Der
Werdegang
des deutschen
Volkes: Das
mittelalter
Otto Kaemmel
8*
3!
*1 ^ ^Vii
>lib lhtmii
Blau Memorial Collection
I
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(Erjter feil
beuten Bulto
fißortfös Bitfjtlnücn für gEbütuto lt]tx
von
„J>is I&enfrfjsn jtnti bic Seiten"
(£r)fi>r (Eni
Sa* püUlalUr
Ir. HHUj. O&nmoro
189«
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A 554386
(Stnieifung
uropa§ ©ntnricflung untcrf Reibet fid) oon ber
aller anbern Erbteile oornehmlid) baburd), bafc
fid) f)ier grofje nationale Körper, mit oerhältni§mä&tg
nur geringen frembartigen Söeftanbteilen untermifcht, ge*
bilbet ^aben, bie nun al§ felbftänbige gefdjloffene (Sin*
Reiten neben einanber ftehen unb beftänbig auf ein=
anber nrirfen. Slufterhalb (Europas ^aben fict) bagegen,
wenige grofje Ausnahmen abgerechnet, fleine SBölfer unb
Söölferfpltlter ober gar Seile oerfdjiebner Waffen burd)*
einanber unb übereinanber gefdjoben, unb e3 Ijat jroar
hie unb ba, oft nur jeitmeilig, ein einzelner Seil bie
anbern ju einer gro&en politifchen Sftacht, aber nicht
&u einer rötrflidt)en Nation äufammenfchtoeifjen fönnen.
3n biefem Unterfchiebe ift bw Überlegenheit @uropa§
in ber Seit begrünbet. %a% er fid) aber auägetolbet
hat, ba§ liegt im Söefen beffen, roa§ roir heute unter
einer Nation oerftehen.
(Eine Nation im mobernen ©inne ift eine burd)
Übereinftimmung in «Sprache unb Sitte, in htftorifchen
(Erinnerungen unb fittlichen 2lnfd)auungen berart oer*
bunbne gro&e menfehliche ©emeinfehaft, baß fie fid)
VIII
QftitleUung
anbcrn Sßölfern gegenüber al§ ein ®anje§ füblt unb
mit 93eroufctfein gemein f amen 3ielen auftrebt. Sie ift
alfo, tro^ ber urfprünglidjen 93ebeutun$ be§ 2öorte§,
roeber eine natürliche, nod) eine fünftltcrje, fonbem eine
f)iftorifd)e SBtlbung, unb fie fann ba^er nur unter
großen Scrjroierigtetten, in langer fyit unb unter be-
ftimmten 93orau§fefcungen ju ftanbe fommen. $ie
polittfdje 3ufammenfaffung i^rer 93eftanbteile ger>t ber
nationalen 3ufammenfd)liefMng entroeber oorau§, ober
fie folgt au§ btefer, unb jebenfafl§ ift bie 93ilbung
einer Station erft bann oollenbet, roenn roenigftenS i^re
£>auptmaffe in einem <5taat§bau Bereinigt ift, benn
erft im Staat unb nur im Staate bringt ein Sßolf
feinen ©efamtroiHen jum 2lu§brucf, wirb e3 jur be*
berou jäten ^erfönlidtfett.
3n biefem Sinne haben ftd) bie «Stämme beutfetjen
9tamen§ unb beutferjer Sprache ju einer Nation ba§
eine mal früher, ba£ anbere mal fpäter al8 jebe§
anbre europäifdje $8olf jufammengefcrjloffen, beibemale
burcrj ein 3 u f ammenro ^ r ^ n friegerifdjer ©eroalt unb
innerer Umgeftaltungen. Qrvi^m beiben Einigungen
liegt eine lange ^ßeriobe ber Sluflöfung unb Umbtlbung,
in ber ba§ ©efüfyl nationaler ©emeinfdjaft faft erftarb,
alfo aud) eine beutfe^e Nation im roa^ren Sinne be3
2Bort3 nicht oorbanben roar. $enn bie erfte national*
politifche Einheit ging über bie bamal§ erreichte ßultur=
ftufe binauS; fie beruhte juerft auf frember SÖaffen*
geroalt, fpäter auf ber Sftacbroirfung unb Übertragung
antifer Qbeen, bie naturgemäß nur bie leitenben Greife
beberr festen; fie ging feine§roeg§ au§ ben innern $8e*
bürfniffen unb SBeftrebungen ber beutfeben Stämme
beroor, bie oielmebr jur 2Iuflöfung in jabllofe fleine
©ruppen geführt haben roürben. $a§ ©efamtberoufit*
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(Einleitung
IX
fein, ba§ fie t)en>otrief, war baher eine ©ornriegenb
ablehnenbe (Smpfmbung anbern »ölfern gegenüber, unb
bie ©infyeit war baher fchon im 3 u f ammcn & iec h en >
als bie roirtfd&aftlidjen 3uftdnbe forocit gereift waren,
baß fie bie ©runblagen au einer ftrengern @int>cit bar*
geboten hätten. $)ie jroeite ©inigung bagegen, bie
mobeme, folgte au§ ber nrirtfchaftlichen unb geiftigen
©inheit, bie ihr ooranging, ergab fich alfo au§ lebenbig
empfunbnen S3ebürfniffen unb trägt barum bie 93ürg*
fchaft ber $)auer in fid).
2öenn bie mittelalterliche Einheit baburd) begünftigt
nmrbe, baß bie SBeoölferung $eutfchlanbg trofc aller
©tamme§gegenfätje roeit einheitlicher n>ar, als bie irgenb
eine£ anbem toeft* ober mitteleuropäifchen ßanbe§, fo
ift ber nationale unb polttifche 3ufammenfchluß beibe*
male burch Umftänbe äußerlicher unb innerlicher 3lrt
roeit mehr erfchmert roorben, al§ bei jebem anbern
großen europäifchen Söolfe. 55)ic jentrale Sage $eutfch=
lanbS ohne abfchlteßenbe Sftaturgrenaen außer im ©üben,
öffnete ba§ beutfehe ßanb oon jeher allen fremben (Sin*
roirfungen unb bot feinen eignen überftrömenben §8olf3*
fräften fein $tnbernt§, fich nach allen Dichtungen
hin au ergießen; bie ©eftaltung be3 beutfehen SöobenS,
ber faft alle feine großen ©tröme in parallelem Saufe
nach Horben, nur einen nach Often, feinen nach ©üben
fenbet, erleichterte bie »Übung abgefchloffener SöolfS*
gruppen unb erfchroerte augleich ben Eintritt $eutfch*
lanbS in ben 3ufammenf)ang be3 großen, com 3JHttel*
meer auSgehenben 2öeltoerfehr§, alfo feine nrirtfehaft*
liehe (Sntroicflung , bie fich *>ann am fchneflften in ben
roeftlichen ©renalanben IdngS be8 Cheines, nicht in
ben 3entrallanben oollaog; enblich oerfchoben fich
bie Söohnfifce unb bie politifchen 3entralftätten beS
X
Gtnlcitintfl
beutfdjen 93olf3tum3 burcf) 2öanberung unb ßoloni*
fation in einer ntrgenb§ fonft in (Suropa oorlommenben
2ßeife fortroä^renb oon Often nad) Söeften, oom Horben
nad) bem ©üben unb umgefetyrt, unb in Verbinbung
bamit ging ba§ prjnfifd) - geograptnfdje 3entralgebiet
Söhnten, ba§ al3 eine natürliche §od)burg ber ©it} ber
beutfdjen 3entralmad)t f)dtte werben fönnen, früfoeitig
an em gä^eS, frembeS Sßolfgtum oerloren, fobafc jebe
©tetigfeit ber politifcrjen 9Jtad)tentnridlung in ber beut«
fdjen ©efdnd)te »tele $af)rljunberte ^inburd) fehlte. Sfttdjt
minber roirften innere ®rünbe erfd>roerenb unb f>em*
menb: ber trofcige Qnbiotbualtömug be3 beutfdjen
2öefen3, ber einer ftraffen ftaatlid)en Unterorbnung
nriberftrebte, ber tief gemurmelte 3beali§mu§, ber um
geiftiger Sntereffen nrillen bie ftärfften jjorberungcn
politifcr)er unb nationaler Sftatur oernadjläfftgte unb be3*
f)alb fogar bie nationale ©inljeit burdj ben ©treit um bie
$8erroirftid)ung ftrd)lid)er ^beale sroetmal gefätjrbet t)at
unb nod) fyeute burd) fojiale Sbeale gefäfjrbet, enblid)
ein ungeroöljnlid) Ijof)e3 Sflafj oon @mpfänglid)fett für
frembe Vorzüge unb ©inflüffe, ba§ nur all3uf)auftg bie
Verleugnung, ja ba§ Aufgeben be§ eignen S8olf§tum§
oerurfacfyt. 5E)te§ aße§ l)at in feinem 3ufammen*
roirfen nidjt nur baju geführt, bafj ber fdjon ein*
mal errungne nationale 3 u fa mmcn W u & fid) toieber
auflöfte unb fidC) nur unter ben fcrjroerften dampfen
roieberfjerftellen lie^ , fonbem bafj bie po!itifcr)e @tn*
f>ett aud) heute nod) anfehnltdje Seile ber Nation nid)t
mit umfdjlie&t, ja bafc einzelne ©ruppen ber beutfdjen
©pradjgenoffen felbft ba§ Söeroufjtfein ber nationalen
3ufammengel)örigfeit oerloren haben unb $u ben S)eut-
fdjen überhaupt gar nicht mehr jaulen rooQen.
$lber bie grofie SJcaffe ber $eutfcf)en, bie $)eutfd)en
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Einfettung
XI
Dfterretd)3 einbegriffen, bitbet fjeute unjioeifetyaft roie*
ber einen gefcf)l offenen Körper, eine Nation im mobemen
Sinne. 2)a8 Serben unb bie SBanblungen biefeS
ftörperS in htappfter gaffung unb in einer jebem ®e*
bilbeten oerftänblid)en SBeife barjufteHen, bie großen
Richtlinien möglid)ft fcfjarf f)erau§3uf)eben, ba§ ift bie
Aufgabe ber oorltegenben fleinen Arbeit. Snbem fte ba-
fyer felbftoerftänb(id) auf jebe breitere UluSmalung ner-
jicfjtet, roie fte bie größere £)eutfcf)e ©efd)id)te (Bresben,
1889) oerfud)t, rotH fte bodj nid)t ein blofjeS ©ertppe,
fonbem eine fortlaufenbe, jufammen^ängenbe (£rjä>
lung unb nid)t nur dürften * unb $rieg§gefd)id)te,
fonbem $8olf3gefdnd)te geben unb bemnad) aüen Seiten
ber (£ntroicflung in i&rem innern 3ufamment)ange
möglidjft gerecht roerben. 3Iber fte ge^t babei oon ber
Überzeugung au§, bafj ntd)t bie materiellen S8erl)ä(tntffe
allein ober aud) nur immer in erfter Sinte bie ©efdjicfe
ber Hölter unb alfo aud) baS Serben ber beutf^en
Nation beftimmt fjaben unb nod) befttmmen, fonbem
bie geiftigen 2Md)te, bie grojsen Sbeen unb bie grofjen
$ßerfönltd)fetten, bie, in ifjrer (Sntrotcflung wie in
i^rem fterne ber menf etlichen (£rfenntm3fäf)igfeit um
erfafjltcf), bie Sbeen auffteHen ober ergreifen unb jur
SöerroirHidjung $u führen fudjen. Sie fte&t ba^er nad)
roie oor im Staate, in ber organifierten ©efellfdjaft,
bie ^ödjfte ßeiftung be§ irbifc^en 9Jlenfd)en, in ber $)ar*
ftedung ftaatlidjer Söanblungen unb ftttlid)er £f)aten
bie erfte unb nädjfte Aufgabe aller ©ef$t$tfd)reibung,
unb fte befennt ftd) ju bem fdjlidjten ©lauben an eine
l)öf)ere Öettung ber menfd)ltd)en $)tnge, ofme ftd) ju
oermeffen, fie im einzelnen nadjroeifen ju rooflen.
35a bie politifd) « nationale ©ntroteflung in ben
Sßorbergrunb gerüeft ift, fo finb barnad), nicf)t nad)
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XII
(Einfettung
• fulturgefcf)id)tltd)en ©eftd)t§punften, bie 93e$eid)nungen
ber flio Jen ^erioben gerodfjlt. Sftatürlid) tonnen biefe ben
Snfjalt be§ 3*ü raum 3 nid)t crfd)öpfenb angeben, aber
Überfdjriften ftnb aud) feine Definitionen. 3u ben in
biefem erften Seile befyanbelten (bie Söanberjeit, bie
etamme^eit , bie beutfd) - römiftf)e ßaiferjeit, bie
lanbeSfürftlicMtäbtiföe 3«t) wirb ber jroeite Zeit nod)
brei 2Ibfd)nitte bringen (bie Ianbe3fird)licfy = ftänbifd)e
3eit, bie preu&ifd) * öfterreic^iftfje Qefo, bie beutfdjc
Äaiferjeit). @d)on ein SSIicf auf biefe furjen ©e^eid)*
nungen läfjt erfennen, nrie getounben ber ©ang unfrer
©efd)id)te ift, unb welche ©rö&e unb roeld) tiefe £ragtf
fie birgt. Daraus ergiebt fidj aber audj, tmeoiel Urfacfye
gerabe wir Deutfcfyen l)aben jum ©tolje auf ber einen,
jur ©elbftetnfe&r auf ber anbern (Seite. Denn „bie
9Kenfcf)en ftnb bie 3etten."
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Seite
(Srfter 3eitraum
Sie gitonb*r$eit bis gegen 500 n. ®ljr*
©ermanen unb Börner bi§ jur $erfieüung
fefter ©renken um 100 n. (S^r 3-22
Urfprung unb ©inroanberung ber (Germanen
— Germanen unb Helten — Die erfte ger=
manifaje SBanberung nad) Söeften — Dte
germanifdjen ©tämme — Unterwerfung be3
roeftltdjen Deutfa)lanb3 unter 9lom — (§rf)ebung
unter Slrmin — SSeraic^t 9tomö auf bie ©r=
oberung — 5lnninö unb 2Jtarbobs (Snbe —
grieblid)e 2lu3breitung ber römifdjen Wlaty —
Die römi|cf)e Kultur in ben ©renalanben —
©ermanifdje «otfönnrtfcfjaft — Die ©tänbe —
©ef tt)lea)t, $unbertf a)aft, ©tammeäftaat - Könige,
©erjöge, 3 ur f^ n — 9tea)t " n b Öerictyt —
$riegsn>efen — ÖeiftigeS unb reltgiöfeö Seben.
Söieberbegtmt ber Sanierungen unb neue 2ln*
griffe auf ftom big 375 23—27
$8oIf3uermej)rung — Der HÄarfomannenfrieg
— Die neuen (Stämme — Ausbreitung ber
®oten — (£f>riftlitt) * römifdje Üultur bei ben
©ermanen — SBebrofjung ber SHfjeingrenje.
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XIV
Malt
Seite
Sie oftgermanifcfye SBölferroanberung unb bie
SBegrünbung germanifd)er Staaten auf roeft*
römifdjem «oben. 375 big 493 .... 28-39
Sie Üßeftgoten im oftrömifä)en SRcittje — Sie
'IUeftgoten in Italien — ©inbrua) bet Sanbatcn,
(Sueben unb Allanen — Sie SBeftgoten in
(Spanien unb (Pallien — Sie Sattbaien in
Slfrifa — Sittita unb ber (Einbrutt) ber öunnen
— (Snbc bes loeftrömifajen Kaifertums —
Cboafer unb Xf)coboritt) - !^age ber gep
manifd)en (Stämme im roeftrömifajen s Jteiä)e —
SBebeulung ber $ölfermifü)ung — Söertuft be$
Dftens\
Stnetter 3eitraum
IM* $tammt*;e!t untn* ber $mfyuft bf* fränlüfdjen
Iteidjs. 500 bis 018 n. €\)t.
Sie $8ilbung be3 OieidjS unter ben 3ftero«
Hungern 43—56
Sie beulen Stämme — (Sinroanberung
ber Slawen im Dften — Stammesunterfd)iebe
— Gfjlobiuigo^eia^sgrünbung — SÄeictjäteilungen
unb roeiterc (Eroberungen — innere (9egen=
fäfce — Königtum unb ^otfsgemeinbe — Sie
Kird)e — SBolfsroirtfdjaft — 2lbnaf)me ber
SBauernfreifjeit — Ser neue s 3lbel — (Ergebniffe
— SUbung.
Sie 9J!a$tf)ö$e be3 fteid^ unter ben ftaro*
Ungern 57—76
Sie erften Karolinger — Karl Kartell —
^ipin unb Karlmann — Sie irifrfje unb bie
fränfifdje SJiiffton in Seutfd)lanb — Sie angel-
jäa)fiftt)e 9Jitffton; Bonifatius — Sie Kirdje als
Multurmad)t — Öermanifterung ber Kira)e —
^ßipin König; Sßünbnis mit bem ^apfttum —
Karr unb Kartmann — Sie Saajfenfricge —
(Sinoerleibung SBanems — (Eroberung bee
aoarifd)en 9tcid)s — Spanifd)e Jelb^üge — (5r;
neuerung be3 Kaifertume — Organisation bes
9ieiä)s — Sie Kömgsgüter — Slawen fcaupfe
ftabt — Bauernfreifjeit unb t#runbf)crrfä)aft —
Karolingijtt)e9ienaiffance — Karls ^erföntia)feit.
Digitized
3n&alt
XV
Seite
$te Sluflöfung be§ 9ieicf)3
77-85
Örünbc ber 5luflöfung — Samtlienfrtege imb
Teilungen — £ie $ira)c unb tf)re ^ßolitif —
Sie burgunbifcf)en föeidje — £as oftfränfifcfje
SRetd) unter Subrotß bem Seutföen — 2)a3 o\u
fränfifdje 9ieicf) nacf> £ubroig bem 2>eutfd>en —
2>ie 9formannennot unb ftarl ber Sirfe — Arnulf
gegenüber ben Normannen unb 3)iagoaren —
Sie Ungamnot unb bie Stamme$f)cr3ogtümer
— Jlonrab I.
dritter Zeitraum
f U bwtrdj-wmtfrije $a\ftt}t\t. 010 bis 1273
SBegrünbung unb 2lu8bau be3 beutfd)*römifcr)en
<Keict)§. 919 M3 1056 89-128
£etnrtrf)$ I. 9teicf)3orbnung — Stege freim
fyebung Ottos I. — Sie Steicfjsoerfaffung unb bie
Stammesfyerjogtümer — Sie erften auswärtigen
©rfolgc Ser Gnrfdjeibungsfamof mit ben
Stammesfjer^ogtümern — 2lbrcef)r ber Ungarn
unb ^itebermerfung ber ©laroen — (tyrunblagen
beö SReufyS — Sie neue 3ieia)suerfaffung —
9tohoenbigfeit bes 5tatfertum3 — OttoSl. Börner-
3üge — Otto ber Öroftc — Otto II. — Ortoö III.
Sbeale — Ottos* III. föeicf)spolttif —
Hebung fteinridjS II. — SBöieberfjerftelhmg be3
2Rei$3 — 2luöbau ber Ottofdjen ^erfaffung —
SBeginn ber $trd)enreform — öeinrid^S II.
2lu3gang — Sßafyl Äonrabs II. — Erwerbung
ber Äaifcrfrone unb 33urgunb3 — ^efeftigung
ber^eidjöoerfaffung — $onrab II. unb Staden —
£einricf> III. — (Srfolge im Often — Reform
be$ ^ßapfttumö — Saä s $apfttum unb bie
Äirdjenreform — Hbalbert oon Sternen —
DppofUion beö fä$fifd)cn 9lbel3 — ^>einrict) III.
unb ($ottfrieb oon Sot^ringen — ^>einricr)ö III.
(Snbe — Sa3 Königtum — Umbilbung ber
SSerfaffung — 25er Üömg3f)of — Sie ©runb*
fjerrf djaften unb bie Stänbe — Sa3 9teid)3=
tjeer — Sie Äotonifation — Steigerung beö
2krfef)r$ — Sie $unft — ®efdnd)tfcf)retbung
unb Eichung — ©rgebniffe — 2luöficr)tcn.
XVI 3«$ott
Seite
Ser Äampf um bie 9teid)3* unb fördjenuer*
faffung. 1056 bi§ 1152 129—158
Königin 9Igne§ — ©teg ber Reform in 9iom —
Äampf um bie beutfa)e 3teta)3regierung —
§einrtd) IV. in ©aa)fen — Ser Surgenbau
unb ber fädtftfdje Slufftanb — <Steg be£
$öntg§ — gortf abritte ber Ätrdjenreform —
23rua) 3nrifd)en ^apft unb ßönig — Slbfall in
Seutfdjlanb — Sie SBufce non Ganoffa — Ser
beutfefce SBürgerfrteg — SRömersug unb ßaifer=
frönung — (Srfdjiaffen be« 93ürgerfriegä —
Serfuft 3tatten§ — Ser erfte flreu^ug unb
ber Xrtumpf) be§ $apfttumS — Sie legten
kämpfe unb £>einrta)§ IV. @nbe — .^einria) V.
unb Sßafdjaliö II. — Sotfjar oon@ad)fcn — Ser
fira)lia)e 2lu3gleidj — Sie neue (Stellung ber
Surften — 2ottyarunbbie$ird)e — 2Bieberbcginn
ber SJtiffton unb be3 UnterrocrfungäfriegS gegen
bie «Slaroen — §etnria) ber (Stolpe SotfyarS (Srbc
— SBelfen unb .^otyenftaufen — £otf)ar unb bie
Normannen — fcemrta) ber ©tofye §erjog non
93anern unb (Saufen — flonrab III. unb bie
SBelfen — Ser jroeite ßreujjug — ©rgebmffe
ber päpftact)en$olittf — SaS reformierte Wönfy
tum — Sic .ttolonifatton — Urfprung ber
Stabtoerfaffungen — Umroanblung ber 33Übung
unb Sitteratur — Sia)tung — (Srgebniffc.
Sie 2öeltmacf)tpolittf be§ ftatfertum§ unb bie
©ermanifteriing be§ Dften§. 1152 bi§ 1273 159-238
griebridj Sarbaroffa — 21uögleict) mit ben
2Belfen — ©teüung grtebrtcf)§ L — Umge=
ftaltung in Stalten — (Srfofge in Sialten —
$rua) mit 9iom — ^^^^"Ö 5ftailanb3 —
Ser Steronefer unb ber lombarbiftfje ©tabte=
bunb — 9?eue kämpfe; <5ä)laä)t bei Segnano —
griebenSfajlüffe non Sßenebig unb £onftanj —
Eroberungen $>einria)3 bc3 £ön>en — $Branben=
bürg unb ©ajleficn — Sie neue ßofonifation —
ipolftein, Hfletflenburg, Bommern — SBranben*
bürg — SWeiften unb bie fiaufit} — 3Jlaa>
fteUung §etnria)5 be§ Öötoen — ©turj £einria)3
bc3 £öroen — Ser neue gürfienftanb — 2fa:
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XVII
fäfce einer neuen 3teid)3t)crroattung — $cer*
raefen — ßntftefjung unb SBilbung ber 9titter=
fd^aft — - Sie Söurgen — Sa3 f*ftngftfeft in
aKaing — Vorbereitung jur Erwerbung ©iailienö
— Ser brüte ßreu^ug unb JriebridjS Xob —
©d)etternbe§ beutfdjenkreu$aug3 — §einrtdj VI.
unb bte SBelfen — SBeftfcergreifung von ©Vitien
— Ser (Srbfotgqjfan |>cinrid>3 VI. — öeim
rid)3 VI. SRittelmeerpoÜtif unb Xob — Sßelt-
ftettung ber beutfdjen Nation — ©rünbc ber
SBenbung — Seutfcfclanbö eintritt in ben 2Bett=
fjanbel — 2lu3bilbung ber ©tabtoerfaffung —
Sie ftäbtifc^e ©elbroirifdjaft unb bie ©tabfc
Ijerrcn — Aufgabe ber SReidjSDermaltung —
Snnocenj III. unb bie 3teia)sfpaltung — Stau;
fif<$;roelfifdjer$ürgerfrieg — Dtto§IV. ftaufifcr)e
s $otittf — SBrud) $n>tfc$ett Otto IV. unb ^nno-
cen$ III. — ©teg Snebridjä II. — griebridj II.
— griebrid)§ IL 3ugeftänbniffc an bie beutfajen
gürften — §riebrta)II. unb baö^apfttum — Sie
9teid)$orbnung griebridjö II. — griebrtd)3 II.
3JUttelmeerpolittf unb ber fünfte £reuä$ug — galt
ber bemifdjen §errfd)aft im ©üben ber ©iber —
Äonftift aroifäengriebrid) II. unb §einria) (VII.)
— Sie SRefte be§ 9ietct>ögutö — £e&ert>er=
fotgungen — Äampf mit ben Sombarben ; 33rudfj
mit bem Sßapfte — ©ieg beö $atfer3; bte
2ttongolengefat)r — Snnocenj IV. unb bie
(Sntfefcung beö ßaiferS — Seuifdfje (Negern
fönige; $rtebrid)3 $ob — Sie ßatferfage —
Untergang ber ^ofjenftaufen — Ser rf>etnifa)e
©täbtebunb — Sie Soppefoaf)! — ©Reitern
einer föberatioen fteitfjsoerfaffung — $oßen=
bung ber ©tabtfreifjeü — Sie fürftltdjen Xcrri=
torien — Ser heften unb ©üben — 9tfebcr=
fachen unb Düringen — Sie 2Bettimfcr)en
Sanbe — gortgang ber ßotonifatton — Sie
Äolonialftäbtc — Sie Cftfeelanbe — Sie Sänbcr
im Often ber 3Beid)fel — Sitrfanb — Ser
beutfa)e Drben — (Srfte Unterwerfung ^ßreugenö
— Slufftanb unb enbgtftige Unterwerfung —
23ranbenburg — HJleifjen unb bie Saufifcen —
©djleftcn — $oten — Söhnten unb 3JMf)rcn —
Ungarn unb Siebenbürgen — SBebeutung ber
Äolonifation — (Srroeiterung beö ®efia)tSfreifes ;
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XVIII
3n$a(t
Seite
bie ®efchid)tfchrcibung — Ser „©achfen;
fpiegel" — Sie ^öfifä>c ßpü — Sie t)olfö=
mäßige ©pif - Sgrif, Sibaftif, ©atire — (Seit-
liche Sichtung — SBerfaQ ber ritterlichen SBilbung
— SÖirffamfeit ber Bettelorben — Sie roma-
nifct)e SBaufunft unb bie Anfänge ber ®otif —
2öeft= unb ©übbeutfdjlanb — Ser Horben.
Vierter 3eitraum
$i* lflnbe$für|Uiaypbttfd)* $t\U 1273 bis 1517
$ie ©Übung ber großen Territorien unb bie
$d(e ber ft&bttföen 3Jlact)t 1273 bi§ 1389 241-288
Gharafter ber 3ett — 2Ba&l ftubolfä I. —
3iele StubolfS I. — gall Dttofarö IL, Öfter;
reid^ unb ©teiermarf habSburgifch — StubolfS I.
Stetchspolitif — Abolf von Diaffau — 2llbrec§t
unb bie dürften — Sae ^ßapfttum in franko:
fifcr>cr föanb — £auspolttif Albrecf)t3 — Cppo*
fttion gegen 3U6rect)t ; fein Xob — $>einricr) VII.
unb bie ßrroerbung Böhmens — SRömeräug
föcinrtchö VII. — Soppelroahl unb Bürger*
!rieg — Honfltft mit bem ^ßapftfum — ^irc^s
lict)e Oppofition — ^ubroig in Stalten — Ser
Äurnerein $u SRenfe — ^ubroige ^auöpolitif —
Gr^ebung iftarlS IV., 2ob Subroigö beS Sauern
— Anfänge töarlö IV. — Ausbreitung ber @ib=
genoffenfehaft — talS IV. ftetchspolirif — Sic
Wolbne Statte — Sie lurnnburgifche £au3;
mac^t — Ausbehnung ber habsburgifchen 2Kad)t
— ÄarlS IV. Bemühungen um ben &anb=
trieben — Württemberg unb ber fchroäbifche
©täbtcbunb — Reifung ber lu^emburgifchen
^ausmacht — 2krfa)ärfung ber ftänbijchen
Wegenfä^e im Sßeften unb ©üben — ©icg ber
(Sibgenoffcn — 9iieberlage ber fct)tüäbifct)en
unb rheinischen ©täbte — Sie ftäbttfehen 3 un f* :
fämpfc — 3unft m<0 Öanbroerf — Art beS
öanbelö — Oberbeurfchcr foanbel — Art unb
Gebiet bcö nieberbeutfehen öanbelS — Urfprung
ber öanfa: bie auswärtigen ötlben — Sie
roenbifchen ©täbte — Skrfaffung ber ftanfa;
ftäbte — Sie nieberbeutfehen gürftentümer —
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XIX
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©djleötoig unb Sänemarf — Sänematf unter
ber §errjd)aft beö beutfdjen 2lbelö — WlatyU
ftcllung SBalbemarö IV. — Sßirren in Sranben^
bürg — ®runbtage ^ur ffanbinaoifdjen Union —
^Brudj ^roifc^cn Sßalbemar IV. unb ber §anfa —
2) er ©ieg ber §anfa unb ber griebe oon ©traU
funb — 3 uru cfto eichen oer Öanfa — 2luö«
breitung ber beutfdjen Wlatyi im Dften —
©rtoerbung (Sftlanbö; Slbtüetjr ber Sitauer —
^erfoffung beö Crbenöftaatö — glitte beö
Drbenöftaatö — #anftfd>er Sterfebr. — ©rgebniö.
$)er SBerfatt bet beutfdjen aJiac^tftcflung im
Dften unb ba§ ©Reitern ber Reform in
flirre unb Meid). 1389 big 1517 . . 289-366
2>te Union oon Palmar — 2>ie polnifa>
Irtauifdje Union — ©c^lac^t oon Dannenberg
unb griebe oon Xf)orn — Sie Dürfen — Gnt-
fe^ung SBenaelö ; SHuoredjt, ©igiömunb — £er
Serfalt ber £ira)e — 3ofm SBiclif — 3ofmnneö
<puö — $aö kon^xl oon Äonftan3 — Urteil
über <puö unb (Snbe beö ßon^ilö — £er fouffi*
ttömuö — 9luöbrua) beö ipujfttenfriegö — Sie
erften Äreu^üge — $ie ^»uffiten aufeerljalb
$3öf)menö — $er 2(uögleia) mit bem Äon^il
oon $afel — ©rgebniö beö Jpuffttenfriegö —
3übred>t II — SReia)öreform ; iörud) jtoifdjen
$on$U unb ^apfttum — (Snbe beö Stadler
ÄonsUö; Äontorbat oon 2ßicn — ©ieg beö
^apfttumö — 9(uf(öfung ber fjaböburgifdjen
SKadjt — dauern — 2>te SKfieinlanbe — Reffen,
Deuringen, Dberfadjfen — 2)ie ^o^enjollern
in $ranbenburg — Sie (5d)toei$erifrf)e Gib-
genoffenfdjaft — gelben sroifdjen gürften unb
©täbten — gef)ben ber gürften — s 3ieue Steide
reformpläne — ^ufammenbrud) beö preufcifdjen
Drbenöftaatö — Spaltungen in ber ftanfa;
<5d)leötoig:ftolftein bänifd) — SlbfaU ber lieber:
länber; galt oon 9toiogorob — Sie meberläm
bifc^en Gebiete — glanbem unb granfreta) —
SBcgrünbung beö neuburgunbtfdjen 9teid)ö —
Üarl ber itüfjne — $ampf um bie böf)miftf)e
Ärone — ^erljanblungcn unb kämpfe mit
SBurgunb — 9lieber(agen unb @nbc Äattö beö
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XX
Äüfjnen — SBurgunb tyabSburgtfdj — Wommen
mit granfreia) — Öfterreicf) ungarifa) — $er
fajroäbtfdje ©unb — ©icfjerung bcr fyab*-
burgtfdjenSttadjt — Aufgaben bes katfertumö —
Sie beutjcfje 3(eia)Sr»erfaffung — SJiarjmiltan I.
— Slnfätje 3ur SReia)3reform unb ©cfnoeiaer;
frieg — ßriegöerfolge beö tfaiferö — Äaifer*
Iidje 9teformoerfud)e unb ©cf)lui$ergebniffe —
©cfjlufeergcbmffe bcr auswärtigen $cid)3polttif
— Sie Örunblagen beö f)aböburgifcf)en 2Be&
retcf>$ — ^cption beö römifdjen SHedjtS —
Sanbcöfürftcn unb fianbftänbc — Sie neue
Sanbeeoerroaltung — Sie ©tabtoernmltung —
(Sfjarafter beS fpätmUtelalterlta)en ßriegäroefenS
— Sie Sanbstfnedjte — ©ergbau — 9luS;
be§mmg beö §anbel3 — 3nbioibualiftifd):fapita-
liftifaje Söirtfc^aft — ©influfe auf bas $anb=
roerf — 2tu3fef)en unb 2eben bcr 6täbte —
Verfall be3 2lbel$ — ©ebrüchmg beö Sanb;
oolfo — (Srgebniö — Säuerliche Unruhen —
9Jtad)t bcr Äira)e — 9}ominalt3mu$ unb 9iea^
lismuö — Sie SJinftif — Äirct>c unb ©olfö:
leben — Sie Unioerfitäten — Sie 6a)ulen —
Sluöbilbung beö 3nbü>ibuali3mu3 — Sidjtung
— ®efc$id)tfa)reibung — Sie gotifdje Sauhmft
— SRalerei — Sßiaftif — SRenaifjance unb
"öumaniömuö — Seutfa)e£umaniften — <ouma*
niftifdje Unterrtd)töreform — (SraömuS unb
ftcudjlin — Anfänge moberner SBiffenfajaft —
©ittenoerfall ber $terara)ie — 2öaa)fenbe pr)tlo=
fopljifcfje, religiöfe unb nationale Dppofition —
Sie Erfurter |mmaniftcn — Sie SReuc^liniftcn^
fer)bc — Sie Sage.
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(BrJIjer üteifraum
Ins gegen 500 n. CF;r.
S)er äöerbegang be§ beulten JöolfeS I
fformatrot mt& Körner
tri* iur %ixftBlhm& f*flter (&ttnim
ran 100 tt- <£ftr-
ie (Sefd)i^tc ber $eutfd)en beginnt nid)t erft con "Jj"^
bem 2Iugenblicfe an, roo ein gtücfltcfyer Qufafltoanberung
bie Slufmerf famfett eine§ gebtlbeten grted)ifcf)en Oiei^ ©Amalien
fenben auf fie lenfte, fonbero von tfjrer fiöfung au§
ber artfdjen SBölferfamilie. 2Bo unb wann biefe er=
folgt ift, nriffen wir nidjt; aber t)öd)ft roafyrfdjeinUd)
finb bie Söorfa^ren ber ©ermanen au§ bem jefct ruf*
ftfcfjen £teflanbe Dfteuropa§, t>ermutlid) bie 2Beid)fet
abwärts, in langfamer, xrieBeidjt jafyrfyunbertelang
bauernber SBanberung in ba§ weite ftladjlanb jnrifdjen
ber untern SBeicfjfel unb ber untern (£lbe, ber Oftfee
unb ben mittelbeutfcfjen SGBalbgebirgen eingerüeft. @ie
brauten fd&on einen genriffen SMturbefit} mit, eine
reidj entroicfelte, bilbfame ©prarfje, bie ©runbjüge
be§ ©ötterglaubenS, bie fefte Drbnung ber gamilie
unb be§ ©ef cfyted)t§ , bie Anfänge be§ 5lcf erbaut
neben noef) oöflig übernnegenber, tyalbnomabifcfyer
$Bief)= unb S&eibenrirtfcfjaft unb einer anfe!)nlid)en
Sedjnif in ber Anfertigung fteinerner Söerfyeuge,
beren fie fid) nod) auSfd)Iie^licr) bebienten. £eile
1*
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Sie aBanbcrjeit
von tf)nen sogen roeiter norbroärtg nad) ber jütifdjen
|ja(Mnfel unb bcn bänifdjen Snfeln, anbrc nadj ben
2rjorben unb (Staren be§ gelSlanbeg ©fanbinatrien,
beffen finmfdje Urbeuölferung fic langfam tn§ innere
unb nad) Horben aurürfbrängten. <§ 0 fpalteten fie
fid^ in brci gro&e ©ruppen: bic Sftorbgermanen, bie
biefen nat)c ftefyenben Dftgermanen unb bie roefent*
lid) t)on beiben oerfdjiebnen Söeftgermanen.
SibSeiTen 0an * c ® e f^^ tc fecr Germanen beruht nun
auf ber 5lrt, nrie fie mit ber t>orgefd)rittnern Kultur
ber 9Jlitte(meert)ölfer in Söerbhtbung traten, unb auf
ber £eit, roo bie§ gefd)al). $te erften nod) inbireften
93ejiel)ungen fnüpfte ber etru3fifd)e S3ernftein= unb
33ron§eI)anbel von ber mittlem 2>onau unb vom
$lbriatifd)en 9Jteere f)er nad) ber Oftfee, ber fd)on
vox 600 t). ©tyr. begann unb bie Sftorboötfer mit
beffern Söerfyeugen unb ©eräten t>erforgte, fie aud)
balb )tt felbftänbiger 9iad)af)mung antrieb. 9lod)
fd)oben fid) jroifdjen bie ©ermanen unb bie SJMttel*
meeroötfer in breiter 2lu§bef)nung bie ftammoer*
manbten Helten, bie ba§ ganje jefcige Sßeftbeutfd)-
lanb bi§ $ur untern Söefer unb ebenfo ben ganzen
©üben be§ heutigen $eutfd)lanb big tief nad) Ungarn
hinein erfüllten unb bei ben ©ermanen nad) ifjrem
bortigen §auptftamme, ben Wolfen (Volcae, b. i. bie
(Schnellen), 2öalcf>ä3, 2Bald)o3 (Söalen, SBelfdje) fjie&en.
$tefe ©renjen ftanben roof)l im allgemeinen nod) feft,
al§ um 330 v. ©f)r. ein Seitgenoffe 3Ueranber§ be§
©rofjen, ber gried)ifd)e Kaufmann ^ßntfjeaS von 9Jtaf*
ftlia, in feinem ©tfer, bie Söernftetnlanbe felbft $u er-
funben, über bie Drfaben (£f)ule) unb ©nglanb bie
3)ünenfüfte ber Sftorbfee unroeit ber 2flünbung ber
©Ibe erreichte, bie, nrie er erfuhr, bie Helten oon ben
©fotfjen fd)ieb. Unb er suerft l)örte bort bie tarnen
un$roetfetf)aft germamfdjer (Stämme, ber Teutonen
unb ©utonen.
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(Sermanen nnb Börner 6i8 100 n. Gfjr.
5
S3i§ bafun fann bie ©ntroiettung ber 9?orb= unb ®« «P«
, germa*
©übgermanen fetne gropen unterfd)tebc aufjuroetfen mföe
gehabt haben. 9»t ©djicffal föieb fich erft, als für* x f n l%
nach 300 t). ©hr. bie meftlichen ©ermanenftämme ben
Ungeheuern ©ürtel von 9Jloor, Urroalb unb (Gebirge,
ber fie nom rheinifchen (Schiefergebirge het quer buref)
2flittelbeutfd)lanb bi§ an bie gro&e oft europäische (Sbene
von ben Helten f d)ieb, ben f ogenannten herennif cfjen Sßalb
burchbradjen. $en 9tnlaf* ba$u mu| bie roadjfenbe
58ex)ölferung§3af)t gegeben h^ben, bie (Megenfjeit
bot bie letjte grofje teltifche 2öanberung, bie balb
nach 300 größten £eü ber fübbeutfdjen Tettens
ftämme nad) Böhmen (bie 93ojer), 9Mf)ren unb bie
£)onau abwärts bi§ nach ®leinafien führte. Qn bie
von ihnen üerlaffenen SBohnfifce rücften bie ©hatten
(in §effen) unb bie 9Ttarfomannen (im 2ftainlanbe)
ein; anbre (Stämme breiteten ftrf) über bie SBefer
hinüber bi§ $um untern SRheüte, tneüeicht auch noc h
über biefen au§, überall Oiefte feltifcher $8en>of)ner
Dorftnbenb unb [ich unterroerfenb, oon benen fie jahl s
reiche Drt§* unb 3rluf$namen übernahmen, ©inen
^achflang biefer erobemben SBanberung bitben bie
3üge ber (Simbern unb Teutonen. Weht roegen if)re§
@rfo(ge§ finb fie merfrüürbig, fonbern weil r)ier ganje
©ermanenoölfer, nicht Hugroanbrerljaufen, juerft ben
Sßerfudj machten, unmittelbar in ba§ ©ebtet be§
9flitte(meer§ einzubringen. 9iacf) jahrelangem Umher=
irren unb Ungeheuern, aber fruchttofen (Siegen ertag
ihre rauhe 9laturtraft 102 bei 2Iquä ©erttä (fllg),
101 bei Sßerceflä ber römifchen $aftif. Slber breifjig
3far)rc fpäter überfchritten fuebifche, t>orroiegenb chat*
tifche ©charen unter 2lriot>ift al§ gemietete §üf§;
truppen ber ©equaner (@aone) in ihrem Kampfe
gegen bie &buer (um 3lutun) ben iRt)etn, machten
fich balb, burch 9*ad)$üge oerftärft, ju £erren ihrer
S)ienftherren unb fteüten bie ftrage, ob ©attien ger*
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6
Sie SOßanberjeit
manifd) ober römifdi) werben follte. 2)enn fcfjon ftanb
ber (Eroberer ©allien§, 6. 3uliu3 (Eäfar, ihnen gegen*
über, ©ein <5ieg unweit 93etfort im Sahre 58 warf
bie ©ermanen hinter ben SH^ein jurücf, er nötigte 55
ebenfo bie Ufipeter unb £enfterer, bie bereits um
ßleoe unb Sftünwegen lagerten, jur SKücttehr hinter
ben ©trom, ben er felbft zweimal, 55 unb 53, auf
füfjnen ©rfunbun geführten überfchritt S)ie erfte grofce
germanifche SBanberung mar jum ©tehen gebracht,
ber Wtyin bie ©renje be3 römifdjen SHetd)3 geworben,
bamit aber aud) bie aflittelmeerfultur, bie bi§ bahin
ben ©ermanen nur burd) felttfche Vermittlung näher
gebracht worben war, ihnen unmittelbar oor klugen
gerücft. fortan beftimmten ©ermanen unb Börner
in &rieg unb ^rieben gegenfeitig tf)r ©d)tcffal.
^.ß*" $)er ©egenfafc mar ungeheuer. 2luf ber einen
Stämme 1 @eite ftanb eine ftraffe politifd)e unb mtlitärifche
Drbnung, bie ftfjon bie gefamte 9flittelmeermelt um-
foannte, eine burchauS ft&bttfdje ober wenigften3
ftäbtifdjer (Entwicklung juftrebenbe Kultur mit einer
auSgebilbeten ©elbwirtfdjaft, regem $anbel unb
blühenbem ©ewerbe, mit einem immer mehr fteigen*
ben Übergewichte beg ©rofcbefifceg unb ber ©ttaoen*
arbeit, enbltcf) eine großartig entfaltete Shmft unb
Sitteratur, bie freiließ ihren §öhepunft fchon über*
fdjritten unb bie alte ©ittenetnfalt mit bem alten
©ötterglauben längft jerftört hatte. Stuf ber anbern
©eite fanben bie Börner eine 9ln$ahl oon oereinjelten
©tämmen, bie nod) nid)t einmal einen einheimtfehen
gemeinfamen tarnen Ratten, fonbern einen folgen —
©ermani, b. i. oermutlich Sftadjbarn — erft oon ben
Helten empfingen unb ba§ S8ewuf?tfein politifdjer
3ufammengel)örigfeit gan$ entbehrten, bie (Erinnerung
an gemeinfame 9lbfunft nur teilwetfe fefthtelten, eine
nod) in ben Anfängen ftehenbe, halbnomabifche ©oben*
lultur mit bürf tigern Sief erbau unb überwtegenber 3<*9>
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©ermanen imb 9iömer bi§ 100 n. Clfjr.
7
unb Sßeiberoirlfd)aft ohne ©elb unb faft ohne $8erfef)r,
eine bünne Söeoölterung, gruppenroeife in Keinen £id) s
tungen be§ unermeßlichen Urroalb§ ober auf troefnen,
fanbigen £>öhen inmitten von Sumpf unb SSrud) in
bürftigen £>ol$hütten tyaufenb, ohne Sttteratur unb
ohne ®unft, aber mit reifer ^antafte begabt, voü
©horcht t>or ben ©öttem, oon naioer, f efter Sittlich*
feit, ein $Bolf nicht von SBauern, fonbern von trofctgen
freien Kriegern, bie groar im Dften ba§ alte ®öntg*
tum noch f efthtelten , im Söeften aber e§ fdjon faft
überall abgeworfen Ratten. 2lm nachften ftanben ben
Römern bie SBeftgermanen bie§feit§ ber ©Ibe, bie in
ihrer StammeSfage bie Erinnerung an einen einheit*
liefen Urfprung feft^ielten unb ftch in bie brei (Grup-
pen ber Qftgcfoonen (^riefen, Raufen, Teutonen,
Sachfen) längS ber -Sftorbfee, ber Jgftäoonen (im toe*
fentltchen bie fpätern ftranfen) rechts oom mittlem
Steine unb ber $ermionen (Ratten, <&tyxu§Ux,
§ermunburen) weiter lanbemroärtS in §effen, um ben
§ar$ unb in Düringen fdtjieben. 3)ie ©ruppe ber
Sueben (b. i. Schläfer, urfprünglid) ein Spottname),
umfaßt einen £eil ber §ermionen (Ratten, Vernum*
buren) mit nicht ju ihnen gehörigen (Stämmen, nrie
bie attarfomannen, bie Semnonen in Sranbenburg
u. a v unb bilbete, nrie e§ fcheint, einen ßultuSoerbanb.
©an$ getrennt burd) Sprache unb Sitte erfüllten im
Dften jenfeitg ber £ollenfe, SRecfenifc, Ober unb Steiße
bie ©oten* unb SBanbalenoölfer bie ältefte europäifche
§eimat ber ©ermanen bi§ über bie untere 2öeicf)fel
hinaus unb bi§ nach Stierten hinein.
©egen biefe Golfer angriff äroeife t>or$ugehen lag
ber römifchen StaatSfttnft auch bann noch lange bes
fem, al§ ba3 ßatfertum, b. h- ber einheitliche lebend ffif*?
längliche §eerbefehl in Söerbinbung mit ber Söern)altung tQn ^t er
ber gefäfjrbeten Slußenprooinjen unb ber Seitung be§
Senats, enbgiltig begrünbet roorben mar. S)ie ©renken
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8
£te UBanberjeit
bei 2öeltreich§ foflten Othein, $)onau unb ©upljrat
bilben, unb fte würben e§. $)en dltyin $u über*
fc^reiten lag bem ^atfer SluguftuS fo fem, bafc er
eher bebrängte germamfcfje Stämme, rote bie Ubier
unb einen £etl ber Sugambrer, am linfen SHf)einufer
(um ftöln) aufnahm, al3 ba£ er fie brüben in ihrer
alten £eimat gefchü^t hätte. (Srft al£ bie $eun*
ruhigung be§ faum geficherten unb neugeorbneten
©aflien burch germanifche Streiffcharen ni<f)t auf-
hören wollte unb im Sahre 16 v. ®i)x. bie fünfte Segion
unter ffll. £oUtu§ im rechtSrheüufchen Sanbe eine em*
pfmblicrje Schlappe erlitten hatte, fa&te 2luguftu§
ben entfcr)etbenben (Sntfcrjlufj, ©ermanien bi§ $ur (£lbe
ju unterwerfen. (£§ fodte feine (Eroberung um ihrer
felbft willen fein, fonbern eine angripweife geführte
^erteibigung, um ba§ fich nur langfam an bie
römifche §errfd)aft geroö^nenbe ©allien, ba§ wicrjtigfte
^oloniallanb 9tom§ unb bie Vormauer Italiens, für
alle 3 u * un ft 5" ficfjern. 2)er ©rfolg mar gunächft
glänjenb. 3n einer Steide üorjüglid) geleiteter 3relb=
§üge r>on 12 t). ©h*. bi§ 5 n. ©hr. unterwarfen be§
£aifer§ gleichbegabte Sttefföhne ®rufu§ unb £iberiu§
ba§ 8anb bx§ jur @lbe, unb berart wtrfte ber S)rucf
ber römifdjen 9ftad)t auch auf tiefer lanbeinwärt§
fi^enbe Stämme, ba£ SJiarbob (b. i. ber Dtoffefämpfer)
bie 9ftartomannen au§ bem SJiainlanbe nad) Böhmen
hinüberführte, ba§ oon ben felttfchen Bojern fd)on
um 60 t). (Shr. oerlaffen worben mar unb nur noch
ihren Üftamen bewahrte (93ojor)ämum, b. i. 93ojer=
heimat). Qmax mißlang ber letjte gewaltige Stöfs
auf ba§ SJlarfomannenoolf von 9Jtain$ unb (£awun*
tum OßetroneH unterhalb Söien) f)tx im %af)Tt 6
n. ©h^v weil ein furchtbarer 5lufftanb ber *ßannomer
im $rau* unb Saoelanbe bie Börner im SRücfen be-
brohte, unb 9ttarbob fonnte feine ^önig§hetrfd)aft
über ba§ ganje g-lachlanb jwifchen G£lbe unb Ober
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©ermancn unb Körner bis 100 n. Cil)r.
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ausbeuten. 2)er eifetne Üttng, ber bic ©ermanen oon
ber mittlem $)onau bi§ jur ©Ibmünbung umfpannen
folltc, mürbe alfo md)t gefd)loffen, aber ba3 roeftüdje
3)eutfd)lanb gnüferjen fRtyin unb (£lbe friert ber
römifchen §errfd)aft oerfaflen $u fein. Überall gab
e£ eine römifdje Partei unter ben (Sbeln ber (Stämme,
ba§ römifdje Bürgerrecht unb bic römifdje SHttter*
mürbe würben freigebig aufgeteilt, unb fd)aremoeife
ftellte ficr) bie tnegfluftige gugenb 3 U & en römifchen
©ilfStruppen. 3 roar bie Stanblager ber römifchen
Segionen (bamalS fünf) blieben am SRfjein, weil nur
oon bort auf (Pallien in (Schad) gehalten werben
fonnte; aber einzelne fefte ^ßläfce mürben aud) im
^nnern angelegt (fo oor allem Sllifo bei ^aberborn),
unb römiferje Sftilitärftrafjen begannen ba§ fianb ju
burcf)$ief)en, im (Sommer lagerten wohl aud) bie
Segionen tief im Binnenlanbe, unb unter bem (Statt=
halter % Cuintiliu§ S8aru§ begann bie Einführung
römifcher s ßrooin$talorbnung.
(B mar *u früh. $>er ©roll ber freien © er * erbebung
unter
manen über bie „ s Jiuten unb 33eile" ermöglichte e§ sirmin
Pirmin, einem jungen äflanne auf bem Stönigfftamme
ber (SheruSfer, ben römifrfje @h*en unb römifdjer
$tenft nicht feiner §eimat entfrembet hatten, wie
feinen 93ruber glaouf, einen entfchloffenen SBiberftanb
ju organisieren. 9Jtit einem ©emifd) oon Umftcht, Mhn=
heit unb §tnterlift, ba§ ben Römern oöllig unerwartet
fam, gelang e§ ihm gunächft einige (Stämme be§ 9iorb*
weftenf, ©herüber, ©hatten, 2ftarfer unb SSrufterer,
tro^ (£igenftnn§ unb (£vferfud)t unb Untreue einaelner,
$u einem geheimen föriegfbunbe ju oereinigen, bann
ben noch mehr forglofen unb oertrauenffeligen al§
unfähigen $aru3, ber mit brei fiegionen im <Sommer=
lager um Sflinben ftanb, oon feiner Sßerbinbungf*
ftrape über 2lltfo nad) (Saftra oetera (auf bem ^orften*
berge bei Xanten gegenüber Söefel) hinweg in pfab*
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10
$ie ffißanberaeü
lofen SJtoor gu loden unb f)ier mit Übermacht anju*
fallen* <So ging im ©eptember be§ 3»al)re§ 9 n. (Sf)r.
ba§ römifdje $eer, mit ben fdjmadjen |>ilf§truppen
etroa 20000 3flamt, etngeflemmt aroifdjen SBergmalb
unb 9floor, im „Teutoburger SBalbe," mafyrfdjeinltd)
am Sftorbranbe be§ 2Btef)engebirge§ nörbüd) oon D§na*
brüd, in brettägtgen üerjroeifelten 2flarfd)gefed)ten ju
©runbe. 2lud) 3llifo mürbe geräumt, nur bie 9iorb*
feefüfte bi§ gur @m§ behauptet; fonft mar bie römtfcfye
§errfd)aft mieber bx§ an ben Otfjein $urüdgeroorfen.
^oms* ® § roar e * n f^ roercg 9fti&gefd)tä/ bodE) bei weitem
auf Me nid)t fo fdjmer mie mancher UnglüdStag ber altern
eroberun örömif ^ cn ariegggefäicfcte, unb e§ ift nid)t att>etfel=
r)aft, bafc ba§ römifdje SBeltreid) bie 2öieberunter*
roerfung 2Beftgermamen§ l)ätte burcf)füf)ren fönnen,
menn ber ($ntfd)lu& baju oorljanben gemefen märe.
S)od) biefer @ntfd)lufj blieb au§. 2)er alternbe
2Iuguftu§ f)ielt ben ^rei§ nid)t für be§ £ampfe§
mert, sumal ba biefer ofyne eine anfef)nlid)e Söer*
meJ)rung ber an fid) fd)macf)en rötmfdjen $eere3mad)t
(im gangen nict)t mefyr al§ 300000 SKann) unmöglich
gemefen märe, unb eine foldje glaubte ber 8aifer au§
innerpolitifdjen ©rünben rtid)t magen gu fönnen. ©r
x>er$id)tete alfo auf bie Erneuerung be§ Untermerfung§-
friegeS unb begnügte fiel), bie Qafyl ber Dftyeinlegionen
bi§ auf adf)t $u bringen, alfo faft ben britten Teil
ber ganzen Slrmee an ber germanifdjen fjront $u
Bereinigen. 9lud) fein -iftacfjfolger Tibertug ging von
biefer ^ßoltttf nid)t mefjr ab. ©r lief? nur &u, bafi
fein Slbopttofofyn ©ermanicuS, ber <5of)n be§ $rufu§,
in glängenben, aber im ©runbe ergebniälofen unb
f)öd)ft oerluftreicfjen ftelbgügen 14 big 16 n. ©l)r. bie
römifcfje SBaffenefjre mieberfjerfteflte; alg bieg ge*
fdjefyen mar, rief er ir)n ab. Unb bod) mar e§ ein
fernerer, meltgefd)id)tltd)er, nerl)ängni§ooHer $8erjtd)t.
$er römifd)en Tf)atfraft, bie im Innern faum me^r
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(Setmanen unb SHömet bis 100 n. $f)t.
11
etroa§ $u tfjun fanb, fehlte feitbem ein grofjeS 3* e *'
unb ©ermanien blieb frei.
2öenn bte§ gefdwl), fo war bie§ roefentlicf) ba^^jn^J
SBerbienft be§ einen 2Jianne§, be§ erften großen gelb* tob« eSbe
§errn unb Staatsmanns ber ©ermanen. Pirmin imtte
aud) jefct ben SfriegSbunb jufammenge^alten unb war
im Kriege unbeftegt geblieben; er hatte eS ertragen,
bafc fein geliebtes SÖeib £huSnelba vom eignen Sßater,
bem Sftömling Segeft, ben ^Römern ausgeliefert rourbe,
unb bafc fein ©ruber ein Sanboerräter blieb, unb er
hat roohl baran gebaut, eine bauembe polittfd)e
Schöpfung aufzurichten, darüber geriet er im ^afjre 17
mit 2RarbobS 27carfomannenreich in offnen Äampf.
©r blieb infofern (Sieger, als Sftarbob, ftc^ gef plagen
gebenb, nach Böhmen jurüctroich unb fchon im näcfjften
^ahre oon Unjufriebnen geftür^t rourbe, fobafc er
auf römifcheS ©ebiet übertrat unb bie ÜWarfomannen
in eine geroiffe 2lbf)ängigfeit üon SRom gerieten; aber
3lrmin§ Söerfud), feine herzogliche ©eroalt über bie
©fjeruSfer unb roohl auch über anbre Stämme in
eine fömglidje ju oerroanbeln, mifjlang, unb er fiel
im gahre 21 unter bem Schwerte feiner (Sefdt)Iecf)t§s
genoffen buref) fchnöben ©errat, roie ber Siegfrieb
ber Sage, erft 37 ftahre alt. 9lber ber „©efreier
©ermamenS" blieb er barum bodj, unb fein ©e*
bächtniS lebte fort im §elbenlieb.
9lad) bem ßerfalle ber beiben großen WlatyU 3™^$*
bilbungen im Sftorbroeften unb Süboften Berührten bteitnng
ftd) bie Stämme ber ©ermanen in innem kämpfen, rö mif^en
bie offenbar auS ber Sftotroenbigfeit, ihre Sifce ju er* sn***
weitem, entf prangen unb rourben, roie £iberiuS,
ber fie genau fannte, trorauSgefehen hatte, ben Römern
ungefährlich- Selbft ein »on ben ©ataoern im gahre
69/70 unter ßlaubtuS ©ioiltS unternommner Slufftanb,
ber überbieS zur §älfte auS bem fto^en ßorpSgeifte
biefer tapfern £UfSoölfer gegenüber ben Segionen ent*
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12
£ie SDQanberjett
fprang, änberte md)t3 an ber 9lbhängig(eit be§ <5tam=
me§. 5lnbrerfeit3 Ratten bie SRömer fd)on feit 47 alle
SBefa^iingen vom rechten Ufer be§ 9Heberrhein§ jurücf=
gebogen. Sftur am SJttttet* unb Qberrhein erweiterten
fie unter ben ftlaoifdjen ßaifem ihre ©renken, inbem
fie ba§ faft unbewohnte, früher (elttfdhe, niemals ger*
manifdje fianb in bem 2Öin(el jmifchen dltyixi unb
£>onau mit gaflifchen Slnfieblern befettfen (bie agri
decumates, b. i. 3ef)ntlanb) uno ourd) eine au§ge*
behnte, 542 Kilometer lange mtlitärifch übermalte
©renjfperre (limes) von 9l^einbrol)l gegenüber ber
3lt)rmünbung bt§ Oelheim an ber obern 2)onau
fieberten. 2)ie ©tanblager ber Segionen blieben nach
roie r»or am linfen SR^einufer ((Saftra ©etera, Üfteuß,
Bonn, 5ftainj, (Strasburg), bie ftatyl ocr ßegtonen
aber mürbe allmählich auf oier serminbert, benn bie
Germanen fd)tenen völlig ungef ablief), unb ber mili*
tärifd)c @d)merpunft be§ $Heich§ lag feit ber Er-
oberung $)acien§ unter Srajan (101/2 unb 105/7) an
ber untern $)onau.
rdmlföe SBenn bamal§ bie (Germanen it)re Singriff §fraft
Auitiir in eingebüßt ju haben fdjienen, fo mar ba§ eine mittel-
bc ÄT bare Wittum oer römifchen Kultur unb ^olitif. 2)iefe
Kultur (am in ben ©renjlanben längS beS dttyinä
unb ber 2)onau über ein befdt)eibne3, protrinjialeS
3ttafj nic^t I>inau§. S)enn fie ging in erfter ßinie
nicht oon einer planmäßigen frieblidjen ^olonifation
römifd)fpred)enber (Sinroanbrer au§, fonbern r»on ben
großen unb (leinen (Stanblagern, an bie fid) junächft
jur $)etfung ihrer h^h^en SBebürfniffe bürgerliche
Drtfchaftenfchloffen. (Später, menn bie Semohnerfchaft
namentlich auch burch bie fid) h* er anfiebelnben ent*
laffenen (Solbaten gahlreich unb gebilbet genug mar,
erhielten biefe Drte in Dielen fallen römifcheS ©labt*
recht, mie Xanten bei ©aftra cetera unb Gaftel bei
9Jcainj unter Srajan. SRömifche Kolonien finb im
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©ermoncn unb Börner bis 100 n. 6f)r.
13
^cinlanbe nur fehr wenige gegrünbet roorben, näm=
lieh 5Iugft bei SBafel fdjon unter 5luguftu§, ftbln unb
£rter unter (£laubtu§. gm $onau* unb 9llpenlanbe,
rao bt§ auf 9flarc Slurel nur fchroad)e Bejahungen in
t leinen 8afteflen lagen, brang ba§ römifche Clement
mehr auf frieblidjem SBege ein unb Inibete §ier an*
fehnltche Stäbte, nrie 5lug§burg, BregenjCBrigantium),
2öel§ iDoilaoa), Salzburg (gnoanum); nur an ber
mittlem 2)onau gab e§ feit Befpaftan grofce Segion§^
lager, Btnbobona (2Bien) unb (Earnuntum (<ßetronell).
$a§ (SrgebmS mar überall eine römifd)*feltifche f)alb
militärifdje 2Jiifchfultur unb eine römifch*feltifd)e
Sftifcfybeoölferung. föömifd) in Sprache unb «Sitte
unb Bauroetfe waren bie ftäbtifdjen Ortfdjaften unb
ihre nächfte Umgebung, aber fte lagen mie gnfeln im
mitten einer felttfchen unb nod) im oiertenSahrbunbert
felttfd) fprecf>enben Beoölferung, unb ba§ mirtfdjaft-
ltd)e $afein war ganj mefentlich auf ben £anbbau
begrünbet, ber l)ierf)er bie römifdje S)reifelbernrirt*
fdjaft unb feit ber Üftttte be§ britten gabrfjunbertS
aud) ben Söetnbau t>erpflan$te. Swmerbin brücfte
ba§ römtfche SBefen, ba fich ba§ feltifche «National*
beroujjtfein, fo roeit ein fold)e§ überhaupt sorbanben
geroefen mar, rafd) jerfefcte, bem ganzen ©renjlanbe
ben Stempel auf, unb fdjon in ber $roetten §älfte
be§ erften 3^l)rl)unbert§ refrutterten fid) bierheimfdjen
Segionen überwiegenb au§ gebornen ^ßrotnnjialen mit
römtfchem Bürgerrecht, bie in fdjroffem, lanbfdjaft*
ltd) gefärbtem &orp§geift ben Legionen von ber $onau
unb tum Snrien gegenüberftanben. $)a§ ©ehetmniS
biefer Erfolge liegt nicht nur in ber Überlegenheit
ber ftäbtifc^en römifchen Kultur, fonbern aud) unb
oor allem in bem ftreng feftgehaltnen römifchen
©runbfafc, ben Unterroorfnen bann erft unb nur
bann bie politifche Gleichberechtigung gu gewähren,
wenn fie ftd) in Sitte unb Sprache romanifiert hatten.
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14
Sie aöanberaett
® e .*' 9luf bie ©ermanen roirftc weniger ber Slnbltcf
inarufdje
»otfg- ber römifchen Kultur an ihren ©renjen, al§ ber tyarte
totrtfc^aft ^^(xng^ oe n ihnen bie römifche©renjfperre auferlegte.
2)enn biefe oerhinberte fie an roiüfürlicher 9Iu3behnung
if)re§ ©ebtetS unb nötigte roenigften§ bie unmittelbar
baoon betroffnen roeftlichen ©tämme, $u einer etnm§
tntenftoern ©obennutmng überzugehen, um auf bem*
felben ©oben eine größere Sflenfchenaahl ernähren
ju fönnen. $ll§ bie einmanbernben ©ermanen ihr Sanb
in ©eftfc nahmen, ©erteilten bie einzelnen ©tämme ihr
©ebiet $unächft roohl nach ber einzigen Drganifation,
bie ein manbernbeg Söolf haben fann, ber militä*
rifchen. Seber §unbertfcf)aft, b. i. 120 Kriegern,
bie mit ihren fjfamilien ohne bie ®necf)te etroa 600
bi§ 800 ©eelen zählten, rourbe ein Sanbftrich con
einigen ©eoiertmeilen (2 bi§ 6) $u gemeinfamer
9htfcung $ugen>iefen, Urroalb, (Sumpf, £etbe, SBeibe*
lanb unb fruchtbarer ©oben. S)aoon rourbe nur ein
Heiner Steil für bie 2lu§faat von ©ommergetreibe be*
nütjt, unb $roar jebe§ Sahr *w anbre§ ©tücf, fobafj bie
9lcferflur gemiff ermaßen burd) ba§ ganje anbaufähige
ßanb toanberte, unb mit tt)r ba§ au§ leichten £olfc
Kütten beftehenbe S)orf. Slucfc als nach (Säfarg 3eit ber
2lnbau bebeutenber unb bie ©e^aftigfeit entfd)teben
rourbe, blieb ber 2lcf erbau Siebenfache, bie #auptfad)e
3agb unb ©ieh$ud)t, unb bie SBirtfchaft mar noch gan&
fojialiftifch, fobafe ber einzelne ein Eigentumsrecht nur
an ber gahrniS (einfchltefcltcf) be§ §aufe§) unb an ben
Söiehhetben, am ©oben nur ein SftufcungSrecht hatte.
9hm nmchS auch oa§ $orf am ©oben feft (lar, Ort,
gritjlar), an einem SBaffer (affa, baher 5lfd)— äffen—
bürg , ©urg am @f chenroaffer), an einer Quelle (mar,
baher ©ei3— mar), am 2Balb (loh, ©üter§— loh); al§
3lcf erlaub mürbe ein beftimmter, ihm näher liegenber
Seil ber ftlur aufgetrieben, innerhalb beffen noch
alljährlich awifchen ^fluglanb (@fch) unb Söexbelanb
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©crmanen unb Börner 6i§ 100 n. 6t)r.
15
(2)reefd)) gewedjfelt würbe; aüc§ übrige blieb für
§ol$fd)lag, SBeibegang, :3agb unb ftifdjfang (fpäter
5lHmenbe, gemeine 9Jlarf) liegen, unb aud) am Sßflug*
lanb l)atte bie gamtlie nur 9iufcung§anteile. 2)a
ba§ für ben Slnbau benufcte Sanb bei ber raffen
SBeoölferungSjunahme eine§ jugenbltdjen *8olfe§ unb
ber Unmöglichfett, größere Waffen aufcer £anbe§ gu
feinden , rafd) au eng nmrbe, fo mußten immer neue
Öanbftücfe ((Gewanne) unter ben ^ßflug genommen
ober aud) neue §öfe unb Dörfer angelegt werben, bie
tnbeS mit ben 3Hutterbörfern in 3Rarfgenoffenfchaft
blieben. $te Käufer würben anfehnlicher, mit @rb*
färben bunt bemalt, bie §öfe ber (£beln unb dürften
weitläufige, mit ftarfer plante (£>ofwehr, §ofraithe)
gefd)üfcte Äompleje oon ©puppen, ©täUen, halbunter*
irbifdjen Vellern (thung, bung) unb 2öohnräumen,
unter benen bie grofje £>ade hervorragte, gefchmürft
mit Seuteftüden, SBaffen unb frönen ©efäfcen. Sftod)
genügte ftd) jebe Sftarfgenoffenfchaft im wefentlichen
felbft. $)ie 3agb unb bie gerben lieferten bie 8oft,
Söilbpret unb 9JHlch, fowie §äute unb 2öofle jur ®let*
bung; grauen, $ned)te unb 9flägbe fpannen, webten
unb nähten biefe Äleibung unb fertigten bie einfachen
2öer!aeuge; nur bie Töpferei unb bie §d)miebearbeit,
beren $auptgegenftanb fdwn feit bem ^weiten t)or*
djriftlichen ^ahrhunbert ba§ mühfam au3 SKafen* unb
Sumpfergen au§gefd)mol$ene ober oon aufcen §er
eingeführte, baher lange noch fefjr foftfpielige @ifen
war, ^tten ftd) fdjon gu mehr hanbwerf§mäf?igen be-
trieben auSgefonbert. ©inen 58imtenf)anbel oon Stamm
§u ©tamm gab e§ höchftenS ba, wo feltene Kobern
ergeugniffe, wie 2WetaÜe, beruftem unb @alj in be*
trad)t famen; wa§ fonft an §anbel oorhanben war,
ba§ bewegte fich gu unb oon ben römifchen ^rooingen
üterwiegenb in ber gorm be§ §aufter- unb £aufch*,
hanbet§, ber ^elje, £äute, £aare, ©änfefebern
16
Sie aHanberjett
©cfjmfen, <§eife, Skrnftein u. bergl. gegen ©ewürje,
Söetne, @d)mucffachen au§ SBronje, ©über unb ©olb,
oor allem gegen eiferne 2Baffen unb ©eräte umfefcte.
(Betbft bie römtfdjen <Silbermün$en beftimmter fpät*
republtfanifcher unb frühfaiferlicher Prägung — ©olb
nahm man nur ungern -- bienten weniger al£ ©elb
wie al§ £aufd)mittel unb würben nrie ©olbfchmucf
unb ©olbgerät gern $ur Slnfammlung etneS ©dja^e§
»ermenbet. $te Sanbwege waren breitgetretne Söölfer*
pfabe, bei naffem Söetter faum paffierbar; bod) tum*
metten fich bie SMftenanwormer frü^eitig jur ©ee in
plumpen rieftgen ©inbäumen, fpäter in xwrjüglicf) ge*
bauten, fchlanfen becflofen (Schnell feglern.
%icstänbc S)ie ftänbifche ©lieberung unb ber Aufbau be3
©taatS entfprad) biefen einfachen SBerhältniffen. 2)ie
9Jiaffc be§ Sßotf§ bitbeten bei allen Stämmen bie
freien, gleichberechtigten Krieger, bie nur bem Kriege,
ben ftaatlicrjen ©efcfjaf ten unb bcr fyofyen %aQb auf
bie Ungetüme be§ Urwalbä lebten; bie wirtfchaftltche
Arbeit blieb, abgefehen oon ben grauen, ben Unechten.
Urfprünglid) faum fefjr gasreich, Unterworfne, ßrieg^
gefangne unb beren Sftadjfommen, waren bie 8ned)te
rechtlich (Backen unb ftanben jur wttlfürlichen 93er=
fügung be§ §errn, mürben aber, bei ber ©leidjheit
ber 8eben§ljaltung beiber, im ganjen milb behanbelt,
oft mit einem befonbern ©runbftücf au^geftattet unb
nicht ganj feiten auch freigelaffen, wag aber noch
nicht bie ftaatliche Rechtsgleichheit mit ben freien
begrünbete.
^unbc?*' ^ cr ^* a ff c fecr S reicn h^ten fid) fchon früh*
fiaft,' jettig eble ©efcfjlechter erhoben, bie burch bebeutenbe
St ftaat eS " ©igenfchaften unb Seiftungen ausgezeichnet waren, ba*
her auch eine 2lrt oon Vorrang behaupteten, einen
großem Anteil an ber Rufcung be3 ©runb unb
$8oben§ genoffen unb in ber Regel bie früfjrer be§
$8olfe§ ftellten. 3)ie Urteile be§ germanifchen Staats
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©crtnaucn unb fRömct bis 100 n. GI)r.
17
war, rote überall, ba§ ©efcf)led)t. ©ifenfeft umfd)loß
e§ nod) feine 9Kitglteber. Unbefdjränfte ©emalt übte
ber §au§oater über bie ©einigen, roenn er aud) bie
grau al§ ebenbürtige ©enofftn im £>aufe achtete unb
an ber ©iner)e ftreng feftfjielt; aud) ber €>of)n mürbe
bem Söater gegenüber niemals münbig, mod)te er aud)
fd)on burd) bie feierliche 2Baffnung nor ber S3olf§ge=
meinbe beren üoOberecrjtigte^ ©lieb unb f elbft ©atte unb
Sßater fein; bie $od)ter trat nact) bem $obe be§ Sßaterg
unter bie ©dju^geroalt (raunt) be§ älteften Kruberg,
bei ber Sßermäljlung im iRtngc ber @efd)led)t3genoffen
unter bie ©eroalt be3 2Wanne§. Sftur al§ Sftitglieb be§
©efd)Ietf)t3 fjatte ber einzelne ba§ SHedjt auf bie roirt*
fd)aftlt<$e, polittfdje unb militärifdje (Stellung in feiner
£unbertfd)aft, benn e§ gemährte ifjrn 9*ed)t§fd)u& burcr)
©tbe§f)ilfe, Unterftüfcung bei ber 3af)lung be§ 2Ber=
gelbe§ unb bei ber SBlutradje. $)ie unterfte politifdje
SBübung mar nicfjt bie $)orfgemeinbe, fonbern bie
£>unbertfd)aft, bie mit ber 9Karfgenoffenfd)aft ur*
fprünglid) burd)au§ unb oft roofjl aud) fpäter |u»
fammenfiel unb, nod) et)e ba§ $8olf gan$ fe^aft
geworben mar, einen beftimmten örtlichen $8ejirf bar--
fteHte (©au, gottfd)gavi, urfprünglicf) SBeibe, gegen *
über bem SBalbe, lateinifd) pagus). 2)ie freien
2Känner ber ^unbertfdjaft bilbeten im regelmäßigen
£f)ing (b. t. Dermin) $u 91eu- ober SBoflmonb an ge-
meinter Sftalftatt (oon mahal, fpredjen) t»or ädern ba§
regelmäßige ©ertd)t, ba3 für ba£ gan$e $Bolf§gebtet
guftänbig mar. ©ine SBötferfdjaft (Stamm, civitas)
umfaßte fictjer nid)t mefyr al§ einige SHifcenb §unbert*
fdjaften, fdjon meit jum $8olf§tf)ing alle freien roaffem
fähigen Männer pflid)tig maren, bie ©ntfernung
alfo jur HWalftatt be§ ^olU (roie 93. 2flattium,
ie^t Stäben bei Raffet für bie (Ratten) nidjt nie!
mefyr al§ eine £agereife betragen burfte; ba§ gefamte
©tamme^gebiet mar bemnad) burd)fd)nittlid) etma 100
Xcr aOÖerbeßang beS beutfd&ett Sßolfeä I 2
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18 Sie aOÖanberjeit
Cluabratmetlen grofc unb jaulte meift tr»of)l nicht über
5—6000 waffenfähige SKänner. SfteS $8olf3thing, ba§
oermutltd) nur halbjährig jur SBinter* unb (Sommer*
fonnenroenbe unter bem <5d)ufce be§ ©otte§ 3iu au*
fammentrat, entfd)ieb nach SBorberatung ber ange*
fef>nften 2ttänner über 93ünbni§, Krieg unb grieben,
machte bie Jünglinge rr)er)rc)aft unb wählte bie SBor*
fteher be§ S8olf§ in (Stamm unb $unbertfchaft
Könige, $ e in ßroeifel, bafc urfprünglid) überall ein König,
Sürpen au§ einem befttmmten ©efchlecfjte gewählt (Kuninc von
kunni, ©efchlecht, gottfcf) thiudans, r»on thiuda, Söolf) al§
r)öd^fter Beamter, nicht al§ £err fraft eignen 9ted)t§,
ba§ ^Botf al§ oberfter Heerführer, 9ttd)ter unb s #rtefter
leitete, wofür er einen £eil ber ©ericht§bufjen, frei*
willige ©efc^enfe unb einen Sanbanteil empfing. Slber
fchon im erften ^afjrhunbert n. (S^r. mar bieg Königtum
auf bie fuebifchen unb oftgermanifchen (Stämme be=
fdtjränft, beren f ortbauernbe§ J)albnomabifd)e§ Söanber*
leben eine einr)cttlict)e, monarchifche fieitung notwenbtg
machte. 93ei ben Söeftgermanen mar e§ oerf chwunben ;
hier er^ob bie 93olf§gemeinbe nur für ben Kriegsfall
einen §er$og (heritogo); im ^rieben matteten über ba§
SBolf nur bie erwählten „gürften" (principes) in ben
§unbertfdfmf ten als Seiter be3 §unbertfd)aft§thütg3,
alfo be§ ©erichtS, unb al3 Anführer be§ 2lufgebot§.
2)af3 dürften unb Könige berechtigt waren, ftd) in Krieg
unb Jn^en ein bewaffnetet ©efolge (fränfifch trustis)
auä jüngern unb ältern Männern $u halten, bie ftch
ihrem ©efoIg§hcrrn freiwillig auf ßeben unb Sob zu*
fchmoren unb bafür ihren Unterhalt unb <Spenben au§
feinem „£jort" (8ct)at$) empfingen, ba§ gab ihnen noch
ein roeit über ihre Amtsgewalt hinauSreichenbeS 3ln=
fehen unb bem ganzen germanifchen Seben eine r)öc^ft
eigentümliche SluSbilbung ber perfönlichen Streue al§
©eri^t Sftod) befchränfte fich bie Aufgabe be§ germanifchen
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©ermatten unb SRömer bis 100 n. Cfjr. 19
<5taatS auf ben 9ted)t§fdmfc im Innern, ben 20 äffen*
fd)ut$ nad) aufcen, benn fdjon lange war jene ro^efte
SBorftettung überwunben, bafe ber @d)Ufc ober bie
SKadje be§ ©enoffen nur <5ad)e fetne§ ©efchled)t§ fei,
unb eine fernere 9ted)t3oerIefcung erfdjien bereits al§
eine Verlegung be§ grieben§ ber ©efamtheit Stur
bei ben fcfjwerften <§d)äbigungen (£otfcf)lag, fcfjwerer
Söerwunbung, ©Ijebrud)/ gfrauenraub) blieb bem ®e*
fdjäbigten ober feinem ©cfdjlecftt bie SSaljl awifdjen
SÖIutra^e (3rcr)bc) unb 8lage. S)od) mufcte jene burd)
einen ©ü^neoertrag beenbet, biefe com Verlebten
vorgebracht werben, worauf ba§ oom fHic^tcr cor*
gef cfjlagne, oon ber ©erid)t§oerfammlung beftätigte
Urteil beim ©eftänbniS be§ 5Ingeflagten bie ju Ieiftenbe
©üfjne beftimmte, im anbem gaHe oorfdjrieb, oon
wem unb in melier SBetfe (®ib mit @ibe§^elfern unb
©otteSurteil burd) So§ ober ßweifampf) ber ©emeiS
ber ©djulb ober Unfc^ulb ju führen fei. $otfd)tag
unb fdjwere föörperoerlefcung mürben burd) eine SBufce
in S8iet){)äuptem nad) bem <Stanbe be§ Verlebten (ba§
2Bergelb) gefütjnt, mit bem Stöbe nur Verbrechen
gegen bie ©efamt^eit (SanbeSo errat, 3r a hnenflud)t,
Feigheit, §eiltgtumfdjänbung), ber ftriebengbrud) mit
ber 2Iu§ftofiung au3 ber ©emeinfd)aft, bie inbe§ burd)
eine 93ufee mieber aufgehoben werben tonnte. grei=
I)ett§ftrafen gab es md)t.
3um ©d)u^ nad) aufien oerfammelte fid) nad) &*m%-
Söotf3befchtu& an ber SWalftatt ba§ Stufgebot ber toefen
waffenfähigen freien Scanner jum 2lu3$ug unter bem
Äönig ober bem §erjog unb ben dürften, gegliebert
nach §unbertf djaften unb ©efdjledjtem, bie 9Jcehr$ahl
ju fjuf*, bewaffnet mit Speer (framea) unb ©d)üb,
nur bie @beln unb ba§ befolge ber dürften §u SRofc
unb mit £elm, SBrünne unb ©d)wert beffer gerüftet.
$ie SluffteHung be§ ftufcoolfeä in einer 2lnjat)i
furjer Kolonnen (Äeil, cuneus) mar nur für ben ftür*
2*
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20
$te aSonberjcit
mifcrjen Anlauf brauchbar, worauf auch bie Stteiterei,
mit raffen ftu&gängern (ganten) untermifcht befon*
ber§ eingeübt mar; ein anhaltenbe§ ©efecht oermochten
bie ©ermanen nicht $u führen, unb gegen bie Börner
mar immer am erfolgreichen bie ©chmarmtaftif in
Sumpf unb Söalb, ba fie bie förperliche Überlegenheit
ber ©ermanen jur ©eltung unb bie römifche £aftif
möglichft aufter (Spiel braute. Sängere ftelb^üge
waren biefen Aufgeboten unmöglich, fdjon weil fie
nicht lange verpflegt werben fonnten. ©egen bie
Börner fjalf am beften bie ©rmattungSftrategie, bie
r»or bem einbrechenben ^Jeinbe bie SBehrlofen unb
Söie^erben in Söalb* unb 93ergt>erftecfen ober in
rohen ©teinfchanjen barg, ihnen bie faft wertlofen,
rafd) wieberherauftetlenben §öfe jur S8ernid)tung ober
^ßlünberung überlief, fie burch §tn* unb germclrfdje
auf fd)led)ten SBegen ben ©ommer über ermübete
unb nur bei befonberS günftigen Gelegenheiten ben
offnen ®ampf wagte. 3h r oerbanften bie Germanen
bie Behauptung il)rer fjreiljeit.
Über ben <Stamme§ftaat reichte ber <§<t)\x% nicht
hinauf. 3enfeit§ feiner ©renjen mar ber einzelne
recht* unb frieblo§, wenn er nicht förmlich in ben
©crjutj eine§ anbern ®taat§ aufgenommen mürbe; aud)
eine Bereinigung mehrerer (Stämme mar immer nur
eine oölf errechtliche Söerbinbung unb gewöhnlich t)on
fur$er 2)auer.
6e unb ße8 Obwohl bie ©ermanen ihre SKunenfchrtft, eine
rcitgtöfes Umbilbung be§ griechifchen Alphabets, erft im jweiten
ßcbcn g^fjtfyun&ert erhalten hatten unb fte auch bann noch
nicht ju Aufzeichnungen, fonbern nur jur Bezeichnung
be§ SBeftyeg al§ £au3marfe unb zum 2o§merfen benütj*
ten, alfo thatfächlich fd>riftto§ blieben, fo hatten fie bod)
ein rege§ getftigeS fieben. 2)ie Sinearoerzierungen an
erhaltenen ©eräten unb SBaffen beuten auf ein fünft*
•lerifcheä BebürfniS, ihre flangoolle, fdjon in zahlreiche
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©ermanen unb Börner btä 100 n. ßfir.
21
Sttunbarten au§einanbergef>enbe ©pradje oerriet eine
rege, finnlicrje unb finnige ^ßf)antafie, oor allem in ber
Sftamengebung; in epifdjen Biebern in ber uralten
3rorm be3 <§tabreim§ befangen fte iJjre Reiben, unb
fie prägten ba§ @rbe be§ arifdjen ©ötterglaubenS
eigenartig au§, wenn fie aud) ben Sftorbg ermanen barin
nid)t gleicfyfamen, weil btefe erft weit fpäter oom
(£f)riftentum erfaßt würben. SDSie ftd) iljnen ba§ 3>af)r
in ben furzen, warmen ©ommer unb ben langen,
garten Söinter teilte, fo traten aud) in iljrer ©ötter=
weit, bem befeelten Abbilbe ber Sftatur, bie menfdjen--
freunblidjen Afen unb bie menfdjenf einbüßen liefen
(Surfen) einanber in beftänbigem Kampfe gegenüber.
würben aber feine3meg§ überall biefelben ©ötter
oerel)rt, vielmehr traten bei ben einzelnen Stammet
gruppen beftimmte ©ötter Ijeroor. 3)en jum ©ott be§
Krieges, bafjer be§ £f)inge3 geworbnen einarmigen
§immel§gott £iu ober 3iu (@r, ©ad)§not) oere^rten
befonber§ bie Saufen, bie ©ueben unb bie ©oten,
ben einäugigen SÖoban, ben ©ott ber bewegten fiuft,
bann be§ ©eifte§, bafyer ber §eerfüt)rer, gelben unb
£>idjter, befonberS bie fpätern granfen, bie Sango*
barben unb bie gngäoonen; ber rotbärtige S)onar,
ber ©ott be§ ©ewitterS, bafjer be§ AcferbauS unb
aller Kultur, fam erft mit ber Ausbreitung be§ 93oben*
anbaut ju allgemeinerer Anerfennung. S)ie weibltdjen
©ottfyetten (ftrija, §olba, 9lertl)u§) gel)en woljl auf
eine ©rbgötttn al§ ©ematjlin be§ £>immel§gotte§
jurücf, bie ebenfo al§ SobeSgöttin wie al§ näljrenbe
Allmutter aufgefaßt würbe. Alle biefe ©Ortzeiten wie
ba§ ©ewimmel ber Alben, 9Hjen unb ßwerge, bie
Sdjtcffalsjungfrauen (SBalfüren, 3bift) unb bie Sftor*
nen fmb weber allmächtig nod) allwiffenb nod) ftttltdje
53orbilber nod) ewig. SBereljrt aber würben fie oljne
©ötterbilber unb £empelgebäube in ^eiligen Rainen
unb auf Söergen mit Opfern unb mannigfachen
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22
Sie aOßanberaeit
finnigen 93räucf)en, bic bag gan$e fieben be§ einzelnen
roic ber ©efamtfyett burdjäogen unb umgaben, bi§ $ur
SBeftattung im SBaumfarge ober burd) fteuer mit bem,
mag bem SBerftorbnen lieb geroefen mar. 2)en SöiHen
ber ©öfter, alfo bie 3ufunft, fucfyte man bei ^eiligen
grauen, au§ bem 2Btef)ern ber meinen SRoffe 2öoban3,
bem SRaufcrjen ber @id)e $onar§ unb bem SBerfen
von £o§ftäben ju erfunben, benn in jebem Slugenblicfe
füllte ftd) ber fromme @mn be§ ©ermanen gebunben
an bie überirbtfdjen ©emalten.
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neue Bngriflfe auf Etmt bte 375
in t>oflc§ SaWunbert faft ununterbrochen 3rrie= 5Ö0 "^ er '
ben§ mit ben Römern §atte bic $Bolf3$af)l bcr mc runs
©ermanen offenbar rafd) t>erme^tt; bie 3rolge war,
ba& fie, fobalb fie in ben tfynen gezognen ©renken
md)t metjr Sttaum fanben, ftärfer unb ftärfer gegen
Otyetn unb $)onau brängten. 5ln ber $onau aeigte
fid) ba§ am früfjeften unb am Ijeftigften, weil bie
oftgermanifdjen (Stämme mit ibrer immer nod) Ijalb
nomabif djen SEBeiberoirtfc^aft rafdjer an ber ©renje
iljrer innern 3lu§bebnung anlangen mußten unb leic^*
ter beroeglid) waren al§ bie oöHtg feftyaft geroorbnen
ÜÖeftgermanen.
3n bem fogenannten 3Jiarfomannenfriege, JJjJL
ber gmeiten großen germanifdjen Söanberflut (161 big mannen«
180 n. (£f)r.), überfdjroemmten 2ttarfomannen, Ctuaben, !m9
germunburen, Sangobarben, Söanbalen jum erften*
male bie römifdjen SJonaugrenjen unb fogar Ober*
Italien. 9tod) gelang e§ bem trefflichen ®atfer ÜJtarc
5lurel in ferneren kämpfen, fie aurürfaubrängen unb
bie S)onaulinie burd) ^mei neue fiegionSlager ©aftra
regina (SRegenSburg) unb Sauriacum (fiord) bei (SnnS)
3U ftdjera; aber nod) vox ber ©eenbigung be§ ftriege§
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24 Sic SÖcmbetaeit
ftarb er in SBien (17. aflärj 180), unb fein Sotjn
(Sommobug mu&te (Sparen von ©ermatten in ben
untern $onaulanben anftebeln, ifjnen alfo ba§ begehrte
8anb, wenn aud) unter römifdjer $errfd)aft, gewähr en.
3)ie frieblicrje ©ermamfterung römifdjer ©renjlanbe
begann.
Stamme" *>°&>9 M * m 3twtero $eutfd)lanb§,
mme t?on ben Römern faft unbemerft, eine entfdjetbenbe
Umroanbtung. 35ie flehten 93ölferfd)aften, bie burdt)
junefymenbe 9tobungen einanber örtlich immer näfjer
gefommen fein müffen, ballten ftd) ju großem ©ruppen,
§u ©tämmen im neuen Sinne jufammen. Um 213
taurfjten längS be§ 8ime§ bie fuebifdjen Sllamannen
(©djroaben) auf, beren nermutltdjeS ßernnolf, bie
©emnonen, bamalg it)re alten 2öof)nfiöe äraifrfjen
Ober unb (£lbe, von ben SBurgunbem gebrängt, oer*
laffen Ratten unb fübn>ärt§ geroanbert roaren. Um 240
erfd)ienen bieftranfen, b.i. bie freien, im mef entließen
bie 3ftäoonen, burd) fyermtonifcf) = fuebifd3e SBeftanb*
teile oerftärft, am 2ttittelrt)ein, unb enblicf) nerbanben
• ftd) bie 9Kaffe ber 3ngät>onen unter ^ityrung ber
©acr)fen ju einem <Stamme3bünbni§ biefe§ ;iftamen§.
9lod) mar ber 3ufammenl)ang oer Stämme fo lotfer,
bafc bie einzelnen Seile nid)t feiten gan$ felbftänbig
auftraten, aber im ganzen gelten fie bod) jufammen
unb machten bieg ben Römern balb fd)tner$lid)
fühlbar.
»u8- 3nbe§ ntdjt non tfynen, fonbern von ben Oft*
DTCliUltQ
ber ©oten germanen, oor allen oon ben ©oten, ging bie britte
SBanberung au£. $enn biefe. breiteten ftd) von ber
untern 2üeid)fel tjer fo unmiberfteljlid) über ba§ weite
ofteuropäifdje Sieflanb au§, bafc fie um 230fd)on bie
Sflorbfüfte be§ Sdjmar^en 3Keere3 erreicht Ratten unb
235 bie grtedjifdje Kolonie Olbia eroberten. $m Qaljre
238 überfdjritten fie $um erftenmal bie untere $)onau;
nad) bem %aüz be§ ®aifer§ $)ectu3 bebzdttn i^re
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ÜÖieberÖeginit ber aOBanberunflen 25
flotten ba§ ©chroarje unb ba§ &getfche 97ieer, itjre
friegertfdhen SluSmanbrer bie ©renaprooinjen an bei
untern 2)onau, plünbernb, oerroüftenb, erobernb. £)te
Zerrüttung be3 römifd)en SRetd)3 burd) ^^ronfriege,
s £eft, roirtfd)aftlid)en Verfall unb ©hnftenoerfolgungen
bahnte ihnen ben SSeg. @rft ber erfte ber großen
iflnrifd)en ©olbatenfaifer, bie ba§ jerfaüenbe iHeid)
nod) einmal einigten unb retteten, ßlaubiuS IL, warf
bie ©oten 268 burd) ben Ungeheuern (Sieg bei
9taiffu3 (Stifd) in Serbien) jurücf, unb fein Sftad)*
folger 9lurelianu§ (270—275) oerbrängte bie 9Jlarto*
mannen au§ Statten. 9lber bie ruhmooüe Eroberung
£rajan§, ba§ fdjöne ©olblanb $acien, permochte
aud) er md)t $u retten, er 50g bie römifd)en 93efa^ungen
unb ben $ern ber römtfd)en Slolomften jurüd unb
überliefe bie ^ßrooinj ben ©oten, bie bamit bi§ an
bie untere 2>onau oorbrangen. s 2lud) gegen ben Simeä
unb ben Ctyein war ber 5lnbrang ber SBeftgermanen
fo geroaltig, bafe bie 3*hntlanbe bauernb in bie gänbe
ber Sllamannen fielen, unb ßaifer ^ßrobuS (276— 282)
nur mit äufeerfter $lnftrengung bie JRf)eingrenje 51t
behaupten oermochte. $)iefe SBefteblung jroeier au§=
gebehnten römifchen @renaprooin$en genügte inbe»
bem ßanbbebürfniS ber ©ermanen nod) feine§roeg§.
Vielmehr mürben au&erbem ßunberttaufenbe ger=
manifd)er ®oloniften al§ hörige, an bie @d)olle ge=
feffelte dauern (coloni) ober al§ freie SBauem (Säten) in
nölferfd)aftlid)en SBerbänben in ben oermüfteten ©ren^
prooinaen, namentlich in ©allien unb ^ßannonien an*
gefiebert. @o nahm bie frieblidje ©ermanifterung ber
römifchen ©renjlanbe unter ber Roheit be§ ^Hetd>g
ihren fjortgang.
2)od) babei blieb e§ balb niebt mehr. 2) er ge* eftrtftji^-
waltige Sünner $ioftettanu3 (284-305) hatte Auitur
bem deiche in orientalifch-beSpotifchen formen eine ©ermonen
neue haltbare *8erfaffung gegeben; ßonftanttn ber
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S)ie äBanberaeit
©ro &e (324— 337) nahm bie unüberroinblich geroorbne
djriftliche &ird)e in ben SRetdjSorganiSmuS auf, er*
richtete neben ben ©ren^truppen eine ftarfe ftelbarmee
unb t)ob bie altrömifche SBerbinbung von ^Beamten*
unb Offi^ierSlaufbatm auf. £>urch beibe Sttajsregeln
öffnete er ben ©ermanen einen breiten 3 u 9 an Ö ™ §
römifche §eer big in feine !)öd)ften ©teilen hinauf,
unb biefe tro^igen, treuen Sflänner hielten balb baS
Oicid^ in ihrer Siedeten, ja fte Ralfen bie (Srbltchfeit
beS ÄaifertumS burchfeijen. SlnbrerfeitS erfuhren auch
bie freien ©ermanen jenfeitS ber ©renje ben ©tnflufj
ber römifchen Kultur. Sie Sllamannen in ben 3ehnt*
lanben, auf altem feltifch- römifchen SBoben, roaren
bereits ein ganj fe&hafteS, n>ot)l§abenbe§ SBauernoolf
geworben. $)ie 2Seftgoten in S)aäen Ratten ftet) an
fefte 2Bohnfttje unb Sanbbau, allerbingS mit bem
Übergen>id)te ber Söiehsucht, gewöhnt, »or aUem aber
Ratten fte 3um größten £eüe baS ©hriftentum in ber
ftorm beS im ganzen Dften beS SRetchS fyerrfdjenben
SlrtaniSmuS angenommen, unb ihr erfter SBifdfjof
SBulftla (UlftlaS) fchenfte feinem Söolfe in feiner
gotifdjen SBtbelüberfetjung baS erfte $)enfmal ger*
manifchen Schrifttums , bis eine J)eibmfd)e SReaftion
unter 2ltf)anarid) i^n um 348 mit feinen Anhängern
aus bem Sanbe trieb unb ihn anmng, ftdt) in 2flöfien
um SftfopoliS (2trnon>a) unter römtfehem @d)u&e an*
juftebeln. 2)od) erftarfte baS ©t)riftentum in 2)acien
roieber, eS überftanb um 370 bie erfte G^riftenoer*
folgung, bie ©ermanen als 93Iutjeugen fanb, unb
auf ben Stuf beS d)riftlichen Häuptlings ftrithigern
überfchritten 372 römtfehe Gruppen &um ©chufce ber
©hriften bie S)onau. ©in djriftlidjer SBeftgotenftaat
fdjien bie Vormauer beS 9teicf)S gegen Horben werben
§u f ollen. 3)ie Dftgoten aber roaren junächft bem
^Reiche ganj ungefährlich, benn Äönig ©rmanartch
hatte ihre VJlatyt über ben größten Steil beS heutigen
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aOßteber&egtnn bcr aBanberimaen 27
SRufilanb verbreitet unb ftd) jafylreidje finmfdje unb
flanrifcfye ©tämme unterworfen.
2)aljer waren e§ biegmal bie 2öeftgermanen, von »*•
benen ber eierte grofce ©tofe ausging, feine Söanbe*
rung, fonbem eine friegerifdje Eroberung. Um 385 srcnje
brangen fjranfen unb 9Uamannen big tief nadj
©allien cor. 3nbe§ ber Gäfar ^ulianug brängte in
ber <Sdjlad)t bei Strasburg 357, bem legten großen
SRömerftege über (Germanen, bie 9llamannen über ben
SRtjein surücf unb unterwarf bie grauten, bie fdjon
in Trabant (Sojanbrien) ftanben. S)en ©tofc ber
Ouaben über bie 2)onau wieg Sfatfer $Balentimanu§ um
375 jurücf.
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Mt x*#g*rmattirrfi2 Btflfortoantorung •
unir B?grfintatti0 gBrmamJtfisr
Staaten auf hreJIrömtJxJism tevtert
375 bte 493
Biäfjer Ratten alfo bie ©ermatten nur einige ©renj*
protrin$en abgeroinnen fönnen, unb ot)ne 3weifel
hätte ba3 römtfd)e SHetd) in feiner neuen Drgantfa*
tton, roenn e§ in ber bisherigen SCöeife fortgegangen
märe, nod) geraume ßeit bie ©töfce ber ©ermanen
abjuroehren, ihrem fianbbebürfnte burd) 3lnfteblung,
ihrem £E)atenbrange burd) ©infteflung in§ römtfd)e
©eer $u genügen, burd) beibe§ bie fcfynrinbenbe S3e=
oölferung be§ $eid)3 $u ergänzen unb aufeufrifchen,
bie einftrötnenben germanifcfjen Staffen allmählich
$u jerfe^en unb auf juf äugen oermod)t. 3 U ^ner
politifd)en unb nationalen Erneuerung @uropa§ wäre
e3 bann nid)t gekommen. @ine fold)e mar erft mög*
lieh, toenn burd) ben Übertritt ganger großer ger*
manifcfjer Wülfer ba§ SReid) felbft gefprengt mürbe.
$aju ben 9Infto& gegeben $u haben, barin unb nur
barin liegt bie roeltgefd)id)üid)e SBebeutung ber $un*
nett, eine§ oerfprengten SKefteS ber finnifch*ugrifchen
fiiungmu Sie fogenannte SBölfermanberung aber,
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£ie oftgermctnifdje JBölfertoanberung
29
thatfäcrjlicr) nur bie fünfte unb größte aller, ift eine
%fyat ber Dftgermanen; bie roeftbeutferjen (Stämme
ftnb nicht geroanbert, fonbern fte haben, ihre alten
<Si$e fefthaltenb, nur bie nächften römifchen ©renj*
lanbe langfam erobert
tiefer tiefgreifenbe Unterfd)ieb hat ba§ ©efd)icf M «Beft.
ber germanifdjen Söölfer beftimmt. S)ie Dftgermanen im oft*
roanberten in ihrer 3ttaffe in bie römifchen Kultur* r gJJ|]$ en
Iänber au§ unb gingen bort nach lurger poIitifdt)er
§errfchaft al§ Nationen ju ©runbe, nachbem fte bie
gealterte romanifche Söelt aufgefrifcht Ratten. 2)ie
Söeftgermanen, jäh an ber §etmat haftenb, erroei*
terten nur ihren SBoben unb legten ben ©runb &u
einer beutfehen Nation. $)en Anfang ber 2öanbe=
rung matten bie ©oten. $8om (Einbruch ber ^unnen
getroffen, fiel ba§ oftgotiferje Oteid) 374 aufammen,
unb bie Dftgoten folgten ben §unnen al§ abhängige
SBunbeSgenoffen roeftroärt§. Sie I)eibnifc^en 2Beftgoten
unter Slthanartch leiftctcn oergeblichen Sötberftanb;
bie d)riftlicr)en unter grithigern fugten 376 3uflud)t
unb 2öof)nfi^e im römtfehen SReidje, roie früher it)rc
SßolfSgenoffen. ©ereilt oon ber Ungebühr gemiffen-
Iofer Beamten rourben fie inbe§ au§ bienftroifligen ©im
roanbrern ju gefährlichen g-etnben, plünberten jähre*
lang bie Sftorbprooinaen ber SBaltanhalbinfel, f crjlugen
ben Sfaifer S3alen§ am 9. Sluguft 378 oernichtenb bei
Slbrianopel unb rourben erft nach langen kämpfen
unb $8err)anblungen r»on feinem Nachfolger £heoboftu3
bem ©ro&en (379-395) big @nbe 382 allmählich gur
9*ur)e gebracht, ©ie erhielten al§ göberaten (freie
S3unbe§genoffen unter nationalen Beamten) 2Bof)nfit$e
in Sttöfien unb £fn:afien, bie ihnen nachbrängenben
oftgotifdhen ©chroärme im roeftlidhen ßleinafien.
$iefe %oxm ber $lnfieblung ift für bie roeitere @nt*
roieflung ber oftgermanifchen Söanberftämme entfehei*
benb geroefen. S)enn fie traten nicht fdjlechtroeg al§
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30
S)ie SlBanberäeit
Eroberer auf, fonbem fchloffen mit bem deiche, beffen
$oheit fie anerfannten, einen Vertrag (foedus) unb er-
hielten baburcf) gegen bie Verpflichtung jum &rieg§-
bienft vermutlich fd)on bamal§, ftdjerlicf) aber fpäter
nach ben Veftimmungen be§ römifchen ©inquartie*
rung§gefelje§ von 388, mit ihren Angehörigen al§ ein
angefiebelteS §>eer Quartier bei ben römifchen ©runb*
beftfcern, bie ihnen einen X eil be§ §aufe§ unb be3
VobenS $ur 9ht$niefmng einzuräumen hatten, em-
pfingen junächft roohl auch Verpflegung, fie traten
alfo in ben engften ^ufammenhang m n e [mx flamm*
fremben unb r)ör)er fultioierten Veoölferung.
® ic 9hm beruht ber Unterfchieb jnrifchen bem ©efchtcf
in Italien be§ oftrömifchen unb be§ roeftrömif djen Geichs, bie
fich nach bem 2obe be§ £heobofm§ 395 enbgilttg
fchieben, barauf, bafj e§ bem oftrömifchen gelang, bie
angefiebelten ©ermanen mieber auSjuftofjen, roährenb
ba£ roeftrömifche immer ftärfer t>on ihnen überflutet
rourbe, trot$ aller 9lnftrengungen be§ größten römiftf) 5
germanifchen (Staatsmannes, be§ Vanbalen ©ttlifo.
3mar junächft erjmangen fich bie Söeftgoten unter
ihrem neugeroählten ftönig, bem jungen fühnen Valien
9llarid), burd) Sttaubjüge bis in ben ^eloponneS r)incin
beffere Quartiere unb Verpflegung in (5piru§ (398); aber
fd)on 401 roanbte fich Altrich gegen Italien, ba§ er
erft nach be r ©flacht bei ^odentia am obem ^anaro
(6. 3lpril 402) roieber räumte, aber nur, um fich fpäter,
mit anfehnlichen Sahrgelbern unterftü^t, in Borkum
einzulagern (406). 5lud) bie oftgotifch 5 fuebifcf)en Scharen
be§ SHabagaiS mehrte Stilifo 406 noch ab; boch al§ er
im 3luguft 408 einer thörichten, rcenn auch begreiflichen
römifchen JReaftion zum Opfer gefallen mar, mar*
fchierte 9llaricf> 408 oon ©rnona Cggg bei Saibach) h c *
jum jmeitenmale in Italien ein, um feinem Volte
günftigere SBohnfi^e gu ermerben, erfcfn'en, beftänbig
oerhanbelnb unb bann mieber jutn «Schwerte greif enb,
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$ie oftgermanifdje 93ölferh>anberuttg
31
breimal cor 9tom, nahm unb plünberte bic §aupt*
ftabt ber Söelt im Sluguft 410 unb cnbetc fchüe&lich
noch in bemfelben ^afyre, mehr roie ein norbifcher
SEöiftng at§ wie ein ßönig, ofme fein 3tel erreicht $u
haben. Mut ben Often ^atte er t>on ber brüefenben
Saft ber eingeroanberten Germanen befreit in Italien
aber fanb fein Söolf feine neue $etmat; üielmehr führte
Slthaulf, 2Ilartch3 Schwager, bie Söeftgoten 412, halb
im (SinoerftänbntS mit bem ftatfer §onoriu3, um
beffen fcfyöne gefangne Schroetter ^taeibia er warb,
nach ©aflien hinüber.
