober fytbfeligfetten) , neuerbiiig? aud) 
^robulte (©etftcGeraeuamffe) unb ^robuften (©obenerjeugniffe). 
ebfcofjt ju Mrfrr «wetten Unterfctjeibung feine rccf)tc tWötiflintg toorlteQt. 



(Ornrralr ober (ßrurrälr? 



Pas ö brr gtlfijrjnfjl 




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lifd)e Plural ba£ biefen SBörtern jufommt. 2iber 
n>ir rebcn aud) oon SungenS unb 9Jtäbel£, ®erl§ 
unbedjltngel^^odiSunb^ra^ö^cftecf^fJracts, 
unb 8d)murf3, (£d)0§, 2Wla§ unb ftirmaS, (ftatt 

fttrmeuunb Villen), UhuS unb $Mnguruh§,2ÖennS 
unb s 2lber§, U'3 unb Vergt&meinnid)t3 unb 
©tellbid)ein§. Me biefe formen finb falfd). $a3 
$lisrat«S ftammt au3 bcr nieberbeutfdjen 3Jiunbart ; ihr 
gehören bic jungen § unb bic 2ftäbel3 an. $luS Ver- 
legenheit ift e3 bann an Srembrobrter, an unechte 
©ubftantioa u. bgl., fdilieftlid) auch an ecr)te beutfdje 
©ubftantioa gelängt njorben. Slber nirgenb§ gehört 
e§ hin. flüchtig ift nur: bie ©od), bie Vefterfe, bie 
Jräcfe, bie ©ermüde, bie (Idjo, bie s 2lber, bie % 
bie Vergißmeinnicht u. f. n>. ©erabeju befdjämenb 
finb gönnen rote Nortis, (£olli3 unb ÜJtottiS, 
benn ba ift ba£ falfdje beutfdje s ^(ural^ an bie ricf)= 
tige italienifd)e s $luralenbung gelängt! $ie (Sinaat)! 
hei&t ja ^orto, tfollo unb üttotto. 

Ate §t0ffitamen 

Me ©toffnamen, wie Söein, Vier, Vlut, (Stfen, 
tonnen oon $Red)t3 wegen nur im Singular gebraucht 
roerben, unb fo priefen benn aud) unfre ftaufleute 
früher immer nur ihren guten 2 ad ober girnifj an, 
aud) wenn fie mehrere ©orten h^tat- ^ on einigen 
folgen SÖörtern hatte man aber bod) gewagt ben Plural 
$u btlben, um bie SJtefjrjafjl ber ©orten ju bezeichnen, 
unb mir haben un§ baran gewöhnt, ©djon im fjauft 
Reifet e£: ein echter beutfdjer 3Jiann mag feinen granjen 
leiben, bod) ihre 2öeine trinft er gern. Steuer = 
bingS wirb aber biefe ^ßluralbilbung in unerträglicher 
2Beife auggebefmt; man empfiehlt i'ade, girniffe, 
Die, Slabafe, Zwirne, ©arne, Suche, ftla* 
nclle, qHftf che, Sülle - $hee3, £affee§, «uetgs 
finS u. f. w. 2)iefe formen, bie bie immer ärger 
roerbenbe Sßrahlfucht unfrer ftaufleute gefchaffen fytt, 
haben etwaS ftammelnbe§, fie Hingen mirflich wie 
SHnbergelafl. s Jöenn auf biefem 2öege weitergegangen 



würbe, müfjte man in Sufcwft auc *) &orne, 3ttef)le, 
grlcifd^c, SBurfte, ©fftge, 2öacf)fe, Seime, ftaUe, 
^or^eüane, Statte, ©lafe anpreifen fönnen. 
2)enn Stähle Cßlattflä&le), ® tftf er, Börner, äöürfte 
finb bod) etwa§ anbre§, fie bejeiermen bie einzelnen 
Stücfe, nicr)t bie ©orten. 3Öo ift bie ©ren^e?*) 

fünf Pfennig? ober fünf pfrmtiji? 

23ei ©erairf)to gal^ uno 9Jtofjangaben ift bt§= 
weilen eine ^ßluralform üblief), bie fid) com Singular 
nid)t unter f Reibet, namentlich bei ^ßfunb, Sot, 3rufj, 
3oIl, ftafc, ©la§ (aroei©Ia§ 93ier), 9Jtafc, ftieS, 
93ucf> (brei 93ud) Rapier), Elatt, 3al>r, SKonat, 
Schritt, Scfjufj (1000 Scf>uj3), Stocf (brei Stocf 
r;ocr)) u. f. w. 9Iud) bie 9Uter§angaben werben in 
biefe ®ewol)nf)eit mit hineingezogen; man fagt: ob= 
roorjl er erft 21 3af)r alt mar. $)iefe formen ftnb 
natürlich feine wirflichen Singulare, fonbem §um 
Seil ftnb e§ alte s $luralformen, jum £eil formen, 
bie folgen unwiflfürltcf) nachgebilbet morben ftnb. 
$Bon irgenb einer SHegel, bafj in allen folgen fällen 
„ber Singular" ftehen müffe, fann alfo feine SRebe 
fein. (S§ ift gan$ richtig, $u fagen: brei Qaf)re, 
brei Monate, fünf Pfennige, roie jeber aud) bei 
brei XfyaUx, jel)n ©rofdjen bie gönnen £f)aler 
unb ©rofdjen al§ Plural füllen wirb. 

Qtbts ^utamjrö ober jeorn JiMMtaes? 

$)ie ^bjeftioa fönnen ftarf unb auch fchwad) 
beflinirt werben. $n ber fchwacfjen $)eHtnation haben 
fie, wie bie Hauptwörter, nur bie ©nbung en, in ber 
ftarf en haben fie bie (Albungen be§ 2lrtifel§: e§, 
em, en u. f. w. 9tocf) ber ftarfen S)eflination gehen 
fie, wenn fie allein beim Subftantioum ftehen, wenn 
weber ein 9Irtifel nod) ein Pronomen vorhergeht (ober 



*) Die 93eforcd)ung biefeS §ef)ler8 gehörte bicHeidjt beffer in bie 
Safrleljrc. Stenn gegen bic gönnen an fidj ift ja nichts einamoenben, 
fie ftnb äufeerltcG richtig gebitbet; e$ ift ber «erftojj gegen ben ©inn, 
ber fo unangenehm auffänt. 



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wenn baS oortjergefjenbe Pronomen felbft unflefttrt ge* 
braucht wirb, wie: fold) oorjügltcr)er 2öetn); in allen 
anbern %&Utn getjen fie nad) ber fcfjwacfyen $eftination. 
(£S mufj alfo Reißen: gerabeS 2öegS, guter 
Hoffnung, fdjwieriger fragen, bagegen ber 
fcr)wterigen fragen, biefer fcrjwierigen 5 ra 9 c «/ 
foldjer fdjwierigen fragen, aud) berartiger unb 
folgenber fdfjwierigen fragen (benn berartiger 
ftet)t für foldjer, folgenber für biefer). 

(So ift aucrj bie ältere ©pradje überall »erfahren; 
fcutyer fennt ©enetioe wie fügen ©eine S faft gar niety. 
3m fiebjeljnten unb ad)t&eljnien Saljrfjunbert aber brang, 
obwohl ©pracfytunbige eifrig bagegen anfämpften, bei 
bem männltcfjen unb bem fäcf)ltd)en ©efci)led)t im 
©enetio beS 6ingularS immermeljr bie fcf)wad)e ftoxxn 
ein, triefleterjt beS SBoljllautS wegen, um bie §weu 
malige (Smbung auf S ju oermeiben, oielleidjt aud) 
nur infolge einer Söerirrung bei @pradjgefül)lS. ©egen* 
wärttg l)at fie fid) faft überall feftgefefct; man fagt 
froren ©inneS, reichen ©eifteS, weiblichen 
©efdfjtedjtS. §öd)ftenS gutes SKutS, reines 
§erjenS, gerabeS SöegS wirb biSwetlen nodf) 
richtig gefagt. 93ei ben befifcanaetgenben 2Ibjeftit»en 
bagegen (mein, Dein, fein, unfer, euer, ifjr) unb 
bei ben ^Inbegriffen (Diele, alle u. f. w.) l)at fid) 
überall bie ftarfe %oxm unangetaftet erhalten. @twaS 
in§ ©djwanten gefommen finb nur jeber, aller unb 
ein paar anbre Sßörter; nrie man fagt: größtenteils 
unb anbernteilS, fo fagt man auef) jebenfallS unb 
allenfalls neben bem richtigen feineSwegS, feinet 
falls, alles ©rnfteS. 93ei jeber erflärt fid) wofjl 
baS ©dfywanfen barauS, baß jeber, nrie bie 3lbjeftiua, 
audj mit bem Slrtifel oerfel)en werben fann (ein jeber 
9Henfdf)), t eine SBerbinbung, bie manche ©djriftfteller jefct 
bis sum Überbruß lieben, als ob fie baS einfache jeber 
gar nid)t mefjr fennten. 2lber wie fann man fcrjreiben 
wollen: trotj allen SeugnenS, trofc tnandjen ©r= 
folgeS? 

2>ie Schule follte fid) au<$ in biefem gaüe bemühen, 
bie alte, richtige gorm, wo fie ftd) oeretn^elt nodf) er= 



galten h a t forglrch $u fd)ütjen unb gut ®d)ärfung be§ 
(Sprachgefühl^ $u benutzen. 2Öo aber ein 6d)manfen 
befteht, roie namentlich bei je ber, ba foÜte boer) fein 
3roeifel fein, nrie man ftd) entfeheiben habe. U\u 
bebingt falfdt) ift: bie 2lbroehr jeben 3roange3; richtig 
ift nur: bie $lbmehr jebeS 3n>ange§ oocr eine^ 
jeben 3 lüan 9 cg (wie bie Söefämpfung fold)e£ Un- 
fittttS ober etne§ folgen Unfinns). 

JJon Ijoljrm 9*f$üt)tUii)im JUert* obrr von Ijotjfm 

3rfriud|tltdjrn gtetr? 

2Benn ju einem ©ubftantioum mehrere $lbjeftit>a 
treten, fo ift e§ felbftoerftänblich, baß fte in ber S)e* 
flinatton gleichmäßig befjanbelt merben muffen, £a 
^aben nun manche in ber ftarfen 'Setlination einen 
runftlicrjen Unterfchieb fchaffen motten, ©ie höben ge- 
lehrt, nur bann, roenn ^mei Slbjeftioa gleichwertig 
neben einanber ftünben, menn fte bem ©inne nad) 
foorbinirt mären, a-a-s, bürften fie gleichmäßig behan* 
belt roerben, 5. 33. £iere mit rotem, faltem SBlute; 
wenn bagegen ba§ jroeite Slbjeftioum mit bem @ub= 
ftantio einen einheitlichen begriff bilbe, ber burd) 
ba§ erfte nur näher beftimmt merbe, ba§ erftc alfo bem 

jmeiten übergeorbnet fei, '\ , müffe ba§ smeite fchroach 

beflinirt merben, au£ übertriebnem patrio = 
tifdjen 3 ar ^0 c f u h^ »on bewährtem chriftlichen 
©inne. ©benfo müffe bann auch * m ©eneti© ber 
■ü^ehr^ahl unterfchiebeu merben jmifchen: frifcher, 
füßer ®irfd)en (benn bie ftirfchen feien frifch unb 
füß) unb neuer hoHänbifchen geringe, fcharfer 
inbianifchen Pfeile, einheimif eher geogra = 
phtfdjen tarnen (benn bic geringe feien nicht neu 
unb hotlänbifch, fonbenx bie hoüänbifchen feeringe 
feien neu). 

$iefe Unterfcheibung ift logifch unzweifelhaft not= 
menbig, unb fie muß auch in ber ^nterpunftion $um 
2lu$brud tommen: foorbinirte Slbjeftioa merben burch 



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ein Äomma getrennt, rocHjrenb jroifdjen 9lbjeftit>en, von 
benen ein§ bem anbem übergeorbnet ift, fein ^omma 
ftefjen barf. ©rammatifdf) aber ift bte Unterfdfyetbung 
btc reine 2ÖiHfür, bie lebenbige Sprache roeife nirf)t§ 
bat>on. 3Öarum follte fte aud) gerabe auf biefe 
beiben ®afu§ befdjränft werben? auf ben 3>atit> im 
«Singular unb ben ©enetio im ^Iural? 9htr in biefen 
beiben ®afu3 aber wirb fte angenommen, in ben 
übrigen ®afu§ fällt e3 gar niemanb ein, ba§ zweite 
2(bjeftiü jemals in bie fc^madje ftorm ju bringen. 
3)aju fommt, bafj fid) in mannen $äü*en faum ent- 
färben läfrt, ob jmei s 2lbjefttoa etnanber foorbinirt 
finb, ober ein§ bem anbem untergeorbnet ift. Unfre 
ffiomanfdjrtftfteüer fcfyeinen ju glauben, ba& ftet§ eine 
Unterorbnung oorliege, wenn ba§ zweite 3lbjeftitmm 
eine %axbt bebeutet; fie frfjreiben faft au§naf)tn§lo§: bei 
fd)önem blauen £>immel, mit langem fcfyroarjen 
©aar, mit fd) malern braunen 9tanbe, mit auffäl- 
ligem roten $8anbe. $)a§ ift aber oöflig unberfmmg. 
fjretlid) giebt e3 lange§ fd)nmrje§ ©aar unb furjeS 
fd)marge§ feaar. 9lber eine folcfye Sortirung fd)roebt 
bod) t)ier nid)t vor. 93eim frönen, blauen ©immel 
t)ot(enb§ benft bod) niemanb an eine anbre, roeniger 
fcf)öne$lrt oon blauem Gimmel, fonbern blau ift eine 
weitere 2lu3fül)rung unb 33egrunbung oon fd)ön; 
ber ©immel ift fdjön, roeil er blau ift. ©benfo ift 
ba§ 58anb auffällig, weil e§ rot ift. 9lber wer will 
entfdjeiben, ob ftcf) jemanb unter einem langen, 
fcfyweren Reiben ein Reiben gebadet fjabe, ba§ lang 
unb $ugletd) ferner , ober ein fd)were§ öeiben, ba§ 
lang gewefen fei? ©rammatifd) ift bie Unterf Reibung 
gan$ bebeutung§lo§; richtig ift einzig unb allein: t>on 
fjobem gefcf)id)tlid)em Söerte, nad) langem, 
fernerem Ceiben. 



6nmtltrt)er iieutfriren Stämme öfter rnmtltriirr lirntfriirr 

$tnmm?V 

Jl (*twa3 anbre§ ift e3, wenn an bie ©teile be3 erften 
ber beiben 5lbjeftit»a ein ßaljlbegriff tritt, ®iti 



beutfd)e3 ©prichroort i>ei^t: aller guten $ingc 
finb brei. Unfre Sprichwörter reben gewöhnlich gute§ 
«Deutfch; noch nie wirb jemanb gehört Ijabcn: aller 
guter $)inge frnb brei. 3n ber %f)at müffen alle 
3ahfoörter: (einer), feiner, jwei, brei, einige, 
wenige, einzelne, etliche, manche, nerfcfjiebne, 
mehrere, ©tele, alle, fänttlic^e ba§ 2lbjeftu>utn 
in ber fchwadjen fjorm gu fid) nehmen; fie fchlteften 
fid) ba bem Slrtifel unb ben Jürmörtern an. (§& mu| 
alfo tiet&en: fetne§ guten fieumunb§, bie S8er* 
einigung zweier anfcheinenb entgegengefefeten 
©igenfchaften , oieler jungen £eute, mancher 
fletnen ©ouocräne, einzelner ausgezeichneten 
©chriftfteHer. 5lud) anbre, r>erfd)iebne unb ge = 
wtffe f fliegen ftdE> bem an, bie beiben legten, wenn 
fie in bem ©inne r»on mehrere unb einige ftehen; 
5.93. trotj oerfcrjtebner f djweren Söebenfen, bieDffen= 
herjigfeit r»erfd)iebner freifinnigen Rettungen, 
nad) ber Meinung gewiffer ariftofratifdjen 
Greife. gür jweter unb breier mit ber fcfjwachen 
s «Hbjeftwform fann auch ba§ unbeflinirte 31t» ei unb 
brei mit ber ftarfen gebraucht werben: zwei großer 
5ßölf er , wie auch hinter m and) er (unb foldjer) bie 
ftarfe 3lbjeftioform fteht, wenn fie felbft unbeflinirt 
bleiben: mand) ebler bitter, fold) bumme§ 3 eu 9- 
9lber burd)au§ falfd) ift: 5 w ei er großer Golfer. 
9cur im Sftomtnatw unb im Slffufatir» ber 9J?ehrjahl 
ift hinter biefen 3af)lbegriffen meift bie ftarfe Slbjeftinform 
üblich, ob bie 3ahlroörter Slbjeftiüa mären. SBenn 
alfo auch wof)l jebermann fagt: alle guten 9Henfd)cn, 
meüeicht aud) manche bittern (Erfahrungen, fo wirb 
bod) faum jemanb fagcn: einige fremben Sprachen, 
meutere beutfdjen ftaifer, wenige gewichtigen 
Söorte. 

GBraß*r (fiteteljrtjeii tött gtSfpx ($*l*ipttr? 

Sei einer 9ln$af)l von ^artijimen hat fid), wenn fie 
al3 Subftantiua gebraucht unb bann felbft wieber mit 



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einem $lbjettmum oerfehen werben, wobei man ftd) ihrer 
urfprünglichen SBebeutung faum noch bewufct ift, ber 
©ebrauef) feftgefetjt, fte in ber 2Jteh*8öhl wie fdjroadj 
beflinirte ©ubftantioa ju behanbeln. ©3 ftnb bieg 
namentlich bie SBörter: 93ebiente, Beamte (moneben 
bie 3eitung§fprache neuerbing§ noch ba§ fcfjöne SBort 
SBebienftete aufgebracht f)at), ©elefyrte, Sßerroanbte 
unb 93efannte. Namentlich im ©enetio ber Sttehr* 
$af)l (>at ftch bie f ch wache %oxm oollftänbtg eingebürgert. 
4öenn auch niemanb im 9lftufatit) fagt: er h<*t liebe 
SBerwanbten, fo ift boch allgemein üblich, S u fagen: 
ein ÄreiS lieber 93ermanbten, bie Stellung höherer 
^Beamten, bie Arbeiten grofcer ©elehrten. ©ram* 
matifch hat ba3 nun eigentlich (eine ^Berechtigung, 
aber e§ ift oollftänbig eingebürgert, unb e§ märe 
thöricht, bagegen anjufämpfen. Offenbar fyat auch 
f)ier ba§ 2Bohllaut3bebürfni8 mitgeroirft; bie $wei* 
malige ©nbung er erf djien bem Ohre fyaxt ©efteht 
man bie§ aber einmal &u, bann ift fein ©runb, 
xvetyalb nicht auch 2lbjeftioa, roenn fie fubftan- 
tioifch gebraucht werben, an biefer ©rlaubntö teil* 
nehmen f ollen. 2Ba§ ben SBerwanbten recht ift, ift 
boch ben Angehörigen billig. $)a§ ©tgentum fran* 
jöfifcher Staatsangehöriger, bie ©enoffenfehaft 
beutfct)er ©ühnenangehöriger, ber ßentral* 
oerbanb beutfeher Ignbuftrieller, jum heften armer 
$lugenfranf er, bie 93eftrebungen heroorragenber 
©eiftlicr)er unb ooHenbS bie ©inbübung etlicher 
rounberlicher ©eiliger, ber 3)rucf In'nterlaffner 
Schriften berühmter Sobter $um Vorteile ftreb = 
famer Sebenber dingt ebenfo häßlich unb ift genau fo 
$u beurteilen wie: ein ßrei§ lieber SJerwanbter. 
©^empfiehlt ftdt> auch &ier, ber ©leichmäjsigfeit wegen 
$u fagen: bie ©enoffenfehaft beutfeher SBühnenan* 
gehörigen, auf ben 9tat namhafter ^nbuftriellen, 
bie ©inbilbung etlicher wunderlichen ©eiligen 
u. f. w. 93ei ben jungen (eine 93anbe bummer 
jungen) fyat fich bie fch wache grorm fogar be3 ganzen 
2Borte§ bemächtigt; e§ hei&t: ein bummer Sunge, 
ftatt be£ urfprünglichen: ein bummer junger. 



(frin fffyfrit* (»5anj* obrr ein fd)önrs tönn^s? 

(£benfo nerhält fichS mit Berbinbungen wie: ein 
organtfcheS ©anje, fein gan$e3 innere, ein 
ungewöhnliche^ s Üuf?ere u. älml. s #uch ^ier l)at 
bte fd^rood)e grorm ber fubftantitnfch gebrauchten 3lb= 
jeftina eigentlich feine Berechtigung; grammatifch richtig 
bürfte e3 nur fjeifjen: ein fd)öne3 ©an5e3. 9lber 
auch hier ift offenbar ba§ SföohllautSbebürfntS im 
Spiele geroefen. Xafjer ift e§ oerfehrt unb wirb 
root)l auch nergeblich fein, ba§ grammatifch richtige, 
nrie e§ neuerbtngg oon einzelnen Seiten geroaltfam 
oerfucht wirb, mieber burdjfefcen $u rooüen.*) Sie 
Sprache hat offenbar eine Abneigung gegen folche 
reimenbe SBorrnerbinbungen, auch roo ber Meint gar 
nicht befonber§ hWich Ringt. Saher fagt man auch: 
ba§ heutig« ®rtechtfch, obgleich & ^i&t: ba§ 
©ried)if che. 

gxtbt fmmbr ober litten frtunbe? 

Obwohl e§ feinem äflenfehen einfällt, in ber Slnrebe 
$u fagen: teuern 3r teunoe > geehrten Herren, ge* 
liebten ©Itern, fchmanft man rounberlichermeife feit 
alter bei bem $lbjeftioum lieb. Unb boef) h<*t 
auch ba bie fchwache %oxm feine Berechtigung. 2Öie 
e§ im Singular nur h^Scn fann: lieber ftreunb, 
fo im Plural nur: liebe greunbe, liebe Brüber. 
Selbft roenn ein perfönlicrjeS ftürroort norhergeht be* 
hält ba§ Slbjeftio im Singular bie ftarfe g-ovm: bu 
lieber ftreunb. Sflur in ber 9ftehr$af)l tritt bann 
bie fchroache ftorm ein: ihr lieben ftreunbe. 



*i 9lur bem SÜoljUaut aultcbe ift ja aua? ber Mannte gram* 
mattfdjc geljler entftanben: au6 aller Herren Sauber, ftatt be* einriß 
richtigen: au* aller Herren Sänbcrn; bav boppeltc cm fcöicn a.an$ 
uucrträglid) 51t flina,ctt. #icr [tea.t ber ftait aber bod) nod) etwa* 
anber«. Die SBcrbtiituua uoit aus mit bem Mfui'atiD ift cntfdjt eben 
rioefj unerträglicher, imb tci ^iiyrianß fdjnnnbct fofort, wenn man, rote 
fia)* gehört, ntdjt $errn, foubern Herren forirtjt unb f treibt. 



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gtlir fjcutfdjot tön mir Jftttftf? 

3)amit ift $ugleid) bic ftrage beantwortet, ob eS 
richtiger fei, fagen: roir 2)eutftf)en ober roir 
2) e ut f d> e. 2öenn jum perf önltcfjen ftürroort ein ©igen* 
fd)aft£roort tritt, gleidroiel ob al£ roirflid)e3 $lbjeftioum 
ober fubftantioirt, fo oerlangt biefe§ in ber ©in$ahl bie 
parte, in ber 3Jtef)r$af)l bie fcfyroadje gorrn. $)er ©runb 
liegt auf ber §anb. 3Han fagt: tcf) 2lrmer, roeil id) 
nur einer oon Dielen bin, hinter ben unbeftimmten 
Slrttfel aber bie ftarfe ftorm gehört (i<$, ein 
3trmer); bagegen fagt man: roir Armen (©retten: 
am ©olbe &&ngt, naä) ©olbe brängt bod) afleS, aä) 
roir Firmen!), weil bamit alle Firmen, bie Armen 
überhaupt gemeint finb, hinter ben beftimmten Artifel 
aber bie fd)road)e gorm gehört (roir, bie Firmen). 
Söenn in einer ©efeUfcfyaft Alte unb 3unge beifammen 
ftnb, fo tarnt ein Hilter fagen: üftun fdjroeigt ihr 
3ungen einmal, jefct motten roir Alten reben! aber 
md)t: ihr ^unge, roir Alte. Srolglid) fann e3 aud) 
nur fceifcen: rotr$eutfd)en; benn immer ftnb entroeber 
ade $)eutfcr)en überhaupt gemeint, ober aöe $eutfdjen 
in einem beftimmten gratte, 3. ®. ^tte, bie in einet 
au§ Angehörigen t>erfd)iebner Nationen gemifd)ten SBer* 
fammlung anroefenb finb.*) $)a§ ©d)roanfen in biefem 
galle geht freiließ roeit jurücf. SBerbtnbungen roie: roir 
Arme ftnben ftd) fd)on früh, int Affufatio ift e3 un8 
fogar geläufiger, un3 $eutfd)e al§ un§ $eut* 
fdjen $u fagen: er hat eine Vorliebe für un3$eutfd)e. 

intern, mtbreit obrr anbmn? 

• - ©in garftiger 3Jttf3braud) r)errfcr)t in ber 2)eflination 
bei ben Abjeftioen, beren ©tamm auf et unb er enbigt, 

•) Der Hu#fprud), ben »tstnard in ber betonnten ffiet^itag** 
fifcung Dom 6. frebruar 1888 getljan Ijat , enthält trtfo in ber $orm, 
wie er auf jaljlretd}en (Eracugniffen be* ©etoerbe* (Silbern, GtebenN 
Mattem, Denfmünsen , ftrwbänbern u. f. ro.) angebracht worben ift: 
©ir S)cutfd)e fürchten ®ott, fonft nid)« auf ber Söelt, einen 
Spradjfeljler. ©tßmaref ijat aud) fdjttJerltd) fo gefaßt. $a$ in ben 
ftenoaraWf<$en »erid)ten fo fteljt, betoeift gar nid)», ba beim Steno* 
graptjfren bie fötbungen nid)t ntitßcfcfjricben ujcrben. 



roie bunfel, ebel, eitel, übel, lauter, roaefer; 
aud) ade ftomparatroftämme, roie beffer, gröf?er, 
unfer, euer, inner, aufjer, anber gehören ba$u. 
93ei biefen 9lbjettioen fommen in ber 3)etlination $roei 
Silben mit f urgent e jufammen, alfo: beS eitel en 
SRenfcrjen, bem übelen SRufe, bem bunfelen ©runbe, 
unfere§ 2Öiffen§, mit befferem (Erfolge, au§ tyär* 
terem $olje. $)tefe formen finb unerträglich; man 
f djreibt fte roo()l biSroeilen, aber niemanb fprtcJfjt jte, 
ein§ ber beiben e mufc meinen. 9lber roeld)e8 oon 
beibenV 3)ie richtige SIntroort barauf giebt ber ^nfinitio 
ber 3eitroörter, bie non Stammen auf el unb er ge* 
bilbet roerben. $lud) ba treffen jroei e jufammen, non 
benen ein3 befeitigt roerben mufj. 9hm ift e§ jroar 
f)ie unb ba in 3)eutfcr)lanb, 3. 33. in ^annoner, 
beliebt, $u fagen : tablen, fyanblen, roanblen, t>er* 
eblen, oermittlen, oerbunflen, oerroecfyglen, 
aufbeut len, milbren/oerrounbren, erfdjüttren, 
oeräufcren, nerfilbren, oerficfyren, erläutren, 
im allgemeinen aber f priest, fdjreibt unb brueft man 
boer) tabeln, oerebeln, erinnern, erläutern, 
b. f). man opfert ba3 e ber ©nbung unb beroafyrt bag e 
be§ Stammes. Unb fo ift el aud) gut unb »er- 
nünftig. $)enn nidjt nur bafj ba§ Stammte roid)tiger 
ift, als ba§ ber ©ubung, bie g-ormen auf ein unb ern 
Hingen audjoofler unb fdjöner, fieerforbem einen gröfiern 
Äraftaufroanb ber ©pracfjroerfaeuge ; bie fronnen auf 
len unb ren entfielen burd) fd)laffe $lu§fprad)e.*) 
©enau fo oerl)ält jid)3 bei ben genannten Slbjeftioen. 
ftaft in allen ©ürfjern unb 3*itungen brueft man bie 



*) Cfenfo gefajieljt e3 aud} in ber glcjion bei SJcrbumS: er »cr = 
citelt, er »eränbert, nidjt: er berettlet, er berfinbret. 
(Eigentlid) gehören aud) nodj bie fBcrbalftämme auf n Ijterljer, uue 
tedjen, orbcu, eigen. 2>tc Snfinttiüc Kfonen ba narürfta} nur 
rennen, orbnen, eignen lauten; ba8 ^arti^ty aber, ba» urir 
Jefct leiber allgemein gerechnet, georbnet, geeignet fdjreibcn, 
lautete int fedjic^nten unb fiebje^nten So^^unbcrt nodj überall fdjöner: 
gerec^ent, georbent, geeigent. 5)er öolf*uiunb |>ric$t sunt 
guten Zeil audj fyrute nodj fo, unb felbft ber ©ebilbetc fagt — er 
mag fiefj nur richtig beobaa^ten — : efi regent, e$ fyxt geregent , 
nirf)t: e* regnet. Wurf) ba alfo bie botlen, fräftigen formen. 



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häjülich weichlichen gönnen: unfreS SahrtjunbertS, be$ 
üblen 3hife§, bie ältren $lu§gaben, mit anbren 
2Jtttteln, in ber ungeheuren 9Jcenfchenmenge, unb 
bod) fpridjt faft jebermann: unferS ^a^r^unbertg, 
be3 Übeln 9iufe§, bie altern 2lu§gaben, mit anberu 
9Jtttteln, in ber Ungeheuern 9Henfd)enmenge. Wlan 
brueft ja nieijt: bie Citren, überall wirb richtig 
Eltern gebrueft; warum alfo nid)t aud) bie altern? 
beibei ift boch basfelbe. ©ei bem Ratio *m fann man 
augeben, ba&, wenn ba3 ©tamm^e erhalten unb ba§ 
e ber Enbung ausgeworfen wirb, suweilen etwa§ harte 
formen entftehen; im allgemeinen ift aber auch ^ cr 
auf bunfelm ©runbe, mit befferm (Erfolge un= 
zweifelhaft oorjujiehen. 



ijrtöiririjs bc* «Braffen obn* Ifriebru!) tes Cf&roßttt? 

$Ked)t flaglich fteht e§ um bie Reklination unfrer 
Eigennamen. Rafs oon ftriebrid) ber ©enetio grieb^ 
rich§ heifct, &a3 weife man allenfalls nod). 2lber fo= 
balb eine 9lppofttton jum tarnen tritt, wiffen ftd) bie 
meiften nicht mehr $u r)clfcn. s I>can frage einmal nach 
bem ©enetio oon Sriebrich ber ®rofje; bie §älfte 
aller gefragten wirb ihn frrtebrich be3 ©rofeen 
bitben. 2ftaffenf)aft begegnet man jetjt folchen abfdjeus 
liehen ©enetioen nrie: Heinrich be§ (Erlauchten, 
2llbredht be§ «ehesten, ®eorg be§ «artigen. 
@§ giebt fieute, bie afle§ @rnfte§ glauben, folche $8er* 
binbungen feien eine 9lrt oon Wormeln ober Siglen, 
bie nur am @nbe beflinirt $u werben brauchten! 5lud) 
wenn bie Slppofition eine Orbinaljahl ift — ber 
haufigfte ftaU — , wirb faum noch anber§ gefchrieben 
al£: bie UrEunben Otto III., bie Gegenreformation 
SHubolf II., bie ©emahlin £einrid) Vlii., 
bie ^Regterung^eit Subioig XIV. ©enn man 
ba§ auSfpredjen min, fo fann man bod) gar nicht 
anberS fagen al§: Dtto ber britte, Siubolf 
ber jroeite, Heinrich ber achte. Renn wie rann 
ber febreibenbe erwarten, bajü man bie ßiffer im 



52 esMi^Mi^Mi^Mi^t^ 



(&enetu> lefe, roenn bcr Warne, ioo$u fic gehört, nid)t 
im ©enetio ftcf>tV *> 



gtatfrr puijdms 

$ritt ooüenbg ber |>errfd)ertitel ba$u, fo pflegt alle 
Seisfjeit &u (Snbe $u fein. SSie bettinirt man: £er* 
50g @mft ber fromme, ßatfer fjriebrid) ber 
dritte? — Söei einer oorangefteflten Slppofttion toie 
ßaifer, ßänig, $er$og, ^rinj, ©raf, $apft, SBi* 
fd)of, SBürgermeifter, ©tabtfdjretber, Wla\ox, 
^ßrofeffor, $oftor, £)ireftor u. f. ro. fommt e§ 
barauf an / ob bie 5lppofttion al§ bloßer £itel ober 
ob fte roirflid) al3 2lmt, «eruf, $f)cttigtett ber ^erfon 
aufgefaßt werben foH ober aufgefaßt nrirb. 3m erfreu 
fjaüe ift e£ ba§ üblidjfte, nur ben Eigennamen $u 
befliniren, ben Settel oljne Slrtifel unb unbeflinirt $u 
[äffen, alfo ßatfer Stlf)elm3, $apft Urbans, 
$)oftor 5 au f^ Höllenfahrt, IBürgermeifter 
3ftüller3£)au§. 1)er Sitel ©ertt>&d)ft für ba§ ©prad)= 
gefü^I berart mit bem tarnen, bajj beibe wie ein§ er* 
fdjetnen.**) ©0 fagte man aud) im oorigen Saturn 
bert: £err 9ftüller3, £err ÜRüllern, nxdjt: §errn 
SJlüller. 3m ^weiten ftatle mirb ber ^rttfel jur 
3lppofttion gefegt unb bie Slppofition beflinirt, ba* 
gegen bleibt ber üftame unbeflinirt: be§ ßaiferS 
2Btll>elm, be3 $erjogg 2llbred)t, ein 99ilb be§ 
#Utter3©eorg. ftreilid} ger>t bie Neigung oielfad) ba* 
bin, aud) fyier ben 3ufa$ unbeflinirt $u laffen, 93. be§ 
$oftor SKüller, beg ^rofeffor 2tlbred)t. treten 
$u>et Slppofitionen jum tarnen, eine baoor, bie 
anbre baf)inter, fo ift für bie ooranfte^enbe nur 



*J 2Bie lange foll übrigen« nodj in beutfdjcr <Sd)rift unb beutfäcm 
X)rucf ber 3°Pf occ tömtfdjen Seffern fortgefliegt »erben? {Barum 
brueft man nt$t tfeinridj* 8., SubroigS 14.? Äudj tn anbent 
fällen werben bie römifdjen Seffent gan* unnötigerweife berwenbet. 
gaft alle unfre §iftortrcr föetnen ju glauben, ei Hinge gelehrter, wenn 
fic fdjretben: im XVIII. 3aljrl)unbert. 

••) S>al)cr frfjrci&t man aud) auf »ttdjertttcln : » 0 n 2R a j 0 r Qtoetano 
«afaii, bon ©tabtf $ retber ©röffcl (ftatt bon bem ©tabtftfreiber). 
wo Hofs ber £itel gemeint ift. 



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bie crfte ber eben befprochnen beiben Birten möglich, 
alfo: bie Gruppen ßaifer §etnrich§ be§ Vierten, 
ba§ S)enfmal ftöntg 3frtebrid)3 eine Urfunbe 
2Jcarfgraf Otto« be§ deichen, bie 93utle $apft 
8eo§ be§ 3 e ^ n * en - 95wbc Slppoftttonen $u befliß 
niren unb ben Flamen unbefttnirt $u laffen, 3. 58. be§ 
®aifer§ SBilhelm be§ Siegreichen, roirtt höchft um 
angenehm wegen be3 Qxd^adqan^ ber beiben kafuS 
(@enetit>, Sflominatto, ©enetto).*) 

g*op0lb<5 Hon ganke über geopolb «01t ÜtankesV 

Verlegenheit bereitet Dielen auch bie $»efttnatton 
ablid)er tarnen ober foldjer tarnen, bie abliefen nach* 
gebilbet fmb. ©oll man fagen: bie Dichtungen SB olf * 
ram§r)on (Sfcfjenbach ober 2öolfram r«on ©fchen* 
ba$3? Nichtig ift — felbftt>erftänblicf) — nur ba§ 
erfte, benn Gichenbach ift, rote alle echten 9lbel§namen, 
ein DrtSname, ber bie §erfunft bezeichnet; ben fann 
man bodj hier nicht in ben ©enetin fefcen rooflen. 
@o mufc e§ benn auch hei&en: bie £eimat SBaltherS 
oon ber SBogelraeibe, bie SBurg ©öfeenS oon 
SBerltchingen, bie ßeben§befchretbung 2öipred)t§ 
oon ©roifcfd), bie ©ebic^te $offmann§ r»on 
Fallersleben. 

SBie ftet)t e§ aber mit ben bauten, bie nicht jeber* 
mann fofort al3 Ortsnamen empfinbet, wie Hutten? 



*) eine grojje ©efdjmadloftgfett ift es, bor bcrarttge Slbboftttonen, 
too flc tetrfltdj ben ©eruf, baS Hmt, bie £l)fittgreit bcbcuten, nodj bas 
SBort $crr au fefcen: ber $crr ÖÜrgermetfter, ber $err @ta bt = 
berorbnete, bei $err öorftfrenbe, ber $err $ire!tor, ber* 
$crr Seljrer (bie Herren Öe^rer ftnb roäfjrenb ber Unterricht** 
ftunben ni#t au fbredjen), ber #err Drgantft, ber $err $ilf$* 
getftti($e, fogar ber $err Stuf feljer, ber #err (J jbebient u. f. tu. 
©erat ba* #err burdjauS $ur (ihrfjöfjung bei SBÜrbe babeifteljen foD, 
fo gehört c* unmittelbar bor ben «Kamen: ber«bgcorbncte$err 
®Ö$, ber Organift fcerr ©d&ttciber , Oer $ttf $gctfttt*c £crr 
Stifter u. f. ft. ftflljrt man benn aber gar nidjt, baB ber Bürger- 
in e ift er unb ber SHreftor toett öomeljmere fleute finb als ber 
$err Sfirgermetftcr unb ber $crr fctreftor? Sic borneljm 
ftangen bie fcfcaterjettcl ber SReininger, mie lödrjcrlic^ Klngt eine Ctftc 
ber nä^ften ©onntagSprebiger , morin ftc alle Dorn ©uperintenbenten 
an bi« $erab jum ie|ten ftanbtbaten nt§ verren aufgeführt finb! 



2öer fann aüe beutfd)en Ortsnamen f ernten? «Soll 
man fagen: Ulrid)§ von Hutten ober Ulridj oon 
Hutten § beutf<$e ©Triften? Unb nnn ooflenbS bie 
jafyllofen unechten 2lbel8namen , über bie fuf) fdjon 
$atob ©rimm luftig gemacht fyat: biefe oon 9iid)ter 
unb oon Sdjulje, oon ©dpntbt unb oon 2Öeber, 
oon *8är unb oon 2Bolf, roie fte^t§ mit benen? 'Boll 
man fagen: £einritf)s oon SÖeber Cefyrbud) ber 
s #f)t)ftf, Seopolb3oon SR a n f e 2öeltgef d)id)te ? streng 
genommen müfjte e§ ja fo I>ei^en; warum beljanbelt 
man tarnen, bie aüe§ anbre, nur feinen Ort be^eid)* 
nen, al§ £rt$namen, inbem man ifynen ba§ finnlofe 
oon oorfe^t! $m oorigen ^al)rt)unbert mar ba§ ©e^ 
f üt>l für bie eigentliche SSebeutung ber abliefen tarnen 
nod) Iebenbig; ba abelte man einen s £eter gofimann 
nid)t jum ^Peter oon £of)mann, fonbern jum s $eter 
oonföofjentljal, einen (£rnft kregel nid)t sunt ©ruft 
oon Äregel, fonbern $um ©ruft kregel oon Stern» 
bad), inbem man einen (nrirfltdjen ober erbidjteten) 
Drt§namen $um Familiennamen fetjte; in Öftere 
reid) oerfäbrt man jttm £eil nod) fyeute fo. ^)a aber 
bie unechten $lbel§namcn nun einmal maffenfjaft oor? 
fjanben finb, roie fofl man fid) Reifen? (£3 bleibt nidjt§ 
roetter übrig, al§ ba£ oon t)iev fo $u befyanbeln, al§ 
ob e§ gar nid)t ba roäre, alfo $u fagen: ßeopolb 
oon $anfe§ fämtltdje Söerfe. ©3 ift ba§ ein WoU 
befyelf, aber fd)Iiefelid) erfdjeint er bod) oon jtoei 
Übeln als ba§ Heinere. 53ei Schiller unb ©oetlje 
erfparen mir um wofy ba§ oon. 

(Koctljes ober (SortlieV? Stoflens Jutfc otet $Io|j' £utfr? 

©rofce§ Vergnügen mad)t e§ oielen Seuten, ben 
©enetio oon ^erfonennamen mit einem s 3lpoftrop^ ju 
uerfefjen: fyriebrid> T §, 9J?üller'§. ©elbft grofce ©e* 
lehrte finb in ben 9lpoftropt) fo oerliebt, ba& es? ifmen 
ganft unbenfbar erfd)eint, ©oett)e3 ofyne baö t)übfd>e 
£mfd)en eben ju fd)rciben. 9hm ift ja ber 2lpoftropf) 
überhaupt eine grofje ftinberei. %üc unfre <Sdjrift= 
^ei^en bebeuten boeb, Saute, bie gefproefan roerben. 



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Mud) bic 3nterpunfüon3äeid)en gehören baju. SXHc^t 
bloj? baS 5lu8rufe* unb ba§ 5rage$etd)en, fonbem aud) 
^omma, Slolon, ©emifolon unb ^ßunft, klammem unb 
@ebanfeuftrtd)e laffen fidt) beim SBorlefen fef)r mof)l 
t>ernehmlid) machen. (Sinzig unb allein ber 2lpoftroph 
bebeutet gar nicf)t§; ja er fott gerabe^u einen £aut be* 
beuten, ber — nicht ba ift, ber eigentlich ba fein foltte, 
ober aufgefallen ift. 3ft nicht bag fchon finbifd)? 
9hm ift ja aber bei biefen ©enetioen gar nichts au& 
gefallen. Senn man f treibt: be§2ttüller§, warum 
fou* man nicht auch 3JlüIler§ treiben? 

9iun aber ©oflenbg bie ^ßerfonennamen auf §, fe, 
5 unb y — welche Slnftrengungen roerben ba gemacht 
einen ©enetit) $u bilben! 3)ie 9In$ahl folcher tarnen 
ift ja ziemlich grofj; man benfe an ftvufyS, SBofj, 
S8rocfhau§, .§inrich§, 3örben§, (Sarften§, 
©örreS, ©traut, 93rahm§, 3)icfen§, (SurttuS, 
9ttuliu§, <£orneltu§, SftobbertuS, fteliy, 2Ha£, 
Waii, 2rtan 5/ ftrifc, 2ttorifc, ©öfc, U*, ©chüfc, 
©chmarj, Seibnij, föochltfc, Coren^ ^ßohlena, 
nicht ju reben oon ben griechtfehen, römifchen, fpa* 
nifcfjen tarnen, roie @ophofle§, £acitu§, Dli* 
oarej u. f. xo.; bie SBeranlaffung ift alfo auf Schritt 
unb äritt oorf)anben. SBei ben griechtfehen unb rö- 
mifchen tarnen pflegt man ftch bamit $u Reifen, baf? 
man ben 3lrtifel t>orfet)t: bie £ragöbien be§®opf)O s 
fle§, bie ©ermama be§ &acitu§. Wlaxi ift an biefe 
©enetine oon feiner (Schulzeit l)er fo geroötjnt, bafj 
man gar nichts anftöj?ige§ mehr brin ftnbet, obroohl 
man e8 fofort al§ anftöfng empfinben mürbe, roenn 
jemanb f djriebe: bie ©ebichte be§ ©oethe. $>er 
9lrtitel nor bem Sßerfonennamen ift gemütlicher füb= 
beutfeher ober öfterretchifcher ^romnaialtemuS (in ©tutt* 
gart fagt man: ber 5Hfd)er, in Söien: ber 3flafart), 
aber in bie ©djrtftfpradje gehört ba§ nicht; in fünft* 
gerichtlichen Süchem unb Sluffäfcen immer von i&xty 
nungen be§ (Sarften§ unb ©ntmürfen be§ (Kornelius 
lefen §u müffen, ift boch gar $u greulich. 9Jcand)e 
fetjen benn nun auch an folcfje tarnen fröf)Hdt) ba§ 
©enetit* * 8 (natürlich mit bem umrcrmetbltchen 5lpo- 



ftroph baoor!), alfo: ftuers Verlag, §arra8'g 
©rabftein in ber $homa§fircrie, Äurfürft Sflorifc'S 
Sßerbtenfte um fietpjtg, ßetbnia'3 ctgnptifdjer Sßlan, 
©abriel SJlajc'g Sßuftrattoncn $u UljlanbS (ober viel* 
mefjr Uf)lanb ? 3!) ©ebidjten. SRod) anbre — unb ba§ 
ift baS beliebtefte unb ba§, n>a§ in ©rammatifen ge* 
Ief)rt, in ben 3)rucfereien befolgt unb mo^l aud) in ben 
@d)ulen oorgef daneben wirb — meinen einen ©eneth) 
$u bilben, inbem flc einen blofcen Slpoftropl) hinter ben 
tarnen fetjen, j. 93. (£elte§' 9lu§gabe ber 3Ro§nniJ)a, 
3untu§' «riefe, U*' ©ebidjte, $ßo&' Sutfe, $einrid; 
©d)üt>' fämtltdje Sßerfe, 9iod)lifc' $riefn>ed)fel mit 
©oetlje, Olioare$' äußere (£rfdjetnung u. f. tt>. 

(Sollten mir unS md)t r»or ben 2lu§länbern flauten 
ob biefer fläglicf)en §ilflofigfeit? 3ft e8 nid)t im 
f)öd)ften ©rabe finbifd^, ftd) etnaubilben unb bem 2lu§* 
Iänber, ber $)eutfd) lernen möchte, eingeben, bafc 
im S)eutfcf)en aud) ein &afu§ gebilbet werben tömte, 
inbem man ein §äfd)en hinter ba§ SBort fefct, ein 
©äfcfjen, ba§ bod) nur auf bem Rapiere ftct>t ^ nur 
für§ 3luge ba ift? SEBie flingt benn ber Slpoftroph 
hinter bem Sorte? Äann man ihn ^Ören? (Spreche 
it)n bod) einer! 8oH man otetletdjt ben SJhtnb eine 
2öeile auffperren, um ihn anjubeuten? ober einmal 
Ruften ober niefen? 3*9^° etn>a§ mufj bod) gefdjehen, 
um ben 9lpoftropt) für§ Dh* oernehmlid) ju machen, 
fonft ift ja jroifdjen Seibnij unb geibnig', jmifd^en 
bem 9*omtnatu> unb bem angeblichen ®enetu>, gar 
fein Unterfdjieb. 9ted)benflichen <5efcem miß benn 
aud) bie <Sad)e gewöhnlich gar nid)t in ben ßopf. 
$aher fommt e3, bafe man in ßorrefturabjügen fo oft 
oon ©ophofle'3 Sragöbien, ©arften'3 Söerfen unb 
S)tden'§ Romanen lefen mufj. 

(£tne geroiffe ©chnrierigfeit ift nun freilief) ba, unb 
e§ fragt ftd), rote man ihr am beften abhilft. S)te 
altere Sprache fdjrteb entroeber unbebenfltd) SRomanuS 
£au§ (ohne ben lächerlichen 3lpoftroph), ober ftc half 
ftd) bei beutfd)en tarnen baburd), baß fie (roie bei 
ben fjrrauennamen) eine 9Jttfd)form au§ ber fchroachen 
unb ber ftarfen $)efTinatton auf -en§ bitbete, *B.: 



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3rucf)feng, ©traujjenS, <Sd)fit}enS, < $T\i&tn2, 
©ötjen§, ßeibntjenS, 3Wayen§ (r»gl. £ouifen§, 
3rrieberifen3, ®opt)ien8). 3w $Bolf§munbe flnb 
btefe formen <*ud) tyeute nod) burdjauS gang unb gäbe 
(ebcnfo nrie bic 3)atir»e unb 3lfrufattoe fjrifcen, 
(Sophien — t)aft bu grt^en nid)t gefeljen? giebS 
grritjen! — , bic in ber ©prad)3tererei ber $ornef)men 
jefct freilief) mefyr unb meljr burd) bic unfleftirte ftorm 
uerbrängt roerDen: fjaft bu grifc nid)t gefefjen? gieb£ 
gri^!), unb c3 ift nidjt ein^ufe^en, n>e§l)alb fje nidjt 
aud) fjeute nod) papterfäfjig fein f ölten*) $8erftänbtge 
<Scr)rtftftefler, bic vom Sßapterbeutfd) jur lebenbtgen 
@pradj)e jurütffeljren, brauchen fic benn auet) aflmäf)lid) 
nneber unb fdjreiben nriebet: SBoffenSSuife. SBenn 
ftcf) nur aud) bie ®cf)ule Ijerablaffen wollte, fic nneber 
in ©naben anjunefymen! 

Unmöglich erfdjeint biefer 5lu§roeg natürlid) bei 
Flamen, bic felbft ©enetioe finb, n)ie (£arften§ (eigent* 
lid^ (£arften§ ©olm), §inrtdl)§, SBra&mS. 33raf)mfen§ 
brittc ©eigenfonate — ba§ Hingt mcf)t fd)ön. 9lud) 
$ßf)ibiaffen3 3cu§ unb <§opf)ofleffen§ 3lntigone 
md)t, roicroo^I aud) foldje Formen in bet 3*ü ©oetljeg 
unb ©<±>itler§ unbebenflid) gewagt würben; fprad) man 
bod) bamal§ aud), ba man ben Familiennamen ber 
grau auf in Mlbete, nid)t blofc oon ber 8arfd)in, 
fonbern aud) t>on ber 9ftöMuffin. S)a§ befte ift e§ 
tvofy, berartigen formen au§ bem Söege ju gefjen, tr»a§ 
fet)r Ieid)t möglicf) ift, ofme ba|j jemanb eine 93er* 
legenfjett, einen 3 TOatl 9 werft. Tlan fann burd) Um= 



*) 3>icfe fdjwadje ober au« fdjmadjcr unb ftarfer gemifc^te Sfetttnation 
ber (Stgennamen mar früher nodj biel meiter verbreitet. 2l\<S)t bloß 
Sdjwarj unb ©<§üfc nmrben beflinirt ©djmarjenS, ©djmarjen, 
Sdj Ilgens, ©djttfecn, treSIjalb man aus ben casus obliqui nie cnt= 
neunten fann, ob ftd) ber flflann ©djtoara ober ©cfjroarje nannte; 
auef) bon&ljrtft, Söecf, ftranl bilbete man <E fj r i f t c n * , Gljrtftcn, 
?Becfcn8, ©eefen, granfenä, granfen. $aljer flnbet man 
in antiquartfdjen Äatalogen (EfyriftS ©ud) „9In$eige unb Auslegung ber 
Mouogrammatum" meift unter bem falfdjen Kamen (Sljriftcn , SÖccf* 
©efdjrelbung »on $re*ben meift unter bem falfdjen «Kamen SBccfen 
aufgeführt; auf ben Titelblättern ftefjt rotrfttrfj: t>ou (Sljrtftcn, 
toon «Beden. 

' ÜNIVEHISITT 



geftaltung be3 <5afce3 bcn tarnen leicht in einen an* 
bern fötfuS bringen, ftatt be§ ©enetfoS fein fefcen, 
be§ $)id)ter8, beS^ünftlexS baffir einfetten u,f. n>. 
Slber nur nicf)t: bie 3^nwngen be§ &arften§! Unb 
nod) weniger SBofT Öuife, benn ba§ ift gar ju ein- 
fältig. 

$ljems ofcrr ht$ Hljetn? 

Vielfache Unftd)erf)eit f)errfd)t aud) in ber $>efli= 
nation ber £)rt§namen. §aben fie feinen Slrtifer, wie 
bie £änber* unb ©täbtenamen, fo bilbet u>of)l jeber= 
mann einen richtigen ©enetio ($eutfd)lanb§, 
2öien3); bei ben $8erg* unb ftlufjnamen aber, bie ben 
9lrtifel bei fidf) haben, fann man tnaffenhaft ©enetioe 
lefen nrie: be§ Wfytin, be§ Sftain, be§ ©roden, 
be§$Befut>, unb bod) liegt gar fein ©runb vor, 
biefe Atomen tbreS ©eneth>*§ ju berauben. 3Jttt ben 
s ^erfonennamen fann man fte nid)t ohne toeitreS t>er* 
gleichen, benn biefe haben eben feinen 9lrtifel. $Inber§ 
uerhält ftd)§ mit ben fiänber* unb ©täbrenamen, wenn 
fie burch ben 3 u f a Ö chtefi Attributs ebenfalls ben 
s 2lrtifel erhalten, ©enetioe nrie: be§ faif er liefen 
SRom, be§ mobernen Sien, be§ alten Öeipaig, 
be§ bamaligen ftranfreich, be§ norböftltchen 
Söhnten, be§ erft noch $u erobernben ^ütlanb finb 
roofu* ebenfo berechtigt nrie: be§ grojjen griebrief), 
roieroobl ftd) nidjt feiten auef) bie beftinivten formen 
finben. 

Sööflig eingebürgert ift e§, ba§ ®enettt>s3 bei ben 
Monatsnamen roegjulaffen , nidjt nur wenn ein be> 
ftimmter Sag angegeben wirb, 5. 93. bie fjeier be§ 
19. Oft ober, fonbern auch, roenn ber gan$e SERonat 
gemeint ift: bie Jaunen be§ 2ftai, um bie 9JMtte 
be§ ^ooember u. f. xv. $lud) fte würben früher 
beflinirt: be§ 3Jfar$en, be§ MaiS, be§ £ftober§. 

lirrein Jeipjtaer Celjm* — an tforb Br. |Maj. J&njift 
©in greulicher fehler, für ben leiber in ben toette^ 
ften, auch in gebilbeten Greifen fcfjon gar fein (Mühl 



> 



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mefyr rwrbanben $u fein febeint, liegt in s -8erbinbungen 
wie: herein öeipjiger £ebrer, §üf§faffe fieipjiger 
^ournaltften, Wabirungen ^üffelborfer ßünft* 
ler, ^otograpi)ien 9flagbeburger SBaubenfmäler, 
eine (Sammlung altmei&ner ^or$ellane, nad) 
Reibungen £re£bner 3 e ^tun gen. 

S)ie von Ortsnamen gebilbeten formen auf er 
werben r»on trieten jetjt für 9Ibjeftit>a gebalten, wie fid) 
fdjon barin §eigt, bafe fte fie mit Heinen 9Infang3bud)= 
ftaben fdjreiben: parifer, wiener, thüringer, 
fcf) weiter, aud) barin, bafe fie Slbnerbia baju fefcen: 
ed)t 9Jh"tn ebner Cöwenbräu (ftatt, wie e§ einzig richtig 
ift: ed)te§ 9J?ün ebner ßöwenbräu). S)a3 ift ein 
großer Irrtum. $>iefe formen ftnb feine $lbjeftit>a, 
fonbern ©enetioe t>on Subftantioen. ^er £eip$iger 
93ürgermeifter ift, wörtlid) in§ Sateinifrf)e über* 
fet$t, nid)t consul Lipsiensis — ba§ märe ber Seip* 
$igtfd)e (!) 93ürgermeifter — , fonbern Lipsiensium 
consul, ber SBürgermeifter ber Seipjiger. 9Jtan 
jicr)t ba§ beutlicf), wenn man fold)e $erbinbungen ^u- 
gleicf) mit einem wirf liefen 9Ibjeftitmm beflinirt, j. 58. 
ber neue berliner Ofen, ^ann lauten bie einzelnen 
®afu§: be3 neuen berliner Ofen§, bem neuen S3er= 
liner Ofen, ben neuen berliner Ofen, bie neuen 
berliner Öfen u.f.w. Söätjrenb alfo ba§ Slbjeftitmm 
neu unb ba3 Subftantitmm Ofen beflinirt werben, 
bleibt berliner ftet« unoeränbert ©anj natürlich; eS 
ift eben fein 9lbjeftitmm, fonbern ein eingefd)obner, ab* 
gängiger ©enetin. £er Irrtum entfielt baburef), ba& 
man, buref) ben ©leicbflang ber fönbungen oerfübrt, 
foldje abhängige ©enetioe mit bem ©eneth) oon wirf* 
licfjen ^Ibjeftioen wie beutfdjer, preufjifdier ju* 
fammen wirft. 2ÖeiI man richtig fagt: eine $8er f amm= 
hing beutfeber £ebrer, glaubt man nun aud) riebtig 
ju fagen: ein herein 2 einziger £ebrer. ßeiber beifit 
nur bier ber 97ominatiu nidit £eip*ige £ebrer, 
wäbrenb er bort beut)" die £ebrer beiftt. 

9?un ift aber beim unbefiimmten Wrtifel ber @>enetio 
in ber SHebrjabl, wenn er nid)t burd) ein attributine* 
9lbjeftit) fennttid) gcmad)t wirb, überhaupt md)t Fennt* 



lieh; et muft unbebingt burch bie ^räpojttion oon 
umfdjrteben roerben. 2öenn man fagt: eine Verfamm* 
lung großer ßfinftler, fo ift ber ©enetio burch ba§ 
Attribut großer genügenb fenntlicf) gemacht; aber 
societas artificum läf?t ftd) nimmermehr überfetjen: 
ein herein ßünftler, fonbern nur: ein Verein Don 
ftünftlern; erft burch ba§ oon entfteht ein erfenn* 
barer ©enetio. ©benfo ift e§ aber auch, wenn ju bem 
©ubftantio ein Attribut tritt, ba§ nicht beflimrbar ift, 
5. V. ein Qafylmoxt ober ein abhängiger (fein attru 
butioer!) ©enetio. ©0 unmöglich unb fo falfcfj e§ ift, 
$u fagen: ein Vunb fed)§ ©täbte, nach Verlauf 
oier Socrjen, bie Lieferung fünftauf enb ©eroehre, 
in ber erften 3eit beffen Seitung, mit Veroilligung 
beff en ©Item, ber Verlauf ihreS s iftanne§ Bücher, 
©enüffe mancherlei (!) 2lrt, eine Quelle allerhanb 
Verlegenheiten, fo geroifj in allen biefen fallen 
ber ©enetto nur mit §tlfe ber s $räpofition von UnnU 
lieh gemacht werben fann (ein Vunb oon f ecr)§ 
©täbten, eine Quelle oon allerhanb Verlegen* 
hexten), fo geroijj fann e§ auch einjig unb allein 
heilen: Verein oon ßeipjiger fiehrern, Verhaftung 
von (Erfurter Vürgern, Verfauf oon ättagbe* 
burger Sftolfereibutter; bei Verein ßeip$iger 
Sehr er hört man immer nur einen Sftominatto: ein 
Verein ßefjrer, rote: eine Sflenge 9ttenfchen, ein 
$aufe ©teine, ein ©ad ©elb, ein ©tüd Vrot u.f.ro. 
©benfo falfch ift e§, roenn gef ^rieben roirb, roie e§ 
jefct fort unb fort geflieht : an Vorb 6t. Sttajeftät 
©d)iff 9ttöoe, bie JJorfchung8retfe ©r. -äftajeftät 
©chiff ©ajelle. S)er ©enetto ©r. äftajeftät ()dngt 
ab oon ©chi ff. 2Booon hängt aber ©chiff ab? Von 
nichts ; e§ fcfjroebt in ber fiuft. Unb bod) foH aud) 
ba§ ein ©enetio fein, ber oon Vorb ober SReife ab* 
hängt. $er fann nur baburch erfennbar gemacht 
roerben, baf? man fchreibt: an Vorb oon ©r. 9flaje* 
ftät ©chiff ©a*elle. 

Slnftatt be§ abhängigen beffen unb ber en braucht 
man fleh nur be§ attributioen fein unb ihr §u be* 
bienen, unb ber ©enetio ift fofort erfennbar. 3llfo 



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6i täk*vs*&>Sk&?zt&x*& 



falfcf) ift: id) gebenfe bcffcn ©üte unb afladjt — 
bic ©riefe ®oetf)e§ an feinen ®ofm wäfjrenb beffen 
©tubienjatjre in |>etbelberg — eine $)arfteflung ber 
alten ®ird)e unb beren ßunftfdjäfce — jum Söeften 
ber Verunglücken unb beren $interlaffenen — bie 
Sidjerfteflung ber 3 u * un f* & er Beamten unb beren 
gamüien; e§ muß Reißen: feiner ©üte unb 2ftact)t, 
ifjrer §tnterlaffenen, i^rer ftamtlten u. f- »•*) 

gstymtxtx aitgen* ohtx frijuierttiieaen^er? 

93ei ber Vorliebe, womit jefct einfache begriffe wie 
groß unb tiein, ftar! unb fcrjroad) burd) fcfyleppenbe 
3ufammenfe$ungen wie Ijodjgrabtg, tiefgeljenb, 
weitgefyenb, weittragenb, fdjwerwtegenb er* 
fefct werben, entfielt oft Verlegenheit, wie man nun 
foldje 3ufammenfefcungen im ßomparatto unb ©uper* 
latio be^anbeln foH. Sogifd) ift ja bie ftrage fefjr 
einfad) $u beantworten: ma§ gefteigert werben fofl, ift 
ntd&t ba3^arti$ip ge^enb, fonbem ba§ babeiftetjenbe 
9lboerbium tief ober weit, ^n oielen folgen 3u- 
fammenfetjungen fdjeint aber ba§ $lboerbium mit bem 
^ßartijip fo innig oermadjfen, baß man faum nod) bie 
3ufammenfeöung empfinbet. Söenn alfo aud) niemanb 
wagen wirb, eine wettoerbreitete Unfitte $u fteigern: 
eine weitverbreitetere Unfitte, fonbem eine weiter 
oerbreitete, ba§ t)od)befteuerte (§infommen 
nidjt: ba§ f)od)befteuertfte, fonbern bog l)öd)ft* 
befeuerte, fo ift bod) gegen einen ßomparatio wie 
§artfüf)lenber nid)t§ einjuwenben, benn ba§ ^ßarti- 
jipium füljlenb wirb tu' er gar nicr)t al§ Verbalform 
empfunben, fonbern etwa wie füfjlig in feinfühlig, 
unb ade berartigen 3ufammenfefcungen (feinfinnig, 
fleinmütig, böswillig, frembartig, gletd)* 
mäßig) gelten für einfache Söörter unb fönnen nur 
fteigern: fleinmüttger, ber fleinmütig fte. 3>l)nen 
mürbe fid) aud) ba§ neumobifdje fjodjgrabig am 



•) Seim Dichter lafet man ftdj allenfalls gefallen: brum fommc. 
toetn ber «Rai gefällt, unb freue jld) ber {djimen Söelt unb OJottc* 
»atergüte (ftatt ber Satergütc). 



fdjliefäen. $aawifd)en liegen aber nun ^ufammen* 
fet>ungen, bei Denen manchmal faum ju entleiben ift, 
ob man fte al3 einfache ober als aufammengefetjte 
SBörter anfefjen foll; fogar berfelbe 3ftenfd) fann $u 
oerfdjiebnen 3 e ^ en barin oerfdneben füllen, ©au$ 
unerträgltd) finb: ber ferngelegen fte £eil, bie tnel- 
genanntere ^erfönliefrjieit, bie tiefliegenbere $Be- 
beutung, bie weitblicf enbere ftlugfyeit, eine eng- 
b egreniere Aufgabe; e$ muji unbebingt fjetjjen: ber 
f djönftgelegne ober noefy beffer ber am fcrjöuften 
gelegne Seil, bie am meiften genannte ^erfön- 
ltd)feit, bie tiefer liegende 23ebeutung, bie weiter 
bltcfenbe &lug()eit, eine enger begrenzte Aufgabe. 
9iid)t ganj fo anftöjng erfdjeint: bie wof)lgemein* 
tefle SBarnung, bie wettgefjenbfte 3)titwtrfung, bie 
weittragenbfte SSebeutung, tief gefjenbere 5ln* 
regungen, obwohl natürlich bie beftgemetnte SBars 
nunci, bie weiteftgeljenbe 9JHtwirfung ebenfalls vor- 
3u$ief)en ift. Köllig gewölmt fyaben wir un3 an ben 
tief gef üfjlteften 3anf unb an bie fyoctjgeefyrteften 
ober l)ocr)oeret)rteften §erren. Sd)ön fann man 
alle fold)e Steigerungen ntcr)t nennen; fic flingeu alle 
met)r ober weniger fcfrjlerwenb unb fcrjmülfttg, unb 
wa§ fie augbrüefen fotlen, fann meift burcr) ein ein= 
fad)ere§ Söort ober einen t leinen ^ebenfaft ebenfo 
fräftig unb beutlidj gefagt werben. 

©räljtmöajtdjlt 

$lod) fcfjlimmer freilief) ftnb bie je^t fo beliebten 
Doppelten Superlatiobilbungen, wie bie befteingerid) = 
tetften $Gerfet)r3anftalten, bie beftbewäfjrteften 
ftabrifate, ber feinft laubig fte ftof)lrabi u. älml. 
(ftatt ber befteinger icr) teten ober ber bewäfjr* 
teften). %üx fo gut al3 möglid) fann man nalüv* 
lief) aud) fagen: mögltd)ft gut. SBie muß fid) aber 
biefer $lu§brutf mifjfyanbelu Iaffen! £>te einen bringen 
ben Superlatio an bie falfd)e Stelle unb fagen beft- 
möglicf), ma£ oölliger Unfinn ift, benn man will bod) 
ntd)t bie t)öd)fte ®üte, fonbern bie ©üte in bem ^öd> 



UIQIIIZ6C Dy 



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ften ®rabe ber jeweiligen Mcöglicrjfeit auSbrücfen; anbre 
n>iffen ftef) gar nid)t genug 31t tlmn unb bilben aud) 
t)ier mieber ben boppelten Saper latio beftmögtid)ft, 
grö j3tmöglid)ft: mit grö ptmöglierjfter 93efd)leu 
Tilgung u. älml. S)aS einzig richtige ift: mit mög* 
Iterjft großer $efd)leunigung. 

(Stbtnkc uuffr ob*r unfrrr? 

s 2lucr) in ber Eeflination ber ftürroörter t)crrfd)t jefct 
r)ie unb ba Unroiffenljeit ober Unftcfjerrjeit. $)af* man 
eine 3f* a 8 e befpreetjen rnufc, rote: gcbenfe unfer ober 
unfrer? ift fef)r traurig, aber e3 ift leiber nötig, benn 
ber ftefu'er: erbarme biet) unfrer ober: ict) roerbe 
eurer gebenfen — macfjt immer roeitere ftortf dritte; 
rnele glauben offenbar, bie für^ern formen feien nur 
burcr) ^aer)läfftgfeit entftanben. 

®ic ©enetioe be§ perfönlicrjen ftürroorteS iet), bu, 
er, roir, tt)r, fie fjetjjen: mein, bein, fein, unfer, 
euer, tljr, 3. 93.: gebenfe mein, ict) benfebein, 5ßev- 
gifjmeinnter)t, unfer einer, unfer aller 2öor)l, unfer 
feiner lebt ü)tn f elber. daneben finb freiließ im 8in* 
gular fct)on frürj bie unorganifdjen formen meiner, 
beiner, feiner aufgenommen unb traben fid) feftgefe^t, 
aber bod) orme bie eckten, alten formen ganj oer* 
brängen gu fönnen (©gl. $. 99. bei ©eOert: ber £>err 
r)at mein noer) nie uergeffen, oergijj, mein £>er$, aud) 
feiner mcr)t); itjr ift leiber ganj burcrj itjrer ©er* 
brängt roorben: roir wollen un§ irjrer annehmen. 
2ü>er in ber erften unb jroeiten ^ßerfon ber aJierjrjaljl 
ift boer) bie alte richtige grorm nod) fo lebenbig, bafj eä 
unoerantroortlid) roäre, fie gegen bie falfcrje, bie fid) aud) 
r>ier einbrängen möchte, nierjt in Scfjufc $u nehmen. 
Unfrer unb eurer finb ©enetioe be§ befifcanjeigenben 
®igenfct)aft§roorte8, aber nierjt be§ perfönüdjen gffir« 
roorteg. 9llfo: erbarmt euer) unfer unb unfrer ftinber! 

Sem* unb bereu 
2>ie ©enetioe ber SWe^aljl ber er unb bereu 
rennt bie alte «Sprache überhaupt nicfjt, fie r)at nur 



der ; beibc finb — ebenfo roic bic ©enetioe ber (&n* 
jatyl beffen unb bercn — erft im Sfteuljodjbeutfdjen 
gebilbet morben, um ba§ betonte unb lang gefprodnte 
Steter mmatimtm unb SHelatioum ber von bem un* 
betonten unb fur$ gefprodjenen 5lrttfel ber aud) in ben 
übrigen ftafuS $u unterf Reiben. % er er fte^t oor SHe* 
lattofdtjen unb oerbient bort ben Storjug oor bem 
fd)leppenben berjenigen; beren ift SRelatioum unb 
2)emonftrattoum: bie $ranff)etten, beren Teilung 
möglich ift — bie S-eljler, beren mir un§ bemüht finb. 
galfd} ift e§ alfo, toenn SHelatiofäfce angefangen werben: 
in betreff berer, oermöge berer. 

<&humbbr$fdb;en 

$)er arge SJhfebraudj, ber mit bem Pronomen ber* 
felbe getrieben nrirb, bafj man e§ fortroäfjrenb für er 
ober biefer brauet (fief)e barüber 6. 227), fcat 
ba$u geführt, bafc man nun einunbberfelbe fagen 
ju müffen glaubt, roo man ber felbe in feiner n>irf= 
licfjen 93ebeutung meint. 3)iefe überflfifflge 3ufammen* 
fefcung nrirb ooflenbg fd)leppenb, toenn man fie pebam 
ttfd) beflinirt: eineS unb be^felben, einem unb 
bemfelben. 2öer fte burcrjauS nid)t entbehren ju 
fönnen glaubt, ber fage toentgftenS: an einunbbem* 
felben £age, im Saufe einunbbegfelben S^reS, 
in einunbberfelben §anb. 55)iefclbc fjrei^cit nimmt 
man fid) ja aud) bei ©runb unb 93oben; bie QnxU 
mertung be§ ®runbe3 unb 93oben§ flingt ^äfrttd), 
beffer ift: be3 ©runb unb ©oben?, al§ ob beibeS 
nur ein Sßort märe. 

Pan 

2)afj aud) ba§ unperfönlidje Pronomen man be= 
flinirt toerben fann, beffen finb fid) bie aQertoenigften 
bemüht. 3n ber lebenbigen iRebe bilben fte jroar, of)ne 
eS $u nriffen, bie casus obliqui gan$ richtig, aber roenn 
fie bie fjeber in bie §anb nehmen, getrauen flc fid) 
nid)t, fie ^injuf ^reiben, fonbem fudjen Ijerum, tote fie 
fid) auSbrücfen follen! $)er Sunge, ber oon einem 



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anbern Qungen genecft lüirb, fagt: laft einen bod) 
gefeit! unb wenn et ftd) über ben Werfer befdiwert, 
fagt er: ber neeft einen immer. Aber aud) ber er= 
wad)§ne fagt: ba£ fann einem alle Sage begegnen. 
Unb Seffing fdjreibt: madjt man ba§, wa§ einem fo 
einfällt? — fo wa3 erinnert einen mand)tnal, woran 
man ntdtf gern erinnert fein will — rnufe man nid)t 
grob fein, wenn einen bie tieute f ollen gefjen taffen? — 
©oett)e fagt fogar: eine§ $au3 unb §of ftef)t gut, 
aber wo fofl baar ©elb tyerfommen? (S§ ift alfo 
flar: bie casus obliqui t>on man roerben in ber lebem 
bigen ©pradje gebübet burd) etne§, einem, einen. 
SBtele f feinen biefe Au3brucf3weife jetjt nid)t für 
fein su galten, ficr) ein^ubüben, bafj fie nur ber nte= 
brigen Umgang§fprad)e jufomme. $>a§ ift tfyörtdjter 
Aberglaube; man fann fid) gar nid)t beffer au§= 
brüefen, al3 wie e3 ©oetfje getfjan r)at: wenn man 
für einen reichen 9Kann befannt ift, fo fteljt eS 
einem frei , feinen Auf wanb einjurtcrjten , wie 
man will. 



gfmanb ober jemairtmn? 

3n jemanb unb niemanb ift ba£ b ein un= 
organifd)e§ Anljängfel. $)te Söörter finb natürlich 
mit man (Ü)iann) jufammengefetjt (ioman, uieinan), 
im 9Jttttelr;ocr)beutfd)en fyeifcen ®attr> unb Aftufatiu 
ienianne. niemanne, ieman, nieman. $)a fid) ba3 ©e= 
füt)I bafür burdjau§ nod) nidjt allgemein oerloren fyat, 
wie ba§ ©crjwanfen $eigt, ba e§ jebermann nod) oer= 
ftefyt, wenn man fagt: id) fyabe niemanb gefe^en, 
e§ war niemanb erlaubt, fo ift nid)t cinjufeljen, 
we§r)alb bic burd) 2Kifwerftänbni§ entftanbuen formen 
jemanbem, niemanbem, jemanben, niemanben 
ben $Bor$ug oerbienen foflten. 

jemanb mtbrr* 

$er 6. 50 erteilte SHat, bei ben Abjeftioen, bereu 
©tamm auf er enbigt, immer bie fcfyönen, fräftigen 



formen: unferS, anbern ben roetcf)lid)en formen: 
unfrei, anbren t>or$u$iel)en, erleibet eine s 2lu3naf)me 
bei bem Neutrum anber§. Unfer fyeutige§ Umftanb§- 
mort an ber S, b. f). auf anbre SÖeife (idj Ijätte ba$ an? 
ber 3 gemalt), ift urfprünglid) nidjt§ „anbre§" al§ ba§ 
Neutrum oon anbrer, anbre, anbre§ (ein anbre§ 
ftteib). $)ie ©pradje ljat fid) alfo Jjtcr be§ gan$ äufter* 
liefen 2flittel§ bebient, ba§ einemal ben SBofal ber (£n= 
bung, ba§ anbremal ben be§ ©tammeS auszuwerfen, 
um einen Unterfd)ieb jwifdjen 9Ibjeftitmm unb 3lbr 
oerbium §u Raffen. (*8gl. befonbreS unb be = 
fonber§). 3ln biefem Unterfdn'eb ift natürlich nun 
feftjufyalten, e§ wirb niemanb fdjreiben: ein anber§ 
®leib. 3um ©lüd t)at ftd) aber in ber lebenbigen 
Sprache in ben Stabtnbungen: wer anbete 
w a § a n b e r § , jemanb a n b e r § , niemanb 
anber§ bie fräftigere Jorm erhalten; man fagt: 
wer a n b e r § foflte mir tjelfen ? — ja, *8auer, 
ba3 ift gan§ waS an ber 3! — ba§ tft niemanb 
anber§ gewefen al3 bu. 3n aßen btefen Serbin? 
bungen ift anber* nid)t etwa al3 9lbnerbium auf* 
äufaffen, fonbern e3 ift ba3 gefd)led)tlofe Neutrum jur 
ü8e$eid)nung beibev ®efd)led)ter, unb jroar tut ©enetin, 
wie in jemanb frembeS. Sarnad) fann nun auef) 
fein 3">eifel fein, wie biefe ^erbtnbungen beflinirt 
werben muffen. 2)er SBolfSmunb Ijat ba§ einzig rid^ 
tige, wenn er fagt: oon roem anoer§ foH id) mir 
Reifen laffen? — id) bin mit niemanb anber§ in 
$8erüf)rung gefommen. 3ralfdf> ift: mit niemanb an* 
berm, freilid) nid)t niel falfdjer al§: uon wa§ an = 
berm, §u waSbefferm, au ntd)t3 gutem, wo aud) 
ba§ abhängige $Öort, ba§ eigentlich im ©enetiü ftefyen 
muffte, bie $afu§be$eid)nung übernommen f)at, bie iu 
wa3 unb nid)t§ nidjt jum $lu§brude fommt. 



Starke unb frijuMrijc gtonjuaation 

2öie bei ben Hauptwörtern $wifd)en einer ftarfen 
unb einer fd)wad)en $)ettination, fo unterfdjeibet man 
bei ben 3 e ^ lü örtern awtfdjen einer ftarfen unb einer 



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fd)n>ad)en Konjugation, ©tarfe Qzitmfatet nennt man 
bie, bie tfyre formen au£ eigner Kraft, oljne frembe 
ßilfe bilben, fdjmadje bie, bie jur 93ilbung ifyrer formen 
freniber §tlfe bebürfen. ©in ftarfeä 3 e itn)ort ift: id) 
fpringe, id) fprang, id) bin gefprungen, ein 
fd)it>ad)e3: id) fage, td) fagte, id) l)abe gefagt. $)ie 
formen fagte unb gefagt finb $ufammengefetjt mit 
bemfelben SBortftamm, ber in tf)un norliegt; id) fagte 
bebeutet alfo eigentlich: id) fagen tfjat. $a£ ift bie 
frembe öitfe, beren bie ftarfen Zeitwörter nid)t be= 
bürfen. $)ie ftarfen bilben ifjre formen nur burd) 
Söeränberung be§ <5tammr>ofal§. 3)iefe $8eränberung 
nennt man ben Ablaut, bie oerfdjtebnen 2Bege, bic ber 
Ablaut einfd)Iägt, bie 2lb(aut3reif)en *). Die tmdjtigften 
9lblaut3reif)en finb: i, a, u (binbe, banb, gebunben ), 
i,a,o (fcfjroi nunc, f dpuamm, gefdjmommen), e,a,o 
(ner)me, nafjm, genommen), i,a, e (bitte, bat, ge* 
beten), e, a, e (lefe, la£, gelefen), ei, i, i (reite, 
ritt, geritten), ei, ie, ie < bleibe, blieb, geblieben), 
ie, o, o (giefee, gofe, gegoffen) a, u, a (fafjrc, 
futjt, gefahren). s JKufjerbem giebt e§ nod) unregeU 
mäfjig ablautenbe 3ettn)örter unb geroiffe 9Wifd)formen. 

^aft nod) berounberngmürbiger als in ber $etti^ 
nation ber Hauptwörter ift in ber ftlerjon *>er ßeit; 
roörter bie Sidjer^eit, mit ber aud) ber mtnbergebüöete 
ber fJüOc unb 3ftannid)faltigfcit ber formen gegem 
überftefjt. greilic*) tf*bt e§ aud) ()ier Sdimanfungen 
unb SBerirrungen, barunter fogar red)t ärgerliche unb 
befdjämenbe. giebt ^erbalftämme, bie eine ftarfe 
unb aud) eine fdjroadje ftle^iou erzeugt l)aben, natür(id) 
mit oerfefnebner SBebeutung; ba ift bann ^ern>ed)3lung 
eingetreten. (S§ giebt aber aud) 3 e itwörter, bie fict) ein* 
fad) in bie falfcrje fjrlerion t>erirrt fyaben. 3Jiand)c§ ift 
aber bei gutem Sitten bod) oietteid)t nod) 31t retten. 

§4jnMtthrnbe ^citroörtcr 

Sas intraufitioe fangen unb ba3 tranfitioe Rängen 
(eigentlid) ljenfen) jefct nod) ftreng au§einanberf)alten 

*) Witcfj Mcfe 9lu«brürfc flammen öon SafoD Örintut. 

5» 



$lt roollen, ift it)ot>f oergebltcheS Bemühen. Söenn auch 
int s ^erfeft nod) richtig gefagt mirb: ich l)abc ba§ 
Bilb aufgehängt, unb aufgefangen al£ fehlerhaft 
empfunben mirb, fo t)at fid) bod) (eiber faft allgemein 
eingebürgert: id) t>i n g ben $ut auf, unb abhctngen, 
jufammenhctngen erfcheint un§ altertümlich gefud)t, 
obmohl e£ ba§ richtige ift. s Ühnlid) oerhält fid)§ mit 
mägen unb wiegen; man fagt jettf ebenfo: ber Bätf ei- 
nbiegt ba§ Brot, mie: ba§ Brot miegt 51t roenig, 
obmofu* e§ im erften ftalle eigentlich mägt heilen 
rnüfete. 2lud) bei fd) melden unb löfchen foflte r»on 
iKechtg roegeu jmifchen einer tranfitioen fchmachen unb 
einer tntranfttioen ftarfen $ler>n unterfd)ieben merben: 
bie <5onne fd)mel$t ben (Schnee, hat ben Schnee ge* 
f d) meist, aber ber ©djnee f chmiljt, ift gefch molken, 
ber Söinb löfcht ba§ öid)t au$, hat e§ auSgelöf d)t, 
aber ba§ Sicht uerlifcbt, ift uerlofd)en. Seiber 
rotrb ber Unterfchieb nur noch feiten beobachtet. 

Ob eine Unterfcheibung jiuifdjen uerborben unb 
oerberbt Berechtigung habe, ift jmeifelhaft; manche 
möchten ba3 erfte nur im natürlichen (Sinne (uer* 
borbeneS ftleifch;), ba§ jmeile nur im fittlid)en (Sinne 
(ein r»erberbte§ öers) gebraucht miffen. dagegen 
foüte fd)led)terbing§ nicht oermechfelt werben, mie e§ 
je$t fo oft gefchieht, gefonnen unb gefinnt, ge = 
fchaffen unb geferjafft. ©efonnen fann nur bie 
\Hbfid)t ober ben Sßiflen bebeuten: ich bin gefonnen, 
§u oerreifen; gefinnt, ma3 gar nicht oon bem 3eit= 
morte finnen, fonbern oon bem $>auptmorte Sinn 
gebilbet ift, (ann nur von ber (^efinnung gebraucht 
merben: er mar gut beutfd) gefinnt, er ift mir fein b? 
ltd) gefinnt. Schaffen bebeutet in ber ftarfen ftlejion 
(fetjuf, gefd)affen> bie mirflid) fd)öpferifd)e 'X^ätig^ 
feit, bae £>eroorbringen : ber dichter h^t ein neue3 
s JÖerf gefdjaffen. $ft aber nur arbeiten, hantiren, 
ausrichten, bewirten gemeint, fo muö eö fd)wad) fleftirt 
merben (fchaffte, gefchafft). Bon diat fchaffen 
alfo, Pütjen fchaffen, 9lbl)ilfe fchaffen unb bem 
jetjt in ber 3eitung§fpvad)e fo beliebten SB an bei 
f d) a f f e u bürfen burdjauS nur bie fdjmacheu 



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gönnen gebilbet werben; e3 ift ein grober Segler, $u 
fagen: E)ier mu| ©anbei gefdjaffen werben. 

§ödj)ft unangenehm fällt aud) bie fortwährenbe 
SBermifdjung oon bringen unb brängen auf. Dringen 
ift intranfitio unb r)at ju büben: id) brang oor, id) 
bin oorgebrungen. drängen bagegen ift traufitit» 
ober reflerio unb fann nur bilben: id) brängte, tct> 
habe gebrängt; alfo aud): id) brängte mich vox > 
id) höbe mich Dorgebrängt, e§ würbe mir auf- 
gebrängt. 2)urd)au3 falfch ift: ich bringe mich nicht 
auf, ich habe mich nicht auf gebrungen, biefe 3Iuf- 
faffung hat fid) mir aufgebrungen. 

©ine ärgerliche Verwirrung ift bei bünfen ein= 
geriffen. Sftan fodte biefeS SBort, ba§ ohnehin für 
unfer heutiges «Sprachgefühl etwa§ jopftge^ hat, bod) 
lieber gar nicht mehr brauchen, wenn man§ nicht 
mehr richtig ju fleftiren weife! 3)a§ ^mperfeft oon 
bünlen fyzifyt bäuchte; beibe formen ©erhalten fid) 
$u einanbet genau fo wie benfen unb b achte, wo* 
mit fte ja aud) ftammoerwanbt finb. $lu§ bäuchte 
roirb aber jetjt ein ^räfenS bäud)t gemacht, noch & a 8 u 
falfd) mit bem 2)atio oerbunben: mir bäudjt (!), 
roa3 genau fo unfinnig ift, al3 wenn jemanb bacht 
ftatt benft fagen wollte. ^a§ einzig richtige ift: 
mich bünft, mid) bäumte. 

ixtyt unb frun. 

©chmachooU ift e£, mit welcher ©chneüigfeit im 
fiaufe weniger Qfthre bie falfchen formen frägt unb 
frug um fich gegriffen haben, aud) in Greifen, bie für 
gebilbet gelten wollen unb ben 9lnfprud) erheben, ein 
anftänbige§ $eutfd) §u fpredjen. $er fehler wirb be3* 
t)alb fo ganj befonberS wiberwärtig, weil fid)§ babei 
um ein 3eitmort h^nbelt, ba§ hunbertmal be3 $ag3 
gebraucht wirb. $a§ immer falfch hören ju müffen, 
ift bod) gar ju greulich. 

Die 3eüroörter mit ag im stamme teilen fich ta 
$u>ei ©ruppen; bie eine ©ruppe gehört bem ftarfen 
SBerbum, bie anbre bem fchwachen an. $ie erfte ©nippe 



bilben bte beibcn Verba: id) trage, bu trägft — id) 
trug — id) f)abe getragen, id) fernläge, bu fdjlägft 
— id) fd)lug — id) f)abe gefdjlagen; fte Ijaben bie- 
felbe 5lblaut§retf)e nrie faljre, fufjr, gefahren — 
grabe, grub, gegraben — roacfjfe, roud)3, 
ge ioad)fen u. a. 3 ur Stetten (Gruppe gehören: 
id) fage, bu fagft — id) fagte — td) fjabe gefagt, 
id) jage, bu jagft — id) jagte — td) f)abe gejagt, 
id) plage, bu plagft — id) plagte — id) fjabe geplagt, 
id) roage, bu roagft — td) wagte — id) f)abe geroagt. 
fragen t)at nun feit ^af)r^unberten unbesroeifelt jur 
Sioeiten ©ruppe gehört: id) frage, bu fragft — id) 
fragte — id) f)abe gefragt. Unfre SHafftfer fennen 
gar feine anbre $orm. 3 raei ocr & c f* en beutfdjen 
s 4$rofailer, ©eOert unb £effing, wiffen von fragt unb 
frug gar nid)t£. s Jhir ganj oeretnjelt ftnbet fid) in 
Herfen, alfo unter bem beengenben ©tnfluffe be§ 9if)utf)= 
mu3, frug; fo bei ©oetfje in ben $Benetiantfd)en 
Epigrammen: niemals frug ein ®aifer nad) mir, e§ 
J)at fid) fein ftöntg um mid) befümmert — bei <5d)tüer 
im 3öallenfietn: ja rooI)I, ber ©djroeb frug nad) ber 
Qaf)r§$ett nid)t§. $lud) Bürger f)at e§ (fienore: fie 
frug ben $ug roor)r auf unb ab, unb frug nad) allen 
tarnen), unb ba fyaben mir benn aud) bie Duelle: e§ 
frammt au§ bem 9lieberbeutfd)en. Bürger war 1747 
in 9Jiolmer3roenbe bei föalberftabt geboren; unjtuetfels 
f)aft fagte man bort fdjon §u feiner 3eit allgemein 
frug.*) "9lber nod) in ben fünfziger unb fertiger 
Sauren unferS $af)rf)unbert§ fjörte man bie $)ialeft= 
form in ber gebilbeten Umgang§fprad)e fo gut roie 
gar nid)t 2(uf einmal taud)te fie auf. Unb nun ging 
e§ ganj mie mit einer neuen ftleibermobe, fie t>er= 
breitete fid) anfangt langfam, bann fdmefler unb immer 
fdinetler. 9lm meiften $ur Verbreitung t>at ofme 3roeifet 
(§htftat> ^ventag beigetragen; er fennt gar feine anbre 

*) £a3 ÜRicöevbcMfdK l)at aud) jug gebilbet bon jagen. 2>od) 
wirb ein Untcrfdjieb gentadjt. 93t§marcf§ 3>ater brauste jagte öon 
ber 3f>flb, jug bon fdjncncr Scwcßung , j. 3?. fdjncncm ftaljren. $n 
.^annober fagt ber gemeine SWann: cfjc ber ^ßorijift bie Hummer 
merfftt tonnte, jug ber »engel um bic (£cfe. 



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ftorm, fte gehört bei ihm $u bcn mancherlei SWitteU 
cf)en, mit benen er feiner ©»räche fünftlid) etmaS 
attertümltd)e3 geben fud)t. 5ll§ ftrentagg Climen 
SJtobebücher waren, ba mürbe auch frug 3Jiobe.*) 
£>eute fcrjroatjen nicht blofj bie Öabenbiener unb bie 
&abenmäbcr)en in ber Unterhaltung unauf hörlid) : id) 
frug ihn, er frug mid), mir frugen fie, fonbcrn 
aucr) ber ©tubent, ber ©nmnafiallehrer, ber ^ßrofeffor, 
ade fdnt>atjen§ mit, alle 3^ungen, alle ^ooeden unb 
Romane fcr)reiben3, ba3 richtige befommt man faum 
noch ä u hören ober ju lefen. fehlte nur, baft aud) 
noch gefagt unb gefchrieben mürbe: ich h a & e gefragen, 
er h&t mich gefragen u. f. m. Unb bauet bejeidjnet 
3afob ©rimm im beutfchen Söörterbuche bie formen 
frug unb fragt al§ „fjöchft unorganifd)," unb in ber 
fchon ermahnten beutfchen ©lementargrammatif ift 
fragen (noch 1885!) al§ «eifpiel für bie fchmache 
Konjugation ooUftänbig aufgeführt, mit ber 33emerfung : 
fragen geht fdjmach; frug ift falfch, ebenfo fragft 
unb fragt. 2Bie lange mirb bie alberne SJtobe 
bauem? mirb fie nicht enblid) bem ftludje ber Sächer* 
licfjfeit oerfallen? 

9tterfmürbig ift e3, bajj in biefem Jafle bie ©prad)e 
einmal au§ ber fchmachen in bie ftarfe Konjugation 
abgeirrt ift. ©emöhnlid) fchlägt fie bod) ben um= 
gef ehrten Söeg ein. Sie f leine Kinber, bie erft reben 
lernen, anfangt ftarfe s ^erba gern nach ber fchmachen 
Konjugation bilben: ich fdjreibte, er rufte mich, er 
fliegte, fo haben *i auct) immer bie grofjen ftinber 



*,) $ic ©renaboten ucröffcntlidjtcn 1882 ein Ijübfdjc* (Sonett au* 
Siibbcutfcfclanb , ba* fid) über ba* SBoibringcn ber falfrficn gönnen 
luftig madjtc. (SS begann mit ber 6tropf)c: 

3$ frug mid) manchmal in bcn legten lagen: 

SBofjer flammt loofjl bie cblc ftorm: er frug? 

SÖer war ber ftüljnc, ber juerft fie nmg? 

So frug id) mid), fo Ijab id) mid) gefragen. 

(iiue ?lnaaf)l oon 3eitungeu brachte i>am\ Qtegcnfoncttc , au* beucn 
tvciltdj nichts rocitcr I)erborging, als ba& i$cc ©erfaffer feine Slljnung 
öon ben ÄnfangSgrünbcn ber bcutfdjcn ©rammatif Ratten, unb bafj iljncn 
bie falfdjen formen fcf)on fo in ftleifd) unb ©lut übergegangen waren, 
bafc fie für baS ridjtiaf ftfon alle? ©cfüfir ocrloren fjnttcn. 



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gemacht, bie nid)t orbentlid) Ratten reben lernen. Wut 
ftetfen ift noch benfelben Seg gegangen wie fragen; 
man fann oft fyören: er ftaf in grojser 9tot, ber 
Sd)lüffel ftaf an ber $fyür (anftatt best richtigen fterfte). 
©eftorfen h at aber auch nod) niemanb ju bilben ge= 
tragt fo wenig wie gefragen.*) 

$ beraefitljrt uit* überführt 

s 2tud) ba3 tranfitioe führen (b. h- bringen) imb 
ba3 tntranfitvoe fahren (b. h- ftd) bewegen) nod) au§- 
etnanberhalten $u wollen, wäre r»ergebltd)e§ bemühen. 
3>n betben Vebeutungen wirb fd)on längft blofc nod) 
fahren gebraucht: ich fah*e im 2öagen, unb ber 
^utfc^er f ä h r t micf). (£§ fann aber gar nid)t§ 
fcrjaben, wenn man fid) an ftufyre, 3r u *) rmann > 
Vierführer, bem altern Vudjführer (ftatt Vud)= 
bänbler) u. a. ben urfprünglid)en Ünterfdjieb gegen* 
wärttg hält. Unb baju fönnte aud) überführen 
btenen, ba£ jefct in ber 3eitung§fpradje (aI3 @rfal> für 
tran^portiren) beliebt geworben ift, wenn man§ 
nur nicht fortmährenb falfd) fleftirt lefen müfete! 

£äglid) mufc man jefct in 3 e i*uugen oon über = 
führten Traufen unb überführten Seierjen lefen / 
ba3 foll heijäen: oon ^erfonen, bie in ba§ ober jene§ 
®ranfenhau§ ober nach ihrem £obe in bie §eimat 
jum Begräbnis gebraut worben finb. 2öie fann fid) 
nur ba§ (Sprachgefühl fo oerirren! Verbrecher werben 
überführt, wenn ihnen trotj if)re§ £eugnen§ ihr 
Verbrechen nadjgewtefen wirb; bann aber werben fie 
in§ 3 u ^^ au§ übergeführt, wenn benn burd>au3 
„geführt" werben mufc. 

(£3 giebt eine grofte $ln$ahl mit s £räpofitionen ju= 
fammengefefcter Zeitwörter, bei benen, je nach ber 53c- 
beutung, bie fie haben, balb bie ^räpofition, balb ba3 
Zeitwort betont wirb, 5. V. überfein (ben Saubrer 
über ben ftlufj) unb überfein, überlegen (über bie 



*) Mi eine SNeufnmittQfctt mag eriüäfjnt \cin, bafi olle SciViiäcv 
»udjbinbcr jagen: baS 8ucfj wirb blo& gcfjeftet, bngegen onc ^?cip 
iiger «djncibcr: ber ürmcl ift evft getjoftrit. 



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*Banf) unb überlegen, übergeben (sunt geinbe) unb 
übergeben iben nähten 3lbfchnitt), unterhalten (ben 
Ärug am Brunnen) unb unterhalten, unter fernlagen 
(bie ©eine) unb unter fernlagen (eine ©elbfumme), 
unterbreiten (einen Üeppid)) unb unterbreiten (ein 
93ittgefud)), umfcrjreiben (nod) einmal ober in§ reine 
fdjreiben) unb umfd) reiben (einen 9lu§brurf), burcr^ 
ft reichen (eine 3 e ^ c ) nnb burchftr eichen (eine ©egenb), 
burchferjen (eine Rechnung) unb burdbf Clauen (einen 
^Betrug), J> in t er gc^cn unb hintergehen, roieber* 
holen unb mieberholen u. f. n>. (Seroöhnlid) haben 
bie Albungen mit betonter ^räpofition bie eigentliche, 
jmnliche, bie mit betontem ©erbum eine übertraft;, e, 
bisweilen auch bie einen eine tranfitioe, bie anbern 
eine intranfitioe ©ebeutung. 3)ie ©Übungen nun, bie 
bie ^räpofition betonen, trennen bei ber ftlexton bie 
s £räpofitton ab, ober richtiger: fie oerbinben fte nicht 
mit bem ©erbum (ich breite unter, ich ftreiche 
burd), ich gehe hinter) unb bilben ba§ ^arti^ip 
ber Vergangenheit mit ber ©orfilbe ge (unter* 
cj eb reitet, burd) gestrichen, hintergegangen); 
Die bagegen, bie ba3 ©erbum betonen, laffen be» ber 
Qrlejcion ©erbum unb s $räpofition oerbunben (ich unter* 
breite, ich burdjftreiche, ich hintergehe) unb 
bilben ba§ ^artijip ohne bie ©orftlbe ge (unter = 
breitet, burchftrichen, hintergangen), darnach 
tft e§ flar, bajs oon einem Drte $um anbern etwaä 
nur übergeführt, aber nicht überführt werben 
!ann. (£benfo oerhält fid)§ mit überftebeln, mo 
ba§ Sprachgefühl neuerbtngS auch in§ «Scrjmanten ge* 
fommen ift. Nichtig ift nur: mann fiebelft bu über? 
id) bin fchon übergefiebelt, aber nicht: mann über* 
fiebelft bu? ich bin fchon überfiebelt. 

2)te ©ermirrung ftammt au§ @übbeutfd)lanb unb 
namentlid) auS Dfterreid), mo nicht nur ber angegebne 
Unterfchieb vielfach oerroif d)t mirb, fonbern überhaupt 
bie Neigung befteht, ba3 ©ebiet ber trennbaren 3u* 
fammenfetjung immer mehr einjufchränfen. £)er SÖiener 
fagt ftet§: überführt unb überfiebelt; er unter* 
orbnet ftd), eine Aufgabe obliegt ihm, er rebet oon 



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einem unterf eroberten föinbe, non bem £e£te, ber 
einem Siebe unterlegt ift, er unterbringt einen 
jungen 2ftann in einem ®efd)äft, er überfcf)äumt t>or 
(Sntrüftung, er anerfennt u. f. n>. 9Bir foHten unS 
mit allen Gräften gegen biefe Verwirrung mehren, 
bie bod) nur bie ftolge einer Slbftumpfung be3 ©prad)- 
öefüf)l§ ift, mie fie nur ber öfterreidnferje Völferbrei 
erzeugen fann.*) 

Bingen Ijören ofccr futgrn gcljürt? 

($tn Veifpiel bafür, wie man au§ UnfenntniS einem 
oermeintlicrjen ^etiler au§ bem SÖege gefyen unb babei 
in einen roirfltcrjen fterjler nerfaflen fann, ftnb (Sätje 
nüe: td) fyabe meinen ®cr)irm ftefjen gelaffen — 
Ijaft bu ben £>errn mir gegenüberfi^en gefef)en — 
mir fjaben if>n legten Sinter öfter fingen g e * 
f)ört u. äljnl. 

Von ben £ttf Zeitwörtern fönnen, mögen, 
öürfen, motten, folten, müffen wirb ba§ ^axtv 
tip ber Vergangenheit, wenn e3 auf einen 3nfinitio 
folitt, in einer ftorm gebilbet, bie ferjeinbar fetbft ein 
^nfinttir» ift, in ifyrer äußern 3rorm wenigftenS ganj mit 
t:m ^«fin^io übereinftimmt, in 2öal)rf)eit aber jeben= 
fad§ eine alte ^ßartijipialform ift, bie fid) in folgen 
Verbrnbungen nod) erhalten Ijat. 2öäf)renb alfo in fclb** 



*) 2)ic ©erbinbung: icf) aucrlenne f)at man neuerbtngS au* 
ftrtaftifdjen ©rünben nidjt btofj ju berteibigen, fonbent fogar als 
„glüdlidjc SBcitcrbilbung" unfrer ©pradjc ju empfehlen getoagt ; bei 
bor Trennung gerate btc Sßräpofttton leidet (?) in 51t gro&c (Entfernung 
»om SBerbum, j. 83. idj erfenne bie iöerbtenfte bicfeS HRamte* um 
bie ftrcifjeit unb ©röße, fotoic um ben »adjfcnbcn SSoljlftanb unfern 
2?aterlanbe3 naef) jeber Wirkung fjin an. Ocroife ift bie« (offenbar 
erfunbenc) JBetfticl tjäfelia), aber ntdjt rocgen ber wetten (Entfernung 
ber betben aufammcngcljörtgen ©örtcr, fonbern wegen ber fdjlejfcenben 
SUiljängfcl an baß Süöort SBcrbienftc. SBaS Ijinbert benn $u tagen: 
itaef) jeber föiajtung Ijtn (übrigens ein gana fdjtüiifcerljaftcr 3"fafen 
rrfenne icf) an, bafi ftcf> biefer Wann um bie ftreiljeit unb 
Q>röfjc u. f. n>. grojjc SBcrbienfte ertoorben fjat? (Hncn ©pradjfcljlei 
SU. begeben, um eine ftiliftifdjc Unbeljolfenfjcit ju Dcdjulleu, ift bort) 
Überlief) berfel)vr. Da bejeittgt man bort) lieber bie Unbcjjolfcnfjcit 
unb rettet bie arnmmatifdjr JRidjttgfett. 