(Sr fam, al§ ba3 £o§ (SaHienS unb @panten§ 6in6 e r r ud &
bereits entf d)ieben mar. S)enn im ^ahre 405 n>ar bie «ßanbaten,
§auptmaffe ber a§bingifd)en unb filingifchen $8an-
baten in Sdjleften, oerbunben mit fuebifchen, wohl 9llancn
meift quabifcfjen Scharen unb ben nicht germanifc^en
Allanen, bie burch bie #unnen oon ber untern Söolga
her weftwärt§ mit fortgeriffen worben waren, au§ ber
©eimat aufgebrochen. Sie überf dritten im Januar
406 ben obem 9tf)ein, um nun ©aUien jahrelang oer-
heerenb p burchjtehen, ba oon SRom her feine gilfe
fam, unb ber Ufurpator ©onftantinu§ nid)t§ gegen fie
vermochte. (Snbltd) aber, im §erbft 409, brangen fie
über bie nid)t oerteibigten ^ßnrenäenpäffe nad) Spanien
ein, unb na<f)bem fie bie§ oon 33arbarenetnfäü*en bi§*
her noch ganj unberührte ßanb $mei $ahre plünbernb
burchjogen r)atteit, warfen fie 411 ba§ So§ über biefe
^roüinjen, inbem fte fich nach ben geltenben römifchen
Sefttmmungen unb unter Slnerfennung ber römifchen
§or)ett bei ben ©runbbeftö^n einquartierten, bie
(Sueben unb bie a^bingifchen Sßanbalen in ©alicien,
bie ftlingifchen SSanbalen in ber SBätica (9lnbalufien),
bie Allanen in Sufitanien unb ber (SarthagimenftS;
nur bie Sarraconenfiä blieb unberührt unb unter ber
Verwaltung römifcher Beamten, ^n^mifchen waren
auch kie S3urgunber burch ba§ ©ebiet ber 9Uamannen
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32
Üte SOßanbcrjeit
fyinburdjgegogen, unb tfjr $önig ©untafjari, ber
©untrer be§ 9ttbelungenltebe3, f)atte 411 in Hflatnj
einen üornefjmen ©aflier, ^oüinug, gum ßaifer er*
Ijoben; furj barnad), 413, fieberten fie fid) UnU vom
Dreine in ber ©egenb an, roo fie bie beutfdje
§elbenfage geigt, um 2Borm3 unb im nörblidjen (Slfafj.
S)ic9D3cft= g n biefe roirren $8erf)ältniffe, bie burcf) rafd)
Spanien 1 roed)felnbe Ufurpatoren nod) mefjr t>erroirrt rourben,
eaSfen f ü ^ rtc 412 ^ a " l f f eine Sßeftgoten hinein. 3m ^nter*
effe be§ £onoriu§, mit bem er ftet§ eine frteblidje
SBerftänbigung roünfdjte, befiegte er :goüinu§, befefcte
aber bann, um bie Verpflegung feinet $8olf§l)eere§
gu ftd)ern, ba§ fübIidE>e ©aflien mit Sftarbonne, £ouloufe
unb SBorbeaur. unb t>ermäf)lte fid) Januar 414 ™
$ouloufe mit ^lacibia. 2) od) ba £>onorüt3 oon einer
Söerftänbigung aud) jefct nichts roiffen roollte unb if)m
bie @eegufuf)r fperrte, fo gog ber ©otenfönig gu @nbe
be§ $af)re3 414 ü& ct ^ e ^9*enäen nad) ber £arra=
conenft§. $ier nafjm er feinen Sit* in Barcelona unb
liefe trtumpfyierenb feinen unb Sßlacibia§ ©olm nad) bem
faiferltdjen ©rofroater $f)eobofiu§ taufen, benn in itjm
faf) er ben gebornen §errfd)er ber ©oten unb Diömer;
aber furg nadjfjer, im $uli 415, fiel er germanifd)er
93lutrad)e gum Opfer. (Srft fein Sftadjfolger 2öaÜia
(415—419) fe§te enblid) 416 einen 58ünbni§u ertrag mit
bem ftaifer burd), unb 419 erhielten bie SBeftgoten
unter 3uftimmung be§ fübgaüifdjen ^ror>ingiallanb=
tage§ gu 2Irle§ brei fübgaüifdje öanbfdjaften, nämlid)
einen Seil Aquitaniens mit 58orbeau£, Sftcroempopulana
(©aicogne) unb bie roeftlidje Sftarbonnenftö mit £ou=
loufe, alfo bie f)errlid)e ©egenb an ber ©aronne an*
geroiefen. ©ie nahmen groei drittel jebe§ ©runbftürfS
für fid) unb mürben nad) ifjrem 9ied)te üon ifjrem
ftönig unb feinen Beamten regiert, tiefer erftredte
feine ©eroalt aud) über bie römifdje SBeoölferung im
tarnen be§ ftaiferS, bod) blieben tfjr bie alten @in=
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2ic oftgcrmaiuftyc ^ötfcrtuaiiberuug
33
rtd)tungen unb ihr eigne! 9ted)t. 2öic fid) bic 93ur=
gunber am Iinfcn fH!)einufcr eingerichtet haben, läfjt
fid) nid)t fagcn; {ebenfalls gerieten fte mit ben SHömem
in ^onflift, verloren, 437 von ben hunnifchen $ilfS=
trappen angegriffen, ben größten Steil it>re§ f>eer*
bannet unb ftebelten fid) balb bamadh, 443, mit
römtfeher ßuftimmung im nörblicfjen SHbonelanbe, ju^
nächft in ber fogenannten Sabaubia (Saoonen) an,
roo fie jebem ftamilienhaupte bie £>älfte eines römi*
fdjen ©runbftütfeS jumiefen. s Üf)nlid) geftalteten fich
bie Söerhältniffe in ben oon ben ©ermanen befefcten
teilen Spaniens.
Einberg als in ©aüien unb (Spanien traten bie $ie »au-
^anbalen in Slfrifa auf. Won ben Söeftgoten unb «frifa
Sueben gebrängt, führte 8önig ©eifertch, fein £elb,
aber ein n>eitfid)tiger, energifd)er unb herrfchgemaltiger
Staatsmann, im 2Jtai 429 fein ganjeg $8olf, nicht
mehr als 80000 $öpfe, über bie Meerenge von (Gibraltar
nad) Sftorbafrifa hinüber, roofyin ihn ber natürliche
jReic^tum biefer ^ornfammer beS SBeftenS nicht tne=
niger lodte, als einerfeitS baS gefpannte Verhält*
niS beS Statthalters SBontfaciuS ju bem leitenben
StaatSmanne 2öeftromS, bem gewaltigen 3Jiöjier
9IetiuS, einem £albbarbaren faft wie Stilito, anbrer^
feitS bie nationale, feciale unb firchliche 3erfe$ung
biefer buntgemifd)ten 93eoölferung r»on römifchen unb
pumfehen ®runbt)erren unb ©ro^^nblern unb hörigen
ober nomabifd)en, baher freien Berbern. 3n jähre-
langen kämpfen erjroang er 435 bie Abtretung ber
Africa propria (£uneften) unb beS weftltchen Sftumibien
(Algerien), nahm aber fd)on 439 auch Karthago ein
unb bel)nte fchlie&lid) feine Httacht über baS ganje
S^üftenlanb oom 2Itlantifd)en Djean MS $ux kleinen
Surte auS. SBalb mad)te er feine mit ^ßuniern unb
Berbern bemannte flotte ^um Schretfen beS SJtittel*
meereS unb Italiens. °$n $lfrifa aber uerjagten bie
25er aSJerbeßang beä beutfäert Jöolfeä 1 3
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2>»e Sßanberjett
Vanbalen al§ Eroberer cinfacf) btc römifrfjcn ©runb=
berren $unefien§ von tfjren ©ütern unb richteten fid)
l)ier ofjne Canbteilung at3 ein glänjenber fnegertfdjer
2lbel über einer bienftbaren, einfjeimtf djen 93et»ölfe=
rung ein.
bruc^ ber nabme Italiens von oftgermamfdjen WolUtytxtn in
tytnnen <g e j-^ genommen roorben, bod) meift burd) Verträge*
bie eine friebltcrje 2öeiterentundlung biefer merfroür-
bigen S8erf)ältniffe ju uerbürgen fdnenen, al§ biefe
ganje ©eftaltung ber $inge roieber in S^ge gefteüt
rourbe burd) einen neuen 5flad)tauffd)nnmg ber Tünnen.
550m ungarifdjen $icflanbe au§ tjatte ber erfte gro&e
SD^ongoIen^errfdjer Attila, ber Sofjn 2ftunb$uf§, feit
etroa 444 ein Dietd) jufammengejnmngen , ba§ §ar)t=
reiche oftgermanifdje ©tamme, cor allem bie Oftgoten
in s ßannonien unb bie tljnen ftammüerroanbten ©epiben
in Marien in lofer 3lbl)ängigfeit umfaßte unb weft*
märt§ trieüeidjt bi§ nad) Düringen reid)te. (Seinen
©etreuen ein gebtetenber, aber aud) gnäbiger §err
faft nad) germanifetjer $lrt, ein „Vater," roie fein
germanifdjer 9fctme fagte, obroobl in fetner ©rfdjetnung
ein edjter Mongole, aber gegenüber feinen 3fetnben
„ein ©Breden aller Sänber," fo fjatte er in fortge*
festen nerfjeerenben 3ügen oa ^ oftrömifdje SReid)
tributpflichtig gemadjt, ttmnbte fid) aber, rootjl auf
Veranlaffung König ©eiferid)§, im $$af)re 451 mit um
gefjeuern öeereSmaffen gegen ben Söeften. Vei 9ftatn$
überfd)ritt er ben 9tt)ein unb fd)Iug ben burgunbtfd)en
Heerbann an einem ©ebirgSpaffe bi§ jur Vernichtung
(mit ben kämpfen um 437 ber f)iftorifd)e ©runb ber
9hbelungenfage). @§ mar ba3 letzte unb größte
Verbienft be§ 2lötiu§, baß e§ ifjrn gelang, bie rö*
mifd)en unb germanifd)en <§treitfmfte unter feiner
3rüt)rung gegen bie $unnen ju vereinigen. Sie Ve=
lagerung von Orleans mißlang biefen, unb in ber
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Xtc oftgermanifd&e SßölfertDanbcrung
35
fagenumroobnen 9Jlorbfcf)lad)t auf ben fatalaunifcfyen
©eftlben in bet Sftäfye von Üroneg im Quli 451
mußte ftdf) Attila gefdjlagen geben unb roid) jurüd
Seinem ©tnbrucf) in Qtalien 452 geboten militä*
rifd)e S3ebenfen unb abergläubifcfje (Srmägungen bei
SJlantua §alt, unb fcfjon 453 ereilte ir)n ein plöfc*
Hdjer £ob. 5)amtt jerfiel ba3 SHetd) be3 ©eroalt*
f)errfd)er3, bie germanifdjen Stämme warfen bie
£>errfd)aft ber Tünnen ab, unb bereu iHefte r»er*
fcrjmanben in ben Steppen DfteuropaS. 9Iber unoer=
tilgbar fjat firf) bie frembartige ©eftalt be§ Jpunnen*
fönigg unb feines cölfermimmelnben 6ofe3 bem ©e=
bäcr)tni§ ber ©ermanen eingeprägt.
@rft 3at)re nacf) 2tttila§ £obe, al3 %'tiu§ berate
finbifdjen (Siferfucrjt be3 fdjmacrjen ®aifer3 SBalenti*
nian III. im September 454 erlegen mar, magte ©eifc- Ä t a u ! £j"
riet) ben Angriff auf SRom, ber, roenn er gleichzeitig
mit 2lttila§ geere§$ug ausgeführt morben märe,
ba§ Sdn'tffal be§ 3Beften§ entfdjieben f^ben mürbe.
5lber bie tmnbalifcrje ^ßlünberung ber 2öettl)auptftabt
im 3uni 455 liefe nur ba§ (£l)aoä hinter ftd) unb
mürbe nid)t ber Anfang einer neuen Drbnung für
Italien, fortan übte r>ier ein fuebifdjer 9Jiacritf)aber,
Weimer, bie tf)atfäd)lid)e £>errfcf)aft im tarnen fdjroa*
cfjer, rafd) roedjfelnber ®aifer (45(3—472), ät)nIidE> mie
brüben in Oftrom ber ©ote 9l§par. 3lber mehrere
Unternehmungen gegen ba§ Sßanbalenreid) mißlangen,
felbft ber gemaltige gefamtrömiferje See* unb §eere3*
jug gegen ßarttjago im 3al)re 4(i7, bie Sßeftgoten
breiteten it)rc §errfd)aft fiegretcf) einerfeitS über bie
ganje gafltferje Sübfüfte mit 5lrle§ unb 9TcarfeilIe,
anbrerfeit§ über ben größten £eil Spaniens au3,
roobei fie inbe§ immer Aquitanien al§ if>r §auptlanb
(in ber Sage ba§ SBeftgotenlanb fd)led)tmeg), Souloufe
al§ §auptftabt feft^ielten, unb al§ SRictmer 472 ge*
ftorben mar, fanbte ber £jof uon Äonftantinopel bem
3*
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Sie aOßanbcractt
SBeften feine ®aifer, alä ob fallen ein oftrömtfcher
SöafaHenftaat fei. dagegen erhob fid) enblid) bie
hanbfefte @elbftfud)t ber buntgemtfd)ten germanif djen
Sotbtruppen in Italien unter bem s Jtugier Oboater,
inbem fie ein drittel be§ ®runb unb S3oben§ jur
3lnfteb(ung forberten. $a ber jugenbliche ^aifer
s J*otnulu3 SflomnüuS ober trielntehr fein SBater Orefte§
biefe 3 umu ^ un 9 abroieg, fo riefen bie ©ölbner im
s 2luguft 476 Oboafer ju ihrem ftönig au£ unb ent=
thronten ben Staifer, wenige 3ahte nadjbem in &on=
ftantinopel s 2l3par befeitigt unb bamit bie ©etoalt
germanif d)er 3Jladt)tt)aber in Oftrom enbgiltig ge=
brodjen roorben mar (471).
inb*s$eo ® oc ^ ^ z ® n ^ ronun 9 e * nc ^ roeftrömtfchett
boric^ ®atfer§ burd) ©ermatten mar ba3 9teue, fottbern bieg/
bafj Oboafer ftd) bie ©enbung etne§ ftatferg au§
^onftantinopel oerbat unb bie ©eroalt über Italien
felbftänbig in bie §anb nahm. $at)er betrachtete
itjn Oftrom al3 Ufurpator unb oeranla&te im ^ahre
489 ben ftöntg ber Oftgoten, Sfyeoborid), mit bem
e3 feit Sauren in unftc^ern Söerhältniffen ftanb, in
feinem Auftrage Italien gu erobern. 3n mehr*
jährigen, t)elbenmütigen dampfen namentlich um feine
£>auptftabt Diaoemta, bie nod) lange in ber (Sage
oon ber 9iabenfd)lad)t nad)f langen, erlag Oboafer
enblid) 493 feinem großen ©egner unb feinem ge=
fd)loffenen 33olf^l)eere. 3n SHaoenna nahm aud) %tyo>
borid) feinen 6i$, unb er fcfymücfte bie unbejroiitglid)e
©eefefte mit Sßalaft* unb Kirchen bauten, bie nod) heute
befunben, roie ftdjer er fid) füllte, aber aud) in Verona
hielt er fid) gern auf, unb barnad) fyat if)tt bie Sage
5)ietrid) von 93ern genannt. Unb nun unternahm e§
biefer ©otenfürft, im Innern fetne§ i'anbeS ©oten
unb SRönter al§ gleichberechtigte, aber felbftänbige
Nationen jebe mit eignem SRecht unb eigner Verwaltung
unter fetner ßerrfd)aft gu oereinigen, nach au&en bie
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Sic oflflermanifrfic gföfttttoftttbetuitg
■
H7
gcrmanifcfyen Staaten unter feiner Jüfyrung friebltd)
nebeneinanber galten, unb fidjer war er ber erfte
©ermanenfÖnig, ber feinen StammeSgenoffen al3
ebenbürtiger 9lad)folger ber roeftrömifdjen Sfoifer er=
fd)ten.
$ie 2Bcftt)älfte be§ römifdjen meid)3 mar in ger*
mantfd)e Staaten aufgelöst.
Ob freiließ biefe Stämme, inmitten einer roma- Sa 9 e be . r
nifdjen, an 3 a ^ un0 93ilbung i^nen weit überlegnen f<$en
«eoölferung angefiebelt unb meift burd) »ertrage mit
bem $eid)e an ben geltenben 9*ed)tS$uftanb gebun* ^jj*" 1
ben, it)rc nationale Eigenart lange mürben feftl)altcn Cl e
fönnen, ba§ mu&te gerabe bei ifyrer eignen SBilbungS*
fätjtgfeit unb bem engen, tagtäglidjen SBerfefjr mit ben
Diomanen von Einfang an äufcerft jmeifel^aft erfdjei*
nen. 3 unä ^ fd)üt>te nod) ber fird)lid)e ©egettfafc
bie ©ermanen, ba biefe roäfjrenb ber SBanberungen,
ofme baf* fid) ba3 (Sinjelne immer verfolgen Uefce,
ben 2lriani§mu3 angenommen Ratten, ber ben nicä*
nifdjen (fatljolifdjen) Romanen als ^etjerei galt; aber
e3 mar bie gfrage, ob fid) biefe im römtfdjen SReidje
fd)on allerorten erlegne 9iid)tung tuerbe behaupten
fömten. Söerfc^manb fie aud) bei ben ©ermatten, bann
fiel bie ftärffte Scfyranfe jmifdjen ©ermatten unb
^Römern. $)a§ ift überall früher ober fpäter einge*
treten, bie arianifd) bleibenben Stämme (Sßanbalen unb
Oftgoten) aber fmb $u ©runbe gegangen. $a$u fam,
baf? bie ©ermanen überall in einen burdjauS franfen
fokalen unb mirtfdjaftltdjen 3uftattb eintraten, in bem
ein erbrürfenbeS Ubergenridjt be§ ©rofcgruttbbefifceS unb
bie üofle^örigfeit ber SSauernfdjaften l)errfd)te, bie ba-
gegen in frud)tlofen s 2lufftänben ankämpften; eStuar ba§
(SrgebmS alter, oorrömifdjer $8erl)ältniffe, beSrömifdjett
Kapitalismus unb beS immer erbarmungSlofern Steuer*
brudS einer feit Saljrfmnberten furchtbar bebrängten
Regierung. S)ie ©ermanen brachten junädjft burd)
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38
Sic Sßanbcrjeit
ttjre Slnfiebtung eine getoiffe £öfung ber ftriftg, bemt
fie fcfyufen einen ©tanb mittlerer freier Jöefi&er, ger*
fdjlugen bie ungefjeuern Satifunbten unb befeitigten
bie quälerifdje SBefteuerung, fobafc ba§ Sanb aufatmete
unb bie £err[d)aft ber Barbaren oft al§ eine 3BoI)l=
tf)at empfanb. $lber nur $u balb begannen jene SBer*
l)ättniffe mieber auf bie (Germanen tjerüberjunrirfeu/
bie Ungleichheit be§ *8efitje3 griff and) bei ifmen um
fidf), unb bie Jöauernfreifyeit geriet in ©efafyr.
(Sobalb bie§ aber gefcfyal), würben bie germamf djen
©runbfjerren burd) i^re fojialen unb rotrtfdjaftlichen
Sntereffen enger mit iljren romanifc^en @tanbe§ge=
noffen oerbunben al§ mit ifyren germanifdjen SanbS*
leuten, unb bamit fanf eine jmeite ©djranfe atotfdjen
beiben Nationalitäten. 2)a§ ©rgebnig mar überall,
bajj bie eingemanberten ©ermanen mit ber römifdjen
SBeoölferung in Sprache, ©Ute unb Kultur oerfdjmotjen
unb i^re germamfdjje (Eigenart oerloren.
»ebeutung ©erabe in biefer auffrifdjenben 2Birfung beruht
b , C ni^ ö un e 9 r, bie roeltgefcfyidjttidje Söebeutung biefer SBanberftämme.
$lber fie get)t nod) barüber fytnauS. S)ie ©ermanen
brachten getotf3 eine ungeheure Störung über bie
anttfe ßulturroelt, bodt) fie gerf erlügen aud) bie§ Söelt*
reid), ba§ &u ©unften eines §errenool(e§ im Söeften
alle Nationalitäten gerfettf unb jebe felbftänbige ©nt*
mieflung ber Söölfer unb Sanbfcfyaf ten, bie 83ürgfd)aft
aller gefunben Kultur, unterbunben unb oertjinbert
J)atte. ftür eine fold)e fdjufen bie ©ermanen bie
©runblagen, unb inbem fie tfjren @taat nidjt auf bie
Stabt grünbeten, fonbem auf ben ©au, vermittelten
fie ben Ubergang oom antifen <§tabtftaat jum mober*
nen glädjenftaat. $n ftaatltcfyer $3e$iet)ung mürbe
Söeft* unb ©übeuropa alfo germanifiert.
sDertuftbcs 2lber freiließ für bie ©efamtfjeit ber ©ermanen
gingen biefe ebeln ©tämme ooüftänbig oerloren. Nur
ein ibealeg ©rbe hinterließen fie ihren SöolfSgenoffen
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25ie oftjjcrmanif^e SfölfcTtoanbcrung
89
al3 Ergebnis eine§ 3alj)rfyunbert§ doU ungeheurer
&f)aten unb ©dntffale, eine großartige $elbenfage.
Unb mit jenem erften Söerluft »erbanb fid) ein ^weiter.
2)a§ toette glad)lanb jenfettg ber (£lbe, bie erfte
^iftorifdt) nachweisbare £>eimat ber ©ermanen, war
je$t üon feinen alten Söeioofjnern big auf geringe
Oiefte uerlaffen unb ftanb ber geräufd)lofen ($tu=
nmnberung ber Slawen offen, bie fcfyon in ber ^weiten
gälfte be§ fünften gafyrtjunbertö begann, Somit
üoüsog fid) bie erfte »on jenen gro&en *8erfcf)iebungen
ber territorialen ©runblage ber beutfcfyen ©efd)id)te,
bie auf ben ©ang ber ©nttmcflung fo beftimmenb unb
entfdjeibenb eingeroirft l)aben.
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Bnmfer Bnfraum
unter ber Umlrfjaff bes fränhtfrfjcn KcidjCt
500 Ins 018 n. CI;r.
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Wxt Biltrung itBd BeuJ]* unter tum
ie meftbeutf djen ©tämme Ratten fid) oon ben®^ beut*
wanbernben Dftgermanen ntcrjt mit fortreiten ©tämmt
laffen. 3t)re Ausbreitung trug trielmefjr ba§ ©eoräge
erobember ^olonifatton. $)od) fie fdjlugen babei r»er=
fd)iebne Söege ein. Scharen von @ad)fen unb Angeln
(im heutigen (5d)legnrig) waren, mit 3>üten (2)änen)
©erbünbet, feit etroa 450 bem Hilferufe ber von ben
(eltif d)en giften unb ©foten bebrängten Griten nad)
©nglanb gefolgt, ba§ bie römifdjen fiegionen fctjon
418 geräumt Ratten, unb begannen bort, fid) balb
au§ *8unbe§genoffen in SBebränger oerroanbelnb, im
ebnen Dften unb ©üben SkitannienS ein rein ger*
manifcfjeS StaatSmefen aufjuridjten, inbem fie bie
nur oberfläcrjüd) romanifterte feltifcrje Söeoölterung
ausrotteten, oertrieben ober fnedjteten. @o mürbe
©nglanb eine Kolonie norbbeutfdjer (ingäoonifd)er)
©tämme. Aber für baS £eimatlanb gemann biefe (£r=
oberung feine SBebeutung; fie führte nur baju, bajj
fid) in bie entoölferten 2öol>nftdtten berAngeln bie
STCorbgermanen (S)dnen) bis zux (£iber uorfdjoben.
AnberS bie Sötnnenftämme* hinter ben $rte ( fen,
bie in unoeränberten ©i^eu bie Sftorbfeetufte unb
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44
$ie Stoinmcöjcit
ihre Unfein oon ber (Sdjelbemünbung big nach bem
weftlichen @d)legwig faft ol)tte Unterbrechung erfüllten,
breitete fid) bie §auptmaffe ocr Sadjfen über bag
weite grt a( *) lano üon oer untern (Slbe big ju ben
weiten 9flooren im SSeften ber ©mg, t>om 3ufammen*
fXu^ ber SBerra unb gulba big gur föiber aug. <§üb*
lid) oon ihnen beherrfd)ten bie X Düring er, bie
alten £>ermunburen, bag ganje weite ©ebiet com
Sübfufje beg §ar$eg big gegen bie obere 5)onau fyin,
t>on ber (£lbe big an bie SBerra. 3ng menfchen*
leer gemorbne, verheerte Möttau- unb SUpenlanb aber
waren um 500 bie 2Hartomannen aug SBö^mcn ein=
gerürft, bie von biefer ihrer §etmat ben neuen
Flamen ber SBajurmren, b. i. Söewofmer beg Söojerr
lanbeg (Samern), empfingen unb, fid) bie fpärltd)en
romanifdjen SBeoölferunggrefte (2Bald)en) im heutigen
Oberöfterreid) unb in einzelnen Zfy&Uxn auch Sftorb*
tirolg gingbar machenb, bag Sanb norbmärtg big gum
3rid)telgebirge, fübwärtg längg ber SBrennerftrafje big
über 93ojen ^inaug, oftwärtg big jur ©nng, weftlid)
big jum 8ed) befefcten unb befiebelten. Qftre num
mehrigen Nachbarn, bie 311 a mannen mit ben 3u*
jungen (©ueben, Schwaben b. i. Semnonen), Ratten
ben 3ufammenbrud) ber römifchen ^errfdjaft in ©al=
lien benutzt, um fid) über ben dfytin big jum Söaggen*
walb unb big nad) bem St. ©ottfjarb r)in augjubreiten.
Qt)nen gur Seite im Horben ftanben bie granfen,
bie (Stämme ber alten Sftctoonen, bie ftdj in bie fa*
Uferen unb bie ripuarifchen ftranfen, jene am untern,
biefe am mittlem SRfyein, f Rieben unb auch inner*
halb biefer beiben §auptmaffen in Heine ©aufönig*
reiche jerftelen. Unterftütjt von ben Chatten (Reffen),
waren fte fdjon feit bem oierten $ahrhunbert im (jalb
erobernben, halb folonifierenben Vorbringen nach
©allien hinein. $ie Rührung hatten babei bie fa*
lifdjen g-ranfen (Sigambrer unb ©hamaoen), benn
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2>tc Sötlbuttä bcä 9ictd)8 unter ben 'JJtcrolu intern 45
biefc befetjten von ber alten $atat>erinfel an ber
3ffel CSfafo, ©ala, nach ber fie fyeifjen) au§gehenb,
fd)on um 360 mit nachträglicher SBenntligung Üiomg
Soyanbrien (9lorbbrabant), eroberten faum ljunbert
3af)re fpäter unter ftönig (Sfjlogto (geftorben 447) ba3
ßanb bi§ $ur ©omme unb machten 3)oorntf (£ournan)
$u ihrer £auptftabt. 2öäf)renbbem breiteten fich bie
Ripuarier ($lnftoarier unb ©J)attuarier) unb bie (Rat-
ten bt§ gur 9Jcaa3 unb an ber 3ftofel aufwärts bi3
über Syrier hinauf au§, ba3 fie enbltcf) 418 er*
oberten. 3)te burch Kriege, roirtfehaftliche 9tot unb
(Seuchen fd)on arg gelichtete römifd) -feltifdje 93e-
üölferung würbe überall »erbrängt ober unterworfen
unb allmählich aufgefogen, bie £änber würben burd)
beutfehe 93efteblung üöUtg germanifiert unb mit bem
alten germanifchen ©tammlanbe fefit-erbunben.
5lber biefem ßanbgewinn im SBeften be§ SR^eing efotoaiibc.
unb im ©üben ber $onau ftanb ber SBerluft be§
ganzen DftenS »on ©ermanien jenfeitS ber @lbe 1,11 c ^ e "
gegenüber. Qwax betrachteten bie auggewanberten
oftgermanifchen (Stämme bi§ tief in§ fechfte 3af)r=
hunbert hinein bieg „2flaurungalanb" noch al§ germa=
nifch, unb völlig entfehieb fich fein ©dn'cffal erft, al§
568 bie Sangobarben ihre Söohnfifce in ^annonien oer=
trag§mäfjig ben Goaren überliefen, um nach Sta^n
ju wanbern, unb bie legten tiefte ber Sftorbfueben
mit ihnen nach ©üben &ogen. 9hxr fch wache ger*
manifdhe SBeftänbe blieben r)ie unb ba im Often ber
($lbe $urücf, nachweislich befonberS oon ben filingifchen
Söanbalen, nach benen <Scf)lefien noch f)eute heifjt (flaw.
Slenzi, fprtch ©lengfi). $n bie oerlaffenen ßanbfcrjaften
rücften langfam, ohne $ampf unb baher geräufd)lo3
©tämme ber ©lawen (2öenben) ein. ©ie befetjten
feit ber 2Kitte be§ fünften 3ahrf)unbert§ ba§ ftlach*
lanb bi§ an bie (Slbe, bann Böhmen, bie alte §eimat
ber 9Jtart*omannen, alfo gerabe ba§ altgermanifche
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46
3)te ©tammeSjeit
©ebtet, ba§ am leicf)teften ber Sitj einet germantfcr)en
3entralmad)t, ber ^ern einer reingermantfd)en $Reid)§*
bilbung hätte werben Statten, unb ba§ nun ben £fd)e-
d)en in bie fiänbe fiel. 9Beiterf)in würben aud)
9JläI)ren unb ba§ gan$e Oftalpenlanb bt§ an bie obere
$rau unb bie (SnnS flamifdjeS ©ebiet.
Stammes. 3I u f faum bie £älfte be3 UmfangS oon TO*
f^iebe germanien waren baburd) bie fed)§ beutfd) bleiben*
ben Stämme, bie ^riefen, Sadjfen, Düringer, SBaoem,
2ttamannen unb ftranfen äitfammengebrängt. Schroff
fd)ieben fte fi$ burd) SRedjt, Sitte unb aWunbart, bie,
feitbem etwa um 600 bei ben Dberbetttfdjen bie Saut*
oerfdjtebung (t in unb 3, f in d), p in f) begann,
eine neue Sdjeibelinie $wifd)en bem Horben unb Süben
30g, unb fte fyattax unter fid) nod) gar feinen ftaatlidjen
3ufammenf)ang. (Sin fold)er würbe irmen erft burd)
Eroberung auferlegt; aber bie granfen, bie itm
Ijerfteflten, bitbeten nid)t ein beutfd)e§, fonbern ein
germanifcr) = romamfcr)e§ SReid), inbem fte audj ganj
©aflien eroberten, unb fie oermod)ten bie innere Selb=
ftänbigfett ber beutfdjen Stämme niemals ju brechen.
2)arjer behaupteten biefe Stämme in i^ren alten
Sßoljnftfcen if)r SBolfStum, unb bie ftaat3red)tttd)e
©runblage biefer 9ieid)§bilbung war burd)au3 ger*
manifd).
^»eSS? 8 ® ic ® runoun 9 oe§ ftänfifd)cn SReid)§ war bie
flrünbiiHfl perfönlidje £f)at eineS ber falifd)-fränfifd)en ©au*
fönige, be3 SJlerowingerS (£f)lobwig (481 bis 511),
eine§ garten unb f) er vfd) gierigen (Eroberers. 9ln ber
Spitje eine§ ftarfen ©efolgSfjeereS, ba§ wof)l auS 3ln*
gehörigen aller fränfifd)en Stämme gufammengefloffen
war, zertrümmerte er $unäd)ft in ber Sd)latf)t bei
SoiffonS 486 ben legten $eft römtfd>er $errfd)aft in
9JorbgaUien, »erlegte feine $auptftabt mitten in§
romanifdje ©ebiet, nad) ^art§, oerteilte bie fjerrem
lofen Sänbereien unb ba§ Staatsgut an feine ©e=
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Sic 2?ilbi;t:ij bc§ 9ieicf)i unter bcn 'JOtfrouungrrn
47
folg§leute, liefj aber ben JHomanen (Eigentum, grei*
f)eit unb s $rioatred)t $lud) bie feltifdje Tremor ica,
ba§ 8üftenlanb amifdjen ber ©eine, bem Speere
unb ber ßoire, unterwarf ftcf) balb barnad) bem
Eroberer. $lnbrerfeit§ aber jmang biefer 496 nad)
blutigem Kampfe aud) bie 5l(amannen unter feine
§errfd)aft, unb inbem er einem ©elübbe, fidjer aber
aud) ftaat§Huger 58ered)nung folgenb, in 9leim§ jum
tatfjoltfdjen (nicanifdjen) 33efenntni§ übertrat, al§ ber
erfte aüer ©ermanenfürften gemann ©fylobroig in ben
s 2lugen aOer Romanen ©allien3 baä $lnfef)en be3
legitimen ®önig3 gegenüber ifjren artantf d)en £erren.
@o machte er fcfyon 500 ba3 Söurgunbifdje Sftetd) von
fid) abhängig, bann entriß er 507 burd) ben Sieg bei
SBouifl« ben SSeftgoten ifjr gan$e§ gaßifdjeS §aupt=
lanb, ba§ ©ebiet jmifc^en fioire unb ©aronne, unb
nad) ber graufamen 5lu3rottung fämtltcrjer fränfiferjen
©tammeSfürften Bereinigte er aud) alle Seife ber
fttanfen unter feiner £errfd)aft.
$ie Seilung be3 *Reid)§ nad) (Sf)lobmig§ £*be ««W**.
511 unter feine oier ©ityne gemafc ber prioatre^tlidjeniDdfer"^.
«uffaffuttg ber ©ermanen löfte bie (Einheit be§ 9ieid)§ oberu " 9eu
feine§roeg§ grunbfätjlid) auf, fonbern mar mel)r eine
Seilung be§ ®rongut3 unb ber 8önig§gemalt al§ be§
8anbe§ unb fytnberte $unäd)ft nidjt einmal ben gort*
gang ber (Eroberungen. SBtelmefjr mürben 531 mit
§ilfe ber ©ad)fen bie Düringer unterworfen, oon
bereu au§gebef)ntem ©ebiete nur ber mittlere Seil
bem (Stamme oerblieb unb ben Üftamen behielt, ber
nörblicfye $mifd)en |>ar$ unb (Elbe al§ 9torbtf)üringer=
gau r»on ben ©adjfen befet3t, ber f übliche, ba§ Sttain-
lanb, an fränfifdje 2lnfiebler verteilt mürbe, mäfjrenb
ber Dften jenfeitä ber ©aale ben oorbringenben
©lamen anheimfiel. SBenige $cä)xt barnad), 534,
rourbe aud) Surgunb bem fränfifd)en SHetdje einoer-
leibt, unb nid)t lange barauf fteüten fid) au<$ bie
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48
Sic StammeSjeit
Magern freiwillig unter fränfifdje §of)eit. Von allen
beutfcfyen ©tämmen behaupteten nur bie @acf)fen unb
^riefen ifjre Unabhängigkeit.
Smtere %n ben bamalg feftgelegten ©renken b^tanb ba§
©eaeniäfee fränfi ^ e mei $ mc ^ r alg mt{ $ a l)xt)\mt>extt lang,
of)ne wefentlicf)e Vergrößerung. $enn Stellungen unb
Vürgertnege jerriffen e§ faft unauSgefeljt. 3n biefen
wirren, ibeenlofen kämpfen entfalteten per) in ab*
ftoßenber Verbinbung alle bie fd)led)ten ©eiten be§
germanifc^en wie be§ romanifd)en SBefenS, auf ber
einen Seite ©ewalttyätigfett unb SRoheit, $errfd)*
fudjt unb gabgier, auf ber anbem ©raufamfeit
unb £>interlift, unb aud) bie furchtbaren ©igen*
fdjaften germanifcher grauennatur famen in ben
Königinnen grebegunbe wnb S3runl)ilbe jur entfe$
liehen ©rfd)etnung. Kein Söunber, wenn fid> ber
©laube befeftigte, bie fo mit ©ünbe unb ftreoel
aller Art erfüllte Söelt eile ihrem ©nbe au. 9htr
zweimal oereinigte auf wenige Qahre ein fERerowinger
ba§ SReid) wieber in feiner £>anb, ($hlobwig§ ^weiter
6of)n, (F^lott)ar L 558 bis 561, unb fein ©nfel
<£l)lotl)ar II. (313 bi§ 624. SBä^enb biefer ßeit traten
weniger bie rafd) wechfelnben unb oft wunberltch in
einanber gefdjlungnen Seilreicrje, al§ bie großen, na*
türlicrjen SHeicrjSteile immer felbftänbiger rjeroor: im
©üben Vurgunb unb Aquitanien, ba§ alte Sßeftgoten*
laub, im Horben 9leuftrien, ba§ 8anb ber falifcr)en
grauten mit bem größten Seile be§ romanifchen
s ^orbgalIien unb Auftragen (Dftlanb), ba§ ©ebiet
ber ripuarifchen ^raufen mit einigen rontaniferjen
Sanbfdjaften. ®an$ abgefonbert ftanben wieber bie
oftrI)einifd)en ©tämme noch unter ber nominellen
Roheit be§ Dteidjg, aber unter thatf ablief) felbftän^
bigen monarchifchen ©ewalten, ben £ersögen, unb
felbft in Aquitanien tritt eine foldje frühzeitig ty x *
uor. 3 u 9^ e i4 ö ri ff oer nß we Abel, ber fidc) au3 ben
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$ie »ilbiuifl bcö ateidjä unter ben 9ta»toitt&eni
49
mit erobertem Sanbe auggeftatteten frranf en unb au§ ben
©efd)le<f)tem ber römifc^en ©runbljerren bilbete, unb
ol)ne ben ftd) fein £eilfönig me^r $u behaupten oer*
mod)te, im ^ntcreffe ber ©elbftänbigfett beS @tanbe3
unb ber einzelnen oon ifym bel)errfd)ten Sanbfdjaften
immer entfcfyeibenber in bie ©efd)ttfe be§ JHeid^eä ein
unb errang auf ber <Heid)3oerfammlung oon ^ßartS
im Oftober 614 feinen erften großen Erfolg. (Shlotyar II.
verbürgte bamalg jebem SBolfe be3 ^Heict)^ fein befom
breS SRedjt, beftätigte alle <Sd)enfungen unb Verleihun-
gen an ©etftltdje unb ßaieu, oerfprad) jeben „iRid)ter"
au§ bem ©au, ben er oermalten follte, au mahlen,
geftanb bie freie 2Baf)t ber SHfd&öfe *>« rd ) ftleruS unb
Volf, oorbel)ältlich föniglidjer ©eftätigung, au, befreite
bie ©eiftUdjen in mannen ©ejiefyungen oon ber melt*
lidjen ©erid)t3barfeit unb oeclief) ben ©ifd)öfen fogar
eine 2lrt 2luffid)t3red)t über bie weltlichen Beamten.
(Sine oöflige Sßanblung ber s Jietd)3oerfaffung Ädntgtuw
fünbigte fid) bamit an. S)enn urfprünglid) mar ber gSJt»,
fränfifcfje ßönig burd) (Srbltdtfeit unb Eroberung flemeinbe
au§ bem l)öd)ften Beamten be3 VolfS ju feinem
§errn nad) eignem SRed)t geroorben, tl)atfäd)ltd) unb
red)tlid) unumfdjränft, foroeit überhaupt bie Aufgabe
be£ bamaligen @taat3 reichte. 3)er üttonard) reftbierte
meift abmedjfelnb in gröfcern ©täbten ober auf länb-
liefen ^faljen, umgeben oon ben ^Beamten jebe§
großen beutfdjen (SbeH)of3 (£rud)fefj ober ©enefdjalf,
©d)enf, 2Jtarf djalf , Kämmerer), moju fpäter mit ber
Vergrößerung be§ dltid)3 nod) ber 3Jiajorbomu§ al3
Seiter ber gefamten Verwaltung be§ ftömgSgutS unb'
nac^ römifdjem VorbUbe ber ßanjler (SReferenbariuS)
für bie Ausfertigung ber fömglicfyen Urfunben famen.
tiefem Königtum gegenüber IjÖrte bie altgermanifcfye
fouoeräne Volfägemeinbe in ben überoriegenb roma-
mfcfyen ßanbe^teilen mit il)rer meit oerftreuten ger=
manifdjen Veoölferung gan$ auf, in Auftragen beftanb
2er SÜerbeßaug beS bcutf$en 93oIfe8 I 4
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50
Sie StommeSjcit
fic nur noch al3 jährliche £>eerfcf)au im 9Jtär$ (baher
Campus Martius) ohne polütfche Söebeutung fort.
$at)er ging ba§ ©efefcgebungSrecht an ben König
über, bcr e§ fraft feines 2lmt3red)t3 (Sann) burcf)
feine Kapitularien ober burcfj ©rtetlung r»on ^ßriot-
legien übte, foroeit ihn nicht ba§ oolfSmäfiige ®e*
mofmheitSrecht ber ©tämme befchranfte. ©benfo mar
in ber Söerroaltung ba§ t»olf§mäf?ige (Clement cor ber
KömgSgeroalt in bie fleinern Greife surücfgemichen.
2)er alte, com Sßolfe gerodelte SBorfteher ber gunbert*
fdt)aft (bei ben falifcr)en granfen thungimis, lat. cen-
tenarius) erhielt ftch; aber ber $orftef)er be§ ©au§
im neuem @tnne, b. h- be§ alten *Bölferfd)aft3gebiet§
(in ©aHien ber civitas, bie urfprünglid) nicf)t§ anbreS
mar), mürbe ein fömglid)er Beamter, ber ©raf, für
Öeitung be§ ©erichtS, SBafjrung be§ ftriebenS, ©tn=
Stehung ber föniglichen ©tnfünfte, 3rührung be§ 2luf*
gebotS. fjrür eine ©elbftoermaltung ber (Stäbte mar
in biefer SBerfaffung nirgenbS SRaum. 3ln ber Rechte
pflege behaupteten bie freien Scanner einen maj^
gebenben Anteil, inbem fie am eckten $iug ber
§unbertfrf)aft, bem eigentlichen ©erid^t§r)ofe für ben
ganzen ©au unter Söorfifc be£ ©rafen, ben ber (£en=
tenariuS unterftütjte, ba3 Urteil „fanben." Über
@taat§oerbred)en aber, fomie über Pbere Beamte
unb ©eiftltche richtete jefct nicht mehr bie $8olföge=
meinbe, fonbern ba§ ©erid)t be§ Königs, ber übrigens
auch jebe anbre Klagfache an ftdt) stehen fonnte. 3n
.allen gäüen mar baS ©ertrf)t an baS S8otf§red)t beS
Sßerflagten gebunben, benn jeber Stamm beS SReicrjS,
ja jeber einzelne, mo er auch mar, auch bie SRomanen,
lebte nach feinem «StammeSredht, baS allerorten ba*
malS auerft aufgezeichnet mürbe (bei ben falifchen
Jranfen unter ©hlobmig, bei ben Ripuariern unter
©hilbebert II. um 580, ben Qllamannen unter ©hlo*
thar II., ben Söanern unter Dagobert 622 bis 637).
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Sic »Übung be§ IReid^g unter ben SDlerotoingcrn 51
$)och gewann ba§ falfränfifdje 9}ed)t, namentlich auf
ben sprogefjgang, balb !)errfd)enben ©influfr, unb bie
®trd)e al3 ^örperfdjaft lebte überall nad) römifchem
fRec^t. 2Bte ber $önig ber oberfte SRichter geworben
war, fo war er auef) ber ^rieg§t)err. SRid^t mehr bie
Söolfggemetnbe, fonbem ber $önig erlief je^t ba§ all*
gemeine Aufgebot (Heerbann) an bie freien; bod) roi(^=
tiger al§ biefe fd) werfälligen Staffen mürben ihm
balb bie beweglichen ©d)aren feiner mit fianb au§=
gematteten, berittenen ©efolg3leute. Jgm wef entlichen
etroa§ ganj neue§, auf römifd)en (Einrichtungen be*
ruf)enbe§ roaren bie finanziellen 5lnfprüd)e be§ ^önig§ :
fein 9*ed)t auf alles ^errenlofe Sanb im weitesten
Umfang, auf QöUt ber t>erfchiebenften 2lrt, in ben
romanifdjen Sanbfdjaften aud) auf birefte steuern.
Über bie (Erträge ^atte er allein ju verfügen; für
öffentliche 3mede (SBrücf en, ©trafen, gfeftungen, ^Reifen
be§ §ofe§ unb ber Beamten, Verpflegung be§ §eere§)
hatte ba§ Sßolf unmittelbar burd) 2>tenfte unb Siefe*
rungen aufeufommem
Sftur feljr unoollfommen fyatti ftd) bie römifche $ ic ßir $ c
$ircr)e in biefe§ germamfdje ©taatSwefen einfügen
laffen. SWerorten, auch WtaflS beg $Rheine§, hatten
bie ftranfen Bistümer t»orgefunben, bie im feften,
weilen fo gut wie erblichen Sefifc r»on ©efd)lechtern
be3 römifchen ^roüinjialabelS waren unb biefem
in Söerbinbung mit feinen ©runbherrfcr)aften ein ge*
wältiget, gar nicht $u befeitigenbe§ Slnfehen verliehen.
S)ie Könige verftärf ten biefe§ noch burd) ©üter*
fchenfungen unb Privilegien, unb fie befchränf ten
ihre Stacht über bie Kirche barauf, fid) bie $8e=
ftätigung ber 93ifdt)of§ wählen unb ber ©onobal*
befdjlüffe vorzubehalten unb bie SBifcrjöfe $ur Seil*
nähme an ben D^egierungSgefchaften ^eran^vx^ie^en.
2)ie ftolge war weniger bie Unterwerfung ber
Kirche unter ben ßöntg, all bie Überlastung ber
4*
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52
Sic Stctmmeäacit
33tfd)öfe mit weltlichen ^ntereffen unb eine $8er=
meltlid)ung ber fränftf djen SUrdje, bie fie faft jebe£
tiefergehenben fittltcrjen ©influffe3 beraubte unb fte
nicht einmal bagu fommen Itefi, ihre nächfte unb
bringenbfte Aufgabe, bie ^Belehrung ber noch immer
hetbnifchen binnenbeutfrfjen @tämme, $u löfen.
»oj». <5o mar ba3 fränfifche SKeid) eine SBerbinbung
nr wa\ inncrlidb fehr felbftänbiger unb gleichberechtigter
(stamme, $uf ammengehalten nicht burch ein ^err^
fd)enbe§ SBolf, mie ba§ römifdje SReid), auch nicht burcr)
ein mirflidjeS ©emeingefühl feiner ©lieber, fonbern le*
biglid) burd) bie§ Königtum unb feine 93eamtenfchaft.
3lber ba3 Königtum mar nur fefjr feiten ein einheit*
lid)e3, unb bie Beamten fannten eine mirfliche (Staate
gefinnung umfo meniger, al§ fie mit ben von ihnen
»ermatteten fianbfdjaften auf 3 engfte r>erroachfen
maren. 2)a$u mürben Königtum unb SReich^etnhett von
einer unaufhaltfam norbringenben mirtfc^aftlic^'foaia-
len (Sntmirflung bebroht. $iefe beruhte einerfettS
auf bem allgemeinen mirtfchaftlichen töüdgange 2öeft=
europag infolge ber Sßölfermanberung, anbrerfeüS
auf bem (Eintritt ber f^ranfen in bie gaUifct)=römifc^e
©rofjgrunbmirtfdjaft mit ihrer l)örigen SBauernbeoöl*
ferung. $ie langbauernbe rechtliche Unficherhett unb
friegerifd)e ©emaltthat l)atten ba§ (Eigentum maffen-
l)aft jerftört, ben 9Serfet>r unterbrochen, ba§ @bel=
metall au3 einem Umfat>mittel $um ainSloS UegenDen
93eftanbteil jahlretcher ©chatwnfammlungen gemacht,
bie ftäbtifctjen ©emerbe be£ größten £eil§ il)re§ 9lb*
fafce3 beraubt, tfaufleute unb £>anbmerfer genötigt,
dauern $u merben, um ba§ fieben ju friften. $ie
bäuerlichen ©emohnheiten ber germanifdjen Herren
beförberten noch t>iefe Ummanblung. <So mich bie
römifd)e ©elbmirtfchaft ber germanifchen Natural*
mirtfchaft; auch bie Stäbte würben su großen, befeftigten
Dörfern, bie beuor^ugte SBohnftätte aber mar ba§ Xorf,
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$ie ÜBitbimg bc§ ^ctc^S unter ben ütterotoinflern
5B
eine gan$ regellofe 9lnt)äufung oon jefyn bi§ breifng
©efjöften, im eroberten ßanbe aud) ber urfprünglid)
telttfdje ©injelrjof, ba§ t;errfd)enbe (Bewerbe würbe bie
ßanbwirtfcrjaft, bie ftd) jefct in ben eifernen formen ber
römiferjen $)retfelbermtrtfcr)aft bewegte. S)iefe lief*
etwa bie £älfte ber glur al§ Sllmenbe liegen, teilte
ba§ Slrferlanb in brei 3r e I 0C * (Sdjläge, Qüqzxi), von
benen fie jebeS brüte %at)T ein§ al§ $8rad)e benutzte, bie
beiben anbern abmedtfetnb mit Söinter* unb (Sommer*
faat beftellte; bie $Bief)äud)t wieS fie faft gang auf ben
Söeibegang in ber $8rad£)e, in ber 9ttmenbe unb im
SBalbe an. ^ebem einzelnen £>ofbeftfcer teilte fie in
jebem %tlbe unb in jebem ber nad) ber ©üte be§
93oben£ gefdfjiebnen, urfprünglid) fer)r aafylreicrjen ©e*
manne innerhalb jebe§ gelbeS einen beftimmten Anteil
(jufammen §ufe, burd)fcfmittlid) feerjaerm #eftar) $u
unb unterwarf burd) biefe „©emenglage" ber 2lcf erftürf e
jeber ßufe jeben SBefitjer bem §lur$wang, ber gemein*
famen 2öirtfd)aft§orbnung ber $)orfgenoffen. $)a noef)
immer jebe Sftarfgenoffenfdjaft unb jebe ©rofjgrunb*
fjerrferjaft ftd) f elber genügte, fo mar ber Sinnen*
§anbel geringfügig, reger nur ber auswärtige $8erfel)r
mit bem bt)$antinifd)en iHeidt)e unb ben Arabern; bod)
ging bamat§ ba§ germantfcr)e (Bewerbe bei ben dio-
manen gelehrig in bie (Sdjule, lernte r»or allem ben
(Steinbau unb eine oerbefferte 9ftetallted)nif. Unter
btefen Umftänben war ber ©elboorrat überall fefjr
fleht, auger etwa bei gröfeern Äirdjen unb ßlöftern
unb ben fcfwn stemlid) garjlreicr)ett $uben, ber Strebit
fer)r gering, ber ßin^fug r)od), eine 9Inleir)e faum
anberS al§ burcrj Sßerpfänbung oon ©runbbeftfc möglid).
S)a nun ber ©runbbefUj bie wid)tigfte $orm be§ Wnajmc
93efi£e§ überhaupt war, unb ba§ ganje Seben auf
ir)m beruhte, fo war e§ t>a§ natürliche Streben jebe§ frei ^ eit
einzelnen, nor allem ber weltlid)en unb geiftlid)en
©rogen, trm nid)t nur f eft$ul)atten , fonbern aud)
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54
Sic StammcSjett
möglichft vermehren burd) ©chenhmgen be§ ^önigg
ober burd) ©rroerbung von jinSbarcm SBauernlanb.
$)a3 gaUtfch=römifd)e SBorbitb unb bie ungünftige Sage
be§ f leinen 3flanneg aud) germanifchen ©tammeS in
©aflien infolge ber mangelhaften 9?echt3ftcherhett, ber
häufigen ®rieg§unruhen unb be§ ferneren S)rucfe§
ber ^hingpflicrjt urie be3 §eere§bienfte3 bei ben jetjt
häufigen weitem gelb$ügen förberten biefen ^ßro*
gef?. (Sin großer Seil ber freien fränfifchen dauern
geriet sunächft in roirjfchaftliche, baburd) aber fchliefc
lief) aud& in rechtliche 2lbl)ängigtett, inbem fid) ein
SBauer oon einem ©runbfjerrn ein ©ut gum Wiefc
brauch meift gegen 3in§ übertragen lief? ober fid)
burch ben $lft ber commendatio unter feinen @chufc
(patrocinium, mundium) ftellte, um fid) beffer ju
fiebern. 2öährenb fomit bie 3af)l ber freien ger*
manifchen $8olf3genoffen in ©aflien rafd) abnahm,
befferte fid) bie Sage ber Unechte tetl3 burch oen ®* ns
fluf* ber Kirche, bie grunbfätjüd) bie ©Hauerei be=
fämpfte, teils burd) 3-reiIaffung r bie befonberS ber
ftönig vornahm, teils enbltd) unb t)auptfäcf)lid) ba=
burd), baf} geiftliche roie weltliche ©runbherrn einen
grofjen £etl ir)rc§ 93oben£ an ®ned)te $ur felbftänbigen
SBeroirtfchaftung au§thaten, um fid) eine beffere unb
bequemere Verwertung if)re§ Eigentums &u fid)em, al§
bie birefte iöeftellung mit ©flauen nach antifer 2öeife
gemährte, unb bafe fie mit foldjen nur einen »erhält;
ni§mäfng Keinen Steil ihrer ©üter oon ihren £erren*
höfen (curtis salica, solihova) au§ bemirtfehafteten.
^"tbef 116 Sn^em fomit ber größte Seil ber SBeoölferung
irgenbroie oon ben ©runbherren abhängig mürbe,
unb fid) ber Unterfdjieb jwifd)en freien unb Unechten
halb oerwifdjte, bilbete fid) au§ ben mit Sanb au§=
geftatteten ©efolgSIeuten be§ $ömg3 (3lntruftionen)
unb ben föniglichen Beamten ein burd) höheres ^ ers
gelb gefdjütjter (Staub, ein neuer $lbel, ber auf bem
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SDte SBübung beg {Retdjg unter ben SDtcrotuingent
55
perfönlicfjen £reuoerhältni3 jum $öntg, alfo auf einer
burch unb burch germanifdjen gbee beruhte, unb btefe
Siriftofratie begann im SBunbe mit ber ebenfalls reich
begüterten, meift romamfehen l)öl)ern ©eiftlic^feit ba§
£anb ju beherrfchen. 2)em Königtum trat bie©runb;
herrfchaft gegenüber, ber :gbee be§ ©taatS ba§ per-
föntid^e ^ntereffe. Unb inbem nun bie Könige, oon
ber ganj orioatr ertlichen 9luffaffung ihres 5lmte3
unb SBeft^eS auSgehenb, bie tnelleicht nicht allgemein
beutfd), ficher aber fränftfeh ift, bamit begannen, auch
ihre ©infünfte unb fechte in einzelnen Orten ober
ganzen ©auen an ©runbherren, namentlich an SöifcJ)5fe,
3u übertragen, einem foldjen aber, wenn er ein föntg*
lidjeS ©ut erroarb, bie biefem juftefjenbe greifjeit oon
öffentlichen Saften Immunität) ebenfalls aujugeftefjen,
gaben fte §u, baß ftaatliche fechte an Untertanen
übergingen.
%n ben binnenbeutfehen £anbfd)aften, bie halb Grße&mffe
ober ganj unabhängig oom fränfifchen SReiche ge=
blieben roaren, traten alle biefe SBeränberungen noch
nicht tyxvox. £>ier erhielt fid) teilroeife fogar ber
alte ©eburtSabel, unb ficherlich überall bie $8otf^.
freiheit. Slber fonft waren ©infehränfung ber WolU*
freiheit burch baS Königtum unb ben neuen 2)ienft*
abel, Übergewicht be§ ©ro&grunbbefitjeS, SBefchrchttung
be§ Königtums burch biefe ©runbherrfchaften mit bem
Überrouchern ber prioatrechtltchen Sluffaffung ftaaU
licher Söerhältniffe bie (Srgebniffe ber erften anbert*
halb 3ahrhunberte be§ meroroingif djen Regiments
unb bie SöorauSfefeungen ber folgenben ©ntmieflung.
3u biefen Gräften ber Sluflöfung innerhalb ber »Ubuna
roeftlichen ^etch^teile unb ju bem ©egenfatje biefer
urfprünglich römifchen Sänbermaffe §u ben beutfehen
©auernlanbfchaften im Often be§ 9tt)t\nt§ trat nun
eine bunte SJttfcrjung ber $8ilbung3elemente. 3m Often
ftanb ba§ §eibentum unb mit il)m bie fchriftlofe,
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56
©ie <2tamtne§5cit
oolf3tümlid)e germanifche Sage ungebrochen aufrecht,
im gafltfd)=röniifchen SBeften fämpfte mit biefen Über*
lieferungen ber fränftfchen Eroberer bie ganj formale,
im ©runbe leere litter cmfdje 93übung ber alten rö*
mifdjen dU)ztoxzn\d)uUn unb bie fiefyre ber d^riftlid^en
Kirche. 3 ene 33ilbung lehnten bie germanifcfjen ßaien
faft oöfiig ab, unb fte fanb, ba bie romanifcfyen ßaien
mit ihren beutfcfjen <5tanbe§genoffen mefjr unb mehr
unter berfelben ©Ute oermuchfen, fchlieftftch tt)rc An-
hänger nur noch unter ben fünftigen ©eiftlichen beiber
Nationalitäten. S)ie djriftlidje SSilbung aber erfüllte
biefe abfterbenben formen mit neuem ©etfte unb
brachte in ©regor oon £our§ (f 594), bem @pröf$=
ling einer oornehmen römifcf^galltfchen gamilie, ben
erften Vertreter ber kirchlichen ©efchichtfchreibung
be§ 5lbenblanbe§ tyxvox, bie nach 2luguftinu§ ben
©taat unb bie SBett al§ ba§ ^etd) ber ©ünbe gegen*
über bem deiche ©otte§, ber Kirche, betrachtete unb
ba§ (Snbe ber SBelt, ba§ jüngfte ©ertcht nahe
mahnte, bamit aber jebe unbefangne, mahrhaft hifto-
rifche Auffaffung ber (Sreigniffe unb ^erfonen auf
oiele ^ahrhunberte t)inau§ oerhinberte.
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Ü}arfit{|ß^ß irta Keirfi0 unter bett
Karolingern
^t£ätten bie $tnge üjren Sauf begatten, fo würbe fid) xic erftcn
JE? ber romanifdje Söeften t)om germanifd)en Dftcn
gan$ gefd)teben l)aben, unb btefer raäre in feine alte
3erfplitterung in einzelne uöflig getrennte Stamme
gurücf gefallen, im Söeften aber märe ba3 Königtum ber
übermalt ber geiftlidjen unb weltlichen ©runbfyerren
erlegen, tiefer oielgeftaltigen Sluflöfung ftemmte ftcf)
bie gemaltige Kraft eine§ beutf^en grunbfyerrlidjen
©efd)lecf)t3 fränfifd)=ripuarif(f)en Stammet entgegen,
inbem e§, bie ©onberintereffen be§ eignen @tanbe§
t>erleugnenb, bie $bee ber 9£eid)3 etnl)ett unb be§
Königtums ergriff. 2)er 5tt)nl)err ber Karolinger,
^3ipin ber filtere (t>cm Sanben), burd) $8ermäf)lung
feiner £od)ter SSegga mit $lnfegifel, bem ©ohne be§
SifdpfS Arnulf t>on aflefc, biefem mächtigen ®e*
fd)led)te oerfchwägert, leitete mit Arnulf jufammen
ben jungen König Dagobert I. (623 bi§ 633) juerft in
9Xuftraften, fpäter im ganzen deiche. 9cod) mißlang
ber füfme SBerfud) feinet <Sof)ue§ ©rimoalb, nad)
bem £obe ^ßipin§ 639, ba§ SJcajorbomat genriffer*
maßen al§ ®rbe in SBeftfc §u nehmen; aber ^ßipin
ber Mittlere (t)on §eriftal), be§ altern ^ipin unb
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58
$te ©tninmeSjett
2trnulf§ ©nfet a\x§ jener <$he, atfo thatfäd)Uch fein
Karolinger, fonbern ein 9lrnulftnger, Bereinigte bie
©üter unb bie SWa^tfiedung beiber ©efchlechter unb
regierte al§ „§erjog ber fjfranfen" für Dagobert II.
gunächft Sluftrafien. ®eine§ ©efd)lecf)t3 unb feine
eigne gefd)td)ttidt)e ©röfie aber begrünbete er bamtt,
bafj er fid) mit biefer Stellung nicht begnügte, fonbern
im fingen mit Sfleuftrien beffen 9Jtajorbomu§ 93ertf)ari
bei Steftri unroeit @t. Cuentin 687 oollftänbig fcrjlug
unb fid) bamit jum 9Jtajorbomu§ be§ ganjen Dieidr)§ aufs
fd)roang. ©ein $erfud), auch bie oftrhetnifchen «Stämme
in ben $Hetd)§3ufammenhang roieber Ijineinjugroingen,
hatte nur bei ben ^riefen einigen ©rfolg; immerhin
unterste er bie Arbeit ber d)riftlid)en ©lauben§*
boten in biefen Sanben unb bereitete baburd) ihren
feftern 2lnfd)lu& uor. $)a§ SBerf be§ $8ater§ führte
nach ppin§ £obe 714 fein britter @otm Karl 9flar*
teil (oon einer Sftebenfrau) weiter, ©enriffermafjen
aB Ufurpator an bie ©ptfce 3Iuftrafien§ tretenb,
nötigte er burd) bie Siege oon $tnct) unweit ©ambrai
717 unb Soiffon£ 719 ben neuftrifchen $lbel unb ben
ohnmächtigen König (Sr)ilperid> EL, ihm aud) in 9^eu«
ftrten unb Söurgunb ba§ 3ttajorbomat 31t übertragen,
fteüte juerft über bie SBanern unb Schwaben bie
frdnfifd)e $of)eit roieber f)^r unb beugte it)r bann
auch bie ^riefen.
@3 mar eine roelthiftorifche ftügung, benn iti*
5mifd)en $atte ftd) bie Söeltfteüung be§ fränfifdjen
SKetch§ oon ©runb au§ geänbert. Urfprünglid) ein
germanifdjer ©rofiftaat unter mehreren mar e§ je$t
ber ein$ige. SBon ben Dietdjen ber Dftgennanen am
Sflittelmeer roaren bie ber Söanbalen unb Oftgoten
fdjon in ber erften .gälfte be3 f elften ^ahrhunbertg
bem bnjantimfchen ^Reiche erlegen, ba§ nicht ohne
(Srfolg ben 9lnfprud) erhob, ber SRed)t§nacr}f olger be§
alten 9iömerreich§ ju fein. $ann hatten feit 568 bie
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S)ic 2ftad)tf)öt)e beS 9letdj8 unter ben Karolingern
59
ßangobarben in Italien ein ganj germamfd)e§ @taat§*
wefen über ben untermorfnen Romanen begrünbet,
aber fie vermochten bie $8n$antiner weber au§ 8üb*
italien noch au§ 9iom unb großen ßanbftrtchen ber
Oftfüfte $u oertreiben unb würben baburd) gehtnbert,
eine in ftd) gefeftigte Großmacht $u werben, obwohl
fid) feit ihrem Übertritt jum $atholiat3mu§ im fteben*
ten 3af)rf)unbert ber ©egenfatj $u ben SHomanen
allmählich au3gltd). $)a§ weftgotifd)e [Heidt) enbltd)
hatte ben 2öeg jur 9luflöfung buref) ba§ ungefunbe
Überwuchern ber ©roßgrunbherrfchaften fo rafch ju-
rüdgelegt, baß e3 711 ber jungen ftegeäfreubigen
SÖeltmadjt ber mohammebanif djen Hraber ohne jeben
nachhaltigen SBiberftanb $um Opfer fiel. 3h re weitern
frortf abritte im 3lbenb(anbe ^inbern, bie d)riftlid)e
germamfch*romanifche Kultur vox ber Überflutung
be§ i§Iamitifd)en ©emitentumS $u retten, ba$u war
atiein ba§ neugeeinte fränfifche SHeid) imftanbe.
®arl 9Jlarted löfte biefe Aufgabe in ber gewal* jWjj^JJjjjj
tigen $Berteibigung3f d)lad)t jwifchen £our§ unb '
<Pottier3 im Oftober 732; er entriß ben Arabern 737
3ltrignon wieber unb befiegte fte bei Starbonne. Slber
bei feinem £obe 741 ju Quiercn an ber Oife geigte ftcf>
bod) wieber, baß bie prioatrec^tlid)e 5luffaffung ftaat*
lieber ©ewalt aud) ba§ SJcajorbomat ergriff, benn
wie ein ftönig hinterließ Äarl feine Söürbe in 9lu-
ftrafien feinem altern ©ohne ftarlmann, in Steuerten
bem jüngern Sßiptn (bem kleinen). SBeibe wirlten
inbeg jufammen jur gemaltfamen Stieb er werfung
S3anern§ 743, beffen $er$og Obilo nur als fränfifc^er
SöafaH fein Sanb wieber erhielt, währenb fein junger
Sohn ^h^ff^o 748 e§ fogar nur al§ Sehen (boneficium)
unb gegen Seiftung be§ £reueibe§ empfing, unb fie »ofl*
jogen bann bie Vernichtung be§ alamannifd)en £er*
3ogtum§ 747. (Sbenfo war ba§ gemeinfame Söerf
beiber trüber eine £eere§reorganifatton im größten
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Xic StommeSgcit
©til. @ic gogen nämlich, nach oeretnjelten Vorgängen
fd)on unter Karl harten, mit 3ufttmmung ber roelt*
liehen unb geiftltdjen ©ro&en einen £eit be§ Kirchen*
gut3 in ber Söeife ein, bafj e§ nicht al§ (Eigentum,
fonbern nach bem oon ber Kirche felbft fdjon früher
beobachteten Verfahren &u fielen (ex beneficio) gegen
3in§ unb Streueib an Säten (SöafaHen) jundc^ft auf
SebenSjeU oergabt tourbe al§ (Sntfchäbigung für ben
oon ihnen geforberten Krieg§btenft $u föofj, genriffer*
mafien al§ eine im ©runb unb ©oben fapitaltfterte
SBefolbung. S)en anbern £eil beliehen fie ber Kirche
ober gaben Um, foroeit er fcfjon früher eingebogen
toorben mar, aurücf. 2)a bie neuen ^afaflen (oom
feltifdjen gvas, b. t. Knecht) biefen SBeftfc ben Karo*
Ungern oerbanften, fo geroannen biefe in ihnen ju*
gleich eine fefte ©tüfee ihrer ©emalt. 35a§ mar bie
eigentliche Söegrünbung be§ 8ehn§ioefen8 im fränfifdjen
Bleiche, ber eigentümlichften p olitifcfjsf oktalen 93ilbung
be§ ganzen abenblänbifchen 2fttttelalter§.
©Ieichjeitig mit bem 5luffommen ber Karolinger
ooU$og fiel), oon ihnen oielfad) geförbert, ber Über-
gang ©hfiftentume bei ben oftrheinifchen ©tarn*
men, foroeit fie fchon ber Roheit be§ $eid)3 unter*
raorfen rcaren. 2)amit fiel jugleid) bie ftärffte @<f)ranfe
jtoifchen bem romanifd)*germamfchen Söeften unb bem
rein germanifchen Dften.
^unb^bk 6 von ^ er ^ rer ^ u fö aJ)C » ergeffenben frön*
fränftfäe fifdjen ©eiftlichfeit unb nicht oon bem bebrängten
in^eutfef). ^ om 8* n 9 °* c *8 e f e h run Q au ^ fonbern oon ber irifch-
lanb fchottifchen 9iationaltirche, bie bem S8tfd)of oon SRom
feinerlei Obergewalt gugeftanb unb bie mit ber
93ifd)of3toürbe befleibeten s Übte ihrer großen Klöfter
(„Kathebralflöfter") ohne i>ierardt)ifcf)c Unterorbnung
nebeneinanber ftellte. $$xe mönchifchen ©laubenSboten
grünbeten feit 600 juerft in ©chtoaben mehrere Klöfter
(St. ©allen, Reichenau) al§ 9Wiffton§ftationen, gegen
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Üte üftadjtljöfje bcö 9teid)§ unter ben flarolincjerit (Jl
(Sube be§ ftebenten ^af)r^unbcrt§ im fränfifd)en2ftain=
lanbe (Söüraburg) unb in §effen ($lmeneburg). Um
bicfclbc 3eit begannen fränftfcje Sflifftonare, auerft
von £er$og St^eobo gerufen, bie Söefejrung ©aoernS,
teilmeife in einer gemiffen SBerbtnbung mit SHom,
SHupredjt in ©aljburg (3ut>aoum) 696, (Smmeram in
9iegen3burg feit 712, (£orbtmanu§ in Reifing furj
vox 730. 3[nbe§ gelangte fpäter aud) in ©anern
buref) ben tfyatfräftigen ©Rotten Virgil, ben W)U
bifdjof von Salzburg (743-784), bie trifcH$ottifd>e
9iid)tung $ur$errfd)aft. $on t)ier au§ trugen banrifcfye
^ßriefter ba§ ©jriftentum aud) in§ floroenifdje Dft=
alpenlanb, oa§ bereite in einem 2lbf)ängigfeit3oerf)ältm3
$u ben gerjögen ftanb. ^ebenfalls mar fcfyon im erften
drittel be§ achten 3>at)rt)unbert3 ba§ füblicfye 2)eutf<f)s
lanb im mefentlidjen djjriftttd), aber nad) irifd^fcfyot*
tifcfyer SBeife, nod) olme ^ierard)ifcjen ßufammenfjang
mit ber franftfdjen $ird)e ober gar mit SRom.
S)a waren e§ angelfäcfyftfcfye 9Jliffionare, bie unter ^j^Kfi*
bem @df)utje ber Karolinger bie römifdje ®ircf)enorb= gjtqjum;
nung im ganzen fränfifdjen Diethe begrünbeten unb 500 " 1 ^ 1 " 8
jugleid), aber erft in jroeiter Sinie, ben d)riftttd£)en
©tauben aud) in ben mittelbeutfd)en Sanbfdjaften
unb an ben lüften ber Sftorbfee pflanzten. 3uerft
im flammt) er manbten grie§lanb begannen um 716
SBiüibrorb unb SBinfrieb (agf. Sönnfretf), b. i. ©lücf &
frieb, tat $Bontfatiu3) ifyr SBerf. 2)ann aber jolte
fid) Söinfrieb in SRom 718 bie 33oiImad)t für ein felb=
ftänbige§ Auftreten in $eutfd)lanb, 722 aud) bie
$8ifdjofSroeif)e unb arbeitete al§ 93efel)rer in Reffen,
mo er bie fyodjoerefyrte S)onareid)e bei ©etSmar 723
faßte, unb in Düringen, roo er ba§ Softer Dfyrbruff
ftiftete. 2113 ©rjbifdjof (732) unb 8egat be§ römtfdjen
@tul)l§, vom £>er$og Obito unterftü^t, orbnete er bann
(738) juerft bie banrifdje Kirche in römifdjer SBetfe,
of)ne jebod) in (Salzburg gegenüber Virgil bamit burd)=
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62
$ie ©tammeSaeit
bringen fönnen, unb begrünbete, t>on ^ßtpin unb
ftarlmann fräftiger geförbert, römifdje Bistümer für
Springen in ©rfurt, Büraburg bei grtfclar für Reffen,
©icrjftätt für ben banrifd)en Sftorbgau unb 2öür$burg
für baS fränfifcfjc Sftainlanb, von benen inbeS nur
bie beiben legten feften Beftanb gewannen. $luf bem
auftrafifdjen ©oncilium ©ermanicum erreichte er 743
bie Slnerfennung md)t nur biefer <Sinrid)tungen,
fonbem aud) bie ©infüfyrung ftrenger ßirdjenaucfjt,
bie Unterorbnung ber Sllöfter unter bie Bifcrjöfe unb
bie 2lnnafyme ber Benebiftinerregel für bie Älöfter.
©ine neuftrifcfye ©nnobe in ©oiffonS 744 befd)lofj
baSfelbe unb bie ©rridjtung von brei ©rabtStümem
für biefen SReid)Steil, unb eine gemeinfame ©nnobe §u
CeftineS im £ennegau 747 befeftigte noefj biefe GHnridj*
tungen. Bonifatius naljm feit 747 feinen er$bifd)öf liefen
@ifc im altrömif d)en 2Kain$ unb leitete von bort auS
nid)t nur bie ältem Bistümer beS fränfifd)en 9tf)eins
lanbeS oon Utred)t bis ©peier, fonbem aud) bie fcfjroä*
bifcfjen (Strasburg, ®onftan$, 5lugSburg), bie bemnad)
ade in alten SRömerftäbten ifjren ©ifc Ratten, unb bie
neugegrünbeten in Oftfranfen, Reffen unb Springen;
nur bie banrifcfyen entzogen fid) nod) feinem §irtem
ftabe. (Sonft mar baS bem fränfifcfjen D^eidje unter*
morfne $)eutfd)lanb eine römifdje ®ird)enprotrin$ ge=
roorben. Unb bod) enbete Bonifatius nid)t als ®ird)en*
fürft, fonbem als ©laubenSprebtger unter ben Speeren
f)eibnifd>er ^riefen am 5. $uli 754 in ber 9iä&e oon
Loccum. ®o erblaßte t»or bem ©lorienfdjetne, ber
beS SttärtnrerS ©ruft in feinem SieblingSftofter ftulba
umftrafylte, baS ^Inbenfen an feine ftrdjenpolitifcfje
Srjätigfeit, unb er galt ber 9lac^roelt balb fd)led)t*
roeg als ber „Slpoftel ber $)eutfd)en."
Xic ü^ c 3 um ^f^nmalc r)atte jefct bie römifdje Kultur
im ©eleit ber d)riftlid)en £el)re Boben im innern
mm 2) e utfcr;lanb gewonnen unb beffen ifolierte ©tämme
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$ie üfla#tt)öf)e be8 tReic^S unter ben ftaroltußcrn
63
in Sßerbtnbung mit ber füblänbifchen ßulturroelt uttb
mit ihrem getfttgen Sftittelpunfte, mit diom, gebraut,
Sftur in biefer Berbinbung tonnten ftch beibe burch*
fefcen unb behaupten, barin liegt bie Rechtfertigung
für ba§ 2öer! be§ Bonifatius. 9lber nicht bie BifchofS*
fttje unb auc^ nicht bie nocr) feJ>r bünn gefäten oer*
einleiten Kirchen, faft immer noch fchltchte, fletne
Holzbauten, fonbem bie Benebiftinerftöfter, bie nad)
bem 9Jtufter von ftulba (gegrünbet 744) auf bem von
dürften ober <$beln gefcfjenften Boben balb zahlreich
entftanben, mürben bie roirffamften dächte ber neuen
chriftlich s römifchen Kultur. $)enn ein Softer mar ba=
malS nirf)t nur eine (Stätte frommer, roeltabgemanbter
9lftefe, fonbem oor aflem ber roirtfchaftliche unb geiftige
3Kittelpunft einer oft auSgebehnten Sanbfcrjaft, eine
blühenbe Kolonie im Urroalb, eine planmäßig ge*
pflegte großartige ©utStoirtfchaft, bie juroeilen über
taufenbe oon £>öfen unb jingbaren Bauern oerfügte,
ein Sit* technifcher Äunftfertigfeit unb roiffenfchaft«
lieber Slrbeit mit geiftlicher Säuile unb Bibliothef,
eine 3"ffucht aller Bebrängten unb £tlf3bebürftigen
unb für ba3 ©efcrjlecht be§ Stifterg bie le&te 3u*
fluchte unb SKufjeftätte, eine Snfel be3 ftrtebeng unb
ber Kultur inmitten einer gewalttätigen unb rohen
Umgebung.
9lber aßerbingS, mit bem ©hriftentum tarn ju^ ermani "
nächft auch ein ungeheurer SBiberfpruch in ba§ Seben ber Jöe
ber S)eutfd)en. $enn heibnifcf) im tiefften ©runbe
blieb ihr 2)enfen in ©Ute, Diecht unb Sage, unb bie
Kirche mußte ficr) biefen 3lnfchauungen anbequemen,
um mirffam $u fein. Sie baute ihre Stiftungen oft
an bie Stelle heibnifcher Heiligtümer, wenn fie biefe
nicht al3 Stätten ber Dämonen oerrief, fie lehnte ihre
gefte an alte ©ötterfefte an, fie ließ eS $u, baß chrift*
liehe ^eilige bie 3üge germanifcher ©ötter annahmen,
unb baß (&hriftu3 fich in einen mächtigen ©efolgg;
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64
3)ie Stamm eäjeit
Gerrit oenoanbelte, ber feine (betreuen für tfjre burd)
fromme SBerfe benrief ene £reue J)ienieben burcf) irbi*
fd)e§ ®lüd unb im ^enfettS burd) bie eitrige <5elig=
feit belohnte; furj, fie felber rourbe J)alb^eibmfc^. $er
innere 5lu§gletd) biefer beiben $8ilbung§f reife, be§
national f)eibnifrf)en unb be§ römifd)=chriftlid)en, toar
bie Aufgabe ber folgenben Satjrfyunberte.
# $8ontfattu3 fyat e§ nod) erlebt, baf* bie oon $nt
Äbni8 t)ergefteUten engen Beziehungen ber fränftfchen Kirche
$apfttum * u ^ om * u einer bcr fölgereic^ftcn SBenbungen führten.
2)emt al§ $ipin, feit bem SHüdtritte feines 93ruber§
Karlmann 747 alleiniger §err be§ 2rranrenreich§, fidE)
entfd)lo&, bem unhaltbaren 3 u ft an & e / öer utero-
nringifche ©chattenfönig, feit 743 ©hilberid) III., nichts
unb fein SJlajorbomuS alle§ bebeutete, ein ©nbe $u
machen unb eine lange ©ntnridlung abschließen,
erbat er ftd) com s $apft QatyaxiaZ eine 9Irt fd)teb§*
ridjterlidjen ©utad)ten§ unb lieft ftd) erft baraufhtn
nach bem unbeftrittnen , nur fehr feiten ausgeübten
SBolfSrechte ber KönigSroahl 752 ju ©otffong oon ben
granfen $um König aufrufen, roä^renb er ©hübend)
in ein Softer fd)idte. S^nt er oann auch bie
bifd)öflid)e (Salbung empfing, umgab er ba§ junge
Königtum ber Karolinger mit geiftltchen SBei^en. $)er
SBunb atüifdtjen ihm unb bem ^apfttum fd)lof} ftd)
noc^ fefter, als «Stephan III. perfönltd) bie fränfifche
$tlfe gegen ben Sangobarbenfönig 5Iiftulf anrief, ba
biefer enblid) bie oon feinem frommen Vorgänger
£tutpranb nur fycäk gelöfte Aufgabe nad)brüdlid) in
Singriff nahm, nämlich minbeftenS bie oberttaliemfchen
Bedungen ber SBnjanttner unb SHom ^u erobern. 3n
jroei genügen, 754 unb 756, nötigte Sßtpin ben König
Sliftulf, SRaoenna unb bie s $entapolt3 nrieber fyexauS*
$ugeben. (§rc übertrug fie ber weltlichen £errfd)aft
beS ^apfteS, ber eine folche über SRom unb fein ©e=
biet fdjon tf)atfäd)lid) ausübte, «ßipin felbft aber
>
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$ie 2fla($t^ö&e beS tteicfiä unter bcn Karolingern 65
itahm bcn römtfchen £itel eine§ ^atrtciuS an unb
bamit bic ©c^u^errfdjaft über ben weltlichen ©taat
be§ *ßapfte§. <£in germanifcher Sßriefter ^atte bie
päpftlidje ©eroalt über $)eutfchlanb begrünbet, ein
germanifcher König begrünbete ben römifchen Kirchen*
ftaat unb oereitelte bamit bie ©infyeit $talien§ unter
ber eifemen Krone ber Sangobarben für mehr als
ein $ahrtaufenb. @§ entfpradf) btefem engen ©rnoer*
-nehmen anrifchen ben Karolingern unb bem ^apfttum,
wenn $ipin bie oon Bonifatius begonnene, auf ftrenge
hterarchtfcf>e ©lieberung, fdjarfe Kirchen$ucf)t unb
xeinere ©itte gerichtete SHeform ber fränfifc^en Kirche
weiter führte, unb roenn SBifd>of ©f)tobegang oon 9Jcefc
bie ©eiftlichen feiner $omfirche $u möndjifdjer Sebent
genoffenfchaft oereinigte. Unb glänjenb bewährte ftch
bie neue 3Jlonard)ie al§ bie @d)u^madt)t ber abenb*
länbtfchen (5^rtftenr)cit, inbem pe Sftarbonne ben 3lra*
bern entriß unb Aquitanien, beffen £erjog ftch ftetS
auf biefe ©laubenSfeinbe ftüfcte, enblich unterwarf.
Unb bod), al§ $ipin bei feinem $obe 7*38 baSjurtunb
tReid) roieber unter feine beiben ©ötme, Karl (geb. ^ann
toof)l 742) unb Karlmann (geb. 751), teilte, roar e§
fjöchft zweifelhaft, ob bie oon tr)m eingefd)lagne SHtd)'
tung SBeftanb höben werbe. $)enn ein großer Steil
t>e§ fränfifchen 2tbel§ war gegen fte, unb biefe Partei
ftegte junächft. SJctt ben fcangobarben würbe ein enge§
Verhältnis tjergcftcllt unb burch bie Vermählung ber
beiben jungen Könige mit jwei Töchtern be§ 8ango=
barbenfönig§ $efiberiu§ (©erberga unb $)eftberata)
befeftigt, wa§ zugleich bie 3lner!ennung einer grö&ern
©elbftänbigfeit be§ »anernherjogS ^h^ffilo, be§ ©e*
tnahl§ ber brüten langobarbifchen @d)wefter £iutbirg,
unb bie Söfung be3 S3erhältniffe§ mit SRom $ur ftolge
Ijatte. $och ber fchnefle $ob KarlmannS im $e$ember
771 gab bem ältern «ruber Karl Gelegenheit, mit
t>em ©riff be§ Söwcn ba§ ganje meid) an fich ju
2>er aoßerbegang beS beutfd&en SBotteS I 5
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66
Xit etammcSjctt
retten, ^nbem er feine langobarbifche ©emahlüt
heimfanbte unb bie unzweifelhaften $Red)te feiner
beiben Neffen, ber jungen Söhne KarlmannS, beifeite
fcfjob, brach er in ber fchroffften SBeife mit benßango*
barben. 2)er Konflift oerf durfte ftch, als ber tief*
gefränfte £)eftberiu3 gegen 9tom vorging, um ^ßapft
§abrian III. zur Stnerfennung ber KönigSrechte feiner
(Snfel zu Urningen. 3 um brittenmale Übertritten 77a
bie fränfifdjen §eerfäulen bie 3llpen, unb biegmal fiel
baS langobarbifche SReict). SeftbertuS würbe entthront,
ßarl al§ König ber Sangobarben unb römifdjer
^ßatrtciuS anerfannt, bie fränfifche ©raffchaftS- unb
(SerichtSoerfaffung allmählich burchgefüljrt unb ba§
langobarbifche Italien ber fräntif d)en SKeichSgefe£=
gebung unterworfen. 9lur bie Herzogtümer Spoleto
unb SBeneoent behaupteten eine halbe Selbftänbigfett
Später, 780, übertrug Karl feinem ©ohne <ßipm bie
Verwaltung Italiens mit bem KönigStttel. 2)ie Söer^
einigung ber beiben einzigen noch beftehenben ger~
manifch-romanif^en ©rofcftaaten in einer £anb be*
grünbete eine alles überragenbe 3D^adt>tfteHung be§
fränfifdjen SReidhS im 5lbenblanbe, bie Unterwerfung
ber Sachfen fchuf bie SBorauSfefcungen zur 93ilbung
einer beutfdjen Nation.
$ie Sftoch immer häuften bie Sachfen in ihrem un«
»egfamen Söalb* unb Sumpflanbe als ein lofer »unb
von tner felbftänbigen Stämmen (Söeftfalen, (Sngem,
Dftfalen unb Sftorbalbtnger) in faft unoeränberten
altgermanif djen Drbnungen, ein SBolf freier 93auern
unter einem burd) ein fyofytä, fedjSfacheS Söergelb
ausgezeichneten friegerifdhen 2lbel, regiert von ben
„ s Ülteften" ber ®aue unb ber SöolfSgemeinbe, nur im
Kriegsfälle oon einem Herzog für jeben ber oier
Stämme geleitet. 2)urd) Söohnfitje, «Sitte, Religion
unb Sprache ihren ffanbinaoifchen Nachbarn, ben
$änen, näher geftellt als ben chrtftlichen Stammen
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Sie 3tta($U}ö$e bc8 9iei($ö unter ben Äarolingcrn (57
beS SBimtenlanbeS waren bie Sad)fen biefen oöllig
entfrcmbct unb baburd) bie (Sntftefyung einer beutfdjen
Nation oerfytnbert worben, fyätte nid)t ßartS eiferner
Slrm ifjre politifdje unb religtöfe ©onberfteUung jer*
fd^agen. greüid) gefdjat) ba§ in ferneren, mörbe*
rtfd)en Kriegen (772 bt§ 785), bie um fo Ijartnätfiger
waren, je weniger bie fdjwerfäfligen militärifdjen
Greifte be§ fränfifdjen 9ieid5§ $u einem ©roberungS*
frtege unb $u Iangbauernber Söefefcung eines feinb-
liefen SanbeS roirflid) ausreichten, unb je §äf)er
fiel) ber trotzige Sinn ber Saufen unter tfjren §er*
Sögen SBtbuftnb unb Slbbio mit §ilfe ber S)änen
bem boppelten Socfje beS fränfifdjen Staats* unb
^trdjenwefenS entgegenftemmte. 2)ie ©tnfüf)rung ber
fränfifdjen ©au* unb ^eereSoerfaffung unb bie 93c*
grünbung ber Äirdje im ^afjre 782 erwieS ftd) nod)
als r»erfrüE)t; erft bie blutigen Stege bei $etmolb
unb an ber £afe 783 brachen ben 9flut ber @ad)fen
unb bewogen 785 fogar it)rc beiben §erjöge $ur
Unterwerfung. ^ereinselte ©r^ebungen fm*> nod)
bis 803 au betampfen gewefen; aber unröiberfter)ltcr)
fefcte ftdj) bie fränfifdje Söerfaffung unb bie ®ird)e
burd). 2)amit trat baS Otetct) aud) mit ben oftelbtfcrjen
(polabifdjen) ©tarnen sunt erftenmale in SBerbinbung,
fcunädjft nur, um fte gegen bie @ad)fen &u benufcen.
3lHe biefe (Stämme, fdjon 780 bie Obotriten in
üflecflenburg, bann bie (Sorben jwifdjen ©aale unb
93ober, enblid) 789 aud) bie SBiljen jwifcfyen @lbe
unb Ober ernannten bie Dberljofyeit beS granfenfönigS
an, atlerbingS unter SBafyrung iljrer innern ©elbftän*
bigfeit, ^mmer^in mar eine germanifdje §errfd)aft
über biefe alten ©tammlanbe ber ©ermanen wieber*
J)ergefteHt. ©egen bie S)änen aber würbe bie (£iber-
grenje fräftig behauptet unb burd) Burgen gefiebert.
fßon mdjt geringerer 2Bid)tigt*ett mar bie oödige ®^JJ r "
Unterwerfung 93anernS. Seit Styaffilo 763 baS Säger Söterns
5*
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68
Sie ©tammcsjctt
ftönig SßipinS auf einem ^Ib^uge gegen Aquitanien
eigenmächtig oerlaffen fyattt, ftanb ba3 weitauSge*
behnte §er5ogtum ber 9lgilolftnger thatfächlicf) al§ eine
felbftänbige 3Jladt)t $wifchen bem fränfifchen unb bem
langobarbifchen SRetche. @§ ^atte auch bie (Slowenen
unterworfen unb bamit bie fcrjönen, fonnigen %f)älex
ber Oftalpen ber banrifcfjen Äolonifation eröffnet, e§
befeftigte bie banrifche fttrche burd) zahlreiche ßlofter=
grünbungen be§ ftürftenhauf e3 n>ie ftremämünfter (777)
unb ber ebeln ©efd)Iedf)ter, e3 fudt)te noch 766 ihre Un*
abhängigfett burd) bie ©nnobe von 31) ctjrjeim ju ftd)ern.
2Iber feitbem 2$afftto 773/4 thatenloS bem Untergange
be§ langobarbifchen SReicheg, feine§ natürlichen $8un*
beggenoffen, augefehen, ^attz er nur noch bie Söahl
jmifchen Bezweifeltem SBiberftanbe, felbft mit §ilfe
ber rohen Sfoaren, unb bebingung§Iofer Unterwerfung.
$)och unftcher fchwanfenb jwifchen beiben 3ftöglich s
feiten Ieiftete er 781 bem granfenfömg swar ben ge*
forberten £reuetb, weigerte ftch aber 787 auf ber
SReichSoerfammlung $u SöormS §u erfcheinen unb be*
fdt)wor baburch ba§ SBerberben über ftch h«<*uf. 9* ac *)
bem £obe SBigtlg oon (Salzburg 784 ber baurifchen
SBtfcfjöfe nicht mehr ficher unb oon einer gewaltigen
$eere§macht im ©üben, SBeften unb Horben gleich *
jeitig bebroht, unterwarf ftch Shafftlo im Dftober 787
ohne ©egenwehr bem ftönig im Säger *or Augsburg,
würbe aber 788 trofcbem wegen jener „Fahnenflucht"
(herisliz) im 3ahre 763 oom ®ömg§gericr)t in 3ngel=
heim §um £obe oerurteilt. Söährenb er, oon $arl be 5
gnabigt, im Softer ßorfch t>erfcf)wanb, trat Söanern
unter bie fränfifche ©raffchaftSoerfaffung.
eroberung bie ©inoerletbung SBanernä fcrjlofj ftch W«
atJtWtai ^etnic^timg be§ aoarifchen $äuberftaat§. 3n einer
n*m SReihe von getbjügen 791/95, beren erften 8art felbft
führte, ging ber aoarifche 2lbel faft gan$ ju ©runbe,
bie mefte wichen hinter bie $h*i& $urücf ober unter*
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£te 3Jiacf)tf)öf)e bcg SReidjS unter ben Äarolingern
69
warfen ftd) bem fränftfcfyen SHetcfye unb nahmen bag
©Ijriftentum an. $er roeftlidje £eil tyreg alten ©e*
bietg, bag alte ^annonien unb bag $>onaulanb annfdjen
ber @nng unb bem Söiener SSalb, früher bie $eünat
ber Dftgoten unb bann ber fiangobarben, trat unter
fränfifdje ©rafen fogut wie bag ©loroenenlanb (®aren=
tanien) mit Strien, Sftorbbalmatien unb ftriaul, unb
ein unerme&lidjeg Slrbeitgfelb eröffnete fid) r)icr ber
beutfcfyen Kultur.
©lüeflid) überall gegen bie beutfdjen unb fremben ÖJ^!* 1
(Stämme beg Cfteng fdjetterte $arl gegen bie bem h fle
frcinttfcfyen Sfteicfje an Kultur weit überlegnen fpantfdjen
5lraber. ©ein eigner ftelbflug "ber bie ^nrenaen 778,
ber auf ber Hoffnung beruhte, bie grojje Spaltung
ber tglamittfd&en SSelt $nrifd)en ben Slbbaftben von
Söagbab unb ben Omajjaben von (Eorbotm &u einem
roudjtigen (Schlage gegen bie £errfd)aft ber Araber
in (Spanien augaunufcen, ©erlief erfolglog, unb bie
nod) big 811 fortgefefcten kämpfe führten nur $ur
©rünbung einer fpamfdjen 2Jtarf aroifc^en ben Oft*
pnrenaen unb bem untern @bro.
©ine ©errfdjaft nrie biefe farolingtfdjje war feit emeuc-
ber Sluflöfung beg meftrömifcfyen SHeic^S nicf)t meines aatfer.
gefe^en toorbetu SBon ben jürften ber 2lngelfad)fen temÄ
unb ber d)riftlid)en ©panier wie oon bem großen
abbafibifdjen Kalifen #arun*al*$Rafd)ib in SBagbab
rourbe ßarl alg ber Dberljerr beg 9lbenblanbeg an*
erfannt, unb fein befeljlenbeg SBort galt oorn ©bro
big an bie pannonifcfye $)onaugren$e, r»on ber ©iber
big aum Qtorigliano. ©iner folgen SBölferoereinigung
entfprad) ber £itel eineg ftöntgg ber ftranfen unb
Öangobarben nur fe^r unooHfommen. 9täf)er lag e§
Diefer 3ett, ™ oer °* e ©nunerung an bag aud) nodi)
im Verfall impofante römifdje ^aifertum nod) fe^r
lebenbig mar, an biefeg an$ufnüpfen, jumal ba nad)
ber f>errfd)enben Sluffaffung bag lefcte ber com $ro*
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70
$ie ©tammegjctt
pheten 2)aniel $ap. 7 t>erfünbigten trier 2öeltretd)e
ba3 römifche mar unb bi§ an§ (Snbe ber 3*iten baucrn
foflte, aber bi§^et feit 476 im SBeften nur in ber
Sbee fortlebte unb nur im Dften thatfäd)lich fortbe*
ftanb. ©ehr praftifche politifdje Erwägungen famen
htn$u. 2)ie einheitliche ®ircf)e meinte nur in einem
einheitlichen deiche t>oHe Sicherheit finben ju fönnen,
unb ba§ ^apfttum mar nur bann gegen ehrgeizige
römifche Parteien unb gegen bie feine3tt>eg§ aufge-
gebnen 9lnfprüd)e DftromS gefchüfct, wenn im Söeften
rcieber ein fetbftcinbigeS ftatfertum beftanb. 3lu§
foldjen 2Infd)auungen unb SBebürfniffen Iateinifch ge*
bilbeter unb ftrchlicf) geftnnter Greife entfprang ber ©e=
banfe, e§ 311 erneuern unb bem Könige ber granfen §u
übertragen, eine echte SRenaiffanceibee im grofeartigften
Stil. 2Il§ baher ßarl im 9?ot)ember 799 ben «ßapft
Seo III. burch feine ^ommiffare fyaüt nach SHom
gurücf führen laffen unb ein ^ahr fpäter al§ römifcher
<ßatriciu§ jmifchen bem <ßapft unb feinen SBiberfachem
©ericht gehalten hatte, ba befct)lofj eine große *8er*
fammlung fränfifcher unb römifcher ©etftltchen unb
Saien, bie ^aifermürbe ju erneuern unb ®arl bem
©rojjen $u übertragen, $n ber Erinnerung ift biefer
grunblegenbe SBefchlufc fynttx ber Krönung $arl§
burch ^Papft Seo III. im 6t $eter am erften 2Beih=
nadjtSfeiertage be§ gahreg 800, bem Anfange eine§
neuen 3ahre§ unb $ahrhunbert§, oöHtg juruef getreten^
befonberS roeil bie Sßäpfte fpäter au§ ber mahrfchetn*
lieh ben Äönig felbft überrafdjenben fjorm ber Krönung
bie meiteftgehenben Folgerungen gebogen h^ben. Sie
neue ßaifermürbe gab feinen 2ftacht$uTOach§, aber fte
enthielt einen großartigen ©ebanlen, ber feine 93e-
beutung behauptet hat, auch al§ bie bamal§ ihm ge-
gebne gorm jerfiel, bie Sbee, bafj bie chriftlichen
SBölfer be3 romanifch-germanifchen 2lbenblanbe3 eine
unzertrennliche SMturgemeinfchaft bilben foüten, unb
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£ie Üttad)tf)öf)e beS 9teid)§ unter ben Aarolingcrtt
71
foroeit ba§ 2Jlenfd)cn(raft t»ermocf)te, hat Karl baran
gearbeitet, fte ©erroirfltchen.
©ein SRetd) follte in ber $h a t roie ba§ römifdje, Craani.
«in einheitliches ©anje bilben. $ie 9*eich§oerfamm* bes a Äs
lung, ba§ „2flaifelb," nicht mehr bie alte SBolfäge*
meinbe, fonbern eine Bereinigung weltlicher unb geift*
licrjer ©rofcen, entfaltete in ben „Kapitularien" eine
allumfaffenbe SHetchSgefe^gebung in weltlichen wie in
firdjlichen Angelegenheiten; bie fränfifc^e ©raffchaftS*
oerfaffung war im ganzen SHeid)e burchgefefct, aufjer in
ben halbunabhängigen ©ebieten ber $8a3fen, Söretonen
unb ©lawen, fowte in ben Herzogtümern ©poleto
-unb 93ener»ent unb würbe in ben ©renjgebieten ju
einer umfaffenben ©eroalt, ba bie Sttarfgrafen bie
Warfen (bie bämfche an ber (£tber, bie fäcrjfifche
im öftlichen $olftein, bie forbifche läng§ ber ©aale,
bie böl)mifcf)e im banrifrfjen Sftorbgau, bie atmrifdje
^mif d)en @nn§ unb Söiener SÖalb, bie fpamfche $wifd)en
^ßurenäen unb ©bro) mit ©ren$graffchaften serbanben
unb ba§ Aufgebot auf eigne Verantwortung erlaffen
ionnten. «Seit 802 überwachten föntgliche Kommiffare
<missi dominici), ein 93ifd)of unb ein fiaie in jebem
ber fet)r auSgebeljnten Amt3be$irfe, bie ©efd)äft§=
füf)rung biefer Beamten, bie lebtgltcf) Beamte unb
Liener be3 Königs bleiben, nid)t Herren werben unb
be§f)al& i^r Amt nicht erblid) in ir)rcr gamilie
wachen foOten. @o einheitlich roie bie ©taatSoer*
-waltung geftaltete Karl bie Verwaltung ber Kirche.
%üx bie beutfcrjen Sanbe rourben 789 äJlainj, £rier unb
Köln bie erjbifchöflichen ©tfce; r»on ben fecr)§ (fpäter
ad)t) fächftfchen VtStümern traten fünfter, DSnabrücf
unb 9ttinben unter Köln, Sßaberborn, §alberftabt unb
Verben unter SWainj. 2für Vauern unb bie füböftlid)en
Warfen erhielt ©aljburg 798 erjbifchöfliche fechte.
35ie (Ernennung ber 93ifd)öfe lag tt>atfädt)Iidt) in ben
£änben be§ Königs, ebenfo bie ber Äbte in ben
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Xtc ©tammtSjeit
Slbftern, bic auf bcm »oben oon Königägütern be*
grünbet roaren, unb ba§felbe SHec^t für ihre (Sleift*
liefen, ja fogar ba§ iKed)t ber Verwaltung unb-
Sftufcung Ratten bie @runbf)erren bei ben fcfjr $a1)U
reichen von ihnen geftifteten Kirchen (©igenfird^en)^
Xte (Sine jentralifterte Verwaltung oerfudfjte Kart
^uu 9 r ' au $ f ür bie «»i*ttöfte Oueüe feiner (Sinnahmen, für
bie KönigSgüter, $u grünben, bie, aujjer bcm §au3gut
ber Karolinger, au§ ben frühern meronringifchen unb
langobarbifdjen Domänen, forote au§ bem herzoglichen
©ut in Vanem unb ©chroaben, enblich au§ bem ge*
famten ©runb unb ©oben in ben eroberten Warfen
beftanben, alfo einen Ungeheuern Umfang Ratten.
Sftarf) bem Capitulare de villis Don 812 verfielen biefe
Domänen in einzelne grofje ©ruppen (fisci) unter
Amtleuten (iudices); jebe umfaßte einen „@al(£erren>
bof" mit $ahlreichen Lorffctjaften unb ©injelgütern,
bie nad) ber 3<*hl unb SRechtäfteflung ihrer §ufen al£
freie, Stten* unb ®ned)t§t)ufen entroeber Natural-
lieferungen ober 3r*onbtenfte,tn§befonbre auch geroerb*
liehe 3lrbeit an ben §errenhof §u leiften Ratten, unb
jroar nad) ber (Steuereinheit be3 Servitium, b. h- ber
Verpflegung be§ königlichen $tfd)e§ für einen £ag.
gür bie Abführung biefer Erträge bilbeten bie meift
an ober in ber 9?ähe oon Sßafferftra^en gelegnen
Äöniggpfal^en bie SDRittelpunfte: (Eompiegne, Dauere»,
$lttigni, §eriftal, 2)üren, Slawen, 9ttefc, Liebenhofen,
Srier, Sflimroegen, Ingelheim, 9Borm§, ©peier, granf*
furt, 6el$ an ber fränfifchen ©aale; roa8 ber $of
nic^t oerbrauchte, rourbe oerfauft. 3 U ähnlichen
Seiftungen rourben aber auch Vigtümer unb bie
$Reid)3abteien hingeflogen,
stauen 2)a§ geralanb be§ Geichs bilbete alfo ba§ beutfehe
* auptftabt 2luftraften mit bem oftrheinifchen ^raufen unb bem
angrenjenben Steile 9teuftrien§, faft burdjroeg altrömi*
fche§ ©ebiet, von bem etnftSRom gleichseitig ©allien
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£ie 3flac$tf)öf)e beä SReicf)3 unter ben Karolingern 73
unb ©ermamen im ©c^orfam erhalten fcatte, mit
jaf)lreid)en SBaureften biefer Qtit, * m 8 an S en oa ^
mittlere unb untere SRfjeinlanb, baS burd) bie günftige
©eftaltung fcincS 3rtu&nefceg einen (eichten SBerfefjr
geftattete. Sa^er tf>at Slart nod) einen weitem (Stritt
aur ßentraltfation; ftatt bie (£rträgniffe ber $omdnen*
gruppen in beren 9JHttelpunften, ben Sßfaljen, auf ju*
brauchen, alfo bie SHeftbenj beftänbig au medrfeln,
na^m er in ben legten beiben 3af>raef)nten feiner
Regierung feinen ftänbigen @tfc in $lad)en unb machte
biefe ^Sfala, bie aunädtft nichts mar als eine gro&e
®ut§Tüirtfd)aft, tf)atfäd)lid) jur §auptftabt feines
weiten SRetdjS.
Sein SBerfud) nriberfprad) jebod) ber nnrtfdjaft* ®eSfe5"
liefen (Sntu>icflung§ftufe feiner «ölfer, ber bur ^ roe 0 @TU Ä„
Jjerrfcfcenben ^aturalnrirtfd^af t. $iefe führte einerf eit§ ™Vft n
in SBerbtnbung mit ben fteigenben militärifdjen 5tn*
forberungen eines ©rofjftaatS a u einer immer roeitern
Ausbreitung be§ SefjnSroefenS , ba§ aümäfyttcf), aud)
in ben oftrfyeimf d)en Sanben, ben größten £etl ber
»ermögenben ftteitn in bie ©efotgfdjaft be§ ftönigS
unb feiner Beamten brachte unb bie fernere SReiteret
jum eigentlichen ßern be§ £>eere§ machte, anbrerfeitS
begünftigte fie bie 5lu8bet)nung ber ©runbfjerrfdjaften
aud) im redjtSrljeimfdjen $eutfd)lanb, befonberS burd)
bie ©rünbung aaf)lretd)er neuer Jöiötümer unb ßlöfter,
beren oft nad) taufenben von £ufen ityUnbt unb
über oiele einzelne Drtfd)aften t>erftreute ©üter (bafyer
©treubefttj) in ähnlicher Söeife beiuirtfrfjaftet mürben
nrie bie ßömgggüter. 93eibe Urfadjen arbeiteten an
einer ftetigen ©erminberung unb ©infdjränfung be3
freien 5Bauernftanbe§, ber in immer gröfjerm 3Jcafeftabe
in 2Un)ängigfett von ben ©runbtjerrn trat, unb feine
alten 2Jiarfgenoffenfd)aften burd) biefe 2Ibf)ängigfeit
einzelner §ufen von ben ©runbfyerren beeinflußt, oft in
ber freien STCu^ung i^rcr Slflmenben bebro^t fal). ftarl
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74
Sie 2tammcä3ctt
fud)te al3 ©ojialreformer btefer Umroanblung ent*
gegen$uarbeiten, inbcm er bic £f)ingpflicht burch 93e=
fchränfung ber eckten (allgemeinen) £$tnge in ber
fmnbertfchaft auf brei im ^af>re unb bie §erabfefcung
ber ben nun tael häufigem gebotnen ^t)ingen
verpflichteten freien auf fieben (r»ermögenbe) (Schöffen
erleichterte, unb inbem er ba§ Aufgebot bei ir»eitern
grelbjügen gelegentlich, nicht grunbfäfclicf), nur auf einen
$eil ber freien ausbeute, aber grünblich f>elfen
fonnten biefe gutgemeinten Verfügungen nicht. Senn
gleich grofi roar ber mtlttärifche nrie ber nrirtfehaft*
Iirfje 2rortfcrjritt bei biefer Umroanblung. Sie frän=
fifdjen DSeiterljeere erlangten einen erftaunlictjen ©rab
©onSeiftungSfähigteit, bieörofegrunbherrfchaften aber>
bie ir)re abhängigen Seute nach einem beftimmten
^piane arbeiten Iaffen fonnten unb baburef) Überfchüffe
über ben eignen Vebarf erhielten, burchbracfjen bie
Sfolierung ber alten SJtarfgenoffenfchaften unb er-
zeugten einen regern Vinnenoerfehr. Siefer fnüpfte
fief) junächft an bie ^faljorte unb S8if<^of§ftäbte, bie
SJKttelpunfte ber größten ©ut^oerroaltungen, fjalf ba=
burch anfelmliche Sflarftorte, auch an ben ©renken
(3ttatn3, Sorftabt, Schleimig, Lüneburg, ßorch an ber
(£nn§) bilben unb führte §ur Errichtung zahlreicher Sflün^
ftätten, übrigens nur linU r>om Olf^ne, bie feit $ipin
nach ber biefer 2öirtfd)aft3ftufe allein entfprechenben
©ilberiüährung prägten; ja er gab hie unb ba fogar
fchon jur Errichtung großer SBertehräanftalten (ber
SRfjeinbrücfe bei 9flain$, bem Verfuch einc§ ®anal§
Zroifchen Slltmühl unb SRejat, alfo bem Sonau* unb
^heingebiet 793) Veranlaffung. Sie größte Seiftung ber
©runbherrfchaften aber, ^u ber bie ifolierten Säuern*
roirtfehaften gar nicht fähig geroefen wären, nmr bie ®r=
Weiterung be§ 2lcf erlanbe§ burch umfängliche 9tobung§=
arbeit unb planmäßige 8olonifation, teil§ in ben bin*
nenbeutfehen Sanbfchaften, n>o bie Ebeln mit Vorliebe,
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2>ie 2ttac$tf)öf)e bc§ «Rctdjä unter ben Äaroiingern 75
bie SUöfter ftetS Sßalbfolomen anlegten, unb jaf)lIofe
Ortsnamen auf —reut, — robe, — fdjlag, — fcfjroanb,
— branb nod) heute biefe 2:ptig(eit bezeugen, teils
in ben jüngft eroberten, bünn beoölferten füböftlidjen
Warfen, roo tjorneljmlid) bie banrifdjen S3i§tümer unb
ftlöfter ben faft tjerrenlofen ©oben bi§ tief narf)
Kärnten unb ^ßannonien hinein in ©efitj nahmen unb
fomit bie erfte ©ermamfterung flan>ifd)en 8anbe§ ein=
leiteten. $ie herefdjenbe ftorm mar babei bie ßönigS*
ober Söalbfmfe, bie einen langen, fdjmalen, aufammem
hängenben Sanbftreifen r»on ber boppelten ober brei*
fachen ©rö£e ber ®emannlmfe (32 bis 50 £eftar)
bilbet unb auerft auf ben 8onig3gütem bei Söalb-
robungen angeroenbet roorben ift.
2Bäf)renb ftd) biefe ftortfehrttte mit einer genriffen j^JJjJJ,
Sftaturnotroenbigfeit vollzogen, trug ba§ geiftige geben 5?
biefer 3«it oen (5^ara!ter einer beraubten SHenaiffance,
2Bie bie SBieberfjerfteQung be3 römifd^en ÄaifertumS
im ©runbe nidjtS anbreS mar, al§ eine fold)e, fo ftrebte
&arl aud) barnach, minbeftenS bie leitenben Greife
feiner Golfer mit litterarifd^er, römifc^er ©Übung ju
burd)brtngen, obrooljl ober aud) roeil er fte in feiner
^ugenb entbehrt hatte, ©eine „$offchule" foflte auch
©ornehmen Säten biefe ©Übung vermitteln, woran
bamalS im 5lbenblanbe aujjer in Italien niemanb
backte; au§ bem Greife oon (Mehrten, ben er um fid)
oerfammelte (©inharb, Slngilbert, 3llcuin, s £aulu3
2)iaconu3, ^ßetruS r»on ^ßifa), ging eine in ihrer
3lrt l)öd)ft ad)tunggroerte jeitgenöfftfehe ©efchtd)t=
fdjreibung unb eine biefer 3 ß ü fl a "i unentbehrliche
Sitteratur gelehrter £anbbücher tyxvox; bie ^alaft*
unb &ird)enbauten, bie Starl in 9lad)en, 9hmtt»egen
unb $ngelh eim jum Seil mit römifchem Material
ausführen liefe, burften fid) roof)l benen %tyot>o=
ridjg in föaoenna &ur Seite ftellen, beffen Leiter*
ftanbbilb beaetchnenberroeife ben s £lafc r»or ber $fat$
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76
Sie ©tammegjeit
ju 9lad)en fdjmücfte, unb unermübltd) fdjufen fleifnge
3ttön<f)e in ben Venebiftinerflöftern an ben Söcrfcn
bcr ftleinfunft in SJhniaturmalerei unb ©Ifenbetn*
fcfyniöeret.
r feit l "bafe er fld^ tro^ aller Venutnberung für bie anttf*
römifcfye Shtltur bod) ein n>arme§ gntereffe für bie
$etbenfagen ber §eimtf cfyen Söorjcit bewahrte unb fie
fammeln lief?. $)emt in ber nmcfjtigen, tmpofanten
(Srfdjeinung unb in feinen 8eben3gen>oJ)n{)eiten, in
Neigungen unb ßetbenfd)aften mar er burd£)au§ ein
$eutf<$er, ein f efter Leiter, S^ger unb ©cfynrimmer
big an fein SebenSenbe, ein järtltcfyer, obwohl nidjt
gerabe immer treuer ©atte unb Vater, beljjaglidi), un*
befangen, oft fcfyulmeifterltdj lc^rt)aft im Vetfeljr mit
feinen Vertrauten, e$rlid) mo^Irooflenb gegen jeber*
mann unb bod) ooH föniglidjer SBürbe, furchtbar,
^ermalmenb in feinem Qoxn, rafd) unb ftat)Ujart in
feinem (Smtfdjlufj, nüchtern unb fcfyarf in feiner ©in*
ftd)t unb bod) ootl ibealer ^ntereffen. 2113 ben Vor*
fämpfer ber (Sfjriftentyeit gegen bie 9flol)ammebaner
unb Reiben ^aben iljn bie Romanen im ©ebäd)tni§
behalten, al§ geroattigen §errfd)er, 9ttd)ter unb ©efefc*
geber bie 2)eutfd)en, al§ ben „ßöntg" (fral) fd)led)t*
meg bie ©laroen, unb ba§ aöe§ ift biefer größte
ftürft unb Staatsmann be§ 9JlitteIatter§ aud) nrirflid)
geroefen.
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mnb bod) foflte c§ ftd), al§ er am 28. Januar 814 ©rünbe
in Slawen üerfdjieben war, nad) wenig 3^ r ^ ^ufiöfun
geigen, bafc ftd) bie fttaff e 9>leid)getnl)eit, bie er gefdjaff en
fjatte, ntctyt galten liefe, ©eine ungeheure persönliche
ftraft hatte ftdt) bem natürlichen ßaufe ber S)inge
fdjeinbar mit ©rfolg entgegengeftemmt, jefet bradj fid)
biefer unnriberftefyltd) auf§ neue 93a1jn. S)enn bie§
fränftfdje SReid) beruhte feineSroegS auf ben Slnfdjaus
ungen unb 33ebürfniffen feiner Söölfer ober aud) nur
feiner I)enf(^enben ©tcutbe, fonbern auf bem Söitten
eine§ Keinen ÄretfeS leitenber 2Ränner unb auf ben
JJntereffen ber 8trdje. $)em Saienabel lagen nur feine
grunb!)errfd)aftlid)en ^ntereffen am $er$en, unb e§
fehlte i^m jebe <5taat§gefinnung, bie Staffen ber Söölfer
lebten in flehten lanbfdjaftlidjen Greifen olme jebe
enge unb rege mirtfdjaf tlidje SBerbinbutig bal)in.
tiefer örtliche unb Ianbfc^aftlid&e ©onbergetft,
nid)t ba§ Söiberftreben ber nod) faum jum SBeroufet*
fein erroadjten ^Rationalitäten f)at ba§ $Retd) gerfprengt,
ba§ ber 33ilbung§ftufe ber Götter weit t>orangeeilt mar,
al§ eine einer roett höfcern Kultur entlehnte %oxm,
unb nur bie Äirdje ift folgerichtig unb auSbauernb
für bie @rf)altung ber $Reich§etnt)eit eingetreten.
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78
Xit StammeSjeit
®*t$£p m 3n)iftigfeiten im ßömgS^aufe, bie golge bcr un-
unb augrottbaren prümtrecrjtUcrjen Sluffaffung r»om ®önig-
Rettungen ^ förbcrten bic siuf löf ung. ßubroigberftromme
(814 - 840), von ben brci (Söhnen ßarl§ ber jüngfte
unb ber einzig überlebenbe, nahm fd)on 817 feinen
älteften ©o^n fiothar jum Sflitregenten an unb roie§
Subroig IT. (bem 2)eutfcf)en) Magern mit ben füböft*
liehen Warfen, Sßtptn Aquitanien al§ abhängige $err*
fchaften au, nm§ fi$ mit ber 9ieicf)3einheit noch vertrug
unb är)nlicf) aud) unter 8arl bem©ro&enmü Italien ge*
fcr)ehen mar. Aber bafj Subroig biefe Drbnung unb ba*
mit bie Oteid^§einr)cit ju ©unften fetneS @ohne§ ^roeiter
(£fye mit ber barjrifchen ©rafentodjter Subita, ßarl
(be§ Bahlen, geb. 823) mieber unb roieber erfchiitterte,
ba§ befchroor eine SReic)c hä&licher gramittenfrtege unb
immer neue Zeitteilungen ohne jebe $auer herauf.
Al§ ber £ob ihn 840 hwroegnahm, brach ^mif^en
feinen brei (Söhnen (Sßtpin mar 838 geftorben) ber
offne ßampf um ba§ (Srbe au§. $n ber mörbertf d)en
SReiterfchlacht bei ftontanetum aroifc^en Aujerre unb
S3ourge§ am 25. Sunt 841 erlag ßothar unb mit ihm
ber ©ebanfe ber Dleic^§einr)eit ben beiben jungem
trübem, unb al3 biefe ihren 5hmb im ftebruar 842
ju Strasburg burd) feierliche @tbe bekräftigt Ratten,
billigte Sotfjar im Auguft 843 in bie Stellung von 93er*
bun, bie bie Sänbermaffe ßarlä be§ ©ro&en in brei
unabhängige SRetche fdjieb, obxvoty ßottjar allein ben
ßatfertitel führte. Öubmig erhielt ju SBaqern ade fianbe
rechte vom ^eine unb ba$u bie UnfSrheinifcrjen ©aue
von 9ftainj, ©peter unb 2Borm3, ®arl ju Aquitanien
noc^ Sfteuftrien unb ba§ norbroeftliche SBurgunb,
Sotfjar faft gana Auftragen, 93urgunb unb Italien.
Cbroohl biefe Teilung ebenfo wenig al§ eine bauernbe
gemeint mar, nrie bie frühem, fo hat fie bod) ben
©runb jur felbftänbigen AuSbilbung eines beutfehen
unb eines franaöfif d>en SReid)e§ gelegt; aber bie <fta*
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Sic Huflöfung bc8 9Reid)3
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tionalitätcn f)abtn weniger biefe deiche, al§ bic
Sonberreiche vielmehr bie Nationalitäten gefchaffen.
Nur ba§ unnatürlich gebilbete Neid) 8othar§ löfte
fid) fd)on mit feinem £obe 855 burch bie Leitung unter
feine brei Söhn* Subroig II., Sfarl unb Sothar II. in
bie brei alten (Gebiete Italien, SBurgunb unb 2hiftra|ien
(feitbem Sotharingien) auf, unb ba bie beiben jungem
trüber rafdj ^intereinanber ftarben, fo teilten $arl
ber ßahle unb fiubroig ber $)eutfd)e 870 Sluftrafien
unter fid), bis fd)lie&lich fdjon 879 aucf) ba§ tr»eft=
fränfifd) geworbne ßotharingien an ßubroigg be§
$eutfcrjen Sohn ßubnng III. fiel unb bamit bie
Neid)§gren$e nach SBeften ^in abgefdjloffen rourbe.
2)ie Kirche hatte biefe 3erfe£ung, bie Diele tyrer^^
Sprengel mit Zerrüttung bebrohte unb fte ber ©enmlt* spottttt
tf)ätigfeit be3£aienabel3 auSfefcte, nicht hinbemfönnen,
ab er fte f ud) te fid) bur d) neue Littel auf bie neue Sage ein*
$urid)ten. Sie ftrebte beSljalb barnad), fid) in eine ge*
fdjloffene, com ^ßapfttum ftraff monardhifd) regierte,
von ben weltlichen ©eroalten unabhängige ©enoffen=
fdjjaft &u oerroanbeln. $aher erflärte fdjon 829 eine
^arifer Snnobe, bie firchliche ®eroalt ftetje über ber
föniglichen, unb fur$ oor 850 entftanb bie foloffale
gälfdjung ber fogenannten pfeubotfibortfd)en 2)efre=
talen, eine feitbem roährenb be§ ganjen untritifchen
Mittelalter^ für ed)t gehaltne Sammlung angeblicher
päpftltd)er ©treiben au§ ben erften brei ^ahrhun*
berten, in benen bie 93ifd)öfe von Nom ade bie Ned)te
fchon ausüben, bie ihre Nachfolger, bie Sßäpfte, r>iel
fpäter erft beanfprudjten. 3 u Ö^ e ^ * am °* e &i*d)e,
um in ben $8olf3maffen f eftere 2öur$eln ju faffen, burch
SNänner wie *ßafd)aftu3 NabbertuS, 9lbt r»on ©ornen,
unb ben <£rabifd)of£infmar r»on Neim3 (845 — 882) bem
Streben ber rohen, noch halb ^eibnifdjtn Golfer
be§ 2lbenblanbe§, burch finnliche Erfahrung be§ £>eilg
gerotfi $u werben unb ftd) ba§ Göttliche nahezu-
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S5te ©tammeSjett
bringen, entgegen, inbem fie nicht nur ben ^eiligen*
unb SReltquienbtenft förberte, fonbern auch bisher
noch beftrittene 3lnfd)auungen, rote bie £et)re t>on
ber Srotoerroanblung im Slbenbmahle $ur $errfchaft
braute. Slufjerbem roar fie nach roie vor bie einzige SBe*
roahrerin unb görberin ibealer Sntereffen unb getfttger
SBilbung. 2)ie Söenebeftinerflöfter (£ort>eu,
(St. ©allen, ^Reichenau, ^ßrüm erlebten bamalg ihre
befte 3eit; fte festen bie farolingifche &eic$g gefönte
fort, ja bie ©etftlichfeit machte fogar ben Sterfuch,
ber reichftrömenben, ^alblieibnif^en SBolfSfage Grifts
lidje Dichtungen in ber SBolfSfprache, namentlich ben
oberbeutfehen „®rtft" unb ben fäd)fifd)en „#eltant,"
an bie (Seite ju ftellen.
^unbiSen ® cn ® cbanfcn ' ba§ ^ ai f er tum roenigfteng bem
fl »ei3e tarnen nach au erhalten, gab bie ftirdje beghalb
feineSroegS auf, unb roo it)r bie ©eroalt be8 öaien*
abel§ aHju bebrot)ltch erfchten, ba bemühte fie ftch
roenigftenS ein SanbeSfönigtum aufzurichten, roie in
Sttteberburgunb 879, in £ochburgunb 888. (Sie allein
©erfolgte in biefer cerroorrnen unb aerfahrnen 3ett
eine fonfequente, roeUt>orau§fcf)auenbe unb baher
erfolgreiche ^olitif, roeil fte eine Jtörperfchaft mit
feften unb alten Überlieferungen roar.
mmt »^tenbbem befeftigte ftch ba§ oftfränfifche 9tetch
^Rcijintcrunter ßubroigS be§ $eutfchen f efter unb roohl-
bem 8 mollenber$Regterung(843— 876) immer mehr alSeinfelb-
$eutf$en ftänbigeS ©anae. 2)te jentralifterte SBerroaltung ßarl§
be§ ©ro&en gab Subrotg al3 ungeeignet für bief e oerf ef)r8=
armen 93auemlanbfd)aften auf; obwohl ihm dauern
immer fein §auptlanb blieb unb burch feinen gewal-
tigen Umfang roie burch bie SBebeutung ber befonbern
ihm gefteüten politifcften Aufgaben im Often eine 3lrt
Übergeroicht im 9^eid)c ausübte, begrfinbete boch 8ub*
roig jene ber fpätern beutfehen ^aifergett eigentüm»
liehe 3Banberregierung, inbem er mit feinem #ofe
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Xie Kltfftfttng bcö töftdjS
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von s «ßfal$ $u v $fala jog unb bei allen ©tämmen bag
Königtum in ber für biefe naioe ^ulturftufe mirfungS*
uoUften ftorm, burc$ perfönlidje Vertretung, sur
©eltung bradjte. $te innere ©elbftänbtgfeit ber
(Stämme taftetc er md)t an; aud) gegen bie nad)
$arl§ be§ ©ro&en £obe roieber einreifeenbe ©rblicfyfeit
be3 ©rafenamteS tfyat er nidjtS ernftltdjeä unb fal)
fomit ruf)ig $u, rote in ben einzelnen ßanbfc^aften
mandje grunbljerrlidje ©efd)led)ter $u einer über*
roiegenben 9Jcatf)tfteHung gelangten, bie auf einer 93er*
binbung von Söeftfc unb 5lmt§geroalt beruhte. 2)a=
gegen förberte er eifrig bie von bem ©rofmater in
Angriff genommnen Kultur aufgaben. $ie fdjon unter
Subroig bem frommen vom neuen ©raftift Hamburg
au3 burd) 9ln3far feit 826 begonnene norbifdje 9Jhf*
fion errang in 3)änemarf unb @cf)meben einige frei«
liefe roenig bauer^afte ©rfolge; im ©üboften roirften
unter ben mäljrtfcfjen ©lamen in Tickten unb ^ßan«
nonien bai)rifcf)e ©laubenäboten son^affau unb ©alg*
bürg. (£3 mar ber erfte SRücffcfylag gegen biefe 2lu§*
breitung beutfd)*d)riftlid)er Kultur, bafj r)tcr feit 863
bie beiben gried)ifd)en ©lamenapoftel ®griHo3 unb
2ttetI)obto3, von $apft ^o^ann VIII. bevollmächtigt,
mit ©rünbung einer flamifdjen, vom grted)ifd)en Qxfr
btötum ©irmium bei SBelgrab abhängigen National*
fircfje begannen, unb ba& bann ©roatopluf (flaroifcf)
©mjangtopolf, bafyer beutfd) Stoetttifolb) feit 871 bie
Slawen in 2Jlä^ren, Sftorbungarn unb ^annonien
jum grofemät)rifcf)en Sfteicfye aufammenfafcte. SBeit
entfernt, ir)re alten 2lnfprüd)e aufzugeben, faljen bie
weltlichen unb geiftlidjen ©rofeen SBat)ern§ feitbem
in ben 9fläl)ren ttjre Sobfetnbe. $od) weit gefaxt*
lieber al§ biefe mürben ben roeftlicfjen unb nörblicfjen
Seilen be§ fränfifchen 9ietd)3 bie furchtbaren Staub*
fahrten ber norbifefeen SBtftngerflotten, gegen bie fid)
bie bisherige $eere§organifation ali oöllig unjuläng*
$er Jöerbegang beä beutfd&en JöoIfeS I 6
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Sic Stammesacit
lid) erwies, weil fic immer erft im Augenblide beS
ßriegS, alfo $u fpät, in ftraft trat. 3uerft 841 waren
bie Normannen in ber ©eine erfdjienen, 845 in ber
untern (£lbe; 850 erzwangen fte ftd) fogar bie Ab-
tretung eine§ SanbftrtdjS um $)orftabt.
ffttnKidjc ® a§ ö Pf r * n ^W e 9*«$ berote§ aum erftenmale
«cid» Halben felbftänbigen Söiüen, ftct) als ein unabhängiges
8u bem fl ©anje 3« behaupten, als nad) bem $obe SubmigS
®eutf<*en bc§ fDeutWen (28. Auguft 876 in ftranffurt a. 3«.)
$arl ber ®af)le (£rbanfprüd)e geltenb machte. $>ie
6d)lad)t bei Anbemad) 8. Dftober 876, bie erfte
gemeinfame £f)at beS oftrheinifd)en (beutfdjen) Caien-
abelS, fieberte ben fjortbeftanb beS 9*eid)S. $ar*
nad) teilten eS aüerbingS nad) farolingtfd)em @rb*
red)t bie brei ©öf)ne, Subwig III., ftarlmatm unb
®arl III. (ber $)ide) unter fid), be^errfdjten aber baS
870 teilweife, 879 üoüftänbig erworbne Stahringen
gememfam, f)ielten aud) fonft aufammen, bis enbltd)
ftarl III. nad) bem Stöbe feiner trüber 882 baS gan^e
oftfränfifdje SReid) wieber in feiner fmnb Dereinigte,
maiincji* £rol5bem mud)S bie SBebrängniS burd) bie SRor=
™t mannen, befonberS feitbem biefe burd) bie fraftoofle
belaufe 1 ©egenwehr AlfrebS beS ©ro&en von (Snglanb $urüd=
gewiefen worben waren. Seit 879 wanbten fie ftd)
wuchtig junächft gegen baS meftfränfifdje SReid^ ; ju
Anfang beS Jahres 880 aber erlag ihnen ein fäd)ftfd)eS
Aufgebot unweit ber ©Ibmünbung, bann festen fte
ftd) in Afd)Ioh an ber mittlem SJfaaS feft unb plün*
berten non bort auS ganj Auftragen twn &Mn unb
Aachen bis Srier. $>aS alte ßernlanb ber farolin-
giften 2Honard)ie mar in ben §änben fyeibnifdjer
Barbaren, ja in bem ©efühle ber Ohnmacht trat
ihnen ßarl III. fogar einen £eil ftrteSlanbS a ^
Sehen ab. 3n biefer 9tot friert nur eine Söieber*
herftellung ber alten SRetchSetnhett Reifen ju fönnen.
Allein bie (Erhebung ftartS ^um Äönig auch beS weft*
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2)ic «iiflöfunfl bcä 9tei$S 83
fränfifcfjen $eid)3 im 3Kat 885 t»erfef)lte iljren tfwecf,
benn er wagte nid)t nur feinen Angriff auf ba§
Sager ber Normannen bei Söroen, fonbem erfaufte
88<> fogar ifyren 9lbjug von bem belagerten ^art§.
£)a fagten ftd) juerft bie banrifcfyen, fäcfyftfdjen,
tfjüringif djen unb rr)cinfränfif d)en (£betn r»on ü)tn lo§
unb ermatten im Sflooember 887 feinen Neffen, ben
®ofnt ßarlmanng, Arnulf r»on Kärnten, ber biefe
Warfen fd)on feit längerer $tit nerroattete, ju ifyrem
Könige. S)ie 2Beftfranfen folgten i^rem SBeifjriele, inbem
fte ben ©rafen Dbo t>on SßariS $um ®ömg erhoben,
unb als ftarl III. fdjon im Sanuar 888 ftarb, unter*
roarf ft$ aud) 8d}roaben bem £ömg Arnulf. $ie alte
©infjeit be§ ©efamtreid^§ roar enbgiltig aufgegeben.
3)te erfte Öeiftung 9lrnulf§ nmr, bajj er bie *™jj[ ei
Normannen am 1. Sftooember 891 an ber $)nle ent*WVir. 1
fäeibenb fähig unb fte bamit für S)eutfd)lanb um mö u n n n b cn
fdf)äblid) machte. $ann löfte ftd) otyne fein 3ut^un^ö^ren
nad) <SroatopIuf§ $obe 894 ba§ grofte mä^rifd^e SHeidj
nrieber auf. ®o fonnte ftd) SIrnulf 890 in Italien
bie Äaiferfrone fyolen, ber erfte ßöntg eine3 felb*
ftänbigen beutfcfyen SReicfyS, ber in SHom al3 §err
einjog. 9Ktttlertt>ette aber ftieg im ©üboften be§
*Keid)3 eine r-iel fdjltmmere ©efatjr auf, als bie nor*
mannifdjje jemals geroefen nmr, unb jroar mit bem ©in*
brücke be§ ugrifd)*finnifd)en Leiter* unb SHäuberuolfS
ber Jaguaren über bie Karpaten um 896, bem ba§
jerfpaltne unb aud) von ben S3at)ern mit blinber @r-
bitterung befämpfte mäf)rtfd)e SReid) feine roirffame
©egenroefjr mefjr leiften fonnte. @d)on 898 bebroljten
bie 2Jlagnaren dauern, 899 oertjeerten fte §um erften-
male öberitatien.
Snmitten biefer bebrohlicben 9In*eid)en erlag,,
Arnulf am 8. fce 8 ember 899 in Kegenkrg einem 11 »
@$laganfat(. 2öar er mefentlicf) com Saienabel er* 6 $J™ 8 '
fyoben roorben, fo war bie ©rfyebung feinet crft fed)3= tütner
6*
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84
Xie ©tommeSjeit
jährigen <Sohne§ Subrotg (899—911) t>or allem ein
2öerf ber beutfcfjen $Bifd)öfe, an ihrer @pt£e §atto§ oon
SJcain*, ber nun bic Leitung ber Regierung übernahm,
benn bic OeiftlidCjfcit roollte unb mufjte einen abermali*
gen 3erfaß be3 $Hcic%§ auf alle fjalle $u ^inbern fuetjen.
Unb bod) trat er ein. $)enn im Pommer 907 erlag
bie 93lüte be§ banrifchen SlbelS an einem unbekannten
Orte ber Dftmarf in furchtbarer $ernichtung3fchlacht
ben fUcagnaren. $amit mar bie beutfdje ©errfchaft
über bie Oftmar! unb ^ßannonien aerftört, in ben Oft«
alpenlanben ferner bebroht, ba£ SBerf ßarlS beS
©rofjen im ©üboften vernichtet, bie tf)atfäd)ttd)e $8or*
machtftellung S3anem§ im deiche verloren, gana
Seutfchlanb ben entf etlichen SRaubaügen ber SJtoguaren
geöffnet, bie nun faft jahraus jahrein bie 3)onau
hinauf bi§ nach ©achfen unb in§ Oit>eintanb ritten. 3 n
biefer fchroeren Sftot vermochte nicht ba§ Königtum §u
helfen, ba ihm feine jentralifierten 2flachtmtttel aur
Verfügung ftanben, fonbern nur lanbfehaftliche, auf
Heinere Greife befchränfte, aber hier auch mirffame
©eroalten fonnten ber ©efahr begegnen. $)aher er*
hoben ftch in allen <Stamme§gebieten grofce ©e*
fchlechter $u h er 8oglicher 2Racf)t, in ©achfen unb
Thüringen bie ßubolftnger, beren erfter bebeutenber
Vertreter Otto (abgefürater ßofenamc au§ Otbert
ober Dtfrieb) t»on $önig Slrnulf bie herzogliche
©eroalt über £h u ri n 9 en erhalten hatte, in Lothringen
©raf SReginar vom £ennegau, in ©dnt»aben bie
„ßönigSboten" (roohl Vermalter be§ ßönigSgutS)
(Srchanger unb ©ertholb; in granfen ftritten ftch um
biefe Stellung noch in blutigen fjehben bie beiben
mächtigften ©efchlecfjter ber ßanbfchaft, bie Söaben*
berger unb ®onrabtner, in dauern rifc fte Arnulf, ber
©ofm be§ 907 gefallnen ©rafen ßuitpolb oon ber
Oftmarf, an ftch unb bef eftigte fte baburch, bajj er
einen gro&en Seil be§ fttrchengutS einbog, um eine
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Sic «uftöfinifl bc8 flleid)?
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anfeljnlidje SBafallenretterei gegen bic Ungarn auf=
ftcUcn su fönnen. $luf3 neue trat bie ungebrocrjne
©elbftänbigfeit ber (Stämme Ijeroor, fte fdjuf fid£in
ben ^eraogtümern eine erbliche monardjifcrje ©eroalt,
bie ftc^ al§ eine revolutionäre 3ttad)t tl)atfäd)lid) an
bie ©teile be§ Königtums fdjob, aber burd)au§ üoIf§*
tümlid) mar, roeil fte bem <Selbftgefüf)l unb ben $8e=
bürfniffen ber (Stämme entfprad). $te polttifcrjen
(Schöpfungen ber Karolinger roaren in $eutfd)lanb
faft gana gufammengebro^en, al§ iljr oftfränfifdjer
3roeig mit bem $obe ÖubroigS in 3forcf)f)eim am
20, Stuguft 911 ruhmlos erlofd).
£rofcbem mar bai ©efütyl ber 3ufammengel)örig= «onrnb i.
feit unb augleid) ber Unabf)ängigfeit bod) fo ftarf,
bafj in bemfelben ftord^eim Konrab I., $>eraog t»on
ftranfen, (911—918) aum König erhoben unb bamit jeber
©rbanfprud) ber roeftfränfifc^en Karolinger abgelehnt
rourbe; nur Sotyringen trat au ifynen über. 5lber
ber ^erfucrj be§ neuen Königs, nad) bem SBorbilbe
ber Karolinger bie SanbeStyeraogtümer a u *> crs
nieten, fcrjetterte nollftänbig, obrootyl ü)n bie Kirdje
fräftig unterftüfcte, unb er enbete bamit, baf$ er feinen
gefährlichen ©egner, ben §eraog §einrid) oon Saufen,
au feinem Sttadrfolger empfahl. $n fünf felbftänbige,
innerltd) fd)arf gefcfjiebne, ungefähr gleichmäßige
©tammftaaten anfallen, jerriffcn burd) bie ©egenfä^e
aroifc^en fiaienabel unb Kircfye, ©runbfjerrfdjaft unb
SBauernfreiljeit, gelehrter römifdjer SBtlbung unb beut--
fc^er (Sage, firc^lidjer (Safcung unb fyeibnifdjer ©e-
roo!jnt)ett, fo trat bie roerbenbe beutföe Nation in
eine neue 3eit ein.
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dritter Brifvaum
3it beuffdi-cömtfdiB latjcrfrif
910 bis 1273
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Begründung und Husfrau tut* tautfrfi-
rönrirdiim R*Wl*. 919 dt« 1056
ic attöglidtfeit, bic beutfcfjen ©tämme in eine
Nation aufammenjufcfyroetfjen, beruhte barauf, ba|
c§ gelang, bic @tamme§gebiete al§ polttifd)e93ilbungeu
3U jerfefcen unb eine tf)rer Slulturftufe entfprecfyenbe
SKeirf)3üern>attung $u begrünben. S8eibe§ ift gelungen,
aber nur mit $ilfe ber ftirdje unb ber oon xf)x t>er*
tretnen pf)ern antifen Kultur, alfo einer roeber polt*
tifdjen nod) nationalen 2ftad)t, unb au§ biefem ©runbe
nur baburdj, bafc ba§ Königtum über bie ©renken be§
beutfdjen $8olfStum§ n>eit IjmauSgriff. <So entftanb
eine in iljrer 9lrt großartige $Reid5§t>erfaffung, unb
2)eutfd)lanb gewann bie SBorljerrfdijaft im 9tbenblanbe,
aber e§ war fein auf feinen eignen roeltltcfjen Gräften
berufyenber nationaler Staat, unb barum mar roeber
jene SBerfaffung nod) jene (Stellung von S)auer.
$ie <$rf)ebung §etnrid)3 L (919-936) ^&ri^lar,€>emr«|§i.
junäc^ft nur burd) bie ©ad)fen unb ftranfen, fteßte otbnunfl
ba§ SKedjt ber beutf^en öbeln §ur Äönig§roal)l grunb*
fäfctid) für immer feft, befeitigte aber audfj für alle
3eiten bie prioatre^tlid)e 9luffaffung von ber 2etl=
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90 bcittfö.römifäe flaifcrjeit
barfeit ber föniglichen ©eroalt, alfo beS Deicr)S, ba
bem regierenben §aufe ein rechtlicher ©rbanfpruch
nic^t mehr $uftanb — ein Dütffchrttt unb zugleich ein
^ortfehritt! 2Jht ber 28af)l eines Sadjfen »erfchob
fich ber polttifche Schwerpunft beS Deichs abermals,
bieSmal oom Süboften, von Magern nach bem Horben,
nach ©achfen, baS feine altertümlichen 3 u f* anoc * m
mefentlichen immer noch fcfthielt, in bem nüchtern^er*
ftänbtgen, jähen unb bodj thatfräftigen ©h^rafter feines
Stammes ben im hohen ©rabe $ur ©taatenbilbung
befähigten Sftorbgermanen nahe ftanb unb in ben ba=
malS roichtigften Dichtungen ber auswärtigen beutfehen
^ßolitif, in bem Verhältnis gu ben Slawen unb $)änen,
nach oem Dtebergange Jauerns bie Rührung hatte.
Heinrich I., ber echte StnpuS feines Stammes, ber größte
©runbherr SadjfenS burch feine ©üter in Söeftfalen
unb ringS um ben §ars bis jur ©aale unb <£lbe,
unb emporgefommen in ben ©ren^fehben mit ben
Slawen, begnügte ftch bamtt, bie $er$öge aller Stämme,
92(5 enblich auch ©tfelbert von Lothringen, SReginarS
Sohn, $ur Anerkennung feines Königtums ju bewegen
unb in allen Stammesgebieten baS farolingifche ®rom
gut, foroie bie (Ernennung ber 33tfcf)öfe an ftch zunehmen;
aber bem $er$og Slrnulf von ©anern überlief er auch
bieS 9ied)t, unb in bie Söerhältniffe ber Stämme griff er
fo wenig ein, bafj er fie nicht einmal $ur $eereSfolge
oerpflichtete unb ihnen fogar in ber auswärtigen
^ßolttif ziemlich freie £anb lief*. So mar Heinrichs I.
Königtum mehr ein Sinnbtlb ber nationalen ©inheit^
als eine 9flacht, baS Deich ein locf erer $unb fouoeräner
StammeSftaaten.
ftHnrgsi. n)anbte f einc ^^tigfeit faft auSfäliefc
über ixty @achfen ju. ©eine erfte ßeiftung mar fyitx bie
Sttnen unbUmgeftaltung ber Söehrmacht, inbem er, befonberS
Ungarn mit md ^ t auf bie u„ gar „ ge fahr, bie 924 auch
Sachfen wieber betroffen hatte, burd) Canöoergabung
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»cgrünbung unb ftitöbau bcö beutf^«römif(^cn WcidjS
Ol
eine ftarfc SehnSreiterei neben bem SBolfSaufgebot
aufftellte unb in bem nod) ftäbtelofen ßanbe eine
SKeitje von ^läfcen, metft im Often (3Herfeburg,
Ctuebltnburg, ©oSlar u. a. m.) als §auptpunfte für bie
SBertetbigung befeftigte, beren ftehenbe 93efat3ung bie in
ber Sftctye angeftebelten Vafalleu bilben fönten. 9flit
biefem §eere gelang ei ihm 927/29, bie (£lbflan?en unb
bie £fd)ec§en in J8öf)men berart nieberauroerfen, bafj er
im ©ebtete ber £>eoeHer um Söranbenburg bereits einen
HJlarfgrafen einfefceu unb im Sanbe ber forbifchen $a--
lemtnjter bie SBurg 9Jietfjen anlegen f onnte, roährenb er
ben Dbotriten unb £fd)edjen ihre ftürften, alfo ihre
innere ©elbftänbigt'eit, nod) lieft. ®ie§ auf bie $)auer unb
Doflftänbig niemals roieber erfdjütterte (Ergebnis oer*
banften bie Sadjfen nicht fo fetjr ihrer n>irtfd)aftlid)en
als ihrer politifch * militärif d>en Überlegenheit. £)ie
©laroen roaren längft in zahlreichen fleinen eng ge*
bauten ©efchledjtSbörfem ijRunblingen ober «Strakens
börfern)gruppemoeife,baherin$iemltch ungleichmäßiger
Verteilung angefiebelt unb begnügten fid) mit bem Ein-
bau beS offnen, leisten SBobenS, liefen bie Ungeheuern
2öalb* unb ©ruchftreefen gan$ unberührt, fyattm aber
nicht nur gifcfjetei unb Viehzucht, fonbern aud) baS
^anbmerffdjon ziemlich roett entmief elt unb ftanbenin
einem gemiffen Verfe^r mit bem bnaantinifdjen unb
arabifchen s iflorgenlanbe. dagegen mar bie 3Jlel)raat)l
ber urfprüngüch freien SBeoölferung ferjon einem zahl*
reichen 3lbel hörig unb baS ganze Volf nicht nur in
mehrere grojje ©tämme geteilt, von benen bie Dbotriten
unb ßiuti^en (Sßiljen) ben ^olen näher ftanben als
ben ©orben unb £fd)ed)en, fonbern biefe auch in
zahlreiche f leine ©aufürftentümer, jebeS mit einer
feften ßanbeSburg (hrad, grad) als politifchem unb
militärifchem 2JMttelpunft jerfplittert. (Sine Ausnahme
bilbeten nur bie £fd)ed)en unb ^ßolen, bei benen ftd) eine
nationale erbliche £erzogSgen>alt, hier ber^taften, bort
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92
Sie beittf$«r&mif$e Äatferaett
ber $rfchemu§ltben über bcn (Sauen erhoben hatte. S)a=
her waren roenigften3 bie (Slbflamen bem frtegerif dhen,
nach (Eroberung brängenben, jefct einheitlich geführten
fdd^ftfd^en 2lbel nicht gemachfen. Sludj gegenüber ben
$änen nahm Heinrich bie ^ßolttif ÄarlS be3 ©rofcen
fraftooll nrieber auf, inbem er 934 bie (Siber über*
fcfjritt unb ben Sanbftricf) bi§ jur ©djlet als Sttarf
©chlegnrig einrichtete. Slber in ber banfbaren @r*
innerung feine§ SBotfeg lebte er oor aflem fort al§
ber SBefreier von ber Ungarnnot, benn er vernichtete
im ©ommer 933 nach b*w Ablauf eineS neunjährigen
2öaffenfttflftanbe§ bei SRtabe (n>o^I ba§ Sftteb bei
9lrtern an ber obem Unftrut) unb im $)römling bie
plünbernben föetterfchroärme ber SKaggaren unb
fdjrecfte fie baburch für immer von Sachfen jurücf.
cnoVi. 8 @0 f e f* roar ba§ i un Ö e Königtum ber Subolfinger
burch bie nüchterne unb energtfdje 9lrt feine§ 33e*
grünber§ bereits gemurmelt, baf$ er furj t>or feinem
$obe (2. ^uli 936 in Hemleben) ohne (Schmierigfeit
bie 2lnerfennung feinet älteften ®ohne§ au§ ber
ameiten <$he mit 2Kathilbe, Otto (geb. 912), 31t feinem
Nachfolger burchfe^te. 2lber mährenb Heinrich I bei
feiner ©rfjebung noch bie firchliche 2öeihe abgemiefen
hatte, fnüpfte Otto I. (9315—978) unmittelbar an ßarl
ben ©rofjen an unb empfing baljer auf altfränfif ehern
SBoben nicht nur bie roaffenflirrenbe gulbigung be§
beutfdjen £aienabel§ in ber lange oergeffenen faifer*
liehen Sßfafy gu flachen, fonbern er nahm auch im
2Jcartenmünfter bie Ärone au§ ber §anb be3 ©rj-
bifdjofS oon SWainj. 3nbem bann beim ßrönungg*
mahle bie ©erjöge jum erftenmale bem jungen Könige
bie §ofbienfte leifteten, befunbeten fte finnfällig, nrie
hoch fich ba3 Königtum ber Subolftnger über fte er*
m öoben habe.
ßtamwe* 2)iefe Stellung $u befeftigen unb bie #er$öge wirf-
tumc?" lid) in folche^lbhängigfeit ju oerfefcen, baju beburfte e§
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23cgrünbtutg unb ?luöbau beä beutfdr-röinifdjeu {Ret<$$ 93
freilief) nocf) fdjroerer kämpfe. 2)te ©elbftänbtgfeit
«anernS üerfürjte Otto fofort na$ 9lrnulf§ 2obe 937,
inbem er fi$ aud) hier fortan ba§ SRedjt, bic 93ifd>öfc
ju ernennen, porbet)ielt; bie (Empörung feinet altem,
ntd)t al§ ebenbürtig anerkannten ©tief bruberS ^^anfmar
unb be§ $erjogg (£berf)arb uon granfen roarf er 938
fraftooH nieber; eine neue ©rfjebung beSfelben §er$ogg,
feines Jüngern, unter ber ftönig3frone gebornen ef)r*
geizigen SBruberS ©einriß unb ©ifelbertS oon fiot&ringen,
bie von grantreid) l)er unterftütjt rourbe, enbete mit
bem pralle beiber ©tammeSfürften bei 9lnbernad) 939
unb ber Unterwerfung §etnrid)§ 941. fjortan bet)an*
belte Otto ba8 ^erjogtum nid)t als eine erbliche
©tammeSgeroalt, fonbern al§ ein oom ßönig ofme SHürf*
ftdjt auf bie ©tammeSangefjörigfeit $u oerletfjenbeS unb
nrieber 31t ent$iec)enbe3 s Jieid)§amt. 3n grauten liefe
er e3 ganj unbefefct, in Kötteringen übertrug er e§ 944
feinem ©dmnegerfof)ne, bem tapfern ftranlen ßonrab
von 2öorm3, in ©auern 947 feinem ©ruber §einrid),
in ©djroaben 949 feinem ©olme Subolf aug ber ($f)e
mit ber ebeln 5lngelfad)fin @bttf)a, alfo burcrjroeg 33er*
toanbten be3 tönigltd)en §aufe§. ©leic^jeitig übertrug
er in allen ©tammeSgebieten bie regelmäßige ©teUoer*
tretung beim ftönig3gerid)t unb bie Verwaltung be§
ÄronguteS einem ^ßfafygrafen. (£3 mar ein ernfter
SBerfud), bie ©tammeSoerfaffung mit ber 9*eid)3einf)eit
$u aerfölmen, inbem bie ftrone tf>re §äupter oon fid)
au§ einfette unb it)re 2Jiad)t burd) ^fafygrafen unb
93ifd)öfe befdjrchtfte, aber bie @tnt)ett unb ba8 SRecfct
be3 ©tammeä befielen ließ.
3unäd)ft fdjien ftd) bie neue Drbnung aud) nad) ® ic a |* n
außen &u bemäljren. $)em 9Iufftanbe eineg £eit§ ber losrtigen
polabifcfjen ©laroen nmrbe 00m Sftarfgrafen ©ero, er f° l 9 e
bem eckten £npuS biefeS garten, tnegerifdjen fäd)*
ftfdjen 2lbel3, burd) bie SBiebereinnaljme SBranbem
burgS 940 bie ©pitje abgebrochen, barauf mit ber
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94
2)ic beutid)*römtfd)c ÄaiferAcit
©rrtchtung von 93i3tümern im SBenbenlanbe (941 gciüd-
berg, 946 Ottenburg -©targarb, 948 SBranbenburg)
unb fogar in 2)änemarf (Schleimig, #Upen, 5larhu§
948) begonnen, Böhmen nach ber ©rmorbung be§
erften chriftltchen £>er$og3 Söenceflaro burd) feinen
©ruber Söoleflaro 935 enblid) 950 roieber jum ©ehor*
fam gebracht @ogar in bie kämpfe ber legten
fran$öftfchen Karolinger gegen ihre trotzigen ^afaöen,
namentlich ben übermächtigen §er$og §ugo oon gran=
den, griff Otto I. 946 gunften König 8ubnrig§
gebietenb unb fcfjlicfjtenb ein. 3a er richtete feine
$Iufmerf[amfett bereite nach Italien, ba§ feit 3at)r-
jehnten ber (Spielball in* unb au^länbtfcher £l)ron-
beroerber mar. 3ll§ bort enbltch nach bem £obe
§ugo§ von Söurgunb fein Nebenbuhler, nftartgraf
Berengar oon Qfcrea, ftch 950 bie eiferne Krone auf 3
£>aupt fefcte unb, um bie burgunbifd)en SInfprüche
für fein §au§ ju geroinnen, §ugo3 £ocf)ter, bie jung
oerroitroete 2lbelf)etb, zur Gfyt mit feinem ©ohne
Slbalbert jroingen rooflte, trug biefe ihre £anb unb
bamit ihre lRed>te bem beutfehen König an, beffen
©emahlin ©bitba fchon 946 oerftorben roar. Sftocf)
vox Otto eilten Subolf uon Schwaben unb Heinrich
r>on dauern, in eiferfüchtiger Nebenbuhlerfdjaft um
bie 2lu3behnung ihrer 3Jlad)t nach Italien roetteifernb,
über bie 2llpen, Otto felbft vermählte ftch in $aoia
mit 2lbelf)eib unb liefe fich im September 951 jum
König ber öangobarben frönen, inbem er bann bei
feiner SRücftehr im gebruar 952 bie roeitere 93c*
fämpfung Berengars feinem ©chroiegerfohne Konrab
oon Lothringen überlief.
fÄtibuna«- ® cnn fä> on Probte l cne ©iftrfucht jroifchen Oheim
fampf mit unb Steffen unb bie S8eforgni§ Subolf 3 vox ben et*
stammet Taigen 3lnfprüchen eines @tiefbruber§ $eutfd)lanb
tü r m«n roieber in ®ranb $u U$™> «nb biefe ©efahr trat
wirf lieh ein, al3 fich ^er^og Konrab, pcrfönlich oer*
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»cflrünbung uub SttUott bcä bcutfd)«römif$en üRetd)3 95
le^t, auf be§ ©d) tt> ab enf)er$og§ (Seite fdjlug, roeit ber
üöniQ fein eigenmächtige^ 2lbfommen mit Berengar,
monad) tiefem bie italienifcfye ßrone al3 beutfcfjem $Ba=
fallen blieb, nur jögernb beftätigt t>atte. (gdjlie<d) er=
Ijoben ftd) aud) bie Stenern gegen itjren Ianbfremben
$er$og £>einricl). ©egen biefe SBerbinbung ganj per*
föntidjer $8en>eggrünbe unb alter ©tammeSgegenfäöe
behielt ber ®önig in garten kämpfen befonberg um
9flatn$ unb *Regen§burg 952/54 ben <5ieg, obroofjl bie
Ungarn ben Slufftänbifcrjen 954 burd) einen (Einfall
ju §ilfe famen. 5lber biefer narfte SanbeSoerrat ent*
fdjteb fd)lief3lid) für Otto, unb bie ©erlöge unterwarfen
ftd). <Sie mürben begnabigt, erhielten aber tl)re hinter
nid)t $urüd. <5d)n>aben fam an einen etnbeimifdjen
@beln, Söurfarb, bie SSerroaltung £otf)ringen3 l)atte
fcfjon 953 be§ 8önig3 Söruber, (£r$bifcl)of 93runo von
®öln, übernommen, nad) beffen £obe e§ 959 in jwei
feitbem meift getrennte Herzogtümer, Ober* unb
9tteberIotf)ringen, aerfiel.
Ratten ftd) bie «Rebellen fd)liefclid) fogar bicJJ^ 1 ^
alten Öanboerberber, bie Ungarn, ju rufen nid)t ge* "unb 0 ™
fdjeut, fo em)ie§ ftd) ba§ ftegretcfje, neu bef eftigte ^rfunft
Königtum fofort al§ bie einigenbe unb fdjtrmenbe ©e- bcr@latocn
malt ber Nation. 2ln ber «Spt^e be§ erften gefamt*
beutfdjen Aufgebots, ba§ ein fiubolftnger in§ gelb
führte, roie§ Dtto in ber glorreichen Ced)f elbfd)la<$t bei
$lug§burg am 10. Sluguft 955 bie Jaguaren für alle
Reiten auS 3)eutfd)lanb jurüd unb bahnte bamit ben
dauern ben 2Beg jur 2öieberl)erftellung ber Dftmarf,
bie fdfjon um 970 ir)re Brenge bi§ an bie breite, rei&enbe
£raifen oorgefdjoben hatte, ftm Dftober beSfelben
3al)re§ 955 fiel in ber <§d)lad)t an ber SRaja (SRefe*
ni$) bie ©ntfdjeibung über ba§ feit 954 nrieber em*
pörte ©laroenlanb, ba3 2Jcarfgraf ®ero bann bi§
963 bi§ jur Ober unterwarf. Wad) bem $obe be§
grimmigen <5d)lad)tenfteger3 965 teilte Dtto ba§ oon
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96 Sit beutfd)*römtfd)e Aaifcrjeit
if)m geleitete ©ebiet in fünf gefonberte 9Jtarfen
(Sflorbmarf um 93ranbenburg, £auftfc von ber ©aale
big jum 93ober, 2Ketf?en, SKerfeburg unb 3eifc im
©orbenlanbe), wäfyrenb ba§ Dbotritenlanb ben fä^-
ftfcfjen 93iüungern oerblteb. $)er ©runbbefifc blieb
nur teilwetfe al§ 2tf)n& ober 3™ § 9 ut & en Slawen,
aum anbern £etle würbe er eingebogen unb an bie
beutfcfjen ftird&en gefdjenft ober an beutfdje Söaf allen
»erliefen, befonber§ in ber 9Zäl)e ber SBurgen, bie
nun al3 2ttilitärfolomen bie StüfcpunJte für bie
beutfdje $errfd)aft btlbeten. 2)ie weitere 9lu§ge=
ftaltung ber ßird)enoerfaffung würbe erft 968 mit
ber Stiftung be§ <Srabi§tum§ Sftagbeburg für ba§
ganje ehemalige $8erwaltung3gebiet ©ero§ unb mit ber
(£rrtd)tung ber brei $8i§tümer9Jteij5en, 3eife unb SJterfe*
bürg ab gefdjloffen.
©mnb. SBäljrenb biefer kämpfe unb Söanblungen hatte
Teu*» 8 '^ tto anbre©runblagen für bie 9*eid)§oerfaffung gcfun*
ben. S)ie neue ©inorbnung ber Herzogtümer hatte ftd)
it)m wenig bert)ät)rt. SBenn fogar feine nädjjften Ange-
hörigen au§ @goi3mu§ unb £eibenfct)aft ju SHebeflen
an ü)m geworben waren unb bei ifjrem fiaienabel
Unterftüfcung gefunben Ratten, fo liefe fid) auf biefen
Saienabel ba3 Oleid) offenbar nid)t grünben. 2)enn
in biefem 3*italter ber Sftaturatwirtfdjaft, wo ®rteg§*
bienft unb Amtsgewalt unzertrennlich mit einem be-
ftimmten ©runbbefi^ 5ufammenJ)ingen,unb beibe bafyer
unoermeibltch jum erblichen, prümtred)tlid) betract>
teten 93eft£ be§ ©efd)led)t§ würben, wo ein uennen§ ;
werter SBerfefyr gwtfchen entlegnem Sanbfchaften beS
SReicf)§ nicht beftanb, war eine fefte, rein weltliche
StaatSorbnung nur aufzurichten innerhalb eines Hei*
nern ©ebietS, wo bie SBerbtnbung ber einzelnen burd)
Stammeggenoffenfchaft unb Sßerwanbtfdjaft, SHecht,
Sitte unb Söeftfc unb bie beftanbige perförtlid^c ©in*
wirfung be§ §errfcher3 bie mangelnbe Staat§gefinnung
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«egtünbung unb ÄuSbau be8 beuif^«römtfd)cu 9tetd)3 97
erfefete, ober auf erobertem SBoben, 100 ba§ Sntereffe
an ber eignen Sicherheit bie fyerrfdjenben (Eroberer
unter fld^ unb mit ihrem §errf eher $ufammenjn)ang. $)ie
erfte biefer beiben Vorbebingungen beftanb in $>eutfcf)«
lanb in ben ©tammeägemeinfdjaften, fpäter in ben
großen weltlichen unb geiftlidjen §errfd)aften, bie be§*
halb eine merfroürbige 3^igfeit in ihrem SBeftanbe
zeigten. 2)ie §n>eite war fyier nur in ben eroberten
9Jlarfen t>ort)anben, nicht in ben eigentlichen 9ieich§-
lanben, benn bie 2)eutfd)en faßen nicht auf erobertem
SBoben unter ftremben, fonbern auflctngft offupiertem
©runbe, al§ eine rourjelechte, nicht al3 eine aufgepfropfte
SBeoölferung. $)a ba§ SHeidj auf biefer §meiten ®runb*
läge nicht beruhte unb auf bem «Stammegftaat nicht be*
ru^enfonnte,alfoüberbiebamatigepoIitifd)eS8ilbung§=
ftufe roeit hinaufging, unb boef) fd)on um ber Sicherheit
unb ber Söeltftetlung biefer Stämme, benen bie (Sin*
heit gunächft allerbtngf oon außen, burd) bie frän*
fifdje (Eroberung, auferlegt toorben mar, unter aßen
Umftänben erhalten werben mußte, fo mußte ba§
Königtum feine Stüfcen bei ber 3J2ad)t fucfjen, bie
wenigftenS bie tiefte einer Pbem Kultur befaß, bei
ber Kirche. $)enn biefe allein Ijatte bamal§ $been
unb ^beale, fie erfüllte ihre Liener mit einem ®e*
famtbenmßtfein unb einer Eingebung ber ©injel-
perfönlid)Iett an ein großes ©anje unb feine 3wecfe,
mit einer Selbftbeherrfchung unb Umfid)t, wie fie
bamalS in Saienf reifen niemals ober nur feiten oor*
hanben waren, fie überfpannte mit bem üftetje ihrer
SSiStümer unb Älöfter ba§ ganje tHctd^ unb hatte tfjre
einheitliche Sptfce im ^apfttum, fie befaß längft bie (Sin*
heit be§ Rechts unb ber (Sprache unb eine burchgebil*
bete fchriftliche Verwaltung mit feften, oft ftäbtifchen
2JUttelpunften, fie bewirtfehaftete ihre ©üter mufter*
haft unb oerwanbte ihre reichen ©rträge überwtegenb
ju allgemeinen 3wecfen. Shir^, fie oerfügte über
2>er aOßcrbegong be§ beittfd&en JÖoIfeS I 7
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98
Die beittftfcrömifctie flaifetjett
alle§, ma§ ein großer (Staat feinem SBeftefjen
beburfte.
®ic neue 2)iefe ^irdje oermanbelte nun Otto L in ben mid)*
finftna" tigften Präger ber 9ieid)3üerroaltung. $enn fraft feines
bamalS unbeftrittenen (SroennungS * (3nt)eftitur)red)t§
übertrug er afle 93i3tümer (bamalS im gan§en 27)
imb SReidj)8abteien an 9Mnner fetneS Vertrauens
(953 min an feinen «ruber «runo, 954 2Kain$ an
feinen (Sohn Söilhelm, 956 £rter an feinen Vetter
$einrid) u. f. f.), bie, ba für 8if dtjdfc unb Slbte bie @he*
Ioftgfeit ©efet> mar, nicht baran benfen tonnten, biefe
$mter in ihrem ©efd)lecht erblidt) §u machen; er
oermanbte fte al§ Ratgeber, ©efanbte unb jumeilen
fogar al§ Heerführer, fur$ als SReichSbeamte, er ftat*
tete bie SUrd)en planmäßig mit großartigen (Sehen*
fungen meift unfultixrierten 8anbe3 au§ unb nerlteh
ben S8ifd)öfen unb #bten md)t bloß 3flarft*, 3o£U
unb 2ftünared)t, fonbern fpäter (juerft an 3Jlainj unb
min) aud) bie gräflichen fechte auf ihren (Mtern,
bie baburd) au Immunitäten im neuen (Sinne mürben.
2)afür nahm er fte aber auch für ben Unterhalt be§
£>ofe3 burd) Lieferungen (servitia) unb für ben 9ieid)3*
fjeerbienft ebenfo in 9lnfprud) mie ba3 D^eichSgut, ju
bem biefe ftrcfylicfyen Veft^ungen nach wie t>or ge*
rechnet mürben, mie fie benn aud) meift au3 ihm
hervorgegangen maren. Jgnbem bie Ärone bamit einen
großen £etl be§ beutfcfjen 93auernftanbe§ unter bie
mohlmotlenbe unb oerftänbige §errfd)aft be8 Ärumm«
ftabS brachte, hat fte mahrfchetnlich beffen ftnedjtung
burd) ben roeltlichen Slbel cerhinbert unb feine ßraft
für bie großartigen Aufgaben einer fernem ßufunft
erhalten, alfo eine fojiale Öetftung erften Ütangeg ooH*
bracht. 5 rc ^i^ 3 en ^^cgie^ung mit einer
feften £auptftabt, mie fie 8arl ber ©roße roenigftenS
erftrebt hatte, mar aud) mit £ilfe ber 8trd)e nicht
möglich, benn auch fie mar an bie mirtfchaftltchen
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ajcgrünbimg mib Huäbait be8 beiitfc^-römi^ctt 9teid)8 09
SBebingungen bcr Qeit gebunben, fonnte alfo tfjre
ßeiftungen an ben $önig3f)of unb für bett !Hetcf)3*
bienft nur in ben formen bei Sftaturallieferungen unb
bcr 5luffteHung eigner SBafaüenreiter machen; auf*er=
bem forberten bie (sdjnrierigfeiten ber Söerbinbung auf
weitere Strecfen n>ie bie ©emöfjnung ber fiaien an
perfönlid)e§ (Eingreifen unb münblid^e Söerfjanblung
bie ©egenroart be§ ßömgS. $af)er blieben aucf)
Otto I. unb feine Sftad)foIger bei ber Söanberrefibenj,
bie if>r 8eben ju einer fortgefetyten SHeife von ^ßfalj
$u ^ßfal§, von 93tfd)of3l)of $u *8ifd)of§f)of machte, fie
aber aud) burd) biefe „retftge MgegenTOart" in bt-
ftdnbige ^erbtnbung mit allen Stämmen braute. 9Hd)t
ftäbttfd) mar bieg 3)afein be§ beutfdjen 8ömg§, fon*
bem ba§ Seben eine§ großen ©ut§l)erm, ber überall
felbft sunt Steckten fietjt, aber umgeben mit ädern
©lanje ber 2ftadj)t, unb um biefen länblid)en Söanber*
f)of mit feinen l)unberten Don $8tfd)öfen, @beln, 58a-
fallen unb Wienern, feinen taufenben von Sßferben
unb $agbl)unben, feinem rüftigen Weiterleben auf
ber Sanbftrafce unb ber 2ötlbbat)n bewegte ftd) bie
gan^e beutfc^e unb nidjt feiten aud) bie europätfdfje
Um nun aber ber fjoljen (Mftlid)feit, bie jefct wot.
ba§ SHeitf) vox allem trug, für aüe galle ftc^er ju fein' xmn $ lv
um ieben Söiberfprud) jrotfdjen ttjrer $Reid)3pflid)t Ädfe*
unb i^rer ^Pfltd)t gegen bte Sttrdje von üornfyerein ab-
$ufdmeiben, mufrte ber ßöntg aud) über ba§ ^ßapft*
tum ebenfo verfügen fönnen, rote über jebeS anbre
S8i§tum be§ föetd)3. 5Da§ aber vermochte er nur al§
römifdjer ^aifer. So führte nicf)t etwa romantifcfye
€>d)ro ärmer ei, aud) nid)t blo£ bie f arolingifd)e £rabition,
fonbemberßroang ber neuen auSberÜftotroenbigfeitber
2)inge Jjerüorgegangnen SReid)3t)erfaffung Otto I. über
bie ©ren$e beS beutfdjen $8olf3tum§ roeit l)inau§,
unb bie römifdje 8aif erfrone mürbe nid)t etma ein
7*
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1U0
2üe bcutfd)«röniijdje Aatfet^eit
©cfjmutfftücf , fonbern ber 8d)luf?ftein be§ beutfrfjen
©taatggebäubeg.
limi ®* e nädjfte Söeranlaff ung , bie Otto im (Sommer
$%t' 961 jum jroeitenmale über ben Brenner führte, war
bie Untreue Berengars, ©eine ©efettigung machte
wenig Sdjmierigfeiten , audf) in SRom jog Otto am
31. Januar 962 ol)ne 6d)wertf<f)lag ein, ntdjt alg Er*
oberer, fonbern al§ ber gerufne unb berufne ©d)irm*
Ijerr, unb er empfing r>ier am 2. ftebruar mit feiner
©emaf)lm 2lbelf)eib au§ ben £änben $apft 3o*
f)cume3 XII. bie ftaiferfrone. 3)ann oerpflicfytete
er buref) bag Privilegium Ottonianuai oom 13.
bruar bie Börner, ben $apft in fanonifdjer Söetfe ju
meinen unb nt<f)t eljer $u meinen, alg big ber ßaifer
feine SBeftätigung gegeben tyätte, wäfyrenb biefer felbft
bie päpftlitfjen «errungen beftätigte. $ocf) bag ^apft*
tum aug ben s Jiet$en felbftfüdjtiger römifdjer 9lbelg*
Parteien $u löfen, mar tf)m trot> mefyrfadjem euer*
gifcfjem Eingreifen nur unüolttommen gelungen, alg
er 965 nad) $eutfd)lanb aurücffefjrte, unb ba bag
Neid) mit ber SBefifcergreifung ^talieng in bie lReif)c
ber 9ftittelmeermäd)te eingetreten mar, fo mufjte eg
aud) ju einem feften *8erf)ältm§ mit 95njang $u fom*
men fudjjen, bag nod) immer ben ©üben ber |jalb*
infel be&errfäte, mä^renb bie Araber auf ©ijüien
fafeen. Slber wäljrenb feiner britten 9lnwefent)ett in
Italien (966 big 972) gelang eg bem ftaifer erft nad)
langwierigen kämpfen unb Söerfyanblungen, bie lango*
barbtfdjen fjürftentümer ßapua unb Söeneoent bem
beutfd)4talienifd)en SReicfie anzufügen, um diom beffer
SU beefen, unb für feinen ©oljn Otto (II.) oon 2Ibel=
fyetb, ben bie beutfdjen ©ro&en naef) ßubolfg £obe
957 fdjon 961 alg Sfladjfolger beg SBaterg anerkannt
Ratten, 972 bie §anb ber bt)aantinifd)en ®aifertod)ter
$f)eopf)ano §u gewinnen. $ag beutfd);römifd)e ^aifer-
tum unb bamit bie $orf>errfd)aft beg 9ieid)g im &benb*
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SBegrünbung unb HuSbau bc§ bcutfd)»rÖmifd)en 5He«$3 101
lanbe n>ar begrünbet, al§ Otto I. nacf) einer legten
glän$enben 9ieicf)§üerfammlung in Queblinburg am
7. Tlai 973 auf feiner $fals Hemleben t>erfd)ieb.
3 m $)ome t>on 9flagbeburg, neben feiner erften ©e*
maf)lin @bitf)a, fanb er feine lefcte SRuf)eftätte.
SBon allen beutfdjen ßatfern t>at allein Otto I. Otto ber
in ber ©efc$id)te ben SSeinamen be§ ©rofcen beroafyrt. ® rofee
2)enn bie neue SReicfySoerfaffung, unter ber bie 2)eut
fdfjen nun $al)rf)unberte lebten, unb bie Söeltftellung
ber Nation f)at er gef Raffen. 3ttäd)tig mar x\)t ©in-
fyeitSberou&tfeüt unb if)x @elbftgefüt)l geroacfyfen, fobafj
au§ bem Üftamen thiudisc, diutisc, beutfefy, b. i. r»olf3*
tümlid), für bie <§prad)e bamal§ ein nationaler, ein«
Ijeimtfdjer Sftame für ba§ SBolf felbft ernmcf)3. $>abei
war Otto in feiner impofanten ©rfdjetnung mit ben
lebhaften gellen 3lugen unb bem lang fyerabroallenben
rötlid) blonben 93art nrie in feinem Söefen immer ein
$)eutfd)er geblieben. S)ie ®rone galt tfym al§ ein
®efd)enf ©otteä, bag if)m bie §öd)ften $8erpfü<f)tungen
auflegte, benn er mar ein efjrlttf) frommer attenfef);
eifern war fein SBtlle, fdjrecfltd), nrie ber eine§ ßöroen,
fein 3 orn ' ö & er 9^arf)fud)t lag ü)tn fern, unb freigebig,
gnäbig, Ieutfelig, rooljl aud) launig oerfe^rte er mit
feiner Umgebung, ©elefyrte 93ilbung fehlte if)m, nur
mangelhaft oerftanb er Satein, am liebften fpracfc er
fein fäd)ftfd)e3 <ßlatt, unb am motten mar tljm,
wenn er in f)etmtfd)er Zta$t, ein fernerer [Reiter
auf ftarfem föofj, burd) bie *8ud)emr»älber 2t)üringen§
unb 6acf)fen§ ftreifte. <Bo Ijat ir)n fein ßanb§mann,
ber madere 9flönd) 2öibu!iub oon ßoroen, ber 9tad)*
roelt gef Gilbert.
2öar Otto ber ©rofje immer ein $eutfdjer, mar Otto n.
S)eutfd)lanb ifjm ba§ §auptlanb geblieben, fo mar
e§ bod) fdjon jmeifelfyaft, ob @a<f)fen, bie ©runblage
be§ neuen 8önigtum§, biefe nad) ber (Srroerbung ^ta*
lien§ nod) bleiben fönne, unb in berStfjat übertrug fd^on
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102 $ ic beutfö-ramifäe Äaiferaeit
Otto I. felbft bem trafen $ermann SBittung herzogliche
©eroalt im Often beg Sanbeg. SBoHenbg für feine
Nachfolger beftanb bie ©efahr, bafc ihnen bag Äaifer*
tum unb Italien aßjufehr in ben Sßorbergrunb traten,
tiefer ©efahr ift Otto IL (973 big 983), ber ©olm
einer burgunbifdHtalienifchen, ber ©emahl einer bn*
$antinifchen JJürftin unb litterarifd) gebilbet, fd)on
halb, Otto III. ganä erlegen. 3>n ben erften $<rf)ren
allerbtngg waltete Otto IL gan$ im ©inne beg $8aterg.
@r nötigte bem ßönig §aralb SBlaatanb, im §erbft 974
bag 2)anemrfe, bie alte bänifdhe Sanbroehr aroifd)en
©djlei unb Sttorbfee, erftürmenb, bie beutfcfye Ober-
f)o^eit auf, er oergalt 978 ben Einfall ßotharg oon
fjranfreich auf Lothringen mit bem erften beutfehen
§eereg$uge gegen ^ßarig unb erjroang bie $lner*
fennung ber alten ©renjen; er überwältigte 976/77
fraftooU bie Empörung feineg ehrgeizigen SBetterg
§emridj§ II. (beg erft fpäter fogenannten ^änferg)
in Magern, ber burch bie SBermählung feiner frönen
unb flogen ©cfjroefter $abrotg mit bem alternben
§er$og SBurfarb II. von ©chroaben aud) bieg §er*
jogtum unter feine ©eroalt gu bringen gebaut hatte,
unb trennte oon bem übermächtig geroorbnen §er*
jogtum dauern bie 2Jiar( auf bem Sftorbgau, bie ftd)
rafd) bie Möttau abroärtg augbehnenbe Oftmarf (beibe
unter SJiarfgrafen aug bem §aufe ber fogenannten
Söabenberger) unb bie 2flarf ßarentanien (©tetermarf,
Kärnten, Ärain, Sftrien) mit ber italtenifchen Wlaxt
Verona, bie er jum felbftänbigen ^ergogtum erhob.
@g roar bag erfte Söeifpiel unb ber Anfang $ur 2Iuf=
löfung ber großen ©tammeggebiete, bie mit ber SReichg*
einhett unoerträglid) roaren. $od) in Statten ging er
weiter alg Otto I., inbem er ben 33uäantinern ihre
§errfd)aft im ©üben ber $albtnfel au entreißen unb
ben Raubzügen ber ftailianifchen Araber ein @nbe gu
machen fud)te. fortan foüte bteg©übitalienaum©d)id*
•s
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SBegrünbung unb «u86au beS beutfc^römif#en 9ieidj§ 103
falSlanbe be§ ®aifertum3 werben. 9tad) anfänglichen
Erfolgen erlitt ba§ beutfdHtalienifche §eer füblicf)
vom 8ap ©olonne am ©olfe von £arent ben 13. ^uli
982 gegen bie Araber eine völlige 9Ueberlage. ©ie er*
fc^ütterte fetneäroegä bie §errfd)aft be§ ßaiferg über
Italien, beffen ©bie vielmehr auf bem gemeinfamen
föeid)§tage von Verona im Sunt 983 mit ben beutfcfjen
©rofcen jufammen bereitwillig ben erft bretj ädrigen
Otto HI. als Nachfolger be§ SBaterS anerkannten.
SIber im fernen Norboften erhoben ftch um bie*
felbe 3 ß ü °* e Flamen anrifchen ©Ibe unb Ober in
hellem Aufruhr, vertrieben bie beutfcfjen ©rafen unb
SBifchöfe unb jerftörten alle Kirchen. Nur bie (Sorben
in ber äTCarf 2ttei&en, &u ber feit etroa 981 auch bie
Warfen von 2flerfeburg unb 3eifc gefdjlagen morben
roaren, §ielt 9ttarfgraf ©darb mit eiferner §anb bar*
nieber. Unter bem erfd)ütternben ©inbrucf biefer
Äunbe oerfchteb Otto II., fdjon feit einiger ßeit leibenb,
am 7. ftejember 982 in SRom, roo er in ber SBorhaöe
ber ^ßeterSfirc^e beftattet mürbe.
2>em Knaben Otto III. (983 bi§ 1002) erhielt nur °§*J?-
ba§ entfdjloffene Auftreten be§ ©rjbtfchofS 2ötligi§
von 3Jlainj bie ®rone gegen bie 3lnfprüd)e £etnrich§
von Samern, begälteften Agnaten, ber inbe§ für feinen
«erjicht auf bie ßömgSmürbe 985 fein gefd)tnälerte§
£er§ogtum aurücferhielt. UnbnunlöfteOttoSII.jugenb*
liehe 2ötttve, bie ©riechtn 2:^eopl)ano, al§ Negentinmit
Äraft unb Umfi 4t ihre fchtvterige Aufgabe, bag 9lnfehen
be§ SReicf)§ unter einem minberj ädrigen §errfd)er ju be*
Raupten, ebenfo nach ihrem $obe 991 bie greife 9lbel*
heib. SIber fchon 995 nahm Otto III. bie Regierung
felbft in bie §anb. Obtvohl er in ©achfen erlogen
mar, füllte er ftch boch burchauS al§ Börner unb
SBv^anttner unb verachtete bie „fächfifche Hoheit " 3 U5
gleich antififterenber Nomanttfer unb fchraärmerifcher
2ljfet wollte er Stalten als §auvtlanb behanbeln,
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104
$ie beutfdKöintfd&e Jtaiferaeit
nafjm feinen @ifc am Itcbften in 9iom ober 9tat>enna,
baute fid) feine ^Pfafy auf bem 9loentin angeftdjtg ber
finfenben krümmer ber ftatferpaläfte unb umgab
fid) mit ber feierlich fteifen ^ßrad)t be§ buaanttnifdjen
£ofbraud)3.
ettos ni. 5)ie§ ftaifertum foflte im engften 93unbe mit bem
poUttf affetif (^reformierten s $apfttume, bem er 996 in bem
2)eutfd)en ©regor V., fobann 999 in bem ftran^ofen
©iloefter II. (©erbert von SHetmS) roürbige Vertreter
gab, ba§ JHeid) unb bie Äirdje be§ SlbenblanbeS be*
I)errfd)en. 9Jtttinbrünftiger$nbad)t pilgerte Otto felbft
ju ben ^eiligen ©rennten föomualb unb SftiluS unb
befudjte im !gal)re 1000 ba§ ©rab feinet fcrjroärmerifd)
geliebten 3ugenbfreunbe§, beg 93tfd)of3 2lbalbert oon
<ßrag in ©nefen, ber 997 al§ SJtärtgrer bei ben Ijetb*
nifdjen ^ßreufjen gefallen mar. ftür bie prafttfdjen
Aufgaben ber beutfcfjen Sßolitit Ijatte biefer SRoman*
tifer fein 9luge. ©r tr)at nid)t3, um bie ab*
trünnigen (Slawen roieber §u unterwerfen ; ja er be*
grünbete burd) bie (Stiftung be§ ©r^bi^tumS ©nefen
im Sa^re 1000 bie fird)ltd)e Unabhängigkeit SßolenS
unb liefe $u, bafe in bemfelben 3af)re ber ©rünber
be§ ungartfdjen Königtums, Stepban ber ^eilige, mit
ber ©rridjtung be§ ©rj$fttft§ ©ran bie alten Ijiftorifdjen
3lnfprüd)e ^affau§ unb Salzburgs auf biefe ßanbe Der-
nietete, konnten bod) s £olenunb Ungarn aud) al§ unab*
gängige STCationalftaaten ©lieber biefeS römtfdjen
£raumretd)§ fein, ©ine erfdjütternbe ©nttäufdntng
beenbete biefe in lid)ten Solfen über ber ©rbe
fdjroebenbe Regierung. %m grollenben 2)eutfd)lanb
regte fid) ber ©ebanfe an SlbfaH von einem ftatfer, ber
fid) fd)ämte, ein $eutfd)er $u fein, unb felbft bie SRömer
erhoben ftd) gegen ü)n, fobaf* er im fjebruar 1001
feine SRefibenj fjalb al3 ftlücfytling verlief?. $en S&üd
auf bie „einige Stabt" geheftet, ift er am 23. Januar
1002 im ftafteH ^ßaterno am jaef igen ©orafte geftorben.
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SBegrünbiutg unb Kaltau be3 beutfö'Töimfdjen JReidjS 105
$inter bem büftern 3 u 8 e ' oer °* e 8etd>c biefeS erbebima
erften unb erlaucfyteften aller beutfcfyen ^omfcfyroärmer el ?i n 5
feinem legten 2ötüen gemäf? nad) 2lad>en führte,
brarf) ba§ Söerf Otto* beS ©rofcen in Italien ja*
fammen, unb in $eutfd)lanb brobte iljm ©efabr.
2)ort ert)ob ficf> fdjon im Februar 1002 ber SRatfgvaf
§arbuin von jgarea jum föömg; l)ter ftanb, ba Otto III.
unuermäfytt geblieben roar, eine rotrfltdje ÄönigSroaljl,
t)ieüeid)t ein SBürgerfrieg um bie Ärone beoor. 2)emt
bem $lnfprud)e ^er^og £>einrid)§ III. von Söanern (fett
995, geb. 973) als be§ £aupte§ ber banrifdjen Sinie be3
Äönig3f)aufe§ fteüten ber tapfre Sftarfgraf (Srfarb von
^Keiften unb $er$og §ermann II. von Schwaben tfyre
^Bewerbungen md)t o^ne ©rfolg entgegen, unb nur bie
unvermutete (Srmorbung (SdarbS burd) perfönlidje
geinbein ^ßöf)lbe am Sübljara machte e§ bem SBanern*
fyer$ogmöglid),burd)$Berf)anblungen einen Stamm nad)
bem anbern $u geroinnen, aud) bie Sad)fen, benen er in
afterfeburg bie freie 2öaf)l i^re§ £er$og3 unb ifyv altes
partes Stamme3red)t &ugeftanb. $)amit t>er$t$tete
§etnrid) II. (1002 bis 1024) barauf , Saufen als bie
©runblage ber ®ömgSmad)t feft$uf)alten, leitete bie
üerljängniSoolIe (Sntfrembung biefeS Stammes unb ba-
mit beS nörblidjen 2)eutfd)lanbS oom fteidbe ein unb
üerfdjob beffen Scfyroerpunft abermals nad) bem
Sfiben, nmfjrenb feine ^olitif ber 3ugeftänbniffe für
alle ftolge^ett ein übleS Söetfpiel gab. ftnbeS er tt)at
roobl nur, maS er in feiner Sage tfyun mufete, benn
er übernahm bie (Srbfdjaft md)t OttoS I., fonbern
Ottos HL, unb e§ ift fein <Kuf>m, ba& er baS Meid)
auf bie nationale ©runblage $urürfgefüf)rt unb in
feiner fd)ltd)ten, ääfyen, bebäd)tigen, pflichttreuen 2lrt,
in ber man aud) baS (Ergebnis einer geiftltdjen
^ugenber^ie^ung feigen mag, fein 2lnfef)en nad) allen
SRidjtungen l)in energifd) unb umfid^tig roieberljer*
geftellt l)at
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106 Sie beutfö-römiWe aatferjett
lieber. $cn mächtigen ©abenberger §eailo ($einrich),
CT bcö Unö 2flarfgrafen bcr banrifchen Üftorbmarf, ber ftch mit bcm
mct^s ©öhmenher^og erhob, roeil ber ftönig fein ©erfprechen,
ihm nach feiner £ljronbefteigung ©anem serlethen,
nicht gehalten f)attz, warf er 1003 in hartem Äampfe
$u ©oben unb nahm ihm feine reichen Erbgüter mit
bem lieblichen Bamberg; nur ben Sftorbgau gab er ifjm
1007 roieber $urücf. $)en mächtigen ^oc^ftrebenben
Sßolenherjog ©oleflaro ^robrn, ber ©öhmen unb bie
Warfen 2tteifcen unb ßauftt> an ftch geriffen hatte,
oerbrängte er gleich 1004 im erften Kriege au§ Böhmen
unb nötigte ihn nach langwierigen kämpfen im ^rieben
oon©aut>en 1018, ftch mit bemÖehnSbeft&berßaufUj unb
be§ f orbifchen 3Jliljenerlanbe§ (um ©au^en) $u begnügen.
9ttcr)t3 anbre§ al§ eine befonnene 2Bieberherfteüung3*
politif oerfolgte er auch in Italien. 3um erftenmale
geftanb er ben lombarbtfchen ©rofien eine förmliche
SlönigSroahl $u, beoor er fich ju tyama im2ftatl004
bie eiferne ®rone auf§ £>aupt fefcte, aber £arbuin3
£errfchaft erlofch t>öfltg erft mit feinem £obe im S)e*
gember 1014. ftur$ auoor, imftebruar begfelben SahreS,
hatte fich Heinrich IL gum ^aifer frönen laffen, boch
ba§ Sßapfttum bem römifchen ^arteitreiben gu ent-
jiehen gelang ihm nur ^eitroeife, unb in © üb it alten
ftanb feit ber üftteberlage Dtto§ II. bie bujantinifche
^errfchaft unter bem furchtbaren ©ulgarenfteger 93a«
ftlioS II. fefter unb brohenber ba als je. Sluch ber
britte 9$om$ug führte nur jur SBieberherfteHung
ber beutfehen Oberhoheit über Sttonte ßaffmo, ba§
reiche SJcutterflofter be§ ©enebif tiner orbenS, unb über
bie Keinen langobarbifchen ©renjfürftentümer (1022).
2) afür legte Heinrich ben ©runb ju einer großen Qx-
roerbung, bie ba§ mitteleuropäifche Szntxalxtid) im
©übroeften abfchlofj; benn als bem Sohne einer bur*
gunbifchen fjürftin, ®ifela, ber Tochter $ömg &onrab§,
übertrug ihm beren ©ruber, ber finberlofe SKubolf III.,
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SBegritnbunfl unb ?üt$bau be§ beutfd)«T&imfdjen 9Uid>§ 107
bie üftadjfolge in SBurgunb unb überlief ifym fcfyon
1006 nrie &um Sßfanbe bie @tabt 93afel.
£rofcfotrielet auSroärtigen (Sorgen gehörten bie ©e* ^ u b 8 e * au
banfen unb$rbeiten$einricrj§n.bocr)t)or aHem3)eutfcr^ ctto'wen
lanban. Srte»erfafftragDtto$L weitet au3bauenb,über* »«Mf«««
trug er in immer toeiterm Umfange ©üter unb $o^eit§=
rechte, fogar gan$e ©raffcfyaften (bie§ nad) bem SBor*
gange fd)onDtto3 III.) an Sötfdjöfe unb DtotdjSäbte unb
gab mit ber @rrid)tung beS «iStumS Bamberg 1007,
ba§ er reidjltd), befonberg mit bem alten banrif d^en§er^
jogggut ber 5lgtlolftnger unb 51mulfmger auSftattete,
bem bagriferjen, mit ber *8ermet)rung be§ SBefitjeS be3
©rabi*tum§ ^Bremen * Hamburg bem jungen fädjfifcfyen
£er$ogtum ber SBtHunger ein ftarfeö ©egengenrid)t
Um fo ftrenger 30g er bie ®trd)e $u ben SRetcr^
leiftungen Ijeran, unb unnad)ftd)tlid) f)telt er an feinem
:gnoeftiturred)te feft.
Unb bod) trat gerabe guerft unter biefem Könige, »eginn
oon feiner eljrlid) ftrd)Iid)en ©efmnung geförbert, &i X % tnt
in ber ßirdje eine Reform auf, bie fpäter in if)ren re f° rm
legten Folgerungen bie Ottontfcfje 3Retd)3x>erfaffung
unb bamit ben SBeftanb be§ 3^eid)§ felber bebro^t fyat.
Wut ahnten bie Reformer ba§ bamalS fdjroerlid)
felbft, unb aud) fonft Ijaben fidj oft genug 9tid)tungen,
bie ftd) logifd) auäfdjliefcen, praftifd) oertragen müffen.
Sie 3eit faf) tyr fittlid^reltgtöfeS ^beal in bem
t»on ber fünbigen 2Belt abgenmnbten, baS fünbige
Srleifd) ertötenben 9ttönd)tum, im meltlidjen Seben ein
8eben in ber ©ünbe, beffen folgen für ba§ :3enfeit§
nur burcrj ftürbttten ^eiliger 2Kenf d)en unb burd) fromme
SBerfe ber Säten $u gunften ber ßirdje abgeroenbet
werben könnten. £)a aber aud) ba§ ©ebot ber ©elft*
licfyleit fraftlo§ rourbe, roenn fie felbft ben Socfungen
ber SBelt oerfiel, fo mar e§ ba§ §öd)fte $ntereffe
aud) ber, nrie fte felbft gugeftanb, in Sünben Iebenben
£aienfd)aft, bie frommen Stiftungen, befonberS bie
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108
Sie beutft^röimfäe JRaifcr^ett
Älöfter, in tfjrer ftrengen 3ud)t beftärfen unb,
roenn biefc erfdjüttert mar, fte nrieber^eraufteflen. $a
jebod) bic geforberte ftttltdie 5lnfpannung, namentlich
in biefem burd) unb burcf) finnltd)en, berb lebend
freubigen 2flittelalter all§u ftarfe Slnforberungcn an
bie menfdjlid^e Statur ftellte, fo machte ftd) eine
„Reform/' $unäd)ft ber ßlöfter, immer roieber einmal
nötig, unb bie Röntge f elber förberten fte regelmäßig.
3n biefem Sinne f)atte @r$bifd)of SBruno t>on ®öht
fdwn feit 953 bie lotfyringtfd)en, 93ifd)of Söolfgang
üon ftegenSburg (972 bi§ 994) bie banrifdjen Älöfter
reformiert; ber Sauer ©ottfjarb (®obet)arb), feit
1022 Sifdjof von §ilbe3Ijeim, übertrug bie Reform aud)
nad) Reffen unb ©ad)fen. Sftod) gan$ anberS aber prägte
im burgunbif djen ßlofter (£lunt) (gegrünbet 910) 3lbt
Obilo (994 bis 1048) ba§ möndjtfdje ^beal auS bi§
jur ©rftief ung aller Snbunbualität burd) bie fdjärffte
3ud)t mit @cf)n>eigen, Unterbrücfung jeber £etterfeit
unb jeber perfönlidjen ftreunbfcfyaft unb burd) bie
unbebingte Unterwerfung unter ba£ ©ebot beS S -Hbtec>,
faft wie fpäter bei ben ^efuiten. 9hm aber wanbten
bie (Slumacenfer aUmäf)lid) il>rc SReformibeen auf
bie ganje ftircfye an. @ie förberten bie möndnfdje
©^elofigfeit aller ©eiftlid)en, für beren niebere ©rabe
fte bi§ bal)tn weber SBraud) noef) aud) nur SBorfcfyrift
mar, bann bie greifjett ber $ird)e oon aller weltlichen
(bemalt, enblid) bie$errfd)aftbe3 affetif ^reformierten
*ßapfttum3 über biefe ®ird)e. 2)a§ ©ntfdjetbenbe mar
nun, bafj biefe gorberungen bis ju einem gemiffen
©rabe fefjr mistigen, praftifcfyen SBebürfniffen ber
fttrdje entfpracfyen. 2)enn bie fyerrfdjenbe $riefteret)e,
baS 8ird)enpatronat weltlicher ©runbljerrn unb bie
^noeftitur burd) fiaienfürften matten bie 2öeltgeiftHd)*
feit in fef)r ftarfem 2Jla^e abhängig vom Saienabel,
führten faft unuermetblid) jur «Simonie, b. t),jur(5r-
roerbung geiftltd>er &mter burd) ©elbaafjlung unb
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Srgrfiitbuug unb 9lu8bau bcö bcutf^-römtfc^cit 9teid)S 109
§ur Vergabung folcfjer an ungeeignete 9ttcmner ober
gar an fiaien, ja roofjl aud) $u einer 2lrt ©rblidjfeit
ber ^farrfteüen. SBenn bie Reformer flagten, bie
ßircr)e fei in ©efatyr, von ber 2öelt t?erfcf)lungen $u
roerben, unb jroar oon einer 2Belt voü (&en>altty&tig*
feit unb Stofjeit, fo Ratten fte nicr)t ganj Unrecht, unb
in biefen Söerfyältniffen lag bie tiefe fittlicfje S8ered)=
ttgung, nrie bie ungeheure ftraft ber cluniacenftfd)en
Sftrcrjenreform.
9»d)t ba& fte junäd)ft bie Älöfter 8otf>ringen§ er* ******
griff, ntadjte fte wichtig aud) für ba3 iHeid), fonbem if)re «uägang
firdjenpolitifc^en $onfequen$en. 2)af* fiel) juerft 93ene*
bift VIII. 1018 gegen bie Sßrieftererje erklärte, unb baf? er
bie gorberung birefter oberftrtdjtltcrjer <£ntfcr)eibung
tn(5^efadf)en beutf<$er Säten erf)ob, ba§ rief ben fdjarfen
Söiberfprucf) ber beutfdjen Söifd^Öfe unb ityreS
Oberhauptes, be§ (£rabifcf)of§ 3lribo üon Sßtaing,
be§ Primas Germaniao unb fiegaten be§ römifdjen
<Stuf)l3, t)ert>or. Unter ben 9lnjeid)en btefeS brofjen* •
ben $onfltft§ oerfdjieb £önig $einrtcf) II. am 13, ftuli
1024 ftnberloS in feiner fädjfifdjen $fal$ ©rona bei
(Böttingen, unb mit ifjm erlofcf) ber 9ftann§ftamm be§
rufjmooHen ©efcl)led)t§ ber fiubolftnger.
Unb unter bem 3 eichen bief e3 f trdjltdjen ® egenf atjeS
ftanb bteßönigSroaljl, bie erfte unb lefcte, bie memgftenS
äufcerlicr) bem Qbeal unfrer mobernen S^omantifer ent*
fpricfyt. 2lber nicfyt in ben glänjenben, maffenfdjim*
mernben $8erfammlungen ber taufenbe tjon beutf djen
©beln aller (Stämme, bie im ©pätfommer 1024, bem
Dtufe be§ @r$bifd)of3 Slribo folgenb, auf ber roeiten
#tf)etnebene $n>ifcf)en 5Jtoin$ unb 2öorm§, alfo auf alt*
fränfifdjem SBoben, $u beiben (Seiten be§ grünen
@trome§ ifjre luftigen 3eltlager auffdjlugen, ift bie
3öaf)Ientfd)teben morben, fonbem in vertraulichen 93er*
fjanblungen ber dürften unb ©ifd)öfe. 2Bäf)renb @ra*
bifc^of ^iligrim oon ßöln unb bie anbem clumacen*
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In bcutfd)*vömtf(i)e Äaifcrjett
fifdjen SBifdjöfe für Konrab ben Jüngern, ben @of)n
be3 oerftorbnen $er$og§ Konrab von Kärnten ein*
traten, rotrfte Slrtbo für beffen ältern Detter Konrab
(geboren um 990), ber ein Nachfomme KonrabS von
fiothringen rote jener unb alfo aud) DttoS I. roar.
@in 9Jiamt ohne gelehrte Söilbung, btfyalb voxanh
ftd)tlid) ben cluniacenftfchen ^beaten unzugänglich,
beroteS Konrab ber ältere juerft baburd) fein
polxtifcheS ©efdjicf, ba& er fi$ vox ber <£ntfd)ei*
bung mit feinem Nebenbuhler uerftänbigte. <Bo rourbe
er am 8. (September 1024 einftimmig gum König er*
hoben unb am felben £age in aJcainj, nid)t in flachen,
von 5Iribo gefrönt
»Ktung SJWt biefer 2Bahl roar bie 2ttöglidhfeit, Saufen
Äaifer. * um ® crnIan & c ^ e ^ § 3 U machen, enbgiltig aufge-
!rone unb geben, unb fie ift aud) fpäter nur oorübergefjenb roieber
»urgunbg au ^g e tauc^t. Gmbgiltig t>erfd)ob ftdt) ber ©d)roerpunft
be§ SKeid)§ nad) bem ©übroeften, pnächft nad) bem
fränfiftfjen Nheinlanbe, beffen fefte 93ef)errfd)ung bem
Kaifer roegen be§ S8crl>äUmffe§ gu Italien unentbefjr*
lid) roar, unb bie ©ntfrembung ©achfeng r»om SReid)e
nahm ihren Fortgang. S)enn KonrabIL (1024bx§1039)
roar ftranfe, eine ftofye, leibenfdjaftliche, fyaxte Natur
von ehernem SBiöen unb f djarfem, praf tif d)em SBerftanbe,
burd) unb burd) ein ßaienfürft ohne befonbre ftrct>
lid)e Qntereffen. Keiner hat gewaltiger über 3)eutfd) s
lanb unb Italien geherrfdjt roie er. 2JMt feftem ©riffe
fieberte er fid) auf bem erften Nömerjuge bie Kaifer-
frone (2ttär§ 1027) unb bie unentbehrliche Oberhoheit
über bie langobarbifchen ftürftentümer be8 ©übenS.
2)ie Erwerbung 93urgunb§ für ba3 Neich bereitete er
umfid)ttg oor, obroohl fein ©tteffohn £>er$og @rnft
oon ©d)roaben, ber ©ohn feiner ©emahlin ©ifela,
ber Nichte König DtubolfS III., au3 beren erfter @he
mit bem ©abenberger (£rnft, ba§ Königreich als @rbe
feiner SNutter für ftd) begehrte unb ftdt) bafür mehr*
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aScgrünbung unb Huöbau beö beutjdj=römifc$eu 9teic$§ m
fad), von feinem fjteunbe Söemer t>on Änburg unb
anbern ©etreuen unterftütjt, fogar in Söaffen erfjob.
2113 er fdjliefelid) ben if)tn al§ $rei3 ber SBegnabigung
angefonnenen SBrud) mit SBerner gurüchmeS, überlief
tfm Äonrab II. al§ SRebeüen gegen $aifer unb SReid)
feinem <§d)icffale, unb er fiel im Sluguft 1030, vom
SBolfe, bem bie einfach menfd)lid)e ftreunbegtreue fytytt
galt aI3 ftaat§m&nnifd)e ©rroägungen, im Siebe nod)
lange gefeiert. 9lad) SHubolfS III. £obe liefe ftd) ßonrab
am 2. ftebruar 1033 jutn Stönig von SBurgunb frönen.
2)a§ mitteleuropäifdje 3 e " tra ^ re ^ roar x>odenbet.
2)enn obwohl ba§ Königtum in SBurgunb feine ßron*
güter fdjon meift ocrloren t)atte unb bafyer audj in
beutfdjen £änben niemals $u nrirfltdjer fteftigfeit fam,
fo würbe bod) bie jefcige beutfdje (Sdjroeij für ein
fyalbeä ^atyrtaufenb an 2)eutfd)(anb gebracht unb bie
S8erbinbung mit Italien burd) bie 93ef)errfd)ung fämt*
lieber 2Upenpäff e nod) beff er al§ btöfjer gefiebert, dagegen
begnügte ftd) Äonrab an ber fäd)ftfd)en ®rense, bem
9*ad)folger SBoteflaro &f)robrn3 von tyohn, Wlit$to,
bie von jenem befetjten beutfdjen Warfen 1031 mieber=
abzunehmen. 2ln eine SBiebereroberung be$ oerlor«
neu 2Benbenlanbe3 backte er nidjt, fobafe bie fäd)=
ftfdje 2Wifpon unb ßolonifation imOften oon ber (Slbe
oöHig ftoeften, unb bie Iängft ferroafjrlofte 9ttart"
©cfjleSnng, bie Vormauer @ad)fen§ gegen S)änemarf,
gab er 1036 fogar gän$Ud) auf, um ein guteS Söer*
^ältni§ &u ber angriffSgeroalttgen norbifdjen Seemacht
ftnutS be§ ©rofeen $u ftdjern, ber foeben ©nglanb
erobert hatte. 2Iud) gegen Ungarn rourbe nichts er*
reicht oielmetjr gab ber ftriebe, ben fein <5oI)n §er$og
§etnrid) oon SBanem, aflerbing§ eigenmächtig, im
Sa^re 1031 fd)loi, bie beutfdjen 5lnfteblungen im
9Kard)felbe roieber preis.
©in Eroberer nrie Otto I. mar alfo ßonrab II. gar
nid)t, aber an ber ©efefttgung ber föeid)8oerfaffung
112
$ic beutfd}*römif#c Äaiferjcit
hat er unermüblid), sunt Seil mit neuen Mitteln, ge*
arbeitet S8on ben §er$ogtümem brachte er brei an
fein $au3, inbem er 1027 Magern, 1038 ©chroaben,
1039 auch Kärnten bem Thronfolger $einrich (III.)
übertrug, bie Kirche behanbelte er burchauS alS 9icidc>§=
inftitut. (Sr ftd)erte ftd) einen unregelmäßigen , aber
bebeutenben Anteil an ben ftrdjlichen (Smfünften
burd) bie Simonie, bie er ungefcheut übte, er begann
bie Verwaltung ber SReid)3abteten mehr §u aentrali*
fieren, unb er fefcte bie ^oltttf, burd) SluSftattung ber
ßtrehe mit §ofjeit£red)ten unb ganjen ©raffd)aften (fo
Iäng§ ber ganzen Srennerftraße) ben weltlichen ®e*
malten ein ©egengemicht $u f Raffen, planmäßig fort
9lber bie großen fianbfdjenfungen t)on ßöntgSgut an
bie Stirpe ftellte er f aft gänzlich ein, unb er oerfud)te,
feine $)omänenr>ermaltung auf ©runb fd)riftlict)er 2luf*
geic^nungen neu ju orbnen. 2)aran fnüpfte fid) bie
grunbfättftche JJörberung eineS neu auffteigenben
©tanbeS, ber 2ft imperialen, b. i. ber ritterlichen S)ienft*
mannen, bie geiftltche roie weltliche dürften für ©ut§-
oermaltung, §of* unb ßriegSbtenft in immer größerer
3af)l au§ ihren hörigen bilbeten, inbem fie ihnen
ein ritterliches fielen (meift oon brei §ufen) über*
trugen. 3war waren fte noch abhängig t»on
ihrem 3)ienftherrn, befaßen auch it>rc Sehen nicht erb*
lieh, aber baburch, baß fte bie alltägliche Umgebung
ihreS £>erm in $rieg unb ^rieben bilbeten, erhoben fte
ftd) hoch über ihre frühern ©tanbeSgenoffen, fogar
über bie noch freien dauern. 3nbem ßonrab auf bie
@rblid)fett biefer unb anbrer fleiner mittelbarer Sehen
hinarbeitete, befdjleunigte er bie £>ebung be§ ©tanbeS,
machte ihn baburd) unabhängiger com höh«" 2U>d
unb gewann in ihm eine neue ©tüfce für baS Königs
tum, ba§ allein imftanbe mar, ihn gegen bie $ienft*
* Ro 'unb 11 *> erren 3 U fchü^cn.
Italien 3n Italien, mo bie frühern Könige bie ©ifchöfe
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S3cflrünbuna unb Ausbau beö beutf4>römtf4en ftcid)* ] ] 3
in faft nod) toeiterm Umfange mit £anb unb §of)eit^
rechten auSgeftattet unb, aumal fie meift SDeutfdje
waren, $ur oornefjmften ©tüfte tfjrer §errfd)aft ge*
ma<$t Ratten, atoangen ifyn bie Umftänbe, aud) ben
ßaienabel ftärfer au berüdfidjtigen. (£r oerlief) bafjer
1027 bem ©rafen 93omfaciu3 oon 9JJobena, Oieggio unb
Jerrara nod) Stunden unb oermä^lte tfjn fpäter mit
58eatrt£, ber £od)ter be3 §eraog§ ftriebrid) oon Ober*
Moringen. $Bor allem griff er entfd)ieben §u gunften
ber (leinen Sefjnsleute, ber SBaloafforen ein, bie oon
ifjren £ef)n§f)erren, ben (Sapitanen unb 93ifd)öfen, be=
fonberg bem (j£rabifd)of 2Xribcrt von 2Jcailanb, bie
@rblid)feit ifjrer Seijen feit 1035 burd) einen Aufftanb
au ertrofcen fudjten unb biefem rafcfy aud) einen
beutfd)feinblidjen (£l)aralter gaben, weil bie 93tfd)öfe
bie beutfcfye $errfd)aft oertraten. 3)iefer gefährlichen
93eroeguug entzog 8onrab IL mit einem Dtude ben
93oben, inbem er burd) ba§ berühmte 8ef)n§gefe£
(Constitutio de feudis) vom 28. 2Kai 1037 ben WaU
oafforen grunbfäfclid) bie @rbltd)feit tfjrer Seijen ju=
geftanb. ©ereigt baburd) boten Aribert oon SJlaüanb
unb mehrere anbre lombarbifdje *8ifd)öfe bem ©rafen
Dbo oon ber Champagne bie lombarbifd>e $rone an,
aber biefer fiel im Stooember 1037 bei f&ax im Kampfe
gegen bie fiottjrtnger, unb Aribert mürbe auf 2Jcai=
lanb befdjränft. 2)ie3 oerftanb er nun atlerbtng3 burd)
ba§ Aufgebot einer ©tabtmilta, bie fid) um ben ftafynzn*
magen ((Sarroccio) mit bem ©tabtb anner f Charte, unein*
netjmbar ju machen. 2öid)tiger, aI3 biefen oerein*
gelten Sötberftanb ju brechen, fdn'en e3 bem ®aifer,
im ©üben JBeneoent, (Eapua unb ©alerno gu fidjern.
fjrcilidr) gemattete er begfjalb bem 5^ r P en SBaimar
oon ©alemo, SHainulf, ben ftüfjrer oer f e ^ 1030 um
Aoerfa bei (£apua angeftebelten tapfern normännifd)*
franaöjtfdjen Abenteurer, bie fd)on feit bem Anfange
be3 3af>rl)unbert§ jundc^ft al§ ©ölbner in ©übxtalten
2er aOBerbegang bcS bentf^en 58olfc§ I 8
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2>ie beutf(f>=römtfct)e ftotfergett
aufgetreten waren, mit ber ©raffcfjaft Sloerfa $u be-
lehnen; erlegte alfo felbft ben®runb ju einer neuen
9Jcacf)tbilbung im ©übern 9Hcht lange nach feiner
s MdUt)x au§ Italien erlag ßonrab II. im fernen
Utrecht am 4. 3uni 1039 einem einfalle ber ©icht
2)och fein ©rab fanb er auf Ijeumfcfjer fränfifcher
($rbe, im S)ome $u <Speier, ben er in wahrhaft !aifer=
lieber Spracht errietet hatte.
eefofUt Unter feinem noch fe^r jugenbltchen, aber längft
in ben @efd)äften gefcf)ulten Nachfolger (geb. 1017)
§einrid) III. (1039-1056) begann bie alte Dppofition
be§ fyotyri 8aienabel§ unb bie clumacenfifche Kirchen«
reform anaufdjroeHen unb um fid) w Steifen, unb
mächtig hat £etnrich III. felbft biefe geförbert. Nicht
bafc e§ ihm an traft be§ SBtHeng gefehlt hatte; er
mar vielmehr felbftänbig unb gebieterifcf) nrie fein
Bater, lieft Böhmen unb Ungarn bie traft feines
$trme3 fühlen unb zeigte auch ber Kirche ben $errn;
aber geiftlid) erjogen unb eine tief religiöfe Statur,
ernft, t>erfchloffen, h^chft geroiffenhaft, mar er boch
üon ber Berechtigung ber cluniacenftf cfjen %bwn le*
benbig überzeugt unb mürbe buref) feine SBermählung
mit 9lgne§ von SßoitierS (1043) au§ bem $aufe be§
©rünberS oon ©lunt) barin nur noch mehr beftärft.
@r fah e3 beShalb für feine ftttliche Pflicht an, ihre Ber*
mirflichung ju förbero, unb hanbelte auch fonft ge*
legentlid) mehr au§ religiöfen al§ au§ polttifchen 93c*
roeggrünben, mehr al§ Qfyxtft benn al§ tönig.
erfotfle im großen Aufgaben im Dften griff er fräfttger
£ f tcn an al§ ber Bater, wohl weil fle ihm als früherm
§erjoge t>on Bauern befonber§ nahe lagen. @r
nötigte ben £>er$og Brettflaro von Böhmen, ber au§
Böhmen unb ^ßolen eine weftflawtfd)e ©rofcmacht §u*
fammenfchmei|en woüte, 1041 in bie befcheibne ®tel*
lung eineg 9teich3oafallen aurücf unb orbnete bieg
BerhclltniS Böhmeng fo nachbrütflicf), ba& e8 auf ein
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»cgrünbung unb Sluöbau be§ beutfrf)*römifd)en 9kicf)* 115
halbes ^ahrhunbert unerfchüttert blieb. @r griff
fraftooU bcftimmenb in bcn ungarifchen ^rottftrcit
$roif d)en ^cter, bem rechtmäßigen Nachfolger König
Stephans, unb bem h^onifchen ^rätenbenten 5lba
(Ooo) ein, fc^ob 1043 bie ©renken ber banrifchen
Dftmarf , an bie fd)on 1041 SöretifCaro ben fianbftrid)
f üblich von ber X^a\a hatte abtreten muffen, enbgiltig
bi§ an bie SJlarch unb fieitha vor, erfocht am 5. !guli
1044 bei 2ttenfö an ber untern diaab ben glänjenbften
©ieg über bie Ungarn nach berßechfelbfd)lacht unb fefcte
nach&baS Einrichtung $eter als beutfd)en93af allen auf
ben ungarifchen £h*0N> inbem er zugleich Ungarn
unter beutfcheS (banrtfcheS) föecht fteüte. gpaft wie bie
Karolinger Ijatte er bem banrifchen (Stamme ein
n>eiteS £errfd)aftS; unb KolontfattonSgebiet im Dften
eröffnet, bie folgen ber Sftieberlage vom 3af)re 907
fchienen mehr als ausgeglichen. 2)ie nationalmagna*
rifche (Erhebung unter 9lnbreaS 1046 machte ^mar
ber ©errfchaft SßeterS unb bamit ber beutfdjen Ober*
hoheit ein @nbe unb fonnte trofc großer Slnftren-
gungen Heinrichs 1050-58 nicht bewältigt werben,
aber bie neuen ©renken ber Dftmarf blieben unoer*
rücft, unb Ungarn mar ben (Sinroirfungen ber beutfchen
Kultur faft ebenfo geöffnet nrie Böhmen.
Snaroifchen machte bie clumacenftfche Reform b JJ e £™l
rafche gortfchritte. ^n nrie ganj reltgiöfem (Sinne 'tum?