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ftänbtger Stellung ba§ partijtp gefonnt, gemocht, 
geburft, gewollt lautet, fyei&t e§ in Söerbinbung 
mit bem ^nftnitio: tfjun fönnen, tfjun mögen, 
tf)un wollen, tljun bürfen. liefen £>üfg$eit* 
mortem fdjließt Rd) aber auch noch eine SReifye anbrer 
$erba an, fowie fic in berfelben 3Seife al§ «£)ilf§jeit= 
Wörter gebraucht werben; e3 ftnb ba§: brauchen (tm 
8inne oon müffen ober bürfen), (äffen, heißen, 
Reifen, fefjen, ^ören, lehren unb lernen. 3m 
$olf§munbe werben fie benn aud) alle mit ooKer Sicher- 
heit ebenfo behanbelt; ber „©ebilbete" aber, beffen 
Kenntnis fo weit reicht, baß er einen Qnfinitw oou 
einem Partizipium unterfd)eiben fann, aber nid)t fo 
weit, baß er über ba§ boppelte partijip biefer $8erba 
93efd)eib müßte, getraut fid) nid)t mel)r, bie infinitioartig 
flingenben formen f)in§uf chreiben, unb fo muß man 
benn fortmährenb fo garftige Säfce lefen, wie: $)ojent 
auf ber ßochfdmle hatte id) werben gewollt — ber 
diat ^at feine frühem SSebingungen fallen g e - 
laffen — er ^atte ein 9Mbd)en mit einem ftinbe 
gewiffenIo§ fifceu gelaffen — über biefen Sßerfud) 
hat er nie SHeue %w empfinben gebraud)t u. f. w. 
£ eib er ^at fid) bei einzelnen biefer SBerba, namentlich 
bei lehren unb lernen, ba§ falfdje fdjon fo feft* 
gefegt, baß e§ förmlid) auffällt, wenn fid) jemanb nod) 
richtig auSbrütft unb fagt: id) l)abe fie auf bem Söalle 
f ennen lernen. $er <Sprad)funbige fann fid) aber gar 
nicht anber§ auSbrüden, $umal wenn er nod) leben? 
bige§ Sprachgefühl ffat, ja er betjnt gelegentlich ben 
(Gebrauch unwiHfütlid) nod) auf anbre finnoerroanbte 
^erba au§ unb fagt 3. 33.: wir hätten biefe ©djulb 
auch bann noch auf uu3 laften fühlen. %\\\ ©runbe 
ift auch bagegen nid)t§ einjuwenben. 

pürfe ober würfe — begönne ober begänne? 

Smmer größer wirb bie Unbebolfenh^t, ben &on= 
junftio be§ ^mperfeftS rid)tig 31t bilben. S -Uiele ge= 
trauen Rd)3 faum noch, R* umfehreiben ihn womöglich 
überall burd) würbe mit bem ^nfinitio, auch ba, wo 



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bic§ nad) ben JHegeln bcr @afclefn;e gan$ un$uläffig 
tft. SefonberS auffällig ift bei einer fliege oon 3eit* 
Wörtern bie Unftdjer&eit über ben UmlautSoofal; foß 
man ä ober ü brauchen V ®a£ ©djroanfen ift baburd) 
entftanben, bafj im 2ftittelI}od)beutfd)eu ber ^luraloofal 
im Präteritum uielfad) anberS lautete al§ ber 6in- 
gularoofal (half, hülfen; wart, wurden), biefer Untere 
fdjieb fid) aber fpäter auSglidj. $a nun ber fton= 
junftio immer mit bem Umlaute be§ s $lurafoofal3 
gebilbet mürbe, fo entftanb nun ©treit äitnfdjen ä unb ü. 
$)a aber bie urfprünglidjen formen (J>ülf ftürbe, 
uerbürbe, mürbe, würfe) bod) nod) lebenbig fmb, 
fo nerbienen fie au<$ entf Rieben gefd^ü^t unb ben 
fpäter eingebrungnen r>älf ftärbe, üerbärbe, 
roärbe, roärfe oorgejogen $u werben. Sieben mürbe 
ift bie gorm mit ä gar nid)t aufgefommen. 93ci 
einigen Serben, wie bei beginnen, §at ber ©treit 
$mtfd)en ä unb ü im 3lnfd)lujj an ba§ o beS $arti£tp§ 
(begonnen) ö in 9lufnafmte gebraut. 2lud) l)ier oer* 
bienen biefe formen mit ö (beföhle, begönne, 
befönne, empföhle, gewönne, gölte, rönne, 
fcfyölte, fcfywömme, fpönne), ba fie bem um* 
gemanbelten Sßluraloofal o entfpredjen , burd)au§ ben 
iBor^ug oor benen mit ä. 

Itennte ohtt kannte? 

(Sin Irrtum ift e§, wenn man au£ bem 3nbi(atiü 
fannte einen ftonjunftio fännte bilben $u bürfen 
glaubt. $>ie fd)wad)en 3«itmörter: brennen, !ennen, 
nennen unb rennen bilben ba§ ^mperfeft mit bem 
fogenannten föürfumlaut a, ebenfo roie fenben unb 
menben. $er ftonjunftir» be§ ^mperfeftS lautet aber 
bei fdmjadjen Serben niemals um; roie fenbete 
neben fanbte, fo ftef)t fennete neben fannte. SBirb 
nun baS mittlere e unter brüdt, fo fann nur fennte 
übrigbleiben, aber nid)t fännte. 

4fr 



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gittgrimng unb fltagftkt. Auffrjjung nnö JUtfgmgtlpil 

Jn ber SÖortbübung machen fid£> jettf, neben manchen 
mtnber bebeutenben Söerirrungen be§ Spradi)gefüf)l§, 
bod) aud) einige red)t arge ®efd)madloftgfetten breit, 
unb ba3 bebenftidije babei tft, bafe fte felbft mit bem 
SInfprudje be§ beffern ©efd)matf3 auftreten. ^)ie§ gilt 
gleid) in bem erften l)ier $u befpredjenben 3*aÜe. 

93on gemiffer ©exte wirb neuerbingS ein lebhafter 
Sampf gegen bie Söörter auf ung geführt, ©te Hängen 
bäfjlid), fjei&t e§, ja fie feien gerabeju eine $8erun 
ftattung unfrer ©pracfye. $n Spulen wirb gelehrt, 
man fofle fte möglid)ft oermeiben. ^rgenb jemanb I)at 
fogar bie mifcige 93emerfung gemalt, unfre ©prad)e 
mit ifyren melen ung-ung-ung Hinge nrie Ia;;ter 
Unfenrufe. 

$)aS ift junäcfjft eine grofce Übertreibung. 3)ie 
(£nbung ung ift tonIo§ unb fällt nirgenbg in fordern 
©rabe in3 ®et)ör, ba& fte, in !ur$en 3rotftf)enräunien 
mieberljolt, ftören fönnte. 2ßenn ba§ Of)r burefy nid)t£ 
fd)Iimmere3 in unfrer heutigen «Sprache aerle^t mürbe 
al§ burd) bie (£nbung ung, fo märe e§ gut. ©äfce 
mie folgenbe: mir faffen unfer Urteit über bie (Sin« 
ridjtung balnn sufammen, bafj ir)re (2mtfüf)rung 
eine fernere ©d)äbigung be3 9ted)t3gefüi)l3 fein 
mürbe, ober: über bie 93orau3fefcungen $u einer 
6d)liefjung be§ iHeid)3tag§ enthält bie SBerfaffunn 
feine augbrüdlidje Söeftimmung — fyaben nid)t ba& 
geringfte anftöfiige. 3n Iebenbiger SRebe tjört mc : 
e3 faum, ba& Ijier furj Fjinter einanber brei ober vier 



SBörter auf ung ftefjen. ßebt man frcilid) bie (£n- 
bung auffällig fjeroor, fo fann e§ wol)l anftöfjig ober 
lädjerlid) Hingen; aber auf biefe 2Beife fann man aud) 
ljunbert anbre @prad)erfd)einungen anftöfjig ober lädjer* 
lid) machen. 

9Hd)t bie SÖörter auf ung mufc man befämpfen, 
fonbem eine immer meljr um fid) greifenbe garftige 
©ewotmljeit, bie baju oerleitet, eine Sttenge wirflid) 
l)ä^ltd)cr SÖörter auf ung ju bilben, barunter Um 
gelüme, wie: ^nbet-ri ebf c^ung, 2lufeerad)t = 
laffung, Snwegfallbringung, 3urbiSpofition* 
Heilung u. a., bie ©ewolmljeit nämlid), eine £anb* 
lung, einen Vorgang nicf)t mehr burd) ba§ *8erbum 
auSjubrütfen, fonbem burd) ein ©ubftantitmm in $Ber= 
binbung mit irgenb einem farblofen 3eitwort be$ ©e* 
fd)ef)en§ (mit Vorliebe ftattfinben ober erfolgen) 
alfo $. 18. ju fagen: bie (Eröffnung ber $aüe er 5 
folgte um 10 Ufyr, nadjbem bie 3>nbetriebfefcung 
ber 3ftafd)inen fcrjon eine ©tunbe oorfyer ftattgefunben 
f;atte — ftatt: eröffnet mürbe bie .§aHe um 10 Uf>r, 
nadjbem bie 3Jlafd)inen fdjon eine ©tunbe guoor in 
betrieb gefegt morben waren. $)a ift e8 aber 
nid)t bie ©nbung ung, bie oerletjt, fonbern baS 
fd)leppenbe SBortungetüm, ba§ bamit gebilbet ift, unb 
ber ganje unlebenbige, f)alb oerfteinerte ©ebanfem 
auSbrurf. darüber weiteres fpäter in ber öebre uom 
©afcbau (ogl. @. 250).? 

3m ©egentett: mir fyaben allen Slnlafc, bie (Snbung 
ung $u fdjütjen, ja gu t>erteibigen gegen tf)örid)te Weit* 
bilbungen, bie fid) ir)r an bie (Seite brängen unb bie 
>ttid)tfgteit be§ 9lu3brurf§ ftören wollen. 

$)te SBörter auf ung be$etd)nen junädjft eine $anb* 
lung, einen Vorgang; SBilbung, (£rj ietjung, 2luf = 
flärung, Einrichtung bebeuten $unäd)ft bie £>anb> 
lung, bie $l)ätigteit be3 93Uben§, be3 @rjie^en§, be3 
3lufflären3, beS ©inrid)ten3. 5lu3 biefer SBebeutung 
entroidelt fid) aber Ieidjt eine weitere, nämlid) bie be§ 
(£rgebniffe£, ba§ bie ©anblung t)at, be§ 3 u ftanbe§, ber 
burd) fie fyerbeigefüfjrt worben ift; SBilbung, 
Sterling, s Jluf flärung bebeuten aud) ben guffrmb 



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be£ ©ebilbetfemS, beS ©rjogenfeing, be3 AufgeHärt- 
f eilig, Einrichtung auch ba§ Eingerichtete felbft. 
Vielfach fyat nun bie Sprache, um ben Unterfchieb 
Zroifchen ber £>anblung unb ihrem Ergebnis z u be- 
Zeichnen, neben bem Sporte auf ung noch ein fürzereä, 
metft mit Ablaut, unmittelbar au3 bem Stamme ge* 
fcfjaffen, alfo eine ftarfe Vilbung neben ber fchmachen. 
So höben mir Anlage neben Anlegung unb fönnen 
gerabe^u reben oon ber Anlegung oon ©artete 
anlagen ober von ber Anlegung oon ®a$* unb 
SBaffer anlagen. Sflun fönnen aüerbuigS auch folche 
furze, unmittelbar au§ bem Stamme gebilbete formen 
manchmal ebenfo gut bie .£>anblung mie baS Ergebnis 
ber ©anbtung bezeichnen, 5. V. Verlauf; niemanb 
fprid)t oon Verfaufung. 2öic oerfährt man aber 
jefct? 3)a, roo bie Sprache bie Unterfd)eibung an bie 
.£>anb giebt, 100 fie e§ ermöglicht, einen Unterfchieb zu 
machen (ba haben mir gleich mieber ein SBeifpiel : 
Unterf Reibung unb Unterfchieb!), oerfd)mä()t 
man if)n unb rebet von Eingabe, 3 rc ^9 aoe / E 1 * 5 
roerb, Vezug, Vollzug, Entfcheib, Entfatj, 
Erfatj, Vergleich, Ausgleich, SCttfge&ot, ftrei* 
fpruch (beä Angesagten), 3uf ammenf chtufe, 
wo .fcingebung, frreigebung (ber Sonntag^ 
arbeit), Erroerbung, Veztehung, Vollziehung, 
Etttf Reibung, Entfefcung (Enun s £afcha§), 
Erfefcung, Vergleichung, Ausgleichung 
Aufbietung (aller Gräfte), 3 u f a tuiuenfchliej?ung 
ba§ richtige märe, weil man bie $anblung meint. 
Vom fjreifpruch be3 9ttd)ter3 (önnte man 
Zur 9tot fprechen, aber beim Angeklagten boch nur 
oon ftreifprechung. AnbrerfettS : ba , n>o 
bie Sprache roirflich beibe£, £>anblung unb 3uftanb, 
mit bemfelben SBorte, unb zwar auf ung, au£* 
gebrüeft hat, fchafft man fünftlich einen Unterfchieb 
burch hä&liche Sfteubilbungen auf t> ei t (fie fchiefjen jefct 
mie ^filze au$ ber Erbe!) unb läfjt bie Sflenfchen au§ 
©eneigtheit ober Abgeneigtheit, in ber 3er* 
ftreutheit, in ber Verzücftheü, in ber Ver« 
ftimmtfjeit, in ber Aufgeregtheit, in ber erften 



Überraf d)tl)eit, mit ®efa&U)*it/ unter 3Werf= 
malen t>on ©eifteggeftörtfjeit tfmn, wag fie früher 
au£ Neigung ober Abneigung, in ber 3 ers 
ftreuung, in ber SBerjfitfung, in ber SBerftim? 
mung, in ber Aufregung, in ber erften Über* 
rafcfyung, mit fjaf f un 9, in einem einfalle von 
@eifte§ftörung traten. $a man reoe * foß^r Don 
ber $ertiertf)eit be£ Proletariats ftatt von ber 
Sortierung. §ier überaß gilt eg, bie gute alte 
SBilbung auf ung $u fcfnifcen unb bag einfd)lum= 
membe Sprachgefühl mieber $u werfen. $er ©traf* 
oollaug, r»on bem unfre fünften, bie innige Ein- 
gabe, oon ber unfre SRomanfdjriftftefler immer reben, 
finb gerabeju greultcf). 2Öirb jemanb 9ln$ief)ung 
unb 9Injug t>erwed)feln, ober (Eingebung unb 
©in gäbe, unb fagen: er tt)at bag aug göttlicher 
Eingabe? 5>ag fürd)terlid)fte ift wol>l ber S8e$ug. 
5tüt)er fannte man Söe^üge nur an Söettfiffen, 
©tuljlpolftern unb föegenfdjirmen. 3e^t f>eijst eg nur 
nod): mit $8e$ug auf, in biefem SBejug (wor»on 
bann roieber be$üglid) unb — biegbejüglid) ge* 
bilbet worben finb), unb ba natürlich auet) bie, bie 
bag Söort fo gebrauchen, bie SBebeutung ber $anblung,/ 
bie brin liegen foü, if)tn bod) md)t red)t anfüllen, 
mag f)aben fte gemacht? Sie f)aben bag herrliche 
SBort *8e$ugnal)me erfunben, $>ag fann man bod) 
wahrhaftig bequemer ^aben! 2Bag mühfelig burd) 
bag fdjleppenbe jufammengefefcte ©ort SBejug* 
naf)me auggebrüdt werben foü, bag liegt effen in 
bem einfachen $8e§iehung. 9Iber nur ja fein Sßort 
auf ung! (£g wirb balb alg ein Qeicfyen von Sttangel 
an (Srjug unb ©ebilbetfyeit gelten, fo Bereitete 
3Börter wie (£rjiehung unb ©ilbung nod) in 
ben SJhutb gu nehmen. 

$iiritjiri)iiialjmr 

ähnlich wie mit ben fd)leppenbeu SNeubilbungcn 
auf ^ ei t oerhält ftd)g mit benen aufnähme, bie in 
neuerer 3eit fo beliebt geworben finb: Partei * 



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nannte, Stellungnahme, SHürff ichtnahme, ©in* 
ftchtnahme, Kenntnisnahme, Anteilnahme, 
Abf chriftnahme, fogar Einflußnahme! Einige 
biefer Albungen finb ganj überflüfftg. Ober fönnte eS 
nrirftich mißoerftanben werben, wenn jemanb fagt: er 
hanbelteohne Mütf ficht auf feine ftreunbe, lege mir bie 
Rapiere *ur Einfid)t t)dr, ich erhielt von ihm bie 
Stafeln aur Abfdjrift? 3Ba§ fott ba ba§ nähme? 
Offenbar foH eS bie £anblung auSbrücfen. Aber 
bie liegt bod) beutlich genug in föücffidfjt, ©in« 
ficht unb Abfdjrift, fühlt man benn ba§ garmdjt 
mehr? ©anj unfinnig ift Einflußnahme, benn 
Einfluß h a * man entmeber, ober man gewinnt ihn, 
man fann ihn auch ju gewinnen fudjen, fich ttm 
fogar anmaßen, aber man nimmt ihn nicht An* 
teilnähme (in Setpjig ftetS Ahnteilnahme auS* 
gefprochen!) ift nid)t£ als eine häßliche Verbreiterung 
von Zeitnahme. 2ttan fcheint fich neuerbingS ein* 
jubilben, Teilnahme fei auf traurige Ereigniffe, 
UnglücfSfäHe, SEobeSfäüe u. bgL ju befdjränfen, in 
allen anbern fällen müffe man Anteilnahme fagen. 
Ein vernünftiger ©runb |tt einer folchen Unterfdjei* 
bung liegt nid)t vor. ES märe bod) lächerlich, wenn 
nicht auch bei einem freubigen Ereignis meine % eil* 
nähme genügte! Parteinahme, Stellungnahme 
unb Kenntnisnahme fcheinen auf ben erften ©lief 
unentbehrlich in fein, aber bod) aud) nur beSfjalb, weil 
man immer in ein Subftantitmm $ufammenquetfd)en 
§u müffen glaubt, waS man mit bem SBerbum fagen 
fottte. 

fcuiienfaf* ober &ttrt*fa&? 
Ein befchämenber Unfug reißt neuerbingS in unfrer 
2öortjufammenfe^ung ein. SBci ber fogenannten un* 
eigentlichen 3ufammenfetjung, ber bloßen ßwfammen* 
fügung, bei ber bie beiben SBörter urfprünglid) um 
oerbunbenjnebeneinanberftehen, muß baS erfte ©lieb, 
baS SBeftimmungSwort, natürlich ftetS im ©enetiv 
ftehen, §. $8. ©otteSf urcht, fianbeSoater, Tages- 
licht, SBirtShauS, ©eamtenwohnung, Kon* 



f irmanbenanjug (eigentlich be§ SageS Sicht, 
be3 Beamten SBohnung iuf.ro.). %e%t fann man 
aber täglich in ben 3 e ^ uw 9 en Iefen: SHeifenber« 
gefuch, 3)i3ponentgefuch u. ctfntl, — alfo ein 
gan$ roheS Söorf Rieben eines Sftominatiog! 

9hm giebt e£ alte, gute fdjroadje ©ingularformen 
beS gemining. $$n feftftehenben SRebenSarten unb 
©prüfen haben fic fidj noch erhalten, 3. SB. bie 
Kirche unfrer lieben grauen, von ©otteg ©naben, 
auf (£rben, eS fommt enblich an bie ©onnen, unb 
umnberooll erhalten höben fie fich in ber ©ort« 
$uf ammenf efcung, eben unter bem (Schule ber ßu= 
f ammenf efcung ; man benf e an ©onnenfchein, 
3r r a u e n f i r et) e (b. i. bie Kirche unfrer lieben 
grauen, ber Jungfrau 9ttaria), (Srbenrunb, 
Öinbenblatt, 3lf d) enb ech er, £afchentucf), 
©eif enfteber, ©äff en junge, ^ohlenjeichnung, 
ßeichenprebigt, ©nabengefud), SBreitengrab, 
9Jlulbentf)al u. a. ©ogar Sehn* unb grembroörter 
haben fich in ber [ 3uf ammenf efcung biefem alten 
fchroachen ©enetir» angefdjloffen, wie in ©trafeen* 
pf lafter, £intenf ajj, SHrchenbiener, ßafemen* 
hof, 93aftillenplat>, SHfiitenf arte, Toiletten* 
tifch, ©arber obengelb, <ßromenabenfächer. 
finb barunter ganj junge ©Übungen, bei benen ftcherlict) 
niemanb mehr an einen fchtoachen ©enetir» gebad)t 
hat, aber fie ftnb eben naio unb ohne ©rübelei nad) 
richtiger Analogie gebilbet roorben. 

$>a h^ben ftch nun neuerbtngS fluge Seute offen= 
bar bie grage oorgelegt: 9öa§ foll ba§ n in biefen 
2öörtern? Gin n bezeichnet boch bie 9ttehr$ahl, unb 
bie fyat ja hter gar feinen ®inn, alfo h^nau§ bamit! 
Unb fo fchreibt unb brueft man jetjt wahrhaftig: 
^l.f'chebecher, s 2lf djegrube, £intefafc, @ahne = 
fäfe, £>efe$elle, tfiaff epf erb , Stellegefucrj, 
5ftulbetf)al, ©artenlaubef alenber , 8par = 
faffeburf), Jöifttefarte, ^oitcttcf eif e, 2Wan- 
f chettefnopf , Aromen ab eplafc, ^r; of 0 1 ab e ^ 
fabrif u. f. ir». $n allen Bauleitungen muf$ man 
oon SWanfarbebach unb oon öageplan lefen 



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&&&&&&&&&& »5 Qk&Xäk&täk&Zk&J&a 



(fo fyabtn bic 9lrchiteften, bic ja erfreulicherweife 
eifrige Sprachreiniger finb, <Situation3plan über- 
fefct), in allen Äunftjeitfc^riften oon ftohlejexch* 
nungen, offenbar bantit ja nicht einer beute, bie 
3eichmmgen wären mit einem ©tücf Steina ober 
SBraunfohle au§ bem ßohlenfaften gemacht — 
md)t wahr? 2öer nicht fühlt, baft ba3 aüe§ ba§ reine 
©eftammel tft, ber ift aufrichtig ju bebauern. 
Hingt genau, nrie n>enn f leine ftinber ballten, bie 
erft reben lernen unb nod) nicht alle Sfconfonanten 
bewältigen fönnen. 9Jton fefce ftd> ba§ nur im ©etfte 
weiter fort — wa§ wirb bie ^olqt fein? baft wir 
in 3 u fa n ft auc h ftammeln: ©onnef chetn, £afd)e* 
tud), ©ofeftube, ©igarref rü^e , (Strafte* 
pflafter, föofebuft, §ülf efrudjt, Saubebad), 
©eigefpteler, (g^rerettung u. f. w. 

SBemt ber alte fchwadje ©enetiü burd)au§ md)t 
merjr gebraust werben foH, bann bleibt nur nod) 
eine SWöglichfeit ber 3ufammenfe^ung übrig, näm* 
licr) bie, baft man ba§ e abwirft unb ben bloften 
(Stamm beibehält. <So haben mir ja längft 90lüf)l = 
gaffe neben 5ftühlenftrafte , (Srbbeere neben 
©rbenrunb, ßirdjfpiel unb $Urd)t>ater neben 
Kirchenbuch unb ®trd)enbiener, (£lbtf)al, ($lb* 
ufer unb (Slbbrücfe neben SJlulbenthal unb 
Sftulbenbett. 9lber ein SBort wie Saale$eitung 
ober Soolebab, wie man auch neuerbing§ ju laßen 
anfängt (ba§ Soolebab ßifftngen), ift boch bie reine 
Seimerei. SSei (Saal^eitung fönnte wot)l einer an ben 
«Saal ben!en ftatt an bie ©aale? $enft benn beim 
(Saalwetn unb bei ber (Saalbahn jemanb brau?*) 

©erabe bei ber 3ufammenfefcung mit tarnen wirb 
jetjt (befonber§ bei ber £aufe neuer Straften ober 
(SJebäube) leiber faft nur noch in biefer Söeife geleimt. 
3Ber märe oor hebert fahren imftanbe gemefen, 
eine Strafte Sluguftaftrafte, ein ' $au8 Hartha* 



•) (Ein Sammer ift es, auf SBetn! arten unb SBcinflafdjen jefrt 
Siebfraumild) lefen $u mfljfen! *ieTTcicf;t trtnren mir nud) ;nod) 
erbefreerefcotote. 



haug au nennen! $a fagte man Uinnentirche, 
ftatharinenftrafie, SJlarienbilb, unb eg fiel 
bod) aud) niemanb ein, babei an eine 2Jcehr$ahl von 
Sinnen, Katharinen ober 9flarien $u bettfen. 

Bptifiltflrtt oin* öprijenharte? 
4)a l)aben alfo mohl bie @d)enfnrirte, bie ftatt 
ber früher allgemein üblichen ©peifefarte eine 
Speifenfarte eingeführt haben, etroaS recht roeifeS 
getfjan? <Sie haben ben guten, alten ©enetir» nrieber* 
hergeftellt? 9cein, baran haben fte triebt gebaut, fie 
haben bie 3Jcehr$ahl auSbrücfen wollen, benn fie 
haben fid) überlegt: auf meiner Karte fteht boch nicht 
blofi eine ©petfe. 3)amit ftnb fie nun aber auch 
roieber grünblich in bie 3rre geraten. $n ©peife* 
f arte ift bie erfte #älfte gar nicht burch ©aupt* 
roort Speif e gebilbet, fonbern burch ben SBerbalftamm 
r»on fpeifen. S)te ©petfefarte ift bie Karte, nad) 
ber man fpeift, wie bie % an 3 f arte bie Karte, nach 
ber man tanjt, bie Spielregel bie Sftegel, nach oer 
man fpielt, bie Söauorbnung bie Drbnung, nach 
ber man baut, bie ©ingroeife bie SBeife, nach ber 
man fingt, bag ©tiefmufter ba§ 2Jhifter, nach *>* m 
man ftttft, bie 3ählmethobe bie SJcethobe, nach ber 
man §&$lt gälten bie Schenhnirte mit ihrer 
Speif enfarte [Recht, bann müfcte man auch £ än$e* 
farte unb — Seinefarte fagen.*) 

pinberbrateu unb Äpfdmus 

Unnötigen Aufruhr unb ©treit erregt bisweilen bie 
ftrage, ob in bem erften ©liebe einer 3ufammen* 

*) ftljnlid) behält fidj« mit bem neuen SRobewort Snljalt«* 
bunft. grüner faßte man: i$ flnbe feinen Än^altebunf t, b 
feinen $unft, wo idj mid) anljatten fönntc, tote <Stü fr bunft beu 
$unft bc$ctdjnet, auf ben man fid) ftüfct. daneben Ijatte man nod> 
in bemfeiben ©inne baS ©ubftanttb «nljatt; man fagte: bafüv fe^tt 
e§ mir an jebem Änljalt. ?lu* betben aber einen Sln^att*bunf t 
Su bilben war bod& wirflic$ überftüffig. Söal)rfd)€lnlid} $at man geglaubt, 
bamit einen Unterfdjieb &u f^affen gu ben Än^alteb unf ten auf ben 
<&ifenba$nm. W18 ob Sln^altcbunft nidjt ebenfo gut bie ©teile beaeia> 
neu fönntc, wo man fid) anhält, tute bie, wo man an&filt! 



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fe^ung bie <£tn$al)l ober bie 9ftef>r$cü)l am pla^e 
fei. ©inen traten, ber nur von einem SRinb ge* 
fd)nitten tft, nennt man in Seidig SHinberbraten, 
eine <Sd)üffel 9Jht3 bagegen, bie auS einem ©djorf 
s Üpfeln bereitet ift, 9lpfelmu3. 3)a§ ift bod) finm 
nribrig, Ijeijjt eS, e£ fann bod) nur baS umgefeljrtc 
richtig fein! Sftein bod), eS ift beibeS richtig. (£3 fommt 
in foldjen ßufammenfefcungen roeber auf bie ©in^a^l, 
nod) auf bie 9flel)r*af)l an, fonbern nur auf ben 
Gattungsbegriff.*) Uber ben Numerus l)errfd)t v'6U 
ligeS belieben; bie eine SKunbart oerfät)rt fo, bie 
anbre fo, unb felbft innerhalb berfelben Sflunbart 
waltet oft bie feltfamfte Saune unb Söilltur. 3> n 
@ad)fen fagt man Sdjmeinebraten, Scr)öpfen= 
f ett, Gänf eleber, aber ÄalbSbraten, @d)tt>eitt£* 
fotelett, 9^inb3§unge. ^ mmer ^ fann man bem 
Singular ben *Bor$ug geben, ba er $ur 93ejeic^nung 
beS Gattungsbegriffs ausreicht. Obgleich man alfo 
roofyl allgemein Pflaumenbaum unb Pflaumen* 
brülje fagt, ift Apfelbaum unb $lpf elroetn bod) 
am @nbe beffer als Apfelbaum unb Apfelwein, 
(©gl. ^Birnbaum, &irfd)fud)en u. a.) 

($in ätntltcrjeS Sdjroanfen $etgt fid) in ßufammem 
fefcungen nrie Anwalts tag, Gaftroirtoerein, 
SBifdjof fonf eren$, Quriftentag, $lrd)itef teu* 
verein, #r$tetag u. a. $te Urfadje ift biefelbe. 
3lber aud) l)ier reicht ber Singular jur $Be$eid)nung 



*) $n Ijält man fid) ein Ä i u b c r mäbdjcu, aud) lucmt man 

nur ein ftinb $at, in fcfterrcidj eine ÄinbSmagb, aud> roenn man 
fedj« Äinber I)at. 8ud) ba föiorbt nur ber Gattung! begriff t>or. 
3)arum ift e* auc§ überflüffig, baB mau neuerbing« neben burdj = 
Tönern ba$ fdjöne Zeitwort burdjlodjcn gebübet tjat; .bie gatjr= 
forte auf ber ^ferbcfmfm toirb ja toom Äonbulteur nur nodj buraV 
t odjt. 5)ann fönnte man audj einen ftrcunb nidjt meb> tiergöttern, 
fonbern nur nodj toergotten, ja feine ©eliebte fogar nur no# 
uergöttinnen. Sogif in ber <Spvad)c ift genrifc etwa« f$öne*, 
aber flc tarnt au<$ aur Älugmcicret merben. Huf ben Öfterrtidjtf^en 
Äartenbricfcn ift übrigen« bereit« &u lefen: au öffnen burd) 9lb= 
t rennung bc* burdjtodjtcu 9t ante 3. Diefc ©riefe Ijaben'abcr fefjr 
oiefe 29rt)cr, ftnb alfo unatt>eifell)aft burrfjiödjert, [ganj abgelesen 
Bon bvm hxitern Unfiun, ben SRanb (!) burdjlorfjt ä»i nennen; bei 
Äaub trirfn ia bi* an bie Öödjrr! 



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be3 ©attungSbegriffg au§. @§ ift auch gar nid)t un* 
möglich , bafc felbft in 3uriftentag unb 5lr c^i* 
teftenoerein bie erfte ©älfte urfprüngltd) als «Sin- 
gular gemeint gemefen ift. 

Jtirijenbuilj »*** Sjeütymttoidj ? 

$iel gefämpft morben ift fdjon gegen bie fallen 
3uf ammenf etjungen 3etd)nenbuch, 3eid)itenf aal, 
Rechne nheft; fte finb aber, namentlich in ben 
Greifen ber ©efdjäf bleute, nicht ausrotten. 9Iu§ 
ber @d)ule, wo fte ftd) früher aud) breit machten, 
finb fte voofyl überall glücflich roieber befeitigt. 

3)a3 Söerbum fann in ber erften £älfte r»on gn* 
fammenfetjungen immer nur in ber grorm be§ *Ber* 
balftammeg erfd)etnen; e§ r)ctfet : @prid)n>ort, 
©djreibf eber, $)rucf papter, (Stehpult, SRaud)' 
jimmer, Sptnnftube, £rinf r>allc , Spring- 
brunnen, ober mit einem SBinbeootal: SBartefaal, 
<3ingeftunbe.*) 9hm giebt e§ aber ^erbalftämme, 
bie auf n ausgeben, 3. $8.: 3 eichen, rechen, 
t r o cf e n , turn; bie ^nftnitine ba$u Reiften : 
rechnen (eigentlich redjenen), zeichnen (eigentlich 
jeicfjenen), trocfnen, turnen. Sterben biefe in 
ber ßufammenfeöung üermenbet. fo fönnen natürlid) 
nur formen entftehen roie SRechenftunbe, 3 e ^ en? 
faal, Zxod enplatj, ^urntjalle. Söäre ^Rechnen- 
buch richtig, fo müfste man auch fagen: Ürocfnen* 
plafc, iurnenl)aUe, SRetfienjeug, Schreiben* 
f eber. 

3« unerträglicher 2Beife greift jetjt in einzelnen 
®egenben 3)eutfd)lanb3 ein fehler um fid), ber ftd) bi§= 
l)er in gemiffen Schranfen gehalten hat: ba§ unorga* 
nifd) eingefdjobne 3 in jufammengefe^ten SBörtern. 
3n^immel^tl)or, Königstochter, ©utgbefi ^ev, 

*) SUofür mau in Sübbeutidjlaub aud) S -S>artfaal. 3 i u g - 
ftunbr fagt. Gdjrcibpapirr unb S dj reib pult tyridjt ficti 
jdiffdit aus, weil l) unb v 5U|"n mmen treffen; mau fjört immer nur: 
rdireipopier. Taljer in luoljl S(f)re therapier norjuji^n. 



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2tatUttad>t, SBlutifreunb fann man ja bai i 
ati bie ©enetiüenbung bess männlicrjen ober fftd)lid)en 
iöeftimmungiworti auf f äffen, ebenfo in oertragi- 
brüchig unb beifpteliweif e. 9lber wai fotl es in 
Stebeibieuft, §ilf.ilef)rer, ($ef d)id)tif orf djer, 
*8ibliotf)ef3orbuung, 2lrbeitilifte, ®eburt§ = 
tag, >} eitun gif djr eiber, £ofyeitired)t,@id)er = 
f)ettinabel, 2öirtfd)afti gelb, ßonftitutioni* 
feft, SUtajeftätibeleibigung, auinal)miweif e, 
rücf fidjtiooll, oorfcrjrxf timäfng, alfo an lauter 
SBörtern weiblichen ©efd)lect)ti, bie gar feinen ®e* 
netit) auf § bilben Ahmen? Da ift ei boc^ überall 
ein blofcer 3rltcfbud)ftabe. 

2)tefei 93inbe*i ftammt ebenfo wie bai falfcfye 
Plural* § aui bem 9heberbeutfd)en, unb $war gehört 
ei burcfyaui ber neuern Qeit an * 3 m SRtttetlwcf)* 
beutfdjen ftnbct ei ftd) nur verein jclt, erft im 9leu= 
bodt)beutfct)en ift es eingebrungen, f)at fid) bann mit 
immer größerer Sdjnelligfeit oerbreitet unb fudjt ftd) 
leiber nod) immer weiter ju oerbreiten. @d)on 
fängt man an $u fagen: $)oftorigrab, gabrifi = 
nieb erläge, 9fti et io ertrag, Söertipaptere 
(Sinnafjmiquelle, ja in einzelnen ©egenben 
2>eutfd)lanbi fogar fdjon ©tabtigraben, 9lad)t& 
wädjter, 8tiefelifned)t, 3weimarfiftücf , 
fd)iffSbrüd)ig u. a. 

2Bo bai falfdje i einmal feftftfct, ba ift natürlid) 
jeber Äampf oergeblid), unb bai ift ber gall $. 93. bei 

allen 3 u f ammen f c fc un 9 cn m ^ Siebe, §ilfe, ©e = 
fcr)id)te, hinter oielen weiblichen SBörtern, bie 
auf t enbigen, ferner bei benen, bie mit ung, l)eit 
unb fdjaft gebilbet ftnb, enblid) bei ben JJremb* 
roörtem auf ion unb tat*) 2Bo ftd)i aber nod) 
mdjt feftgefetjt fyat, wo ei erft einzubringen oer* 
fuetjt, ba müfrte bod) ber Unterricht allei aufs 



*) Scan $aul f)at fc^ott 1817 einmal ben ©erfudj gemalt, bie 
ftcAräfce, tote er e« nannte, 51t betämpfen, merjtc aud) au» einer 
neuen «uflage feine* 3ie6enrfi« ntlc t'alftfjen ? an«. tf* ift ater 911113 



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bieten, e3 fernhalten, ba3 Sprachgefühl für ben 
freier roieber f dürfen. <£S ift ba3 nicht fo ferner, 
wie e§ auf ben elften ©lief fcheint, benn baS 
*Btnbe*g ift ein folcher ©tlbling, baß e3 nicht bie 
geringfte ftolgerichtigfett fennt. SBarum fagt man 
oertragSbrüchig , inhaltsreich , b eif pielS - 
roetf e, hoffnungslos, ba man bod) tu ort brüchig, 
gehaltreich, f chritttueife, gefühllog fagt? 

$remi>f|irad)liiij mib örnmonatüri) 

2lud) in ber Slbjefttubtlbung fommt baS früher 
ficf)re Sprachgefühl neuerbtngS tnS SBanfen. SBenn 
man nicht mehr vom Unterricht in ben fremben 
ober in ben neuern ©prägen reben null, wenn 
baS ju lang ift, wenn biefe Attribute burchauS in 
Slbjeftioa auf ammengeprefjt werben muffen, bann bilbe 
man biefe wemgftenS richtig. Niemals ftnb im 
$)eutfchen 3lbjeftioa auf lieh gebilbet worben aus 
Subftanttoen mit einem oorhergehenben Qai)lxooxt 
ober ^Ibjeftioum. 33ei furaweilig, langftielig, 
großmäulig, uiera eilig, gleichf chenflig, red)t* 
wtnflig fönnte man ^rt>ax meinen, fie feien beShalb 
auf ig gebilbet worben, weil ber Stamm auf l en* 
bigt; e§ heißt aber auch : frembartig, treuheraig, 
gutmütig, f chöngeiftig, freifinnig, eintönig, 
oollblütig, breitfchultrig, f chmalf purig, frei* 
hänbig, buntfeheef ig, griesgrämig u. f. w. <£S 
fann alfo fchlechterbingS auch nur h^ßen: fremb* 
fprachig, neufprachig- 5luf lieh fönnen immer 
nur auS Subftantioen allein ©igenfchaftSwörter ge- 
bilbet werben. $er ©runb liegt in ber gana uer= 
fchiebnen SBebeutung. £eralich/ h an ^t^' gräm* 
lieh beaeichnet bie 2lrt unb 2Beife, wie eS baS #er$ 
macht, wie eS bie £anb braucht, wie fiel) ber ®ram 
jeigt; treuheraig bagegen tyifyt, wer ein treuem 
£era $at 

Sehr beaeichnenb ift ber Unterfchieb bei ben uon 
ben 3citmaßen gebilbeten 9lbjeftioen. @S h c ^ : jäh* 5 
(ich, monatlich, wöchentlich, täglich unb ftünb = 



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lid>; aber eg Reifst : einjährig, eintägig, ein* 
ft anbiß, ßetber rebet man jefct otelfad) t>on brei* 
monatlichem ober oierwödjentlicfyem Urlaub, 
wäljrenb man bod) nur pon breimonatigem unb 
oierwöcfyigem reben foUte, benn ber Urlaub hat 
ober bauert brei 9Jconate. (§twa£ anbreg ift e§, wenn 
man oon fingen fpridcjt, bie aller ©tunben, aller 
oier 2öod)en, aßer brei Monate gefcfjefyen ober ge= 
fd)e()en fönnen; ba mufs eg Ijeifjen: einftfinbltd) einen 
©fclöffel ooH gu nehmen, in bretmonatlidjen Späten 
ju §af)len, mit bretmonatltdjer ftünbigung u. f. w. 

(ßoetljtrdj oörr (Baetlje'fd)? 

(£tne rechte 2)umml)eit ift in ber ©Übung ber 9lb* 
jeftioa auf if dt) eingeriffen bei Drt§* unb ^erfonen* 
namen, bie auf e enbigen: man lieft nur nod) oon 
ber ^alle'fctjcn Umoerfttät, oon ©oetfje'f d)en 
unb £eine'fd)en ©ebidjten unb oon ber JRanfe'= 
f er) en ^eltgefd)id)te. 9Han überfeine ja ben Slpoftroyf) 
md)t; ofyne ben 5lpoftropt) mürbe bie @ad)e ben 
öeuten gar feinen ©pafc machen. $n biefeg $äfd)en 
ftnb ©djulmeifter unb ^rofefforen ebenfo oerliebt wie 
@e£er unb ßorreftoren (ogl. ©. 54). 

3)ie Slbjeftioenbung if d) mu| ftetg unmittelbar au 
ben SBortftamm treten. $öon Saune fyetjrt ba§ 9lb= 
jeftioum launifd), oon $ölle f)ölltfd), oon <§a = 
tire fatirifd), oon (Schwebe f d)webtfd), niemanb 
fprid^t oon laune'fdjen 2ttenfcf)en, l)ölle'fd)en 
dualen, f atire'f dt)en JBemerfungen ober fdt)webe = 
f ct)en ®treid)l)ölacf)en. Unb fagt ober f djreibt wot)l 
ein einziger oernünftiger 3ttenfd): biefeS ©ebid)t 
fltngt edjt ©oettye'fd)? ober: er oerfudjt jwar 
Dianfe nad)$ualjmen, aber feine $arftetlung flingt 
gar md)t SRanfe'fd)? $eber fagt bod): eg flingt 
©oettyifdt), eg flingt SHanfifcf). 9öenn]man aber 
in ber unbeflinirten, präbifatioenj5° rm oa ^ 9lb= 
jeftioum richtig bilbet, warum bann nid)t in ber attru 
butioen, beflinirten? @g fönnte wol)l einer benfen, 
ber $)id)ter t)ie^e © o e t f) , wenn man oon © o e t f) i f d) e n 
©ebidjten f priest? 3ft e$ triebt wirflid) eine ©djanbe, 



baft ein foldjer Unftnn fmt um ftcf) greifen fönnen? 
Unfre ftlafftfer, bie in bie ©alltfdje Sitteratur* 
$eitung fdjrieben (nod) bt§ in§ ad)t$et)nte $al)rf)un* 
bert hinein fagte man fogar mit richtigem Umlaut 
fjälltfd)*), mürben ftd) im ®rabe umbretyen, roennfte 
läfen, bafc e3 jetjt einen £alle'fd)en SBürgermeifter 
giebt. ©enau fo lädjerlid) aber ftnb bießaube'fdjen 
Dramen, bie SRaabe'fdjen ©Tötungen, ba§ 
ftid)te'fd)e Softem, bie §eof e'f djen SftooeUen, bie 
$aaffe'fd)e #ra, bie @tol$e'fd)e Stenographie 
unb ber ©rote'fdje Verlag. Sd)mäl)ttctyem>eife 
fängt man fogar in ©ermamftenfreifen jefct an oon 
ber 9Jlaneffe'fd)en §anbfd)rift ju ftammeln, bie 
bod) feit Sflenfdjengebenfen bie 5ttanefftfd)e ge* 
I)et$en fyat**) 

3flan fpridijt aber neuerbingS aud) oon bem mei* 
ningen'f d)en $I)eater (ftatt oom meiningif d)en), 
oon rügen'fdjen $8auemföf)nen (ftatt oon rügi- 
fdjen) unb oon planen 'f cfjen ^abrtfaten (ftatt oon 
plautf d)en). $>ann moHen mir nur aud) in 3ufunft 
oon ben bremen'f <$en 8tabtmufifanten reben, von 
tfjüringen'f djen Sanbgrafen, oon ber f ranf en'fdjen 
Sc^roeij, oom f ad)f en'f djen unb oom preufien'« 
fcfyenßönig! 9Iud) Ijier ift bie 33itbung umnittetbar 
auS bem ©ortftamm ba§ einzig rid)tige. $ie Orts- 
namen auf en finb alte $)atioe im Plural; menn 
ein 9Ibjeftioum auf t f baoon gebilbet werben fott, 
fo mufc bie (Smbung en erft meinen. (£3 fann alfo 
oernünftigermeife nur Reiften: bremifct), ptauifd), 
metningifd). 

gitUcnfer unb primaraner 

$af$ mir $eutfd)en bei unfrer großen ®elef>rfam* 
feit unb ©eroiffentyaftigfeit bie SöeroofjneT frember 
Öcinber unb (Stäbte mit einer magren 9ttufterfarte 



*) Sttic man aud) bas $au« eines «Wanne«, ber «JJIan! Ijiefe, ba* 
^länftfcfce $au* nomtte. bie SRflljle in bem 2>orfe ©a$ren bie 
SBä&rtfäe 9Rü$te. 

*•) Daneben freili* nwfi i'rfion üom 9Wa nefie-Äober! ff * luirb 
immer beffn. 



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von 9tamenbilbungen oerfef)en, ift jroar fefyr fomifd), 
aber bocf) immerhin erträgltcf). Sprechen rotr alfo aud) 
in ßufunft getroft von 5lmerifanern, 9ftertfanern, 
Neapolitanern unb ^ßarmef anern,~$Bnaantinern, 
Florentinern unb iarenttnern, ©fn'nefen unb 
Sapanefen/Sßtemontef en unb Stlbanefen, ©emie^ 
fern, SBolognefern unb Söeronefern, SBetfylefye* 
miten unb ©nbariten (benen fid) als neuefte @r* 
rungenfdjaft bie ©anftbariten [!] angereiht haben), 
©antaritern unb 2Jco3forottern, Slftaten unb SRa* 
uennaten, (Sanbtoten unb §t)brioten, ftranjofen, 
^ßortugiefen, ^ro^enjalen, Saoonarben u. f. n>. 
$a|5 wir aber an beutfd)e (!) ©tetbtenamen nod) immer 
latetmfdje ©nbungen Rängen, ift bod) ein fraglicher 
3opf, ber enblid) einmal abgefdmttten werben follte. 
$>ie 3ltl)entenf er unb (£artl)aginienf er ftnb n>ir 
au3 ben ®efd)id)tgbücf)ern glüdlid) lo§, aber bie 
gallenfer, bie 3>enenfer unb bie SBabenfer, bie 
§annox>eraner unb bie äBeimaraner rooHen nid)t 
roeicfjen, aud) bie 3lnl) altin er fpufen nod) gelegene 
Iidt>» Unb bod) ift ntd)t einjufeljen, roeStjalb man ntd)t 
ebenfo^gut foll Jenaer fagen fönnen roie ®otf)aer, 
©eraer,] ftulbaer unb Slltonaer, ebenfo gut 
*8abner roie_2Ründ)ner, Cs #of ner unb 3)re3bner, 
ebenfo gut Kaller frote ©eller, <5taber unb 
(Sien er, ebenfo gut §annooerer unb 2Bei< 
marer rote Trierer, ©peuerer unb ©olmarer. 
3rrcilidt> ftnb formen roie gulbaer — bie ältere 
«Sprache fennt nur ben ftulbcr *8tfd)of! — aud) 
nicr)t befonberS fdjön, fo roenig roie bie namentlich 
in @ad)fen beliebten Slbjeftinformen auf aifd): 
©rtmmatf cf) /* £aud)aif d) , 93ornaif d) , ^ir* 
naifd). 3)enn ba ift eine beutfdje ©nbung an 
eine gan$ umjolfötümlicfye, fünftlid) gemachte latet- 
mfdije ©nbung gelängt 2)er SBolfgmunb fennt nod) 
heutiges $ag§ nur ©rtmme, £aud)e, $8orne, 
^hme unb ebenfo aud) nur bie Slbjeftiobilbungen 
Ghrtmmtf d), $aud)if d), SBorutfd), s £irntf d), unb 
e3 roäre fer)r banfen§roert, roenn fid) bie amtliche 
©djretbung bem roieber anfdjlöffe. 



freilich erftrecft fich bie häßliche Sprachmengerei 
in unfrer SBortbilbung nicht blofr auf geograpfnfche 
tarnen, fie ift [überhaupt in unfrer Sprache weit 
verbreitet; man benfe nur an Albungen rote buch* 
ftabiren, fjalbiren, baufiren, grunbiren, 
fchattir;en, amtiren, Sagertft, SBlumtft, £or* 
nift, SBagnerianer, Söörfianer, ©oethiana, 
«eethoueniana, Lieferant, Stellage, gut* 
teral, fchauberög, fuperflug, antt* 
beutfd) u.f. ro. WlantyS banon ftammt au« fehr 
früher 3eit unb wirb motu* nie nrieber $u befettigen 
fein; vieles aber liefce fich boch leicht vermerbetu 
Sludj bit thöricfjte 2lu§fprad)e luthertfcf) (tum bem 
lateinifdjen Lutberus gebilbet) fottte bod) enblid) 
überall beut vernünftigen lutfjerifd) weisen! Sagt 
benn jemanb f d)illerifch? 

Htut tttorttr 

w w 

gfaft feine SÖocfje vergebt, roo einem nicht in 
SBüdjern ober 3ettungen neue Wörter entgegenträten» 
s Jhtn wirb genrifc niemanb fo tf)örid)t fein, ein neues 
SBort be^^alb anzufechten, roetl e§ neu ift $ebe§ 
©ort ift zu irgenb einer 3eit einmal neu geroefen; 
von zahlreichen SBörtern, bie unS jefct fo geläufig 
finb, bafc mir fie un§ gar nicht mehr au3 unfrer 
Sprache roegbenfen fönnen, läfet ftd) nadjroeifen, 
mann unb roie fie altem $lu§brücfen an bie Seite 
getreten finb, bi£ fie biefe allmählich gang t>er* 
br&ngten. 9Bof)l aber barf man neuen SBörtern 
gegenüber fragen: finb fie nötig? unb ftnb fie richtig 
gebilbet? 

9leue Oegenftänbe, neue ^orfteQungen unb 93cs 
griffe verlangen unbebingt auch neue Söörter. ©in 
neu erfunbneS ©erat, ein neu erfotmener Kleiber* 
ftoff, eine neu entbeefte chemifche ^erbinbung, eine 
neu beobachtete ßranfheit, eine neu entftanbne polt* 
tifche Partei — roie fottte man fie mit ben bisher 
üblichen Wörtern bezeichnen fönnen? Sie alle t>er* 
langen unb erhalten auch aläbalb ihre neuen Warnen, 



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Nber aud) alte 3)inge forbern bisweilen neue 9$e= 
äeidjnungen. SBörter ftnb rote 9Rün$en im 93erfef>r: 
fie greifen ftd) mit ber 3 e *t a & uno verlieren ifyr 
fd)arfe3 ©epräge. 3ft biefer Vorgang fo weit fort* 
gef dritten, bajj ba§ (Gepräge beinahe unfenntlid) ge= 
Horben ift, fo entftel)t oon felbft ba§ 93ebürfni3, bie 
abgenutzten Söörter gegen neue ein$utaufd)en. Unb 
nrie bei abgegriffnen SWüngen leidet iäufdjungen 
entfielen, fo aud) bei melbenufcten Söörtem; fetjr 
letdjt oerfcfyiebt fid) nämlid) tfyre urfprünglidje S3e- 
beutung. §at fidt) aber eine foldje *Berfd)iebung 
©otogen, bann ift für ben alten begriff, ber burefe 
ba§ alte Söort nun nid)t me^r oöflig gebetft wirb, 
gleichfalls ein neueS Söort nötig. $n nieten ftällen 
bilden bie SBörter, ebenfo tr»ie bie 3Jftmaen, burd) 
ben fortitmfjrenbett ©ebraud) gerabeju an Söert ein, 
fie erhalten einen niebrigen, gemeinen Sftebenfinn. 
S)iefer „peffimiftifdje 3ug/' wie man e3 genannt f)at, 
ift gerabe im £)eutfcr)en weit verbreitet unb l)at mit 
ber Qtit eine grofce Sflaffe oon SBörtem ergriffen. 
5ftan benfe an Pfaffe, Sctyulmeifter, ßomö* 
biant, ßitterat, 2ftagb, $irne, attenfd) (ba§ 
9ttenfd), $üd)enmenfd), ftammermenfcrj), ©lenb, 
§d)impf, ©off art, ©ift, fitft, gemein, fd)led)t, 
fred), erbärmlid). %fynzn allen ift tum §aufe auS 
ber r»eräd)tlid)e Sftebenfinn fremb, ber im Sauft ber 3eit 
hineingelegt morben ift. (Sobalb fie aber einmal bamit 
behaftet roaren, mußten fie, wenn ber frühere @inn 
o^ne. ©etgefdjmad nrieber auSgebrütft werben foöte, 
burd) anbre SBörter erfeljt werben. @o mürben fie oer* 
brängt burcr) ©eifttidjer, Beßrer, ©d^aufpieler, 
«Sdjriftfteller , 9Häbd)en, ftrembe, @d)er$, 
§oct)l)eraigfeit, ©abe, Älug^eit, allgemein, 
fd)lid)t, fütjn, barml)er$ig. 

$ie anbre fjorberung, bie man an ein neu auf* 
fommenbeä ©ort ftellen barf, ift bie, bafc e3 regele 
red)t, gefe^mäftig gebilbet fei, unb bafc e§ mit ein* 
leudjtenber $eutlid)feit n>irfli<$ baS auSbrucfe, n>a§ 
e§ auSaubrürfen oorgiebt. $>iefe gorberung ift fo 
n>ef entließ, bafc man, wo fie erfüllt ift, felbft bat>on 



abfielt, bic $ebürfni£frage §u betonen, ©errät fid) 
in einem neu gebilbeten ©ort ein befonberS ge* 
fchitfter @riff, jeigt es ehoa§ befonber§ fd)lagenbe§, 
überzeuge nbes\ eine befonbre Slnfchaulichfeit, über* 
bieg trielleid)t oerbunben mit gefälligem &tang, fo 
heiftt man e$ aud) bann toiHfommen, meint e§ über* 
Pftfftg ift; man läjjt fid)3 al£ eine glürfltche $Be= 
reicherung unferS 2Bortoorrat£ gefallen. 

2öie roenige aber oon ben neuen Sßörtero, mit 
benen mir jefct überfchmemmt werben, erfüllen biefe 
3forberungen! 3Ba§ foü 3. Sefctjeit? @§ tft ja 
richtig gebilbet, aber bod) ganj überflüffig (benn 
Gegenwart hat weber etwas oon feiner alten fö'raft 
eingebüßt, nod) feine SBebeutung oerfd)oben) unb mit 
feinem boppelten $ gerabeju eine SBeletbigung be3 
O^reS. Gepflogenheit ^at man gebilbet, angeblich 
um eine Sdjattirung oon Gewohnheit ju haben. 
2öar e3 wirf lieh nötig? Unfre s $t)°tographen reben 
00m belichten ber platten, ftatt 00m beleuchten. 
2öar biefe Unterfcr>eibung nötig? ober ift fie nur 
au8 ber weit oerbreiteten Vorliebe entfprungen, fid) 
mit fdjeinbaren 5Jad)au§brüden $u f preisen? (5Kn 
unentbehrliches neue§ ©ort mar oerftaatlidjen; 
fdjön fltngtS gerabe nicht, aber man läfrt ftd)§ ge* 
fallen. (Sine Scheufelichfeit bagegen ift §• $8. bag neue 
3öort (Stnaf ter au§ ber Sprache ber £heaterf Treiber, 
eine 8cheu&lid)feit ba§ gänzlich überflüffige burch* 
queren, womit man un§ jefct beglüden möchte (bic 
2)urtf)querung SlfrifaS). könnte man bod) ben 
ftopf manches 2öorterftnber£ burdjlängfen, um 
fid) ihn einmal oon innen $u betrachten! 

Pobewörter 

Leiber werben bie meiften neuen 2öörter oon ber 
großen äRaffe ohne alle Prüfung hingenommen, ja fie 
werben oft in furjer 3eü W 9ttobewörtern. 2)af* 
e$ Sprachmob en giebt fo gut wie föletbermoben, unb 
äRobewörter fo gut wie SWobefleiber, Sftobefarben 
unb Sflobefrifuren, barüber fann wohl fein gtotifel 



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fein. @S giebt Söörter unb Lebensarten , bie alle 
&enn$eid)en einer 2Jh)befd}öpfung an ftd) tragen. 
S)ie 9Hobe wirb ja gemacht non fieuten, bie gewöfjn* 
lid) md)t ben beften ©efdjmarf I)aben. Oft ift fie fo 
bumm, bafc man ftd) iljre (£ntftef)ung faiun anberS 
erflären fann, als baft man annimmt, ber Jyabrifant 
fjabe abfid>tltct) etwas red)t bummeS unter bie Seute 
geworfen, um &u fetjen, ob fie barauf hineinfallen 
mürben, üftatürltd) fällt bie ganje gro&e 3Jcaffe barauf 
fjinein, benn ©efdjmad ift, wie Sßerftanb, „ftetS bei 
wenigen nur gewefen." 3e bümmer, je beffer. 3 Us 
letjt wenn eine 9Jlobe fo gemein fb. f). allgemein) 
geworben ift, bap fie aud) bem befd)rän(teften als 
baS erfdjeint, was fie für ben einfidjtigen von vom* 
(jerein gewefen ift, als gemein (b. I). niebrig), uer* 
fdjwtnbet fie wieber, um einer anbern S$lat$ 511 
madjen, bie bann benfelben Lebenslauf l)at. $or= 
neunte SRenfcfyen galten fid) ftetS oon ber Sflobe fern. 
@S giebt grauen unb 9Jcabd)en, bie in ifjrer Äleibung 
alles oerfdnnäfjen, maS an bie jeweilig fjerrfdjenbe 
Sflobe ftreift; unb bod) ift md)tS in ttjrem Ülufcern, 
maS man abfonberlid) ober gar altmobifcf) nennen 
(önnte, fie erfdjeinen fo mobern als möglid) unb 
babei fo oornetjm, bafc alle 9JcobegänSd)en fie barum 
beneiben fönnten. 

©enau fo gef)t eS mit gewiffen Söörtem unb 
Lebensarten. Wan t)ört ober lieft irgenbwo ein Söort 
$um erftenmale, balb barauf gum ^weiten, bann fommt 
eS öfter unb öfter, unb enblid) fül)rt eS alle Söelt 
im SRimbe, eS wirb fo gemein, bafe eS felbft benen, 
bie eS eine ßeit lang mit Söonne mitgebraud)t baben, 
wiberwärtig wirb fie anfangen, fiel) brüber luftig 
ju machen, eS gleid)fam nur nod) mit ©änfefüjjdjen 
brauchen, bis fie eS enblid) wieber fallen laffen. 
3Ü>er eS giebt immer aud) eine (leine 9lngal)l uon 
Seuten, bie, fowie ein foldjeS 2Bort auftaucht, oon 
einem unbeweglichen SÖiberwiUen baoor ergriffen 
werben, eS md)t über bie Sippen, nid)t auS ber 
fteber bringen. Unb ba ift aud) gar (ein Zweifel 
möglid); wer überhaupt bie 3räf)ig(ett fjat, foldje 



Söörter $u er f ernten, erfetmt fie fofort unb errennt 
fte alle. @r fagt fich fofort: btefeS 2Bort nimmft bu 
nie in ben 9Jhmb, benn ba3 wirb 3Hobe. Unb wenn 
jwei ober bret aufammenfommen, bie ben 2ftobe= 
wörterabfcheu teilen, unb fte oergleichen ihre £ifte, 
fo jeigt ftch, bafc fte genau biefelben äöörter brauf 
haben — ein *8ewet§, baf? e§ an ben Sßörtero liegt 
unb nicht an ben 2ttenfd)en, wenn manche Sflenfchen 
manche Wörter unauSftehlich ftnben. %f)Ttv 9lu§* 
brucfSweife merft aber beSfyalb niemanb an, bafc fte 
bie SBörter oermeiben, bie flingt fo ntobem wie ntög- 
lief), fein 2Kenfd) oermtfet bie 9ttobewörter brin. 
«eiber begegnet e3 aud) „erften" ©chrtftfteHern nicht 
feiten, ba& fie auf 9flobewörter hineinfallen. 

Sßor etwa fünfunbawanatg fahren fam au3 <Süb; 
beutfd)lanb bagfdjöne Söort #älbe auf. @S bauerte 
nicht lange, fo waren alle 3ettungen ooU baoon; aUeS 
würbe al§ in SBälbe beoorftehenb angefünbigt @eit 
ein paar fahren ift e§ ooHftänbig wieber oerfdjwunben. 
($3 war ein richtiges 9ftobewort. ytyxilid) ift e§ 
mit Tragweite gegangen. 2)a§ bem ©efdjüfcwefen 
entlehnte SBilb würbe in ber 3eitung§fpradl)e eine 
3eit lang fo maffenhaft oerwenbet, e§ gab fo 
oiele 3)inge von ber größten, ja oon ungeheurer 
Tragweite, bafc man e§ fd)liefeltd) bod) nicht mehr 
gut brausen forotte, unb fo ift eS allmählich wieber 
au3 ber 2ttobe gefommen, oon ber »ilbflädje 
oerfrfiwunben — aud) fo eine SKobephrafe. 2öer 
1870 unb 1871 über ben ßrieg fdjrieb, liefc bie beut- 
fd&en Struppen nie anberS als Schulter an (Schulter 
f ämpfen, al§ ob bie beutfehe £eere§einheit burd) gar 
ni<f)t§ anbre§ hätte auSgebrücft werben fömten. Qeljt 
fpuft ba3 nur nod) gelegentlid) in ©ebanfeftreben.*) 
3u ben neueften 3ierben be§ Sflobebeutfd) gehört bic 
Darbietung in ber Sprache unfrer SJhtfiff Treiber: 



*) SBieöicl frinbcrttaufcnbmat ift Äaifcr SBtl^Im ber Breite 
nod) ferner £$ronbefteigung unfev fugen bitter ffaifer genannt 
worben, obwohl man immer unfern jungen Äoifer meinte! mar 
eben SWobe. 



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bie gelungenfte Darbietung be3 fteftabenbS — bic 
Darbietungen be3 bteSjctyrigen s -Penfiongfonbg* 
fonaertS u. f. w. 

©ine richtige 2ftobenarrf)eit ift eg, gewiffe ^cmvU 
Wörter jetjt ftetS burd) einen fubftantürirten ^nfint* 
tit) $vl umfdjreiben — wennS nid)t manchmal blofce 
Dummheit ift! Da8 lefcte ift wofyl anaunefymen, wenn 
jemanb ftatt ©nbe fdjretbt: ba§ Aufhören ober 
ftatt Langel: ba§ geilen. ©tne 9ttobenarrt)eit 
aber liegt olme 3wetfel in ber 2lrt, wie jefct baS 
SBiffen, ba§ können unb ba§ Söollen gebraucht 
wirb — SBörter wie Kenntnis, gäl)igf eit, ©e* 
fdjict, Abfielt f deinen gana r»ergeffen au fein. Dag 
SBiffen fing an: er fjat ein ganj fjeroorragenbeS 
2Biff en. $efct fprtcfjt man aber aud) fdjon von btd)* 
teriferjem SBollen, unb in l)ö$fter Sölüte ftefjt baS 
können! ftolgenbeg ©ebierjt mag baSftönnenbeS 
DidjterS üeranf djaulidjen — ba§ Bongert lieferte einen 
glänaenben$8ewei§ f ür ba£ f ünft l er if d)e können beS 
Vereins — Söeetfjonen wibmete i^r bie Cis-molls@on ate, 
fein geringes 3 eugmS für ba3 mufifalifdje Äönnen 
ber Angebeteten — £err 2B. fyat bamit eine neue 
Sßrob e f eineS b ebeutenb en g ä r t n e r i f dj e n (!) Ä ö n n e n 3 
gegeben (e§ tjanbelt ftd) um ein £epptd)beet) u. f. w. 
@§ fann einem gan§ fd)ltmm unb übel babei werben. 

©ine 2Kenge von 9ttobewörtern giebt e§ jefct 
unter ben 2lbjeftu>en. Da^in gehören a- 93. eigens 
artig, unerf tnblidj, oerläfelid), felbftloS, 
aielbewufjt, unentwegt, ertyeblid) u. a. ftür 
eigenartig fagte man früher eigentümlich; jefct 
fdjetnt man [unter eigentümlich nur nodj fo oiel 
wie feltfam ober wunberltd) a u r*erftehen, alle 
Söelt fpreijt fid) mit bem neumobifdjen eigenartig. 
<Statt r>erläfclid) l)ief$ e§ früher junerläff ig, ftatt 
felbftloS uneigennützig ober etwas äfjnltd)eg. 
Die guten, alten 2Börter befielen rul)ig weiter, aber 
wer bie ÜUtobe mitmaerjen will, gebraust fie nid)t 
mehr, er gebraucht nur bie Sttobewörter. ©ine 
fürchterliche Dummheit ift unerftnbltch (ftatt un- 
begreiflich), ©rfinben unb oerfte^en (ober 

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begreifen) wirb fein üRenfdj mit einanber oer* 
taufchen; wie ift e§ alfo möglich, baf* unerfinb* 
lid) bagfelbe bebeute n>ie unbegreiflich? (53 ift 
eben 9ttobe. 3 U oen gtofmrtfgften 9Jcobewörtem ge= 
^ören erheblich, jtelbewufit unb unentwegt. 
@in Vortrag, eine Sttebe, ein £oaft bei einem fjcft- 
effen ohne $ielbewuf?t unb unentwegt ift jefct gar 
nic^t benfbar. Unb mit welcher 2öürbe werben biefe 
SBörter au§gefprod)en! SDie ärmften, bie feine Slfjnung 
haben von bem ©chalf, ber mit am £tfche fifct unb 
bie SBörter immer mit ©änfefü&chen hört! Safc ber 
maffenhafte Verbrauch [von erheblich unb uner* 
heb lieh oen beuten noch nicht tum @fel geworben 
ift, ift unbegreiflich. @§ ift ba§ SieblingSabjefti© 
aller 3eitung§fchreiber, fünften unb SBeamten. 
früher fagte man bebeutenb unb unbebeutenb, 
wichtig unb unwichtig, wefentlich unb un* 
wefentlich. $a§ alle§ befommt man faum mehr 
$u hören, jetjt ift aHe§ erhepplid) unbunerhepp* 
l;ich — fo nämlich mufc man bie Söörter au§fpred)en, 
wenn man bie SJtobe richtig mitmachen will.*) 
ttnfre Stiften erörtern jefct lebhaft ba§ %tyma von 
ben langfeeitigen unb furgjeitigen 3tei$ett8* 
ftrafen. 3ll§ ob lang unb fur$ nicht mehr bie 3ett 
bebeuten fömtte! Söie §aben$ bie ßeute nur früher 
oerftanben, wenn oon einer langen ober einer furjen 
©efängnigftrafe bie 9tebe war? Ober oon h^h em 
ftteber, an beffen Stelle unfre aflebt^iner nur noch 
oon hochgrabigem reben? 

Unter ben 3lboerbien finb ober waren reine Sftobe* 
Wörter, bie über furj ober lang wieber oerfchwinben 
werben: bislang, f elbftrebenb, naturgemäß 
(ftatt natürlich) unb oor allem ba? wunberbare 
ooll unb gang. SBtSlang (ftatt bi§h er) würbe in 
ben fiebriger fahren oon $annor»er au§ oerbreitet 
unb war binnen wenigen fahren 9Kobewort 2Eber 
e§ würbe ben fieuten balb $u t»iel, heute ift e§ jiem* 



•) Slnbrc biefer 2Robctt>örter muffen Qequctfdjt unb genäjcCt werben, 
um t$reit ganzen Skia ju entfalten, *. «. ögenftrtifl (eigenartig). 



lief) nrieber t>ergeffen. $hnlid) ift e§ mit felbft* 
rebenb gegangen (ftatt f elbftoerftänblid)); e§ ift 
nur noch ba§ SiebltngSroort ber Sabenbiener unb ber 
2öetn* unb 3i9^trenteifenben. 2Iud) t>ollunbgan$ 
hat feinen $öJ)epun!t roohl ^intet ftd); e§ ift fdjon 
ju oft mit ©änfefüßdjen gebrurft unb — gefprodjen 
or ben (man fann e§ nrirflid) mit ©änfefüßcf)en 
fpredjen, man braucht ftd) nur red)t in bie ©ruft $u 
roerfen, bie Unterfehle ^erau§aubrüdten unb ftatt o 
ein fdjöneS ©aumen-a ju fpredjen: üall unb gan$!), 
al§ baß e§ nod) ganj unbefangen oertoenbet werben 
fönnte. 2lu§ bem 2Bortfd)afce be§ 2Kinifterg unb be3 
9Reirf)§tag§abgeorbnetenift e§ allmählich hinab gerutf cht 
in ben be§ fleinftäbtifdjen ©ürgermeifterg unb be§ 
ftrtegert>erein§t)orfteher£; bie mirfen oieHeicht nod) 
eine 3eit lang bamit bei ihrem Sßubltfum. ^namifdjen 
oerfudjenS anbre nod) eine Söeile mit ber UmfteHung : 
ganj unb ooll, aber aud) ba§ will nid)t mehr red)t 
$iet)en, ganj nrie eine $leibermobe, bie oorbei ift unb 
bie man auch burd) Umfltcf en nid)t mehr galten fann. 
©ehr beliebt mirb el aber jefct, voll allein 'ju 
brausen, roo man früher uollftänbig fagte: biefer 
Sluffaffung fann id) ooll beipflichten — überall bedt 
ber 2Iu§brutf ooll ben ©ebanfen — um bie £iefe 
feiner Sluffaffung ooll $u mürbigen — bie beutfd)en 
©emätbe hielten ben ©ergleid) mit ben franjöftfd)en 
voll au§ u. f. n>. ^Naturgemäß ober trielmehr 
naturgemäß (benn.e§ ftammt un^roeifel^aft au§ 
©erlin) fdjeint nod) im Sluffteigen begriffen &u fein. 
2Jht melier @d)neUigfeit ftd) biefeS SBort, ba§ nod) 
cor turpem nur in feiner eigentlichen ©ebeutung ge- 
braucht mürbe (naturgemäß leben), an ben s £lafc 
oon natürlich (b. h- f elbftoerftänblid)) gebrängt 
hat, ift gerabeju lächerlich- Statur gemäß ift bie <5tu* 
bentenjeit jum fiernen beftimmt — bie Sötebergabe 
buref) fiiehtbruef läßt naturgemäß mand)e§ un* 
flar — bie ©orge beginnt naturgemäß gleich bei 
ber Aufnahme ber ßehrlinge — anberS wirb gar 
nicht mehr gefchrieben. 9hm, e§ wirb auch oorüber* 
gehen. Söenn mir erft fo weit fein werben, baß ber 



102 



©igerl naturgemäß für felbftrebenb braucht, 
bann wirb ba§ alte natürlich fcf)on wieber in feine 
fechte etngefefct werben. 

Unter ben mobilen 3 e ita>örtern nimmt äugen* 
blitflid) geftatten ben oberften ftftttg ein, erlauben 
ift ganj in§ alte (Stfen geworfen. 3$) geftatte mir, 
geftatten @ie mir, barf td) mir geftatten — fo 
geht e§ in ©efeüfdjaft unaufhörlich herüber unb hin* 
über. 2lud) ber ©tubent, ber früher bem greunbe 
tranf mit ben SBorten: ich fomme bir ein @tütf! er* 
hebt ftcr) jetjt feierlich, lüftet mit ber Surfen bie SJhtye, 
ergreift mit ber fechten ba§ ©la§ am 2)ecfel (!) unb 
lifpelt: id) geftatte mir! 

2lber nicht immer fjanbelt ftch§ bei ben (Sprach* 
moben um neue ober in ben SBorbergrunb gefdjobne 
SBörter; mitunter ift e§ nur ein neuer, einem alten 
SSorte untergelegter (Sinn, ber in bie 2ttobe fommt. 
80 brauchte man erhellen früher nur tranfttit): bie 

Sampe erhellt ba§ 3^ mmcr » 3> C W öü* f ur f CUI ' 
e§ intranfitio ju gebrauchen (für hervorgehen, fid) 
ergeben): au§ oorftefyenbem erhellt — au§ ben 
3[at)re§berid)ten ber Orabtrifinfpeftoren er r) eilt -* 
fdjon au§ biefem flüchtigen Überblicf bürfte bie 93es 
beutung be§ Sftufeum^ erhellen u. f. w. 9lhiriich W 
e3 mit eröffnen. Sßon einem Äon^ert ober einer 93er* 
fammlung fagte man früher unb fagen t>erftänbige 
9Jcenfcf)en nod) jetjt: fie werben eröffnet. S)er 
@prad)mobenaffe fagt nur nod): bie SBörfe eröff- 
nete flau — bie freier eröffnete mit einer fteft* 
rebe — ba§ ßon$ert eröffnete mit (Schümann 
9Jcanfrebout>erture. Unter fielen brauchte man früher 
nur refleru>: fiel) etwas unterftehen; intranfttio 
fagte man getrennt: unter ber £errfd)aft ftet)en. 
3etjt hei&t e§ nur noch : ber $errfcr)aft unterftehen. 
©anj lächerlich gebraucht man jefct pertreten fein, 
nämlich in bem (Sinne oon — anwefenb fein, ba- 
fein, norhanbenf ein: bie 9ftitglieber waren bei* 
nahe t>oU^ar)Iig vertreten — im (Stabtparf waren bie 
ÜJcaüäf er bie§ 3fah r ™fy f 0 8öhlreich oertreten, ©er* 
trauen oerbanb man früher ftetS mit auf, ein Ob? 



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jeftSfat} ba^tnter mar unerhört. Qet^t ift e§ fein, it»ie 
hoffen unb glauben ju beljanbeln unb ju [treiben: 
ba§ STttmfterium x> er traut, ba|s ber eingeriffene 9tttfc 
brauet) balb mieber abgefteüt fein wirb — ber Sefer 
vertraue, baft mir bei ber ^eftfteßung be3 £ejrteg 
bie arö&te 93orficr)t Ijaben malten laffen. ®an$ feit* 
fam mirb au§ löf en jetjt gebraucht. ^rrüfyer oerftanb 
man barunter: einen burd) ein fiöfegelb befreien. 
3?efct Ijeifit e§: ber $)id)ter miß un§ nidjt feine ©e* 
banfen aufnötigen, fonbern unfre eignen (Bebauten 
au3 löfen. (Stammt ba§ ©ort in biefer getftrei d)en 
Slnmenbung t>tefleid)t au§ ber Hernie? ober auS ber 
9Wed)anif ? @troa§ redjteS benfen fann man fid) nid)t 
brunter. 2)ie fid) aller 9lugenblitfe bamit fpreijen, 
benfen ficrj mol)l aud) felber nid)t viel babei. 

$n anbern fällen liegt bie SRobenarrljeit in ber 
s 2lrt ber 3ufammenfetmng. 8*0$** hoffte ober er* 
m artete man etma§, jetjt mirb alles erhofft. $lud) 
ein *8emet§ mirb nur nodi) erbracht (er!), mäbrenb 
er früher gebracht ober geliefert rourbe. SBenn 
eine Summe geteilt mirb, fo fagte man früher: e§ 
fommt ober fällt auf jeben einzelnen fo unb fo uiel; 
jetjt entfällt alle§ : auf ben nationalliberalen ®an* 
bibaten entfielen 3500 Stimmen — bei Verlegung 
be§ 2Bod)engelbe§ entfällt auf ben $opf nur ein 
geringer betrag tu f. m. SÖem entfällt er benn? 
Entfallen verlangt boer) bie Eingabe ber *ßerfon, ber 
etroa§ entfällt ! 2lber aud) f ür ro e g f a 1 1 e n mirb e£ jefct 
fein, entfallen ju fagen: mit ber So^ialbemofratie 
entfällt aud) bie 9lotmenbigt*eit argmölmifd}er Über* 
maerjung be3 $Bolfe§ — bie griedn'fdjen @yerjitia 
fömten befdjränft merben unb in ben oberften Staffen 
gana entfallen — e§ ift 31t bumm! $Bon ©Uten, 
©ebräudjen, ßuftänben fagte man früher: fie Ijaben 
ftd) gebitbet, auSgebilbet ober entmicfelt; jc^t 
bilben fte ftd) nur nod) f)erau§: fd)on lange r>or 
©infü^rung ber 93ud)bruderfunft tjattc fid) bei ber 
föirdje bie Sitte IjerauSgebtlbet — 2Bof)errrau3 
benn? ber 3lu3brurf Ijat etroa§ fo frampftjafteS, bafi 
man bie @itte förmlich au3 einem Krater fjeroor- 



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104 fiNPattPäKpattroaB 



brobelu fief)t; am ©nbe fagen wir auch nod): herein* 
bilbcn ftatt einbilben, f)erabbi(ben ftatt ab* 
bilben u. ähnl. Veftellte 2öaren würben früher, wenn 
fie fertig waren, geliefert ober abgeliefert; jefct 
werben fie auch angeliefert, in 8eip$ig wentgftenS. 
^-ür vorhergehen ober oorauSgehen fagte man 
wohl auch früher fd)on in bidt)terifcr) ober rebnerifd) ge* 
hobner ©pradje oor auf gehen, für annehmen, wenn 
man fid> recht feierlich augbrüefen wollte, entgegen* 
nehmen; ber ftatfer nahm ba§ ^Beglaubigung^* 
fchreiben eine§ auswärtigen <&ouoerän§ entgegen. 
3etjt ftnb beibeS reine SRobewörter geworben. 2)ie 
ßeitungen reben oon ber ber beutfehen ©ewerbe* 
orbnung ooraufgegangnen preufjif d)en ©ewerbe* 
orbnung, unb ©elbbeiträge für öffentliche <Samm= 
lungen, ^Inmelbungen neuer @d)üler, ^nferate für bie 
nächfte Stummer, Veftellungen auf ba3 nächfte Ctuar* 
tal werben nur noch entgegengenommen. ®o 
geht e£: ein Söort, ba§ urfprünglich einen oomehmen 
<Sinn h^ben follte, wirb plöfcltd) oon ftrethi unb 
^Plethi gebraucht unb in§ orbinäre gebogen, genau wie 
eine ßleibermobe. $n ben 3 ettungSb endeten über 
„ftattgefunbne" ©erichtSoerhanblungen ift feit einigen 
fahren ba3 unfäglid) alberne Söort oorbeftrafen 
Sttobe geworben; täglich fann man lefen, bafc ein 
fchon jehnmal oorbeftraf ter ÄeUner ober ein fdjon 
fünfijehnmal oorbeftraf ter SRiemergefeße abermals 
auf iber 3lnflagebanf gefeffen h^be. 2BaS ift benn 
ba3 für eine befonbre 9lrt oon ©trafen: Vor* 
ftrafen? 2öa§ Vorgef ehmaef, Vorgef d)id)te, 
Vorfrühling, Voreffen ift, ba§ weife man; aber 
Vor ftrafen? Söemt jemanb, ehe er geföpft wirb, 
eine ©tunbe lang mit glühenben 3 an 0 cn gewieft 
würbe, fo fthtnte man ba3 eine Vorftrafe nennen. 
s <Hber fo etwas meinen boch bie Vertd)terftatter nicht. 
$a§ oorftrafen gehört eben jefct in ihren 2Hobe* 
ph^rtfenfaef, wie hunberterlei anbreä aud). 9Ud)t an* 
ber3 ift e3 mit bem Vorjahr, ba3 jefct augfd)lie&lid> 
für 0 o r i g e § 3 a h r gebraucht wirb. ftmmer f d)reibt3 
einer bem anbern nad), ohne einmal über ben Un- 



finn nad)$ubenfen. $ie Seidiger 9Wcffe t>at eine 
Vorwoche, b. h- eine 2Bod)e, bie bet §auptrooche 
vorhergeht. 2lber nrie fann man jebe§ beliebige §ahr, 
baS einem anbero vorhergegangen ift, beffen *8or* 
jähr nennen? $ann fönnte auch ber ßehrer ein* 
mal feine UnterrtchtSftunbe beginnen: 2Btr haben in 
ber Sßorftunbe von ber <§cf)lad)t bei ©alamig ge* 
fvrochen. 

£)af$ bie ©vrad)mobe nrie bie ftleibermobe aud) 
ben ©dnvulft liebt, ift fein Söunber. @d)on bie bi3= 
herigen 93eif viele haben e§ $um <£etl gezeigt, aber e3 
giebt noch fchlimmere. ©elb wirb fchon längft nicht 
mehr eingenommen unb auggegeben, fonbern nur 
nod) vereinnahmt unb verausgabt (Sine (Summe 
wirb nid)t mehr fo unb fo fyod) angefdjlagen, 
fonbern nur nod) veranfd)lagt. (Sin befähigter 
igunge Reifet nid)t mehr glürflid) angelegt, fonbern 
beanlagt ober oeranlagt, ^rojente werben nicht 
mehr abgezogen, fonbern verabjugt. ßauter 
fürchterliche Söörter — au§ bem ^eittvort erft ein 
£>auvtivort gebilbet, unb au3 bem Hauptwort bann 
ivteber ein neue§ 3eitroort! ftreüid) finb fie nicht 
fd)limmer, al§ beauftragt, beanfvrud)t (ftatt 
angefvrochen), bevorzugt (ftatt vorgewogen), 
beeinflußt, betverfftelltgt u. a., an bie mir un§ 
längft gewöhnt haben, unb bie für feinfühligere 
Ofjren bei ihrem erften Auftauchen [gewiß ebenfo 
fürchterlich gemefen finb, nrie un§ jetjt 0 er ein nahmt 
unb verabjugt. 9lber e§ ift bod) immer gut, fid) 
einmal be§ @d)mulfte§ bemußt $u roerben. 9Jid)t3 
alö unnötiger ©chroulft finb aud) 3ufammenfefcungen, 
nrie Vorahnung, SBorbebingung, 9lnred)t, ©eis 
f)tlfe,9iücfertnnerung, .£>er abminberung u.f.ro. 
2öa§ f ollen in biefen Söörtern bie s $rävofittonen? 
fann man auch ^öebingungen hinterher ftetlen? ober 
ftcjh an etivaS vorauf erinnern? ober etivag hinauf« 
minbem? 



Sttcrijönifri)* &uffnflung 

Xuftac bcm Schroulft ift ein§ ber §auptfenn$eichen 
uufrcr heutigen Spracrjmobe, bafc fie ba, wo man früher 
ein SBort mit übertragner Söebeutung brauchte, jetjt 
s 2luSbrücfe mit möglichft finnltcrjer SBebeutung liebt. 
$ie ftäfjigfeit, ftd) etwa§ oorguftetlen (bie ^antafte), 
ift unzweifelhaft im SRücf gange begriffen; alle§ will 
man fehen, aHe§ betaften, alles mit §änben greifen. 
So erflärt ftch oor allem bie aufjerorbentlicrje Vorliebe 
für bie zahlreichen 3 u f amme nfetmngen mit ft eilen 
unb legen, bie jefct ftatt früherer 9tbftrafta 9ftobe 
geworben finb. Steden unb legen, baju brauet 
man feine geiftige Slnftrengung, ba§ macht man mit 
ben Rauben. So wirb benn jetjt nichts mehr »oll* 
enbet, berichtigt, gefiebert, geflärt, fonbern 
alles wirb f ertiggeftellt, rid)tiggeftellt, ficher* 
geftellt, flargeftellt , flargelegt, feftgelegt 
iL f. w. 2Kan fiet)t: mir leben in bem 3*rtalter oer 
Sechntf unb 9ttechanif. Söenn bie SBörter nur nicht 
gar fo einfältig gebilbet mären! 9luf ben erften SBlicf 
fcheütt e§ ja, al§ ob fie ficf> buref) eine gewiffe 2In* 
fdjaulichfeit empföhlen. $8ei richtig ft eilen foÜ 
man wot)l nid)t an bie 3 e *9 er oer ^ r oenfen, fon* 
bem e^er an ein 93tlb, ba8 falfcr) beleuchtet geroefen 
ift unb nun in bie richtige Beleuchtung geftellt wirb, 
ober an ©erätfehaften im 3* mmer ' b* c burch ein* 
einanber geraten finb unb roieber auf ihren ^ßlafc 
gefteHt roerben; ähnlich, fann man fagen, werben 
$h<rtfad)en, nerfchoben ftnb, zurechtgerüeft ober 
in§ rechte Sid^t gefteHt. $a3 läfct ftch hören. 2Iber 
ma§ foH fertig ft eilen fein? $)a§ SBort fann boch 
oemünf tigerweife nichts anbreS bebeuten, al§ eine 
Sache fo lange h*« 5 unb herrüefen, fo lange an ihr 
gleichfam ^enaitfteBen, big fie — fteht. 3)a§ roill 
man aber boch 9<*r nicht fagen, ba§ Söort roirb ein* 
fach für beenbigen ober x>ollenben gebraucht; non 
einem ©emälbe ober einem SRomanmanuffript fo gut 
wie uon einer Schleuse ober einem ©trafienpflafter 



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fjeifrt eS: eS ift f ertiggeftellt.*) ©erabeju ftumpf* 
finnig ftnb bic greulichen Sftobewörter !Iar legen 
unb flarft eilen gebilbet. ftlar brauchen wir in 
ftnnlicher SBebeutung nur oon ber £uft unb von 
Qrlüfft gf etten. 2Bte foü man bie auf eine fefte Unters 
läge legen ober [teilen? SBeibe SBörter ftnb ge- 
banfenloS gebilbet nach freiftellen unb freilegen, 
bloßstellen unb bloßlegen, ©erabe biefe aber 
fömten ben Unterfchieb geigen. 2Bie richtig ftnb fie 
gebilbet! 2Bie anfchaultd) wirb gefagt: ben 3)om 
freilegen (nämlich burd) 2öegrei|en ber üftachbars 
r)äufer) ober einen <Sdjaben bloßlegen — unwillfür= 
lieh benft man an ben Chirurgen, ber $aut unb 2ttuS* 
fein auf bie Seite legt, bis ber ferlefcte Knochen bloß- 
liegt. Keffer ift feftlegen gebilbet; man rebet jefct 
üiel baoon, bafc bie Dftertage feft gelegt werben 
fotten. bisher Ratten roir nur f eftftellen unb f eft* 
f efcen, aber betbeS brücft bod) baS nicr)t recht aus, 
roaS man fagen will: etwas bewegliches gleidhfam 
auffchrauben, bafc eS ftd) nicht mehr rühren fann, 
etwa wie bie ^ßfote eines §ünbd)en§ bei ber SQiov 
feftton. ©räfclicheS 58ilb ! aber man geht oteUeicf)t 
nicht fehl bamit, wenn man nach ber §erfunft oon 
feftlegen fucr)t. Ober foll man an ©ifenbafmf Lienen 
benfen? Unfre ßaufleute oerfauften früher ©aren $u 
allen greifen unb fagten einem, waS jebe SBare 
foftete. ^etjt ^aben fie nur noch SBaren in allen 
Preislagen unb fcfywafcen unaufhörlich: baSftellt 
fid) billiger, baS ftellt fid) teurer, baS ftellt fid) 
auf 2 SJcarf 50. 9lud) fax alfo wieber baS legen 
unb ftellen! 

3ft aber nun eine (Sache glüdlich geftellt, bann 
fteht fte, unb fo heifct eS benn jefet nicht mehr: eS 
ift gu hoffen, eS ift ju erwarten, eS ift $u befürchten, 
fonbern ftetS: eS fteht $u hoffen, eS fteht zu ex- 
rtmrten, eS fteht $u befürchten. <So erflärt fich nun 



*) 5Rcuerbing8 toirb ba8 ©ort fogar für anfertigen, fdjaffcit 
gebraust; et Ijat fid) *tn paar neue Stiefel fertig ftellen loffen — 
eine Sonate ift mit weniger $eit unb Witte fertigen ftellen al$ 
.eine ejm^onie! 



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aud) ber maffenljafte ©ebraudj), ber jefct von ge = 
tragen fein unb getragen n> erben gemacht wirb. 
3rrüf)er fagte man: e§ ift jemanb von SBegeifterung 
ober einer Überzeugung ober einem SBenmfttfeht er* 
füllt. $)ag ift für unfre benffaule 3*ü mel zu imter* 
If$# Z u geiftig, man fann e§ ja nicfjt fetjen. SBte aber 
ber Suftbaü burd) ba§ ©a3, ba§ tyn erfüllt, ge* 
Ijoben, alfo oon bem ©a§ gletd)fam getragen wirb, 
fobaf» man bie SBirfung ber ftüflung ftebt, fo t)etf$t 
e§ aud) nur nod): von fünftlerifctyer Überzeugung 
getragen, oon gefunbem gmmor getragen, von 
patrtotifdjer 2öärme getragen, oon religiöfer 
©läubigfeit getragen, x>on büfterm *ßeffimi§mu3 
getragen u. f. ro. £>ierf)er gehört e§ aud), bafc 
man nidi)t meljr fagt: eine ©umme, eine 9lu3gabe 
bel&uft fid) auf fo unb fo oiel, ba§ märe ja ein 
93ilb, babei müfcte man fid) etroa§ benfen; jetjt Ijetfjt 
e§ nur nod): eine Summe beziffert fid). 2ln bie 
3<*ljl unb itjre geiftige SBebeutung ben!t gar niemanb 
mefyr, nur immer an bie t>emmnfd)te 3^^^ 
bod) nur auf bem Rapiere fteljt, nur ba§ äufjerlicrje 
3eid)en für bie Qafyl i% $ er ©tatiftifer rebet nur 
oon ber 93er»öl!erung§ §i f f e t , ber 3)urd)f d)nitt§* 
Ziffer, ber üftimfter fagt im Slbgeorbnetenljaufe: 
id) fann $Ijnen nod) einige 3 if f er n vorlegen, unb 
fo fyeifrt e§ benn aud) blofc nod): fein ^erfonal be = 
jiffert fid) auf 100 ßöpfe, ber «erluft bezifferte 
fid) auf 30000 3ftann. £ierl)er gehört enblid) aud) 
bie immer weiter freffenbe, !aum nod) irgenb einen 
$f)ätigfeit§begriff t>erfd)onenbe Umfdjreibung ein* 
fadjer 3 eitTOÖrter °urd) ziehen ooer bringen im 
9l!tit)um, gezogen ober gebracht werben, fom» 
men, gelangen ober finben im ^ßaffirmm. S)te 
Neigung zur ^Breite, zum ©djnmlft unb bie Vorliebe 
für finnlidjen, medjanif d)en 5lu§brud arbeiten fid) 
l)ier beften§ in bie |>änbe. 9ftd)t§ roirb meljr er* 
mögen, überlegt, betrachtet, berüdfiebttgt, 
fonbern aUe§ in (Srroägung gezogen, in Über- 
legung, in SBetradjt, in SBerütf fidjtigung 
gezogen, ©erabezu erftaunlid) aber ift e§, roozu bie 



2)inge jetjt aHe§ gebracht werben! 9Kcf)t§ wirb 
mehr oorgelegt, vorgetragen, aufgeführt, 
bargeftellt, ausgeführt, burchgeführt, an* 
geregt, angerechnet, t>orgef cfjlagen, ange* 
$eigt, oerfauft, »erteilt, oerfanbt, au§* 
gegeben, angeroanbt, erlebigt, entfd)ieben, 
erfüllt, fonbern aüe§ roirb $ur Vorlage ge- 
braut, $um Vortrag gebraut, $ur Auffüh* 
rung ober &ur Darftellung gebracht, $ur Au§* 
fü^rung ober &ur Durchführung gebracht, in 
Anregung, in Anrechnung, in SBorfdjlag ge« 
bracht, $ur Anzeige, jum SBerfauf, $ux &er* 
teilung, jur SBerfenbung gebracht, $ur Au§* 
gäbe, $ur Anroenbung, jur ©rlebigung, $ur 
(Sntf cfjeibung, jur (Erfüllung gebracht, ober 
e3 fommt ober gelangt jum Vortrage, $ur 
Aufführung, in Vorfchlag. §ur Anzeige, e3 
finbet Antoenbung, ©rlebigung u. f. ro. ©in 
93uch wirb nicht mehr gebrueft unb auggegeben, 
fonbern erft gelangt e§ jum 3)rucf, unb bann 
gelangt e§ &ur Aufgabe. Äein3weifel: eSh anoe ^ 
fich h* er um e * nc förmliche ^ranfheit, um eine Art 
von $npertrophie ober Verfettung am Seibe unfrer 
©pracfje. 

Aber bie 9Hobe ift ein launifcheS $ing. Auf ber 
einen Seite häuft fie möglichft fimtUche, hönbgreif* 
liehe Auäbrücfe, auf ber anbern h^t fte ein Ab« 
ftraftum &u $obe — hoffentlich recht balb! — roie 
ba§ 3eitn>ort bebtngen. Unter ben 2Jcobemörtern, 
bie jefet im (Schwange ftnb, ift biefeS toohl ein8 ber 
n>ibern>ärttgften. @3 tarnt alles bebeuten unb — 
gar ntd)t§. 

<Der erfte 93anb oon @rimm3 Wörterbuch (1854) 
crfldrt bebingen burch aushalten, beftimmen, 
aufnehmen. 2)iefe SBebeutungen erfdjöpfen frei» 
lieh n *d)t ocn ältem Sprachgebrauch. 3m San* 
berSfdjen SBörterbudje (1860) ftnb folgenbe $ebeu* 
tungen aufgezählt uno belegt: oerpflichten, feft* 



fefcen, ausmachen, befchränfen, oon etroaS ab- 
gängig machen, aujjerbem eine Anroenbung, bie bei 
©rtmm ganj fehlt, unb bie heute faft bie eitrige ift, 
in ber ba3 ©ort gebraucht wirb, nämlich bie beim 
unperfönlichen ©ubjeft: eine @ache bebingt bie 
anbre, ober paffio: eine (Sache ift ober roirb burth 
bie anbre bebingt; ba§ Aftioum erflärt @anber§ 
hier burch notroenbig machen, erheif chen, erf or* 
bern, ba§ $afftaum burch abhängig f eint>on etwas. 

Sftun vergleiche man batnit ben heutigen <Spracf) ; 
gebrauch! $er @inn, in bem bog ©ort gebraucht 
ift, mag ftetg tn klammern hinzugefügt merben, 2)a 
f ^reiben bie einen: eine Saufbahn, bie afabemifdje 
SBorbilbung bebingt (t>orau3fefct, verlangt, erforbert, 
erheif ct)t, notroenbig macht) — ber grofce Aufnmnb, ben 
bie 3luffü^rung biefer Oper bebingt (ebenfo) — bie 
angegebenen greife bebingen bie Abnahme beS 
ganzen 2öerfe3 (machen $ur Pflicht) — bie Auggaben 
für ©aalmiete, ^Beleuchtung unb Annoncen bebingen 
einen SBerg non Soften (oerurfadjjen) — unfre ganzen 
3ettoerhältniffe bebingen ben jurücf gegangnen 
£h*<*terbefuch (finb bie Urf adje, bringen mit ficf), finb 
©djulb an) — um bie Sage ber ^Bergarbeiter $u ftu* 
biren, ift e§ nötig, auch bie SBerhältmffe ju berühren, 
bie biefe Sage bebingen (f djaffen, dewotbringen, 
hervorrufen, erzeugen) — biefe§ Äorfet bebingt ele- 
ganten (Sifc (!) be§ ftleibeS (fchafft, bewirft) — ber 
humaniftifche ©harafter be§ afabemifchen ©tubtumS 
bebingt ba§ gan$e SBefen unfrer Unioerfitäten (ift 
von ©influfe auf) — bei Seffmg bebingte ftetS bie 
fritifche ©inficht ba3 bichterifche «Schaffen (ebenfo) — 
Shatfache ift, bafc gewiffe Affefte ben Eintritt beS 
©totteranfaUg bebingen (herbeiführen) — bie (Stel* 
lung ber 9$üren in ben Söänben bebingt roef entlich 
bie 9htt>barfeit ber [Räume (von ihr r)ärt0t ab) — 
nur förderliche^ Seiben (Saofoongruppe!) bebingt 
eine fo getvaltfame Anfpannung aller 2Jcu3feln (macht 
erflärlich, macht begreiflich) — biefer 3mecf bebingt 
foroohl bie Mängel al§ bie *8or$üge beS 2Berfe§ (au3 
ihm erflären ftdt» u. f. n>. 



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Nun ber uaffioe ©ebraud). Sa wirb getrieben: 
bic I)o!)cn föänber be3 Seeg unb ber baburd) be* 
bingtc <Retd)tum malertfd)er SSirfungen (gefdjaffne) 
— biefe burd) bie Sage ©nglanbS bebingte ©unft 
be§ ©lücfS (ebenfo) — burd) bie SBerfehrSerleid); 
terungen ift ein ftütfgang be3 ftommiffion3gefd)äftg 
bebingt roorben (bewirft roorben, herbeigeführt 
roorben) - bie burd) bie ©rofcftabt bebingte »er* 
mefjrung ber Arbeitsgelegenheit (beroirfte, oer* 
urf ad)te) - rafdjer ftortfchritt wirb burd) aahlretdje 
Mitarbeiter bebingt (entfielt) — ber Ausfall ber 
2BaI)len ift burd) willige, nid)t in ber 2flad)t ber 
Regierung liegenbe Söerr)ältmffc bebingt (hangt 
ab von) — bie 3ulaffung jur gafultät mar 
burd) ben Nachweis be3 p()üofopf)ifd)en 2Kagifter* 
grabet bebingt (hing ab von) — ber Erfolg be§ 
9Jttttel3 war burd) bie 3uoerläffi gf eit ber fieute be* 
bingt (ebenfo) — bie Überholung 8eip$ig§ burd) 
«erlin ift burd) bie 3ttad)t ber äufcern SBerhältmffe 
bebingt k '(ift bie golge) - biefe Au3ftd)t3lofigfeit 
war burch bie feit brei fahren gemalte ©rfahrung 
bebingt (roar entftanben, war bie ftolge) — ©lütf 
wirb burch SetfhmgSfähtgfeit bebingt (entfteht) — 
bie ©efahr für ben innem ftrieben ift burd) ben 
©egenfafc aroifd)en Söefi^ unb »eftfclofigfeit bebingt 
(hegt m, beruht auf, entfteht au3) - bie burd) ben 
Reichtum b e b i n g t e n SebenSgenüffe (ermöa* 
lichten) u. f. ro. 

Überbliden roir bie angeführten »eifpiele, fo er* 
giebt fid) folgenbeS. 2)ie einen brauchen bag un< 
perfönliche bebingen in bem ©inne von: aur Söor* 
auSfefcung haben. 51 bebingt f8 — ba§ tyifr: 
21 hat SB § ur »orauSf efcung, 21 hängt t>on SB ab, 21 
tft unbenfbar, roenn md)t SB ift, 31 oerlangt alfo er* 
F>etf d)t, erforbert SB. $a§ ift bie einjig oernünftige 
unb berechtigte Anroenbung be§ SBorteg; nur aug ihr 
erflärt ftch ba3 SBort SBebingung. 2>ie Aufführung 
ber Oper bebingt großen Aufroanb — ba§ oerfteht 
jcbermann; e3 heifct: bie Oper ift ohne großen Auf* 
roanb nicht aufführbar, ber Aufroanb ift bie SöorauS* 



fe^ung, bie $8ebingung einer wirfung§oollen 9luf- 
füljrung. 