Heinrich III. feine SHegentenpfltcht auffaßte, geigten
fchon bie merfroürbigen perfönlichen SrriebenSgelöb*
m'ffe, mit benen er 1043 in Konftan$, 1044 in $rier
unb auf bem (Sdjlachtfelbe von Sflenfö feinen unb
beS Königtums g-etnben r»erateh, um burch fein fönig*
licheS 93eifpiel ben gemaltthätigen fiaienabel ju
gleichem &hun anzuregen; auch Slribert oon SKailanb
erhielt 93er§eihung. Um fo nachbrücf licher aber griff ber
König bie Kirchenreform an ber entfcheibenben (Stelle,
beim ^apfitume felber, an. 9luf feinem erften $om*
8*
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35te bcutf'dKömifdje Äaiferjcit
$uge 1046/47 Itefj er bie brci s .ßäpfte, bic ftd) bama(3
al£ ^arteifjäupter um bie %xaxa ftritten, auf bcn 6n«
noben von ©utrt unb 9*om unter feiner Leitung ent=
fefcen unb ben beutfd)en $Bifd)of ©utbger von SBatm
berg al§ (&Iemen§ IL ergeben, wobei er felbft al§
^atrtctu§ mit ©emifligung be§ römifdjen 3lbel§ unb
ftleruS bie erfte ©timme bei ber ^ßapftroafyl (prinri-
patus electioim) für bie ^wfunft übernahm, liefern
reformierten ^apfttume meinte er augleid) baburd)
einen befonberS mirffamen ©djutj &u ftcfyern, bafc er
1047 ben ^ormamtenfüfyrern, bie injroif^en nad)
garten kämpfen ben 93n^antinern 9lpulien entriffen
Ratten, bie§ fianb unb bie ©raffd)aft Stoerfa al§
Setjen be§ SHeid)e§ übertrug.
^m^Snb' ^ m cn 9f^ n ® un & e mit *> cm fönfer übernahm nun
bic ©lernend IL jmeiter 9iad)folger, 8eo IX. (SBruno von
«form" £° u *> 1047—54), ein ©dnuabe t>on Geburt, aber ein
feuriger ©lumacenfer, bie 2)urd)fü§rung be§ Reform*
roerfg, überall mit jugenblidjer griffe perfönlid)
tfyätig unb auf feinen ©nnoben in stalten, 2)eutfd)*
lanb unb ^ ran ^ re ^ ©imonie unb bie ^ßriefterefye
befämpfenb. 9Jht ben erobernb auSgreifenben 9ior*
mannen fretltd) geriet er balb in heftigen (Streit um
SBeneoent, ba§ if)tn ber ^aifer übertrug, unb ftreitbar,
rote ein beutfdjer 93ifd)of bamalä mar, trat er ifjnen
perf ön(id) an ber ©pifce eine§ beutf d)-italtemf d)en §eere§
entgegen. 2)od) in ber @d)lad)t bei ©ioitate am 13. $um
1053 von ifjnen Döflig gefdjlagen ftarb er fdron im
2lpril 1054, unb bie Normannen ftiegen nunmehr,
00m SReidje unge^inbert unb be§ £Heid^e3 ungefragt,
jur fübitalientfdjen ©ro&madjt auf.
Valbert 2öäf)renb ftd) fo im fernen ©üben eine neue, felb*
freuten f^ n ^9 c ' «öenunUige 9flad)t bilbete, t>erfd)drfte ftd)
in $)eutfd)lanb ber ©egenfafc be§ ßatfertumS unb ber
&ird)e jum !)ol)en Saienabel mefjr unb mefjr, befonberS
in ©ad)fen. §ter ftanb feit 1045 an ber ©ptfce be3
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»egrünbmtg unb «udbau be8 beutj($.röimfc$en 9teicö§ H7
@r$bt3tum§ 93remen*£amburg bcr Düringer 9lbalbert,
bic glän&enbfte® eftalt be§ bamaligen beutfd)en ®leru§.
©nergtfdj nahm er bic lange oerroahrlofte 2JMffton
roteber auf, einerfeitä im baltifcheu ©laroenlanbe
öftlid) oon ber ©Ibe, wo er mehrere $8ifd)öfe einfette,
anbrerfeitö im ganzen ffanbtnaoifchen Horben bt3
nad) ben Drfneu§, nad) 3^lanb unb felbft nad) ®rön*
lanb hin* Bremen würbe ba§ SRom für bie norbifdje
Söett, fein (£r$bifd)of ba§ fird)liche Oberhaupt weiter
SBölferf reife. Um nun biefen (Schöpfungen bie melt 5
liehe ©runblage ju geben, Itefj er fid) nicht nur reich*
liehe Öanbfchenfungen an ^önigSgut machen, fonbern
er backte aud) baran, im ganzen Umfange feinet
beutfchflattrifchen (Sprengel^ bie gräflichen Oicd^te ju
erroerben, unb um feine fird)Ud)e Stellung möglichft
unabhängig ju machen, lief* er fich 1053 von Seo IX.
$um päpftlichen Segaten unb Söitar für ben ganzen
Horben ernennen; fein lefcteS Qid aber mar bie
Söürbe eineg Patriarchen, beut bann bie leitenbe
(Stellung in ber ganjen beutfchen Kirche fchroerlich
hätte entgehen fönnen. (£3 tarnt faum ohne gufam*
menhang mit biefen Plänen gemefen fein, roenn
Heinrich III. bie Stellung be£ Königtums in bem
ihm h<*lb entfrembeten Sachfen mieber mehr betonte
unb baher als 2fttttelpunft be§ S)omänenfran$e3 um
ben 4>ara, bie natürliche $od)burg be§ <§achfenlanbe§,
um 1050 am gu&e erzreichen SRammelSbergeS bie
ftattliche Pfal$ ©o§lar erbaute. £ter rourbe ihm
in bemfelben Satjre auch fein ©oljn $etnrtch (IV.) ge=
boren unb von ben oerfammelten dbeln fofort al§
fünftiger Äönig anerfannt.
2)od) mit machfenbem ©roß fahen bie öillunger jJWj
unb ber oftfäd)fifd)e $lbel, bem jene felber angehörten, |ä$nfct)en
auf bieg fchnelle Vorbringen ber föniglichen unb ? * bcl °
noch m*h* oer bifchöflichen Stacht S)enn ba ba§
§er$og3amt ber Sillunger roefentlid) auf ihrer ©rafen*
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$ie beittf$*T5mtf$e ÄQtferjeit
genmlt in ben brei ©auen nörblid^ oon bcr ©Ibe
(£olftein, Stttmarfchen, ©tormarn) unb in ben
flanrif d)en Warfen beruhte, im Söinnenlanbe burd)
bic gräflichen $Red)te bcr ad)t SBiStümer vxtU
fad) befd)ränft tourbe, fo betrachteten fte unb jener
friegertfche ©rentabel bie c^rifttic^e SJUffion unter
ben Slawen, bie ihnen bie gewohnten $8eute$üge auf
s Jiaub unb ©flaoenfang oerbot unb ihnen burd) @in«
führung be§ firchltchen &t)rtttn bie Tribute rurjte,
al§ einen Eingriff in alte fechte,
jpctnri* 2)er Qwtft, ber hier nur erft glimmte, brach an*
unb berwärtS in offne glammen au§, juerft in Lothringen.
öo "on leb & ier cr ^ ob f id > £ er *°9 ©ottfrteb, bem ber ßönig nach
ßot&rin* bem $obe feine§ $8ater§ ©ojelo nur Dberlothringen
acn übertragen hatte, toährenb fein «ruber ©ojelo 9lieber=
lothringen erhielt, nrieberholt, julefct mit 93albuin V.
oon gplanbern oerbünbet, in Staffen gegen ben ®aifer.
Söefiegt oerlor er fein §erjogtum, ba§ nun 1048 an
ben ©rafen ©erfjarb, ben ©tammoater be§ bi§ 1735
bort regterenben ©efchledjtS, gelangte. Slber einige
^ahre fpäter, 1054, oermählte ftch ©ottfrteb mit SBea*
tri£, ber ©rbin be§ mächtigen SJcarfgrafen SBonifaciuS
oon £u3cien, Um biefe gefährliche SBerbvnbung 51t
burdjf reuten, zugleich um £eoS IX. Nachfolger, SBif tor II.
(©ebharb oon (£id)ftäbt), in feiner föwierigen ©tel*
lung in SHom $u befeftigen, ging #etnrid) III. im Qahre
1053 flum jioettenmale nach S^lien. $)a ©ottfrieb
ihm auswich, nahm ber ftatfer 93eatri£ in £aft unb
ihr gan$e§ ßanb in Söefifc. 3ugleid) unterfagte eine
©rjnobe in ftlorena unter ratierlichem unb päpftlichem
SBorfifc alle nicht bem ©tiftungSsioecfe entfprechenbe
SBenoenbung oon ßirchengut unb traf Verfügungen
gegen bie fimoniftif d)en 93ifd)öfe, führte alfo bie du-
niacenfifche 9ief orm weiter. 2)abet herrf chte aber $n>if djen
ftaifer unb $apft ba§ engfte ©inoernehmen, fobafc
Heinrich III. bem^apfte nicht nur baS ^er^ogtum ©po*
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SBegritnbung unb SfuSfcau be§ beutf^»tömift^en ttetd&ö
Ieto übertrug, fonbern ihn auch au feinem Statthalter
in Italien ernannte. (Sin 3n>iefpalt aroifchen ben beiben
Oberhäuptern be§ 3lbenblanbe§ frf)ien unbenfbar.
S)ie Nachricht t>on einer gefährlichen, gegen fein §einri$g
ßeben gerichteten Söerfchroörung jroeier unaufriebnen ^
Saienfürften, be3 £eraog§ Söelf von Kärnten unb be§
erft 1053 abgefegten $erjog§ ®onrab von Söaoern
mit bem ehrgeizigen 93ifd)ofe ©ebharb von SRegenSburg
üeranlafjte ben Äaifer plöfcltch nach$eutfchlanb jurüct-
aufehren, (£r oereitelte baburch ben tücfifchen 2lnfd)lag
unb war beg SReicheS biegfettS unb jenfeitS ber Sllpen
pöllig |>err, als er nach ©achfen ging, um auf ben
.£ö[)en be§ «partes Cfcrljolung fuchen. $ort ereilte
ihn auf ber Sßfala SBobfelb am 5. Oftober 1056 ein
früher $ob, gerabe alg bie SReichSoerfaffung ber
[chroerften Grifte entgegentrieb.
* *
2)a§ beutfeh^römifche föeid) mar roeber ein Sfla* $a8
tionalftaat noch *ta SBeltreid), fonbern ba3 unter ber
^öorherrfchaft ber $eutfchen vereinigte Mitteleuropa.
2)a bie SBerfaffung in allen brei deichen auf frän=
fifcher ©runblage beruhte, fo ging beren ^öerr)ältni§
ju einanber über bie reine ^ßerfonalunion mefentltch
hinaus, ©ine befonbre ^önigSfrönung in Italien
unb Söurgunb mar teine§n>eg§ SRegel, unb jumeilen
fanben fogar gemeinfame [Reichs- wie ^irchenoerfamm*
lungen für mehrere ßänber ftatt, wenngleich eine
SReichSgefefcgebung nach farolingifdjer 3lrt in feinem
beftanb, fonbern bie fyortbUbunß be3 Rechts ben
^ßrioilegien ber Könige unb bem örtlichen ©eroohn*
heitgrecht überlaffen blieb. 2)ie »erfchiebenheit be§
^rioatrecht§ xvax mit ber ©emeinfehaft ber brei deiche
natürlich ebenfo gut »erträglich roie mit ber mobernen
beutfehen SRetchSetnhett. 3n allen brei fiänbern mar ber
Äönig ber oberfte 9iicf)ter, ber oft genug ganj perfönlich
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faffung
120 fcie beutfä-romifae Äntfcrseit
eingriff; er erliefe ba§ Aufgebot, jefct aüerbingg nad)
eibltd) erhärtetem Söefchlufj ber ©rofeen, au§ beren
Söafaflenf c^aften e3 beftanb, er mar ber gröfjte ©runb*
herr beS 9ieid)3 unb oerfügte über bteS König3gut
üoüfommen nach ©utbünfen, er befefcte bie h*>hen
Staats* unb Kirchenämter, aüe§ in ber SBeife ber
Karolinger.
Än 9 3n brei Dichtungen aber ^atte ftd) biefe «erfaffung
feit ber SDittte be§ sehnten ^ahrhunbertS umgebilbet.
$ie Krone mar jetjt nicht mehr ohne roeitereS erblid),
fonbern bie Übertragung auf einen @ohn be§ regte*
renben §errn, bie allerbingS bie Siegel bilbete, erfor=
berte bie 3 u f^ mm w n 9 °er geiftlichen unb weltlichen
©rofjen, auch wenn fid) nicht eine förmliche Söafjl nötig
machte, ©obann war bie thatfäd)liche ©rbltd)feit ber
weltlichen $Reich§ämter im roefentlichen burchgefefct,
oollftänbig bei ben ©raffchaften, Üflarfgr äff haften unb
s ^fal3graffd)aften, erft teilmetfe bei ben Herzogtümern,
©ine rechtliche 8onberfteflung nahm ^Böhmen ein, beffen
§er$ogtum ftet§ eine erbliche, nationaltfdjechifche Staate
gemalt unter beutfcher Oberhoheit blieb. 2)a infolge-
beffen bie alten ©aue jumeileu jroifcheit mehreren ©rben
geteilt, überbie3 burch bie Immunitäten ber geiftlichen
Öerrfdjaften burchbrodjen unb serfetjt mürben, fo
üerfchroanben auch bie ©aunamen bi£ auf roenige
(SBetterau, Sunbgau), unb bie ©rafengefchledjter
nannten fich nach ihren Stammten. $a§ 2Imt
aber mürbe ein 2lnf)ängfel ber ©runbherrfchaften,
unb ba§ ©rnennung3red)t be£ König§ fdjrumpfte ju
einem $8elehnung§rechte jufammen, fraft beffen er bem
Inhaber be§ 2lmte§ bie gahnenlanje al§ ©innbilb ber
ihm ncrliehenen ©emalt unb ber bamit aerbunbnen
JHeich§lehn§güter übertrug, ©nblid) mar bie Kirche,
eben meil bie unaufhaltfame ©rblid)fett ber roett*
liehen JHeich^ämter, bie biefe ihres 9Imt3charafter§ ent*
lleibete, $um »ornehmften ©liebe ber DieichSoer*
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SBcgrimbung unb Hii86<iu bc§ beutf($«romifrf)cn 9tei#3 121
roaltung geworben unb baher in allen brei Weichen,
am meiften in Dberttalien, burch Verleihung ber 3m«
munität unb ganzer ©raffdjaften ju umfangreichen
weltlichen #errfd)aften gelangt, $a ein geiftlicher $err
ben «lutbann nicht fclbft üben burfte, fo richtete im
(Sdjtenbing über freie i'eute ber von ihm ernannte,
vom ftöntg mit bem Vlutbann beliehne Vogt (ad-
vocatus) ober (in ben rheinifdjen ©täbten) ber Burggraf,
immer ein ßaie, im gebotnen $ing über Heinere Sachen
ber vom SmmunUätgfjerm ernannte, vom Vogt be-
lehnte 6d)ultf)ei&, alle biefe Veamten mit ©dürfen au§
bem Stanbe be§ Verllagten nach beffen ©tammeSrecht.
$er tveltlid)-'geiftlicf)en Verfaffung bei SReidjS ent-
fprach bie Umbilbung beg 8önig§hofe3. ©eit ben ö ^° f
Ottonen bitbete feinen nnd)tigften Veftanbteil bie
Capelle (in ber Drganifation VrunoS von ftöln) unter
bem (£r$laplan oDer ftanjler, bie ©enoffenfefjaft be§
$>oflleru8 unb bie ^ßflanjfchule für bie geiftlidje Beamten*
ariftolratte be3 $fleid)3, bie Vifchöfe unb 3teict)3cibte.
daneben flanben für bie Söer f orgung ber §ofcimter unb für
bie Verwaltung be§ ßönigSgutS bie föniglidjen VafaHen
unb 2K imperialen, für bie 9iei$3gefd)äfte eine mit bem
jeweiligen Slufenttjalte be3 §ofe§ beftünbig tvechfelnbe
9lngahl von Vifchöfen unb üaienfürften. $)enn eine
fefte £>auptftabt mar noch immer unmöglich, unb aud)
§einric^ III. hat getvifc nicht beabfidjtigt, ©oSlar $u
einer foldjen ju machen.
Unter biefer Verfaffung hat 2)eutfcf)(anb ein 3af)r* Sfo
hunbert verh<niftnäfng innerer s Jhthe, äußerer ©tcher* i )e rr. *
heit unb friedlichen ©ebeihenS erlebt tvie niemals JJj^J
nor^er unb feiten nachher, ein (Srgebnte, ba§ ©«nbe
bann befonberS fcfjarf hervoroortritt, wenn man
bie gleichzeitigen fricblofen 3 u ftänbe S r anlreicf)3
baneben hält. Vor allem bie lanbbauenbe Ve*
völler ung, alfo bie ungeheure 9Dflef>r^cit , entmtcfelte
eine nachhaltige mictfchaftliche unb Iriegerifche ftraft
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122
Sie beutfdKrömtföf Aatferacit
von erftaunlicher Seiftunglfähigfeit. Slüerbingl war
jefct, wenige 2lulnahmen, in gröfjerm Umfange nur
in ©achfen , abgerechnet, ber freie SBauernftanb in bie
Slbhangigfeit r»on ben geiftlichen unb weltlichen ©runb*
herrn geraten; aber bie Seute ber am günftigften
ftehenben klaffe, bie 3w3&auern ((Senfualen), leifteten
bem ©rimbfjerrn nur einen rjöcfjft mäßigen QinS unb
fchulbeten ihm beim Antritt bei ©rbel ben SobfaH (*8eft*
haupt, balbefteStücf *Bteh)unb, wenn ber bisherige 3n*
rjaber mit einer nidt)t $u ben Untertanen bei $errn ge*
hörigen grau ©erheiratet war, ben Zuteil (einen $eil bei
©utel), waren aber bei brüefenben geerelbienftel lebig,
genoffen ben wirffamen ©chutj bei §errn unb ftanben
$u Riecht oor ©chöffen ihrel ©tanbel. ©rö&er war
bie 3<*ttf bt* a«f £>errenlanb angertebelten Rödgen unb
ber Unfreien (leibeignen); boch hatten auch tiefe lefctem
oft ein eignel ©ut ju bewirtfehaften ober burften all
§anbmerfer ($)agef falte) neben bem, wal fie all folche
für ben 2)ienft bei $errn ohne Entgelt &u liefern
hatten, auch für ben Verlauf arbeiten unb waren
namentlich in »ifchoflftäbten fd)on in 3ünften (officia)
unter herrfchaftlichen 3wnftmeiftern (magistri ofticiorum)
oereinigt 2luf$erbem ftiegen fie oft genug $u 3\n&
bauern, bie hörigen gu 9Jcinifterialen auf, unb biefe
nährten f«h, obwohl fie eine @he nur innerhalb ber
5)ienftgenoffenfchaft (familia, gedigene) fchlie&en burften,
unb ber £err ihre ftinber nach belieben oerheiratete,
burch Sßaffen? unb £ofbienft in Sebenlhaltung unb
©eltung ben freien SBafaflen (milites), würben auet) oon
(Schöffen ihrel Stanbel gerichtet. 2)ienftrechte begannen
biefe «erhältniffe für bie einaelnen #ofgenoffenfchaften
gefetjlich ju orbnen.
pol mt ber Slulbilbung ber 2Jcinifterialitat unb bei
1 5 ccr fiehnlwefenl twllenbete fich bie tängft angebahnte
©cheibung jwifchen SJcarjrftanb unb Söehrftanb. $)ie
SJlaffe ber SBauernfcfjaft war jefct aulfchlie&lid) wirt*
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Searünbung unb SluSbau beä beutf^-römtf^en $et$S 123
fchaftlich thättg, ber Söaffenbienft, ben fte, außer sunt
ßanbe§fd)u$, nicht mehr leifteten, war bie ©adje ber be*
lehnten freien unb SJttmfterialen geworben. 2)a§ föeid^ 1
heer war alfo feiner Sufammenfefcung nach eine Serbin*
bung fleiner Kontingente be§ Könige wie Der geiftlidjen
unb weltlichen $Heid)3beamten unter beren Bannern, bie
für ben Krieg $u einem ber ©renje be§ anjugreifenben
fianbe§ möglichft nahen ©ammelplafce entboten, r»on
ihrem Se^nS^errn mit einem beitrage ju ber foft*
fpieligen 2lu3rüftung unterftfifct unb nad) bem meift
turjen gelbjuge com König wieber entlaffen würben;
in militärtfcfjer 33e$iehung bilbete e§ ein §eer fernerer
Leiter in Kettenhemb (Brünne) unb fptfcer ©tahlfappe,
mit ©chilb, ©chwert unb fianje auf ungepan^erten
ftarfen§engften; wirf liehe tafttfd)e$8erbänbe gab e§nod)
nicht. $)aher fehlte im Kampfe jebe eigentliche Befehl 5
führung, unb bie fechtenben ©efchwaber Iöften fich nach
bem erften gefd)loffenen Anprall balb in wtlbem ©e~
tümmel $u ©injetfämpfen auf, in benen Kraft unb
2Kut be§ 3J*anne3 entfdjieben.
Unter ber Leitung ber ©runbherren, namentlich Ä ®oni
ber getftlichen, hat nun bie beutfehe 93auernfd)aft ba§ fation
großartige SBerl ber innern unb äußern Kolonifation
rüftig weitergeführt unb baburd) unferm SBolfe auf
Sa^rhunberte ein unbeengteS, alfo gefunbeS wirt*
fdt)aftlid)c§ 2)afein gefiebert. 2)ie 93erbinbung ber 3en*
tralifation in ber Settung unb ber 3)e§entraUfation im
^Betriebe ber großen ^errfdjaften burd) bie SBewirt*
fdjaftung in einzelnen, felbftänbigen, nur irgenbwie r»on
größern feften 3JlitteIpun!ten abhängigen Söauernftellen,
ba§ ©egenteil ber altrömifchen Satifunbienwirtfchaft
mit ©flapenarbeit, wirfte babei außerorbentlich günftig.
SHe Qrorm ber Einlage war meift ba§ ju Söalbhufen
ober (im SBruchlanbe) ju ähnlich geftalteten flämifchen
£ufen au§gethane S)orf, juweilen auch ber (Sinjelhof,
au3 bem fleh bann wohl ein 3>orf entwicfelte. <5o würbe
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124
Sie beutfcHömifti&e Äaiferjeit
bie innere ßolonifation 5. SB. im Düringer SSalbe, im
£arjlanbe, im 93öbmern>albe, in ben jugänglichern
2Itpenthälern biä gegen 1100 in ber ©auptfactje abge*
fchtoffen. 2>ie äußere ^olonifation war befonberS in
ben flanschen ©üboftmarfen thättg. SBagrifche SBiStümer
unb Softer ober weltliche ©runbherren, von ben
Königen mit auSgebehnten ©djenfungen faft immer
roilben ßanbe§ begabt, aermanbelten bie Dftmarf
(Dfterretch, Dftarrichi) junächft langS ber 2)onau au3
einem Ungeheuern iföalbgebiet in ein blüf>enbe§ Kultur-
lanb gan$ beutfdjen ©eprägeä. Sn ben Dftalpen*
länbern fam bie beutfd)e SBefieblung im mefentltchen
nur bi§ jur ©übgrenae be3 ©aljburger (£räfprengel3,
ber $)rau, unb ließ bie nod) unfidjern ©renaftriche nach
Ungarn fytn noch außer ©piet. Öftre ©auptfifce mürben
ba§ breite %^<d ber mittlem 3ttur unb ber milbe
Sanbftrid) von ftriefad) bi§ $8iHad>. S)od) gelten ftd)
^ier SHefte ber ©laroen fogar al§ freie ©runbbeftfcer,
menngleid) bie 2ftaffe hörig rourbe unb fid), fobalb fie
belehrt mar, rafch germanifterte.
Steiße« Snaroifdjen begann nun ein lebhafter roerbenber
©ewerbe* unb §anbel£betrteb ben SBann ber Natural*
5öerfet)r§ nnrtfchaft leife §u lodern. $afür ift bie polittfdje
SBerbinbung mit bein uralten ßulturlanbe Statten, ba§
höhere SSebürfniffe roedte unb zugleich 93orbilber gab,
ftcher oon großer SBebeutung gewefen. $ie unb ba
arbeitete unter fachlicher Leitung ba§ ßunfthanbwer!
nicht nur für bie SBebürfniffe ber eignen Hofhaltung,
fonbern auch fcfton für ben Söerfauf, fo in £egernfee
bie ©lagbereitung, in £ilbe3heim unter SBifchof Sern*
warb ber SBron^eguß. Sftorbbeutfche Äaufleute in
SHagbeburg, Oueblinburg, @o3tar Bereinigten fleh in
©chufegttben, um braußen in ber recfttlofen ftrembe auf
gemeinfame Rechnung unb ©efahr §anbel ju treiben;
fie gewannen oon Dlbenburg unb ©chleSrotg au§ auf
ber Cftfee, bie nod) auSfchließlid) oon ben Slawen unb
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Söeflvi'uibiitig unb Ausbau bes beutfdi'iümtjd&fu 9teid)ä 125
Sftorbgermanen beljerrfdjt würbe, SBerbtnbungen mit bcn
großen ©tapelpläfcen be§ DftenS, 3ultn (Sumne, 2öoHin)
auf Ufebom unb SBiSbg auf ©otf)lanb. ©übbeutfäe
|>ftnbler t)cr!ef)rten namentlich von SRegenSburg au3 bt§
nad) Ungarn, ^ßolen, Greußen unb SRufjlanb (8tew);
fte fliegen von (Sijur, oon 9lug§burg, von ber mittlem
S)onau auf alten SRömerftrafien ober neuen (Saum*
pfaben nadjber f onnigen ßombarbet hinunter. 9Iurf)ber
93mnenocrfef)r naljm &u, befonber3 weil bie SBeftfcungen
ber ©runbfyerren oft weit auSeinanberlagen unb if)re
s $robufte au§tauf d)ten , unb unter bem ©d)u£e be§
f önigltc^en Wlaxt tfrtebenS bübeten fi<^ anfe&nlidje 2Harft*
orte, bie gewöfmltd) aud) 2flünsftätten waren, rote ©r*
furt, Söürjburg, SHegenSburg, 9Iug3burg, ßonftan$,
SRorfdjad) u. a. m $lm füf)lbarften war biefer $luf*
fdjwung fldjerlid) in ben 9lt)etnftäbten, benen bie alten
Stömermauern fcfyon $u eng würben. 3lber and) in ben
öftlidjen ßolomallanben entftanben raf$ neue 2Härfte,
fo ®t. gölten, ftriefad), »tHacfc u. a. m.
9ttrgenb§ tritt bie Söebeutung ber Söerbinbung $ie «unft
$wifd)en $)eutfdf)lanb unb Italien flarer fjeroor al§
im geiftigen Seben, ba§ unter ber fjü^rung ber Ätrdje
feit Otto bem ©roften einen fröJ)lict)cn 9luffd)wung
na^m. Sftad) bem Sßorbilbe ber romantfdjen bauten
DberitalienS begannen au<$ bie beutföen S3i$tütner
unb ßlöfter bie alten einfachen, oielf ad) gewifj nod)
f)öl$ernen ftirdfjen burd) mächtige, oft turmreidje Stein*
gebäube §u erfefcen. $)aggefdjal) in ber^orm ber anfangs
fladf) geberften, fett bem elften !gaf)rl)unbert fünftlid)
überwölbten SBafilifa, bie aud) ard)tteftonif$ bie ftrenge
©Reibung ber ©emeinbe oon ber ©etftlidjfeit burdj bie
ftarfe @rf)öf)ung be§ auf bie ®rgpta (©rabftrcfje)
geftellten (£l)or§ über bie weit tteferliegenbe ©emeinbe^
fird&e tum 2lu§brurf brachte unb bnxd) aierlidjen
®d)murf ber ©äulenfapitäle wie burdf) ornamentale
Malereien be§ fonft einfacf)*ernften ^nnern belebte.
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$ie beutfdj*römtfd)c Äatferjeit
3n 9flagbeburg, Gueblinburg, ®o3lar, ©ernrobe unb
Bremen, in Samberg, s Iflain$, Himburg a. b. §arbt,
in ©pcier, Stier unb min führten bamal§ geiffc
Iic^e SBaumeifter unb gum Seil au<$ geifttid^e SBerfleute
foldje bauten au§. 3)er bof)e£aienabel ftanb barin hinter
ber Stirdje nod) weit ^urücf, benn beffen ©ut^r)öfc waren
immer nod) ^ofybauten; ba§ erfte SBeifpiet einer ftatt*
lidjen fteinernen, funftgefd)mücften ftönigSpfalj im
inneren $)eutfd)lanb gab ©einriß III. in ©o§lar.
S^ISS" OoSenbS aller Unterricht unb alle 2Btffenfcf)aft tag
} mb burd)au§ in geiftlidjen $änben unb mar faft nur für
****** fünftige ©eiftlid&e beftimmt. ftur mar bie 8ird)e un*
befangen genug, in ben blüfjenben $)om* unb Softer*
faulen neben ber ^eiligen ©djrift unb ben ®irc$en*
tmtern aud) bie Sttdjter unb ©efd)id)tfd)retber be§
alten iRom jum ©egenftanbe eifrigften ©tubiumS $u
machen, vor ädern al§ formale SBorbilber für eigne
SBerfe in latetnifd^er ©pradje. $)al>er mürben audf)
meift 9flönd)e, mie Söibufinb oon (Soroen, feltner
SBif^öfe, mie ber reifige Dietmar von 9flerfeburg
unter §einrid) IL, bie ©efd)icf)tf Treiber biefer Qtxt,
ofnte freiließ unter ber £>errfcf)aft ber 9lugufttntfd)en
5lnfd)auungen ju einer mirfltd) §iftorifdf)en Sluffaffung
gelangen ju fönnen unb olnte in ba§ SBefen ber 3)tnge
einzubringen, in benen fte melmeljr nid)t§ fallen al§
einzelne Sfjatfadjen. ©oroen, ©anber§ljeim unb £ilbe&
f)etmtn©ad)fen, SKetdjenau unb ©t. ©allen in ©cfjmaben,
•lieber s$lltaidf) in SSanern maren bie nridtjtigften
^flanaftatten biefer ©ef$id)tfd)reibung. Söenn aber
früher ber £leru§ bie beutfd)e£etbenfage al§ ^etbntfd»
abgelehnt unb ftd) nidt)t um bie Pflege ber beutf^en
©pracfje gefümmert tjatte, fo änberte ft$ ba§ je^t.
3n ©t. ©allen entftanb eine $lrt von Überfefcerfcfjute,
bie dt>riftli(±> * lateinif d)e ©tücfe in beutfdjer ©pradje
miebergab, unb ein f^roäbifc^er $i$ter, ©efebarb von
©t. ©allen (geftorben 973), mar e§, ber einen beutföen
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23egrimbung unb Sliiäbau beä beuttdj»römifcf)en 9leid>3 ]27
©agenftoff in utrgilif d)e öerameter go{?, ba§ 2öaltl)ari=
lieb; ein bagrifcfjer 9Beltgeiftlicr)er, $onrab oon Sßaffau,
fctjrieb ein lateinifctjeS SWbelungenlieb , wd&renb bie
waefere 9ionne £rot3foitba pon ©anber3&etm e§
unternahm, Saaten unb Öeiben beS fädtfifetjen §errfdjer*
fjauf e§ in ber f elben epif cfjen fjorm f d)Ubern unb bie leicht-
fertigen ©tücfe be§ £eren$ buret) ,,cr)rtftltcr)e ßomöbten"
ju Detbrdngen. Söaren jene epifdjen $icr)tungen fo gut
wie bie ©efd)id)t3werfe ein SöewetS, bafj bei beutfd)e
ftleruS trofc feiner lateinifdjen SBilbung national ju
benfen gelernt fyatte, fo fc)iett aucr) ba3 $8olf an
feinen alten Sagenftoffen au§ ber Söanbergeit unb
an ben etwa feit bem achten Satyrljunbert oom Orient
I>er etngebrungnen nawen $iergefd)tcr)ten feft. <5elbft
für bie aeitgenöfftfcr)e ©efctjidjte fannte e3 feine anbre
g-orm ber Überlieferung al§ bie münblicr)e <5age unb
ba§ Sieb be§ fafjrenben ©pielmannS, ber bei feinem
fjefte festen burfte. Obwohl wenig geachtet, war er
bod) eine 3Jcad)t im ßeben be§ 2Jolfe§, beffen Meinung
über aflenferjen unb ©retgntffe oor ädern er beftimmte.
Unzweifelhaft waren bie fdjarfen ©egenfäfce, ftaefctiffc
bie ba§ innere fieben ber beutfdjen Nation feit
ber SBegrünbnng ber fränfifdjen $errfd)aft unb bem
©inbringen be§ (SfjrtftentumS jerflüfteten, in ber 9lu§«
gleicrjung begriffen. D^cic^ unb Sftrdje waren al§
93erwaltung3organi§men untrennbar miteinanber t>er*
fdjmofyen, bie alte ©elbftanbigfeit unb ©in^eit ber
Stamme§gebiete mar gelocfert, in granfen unb Biebers
lot^ringen fdjon ^erftört, ba§ Übergewicht ber &to%*
grunbf)errfctjaften mar feftgefteUt, o^ne bie 93auernfd)aften
ju fnecr)ten, bie burd) fte oielme^r ju großen, äufeerft
leiftung3faf)igen Söerbänben &ufammengefafjt waren; ber
8lero8 war buret) ©runbbefifc unb praftifcr)e Arbeit natio-
nal geworben, unb bie £aien geigten fierj ooH fircf)lid)en
©iferS. grreilicr) lehnten fle nod) immer jebe litterartfcrje
$ilbung ab, jaf)lreicr)e fjeibmfdje 0eroo$i$eiten unb 3ln*
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Die &eutfd)»römifdje Äaiferjcit
fchauungen ftanben noch ungebrochen aufrecht, itnb bie
2)eutfcf)en jener fyit f e *&ft waren ein lebensfrohe^,
fmnlicheg, berbeS, trofcigeS unb leibenfchaftlicheS ©e=
fehlest, aber hochfmnig, treu unb unbebingter Eingebung
fehr roohl fähig, nur burcrjau§ abhängig oon Über*
lieferung, ©efühl unb ^h^ntafie, baher rafchen, faum
berechenbaren ©timmung§roechfeln unterworfen,
«usp^ten 2)a nmrbe e§ nun ein roahre§ 93erhängni3, bafc
ber roeltfeinbltche firchenpolitifcrje 3beali§mu§ ber
©tuniacenfer von ftranfreief) unb Lothringen h^ 1»
9iom jur §errfchaft getaugte unb auch &w beutfehe
©eiftlicrjfeit $u ergreifen begann. 6iegte biefe SHich*
tung, fo unterbrach fte ben eingeleiteten inneren 2lu&
gleich atoifdhen ßleruS unb £atenfchaft unb mufrte
bie enge SBerbinbung jnrifchen Königtum unb &ird)e,
auf ber bie ottonifche 9ieid)3üerf äff ung , bie einjige
bamal§ mögliche, beruhte, befämpfen; fte griff bann
alfo ben SBeftanb be§ SHetchS unb ber Nation felbft an
feiner Söurjel an unb befchtoor bamit unabfefjbare
kämpfe herauf.
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3tx Kampf um Ütetrfi*- utttr
ftttdisntarfaflung* 1056 bte 1152
-f5j\ie 2öud)t btefeS unoermeiblicrjen Kampfes legte fid) ß ö »ifli«
,4^ in feinen Anfängen auf bie ©djultern cme§ Knaben Äflne8
unb einer fd)toacrjen, unfelbftänbigen ftrau. Königin
3lgne3 fannte roeber bie 2ttenfd)en nod) bie $inge,
folgte bei einer bi§ jur #ngftltd)feit gefteigerten ©e*
nriffenfyaftigfeit oft ungeeigneten Ratgebern unb war
bei ir^rer ftreng ftrcr)Iicrjen ©eftnnung ben ctunia*
cenftf d)en Sbeen gegenüber innerlich wehrlos. @o
gab fte fcrjon 1056 SuScien an ©ottfrieb oon Sot^
ringen aurücf, oerlief) 1057 ©cfyioaben an SRubolf oon
9t!)einfelben, ifyren fpätern©d)nriegerfo!m, 1061 SBanern,
ba§ ir)r ©emafyl feinem jungen (Srben §einrid) r)interlaffen
rjatte, an ben <Sad)fen Otto oon Sftorbfyeim. 3JMt
Ungarn ftrebte fie ein frtebltd)e3 Söerr>ältni§ an, inbem
fte it)re £od)ter ^ubitb mit bem ^ronerben ©alomom
bem ©otyne be§ &imig§ 2Inbrea3, oerlobte, aber fie
fonnte bann nid)t oerfjinbern, bafc $lnbrea§ 1060 oon
feinem SBruber Jöela geftür$t nmrbe unb ©alornon
nad) S)eutfd)lanb flüchten mufcte. 2Utd) frätere beutfd)e
gelbjiige au feinen ©unften änberten baran nidt)t oiel.
$et aScrbegaiifl bcö beut}c^cn Jöolfcä 1 9
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Sie beutfä«tömif($e Äatferjcit
©ieß ber ^ber ba§ aflc§ trat an Söebeutung weit $urücf
e »om in hinter ber fir$lid>en SReoolution, bie ftd^ nadf) bem
Stöbe SMftorg IL (in Slre^o Sult 1057) in Italien
t)oÜ3og. ©d)on bie 3öat)l Stephans X. (griebrid)§ von
ßotfyringen, eineS 93ruber§ von ©ottfrieb) burd) ba§
römifcfje $ott allein o^ne 93ead)tung ber fönigttcfyen
$Red)te war ein ©ieg ber SHeformpartei. bann
nad) beffen rafcfyem £obe im 9Hära 1058 nod) einmal
ber römifdje 5lbel einen Sßapft, 93enebtftu§ X., erf)ob,
ba ©erftänbtgte ftd) ber geroanbte unb entfd)loffene
2rül)rer ber föeformpartei, ber ®ubbiafonu§ £>ilbebranb,
fernen mit bem beutfdjen §ofe, ließ in ©iena ben
(Srabifdpf ©erwarb von &Ioren$, ben er gan$ be*
Ijerrfdjte, jum Zapfte mahlen unb führte ifyn na<$
SRom, rvo er am 24. Januar 1059 al§ SftifolauS II.
im Sateran intfyroniftert rourbe. Unb nun gingen bie
^Reformer, an ifyrer ®pit>e £>übebranb unb ber ®ar*
binal Gumbert von ©ifoa ©anbiba, rafdj unb ftdjer
auf ifjr 3iel Io8. 2)ie§ mar ni$t mefjr bie pttlic^e
Reform ber $irrf)e im ©inne §einrid)3 III. unb Ceo§ IX.,
fonbern bie JJreifjeit ber $ird)e von ber Söelt unb
alfo ifjre §errfd)aft über bie SBelt. 2)at)er befdijlofj
fdjon bie römifd)e Dfterfgnobe 1059, bie SBa^l be§
s £apfte§ ben ftarbinalbtfdjöfen (b. i. ben 93ifd)öfen be§
römifdjen ©rjfprengelg) unter HKitnnrfung ber (ftabt*
römifcfyen) ßarbinatpfarrer, aber unter $Iu§fd)lufj be§
bt§f)er aflein wahlberechtigten „®leru§ unb S8olf§" unb
mit Umgebung ber faif erliefen ^ecfjte §u übertragen,
perbot ben ©eiftlidjen, ein geiftlid^eS 9Imt au§ ber
§anb eine§ Saien anaunefjmen, unb erneuerte bie Ver-
fügungen gegen bie ^ßriefterefye. 3 U 9^^ fieberte ftd)
bieS neue ^ßapfttum eine fefte weltliche 9Jtad)t, inbem
e§ fraft ber fogenannten ftonftantinif djen ©cfjenfung
bie ^ormannenfürften Dttdjarb von Sfoerfa unb ßapua
unb Robert ©ui§carb oon Slpulien mit i^ren öänbern
wie mit ben erft ju erobernben ©ebieten (Ealabrien unb
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£er ßaiiipf um bie 9tei$ö« unb «infcettfcerfaffunfl 131
©Otiten belehnte, unb unbebenfltdj bebiente e§ fid)
einer rauften geiftüdjen Demagogie, um in ben lombar*
bifdjen $8ifd)of3ftcibten burch bie ©ibgenoffenfdjaften ber
„^ßataria" (b. i. be§ SumpengefinbelSj ben ^ßöbel gegen
bie fimomftifdjen unb ©erheirateten ^ßriefter ju fye^en
unb batnit bie 93ifd)öfe, bie beften ©tüfcen ber beutfcfyen
gerrfcfyaft, mattaufefcen.
Olm* irgenbroelcfee energifcfje ©egenroef)r roid) ber S*jprj9|
beutle ^ömg§r)of vox biefer fü^nen SReoolution mei^ö- c
jurücf. 3n>ax oerroarf eine beutfcfye ©tmobe 1060 bie re s teru "3
römtfcf)en *8efd)lüffe, unb bie lombarbifdjen 93ifd)öfe
ftellten jufammen mit ben beutfdjen unb mit Königin
SlgneS in »afel im DI tober 1061 §onoriu3 II. (Ca*
balu§ von Marina) al§ ©egenpapft auf, aber im SBunbe
mit ©imomften, nrie biefe $8ifd)öfe meift waren,
!onnte bie ®rone bie§ reformierte ^apfttum ntd)t
übernrinben. (53 gelang £onortu§ II. nid)t einmal,
fid) in 9iom feftjufefcen, ba ©ottfrieb oon %\x§*
cten eigenmächtig unb etgennüfctg einfd)ritt. ®ur$
barnad), im 5Iprit 1062, entführte ber ehrgeizige unb
energifdje @r$btfd)of Slnno von ®öln, Iängft un^u-
frieben mit bem fd)laffen, unfichern Regiment ber
Königin Signet, im ©inoerftänbniS mit (Stöbert oon
S8raunfcf)raeig unb Dtto von Sftorbheim, ben jungen
ßönig feiner SKutter in ßatfergroerth unb rif? bamit
bie Dieidh^regierung an fid). 5lflein fchon im 3»uni
1063 fetjte e§ $lbalbert oon Bremen burch, bafj ihm
bie Leitung ber ©efdjäfte übertragen, feinem 2lmt§*
bruber in ßöln nur bie @r$tehung be§ ®önig§ über*
Iaffen würbe. Slud) biefer machte er balb ein ©nbe,
benn au Oftern 1065 lieft er Heinrich IV. in 38orm§
mit bem ©chroert umgürten, alfo münbig fpredjen
unb ©erlegte bann ben @ifc be§ §>ofe3 auf fäcfjftfdjen
©oben, nach ©oSlar. ©egenüber SRom gcfdt)ac) freiliefe
trot} langer $erhanblungen nichts entf cheibenbeS ; that*
fächlich erfannte alfo bie ßrone bie 93efd)lüffe ber
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V62
$ie beut|rf)»rötitifcf)e Äaiferjcit
Ofterfnnobe oon 1059 unb bamit tfyre eigne %\\&
fd)liefiung oon ber s #apftioal)l an. $enn für ungleid)
wichtiger galt SIbalbert bie Vefefttgung feiner ers*
bifd)öfltd)en Stellung buret) bie Verbreiterung tfyrer
weltlichen ©runblage, unb nriflig förberte üjn barin
ber junge $Ömg, beffen Vertrauen er oölltg gewonnen
hatte. Slüein ba er baburd) ben §aji be§ ßaienabel§,
namentlich be§ fächftfehen, aufs äufeerfte ftetgerte, fo
tourbe §einrid) IV. auf bem 9teid)3tage oon £rtbur
im ^ a " uar 1066 gezwungen, ben ©rgbifchof vom
£>ofe §u entfernen unb ihn feinen fädjftfcfjen ^^nben
$u überlaffen, bie nun gierig über feine ©üter fyer*
fielen. $a$u brauen 9lbalbert§ fircf)licf)e Schöpfungen
im Obotrttenlanbe oor einem fyeibnifcfyen Slufftanbe
gufammen. Unter biefen Umftänben oermod)ten bie
jetjt leitenben Scanner, 5lnno oon ®öln unb Otto
oon 9iorbf)eim, in SRom nicht ba§ minbefte $u er*
retchen; ja 5lnno tourbe mit anbern beutfehen Vtfd)öfen
toegen (Simonie gur Ätrchenbufce gejmungen, unb fo*
gar ber ®önig mufite oor bem neuen ^ßaofttum jurücf =
toeid)en, benn bie§ oerfagte ihm 1069 runbtoeg bie
Genehmigung gur Scfyeibung oon feiner jungen Ge-
mahlin Vertha oon ©aoowen, ber £od)ter be§ OTarf-
grafen Otto, bie ihm gioar oon feinem Vater fd)on
in ber ßtnbljeit oerlobt, aber 1066 oon ben beutfehen
dürften all^u früt) gegen feinen 2ötHen aufgebrängt
'toorben mar.
£eittTi($ Solche !gugenberfahrungen toaren nicht geeignet,
n säbelt einen h«nnonifchen unb ftetigen 6*)arafter $u bilben.
3n ber %t>at toar ber junge ßönig ftolg, letbenfchaft*
lid), racr}füd)tig, unbeftänbig, aber ohne .ßroeifel <*ucf)
hoch begabt, t^atfräftig, unermüblid), finbig in feinen
9Jtitteltt, batb ein Sfteifter ber Verhanblung unb be§
@d)ioerte§, bagu eine fänigliche @rf Meinung.
mählich begann er f elber &u regieren, blieb meift in
Goälar, umgab ftd), ftatt mit dürften unb Vifd)öfen,
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$er ßampf um bic 9*eitf)B« unb ßirrfienüevfaffunß
133
bie ihn immer nur getäufd)t unb bebrängt Ratten,
mit fd^tüäbifdjcn unb fränfifchen SJUnifterialen, unb
rief fd)on 1069 Slbalbert an ben #of jurücf. Unb
nun traf feine SRadje juerft Otto von Sftorbheim, ben
anerfannten 3-üf) rer be3 fächfifchen 2lbel3. 5luf eine
fd)lecht begrünbete 5lnHage l)\n würbe Otto 1070
wegen eine§ 9ftorbanfchlag3 gegen ben ftönig geächtet
unb fein §eraogtum Magern an 2öelf IV. gegeben,
ben Sohn be3 2Jlarfgrafen 9Ia$o II. von @fte unb
ber 2Belftn ftumgunbe, ber (Srbin ber fchmäbtfd)en
unb baqrifchen ©üter be3 2öelfenhaufe3 nach bem
5lu8fterben feiner männlichen Sinie mit Sßelf III. von
Kärnten 1053. Sftach hartem Kampfe, in bem Otto bei
9ttagnu3, bem ©ohne be§ £er$og§ Ohrbulf oon Sachfen,
Unterftüfcung f anb, würben beibelOTl $ur Unterwerfung
gezwungen, Otto gwar 1072 au§ ber $aft entlaffen,
2ftagnu3 aber noch feftgehatten. ®ur$ barnad) ftarb
5lbalbert in ©oSlar.
SIber bie SJttfjftimmung in ©achfen würbe noch * tx
vermehrt, al§ .§einrich IV., um bie Stellung be3 bau 9 unb
Königtums in biefem ihm lange entfrembeten Sanbe J«^
befeftigen, jum ©djutje be§ ®rongut3 ring§ um ben siufftanb
£>ar$ an oortrefflic^ gewählten Steden einen Strang von
feften Burgen anlegen liefc, barunter oor ädern bie wahr-
haft föniglidje £>ar$burg unweit oon (Boslar, unb ba$u
hier unb ba abhanben gefommne§ $Önig§gut einbog,
allerorten aber bie ummofmenben SBauern $um gefetjs
liefen „Surgmerf" tyxan$o$. 2)en grotlenben ©achfen
erfd)ienen biefe ÜJlafcregeln in Söerbinbung mit ber ©e=
fangenhaltung be3 jungen 9Kagnu§ auch nad) bem
iobe feine§ *Bater3 Ofjrbulf al§ Söebrohungen ihrer
Freiheit nun Heinrich für ben $Iuguft 1073 ein
Aufgebot gegen bie ^ßolen erlief weigerten fkh oie
fächfifchen (Sbeln an ber §eerfaljrt teilzunehmen, unb
furj barnach rief Otto oon 9torbheim in einer großen
SBerfammlung bei (Stieben bie (Sbeln unb freien
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134
Xie beutfcf|«römÜd}e Äaiferjeit
3Jcanner für bie „Qfreüjett <Sad)fen§" gegen ben 8ömg
unter Söaffen. if)r Aufgebot am 7. $luguft übers
rafdjenb vor ber ^ar^burg erfduen, lieft ber ftönig
2Kagnu§ frei, ritt aber felbft auf Ijeimlidjen SBerg*
unb Söalbpfaben über ben £mr$ nad) £>er§felb, wo
ftd) ba§ fränfifdje Aufgebot $um ^olenfrtege fam-
melte. $a ftd) bie fränfifcfyen $erren jebod) roeber
bamalS nod) im .ßerbfte gegen bie @ad)fen ftarf genug
füllten, fo roid) §etnric$ nad) 2öorm§ jurütf. ©rft
bie bewaffnete ©rfjebung ber bortigen (Senfualen unb
Rödgen $u feinen ©unften gegen tfyren SBtfdjof, bie
erfte felbftänbige £l)at be§ roerbenben beutfdjen
$8ürgertum§, bie ber ®önig feiner treuen <Stabt mit
bem erften ftäbtifdjen Freibriefe lohnte, brängte bie
fdjroanfenben fübroeftbeutfdjen 93ifd)öfe auf feine
(Seite. 9JHtten im Sötnter nad) ber Söerra aufbredjenb,
mufite er inbe§ ben @ad)fen, ba ber tiefe @d)nee
jeben Söormarfd) Ijinberte, im SBaffenftiüftanbe von
©erftungen am 2. ftebruar 1074 *8er$ett)ung unb bic
Schleifung ber 93urgen t»erfpred)en; nur von ber £ar$*
bürg foüten ^fala unb ®trd)e fielen bleiben.
Sien bc§ $a brachte bie blinbe ßeibenfcfjaft ber ©adjfen,
Stoma* BertragSbrüdjig unb f irdjenf erj änberif d) aud) btefe
bauten rof) jerftörten, unb bie gurcfjt r»or bem
Umfidjgreifen ber ftäbttferjen Bewegung, bie ftd)
$u Oftern 1074 aud) in ®öln gegen ben (§x&*
bifcfyof 3lnno erljob, eine t>öflige Söenbung ^u ©unften
be3 ®önig§. Me bie ftoljen fübbeutfdjen Herren
leifteten if)m jetjt 3 U 3 U 9> un0 am 9 » 3"™ 1075
erlag tfjren ©efd)tt»abern ber tapfere fädjfifcrje 2lbet
unter Otto t»on 9*orbl)eim in ber blutigen @d)lad)t
bei $of)enburg an ber Unftrut. 9tad) fernerer S8er*
roüftung be§ Canbe§ unterwarfen ftd) im Dftober bei
<Spira unroett ©onberitjaufen bie fäd)fifd)en ©bellt
bem jungen ßönig. ©r lieft fte alle in §aft nehmen,
verteilte ifjre 2ef)en an fübbeutfdjc SBafaHen unb be*
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£er Stampf um bic ftetd)§' Httb ftirtfennerfaffung. 1 35
faf)l feine Burgen nrieber aufzurichten. 9tur Otto
von $Korb$eim begnabigte er unb übertrug ifym bie
Verwaltung @ad)fen3. 2)a3 Öanb festen üofltommen
ntebergeroorfen, bie ^önig§mad)t bort für alle 3etten
begrünbet.
2)od) nmfjrenb biefer Söirren unb kämpfe machte xoxu
bie ftrd)enreformatorifd)e Bewegung aud) in $>eutfd)s ^rdien'
lanb, geförbert burd) Softer, wie ba§ von 9lbt Söilfjelm «form
umgeftaltete fcr)tt)äbifd)e §irfd)au, unb burd) eifrige
ü8tfd)öfe, rote 3Htmann von ^affau unb ®ebf)arb von
(Salzburg, rafetje ftortfdjritte, unb in Italien errang ba3
^apfttum ©rfolg auf Erfolg. $ie Normannen, feine Va=
fallen, üoflenbeten bi§ 1076 bie (Eroberung ©übitatien§
unb begannen bie Unterwerfung <Si$ilten§, unb in
9Jlittelitalien roar $n>ar ©ottfrieb 1069 geftorben, aber
fein <§o!)n ©ottfrieb ber §örfrige überlief SuSrien
gans feiner ftreng päpftlidt) gefinnten ®emat)ün, feiner
<§tieffdf)roefter 3Jiatt)iIbc unb beren 9Jcutter Veatrij.
(Snblid) rourbe in SRom nad) bem £obe 9lle£anber§ IL
ber bisherige fieiter ber päpftltdjen ^olittf, ber 3lrdf)t*
biafonuS §tlbebranb, bei ber S3eftattung§feier be3
Vorgängers in ber Sateranfirdje am 22. Slpril 1073
etyne jebe 2öaf)lf)anblung, burd) blofmt 3 uru f oom
Söolfc al§ ©regor VII. auf ben päpftltdjen <§tul)l
erhoben (geboren um 1025 in <§aona unroeit be§
Volfener <§ee§), ein ßinb armer 8eute, fein genialer
SHenfd), aber mutig, raftloi tf)ätig, leibenfdjaftltcf),
unerfcfyütterltcrj in feiner tyerarcfytfcfyen Überzeugung,
beren Folgerungen er unerfdjrocfen unb im beften
©lauben an fein gute£ iRcctjt oljne 9tücffid)t auf praf-
tifd)e (Srmägungen unb auf bisher unbeftrtttne 9ied)te
anbrer $og, ein rabifaler firdt)licr)er ^bealift. 9113
foldjer führte er auf ber römifdjen gaftenfqnobe im
gebruar 1075 ben entfdjeibenben @d)lag. ©ie bannte
bie fimonifttfd)en föäte be§ ®önig§ unb au§ gleiten
©rünben brei beutfdje «ifd)öfe unb erHärte, ba{3 bie
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13(3
2sie beutfä-römtfäc Äaiferscit
Snoeftttur ber SBifdjöfe burd) ben ßönig gegen ba3
SKed)t ber ®ird)e fei.
Sät ^amit legte fte bie 2I^t an bie Sßurjel ber beut*
$a»ft unb fcf)en $Reid)3üerfaffung. $)enn bem Könige bie 3n-
»önifl oe p| tur nehmen, ba§ ^tefs t&m ba§ <Red)t nehmen,
feine nrid)tigften Beamten gu ernennen. Erbittert
über biefen Eingriff in feine SBefugniffe unb gehoben
burd) feinen glänjenben Sieg über bie Sacfjfen, roieg
|>einrtd) bie ihm $u Neujahr 1076 in ©oilar über*
brachten römif d)en »efälfiffe nid)t nur tuxüd, fon=
bem ließ nod) im Januar im ^ei&en 3orn burd)
eine beutf^e <St)nobe in 2öorm§ ©regor VII. feines
angemaßten 2lmt3 entfetten. 3)er aber antwortete
auf ber gaftenfgnobe am 21. fjebruar 1076 mit
ber SuSpenfion ber in SBormS oerfammelt geroefenen
Sötfchöfe unb mit bem Söanne gegen ben ®önig,
inbem er gleichzeitig beffen Untertanen vom (Stbe
ber £reue entbanb.
(£3 mar ein unerhörter, unglüdf feiiger Schritt,
bie Sßroflamation ber vävftlityn Söeltherrfdjaft unb
bie ©rflärung eines Krieges von fünfzig fahren, ber
baS beutfd)*römifd)e Dteid) bis in feine ©runbfeften
erfdjjüttert unb ber Ätrche bocf) nicht ben geträumten
Sieg gebracht fyat.
fcfrfatt i« $)a§ jcttje Sonbertum ber Saufen t)atte ber
ZV* ^önig mit SBaffen gern alt gebrochen, mit ben SBeltherr*
fd)aft§tenbenjen beS ^ßapfttumS allein märe er ebenfo
gut fertig geroorben roie mancher feiner Nachfolger;
erft als biefe fid) mit ber Selbftfud)t be§ J)o^en
beutfdjen 9lbel3 unb bem $rofee beS fächfifchen
Stammes cerbanben, brach feine SUiad^t §ufammen.
35enn ein ungeheurer 3lbfa0 folgte bem Söanne,
unb abermals erhoben ftd) bie Sachfen. Verraten
unb oerlaffen mußte §einrid) in peinlichen Sßerhanb*
lungen gu Srtbur im Dftober 1076 bem 93ifd)of oon
SöormS feine fönigStreuen ©ürger preisgeben, feine ge*
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Der Äampf um bic 5Reid)§* unb ßtrdjenuerfaffung
1S7
bannten SRäte unb 93ifd)öfe com §ofe entfernen unb
t>erfpred)en, ftcf) ber 9iegierung3gefd)äfte $u enthalten
bi§ aur fd)teb§rid)terlid)en (Sntfdjetbung be3 ^ßapfteS,
ber jum 2. ftebruar 1077 nad) 9Iug3burg eingelaben
umrbe. Überbieg oerftänbigten fid) bie dürften, ba£
fHcic^ al§ „oerroaift" $u betrauten, fafl§ ftd) ber
&önig nidjt binnen $al)re§frift oom Sanne löfe.
$)a §erri& $etnrtd) mit einem füfmen unb Der* Tic mte
zweifelten ©ntfdjluffe ba3 um u)n gelegte ftefc. Won J™ fl - rt
feiner treuen ©ema^lin 93ertf)a begleitet, bie längft
feine ßiebe geroonnen fyatte, uberftteg er $u Einfang
Qanuar 1077 im f)ärteften Söinter auf faum gang-
baren ©aumpfaben im ©ebtete feinet ©djmieger*
oaterS ben SUlont (Sem3 unb erfdjien überrafcfyenb
in ber Sombarbet. ^ubelnb boten üjrn bie 93ifd)öfe
unb @beln be§ £anbe3 ü)r gute§ ©djroert gegen
ben ^ßapft, unb biefer, fcfyon auf ber Dteife nad)
$)eutfd)lanb begriffen, fud)te 3uflud)t bei ber ©räftn
äKatfytlbe auf bem feften ftelfenfd)loffe (Eanoffa
oberhalb SReggio. $)od) £einrid) wollte nid)t ben
Stampf, fonbern bie SBerföfjnung. Unb fo ftanb er
benn mit anbem ©ebannten brei £age lang, Dorn
25. bi§ jum 27. Jganuar, im ©d)lof$f)ofe oon ßanoffa,
im Süfcergeroanbe „mit naeften 5 u & en / nüchtern com
borgen bi§ §um Slbenb, be3 römifdjen <|kpfteS Ur*
teil erroartenb." $>er aber fonnte unb burfte al§
^ßriefter bem Süfjer md)t oermeigern, roa§ er bem
Könige oerroeigert l)ätte, er liefc ü)n nad) fernerem
innern Kampfe ein, fprad) il)n oom Sanne lo§ unb
reidjte U)m ba§ Slbenbma^l. $>amit f)atte ber ßönig
taufenbe oon ef)rlid)en ©emütern bafjetm beruhigt,
er fjatte ben Sunb jroifdjen bem Zapfte unb ben
rebeüifd)cn beutfdjen dürften jerfprengt unb biefen
ben SHed)t3grunb für tfjren 2lufrul)r entzogen. ^ cr
$)en 3lufrul)r felber üerljütete er bamit fretlttf) fff*
t emegroeg§, benn ber Sann mar nur ber Sorroanb für tf)re tvfcg *
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138
Die beutfä*rÖimfd)e ßaiferactt
felbftfüchtigen Steftrebungen geroefen, nicht ber ©runb.
2>aher n)äf)Iten bie Slufftänbifchen fchon am 13. Wläx$
1077 in 3r° rc W e i m Dürnberg ben £er$og s Jtubolf
r»on (Schwaben ju intern $önig. $od) nur bic ©achfen
traten unbcbingt für ihn ein, im ©üben nur bic
3äl)änger im 93rei3gau unb bie 2Belfen im füböft=
liefen (Schwaben , ba§ übrige 2)eutfd)lanb blieb im
ganzen bem rechtmäßigen Könige treu, ber $u Anfang
SJcai oon Kärnten unb Dfterreicf) ^er in SRegenSburg
erfchien. Snbem er bie $onau* unb ^einlinie be=
berrfchte, umfaßte er bie f ad) fif che §auptftellung
OiubolfS, unb im SBefi^e ber 9flainlinie mit bem
feften 2öür$burg trennte er ihn t»on feinen fübbeut*
frfjen ©unbeSgenoffen. Um 2öür$burg unb auf ber
ßinie vom Wlain nad) Düringen unb ®ad)fen fpiel*
ten ftd> beähalb bie kämpfe biefeS traurigen Bürger*
friegeg ab. Dbroohl ber SlbfaH 8eopolb§ II. von
Ofterreich $u ben ©regorianern 1078 ihn ihm SHücfen
bebrohte, behauptete bod) Heinrich jene fränfifche
Sttittelftellung trofc ber Sftieberlage von 9Jcelrid)ftabt
nörblid) von 2Bür$burg am 7. Sluguft 1078, entfette
SRubolf unb Söelf ihrer Herzogtümer unb übertrug
©chnmben 1079 an grtebrid) *> on ©üren, beffen ©e*
fd)led)t, bie $ohenftaufen, e§ feitbem behaupteten.
@rft at§ fein Singriff auf <5ad)fen in ber @d)lad)t
bei Flarchheim unroett 9Jtühlh<*ufen in Thüringen
am 27. Januar 1080 gefdjeitert mar, meinte Tre-
gor VII. fich offen für S^ubolf entfeheiben &u fönnen
unb erneuerte be§halb am 7. 9ttär$ ben 33ann gegen
Heinrich. $och ber ©rfolg blieb au3. $)ie beutfehen
unb italtenifchen Anhänger fchloffen ftch umfo fefter
um ben ßömg sufammen. ©ine beutfeh - lombar*
bifche ©nnobe in SBriyen entfette am 25. Sunt
©regor VII. $um ^roeitenmale feine§ 2lmt§ unb
mahlte an feiner ©teile ba§ £aupt ber lombarbifchen
SBifchöfe, SSibert von SHaoenna, gutn ^apfte.
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$er Äampf um bie SRctc^S- unb Äircf)cnt>crfaffung 139
(£f)e fidj §einricf) anfcf)icfte, biefen Urteilöfprucf) 9?3 ^ Ufl
8tt ooflftrecfcn unb Sötbert nach 9tom $u führen,
rooUte er bic @ad)fen meberroerfen. ttun blieb ihm Mmm
jroar in ber Reiften (Schlacht bei $of)enmölfen an
ber Söeifjen ©Ifter, ber erften in ber blutgebüngten
Seip^iger (5d)latf)tenebene, am 15. Oftober 1080 ber
©ieg roieberum oerfagt, aber ba§ ©otteSurteü fprach
nach ber Meinung be§ «olfe§ für ihn, benn Diubolf
üon Schwaben fiel tätlich oerrounbet, unb bie (Gegen-
partei roar für bie nädjfte Seit ohne $aupt @o brach
ßeinrich im 9Jiär$ 1081 nach Statten auf unb ftanb
fd)on am 21, 3flat cor Dtom, benn 9Jiatf)ilbe t>on
$u§rien roar ihrer $8af allen gegen ben ßönig nid)t
ftcher, unb ber ^ormannenfjerjog Robert ©uiScarb auf
einem (£roberung§$uge gegen ba§ bnjanttnifche fHcidt)
begriffen. £rotjbem gelang e3 ben fchroadjen Gräften be3
$önig§ erft am 3. $uni 1083, bie ßeoftabt $u überrumpeln ;
bie 5lltftabt dtom übergab if)m bie enbltch friegSmübe
geroorbne 33ürgerfcf)aft erft im 9JMr$ 1084, al§ ftatfer
3ltc^io§ I. it)m bujantinif^eS ©olb $ur Verfügung
gefteflt hatte, darauf intfjronifierte ber ftönig 5ötbert
al§ (£Iemen£ III. unb empfing au£ feiner §anb am
31. 3Mr$ im Öateran bie ßaiferfrone. 9tur in ber
©ngelSburg J>ielt fief) ©regor, unb jefct enblid) fam
Robert ©utecarb jum ©ntfafce tyeran. Sßor feinem
übermächtigen $eere räumte ber Slaifer bie „eroige
@tabt," ber 9cormannenher$og aber »erging, am
28. 2Jlai burd) bie ^ßorta ^ßia einbringend eine fo
furchtbare ^lünberung unb Verheerung über SRom,
bajj ©regor VII. bem ©rtmme ber ©ürgerfchaft
meieren unb mit ben Normannen abgießen mufjte.
3n ihrer §auptftabt, bem bergumfränjten ©alerno,
ift er fd)on am 25. Sftai 1085 geftorben, in ber S8er=
bannung unb al3 Söefiegter, roie er e§ felbft empfanb
unb in bittem Söorten eingeftanb. * «
ber ftöntg nach $eutfd)lanb surütffehrte, tricj?
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140
3)ie beutfdj«rBmifc$e Äaiferaeit
mar ber SBürgerfrieg im gufammenfinfen. $)er 1081
aufgeteilte ©egenfönig ^ermann t>on Sütjelburg
(Cujemburg) bebeutete wenig, Otto oon ^orb^etm
ftarb 1083, ßeopolb von Öfterreid), im 2ttai 1082
von bem faiferlid) gefinnten SBöhmenfjerjog SBrati*
flau) bei OTailbcrg oernidjtenb gefdjlagen, unterwarf
ftdj bem hetmfeljrenben Genfer, unb al§ biefer einen
legten Angriff ber Saufen auf SBür^burg trofc feiner
<Sd>lavvt bei <pieid)felb 11. Sfaguft 1086 glütflid) ab<
gewehrt t)aüz, fügte fid) xi)m aud) ber größte Seil
6ad)fen§; ^ermann fefjrte nad) Sot^rtngen jurüd, ber
unberechenbar treulofe SRarfgraf (Sdbert oon Hftei&en
rourbe 1089 entfetjt, unb feine Wlaxl furj nachher bem
SUtarfgrafen ber Saufifc, bem Söettiner ©einrieb von
(Ottenburg, übertragen, bei beffen ©efd)led)te fie feitbem
»erblieb, daneben trat bie Äird&e energifd) für ben
ftrieben^uftanb ein, inbem fie nad) fran$öfifd)em Wox*
bilbe ben „©ottegfrteben" für bie Qtit von Freitag
bi§ SJiontag unb für afle hohen $ird)enfefte bei ©träfe
be§ »anne§ gebot ($uerft 1081 in fiüttich, 1085 für
ba§ gan^e 9tetd)). SDenn bie Söirtfdjaft ber SBiStümer
unb Abteien n>ar burdj maffenhafte $8erlehnungen ger=
rüttet, ba§ arme 93olf buref) ben ®rteg entfetjlid) mit*
genommen, afle fird)Ud>e unb weltliche Autorität burch
©egenfönige, ©egenpdpfte unb ©egenbifdjöfe erfd)üttert,
unb ba§ grieben§bebürfni§ allgemein, am tiefften beim
fchwergeprüften ßaifer, ber 1087 auch feine treue ®e*
mahlin 93ertha oerlor.
»erluft Sftur bie Söelfen unb bie 3ät)ringer ftanben noch
statten« nn ^ x gßaffen, unb bie ftarren ©regorianer, bie t>on
§irfd^au unb 6t ©lafien au§, befonberS burch ba§
neue ftnftitut ber fiaienbrüber (conversi) Schwaben
beherrfd)ten, wollten ben ^rieben nicht. 3 roar oc *
hauptete fid) (£lemen3 III. in JHom, aber Urban II.
(feit 1088), ein ftran^ofe, $ielt an bem für ben Äaifer
unannehmbaren ©ebanfen oöüiger Trennung ber
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S)er Äampf um bie 9leid>9» unb ÄiTdjcnöcrfajfung X41
ftirdje vom ©taate feft, unb er führte einen gefäfjr*
liefen (Streif, tnbem er 1090 burd) bie läd)erlid)e
©djeinelje ber feit 1076 perroitroeten 2Katf)übe mit bem
neunzehnjährigen ©ohne 2öetf3 eine enge $8erbinbung
junfehen ben fübbeutfehen unb ben italienifc^en ®eg=
nern §einrid)§ IV. ©ermittelte. Um biefe ju fprengen,
griff ber ®aifer nod) 1090 bie SBeftfcungen 9flathilben3
an, nahm Oftern 1091 2ftantua, ihre £>auptfeftung im
s $olanbe, fcheiterte aber im Oftober 1092 r»or ©anoffa
unb rourbe burd) eine neue @rf)ebung ber s $ataria in
Sftailanb, (Sremona, ^ßiacenga unb anbern ©täbten
auf ben 9torboften ber ^ßotiefebene befdjränft. $)af3
fein älterer ©ohn Äonrab 1093 nerräterifd) $u ben
föebeflen übertrat unb bie lombarbifche ßrone in
Sflon^a empfing, oollenbete ben Triumph ber ©rego*
rianer in Stalten unb öffnete Urban II. ben ©injug
in Diom (Sftooember 1093). £riumpf)ierenb erfd)ien
ber ^ßapft 1095 in Oberitalien unb erneuerte auf
einer glänjenben ©nnobe in ^iacenja bie 33efd)tüffe
gegen ^ßrieftcrefje unb Simonie, aber auch bie SBann*
fluche gegen §emrich IV. unb feinen ^ßapft. 2)ann
30g Urban II. nach fjranfreid) hinüber, um gegen
beffen ®önig "$t)itipp L roegen leichtfertiger Söfung
feiner @he mit Bertha von §oflanb einschreiten.
5luf ber glanjenben, t»on ße^ntaufenben befud)ten
ftirchenoerfammlung ^u ©lermont in ber Sluoergne
im Sftooember 1095 nerfünbigte er ben 93ann über
ben ungeljorfamen ®önig, jugleidt) aber rief er bie
abenblänbifd)e fRittcrfdtjaft $um heiligen Kriege, $um
föreu^uge gegen ben g^lam, jur Befreiung beS
heiligen @rabe§ auf.
2)a§ ^apfttum ftanb an ber ©pi^e be§ $lbenb* Ter erfte
lanbeS, jebe weltliche ©eroalt, aud) ba§ ßaifertum *™ b X ?
überflügelnb, unb inbem e§ ben $reu§§ug felbftdnbig b * l \" m ^
begann, oerroanbelte e§ bie ßbriftenheit in eine grofje e mm? 11 '
©efolgfdjaft be§ ^eiligen ^ßetruS unb feineS ©tatt*
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142
2>ie beutft-römtfite ÄQiferjeit
f)alter§ auf (Srben junt Kampfe gegen bie Ungläubigen.
(£3 war bie Iogifdje Folgerung au§ ber gbee ber
päpftlidjen 2öeltf)errfd)aft; fte fanb in bem alten, feit
einigen 3fcf)r$ef)nten befonberS belebten 93raud)e ber
SBaHfa^rten nad) ben Ijeiltgften «Stätten ber (S^riften*
l>ett, in ber Slbenteuerluft ber 9Utterfd)aften unb in
bem Untern etjmungSgeifte ber ttalienifdjen ©eeftäbte
iljre willigen SBerfjeuge, unb fte machte, ba bie ge*
wältige Bewegung cor aflem ^ran!rei^ # von 2)eutfd)s
lanb $unäd)ft nur Sotfjrtngen ergriff, granfretd) ^um
ßauptlanbe ber päpftltd)en ftirdje.
Tic Ickten Söoflte ba§ ßatfertum feine überlieferte Stellung
Ä u!S T " c n ^ t 9 an $Kd) preisgeben, fo mufite eS ben Sßcrfuc^
.^einrid)§ machen, bie Söerbtnbung mit ber ®reuä$ugSbemegung
i\ . n e ^ g en ,umen. @S würbe §einrid)S IV. lefcteS SBer*
1) ängmS, bafj ifjm bteS trofe aller $lnftrengungen
mißlang. @r bahnte ftd^ 1097 ben SRütfmeg nad)
2) eutf$lanb, inbem er ben Söelfen baS §eraogtum
93ai)ern, ben geringem bie Domäne 3üri(^ mit bem
£>er$ogStitel übertrug, alfo aud) in ©übbeutfdjlanb
enbltd) ben ^rieben fyerftellte; er oerfünbete, nadjbem
bie erfte grofee beutfdje Sfreuafafjrt 1101 in ßleinafien
jammervoll gef djeitert mar, im Januar 1103 ju 2Kain$
ben 9*eid)Sfrieben auf xrier !gaf)re unb feinen (£nt-
fd)lu£, fid) mit ber Slirdje ju t>erföf)nen unb felbft
baS £reu$ ju nehmen. S)enn eS mar eine fo^ial*
polttifdje Sftotmenbtgfeit, bie bid)ten Sparen rttter-
lidjer $af allen, bie wäfjrenb beS ^Bürgerkrieges auf*
gefteflt worben waren, unb bie nun, ba fie nad) Sage ber
®ad)e nid)t wteber ifyrer ©üter beraubt, alfo nidjt ent*
waffnet werben tonnten, eine fernere ©efaljr für ben
innern ^rieben bilbeten, auf ein grofceS auswärtiges
Unternehmen abzuleiten. 211S nun ber ganje ^ßlan
beS ßaiferS an ber Unoerföl)nlid)feit $afd)altS IL
f djeiterte, erhoben fid) biefe SBafaflenfdjaften unb
fanben in beS ftaiferS jüngerm 6ot)ne $einrid) (V.),
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2>er ÄamW um btc fReidjg« unb ßird&entoerfaffung 143
ber n>ol)l für feine 9tad)folge fürdjtete, einen ftüljrer.
(Sin rud^Iöfer Söürgerfrieg tobte 1105 roieber an ber
$onau unb am 9W)ein, aber nid)t eljrlidjer Slampf,
fonbem nur ein fc^warjer Verrat bradjte ben
$aifer im 2)ejember $u fingen üt bie §dnbe feines
<Sof)neS, ber iljn nun in J^ngelljeim gur förm*
lidjen SIbbanfung nötigte. 2US er bann feiner §aft
entfam unb am Sftteberrljetn ben Äampf um bie ßrone
nochmals begann, nalnn ifm am 7. 3luguft 1107 §u
Sötttct) ber £ob barmfyerjig auS bem unnatürlichen
(Streite t)inmeg. (5in ef)rlid)eS Begräbnis nerfagte bie
&trd)e aud) jefct nod) bem ©ebannten, aber bie
freuten ber Söitroen unb Söaifen, ber 9lrmen unb
(Sienben floffen am ©arge eine§ guten SlöntgS.
S8on ber erfdjütternben £ragtf f einer fturmberoegten fcelnridj v.
Regierung ftedjen bie erften %äf)tt feines Nachfolgers n ft {$rtfo
£einrtcrjS V. (1106 MS 1125) feltfam ab. @r fanb ot>ne n. *
weiteres bie allgemeine Slnerfennung unb Ijatte in ber
Zfyat bie ganje 5flad)t beS SHeidjeS fjinter ftd), als er im
2luguft 1110 mit breifngtaufenb Seifigen nad) Italien
aufbrad), um bort ben ftird)enftreit $u ©nbe ju bringen.
$er merfroürbige SbealiSmuS ^afdjaliS II. bot Upn bie
aHöglidtfeit §u einer rabifalen Söfung. ^n ge=
Reimen Vertrage oon ©utri, 4. ftebruar 1111, »er$td)=
tete ber ßönig auf fein 3noeftiturred)t unter ber
Sebingung, bafc bie 93ifd)öfe unb SHetd)Säbte ir)re §0=
ljeitSred)te unb ©üter an baS SKeid) aurürfgäben. 2HS
jeboch ber Vertrag am 12. Februar oor ber ßrö-
nungSfeier in ber SßeterSfircrje beriefen mürbe, ba er^ob
fid) bagegen ein fold)er ©djret ber (Smtrüftung, bafc
ber ßönig auf ben alten 9Red)tSboben jurüdtreten ju
motten erwarte, unb ba ber $apft bieS ablehnte, ü)n
mit fedfoetm ®arbinälen in ber ftirerje Beruften liefe,
©rft nad) langem Söiberftreben gab SßafdjaliS nad),
frönte geinrid) V. unb löfte pgleid) §einricf) IV.
oom 93anne, ber nun an feinem Sterbetage mit
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144
S)ic bcutfd)«römifdje Äaiferjcit
glänjenbem ©epränge im $ome ju Speier bcftattct
umrbe.
ßot^attoon $Iber ber ftrdjenpolitifdije Zeil be§ Vertrags er-
«nrt)ic» a jg unbur^fü^rbar. 2)enn bic ©regorianer,
bie au<$ in $)eutfd)lanb allmäljltdj bie 93i3tümer
eingenommen Ratten, wollten baoon nidjtg työren
unb fanben balb SKüdfjalt an ben meiften n>eltlid)en
dürften, cor allem an ifyrem anerfannten Raupte,
bem §er$og Öotfjar non ©adjfen (feit bem 5lu§*
fterben ber SBillunger 1106;, ber mit biefer SBürbe
bie Söogtei über ba3 @r$bi§tum Bremen unb bie
reichen ©üter feiner ©emaljlin SHid^enja (um Sflorb^
f)eim unb 93raunfd)roetg) t>erbanb unb fein £>er$ogs
tum al3 eine nationalfäd)ftfd)e 9Jlonard)ie in ber
Söeife $einricf)§I. betrachtete. 2)af)er erblicfte er in ber
2öieberf)erfteHung ber beutfdjen §errfcr)aft über bie
©laroen jenfeitä ber (Slbe unb in ber Üluäbebnung feiner
t>oÜen©eroalt übergan§@ad)fen unb feine 9flarfen,enb=
lirf) in ber Sßafyrung mögltd)fter Unabfyängigfett feine
Aufgabe. 9tacf)brüdlid) t>erfod)t er baju im SReidje bie
unbefdjränfte ©rblidjfeit ber großen £Hetd)§ämter unb
iHeid)§lel)en aud) in ber n>etblid)en ßinie. ©ein erfteS
Auftreten in biefer $8e$tef)ung, in bem ©treite um
bie tf)ürtngifd)e ©raffdfjaft 2öeimar*£)rlamünbe, n>ar
allerbingS unglüdltd), trot> ber Unterftüfcung 8ubnrig§
»on Düringen unb 3Xbalbert§ oon 9flain$; bei SBarn*
ftäbt unmeit Cueblinburg am 21. g-ebruar 1113 ge=
fdjlagen unb feiner Hoffnung auf englifcfjen SRücfljalt
burd) be3 $aifer§ Sßermäljlung mit 2Katf)iIbe, ber
£od)ter ßönig §einricr)3 I. 1114 beraubt, unterwarf
er fid). 5lber fdjon im^uni beSfelben 3^re§ erhoben
fid), gereijt burd) bie $8erf)aftung be§ fianbgrafen
Subroig (be§ ©pringerg) t»on Düringen unb burd)
bie fortgefefcte ^erleifjung r*on fjreibriefen an rljei*
nifdje ©täbte, bie meiften nieberlotfjringif cfjen unb
roeftfälifdjen ©rofeen, an il)rer ©pifce ©rjbifdjof
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3>cr Äampf um bie 9te'i($3- unb ßirdjenberfafTung 145
griebrid) von ftöln, auf§ neue, ßotfyar fd)lo& ftd) innert
an unb fiegte am IL grimiar 1115 am 2Belfe8l)ol$e bei
©anbergleben über ben Äaifer, unb päpftlicfje Segaten
certunbeten auf§ neue ben SSann gegen §einrid) V.
9lu§ biefer unerträgltd) gefpannten Sage fudjte Xtx ü ^ d):
fid) ber ßaifer baburd) $u befreien, bafc er im Februar 9tugfliei<$
1116 $um aroeitenmale na$ Italien ging, um ftd)
perfönlid) mit $afd)ati3 IL ju nerftänbigen. ©r
nat)m bort olnte gtnberotS ba§ ganje reiche ©rbe
ber fur$ juoor (3>uli 1115) oerftorbnen ©räftn 2Ra*
tf)ilbe, ba§ biefe, gegen alles beftetyenbe *Ked)t, mit ben
9tetd)3leljen bem ^eiligen Stuhle t»ermad)t fjatte, für
bie 8rone in S3cfi^ unb $og Oftern 1117 in 9*om ein.
Mein fon>ol)l *pafd)ati3 II. al8 fein 9tad)folger ®e*
lafiu§ II. nrid) ifym au3, unb bie geplante $Berföf)nung
fam nid)t nur nid)t auftanbe, fonbern §einrid) V. riß
ben 3wicfP<*ft n oc *) meiter auf, inbem er in ber
^ßerfon be§ portugieftferjen ©r$bifd)of§ 58urbinu§ oon
Söraga einen neuen ©egenpapft (©regor VIII.) auf*
[teilte, eine unbebaut* unb uöüig unmirffame 3Jfaf?*
reget. 2Ilfo blieb bod) nid)t§ anbre§ übrig, at3 um
mittelbar mit feinen beutfdjen ©egnem bie $erftän*
bigung ju fudjen. @ie rourbe baburd) roefentlid) er«
leidjtert, baf* inanrifdjen bie beiben f)ot)enftaufifd)en
SBrüber, griebricr) unb ®onrab, tfyre unb bamit be§
ftaiferS 9Wad)t in ber gefamten oberrtjeintf djen £ief?
ebene feft begrünbet unb baburd) ba§ ©leid) gemixt
roieber fjergeftellt Ratten. $)a alfo aud) für bie ©egem
partei eine aflöglid)fett, ben ^aifer fällig $u über*
wältigen, nid)t metjr portag, fo befcfytöfj ein $Hetd)3tag
in SBür^burg im ©eptember 1121, ein allgemeiner
triebe foUe fjerrfdijen, Oicidt) unb fttrdije tf)re oertornen
©üter surürferfjalten unb ein allgemeines ßon$il bie
3m>eftiturfrage löfen. 3u einem folgen fam e§ im
be§ ntcrjt. SBietmefyr Itefj fid) ber 1118 neu geroafjlte
^ßapft (£alutu3 IL, ber burgunbifcfye ©rabifdjof ©uibo
$er XBerbegang bcö bcut|d)cu 93otfc8 I 10
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146
$tc bcutfdj.römifd&e Äoiferjeit
oon kernte, atfo ein *8afaH be§ 9teid)§, baoon über;
jeugen, bafc ber Äaifer bie Snoeftitur ntd)t aufgeben
fönne. ®o fam e§ 311m $Iu3gleid) im Söormfer &om
forbat oom 23. (September 1122. $)a§ früher nur
einzelnen 58i§tümern unb SReid)§flöftern juftetjenbe
$ed)t ber 2öaf)l burd) ba§ „Kapitel" ber $)oml)erren
(ftatt burd) meru§ unb $8olf) ober burd) ben ßlofter*
fonoent würbe ifjnen allgemein jugeftanben, bod) blieb
bem ßönig ba§SHed)t, babei felbft zugegen $u fein ober
fid) oertreten $u laffen, foroie bie Qnoeftitur mit bem
@$epter, bem ©tjmbole ber weltlichen §of)eit§red)te
unb Söefifcungen, bie in $eutf$lanb oor, in Italien
fed)§ Söodjen nad) ber geiftlicfyen 2öeü)e be§ ©e^
wählten unb ber $noeftitur mit 9ting unb <Stab, ben
©innbilbern ber geiftlidjen 9ttad)t (burd) bie 9Jlit=
bifdjöfe), ftattfinben foflte. 3)ie ®rone behauptete alfo
ben midjtigften Steil it)re§ alten 3noefttturred)t§, nur
ba& e§ in Italien unb SBurgunb weniger roirffam
mürbe, aber tt)r ©influfe auf bie ^ßapftroatjl mar auf-
gehoben, unb bamü ber ©d)lußfteiu ber Dttomfdjen
$Keid)3oerfaffung oerrüdt.
Iteitima ctnmg roefentlid) neues mar in biefe einge*
ber dürften brungen mit ber entfd)etbenben SJiitmirfung ber melk
lidjen fjürften an ber 9teid)§oerroaltung. %a §ein-
rid) V. l)at nod) erleben muffen, bafj Sotfjar oon
©adjfen gegen feinen au£brüdltd)en SBiden 1123 in
ber Öauftö $Ubred)t (ben Söären) oon SBaöenftebt, in
ber maxi 9Keifeen ftonrab oon Settin einfette. OJme
bagegen mirffam einfdjreiten %\i Vinnen ift er am
23. 3flai 1125 in Utred)t geftorben.
yotfnu 28oüte bie fird)lid)-fürftlicf)e Dppofttion ifyren
mtie falben @ieg fidjern ober oeroollftänbigen, fo rnufcte
fie ifjr §aupt, ben §erjog ßotfjar oon <Sad)fen, $um
ßönig ergeben. $te§ fet3te fte in ber glänjenben
2öat)loerfammlung ju SJtainj im 2Iuguft 1125 aud)
nrirflid) burd), aber nur burd) Überrafdjung unb gegen
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2)cr Äcunpf um bic SlcidjS* unb ßtrdjenüerfaffung
147
ben lebhaften SSiberfprud) ber beiben 5Jtttbero erber
griebrichä von (Schwaben unb Seopolb§ III. oon Öfter*
retcf). fiotfyar felbft aber mu&te feine äBahl burd) ben
Sßerjtcht auf feine ®egemt>art bei ben SBtfchof Strehlen
foiüie auf ben SehnSeib ber 93ifd)öfe erfaufen unb
gemattete aud) in 3)eutfcf)lanb bie SBethe vox ber
weltlichen gnoeftüur, gab alfo ba§ Söormfer ®on-
forbat faft »öflig preis unb bamit aud) jebe S8eljerr=
fchung ber fttrd)e. $>afür rourbe ©achfen roieber
ba§ |>auptlanb be§ 9leiche§, unb al§ £>erjog oon
@acf)fen r)at Sothar aud) ba§ bebeutenbfte geleiftet.
£)enn er nahm bie 2lu3behnung3politif ber «Heberte
fiubotfinger nach Dften roieber fräftig auf. $er fg^* 8
SBerfud), Sööhmen burch friegerifd>e§ Eingreifen in *««
bie fortgefe^ten ©rbfotgeftreittgfeiten be§ ^rfdjemnS^ücrluHfl^
UbenhaufeS in ftrengere Sibhangfeit ju bringen, fd)eu J^tk
terte 1126 aflerbing§ oöflig unb führte fogar jur siatucn
Socferung feine§ $8erhättmffe§ jum SReiche, fobafc ber
§er$og von ^Böhmen fettbem nur noch bie 2^n§-
J)ulbigung leiftete unb jum SRömerjuge breifjunbert
Leiter fteHte; aber bie Übertragung ber norbelbifc^en
©raffchaften an $lbolf von ©chaumburg (1110) unb
ber üftorbmarf (ber jetzigen Wittmar! um ©aljroebel
linf^ von ber @Ibe) an 3llbred)t ben SBären von 2In=
halt (im ©e(fetf)ale) 1134 fieberte ba3 erobernbe
3ortfd)reiten auf flaroifdjem ©oben, jttmal ba
ßothar, mit ber alten miffio ttSf einblich en ^politif
ber ©iÜunger bredjenb, ba§ 93efehrung3tt>erf auf§
eifrigfte unterftütjte. 2lu§gang3punft ber Unter*
roerfung be§ DbotritenIanbe§ grünbete er 1134 bie
SBurg (Segeberg, SJttttelpunft ber SJttfftonSarbeit
rourbe ba§ ^rämonftratenferftift ^otbera (9leu*
münfter), bie ©rünbung be§ SBeftfalen Söt^elin; %U
brecht ber $8är aber eroberte fdjon 1136 bie ^ßriegnifc
nörblich von ^aoelberg unb erlangte oon ^ßribiftam,
bem chriftlichen dürften be§ £>aoetlanbe§, bie 3u<
10*
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148 2>« beiitfdi'römifäe Äatferjcit
fidijerung ber Sftadjfolge in btefem ©ebiete. $)aß bic
$eutfd>en jenfeitg bcr @lbe enblid) rotcber crobemb
vorgingen, mar um fo bringenber nötig, al3 §er$og
SBoleflam III. t>on ^olen bamalä Bommern (§n)ifdt)en
Ober unb 28eicf)fet) unterworfen l)attc unb bie SJlif-
fton be3 8tfdf)of3 Otto t>on Bamberg (1124/25 unb
1128) unter feinen <S$ufc fteUte; fcf)on 1139 trat I)ier
in bem großen (Stapetpla^e be§ 2Benbenlanbe§, 2öol*
lin, ein 93t3tum in§ Seben. $o<f) mußte 1135 93oIe-
flau) III. für Bommern unb tilgen bem Steide ben
ßef)n§eib fcfyroören. 2)a§ lange oerma^rlofte SBerf
Dtto§ be§ ©rofjen mar energifd) unb glücflidj mieber
aufgenommen, ba§ nod) t)cibmfc^e 2öenbenlanb an ber
Oftfee oon Söeften unb Dften f)er gleichzeitig umfaßt
•Oeinrici) 3 u 9^ e ^ befeftigte Sott)ar bie Stellung biefer
«otfard ° nationalfäd^fifd)en 2ftonarcf)te, inbem er feine ©rb*
^ rt,c tod)ter ©ertrub mit bem Söelfen §etnrid) (bem
©tollen), bem @ot)ne unb ©rben £er$og §einrtd)§
be§ ©djroaraen oon Sanern, oermäf)lte unb biefen
and) al§ feinen 9lad)f olger in Saufen in 3lu§fid)t
nafym. 2)amit mar eine bnnaftifcfye Sßerbinbung ber
beiben ftärfften Herzogtümer be§ 9Reict)§ in bie 9cäl)e
gerüeft.
Seifen fjreilid) oerf djärfte biefer gamilienaufammen^ang
üofjeV i m &%ft ocn ®egenfa^ aroifd^en ber ftegreidjen ftrdj*
ftaitfcn lic^?fürfttid)en$olitif Öott)ar§ unb ben Überlieferungen
be§ falifd) = fränfifd)en ®önig§l)aufeg, bie jetjt bie
$>of)enftaufen oertraten, unb legte ben ©runb $u bem
t>erf)ängm3t>otlen ßnriefpalt ber SBelfen unb ber
£of)enftaufen. $>enn jener ©egenfat} führte sum
SBrudje, al3 Sotljar von ben fd)toäbifd)en trübem
nad) bem Urteil einer ftürftenoerfammlung in SRegenS*
bürg im üftooember 1125 alle üjnen von $>einrid) V.
oerltefjenen $leid)§güter, barunter bie Domäne 9lürn*
berg unb bie ÜJtotfjilbif d)en SMobten in Italien,
äurücfoerlangte unb fie ästete, al3 fte ftcf) nid)t
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S)er Ramp\ um bic 9tei#8« unb ßirdjenberfaffung 149
fügten, 3>n bem nun begtnnenben SBürgerfriege, in
bem bie SBelfen $um erftenmale bcn §of)enftaufen
feittbtid) entgegentraten, Seopolb III. von Dfterretcfy
auf ber ©eite feines (SdjroagerS ftrtebrid) von
(Sdjroaben ftanb, mürbe im 2)e$ember 1127 ftonrab
(III.) in ©peier al§ ©egenfönig aufgeteilt unb cm*
pftng im 3uni 1128 and) bie lombarbtfcfye ^rone ju
9tton$a. Slber tnanrifdjen gewann öot^ar burd) bie
@tnnat)me son Dürnberg unb ©peter auf bem beut*
fdjen ßriegäfdjauplafce ba3 Übergenridjt unb befrfjto^
barauf, e3 aud) in Italien l)er$uftellen.
2)enn in ber ^apftroaf)l be3 Q[a^re§ 1130 tjatte ßot$atunb
üornetjmlid) ber ßroiefpalt ber betben großen fran* ^ ox .
5örtfd)e«3Wön^§genoffenfd)aften ber (Siftercienfer unb *****
*ßrämonftratenfer jum offnen 93rud)e unb ^ur 9luf*
ftetlung praeter ^ßäpfte geführt, 2lnaflet§ II. unb
Qnnocena II V unb mit biefem Qmtft t>erflod)t ftd) ber
©egenfatj arotfdjen bem beutfd^römtfdjen SRetdje unb
bem 9lormannenftaate, wo Stöger IL von ©ijilien
aud) SIpulien unb ©alabrien in SBefifc genommen unb
gegen 9lnerfennung ber jufHec^t beftefyenben päpftlidjen
Dberf>ol)ett von knallet IL im Sluguft 1128 bie ßönig§=
frone erlangt t)atte. dagegen traten bie großen
2Jtäd)te SJlittel* unb SöefteuropaS für ^nnocen* n.
ein, unb ßotf)ar führte auf bem erften SRömersuge
biefen im Slpril 1133 roirflid) nad) ^om, tt»o er nun
felber bie ^aiferfrone unb bie 9Jtatf)ilbtf d)en 9Illobe,
aber nur al§ päpftlidjeg Seijen empfing. $)ie Unter*
raerfung ber gebannten 0ot)enftaufen (1134/35) mar
bie ftolge biefe§ glüdlidjen Unternehmend. Sftur mar
ßot^ar nidjt imftanbe, dlom bauernb gegen bie Sftor*
mannen $u fdjüfcen, trielmefyr fettfe SRoger fefjr balb
9lnaftet IL roieber ein. 3)er in fetner Anlage nrie
in feiner 9Iu§fül)rung gleid) großartige jroeite SRömer*
jug 8otl)ar8 (1136/37), an bem bie bebeutenbften
beutfd)en dürften perfönltd} teilnahmen, entriß aroar
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150 23> c bciitfd)«römifdje Äaiferjcit
ben Normannen ba§ ganje fübitalienifdje fjeftlanb,
aber ofyne ©ijilten mar bie§ nicfyt ju galten, unb ein
Angriff auf bieg eigentliche Slernlanb be3 norman*
nifdjen s Jkid)§ roar otme flotte unmoglid). @o ging
rafd) ade§ wieber oerloren, nod) ef>e ber ertranfte
ßaifer ben beutfdjen $8oben roieber erreicht fjatte;
untenoegS ift er auf banrtfdjer (£rbe Einfang $)e=
$ember 1137 oerfcfyteben.
^crlf f fof)ne§einrid) oon Tawern fein §er$ogtum ©adrfen unb
»aSern bie SMd)§infignien übergeben, fortan bel)errfd)te alfo
uttö berSöelfe bie beiben gro&en fternlänber be§ ÜftorbenS
^° cn unb beS ©übenS. (Sine (luge unb roeitrecfynenbe ^ßo=
tittl ftanb am 9Ibfd)lufj. 2)enn rourbe §einrid) ber
©tolje $um Könige gewählt, woran er felbft triebt
$n>eifelte, bann rourbe <§ad)fen in ber oon Sot^ar
neu begrünbeten engern SBerbtnbung mit bem Königs
tum erhalten unb biefem augleid) bie £>errfd)aft über
ben ©üben gefidjert, ber ben 93efitj ^talienS oerbürgte.
9lad) menfd)li^em ®rmeffen wäre bamit bie 9ieic^§=
einfjeit unter einem fraftooüen, t>or ädern auf ber
bunafttfdjen 3lnf)ängltd)fett ber beiben ftärfften unb
umffengetoaltigften ©tämme beru^enben ^önigtume
bauernb geftdjert geroefen.
Äonrabin. Slber fo ftarf fügten ftd) bereits bie <Reid)3fürften
Mfte uub ^öifc^öfc, unb fo wenig wirtliche (StaatSgefinnung
war in tfynen lebenbtg, baf$ fie ein fräfttgeä ftönig*
tum al§ eine ©efafyr für fid) felbft anfafyen. ©ie
wählten be§f)alb, befonberä auf ben betrieb $Ubero§
oon £rier, ofjne ben oon ber ®aiferin=2öittt)e SRidjenja
auf ben 2Jtot 1138 nad) üflain$ auSgefcfyriebnen Söa^l-
tag abzuwarten, fd)on im 9Mr$ ju SSoblenj ben
^o^enftaufen ftonr ab III. (1138—52), ben alten
fteinb ber Söelfen. Überrafdjt unb beftür^t lieferte
£einrid) ber ©tol^e bie <Reid)3infigmen auS ; bod) als
ber neue ftönig oon i^m bie Abtretung eines feiner
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$er Aam*)f um bic ffiei<$ä- mib ÄirdjenDerfaffung 151
beiben £>eraogtümer forberte, weil fonft bie Ärone
neben ber welftfd)en 2ftad)t wenig bebeutet ptte,
wte§ er ba§ gurücf unb würbe geächtet (Sin fyeiU
lofer S3ürgerfrieg begann; bie Gräfte, bie für 9tetd)3*
cinfjeit unb Königtum gefammelt waren, wanbten
fid) aerftörenb gegen beibe. 9iad) langem fingen
fefcte ftonrab III. feinen Söiflen burd). §etnrid) ber
Söwe, be§ ©tollen Sof)n unb 9?ad)f olger (feit 1139)
unb 2ott)ax$ jttgenblid)er @nfel, oer$td)tete 1142 auf
Sägern, bag an £eopolb IV. von Dfterreid) verlieben
würbe, unb befyanbelte fortan (Saufen al§ fein £>aupt*
lanb, aber feine $lnfprü$e auf Magern lebten fort,
unb ©ad)fen entfrembete ftd) aufS neue unb bauernb
bem 9teid)e. (£3 I)ängt woln* bamit jufammen, ba(3
ftonrabS (Singreifen in bie polnifcfyen 2:l)ronftreitigs
feiten nad) SBoleflawS III. 2obe 1138 erfolglos blieb.
3n biefer unflaren unb cerworrenen Sage ließ Ici * lücite
Streuung
er ftd) tn ba§ unabfetjbare Unternehmen be3 5 wetten
^reu^ugeg üerftrtdetu 2)ie Vormauer ber tner fran*
jöfifdjen SHttterftaaten in ©nrien, bie ber erfte $reu$*
jug begrünbet ijatte, (Sbeffa, mar 1144 gefallen, unb
abermals, wie fünfaig 3af)re auoor, rief ba§ ^apfitum,
oor allem burd) ben feurigen 9lbt 93ernl)arb oou
©lahwaur., ba§ 9lbenblanb §um Kampfe gegen 9flo*
hammebaner unb Reiben unter fetner Rührung auf.
$rei grofie 9flaffen festen fic^ feit 1147 in Bewegung;
bie Könige twngranfreid) unb 3)eutf erlaub marfdjierten
gu £anbe gegen ©nrien, eine norbbeutfdj * englifdje
ftlotte nahm ben bireften €>eeweg um SÖefteuropa
herum, bie fädjftfdjen gürften brachen gegen ba3
hetbmfd)e Slawenlanb an ber Oftfee auf, unb bie
au§fd)weifenbften Erwartungen burchaitterten ba§
s 2lbenblanb. 2>a§ ^apfttum follte bie $robe feiner
2öeltpolitif beftehen; wer wollte ihm bie bauernbe
Rührung be§ 5lbenblanbc3 ftreitig machen, wenn
e3 biefe Sßrobe beftanb* ©in furd)tbarer SKürffchlag
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152
2)ic beutfdj«rdmtfd)e Pniferjcit
folgte. $a§ beutfdje unb fran$öftfche ^reua^ccr
gingen auf bem enblofen Sanbmarfche größten*
teils fchon in ftletnaften ©runbe; bie [Hefte, bie
bann auf bem (Seewege (Snrien erreichten, fonnten
nur mit §ilfe ber inanrifchen glücflich bort ange*
langten norbbeutfchen unb englifchen 8reu$fahrer bie
im ©runbe aroecttofe unb jebenfaflS vergebliche 93e*
Iagerung oon 2)ama3fu§ unternehmen, unb ber ganje
©rfolg bei ®lamenfelb§uge§ ber ©achfen 1147 mar
ber, bafc bie angegriffnen (Stämme bie Saufe gelobten.
2)a3 größte Unternehmen be§ *ßapfttum3 mar trofc
aller SBegeifterung uollftänbig gef Deitert, unb bie§
^ßapfttum, ba§ ftch bie 2öelt unterwerfen mollte, mar
nicht einmal §err oon SRom. 2)enn bie römif che ^Bürger*
fchaft hatte ftch nach bem SBeifptele ber lombarbifchen
©täbte eine felbftänbige weltliche Regierung gefegt,
unb ftonrab III. oermochte nicht %u ty\\zn.
er im ftrühiahr H49 au§ bem Dften $urücff ehrte,
empfing ihn eine neue (Erhebung ber 2öelfen, unb er
ftarb nach einem mi&glücften Angriff auf ©achfen am
15. Februar 1152 in Starnberg.
srflcbniffc ©*gebm§ ber rabifal4bealifttfchen Kirchen*
nlat politil feit ©regor VII. mar bieg. Sie Kirche hatte
^mutl ftch burd) ba§ Söormfer ftonforbat, mehr noch °urch
bie Nichtachtung ber (Schränken biefeS Vertrages feit
fiothar t»om (Staate faft nöHtg freigemacht; fie mürbe
je^t nicht mehr com ftaifer, fonbern r>om unabhängig
gemorbnen Zapfte regiert. Um biefe $tele 8 U Ws
reichen, hatte fie überall bie oorfjanbnen 2luflöfung§-
tenbenjen be§ fiaienabelS geförbert. Sie längft be=
gonnene Söerroanblung ber hohen 9teich3ämter in erb*
liehe 5J ur f^«tümer hatte jefct auch oie Herzogtümer
ergriffen, unb lebiglicf) t>on ihren bgnaftifchen ober
lanbfehaftlichen ^ntereffen liefen ftch biefe ftoljen
.gerrengefchtechter fortan leiten. Slnbrerfeitg ftanb
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£er flampf um bic 9teid)Ö* unb Äirdjenöerfaffuuü
153
ba§ SHedjt ber ©rofcen, ben $önig roäljlen, feftev
als jemals, fobafc faft jebcr 8ömg gejtoungen mar,
um oorübergefyenber Vorteile mitten bei ber Söetoer*
bung unb oft genug aud) fpdter immer mef)r oon ben
SBefifeungen unb $ed)ten ber $rone abbröcfeln ju
laffen* Um ba3 ©emonnene $u behaupten, Ratten
93ifd)öfe unb Saienfürften oereinigt bie 9Jtöglid)feit
einer SBefeftigung ber Oteicf^einljeit auf einer neuen
©runblage, ber bonaftifdjen SBerbinbung <Sad)fen§
mit Söaoern, oereitelt, fobafc ftd) @ad)fen bem Äönig*
turne für alle Sutunft entfrembete. £)a3 SRetd), ju
beffen ttrid)tigfter <Stü£e fie Otto ber ©ro&e gemacht
hatte, ba§ fjatte bie Kirche zerrütten Reifen, bodj it)r
gaupt war feitbem felbft in Italien fdm£lo§, unb
ihre 2öeItherrfd)aft§poltttf hatte ju einer furchtbaren
ßataftropfje geführt, bie bie ©{)rtftent|eit irre machte
an bem ftrd)lid)en $beal.
Üftun erioud)§ biefer Hierarchie au§ bem ©chofre
ber Sfbee, auf ber ihre eignen Hnfprüdje beruhten, wönStum
ein neuer mächtiger fteinb, ba§ roeltentfagenbe, re*
formierte 9flönchtum erft ber (Slumacenfer, fpdter
neuer fran§öfifcher Drben. 2)enn jene ftrebten nad)
möglichfter ©elbftänbigfeit oon ben SBtfdjöfen, nad)
ftraffer 3 u f ammc nf a ffcng ihrer ©enoffenfdjaften in
birefter Unterorbnung unter ben $apft. 3af)IIofe
Äloftergrünbungen weltlicher dürften oerbreiteten fie
oon ber ©tfet bis nad) Kärnten unb (Steiermark oft
oon £irfd)auer SRönd^eit geleitet $)od) fte mürben
balb toeit übertroffen burd) bie (Stftercienfer (feit
1098) unb bie ^ßrämonftratenfer (1119). 2Iuf ©runb ber
oerfchdrften JBenebütinerregel erftrebten bie einen, in
ben formen ber 9luguftinerd)orf)erren bie anbern
SBeltentfagung burd) 2lrmut, emfige Arbeit unb fromme
^Betrachtung in tieffter ©infamfeit.