9hm brauchen aber anbre ba3 2Bort in bem ©inne 
oon bewirf en unb ben jal)lreid)en finnoerwanbten 
2Öörtern (fdjaffen, erzeugen, Ijeroorbrtngen, 
fjernorruf en, oerurfacfyen, $ur 5 ö ^9 e haben). 
91 bebingt 93 — ba§ t>ei^t bann: 91 ift bie Ur* 
fadje von 93; paffio auSgebrüdt: 93 wirb burd) 91 
bebingt heißt: 93 ift bie ftolge oon 91. 2Bte ein 
folget 93ebeutungSwanbel möglid) fein foll, ift fdjwer 
SU begreifen; e3 ift md)t einzufetten, wie ber begriff 
ber 93orau§fefcung au bem ber ©djöpfung foll werben 
fönnen. 

9hm wirb aber nod) ein weiterer schritt getrau, 
namentlich in ber paffioen 9tnwenbung be§ 9öorte3. 
93 wirb burd) 91 bebingt — ba§ tjeifct enblid) nid)t 
blofc: 93 wirb burd) 91 bewirft, fonbern 93 wirb 
nur(!) burd) 91 bewirft, e§ fann burd) nid)t§ anbreS 
entfielen alg burd) 91, alfo mit anbern Söorten: 93 J)at 
91 §ur 93orau§f etjung. Unb ba wären wir benn 
glürflid) bei ber oollftänbigen 93ervürftf)eit angelangt. 
2)enn wenn e§ gan$ gleidjgiltig fein foU, ob jemanb 
fagt: 91 Ijat 93 $ur 93orau3fefcung, ober $8 r)at 91 &ur 
SBorauSfetjung, 93 ift bie *Borau3fe$ung oon 91, ober 
91 ift bie 93orau§fetjung oon 93, wenn ba3 beibeä (!) 
mit bem ©atje foll au^gebrürft loerben fönnen: 91 
bebingt 93 (ober paffio: 93 wirb burd) 91 bebingt), 
mit anbern SBorten: wenn e§ ganj gleidjgiltig fein 
foll, ob jemanb fagt bebingen ober bebingt 
werben, fo ift ba3 bod) bie oollftänbige 93errücft= 
fjeit. 9luf : biefem fünfte fteljen wir aber jefct. ($k* 
f trieben wirb: ©lütf wirb burd) 2eiftung§fäf)iQ s 
fett bebingt — bie 3ulaffung sur ftafultät würbe 
burd) ben 9flagiftergrab bebingt, alfo aftio au§» 
gebrüdt: ßeiftunggfa^igfeit bebingt ©lütf - ber 
2flagiftergrab bebingte bie 3ulaffung ä^r fraful* 
tat. ©emeint ift aber: ©lud bebingt (b. t>. ift nitf)t 
benfbar ohne) Seiftungöf ä^igfeit — bie 3 u * a ff un 0 S ur 
JJafultät bebingte (b. I). war md)t $u erlangen ohne) 
bcu Sftagiftergrab, 



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äRatt übertreibt nid)t, roenn man unfern gegen- 
wärtigen ©ebrauch von beb in gen etroa fo bezeichnet: 
wenn ber $eutfd)e eine bunfle 2lf)nung bavorx h«t 
bafc jroei $inge in irgenb einem urfäd)lid)en 3 U= 
fammenhange fteljen, aber roeber Neigung nod) 3-ät>ig- 
feit, ftd) unb anbern btefen 3ufammenhang flar §u 
machen, fo fagt er: ba§ eine $>ing bebingt ba3 
anbre. gn weiter ^Reihenfolge er babei bie beiben 
2)inge nennt, ob er fagt: ftraft bebingt Söärme 
ober: Söärme bebingt ftraft, ift ganj gleichgiltig; 
ber Öefer wirb ftd) fdjon etroaS babei benfen. 

®oU man ftd) beim aber nicht barüber freuen, 
bafc baS 2Bort eine foldje chamäleonartige SBerroanb* 
lunggfä^igfeit erlangt fyat? Söenn e§ oor breifctg 
fahren, roie bie 2öörterbüd)er geigen, nur einen 
fleinen 93rud)tetl ber gasreichen SBebeutungen ^atte, 
bie e3 ^eute hat, fo ift ba§ bod) ein *8eroei3 für bie 
wunberbare triebhaft, bie noch * n unfrer Sprache 
lebt 2luS einem einzigen SBorte entfaltet fte nod) 
jefct einen foldjen Reichtum! — $ie Sache ift boch 
wohl anberS anjufehen. 2Benn a^an^g ftnn* unb 
leben§oolle SBörter unb SBenbungen, bie $ur Verfügung 
ftehen unb bie bie feinfte Schatttrung be3 ©ebanfen§ 
ermöglichen, oerfchmäht werben einem hohlen, au§= 
geblaßten Söortbalg zuliebe, roie biefem bebingen, 
fo ift ba§ roeber ^Reichtum noch £rtebfraft, fonbern 
nur eine alberne 2Robe unb zugleich ein fchltmme3 
3eidjen oon ber ^unehmenben $8erfd)wommenheit 
unfern $enfenS. 

jjorij unb f*iten 

3ur ^Bezeichnung eine§ hohen ©rabe§ finb gegen- 
wärtig bie beiben 9Robeabt>erbta hoch unb feiten. 
93ei folgenben 9lbjeftioen wirb au§fd)liejjlich hoch 
jur Steigerung oerroenbet: fein, elegant, mobern, 
herrf chaftlid), gebilbet, gelehrt, bebeutenb, 
bebeutfam, wichtig, ernft, feierlich, tragifd), 
fomifd), romantifd), poettfd), erfreulich, oe = 
friebigenb, willfommen, intereff ant, achtbar, 
ablief), fonferoatio, offiziell. $a3 wirb genügen. 



**-M mW* » IMW^ W W-T>^ 



Über bic alberne 9lmoenbung oon feiten oor 
^Ibjeftioen, in bem Sinne von: in f eltnem ®rabe, 
ift fd)on fo oiel gefpottet roorben, bafc man meinen 
fotlte, fie fönnte fid) faum mehr beroorroagen; aber 
immer mieber muf* man foldjen Unftnn lefen, nrie: ein 
3ftäbd)en oon feiten gutem ©tjarafter — ein feiten 
tüchtiger ftadjmann — eine feiten künftige 
Kapitalanlage — ba§ s $ublifum ner^ielt fiel) feiten 
fül)l — biefer SBei^en gebeizt auf leichtem S3oben 
unb liefert feiten r>or)c Erträge u. f. ro. Qft eS 
nur gar fo ferner ftu begreifen, baf? ba§ blofie 5lb= 
oerbtum feiten md)t ben l)ol)en ©rab, fonbern nur 
bie geringe .öäufigfeit bezeichnen fann, bafj alfo ein 
Söetjen, ber feiten r)or)c Erträge liefert, oft ober 
meift niebrige Erträge liefern mufi?*) 

Peg 00er fort? 

■Düdjtg roeiter al§ eine 5Jcobe$iererei ift e3 aud), 
wenn man neuerbing§ ba§ 9lboerbium roeg gan^ gu 
oerbrängen unb überall fort an feine Stelle 511 fetten 
fuerjt. $)te 9Jcobe foß au3 §olftein ftammen; jeben* 
falls ^at fie fid) gunächft in ba3 berliner 2)eutfd) 
eingebrängt unb frifjt nun oon ba au§ weiter. 

(£§ giebt unleugbar eine 9ln$af)l oon ^eitmörtern, 
bei benen jroifc^en weg unb fort fein fühlbarer Unter- 
fct)ieb ift. 9lber ebenfo fidjer giebt e§ eine 2ln*al)l 
anbrer, bei benen bi^er nid)t blofc ein feiner, fon* 
bem fogar ein giemlid) grober Unterfdjieb gemacht 
morben ift, ben alle guten Schriftfteller beobachtet 
()aben unb nod) beobachten, ftort nämlich (oer* 
wanbt mit oor unb oorn) ftebt in bem (Sinne oon 
uorwärtS, mobei meift ein beftimmteS 3^ üor: 
fchwebt; überbie§ wirb e§ nid)t blof? 00m SHaume, 
fonbern auch oon ber &it gebraucht. 2Beg bagegen 



*) $er atlcnieucftc SUtföufc oon Slbieftiocn ift befannt: ber 
SdjnittttJarenljänbler pretft feine Stoffe in befannt üorjügliö)en 
Qualitäten, ber Äleiberfjänbler feine Surfen in befannt guten ^Sau* 
formen (!) an, unb ber Stuttgarter herein für ftreinbenbcrfebr 
rüfnnt bie befannt gefunbe Sage Stuttgart«! 



«*C*^JC^leva*Kva*3G 115 RcTF^f^^fTf^tT»^K^fi 

(baSfelbe rote 2öeg) roirb nur räumlich gebraucht unb 
bebeutet: au§ bem 2öege, auf bie (Seite, roobei 
man an ein SBerfdjrotnben benft. $n einet VolfSmaffe 
roirb jemanb mit f ortgertf fen, b. h» in bie Strö^ 
mung hinein, aud) von Söegeifterung roirb jemanb 
f ortgertf f en, nämlich bem hoh eu 3* e * e 5", 311 bem 
un§ ber Äünftler führen rotll; aber eine ^flauer, ein 
§au§, ein 2)amm roirb roeggeriffen. 2öer au3 
ber großen Stabt auf ein einfameä 3)orf steht, 
fommt ftd) anfangt roie roeggefe^t r>or, aber nicht 
rote fortgefefct. $)er Söruber fagt ^ur Schroefter: 
fefce beine Malerei jefet roeg, roir rooüen ftlaoier 
fpielen; nad) einer Stunbe aber: eg ift genug, fe^e 
beine Malerei nun fort. 2Bemt id) ein *8ilb abmale 
auf bem aud) ein Sperling bargefteüt ift, fo fann 
id) ben Sperling roeglaffen; roenn id) aber einen 
lebenbtgen (Sperling in ber §anb habe, fo fann id) 
ir)n fortlaffen. 9luf fumpfiger öanbftrafje fann 
man fdjlecht fortfommen, aber bei einem t>er* 
unglüeften Unternehmen fann man fdjlecht roegf om* 
men. Von jroei §unben, bie au3 einem Slapfe 
faufen follten, fann id) fagen: ber große hat bem 
Keinen alteS roeggefoffen; ein befannter § 11 aber 
lautet: e§ roirb fortgefoffen. 2öte alle biefe 
Unterfd)iebe plötjlid) f ollen uerroifd)t roerben fönnen, 
ift unbegreiflid). $lber bie 3<*hl berer, bie fid) ein* 
bilben, roeg fei gemein, fort (ober vielmehr f 0 cf» t) 
fei fein, roirb immer größer; man fagt nur nod): bie 
beiben legten Sä^e ber Snmphonie rourben fort* 
gelaffen — roo rourben fie benn l)ingelaffen? bie 
5Kauem auf ber 3lfropoli§ ftnb fortgebrochen 
roorben — roo ftnb fie benn fjingebrodjen roorben? 
Sie l)«tte ba3 93ilb f ortgef crjloff en, ber $)amm 
rottrbe burd) bie Überfd)roemmung fortgeriffen, 
e§ ift eine nicht f ortauleugnenbe (!) $h«tfad)e — 
ich hftfo batuber f ortgelef en (!) — meine SSleiftifte 
fommen mir immer fort (!) — er h a t mir meine 
9Mtje f ortgenommen (!) — fo ift e3 richtig 33ev* 
linifd), unb roer ein feiner 9Jcamt fein rotll, bei- 
macht natürlich bie Sftobe mit. Vielleicht roirb in 

8« 



ben berliner ©omnaften aud) fdjon in UhlanbS gutem 
ftameraben gefungen: ihn h<*t e3 f ortgeriff en, 
er liegt $u meinen 3rüj$en u. f. u>. 

ftort für meg ift nid)t§ als ein s £rot>inatali^ 
mit?, ber augenblicflich für fein gilt, ftür ^ro* 
üin$iali3men aber ift in ber guten <Sd)riftfprad)e 
fein SHaum, mögen fie nun auS £>annoi)er, au3 $oU 
ftein, auS Berlin ober fonftroo|er ftammen. 2Kan 
fpricfyt jettf r»iel baoon, bafc unfer Sprarfjoorrat au§ 
ben 9ttunb arten aufgefrifcf)t, verjüngt, bereichert 
werben fönnte. O ja, roenn e§ mit SRafe unb £aft 
gefdjahe, roarum rtict)t? Uber^eugenbe groben Daoon 
r)at man freiließ nod) nid)t Diel gefefyen. ©in bofel 
2ftij3oerftänbm§ aber märe e3, roenn man jeben be* 
liebigen s $rot)injiali§mu§ für geeignet hielte, unfern 
Sprachoorrat $u „bereichern." Stteift liegt gar fein 
$8ebürfm£ barnad) oor; man legt ftch bergleic^en 
nur au3 ©itelfeit $u, um Slufmerf famfett ju er- 
regen, etwa roie irgenb ein §an§narr §u feinem gut 
bürgerlichen 5lnsuge einen tiroler Sobenhut mit 
fteber auffegt. 

Namentlich finb ß öfterretd)ifche s 2lu3brücfe unb 
^Beübungen (SluftriafriSmen), bie jefct burefy roört* 
liefen 9tad)brucf au§ öfterreid)tfchen 3 e ^ un 8 €n w 
unfre Schriftfprache hereingefchleppt, bann aber auch 
gerabeju nach gebraucht merben. 

%ixx brauchen j. 93. fagt ber Ofterreicher be* 
nötigen, für benachrichtigen oerftanbtgen 
(jemanb oerftänbigen, roährenb fich in gutem 
2)eutfcf) nur jroei ober mehrere unter einanber 
uerftänbtgen fönnen); beibe§ lieft man jetjt auch 
in beutfehen 3 e ^ungen immer häufiger. %n unfrer 
©tubentenfprache ift feit einiger $eit oa ^ fd)öne 
SBort unterfertigen SJlobe geworben (ftatt unter* 
zeichnen). @§ ift ba§ nichts al§ eine .lächerliche, 
halb(!)öfterreichifche Söaftarbbilbung. $ er Dfterreicher 
fagt: ber (Gefertigte. $a3 ift bem beutfehen 6tu* 



beuten, ber fich suerft bamit f preisen wollte, mit 
bem Unterzeichneten in eine SJUfchform gufantmen* 
geronnen, unb feitbetn erfüllt faft in allen afabe= 
mifchen Bereinigungen beim „Ableben" eines 9Ktt= 
gliebeS ber „unterfertigte" (Schriftführer „bie traurige 
s $flict)t, bie geehrten a. a. unb a. o. SJL a. o. SEft. 
ge^iemenb bat>on in Kenntnis ju fetjen." 

©an$ unerträglich in gutem ©chriftbeutfd) ift baS 
öfterreichifchc geftanben fein unb gefeffen fein 
(bie Sßerfonen, mit benen er in näherm Berfefjr ge* 
ftanben mar — eS lebten noch 9Jtänner, bie in 
ber <ßaulSfirche gefeffen roaren); ganj unerträglich 
ferner bie Berbinbungen: an etroaS oergeffen, 
auf etroaS oergeffen unb auf etwas erinnern 
(auf bie Einzelheiten beS 6türfeS fonnte ich nicht 
mehr erinnern u. ähnl.). Bon oerfcfn'ebnen (Seiten 
ift oerftchert roorben, bafc baS le^te inSbefonbre öftere 
reid)ifcheS ^ubenbeutfcf) fei, roaS fehr glaublich ift, 
benn eS läuft ja auf bie Benoirrung von jmei ober 
mehr Lebensarten hinaus (an etroaS benfen, 
fich auf etroaS bef innen u. f. id.), bie bem beutfd) 5 
fpredjenben Suben fortroährenb begegnet. 

©ine gan$e Leihe oon Eigenheiten hat ber Öftere 
reicher im (gebrauche ber 9lboerbia. @r fagt: ba 
unb bort ftatt h^ c unb ba, im oorhinein ftatt 
üon oornh^rein, beiläufig ftatt ungefähr (bis 
jur höhten ©pifce ift e§ beiläufig 6000 ftufc — bteS 
ift beiläufig ber Inhalt beS tuibfchen Buchet), 
mährenb in gutem $)eutfch beiläufig nur bebeuten 
fann: nebenbei, im Borbeigehen (beiläufig 
mill ich fcemerfen). $ür nur noch heiftt eS in Öfters 
reich: nur mehr, j. B. leibenfchaftliche ©ebichte oon 
nur mehr gerichtlichem Söert — alle Bemühungen 
futbjefct nur mehr barauf gerichtet u. f. ro. Leuer- 
bingS, baS gut beutfch nichts anberS t)ci^cn fann 
alS: in neuerer £eit (neuerbingS ift ber Ap- 
parat noch mef entlich oeroollfommnet morben) wirb 
uon Öfterreichern nur in bem ©inne oon roieberum, 
nochmals, abermals, oon neuem gebraucht, 
j. B. eS fommt mir nicht barauf an, oft gefagteS 




W RH ITT 



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neuerbingS aufammeitjufteücn — er f>at mich ^icr- 
burd) neuerbtngä $an(e oerpflichtet — in biefem 
Vortrage roirb neuerbing§ bie jrage unterfud)t — 
e-p (am eine Schrift jur üöerlefung, roorin 93. neuer* 
btng§ für feine Überzeugung eintrat *) 9Jian mochte 
roirflid) annehmen, baß mancher ß^tungSrebafteur 
uon aü biefen ©ebraud)§unterfd)ieben gar feine 
Ahnung fyabe, fonft fönnte er bod) foldje 8ätje nicht 
uiroeränbert in feiner 3eitung nad)bruden, er müfete 
bod) jebeSmal ben AuftriaziSmuS erft in3 2)eutfd)e 
überfeinen, bamit ber beutfcfye Cef er nicht falfd) t>er* 
fte$e!j 

$XtV\bWÖTttT 

Aud) unfre ^rembroörter finb zum guten £eil 
2Jcoberoörter. *8ei bem Kampfe gegen bie JJ remös 
Wörter, ber feit einigen fahren in 3)eutfd)lanb wieber 
entbrannt ift unb namentlich oon bem Allgemeinen 
beutfdjen ©prachoerein geführt nrirb, Jjanbelt ftd)§ 
natürlich nicht um bie große Anzahl zum £etl intev* 
nationaler technifctjer Au3brürfe, nrieroohl fid) aud) 
von biefen fo mancher recht gut in3 2)eutfd)e über* 
feijen liefte, fonbern oor allem um bie oert)ältm§* 
mäfjig (leine $ai)l 9 an 8 entbehrlicher grrembroörter, 
bie namentlich unfre Umgang3fprad)e unb bie Sprache 
ber (belehrten, ber Beamten unb ber ©efd)äft§Ieute 
entfteden, entftellcn nid)t fo feJ)r burd) ihre aflenge, 
a(§ burd) ihre häufige Anmenbung. 
■ Am eb,eften barf man oielleidjt hoffen, baf* bie 
grembroörter au3 ber Umgang3fpracf)e oerfdjnrinben 
werben, benn ba wirft faft nur bie 3Jcobe. 2)ie 
SJremb Wörter unfrer Umgang£fprad)e ftammen jum 
£eil noch au§ bem fiebzehnten $af)rl)unbert, anbre 
finb im achtzehnten, nod) anbre erft in ber granzofem 
Zeit zu Anfange biefes> 3ahrf)unbert3 eingebrungen. 
Aber fie (ommen ein§ nach bem anbern au£ ber 
SUcobe, unb neue (ommen nid)t oiel h^u. $8iele, bie 
oor oierzig, fünfzig fahren noch für fein galten, 

*) ?luf einige fcljr l)äfelid)e Gigcnfyeiten t>ci öftcrveicfjcrbcutfcf) n>irt> 
in Dem "Jtbidjnitt juv Snfcleljrc itodj f)ingcuüe|cu torrbrii. 



frtften f)eute nur nod) in ben unterften $olf£fd)id)ten 
ein rummerlid)e3 2)afetn; man benfe an 9ft ab ante, 
8ogt§, s $iece, vis-ä-vis, peu-ä-pou (in ßeip^ig 
beeabeelj gefprocfyen), retour, djarmant, me- 
fdjant, int ommobiren unb x>iele anbre. 2öer 
amüfirt ftd) nod)? bod) nur ber §otttg; bcr anftänbtge 
SUlenfd) tjat längft roieber angefangen fid) gu oer« 
g n ü g en. 2öte lange ber feine junge ÜUlann in 2)eutf d)* 
lanb feine Sängerinnen nod) engagiren roirb? Sange 
tjoffentlirf) ntdjt mefjr, benn in Setpjtg engagirt man 
fcfyon bie «Scheuerfrau. $8or jroanjig 3»^ren gab e3 
nod) t>eretn$elt ©cfyneibermamf eilen; jetjt roirb jebeS 
£)ienftmäbdjen in ber 2Karftf)alle mit gräulein an* 
gerebet, roofür bie *8ürger3tod)ter freilid) $um gnä* 
bigen fträulein aufgerücft ift. 3Bo ift ba§ s $ara* 
pluie geblieben, baS bod) aud) einmal fein mar, 
unb n>ie fein! ©in oerfjältniSmäfng neue£ $remb* 
roort ift funftioniren; aber roie balb mirb e§ 
feinen 9Jiobeu>eg jurücf gelegt fjaben! (Sagt bod) fctjon 
ber Kellner r»on einem locfer gemorbnen 3 l 9 arrcn ' 
abfdjneiber: er funfjjenirt md)t mefyr orbentlid). 

2Xud) unfre ftanjleifpractje f)at fid) im Saufe biefe3 
3al)rl)unbert§ gewaltig gereinigt. Sttod) 1810 fonnte 
ein beutfd)e3 §tabtgerid)t an3 anbre fcfjreiben: ,,(£tr». 
2öol)lgeboren werben in aubsidium juris et sub ob- 
latione ad reciproca ergebenft erfudjt, bie anliegenbe 
Edictalcitation in Sachen be3 ftaufmann3 SK. bafelbft 
loco conßueto afiigiren ju laffen unb f elbige effluxo 
termino cum documentis äff* et refixionis gegen bie 
©ebütjr ju remittiretu" §eute t)at ftd), wentgftenS 
unter ben fyöljergebtlbeten ^Beamten, bod) faft allge* 
mein bie (Stuft d)t *8af)n gebrochen, baft ba§ beftc 
unb pornefymfte 2lmt§beutfd) baS fei, ba§ bie roentgften 
ftrembrnörter enthalte, 9tur ber (leine Unterbeamte, 
ber 3rolium unb Volumen, föepof itorium unb 
SHepertorium md)t unterfd)eiben fann, ber oom 
Sttafulatiren ber Elften rebet, roeil er einmal r>ou 
SWafulatur gehört l)at, tt)ut fid) nod) etroa£ sugute 
auf ein Hub ober ad (ba§ gehört unter ruIj A, fagt 
er), auf ein a. c, ein eo<lem <üp, ein r. p. r. («ul> 



petito remissionis), ein cf. pg. (confer paginam) u. bergl. ; 
er fühlt fid) gehoben, wenn er folcfje ge^eimnigoofle 
Reichen in bie Elften fyineinmalen fann. 

SBunbern mufj man fid), bafc bie 9ttänner ber 
2Biffenfd)aft, bei benen man bod) bie größte ©inftd^t 
oorau§fetjen foltte, gegenwärtig nod) faft alle in bem 
SBahne befangen finb, bafc fie burcr) 5*embroörter 
ihrer @ad)e ©lanj unb SBebeutung t>erleif)en fönnten. 
Auf ben UnioerfitätSfathebern unb in ber f adjnriffen* 
fd)aftlicf)en fiitteratur, ba jagen fid) bie grrembroörter 
nod). $>er beutfdje Sßrofeffor glaubt immer nod), bafe 
er fid) mit editio prineeps, terra incognita, eo 
ipso, bonafide, Spublifation, Argumentation, 
Acquifition, ßontrooerf e, SRefultat, Ana* 
logie, intelleftuell, inbioibuell, c 1 1) i f et), 
ibentifd), irreleoant, abaequat, ebiren, po* 
lemifiren vornehmer auäbrürfe al§ miterfte Au§* 
gäbe, unbef annteS £anb, oonfelbft, im guten 
©lauben, Veröffentlichung, ©ewei^f üfjrung, 
©rroerbung, «Streitfrage, Ergebnis u. f. ro. 
(£r fühlt fid) munberlic^er Söeife aud) gehoben (roie 
ber Heine Oiat§- unb ®erid}t£beamte), wenn er ler. x- 
falifcf)e§ SJlatertal fagt ftatt 3Bortfd)atj, roenn 
er oon intenfioen 3 m P u U en ooer prägnanten 
^ontraften ober einem Sßrobuft beftruf tioer 
^enbenjen rebet, roenn er eine Q>bee oentitirt, 
ftatt einen ®ebanfen $u erörtern, wenn er von 
einem ^ßrobuft ber £e£tilfunft bie ^ror>enien$ 
t o n ft a t i r t , ftatt oon einem (5r^eugni§ ber 
Sßeberei bie |>erfunft nad) juroeifen. Unb ber 
Stubent mad)t e§ ihm leiber meift gebanfenloS nad); 
bie menigften haben bie geiftige Überlegenheit, fid) 
barüber ju erheben. 

SBeniger 511 oenounbern ift ber 2flaffenr»erbraud) 
oon ftrembrnörtem bei ben ©efd)äft3leuten. (Sie 
fteden natürlich infolge ihrer $albbilbung am tiefften 
in bem Sßahne, bafc ein ftrembroort ftet3 uornehmer 
fei al§ ba§ entfprechenbe beutfehe 2Bort 3Beil auf 
fie felbft ein fjrembroort einen fo geroaltigen ©inbrutf 
macht, fo meinen fie, e3 muffe biefen ©inbrud auf 



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qüc 9ttenfd)en machen. Ober wäre eS etma nid)t 
$albbilbung, fonbern fluge ^Berechnung auf ben großen 
Raufen, roenn e§ faum noch eine Söare giebt, bic 
nicht original, general, zentral, fpe^ial, nni- 
oerfal ober normal wäre, roenn nicht blofj •Sftors 
malhemben unb Unioerfalöl (roahrfch einlief) 
gleich $um Söagenfchmieren unb jum ©urfenfalat 
oermenbbar), fonbern fogar Unioerf alnormal* 
hofenträger angepriefen werben? 2Ba§ beuten ftd) 
eigentlich bie ßerren babei? 2>enfen fie ftch über* 
haupt etroaS babei? 9ßer ift ber Shrnune? ber, 
auf ben folche Anpretfungen berechnet ftnb? ober 
ber, ber bamit eine 2Birfung &u erzielen hofft? $eifle 
grage. Sie fommt einem aber bei ben meiften unfrer 
heutigen ©efchäftS* unb Söarenanpreifungen umritt» 
fürltd) auf bie 3unge. 

könnte man bod) nur ben Aberglauben loSmerben, 
bafe ba§ ftrembroort oornehmer fei, al§ ba§ beutfcfje 
Sßort, bafc pro f ef f ioneller Sßagabunb oornehmer 
flinge als gewerbsmäßiger San bftreicher, ein 
elegant möblirteS ©ar<?onlogtS oornehmer als 
ein fein auSgeftatteteS Herrenzimmer, fonfe = 
quent ignoriren oornehmer als beharrlich un= 
beachtet laffen, bafc ein Collier ettoaS feineres 
fei al§ ein £alSbanb!*) @d)on ber Umftanb, baj? 
mir für niebrige, gemeine 5)inge fo oft gum gremb* 
toort greifen, follte unS oon biefem Aberglauben 
befreien. Ober märe perfib, friool, anonnmer 
^enu^naiant nid)t jehnmal gemeiner als treulos, 
leichtfertig, ungenannter Anfläger? Unb 
ftel)en noble ^affionen nicht tief unter ebeln 
Seioenfchaften? Um ettoaS ntebrigeS $u bewirf)» 
neu, baju follte unS baS ftrembroort gerabe gut 
genug fein. Aber auch unflar, oerfdnoommen, otel= 
beutig finb oft bie ftrembtoörter. (£r*entuell roirb 



•) ®d)r bitter Rottete einmal barüber ein junger franjöftfdjer 
€tubenx in 2eiJ>jig. Die beutfdjen SWä'btfjen, faßte er, glauben, fie 
mü&ten St olliers tragen, roeil jeber $unb ein $al#banb trägt. 
3n ftori* trögt aber bo<fj jeber £unb ein ftolliev! 



12 2 



ebenfo für nötigenfalls wie für möglichenfalls 
gebraucht 2Ba3 foü bireft nic^t alles bebeuten: 
balb unmittelbar (eine 5Bare wirb bireft be* 
Sogen, einer ift ber birefte Schüler be£ anberni, 
balb b t et) t ober na^e (ber ©aftfrof liegt bireft 
am 93afmfrof), balb gerabe ^bie Strafe für)rt 
bireft nad) ber $Ux§fteIIung\ 2Ba§ für ein un* 
flareS SSort ift Sgfteml 3Wan f priest t>on einem 
pfyilof opfyif djen Softem unb meint eine Sefyre 
ober ein Sefjrgebäube, oon einem SHöfyrenf nftem 
unb meint ein iRöljrennet}, oon einem JeftungS* 
fnftem unb meint einen JeftungSgürtel, oon 
einem $lrenfnftem unb meint ein s 2Irenfreu$, 
oon einem Sternfoftem unb meint eine Stern* 
gruppe, oon einem 2$erroaltung§f uftem unb 
meint bie ©runbfä^e ber SBerroaltung, oon einem 
Sprengwagen Suftem(§cfert unb meint bie 33 au* 
roeife, ja man fann nid)t ein f>emb auf ben Seib 
jieljen, oljne mit einem Softem in Berührung $u 
fommen, enttoeber bem St)ftem s £rof. ür. 3ä9*r (- 1 
ober bem Softem Safymann ober bem Softem 
ftneipp — roa§ mag fid) nur bie SBerfäuferin im 
©olllaben unter all biefen Softemen benfen? 3Han 
fagt: r)icr f cr)It eS an Softem, unb meint Orbnung 
ober ^jßlan, man fpricfyt oon f o ft e m a t i f cfy e m 
SBorgefjen unb meint planmäßigem. 2)a$u wirb 
S uftem fort unb fort oerroed)felt mit ^ßringip 
unb mit 9Jtetf)obe — o roa§ ift au§ bem „SBolfe 
ber 2)enfer" geroorben! 2Bie fann man ben Steidjtum 
be3 $)eutfdjen fo gegen bie s 2lrmut be§ gremben ein* 
tauften! 2lu3 biefer Unflar^eit entfpringen bann 
audj f o alberne SBerbinbungen roie oorüberge^enbe 
s #affanten, beforatioer Scrjmucf, ©runb* 
prtn$ip, 2lttentat3oerf ud), befenfioe 2lbroel)r, 
numerifdje 2ln$af)l, größere ^Majorität, ©üte 
ber Qualität u. äf)nl., rote man fie fo oft in ben 3ei= 
tungen lefen muß. 9tid)t einmal richtig gefdjrieben 
roerben manche grembroörter. Söir £)eutfd)en laffen 
unS feine Gelegenheit entgegen, über ben ftremben 511 
fpotten, ber ein beutfd)e3 ©ort falfd) fdjreibt. Wber 



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»»«««««»»Ja 12:1 &&>Zk&>2k&>2tW2kX 



madjen mir eS bcnn beffer? Wicht blofc ber (leine 
§anbwerfer fefct unS eine Sßetterage ober eine 
ßamperie auf bie ^Rechnung ftatt einer SHtrage 
o&er eine§ ßambriS, fonbern aud) ber ^eitungSs 
fd)reiber fdjreibt beharrlich ^ntriguant, s $lebtS* 
ci t , 2ltmo3pf)äre (fogar 9lthmoSpfjäre), s J$rofe* 
li)ten ftatt Intrigant, s $lebif ett, s 2ltmofphäre, 
s $ro3elt)ten. 

3fland)e 3ft emon) örter berauf djen bie 9ttenfd)en 
offenbar burch ihren Klang, namentlich wenn fie ein 
o enthalten, wie glorreich (in ßeip^iger JJeftreben 
ftetS d)Iorreid) gefprodjen), Sftoment, JJaftor, 
Epoche unb bie SBörter auf ion. £u ben nichts* 
nufcigften Klingflangwörtern gehören Moment (baS 
2ftoment!) unb ftaftor, fie werben in gerabeju 
finnlofer Söeife mißbraucht. ES finb ja eigentlich 
lateinifd)e SBörter (moraentum , factor); wenn man 
aber einen <Sat$, worin einS r»on beiben xwrfommt, 
in wtrtticheS Satein überfein wollte, fönnte man 
gar nichts beffreS tfmn, als bie SBörtev einfad) — 
weglaffen. 9Jtoment wie ^ a ^or bebeutet in ben 
atlermeiften JJäßen weiter nichts als res, ali- 
quid. 2lud) mit Clement ift eS oielf ad) nid)t 
anberS. $)a will einer fagen: trotj oder Erfah« 
rungen im ©eefriege ift ber Üorpebo noch immer 
etwas neue 3. S)aS brüdt er fo auS: trot$ aller 
©rfa^rungen im ©eefriege ift ber £orpebo noch immer 
ein neue§ Element ober ein neues Sfloment ober 
ein neuer ftaftor — nun flingtS großartig! £ier 
finb brei 2ftomente ju berücffid)tigen, ober fykx 
roirfen brei ftaftoren äufammen — bei Sickte 
befel)en ift eS weiter nichts alS: breierlei (tria). 
SBiSweilen (ann man wohl Moment burd) Um* 
ft a n b , £ h <* t f a <*) e , 3 u g , Seite wieber* 
geben, ebenfo fraftor bisweilen burd) 9Kad)t, 
Kraft, aber in ben meifteu fallen ift eS nid)tS 
alS: etwaS; ein beruhtgcnbeS Moment, ein 
beunruhigenbeS SR o m e tt t — eS finb nur 
gefpreijte, wichtigthuerifdje Umfd)reibungen uon 
Beruhigung unb ^ e u n r u f) i g u u g , weiter 



md)t§.*) Greulid) ift aud) bcr maffenhafte Stttfc 
braud), ber mit (Spod)e getrieben wirb, namentlich 
in ben (Schriften neuerer ©ef dr)ict)tf cr)rciber. Gpoche 
(Itzoxtj) bebeutet §altepunft, in ber Gefd)icr)te ein 
Greigm§, ba§ einen nridjtigen SBenbepunft gebilbet 
r)at. So brauchen nod) unfre ftlaffifer bag SBort. 
SdnUer nennt noch gan$ richtig bie Geburt (S^rifti 
eine (£pod)e, ba§ Greigni§ felbft, nicf)t etroa bie 
3eit be§ GreigniffeS! $)af)er ftammt ja aud) bie 
SBerbinbung epod)emad)enb, b. h- einen 2Benbe* 
punft be$eicr)nenb, 3)a§ 2Bort ift bann auf bie 3eit 
übertragen roorben, unb heute bejeidmet man jeben 
beliebigen Qntabfämtt, Hein ober grofj, wichtig ober 
unwichtig, al§ Gpod)e. fjür 3eit fennen unfreie- 
fd)id)tf Treiber gar fein anbre3 2Bort mehr, fte t>er* 
n>ed)feln e§ aud) fortroährenb mit Sßeriobe, unaufhör- 
lich podjpod)pod)t e§ burd) ir)re 2)arftettungen! 2lud) 
Generation hat§ ben Seuten angetan, obroohl e§ ju 
ben zahlreichen unflaren g-rembroörtern gehört, benn 
e3 bebeutet ja Gefd)led)t unb aud) 2ttenfd)en* 
alter; man fann zuweilen gerabegu lefen von ber 
(Generation, bie oor brei Generationen gelebt 
hat! 9lber e3 fltngt, unb ba§ ift bie £auptfacfye. 9Benn 
fid) bei einer großen fjefttafel nad) bem ^weiten 
Gange, roo ber Söein fchon $u roirfen anfängt, einer 
erhebt unb, nadjbem er einigemal mit gielbemufjt, 
unentwegt, noll unb ganj, Moment, 5 a ^or, 
glorreiche Gpocfye unb SDtetropole ber ^ntel* 
ltgen# um fid) geworfen hat, fchliefclid), etje er „in 
biefem Sinne" fein Gla§ leert, nod) einmal bonnert: 
oon Generatiooon ju Generatiooon! fo mufi 
ja afle§ auf bem ßopfe ftehen oor Gnt*ürfen. SBon 
Gefd)led)t 3U Gefd)led)t — bamit thut man feine 
2Birfung. 



*) 3n einem läiiflern Äuffa&e, luorin SRoment unb ftaftor 
jebcS ettoa ein $ufcenbmal borfamen, madjte i$ mir ben ©toafj, fte 
reQclmäfjiß mit cinanber $u bertaufdien. 9ltS tdj bie S)ru(RorrtItur 
be* ©erfajfcrS ertjiett, falj tdj, bafe er nicfjt bo* fleringfte babon fic* 
merft tjatte. SSa§ müffen ba8 für infjaltreirfje Wörter fein, mit bencit 
man fidj fo[rf)c Sdjerje erlouöen fann! 



!gm ©runbc ift bie ftrembroörterfrage eine &rage 
ber Silbung unb be§ guten ©efd)macf3. 2Ha;t (önnte 
mit 9iüdffidt)t auf ben ®ebxand) unnötiger ftremb* 
mörter bie 3)eutftf)en in brei 58ilbung§flaffen ein* 
teilen: bie unterfte ftlaffe gebraucht bie ^tembtoörter 
f alfd) , bie mittelfte gebraucht fie richtig, bie oberfte 
braudjt fie — gar nid)t. daneben giebtä natürlich 
oiele Sftifd)* unb «ßroifcfyenHaffen, aber bie £auots 
f (äffen finb bod) bie brei genannten. 

S)er geroö^nlic^e 2ftamt au£ bem Söolfe roeijj in 
ben meiften fällen gar nitf)t, ba£ er g-rembmörter 
gebraucht. 2öol)er follte er3 aud) toiffen? 3 n e ™ e 
frembe ©pracfye fjat er nie fytnetngebltcft, über feinen 
2Bortfd)atj mad)t er ftd) feine ©ebanfen, er oerftefyt 
entmeber ein Söort, ober er oerftefjt eS nidjt — bie 
JJrembroörter nerfte^t er meiften^ md)t — ; ob bie 
Sßörter, bie er gebraucht, beutfd) finb ober einer 
fremben 8prad)e angehören, oermag er nid)t %u be* 
urteilen, $n Seipgig ift 93. bem (leinen §anb* 
roerfer unb Krämer, bem untern Beamten, bem 
ßutfdjer, bem ^acfträger, bem Kellner ba§ SBort 
jurücf faft unbefannt. Söemt er§ gebrucft lieft, oer* 
ftet)t erg roofjl, aber feinem 2öortfd)a£e gehört e£ 
nid)t an, er (ennt nur ba§ 2Bortrebuf)r (retour), 
ba§ ift für it)n beutfd)! 6r fagt: id) friege jerm 
§ennd)e reburjr, — fctjiebe mal bie Äarre rebufyr — 
um jel)ne faljrmer rebufyr — 3MHer i§ in feinen 
3efd)äfte rebufyrjetommen (benn aud> in Seiojig 
wirb jefct faft nur nod) jefetjen, jefommen gefaxt). 
(So giebt e3 eine Spenge oon gfrerobroörtem au§ bem 
täglichen ßeben, bie er ganj ridjtig gebraucht bie aber 
eben für irm fo gut roie beutfdje Sßörter finb. Die 
meiften aber gebraucht er f alfdt) ober fjalbfalfd): ent- 
roeber er oerbirbt ober oerftümmelt it)rc gorm, ober 
er wznbzt fie in falfdjer SBebeutung an, ober er oer* 
roedjfelt $roei mit einanber. 

9hm bie mittlere klaffe. $a3 finb bie, bie 
fiel) fo oiel Kenntnis frember (Sprachen (nament* 
lid) be§ 8ateinifd)en unb be§ 3rran$öfifd)en) an* 
geeignet f^ben, bajj fi* oon einer großen 9ln$af)l 



oon ^rcmbroöri »rn bie Ableitung, bie eigent* 
Iid)e Söebeutung fennen, auf biefe Söiffenfcfyaft, 
toenn fte fid) mit bcn unter ifynen ftefyenben oer* 
gleichen, bie ©ratiftf ation unb ©raoitation 
oenoed)fetn, fefyr ftot^ finb unb itjre fyofye SBtlbung 
nun burrf) möglid)ft häufigen ©ebraud) t>on 2r rem ^ 5 
Wörtern an ben £ag $u legen fudjen. 3)iefer klaffe 
gehören bie meiften föaufleute an, audj bie nteiften 
58olf3fd)uttef)rer, bie fict) burd) it)rc <Seminarbilbung 
getoöfynlid) fjod) über bie SJlaffe emporgehoben füllen, 
aber Ieiber aud) ein großer £eü berer, bie ba§ ®p« 
nafium unb bie Unioerfität burcfjlaufen ober fyalb 
burd)Iaufen fyaben, benen aber biefer 93ilbung3gang 
bod) ntd)t ju ber ©eifteSfreifyeit oerfjolfen fyat, baß 
fte bie ©efdjmacftofigteit unb fiädjerlidjfeit unferS 
ftrembrnörterunfugä empfänben. S)a§ ift bie gefäfyr* 
lid)e Sftaffe, unb bie gefctyrltdjften barunter finb 
bie, bie auf bem ®atf)eber fi^en ober oom 3eitung§s 
getoerbe leben. <Sie werfen fid) in bie SBruft unb 
meinen, fie Ratten rounber ma§ gefagt, wenn fie oon 
(ofalem ßonfum reben, ftatt oon Verbrauch am 
Drte, oon einer fubtüen 3)iftinction ftatt oon 
einer feinen Unterfdjeibung! 

Über biefer klaffe aber giebt e3 nod) eine britte. 
($3 ift ein 3*td)ett t)öd)fter unb oomefjmfter Silbung, 
wenn man burd) bie Erlernung frember ©pradjen $u* 
gleid) feine 9Jhitterfprad)e fo fyat befyerrfdjen lernen, 
Da& man bie fremben ^liefen unb Wappen entbehren, 
baft man wirfltd) beutfd) reben fann. 



3nv &afileljvtf 

* 



121» SNP5t«*MPattE?a» 



|(nterfcriiikurtg lies Subjekt* 

ic meiflen 3fef)ler gegen bie grammatifcfye Mid)tig ; 
feit unb ben guten ©efcrjuiacf werben natürlich auf 
bem fdjmierigften Gebiete ber 8prad)e, auf bem be3 
<§a$baue£ begangen. 3unäd)ft foüen <5ubjeft unb 
^ßräbifat, bann Tempora unb SJtobi be3 3eitroort3 
in $aupt* unb ^ebenfä^en in§ s 2Iuge gefaxt werben. 

Wd)t blofc in bem ©eföäftS* unb öriefftil ber 
ftaufleute, fonbern im Jöricffttl überhaupt galten e§ 
oiele nod) immer für ein befonbre3 3 c ^ cn t,on £öf 5 
(icfyteit, ba3 Subjeft id) unb mir 31t unterbrüefen. 
ftaufleute fd)reiben in itjren ©efc^äft^an^eigen: fttfteit 
unb Tonnen nehmen $um Selbftfoftenpreife jurürf, 
aber aud) gebilbete Qftauen unb SJtäbdjen, benen man 
etroaS beffern ©efdjmarf jutrauen follte, fdjreiben: 
oorige SBo^e fjabe mit s $apa einen Söefud) bei iH.S 
gemacht. 

2Öenn man jemanb feine £>od)ad)tung unter am 
berm aud) bur<$ bie (Spradje bezeugen will, fo ift 
ba§ an ftd) gar md)t fo übel. 3lber vernünftiger* 
meife fann e§ bod) nur baburd) gefcf)ef)en, ba& man 
bie ©pradje fo forgfältig, fauber unb richtig betjan* 
bett, al§ e3 irgenb mögtid) ift, aber nid)t burd) äufter* 
lid)e 9flitteld)en, roie gro&e 9lnfang3bud)ftaben (3)u, 
5) ein), gefugte SöortfteUung, bei ber man ben 
angerebeten möglid)ft weit oor=, fid) felbft aber mög= 
ltdjft weit f)iuterfteat (fo bitte (Sw. 2Bol)tgeboren 
infolge unfrer münblidjen Sßerabrebung id) gan$ er* 
gebenft), ober gar baburd), bafj man ben gramma* 

9 




tifd)cn Selbftmorb begebt, mie e§ ^ean s $ au * 9 Ci 
nannt h ar / id) ober mir megjulaffen. derartige 
Sd)er$e fd)leppen fid) au§ alten SörieffteHern fort, 
füllten aber bod) in nnfrer 3 e ^ enblid) übermum 
ben fein. 

Sie 2tu*|tattuna. mar eine glänitnfc 

©ine p^lic^e Slngemohnhett, bie in nnferm Sat^ 
bau eingeriffen ift, ift bie, ba§ ^ßräbifat, wenn e§ 
burd) ein Qlbjeftioum gebilbet wirb, nid)t, rote e§ bod) 
im $eutfd)ert ba§ eingig rid)ttge unb natürliche ift, 
in ber unfleftirten, präbtfatioen ftoxm hinschreiben, 
5. S8.: ber Hergang ift fel)r einfad), fonbern in ber 
fleftirten, attributioen 3r° rm ' a ^ °& man öa ^ ® UDs 
jeft nod) einmal ba$u ergänzen follte: ber Hergang 
ift ein f et) v einfacher (nämlich Hergang). @§ ift 
ba3 md)t btoft ein funtaftifcher, fonbern gerabe^u 
ein logifcr)er fehler, unb bafc man ba§ gar md)t 
empftnbet, ift ba§ befonber§ traurige brau. 

(Sin 5lbjeftio im ^ßräbifat $u fleftiren ^at nur in 
einem fjalle Sinn, nämlich roemt ba§ Subjeft burd) 
b : e 9Iu§fage in eine beftimmte klaffe ober ©orte ein- 
gereiht roerben fofl. SBenn man fagt: biefe gan$e 
ftrage ift eine rein äftr)ctifct)e — ber ©enufc baoon 
ift mehr ein finnlidjer, fein rein geiftiger — 
bie ßirfd)e, bie id) gepflüeft habe, mar eine faure 
— ba§ Regiment bort ift ein preufcifd)eg — bie 
$8afe, bie er verbrochen h«t, mar eine fchroarj* 
figurige — ba3 ©yemplar, ba§ id) belogen tyabe, 
mar ein gebunbne3, fo teilt man bie fragen, bie 
©enüffe, bie $trfd)en, bie Regimenter, bie $afen, bie 
©jemplare in oerfd)iebne klaffen ober (Sorten ein unb 
meift ba3 8 ubjeft nun einer biefer Sorten $u. (£3 
märe gan$ itiunöglich, 51t fagen: biefe $rage ift rein 
äfthetifd) ober: ba§ Regiment bort ift preujjifd). 
2)iefe ftirfdje ift fauer — bag fann man mohl uon 
einer unreifen §ü&firfd)e fagen, aber nid)t menn man 
auSbrücfen roitl, bajj bie ftirfd)e $u ber (Gattung ber 
Jauern &irfd)en gehöre. S5a§ unfleftirte Mbjeftiuum 



■ 



alfo urteilt, baS fleftirte forttrt. An ein 6ortiren 
ift aber bod) nid)t $u benfen, roenn jcmanb fagt: 
meine Arbeit ift eine vergebliche getvefen. ®S fällt 
bcm Schreiber bod) nidjt im Traume ein, bic Ar- 
beiten etwa in erfolgreiche unb vergebliche einteilen 
unb nun bie Arbeit, von ber er f pricf)t, in bie Abs 
teilung ber vergeblichen einreiben $u roollen, fonbern 
er nriU einfad) ein Urteil über bie Arbeit auSfprecfjen. 
S)a genügt eS aber bod), $u fagen: meine Arbeit ift 
vergeblich gemefen. 

2)er lebenbigen Sprache ift benn aud) biefe im* 
nötige unb fjäfclidje Verbreiterung beS AuSbrudS 
ganj fremb, fie gehört auSfchließüd) ber s $apierfprad)e 
an, ftellt fid) immer nur bei bem ein, ber bie geber 
in bie §anb nimmt, ober allenfalls bei bem ®e* 
ivohnheitSrebner, ber bereits s $apierbeutfch fprtdjt, 
bort aber aud) regelmäßig; eS ift, als ginge eS gar 
nid)t mel)r anberS. 9flan fefje ftd) um: in jehn 
gällen neunmal btefeS fd)leppenbe fleftirte Abjef* 
tivum, im Alten* unb 3eihmg3beutfch burchtveg, aber 
auch in ber miffenfchaftlichen $)arfteHung unb in ber 
Zählung, ßächerlicherroeife ift baS Abjeftivum 
babei mei't burch ein Aboerbium gefteigert, fobaß gar 
fein 3roeifel barüber fein fann, baß ein Urteil auS* 
gesprochen werben foll. Aber ei wirb nirgenbS mehr 
geurteilt, eS wirb überall nur noch fortirt: bie AuS* 
ftattung ift eine überaus oor nehme — bie Dr* 
ganifation ift eine f ehr ftraff e, f aft militärifche 

— biefe 5 oroerun 9 e * ne burd)auS gerecht* 
fertigte — ber Anbrang mar ein ganj enormer 

— bie Stellung beS neuen 3)ireftorS mar eine 
außerorbentlid) fcf)ivtertge — ift btefeS Ur* 
teil ein begrünbeteS? — in einigen Siefen 
rungen ift bie 93anbbe$eid)nung eine falfche — 
ber (Erfolg mußte von vornherein ein jmeifel« 
l) aft er fein — bie perfönlidje ©elbftänbigfeit mar 
in ber Sdjtveij eine meit größere als in 2)eutfch* 
lanb — bie ruffifdje Sitteratur ift jefct oorroiegenb 
eine fatirifdje — bie Verfrachtung ift eine außer* 
orbentlid) $eitraubenbe unb foftfpielige — 



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biefeä 9Jtertenbilb foH ein wunberthättgeS gc- 
wefen fein — 9lapoleon§ Sage war am 16. Dftober 
eine wenig günftige — leiber ift biefer <Stanb* 
punft ein völlig unburchfüljrbarer — bie wirt* 
fdjaftltd^e Sage ©rtechenlanbS ift eine fehr erfreu* 
tid)e — bie 2lu3ftcf)t auf bie fommenbe (Seffton ift 
eine f ef)r trübe — biefeS ©ebicfyt ift ein bem 
ganzen beutfdjen Söolfe teures (!) u. f. w. (Sbenfo 
bann aud) in ber 9Jtefyr$al)I: bie Meinungen ber 
Sflenfdjen finb fehr oerfcf)iebne — bie ^ßadjtfum* 
men waren an unb für ftd) fd)on §oi)t — bie 
mnthologifchen ^enntniffe ber <5d)üler finb gewöhn* 
Itd) jiemlid) bürftige — id) glaube nicht, bafc 
bic borttgen Söerhältmffe von ben unfrigen fo 
grunbt)erfd)tebne (!) feien. 3ft ba§ ^ßräbifat oer* 
neint, fo i)eifjt e§ natürlich fein ftatt nidjt: bie 
Schwierigfeiten waren feine geringen — bie ßluft 
5U)ifd)en ben einzelnen Stäuben war feine fehr 
tiefe — bie SHüfjrung, bie au§ biefem ©ebtehte 
fpridjt, ift feine erfünftelte — bie ©renje ift 
feine für alle Qzittn beftimmte unb feine für 
äße Orte gleiche — bie Söeaetchmmg war feine 
ganj richtig gewählte. 

$8on bem einfachen mit fein gebilbeten s $räbi* 
tat gef)t aber ber Sdjwulft nun weiter ju ben 
Serben, bie mit boppeltem $lffufatit), einem Objeft§= 
unb einem s £räbifat3affufatu>, t>erbunben werben. 
Slud) ba Ijeijst e3 nur nod): biefen ^arnpf fann man 
nur einen gef)äffigen nennen (ftatt gef)äffig!) 
id) möchte biefen SBerfucf) nid)t al£ einen burd) 5 
au§ gelungnen bezeichnen — id) bin weit ba* 
oon entfernt, biefe Unterfudmng al§ eine ab- 
fchlie&enbe l)in$uftellen — ba§, wa§ un§ biefe 
£age $u unoerge&Uchen mad)t (ftatt unuergefh 
lid)!) — unb paffte: ber angerichtete Schabe wirb 
al3 ein beträchtlicher bezeichnet — abhängige 
Arbeit löft fid) lo3 unb wirb §u einer unabhän- 
gigen (ftatt: wirb unabhängig) — unfre ßenntnt§ 
ber japanifchen ^nbuftrie ift eine triel umf äffen- 
bere unb grünblichere geworben u. f. w. 



188 JSW£J£fc^^fe > 3£^W£ , 3&3ß 



©erobe^u greulich wirb bie ganje (Srfchetnung, 
wenn ftatt be§ 3lbjeftit>§ im ^räbif at ein ^artt^ip 
erfdjetnt, 5. 93. ber £e$t im 9fterfur ift ein von 
Garnier verballhornter (!) — ba§ ganje Ver- 
fahren ift ein burchauS ben ©efetjen mtber* 
fprechenbeS. 93ei bem ^ßarttjtp ber ©egemtmrt 
liegt Ijter ein boppelter ©chroulft oor: ftatt be§ ein* 
fachen verbum finitum miberfprid^tift ba§ ^ßartijtp 
gebraucht: ift miberfprechenb, unb ftatt beS un= 
fleftirten ^artigipS nun roieber baS fleftirte: ift ein 
roiberf prechenbeS. 5Iber gerabe auch foldje 93ei- 
fptele begegnen jefct maffenhaft: baS ©rgebntS ift 
infofern ein t>erfttmmenbe§ — ba bie natürliche 
Beleuchtung bod) immer eine roechfelnbe ift — 
ber Anteil mar ein ben vorhanbnen männlichen 
Seelen entf predjenber — bie 2flache ift eine t>er* 
fchiebenartige,ber 9flangel f elbftänbiger gorf d)ung 
aber ein ftetS roieberf ehrenber — ba§ fd)liefjt 
nicht auS, bafe ber Inhalt ber Sitte ein oermerf* 
lieber, b. h» o^wt magren heften ber ©efeUfdjaft 
nicht entf precfjenber fei (ftatt: uerroerf lief) fei, 
b. f). nicht entfpreche) — im ganzen ift ba§ SBerf 
freiließ fein ben ©egenftanb erfcf)öpfenbe3u. f.ro.*) 

@§ ift fein groeifel, bafc biefe breitfpurig einher* 
ftel^enben ^räbifate jetjt allgemein für eine befonbre 
Schönheit gehalten werben. 2Ber aber einmal auf 
fie aufmerffam gemacht roorben ober von felbft auf* 
merlfam geworben ift, ber müfete boef) jebe ©pur 
r»on Sprachgefühl verloren höben, wenn er fie nicht 
fo balb al§ möglich nrieber abfchütteln wollte. 

täinc Pengc mar aber untren? 
SBenn ba§ Subjeft eines SatjeS burch ein 2öort 
wie 3 a ^/ ^Injahl/ Spenge, SJtaffe, §aufe, 

*) 2)ic lontjeit getjt fo weit, baß man fogar ÄcbcnSartcn wie: 
ba3 ift eine offne ftragc — ba§ ift ein frommer SBunftf) 
nu§cinanbcracrrt , ba« fcaitytwort tn8 «uojeet 6vtngt unb f treibt : 
bie grage, ob baö SMert fortgefefct werben foUtc , war lange Seit 
eine offne — btefev Söunfdj wirb wnfil ewig ein frommer (!) 
bleiben. 



JHeifye u. äfynl. gebilbet rotrb, fo wirb fctjr oft im ^ßxä- 
bifat ein gehler * m Numerus gemacht. 3 U a ^ cn 
biefen Söörtern fann nämlich ein abhängiger ©enetio 
treten: eine gro&e Sflenge t»on Sftenfchen, aber 
auc^ e *u frei angefdjloffener Sftominatio: eine grofre 
SJtenge Httenfchen; bie eine Söerbinbung ift fo gut 
unb fo richtig roie bie anbre. 9htn ift flar, ba£ in 
bem zweiten galle ba§ Sßräbifat in ber Mehrzahl 
ftefjen muj; ber 3 u fafc 9ftenfd)en tritt ba fo in 
ben ©orbergrunb, bafj er für bie Söahl be3 Numerus 
im s ßräbifat entfcheibenb ift. (Sbenfo flar aber ift, 
bafj im erften ftallc ba3 ^räbifat nur in ber (£iit< 
3ar)I fielen fann, benn ber abhängige ©enetto oon 
9ttenfchen bleibt im §intergrunbe, unb entfd)eibenb 
für ben 9htmeru§ im s }käbifat fann nur ber Sin- 
gular Spenge fein. 9ftan fann §roar auch zu folcf)en 
Begriffen ba§ s $räbtfat — nach bem Sinne — in bie 
SJlehrjafjl fetjen, aber boch nur, roenn fte allein 
flehen; burcf) ben abhängigen ©enetio wirb ba§ z Us 
fammenfaffenbe, einheitliche in bem begriff Spenge 
fo einbringlich fühlbar gemacht, bafj e§ in hohem 
©rabe ftört, wenn man Säfce lefen mufe, roie: eine 
au§erle§ne 3 a ^ beutfeher ^unftroerfe finb 
gegenwärtig in 8. ju fehen — e§ folgen nun eine 
5lnzar)l oon Sätyen — bagegen werben eine be= 
beutenbe 3lnjahl oon jungen Männern erforber- 
lid) — eine grope Einzahl feiner (Erzählungen 
beginnen mit bem jugendlichen Hilter be§ gelben — 
eine Spenge abroeichenber Beifptele bürfen 
nicht baju oerleiten, bie föegel al§ ungiltig zu be* 
zeichnen — aufjer ben Seen müffen noch eine 
SJlenge fleiner Kanäle benufct werben — in 
fpätern Auflagen ftanben noch eine SHeihe oon 
neuen ©ebicf)ten — faum ein halbe§ $ufcenb ber 
oorzüglichften Dramen finben nachhaltige £eil< 
nähme. $ter überall mufj ba§ ^räbifat in ber (Ein* 
jahl ftehen. 

Umgefehrt finb manche geneigt, alle eingaben oon 
Bruchteilen unb Prozenten als Singulare zu beham 
beln unb zu fdjreiben: bei Aluminium roirb jroei 



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drittel be§ ©emtchtS erfpart — e£ würbe mir 
fünf s $ro$ent ber 9Jtaffe gerettet. .§ier ift ber 
Singular ebenfo falfch, mie in ben uorfyer angeführten 
Beifpielen ber Plural. 

<&s Nitro* fld| 

Beim (Gebrauche ber ßeitroörter fommen in Be- 
tracht bie ©enera (5tfttoum unb s $affioum), bie 
Tempora unb bie 5Jlobi. ^m (Gebrauche ber ©enera 
tonnen geiler faum oorfommen. ©ine ©efrfjmacf* 
loftgfeit ift e§ nur, ein Sßaffitmm von einem refle= 
rtoen 3 e *tmort 3 U bitben: e§ brach ein ©eroitter 
lo§, unb e§ mürbe fid) in ein §au§ geflüchtet — 
mit bem 93efcf)luffe be§ $at§ mürbe fich eint)er= 
ftanben erflärt — über biefe§ £f) ema ift fi<$ in 
päbagogifchen ^ettfehriften roieberholt geäußert 
morben. dergleichen <§ätje follten r)Öd)ftenö im 
Scherj gebilbet merben. 9flan mujj fie ftet§ mit 
£>ilfe be§ 2fürmort§ man umfehreiben. 

gjtrb $tbettn ober tjt aebetttt? 

Zahlreiche grobe SBerftöfre aber merben neuerbtngS 
gegen ben richtigen ©ebraudj ber Tempora begangen. 
©an$ unbeutfeh unb nur eine gebanfenlofe Waty 
äfferei be3 5 ran 3Öfifchen W 3 U f^teiben: bie 
SUtttglieber finb gebeten, pünftlicf) $u erfcheinen. $n 
bem s 2lugenbltcfe, mo jemanb eine berartige $luffor* 
berung erhält, ift er noch nicht gebeten, fonbern er 
mirb e§ erft. 9Jtan fann roohl feberjenb fagen: bu 
bift gelaben, b. h. betrachte biet) hiermit al3 ge- 
laben. 2lber im ©rnfte fann boch bie 9Jhtteilung 
einer Bitte, einer ©inlabung u. f. m. nur burch baö 
s $rafen§, nidht burch ba3 s £erfeftum auägebrücft 
merben. 

Pißbnmnj bt$ Qmpttfekt* 

^m höchften ©rabe mibermärtig unb ein trauriges 
ßeichen ber junehmenben 9lbftumpfung unfer§ ©prad); 
gefühlt ift ein ITtifebraurf) be$ 3mperfeft$, ber feit 



einigen Sahren mit reiftenber Schnelligkeit um fid) 
gegriffen hat. 

$)a§ ^mperfeftunt ift in gutem ©djriftbeutfd) ba3 
£empu§ ber (Stählung. 2öa§ ^ei^t erjagten? 

Sttarianbel fommt meinenb au§ ber SHnberftube 
unb flagt: Söolf fyat mid) gef plagen! 2)ie HThitter 
nimmt fie auf ben ©d)o&, beruhigt fie unb fagt: er* 
äctyle mir einmal, urie§ jugegangen ift. Unb nun 
erzählt Sftarianbel: idj fafr ganj ruhig ba unb 
fpielte, ba fam ber böfe Söolf unb jupfte mid) 
am £>aar it. f. m. 9tttt bem ^ßerfeftum atfo l>at 
fie bie erfte Mitteilung gemacht; auf bie 5lufforbe- 
rung ber 3Jiutter, 311 ergaben, fpringt fie fofort in§ 
^mperfeftum über. 5)a fet)en mir beutlich ben @iim 
be§ 3 m P er f e ^- (fejä^Ieti r)cipt aufzählen. 2)a3 
SBefentlirfje einer (Stählung liegt in bem ©ingefyen 
in ©inaelheiten. $)a§ .omperfeftum bezeichnet alfo 
eine befonbre $arftellungs:form ber Vergangenheit. 
(S§ ift al£ foldje auf 3 fdjärffte unterfd)ieben 0011 
einer anbern $)arftellung§form, nämlich ber blo&en 
SMbung. $iefe mirb burd) ba§ ^ßerfeft au§gebrücft. 

Weiterhin beftet)t nun aKerbing§ aroifchen 3m* 
perfeft unb perfeft auch nod) ein llnterfchteb in ber 
3ettftufe: ba3 gmperfeft ift ba§ SempuS ber 9JHt* 
teitung früher gefcrjefjener $inge, im ©egenfafc §u ber 
Sttitteilung von ©reigniffen, bie ficrj foeben zugetragen 
haben; biefe mirb in ba§ <ßerfeftum gefletbet. 
2öenn td) eine 9ttenfd)enmaffe auf ber Strafe laufen 
fetje unb frage: ma3 giebt£ benn? fo mirb mir ge* 
antwortet: ber 93litj r) a t eingef d)lagen, unb am 
Sttarft ift fjeuer ausgebrochen; b. h» e§ ift ba§ 
foeben gefdjehen. 2öenn id) bagegen nad) einigen 
2öod)en ober 3 a *) ren ^ er oen Vorgang berichte, 
fann id) nur fagen: ber SBlitj fcfjlug ein, unb am 
SJiarfte brach g-euer au 3. 9tur menn id) etroaS, ma3 
mir ein anbrer erjählt fyat, fofort meiter erzähle, ge- 
brauche id) ba§ ^erfeftum. Selbft bann, menn mitS 
ber anbre im ^mperfeft erzählt hat, mit aflen @inje(- 
beiten, meil er! felbft erlebt, felbft mit augefehen 
hatte, fann id) nur im perfeft meiter erzählen. 



Söollte id) aud) im ^mperfeft ersten, fo mü&te id) 
auf bic ftrage gefaxt fein: bift bu benn babci ge- 
roefen? 

2llfo mit bcm $muerfeft wirb erjä^It, e§ ift ba- 
fyer ba§ burd)gel)enbe $empu3 aller Romane, aller 
SRooeüen, afler ©efd)td)t§tüerfe. S)a§ ^erfeftum ift 
ba§ Sempu3 ber 9ttelbung, ber t$atf&$li$ett 2flits 
teilung. 5)iefer Unterfdjieb ift fo mit £änben $u 
greifen, bafc man meinen foüte, er fönnte gar ntd)t 
oemrifdjt roerben.*) 

9hm felje man einmal bie furzen ^Reibungen in 
unfern 3 c ^ un 9 cn an ' öa§ neuefte nom Sage 
bringen, unter ben telegrapfjif djen 2)epefd)en, unter 
ben ©tabtnad)rid)ten u. f. ro. — ift e§ nid)t greulid), 
mie ba neuerbingS ba§ Smperfett mtfibraud)t mirb? 
3)a Reifet e§: 93al)nl)of3tnfpeftor @. in SR. erhielt 
ba3 SRttterfreuj ^weiter klaffe — in ßeibelberg ftarb 
s $rofeffor £ — 9Kinifter fo unb fo reifte feine 
©ntlaffung ein — in $tng§ba mürbe bie ©parfaffe 
erbrochen — ein merfmürbigeS 93ud) erf dtj ien in 
Surin — mann benn? fragt man unroiüfürltd), wenn 
man fo etma§ lieft. 2>u mitlft bod) eine SReutgfeit 
mitteilen unb brüefft bid) au§, als ob bu etmag er- 
$äf)lteft, roa§ oor breifyunbert Qal)ren gefdjefjen märe? 
(Sin merfroürbigeä 93ud) erfdjien in Surin — ber 
<5afc flingt bod), al§ ob er au3 einer $ird)engefrf)id)te 
QtalienS genommen märe. 

@troa3 anbreS ift e3, menn eine 3eitbeftimmung 
ber Vergangenheit fyinjutritt, unb märe e3 nur ein 
geftern; bann fann ber ©atj fofort ben ©fjarafter 
einer bloßen tl)atfäd)lid)en ÜUtittetlung oerliereu unb 
ben ber (5r$äl)lung annehmen. @§ ift ebenfo richtig, 
ju f ^reiben: geftern ftarb l)ier nad) längerer Sirauf = 
l)eit ^rofeffor 3E, mie: geftern ift f)ter nad) längerer 
ftranfljeit s £rofeffor 3E geftorben. 3m jmeiten 

•) Wut ber Sübbeutfdje unb ber Cfterreidjer erjagen im $er» 
frttum (bin td) getoefen — Ijab id) gefagt). Slber ba8 gilt felbft 
bort für einen ^probinjioliSmu« , in bie @d)riftft>rad)e bringt es nictjr , 
l)Öd)ften* in (Sr3äfitiiiigfn, bic eben bic TOunbort nadjottbcii wollen. 



ftaüe mache id) bie einfache Mitteilung einer 9leuig- 
feit, bie $mar, wie id) anbeute, fdjon einige 6tunben 
her, aber bod) immer nod) 9feuigfett ift. $m erften 
pralle er$ät)le id); e§ folgen bann auch geroöhnltd) 
nod) einige nähere Angaben. %tf)lt aber jebe 3 C ^ S 
angäbe, fotl ba§ ©reigni3 f c^lcdt)tr)in gemelbet werben, 
fo ift ber ©ebraud) be§ $>mperfeft§ ein grober 9Jhf}- 
braud). 

$)er fjef)lcr ift aber nidjt auf 3^itung§nad)ric^ten 
befdjränft geblieben ; aud) unfre ©efd)cift3leute 
fd)reiben fd)on, unb jroar immer häufiger, in ihren 
2ln$eigen: id) oerlegte mein ©efdjäft r>on ber 
^ßeterSftrafje nad) ber ©d)illerftraf$e — id) eröffnete 
am 3ohanni§plat} eine jmeite Filiale u. ctyttt. ©ine 
33erlag§bud)l)anblung f d)reibt in ber 3lnfünbigung eine§ 
23erfe§, beffen 9lu§gabe beoorfteht: mir freuten 
fein Opfer, bie ^Huftrationen fo prächtig al3 mög= 
lid) auszuführen; ben ^ßrei§ ft eilten mir fo niebrig, 
baf? fid) unfer Unternehmen in ben meiteften Greifen 
©tngang t»erfd)affen fann. Söann benn? fragt man 
mieber unmiüfürlid). (Sinb biefe ©äfce $8rud)ftücfe 
einer ©elbftbiographie oon bir? er$äf)lft bu mir 
etma§ au3 ber ©efd)id)te beine§ ©efd)äft§? über ein 
33erlag§unternel)men, ba£ bu oor jmanjig fahren 
einmal in bie Söelt gefdjicft Irnft? Ober f)anbelt 
fid)§ um ein $8ud), ba§ eben fertig geworben ift? 
SBettit bu ba§ letjte meinft, fann e§ bod) nur Ijeifeen : 
mir haben fein Opfer gefdjeut, ben ^ßrei§ h ab en 
mir fo niebrig geftellt u. f. m. 

9lber e§ fommt nod) eine meitere Sßernrirrung 
hinju. 2)a§ ^erfeft r)at au&er ber Aufgabe, einen 
Vorgang einfach 3 U selben, auch noch bie, bie 
augenblickliche Sachlage au^ubrücfen, bie burd) einen 
Vorgang ober eine §anblung gefchaffen morben ift. 
3lud) in biefer Sebeutung mirb eä neuerbingS in 
gernbeau ftumpffinniger Söeife burd) ba§ £empu§ ber 
©Zählung ferbrängt $a heifct e§ $. $8.: bie fokale 
g-rage ift ba§ fdntnerigfte Erbteil, ba§ $aifer 2Bit* 
heim oon feinen Vorfahren erhielt (ftatt: erhalten 
hat) bie legten 2Bod)en haben baju beigetragen, 



bajj ba3 Vertrauen in immer weitere Greife braug 
(ftatt: gebrungen ift) — wir beflagen tief, bafj pd) 
fein 2lu3weg finbetl Ii e ^ (ftatt: l)at finben 
laffen) — fein 2Bunber, bafi au§ ben Sßa^len 
foldje (Svgebtriffe l)eroorgingen u. f. w. 2)er le^te 
Sat> Hingt beutlid), al§ wäre er au§ irgenb einer ge= 
fd)id)ttid)en $)arftellung genommen, alg wäre von 
28al)len etwa jum erften beutfdjeu Parlament bie 
SRebe. @§ foUen aber bie legten SReicf)3tag§wal)len 
bamit gemeint fein, bie ben gegenwärtigen 9}etd)3tag 
gef Raffen Ijaben! $a mufi e§ bod) tjeifcen: fein 
2Bunber, baft au§ ben 2öal)len fold)e ©rgebniffe 
hervorgegangen finb, benn biefe ©rgebniffe 
bilben bod) bie augenblidlidje ©abläge. 2lud) biefe 
Verwirrung ift unbegreif lief) ; aber man beobachte 
mir: e3 wirb jefct immer üblidjer, fo $u fcfjretben. 

(£§ fann woljl faum ein 3 lüe ^f e ^ Darüber fein, 
wof)er ber SJlifwraud) ftammt; er ift eine Sttadjäfferei 
be§ (Snglif djen unb ift erft gan$ neuerbing§ mit 
bem lebhaftem betriebe ber englifdjen ©pradje in 
$>eutfd)lanb aufgefommen. 2)er ©nglänber fagt: 
I saw him this morning (icf) tjabe ü)n biefen borgen 
gef eljen) — - I expected you last Thursday (td) Ijabe 
©ie vorigen $)onner§tag erwartet) — Youra I 
reeeived (id) t)abe §§t ©djreiben erhalten) — That 
is the finest ship 1 ever saw (ba§ ift ba§ fd)önfte 
Sd)iff, ba§ id) je gef efyen fjabe). ^afyrfdjeinlid) 
weniger burd) nad)läffige3 Überfein au3 englif cfjen 
3eitungen, <\B burd) fd)led)ten englifdjen Unterricht, 
bei bem auf ben Unterfdjieb ber Sprachen nidjt genug 
fjingewiefen, fonbern gebanfenlo3 wörtlid) überfefct 
wirb, ift ber Sflifwraud) tn§ $eutfd)e f)ereingefd)lcppt 
worben. 2)a$u fommt bann fretlid) unfre finbifdje 
9*ad)al)mung3fud)t. (Sine junge $ame, bie ein paar 
englif d)e ©tunben gehabt hat, einen englif djen Mo- 
ntan gelefen Ijat, mit einer ©nglänberin im 93rief= 
medjfel fteljt, mufs ba§ bod) jeigen; fie fd)reibt in 
ihren ©tiefen, audj wenn fie gar nid)t§ erjählt, 
fonbern blofce Mitteilungen mad)t, nur nod) im 
3mperfeft: teile bir mit, bafj mir geftern nad) 



üJttinchcn reiften unb glücflid) auf amen. So ift§ 
jefct fein. 

Porten 

(Sbenfo fd)limm wie biefe betben, ift aber nun 
noch eine britte Verwirrung, bie auch erft neuerbtngg 
aufgefommen ift, aber auch in furzer Qtit fäoxi 
rtefenhafte gortf dritte gemacht hat: bie Verwirrung, 
bie fid) in bem Söeglaffen be3 ^ßartijip§ wor ben 
im paffiuen ^erfeftum ^eigt. ($3 ^anbelt fid) auef) 
t)icr um eine Vermengung jroei grunboerfchtebner 
Zeitformen, nämlich ber betben, bie man in ber 
©rammatif al§ s ßerfeftum unb al§ Porfectum prae- 
sens bezeichnet. 

3m guten Schrtftbeutfd) nicht nur, fonbern aud) 
in ber gebilbeten Ümgang^fpradje ift bi^er auf§ 
ftrengfte unterf Rieben worben $tt)ifd)en jmei Säfcen, 
wie folgenbe: auf bem Sflarftplafce finb junge 
Stuben angepflanzt worben, unb: auf bem 
Sflarftplatje finb junge fiinben angepflanzt. 2)er 
erfte Satj melbet ben Vorgang ober bie §anblung 
be§ einpflanzend — ba§ ift bad eigentliche unb wtrf= 
liehe $erfeftum; ber jroeite bef ct)reibt ben burch bie 
§anblung bed einpflanzend gefc^affnen gegenwär- 
tigen £uftanb — ip baS, wad bie ©rammatif 
ald Perfectum praesens bezeichnet. Söenn einer im 
ftluf* ertrunfen ift unb nach tagelangem (Suchen 
im Söaffer gefunben wirb, fo fagt man richtig: 
enblich ift bie Seiche gefunben! — bad ift bie 
burch bad ftinben gefchaffne gegenwärtige Sachlage; 
will man aber nach ber bed ftunbed fragen, 
alfo nach bem Vorgänge felbft, fo fann man nur 
fragen: mann ift fle benn gefunben worben? 
(nicht: mann ift fie benn gefunben?) unb geant* 
wortet werben fann bann nur: r»or einer Stunbe ift 
fie gefunben worben, ober: fie ift fcf)on geftern 
3lbenb gefunben worben, ober enblich: fie war 
fchon geftern eibenb gefunben; bad letjte würbe 
nicht ben Vorgang bezeichnen, fonbern audbrüefeu: 
bie gegenwärtige Sachlage beftanb fchon geftern Slbenb. 



§anbette fid)§ um einen befonberS feinen, fchwer 
nad)jufü!)Ienben unb betyalb leicht ju oemrif chenben 
Unterfchieb, fo toäre e3 ja nicht §u oerrounbem, 
wenn er mit ber Qeit oerfchroänbe. 9lber ber Unter* 
fcfn'eb ift fo grob unb fo ftnufätlig, baj$ tlm ber ein* 
fältigfte begreifen mu|. Unb bocf) bringt ber Unfinn, 
eine £anblung, einen Vorgang, ein @reigtri§ al§ 3 U; 
ftanb, al§ Sachlage ^injufteHen, in immer weitere 
Greife unb gilt jefct offenbar auch für fein. Selbft 
ältere Seute, oon fechjig 3«^en unb barüber, benen 
e§ früher nicht eingefallen wäre, fo ju reben, glauben 
bie 9ttobe mitmachen ju müffen unb laffen ba3 
worben je£t überall weg. $n ben 3*üungen fann 
man täglich SJhtteilungen lefen, wie: Dr. Sd). ift 
$um aufeerorbentlichen ^rofeffor an ber Unioerfität 
Seipjig ernannt — bem ftretherrn oon S. ift auf 
fein ©efud) ber Slbfdjieb bewilligt - in §. ift 
eine @ifenbar)nftation feierlich eröffnet — in ^ßrag 
ift ein berliner, ber bie s 2lu3fteflung befudjte, blutig 
gef erlagen — ober Säfce, wie: e§ ift fo oiele§ über 
ben SBert ber $lemmfcf)en Sammlung gefcrjrieben 
unb gefabelt, baj? e§ angebracht ift u. f. w. — bie 
Sftotwenbigfeit einer 5luiber>nung bei ©efd)tchtS= 
unterrichte l)aben bie Sehrer längft anerfannt; wo 
noch nid)t barnacf) geljanbelt ift, liegt e§ an bem 
Langel an 3 e ü — Verhöbe, in ber 9ltebuhr fo 
erfolgreich bie römifd)e ©ef deichte behanbelte, ift 
oon 8tanfe auf anbre ©ebiete auSgebehnt — ein 
Jabrifinfpeftor berichtete, baf? einem Knaben bie 
£anb in bie 9Jcafd)ine geraten unb jerquetfd)t 
mar — man rühmt fich bei ben Sftattonalliberalen, 
bafe über 12000 Stimmen von ihnen abgegeben 
feien — e§ fann nicht geleugnet werben, bafc an 
Söerhefcung geleiftet ift, wa§ möglich mar — roie hätte 
bie fchöne Sammlung $u ftanbe fommen fönnen, wenn 
nicht mit reiben 9Kitteln bafür eingetreten märe? 

doppelt bumm unb greulich wirb ber Unfinn, 
wenn burd) §in$ufügung einer 3 e ü a ngcxbe (!) «och 
befonber3 fühlbar gemacht wirb, bafe eben ber Vor- 
gang, ja bisweilen fogar ein mieberholter Vorgang 



auSgebrürft werben foll, nid)t bie burd) ben Vorgang 
entftanbne Sad)lage. s 3lber gerabc and) biefem Un= 
finn begegnet man täglirf) in 3 e itungen unb neuen 
^üdjern. Sa Reifet e§: ba§ Verbot ber unb ber 
ßeitung ift ^eute wieber aufgehoben (werben! 
mödjte man bem 3eitung§fd)reiber immer $urufen) — 
in ($tfaf?*8otl)ringen finb uor einiger 3 e *t °i e 
©erid)t3fd)reiber in ©erid)t3fefretäre oerwanbelt 
(worben!) — ber Anfang ju biefer Umgestaltung ift 
fd)on cor längerer ^tit gemacht (worben!) — 
uor 3 it> ei $af)ren ift eine neue internationale fri= 
mtnaliftifcfye Bereinigung gegrünbet (worben!) — 
biefe 5 ra Ö e ift fd)on einmal aufgeworfen unb 
bamal§ in uerneinenbem Sinne beantwortet 
(worben!) — oorige 2öod)e ift ein Flügel an= 
gefommen unb unter großen ^Jcterlic^feitcn im $ur= 
faal aufgeteilt (worben!) — aüerbingö ift f)ier* 
au§ oft ein Säbel gegen feine 2Berfe abgeleitet 
(worben!) — in fpäterer 3 e *t finb an biefer 
£rad)t bie mannidjf ad)ften SBeränberungen oor = 
genommen (worben!) — in gotljif d)er 3^it ift 
ba£ Sdjiff ber ftirdje äuperlid) oerlängert unb bretf eitig 
gefd)l offen (warben!) — an ber (Stelle, wo £etl3 
£>au3 geftanben fyaben foll, ift 1522 eine mit feinen 
$f)aten bemalte Capelle errichtet (worben!) — 
am Sage barauf, ben 25. Januar, finb nod) brei 
Statuen ausgegraben (worben!) — jebenfallg 
ift ber Sd)er$ in ftarlSbab bei irgenb einer Ge- 
legenheit aufS Sauet gebraut (worben!) — 
in 8. ift biefer Sage ein ftunftl)änbler wegen *8e= 
trug§ ju fed)3 9flonaten ©efängniS oerurtetlt 
(worben!) — biefe $)inge finb ganj offenfunbtg, 
benn fie finb ljunbertmal befprodjen (worben!) 
— bie ftrage ift, fo oft fie aud) oerljanbelt 
(worben!) ift, nod) nidjt fprucfyreif — bi§ 1880 
ift oon biefer Befugnis md)t ein einziges mal 
©ebraud) gemacht (worben!). 

2öo ber Unfinn fyergefommen ift ? «So fd)nell 
oerbreitet fyat er fief) ol)ne 3 roe ^f c3 t v° n Oerliti au§, 
(eine §etmat aber foü in £>otftein fein, ebenba, wo 



bie Verwirrung oou fort unb weg l)crftammt. 
s 2Ufo wteber ein gan^ gewöhnlicher s ^rooinjialiSmuö, 
unb boch tyält er, aller Vernunft unb aller ßogif 
3 um $rofc, mit einemmale einen (Siege§$ug burch gan$ 
Storb* unb 9ttittelbeutf d)lanb! 2Bo bleibt We ©d>ule i 
thut fie ihre Pflicht ober fcfjwa^t fte ben Unfinn mit? 

gjuroe geboren, mar geboren, t|l geboren 

@ine biographifch e Dfttftettung ift natürlich auch 
eine (Stählung, fann fid) alfo in feinem anbem 
$empu§ bewegen al3 im ^mperfeft. 9lber ber erfte 
Satj, bie ©eburtSangabe, wie ftet>t§ bamit? Soll man 
fchreiben: Sefftng war geboren, Seffing würbe 
geboren ober Sefftng ift geboren? 9llle brei 
s 2luSbrucf3wetfen fommen oor. s 2lber merfwürbtger* 
weife am häufigfren bie falfcfje! ©r ift geboren — 
ba§ fann man boch uernünftigerwetfe nur uon bem 
fagen, ber noch lebt. $en ßebenben fragt man: 
wann bift bu benn geboren? Unb bann antwortet 
er: ich am 23 - SDto 1844 geboren. Von 

einem, ber nicht mehr lebt, fann man wohl am 
Schlaffe feiner £eben3befd)reibung fagen: geftor ben 
ift er am 31. Oftober 1880, wiewohl man bamit 
plötzlich auS ber ftorm ber (Srjählung herausfällt in 
bie ber blofjen thatfäch liehen Mitteilung; aber am 
Anfange ber ^ebenäbefchreibung fann eä boch nur 
heißen: er war ober erwürbe geboren; mit würbe 
üerfe&e ich mich — wag ba§ natürtichfte ift — an 
ben Anfang be£ Lebenslauf e£ meinet gelben, mit 
war r»erfefce ich imc h mitten hinein in biefen Sebent 
lauf. 3»n wieoiel hundert unb taufenb fällen aber 
wirb in 3eitung§auffäfcen, im ftonnerfationgleyifon, 
in ftunft* unb Sitteraturgef dachten, in ber Allge- 
meinen beutfehen 93iogranf)ie u. f. w. bie ©ebanfen* 
lofigfeit begangen, baf$ man oon Verftorbnen 511 er* 
fahlen anfängt, als ob fie lebten! 

guljaltsangaben 

SBenn »iejenfenten ben Inhalt eines DiomanS, 
eiueS erjählenben ©ebid)t3, eines S)ram&3 angeben, 



fo feigen fic uid)t feiten eine mal)rl)aft flägltdje 
£ilfloftgfeit in ber Slnroenbung ber Tempora. 5Kan 
fnnn $jnf)alt3angaben lefen, beren $>arfteüung gnnfdjen 
<Präfen§ nnb ^wperfeft, s $erfeft unb s $lu3quamper- 
feft nur immer fo l)in* unb fyertaumelt. Unb bod) 
ift bie Aufgabe fo überaus einfad) unb leidjt! 28er 
er$äf)lt, bebient fid) be£ ^mperf eft§ ; alle (Sreigniffe, 
bie oor ber $anblung liegen, bie erja^lt nrirb, alfo 
jur fogenannten $8orfabel gehören, werben im 
s $lu3quamperfeft mitgeteilt. ^mperfeft unb s $lu3= 
quamperfeft ftnb bie beiben cinjigen Tempora, bie 
in ben erjäfilenben s 2lbfd)nitten eine§ 9Roman§ üor- 
fommen fönnen. ©anj anberä in einer ^nfyaltS* 
angäbe. $)a§ *Bud), ba§ befprodjen mirb, liegt oor. 
3)a f)at fein anbre§ $empu£ eimaS $u jucken, als? 
ba§ ^räfenS unb baS s $erfeftum, ba§ s £räfcn3 für 
bie ©efdnd)te felbft, ba3 ^erfeft für bie <öorgefd)id)te. 
SBer ben ^nfjalt roiffen roill, fragt md)t: mie mar 
benn bie ®efcfu'd)te? fonbern: mie ift beim bie ®e- 
fd)id)te? Unb anberS fann aud) ber nid)t antworten, 
ber ben $nl)alt bei $8ud)e3 angiebt; er fann nur 
fagen: bie ©efdndjte ift fo, unb nun fangt er im 
*ßrafen3 an: auf einem ©ute in ber Sftdfje oon 
3)an$ig lebt ein alter SRtttmeifter; er l)at früher 
eine ftrau gehabt u. f. tr». $lud) wer in ©efeüfcrmft 
ben 9>nf)alt cine§ @c§aufpiel§ angiebt, ba§ er am 
2lbcnb juoor im Sweater gefefyen l)at, bebient ftd) 
feinet anbern £empu§ unb fann fid) feine§ anbern 
bebienen. 9hir mancfje 3 c ^ un 9 § f^ re ^ cr fd)cinen 
ba§ md)t begreifen ju fönnen.*) 

$elntto|?H?c. S^flrfjer, roelrtif, uiridjf* 

Unter ben Webenfctfcen ift feine 2Irt, in ber fo 
oiele unb t-erfdjiebenartige ftefjler gemalt mürben, 



Den 3n&aU eine* Srama* für* anzugeben, gehört &u ben be* 
liebteften aufgaben für bcutfdjc Äuffäfcc in ben obern ©ijmnajtal» 
flaffcn, unb e* ift ba$ aud) eine ber beften Aufgaben, bei ber ötel 
gelernt »erben fann. 2Bie Diel ärgerltdje Äorreftur aber Tonnte fid) 
ber Sichrer erfaaren, u>enn er bei ber SJorbciüredjung ber Aufgabe 
immer aud) biefe tenqwSfragc grflnblid) mit ben jungen erörterte! 



mie bie 9lcIatiofät3c. grcili^ ift e§ aud) bie am 
häufigften oermenbete 9lrt.' 

©in §auptübel unfrer ganzen üKelatiufafcbUbung 
liegt aunädjft nid)t im ©afcbau, fonbern in ber muffen« 
haften SBerroenbung be§ langweiligen papiernen Oie= 
lattt>pronomen§ melier, meld)e, welches. $a§ 
DJelattopronomen welcher gehört, wie fo t»iele§, au& 
fchltefrtich ber ^ßapierfprad)e an, unb ba fein Umfang 
unb feine ©d)were in gar feinem S8erl)ältni§ 
feiner Aufgabe ftel)t, fo trägt e§ gan$ befonberg 
bei $u ber breiten, fdjleppenben 9lu3brucf3weife unfrer 
heutigen Sd)riftfprad)e. 3>n ber altern Sprache mar 
meld) er (swelhcr) burd)au§ nid)t allgemeine^ SHe* 
latit>pronomen, fonbern nur inbefiniteS SRelatto, e3 be* 
beutete: wer nur irgenb, jeber, ber (quisquis); erft 
feit bem fünfzehnten 3>ahrhunbert ift *3 allmählich 
jum gemeinen SHelatumm herabgefunfen. $lber nur in 
ber ©djreibfpracrje, bie fid) folgern breit unb wid)tig 
auSbrücfen möchte, juerft in Überfettungen au§ bem 
fiateinifdjen; ber lebenbigen ©prad)e ift e3 immer 
fremb geblieben unb ift e3 big auf ben heutigen Sag 
fremb. Äein 2Jtenfd) fpricht meld) er, eg wirb immer 
nur gef ^rieben ! 2Kan beobad)te fid) felbft, man be* 
obadhte anbre, ftunbenlang, tagelang, man wirb bag 
uoöftänbig beftätigt finben. ©g ift galt) unbenfbar, 
bafc fich in freier, lebenbiger föebe, roie fie ber 2lugen* 
blief ferjafft, bag SRelatumm welcher einftellte; jeber* 
mann fagt immer unb überall ber, bie, bag. (£g 
ift unbenfbar, bafi jemanb bei £ifd)e fagte: bie Sorte, 
m eiche mir üort)in getrunfen haben, ober: mir gehen 
mieber in bie 8ommerfrifd)e, in meiere r mir twrigeg 
3ahr gemefen finb.*) %n ftenographifc^en Berichten 



*) 3u roodjenlaugcv »cobadjtung ift es mir miv brcintal üor- 
gefommen, bajs jemanb beim (Sprechen melier brauste. 3)a* eine 
mal Iförtc id}3 in einer 8lujprad)c, bie ein leerer Beamter Ijiclt, unb 
bic ftdjer uirfjt cinftubirt war. Hbcr ber SWnim ljat ben ganten £ag 
Ältcn }u lejcn, fein SBunber, bajs er fdjüefjlidj audj Elften ipridjt, unb 
er fpridjt wirflid) SHten. $cr zweite ftnü erfdjrccfte mid& anfangs 
etwa*: ein fdjUdjterucr unb Itfflidjer junger TOonn (wie ftc öcutjutagc 
immer feltner werben), bat mtd) um ein Eud) unb fing feine 9iebc an : 

10 



über öffentliche ^erfammluugen unb *8erf)anblungen 
fmbct man allerbtngS r>iele Üielatit>fä$e mit meld) er; 
aber barauf ift gar nichts ju geben. $>tefe Berichte 
werben rebigirt, unb mer roeif?, roie niele ber 
babei erft nachträglich in ro eich er t>erroanbelt werben, 
weil man§ nun einmal fo für fd)riftgemäfc fyält! Unb 
bann: Seute, bie oiel öffentlich reben, fprecfjen nid)t, 
mie anbre SORenfchen fpredjen, fie fprecfyen aud), wenn 
fle am SHebnerpulte ftefjen, anber§ al3 in ber Unter* 
Haltung, fie fpredjen mcrjt btoj? für bie 3^tung, fie 
fprechen gerabeju 3eitung, manche fpredjen überhaupt 
nid)t, fonbern fie btftiren gleid)fam bem tyxoto* 
follanten in bie ^eber, bem (Stenographen in ben 
«leiftift. Söenn ber Pfarrer auf ber ßanjel «Relativ 
fä^e mit meld)er anfängt, fo fann man ft eher fein, 
baf? er bie s £rebigt wörtlich aufgetrieben unb au§* 
wenbig gelernt hat; wenn ein fteftrebner aller klugen- 
b tiefe meld) er fagt, fo fann man ficrjer fein, bafc fid) 
ba3 üflanuffript feiner fteftrebe bereite in ber 9te< 
baftion be3 Sägeblatts befinbet. 2öer ben $lu3brucf 
im ^lugenblicfe fd)afft, fagt ber, nicht welcher. 
$arum ift auch welcher in ber 3)ichterfprad)e ganj 
unmöglich; höd)ften3 fd)er$haft, etwa im SBiebermaier* 
ftile, fönnte e§ oerwenbet werben (roie SB. hiet r»on 
biefen, weld)e Wlav unb SWori^ fyiefan). 3 n Stetten, 
mie bei ©oetfje (in ben Söenettamf d)en Epigrammen): 
m eiche oerftohlen freunbtich mir ftreifet ben $lrm — 
ober bei ©chiöer (in @^afefpcare§ ©chatten): ba§ 
grojje gigantifche <§d)irffal, welche 3 ben 9flenfd)en 
erhebt, menn e§ ben äftenf d)en jermalmt — ober bei 
Stiebge (in ber Urania): mir aud) mar ein Öeben 
aufgegangen, weichet reid)bef rannte Sage bot — ift 



föimcii «Sic mir uic^t ein 93ud) empfehlen, in u>cld)em u. f. u>. 911« 
tef) mtcf) aber in bic «Seele bc8 SWenfdjen berfefcte, ber fi$ autobibat-- 
tii'rf) — auö 33ü#ern! — nacrjtrcigttcf) eine geh^ffe ©Übung angeeignet 
Hat, begriff idj aud) biefc* u>e(d)em. Der britte ftaü* ftlmmte mief) 
nur fjeiter. (Sin grifeurgefjilfe f)ielt mir, nmfjrenb er midj unter ber 
Safere fiattc, einen SBortrag über bie befte Pflege ber ÄoVfljaut, mortu 
bieimol toefa^er üorfam! «Ratürlidj war e« bie nitfmenbig gelernte 
(M>raucf)$anu>eiiung jur Scfyoefclpomabe. 



eS überaß nid)t3 als fd)leppenbe3 ^crSfüüfel unb in 
fyofyem ©rabe auffällig. 

ßeiber lernt man in ber @cr)ttle al§ 9telattD- 
pronomen gar nid)t3 anbre3 (ennen al§ welcher. 
s JJtan fd)lag.e eine ©rammatif auf, welche (In'er ift 
e3 am s ßlat$e! benn t)ier fyeifrt e§: wctdje aud) 
immer) man will, eine latetntfdje, eine griedjifdje, 
eine fran$öfifd)e, eine englifcfye: wie ift ba§ SRelatvo* 
pronomen in§ $)eutfd)e überfe^t? 2öelcr)er, n>eld)e, 
weld)e§! 2lllenfall3 fteljt ber, bie, ba§ in klam- 
mern bambzn, al§ ob ba§ bann unb mann einmal 
al§ (£rfafc bafür gebulbet werben fönnte! Unb blieft 
man in bie ^eifpielfätje hinein, bie jur Übung in 
bie frembe (Sprache überfefct werben f ollen, wie 
fangen bie Dfolatiofä^e an? 9Jht melier, welche, 
weld)e§. 9lur ja nid)t mit ber, bereuter fönnte 
ja einmal irre werben! ®aft bie lebenbi^e @prad)e 
eine einzige grofie Söiberlegung biefeS UnftnnS ift, 
fief)t gar niemanb. kein Söunber, bafc ben meiften 
fpäter ba§ langweilige Söort in bie geber läuft, 
fowie fie bie 2r e0ßt * n °* e §ctnb nehmen, ©erabe 
umgefefyrt müfcte e§ fein. $n a Ö en ©rammatif en müfcte 
ber, bie, ba§ al§ tftelatiopronomen ftefyen, baljinter 
melier, meldje, weld)e§, benn btefeS ift bod) ba£ 
traurige Surrogat 9flan benutze in ©otte3 tarnen 
welcher im Unterridjt ein paar 2öocr)en lang at£ 
SBerftänbni3f rücf e ; aber fobalb ber $unge ben $8e* 
griff beS SRelatioS gefaxt f)at, müftte bie krüefe un- 
bebingt weggeworfen unb er wieber auf feine eignen 
©eine gefteHt werben. 2öer einmal auf biefe§ $8er* 
f)ältni3 jwifcr)en ber unb meld) er aufmerffam ge^ 
roorben ober aufmerffam gemalt worben ift, ben 
oerfolgt ba3 meld) er förmlid) beim Sefen, er fteljt 
e3 immer gleidjfam gefperrt ober fett gebrueft, in 
wenigen Sagen fdjon ift e§ ifjm unerträgltd) geworben; 
unb wenn er§ fdjreiben wollte, fäme er ftd) entweber 
gana fd)ulfnabenf)aft oor, ober er fäfje fid) fifcen wie 
einen alten oerfd)leimten 2lftuariu§ mit Sßatermörbern, 
©ornbriOe unb ©änfefiel. Zweiten will if)tn wofjl 
nod) einmal ein wel — au3 ber fteber laufen aber 

10* 



148 



weiter fommt er nid)t, bann wirb e§ ohne ©nabe 
burchgeftridjen unb ber brübergefetjt.*) 

9lber giebt es» benn nicht Salle, wo man welcher 
gar nid)t umgehen fann, wo man e£ ganj uotwenbig 
braucht, um einen f)äjjlid)en ©leicrjflang ju oer= 
meiben? SBenn nun unmittelbar auf ber (qui ober 
cui) ber 9lrtifel ber folgt, unmittelbar auf bie(quae 
ober quam ober quos ober quas) ber s 3lrtifel bie? 
9cifolau§, ber ber *8ater be§ 9lnbreaS gewefen mar — 
eine SBerwanblung, bei ber ber grofte Vorhang md)t 
fällt — bie ^rogefftonöftrafte, auf ber ber s $apft 
$um fiateran ,50g — auf ber SBiefe, burd) bie bie 
©trafce führt - bie «ilbwerfe, bie bie hehre ©öttin 
oerherrlichen — ba§ $au, ba§ ba£ ftahrjeug am 
Ufer hielt — baS ftnb bod) xoofjH ganj unerträgliche 
©äfce, nicht wahr? 3)er Schulmetfter behauptete 
©3 gehört ba§ in ba§ berühmte Kapitel oon ben 
angeblich unfd)önen 2Bteberholungen, oor benen ber 
Unterricht $u warnen pflegt, $ie 2öarmtng ift aber 
fo tt)örid)t al§ möglid), fie ftammt tebiglid) au§ ber 
$lnfd)auung be£ s J$apiermenfd)en, ber bie (Sprache 
nur noch fd)war$ auf wei&, aber nicht mehr mit 
ben Ohren auf $uf äffen oermag. 3)er ^ßapiermenfd) 
üel)t bloj? ba§ boppelte ber ber ober bie "bie, unb 
ba3 flöfet ihm ©ntfetjen ein. 3lber lieg bod) einmal 
folche Sätje laut, lieber ßefer, r)örft bu nichts? Qd) 
benfe, e3 wirb bir aufbäminern, bafj e£ $wei ganj 
oerfchiebne Söörter ftnb, bie hier neben einanber 
ftehen: ein lang unb fchroer gefprodjneS ber (bas 
s cHelatiopronomen) unb ein rur$ unb leicht gefprochneS 
ber (ber $lrtifel). 2BaS man hört, ift: beer br. 
gebermann fpricht fo, unb feinem 9Jcenfd)en fällt e§ 

•) SBer fernen unb grünblidj uou tu eitler geseilt fein tuitl , ber 
lefe einmal ein paar ©latt in ber ©iograpljtc S*tlIcrS uon 
TOinor. Der eintönige Safcbau biefeß bieten, breiten ^nd)c* fennt faft 
feine aubern 9kben|ä$c als «elatibfäfrc , unb alle fangen fie mit 
meld) er an, auf einer Seite mandjmal ad)t, *efjn, aroölf! 9ciir ganj 
rrrcinjclt. offenbar wenn einmal eine «Stelle au& einem aubern $ud}c 
entlehnt ift. wo jufällig ber geftanben fiatte, läuft ein ber mitunter. 
Sonft tuclrfjcrt r? burd) ba« gnnje Surf) — c3 ift fürchterlich ! 