5lber gerabe biefe 2Beltflüd)tIittge, bie fern oon sicffoto
allem «erfehr für ftd) unb ihre SKitchriften bie emige [
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154
Stil beutfi$.römif$e ftatfcrjett
§eimat ju gewinnen ftrebten, Ralfen mader mit ba$u,
baS irbifdjc SJaterlanb be3 beutfdjen *8olfe3 au t»er*
fdjönern unb erweitern, bcnn fie würben föolom*
fatoren großen @til§ (9Jtarta 8aad) in ber (£tfel
1093, 2lltenfamp bei ©elbern 1121, SRemfjarbSbrunn
in Düringen 1085 u. f. f.). $nbem bie ©runb^erren
burd) ba§ prafttfcfjc *8ebürfm3, bie 3*rcüttung iJ>re§
$8efÜ3eS wäfyrenb be§ langen SöürgertriegeS , ber fie
ju maffenfyaften Verlegungen gebrängt fyatte, $u
feilen, nad) berfelben 9itd)tung gebrängt würben,
fcrjritten fie aud) im innern $)eutfd)lanb ju ben legten
gro&en Diobungen alter 2lrt (a. $8. ber Söalbungen
be3 9?f)eingaue3 1130, 93erd)te3gaben§ 1111 it. a. m.)
unb jur Urbarmachung ber ©rudjlanbfcfjaf ten mit
§ilfc flämifc^er 3lnfiebler in flämif djen $mfen (fo im
(Sraftift Bremen unb um $ilbe3f)eim). Sßor allem
breitete fidt> ber Slnbau in ben Warfen aus;, geroifc
baburd) wefentltd) begünftigt, ba& fid) In' er früf);
zeitig gro&e ©efd)led)ter erbticfj mit bem Stteid)3amte
oerbanben. SBon ben norböftlidjen machte nur 3Jlei&en
rarere ftortf dritte, benn In' er erreichte bie aufammen;
l)ängenbe beutfd)e «efteblung burd) fränfifdje unb
tfyüringifcrje, auweilen aud) flämifdje ßoloniften (um
Seipjig, fdjon 1017 genannt, s ßegau, Surfen, Ulenburg
im gladjlanbe, um 2öeiba, flauen, 9ieid)enbad),
3wxrfau im SBerglanbe) fcrjon bie 2Jiulbe, unb ben
Slnbau be3 faft menfdjenleeren (SragebirgeS begann
ba§ Senebiftinerflofter G^emniö, bie Stiftung ÖotfjarS.
3m ©üboften fam fie bagegen in biefer Qeit beinahe
aum 9lbfd)lufj. %n Öfterreid) bebedte fie jefct aud) bie
(Seitentäler ber 3)onau unb bie SBalblanbf duften bar*
über big an bie fieitfja unb SKard) mit taufenben von
Ortf haften, ntcfjt §um roenigften burd) bie Arbeit ber
neuen ftlöfter (©öttwet& 1083, Älofter Auburg um
1108, $eiligenlreua 1136; 3wettl unf 1139), unb ba§
altrömifdje SBien mar bereits ein anfe^nlictjer v #laö.
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£cr Äampf um bie 5Reid)8. unb Äird&enberfQffung
155
!gn ben Dftalpenlanben ftieg fie auch in bie Sfteben=
tf)äler ber 3Jlur unb 2)rau hinauf, fte fd)ob bag
beutfdje ©ebiet big an bie jetzige ungarifche ©ren$e
t>or, machte bie alte §engftburg (®ra&) jum Sifce
ber 2ftarfgrafen oon Kärnten aug bem $aufe (Steter
(bafyer SteiermarE) unb seranlaßte im $er$ogtum
Kärnten fchon 1072 bie Segrünbung beg SBigtumg
©urf. Salb follte bieg beutfdje Seben, bag in biefem
alten $loaren= unb ©laroenlanbe mit fo rounberooUer
«Sc^neUigfeit emporfam, bie ebelften Blüten beutfcher
3)id)tung zeitigen.
2)ag alleg roaren nod) bie großartigen Stiftungen itchnmitt
einer gefunben Sftaturalroirtfchaft. 9lber ihre Socferung bci l ^ r t f l>t;
hatte weitere gortfchritte gemacht, benn ber 53er* faffun«cn
fct)r unb bie ©eroerbthättgfett fteigerten fid) roefent*
lid) burd) bie roachfenben 3ufammenhänge ber ©runb=
herrfdjaften unb ber ftirchenoerroaltung wie burd) bie
Rrieggsüge unb bie maffenhaften 8ir Neubauten. 5lm
lebhafteren mar beibeg im äußerften üftorbmeften,
bamalg bem einzigen fünfte, roo bie großen 2Belt=
hanbelgftraßen 2)eutfchlanb berührten. 93eibeg brängte
§ur rechtlichen ©onberung ber nod) immer §alb
länbltchen, rafd) fid) oermehrenben unb fdjnetl fid)
üergrößernben ftäbttfchen Drtfdjaften, alfo $u einer
felbftänbigen ©tabtoerfaffung, bie in ben früher ent*
roidelten 9cad)barlänbem Stalten unb grranfretd) be*
reitg eine %\)at\a<fye mar unb bort fogar jur Sefettigung
ber bifdjöflidjen ober gräflichen 6tabtherrfd)aft geführt
hatte. 3n $)eutfd)lanb ermud)g bie fpätere ©tabtoer*
faffung aug einer nrirtfdjaftlichen unb rechtlichen ©d)ei=
bung ber ©tabt »on ber ©auoermaltung. 3>ene be=
ruhte in erfter ßinie auf bem oon ben Königen feit
bem jehnten ^afjrhunbert verliehenen 3flarft* (unb
2Hün$)recht, in jmeiter auf ber Befreiung oon Qöüen
an beftimmten 3oöftätten, bie juerft Heinrich IV. an
SBounS, Heinrich V. aud) an anbre rt)einifd)c ©täbte oer*
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15G
3>tc beutfd)«römif($e Äatferjcit
lief), unb von befttmmten ^ofred)tltcf)en Seiftungen
(juerft 1111 ©peier vom SButetl). 2)ie red)ttid)e
©elbficmbigfett f)tng teil3 mit bet wirtfdjaftltd&en
jufammen, ba bie 5lufred)terf)altung bet aflarft* unb
©trafjenpolijei zuweilen einer ftabttfd)en §anbetS*
gilbe anvertraut würbe (wie in Äöln um 1102 ber
richerzeche), teils ging fte au§ ber geridjtltcfjen
emtion ber ©tabt fjenwr, inbem für fie ein befonbreS
©d)öffengerid)t au§ ben bürgern, wenn au<% nod) unter
bem borfifc ftabtl)errfcf)aftltd)er Beamten, be3 93ogt§
unb bei ©djultfyei&en, gebilbet würbe (fo in (Strasburg
1129). S)ie erfte roefentlic^e Erweiterung biefer Sterte
gemährte $onrab von geringen ber ©rünbung fetne§
SöruberS bert&olb IL, greiburg t SBr. 1120 in ber
erften beutfetyen ©tabtt>erfaffung§urftmbe, bie ben
bürgern bereits freie Verfügung über ifjren 93eft^ bie
jä&rltc^e SBabl be§ ©djultyetjjen unb bie «ßoliaeioer*
waltung unb 9ied)tfpredfmng burdf) ein Kollegium von
t)ierunb$wan$ig Consules (nad) italienifcfjem borbilbe)
jugeftanb. $)ie $errf<f)aft be§ ©tabtfyerm mürbe grunb=
fäfcltd) noef) nirgenbS in ftrage geftellt, aber bie @r=
Hebungen 2öorm§ 1073 unb in £öln 1074 benriefen, bafc
biefen ©ürgerfdjaften felbftänbig $u benfen unb $u
tyanbeln begannen.
3)iefe ©elbftänbigteit be3 UrteiB rourbe burd)
nict)t§ mefyr geförbert all burd) ben ^noeftiturftreit
mit feinen Sftadjwirf ungen , benn er erfdjütterte §um
erftenmale in weiten Greifen bie ©eltung ber Über*
lieferung unb jwang jeben beteiligten, ftd) felbft eine
Meinung über s Jied)t unb Unrecht ju bilben. S)te3
93ebürfni§ führte $undd)ft ju einer Umgeftaltung ber
geiftlid)=litterarifd)en 93ilbung. 2)ie flafftfdjen ©tubien
traten, ofme bajj man ba§ 3iel e * ner fprad)lid)=rl)eto*
rifcfyen $lu£bilbmtg au§ ben Slugen oerloren fjätte,
bod) jurürf vox ber ©djolaftif, ber „©d)ulwiffenfd)aft,"
bie mit£Ufe ber bamal§ erft wieber entbeeften arifto;
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$er Äampf um bic fRcid^S- unb fltr(f)ent)erfaffunft 157
telifchen fiogif ftirchenlehre unb £irchenred)t oerftanbeS*
mafng $u erfaffen unb $u begrünben ftrcbte unb von
ihren frangöftfchen Sitjen, crft bcm Softer 93cc in
ber ■ftormanbte, bann uon ^ßartS ^er aud) auf bic
beutfdje ©eiftltchteit hinüber nrirfte, befonberS feitbem
bie Ausbreitung ber ©iftercienfer unb ^tdmonftratenfer
einen fet)r engen geiftigen 3ufantmen^angmit ^ranfreid)
begrünbet ^atte. Qn gahüofen Streitf Triften befämpften
ftd) bie ©egner. 3lber aud) bie ©efehuhtfehreibung t>er*
roanbelte fid) Dottftänbig ; fie mürbe eine 2öaffe ber
^arteten, r»or ädern ber firdjUdjen, bie in Cambert
von £er§felb ihren glän$enbften unb mafwollften, in
SBifcrjof Dtto von frretfing, bem£albbruber $tmrab3III.,
ihren geiftreidjften unb tiefftnnigften, freilich gang in
3luguftin§ SBorfteHungen befangnen Vertreter fanb, aber
fie gewann auch an ßeben unb Vertiefung. Dbjeftioere
Haltung bewahrten nur bie SSeltchrontfen unb lanfc
fd)afttid) * örtliche 2>arfteHungen, wie 2lbam§ t>on
Bremen treffliche ©efchid)te ber ©r$btfd)öfe von §am=
bürg (bi§ 1072), aber auch fte Iaffen einen beftimmten
perfönlichen Stanbpunft ber Söerfaffer ertennen. So
rourbe $um erftenmale in ber beutfdjen ©efchichte bie
Sitteratur eine praftifd) roirffame SKacht.
aJie^r al§ früher fud)te bafjer bie ©eifilic^fcit auch ^timn
auf bie ungelehrten Saien ju roirfen. Sie begann bie
oerfcr)iebenften Stoffe, geiftliche unb weltliche, in fird) s
liebem ©elfte, aber in ber SUiutterfpradje ju behanbeln.
©ine öfterreichifdje Spönne, 9loa oon ©öttroeih, fdu'l*
berte Schöpfung unbSünbenfall, ein öfterreichifcf)er£aien=
bruber, Heinrich von 3ftelf, machte fich jum Sittenrichter
aller Stänbe. 2)a§ „SInnolieb" ftedte ben finftern,
ehrgeizigen ©rjbifchof al§ ba§ Sflufter etneS ^eiligen
bar, bie „ßaiferchronif" gab ber ganjen SBeltgefchichte
bi§ auf ®onrab III. firchliche $enben$, bie gelben ber
frangöfifchen ftarlSfage würben im „9*olanb§liebe" be§
Pfaffen ftonrab (um 1130) jum Vorbilbe ber ®reua=
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158
2)ie t>eutfd)«rBmifdje tfaiferjcit
aüge, unb ba§ burct) biefe geroecfte Qntereffe am
rounberreid)en Orient führte $u einer pr)antaftifc^ um-
geftalteten $)arftellung im „Slleranberliebe." daneben
trugen bie meltltd)en ©pielleute bie alten ©agen ber
2öanber$eit non Sanbfdjaft Sanbfcf)aft unb gelten
fie überall mit leifer Umbilbung lebenbig.
(£rge*ittffe <& 0 mar bie§ ftürmiferje 3af)rl)unbert be§ Kampfs
um bie föeid)^ unb ßtrcfjenüerfaffung eine 3ett ber
lebhafteren SBeroegung, be§ rüftigen fJortfchrittS. $m
roirtfdjaftlid)- fokalen ßeben nerbanb ficr) mit ber un=
aufhaltfamen ©rmetterung be§ bebauten ©runb unb
93oben§ bie beginnenbe Durchbrechung ber reinen 91a-
turalmirtfctjaft unb ber Übermacht ber ©runbherren
burd) ba§ Aufblühen ber ©täbte, im geifttgen Seben rang
fich bie ^erfönlid)feit langfam non ber unbedingten §err-
fcfjaft einer ohne Prüfung hingenommnen Überlieferung
lo§. Slber bie ©eftaltung ber SReid)3oerfaffung mar
unfertiger al§ je. Sollte bie Nation nicht verfallen, fo
mufjte ba§ Königtum feine faft nerlorne Söerbtnbung
mit ber S!ird)e roieber ^erftellen unb unter feiner
Rührung ben Ungeheuern, oorroärtSbrängenben, roirt-
fchaftttchen unb militarifchen Gräften ber 2)eutfcf)en
SKaum jur Entfaltung fchaffen. $8on ber 2lrt, mie e§
biefe Ungeheuern Aufgaben löfte, hing feine unb be§
SKeicheS 3 u hwf* ab.
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uni> bit <&tvmm\X\tvun$ l&# Bjfen«
1152 frte 1273
ie 9Köglid)feit $ur SöieberberfteHung be§ Königtums ^™J*$ n
lag $unäd)ft in bcm 3urücfroetcf)en bcr firccjticfjen
Qbeen nad) bcr tiefen (Ermattung be§ langen ©treit§
um bie ftnoeftttur unb ber ferneren Sftieberlage ber
päpftlirf>en ©eltfjerrfcrjaft^polittf. @ie erfaßt unb be*
nu^t 5U tjaben ift ba3 Sßerbienft be§ §errfcf)er§, ber
fdjon am 5. 3Wär§ 1152 ju granffurt a. Tl. ein-
ftimmig geroäfjlt würbe, am 9. 2Här$ gu Hachen im
farolingiferjen fünfter bie $rone empfing. $)er §o§en*
ftaufe gr^&^d) l (H52 bt§ 1190), ©erjog r»on
©djnmben, ber Sfleffe be§ nerftorbnen ßönigS (geboren
um 1123), ift unter allen beutfd)en §errfcr)ern be§
2WttteIaltcr§ ber populärfte unb in ber Erinnerung bie
Söertorperung beutfdjer $atferf)errlid)feit geworben.
SDenn er mar in jebem 3 U 9* uri* bie
Steutfcrjen bamal3 begehrten, nrie in feiner freubig*
fiegreidjen ©rfcfjeinung mit bem fetten 93licf ber
blauen Otogen, bern feinen 9Jiunbe, bem germaniferjen
§od)b!onb feinet £>aupt= unb 93artfyaare§ (bem er ben
Beinamen SBarbaroffa oerbanft), fo in fetner jugletd)
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IGO
$ie beutfdj-römifdje ßaiferjeit
majeftättfchen unb ritterlich liebenSmürbtgen §altung
unb in feinem Söefen: ber erfte Krieger feiner 3eit,
ein Staatsmann , ber bei einem oft allgu rjofyen Qrlug
ber ©ebanfen boctj im entfchetbenben 3lugenblicf STiafe
ju galten muffte, Ieibenfchaftltcr) unb herrifch, oornehm
unb Imlbuoll, gütig unb freigebig, funftfmnig unb
prad)tltebenb, ein gemanbter Dfabner unb ein ©önner
ber aufblühenben beutfcrjen Dichtung. 9ln feinem 93ilbe
richtete fldt) nach langer Ermattung bie Nation roieber
freubig empor unb bemahrte eS fpäter in trüber 3eit
al§ einen ©egenftanb beS StolseS unb eine 93ürgfd)aft
ber Hoffnung.
Hiatitid) freilich, er ftanb unter bem 3roange ftarrer Verhält*
«Seifen niffe. ©r mar nicht mehr ber gebietenbe§err einer 9ietchS*
beamtenfchaft, fonbern nur noch baS Oberhaupt einer
ftoljen, eigenwilligen unb felbftfüchttgen Slriftofratie
geiftlicher unb roeltltcher durften, bie roieber ihren
eignen Vafallen feljr ähnlich gegenüberftanben. ©eine
SRegterungSthätigfeit mar namentlich barauf gerichtet,
bie einen gegen bie anbern auS$ufptelen unb fo bie
2ftad)t ber ft'rone ju behaupten. 2)ie nnchtigfte ftrage
babei mar aunächft eine brniafttfcrje, feine ftaatSrecrjt*
liehe, baS Verhältnis ber £>ohenftaufen $u ben SBelfen,
$u benen griebrtch als ©olm $ubithS, einer Schroetter
§einrid)S beS Stoljen, in erleichtern ben ^Beziehungen
ftanb. Sftacf) einem oermutlich balb nach 00er W ber
3:h^onbefteigung gegebnen Verfprechen übertrug er
fchon im Df tober 1155 Stenern roieberum Heinrich
bem fiömen, feinem Vetter, unb entfehäbigte bafür ben
bamaligen Qnhaber, Heinrich (Safonvirgott) oon Öfter *
reich baburef), bafc er ihm im (September 1156 bie
9ftarf Dfterreich als ein felbftänbigeS £>er$ogtum t»er*
lieh, kaS erblich auch in ber weiblichen Cime fein
fönte unb jur SRetcrjSheerfahrt nur in ben Machbar*
lanben, ju ben Reichstagen nur bann, wenn ftc in
Vanern abgehalten mürben, oerpflichtet mar. 3ft öem
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Sie SkltmatitDolittf beS Äaifertuntö
161
er zugleich bcm $er$og bie solle ®erid)t§bar!eit ein*
räumte, fchuf er zum erftenmale ein vom Reiche an*
erfannteS erbliches felbftänbigeS SanbeSfürftentum unb
bereitete bie fünftige ©onberung DfterreidjS cor.
(seit biefem Slbfommen beruhte ftriebrichS I. ganze «stemm
Stellung auf bem Verhältnis ju ben Seifen, bie nun
bie beiben ftärfften beutfchen Herzogtümer oereinigten, in
Italien aber £uScien unb ©poleto (unter Söelf, bem
Dtyim £einrichS) befafjen unb baburch mächtiger
waren als ber König. 5luS biefer unnatürlichen Sage
ergaben fid) mit Rotroenbigfeit brei Folgerungen. 3 Us
nädjft nahm ftriebricf) bie ©errfdjaft über bie Reichs*
lirche in bem oollen Umfang beS SBormfer KontorbatS
roteber in 5Infpruch unb fanb barin bei faft allen
beutf djen SBifdjöfen umfo willigere Unterftüfcung, als
biefe bie Übermacht beS SaienfürftentumS z u fürchten
hatten, unb bie beiben £>auptoertreter ber ftrchltchen
SBeltherrfchaft, ^ßapft (Sugen III. unb Vernharb oon
(Slairoauy, fd)on im 3^re 1158 furz fnntereinanber
ftarben. 6obann arbeitete er mit allen Mitteln baran,
bem Königtum bie fefte ©runblage einer gefcfjloffenen
Xerritorialgewalt zu f djaffen, roie fte etwa bie fran-
Zöfifchen Äapetinger im Herzogtum 3r r <*ncien befafjen.
$aS Herzogtum «Schwaben, baS nur fehr wenig oon
geiftUdjen Immunitäten burchfefct mar, behielt er tfjat--
fächlich in feiner §anb, obwohl er eS junäcftft feinem
unmünbigen Steffen ftrtebrich oon Rothenburg über*
trug, unb nahm eS 1168 nach beffen £obe ganz an
ftd); er übernahm felbft gegen ben bisherigen brauch
zahlreiche ßtrchenlehen unb erwarb allmählich burch
Sauf ober ©rbfchaft bie ©üter einer ganzen Reihe
fchmäbifcher ©rafengefcfjlechter; er übertrug feinem
©ruber ßonrab 1156 bie anfehnlich oerftärtte frän*
tifche (rheinifche) Sßfalzgraffchaft, erroarb felbft burch
feine erfte ©h* ntit Eibele oon Vohburg baS ©gerlanb,
1156 burch feine zweite Vermählung mit Veatrtr. bie
£er aöexbeaang bcS beutföen 93olfc8 I 11
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162 beutfd&-römifäe Äaifcrjeit
^falagraffc^aft SBurgunb (Franohe Comte), alfo ben an
<5d)u>aben angrcnjcnben £etl be§ $fmnelanbe§. $)ie
fd>önften / frucfytbarften, htltitnerteften ©ebiete an bcr
©rcnafd)cibc bcr brci SHetdf)e maren in bcn $änben
ber ©taufen.
ttmge» @bcn biefe 93erl)altniffe nriefen enblid) ben König
3Ä tt * u f ammcn mit ber ^wWtion auf Stalten 2lu$
hier moHte er etroaS anbreS al§ feine Vorgänger, benn
er ftanb, minbeftenS in Dberitaüen, gan$ anbern SBer*
bältniffen gegenüber. 9Hd)t mehr bie SBifdjöfe be*
berrfdjten feit bem elften ^a^unbert ba§ £anb;triel*
mehr Ratten bie ©täbte, begünftigt burch bie rafche
©ntmicflung von §anbel unb ©emerbe befonberS in-
folge ber Kreu^üge, in bem weithin cer^roeigten fd)iff*
baren glu^ne^e be§ SßotieflanbeS ihre alte Übermacht
über ba§ platte fianb miebergeroonnen, inbem fkh bie
Kaufmannfchaft mit bem Sanbabel jur „©emeinbe"
(commune) oerfcfnnolj; biefe aber ^atte ftch md)t nur
eine felbftanbige Jöeprbe in ben Consulos gefefct, fon*
bem aud) bie bi§^er uon bcn S3ifd)öfen auggeübten
$of)eit3red)te (Regalien) in <Stabt unb ©ebiet an fid)
genommen unb aud) bie fünfte ber bisher §of Rödgen
§anbroerfer gum Söaffenbtenft für bie Söerteibigung ber
©tabt herangezogen. $)te ßombarbei verfiel größtenteils
in eine $ln$ahl oon ©tabtftaaten , bie oft erbittert um
9Jlac^t unb SBeftfc mit einanber fämpften. 2>amtt
mar ber alte £Heic$§bienft ber 93tfcf)öfe unmöglich
geworben, ba§ SefmSmefen zerrüttet, alle ©runb«
lagen ber fömglidjen ©eroalt t>erfdjoben, ohne
bafi biefe bi§l)er auch nur cerfudjt hatte, einju*
greifen. $)tefe rotlbgeroachfene, ftaatSredjtlich re*
oolutionäre ©ntroidlung neu $u regeln mar unbebingt
notroenbig, aber e§ rourbe bem beutfehen König ba«
burch er f chroer t, baf? fte ben ariftofratifc^naturahmrts
fchaftltchen Slnfchauungen feiner Staatsmänner pnädjft
unoerftänblich unb roiberroärttg mar, unb bajj ba3
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2>te 2öcttmadjtpolitif bc§ AaifertumS 163
^apfttum jeber Befefttgung ber &ömg§geraalt in Qta=
lien mi&trauifd), ba§ Sftormannenreid) feinbfelig gegen«
über ftanb.
2Öie wenig ftrtebrid) anfangt biefe Sage überfa^, (frfoiae in
jeigt ber erfte ftömeraug (1154/55). (Sr begriff balb, StftUcn
baj* er mit feinen 1400 Gittern ni$t imftanbe fei, ba§
gewaltige 9Jtoxlanb $ur Qrretgebung ber beiben von
if>m jüngft unterroorfnen ©emeinben ßobi unb (£omo
3U fingen, begnügte ftdt> be§f)alb bie ©tabt ju ädjten
unb ba§ if)r oerbünbete £ortona, ba§ bie Strafe nad)
©enua befyerrfcrjte, ju ^erftören, roa§ audj erft nad)
jroeimonatiger Belagerung im Slpril 1155 gelang.
S)ann brad) er nad) SRom §ur Staiferfrönung auf.
$)a e§ für tfm tnel mistiger fein mufite, fidf) mit bem
^apfte §abrian IV. ju fteHen, al§ mit ber gegen biefen
aufftänbifdjen ©tabtgemeinbe föom unb ifjrem ibea-
ltftifcr)en Dteformprebiger Slrnolb oon BreScia, ber ben
S8er^idt>t ber ftirdje auf alle roeltlid)e |>errfd)aft for*
berte, fo gab er beibe pret§ unb empfing am 18. 3uni
1155 au§ ben £änben £>abrian§ IV. bie &aif erfrone.
Wlit ganj anbern Streitkräften, von allen dürften
unterftüfct unb mit Haren Richten trat ber ßaifer ju
^fingften 1158 von 2lug§burg auS bie sroeite $eer*
fafjrt nad) Italien an. ®raft be§ römifdfjen ßaifer*
re<f)t§, ba3 nad) ber Sefyre ber neuen Surtftenfdjule
oon Bologna bem 5ttonarcr)en ba3 alleinige ©efetj*
gebung§recf)t unb alle ^ot)eit§rerf)te jufprad), mollte
er biefe ntd)t etroa ben Sifdjöfen jurüdgeben, mel*
me^r fte felbft an ftcrj bringen, ftd) fomit anfteHe ber
oeralteten Sftaturallteferungen ftd&ere «unb anfefmlidje
©elbeinfünfte (in ber ßombarbei 30000 «ßfunb ©Uber
jäfjrltd), b. i. etwa l&f s Millionen Tlaxl nad) heutigem
ßaufroert) uerfdjaffen unb bie Berroaltung biefer 9*ed)te
unb ©infünfte weltlichen Beamten übertragen. (Mang
bie§, fo war ba§ alte Königtum ber Sangobarben in eine
natjeju unumf darauf te, wefentlid) auf (Mbnrirtfcfjaft
11*
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164
2>te beutfdKömiföe Äaifcrjcit
berufjenbe 9ftonard)ie oerroanbelt, unb bamit eine fefte
©runbtage be§ ßaifertum§ aud) gegenüber 3>eutfd)*
lanb gewonnen. Sie erften @rfolge entfpradjen ben
©rtoartungen. S)a§ geächtete SHailanb rourbe ©nbe
Suli von 1O0O00 SJiann, jum £etf Iombarbtfcrjen $on*
tingenten, eingefcfyloffen unb am 7. ©eptember $u einem
(SrgebungSoertrage gelungen, inbem bie mächtige ©e=
meinbe bie ©täbte Sobi unb (Somo freiließ bie gan$e
9iorbt)ätfte tl>re§ ©ebiete abtrat, bem ßaifer ben Streuetb
Ieiftete unb afle Regalien einräumte, eine $fal$ in i&ren
9Jtauern$u erbauen oerfpracr) unb bieSBa^l ifjrerfömfuln
taiferlicfyer SSeftätigung unterwarf, darauf befcf)lof$
im S^onember ein beutfd)*itaUenif<$er 9tei<f|3tag auf
ber s Jioncalifcrjen (Sbene bei ^ßiacenja, baf$ bem ßatfer
allein ba§ ©efefcgebung§redjt gebühre, ftraft bief e§ «Heltes
nafjm er afle Regalien an ftdfy, fall§ bie ©täbte ntcrjt
itjrc ©rroerbung burefy faif erliefe Söerleifyung nadE) weifen
fonnten (roa§ faft nie ber ftafl war) ober jefet neu er*
warben, behielt fid) bie Ernennung faiferlidjer Beamten
für beren Verwaltung unb bie SRedjtäpflege cor, oer*
bot afle ©ibgenoffenfd&aften in unb awifdjen ben
©täbten, fdjärfte bie 8etm§pflicf)t ber SBafaflen ein unb
gebot enblid) einen ewigen ^rieben. Semgemäfj festen
ju 3lnfang 1159 feine ^ommtffare in aflen ©täbten
bie faif erliefen Beamten (föeftoren, ^ßobefta) ein. SNur
in SJtoitanb frieden fte auf SBiberftanb, benn bte§ be*
rief fid^ auf feinen ©onberoertrag, unb ba§ Heine
tapfere ßrema fdjlofj ftd) tljm an. 2)a Qrriebrtd) fein
£>eer bereits entlaffen batte, fonnte er über Sttailanb
nur bie $l<f)t oerpngen, aber (Srema jwang er nad)
fyelbenmütiger ©egenmefjr ®nbe Januar 1160 jur Über*
gäbe, trieb bie 93ewof)ner au§ unb jerftörte bie ©tabt.
siurf) mit geftaltete ftcf) bie Sage oerwtcfelter burd& ben
9?om Qwtft mit bem Spapfttum. <Sd)on auf einem burgun=
btf<f)en 9teidE)§tage in 83efan<?on im £)f tober 1157 §atte
§abrian§ IV. £egat ßarbinal ftolanb runb §erau§ be-
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Sic 2Bettmci$tpolitit be§ Äaifcrtumö
105
Rauptet, ber ®aifer fyabe ba§ Neid) vom ^apfte, jur
Icb^afteftcn (Sntrüfiung ber beutftfjen ©beln. Sefct
forberte er bie $luff)ebung be§ 8el)n§eibe§ ber italie*
nifdjen Söifd^öfe unb ben SBcr^id^t be§ £aifer§ auf alle
SHegaften in 9*om unb auf bie 2JJatf)übifrf)en ©üter.
®em gegenüber gelten bie beutfdjen 3Mfd)öfe, an if)rer
©pifce föatnalb oon Raffet, ©rjbifdjof von ftötn, an
ber $bee feft, ba& bie meid)3rtrd)e ba§ ^apfttum be*
f)errf<$en müffe, unb fdjon breite ber Srurf), ba ftarb
£abrian IV. am 11. September 1159. Slber jum S3rud)e
fam e§ trotjbem. 3)enn bie üftefjrbeit ber Starbinale
wählte jenen ßarbtnal Dtolanb aI3 Slle^anber III., nur
eine 9JHnberf)eit €)ctat>ianu§ al§ iUftor IV., ber
ßaifer aber ließ burdj eine 9ieid)3fmiobe in ^aoia am
11. JJebruar 1160 SBiftor IV. anerfennen, unb Weyarn
ber III. fprad) am 24.9Jiär$ ben93ann übertriebne!) au§.
2öte feJ>r ftd) bie 3 c iten geroanbelt Ratten, jeigte 8giw tun«
fretlid) bie SBirfungSloftgfeit be§ 93annftraf)l3 in £)eutfcf)= 1 '
lanb, xvo nur ©ber^arb oon Salzburg fldj für 9tf eranber
erttärte, unb ber ftaifer tonnte, burdj beutfdje 3 u 8 ü 9 e
oerftärft, ntdjt nur ba§ päpfilicfje ©ebiet befefcen, fon-
bern im Qanuar 1162 jum jmeüenmale bie Belagerung
von 2ftailanb beginnen unb am 1. 2ftärj bie Ubergabe
auf ©nabe unb Ungnabe erzwingen. £)ie ©tabt mürbe
jerftört, bie Bewohner in mer offnen länbUd)en„3rlecfen
angeftebelt, unter einen beutfdjen ^ßobefta gefteöt unb
jur Abgabe von jmei drittel tyrer SBobenerjeug-
niffe »erpfli^tet. @8 mar trieUeidjt ein mit bar*
barifdjer ©nergie unternommner Söerfud), bie ben
3)eutfd)en unoerftänblic^e ftäbtifdje Kultur ber 8om=
barbei an einem entfdjetbenben fünfte nieberju^
roerfen unb eine fdfjon mefentlid) l^anbel* unb geroerbe;
treibenbe 93eoöfterung roieber auf bie Stufe ber au§*
fdjliefjlidjen -ftaturalroirtfdjaft eine§ beutfcfyen ^ßfaljs
gebiete jurücfjujmingen. $)od) eben bieS ftadjelte bie
lombarbifdjen Stabte $um oeqroeifelten Söiberftanbe
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16G $ie beutfä-Tomtfae flaiferjeit
an; nic^t foraofjl aroet Nationen, al§ jroci Kulturen
unb jmei politifdje ©gfteme ftanben im Kampfe, länb*
Iid)'ariftofratifd)e Natural* unb ftäbttfdje ©elbrotrt*
fdjaft, ©täbtefreifyeit unb 3flonard)ie.
2er Sdjon 1 1 63 traten fünf © täbte aum SBeronef er 93unbe
wSmS? ä u f ammen ' uno °* c Belagerung Veronas auf bem vierten
l Td°c ^ ömer 3 u Ö c HW frud)tlo§. Srofcbem befyarrte bie von
@tötie< SRatnalb geleitete beutfdje ftirdjenpolitif auf ber rücf*
bm,b fid)t§lofen Setämpfung 2lleranber8 III. $>er gewaltige
©rabifd^of fefcte nid)t nur nad) bem £obe SBiftorS IV.,
1164, bie fofortige 2öaf)l eines 9tad)folgerä, ^aföft*
U3 III., burd), fonbern gewann für biefen aud)
§etnrid) II. t>on (Snglanb unb beroog fogar auf bem
9ietcf)§tage von Söüraburg im 9flai 1165 ben ^aifer
roie fämtlidje anroefenbe dürften unb 93ifd)Öfe §u bem
(Sibe, 9Ilejranber III. niemals anjuerfennen. 2lber balb
barnad) jog biefer, ber in SBefteuropa allgemein aner*
fannt mar, im Sftooember 1165 roieber in SRom ein,
von Sizilien unb iBnjana unterftüftt, unb bnjantinifc^e
Gruppen befet3ten 3lncona, um ben faiferfeinblid)en
Sombarben einen 9iüdf)alt ju gewähren. Sftur eine
grofte frtegerifcfye 9lnftrengung tonnte biefen 2Öiber-
ftanb brechen, ©ie fd)ten anfangt )U gelingen; bie
beiben ftrettbaren ©rabifdjöfe von ßöln unb aHaina,
JHainalb t>on Gaffel unb ©fjxiftian von 93ud), fd)lugen
am 29. 2flai 1167 ba§ Aufgebot ber Börner bei
culum im 2Ubanergebirge, fjfriebrtd) felbft erftürmte
am 29. 3uli bie Ceoftabt unb bie ^eterSfirdje, jagte
9ller;anber III. nad) Seneoent unb fefcte SßafdjaltS III.
ein. %a mürbe aüe§ (Srrungne mieber oernidjtet burd)
eine urplöfclict) auftretenbe ftieberfeudje, bie ben fönfer
ju fd)leunigem föüdauge trieb unb unterroegS faft fein
gan$e§ geer t)inroegraffte, am 14. 5luguft aud) Rainald
von Gaffel. 5)en 3 u f ammen ^ ruc ^ feiner italienifdjen
Stellung ooöenbete ber 9lbfci)luf} be§ lombarbif djen
GtäbtebunbeS, ben fcfjon am 8. ÜJMra 1167 sunäd)ft
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2)ic aBettmadjtyoIttif beS ßatfertumS
1G7
©remona, Bergamo, *8re§cia unb 9ftantua gegen bie
neue $8erfaffung ber fiombarbet eingingen unb rafd)
über eine größere 2lnjaf)l von ©emeinben auSbefjnten ;
$ugleid) fteUten fie 2Hailanb wteber f)er. ®eine§ #eereS
beraubt unb faft von allen 9Upenpciffen abgeritten,
fefjrte Orriebridt) im ftrübjafcr 1168 über ben Sflont
(£eni£ nad) 3)eutfd)lanb jurücf.
SBä^renb nun ber $aifer an ber SBefeftigung ?cuc
feiner beutfdjen (Stellung weiter arbeitete, behüten bie iSm^'t
Sombarben if)ren S3unb felbft über bie SRomagna unb 8 J^ tt0
bie 9Jiarfen weiter au§ unb grünbeten gegen Söeften
al§ neue§ SöoHwerf bie ©tabt $Heffanbrta, bie fte $u
(Sfjren be§ Sßap fte£ alfo tauften. $)enn auf§ engfte
waren jet3t beibe ©ereinigt, $umal ba auf ^ßafd)ali§ III.
im ©eptember 1168 ein neuer ©egenpapft, (£alt£tu§ III.,
gefolgt war. $urd) ba§ alles war eine frieblidje
Söfung, wie fte jefct bie 9Jtef)r$a^l ber beutf djen
$8tfd)öfe wünfd)te, auf§ äu&erfte erfdjwert. $)a fie
nur burd) eine milttärif<f)e Sftieberwerfung ber Som*
barben möglid) fdnen, bie ifyren 33 unb mit bem Zapfte
5IIeyanber III. fprengte, fo Ieifteten bie beutfd)en
S8ifd)öfe a« einer foldjen bereitwillig §tlfe. ©djon
im 3at)re 1171 ersten &f)rifttan oon ättatna al§
faiferlid)er ©enerallegat in Stalten, gewann ©enua
unb SBenebig, £u8cten unb bie föomagna; nur nor
3Incona fdjeiterte er 1173. S)rauf überftieg 3*riebri<^
im £erbft 1174 ben 9Jlont 6eni§ mit 8000 beutf d>en
Wittern, natym ©ufa unb belagerte 2Heffanbria ben
ganzen Sinter burd). $)urd) ben Slnmarfd) eineS
lombarbifdjen (SrfatjfyeereS jum 2lb$uge gezwungen,
fcf)Io& er inbe§ $u SttontebeHo am 17. 9lpril 1175
einen Söorfrieben, ber ben fiombarben bie £>erftellung
be§ 3"fton&8 unter £einrid) V. gewährte. $a e§ je*
bod) nid)t gelang, bie $8eiftimmung aller 93 unbegabte
ju erreichen, fo entbot ber föüfer feine beutfd)en Wa-
fallen jum @ntfd)eibung§fampfe. $afj il)m ©einriß
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168 ® ic beutf#»römifäc ßaiforjeit
ber £öroe im legten 91ugenblicfe, fogar bei einer per*
fönlicfjcn 3ufammenfunft in ^ßartenfirchen ober ©hiß 5
»enna (SKärj 1176), ben 3u$ug t>ertt>eigerte, braute ben
ßatfer nod) tjor^er in STlad^teil. SERit gan$ un$uretct)enben
Gräften roagte er trofcbem, auf feine unbewegte beutfdje
OWterfchaft unbebingt oertrauenb, am 29. Slftat 1176
bei Segnano an ber Strafe von ©omo nach aJtaüanb
bie ©df)lacf)t unb uerror fie nach blutigem ^Hingen voü-
ftänbig; er fetbft enttarn aernmnbet mit 3Kü(je nach
^avia.
*frf!füffc 8s ^ um cr f* enmöIc wax b* c °cutfc^e SRitterfchaft im
Don ^cttc= freien 3^lbe ben 2Jlili$en ber Iombarbtfchen <§täbte
MtSiftoitj wiegen. SDet (Sinbrutf mar foerfchütternb, baß gftiebrid)
an ber gemaltfamen Stteberroerfung ber öombarben
t>erjtt>etfelte unb unter Vermittlung ber beutfehen
»ifdjöfe ben ^rieben fitste. $aß e§ ihm babei
fchlie&lid) gelang, bie Sache be§ ^ßapfteS von ber lom*
barbifcfjen ju trennen, war ein glän^enber biploma*
tifd)er ©rfolg, ber bie nulitärifdje 9Heberlage faft auf-
roog» @o rourbe in Slnroefenheit beiber Oberhäupter
ber triebe gmifrf)en ßatfer unb $apft am 1. Sluguft
1177 in Söenebig feierlich oerfünbigt. griebridj nmrbe
vom Banne gelöft, anbrerfeitS 5Uejanber al§ Sßapft
anerfannt. S)ie Beziehungen $u ben Bifdjöfen blieben
auf bem Boben be§ SSormfer 8onforbat§ beftehen,
unb faft alle ber roährenb be§ ßirdjenftreUS ©om ftaifer
eingefefcten Btfcf>öfe bereiten ihre SBürbe. 9ücht ber
ßaifer mar alfo ber Beftegte in btefem Sieben, benn
er hatte, inbem er in ber ^erfonenfrage nachgab, in
ber Sache, in ber Behauptung ber Berbtnbung jroifchen
ftrone unb ßircfje gefiegt unb ben ßombarben nur
einen fed)3jä£)rigen 2öaffenfti0ftanb gemährt, ber nichts
aufgab. 2iuf bie Bebingungen be3 enbgiltigen ^riebenS
in föntftanj am 25. Sunt 1183 fyat bann ber ftaH
©cinrid)§ be§ Dörnen 1181 entfdjeibenb eingemirft. 2)er
®aifer gewährte ben lombarbifchen Stäbten bie föega*
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2)ie SBeltmad&tpolitit be3 ÄcufertumS
169
lien innerhalb be§ 9Jiauerringe§ unbebingt, in ber
©tabtflur nur nact) bem 31t erroeifenben gegenwärtigen
©tanbe ober gegen eine jäf)rlid)e 3af)lung von 2000
^ßfunb ©über, ba$u bie niebre ©erid)t§barfeit unb bie
freie 2Bat)l ber ftonfuln, bie er nur ju betätigen fyatte,
alfo bie <Se(bftänbigfeit ber innern SBerroaliung, behielt
fid) aber ba§gobrum($eere3r>erpflegung) bei allen feinen
üalienifcf)en ßriegSjügen unb ben Sreueib ber gefamten
männlichen SBeoölferung cor. dagegen blieb ba3 Sanb*
gebiet (bte„©raffcf)aft") jeber ©tabtbem $aifer unmittel?
bar unterworfen unb unter ber SBerroaltung weltlicher
faiferltdjer Beamten. 5)er faiferlicfje ©enerallegat, ein
beutfdjer $8tfd)of ober $etd)§mintftertal, ftanb an ber
©pifce, ein „§of gerieft", au§ ttalieniftfjen ßaienrtdjtern
unter 93orfi£ eines „§ofrid)ter0" (viearius) gebilbet, ent-
fcfjieb in f)öd)fter Snftanj. $>eutfcf)e93urgen mit beutfdjen
S3efa^ungen befjerrfdjten ade mistigen 93erbtnbungen.
@§ mar ein 9lu§gleic§ jmifd^en ber lcmbltcf)*ariftofra«
tifcfyen beutfdjen unb ber ftäbtif d) • italienif d&en $er*
faffung, ber bem ßaifertum bie §errfd)aft über bie
Sombarbei beffer fidjerte al§ jemals r»or^er. $)a ber
ßaifer felbft t?om Zapfte sugleid) bie 2ttatf)ilbifd)en
©üter auf fünfjefjn Satyre al3 Seijen erhielt unb fid)
00m alten Söelf, bem Dfyeim ©einrid)3 be§ ßöroen,
nod) ©poleto unb bie 2Harf SIncona abtreten liefe, fo
beljerrfdjte er aud) SJlitteXitatien faum weniger al§
©c^maben.
tiefer fübbeutftf) * itaUenifdjen 2Tiad)tbilbung ber ^
§of)enftaufen ftanb ein Sftenfcfyenalter fyinburd) bie norb* feindet)*
beutfdje ber SÖelfen mtnbeftenS gletd) ftarf , faft unab* 2ö b ^ n
gängig unb unberührt t)om ©influffe be§ ®aifertum§
gegenüber. Qum erftenmale in ber beutfdjen ©efdjid)te
trat ein fdjarfer S)uali3mu8 jmifc^en bem Horben unb
bem ©üben t)eroor, r»or allem in ben Qietm ber ^ßolitif.
2Ba§ fein ©rof?uater £otf)ar angebahnt, ba§ fjatte
©einriß ber ßöroe mit ganzer Energie unb glänjenbem
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$ie beutffyTömifäe ßaiferaeit
(Erfolge burdjgefefct, nach au&en nne nach innen. 3"
einer SHetbe von genügen unterwarf er, geftü^t auf
ein engeg (Einvernehmen mit SBalbemar I. von Däne*
marl, ber bie Söehrfraft feinet SBolfeg neugeorbnet
hatte, 1160 big 1166 bag gan je Ob otritenlanb big jur
Sßeene, beließ ben ^aajfommen beg dürften üftiflot nur
bie öftliche §älfte beg Sanbeg mit ber §auptftabt
9Jcecflenburg (b. i. bie grofce $8urg) bei Söigmar unter
feiner Dberherrlichfeit, gab bagegen ben ganzen Söeften
an bie beutfehen ©rafen von ©d)tverin, föafceburg unb
Dannenberg, föraft beg ihm 1153 verliehenen Snoeftt*
turrechtg organifierte §einrid) auch bie beutfehe ^ird^c
im eroberten ©latventanbe, fefcte Söicelin alg Söifd^of
nac^ Olbenburg, ©mmenbarb nach üttecflenburg, SSerno
nach ©chivertn unb verpflichtete bie ©tarnen jum
„»ifchofgjtng," einer feften Abgabe ftatt beg (beutfehen)
3ehnten. SBetter im Ofien eroberten bie Dänen im ©om*
mer 1168 bag meerumfpülte SIrfona, bie Sempelfefte beg
tveitverehrten haften ©otteg ber baltifchen ©laiven,
©mantemit, in beffen Dienfte fie weit unb breit ihre
fchneden SRaubflotteu gegen bie chriftlichen Hölter um
bie Oftfee fanbten, brachten bamit föügen unb bag
gegenüberliegenbe freftlanb unter ihre Roheit, mußten
aber bie £>älfte beg £ributg Heinrich bem Söiven über*
laffen. ©chon griff bie gemaltige $anb beg §erjogg
fogar über bie Ober: im ^afpre 1170 trat ©ogiflam
von ©tettin unb Bommern alg $erjog von Bommern
in ben beutfehen SHeichgverbanb ein, tvährenb *>ag öft=
liehe Bommern (^ommereßen) mit ber §auptftabt
Dan$ig ftch an s $olen anfehfofj unb bamit vom alten
©tammlanbe fchieb.
? wA Sf ©efcheibner tvaren im ©innenlanbe bie (Erfolge
l$4en Sltbrechtg beg 93ären, ber fleh, feitbem er bie §aupt=
ftabt beg §avellanbeg befefct hatte, nach ihr BJcarfgraf
von Söranbenburg nannte. Um fich &u fichern, vertrieb
er nach einer let3ten (Erhebung 1157 ö * e SBenben au§
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3>te 2ßeamad)tpotitif be8 ÄaifertumS
171
ber @tabt unb befeftigte bie Oftgrenje burd) eine SHcifje
von SBurgen (Dremmen, ©panbau, *ßotgbam u. a. m.)
an ber $aoel unb STCuthe. Sein @ohn Otto 1. (1170—84)
fd)ob bic ©ren$e norbmclrtS nad) bem 9l^in twr.
Unb frf)on öffneten fidf) weitere 2lu§fid)ten im Tinnens
lanbe be§ fernen Ofteng. $enn fdfjon 1163 fefcte ber
ftaifer burdt), baf? ben Söhnen be§ polnifchen Seil*
f)er$og§ Sölabiflaw IL, ber t>or feinem ältefien SBruber
Söoleflaro IV. nad) $eutfchlanb geflüchtet war unb fid)
hier 1154 mit ^riftine, 2IIbredjt3 be3 «ären Zoster,
»ermäf)lt hatte, Schlefien überlaffen würbe. 5)amit war
ber Anfang jur Trennung be3 alten $8anbalenlanbe3
uon ^k>len, ju feinem $lnfcf)luf? an 2)eutfchlanb gemacht.
Sollten nun bie beutfdjen Eroberer ba§ fpeer- ^ l ^ i uc
gewonnene Öanb für fi$ felbft recht nufcbar machen, fation
fo tonnten fte fid) nicht mit ben Tributen ber unter-
worfnen (Slawen begnügen, bie gruppenweife über ba§
fianb $erftreut nur ben leidsten ©oben be§ offnen
Canbe§ mit tfjrem ^afenpfluge obcrfIädt)lidt) bearbeiteten ;
fte mußten beutfdje Sauern anfefcen, um ben 2öalb $u
roben, bie 93rüd£)c ju entfumpfen unb ihrem tief*
greif enben beutfehen 9iäberpflug aud)ben ferneren 33 oben
$u unterwerfen. So bahnte ein fmanjwirtfchaftltcheS
93ebürfni§ bie folgenreiche ©rofstfjat be§ beutfehen
9JUttelalter3 an, bie Sefieblung be§ SftorboftenS, bie
©ermanifterung be§ Slawenlanbe§, bie gewaltigfte unb
bauertjaftefte Erweiterung beutfehen 9?attonalgebiet§
feit bem (Snbe ber SBölfermanberung. ®enn eine im*
erfchöpfltche S8olf§fraft ftrömte au§ bem 9Jlutterlanbe
nad) bem Often. 9Hdf)t eigentlich bie SRot trieb biefe
5lnfiebler aul ben fränfif djen unb frieftfehen 9Heber-
lanben, au§ SBeftfalen, Düringen unb granfen fort,
fonbern ba§ fraftoolle Streben nad) größerer fataler,
rechtlicher, wirtfchaftlid)er fjrci^cit, nad) ßöfung com
3rlur$ wange ber alten ©ewannbörfer, nach Unabhängig! eit
oom £ofrecf)t, nach 2lu3behnung be§ SBefi&eS. $a§
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172
®ie beutfcfcrömifdje Äaiferaeit
aHe§ fanben ftc im Dften. Stenn ein fefter Vertrag,
ben ein Unternehmer (locator) ober eine ftommiffton
in Vertretung einer gefchloffenen ©ruppe von 3lu§-
wanberern mit bem ©runbherrn fchloß, regelte ihre
Verhältniffe. ®ie erhielten bie gufammenhängenben
großen fränftfehen ßönig^ ober bie flämifchen äftoor*
hufen ber abgefteeften £)orff!ur gegen einen (Srb$in§
an ben ©runbherrn unb ben^^nten an bießirdje, waren
freie, friegSbienftpflic^tige fieute unb ftanben in ge-
ringeren fräßen SRtdjt oor ihrem (Srbfdjuljen (bem
locator), auf beffen $)oppelgute (©rblehngertcht) bie
©anbhabung biefer SKed)tfprecf)ung unb ber ^olijei,
wie bie ©chanf* unb frletfchereigerechtigteit lag. $ie
Slnfiebler nahmen balb unbebautes Söilblanb ober
altflamifcheS ©emeinbelanb (obschtschina), balb eine
flanrifche $)orfflur, gan$ ober teilroeife, nad) 3Iu3*
roeifung ber «Slawen in Vefttj, beren tarnen fie bann bei=
behielten, wdfjrenb eine ©rünbung auf neuem Söoben
nach bem Unternehmer benannt mürbe. 3^re§öfe bauten
fie in langer offner SReilje ju beiben ©eiten ber ©traße,
am Vach ober am 2Jioor hin unb maßen jebem bie §ufe
8U, bie ftch oom £>ofe au§ etwa redjtwinflig $ur (Straße
al§ ein langer fchmaler Sanbftreifen oon 32 bi§ 50 ha
nach ber frlurgrenje hin erftreefte. So mürbe ber Sftorb*
often im wefentlichen eine Kolonie freier Vauem, im
©egenfafc jum Süboften, too bie görigen unb ßeib-
eignen großer ©runbljerren überwogen, frürften,
Vifchöfe, Softer, oor allem bie ^ßrämonftratenfer, feit
1170 befonberS bie ©ifteretenfer, VafaUen unb fERinifte^
rialen riefen metteifernb biefe Einlagen in§ ßeben.
ftolftelit, ®en Anfang machte im Dftfeelanbe ©raf 2lbolf II.
"SSST von © oI f tei « 1143 im oeröbeten buchengrünen (See?
Bommern U nb £ügellanbe Söagrien mit Söeftfalen, §oHänbern
unb ^riefen; inbem er bamalS ba§ altflamifche Sübecf
al§ beutfehe Stabt mieber aufbaute, öffnete er bem
beutfehen ©anbei ben ßugang Oftfee. 2113 ©ein?
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2>ic $ü3eltmad)tpolitit be8 ftaifertums 173
ri* ber Söroe bem ©rafen 1158 bie ©tabt abnötigte,
übertrug er jroar feinem SBogt ©erid)t§pflege, $oU unb
Sflünae, gewährte i&r aber aud) einen freigeroäfjlten
©tabtrat von 24 „ßonfuln" für ^ßolijei unb Söerroaltung,
ba§ roeftfältfcfye ^rioatr ed)t von ©oeft unb eine grofje
©tabtflur, t>erf Raffte il>r freien SBerfe^r mit ben nor*
bifdjen SReidjen unb Otufjlanb unb machte fic 1163 jutn
©tfee be§ S3i3tum§ Ottenburg. 3n ber ©raffdjaft
Dtafceburg roaren fcfyon 1230 oon 125 Orten nur nod)
4 flarotfcfy, um ©d)roerin roar bie ^olonifation fd)on
1191 frricfjroeife ooflenbet, ba§ ganje Sanb aber arotferjen
ber ©iber unb bem ©d)roeriner ©ee be§eid)net ber
roadre Pfarrer §elmolb von S3ofau bereite um 1171
al3 eine „einige fäcfyftfdje Kolonie," — $n ben unter
flaroifdjen Herren oerbtiebnen ßüftenldnbern fnüpfte fldt>
bie erfte 93efteblung unb SBerbeutfdjung an bie beutfd)en
$löfter, bie, vom ßanbe§l)errn mit auSgebefjntem SÖilb*
lanbe begabt, burd) Slnfefcung beutfdjer dauern aunädjft
Heine beutfd)e (Miauen fdjufen, fo im Obotritenlanbe
$obberan (1170) unb $argun (1172), auf SHügen bergen
(1193), in Bommern ©rabe auf Ufebom (1150) unb
SBroba bei ©targarb (1180), öftlidj r»on ber Ober
Sautert^al bei ßolbaj (1175) unb Olioa bei $an$ig.
gn Söranbenburg, roo bem 9Jtarfgrafen all ©teil* stanten*
Vertreter be§ ßönigS trolle ©eroalt unb ba§ Ober* burfl
eigentum an allem ©runb unb SBoben pftanb,
roetteiferten in ber SBefieblung bie $13! anter, bie
S8i§tümer Sftagbeburg, ©aoelberg, Söranbenburg unb
ba§ um 1133 neu begrünbete ßebu§, enblidf) bie
Älöfter. 3llbredjt ber S3är befiebelte ba§ 2Karfd)<
unb S8rud)lanb um ©aljroebel unb gab ben gröf?ern
Ortfdjaften ber Slltmarf roie ber Wlaxt Söranbenburg
bereite ©tabtredjt; ©r$bifd)of Std&mann fiebelte um
fein ^Prämonftratenferftift Qertdfjoro unb um Jüterbog
befonberS ftlamänber an (baljer ber STCame beS Fläming);
Älofter 3inna (1171) begann bie Arbeit im S8rudE)lanbe
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174 3)ic beutfä=römtf<$e Äaifcracit
bcr Sftuthe, fdjon jenfeitS ber ©aoel Sehnin, bie Stiftung
DttoS L 1180, baS Erbbegräbnis ber SISfamer, bie
auch nach ihren ©rblanben fjlaminge beriefen, nament-
lief) in bie ©egenb oon Seffern. 3" ber 3 wehe folo*
nifierten befonberS bie $8af allen. $)ie ©lamen würben
oerbrängt MS auf wenige IHefte , bie nur in bürftigen
fjif^erbörfern (ftiefcen) ohne ftelbmarf eine geit lang
noch ihre 9lrt bewahrten, unb SBranbenburg würbe ein
faft ganz beutfcheS Sanb, mit beinahe burchauS nieber-
beutfehen Überlieferungen fogar in feinem Sagenfdjafc
aufser im Geltow.
mühen 9lnberS im ©ebiet ber Söetttner, im Sfteifjnerlanbe
ßaiijjf unb in ber Saufifc, roo ber ßampf mit ben ©laroen weni-
ger hartnäefig gewefen, bie beutfehe £errfchaft feit bem
Zehnten Qahrhunbert niemals auf bie 2)auer untere
brocken worben mar. $)aher behauptete ftd) bie flawifcbe
Söeoölferung noch überall im glacfjlanbe, weftlicf) oon ber
SUlulbe big in§ oierzehnte, um SKeifjen big inS fünfzehnte
3af)rhunbert, in ber Saufifc bis tyutt. SKeinbeutfch
würbe junädjft nur bie Umgebung ber früh mit beut-
fdjem ©tabtrecht bewibmeten gröfjem ^ßlä^e, oon benen
bie beutfehe ©ieblung beim wenbifchen fjriföerborfe
SipZt (Seipaig) am ÄreujungSpunfte ber oftweftltcfjen
unb ber norbfüblichen «Strafe oon Otto bem deichen
(1156—90) magbeburgtfcheS Siecht unb eine auSgebefmte
©tabtflur erhielt, unb ebenfo ganz beutfetj baS oon ben
Slawen wenig befefcte ©ebirgSlanb, befonberS feitbem
bie Slufpnbung reicher ©ilberabern im „Erzgebirge"
auf bem 93oben beS 1162 geftifteten ßlofterS «Hltenzelle
bei hoffen um 1168 jenen Otto zur Segrünbung oon
ftreiberg unter einem $8ogte mit 24 ftäbtifchen ©e*
fchwornen oeranlafjt f)attt. Snbem nun nieberfädjfifche
Bergleute unb thüringifche dauern in bieten ©ct)aren
einwanberten , erwuchs fjreiberg rafcb, jur größten
ftäbtifchen Slnfieblung beS 9fteifmerlanbeS, unb baS
Erzgebirge bebeefte ftch mit langgeftreeften beutfehen
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2>ie SEÖeltmad&tpotitif bcS ÄQtfertum«
175
föetyenbörfern in ßönig§f)ufen. ©o entroicfelte ftd)
t)ier im alten ©orbenlanbe rafäer als irgenbroo
fonft auf kolonialem 53 oben ein gelbmirtfdjaftlicfjs
inbuftrielleS ßeben. Über bie @lbe brang big etroa
1200 bie beutfdje Äolonifatton nur in einzelnen
Slnfäfcen. gn ber Sauft**, mürbe ba§ &tftercienferfttft
$obrilug it)r erfter SHittetpunft (1165), in Sc^lefien
feit 1163 Seubug an ber mittrern Cber burdj 93oleflaro h '
ben Sangen, einen ber ®d)üttfinge Staifer 3rriebrid)§.
Um 1200 flofj bie G£Ibe, ber alte ©renjftrom gegen bie
©lamen, nörblid) oom ©ebirg burd) beutfdjeS Sanb,
unb 2Hagbeburg, ber ftrd)üc$e unb roirtfd)aftltd)e
2Jcittelpunft eines weiten SänbergebietS, erhielt 1188
ein für ben ganzen Dften t>orbüblid)e3 ®tabtred)t.
$)a§ politifdö ©ntfdjetbenbe für bie 3ufunft 2)eutfd)* awa*t ;
lanb§ lag bar in, bafj biefe ganje reiche (Sntnricflung JallS
ftd) oljne ba§ ftaifertum, burd)au§ unter ber Leitung i#j j£* n
ber weltlichen unb geiftlid)en dürften DoHjog. ©ie
oerftärfte aud) bie Stellung §einricf)§ be§ Sömen im
fädjftfdjen 2Jcutterlanbe. §errifcf) brachte er bie meiften
oftfädjfifcfyen ©raffdjaften, bie md)t bei ttym, fonbern
.bireft beim ®önig %w fielen gingen, burd) ®auf an ftd),
naf)m bem ©rafen Slbolf von $olftein Sübecf, fud)te
bie roeltüdje 2Kadt)t be§ ®raftift§ Bremen ein*
jufcrjränfen unb wehrte il)m allen ©influfj auf
feine flaroifd)en 93i3tümer. ©ine bewaffnete @r*
Hebung ber geifttidjen unb weltlichen ©rof?en Oft*
fadjfenS unb ber Sparten 1166/68 überwältigte er
mit be§ ftaiferä £jilfe, er ftdjerte ftd) burdt) feine S3er*
m&fyhmg mit aflatbübe von (Sngtanb, einer $o$ter
ftönig £>einrid)§ II., 1168 einen ftarfen SRüdtyalt unb
errichtete ftd) in 33raunfd)weig bie ftolje Sßfalj %anh
nmrberobe mit bem ehernen Söroen baoor. @r mar
in ber £t)at ber ungefrönte ßönig von IWorbbeutfd) 5
lanb, bie SRetdtjSgeroalt mar in ®ad)fen cerfdjwunben.
3fn Magern, xoo bie Immunitäten ber 93ifd)öfe unb
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176
S)ic bciitfg'töiniftyc Äaifcractt
bic ©rafen unter ber ©erichtSbarfeit be§ §er$og§
ftanben, gelten ihm bodj bie Sßfalagrafen oon Sittels
bad) unb bie mächtigen ©rafen oon $lnbech3 unb £trol
(bei afleran) einigermaßen ba§ ©egengetoicht; boch
nahm er auch ^ier h^rifch feine gntereffen toahr unb
begrünbete Sftünchen an ber neuen Qfarbrücfe $um
©cfjaben ber fretfingif djen SBrücfe bei fröhring, bie
fd)lte&lid) 1158 tf>re einträglichen 3ollrechte an biefer
alten ©aljftrafje au3 bem Dften oerlor.
stua 5luf bem Verhältnis ber SBelfen unb §ohenftaufen,
bcTsöwcit auf bem frteblichen 3)uali§mu3 ber beiben äftachtbil*
bungen, bie jebe it)re befonbre Aufgabe felbftänbig
löften, beruhe ba§ SRcic^. £)ieS überaus fünftltche
Verhältnis erhielt ben erften ©toß, als Heinrich, oer*
mutlich nur, tt>eil er feine eignen ^ntereffen höhet fteüte,
bem^aifer 1176 bie bis bahin ftetS geleiftete £eereSfolge
in Italien oermeigerte. £)od) h^tte biefer baS gute ©in*
vernehmen offenbar gern nrieberhergefteHt, hätten nicht
nach feiner $eimfehr 1178 bie fädjfifchen fjeinbe beS
$er$ogS, cor allem bie SBifchöfe oon §alberjtabt,
fünfter unb ßöln, bie fchon feit 1177 mit biefem in
Q-ehbe lagen, ihn mit klagen toegen SanbfriebenSbruchS
überfchüttet, fchliefjlid) ©einrid) fogar beS £>od)oerratS
berichtigt. $>a nun Heinrich an oier ihm gefegten
Terminen nicht erfchien unb gütliche SluSgletchoerhanb*
lungen mißlangen, fo mürbe er nach bem ©pruche
eine§ gürftengerichtS in 2öür$burg am 18. 3anuar 1180
geächtet unb am 13. 2Iprtl in ©elnbaufen feine
9letchSleben vom ®aifer oerteilt. 3n ©adrfen erhielt
ber ©rjbifchof WKPP *>on ßöln baS §erjogtum Söeft*
falen, 93ernharb oon Inhalt baS gerjogtum ©achfen,
bie Vifchöfe nahmen ihre Set)nSgüter jurücf. 3n
Magern mürben ©teiermarf als felbftänbtgeS £erjog=
tum unter ben Dttolaren oon ©teier an ber £raun loS*
getrennt, ßrain unb Qftrien mit ben auSgebehnten 93e*
fifcungen unb SietchSlehen ber $lnbechfer in $irol oerbun^
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Sie 2ßettmad)H)0litir bc§ flatfertumö
177
ben, bie bifd)öfüd)cn fielen bcm £>er$ogtum entzogen. $)en
SReft beg Lanbe§ erhielt alg £>er$ogtum ^Bauern bcr
treue ^falsgiraf Otto oon Söittelgbacf). Sfloch fefcte fich
Heinrich in ©achfen grimmig unb erfolgreich gur
2Bef)r; aber alg ber ftaifer im 3uli 1180 bie 9^cic^§-
heerfahrt gegen ihn gebot, griff ber 5lbfaH unter ben
$af allen rafd) um fidt), unb alg f5ricbricr> felbft im
©ommer 1181 mit fübbeutfdjen Gruppen gegen ihn
oorging, gab ber £er$og ben ßampf auf unb ging nach
©tabe. Sflur Cübecf hielt ihm bie Sreue, big eg
mit feiner 3uftimmung bem förifer ergab, ber nun bie
©tabt an bag Dieter) jurücfnahm. ©nbltch im Sftooem*
ber 1181 unterwarf ftd) ihm Heinrich in (Srfurt. 3 roar
erhielt er bie reichen ©rbgüter feinet §aufeg mit
SBraunfcrjtoeig unb Lüneburg jurücf, aber er rourbe nach
(£nglanb oerbannt, unb bie 9flacht feinet §aufe§ mar
für immer zertrümmert.
Söorübergehenb mar bie eine SBirtung biefer ßata* "c» c
ftrophe, bie Unterwerfung ber ^Sommern* unb Obo* jtaitfc
tritenfürften unter bie bänifche Oberhoheit 1186, bauernb
bie folgen für bie 9teid)3oerfaffung. 3Ifle ©tammeg*
herjogtümer, mit Slugnahme ©chroabeng unb beg
fct) wachen (Ober*) Lothringen, waren jetjt in mittel*
grofce weltliche gürftentümer unb geifttiche $errfcrjaften
aufgelöft, beren Inhaber bie 9lmtggemalt noch im
tarnen beg ftaiferg, aber alg 3ubehör ifjreg Sehng*
unb (Sigenbeftfceg augübten unb mit bem SKeichgober*
haupt nicht mehr ftaatgrechtlich burch bag 9lmt, fon-
bem nur noch perfönlicr) burch bit SBelehnung 511=
fammenhingen. S)ag Dieicf) roar alfo in eine gro&e
fiehnggenoffenfchaft oerroanbelt. $8on biefen ©rofjen
aber empfingen jefct bie SBelehnung vom ßaifer un-
mittelbar nur noch bie $er$öge (dauern, ©chwaben,
©achfen, Lothringen, Trabant, b. i. Üftieberlothringen,
Kärnten, Böhmen, Öfterreich, ©teier), bie ^ßfaljgrafen
oon ©achfen unb JJranfen (bei Ot^cin)^ bie Sflarlgrafen
$cr aüerbfflanö beä beittfd)en UJolfcS I 12
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178
$te beutfd)'römifcf)e flaiferjeit
von SBranbenburg, 9Jieifjen unb ber Öaufitj, bie ©rafen
von Thüringen unb Slnhalt, im ganjen fechjehn, unb
neben ihnen fämtliche „^ßfaffenfürften," eine bei roeitem
größere 3ahl. 2lu§ ber 9flaffe ber großen beamteten
ßehnSträger t)atte ftd) alfo eine fürftlidje Oligarchie
erhoben, unb in biefer überwogen weitaus bie geift*
liefen ftürften. Sie galten jetjt roteber faft roie ju
Otto3 be§ ©rofcen 3*iten al§ bie „«Säulen be3 9*eid)3."
»nfäfee #1 $a afle biefe dürften, ©tfchöfe unb ©rafen nicht
neuen mehr auSführenbe Organe be§ 8önig§ unb einer §zn*
Ä wammfl trafoerroaltimg, fonbern Herren $u eignem Diente
maren, alfo fid) jroifchen bie Slrone unb bie 2ftaffe
be§ SBolfS gehoben Ratten, ba ferner auch bie fird)=
liehe ®err»itienpflid)t ber Ottomfchen 9teich§t>erfaffung
in ben ©türmen be£ 3nDeftiturftrcit§ untergegangen
mar, fo nerfud)te ftriebrich I. ©rfafc $u fchaffen burch
eine neue Organifation be§ ftaufifdjen $>au3gut§ unb
ber immer noch fet)r bebeutenben, befonberS längS be§
W$z\n%, in Oftfadjfen unb Düringen, an ber obem
©aale unb Alfter auSgebehnten ftrongüter. @r fdr)ü^te
fte burch zahlreiche SBurgen unb prächtige ^fal$en
($rifel§, Hagenau, ©einkaufen), befonberä in ber ober*
rheinifchen Stiefebene, unb »ertraute ihre $ermaltung
einer zahlreichen, belehnten Sftimfterialenfchaf t an. ^freilich
mürbe baburd) eine mirfUcr)e 9tekh§oermaltung umfo
meniger Ijergeftetlt, al3 biefe 9Einifterialen fehr un=
gleichmäßig über ba§ Dteid) oerteilt maren, unb auet)
ir)re Sehen unb Slmter balb erblict) mürben, eine feftc
§auptftabt aber noch immer unmöglich mar. 9hir
ber Übergang oon ber Natural« jur ©elbtmrtfchaft,
bie eine SBefolbung an bie ©teile ber $8elef)nung mit
Sanb fetjte, r)ätte bie 2lu§bilbung eine§ mirflicr)en f8&
amtentumS ermöglicht. Solche ©tnfünfte lieferten ab er faft
nur bie ftäbtifdjen dürfte unb 3oHftätten, namentlich
am Sltyin, unb mittelbar, menn auch ohne benm&ten
Sßlan, hat griebrich biefe Ghttroitflung begünftigt, inbem
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3>te 2BeUma<$tpoIitif be8 JtaifertumS
179
er bie roirtfdjaftlidje fjrci^cit ber (fömgltchen) ^ßfalj*
ftäbte (Slawen, EuiSburg, Utrecht, ©oSlar, Dürnberg)
unb ber 93ifdE)of§ftäbte (SlugSburg, Samberg, <Regen§burg,
©peier, Vremen u. f. f.) burd) Bollbefreiungen unb @r=
leicrjterung ihrer h°f rechtlichen Verpflichtungen be*
förberte, roährenb er eine Ghtroeiterung politifcher Un*
abhängigfett nur für Sübecf 1188 gewährte.
tiefer Umgeftaltung ber Verfaffung entfprach bie £>eenucicn
neue Drbnung be§ SHetchSheerroefenS, bie nur noch
lehnte umfd)Iof$, alfo dauern unb Bürger auSfchlofe.
$en erften „£eerfcf)ilb" führte ber ßönig, ben aweiten
bilbeten bie grojjen geiftlicrjen unb weltlichen Vafallen,
ben brüten bie mittelbaren freien Vaf allen, ben eierten
(feit ber 2JUtte be§ jwölften SahrhunbertS) bie 2Jlinifte^
rialen, $u benen in ©übbeutfct)lanb noch al§ fünfter
bie unfreien bitter famen.
60 fcharf fict) biefe Gelehnten oon bem übrigen mm*m
Volte fonberten, fo eng fchloffen fie ftd) trot> be§ SHang* ^ llm
unter fchiebeS an einanber in ben gemeinfamen 2ht* Äi b t c t ];
fchauungen unb Vräuchen ber Sttttterfdjaft. 3n Woxfc fdjaft
franfreich auf bem ©runbe fa$3 germanifchen Sreube*
grifft unb romanifcher Reinheit erwadtfen auS einer Ver*
binbung be§ zeitlichen unb firchlichen 3beal§, ergriff
biefe neue Vilbung im Verlaufe ber erften ßreujjüge
ba§ ganje 9lbenblanb unb oerwanbelte bie belehnten
Ärteger aller Völler unb 3 un 9 en * n e * ne gto^e ein-
heitliche ©enoffenfehaft, ohne SRücfftcht auf bie Slbfunft.
$)enn nicht biefe machte ben bitter, fonbern bie mili-
tärifch'höpfd)e (£r$iehung am £>ofe be§ 8ehn§h**™
burch bie Stufen be§ ©belfnaben (junfherrelin, garpn,
Sßage) unb knappen (armiger, scutifer) hwburch
jur feierlichen ©wertleite (föttterfchlag) im ^roanjigften
ober einunbjmangigften SebenSjahre, ber altgermanifchen
Saffnung. ©inen breifachen Eienft nahm ber bitter
auf ftd), ©otteSbienft, gerrenbtenft, grauenbienft, eine
ftrd)ltche, ftaatliche, gefeUfchaftliche Pflicht, unb er
12*
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180
$ic beutf($'röimfcf)e £aifer$ett
folltc fic üben mit staete ((£f)arafterfeftigfeit) unb niäze
l93efonnenheit) in hövescheit (courteoisie), mit fct)arfer
Zügelung be§ unfteten, letbenfehaftlichen ©inne§ mittel*
alterlicher 2Henfchen, roie fie bisher nur bie ßirche tonnte.
S5er „$)ienft" für eine „§errin" (frouwe, damo, domina),
ftetS bie grau eine§ anbern, Ijatte ftttlicr) unftreitig
fein ebebentttcfye (Seite, aber er geroöfmte auch an ©elbftbe*
herrfdjung unb Eingebung, er hob mächtig bie ©eltung
be§ 2öeibe§ unb löfte ben ©hm non ben ftarren Ueffeln
ber überlieferten <£ptf jur perfönlichen, lurifchen (Sm*
pfinbung. $)te anbern Pflichten erforberten bie forg*
fältigfte mititärifche s ilu§bilbung jebe§ einzelnen Zitters
für ben ftampf §u SRofc burcr) bie ßampffpiele, ben
3n>eifampf (£joft, justa pugna) unb ba$ 2ftaffengefecht
(Surnei, furnier), bei befonbern geftlichfeiten oor ben
klugen ber tarnen, au§ beren§anbbie6iegerben„$anf"
empfingen. Qn benfelben fcfjarf umfdjriebnen formen
gingen bie ritterlichen ©efcrjroaber in3 ©efecht, bie Leiter
auf fdjroeren, mit farbigen $)ecfen befangnen hoffen,
im ©ehmuef ber bunten SöaffenrMe über bem ftlbet*
fchimmernben ßettenpanjer, bie „ßteinobten" auf ben
gefchloffenen SMfterhelmen unb bie Söappenbilber be§
©efcf)lecht3auf ben breieefigen ©djilben, unter ben langen
blitjenben gafynenlanjen unb ben roallenben Bannern
ihrer £ehn§h*rren, ein ftoljer, phantafttfeh « prächtiger
s ilnblicf ; aber ein erheblicher taftifcher ober gar ein ftrate*
gifcherfrortfehritt mar mit biefer Verfeinerung ber Sech*
nif be3 Kampfes nicht oerbunben, benn eine ©Übung
fefter taftifcher Körper blieb bei ber 3ufammenfet>ung
biefer ©efchroaber unmöglich.
lic 3)ie großen SD^enfchenanfammlungen, bei benen
»urgeu ancin bic§ ^ ö p We unb miIitäriWc fieben rc ^ t
entfalten fonnte, roaren freilich nur im ©ommer
benfbar. $>enn anberä n>ie ber italienifche Slbel,
ber fd)on längft meift in ben ©täbten roohnte, fyaitt
ber beutfdje @ble feine laublichen ©emohnheiten
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$te 2Deltmac$tpotttif bcS Äaifertum§
181
beroafjrt; nur Raufte er jefct nicf)t mefjr auf einem
offnen ©ut^ofe, fonbern meift auf einer feften
23urg, bie al§ „Söafferburg" in ber ©bene r»on
einem tiefen ©raben, al§ „£ölj)enburg" im 93erglanbe
fdjon burdj i^rc Sage gefdjüfct war. ®iefe 93auroerte,
meift fefjr mä&igen Umfangt oon einer $anb r»ofl £eute
$u »erteibtgen, waren eine Sßerbinbung be§ römifcfien
2ftauerbau3 mit bem beutfdjen £>ofbau, um ben 93erg*
frieb, ben §auptturm, ben ^ada§ unb bie Kemenate
(grrauengemad)) gruppiert. Sie bebeeften feit bem
elften ^a^r^unbert ju taufenben $eutf<$lanb unb roaren
mit bem begriff beS Hilters unaertrennlid) oerbunben.
3n ben formen be§ SetynSmefenS unb be§ Dritter* Xa§
tum§ Ratten ftd) alfo fdjltefjlid) bie ^errfdjenben^^ahJ!
Stäube be3 SHeid)3 vereinigt, unb ber SRufjm ^aifer
3rriebritf)§ mar, bafc er alä ber größte SefynSfyerr unb
ber erfte JRitter be§ SlbenblanbeS auf jenem glänzen*
ben «Pfingftfefte bei 3Jlaina 1184 erfd)ten, bei bem fi<$
3ur freier ber Sroertleite feiner beiben älteften Sityne
£>einrtd) unb griebricr) bie SRttterfcfyaft faft be§ ge=
famten SlbenblanbeS um it)n oerfammelte, bie ftrat)=
lenbe Sonnende be§ gefamten 9ttttertum§.
Serjon Ijatte bamalS ber ^aifer ben fünften 93ov6c=
@d>ad)3ug feiner Sßolitü vorbereitet: er marb für lcit ^ l ! ulir
feinen *Ka<i)folger £einridf) (VI.) um bie £anb ber gjjß
©rbin Si^tlten^, ber £od£)ter Hogers IL, Äonftan$e,
unb lief* am 27. Januar 1186 bie Trauung be§ jungen
$ßaare§ in 2ftailanb ooE^ieljen. (£r meinte bamit bie
$errfd)aft feinet §aufe§ über Italien gu ooflenben
unb bort eine fefte erbliche |>au3mad)t at§ ©tüfce be§
^aifertumS ju erwerben, roa§ itym in ber Sombarbei
unb in £)eutfd)lanb nur Ijalb gelungen mar, boefy er
fd)ür$te baburdf) für fein §au§ ben knoten feines
Sd)icffal§. 2)enn bamit oerfdjob er ba§ gange $8er=
t)ältni£ ber 2flütelmeermäd)te; er machte je£t erft
Italien $um 9JHttetpunfte ber ßatferpolitif unb fteüte
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182
2>ie beutfä«römifcf)e ßaiferaeit
bannt bte Unabpngigfeit beS päpfilid)en ©taatS, ja
be§ ^apfttumS felbft in ftrage, regte alfo überall
bie fjeftigfte geinbfdjaft gegen ftdt) auf. Urbans III.
$8erfud), beS ®aifer§ Söaljnen mit |)ilfe beutfdjer
«ifdjöfe, namentlich <pt)iltpp§ von ßöln, unb
§>einrid)3 II. t»on ©nglanb $u freujen, unb einen
neuen ^rinstpienftreit $u entfachen, fdjeiterte an
ber entfdjloffenen galtung ber beutfcfjen 3# r ft en
unb an bem (£im>ernel)men ftrtebridjS mit Philipp II.
5luguft üon ftrantreid); aber ber erzürnte ^ßapft fd)idte
ftd) bereits an, ben SSann gegen ben §of)enftaufen ju
fdjleubern, ba ftarb er plötjlid) in fterrara am
20. Df tober 1187, unb in benfelben £agen lief bie er*
fd)üttembe Shtnbe ein, bafj baS ©fjriftenljeer am 6ee
Liberias gefcfylagen unb ^erufalem in biegänbe be§
SultanS ©alabin gefallen fei.
Ter bvittc SBor biefer großen ftataftroplje traten ade Streitig*
* r unf 0 fciten Surücf. «ßapft ©öleftin III. rief ba§ Slbenblanb
SrKbnd)^ 3um ^reujjuge auf, unb im 3lpril 1188 empfing Slatfer
griebrtd) felbft mit feinem Sof)ne ^riebrid) t)on
©cfyroaben unb aatjlretcfyen gürften inSJlainj baS Äreuj,
auf ber götje feiner 9ftad)t, mit befonnenem (Srnft, md)t
in unklarer 9lufroaüung. S)aS ftaifertum alfo natym
bie ftüfjrung be§ ganjen 9Ibenblanbe§ in bie §anb,
benn ftrtebrid)§ überragenber^erfönlidjfett mürben ftd)
aud) bie Könige oon granfretd) unb (Snglanb unter*
georbnet fyaben, unb alleS fdjten milttdrtfd) unb
biplomatifd) auf 3 treff tiefte unb umfid)tigfte georbnet,
al§ er mit minbeftenS jmanjigtaufenb roof)lbe*
roaffneten Gittern am 11. 2Hai 1189 oon SReg.enS=
bürg aufbrad). 3Jlit ruhigem, aber unmiberfte^lic^em
•Iftadjbrud fieberte er feinem geere trofc aHeS Übel*
rooHenS unb SJMfjtrauenS ber ©riechen 2ftarfd) unb
Ouarttere im bt)$antmifd)en $Hetd)e unb überfdtjritt
(Snbe 9Hära 1190 bei ßaHipoliS ben geUeSpont. 2IIS
er enblid) in Rleinafien t>on Saobicea auS ben S3oben
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$>ie aöeltmad&tyotttir bcö AaifettumS
183
be§ ©ultanatg von Sfonium betrat, ba überroanb
bie §elbenfraft feiner beutfdjen SRitterfdjaft ebenfo*
rooljl bie (Strapazen be3 äflarfdjeg burd) bie bürren,
fdjattenlofen §od)ebenen rote bie bieten Sparen ber
türfif djen SReitermaffen an ben glorreichen <Sd)lad)t=
tagen bei ^fjilomelium am 7. SERai unb ^fonium am
18. 9ftai, unb jroar tjart mitgenommen, aber nod)
fdjlagferttg erreichten bie $)eutfd)en über bie fdjrom*
belnben ©aumpfabe be§ £auru§ hinüber bie reichen
Ebenen (£tlicien§. Sa, mitten in ber froren 3uoer=
ftd)t enblid)en ©eüngenS, ertranf ber greife ßaifer in
ben falten fluten be§ reifcenben ©alepf) unroeit %ax\o§
um bie 9Jtittag3ftunbe be§ 10. %\m\ 1190, fern von
ber ßeimat, an ber ©djroeHe be§ fagenfjaften SJlorgen-
lanbe§.
3)amit roar ba§ (Scheitern beS beutfdjen ®reu$* scheitern
3uge§ entfd)ieben. SDenn ^roar brachte §erjog$riebri<i) beutfefien
einen £eil be§ $eere3 bi§ vox SIHon, ba§ ftömg ©uibo $h ' eil ^ u 0 c *
oon S^rufalem mit fd)roadj)en Gräften feit bem £>erbfte
be§3^re§ 1189 belagerte, unb fdron oorljer roaren bort
jur ©ee ftarfe ©djaren norbbeutfd)er ßreujfahrer mit
öanbgraf ßubroig III. von Düringen eingetroffen;
aber bie meiften 2)eutfd)en, aud) §ergog grtebrid),
erlagen ben folgen ber 3lnftrengungen unb bem un*
geroofjnten ftlima. 9htr $er$og Seopolb V. oon Öfter*
reidj naf)tn an ber (Eroberung 3lffon§ im $uli 1191
nod) Anteil. 2)a3 einzige praftifdje Ergebnis be3
geroaltigen Unternehmend roar für bie 2)eutf djen bie
öegrünbung be§ beuifdjen §ofpüal§ vox Stffon, einer
ßroetganftalt be§ fd)on vox 1118 in fterufalem ge*
ftifteten, nad) beffen (Eroberung 1187 bort aufgegebnen
beutfdjen ®ranfenf)aufe3, aber e3 fottte ber ^eim be§
beutfdjen SRitterorbenS roerben.
2)ie umoerfale ^otitif, bie ftriebrtd) Söarbaroffa Geti»tU$
*ule^t mit bem ^reu^uge unb nod) mehr mit ben mit* btc
Vorbereitungen sur Erwerbung ©ijiliend eingefc^lagen ^f* 1
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184
Sie beutfdj«römtf(f)e Äaiferjeit
hatte, fetjte in ber fünften unb umfaffenbften SBcifc
fein Nachfolger fort, Heinrich VI. (1190 big 1197).
©rroar gar fein Krieger, nrie ber Vater, fonbcrn burch
unb burch Staatsmann, §art unb f chonungSloS, oon cif er*
nem 2Biüen in ber Verfolgung fetner großen Qidt*
Sftocr) al§ Regent für ben Vater brücfte er einen Stuf ~
ftanb Heinrichs be§ fiöroen nieber, ber im §erbft 1189
wortbrüchig jurücf gef cl)rt mar, boch größere Schmierig*
feiten machte ihm bie Durchführung feines @rban*
fprucrjS auf Stsilien. S)enn bort mar nach SBtlhelmS II.
£obe im Dejember 1189 ein Vaftarb be§ auSge*
ftorbnen ftönigShaufeS, £anf reb oon Secce, $um 8öntg
erhoben unb oon ^apft ßöleftin III. fofort anerfannt
roorben, unb hatte ftch anbrerfettS burch ein VünbniS
mit SRicharb Söroenhera oon ©nglanb, bem Schwager
Heinrichs beS ööroen, $u fichern gefucht. 3)er erfte SRömer*
gug$einrich§ VI. oerfcrjaffte biefemjmar bie $atf erfrone
(16. $Ipril 1191), aber er f erweiterte t»or Neapel infolge
oerheerenber Sommerfieber. 211S ber ßaifer heimfehrte,
erhob baher bie roelftfche Dppofition auf 3 neue trofcig
ihr £>aupt, unb fie fanb Unterftüfcung gunächft bei ben
meiften nieberrheinifchen dürften, teils roeil biefe
roegen ber ftäbtifdt) -n>irtfct)aftlid)en ftntereffen $u
(Smglanb unb alfo $u ben Söelfen neigten, teils weil
fte ftch burch bie eigenmächtige Verfügung be§ ftaiferS
über ba§ VtStum Süttich #x gunften Ulberts oon $>od)*
ftaben oerle&t fühlten, unb Heinrich VI. bie ©rmorbung
beS SftitberoerberS Gilbert oon Trabant ungeftraft ge-
laffen hatte, ftnbem ftch nun ßueh n0( $ Ottolax L uon
Böhmen, 9Jcarfgraf Wibrecht oon 9fteij}en unb §ermann
r»on Thüringen anfchloffen, umfpannte bieg gegen bag
ßatfertum unb feine Söeltpolitif gerichtete VünbniS,
(Snglanb unb Sizilien mit eingefchloffen, ben |>oben=
ftaufen oon allen Seiten. 3)a fam biefem ein uner*
hörter ©lücfSfaü $u §tlfe. Dttdjarb ööroenher^ fiel
auf ber SRücffehr oon Sorten im Dezember 1192 auSöien
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2>te äBetttnaiStpottttr beS ÄaifcrtumS 185
in bie §änbe be§ $erjog§ Seopolb von Dfterretd), ben
er vox 9lfton auf§ fcfjmerfte beleibigt fyatte, inbem
er fein Söanner von ben 5Jtauern ber genommenen
Stabt !)erabreif?en lief*. @rft auf bem $)ürrenftein
an ber S)onau, bann auf bem ftaupfc^en £rifelg
rourbe ber ®önig in §aft gehalten. $)ie dürften*
oerbinbung mar bamit gelähmt unb löfte fid) auf.
£emrid) VI. aber benufcte biefe (Sunft be§ ©cfjicffalS
nid)t nur, um SRidjarb ein ungeheures ßöfegelb,
juletjt jel)n taufenb Wlaxl , etwa einunbbreifng
9Jhßionen s Jieicf)§marf, fonbern auef) ben Se^n^eiD
für (Snglanb ju erpreffen. @rft bann mürbe ber
ßöntg am 2. gebruar 1194 in ©peter entlaffen. fturj
bar auf, im 9ttar& 1194, cerföfmte fxd) aud) §einrid)
ber Söroe auf ber ^falj £ifleba am Sfyfffyäufer mit
bem &aifer; ja biefer miüigte fogar in bie S8er*
mäf)lung feiner (Soufine 2Igne3 von ber ^fal$, ber
@rbtod)ter ßonrabS, mit §emrid) von $raunfd)tt>eig,
bem @of)ne §einrid)§ be3 Söroen, unb üerfprad) biefem
bie 93elef)nung mit bem mistigen bi^er ftaufifdjjen
©ebtet. 8ur$ barnadf), im Safyre 1195, ftarb ber
grofce @ad)fenf)er$og unb mürbe im $8laftu§bom ju
93raunfd)metg, feiner Stiftung, betgefefct.
tiefer SluSgang ber antiftaufifd&en (Srtyebung »ep*
cntfctjieb in Sßerbtnbung mit bem £obe $anfreb§ am ei8 "in n?
20. Februar 1194 ba§ <§d)itffal @i3tlien§. Sei ber ei ^ ilicn
51nnäfyerung be§ faiferli^en £>eere§ unter bem 9teid)§*
trudjfejj 9flarfroarb von 2lmx>eiler, einem ftauftfcfyen
2flinifterialen, unterwarf fief) ba§ ganje geftlanb mit
2lu§naJ)me von Saterno, ba§ aber nur einen £ag
nriberftefjen fonnte, unb nad) feinem (Siege bei (£a*
tania 50g §einrtd£) VI, am 20. $)e$ember mit glänzen*
bem ©epränge in Palermo ein, wo er ftd) am 2öeÜ)*
nad^tStage frönen lief?. $)en reiben ßronfcfyafe fanbte er
nad) b em Trifels, bie ® önigtn=2öitroe SibnOe von Stcitien
unb ifjren jungen Sofm 2öilf)elm nad) Schwaben, ©ein
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186 bcutfd) römtj^c «aiferieit
©lud festen ooüenbet, al£ i()m in benfelben Sagen feine
©ema£)lin ftonftanje in $efi bei Slncona einen @ol)n,
g-rtebrid) SRoger, gebar. @ie übernahm bann bie
Regierung be§ -ftormannenreicrj^, beraten von ^onrab
üon Urilingen al§ $Heid)3otfar. 5Iud) im ®önigreid)
3talien rütften $)eutfd)e in bie työcfrften Stellungen
ein. ßonrab mürbe §er$og oon ©poleto, $Jlaxh
warb r»on 9lnroeiler 9Jlarfgraf von 5lncona, £>er$og
ber SHomagna unb oon Dtaoenna, ^tjilipp, be§ ®aifer§
SBruber, 9flarfgraf von £u§cten. 2)a§ mitteleuro*
pätfdje ßentralretd) fyatte mit ber Erwerbung (Siziliens
bie territoriale (£tnf)eit gtalieng in tyren ©runb^ügen
gef Raffen, e§ tyatte bie beijerrfdjenben «Stellungen im
£er$en ber aflittelmeerlänber inne, unb r»ornel)mltd)
burd) beutfd)e Gräfte, burd) beutfcfye ©bie unb
niftertalen rourbe e3 juf ammengefyalten.
Tcv üxb- Um aber biefe aunädjft nur äufcerlid) vereinigte
j^ c ^ f ür bic $> auer "*tt einanber ju oerbinben,
vi. beburfte e§ einer neuen ftaat§red)tltd)en ©runblage.
5)af)er forberte §einrid) VI. im 2)e$ember 1195 von ben
JJürften bie gefefclid)e ©rblidjfett ber beutfdjen unb
ber italienifdjen Slrone für fein $au8, inbem er ifynen
bafür bie ©moerleibung ©i$tlten§ in ba§ ftönigretd)
Italien unb bie ©rblid)fett tfjrer SKetd)3lel)en aud) in
ber umblicken Cinie anbot. ©3 mar bie entf^eibenbe
£f)atfad)e für bie 3ufunft be§ iHeid^g unb ber §ofyen-
ftaufen, bafi biefer großartige tylan an bem SBiber*
fprudje ber fädjfifdjen unb nieberrfyeinifdjen grürften,
if)rer alten ©egner, f ^eiterte; nur bie Slnerfennung
fetnc§ <Sof)ne§ $riebrid)3 II. tum Sftadrfolger im
SReidje oermod)te £einrid) VI. im §erbft 1196 burd)*
aufe^en.
$einri$s &ür bie näd)fte ©eneration roenigftenS mar ba*
mttiu m *t °* c 33crbinbung be§ ljof)enftaufifd)en ©rbfönig*
"m?*? retd)§ ©ijitien mttbem$aiferreid)e gefid)ert,unb unauf-
un ° l)altfam brang oon ©Milien au3 im Umgreife ber
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Sie äDBeltmad)tpofitif bc8 ÄaifertumS 187
ÜJJittelmeerlänber §einrtd)3 VT. Unioerfalpolitif »or,
oor aHem im 2Jlorgenlanbe, roo ©atabinS £ob 1193
unb bcr rafd)e Verfaß ber bnjantinifcfyen 9Wad)t fett
ber S^ronbefteigung bcr Hägltdjen 5lngeloi 1185 eine
neue ©eftaltung ber $)tnge §u ermöglichen festen,
©erjon 1194 tjutbigte 8eo II. von ßleinarmemen, 1195
Slmalrid) von ©npern, ©nbe 1196 erfannte aud)
93r)$an$ bie Oberhoheit be§ §ohenftaufen an, ber bie
$lnfprüd)e feiner ©djroägertn, ber ^olben $rene
(3Karia), ber (Gemahlin feinet SöruberS W^PP* be=
nüfcte, um nad) bem ©turae ir>reg *Bater§ Sfaaf burd)
beffen SBruber SUegtoS (9Ipril 1195) ben feigen Ufur*
pator burd) 55rof)ungen etnjufd)üchtem. (Inbltd),
nad)bem er eine t>er$n>eifelte (Shrfjebung ber gebrüeften
©tjiltaner niebergeroorfen unb mit graufamer £ärte
beftraft hatte, lief* er ju Anfang September 1197 auf
einer geroaltigen ftlotte fedfötgtaufenb beutfdje
Sreujfahrer unter feinem banaler, bem Eifdjof ßonrab
oon ^ilbe^^eim, nad) ©nrien in ©ee gehen, ©ie nahmen
SBerntuS (^Beirut) mit ber ganjen umliegenben fnrif d)en
tfüfte in SBefife unb erhoben im Sö^ärj 1198 bie beutfdje
§ofpitalbrüberfd)aft gu 6t harten in 9lffon jum
beutfd)en9tttterorbenmübem fd)maraen®reua im meinen
ftelbe, bamit fortan bie $eutfd)en in ©nrien eben*
bürtig baftünben neben ben romamfdjen Golfern.
2)od) mitten in fo roeltumfpannenben Unternehmungen
unb (Sntroürfen raffte nad) furjer ßranfheit ein plöfe*
lieber %ob ©einriß VI. am 28. ©eptember 1197 §u
9fleffina hinweg. 3m S)ome von Palermo ruhen nod)
heute bie Werblichen SRefte be§ fühnften ber $ofjen=
ftaufen.
„(Sr l)at ba§ beutfdje ^ßolt tyxxlid) gemacht oor $kit
allen «Rationen/ fagt Otto oon ©t. Mafien; „®%wtU
gen bedte alle ßanbe, jebe ©tabt war in fturc^t, 9?ation
nirgenbä gab e§ mehr Kriege/' fo fcfylbert ©ottfrteb
»on SBiterbo bie Sage nad) ber Eroberung ©ijilien^
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188 ®« beutfö-römiföe flatferaett
unb al§ „Sd)ieb§richter ber Nationen'' bezeichneten
ftrembe neibooll bie 3)eutfchen. So fehr war bie
I)oJ)cnftauflfcf)c Sflachtbilbung ein Stola unferS SBolfeS,
unb fo gewaltig ber (Stnbrucf auf äße 2Belt. $)enn
ba§ Mittelalter lebte eben nicht in ben immerhin engen
Gegriffen be3 9tationalftaat§, am wemgften biefe Qtü,
xoo eine ftirdje unb eine ritterliche ©Übung ba§ 2lbenb-
lanb beherrfdjten; ba§ politifche Sbeal blieb tnetmehr
ba§ ben ^rieben gebietenbe SBeltreicf). Unb meld) eine
3ufunft fchten fich ber beutfchen Nation aufauthun!
SBährenb if>rc Siebler unaufhaltfam über ben fyalb*
barbartfchen Dften bahinfluteten, war fie auch am
SJtittelmeer in ben Säubern alter Kultur bie I)err*
fdjenbe 9Jiacf)t geworben, fraft ihrer politifchen unb
militärifchen Energie, mit bemfelben fechte, mit bem
bamal§ ber englifdje 2lbel Söeftfranfreich beherrfchte,
fpäter bie ©panier bie amettfantfchen SMturoölfer,
englifche ^aufleute Snbien unterjocht fyabtn, unb in
eblerm Sinne al§ fte alle,
ßrttnbe Slber eine unnriberftehltch uorbringenbe nrirtfchaft*
sjenbimß licrj^osiale Umwanblung hat in SÖerbinbung mit einer
neuen gemaltigen (Erhebung be3 ^ßapfttum§unb mit bem
abermaligen Aufbruch einer alten tiefgehenben ©pal«
tung im deiche biefe großartige Sßeltftellung ber beut«
ftfjen Nation jerftört unb bie ©runbtagen be§ alten
£aifertum§ enbgiltig untergraben.
icutfcfi= Seübem bie italtenifdjen Seeftäbte mit bem S8e=
csiiitrltt in 0^ nnc öcr Äreuj^üge ben morgenlänbifdfjen £anbel
ben nett» ooUftänbig in bie eigne §anb genommen hatten , unb
' ft c noch mehr feitbem beliebig mit ber Eroberung r»on ßon>
ftantinopel 1204 an beffen Stelle jut Seherrfcherin
be3 gefamten 2Jcittelmeeroerfehr§ geworben mar, hatte
fich ber alte 3ug oer weftlichen 2öelthanbel§ftraf$en
oerfchoben; er führte jetjt über bie Oftalpen nach &er
mittlem $onau, nach 2öien hinüber, burch bie QtnttaU
alpen nach oem 9l^eint^a(e, bem natürlichen SBerfehrS*
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3)ie SBeltmadjtpolitif be8 ßaifertum«
189
roege nach bem Horben. £ier würbe 9Jiain$ ber
aJlittelpunft eine! roefentlicr) auf ben 9lu!taufcr) x>on
Vobenprobuften gerichteten ©anbei!; in &öln bagegen,
bem ©nbpunfte ber ©eefdjiffahrt für biefe 3ett, liefen
bie SBeaieljungen mit bem Dberrhein, mit ftlanbern,
mit (Snglanb (namentlich feit ber Vegrünbung einer beut*
fchen „§anfe," b. h. ®ilbe in Sonbon um 1130), mit
©achfen unb bemOften $ufammen (befonber! fett ber @r*
roerbung be! $eraogtum! Söeftf alen 1180). 2öie rafd) bie
©tabt aufblühte, beroetft bie ©rbauung ber großen
neuen 3Jtauerltme feit 1200. 3m Dften, ber burch
ben uralten „©eflroeg" über $)ortmunb unb ©oeft mit
bem -iftieberrfjem in Verbinbung ftanb, ftieg fiübeef unter
ber untüchtigen Verwaltung feine! Eaufmänmfchen
9tat!, begünftigt burch ben «erfaß ber ältern ^läfce,
©chle!nrig! nach ber ^lünberung einer ruffifdjen
§anbel!flotte (1157), unb Sulin! fett ber bänifchen
93efitjergreifung (1183), mit rounberbarer ©chnettigtett
gur h^rfchenben Stellung an ber Dftfee empor. 2Jlin*
befien! feit bem Anfange be! jtnölften ^ahrhunbert!
hatten bie £)eutfcr)en etne£anbel!nieberlaffung in SBübn
auf ©otlanb, ber Heinrich ber 8öwe 1163 einen beut*
fcr)en Vogt fetjte; oon biefer au! grünbeten fte um
1170 ben §of $u ©t. ^eter in Sftorogorob, ber rafer)
ben Verfeljr an biefem uralten nörbltdjen ©nbpunlte
ber rufftfdjen 2öelthanbel!ftrafee oom $njepr her an ftd)
rt&; fcfjon um 1200 beherrfchten fie auch bie geroinnreiche
Ausbeutung ber Ungeheuern £ering!aüge auf bem
bänifchen ©chonen.
©ine ftäbtifche Veoölferung biefer $lrt, bie immer «us*
reichcr, weltfunbiger, felbftänbtger mürbe, mu&te We @S e ^
engen formen ber alten ftabtherrfchaftlichen Ver* M»«b
faffung notmenbig fprengen. Smmer zahlreicher mürben
bie ßünfte ber föanbroerfer; au! ben ßaufleuten, ben
alten (Senfualen unb ben 2JKnifterialen be! ©tabtherrn,
ermud)! über ihnen ein ftäbtifche! ^atrtsiat, ähnlich
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190
$ie beutfä'Tömifd&e Äaiierjeit
nrie in Stoßen; ok alten hof rechtlichen, binglichen unb
perfönltchen Befchränfungen unb Verpflichtungen nmr*
ben immer mehr abgeflogen, bi§ ber ©runbfat} burch*
brang, baß ftäbtifche Suft frei mache, fo baß alfo nicht
nur in bem 3Jlauerringe alle £örigf eit aufhörte, fonbern
auc^ jeber §örige, ber ftch %a$T unb £ag in ber Stabt
aufgehalten hatte, von felbft ein freier 3Wann rourbe.
©nblid) begann ba§ ^ßatrijiat bie ©tabtoenoaltung
felbft an fidt) $u nehmen. ($3 bilbete baju entroeber
einen SRat neben bem alten Schöffengericht, ober ba§
Schöffengericht bemächtigte ftch auch *>er Berraaltung, too=
bei inbe§ bie Settung ber ftabtherrichaftlichen Beamten,
be§ (föniglichen) Burggrafen, Bogte§ ober Schultheißen,
noch nicht befeitigt rourbe. 2lm rafcheften ging biefe
ganje (§mtnricflung in ben rheinifchen Bifchofäftäbten
oor ftch, mahrenb bie fächftfchen Bifchofgftäbte (Bremen,
fünfter, Soeft, 3Jtagbeburg) noch oormiegenb unter
ftrengem ©ofrecht blieben. 3n ben föniglichen Sßfala-
ftäbten begann ba§ Sd)öffenfoHegium ben föniglichen
Beamten beifeite ju fchieben; bie laienfürftlichen
Stäbte (ftreiburg, Bern, fieipjig, Söien) erhielten
tt>enigften§ vielfach eine SKat3oerfaffung.
xic 3ugleich gingen bie Stäbte mehr unb mehr $ur
leuSStrt* ©elbroirtfchaftiiber, oermanbeltenihre Seiftungen an ben
föaft unb Stabtherrn au§ Sftaturallieferungen in ©elbfteuern,
Vnin bt * überflügelten burch i^r größeres unb leichter beroeg«
licheS Kapital ba§ platte fianb, beffen naturalnrirtfchaft*
liehe Berhüttniffe naturgemäß ftationär blieben, würben
alfo auch al§ Steuerquellen für bie Stabtherren immer
wichtiger. Um fo mehr fahen ftch biefe gebrängt, bie
ber ftrone juftehenben t)erfeht§n)irtfchaftlichen Re-
galien, oor allem bie 3öße unb ba§ 3Jlünjrecht, in
ihre $änbe au bringen, um bem StiUftanb ihrer lanb-
roirtfehaftlichen ©innahmen ein ©egengenricht au geben,
dagegen märe e§ nun bie Aufgabe be§ Königtums ge*
roefen, bie£ unter allen Umftänben au oerhinbern, bie
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$te 933e(tma<f)tpo(tttf be§ ÄaifertumS
101
Regalien unb bie Steuern ber €>täbte $ur($runblage einer
neuen gelbnrirtfdjaftlidjen SRetd^oermaltung §u machen,
um enblid) ein roirttidjeS, befolbeteS, nid)t belef)nte§
9tetd)§beamtentum ju begrünben, alfo bie (Stäbte ber
$etd)3r»erfaffung feft einjuorbnen. $)enn nid)t nur waren
bie einft Ungeheuern ^ronbomänen burd) bie fortgefefcten
Vergabungen fet)r aufammengefdjmoljen, fonbern aud)
bie nod) t>orf)anbnen waren tf)atfäd)lid) in eine 2lrt
üon ©rbpadjt ber erbltd) geroorbnen Vern>altung§be-
amten (Vögte) oerroanbelt, bie baoon nur nod) ein
feljr mäßiges, feftftehenbeS Seroitium an bie Ärone
leifteten.
Völlig ift bie STCotwenbigfeit, biefe Aufgaben ju siufaabc
löfen, ben Xrägern ber ®rone nid)t entgangen. 2)ie gjet^er^
italienifdje ^olitif 3rriebrid)3 I. unb bie Erwerbung
©ijilienS burd) §einrid) VI., alfo bie §errfd)aft über
ftäbtifd)*gelbmirtfd)aftltd) entnrirfeltefiänber, ift offenbar
mit au§ biefer @rfenntni§ entfprungen unb mar alfo in ben
beutfd)en 3**ftanben begrünbet Senn in S)eutfd)lanb
bie notroenbtge Umbilbung ber $Heid)§t>erfaffung nicr)t
gelang, wenn hier trielmehr ba§ Königtum oon ben£aien*
unb ^faffenfürften fd)liefjltd) aud) finanziell matt ge*
fetjt nmrbe, fo Hegt bie§ aber bod) aurf) in bem
Langel an flarer @infid)t bei ben 2Jtonard)en, nod)
mehr freilid) in ber fd)on allju feft gegrünbeten fürft*
liefen ©eroalt unb ben ftd) barau§ ergebenben ©egen-
fäfcen, weiter in ber gerabe baburd) unoermeiblid) immer
ftärtern SIblenfung ber $ohenftaufen auf italienifche
Angelegenheiten unb enblid^ in einem neuen 9Jtad)t-
auffc^wunge be3 päpftlic^cn 2öeltherrfd)aft§gebanfen§.