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&&&&&&&&&& 149 &£&&t&?mtnxäk&>&& 



ein, baxan Anftoß $u nehmen; warum foU man nur 
nid)t fo fdjreiben? Aberglaube, bummer Aberglaube! 

gas unb um* 

(Sin garftiger greller ift e§, ftatt be3 relativen 
ba§ $u fdjreiben wa§, wenn fiel) ba3 Dielatioum auf 
einen beftimmten einzelnen ©egenftanb bejiet)t, 
$8.: ba§ §au§, wa3 — ba§ *8ud), wa3 — ba§ 
ßtel, wa3. 3)ie ntebrige Umgang3f»rad)e brücft 
fid) $war oielf ad) fo au3, in ber guten ©cfjriftfpradje 
aber ift wa£ al§ SMatioum auf gan-$ beftimmte %äUt 
befrf)ränft; e§ barf nur f)inter fubftantiuirten ftür* 
mortem, 3^^örtem unb (§tgenfd)aft$mörtern ftefjen, 
5. $8. ba§, wa3 — oiele§, wa§ — alle3, wa§ — 
ba3 wenige, was - ba§ einzige, wa§ — ba§ 
meifte, wa§ — ba§ gute, wa§ — ba3 befte, 
wa§ u. f. iü. ftreilid) gehört e£ eigentlich aud) ba 
nid)t t)in, e§ f)at fid) aber ba feit alter $ett fo feft= 
gefegt, baß e3 je^t bort gerabeju für ba§ regelmäßige 
gelten muß; e§ erfcr)eiut gefudjt unb gegiert, 51t 
fdjreiben: ba§ wenige, ba§ — ober gar: ba§ 10 e = 
nige, ro der) e§ gremanbo $u fingen l)at. $ n Einern, 
8at>e mie: e§ ift fein freunbtid)e3 $Hlb, mag ber 
Söerfaffer oor un§ aufrollt — mirb nid)t ganj beut* 
ltd), ob fid) iü a§ auf *8ilb be$ief)en foll, man fönnte 
ben SRelattofatj aud) aU ©ubjeftöfa^ auf f äffen: ba3, 
wa3 ber SBerf affer oor un§ aufrollt, ^n biefem ftalle 
märe natürlich wa3 richtig, im anOern müßte e3 
unbebingt ba§ Reißen. 

$UU, uro, marin, womit, wobri 

2)aß s <ßrapofitionen in SBerbinbung mit bem 9ie= 
latiopronomen burd) bie l)ü&fd)en relatioen Aboerbia 
worin, worauf, womit, wobei, woran, wo = 
für u. f. 10. erfe^t toerben fönnen unb in ber leben- 
bigen Sprache fcr)r oft erfefet werben, wenn fid) 
ba3 SRetatioum auf eine <Sad)e (nid)t auf eine 
^erfon!) 3urürfbe$ief)t, baxan benfen beim Schreiben 
leiber bie aHenoenigften, unb wenn fie brau benfen, 



fo getrauen fie fict) feinen ©ebrauch baoon $u machen, 
©in Sörief, worin — eine ftläfyt, worauf — ein 
äfteffer, womit — ein SJttttel, woburd) — eine 
SRegel, wobei — ein ©efrfjenf, worüber — eine 
©efahv, wooor — (aud): ber ©runb, weS^atb) — 
wie wenigen will ba3 jetjt au§ ber fteber! Sie 
halten e§ womöglich gar für falfd). Srgenb ein 
Sdjulmeifter, ber fid) nid)t oom Sateimfchen lo§mad)en 
tonnte, fyat ihnen triefleicfyt einmal bange baoor ge- 
macht, unb fo fd)reiben fie ftetS: neben ber Kirche 
ftefyt ein £urm, in welchem man hinauffahren (atm 

— einzelnen Stäbten gelang e§, 93rütfeu über bie 
Ströme, an welken fie lagen, $u erbauen — biefe 
beiben fünfte finb es;, an welchen ©rimm aufS 
ftremrfte festgehalten t)at — ber innige ^ufammem 
hang, in welkem (Glaube, s Jiedf)t unb Sitte fielen 

— ba§ einfache, fdjmucflofe ©ewanb, mit welchem 
un3 bie Sftatur wie eine Butter umfängt u. f. w. 
9hm gar ba£ einfache n>o: ba3 ©ebäube, wo — ein 
Gebiet, wo — in einer Stabt, wo — in allen fallen, 
wo — eine 2lu§gabe, w o 93. ber Sopran bie SEfte* 
lobte hat), unb t>oUenb§ biefe£ einfache wo oon ber 
3 eil gebraucht: wir gebenden an jene $e\t ber ^u- 
genb, wo wir äuerft autogen — bie (Altern finb ge* 
nötigt, über ben SilbungSgang ihrer ßtnber fchon $u 
einer Qwi SBeftimmungen $u treten, wo beren Ein- 
lagen nod) gu wenig henwrgetreten finb — feit bem 
29. Wläxft, wo bie neue Bewegung begann — feit 
bem %al)xe 1866, wo er fein 2lmt niebergelegt hatte 

— wie wenige getrauen fid) ba§ ju fchreiben, wie 
wenige wiffen, ba£ aud) ba§ grammatifch ganj rid)= 
tig unb hunbertmal fd)öner ift, als ba§ ungefdjidte, 
bem Sateinif d)en nachgeahmte: feit bem 29. 3ftär$, 
an welchem Sage — feit 1866, in welchem 
3ahre — 311 einer 3eit, in welcher u. f. w. $ft e3 
nicht fläglid) fomifch, in einem SD^anuffript fehen ju 
müffen, wie ber SBerfaffer erft gefd)rieben hat: bie 
3)epefd)e gelangte an bemfelben Sage in feine 
£>änbe, al§ u. f. w v bann ba§ al3 auggeftrichen §at 
unb brübergefetjt: au welchem, aber auf ba§ gute, 



cinfadie, natürliche wo nicht oerfallen ift? Unb genau 
fo ift e3 mit wie. $ie 2lrt unb Söetfe, wie — in 
bem ©rabe, n>ie — in jenem Sinne, wie — in 
bem Wlafy, wie — über bie 9iid)tung, wie — wie 
wenige getrauen fid) bag $u fdjreiben! 2)ie alten 
Innungen waren s $robuftiügenoffenfd)aften in jenem 
oernünftigen Sinne, in welchem jcber Staat e3 ift 

— über bie 3lrt unb SBeife, in meld) er bie f oktale 
©efefcgebung oor$ugel)en habe, war man im 3 TOe ^f c ^ 

— fo ift e§ richtig papiergemäfi! 

3)a3 relatioe 5ttwerbtum wo bebeutet feineömegs, 
wie fo oiele ju glauben fd)einen, nur ben Ort, e£ be= 
beutet, wie ba, ebenfo gut auch bie 3 e ^* SRerf* 
würbigerweife fyat man nod) eher ben ättut, 51t 
fdjreiben: bie $e\t, ba al£: bie Qeit, wo. 9Jcand)e 
lieben fogar biefeS ba, fliehen alfo hie* ba£ Stenum* 
ftratio in ber relatioen 33ebeutung oor, währenb fie 
fonft immer welcher für ber fd)reiben. 9lber ba 
als s Jtelatioum flingt bod) Ijeute flopfig; wo ift un§ ge* 
läufiger, ftür in welchem foüte man immer fdjretben 
worin; bei in bem entfteht ber Übelftanb, bafj e£ 
mit ber ftonjunftion inbem (entftanben au§ in bem 
bajj) oerwechfelt werben fann. 2luf bem Rapiere 
natürlich nicht, aber baS Rapier geht un§ auch 9 ar 
nicht! an; beim £>ören fann§ oerwedjfelt werben — 
baS ift ba£ entfdjeibenbe. 

SHedjfel irotfdjen brr uno mcldjer 

Söenn flu einem Söorte $wei (ober mehr) ^elatio- 
fä^e treten, fo halten e§ bie meiften für eine be* 
fonbre Schönheit, mit bem SHelatiopronomen gu 
wechfeln. (£3 ift baä ber einzige $atl, wo fie mit 
9lbfid)t unb SBemufctfein ju bem iHelatioum ber 
greifen, währenb fie fonft, wie bie Sd)utfnaben, immer 
welcher fd)reiben. Qeben £ag fann man Sätje lefen 
wie folgenbe: auf Spaziergängen entftanben bie erften 
3eichmmgen nad) ber Statur, bie ber Söater forgfam 
bewahrte, unb welche bem trefflichen Seefafc ein 93e= 
oautxn entlotften — e3 eröffnete fid) fcier ein völlig 



neue§ ©ebtet, wetcr)e§ man bi§f>er faum geftreift 
fyatte, unb ba§ non felbft ju einer einget)enben (Sr* 
forfcfyung einlub — ba3 $lllegro unb ba§ <5cr)er30 
fanben nid)t ba§ 3ftafc non SBeifatl, welcr)e§ wir 
ermattet fjatten, unb ba§ fte oerbienen — jebe§ 
©runbftücf, n) et er) e§ minbeftenS $u einem ©runbfteuer* 
ertrage twn 200 Sftarf eingefcfjätjt ift, unb ba§ 
minbeften§ einen Sajwert t)on 10000 9ttarf fmt — 
lefyrretcr) ift bie 9Heberfcr)rift burcr) bie ßorrefturen, 
wetcr)e ber ßomponift felbft barin porgenommen r)at, 
unb bie ftcr) nicrjt nur im Zubern einzelner 9loten 
jeigen — e§ f)at ba§ tiefere Urfacfjen, um bie fid) 
ba§ ^ßubtifum freiltcr) mcfjt fümmert, meldte aber 
bie bramatifcr)en $)id)ter beachten foüten — in einen 
weiten $au§flur münbete bie treppe, meiere in bie 
obem (ftoef werfe führte, unb bie man gern al§ 
2Benbettreppe geftaltete — bie efjrwürbigen 3)enf= 
mäter ber $rucftunft, meiere un§ ber 3tltmeifter 
felbft fyinterlaffen (jai, unb bie man mit bem tarnen 
Söiegenbrucfe be,$eid)net — e§ gef)t nid)t an, baft wir 
©ergäben gro£ roac^fen fefyen, bie un3 al§ fcr)wad)e 
ftöpfe erfcfyeinen laffen, unb auf welche bie gftemben 
mit Ringern weifen — e§ mar ein fflang in feinen 
2B orten, w et er) er alle £er$en ergriff, unb bem fte 
gern weiter getauf <f)t fyätten — eine 9Irt rwn ©otte§= 
bienft, ben §err r»on felbft eingerichtet r)atte, unb 
melier barin beftanb — Sluffätje, wetdje bereite in 
oerfdn'ebnen 3 e ^f^) r ^f^ cn erf dn'enen ftnb, unb bie 
burcr) it)re $8ejief)ungen auf ©djwaben $ufammem 
gehalten werben — icr) erinnere mter) einer $onferen$, 
welche in meiner 3lrbeit3ftube ftattfanb, unb bei ber 
e§ faft ben $lnfcr)ein gewann u. f. w. (58 ift fein 
3wetfel: in allen biefen kreiden liegt fein jufätltger, 
fonbem ein abficr)tltcr)er 2öed)fet t>or; alle, bie fo 
Ufjreiben, glauben eine befonbre ftiliftifdje 5etnr>eit 
anzubringen. 

ilber gerabe ba3 ©egenteil ift baS richtige. 9lb= 
gefeljen bat»on, bap in mannen fällen bie äöieber; 
f)otung be§ SMatinpronomenS gan$ überflüffig ift, 
weil bie ftonftruftion biefetbe bleibt, ift e3 gerabeju 



unbegreiflich, tote jemanb in feinem Sprachgefühl fo 
irre gehen fann. 2Benn man an ein Hauptwort jwet 
ober me^r SHelatinfäfte anfd)lte&t, fo ftefyen bod) 
biefe ©ätje al§ SÖauglieber innerhalb be£ <Safy 
gefügeä parallel ju einanber, etwa fo: 

1. fflelatibfafr 

Saum* 

\ 2. Wefatttofafr. 

3öie fann man ba auf ben wunberlichen ©ebanfen 
fommen, biefe beiben parallelftehenben (§ä$e oerfchtes 
ben anfnüpfen $u wollen! 2)a§ natürliche ift e§ bod), 
parallellaufenbe @ä$e auch gleichmäßig anjufnüpfen, 
ja e3 ift ba3 gerabeju notwenbig, bie Abwechslung 
ftört bloß unb führt irre. Söenn ich wft ber lefe 
unb im nachften <5a£e welcher, fo fuche ich unwiü= 
fürlid) bei bem wechfelnben Pronomen auch nach bem 
wechfelnben Hauptwort, unb fehe ju fpät, baß ich 9 e * 
narrt bin. SRit ber nermeintlichen SchönhettSregel 
ift eS alfo nichts, parallele melatiofäfce müffen mit 
bemfelben Relativpronomen beginnen, alfo alle mit 
ber, bie, ba§: eS giebt triele £alente, bie oteUeicht 
nie felbftänbig etwas erfinben werben, bie man baher 
auf ber Afabemie $wecflo3 mit ßompoftttonSaufgaben 
plagt, bie aber beweglich genug ftnb, baS in ber 
ftopirfcfmle erlernte frei umjubilben. SBeldjer, 
welche, w eiche 3 ift auch &tet nöüig entbehrlich- 

($tma3 anbreS ift eS, wenn auf einen Relatiofatj 
ein ^weiter folgt, ber ftd) an ein neues, in bem erften 
Dielatiofatje ftetjenbeS Hauptwort anfchliejjt, etwa fo: 

$au|>tfa$ 

1. «elattofafr 

2. 9te(atü>[a$. 

$ann wechfelt bie ©e^iehung, unb ba hat e§ ja etwas 
für ftch, auch ba§ Pronomen wechfeln ju laffen; bie 
Abwechslung fann ba fogar bie richtige Auffaffung 
erleichtern unb befchleunigen, wie in folgenben Säfcen: 
ftlatuere, bie ben Anforberungen entfprechen, 
welche in Sropengegenben an fte geftellt werben — 
©efefce, bie beftimmte befonbre Organif ationen 



jum (£egenftanbe fyaben, welche nur bei ber fat^o= 
Uferen Äird)e t>or(ommen — bie Söhnen, bic mit 
einer ftänbigen <Sd)ar t>on greunben rechnen (önnen, 
weldje mit liebeoollem ^ntcreffe tfjrer G£nttt>icHung 
folgen — SScrbef f erungen, bie ber 2)id)ter ber 
britten Ausgabe feiner ©ebidjte 311 geben beabfia> 
tigte, meiere er leiber nid)t mefyr erlebte — 9Imeri(a 
gerfällt in jroei §cilften, bie nur burd) eine »er* 
fyältnigmäfng fd)tr>ad)e 93rücfe $ufammenf)ängen, 
welche fid) nidjt $u einem $anbel§toege eignet — 
in bem^aft, ben fjauft mit bem ©etfte ber 95er « 
neinung fdjliefit, roeldjer fid) al§ ber 3 n) ^inߧ- 
bruber be§ £obe§ befennt — e3 fehlte bisher an 
einer 3)arftellung, bie allen $lnf orberungen ent- 
fproerjen fyätte, n> et dt) c an föunftblätter von natio* 
naler SBebeutung ju ftellen ftnb. S)abei empfiehlt 
ftcf)§ übrigeng (au3 rfjntljmifcrjen (Srünben, ber ©tei* 
gerung wegen) ber immer an bie erfte, welcher an 
bie jroette ©teile $u bringen, md)t umge(ef)rt! $lber 
eigentlich nötig ift ber Söecfjfel aud) t)ier nid)t; wa3 
in ber lebenbigen Sprache nid)t mijwerftanben wirb 
— unb ba fällt eS bod) (einem 9flenf djen ein, $u 
med)feln — , roirb roo!)l aud) auf bem Rapiere $u 
uerfteljen fein. 

?4?fld) leiderer uni> wfldjer letztere 

s lhx einen ganzen S^attenfönig oon S)umml)eiten 
rüljrt man mit ber jetjt fo beliebten Söerbinbung: 
meld) er letztere. 5luf bie l)äfjUd)e unorgamfdje 
93ilbung er ft er er unb Unterer — eine (ompara* 
ttt>ifd)e Söeiterbilbung eine§ 6uperlatit»3! — foü 
babei nod) gar (ein ©emict)t gelegt werben, benn ber* 
artige @rfcr>einungen giebt e£ oiele in ber Sprache 
unb in allen (Sprachen, wenn e§ aud) nid)t£ fetjaben 
(ann, bafj man fidE) ba3 fyä&licfye ber formen einmal 
baburd) $um SBenmfctfein bringt, bafj man fid) oor* 
fteÜt, e§ wollte jemanb ber größere, ber (leinftere, 
ber beftere, ber fd)önftere bilben. $iel fdjlimmer 
ift bie unlogifdje 3lmoenbung. 



Söenn ein SRelatiüfal* nid>t auf ein einzelnes #aupt* 
wort, fonbcrn auf eine 9?eif)e non Hauptwörtern, 
jwei, brei, vier ober mefjr folgt, fo ift eS bod) felbft= 
oerftänblicr), baf? ba3 ftelathmm md)t auf bag lefcte 
©lieb ber 9^cif)c f fonbern nur auf bie gan^e Reifte 
belogen werben fann, alfo nid)t fo: 

1. $a_upiu>ort 

2. Hauptwort 

3. r "^ouVt'ib ort 

fonbern fo: 

1. $au»troort 

2^£)Quipnüort _ V- ffictajttofafl 

3. ^aupncort 

2)a3 SHelatiopronomen muß alfo bann in ber 9)lel)r- 
Saf)t ftel)en. (£8 fann nid)t Ijei&en: ßeffing, Gwetl)e 
unb Sdjitler, ber, fonbern nur: ßeffing, ©oetfye unb 
@d)iüer, bie. $a3 füf)lt benn aurf) jeber. 9iun be= 
liebt eä aber bem fd)reibenben bod) oft, nacfybem er 
$wei, brei, nier Hauptwörter auf gejault l>at, gerabe 
über ba3 letzte nod) etwag näf)ere§ in einem <Kelatir<= 
fafc au3$ufagen. ©in blojjeä weldjer — ba3 füljlt 
er — ift gan$ unmöglid); e£ geljen ja brei oorauä! 
s 2lber welcher lefctere ober meld) lefcterer — baS 
rettet! 5llfo: ba3 Söilb ftellt 3ot)anne§ ben Käufer 
unb Den ©f)riftu3fnaben bar, meld) letzterer oon 
bem Käufer in bie SÖelt eingeführt mirb — ben 
fmnb$eicr)nungen liegen Briefe bei t>on fiubmig uon 
SBaiern, Otto non ©riecr)enlanb unb grtebrid) 2öil= 
beim IV. , meld) le^tcrer bem ftünftler fdvreibt — 
einen |>auptartifel be£ SanbeS bilbeten bie Canbeö= 
probufte, roie Kobalt, Söein, Seinwanb, £ud), meld) 
lefctere§ 'alterbingS bem nieberlänbif d)en nadjftanb 
- bie Summe be3 Anteil eftuellen im 2ttenfd)en fefct 
fid) aufammen au3 ®eift, $ilbung unb ftenntniffen, 
meldjen l entern aud) bie Söorftellungen $ugejäf)lt 
merben bürfen. 5lüe folctje ^erfnüpfungen finb eine 
grobe 9^ac^läffigfeit. 2öenn ba3 liebe l entere burd)< 
au$ gebraud)t werben foll, fo fann man logifdjer- 



weife nur feigen: von benen ber leitete, alfo: 
Öubmig r»on SBaiern, Otto von ©rtedjenlanb unb 
ftriebrid) Söilljelm IV., von benen ber lefetere bem 
Äünftler fdjreibt. Ober man mufc überhaupt auf 
ben föetatiofa^ Oermten unb mit einem §auptfa$e 
fortfahren. 

9h>d) tofler tft e§ freilich, wenn, tote e3 fo häufig 
gefchieht, meld) letzterer aud) ba gef daneben roirb, 
wo nur ein einziges (!) Subftantioum oorhergefjt, eine 
falfdje 93ejie!)ung alfo ganj au§gefcf)loffen unb 
letzterer ganj überflüfftg tft, $8.: ber s $lan ift ber 
2Öiener gachfchule nachgebilbet, meld) letztere ihn 
fcfjon feit längerer Qeit — ber Urfunbe ift bie 
buxd) ben $8ifd)of oon SÖRerfeburg erteilte SBeftäti* 
gung beigegeben, td el d> letztere aber nid)t§ be* 
fonbre§ enthält — ben gefetjltdjen SBefttntmungen ge* 
ntäft f Reiben oier 9flitglieber au§, roelcf) letztere 
aber mieber roä^lbar finb — bie 2ftenge rietet ftd) 
nach ben Beamten, nid)t nad) bem ®efetj, meld) 
le^tereg fie feiten rennt. SBetd) ein ocrjroulft! 
oier ©üben, mo brei $8ud)ftaben genügen! (£§ greift 
ba§ aber immer meiter um ftd), unb wenn e3 nidt)t 
befämpft nrirb, fo ift e§ gar nid)t unmöglich, baji 
einmal eine $eit fommt, mo ba3 beutfd)e Dielatio* 
»ronomen überhaupt — meld) Unterer Reifet 

3lu&er biefen beiben reinen $ummheit§fätlen gtebt 
e£ aber nun nod) einen britten, ber mer)r ein SBer* 
legent)eit§faü ift. Um ju geigen, nrie er entfielt, 
mag junächft nod) ein anbrer fehler bef prochen 
roerben, unb ^roar folgenber. 

^elatiufä^ an Attributen 

@§ nrirb ein 9ielattofat$ angefdjloffen an ein 
tribut ju einem ^auptmorte, am l)äupgften an einen 
abhängigen ©enetto, $. $8. Söeftellungen auf ba§ 
beittfd^e Söörterbud), ba§ auch lieferungStoeife be* 
Sogen werben fatm - ba£ lefcte Söert 1 be§ ruffifchen 
(Sr^ählerS, ber e§ feiner fjreunbtn $iarbot=©arcia 
in bio fteber btftirte. OefonbcrS ftörenb wirb ber 



157 iak&>m&xät&>?k&>?k& 



fehler, u>enn bie bciben Hauptwörter, bie bem 9ie* 
Iatit>fat3e t>orau3gehen, gleiches ©efd)led)t haben, 5. 93. : 
ber i)irf)ter biefeS 2öeihnad)t§f cher$e§, beroor* 
trefflid) inf$etrirt mar — in einem oertrauten Briefe 
an *Hof egger, mit bem itm innige grreunbfdmft 
uerbanb — 3rlüd)tigfeiten erftären fict) au§ bem för= 
perlicrjcn ßuftanbe be3 BerfafferS, bem e§ nid)t 
oergönnt mar, bie letjte £anb an fein Söerf 51t 
legen - mit $ef)n fahren mürbe id) in bie unterfte 
klaffe ber ftreu&fdjule in $re§ben aufgenommen, 
ber id) bann ad)t $af)re lang al§ @d)üler angehört 
(>abe — nun mürbe ba§ 2) ad) be§ neuen @d)loffe§ 
gerichtet, ba§ man in menigen fahren $u bestehen 
hoffte — be^eidmenb ift fein BerhältniS jum 
©elbe, ba§ er ftetä mie ein armer SWann bet)am 
belte — ober menn fie beibe in ber 2flehraahl ftehen, 
§. 93.: jüngere (Söhne oon Bauernhöfen, bie auf 
ben älteften übergeben — , ober menn ba§ eine 
ein gremtninum ift unb ba§ anbre in ber 9Jtehraaf)l 
fteht, j. SB.: SBinberoalb r)at intereffante urfunblidje 
Mitteilungen au3 ber fyefftfcfyen >$e\t ©d)upp3 ge= 
bracht, bie nod) mannid)fad)er $lufflärung bebarf; 
aurf) in bem testen ftaüe merft man erft ganj am 
Gnbe be§ ©atje$, baf? fid) ba§ SHelatiopronomen auf 
3eit unb nidjt auf 5JHtteilungen begießen foll. 

9ttd)t blofj bann, menn eine falfdje Beziehung 
möglich ift, burd) bie oieüeid)t gar ein fomifd)er 
@inn cntftef)t, mie in ber 3eitung3nad)rid)t: ber linfe 
$lrm be3 SBerf djmunbnen, ber fid) oermutlid) 
herumtreibt, ift gelähmt — , fonbern aud) bann, menn 
burd) ben 2Bed)fel be§ Numerus ober be§ ©efd)led)t§ 
jebe falfdje Beziehung auggefdjloffen mirb, ftnb fold)e 
SBerbtnbungen fehlerhaft. @§ ftnb auch foldje ©ätje 
fd)led)t, mie: in allen £erjen hatten bie lid)tuotlen 
Ausführungen be§ SHebnerS, ber ? ,burd) feinen 
©ifer für bie Sache ber eoangelifd)en Vereine befannt 
ift, einen mächtigen ©inbrutf hinterlaffen. Sie ftnb 
fchledjt au§ einem bnnamifchen ©runbe. (S§ r»erf)ält 
ftch nämtid) mit ber 5lnjiehung§= unb $ragfraft ber 
Wörter ganj ähnlid) mie mit ber be3 Magneten 



©in Magnet trägt ein Stücf (Stfen oon einer gewiffen 
®röf$e recht gut; er trägt aud) noch ein ^weites, wenn 
eS ihm an einer anberu Stelle angehängt wirb. iBer* 
fudjt man aber ba3 zweite an ba3 erfte $u Rängen, 
fo falten fie beibe herab. So trägt aud) ein £aupt= 
wort gan$ bequem ein abhängiges Attribut, einen ab* 
gängigen ©enetir» — ba§ Söort „abhängig," ba£ an 
ben Magneten erinnert, ift oon ber ®rammattf fet)r 
fein gewählt; fowie aber noch etwa§ weitere^ ange= 
hängt werben foü, 5. 93. ein SRelattofatj, fo tarnt bieg 
immer nur wieber unmittelbar an ben 3flagneten 
felbft, b. f). an ba§ tragenbe, nid)t an ba§ abhängige 
ßauotwort gefügt werben. 9Jttt anbern SBorten: 
jeber SRetatiofat), ber auf eine berartige Söerbinbung 
praeter Subftantioa folgt, wirb unwillkürlich hinauf* 
gebogen, t)inaufgeriffen möchte man fagen, an ba3 
erfte ber beiben ©ubftantioa. ®an$ beutltd) merft 
man ba§ beim Sprechen. 2)a§ erfte §auptwort l)at 
ben £on, e§ ftet>t im üßorbergrunbe, e§ (lingt fort, 
flingt über ba§ näd)fte Hauptwort t)inau$, ba§ uit* 
betont im §intergrunbe bleibt. SBeun id) alfo f)öre: 
ber £ob be§ trefflichen Cannes:, bem — fo fann 
mit bem fd)led)terbing£ nur ber &ob gemeint fein; 
wenn nun ber s J*ebner fortfährt: mir fo oiel $u oer* 
banfen ha&en, fo entftel)t Unfinn. dagegen finb fol* 
genbe $8ertnüpfungen uöllig tabelloS: eine Sünbe 
an ber Kultur, bie fid) über furj ober lang rächen 
wirb — Urteile über lebenbe s ^erfonen, bie in 
ben Briefen enthalten waren — eine Sammlung 
oon 2)o(umenten jur ®ef d)id)te ber SBalbenf er, 
bie $)öll Inger im Saufe ber Qeit au ^ italienifc^en, 
fran^öftf djeu unb beutfchen s 2lrd)ioen jufammem 
gebracht hatte. Obwohl in bem legten SBeifptel eine 
Äette oon brei Attributen oon Sammlung abfängt, 
bezieht man bod) unwillturltd) ba3 SKelattopronomen 
richtig auf ba3 erfte 2öort Sammlung. Aber e£ 
braucht gar fein SJttfwerftänbniS möglich &u fein; 
ein fo fdjmereS Safcgtieb wie einen SMatiofafc an 
ein Söort, ba§ felbft getragen wirb, anhängen 3U 
wollen, ift unter allen llmft&nben mißlich — ba3 wirb 



jcber füllen, für ben ber ©atjbau noch etroag mehr 
tft, al§ ein blofceg äußerlichem 3 u f ammcn ^ e ^ men - 

3)a§ fühlen benn aucf) triele. $lber ftatt f cr)terf>aft 
gebaute ©äije roieber au§etnanberzunehmen, glauben 
fte mit einer ©tütje nacf)f)elfen zu tonnen, unb biefe 
©tüfce t>ct^t : letzterer. 9ftan f treibt alfo: bie über* 
mäßigen Aufgaben ber €>cf)auf pieler, ru e t et) letj* 
tere an einzelnen £agen breimal aufzutreten fyaben 
— biefe ausgezeichnete üanbfrfjaft^ftubie au§ bem 
©arten ber 93t IIa SJiebtci, roelcf) letztere ber 
ftünftler eine Qzit * an g bewohnte — eine größere 
SHeihe von 3lbbilbungen fird)ltcr)er ©egenftänbe, 
roelcrj l entere einft im 93eft^ ber SflichaelSfirche 
roaren — bie fjreunbe ber zur 3eit zum §eere ein- 
berufnen ©tubenten, roetch le^tern biefer 3luf= 
ruf nid)t zu ©eftdjte (ommt u. f. n>. fieiber ift biefe 
©tüfce nur eine gebrechliche ftrücfe: ein ftehler 
foll ha^u bienen, einen anbern gel)ler zu verbergen! 

&iner ter frijuriertyltat, bie oörr Her? 

Anberg mirb ber ftatl, wenn ber abhängige ©enetiu 
betont ober fonft roie in ben SBorbergrunb gerücf t roirb, 
Z. 93.: bie $urd)fcf)mtt3bilbung ber (b. i. berjenigen) 
(Stänbe, bie früher bie Präger be3 geiftigen Sebent 
waren. 3)ann erhält er nid)t nur genügenbe ®raft, 
ben SRelattofa^ z u tragen, fonbern e3 fann fogar ber 
gall eintreten, bafc ba3, roa3 foeben al§ ba§ einzig 
richtige f)ingeftellt morben ift, nun feinerfeitä zum 
Segler mirb, §. 93. in folgenben @ä£en: td) mürbe 
ba§ für einen ber r)ärteften Unfälle galten, ber 
je bag 3^enfc^engefrf)led)t betroffen l)at — Seipzig 
ift eine ber wenigen ©rofjftäbte, in ber eine 
foldje Einrichtung noch nicht befteht — ba3 93ud) ift 
eine ber fdjönften ftriminalgef Richten, bie je 
gefchrieben roorben ift — ftlopftocf ift einer ber 
erften, ber bie Nachahmung be§ granzofentumS 
oermirft. ^n biefen fällen, bei bem fogenannten 
partitioen ©enetio, ift baS einer, eine, ein3 
oöllig tonlos e$ ift gleichfam nur ber ©enfel für ben 



abhängigen ©enetir», unb btefer ©enetin ift bag 
£>auptftnmt)ort. (E§ ift aber auch ein logifcher fehler, 
ben SKelatiofafc in folgen gällen an einer angu* 
fchlie&en; benn bie (Eigenfchaft, bie ber 9telatiüfa& 
angiebt, haftet boch nicht blofe an bem einen, au§ 
ber Spenge J)erauggel)obnen , fonbern an aßen, aus 
benen bas eine herausgehoben n>irb. (Es fann unb 
barf alfo nur heifjen: einer ber härteften Unfälle, 
bie je bas SCTCenfchengefchlecht betroffen fyabtn — 
eine ber wenigen ©roftftäbte, in benen (beffer: 
iöo!) eine foldje (Einrichtung noch nid)t beftel)t 

U. f. XV*) 

5rr falfdj fortarf^tr #elaiu>fatj 

©in gemeiner fehler, bem man bei 9Matit>fä£en 
unjähligemal begegnet, ift ber, baft an einen iHela- 
tiofatj ein aroeiter 9lebenfa$ mit unb angefdjloffen 
roirb, roorin aus bem SKelatumm in bas ^emonftra* 
tioum ober in bas s ^erfonalpronomen umgefprungen 
ober fonftmie fct)lubrig fortgefahren mirb, $. 95. eine 
@chrift, bie er auf feine Soften brucfen lieft unb fie 
umfonft unter feinen Anhängern austeilte — ein 
58auer, mit bem ich über fJeneruerfic^exaiTtg^öcf ctl - 
fcrjaften fprad) unb ihm meine SBewunberung biefer 
trefflichen (Einrichtung ausbrücfte — am @d)luffe gab 
f>err 28. (Erläuterungen über bie Sßorjüge ber 9teu* 
flaoiatur, meld) letztere (!) übrigen^ in ber hiefigen 
$tfabemie für $onhmft bereite eingeführt ift unb 
ber Unterricht auf berfelben (!) mit beftem (Er* 
folge betrieben roirb (eine ©atjoerbinbung, bie ben 
JHohrftocf oerbtenteh — er entroenbete t>erfcf)tebne 
®leibungsftücfe, bie er ju ©elbe machte unb fich 
bann r)eimtid) oon tytx entfernte — bie (Seuche, 
an ber zahlreiche ©chmeine ju ©runbe gehen unb 

•) 9cid)t öenoed)icln hiermit ift natürltdj ein f^an nie folgen; 
ber: eine ber grö&ten Sdjtoicrigfcitcn für ba« $crftänbni* 
um'rcr ©oricit, bie metft gar nicfyt gcroürbtgt wirb. $ier nm& e§ 
wirb f)ct&en, benn fjtcr bcjiefct fidj ber 9?c(atiufa^ t^otfdcr)(ic^ auf 
eine; ber Sinn ift: nnb iiunv eine, bie weift gar ni#t geioftr 
bigt wirb. 



bann nod) oermeubet werben — e§ gef)t baä auS 
bcm £eftament fjeroor, ba3 id) abfdjriftlid) beifüge 
unb von fernem 9tad)forf jungen abfegen julÖnnen 
glaube — ein Slugenblict, ben ber SBerfjaftete be- 
nufcte, um $u entweihen, unb big $ur ©tunbe nod) 
nidjt mieber aufgefunben worben ift u. f. w. 

@3 ift flar, bafe burd) unb nur gleichartige hieben* 
fäfce oerbunben werben tonnen. ©el)t alfo ein SRela* 
tiofafc oorauS, fo mufc unbebingt aud) ein SRelatiu* 
fa^ folgen. Stte ®raft ber relativen SBerfnüpfung 
wirft über ba§ unb l)inau3 fort $n bem erftcn 
SBeijpiel mu|B e§ alfo fjeifien: unb umfonft au3= 
teilte — im ^weiten: unb bem id) meine Söewunbes 
rung auSbrücfte. $n öe » übrigen SBeijpielen ift ber 
9lnfdjlujj eine§ ^araüelfafceg überhaupt unmöglid), 
weil ber begriff, ber im ^elatiuum erf feinen müfcte, 
in bem ^weiten <Satje gar nid)t wieberfefjrt; e§ fann 
nur tjeifjen: worauf er fid) fjeimlid) entfernte — 
fo baf* id) abfegen j$u fönnen glaube — ober bie 
©ebanfen müffen gan& anber§ georbnet werben. 9?id)t 
einmal im ©efpräd) foüte man fid) eine foldje 9iad)* 
läffigfeit erlauben, gefdjmeige beim im fd)riftlid)en 
2lu§brucf. 

©ine Slrt oon ©egenftütf $u biefem ftel)ler ift e3 
übrigen^, wenn man einen SRelatiofafc, ber einem 
SRelatujfafce ober irgenb einem anbern STCebenfafce 
untergeorbnet ift, mit unb anfängt, j. $8.: id) teile 
3fmen mit, bafc £err & SBorft^enber biefeS s 2lu^^ 
fdjuffeS ift, unb ber gewtfj gern bereit fein wirb, 
weitere 2Iu§funft $u erteilen. §ier muf3 entweber 
ba§ SBtnbewort unb weidjen, ober ba§ föelatiu* 
pronomen. 

tJrrnadjläfltfluna. be$ #afa*Neri)rel* beim fSdatitium 

©in anbrer, ebenfo gemeiner ftefjler ift e£, wenn 
man $wet SRelatiofätje mit einanber oerbinbet, ofjne 
ba§ SRelatümm ju mieberljolen, obwohl ba§ SRelatio^ 
pronomen in bem einen ber beiben ©ätje Dbjeft, im 
anbent ©ubjeft ift, ber eine alfo mit bem 5llfufatio, 

11 



ber anbre mit bem üflomtnatio anfängt, 5. 93. bie 
bieSjährige fjeftf cfjrif t, bie ©. 93ötticl)er oerfafrt 
hat unb t>on ftleinmichel mit @d)ilbereien oerfehen 
roorben ift — bie Veranlaffung ift bem fleinen ®e* 
bid)t entnommen, ba§ man auf 6« 95 finbet unb 
hier angeführt fein möge. $er fttfyltx gehört unter 
bie zahlreichen Dummheiten, bie baburd) entfielen, 
bafc man ein 2Bort nid)t als etroaS lebenbtgeS, 
ftnn- unb inhaltoolleS, fonbern blofj als eine Diethe 
von $8ud)ftaben auffaßt, alfo roieber burcf) bie ^ßa= 
pierforache. ßefjrt biefelbe SReit)e von SBudjftaben 
roieber, fo glaubt jte ber s $apiermenfcf) bal jroeite* 
mal unterbrücfen ju fönnen, obgleich fie btefeä ^raette* 
mal bod) eine ganj anbre Söebeutung t)aben als ba£ 
erftemal. S)a§ SRelattopronomen mu& in ben an* 
geführten (§ät>en unbebingt roieberholt roerben. 

$riatto(<ri? ßatt eines gauptfalj** 

(Stn britter fehler, ber fcr)r häufig begangen 
roirb, ift ber, bafe ein SRelatiofatj gebilbet roirb, roo 
überhaupt fein SRelatiofafe l)inget)ört, fonbern ein 
£>auptfatj. ©3 l)anbelt ftd) ba um einen groben 
logifdjen SScrfto^. Qfeber ed)te SRelatiofafc giebt eine 
(£igenfd)aft ber ^ßerfon ober @ad)e an, ju ber er 
tritt, er ift gletchfam nur bie SluSeinanberfaltung 
eines Attributs. 9hin fehe man aber folgenbe @äfce: 
ba3 Steigen be§ gluffeS erfd)tt>erte bie Arbeiten, 
bie mit größter Slnftrengung ausgeführt rourben — 
ba§ erfehnte ©lücf fanb er in biefer SBerbinbung 
nicht, bie nach brei fahren mieber gelöft rourbe — 
ba§ Honorar beträgt jährlich 360 3Jlarf, roeld)e3 (!) 
in brei Terminen ju entrichten ift — biefe (Sterät* 
fdjaften oerbienten befonberS bie $8ead)tung ber 
3-ad)blätter, bie fid) bie Veröffentlichung foldjer 
funftgefrf)icl)tlich bebeutenben ©egenftänbe $ur 9Iuf= 
gäbe machen follten — bie SJceifter finb ba§ (£in 
unb 9llle3 ber ftunft, bie in ihren SBerfen unb 
fonft nirgenb§ niebergelegt unb befd)loffen ift — fo 
blieb e§ bei jenen SeilauSftänben, bie fid) noch 



bis $um 4. 9ftai fytitftogett, an welchem Sage ber 
SBorftanb beS SBerbanbeS ben streif für erlofcfjen er= 
Harte u. f. w. 3lße biefe ©äfce erfchetnen wof)l 
äußerlich in ber ©eftalt von SRelatiofätjen, ihrem 
Inhalte nach aber ftnb eS §auptfätje. 5)aS steigen 
eine§ 2tf u ff e ^ fann Arbeiten erfchweren, bie ohnehin 
fdjon fchwer genug waren; baS märe eine ©igen- 
fcfjaft biefer Arbeitern 9lber bafi fte mit größter 
Slnftrengung ausgeführt würben, ift feine (£igenfd)aft 
oon Urnen, fonbern bie grolge baoon, baf? ber %Ivl$ 
ftetgt. @S muß alfo heilen: baS Steigen beS ftluffeS 
erfchmerte bie Arbeiten, fte fonnten nur mit größter 
$lnftrengung ausgeführt werben. Unb fo in allen 
übrigen Säfcen: baS erfehnte ©lücf fanb er in biefer 
JBerbtnbung nid)t, fte würbe nad) brei fahren wieber 
gelöft tu f. w. 

HÄrijbtw — junuü — troljimn — objwar 

Verhältnismäßig wenig fehler fommen in ben 
Sftebenfäijen vor, bie eine 3 e itbefttmmung, einen 
©runb ober ein 3 u 9 e ftänbniS enthalten (Semporais 
fäfce, ftaufalfäfee, ßonaefftofäfce). ^n ben ftaufal* 
fätjen ift cor allem vor einem 9Jctßbrauch ber Äon* 
junftion nadjbem $u warnen. Sftacfjbem tonn 
burd)auS nur % empor alfätje anfangen. bleuer* 
bingS greift , aber ber fehler um ftch — wie eS 
fcheint, oon Öfterreirf) auS — , eS für ba ober weil 
in Äaufalfäfcen ju oerwenben, 3. $8.: Dberftleutnant 
(£. ift r»on ber Slrmee entlaffen morben, nad)bem 
bie Königin feine weitere Sßerwenbung für feine 
$tenfte h at - ®8 ift ba§ wieber nur ein ^rotrinjia* 
ItSmuS, ber in ber guten @d)riftfprache nichts 31t 
fudhen hat. 

©in anbrer fehler, ber jefct in ftaufalfäfcen maffen* 
haft begangen wirb, ift ber, hinter gumat bie £ou* 
junftion ba weggulaffen, als ob jumal felber bie 
Äonjunftion wäre, 3. $8.: ber 3u$ief)ung uon 3rad)= 
männem wirb eS nicht bebürfen, jumal in ber 
Öitteratur einfehlägige SBerfe genug twrhanben fhib. 



3umal ift feine ftonjunftion, fonbem ein s 2lbuer- 
bium; e§ bebeutet ungefähr baSfelbe wie befonberS, 
namentlich, l)at aber nod) eine feine 9iebenfarbe, 
infofern eS, äfjnlid) n>ie oollenbS, nid)t blof* bie 
£>croorf)ebung au£ bem allgemeinen, fonbem aud) 
nod) bie Steigerung auSbrüdt, j. $8.: ba gilt eS, oor* 
ftrfjtig $u fein, $umal im Söinter. ©oll nun, rote e3 
fefyr oft gefd)ief)t, ber in einem Sftebenfat3 auggebrüdte 
®ebanfe in biefer Söeife hervorgehoben werben, fo 
mufj $umat einfach bao ortreten, fobafj ber Sftebenfafc 
nun beginnt: $umal roer, $umal wo, aumal 
meint, ^umal roeil, juntal ba, je nadjbem eS ein 
JHelatiofa^, ein $8ebingung3fat$ ober ein ^aufalfafc 
ift. So menig aber jemanb hinter $umal ba§ wer, 
100 ober mann meglaffen mirb, fo menig fyat e§ 
irgenb roeldje ^Berechtigung, ba3 ba ober roeü ba* 
hinter ju unterbrüefen, unb e3 ift eine 9?ad)läffigfeit, 
ju f abreiben: e3 ift nid)t nötig, fonfefftoneüe Littels 
fdjulen einzurichten, jumal ber Staat baburd) r»iel= 
fad) entlaftet mirb — fcfyltejjlid) liefe ftd) bie 9ln* 
gelegenf)eit uid)t länger auffebteben, jumal fid) bie 
2Iu§fid)t eröffnete u. f. ro. 

9Bte man aber jumal in Stauf alfäfcen jefct mit 
aller ©eroalt jur Äonjunftion preffen möchte, fo oer* 
fud)t man eS aud) immer häufiger mit trofcbem in 
ftonaefftofä^em s 2lber auch ba£ fyat teilte $8ered)ti= 
guitg. iUud) tronbem ift ein ^boerbtum, e$ be* 
beutet baäfelbe roie beim od); foll e§ jur «ilbung 
eines fton$efftofafce§ bieneu, fo mujj e3 unbebingt 
mit bafs oerbunben merben. Qu fd)retben, roie e3 
jet3t fo oft gefd)iel)t: t r 0 13 b e m Ganter ariu3 ben $luf* 
geflärten fpielte — trofcbent bie Arbeiten im ^nnern 
bei £aufe£ nod) nidjt beenbigt finb — trofcbetn e§ an 
3feftlid)feiten nicht mangelte — ift ebenfalls eine 91ad) s 
läffigfeit uub fltngt gerabe^u gemein. 2öir haben 
$ur SBÜbung r>on ftonaeffiofätjen einen roabren iHeid)tuin 
gefälliger unb gefd)inei biger ftonjunftionen: obgleich, 
obfd)on, roenn gleich, roenn aud). $ennt man 
tue gar nicht mel)r, bafe man fie jet3t alle bem ft ein- 
beinigen, fel)lerl)aften trofcbem juliebe oerfd)mäl)tV 



ftreiltd) ftnb alle unfre ftonjunftionen früher ein* 
mal 3lbpcrbia geroefen. s 2lud) inbem, feitbem, 
n albern würben $ur Söilbung von Sftebenfäfeen am 
fang§ nidjt of)ne bafj gebraust: inbem bafc er 
nod) fo fpridjt u. f. w. 9lber we§l)alb f oU man 
md)t einen Unterfdneb bewahren, wo ba§ $8ebürfni§ 
bamad) von fielen nod) gefüllt wirb? muj bie ge* 
meine ©leidjmadjerei überaß Einbringen? 

©ine @Hgentümlid)feit be3 2Biener 2)eutfd) ift e§, 
alle ^on$effu>fät}e mit ob^mar anzufangen, $n 
ber guten ©dijriftfpradje ift ba§, wie alle SluftriajtS- 
men, unau3ftef)lid). 

llnterbrütkumj gitf^eitmortö 

©efjr oerfdjieben ftnb merfwürbigerweife oon jetjer 
bie $lnftd)ten gewefen über ben ©ebraucf}, ba§ £ilf3- 
Zeitwort unb (wa£ gleidj bamit t>erbunben werben 
mag) bie fogenannte Kopula in 9lebenfä£en weg- 
äulaffen, alfo ju f^reiben: ber $8tfd)of mar beftrebt, 
von bem ©influfc, ben er früher in ber ©tabt be = 
feffen (nämlid) Jjatte), mögtidjft tnel guntc^u* 
gewinnen, ber 9*at bagegen trachtete, bie wenigen 
SRedjte, bie il)m nod) geblieben (nämlid) waren), 
immer meljr ju befcr^ränfen — bie Dallas trug einft 
einen §elm, roie au§ ber oben abgeplatteten ftoxm 
be3 ®opfe§ $u erfennen (nämlid) ift) — fo lautet 
ba§ ©djlagmort, womit ba§ ibeale SÖerf begonnen 
(ift? fjat?) — fogar: bie 8ufa§paffion fann nicf)t, 
rote allgemein behauptet (nämlid) wirb), r»on 93ad) 
gefdjrieben fein — ber Urf adjen ftnb mehrere, roenn 
fie audi) fämtlid) auf eine üBhirjel $urüd$uf ütjren 
(nämlid) finb). 

tiefer ©ebraud) r)at eine Verbreitung, wie man 
fie ftd) nur baburd) erflären fann, baft ifjn fiele 
für eine Sd)önl)eit galten unb beSfyalb befonber§ 
lieben. s Jtomanfd)riftfteüer fdjretben faft gar nid)t 
anber§; aber aud) in miffenfdjaftlicfjen, nament* 
lid) in ©efd)id)t§merfen gefd)iel)t e§ maffenl)aft. 
e§ rnufc l)ie unb ba gerabep in Schuten gelehrt 



werben, bafc biefe§ SGBegroerfen beg ^rilfSjeitmorteg 
eine befonbre 3* croe ocr @P*<*d)e fei. Söenigfteng 
mar einmal in einem 9luffatj einer Unterrichtszeit* 
fd>rtft oerächtlid) com „Rattern arftil" bie 9tebe; offen« 
bar meinte ber 93erfaffer bamit bie pebanttfcfje ®or* 
rcftfjctt, bie ba§ !)atte unb mar nid)t opfern roiH. 
$8on altern @d)riftftellern liebt namentlich Seffing, 
au3 beffen (Sprache man fid) bod) fonft bie SJhtfter 

holen pflegt, ba3 2öeglaf[en be§ £ilf§3eitworte§ 
in l)of)em ©rabe, unb 3ean ^ßaul empfiehlt e£ ge* 
rabe$u, biefe „abfcheulichen $Rattenf4n>änje ber 
©pradje" womöglich überall ab$ufd)neiben. 

galten mir un£, wie immer, an bie lebenbige 
Sprache. $f)atfad)e ift, ba& in ber unbefangnen 
Umgang3fprad)e ba§ £ilf§$eitu)ort niemals weg* 
gelaffen wirb. ($3 mürbe al§ arge 3iererei empfun* 
ben werben, wenn jemanb fagen wollte: e§ ift ein 
ganjeS $ahr l)er, baf? mir un§ nid)t gefehen. $n 
ber «Sprache ber 3)id)tung bagegen ift bie Unter* 
brücfung beS ©ilfgjeitmorteg beinahe felbftoerftänbltd). 
ffllan benfe fid), baf? (£l)amiffo§ ftrauenliebe unb 
*£eben anfinge: feit id) ihn gefehen l)abe, glaub 
id) blinb ju fein! %n ber s #rofa fommt e§ nun fcr)r 
auf bie ©attung an. $n poetifcr) ober rebnerifd) 
gehobner «Sprache ftört e§ nicht, wenn ba§ $ilf§* 
$eitmort zuweilen unterbrüdt wirb; in fd)lid)ter 
^ßrofa, wie fte bie wiffenfdjaftliche $)arftellung unb 
im allgemeinen bod) aud) bie @r$ät)lung, bie l)ifto* 
rifdje fowohl, wie ber Vornan unb bie 9tot>eHe, er= 
forbert, ift e§ gerabeju unerträglich. SBer ba§ be- 
streitet, ber §at eben fein Sprachgefühl. SÖer fich 
einmal bie 9ftühe nimmt, bei einem Sd)riftfteller, ber 
bag £>ilf3aeitwort med)anifd) unb au§ bloßer Wn- 
gemohnhett überall wegläßt, nur ein paar $)rucffeiten 
lang auf biefe t>ermeintlid)e (Schönheit $u achten, ber 
wirb balb täufdjenb ben ©inbrutf h^ben, al§ be* 
fänbe er fid) in einem Tiergarten, roo lauter um 
glüdfelige 93eftien mit abgeharften Schwänzen ihre§ 
SBerlufteS fid) fd)ämenb fd)eu um ihn herumliefen. 

©anj unauSftehlid) wirb ba£ Abwerfen be£ #ilf§* 



167 st&>arat^t*g^KPaai 



$ettroorte3, roenn ba§ übrig bleibenbe $ßarti$ip mit 
bem 3nbifatuj be§ SßräfenS gleid)lautet, oljne ba3 
£>ilfg$eitroort alfo ba§ Präteritum vom ^räfen§ gar 
nicfjt gu unterfdjjeiben ift, 93.: in unfrcr $t\t, roo 
bcr Öu$u§ eine fdjrotnbelljafte $öt)e erreicht (näm* 
tief) Ijat) — er ift aucr) bann ftrafbar, roenn er fid) 
nur an ber £l)at beteiligt (nämlid) f)at) — ba§, 
mag ber ©efd)id)tf Treiber geroiffenljaft burd)forfd)t 
(nämlicr) fjat) — au§ allen SBerfen, bie SRanfe oer* 
faftt (nämlidj fyat) — er erinnert fid) ber ftreube, 
bie ifjm fo mancher gelungene SBerfud) oerurfaetjt 
(nämlich f)at) — nad)bem 1631 öaner bie Stabt 
oergebltd) belagert (nämlid) fyatte) — er ©erteilte 
bie 2öaffen an bie Partei, mit ber er fid) be* 
freunbet (nämlid) Ijatte) — ober roenn e§ in jroei 
ober mefjr auf einanber folgenben Sftebenfäfcen oer* 
f einebne ^ilfgjeitmörtet ftnb, bie baburd) oerloren 
geljen, Ijaben unb fein, $8.: eS mar ein glüdlidjer 
(Sebanfe, bort, roo einft ber beutfdje 2)tcrjterfürft 
feinen ftuji f)ittgefetjt (nämlid) l)at), auf bem 
©oben, ber burer) feinen 5luf enthalt gefcrjicrjtlid) ge- 
worben (nämlid) ift), eine 8uranftatt ju errichten 
— mir roiffen, auf meieren SBiberftanb einft ba§ 
Interim geftofcen (nämlid) ift), unb roeldjen £>af* 
ficr) 9Jcelanef)tf)on buref) feine $lad) giebigfeit $u* 
gebogen (nämlid) f) at ) — ba fte ba§ 3fül) rcn ber 
3Dtafef)tne unterlaffen (nämlicr) Ratten) unb auf 
ben ftuferoegen gefahren (nämlid) roaren) — ober 
enblicf) roenn gar oon jroei oerf du'ebnen $ilf§jeit^ 
roörtern ba§ erfte roeggeroorfen, ba3 jroeite aber ge= 
fefct roirb, fobafj man e§ nun unrotflturlicf) auf ben 
erften <§afc mit bejiefjt, 3. 93. : al§ id) bie 3raftnad)t3f piele 
burcrjgelefen unb fcfjltefjlicf) $u bem Sujerner 9teu= 
jafjrSfpiel gekommen roar (alfo aud): buref)* 
gelefen roar?) — feitbem bie <ßf)ilofopl)ie ejaft 
geworben, feitbem aud) fte fid) auf bie Söeobad)* 
tung unb Sammlung oon s ^l)änomenen 0 er legt fjat 
(alfo aud): geroorben Ijat?) — ber SBerfaffer madjt 
SBanquo ben Vorwurf, bafe er niefjt für bie föedjte 
ber @öl)ne 2)uncan3 eingetreten, fonbern 5ftacbetf) 



alg ftönig anerfannt habe (alfo aurf): eingetreten 
f)abe?). 2öie jemanb fo etn»a§ nod) fd)ön ftnben 
fann, ift unfaßbar. 

Selbft in gälten, wo ber nadjfotgenbe £auptfatj 
zufällig mit bemfelben ßeitwort anfängt, womit 
ber Sftebenfatj gefdjloffen hat, ift bag SÖegwerfen beg 
£)ilfg$eitworteg f>ä^Iic£) , 3. $8.: footel befannt 
(nämtid) ift), ift ber 93orftt$enbe ber SBürgermetfter — 
wie ber Unglüdltdje Fnerfyer gelangt (nämlich ift), 
ift rätfelfjaft — alleg, wag bamit gewonnen worben 
(nämtid) mar), mar unbebeutenb gegen bag oer* 
Iome — mer biefen ftorberungen ©enüge geleifte 
(nämlich t)atte), f)atte ftd) baburd) ben Slnfprud) 
ermorben u. f. w. 3 roar nehmen aud) fold)e, bie im 
allgemeinen für Beibehaltung beg §üfgäeitworteg 
ftnb, fjier bag Abwerfen in Sd)u£, aber bodj nur in= 
folge beg roeitoerbreiteten «Sdmlmeifterabergtaubeng, 
baft ein 3öort nicht unmittelbar hinter einanber ober 
fürs l)inter einanber jmeimal gefchrieben werben 
bürfe. @g ift bag eine oon ben traurigen paar fti- 
tiftifdjen ©d)önt)eit§regeln, bie fid) in ber ©dmle oon 
®efd)led)t 31t ©efd)led)t forterben. 5)ie lebenbige 
<Sprad)e fragt barnad) gar nidjtg; ba fetjt jeber olme 
weitereg bag SBerbum boppelt, unb eg fällt nicht im 
geringften auf, fann gar nidjt auffallen, weil mit 
bem erften SBerbum, faft tonlog, ber 9iebenfa§ aug- 
flingt, mit bem jweiten, nad) einer f leinen s $aufe, 
frif cf> betont ber §auptfa1j anhebt. Sie flingen ja 
beibe ganj oerfd)ieben, biefe ^öerba, man traue boch 
nur feinen Ofjren unb laffe fid) burd) ben s $apier= 
menfd)en nidjt bange machen! 

9iur in einem gälte empfiehlt fid)g juweilen, bag 
$>ilf§3eitwort auch in fchtid)ter ^ßrofa weg$ulaffen, 
bann nämlich, wenn in ben Sftebenfafc ein ^weiter 
Siebenfafc eingefd)oben ift, ber mit bemfelben §ilf3- 
jettwort enbigen würbe, ). 58. big bie s ßertobe, für 
bie bag .fterrenhaug gewählt worben, abgelau* 
fen war. £ier würben $wei gleiche- Safcauggänge 
mit war unangenehm wirfen. 2öo bei gehäuften 
Webenfäfcen oer Sfatbrud beg (5d)leppeng entfteht, 



liegt bie 6dmlb niemals an ben |>ilfS$eitiüörtern, 
fonbern an bem ungefdjicften (Safcbau. 

Sie Sitte, ba§ ^ilfgjeitroort in Sflebenfäfcen 
med)anifd) abzuwerfen, muji umfo entfd)iebner al3 
Unfitte befämpft werben, al3 fie bereite einen ganz oer= 
bängmäoollen ©influfe auf ben richtigen ©ebraud) 
ber 9ttobi ausgeübt f)at unb täglid) mef)r ausübt. 
2)af? mandje <Sdjrtftfteller gar feine 2lt)nung mefjr 
baoon fjaben, wo ein ®onjunftio unb wo ein 3nbi= 
latxv zu ftefyen f)at, baft in bem ©ebraudje ber 3Jtobi 
eine gerabeju grauenvolle SBerwtlberung unb $8er- 
roljung eingeriffen ift unb täglid) größere ^ortfetyritte 
madjt, baran ift $um guten £etl ba3 abfdjeulidje 
SBeglaffen ber ^ilfgjeitroörter fdjulb. 2öo foll nod) 
©efüfjl für bie ftraft unb SBebeutung eineä 2flobu3 
berfommen, wenn man jebe§ ift, fei, mar, wäre, 
fyat, fjabe, fjatte, J) ättc am (£nbe eines Sieben* 
fafceS unterbrüeft unb bem Sefer nad) belieben §it 
ergänzen überlädt? 3fn ben meifteu fräßen ift bie 
Unterbrücfung beg ^pilfgaeitroorteS nid)t§ al3 ein 
bequemes SJhttel, fein Ungefd)tcf ober feine Unwtffen* 
fteit zu oerbergen, greilic*) ift e§ bequem, zu fdjreiben: 
bafc oiele ©lieber ber erften ©^riftengemeinbe arm 
gewefen, ift zweifellos, baj* e£ alle gewefen, ift 
fefjr zu bezweifeln, ober: wenn man md)t annehmen 
will, baß ifym feine Genialität geoffenbart, was 
anbre fdjon oorl)er gefunben. Ratten bie, bie fo 
gefd)rieben l)aben, gemußt, bafj e3 fjeifjen mufc: baj? 
oiele ©lieber ber erften (£f)riftengemeinbe arm ge- 
wefen finb, ift jmeifelloS, baß e§ aUe gewefen 
feien, ift fct)r zu bezweifeln, ober: wenn man nid)t 
annehmen miß, bafj tfjm feine Genialität geoffen* 
bart l)abe, wa§ anbre fdjon oorljer gefunben 
batten — fo bitten fie e§ fdjon gefdjrieben. 3lber 
man weijj e3 eben nid)t, unb ba man feine Unwiffen* 
t>eit burd) §ineintappen in ben falfdjen 9flobu3 nid)t 
oerraten möchte, fo I)ilft man fid), fo gut man fann 
man läfct ba3 Zeitwort roeg. 



gnbikatto unb jtonjimktto 

$>te fchtimmfte Söerwirrung be3 ^nbtfattoS unb 
be§ £onjunftit>§ ift in ben fogenannten Snljaltgfäfcen 
(DbjeftS* ober ©ubjeftSfäfcen), unb in bcn abhängigen 
gragefäfcen eingeriffen. Unb boef), wie leicht ift eS, 
bei einigem guten 2öiUen auch {)ier ba§ richtige ju 
beobachten! 

3unäcf)ft unb im allgemeinen ftef)t boch wohl fo 
uiel feft, baf? burd) ben 3nbtfatit> nur &h a *f ac h en 
auSgebrücft werben fönnen, alleg bloft gebaute ober 
oorgeftettte bagegen im Äonjunftir* fte^en mufc. 

S)ie begriffe nun, oon benen 3n^att§fä^e abhängen 
fönnen, jerf allen namentlich in brei ©ruppen. 2)ie 
erfte ©ruppe umfaßt bie, bte ein wtf f en bebeuten, bie 
$weite bie, bie ein glauben bebeuten, bie britte bie, 
bie ein behaupten bebeuten. 3 ur erften ©ruppe ge* 
hören bie 3eüroörter: wiffen, beweif en, geigen, 
fehen, einfehen, begreif en u. a v ebenfo natürlich 
bie oon biefen 3eitwörtent gebilbeten Hauptwörter, 
enblich bie unperfönlichen Lebensarten: e§ ift %f)at* 
fache, e§ ftet)t feft, e§ ift ficher, e§ ift flar, e§ 
ift fein 3^eif el, e§ ift befannt u. f. n>. 

3ur 3 weiten ©ruppe gehören: glauben, meinen, 
benfen, fühlen, annehmen, vermuten, übers 
jeugt fein, hoffen, fürchten, fchliefcen, fol* 
gern, bem eifen wollen, $ubeweifenfuchenu.a* 

3ur britten ©ruppe gehören: behaupten, 
fagen, lehren, erflären, t»erficf)em, beteuern, 
befennen, geftehen, leugnen, antworten, er« 
wibern, einwenben, berichten, erjäljlen, über* 
liefern, erfahren, t>emehtnen, hören u. a. 

$ebe biefer brei 93egriff§gruppen fteht nun $u bem 
Inhalt ber abhängigen @ätje in einem anbem *8er* 
hältntS. *Bon ben Gegriffen ber erften ©ruppe 
fönnen nur ^r)atfadt>cn abhängen. SBiffen fann ich 
felbftoerftänblich nur tyatfatytn. 3öäre, wag ich 
weife, feine Shcitfache, fo fönnte ich e&en nicht 
wiffen. ©benfo ift e§ mit beweifen, einfehen u. f. w. 



2Ba§ id) bagegen glaube, fann eine £f)atfad)e fein, 
aber e§ brauet feine ju fein, id) fann mtd) aud) 
tauften; aber id) bin geneigt *8 für eine £f)atf adje 
nehmen, el ift für mid) eine Üfjatfadje. 93e* 
Raupten enblicf) fann id) alle§ mögliche. Sftatürltd) 
fann aud) ba§, mag id) behaupte, eine Stl)atfad)e fein, 
aber e§ braudjt nod) weniger eine §u fein, al§ ba3, 
n>a§ id) glaube. Äann id) bod) fogar gegen mein 
beffere§ 2öiffen etroag behaupten. 2)er fiügner be* 
teuert, r«erfid)ert oft ba§ gerabe ©egenteil einer 
$f)atfad)e. 

3>n bemfelben $erf)ältnt§ nun, wie biefe brei SBe* 
griffe: roiffen, glauben, behaupten $ur £batfad)e 
fteljen, in bemfelben üttafce rote fie ftd) Don ber £f)at* 
fadje entfernen, in bemfelben 9ftaße entfernen fte fid) 
felbftüerftänblid) aud) com ^nbifatiu unb nähern fid) 
bem ßonjunftto. 

$inter ben Gegriffen ber erften ©ruppe: roiffen, 
beroeifen, jeigen u. f. tt». nmf unbebingt ber ^xx- 
bifatio fielen, ©egen biefe§ ©efefc wirb benn aud) 
t>erl)ältm3mäf5ig feiten oerftoßen. 9tur ganj unflare 
$öpfe ftnb imftanbe, ©ätje ju fd)reiben, roie: .£>amer= 
ling Ijat beroiefen, baf? man al§ 9ltf)eift ein ebler 
unb tüd)tiger 2ftenfd) fein fönne — bie 93efid)tigung 
ber fieidje ergab, bafj e§ ftd) um einen JRaubmorb 
t)anble — fdjon feit $al)ren r)atte fid) f)erau§* 
geftellt, bafi bie SRäume un$ureid)enb feien — e§ 
beftätigt fid), baß ba§ Söerfaljren bemnädjft ein* 
geftellt roerbe — nad)bem ber erfte ©Breden über* 
rounben mar, fallen bie Börner, baß fid) ber 9luf- 
ftanb nid)t bi§ jum SRfjetn au3bef)ne u. f. ro. 

Sßtel nafjer liegt bei ben Gegriffen be3 ©lau* 
ben§ unb be§ $8el)aupten§ bie 2nöglid)feit, um 
niebt ju fagen bie ©efaljr, baß ftd) ber ^nbifatit) an 
bie' ©teile be§ ftonjunftir.3 brängt*) (53 gefd)ief)t 



*) Sebent id) fdjreioc: brängt, bin id? foeben fclbcr btefer ©c« 
faljr eilcgen. Der ©afc enthält nur ettuaS borgeftefltcS ; nber nad) 
meiner (fcrfaljrung ij^ biefe Storftcnimg fo oft jur Xfjatfadje geworben, 
bnfc id) untoinfürlirf) ben Snbifati» t'djreibe. 



bieS nach ben Gegriffen beS ©laubenS ganz regele 
mäßig, nach benen beS Behauptend faft ebenfo 
regelmäßig, roemt ba§ regierenbe 3eitroort in ber 
erften s £erfon unb in ber ©egenroart fteht. $ie Ur* 
fache bat)on liegt auf ber £anb: meinen eignen 
©tauben unb meine eigne Behauptung bin td) ftetS 
geneigt unb fyalte id) mid) ftetS für berechtigt als 
3:^atfad)e l)ht$ufteHen. Steht baS regierenbe geit- 
roort in ber zweiten s Jterfon unb in ber ©egenroart, 
fo fteflt fid) in ber Umgang§fprad)e jroar aud) ge* 
roöhnltd) ber ^nbifatiu ein, benn aud) bie Meinung 
unb bie Behauptung beS 3lngerebeten bin id) meift 
geneigt als ^r)at|adt>e hinzuftellen, aber i)\ex be* 
frembet er bodj fefron ba§ feinere (Sprachgefühl. 9113 
falfch unb nadjläfftg erfcheint ber Snbifatit», roenn 
baS regierenbe Q&tmvd in ber britten Sßerfon fteht, 
al§ ganz unmöglich, wenn e£ in ber Vergangenheit 
fteht, mag e§ als Subjeft bie erfte, bie jmeite ober 
bie britte s £erfon höben. 

9fom nergleid)e man bamit folgenbe ftnhaltSfäfce, 
roie man fte jefct täglich bufcenbroetfe lefen fann: 
ber jugenbliche Sinn roirb ju ber SReimtttg ge* 
nötigt, baß aHeS Sprad)roefen Söillfür unb ©e= 
bächtni^fache ift — roer bie Überzeugung hat, baß 
guteS unb fd)öne3 auch fytute noch gefchaffen roer* 
ben fann — ber Herausgeber ift ju ber Anficht 
gefommen, baß fich biefe Diebe ©iceroS nicht für bie 
Schule eignet — man nimmt an, baß biefer Mit- 
arbeiter ber $L geitttfig ibentifch ift mit u. f. ro. — 
jeber roirb oon einer s ^rioatfammlung, bie in ben 
fünfziger fahren genannt mürbe, annehmen, baß 
fie heute nicht mehr befteht — man fann mit $iem* 
licher ©eroißheit annehmen, baß fid) ßarl 5luguft 
bamalS in Weimar befanb — man ift geneigt, an- 
zunehmen, baß ein roirf licher Vorfall ben Einlaß 
ZU ber 9Jouelle gab — man behauptet, baß baS 
Öateinifche 511 fchroer ift, um als erfte frembe Sprache 
gelernt zu werben - s JEftar£ fagt, baß feine neue 
©efedfehaft ohne bie ©eburtShüfe ber ©eroalt eilt* 
fteht — ber g-rembe, ber bie 3lu?ftettung befud)t, 



wirb fagen, baß e3 ber berliner ftunft an Sdjwung 
unb s £f)antafie gebridjt — von glaub würbiger «Seite 
wirb un3 oerftcfjert, baß bic Stimmung fcf>r flau 
war — bteßegenbe er$äl)lt, bafc, als bic ©reifin nod) 
ein fcfyöneS Sfläbdjen war, fie eine tiefe Neigung 
einem jungen Krieger faßte — in berliner ®ünftler= 
roerfftätten gilt nocq tjetue bie Überlieferung, baft 
SRaucf) nid)t immer ber grofte yjfann gewefen i*t, 
at§ ben ir)n bie -ftacfywelt preift, baf* Steib unb (Sifer- 
fud)t tfjm merjt fremb waren, unb bafj er, folange 
er 9flad)t unb (Sinflufr befafr, niemanb neben ficr) auf * 
fommen Heß u,f. w. $n allen biefen ©ätjen muf 
unbebingt ber ftonjunftto ftefjeu. Unb wenn eine 
$lnnafmte nod) fo wajjrfdjeinlid), eine s 2lnfid)t nod) 
fo einteudjtenb, eine Überzeugung nod) fo feft, eine 
93el)auptung noct) fo breift ift — e£ finD bod) feine 
£f)atfad)en! ©elbft folgenber <5at?> ift nid)t gut: it)m 
ift e§ eine aufgemachte %1)atfad)t, baft aße§ äußere 
©lücf nur bem 3ufatle a u »erbanfen ift; benn wa§ 
nur tfjm eine a^atfadje ift, ba§ ift bod) aud) nur 
eine Meinung. 

9ln fid) $war nidjt fd)limmer, aber bod) boppelt 
anftöfcig ift e3, foldje $nl)alt3fäfce felbft bann nod) in 
ben ^nbifatio $u fefcen, wenn in ben regierenben 
Sätzen bie Meinung ober bie Behauptung, bie brauf 
folgt, au§brürflid) oemeint wirb, al§ falfd), al§ über* 
trieben, al§ unbewiefen ober bergl. hingefteüt nrirb. 
Unb bod) muft man täglicf) aud) foldje Sätje lefen, nrie: 
id) glaube nid)t, bafc ber freie Söille ber ©efcö= 
fd)aft Ijeute fcfyon ftarf genug ift — mir finb nidjt 
ber $lnfid)t, bafj man bie beftebenbe SBelt willfür* 
lief) änbern fann -- e3 fann nid)t zugegeben 
werben, baf* ber grofje 3 U 3 U 8 öcr *8eoölferung bie 
Urfadje ber ftäbtifd)en 2Bol)nung§not ift — mir finb 
nid)t ju ber $lnnai)tne berechtigt, baß er fid) burd) 
bie SERitgift Der grau 511 ber |>etrat bewegen lief* — 
au§ biefev Tabelle läßt fid) f eine3weg§ ber <3d)luf* 
gießen, bafs bie ftoft bürftig ift — bafc ber fo$ia= 
liftifdje $efd)äft§betrteb in biefen ^nbuftrien möglid) 
ift, ^at nod) niemanb bemiefen — id) fannnid)t 



finben, baß SBagnerS 3Jhifif läutert — bie ff. 
3eitung geht ju weit mit ber ^Behauptung, bafe 
bic beiben cortgen ©efftonen be3 ßanbtageS unfrudjt* 
bar gewefen finb — e§ liegt nid)t ber leifefte 9ln- 
t>alt cor, bafj eine neue {Remfton be§ ©efefceS be* 
abfid)tigt ift — id) wiü bamit nid)t fagen, bafj 
bie ©ittlichfett barunter leibet - e$ ift falfd), 
wenn ber Serfaffer behauptet, bafj bie g-ehleTsahl ben 
Sluifchlag bei ber SSerfefcung ber Schüler giebt — 
wir glauben wib erlegt ju ^aben, bafe ber ©djule 
in biefem Kampfe ein Vorwurf $u machen ift — wer 
hat bewiefen, bajj bie ftttliche §öf)e eineä Äünft- 
ler§ ber tunftlerifd)en feiner SBerfe gletchftehen muji? 
u. f. w. $n folgen 3räflen famt ber ^nbifatio felbft 
ba anftöjng erfd)einen, n>o ba§ regierenbe 3eitwort 
in ber erften ^ßerfon fteht 

©djulb an ber traurigen Verrohung be3 (Sprach- 
gefühls, bie fid) in folgen ^nbtfattnen funbgiebt, ift 
jum £eil, wie fdjon gefagt, gewifs bic Unfttte, immer 
bie |jilf Zeitwörter in ben üftebenfäfcen wegjulaffen; 
e£ ftumpft ba§ ba§ ©efühl für bie Äraft unb SBebeu* 
tung ber 9Jtobt fo ab, baf$ man ftd) fdjliefjlid) aud) bann 
nic^t ju halfen weifj, wenn man ba§ SBerbum fefcen 
muj. 3 utn önbern £eil ift aber ftcherlich bie Un* 
fenntniS baran fchulb, welche Äonjunftine unb welche 
3nbifatir»e im ©afcbau einanber entfprechen, b. h- in 
welchen ftonjunftto im abhängigen <5afce ein 3nbt* 
fatio beg unabhängigen SafceS t>erwanbelt werben 
mufj; e§ fcheint ba§ wirf lieh 9 ar mehr gelernt au 
werben. Wlan erinnert ftd) wohl bunfel einer fton* 
jugationätabelle, worin bie ^nbifatioe unb bie 8or\ 
junftioe fo einanber gegenübergefteüt waren: 

ich &in M) fei 

ich "> ar roare 

id) bin gewefen ich fei gewefen 

ich war gewefen ich wäre gewefen 

ober: 

id) nehme ich nehme 

ich nahm id) nähme 



id) habe genommen ich habe genommen 
ich hatte genommen ich hätte genommen 

$lber bap einem biefe ©egenüberftedung au3 ber 
Formenlehre für ben ©atjbau gar nid)t§ Reifen fanw, 
ba§ roeifj man mdtjt. Söenn man anfängt $u pro* 
biren, fo merft man jioar, bafj ber unabhängige ^jaupt* 
fafc: ®arl Sluguft befanb fid) bamalä in SBeimar — 
in abhängiger gorm unmöglich tyifyn fann: baf* er 
fid) bamalg in 2öetmar befänbe; aber auf ba§ rieh* 
tige: bafe er ftd) befun ben habe, oerfällt man eben 
nicht, unb fo beruhigt man fid) beim ^nbifatio. Sie 
©egenüberftellung ber Sftobi für bie 3nf)altSfät3c 
fieht fo au§: 

er trägt bafc er trage ober: ba& er trüge 

er trug ) bafj er getragen habe ober: bafc 

er hat getragen j er getragen hätte 

ich bin bafj ich f« ober: bafe ich ">äre 

ich war |ba| ich geroefen fei ober: bafe 

ich bin geroefen J ich geroefen märe 

2)afj fich gerabe ber ^nbifatio be§ 3mperfeft3 
jetjt fo l)duftg finbet, roo ein ^onjunftio be3 s $erfeft§ 
ober be§ ^ßlu§quamperfeft§ hi n Qehö*t, scigt beutlich/ 
bajj man einen richtigen Äonjunftio in abhängigen 
©äfcen ju bilben ooKftänbig oerlernt hat. 

fPU consecutio temporam 

$)a& ich fei ober: bajj ich märe! Ober — mag 
heifct baS? 3fi e§ gleichgiltig, roeld)e§ oon beiben 
gefegt rotrb? ober richtet ftd) ba3 nach bem 3;em* 
pu§ be§ regierenben §auptfafce§? 2Jctt anbern SBorten: 
giebt e§ nicht auch im 2)eutfcf)en etroa3 ähnliche! roie 
eine consecutio temporum, bie oorfchreibt, bafc auf bie 
©egenroart im $aitptfatje auch M« ©egenroart im 
Sftebenfafce, auf bie SBergaugenheit im £auptfa$e aud) 
bie Vergangenheit im Sttebenfafce folgen müffe? 

©egeben hat e§ fie, aber e§ giebt fte nicht mehr. 
roenigftenS längft nicht mehr in ber alten Strenge. 
$aS Mltbeutfche hat aöerbingS feine ftrenge «oiibc- 



rutio temporura gehabt. 2)iefe hat fid) aber fdjon früh* 
zeitig gelodert, unb jroar tft in ben nieber* unb 
mittelbeutfd)en 2Jhmbarten ber ßoniunftio ber Ver* 
gangenheit, in ben oberbeutfdjen ber ftonjunftio ber 
Gegenwart beoorjugt roorben. S)ort ift bie Ver- 
gangenheit auch nad) £auptfätjen ber ©egenroart, 
^ier bie ©egenroart auch nach ^auetfätjen ber Ver* 
gangenheit oorgejogen roorben. (Sine weitere @nt- 
roicflung3ftufe, in ber wir uns; noch mitten brin be* 
ftnben, ift bie, baf? bie (Sigentümlicfyfeit ber ober= 
beutfdjen 2ftunbarten, bie Veoorjugung ber ©egen* 
wart, roeiter um fid) gegriffen f)at unb augenblicflid) 
mit ber (£igentümlid)feit ber mittelbeutf d)en unb 
nieberbeutfdjen im Kampfe liegt 2Ber in biefem 
Kampfe fdjliefclich fiegen roirb, ift natürlid) nicht gu 
fagen. |)offentlicr) feinS von beiben. 

$)er gegenwärtige @tanb ift ber — roa§ nament* 
Ud) aud) für 2lu§länber gefagt fein mag — , bajj e§ 
in aüen fällen, mag im regierenben (Safce bie ©egem 
roart ober bie Vergangenheit ftefjen, im abhängigen 
Safce unterfd)teb3lo§ fei unb märe, höbe unb 
hätte, geroefen fei unb geroefen märe, gehabt 
habe unb gehabt hätte h^i&en fann. @3 ift gegen* 
roärtig eben fo üblich, $u fagen: er fagt, er märe 
franf — er fagt, er märe franf geroefen — er 
fagte, er fei franf — er fagte, er fei franf ge = 
roefen — roie: er fagt, er fei franf — er fagt, er 
fei franf geroefen — er fagte, er roäre franf — 
er fagte, er roäre franf geroefen. Viele geben 
bem fei oor bem roäre jetyt unter allen Umftänben 
ben Vorzug. $)od) h a * oa $ nidjt bie geringfte Ve* 
redjtigung, e§ ift eben nichts al§ eine augenblirf liehe 
9flobe, bie fo lange für fein gelten roirb, al§ fte oer* 
hältnigmäfcig neu ift. 2öer in allen fällen bem 
roäre ben Vorzug giebt, brüeft fid) ebenfo richtig 
au§. ffien ooHenb3 bie Verwirrung ber Tempora 
in feinem Sprachgefühl uerlefct, roem e3 VebürfniS 
ift, auch ie^t nod) eine orbentlidje eonßecutio tempo- 
rum ju beobachten, ben t)tnbert gar nid)t§, bieg §u 
lhun. $a3 aüe§ ift nun freilich eine SHMUfür, bie ihre§ 



IMMMra*ü*tM***iä 177 &K^Kt^£&^2g*a*ft 

gleiten furf)t. 2lber ber tf)atfäd)ltd)e 3uftanb ift 
jefct fo. 

©lücflid)ertt>eife fjat biefe SSillfür bod) geroiffe 
©renken, unb baß t>on biefen ©renken bic roenig= 
ften eine Slljnung fmben, ift nun nrieber einer ber 
traurigften SBeroetfe oon ber l)errfd)enben Unroiffen- 
Ijett roie oon ber immer mef)r fortfcfyreitenben 2lb= 
ftumpfung unfer§ @prad)gefüi)l§. 

fn unerkennbare $onjunktto 

2)ie eine ©ren^e liegt in ber ©pracfyform unfrei* 
Äonjunftioe. 2)er ftonjunftio be3 ^räfenS I>at näm* 
lid) im 3)eutfd)en nur jroei (ober brei) formen, in 
benen er fiefy oom 3?nbitatiü be§ $räfen§ untere 
f Reibet: bie jroeite unb bie brüte ^erfon be§ <Singu* 
lar (unb allenfalls bie jToeite ^erfon im Plural); 
in allen übrigen formen ftimmen beibe überein. 9hir 
ba3 S^toort f e ^ n mad)t eine 9lu3nat)me, e3 l)at 
einen burd)gefüf)rten Konjunftio be§ s £räfen§: id) 
fei, bu feift, er fei u. f. m. 3)ie formen nun, in 
benen ber ftonjunftio al§ Konjunftio nid)t erfennbar 
ift, weil er fid) oom ^nbifatio nid)t untcrfd)eibet, 
tjaben natürltd) nur tfjeoretif d)en Söert, fte ftetjeu al§ 
ftüllfel in ber ©rammatif (um ba§ *ftonjugation£-- 
fdjema ooöaumac^en), aber praftifdje 93ebeutung 
fjaben fte md)t, im @afcbau müffen fte alle burd) ben 
^onjunftio be3 3 m Pe*feft§ erfe^t werben. 2)a3 ge* 
fdjtefyt benn aud) in ber lebenbigen ©oradje ganj 
regelmäßig, fo regelmäßig, baß eS gerabe^u ein Un* 
fmn ift, wenn unfre ©rammatif en lehren: Conj. praes.: 
id) trage, bu trageft, er trage, mir tragen, 
tfyr traget, fie tragen. Solche ©pradjgefpenfter 
follten gar nid)t in ber ©rammatif fte^en, e§ follte 
einfacr) gelehrt werben: Conj. praos.: id) trüge, bu 
trageft, er trage, mir trügen, tfjr trüget, fie 
trügen. $iefer ©ebraud) ftefjt feit alter $eit fo 
feft, baß er felbft bann gilt, roenn ba3 regierenbe 
9Jerbum in ber ©egenroart ftef)t, alfo — gegen bie 
consecutio tomporum. Unfre guten <Sd)riftfteUer f)aben 

12 



ihn bettn ctud) ftetst aufs genauefte beobachtet. SRid)t 
feiten fpringen fte in einer längern inbirefteu SRebe 
fdjeinbar roiüfürltch arotfchen bem ßonjunftit) beS 
s £räfen§ unb bem be§ ^mperfeftS f)in unb her; ftef>t 
man aber genauer $u, fo fteht man, bafc ba§ ^mper* 
f ef t immer nur ba$u bient, ben ßonjunftw aB folgen 
erfennbar ju machen — ganj roie in ber lebenbigen 
Sprache. 9lun untertreibet ftd) jroar ber ßonjunfttu 
be§ 3>mperfeft§, ju bem man feine 3uflud)t nimmt, 
btöroetlen auch nict)t von bem 3fnbtfattt) be§ 3> m P erc 
feft§. @oroie er aber in ber abhängigen föebe 
^TDtfdjcn erfennbaren ftonjunftioen ber ®egenroart 
unb abroechfelnb mit ihnen erfd)eint, roirb er nie al§ 
^nbifatio gefugt, im ©egenteil, er ift ba ba§ einzige 
9Jctttel, ba3 &onjunfttt>gefühl aufrecht $u erhalten. 
$an$ ba§felbe gilt natürlich von bem Äonjunftio beS 
s }$erfeft3 unb be3 s }Hu3quamperfeft3; ber erfte ift, ab* 
gefe^en von ben jroei erfennbaren formen: bu 
habeft gefagt, er höbe gefagt, für bie lebenbige 
Sprache fo gut roie nicht oorhanben, er mufj überall 
burch ben be§ s ßlu§quamperfeft3 erfefct roerben: ich 
hätte gefagt, mir hätten gefagt u. f. ro. 

9hm vergleiche man mieber bamit bie flägliche 
§ilflofigfeit unfrer s £ap terfpr ad) e! 2)a roirb ge* 
fchrieben: e§ ift eine öüge, roenn man behauptet, 
bafc mir bie $uben nur angreifen, weil fie 3uben 
ftnb. ®§ mu| unbebingt haften: angriffen, benn 
e§ mu& ber ®onjunftiü ftehen, unb ba3 ^ßräfenS an* 
greifen roirb nicht als ftonjunftio gefühlt. 3>n fol* 
genben falfchen *8eifpielen mag ba3 richtige immer 
gleich in Klammern banebengefetjt werben: e3 ift 
ein Irrtum, roenn behauptet roirb, baft ftd) bie QitU 
hierauf t>on felbft ergeben (ergäben!) — roie 
oft roirb geftagt, bafr bie Liener be§ «Staates unb 
ber ftird)e t>on ber Unioerfität nicht bie genügenbe 
Söorbilbung für ihren SBeruf mitbringen (mit* 
brächten!) — roir hören fortroährenb bie &lage, baf? 
unfre 5)id)ter feine fo oolfStümltd) anfprechenben 
$inge an ben Sag bringen (brächten!) roie bie 
fran^öfifchen — von bem ©ebanfen, bafc in Sott) 5 



ringen ä^nlid)e SBerhältniffe oorliegcit (uorlägen!) 
wie in ^ofen, mufc gang abgefeljen werben — e§ 
gtebt noef) ßeute, bie ernftlich ber SJceinung finb, bajj 
bie Sflattonalliberalen 1866 ba§ beutfehe SReic^ haben 
(Ratten!) begrünben Reifen — e3 wirb mir vor* 
geworfen, bafc ich bie urfprüngltche Reihenfolge olme 
hinreidjenben ©runb oerlaffen habe*) (hätte!) — 

®rtmm geht oon ber VorauSfefcung auS, baft id) 
ben Unterricht in ber neuern &unftgefdjid)te an ber 
^Berliner Unwerfttät befrittelt habe (hätte!) — ber 
Verfaffer ift ber SJleimmg, ba§ Verbrechen muffe 
als gefedfchaftliche @rfdj einung betrachtet unb be= 
fämpft werben, gu feiner (Srgrünbung muffen 
(müßten!) bie reichen ©rgebniffe ber ®efeüfd)aft§* 
wiffenfdfjaft berüeffichtigt werben — man behauptet, 
baf* bie Sehren beg £almub oeraltet feien unb 
nicht mehr befolgt werben (würben!) — in bem 
(Gutachten wirb barauf f)ingeroief cn , baß bie (£r= 
hebungen fetjr wenig brauchbare 2lnhaltepunfte 
bieten (böten!) — e§ gefchah bieg auf bag drängen 
einheimifcher Söähler, bie oorftellten, bafj ^ßroteft* 
Programme in ben Dörfern nicht mehr ziehen 
(gögen!) — burch bie «Stäbte unb Dörfer eilte bie 
©chreefen^funbe, bafj Raufen frangöftfeher ftreifchärler 
ben SHhein überf ^ritten haben (hätten!) unb firf) 
fengenb unb bxznmnh über ba§ 8anb ergiefjen (er- 
göff en!) — ich hatte ihm bei ber legten Söefprechung 
gefagt, ich begreife (begriffe!) fehr wohl. ba& 
unfer Verhältnis nicht wieber angefnüpft werben 
fönne u* f. w. 

5)ie Verfaffer aller biefer @ä£e haben ohne 3roeifel 
bie rebliche 9lbfid)t gehabt, einen föonjunftto i)in^ 
fcfjreiben. 9lber fie haben alle jene§ s $apiergefpenft 
erwifcht ba3 in ber ©chulgrammatif, um ba§ ^äftchen 
ber &onjugation3tabette ju füllen, al§ ftonjunftio 
be§ ^ßräfeng ober be§ ^ßerfeft§ figurirt, aber feiner ift. 

(San j entfefclid) $u lefen finb gegenwärtig 3eituug3* 



*) $abe wäre ja ein @iiigeitänbtii3, bnfe ber sßorrourf bcre^tiiu 
H beim e$ fami eben mir al$ 3nbifatto flefilljlt werben! 

12* 



berichte über „ftattgefunbne" Verfammlungen unb 
bic babei „ftattgefunbnen" Debatten. 2Ba3 bic 
SRebner ba gefagt haben, erfchetnt ja meift in in- 
birefter ffiebe. 9lber t>on Anfang bt§ ju ©nbe wirb 
afle§ mechamfeh in ben ftonjunftio be§ Sßräfeng gefegt. 
2)a abet minbeftenS fündig ^rojent biefer ßon* 
junftioe gar nicht al§ folcfje gefüllt werben fönnen, 
fo taumeln nun bic Berichte unau§gefet*t jnnfehen 
^onjunftio unb ^nbifatb f)in unb h er — e§ ift 
fürchterlich! Slucf) ^rotofotle werben jefct jum größten 
Seil fo abgefaßt. 

5er Jftanjimktui iier lUdjtmtrklt^hrit 

CHne zweite, ebenfo unüberfchreitbare ©renje ftnbet 
bie mobifche Neigung, ben ßonjunftio be§ ^ßräfenS 
mechanifch überall sorjuaiehen, in einer gereiften S8e* 
beutung be§ ®onjunftit)§ ber Vergangenheit $er 
^nbifatir* brüeft 2:l)atfad)en au§, ber ßonjunftio ge* 
bacf)te§, im allgemeinen gleichviel, ob biefem ge- 
bauten bie $h<*tfachen entfprechen ober nicht. (£3 
giebt aber nod) einen britten ftall. @3 fann etroa§ 
al§ gebadetes rjingeftcüt, jugleid) aber auf§ be* 
ftimmtefte angebeutet merben, baß biefem gebauten 
bie $l)atfacf)en nicht entfprecfjen. $)iefe Aufgabe 
fann aber nur ber ®onjun!tir» ber Vergangenheit er= 
füllen. £)a§ befanntefte Veifptel bafür unb eing, 
ba§ niemanb falfcf) bilbet, finb bie fogenannten ir< 
realen $8ebingung§fät$e ober bie S8ebingung3fätje ber 
Wchtroirflichfeit. ^ebermann fagt unb fchreibt richtig: 
wenn id) ©elb fyätte, fäme icf), ober: roenn ich 
®elb gehabt hätte, märe ich gefommen. $er 
@inn ift in bem erften ftaüt: ich h a & e a & ßr W*A 
im ^weiten: ich h^be aber !ein§ gehabt; mit an= 
bem Söorten: ba3 ©elbhaben foroohl roie bie ftolge 
baoon, ba§ kommen, wirb in beiben ^fällen a ^ 
nichtroirflich, al§ „irreal" f)tngcftcnt. 3)ie Sprache 
oerfährt fehr au§brucf3ooll babei. @ie rücft ben 
©ebanfen nicht bloß au§ bem Bereiche ber ©irflich* 
feit (ben ber ^nbifatio auSbrücfen mürbe), fonbem 



aufeerbem aud) noch in eine gröfjere ßeitfeme: eine 
irreale SBebingung Ist ber ©egemoart wirb burd) baS 
^mperfeft (roenn id) hätte), eine irreale 93ebingung 
in ber Vergangenheit burd) ba§ <ßlu§quamperfeft 
(roenn ich gehabt h dt te) auSgebrütft. <$in @dpanteit 
im £empu§ be§ 8onjunftio3 ift t)icr oöüig aug* 
gefdjloffen; ^mperfett unb ^ßlugquamperfeft finb in 
folgen Säijen gana unerläjjltd). 

9lber biefe ©ätje bilbet ja jeber richtig, wenn er 
aud) oielletd)t nie brüber nad)gebad)t fjat, warum 
er fte fo bilbet. 2)ie SBebtngungSfäfce finb aber nun 
feineSmegS bie einzigen Sftebenfätje, bie irrealen @inn 
haben fönnen. (£troa§ fef>r gewöhnliches finb aud) 
SRelattofät^e, Qnfjaltgf ci^c, fjolgefä^c unb namentlich 
SBergleidjungSfätje mit irrealem Simt. $n au *en 
biefen Sät>en oerfährt bie lebenbige (Sprache genau 
fo, roie in ben irrealen SBebingungSfäfcen, jebermann 
bilbet fte in ber Unterhaltung gana richtig, ohne fid) 
einen 9lugenblicf ju beftnnen; aber — ber Rapier- 
menfd) getraut fte. fid) roieber nicht hinauftreiben, 
er ftutjt, awetfelt, roirb irre, f djreibt fchliejjlid) — ben 
Snbtfatio (!), unb fo begegnen einem benn täglich 
auch f°*tf> e ^äfce, wie: ich fem» feine anleite ffacf)* 
aeitfchrift auf biefem ©ebiete, bie fo allen 21ip 
fprüchen entgegen fo mm t (fäme!) — e§ bürfte heute 
fein ^ßh n ftf cr ä u ermitteln fein, ber an bie Möglich 5 
feit eines abfolut leeren SKaumeä glaubt (glaubte! ) 
— bei @h a fefpeare felbft finbet fich fein SBort, baS 
auf eine foldje 9lnfd)auung feinet gelben beutet 
(beutete!) — bie höhere Stufe, bie ihn befähigt 
(befähigte!), mit ooKer Jöeherrfdimng ber 9Jhttel 
felbft au testen, fyat er noch nicht erreicht — ich 
habe noch feinen gefannt, ber ba§ behauptet 
hat (hätte!) — eS fehlte bisher an einem Suche, 
ba§ bem fiaien oerftänblich mar (gemefen märe!) 
unb augleich auf ber £öf)e ber Sötffenfchaft ftanb 
(geftanben r) ätte!) — nie fyat er etmag gethan, 
n>a§ mit feiner Unterthanenpflicht in Söiberfprud) 
ftanb (geftanben hätte!) — e§ giebt feinen, ber 
bie ©ntnnrflung ber polittf djen Verhältniffe fennt 



(fennte!), feinen, ber fagen fann (fännte!): 
morgen wirb eS fo fein — wir ^aben feit langen 
fahren fein SlbgeorbnetenhauS gehabt worin btefe 
Partei fo ftarf vertreten war (gewefen wäre!) — 
wir frören nichts batwn, bafe bie weniger betroffnen 
($emetnben ben notleibenben !)ilfretcf)e $anb boten 
(geboten hätten!) — wie feiten ftnb biefe Äennt* 
ntffe ein fo ftchrer SBeftt* geworben, bafc mit Freiheit 
barüber oerfügt wirb (würbe!) — bie Summe ge* 
währt ihm feine genügenbe Unterftüfcung, baft er 
wätjrenb feiner Stubentenjeit forgenfrei (eben fann 
(fönnte!) — bie Sache ift bamal§ beanftanbet 
worben, ohne baf? über ben ©runb aug ben Sitten 
etwa§ ju erfehen ift (wäre!). 

3n allen biefen SBeifptelen ift ber £auptfat> oer* 
neint ober r)at Derneinenben Sinn, bezeichnet alfo 
etwas nid)twirflicf)e3. infolge beffen rücft auch ber 
9lebenfa$ ftet§ in bie 9ftd)twirfttd)fett, $u jebem biefer 
SNebenfätje ift gletchfam im ©eifte ein irrealer *8e* 
bingungSfafc ju ergänzen: nie Ijat er etwas getyan, 
wa§ mit feiner Unterthanenpfltcht in SöiberfpTuch 
geftanben r)ätte (nämlich wenn er e§ get^an 
hätte, wa§ eben nicht ber gaH war). @§ würbe 
gan$ unbegreiflich fein, wie jemanb foldje Sftebenfätje 
in ben $nbifatit> fetjen fann, wenn nicf)t aud) t)ter 
wieber, wie fo oft, bie leibige $albfemttm§ im Spiele 
wäre. 9ftan ift nicht unwiffenb genug, ben richtigen 
Äonjunftio au§ ber lebenbigen Sprache unangejweifelt 
$u laffen, aber man ift aud) nid)t wiffenb, nid)t 
unterrichtet genug, bie 3^eifel meber$ufd)lagen unb 
ba§ richtige aufg Rapier ju bringen. 



JJeraUütjungsfälje. ob, als wenn 

3u biefen 9lebenfäfcen, bie feljr oft irrealen Sinn 
l>aben, gehören nun aud) bie SBergleichungSfäfce, bie 
mit alg ob, al§ wenn, wie wenn anfangen. 
Sef)r oft fann ober mufe man $u folgen Säfcen im ©eifte 
ben ©ebanfen ergänzen; wa§ nicht ber fJaH ift ober: 



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wag nidjt ber gall war, $8.: er gel)t mit bem 
©elbe um, al§ ob er (wag nicht ber JJall ift) ein 
reicher 2ttann wäre. $lud) biefe 6ätje werben in ber 
lebenbtgen Sprache rote afle anbern irrealen hieben* 
fa^e behanbelt, b. h» in ber ©egenwart ftefjen fie im 
Äonjunftit) be$ ^mperfeftg, in ber Vergangenheit im 
ßonjunftw besl ^ßlu£quamperfeft3. 9luf bem Rapier 
aber ift auch fyiex jetjt Verwirrung etngeriffen. 3)aj$ 
fid) jemanb fo weit oerirrte, folche ©äfce in ben 
^nbifatit) $u fetyen, fommt aflerbingS feiten iwr.*) 
2ßof)l aber brängt fid) ber ßonjunftio be§ ^ßräfenä 
unb be3 ^ßerf cf t§ , ber nun einmal jefct ber feine 
2flobefonjunftio ift, immer häufiger aud) in biefe 
<Sät>e, wo er fd)ledjterbing§ nicht hingehört; man 
fchreibt 3. 93. er thut, al§ habe er fd)on bamalS 
biefe 2Ibfid)t gehabt. @§ inuf unbebingt l>ei^en: 
al§ hätte er. 

(Soll fein Urteil barüber angebeutet werben, ob 
ber in bem Sßergletd)ung§fafce ftehenbe ©ebanfe 
wirf lief) ober nid)t wirf lieh fei, fo fann (nach einem 
s ^räfen§ im £auptfafce) ber ßonjunftw beS ^räfen3 
natürlich auch * m SHebenfatje ftefjen, 3. 93. eö will mir 
flehten, al§ ob er gefliff entlief) bie klugen bagegen 
oerfdjliefje — es! gewinnt ben Slnfcfjein, al§ 
wolle ber Verfaffer ba§ ftttliche ©efüfjl be§ 3 U? 
fdjauerS abftehtlid) verleben — ich h a & e ^ e ©ntpfin* 
bung, al§ ob ihm bie 2öelt juweilen boch recht t>er* 
jerrt erfchienen fei. 



*) Unfre 8tomanfdjreibcrinnen bringen freiließ audj ba* jutuege ; 
fic fdjreiben: (£* mar, al* ob feit bem (Einzüge ber bemritroeten 
£odjter ein umljclmlldjer 2)nttf auf bem ganzen §aufe lag. 3n einem 
Siebe bon «unter*, Selbetnfamfeit , ba§ ©raljmS fombonirt Ijat, 
fjcifjt e«: bie frönen, Weisen Söotfen aieljn baljin — burd>3 tiefe »lau 
wie fdjönc, fülle Xräume; — mir ift, als ob idj längft geftorbeu 
bin (!) — unb jielje (1) fclig mit burdj ctoge SRäume. Sa* bringt 
man bodj beim Singen faum Ü6cr bie Ctbben. — iRatürlidj fann ein 
8erglcic$ audj al« mtrttid) Ijtngcftetlt toerben, ». mir Nörten ein ©c* 
rfoifdj, tote wenn in regelmäßigen Steiften räumen ein gro&er Söaffcr* 
troffen auf einSBrct fällt, b. Ij. mie man c8 $u Ijören pflegt, »erat 
ein ©affertrobfen fällt. Soltfje ©äfce bcrlanqcn felbftbfrftffnbltd) 
ben 3nbifattb. 



pürfcc 

2Öicpiel ju ber fjerrfdjenben Unftd)erf)ett im ©e= 
brauche ber 5ttobt bic beliebte ttnfitte beiträgt, bie 
.ftilfgäeitroörter roegjulaffen, ift ferjon bemerft morben 
(t>gl. @. 169). 9ttd)t nur bie ©djute follte auff ftrengfte 
barauf galten, fonbern aud) jeber ©inaeine foflte fid) 
felbft beim (Schreiben fo roeit in 3ud)t nehmen, baji 
gerabe ba, roo ein ^roetfel ü& er Den 3Wobu§ ent- 
ftefjen fann, ba§ bequeme 2lu3funft§mittel t»erfd)mät)t 
mürbe, baf ^tlfgjeitmort $u unterbrüefen, ber ©e= 
baitfe ftetf reinlich unb beftimmt ju (£nbe gebaut 
mürbe. 

2rür ben ®onjunftio bef 3>mperfcft§ unb feinen 
richtigen ©ebraurf) ift infbefonbre noer) ber Umftanb 
oerljängntfooll geroorben, bafc man tf)n in geroiffen 
5Jäüen burd) mürbe mit bem ^nftnitin umfcrjreiben 
tarnt (id) mürbe bringen ftatt: id) brächte). 
Diefe SttÖgltdjt'eit tjat nidjt nur ba$u geführt, bafe 
fid) non gemiffen 3 e tfwörtern oiele faum noefy einen 
roirfttdjen ^onjunftio be§ ^mperfeftö ju bilben ge= 
trauen, ba£ fie fict) überall ba, mo fie jroeifeln 
(ugl. S. 75), mit bem fläglidjen mürbe bereifen, 
anftatt Tief) bie ftenntniS ber richtigen gorm $u oer= 
fd)affen, fonbern fie richtet neuerbingf aud) eine gan$ 
bebenflidje Sßermirrung im Safcbau an. Die Um- 
fdjreibung ber ^onjunftiobilbung burd) mürbe ift 
nämlid) in gutem Sdjrtftbeutfd) aufg ftrengfte be= 
fdjränft auf bie $auptfät3e unb gemiffe Sflebenfäfce; 
fd)led)terbing£ aufgenommen bauon finb alle *8e* 
bingungf^, Stergleidjungf * unb 2öunfd)fätje. $8ei 
biefen brei ©atjarten I)tlft allef nid)t§, ba mufe man 
ftarbe befeunen, ba mu| man eben ben ^onjunftir» 
bilben fönnen, ba muj man miffen, ob ef ftünbe 
ober ftänbe, fenute ober fännte f)ei|3t. 

2)a oerbreitet ftd) nun neuerbingf auf ber uie- 
brigen Umgangsfpracfye 3übbeutfd)lanb3 unb nament- 
lich Öfterreidjf immer mefyr bie Unfttte, aud) in 33e- 
bingungf-, $ergleid)ungf= unb SBunfcfyfätjen ben Jflton* 
junftio burd) mürbe $u umfdjreiben. Wlan fdjreibt: 



von großer SBebeutung wäre e§, wenn ftd) ber £efer= 
frei§ be§ 93latte§ t)ermef)ren würbe (oermefyrte!) 
— weniger ©auberfeit unb SRegelmäfhgfeit wäre 
bid^tcrifd) wertvoller, wenn fic^ eine ftarfe Statur eine 
glütyenbe ßeibenfdjaft, ein fyoljer 6inn offenbaren 
würben (offenbarten!) — ber (Stil feiner 3lM)anb* 
hing wirb oft fo Ijod), als wenn er über ©oetfye 
fdjretben würbe (fdjrtebe!) — l)at bie ®od)ftunbe 
gefdjlagen, fo mufc ba§ fjeuer fladem, al£ ob e§ auf 
ßommanbo gefjen würbe (ginge!) — wenn man 
biefe Arbeit eineä <Spe$ialiften auf tfyeraüeutifdjem 
(Gebiete burcf)ftubirt , fo befommt man ben (§in* 
brud, al§ wenn man ba3 Urteil eine3 9ttd)ter3 lefen 
würbe (läfe!), ber in eigner @ad)e entferjeibet — 
wenn nur wemgften§ fünftlertfd)e gorm i^re $ar* 
fteüung abeln würbe (abelte!) — ber (£rnft beg 
mtlitärif d)en Sebent läfjt e3 fid) ab unb ju gefallen, 
bafj ba§ 93lümlein £umor an ifjm emporwud)ert, 
oljne baft fidt) baburd) ba3 fefte ©efüge ber 2)i§jipliu 
lodern würbe (loderte!) 

©in wal)re§ Söunber, ba£ wir ben Sleljrretm bei 
9JKr$a Schaff u unb SRubinftein: ad), wenn e§ bod) 
immer fo bliebe! nidjt längft oerfdjönert fjaben ju: 
adj, wenn e3 bod) immer fo bleiben würbe! ein 
wal)re3 SBunber, bafj wir ba§ alte SBotfSlieb: wenn 
td) ein Vöglein wär unb aud) jwei glüglein fyätt! 
noer) nid)t umgeftaltet fyaben $u: wenn id) ein Veeg* 
lein fain wirbe unb aud) jroei grlteglem fjoben 
wirbe! 

ittuet) @ä*je, bie einen 3roed ober eine 9lbfid)t be= 
$etd)nen, bie ba§ öbjeft eine§ Vegrip wie l) offen, 
fürchten, wollen, wünfdjen, »erlangen, er= 
lauben, verbieten, nerbienen angeben, werben 
ebenfo wie abhängige ftragefäfce nur bann, wenn ber 
§auptfafc in ber Vergangenheit fteljt, jefct nod) regel= 
mäfiig in ben ftonjmtftit) gefegt. Sftactj einem £auyt= 
fafc in ber ©egenwart Ijat fid) ber ^nbifatio leiber 



aud) ba§ ©ebtet biefcr SKebenfäfce mel)r unb met)r er- 
obert. 9Han fagt unb f djretbt faft allgemein: td) 
fage bir ba§, bamit bu e§ meifct unb btd) barnad) 
richten f annft — ber Steter f)offt, baf? bu t^m feine 
©cf)anbe machen wirft — §10 verlangt, bajj man 
oon einem 2Bot)nung§med)fet fofort 5ln$etge macfyt — 
e§ märe intereffant $u miffen, mag ©oetlje mit biefer 
SBejeidjnung gemeint fyat. S)er ftonjunftio mürbe jefct 
in allen biefen (Sätjen, in fd)Iid)ter ^ßrofa memgfteng, 
beinahe einen SBeigefcfymacf oon Ziererei fyaben. 91b* 
gängige ftragefäfce tngbefonbre merben nur bann nod) 
in ben Äonjunftir* gefegt, menn mirflicr) ein ^Begriff 
mie fragen, roiffen mollen, jmeifeln, ftreiten 
uorauggeljt: bie fjrage^ ob ber Singe! tagte ben be= 
Ieibigenben @inn eineg <§d)impfmorte§ erfatmt tjabe, 
mirb meift leicht ju bejahen fein — man foUte fid) 
fragen, ob man nicfjt felbft bie 9Jhf$ftänbe §um £eil 
oerfdjulbet fjabe, bie man beflagt — nidjt barum 
fyanbelt fid)§ in ber ^olitif, ob eine SBemegung rer»o* 
luttonär fei, fonbern ob fte eine innere 93ered^tiaung 
I)abc. 3u fd)reiben, roie e§ ber unb jener im Über- 
eifer tfmt: mie roeit ba§ ©ebiet fei, bag ft. be= 
arbeitet, jetgen feine SBüdjer — ältere 3uf)örer, bie 
mel)r ober roeniger fcfjon miffen, motmn bie SRebe 
fei — fetjen mir, mie auf bem ©ebtete ber 
neuem ®unftgefd)id)te auf ben Unberfitdten ge* 
arbeitet merbe — mad)t entfd)ieben ben ©inbrurf ber 
3iereret. 



grr Jmlnititj. §u unb um |ti 

$lud) beim gnftnitio merben jetjt maunidjfadje 
JJefyler gemacht. *Bor allem reifct immer größere SBer* 
mirrung in bem ©ebraudje oon ju unb um ein, 
unb $mar fo, bafj ftd) um §tt tmmer häufiger an 
Stellen brangt, mo nur $u l)ingef)ört. 2)er JJnfittttit» 
mit um &u barf nirgenb§ anberS fielen, al§ mo 
eine 9lbftd)t au§gebrütft merben foll, er tranf 

ein ©ta§ SB&ein, um ftd) $u ermärmen. £u mit 
Dem Snftnitip bagegen bient $ur #egriffgergänaung 



oon oorauSgehenben Hauptwörtern, wie 2lrt unb 
Seife, 2ftittel, 2Hacht, (Gelegenheit, Suft, SBer^ 
fttcf), unb bcn futnoermanbten ßettmörtern, alfo auch 
imftanbc fein, genug fein, genügen, t)in- 
r eichen u. a. 93ei einer folgen 93egtiffgergdn$ung 
fann nie von einer Slbfic^t bie SRebc fein. $>ennoch 
werben gebanfenlofermeife namentlich Stttttel, ®e* 
legenheit, genug fein u. a. jetjt immer häufiger 
mit um au oerbunben. 3Wan fdjreibt: (§ß mürbe 
eine günftige Gelegenheit benuttf, um ficf) einen 
2öeg burd) bie gfeinbe au bahnen — hierin fefyen 
mir ba§ befte SRtttel, um einem SJciftbraud) ber 
©taatSfteuer oor aubeugen — e3 ift fein Sßerfud) 
gemacht roorben, um ifm für biefe§ 9Jhfjgefd)irf gu 
entfdjäbigen — al§ er enblid) ftraft unb 
ßuft füllte, um fid) an monumentalen Aufgaben 
au oerfudjen — Ohiftlanb ift ftarf genug, um 
einen £eil feiner $uben gu oerjagen — ba§ ftinb 
mar entmicfelt genug, um ba§ oolle SJtafc feiner 
Qualen $u empftnben — biefe 9fteinung§oerfchiebens 
Reiten fmb nid)t mistig genug, um ben Sefer ba* 
mit au behelligen — e§ fommt brauf an, bafe man 
f elber ©eift genug f)at, um ben ©eift be§ $id)ter3 
au oerftehen — er hatte baS nötige ©elb, um Durch 
Reifen feinen 2Öiffen3burft ju befriebigen u. f. m. 
$n allen biefen Söetfpielen ift ba§ um burc^auS fmn* 
roibrig unb falfd). 

@in ebenfo garftiger %tt)Ux aber ift e§, auf baS 
$lboerbtum fo einen ^nftnitio mit um au folgen au 
laffen, a- & D * c SBerhältniffe h^en ftd) fo meit ge* 
orbnet, um ber Station eine anbre Haltung au * rs 
möglichen — SlriftoteleS fagt, bafj eine (Stabt fo 
gebaut fein müffe, um bie üftenfchen augleich ficher 
unb glücflich a u machen — behauptet jemanb, bafi 
ber 3ucfer fo belaftet fei, um roeitere Saften nicht 
ju ertragen — bie Slnfchauung, ba& nur ber ^pt>i* 
lolog in ben ©inn eines SitteraturroerfeS fo oolU 
lommen einbringe, um ihm bie gebührenbe ©teile in 
ber Sitteratur eine§ 2*olfe3 anaumeifen u. f. ro. 
2In f o fann fich fd)lechterbing§ nur ein ftolgefat* mit 



bafr anfd)ltefjen: bie 3$erl)ältmffe fyabtn fid) fo weit 
geänbert, baft fic ber Nation eine anbte Haltung 
ermöglichen. $n einigen ber angeführten SBetfpiele 
mag roohl baS 93eftreben, nicht jroet @äfce hinter 
einanber mit ba& anzufangen, $u bem get)ler oer* 
leitet haben; bem lä&t ftch aber bod) x>iel beffer ba* 
burd) au§ bem Söege gehen, bafc man ben erften <Safc, 
ben $nhalt3fafc, ohne bafc bilbet, nrie e§ bie lebenbige 
Sprache ohnehin meift thut: behauptet jemanb, ber 
3ucfer fei fo belaftet, bafc u. f. ro. 

Oft wirb bie SReget gegeben, bafc eine Slbficrjt nur 
bann burd) ben ^nfimtio mit um ju an ben §aupt* 
fa$ angefd)loffen werben bürfe, wenn ba§ ©ubjeft, 
ba3 &u bem ftnftnitio t)i^ujubenfen ift, baSfelbe fei 
roie im §auptfatj. $)iefe SRegel mürbe aber bem 
©ebraudje be§ 3>rrfinitir>^ mit um ju boer) gar 
$u enge Ueffeln anlegen. Nichtig ift nur fo xriel, 
bajs man bei biefer ^onftruftion oorfichtig fein 
muß, roeil e£ allerbingS am nädjften liegt, ba§ 6ub* 
jeft be§ ßauptfaijeS $um $5rtfimtit) roieber f)in3 U5 
jubenfen unb weil bann oft ein unb eabfid)ttgter 
tomifcher Sinn entftefyen fann. 9lber e§ ift gar nidjtö 
ein^umenben gegen <Sät$e rote: bie Äurfürftin lief* ben 
$ofprebiger rufen, um fic mit ben £röftungen ber 
Religion ju erquitfen — ber achtedige Aufbau fofl 
megfaüen, um $urm unb ©cS^iff in gröfiern ©inflang 
,5it bringen. 

$8orfid)tig mufe man and) mit einer anbern Wn* 
menbung be§ 3nfinitio§ mit um $u fein, bie manche 
fet)r lieben, nämltd) ber, eine <S^icffaI3beftimmung, 
ein Verhängnis in bie ftoxm einer 9Ibftd)t ju fleiben, 
$. 93.: ber §er$og f ehrte nad) gr. $urürf, um nie 
raieber $u r> er l äffen. S)er ©inn ift: e§ mar ihm 
oom <5d)idfal beftimmt, e§ nie roieber $u oerlaffen, 
mährenb feine 9lbfid)t oielIeid)t mar, e§ noch recht 
oft roieber $u oerlaffen; man fömtte biefen ©e* 
brauch &<*3 ironifche um ju nennen. $lber auch öas 
bei entfteht fehr oft ein lächerlicher ©um, 93. er 
fchlofc fich ber ©min«^ßafchas@^pebition an, um ein 
traurige^ ©nbe babet ju finben — täglich wirb 



eine 9Jtaffe oott Konzert* unb 2:l)eatcrberi^ten ge* 
fdjrieben, um fdjnefl nrieber t>ergeffen $u werben 
— t-or etwa breifug fahren finb bic SMerfteiner 
Quellen t>erftegt, um erft neuerbingS wieber hert»or* 
Zubrechen. $ie f lugen Cueöen bie! möchte man 
ba fagen. 

flas flarttfiptum. pe (tattgefitnime Ütofammluna 

partizipia t)at unfre Sprache nur zwei: ein aftiueS 
in ber ©egenwart (ein beifcenber §unb, b. L ein 
£unb, ber betfct), unb ein pafjtoeS in ber Ver= 
gangen()eit (ein gebiffen er §unb, b. i. ein §unb, 
ber gebiffen würben ift). ftür bie ©egenwart 
fel)lt e§ an einem paffwen, für bie Vergangenheit an 
einem aftioen Partizipium; weber ein §unb, ber ge* 
biffen wirb, noch ein $unb, ber gebiffen f)at, tarnt 
burd) ein Partizip auSgebrürft werben. *) SJhir wirf- 
üd)e paffwa oon traufittoen 3 e i lnj örtem unb im 
3lftiüum folche 3ntranfitit»a, bie fid) jur Vilbung ber 
Vergangenheit be§ £ilf§zeitworte§ fein bebienen, 
fönnen ein Partizipium ber Vergangenheit bilben. 

$ie Volf3fprad)e l)at fidf) nun fretlid) immer über 
biefen ÜUtangel hinwegzuhelfen gefudjt, inbem fie 
frifdjweg ba§ Partizipium ber ©egenwart aud) im 
paffwen, ba§ ber Vergangenheit aud) im aftiueu 
©inne uerwanbte. (So fagte man im vorigen unb 
nod) im Anfange biefe3 i^ahrhunberte 9 a "S gewöhn« 
lief): zu einer t>orhabenben föeif e, zu feinem cor« 
habenben neuen Vau, fein oor bem Zfyoxe be* 
fitjenbe§ §au§, laut ber in £>änben habenben 
Urfunbe, bie Vriefe be3 fid) von meiner unter» 
habenben Kompanie felbft entleibten (!) Unter* 



*) Wut bei einzelnen «erben bedeutet bao pafftoc $artijipium bic 
Cft€flcnioart f j. 8. bo8 bon mir bewohnte $aul (b. i. ba« $aufl, boö 
bon mir Bewohnt wirb). Sine Anzeige alfo, tote folgenbc : bie bon 
bem oerftorbenen Wenrier ©d). bemobnte SBoljnung ift ju Oftern 
anberoeü *u bermteten — tanii einem gern* grufetig machen ; l)ier mufc 
c* natürlich Ijei&cn: bie bctoofjnt ßetoefenc. 




offtjierS u. f. ro. Slber biefen fehler i)at bod) ber 
Unterricht nad) unb nad) befeitigt. (£3 fommt fehr 
feiten vor, baft man in einer 3*ttung n od) ^eute einen 
Satj lieft, roie: er t)atte nichts eiligeres ju thun, 
alg ihm eine in ber §anb ^altenbe glafcfye an 
ben Äopf au werfen. Umfo mehr hat ber anbre g-cf)lcr 
in neuerer &\t um fid) gegriffen. 

5lud) er ift freilid) alt, unb einzelne SBetfptele 
baxron finb fo in ber Sprache eingebürgert, bafc fie 
gar nicht mehr als falfd) empfunben werben; man 
braucht nur an SBerbtnbungen $u benfen, roie: ein 
gefdjroorner Bote, ein abgefagter fteinb, ein 
gebienter Solbat, ein gelernter Kellner, ein ftu- 
birter 9Jlann, ein erfahrnerer^, ein tierbienter 
Schulmann, ein t>erfd)rotegner Beamter. 3llle 
biefe ^artijipien haben aftioe Bebeutung, aud) ber 
abgefagte 2r e ^/ oer natürlich ein greinb ift, ber 
einer ^ßerfon ober ©ad)e abgefagt, it)r gletcfyfam bie 
9lbfage gefdn'cft hat; aber biefe Partizipien roerben 
eben faum nod) al§ Partizipien gefühlt, man fühlt 
unb beljanbelt fie roie 2lbjefttoa. ©an$ unerträglich 
finb bagegen: bie ben f5ürftenfot)tt befallne ®ranf* 
heit, ba3 ben ßofomotir»enfül)rer betroffne Unglücf, 
bie jroifd)en ben Parteien geroaltete Uneimgfeit, 
eine im oorigen ^ahrhunbert obgefdjroebte 9*echt§> 
fache u. f. ro. ©benfo unerträglich aber ftnb bie ftatt- 
gehabte unb bie ftattgefunbne Berfammlung. Bor 
breifjig ober m'erjig fahren fchämte man fich noch, 
roenn einem fo etroaS in bie fteber laufen roollte; 
jefct fchreibt e§ jeber mit ber größten 2)reiftigfeit hin, 
als ob e§ gar nichts fdjönereS gäbe. $e maffen* 
hafter bie beiben 3eitroörter ftattfjaben unb ftatt* 
finben — namentlid) ba§ jroeite — ohnehin in 
unfrer 5lmt§? unb 3eitung§fprad)e gebraud)t roerben, 
je lebenbiger man fie alfo al§ 3 c ^ ro ö r ^ er un0 8nmr 
als afttoe, mit einem Dbjeft oerbunbne 3 e * rnj örter 
(«Statt finben, b. f). plafc finben) fühlt, befto greu= 
licher finb für jeben 9Jlenfd)en, ber fich nöc § etroaS 
Sprachgefühl beroahrt hat, biefe fortroährenben ft a 1 1 - 
gefunbnen Berfammlungen, Beratungen, Berhanb= 



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fangen, SCbfKmmungen, SBahlen, Prüfungen, Unter* 
fud)ungen, Stubienaen, g-euerSbrünfte u. f. ro.*) 

@ie finb aber bod) fo fur$ unb bequem, foli man 
benn immer Sftebenfäfee bilben? 9lein, bag foll man 
nicht; aber man foH ein Hein roenig nachbenfen, 
ftd) in bem Reichtum unfrer Sprache umfehen unb 
treiben: bie oeranftaltete geter, bie abgehaltne 
Sßerfammlung, bie oorgenommene Slbftünmung, 
bie angeftellte Unterfuchung, bie bewilligte 
Stubienj, bie auSgebrod)ne fteuerSbrunft u. f. ro., 
ober man foö, roa§ in taufenb unb abertauf enb 
ftällen baS gefcf)ettefte ift, baS muffige Partizipium 
ganj roeglaffen. 2)ie ftattgefunbne Unter* 
fudjung ergab — ja fann benn auch eine Unter* 
fudjung, bie nicht ftattgefunben fyat, etroaS ergeben? 
ift eS nicht genug, $u fdt)reiben: bie Unterfuchung 
ergab? %n fR. ereignete fid) füglich bei einer ftatt* 
gehabten fteuerSbrunft *>a$ Unglücf — ja fann 
ftcf) beim aud) ein Unglücf ereignen bei einer Breuers* 
brunft, bie nicht ftattgehabt hat? ift ba§ ftatt* 
gehabt nid)t ein gan$ gebanfenlofer, überflüffiger 
Sufafc? Über ben ftattgefunbnen 2öed)fel im 
9JHnifterium finb unfre Sefer bereits unterrichtet — 
fömten benn bie ßefer aud) unterrichtet fein über 
einen SBechfel, ber nid)t ftattgefunben hat? 

9hd)t oiel beffer als ftattgefunben finb ge* 
ftanben unb beftanben in SBerbinbung mit ©ubftam 
tioen: ber bei btefem 3tteifter in Arbeit geftanbne 
©efelle — ber feit langer Seit fn' cr beftanbne 
©aatmarft. freilief) fagt man in 6 übbeutf erlaub : 
er ift geftanben; aber fo roenig bieS in bie gute 
Sd)riftfprad)e gehört, fo roenig auch ber in Arbeit 
geftanbne ©efefle. $)ajj baS ehemals beftanbne 
Verhältnis unb baS früher beftanbne §inber- 



•) ÖJunbern mufc man fid), ba& man ücc^ältntSmäöiy feilen uon 
ftattftufinbenbeu SBeqammlungen lieft , bie bod) genau fo 
richtig toären rote bie ftattgefunbnen. ©egen biete fträubt fld) aber 
bo$ au$ ein ftumpfe* Sprach gefiiltf. Wut in 33ibliot$et«betannt= 
maa)ungen lieft man gelegentlich uor. demnädjft ftatt j uf inbenbeit 
SHeoiftoneu. 



niS falfd) finb, ift aroeifelloS, bcnn eine 6ad)e l;at 
beftanben, aber fte ift eS nid)t. $aft unglanblid) 
Hingt eS, bafc eS jefct (Scrjulräte gicbt, bie ntd)t blofe 
von beftanbnen Prüfungen, fonbern aud) von 
beftnnbnen ftanbibaten reben! $a barf man 
fid) freilich nid)t mehr über bie 3 eitungSf djreiber unb 
bie nntern Beamten nmnbern.*) 



gas ftit| mumete ^tnalii rtt 

9(uS bem bisherigen ergiebt fid) fd)on r-on felbft, 
warum man aud) md)t fagen barf: baS fid) gebtl* 
bete Vlatt. 9We reflertoen 3ettroörter brauchen in 
ber Vergangenheit baS ^Uf^eitroort fyabtn, fönnen 
alfo fein Partizipium ber Vergangenheit bilben. 
galfch finb bat)er alle Verbinbungen wie: ber fid) 
ereignete $agbunfaH, bie fid) beroähtte ©eifteS- 
btlbung, ber non tue* fid) entfernte ^orreftor, ber 
fürjlich hie* f t cf> niebergelaffene 9)cund)ner *8ilb* 
tjauer, bie am 9. 9luguft fid) angefangne 2Bod>e, 
baS fid) irrtümlich eingef d)lid)ne SBort, baS 
ehemals fo weit fich ausgebreitete fiehrfnftem, ein 
in ber ajcauerrttje ftdjeingenifteter SBrombeerftraud). 
(Bin Partizipium märe hier nur möglich/ wenn man 
fagen wollte: ber fich eingeniftet habenbe *8rom= 
beerftrauet), eine Verbinbung, bie natürlich auS bem 
*Hegen in bie Traufe führte. @S bleibt in folgen 
gäüen nichts weiter übrig, als einen föelattofafc z u 
bilben: ein SBrombeerftraud), ber fich ™ ber 9ttauer* 
rifie eingeniftet hatte. 



*) 8or einiger Seit hatte itb, an mehrere imnbert $crfonen eine 
Suf^rift abjufaffen, auf bie ebenfo biet Sunbert teil» ablc$ncnbc, 
teils iuftimmcnbc Slnnoorten eingingen. 3$ beauftragte einen ©Treiber 
mit ber 2)urd)fid)t unb Drbnung ber elngelaufnen Mntwarten. ttl* 
er fertig war, legte er mir awei SRobben bor, unb auf ber einen ftanb : 
abgelehnte Schreiben, auf ber anbern: angenommene ©d^rei« 
ben. 3(6, fragte ifjn, joa* ba« Ijet&en fönte? Run, ba* b,ter, tagte 
er, finb bie ©djrcibcn, bie angenommen fjnben, unb ba* Ijier bie, bie 
abgelehnt babrn. Sljatfa<$c! 



?3rtrtt?ipium flntt tints gjmiptrafees 

2öie e£ oft geflieht, baß ein Gebanfe, ber eigent= 
lid) burrf) einen «gauptfa^ au£gebrücft werben müfite, 
unlogtfcherroeife in einen SRelatiofatj gebracht mirb 
(oergl. 8. 162), fo pacft man bisweilen aud) einen 
§auptgebanfen in ein Partizipium unb fdjreibt: bie 
neue Auflage ha* zugleich bie oon bem SBerfaffer ge? 
treulich benutzte Gelegenheit gegeben, manches nad); 
Zutragen. $n bem $lugenblicfe, roo fidj bem ^öerfaffer 
bie (Gelegenheit bot, mand)e§ nachzutragen, mar fte 
bodj noch feine benu^te Gelegenheit, fonbern bas 
rourbe fie erft hinterher. (£3 muj? alfo h^i&en: bie 
neue Auflage fyat zugleich Gelegenheit gegeben, 
mancr)e3 nachzutragen, unb biefe hat benn aud) ber 
Söerfaffer getreulich benutzt. 

©d)ltmmer freilich ift e§ noch/ menn, mie e§ in 
Zeitungsberichten jetjt fmnbertf ad) gefd)ief)t, ein unflef= 
tirteg Partizipium ftatt eine§ $auptfa£e£ gefegt mirb: 
im $ahre 1850 in ben Generalftab zurücftretenb(ge* 
treten!), mürbe 35. 1858 $umperfönlid)en 2lbjutanten 
be3 Prinzen JJrtebrtd) ®arl ernannt 93ei ber iKe- 
orgamfation im 3af)re 1860 mit bem $8efef)l über 
ba§ 41. ^Regiment betraut, oertaufdjte er 1863 
biefen 2öirfung3frei§ mit bem be3 ©h^ u. f. m. 2öäh- 
renb fich in bem Söeifpiel oon ber benutzen Gelegen- 
heit ba£ partizip burch eine 2trt oon ScrmeHbenferei 
erllärt — ber SBerfaffer h<*t e£ gleichfam nid)t er? 
marten fönnen, baS zu fagen, maS er fagen roollte — , 
hanbelt h^r nur um einen äuperft plumpen 
ißerfud)/ $tbroed)3lung in ben Sa^bau 311 bringen. 
$ie beiben Partizipien fruvixd tretenb unb be = 
traut enthalten fchled)terbing3 feinen Sftebengebanfen, 
fonbem ftehen oöllig auf einer Stufe mit ernannt 
roerben unb oertaufchen. 

f as unfUktirtr JJartijtpium 

Größer al3 bei bem mit um zu angefchloffenen 31p 
finitio ift bei einem unfleftirten partizip bie Gefahr 

13 



eines 3Jli^t>erftdnbniffe§ / roenn ba3 ^ßarti^ip an ein 
anbre§ SBort im Satje alg an ba3 ©ubjeft ange* 
lehnt wirb; ba§ nädjfiliegenbe wirb e§ auch ^>ier 
immer fein, e3 auf ba§ ©üb jeft be§ £>auptfafce§ 
§u beziehen. (5ntfd)ieben fchlecrjt, wenn aud) noch fo 
beliebt, fmb Sterbinbungen, nrie folgenbe: faum heim* 
gefehrt, roanbte ftdt) bie engherjigfte ^ilifterei 
gegen ihn — im begriff (nämlich feienb), mit 
$ampf ba§ 2öette ju fudjen, roarb man ihrer auf 
bem Bahnhofe r)abr)aft — t>erätt>eiflung§t»oll umher* 
blirfenb, fcf)Iotterten bem Slngerebeten bie 
ßniee.*) 93efonber3 beliebt ift e§ jefct, ba§ ^arttjip 
anfchliefcenb in biefer SBetfe $u oerbinben, fo bafc 
man immer eine 3eit lang im (Safce fudjen mufc, worauf 
e§ ftd) eigentlich beziehen fott, j. 93. fd)on in 3ngol* 
ftabt hatte er fid), anf djliefjenb an feine aftrono* 
mifdjen Arbeiten, optifcrjen ©tubien getotbmet. 5)a§ 
anfchltejjenb foü f)ier auf @tubien gehen: er fcrjlofj 
bie optifcrjen Stubien an feine aftronomif djen Arbeiten 
an. ©benfo fd)limm: anfd)lie^enb an biefe allge* 
meine Einführung bürfte e3 $roedmäfng fein, einmal 
ba§ ©ebiet ber ©injelheiten $u überfehen. Stod) 
fd)limmer ift e§, roie e§ aud) oft gefdn'eht, r>or ben 
^jauptfatj ein abfolute§ ^artijip ju fdjieben, für ba§ 
man fid) überhaupt r»ergeben§ nad) einem begriff im 
$auptfatje umfielt, auf ben e§ belogen roerben fcmnte, 
3. 93.: roteberholt l ftd) ein b unb lebhaft grüf* enb 
fuhr ba§ ®rieg§fd)iff vorüber. $ie beiben ^arti^ipia 
follen fiel) auf ben Satfer beziehen! 9Iber e§ braudjt 
gar fein fo lächerlicher ©inn ju entftetjen roie hier, 
aud) fo beliebte ^artijipia nrie: bie§ r»orau§ = 
gefegt, bie§ oorauSgefchidt, bie§ zugegeben 
u. ähnl., fmb bem ©eifte unfrer Sprache burd)au3 
Sinoiber. %a man fann noch weiter gehen unb fagen: 



•) 2>er SJerfaffer biefe* (Snfcc* fömttc ftä) (Mcrbing« aueb, bie Äniee 
umljerblicfcnb oebad)t f)abeu. 8ct unfern JRoman|djrei6cni ift alle? 
möflliäj. (£r$ä!jlt bod) ein anbrer, bajj eine junge Dame einen it)r 
emnefenen SR itteib teuft „mit einem läayinben edjlaflc tljrcr fleinen 
#anb" belohnt Ijabc. 



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ba§ unflcftirte ^arttjip überhaupt, roenigfteng baS 
bcr ©egenroart (bieg bemerfenb), wirb für unfre 
Sprache immer etroaS frembarttgeg behalten. $n 
f leinen Sftebenfäfcen (al3 ober roä^renb ict) bieg 
bemerfte) behält ber 2lu3brud ftluji unb ®e* 
fcr)mcibigfeit, roährenb er in folgen Partizipien immer 
nrie ^alb erftarrt erfcheint. 

Jas Attribut 

Unter ben mannichfachen ©rraetterungen, bie ein 
©a^glieb erfahren fann, fielen obenan ba§ Attribut 
unb bie $lppofition. 

©in Attribut fann ju einem §auptroort in xner? 
fadjer ©eftatt treten: al§ Slbjefttoum (ein fd)öner 
£ob), al£ abhängiger ©enetio (ber£ob be3 $rie = 
ger§), in Sform einer aboerbieüen SBeftimmung (ber 
£ob für3 Söaterlanb), enblict) aud) al£ SBefttnu 

mung§roort einer 3 u f ammcn f e ^ un 9 ( oer Reiben- 
tob). SQ3eXdf)c r>on biefen r»ier Birten $u mahlen tft, 
fommt natürlich auf ben <§inn an; manchmal fann 
man jroei mit einanber üertaufdjen, aber burd)au3 
nid)t immer. 5luf wenigen ©ebieten unfrer Sprache 
f>errfcf)t aber je^t eine fo grauenoofle SBerroirrung 
roie auf bem ber Stttributbtlbung; fyivt quirlt jetjt 
tt)atfäd)tidt) atleS burd) einanber. 

fndjbtümna. ober farijltdje gtUmng? 

3)a hat junächft in gerabeju beängftigenber 2Beife 
in neuerer Qeit ber Unfinn zugenommen, ftatt be§ 
SBeftimmung§n)orte§ einer ^ufammenfe^ung ein 5lb^ 
jeftümm $u fefcen, alfo SB. ftatt $ad)bilbung ju 
fagen: fad) Ii dt) c SBitbung. 2>er Unfinn fyat in 
furjer $tit fo riefige gortf dritte gemacht roie fie fid) 
nrieber nur baraug erflären taffen, bafc biefe 3lu§- 
brucfSroeife jefct für eine befonbre Schönheit unb Rein- 
heit gehalten roirb. früher fprad) man oon &taat&- 
v ermögen, ©efellfd)aft3orbnung, SR echt 3= 
oerhältuig, Kriegs er eigniff en, gunferregi* 
ment, £anbroerf Strabitionen, ©efd)äft3* 

13* 



nerferjr, @onntag§arbeit, ©eroerbef cr)ulen, 
^öergbauintereffen, ftad)au3brücf en, 33eruf§- 
bitbung, Amtspflichten, Schöpf erf raf t, ©e = 
banf eninbalt, Sprachfehlern, fiautgefefcen, 
Sfcertbeilagen, ftlangroirfungen, ©efang3s 
vortragen, ftrauenchören, Turnübungen, 
Stubentenaufführungen, ^arbenftimmung, 
guten fchmucf, 2öinterlanbfd)aft, Abenb= 
beleud)tung, 9iad)tgefpeuftern, Regentagen, 
Öanbau.f enthalt, ©artenanlagen, 9iad)bars 
grunbftücf en, (£lternf)au§ vu f. tu. Qefct rebet 
man nur nod) non ftaat liefern Vermögen, gefeilt 
fct)afttt et) er Orbnung, rechtlichem Verhältnis, frie= 
gertfd)en (Sreigniffen, junkerlichem Regiment, l)anb= 
werflid)en Trabitionen , gefchäftttd)em SBerfehr, 
fonntäglid)er Arbeit, geroerblichen Sd)ulen, berg= 
baulichen ^ntereffen, fachlichen AuSbrücfen, berufe 
lidjer SBtlbung, amtlichen Pflichten, fcr)öpfer i f er 
®raft, gebanflidjem 3>nf)alt, fprad) liehen Dehlern, 
lautlichen ©efet^eu, tejt liefen Beilagen, flang= 
liehen SBirfungen, gefänglichen Vorträgen, roeib* 
liehen (!) Spören, turneri fernen Übungen, ftuben= 
t i f d) e n Aufführungen , färb I i er) e r Stimmung, 
ftgür liebem Sdjmucf, winterlicher Sanbfd)aft, 
abenblidjer ü8eteud)tung , näd)tlid)en ©efpenftern, 
regnerifchen Sagen, tänb Ii ehern Aufenthalt, gärtner= 
ifdjen Anlagen, nachbarlichen ©runbftücfen, elter = 
lichem Saufe u. f. n>. Aber auch ba, uro man 
früher ben ©cnetiu eines £>auptroorte§ ober eine 
s $räpüfition mit einem ©auptroort ober — ein gan$ 
einfad)e§ s JSort gefegt t)ätte, brängen fictj jetjt überall 
biefe ftmtlofen Abjeftiua ein; man rebet von fron= 
prin,5 liehen Slinbern, behörblicher (Genehmigung, 
erziehlichen Aufgaben, gebanflicher ®rojjartigfett, 
gegnerischen Vorfchlägen, jeid)nerif ch en Mitteln, 
einer bucr)r)änbler t f d)en $8erfehr3orbnung, ftedjer^ 
tfd)er Tecrmif, ueufprachlid)em (lichem!) Unter- 
richt gemifchtd)örigen Quartetten, ftimmlicher 58e= 
gabung, textlichem Inhalt, baulicher Umgeftaltung, 
feelforgerifdjer Shnttgfeit, wo man früher ftinber 



be§ ftronprin$en, Genehmigung ber SBehörben, 
Aufgaben ber (£r$iehung, ©rofmrtigfeit ber Ge- 
bauten, $8orfd)läge be3 ©egnerä, 9Jtittel ber 
3ei<$nung, SßerfehrSorbnung be§ $ud)hanbel§, 
Zttynit be§ Stecher 3, Unterricht in ben neuern 
Sprachen, Quartetten für gemtfdhten ©hör, 
stimme, £ejt, Umbau, Seetforge fagte. @in 
©horalbud) mürbe früher $um§au§ gebrauch h erau 3' 
gegeben, jet>t $um häuslichen ©ebrauch; eine SBitber^ 
fammlung hatte früher Söert für bie ftoftümfunbe 
ober ^unfttoert ober 5tltertum3roert, jefctfoftüm* 
liehen (!), fünft I er ifchen ober altertümlichen (!) 
Söert $)ie Spra^miffenfchaft fprad) früher oon bem 
ßautleben ber Sprache unb oom Sautroanbel, je$t 
nur noch oon bem lautlichen Seben unb bem laut* 
liehen (!) SBanbel; bie Birgte fpradjen fonft oon §ers* 
tönen be§ $inbe§ unb oon ©eroebSoeränbe* 
rungen, unfre heutigen mebijinifchen 3>ournaliften 
fchmatjen t oon finb liehen (!) ^erjtönen*) unb ge? 
roeb liehen (!) Sßeränberungen. Sluch g-rembroörter 
werben mit in bie alberne SJtobeftrömung fynehv- 
gebogen; fchon h^t e§ nicht mehr: Stilübungen, 
Religionsfreiheit, fculturfortfehrttt, 2Ka* 
f chinenbetrieb, ftolonieleitung. St heat er- 
fragen, Solo-, ©hör- unb Orchefterfräfte, fom 
bem: ftiliftifche Übungen, religio fe Freiheit, fut= 
tureller Jjortfchritt (fcfjeu^Iicf) !), mafchineller 93e= 
trieb (fcheufilid)!), foloniale Leitung, foliftifche, 
choriftifche unb orcheftrale Gräfte. 5luct) oon 31 1 = 
penflora roirb nicht mehr gebrochen, fonbern nur noch 
t>on alpiner (!) glora. äöie lange roirbS bauern, fo 
reben mir auch *>on ben freiheitlichen Kriegen, ftatt 
oon ben ftxtifyeitätvieQen, unb erzählen mir 
oon bem abenb liehen ©rote, baS mir in fommer* 
l i d) e n £ofen in einer alp inen £>ütte genoffen 
haben! 



•) (** fjanbelt fid) um 5>eof«oc^tim0en cut bent norf) uitflr&orneii 
ftinbc ! 



95&a§ foß bie Weiterung? Soll fie bcr Mx$t 
bienen? ©inige ber angeführten SBeifptele feinen 
bafür $u fprechen. 2lber bie Wlefyx&ai)! fpridjt bod) 
bagegen; eher fönnte man meinen, fie folle ben 2tu§* 
brucf verbreitern, ein SBeftreben, ba§ ftd) ja auch in 
oielen anbexn Spracherfcheinungen jcfet verrät 9flan 
fragt vergebend nach einem vernünftigen ©runbe, 
burrf) ben fid) biefe plötzlich erwarte Vorliebe für 
alle möglichen unb unmöglichen Slbjeftivbilbungen 
erflären ließe; e3 ift nid)t3 al£ eine bumme 9flobe. 
2öenn fo etivaS einmal in ber Suft liegt, fo ftecft e§ 
heute h^r, morgen ba an; ob ba§ neugefdjaffne 
nötig, richtig, fchön fei, barnacf) fragt niemanb, tvemt§ 
nur neu ift! Um ber Neuheit willen frf)lägt man 
fogar gelegentlich ben entgegengefe^ten 2Beg ein. 
§ätte man bi^r)er Silberhochzeit gefagt, fo fann 
man sehn gegen ein§ roetten, baß fich über furz ober 
lang Marren finben mürben, bie t>on nun an fil= 
berne ^ochjeit fagten; ba e§ aber bi§ jetjt ftlberne 
^ochs^it geheißen fyat, fo finben fich natürlich nun 
Marren, bie gerabe be^halb je^t von Silberhochzeit 
fchma^en. $n einer fürjlich erfchienenen Sebent 
befchreibung *8i§marcf§ ift gleich er f ie Kapitel 
überfchrieben: unter bem ßeichen be§ @ifenfreuje§. 
$llfo au§ bem gerichtlichen eifernen Kreuze, ba§ 
boch für jeben heilig unb unantaftbar fein foHte, rairb 
ein ©ifenfreuz gemacht — au§ bloßer Steuerung^* 
fucht! 

$ie Slbjeftiva auf lieh bebeuten eine 5lt)nlidr)f cit ; 
lieh ift urfprünglich baSfelbe roie Seiche, e§ bebeutet 
ben Seib, bie ©eftalt königlich ift, tva§ bie ®e* 
ftalt, bie s 2lrt ober ba3 3Befen eine§ König§ hat 
2öill man ba3 mit ben fronprinz liehen Kinbern 
fagen? ©eiviß nicht 3Jlan meint bod) bie Ktnber 
be§ Kronprinzen, unb nicht bloß fronprinjenartige 
Kutber. 2Ba§ fann eine Arbeit fonntäglicf)e3 haben? 
ein Unterricht fachliche^? eine Söirfung farbliches? 
ein §au§ elterliche^? ein £erzton finblicheS? eine 
ftrage theatraltfcheS? ©emeint ift boch roirflich bie 
Arbeit am Sonntage, ber Unterricht in einem ftache, 



bic SÖirfung bcr färben, ba§ §au§ bcr ©Item u. f. ro.*) 
^Ibjefttoa auf ifd) werben trielfad) von Söörtero ge* 
bilbet, bic einen fdjltmmen 6inn fmben; man benfe 
an fflaüifd), bübifd), biebifd), buljlerifd), 
gletänertf d), oerfüljrerifd), uerbredjerifdj. 
@3 mag ba3 3 u f a ^ fei»/ aber man unterfdjetbet aud) 
roeibtfd) von roeibtid), ftnbifd) von finblid), 
l^errifd) ©on fyerrtid), launifd) oon launig, ab = 
göttifd) von göttlich, unb immer liegt ber fdjlimme 
©inn in ber Söilbung auf ifd). §at man aüe3 ©efüfjl 
hierfür verloren, bafc man gärtnert fd), jeidpte* 
rtfd), ftedjerifd) bilbet? Unb benft man gar n\d)t 
baran, baf3 ftubenttfdje Sluffüfjrung aud) nod) etn>a§ 
anbre£ bebeuten fann als eine von ©tubenten r>er= 
anftaltete £ljeaterauffüf)rung, nämlid) ftubentifcfceS 33e* 
tragen, unb jroar im f glimmen Sinne? Unb um* 
gelehrt: fitylt man gar ntdjt, bajj bei ber filbernen 
unb ber golbnen §od)aeit ba3 filbern unb 
golben nur ein fd)öne§ ©leidjniS ift, nrie beim 
filbernen unb golbnen Qeitaltzx? uno oa % biefe§ 
GHetdjniS burd) <StlberI)od)äett fofort jerftört unb bie 
SBorfteüung in plumper SBeife auf ba3 (Silber gelenft 
nrirb , ba§ ba§ Jubelpaar ™ ©cftalt non $8ed)ern, 
Safelauffafcen u. bgl. al3 ©efdjenf erroartet? Ober 
wollen mir in ^ufunft auc *) üom ©olb^ettalter 
reben? Unb enblid): f)at man benn gar fein Dfn: 
für ben Ijäfjlidjen ®lang Dieter biefer neugefdjaffnen 
3lbjeftit>a (fad)lid), beruflid), farblid), Hang* 
lidl), ftimmlid), prin$tid), er$ief)lid))? 

§ie unb ba glaubt man roofjl einen ©runb für 
bie Sfteubilbung ju entbeden. $)er ßfjorbireftor, ber 
juerft Don einem ^erjett für meiblidje (Stimmen, 
anftatt von einem £er$ett für grauen ftimmen ge= 
fprodjen f)at, tjatte ftd) roafjrfdjeinlid) überlegt, bafe 



•) taflet gehört aud) bic 93e$anblung bicfeS freier* nid)t , Wie 
man auf ben erften ©lief meinen fönnte, in bic Sovt6ilbung8lef)ve, 
fonbern ftc gehört rotrflidj in bie ©afoleljre. S>eu geiler liegt nic^t in 
ber «bieftiöbitbung al* foltfjer — an fidj fmb bie Slbjcftiöa ja ridjttßv 
a/öilbet -, fonbern in bcr unlogifdjcn Hmpcnbung. 



unter ben (Sängerinnen aud) junge 5Jcabd)en fein 
tonnten. Unb ber $Rat§gärtner, ber fetner S8ef)örbe 
3uerft einen ^ßlan ju gärtnerifdjen Einlagen am 
^^eater vorlegte, r)atte fid) mof)! gefagt, bafj ein 
eigentlicher ©arten, b. t). eine oon einem 3aun ober 
©elänbcr umfd)loffene Einpflanzung mcf)t gefdjaffen 
roerben folle. Elber bebeutet benn ftrau, roo fid)§ 
um bie blof?e ©egenüberfteflung ber ©efd)led)ter 
Rubelt, nicht aud) ba§ 9Jtäbd)en mit? Staun fid) 
mirflid) ein jungeS 5Jcabd)en beteibigt füllen, wenn 
eS eingelaben roirb, einen ftrauendjor mitjufingen?*) 
Unb fönnen benn nidjt ©artenanlagen aud) Ein* 
lagen fein, wie fie in einem ©arten finb? müffen fic 
immer in einem ©arten fein? ©ärtnerifd)e Elm 
lagen möd)te man einem jungen roünfc^en, ber fiuft 
l)ätte, ©ärtner ju werben, roieroohl e§ aud) bann 
nod) beffer märe, roenn er Einlagen 3 um ©ärtner 
l)ätte. 9hm oollenb^ uon gärtnertf djen Elrbeiten 
311 reben ftatt oon ©artenarbeiten ift bod) biereine 
^arr^eit. 

<£rftaufftiljnmg 

©in ©egenftürf ju bem fachlichen Unter- 
richt bitben mandie fd)öne neumobifche 3 u f ammen= 
fe^ungen, mit benen man fid) jetjt fpreijt, roie: 
grembfprache, 3r remö * ör P er ' §alfd)ftüd (ein 
gefälfchter ftaffenfchein!), Neuauflage ober Sfteu* 
er fd) einung , (Srftaufführung , ^üngftoer* 
gangenheit unb ©injelperfönlidjfett, £>öd)ft* 
majj, £öd)ftpreiS, £>öd)ftgehalt unb $öchft* 
bc^ug, 9JHnbeftmafj, 9Jiinbeftprei3, 2Kinbeft = 



*) 8» toelcfjer ©cfc^macftofißfeit fid) manche 2cute »erirren dov 
lauter Slngft, mtfaerftanben 51t werben, bofür noct) ein »etfotel. ©in 
;Vtd)cn teurer wollte eine« Unter rid)t*rurfu* für Jtomen anfunbißcn. 
?lber ba* Söort Xamen wollte er al* ftrembwort nid)t aebraudjen, 
grauen aud) nid)t, beim bann wären am (rnbe bie Wfibdjen ,au*- 
iicblicftcn , auf bie er* gana frefonber* abaeferjen Ijattc, grauen unb 
m fit) ^ cu aber aud) [nierjt, benn bann wären t>iencie$t S^ulmäbd^en 
mitgefommen, bie er nid)t fjaben wollte. *Ba* ffinbigte er atfo an? 
Scicrjcmmterrtcfjt für erwachsene ^erfoneu weiblichen <S*e« 
id)lcrf)t*! 



getyalt unb 5JHnbeftbe$ug. £rier leimt man alfo 
einen 9lbjeftir»ftamm cor ba§ §auptn>ort, ftatt ju 
fagen, nrie einem ber <Sd)nabel getr»ad)fen ift: frem* 
ber Körper, neue Auflage, erfte 9luffüf)rung, 
t)öd)fteg 3ttaf$ u. f. ro. 

SBorin liegt baS abgefd)marfte foldjer 3ufammen= 
fetjungen? giebt e§ nid)t längft, ja gum £eil fcfyon 
feit feljr alter 3 e ü ät)nltd)e Söörter, an benen fein 
9Jlenfct) 5lnftofj nimmt? ©eroifj giebt e§ bte, fogar 
in großer Sttaffe. Ifflarx benfe nur an: ftrembwort 
©belftein, Sdjmerfpatl), Sfteumonb, 20 eifern ein, 
©üfemaffer, SBuntfeuer, ®ur$roaaren, §art = 
gummi, Strorfenplatte, ©lattetä, dlott ef)ld)en, 
®rünfd)nabel, ftreifd)ule, SBollmacfyt, §alb = 
bruber, SBreitfopf, föotfjfdjilb, 3öarmbrunn 
unb oiete anbre. 2Ba§ ift aber ba§ eigentümliche 
biefer 3ufammenfet3ungen? ($3 finb ftad)au3brütfe 
ober ßunftauSbrücfe au3 irgenb einem ©ebiete beS 
geiftigen Sebent, au§ bem^anbel, au§ irgenb einem ®e= 
merbe, einer ftunft, einer Sötffenfcfyaft, au§ ber die<fyt& 
pflege, ber Söermaltung IL f. ro., ober e§ finb — Flamen.*) 
Üftun fteefen aber bem 2)eutfd)en jmei Narrheiten 
tief im SMute: erften§ fief) momöglid) immer auf irgenb 
ein i$ad) t>inau^^ufptelcn, mit 3facf)au§brütfen um fid) 
ju werfen, jeben Cluarf anfdjetnenb gum f$fad)au§brurf 
311 ftempeln; jroeiten^ ftd) immer ben 9lnfd)ein §u 
geben, al§ ob er bie ^adjauSbrücfe aller ftädjer unb 
folglid) aud) bie ftädjer felbft uerftünbe. **) Söenn e3 



*) StucQ fie fjat c8 übrigens ntd)t immer gegeben. 9?od) im ftcb= 
äeljnten Safjrljunbert erteilte, wer mit feinem falben 3} ruber im 
(Streite lag, einem 8 tl malt oollc SRadjt, ben Sßroacü au führen, nod) 
1820 würbe auf ber Seidiger SHeffc mir öon furjen SSarcu ge= 
fprodjcn. 

**) 8£ie ftolj ift ber ©tubent ber Shinftgefctjicrjtc , wenn er sunt 
erftenmale Cinquecento fagen fann, ober midjclangclcSf ober 
lionarbeSI! ©in angeljenber fleutnaui tt)irb nie nnbcvS fagen al» 
id) gelje auf ÄrtcflMdjuIe ober id? fomme oon flriegSf d)ulc; 
wenn er ben Wrtifel bajufefrte, würbe er fid) ja ganj stoiliftenfaft uor« 
tommen. ©owte ba£ aber fein guter ftreunb, ber §anblung§biener 3t\, 
ein einaigefmal gehört $at, fagt er natürlich aud): mein ftvcunb 3- 
gel)t nädjftenS auf JtricgSfdjulc. Unb botf) fcfct er fid) webev auf 
€tul)l, no$ flrttert er auf $aum. 



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ein paar 5hid)I)änblern beliebt, pläfclid) von 91 eu* 
auflagen $u reben, fo benft ber junge $rir»atbo$ent: 
af)a! Neuauflage — fd)öner neuer terminus be§ 
*8ucr)l)anbeB, n>iH id) mir mer!en unb bei nädjfter 
(Gelegenheit anbringen. 3)er ^ßrofeffor ber 5lugen= 
()eilhinbe nennt t>ielleicr)t ein (£tfenfplitterd)en, ba§ 
einem in3 3luge geflogen ift, einen fjrembförper. 
2)a läfct e§ nun ber (Sntelteit be3 ©efchicf)t8profeffor§ 
feine SRufye, er mufj bod) geigen, bafi er ba3 aud) 
roei{j, unb fo erzählt er benn bei ber näc^ften ©elegen* 
fjeit: bie (Germanen roaren ein fjrembförper im 
römiferjen SReid)e. (St roie gelehrt ba§ Hingt! So 
bilben ftd) benn auch bie gewerbsmäßigen Sweater- 
fchreiber ein, mit @rftauffüf)rung ben begriff ber 
erften Aufführung au3 ber ^armlofen 9lOtag§- 
fpradje in bie ©ometyme Legion ber 3rad)b egrtffe ge- 
hoben ju l)aben. Natürlich näfelt e§ ber Saben- 
jüngling mit, benn er möchte bod) aud) gern fo 
„faßlich" gebilbet erfchetnen, roie ber 2:^eaterf^reiber. 

Peimarlofe uno jUapelmotfoe 

S^ocr) überboten freiließ an (Gefchmacfloftgteit 
werben 3 u f ammenf c^ungen rote ©rftauffü^rung 
burcr) bie Hoheit, mit ber man jeijt ©igennamen 
(Ortsnamen ebenfo roie ^ßerfonemtamen) oor ein 
£>auptroort leimt, anftatt eine 9lbjeftioform au§ ben 
tarnen $u bilben. 

$)ie ^erfunft einer Sadje rourbe fonft nie anber§ 
bejeicr)net al3 burcr) ein oon einem (Stäbte* ober 
Sänbernamen gebilbete§ 9lbjeftir» ober burcr) ben 
©enetio ber 3Jlel)r^ar)I be§ baoon abgeleiteten (Kit* 
rool)nernamen§ ober burcr) eine ^präpofitton mit bem 
Flamen, 3. 93.: ©ijilifdje 9Jcärcr)en, 93enga* 
ItfdjeS geuer, ftölntfd)e3 Söaffer, berliner 
SBeifjbier, (Smfer ßrähncf)en, $eff auer 9ttarfcr), 
9Jcotio au§ ©apri u. f.ro. ^efct rebet man aber r»on 
gapanroaren, @mnr na teppicr)en, Olnmpia* 
metopen, ^eapelmotioen unb 2öeimaslofen! 
SBenn nun foldje 3ufammenleimungen auef» au, e.nt- 



»»aWö^M^»»« 208 Ek&X*&XM&Kk$&2t& 

fd)ulbigen fein mögen bei tarnen, oon benen man ftd) 
feine rechte 9lbjeftioform ju bilben getraut, mie S&ox- 
beauyroein, ^amaifarum, §aoannajigarren, 
s 2lngora$iege, ßh^fterf äfe, $Panamahut, @ue$ = 
t anal, fo märe boch fdjon eine SBilbung mie 9Watta? 
t artoffeln leicht oermetben, benn niemanb fprtcfjt 
r»on einem äTcaltafreuj ober 3Jtaltarittern. 3lud) 
ba§ Selterfer ÜlSaffer, mie man e3 noch richtig 
nannte, als e3 auffam, fyättt man getroft beibehalten 
fönnen unb nicht in @elter§roaffer (ober gar 
(Selterroaffer! e3 ift nad) ber naffauif djen Stabt 
(SelterS genannt) umtaufen fotlen. 2lber ganj um 
erträglich ftnb bod) bie angeführten Sfteubtlbungen, 
benn ba3 9lbjeftioum japanifch (ober meinetwegen 
japanefifd)!) ift boch tdo^I allbefannt, jeber 2lrd)äo* 
log ober ftunfttnftorifer fennt aud) baS Hbjeftioum 
olumpifd), unb auch oon äöeimar roirb man fich 
bod) roof)l noch ein ^bjeftioum $u bilben getrauen? 
Unb marum nicht: ©mnrnaer Teppiche? (Sagt 
man boch: ©eraer ßleiberftoffe. SBarum nicht: 
9Jlotioe au3 Neapel? ^apanroaren, 9*eapel = 
motiue, Söeimarlofe — roer oerfällt nur auf fo 
etroa§! 3Jlan benfe fich, oa ft jemanb SBraunfchmeig- 
lofe ober $talienroaren $auf anbieten ober oon 
SHomruinen reben mollte! S)ie ^talienreifenben 
haben mir freilich aU( $/ wie bie ©chmeijreifenben 
unb bie $lfrtf areifenben. Schön ftnb bie auch 
nicht, aber man läfct fie fich immer noch eher ge* 
fallen; ber Ortsname bezeichnet ba nicht (fubjeftio) 
ben Urfprung, bie §erfunft, fonbern (objeftio) ba§ 
Sanb, auf ba3 fich °i e ^J)ätigfett be§ Oteifenben be* 
jieht 3m allgemeinen aber fann boch ba3 SBeftim* 
mungSmort eineg jufammengefe^ten SBorteS immer 
nur ein ^IppeHatioum, fein Eigenname fein. 9Jcan 
fann oon (Sifenmaren, 2Banbteppicf)en, Sanb* 
fteinmetopen, ftlufh unb SBalbmotioen, Sot* 
terte* unb s 2lu3ftellung3lofen reben, aber nicht 
oon ^apanmaren, Smurnateppid)en, Olnm* 
piametopen, Weapelmottoen unb Söeimar* 
lof en. $aS ift nicht mehr gefprodjen, e3 ift gebammelt. 



§ljakr(Vrarrbnnn*n unb fjUsmiudibricibiguttgrii 

©enau fo ocr^ält fidjg aber mit ben jefet immer 
maffenljafter auftaudjenben 3ufammenfeöungen mit 
^erfonennamen. 9lud) s £erfonennamen fönnen fcfylerf)* 
terbingg nur bann ba§ $8efttmmung3mort einer ßu^ 
fammenfefcung bitben, menn firf) ber begriff be3 
^weiten 2öorte§ mefjr in äußerer, toferer SBeife (ob= 
jeftir») auf bie ^ßerfon bejiel)t, aber nirfjt, roenn (fub= 
jeftiü) ba3 Eigentum ber s $erfon, bie ^erfunft von 
ir)r ober bergl. begeidjnet roerben foll; bieg fann 
immer nur burrf) ben ©enetio ober ein t»on bem ta- 
rnen gebilbete§ Slbjeftioum gefrfjeljen. $)ie @d)ill er- 
säuf er alfo läfjt man ftrf) gefallen, benn bamit meint 
man nid)t ©djillerS Käufer, bie ifnn etwa gehört 
fyätten, fonbem nur £äufer, in benen er einmal ge* 
mofmt, aerteljrt, gebirfjtct fjat. 9lurf) bie ©oetfye* 
forfdjungunb bie ©oetfjegef ellf rfjaft finb nötige 
ßufammenfetmngen, fic bejeirfjnen bie grorfdjung, 
bie ftd) auf ®oetf)e bejieljt, bie ©efellfrfjaft, beren 
Sljätigteit firf) auf ©oetfje erftreeft. SBeniger gut 
finb frfjon bie ©oetfyebenfmäler, benn fieberen 
firf) borf) nirf)t blofc auf ©oetfje, fic fteflen ü)n mirllirf) 
bar; norf) in ben breijnger unb oier^iger ^atyren 
fyätte fiel) niemanb fo au^ubrücf en gewagt ba fprarf) 
man in Seip^ig nur oon ©ellertS Senfmal, 
non $8 ad) 3 Senf mal. SKo^in fommen mir bamit? 
@inb bie ©oetfjebenfmäler richtig, bann finb e£ 
aud) bie ©oetljebilbniffe, bann ift e§ aud) ber 
©äfarfopf, bie 23t§martf büfte, bie ©oetljebto* 
graptjie. Sftun aber ba3 ©oetf)el)au§ auf bem 
§irfd)graben in granffurt unb bie ©oetl)eaug = 
gäbe — ba meint man borf) nrirfltd) ganj fubjeftio 
©oetfjeS £au£ unb eine 9lu§gabe oon ®oetf)e§ 
2Öerfen! 3>ft ba§ aud) norf) ridjttg, bann fommen 
mir fdjliefeltd) gu ben ©oettjeeltern unb ben 
©oettjegebidjten; oon & oettjefreunben unb 
@f)afefpearebramen mirb ja bereite geftammelt, 
aurf) oon $)l ojartopern unb Sürerf enftern, 
oon SRembranbtfdjülern unb $il otnf d)ülern, 



aud) com ficn^narfjlafe unb von Sdjminbbrief cn 
(bcm ftadjlafc beg $id)terg Sena unb «riefen beg SKalerg 
Sdmnnb), von einer löürgerauggabe unb t)on 
ftellerfreunben (roomit mcf)t etwa eine Sluggabe 
für bürgerliche ftreife unb eine $rinfergefellfd)aft ge= 
meint finb, fonbern eine 9luggabe oon SBürgerg ©e* 
bidjten unb ftreunbe ©ottfrieb Siederg), von einem 
Sdjopenfjauerregifter ( s Jlegtfter 3U Scfyopenlmuerg 
Herfen) unb einer 33 ö tt g erp er i 0 b e (ber 3*it *8öttgerg 
in ber ($efd)id)te beg ^orjeflang), von bem $äf)nel = 
merf (ben Arbeiten beg 58ilbf)auerg .£>äf)nel) unb 
oon ber für^Iict) neu gefunbnen Slriftotelegfdjrtft. 
s 3tuf ber ©rillparjeraugftellung in 2Bien mar fogar 
„ber Sdjlüffel $um ©rillpar^erfarg" $u fefyen, 
unb in £eipjtg gab egoorfurjem Sarafatefon^erte! 
5)ag mirb genügen. $We biefe 3 u f ammcn f jungen 
jeugen von einer 3 err üttung beg 3)enfeng, bie faum 
noc^ ärger merben fann. 5flan fann von ®unft = 
freunben unb 9flufiffreunben reben, von 3inn\* 
f argen unb SRarmorfärgen, uon SITaoierfonaerten 
unb^ßiolinf oi^erten, aber nid)t oon Öeffingfreunben, 
©rillpar$erfärgen unb ©arafatef onjerten. 

$ei SBörtem mie Stiftung, Stipenbium, 
Segat, Jnftttut, herein u. äfjnl. beraubt man fid) 
überbieg eineg feinen Unterfdjiebeg, inbem man über* 
aü med)anifd) ^erfonennamen oorleimt. (Sine Sd)u = 
mannftiftung fann nur eine Stiftung fein, bie $u 
©fjren eineg geroiffen Schümann, etroa oon feinen 
freunben bei einer ©eburtgtagg* ober Jubelfeier, 
burd) eine ©elbfammlung gegrünbet morben ift. $at 
aber Schumann bie Stiftung felbft gemacht burd) 
eine ©elbfpenbe ober ein $Bermäd)tniS, fo fann fie 
nur Sd)umanng ober bie Sdjumannif d)e Stif* 
tung h c ^ en - S>tsfw Unterfd)ieb ift nod) big oor 
ganj fur^er Qeit ftreng beobachtet morben. $eute 
mirb überall nur nod) geleimt. 3>n Seip^ig giebt eg 
einen Sif^toerein - bag ift richtig — , aber aud) 
einen SKiebeloerein — bag ift falfd), benn SHiebel 
mar ber ©rünber unb oiele 5 a ^H*e aud) ber Seiter 
beg Söereing; ber herein fann atfo nur berSHiebel- 



fdje fjeifjen, luic man tt)n benn aud) bis uor f urgent 
genannt ^at. $5te £etp$tger ©ntbinbung§fd)ule l)at, fo= 
lange fte beftetjt, ba3 Strterfdje ftnjtttui geljei&en — 
ganj richtig, benn fte tft oon einem s $rofeffor £rier 
geftiftet roorben. 3)er jetzige Setter Ijat fte roafyrfjafttg 
$um £riertnftitut oerfdjönert! 3)a mögen fid) nur 
aud) bie fjranffurter beeilen, tljr weltberühmte^ ©tcU 
belfd)e§ 3>nftitut in <Stäbeltnftttut umzutaufen. 

$)en ©ipfel ber ©innloftgfeit erreichen fotd^e 3u- 
f antut eitle imungen, wenn ber zweite ^etl ein Verbal* 
fubftantiuum ift, gebilbet oon einem tranfitioen $8er- 
bum. derartige 3ufammenfet*ungen (önnen übzxfyawpt 
nidjt mit ^ßerfonennamen, fonbern nur mit einem 
nomon appollativuin gebilbet werben, fie bezeichnen 
nid)t eine einzelne, befttmmte ßanblung, fonbern eine 
©attung oon §anblungen, md)t ^ßerfonen, bereu 
£l)ättgfeit fiel) auf einen ©injelnen, fonbern wie* 
berum nur auf eine ©attung bezieht. 2ftan fann 
wof)l oon 9flajeftät§beleibigung reben, aber nid)t 
oon 53i§marcf beleibigung, fonbern nur oon einer 
Söeleibigung $8i£martf§. ©benfo fann man wol)l 
oon ©üdjerliebfjabern fpredjen, aber nid)t oon 
2öagneroerel)rem, fonbern nur oon SBerefjrern 
SöagnerS. (Sin 2öagneroeref)rer — ba§ fönnte bod) 
nur ein ftert fein, ber gewerbsmäßig jeben „oerefyrt," 
ber SÖagner fjetfet. 2Öer ba£ nid)t füfjlt, ber ftammle 
weiter, bem ift eben ntd)t zu Reifen.*) 

fjerr Qammtvs-ßvemtn 

(£ine anbre 2lbgefd)macftf)eit, auf bie leiber nidjt 
blofc 3 eitung^f dt)r etb er , fonbern aud) Seute, benen 

*) Überhaupt fann man nidjt, um eine nähere ©eftimmung ju 
Raffen, medjanii'cf) olle* mit allem aufammeiiicfccit ; c8 tommt boeb, [cf>r 
auf Sinn unb ©ebeutung ber beiben ©lieber an. ©et bem SSorte 
herein 53- Hebt ber Qfcbanfc an bie ^erfonen, bie ben SBcrcin 
bilbcn, fg nafjc, bafe c? minbeften« fc^r lüljn cq'cb>int, eine ©efeHfcfiaft 
üoh ©djlittfdjufjläufern einen (Eiftucrein, eine SBereinigung bon 
^üificnt einen ftorftberein ju nennen. 9*odj gewagter ift cS, bafe 
fief) bic bcutfcl)cn ^npieibänblcr $u einem Rapier ber ein öufammen* 
getbnn haben. SKit bemiclben 9?ecf)t unb bemfelben guten ^eje^maef 
tonnten fut) bic 51ctfct)ciiuuungcn in ^utunft SBurftbercine nennen. 



man in @prad)bingen etroa§ ©efdjmatf jutrauen 
fottte, jetjt ganj oerfeffen ftnb, ift bie Unfttte, an 
einen ^ßerfonennamen ben SBoIjnort ber s $erfon mit 
Söinbeftricfjen anhängen, ftatt tfjn burd) bie s $rä- 
pofttion in ober au§ bamit oerbinben. ($3 ift 
ba§ roteber ein ^ßröbdjen unfer§ frönen Rapier* 
beutfd). $er ©inbeftrid) ift bod) nur für§ Sluge ba, 
au§fpred)en lamt man üjn bod) mdjt. Söenn alfo 
bie 3eitunaen bruefen: §err Sammer3*$Bremen, 
fo lautet ba§, roa§ man lieft: $>err 8ammer§ 
Bremen. $>a§ ift aber aud) feine Spraye mefyr, 
fonbem blofieS ©eftanrmel. $en Anfang baju fjaben 
Seute rote ©d)ul je * 2)elitjf d) , SBraun - 9Bie§ = 
baben u. a. gemacht $)a§ waren nun i^rer 3^it ge* 
feierte ^ßarlament§gröfjen, unb roer mödjte ba§ nidjt 
audj gern fein! SÖenn fid) nun im (Sommer ©eoatter 
©dmeiber unb §anbfd)ufmtad)er ju ben üblichen 
Söanberoerfammlungen aufmachen unb bort fd)öne 
SReben Ratten, fo rooüen fie natürlich aud) bie ^ßarla* 
mentarter fpielen unb bann im 3 cl tung§bericl)t mit 
fo einem fdjönen jufammengefetjten tarnen erf feinen, 
ba motten fie nid)t blof? SÄüIIer unb SKener fyeifcen, 
fonbem §err 5MUer*$Rumpel§fird)en unb £err 
Pfleger * ©unneroalbe ~ ba§ Hingt fo ariftofra- 
tifd), fo gan$ roie *8i§marrf *@d)önt)aufen, e§ 
fönnte im fretfjerrltdjen Safdjenbudje fteljen; man 
\)at§ ja aud) ben geograpln'fdjen 5lbel genannt. $)er 
Unftnn gcr)t fd)on fo roett, bafj man fogar fdjreibt: 
3)ireftor Sötrtf) * *ßlöfcenfee bei »erltn. 2Sa§ 
ift benn nun bei ©erlin? $ireftor 2öirtf)*<piöfcenfee? 
Ober ^ßtdfcenfee? 

9Hd)t genug munbern fann man ftdj, roie Seljrer, 
beutfdje Sefjrer, eine foldje 3lbgefd)macftf)eit mit* 
machen fönnen! 2lber aud) wenn in päbagogifdjen 
3eitfd)riften über 8et)reroerfammIungen berichtet rotrb, 
roo bod) !ein 3^> e if^ fwn fann, bafj bie 93erid)te 
nidjt oon gewerbsmäßigen 93erid)terftattem, fonbem 
oon ßefjrem felbft getrieben ftnb, bie an ben „ftatt- 
gehabten" ober „ftattgefunbnen" SSerfjanblungen teil« 
genommen Ijaben, fann man immer lefen, roaS $>err 



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®d)icf = 9Rann()cim, ©err $ebbe ~ Bremen unb 
©evr 9Jiörle * ©era alle§ ioeife§ gefagt fyaben. 

Ate iframmlumj ©öfdjcn 

SBäfyrenb ba3 Söorleimen oon (Eigennamen {%cl* 
palmaren) toahrfdjeinlid) unter bem ©influffe bei 
©ngtifdjen um fid) gegriffen Ijat (oergl. Indiahouse 
u. äl)nl.), berufen anbre Sßerirrungen unfrer Attribut* 
btlbuug mieber auf Nachäfferei be3 ftran$öfifchen, 
oor allem ber abfcheulicr)e, immer ärger werbenbe 
Unfug, ^ßerfonen« ober Ortsnamen unfleftirt unb ohne 
alle Söerbinbung hinter ein ©auptroort ju ftellen, baS 
eine Sad)e bezeichnet, al£ ob bie @ad)e biefen Sßer* 
fönen = ober Ortsnamen führte, 5. $8. ba§ ©otel 
©auffe, ber 8on!ur3 <Sd)mibt, bie (Stabt= 
bibtiotfjef 3ürich (ftatt: ©auffeg ©otel, ber 
<Sd)mibtfd)e ®onfur3, bie 3üricher @tabt= 
bibliothef). 2)ie Anfänge bief e3 9Jti j}braucf)3 liegen 
aderbing3 toeiter $urütf, man braucht nur an 2lu3= 
brüefe s u benfen, roie: Unioerfität ßetpjig, 
3irfu3 SRenj, Safe SBauer; aber einen gan$ beäng= 
ftigenben Umfang fyat er bod) aud) erft in ber neueften 
3eit angenommen. $n roirflid) beutfdjgebachter attri* 
butioer 5Jorm befommt man einen (Eigennamen faum 
noch $u hören; alles plärrt, bie 3ft<*n8°f en nachäffenb 
(librnirio Quantin, chocolat Suchard u. ähnl.), oon bem 
Antrag Widert, bem gall ftuäangel, ber 2lf= 
färe Öinbau, bem SJHnifterium ©labftone, bem 
8abinet SaliSburn, bem (Softem Säger, oer 
©alerie <Sd)ad, bem ^apnruS (Eber3, ber Äol = 
leftion ©pemann unb ber (Sammlung ©öfchen, 
oon (Sacao SHüger, ber Söitla Steuer, ber s $af= 
fage Sebig, bem ^enfionat Neumann, ber S)i = 
reftion «Stägemann, bem (Saale SBlüthner, bem 
ßonsert ftriebheim, ber (Soiree Söuchmaner, 
ber SQibliothef (Stmfon unb ber ^erfteigerung 
Krabbe, oon bem Sftagiftrat Oänabrütf, ber 
Staatöantoaltfchaft ©alle, ber frürftenfchule 
(Summa, ber ©emerbeauSftellung Seipjtg, 



bcm Sdjreberoerein ©ob,liS, bcm s -8unbeS = 
fdjiefren ©rfurt u. f. n>. Sogar bcr Acuter rcbct 
fcr)on nirf)t mel)r oon bcr 3wenfauer 9flüf)le, fon- 
bern oon ber Sflüljle 3^ cl ^ au ' un0 oer 2)o*f ; 
paftor fommt ftd) natürlid) nun aud) nod) einmal fo 
pornefjm oor, wenn er nierjt mefjr im s $farrl)au3 
511 ©beleben, fonbern im ^ßfarrfyauS ©beleben 
ioof)nt. %n Setpjig jeigt man bereits Söroenbräu 
9Jtünd)en an, aber aud) ©ofe Gielau. SföaS ift 
Gielau? ift eS ber Ort, 100 biefer eble £ranf ge* 
braut wirb, ober l>ei^t ber Sörauer fo? 2Öer fannS 
lütffen! 3 a f° 9 C ^ oer Unfinn, bafc man ein 
,£>auS in 8eip$ig, nierjt etroa im übertragnen Sinne 
ein ©efcr;äftSf)auS, eine faufmänniferje girma, nein, 
baS auS Steinen gebaute, an ber Strafe ftefjenbe 
©auS, baS §auS Starfe nennt! 

3)a tamp'fen mir nun für SBefettigung ber unnfiijcn 
ftrembmörter in unfrer Sprache, aber finb benn nid)t 
fold)e ftrembroenbungen oiel fd)limmer als alle 
ftrembmörter? $aS ftrembroort cntfteüt bod) bie 
Sprache nur äujj erlief) ; wirft man eS auS bem Safce 
fyinauS unb fefct baS beurfdje Söort bafür ein, fo 
fann ber Satj im übrigen meift unoeränbert bleiben. 
9lber bie 9cad)af)mung oon funtafttferjen @rfd)ei= 
nungen auS fremben Sprachen, nod) ba$u oon ©rfdjeü 
uungen, bie bie Sprache in fo ljeruntergefommenem 
3uftanbe geigen, mie biefeS gemeine 2lneinanber= 
leimen — leime» ift nod) juoiel gefagt, 5lneinanber- 
fdjieben! — oon 2BÖrtern, fälfd)t bod) baS ÜBefen 
unfrer Sprache unb jerftört gerabeju ifyren Organis- 
mus. @S ift eine Sdnnad), mie mir unS f)ter an 
ifjr uerfünbtgen! 

Jltc Jamtlic Jlitrtjfoigcr 

©benfo abfd)eultd) ift aber nod) ein anbret Unfug, 
ber aud) auf blo&e 9lact)äfferci beS Jraujöfifdjen 
jurütfaufüfjren ift. 3)er fran$öfifd)e ©efdjäftSftil bat 
nid)t blofc bie Sitte, pere, fils unb freres, fonbern 
aud) bie Unfitte, succeflsour einfad) hinter ben ^er= 

u 



«i$<&je<&if*3äe<&£5 210 &&&&&&&&&&&& 



fonennamen §u fe^en unb $u fchreiben Murquanl 
Huccoaseur, baS foÜ l)eif$en: 9Jtucquarb§ Nad) ; 
folger! (£§ mirb alfo ba eine 9lppofttion gebilbet, 
roo logifcherroeife ein Attribut ftehen müfete. 

$lud) ba3 haben unfre ^aufteilte unb ©emerb= 
treibenben anfangt oerein$elt, balb aber immer 
maffenbafter nachgemacht, unb gegenwärtig roimmelt 
e§ bereite in unfrer ©efd)äft^melt von firmen, bie 
aüe au§fehen, al§ ob tfyre Inhaber oen fjamilien* 
namen Nachfolger unb babei bie feltfamften $or* 
namen führten, roie: (E. ®ctl)nt Nachfolger, 
©uftao Unger Nachfolger, ^riebrid) 2luguft 
$te$e Nachfolger, Johann ^afob $>utf) Nach* 
folger, ja fogar ©ebrüber ^injelmann Nad)' 
folger unb Dorothea 2öeife Nachfolger. 3n 
einer großen ©tabt ftnbet man faum eine Strafe 
mehr, 100 nicht SNitglteber biefer roeitoer$n)eigten 
ftamilie fäpen. 9lud) barauS ift eine richtige bumme 
9flobe geworben. SBätjrenb früher ein ©efdjäft, roenn 
eS ben 3 n f) aoer mechfelte, bie alte %\xma ftet§ un* 
oeränbert beibehielt — e§ gtebt ja gfamen iw Öeipjtg, 
bie nod) heute genau fo h e if* en wie üor h un bert 
fahren! — , ift jefct ein ©efdjäft manchmal faum $tt>ei, 
brei %<\\)xz alt, unb fcr)on prangt ber „Nachfolgern auf 
ber fjirma. SNandjen null ja nun bie Dummheit 
nicht recht in ben ®opf; man fieht ba§ an ber gan$ 
oerfchiebnen 9lrt unb Söeife, roie fie ficr) quälen, fie 
hinauf d)reiben. $)ie meiften fchreiben atlerbing§ 
breift: gerbinanb Sdpnibt Nad)folger. 9Inbre 
fchreiben aber aud) mit ftomma: fterbinanb 
©djmtbt, Nachfolger, ma§ $nnfd)en einem 
Schufter unb einem ^^ifd)er gerabe fo auSfieht, al§ 
ob bie ©efd)äft3tbätigfeit biefeg «iebermanng im 
Nachfolgen beftünbe, anbre gar mit ^unft: fterbi = 
nanb Sdjmiöt. Nachfolger, anbre gana tiein, al3 
ob fie fich ein bi^en fchämten: frerbinanb 
©chmibt Nachfolget, noch anbre enblid) in jroei 
3eilen: 

fterbtnanb @d)mibt 
Nad)folger. 



9?ur auf ba£ cin^iö vernünftige: 3r er °i Iiano 
(Sd)mtbt3 Nachfolger, wenn benn burd)au§ ge= 
nachfolgert fein mu^, oerfäüt feiner. 

Namentlich auch im beutfcfjen Vuchhanbel f)at 
ba§ fruchtbare ©efdjlecht ber Nachfolger neuerbingS 
eine ÜNaffe von Vertretern, ©iner ber wenigen, bie 
ben 2Jhit gehabt fyaben, ber fran$öfifd)en SNobe jum 
$rofc bem gefunben 3Jlenfcf)enr»erftanbe bie (Sbre $u 
geben, ift ber Verleger ber (Gartenlaube: (grnft 
&eil§ Nachfolge r. 3)a§ toflfte, maä geleiftet 
roorben ift, ift rootjl ber Verlag ber (Sotta'fctjen 
58ucf)h<*ttblung Nachfolger; ba£ foll tyeifien: 
93erlag be§ Nachfolgern ber ßottatfchen Vuchhanb* 
lung! ifflan greift fidf) unroillrurtirf) an ben köpf, 
roenn man ba§ lieft, um $u fef)en, ob etroa irgenbtoo 
eine (Schraube locfer geworben fei. %n folgern 
2)eutfd) nennt fid) je^t bie Vuchhanblung, in ber 
einft bie Söerfe Schillers unb ©oetf)e§ erfchienen ftnb! 

gie gelben £i*bcranfäUe 
Viel ift fchon gemottet morben über Attribut* 
bilbungen roie: ber mufifalifche 3nftrumenten = 
macher, ber oierftöcf ige §au§befifcer, ber milbe 
<Schroein3f opf, bie reitenbe Artillerie! aferne, 
bie geprüfte ßefjrerinnenanftalt, bie burch' 
löcherte ©tuhlfi^fabrif, ber geräucherte 3rUch 5 
laben, ba§ abiige fjräuleinftift, bie oerbei* 
ratete $nfpef tortoohnung unb ähnliche, wo ein 
Attribut ju einem jufammengefetjten 3Borte gefteflt 
ift, roährenb e§ fid) bocf) nur auf ba§ Veftimmung§= 
roort ber 3ufammenfe&ung bezieht dennoch wagen 
ftch immer wieber Verbinbungen biefer Art henwr; 
erft oor turpem haben bie gelben jieberanfälle 
bie Nunbe burch °i e gefamte beutfche £age§preffe 
gemacht, ©an$ großartig ift eine ©rfmbung au§ ben 
allerletzten ^Bochen: ba§ einjährig ~ freiwillige 
Vered)ttgung§wefenl $a beaieht fid) ba§ Attribut 
weber auf SBefen, noch auf Verewigung, fonbern 
fogar auf einen britten, binjujubenfenben Vegriff: 
3>ienft. 

»■'NT VFRSITY 



derartige SBerbinbungen werben nur bann erträgt 
lid), wenn e§ möglich ift, fie burd) boppelte 
fammenfefcung $u breigliebrigen SBörtern $u geftalten, 
mie:9lrmef ünberglocfe, Stebfrauenmild), 3llt = 
weiberfommer, @aur egurf en$eit u. bergl. 

Sticht beffer, eher fcrjlimmer werben natürlich 
folctje fjäflc, wenn ba§ Attribut, ftatt burd) ein @igen= 
fdjaftSwort, burd) einen ©enetir» ober eine ^ßräpofttion 
mit einem $auptworte gebilbet wirb, wie ber 2)of tor « 
titel ber ^tjüofopljie, eine ©terngruppe britter 
©röfje, eine 3 uc * cr f a & r *f aug Stuben, aaljllofe 
@rinnerung§seid)en an ^ßreujienS $errfd)er* 
hau§, (£rirnerung§blättei an ba3 Grnjianerfeft, 
ber VerpatfungSiag nad) Öfterreid), 100 ©tücf 
ßiuberhemben von 2 big 14 fahren u. ähnl. 

Ute ttxiwtift <tifc\itutxnn$ 

ffllxt erfdjrecfenber Schnelligfeit ^at fid) enblid) 
nod) ein fafyUx in ber ^ttributbilbung oerbreitet ber 
einen Sttenfdjen oon feinerem (Sprachgefühl faft $ur 
Verzweiflung bringen fann, ber fehler, bie mit 
weife jufammengefefcten 2Ibr<erbia al§ Slbjeftitm $u 
behanbeln unb mit Hauptwörtern r>erbinben. 2Ran 
f djreibt jefct frifchweg, al3 ob e§ gan$ fo in Drbnung 
wäre: bie teilweife (Erneuerung, bie au§na!)m3- 
weife Erlaubnis, bie jwangSweife Verfteige* 
rung, bie bruchftüdweife Veröffentlichung, 
bie heftroeife 9lu3gabe, bie ftücfweife Ve$ah s 
lung, bie auSjuggweife Slbfdjrift, biepfennig^ 
weifen ©rfparniffe, bie r>ergleicf)3wetfe (£r= 
lebigung, bie leihweife ober fd)enfung§weife 
Überlaffung, ber glaSweife 9lu§fcf)anF, bie 
probeweife 2lnftellung, bie reihenweife 9luf= 
ftellung, bie t>erfud)3wetfe Aufhebung, bie 
abwed)3lung3weife Verteilung u. f. w. 

(£§ wirb einem gan$ griechifch $u 9Jhtte, wenn 
man bergleichen lieft $)te griechifche Sprache ift 
imftanbe, ba§ jwifcheu 9lvtifel unb Hauptwort trc= 
teube Attribut auch burch ein 9lbt>erbium ober einen 



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abocrbieöcn 2Iu3brucf $u bilben.*) 3m ©riecrjif djen 
fann man fagen: ba3 jefct ©efd)led)t (t6 vZv yipoe) 
für: ba§ jetzige ®efd)led)t, bcr f) cutc £ag (>J rri/ie^ov 
Tipiya) für: bcr heutige £ag, bcr jebeämal 
ftönig (o a«* ßaodevs) für: bcr jebeSmaltge ®öuig, 
bic augenbltdlid) ßuft (? Tzaoavrixa rjdorij) für: 
bie augenblidlidje 8uft, bic ba$roifd)en 3eit 
(o peTagv xgopoi) für: bic ba$n>ifcr)enliegenbe 3 e ^/ 
bcr $urücf 2Scg (// nahv 686i) für: bcr aurücf* 
füf)renbe Söeg, bic aHjufc^r greiljeit (>/ 
Mev&ßpta) für: bic aKjugro^c greiljett. 2Jctt unfern 
Slbocrbicn auf roeife laffen fid) im ®ried)ifd)en na* 
mcntlict) gcroiffc mit bcr ^ßräpofition x«to unb bem 
2Iffufatit> gebilbete 2lu§brücfe Dergleichen , roie: 
xara fttxpov (ftürfroeife), xaT kvtawov (jafjrroeife, aü* 
jährlich), XCL& nfUgav (tageroeife), xa^ Iva (einer auf 
einmal), 93. n xa& rj/ii^av T$oyr], bie tageroeife 
Sttaljrung, im 2)eutfd)en aber finb berartige $er* 
binbungen ganj umnöglid). 2)em, ber fie gebraucht, 
fällt e§ nun aucr) gar nid)t ein, in einer Söerbinbung, 
roic: bie f d>ritt n> eif e SBert>ollf ommnung ba§ 
f cr)rittm eif c etwa al§ 2lbt>erbium aufeufaffen, er 
meint, er fdjretbe nrirflid) 'ein $lb)eftix>um hin, er 
beflimrt ja aud): ein teilroeifer (£rlaj5. 3)a3 
tft aber eben bie SSerirrung. $ie mit roeife ju= 
fammengefe&ten 2Börter finb fcf>led)terbmg§ feine 51b* 
jeftttm, fonbern e§ fmb 9Ibüerbia, bie au§ ©enetioen 
entftanben finb. 3ttan fagte aunäcrjft: glürflictjer 
Seife, t^örid)ter Sßetfe, t>erfet)rter Söeife, 
wie man aud) fagte: geroiffer 9ttaj?en (bie SJcafie 
tn'ef* e§ urfprünglid)). 3)anu badjte man nicht mehr 
an beu ©enetit», fonbern roagte aud) anbre 3 U5 
fammenfefcungen (t>erfud)3tt)eifetft eigentlich: nad) 
ober auf $erfud)3 Söcife), unb nun bilbet man 
fid) gar ein, meüeidjt verführt burd) ben ©leicfyflang 
mit weife (sapiens), biefe 3ufammenfet}ungen wären 

*) Die etißltfdp tu einzelnen ftäaett, wie: tbe now klag, tb* 
Iben minlstry, the above rule, tbe above beading, Die aber aud) 
uid)t oo« allen enflliföen Oka m matt fern gebillißt werben. 



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s 2lbjeftioa. Sftetn, man fann roof)l etroaS tetlmetfe 
erneuern, au§nal)m§n>eif e erlauben, ^mangS* 
weife oerftetgern, brudjftücfmetfe aeröffent* 
lidjen, man fann ftd? fdjri ttmeif e x>ert)oll = 
fommnen, aber bie f djrittroeife SBeroollf omm= 
nun 9 ift eine Sßerirrung be§ Sprachgefühls, bie nid)t 
um ein §aar beffer ift, alg ba§ ent$meie®la§ ober 
ber eytrae Heller ober bie bisweilen im @d)er$ ge* 
bilbeten 9lu3brücfe, in benen man ^ßräp Optionen wie 
Slbjeftioa beljanbelt: ein burcfyer Ääfe, eine jue 
$}rofd)fe, ein aufe§ §eft (ftatt: ein au§gefd)rie* 
beneä). 

5ftand)er rairb fagen: baf* ein $lboerbium $um 9lb* 
jeftioum nrirb, ift bod) fein Unglücf, e§ ift aud) fonft 
gefd)ef)en. 3Jht ungefähr ift e3 ebenfo gegangen. 
(£rft fagte man: icf) fann mir ba§ ungefähr t>or = 
ft eilen, bann roagte man aud): id) habe bat)on eine 
ungefäl)re$Borftellung. Slnbre werben einroenben : 
biefer 9Jhf3braud) (wenn e§ einer ift) fdjafft bod) eine 
unleugbare 93equemlid)feit, roo foll man benn einen 
(Srfaft bafür hernehmen? ftrüfjer f a 9 te man: °* e 
partielle SRenooation, bie fragmentartfd) e 
s $ublifation — ^rembroörter foll man aud) nid)t 
meljr brauchen, nun fagen mir: bie teitmeife (5v-- 
neuerung, bie brudjftücf roeife SBeröffent = 
liefjung, unb ba ift e§ rcieber ntdjt red)t. 2)a£ finb 
hinfällige (Sinmänbe. 2öer fid) ber aboerbiellen 
Statur biefer ßufammenfetjungen bemüht geblieben ift 
— unb folctje Sftenfcfjen mirb e§ bod) n>ol)l nod) 
geben bürfen? — , ober roer fie fid) mieber jutn S3e= 
roufetfein gebracht Ijat, roa§ gar nid)t ferner ift, ber 
bringt $tu3brücfe wie: teilmeife (Erneuerung 
roeber über bie Sippen nod) au§ ber fteber. ©tnige 
biefer Söerbinbungen finb ja bloßer @prad)fdbroulft 
ober Ungefdjxcf: für f djenfunggroeif e Über* 
laffung eine§ SBauplafceS genügt bod) roatjrlid) 
(Sdjenfung, unb ftatt: bie teilroeife SBeröffent* 
ltdjung ber Briefe fann man ja fagen: bie Söer 
öffentlidmng einei £etle§ ber Briefe. $lüe aber 
laffen fid) oermeiben, roenn man fid) nur t?on ber 



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Lanier freihält ober mieber freimacht, in ber unfre 
ganje <Sd)rtftfprad)e jefct tief brin ftedt, ber I)ä&(id)en 
Spanier, ben §auptfinn eineS <&afce3 immer burcf) ein 
@ubftanttt>um, ftatt burd) ba3 $erbum auSaubrürfen. 
2ötr müffen mieber Sßerba f treiben lernen, mir 
muffen cor aßen fingen einen ©afc mieber mit bem 
SBerbum anfangen lernen, ma§ ficf) feilte faum norf) 
jemanb getraut, bann wirb fo mancher anbre Unrat 
aud) mieber üerfd^minben. ©tatt §u fdjreiben: e§ 
würbe eine S^efolution angenommen, bie bie $eit* 
nmfe Aufhebung ber ßorn^ötle oerlangte — 
fdjreibe man bod) mie früher: bie oerlangte, bie &orn« 
^ötle geitmeife aufzuheben, ftatt: il)re teilmeif e 
SBegrünbung mag biefe ($letd)giltigteit barin finben, 
fdjreibe man: begrünbet mag biefe ©teicfygiltigfeit 
teilmeife barin fein — unb alleg ift in befter 
Orbnung. 

$)er tiefer benhenbe, i>er fteferbenken&e über fcer 

tiefer fenfcettbe? 

©in ©egenftütf ju ber f d)rittraeif en $8erooll = 
f ommnung, ba§ nun fretlid) burd) eine ganj anbre 
©pradjbummhett entftef)t, bilben SBerbinbungen mie: 
ba§ einjig Nichtige, ber tiefer Senfenbe, ber 
mittellos Sßerftorbene, ber mit ihm ^ebenbe 
u. bergl. 2)a liegt ber greller nidjt im 91u3brud, 
fonbern — in ber Orthographie, nämlid) in ben 
t^örid)ten großen 51nfang3bud)ftaben, mit benen man 
gan$ allgemein bie ^Ibjeftioa unb ^artijipia foldjer 
93erbütbungen fdt)rcibt unb brudt 

©emöhnlid) roirb ja gelehrt, bafj 3lbjeftioa unb 
^ßarttgipia, roenn fie (ein gauptmort bei fiel) Ijaben, 
felber $u §auptmörtern mürben unb bann mit großen 
21nfang3bud)ftaben $u fd)reiben feien, alfo: bie 
©rünen unb bie flauen, alle ©ebilbeten. 3)a§ 
läjrt fid) hören. Sftun gef)t man aber meiter. 9Jtan 
fc^reibt unb brudt fold)e ^bjeltitm unb ^artijtpia 
aud) bann grofc, menn $u bem ^Ibjeftio ein 21büer= 
bium ober ein abhängiges £>auptmort, ^u bem s ?ar= 



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tigip ein ^ßräbifat, eine aboerbieüe SBeftimmuug ober 
ebenfalls ein abhängiges §auptwort tritt, alfo: fo 
<Sd)öne§, längft S8efannte§, etwa3 ungemein 
(S 1 a ft i f d)e§, ber minber 2lrme, afle§ blof* £ech s 
nifcrje, ba§ eigentlich $f)eatralif che, bag fünfte 
lerifch Söertoolle, ein unglücflich ßiebenber, fein 
billig $)enfenber, ba§ wahrhaft ©etenbe, ber 
früf) $ahingefd)iebne, bie mäfeig begüterten, 
ber ergebenft Unterzeichnete, ber fehnlidhft ©r* 
wartete, ber wahrhaft ©ebilbete, ba§ glücflid) 
erreichte, ba3 früher SBerfäumte, ba§ anber* 
märt§ beffer dargestellte — ba§ bem SBatertanbe 
(Srforiefjliche, bie bem ©emetjel (Sntgangnen, 
bie 5ftebigin ©tubirenben — ber befdjaultd) 31 n* 
gelegte, ber gefeffelt $>aliegenbe, ber unfcrjulbig 
Eingerichtete, ba§ al§ richtig ©rfannte — bie 
gu il)m Geflüchteten, bie oom fieben 3lbgcf Cete- 
be n e n , bie bei ber «Schaffung be§ 3)enfrnal§ 93e* 
teiligten, bie an ber Aufführung SJlitwirf enben, 
bie auf bie (Eröffnung ber ft'affe SBartenben — ja 
fogar: bie r»on ihm gu 93eförbernben, baS auf 
©runb be§ fchon S8orhanbnen noch ©rrei* 
djenbe u. f. w. 

3ft benn ba§ richtig? fönnen in folchen Sßer- 
binbungen bie $lbjeftioa unb Sßartigtpia wirfltd) als 
Subftantioa aufgefaßt werben? @in (lein wenig 
Sftachbenfen genügt boch, gu geigen, bafj ba§ gang 
unmöglich ift. $te SRegel oon ben großen Anfangt 
buchftaben auf folche %äüe angewanbt, ift ein ge= 
rabegu befchämenbe§ 3etchen von ber gebanfenlofen, 
äußerlichen, mechanifchen 9lrt, wie in unferm @prad)= 
Unterricht bisweilen oerfahren wirb. SÖenn ich f^ge: 
ber frühere ©elxebte, fo ift ba§ ^ßartigip wirtlich 
gum Gubftantioum geworben; fage ich <*&er: ber 
früher geliebte, fo (ann boch oon einer Subftan* 
tioirung nicht bie Webe fein. SÖelchen ©inn h a * e3 
nun aber, Sörtei äußerlich, für ba3 9luge, gu £aupt* 
Wörtern gu ftempeln, bie fchled)terbingg md)t al§ 
Hauptwörter gefühlt werben fönnen? $tefe &äDe 
füllten im ©egenteil bagu benufct werben, ben Unter- 



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fdjieb jnrifdjen einem $um ©ubftanti» geroorbnen unb 
einem ^ßartijip gebltebnen Partizipium im Unterrichte 
flax ju machen! SBäre e£ richtig, fcfyreiben: alle§ 
bisher (£rforfd)te, alle vernünftig 2)enfeuben, 
bie im (Slfafc SRetfenben, bie jroet Saljre lang *Ber = 
bünbeten, bie jur geter *> 0tt Eifers ©eburtStag 
Sßerfammelten, bie burd) bie Überfctjmemmuug 
33efd)äbigten, bie auf preuf*ifd)en Unioerfitäten 
(Stubirenben, ber wegen einer geringfügigen Üb er* 
tretung 9lngeflagte, märe e§ möglid), alle biefe 
^artijipia al§ ©ubftanttoa ju füllen — unb nur 
barauf fann e§ bod) anfommen! — , bann müfjte man 
aud) fagen fönnen: alle bisher 3rorfd)er, alle oer* 
nünftig Genfer, bie im (Slfaf? Steife, bie ^roei 
3at)re lang Söerbinbung, bie ^ur fjeier von ^aiferS 
(Geburtstag $erfammlung, ber burd) bie Über* 
fcfymemmung ©djabe, bie auf preufnf d)en Uni^er* 
fitäten (Stuben ten, bie roegen einer geringfügigen 
Übertretung Auflage. Söoflte man f)ier urirflid) eine 
©ubftantioirung annehmen unb äufjerlid) vornehmen, 
fo fönnte ba3 logifdjerroeife bod) nur fo gefdjefyen, 
bafj man bie gan^e SBetteibung mitfubftantitrirte unb 
fdjriebe: bie 2B ir f Ii d) ob er an geblidjminb erb e = 
gabten, jeber £iefertnbiegoetljeftubienetnge: 
brungne. @o verfährt man ja nrirfltd) bei furzen 
3ufät>en, roie: bie £etd)tt>ermunbeten, bergrüt) = 
verftorbene, bie fternerfteljenben. 

9hm fönnte man fagen: gut, mir wollen ba, 
roo Slbjeftisa unb ^ßartigipia allein fielen, ffe mit 
großen 2lnfang3bud)ftaben f ^reiben; treten fie mit 
abuerbieflen 3ufätjen auf, fo mögen fie mit bem flei* 
nen *8ud)ftaben jufrieben fein. 2öa8 foü aber bann 
gefd)el)en, wenn, n>a§ bod) häufig vorfommt, beibe 
§cide mit einanber verbunden erfdjjeinen, 3. 93.: ba§ 
unbebeutenbe , in ber (Stic f)ingen>orfne — 
etroa§ felbftt>erftänblid)e§, mit §änben greif* 
bare§ -- ettt>a§ grofceS, ber gangen 3ttenfd)l)eit 
erfpriefjltd)e§ — eine nad) bem pifanten, nod) 
md^t bageroefenen fyafdjenbe pijantafie — mit 93er- 
jid)t auf ba§ verlorne unb ju unfrer ®id)ert)eit 



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unbebittgt notioenbige? Soll man ba abroedjfeln? 
b«§ eine flein, ba§ anbre groft f einreiben? 

$ai§ oernünftigfte märe e§ ot)ne 3weifel, wan be= 
fd)ränfte bic großen 5lnfang§bud)ftaben überhaupt 
auf bie nnrdid)en ©ubftantioa unb fdjriebe- aüe§ 
übrige Kein. 9lber §u fdjretben: ba§ burcJ) reblid)en 
ftletf} ©eroonnene unb fid) unb anbern eingeben, 
(Gewonnene fei I)ier ein ©ubftantioum, ift bod) ge- 
rabc§u ein Verbrechen an ber Cogtf. 9lber aud) bag 
fchrittweife Gewonnene ift unter aßen Umftän- 
ben falfd). Denn wäre ®en>onnene ein Hauptwort, 
bann fönnte fdjrittroeife nur ein ($igenfd)aft§roort 
fein, unb baS ift e§ nicht; ift aber f d)ritttt)eife ein 
Slboerbium, bann fann (Gewonnene nur eine 58er- 
baiform fein, unb ba§ ift e§ ebenfalls nicht, foioie 
man e§ mit © f djretbt. 

Sie &pp0|üi(m 

©ine iReget, bie fd)on ber Quintaner lernt, lautet : 
eine $lppofitton muß ftet§ in bemfelben $afu§ ftehen, 
wie ba£ Jmuptroort, §u bem fie tritt. $>a§ ift fo 
felbftoerftänblid), bafc e§ ein ßinb begreifen fann, 
unb barum gehört e£ eben $u ben Regeln, bie fdjon 
auf ber unterften Stufe, roo ber Unterricht in ber 
Safclehre faum begonnen l)at, bet)anbelt werben. 
9*un fct)e man fid) einmal um, nrie gefd)rieben 
wirb! $a Reifet e§: bag ©aftfptet be3 §errn s Jia= 
oelli, erfter Senor an ber ©cala in 9flailanb — 
ber Sßerfaffer ber §t)hria, ein $8ud), ba§ wir 
leiber nicht (ennen — e§ gilt ba§ namentlich r»on 
bem mtttelbeutf d)en §ofbau, bie oerbreitetfte 
aller beutfd)en Bauarten — ber fjirft ift mit frei* 
ftebenben Figuren, ^etru§ unb bie oier (£oan = 
geliften, gefd)mürft — ba3 ®rab mar gut unter= 
halten, mit Sflefeba unb 3J?onat§rofen, bie ßieb = 
ling^blumen ber Verftorbenen. Solchen 93erbin= 
bungen begegnet man täglich; mag ber ©enetio, ber 
Dario ober ber 9lffufatio oorau§get)en, gleid)oiel, bie 
Slppofition toirb in ben SNominatio gefegt. Sie roirb 



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be()anbelt rote eine ^ßarenthefe, al§ ob fie gar nicht 
3 um ©afegefüge gehörte, fonbern al§ ob fie ber 
fdjreibenbe „beifeite" fprädje ober in ben Bart 
murmelte. 