9JMt ber ganzen ©nergie eine§ eifernen SöiflenS anmocens
unb eine§ ho<*)9efpannten 3beali§mu§ arbeitete ber un "^ ic
nod) jugenblidje Qnnocenj III. (1198 bi§ 1216) baran, »«Wj*
bie &ird)e im Orient $u fernen, fte überall auszubreiten 1pa ng
burd) bie 2JHffion, in ihrem Innern jebe abroeidjenbe
Dichtung ju oernidjten, fie ber unbebingten gerrfdjaft
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192
3)ie beuif{f>«römtf$e Äaiferaett
be3 $ßapfttum§ $u unterroerfen unb biefem aucr) aße weit*
liefen gfürften unterjuorbnen, gleichwie ber SJlonb fein
2id)t von ber ©onne empfange. %&f)alb erftrebte er auch
bie Unabhängigkeit unb Slbrunbung be§ ßirchenftaatS,
alfo bie Trennung ©ijtlienS oom deiche, ^n ber erfien
©eaiehung war ihm fd&on §einridh§ VI. Eeftament ent*
gegen gefommen, inbem §einrtcr) bie Rückgabe be§ 3J2a?
t^itbxfdt)en ©ute§ unb be§ Patrimoniums petri au bie
Kirche, foroie bie^lnerlennung ber petpftüchen Roheit über
föaoenna, Slncona unb <§poleto oerfügte, freitidt) unter
ber ©ebingung, baf? ba§ ^apfttum bie Perfonalunion
©ijilien§ mit bem deiche unter feinem Sohne ftrtebridh II.
anerkenne. 5ln btef er hatte er alfof eftgehalten unb be§t)alb
feinen ©ruber PhWpP *>on Schwaben nur al§ 9teich§ s
oermefer nach S)eutfrf)tanb gefcrjicft. £)och ba fidt) bie
fäcr)fifcr)-nieberrr;einifchen dürften ferjon rüfteten, einen
nid)tftaufifc^en $önig ju wählen, fo erhoben bie füb*
beutfcr)en ©rofcen, cor ädern bie ftauftfehen 9JHnifte*
rialen, am 8. 3Jlärj 1198 ^h^pp $um ßönig, bie
anbre Partei aber rodelte am 9. 3uni in ®öln ben
Söelfen Otto IV., ben jüngften Sohn §einrtch§ be§
ßöraen, ben Neffen ßönig SRicharbS r«on ©nglanb unb
©rafen t>on ^oitou. £>er nrirtfehaf tliche ©egenfafc unb
bie alte SJembfcfyaft ber beiben großen ©efcr)lecr)ter ri{$
ba§ 9teid) abermal§ in Stüde. Papft Snnocenj III.
hatte fict) junäc^ft begnügt, bie mittelitalienif djen San*
bestelle für bie Äirche in SBcfife gu nehmen unb bie
©ormunbfehaft für ben jungen Biebrich IL nad) bem
$obe feiner Butter ftonftanje (27. STCooember 1198)
an fich §u reiben; erft al3 Otto IV. im ©ertrage t>on
9teufc 8. 3uni 1201 auf alle SReichSrechte in ben
päpftlichen „Dtefuperationen" Berichtete unb Sizilien
für bie ßirerje ju oerteibigen oerfpraöh, trat ber 9ßapft
3taufifd). au f bie @cite be§ Sßelfen unb fprad) über ^ilivv
l 3t . am 3 * ^ uIi 1201 ben ® ann aug>
incfl hierauf traten mehrere ©ifchöfe, Ottofar I. r»on
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2>ie SBßcttinad^t^olitir bc§ Äaifertumö
193
Söfjmen unb ber treulofe ©ermann oon Düringen ju
Otto über. 3Iber bic grofie 9flaffe ber ftauftfd>en
gartet blieb in ber «Stimmung, urie fie 2Öaltljer oon
ber Söogelroeibe in patriottfdjem Qoxnt über fürftlidje
(Setbftfudjt unb päpftüdje §errfd)fucf)t augfprad), iljrer
(Sadje treu, unb Otto untergrub fetbft feine Wlad)t, inbem
er mit bänifdjer ©Ufe bie grofje beutfdje ©teflung feine§
©aufeS ju erneuern fudjte unb bafyer Söalbemar II.
bem (Sieger, ber 1201 fdEjon ©olftein unb Hamburg
erobert fyatte, auef) ßubeef unb bie beutfdjsfforotfdje
Oftfeefüfte förmli* überlief (1203), um feine £ilfe au
genrinnen. $en beutfcf)en (£E)arafter biefer Sanbe
unb ben Fortgang ber beutfcfjen ßolonifation be*
einträd)tigte ber ftaat§fluge $)änenfönig mdf)t im
minbeften; aber bie fjurd^t oor einer neuen toel*
fifd&en 9Jtod)tbübung trieb 1204 felbft ben (Srjbifcfjof
2Ibolf oon ßöln unb ben ©erjog oon Trabant auf bie
(Seite $&üipp3, ber biefem faft afle§ 9*etd)3gut in
feinem ßanbe unb bie toeibltd^e Erbfolge jugeftanb.
9?ur bie Stabt ®öln E>telt tapfer au§, bi§ $ßf)Uw
buret) ©inrtcrjtung neuer 3°öftdtten am dU)zxn unb
enblidf) burd) bie Sperre be§ Strömt ifjren ©anbei auf§
äufeerfte fcfjäbigte unb fte baburdfc im September 1206 jur
, Unterwerfung braute. SBäljrenb Otto IV. naef) (£ng*
lanb ging, um ©ilfe $u tyolen, gelang e§ ^ßf)ilipp buxd)
SBerJjanblungen unb $)rofmngen bie $luff)ebung be§
oljnefjin faft toirfung3lofen S3anne§ $u erlangen (Sluguft
1207). (Sermon rüftete er fidE) jutn Dtomjuge, ba fiel er
am 21. guni 1208 auf ber Ottenburg bei Bamberg
al§ Opfer perfönlid&er Stocke unter bem (S^roerte be§
roilben ^faljgrafen Otto oon SöittelSbad).
@o gewann Otto IV. mit einem Sdfjlage ba§ Dtto l^ v
fdfyon verlorne Spiel, benn bie ©ofyenftaufen roarenjefet y$lm
in$eutfdf)tanb ofyne Vertreter. gfvefli$ erfaufte ber 2öelfe
bie ©ulbigung be§ erften dürften, be§ @r$bifd£)of3 WbaU
bert oon 3flagbeburg, mit unerhörten, oert)ängni§ooüen
$et SÖerbegang beä beutföen SJottcä I 13
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194
$ie bcutfd&«römtfdje Äaifcr^eit
gugeftänbniffen. (£r überlief ifnn nictjt nur adeS it>el=
ftfd)e $au§gut in SSranbenburg unb in bcr Söifcrje
unb alle magbeburgifdjen ®ircf)enlef)en £>einricf)g be§
Söroen, fonbern er oerjicfitete aitcf) auf ba§ oielum=
ftrittene (Spolienrecht (am 9tocf)la& von ©eiftlicfjen)
unb oerfpradf) im ganaen ©rjftift feine Abgaben für baS
SHeicf) mefyr au ergeben, feine neuen aKünj* ober 3od-
ftütten anzulegen, tt>a§ eine aroeite Urfunbe auf ben
ganzen Sftagbeburger ©prengel unb auf ade fiänber
be§ 3Jlagbeburgifd)en SRed)t3, b. f). über ben ganzen
Sfiorboften, au£beljnte. $amit gab ba§ Königtum faft
alle feine 3rinanjregalien in ben jufunft§reia^en ftolo*
niallanben öftlid) oon ber@lbe unb ©aale auf. $lflerbing§
traten nun ade dürften be§ 9? orboftenS ^u Otto IV. übet, im
©üben ljulbigten oor anbern bie ftaupfctjenSWiniftertalen
in JJranffurt (SNooembet 1208), unb inbem ftet) Otto mit
^f)tlipp§ jugenblicrjer £ocr)ter 93eatrij oerlobte, trat er
üöBig al§ ©rbe ber £of)enftaufen auf unb fieberte fiel)
bie Unterwerfung auef) be§ ganzen ©übenS. $)em ^ßapft
gegenüber erfannte er im Vertrage oon ©peier 22. SER&ra
1209 nidjt nur feine frühem 3 u 9 e ftönbniffe an, fon*
bem er gab aud) ba§ ©polienrectjt überhaupt auf,
fieberte oolle greifet ber fircrjltctjen 2Öab^en unb ber
Appellationen naef) SHom ju, lieg alfo ba§ 2öormfer
ftonforbat, bie ©runblage be§ SBerfjältniffeg ^miferjen
ftrone unb Si\xd)Q, act)tlo§ unb furjfidjtig faden. $113
er im f>erbft 1209 mit ftartem §eere in Italien er*
fcfjien, jog er gletdjrooljl ade „SRefuperationen" ber
ßirerje für ba§ itReid) ein, eramang am 4. Oftober 1209
bie föriferfrönung unb roarf fictj im näcrjften 3af>re
auf ©übitalien, um e§ für ba§ SRetd) in 93efifc ju
nehmen. $)er SÖelfe trat unter ber Öeitung bet
©rudi ftauftferjen 2Ktnifterialen oöOig in bie ftujjftapfen
3n allen feinen (Wartungen getäufd)t unb auf§
catj in. äu&erfte erbittert fcfjleuberte ba ^nnocena HI. am
Äv. CeinrW VI.
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2>te aöeUmadjtpolitif beS fiaifcrtumS
195
18. Sftooember 1210 ben SBann gegen Otto IV., unb
fofort begann ber 9IbfaH ber beutfetjen dürften, bie
nict)t§ me^r fürchteten, al§ eine (Erneuerung ber 3eiten
.£einricr)3 VI. <Sd)on im ©eptember 1211 fpracben fle
fief) in Dürnberg für 3friebricr) II. von ©Milien au§
unb beriefen if)n nact) $)eutfd)Ianb.
S)a§ jroang Otto IV. im 3früf)ja§r 1212 $ur $>etms ®jeg
fe§r. Sftoct) fprengte er bie Partei ber Un^ufriebnen x m ii.
unb rourbe, gerotf* im ©inne meler, von 2öaltf)er von
ber Söogelroetbe mit warmen Söorten begrübt; aber al§
er per) auf ^ermann von Thüringen roarf, erhielt er
bie Sftactyrtdjt, baf? JJriebricr) II., vom ©egen be3
^ßapfteS begleitet, von ©enua t)er über bie 3Ilpen
Jomme. ®urcr) ben 2lbt t>on ®t. ©allen unb ben
$8ifd)of uon ©fjur auf fdjroäbifcrjem SBoben fofort an=
ertannt, erreichte unb gewann griebrict) ßonftanj
wenige ©tunben t»or DttoS 3lnfunft, ber fofort aurücf*
widj, unb empfing barauf bie §ulbigung erft 6d)wa*
ben§, bann S3öl)men§; am 5. 5)ejember 1212 rourbe er
in fjrantfurt förmlid) gewallt, am 9. S^ember in
9Jtain$ gefrönt. $)ann gewann er Sot^ringen buret)
(Mb, ba§ #au§ SSittelSbad) buret) bie 2Iu8fkr)t auf
bie 93elel)nung mit ber S^einpfafy nact) bem £obe be3
Seifen Rehmer), ber 1227 ftarb, unb erneuerte bie
alte ftaufifct)e SBerbinbung mit ftranfreicr). S)a enl
fctjteb benn ber Sieg Wlipp $luguft3 bei 93ouoine§
in glanbern am 27. ^utt 1214 über ba§ engliferj*
welftfctje £eer Äönig $of)ann§ unb DttoS IV. bie 9Heber*
läge be§ welftfdjen ftaiferS aurf) in Deutfd)lanb. 25enn
nun fagten fid) auef) bie nieberr^einifcr)en unb fad)*
fifdjen ©ro&en pon biefem lo3, unb nereinfamt ift
Dtto IV. am 19. SJcai 1218 auf ber £>arjburg geftorben.
2Il§ Orriebncf) EL aud) in $eutfcr;lanb $ur $err*
fdjaft gelangte (1212 big 1250), roar er, obwohl erft u 1
ad^tjer;n %a\)te alt, boef) fdjon ein fertiger 9Jlann. ©e=
reift in ber Sftot einer trüben, oon Untreue unb Verrat
18*
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190
$ie beut|dj*römif<$e Jtatferaett
umgebnen 3^9^/ fanö* 3*ü einmal fetne§ (Srb*
lanb§ Milien fieser, fjatte er frü§ bie Sflenfdjen beob*
achten, fennen unb benutzen gelernt. $)ie tiefe Setben*
fct)aft feiner Statur $ügelte er burdfy fefte ©etbftbe^err*
fdmng; immer erfdjten er Dornebm4ieben§roürbig unb
in ruhiger $ol)eit; aber mit jd^er <£ntfd)loffenl>eit
©erfolgte er feine 3iele, unerfcf)öpflic^ unb unbebenfttcf)
mar er in feinen Mitteln, t)ofl ariftofratifd^meltmännifd)
überlegner SRulje im §anbeln, allem roben, baber aud)
allem friegerifcfyen SBorgetyen grünblid) abgeneigt, obroofjl
er ein furdf)tlofer Sftann mar. $8on glänjenber Begabung,
t)atte er ftd) auf bem nodj tyalb arabifdjen ©Milien,
roo bie ©erfdjiebenften ßulturelemente unb alle ftnter*
effen ber 9Jhttelmeerlänber $ufammentrafen, eine um*
faffenbe SBilbung angeeignet unb fiel) burdjbrungen mit
ben 2Beltt)errfd)aft3gebanfen be§ *8ater3. ©ein Sbeal
faf) er in ber reifen unb reichen ftdbtifdijen Kultur be§
©übenS unb in ber ^oHgeroalt arabifd)er ftürftenmadjt.
SHf ftrd)li$en ^been liefen ifm ffilil, unb in $eutfcf)*
lanb füllte fid) biefer geiftoollfte aDer £obenftaufen
aU ein grembling; %a§ ift fein unb feines $8olfe3
Unglücf geworben.
f*tfcte ® enn °* e Ghmnblage feiner 3ftad)t unb ben 2JHttel*
J%Ä punft feiner Sßeltpolitif fal) er fteti in feinem fi$tlifd)eu
nmtn bie ©rbretd). 3tt>ar fjatte er e§, um bie päpftlid&e 3uftimmung
SürfSn" * ut Ü&e rna *) me oer beutfd^en ®rone ju gewinnen, feinem
erft einjährigen ©olme £>etnrtd) unter ber D^egentfdmft
feiner ©emal)lin ^onftanje oon 5lragonien übertragen,
aber er l)ielt immer an ber Sßerfonalunion ©ijilienS
mit$eutfd)lanb feft unb fud)te fidjbafür bieUnterftüfeung
ber beutfe^en dürften mit allen, aud^ ben bebenflidjften 3u-
geftänbniffen ju fi^ern, obne einen Söerfud) $ur bringenb
notmenbigen S^eugeftaltung ber beutfdjen föeid^oers
faffung &u machen. 2)a§ o^ne^in lodere S8erl)ältni§ |it
53öl)men loderte er nod) meljr burd) ben Vertrag oom
26. September 1212, inbem er Dttofar I., abgefefjen t»on
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2)ie SöMtmad&tpotttir beS ftaifcttumS 197
ber 3 urt, eifung bebeutenbcr ©ebiete auf bcr nörblidjen
Slbbadjung be§ @r$gebirge3, bic &önig§roürbe beft&tigte,
bic ^noeftitur bcr $8ifd)öfe jugeftanb, ifm vom Sefud)
ber 9ietd)§tage au&er in Dürnberg, Samberg unb
SJierfeburg entbanb unb ben böhmifdjen 3^ug für bie
ftomfaf)rt auf 300 2Nann fjerabfefcte. SÖett tiefer griff
e§ nod), wenn er in ber ©olbbuöe oon (Sgeram 12. 3uli
1213 ben geiftltdjen dürften unb bem Zapfte ade 3« 5
gcftänbniffe OttoS IV. beftdttgte unb am 11. 9flai 1216
aud) nod) bie fogenannten Regalien (bifd)öflid)e ®m=
fünfte n>äf)renb ber Sebi§r»afana) bem ^apfte überlief
(£nblid) verbot er in bem ^ßrioilegium com 26. 2lpril
1220 bie @rrid)tung neuer (nämlid) föntglidjer)
unb 2Jiün$ftätten in ben geiftltd)en Territorien unb bie
Ausübung irgenb welcher §ol)eit§red)te burd) föniglidje
Beamte in ben 8ifd)of3jtäbten, t^at aud) fonft alle§,
um bie felbftänbige ©ntnritflung biefer ©emeinben §u
fn'nbern. ^nbem er fomit auf bie nridjtigften finanziellen
SRedjte ber ^rone S3erjid)t leiftete, ftatt fte au§$ubtlben,
legte er ben ©runb jur »ollen Canbe§l)of)eit $unäd)ft ber
geiftlidjen dürften. Unb in bemfelben $Iugenblirf, roo
biefe tf)atfäd)lid) aufhörten, „bie ©äulen beS 9tetd)3" ju
fein, begannen aud) bie 2THnifterialen, burd) Segnungen
mefjr unb me^r felbftanbig geworben, if>rc SBebeutung
al§ juoerläffige 9teid)§beamte $u verlieren. Wlit fo
Ungeheuern Dpfern an 9*eid)§red)ten ertaufte f^riebridt)
im Slpril 1220 bie ®rf)ebung feine§ jungen ©of)ne§
§einrtd) (VII.) jum beutfdjen Slömg, alfo bie (Sicherung
ber ^erfonalunion beiber SReidje. fjür feine eigne be=
uorftefyenbe Slbroefenljeit übertrug er bem ($r$bifd)of
(Engelbert uon ®öln bie DleidjSoernxferfdjaft, zweien
ftaufifdjen S ITC imperialen bie @r$iel)ung be§ jungen
ßöntg§ unb bie SBerraaltung ©djroabenS; nodjmalS
übernahmen alfo geiftlidje dürften unb 9*eid)3minifte* 5debv{rf)
xialen mit 2tu3fd)lu& aller Saienfürften bie Oberleitung.
$a§ afle§ ^atte öriebrid) nur mit beftänbiger $apfitum
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Die beutf#«römtf<$e flaifcrjctt
föücffidjt auf ba§ ^apfttum orbnen fönnen, benn bem
©runbgebanfen ber ftauftfdjen ^olitif ftanb bie§ fetab*
Ii er) gegenüber. 2Jcit bem großartigen ßateranfonjil
im Sftooember 1215, ba§ burd) bie 3lnna^me bet 93rot*
oern)anbIung§Ief)re im 2lbenbmaf)l bie 2ttittlerfteHung
be§ ßleruS anrifcfjen ©ott unb ben aHenfcfjen bogmatifcrj
aoDenbete unb gegen alle 9lbroeid)ungen r»on ber Stireren*
lef)re Steuer geriete oerorbnete, l)atte ba3 ^ßapfttum
eine biätyx unerhörte £>öf)e be§ 3Infer)enö erftiegen. SDie
römifcfje Ätrd)e, ntd)t ba§ römifdj'beutfcfje Dieid) erfdnen
al§ bie gemeinfame Organifation ber crjriftli$en Söelt.
2lber jur $urd)fül)rung be§ eben bamalS betroffenen
$$reuj§uge§ mar für Qnnocenj III. bie §ilfe be§ ftatfer*
tumS unentbehrlich, unb fein ^tacfjf olger |>onoriu§ III.
(1216—27), ber nur biefen Plänen lebte, ließ ftd) be§*
rjalb nicfjt nur bie $lnorbnungen 3rriebrid)§ II. gefallen,
fonbern frönte tfm auef) am 22. 9lot»ember 1220 an*
ftanb§lo8 $um ßaifer gegen ba§ ©elübbe be§ ftreu^ugg.
2>ic9{ctc^§= 2)ie ©runblagen ber 2öeltpolitif §einrtd)§ VI.
«IriSfrS?« maren mit ber 3uftimmung be§ $apfttum§ nrieberge*
n. monnen. ©ijilien wollte ftriebrtcf) al§ unumfrfjränfter
§err, Italien nad) ber Söerfaffung ftriebrid)§ L, 3)eutfd)*
lanb im ©inoernef)men mit ben geiftüerjen durften
regieren; ber nod) roef entlief) länblicr)*ariftofratifd)e
Horben foflte xr)m bie militärifdjen, ber ftäbtifd)e
<5üben bie finanziellen Gräfte liefern. $lber er felbft
er f djütterte ben innern 3ufammenl)ang feines mitteleuro*
päifd)en *Keict)§ baburd), baß er ben beutferjen s JJlinifte=
riaten bie SBerroaltung §t$ilien§ naf)m unb im ftönigretd)
Italien ba§ 93urgenfnftem jum Steil aufgab, obroorjl
er 3)eutfd)e bort noef) in ben oberften Stellungen ließ, unb
er mar ntcfjt imftanbe, bie Sombarben, bie mäfjrenb
be§ 93ürgerfrieg§ bie Regalien größtenteils an fid) ge*
riffen Ratten, unter bie S3ebingungen be3 Äonftanjer
ftriebenS surüefaugmingen ; fie fdjloffen r>ielmef)r im
s Uiär$ 1226 einen neuen ©täbtebunb, unb aud) ber
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$te SÖeltmacMiotMF be3 ßaiferttimS
199
©chiebSfpruch be§ $apfte§ 1227 ftellte bie faiferliche
Autorität über bie ßombarbei teine§meg§ ^cr.
Unbeirrt baburcf) »erfolgte 3rriebrich feine oor 8M*fcrM()«
allem gegen ben Often gerichteten Söeltmadjtptcine. @r mttt\
erhob ben großen §ochmetfter be8 beutfdjen DrbenS, ben jjjggj
St&ürtnger ^ermann oon ©alja, zum SHeichSfürften ««* Jj*
unb wie3 i^m ba§ z u erobembe $reu&en mit allen ' jug "
$oheit§rechten zu (1226), um an bem Crben eine fefte
©tütje im Orient zu gewinnen; er »ermählte ftd^ 1225
mit Solantha oon ©rienne, ber Gfcrbtochter be§ König*
reicht ^erufalem, um einen felbftänbigen 2lnfprud) auf
biefe Krone zu erwerben; er fdjob enblich ben mehrfach ge-
lobten Kreuz$ug hinauf um bie 2Jctttel zu befefjaffen,
ihn al§ datier, nicht al§ Kreuzfahrer zu unternehmen,
©rft al§ ber Nachfolger ßonoriug HL, ber leibenfehaft?
liehe ®rei§ ©regor IX. (1227-1241), ben Kreujjug
fturmifch forberte, nachbem bet 1217 begonnene in
s 3ignpten 1221 fläglich gefcheitert mar, fammelte g-rieb-
rieh 1227 in &en apulifchen §äfen etwa 50000 meift
beutfehe Kreuzfahrer. 5lHein Krantyeiten, bie t>iele,
barunter ben Sanbgrafen ßubwtg IV. oon £hü*ingen,
ben ©emahl ber ^eiligen (Sltfabeth, wegrafften unb
benKaiferfelbft ergriffen, §n>angen ihn, ba§ Unternehmen
aufzugeben. 3" tfnnlofer ©ntrüftung bannte ©regor IX.
ben angeblich wortbrüchigen Kaifer; ber aber fegelte
bennod), bem SSanne trofcenb, im 3uni 1228 mit etwa
11000 üftann t>on Sörtnbift au§, zwang unterwegs
Gnpern zur Erneuerung be§ Sehn§eibe§ unb lanbete
am 7. September in 3lffon. Obwohl twn bem päpft*
liehen 93anne auch h^r oerfolgt unb oon bem Übel*
wollen ber franzöfifchen SRitterorben, ber Johanniter
unb Templer allerorten gehinbert, erlangte er bod)
burch getiefte SBenufcung ber Sage vom ©ultan
(Sl*Kamtl am 18. Februar 1229 einen «ertrag, ber
ihm 3erufalem, Bethlehem, Sflazareth unb ©ibon,
fowie bie fianbftriche jwifthen Qerufalem unb Qoppe,
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200
2>tc beutfd)*römif(l)C Äaifcrjctt
•ifta$arert> unb 3lffon überließ. Söentge ©tunben lanb*
einwärts oon 9IHon grünbete bamal§ ^ermann von
Salja ba£ £>auptf)au§ be§ beutfdjcn €)rben§, bic
(starfenburg (SWontfoTt), griebrid^ II. aber fefcte fid)
am 18. Wläx$ in ber ^eiligen ©rabe§fird)e bie £imig§=
frone von Serufalem auf3 £aupt, obwohl ba3 päpft*
Itd)C ^nterbift auf ber fyeiltgften ©tätte ber (£t)riften*
r)eit lag. darauf eiligft fyeimiefjrenb, oerjagte er
mit feinem beutfdf) * arabifcrjen ©olbfjeer bie päpft*
liefen „©djlüffelfolbaten," bie injmif^en in Spulten
eingerüeft rnaven, mit Ieidjter 9Jlüf)e au§ bem ßanbe
unb erlangte im ^rieben von ©an ©ermano am
28. Sluguft 1230 bieSöfung »om ©ann, inbem er ber
®ird)e bie mittelitalienifcrjen „SRefuperationen" jurücf=
gab. Unatoetfelfjaft fjatte feine 2Mtpolitif einen glän=
jenben ©ieg baoongetragen, unb er benutzte ben ^rieben
mit bem ^apfte, um burd) bie „ftonftttuttonen" oon
9Mft im SJuguft 1231 fein ft$ilifd)e3 ©rbreid) ooüenbg
in einen ftnanjfräfttgen, abfoluten Beamten* unb
SRilitärftaat urnjuroanbeln.
auk bev Allein bie beutferje Nation folgte biefen SBeftrebungen
.^rniSafl «t(^t me&r, roie einft unter ftriebrid) «arbaroffa, fie
l Set 6 ^«S 10anbtc ^ rc Ära P mc ^ 9 c 9 en bcn ® ÜDe «/ fonbern nad)
bem Dften unb Horben, unb ba oa§ ßaifertum biefen 93e*
ftrebungen fernftanb, fo blieb if)re ßeitung, roie fett
rmnbert Sauren, bem ftürftentume m0 ben aufblü^enben
©täbten. 3rriebrid) II rjatte bie bänifcfje $errfdjaft
im Dften ber (£lbe 1214 burd) förmliche SInerfennung
befeftigt, if>re ^erftörung mar ba§ felbftänbige Söerf
ber lanbfcfjaftltcfyen ©eroalten, ^ßerfönlid) geregt be*
mäd)tigte fict) ©raf §einrid) oon ©djroerin im 3Hai
1223 bei einer Qfagb auf ber Qnfet finö im fleinen 93elt
ber ^erfon ßönig SöalbemarS II., unb ba biefer ben
oon ber bäniferjen unb ber beutfe^en SRetcfjSregterung
gefd)loffenen 3lu§Iieferung§oertrag ntd)t anerfannte, fo
oerbanb fid) §einrid) mit bem ©rafen 5lboIf IV. oon
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$te aoßertmad&tyolitif bc8 flaifertumS
201
£>olftein unb bem ©r^bifdjof ©erwarb II. von Bremen
unb fdjlug mit tfjnen im Sanuar 1225 bie £)änen bei
Wöün. Muri gab Söalbemar nacf>, t>erfpra<f> 45000 Waxl
Silber (über 10 mü. Wlaxt) $u jaulen unb bie beutfdjcn
£anbf d)af ten f üblid) von ber @iber ju räumen. s 2töein t aum
war er frei, fo liefj er fid) oom Zapfte be§ @ibe§ ent*
binben unb brad) im ftebruar 1227 in £>olftetn ein.
$a erlitt er am 22. Quli bei 93ornf)öüeb nörblid) von
©egeberg gegen bie Dereinigten ©treitfräfte ber dürften
be§ 9?orboften§ unb ber ©täbte Hamburg unb Sübecf
bie t>ermd)tenbe 9Heberlage, bie ber bänifdjen §err*
fd)aft im ©üben ber (Siber ein @nbe machte. 3)ie
©d^aumburger fefjrten nad) £>olftein §urücf, bie $>iet*
marfdjer traten roieber unter bie lofe Dberfyofyeit be§
©rjbigtumg Bremen, ba§ gleid^eitig bie oielbeftrittne
©raffdjaft ©tabe enbgiltig erroarb, fiübecf fiel unter
einem faiferlicf)en 93ogt an ba§ $eid) unb bewährte
feine junge ©eemadjt in bem deinen fiege bei Sßarne*
münbe 1234, ber bie beutfcfye Dftfeetyerrfdjaft einleitete.
Snjroif d) en fyatte Engelbert oon ®öln feine ©teQung äonfim
felbft untergraben, inbem er unter bem (Stnfluffe feiner f^j^
nieberr^einifc^en Überlieferungen, alfo im ©egenfafce ^ .
jur ftaufifdien ^ßolttif, bie $8ermäl)lung be§ jungen rtduvn.)
ÄönigS §einrid) (VII.) mit einer englifdjen ^ßrinjefftn er*
ftrebte. £)er ßatfer aber oerlobte ir)n mit 2ftargaretf)a
von Dfterreidj (9tooember 1225) unb erljob, al§ @ngel=
bert eben bamal3 tion einem perfönlidjen ftetnbe, bem
©rafengrriebridöoon^fenburg, ermorbettoorbenroar, im
3uni 1226 einen meltlidjen gürften, ben ©erjog Cubroig
von Säuern, jum 9ietd)§oertt)efer. $)od) ba biefer bie
©täbte adjufeijr begünftigte, fo erf)ob fid) §einrtd) (VII.)
fdjon 1229 gegen it)n unb bilbete eine neue 9ftinifterialen*
regierung, bie nun freilief) ba§ gan$e gürftentum gegen
fid) Ijatte unb aud) ber faiferlidjen Seltpolitif ntd)t
entfprad). $)enn bie alten großen ©eftdjtSpunfte Ratten
bie 9ftimfterialen auS bem 3luge oerloren, tt)r 3iel
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202 $ie bcutf*.römtf4c Äaiferaeit
war jefct, $>eutfdf)lanb unter bet felbftänbtgen Regierung
§einrid)§ (VII.) oon Statten unb ©ijilien *u trennen.
Um bafür aud) bie dürften *u gewinnen , gewährte
ifjnen §einrid) im Januar unb 2ttat 1231 neue um*
faffenbe 3ugeftänbmffe. @r oerfprad), feine neuen
©tübte *um Sftadjteil ber ftürften *u errichten, oerbot
ben ©täbten bie Slufnaljme oon (aufcertjalb wol)nenben)
Pfahlbürgern unb alle ftäbtifd)en ©inungen ober SBünbe,
wenn fie nidjt bie gemeinfame 3uftimmuug be3 $önig§
unb ber dürften ptten. 9lufjerbem oerbriefte er biefen
nidfjt nur alle erworbnen 9tod)te in it)ren Territorien,
fonbern gab tljnen audfj nodj ba§ 93efeftigung§red)t unb
ba§ 9tedjt ber Territorialgefefcgebung mit 3uftimmung
ber Notablen (magai et meliores). griebrtd) II. aber
wufjte bie ©efaljr für fid£) nur baburdfj abzuwehren,
baj$ er auf bem 9tetd)§tage oon föaoenna im Qanuar
1232 alle olme Erlaubnis ber *8ifd)öfe etngefetjten
ftäbtifdjen Horben aufhob unb ben »ifööfen bie
Verwaltung ber Stäbte unb iljrer Regalien allein über=
trug. $n ber fdjroffften Söcifc nal)m fomit bie ftrone
für bie fürftlicf)e Territorialgemalt gegen bie Stäbte
Partei. S)en näd)ften Qrotd erreidjte fjrtebrid), benn
£>einr id) unterwarf fid) im Slpril 1232 bem SBater
in ©ioibale; aber baburd), bafj er im Sftooember 1234
ein geheimes 93ünbni§ mit ben lombarbifäen Stäbten
fdjlofj, trieb er ben ®aifer §um äufjerften. $>urcf) feine
SBerbung um ^fabelte oon ©nglanb entzog er bem
<Sofme ben oon biefem erhofften 9tüdf)alt unb erfd)ten
im ©ommer 1235 mit glänaenbem fremblänbifdjem
©epränge in 2)eutfd^anb. Von ben dürften oerlaffen,
unterwarf fl$ §einrid) am 12. 3uli in 2öorm3 olme
SBtberftanb, bie ftaufifdjen 3Kinifterialen in Schwaben
fügten fid) nadj furger ©egenmefyr.
m ? ic v 55er lefcte fcbwacfye 2lnfa£ au einem SReidtöbeamten*
SHeid^ßuts tum war bamit enbgiltig befeitigt. Übrig blieben für
bie unmittelbare $Retd)3üerwaltung nur nod) bie 9*eid)3-
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$ie 90ßettmac$n>oritif bcS AatfettumS
208
ftäbte unb einige jerftreutc Domänenbejirfe; fonft ftanb
ba§ SKeich im roef entließen unter ber Terrttorialhoheit
ber ftürften, bie ftriebrich II. felbft fdjon 1231 al§
w 2anbe§f)erren" (domini terrae) bezeichnete. $er Sfaifer
organifterte jene Domänen algßanboogteten unb begnügte
ftd) im übrigen auf feinem legten glänjenben 9letch§tage
in aJtoüta Sluguft 1235, einen allgemeinen ßanb*
frieben unter ben dürften ju gebieten, inbem er al§
feinen ©tedoertreter unb oberften @d)ieb8rid)ter ben
„gofrichter" Q'udex curiae) einfette. $)abei erhob er
bie roelftfchen ©rblanbe jum §erjogtum Sraunfchroeig*
Lüneburg, alfo ju einem gefchloffenen reid)3fürftlichen
Territorium. @ine2Nöglichfeit, bemftatfertum eine f efter e
«Stellung ju oerfefjaffen, bot ftd) jefct nur noch in ber @in<
äiehung größerer fürftltcher Territorien für ba3 Dtcid).
3)a§ gefdjah fdjon 1235 mit Schwaben, 1237 nach ber
Ächtung ftriebrichä be§ Streitbaren (1236) mit Dfterreicf)
unb ©teiermarf. 9tocf)bem ftriebrich bann in SBien
noch feinen ©ohn ftonrab (IV.) jum Nachfolger hatte
anerlennen laffen, oerltefj er im Sluguft 1238 3)eutfd)'
lanb ^um jmeitenmale. Sein unb feineä §aufe§ Schief fal
ooflsog ftd) fortan in Italien; auf $)eutfd)lanb hat
feine Thätigfeit nur noch mittelbaren (Sinflujj
geübt.
Wlit bem^apfttum hatte er feit 1230 äußerlich in *£ emta
gutem ©inoernehmen geftanben. @r hatte bie neuen r ° mm "
bemofratifchen 93etteIorben ber ftranji§faner uno
$)omtnifaner, bie al8 eine ftraff jentralifierte ftreitbare
WIM* ber ftreitbaren Ätrche bie oernachlaffigte Seel*
forge burch ^rebigtunb Söeichthören, oor allem in ben
©täbten, übernahmen, in ihrer rafcfjen Ausbreitung eher
begünftigt al§ gehemmt, gegen bie ßefceret fogar 1220
unb 1232 graufame ©bitte erlaffen unb ben furcht*
baren Äefcerrichter ßonrab oon 3J?arburg gemähren
raffen, bi§ er 1233 crfchlagen rourbe, unb ein föetch§=
tag in Sranffurt 1234 bie klagen gegen ßefcerei an
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204 3>w beutfä-Tömiffle Äaifcracit
bie orbentlichen ©erichte oernrieS. 3n bcmfelben Safere
aber erlag am 27. 2Kai bei Dtbenefch bie freie friefifd)e
33auernfchaft ber ©tebinger jroifc^en gunte unb SBefer
nach ^elbenJ)after ©egenroehr bem fünften ^reu^eere,
ba§ ihre fürftlichen Nachbarn unter bem 93ornmnbe
einer Kefceroerfolgung gegen fte heranführten, um ihre
alte frreihett §u oerntchten.
fiomw mit ^rotj btejer $)eootion gegen eine unbulbfam wer*
Ö barbctr s kwbe Äirdhc, bie bem greigeift ^riebrid) nicht »on
ffcuÄ' £erjen fam, beftanb fein (Snnnernehmen mit bem ^ßapft
"Sopft? 1 W* ^ßrobe md)t, al§ er baran ging, bie Roheit be§
9*eich§ über bie Sombarben roteber aufzurichten unb
fomit thatfachlicf) bie territoriale Einheit Statten? ab*
jufchliefjen. 9ktdh feinem gldnjenben Stege über bie £om*
barben bei ßortenuooa am Dglio im SJZooember 1237,
ber ihm faft alle ©täbte mit 9lu§nahme von $Ueffanbria,
SJtaitanb unb wenigen anbern unterwarf, begann er auch
im Königreich Stalten eine ber foilianifchen nachgebilbete
S3ermaltung burch italienifche Beamte einzuführen ; er er*
nannte folche auch für *>ie päpftlichen SRefuperationen
unb übertrug 1238 fogar bie 3nfel Sarbimen, bie feit
§onoriu§ III. unter päpftlicher Roheit ftanb, feinem
ßiebling§fohne ©nsio. $>a§ führte $um ©ruche. Schon
im Sflooember beSfelben $ahre§ oerbünbete fich ©regor IX.
mit ben noch unabhängigen Sombarbenftäbten , oor
aflem mit ©enua unb $enebtg, unb fchleuberte am
20. 2ftär$ 1239 jum zweitenmal ben SBann gegen ben
Kaifer.
etcfl bes S)et erbitterte Kampf, ber nun begann, war oiel
fttijfer»; me ^ r cin fingen um bie Einheit StalienS unter bem
«ionaoicit^ Kaifertum als ein ^rinjipienftreit, erregte beShalb in
vw* 2) CU tfchlanb feine gro&e Teilnahme. 9?ur JJrtebrich ber
Streitbare ertrofcte 1240 bie föücfgabe feiner Sänber;
bie faiferlichen unb bifchöftichen Stabte ftranfenS unb
Schwabens fanbten bagegen fd)on 1239 §üfgtruppen
nach 3talietl. 9Jht folcher ©Ufe breitete ber Kaifer
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S&ie aOßettmac^tpotitif beS Äaifertumä 205
burd) ©njio feine |>errfchaft über ba§ päpfilid)e OTittet*
ttalien au§, naf)tn felbft SHawnna unb gaenja 1241,
liefe burd) ©n$io eine genuefifd)e glotte, bie cnglifd)c
unb franjöfifdje S8ifrf>öfe jum Äon^tl nach dlom führen
follte, am B. 2flai 1241 bei ©Iba wegnehmen unb fcf)lo&
bann dlom felber ein. SBcficgt unb ^alb Bezweifelt
oerfchieb ba ©regor IX. am 21. Sluguft 1241 faft
hunbertjährig. 5luf ben ©ang be§ gewaltigen Kampfes
übte felbft bie furchtbare 3Jlongolengefahr, bie 1241 au§
bem fernen Ofien bli^fchneD heranzog, feinen befonbern
©influfe. $enn bie rohen Staffen biefer ©teppenretter
brauen fid) an bem SBBtberftanbe ber beutfchen Kultur
in ©d)lefien unb Fähren, an ben feften dauern ihrer
©tcibte unb SSurgen unb an bem §elbenmute ber
SRitterfchaft $er$og £>etnrid)§ von ©chlefien, wenn
biefer auch ber Übermalt auf ber „Söahlftatt" bei
Siegnifc am 9. 9lpril 1241 erlag, unb fo rafch wie fte
gekommen waren, fluteten bie t>erheerenben Söogen
wieber jurücf nach bem Dften.
©o beherrfdjenb mar nun bie © eflung be§ ftaiferS sniwcenj
im ©üben, bafc ber päpftltche ©tubl oolle anberthalb U1 f ö v bic
Sa^re unbefefct blieb unb bie 2Kögltchteit auftauchte, ®ntigunn
bie päpftliche ©eroalt werbe gänzlich üerfchwtnben. m\zta
$ie§ aber erfüllte bie großen dächte roie bie beutfchen
93ifd)öfe mit ber äufjerften S8eforgni§ um ihre eigne
©elbftänbtgfett. $)af)er fdjloffen ©iegfrieb von 2ftatn$
unb ®onrab von ftöln ein $8ünbni3, anbrerfettS brängte
£ubwtg IX. von ftranfreid) in dlom ju einer neuen
s £apftwahl. $)er ihm in $eutfd)lanb brohenben ©e*
fa^r fudjte ftriebrtch baburd) s u begegnen, baf? er bei
feiner legten 2lnmefenheit in S)eutfd)lanb im 5lpril 1242
ben Canbgrafen föeinrtd) SHa§pe t>on Springen unb
^önig Söenjel von Böhmen $u feinen ©teHoertretern im
deiche ernannte unb einer SHeihe von ©täbten tyxivu
legien gab, alfo bie Saienfürften unb bie ©täbte gegen bie
^faffenfürften auSfpielte. $ie neue ^apftroa^l aber
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206
3)ic beutf(^römifd)e ftaifcrjeit
erhob am 25. 3um 1243 ben ©enuefer Simbalb ftieäco
©rafen von fiaoagna al3 3nnocen$ IV. (1243—54).
93igf)er ein ftreunb be§ ßaiferg, fcfjlofj er mit biefem
am 31. SHärj 1244 einen billigen ^rieben unb r»erfprad)
feine Vermittlung für bie Sßerhanblungen mit ben £om-
barben; ba btefe jebod) Schmierigfetten machten unb
bie innere ^onfequenj feiner Stellung ihn auf bie Seite
ber ©egner be§ ®aifer§ brängte, fo ging er $u 3lnfang
Quli mit ben ^arbindlen nach ©enua unb t>on bort
über bie $llpen nach Snon. .gier, außerhalb be§ faifer*
liefen S3ereich§, berief er ein ßon$il, unb bte§, mit be*
rechneter Überftürjung corgehenb, fprach am 17. 3uli
1245 über ben Äaifer roegen Satrilegium, Felonie,
5Jieineib§ unb ßefcerei bie ©ntfetmng au§ unb löfte
feine Untertanen vom (Sibe ber £reue. 2>a§ Sßapfttum
hatte bie fteilfte $öhe feiner 9Jtod)tanfprüche erftiegen.
9iun mahlten am 12. 2Kai 1246 bie brei rhemifchen
«X- ® r 5 bi W ö f c mit eini 9 en Mb*™ 3U Sßeit§^öd)f)eim bei 2öür^
5rtcbrid)g bürg ben Canbgrafen $ ein rief) 9ta§pe von Xljü ringen
jum ßönig. £)och hielten ftch bie weltlichen dürften gan$
jurücf,unb bteStäbte be§@üben§ unterftüfcten ben ßöntg
ftonrab (IV.) fo energifch, baf* biefer ft<h behaupten
fonnte, jumal ba ber ©egenfönig fdjon am 17. Februar
1247 auf ber Ijeunifd&en SBartburg oerfchieb. ©rft
ber 9lbfafl ^ßarma§ com ftaifer, ber bann In* er am
18. fjebruar 1248 eine fernere 9heberlage erlitt, er*
mutigte bie rheinifchen (Srjbifchöfe, am 3. Ottober 1247
in ber Sßerfon be§ jungen ©rafen Sötlhelm oon ©oflanb
einen neuen ©egentömg aufstellen, unb roieberum
mafien fich bie Gräfte ber nieberrheinifchen unb ber
fd)tüäbifd)-oberrI)emifc§en 8anbe in »erheerenbem 93ür*
gerfriege. 2lber bie Sache be§ $aifer§ behauptete fid) ;
ja er fonnte fogar nach bem ftaüe 3r^ eDr ^ § oe *
Streitbaren gegen bie Ungarn bei SBiener *9leuftabt am
15. 3uni 1246 Dfterreid) unb Steiermarf für baS fteid)
eingehen unb fpannte bie legten Gräfte fetneg fljilifd^cn
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2)te aoßeltmadjtpolitif beö Äatfertumä
207
(Srbreicf)§ a u einem neuen ©tof?e auf dlom an. $)a er*
eilte ben föaftlofen am 13. S)ejember 1250 in feinem
<5d)loffe gfattntino bei fjoggia in 5lpulien ber £ob. $ln
ber ^etfonalunion ©ijUienS mit bem SHetdbe unter &on*
rab IV. unb an ber Unabhängigkeit be§ ßatfertumS vom
s £apfttum, alfo an ber ©letcrjberecrjtigungbeiber ©eroalten
bat er unerfdjütterlid) nod) in feinem £eftamente feft»
gehalten. $>arin liegt feine ©rö&e. 9lber feiner bat
mebr al§ er bap beigetragen, bie ©efamtoerfaffung
ber Nation aufaulöfen unb bie fürftüdje territorial
bobett au förbero, um feiner 2Beltmacf)tpolittf roiHen,
bie mit feinem £obe ju @nbe ging.
£rofcbem bat ttjm ba§ beutfdje Sßolf lange 3^it ite
ein treue§ Anbeuten bewahrt. S)emt ftriebrieb IL roar Ärtl!crfaflC
ber lefete SBertreter be§ alten $atfertum§, unb je troft-
lofer nad) feinem ©nbe bie 3uftänbe mürben, um fo
mef>r oerflärte ftä) in ber Erinnerung fein SBilb. $a§
S8oIf rooUte nidjt glauben, bajj ber ftaifer, ber fern von
ber £>eimat oerfebteben mar, rotrflief) geftorben fei; e§
üerfdjmola feine ©eftalt mit ber ®arl§ be3 ©rofcen unb
bietete, baft er in einen 93erg entrüeft fei, aber bereinft
roieberfebren roerbe, um ba§ jerrüttete SReid) ju erneuern
unb bie entartete ßtrdje au beffem. 2ftebr unb me^r
fnüpfte ftd) biefe ©age an ben Änfföäufer bei ber
^obenftaupfeben ^ßfala £iüeba; erft unfre Qtit §at fte
auf fjriebrid) 93arbaroffa übertragen unb mit biefem
nrieber ^aif er 2öilf)elm§ I. ebrmürbige ©eftalt oerfnüpft
fJriebrtd^S $au§ fanb im ©üben ben Untergang, untergan«
©dron im §erbft 1251 gab ftonrab IV. $eutfd)lanb auf, §o£\u
um fein fiailifd)e3 ©rbreid) anautreten. 2113 er bort im ^ufen
2Hai 1254 ftarb, ging ber SInfprud) auf feinen ©obn,
ben Knaben (Sonrabino (geb. 1252) über, bie tfyaU
fäd)lid)e §errfd)aft auf feinen ©tiefbruber 2ftanfreb,
ber fie erft in ber <5d)lad)t bei 33eneoent am 26. ftebruar
1266 gegen ben päpftltdjen SBeroerber ßarl oon SInjou
cerlor. ^onrabin aber enbete, nadfjbem er biefem
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208
Sie beutfd^römifd&e Äatferaeit
bei 2agUaco33o in ben Slbru^en (23. Sluguft 1268)
unterlegen roax, auf bem ftarmelttermarfte in Neapel
am 29. Df tober al§ DiebeHj burch ba3 genfer*
beil. $)och auch nach bem tragifchen Untergange be§
hochbegabten ©efchlecht§ lebten feine ©runbgebanfen
in ber Partei ber ©hibeMnen unfterblicf) fort, fie oer*
fchmoljen fpater mit ber ttalienifchen Sflationalibee
unb haben fchltefjltch bod) über ba§ weltliche Sßapfttum
triumphiert.
Xcr 2tf> cr junächft waren in Qtalien wie in S)eutfcf) s
©Ä' Ianb bic aIten @runbIa 0 en ber ^eich§einheit oöflig
buttD jerftört, obwohl ßönig 2öilhelm hier feit 1251 allgemein
anerfannt mürbe; nicht einmal bie urfprünglichfte aller
ftaatlidjen ^flidhten, bie SBahrung ber Sicherheit, t>er*
mochte ba§ Königtum non fich au§ in bie §anb &u
nehmen. %a traten jum erftenmale, auch für bie
Seitgenoff en fiberrafchenb, bie weftbeutfehen ©täbte als
eine politifche Stacht heroor unb nahmen „wunberbar
unb gewaltig" bie Behauptung be§ 9ietch§frieben§ sunt
©chutje be§ freien $8erfehr§, ihre§ ßeben§element§,
felbftänbig in bie §anb. 9lu§ einem 93ünbni3 jwifchen
aRatnj unb 2Borm§ (ftebruar 1254), ber Stiftung be§
reichen 2lrnolb oonSBalpob in äftamj, erwuchs fchon
1255 ein «urfb, ber gegen fiebrig ©täbte be§ 9ihem=
lanbe§, be3 SftecfarthaleS unb ber äßetterau, oon $effen,
Thüringen unb 2öeftfalen umfaßte unb balb nicht nur
bie rheinifchen ©rafen unb Herren, fonbern auch
größere gürftentümer i Bauern unb Thüringen) an ftch
50g. £tug unb umfichtig trat ßönig Wilhelm felbft
an bie ©pifce unb fuchte eine bauembe Organifation
3U fdjaffen, inbem er feinem £ofrid)ter ben Sßorfifc be§
93unbe3tage§ übertrug, burch biefen einen 2lu§gletd)
jwifchen ben fürftlichen unb ftäbtifchen Sntereffen
anbahnen unb bie Abhaltung oon jährlich tner 93unbe§=
tagen befchlie&en liefe. 3m ^iooember beftätigte er biefe
Befchlüffe unb befteUte gu Schiebgrichtern in ben
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£te.8GBeama#tpolittf bcS flaifertum«
©treitigfeiten ber S8unbe£glieber feinen £ofri$ter unb
ben 0teidj3fcf)u(Ujeij?en oon ftranffurt mit ©ieranbern.
©in au§fid)t§rekf)er Anfang, ba§ 9ieid) auf ber ®runb=
läge einer goberation ftöbtif <$er ■ unb territorialer ©e*
walten unter ber Seitung be3 Äömgtum§ »»ieberfcerju*
fteflen, war gemacht.
3um Unheil für S)eutfd)lanb fiel ßönig. SSUljelm Xic
fd)on am 28. Sanuar 1256 im Kampfe gegen bte auf* ^Sfu 1
ftänbifdjen ^eftfriefen. Ob e3 nun ein Huger 99efd)lu&
be§ r&etnif<$en StäbtebunbeS war, fu*) in ber.grage
ber ftÖnigS mal) l für i neutral §u erflären unb nur ben
Sd)ut3 be$ DfatcfySguteS $u übernehmen, ift fef)r jwetfel*
^aft, benn baburdj überliefen fie bte (£ntfcf)eibung ben
Surften unb bem ^apfttum allein. Unter ben S8k^U
(Sur)fifrften aber, einem SluSfdjufc beS ftürftenftan*
be3, ber jefct bte ®önig§tt>al)l in >bie §anb na^m,
überwogen bie Catenfürften bie getftlü$en, von benen
nur bte brei rfjeinifcfyen (£r§bifd)öfe jugelaffcn rour&en,
ein S3ctt)ci§ / bafc ba§ politifdje 9lnfefyen ber SBifdjöfe
fefyr fdjneU ^urücfging. £u- einer $erftönbtgung aber
fam e§ ntd)t. «ielmefyr wallten bie rfjeinifcfyen ^ur*
fürften (ßöln, SAatn*, ^Pfala) im Sonuar 1267 einen
englifdjen ^kinjen, ben ganj unbebeutenben #iid>arb
von ©ornroafltö, bie anbern ($rter, ©ad)fen, SBranben*
bürg) im Slprtl 3llf<m3 X. non ©aftilten, ben <$nfel
£onig >WUwS, für ben fid) f#on 1254 bte italieniföen
©fjibeflinenftäbte auSgefprodjen Ratten. SSebeutung
gewann feiner biefer beiben ©d>attenföntge, non&enen
nur 9ii$arb twrübergefyenb in 3)eutfd)lanb erfdjien,
aud) $u einem neuen Söürgerfrtege fam e§ baber nid)t,
it>ot)l aber fpaltete bie $>oppelwa§l ben rljeimfcfjen
SBunb, unb fo ging ber erfte $8erf ud) gu einer föbera*
ttoen «erfaffung be§ 9ietd)§ fläglirf) ju ©runbe, .unb
ber ©onbergeift behielt junä^ft ben Sieg. fbbere^
war e§ ba§ 33erl)ängni§ be3 beutfe^en R3olfe§, ^eUfiSbet
bafj gerabe in bem Slugenblkfe, wo feine wirtfd)aftltd)e Mf»«fl
$er 3Dßetbcgaug bcS beut|d>en S)olfc§ I 14
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210
Sil beutfdHÖmifd&e Äcuferaett
©ntmtdlung roeit genug tjorgefdjritten war, um mit ber
naturalrovrtfchaftltd)en $8erqutrfung be3 SlmtS unb ber
93elehttung mit ©runbbeftfc au brechen unb ein mir!
lic^eS befolbeteS $eid)3beamtentum aufjufteüen , bie
Crgane unb bie Sfttttel ju biefer Reform festen.
9Hd)t bem deiche fam baher biefe 2ttöglid)feit ju gute,
fonbern ben dürften unb ben ©täbten. Auf biefen
beiben neu auffteigenben dächten beruhte fortan bie
polttifdje ©ntmirflung ®eutfd)lanb§. $)enn bie dauern,
bie grofje 3Jiaffe be§ $8otfe§, waren längft nur nod)
mtrtfchaftlich tfyätig unb nahmen am ©taate nur noct)
mittelbar in f (einen Örtlichen *8erbänben teil; ber niebere
Abel aber, mit bem bie 2JhnifteriaIen aflmählid) t>er*
fdjmolaen, mürbe jefct, ba ihm faft ade gröfjern Auf-
gaben burdj ba§ ©Reitern ber ßaiferpolitif ©erfperrt
waren, unb ihm eine anbre al§ eine friegerifcrje Xfyixtify
feit al§ unroürbtg erfchien, §u einer Saft, ja $u einem
Sanbfdjaben ber Nation, au einem geinbe aller ftaat*
liefen Orbnung.
Am fchnellften unb fräfttgften bitbeten bie ©tabte
eine moberne, fonaentrierte, auf (Mbfteuern unb per*
fönlichen fieiftungen beruhenbe Sßerroaltung au§. $>iefe
lag noch Dööig in ben £änben beS neuen ©tabtabelg
(^ßatrijiat, ©efdjlechter), ber ftcrj au§ ben cenfuatifrfjen
ßaufleuten unb ben in ber ©tabt angefeffenen 2JHnifte~
rialen gebilbet ^atte; bie nunmehr persönlich unbmeift
auch binglich freien £>anbroerrer maren amar in 3ünften
unter patriaifcr)en SJieiftem vereinigt unb frieg§bienft=
pflid)ttg, entbehrten aber nod) bie innere Autonomie
(alfo bie gerichtliche, polizeiliche unb ftatutarifdje ®e*
malt in ihren Angelegenheiten) unb ben Anteil am
©tabtregiment. $>a§ ©treben ber ©täbte ging nun jefct
gegenüber bem ©tabtherrn barauf h™** 1 ^/ oie oon
beffen Beamten nermalteten §oheit3red)te in bie $>änbe
be§ ftäbtifd)en diat§ a u bringen, ©elang bte§ ooEU
ftänbig unb amar fo, bafc bie ©tabtherrfdjaft überhaupt
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$ie aDertma^tpoIttif be« ÄcttfcrtumS 211
abgeworfen würbe, fo trat bie ©tabt unmittelbar unter
ba§ SReid) unb würbe jur iHetd)£ftabt (civitas imperii),
nur bem ftatfer oerpflichtet; behauptete ber ©tabtherr
minbeftenS feine Roheit bei Söahrung innerer 5luto*
nomie, f o blieb fte ßanbftabt. 3u SHeichSftäbten würben
ohne eigentlichen äampf bie fönigltchen $fal$ftübte,
beren ©tabtherr eben ber ßaifer war (Dürnberg,
grantf urt a. Tl.), unb nad) oft heftigem unb langwierigem
^Ringen bie meiften ©ifcbofgftäbte, oon benen fid)
ßöln, bie größte unb wiebtigfte aller beutfeben ©täbte
biefer 3eit, in blutigen unb erbitterten kämpfen
(1251 big 1271) oon ihren ©rsbifchöfen Stonrab oon
£od)ftaben unb Engelbert II. lo§rang, Strasburg flcf)
mit Unterftüfcung be§ ©rafen SRubolf oon £ab3burg
bie Freiheit in ber Schlacht bei $au3bergen am 8. 3ftära
1262 oom SBtfchof SBaltber oon ©erolbSecf erftritt.
SBon ben Sanbft&bten gelangten bie bifdjöflic^en bamalS
nur teilweife ju einer fräfttgen Autonomie, wie ba§
er jbif höflich lölnifche ©oeft, beffen ©tabtoerfaffung
unb ©tabtredjt bann weitbin im folonialen $)eutfd) s
lanb ©eltung erhielt, unb in größerer 3<*bl bie laien*
fürftlidhen ©ememben, wie 33raunfchmeig, ba§ febon
1227 bie $er$ogltc$e Wogtet erwarb unb ben 3ünften
0 rofce ©elbftänbigfeit oerlieb. Sie SHeichWftbte über;
wogen im ©üben unD Söeften, fcb,on weil e§ bort
größere gefdjloffene 2erritoriaIfürftentümer nicht gab,
bie ßanbftäbte im Horben unb Dften unb oor aOem im
folonialen 3)eutfchlanb, weil t)icr ba3 Kaifertum längft
jurücf getreten war, unb bie 2Hacf)t ber Saienfürften in
biefen eroberten Säubern oon Anfang an fefter ftanb.
3)a e3 auch fpäter ben ©täbten nirgenbS (aufjer in ber
nachmaligen ©d)mei$) gelang, ba§ platte fianb, 2Ibel
unb ^Bauern, im weitem Umfange ihrem Kapital unb
ihrer §errfcf)aft $u unterwerfen, wie e§ in Qtalien
gefchehen war, ihr fianbgebiet alfo überall Hein blieb,
fo bewahrte Seutfcblanb faft burchweg feinen monar*
14*
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212
$te bcutfd&*Tömtföe ßaifcrjett
d)ifct)en (Sf)arafter, unb ba§ platte £anb feine ©elb*
ftäribtgfett, bdfür aber entwirf elte ftd) f)ter artet) eilte
®$ätfe ber ftänbtfäen ©egenfä^e, wie fie Stalten nie*
mäl§ gefannt f>at.
xic fürft- £inter beit ©täbten ftanben an innerer S)urtr)btl*
xerrfto bung bie fürftlicf)en Territorien nocr) lange 3*tt'fe$r
vicn weit jurücf. $)enn biefe beruhten nict)t mef)r aufbeut
©tamme§$ufammenl)ang, ber Dietmar feine polittfcfje
SSebeutung oerloren ^atte/fonbern aufber oft wtflfür*
liefen unb zufälligen t&erbinbung von ©igen* unb
fiefjnbeftö, oon grunbtyerrltctjen, le§n§redjtltcf)en unb
amtlichen 33efugntffen, oon ©tabt unb Sanb, ht gu^
weilen weit entlegnen unb oon fremben *8efvt$uitgen
äfjnlidjer 2Irt burcfybrocfmen ©ebteten, unb fte würben
jufammengefjalten lebigltd) buref) ba§ f)errfd>enbe ©e*
fäled&t, noef) feine§weg§ burdj gemeinfame ©inrtcrj*
tungen, bafjer geteilt, oerf auf t, t>erfcr)enft wie cht 2lcfer=
gut ; fte waten ftfytn be§ ^etct)3, feine Staaten. Sie mit
allen Mitteln $u oergrößern unb abjurunben, baranf
lief lange ba§ ganje ©treben biefer $erren r)inau§;
fte bauten lebiglitf) brmafttfcf), nicf>t poftttf^/unb att
ba§ 3ntereffe be§ großen ©anjen überhaupt gar nict)t.
Wut im f olonialen 2>eutfd?lanb gab e§ bamalS größere
ßiele unb eine planmäßigere ^ßolitif.
Trot> foldjer SJcängel mürbe aber boct) in ben
Territorien wirfltd) regiert, gut ober fcf)lecr)t. SMe
Untertanen empfanben ba^er basalten tyrer Öanbe3=
Herren oiel (ebenbiger al§ bie Tfjätigfeit ber tfnren
fernfteljenben Slaifer unb bezeugten* wieber i^r Sntereffe
an biefen mitunter fefyr ausgeprägten ^erfönlicr)feiten
fd)on baburd), baß fie i^nen d)arafterfftifcr)e ©einamen
oerlteljen, bie ben Äaifern faft ©ölltg fehlten.
^Tcr Slm größten mar bie ^tuftöfung im Seften be§
"Im™ 9teitf)3. $ier lag neben ben ja^lreict/eit geiftHc^en
Silben Territorien be§ 5Hl)etnlanbe§ ein einziges großes 8aien=
fütftentum, ba§ l)albfranjöfifrf)e (Cber*) Kötteringen;
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2>te SEÖcttma^tpotttif beS Aaifertumö 213
ba§ alte Sftieberlotfyringen war fdwn gegen Chtbe be§
elften Qa^r^unberti in eine Dteilje fleinerer Terri*
torien aufgelöft, oon benen bie §er$ogtümer Trabant
unb ßimburg, bie ©raffdjaften 9tomur, ©elbern unb
$ennegau (feit ber SKitte be§ elften Sa^unbertä ge*
wöf)nlid) mit bem fran$öfifd)en glanbem in einer £anb
oereinigt) bie wid)tigften waren. Smgerjen be§ altenger?
jogtumS Schwaben brachten bte@rafen oon 2Bürtemberg
(Söirttneberg, b. I). grauenberg bei (Sannftatt) erft feljr
Iangfamein etwa§ größeres ©anje.jufatumen, inftremfen
fonnte fein weltlich Territorium neben beuauSgebeljnten
SMfdjofSlanben oon Samberg unb 2Bür$burg auffom*
men. dagegen beljerrfdjten in Tawern bie ©erlöge
au§ bem gaufe 2Bittel§bad) ben größten Teil be3
£anbe3 unb oerbanben bamit 1231 bie fcfjöne SRfyein*
pfalS/ serriffen aber i^r ©rbe 1255 burdj bie ftd) audj
fpdtcr oft einmal wieberfwlenbe Teilung in Sftieberbanern
unb Dberbagern, beffen §auptftabt bag junge 9flünd}en
würbe. Qm banrifcfyen 5llpenlanbe legte bie Bereinigung
be§ @rbe§ ber 3lnbec^fer unb ber ©rafen oon Tirol
(bei Sfteran) ben ©runb ju einem neuen anfel)nlid)en
fjürftentum unter Otto IT. oon 9lnbedj3, nad) beffen
Tobe 1253 fein ©djwiegerfofm 9fleinl)arb oon ©örj
aamä&lid) ba§ ©anje, aud) bie $oljeit über ba§ ©tift
Trient, an ftd) 30g. Um 1271 tritt bann juerft ber
jufainmenfaffenbe neue SanbeSname ,,©raffcf)aft Tirol"
(Comitatus Tirolensis) auf. $8on ben bagrifdjen kolonial*
lanben im Dften oon ber ©nn3 waren Dfterretd} unb
©teiermarf, betbeS fefjr gefcf)loffene, oon geiftlidjen
munitäten nur wenig burd)fet>te Wlaxt gebiete, 1156 nad)
bem 9IuSfterben ber fteirifdjen Dttofare unter ben JBaben*
bergern oereinigt worben, ba§ buret) geiftlidje $err*
f djaften fefcr eingeengte gerjogtum Kärnten (mit Ärain)
bagegen unter wed)felnben ©efdjledjtern für ftd) ge*
blieben. 2118 bie Söabenberger mit griebric^ bem
Streitbaren 1246 geenbet Ratten, gelang e§ nad) ßaifer
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214
2>te beutf<$'tömif<$e Äaiferjett
ftriebrtdjg II. $obe bem l)od)ftrebenben ^ßrfdjemugltben
Ottolar II. von Söötnnen unb 2Jiäljren im Söettfampfe
mit Ungarn 1251 Öfterretd), 1259 aud) ©tetermarf
burd) Vertrag mit bem 2lbel an ftd) ju bringen unb
ben ungartfdjen 9lnfprud) burd) ben glänjenben ©teg
auf bem 2ftard)felbe am 12. guü 1260 jurüdjuroeifen.
liefen ©rraerbungen fügte er 1270 nad) bem $efta*
mente beg legten ©erjogg Ulrid) aug bem r^einifc^en
gaufe Sponheim «Sananttljal (1268) nod) Kärnten unb
flrain ^inju. Söom 3lbriatifd)en SReere big an ben
ytorbabfyang beg ©rjgebtrgeg reichte bag (Gebiet btefeS
beutfd)flaraifd)en SBötjmentönigg.
lieber- ßaum minber gerfa^ren alg ba§ fübraeftlidfje
fa 2K" $eutf$lanb mar nad) bem galle §einrtd>g beg ßöraen
Düringen ber Horben, bag alte$eräogtum@ad)fen. 2Bagnod)biefen
tarnen führte, waren Heine ©renglanbf haften an ber (Slbe
um Wittenberg unb Sauenburg. 2öid)ttger mar bag rael*
fifdje ßerjogtum SBraunfdjroeigsßüneburg, aber baneben
nahmen bie grofjen ©tif tggebiete einen f aum minber grofjen
JRaum ein alg im SR&einlanbe. ©an* felbftänbig neben
©ad)f en ftanb bie Canbgraf f d)af t Düringen, bie unter bem
fränftfdjen $aufe Subroigg beg »artigen (fl056) 1137
mit ber Sanbgraffdjaft Reffen Bereinigt roorben mar
unb i&rem 3n^aber fjeraogltcrje ©eraalt oerlielj. 3113
bieg @efct)led)t 1247 mit $einrid) Sfagpe in feiner
männlichen Sinie augftarb, fiel nad) langem Streite
1264 Reffen an bag §aug Trabant, Düringen (mit
ber iura nad) 1200 erroorbnen fäd)ftfd)en ^ßfaljgraffdjaft)
an bie SÖetttner, alfo an bie Vertreter praeter roeib=
liefen Nebenlinien, unb trat baburet) in enge SBejie*
jungen ju bem folonialen $eutf erlaub.
SfeBetti* $enn raie auf biefem erft eroberten 93oben im
San*" Soften, fo entraidelten fid) aud) im Norboften unter
bem graange beftänbiger Slbraefjr auf ber ©runblage
marfgräflidjer ©eraalten fraftooHere Staatengebilbe,
bte auf ber miUtärifct)en Sanbegeinteilung in 93urg*
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ZHc SDeltmad&tpotittf beS ÄaifcrtumS
215
warte eine weltltdt)e Sßerroaltung burd) $ögte grünbeten,
if)re 93afaHen ftraff im 3aume gelten unb bie »i§=
tümer entroeber unter iljre $>oljeit brauten ober fi*
roenigften8 $u feinen umfänglichem Söefitjungen fommen
liegen. 3>a8 dltefte biefer 3flad)tgebilbe tft ber 93efife
be§ §aufe§ Söettin, bie 3ttarfen Zeigen unb (lieber*)
Saufifc. 9Hit i^nen »ereinigte §einrtcr) ber Erlaubte
(1221 bi§ 1288), ber beibe oon feinem Sßater 2)ictrict)
bem ©ebrängten übernommen fjatte, 1246 nod) eine
au§gebefmte 9teid)§bomäne, ba§ ^ßleijmerlanb, junäctjft
als ^ßfanb für bie SKitgtft ber ®aifertodt)ter 2flargaretf)e
von §o^enftaufen bei ber Verlobung mit feinem ©olme
3Ilbred)t (bem Entarteten), 1264 aud) Düringen. 2lber
er jerftörte biefe jufunft§reid)e mittelbeutfctje 9flad)fc
bilbung nrieber, inbem er 1265 Düringen unb bie
^Pfalj <5ad)fen an 5llbrecr)t, bie fogenannte Sttarf
SanbSberg an ben jüngern 6o^n $)ietrict) oerliel) unb
baburdt) 9lnlaf* ju einem langen, roüften 93ruberfriege
gab, beffen <ftad)tüirfungen bie 2öcttinifdt>c afladtf
oölltg aufjulöfen bro^ten.
2Öäf)renb Ijier bie ©renken im Often fd)on lange öortnaita
roefentlid) feftftanben, fdjoben fie fttt) in ben nörblict) oon ggfamu
Zeigen gelegnen ©roberungSgebteten f ortroäfyrenb roetter f atiou
nor. $ie 2lu§geftaltung biefer Sänber f)ängt alfo mit
bem Fortgänge ber beutftr)en ßolonifatton aufg engfte
gufammen.
2)a bie Entfaltung ber beutfdjen Sßolf Straft nur
nod) im geringen 2Jcaf$e oon ber faiferltdjen ^ßolitif ab=
t)ing, fo bebeutete eben ber Verfall oe§ ®atfertum§ md)t
ben Verfall ber Nation. Söielmeljr noHenbete biefe mitten
in ber Sluflöfung ifjrer alten $Heid)§orbnung unter ber
Sprung nid)t be§ ßatfertum§, fonbern ber gffirften
bie ©ermanifterung be§ OftenS unb erzeugte au3 ftd)
l)erau§ eine neue, glänjenbe, roeltlictje SBübung.
Wlit bem beginn be§ brennten Satyr t)unbert3 Mol o,![ al
trat neben bie bäuerliche ftolonifation bie ftäbtifetje, ö ftä>te '
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216
2>ie bMitfdj*römtf(f>e Äaiferjcit
unb mit reifjenber Scfynelligfeit bebecfte ftd) feitbem
bag weite öanb big $ura: finnigen SReerbufen unb
big s» ben fiebenbür gif d>en Karpaten mit beutfd)en
^flanaungen unb (Staatenbilbungen. &amalg würben
für 3afcrf)unberte bte ©ten$en beg beutfdjen Sßoifg*
tuutg: feftgefteOt unb brei fünftel feineg je&igen ®e*
bietet ttmt erworben. 2Bie bag beutfd^e $>orf, fo ent*
fianb bie bcutfdje ßolonialftabt auf bem 93oben einer
flawifdjen Drtfdjaft, bereu« tarnen- ftc bann annahm;
^^^Br* . C^flTt^ 4 W TT t^C (T Tlt C ITT ^/^IT^C/ TTTct^i dOlTTli^lTCt^/
fonbern bitrdj; einen bemühen (Shrünbunggafti in gang,
regetmäfriger Anlage (recfytwinf lig ftd) t reu^enbe ©trafen
um einen» grojsen trieeeefigen Sftarft) unter eine* freien
©tabtoerf äff ung, bie« im Farben i ro*d) . lübif djem ober
magbeburgifd)em> alfo fä^fifd^m, im ©uboften nad)
fdjmäbifc^em oberfränfifc^em ^erf>te eingerichtet mürbe.
Söo'bewtfc^e^htfieblungen untereiner fremben Staat^ge*
walt; ecwucfyfen, ba burdjbradje« fie bag etn^ennifdje
0*ed)t burd> \f)t 2fü3nafratere<&t; n>aren beutfd)e ©pra<l>
unb Äulturtnfeln inmitten einer tiefer fte^enben fremben
»etJ^Iferung. Sfber mir ba,nmrge{te baS 2)eutfc^tum für
aOe \3*tten feft; wo eg ifym gelang, aud) bag platte Sanb
jU'befiebeht unfr bie (Staatsgewalt $u erwerben; wo
bieg ntdjt gef djtof?, ift & fpäter. wieber oerfümmert.
Tie 2)ie beutfe^e ftolomfattotii unter beutfdjem
uinbc @taatgred)t oofljog ftcf) aunädjft an ber ganzen Oft*
feefüfte big ffefti jur SBetdjfeL 3m ©botritenlanbe
(©laroien) entftanb> 9*oftocM217 alg betttf^e @tabt,
oor 1220 Söigmar, unb wetteifernb fDlomfiertett bie
(Snyter Da» iömnemano. iätnnen wentgen ^apren
Iag ^ar-^im in beutfd>er Umgebung; bag Sanb 2WaId)in
war 1240* eine „weite (Sinobe," 1247 eine blüt>enbe
betttfd^e Äolonie. 2)ie flanrifdje ftafteöauatgoerfaffung
würbe burrfj bie beutf dje S8ogteit>erfaffung)nerbrängt ber
flatmfdje SIbel unterwarf ftc^ bem beutfdjen 8el)ng*
wefen; ber $of< ben Obottitenfürften würbe beutfd),
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Sie SBeltnuuWotittt beS Jtaifertumft 217
unb bie flawifche SBeoölferung ^iclt ftch nur noch in
entlegnem ©trieben. $m Srürftentum SHügen, ba§ bi§
1325 unter bänifdjer §oi>ctt blieb, erhielt boch ©tral=
funb, wahrfchetnlid) $uerft eine bänifche ©rünbung
Äönig 2Balbemar8 IL, föon 1284 lübifchcS ftecht; auf
bem ©runbe be3 £lofter§ ©Ibena entftanb noch oor 1248
bie (Stabt ©retfSwalb, unb ba§ ganje fianb nörblid) von
ber £>9lbe (SRnf ), urfprünglich Urwalb, war big 1250ger*
manifiert. 3luf ber Snfel SHügen ^ielt fich ba3 fla*
wifdje SBefen länger, aber um 1250 er f deinen auch
hier beutfehe Söögte. $er ©ermantfator Bommerns
war §er$og Barnim 1. (1220 bi§ 1278). ©charenweife
wanberten ^ier eble ®efchled)ter au§ §olftein, ©achfen,
Düringen unb ben Dt&eutlanben ein, unb auch bie
wenigen übrig bleibenben flawifdjen ©efd)led)ter fügten
ftch beutf ehern £ehn£red)t unb £>ofbrauch. $>ie bäuer*
Iich=ftäbttfche ßolonifation überwog am rafcheflen ben
fruchtbaren ßanbftrid) swifchen ^ßeene, §nlbe unb %oh
lenfe; Shtflam erhielt 1244, SBolgaft 1257 beutföeS
stecht, ber uralte flawifche |>anbel3pla£ J^ulin (SBoHin)
üor 1264. 3m Uferlanbe entftanben ^renjlau unb
^ßaferoalf um 1235; ja feiner eignen §auptftabt Stettin
öab Barnim 1234 beutfd)e§ Sied*, unb er fiebelte felbft
nac^ bem neuen beutf chen ®amm über. $a3 ßanb
öfilich twm ber Ober bebedten befonberS bie Softer unb
bie f)izx reichlich begabten SRttterorben mit beutf chen
Dörfern, bie Johanniter um ©targarb, bie Tempelherren
in ber fpätern Sfteumarf um ^üftrin; bie wichtige ©tabt
Dolberg erwud)8 an ben reichen ©anquellen unweit
ber fSerfanteraünbung al§ eine Kolonie oon ©reifSwalb
1255 auf bem ©runb unb 93oben be$ 33i§tum§ ©am-
min« SÖeiter oftwärtS im flawifdjen fjürftentum ^ßom*
xnerellen beftanb unter ber §er$og3burg ©ban§! fchon
1263 bie beutfehe Stobt Sandig. *****
£>ftwäri§ von ber SBeichfel aber begann in ber erften im oj ten
§älfte be£ breijehnten 3af)rhunbert§ ein gewaltiges asetSfei
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218 $fe beutfö'rölmfdje Äatferaett
friegerifcheS fingen, ba3 beutfdje Sftachfpiel ju ben
färeujjügen. @3 unterwarf bieg ganje ®üftenlanb bi§
an bie Üflarowa hta/ ein unermeßliches, fdjwer gang*
bareS ßanb ooü Urwälber unb SHoore, wo in
gruppen weife jerftreuten, bünnen SBeftänben litauifdje
unb finnifdje Stämme faßen, bie Greußen gwifchen
Söeichfel unb fernen, bie ßetten bi§ an ben Sßeipu§=
fee unb bie (Smbad), bie finnifdjen (£ften im Horben
beiber, binnen einem falben Saljrhunbert beutfdjer
§errfd)aft unb Kultur. Söie immer in biefer 3eit
war ba§ ein gememfameS 2Berf aller Stänbe, beut*
fdjer bitter unb ^ßrtefter, Bürger unb SBauern; aber
e§ ooH$og ftch ^ier unter ber Rührung nicht ber
dürften, fonbern geiftltch* ritterlicher ©enoffenfchaften,
benn nur foldje waren bamalS $u ber planvollen
©nergie befähigt, bie bort ben erobernben ftolom*
fator befeelen mußte,
stoianb $eutfche Schiffer auS ©otlanb waren e§, bie
jmifchen 1164 unb 1170 juerft in bie breite SWünbung
ber 3)üna einfuhren. 2)och feften grüß faßten fte
erft, al§ ber Sluguftiner 2fteinharb oon Segeberg
1185 in ÜjfüH (Steffota) eine Kirche, 1188 ein
93i§tum (unter Bremen) grünbete, unb fein Nachfolger
SBertholb bie erften beutfdjen Äreujfahrer an bie $)üna
führte. £)a§ Sßerf beiber fettfe ber Wremer Domherr
Slbalbert oon 9lpeIborn fort, einer ber größten ftolonU
fatoren germanifchen Stammes. @r ftiftete 1201 JRiga
als neuen SU3 feines 23tStum§ unb rief 1202 ben
neuen föitterorben ber Schwertbrüber nach ber SHegel
ber Sempier ins Seben, ber nun unter ber Oberhoheit
beS 93i3tum§ Dfäga planmäßig bie Eroberung be§ untern
3)ünalanbe§ begann, Schon 1207 würbe bal ©ebiet
als 9tetd)Slehen anertannt, bis 1219 auch Semgallen
unterworfen, noch früher bie Schwingung auch (Sft*
lanbS begonnen. $alb im 93unbe, halb im SQ&ettftreit
mit ben $>änen, bie hie* 1218 erfcf)ienen, gelang e§
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2)ie aaßeltmact)tpDlit« bcS ftoiferium« 219
bis 1224 ba§ Canb oöHtg ju bemeiftern, auch bie
lefcte Eftenfefte fcorpat. $en nörblichen STcit Eftlanbg
behaupteten bie kälten, ben ffibltcfjen $eil unb etroa
ein drittel SiolanbS ber ©chroertorben, beffen 3fteifter
feit 1224 auf bem flogen ©djloffe Senben fafc; ben fteft
nahmen bie $8i3tümer ©elburg (für ©emgallen), $>orpat
unb Öfel für Efilanb, alle al§ SBafallen be§ J8ifdE)of§
Don 9tiga, beffen Eroberungen ßaifer fjfriebrtch II.
1225 alg 9ttarfgraffd)aft be§ SHctdt>§ anerfannte. $>od)
nur bie ©täbte, vor allem SHiga unb ba§ eftnifche
SReoal (1248) unb ber alSbalb einttmnbernbe ßehnS*
abel waren beutfeh, bie Sanbbeoölferung nahm sroar
ba§ (£f)riftentum an unb mürbe ben Eroberern leibeigen,
hielt aber bie einheimifche Sprache unb ©itte feft, bie
©ermanifierung be§ 8anbe3 blieb alfo unooHenbet. 3)a
nun Siolanb aud) politifdj feine ftrenge Einheit, fonbem
ein locfrer, oft sroieträchtiger geiftlicfjcr ©taatenbunb
mar unb jebeS territorialen 3ufammenhange§ mit bem
beutfehen 2Jtutterlanbe entbehrte, fo mar bie 3 Us
fünft ber Kolonie auf 8 äufierfte gefä^rbet^ al§ bie
gesplitterten ©tämme be§ großen SitaueroolfS im
weiten ©interlanbe ju einem ©rofjfürftentum $u=
fammenrouchfen unb ber tapfere DrbenSmeifter SBolfmtn
am 22. (September 1236 in ber (Schlacht t>on 2llt*SHh ao *n
(®aule) in fturlanb ber h^onifchen Übermacht erlag.
Stetten fonnte nur ber fof ortige enge 2lnfchlu| £iolanb§
an bie junge Stacht, bie foeben an ber untern Sßeichfel
emporftieg, unb er rourbe ohne 3ögern Dofl$ogen; tm
Wlai 1237 fprach ©regor IX. ju «iterbo bie «er*
einigung ber ©chroertbrüber mit bem beutfehen bitter*
orben $u 6t. 2flarien auS unb leitete bamit eine neue
glorreiche Sßeriobe in ber @ef Richte ber Dftfeelanbe ein.
$er beutfehe bitter orben umfaßte bamalS nur eine xer
Heine Slnjahl von Stttterbrübern, bie burch ba§ mer*
fache ©elübbe be§ ©ehorfam§, ber 3lrmut, ber ßeufch*
heit unb be§ ^ampfe§ gegen bie Ungläubigen gebunben
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220
$ie beutfd)«römifcf)e Äaiferaeit
waren; bie aftef^a&I beftanb au§ fiaienbrübem unb
bienenben trübem, bie ben $8erwaltung§gefcrjäften
unb sur ßranJenpfleaje oerwenbet würben. $ie Dritter
bieten alfo nid)t ein $eer, fonbern nur ben
©en«ralftab., eine. füfjrenbe 3lriftofratie, aber eine
©eraeinfdjaft blinb gef)orfaraer, entf ersoffener, auf-
apferung£fäf)iger Scanner, in mb'ndjifd) * militärtferje
©ruppen von je #r>ölf trübem (^onnente) unter einem
Komtur (ftommenbator, ©ebietiger) gegliebert, beren
mehrere untet einem Sanbmeifter oereinigt waren, wä>
renb bie Oberleitung be£ ganzen Orben§ in ben £>änben
be3 |>od)meifter3 unb bei „Kapitels" ber Komture lag.
ürftc 3)er ©ebanfe, bie §aupttbätigfeit be§ OrbenS oon
ietfuiifl Ijalbuerlornen ©nrien hinüber naefc Ofteuropa
$rai|eitg ^ u fcnfen, entfprang bem Raupte be£ erften grofjen
§ocr>meifterg, be§ £büringer§ ^ermann non <§al$a.
®aum war fein erfter fübner SBerfud) in Siebenbürgen
1225 aufgegeben (f. S. 227), ba rief ber polnifcrje ©er^og
ßonrab t»on SHafornen, bebrängt von ben burd) 93e*
fe^runggoerfuc^e gereiften beibnifdjen Greußen, bie
fogar fein ßulmerlanb erobert Ratten, 1226 ben Orben
an Die Söeidjfel. 93ebäd)tig ließ fid) ^ermann vom
ßaifer bie 6d)enfung be§ SMmerlanbeS betätigen unb
ba§ $u erobernbe Greußen auwetfen, com ^apfte bie
Erlaubnis jur ^reujprebigt geben, benn polmfdjer
SöafaU wollte er nidjt werben, ßaum Ratten ftd^ nun
Heine Abteilungen oon trübem feit 1226 am linfen
2öeidj)felufer feftgefettf unb red)t§ vom ©trome ßulm
in 93efit> genommen, ba begann ber Orben feine er*
obernbe ßolonifation mit mufterfjafter Umfidjt @r
fieberte fid) feine Operationslinien ftetS burcr) ^ßfaljl*
bürgen, fiebelte unter ifjrera ©crjufce fofort eine ftabtifer^e
SBeoölferung nad) lübifd)em dkdjte an unb brang oon
biefen feften fünften au§, oon balb fd)mäd)ern, balb
ftärfem ßreu^eeren unterftüfet, Stritt für 6d)ritt
ins innere r»or. $ie Greußen, in felbftänbige flehte
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3>ie ©cttinQd^tpotitif be§ Äatfett.tmS 221
©tämme jerfpltttert, eine bienftbare 58et5ölferung unter
einem §a$ltettfjen, roaffentüdjtigen Vilbel, leifteten
trMfit feinen geftf)loffenen SBtberftanb. ©ofe^ob ber
Orben, feitbem 1231 ber Sanbmetfter $ermann Skrif
bie mtitytl uberf dritten J>atte, feine «ur^en unb
Stäbte binnen einem ^rae^nt bi§ an ben untern
$regel t>or, gtünbeienod) 1231 Stjorn, 1233 nad) bem
©iege an ber ©trguna (<5orge) STtarienroerber, 1237
(Sltrtng unb eroberte 1239 ba$ fefte SBalga am griffen
§aff. ©inen erften gro&en Wüfftanb ber unterwotfnen
Stämme, ben ber §er$og ©roantopolf oon ^ommereHen
unterste, warf er 1242/49 in garten kämpfen au
93 oben, gewährte aber ben bef ehrten ^ßreufjen gleid)e£
9te<f)t, orbnete 1243 bie fircr)lid>e Organifation be§
£anbe£ in oier SHStümer (^ßomefanien, £öbau, ©rmlanb,
©amlanb) unb natmt augletd) bie länblidje ftolonifation
in Shtgrtff, inbem er beutfäen ©beln fie^nib^ über^
trug unb beutf^e IBauern nad) flctmifdjen $ufen an=
fefcte. $>ann ftiefj er füfm nad) Sftorböften t>or, grün=
bete 1252 bie SWemelburg am $urtfd)en §aff, um bie
$erbinbung mit ßtolanb au fiebern, unterwarf gu Anfang
1255 mit $ilfe eines ßreua^eereS, ba§ ftonig Ottofar 11.
tu>n SBöfjmen unb Ötto III. ©on SBranbenburg äber
ba§ ©t£ be§ g-rifc^en §aff§ heranführten, ©amfonb
ürib legte ju beffen ©d^utje am 9lu§fluffe be£ ^ßregelS
Königsberg an, ba§ feinen tarnen ju ©fjren be§
»öhmenfönig§ erhielt.
$>a entfeffelte bie blutige «ftieberlage be§ Itolänbifdjen «ttffiant»
*5anomet|ters Jourraro oon «pomyaujen gegen ote cubfliitig«
ßitauer am Würben öftlid) oon Öibau am 13. ftuli
1260 ben a weiten unb furdjtbarften ^reufjenaufftanb,
ber afle§ ©roberte roieber in ftrage fteflte. 9iod) im
©ommer be§felben 3al)re§, am 20. September, erfjob
fid) ba§ ganae *8olf mit einem Schlage unter ber
Qrüfjrung feine§ erften unb legten gelben, §einrid)
SWonte, ber in 2flagbeburg djriftlid) erlogen, aber
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222 $ie beutfä.rötniföe Äaifetaeit
^reufce geblieben mar. 2Ba§ fid) t)on $eutfd)en nid&t in
bie Söälber unb SBurgen fluttete, mürbe erfragen, unb
überall würben bie fianbfirc^en $erftört. %n grimmigen,
erbarmungSlofen Kämpfen rangen djriftlidje SBegeifte-
rung unb f)eibnifd)e Söul, beutfcfje Kultur unb flamifdje
Barbarei; bod) gingen fcpefjltd} im Dften alle Surgen
nerloren bi§ auf bie ©eepläfce 9Hemel, Königsberg unb
S3alga, unb aud) im SBeften behauptete ber Drben nur
nod) ^ßomefanien unb ba§ Kulmerlanb, ba£ redete
äöetdjfelufer. 2)aju fluteten gegen ßiotanb bie oer*
bünbeten fiitauer unb Muffen §eran, um bie auf-
ftänbifdjen Kurlänber unb Semgallen ju unterftüfcen.
@rft bie Segrünbung ber $8urg 2Jiitau 1265 jroang bie
Kurlänber 1267 $ur Unterwerfung, bie SHuffen mürben
Anfang 1268 bei 2Jtaf)olm an ber Dftgren$e <£ftlanb£
glüdlid) abgewehrt, enbltd) 1273 aud) bie ©emgaflen $ur
Ergebung genötigt. %a§ wirfte audj auf Sßreufjen jurüd.
SBom $af)re 1265 an gelang eS, ©amlanb roieber ju be*
äwingen, 1270 fügten ftd) bie ©arten, 1272 au$ bie
Sftatangen, 1273 bie ^ogefanier; im felben Safere fiel
©einrief) SJionte bem Drben in bie $anb unb ftarb ben
$ob burd) |>enf erlaub; enblid) ootlenbete ber 8anb;
meifter Konrab von Kierberg bis 1283 bie (Eroberung
ber nod) freien litauifdjen Sanbfd^aft ©ubauen. ©egen
bie Litauer aber erfjob fid) fd)on 1274 baS fefte
2)ünaburg. $ür bie Unterworfnen waren jefct bie
3eiten ber Sftilbe ju ©nbe. ©te mürben allefamt un=
freie fieute, bie treugebliebnen bagegen ju freien ober
(Sbeln erhoben. SBie beutfdje ©errfdjaft t>on ber untern
2öeid)fel bi§ jur Sftaroroa mar begrünbet
■"Jg** fiangfamer feftoben bie SISfanier in 93ranben-
UVÖ bürg, bem Kernlanbe ber norboftbeutfdfcen Kolomfatton,
if)re ©renken cor, teils oftmärtS mit 93efeitigung ber
legten nod) ein^eimifc^en dürften big an unb über bie
Ober, teils norbroärtS auf Soften ^ßommemS, auf baS
fte, wol)l mit Berufung auf bie 3eit §einrid)g beS
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$ie SÖBeftma^tyoWif bc§ Äcnfertumä
Söroen, oberlefmgherrliche Slnfprüche erhoben, bie fie fid)
1231 t)on ßatfer griebne*) II. betätigen Ite&en- Unter
Wibrecht II. (1205 big 1220) unb bem einträchtigen 93rüber*
paare Qobannl. unb Otto 111.(1220 big 1266) rourbe 1215
Oberberg an ber ©renje gegen Bommern begrünbet,
bann Geltow unb 93arnim $u beiben ©eiten ber untern
©pree erworben, 1236 nach J>cf tigern Kampfe im $8er*
trag von Dremmen bie ßanbe ©targarb unb Söuftroro,
ungefähr bag heutige 9Jcecflenburg*©treltfc, enbltdt) auch
bie fruchtbare Ufermarf ben Bommern entriffen, big jutn
^afjre 1260 enbltch f d)on jenf eitg ber Ober bie Heumar! unb
bag polnifche Sebug buret) ftampf ober ®auf erworben,
roährenb im ©üben bag ßanb SBubtffm (Sauden) 1261
alg Mitgift ber böhmifchen «ßrinjeffin «eatrir. an
Otto III. fiel. $>ie länbliche Äolonifation war babei
überwiegenb bag Söerf ber neugegrünbeten ßlöfter,
3ebbenif in ber Ufermarf 1249, grieblanb 1250 unb
©fwnn 1272 im Barnim; bie ftäbtifdje mürbe bie
Aufgabe ber £anbegherren, bie feit 1225 eine ganje
SKeibe t>on ©tabtgemeinben nach oem SSorbilbe 93ranben=
burgg unb ber altmärfifchen ©täbte grünbeten: ©pan=
bau, Berlin unb $öln (einanber gegenüber an einer
Teilung ber ©pree) um 1230, 9ieu*grieblanb 1244 unb
s J^eu-93ranbenburg 1248, beibe im altpommerfchen ©e^
biet, granffurt a. D. 1253, ßüftrin unb Sanbgberg an ber
Sartre 1257 gum ©chufce ber Dftgrenae gegen ^olen.
3frieblicf) wie bigfyer blieben bie 3-ortfc^rittc beg steiften
£>eutfcf)tumg in ben Sanben ber Söettiner jwifchen ""jf^JJ,
©aale unb 93ober. $)ie ©ermanifierung beg „S8ogt=
lanbeg" an ber obern Alfter nollenbete ber 3)eutfche
Drben, ber bamalg in flauen einen feiner §auptfifce
hatte; bie ftäbtifche Sefieblung beg ©rjgebirgeg fnüpfte
ftch im mefentüchen an bie grofse ©trafje, bie längg
feiner nörblichen flachen 9lbbachung über greiberg jur
@lbe führte (3wicfau um 1212, ©lauchau 1261, ©hem^
nit> 1264); bie bäuerliche fdjob fi<4 weiter fübwärtg
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224
ftte beutfdj'töimföe Äatfer^eit
nad) bem Sammc hinauf, erreichte tfm aber bamal§
nod) nid)t überall. S)a, too biefe ©trafte bie <£lbe be=
rüfjrt, entftanb nod) t)or 1215 $>reSben al§ beutfdje
©tabt unter bem ©d)ufce einer mar! gräflichen 33urg.
$)od) nrid)ttgcr mar bamal§ ber (Slbübergang ber fo=
genannten Ijoljen ©trafie von Düringen über öetpjig
narf) bem Dften. Unweit oon if)tn ertüucf)§ nodj x>or 1270
©ro£ent)ain ju einem bebeutenben §anbel§plafce, unb
läng§ ber gortfefeung biefer ©trafje burd) ba§ alte fflWI*
jenerlanb über Staufen nad) bem 93ober §in entftanben
in ber erften $älfte be§ brennten 3a$r$unbert3ait'ben
fjertömmltd)en Sfaftfteflen ber grutjrleute beutfdje ©tabt*
gemeinben: ftamenj, SBau^en (bei ber alten forbiftf)en
SanbeSfefte), S&bau, ®örli^, Sauban nad) magbe*
burgifdjem 9ted)t, *um Steil mit einer flamifdjen £anb*
roerferbeoölferung. @ine jroette Sinie für ba§ Sßox-
bringen beutfdjer unb jrnar länbltdjer Söefieblung führte
vom bifdjöflid) meifmifd)en 93ifd)of§n:>erba in ba§ faft
unbemofmte malbbeberfte ©ebtrgSlanb läng§ ber SRorb=
greife $8öt)men§ nad) bem bamalS nod) böfjmifäen,
faft menfd^enleeren ©au3agoft (b. hinter bem Söalbe)
l)in, too SReidjenberg unb ^fti* 0 * 0 * 0 um ^50 al§
beutfdje 5)ötfer entftanben, unb ba§ ältere Qxttan 1255
von Dttofar II. beutfd>e§ ©tabtred)t erhielt, ©o würben
bie alten Söofjnftye ber ©orben um Sßaufcen ring§ im
heften, ©üben unb Often von beutfdjem kolonial;
boben umfdjloffen unb behaupteten nur im Horben
einen territorialen 3 u f ammerr ^ an 9 m ^ oen forbifd)en
©tammoerroanbten in ber (9tteber=)8auftfc, bemt bie§
©umpf= unb ©anblanb blieb bi§ tief in§ fed^nte
Safjrtmnbert größtenteils flanrifd) unb rourbe nur
infelartig oon beutfdjen ©tabtgemeinben (©üben 1235)
burdjfe^t.
Scftfcücit 2lber ba§ ganje nod) forbifdje 8anb n>ar fdjon
bamalä jur ©pradjinfel geworben, benn unauf&altfam
flutete ber ©trom ber beutfdjen Wnftebler, ©ad)fen,
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Xtc 2Bettmad)tpolitir be§ Äatfertuiu«
225
franftfd)e s Jtyetnlcmber, Springer über bie s Jieitf)§grenae
hinüber nad) bem polnifdjen <5d)lefien, ber alten
Söanbalenljetmat. $>a bort ba§ Staatsrecht nod? lange
flanrifd) blieb, fo grünbeten fie ifjre £>rtfcr)aften nad)
9lu§nat)merecf)t, unb eifrig förberte biefe (Sntnricflung ba3
polnifdje gürften^aug ber Sßiaften. $enn um ifjre @elb*
ftänbigf eit energifd) ju behaupten, nmnbten ftd) bie nieber*
fdtfefifdjen ^taften, befonberS feit §etnrid) bem bärtigen
(1202 bi§ 1238) unb §emri# IL, bem frommen, ber 1241
gegen bie Mongolen al§ SBorfcimpfer $>eutfcl)lanb3 fiel,
in beraubter 2Ibfel)r oom ^olentume bem beutfdjen
Sßefen au, fperrten tfjre ©ren$e gegen ba§ polntfd)
bleibenbe Dberfd^lefien burd) ben großen „Storkau"
OPrefjefa), ber von SBartfja an ber 9teif?e quer burd)§
fianb bi§ SftamSlau unb ^reujburg reichte, unb oer*
fd)tt>ägerten f\<fy mit beutfcfjen gürftengefd)led)tern. 3atyl=
reiche von iljnen geftiftete ftlöfter (ßeubug, £einrid)au,
Srebnifc, bie 2luguftiner von $re§lau) erfüllten ba§
Sanb von ben ©ubeten bt§ an bie polnifcfje ©ren^e
mit beutfetjen Dörfern, beren bi§ 1300 im ganzen gegen
1500 angelegt würben. S)ie fianbeS&erren bemibmeten
aud) hier meift ©täbte mit beutfdjem (magbeburgtfcrjem)
9led)t, juerft 1211 ©olbberg an eben aufgefunbnen
©r$lagerftätten, 1222 Steumarft an ber grojsen ©trafte
nad) ©üboften, in befonberS rafcr)er fjolge nad) ben
fdjrerflicrjen Se^ren be§ 9Jiongolenfturm§ von 1241 : Streb-
nifc 1241, ©triegau 1242, Sanbe§I)ut 1249, <8rieg 1250,
Stegmfc 1252, ©logau 1253. «reSlau, ber tHrdjlidje
2Jiittelpunft gan$ <§djlefien§, Ijatte fdjon ju Anfang
be3 3al)rljunbert§ eine TOaflonifd)*beutfdje Kolonie unb
erhielt 1263 für bie SUtftabt magbeburgifd)e3 Died^t.
3)ie brei grofien Sanbfdjaften, au§ beren gufammen* $„icu
fdjlufj nachmals ber preu&tfdje (Staat eru>ad)fen follte,
ba§ baltifd&e Slüftenlanb, Söranbenburg unb <§d)lefien,
roaren alfo nod) oor bem ©nbe be§ brennten ^aftr*
ljunberte bem $>eutfd)tum gewonnen. 3Iber e§ blieb
S)er aöerbegcutg beä heutigen Jöolfc§ I 15
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226
35te beutfd&.römifd&e Äaiferacit
eine bauembe, noch heute nicht überrounbne ©cfjroädje
ber beutfd&en (Stellung im Dften, baf? im fternlanbe
$olen§ auf abliefern ober föniglichem 93oben feine
beutfehen Dörfer, fonbern nur beutfehe Stäbte, meift
mäßigen Umfang§ unb roefentlich al3 ginanafpefula*
tionen be§ ©runbherrn entftanben, nrie ftrauftabt cor
1204, «ßofen 1252, Pratau 1257, ©nefen oor 1262, ba§
platte 8anb alfo pointfch blieb.
Kfflmteit g^n ganj anbrer 2öeife roieberum ergriff bie beutfehe
SKSfjrett ßolomfation bie alten tfdjechtfchen SHetch^lanbe $8öh ;
men unb Sttähren unb roeit im Dften Ungarn. £>enn
unter ben gleich ben fchlefifchen ^iaften beutfehfreunb*
liefen $rfcf) eingrüben oerroanbelte bie bäuerliche beutfehe
SBefteblung, auch fjier übermiegenb oon ben ©iftercienfern
unb Sßrämonftratenfern (2ÖaIbfaffen, Off egg, £epl,
£>o£an, Sßlafj, £>ohenfurt, ©olbenfron), baneben von
ben Johannitern unb $eutfchher*en, juroeilen unmütel*
bar oom Sauberen* geleitet, ba§ ganae, oon tfc^cd)i*
fdjer SBeoölferung faft unberooljnte ©ebirgS* unb SBalb*
lanb im Horben, Dften unb Söeften 93öf)mcn8^ auch
ba§ 1093 einem polnifchen ^iaften $u ßehen gegebne
herrliche ©lafcer Sanb, in ein gefd)loffene3, beutfcheS
Kultur- unb Sprachgebiet. Zugleich entftanben burdh
ba§ ganje fianb hin, jum Seil heroorgerufen ober ge*
förbert burch ba§ Aufblühen be§ ©ilberbergbaueS,
beutfehe Stabtgemeinben, bie, roenn ftc auf föniglichem
©runbe lagen, oon ber ©ertcf)t3barfeit beS $8e$trf§*
oorftanbeS, be§ <51)uvar\, befreit unb unmittelbar bem
f öniglichen Unterfämmerer untergeorbnet mürben. Otto-
far L, 2öenjel unb Ottofar II. riefen über &nmn$ig
fönigliche Stäbte in§ Seben (Ceitmerifc, 3luffig, 93rü£,
Ellenbogen, ^tlfen, 93ubroei§, ftolin, Suttenberg, Seutfch*
brob, 2Jtte§ u. a. m.), barunter neben ber altern Slltftabt
<ßrag bie Sfteuftabt bei @t. ©alluS unb bie ^(einfette
unter bem £>rabfcf)in, ber $ömg§burg. Söeniger ge~
fchloffen gestaltete ftd) bie beutfehe Solontfation in
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Sie 2ßeUmcu$tpolittf bei Äaifertumä 227
STCäfjren, wo bie ftäbtifdje mit ftreubent&al 1213,
^ä^rifd)*9leuftabt, Dlmüfc, $8rünn um 1223, 3naim
1226, bcr fpäter burd) x\)x 93ergrecf)t weithin roirffamen
SBergftabt Sglau vor 1227, früher begann al§ in
Söhnten, bie länblicfje uor ädern ba§ 2Berf ber
möndn'fcfjen ©enoffenfdjaften (ber 3of)anniter, ber
(Stftercienfer von SBeOe^rab unb DSlaroan, ber ^rä=
monftratenfer von £>rabifd}, ber öenebifttner uon
$rebifd) unb Walgern) mar, aber ba§ 8anb nur ftrid)-
roeife bemeifterte. 3n beiben Säubern blieb bafjer ber
®ern ber ©eoölferung, obroo^l von beutfdjer SMtur
überflutet, bod) flaroifd), baber aud) ba§ Staatsrecht
©elbft Ungarn, beffen SKaubfdjaren 2)eutfd)lanb fo unflorn
lange oertjeert Ratten, öffnete ftdj unter bem (£influffe stetem
ber von ©tep^an bem ^eiligen (995 bt§ 1038) begrün* Wt0ei1
beten fttrdje unb be§ anfdnx>eOenben S3erfet)r§ roä^renb
ber ftreu^ugSaeit beutfdjer ©tnroanberung. $odt) fam
e§ ju beutfdjen 2flaffenanfieblungen nur in einigen
entlegnen, nocf) unbebauten ©ebirgSlanbfdjaften, in ber
norbungarifcfyen 3ip § &n ber tyoljen $atra (bie fpäter,
1271, iljre gemeinfame Drbnung erhielten) unb in
ber fernen ©inöbe „jenfeit§ be§ SBalbeS," wo fdjon
unter ©etfa II. (1141 big 1161) nieberr^einifc&e ©tebler
ben tyerrlidjen ©au von <Bxbxn anbauten unb nad) ilmt
bem ganzen fianbe ben Flamen (Siebenbürgen gaben,
©anj an ber ©üboftecfe biefer natürlichen ©ebirg&
baftion, „im öben unb unbetonten $8ur$enlanbe"
um 8ronftabt, begann unter 2lnbrea§ II. ber beutfdje
SHitterorben feine feften 93urgen gegen ba3 SRäuberoolf
ber humanen ju bauen unb beutfdje dauern f)eran$u*
$ier)en. 9113 er fein ©ebtet i>on Ungarn losreißen unb
bireft unter $om ftellen moüte, »erjagte ber ßöntg
1225 bie bitter, aber il)x ßulturroerf blieb aufregt.
SBenig fpäter entftanb bie beutfdje Kolonie im 9tö§ner*
gau an ber obem ©$amo§. 3)er ©emeinfcf)aft (Uni-
versitas) ber „«Saufen'' um §ermannftabt aber gab
15*
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228
$te beutf$«röintic$c Äaifcvjeit
9lnbrea3 II. fdjon 1224 felbftänbige SBerroaltung unter
ifprem ©rafen (Comes) gegen 3af)re§§ui§ unb ®rieg§;
bienft. 3m übrigen Ungarn entftanben faft nur beutfdje
©tabtgemeinben nad) magbeburgifdjem ober bagrifdjem
SRedjt, in 21nlet)nung an bie fönigltdjen unb bifcf)öf;
liefen SBurgen ober al§ 93ergroerf§orte, befonber§ nad)
ber $erftörenben mongolifd)en ©turmflut vom Qa^re
1241 unter 8ela IV. (1234 big 1270): ©tul)ln>et&em
bürg, Ofen, Leutra, SKaab, ßomorn, ßafdjau, ©d)em*
mtj, ßremnitj u. a. m. £)iefe ftarfe SBeimifdjung beut*
fd)er SBeoölferung fyat feitbem ber ungarifcfyen Kultur
ifjren ©^arafter aufgebrüdtt, aber fte mar $u fdjroad),
aud) ba§ ungarifdje StaatSroefen $u ergreifen, unb $u
u>ett entlegen nom 2Ttutterlanbe, al§ baf? fte in tyrem
nationalen *8eftanbe gefiebert fein fonnte. ©o fmb
bamali ju bem ©efd)tde be§ jufünftigen ©roßftaatS
Dfterreid), ber auf ber Söerbinbung ber faft gan$
berbeutfdjten $)onau* unb Sllpenlänber mit roeit großem,
im ßerne frembfprad)igen, nur teilroeife von einer
beutfd)en93eoölferung befe^ten unb bürdeten ©ebieten
beruht, bie SBorbebtngungen gefdjaffen morben.