%ud) biefer gehler banft feinen Urfprung, roie 
fo oieleS in unfrer «Sprache, ber Nachäfferei be3 
3*ran3Öfifd)en. 9Hd)t bafe ba§ ftreng logtfdje %xar\' 
göfifd) eine§ folgen Unfinn§ fäf)tg märe, 311 einem 
£auptroort im ©enetio eine SUppofUion im 9lomi= 
natit) 3U fe^en, beroaljre! SBenn ber granjofe fdjreibt: 
lo faite est orne <le statues, St. Piorre et les qualre 
evangclistes, fo empftnbet er natürlich los evanpelistes 
fo gut oon de abhängig roie ba§ trorhergehenbe. 
$)er 3)eutfd)e aber, ber ein bi£d)en grangöfifd) ge= 
lernt tjat, fiefjt nur bie unfleftirte gorm, bilbet fid) 
ein, ba§ fei ein Nominativ, unb plumpft nun überall 
hinter be§ unb bem unb ben mit feinem bummen 
ber brein. (5§ tft roie ein Schlag in§ ©efid)t, ein 
fold)er Sftominatit) al3 ©enoffe unb Begleiter eine£ 
ca-iiis obliquus. 

$Iud) roenn bie 2lppofition mit al3 angefrfjloffen 
roirb, mufc fie unbebingt in bemfelben ftafu§ ftefjen 
roie ba§ Söort, $u bem fie tritt, B.: ein portal 
mit $roei gefeffelten dürfen al§ © d)tlbh altern 
(nicht Sdplbhalter!). üftur roenn fie fid) an ba£ 
befi^an^eigenbe 9lbjeftitmm anfd)lief3t, alfo eigentlich 
im ©enetiü ftefjen müßte, nimmt man fid) allgemein 
bie Freiheit, ju fagen: mein Beruf al§ Sehr er. 

§tv fßurijtttdfeljUr 

(Sin befonberg l)äuftge§ Beifptel einer fehlerhaften 
Slppofition finbet fid) auf Buchtiteln, ©eroif? auf 
ber $älfte aller Buchtitel roirb $um Berfaffernamen, 
ber ja ftet§ hinter oon, alfo im 3)atiü fteht, ba§ 
s 2lmt ober ber Beruf beS BerfafferS im Sflominatio 
hinjugefe^t! Namentlich bie zahlreichen jungen Herren, 
bie fid) an beutfchen Unioerfitäten in ber ehrroür* 
bigeu Stellung uon ^rioatboaenten befinben, fyaben 
entroeber bie Quintanerregel über bie 5lppofition 



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ooßftänbig oerfdnotfct, ober fie tyaben leine 9lf)nung 
baoon, baß 2)ojent nad) ber fcfyioacfjen 5)eflination 
fleftirt werben muß, nid)t be§ $)o$ent, bem $o* 
$eut, fonbern be§ $)o$enten, bem $o$enten. 
3n berfelben Sage fdjeint ftd} bie gefamte beutfdje 
2lrd)iteftemoelt bem SÖorte 5lr<f)iteft gegenüber 311 
befinben. $lber auef) in anbern Greifen ftefjt ber 
3fel)ler in üopigfter $8lüte. @§ wirb ntd)t nur ge* 
fcfyrieben: oon ©uftao <Sd)önermarf, 9lrd)iteft — 
oon 3r^ft Rommel, ^rioatbojent an ber Unioer- 
fität 9Künd)en - oon Sotfjar 2Ibel, 2lrd)Ueft, 
^rioatbojent an ber Hodjfdjule für SBobenfultur 
u. f. 10., fonbem auefj: oon (£. SB. @cf)neiber, SRetd)3* 
tagSabgeorbneter — oon £. $8rel)mer, birigirenber 
2lr$t — oon 5. Wobeier, fatferl. ruffifdjer ®ef)etmrat 
— oon 30. SBrinfmann, ©efyeimer ©anitätSrat — 
oon Dr. Seonljarb Söolff, ftäbtifd) er 5Jhtfift>ireftor — 
oon ©. fR. (Jbler oon ®uta§ — oon 3»» Hartmann, 
fönigl. preußifcfyer Generalleutnant 3). — oon Dr. 
2rriebrid) HarmS, toeilanb orbentltcfjer ^ßrofeffor an 
ber Unioerfttät Berlin — oon & ©djmibt, forrefpon- 
birenbeS 9ftitglteb be§ $8eretn§ u. f. to. SERitunter finb 
bie SBerfaffer fo oorftcfjtig, ba§ 2öort, auf ba§ e3 an= 
fommt, ao$ufür$en, 3. 95. oon ^einrieb, Dberlänber, 
fönigl. Scfjaufpteler. üftamentlid) ber orbentl. 
unb ber außerorbentl. ^ßrofeffor gebraust gern 
biefe SBorftcf)t unb überläßt e§ bem 8efer, ftcf) bie 
s 2lbfürjung naef) belieben $u orbentlidjem ober 
orbentlidjer $u ergänzen. $ie meiften ßefer ergänzen 
aber fidjerlid? falfd). $at jum Überfluß nod) ber 
Sftame be§ $)ru<fer§ ober be§ $ßerteger§ eine $lppo* 
fition, fo fann e§ oorfommen, baß auf einem 93ud)s 
titel ber fteljler $toeimal ftel)t, oben beim SJerfaffer* 
turnten unb unten nod) einmal am ftuße: 2)rucf oon 
d. 31. @tarfe, fönigltdijer Hoflieferant! 

3lber aud) in anbem hätten, nid)t bloß bei 3ln* 
gäbe eines *8ud)oerf affer§ , roirb ber fjfefyler oft be= 
gangen. 2ttan f djretbt aud): (Erinnerungen an SBotfjo 
oon hülfen, ©eneralintenbant ber fönigltdjen <Sd)au* 
fpiele. Sluf SBriefabreffen muß man lefen: Herrn 



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Dr. 2Rüüer, »orfiftcnbcr be§ herein! u. f. n>. ift 
als ob foldje 5lppofttionen, bie $lmt, Eitel, 93eruf 
angeben, $ufammen mit bem ^erfonennamen al3 
eine 9lrt t>on SBerfteinerungen betrautet würben. 2)af$ 
von ben 2)atu>, an ben 5lffufatit> regiert, bafür 
fdjeint !)ier aüe§ Söenmfjtfein gefd)tt>unben $u fein. 
($rft fommt bie ^ßräpofitton, bann ber Sftame, unb 
bann, unfleftirt unb, nrie e§ fcheint, unfleftirbar, ber 
Söortlaut ber — SBifitenfarte. 

fri. ptmi §rfjul|, frorijtrr u. f. w. 

(£3 fommt aber $u btefer einen Nachäfferei be3 
ftranaöftfchen bei ber Slppofition nod) eine aroeite, 
nämlich bie, ben 9lrtifel roeg$ulaffen unb au fchretben: 
MegeteHuS, @ot)n be§ *ßräfeften ©regcentiuS. 3n 
gutem @cr)riftbeutfct) ift ba§ nur bann erlaubt, wenn 
bie 2lppofttton 9lmt ober Eitel bezeichnet, unb auch 
ba eigentlich nur in Unterfchriften, roenn man felbft 
feinen tarnen unb Eitel hinfdjreibt, *8.: £>ugo Sicht 
2)ireftor beö ftäbtifchen $8auamt3. Schreibt ein 
anbrer baoon, fo ift gar fein ©runb, ben $lrtifel 
loegjulaffen; bann mu| e3 h e ^ cn: $ crr £ u go Sicht, 
ber2)ireftor be§ ftäbtifchen 93auamt3. ®ans uner= 
träglich a & er wenn ber 9lrtifel bei Söermanbt 

fchaftSbegriffen fel)lt, unb boch f ann man baS jefct ebenfo 
häufig in ©efchichtSroerfen wie in — SBerlobungS- 
anzeigen lefen. $er Sitterarhiftorifer fchreibt: bie 
»efatmtfchaft mit Börner, Sßater be§ 3)ichter§ 
Eheobor Äörner — unb ber SHeferoeleutnant unb 
©umnaftaloberlehrer ©chmibt jeigt an, baft er fief) 
mit g-räulein 2mmi ©chulj, Eod)ter be§ $errn 
Äommerjienrat @chul$, oerlobt habe. 3)a3 ift fchlechter* 
bing§ fein 2)eutfch. £at ber $err Pommer jienrat 
mehrere Töchter, fo mu| e§ unbebingt haften: einer 
Eocfjter; r) a * er nur bie eine, fo mufe e§ 1)^6™ : 
ber Tochter. Unb wenn ber ©efd)id)tfchreiber nicht 
rottete, ober roenn e3 überhaupt unbefannt märe, ob 
bie fjürftin ^ dou ber er erzählt, eine ober mehrere 
Eödjter gehabt hat, fo müf?te e§ immer hetfjen: eine 



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£od)ter, beim eine £ocf)ter mar e3 auf jeben 
roenn fte bic einzige mar, aber auch roenn fie %d)roeftern 
hatte. 

(Sbenfo falfd) ift e3 natürlich, fd)reiben: ber 
*öorroärt§, Organ ber fo^ialbemofrattf d)en gartet. 
.£>at bie Partei mehrere „Organe/' fo muj e§ J)et^en: 
ein Organ; f)at fie nur bies eine, ift biefe§ ü)r aner- 
fannt amtltd)e§ „Organ/' fo mufj e§ ^ei^en: ba§ 
Organ. Organ allein tonnte höd)ften§ (in bem 
jroetten ^alle) unter bem Sitelfopfe ber 3 eitun 9 
fielen. 

rinn ?rit wie orr unfria*n 

teilte eigentliche Slppofttion liegt t>or, wenn man 
fagt: in einer 3^it, roie ber unfrigen. SBielmeljr 
r>at t)ier ein furjer Sftebenfalj, unb $roar ein SBer* 
gletd)ung3fatj (roie bie unfrige ift), fein 3eita»o?t 
eingebüßt, unb ba§ übrigbleibenbe (Subjeft ift bann 
unroiflfurlich ju bem t>orhergehenben 2)atin gebogen, 
„attrafn'rt" roorben. SJtandje motten t>on biefer 
5lttraftion md)t§ miffen; fte ift aber fo natürlich unb 
liegt fo nahe, baf? e§ fefjr pebanttfd) märe, fie an- 
zufechten, ©egen $8erbtnbungen roie: in einem 
s 43ud)e mie bem üorliegenben, ober: e3 bebarfeine§ 
s Jieaftion3ftoffe§ roie be§ 9tatrtum§ — ift nicht 
baö geringfte einjumenben; im ©egenteil, e§ Hingt ge* 
fudjt unb ^art, menn jemattb fcf>reibt: folcf>e fleinere 
Sammlungen mürben bann in Herfen hüte bie (!) 
jffieingartner $anbfrf)rift t>eretntgt. 

<!B. Strrfjfr, guiijbin&mi 

(Sine (Sefcfjmacflofigfeit, bie firf) in ber <Sprad)e 
unfrer ©efd)äft3leute neuerbingg mit großer (ScrmeUig* 
feit verbreitet hat, befteht barin, $u einem ^erfonen(!)= 
namen eine @ad)e (!) al§ 3lppofttion ju fefcen, $8. 
©ttftau 3rMcr)c^' 53ucr)binbcrci. d§ ift ba§ ein 
©egenftücf jur „ftamilie Nachfolger"; auch h*** roirt> 
eine Wppofition gebraucht, mo ein Attribut uerlangt 



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nrirb. grüner fagte man Dernünfttgernmfe: ©uftao 
3rifd)er, SBuchbinber, unb wer ju uerftehen geben 
wollte, baj* er fein ®ef<*)äft ni^t allein, fonbern mit 
einer 5lnjal)l t>on ©efellen betreibe (jefct heiflt e3 cor- 
neunter: ©efyilfen, obroof)l ein Gefeilt von bamal§ 
ütel mehr gu bebeuten fyatte als fo ein moberner ©e* 
fytlfe!), fagte: ©uftat) 5^f^ er ^ 33ud)binberei ober 
93ud)binberei von ©uftao fjif d> er. $)te 2)umm* 
f)eit, einen 2Renfd)en eine Sudjbinberei $u nennen, 
ift unfrer 3 e ü vorbehalten geblieben. 

3um £etl ift biefer Unfinn nrieber bie $olge ber 
^ßral)lfud)t itnfrer ©efd)äft3leute; e§ n>ill niemanb 
metjr ©ärtner ober Trauer, £ifd)ler ober 93ud) = 
binber fein, fonbern nur nod) ©ärtneretbefifcer, 
SBraueretbefifcer, £ifd)lereibeftfcer, 33ucf)- 
binbereibefifcer — immer großartig! 2)a barf 
natürlich bie $8ud)binoerei aud) in ber fjirma nid)t 
fehlen. 3 um ^nbern £etl ift er aber bod) aud) 
nrieber eine fjolgc ber Söerroilberung unfer§ (Sprach* 
öefüf)l§. 

Jte Jlronaminn. Jht txfttxt unb ber Idjierc 

5Red)t üorfid)tig unb — fparfam follte man in bem 
(Gebrauche ber perfönlidjen Fürwörter fein. 2Ber 
fcfjreibt, ber roeifc ja, roen er mit einem er oberil)ii 
meint; ber Sefer aber t>erftet)t oft falfdt), roeil mehr al§ 
ein §auptir»ort nor^ergegangen ift, auf ba§ fid) ba3 
ftürroort begießen fann, fud)t bann nad) bem richtigen 
Sßorte unb roirb fo in ärgerlicher Söeife aufgehalten. 
28o ein 2mfet>erftänbni3 möglich ift, ift e§ beSbalb 
immer beffer, ftatt be§ gürroorteS ba§ £auptn>ort, 
ba§ man meint, mieber ein^ufe^en, befonberS bann, 
wenn im oorhergehenben jmei Hauptwörter einanber 
gegenübergefteüt roorben finb. Seiber oerbirbt aud) 
hier mieber oiel ber thörichte Aberglaube, bafc e£ 
unfdjön fei, für* fyntex einanber mehreremal ba§- 
felbe ©ort $u brauchen. 

5ttan nehme folgenbe (Säfce: fdjon in ©oethe, ja 
fdjon in bem mufifliebcnben 8utl)er ftnbet fid) ba£ 



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unbeftimmte 5öorgefüt)l einer folgen CSntroicf hing ; 
©oettye fjatte befamttttdi) bt§ $u feinem oierjigften 
^afyre bie ernftlidje $Ibftd)t, fid) ber bilbenben Shinft 
$u wibmen, unb fyie §aupttf)at Sutljerg, bie 93ibel= 
überfe^ung, ift eine roefentlid) fünftlerifdje %t)at. 

$a§ finb gewiß ein paar gute, tabellofe Sä^e, 
fo flar, überfid)tüd) unb roor)tf lingenb , wie man fie 
nur wünfd)en fann. 3>a fommt nun ber Rapier* 
menfrf) brüber unb fagt: entfefcltdj! ba ftef)t ja 
äwetmal hinter einanber ©oetfye unb zweimal hinter 
etnanber Suttjer! tybe$ gwette mal ift com Übet, 
a(fo weg bamit! (£3 muß Reiften: ber eine unb 
ber anbre, ober: jener unb biefer, ober — unb 
ba§ ift nun ba§ aflerbeliebtefte — : er ft er er unb 
letzterer. 9llfo: fd)on in ©oetfye, ja fd)on in bem 
muftfliebenben Sutljer ftnbet ftd) ba§ unbeftimmte 
$orgefüf)t einer folgen (Sntmicflung; er ft er er tjatte 
befanntlid) big $u feinem üier^igften $a\)xe bie emft= 
tiefte 5lbftd)t, ftd) ber bilbenben Shtnft $u wibmen; 
unb bie £aupttf)at be§ le^tern, bie SBtbelüberfefcung, 
war eine wefentlid) fünftlerifdje $fmt. 9hm f)at bie 
s #apierfeele 9hu>. 

Über bie l)ä6lid)e ßomparatiobtlbung erfterer 
unb Unterer ift fdjon @. 154 bei ben Dielatiofäfcen 
gefprodjen worben. 2öie fyäßlid) ift aber erft — bort 
wie fyier — bie Slnwenbung! S)a3 angeführte s -8ei= 
fpiel ift ja üerljältntämäfng einfach, unb nad)bem e£ 
oorfyer mit 2Bieberf)olung ber tarnen gebilbet worben 
ift, fiefjt man leid)t, worauf ftd) erfterer unb let} = 
terer begießen foU. 2Iber welche Qualen !ann bem 
Sefer in taufenb anbern fällen ein foldjeS erfterer 
unb lefcterer, biefer unb jener bereiten! SJlan t)at 
ja, wenn man f)armtoS t>or ftd) Eintieft, feine Slfynung 
baoon, baß fid) ber fd)reibenbe gemiffe SCBörtcr gleich- 
fam I)eimlid) mimerirt, um hinterher plö&lid) vom 
Sefer 51t oerlangen, baß er fte ftd) aud) numerirt 
unb — mit ber Kummer gemerft habe. Sluf einmal 
fommt nun folct) ein oerteuf clte§ erfterer. 3a wer 
war benn ber erftere? $aftig fliegt ba3 Shige 
juntd unb irrt in ben legten $wei, brei feilen um* 



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her, um barnad) $u fud>en. ßrfterer — fjalt, ba 
ftef)t er: Sutljer! Pilfor Luther hatte befamttlid) bis! 
$u feinem oierjigften 3»al)re bie ernftliche 9lbfid)t, fict> 
ber bilbenben $unft $u lütbmen. Unfinn! ber anbre 
muf? eä gewefen fein, alfo nod) einmal fudjen! SHid)- 
ttg, I)ier fteht et: ©oetfje! $lber £utf)er war bod) 
früher ba als ©oetfje, wie fann benn ©oetbe ber 
„erftere" fein? $a, ber 3*it nad) mar Öutfjer früher, 
aber r)icr in bem gebrucften @afc auf bem Rapiere 
irmr ©oethe ber „erftere," unb auf§ Rapier fommtS 
an. 2Ufo: ©oethe hatte befanntlich bie emittiere 2lb* 
fid)t — ©ott fei 2)anf, jefct finb wir enblid) wieber 
invftabrwaffer. 3um ©lürf ooüjieht fid) ja in SBirf; 
Iid)feit biefeS geiftige .§inunbhergeftofjenwerben 
etwag fdmeller; aber angenehm ift e§ nie, unb bod), 
urie oft mufj man§ über ftd) ergeben laffen! 

$ter noch ein paar weitere SBeifpiele: ber ©e^ 
lehrte ift feinem Söefen nad) international, ber Mnft* 
ler national; barauf grünbet fid) bie Überlegenheit 
be§ letztem über ben erftern — unerfahrne ßinber 
unb geübte Diplomaten fyaben ba§ oft bli^artige 
55)urchfd)auen oon Sftenfchen unb ©Ijarafteren mit 
einanber gemein, aber freilief) au§ oerfdjiebnen ©rün= 
ben: jene befitjen nod) ben SBlitf für ba§ ©anje, 
biefe fdjon ben für bie ©in^elheiten be§ menfd) 5 
liefen (Seelenleben^ — wie 9tafael in ber gönn, ift 
SRembranbt in ber garbe nid)t3 weniger als natura 
wahr; biefer fyat feinen felbftänbigen unb im ge* 
wtffen (Sinne unnatürlichen (Stil gerabe fo gut wie 
jener; unb infofern SKembranbt in feinen Silbern 
fogar eine noch intenfioere perfönlidje £anbfd)rift 
aeigt al§ SRafael, h<*t ber erftere nod) mehr Stil 
al§ ber letztere — biefer Umfchwung ift wieber 
burch ben @goi§mu§ bewirft worben, nur baf? e§ 
bieSmal nicht ber beS ©eberS, fonbern ber be§ 
Rehmers war; jener hat in biefem feinen 9Jleifter 
gefunben, l elfterer ba§ 3Berf würbig fortgesetzt. 
s illle foldje Sd^e finb eine Dual für ben Sefer. Söer 
ift biefer, wer ift jen er, wer ift letzterer? tiefer 
unb jener foUen ©eber unb Rehmer fein, aber in 

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ioeld)er Reihenfolge? tiefer fofl ficf> auf ben nätjer- 
ftefjenben, jener fid) auf ben fernerftef)enben be= 
Steden, Unterer be$iet)t man unroillrurlid) aunäd)ft 
auf 2Jceifter, e3 ift aber roieber ber Sftefjmer gemeint. 
3ft e3 benn ba nid)t taufenbmal gefcfyeiter, ju fdjreiben: 
biefer Umfd)toung ift toieber burd) ben (Sgoi3mu3 
bewirft toorben, nur bafc e3 bie§mal nicfyt ber be£ 
©eberg, fonbem ber be§ SftetjmerS mar; ber ©eber 
tjat im 9tef)tner feinen SWeifter gefunben, ber 9iel)mer 
fmt ba3 Söerf roürbig fortgefel&t? $a§ ift fofort 
oerftänbltd), unb alle3 ängftlidje Umfetyren unb @ud)en 
fällt weg. 

@in gan$ befonbrer 2ftif$braud) wirb aber nun noer) 
mit letzterer allein getrieben. SBiele finb jefct fo 
oerliebt in biefe3 fd)ime Söort, ba& fie e§ gan$ ge- 
banfenloS (für biefer!) aud) ba brauchen, wo gar 
feine ©egenüberftetlung oon jmeten oorfyergegangen 
ift; fie weifen bamit einfad) auf ba§ ^ulefct im ©afce 
genannte Hauptwort jurüd, 93.: ba§ SßreiSgertdjt 
f)at feinen @prud) getf>an, Unterer greift jebod) ber 
(Sntfdjeibung nid)t oor — ba§ Pepton wirb au3 
beftem grleifc^ bargefteflt, fobafi letzteres bereits in 
löSlidjer ftoxm bem 9Jlagen jugefüt)rt wirb — ftrüge, 
Heller unb 3d)üffeln bilben ba£ 9ttaterial, bem bie 
bic^terifdjen (£rgüffe anoertraut werben; finb l entere 
aber elegifd)er Statur, fo finben mir fie auf ©rabfteinen 
unb 93otiotafeln — in ber offt^iöfen Sprache fdjreibt 
man erft bann oon geftörten Regierungen, wenn 
ber Ärieg oor ber $f>ür ftef)t, unb bajj lefctereä 
nid)t ber gall fei, glauben mir gern — je weiter ent* 
midelt bie Kultur eines S8olfe§ ift, befto empfinbKdjer 
ift le^tereS gegen gewaltfame (Singriffe — bie ®e= 
noffen, bie of)ne ftünbigung bie Arbeit eingeteilt 
Ratten unb Untere nict>t fofort roieber aufnahmen — 
ber Unterzeichnete füf)lt fid) oerpflidjtet, eine 3ubi* 
läumSfdjrift abjufaffen; lefctere foll eine ©efctydjte 
ber (Schule enthalten u. f. n>. Söemt biefe ©ebanfen- 
lofigfeit weitere fjortfe^ritte mad)t, fo fommen wir 
am (Snbe nod) ba^in, bafj e3 in lateimfd)*beutfd)en 
2öörterbüd)ern f)ei|en mu&: hie. haec, hoc: lefcterer, 



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(entere/ letzteres (ebenfo ttrie qui, quae, quod: 
ioeld) letzterer, welch- letztere, weld) lefctere3). 

Pn* obige 

®etftegoerwanbt mit letzterer unb aud) ein s -ßröb^ 
d)en üon , edjteftem s }$apierbeutfd) ift ber obige 
ober auch ber oben genannte, oben ermähnte, 
oben angeführte (ber obige i$att, ba£ obige 
93eifpiel). Söoran benft man benn babei? 3)od) 
immer wieber nur an ba3, roa^ geschrieben ober ge= 
brucft ftefjt, aber nid)t an bie lebenbige Sprache. 
5£)ie Sprache »erläuft in ber 3eit, ba giebt es aber 
fein oben unb unten, fonbern nur ein früher unb 
fpäter, ein vorhin unb nachher, ba fann man nur 
von einem vorigen ober vorhin angeführten 
SBeifpiel fpredjen. 2Bie lächerlich alfo, wenn ein be- 
lehrter einen Vortrag ablieft unb babei immer von 
obigen fällen ober oben angeführten SBetfpielen 
rebet; wie lächerlich, wenn man ben Vortrag bann 
gebrucft lieft, ftd) folch ein obigem SBeifpiel noch 
einmal vergegenwärtigen möchte unb nach längerm 
Suchen finb et, bafe e3 gar fein obigem, fonbern ein 
untige£ SBetfpiel ift, infofern e§ nämlich auf ber 
oorhergehenben Seite ober gar brei, vier SBlätter 
weiter vorn auf einer ber unterften 3 e ^ en ermähnt 
war! %1)\it nid)t^, ber richtige s $apiermenfd) benft 
fid) feine $)arftetlung ftet§ al§ eine enblo3 I)ot)e 3eilen= 
faule, unb aOe§ früher ermähnte ift für ihn obig. 

fPerfelbe , otefclbe , da^rcibt 

3u ben entfetjlichften ©rfdjeinungen unfrer Sd)rift= 
fpradje gehört ber alle§ SJcafc überfteigenbe 
braucf), ber mit bem gfürwort berfetbe, btefelbe, 
baSfelbe getrieben roirb. $ln ber Unnatur unb 
Steifbeinigfeit unfer§ ganzen fchriftlichen 5Iu3brutf§ 
trägt biefe3 Söort bie'$älfte aller Sdjulb. könnte 
man unfrer Sd)riftfprad)e biefen ©leiflumpen ab* 
nehmen, fchon baburch allein mürbe fie ftlügel $u 
befommen fd)einen. Der 2Kif$brauch biefeg frür* 

15* 



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roortS gehört 8« oen £>auptfennfteid)en ) encr ©Ptodic, 
von ber nun fd)on fo manches ©eifpiel I>icr angeführt 
morben ift, unb bie man neuerbtngS fo trcffcnb al§ 
papiernen ©til bezeichnet l)at. 

Unter hunbert gälten , roo Ijeute berfelbe pie= 
fdjrieben wirb, finb feine fünf, n>o ba§ Söort in 
feiner u>irftid)en Söebeutung (idoni, le moaio, tlie same) 
ftünbe. 3n ber lebenbigen @prad)e roirb e§ groar in 
feiner nnrflicfjen SBebeutung täglich taufenbtnal ge- 
braudjt, auf bem Rapier aber faft gar nid)t mehr; 
ba wirb eS ftetS erfe^t burd) eben berfelbe ober 
einunbberf elbe ober ber nämliche ober gar — 
ber g l e t d) e ! $af? jur ©leid)beit minbeftenS 
jioei gehören, baran beuft man nicht. 9Han fchretbt 
folchen Unfinn, nrie: in bem glcid)en Berlage ift 
crfd)ienen! Qwax fo nmnberbaren Sä^en roie: SBagner 
l)at biefelben Duellen bewußt wie ©oetlje, aber in 
cngerm 9lnfd)lufi an biefelben (roo erft eosdem. 
bann cos gemeint ift) begegnet man feiten. 3n 
fünfunbneun3ig unter l)unbert fällen aber ift ber* 
felbe, biefelbe, baSfelbe nidjtS weiter als er, 
fie, e§ ober biefer, biefc, biefeS. Unb baS ift 
baS greutid)fte an bem an fid) fd)on greulichen 2Jctfc 
brauch, babei aud) noch ber Unterfd)ieb $nrifchen 
er unb biefer ganj t>ern)ifd)t roirb. 

%ux ba§ perfönltcr)e gürroort ftel)t berfelbe 
3. *8. in folgenben ©ätjen (man fann in wenigen 
Minuten in jebem *8ud)e unb jeber 3^ung bie 93ei= 
fpiele fd)ocfroeife fammetn): mir brauchten ba§ nur 
t>ann ju miffen, menn bie 2Öelt erft noch gefd)affen 
merben follte; biefelbe ift aber bereits fertig — ber 
£>auptfifc ber Mofenfultur ift ber Sübfufc beS §ämu3, 
bod) giel)t fid) biefelbe auch t« baS 2ttittetgebirge 
hinan — burch .^>ör)e ber öJebäube fud)te man ju er= 
fetyen, roaS b enfelben an breite unb $iefe abging — 
roaS (£rid) Sd)inibt gegen bie ©laubroürbigfeit SBrett= 
fdjneiberS tnS gelb führt, reicht nid)t au£, biefelbe 
511 erfd)üttem - ber gall mu& allgemeines Sluffehen 
erregt haben, ba berfelbe eine S8ürgcr3tod)ter auS 
guter gamilie betraf — neuerbingS hat man uer* 



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fudjt, bcn iHeim burd) bie Alliteration $u oerbrängen; 
^orban ^at biefelbe eingeführt, unb 9t. Söagner 
t)at biefelbe in freier SBeife oerwenbet — id) fyatte 
mir gleich anfangt ein 93runnengla3 getauft, aber 
baäfelbe blieb jungfräulich — bie ®emeinbe mai 
aüerbingS SBefitjer be3 33oben3, berfelbe würbe aber 
nicht gemeinfchaftlich bearbeitet — ba3 9Jcanuftript 
lag h^Hwergeffen in einem (Schubfache, bis mir bie 
Anregung würbe, baSfelbe einer 3 e ^ un 9 $ u uoers 
laffen — Sßerfuche, ben herein ju verfolgen, werben 
bemfelben nur neues 2öacf)§tum oerleihen — ber 
Inhaber t>at bie ftarte ftetg bei firf) $u führen unb 
barf biefelbe an anbre s $erfonen nicht weiter* 
geben u. f. w. Kein vernünftiger ÜJcenfd) fpridjt fo; 
jeber braucht, um ein eben bagewefeneS ©auptwort 
$u erfefcen, in ber lebenbigen Sprache ba§ einfache 
perfönliche Fürwort. 

$n folgenben ©äfcen märe biefer baS richtige: 
ber Diauch refleftirt baS einbringenbe Sicht, rooburch 
baSfelbe bem Auge $eflfat$tenb erfdjeint — ber 
3öilbbach trat au§ unb wälzte grofce ©chuttmaffen 
in bie Öimmat; baburch mürbe biefelbe in ihrem 
Caufe gehemmt — in &önig§berg lief* ßen$ feine 
Obe auf 8ant bruefen, als berfelbe bie ^Jkofeffor* 
würbe erlangte — in jeber ßüche ftanb früher ein 
oierecfige§ ßäftchen au§ SBlech; ba-Sfelbe enthielt 
üier ©egenftänbe, unter anberm eine üJcaffe, bie mau 
3unber hi«&; biefelbe mar hergefteUt auS u. f. ro. — 
e§ finben fich in ber <Sct)rift bisweilen originelle 
Kombinationen; biefelben finb aber boch r»öllig 
roertloS — man mufj auf bem SBoben ber gegebnen 
^erhältniffe bleiben unb biefelben fo geftalten, bafc 
u. f. w. — freilich gehört Anlagefapital baju, ba$* 
felbe t>er$inft fich öber gut — für bie lofale geier 
finb entfprechenbe fJeftlic^Ceitcn in AuSfidjt genommen; 
benfelben werben geiftliche 3rcftlicf)fciten oorauS- 
gehen u. f. w. 

©in 3 c itungäfchreiber * ann ^eut§ittage nicht eine 
Zeitteilung oon jwet 3 e ^ cn machen ohne biefeä um 
finnige berfelbe! (£rft wenn ba3 brinftefjt, bann 



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hat bie Sache bie nötige Sidjtigfeit. Vorige Macht 
11 Uhr fam ©raf dl. von Berlin Jjter an; bcrfclbe 
reifte 11 Uhr 50 3Jhmiten weiter nach Sttünchen. 3)afc 
man nur ja nicht etwa benfe, e3 fei ein anbrer weiter 
gereift! o bewahre, e§ war berfelbe! 2lch, unb 
nun erft bie fcfjöne ^iwerfion ba$u (ontmt (ber 3kr* 
bad)t (enfte fid) fofort auf ben wegen ÜftadjIäffigfeU 
befannten $au£mann, unb würbe berfelbe in 
einem SBobenraum errängt aufgefunben), unb wenn 
gar bie ^noerfion nur $u bem 3werfe angewanbt 
wirb, um aud) ba3 §errlid)e berfelbe anbringen ju 
fönnen (bie 3*9 arren ergeben fiel) weit über ba3 
gewöhnliche 9hoeau, unb gehören biefelben au 
ben beften u. f. w.), ober wenn fid) &u berfelbe 
noch ein bafelbft, bortfelbft, ^terf clbft ober 
wofelbft gefeilt (benn ba, bort, fyxtx unb wo 
fennt ber 3eitung§fd)reiber auch nicht, ba8 ift ihm 
oiel au fimoel), bann fd)willt bie ftol$e 9*eporter= 
bruft, er weifj, baft er bem großen ©ebanfen ben 
ebelften 2lu3brurf oerliehen fyatl 3ur SHefolution 
fprach bei beginn ber «Sitjung ber Stbgeorbnete 
berfelbe erflärte fid) gegen biefelbe — er laufte 
oor ber @tabt ein ©tüd ßanb, umzäunte öa§f elbe unb 
errichtete bafelbft ein ®artent)au§ — geftern Slbenb 
ift ber £>err Jfufttamimfter ^iexrfelbft eingetroffen 
unb im §otel @. abgeftiegen. berfelbe begab fich 
heute morgen nach bem &mt8gerid)t§gebäube, nahm 
baSfelbe eingehenb in 2lugenfd)ein unb wohnte 
oerfchiebnen Söerhanblungen bafelbft bei — bie 
Färbung ber ßreuflotter ift nicht beftimmt anzugeben, 
ba biefelbe bei einunbbemfelben (!) Snbioi? 
buum(!) mechfelt unb nach oer §äutung meiftenS 
heller erfcheint al§ oor berfelben — ba§ finb bie 
wahren 5Jhtfter oon 3 e ^ un 9 § f ä ^ en - 

Qnn befannteö ©efd)tchtchen erzählt, bafi ber 
Cefjrer in ber ©tunbe gefragt habe: wie oiel (£le= 
mente giebt e§, unb wie Ijetfjen fie? unb ber @d)üler 
geantwortet fyabe: e3 giebt oier (Elemente, unb id) 
heifee 9JcuHer. $a§ war bie ftolge baoon, baji fid) 
ber Sehrer fo gewöhnlich auSgebrürft hotte! SBarum 



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^atte er nicht vornehm gefragt, wie unfre 3eitung£s 
fdjreiber: unb rote (jei^en biefelben! 

2)ie ßrone ber ^ßapierfprache ift e§, roenn, rote 
e3 täufenbfach gefd)ieht, fie beibe in einem Satje 
unmittelbar neben einanber ftehen, bie fyerrlidjen 
s .ßapierpronomina: berfelbe (ftatt: er) unb roeldjer 
(ftatt: ber)! ßum *8erftänbni3 be£ ^parjbal ift e3 
nötig, bie beiben ©agenfreife, roelche bemfelben 
(bie ihm!) &u ©runbe liegen, f ernten ju lernen ~ 
in $urtl£ #aufe befinbet fid) ber fragliche Sd)äbel 
[SKojartS], unb ber SBeft^er, roelcher benfelben 
(ber ihn!) ber Stabt «Salzburg vermacht hat ^roei- 
feit nicht an ber (Scheit benfelben — SHeiSfeS 
©riefe famen in bie UnberfitätSbibliotljef $u ßeiben; 
e3 finb aufrichtige Verehrer geroefen, roelche bie* 
felben (bie fie!) jener ©ibliot^ef fcr)enften, unb fie 
roerben in berfelben als ein (Scfyatj geachtet — ba§ 
erwähnte (Statut unb bie SBufle, roelche baäfelbe 
(bie e$!) fanftionirt r)atte — be$eicr)nenb für ben 
©efchmarf ber $)treftion unb bie 3 umu ^ un Ö en ' 
roelche biefelbe (bie fie!) an ba3 s #ublifum $u 
ftellen roagt — bie farbige Aufnahme be3 5 en f* cr 3 
oerbanfen rotr £>erm roelcher ba^felbe (ber 
e§!) reftaurirt l)at — roer fprid)t fo? ftein 3Jtenfd)! 
Aber foroie ber $eutfd)e bie fteber in bie £inte 
taucht, fährt ihm ber 9tegiftrator ober ftanjlift in bie 
©lieber. %n einem ©^renbürgerbriefe ju fd)reiben: 
roir ernennen §errn 3c. roegen ber großen $8er= 
bienfte, bie er fid) um unfre Stabt erworben fyat 
u. f. ro. — ba§ roäre ja im r)öd)ftcn ©rabe roürbeloS, 
fo fprtd)t man roohl, aber fo fdjreibt man bod) md)t! 
2öir ernennen §errn £. in Anbetracht ber großen 
SBerbienfte, meiere berfelbe um unfre Stabt fid) 
erworben fyat u. f. ro. — fo flingt£ großartig, feter = 
lid), ergaben! ®atfer griebrid) föö ol§ ^ronprinj 
1859 ju einer Deputation gefagt haben: roenn ©ott 
meinen (Sohn am geben erhält, fo roirb e§ unfre 
feftönfte Aufgabe fein, benfelben in ben ©efinnungen 
unb ©efühlen ju erziehen, ro eiche mich ^n ba3 $8ater* 
lanb fetten. 2flan fann brauf fdjroören, bafc er nicht 



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fo gefagt fjat, fonbern: ifjn in bcn ©efinnungen unb 
©efüf)len $u ergießen, bic mtd) an ba3 Baterlanb 
fetten. 9lber ber 3 c üung3fd)reiber t)at ba£ natürlich 
erft auS bem menfd)lid)en inS papierne überfeinen 
muffen. 

garht, barau*, baran, boronf u. f. w. 

2lber e§ finb ja nid)t blofr bic Fürwörter er unb 
b i e f er , bie burd) ben unfinnigen SJhfwraud) oerbrängt 
unb oermengt werben; er — wollte fagen „ber- 
felbe" frtfjt nod) weiter, otel weiter. 3»« oer leben; 
bigen Sprache haben wir bie letcfjten, §terlid)en W>- 
oerbia: barin, barauS, baran, barauf, bannt, 
babei, barum, bafür u. f. w.; jeber brauet fie 
f)unbertmal be§ $agg. 2lber fowie einer bie freber 
ergreift — wehe ben armen! Samt fyeifjt e8: in 
bemfelben, au3 bemfelben, an bemfelben, auf 
bemfelben, mit bemfelben, bei bemfelben 
u. f. w. — aud) in biefer ©eftalt ftorcfjt baS lang- 
beinige Ungetüm überall burd) bie S&^e. $)a§ $5enf= 
mal will alle3 prunfoofle oermeiben, mir ba3 all? 
gemein menfd)lid)e foll in bemfelben (barin!) 
betont werben — bie SRuffen l)aben nun einmal bie 
SKolle bes> <§törenfrieb§ unb fd)einen fid) in ber = 
felben (barin!) fefjr wohl $u füllen — fo fefjr id) 
in biefem fünfte mit bem SBerfaffer einoerftanben 
bin, fo entfd)ieben mufc id) bie grorberungen be- 
fämpfen, bie er au3 bemf elb en (baraug!) ableitet 
— fie betrachteten fid) als bie alleinigen Eigentümer 
be3 fianbeS unb geftanben anbern feinen Anteil an 
bemfelben (baran!) $u — obgleid) burd) ben 
biegen ber 9lbmarfd) be§ SeftjugeS oerfpätet unb bie 
Beteiligung an bemfelben (baran!) beeinträchtigt 
würbe — im ^atjre 1560 würbe ber $urm erhöht 
unb eine SÖohnung auf bemfelben (barauf!) er= 
baut — bie SÖiefen waren wieber getroefnet, unb 
balb entmirfelte fid) auf benfelben (barauf!) ein 
üppiger ©ra3wud)3 — ber Import oon §aaren war 
fo grofr, bafe (Volbert eine ftarfe Steuer auf bem 



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felben (barauf!) $u legen befd)loj* — ber SBoben 
war überall oon fo wunberbarer Söefcfyaffenljeit, ba& 
fid) faum bie frudjtbarften ©egenbcn 2)eutfd)lanb3 
mit bemfelben (bamit!) oerglei djen liefen — bev 
£ol$bau ift ein uiel $u überruunbener ©tanbpunft, 
al§ baf$ e3 ber 9D^üi>e lohnte, ftd in ber ^rajig mit 
bemfelben (bamit!) $u befaffen — bie (£r$ief)ung 
be§ Knaben ru^te auSfcrjliefjlid) tn ben £änben ber 
Sttutter, ba ftd) ber Söater, ber fid) oiel auf Steifen 
befanb, nid)t um biefelbc (bar um!) fümmern fonnte 
— fjier bebarf e3 beS ©laubeng an bie gute Sadje 
unb ber Jöegeifterung für biefelbe (bafür!) — (et* 
nem fann biefeS ©tubium erlaffen werben, rool)l aber 
bereitet fid) für baSfelbe (bafür!) ein neuer Sttafc 
ftab t»or — biefer ©ebanfe mürbe am SWainjer £ofe 
lebhaft erwogen, ber fturfürft mar ganj von bem* 
felben (baoon!) erfüllt — bie Qrürftin roünf d)te 
lebhaft, ba§ SBilb ju befi^en, aber 2lngelifa fonnte 
fid) oon bemfelben (baoon!) nid)t trennen — in 
ber 3ttitte be§ Sd)ranfe3 f)ängt ein mädjtigeS, retd) 
oer$ierte3 ©djtoert, neben bemfelben (baneben!) 
red)t§ unb linfä jmei fleinere Schwerter — in biefen 
(graben fliegt eine bebeutenbe SÖaffermenge, beSljalb 
ift aud) ein (Steg über benfelben (barüber!) ge- 
legt — bie treffe ift nod) nid)t einig, ob fte ben 
Vorfall bebauern ober fid) über benfelben (bar* 
über!) freuen foll — baS ^artigip ftet>t fn'er ab* 
folut, ein Stomma hinter bemfelben (baljiitter!) 
mürbe nur irre führen u. f. m. Anberg roirb gar nid)t 
gefdjrieben, e3 ift ein Jammer, ein wafjrer Jammer! 

9iad) einem roeit oerbreiteten Aberglauben foüen 
fid) bie tUboerbia bar in, barauf, bafür u. f. tu. 
immer nur auf eine .ftanblung, ein 3 e ita>°rt' einen 
ganzen @at}, aber nie auf ein £auptroort begießen 
(önnen. @3 fei alfo jroar richtig, 511 antworten: id) 
fann mid) nidjt barauf befinnen — wenn gefragt 
roorben fei: befmnft bu bid), roa§ bu mir bamal§ 
uerfprodjen t) aft? aber ntd)t wenn bie 5 ra Ö c 9 er 
lautet fjabe: befinnft bu bid) auf ben s 2lu3brud, 
ben bu bamalö gebraudjt f>aft ? Sie angeführten 



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iÖeifDtele roeröen Dicken ^Iberaiaufren in feiner aan;en 
gädjerltdjfeit gezeigt haben. 3>te lebendige Sprache 
feftt biefe Stboerbia überall ftatt ber "ßrdpofition in 
$erbinbung mit einem perfonlidjen ^ürroort 9ßur 
auf ^erfonen tonnen fie iid) triebt begießen, ba mute 
ba3 perfonltcfje Jürroort uetjen. ©3 giebt $u>ar gräHe, 
roo ba§ Slboerbium aud) bei Sachen eta>a§ imge- 
roöfjniicr) Hingt, SB.: wer bie Ineftgen ttmr>erutät§= 
oerfjältniffe uttb mein »erhalten ba§u triebt tennt; 
aber ba§ liegt bod? nur baran, baß uns bas bumme 
berfelbe fo oft t>or bie fingen gebracht wirb, bafj 
uni ba§ einfache unb natürliche fc^lieBlic^ befrembet. 
Unb mag cjinbert beim, auef) tner ba§ perfönltcrje 
^rürroort $u brauchen? SBarum fagt man nierjt: bie 
Tiengen Umoetfität§r)ert)drtmfie unb mein Verhalten 
§u leiten? »ei oljne bleibt foroiefo nie etwaS anbreS 
übrig, benn ein 2lbt>erbium barol>ne giebt e§ nierjt, 
obroof)l man e§ $u bilben oerfuerjt fjat $lud) bei 
bem Neutrum e3 entfterjt eine Scfjioierigfeit. Sic 
rooüte fidj burd) ba§ ®elb »orteile uerfcfyaffen, auf 
bie fte ofjnebagfelbe merjt rechnen fonnte — l)ier ift 
boefj roof)l ba§felbe gan§ uTtoermeibltcf)? Soll man 
fctyreiben: ofyne e§? 3a!ob ©rimm tjätte e§ getfyan, 
er fcrjrieb fo, er mollte, bafc e§ md)t anberg befyanbelt 
mürbe, als ifjn unb fie, unb einige menige finb ifjm 
barin gefolgt. (£3 Hingt aber bod) gar ju feltfam, 
benn in ber ganzen beutferjen Sprache ift e3 fonft 
tonlog, unb tjier müfcte e§ betont werben. 

SBteroeilen erfcfjetnen in einem Safce jmei gleid)= 
Hingenbe perfönlidje grürroöxter unmittelbar f)inter 
einanber, §. ». fie al§ gfemininum unb al§ Plural, 
^anblungen biefer 9lrt fuc^te bie ©emerbeorbnung ju 
unterbrüefen, inbem fie fie oerbot. ©troa§ fcr)recf= 
licf)ere§ ift ja für bie s 2lugen be§ s ^apiermenfcr)en gar 
nicfjt benfbar. 2)a mu6 e§ boct) unbebingt t)ei^en: 
inbem fte biefelben oerbot? 9cein, felbft ba nicfjt, 
benn man fpricrjt nietjt fo, man fprid)t frifcr)roeg fie 
fie, unb roa§ gefproerjen unb gehört nict)t mißfällt, 
fann borf) aud) gefcrjrieben ober gebrueft feinen 5ln* 
fto^ erregen! SBenn fid) in ber SdjulHaffe' ein paar 



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s JUiäbd)en gekauft fyaben, $wei einer britten ein &ud) 
genommen ^aben, ber ßehrer ^rieben ftiftet unb 
bann fragt: tyabt i f>r ihr if)r SBuch wiebergegeben? 
fo ift ba§ bod) noch f Flimmer. 2lber wirb ber 
fiehrer etwa be§^alb fragen: fyäbt ihr berfelben 
i^r SBud) wiebergegeben? 

3)er abhängige ©enetiü enbltd) (berfelben unb 
berfelben) fann überaß burd) fein unb ihr erfefct 
werben, benn baj* biefe nur im reflejioen <Sinne 
gebraust werben fönnten, ift bod) aud) wieber nur 
Aberglaube.*) $113 bie ßaiferin ba§ @chlo& be= 
fid^tigt unb bie «Schönheit berfelben bewunbert 
hatte — warum nicht: feine Schönheit? £)ie Samm* 
hing ift fo aeitgemäfj, bafc jur Rechtfertigung ber- 
felben fein SBort $u oerlieren ift — warum nicht: 
ju ihrer Rechtfertigung ? freilich mürben einige ©e- 
fdjäfte bann eingeben, ba bie gan^e SBebeutung ber= 
felben barin beruht u. f. ro. — warum nicht: ihre 
gan^e SBebeutung? Aud) roer fid) tief in bie ©igen* 
tümlid)fetten ber fpanifd)en $)td)tung t>erfenft hat unb 
oon ber lebhaften Söewunberung für bie SBor^üge 
berfelben burdjbrungen ift — warum nicht: für 
ihre ^or^üge? 2öo ein 3fttf}t>erftänbni§ entftehen 
fönnte, ba fd)reibe man beffen unb beren, 3. $8.: 
eS muf bem ^Biographen nachgerühmt werben, baf? 
er bei aller Siebe ju feinem gelben bod) nicht blinb 
für beffen Schwäche ift. Aber nur nid)t berfelben! 
gn ben aflermetften fallen aber — man achte nur 
brauf unb oerfuche eg! — fann man ben fchleppenben 
©enetin einfach ftreichen, ohne ba£ ber ©ebanfe ba- 
burch auch nur im geringften an $eutlid)feit oerlöre. 
9hd)t auf ben «Stoff fommt e§ an, fonbern auf 
bie Söehanblung berfelben — über bie Aufgaben 
waren ade einig, nur fchtugen fte jur fiöfung ber = 
felben oerfchiebne SÖege ein — bie ©rflärung be§ 
Parteitages fanb fo oiet Beifall, baf} ftd) bie Führer 



*) ©ctm Übcrfefccn aus bem Satcinifdjcn h. ©. mft&te ftrciig barauf 
galten werben, ba& fein ejus unb eornm mit bc«)"clbcn unb 
berfelben überfefct roirb! 



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beSfelben ermutigt fat)cn — ©regor f tagte, baj* fic 
bie Äirc^e jerftört unb ba3 9Jcaterial berfelben 
jum SBau il)rer Raufet oenoenbet Ratten — 311 beu 
Unregelmäfjigfeiten in ber äußern Einlage unfrer 
Dörfer fommt nod) bie Unregelmäfngfett im Innern 
Aufbau berfelben — ich fyabe bie fJachauSbrücfe 
be3 2)eutfd)en unb be§ granjAfifchen mit einanber 
oerglichen unb f)abe gefunben, bafc bie 2ftehr$af)l 
berfelben übereinftimmt — nachbem bie ©äfte ba§ 
©afthau§ oerlaffen Ratten unb bie SBirtin berfelben 
bie Stt)ür oerfchloffen Jjatte — man ftreidje bie ©e- 
netioe: ift irgenbroo ba§ geringfte SUcifroerftänbmS 
möglich? 

Derjenige, biejentge, basjettuj* 

9ioch in anberm Gimte al3 berfelbe ift ba§ 
fd)öne ßanalehoort berjenige ein s #apierpronomen: 
e§ ift eigenS für bie s $apierfpracf)e erfunben. S)er= 
jenige ift im fechjehnten ^ahrlrnnbert au ^ einem 
oorbergegangnen ber jene entftanben, roie ba§ 
(jum ©I ücf n>ieber oerf chnmnbne) berfelbige au§ ber 
felbe. ($3 fyat feinen anbeut 3 ro ^ unb feine anbre 
Aufgabe, al3 ba§ betonte, lange ber ber lebenbigen 
(Sprache, roie e§ oor 9Jelatit>fäfcen unb r»or abhän- 
gigen ©enetioen fteht, auf bem Rapiere $u erfefcen. 
$)en £on unb bie Sänge fann man ja roeber fcfjretben 
noc^ bruefen, man müftte benn gerabe ber bruefen 
wollen; alfo t)itft man fiel), fo gut man famt. 2)er 
eine läfet ba3 ber fperren (roie auch ein, wenn e§ 
fo oiel h^i&en foll roie ein einziger), ein anbrer 
greift $u jener, nrie e§ in Öfterreich beliebt ift, in 
ber SHegel aber fchreibt unb brueft man berjenige. 
s 2Öenn man fpricht, fagt man: al$ er enblicf) ben 
2öeg einfehlug, ber jum Qidz führen mufete; aber 
bruefen läfet man: al§ er enblich benjenigen 2Öeg 
einfehlug, welcher gum 3^ führen mufcte. 

2lm gro&arttgften mirft berjenige, roenn e§ allein 
fte'ht, ohne .ßauptmort, 3. 93.: felbft bie jeuigen, 
loeldje bie Schaffung eiltet allgemeinen bürgerlichen 



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(£efe$bud)e§ nid)t gan$ ablehne» — fein 6d)arffmn 
I)ättc eine beffere Söfung finben fönnen, alg bie; 
jenige, welche b i e $8erf)ältniffe julefct auffangen. 
3n ber lebenbigen Sprache fagt man ^roar: fclbft 
bie, bic bic (Schaffung eines ©efetjbucrjeg nid)t ganj 
ablehne« — eine beffere ßöfung, als bie, bie bie 
Sßerljältmffe $ulefct auffangen. 2lber ba§ ift ja 
urieber ba§ tSdjretfgefpenft be§ s $apiermenf djen : nid)t 
5n>ei^ nein bretmal hinter einanber ba§felbe 2Bort! 
Söirflid)? bagfelbe Söort? dreimal tjinter einanber 
biefelben brei ©uc^ftaben: b — i — e; aber roer feine 
Dfjren aufmacht, ber l)ört bod) brei gan$ oerfdjiebne 
Wörter: biet), bie bi — brei Sörter r»on gang ner* 
fdjiebner Sänge, unb hinter bem erften eine ^aufe. 
3)a§ fann man bod) nierjt Ijäfjlid) nennen, e§ ift ja 
bie reine 9ttufif, e3 r)ilpft itnb fpringt. s Jhin l)öre 
man bagegen ba3 Schleppen unb <5d)leid)en unb 
<§d)lurfen: biejentgen, roeldje bie! 

9htn oollenbg, baf? man in ber tebenbigen Sprache 
in taufenb unb abertaufeitb fällen ftatt ber jenige, 
welcher ba§ einfache roer braucht — alfo brei ßaute 
ftatt fünf Silben! — ba£ ift bem s #apiermenfd)en 
völlig unbefannt. ($r wäre imftanbe, ba§ (Sprid)* 
mort: roer ^ßed) angreift, befubelt firf> — ober ben 
ßinberfprud): roer meine ©an§ geftoljlen l)at, ber ift 
ein S)teb — ober ben ©oetfnfcrjen *Ber§: nur roer bie 
©e^nfudjt fennt, weife, roa§ id) leibe — 51t oerwan= 
beln in: berjenige, meldjer^ed) angreift — ber* 
jenige, welcher meine ©an§ geftof)len r>at — nur 
berjenige, welcher bie ©ermfud)t fennt u. f. 10. 

Öeiber liegt I)ier einmal ber* gafl oor, ba& eine 
©rferjeinung ber s $apierfprad)e fogar in bie lebenbige 
(Sprache eingebrungen ift, wa§ bod) gemtfe feiten ge= 
fd)ier)t 9lftemnenfd)en unb ©emol)nl)eit§rebner bringen 
e3 fertig, in einer Stunbe breifttgmal berjenige, 
meld) er ju fagen. @elbft in ber Unterhaltung ber 
„©ebilbeten" fann man§ fcfyon l)ören; fie fjaben es eben 
$u oft in ber 3^ l ""rt gelefen. 3lber bie lebenbige 
Spradje be3 *Bolfe3 fennt e§ nid)t; wenn e$ ber 
Wann au3 bem iöolfe in ben 9ttunb nimmt, fo tfjut 



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288 &HI?5NI?atft?a«t?a& 



ev e£ nur - ironifd), um fid) brüber luftin $u machen, 
er fprtcrjt e£ gleichfam nur mit ©änfefüjjd)en. 9Ufo 
bu bift berjenige, welcher? fragt er^ö^nifd), ober 
er fagt: fällt mir gar nicht ein; wenn ein Unglücf 
paffirt, bann bin id) berjenige, welcher (nämlich : 
blechen mu|) unb jitirt bamit gleichfam fpöttifch ba£ 
(&efet}buch ober bie v $oli$eu>erorbnung, worin er bie 
beiben Sßapterwörter auf jeber ©eite gelefen ^at. 
Unb barin liegt ein gewtffer £roft. ^öffentlich 
fommt nod) einmal ein ©efdjlec^t, bem ba§ ber= 
jenige> welcher genau fo lächerlich geworben ift, 
wie unfern Vorfahren fchon ba§ fintemal unb 
allbieweil unb ärmliche #errltd)feiten ber ©efefc* 
unb SBerorbmmgSfpracrje. 

3 en er, jene, jene* 

■ • ■ •. ■ . 

$er SÖieuer braucht ftatt b er jenige uor iHelatio= 
fäfcen, namentlid) aber oor einem abhängigen ©enetio 
jener. S)a3 galten manche beutfdjen SchriftfteHer 
jefct offenbar auch für, eine befonbre Schönheit unb 
machen e3 mit. 35er öfterreidjer fd^reibt: biefe 93or* 
lefungen haben nur einen bebiugten SBert für jenen, 
ber felber (£inficht genug l)at, $)id)terwerfe orrne Sei* 
hilfe ju t)erftef)en. $n gutem @d)riftbeutferj roirb 
aber jener nur in bie fjerne roeifenb gebraucht mit 
einem balb ftärlern, balb fcrjwächem rhetottfehen Söei- 
gefdjmacf: wenn id) an jene fd)öne 3eit ^urücf- 
benfe u. f. w. 

©anj unauSftehlid) für beutferje Ohren ift ba§ 
9Bienerifd)e jener twr einem abhängigen ©enetiu, 
$8.: ber Drben ber $ominifaner unb jener ber 
granatefaner — wir hoff«"/ &af* M oic ^u^fteüung 
ebenfo erfolgreid) erweifen werbe, wie jeneoon 1873 
— obgleich bie (Befamt^ahl ih^er Gräfte jener be§ 
JJeinbeS bebeutenb nachftanb — ein Ecce homo trägt 
ba£ Sonogramm ßubmig ftrugö, eine SRabonna 
jenes beS 9Jcarcantonio SRaimonbi — fo auffaßenb 
erfchien bem SacituS bie $lrt beS beutfdjen $lnbaue£ 
gegenüber jener ber romanifchen ©ölfer — größere 



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©ebäube, it>ie ftirdjen tttifc Seminare, bürfen für bie 
©efeflfdjaft ^cfu nur mit (£rlaabm£ bc§ ©eneralS, 
Heinere mit jener be§ $rotrin$ial§ errichtet werben — 
unter ben $)ienftfranfl)etten ber Söatynbeamten net)- 
men jene ber *8erbauung3organe ben breiteten SRaum 
ein u. f. w. $n aßen biefen fällen mürbe bie 
beutfct)e 2lmt3* unb 3eitung3fprad)e ber jenige 
fe^en, wa3 natürlid) genau fo r)d^Itd) ift, mie ba§ 
öfterreidr)ifdt>c jener. 2>te gute (Scfcriftf pr ad) e fennt 
oor folgen ©enetioen nur ba§ fogenannte £)eter= 
minatit), ben betonten 3lrtifel ber, bie, ba§: ber 
Orben ber 3)ominifaner unb ber ber granjigfaner. 

fJrrfottemjmMrfjslunfl beim ttinwort 

3n 99efanntmad)ungen begegnet man nicl)t feiten 
einer SBermengung ber erften unb ber brüten ^ßerfon 
beim perfönlicfyen Fürwort. ® a f treibt ein SBüdjer* 
uerlei^er: bie t>on mir entliehenen Söücrjer bittet 
balbigft jurücfjugeben 'ißaul ©djul^e; ober $wet frofje 
©Iteropaare melben: bie Verlobung unfrer ßtnber 
Sttar. unb ©ertrub beehren fid) hiermit ergebenft an= 
Steigen u. f. m. 5lu§ folgen SBetanntmacrmngen er^ 
feiert man weber, mem bie SBüdjer, nod) wem bie 
ftinber angehören; auf feinen gatt ben Unterweid); 
nern, benn biefe flehen in ber britten ^erfon. 

Sur gtofuslrljrr* grij flertfrfjr* bir ober bidj? 

SBerfyältmSmäfiig wenig SScrftÖ^c werben gegen bie 
8afu§lef)re begangen; im allgemeinen §errfd)t eine 
erfreuliche <5id>err)ctt barüber, melden ®afu§ ein 
3eitmort ober ein ©igenfdjaftSwort $u fid) &u nehmen 
f)at 58ei einer fleinen Slnjafyl oon Zeitwörtern 
fcfywanft aber bod) ber ©pradjgebraud), ber eine r»er^ 
binbet fie mit bem 2)atit>, ber anbre mit bem 2lffu* 
fatio. @3 finb ba3 namentlich bie Zeitwörter fyeifeen, 
laffen, lehren, angeben, bünfen, foften unb 
nadjatjmen. 

9ttit ber berüchtigten gemeinen S8erwed)§lung r>ou 
mir unb mid) r)at biefeS @d)wanfen nid)t3 $u tf)un, 



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*&n&m^K*&r<r*i 240 G^>atGx*&>zt&>zm 

fonbern e£ hängt mcift bamit jufammen, bafc in bcn 
begriff biefer Berba fmnoernmnbte 3eitmörter 
hineinfpielen, bie teils mit bem $atio, teils mit bem 
9lffufatttJ nerbunben werben. 9lber nur in ben fel= 
tenften fällen Tf)at ba§ @d)wanfen eine Berechtigung. 
Bei nachahmen l)anbelt ficr)§ gar nid)t um 
ein blofceS ©djwanfen, fonbern um jwei gang t>er= 
fdjiebne Bebeutungen beS 28orte£; eS ift ein 
großer Unterfchicb, ob man fagt: id) ahme bid) nach, 
ober: id) ahme bir nad). 3JHt bem 3lffufatir» be* 
beutet eS nad)mad)en (bid)), mit bem 3)atio nad) = 
ftreben (bir). SBenn <Sd)üler bem Seigrer nad) 5 
ahmen, fo fann ba§ fef)r lobenswert fein; wenn fte 
ben Seigrer nachahmen, fo farrn Urnen baS unter Um* 
ftänben eine ©tunbe karger eintragen. Schmer ift 
eS, bei foften eine ©ntfdjeibung $u treffen; foften 
ift ein Sehnwort, entftanben auS bem latetntfchen 
constare. 2)ie Berbinbung constat mihi ift aber gar 
nid)t mafegebenb, benn f often ift urfprünglid) im ©inne 
üou aufm en ben machen gebraucht toorben. S)er 
9lffufatir> überwiegt benn aud} in ber guten 6chrtft= 
fpradje. Bei allen übrigen ber genannten Berba t>at 
ber $)atio überhaupt leine Berechtigung, ©ät>e urie: 
lafc mir baS einmal fefjen — baS geht bir nidjtS 
an u. äf)nl. gehören nur ber niebrigften BolfSfprache 
an. Reiften oerträgt ben $)atit> ber ^erfon nur 
auSnahmSw eife: wer fyat bir baS geheimen? JJm 
allgemeinen ©erlangt e§, wie lehren, unbebingt ben 
SIffufatir» ber Sßerfon. 2lber gerabe für lehren unb 
heilen hat bie ganje Q-rage fd)on feit längerer 3*it 
mehr einen afabenufd)en ©harafter, benn in ber 
lebenbigen (Sprache werben biefe SBörter überhaupt 
faum noch in folcher Berbinbung gebraucht*) 

©an$ lächerlich ift bie Unftcherheit unb ber (Streit 
barüber, ob eS Reißen müffe: ich r»erfid)re bir 



•i Scilla taaudjt ba* *ol! Icftveit mit einem Slirufatiü ber 
^erfon faft aar nie^t meljr, fonbcm nur lernen; man faßt nietjt 
bloß: n?o ^nft bu ba? gelernt? fonbern aurf): wer l)ar bir ba« 
aelernt? 



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ober: td) oerftd)re bid). Unzweifelhaft ift oer* 
ficrjern ein tranfitioeg ^ettroort; man oerfidEjert fein 
Ceben, feinen §au3rat, feine @rnte. 9ttan fann jur 
üftot aud) fagen: td) oerficrjre btd) meinet 2r*eunb= 
fdjaft, roieroot)! ba§ fd)on gefudfjt Hingt unb bet ge* 
läufigem refleyioen Söerbinbung: tdf) oerficfjre mtd) 
beiner ^ßerfon — fünftlid) nadjgebilbet $u fein fdjeint. 
s 2lber $u fagen: tdf) oerfidjre bidj, ba£ icf) mdf)t§ 
baoon geraupt fjabe — unb bag für richtig $u galten 
ober gar §u oettetbigen, fann bod) nur einem gram- 
matifdjen ®opJ)iften' einfallen ober einem 3Jcenfchen, 
ber roirfltch — mir unb mid) ntcf)t unterfd)eiben 
fann, SBenn auf oerfichern ein 3nf)alt3fatj mit 
b a& folgt, fo ift eben ber Inhalt biefeS <5at>e§ ba§ 
Objeft ber $Berfid>erung; biefe $erftdf)erung aber gebe 
id) md)t bid), fonbern id) gebe fie btr. S3erfid)eru 
tritt bann ooflftcinbig in eine SKeihe mit beteuern, 
erklären, fagen, melben, berichten,*) mit* 
teilen, alfo lauter Sßerben, bie mit bem SDatio ber 
^erfon unb einem Objeft ber (Sache oerbunben 
loetben. ^ßaffio fäüt e§ gar niemanb ein, $u fagen: 
id) bin oerftcrjert toorben, bafe, fonbern jeber 
fagt: mir ift oerfid)ert toorben, bafc. 9llfo 
ift auch aftio baä einzig richtige: ich oerfid)r e bir, 
baj? id) nichts baoon gemußt ^abe. Söenn ba§ 
falfcfje namentlich in Greifen, bie für oornefmt gelten 
möchten, jefct mit einer getotffen 2lbfid)tlid)feit ge* 
braucht toirb (aud) in neuern Romanen), fo ift ba§, 
tote anbre§ auch, eine 9Jcobebummheit, burcf) bie fid) 
ber gefunbe 3Kenfd)em>erftanb unb ein natürlichem 
«Sprachgefühl nid)t werben irre machen laffen. 

Roller SSUnfdjcn 

2)a§ 9lbjeftioum ooll oerbinbet tooljl jeber rich- 
tig mit bem ©enetio ober, je nadjbem, mit ber tyxa* 

•) Scripten Ijattc in ber filtern (Spradjc aud) ben ttffufatlo bec 
$crfon Oci fi($, aber nie mit nadtfolacnbcm 3nl)alt$fa&c, fonbern immer 
nur mit cittrm ®enctib ber @adje. Sa« einzige finnbermanbte 8cittt>ort, 
bat mit einem ?trfufatio ber ^erfon unb einem 3n^alt*fot>c Oerbunben 
»erben fann, tft bn$ orrtyfltnitmfifcig junge bena^rifltigen. 



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yofition uon, §. 93.: bic Strafen waren uoll gc- 
puftter SJcenfdjen — er roar beine3 £obe§ 
ooll — ba§ ganje £au3 roar ooll oon Alter- 
tümern nnb 9flerfroürbigf eiten. daneben ift 
nod) üblid), ba§ ©ubftantio gän$tid) unfleftirt $u 
ooll $u fetten: coli $8lut, coli Diaud), voll 
3orn, o oll Siebe, t>oll 55 er langen u. f. ro. $a§ 
ift eigentlich ein fa^ltt, aDer lieber einer, ber md)t 
mef)r als foldjer gefüllt roirb. SÖenn man o o II 
Siebe fagte, fo meinte man natürlich ben ©enetro. 
2)a biefer aber beim Femininum nid)t erfennbar mar, 
fo oerbunfette fid) atlmäfjlid) baS ©efüfjl bafür, unb 
fo ging er and) bei männlid)en nnb fäd)lid)en <5ub* 
ftantioen verloren, ©enau in berfelben Söeife ftnb 
ja ^erbinbnngen entftanben, roic: ein Stücf *8rot, 
ein ©la§ SBein. 

9lun aber t> oller — wie ftel)t§ bamit? 3m 
^olfStnunbe ift e3 ja gan$ gäng nnb gäbe, aud) unfre 
beften 3d)riftfteller l)aben e3 ftetS gefd)rieben, aber 
l)ente getränt man fid)3 bod) md)t metjr fo red)t, 
roeil man fo gelcfjrt geroorben ift, bafe man immer 
über bie ©pradje grübelt, ob man roof)l aud) fo 
fagen bürfe ober nid)t, aber nid)t gelehrt genug, bie 
^roeifel roteber 311 bannen. 3)er ftunge ftedt 0 oller 
odjnarren — ber $8aum l)ängt o oller $irf djen — 
ber ®erl ift o oller 9ieib — bie föirdje roarooller 
s IRenfd)en — barf man benn fo f (^reiben? ©eroift 
barf manS; jebermann, f)od) unb niebrig, fpridjt ja 
fo, warum f oll man§ nur nidjt fdjreiben bürfen? 

Sie bie ftottfttuftiott ju er!lären fei, ift freilid) 
unfidjer. Da§ ooller fiel)t au§ roie ein ©enetio be3 
gfemimnS ober be§ Plurals. $n ber £f)at !>at 
man aud) bie SBerbinbung fo su erflären gefud)t, bafi 
man annahm, 00 II fei junädjft oon ben nachfolgen^ 
ben ©enetioen be3 ftemimnS ober beS Plurals er- 
griffen (attrafjirt), unb nad)bem ba§ ©efül)l bafür 
uerloren gegangen fei, bann a:td) oor bem männlichen 
unb bem fädjlidjen (Singular gebraucht roorben. 9tad) 
einer anberu Meinung wäre e3 au§ uoll ber ent 
ftanben. s Jkuerbing3 ift behauptet roorben, e3 fei 



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cht crftarrtcv alter männlicher 9iominatiu, ber 
fid) nod) auS ber 3 C ^ w^tttten habe, wo baS 9lb* 
jeftiüitm im v }käbifat (unb als hinter bem Subftantio 
fteljenbeS Attribut) norf) fleftirt mürbe, alfo ein 
SBautn r> oller ftrüd)te fei eigentlich ein früd)te = 
oo Her SBaum. 9ttag bie 93ilbung entftanben fein, 
mie fie will, jebenfallS h at fie nid)tS niebrigeS ober 
gemeine^, im ©egenteil etwas fel)r trauliches unb 
anheimelnbeS unb ift ber guten Sd)riftfprad)e burefc 
aus würbig. 

galjlttwrtrr 

$ie wenigen JCerftöfre, bie gegen ben richtigen 
©ebrauch ber Zahlwörter begangen werben, gehören 
faft nur ber Formenlehre am*) 3$erfd)iebne C&c* 
fd)macflofigfeiten mufs.bie arme eiuS über fid) ergehen 
laffeu. Statt: ber hunbertunberfte wirb neuere 
bingS gefchrieben: ber 1) un b er tunb einte (!), ftatt: 
ber erfte mirb oon fold)en, bie auf jebe äRobebumm* 
heit hineinfallen, bei öanbtungen jetjt nur nod) 
ber er ft malige gefagt: bie er ft malige 3 u f ammeUs 
fünft ber beutfehen 5lrchiteften in Seip^ig fanb 1842 
ftatt**), unb bei ©lieberungen, bie miterftcnS, 
zweitens, brütenS ober mit erftenS, fobann, 
ferner, enblid) eingeleitet werben, halten eS viele 
für eine befonbre Feinheit baS erfte ©lieb mit — 
einmal (!) ju beginnen: bie gortfefcung ber Üietfe 
oerbot fid) auS perfdu'ebnen ©rünben, einmal wegen 
ber oorgerüeften ^ahre^eit, fobann u. f. w. 2)tefe 
letzte 2öunbertid)fett ift freilich jiemlid) alt unb finbet 
fid) aud) DC i oen beften Schrtftftellern; eine SBunbev* 
lid)feit bleibt eS aber bod). £hörid)t ift eS, oon 
erften Sehr iftft ellern ober föünftlern <\u reben, 
wie eS unfre $8ucf)hänbler jetjt immer tl)un; bie 
Orbinaljaht oerlangt ben beftimmten 2lrti£et. 

*) @in befamttee Uittci^attuug^biatt biucft feit CsaljvacfjiUcn l>c* 
Ijarrlid) fcdjöiirt utiö f i c bcitä t g , ofißleid) man bod) in flanj 5?culfcfji 
lanb f edi 5 1 n nnb jicbjio fagt. 

**) SBoacn roix tncHeidjt aud) weiter jäljlcn: bie $ weit malt a.c, 
bie btittmat ige, bie »tertmo lifle? 

16* 



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« 



$Hc yräpoftttoncn. £itlö)jUdj, ödi^nllirij u. f. ut. 

9hm aber bie s $r dp Optionen — ba3 ift totebcr ein 
©ebtet, auf bem fid) eine Unmaffe uon ©efdnnatf- 
loftgfetten unb gefjlern & re ü ntad)t. $a finb ju* 
näcf)ft btefe tjäftlt d)en ®efd)öpfe felbft, unfre heutigen 
5flobepräpofittonen! 

9113 ^räpofitionen gebrauste man früher eine 
9flenge fleiner 3Börtd)en, bie au§ $tt>ei, brei, nier 
93ud)ftaben beftanben. %n unfern ©rammattfen 
finbet man fie aud) nod) jefct üerjeidjnet, biefeS luftige 
fletne ©eftnbel: in, an, &u, au§, von, auf, mit, 
bei, üor, nad), burd) u. f. tt>.; in unferm heutigen 
2Imt3* unb 3eitung§beutfd) aber friften fie nur nod) 
ein tummerlidjeS 3)afein, ba finb fie oerbrängt unb 
werben immer metjr uerbrängt burd) fdjwerfällige 
fdjleppenbe Ungetüme, wie: bet)uf§, betreffe, 
$wecf3, feitenS, mittelft, t>ermittelft, bejüg*- 
lidj, l)tnfid)tltd), rücf fidjtlid), einfdjlie&lid), 
au3fd)lie£ltd), anläfelid), gelegentlich, In« 
Ijaltltcf), antwortltd), ab^ügltd), jujüglid), 
oorbeljältlid) u. f. w. 2öie lange wirb§ bauem, 
fo wirb in unfern ©rammatifen ber 2lbfd)mtt über 
bie ^räpofitionen noüftänbig umgeftaltet werben 
müffen; biefe Ungetüme werben al§ unfre eigentlichen 
^ßräpofttionen r»er^ eignet, bie alten, wirflid)en ^räpo* 
fitionen in — bie <5prad)gefd)id)te t>erwiefen werben 
müffen. 

3rntf)er würbe einer mit einem Keffer geftodjen 
unb bann mit einer 3)rofd)fe in§ ®ranfent)au§ ge* 
bracht; fo wirb aud) tyeute nod) gefprodjen. 3n 
ber 3^ tun 9 gef^telit e§ aber nur nod) oermittelfl 
eines SWefferg unb oer mittelft einer 2)rofdjfe. (£tn 
fyerrlid)e3 2öort, biefei oermittelft! $)em Slnfdjein 
nadj eine <Superlatit)bilbung, aber roooon? ©in 2lb* 
jeftioum o er mittel giebt e§ md)t, nur ein QeiU 
wort ©ermitteln. $)aran benft aber bod) niemanb 
bei uermittelft. Offenbar ift baS ©ort in fdjauber* 
l)after SBetfe t>erborben au§ mittels, bem ©enetw 



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von aJlittel, bcr in ähnlicher 3Beife $ur ^räpofition 
gepreßt morben ift wie befjnfS unb betreffs, $u 
benen fid) neuerbingS noch 5 n> cc£ g , mangels unb 
namenS gefeilt haben — lauter fyerrlidje (Srfim 
bungen.*) $)a3 3 n 'U4 en 9^ e ^ märe bann mittelft, 
baS eS ja and) giebt; fürftlidje s #erfonen reifen ftetS 
mittelft @£tra$uge3, unb ein „©tabliffement," ba3 
früher mit ober burd) ®a£ erleuchtet mürbe, roirb 
jefct natürlid) mittelft (Sleftri^ität erleuchtet, £an* 
belSartifet, bie früher mit ÜJcafchinen ^ergefteüt 
mürben, finb jefct nur nod) mittelft 2Hafd)inen ju 
gemimten. 

$)afe 311 unter anberm aud) ben Qmecf bezeichnen 
fann, ift bem Beamten unb bem 3^tungSfd)reiber 
gän^lid) unbefannt. fjrü^er oerftanb man§ fehr gut, 
menn einer fagte: er ift ber ^oli^eibehörbe jur (£in= 
fperrung übemnefen morben — bie Sftummern finb 
$ur Dtegtftrirung beigefügt morben; jetjt ty\$t eS nur 
nod): behufs ober nod) lieber §med§ ©infperrung, 
jmedS (ober 5 um 3 roec ^ e ) oer SHegiftrirung, 
3 m e tf § geftfteüung ber ftranfenfaffenbeiträge, 
jmedS Stellungnahme $um ^ubenfd)u^oerein u. f. ro. 
93ef)uf£ 93tlbung einer 33erufSgenoffen]d)aft — be = 
l)ufS 9öal)rung beS ^ßreftigeS ber italienifd)en flagge 
— ein SBünbniS ©nglanbS mit s Jluj?lanb jmectS 
Wieberhaltung DeutfchlanbS — bie Schülerinnen 
follen jmetfS Schonung ihrer klugen acht £age 00m 
Unterrichte btSpenftrt merben unb bann jmedS er^ 
neuter Unterfudmng fich mieber in ber Schule ein* 
finben — fo h^fft unb a«>ecf ccf ecf ft eS burd) bie 
Spalten ber 3 e ^^ngen. 

©inen ©rief fing man früher an: auf bein 
Schreiben 00m 17. teile ich m ^ — J {efct F>ei^t eS 



*) Örfi^cr l)iep eS: im Kamen be* StönigS, an* aitgcl 011 
genttgenbem Ängebot, jefct nur nodj na mens beS ÄÖnigS — mang eis 
genügenben 8lngebot8. J&ört man beim nirfjt ben Ijä&lidjen ®lcidjflang, 
ber ganj unnötigenoeife burd} bic Häufung ber <Benetib»§ cntftefjt? 
SWandje Seute finb gauj oeniant in biefe Oeiietitoe; lieft man borf) 
fa)on: aufami* (!) Oftobt-r — eingang* (!) ber fädjfifdjfn Scfnucfo 
u. älml. 



nur nod): antwortlid) ober in Beantwortung 
ober in (£rwieberung beineS Schreibend, früher 
oerftanb e§ jebermann, wenn man fagte: nad) s $ara= 
graph 5, nad) ben Beft immun gen ber $8auorbnung, 
ba§ SBolf fpricrjt aud) I)eute nod) fo; in ben Söefannt^ 
madjungen ber Beworben aber J>ei^t e§ nur: in ®e* 
mäjjljeit uon Paragraph 5, inhaltlich ber 53e- 
ftimmungen ber Söauorbnung. $Ufo ftatt - einer ein* 
filbigen s Präpofition, nad), ein fo fürd)terlid)e§ Söort 
mie ©emäjH)eU, flanfirt oon jmei ^räpofitionen, 
in unb non! ©ine ^eftfdjrift erfd)ien früher 511111 
(Geburtstag eine§ (Gelehrten, beim Jubiläum eineS 
ffieftorS, §ur Enthüllung eines 3)cnfmalS, je$t nur 
nod) aus? s }lnlaf* ober anläfHtd) beS (Geburtstages, 
gelegentlid) bcS 3 u M auiri 3, bei (Gelegenheit ber 
Enthüllung. $8 eint Auftreten ber 3"fluen$a tjat ftd) 
ge3eigt — in ben Sßerbanblungen über ben Entwurf 
würbe bemerft - auf ber s .ßMtauSftellung in Snbnei) 
traten biefe Söeftrebungen juerft ()eroor — oerfteht 
baS niemanb mehr? ES fd)eiitt nid)t fo, beim jetyt 
bei&teS: gelegentlid) beS Auftretens ber^nfluenja — 
gelegentlid) ber über ben Entwurf gepflogenen (!) 
$8erf)anblungeu bei (Gelegenheit ber 2öelt= 
auSftellung in Snbnei). frür wegen wirb nur nod) 
an3 Slnlaf? gefagt: ber «otfdjafter 3i. l)at fid) auS 
s 3lnlaf? einer emften Erfranfung feiner (Gemahlin 
nad) 93. begeben, ftür über fjeijtt eS nur nod) be^ 
treffS ober be^üglid): baS le^te 20 ort betreffe 
ber Erpebition ift nod) liiert gefproerjen — bie Sttit* 
teilung ber J()eaterbireftion bezüglich ocr 9teu* 
einftubirung beS 3)on %u<\n mar oerfrüf)t. g-rürjer 
oerftanb mauS, wenn gefagt würbe: mit ber h e " = 
tigen SBerfammlung finb in biefem 3>al)re jel)n 93er = 
fammlungen gewefen, ol)ite bie beutige neun; jetjt 
muft gefdjrieben werben: einfd)liejjlid) ber heutigen 
Skrfammlung, au Sfd)lie&ltd) ber heutigen Ber= 
fammlung. Unfre ftaufleute reben fogar bauon, maS 
eine Stare 311 fteljen fomme abzüglich ber £rauS= 
portfoften ober 3 113 ü gl id) ber ftradjt, ftatt: mit 
ben $raii*povtfofteu unb ohne bie ftrad)t, wa$ man 



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bod) aud) uerftetjen würbe, ©in Betrüger ift mit 
10000 gjlarf entflogen — ift baS nid)t beutlid)? £er 
ßettuugSfdjretber fagt : unter 9JHtnaf)me oon 
10000 9ttarf! @nblid): mit 3 it f) 1 1 f enafjme uon, 
auf ©runb uon, unter 3 u 0 run ^ e ^ c ß un Ö *>on, 
ma3 ftnb aud) biefe ^Beübungen anberö al3 breite 
f purige Umfdjreibungen einfacher ^räpofttionen, 31t 
benen mau greift, weil man bie Äraft unb 2öirfung 
ber ^ßräpofitioneu nid)t mefyr füfylt ober md)t mel)v 
füllen wiü? OI)ne 3 u M^f ena ^ me von frembem 
Material — wa3 beifjt ba3 anber3, alS: ol)ne 
frembeS Material? nötig, bafc in iBefannt* 

mad)ungen einer 53el)örbe gefdjrteben wirb, baf? ein 
gewiffer Unternehmer eine Kaution in £öl)e uon 
1000 Wlaxt au erlegen f)abe, bafi eine Strafe neu ge- 
pflaftert roerbeu foüe in i(>rer $lu3befjnung uon 
ber Strafe $1 big jur Stra&e 93? Sinb mir mir!* 
lid) fo fcf)wad)finmg geworben, ba& mir eine Kaution 
uon 1000 Wlaxt nid)t meljr uerftefyen, un£ bei bem 
einfachen uon — big feine Strede metjr uorftellen 
fönnen? 5Jhtfj ba$ aüe3 befonberS au§gequetfd)t 
werben? 

§riten$ 

2)er größte ©reuet aber auf bem ©ebiete unferS 
ganzen heutigen s }käpofitionengebraud)S ift mol)l ba$ 
s iöort feiten 3; e3 ift mieber $u einer wahren ftranffyeit 
am fieibe unfrer Sprache geworben. 3 uu ^4)ft ift 
fd)on eine fdjauberfjafte ©Übung. 3" oe " oier$iger 
unb fünfziger ^aljren fd)rieben bie Beamten unb bie 
3eitung3fd)reiber beim paffioen Sterbum mit Vorliebe 
uon Seiten ftatt be3 einfachen uon (ebenfo auf 
Seiten ftatt bei). $)a3 war natürlid) unnötiger 
Scrnuulft, aber e§ war bod) wenigften3 rid)ttg, ja 
man fonnte fid) fogar über ben guten, alten fd)wad)en 
2)atiu Seiten freuen, ben fid) fjeute niemanb mefyr 
ju bitben getrauen würbe. 3Jiit ber $tit würbe 
aber bod) felbft ben £anslei = unb 3eituugSmenfd)eu 
biefeg ewige uon Seiten $u oiel. Statt nun ba3 
einjig uemünftige ju tf)un unb wieber $u bem ein* 



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fachen von äurücf$utel)ren, ließ man ba§ oon weg 
unb fagte nur nod) feiten. $lber ba§ bauerte aud) 
nur für je QtiL ßaum war bie Sfteubilbung fertig, 
fo würbe fie einer abermaligen Umbilbung unters 
$ogen, man hängte gebanfenlo3, ©erführt buret) ®e* 
netioe wie beljufS, betreffs, ein gän$ltd) unorga* 
nifd)e§ 3 an ben alten $)atio,*) unb fo entftanb 
nun biefe§ ^ammerbilb einer ^ßräpofition, ba§ Ijeute 
baS ßeib* unb SieblingSwort ber gefamten beutfdjen 

3lmt3* unb 3 e ^ un Ö^fP rac ^ e ift- ^ ü wie man e ^ ne 
Leitung in bie #anb nimmt, baS erfte Söort, ba§ 
einem in bie klugen fällt, ift: feitenS. $)ie Keinen 
s ßfennignoti$en ber Öofalreporter fangen gemöfjnlid) 
gleid) bamit an; wenn nidjt, bann ftef)tS geroifj auf 
ber ^wetten ober brüten 3eile. $a e§ bie ßeitung^ 
fpraetje immer meljr ©erlernt, einen Vorfall, ein @r* 
etgniS im $lftttmm mitzuteilen, ba fie mit Vorliebe 
im ^ßaffitmm er$äljlt, fobafc ba3 Dbjeft jum gramma* 
tifdjen Subjeft unb ba3 logijctje Subjeft jum aufier* 
liefen 2lgen§ wirb, oon beim ^affioum if>r aber 
gänfllid) unbefannt geworben ift, fo fann fie tfyat* 
fäcf)licf) md)t bie fleinfte Mitteilung mefjr machen ofjne 
feiteng. 2)ie Regierung, ber 93unbe3rat, ba§ ffllv 
nifterium, ber 9ftagiftrat, bie ^ßoligeibireftion, ba§ 
Stabtoerorbnetenfollegium — fie alle tl)nn nid)t£ 
mefyr, fonbern atle§ wirb getl)an, aUeS gefd)iel)t, er* 
folgt, finbet ftatt feit eng ber Regierung, feitenä 
be3 $8unbe3rate3 f e i t e n 3 beg iUttnifteriumS, f e i t e n 3 
be§ 3ftagiftrat§, feitenS ber ^olijeibireftion u. f. w. 
$em fortfd)rittli(^en Äanbibaten fonnte feiteng ber 
©egner mcrjtS nacfjgefagt werben — bie 9Jlafd)inen 
fönnen feiten^ ber ^ntereffenten jebergeit befidjttgt 
werben — gegen folcr)e Unart mu| enblid) einmal 
mit ©ruft oorgegangen werben, fettend ber ©d)ule, 
feitenS ber ^olijei, aber aud) fettend be§ s Jhtblt- 



*) (Ein |*old)c§ § brängt fi$ gar au gern ein , man benfe an 
öfters, nirgenb«, auf efjenbt, bur djgefjeub* u. f. to.; in 
ücipiifl jagt man foaar ob« für ob: ob* bu tommfr, meinte« 
lucgen u. äfril. 



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fumg — anberg wirb gar nid)t mehr gefd)rieben. s ilber 
felbft bei aftioen Serben t>eißt eg: zahlreiche klagen 
finb fetteng (!) einflußreicher ^ßerfonen eingelaufen — 
feit eng beg £errn ^ßolijeipräftbenten ift ung nad)= 
ftefjenbe 93efanntmad)ung jugegangen — feit eng ber 
fturie fyat man fid) nod) nid)t fdjlüffig gemacht u. f. m. 
3[n manchen 3 e ^ un 9^fP a ^en fann man bag SBort 
fünfzehn, ^roan^igmal ftnben, cg fann einem ganz 
fd)limm babei werben. 5lber auch ber ^^eaterfritifer 
fdjreibt: eg liegt barin etmag oerlefcenbeg , aud) 
menn bieg roeber feit eng beg 3)id)terg, nod) fei = 
teng ber 2)arftetler beabfidjttgt fein foüte; bag Stücf 
mürbe feiteng beg s £ublthung einftimmig abgelehnt 
ftür ben garftigen ©leid)flang, ber entfielt, menn 
hinter feiteng nun immer micöer ©enetioe auf g 
fommen, für biefeg unaufhörliche ©esifch Im* ber 
s $apiermenfd) fein Dt)t. 3Öenn er ja einmal ab* 
mecr)fetn will, auf bag einfache, oernünftige von ober 
gar auf bag 9lftioum uerfällt er ganj gerotj} md)t; 
bann fd)reibt er lieber: engltfcherfettg, ftaat = 
ttcherfettg, firchlid)erf eitg, päpftlid)erfeitg, 
minifteriellerf-eitg ober: regierunggfeitig, 
prin^ipalf eitig u. f. m.; bie ©elnlfenfcrjaft t)attc 
bie ftrage in ein ©teig gebradjt, an bem fid) prin = 
Zip atfeittg nid)t§ augfefcen lief*! @ut$eltte 3:ier- 
ärjte machen barauf aufmerffam — bie ©egner bet- 
äuben behaupten - pfui, wie fimpel! $er ^eitungg* 
fd)reiber fagt: tierärztlicher! eitg mirb barauf 
aufmerffam gemacht ~ an ttfemttifcherfettg 
(— w w -- w w _.) lüirb behauptet. 3o flingt eg 
großartig! 

SDamit ift aber ber 2öir funggfreig beg garftigen 
2öorteg noch nicht erfchöpft; eg fommt nod) fchlimmer. 
Seiten^ mirb nämlid) nidjt nur mit Serben, fon= 
bem auch m ^ ©ubftantioen oerbunben. $)a fchreibt 
man: bie Beiträge $ur Unfalloerficherung feit eng 
ber $lrbeitgl)erren bie Vorführung eineg <Sprtt$en= 
Sugeg feiteng beg iöranbbtreftorg — ber Übergang 
über bie Garthe feiteng ber 9iorbarmee — bie all= 
gemeine Söenutmng ber t'ebenguerfidjevung feiteng 



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ber armem Staffen — ein Otuf $um Streit feiten^ 
be$ gerrn Söinbtfjorft — ein Opfer oon B000 Sflarf 
feiten^ ber Stabt — bie $8efitjnaf)me biefe§ lüften* 
gebietet am Üttittelmeere feitenS ber Jyran^ofen — 
bie Unfitte be§ £rampeln3 im £f)eater fettettS ber 
Stubenten — ber fdjäbigenbe (£influ& ber Verlegung 
ber @Hauben3pf(id)ten feiten 3 eine§ ftird)emnitgliebe3 
— baS Dementi ber 9lad)rid)t oon ber 9tubien$ be$ 
.ßerm beim Staifer feit eng ber ftonferoatiuen 
ftorrefponben$ — ßeitungen wie $üd)er fmb jetjt uoll 
oon fotcfjen Söerbinbungen! %a, wie foü man fie benn 
aber oermeiben? in allen biefen Veifpielen ift bod) 
ofjne feitenS gar nid)t auSjufommen? 9hm, wie 
finb benn unfre Vorfahren ohne ba§ fd)öne Söort au£- 
gekommen? (Sntweber burd) vernünftige 2öort= 
fteüung: bie ^Beiträge ber 9lrbeit£f)erren $ur Unfall* 
oerfidjerung ber Übergang ber 9?orbarmee über 
bie s $artf)e — ein Streitruf be3 §errn SBinbtfjorft — 
ein Opfer ber Stabt oon MOO 9JJarf; ober inbem 
man bie s ^räpofition burd) benutyte: bie Vorführung 
eine§ Sprttjen$uge3 burd) ben 33ranbbireftor (wa§ 
freilid) aud) ntdjt fd)Ön, aber bod) immer nocr) er* 
träglidjer ift als feiten^), ober enblid), unb ba§ ift 
ba£ oemünftigfte, baburd), ba& man Sftebenfätje bilbete, 
anftatt, wie e3 je^t gefd)ief)t, bie Sftebenfäfce immer 
in Subftantioa $ufammen,$uquetfd)en. 3 U einem 3?it- 
m ort fann man ein Ijalbest £)ut3enb nähere 93eftim- 
muugen fe&en, ba l)at man immer freie $8al)n unb 
fommt Ieid)t oonoärtS; foioie man aber ba§ flüffige 
Zeitwort in baS ftarre £muptioort oenoanbelt, uer= 
rammelt man fid) felbft ben 2öeg, unb bann werben 
foldje 2lngftoerbinbungen fertig, wie: ber reblid)e (£r- 
merb ber ^leibung§ftücfe fettend be£ 9lngef tagten 
liefl fid) jum ®lücf nadjwetfen (ftatt: bajj er fie reb* 
lid) erworben hatte). $n ben angeführten Söeifpielen 
braucht man nur ju fagen: wenn ein ftircfyenmitglieb 
bie ($lauben3pflid)ten oerlefct — wenn bie armem 
Hlaffen bie SebenSuerfidjerung allgemein benutzen 
wollten u. f. im, unb man ift au§ aller Verlegenheit. 
9ton aber ba$ tollfte. $iefe Wngftoerbinbungeu 



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von Sufeftantwen mit feiteng finb ben Seuten burcf) 
ben maffenfyaften ©ebraud) fcfyon fo geläufig geroor* 
ben, ja man ift fo nernarrt in ba3 2Sort, baf* man 
e3 audf) ba amnenbet, mo gar feine Nötigung ba$u uor= 
liegt, bap man gerabe-$u — ben ©enetü) bamit um* 
frfjretbt! 9Jian fagt nid)t me,f)r: ber SBefud) beS pu= 
btifumS, bie Anregung be§ $Borftanbe3, eine (£rflä= 
ntng be§ SöirtS, bie freiwillige pfüd)terfüllung eines 
@inaelnen, fonbern: ber $8efud) fettend be3 Public 
fum§, bie Anregung feiten^ be§ $8orftanbe§, eine 
(Srflärung feiten^ be§ 3Öirt3, bie freimi 11 ige Pflicht- 
erfüllung feiten^ eines (Sinjelnen. 9Jlaffenf)aft 
laufen einem jetjt fotd>c Söeifpiele über ben 2Beg, 
man braucht nur zuzugreifen: id) roollte bamit et- 
waigen (Sinreben feiten^ ber ©egner vorbeugen — 
ben gtänjenben (Erfolg, ben ber ^erfaffer bem au§= 
gezeichneten Vortrage feiten^ be§ Oie$itator£ z u 
banfen f)at — er mürbe bie 3i e ^^ oe vieler 
griffe fettend ber ftlerifalen — ein l)öt)erer ©efnlfe 
fann nicht ol)ne Vertrauen feit eng be3 $anbel3= 
()errn angeftellt merben — bie ftrau mar megen fort* 
gefegter Wohheiten f eitenS ir)re§ 9Jtanne3 inS ©Kern- 
haus jurücfgefel)rt - ber ©efanbte ()atte bie Stirn, 
ZU fragen, ob man benn aud) be§ §rieben3brud)e3 
feiten! 5 ran ^ re ^^ gemifj fei — bie Urfadjen be3 
erften 8riege3 feiten^ be3 englif d)en ®önig§ gegen 
bie ^ollänber mürben bargelegt — ba§ Urteil Hingt 
hart, beruht aber auf forgfältiger Prüfung feiten 3 
eine^ Unbefangnen — an ber £afet fehlte e£ nid)t 
an f)er5licr)cn Üieben unb ©egenreben feiten! bev 
Arbeiter unb prinzipale it. f. m. *8ei einzelnen biefer 
iBeifpiete fdjeint ja nun ein Schimmer üon (£rflärung 
unb @ntfd)ulbigung in ber Verlegenheit 31t liegen. 
3)a3 £>auptwort, oon bem ber ©enetin abhängen 
mürbe, bezeichnet meift eine §anblung, unb ba fann 
ja ber 3roeifel entfielen, ob man biefe aftiu ober 
paffiu auffaffen foU. $er «efud) be3 pubtifumS - 
baS föunte ja aucl) tyifaw, ba§ publicum fei befud)t 
morben! $er $efud) feiteuS be3 publicum* - 
ba3 ift ntd)t mi^uuerfteljeu, ba l> a t ba$ publifum 



awM5*^*^**awä 252 tat^t^t^t^st» 

befugt! Angriffe bcr ftlerif eilen — ba f önnte man 
aud) benfen, bie ftlerifalen wären angegriffen mor* 
ben; Angriffe feiteng ber ®lertfalen — ba Ijaben 
fic natürlidj angegriffen. 5)ie Unterfucrjung be§ 
2lr$te3 — ba (önnte man ja benfen, ber 5Ir$t fei 
unterfudjt morben; bie Unterfucfmng fettend be3 
5lrjtes> — nun fyat ber Slrjt unterfudjt. ©oüte e£ 
aber mtrfüd) Sefer geben, bie fo über bie haften be= 
fdijränft mären, bergteidjen mifjjuoerftefjen? 

Sßenn fidt) ber äftiftbraud), ber mit feiten«* ge- 
trieben nrirb, in ber beengen 2öeife meiter fteigert, 
fo (önnen mir§ nod) erleben, bafr in ber beutfdjen 
©rammatif gelehrt merben mufj: Sftominatio: ber 
ßafeer, ©enetto: feitenS be3 ftaiferS, 2)atio: bem 
ftaifer u. f. 10. 

|m JUeae 

3lber aud) in bem ©ebraucfje ber ed)ten, alten 
"präpofitionen merben jetjt oiele geljler uu0 ® e: 
fdjjmacflofigfetten begangen, oor allem baburd), baf? 
man $mei Sßräpofitionen au£ ©ebanfenlofigfeit mit 
einanber oermecfjfelt ober au£ 3* erere i oertaufdjt. 
üöenoedf)felt merben jetjt fefyr oft burd) unb megen, 
obmofjl fie bod) fo leidjt au£einanb erhalten mären, 
benn burd) giebt ba£ Littel, megen ben ®runb 
an. (£3 mirb 3. 95. gefd)rieben: ba3 SSud) ift burd) 
feine oradjtoolle 5lu3ftattung unb fein l)anblid)e§ 
ftormat ein ebenfo mertooüesi mie finniges ©efdjenf — 
bie 9KarientHrd)e enthält oiele burd) ftunft unb ©e= 
fd)id)te bemertenSroerte ©efjenSmürbigfeiten — ber 
(Streit ift burd) feine lange $auer oon mefyr als 
blofj örtlicher 93ebeutung gemefen. $n allen biefen 
©ätjen mu| e§ megen Reiften, benn man fragt l)ter 
uid)t: moburd), fonbern roe3f)alb ober marum? (£benfo 
merben für unb oor, für unb gu jetjt oft oertaufd)t. 
ftrüfjer l)atte man Siebe $u jemanb, fafete Neigung 
$u jemanb, fjegte 2ld)tung oor jemanb; jeljt giltS 
für fein, ba3 aüe§ burd) für $u erlebigen: bei aller 
Siebe unb 2ld)tung, bie id) für if)it Ijabe — er fajjte 
eine tiefe Neigung für biu> 3Näbd)en. JöefonberS 



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anftöfctg ift eg, wie oft ftd) — offenbar unter bem 
©influffe be§ Sateimfdjen unb burd) 9tad)läffigfett beim 
Überfein — bie ^räpofition in an ©teilen brängt, 
rootn'n fie nid)t gehört. ftrvfytt ^ atte man Vertrauen 
gu jemanb, Hoffnung auf jemanb unb üftifctrauen 
gegen jemanb. $)a§ wirb jetjt aHe§ burd) in be* 
forgt, man fjat Vertrauen in bie ®rieg§leitung 
(fdjeufrttd)!), ift otyne jebe§ perföntidje Sfti&trauen in 
bie &et)örben unb fefct feine Hoffnung in bie 3u* 
fünft. ftrüt)er ging man auf einem SBege ooru>ärt§, 
unb nur, toenn einen auf biefem Söege jemanb am 
$Bont>ärt3gef)en fyinberte, fo fagte man: er tritt mir 
in ben 2ßeg, er ftet>t mir im 2öege, er mag mir au § 
bem Söege gefjen. Unfre heutigen ^uriften aber 
möchten nur nod) im SEÖege oorn>ärt3gef)en ober fiel* 
mefyr „oorfdjreiten,"*) fei e§ nun tmSöege ber ©e- 
fetjgebung ober im 2Öege ber SBerorbmmg ober im 
2öege be§ *8ergleid)§ ober im 2öege ber ©üte. 
Wlan benft ficJ) bie Herren umoiflfürlid) in einer 
@d)lud)t ober einem §of)lit)ege ftefjen, „rtng3 oon 
Reifen eingefdijloffen," wenn fie fo „im SÖege t>or~ 
f freiten." (£8 gei)t aber nod) toeiter. S8ct ben 3 Us 
riften bebeutet bod) ba§ SBort nrirflid) nod) ben 
eingef plaguen 2öeg, ba§ SBerfafyren* SBenn aber 
eine SBibliotfjef berietet, bafc tr)r 93üd)er zugegangen 
feien im Söege ber ©djenfung, be§ £aufd)e§ ober 
be§ ^aufe§, fo ift ba§ bod) gerabeju abgefcfjmacft, 
benn ba ift bod) nur oon ber SHrt unb 2Betfe bie 
föebe; bie SBüdjer finb ir>r burd) «Sdjenfung, Saufd) 
ober 8auf zugegangen. 

|n (!Br0ätt?un0 

2Bte Ungeziefer Ijat fid) in ben legten ^afjren 
namentlid) ein SUH&braud) ber ^ßräpofition in oer- 
breitet: bie SBerbinbung oon in mit geroiffen ^aupt- 



*) (Begangen Wirt) ja oud) nic^t meljr, e* wirb nur nod) ge = 
fajritten ober gar öerf djrittcnl SRan öerfdjrettet jur »b= 
ftimmung, aur Operation, ja fogar $um ttufgte&en be« ZtytS — immer 
mit $od)geTjoonen »einen mir bie SRefruten auf bem Xriaplafce. 



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Wörtern, namentlich auf ung, ftatt eines Gebern 
fatjeS. $en Anfang fd)etnen in Srwäpng 
unb in (Ermanglung gemalt ju haben; biefe beiben 
haben aber fd)on ein ganzes £>eer ähnlicher Berbin- 
bungen nach ftd) gebogen, unb ein (Enbe tft nod) gar 
nicht ab^ufehen, jebe 2ßod)e überrafdjt unS mit neuen. 
Briefe oon Beamten unb ®efd)äftSleuten fangen faum 
nod) anberS an atS: in Beantwortung ober in 
(Srwtberung ^l)re^ gefälligen Schreibens oom u. f. w., 
ein 2luffa^ wirb gefd)rieben in Anlehnung ober in 
Anknüpfung an ein neu erfd)ieneneS Buch, ein 
3"tSfu& wirb berabgefefct in @ntfpred)ung eines 
©efud)S, eine 3*itungSmitteilung wirb gemacht in 
(Ergänzung ober in Berichtigung einer frühem 
Mitteilung, ber ^oli^eirat oolljietjt eine §anblung 
in Vertretung ober in Stelloertretung beS ^o= 
li^etbireftorS, ein BeretnSmitglteb leitet bie Ber()anb= 
hingen inBebtnberung beS Borfifcenben, eine AuS^ 
#eid)nung wirb jemanb oerltehen in Anerkennung 
feiner Berbienfte, ein Morb wirb begangen inAuS = 
führ ung früherer Drohungen, eine Bibliothek wirb 
geftiftet in Beschränkung auf gewiffe 3räd) er / unb 
fo gefjtS weiter; man fdjreibt: in SBürbigung 
ber twlkSwirtfd)aftlid)en Dichtigkeit beS Sparkaff en= 
wefenS — in Berantaffung beS 25jäl)rigen ®e* 
fd)äftSjubiläumS — in Begrün b ung ber Auflage 
beantragte ber Staatsanwalt — in Überfd)ä£ung 
biefeS UmftanbeS ober in (Entftellung beS Sad)= 
oerl)altS behauptete er — in Ausführung oon § 14 
beS DrtSftatutS bringen wir $ur Stenntm'S — man 
gebe ben Bebörbeu in AuSbehnung oon § 39 bie 
Befugnis - in B erfolgung biefeS >$\eU§ hatte 
Sdjliemamt bie obere Schicht jerftört — in Befol = 
gung feiner Befehle würben nod) weitere Gebiets- 
teile unterworfen — in Beroollftänbigung feines 
AuffatjeS ift nod) 511 erwähnen — ber in Berlänge = 
rung beS 9ceumarktS burd) bie s ^romenabe führenbe 
ftujjweg u. f. w. Bor einiger Qeit ging fogar eine 
Anekbote auS ben SJiemoiren ber 9ttabame ©arette 
burch bie Leitungen, wonad) BiSmarcf biefer $ame 



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255 ^^t^Ki^ifi^m 

auf einem 18 all am $ofe 9iapoleon3 eine SHofe über- 
reicht haben foüte mit ben SBorten: wollen Sie biefe 
$Jofe annehmen in (Erinnerung an ben legten 
Söal^er, ben id) in meinem 8eben getankt fjabe! 

SÖer ein wenig nadjbenft, fiel)t, bap t)ier bie 
üerfd)tebenften logifdjen Berhältniffe in gan$ med)a= 
nifcfyer SOBeife gletchfam auf eine formet gebrad)t 
fhtb, wie fte fo recht für unfre benf faule 3cit gefdjaffen 
ift. (Ein ^eit biefer unfimrigen in foü ben Beweggrunb 
auSbrüden, ber bod) nur burd) au§ ober wegen be= 
zeichnet werben fann; in (Ermanglung, in 2lner = 
fennung, in Überfcbäl^ung, in Bel)inbrung — 
ba§ fall ^ei^en: au3 Langel, au3 9lnerf ennung, 
au§ Uberfchätyung, wegen Bel)inbrung. S&enn 
ba£ logifd)e Verhältnis» burd) einen 9tebenfat$ aus- 
cjebrücft werben follte, fo fönnte man nur fagen: 
weil e§ mangelt, rr» eil id) anerfenne, weil er über* 
fd)ät>t, weil er bel)inbert mar. ©in anbrer £eil foü 
ben 3 ro ed bezeichnen, ber bod) nur burd) 511 au§ge= 
brüeft werben fann; in (Ergänzung, in Berr»oll = 
ftänbtgung, in Berid)tigung, in (Erinnerung 
— ba§ foll Reiften: jur (Ergänzung, jur Ber^ 
t>ollftänbigung, $ur Berichtigung, $ur ®ti« s 
rterung. s Jftit einem 3 e i tlüort fönnte man f)ier nur 
fagen: um ju ergänzen, um $ u oerooHftäubigen, um 
311 berichtigen, ba mit Sie fid) erinnern. Söieber 
in anbern fällen wäre oielmebr al§ am s £lafce ftatt 
in: ein 2öeg wirb al3 Verlängerung be§ SfteumarftS 
burd) bie ^romenabe geführt, ein Brief wirb ge= 
fdjrieben al§ Antwort auf einen anbem, ber ^oli$ei= 
rat unterfchreibt al3 Stellvertreter be£ s t*oli#ci* 
btreftor§. 9htr in wenigen gäüen bejeidjnet baS in 
wirflid) einen begleitenben Umftanb, wie man ihn 
fonft wohl burd) inbem ober burd) ba3 ^artijip 
auSbrütft: id) fdjreibe einen s 2luffat}, anfnüpfenb 
an ein neue§ Buch, ober inbem id) an ba£ Buch 
anfnüpfe; bafür liefce fid) ja j$ur 9iot aud) fagen: in 
SInfnüpfung, wiewohl aud) nid)t gerabe fd)ön 
ift. 3 n b e m ber Staatsanwalt bie Auflage begrünbete, 
beantragte er ba§ l)öd)fte Strafmaß — aud) bafür 



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Uxmx man fagen: in feiner SBegriinbung (feiner 
barf aber nidjt fehlen). 9lber wie ift e§ möglich, ba§ 
alle§ plötjltd) in einen £opf $u werfen? Urf adje, 
©runb, 3 rocc ^/ begleitenber Ümftanb, norübergefyenbc 
ober bauernbe ©igenfdjaft — wie fönnen biefe Unter* 
fdjiebe auf einmal alle au3gewifd)t werben? 2Bie 
fönnen wir un3 freiwillig, wo wir folgen SReidjtum 
fjaben, $u foldjer $lrmut oerurteilen? @§ fjanbelt 
fid) aud) fner um nirf)t§ al§ eine 3Jlobebummt)eit, bie 
unter bem ©tnfluffe frember ©prägen, namenttid) 
beg fj-r ciitaöfif ci> etx unb be§ @nglifd)en (en consequence, 
en reponse, in remembrance, in reply, in ans wer, in 
compliance with, in his dVfence u. ätjnl.) aufgefommen 
ift, unb bie nun gebanfenloä nadjgemadjt unb babei 
immer weiter au§gebel)nt wirb. wirb nod) batjtn 
fommen, bafj jemanb 1000 5Jtarf erhält in SBcIor)* 
nung treuer 3)ienfte ober in @ntfdj)äbtgung füx 
einen $8erluft ober in Unter ftütjung feiner 5lns 
gehörigen ober in SBebtngung ber SfMicf^a^lung; e§ 
ift gar nid)t einjufeljen, we§f)alb nid)t aud) ba§ afle§ 
burcl) in foUte auSgebrücft werben fönnen. 

Itörtütrij, fuMirtT, rcd)ts, link*, rnmmt 

9lfle ^ßräpoftttonen ftnb urfprünglid) einmal $lb* 
oerbia gewefen. 2lud) bie l)äjjltd)en, langatmigen 
9Robepräpofitionen unfrer 9lmt§= unb 3eitung3fprad)e, 
biefe anlä&lid), gelegentltd), infjaltltd), ant* 
wortlid), wag finb fie sunädjft anber§ al§ 2lb* 
uerbia? 9teuerbing§ foU aber mit aller ©ewatt 
nod) eine 5lnaaf)l weiterer Slbnerbia jju ^r&pofttionen 
gepreßt werben, nämlicf): red)t8, linfS, nörbltd), 
füblid), öftlid), weftlid), feitlid) (ba3 lefcte ein 
red)t überflüffigeS 2öort). Sftiemanb wirb beftretten, 
ba& aud) biefe SBörter Slbnerbia fhtb. Um anju* 
geben, im SBergleid) womit etwas recf)t§ ober linf§, 
nörblid) ober füblid) fei, tjaben wir benn aud) bisher 
ftetg bie ^ßräpofition oon ju §ilfe genommen unb 
gefagt: red)t§ non ber (Strafe, nörbltd) non ben 
Sllpen. Seit einigen ^afjren aber oerbreitet ftdj immer 



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tnefjr bie S^ad^Iäf figf eit , $u fcfyreiben: recfytg ber 
(Slbe, red)t§ unb linl§ ber Sjene, nörblid) 
bc§ SBiftoriaf eeg, füblid) ber Shrdje, feitlid) 
be3 2Iltar3 u. f. ro. (£3 giebt Sd)riftfteller, nament* 
lief) ©eograpfyen unb $ed)nifer, bie fid) fd)on gar nid)t 
metyr anberä auSbrüden. ©in grober gefyler tft e § 
aber bod), mentgftenS vorläufig nod), folange e3 nod) 
^cnfdjen giebt, bie fo altmobifd) finb, $u glauben, 
red)tS unb HnfS, nörblid) unb füblid) feien 2lb; 
werbia, unb folange — bie Sd)ule it)re ©djulbigfeit 

tt)Ul. 

(Sbenfo uerfjält fid)§ mit ben burd) Negation 
gebilbeten $Iboerbien unfern unb unweit. $lud) 
fic fönuett x>on Dted)t3 wegen nur al§ 2lbt>erbia ge* 
braucht werben: unweit oon bem 3)orfe; man l)at 
fie aber aud) beibe $u s ßräpofittonen $u preffeu ge^ 
fucr)t unb gefdjrieben : unfern be3 5öobenfee§, 
unweit beS ftluffe3, fogar unfern bem (!) 
<Sd)loffe, unweit bem £f)ore. 5lm beften ift c§, 
biefe beiben Slbuerbta ganj $u meiben, benn fie (jaben 
unleugbar etwaS gefünftelteS; ber lebenbigen Sprache 
ftnb fie fremb. 

•3inn ober }u bnn? 

©ro&e Unfid)err)eit fyerrfdjt jefet barüber, in welchen 
Jäüen ber 5lrtifel mit ber s $räpofttion oerfdjmolaen 
werben barf, unb in n>eld)en fällen nid)t, wann e£ 
alfo fjeijjen barf: im, oom, gur, auf§, in§ (ober, 
wenn benn jemanb ofjne 9lpoftropl) nid)t leben (ann, 
auf 4 §, tn'S, oieüeidjt aud) i'm, 3u'r'?), unb wann: 
in bem, r»on bem, auf ba3 u. f. w. Unb bod) 
ift bie ©ad)c fct;v einfad) unb eigentlid) felbftt»er* 
ftänblid). 

$er beftimmte drittel ber, bie, ba£ r)at urfprüng* 
lid) bemonftratioen (Sinn, er bebeutet baSfelbe wie 
biefer, biefe, biefeS, ober wie ba3 fd)öne Rapier* 
wort berjenige, biejentge, baSjenige. 3n 
biefer Söebeutung wirb er ja aud) nod) täglich ge* 
braucht, er wirb bann betont unb gebe^nt gefproerjen; 

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beer, beem, bcen (man neunte nur feine Dljren $u 
§ilfe, nid)t immer bloft bie Slugen!), toä^renb er al§ 
bloßer Slrttfel unbetont bleibt unb fur$ gefprodjen 
mirb. 9htn ift bod) flar, bafc bie $8erfd)meläun$ mit 
ber ^ßräpofition nur ba eintreten fann, wo roirflidf) 
ber blofce 5lrtifel vorliegt. Sßerfcfjlungen ober t>er* 
fdjlucft werben fann immer nur ein Söort, ba§ feinen 
£on l)at. @§ ift alfo ganj richtig, $u fagen: bu 
wirft fd)on nodj jur ©infidjt fommen, wenn ge= 
meint ift: $ur (£infid)t überhaupt, jur ©infidjt fd^tec^t- 
f)in, ober: td) fyabe im guten Qblaubtn gefyanbelt. 
«Sonne aber burd) einen nadjfolgenben ^n^alt§fa^ 
eine beftimmte (Sinftd)t, ein beftimmter guter ©laube 
bezeichnet wirb, ift e§ bod) eben fo flar, baf* bann 
ber ^trtifel einen SReft feiner urfprünglid)en bemon* 
ftratben $raft bewahrt fyat, unb bann fann oou 
einer $8erfd)lingung mit ber ^räpofition feine SRebe 
mel)r fein. @§ fann alfo nur Reißen: al§ er nad) 
Sauren au ber @infid)t fam, bafc er md)t jum 
ftünftler geboren fei — id) habe in bem guten ©tau* 
ben getjanbelt, bafj id) in meinem SRedjte märe. 
$)ennod) mufc man fort unb fort fo fehlerhafte ©äfce 
lefen, mie: bie dauern famen jum Söewufitfeht, 
baj$ fie auf weitere ©c^enfung oon ©runb unb Söoben 
md)t rechnen bürften — man fam jur Über^ 
3eugung, bafc mit ben glühenben färben be§ ©lafeg 
bie 2öirfung eine§ ©taffeletbilbeä nid)t ju erreichen 
fei — bie $8ergleid)ung feiner fianbgleute mit ben 
$eutfd)en oon ehemals führte 9Mand)tf)on $ur ©r* 
flärung, baft bie 3)eutfd)en leiber ihren Vorfahren 
unähnlich geroorben feien — folgenbe (Srwägung führt 
jur Vermutung, bafc bie Ohnmacht ©retd)en3 
einem gefd)ichtlid)en fjall nachgebilbet fei — triet* 
leid)t wirb bie praftifche ^Beschäftigung jur (£r = 
tenntniS gelangen, bafc bie SRücffehr jum ^iftori^ 
fd)en 5lu§gang3punfte geboten fei — ba§ Komitee em= 
pfähl feinen ^anbibaten im feften Vertrauen, baft 
ein paar (Schlagwörter genügen müßten. $n allen 
biefen fällen ift bie ^erfd)melgung ber s $räpofitton 
mit bem 2lrtifel ein grober logifdjer fehler. (S§ ift 



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unbegreiflich, nrie man ba§ ©efüfjl bafür verlieren 
fann. 

$)te nähere SJeftimmung fann aber aud) burd) 
einen ^nftnitit» mit $u, burd) einen SHelatinfa^ 
burd) ein Attribut auSgebrücft werben — aud) 
bann]barf ber Slrttfel nirfjt f erfd)lungen werben. 9Ilfo 
aud) folgenbe Söetfpiele finb falfd^: er ftanb im iHuf e, 
e§ mit ber flertfalen Partei $u galten — er ftarb 
im Söeroufetfein, bie teuerften ©üter be§ Söater* 
lanbe§ perteibigt ju ^aben — unter (Eigentum oer- 
ftefjen wir bie t>oüe §errfd)aft über eine <Sad)e bis 
$ur Befugnis, fie au ©ernidjten — er Inelt am 
©ebanfen feft, fid) fobalb al§ möglid) von btefer 
ßaft ju befreien — bie ftommiffion ftef)t im $8 er* 
bad)t, fid) gegen ade naturaliftifdjen 9Iu§fdjreitungen 
füt)l §u oerfjatten *) — im 9lugenblicf e, wo er 
mid) fat) — bap ®oett)e ben §an§ §ad)fifd)en 
2on aud) jur 3 e ^ anfdjlug, wo er fid) fünft meift 
ber neuern formen bebiente — er ift md)t fparfam 
im 80 be, baS ben polnifdjen ^ferben gebührt — fte 
tränten fleißig vom Seine, ber auf ber reidjbefefcten 
Stafel ftanb — 3 um ermäßigten greife oon 15 2ftf 
— tjom «Streit um ßleinigfeiten — im $anbe 
über £eibm$ — im @ffat) über 2Iuerbad) — ba§ 
vom SRat SMIIer geftiftete (Stipenbtum u. f. n>. 
3m 9lugenblitfe unb $ur 3eit (önnen nur allein 
fielen, betbeg bebeutet bann fotriet wie jefct. 2lud) 
im ©ff an fann nur allein ftetjen, ber ©ff an wäre 
bann al§ ©attung etwa bem SRoman gegenüber* 
gefteüt: bergleid)en fann man fid) roofyt im SR 0 man 
erlauben, aber nid)t im ©ff an; oon einem beftimmten 
©tfai) aber fann e§ nur Reißen: in bem©ffai) über 
Sluerbad). $a e§ giebt fogar gälle, gar fein 
3ufatj hinter bem £auptworte nötig unb bod) bie 
93erfd)tnel$ung be§ $lrtifel§ mit ber ^räpofttton ein 



*) <3o ift auef) &u untcrfdjctbcu : ba8 §an5 ift triebet in Stanb 
aefefrt toorben, unb: ber Sterfoffet totfl un* in ben ©tanb fefren, 
fclbft an ber gorfdjuna, tei lau nehmen, »ei bem blo&cn in ©tonb 
(b. in'nStonb) ift berSlrtifel üerfcfiluitßni (üfll. in (in ben fiabeu, 
mit in Stauf nehmen). 



j 

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geiler ift: fowie nämlid) nad) bcm ganzen 3 Us 
fammenfyange nid)t ba§ $)ing an fid), fonbern ein bc- 
fttmmteS 2)ing gemeint ift. galfd) ift alfo and): bie 
Söeaiefyungen, in benen Otto Subwig jut Stabt unb 
xf)ren Bewohnern ftanb — , wenn Seipaig unter ber 
Stabt gemeint ift; eS rnufc Ijeifcen: ber (Stabt 
unb üjren $8ewot)nern. 3ur Stabt fönnte nur im 
©egenfafc jum Sanbe gefagt werben. 

@ine Unfttte ift e§, au f ^reiben, n>ie e§ neuer- 
bing§ auc§ immer met)r 2Kobe wirb: im felben 
Slugenblirf, bie [vom felben Berlage auSgegebnen 
&upferftid)e. $Bon bem Pronomen berfelbe ift ber 
$lrtifel ein fo organifcfjer SBeftanbteil geworben, bafc 
er mdjt beliebig wieber baoon abgeriffen unb mit 
einer ^ßräpofttion serfdjmolaen werben famt 2öer 
forgfälttg fcfyreiben will, fann nur fdjreiben: in bem = 
felben 3lugenblicfe, von bemfelben Berlage. 

9öo wirflid) ber blofce 9lrtifel Dorltegt, ba foflte 
aber nun aud) überall bie Sßerfdjmetaung oorgenom* 
men werben; nicf)t bloft in ber leb enbigen (Sprache — 
ba fef)lt§ ja md)t bran — , fonbern aud) auf bem 
Rapiere, unb jwar ofjnc ben finbifdjen 3lpoftropr), 
biefen Stola be§ 2l«(£fd)üfcen! $ein SKenfd) fagt: 
ber ßampf um ba§ $ afein, eine 2lnftalt in ba§ 
ßeben rufen, einen Vorgang an ba§ Sidjt titfyen, 
fid) auf ba§ bequemfte einriditen, fonbern um§ 

2) afein, ingßeben, anSSidjt, auf§ bequemfte. 
SSarum fdjreibt unb brurft man nur nid)t fo? hält 
man ba§ ptelletd)t für gemein, für tmlgär, für ple= 
bejifd)? 

Söenn oon einer s $räpofition mehrere ©ubftantitm 
abfangen unb beim erften bie ^erfdjmelaung ber 
Sßräpofition mit bem Slrttfel r*ollaogen worben ift, 
fo ift |e§ febr anftöjjig, bei ben folgenben @ubftan= 
tiuen ben 9lrtifel au§ ber $8erfd)melaung wieber 
l)erau§aureif$en unb mit Söeglaffung ber ^räpofitton 
au fdjreiben: in gewiffer Entfernung vom *8ranb= 
plafce ober bem tylafy be§ fonftigen UnglürfSfaüeg. 

3) ie Sßerfd)melaung oom wirft im Sprachgefühl fort 
auf ba§ folgeube Sort; man hört alfo unwiHf ürlid) : 



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oom bcm s $lat>e. $n foldjett ^äflen ift e§ unbe^ 
bingt nötig, enttoeber aud) bic ^räpofttton su nneber* 
fyolen, alfo: in geroiff er ©ntf ernung v o m SBranbplafce 
ober com s }$lat$e be§ fonftigen Unglüd3falle§, ober 
bie SSerfdjmeläung üon uornfyerein ju unterlaffen unb 
ju fdijreiben: von bem SBranbplafce ober bem^ßlafce 
be§ fonftigen UnglüdSfaUeS. $)a§ erfte r»erbient ben 
SBor^ug. ©benfo oerljätt fidjS bei ber 9lppofUton. 
@§ ift eine Sftadjläfftgfeit, $u f djretben: im ©üben, 
bem taurifdjen ©ouoernement — am 12. Januar 1888, 
bem breifyunbertften ©eburtStage Dieras ; e§ mufc 
aud) bei ber 9lppofttion im unb am Reiften, doppelt 
anftöfng mirb ber ftefyler, wenn bie €>ubftantu>a im 
©efd)led)t ober in ber 3al)l oerfd)ieben finb, 3. SB. 
im berliner Tageblatt unb ber geifte§t>erroanbtcn 
treffe — ba§ am SlnamaS unb ber €>apl)ira voU? 
gogne «Strafnmnber — bie t>om 9lnard£)t§mug unb ber 
©ojialbemofratie brofyenben ©efal)ren. 5Iud) in fotdjen 
gällen mu| bie "tßräpofition ftet§ roiebert)oIt n>er* 
ben. 3>er ©ipfel ber SRadjläffigf'eit ift e§, bie S&ieber* 
tyolung ber ^räpofition bann gu unterlaffen, wenn 
ber beftimmte 9trttfel mit k bem unbeftimmten med) feit: 
3. 33. $ur 3lnna^me t)on SBefteüungen unb birefter 
©rlebigung berfetben; e§ muf$ Ijet&en: jur 3lnnat)me 
unb $u birefter ©rlebigung. 

Jlb Burithmt 

©ine blofee Sdjrulle be§ niebern ©efd)äft3ftilS ift 
e§, wenn angezeigt nrirb, baft ®ol)len ab ßroirfau 
ober ab SBafjnljof ju tjaben feien, ober bafj eine 
Sotmtmg ab 1. Ö Et ob er ju vermieten fei. 21 b 
al§ felbftanbige ^räpofttion vor ©ubftanthjen (t>gl. 
abljanben, b. i. ab Rauben) ift fdjon feit bem 
fieb^nten ftaljrljunbert ooUftänbig burd) oon oer* 
btängt. 9hir in Sübbeutfd)lanb unb namentlid) in 
ber <Sd)tt>ei$ wirb e§ nod) sereinjelt fo gebraucht. 
9toer roa§ foll un3 plöfclid) biefer ^romnaialtSmuS? 
@§ ift übrigen^ jroeifetyaft, ob bie ©efd)äft§leute, 
bie fi$ neuerbingS bamit fpreijen, rotrflid) ba§ alte 
beutfdje ab meinen, unb md)t melmetyr ba§ lateU 



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nifc^c ab. 3u$utrauen wäre üjnen ba3, roenigftenS 
roenn man pro 3af)r, pro ßopf, per fofort, per 
Seit)nad)ten unb äfynlicfyen Unftnn bamit t>erglet<f)t. 

3u ben größten irbifdjen greuben beg Rapier« 
menfcfjen gehören bic fogenannten ©änfefüfecfyen. $)er 
@d)ulmetfter, ber auf SöerftänbniS rechnen fann, 
wenn er bem 2Id)tj ädrigen jum erftenmal in bic 
fteber biftirt: ber SBater fragte — S)oppelpunft — 
©änfefüfecfyen unten — roo bift bu geroefen, 9Jla£ — 
fjragejeidjen — ©änfefüfjdjen oben — , fyat bag ftol$e 
©efüf)I, bafj er feinen 3 Ö 9^"9 8^ einer °er nricfytigften 
(Sntroicf lungSftufen feiner ©eifteäbilbung emporgefüljrt 
l)abe. 3lber nid)t blofe 6d)ulmeifter unb ©djul* 
fnaben, auef) anbre fieute, 93. SRomanfdjriftfteüer, 
f)aben an biefen <Strtd)eld)en eine tutbifdje ftreube; 
eg giebt Romane, in benen man r>or lauter ©änfe* 
filmen faft nid)t§ vom 2)talog fief)t. ©in |>od)genuf? 
beim fiefen ift e3, roenn ©r immer mit ^roeien („—'0 
(Sie immer mit oieren („„— "") cerfe^en wirb; bann 
flimmert einem afleS t)or ben klugen. 

$>te ©änfefüfjcrjen finb, wie ber 9lpoftropf) (ogl. 
©. 54), eine jener nid)t3nutjtgen Spielereien, bie — 
e3 fteljt nid)t feft, ob burd) ben <§d)ulmeifter ober 
burd) ben $>rucf ereiforreftor — eigene für bie Rapier* 
fpracfye erfunben roorben finb. 2öenn jemanb einen 
SHoman oorlieft, fo fann er bod) bie ©änfefüf?d)en 
nid)t mitlefen, unb bod) oerftetjt ifyn ber 3uf)örer! 
SB03U fdjreibt unb brueft man fie alfo? ©inen t>er* 
nünftigen 3roecf Ijaben fie nur ba, roo man Söörter 
ober Lebensarten ironifd) brauet (um fie lädjerlid) 
ju madjen), ober roo man mitten in feiner eignen 
$arftellung eine ©teile au§ ber $arftellung eines 
anbern einflickt.*) 2lber aud) ba finb fie überflüffig, 



♦) Än ben fleißiger ^ferbebamtmagen ift am Sintertritt folgenber 
©a| mit ®änfefil&($en (!) angetrieben : Riefet $la| be* hinter* 
Detroit* bleibt frei." Offenbar ift alfo ber Sa fr rin 3ttat. «ber 
tüobcr? ©Mtt^monn giebt feinr Slirtfmift. 



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wenn biefc «Stelle in frember Spradje ober in Herfen 
ift, ftd) olfo fd)on burd) bie <Sd)riftgattung (Antiqua, 
ßurfb, $etit) von bem übrigen £e$t genügenb ab* 
bebt. ($benfo überflüffig aber unb nidjtS al3 eine 
(Spielerei finb fie bei Flamen unb bei Überfd)riften 
unb Titeln r»on Vüd)ern, Sdjaufpielen, Dpern, ®e* 
bicfjten u. f. w. Sßenn man fagt: ber föaifer t)at 
eine Steife auf ber £oh enjollern gemacht — fo 
üerftefyt ba3 bod) ) ebermann, unb ebenfo wenn man 
fagt: ber Ver§ ift au§ (#oethe§ 3P^9 en ^ e » 
2flancr)e Schulmeifter behaupten gwar, bie Iphigenie 
ohne ©änfefü£d)en fei bie s $erfon be3 SdjaufpielS, bie 
Iphigenie mit ©änfefüftcfyeu fei ba§ Sdjaufpiel felbft; 
aber fann man benn in ber lebeubigen Sprache biefe 
finbifd)e Unterfdjetbung machen? 

5)aS ärgfte aber nun ift e£ unb eine ber abgefd)marf* 
teften ©rfdjeinungen ber $apierfprad)e, wenn £itel 
unb Überfd)riften wie Verfeinerungen behanbelt wer* 
ben unb gefd)rieben wirb: Vorfpielau „% i e SJteifter* 
finger" — einzelne Silber aug „$er neue ^ßaufiaS" — 
erweiterter Separatabbrud au 3 n % er prafttfc^eSd)uI= 
mann" — ber Sluffafc t)at juerft in „2)ie @ren$boten" 
geftanben u. f. w. ^ebermann fagt: td> bin geftern 
abenb in ben SOTeifterftngern gewefen, ber Ver3 ift 
au3 bem neuen s Jtaufia§, id) ^abe ba3 im praftif d)eu 
Schulmann gelefen, ber $luffat> tjat juerft in ben 
®ren$boten geftanben. 53erftei>t man ba§ etwa nicrjt? 
2Benn mattS aber mit ben Dfyren oerfteht, warum 
benn nid)t mit ben 2lugen ? 

(Einige Verlegenheit bereiten bie jefct fo beliebten 
3eitung§= unb Vücrjertitel, bie, ftatt au§ einem Haupt- 
wort, au§ einer aboerbiellen Veftimmung befielen, 
wie: Vom gelS $um äfteer, £ur guten Stunbe, 
9Iu§ unfern oier SBänben, Von Stufe $u 
Stufe u. ähnl. ^öffentlich wirb bie 9Jiobe, fold>e 
$itel äu bilben, mit ber 3eit wieber Derfdjwinben, 
benn fie finb wirtlich nicht blojj beim Schreiben, 
fonbern fcfjon beim Sprechen eine Dual. $ebe§ natür* 
ltd)e Sprachgefühl fträubt fid) bod) bagegen, 311 fagen: 
id) habe baS in Vom (!) ftelS 311m 9tteer gelefen. 



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&&&&&&&&&& 264 m&tfk&xt&Zk&ZkH 



s ilber immer ba$u$ufe$en: in ber 3eitfd)rtft — toa§ 
fdjliefclid) ba§ einzige 9tettung3mittel ift, ift bod) gar 
ju langroetlig. 

gin itttb Ijrr 

3In bic 3fttf5bräud)e in ben ^ßräpofttionen fdjlie&en 
fid) von felbft bic in ben Drt§* unb 3 e ^ e f^ ms 
mungen an. 9lud) it)te 3°^ ift groft. 

9hir bie roenigften SDlenfdjen fdjeinen tjeute nod) 
ein ©efüfjt für ben Unterfdjieb r»on f)in unb fjer $u 
fjaben; baf* r)in bie 9hd)tung, bie ^Bewegung von 
mir meg nad) einem anbern Drte, tjer ba§ um* 
gefeljrte, bie 9tid)tung, bie SBeroegung von einem 
anbern Orte auf mid) gu bebeutet — man ocrgleicfye 
gef) l)in! mit fomm fjer! — , n)ie wenige miffen 
ba§ nod)! $n intern <Sprad) gebraut tt>enigften§, 
bem münblidjen nrie bem fcrjrtftltdjen, mirb hinein 
unb fjeretn, IjinauS unb fjerau§, Ijinan unb 
Ijeran, r) in auf unb 1) er auf fortroätjrenb burdj* 
einanbergeroorfen. (Sin flafftfdjeg SBeifpiel biefer 
Sßerroirrung ift bie tmlgäre SReben§art: er ift rein- 
gefallen. 2)afj jemanb in eine ©rube herein* 
gefallen fei, fann man bod) nur bann fagen, roenn 
man felber bereits brinliegt. $)ie aber, bie mit 93or* 
liebe biefe SRebenSart im SRunbe fuhren, füllen fid) 
bod) ftolj al3 brausen fteljenb, fte ftetjen oben am 
SHanbe ber ©rube unb blirfen fdjabenfrol) auf ba§ 
Opfer, ba§ unten liegt. 2)a§ Dpfer ift alfo f)inetn = 
gefallen ober neingefallen. 2Ber auf ber (Strafte 
bleibt, fann nur fagen: gel) f) in auf unb wirf ben 
Sdjlüffel herunter! 2Öer oben am ftenfter ftefyt, 
fann nur fragen: miüft bu Ijerauffommen, ober 
foü id) ben @d)lüffel tjinuntermerfen? 2lber ber 
SBolfSmunb, aud) ber ber ©ebilbeten, brüeft je§t 
beibeS burd) rauf unb runter au3; e§ gilt ba§ 
offenbar jet3t für feiner al§ nauf unb nunter. 
Söenn aud) niemanb brin ift, id) will bod) einmal 
reinfefjen — fo fagen aud) gebilbete öeute. $)ie 
Herren t>on ber J e & er a & er ntadjeitS nid)t um ein 
$mar beffer, aud) fic r»erroed)feln f)in unb f)er fort* 



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mährenb. 9hd)t blof* ber 3eitunggfd)reiber fd)reibt: 
bi§ in bie jüngfte $eit hinein, aud) ber §tftorifer: 
auf bie ©turnt« unb $)rang$eit folgte Die flaffifdje 
^eriobe, bie in unfer 3at)r!)unbert hineinragt. 
Söir ftnb aber bod) brin in unferm $ahrhunbert! 
3[n einen [Raum ober 3eitraum, worin wir ung be* 
fmben, fann etwag bod) nur f) er ein ragen, <£tmag 
anbreg tft, roenn t>on einer (Srfcheimmg beg fed)* 
ahnten ^ahrhunbertg 9*^9* wirb, fte Iaffe ftd) big 
in§ fiebflefmte ^atjrhunbert hinein nerfolgen; bag 
ift richtig, benn wir ftnb nid)t brin im ftebsefmten 
3ahrhunbert. 

9hm ift eg freilich eine merfwürbtge (£rfcheinung, 
bafc bei allen 3eitmörtern mit übertragner Söebeu* 
tung, bei benen man bie Sßorfteflung etneg äußern 
föidjtunggoerhältmffeg nur noch unbeutltd) ober gar 
ntd)t mehr fyat, hin burd) her oollftänbig Derbrängt 
roorben ift; man fagt $. 93.: ftd) r)exablaffen / mit 
33erad)tung h er abblicfen, ben s $retg h crc *bf e tjen> 
ftd) he^äuSbüben (wie eg jettf fd)wülftig für fid) 
augbtlben tyifct — eg h at W bie ©ewohnhett 
herauggebilbet!), ein $8ud) ^rauSgeben, in feinen 
SBermogengüerhältniffen h«* unter fommen u. a. $ie 
Neigung, her bem hin üor$u$iehen, ift alfo äugen* 
fd)einlid) in ber Spraye »orhanben. üRan foüte 
aber bod) meinen, bafc überall ba, n>o ein äufjereg 
SRichtunggoerhältnig nod) beutlid) oorltegt, eine Sßer- 
roedjglung gan$ unmöglich fei. 2Ber eine ©penbe 
augteilt, fagt richtig $u ben (Empfängern: tretet ber 
föeilje nad) h eran - SBemt aber ein SRe^enfent in 
einer Söu^anjeige fdjreibt, ber fiefer möge mit &er= 
trauen an biefe ©dnlberung h^ r ^"^^ten, fo oev= 
letjt bag jebeg feinere Sprachgefühl; benn bag 3öud) 
liegt außerhalb beg SRejenfenten foroohl wie jebeg 
anbern Öeferg, beibe tonnen an bie §d)ilberung nur 
hinantreten. Söamt bie ftrage an öe " 9ieid)gtag 
herantreten wirb — fo fann nur ein SReid)gtagg= 
mitglieb fpred)en; ber 3 c ^ un 9 § f c ^) re wer fann nur 
fagen: hinantreten. (Eine Steile füblid) oon ©lürfg; 
bürg,, auf einer btdjt an bie @ee her an tretenben 



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Düne — fo fann nur bcr fagen, ber ftd) in einem 
Söote auf ber (See fdntnmmenb benft; ber dloman- 
fdjreiber l)ätte fagen f ollen: hinantretenben. ®anj 
unerträglich ift: nur bürfen un§ rühmen, baf$ nur 
an bie @d)öpfungen jebe§ 3 e ^ a ^ cr ^ uno \&e% *Bolfe§ 
oorurteil3fret herantreten, noch unerträglicher: wir 
erhielten $8efef)l, an ben fjeinb h** anzureiten. Der 
Jeinb fann an uni§ h er anreiten, nnr a& cr an ben 
fjeinb nur hinan. $on einer übertragnen SBebeu* 
tung, bei ber bie $8orfteHung einer äußern Dichtung 
oerloren gegangen märe, fann fytx bod) nicht bie 
SRebe fein. 

Itftflj iwrt 

5lber nicht nur baft h^ n nnb *) er vermengt wer* 
ben, e§ ift auch ein fdjöner ©rfatj bafür erfunben 
worben, nämlich nach oor * uno nac *) hi er * Unfre 
Äaufleute fchreiben nur noch: fommen Sie nicht in 
ben nächften Söodjen einmal nach &i*t? Söenn 
nicht, fo fomme ich vielleicht einmal nach bort 
SJhin ift freilich auc h °i e f e neumobifche fchöne Drt3* 
beftimmung nicht ohne Vorgang: fdjon längft fyat 
man &ur Bezeichnung einer SRid)tung, ftatt bie auf 
bie grage wohin? antwortenben Drt3abt>erbien ju 
benu^en, bie ^ßräpofition nach mit Drt§abr»erbien 
oerbunben, bie auf bie ftrage wo? antworten, g. 
nach oorn, n ad) hinten, nach oben, nach unten, 
nad) rechte, nach linf3 (ftatt: vor, hinter, 
hinauf, herunter, red)t§, ltnf§). 9tur nach l)ier 
unb nach bort hatte niemanb ju bilben gewagt 
3lber warum eigentlich nicht? Offenbar au§ reiner 
Feigheit 2ötr fönnen alfo bem faufmänmfchen ®e* 
fd)äft§ftil für feinen fprad)fchöuferifchen SJlut nur 
banfbar fein. Schabe, baft ©oetfje bag Sieb ber 
SJttgnon nicht mehr änbern fann; ba§ müfjte bod) 
nun auch eigentlich am ©djluffe h^f^n: nach bort, 
nach bort möcht' id) mit bir, o mein ©eliebter, aielm! 

3n ben ßeitbefümmungen wimmelt e3 jetjt oon 
9lact)läffigfeiten unb Dummheiten. 6in 9lu3bruef 



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wie: vom 16. big 18. Oftober foll bnbei nod) gar 
md)t einmal befonberg angefochten werben, roierool)I, 
roer forgfältig fdjreiben roill, t)inter big bie tyxfc 
pofition nie roegläfjt, fonbern fdjreibt: big 3 um 
18. Dftober. $enn big ift $roar felbft eine ^rä* 
»ofition, eg ift aber aud) eine ^onjunftion, eg ift ein 
UJttttelbing aroiferjen beiben, bei Drtgbefttmmungen 
oerlangt eg gerabeju nod) ein an, auf, in, ju, 
nad); nur t>or Stabt* unb ßänbernamen fann eg 
allein ftefyen.*) 9ttan fann alfo roofjl fagen: big 
morgen, big Sftontag, big Dftern, fogar: big 
nädjfte 2Bod)e, aber nid)t: big £aug, big $t)üre. 
9cur roer in ben $ferbebal)nroagett geftiegen ift, ant= 
roortet maulfaul auf bie ftrage beg ftonbufteurg: 
nrie roeit? S3ig ftirdje. ©ine gang unzweifelhafte 
SHadjläffigfett ift eg, gu fd)reiben: Q^Ivigf ci)xHf tett beg 
16. big 18. gatyrtjunbertg ober mit einem Strich, 
ben man big lefen foll: beg 16. — 18. $af)rf)un = 
bertg,**) ftulturbilber aug bem 15. big 18. Satyr* 
Rimbert. $>a f)ört man erft ben (Singular beg, 
bem, unb bann fommen brei ober oier 3a fjrtyunberte 
hinterher. SJtan fann ben $Jel)ler täglid) lefen, oft 
gleid) auf Titelblättern neuer SBüdjer! 2öer forg* 
fältig fdjreiben roill, mujj fdjreiben: ^lugfdjriften 
beg 16., beg 17. unb beg 18. gatyrljunbertg — 
aug ber $e\t 00m 15. big $um 18. gatyrtyun* 
bert. ($g ift bag etioag umftänblid), aber eg fann 
nidjtg tyelfen. 



*) EBieraoljl aud} ba ein feiner Unterfötcb ifi; bU S i & i C i c 11 ift 
etwa« anbre* als bi* nad) Sizilien ; bo8 rrftc bebeutet nur bir 
9lu#bcljnung, bic (Entfernung, ba* jweitc bie {Richtung, ba* Qicl. S)ic 
Cholera Ijcrrfe^tc oon JReapel bi* ©tailien; bagegeu: er begleitete 
mi$ bie nad) ©teilten. 

••) tiefer bumme etriaj $at c* mit fid^ gebraut , ba& nun aud) 
gefdjrieben wirb: awifd)cn 1670 bi* 1710. Offenbar tyttte einer ge* 
fdjrte&cn: annfdjcn 1670—1710, ein anbrer fdjrieb ba* ab unb wollte 
ein SL*ort au* bem ©triebe madjrn. £ier fjättc er aber ben <5trldj al* 
unb lefen follcn! #rffrr, man marfit feine ^triefe , fonbern treibt 
Wörter. 



1870 



2Bic mit nad) t)ier unb nad) bort, verhält ficf)§ 
aud) mit in 1870, n>a§ man neuerbingg immer häu- 
figer lefen muß. Sebe «nbre ^ßräpofttion fann man 
fo r»or bie 3ahre3$ahl fefcen, man fann fagen: oor 
1870, nad) 1870, big 1870 — nur nid)t: in 1870. 
SBBarum nicht? 2öeil§ nicht beutfd) ift. ($3 ift eine 
ganj nriflfürltche Nachäfferei be3 ftran^öfifchen unb 
be3 (5nglifcr)en. $)eutfd) ift auf bie fjrage mann? 
nur bie blofce 3ahre3$aht ohne jebe ^räpofttion, ober: 

im 3 a h rc 1870 - 

93ei Monatsnamen fcrjeint e3 jetjt mancher für 
geiftreict) ju galten, im gan$ roegjutaffen unb §ti 
fd)retben: ba§ gefdjah 3)ejember 1774; namentlich 
in ben Greifen ber 8itterarf)tftorifer roirb ba§ immer 
mehr SJlobe. $lud) ba§ ift eine garftige 3tererei; bie 
Monatsnamen ©erlangen unbebingt bie ^ßräpofition, 
bei ihnen ebenfo roie bei bem begriff be§ $at)re3 
hat man bod) beutlich bie Söorftellung eine§ QeiU 
raume§, in beffen ftnnerm fid) ein ©reigniS auträgt. 



©ine böfe Unroiffenljeit ©erraten jefct fiele, wenn 
fie für Vorgänge, bie periobifd), b. h. in regelmäßigen 
3n>ifchenräumen nrieberf ehren, eine grammatifd) rich- 
tige 3ßi^eftimmung hinfdjreiben follen. $a erfd>eint 
3.33. eine 3eüfd)rift alle oieraehn £age, ba ent- 
fielen alle Augenblicke Streitigfeiten. 3a u>a3 
heifet benn ba3? 2Benn fid) jemanb beflagt, er habe 
t)ier$ehn Sage an einem langweiligen Söabeorte fifceu 
muffen, fo fann man ihn fragen: bift bu wirf lieh alle 
oierjehn £age bort geroefen? SBenn fich aber bie 
Öanbpfarrer in regelmäßigen 3 ra ^f c ^ eur ^ umen üon 
je oier^ehn £agen $u einer ßonferen$ in ber ©tabt 
jufammenfinben, fo fommen fie bod) nicht alle tner* 
jehu $age, fonbern aller (!) tnerjehn £age. 
Mit anbem SBorten: bei periobifd) mieberfehrenben 
©anbiungen antwortet auf bie ftrage: roie oft? nicht 



Jlllcr nur JUorijnt 




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ber 9lffufatit>, fonbern bcr ©enetio. $>a§ SBolf brürft 
ftcf) grammatifd) gan$ richtig au§, wenn c§ faßt: 
er fommt aller Sftafenlang gelaufen. 9lud) ber 
£öf)ergebilbete fagt, wenn er unbefangen fpridjt, 
gan$ richtig: aller Slugenblicf e, aller ad)t SEage; 
aber — er getraut fid)3 nid)t mefjr ju fdjreiben, weil 
er in grammatifdjen fingen in feiner 9Äutterfprad)e 
gar fo unwiffenb geworben ift. (Sr fürchtet fiel) wo* 
möglich twr bem ©enetto, er t>ätt tyn für plebejifd). 
Sftein, ber ©enetb ift gut unb richtig; bagegen ift e3 
ein gemeiner ftetjler, md)t beutfd), fonbern franjöfifc^ 
(tous les troiß mois, wetdjeS ©lüd!), ju fdjreiben: er 
war ein 9J?ann, wie ttftt un§ bie Söorfefjung nur 
alte l)unbert $af)re einmal fdjenft. 

fPomurstaa. unb güimrrsrtftas — nadjmtttng im* 

narijmtttngö 

©enau fo oerfjält fid)3 aber aud) bei pertobifd) 
wieberfeljrenben £>anblungen auf bie ftrage: wann? 
5lud) ba mufe ftet§ ber ©enetiu flehen. 9luf bie 
ftrage: wann ift ber (Eintritt tnS 9Jhifeum frei? 
fann nur geantwortet werben : 9flontagS unb 
$onner3tag§, wenn bamit gejagt fein foll, baß 
e§ jeben Montag unb jeben $onner3tag ber ftaü 
fei. ©benfo beaeidjnet morgen^, mittags, nad)* 
mittags, abenbS $anblungen, bie jeben borgen, 
jeben Wittag u. f. w. gefdjefjen. $ie einmalige #anb* 
lung bagegen wirb Durd) ben 5lffufatio beaeidjnet. 
9lber aud) fjier giebt e§ jefct fortwäfjrenb Verwirrung, 
©enetioe, wie 6onntag§, 9Kontag3 gelten jefct 
läd)erlid)erweife manchen beim Schreiben für unfein, 
unb bann brängt fid) wieber umgefefyrt ber ©enetio 
ein, wo er nid)t fjingefyort. J$n ber Umgangäfpradje 
wirb ber ©enetio jefct fdjon gang anftanDSIoS aud) 
oon einmaligen £anblungen gebraucht: fommft bu 
mittag^ gurücf? Wein, id) fomme erft abenbS 
jurücf. Keffer wäre: ju Wittag unb am 5lbenb. 
Slber aud) in gefd)id)tlid)eu $arftellungen fann man 
lefen: am 16. Cf tober abenbS. Keffer wäre: am 




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s 2lbenb be3 16, Oftober. $cf) effc mittags' $u 
$aufe, abenbS pflege id) auSroärtS $u effen — ba§ 
ift richtig.*) ©an$ greulicf) ift e3, ju fdjreiben, wie 
man e§ immer häufiger lefen mufc: anfangt 9lpril, 
anfangs $e$ember, anfangt ber fünfziger ^aljre; 
eS mufc uubebingt fjeifjen: Anfang $lpril, Anfang 
$eaember, wie 9Jhtte SDe^ember, (Snbe $)e* 
jember. Anfang, 9JUtte, (Snbe finb f)ier 3lffu= 
fatioe, $ejember ein (fcfjlecrjter!) (Benetit». Hit* 
faugS (ann immer nur allein, als 3lboerbium ftefjen, 
im ©egenfa^e $u bann, fpäter, enblidf) u. f. w. 

gm plannte — imrrij brei Ponatc — wfiljrenb 

brrier gtonatc 

(Bin wiberwärtiger SJJhjwraud), ber aber aud) 
neuerbingS für oorneljm gilt — natürlid)! eS flingt 
ja mieber franjöfifd) — ift ber Unfug, auf bie ftrage: 
wielange? mit wäfyrenb 31t antworten: nur wa* 
ren wäljrenb breier Monate in ber <Sd)wei$ 
— biefeS ©eräufcJ) blieb wäfjrenb einiger 
nuten fjörbar — man fpracf) wäljrenb einiger 
58od)en t)on nichts anberm als von biefer Unter* 
nefjmung — bie ^rüfungSfommiffion, ber ©ottfrieb 
Fintel wärjrenb einer SHe t J) c oon $al)ren angehört 
bat — bie Öefyren, bie wäfyrenb ad)t$ef)n $af)r* 
1) u n b e r t e n als bie ©runblage rechtgläubigen 
(£f)riftentumS angefefjeu worben fiitb. 2Baf)renb 
fann nie auf bie <5 ra 9 c: mielange? antworten, fon* 
bern immer nur auf bie 5 ra 0 e: »will? 

93telleid)t ift eS md)t allen öefern in ber ©rinne« 
rung, wie bie ^räpofttion roaljrenb entftanben ift. 
Wod) im oorigen ^afjrfyunbert fcfjrieb man wäfyren* 
beS ftrül)lingS, wäfjrenbeS Krieges. W* 



*) 3dj fattc einmal eine 3eit lang in rcgelmä&igen 8u>iia)en* 
räumen in ber Bettung bcfnnnt &u matten, ba& nädjfte SRittwodj 
Slbcub 8 U&r eine gcwlffc ©erjammlung abgalten tuärbc. Siegel* 
mti&ig ^otte mir ber SettungMorrcftor , ber c* natürlich beffer um&te, 
u,irt)fte Wittn>o<fj flbenb* barau« gemocht, bt* trfj mir* enbftä 
einmal auf bem 9Jtnnui!rlpt au*brücfltrf) Derbot. 



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mäljlid) nmrbe bicfer abfolutc ©enetio mijwerftanben, 
«ine Seit lang raupte man triebt red)t, ob man 
roäfyrenbeS ober n> äf)r enb be£ hörte, unb fd)liefc 
lid) fprang ber s #artiaipialftamm von bet (Snbung 
ab unb nmrbe — thatfächlicf) alfo bureh ein ÜUhjj* 
uerftänbnte — au einer ^räpofitton. immerhin er* 
hielt ftch aber bei richtiger 9lnroenbung ber urfprüng* 
liehe Sinn: e3 wirb ein Vorgang aufammengefteflt 
mit einem anbern Vorgänge, mit bem er entmeber 
ganj ober tetlroeife aeitU^ aufammenfäüt: er lag 
roährenb be§ ®riege3 im Sagaret — mä^renb 
be§ $Bortrage§ barf nicht geraucht werben — 
roaJ)renb be§ ©eroitterS roaren mir unter $ach 
unb ftaef). $er $rieg, ber Vortrag, ba3 ©emitter 
finb Vorgänge, ©reigniffe. $lber ein £ag, ein 9Jconat, 
ein %ai)t, ein ftahrhunbert finb blofee geitabfehnitte 
ober 3*ttma&e. ßr lag roährenb breier 9flonate 
im ßa^aret — ift völliger Unfinn, benn brei Monate 
finb fein (SreigniS, roomit ba§ Siegen im fia^aret 
aeitlid) verglichen mürbe, fonbern fie bebeuten einfad) 
bie gettbauer; biefe fann aber nur auggebrüeft wer- 
ben burd) ben 3lf!ufatio brei aflonate ober brei 
Sttonate lang. 5lber fann man benn nid)t fagen: 
roährenb beg SageS? ©eroifc fann man ba3; 
aber bann ift Sag nic^t al§ 3ettmaj3 gebraust, foit* 
bern al§ (Srfcheimmg ber <ftad)t gegenübergeftent: 
roährenb be§ $age3 fcheint bie (Sonne. $te 
Sonne hat nur roährenb eines $age§ gefd)ienen — 
ba§ ift Unfinn; bie Sonne Ijat roährenb meiner 
gerien nur einen £ag gefd)ienen — ba3 f)at 
Sinn. 2lber alle dl omanf Treiber unb befonberg alle 
9iomanfd)reiberinnen fpreiaen fid) je&t mit biefem 
garftigen, bem franaöfifrfjen peudant nachgeäfften 
SHcifroraud). 

2)urd) brei Monate enbUd), wie bie 3*itungen 
auf bie ftrage; roielange? jefct aud) gern fagen, 
namentlich in Ofterreich, ift gana unbeutfd). ©3 ift 
gebanfenloS bem fiateinifdjen nachgebilbet. 



(!) pomicnstna iien (Jj 13. j ebnmr 

©in fd)mäf)lid)er Segler, ber wieber red)t ein 
3eidjen ber immer ärger werbenben Unkenntnis in 
©pradjbingen wie ber immer met)r sunet)menben 
Sßerrofjung beS Sprachgefühls ift, ift bie gemeine 
3ufammenfoppelung beS DatioS unb beS 9lfrufattr»S, 
bie neuerbingS bei Datenangaben aufgenommen ift 
unb mit unbegreiflicher <Sd)neUigfeit um ftd) gegriffen 
I)at. gaft a ^ c Söefyörben, aöe SBeridjterftatter, alle 
ftonjertprogramme fcfyreiben fd)on: am Donnerstag, 
b en 13.gebruar. (Sogar bie amtlidjen ftenograpfyifdjen 
Berichte beS SReidjStagS finb tägltd) fo überfdjrieben! 

ftebe von beiben ftonftruftionen für ftd) allein 
märe richtig. 5luf bie 3r ra 9 e: wann ift baS &o\v 
jert? fann ebenfo gut mit bem bloßen Slffufatio ge* 
antwortet werben: ben Donnerstag, wie mit an 
unb bem Dario: am Donnerstag.*) 9lber beibe £on* 
ftruftionen aufammenauf Oppeln, einen Slffufatir» als 
Slppofttion au einem Datio au fefcen, ift bod) gerabe^u 
greulid). §tylt man baS nur gar md)t? 2öa3 
glaubt mau benn, bafe eS für ein 8afu§ fei, wenn 
auf bie $rage: mann wirb er aurürff ehren? geant- 
wortet wirb: Donnerstag. Sft man fo ftumpf* 
finnig geworben, bafc man t)ier ben ^Iffufatiü md)t 
mehr fühlt, aud) wenn ber $lrtifel md)t babet ftefjt? 
wenn blop gef d)rteben wirb: Donnerstag, ben 
13. ftebruar? 3ttu& baS am baju? 2Han laffe bod) 
baS bumme am wieber weg, unb alles ift in Orb* 
mmg! 

2ttan fd)reibt aber aud) fd)on: 9}om DienStag, 
ben 6. biefeS SftoitatS ab. DaS ift faft nod) fd)limmer. 
Der $lfhtfatu> Dienstag, ben 6. gilt für bie &on* 
ftruftion genau fo triel wie jebeS 5lboerbium ber 
£eit, baS auf bie ftrage mann? antwortet, wie 



*) Sei $anblungcu, bie nod) beöovfteljen, f($eint baS gute Schrift« 
bcutf^ bie erftc »cibinbuno Dorautfefjctt, bei ^onblunectt, bte borttber 
finb, bie jtocitc. «Bann wirb et aurüttf ebven ? (J>en) $>omter*tag. 
£>ütm ift er jurflef gefrort? 91 m XoitnrrÄtQö. 



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geftern, Ijeute, morgen u. f. w. (Sbenfo nun wie 
auf bic fragen: oon wann? unb MS warnt? geant* 
mottet wirb: oon fjeute bis morgen, ebenfo muft 
aud) geantwortet werben: oon Dienstag, ben 6. 
bi§ Donnerstag, ben 8. Slortl. Denn nid)t ber 
SIrtifel ben l)ängt oon oon ab, fonbern bie gan^e, 
mie ein Slboerbium ber 3ett aufjufaffenbe formet: 
Dienstag, ben 6. ©an$ berfelbe gaü fommt bei 
OrtSbeftimmungen oor. 3uf)aufe, baS auf bie 
ftrage wo? antwortet, wirb für bie ßonftruftton gan$ 
jum DrtSaboerbium, mie f)ier, bort, oben, 
unten u. a. 2luf bie fjrage: wot)er? ift eS alfo 
gan& richtig, $u antworten: oon ankaufe. $lud) 
ba§ getrauen fid? jefct otele ntdfjt mefjr $u fcfjretben. 
Der eine oerfucrjtS mit: oon £aufe, ber anbremit: 
oom #aufe; aber einS ift fo oerteljrt wie baS 
anbre, baS einzig richtige ift: oon $uf)aufe. 

§ tttteroorter. |Cnb 

Slud) ber ©ebraud) ber SBinbewörter f)ält ftd) jefct 
nid)t frei oon fttfyltvn unb namentlich nidfjt frei oon 
©efdjjmacfloftgfeiten, bie ftd) aber gerabe be£f)alb, 
weil fte fo gefdjmadloS ftnb, wieber befonbrer S3clicbt- 
Ijeit erfreuen. SRid)tig angewenbet werben ja im 
allgemeinen bie geläufigen SBerbtnbungen: nidjt 
nur — fonbem aud), fowotjl — al£ aud), ent* 
weber — ober, weber — nod); bod) fann man 
bisweilen aud) ©äfce lefen, wo nidjt nur — aber 
aud) gegenübergefteüt finb, wa§ burdjauS falfd) ift, 
beim auf nidjt fann nur fonbem folgen, nidfjt 
aber, feiner unb weniger geläufig ift bie SBerbim 
bung nid)t fowoljt — al§ otelmefjr. S8ei ben 
oor^ergef)enben SBerbinbungen ftnb entweber beibe 
©lieber bejaljenb ober beibe oemeinenb; Ijier ift baS 
erfte oemeinenb unb ba§ zweite bejafjenb. SD^tt 
biefer $erbinbung weife mancher nidjt redjt umju* 
gefjen; er möchte ftd) aber bod) gern bamit fdfjmücfen 
unb fdjreibt bann: nid) t fomofjl waS bie 9ht)a$l, 
fonbem aud) waS bte öebeutttng ber ©tütfe betrifft. 

18 



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Aber felbft bei bem einfachen unb toerben gehler 
gemacht (£in fefjr gewöhnlicher geiler entftefjt ba* 
burd), bafj fid) bcr fcrjreibenbe nid)t genügenb ttar 
macht, nrieoiel er ©lieber oor fid) hat. $a fdjreibt 
3« 93. einer — gleich auf bem Titelblatt eines 
S3ud)eS! — : @efd)ichte ber ©eueren, ^ungerS* 
unb ftrtegSnot im bretfjig jährigen Kriege, Sßieoiel 
©lieber fhtb baS, ztoei ober brei? 3)er fcrjreibenbe 
fjat eS für brei gehalten, eS ftnb aber nur jioet. 2>aS 
erfte ©lieb ift ©eueren, baS zweite junger S^ unb 
ftriegSnot, eS bcfter)t felbft nrieber auS jroei ©lie- 
bem, ftolglid) fehlt bie Söerbinbung potföeit bem 
erften unb bem groeiten ©liebe. 9ttan fürchtet fic^ 
oielletd)t oor einem boppelten unb — eS fptelt ba 
roieber ber oft erwähnte Aberglaube hinein, bafj 
man md)t furz hinter einanber zweimal baSfelbe Söort 
brauchen bürfe! — , aber bie ßogif oerlangt eS fyitx 
unbebingt. . Söefeittgen toir nod) ben jroeiten groben 
gehler, bafc ber Plural ber oor @eud)en zugleich 
al§ ©ingular auf Hungersnot belogen ift, fo lautet 
baS ©anze richtig: ©efd)id)te ber 6 eueren unb 
ber .£mngerS* unb ftriegSnot u. f. ro. 

@ine redete Dummheit ift eS, wenn auf 93ud) ; 
titeln, in 93ud)t)änbleran3eigen, auf Donzertprogram* 
men u. f. 10. oon $xozi Scannern, bie, enttoeber 
gleichzeitig ober nad) einanber, ber eine oiefleicrjt 
nac^ bem Tobe beS anbern, an einem SBerfe gearbeitet 
haben, bie Flamen burd) 93inbeftriche mit einanber 
oerbunben werben, $. $8.: fritifc^e Ausgabe oon 
Sad)mann = 3Jluncf er, ClueHenfunbe oon 2)ahl 5 
mann*2Öatt>, s ßl)öntafie oon <Sd)uberts8ifzt, 
ber 3)entmalSenttourf oon @d)mifc*@eiger. 3toet 
tarnen fo zu oerbinben fyat allenfalls Sinn, wenn 
ber 9Jtann gu feinem tarnen ben ber grau ober 
(wie in ber Theatenoelt) bie grau zu bem irrigen 
ben beS ÜJtanneS fügt. Aber jroei (!) ^erfonen burd) 
einen foldjen Poppet t unb Doppelnamen zu bezeich- 
nen ift bod) ganz fmmoibrig. SBarum benn nicht: 
fritifdje Ausgabe oon fiachmann unb SJcuntfer? 
äBüju foldjeS Telegrammgeftammel, wo eS gar nicht 



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» 



nötig ift? 916er bie g-^^öfen reben bod) audj r»on 
©rcf mann*(Sl)atrtan, md)t roa$r? $a3 u>ar§! 
ba§ rnuft bod) nrieber nad)gemad)t werben, ^bel- 
eg ift lieber nur gebanfenlofe Nachäfferei, benn 
biefe beiben in o Ilten bod) ben (Schein erweden, ba& 
fte nur eine ^ßerfon wären! 

gq. bfltrijunasumfe bqw. 

3u ben ©inberoörtern muf* aud) ein Söort ge* 
rechnet werben, ba§ nun roieber $u ben öeib = unb 
ÖieblingSnjörtern be§ 9lmt§^ unb 3ettung3beutfd) ge* 
fyört — ein mafyreS Q^uroel unfrer ^ßapierfpradje, 
ber @tol& aller ®an$liften unb ^Reporter, ber f)öd)fte 
Sriumpl) ber $8ilbungSpl)tltfterlogtf : ba§ fjerrlidje 
SBtnbewort bej. ober bejm. 

SBor bret&ig Sauren gab e§ nod) im $eutfd)en 
ba§ fdjöne Söort refpeftit>e, gefcrjrteben: refp.; 
man fagte $. *8.: ber SBater refp. Sßormunb l)at 
bafür $u forgen u. f. u>. 2Ba§ wollte man mit bem 
•Jöorte? SBarum fagte man nid)t: ber Söater ober 
SBormunb? §ätte man ba§ etwa nicr)t oerftanben? 
3 nun, ber gefunbe 3ttenfcr)ent>erftanb be§ Sßolfe^ 
f)ätte e§ fcr)on nerftanben; aber ber grofce So gif er, 
ber Äanjleimenf er) , fagte fid): ein 8mb fann bocr) 
nict)t ^ugleicr) einen Sßater unb einen ^ormunb tjaben, 
e§ fann bod) nur entweber einen 93ater ober (ober 
aber! fagte ber ^anjleimenfd)) einen SBormunb haben. 
$iefe§ $8erl)ältm§ fann man aber nicf)t mit bem 
bloßen ober auSbrücfen, für biefeS feine, bebingte 
ober: ber SBater ober (wenn nämlid) ba§ Äiitb 
feinen SBater meljr fjaben foßte!) ^orrnunb — giebt 
e3 im fteutfdjen überhaupt fein SBort, ba§ lä^t fid) 
nur burd) — refpeftir»e fagen, baburd) aber aud) 
„doE unb ganj." 

2US man nun aud) im ftanslciftil ben gremb* 
rpörter^opf ab jufcrjneiben anfing, erfanb man al§ 
Überfettung t)on refpeftioe ba§ fdjöne 2öort be* 
jieljentltd) ober be$ief)ung§meife: berief)* 
ungg*wei*fe! 3)aS war natürlich etwaS ju laug, 

18» 



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e§ immer gu fc^reiben unb brucfen, unb fo 
umrbe e3 beim $u be$. „begie^ungSioeife" bejio. 
abgefürjt. $afi ba§ 2öörtd)en ober aud) nur rner 
93ud)ftaben bat unb babei ein loirftidjeS SBort ift, 
fein blopeS s iöort)felett roie be$to., auf biefen nat)e- 
liegenben ©ebanten oerfiel merfmürbigerroeife nie? 
manb, unb bod), mag bebeutet in folgenben 58et* 
fpielen ba§ be^m. anber§ al§ ober: in einer 3 e ^t 
ioo man alle3 beu einzelnen Greifen b e $ ro. 
(Staaten überlief — alleg weitere ift Specials 
facfye bestt). Aufgabe ber fpätern ^afyxe — über 
ben 3Jlorb be$n>. SRaub morb in ift nod) immer 
nid)t£ genaue^ feftgeftellt — SBHnbföttme mit japa* 
nifd)er Malerei bejro. Sttderei — ber 3ufammen= 
fd)lufj $u einem genoffenfdjaftlicfyen be^to. 
lanbfcfyaftlidjen $h*ei§oerbanbe — ein angebor* 
ne3 be^to. burd) Überlieferung gefdjulteS ©e* 
fdjitf — bie «cinber l)aben 2öert al§ gefc^idr)t= 
Iid)e be^m. fulturgefd)id)tlid)e @rinnerung§s 
ftüde — nid)t benu^te bejm. nid)t abgeholte 
93üd)er werben toieber eingeteilt — 2B. 21. Sippert, 
meiner flüchtig ift bejto. fid) ©erborgen l)ält — 
ba bie 5Inftalt nur fold)e ftinber aufnimmt begto. 
beb alt, bie eine SBefferung erwarten laffen — wo 
!^af)n§borf liegt bejm. gelegen fyat, ift ungewtjj — 
viele Sßerfonen finb aufcer ftanbe, felbft bei lang= 
famem ©ange be§ 2Öagen§ auf? bejw. ab flu* 
fpringen — jeber 3r ac *) ma ttn nrirb bie Sdjrift bei? 
feite be^w. in Den s $apterforb werfen — e§ ift 
an$ief)enb, $u fef)*n, wie fid^ biefer ftreiS im Saufe 
ber Spracfyentwitflung oerengert be$w. erweitert. 
Unb in folgenben *8eifpielen, wa§ bebeutet be$w. 
anberg als unb: ein §au3 an ber SBeetfyooen* 
bejw. föfjobeftrape — $wei $ad)ftuben oon je bret 
Sfleter breite unb brei be$w. oter OTeter Säuge — 
franjöfifdje Tonnen besw. ©ouoernanten fyaben 
feit 3af)rl)unberten in 2)eutfd)lanb eine SHolle ge* 
fpielt — unb mürben ^u r>i er monatiger 
bejm. 5m eimo na tiger ©efängmSftrafe oerurteilt — 
fpäter oerfafrte er päbagogifdje be$w. @d>ul- 



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büdjer — alle 58eftell$ettel be$m. Guittungö* 
formulare finb mit £inte auszufüllen — 9ln = 
fragen be$w. 5lnmelbungen finb an ben SBorftanb 
be3 ßunftoeretnS $u rieten — großen (Sinflufc auf 
bie Qafyl oer 2)tff ertattonen bejro. $romo* 
lionen üben bie pefuniären 9Inforberungen, bie bie 
einzelnen Unioerfttäten be$w. 3rafultäten (teilen 
— wann bie noch übrigen SBefeftigungSrefte ber 
SBurg be^w. Stabt entftanben finb, läjit ftd) nicht 
mit Sicherheit anheben — bie 3ehnpfennigmarfen 
unb bie ftünfpfemtigmarfen finb von roter be$w. 
grüner ftarbe — in 9t finb le^te s Jladf)t jwei ^ßer= 
jenen, ein 3ttaler unb ein Strumpfwtrf er , bie in 
einem Schuppen bejw. einem Stalle nächtigten, 
erfroren. 

$)er grofie fiogifer, ber fo fdjreibt, benft natür* 
lid), wenn er unb brauche, fo fönnte ihn jemanb 
auch f ö oerftefyen, al3 ob fomof)l bie 3er)npfenmg= 
märten al§ auch bie ^ünfpfennigmarfen zweifarbig 
wären, nämlid) beibe Birten rot unb grün, al§ ob 
fowoljl ber Sftaler als aud) ber Strumpfwirker in 
jwei ^Räumlichkeiten, nämlich gleichseitig in einem 
Schuppen unb in einem Stalle genächtigt Otiten. 
Solchen fchrecf liehen (gefahren wirb burch bejw. 
natürlich oorgebeugt; nun weifc man genau, bafj bie 
3ehnpfennigmarfen rot unb bie Jünfpfeunigmarfen 
grün finb, ba& ber 3flaler in einem Schuppen, ber 
Strumpfwirker in einem Stalle genächtigt hat 2ttaler : 
Schuppen — Strumpfwirker : Stall — barin liegt 
bie tiefe ©ebeutung oon be$w.! 

9lber bamit ift ber gro&e fiogifer noch nicht auf 
bem ©ipfel feine§ ScharffiunS angelangt. Sein 
fchlauefteS @efid)t ftetft er auf, wenn er fchreibt: 
unb (!) be$w. 2)ie 93efitjer unb bejw. Pächter 
ber ®runbftücf e werben barauf aufmerffam gemacht — 
bie ©Item unb be*w. (£r*ieher ber fchulpflid) s 
tigen ®inber werben hiermit aufgeforbert u. f. xo. — 
folche Dummheiten werben täglich gefchrieben „unb 
be$w." gebrückt, unb bie, bie fie leiften, bilben fich 
womöglich "od) ei"/ fie hatten fid) wunber wie fein 



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278 



unb fd)arffmmg auSgebrürft! ©chliefeltd) fdjretbt 
man aud) nod) in £obe§anzeigen: ^eute ftarb unfer 
geliebter $8ater, bezm. ©rofjoater, be^ro. SBru* 
ber, bejro. Dnfel, unb ber §err SReferenbar, ber 
für feine fttnber (Spielzeug eingefauft hat, fagt zur 
ftrau SReferenbarm: td) fyabt für %xi$ unb 2ttariechen 
eine <Sd)ad)tel Solbaten bezm. eine ^ßuppe 
mitgebracht! 

wie, benn beim jftomparfltüj 

Ob c§ richtiger fei, $u fagen: größer aI3 ober 
größer mie, läßt ftcr) am beften gefdjüfjtUd) beant= 
roorten. 

$n ber 5lmoenbung ber brei oergleichenben SBinbe* 
roörter al§, rote unb benn ift im Saufe ber 3*i* 
eine mertroürbige SBerfcfjiebung vor ftd) gegangen. 
3>m 3lltt)od)beutfd)en unb nod) im 9Jiittelt)od)bcut= 
fdjen ftanb hinter bem ftomparatio ftet§ danne, dan, 
denne, 3. 93.: wizer dan snö (weiter benn @d)nee). 
$enn bezeichnete alfo bie Ungleichheit £inter bem 
<ßofitio ftanb bamal§ ftetS alsö (b. h. ganz fo) alse, 
als, j. $8.: wiz als sne (roeiß al§ Schnee). 211g be- 
zeichnete alfo bie ©leichhett. 2Bte enbltch, althoch 2 
beutfch hw&> ober hwio, mar urfpünglich über* 
haupt feine oergleid)enbe ftonjunftion, fonbem nur 
3rrageroort. 

Ulümählid) erweiterte ftd) aber ba§ ©ebiet oon 
al3 in ber 5lrt, baß e§ nicht bloß bei ber ©leid) 5 
heit, fonbem auch W oer Ungleichheit, hi n * er bem 
$omparatto, oerroenbet rourbe unb bort ba§ alte 
benn oerbrängte. 2)afür würbe aber wie zur 5ßer= 
gleid)ung§partifel unb fing nun feinerfett§ an, ba§ 
alte al§ ba zu oerbrängen, wo bieg früher bie 
(Gleichheit bezeichnet r)atte. Diefe $8erfd)iebung, bie 
fchon int fechjehnten $ahrhunbert beginnt, ift im 
fiebjehnten unb achtzehnten in oollem ©ange unb ift 
eigentlich aud) jetjt noch nid)t ganz, °& e * fo 
Ziemlich abgefchloffen. $>aß fte noch wic^t ganz a*> 5 
gefchloffen ift, bafjer ftammt eben bal Schwanfeti. 



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3Benn man alfo aud) nicht behaupten fann, eS 
fei falfch, fagen: fo roeifj als <Scf)nee, eS bürfc 
nur ^ei^cn: fo roeifc tote Schnee, fo trifft man bod) 
im allgemeinen baS richtige, wenn man fagt: benn 
al§ 93ergleid)ungSpartifel ift oeraltet, als bezeichnet 
bie Ungleichheit unb gehört hinter ben Slomparatio 
(nrie lat. quam, fran$. que, engl, than), roie be= 
Seic^net bie ©leidjheit unb gehört hinter ben ^ofitio 
(nrie lat ut, fran$. comme, engl. as). @S !önnte gar 
nichts fcfyaben, wenn ber Unterricht in biefem (Sinne 
ein wenig nachhülfe unb bem <Sd)roanfen baburd) 
etroaS fcfjnefler, als eS ohnehin gefchehen nrirb, ein 
(5nbe machte. 

(5rh<*lten hat ftd) #> bie urfprüngliche SBebeutung 
oon al§ im (Sinne ber Übereinftimmung, ber ©inerlei^ 
heit noch, wenn man fagt: als ®nabe, als 2Kann/ 
als ®öntg, als ©aft, als 5 rcmoer * ® a Jommt 
eS nun nid)t feiten oor, bafj biefeS als unmittelbar 
hinter baS als beim ^omparatio tritt, 3. $8.: er be- 
trachtete unb behanbelte ben jungen 2Jcann mehr als 
ftreunb, als als Untergebnen. $n biefem galle 
pflegt — roieber nach bem alten, nun fd)on oft be= 
fdmpften Aberglauben — , gelehrt ju werben, eS 
muffe tyifan: benn als Untergebnen. ($S fragt 
fich aber bod) fehr, roaS anftöfnger fei, baS boppelte 
als ober baS auffällige, gefugte, oeraltete benn, 
baS fonft niemanb mehr in biefem Sinne braucht. 
3)ie lebenbige (Sprache fetjt unbefangen ein boppelteS 
alS; bei benn merft man 9lbfid)t unb wirb oer* 
ftimmt. 2öenn ber Unterricht feine beffern (Sd)ön= 
heitSregeln geben fann, bann laffe erS lieber ganj. 



gentetnungen. $iitj nirijt fntblöimt 

3n bem gebrauche ber Verneinungen ift eS 511= 
nächft eine h^feliche Angewohnheit ber s 2lmtS= unb 
3eitungSfprache, ftatt feiner immer $u fagen: einer 
nicht, 3. 93. eS hatte ben Anfd) ein, bafe eS ju einer 
neuen Bewegung nicht fommen mürbe, ©ine folcfje 



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Trennung ift nur bann am tylafy, wenn bog ©aupt* 
rv ort betont unb einem anbem §auptroorte gegen- 
übergeftellt wirb, 93.: ein Erfolg ift big jefct noch 
nidjt ju beobachten gemefen — xoo ©rfolg ooram 
geftellt unb etwa ben vorher befprodjnen Veftrebungen 
gegenübergeftetlt ift. 

©ine boppelte Verneinung gilt jefct faft aflgemein 
in ber guten (Sdjriftfprarfje alg Vejahung; xoo fte 
eine Verneinung augbrücfen fofl, wirb bag alg fehler* 
fjaft empfunben. @g ift bag aber — beffen wollen 
roix ung benmfrt bleiben — eine $temlich junge 
„©rrungenfchaft" beg Unterrichtg. ^n ber dltem 
b eutf d)en Sprache beftanb, wenn auch nicht gerabeju 
eine Olegel (benn eg ftnben fid) auch unzählige ein* 
fache Negationen), fo boch weit unb breit bie ©etoolm* 
t)eit, bafc man ben Vegriff ber Verneinung, um ihn 
$u oerftärfen, oerboppelte, ja oerbreifachte. 2)iefe 
©ewofyntjett fyat ficf) , auch bei ben beften Schrift* 
ftellern, big roett in bag achtzehnte gahrhunbert 
hinein erhalten, ja ber Volfgmunb übt fte jutn ^cil 
noch heute. Nicht blofj Öutfjer fdjreibt: ich habe ihr 
feinem nie fein Seib getfjan, auch ßeffing fchreibt 
noch: feinen mirf liehen Nebel fahe SlchiHeug nicht, 
auch ©oethe noch: man fieljt, baf? er an nichts 
feinen Anteil nimmt, auch Schiller noch: nirgenbg 
fein 2)anf für biefe unenbliche Arbeit, unb ber 
Volfgmunb fragt noch l)cutc: hat feener fee 
Streichhölzchen nid)? SBir mögen eg bebauem, bafc 
unter bem ©influffe ber (ateinifchen ©rammatif 
biefe — falfche barf man nicht fagen, fonbern nur 
anbre 2lrt, $u benfen, ganj oerbrängt roorben ift, auch 
in ber Volfgfchule, bie hier ebenfalls unter bem 
Vanne ber latetmfehen ©rammatif fteht; aber nach* 
bem bieg einmal burchgeführt ift unb bie boppelte 
Verneinung faft atigemein nrie im fiateinifchen (nemo 
non) alg Vejahung empfunben mirb, ift eg nun auch 
uotlftänbig auggef<f)loffen, fie noch in ber alten SBeife 
ju oerroenben. @g gilt bag namentlich bei ben Neben* 
fäfcen, bie mit ehe, beoor, big unb ohne ba& 
anfangen, unb bei abhängigen ^nftnittoen nach einem 



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verneinten ^auptfa^e. @§ ift alfo entfchteben an= 
ftä&ig, $u fdjretben, rote e§ noch jiemlid) oft geflieht: 
bie Hauptfrage fann nicht erlebigt werben, ehe 
nicht bie Vorfrage erlebtgt ift (wenn nicht wäre 
rtd^tig) — eg gehört feine grofje aJcenfchenfemttniS 
ba§u, ba3 nid^t auf ben erften ©lief gu fehen. 
Namentlich hinter warnen erfcheint ein verneinter 
3nftmtü>, wie in ben befannten ßettungganjeigen: icf) 
warne hiermit jebermamt, meiner grau nichts |tt 
borgen u. bgl., gerabeju lächerlich, benn warnen, 
b. f). abraten, abmahnen, enthält eben fd)on ben SBe* 
griff ber Verneinung. 

2)af$ eine Verneinung eine3 mit un $uf anraten« 
gefegten £aup tworteS ober ©igenfchaft§worte§ (fein 
Unmenfdh, nicht ungewöhnlich/ nid)t unwahrfchein* 
licr)) nur eine Bejahung, unb $war eine eigentümlich 
gefärbte oorftchtige, fanfte Bejahung auSbrücf en fann, 
barüber ift ftdt> wohl jebermann flar. 3Tlan foUte 
aber mit biefer boppelten Verneinung, ber fogenannten 
8itote§ (Einfachheit), wie man fie mit einem 2lu§brucf e 
ber griechifchen ©rammatif bezeichnet, recht fear* 
fam unb norftchtig fein. @§ giebt ©elehrte — bie* 
felben, bie auf jeber Seite jwet*, breimal meines 
@rachten§ fdjreiben, al3 ob nicht aüe§, wa§ fte 
fagen, blojj ihr „Erachten'' wäre! — , bie nicht ben 
SD^ut fyabew, auch nur eine einzige Behauptung, ein 
einjtgeS Urteil feft unb beftimmt hinstellen, bie fid) 
um alle§ mit bem ängftlichen nicht un tyxum* 
brüefen. (£3 giebt aber auch ßeute, bie fo in biefe 
ßitote§ oernarrt finb, baf? fie fie gebanfenloS fo* 
gar ba brauchen, wo fie bie Verneinung meinen, 
$. V.: ba§ wirft nicht unübel — biefer Effeft 
war ein oon bem ^uben nicht unerwarteter — 
cnblich fanb fich ein £ag, an welchem (wo!) feiner 
ber brei Herren unbehinbert war u. ähnl.*) ©ehr 



*) ©oldje Salle erinnern an bic ©djcrjutfitbuiifl ber ©inbeutcu- 
f pradje: bo8 fann man nidjt anber* leuanen, n>ien>ol)l biefe mcljr 
auf ber CermcnflUttfl jtpeter JReben$arten beruht , luic aud) : ba9 bürfie 
bir uergebltd) gelingen. 



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häufig, triel häufiger, al§ eä bei unferm heutigen 
Saftigen unb gebantenlofen gefen bemerft itrirb, finbet 
ftdi) namentlich bie tljörtcfjte Verbinbung nid)t un* 
fdjmer: ber 8efer wirb nid)t unfein) er erfemten — 
e3 wirb ba3 nid)t unfein? er ju beroeifen fein — 
man roirb ftd) nid)t unfd)tt>er oorftellen fönnen. 
@d)on unfcfjmer an fid) ift ein garftigeS Söort, n)ieaHe 
btefe unnötig gefünftelten Verneinungen: unlängft, 
unfern, unroeit.*) 9hm aber t)oHenb§ nid)t un* 
fdjroer — unb ba§ fott Ijetjsen: leid) t! ©rfdjeint 
ein foId)e3 hineinfallen in einen logifdjen %tf)Ux 
rticrjt wie eine gerechte Strafe für. bumme ©prad)* 
giererei? 

Sebljafter Streit ift barüber geführt roorben, ob 
e§ rtd)tig fei, &u fagen: er entblöbete fid) nid)t. 
3m ©rimmifd^en SBörterbudje roirb bie Verneinung bei 
fid) entblöben für falfd) erflärt. $n ber Sfjat 
liegt e£ am nädjften, fid) entblöben mit 3eit- 
roörtern roie entbehren, enthüllen, entfdjul- 
bigen, entführen, entroifdfjen $u Dergleichen, fo- 
bafc e§ bebeuten würbe: bie VI ö bigfeit (b. I). 
©d)üd)teml)eit) ablegen, fid) erbreiften, fid) 
erfrechen. 3)ann märe natürlid) bie Verneinung falfd), 
benn fid) erbreiften — ba§ will man ja gerabe 
mit fid) n i d) t entblöben fagen. Steuer; 
bing§ ift aber, mit §inmei§ auf ba§ Ijoüe Sllter 
ber Verneinung in biefer OtebenSart, oermutet, 
ja behauptet roorben, bie Vorftlbe ent bebeute in 
entblöben gar nicfjt bie Negation, fonbem ba3 
s IBort fei vielmehr mit entfielen, entbrennen ju 
Dergleichen unb bebeute blöbe werben, fid} 
fdjämen. $amt märe natürlid) bie Verneinung am 
^ßlafce. $5a§ flügfte roäre e§, man brauchte eine 
Lebensart überhaupt nidjt metjr, bie fo fcopfig unb 
oeraltet ift, bajj ir)r niemanb mehr unmittelbar an- 
fühlt, ob fte mit ober ohne Verneinung ba3 augbrüdt, 
roaS man auäbrütfen nrifl. 



*) (fS giebt ic&t SdjriftfteHer, bic oor fauler ᯮcrci fdjtm utcf)t 
meljr traurig fagen, fonbfrn unfrol)! 



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§ rfonfcrc Ifeljler. Clin frijtnteigfr £all 

(Sinen eigentümlichen %ä)Ux, bem man fefjr 
oft begegnet, 5 eigen in aroei t>erfcf)iebnen (Spielarten 
folgenbe Beifpiele; ba§ richtige foll immer gleich in 
klammern banebengefefct werben: bie Sage $eutfcf)- 
lanb§ inmitten feiner roahrfcheinlichen ©egner macht 
e3 ihm $ur ^flidjt (feine Sage macht e§ 2)eutfch* 
lanb $ur Pflicht) — bie ßranlljeit be£ Zapfte 3 
hat ihn $u einer anbem 8eben§roetfe oeranla&t 
(feine ßranfheit h<*t ben s $apft u. f. ro.) — ba§ 
3artgefüf)l be3 dürften erlaubte ihm nicht bie 3ln= 
nähme be§ £)pfer8 (fein 3«ttgefü^l erlaubte bem 
dürften nicht u. f. ro.) — leiber ^at bie enge 5öe= 
gabung be§ 3)id)ter§ ihm nicht ermöglicht (leiber 
hat feine enge Begabung bem dichter u. f. ro.) — 
man ^attc gleich nach bem erften Auftreten SRai* 
munb§ ihn oerbächtigt (man fyatte gleich nach 
feinem erften Auftreten D^aimunb nerbächtigt) — 
e§ ftellt fid) babei hetau^ bafc bie eignen ßenntniffe 
be§ SflrititerS ihn $u biefen Angriffen nicht im 
geringften berechtigen (baß feine eignen ftenntniffe 
ben ßritifer u. f. ro.) — bie föomanfchreiber, bie 
im Vertrauen auf bie Dummheit ber ©efellfchaft 
biefer ben (Spiegel üorhalten (bie ber ©efell* 
f chaft im Vertrauen auf beren Dummheit u. f. ro.) — 
nach ältem Befdjreibungen be§ ^obej mar er 
früher in roten Sammet gebunben (nach altern 93e= 
fchreibunaen mar ber ftober iuf.it)*) — in $)cme= 
marf, roo bei bem geringen Hilter ber ftäbtifd)en 
(Sntroicflung bie Anfänge berfelben noch flarer 
au £age liegen (roo bie Anfänge ber ftäbtifchen 
©ntroicflung bei beren geringem Hilter u. f. ro.) — 
eine roertoolle Sammlung alter £olaftöcfe ijat ttt§* 
lieh, banf ben Bemühungen be3 unermüblichen Bor= 
ftanbe§ be3 9flufeum3, unter bie Shmftfchäfee beS* 
felben ©ingang gefunben (banf ben Bemühungen 
be3 SöorftanbeS, unter bie ßunftfehäfee be3 9flu* 
feum§ u. f. ro.) — in ftiflem tete-ä-teto mit bem 



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284 qk^k^kk^ks^i 

öefer fann ihn ber ©rjähler in bic abgelegenften 
©cbanf cur eifert führen (in f HS cm töte-ä-tete fann ber 
(£r$crt)ler bcn ßefer u. f. tt>.) — fic heiratet barauf 
bcn ©rafen £r., beffen grau ihm fur$ vorher burd)= 
gegangen ift (bem feine grau u. f. n>.) — ber SBe* 
bauernSroerte, beffen ©Item ihm geftern einenge- 
fud) augebad)t Ratten (bem f eine ©Item u. f. ro.) — 
ba3 Sftulgau, beffen fdjrectyafteä Temperament e§ 
oft in Aufregung »erfetjt (ba§ fein fehreefhafteg 
Temperament u. f. rc>.) — e3 mirb ba§ auch oon 
folgen beftätigt, beren Auftrag fie ju mögltd)ft 
grünblidjer Prüfung oerpflichtet (bie i^r Auftrag 
u. f. n>.) — 9Jcenfd)en, beren §albbtlbung fie urt* 
empfänglich macht (bie ihre §albbilbung u. f. it».) — 
bie Italiener, beren gfreube an ocr farbigen Ober= 
fläche ber 3)inge fie abhält, in ben ©hör ber üfta* 
turatiften einstimmen (bie ihre greube u. f. n>.). 

^n allen biefen ©ätjen ift ein begriff , unb aroar 
geroölmlich ber §auptbegriff beS <Safce§, boppelt ba: 
einmal in ber gorm be§ £>auptroort§ (in ben (liefet 
angeführten SRelatiofä^en in ber gorm be§ relativen 
gürroort§), ba§ anbremal in ber gorm eine§ per* 
fönlid)en gürroortä. 2)er geiler liegt nun barin, 
bafc beibe am falfchen ^ßlalje ftefjen: fie müffen ihre 
s ßlätje roedjfeln, wenn ber ©atj richtig werben foll. 
5öarum? 3Beil ba§ Hauptwort in allen biefen ©äfcen 
blofj in einem Attribut (meift in einem abhängigen 
®enetu>) unb bamit gleichfam im £intergrunbe, im 
(Schatten, oa§ perfönliche ftürmort bagegen im SBorber* 
grunbe, im oollen Sichte be§ <Satje§ fteht. ©erabe 
umgefetjrt rnuf* e3 fein: ba3 Hauptwort gehört in 
ben SBorbergrunb , ber blofje ©rfaft bafür, ba§ gür= 
wort, in ben §intergrunb. Sticht feiten fann nacr) 
bem ^lafcwechfel ba§ gürwort au $ Ö an J wegfallen. 
2Ber lebenbigeS (Sprachgefühl fcat, macht folcfje ©äfce 
oon f elber richtig, ohne au wiffen, warum. 3lnbem 
wirb bie ©ac^e möglichermeife auch burch biefe <£r= 
flärung nicht beutlich geworben fein. (£§ ift eben 
wirtlich ein etwa§ fchwteriqer gall. 



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Sie frijkrijafte gufamm*n§t*ljMig 

©in 5 e ^ er / oer °* e mannid)fad)ften Spielarten 
geigt, obwohl er im (Shnmbe immer berfelbe ift, entftef)t 
burdj jene äufterlicrje 9luffaffung ber «Sprache, bie 
md)t nad) (Sinn unb Söebeutung, fonbern nur nad) 
bem Sautbilbe ber 2öörter fragt. Äefyrt ba^felbe 
öautbilb nrieber, fo glaubt e£ ber s $apiermenfd) ba§ 
jroettemal otjne roeitreg unterbrücfen $u bürfen, 
obroofyl e§ biefeS aroeitemal r»ie(leid)t einen gan$ 
anbern @inn f)at a(3 bas erftemal. ©ine Slbart biefeS 
gel)ler3 ift fdpn früher befprod)en morben: bie 
$Bernad)lä)ftgung be3 ftafu3u>ed)fel§ beim melatit»= 
pronomen (©. 161). @3 gehört aber aud) l)tert)er, 
roemt man ein afttoeS ^tu^quamperfeftum mit einem 
fjatte t>erbinbet, ba§ ben SBefifc au§brütft, $.9$. er 
f) a 1 1 e f i d) au§ l leinen $8ert)ältniffen e m p o r = 
gearbeitet unb mtrflid) ba3 3 eu 9 ä u einem tüd)* 
tigen ftünftler — ober wenn man ein pafftoeg ^lu§= 
cmamperfeft mit einem mar jufammensieljt, ba§ eine 
(£tgenfd)aft angiebt: er mar r»or furjem erft in§ 
$orf gebogen unb ein fleiner, fugelrunber 
9flann.*) 

©ine ber Ijäufigften, aber aud) nriberroärtigften 
(Spielarten biefe§ groben logtfdjen 3ref)ler§ ift e§, ein 
3remimnum unb einen Plural unter bemfelben 3lr= 
tifel ober ^Ibjeftbum sufammenjuf Oppeln unb $u 
fdjreiben: bie ©ör)e unb formen be3 ©itterö 
— bie Sicherung ber s £oft unb $ran3porte — 
bie Verbreitung unb Urfadjen ber Sungen= 
fd)nrinbfud)t — bie Slnalnfe ber ©eft alten unb 
ftunft ©IjafefpeareS — §anbbud) ber (Staate 
roiff enfdjaften unb ^ßolitif — ba§ ©ebiet ber 
9ftatl)ematif unb Üftaturroiffenfdjaften — 
bie eingaben ber 33 ctj ölf erungSbicfyttgf eit unb 



•) ©old)e guiammeuaieljungen ftcfjeu beinahe auf berfelben 
Stufe, tote bie befannten fd)cr$ljaftcu SBortüerbinbuugen : gco = unb 
atitfymct üdj — teils n uSftt 0mm ig», teils jiim3«itt)ectrcib — 
ber heutige £ag ttirb mir ewig bcnf= unb gegenwärtig bleiben. 



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£emperaturoerf)ältniffe — im Greife feiner 
©attin unb SHnber — burd) i()re £ljaten unb 
Eingebung — eine $)arfteHung itjrer Scrjtcffale 
unb Bauart — bie 93üf)ne, bie feine Seforation 
unb ftuliffen fannte — bie ©egner ber beut- 
fdjen fianbroirtferjaft unb ©etreib e$ölle — 
$ur ©rforfdjung oaterlänbifdjer ®pracr)e unb 
Altertümer — trotj ber papiftiferjen ©efin- 
nung unb SBeftrebungen be§ $er$og§ u. f. n>. 

Aber auef) ba, wo ©efcrjledjt unb Numerus praeter 
Wörter biefelben finb, ift e§ eine Sftacrjläffigfeit, fie 
unter einem 3lrtifel unterjubringen unb ju fcrjreiben: 
bie 3 u f^ mmun 9 öe ^ *8ainbe3rate§ unb 9^cidt)§- 
fan$ler§ — ber SHreftor ber SBürger? ober 93c* 
3trf3fd)ule — eine ©ifcung be3 ©au*, Ökonomie* 
unb frtnanjau3fcl)uffe3 — ein 5lu3flug nad) bem 
füfcen unb fälligen ©ee — ba§ alte unb neue 
S8ucr)ljänblert)auS — bie fatljotifcrje unb eoan- 
gelifdje ßirerje — bie roetfje unb rote SRofe 
— ba§ Sool- unb Seebab — ber Söert ber 
flafftfcrjen unb mobernen ©praerjen. 2lud) in 
biefen 2räücn mufi ber Artifel unbebingt nueber* 
fjolt werben; roirb er nur einmal gefetjt, fo ermeeft 
ba3 bie SBorfteHung , al§ ob e§ fict) nur um einen 
^Begriff fmnbelte. üftiemanb fann erraten, baft ber 
93au*, Ökonomie* unb 5* nan ä au 3f ct)u& öre * 
oerfcrjiebne AuSfctjüffe bebeuten foü. 2) er ftönig 
von ^ßreufjen unb ^aifer oon 2)eutf d)lanb — 
ba§ ift richtig, benn beibe finb biefetbe ^ßerfon; 
ebenfo richtig fann fein: bie 2)ireftoren ber $8e* 
jirf§= ober Armenfcfyulen, wenn $8e$irf3fd)ule 
unb Armenfctjule nur oerfcfjiebne tarnen für biefelbe 
@d)ulgattung finb. 

$ie 91ad)läffigfeit mirb um fo ftörenber, wenn 
burd) ba3 im Plural fteljenbe ^räbifat ober auf 
irgenb eine anbre Söetfe nod) befonberS beutltdj fuf)I* 
bar gemalt nrirb, ba& e3 fiel) um mehrere begriffe 
fjanbelt, §. SB. ber Sftominatt© unb 93of atio finb 
eigentlid) feine Äafu3 — ber Inrtfcrje unb eptfdje 
5)id)ter bebürfen biefeS 2ttittel3 nid)t — an ber 



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Sftorbfette bcfinbcn ftd) ber $)re£bner, Sftagbe* 
burger unb 2;J)ÜTingcr Bahnhof — jn>ifd)en (!) 
bem 13. unb 15. ®rabe füblid)er breite — ber 
Unterfd)ieb $n>ifchen ben ftaatlidjen unb ftrd) s 
liefen (Snnrichtungen — ber beutfdje §anbel war 
bebeutenber al§ ber englifdje unb amerifa- 
nifdje ftufammen. 2öie fann etroaS „an>ifd)en" 
einem ®rabe liegen? 

Bei mehr als jroei ©liebern fann bie forgfältige 
2Bieberl)olung be3 3lrtifelS freilief) etwas fd)leppen- 
be§ erhalten, unb wo mehr SReihe gebilbet als gegem 
übergefteflt wirb, ba fchretbe man getroft: mit ben 
©erud)3*, ©efd)mad3 = unb ©efühl^neroen, 
bie (Gewohnheiten bes" gaftenS, Betd)ten§ unb 
Betend. 2öo aber unterblieben unb gegenüber- 
geftellt wirb, muft ber Slrtifel ftet§ mieberfjolt werben. 
2)arum fteht auch auf bem £itelblatte biefeS Bud)es\- 
©rammatil be§ Qrottftlfya^ttn, fjalfchen 
unb be§ $äfclichen, benn jeber btefer brei SBe- 
griffe bezeichnet eine anbre 3lrt oon Odilen. f3rcr)ter- 
haft ift alfo: ber ©agenfd)afc ber Beben, @bba, 
gliasi unb Dbnffee, noch fehlerhafter: Mitteilungen 
aus* ben Gebieten ber Bibliograph^/ Öitteratur* 
gefliehte unb be3 Antiquariats. Sftod) fehler* 
hafter? warum? ®er Sefer mag fiep einmal f elber 
fagen. 

fer flleanasnw* 

Sßährenb bie fehlerhafte ßufammenjtehung aus 
einem irregeleiteten ©treben nad) &ür$e entfteht, be? 
ruht ein anbrer fehler umgekehrt auf bem (Streben 
nach ©reite unb 2öortreid)tum, ber fehler nämlid), 
einen Begriff boppelt ober gar breifach auSjubrüden. 
9Jcan bezeichnet ihn mit 3lu§brüden ber gried)ifchen 
©rammatif als Pleonasmus (Überfluß) ober Tauto- 
logie (2)a§felbefagung). 

$n ben feltenften fällen ober eigentlich nie will 
man burd) bie Berbopplung etwa ben Begriff oer* 
ftärfen, gewöhnlich gerät man au3 bloßer ©ebanfen= 
lofigfeit hinein. 3u *>en üblichften Pleonasmen ge* 



I)Ören: bereite fcfjon, id) pflege gemöfynlidj, 
einanber gegenfeitig ober gar ftcr) einanber 
gegenfeitig.*) $lber e§ giebt ifjrer t>on ben oer- 
fdjtebenften Birten. 9lud) in folgenben SBerbinbungen: 
fdjon gteid) (bie SBebenfen fangen fdjon gleid) 
beim Sefen ber erften Seite an), aud) felbft, nid)t 
ganj o(me jebe gute s Jtegung, gegen fofortige 
93araaf)lung, £tlf3leiftungen roeiblicrjer @d)roe- 
ftern, e§ fann möglicr) fein, id) barf mit SRed)t 
beanfprucr)en, mein mir übertragnes 3lmt, ba§ 
ßob, baS tfym mit 91 e et} t gebührt, man mu| nou 
einem ®efcr)icfytfcr)reiber verlangen ~ ift überall 
ein begriff unnötigerroeife boppelt ba. ES genügt, 
$u fagen enttneber: mein 2lmt ober: ba§ mir über* 
tragne $lmt, entroeber: man fann oon einem ©e* 
fd)id)tfd)reiber r* erlangen, ober: ein ©efd)tcr)t* 
fcfyreiber mufj. 2lud) ^wfammenfefcungen wie SRücf* 
erinnerung (ogl. <5. 105) unb ba§ jefct fo beliebte 
loSlöfen (ftatt trennen, ba§ gar niemanb meljr 
$u fennen fdjeint) finb nid)t§ al§ ^leonaSmen, ebenfo 
bie beliebten breitf purigen s JJarttatpaufät>e: big &ur ge^ 
troffnen@ntf Reibung — bie angeftellte Unter- 
f ucr>ung ergab — meine Erörterung grünbet ftd) auf 
fdjon gemachte Erfahrungen; man ftreidje bie 
^artijipia, unb ber ©tun bleibt genau berfelbe, ber 
9lu§brucf aber itrirb fnapper unb fauberer (ogl. aud) 
n>a§ <S. 191 über ftattgefunben unb ftattgeljabt 
gefagt ift). 

2)er aHerf)äuftgfte ^ßleonaSmug aber unb ber, ber 
nacr)gerabe $u einer bauernben 93eule ober ©efcfynmlft 
am Seibe unfrer Sprache §u werben brol)t unb trofc- 
bem jel&t allgemein al3 <Sd)önf)eit, ja als SBebürf* 
m3 empfunbett ju werben fdjeint, ift ber, naef) $8e* 
griffen ber 2ftögltd)feit unb ber Erlaubnis, ber 
^otmenbigfeit unb ber 2lbftd)t beim ^nfmitto ben be* 



*) 93on einem altern Seliger Sanfter cr&ätyt man, ba& er auf 
bic {frage, ob et eine getoiffe an*tänbif$e ©elbforte befaaffen fönne, 
mit ber (Gegenfrage «eantroortet fjabe: muft e* brnn j c t> t alle »eile 
flleicf) in bemfelben SWomcntc fein? 