öcbeutung 2Bie biefe großartige beutfdje ftolonifation ein
stofamb öemeinfameS SBerf aller beutfdjen stamme war, fo
fotipit §at fte aud) auf ba§ ©d)irffal ber gefamten Nation
für alle 3ufunft entfd)eibenb eingemirft. ®d)on gegen
@nbe be§ brennten 3af)rt)unbert§ oerfdjob ftd) Ujr
politischer 6d)roerpunft au§ bem in jafyllofe f leine
§errfd)aften j erfahrnen Slltbeutfdjlanb, ber §eimat
be§ ftatfertumS, nad) ben großen gefd)loffenen $erri;
torien be§ folonialen Seutfdjlanb, bem flaffifdjen 93oben
be3altgermanifd)en Königtums, ber <5d)öpfung be§ neuen
territorialen $ürftentum§, unb er ift feitbem bauernb Ijier
nerblieben. $at)er b<*t bie fpätere Sfteufdjöpfung be§
$Retd3§ nid)t an bie SHefte be§ alten ßaifertumS, fonbem
an ba§ foloniale ßanbeSfürftentum angefnüpft. 2Htt
ber mächtigen ©rraeiterung if)re§ $errfd)aft§- unb
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$te 9ä)ertina<f>tpotittf be§ $atfertum3 229
3öirtfd)aft§gebiet§ gemannen aber bie $)eutfd)en auch
ben beflimmenben Einfluß auf Dfteuropa, unb inbem
fie au ihrem alten $erfehr mit bem ©üben unb 2Seften
ben Canbhanbel im Dften unb bie ©errfdjaft über ben "
regen Sßerfehr ber Oftfee hinzufügten, traten fie in ben
3J2itteIpunft be§ gefamteuropäifchen *8erfcbr3 unb gingen
mit aune^menber (Sdjnefligfeit in ein 3^ita(ter über*
miegenber (Mbnrirtfchaft über.
tiefer Erweiterung be3 räumlichen ^orijontg geht ®\-
eine nicht minber bebeutfame be§ geiftigen ©efichtS*
freifeg jur Seite. 2Iuf 8rieg§= unb $anbeI8fahrten nach ^ ] c f.
Stalten unb bem 9ftorgenlanbe, nach ben baltifchen w*
©eftaben unb nach 9*ufclanb lernte ber $)eutfd)e Hölter \%x$imnq
ber t>erfdnebenften Utrt unb Kultur fennen, unb er
fd)ftrfte an folgen ^Beobachtungen ebenfo fe^r fein fclb-
ftänbigeS Urteil, roie an ben dampfen ber ©egenfönige
unb ber großen ©eroalten in ber ß^riften^eit, bie ihn
nötigten, Partei ju ergreifen. <5o mürbe bie Saienroelt,
cor ädern ber gefellfchaftlich unb polttifch I)errfd)enbe
SRitterftanb, münbtg, unb fein 3*^ wax nicht mehr
2ßeltflud)t, fonbern SQBeltoerflärung. 2öa3 bie ßirche
begonnen hatte, um ihre §errfd)aft über bie SÖelt §u
Doflenben, ba§ eben untergrub biefe §errfdjaft. ®ie
ficf)tliche Ermattung ber geiftlichen 93ilbung fam hin^u.
©eitbem bie ffaffifchen ©tubien hinter ber ©cfjolaftif,
unb bei ben neuen Drben bie ©tubien überhaupt hinter
ben großen nrirtfchaftltchen ober praf ttfcE) * fir etlichen
Aufgaben jurüeftraten, ©erfielen bie geiftlichen ©djulen.
$iegeiftltche©efchichtfchreibung nahm roährenb ber glor*
reichen 3eiten ftrtebrtch§ I. unb §einrich§ VI. in ben
großen Söerfen Dtto§ »on gretfingen, D?agerotn§ unb
DttoS oon St Mafien (bi§ 1209) ihren legten glän*
jenben 9Iuffchnnmg; feitbem 50g fie fich gan$ auf bie
t)on jeher eifrig gepflegte 8anbfchaft§* unb ^erfonal*
gefliehte jurücf, bie noch manche? treffliche 2öerf her*
vorbrachten, roie bie unfehlbare ©lamenchronif £>el=
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230
$tc beittfd&'römifd&e ftaifetseit
molb§, bie 2)arfteHungen 9lrnoIb§ von ßübecf unb bc§
fietten £>einrid> oon Stotanb übet bic ©efdjidjte bcr
beutfcfyen ^olonifation.
xct 2öie felbftänbtg unb reif fi$ aber tnjurifcfjen bie
fÄr 5 ßaienbilbung entroicfelt hatte, ba3 bemeifen gleicf) i^re
erften beiben, auf fächftfdfjem $8oben, auf bem ©cf)au*
platje ber ©djöpfungen £>einri<f)3 be§ Söroen erroacf)fenen
SBerte, bie fogenannte fädtjfifdöe ,,2öeltcf)romr7' ba§
erfte ©efd)id)t§it)erf in beutfcfjer ©pradje, unb cor allem
ber „©adjfenfpiegel" be§ roacfern ©Höffen (Stfe (©cfarb)
von Sftepgoro (D^eppic^au bei 2lfen a. @.) um 1230,
eine 3ufammenfaffung be§ alten fädtfifcljen Sanb* unb
£et)nred)t§ auf ©runb ber Sefyre von ber ©leia>
bered)tigung ber weltlichen unb geiftltdjen ®en>alt, ber
„beiben ©djroerter" be§ ßaifer§ unb be§ ^apfte§, coli
SDßatjrtjeitgaebe, ©otte§furd)t unb 3Jtenfrf)enfreunbUd)*
feit. Obwohl eine ^rtoatarbeit, gewann ber ,,©ad)fen=
fpieget" bodf) weithin praftifdje ©eltung; er befyerrfdjte
gegen @nbe be§ 9JUttelalter§ ein drittel ber ganzen
Nation unb fanb eine Nachahmung im fübbeutfchen
„©chroabenfpiegel."
Tic 2)och bie felbftänbige weltliche Dichtung fanb ihre
t} ^pu' c ^ßffcgc uornehmlich im ©üben 2)eutfchlanb§, auf bem
S3oben t)ot)enftaufifcr)er ßaiferl^errlidjfeit. §ter bilbete
pef) auf ©runb ber fchroäbtfchen SDtunbart bie von ben
©ebtlbeten überall oerftanbne oberbeutfehe ©chrift*
fprache, ba§ ^Utelhocf)beutfche, hierher fam r»on SSeften,
t>on ftranfretcf) ()er mit ber ritterlichen ©itte auch bie
fran^öfifd) = f eltifdtjen ©toffe au§ bcr ßarlSfage, ber
5lrtu§fage unb antifen (£pen unb traten neben bie alt*
einheimifchen ©agen au§ ber Söanberjeit, bie cor allem
in Dfterreich unb ©achfen ihre ^p^ge fanben. SRttter*
liehe ©änger roaren bie Präger ber $)id)tung, an ben
£öfen be§ $lbel§ unb ber dürften fanben fic ihre Qu*
börer, unb für biefe Greife junäd^ft bieteten fte. bie
fremben ©toffe meift gana frei unb eigenartig geftaltenb,
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$ie 9Qßettma($tpoIitif bc8 ÄaifertumS 231
vor allem pfucfyologifd) vertiefenb unb äu&erltdj au§*
malenb. Sftur bic erften Vertreter biefcr §öfifd)en
ftunftepif tvaren 9torbbeutfcb,e, sunäc^ft ein fHittcr
£einrid)§ be§ ßörven, (Silfjarb von Dberge (um 1170),
bann ein 9Ueberlänber, ^einrieb, von SBelbete, ber am
£ofe §ermann§ L von Düringen feine „@neit" ( s 2(neibe)
fdjrieb; balb aber verpflanzten bie ^unft nad) bem
©üben ber ©cfytvabe $artmann von $lue unb ber
©Ifäffer ©ottfrieb von Strasburg, unb ein SBaner,
SBolfram von (£fdjenbact), fcfyuf im „^ßarcival" ba§ grofc
artigfte mittelalterliche SBilb menfd)ltd)en 2eben§ unb
©trebenS von jugenblicfyer Unerfahrenst (tumpheit)
burcr) ben 3 roe if e l (zwivel) fytnburcf) jur ©eligfeit
(saelde) im ©enuffe beä t)ödt)ftcn irbifdjen unb fjtmm*
lifdjen ©lücfä.
Snatvifdjen ernmd)§ in einem ßoloniallanbe, im xic
babenbergiföen Öfterreicb, balb nach 1200 ber für JgH
un£ namenlofe 2)id)ter, ber in einer n>ot)t von if)m W
erfunbnen nmdjtigen vierteiligen ©tropbe nac^ ben
alten Biebern von ber Sfttbelunge 92ot, fie mit viel*
leicht unberoufjten Erinnerungen au§ ben Ungarn?
fämpfen verbtnbenb, ein grofeeg (£po§ geftaltete, mit
treuer Söa^rung ber£)aupttt)atfacb,en unb ber gewaltigen,
balb l)eibnifd)en ©haraftere i^rer gelben, ben Spiegel*
bilbern ber Reiben aud) ber altern ®aifer$eit, wenn*
gleich mit leifer Umbilbung ber ©Ute gu cf)rtftlid)er
unb mittelalterltc^öftfd)er 5lrt. Unb ein ßanbSmann
au8 Dfterreicf) ober ©teiermarf verarbeitete wenig fpäter
einen norbifdjen ©toff $um ©ubrunliebe. SBeibe fmb
lieber von ber &reue jroif d)en JJürft unb 93afaU, 5m if d)en
SKann unb 2öeib unb bar um e$t germanifd). 9luch
ben 3eitgenoffen mar ber tiefe ©egenfa^ &Tvifd)cn biefer
ernften, ftrengen, burch unb burd) nationalen Dichtung
unb ber im 8erne fremben f)öfifd)en ^unftepif mit
ihren fyalb finnlichen, f)alb überfpannten 9flenfd)en
ivohlbetvufjt; in ber ©age vom ©ängerfrieg auf ber
232
Sie beuttö-römiftfe ßaiferaeit
2öartburg (angeblich 1206) t>at er feinen SluSbrucf
gefunben.
Wattfe ^ ne ^ oI * c ® c Ö en f a ^ e entfaltete ftch bie Snrif, ba§
Satire' ®rjeugni§ ber felbftänbig geroorbnen Sßerfönlichfeit.
3n engfter Söerbinbung non Söort unb 9ftufif, in
rounberbar mannigfaltig unb fein burcfjgebilbeten
©trophenformen — benn jeber dichter mar ftol$ bar-
auf, einen neuen doa, fein litterarifcheS (Eigentum, $u
erftnben — brachte fie bie ibealen (Smpftnbungen ber
ritterlichen ©efeUfchaft wie bie naioe ftreube *> er
Seutfdjen an ber 9catur, an ftrühling, 33lumen, $8ogel*
fang unb ©onnenfcr)ein ju einem ebenfo allgemein
giltigen wie ganj perfönlichem 9lu§brucf, unb nach
wenigen Vorläufern in ©chroaben, nrie fjriebricr) von
Raufen, ber 1190 bei s ßE)ilomeUum blieb, SReinmar
bem Gilten t>on Hagenau, §artmann von 2lue, er*
reifte nrieber ein Dfterreicher, Söalther von ber SBogel*
roeibe, bereits ben t)öd^ften ©ipfel ber ^unft. 2öa§ tyn
aber höhe* f)ebt al§ alle feine ©enoffen, ba8 ift ba§
nationale $atf)o3, ba§ ihn erfüllt, äöährenb eine§
langen 2Banberleben§ in ber glänjenbften 3eit be§
ßaifertum§ $u feftem ^ationalftol^e, in einem trau*
rigen Söürgerfrtege $u felbftänbigem Urteil gereift,
trat er al§ ber freimütige ©precher ber beutfdjen Säten*
weit in feinen „<5prüchen" unerfchroefen ein für ba§
fcaifertum gegen bie @elbftfud)t ber dürften unb bie
2lnmafmngen ber ^äpfte, obroohl ober auet) weil er
eine ehrlich religiöfe Statur war. Unb biefe Selb*
ftänbtgfett be§ perfönltchen UrteiB mürbe bie ©runblage
ganjer litter artfdjer ©attungen, ber Spelle unb be§
©chroanfS, be§ ßet)rgebid^t§ unb ber ©atire, bie alle
auf fcharfer Beobachtung be§ eigenartigen einer
heroorragenben ^erfönlid)feit ober ©rfcfjeinung be*
ruhen, dhrgreifenber unb roahrer ift bie anbreetjenbe
S8erberbni§ be§ 9^itterftanbe§ unb ba§ ungefunbe
drangen bäuerlicher Greife nach biefem <Stanbe niemals
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Sie SSeTtmad&tpolitif be§ ÄaifcrlumS
233
gef Gilbert roorben, aU im Sfleter £elmbrecht be§
bagrifchen $lofterbruber§ 3öeraer oon 9tan§hofen am
9fnn (jnnfchen 1225/50), unb bic ganje freie unb babei
tiefreligiöfe 8eben3roeiSheit feine§ ©tanbe§ nach eigner
unb frember Beobachtung t)at ein ©chroabe unter bem
tarnen greibanf in feiner „Bef Reiben f>eit" $ufammen*
gefaxt.
§inter biefer in erftaunlid) furjer &\t aufblü- Wetftticfic
henben ritterlichen Dichtung in ber SBolf^forache tritt 1 ttfl
bie getftltche lateinifche ganj jurücf. 3bre halbbrama*
tifdjen ^Spiele" (ludi), bie au§ ber fird)lid)en Siturgte
heroorgingen, gelangten noer) nicht §u einer feftenßunft*
form, unb bie „fahrenben ©chüler" (Vaganten, ©o*
liarben), geiftlid) gebitbete Öeute, bie e§ niemals ju
einem geiftlichen $lmte brachten, f onbern fid) al§ ©änger,
©pa&macher ober oertraute ©djreiber oornehmer ©erren
in rjolbem fieichtfinn burchfcf)Iugen, gingen in ihren
flangooflen Iateinifct)en Oteim- unb Slccentoerfen ganj
unb gar auf ben leichtfertigen unb fiunltchften %on
ber weltlichen ©efeUfchaft ein, feiner genialer unb lieber 5
lieber al§ ber „9lrchipoeta," ber unter ßaifer griebricr)
Barbaroffa im $)tenfte be§ großen (Sr$bifchof§ SHeinalb
oon $)affel ftanb.
$)od) fo rafd) bie ritterliche Silbung unb Öitteratur »etfafl ber
ihren ©öhepunft erreicht hatte, fo rafch fanf fie roieber 'tÄJ"
herab. ®enn fie umreite nicht in ben breiten ®d)id)Un
be§ 93olfe§, f onbern nur in einem herrfchenben ©tanbe,
biefer aber oerlor feit griebrief) H. feine Berbinbung
mit ber !aiferlichen SBeltpoltttf, alfo bie großen 2luf*
gaben, unb oerfanf feitbem in fleinliche ^ntereffen. 3ln
©teile ber feinen ©itte, ber höfescheit, trat bäurifche
Hoheit, dörperheit, unb bie Sbeale be§ Rittertums
würben bei Scannern toie bem fteirifchen bitter Ulrich
oon Sichten ftein burch läppifch^^toentale Übertreibung
jum ^errbilb. 9?ur auf f olonialem Boben, an ben fürft-
liehen §öfen in Böhmen, 2fleifjen, Branbenburg,
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234
3>te bcutfdHömifd&e ÄQtferjeit
©chtefien bewerte mit bem weitem ©eftd)t§ftet§ bie
ritterliche fitjrif in ben fonoentioneHen formen noch
bi§ jum @d)tuffe be§ 3ahrf)unbert§ fort.
SBirffatm 2öie nun bie Ermattung ber ftrchluhen SSilbung
»ettrt" baS 2tof fomm * n *> er weltlichen Sitteratur begünftigt
ovben hatte, fo nahm, at§ biefe oerfiel, bie Kirche unter bem
neu erftarften ^apfttum ben ßampf um bie §errfchaft
ber ®eifter wteber auf, mit neuen Suchtmitteln unb
mit fteigenbem (Srfolge. Die neuen SBettetorben, oor
ädern bie Qftmt^fcm**/ vertreten burch fo mächtige
^erfönlichfeiten wie 93ertE)olb oon <Regen3burg (f 1272),
ftrebten burch ©eelforge unb ^ßrebigt befonberS bie 53e-
üölferung ber auffteigenben ©täbte, bie naturgemäß
Don ber ritterlichen ©Übung nur wenig berührt mar
unb fogar ju ifjren Prägern in immer fdjärfem ©egen-
fafc geriet, für ihre Slnfdjauungen oon ber Sftichtigfeit
aße§ ©rbenlebenS unb für innre Umfehr ju geroinnen,
unb ein Dominicaner, ber 6chwabe Ulbert von SBoH*
ftäbt (Albertus Magnus, 1192—1280), ber erfte große
beutfehe ©cfjolaftifer, machte ben großartigen SBerfuch,
mit umfaffenber SSenüfcung ber erft bamalS burch ara*
bifche Vermittlung ooflftänbiger befannt geroorbnen
Schriften be§ 5lriftoteIe§, alfo be§ erweiterten <Srbe§ ber
antifen Söiffenfchaft, grunbfäfclich au fcheiben $wifd)en
bem philofophtfehen unb bem theologifdjen ©rfenntniS*
gebiet, jwifdjen ber Vernunft unb ber Offenbarung, bie,
richtig oerftanben, einanber nicht roiberfprechen, fonbern
fid) ergänzen, weil feines oon beiben allein genügt.
Gilberts größter Schüler, %§oma$ von 3lquino, rourbe
barnach ber Sehrer be§ ganzen 9lbenblanbe§.
S)och mit aHebem gewann bie Kirche ihre alte
§errfchaft über bie ßitteratur nicht surücf. «alb trat
ba§ 93ürgertum bie ©rbfehaft be§ SHittertumi an, unb e§
bereitete, inbem e§ fich au immer größerer ©elbftänbig?
feit be§ Urteil burcharbeitete, bie Sprengung ber alten
Kirche uor.
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3)te 2Öeltma$tpolitif bcS AaifertumS 235
SBiel langfamer gewann bagegen bie fiaienfchaft roni ^Jf- d , e
an ber Pflege bcr bilbenben fünfte einen felbftänbigen »auhmft
Anteil. $)enn nur bie Könige unb Surften begannen
ihre ^faljen unb Burgen jefct f ünftlerif ch 3U fchmücf en ; bei Ootti
bie £of>enftaufen bauten Trifels, Hagenau, ©einkaufen,
bie Söelfen $anf warberobe , bie thüringifchen fianb-
grafen bie Söartburg unb bie Neuenbürg über ftrenburg
an ber Unftrut u. f. f. $ie Sflaffe ber SHitterftfce blieb
bagegen blofjeShtfcbauten. 2Beitau§ bie größte 3<*h* aller
funftlerifchen 93auwerfe waren alfo nach wie cor firch*
lieber 9Irt, unb geiftliche ©erfmeifter führten fie au§.
$)aher tragen biefe Sauten be§ blühenben romanifchen
©til§ ein gewiffeS einheitliche^ ©epräge, ba§ nur burd)
©tammeSart, befonbre SBebürfniffe unb bie Söefchaffen*
heit beS ©orhanbnen 2Jtotertal§ umgeänbert wirb.
3n ben SSirchenbanten brang ba§ £reu$gewölbe ftatt
ber alten ©alfenbecfe burd), bteüftmbbogenfenfter würben
burd) gierüche 93ogenftelIungen geteilt, bie tiefen portale
reich mit 93ilbt)auerarbeiten gefd)mütft, bie Sttauer*
fläzen burd) ftransgefimfe unb ßifenen belebt. 3Kit
bem ©inbringen be§ norbfranftöfifchen ©pifcbogen§, cineg
3unad)ft ted^ttifc^cn gortfehrtttö, ba biefer 93ogen
fd) wacherer Stufen bebavf, etwa feit 120O, mürben bie
©tilgen im Innern zierlicher, bie Kapitale leichter unb
freier, aud) ber fyoty &$ox niebriger, ba bie ftrnpta
wegfiel, ba§ ganje innere gewann alfo größere ©in-
heit. 3n biefem „ÜbergangSftil" finb bie fünften
^Bauten gegen ba§ ©nbe ber $of)enftaufenjeit ent*
ftanben. 5)ie reine ©oüf f äffte, von Sftorbfranf reich
einbringenb, juerft am Steine gujj unb würbe auch
t>on bürgerlichen SBaumeiftern gepflegt, ©onft trat
eine gewiffe ©elbftänbigfett ber Saien junächft in
ben ättintatur maier eten ber ßieberljanbfchriften tyxvox,
bie in leichter, immer noch Jonoentionefler 3eicf)nung
bod) fchon lebenbige 5ttenfchen in mannigfachen natür*
liehen Situationen fchilbert; bie§ wir!te bann auch
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236
$ie beutfd&«römif$e Äaifcrscit
auf bie fircfyttdje Sanbmalerei hinüber, unb jugleicrj
entfaltete fict) überraferjenb in ©adjfen wie in Düringen
eine ©tetnptaftif, bic auf genauem ©tubtum ber Ieben=
bigen Statur beruhte.
SBe Jük mb Vorangingen in biefer ganjen ßunftentfaltung bie
beutfölanb 9*f)etnlanbe, entfpred^enb i^rer l^eroorragenben politU
fd)en unb nnrtfdjaftttdjen Söebeutung in biefer Seit. $ie
alten £)ome von 2flain$, ©peier, 2öorm§ würben ba=
mal§ umgebaut alle mit ber farolingifd^bujantinifctjen
Kuppel über ber Vierung, wie bie fed)§türmige 93ene?
biftinerfir^e oon SJtoria Saact) in ber ©ifet $n ®öln
bezeugen ©t ©ereon, ©t. Slpofieln, ©t Pantaleon ben
^Beginn einer neuen großen 93auperiobe nad) bem
93ranbe r»on 1149; fjier legte bann ©rjbtfcfjof ßonrab
non §oct)ftaben 1248 ben ©runbftein $u bem gotifdjen
(Sfjor beS neuen ungetjeuern $>ome§ in genauer Sftad)'
bilbung be§ £)om§ von 2Imien§, naefjbem ferjon feit
1227 bie SiebfrauenfirdEje in biefem ©tile begonnen
roorben mar. 5lm meiften ©tnfluf? übte bie rr)einifc^e
3lrdt)itcftur auf bie ftammoerroanbten £anbfcx)aften
fjranfen unb Reffen in ben dornen non SBür^burg
unb Samberg unb in ber 2lbtetfircr)e von $er§felb;
bagegen jeigen bie banrifetjen unb frf)roäbifd)en bauten,
bort bie $)ome von greifingen unb SRcgenSburg, In' er
bie Älöfter £>trfcrjau unb 2ftaulbronn in it)rer ur*
fprünglidjen gorm, bafj man meljr an ber ältern
Söeife feftf)ielt. 3m ^oloniallanbe Öfterreid) begann
eine regere SBauty&tigfeit erft -mit bem Übergang^
ftil unter italiemfcfyem (Sinflufc, unb ba bic ein^eimi-
fcfjen 93ifdt)of§fl^c # ©urf unb ©eefau, unbebeutenb
blieben (nur ©urf baute ftd) einen prächtigen $)om),
fo leifteten ba§ meifte bie neuen SUöfter, 3*t>ettl, Ciliem
felb, §eiligenfreus, St ^ßaul in Kärnten. Sag 2Iuf*
blühen SötenS geigt ber beginn ber neuen ^farr*
firdje ju ©t. <&ttp\)an feit 1147 nod) in romanifc^en
formen.
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Sic aajeltma^tpolttit bcö Aatfettuntd
2;37
Sehr felbftänbig ftefjen €>ad)fen unb Düringen
mit ihren KoloniaHanben. 3n SBeftfalen blieben bie 01 1
fird)lid)en Sauten trofc ber engen Serbtnbung mit ben
^^einlanben meift fe()r etnfad) in ©runbrif* unb $lu§~
fdnnüdung; fehr reich bagegen bauten bie oftfächfifchen
unb thüringifchen 33ifd)of§ftäbte §alberftabt, §tlbe3=
heim, Naumburg, 9tterfeburg, 2Ragbeburg, bod) nicht
jurürf ftanben bie Senebiftiner von ©anber^eim,
«PauUnaeae, Königslutter, ber ©rabft&tte Kaifer So*
tharS, unb bie ©iftercienfer in ^ßforta. Son ben Ko*
loniallänbem folgte baS rafd) aufblühenbe ftlberreiche
3tteifmerlanb in bem (fpätern) $>ome Don ftretberg mit
bem prächtigen Sitberfchmurf feiner „©olbnen Pforte"
gana biefer Söeife. dagegen aroang im norboftbeutf djen
£ieflanbe bie ©teinarmut ju bem fchlid)tern 3iegelbau
nad) bem (Schema ber fächftfehen ^ßfeilerbafilifa, ber
als fertiger ©tU unmittelbar auS bem lombarbifchen
ftlachlanbe hierher übertragen mürbe. S8on ben93ifd)ofS*
ftäbten leiftete babei Sranbenburg baS Sebeutenbfte,
boch ooran gingen auch hierin im allgemeinen bie
Klöfter ber ^ßrämonftratenfer (3erid)on)) unb Giftcr«
cienfer (3inna, 2)obrtlug, ßehnin, Sergen auf SRügen,
(Slbena, Srebnifc in ©d)lefien). $)ie ©tabtfirdjen blieben
noch einfach, bie Sanbttrdjen fc3t>tic3c>tc Selbftem* unb
§ol$bauten.
* *
*
©ine ©ntnritf lung oon brei unb einem falben Sah**
hunbert ^atte bie alten ©egenfäfce jmifchen ftrchlicr>
antifer unb heibmfch s nationaler Silbung ausgeglichen
ober gemilbert, ein reiches Kulturleben erzeugt, baS
alte naturalnnrtjchaftlidje $>eutfd)lanb in ben aKittels
puntt beS SBeltoerfehrS gerüdt, bem beutfehen SolfS*
tum ein neueS ungeheures ©ebiet gewonnen, ihm bie
SßormachtfteQung im $lbenblanbe gegeben unb bie alten
$emmmffe feiner (Einheit, bie ©tammeSgebiete, für
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238 $ ic beutf($«römif<$e Äutferaeit
immer in Heinere Territorien aufgelöft. 3lber ein neuer
furchtbarer äöiberfpruch war augleich in fein fieben
hineingekommen. $)enn ber Langel an roirflic^er
@taat§geftnnung, bie ©elbftfucht ber fianbeS^erren unb
ba§ Sntereffe be§ ^apfttumS Ratten bie ©runblagen
ber mühfam errungnen Einheit, baS Königtum $erftört,
unb bie ©egenfci^e annfchen ben ©tänben waren $u
einer Schärfe entnadelt, bie jebe SWöglichfeit, fxe in
nationalem Sntereffe $u oereinen, au§fd)Iof$. @o ent*
beerte bie§ grofje, aufftrebenbe SBolf abermals einer
roirffamen $eich§oerfaffung. (Sechshundert 3ahre lang
hat e§ biefen SBtberfpruct) ertragen muffen. E3 hat ihn
fchliefjlich überrounben, weil bie Erinnerung an bie 3eit
feiner mittelalterlichen Einheit unb bie ©efmfucrjt nach
ihrer Erneuerung immerbar lebenbig blieb.
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Bterfer Zeitraum
1273 bia 1517
Mt Bilirung tftx grüßen Qzxtitotim
mtir tfit 1|öf|B ter JJäirtirrfjBtt Ißadif
1273 bt0 1389
'fllV* neue ^eriobe begann unter bem 3 e ^ cn oe * ^ c l J ra! Jf t r
fd)ärfften ftänbifd)en ©egenfäfce. gürftentum unb 101 v ° l
niebrer 2Ibel, Bürgertum unb Bauerntum rangen miteim
anber um bie größtmögliche greifceit ihrer ©önberinter-
effen, unb ba§ Königtum, feiner alten ©runblagen faft
gänzlich beraubt oermochte fte nicht ju jügeln, gefchroeige
fte $ur gemeinfamen Arbeit in ben formen einer 9teich§ ;
nertretung 5ufammen$ufaffen, roie e§ bamal§ in g-ranf=
reich, (£nglanb, ©panien gelang; ja e§ fonnte ftd) felbft
nur behaupten, wenn e§ über ein große§ lanbe§fürft=
lid)e§ Territorium oerfügte. ®in foldjeS ju erwerben
ober ju oergrößern rourbe baher bie Hauptaufgabe
jebe§ $önig§. $)a aber banf ber 2Bat)lmonarcf)ie bie
SKeidjSfrone fortioä^renb oon einem ©ef djledjt §um
anbern überging, fo fam eine folcrje ©chöpfung bem
Königtum al§ folgern faft nie ju gute, unb faft jeber
mußte oon vom anfangen, darüber ging bie alte
£errfdjaft über Italien un b SBurgunb bi§ auf einige
fechte unb Erinnerungen oerloren, unb im SBeften ftieg
ba3 lange jerriffene unb ohnmächtige fjranfreich
ju immer fefterer Einheit unb Sftacht empor. $>a*
2)cr SOßerbegang be§ beulen JöolfcS I IG
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242
$>ie lanbeSfürftlüMtftbtifd&e Seit
gegen gelangte im Horben unb Dften bie Übermalt
ber beutfdjjen Kultur erft jetjt ju uofler Entfaltung.
$enn ber beutfdje Horben ging jettf mef)r al§ je feine
eignen Söege, faft ofme 3ufammenf)ang mit bem &aifer=
tum, ba§ für immer in bie £änbe füb* ober roeft*
beutfd)er ©efd)tecf)ter geriet, unb in Keinen Greifen, im
lanbe§fürftlicf)en Territorium roie oor aflem in ben ju
faft republtfanifdjer ©elbftänbigfeit unb juerft ju einer
mobernen SBerroaltung auffteigenben ©tabtgemeinben
entroicfelte bie Nation eine erftaunltdje SebenSfraft.
Eine großartige Entfaltung oon ©anbei unb ©eroerbe,
von Shtnft unb öitteratur, t>on SBtffenfdjaft unb Unter*
rid)t ooHjog fich bamalS, unb groar oorroiegenb in ben
Sflauem ber Stäbte. £)enn bie roirtfd)aftlid)e unb
geiftige Rührung ber Nation ging jefct auf ba§ 93ürger=
tum über, unb in manchen Teilen 3)eutfd)lanb§ roar
biefe§ jeitroetlig nafye baran, aud) ben politifdjen Vorrang
ju geroinnen. 3)ie ganje 3ufunft $)eutfd)lanb§ beruhte
barauf, baß biefer ßampf ju gunften be§ $ürftentum§
entf Rieben unb bamit ber monard)tfd)e Etjarafter be§
i*anbe§ geroa^rt rourbe.
Statt Trotj a0e3 <5onbertum§ trat bocl), oiefleicfjt gerabe
L infolge be§ ^nterregnumg, ba§ feit bem Ausgange
3rriebrtd)3 II. t^atfäc^lidc) beftanb, nad) bem Tobe
fötcfjarbS oon (£ornroaHi§ am 2. Slprit 1273 ba§ 93ebürf*
ni§ nad) einer teitenben ©eroalt ftarf Ijeroor, nid)t nur
bei ben fleinern freien |>erren unb ©täbten be3 SÖeftenS,
fonbern aud) bei bem neugeroäfjlten Zapfte ©regor X.,
bem bie auf ^ranfretd) geftü^ten 9lnjou3 in Neapel
oiel gefährlicher roaren, at§ jemals ba§ beutfc^-ftatlifc^c
SRetd) ber töttirf) gefaßten ©taufer. 3a ©regor X
empfanb bie ^otroenbigfeit eine§ beutfdjen Königtums
fo lebhaft, baß er $ur 2Ba§l mit ber (£rftärung auf*
forberte, er roerbe fonft fetbft mit ben Storbtnälen ben
$eutfd)en einen ßöntg fefcen! <So oerftänbigten fid)
junäd^ft ber @rabifct)of ferner oon 9Jlainj unb ber
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3>te »Übung ber großen Sertitotien 243
energifcbe ^faljgraf £>er$og Subnrig oon Dberbanern,
bann bic übrigen $urfürften mit 3lu§nahme Dttofar§ IL
von Böhmen, ben fic au§fct)loffen, unb erhoben auf ben
SBorfchlag be§ Burggrafen fjriebrid^ von Dürnberg au§
bem §aufe £ohen$olIern am 29. September 1273 in
2J2atnj ben ©rafen SRubolf oon Sababurg, einen alten
Parteigänger ber §ohenftaufen, jum ®önig. Unter
auf nötigem 3ubel von taufenben empfing er am
24. Oftober in Slawen bie ßrone.
SRubolf I. (1273 big 1291) gehörte flroar nicht bem 3W<
ftürftenftanbe in bem neuern ©inne an, wohl aber 9 * 11 * 01 **
einem ber mächtigften (Srafengefchlechter ©chroaben§,
ba§, feit bem geinten ^abr^unbert befannt, feit
bem elften oon ber £>ab§burg (£>abicbt§burg) im
Slargau au§ allmählich bie ©raffdjaften im Oberelfa&,
3ürid)gau unb Slargau mit mannigfachem (£igen= unb
Pfanbbeftfc erroorben hatte. ©d)on in reiferm Hilter
(geboren 1218), erfolgreich in ber Vermehrung be§ 1232
geteilten §au§befifceg, befonberS burch bie Erwerbung
ber ßiburgifchen ©üter au§ bem förbe feiner 2Kutter
£eilnMg, galt föubolf mit SRed)t als tapfrer, Iiftenreid)er,
unermübltcher $rteg§mann unb al§ ein nüchterner,
jäher ^olitüer. £$n feinem Auftreten oon bürgerlicher
Schlichtheit, mar er ben ritterlichen glänjenben ©taufen
äu&erlidj unb innerlich fo unähnlich wie möglich- 28a§
bem deiche an ©ütern unb fechten geblieben mar,
fparfam unb bebächtig aufammenjufaffen, eine leibliche
Drbnung h^ufteCTen unb eine ftarfe §au§macf)t $u
begrünben, rooju er mit Umficht unb ©efehief oor
allem gamilienoerbinbungen oermanbte, ba§ maren
feine 3iele. $aher gab Ohtbolf junächft ben Kurfürften
einen oerfaffungSmäfngen Slnteil an ber SHeichSoer*
maltung, inbem er fich oerpflichtete, ohne ihre „Söifle*
brtefe" feine finanziellen Verfügungen au treffen. £)en
Sßapft geroann er burch Betätigung ber frühern 3u*
geftänbniffe unb bie 2lu§ficf)t auf einen ^reu^ug, unb
16*
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244 lanbe§fürftttcf)'ftäbtifd&e 3eit
für bic SReorgamfation be§ SKeid)3 gab ber 93efd)(ufj
be§ SRetd)3tag§ r»on Dürnberg 1274, alle feit 1245 r>er*
lornen 9*eid)§güter unb afle 9tetd)§Ief)en, für bie ifpre
Snljaber nicr)t binnen 3a!)r unb $ag bie Belebung
nactjfudjten, aurücfjuf orbern, bie recfjtlicfje ©runblage.
3aii @§ mar ber erfte ©treid) gegen Dttofar oon 93öl)men.
0t u?r rt 3«9^tcJ) ifotierte Ohtbolf ben mächtigen SSönig plan*
Cftcrvci^ mäjjig, inbem er bie beutfd)en 93ifd)öfe burd) 93e*
ftätigung tfjrer ^rtoilegten r»on 1220 gu fxc^ l)erüber$og,
m toxm* mlt ben Mnfäen SMfäöfen nähere Skrbinbungen
anfnüpfte, enbltd) §einrid) oon S^teberbanern unb
äfleinfjarb t>on Strol (burd) bie SBermctfylung mit feiner
£ocf)ter ©lifabetf)) für ftd) gewann, darauf ©erhängte
er am 24. 3utt 1276 bie 9tetd)§ad)t über Dttofar, ba
biefer feiner Borlabung gefolgt mar, unb rücfte in
M
Dfterreicf) ein. $)a nun gleidjjetttg 2Reinf)arb oon
$irol in ©teiermarf erfcfjien, unb l)ier nrie in Böhmen ber
böfmtifdje 5lbel, gereijt burd) feine beutfd)= unb bürgere
freunblidje Berroaltung, ftd) gegen Dttofar erflarte, fo
blieb biefem nichts übrig, al§ im Rieben oon SBien am
21. Sftot)ember 1276 Dfterreicf), ©teiermarf, keimten unb
®rain f)erau§jugeben unb für Böhmen unb SHäfyren bem
8önig SRubolf pcrfönlidt) ju fmtbigen. 5luf§ tieffte ge-
fränft, arbeitete Ottofar jebodt) fofort an ber SBteber*
fjerftetlung feiner 2Hacf)t, 50g Branbenburg, SRei&en,
bie fcf)lefifcf)en ©erlöge unb fogar £>einrid) oon lieber-
banern auf feine ©eite unb fefjrte, um feinen tfdjednfdjen
91bel an fief) $u feffeln, in fdproffem 2öiberfprud)e mi|
fetner ganzen bisherigen ^olitif, befliffen ben flanrifcrjen
©tanbpunft f)ert>or. 2Iber ftubolf fieberte fidt) bie ^>i(fc
Ungarn^ burd) bie Bermäfjlung feiner $od)ter Siemen ttne
mit^Önig^nbreaS unberfcrjien, roäbrenb Dttofar f oftbare
3eit mit ber Belagerung nieberöfterreid)ifcf)er ©renj-
plätje oergeubete, in SÖien. $n beffen 9Jäf)e, auf bem
9Jlard)feibe bei $ürrnfrut, fiel am 26. Wuguft 1278 bie
(£ntfd)eibung. 9tad) tapfrer ©egenroe^r mürben bic
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$ie SBtlbung ber großen Serriiorien 245
Vöfymen jerfprengt unb burd) eine fdjarfe Verfolgung
oöüig aufgelöft; Dttofar felbft rourbe im ©etümmel ge*
fangen unb von fteirifdjen Gittern, perfönlidjen ©egnern,
unritterlid) erftoc^en. 3n Vöf)tnen übernahm barauf
Sftarfgraf Otto oon Vranbenburg bie Vormunbfd)aft
für ben minberjäfjrtgen üBenjel, ber gugteid) mit S^ubolfä
$od)ter ©utta verlobt mürbe; Öfierreidj unb ©teier=
mar! aber übertrug JHubolf auf bem SHeid)§tage oon
2Iug§burg im $e$ember 1282 feinen beiben ©ö&nen
2Ubre<$t unb SHubotf ju gefamter $anb, roäfjrenb fein
©djroiegerfofjn 3tteinf)arb oon Sirol Kärnten erhielt»
Stte ^abgburgifc^e £>au3mad)t im folonialen ©üboften
be§ SReid)§ mar gegrünbet.
Von ben (Srgebniffen feiner Regierung blieb bieg atuboifc 1.
ba§ mefentlidje. 2)ie übrigen maren fct>r befdjeiben. ^mr
5)ie beabftdjtigte SBieber^erfteüung be§ $erjogtum§
©djnmben Vetterte an bem SBiberftanbe be§ ©rafen
©bertjarb oon äöürttemberg, fobaf? fid) föubolf bamit
begnügen mufcte, ben £Heft ber $eitf)ggüter (bie meiert
lanboogteien Dber* unb lieber fetyroaben, Ober* unb
■ftieberelfafc, ©peter, Söetterau, SHotfyenburg an ber
Sauber unb Dürnberg) neu ju orbnen unb bie beiben
erften feinem £>aufe $u fidlem. 5)en s $lan, ba§ Äönig*
reict) Vurgunb feinem ©ofme §artmann ju übertragen
unb baburd) mieber enger mit bem SReid^e ju oerbinben,
oereitelte ber j&fce Zoo be3 jungen 9flanne§. 1281 ; nur ben
©rafen ^eter oon ©aoonen nötigte SHubolf burdt) jmei
gelb^üge 1283 unb 1289 §ur §ulbigung. $)enfianbf rieben
ma^rte er fräftig, fo meit feine Littel reichten, and)
buret) perfönlidjeS eingreifen, befonberS in Springen
1289/90, roo bie 3ramiltenf)änbel be§ £aufe£ Söettin
alle§ in railbe Sluflöfung oerfetjt Ratten. $)ie dltid)&
ftäbte befyanbelte er lebiglid) al§ ©elbquellen, o^ne in
ein fefteS Verhältnis ju ifmen ju fommen; fte gingen
be§f)alb mefjr unb me^r i^re eignen Sßege. Vor allem
rif? ftd) ^ötn mit £>ilfe VrabantS burd) ben glänäenben
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246
Sie IanbcSfürftltcWtäbtif($e 3*ü
©ieg bei SBorrtngen am 5. !guni 1288 oon feinem @r^
btfdjof ©tegfrieb oon Söefterburg, ber in bem ©rbftreite
um ba§ £>er$ogtum Simburg jtoifäen SHainalb oon
©elbern unb Slbolf oon 93erg auf ber ©eite ©elbern§
ftanb, mit bergifdjer §ilfe oöfltg lo§, ofme ba& SRubolf
in biefe Söirren eingegriffen fyätte. 5luf einem 3^9* $ur
©idjerung be§ Sanbfrteben§ ift ber greife ßönig am
15. 3uni 1291 in ber 9täf)e oon ©peier oerfdjteben.
«Mm 2U3balb jeigte ftd)g, bafc e3 ben fturfürften nid)t
mau | 0 fe ^ r um bic ^väftigung be§ Königtums, aß auf bie
©noeiterung fürftlidjer ©elbftänbigfeit anfam. $)enn
bie rf)einifd)en (£rjbifd)öfe im $unbe mit SBenjel II.
von «öfcmen erhoben nid)t etwa SRubolf§ älteften ©o&n,
2llbrecf)t, ben mächtigen §er$og r»on Dfterretd), fonbern
ben mad)tlof en ©rafen 21 b o I f von SKaffau (1292 bi§ 1298),
einen $8ertoanbten ©erfjarbS oon SHainj, ber obenbrein
biefe 2öaf)l burd) grofje 3ug*fiänbmffe an bie rf)einifcrjen
($rjbtfd)öfe (^erpfänbung oon SReid)3einfünften unb
anbern £of)eit§red)ten) erlaufen rnufete. Söoflte er
nid)t tf>r nrillenlofeS SBerfgeug bleiben, fo mu&te er
anbre ©tüfcen fudjen, oor allem fid) eine eigne £>au§?
mad)t f Raffen. Qene glaubte er befonberS in ben freien
Herren unb ©rafen ©cfjtoaben§ ju finben, bie er reid)*
lid) mit Vergabungen unb <ßriotlegten au§ftattete, biefe
erioarb er fidt) toirfltd), inbem er ben ßampf 2llbrecr)t§
oon Düringen mit feinen betben ©ö&nen Qrriebricr)
bem fjretbigen „mit ber gebiffenen 2Bange" unb 3)ie$=
mann um 2Jteif$en, ba§ Ghrbe §etnrid)§ be3 ©rlaudjten
(geftorben 1288), bemtfcte, um Düringen um 12000
3flarf ©ilber ju erlaufen, 9Jlei&en als erlebigte? <Reid)3=
letyen einjujieljen unb 1296 mit bewaffneter £anb in
Söefi^ ju nehmen. $)en 9Jtod)tbeftrebungen ber $ab§=
burger trat $lbolf an einer entfcfyetbenben ©teöe ent*
gegen, inbem er 1297 ben «unb ber brei 2Balbftätte
Uri, ©d)iot)a unb Untermalben oon 1291 jur SBefyaup*
tung i^rer $Heid)§unmittelbarfeit betätigte. 2)enn in
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Ȇbung ber grofeen Territorien
247
biefcn teilen be§ $()urgau§ befafjen von altert fyer bie
$ab§burger entroeber bie ©raffdjaft ober (in Unters
roalben) bie SBogtei ber bort gebietenben geiftUcrjen
Stifter, bie dauern fdjaften aber fjatten in'Urifc^on 1231,
in ©cfyronj 1240 burdjgefetjt, baf? ein erroä<er ßanbam*
mann unmittelbar im tarnen be3 SReid)§ bie ©ertd)t3=
barfeit übte, unb Unterroalben ftrebte nad) bemf elben QkU,
tt>äf)renb bie £ab§burger bie SöieberfjerfteHung tyrer
alten Diente al§ ©runblage einer 8anbe3f)oI)ett im $(uge
fyatten. 5lu§ biefen ©egenfätyen entmicfelte ftd) natura
notroenbig ber offne ®ampf jnrifdjen ®öntg 9Ibolf unb
feinen fürftlidjen Sägern, ©erwarb von attatnj.oer*
bünbetc ftd) mit 93öljmen, SBranbenburg, <Sad)fen unb
2übred)t von Dfterreidj sunt ©turje be§ ftömg§ unb
rief ben £ab3burger nacrj'bem obern Steine. Stadlern
bie $8erfd)tt)omen*in ganj redjUofer 2öcife am 23. Quni
1298 bie (Smtfe^ung $Ibolf3 auSgefprocrjen Ratten, fudijte
biefer nad) feiner tapfern Söetfe bie rafc^e (Sntfdjeibung
burd) ba§ ©crjroert unb ftarb bei ©öüfjetm am 3)onner§*
berge unweit von 2öorm§ am Reiften 2. gult 1298
einen efyrlicfyen SKeitertob.
$)ie ßrone gehörte bem «Sieger, 5übrecf)t 1.(1298 mnedn
bis 1308), bem fie bie 2Baf)Ifürften fd)on am 28. 3ult
nod) formen übertrugen. ©etyr balb fafjen fie, baf*
md)t 2lbolf, fonbern fie felber bie ©efdjlagnen feien.
3)enn §um erftenmale oerbanb ftd) bie 9ieurj§frone mit
einem ber ntädjttgften Jürftentümer be§ folonialen
DftenS, unb fie rut)te^ubem auf bem Raupte eine3
garten, entfd)loffenen, Jjerrfd&genmlttgen unb [)ody
ftrebenben 2Kamte§. $a 9ltbred)t bie ©efinnung ber
geiftltcr)ett ^urfürften au§ eigner ©rfafjrung fannte, fo
nafym er itynen|ben geroöfynten dlüdfyalt burd) ein enge§
(£tnoernef)men mit Wlipp iv.'bem ©cfcönen von ftxanh
reid), ba§ er burd) bie Verlobung feineS ©otme§ s Jiubolf
mit <P*)iIipp§ <Sd)tt>efter Planta 1299 nod)tnet)r befeftigte,
unb fjob bann 130J auf ©runb be§ s J*eid)£gefe£e3 oon
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248
2>ie Iaitbes>fürfttid)»ftäbtif($e 3«*
1274 alle feit 1245 roiUfürlid) neu errichteten 3 oll;
ftätten am Cheine auf. 2U§ ftd) bagegen bie rheinifchen
fturfürften auflehnten, n)arf er fie mit §ilfe ber ©täbte
1301,2 furjerhanb nieber. dagegen mar e§ felbft biefer
fraftooüen unb felbftbemu&ten Regierung nicht möglich,
fid) ben päpftlichen 9Jiad)tanfprüd)en ju entziehen. £>atte
Qnnocenj IV. feine Roheit burct) bie (Sntfetjung ^aifer
grriebrid)3 II. ernriefen, fo lehrte jetjt Bonifatius VIII.,
baft ba§ geiftliche wie ba§ weltliche ©chmert beim
heiligen ^ßetruS fei unb fein ©teCtoertreter baS Diecrjt
habe, Könige ein* unb ab$ufetjen, unb ba Wibrecht bie
Station noch nid^t hinter fich h^tte, fo mufcte er 1303
ben ungeheuerlichen ®a(3 anerfennen, bafj ba§ beutfche
Königtum unb baS 2öal)Ired)t ber ^urfürften auf päpft*
licher Verleihung beruhten. $ie päpftiid)e Xheo!ratie
fchien ooflenbet.
£aö<pawt; 2>od) fie ftanb trotj allebem auf thönernen f£üf?en.
fmntfl @eit bcm ÄttSgange beS ftaufifchen ^aifertumS ftüfcte
Mec fich ba£ s £apfttum roef entlich auf frranf reich, &ie wich*
* ailb tigfte «Pflegftätte ber ©cholaftif, bie bie ^irdjenlehre
mit logifchen 93emeiggrünben n>ie mit einem unae*
heuern ©erüft umgab, unb bie |>etmat be£ £>aufe£
$lnjou, baS bie ftaufifche (£rbfchaft in ©ijilien übernom*
men h^tte. 2lber bxeS rcurbe gelähmt burch bit furcht^
bare fijiltfche Befper Dftern 1282, bie an bie ©teile ber
fransöfifchen ©errfcrjaft auf ber ^nfel eine ghibeflinifch-
aragoneftfdje, alfo papftfeinbliche fefcte, unb in granf;
reid) felbft ftrebte baS Königtum ber ^apetinger, geftütjt
auf bie Nation, nach ber oollen Souveränität über
baS ganje 2anb. $en ßonfltf t, in ben beShalb ^t>üipp IV.
ber ©d)öne, ein fühler Rechner, mit Bonifatius VIII.
geriet, beenbete ber ®önig burch einen ©eroaltftreid), bie
©efangennahme be§ greifen ^apfteS in $lnagnil303, unb
inbem er bann 1305 burd) bie franjöfifchen Äarbinäle
einen ftranjofen, (Siemens V., auf ben päpftlichen ©tuhl
erheben lief*, ber in 3loignon feinen Sifc nahm, brürfte
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2>ie »ilbung ber gro&cn lenitortm 249
et bciS weltbeherrfchenbe ^ßapfttum ju einem Serfjeuge
ber immer füfmer au§greifenben fapetingifdjen ^olitif
herab, fortan mufjte $)eutfcr)lanb, wollte e£ fict)
fran$öfifcf)er Übergriffe entwehren, auch ba§ ^ßapfttum
betampfen. (£3 mar eine burdjauS neue Sage.
Um fo notroenbiger mar ber Ausbau beS &önig=
tum3 $u einer atle3 überragenben Serritortalgeroalt, vtibrcctit^
unb mit gutem ©rfolge ging 5Ilbred)t baran. Qmax
ber ^erfuct), £>ot!anb, ©eelanb unb JrieSIanb nach
bem £obe be§ ©rafen $obann 1300 als erlebigte
s Jieicf)3lehen einziehen, mar an bem Söiberftreben
3rranfretch§ gef Deitert. Keffer glücfte e3 in Lohmen.
$>ier ^atte $öntg Söenjel II. 1304 auch bie polnifche
ftrone erroorben unb nad) bem Slusfterben be§ un*
garifdjen 3lrpabenhaufe§ mit 2lnbrea§ III. 1301 feinen
äiüölfjctyrigen Sohn S&enjel (III.) alg «ertobten
©UfabethS, ber Softer be§ legten ftömgS, 1302 $um
$Önig r>on Ungarn wählen laffen gegenüber ben $(n*
fprüchen ®arl Roberts von Neapel, be§ (5nfe(g
ber Sftaria oon Ungarn, ber <5d)it>efter £abi§lau§ IV.
(Gegenüber biefer höchft gefährlichen flamifch^ungarifchen
2Jiad)tbilbung ber ^ßrfchemnSliben begünftigte Wibrecht
in Ungarn bie $lnfprücf)e ftarl Roberts, ber fie nact)
bem plötzlichen $obe 2öen$elS II. im Quni 1305 wirf-
licr) bürdete, unb übertrug, al§ mit SöenjelS III;
©rmorbung im $luguft 1306 ber 2flanne3ftamm auch
ber $rfd)emt)3liben erlofd), 93öhmen alg erlebigteg
5Reid)3tel)en im Januar 1307 feinem ©ohne SRubolf.
Unb ferjon fyattt er feine Söögte nach 2fleifjen unb
Thüringen gefanbt. ©ebietenb umfpannte bie t)<xb&
burgifd)e OJlafy im Often unb ©übroeften ba3 föeich.
SIber noch im $af)re 1307 fet)rte Biebrich ber eppofition
greibige in feine §etmat jurücf, roarf bie föniglichen subrcät;
93ögte burch ben ©ieg bei ßuefa unmeit Ottenburg am * cm 200
31. ÜJiai 1307 au§ 3tteiften, geroann 1308 auch Thüringen
unb ba§ s $lei&erlanb feinem £>aufe jurücf. Sftur bie
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250
S)U lanbcSfürftlicMtQbtifäe 3"t
(lieber-) Sauftt>, bie 5)ie$mann 1304 an SBranbenburg
oeräujjert t)atte, blieb oerloren. 3 um Unglücf für
9llbred)t ftarb nun aud) SRubolf oon Sööfjmen fct)on am
3. 3uli 1307, unb gu feinem $ftad)folger würbe oom
2ibel ^einrieb, oon Kärnten, ein 6d) wager 2öen$elS III.,
ber frühere Sftitbewerber föubolfS, gewählt. £)aju fam
bie wacfjfenbe Dppofition ber geiftlidjjen ^urfürften.
2)a würbe Wibrecht mitten in ben Lüftungen auf $ln-
ftiften feines unjufriebnen Neffen unb 2MnbelS Sodann
oon (Schwaben (^ßarriciba) am 1. 3T2ai 1308 an ber SHeufj
im s 2lngeftcf)te ber £>abSburg rucrjloS ermorbet. fjfür tnefyr
als ein Safjrfyunbert entglitt bamit bie 9*eicf)Sfrone
ben §abSburgern, unb eine cjoffnungSoofle 2ftacf)tbilbung
würbe abermal§ abgebrochen,
.^cinricf) $)enn bie fturfürften, bie rr)einifc^cn unter bem
unb bie jugenblid)en ($r$bifcrjof 93albuin von $rier ooran,
lucSm tt)0 ^^ cn 5 lüar oon Dex ^Bewerbung ®arlS r»on SOaloiS,
52 beS «ruberS s £f)ilippS IV., nichts wiffen, entf Rieben
ftd) aber aucf) nidjt für ben £abSburger ftriebrid),
2Ilbred)t§ I. ©oljn, fonbem für ben Ijalb franjöfifctjen
unb in ftranfreid) erlognen ©rafen §einrict> oon
öuyemburg (fiütjelburg), ben Söruber SSalbuinS, beffen
£>auS feit 1214 bieS nodj wenig entmicfelte, $um Seil
wadonifcrje SBerglanb befafc. 2lm 27. STCooember 1308
'formell gemäht ging ©einriß VII. (1308-1313), im
$eme feines 2öefenS unb in feinem $ufjern eine ganj
gcrmanifcfje Statur, fofort auf bie Erwerbung einer
ftarfen |>auSmacf)t im folonialen Dften auS unb fetjte
ofme befonbre ®d)wierigfetten, ba geinrid) oon Barnten
fidt) oöHig unfähig geigte, bie Verlobung feines ©of>neS
3>o^ann mit SöenjelS II. jüngrer Xodjter (Sltfabetl) unb
bie Übertragung ©öbmenS an ir)n burcr> (10. 5luguft
1310). 2lm 7. JJebruar 1311 empfing Sodann oon
9tömcr= fiuyemburg in ^rag bie ßrone ber ^rföemnSliben.
$ebnU £ cinri *3 ibealifttfdjer Sinn ftanb naa)
vii. fyöfyxn fielen. $aS ^aifertum wollte er erneuern,
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®ie ©Übung bcr großen lemtortcn
251
unb nirgenbä trmrbe bie§ SBorfjaben mit fyeifjerm
SBunfcrje begrübt al§ in Italien, roo fett bem $aüe
ber £>ol)enftaufen bie betbcn Parteien bet franjöfifd)*
päpftlicf^cn ©uelfen unb bcr faiferlid) geftnnten ©f)ibetH<
ncn ftd) im enblofcn erbitterten fingen betampften unb
fid) in jeber ©tabt bie örtlichen ©egenfätje mit biefen
prinzipiellen verflochten. 3n 2Bieberf)erfteHung
ber „SHonarcrjie" burd) einen ftremben fat> StalienS
größter £)id)ter, ber Florentiner $ante 2Uigf)ieri, bie
Rettung feiner jerriffenen Nation, unb mirflicf) backte
x\)x ©einrid) VII. ben ^rieben $u bringen, benn er
tarn nid)t al§ ^ßarteifjaupt, fonbern al§ 8önig. 9tur
war ba§u bie 9flad)t, bie er @nbe be§ 3a^re§ 1310 über
ben 9Hont (EeniS r)inunterfüfjrte, 4000 Pannen (etroa
20000 9flann), bei roeitem ju fd)n>ad). ©o empfing er
jroar am 6. Januar 1311 in 9ftailanb unter lautem
Qubel ber ßombarben bie eiferne ftrone; aber bei ber
©cr)tt>äcrje feiner 3JHttel fat> er fid) balb gezwungen,
ftd) auf bie ©fjtbeOtnen ju ftüfcen, unb erregte baburd)
bie Erbitterung ber ©uelfen, bie ifyren ftarfften $8er*
treter in Robert uon Neapel fanben. £rot>bem gelang
e§ £>einrtd) nad) fyartnäcfigen kämpfen mit 2ftailanb,
(Sremona unb 93re3cta, einen £eil 9iom3 ju befe^en
unb fid) am 29. Sunt 1312 im Sateran frönen §u
laffen, ja er roagte e£, SHobert non Neapel ju ächten
unb bie fcr;ieb3ricr)terlid)en Slnfprüdje be§ ^apfte§ JU*
rücf juroeifen ; ba raffte it)n am 24. 9luguft 1313 gu
93uoncont>ento bei ©iena ein früfjer %ob fjinroeg. 3m
ftxüen maleriföen (Sampofanto be§ treuen ^ifa nmrbe
er beftattet. ©ein SRömerjug, ber lefcte in alter Seife,
entfdjieb für Statten ba3 Übergeuridjt Roberts non
Neapel unb bie ©elbftänbigfeit ber italienifdjen ©tabt*
ftaaten, bie, um für) au§ ben enblofen roütenben dampfen
tfjrer Parteien $u retten, mefjr unb mefjr ju einer Xomu
bemofratifc^en SrjranniS (Signoria) übergingen. mf}\ unb
Srur $)eutfd)lanb t)attc §einrid) VII. ben $ualt§= ajf
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252
Sie lanbeSftirftlidWtäbtifd&e Seit
mu§ bcr Sujemburger unb ber £ab§burger begrün*
bet, ber fettbem für mehr als ein Sahrhunbert bie
beutfd^e ^olittf beftimmte, faft rote einft ber ©egenfafc
ber Söelfen unb £>of)enftaufen. 2)enn obroohl bie
Sujcemburger in bem noch untnünbigen Johann tum
Söhnten feinen geeigneten £f)ronbetüerber aufftellen
tonnten, fo ftimmte ihre Partei (9flain$, &tier, ©ran*
benburg, ©ac^fen- Sauenburg) nicht für ben unbebeu*
tenben JJriebricf) von Öfterreich, fonbern erhob am
20. Df tober 1314 einen 2Stttel§bacher, Cubroig oonDber*
banern, pm ftöntg, einen ftattlichen, jugenbltchen £errn
con Ieutfelig milber 5Irt, ber mit einer geroiffen berechnen«
ben Klugheit ritterliche £apferfeit oerbanb unb foeben
in einer gamilienfehbe burch feinen ©ieg bei ©ammcl^
borf unweit 9ftoo3burg am 9. STCooember 1313 über
griebrid) oon Dfterreich glänaenben ftrtegäruhm ge*
roonnen hatte, übrigens burch feine ÜWutter SJiec^t^ilb
ein @nfel SRubolfS I. fo gut nrie fjriebrtcr) unb mit biefem
juoor eng befreunbet war. S)ie ©adje ber §ab§burger
führte nun weniger fjriebrid) (ber ©chöne) al§ fein
ritterlicher «ruber Seopolb. Qnbe§ fie erlitt gleich
anfangt einen ferneren @d)lag buref) CeopolbS blutige
9tieberlage am Sftorgarten 15. Sftooember 1315, wo
bie fcfjioerfällige fd)ir>äbifcf)e föttterfchaft bem Aufgebote
ber ©ibgenoffen erlag. 2)iefe erneuerten barauf am
9. 3)eäember ihren S3unb (oon 1291) in Brunnen unb
fanben bafür 1310 natürlich bie 3lnerfennung ftönig
£ubtotg§. gm übrigen ©übbeutfchlanb bauerte ber
ftampf ohne burchfchlagenbe (Erfolge fort, bi§ enblich
griebrich bei einem ©inbrud) in 93anern, ber bie (§n\U
fcheibung gu feinen ©unften bringen follte, in ber
(Schlacht bei 2flühlborf unb Empfing am 3nn am
28. September 1322 feinem banrifchen ©egner oöüig
erlag unb fogar in beffen §änbe fiel.
mit'bcm 2)0 trat nUTl abCt ^ aP ^ 3°^ ann XXI1 - mit oen
Äfttum ungeheuerlichften $lnfprüd)en heroor. ßraft feinet ober-
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£ic SBilbung ber großen Itiritorien
253
herrlichen $Hed)t§ ^attc er fdjon 1317, ba ba§ 8aifer*
tum erlebtgt mar, bie fteEfoertretenbe fHcic^^gcroaCt an
fid) genommen, Diobert von Neapel ^um s Jteic^§mfar
ernannt unb bie (Sntfcfjeibung be3 beutfehen %b,Ton*
ftreitä beanfprucfjt. (£§ fam jum offnen 93rud), al§
Submig nach bem Siege oon äftühlborf bie SBiSconti
von 3Jcaüanb, benen ^einrief) VII. ba§ föeich&rifariat
in Statten übertragen Ijatte, mit beutfehen ©treitträften
unterftü^te unb einen beutfehen Stüter, S8ertt)oIb von
Reifen, als feinen ©eneraloifar nach Stalten fanbte.
9hmmet)r forberte Johann XXII. ben ®önig am 8. OU
tober 1323 auf, bei ©träfe be§ 93anne§ binnen brei
Sttonaten fein Regiment nieberjulegen, ba er bie päpft*
liehe SBeftätigung nicht nachgefucr)t ^abe. Unb ba £ub*
roig bie§ Verlangen nicht erfüllte, trielmehr ben fd)ieb§=
richterlichen Anfprud) be§ ^ßapfte§ mit Berufung auf
ba§ Steider ed)t jurütf nrieg, fo verhängte biefer am
23. 3Jcär$ 1824 ben SBann unb ba§ gnterbift. ßubraig
aber roieberholte in ber Appellation nonSachfenhaufen
(22. 2flai 1324) nicht nur feine frühem (Srttärungen,
fonbern berichtigte ben ^ßapft, ba er bie £ef)re oon
ber Armut (Stjrifti unb ber Apoftet oerbammt t)abe,
gerabeju ber Stefcerei.
$enn er ftüfcte ftch bereite auf eine mächtige 95e* g*S&
roegung gegen bie papftlicrje Sttjeofratie in ber Kirche 0mm ° }
felbft. ©te ging au§ r»on einer Dichtung innerhalb
be§ 5ran^i§fanerorben§, ben €>piritualen (^raticeden)
unb fanb ihren fchärfften litterarifcr)en Verfechter in
bem englifchen ftranjiSfanerpromnaial Söilhelm oon
Occam, ber bem ^apfttume ben göttlichen Urfprung,
ber 8ird)e jebe§ 9iect)t auf weltliche ©eroalt abfprach;
ihren beften 93unbe§genoffen aber hatte fte in bem 2Öelt*
geiftlid)en ÜJlarfiliuS oon Sßabua. tiefer lehrte in feinem
berühmten Defensor pacis (1326) unter bem ©influffe
be§ AriftoteleS bie ©elbftänbigfeit ber auf 2öat)l be§
SBolfS beruhenben (Staatsgewalt, fprach ben ^rieftern
254
Sie lanbeäfürftlidWtäbtiföe 3eit
grunbfäfcltd) jebe roelttidje ©etualt ab, faf) bic t)öd)fte
SStrdjengeroalt in bcn ftonjUien, unb im ^apfte nur
beren ©efd)äft§füfn;er in ber 3 ro U4 en 8^-
Subroifl in <£in lüfyner 9tabifali§mu8 trat bcm ^apfttume auf
3totten ^ffen e jg ncm g3 0 bcn entgegen, bod) er tonnte nur
bann fiegen, roenntym eine mächtige nationale 93eroegung
au §tlfe tarn, Saju war in ber ©tunmung ber
fübbeutfdjen *8ürgerfd)aften aüerbütg§ ein Anfang oor=
fyanben, aber junädjft benutzte £eopolb r»on Dfterretd)
ben ^onflift 8ubn>ig§ mit bem ^ßapfttume, um iljm in
ber ^ßerfon ®arl§ IV. t»on ftranfreid) roomöglid) einen
neuen ©egenfönig ju erroeefen. ®ie§ trieb ßubmig $u
einer frieblidjen SBerftänbigung mit feinem ©efangnen
ftriebrid) im £rau§nttjer Vertrage oom 5. ©eptember
1325, in bem er tf)m bic t>oHe 9Jtttregentfd}aft einräumte.
25a furj barnad), am 28. Februar 1326, fieopolb, ba§
§aupt ber IjabSburgtfdjen Partei, ftarb, fo mar ber
fd)on erlöfdjenbe beutfd&e SBürgerfrteg beenbet, unb
£ubroig fonnte baran beuten, auf ttalienifdjem $8oben
feinen $rin$ipienftreit mit bem ^apfttume auSjU*
fechten. $>ie £>auptoertreter ber fird)lid)en Dppo*
fitton fammelten ftd? an feinem $>ofe, bie frranjtSfaner
prebigten in ben fübbeutfdjen ©täbten eifrig für iljre
©runbfätje unb Subroig§ Sadje, bie ttaltenif d)en ©Ejibel*
linen boten itjm ifjre £>ilfe an. ©o übertritt er, allere
bing§ mit fdjroadjen ©treitfräften, im ffll&T% 1327 ben
SBrenner, ernannte ben ©rafen SÖitfjelm t>on 9Hontfort
jum 9leid)3ftattf)alter in Qtalien unb eilte bann über
Sßifa nad) Diom. ßraft S8olI§befd)luffe§ empfing er
f)ier am 17 Januar 1328 bie ^aiferfrone au§ ben
§änben be§ gf)ibellinifd)en $8olf31)aupte3 ©ciarra (£o=
lonna unb aroeier gebannter 93ifcpfe, lief* bann am
18. Slpril burd) meru§ unb *8olf t>on JRom Sodann XXII.
aI3 ®efeer unb geinb be§ ftatfertumS abfegen unb am
13. 9Jtai einen ^ranjiSfaner al3 Sftif olau3 V. jum Zapfte
wählen. 9Iber freüidj, M Robert oon Neapel feine
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Sic Sitbutifl bcr qroficn lerrttorien
255
Gruppen gegen SRom oorfdjob unb ber föufer ft$ olm=
mächtig errote§, bie §auptftabt be§ Imperiums ju
fcfyüfcen, muffte er fte mit feinem Zapfte am 4. 9luguft
unter ben ©teinroürfen be8 erbitterten S8oIf§ roieber
räumen unb fonnte bann aud) in Dberitalien fo wenig
93oben geroinnen, bafj er e§ oermutltd) al§ eine ®r*
leicfyterung empfanb, al§ ifyn ber $ob 3rriebrid)§ be§
<§d)önen am 13. Januar 1330 roieber nad) Seutfd)*
Ianb rief.
3)er ^rinjipienfampf roar alfo feine§roeg§ ent= t*r «ur*
Rieben, unb am roenigften $u gunften be§ ßatfer* Senfe
tum§. S)enn nod) immer fehlte biefem bie oolle Unter«
ftüljung ber Nation; ja bie Sujemburger, mit fiubroig
roegen Vereitelung ifnrer $Iu3ftd)ten auf SBranbenburg
oerfeinbet, oerfud^ten fogar, ftd) im (£inoerftänbni§ mit
bem Zapfte unb ftranfretd) in Dberitalien feftjufefcen,
roa§ freiließ ju feinem bauernben (Erfolge führte. 2Benn
aber auf bie beutfcfyen 3# r ft en feto Verrat roar, fo
griff aflmäfylid) in ben fräftig aufblüljenben fübbeut^
fdjen ©täbten ber 3om gegen bie oerrotrrenben 2flad)t*
anfprüdje be§ ^ßapfttumS immer weiter um fid&, unb
inbem Subroig i^ren SBebürfmffen burd) ben ßanbfrieben
oon Ulm am 30. ^tooember 1331 §u £ilfe fam, geroann
er fte met)r unb mefyr für ftd). (£nbli<f), aB aud) 3o*
f)ann§ XXII. milber ^a^folger «enebift XII. (1334
bi§ 1342) bem ftatfer, obroo^l biefer in banger »Sorge
um fein eignes ©eelenbeil auf bie bemütigenbften S8e*
bingungen eingeben roodte, im 3>ntereffe ber fran$ö«
ftfdjen ^ßolitif bie SoSfpredjung oom Sanne abermal§
oerroeigerte, ba madjte ßubroig entfäieben frront gegen
ftranfreid) unb fd)lo& am 23. Quli 1337 ba3 93ünbni§
mit ©broarb III. oon (Snglanb. 3ugleid) traten enb*
lid) bie fturfürften einmütig für tljn gegen bie 9ln=
fprüdje be§ ^ßapfttumg ein. 9*ad) oorbereitenben $8e*
ratungen in Ober «Safmftein fd)loffen fte am 16. ^uli
1338 ben SSuroerein oon JRenfe, ba, roo bie ©ebiete
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256
Xtc IanbeSfürfmtf.ftäbtifd&e 3eit
aller iricr rf)eimfd)en 8urfürften aufammenftte&en. ©tc
erklärten in bcn formen einc§ 2öet§tum3, alfo an
@ibe§ftatt, ba& eine ®önig§roaf)l, bie einftimmig ober
burd) bie 9ftel)rf)eit ber ßurfürften 31t ftanbe gefommen
fei, giltig fei oljne päpftlictje 3uftimmung. 9luf einem
3franffurter 5Keid)§tage im 2luguft würbe bann ergeht*
jenb fefigefteOt, ber geroäfjlte ftönig fei ipso iure fötifer,
feine 2Bürbe ftamme von ©ott, ntdt)t com Zapfte;
jugteid) mürbe ben ©eiftlicfyen bie Söieberaufna^me
ber fird)lid)en ganblungen, bie megen be§ 3nterbift§
oielfad) eingefteflt roorben roaren, bei ©träfe ber 2lmt§*
entfe^ung befohlen. 3 um wften unb jum legten male
ftanb ba§ beutfdje SRetct) vereinigt gegen ba§ ^ßapfttum.
Submtgft 9lber bie perfönltdje innere Unftdjerljeit Öubmig§
mm fteßte balb aüe§ ©emonnene mieber in ftrage. Die 93er*
fölmung mit bem ^apfttume blieb fein fe^nfüc^tigfter
2Bunfd), er bot bafyer nod) bemütigere 3 u 9 c ftönbniffe
al3 1336, unb bod) ofme Erfolg. 2U§ er nun 1344
biefe unrühmlichen Sßerl)anblungen bem $eid)3tage
»orlegte, ftief} feine fd)roäcr;lid)e s J?ad)giebigfeit auf
ben entfd)tebenften 58iberfprud), unb bie Stimmung
begann jid) ntefyr gegen tfm ju roenben, al£ gegen
ben ^ßapft. gugleid) ^ a ^ e f e * ne § a ftig unb raftloS
au§greifenbe §au§poütif 3ar)treidt)e bimafttfdje 3nter=
effen oerletjt. Dafj er bie Canbe ber 9Bittelgbacr)er im
Bauverträge oon ^aoia 1329 jmar nid)t für unteil*
bar, aber bod) für unoeräufeerlid) erflärte, fonnte
aflerbingS ebenfo roenig befremben al3 bie Bereinigung
9cieberbar)ern§ mit Dberbapern 1340 nacr) bem £obe
be§ £>erjog§ §einriä); aber bajj er nadj bem 5lu§fterben
be§ a§fanifd)en §auptftamme8 in 93ranbenburg mit
SBalbemar 1319 bie§ Sanb im 3Jtära 1323 feinem
©ofme ßubrotg übertrug unb 3ol)ann oon ©öfjmen
mit ber Söerpfänbung be§ (£gerlanbe§ abfanb, foftete
ifjm fdjon bie frühere grreunbfdjaft be§ £aufe§ $ujem*
bürg. Die ©ntfrembung ftieg, al§ er trotj ber @f>e
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$ic SHlbung her großen Territorien
257
3fof)ann ©einrieb oon $8öl)men mit Margarete WlauU
tafd), ber (£rbtod)ter £>einrid)§ oon Kärnten, Ärain
unb £irol unb ber ftd) baran fnüpfenben s 2lnfprüd)e
ber Luxemburger nad) bem £obe $erjog £einrid)§
1335 mit Kärnten unb ftrain bic |>ab§burger belehnte,
bem Luxemburger nur $irol überlief 3um offnen
93rud)e führte fcfjlteßlid) bie Serjagung $of)ann $ein*
rid)§ au§ $irol unb bie $ermäl)Iung ber gar nod)
nidjt red)tlid) oon tf>m gefdjiebnen Margarete mit
fiubwig oon SBranbenburg, bem ber $aifer nun 1342
Sirol übertrug. STCod) fpäter oerlefcte biefer anbre @rb-
anfprüdje, al§ er 1345 bie burdj) ben $ob feinet
<Sd)toager§ Söilfyelm IV. erlebigten ©raff haften §ol*
lanb, ©eelanb, ftrieSlanb unb £>ennegau einjog unb
fie für feinen nod) unmünbigen <§olm 2öilf)elm V. oer*
malten lieft.
©o traten bie Luxemburger für 3>of)ann§ älteften Ctijefiunß
@ol)n $arl(IV.) oon 9Häl)ren al§ ^ronbemerber auf. Äar £ 0 J v *'
9lber nur mit einer toaljrljaft fdjamlofen ^rei§gebung 8u JJJ^
aller SReid)§red)te unb Otoid)§befd)lüffe, ja aller alten sW™
SftuljmeStitel er^anbelten fie ftd) oon bem franjöfifdjen
^ßapfttume bie beutfdje Ärone. ®arl IV. oerfpraef)
im $lpril 1346 ju Sloignon bie Slufljebung ber ©efetje
SubroigS, bie Slnerfennung ber päpftltdjen SBcftätt*
gung ' ber ßönig§ioal)l oor ber Krönung, ben $8er*
aic^t be§ !Retd)3 auf Neapel, ©tjtlien, ©arbinien,
©orfica unb ^Jerrara. S)te Dfomfaljrt oerfyiefj er nur
mit päpftlidjer SBeroilligung anzutreten unb in dlom
nur einen £ag ju oerroeilen. Snbem « nun audj bie
^urfürften um große ©ummen erfaufte, mürbe er mit
fed)§ (oon fieben) (Stimmen am 11. 3uli 1346 in Wenfe
gemäht. 5JMt §o!)n begrüßten bie ©täbte biefen
„^ßfaffenföntg," unb ba $öln unb Sladjen i^m bie
%f)oxe fperrten, fo mußte er fid) am 26. Sftooember in
Sonn frönen laffen. 3um ©lücf blieb bem SKeidje
roenigftenS ein langroieriger SBürgerfrieg erfpart, benn
©er SDÖerbegang be8 beutföen JöolfeS I 17
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258 Sic tanbcSfürftlit^.ftäbttf^e 3eit
Subnrig erlag fdjon am 11. Oftober 1347 auf ber 3ag*>
beim Softer ftürftenfelb einem ©chlaganfafle. (£r mar
fein großer Sftann getoefen, aber er hatte, wenngleich
nicht ohne flarfe Scfyroanfungen, bie Nation gegen bie
überfpannten $lnfprüd)e be§ ^ßapfttumS aufammengefaßt
unb bie ©täbte gur Teilnahme an ben SReicf)3gefchäften
herangezogen; er mar oor allem ber lefcte nrirfltch beutfd)
gefinnte ®aifer unb ber erfte, ber feine Urfunben in
beutfcfyer (Sprache ausfertigen liefe, ©eitbem begann fich
ba§ ®aifertum ber Nation allmählich &u entfremben, um
t^r fchließlid) im Sunbe mit bem ^apfttume feinbltcr) ent=
gegenjutreten.
^iifäiific ®arl IV. (1346 bi§ 1373), beffen §au3 bie ge*
' fchmälerte ®rone nun faft ein ^abrhunbert ununter-
brochen trug (geb. 1316), mar ein franjöfifch gebilbeter
|>albflaroe, eine faufmänntfch berectmenbe, nüchterne,
nöfltg fchttmnglofe Statur, eifrig firchlich im äußerlichen
©inne feiner geil, aber ber erfte nrirfltch nriffenfchaft*
lieh gebilbete beutfetje ßönig, in ©ef «haften früh er*
fahren unb roeltfunbig. (£§ rourbe ihm nicht gan$
leicht gemacht, ftch im deiche feft^ufeften, benn mit
§ilfe ber fübbeutfetjen ©täbte, bie in SBünbniffe ju*
fammentraten, fteflten bie 2öittel§bacher am 2. fjebruar
1349 ben ©rafen ©ünther oon <3chroar$burg al§ ©egen=
fönig auf, boch erfranfte biefer balb fchmer unb oer*
Richtete fchon im 5Jcai gegen eine 9lbfinbung§fumme;
am 16. ^uni ftarb er in granffurt a. SR. darauf
ließen ftch bie SBittelSbacher burch bie 93elehnung mit
SBranbenburg, ber (lieber*) Saufttj unb £irol 1350
nerföhnen; bie 2öiberftanb§fraft ber 6täbte aber er*
lahmte oöüig unter ben 9lachnrirfungen fehreef lieber
^ataftrophen. ©eit 1348 hielt ber „fchroarje £ob,"
eine entfetjltche 93eulenpeft, feinen oerheerenben Umjug
burch ©uropa, gumal unter ber bicr)t aneinanberge-
brängten $8er>ölferung ber enggebauten, hochummauers
ten ©täbte. £aufenbe unb abertaufenbe rourben roeg*
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$te «Übung bcr grofeen 2erritorien
259
gerafft, ganje gamilien ftarben au3, unb ber jähe
^3eft^n>ec^fel rij* manche $u finnlofem Sßohlleben hin-
ter Aberglaube ber 3*ü aber fah bie ©chulbigen in
ber reichen Subenfchaft, bie bie Brunnen oergiftet
&abe, unb in erbarmungSlofen SBranb- unb ÜHorbfeenen
entlub ftd) ber lang angefammelte £afj, ein trübeS ®e*
mifch von 9teligionS* unb SRaffenfanattömuS, ©rimm
über $lu§toucherung unb Habgier auf ba3 unfelige *8olf.
2lnbre fahen in beiben (Spibemien, ber feelif d)en unb
ber plmftfchen, b€ti 3<>*n be8 Rimmels unb fugten
ifcn als ©ei&elbrüber („Flagellanten") burch blutige
ßafteiungen ju oerfölmen. Söie füllte in einem folgen
fürchterlich l)eim gefügten, oon ben nuberfprechenbften
Gfcmpfinbungen jerriffenen ©ürgertume ein politifcher
©ebanfe möglich fein!
®o fonnte ßarl IV. ohne Söiberftanb bie SBünb* «u**
niffe ber fübbeutfehen ©täbte auflöfen. Sftur an einer "Jer" 9
©teile blieb ihr Söiberftanb aufrecht. 3m SUpenhoch* ^ tn%
lanbc breitete fich bie junächft rein bäuerliche ©ibge* \im
noffenfehaft ber Söalbftätten burch Slnfchlufc mächtiger
SBürgergemeinben unauf^altfam au8, ber Sanbeg* unb
93ogteigetoalt ber £ab§burger jum £rotj. ©chon 1332
hatte fich bie oierte „2Balbftätte," ba8 IjabSburgtfcfye
ßu$ero, angefchloffen, 1351 folgte 3ürich, um feine
neue bemofratifche SBerfaffung $u fchüfcen, 1352 mit
feiner £Ufe ©laruS, ein SmmunitätSgebiet be§ ßlofterS
©äcftngen, unb 3ug, enblich 1353 bie mächtige SReichS*
ftabt S3ern au§ furcht jugleid) oor ©aoogen unb £>ab§s
bürg. 2113 ein SReich§h«^ 1354 oergeblich oor 3*"^
erfchienen mar, mufjten bie £>ab£burger im ^rieben
oom 25. 3uli 1355 ben auf ihre Soften begrünbeten
3uftanb anerfennen. 3)er „S8unb ber acht (alten)
Orte/' republifanifcher ©täbte unb ßanbgemeinben,
bie burch ben ©egenfafc $um 2r"tftentum jufammen*
gehalten mürben, mar nicht mehr ju erfchüttern. Ä & r w,I*'
21m menigften bachte Sfarl IV. jefct noch baran. pouut
17*
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260
2>te tanbeSffirftlicWtabtifd&e 3«t
$>al SHeicrj gemäfc ben ttjatfäcrjlid) beftefyenben $Berl)ält*
«iffcn notbürftig $u orbnen, bic nodj oorfyanbnen
SKedjte bei Königtum! in £>eutfd)lanb, statten utib
SBurgunb wenigftenl ber ftorm nad) feftju&atten, vox
aflem bie luyemburgifc^c §aulmad)t auszubauen, bal
waren feine $itU. dhc wollte £aifer werben, aber
nur mit päoftlicfyer 3ufttmmung unb oljne friegerifcfje
2lnftrengung; bie romantiferjen ^ßfyantafien bei §uma-
niften Petrarca unb bei „Tribunen" (Sola ba SHienjo,
bie beibe in $om bie £aur»tftabt ber SBclt unb in
ber &atf erfrone eine oom römifdjen SBolfe $u oergebenbe
2öürbefa§en, tagen it)tn unenblid) fern, ©o liefe er ftd) am
4. Januar 1355 in Sftailanb mit ber eifernen $rone,
in 9iom am 5. 9lr»rit mit ber ftaiferfrone fdjmütfen.
S)ie beftefjenben ©ignorien unb SHepublifen erfannte er
überall an, nur ©elbfteuern erl)ob er oon ben Stäbten.
©ein fogenannter j weiter SHömerjug (1367/69) tjatte
nur ben Srved, ben ^ßapft Urban V. nad) Sttom aurürf*
aufüfjren, unb wenig mebr all eine ftormfaerje mar
feine Krönung $um ftönig oon 93urgunb in SlrteS
am 4. ftuni 1365.
3n £eutfd)lanb jog $arl IV. bie Summe ber big*
tyerigen (Sntmicflung mit ber ©olbnen S3uUe, bie auf
ben 9teid)ltagen oon Dürnberg unb Sftefc 1356 feftge*
fteUt rourbe. $>ie ßöniglwaljl follte burd) einfache
2Kef)rf)ett bei fturfürftenfoflegiuml erfolgen, ofcne bafe
babei bei päpftttdjen $8eftättgunglred)tl gebaut rourbe,
bal man bamit ftiQfd)toeigenb für immer beifeite
fd)ob; ftutfürften waren bie brei r§etnifd)en (£rjbifd)öfe
oon SWainj, Srier unb ftöln, ber ftönig oon 93öf)men, ber
^Pfaljgraf bei 9tyetn, ber §er$og oon ®ad)fen<2Bittenberg
unb ber Sftarfgraf oon Söranbenburg, alfo brei geiftlicfje
unb oier weltliche Herren, oon benen btefe jugleicr) bie
alten ©rjämter bei ©cfjenfen, $rud)fefj, 9Jtarfd)all3 unb
ßämmererl bei ber Krönung oerfaben. 3>al Meid)!*
oifariat fjatte bei ©rlebigung bei 2$ronel in ben
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$te 23tlbung ber großen Territorien
261
Sdnbern fächfifchen 9?ed)t3 ber ßurfürft oon ©achfen, in
benen fränftfcfyen unb fd)tt)dbifchen 9*echt3 ber ^Pfaljgraf
führen. 2)urdj ©erodhrung faft unoerfürjter 2anbe§;
hoheit einfdhliefjlid) ber ©remtion ber Surlanbe vom
®önig§gericf)t buref) ba§ Privilegium de non appellando,
ber Unteilbarfeit be§ ^urlanbe§ unb ber SBerftdrfung
be3 SKed)t3fd)ut}e§ für bie ^ßerfon ber Äurfürften gleich
bem be§ ®aifer§ würben bie Shirfürften noch weiter über
bie anbem dürften emporgehoben unb zugleich bem
kolonialen Dften ein ^eroorragenber Anteil an ben
höchften ©efd)dften be§ 9teich3 eingeräumt, um ihn
um fo f efter an ba§ SReid) §u feffeln. dagegen blieb
ben SHetcpftdbten bie Teilnahme am SHeid^tage oer*
fagt, unb inbem ba§ ©efefc ihnen auch noch bie Auf-
nahme oon Pfahlbürgern, foroie ben Slbfdjlufj oon
SBünbniffen au&er jum ©djutje beS SanbfriebenS t>er=
bot, Iiej3 man bie ©elegenbeit, biefe aufblühenben
fraftootlen ©emeinroefen nach bem Söorbtlbe &ranf=
reicht unb ©nglanbä in ein fefteS SBerhciltnte jur
CteichSoerroaltung $u bringen, ungenüfct unb benad)=
teiligte fte unbillig $u gunften ber dürften.
3m 3ntereffe ber Sujemburger mar bie ©olbne $ic
S3uüe befonberS infofern, al§ fie für Böhmen bie ge-
legentlich beftrittene ßurroürbe ftcherte unb fte ben * att * ma * t
#abSburgern trofc ihrer Stacht vorenthielt, unb ftönig
von SBöhmen wollte ftarl IV. in ber %t)at vox allem
fein. Auch ber unftdte 3>o&ann hatte grof$e§ bafür
gethan, benn jwifchen 1327 unb 1339 hatte er bie
meiften ber piaftifchen Herzogtümer, in bie ©chleften
burch fortgefefcte Teilungen verfallen mar, unter bb>
mifche ßehn^hoheit gebracht, fte alfo in eine wenigften3
mittelbare SBerbinbung mit bem beutfehen deiche ge-
fefct, unb 1329 baS Sanb ©örlifc (bie öfttiche Ober*
laufife) auS bem Sftachlaffe ber branbenburgifdjen 9l§=
fanier erworben, ßarl IV. poHenbete bie Erwerbung
©chlefienS burch bie Vermahlung mit Anna, ber ©rbin
262 25" IanbegfüTfttitMtäbttfäe 3ett
von ©cf)tt>etbnifc unb Sauer, 1353 unb bie ©inoerlet*
bung beS ganzen Sanbe§ in bic bö()mifd)e ßrone 1355,
eine rcttenbe 2^at für ba§ fc$lefifcf)e $eutfcf)tum; er
erfaufte 1353 ben größten Seil ber fogenannten Ober*
pfalj (um Ilmberg) oom ^ßfaljgrafen SRupredjt, Iöftc
1364 bic branbenburgifdfje, 1355 an Sftetßen oerpfem-
bete 9Meberlaujtfc für fk& ein unb nötigte enblid)
1373, bie SBerroicftungen im Horben benufcenb, Otto
oon SBranbenburg, ben jüngern ©ofm Submig§ be§
Tawern, auf ©runb eineS f<f)on 1363 iljm unb feinem
Söruber fiubrotg „bem Börner" abgebrungnen ©rboer*
traget ihm bie völlig nerroahrlofte, mit roüften $lbel§*
fefjben erfüllte 9flarf abzutreten. Slber größeres als burd)
fold^e @r Werbungen leiftete ®arl IV. al3 SBerroalter. 3n
Böhmen unbSJtähren fußte er babei auf benDrbnungen
DttofarS II. Sftadjbem bie rechtliche ©onberftellung
ber fttrehe unb ber neuen fömgttdjen (b. h- beutfdjen)
©täbte bie alte tfd)edf)ifcf)e ©hupenoerfaffung aufgelöft
hatte, ftanben t)ter nur noch bie unabhängigen, nicht
lehnSpflichttgen (tfdfjechifchen) ©runbbefttjer unter ben erb*
lieh geroorbnen ^Richtern (©hupanen), in höchfter Snftanj
unter bem „Sanbrecht" unb ber „8anbe§regierung," unb
oerfammelten ftc^ ju ben regelmäßigen (ungebotenen)
ßanbtagen; bie fönigltchenßehnSleute, ©täbte unbSBurg*
bejtrfe roaren bagegen ber „§ofregierung" unb bem
„£ofleI)ngeridf)t" untergeorbnet unb bilbeten bie ge=
botenen Sanbtage. $ie ßtrehe, uon aUem weltlichen
©eridjt eyimiert, ftanb unmittelbar unter bem ftönig.
tiefer eigentümliche $)uali3mu§ ber Söermaltung machte
bie beutfcfjen ©täbte unb bie Kirche, alfo bie 3ftäcf)te
ber beutfehen Kultur, ju ben ftärfften ©tüfcen be§
Königtums, unb auf alle Söeife hat beSfjalb £ arI IV .
beibe geförbert. ©r bänbigte bie räuberifche SiHfür
be§ 9lbel3 burch Anlage oon feften Bürgen jum ©chufce
ber .£>anbel§ftraßen, wofür fleh fdjon 1346 in ber
(je^igen) Oberlauf ber balb fraftoofl mirffame ©ecf)§=
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2)te JBilbung bcr großen Territorien
268
ftdbtcbunb gebilbet fjattc, er pflegte ben ©ergbau, baute
bie ÄarlSbrürfe in s £rag, fchmürfte feine §auptftabt
burd) prächtige fttrehen, errichtete ben ftarlftein für
bie Aufbewahrung ber böhmifetjen ftromnftgmen,
ftattete bie böfymifdje fötrehe fo reich au3, baf? fie
fchliefclid) gegen hunbert Stifter unb Softer unb ben
britten Teil aHe§ ©runb unb 93oben§im Sanbe befajj, W
^ob enblich^ßrag burd) bie©rünbung ber erften beutferjen
Unioerfität 7. April 1348 jur geiftigen §auptftabt ganj
Sftittel* unb Dfteuropaä. ©elbft ba§ unter ber mittel^
bad)ifd)en Regierung r»erroahrlofte Vranbenburg,
beffen retd) entroidelteg g-lu&net} et berounberob n>ür=
bigte, begann fid) rafd) ju erholen unb foHte in langer*
münbe an ber (£tbe feinen großen Stapelplatz erhalten.
(£§ fdjien, al§ ob ftd) bod) nod) bie (Gelegenheit böte,
in bem jefct halbgerinanifierten Böhmen, ber natür*
liefen Hochburg be§ germanifeften Mitteleuropa, ein fefte§
3entrum für ba3 9tetd) beutfdjer Nation $u begrünben.
Eröffnete bod) auch ßarl burd) bie ©rboerbrüberung
mit ben $ab§burgern 1364 fdjon bie Au3fid)t auf bie
Bereinigung ber Territorien betber ©efchlecijter, alfo
faft be§ ganzen folonialen DftenS, in einer £>anb.
®enn gewaltig griffen um biefelbe 3eit bie §ab3= Kit*
burger um fleh, befonberS ftubolf IV. ber prächtige" be fö nfl
ober ber „Stifter" (1358 bi§ 1365) unb feine beiben J* Ö {SL
bi§ 1379 gemeinfctjaftlid) regierenben Söhne, ber milbe rfa^t
Wibrecht III. unb ber ritterliche ßeopotb III. 2öät)*enb
im alten toeftlichen Stammlanbe ihre §errfchaft cor
ben ©ibgenoffen mehr unb mehr jurütf nud), gewann
SRubolf IV. 1363 burch Bericht ber Margarete 3Kaul*
taufch Tirol, ßeopolb 1368 Biburg im 93rei3gau,
1375/80 burch &auf bie ©raffchaft Sttontfort * gelb*
Rrct) (Vorarlberg), 1379 ba§ Vinnenlanb r»on Sftrten
au3 fc ber ©rbfehaft be§ ©rafen Albert IV. t»on ©ör$
nach einem altern (Srboertrage, 1382 bie t»on Venebig
bebrängte frühere Vifct)of3ftabt Trieft. Vom obern
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Sie Ianbeäfürfta<Htäbtif<$e 3ett
Di^ein bi§ jur ungarifchen ©renje unb bi§ an bic $Ibria
umfpannten bic hab§burgifchen ßanbe in wenig unter-
brocrjnem 3 u f a *nmenhange ©übbeutfchlanb. QuQUiä)
fierjerte SKubolf burd) ba§ §au§gefefc oon 1364 ihre
Unteilbarfeit wentgftenS infofem, al§ ber ältefte ©ruber
ben übrigen ftetg übergeorbnet bleiben foate, unb för*
berte fraftooll n>ie feine SanbeSlwheit fo bie wirtfehaft*
liehe 93lüte unb ba§ geiftige £eben burd) bie Stiftung
ber Unioerfttät Sien 1365. $8erhangnt3t>oH war e§
bagegen, baf? er, tief oerlet>t burcr) bie SBeftimmungen
ber ©olbnen 93uQe, burcrj ba§ gefällte Privilegium
majus (angeblich oon 1156), bie Unabhängigkeit tiefer
o^ne^in an ben äufjerften SRänbern beutfdjer @rbe ge*
legnen fiänber r»om deiche noch weit über ba3 fefton 1156
gewährte 2flafj &u erweitern ftrebte. Unb ferjon oer*
floaten fich bie gramilienbeaie^ungen ber ©abSburger
wie ber ßujemburger mit bem fernen Dften. Äarl IV.
vermählte 1372 feinen feiten ©ohn ©igiSmunb mit
9flaria, ber Qfcrbin ftöntg £ubwig§ I. t>on Ungarn unb
Sßolen (feit 1370), unb Seopolb III. oerlobte feinen
©ohn Söilhelm mit beren ©chwefter £>ebwtg. ©o
würben fdjon bamalg bie ©runblagen für bie felb*
ftänbige, weit über bie beuten ©renken hinauf
reichenbe ©rojjmacht Dfterreid) vorbereitet.
statu iv. deiche befchränfte ®arl IV. feine föegierung^
gÄto ft&ttgfeit auf bie §erfteflung eine§ leiblichen &rteben§*
gute juftanbeS, unb auch bie§ ohne burchfchlagenben ©rfolg.
CH 3n SBeftfalen übertrug er 1371 bie SBahrung beS £anb*
frtebens ben fogenannten Femgerichten (veme = ©träfe),
ba§ h^&t & en alten toniglichen Berichten freier ©djöffen
unter königlichen „Jreigrafen." $enn bort auf ber „roten
©rbe" hatten fich biefe erhalten, währenb fte fonft faft
überall burch lanbeSfürftliche, ftäbtifche unb grunbherr*
liehe ©ericrjte abgelöft worben waren; fie richteten nach
alter 3Betfe unter freiem §immel unb am hellen Sage
am „ftreiftuhl" auf ber SWalftatt unb übten, ba jle
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$ie Jöilbung bcr großen Territorien
265
i^rc ©Höffen überall Ratten unb biefc it>re Urteile auf
ben $ob burd) ben ©trang („Söeibe") mit erbarmungS*
Iofer s ^ünftlid)feit ooflftrecften, weithin einen mol)U
tätigen (Sinflufe, bet fie mit einet abergläubtgen g-urdjt
umgab. 2lnbre ftriebenSgebote erliefe ftarl 1372 für
Düringen, 1373 für ©djroaben, 1374 für Bommern,
2Jiecflenburg unb Söranbenburg.
2lber ba, n>o bie ftänbifdjen ©egenfäfce am ftärfften «flrttem*
waren, in ©djraaben, erreichte er am roenigften. §ter bei g c " llb
nrnren bie ©rafen von SBürttemberg, befonberä ©bewarb ^ t |j$? c
ber ©rlaucfyte (1265 bis 1325), unb nod) mefyr ©bewarb mmb
ber JRaufcrjebart ober ber ©retner (1344 big 1392), bie
i^ren f leinen SBefifc rafd) cergröfierten , mit ben Ijier
befonberS aaf)Irct(f)en 9frtd)§ftäbten in ebenfo heftigen
«Streit geraten, nrie bie abliefen SBünbniffe, in benen
bie vereitelten bitter ©cfyuti cor ben Stäbten unb
dürften fugten. $arl IV. ftanb ben ©täbten junäcrjft
nicfyt unfreunblid) gegenüber, ba er fte al§ ©elbquellen
brauste. $a aber bie 93ürgerfd)aften fürchteten, er
möchte bie ferneren Soften ber 2öaf)l feinet ©orjneS
2Ben$el jum römifdjen Siönig (Sfyron folger) burd) 53er*
pfänbung oon Stäbten an fürftlidje Herren aufbringen,
fo fdjjloffen fie am 4. $uli 1376 unter güfyrung oon
Ulm ben fdjroäbifdjen Stäbtebunb auf t>ier Safjre.
2)aburd) jogen fie fid) bie $ld}t be3 ftönigS ju; bod)
mannhaft roiberftanben fte öden ifyren ©egnern; Ulm
fnelt eine Belagerung tapfer au§, unb ©raf @berl)arb§
s Jiittert)aufen erlitten am 21. SJiai 1377 bei Reutlingen
eine oollftänbige Sftieberlage. (£3 blieb bem ftaifer
barjer nid)t§ übrig, al§ bie 2Id)t aufaul)eben unb ba§
StäbtebünbniS im Söiberfprud) mit ber ©olbnen 93uüe
anjuerfennen (Wlai 1377). 2flit einer mirffamen föntg*
liefen ©ewalt in @d)n>aben n>ar e§ bamit oorüber. zatma
Senn nun toenigftenä bie lu£emburgifd)e £>au§* bcr
mad)t bie ©runblage einer neuen 9*eid)3eint)eit geworben "gSfSen 1 *
roäre! Slber waä bie franjöTtfcrjen tfapettnger oon * a Q 1 ^;
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266
2)ic Ianbe§fürftIt(Htäbttfc$e 3cit
grancten auS vollbrachten, baran l)at bamalS fein beut*
fd)eS ftürftengefchlecht gebaut 3roar SenjelS ^Nachfolge
im deiche 51t ftchern war 1376 roiber bie ©rroartung
unb hunbertjährigen brauch gelungen, aber feine §au§*
mad)t brach $arl IV. bei feinem $obe (29. Sftooember
1378) unter bem QxoariQt prtoatrechtttcher Anfdjauungen
in ©tücfe. Sen$el erhielt nur 33öhmen unb ©chlefien,
©iegiSmunb SBranbenburg unb bie 9tteberlauft£ mit
©örtifc, ©chroetbnifc unb Sauer, Sooft unb $rofop,
bie ©ölme Johann Heinrichs von Tirol, äftähren. ©0
oerfanf mit ßarl IV. bie ©röf?e feines ©efchlechtS.
- öS! ftortan übte baS Königtum, oon 28en$el (1378 btS
,d?Q ber nfl 1400) ohne ftraft unb Söürbe vertreten, auf baS «Heid)
ScflcSäJ? nur no * Ö^egcntlicf) einen ©influfc auS. Ungeftört
im x>on jeber mafägebenben ©eroalt entfalteten ftch bafjer
lutbSübcnbie ftdnbifd)cn ©egenfätje in ©übn>eftbeutfd)lanb in
roütenben, oerfjeerenben ftehben. 3e mehr ^ier bie
©täbte burch bie Ausbreitung beS *Pfahlbürgertum§
unb ben AuSfauf beS oerarmenben niebern Abels bie
fürftltchen Territorien innerlich aug^öl)Iten unb bcn
Abel fdjroädjten, befto mehr fcfjlofi fich biefer in
(Schmaben unb im SJtyemlanbe au SRitterbünbniffen ju^
fammen, unb ju befto engerer Söerbinbung rourben
dürften unb SHitter getrieben. ®em fefcte ftch nun
1379/81 ein umfangreicher rljeimfcher ©täbtebunb 00m
(Slfafj bi§ granffurt entgegen, ber mit bem fd)roäbifd)ett
ein fefteS SBünbmS fd)lofj. Sftocf) brachte §er$og Seo*
polb III. oon Öfterreic^, mit ben fdjtoäbifdjen ©täbten
als getnb ber Su^emburger bamalS im guten ©inoer-
nehmen unb feit 1379 als ^Pfanbherr ber beiben
fd)n?äbifcf)en Sanboogteien an biefen $8erf)ältniffen ftarf
beteiligt, am 9. April 1382 $u ©bwöen jnrifchen allen
6tänben ein SanbfriebenSbünbniS aur fjörberung fd)ieb§s
ritterlichen Ausgleichs au ftanbe (bis 1384^ unb Äöntg,
2öenjel »ermittelte nach beffen Ablauf im 3uli 1384
au $>eibelberg ein neueS berfelben Art für gan$ $)eutfd)s
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2>ie SBübung ber großen Territorien
267
Icmb; aber ba roeber bie ftäbtifchen noch bic ritterlichen
«ünbniffe fid) auflöften unb bie dürften alter Srabitton
zufolge nicht in bem meifterlofen SHbel, fonbern in ben
Stäbten ihre fchlimmften fteinbe fahen, fo brängte fid)
bie fjrage, ob bem ftürftentum ober ben ©täbten bie
3ufunft be3 beutfdjen <5übroeften3 gehören foüte, immer
ftärfer auf unb führte enblich ju einer blutigen Gmt*
fcheibung.
6ie fiel nörblich unb fübltd) oom SBobenfee in Sic« bet
oöHig oerfd)iebnem <5inne. 3)er beitritt be§ l)ab§= ÖC noffen
burgifc^en ©empad) unb ber 9^cidt)§ftabt 9Mlhaufen
jur (Sibgenoffenfchaft 1385 brängte ben £>er$og fieopolb
jum Kampfe. Slber am heifjen 9. $ult 1386 oerlor er
bei ©empad) in blutigem ©emetjel mit ber SBlüte ber
fdjroäbifchen SHitterfdjaft ©ieg unb Seben, unb eine
jroeite 9heberlage bei 9töfel§ unroeit ©laru§ am 9. $lpril
1388 nötigte 1389 feine ©öhne, auf Sutern, 3ug unb
©laruS unb alle fonft ftreitigen ©eftfcungen $u uer*
Siebten. $urj bamad), 1393, erneuerten bie ©ibgenoffen
ihren £hmb, bem nun auch ©olothum beitrat. %\t
föberatio*republifanifche ©ntroieflung be§ 2llpenlanbe§
mar bamit entfdjieben, aber auch feine Slblöfung oom
deiche bereitete fid) oor.
Unter bem ©inbruefe biefer glänjenben ©iege be* ^icbcriaßc
gannen bie fdjroäbifdjen unb rheinifchen ©täbte nad) ^ioät>ü
Ablauf be§ §eibelberger £anbfrieben§ im ©ommer 1388 JfejÄ
3Uoerfid)tltd> ben ßrteg. $)od) in mörberifd)en kämpfen «täbte
erlagen bie fchroctbifd)en Bürger ben ©rafen ©berfjarb
unb Ulrich oon SMrttemberg bei Döffingen unroeit Sföeil
ber ©tabt am 24. 5luguft, bie rheinifchen ©tetbte bem
^ßfaljgrafen Ruprecht bei 2Borm§ am 6. Sftooember.