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trcffcnben begriff burd) bie £>ilf§jeitwörter fönnen, 
bürfen, muffen, wollen 31t wieberholen, 
alfo ju fc^reiben: niemanb fd)ien geeigneter al§ 
iRanfe, biefeg "JBerf 3ur SBollenbung bringen 
f önnen — bie getätigt eit, bie gepriefenften fünfte 
SübttalienS erreichen 511 f önnen — bie Möglich* 
feit, bie Sojialbemofratie mit gleiten Söaffen be* 
f (impfen ju f önnen — bie ft-ähigfett, über fid) 
felbft lachen $u fönnen — bie HTHttel, an Ort 
unb ©teile mit 9tad)brucf auftreten ju fönnen — ja 
fogar : e3 ift ju beflagen, bafe fo aufrichtige Naturen fid) 
nid)t anberS jur ®ird)e $u ftellen fönnen per mögen — 
id) getraute mir nicfjt, ba§ ©efpräd) mit il)m auf= 
red)t erhalten §u fönnen — wenn e§ mir gelingen 
follte, l)ierburd) meine Verehrung an ben £ag legen 
31t fönnen — e§ fei mir geftattet, einen Qfrrtum 
berichtigen ju bürfen — bie Stellung, bie ihm er* 
laubte, oljne ftrage nad) bem augenblicflidjen (£r* 
folg probieren ju bürfen — bie (Erlaubnis, 
einen föetwloer tragen ju bürfen - bie Freiheit, 
feiner innern Eingebung folgen §u bürfen — ber 
9lnfprud), Unioerfalgef d)id)te fein ju wollen — 
er fprad) feine SBereitwitligf eit au3, auf biefem 
SSege oorgehen $u wolle n — bie 51 b ficht, blenben 
ober über ihre SBerhältniffe leben §u wollen — 
er hat oerfprodjen, in ben ruhmreichen Sahnen 
feine§ ©rofwater§ fortwanbeln ju wollen — bie 
ßumutung, jum £aufd)hanbel jurüeff ehren ju 
follen — man war gezwungen, feine 3uflucht $u 
Surrogaten nehmen ju müffen. 

Statt in ben 9lebenfäfcen bie §ilf^jeitwörter fein 
unb h a ben immer wegjulaffen, wo fie oft ganj 
unentbehrlid) finb (ogl. S. 165), befämpfe man lieber 
biefe häßliche Angewohnheit; bie unnützen fönnen, 
bürfen, müffen unb wollen finb wirflid) wie 
garftige föattenfchwänse.*) 

*) 8Jcrein$clt wirb übrigens auefj ber umgelegte gefjlcr gemalt, 
nämltd) ber Segriff beS $Uf8jeitwortc$ gan$ untrrbrücft, j. 83. : toir 
erflärten, baaubtetben — »0 c* tyct&cn mufr : babteiben ju \v 0 l l c n , 
brmt in crflären (tegt nodj ntc^t ber SJegriff ber Slbfldjt. 

19 



&&&&&&&&&& 200 &&Sa**m**>a&X*& 



gtc §\ibcxntmtit$un$ 

$8et bcm Söorte ©ilberoermengung benft roofjl 
jeber an ^Beübungen nrie: ber 3 a *) n oer 3***' 
bcr fd)on fo manche 2:1) ränen getrocf net hat, ir>irb 
aud) über biefcr SBunbeöragroachfen laff en — unb 
meint, bergletdjen werbe roohl beim Unterricht alg 
abfd)recfenbe3 SBeifptel uorgeführt , fomme aber 
in 2öirf(icrjfeit nicht oor. Unfre 3 e ^ un 9 en teiften 
aber faft täglich ähnliche^. Ober märe e§ nid)t 
ebenfo lächerlich , wenn uon einer 9^ad)rid)t gefagt 
wirb, bafj fie roie ein $>onnerf djlag in3 ^uloer? 
faj? geroirft ^abe, wenn in einem 5luffa£ über ba3 
2t)eater von gaumenf itjelnben £rif otanjügen 
gefprodjen wirb, ober wemt e3 in einem *8erid)t 
über bie berliner ßunftau^fteOung t>ei^t : wa§ bei 
ben föuffen aum3er*bilbe be§ 2ranati§mu§ gen>or= 
ben ift, leuchtet bei ben Spaniern al§ gf lamme ber 
93egeifterung, ober wenn gar getrieben wirb: unfre 
Unir>erfitäten finb wie rofje @ier; fobalb man fie 
antaftet, ftellen fie fid) auf bte Hinterbeine — 
*#rin$ fterbinanb ^at frfjon im erften 3<*f) re feiner 
Regierung manche^ £aar in feiner ftrotte ge* 
funben — biefeS Schrecf gefpenft ift fd)on fo ab- 
gebrofdjen, baß nur noch ein politifd)e§ 2BiefeI = 
finb barauf herumreiten fann? 

dergleichen erregt ja nun bie §eiterfeit auch oe $ 
gebanfenlofeften Seferi. giebt aber auch 8 a h^ 
reiche S8ilberr>ermengungen, bie genau fo föUmtlt 
finb, unb bie boch uon taufenben r>on8efem, auch Wii 
benfenben, gar nicht bemerft roerben, weil fie nicht fo 
offen 31t $age liegen, gleid)fam oerfdjleiert finb. Unfre 
«Sprache ift überreid) an bilblichen 9lu§brücfen, über 
bereu urfprünglid)e 93ebeutung man fid) oft gar feine 
föechenfchaft mehr giebt. Sdjon roeun jemanb fchreibt: 
bie @ad)e machte feinen burchfd)lagenben @in = 
bruef — fo lefen fidjer unzählige brüber roeg, benn 
(Sinbrucf machen unb ein burchfchlagenbe v 
Erfolg finb fo abgebrauchte Silber, bafj mau fict) 
ü)re§ urfprünglichen ©inneS faum nod) beiuufU ift. 



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Unb bod) liegt I)ier eine lächerliche 33ilberoermengung 
uor, benn einen (Sinbrucf madjen unb burd)* 
fd)lagen fdjliefeen bod) einanbex aug; wenn 
man bag Kalbfell einer ^aufe burd)fd)lägt, fo ift 
eg mit bem ©inbrucf machen t>orbei. ©benfo ift eg, 
wenn ein ftritifer oon Seiftungen eineg @d)rift- 
fteflerg rebet, bie nid)t ben ooüen Umfang 
feiner f^ä^igfeiten erfcfyöpfen, benn beim Umfang 
benft man an ein fiängemnaf}, fd)öpfen fann man 
aber nur mit einem §ol)Imaf$. $n folgen mef)r 
ober weniger t>crfd)leierten SBilberoermengungen nrirb 
unenblid) tnel gefünbigt. ©o benft 33. faft fein 
2ftenfd) mefyr baran, mag eigentlid) ©efidjtgpunft 
fjeijjt, eg wirb genau fo gebanfenlog gebraucht, tote 
SJcoment, gaftor, s £rin$ip, ©uftem unb anbre 
Söörter. $a fdjreibt ber eine: man wirb babei fol- 
genbe ©efidjtgpunfte in ben Söorbergrunb 8" 
ft eilen fjaben, ein anbrer ritymt oon einem 93ud>e, 
bafc ber ^öcrfaffcr von großen ©eftd)tgpunf ten 
auggegangen fei. 5)er ©efid)tgpunf t ift ber 
s $unft im 9Iuge, von bem aug man eine ©ad)e be= 
tradjtet.*) Wlan erlangt um fo genauere Kenntnis 
einer ©adje, oon je mefyr unb je oerfdjtebneren 
fid)tgpunften aug man fie ing $luge fafet. $a$u mu& 
man natürlid) ben ©tanbpunft toed)feln, man fann 
eine ©acfye oon fyoljem unb oon nieberm ®eftd)tg= 
punfte anfefyen; aber nrie man ©efidjtgpunfte in ben 
SSorbergrunb fteüen ober oon großen (!) ©efid)tg= 
punften auggefjen (!) foll, ift gänalid) unoerftänblid). 
(Sin s ßunft ift roeber grofj nod) flein. 

§ur gitortfteUuttrt. 

(Sin oöttig oemadjläffigteg Kapitel ber beutfd)en 
©rammatif ift bie fie^re oon ber SBortftellung. $ie 
meiften Ijaben faum eine Stynung baoon, bafe eg 



•) ftcucrbiitg* iicrt man fi<$ bafür öielfadj mit bem $lu«biutf 
©cf idjUünnf ei. 3ft ba« ntdjt etflentUc$ ein llnftmt? &Ja8 faßt 
blc TOattjernntif bajit? ©in SBinfcl ift bod) etwa« mtbreS ol* ein 
^unft. 

10* 



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&&&&&&&&&& 292 &k&x$&>mx&a&m& 



überhaupt ©efefce für bie 2Bortftellung in unfrer 
Spraye giebt. ©emöhnltd) befteht bie gefamte SBci§= 
heit, bic bem Schüler ober bem 3luSlänber, ber $eutfcr) 
lernen möchte, eingeflößt wirb, in ber Siegel, baß in 
9tebenfäfcen baS 3 e ^ roort am @nbe, in §auptfäfcen 
in ber SHitte ju ftefjen pflege; im übrigen, meint 
man, fyerrfrfje in unfrer Söortftellung bie «größte 
Freiheit." 

(Bin ©lüd, baß ba§ natürliche Sprachgefühl noct) 
immer fo lebenbig ift, baß bie ©efetje ber Söort* 
ftellung, wie fie fid) teils auS bem Sinne, teils auS 
rt)t)tt)mifd)em SöebürfniS, tetlS auS ber 9Irt ber S)ar* 
ftellung (fchlidjte ^ßrofa, $)id)terfprache ober SRebners 
fprad)e) ergeben, trotj ber angeblichen „Freiheit" im 
allgemeinen richtig beobachtet werben. S)ennod) giebt 
eS aud) eine SHeirje oon argen Söerftößen bagegen, 
bie außerorbentlid) oerbreitet unb beliebt ftnb. 5luf 
s 2lbgefd)macftf)eiten, wie bie beS niebrigen ©efchäftS* 
ftilS, immer t>on Wlaxt 50 $u reben, ftatt, wie bie 
lebenbige Sprache, oon 50 9flarf, foU babei noef) 
gar feine $Rütffid)t genommen werben; ebenfo wenig 
auf bie unerträgliche 3iererei mancher Schrtftfteller, 
in fd)Ucf)ter <ßrofa einen ©enetio immer oor ba§ 
©auptwort $u ftellen, oon bem er abhängt 9lud) 
ber häf*ftd) c SatiniSmuS, ben manche fo lieben: 
©oetfje, nachbem er (ogl. Caesar, cum) fofl nur 
fur$ erwähnt werben, ©in üftebenfatj fann in einen 
^jauptfatj nur eingefdjoben werben, nachbem baS 
SSerbum beS §auptfat$eS bereits auSgefprodjen ift. 
©ine Söortftellung, wie in bem gibeloerfe: bie ©an S, 
wenn fie gebraten ift, wirb mit ber ©abel ange= 
fpießt — läßt man fich wohl beim dichter gefallen, 
in ^ßrofa aber ftnb «Satzgefüge, wie folgenbe, gan^lid) 
unbeutfeh: bie fatholtfdje ßirche, wie fie fid) 
gern ber Sieben^ahl freut, jählt auch fieben Sßerfe 
ber ©armher^igfeit — alle anbern Parteien, 
wenn fie im übrigen nod) fo bebenf liehe ©runbfäfce 
haben, erfennen boch ben Staat als notwenbig an — 
ber Söerbanb ber Sattler, obwohl er erft ein 
3af)r befteht, umfaßt bereits 37 Vereine, ©ntweber 



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lnufj e3 fyeifjen: ber Verbanb bcr ©attler umfaßt, 
obwohl er — ober bcr 9iebenfafc mu^ mit bem 
§auptn>orte oorangefteflt werben: obwohl ber 
Stterbanb ber (Sattler u. f. m., fo umfaßt er bod). 
5Iud) ber fehler, ber in (Satzgefügen wie folgenbeu 
liegt: um bie SRetfefoften, bie er auf anbre 2Betfe 
nid)t befefjaffen fonnte, aufzutreiben — auf einem 
ber fünften ^läfce ber SBelt, ber augletch ein £>aupt- 
freujungipunft ftäbtifchen unb r>orftäbtifchen Ver* 
fet)rö ift, gelegen — 2tt. ift nun aud) unter bie 
9h>t>eUiften , roohl mehr ber 9Hobe folgenb al§ bem 
innern Crange, gegangen — am SReumarfte riffen 
geftern amei t?or einen Korbwagen gefpannte <ßferbe 
eine ftrau, bie auf ber Straße ftanb unb fici) mit 
einer anoexn ftrau unterhielt, um — ber föebner 
brach, ba bie Qeit injnrifchen längft bie juläfftge 
§rift von jeljn Minuten überfd)ritten hatte unb nod) 
ein anbrer SRebner ju SBorte fommen roollte, auf bie 
Slufforberung be§ Vorftfcenben, mit ber Söemerfung, 
baß er nod) oiel ju fagen hätte, ab — aud) biefer 
3ref)Ier foß nur im Vorübergehen geftreift merben. 
S)ie %&Üt brauchen nid)t immer fo lächerlich $u fein 
nrie ber leijte; ein eingefchobneg (Satjglieb muß mit 
bem ©liebe, in ba§ e§ eingefd)oben ift, ftet§ folgenbe 
©eftalt ergeben, roenn bie Sßerbinbung angenehm 
roirfen foH: 

t — I ] ] 

©etjen fie stammen f 0 au§: 

t [ ]-] 

fo ift ber Vau ftetS verfehlt, unb e§ ift bann beffev, 
bie ©infehiebung gan$ ju unterlaffen, bie ©lieber 
fo §u orbnen: 

[ ] [- ] 

unb $u fdjreiben: 2fl. ift nun aud) unter bie Sftooel* 
liften gegangen, mohl mehr ber 9ftobe folgenb al3 
bem innern Crange. (£tne ©efchmacflofigfett ift e3 
enbtid) auch, Lebensarten nrie: eine Sanje brechen. 



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1 



I 
I 

294 SMKNI^KI^ 

gleichen ©cfyritt galten, ju jerreiften unb $u 
fdjreiben: im preufjifdjen Sanbtage fyat ber 9lbgeorb* 
nete 6. eine San$e für bic neugried)ifd)e 9Iu§fprad)e 
be§ $Iltgrted)tf rfjen gebrod)en — unb boef) tmt bie 
©ntroieflung ber flotte noflfommen gleichen (Sdjritt 
mit ber be3 8anbf)eere3 gehalten. 

©djUmmer finb brei SBerftöjie gegen bie ©efetje 
ber Söortftellung, bie teil§ fcfyon von früherer i^ext 
Ijer, teil§ aud) erft in neuerer 3eit für befonbre 
Jeintjeiten unb (Schönheiten gehalten werben unb 
beg^alb nidjt einbringttd) genug befämpft werben 
fönnen. 3)er erfte ift: 

Sit fo^tnanntt |mjer|ion naxtj mtfc 

^noerfion (Umfefjrung, Umftellung) be$eid)net 
man e§ in ber beutfdjen ©rammatif, wenn in §aupt* 
fätjen ba§ ^ßräbif at t>or ba§ ©ubjeft gefteflt roirb. 
yjlit $m>erfton werben alle bireften fjragcfd^c ge* 
bUbet. 3lber aud) $lu§fagefät$e müffen bie $m)erfton 
fyaben, fobalb fie mit bem Dbjeft, mit einem 2Ibt>erbium 
ober einer abr»erbieHen SBeftimmung anfangen; eS 
t>ei^t : ben Söater fjaben mir — bem Gimmel 
fyaben mir — geftern haben mir — bort haben 
mir — fcf)on oft f)aben mir — au§ biefem 
©runbe tjaben mir — trofcbem J)aben mir — 
aud) t)aben mir u. f. m., md)t (mie im fttanaöfifrfjen 
unb im ©nglifdjen) geftern mir fyaben. dagegen 
ift bie 3nt)erfton t»öflig au§gefd)loffen hinter SBinbe- 
mörtern; e§ fjet^t: aber mir haben, fonbernmir 
haben, benn mir t)aben. 9htr tjinter unb, ba3 
bod) unjmeifel^aft ein Söinbemort ift, Ratten e3 triele 
nid)t bloß für möglich, fonbem fogar für eine be* 
fonbre ©d)önheit, bie Sftoerfion anzubringen unb ju 
fdjreiben: unb haben mir. 2)er $lmt3ftil, ber 3ei* 
tung§ftü, ber ©efd)äft§ftU, fie mimmeln von folgen 
gnoerfionen nach unb, r»ie(e galten fie für einen 
folgen @d)mucf ber Dtebe, bafj fie felbft ba, roo $mei 
9Iu3fagefäfce bagfelbe ©ubjeft ^aben, e§ alfo genügte, 
}U fagen: bie erfte Lieferung ift foeben erf djienen 



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JMMMM^JR 295 BWfc^«^«^*^» 



unb liegt in aücn $hirf)f)anblungen jur 9lnficf)t 
au§ — nur um bie ^noerfton anbringen 311 tonnen (!), 
ba§ @ubjeft wieberfyolen, unb jwar in ber ©eftalt 
beg frönen berfelbe, unb frfjretben: bie erfte 
Lieferung ift foeben erfd)ienen, unb liegt bie* 
felbe in allen $ud)f)anblungen $ur s 2lnficf)t au§ — 
bie 5lud)tlinie unb ba§ §tra ßennioeau wer* 
ben 00m Rate üorgefcfjrieben, unb finb bie- 
felben biefer 93orfd)rift entfprecfyenb au3$ufül)ren. 
SBebarf e§ notf) weiterer )8eifpiele? Söofyl nicfyt. Sie 
ftcr)cu bufcenbweife in jeber 3eitung3fpalte. Seibet 
ift ber alte $err jiemlid) erblinbet, unb erhält 
bie£od)ter ba§ ©Itempaar — ber beginn ber $8or- 
ftellung ift auf fed)3 Ul)r feftgefetjt, unb wollen 
wir ntd)t unterlaffen, barauf aufmerffam $u machen — 
ber herein fjat fiel) in biefem Q>af)re aufcerorbentlid) 
günftig entwicfelt, unb finben bie 93eftrebungen 
beSfetben allgemeine Anerkennung — bie alte Orgel 
mar fct)r baufällig geworben, unb mürbe bie Repa- 
ratur bem ftrebfamen Orgetbaumeifter £>erm ©. 
übertragen — ber $lufternfang ift in le^ter 3eit fein- 
ergiebig gewefen, unb mürben am 2)ien3tag mieber 
10000 ©tücf in bie Stabt gebracht — anberS mirb 
ja gar nid)t gefcfjrieben. (£3 giebt aber aud) grauen 
unb 9Jiäbcf)en, bie imftanbe finb, in einem $n>et* 
feitigen Briefe jefyn ^werfiouen anzubringen, unb 
bamit ein munber wie feines? v -8riefcf)en gebrecfyfelt 
$u f)aben glauben! 

3luf feinem Shutftgebiete faun e§ ein fo fd)tagem 
beS Söetfpiel für bie s *8erfd)iebenf)eit beS menfd)lid)en 
©efcfjmacfä geben, mie auf bem ©ebiete ber ©tiliftif 
bie $nüerfion nad) unb. 35er Beamte, ber ^eitungg* 
fd)reiber, ber Kaufmann l)ält fie für bie größte 
$ierbe ber Rebe; für ben fpracf)füf)lenben 9flenfcf)en 
ift fie ber gröjjte ©reuet, ber unfre (Sprache üerun= 
ftaltet, fie gef)t if)m noef) über berfelbe, über f ei= 
tenS, über bejw., über bie^bejügltd), fie erregt 
if)m gerabe^u $Bredjret$. ©ie ift il)tn fo auwiber, bafc 
er fie felbft ba tüdjt fcfyreibt, wo fie eine gewiffe 93e= 
redjtigung t)ätte / wo nämlicfj ber erfte ®at> mit 



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einem 9lboerbium ober einer aboerbiellen SSeftim* 
mung anfängt, bie fich zugleich auf ben zweiten be= 
Zieht; felbft in folgen fjäüen giebt er, um ijeben 2ln- 
f lang an bie unangenehme Söerbinbung zu nermeiben, 
bie Snoerfion, bie ber erfte Sa& mit SKed)t hat, im 
Zweiten auf unb fdjreibt: übrigens fyat'tt biefe 
Orbnung nid)t3 puritamfdjeS an ftd), u'nb ba§ 
3 od) ber Sittenzud)t mar nidjt übermäßig fdt)wcr 
(ftatt: unb mar baS 3°di)). 

2)a§ roibermärtige ber 3nt)erfton K c 9* blofy 
in bem grammattf djen Söerftofi, fonbern vor ädern auch 
in ber logifcfjen ßüge: bie ^noerfion fud)t ben 
Schein engerer, ja engfter ©ebanfennerbtnbung zu er- 
roecfen, unb bod) ^aben geroöhnlid) bie beiben Säfce, 
bie fo üerbunben roerben, inhaltlich nxdjt ba§ min- 
befte mit einanber ju t^un! $)arum ift aud) bie 
^nuerfion nur feiten baburd) z u nerbeffem, bafj 
man bie beiben §auptfä£e in £>aupt* unb hieben* 
fafc t»ern>anbelt, nod) feltner baburd), bafj man Sub* 
jeft unb ^ßräbifat hinter unb in bie richtige Stellung 
bringt, fonbern meift baburd), bafc man ben diat 
befolgt, ben fdjon ber junge leipziger Stubent ©oetlje 
feiner Schroetter (Eomelie gab, roenn fte in ihren 
©riefen 3nt>erftonen gefd)rieben hatte: einen ^htnft 
ju fefcen, ba§ unb ju ftreid)en unb mit einem großen 
$lnfang3buchftaben fortzufahren. 

£)te ^noerfion ift aber aud) ein§ ber merfroürbtg* 
ften 93eifpiele be§ munberlid)en Stanbpunfteä , ben 
manche (Sprach gelehrten h* u *e * n oen 3rtfl0en über 
SRid)tigfeit unb Schönheit ber Sprache einnehmen. 
@§ giebt ©ermaniften, bie fagen: mir perfönlich (!) 
ift bie Qftnerfion auch unfumpathifd) (!), aber etgent* 
lieh falfch fann man fie nid)t nennen, benn fte ift 
bpd) fehr alt, fie ftnbet fid) fd)on im fünfzehnten 
^ahrhunbert, unb ihre grofce Beliebtheit giebt ihr 
bod) ein genriffeä föed)t. 2tl§ ob ein gehler baburd) 
fd)öner mürbe, bafc er jahrhunbertealt ift! Unb roer 
hat 31t entfeheiben, roa§ richtig unb fd)ön fei in ber 
Sprache: ber fprad)funbige, fprachgebilbete, mit feinem 
unb lebenbigem Sprachgefühl begabte Sdjriftfteüer, 



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ober bcr ftattftlift, bcr Reporter unb ber £anblung3* 
rcifenbe? 

$tc Stellung der per)onUrijen £ürujörtrr 

2)er grocite Sterftofe betrifft bie (Stellung ber per* 
fönltchen frürwörter. (SS ^anbelt fid) ba wieber um 
eine ©prad)erf Meinung, bie un|ägltd) t>d^lidt) ift unb 
bod) jefct allgemein für eine giofje Schönheit gehalten 
wirb. Um bie ©ad)e beutlich 511 machen, foü junächft 
ber l)äupgfte unb auffäHtgfte %aü befprodjen werben. 

2Benn ba§ Söerbum eine§ ©afceS ein SHeflerjoum 
ift/ gleichviel ob ba§ refleyioe $Berf)ältni§ ben $atiu 
ober ben 2lffufatio Ijat (ftct) entfchliefjen, fid) ein* 
bilben), fo erfdjeint in ber lebenbigen ©pracfye ba§ 
reflepoe 5 urn)ort fid) ftctS fo jettig alS möglich im 
©atje. $n Sftebenf&tjen wirb e§ ftet§ unmittelbar 
hinter ba§ erfte Söort geftellt, hinter ba§ SMatioum, 
hinter bie ^onjunftion u. f. m. (ber fid), wo fid), 
wobei fict), ba fid), obgleich fid), al§ fict), bafj 
fid), wenn fid), wie fid), alS ob fict) u. f. w.); 
erft bann folgt ba§ ©ubjeft be§ <5afce§. Sflur wenn 
ba§ ©ubjeft felber ein perfönlid)e§ ftürwort ift, gebt 
biefeS bem fid) nod) ooran (ba er fid), wenn fie 
fid), bie e§ f i dt)). £n §auptfäfcen ftef)t bal fid) 
ftetS unmittelbar hinter bem SBerbum (hat fid), jeigt 
fid), wirb fid) finben); bei abhangigen ^nfinittoen 
ftet)t e3 an ber ©pitje ber ^nfinitiirtonftruftion, mag 
baS Sßerbum noct) fo reich mit Dbjetten, aboerbiellen 
^eftimmungen u. bergt, befleibet fein. 3Jtan beobachte 
fid) felbft, man beobachte anbre, wie fie reben, man 
wirb nictjt einer einzigen Abweichung oou biefem ®e= 
fefce begegnen. 

91un oergleidje man bamit, wie jetjt gefdjrieben 
wirb, ganj allgemein gefdjrieben wirb, unb fehe, wo 
ba ba§ fict) t)ingefe^t wirb; bie ©teile, wo e3 wirf* 
lictj hi"9«hört, foll jebeSmal burd) leere klammern 
bezeichnet werben. Da Reifet e§ in £auptfätjen: feiten 
hat [] eine Darftetlung fo rafd) in ber Sitteratur f i d) 
eingebürgert biefe hielten [] ohne (£rfaubni£ 



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ber töcgievung in biefen ©egenben fid) auf - bcr 
Ijeftige Beelen fchmerj löfte [] in ein frampff)afte§ 
©d)Iud)aen fi<$ auf u. f. ro. Veim Qnfimtio: bie 
s £l)otograpt)ie fdjeint [] in föom mirflid) bis an bic 
©renje ed)ter ßunft fid) $u ergeben — balb be* 
gannen [] 9Jfenfd)en in bem 2öalbe fid) ansufam* 
mein — ber Sftame bürftc [] auf ben ganzen ©e= 
birg^jug fid) bejiefjen — mit biefer Verteilung 
fönnen [] nur biejenigen fid) aufrieben erflären — 
man mufcte [] in entfetjlidjen 9ßoftfarren, r>on Unge* 
jiefer fjalb üer$ef)rt, unter junger unb $urft, in jene 
aflerfdjönften ©egenben fid) burdjarbeiten — e3 
ift leidjt, [] biefe Kenntnis fid) anzueignen — ba3 
*Red)t, [] an ber frieblicfyen Kulturarbeit frei fid) $u 
beteiligen u. f. n>. $n Sftebenfätjen enblid): bie Ver= 
bienfte, meldje [] (Sure $>urd)laud)t um ba§ beutfdje 
Vaterlanb fid) erroorben fjaben — e§ ift ba§ eine 
ber fdjnrierigften Aufgaben, bie [] ber menfd)Iid)e ©etft 
fid) ftellen fann — au§ biefer fiage ber $inge, bie 
[] binnen wenigen Monaten jit einer gan$ unerträg* 
ticken fid) auSbübete — ber geiftige 3«f ta "^/ »* 
bem [] bie beutfdje Qugenb in ber tyit ber fran* 
äöftfdjen Snoafton fid) befanb — ber N iftobegefd)mad, 
ber [] namentlid) auf bem ©ebiete be§ SRoman8 fo 
rafd) fid) änbert — bie ^Ijilofopfjie, bie [] bod) 
nur bem an ba§ Kenten gewöhnten £Öf)ergebilbeten 
fid) erfdjlte&t — ein 9ftann, ber [] bei allem ©ifer 
für bie fatfjolifdje Sacfje bod) einen warmen s #atrio* 
ti§mu§ fid) bewahrt fjatte — in g-ällen, mo[]ba§ 
93ebürfni§ baju fid) f)erau§ftellt — ber erfte 2lft 
werfest un§ in bie 2öelt be§ SffiatbeS, wo [] 9tofegger§ 
^fjantafie am meiften fid) fyetmifd) f üf)It — bie 
nier Verbrecher treiben allerlei Ulf, wobei [] ifyre 
wafjre Sftatur fid) auf? er t — unter ber Vebingung, 
baf? er f] auf eine beftimmte ^robejeit beS äöilbernS 
fid) enthalte — bie ©egenwart beweift, bafj [] ber 
fleine betrieb bem ©roftfapitat gegenüber fi# nid)t 
t) alten fann — ber einzelne barf nid)t oertennen, 
ba& er [] unter foldjen Umftänben $u 9iufc unb 
frommen feiner aflitmenfd)en eine ©elbftbefdjränfung 



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fid) auferlegen mufj — al§ [] faft fämtltdje Stlöfter 
roieber mit ben geiftltdjen Drben f i cf) gefüllt 
Ratten — e§ roirb noch geraume 3eit »ergeben, ehe 
[] ifjr^beat ooflftänbig fid) oerrotrflichen fann — 
feitbem [] ba§ grofje, für bie Kultur fo folgenreiche 
3Beltereigni§ ber ©ntberfung Amerifa§ burd) ©hriftopb 
©olumbuS fid) begab — bie Aufhebung be§ ©efefceS 
fönnen roir nid)t beHagen, ba e* [] im Saufe ber 
$afyre immer mehr al§ unbrauchbar fid) erroiefen 
1) a t — ba er [] gerabe jetjt in ber Sage fid) be* 
ftnbet, 3 a fyfott9 Wfteti §u fönnen — roeil er [] biefe 
(£igenfd)aften bis in fein fyofytä Hilter fid) beroafjrt 
l)at — n ad) bem [] bie urfprünglidje Q3ebeutung im 
Sprachberou&tfein fid) oerbunfelt r)atte — roenn 
er [] juroeilen 31t religiöfem ^>atfro§ fid) erhob — 
wenn ber fturfürft abreift unb [J auf einen feiner ßanb* 
füje fid) begiebt — id) mürbe untröftlid) fein, menn 
Sie [] burd) mid) in Q{)rer alten Crbnung fid) ftören 
liegen — roenn [] neuerbingS bie Unternehmer unb 
Arbeitgeber $ur 9Baf)rung ifjrer geregten 3ntereffen 
fid) aufammenfd)liefjen — bie Warnen ber ^ünftler 
ftnb fo bezeichnet , roie fie [] auf ben blättern fid) 
finben — roie [] bie faiferfreunblidje Partei fid) 
nannte — al3 ob er [] bie größten ^öerbienfte um 
ba3 beutfdje SBaterlanb fid) erroorben hätteu. f. ro. 

3öir ftefjen ba roieber oor einer (£rfd)einung, bie 
red)t eigentlich in ba§ Kapitel oom papiernen Stil 
gehört. $er lebenbigen «Sprache gänzlich fremb, fteQt 
fie fid) immer nur ein, roenn jemanb bie Qreber in bie 
£>anb nimmt, aber auch ba nicht fofort, fonbern erft 
bann, roenn et anfängt, )U fünftein*) ÜJJan fönnte 
jroar meinen, e3 fei boch unnatürlich, ba§ reflerroe 
^rürroort oon feinem SBerbum au trennen unb fo roeit 
oor, an ben Anfang be§ ©afceS gu rüden. Aber biefe 



*) Saufeubmal habe icf) bei bei Durcharbeitung 0011 SWanuffriptcn 
ba« lief) heraufgeholt oit bie richtige Stette, unb niemals hoben bie 
Serfaffer, roenn ftc bie 3>rucfforrcftnr befamen , cironS baöon Qemevft; 
alle hoben fic brüber roeggefefen, als ob fie fclber fo gefchrieben hätten. 
Unb hunbevtmal ift mir in 2Nanuffriptcn ber ftoll begegnet, bafe ber 
^erfoffer bei ber crjtcit Wu'bfricfjrift bn$ [ich an bie richtige ©teile gc= 



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Trennung ift ber Sprache offenbar ehoa§ unroefent* 
lidjeS. $a§ wefentlidje ift tf)r bie enge SBerbinbung, 
bie erft infolge biefer Trennung eingegangen werben 
fann: bie Sßerbinbung mit bem ooranfteljenben anbern 
Pronomen ober mit ber ßonjunftion (ber fid), wenn 
fid) u. f. w.) $iefe Sßerbinbung ift ber lebenbigen 
©pradje widriger, al§ bie mit bem $8erbum, benn 
burd) fie wirb ber 6afc wie mit eifernen klammern 
umfdjloffen. 2Benn id) ba§ fid) unmittelbar nad) ba, 
ioo, wenn, feit bem bringe, fo weife ber §örer 
fd)on, ba& am (£nbe be§ <5at>e3 ein reflejioeg SBerbum 
folgen wirb, bie $>älfte be§ 93erbalbegriff3 Hingt ifmt 
gleidjfam fdwn im Dljre. 2)afe fid) auf biefe Söeife 
ber @at} f efter 5ufammenfd)lief?t, al§ auf bie anbre, 
liegt bod) auf ber $anb. 2Öenn einer mit wenn ober 
bog anfängt unb erft nadjbem er amanjig 5öorte ba- 
jwifdjen gehoben f)at, enblicr) mit fid) begab ober 
fid) befinbet fdjliept, fo mödjte man itm immer 
fragen: fo oiel &\t r)aft bu gebraucht, bid) auf ba§ 
SBerbum $u befinnen? bid) $u befinnen, bafe bu ein 
Verbum reflexiYuui brauchen wißft? ($3 l)at etwa§ 
ängftlid) fdjulfnabenljafteS, ba§ fid) immer erft oor 
bem Söerbum $u bringen, e3 erinnert ang — Söörterbud). 

(£§ ift aber fetne3weg§ blofc ba§ fid), ba3 jefct in 
biefer SBeife oerfteüt wirb, e§ gefcbiefjt ba§ mit bem 
reflejioen gürroorl überhaupt. 9flan fdjreibt aud>: 
barüber gebenf e i d) [ ] fpäter einmal in biefen blättern 
mid) auSjulaffen — wenn mir [] aud) mit ooOer 
6eelean ber Jubelfeier un§ beteiligen — bafc mix [] 
in unfern nationalen Lebensformen ungeljinbert un§ 
entmideln fönnen u. f. m. 3a bie ftrantfjeit fyat fid) 
nod) oiel weiter oerbreitet, fie t)at ba§ ganje perfön* 
lid)e ftürwort ergriffen. @3 E>ei^t aud): wenn aud) 



fefet, es aber beim Süieberburdjlcfen bort au*gefrrt$cn unb bann hinten, 
unmittelbar oor bem Serbuin, Ijinctnacflicft frttte — niemal* ba* um* 
Belehrtet Damit ift bod) fdjlagcub bcnücfeu, bafe bie CoranfteHuna, be* 
jirfj ba§ natflrlidje ift unb ba* , 10a« jebem, ber unbefanaen fd)reibt, 
au* ber lebenbiflen ©prn^e ftunädtft in btefteber läuft; erft toenn ba$ 
feilen unb Xrerfn'eln beginnt, bann fommt bie Unnatur. 



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ber 3ar ben ^rieben will, fo xoiU [] bod) fein $8olf 
ifjn nidjt — er würbe [] getDifj aud) bieSmal nid)t 
ofjne 9^ot fie td arten laffen — er berichtete geroiffen* 
fjaft bie ©efd)id)te, ttrie [] fein alter 6cr)ulfamerab 
fie ifjm erjäljlt ^atte — auf feinem anbern ©ebiete 
finbet man fo erbitterte gegenfeitige ^erläfterung, nrie 
[] bie oerfcrjiebnen ftenograprjtfdjen ©ufteme gegen 
einanber fie ausüben — unter biefem Sfetbgefdjrei 
fyatte man [] in ben fatfyolifcrjsbeutfcrjen Säubern e§ 
ba()in gebracht — e3 genügt un§ nidjt, [] bei biefer 
allgemeinen <Sd)ilberung feine§ 2öefen§ e§ beroenben 
ju laffen wer [] in unfern Sagen nod) e§ roagt — 
nrie [] ber $)rang feine§ ^erjenS e§ gebot — roenn [J 
bie ©egnerbe§ <Soataliftengefe&e§ e§ al§ einen $8or> 
teil p reifen — bie praftifd)e Aufgabe, bie [] unfre 
religiöfe ©efar)r un3 ftellt — wir galten ba§ für bie 
einzig mögliche (Srflärung, weil [] feine anbre un§ 
begreiflich ift — nun galt ef, [] mit SHat unb %l)at 
if)nenbeijuftef)enu. f. w. Überall biefeS gequälte 
Sluffparen beS gürworteS bi§ unmittelbar oor ba3 
5terbum! $r\ einem SHoman t>ei^t e§: wäfjrenb bie 
©tämme it)re fallen $fte un§ entgegen ftreef ten, 
al§ wollten fie mit tfjren Firmen unferer(!) fid) er* 
wefjren. $)a3 foll fyeifjen: wäf)renbun§bie ©tamme 
ifyre fallen $fte entgegenftrerften, al§ wollten fie fid) 
unfer mit ifjren Firmen enteren! 3ft ba§ nid)t 
greulid)? 

3n jeber fremben ©pradje, im Öateinifdjen, im 
©riedjifdjen, im frran$öfifd)en, im ©nglifdjen, wirb ge- 
lehrt, bafj, wenn in einem ©afce mehrere perfönlicrje 
ftürwörter oorfommen, biefe nid)t getrennt werben 
bürfen, fonbern immer unmittelbar neben einanber 
ftefjen, eine Heine Söortgruppe für fid) bilben müffen. 
9lber ber franjöfifdje Cefjrer prebigt ba§ al§ eine 
($igentümlid)feit be§ ^ran^öfifd^en, ber griedjifdje al§ 
eine ©igentümlidjfeit be§ ©riedjifdjen, feiner weif* 
etwa§ oom anbern, unb feiner fierjt, bafj — e§ in 
unfrer s Iftutterfprad)e, natürlid) nur in bem lebenbigen 
Orjrenbeutfd), nidjt in bem iintenbeutfd), ba§ fjeute 
aQe Söelt fdjreibt, genau fo ift, bafj e3 ftdt) alfo bod) 



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um ein ©efet* fyanbeln mufj, ba§ tief in ber 9tatur 
ber ©pradjc begrünbet ift! 

iaft in allen ober in fnfl allen? 

Der britte SBerftofc enblicf) betrifft bie Stellung bei 
$räpofitionen. $>urd) alle gebilbeten Sprachen gefjt 
ba§ ©efefc, bafj bie s £räpofitionen (an, bei, nad), für, 
in, uor, mit u. f. ro.) unmittelbar vor bem Söorte 
fielen muffen, ba§ fie regieren. 5)a§ ift fo natürltd) 
unb felbftoerftänblid) wie irgenb etn>a§, e§ fann gar 
nierjt anber§ fein. 3n ber griecf)ifcf)en ©rammatif 
fpridjt man t>on Procliticae (b. t). vom angelernten.*) 
SERan uerftefjt barunter geuriffe einfilbige Sßörterjen, 
bie, weit fie eben einfilbig fi"b unb für fief) allein nod) 
nichts bebeuten, aucr) feinen eignen $on fjaben, fon* 
bem — rote mit magnettferjer $raft — an ba§ ©ort, 
ba3 ifjnen folgt, tjinangejogen werben. S)a$u gehören 
aud) einige einfilbige ^ßräpofittonen. $lber aud) ba§ ift 
burcrjau§ feine ©igentümlidjfeit ber griedjifdjen ©praerje, 
fonbern foldje äöörter giebt e3 in allen (Sprachen, aud) 
im $>eutfd)en, unb $u ifjnen gehören aud) im $eutfd)en 
bie ^räpofittonen. Steil aber bie ^räpofitionen fold>e 
Procliticao finb, bie mit bem Söorte, ba§ von tfmen 
abfängt, innig oerroacrjfen, fo ift e§ ganj unmöglich 
irgenb etroa§ etnjufcrjieben jroif^en bie ^räpofttion 
unb ba§ abhängige 2Öort. 5lud) bie§ ©efefc gefyt burd) 
ade ©pradjen, benn e§ ift in ber Sftatur ber ^rä= 
pofttionen begrünbet. 

2)a ift nun neuerbtngS im 5)eutfd)en aud) ber große 
fiogifer brüber gefommen unb r)at fid) überlegt: faft 
in allen fallen — ba§ fann bod) nicfjt richtig fein! 
ba§ faft gehört bod) nid)t ju in, e§ gehört ja 3U 
allen! $Ilfo mufj e3 fjei^en : in faft allen ftäHen. 
Unb fo wirb beim nrirftid) feit einiger >$t\t immer 
maffenfjafter gefdjrieben: bie uon faft allen ©ramma* 
tifern gerügte ©erooljnfjeit — eS geljt eine ^Bewegung 
burd) faft f amtliche ßulturftaaten - mit faft gar 



*) $cr HuMnrwf ift üou ©ottfrieb £cvmonn crfimbcn. 



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feinen 93orfenntniffen - mit nur eckten ©pitjen — 
ba§ ©tütf beftef)t au§ nur brei ©jenen — mir tjaben 
el mit nur wenigen fietjrftunben ju tfjun — mir 
fuhren burd) meift anmutige ©egenb — bie $ritif, 
bie in meift fd)led)ten £>änben ift — e3 waren gegen 
etwa merjig 9flann — in balb einfacherer, balb 
prächtigerer 9lu£ftattung — eine gebrungene ©eftalt oon 
faum Mittelgröße — ba§ 93ud) ift in n>ol)I f amtliche 
europäifche ©prägen überfefct — anbre ßritifer, r*on 
freilich geringerer Autorität — nad) genau einem 
gahrfmnbert — mit genau berfelben ©efchwinbig^ 
feit — nach längftenS jmei Sauren — für wenig* 
ften§ ein paar ©od)en — - Unterricht in wenigftenS 
einer jweiten Iebenben ©pradje — bie orbnungSlieben* 
bem (Elemente fefjen fid) ju wenigften§ tr>atfädt)Iict)er 
Dichtung t>or bem ©efetje gezwungen — fünf ^ßräpofu 
tionen mit jebe§mal oerfernebner ftunftion — überall 
ift bie £ed)nif auf annähernb gleicher $öbe — mit 
fojufagen abfolutem 3Haßftabe — mit allerbing§ 
nur geringer Hoffnung auf ©rfolg — $apan mar 
mit a(Ie§ in allem irier 9Irtifeln nertreten u. f. ro: 

©3 ift eine Barbarei, fo ju fchretben. 2)ton b^t 
ba§ ©efüfjl, al§ wollte einem jemanb in ben (§11= 
bogen ober awifchen jwei ftingerglieber *inen $ üI $ 5 
feil treiben, wenn man fo etwas lieft, ja e§ ift, al3 
müßte e§ ber ^ßräpofition felber wehthun, wenn fie in 
fo roher SBetfe oon bem Söorte, mit bem fte bod) au* 
fammenwachfen möchte, abgeriffen wirb. Söa§ ift eine 
ßogif wert, bie ju folcher Unnatur führt! Wlan oer* 
fucfje e§ einmal, man fetje in all ben angeführten 93ei* 
fpielen ba§ Siboerbtum an bie richtige ©teile, nämlid) 
bahin, wo man e8 früher hinfefcte, r*or bie s $räpofttion: 
meift burd) anmutige ©egenb -• faum oon Mittel* 
größe — td o r)I in f ämtliche ©prachen — wenigften3 
für ein paar Söochen — an näher nb auf gleicher 
$öhe u. f. w., empfiubet wohl jemanb bie geringfte 
logifche ©törung?*) 

*) Xaufenbmal fjabe tdj in SRanuffripten auef) biefe fyäfolicfjc 3i>ort= 
ftenunfl befeittflt, unb uiemal« fcaben bie SJerfaffer, wenn fie ifjrc Duirf* 
toiTfttur erhielten, üon ber SlnbemtiQ etwa* Qcmetrt, immer faben fie 



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Sflux bie 9tt>oerbia, bie jur Steigerung bcr 9lb* 
jeftioa bienen; fo, fehr, viel, roeit, ftefjen hinter 
ber ^räpofttion: mit fo großem (Srfolg — in fehr 
oielen gäflen - mit t>iel geringem Mitteln — nad) 
weit grünblid)ern Vorbereitungen u. f. ro. »ei allen 
Slboerbien aber, bie öen Slbjeftiobegriff einfdjranfen, 
herabfefcen ober fonftioie beftimmen, ift bie Stellung 
hinter ber ^ßräpofüton gana unerträglich. 

3um JUrnpüritiüncn neben ehwnbrr 

doppelt greulid) wirb ba8 3öegaerre * ber ^ßräpo* 
fition oon bem abhängigen ©orte bann, roenn ba§ 
(£infd)iebfel nicht ein einfaches 3lboerbium, fonbern 
ein Satjglieb ift, ba§ felber roieber au§ einer ^ßräpo* 
fttion unb einem bat>on abhängigen ©orte befielt ; 
bann entfielt ber gall, bafj jroei ^räpofttionen un* 
mittelbar neben einanber geraten — für jebeS feinere 
©efühl eine ber beleibigenbften ©prac^erf Meinungen. 
Unb bod) mirb auch fo jetjt maffenhnft aefcrjrieben! 
$)a fyeifyt e§: in über oierjig ©täbten — in im SRat§= 
bepofitorium befinbltchen 2)ofumenten — buref) oom 
Kriege unberührte^ Sanb — burdh oon beiben Seilen 
erm&^lte (5d»ieb§rtdr>ter — burd) für ein n>eid)e§ ©e* 
müt empfinbUchen Säbel — mit oor ftreube ftrahlen* 
bem ©eftc^t — mit in S^ränen erfttefenber Stimme - 
mit auf bie Söanb aufgelegtem Rapier — mit für 
bie Umgebung ftörenbem ©eräufch — mit nad) au Jen 
fräftigen Snftitutionen - mit über bie gan$e ^ro- 
t)inj oerteilten 3roeigoerctnen _ m it mit fchroarjem 
ßrepp ummunbnen Jahnen — ba§ Sammeln oon an 
fid) toertlofen fingen — bie ftrucht oon burd) 3 a fc 5 
taufenbe fortgefetjten Erfahrungen — eine gro&e 2ln$ahl 
oon in einzelnen Reichern weiter auSgebilbeten jungen 

offne «nftofj briiber loeflgclcfcn, alfo offenbar aeataubt, fic Ijätten fclbcr 
fo abrieben! 9*un, wenn c8 tnirflid) ein fo ftarfe* loßtfäe* ©cbflrf* 
ni$ wäre, ba$ Slbbcrb etn$ufd)teben, fo $fttte bodj einmal einer Slnftofc 
nehmen unb feine urforÜnaUdjc Raffung roieber Werften cn müffen! $)a* 
ift aber nie flefdjeljen, unb e8 ift be*ljalb nie gefo^eljen, weil ba* ISor» 
anftenen be* flboerb* ba8 nnritrit(f)e unb felbftberfiänblic&c ift. 



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Scannern u. f. to. 9ttan fann bicfcn 3ufammenftoj3 fefjr 
leicht oermeiben unb auf bie oerfd)iebenfte Söeife; ent= 
weber burd) einen Sftebenfatj: burd) Sanb, ba§ oom 
Kriege nod) unberührt geblieben mar — ober burd) einen 
©enetio: ba§ Sammeln an ftd) toertlofer $inge — 
ober burd) eine Söenbung, bie ba§felbe fagt roie bie 
Sßräpofttion: in metjr al3 oierjig 6täbten (ftatt in 
über) ober burd) ein jufammengefetjteS ©ort: mit 
freubeftrablenbem ©efid)t u. f. to. 3lber afle biefe 
Sttittel werben oerfdunäfjt, lieber oerfefct man bem 
Cef er ben fttliftifd)en SRippenftofc, unmittelbar fyintix 
einer ^räpofition nod) eine ^meite ju bringen! 

§ur Interpunktion 

©ine feine unb fd)toierige ßunft ift e§, gut §u tnter* 
pungiren. |>ier fönnen nur einige Söinfe barüber 
gegeben roerben. 

%\z 3nterpunftion oerfolgt ^mei oerfd)iebne %xotäi\ 
erftenS bie ©atjglieberung $u unterftüfcen unb bie Über* 
fid)t über ben ©atjbau ju erleichtern, $toeiten3 bie 
Raufen unb bie Betonung ber Iebenbigen ©pracfye in 
ber ©cfjrift auSjubrürfen. 3 n fielen g-äflen fallen beibe 
3mede aufammen, aber nid)t immer. 2Benn S8. ge= 
fd)rieben roirb: bie berliner Äünftler baben ben frans 
göfifdjen 33ilbem ftet§ bie beften s $lätje eingeräumt unb, 
wenn biefe nid)t reichten, anbre iHäume gemietet — 
ober: wer bie $age§preffe frittflo§ lieft unb, of)ne 
e§ ju wiffen unb ju wollen, bie bargebotnen 2lm 
fdjauungen in fid) aufnimmt — fo fdjliejjt fid) bie 
Qnterpunftion genau bem Safcbau an, ftefyt aber in 
auffälligem Söiberfprud) jur Iebenbigen ©prad)e: nie= 
manb toirb bi§ ju unb fpredjen unb hinter unb eine 
^ßaufe machen, jeber wirb oor unb abbrechen. (£3 ift 
alfo feine grage, ba& e§ fid) t)tcr empfiehlt, ba§ ftomma 
lieber oor unb ju fetjen — gegen ben @afcbau. 

$)em erften Qmedt bienen nun oor allem bie brei 
üblichen Qtifyzn: ^unft, Semifolon (;) unb ßomma. 
Uber bie $8ebeutung oon ^ßunft unb Slomma beftefjt 
fein 3 ,oe ^f e U ft* werben im allgemeinen aud) richtig 
angewenbet. $er ^unft f erliegt ab, ba§ ßommo gliebert : 

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ber s £unft trennt größere ober fletnere felbftänbtge ©e- 
banfengruppen, ba£ fiomma ferjetbet bie einzelnen 93e* 
ftanbteile biefer [©ruppen, e3 tritt oor jeben liftebenfaft, 
oor jeben abhängigen ^nftnitio u. f. ro. 3eber Saft 
^at nur einen ^ßunft bie 3<*hl oer Kommata im Safte 
ift unbefcrjränft. $>a§ Semifolon enbltd) ift ftärfer al§ 
ba§ 8omma, aber fchtoäcrjer al§ ber ^ßunft. @§ ift 
überall ba am ^ßlafte, wo jtoei §auptfäfte — mögen 
fte nun allein ftehen ober jeber roieber oon einem 9teben= 
fafte begleitet fein — einanber gegenübergeftellt roerben, 
roo alfo ber eine ber beiben §auptfäfte nur bie £>älfte 
be3 @ebanfen£ enthält unb ben anbern nottoenbig $u 
feiner ©rgänjung oerlangt, j. 93.: ^dtteft bu biet) an 
ben 93ud)ftaben be£ ©efefteS gehalten, fo träfe bid) 
fein Vorwurf; ba bu aber eigenmächtig oorgegangen 
bift, fo mu&t bu nun auch bie Verantwortung tragen. 
$>a§ Semifolon trennt alfo unb oereinigt zugleich, e§ 
fct)eibet unb oerbinbet. Sehr fein b<*t e3 baher $)aoib 
Strauß bie £atfle be§ SafteS genannt/) inbem er 
bamit ftiflfd)ioeigenb ben Saft mit ber menfd)ltcr)en 
©eftalt oergleicht, unb namentlich auf £effing hinge« 
roiefen al§ ben, ber ben richttgften ©ebraudt) baoon 
gemacht fyabe. 3n ber $h a t ift ba§ Semifolon für 
ben, ber bamit umzugehen toeife, ein§ ber ausbrach 
fähigften 3nterpunftion3$eichen, e3 toirb nur noch oom 
ßolon übertroffen. 5lber leiber! roie ungefchieft wirb 
e3 meift behanbelt! $)ie einen bringen e§ an eine 
Stelle be3 SafteS, roo man nimmermehr bie Sattle 
fucht, unb fchaffen auf biefe Söeife mijjgeftalte Säfte; 
bie anbern bringen e§ in einem Safte brei, oier, fünf 
mal an, geben bem Safte alfo brei, oier, fünf Staillen 
unb machen auf biefe Seife eine SHaupe ober einen 
Regenwurm au§ ihm. Namentlich beliebt ift e§, 
roenn $u einem $>auptfafte eine größere 5ln^ahl gleich - 
artiger Sftebenfäfte tritt, 3. $8. brei, oier, fünf SBe* 
bingunggfäfte, biefe alle burch Semifolon oon einanber 
ju trennen. ferjeint ba§ jeftt fne unb ba gerabeju 



•) 3n bem §übfcf)eit Scfjera: tet ^apierreiienbc (©efammclte 
(Steiften, »b. 2). 



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gelehrt ju werben. Unb bod) ift nichts oerfehrter ai§ 
eine foldje 9lnn>enbung. 3n>ifd)en QawpU unb Sfteben* 
fa$ ift einzig unb allein ba§ föomma am ^piatje; folgen 
mehrere gleichartige Sftebenfä^e auf einanber, fo fyat 
hinter jebhn immer nur nrieber ein ftomma ju flehen. 
2llfo auch ba§ ©emifolon fann in jebem <§afce, ebenfo 
wie ber ^ßunft, nur einmal oorfommen; ein <Sat$, ber mehr 
aI3 ein ©emifolon enthält, ift ftet§ fdjlecht tnterpungirt. 

9lber auch in bem ©ebrauche be£ $omma3 werben 
mancherlei gfehler gemacht. SBenn cor ein Hauptwort 
mehrere (&genfd)aft§n>örter treten, fo gilt im allgemeinen 
bie Dtegel, alle biefe ©igenfcr)aft§roörter burdj Kommata 
»on einanber ju trennen. 9Ranche wollen jroar neuere 
bingS baoon nicht« nriffen, fte fchreiben: ein guter treuer 
anhänglicher auoerläffiger 9ttenfch; aber erftenS oerftö&t 
ba§ gegen bie Betonung ber lebenbigen Sprache, bie 
bei folgen langem $lttributreihen hinter jebem Attribut 
eine fühlbare f leine s $aufe macht unb $roeiten§ beraubt 
man ftch bamit fehr notwenbiger Unterfcheibungen. 
@§ ift ein großer Unterfchieb, ob man fchreibt: er befaf* 
eine tiefe, ftaatSmännifche (Sinficht ober: eine tiefe ftaatS* 
männifche (Sinficht — fyiet fchliefjt ber erfte, hiftotifdje 
3lbfrfmitt ober: ber erfte h*f*orifche Sttbfdmitt be§ 
SBudjeS. 3 m crften ftaüt flehen bie beiben Attribute 
parallel ju einanber, ba§ jroeite erläutert ba§ erfte: 
er befajj eine tiefe, (mahrhaft ober echt) ftaatSmänmfche 
Anficht — fyizt fchliefjt ber erfte, (nämlich) t)iftorifc^e 
Bbfdmitt beS »ud)e§. 3m jroeiten Salle bilbet ba3 
jtoeite Attribut mit bem $auptroort einen einigen 
begriff, fobajj thatfächlich nur ein Attribut übrig 
bleibt: er hatte ftaatgmännifche (Stnftcht, unb biefe mar 
tief - ba§ S3uch hat mehrere hiftorifche Slbfchnitte, 
unb hier fcfjlie&t ber erfte baoon. @§ barf alfo fein 
Äomma flehen in folgenben SBerbinbungen: ein ftarfer 
bemotrattfdjer 3ug, eine liebenSnmrbige alte S^ugfer, 
bie nacftefte perfönliche £errfchfucht, ber unoermeibliche 
tragifche 9lu§gang. ©benfo ift e§ einzig richtig, ohne 
Äomma ju fchreiben: ba§ anbre ber ftaffifchen Dichtung 
angehörige 2>rama — wenn ber betreffenbe ^Dichter 
mehrere ber flafftfchen Achtung angehörige 2)ramen 

20» 



gefdjrieben f)at, wogegen ba§ Nomina nid)t fehlen 
bürfte, wenn er nur $wei gefdjrieben t)ätte # ein ber 
mobemen unb ein ber flaffifd)en 9ttd)tung angel)örige5. 
©runbfalfd) aber ift, wag man fo oft auf *8ud)titeln 
lefen mufi : $meite »erbefferte Auflage, benn bVwnit wäre 
gefagt, bajs baS SBud) jwei oerbefferte Auflagen 
erlebt fjabe, unb bie§ fjter fei bie 5 weite baoon, im 
ganzen alfo minbeftenS bie britte; bie SJudjfyänbler 
wollen aber boct) fagen, e§ fei bie zweite, unb jwar 
fei biefe gegen bie erfte Derbeffert.*) 

$Benn $wei £auptfätse burefy unb oerbunben 
werben, fo gilt im allgemeinen bie fefjr oerftänbige 
Siegel, baf* oor unb ein Somma fte&en muffe, wenn 
hinter unb ein neue§ Subjeft folgt, Dagegen ba§ Äomma 
wegbleiben müffe, roenn ba§ ©ubjeft baSfelbe bleibt. 
SHatürlid) ift babei unter ©ubjeft grammatifdjeS Sub= 
jeft $u t»erftet)en, nidjt logifd)e§. ©einem begriffe nad) 
mag ba§ zweite ©ubjeft baäfelbe fein roie ba§ erfte; 
fomie e§ grammatifdj burdj ein gürwort (er, biefer» 
erneuert wirb, barf aud) ba§ ftomma ni$t fehlen. 
SBenn $mei s J*ebenfäfce burd} unb oerbunben werben, ift 
ba§ Äomma überflüfftg; nod) weniger wirb e3 natürlid) 
jemanb fefeen, wo unb nur jwei SÖörter oerbinbet. 
$enno<$ finb 9lu3nal)mefälle benfbar, 93. er weift, 
unb blür)t nid)t mefyr — in äeipjig, wo man fo xriel, 
unb fo rnel gute ^hufif f)ören fann. <£r blüt)t unb 
buftet nid)t meb,r — ba wäre ba§ ßomma überflüfftg. 3n 
folgen fallen tritt ber jweite 3wed ber Qnterpunftion, 
bie Raufen unb bie Betonung ber lebenbigen ©praefoe 
auSjubrüden, felbft abweid)enb oon bem erften, bie 
©lieberung be§ (5afcbaue§ ju unterftüfcen, in feine SRedjte. 



*) hälfet) ift aucfi, n>a§ man in allen anriquarifdjen 33ü$en>cr3Cia> 
niffen lefen mufi: erfte, fcltnc Sluägabc. ®8 Hingt ba*, al* ob 
e* uon bem Sudje mehrere fcltne SluSgaben gäbe, unb bie« rjter bie 
erfte baoon wäre. $>ie Antiquare motten aber fagen, c$ fei ubcrrjaujrt 
bie erfte 9lu*gabc bc* 93ud)eS, unb biefe fei feiten. 3)a* fann nur öeifeen: 
feltne erfte 2lu*gabe. $a§ ftomma, ba* btc Sintiguare oruauicten, 
macht bie ©acfjc nicfjt beffer, ber gcljler liegt in ber falfdjen SBort* 
ftcQung. (frfte SluSgabe ift ein begriff, ber itict)t getrennt toerben 
barf (= Originalausgabe), ©gl. ber lefrte fettere Xag (j. ©. einer 
Cramcnmodtjci unb ber fenroere lefcte tag (ber $obe*tag). 



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s 3lud) vor einem Qnftnitio mit $u gilt roobl 
allgemein bie SRegel, ein Komma §u fefcen. ÜJtanclje 
Iaffen e§ $roar ^ier grunbfäfclid) weg, namentlid) menn 
ber Qnfinitio gan* unbefleibet ift; fie galten e§ für 
überpffig, ein fo turjeS, nur au§ jwei Sörtern be* 
ftef)enbe§ ©lieb burd) ein befonbreg 3eid)en abju* 
trennen. @§ empfiehlt fid) aber bod), e§ überall $u 
fefcen, ba fonft leicht 3toeifel unb ÜKi&oerftctnbniffe 
entfielen fönnen. 2öenn jemanb fdjretbt: e§ ift fcfyroer 
$u oerftefyen — fo fann ber (Sinn nur fein: e§ ift $u 
oerfteben, aber ferner — unb roenn gef trieben rnirb: 
ofme ben ©enufj ju empfinben, fo fann ©enujj nur 
al§ Objeftio ju empfinben aufgefaßt werben. 3öenn 
e3 aber Reißen foü: e3 bereitet <5d)toierigfeiten, e§ ju oer* 
fielen — ofme ben ©enufc, ber barin beftefjt, bajs man 
empfinbet u. f. m.? $)te§ fann nur burd) ein Komma 
beutlid) gemacht werben. 3tber aud) in einem Safce 
n>ie: bie ultramontane treffe oerftanb e§ balb allerlei 
2ftijM)erftänbniffe aufjufinben — entfielt ber 3^ ei f^ : 
1003U gehört balb? ju oerfteben ober ju auffinben? 
(Sin Komma bebt ben ^roeifel. 

9iur in einem gaUe ift e§ nid)t nur überflüffig, 
fonbern gerabeju ftörenb, oor ben Snftmtto m j t §u e j n 
Komma $u fefcen, nämlid) bann, roenn ber ^nfinitio 
ein Dbjeft bei fief) I)at unb biefe§ Objeft oor bem 
regierenben Söerbum ftef)t, oon bem ber Qnfinttio ab* 
f)ängt 3. $8. biefen ©ebanfen fönnte man oerfudjt fein, 
mit SöaKenftein fjerjltd) bumm $u nennen, liefen 
©ebanfen fönnte man oerfud)t fein — ba§ ift bod) nur 
ein 3at$brud)ftüd ofyne allen Sinn, roa§ fod ba ba§ 
Komma? (£§ ift aber aud) burd) bie lebenbige Spradje 
f)ier nid)t gerechtfertigt, benn niemanb roirb burter t>er = 
fud)t fein im Sprechen anbalten, alle3 brängt ju bem 
Qjnfinitio t)\r\, ber erft ba£ Objeft oerftänblid) mad)t, 
ba§ oorläufig nod) in ber Suft fd)roebt. Derfelbe %aü 
liegt ftet§ oor, roenn baS Cbjeft ein relatioeä ftürroort 
ift. ($3 empfiehlt ftd) alfo, obne Komma 5U fdjreiben: 
bare§ ©elb gelang e§ ü)m nidit fid) anzueignen — 
tbatfäd)lid)e Irrtümer bürfte e§ fdjroer fein in bem 
bänbereieben Söerfe aufeuftöbern — id) gebe btr feinen 



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diat, ben id) uid)t bereit märe f elber ju befolgen — 
bie Silnforberungen, bie wir un§ geroölmt l)aben an eine 
fold)e 3(u§gabe §u ftetlen — ber 2öuft oon Aberglauben, 
ben ber Vorgänger fieb rühmte aufgefegt Ijaben — 
ben Unterfd)ieb, ben ber Offizier gemoljnt ift amifdjen 
feiner Stellung al§ foldjer unb ber al§ ©entleman 
machen. 

Unbegreiflich ift e£, bafe man bie beiben grunb* 
üerfd)iebnen ja, bie es giebt, ba§ beteuernbe unb ba3 
fteigernbe, faft nie richtig unterfd)ieben finbet, unb bodj 
finb fie burd) bte 3>nterpunftion fo leidet ju unterfdjei* 
ben. s J2ur binter ba§ beteuernbe j a gehört ein Äomma, 
benn nur hinter biefem nrirb beim ©predjen eine ^aufe 
gemacht : j a, es mar ein fyerr lieber borgen ; ba§ fteigernbe 
ja bagegen mirb mit bem -folgenben SÖorte in ein£ 
t>erfd)moljen: fie bulbete biefe SEKifebattMungen, ja fie 
fd)ien fie gu oerlangen — ma§ foü ba ein ftomma? 
©benfo nerfe^rt ift eS, ein boppelteS ja (ja ja 
unb ein Doppeltes nein (nein nein) burd) Kommata 
3U trennen, roie man e£ faft immer gebrudt lefen 
muß. 9flan fprid)t bod) nid)t ja (^aufe), ja, fonbern 
jajjab, al§ ob e§ nur ein Söort rodre. 

©anj oerfebrt mirb oon oielen jefct ba3 ßolon (:) 
angemanbt: fie fetjen e§ überaü ftatt be3 Semu 
folon§ (;) unb ftören bamit ben, ber bie 93ebeutung 
ber ©atjjeidjen fennt, auf bie ärgerlidjfte Sßeife. $)a§ 
©emifolon f djlieftt ab, mie ber ^ßunft; bas ftolon 
fd)Iiej$t — auf, e£ l>at oorbereitenben, fpannungermeefen* 
ben, au§fid)teröffnenben ©inn, ein gut gefet$te§ $olon 
mirft, mie menn ein SBorfyang megge^ogen mirb. £af)er 
ftefyt e§ oor allem oor jeber bireften SKebe (oor bie 
inbirefte gebort ba3 ftomma!); e§ ift aber aud) überall 
am s $la$e, roo e3 fo oiel bebeutet mie nämlid), S8. : 
ber Söerfaffer l)at mebr getban, als biefen Söunfd) er- 
füllt: er l)at bie Auffäfce oielfad) ermeitert unb er* 
gän§t — ober ba$u btent, bie folgen, ba§ Ergebnis, 
ba3 ermartete ober unerroartete (Ergebnis be§ oorber* 
gefdjilberten einzuleiten, 5. mir baten, flebten, 
fdjmoHten: er blieb ungerührt unb fprad) oon etroaS 
anberm. 



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©efd)macflo3 ift e§, bic bcr ^Betonung bicnenben 
3eid)en, ba§ g-ragejeidjen unb ba§ UluSrufejeicfyen, $u 
uerboppeln, ju ©erbreifacfyen ober mit einanber $u oer- 
binbcn :??,!!!,?! dergleichen f c^rcit ben fiefer förmlich 
an, unb ba§ barf man fid) .bod) ^erbitten, ©ine 
Ulbgefdjmadtyeit oljne gleiten aber ift e3, Ijalbe ober 
a,an$e 3eilen mit fünften ober ©ebanf enftri^en *u f üQen, 
wie e§ unfre s Jiomanfd)retber unb fteuifletoniften jefct 
lieben. (£3 foll ba3 geiftreid) au§fe£)en, ben Schein er* 
roetfen, aU ob ber SBerfaffer oor ©ebanfen ober Silbern 
beinahe platte, flc gar nidjt alle auSfpredjen ober au§* 
führen fönnte, fonbern bem Sefer fid) ausmalen 
überlaffen müfcte. Streift ift eS aber Söinb; roer roaS 
fagen t)at, ber fagt e§ fd)on. 

$üe&*nb*r £M 

Wlaxx fprid)t fo oiel oon fliefjenbem Stil, beneibet 
roobl aud) ben unb jenen um 'feinen fliepenben Stil. 
Sft ba3 ®ad)e ber Begabung, ober ift e§ etroa§ erlern* 
bareä? 

3um Steil beruht ba§, ma§ man flie&enben Stil 
nennt, unjroeifetyaft auf ber ßlarfjeit be§ Kentens unb 
ber 3rolgerid)tigfeit ber ©ebanfenentroitftung, ftum Seil 
aud) auf bem SRIjmt f>mu§ — e§ nnrb oiel ju oiel ftumm 
gefdjrieben, wäfyrenb man Ibod) nid)t§ bruefen (äffen 
foüte, toa§ man fid) nid)t f elber laut oorgelefen rjat!*) 
— jum größten Seil aber beruht e3 auf gemiffen 
ted)nifd)en £>anbgriffen beim ©atjbau — §anbmer!§ s 
oortelcben fönnte man fagen — , bie man eben fennen 
muf3, um fie anroenben $u tonnen, ünbenw&t unb 
unroiflfürltd) roenbet fie niemanb an. giebt aller* 
bing3 aud) einen flie&enben 9toturburfd)enfti(, ber ben 



*) «manche lieben e*, «ebinflungtfä&c ftatt mit roenn mir bem 
«erbum anzufangen, ä - $3. ein geroiffenfjafter aHann barf, roil.I er 
feinen {Ruf nict)t gefäfjrbcn u. f. ro. 28er laut fdjrcibt , roirb fo etmaS 
nie fcfjreiben. 2>te beiben ^erba barf unb roül ölafccn ja auf 
finanber rote ein »aar Siofomotiocit. Schreibt man: n>cnn ev feinen 
9?uf nid)t gefährden roiif — fo münbet ber Kebcnfafc ein roie ein 
^ebcrtflüBc^en. ba$ ben $üib be« $auptfa$c* befrtleuuün. 



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£efer biStoeilen eine fyalbe Seite lang täufdjen fann; 
bann fommt aber plötjlid) ein ©at$, ber beutlich oerrät, 
ba& ber Söerfaffer nur zufällig, md)t mit SBerou&tfein 
fliefcenb getrieben hat. 

den angenehmen ©inbrutf, bajj jemanb fliejjenb 
fdjreibe, hat man bann, wenn beim fiefen bie geiftige 
Sluffaffung, ba§ $Berftänbni§ baS getriebnen immer 
gleichen ©djritt ^ält mit ber fmnlidjen Sluffaffung, 
bie burct) ba§ Sluge oor ftch geht. $ft ba§ nict)t 
ber gatl, ift man öfter genötigt, ftehen ju bleiben, 
mit ben klugen toieber jurüdzugeheu , einen ganzen 
©atj, einen falben ©atj ober auch nur ein paar 2öorte 
noch einmal ju lefen, roeil man fief)t, baft man ba§ 
gelefene falfd) oerftanben ^at, fo fpricht man von 
holprigem ober höcfrigem ©til. ©old) ärgerlichem aJtifjs 
oerftänbniS aber fann bie mannigf ad)ften Urfachen haben. 
2Ber biefe Urfachen ju oermeiben roeifj, roer ben Cef er 
jeberjeit ztoingt, gleich DC * m erften ßefen richtig $u oer* 
ftehen, ber fchreibt einen flie&enben ©til. %m folgenben 
follen einige ber §aupturfad)en eines hangen, mit 
anbern Süorten: einige ber £>aupthinberniffe eine? 
flie&enben ©tilg zufammengefteflt werben. 

3u biefen £>inberniffen gehört oor allem bie leiber 
in unfrer ©prad)e roeitoerbreitete, ungemein beliebte 
unb bod) baS SöerftänbniS, namentlich bem 9lu§länber, 
aber auch bem deutfdjen felbft überaus erfchmerenbe 
Unfiite, (fo, n>ie e3 hier foeben gefdjehen ift!) jtoifchen 
ben 5lrtifel unb ba3 zugehörige ©aupttoort langatmige 
Attribute ein$ufd)ieben, ftatt ben Inhalt biefer Attribute 
in s Jiebenfätjen nachzubringen, dergleichen *8erbinbungen 
finb gerabeju eine dual für ben fiefer. 2Han fief>t einen 
s 2lrtifel: bie. dann folgt eine ganze DJeihe oon 33e* 
ftimmungen, oon benen man junächft gar nicht erfährt, 
worauf fie fich bestehen: oer breitete, beliebte, er? 
f d) lo e r e n b e. (£nblid) fommt ba§ erlÖfenbe Hauptwort : 
Unfitte! SÖäbrenb alfo ba§2luge roeiter gleitet, roeiter 
irrt, rotrb unmittelbar hinter bem 2lrttfel ber ©trom ber 
geiftigen 9luffaffung unterbrochen, e§ entfteht eine öücfe, 
unb ber ©trom fchliefet (ich erft roieber, roenn enblid> 
ba£ © auptioort fommt. dann ift eS aber zu fpät, man 



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hat bie Überficht über bag eingefchobne längft oerloren, 
mufe nrieber umfehren unb ba§ ganje nod) einmal lefen. 
(£ine fetetje Unterbrechung tritt jroar bei jebem eins 
Qefchobnen Attribut ein, aber bei furgen Attributen boch 
in fo oerfchwinbenb Keinem 2flaj$e, bafc man fte gar nicht 
fühlt. 3e länger ba§ Attribut ift, befto empfinbltcher 
unb ftörenber wirb bie fiücfe. 9tur ber gute Stilift fyat 
ein ricr)tige§ unb feine§ ©efübl bafür, wa3 er bem 
fiefer in biefer SBejtebung jumuten fann. 3m 3wetfel§* 
fau* finb ;iftebenfätje immer oorjujiehen.*) 

$)a§ $weite £aupthinberni§ eine§ flie&enbcn 6til3 
ift fchon früher befprodjen worben unb foll f)ier nur 
noc^ einmal nadjbrücflicf) hervorgehoben werben : e§ ift 
ber unoorfichtige ©ebraucr) ber Fürwörter (ogl. 3. 223». 

©ine britte Unfitte, bie ba§ Sßerftänbnte afle§ beutfd)= 
gefd)riebnen namentlich in neuerer fyit in ber peinlichen 
2öeife erfd)wert, beftefjt bavin, bafc man ba§ £>aupt= 
finnwort be§ <Safce§, ba§ $8erbum, immer gum ©ubftanttn 
macht, entmeber ju einem wirf liehen ©ubftantio ober 
^ einem fubftantioirten Snfinitio. Auch auf biefe 
fchlimme Neigung unb einige ihrer fchlimmen folgen 
ift fetjon früher gelegentlich r)ingeir»iefen worben, aber 
auch an fie mag hier nochmals erinnert werben. Unfer 
Amt§* unb 3*üung§ftil fc^reibt gar nicht mehr anber§, 
al§: trotj ber feiten^ be§ ^orfitjenben be§ ©erid)t§ 
erfolgten Ablehnung be3 Antrags be§ Angeflagten auf 
SBorlabungbe3 ^efltterS u. f. w. £)a mufj man bod) 
förmlich ftubiren, um bafjinterjufommen, wa3 gemeint 
ift! s J3ie leicht oerftänblicf) wirb aöe§, wenn man 
fchveibt: obgleich ber SSorfitjenbe be§ ©ericf)t§ ben 
Antrag be3 Angeflagten ablehnte, ben Redner oor^u* 
laben. 3 U oen W 0 " früher ermähnten Nachteilen, 
bie biefe Unfitte §ur Jolge hat (ogl. 6. 80, 215 unb 250), 
§eigt ftd) fax ein weiterer: fie bringt ben fdnreibenben 
fortwäfjrenb in bie unangenehme #age, einen ©enetio 



*) 8" &cit Sdjnftftcaern , bic feine 2ll)nung öqüou Ijabcu , lodere 
unauSgefefcte Cuälerei ftc bem 2cfer burdj folc^e eingcidjadjtcltc lange 
Attribute bereden, gehört namentlich ein befannter „©oetljeforfrijer." 
(5r gentefst aber bafür autf) bie 9lu«}eitf)nung , ban man biete f)ä&U(f)e 
Slngetoo^nfjeit auf feinen Warnen getauft fjat. 



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an einen anbem ©enetio Rängen jumüffen: be§ $8or* 
fifcenben be£ ©eridjteS — beS Antrags be§ 2lnge* 
flagten. 9lu§ biefer Sage befreit man ftd) fofort, wenn 
man ba§ 93erbum gebraust. 2)aS $erbum erhält ben 
ganjen ©afcbau gefd)tneibig unb flüffig, man fann 
eS in ber mannid)fad)ften SBeife befleiben unb ergänzen, 
olme bafc ber Sai befdjwert würbe; fowie man bagegen 
ben SBerbalbegriff fubftantioirt, entfte^en nid)t nur fo 
{)äfjltcr)e SBilbungen, wie: Simngriffnafyme, 3" rt " 5 
fprudjnafjme, 93eifeitefd)iebung, Qugänglid)* 
maetyung, 3 uranna ^ me ^ r i tl 0 un 9/ fonbern man 
oerlegt ftd) aud) felbft ben 2Beg, oerfiijt fid) ben ©atjbau 
unb mufi bann ju Hilfsmitteln wie bem garftigen f e i t e n § 
feine 3 U P UC ^^ nehmen, unb aboerbiefle SSeftimmungen 
geraten ftetS in bie ©efafyr, falfct) belogen ju werben, 
wie in folgenben <§ät>en: man oerjidjtete auf bie 93c* 
antwortung einer % fjr onrebe burd)eine$lbreffe (ftatt : 
burd) eine Slbreffe gu beantworten)— würbe ber 
ftörperoerlefcung mittels eines ferneren SBerf* 
$eugeSangeflagt (ftatt: mittels etneS fdjweren 2öert- 
jeugeS o erlebt $u l>aben) — ein ©jcpebient würbe 
wegen Unterfdjlagung oon 750 äflarf jum 91a erteil 
feinet ^rinjtpalS oerfjaftet (ftatt: weil er jum 
9J ad)teil f eines ^rinjipalS unterfd)lagenf)atte) — bie 
ftifdjerinnung f)at baS 93efaf)ren ber ftlüffe innerhalb 
ber glur ßeip^igS mit $3oten unb ftäfjnen oerboten 
(ftatt: mit 93oten unb ßälmen ju befahren.) ©ine 
aboerbieHe iöefttmmung gebort, wie fdjon it)r iftame 
fagt, ftetS jum Söerbum; wirb btefeS SBerbum fubftan* 
tioirt, fo flüchtet fie fid) eben &u einem anbern SBerbum, 
unb — ber Unfinn ift fertig, 9tamentlid) in unfrer 
©efetj* unb S8erorbnungSfprad)e fpiell biefer ?Jef)ler 
eine grofce s JioHe; taufenbe oon j58efanntmadmngen, 
Skrorbnungen, Söarnungen, Verboten fangen gleid) mit 
bem fubftantioirten 3nfinitio an unb quälen bann ficr) 
unb bie £efer mit allem, waS barauf folgt. 

@in oierter, unenblid) häufiger frevler, auS bem baS 
gerabe ©egenteil eines fliepenben ©tilg entfpringt, befte^t 
barin, bajü ein casus obliquus eineS Hauptworts fo im 
©at3e geftedt wirb, bafc er beim erften ßefen entweber 



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■m r~ i »cj #r r *m g~>rir irr 01- T^i~i~iri^'fc"M"iTiO-T J i]j<g'ii J 'fri-ifi 



ntd)t er!annt wirb ober falfc^ belogen werben mufi. ©ehr 
gewöhnlich ift e§ 5. SB., baj ein ©atj mit einem Affufatio 
angefangen wirb, ber, weil er ein Femininum, ein 
Neutrum ober ein Plural ift nid)t eher al§ Affufatio 
erfannt wirb, al3 bt§ — oft gtemltch fpät — ba3 
Sßerbum folgt; big ba^in fyält ihn jeber Cef er für ben 
Sftominatto, alfo für ba§ ©ubjeft be§ ©afce§, 5. 93.: 
bie Pflege unb Söartung be£ jüngften $mbe§ beforgt 
bie §au§frau felbft — eine oolle ßeben§fraft unb 
©laftiaität befi^enbe Sflatur — wenn baSoorhanbne 
©Ieidjgewicht ftörenbe SBerfchtebungen eintreten 
foflten. Aber auch $ar)Ixeid)e anbre gäfle fommen 
r>or, wie folgenbe SBeifpiele jeigen (ba3 9Jfijwerftänbni§, 
in ba§ jeber Sefer junächft oerfäflt, mag burd) ben 
£>rucf l)eroorgeJ)oben werben): in einem (£nbe 9lo- 
oember 1862 an ba§ SERinifterium gerichteten ©cfjreiben — 
ba§ nationale ©efühl ift burd) 3 a h*hunberte lange 
Trennung gefdnoächt — bie ©o^ialbemofratie beftefjt 
noch in bem ©taate gefafjrbrohenber SBeife — mit 
D^ücf ficht auf bie SBefäf) igten %u erteilenbe Au§* 
bilbung für bie Oper — e£ fyanbelt fid) um eine 
f er)r weite Greife intereffirenbe Angelegenheit — 
ber Anteil an bem burd) bie $f)ätigfeit aller 
(Stielten — wegen ©chenfung eines 93aur»lat3e3 mit 
bem 9tat in Unter hanblung ju treten, ober bie ©chen^ 
fung eine§ folgen 9tamen§ be§ Vereint anju* 
nehmen u. f. w. Qn allen biefen ©ä^en oerbinbet man 
im erften Augenblirfe falfd); im näd)ften Augenblirfe 
fiet)t man natürlich bie richtige Verbinbung, aber feinen 
©tofj l)at man bod) weg. 

Seitenlang fönnten fjier SBeifoiele ber üerfdjiebenften 
Art aufgezählt werben, bie alle auf ba3 eine t)tnau§ 
laufen, bafc ber Cefer beim erften Cefen falfd) oerftebt, 
an einer gewiffen ©teile merft, bafj er falfd) oerftanben 
l)at, bc§t)alb umfehren unb ba§ gelefene gletcbfam ums 
benfen muß. Audi) wenn gefdjrieben wirb: biefe Ur- 
funben änbern bas SBilb, ba§ man fid) von jenen 
©eften unb r»on ber $u ihrer Vertilgung eingefettet! 
^nquifition gemalt hatte, nid)t wefentlid) — , liegt 
berfelbe gebier oor. 3)afj bie Urfunben ba§ SBilb nicht 



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wef entlief) änbern, erfahrt ber Sefer oiel ju fpät; bt3 
babtn f)at er glauben muffen, fie änberteu e§. 

s 2lb$ubelfen ift biefen Slnftößen, wie man fiebt, auf 
bie oerfcf)iebenfte 3Öeife, aber immer fefjr leicht: burd) 
einen Webenfafc, burch beffere Söortfteflung, burch 
beffere Orthographie u. f. w.; ein einigermaßen benfen* 
ber Schriftfteller wirb fid> überaßt fcrmeQ ju helfen 
wiffen, fobalb er nur — ben Slnftoß bemerft. s 2lber ba§ 
ift eben ba§ fd)ltmme, baß ber <SchriftfteHer felbfi 
gewöhnlich folche ^Inftö^e nicht bemerft nur ber Cefer 
bemerft fie. 2Öie bem abzuhelfen fei? SBor ädern 
baburch, baß man fid) bei bem ßefen beffen, wa§ 
anbre gefchrieben fyabeu, überall ba, wo man hängen 
geblieben ift, forgfältig bavüber JRechenfchaft giebt, 
warum man hängen geblieben ift, unb bann oergleichen 
oermeibet. 9ftan fann e§ barin bei einigem guten 
2SiHen fcf>r balb ju einer ge wiffen ^ertigfeit bringen. 
(£in anbre§, fet)r einfache^ 9JHttel ift, baß man nichts 
naß in bie £)rucferei giebt, fonbern afleS, wa§ man 
gefchrieben hat, wenn auch nicht nonum in annum, fo 
bod) einige 5Bod)en lang beifeite legt unb bann auf§ 
neue oornimmt. Qn biefer 3wifchen$eit ift e§ einem 
gewöhnlich fo fremb geworben, baß man oon all ben 
9inftößen, bie jeben anbern Sefer oerlefcen würben, felbft 
oerle^t wirb, fie alfo noch rechtzeitig befeitigen fann. 

9luf jeben ftaö follte jeber ©chriftftefler folgenbe fttti* 
ftifchen £>au§* unb SebenSregeln beobachten: 1. fchreibe 
93er ba, nicht Subftantioa! 2. fchreibe ©ubftantina, 
nid)t Pronomina! 3. fchachtle nicht, fonbern fchreibe 
Sftebenfätje! 4. fchreibe laut! fchreibe nicht immer bloß 
für bie klugen, fonbern oor allem für bie Ohren! 



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Seite 

(Einleitung 3 

3ur gormenlerjre 

©tarfe unb fd)toad)e 2)etlinatton 35 

kernte ober Manien? 36 

$atiö-e 36 

$)ie ©tiefe! ober bie ©tiefein? . 37 

Sorte unb SBörter, ©ehalte unb Rätter ... 38 

93ote ober 93öte? 39 

(Generale ober Generale? .40 

$a$ 3 ber 9ttel)rjaf)l 40 

3)ie ©toffnamen 41 

§ünf Pfennige ober fünf Pfennig? 42 

3eoe$ 3roange8 ober jeben ftruanges? .... 42 
9Son fjoljem gcfd)tcr)tlic^cm @ette ober von fjotyem 

gefdjidjtlidjen SBerte? 44 



©amtlictjer beutfdjen ©tämnte ober jätntlicrjer beut- 

fcr)er ©tämme? ... 45 

©rofjer ©eleljrten ober groger ®elot)rter? ... 46 

©tu fcnöneS ©an^e ober ein fct/öneS ©an$e$? . . 48 

üiebe fjreunbe ober lieben greunbe? 48 

$Bir $eutfdjen ober mir $eutfcf)e? 49 

Wnbetn, anbren ober anberen? 49 

3rriebncf)3 beS ©rofjen ober griebridj bes trogen? 51 



ftaifer SSityehn* 25 

Öeopolbä non SRanfe ober ßeopolb oon 9tanfe3? 35 
$oettje8 ober ©oetfje'S? SßoffenS Suife ober 

»ofi' Sutje? 54 

$e$ föfjeins ober be3 föfjein? 58 

herein fietpjtgei Setyrer — an S3orb ©r. 9ttaj. ©ctnff 58 

Sumerer rotegenb ober fefnoerroiegenber? ... 61 

©rö&tmöglidjft 62 

©ebenfe unfer ober unfrer? 63 



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318 

Seite 



$erer unb beren 63 

@inunbbe$felben 64 

Wan 64 

3cmanb ober jemanbem? 65 

3emanb anberä 65 

Starte unb fdjmadje Konjugation 66 

Sdjmanfenbe 3ettmörter 67 

grägt unb frug 69 

Ueber geführt unb überführt 72 

Singen f)bren ober fingen gehört? 74 

SBürfe ober märfe — begönne ober begänne? . 75 

kennte ober fännte 76 

$ur 2Bortbilbung3IeIjre 
Eingebung unb Eingabe. Aufregung unb Sfaf* 

geregtfjeit 79 

ftücfjictjtnafnue .82 

Tintenfaß ober Stntefag? 83 

Speifefarte ober Speifentarte ? 86 

SfKnbetbraten unb Apfelmus 86 

fteidjenbudj ober Qttyntnbuü)? 88 

m$ $Binbe-3 88 

grembforadjlid) unb bretmonatltdj 90 

®oetfufcf) ober ©oetfc'fdj? 91 

§allenfer unb SBeimaraner 92 

9Jeue Wörter 94 

Sflobemörter 96 

Sdjmulft 105 

SRcflaniWe Sluffaffung 106 

Ebingen 109 

£od) unb feiten 113 

2öeg ober fort? 114 

^rooin^ialiSmen 116 

grembroörter 118 

3ur Safclefjre 

Unterbrütfung be« SubjeftS 129 

Sic 2lu3ftattung mar eine glängenbe .... 130 

dine «Wenge mar ober waren? 133 

(SS mürbe fief) 135 

38irb gebeten ober ift gebeten? 185 

gfögbrauef) beS SmperfettS 135 

©erben 140 

SBurbe geboren, mar geboren, ift geboren . . 143 

3nfja(t3anc;aben 143 

9fteIattofä$e. SBeldjer, meiere, mefdjeS .... 144 



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2citc 

Saä unb roaS 149 

Sßie, too, worin, womit, roobci 149 

SBedjfel jnnjajen bcr unb toeldjer 151 

äörlcfj festerer unb roeld)er lefctere 154 

^etatiüfäfe an Attributen 156 

©iner beu fc^tnicrigften, bte ober bcr? . . . . 159 

Ser falfdje fortgefefcte föelatfofafc 160 

SBernadjläfftgung beS $afu$mect)fel3 beim SRela= 

tioum 161 

SRelattofafc ftatt eines §auptfafce$ 162 

s Jtect)bem — jumat — trofcbem — obgwar . . 168 

Unterbriicfung bc3 §Uf8aeiüoort$ 165 

3nbtfatiü unb ßonjunftiü 170 

Sie con8ecutio temporum 175 

Ser unerfennbare tonjunftib 177 

Skr flonjunftiü ber Wtymirfliajfeit .... 180 

93ergteidjung3fä&e. Als ob, als loenu .... 182 

©ürbc 184 

Hftffatytfttte unb abhängige Sragefäfce .... 185 

Ser Snfinitiö. ßu unb um 511 186 

Sa$ Partizipium. Sie frattgefunbne Sßerfammtung. 189 

Sa$ fid) ereignete Unglücf 192 

Partizipium ftatt eineS $auptfa&e$ 193 

SaS unfleftirte Partizipium 193 

2)a3 Attribut 195 

gacfjbilbung ober fadjlid>e SBtlbung? .... 195 

grftauffüfjrung 200 

28eimavlofe unb Sfteapelmotioe 202 

Sfjafefpearebramen unb SBtSmarcfbeleibigungen . 204 

Sperr fiammerS * Bremen 206 

Sie Sammlung ©öfäen 208 

Sie Familie Wadrfolger 209 

Sie gelben Sieberanfälle 211 

Sie teüroeife Erneuerung 212 

Ser tiefer benfenbe, ber Sieferbenfenbe ober ber 

tiefer Sentenbe? 215 

Sie Appofition 218 

Ser 93ud)titeifel)ler 219 

5rl. SRimi Sdjutz, Jooster u. f. w 221 

3n einer Qeit roic ber unfrigen 222 

@. gifcfjer, ©udjbinberei 222 

Sie Pronomina. Ser erftere unb ber festere . 223 

Ser obige 227 

Serfelbe, biefelbe, baSfelbe 227 

• 



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96&&&&&&GHMä 820 

Seite 

Dorin, borauS, baran, borauf u. f. to 232 

derjenige, bieienige, ba^jentne 236 

Sener, jene, jene3 . . 238 

jktfonenuertpecfoglunfl beim f^ürtport .... 239 

fiur ffaju3tehre. 3ct) oerfichre bir ober Eid)? . 239 

Voller ^enfefren 241 

Zahlwörter 243 

Die ^räpofttionen. $ln(äBiich, gelegentlich u. f. to. 244 

Seiteng . . • ... . 247 

flm SBege 252 

3u (£rg5nftung 253 

9?brMid), jübttd), rechts, linfc, umoeit .... 256 

flum ober au bem? , 2">7 

IHb Brcicfau ._ ^t>l 

Wui: „Die ®renabotett" 262 

fcin unb ^er 264 

gtödj bort 266 

s -tti3 966 

3n 1870 268 

Atter t?ier SSocfjen .......... 268 

Donnerstag unb Donnerstags — nachmittag unb 

nachmittags . . . . . . . . . . . . 269 

Drei Monate — buref) brei 9ftonate — roährenb 

breier Monate 270 

%m (!) Donnerstag ben (!) 13. gebruar ... 272 

$tnbero orter. Unb 273 

^e$. be ( stel)ung^meife be^ro 275 

9US, wie, benn beim Äomparatiu 278 

Verneinungen, (sich nicht entbloben .... 279 

^Bejonbre gehler. (Sin fdmMeriger gall . . . 283 

Die fehlerhafte 3 u i ammcl W c hung 285 

Der $leonnSmuS 287 

Die 33tlberoermengung 290 

ßur SBortfteflung 291 

Die fogenannte Snoerfton nach unb 294 

Die (Stellung ber perjönüchen gürroörter . . . 297 

3aft in aßen ober in faft allen? 302 

groei «Jkäpofitionen neben einanber 304 

Kur Qnterpunttton 305 

tflie&enber Stil 311 

Htui »on Carl äKarquim t&^iyj^k. 



lenut gettäfjren, tote auf ber ©cfamtfictt ber Schöpfungen beS DtcbterS heraus« 
eljobcn für fid) altctii fielen fatrn, finbct fldj auch bei ber TOchriahl unfrei 
cften Dieter nur ocreinjelt; e* ift aber ntdjt möglich, jeben an bic Cucllcn 
u bertoeifen unb ihm $u übcrlaffen, fich bort bte ©olbfömer berauSiufudjen ; eS 
ft auch unmöglidj, bafc ftdj jebrr bie Kerfe famtliehcr Dieter anfcbaffe, 
int beS ttnbcrgänglidjen lutUen, baS ftd) barin aerftreut finbct. Deshalb ^abcit 
Indologien ihre »credjtigung unb ihren ©ert. CS , fomtnt nur barauf an, bafe 
ie wirfUd) baS BoIIcnbetfte unb 6<§önfte in fitfj bereinigen, bafe ihre ©ammlcr 
►crftanben Sahen, bcn «Beiden bon ber ©prcu ju fonbcrn, bafe fic ba« Urteil 
efi|en, ba« ba* Unbcrgängltche unb ©ctoahrcnStucrte aus bem ber DageSmcbc 
mtertoorfenen unb oon ber 82c((ame grofege&ogeucn , ba* tmraer toieber baS 
(affifdje Ältere *u ttbcrttmchern unb &u bcrbrängen broht, hcraus&ubcben bermag. 
liefen Änfprudj ergeben bie ®runott>fct)cn Anthologien, bereu 9tctbe noch nicht 
efchloffen ift; bie Anerfcnnung, bafi fie ihn aud) erfüllen, ift ihnen bon ber 
tta&gebcnben ftrttif rcidjli<h gesollt worben. Die lünirte (Sammlung .©eng unb 
Hang" ift einjig in ihrer Art unb fottte in jeber $anb fein. 

Derfelbe Qfcbantc, bafe nicht jeber aUcS Icfen tann, unb bafe jum be* 
agltayn ©enufe beS SefenS bequemer Drutf, hanbticheS formet unb eine 
reunblichc ÄuSftattung beS ©ucheS , mit bem man biel berfebren iofl , gehört, 
lat ben ©crlcger biefer »fieher beranrafet. eine iterlidjc 

tot ppcrftt tum SrfitlUr mti> <6v*\\\* 

>erauS$ugebcn , bie nur ba«, aber aud) alle* baS bon unfern beibcu Älafftrern 
nthält, n>aS immer luicber gclefen wirb unb gelefen Werben ntufe. ©olh 
tänbigteit einer foldjen Ausgabe ift überflüfftg, tocil fie eben nicht ©tubieniweden 
»icnen foll, fonbern allein bem ©cnufe; toer $u gelegentlichen ©tubien eine 
»oOftSnbige Aufgabe in feinem 93üdt)erfd}ran!e flehen haben mia, hat an biatgen 
*er grofeformatigen »IbltotljcfSauSgabcn Auswahl genug; Ijter fam es allein 
-arauf an, eine fanblidje, wirtlich lesbare ScfcauSgabc ju febaffen. bie ein 
3eburmt8 mar. 

©ebrutft finb beibe Ausgaben (jufammen auf rttua 600 ©ogrn) mit einer 
iani neu gtfrfjntttencn , fet)r febönen breitlaufenbcn ftrnftur auf geripptem, 
»urdjauS holzfreiem Rapier, unb fte finb in Pier Sinbäubcn 511 haben : in grünlichen 
nglifdjen ©toff gebunben (nid)t getoö^rlid)cr Äalifo, fonbcrn cm fcfteS unb 
lauerljaftc* ®cu)ebc) mit biegfamen $c<fcln; in folibem, gefdjmarfoonent ^aib^ 
ranjbanb; in feinem ßicbbabahalbiaffianbanb; ganj in ©affian gebunben 

%>ic greife finb folgeubc: 

^oettje^ Werne (herausgegeben t>on $rof. Dr. Abolf ©tern) in 10 Seinen 
•änben SO SR.; in 10 $albfran*bänbcn 45 Tl. ; in 10 Cicbtjabcrbänbcn 00 TO. ; 
n 10 Seberbänbcn 80 TO. 

^tftiHerl tottHt (herausgegeben bon Dr. 5. A. flraiS) in 5 Ccincnbänben 
5 TO. ; in 5 ^albfranjbänbcn 22«/ 2 ; in 5 Ölcbbabcrbänbcn 80 TO. ; in 
. Seberbänbcn 40 TO. 

Die fünf ©änbe ©d)iHcr enthalten bic fänttlid)en ®cbid);c ; bic Dramrn in 
ßrofa (bie JRäubcr, bic 93crfd)U)örung bcS gicSco, Äobalc unb Siebe, brv TOen- 
djenfeinb); bic Dramen in ©erfen (X)on SartoS, TOaria Stuart, ©aHenftcin, 
ie Jungfrau oon Orleans, bie Braut bon TOcffina, Söilhclm Xctl, bic ^ulbigung 
•er ftflnfte); bte Überfebungcn (TOacbctl), Duranbot, $häbro. oer »effe als 
Dnlel, ber ^arafit, Iphigenie in Aulis, bic ^höui^icrinnen, bic Hcrftbvung bon 
Croja, Dibo); ben 9Iod)taB (ÄBarbed, bic TOalteicr, bic Äinbcr beS ^aufcS, 
CemetriuS) unb bie <RooeHcn (ber fflerbrcdjcr aus berlorner (Ehre, ©Ptel beS 
5ebi(ffalS, ber »eifterfeber). 



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SEP2 9'64"5P^ 




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UniTcrsity of California 
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(Sr mar etner ber reinftcn unb &cften SRenfdjen, bie mir oorgefommen flnb, 
nie f)Qt ctums ©cmeincS ober UneblcS tfjn berühren bttrfen. ©djeu im Umgang 
mit SDiciifrficii unb faft als Ginficblcr lebenb, fudjte er fid) bod) über alleS, mal 
bie ßeit bemegte, grünblidj &u unterrichten. Der $olÜlf mar er nidjt näljer 
getreten, aber für alle Steige bcr qßoefie Ijattc er baS entfdjtcbenfte VerftänbniS. 
5dj tonnte mir feinen beffern $Örer borftcllcn, unb baS min biet fagen. 

3um 3tf otto feine* legten »anbe* naijm er ben ©prudj au* Hippels „ficbcnS» 
laufen": 5)aS ©rfte unb Sefcte bom SHeufcfjen ift baS »efte. SS liegt in bem 
Sbnidj mcfjr als man bei flüdjtlgcr Slufmerffamfeit barauS (efen möd)tc, unb 
vegt uns um fo mcljr jum Waebbcnfen an, menn einer nadj bem anbem uon 
unfern SlltcrSgcnoffcu binge^t." — 

Wöge baS ©ueb, fidj $u feinen alten greunbeit biete neue erwerben. 2Rir 
iclbft ift eS etuegreube, eS neu uufeulcgcn, unb i$ boffc, bafj cS nod) manage in 
£>craen greubc unb ffrquiefung bringen wirb. (Srquirfung, bie/n mcntgeS bou 
bem, toaS allififjrUeb; unfern Vüdjcrmartt überfebmemmt, ju b^ ./oermag. 3* 
benfe, eS mirb nod) fiefer finben, bte fidj an bcr cdjt beutf^ / erbauen unb 
ergeben werben, bie fidj fo fdjön in biefen ©lättem fr 
£>citcrfcit, tljrem trnulirficn Schagen unb iljrcr fttHen r 
ich, meine, gcrabe in biefer bcr „SHealttät," W 
jum ilnfegen unferS «oll* breit madjt, — bcr „8* 
ju.fcin pflegt als ber ©djmufc, mit bem fte fK 
überhaupt tu fo btelem einen Irauffjnftcu 
nadj materiellen ©ütern ober unter ber 2a 
Öocfcruug alter (Sitte, ift es gut, ettt 
man audj in engen unb befdjeibeuen 
— beffer, als ba* ift, roonadj 
Dabin, mo allein maljreS ©lüct 




in bie Welnfieit beutfdjcn 
SrfenntniS §it erhalten, roa 

Sitte biefe »fic*cr 
folibeftc auSgeft 
fpredjung gef* 
befrf) äffen, 
tuo fte 



Olljrer frifcr)cn 
j^eifc. Unb 
litte vatur flcr) 
idjtS uurflid) 
fer ßeit, bie 
ibclofcn ^agb 
unb in iljrer 
cn lä&t, mie 
finben tarnt 
jafdjen pflegt, 
»lief lenfen: 
fen, uns bie 



elegante fte unb 
.n glän^cnbc 93c= 
borjulcgcn ober 411 
ftdjtsfenbungcn bereit, 



^abre oon bem Verfaffcr bcr 
finb bic 



mnerungen 

von einem alten Kreti3fdjüler. 
»rofebtrt IV, 2Rf. 3n ^albfranjbanb 3 2Rf. 
5>cr Vcrfaffcr, ber in ben fünfeiger Saljrcu (1854 — 1862) JllummtS bcr 
ffreuafrfjule tu Bresben mar, fdjilbert in biefem Vüdjlein mit gro&er treue bie 
Ijä'uSlidje (Jinridjtung unb baS täglldje fieben bcr bamaligett Sllumncn, bie 93er* 
faffung unb bte mannirfjfadjen qsfltdjten unb fieiftungen bcS SängerdjorcS unter 
bem Äautor 3uliuS Otto (bem betannten Wänncrgcfangsroinpouifteu) , enblirf) 
bie Verpflegung unb bie befd)cibenen ©enüffe unb Vergnügungen, bic ilnu bafür 
gemährt mürben. 5)a oicle biefer Gtnridjtungcn nod) SRcfte alten £lofterfd)ul(cbcn§ 
tuaren, bte balb barauf mit bcr Überftcblung in baS neue $auS bcrjc^manben, 
fo bilbet baS Sücblein einen in fclnrr fcrt öieQeietjt einzig baftc^enben Veitrag 
&ur brutfdien Sd)ul 



mit breitem 
4 mit \\\ b 




auf §4reibj)a)utr 
arT, fiebiinöcn für 



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