$em oon beiben ©eiten mit rafenber (Erbitterung, mehr
noch ourd) fd)onung§lofe $ernmftung be§ £anbe§ als mit
ben Söaffen geführten Kriege machte enblich ba§ grieben§=
gebot ßönig 2öenael§ ju (Sger am 5. SAat 1389 (auf
fed)3 fahret ein (Snbe. ©ine gemifd)te ablid^bürgerliche
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268
2)te IcmbcäfiirfttuHtäbtiföe 3*it
Kommiffion foOte fünftig bie ©treitigfeiten auggleichen,
aber bie ©täbtebünbniffe würben aufgelöst, roäljrenb
bie föitterbünbniffe beftehen blieben. $amit mar bie
polttifche SHoHe ber füb* unb roeftbeutfehen ©tabte au§=
gefpielt, ber ©ieg be§ gürftentum§ entf Rieben
Ti C ^ er 8 um 9lu§trag gefommenen ©egenfätje be=
ft MHnf? CK ru ^ tcn 9 r ö&tenteil§ auf ber innern Gmtroidlung ber
täuipfc ©täbte, bie fie nad) jahrhunbertelanger 3 u f amme ^'
gehörigfeit roirtfchaftlich unb fojial immer mehr von
bem platten Sanbe, alfo oon bem&bel unb ben dürften
gefdjieben Ratten. $n roirtf dr)aftlict)er $8e$ief)ung befettigte
ber rafdje 9Iuffd)roung oon £>anbei unb ©eroerbe ben
ftäbtifchen öanbbau sroar nidt)t gan§, brängte ihn aber in
ben £>intergrunb unb führte $ur Anhäufung anfehn=
lidjer Kapitalien, alfo jur ©elbnrirtfchaft, roährenb bie
auf ben lanbnrirtfchaftlichen ©infünften beruhenben
©tänbe fielen blieben, alfo jurücf gingen unb fict) ourd)
©eleit- unb 3°ßf° roerun 9 en c i nen halbräubertfchen
Anteil am ftäbtifchen Dtetchtum au [xtyxn fugten, ©in
fokaler ©egenfafe $nrifd)en fianb unb ©tabt mar anfangt
faumx>orhanbengeroefen, ba bie ftäbtifchen „©efchledjter"
gum ^eil au§ frühem SJUnifterialen beftanben unb fid) in
ihrer ©Ute ritterlich gelten; al§ fte aber nad) wenigen
Sahrjchnten ju hochmütigen unb geroiffenlofen Oettern*
fd)aften entarteten, ba erhob fiel) gegen it)re §errfchaft
bie bemofratifc^e Dppofttion ber 3**nfte mit bem 93e-
gefjren nad) Reformen unb nach SInteil am ©tabt*
regtment. ©ie roaren ba$u roohl befähigt, benn au§ rein
mirtfchaftlid)en ©enoffenfehaften hatten fie ftch gu poli*
tifchen Körperfdjaften auSgebilbet, inbem fie jefct ihre
Dbermeifter felbft mahlten, mit ihnen eine felbftänbige
(5)eroerbegerict)t§barfeit unb ©eroerbepolijei ausübten
unb ©teuem nrie KrtegSbienfte für bie ©täbte leifteten.
©o begannen fte feit bem Anfange be3 oierjehnten
Sahrhunbertö ben Kampf gegen bie Meinherr fchaft ber
©efdjlechter, balb in heftigen 3"f a mmenftöf3en, balb in
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Sie »Übung her großen Territorien
269
ftiflercm $ähem Düngen, $)ie fiöfung mar eine bret*
fache. 3Jttnbeften8 festen bie 3ü n f* c Den Antritt in
ben SRat buret) (fo in Dürnberg, gftanffurt a. Tl.), ober
fle gewannen eine Kontrolle über bie SRatSoerwaltung
(n>ie in ©rfurt). 9lnberwärt8, wie in Strasburg,
SlugSburg, Slonftanj, würbe ber dlat allein von ben
fünften gebilbet unb Den ©efchlecf)tern ba§ atttoe
Wahlrecht gan$ entzogen. 3« einzelnen Stäbten, wie
namentlich in Äöln nad) ber furchtbaren „Söeberfchlacht''
1371, würben bie ^atrijier jutn (Eintritt in beftimmte
3ünfte geawungen, unb auf biefen at§ 3öaf)lförpern
(©affeln) in ber Verfaffung von 1396 ber diat aufgebaut.
2öo bie mafjgebenbe ©eroalt in bie §änbe ber §anbs
werfer fiel, bie bod) meift be§ weitem ©eftcht§rreife§
entbehrten ober minbeftenS oon befchränften ©enoffen
allju abhängig waren, ba würbe alle (Stetigfett ber
Verwaltung balb fo geftört, baß bie ^ßatrijier nad) furjer
M
3eitba§ Übergewicht wieber gewannen. Söobagegen biefe
gefdjäftSfunbige unb fapitalfräftige klaffe ihren natür-
lichen ©tnflufj behauptete, wie in Dürnberg, Augsburg,
Ulm, ßöln, ba fam für bie 6täbte mit bem innern
fjrieben unb tüchtiger Verwaltung ein 3 c ^^^ cr B^n*
jenben ©ebeihen§, wirtfdjaftlicher SBIüte unb mili*
tärifcher Stacht, benn in ber Verteibigung ihrer
feften dauern waren bie ©täbte unüberwinblich burch
ihr jünftifche§ ftufwolf wie burch bie neue Artillerie,
bie ^ßuloergefchüfce, bie fchon 1324 oon Sftefc oerwenbet
unb recht eigentlich eine ftäbtifche SBaffe würbe. %a*
gegen erwiefen fich bie fübbeutfehen (Stäbte ju einer
großen ^ßolitif auf bie $auer unfähig, weil e§ ihnen
an s^ingenben gemeinfamen Sntereffen unb 3ielen
mangelte.
£)ie ©runblage be§ ftöbtifeben ©ewerbebetriebe§ 3»^^^
bilbete bie 3 un ft* e ™ c hölbfojialiftifche ©enoffenfehaft ' ° ücr
aller $anbwerter beSfelben 3«>eige§. ©ie erftrebte bie
©leichmd&igfeit be§ ©rwerbeS für jeben einaelnen burd)
i
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270
2>ie ianbeäfürftttdHtäbttfd&e 3ctt
bie ber ©rroerbSbebingungen, beftimmtc baher jebem
2Keifter bic 3at)l bcr ©efeüen unb Sehrlinge rote bic
Arbeitszeit, oermittelte ben (Sinfauf ber SHohftoffe unb
ben Verlauf ber forglid) geprüften ©r$eugniffe, für bie
fte innerhalb ber Bannmeile ba§ Monopol hatte (außer
an ben Sahrmärften), fdjüfcte bic ©enoffen burch
SfranfenunterftüfcungS* unb VegräbniSfaffen für ben
Notfall unb bübete eine firchliche ©ruber fd^aft unter
bem Schule eineS §etligen. ©in ehrenhafter, rvofyU
habenber, felbftänbiger SBUttelftanb unb eine benetbenS*
werte SBlüte be§ §anbtoerf§ in %ufy unb fieinroeberet,
in 3rdrberei, Seber*, §ol$* unb 2JletalIarbeiten war bie
$olge biefer 3unftoerfaffung. $)a ber ganje betrieb
hanbroerfSmäßtg unb an baS §au£ be3 2fletfterS ge*
bunben blieb, in beffen $>au§ftanb unb öäterliche 3 uc §t
bic ©efellen („Unechte") unb ßehrlinge oöflig eintraten,
fo war bie Verteilung be§ ©eroerbeS über ba§ ganje
fianb fet)r gleichmäßig, benn große Snbuftriemittelpunfte
fonnten fid) nicht bilben, fo wenig nrie e§ aHeS weithin
beherrfchenbe |janbel§$entren gab.
9trt bes 2)enn bie fchlechten Sanbftraßen unb @chiffahrt§*
^onbciö ^ inbcrni y| e bcr oer fd)iebenften 2Irt (bic Mheinftrom*
fdhneüe am Singerloch, bie $onauftrubel bei ©rein
u. a. m.) erfchroerten ben Verfehl unb bie ßoftfpielig=
feit beS £ran§port§ würbe teils baburdj, teils
burch bie faft räubertfef) oermehrten 3oöftätten unb
baS oft aufgebrungne ©eleit ber großen unb Keinen
©ebietSherren erheblich gefteigert. $a§ alleS brängte
jebe ©tabt baju, fich burch monopoliftifche, alfo bie
§anbelSfreihelt jeber anbern ©tabt oft emppnblich
hemmenbe Sttaßregeln $u ftchern. £)ie£ waren nament*
lieh ber Straßen$mang, ber bie Söarenjüge auf be*
ftimmte ©treefen oerwteS, unb ba§ (Stapelrecht, ba3
frembe burchgehenbc Söaren eine 3*ü lang in bcr <5tabt
fefthielt jur bequemen unb billigen Verforgung ihter
^Bürger. <So jerfiel jebe große 2)urchgangSlinie in eine
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$ie ©Übung ber flrofcen Territorien
271
Slnjaf)! felbftänbiger ©tücfe, unb e§ entnricfelte ftd) eine
Spenge Heiner er c^enplä^c. 9lu§ allcbem ergab
fid) bie -ftotroenbigfeit be§ roanbernben (Sigenf)anbel§,
ba fief) au§ ber fyxnt bie roedjfelnben ^onjunfturen
nid)t überfein liefen, unb bie Unentbe^rlic^feit großer
Neffen, bei benen ftd) unter jeitroeiliger §anbelSfreifjeit
unb t>erftärftem föedjtäfdjufc grofje 9Jtaffen oon 2öaren
unb £änblern an einzelnen ^ßläfcen anfammelten. %a
unter biefen Umftänben ber förebtt feljr unentnricfelt
blieb, fo ftanb ber 3in8fu& f)od> (minbeftenS $el)n bi§
§n>ölf ^rojent, oft ba§ doppelte unb 2)reifac§e). £)en
größten ©eroinn baoon t)eimften lange &\t bie Suben
ein, bie begfyalb al3 „^ammerfnecfjte" be§ ®aifer§ ober
eine§ mit biefem SRegal belehnten SanbeSfürften eine
einträgliche ©teuerquefle bilbeten. (£rft mit bem Auftreten
ber Sombarben feit bem mer^nten 3af)rljunbert na§m
ber beutfdje ©elboerfeljr mobernere formen an. 5In
ben ©elbroedjfel, ber bei ber üflaffe ber fec)r oer-
fd)iebenartig prägenben 2Rün$ftätten (etroa 600) fefyr
mistig war, fnüpften fid^ bie Anfange be§ ftäbtifdjen
S8anfroefen§ (in Ulm fc^on um 1300) unb bie 3af)lung
burd) Slnroeifung auf ein frembe§ £>anbel§f)au§ (SBedjfel).
5)er binnenbeutfcfye Kaufmann oerfe{)rte faft burd)* ct»cr=
weg mit Säubern einer gereiftem Kultur. $8on Söien au§ ^"nb/i
jog er nad) Ungarn, ^ßolen unb Italien, oon SHegenSburg,
SlugSburg, Ulm unb ßonftana nad) Sßenebig, mo ba§
beutfdje ^auftauS (fondaco dei Tedeschi) am Olialto fdjon
im 12. 3a^rl)unbert beftanb, unb nad) ©enua über bie
^äffe ber 3Jttttelalpen. ©trafjburg unb anbre oberrljei*
nifcfje ©täbte ^anbelten mit bem großen ©eibenmarfte
Suon unb bem belebten norbfranjöfifdjen Sftefjplafce
$rone§, fpäter cor allem mit SBrügge unb ßöln. 3u
ben nricfytigften SKefjplätjen mürbe ftranffurt a. 9Jc\ für
ba§ roeftlicfje, fieipjig für ba§ mittlere 5)eutfd)lanb, ju
ber erften ©emerbeftabt ba§ zentral gelegne Dürnberg.
91u§ bem Dften famen öornefjmltd) SHolrftoffe, au§
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272
2>te tanbeSfürfttidHtäbtiföe Seit
Italien unb Qftanfretch 2Öetne unb einheimifche ober
frembe ^nbuftrieprobufte; bafür gab ber beutfcfje Kauf*
mann borthm (Srjeugniffe be§ beutfehen ©eroerbe§, nact)
bem 2Öeften unb ©üben au&er ihnen namentlich Voben*
probufte in Saufet).
webtet"!)?« ^* ^ cm 11 ^^ )er ^ eu *f^ €n £>anbel§gebtet ftanb bie§
nicbcr * oberbeutfehe nur burch Köln, ben alten Knotenpunft
be§ t&einifchen, englifchen unb fäd)ftf*en Verfehl
in unmittelbarer Verbinbung. Unb fo fcfjarf ftet) bie
beiben grofjen §anbel3gebiete äu&erlich fchteben, fo oer-
fd)ieben waren fte auch innerlich. 2)enn ber nieber*
beutfehe Kaufmann oerf ehrte mit ben jugenblicr) un*
reifen. fyalb barbarifdjen, aber an SRohprobuften über*
reichen unb baber fe^r f auffräftigen Sänbern be§ 9torben§
unb OftenS; feiner Überlegenheit in Kapital unb ©e*
fchäft§erfahrung fiel baher naturgemäß bie mirtfcbaftliche,
jumeilen fogar bie polttifche Veherrfdmng biefer Völfer
8u. @r begann mit ber oertrag^mäfjigen ^eftftellung
ber (Sicherheit für Seben unb (Eigentum unb ber Frei-
heit feinet Verfehl unb er enbete mit ber Errichtung
eine§ KaufhofS, einer £anbel§meberlaffung ju eignem
JRecht ber allen auswärtigen Verfehr be3 fremben CanbeS
an feine Vermittlung banb unb alle g-remben ^errifc^
au§fd)lof?. £)a§ mar ba§ Söerf ber beutfehen §anfa
(urfpr. = ©übe), be§ grojjarttgften unb mirfungSoofiften
(StäbtebunbeS aller 3*tt en > Der *> on Stügge bi§ SReoal
reichte. Doch feinen Kern bilbeten immer bie beutfehen
KotonialftäbtesroifchenßübecfunbberOber. $)enn babie
birefte %afyxt oon ber 9iorb (2öeft*)fee §ur Oftfee noct)
aa,5U gefährlich mar, fo mar biefer ganje Verfchr an
bie Vermittlung ber baltifchen ©täbte gebunben, unb
ba§ norbbeutfehe §anbel£gebxet verfiel in jmei aiemftct)
getrennte, lange $e\t nur burch ben Sanbroeg über
bcÄ"?: $ oI f tcin »erbunbne S«He.
Mc au# s 5( U § smei Söurjeln ift bie §anfa ermachfen: au§
•Übe? 1 ben Vereinigungen beutfeher Kaufleute im 9lu8lanbe
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Tie 23itbuug ber großen Territorien
273
unb au§ ben $8ünbniffen meberbeutfcfyer ©täbte. $)ie
ältefte jener ©Üben ber „Dfterlinge"(Cftfeeleute), bie„©e=
noffenfcr)aft ber ©otlanbfarjrer be§ römifdjen 9tei$8,"
beftanb ferjon im zwölften ^a^r^unbert in Si§bn neben
ber beutfcr)4<i)roebifd)en CrtSgemeinbe unter bem cor*
roaltenben ©influffe Sübecf § unb ^ielt bie faft ebenf o alte
Sftieberlaffung $u ©t. ^ßeter in Sftorogorob junädjft in
ftrenger 9lbl)ängigfett. ©inen britten $auf£)of erlangten
bie $eutfd)en 1271 im normegiföen Sergen, mä^renb
fie ftcr) in 2)änemarf unb ©ergeben mit ber goß* unb
£anbel§freif)ett begnügten. $)ie „©Übebafle ber QzuU
fernen" in Bonbon ftanb urfprünglid) unter ber fieitung
8öln§, t)erfd)moI$ 1282 mit ben fpäter begrünbeten
beiben ©ilbentjallen ber Hamburger unb Cübecfer
unb t)atte feit etroa 1320 i^ren ©ifc im „©tabtyof"
(Steelyard) an ber £f)emfe. üftod) früher, 1252,
Ratten ftet) „bie ßaufleute be§ römifd)en $Retd)3" in
2rfanbern gufammengefrf)loffen, roo fic einen ^auffyof
im 9BeItt)anbel§pta^ Brügge erroarben (mit ber niebera
®ericf)t3bartett 1307) unb nad) ber Orbnung r»on 1347
in bie brei ©ruppen ber ©otlanbfafyrer, ber rljetnifd)*
roeftfältfcrjen unb ber „menbtfdjen" ©täbte verfielen.
@ben btefe „roenbtfdjen ©täbte," bie beutf djen ©täbte ®Je
be3 längft germanisierten 2öenbenlanbe3, Sübetf,©i3mar, tü iWbtc
föoftocf, ©tralfunb, ©reifSroalb roaren eS, bie juerft, r»or
aöem burd) ba§ gemeinfame Qntereffe ir)rc§ auswärtigen
£>anbel§ jufammengefüfjrt unb burcr) ba§ gemeinfame
Iübifdc)e SRed)t von alter^er üerbunbeu, um 1260 ein
S8ünbni§ jur 93efriebung ber 3Jleere unb §ur ^Beobachtung
gleichmäßiger Haltung gegenüber ihren Sanbe§E)erren
fdjtoffcn. $)a§ natürliche Übergewicht £übecf§, ber ein-
zigen $eid)§ftabt im Dften ber ©Ibe, ber 9Jtutterftabt ber
Oftfeegemeinben unb be§ größten Umfcblagplat}e§ er*
hob e§ mit 3uftimmung ber ©täbte 1293 jum Dberhof
(93erufung§inftan$) für Sftorogorob, enblicf) 1299, unter
Aufhebung ber alten ©elbftänbtgfeit ber ©übe auf ©ot s
2)er SBerbegang be§ beutft^en JöotfeS I 18
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274 3>ie IanbegfürftltcHtäbttf<$e 3cit
Ianb, jur füfjrenben ©tabt junädjft bcr Dfterlinge unb bcr
metften fremben ftauffyöfe. $)amit mar bie beutfdje §anfa
(„$ubefd)e $enfe") im fpdtern ©tnne beS SBortS be*
grünbet. ®ie bilbctc ftetS ein friebUdjeS §anbel3bünbni3
fc^r lofer9Irt,aundd)ft ofynepoIitifdjeSroecfe^nbroar nur
im dufjerften Notfälle ju bewaffnetem @tnfd)reiten geneigt,
würbe aber balb bie 93ef)errfcr)erin ber ÜJleere unb bie
wirffamfte Vertretung beutfcr)er Sntereffen im ganzen
Horben, wo bie SReicf)§gewaIt nidjt§ galt,
»etfaffunfi $ie3 (Ergebnis beruhte nid)t jum wenigften barauf,
ßanfo* oa $ ^ e ^olonialftdbte.nieberbeutfd)er©pracr)e unb über*
ftabte wtegenb fädjftfdjen 9?ecrjt3, obwohl nur eine 9ietd)§ftabt
unter ibnen toar, von Anfang an eine wenig befcrjränfte
Autonomie genoffen, unter einem faufmdnntfcrjen, ntctjt
Ijalbritterlxdijen ^ahijiate ftanben unb i^ren fünften,
bie fcier nid)t au3 t)oft)örtgen ©enoffenfefjaften fyeroor*
gegangen waren, f onbern von Anfang an au§ freien Ceuten
beftanben, einen billigen, aber feinen f)errfd)enben Anteil
an ber ftäbtifetjen ©efefcgebung unb an ben $efct)lüffen
über aufserorbentlidje Seiftungen gemährten, 60 blieben
biefe Stdbte lange 3*it son & en erbitterten unb §er*
rüttenben 3 u "f^ äm Pf en »erfdjont, unb ber jäljrlidl)
wed)felnbe dlat au§ a^ölf big tHerunbjwan$ig 2mt*
gliebern unter jwei bi§ r»ier Bürger meiftern, ber $u*
gleich al§ t)ödjfte§ SHegierung3foflegium fcrjaltete unb
burd) bie einzelnen 9tot3f)erren mit einer Slnjafyt be*
folbeter Unterbeamten bie oerfdjiebnen ®efd)dft8$weige
t>er walten lieg, entwicfelte eine ftdtige ©efdjdftgfüljrung
nad) feften Überlieferungen, wie fie bie oft §öd)ft t>er=
wicfelte Sage oerlangte.
Xic $)enn beftänbtg mürben bie ©täbte aud) in bie
bniHdKit £>ä n b c * ^ rer 2anbfd)aften l)ineingejogen, unb ber
dürften ©egenfafc nod) mef)r jum Sanbabel als $u bem g*ür*
nmcr ftentum bilbctc ftd) aud) $ier auS. 3u tyrem ©lücf
fd)mäd)ten bie fürftlidjen ©dufer ifjre 2Had)t burd)
fortgefefcte Stetlungen. $ie 2l3famer Ratten fd)on 1260
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2>te S3Übung bcr gtofeen $etritorieit 275
ba£ f leine ©ebiet be§ neuen §er$ogtum3 ©achfen in
6achfen*8auenburg unb ®achfen*2Bittenberg geteilt, bie
ftch fpäter lange in heftigem ©treit um bie ßurroürbe
entzweiten; bie SBelfen Ratten ftch 1267 in bie beiben
Sinien SBraunfchmetg * 2Bolfenbüttel unb Süneburg*
©eile gef Rieben; Bommern, burch ftarfe ©ebietäoer*
lüfte an 2Hecflenburg (©tacenhagen 1282) unb $8ran=
benburg (©duoelbein 1290) gefchmächt, jerfiel nach
langen SStrren 1295 für lange geit in $ommern*2Bolgaft
unb Sßommern*©tettin. 3n ©olftein, von bem bie bemo*
fratifcfjen Sauernfchaften ber $)ietmarfchen unter ber
nominellen Oberhoheit be§ ®rjbi§tum§ Bremen in ber
eigentümlichen ©efchlechtoerfaffung ihrer oierjehn ßirch*
fptele um SWelborp ganj getrennt blieben unb oon bem
fich Hamburg oöUig entfrembete, ging ba§ §au§ ber
©chauenburger nach 1261 in bie Vieler unb 3ftehoer
£inie au§einanber, aber ba§ ganb blieb trofcbem in
feinen ©tänben (5lbel unb ©teibten) ftaatärechtlich
geeint unb mürbe gerabe burch biefe ©ebeutung ber
©tänbe größtenteils ein fianb be§ 2lbel§, geriet aber
baburd) in einen befonber§ lebhaften ©egenfafc §u ben
£anfeftäbten.
2)iefer griff auch nach $änemar! hinüber, benn @$(c*n>ig
mit biefem Sanbe fnüpfte ber holftifche 2lbel balb xiiI ^ nrt
bie engften Begehungen an. 3unctd)ft ^ a ^ e
bie Cocferung be§ $8erhültniffe§ sroifcfjen bem $önig=
reiche unb ©übjütlanb (©djleSnrig) unb beffen $ln=
le^nung an £>olftein $ur ftolge. 2)etm fchon 1254
mürbe SBalbemar (III.), ber ©ohn ®önig 2lbel§ unb
2flechthilb3 von §olftein, nach beutfdjer SBetfe oon $>äne*
mar! mit bem $er$ogtum ©cf)le3nrig belehnt, richtete
feinen $of nach beutfcfjer 2lrt ein, 50g ^olfteinifd^e,
fdchfxfche unb meftfälifche bitter al§ SehnSleute inS
ßanb, ließ bie ©tdbte (Flensburg, 3lpenrabe, §aber§*
leben) ftch nach beutfehem 9*echt einrichten. ©0 geriet
auch ^änemar! mehr unb mehr unter ben (Sinfluß be§
18*
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276
Sie lanbegfürftli<Wtäbtif<$e 3eit
beutfdjen 2Ibel§, als ftönig ©rid) 9Jtenoeb (1286 big
1319) e3 nad) langer ©rfdjlaffung übernahm, bie2Wad)t
$)änemarf3 über §olftein unb bie beutfd)e Dftfee*
lüfte toieber bersuftellen. ©r tou rbe babei fogar oon
beutfd^en dürften unb beutfd)en ©bedeuten unterftüfct,
bie t)iel mefjr in ben ©täbten, al3 in bem oon xljnen
t)albbef)errfd)ten $)änemarf tfjre ©egner fatyen. ©<$on
1300 nafym 9ttfolau§ oon Sflecflenburg Sanb unb ©tabt
Roffod oon ffönig ©rid) $u fielen, 1307 ftetlte fid)
fogar ßübeef, in fü^ler ©rtoägung feiner $anbel§-
intereffen, auf jel)n %af)tt unter bänifdjen ©djutj, unb
bie meiften norbbeutfdjen dürften traten in engeS
SBünbniS mit 2)änemar!. Sftur ba8 tapfre ©tralfunb
ertoebrte fid) mit $ilfe 95ranbenburg§ burdj ben gtän*
jenben ©ieg oom 21. ^uni 1316 feiner ©egner, aber
9ftarfgraf Söalbemar rourbe bann nodj in bemfelben
Safyre bei ftürftenfee unb ©ranfee oößig gef plagen
unb mufjte ©targarb an 9ttecflenburg abtreten.
umirTr ^ bic f e 3 cit be§ 2luffd)toung§ folgte eine 3eit
t'crrUaft tiefer ©d)toäd)e für $änemarf. ©Ijrtftopl) IT., ber
teittfLt ) un 8 e ^f olger ©rid) 2Henoeb3 (f 1319), bie 5ßor=
ma« munbfdjaft für SBatbemar (V.) oon ©d)le3totg, ben
®of)n ©rid)3 II., beanfprud)te, entfdjteb ©raf ©er*
Ijarb m., „be grote ©Ijert," ein Liebling be§ $olfe§
unb ber ©age, an ber ©pt^e be§ abliefen unb bäuer*
liefen Aufgebots feiner $olften, burdj ben ©ieg oor
©ottorp im 3uli 1325 baS ©d)tcffal ©d)le3toig3 unb
bie ©errfc^aft be3 norbbeutf d)en 9lbel§ in $)änemarf,
benn ©^riftopl) flüchtete oor bem Slufftanbe feineS
eignen 9lbe(3 (f 1332). tiefer aber mahlte im 3uni 1326
SBalbemar V. oon ©<$le§toig jum ßönig, ben ©rafen
©erwarb ju feinem SBormunb, alfo jum Regenten oon
Dänemark unb ber junge ftöntg gab an ©erwarb ba3
£er$ogtum ©djleStoig ju fielen. Snbem biefer nun
©c^aren norbbeutfdjer ©belleute in feine 2)ienfte natjm
unb einzelnen Herren gan$e ßanbfdjaften jum ^ßfanbe
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S)ie SBitbung ber gro&en Territorien
277
gab, oermanbelte er 2)änemart in ein ©roberung§*
gebiet be3 beutfdjen 9IbelS. S)od) ben §anfeftabten
mürben bie Dtaubfa^rten biefer meifterlofen greibeuter
balb fo läfttg, bafj fie baran backten, ein bämfd)e§
Königtum nrieber&erftellen, in Qütlanb brad) ein 2luf<
fianb au3, unb al§ ©erwarb, ftegreid) wie immer, btö
SRanberS t>orbrang, rourbe er tyier in feiner SBofjnung
am 1. SIpril 1340 von einem jütifetyen ©beimann er*
morbet. ©eine ©öljne oerftänbigten ftd) barauf mit
SBalbemar V. von ©d)Ie3nrig über bie ©rfjebung be§
legten ber ©öfjne (£l)riftopl)§, 2öalbemar IV. Sltterbag
jum ftönig von $anemarf (1340 big 1375), bie $anfe
Ieiftete i^m ©ilfe gegen SInerfennung ifyrer Privilegien
unb braute fd)lie&lid> 1349 einen grofjen ßanbfriebenS;
bunb mit ben ©rafen non golftein, ben 2flecflenburgern
unb ©adt)fen*8auenburg $u ftanbe.
ÜTCur beruhte bie§ nrieberfyergeftellte bämfdje $ömg- ®Mu
tum fetne§roeg3, rote etnft ba§ 2öalbemar8 II., auf ber Raule*
ßraft eine§ gefunben $Bo«3tum§, benn ba§ ©inbringen mcu * 11
be§ 8e^n§mefen§ fjatte bie alte Söauernfreiljeit aerftärt,
unb ber ßönig mu&te alle 9ttittel biefeS reinen tiefer-
baulanbeS, beffen £anbel unb ©eroerbe in ^anftfe^en
§änben lagen, bt§ jur (Srfd)öpfung anfpannen, um
bie ©djaren ritterlicher ©ölbner au§ $eutfd)lanb ju be*
jaulen, immerhin vermochte er mit biefen Gräften in
ben fortgefefcten, jerrüttenben SBirren be§ norböftlicljen
2)eutfd)lanb§ eine mafigebenbe (Stellung $u geroinnen.
£)iefe Kampfe bewegten ftd) lange 3eit um SBranben-
bürg. 9U§ ber fjier regierenbe SWann§ftamm ber 2l§*
fanier mit SBalbemar bem ©rofjen 1319 auSftarb, mürbe
ba8 £anb Safjre fjinburdf) jum 3anfapfel ber ©rben au§
ben Nebenlinien, bi§ enblid) 8aifer Subrotg nad) bem
©iege bei 9Hül)lborf im SWärj 1323 bie SBeletntung feine§
@ot)ne§ ßubrotg mit ber 2ttarf bürdete. $>abei ging
bie Wlaxl Saneberg an bie Söettiner, bie Oberlauf^
an bie Suyemburger verloren, unb 1338 mujtte SBran-
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278
<Dic tanbeSffirftti($.fHlbttfc$e Seit
benburg auch feine SehnShoheit über Bommern auf*
geben, baS fcfjon 1325 mit bem ^ürftentum SRügen
(nach bem Ausgange beS bortigen §errfcherhaufe3)
oereinigt worben mar; nur baS ©rbredjt auf Bommern*
Stettin fonnte behauptet werben.
mxrtn Sfteue SBirren folgten in bem erfdjöpften, mit
Stauben* ftrtegSfteuern überlabnen 8anbe, als ber ©treit
*m $nrifchen bem ftaifertum unb ber Shme ausbrach-
SftirgenbS würbe er erbitterter unb Ijartnäcftger ge-
führt als hier. S)aS Snterbift, baS über »erlin*
&öln, IJranffurt u. f. f. oerhängt würbe, führte oiel*
facr) fogar ju gewaltfamer ©egenmehr. ®aum Ratten
ftd) biefe ©egenfäfce allmählich ausgeglichen, fo tauchte
ber fogenannte falfche SBalöemar auf, mit ber ba=
malS otelfacf) geglaubten unb niemals meber be*
wiefenen noch wtberlegten ^Behauptung, er fei jener 1319
angeblich oerftorbne 3ttarfgraf Söalbemat ber ©rofce, ber
t^atfäd^Iidt) wegen fernerer (Sünbe 28 $af)re lang als
SBüfcer unb Pilger bie SBelt burchirrt fyab* unb nun
heimgekehrt fein SRed)t wieberforbre. Unterftüfct oon
ben anhalttfdjen 3lSfamern unb Dtto oon Sflagbeburg,
gewann er junächft bie 9lltmarf unb bie ^ßriegnifc unb
bie 3lnerfennung ber benachbarten dürften oon ^ßom=
mern, 2Jtecflenburg, Schwerin unb ©olftein, unb als
ftd) auch Me übrigen SanbeSteile ihm anfcf)loffen, fogar
bie faiferliche SBelelmung ßarlS IV. am 2. Dftober
1B48. §atte biefer bodj fein lebhafteres Sntereffe, als
ben Sittelsbachem, feinen alten ©egnern, überall 9lb=
bruch &u thun. ©cfjon hatte er baher baS SöittelSbachifche
SSranbenburg oon allen ©eiten umgarnt, Bommern burch
bie Söerlei^ung ber SReichSunmittelbarfeit, Sttecflenburg
burch®rh c ^ un 95 um © er 5°9t um / ölfoin ben SfteichSf ürften*
ftanb (1348) unb bie 9Iu§ficht auf bie ©rmerbung ber
©raffchaft Schwerin nach bem SluSfterben beS bortigen
^errengefchlechtS (1358) gewonnen. SlUetn baburch ge*
riet er auch i» ©egenfafc $u $>änemart, in beffen ^Rechte
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Sie SBilbung ber großen Territorien 279
ober 9Infprüd)e ba§ aü*e§ eingriff. $)aljer trat 2öak
bemar IV. für bie branbenburgiferjen 2ötttel3badf)er ein,
Ianbete 1349 in 2Kecflenburg, braute bie§ unb $ßom*
mem §um 9lnfctjluß unb brang fiegreidf^bt§ Berlin oor.
$)te§ nötigte ®arl IV. in ber großen 2rürftenoerfamm=
lung ju Sauden im gebruar 1350 ben 2Bittel8bad)em
bie Warfen jurüdCjugeben unb bem 3)dnenfönig für
feine „S)ienfte" fogar bie SReicijSfteuer von Sübecf $u
überlaffen. Sftad) längern kämpfen ließ ftd^ ber „falfd&e"
Söalbemar 1355 ettblidt) mit einer (Mbfumme abfinben.
£)ie bänifcr)e Wlafy erfjob fidj faft fo gebietenb •tunbfoee
nrie unter Söalbemar II. bem Sieger in ben Sänbem ffonbina-
ringS um bie Oftfee. Salbemar IV. beE)errf$te nierjt gjjjj
nur bie beutfdjen ftüftenlanbe, fonbern er brachte aud)
burdf) bie Verlobung feiner ftebenjäljrtgen £od)ter SJtar*
garete mit £afon von Norwegen bie folgenreiche ^a-
miltenoerbinbung ju ftanbe, bie fctjlteßltcf) alle brei
ffanbinaoifcrjen föeidje unter feiner ftgnaftte vereinigen
foflte. 3)enn fetjon ftanben ©crjmeben unb Norwegen
unter einem ®önig§l)aufe , feitbem SJlagnuS von
©crjroeben al§ ©o^n 3>ngeborg§, ber (Srbtodjter §a s
fon§ oon Norwegen, bie Ärone audj biefe§ 9ietdt)e§
trug, beffen Regierung jefct fein Soc)n §afon führte.
SBalbemar IV. tjatte bi§ jefct in gutem (Sinoer*
nehmen auet) mit ben beutfdjen ©eeftäbten geftanben. (£r «Äc"
loderte e§, inbem er 1360 bie Verausgabe be§ an "JJJ ™-
©c^roeben oerpfänbeten ©erjonen erjroang unb bamit $anfa
bie §errfcf)aft über beibe lüften be§ ©unbeS erwarb,
unb er jerftörte e§ völlig, al§ er 1361, lebigltcf) au§
SBeutegier, ba§ fcrjtoebifcrje ©otlanb angriff. Sftacrj einem
Siege in blutiger 3relbfcf)lacrjt am 27. $ul\ nafym er
3Bi§brj, ba§ große <5d)afct)au3 ber §anfe, bie üppige
§auptftabt eines ttjrer drittel unb branbfd&a^te e§
oier SBodEjen rjinburdt) fo grünbltd), baß bie raferj
oeröbenbe Stabt fortan alle Söebeutung oerlor unb
tyre gewaltigen Kirnen aHmäfjlidj in bie malertfdjen
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280 Sit lQnbc8fürftIit^.ftäbtif*e 3eit
krümmer fanfen, bic roir nod) fyeute benmnbern.
2)od) auf bcr ©teile ©erhängten bie Dftfeeftäbte eine
SBerfefyrSfperre über $)änemar!, f ^rieben Lüftungen
auS, x>erbünbeten fid) mit $>olftein, ©djroeben unb
Norwegen unb fanbten im 3lpril 1362 unter Sodann
Söittenborg, bem erften Sürgermeifter von Cübecf, eine
Kriegsflotte von 52 ©egeln nad) bem ©unbe. ftretlid)
enbete biefe erfte fyanfifdje KriegSfafyrt gegen 3)änemarf
im 3uli 1362 mit ber ferneren Sfteberlage oor ©elfxng*
borg, einem übereilten Söaffenftiüftanbe unb fdjliefMd)
mit bem faulen grieben oon SBorbingborg im ©ep*
tember 1365, ber bie Ijanfifdjen $8efd)roerben über un*
mäßige Auflagen auf ifjreg-ifdjjereien tn©d)onen nur teil-
roeife befeitigte. 3n$nrifd)en ^atte fdjon 1364$llbred)t III.
oon Meyenburg, ber ©djnriegerfofjn beS Königs
Magnus, oon bem fdjtoebifdjen Slbet herbeigerufen,
ber feinem £errfd)er bie ÜJli^cr folge gegen $änemart
md)t Berjtef), bie fd)roebtfcf)e Krone an fid) geriffen,
an 3)änemarf aber, baS ftd) nad) ber SBermäfylung
$afonS unb Margaretes 1363 um fo f efter mit Sftor*
wegen oerbünbete, 1366 bie ganje Küfte beS KattegatS
abtreten müffen. Unbebingter als je beberrfdjten alfo bie
S)änen bie Meerenge. $a fdjloffen 57 nieberbeutfcfye
©tabte beS DftenS unb SöeftenS am 19. Sttooember 1367
im „§anfefaale" beS Kölner föatyaufeS 'bie Konföbe*
ration unter Leitung SübecfS $um Kriege gegen $>äne*
marf. Mit i^nen oerbünbeten fid) am 2. Februar 1368
©djtueben, Mecflenburg, $olftein unb fogar ber jütifdje
2lbel $u bemfelben 3ro*cfe. ©täbte, dürften unb tfibel,
einanber fonft fo feinblid), ftanben gegen bie alle
brücfenbe Übermacht $>änemarfS Dereinigt.
XetStM 3Ingeftd)tS biefer überrafdjenb auffteigenben ©e*
b wnb*?« f a &* en flüchtete 2öalbemar fleinmütig nadj Bommern
ÄttcN üoti unb überliefe 2)änemar( ftcb felbft. ©o natjm unb »er*
ftörte eine ftlotte ber Dfterlinge unter bem lübifdjen
«ürgermeifter Pernio SBarenborp im Mai 1368 äo*
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Xte Ȇbung ber flrofeen lerrttorten
28 t
penhagen, brachte mit fchroebifchcr £>üfe bie lüften*
pläfce Schoneng in ihre £>anb unb fchlojj $elfingborg
ein. 2)ie Schweben befefcten roährenbbem äflöen, fralfter
unb Saalanb, eine Sftorbfeeflotte aernrnftete bie fübroeft;
liefen lüften 91orn>egen§ unb gerftörte ben föntglichen
§of in Sergen, foba(3 £>afon einen Söaffenftiüftanb
fchlie&en mufjte. £)er holfteintfehe &bel nahm Sütlanb
ein, bie 2Jiecflenburger fcfjlugen im Sftouember 1368
bie mit SBalbemar oerbünbeten Bommern bei 2)am*
garten. (Snblidj, al§ am 8. September 1369 auch £el*
ftngborg gefallen mar, roidigte bie bänifche Regent*
fchaft im Sftooember 1369 in einen SBaffenftiOftanb,
am 24. 3Hai 1370 in ben ^rieben von Stralfunb, ben
im tarnen ber Stäbte 3afob ^ßleSforö t>on Sübecf, für
3>änemarf ber SHeichSoerroefer Penning ^utbu§ im Saale
be§ ^oc^giebligen 9tathaufe§ unterzeichnete, ftäne*
marf bewilligte ben Stäbten freien #anbel burd) ba£
ganje D^eid) ju ben frühern niebrigen ^oflfä^en, räumte
ihnen Schonen mit jmei dritteln feiner ©tnfünfte auf
fünfzehn 3ar)re ein unb oerfprach, feinen ®ömg an*
suner)men aufcer mit ber Stäbte 9kt. £)afür liefen
biefe bem ®önig Söalbemar gleichmütig freie §anb
gegen feine fürftlicrjen ^einbe. ®° brachte er fetjon
1371 Wibrecht von Schweben in bie drgfte 33ebrängni3,
»erjagte 1373 bie £>olfteiner au§ Süüanb, nahm bie
$8ormunbfchaft über ben jungen §erjog Heinrich uon
Schleimig in 5lnfpruch unb unterwarf bie unbot*
mäßigen Sftorbfriefen, bie in ben furchtbaren „Sflann*
tränfen" (Sturmfluten) von 1354 unb 1362 einen
großen Seil it)re§ £anbe§ unb trjrer 9J?enfchen in ber
wütenben Sftorbfee hatten untergeben fehen. $ur$
darnach, 24. Oftober 1375, ftarb Söalbemar IV., ber
letjte $önig au§ bem Stamme Swen (£ftrithfon§,
unb faft gleichzeitig ber junge fierjog Heinrich von
Schleswig.
Sie $anfa hatte bie ftoljefte $öt)e ihrer wirk
282
Sie ranbcSfürpti^ftäbti^e 3ett
fdjaftlictjen unb polittfdjen Dbmadjt über ben Horben
erftiegen, nacrjbem ber ftriebe von ®attunbborg,
14. 5luguft 1376, it)re alte Stellung aud? in Norwegen
beftätigt j^tte, unb aud) ßarl IV. erfannte bei einem
SBefudje in 2übecf, im Dftober 1375, mit et)renben
Sorten bie gemaltige ©ebeutung biefer Stabt unb
ifjreS SöunbeS an, ber ot)ne jebeä 3 u ^ un öer SRek&S*
gemalt erroadjfen mar. 5lber bie Hebungen ber 3ünfte,
bie nun bodt) aud) in einzelnen gröf?ern #anfeftäbten
ju- ferneren Sirren führten, in ©remen 1365/66, in
93raunfd)roeig 1374/80, in Hamburg 1376, in ßübeef
felbft 1380 unb 1384, unb nur burd) geroaltfame
Littel (in 93raunfd)roeig buret) bie „*8ert)anfung," bie
2lu§fd)liefeung ber ©tabt oon allem *Berfet)r) unb billige
3ugeftänbntffe an bie 3önf te unterbrüeft roerben fonnten,
er f fütterten bie ftäbtifdje 5lriftofratie, unb fte roid) im
Horben einige ©dritte jurücf. ©ie lief} gefc^e^en, bafc ber
fünfjährige Olaf, ber So^n §afon§ unb 2ttargareten§,
1376 in $änemarf, 1380 aud) in Sflorroegen ben $t)ron
beftieg, alfo beibe ffieidje vereinigte, unb fte räumte
1386 nertragStreu aber furjftdjttg tfjre (Stellungen auf
©djonen, gab alfo bie polittfctjen ©rgebniffe i^rer ©iege
auf. ©nergifcfjer mußten bie f)olfieütifcr)en Orafen ir)r
Qntereffe au magren: fte ertrofcten oon 2flargareta am
15. Sluguft 1386 bie Söele^nung mit ©djleSmtg unb
9torbfrie§lanb. $ie ftaat§recf)tlicr)e Sßerbinbung ®cr)le§^
mig§ unb §olftetn§ unter bemfelben $errfd)erl)aufe
mar begrünbet.
«u*- Säfjrenb biefeS Bingens ber ©täbte um bie £err*
br bcr m Waft ber norbifdjen 2Keere ftieg ber beutfäe Orben§=
waAHi t ^ aa *' c * nc mcr ^ ro " r ^^9 e uno 9lücfti^c # bamalS ganj
Dftcn einzige Söerbinbung geiftltdjer, abltdjer unb bürgerlicher
2Kacf)t, jur erften ©rojhnad)t an ber Dftfee empor.
$a§ ganje weite ftüftenlanb oon ber Dftgren^e
Bommerns bt§ an ben ^ßcipuSfcc umfaffenb, oermegen
^ineingebaut jmifdjen ^ßolen, ßitauer unb Muffen,
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$>tc »Übung ber großen lerritorten 283
betten allen er ihr natürlichem ftüftcngebiet oorenthielt,
entroanb er ^ommereflen nach bem SluSfterben fetneS
flattrifchen §errf eher häuf e3 mit Sfleftnnn 1295 im jähen
SRtngen ben branbenburgifctjen 5l3laniern (al§ ben
Se^n§^erren ^ßommeru3) unb ben ^ßolen unb erlangte
enbticf) unter bem §ochmeifter Subolf König im Sßer*
trage t>on Kalifd) am 23. 3uli 1343 von König Kaftmir
bem ©ro&en (1333 bi§ 1370) bie förmliche Abtretung be§
ßanbe§. 9lnbrerfeit§ burchfchmtt freilief) biefer König, ber
Reformator dolens, bem anfehtoeßenben <ScIt>ftgefüt)Ie
feines $8olfe§ entfprecrjenb, ben engen 3 u f° mmcn ^ an 9
feiner beutfdjen ©täbte mit bem 2Hutterlanbe, inbem
er ilmen ben DtechtSgug nach bem Oberhofe 9ftagbe=
bürg ©erbot, unb bie beutfehe 3uroanberung nach ^ßolen
ftoefte feit ben Verheerungen be§ „fcf)n>ar$en £obe§."
Um fo energtfcr)er brang bie beutfehe $errfct)aft in csrtuerbung
ben Küftenlanbfchaften oor. ©in furchtbarer ©ftenauf* mmfji'
ftanb nötigte SBSalbemar IV., 1346 ba§ bänifche ©ftlanb 8t JJ£ et
mit SHeoal an ben beutferjen Orben $u oerfaufen. $)en
heibnifdjen Litauern aber, feinen eigentlichen $aupt*
feinben, gegen bie er ba§ Kreuj noch immer prebigen
lief* unb immer roieber Kreujfahrerfcharen entfanbte,
entrifc er 1362 Konmo am Seemen, oergalt ihre grim*
migen (Einfälle mit ebenfo grimmigen ©egenftö&en unb
brachte ihnen enblid), al§ fte im harten Söinter mit
großer £eere§macht bie ©renjoerhaefe burchbradjen, in
ber blutigften 8itauerfd)lacht ber Orben§gef dachte bei
SHubau nörblich oon Königsberg am 17. ftebruar 1370
eine furchtbare, lang nachmirfenbe 9tteberlage bei.
Unter bem glänjenben ^ocrjmeifter 2ötnrich von Knips
robe, einem Dtheinfranfen (1351 bi§ 1382), erftieg ber
Orben gleichzeitig mit ber §anfa bie Sonnenhöhe ber
Stacht unb be§ SRuhmeS.
@an$ mittelalterlich feinem Urfprunge nach unb «erraff ung
ganj mobern in feiner <Staat§auffaffung oereinigte ber cxtm^
Orben in ^ßreufien unb in ben oon ihm unmittelbar, f laat *
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284
S)ic Ianbcgfitrflli^.ftäbti^e 3ett
raenngleid) meift in SehnSabljängigfeit vom ©rjbiStum
SHiga beherrfdfjten teilen ÖtolanbS unb (£ftlanb§ nad^
hohenftaufifchsnormännifcher gürftenroeife al§ Dber*
etgentümer be§ ganzen 93obcn§ alle nichtigen £>ohett§*
rechte, bie Regalien, bie 2JUlitärhof>eit über alle Unter*
ttjanen, auch bie ber Kirche, unb ba£ ^atronat über
bie Pfarren in feiner £anb, nahm al3 geiftltche ®e*
noffenfchaft ben ®irchen$ehnten für fleh, befefcte bie
bifdjöfttdjen Kapitel in Sßreufjen (aufcer in ©rmlanb)
mit feinen trübem unb hielt ftch burcb, einen jtänbigen
©efanbten, ben DrbenSprofurator, in fteter SBerbinbung
mit ber Äurie. ©einen ©täbten gemährte er eine au£*
gebet>nte Selbftoerroaltung unb bie Teilnahme an ber
§anfa, aber er betätigte ben dlat unb bie com ©tabt=
geriet gefällten £obe§urtetle, bejog jroei drittel ber
©elbbufjen unb anfehnliche inbirefte Steuern com
ftäbttfchen Söerfe^r. $)ie beutfdjen Seeleute unb bie
freien beutfdjen Bauern jaulten einen mäßigen 3™$*
jene Ratten bie niebre, feiten bie Ijöfjere ©erid)t§barfeit
über ihre Printer f äffen, meift prige ^ßreufeen, bie von
ben beutfdjen ©täbten unb Dörfern auSgefchloffen
waren. 3 um ßrtegSbienft, gur „SRetfe," wenn ba§
„ßanbgefchrei" erging, waren bie Untertanen aller
(Stäube verpflichtet, ©in roirflicheg, nicht ein belehnteg
Beamtentum, burchroeg DrbenSritler, mit ftrengem
2lu§fd)lufe ber ßaien, regierte ba§ Sanb. 3n ben 93e*
jirfen f falteten Äomture, bie auf Drben§burgen, ben
SJlittelpunften ber Berroaltung unb SBerteibigung, fafsen,
beraten von Brüberfonoenten, $u ftrenger SRechenfchaft
verpflichtet unb auf§ fd)ärffte Übermacht; in Ötolanb
gebot über fie ber öanbmetfter auf Schloß SBenben, in
^reu&en feit 1309 (nach bem Berlufte <Snrien§) un*
mittelbar ber £>ochmeifter felbft in ber gemaltigen
Üftarienburg an ber STCogat, bem feften „§auptbaufe"
unb bem prächtigen SHefiben$fchloffe be§ DrbenS. %fym
jur Seite ftanben bie fünf großen ®ebietiger, ber ®rofc
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$ie SBitbung ber flrofeen Territorien 285
fomtur für ©djafc, Vorräte unb Schiffe, ber 3Harfchaü
al3 KriegSminifter unb Oberbefehlshaber, ber ©pittler
für bie ßranfenpflege, ber $rappterer für Kleibung unb
Lüftung, ber £reßler al§ ftinanjmimfter. $te hoffte
@ntf Reibung lag beim „®eneralfapitel," ju bem biefe
fünf fyödjften ^Beamten mit ben £anbmetftern t«on 2iv-
lanb unb $)eutfd)tanb berufen würben.
Unter biefer umfichttgen unb feften SBerroaltung *fto*
rourbe ber Orben§ftaat bie ftärffte grinanj* unb erbeut
Kriegsmacht be3 Horbens, bie um 1400 eine jähr* ftaat *
liehe ©elbeinnabme (abzüglich ber regelmäßigen 53er-
roaltungSfoften) von 54 000 Wlaxl ©über preußifch
(faffc 5 1 /, 2Jli0ionen SJtarf nach beutigem Kauf*
roert) oerrechnete unb ein §eer allein von 10000
fchmeren Leitern auffteüen fonnte; er mürbe aber
auch im ©chufce biefer Kriegsmacht, ber feften OrbenSs
bürgen unb ber faft unburchbringltchen ©renjroilbntS
im Often unb Süben baS roirtfchaftlich blühenbfte
Sanb an ber Oftfee. ©ine 2ftaffeneinroanberung au§
gan$ $)eutfchlanb begrünbete bis gegen 1400 in Greußen,
allein 93 beutfdje ©täbte unb 1400 Dörfer unb ger*
maniperte bieS ßanb fo ooUftänbig, baß ba§ ^ßreußenoolf
fap ganjlich auSftarb unb auch bie litauifche unb pol*
nifche (mafurifche) 93ei)ölferung auf einige ©renjftriche
befchranft rourbe. $)ie (SumpfroübniS beS SöeichfelbeltaS
»erroanbelte fid) burch riefige $>eicf)bauten unb (§mt*
roäfferungSgräben in ben üpptgften Sltferboben $eutfd) s
lanbS, bie ©eeftäbte, baS mächtige 2)an$tg, ber große
Stapelplatz be8 SBeichfellanbeS ooran, nahmen an ber
hanftfehen $anbel§h^trfchaft über ben Horben teil unb
zeigten in gemaltigen fird)lichen unb meltlichen ^Bauten
nicht minber ihren Reichtum unb Kunftfinn rote ber
Orben felbft in ber 9J2arienburg, beren fcfjlanfe ©äulen
unb Sterngeroölbe rote ein *8ilb auS ben ^ßalmenhainen
be§ fernen ©nrien erfcheinen. eanft"rf)cr
2lber roeit über bie ©renken Deutfcher §errfcf)aft Wtein
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286
Sic Ianbe&fürfiticHtäbtitöe 3eü
fcinaug mar ber ganje Horben unb Ofien in ein gro&eg
2Birtfdl)aft§gebtet beS meberbeutfcfyen Kaufmanns oer*
roanbelt. Sein 3roifd)en s unb 2lu§fu^r^anbcl oerforgte
bicfe germanifdjen unb flatoifdjen $8ölfer mit bcn ©oben«
unb ©etoerbeprobufcen 2)eutfd)lanb§ unb ©übeuropaS
unb bejog von t&nen bic unerfd)öpfltd)en SHoEjprobufte
t&rer Söälber, JBergroerfe unb $iefyl)erben, bic oon bcm
blü^enben £>anbtoerfe bei* §anfeftäbte bi§ nadj ^lieber*
fadjfen unb SBranbenburg hinein für bcn eignen 93ebarf
wie für bie 2Iu§fuf)r oerarbeitet würben. 95ci biefem ^an-
bei regneten bie SMeberbeutfdjen im Unterfc&tebe oon ben
Oberbeutfdjen, bie mit ben SMturlänbern beg 2öeften§
unb ©üben§ ttyre (Sefdjäfte in bcr ©olbtoäfyrung nad)
ber ®ölnif(f)en 2ttarf führten, in ber lübifdjen ©Uber*
Währung (1 Wlaxl = Vi Wno ©Uber ju B 1 /, bi§
3 7 4 Wlaxt §u je 16 ©djitUng lübifd), in 2HetaHioert =
10 bi§ 12 Wlaxt, im ßauftoert mtnbeftenS ba§ 3ef)n*
fad)e; baneben 1 $funb ©Uber ober „Sßfunb Sterling/'
b. i. Easterling, Ofterling), ©ie begleiteten meift felber
if>re 2öaren, an benen ber Kapitän (©d)tffer) unb aud) bie
Bemannung getoöfnilid) Anteil Ratten, um baS SHififo
beffer ju verteilen, oerfauften nur gegen Söarjaljlung,
Saufrf) ober $fanb mit Eintragung be§ ©efd)äft§ in§
©tabtbud), unb fie führten ben Sßerfefjr, ber fid) ganj
übertoie^nb jur ©ee bewegte, auf ftarfen, gebrungen
gebauten, aroeimafttgen ©egelfd)iffen, ben Joggen, 8fa£)r*
jeugenoon 200 bi§ 300 Sonnen, bie mit fco&en „ftafteHen"
auf bem 5Id)ter* unb SBorberbecf unb ®efed)t3marfen
(Sftaftförben) $ur $8ertetbtgung gerüftet toaren. S8ei ber
UnficfjerJjett bcr 9Jieere fuhren ftc, unb jmar nur in ber
guten 3a^re§aeit, jtoifdjen 8id)tme& unb SRartüu ge*
it)öt)nlidt> ju regelmäßig oerfefjrenben Rotten oereinigt
unb oon fdi)ioeren ftrebefoggen (ßriegSf Riffen) gebeeft.
$)a bie ©djjiffe Hein maren, fo fonnten aud) g-lufjftäbte
toie Wöln unb Zfyoxn bireft an biefen ga^rten teil*
nehmen, beren ©ccgefa^ren fid) nur fcl)r attmä^licr)
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$ie Ȇbung ber grofcen Territorien
287
burcf) ©rbauung von Leuchttürmen (bei gfalfterbo,
£rat)emünbe, £ibben3ö, S^curocrf ) unb ^Bezeichnung ber
oft fd)tüterigen Hafeneinfahrten oerminberten. 2)ie
nrid)tigften £iele ber fahrten waren bie großen
hanfifdjen ^aufpfe (Kontore) in ©rügge, fionbon
(©ta^l^of), bergen unb Sftorogorob, wohin bie hanftfchen
Joggen burd) bie -iHewa, ben fiabogafee unb ben
2öold)ow gelangten. $)iefe allein vermittelten ben*8erfehr
Swtfdhen ben $eutfchen unb ben (Anwohnern be§£anbe§
unb waren nach beutfchem fechte unb unter ber Öeitung
Sübecf 3 ftreng georbnete, zuweilen, namentlich in SBergen,
halb mönd)ifcr) lebenbe ©enoffenfd)aften, bie in S^oro*
gorob au§ ben oorübergehenb fykx oerfehrenben $auf*
leuten, in bergen unb ßonbon bagegen au§ feft ange*
ftebelten ©üben beutfdjer §änbler unb §anbwerfer
beftanben. Unb nrie bie großen Seemächte ftet£ auch
bie £ochfeefifcheret befyerrfcrjt haben, fo brängten fldt) atl=
]äc)rlic^ $wifd)en $af obi unb 3JMchaeli§ an bem jetjt oben
©tranbe jwtfchen galfterbo unb ©fanör auf Schonen
taufenbe oon gahr$eugen um bie „bitten/ in benen
bamal§ bie ©eeftfdje, namentlich bie geringe, bie un*
entbehrliche fjaftcnfpcife befonberS ber Seeftäbte, in
Ungeheuern Waffen nach & cm 3r^nge eingefallen unb
oerpatft mürben. 9ftd)t am wemgften biefer 2lu§beute
ber 5ifd)erei oerbanften bie Dftfeeftäbte ihren rounberbar
fdjnell erblühenben Reichtum. Söie ba§ alleS auf bie
©täbte jurücfwtrfte, ba§ geigen noch heute, beffer al§
alle etma überlieferten 3 a hten, t& re tieftgen, ho<hö e?
türmten Kirchen unb SRathäufer in imponterenber
Steife.
@o mar bie gewaltige beutfdje Nation, bie einft ©rnefoit*
Italien beherrfcf)t unb ihr Banner auf ben Stauern t»on
Serufalem aufgepflanzt hatte, tro£ ih*e* elenben SHeid)§*
oerfaffung, bie fic lähmte, unb trofe ber ftänbifchen
©egenfäfce, bie fte $erriffen, burd) bie unoerwüftliche
Süchtigfeit ber einzelnen unb ber ©enoffenfehaften
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288
Tie lunbc3fiirft(i(f)'ftäbtifrf)c Seit
bte nnrtfd)aftlicf)e unb melfad) aud) bic polittferje ©c^
bicterin be§ Horbens unb Dften§ geworben, unb nir=
genb§ trat fic fo fyerrifd), ftofy unb geit»alttf)ättg auf
roie l)ier, wo ftc fi$ sugletcrj at§ überlegne Äultur^
mad)t füllte.
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9cr Verfall tor toutfdisn JßadifflfeUung
im $flfen ani> fra* Sintern ter Esfrrm
in Sirrin unir &*irfi
1389 b\* 1517
Bur 51t balb follten bie $)eutfchen fchmeralich cm*
pftnben, baf? bie Stiftungen fleinerer Greife nie-
mals bie Kraft einer organiflerten großen Nation er*
fefcen fönnen. ©egen bie beutfche Kultur herrfdjaft
erhob ftch bie SReaftion ber bejnmngnen, aümäf)*
lieh reifenben Völler, im Söeften unb Dflen ftiegen
neue geroaltige Kriegsmächte empor, im Snnern
ging bie ftänbifche 3**fefcung weiter ihren ©ang, unb
immer lauter erfdjoü ber SRuf nach einer Reform ber
©erberbten Kirche unb nach einer ©tärfung ber SHeichS*
gemalt.
fiangfamer $og bie ©efatjr im Horben tyxatt, $ie Union
mit unheimlicher ©dmelligfeit im Dften. Stom unju* Haimar
friebnen fchroebifchen 21bel gerufen, überwältigte
Margareta bei ftatföping am 24. ftebruar 1389 ben
Sftecflenburger Wibrecht unb belagerte ba§ ^albbeutfd^e
©tocfholm, ba§ ftch ^artnäcftg oerteibigte, $umal ba
bie §anfeftäbte Kaperbriefe ausgaben, um bie be*
brängte ©tabt mit Lebensmitteln $u oerforgen. 2lber
bie t>erroognen ©efetlen, bie ba§ unternahmen, bie
„SMtaltaner," mürben allmählich, nachbem 1395 ein
£cr aBcrbcgang beS bcutfdjen JöolfeS I 19
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200
$te ranbeSfärftlttWtäbttföe 3eit
breijcthriger SöaffenftiUftanb ben Slampf um ©tocfholm
becnbigt hatte, ju einer furchtbaren ©eeräuberbanbe:
fte plünberten 1392 2Kalmö unb SBergen, nahmen 1394
Sötöbu, unb festen, oon bort burd) ben beutfdjen Drben
oertrieben, ityx Unroefen in ber Sftorbfee fort, bis it>re
berüchtigten ftührer ftlauS ©törtebefer unb ©öbefe
9flichelfon im ftrühjahr 1402 bei Sfteuwer! oon ben
Hamburgern überwältigt unb mit ihren ©piefjgef eilen
Eingerichtet mürben. 3namifd)cn hatten fleh $)änemarf,
Norwegen unb ©chroeben, nunmehr unter Margareta
geeinigt, in ber Union oon Palmar am 13. 3uni 1397
ju ©chufc unb Srufc gegen jeben auswärtigen ftetnb
oerbünbet unb ©rieh von Bommern, ben ©rofmeffen
ber Königin, al§ ihren Nachfolger anerfannt. Shnt
übergaben bie §anfeftäbte im ©eptember 1398 ©toef*
holm, toofür fie 1399 bie 93eftätigung ihrer spriotlegien
erhielten. Unb boch mar bie Union ber Anfang oom
@nbe für bie Dbmacht ber Dfterlinge in ben norbifchen
Neichen, nur ba& fid) wirtfehaftliche Umtoanblungen
Iangfamer ooüjiehen al§ politifche.
Um fo rafchcr brach bie Stacht beS beutfehen
DrbenS ^ufammen. 3)ie SBermählung be§ ©ro&fürften
SagieOo (Sölabujlaw) von Sitauen mit ©ebroig, ber
(Srbin ®önig ftaftmir§ be§ ©rofjen oon $olen (ge*
ftorben 1370), im ftebruar 1386 hatte beibe JHeiche unter
einer Jerone oereinigt unb zugleich ben Übertritt ber
Litauer jum ©hriftentum herbeigeführt. $)amit mar
nicht nur bie Stellung be§ Orben§ in ben ftüftenlanben
beiber deiche auf 3 äu&erfte bebroht, fonbem auch We
©runblage feiner ©£tften$, bie ^flicht be§ ftampfeS
gegen bie §eibenfchaft, ihm unter ben 3rüf?en roegge^
jogen. ®a§ roirfte oerhcingmäooH auf ihn felber unb
f einefidnber §urücf, benn bie f charfe ftttltche Slnfpannung,
bie er x>on feinen ©liebern oerlangte, liefe fleh jetjt um
fo weniger mehr behaupten, al§ ber [Reichtum unb bie
brülle biefeS folonialen ßebenS fte längft gelocfcrt hatten,
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£cr «öerfall ber bcutj^en Wadjtftellimg im Cften
2<J1
unb ben Untertanen be§ DrbenS, bem ftofyen Sanb*
abel unb ben reiben mächtigen ©täbten, cor allem
<Preu&en3, erfdjien e§ immer unerträglicher, o^ne jeben
©influf* auf bie Ceitung be§ 8anbe§, einer geiftlicrjen
©enoffenfcfjaft blinb $u gef)orct)en, au§ ber mit bem
3n>ecf aud) ber alte ©eift entroid). ©d)on bilbete
bie t>albpolnifd)e $itterfd)aft be§ Kulmerlanbeä ben
„©ibedtfenbunb," unb bie ©täbte blicften neibifd) auf
ben blü^enben (Sigenfjanbel be§ DrbenS. Erofebem
entriß biefer ben Litauern nod) ©amogüien, ba§
3nrifcr)enlanb jnrifcrjen Greußen unb Kurlanb, unb er-
warb 1402 von bem oerfommenben lu^emburgifdjen
§aufe bie Heumar!, fd)ob alfo feine 2ftad)t toefttnärtS
bis über bie Ober oor. (S§ mar bie größte 2lu§bef)nung
feine§ ©ebiet§, bie ifym belieben mar.
$)od) ber ©treit um einige Bürgen in ber Heumar! ©tfia^t
führte rafct) ben f&xndj mit Sßoten* Litauen ^erbei, Mannen,
unb am 15. guli 1410 fiel auf ber §etbe oon Sannen* un ^ r r ö iebc
berg bei ©ilgenburg bie ©ntfdjeibung über unfern t>on sfrora
Often. 3fa mörberifcrjem Kampfe erlag ba8 Orben§^eer
be§ $oct)meifter§ Ulrid) von Q[ungingen ber flannfcfjen
Übermalt, bie burd) tfdjedjtfdje ©ölbner unb tatarifd)e
Raufen nod) oerftärft mar; ber #od)meifter felber fiel,
von ben Komturen entfam nur einer. 9htr bie Ber*
fäumm§ be§ ^olenfönigS, ber in ro^er Völlerei unb
mit $inrid)tung t>ornef)mer ©efangnen f oftbare Sage
oergeubete, gab bem tapfern Komtur t>on Sdjroetj,
©einriß SReufc t>on flauen, bie 9Köglid)f eit , ba§
„|>auptl)aug" be§ DrbenS, bie aJtarienburg, $u retten,
roäbrenb fonft faft ba§ gan$e 8anb fdn'mpflid) bem
©ieger tjulbigte. SRad) ad)tn>öcr)iger Belagerung oer*
jroeifelte ber s $olenföntg baran, bie ftefte ju bedingen,
unb gemährte enblid> ju Anfang be§ SafJreS 1411 ben
^rieben r»on %f)oxn gegen Abtretung oon ©amogitien
unb ein fcr)roere§ ßöfegelb für bie ©efangnen. 9lad)
SBerbienft jum §odjmeifter gef oren, oerlief) ^einricr) 1412
19*
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292
Sic tanbe§ffirfUicMtäbtifc$e 3ett
bcm ßanbe mit ber Einrichtung beS „SanbratS" eine
ftänbtfche Söerfaffung; aber fo unoermetblich bieS rvax,
er hatte bamü baS ©runbgefefc beS DrbenS gebrochen
unb tourbe baher fdjon im Dftober 1413 fd^impflict)
auS bem Amte geftofjen. 2)amit erweiterte ftch bie
unheiloode ftluft snrifdjen bem Sanbe unb bem Drben,
unb beffen alte ©röfse fcrjroanb bahin, toetl er fid) un*
fähig acigte, feine SBerfaffung umjugeftalten, wie eS bie
3eit verlangte.
pt $enoetlen ftieg im ©üboften ber furchtbare Krieger*
lürIcn ftaat ber oSmantfchen dürfen herauf. Stach *>er *ßer*
nichtung beS ferbtfchen SReichS in ber ©flacht auf
bem Amfelfelbe am 27. Sunt 1389 ftanb ©ultan
Sajefib ber „93litj" an ber ©übgrenje Ungarns, unb
am 28. September 1396 erfocht er bei SftifopoltS an
ber $onau über ein ungarifch = beutfch*fran$öfifcheS
®reu$heer unter König ©igtSmunb einen glänjenben
©ieg, beffen Ausbeutung nur bie Annäherung ber
Mongolen oerhinberte.
^ntfefeunö Snjtoifchen mar baS beutfche Königtum unter
»ufit! SBenjelS immer mürbeloferer ^erfönlichfeit gerabeju in
%S Verachtung gefunfen. gür bie Iujemburgifchen Snter*
effen gab er bie beS DieicheS preis. Um bie AuSfichten
ber Habsburger auf Polen (f. ®. 264) ju burchlreujen,
hatte er bie oerhängniSooIIe Söafjl SagieüoS begünftigt,
um feinem 93ruber ©igiSmunb jur ungarifchen Krone
au oerhelfen, jebe entfchiebne Parteinahme in ber
heillofen Ktrchenfpaltung feit 1378 oermieben; enb=
lieh warf man ihm oor, bafj er burch bie ©rhebung
beS ©aleajjo Visconti $um ©erjog oon äftailanb
1395 bie fechte beS Geichs gefchäbigt habe. (So
traten fchüe&lich bie Kurfürften nrieber als Präger
beS Geichs auf, erflärten in ihrer SUcehrjaW am
20. Auguft 1400 Söenjel als einen „unnüfcen unb oer*
fäumlichen ©ntglieberer beS heiligen römifchen SReichS"
beS Königtums für entfefet unb wählten an feiner ©tatt
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2>er Söerfatl ber beutfd&en gttad&tfteHuna im Cften 293
ben <PfaIagrafen Ütupred)t (1400 bi§ 1410). $od) ber
perfönttcf) roadre §err fanb überhaupt nur im ©üb*
toeften eine 2lrt oon SInerfennung, unb er oerlor aud)
ba§ wenige, toa§ er oon 9Infef>en fyatte, atö fein mit
ganj ungenügenben Gräften unternommner Berfucf),
2ftailanb aurüdaugeroinnen, im Oftober 1401 oor Breicia
fläglid) gevettert mar. ©cfylte&lid) braute ©r^bifdjof
Sodann von 9Jtoins, *fo« *>er geroiffenlofeften dürften
biefer 3eit, snrifdjen füb* unb toeftbeutfäen dürften unb
©täbten 1405 ben Barbadier Bunb $um ©cfmfce ifcrer
„tjreifjeiten" gegen ben $önig $uftanbe. Unb nod)
immer §atte Söenjel eine Partei im föeidje. 2)a ftarb
9htpred)t am 18. Wlai 1410. 9iun mäf)lte bie 9Jtef)r*
J>cit ber ßurfürften ben ganj un^uoerläffigen Soft oon
9Käf)ren, ^fafy unb Srier aber ben Ungarnfönig
«SigiSmunb. 3um ©Iücf ftarb Soft fdjon am 17. Sa*
nuar 1411, unb bie biplomattfdje ©emanbt^eit be§
Burggrafen grtebrid) VI. oon Dürnberg beftimmte bie
Äurfürften jur 3lnerfennung ftönig SigiSmunbS, roofür
biefer am 7. $uli 1411 bem £>of)enäoflern bie Ber*
toaltung feiner Wlaxl Branbenburg übertrug. $a Söenjel
feine 9lnfprüd)e nicfyt roeiter betonte, fo fyatte enblid)
bie beutfdje ftönigSnritrbe mieber einen allgemein an*
erfannten Vertreter, toenngleid) einen falben 5Iu§*
länber.
@§ mar toteber ein Siugenblitf, roo bie ftirdje ntd)t $ C r
minber al§ ba§ <Hei$ bie frdftige $anb eine§ ®aifet§
erfeljnte. (Seit ber Oiüdfefyr ber ®urte oon 9loignon nad) Ät*# c
SRom 1378, bie ba8 „babnlonifd)e @rU" be§ ^apfttumä
beenbete, unb feit ber fid) baran fd)liefjenben Goppel*
roat)t ^atte ber®tuf)l s #etrt $toet $n!)aber, jebenmit einem
Siemttd) feften Greife oon Säubern, too er anerfannt mar.
S)em römifdjen ^apfte geF)ord)ten Statten, (Sngtanb unb
3)eutfd)Ianb mit bem Often, bem aoignoneftfdjen ba3
übrige romantfdje 2lbenblanb. §atte nun fcfyon oor
1378 ber #of oon Sloignon feine finanziellen 9lnfprüd)e
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294 3to lanbeSfürfiltcfKtäbtifdje 3ctt
roefentlich t)öf)er gefpannt, ba bie italtenifchen (Sin-
fünfte oft oerfagten, fo fliegen fte nach ber &irct)en=
fpaltung in§ Ungemeffene. ßag e§ bod) nahe genug,
bie beanfprucr)te Slllgeroalt be3 ^apfttumS auch auf ben
SBeftö be§ unermeßlichen ßirchenoermögen§ au^ubehnen.
SBegünftigt nmrbe bie§ baburef), baß bie naturaltoirt*
fchaftltchen ©emeintotrtfehaften namentlich ber Stifter
bamalS allgemein in eine Slnjahl einzelner ^frünben
aufgelöft worben waren, bie nun ohne IHücfftc^t auf
bie 3uge^örigfeit be§ @mpfönger§ oft in größerer 5ln=
jabl an einen einzelnen oergeben würben. $)ie $8er*
leihung btefer ^ßfrünben nrie ber fyotyn &ircr)enämter
an ftd) in reißen unb barauS buret) fcfjamlofe Sünonte
©elb ju fctjlagen, toar ba§ ganje SBeftreben ber Shirie.
Unb ba fte fich fein ©eroiffen barau§ machte, auch
^irchenftrafen gegen eine ©elbjahlung $u frommen
gtoeefen ju erlaffen (9lblaß), fo tourbe nicht nur bie
®urte ju einem großen 93anff)au3 enttoürbigt, fonbern
auch ade regelmäßige SBertoaltung ber JRirche zerrüttet
unb ba§ religiöfe Seben ber Saien oergiftet. S)a ging
nun ber SRuf nach „Reform ber Kirche an $>aupt unb
©liebern" nicht oon ber oerberbten Hierarchie, fonbern
oon ben großen fcholaftifchen Unioerfttaten 9öefteuropa§
au§, unb ba e8 eine Autorität, bie bem Unfug eineä
boppelten ^apfttumä f>ätte fteuern fönnen, bei bem
3erfall ber ftaifergeioalt nicht gab, fo fam man auf
bie fonjiliaren ©ebanfen be3 oierjehnten 3abrf)unbert3
Surücf. @in ®on$il al§ bie fouoeröne Vertretung ber
Kirche foHte alfo ben Streit flüchten unb bie Kirche
reformieren. $)och ba§ in ^ßifa 1409 oerfammelte »er*
fchlimmerte nur noch bie Spaltung, benn e8 mählte
2lle;ianber V., ohne bie beiben anbern oon ihm entfetten
^äpfte aur Slbbanfung anfingen ju fönnen, unb in*
jroifchen begann in ben Siefen be3 mißhanbelten niebem
®leru§ eine gan$ anbre, eine rabifale SReformberoegung.
mlu\ Sie beruhte auf ber oft oerbunfelten, aber niemals
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$er 2)erfafl bct beutfäen 2na<$tfteflung im Cften 295
ganj oergeffenen eoangelifdjen ©runblage ber ßirdje
unb auf bcr aRgftif, beren 3ie( bie unmittelbare @e*
meinfetjaft $u>ifctjen ©ott unb bem 2ftenfd)en war. $ie
prafttfdjen Folgerungen barauS 50g bamalS $unäd)ft
Sofcn SBMclif in Drjorb, $u einer 3*ü> roo ftd) unter
ber ruljmoollen Regierung (SbroarbS III. ba§ lange unter-
brütfte angelfädtfifcrje Söefen roieber fraftooll gegen
ba§ herrf<$enbe franaöpfc^'normannifc^e ©lement erfy ob
mit bem aud) bie Qbeen von ber 9lllgen>alt be§ ^apfttumS
in§ fianb gefommen waren. äöiclif oertoarf bie «Sieben*
jaf>l ber ©aframente unb bie $8rotoenoanblung§lef)re,
alfo bie 2JtittlerftelIung ber ©eiftli$feit mit allen ihren
Folgerungen ; er fah bie ßtrdje nicht in th*, | onbern in
ber ©emeinfehaft ber ©laubigen, beren £>aupt ©hrtftuS
fei, nidt)t ber ?a»ft, unb nahm beS^alb für fie aud) bie
Verfügung über ba§ ßircfjengut in 9lnfprucf), für ben
(Staat aber bie Unabhängigkeit oon ber Kirche. $8on
ben päpftlichen $Berbammung§urteilen nicht erreicht,
ftarb Söiclif 1384 frieblich auf feiner Pfarre; aber mehr
al§ in (Snglanb rotrfte feine jugleid) eoangelifdje unb
oottStümltche, in ber *8olf§fprache oorgetragne Sehre
in ^Böhmen, junäcrjft an ber Unioerfttät Sßrag, bie mit
Drjorb in befonberS engen ^Beziehungen ftanb.
$ier würbe fte oon jroei ©elehrten tfcr)cdt>if(ät>cn Cannes
Stammes aufgenommen, oon ©terongmuS, einem Spanne ^ u8
au§ alttfc^ecr>ifdcjem $Ibel, unb bem 93auernfof)ne 3o*
hanneS §ug au§ £mfineä bei ^ßrad)atft> (geboren um
1360), ohne felbftänbige SBeiterbilbung, aber mit einer
tfcrjecr)ifd)snationalen SBenbung, bie längft oor^anbnen
nationalen unb fojialen Strömungen im flanschen *8oIf§<
reben SBöhmenS entgegenkam. Denn mit £aj? unb 9ieib
far) ber flatoifche 9lbel auf bie blühenben beutfehen Stabt*
gemeinben, bie befte ©tütje be§ Königtum?, ber mifc
hanbelte tfchechifcf)* 93auer auf ben mel günftiger ge*
fteflten beutfehen, bie fehlest befolbete, mangelhaft ge*
bilbete niebre ©eiftlid^feit auf bie fdjtoelgenben unb
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296 Sie IanbeSffirftltcMtäbtifd&e 3eit
nid)t§thuenben Prälaten. SBelchen ©inbrucf mu&te e§
ba nun machen, wenn §u3, feit 1402 s ßrebtger an ber
93etJ)Ief)em§f apeüe bei Sßrag, bie fiehren SBtclifS oer*
fünbigte unb zugleich bic ^fdjedjen al§ „bie ©ohne be§
Geichs," bie 3)eutfchen al§ ©inbringünge bezeichnete!
®ie Unioer fltät ^Srag, von beren oter „Nationen"
(ßanbSmannfchaften)brei, bie bagrifdje, bie fächfifch* unb
bie polnifdje, beutfd) waren, oertoarf begreifltchertoeife
bie ©ätje SBiclifS; aber §u§ erfocht ben erften Sieg ba*
burd), bafc Slönig 2öen$el, gegen beffen Neutralität
bei ber ßirchenfpaltung fich bie Unioerfttät gleich-
falls ausgebrochen hatte, burdj ba§ S)efret von Hutten«
berg am 18. Januar 1409 bie alte Sßerfaffung ber
Unioerfttät umftürjte, inbem er ber böhmifchen Nation
brei, ben anbern brei SanbSmannfchaften gufammen nur
eine "Stimme zuteilte. 5)te alfo ben Stechen ausgelieferte
Unioerfttät ^rag ©erliefen bie beutfcfjen Sßrofefforen
unb ©tubenten, um nach ©rfurt &u gehen ober in
Seipjig 1409 eine neue ftrengfirchlicfje §od)fchule ju
begrünben, unb bie Söelthochfchule $arl§ IV. fanf ju
einer tfchedjtfchen ßanbeSanftalt tyxafo. hinein ben
ßampf, ben bie Unioerfttät hatte fallen laffen müffen,
nahm alSbalb bie Hierarchie junächft in Söhnten auf.
$)er (Srjbifchof oon $rag bannte $>uS, im Sahre 1411
auch ber ^ßapft; bie ©tabt oerfiel bem ^nterbift.
©chlie^lich tonnte auch Söenjel ben fühnen Sßrebiger
nicht mehr halten; aber als §uS im $)e$ember 1412
^ßrag oerlaffen mufjte, fanb er 3uflucht auf ben
©chlöffern beS tfchechtfchen SIbelS unb oerbreitete nun
feine £ef)re burch Söort unb ©djrift über baS ganje
fianb.
£a8 SerettS war feine ©ache ju einer national
ft Don lt tfchechifchen geworben, als ftönig ©tgtSmunb, un*
ftonftanj zweifelhaft ein leichtfertiger unjuoerläffiger §err ohne
innere Söürbe, aber, wie bie meiften ßuremburger, be*
gabt unb gut gebilbet, als Sßogt ber Kirche ^ßapft
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$cr ÜöcrfaU bcr bcuttdjen «Dladjtfleitunfl im Cften 297
Qofjann XXIII. in SHom beroog, für ba§ $ahr 1414
ein allgemeine^ ®on$il nach ßonftanj, alfo auf beut?
fdjen ©oben, $u berufen. @§ war bie glanjenbfte unb
5ar)lreic^ftc Kirchen* unb g-ürftenoerfammlung, bie ba§
2KitteIalter jemals gefehen hat. ©ie hatte bie ßtrehen*
fpaltung ju beenben, über gm§ §u entferjeiben, ber oom
?apft an ein ®on$il appelliert hatte, bie Reform ber
ßircfje burchaufetjen. $lbroeichenb von bem bisherigen
brauche, aber bem ftärfer heroortretenben SBenm&tfein
ber Nationen unb ber Saien entfprechenb, fonftituierte
jid) ba§ ftonatl am 7. gebruar 1415 in fünf Nationen
als gefchloffenen Körper f haften, beren jebe eine ©timme
führte, unb behnte ba§ 3lbfttmmung§recht auf bie gra*
buterten (promooterten) (Mehrten au§. 3nbem fomit
ba§ fonft unoermeiblidje Übergewicht ber unoerhültniS*
mäfng zahlreichen metft päpftlidj gefinnten italienifchen
SBtfchöfe aufgehoben nmrbe, »erfügte baS Äon^il
al3 fouceräne ©eroalt ber ^ircfje am 29. SJtoi bie
(Sntfetjung Johanns XX1I1., beroog ©regor XII. in
SImgnon am 4. $uli gur ©ntfagung unb behanbelte
SBenebift XIII., ber nur in Spanien Anhang hatte,
junächft nicht als $apft, bi§ e§ enbltch am 26. guli
1417 auch feine förmliche Slbfe^ung auSfprad). ffllefyx
al§ jroei Qahre burcr) mar bie abenblänbifche Kirche
o^ne anerfannteS Oberhaupt, it)rc Seitung lag in ben
§änben be§ ÄonjUg.
9Joch blieb bie§ einträchtig bei bem Verfahren urte«
gegen £u§, ber am 3. Sftooember 1414 unter freiem
faiferlichem ©eleit in ^onftanj anfam, aber txofy ®£^f
bem tur$ barnad) verhaftet rourbe, ohne bafj ©igtSmunb
etroa§ gegen bie SSerletjung feine§ $8erfpredhen§
gethan t)ättc. $a §u§ ben geforberten SSiber*
ruf feiner ßefcerelen nur bann leiften ju wollen
erklärte, wenn er au§ ber heiligen ©chrift ober mit
Söernunftgrünben roiberlegt werbe, alfo felbft bie $luto=
rttät be§ ®onjtl£ in ©laubenSfachen nicht mehr an?
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298 SWe lanbeSfürfmdWtabtifäe Seit
erfannte, fo verurteilte ihn bie§ am 6. Suli 1415 jum
geuertobe be§ ftefcerg unb liefe ihn an bemfelben Sage
nerbrennen. 5ln berfelben ©teile enbete am 30. 2ftai
1416 fein grreunb §ieronumu§ von ^rag. $lber alS nun
bie pofittoen fragen ber ftirchenreform an bie ©er*
fammlung herantraten, ba fpaltete fte fidt). 3>ie roma»
ntfehen Nationen beftanben auf ber 3Öaf)l etneg SßapfteS
cor ber Reform, bie germantfd)en auf ber Reform cor
ber SÖafjl, unb biefe gaben enblich nur unter ber 28e?
bingung nach, bafj ber fünftige ^Papft boJ ßon$il
nicht cor bem 2lbfchluf} ber Reform auflöfen bürfe
unb !ünftig aller jehn 3ahre ein Äonjil berufen werbe,
©o nmrbe am 11. STCooember 1417 ber ßarbinal Otto
von ©olonna aO SWarttn V. erwählt. %tx aber raupte
getieft bie fet)r oerfchiebne Stellung be§ SßapfttumS
&u ben einzelnen Stationen ju benüfcen, um ftch burd)
Sonberoerträge (Äonforbate) mit jeber einzelnen abju-
ftnben, inbem er überall eine ©rmä&igung ber päpft-
Hdjen Steuerforberungen unb (£rnennung§rechte $uge=
ftanb, jebod) immer nur auf fünf Sahre. 3lm 22. 3lpril
1418 hielt ba§ ftonjil feine lefcte Sifcung.
xer ^ufft- Die ßirdjenreform war nur fcheinbar gelungen,
ti8mud unb bie $uffttife$e äefcerei, bie man erftieft ju haben
meinte, flammte hoch empor an bem geuer ber
Scheiterhaufen von Äonftanj. Schon im September
1415 fprad) ftch ein großer ^eil be3 tfchedjtfchen
2lbel§ für $u§ auS unb bilbete auf fech§ Safyxt einen
§errenbunb für bie Freiheit ber Kirche unb 9lner*
fennung ber bifchöf liefen ©eraalt, foraeit fte mit ber
heiligen Schrift übereinftimme, unb erfannte bie
Untoerfttät $rag al§ höchfte Autorität in ©laubenS*
fachen. Snbem biefe fobann nach ber fiehre be3 3afob
Don 3ftie3 ba§ Slbenbmahl unter beiberlei ©eftalt
(sab utraque specie) für oerbinblich erflctrte, gab e8
ber neuen ^irchengemeinfehaft ein ftchtbareS, colfStüm*
lidjeS Snmbol. Obwohl fich nun fdran am 1. Oftober
v
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2>er Söerfatt ber bcutfd&cn 3flac$tfteflun{i im Often 299
ein beutfd)-fatbolifcber £errenbunb bübete, unb obroobl
ba§ fraget $)omfapitel ba§ ^ntcrbift über bie §aupfc=
ftabt oerfjängte, f o ergriff bod) bie ©eroegung, von König
2öen$el burd) Untptigfeit gebetft, rafd) aud) bie Staffen
be3 tfdjedjtfdjen Sanbt>otf§ unb Kleinbürgertums unb
nabm in ben großen S8oIf§oerfammlungen $ur fteter
be§ 2lbenbmabl§ in brüberlicfyer Siebe unb eintragt
aller ©tänbe (fo auf bem „$abor" an ber öufdjnhj
am 22. $vlU 1419) einen fcbroärmerifd)srabttalen ©ba*
ratter an. $ll§ enblid) König Söenjel erfdjrorfen ein?
len!te unb bie ^rager Kirnen ber neuen ©lauben§*
genoffenfd)aft gu entheben befahl, aud) einen altgläu*
bigen diat in ber ^rager Sfteuftabt einfette, ba {türmten
am 30. Suli 1419 fanatifierte 93olf§baufen ba§ SRaU
bau§ unb ftürjten bie neuen dtatfyzxxtn &um ftenfter
binaug. Unter bem ©inbrucf be§ fcbrecflicben (Sreig-
niffeä oerfd)ieb Söenjel am 16. Sluguft auf ©d)lofc
Kunbratifc, in ^ßrag aber würben nun Kirnen unb
Klöfter oerroüftet, ©eiftlidje unb 2flönd)e erf erlagen
ober ©erjagt. 3n fanatifdjem s Jiabtfali3mu8 wollten
biefe „$aboriten" t>on ibrer 1420 neugegrünbeten
£>auptftabt Stabor au§ Staat unb ©efeüfdjaft be§
„beiligen" tfd)ed)tfd)en $8oIfe§ umformen in eine t^eo-
(ratifebe ©enoffenfetjaft auf „btblifeber," alfo in
biefem fJaCfe fommuntftifd)er ©runblage; bie „Sßrager"
ober Utraquiften (©alirtfner), b. f). ber 2lbel unb bie
Unioerfität erftrebten nur bie Reform ber Kirche in
national^tfd^e^ifcbem ©inne.
SUlit biefer immerbin gemäßigten Partei märe KuStcu*
nun ein SluSgletd) n>or)t mögüd) geroefen, aber ©igi§* Kumten,
munb, SÖenjelg bitter gebauter 9tad)f olger in 93öbmen, fric9§
n>ie§ nid)t nur ibre SBebingungen fur$ft<$tig jurürt,
fonbem liefe au$ am 17. HHärj 1420 in 93re3lau
bie päpftltdje ftreuftugSbuUe gegen bie fet>erifd)en
JBöbmen tierfünben. $amit eröffnete [er ben greuel-
oollften SReligionS* unb SRaffenfrieg. $>enn roäbrenb
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300
S)ie lanbe§fürftltcMtäbtifd&e Seit
bcr fatfjolifche $errenbunb in ^tlfen unb anbcm
föniglichen (beutfchen) ©täbten feine ©tilgen fanb,
fünbigte jefct auch ber utraquiftifd) * tfdjecfnfche Abel
bem ftönig ben ©ehorfam auf, bie tfd)e<$ifd)en Staffen
oerjagten bie beutfchen au§ ^?rag, nahmen ihre ©üter
in SBcfift unb ftürmten allerorten im Sanbe bie Kirchen
unb ßlöfter. Dirne il)re SBefonberheiten aufzugeben,
einigten ftch bann bie beiben huffitifchen Parteien auf
bem £fd)a§lauer Sanbtage im %VLm 1421 in ben „^ßrager
Artikeln" über bie ben beiben Dichtungen gemeinfamen
£auptpunfte (freie ^rebigt be§ göttlichen Sorten Abenb*
mahl unter beiberlei ©eftalt, ©injieljung be§ ®ircf)engut§,
ftrenge 93eftrafung ber „$obfünben") unb traten nach
aufeen gefchloffen auf. 2) och bie friegerif che $auptfraft
fteßten bie £aboriten in ihren fo gut nrie ftehenben
„gelbheeren" (neben ben gelegentlichen „Aufgeboten"
ihres Anhangs unb ber „^rager"), für bie ber ein*
äugige Sodann 3i§fa (fprich <5djifcf)ta) oon fcrotfaV
non), ein Sftenfd) „ofme fjur^t , ofme 83ilbung, ohne
Erbarmen," bie neue mitttärifcfje Drbnung fdmf:
ftatt be§ SRitterheereS ein SBauernfufjoolf mit ®refch*
flegeln unb (Speeren im ©cfmfce feiner für üflarfd) unb
©efecht gleich beweglichen „Wagenburgen."
©ic crftcn 2)iefe feine3n>eg§ befonber§ zahlreichen §eere (aüe§
Äreit3äü fl e| n aßem etma 2B000 gft ann ) f^fagen fiegreich bie erften
beutfchen ^reujheere ©igi§munb§ jurücf, am 14. $uli
1420 am 3^berge oor Sßrag, am 1. Sftooember am
gu&e be§ alten ßönig§fchloffe3 Sönfchehrab, ba§ nun
völliger 3e*Prung oerftel. SKun fielen unter unfäg*
liehen ©reuein bie meiften beutfchen 8täbte 93öhmen§ ben
£aboriten in bie £>änbe. 9leue ©iege über neue ®reu$s
heere folgten: am 2. Df tober 1421 bei ©aaj, am 8.
nuar 1422 über ©igiSmunb bei $)eutfch=93rob; nur in
9Mhren behauptete fi<h mit einigem ©rfolge be§
nig§ ©chwiegerfohn Wibrecht oon Dfterreich. 3ugleich
fuchten unb fanben bie Sfchechen Anlehnung an bem
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3)er öerfaü bcr beutfdjen gJlacijtfteaiing im Cften 301
ftammoermanbten ^olen, von wo au§ ihnen bcr ^ßrin$
©igiämunb ßornbut im Wlai 1422 $u gilfe fam. Sluch
ber £ob 3i§fa§ am 11. Df tober 1424 fpaltete jmar
bic £aboriten, ba feine etfrigften Anhänger fich al§
bie „Söaifen" (©irotfi, Drphaniten) i&reS „SSaterS
3igfa" oon ben roilbeften 9iabifalen abfonberten; aber
bie güfjrer beiber, bie beiben ^rofop, ehemalige
SJcönche, hielten feft $ufammen, eroberten bie beutfchen
Stäbte am fju^e beS (£rjgebtrge§ , vernichteten in ber
2Korbfcf)ladjt be3 16. $uni 1426 bei Muffig ein metfc
ntfch s thüringifche3 §eer, ba§ $um (Sntfafce ber Ijartbe*
brängten <5tabt heranaog, unb erftürmten biefe felbft. 93i§
auf geringe SRefte mar ba§ blühenbe beutfdje S3ürger=
tum 58öhmen3 oerntchtet, feine ©täbte mürben gemalt*
fam tfdjecfjifiert. Sftad) folgen (Erfolgen gemannen
ooHenbS bie Dtabifaten ba§ Übergeroicf)t, unb nach
ftorqbutg ^alb erjmungnem SRücftrttt 1427 trat ^ßrofop
ber ©rofce an bie <Spi%c aller £uffiten.
Sftun begannen entfefclich oerheerenbe $pitmberung§* SD«
fahrten in bie üftacfjbarlanbe ringsum, nach ©chlefien, au&crjatl)
ben Sauften, 9Jcei&en, «ogtlanb, Thüringen, «rauben* ®^ mn *
bürg, bis jur Oftfee. Schimpflich offenbarte ftch bie Un*
brauchbarfeit ber beutfchen Söehrfraft, bie immer erft au§
lauter Keinen felbftänbtgen Aufgeboten, SßafaUenfchaften
ober ©ölbnerhaufen &ufammengefefct roerben mu&te.
3)aS platte Sanb mar regelmäßig nicht gu haften, nur
bie feften ©täbte oerteibigten fich meift mit (Srfolg;
aber bie mühfam $ufammengebrachten großen Sfreua*
heere michen immer nrieber ohne ernften ßampf oor
ben oiel fchroächeren Oufftten, am 3. Auguft 1427 bei
2Rie§, am 14. Auguft 1430 bei £auf$. Smmer mieber
ergoffen fich baher bie tfchechifchen Diaubfcfjaren über
bie ©renjen unb erreichten 1433 bei Stonjig fogar bie
Dftfee. 3öie ein tobenber, oerheerenbe ßaoaftröme
auSfenbenber Söulfan lag bie§ Böhmen fynUx feinem
«ergringe.
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302
Sil Tanbe§ftirftli(Mtäbtif<$e Seit
i T ei*mii ® a aDe kiegerifd)«! SDWttÄ t>erfagten, fo blieb
aC bem nur ber ftrchliche $lu§gleich burd) ein 8on$tl, unb
* »afet° n n>irflic^ rang ©igiSmunb SWartin V. bic Berufung
eine§ folgen für 1431 nach Safel ab, fo abgeneigt auch
biefer wie fein Nachfolger ©ugen IV. (1431 bi§ 1437) ber
Serfammlung lange gegenüberftanb. 3™** mißlangen
bie Serfjanblungen mit Sßrofop bem ©rofcen unb
feinen £abortten, bie im Januar 1433 felbft in Safel
einritten; boch gelang e§ mit ben gemäßigten Prägern
auf ©runb ber „Präger ßompaftaten," b. h- ber etma§
abgefchwädjten ^rager Slrttf el, am 30. Sftooember einen
oorläufigen 2(bfchluf$ $u erreichen, darüber fam e§
Swifchen ben huffttifchen Parteien §um offnen Kampfe.
3n ber furchtbaren Schlacht bei $8öhmifch=93rob unb
Sipan am 30. Wlai 1434, wo oon 18000 Stabortten
unb 2Baifen 13000 auf bem ^lafce blieben, ging ba3
rabifale friegerifdje $uffitentum ju ©runbe. S)ie
SRefte ber SBaifen fc^loffen fid) ben Prägern an, bie
&aboriten blieben fortan auf £abor befchräntt.
eraebnis 9hm nahm auc^ ber bötjimfdje ßanbtag im ©ep*
Quinten» * emocr 1435 ^ompaftaten an unb wählte einen
fcfiSl Utraquiften, Johann SKofnaana, jum ©rabifchof oon
$rag, ba§ ßonjil aber hob 1436 ben Sann über bie
huffitifchen Söhnten auf unb erfannte fte al§ treue
@öhne ber Kirche an. $>ie SöieberherfteHung ©igiSs
munb§ gegen ©emährung einer SImneftte unb 5lner*
fennung ber neuen Drbnung ootlenbete ben Ausgleich,
aber über Ruinen. S)enn bie beutfehe Kultur SöhmenS
mar fo gut wie oernichtet, ba§ Sanb faft oöllig
tfchechipert unb ber §errfchaft eine§ $lbel§ unter*
worfen, ber, ba ihm bie beutfdjen ©täbte fein ©egen-
gewicht mehr boten, feine Säuern in rechtlofe Öeib=
eigenfehaft nieberbrüefte unb bem Königtum balb
über ben Slopf wud)3. Sange 3eit ba§ föauptlanb be§
SReid)§, ftanb jefct Söhnten wie eine barbarifche, ftamm*
frembe unb fefcerifche 28elt ben $eutfd)en im deiche
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£er 33erfaH ber beutfdjen SWad&tfteHung im Oftcn 303
gegenüber. 9iur ein (Srgebnte f)at eine allgemeinere
Bebeutung für bie 3ufunft gehabt: $um erftenmale
fjatte ftrf) gegen SRom eine tl>atfäcf)lidf) fefcerifdje 8anbe§*
ftrdje behauptet. — 3före 3lnerfennung blieb bie einzige
pofttioe Seiftung be§ Basier ftonjilg. $enn fobalb e§
an bie Reformen, alfo an bie Befdjränlung ber päpft*
liefen Befugniffe ging, geriet e§ in ©treit mit Otom.
©nbltd) erflärte @ugen IV. im Suli 1437 ba§ Äonjit
für aufgelöft unb berief ein neues fton^il nad) fter-
rara. 3unäd)ft freiließ blieb bie §auptmaffe ber md)t $
ttattemfdjen Prälaten in Bafel, oer^ing am 24. Januar
1438 bie ©ugpenfion über @ugen IV. unb fefcte bie
Beratungen fort.
3)od) in biefem 5lugenblicfe mar ba§ ßaifertum subred&t
nid)t einmal mefyr burd) einen 2ftonard)en roie @tgi8* 11
munb oertreten, ber am 9. Sejember 1437 geftorben
mar. 2Htt il)tn erlofd) ba§ lujemburgifdje §au§, unb
ju feinem -Iftadtf olger mürbe am 17. Sflärj 1438 fein
©cfyroiegerfoljn 911 brecht II. oon Dfterretcfy geforen, ber
bie faft tnerfjunbertjäfyrige 9teif>e ber fyabSburgtfdjen
Äaifer eröffnete. Dbgletd) er oon ben feit 1379 ge=
teilten Säubern feinet §aufe§ nur Dfterreidj bel>errfd)te,
fo mar it)tn bod) traft jeneS ©rboertrageS oon 1364
aud) Böhmen augefaflen unb als bem ©ematyl ber
(Sltfabetf), ber £od)ter ®tgi§munb§, bie ungarifc^e
ßrone. $lber eben biefe auswärtigen Bedienungen ent*
frembeten ifm von Anfang an bem beutfd)en SKetc^e,
um fo meljr, al§ bie £ürfengefal)r für Ungarn immer
brofyenber mürbe. Dfyne aud) nur ©emenbria entfetten
3U fönnen, ftarb er fdjon am 27. Oftober 1439 in
©ran an ber Sagerfeudje, nacfybem er $)eutfd)lanb
roäfjrenb feiner Regierung niemals betreten tyatte.
@o blieb bie ftrageber 9ieid)§reform, bie biefurd)t* reform ;
baren (Srlebniffe ber §uffttenfriege auf§ bringenbfte J$$$ n
gefteHt Ratten, ebenfo unerlebigt roie bie ßirdjenreform. *»«itt
gür jene roaren Borfd)läge, rote fte fdjon um 1433 ber ^apfltum
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504
Sit lanbegftivftlidMtäbtttöe 3rit
fonfenmttoe ftarbtnal 9lifolau§ (SufanuS (8reb§ oon
(£ue3 an ber 9Jlofel) unb gegen 1438 ber rabifale
(Sdjwabe JJriebrid) Reifer vertraten, an ftd) burd)au§
ausführbar, benn fie beruhten auf ber nicfyt meljr $u
erfdjüttemben bünbifcfyen ©runblage, forberten ftnam
jtefle (Stärfung ber SRetd)3gewalt burd) eine SHetd)3*
fteuer ober (Sinjtefmng von ßircfyengut, «Sicherung be§
SanbfriebenS burd) eine ®rei§einteilung, regelmäßige
Berufung ber Otetcfystage mit Teilnahme ber 9teicf)S-
ftäbte. Über eine ^reiSeinteilung würbe audf) wirflidj
in Dürnberg 1438 von ben (Stäuben ©erljanbelt, aber
$uftanbe fam nid)t§. $n ber ßirdjenreformfrage
fc^lugen bie ßurfürften, bie berufnen Vertreter ber
Nation, ba ber Äaifer außer 8anbe3 war, junädjft
ben richtigen 3Beg ein. (Sie t>erpfltd)teten fid) im
9Jiär$ 1438 jur Neutralität in bem (Streite jwifcfyen
bem s $apfte unb bem ®on$il von 93afel unb überließen
bie beutfcfye ^ird^e ber Verwaltung tyrer $8ifd)öfe, er-
fannten aud) fpäter eine SReifje von SReformbefd&lüffen
be3 S8a§ler Rott)iI3 an. @§ waren bie einleitenben
(Schritte jur SBilbung einer beutfdjen SanbeSfirdje, wie
fie batnatt in fjranfretdj burd) bie pragmatifdje (Sanf-
tion oon 1438 wirHtd) begrünbet würbe. 2)od) ba3
&on$il oerfperrte fid) felbft fdjließlidf) ben 2öeg ba$u,
inbem e§, ftatt fid) wie gfrantreidj mit @ugen IV., bem
ftd) bie au§tänbifd)en 8trd)en allmät)lid) faft burd)*
weg jugewanbt fyatten, ju aerftänbigen, if)n am
25. Suni 1439 förmlich entfette unb am 5. Sftooember
2lmabeu§ oon (Saoonen al3 fjelij V. wählte,
enbc bcs 2öo waren aber bie 2flad)t unb ber 2öille, bie %oU
^onsiil; Ölungen au§ folgen SBefdjlüffen ju gießen? (Sicher*
?on r Si?n Iic ^ nic3 &* bei * m am 2 - Slpnl 1440 ttyobntn Staifer
""ftrtebrid) III. (1440 bi§ 1493), bem (Sofme ffirnft«
be3 (Sifettten t>on 3nneröfterreid) (Dfterreidj, ©teier*
mar!, Kärnten, 8rain, trieft), ©eifteäträge, ot)ne
Sinn für perfönlidje unb nationale ©Ijre, fjatte er
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2>cr S3crfatt ber beulen 2Jla$tftelluit8 im Cften 305
nur eine fürftlidhe ©igenfchaft, bie 3ä^igfeit bie frei*
lieh an fataliftifchen ©leidhmut gegen alle Söibermär*
tigfeiten grenzte. Die nationale ®trd)enreform mar ihm
fo gleichgtlttg, bafj er ftd) von feinem gemanbten ®e*
hetmfchreiber, bem feinen, geiftoollen Italiener @nea
Silmo ba ^iccolomim au§ Stena (bem fpätern ^apft
*ßiu3 II.)/ gegen fie ftimmen liefj. 3n einem geheimen ©er*
trage oom 9. gebruar 1446 oerpfltchtete er ftch, gegen
(Einräumung gemiffer fachlicher fechte (nämlich für bie
fed)3 an feinen (Erblanben beteiligten 93i3tümer ßanbi*
baten vor jufchlagen, eine Slnaahl s £frünben einmalig &u
befefcenunb bie ftloftertrifttatoren *u ernennen), benSBunb
ber fturfürften, bie Stufte be393agler ßonailS, aufjulöfen.
Durch ein hinterhältiges Doppelfpiel gelang bie3 fo
mol)l/ bafc bie beutfchen gfürften nach bem £obe
(SugenS IV. 1447 feinen Nachfolger Shfolaug V. an*
erfannten. 9JKt biefem fchlofc bann ftriebrich III. am
17. Februar 1448, ohne ba§ 9ieid& auch nur $u be*
fragen, ba§ Sötener ^onforbat. @§ überlief bem ^apfte
bie meiften SReferoationen (b. i. bie feiner 93efeftung
unterliegenben^frünben)unb feftte bie 5Innaten(3ahre8*
ein!ünfte eineS erlebigten 93i3tum§) feft. 9htr einzelne
SanbeSfürften erraarben ähnliche fachliche 93efugniffe,
nrie ftriebrich III. für feine (Erblanbe, nämlich bie geift*
liehen fturfürften, Salzburg, Stleoe, Sachfen unb SBranben*
bürg. So betritt ftd) bie lanbegfirchltche Schließung ber
Territorien in ähnlicher 2öeife an nrie ihre polttifche
Selbftänbigfeit. Sonft aber mar Deutfchlanb feitbem
einer ärgern päpftltchen StuSbeutung überliefert, als
jebe§ anbre Sanb (Europas.
Äurj bamach löfte fich ba§ SBaSler 8on$il/ baS ©teo bes
guleftt, weil ihm ber $aifer baS freie ©eleit entzogen *
hatte, nach Saufanne übergeftebelt mar, förmlich auf
(26. Slpril 1449). So ftegte baS ^apfttum über bie
fongüiare SHeformbemegung, foroeit fie nicht burch eine
ftarf e, gef chloffene Staatsgewalt unterftüfct mürbe, unb
Xcv ^Jeibegang be$ beutfdjcn 83oIIc§ I 20
806
Sie Ianbc8fürftlid&.ftäbtif$c 3«t
triumpljierenb faf) e3 im „Subeljahre" 1450 in hunbert*
taufenbcn ©on pilgern bag ganje 2Ibenblanb $u feinen
ftüfien. 3n 2)eutfd)lanb jumal bebeutete e3 fettbem
weit meJ)t als ba§ ftatfertum, beffen entnuirbtgte
förone griebrid) III. mit feiner ©emafjlin ©leonore oon
Portugal am 19. 3ttär$ 1453 in SRom faft al§ ein päpft*
ltd)e3 ©efc^em! empfing. 3)te3 ^apfttum aber, baS,
feiner fyoljen Aufgabe uergeffenb, bie Reform vereitelt
^atte, um feine ©infünfte mcf)t $u fdjmälem, verfiel
alSbalb bem oerbienten ©efdjicf, ein SBerfyeug rein
weltlicher ^ntereffen $u fein. Unb ba3 gefdjal) in bem*
felben 9Iugenblicfe, wo bie Surfen ßonftantinopet er*
oberten (29. 3Wai 1453) unb biefe neue furchtbare
©rljebung be§ ftreitbaren 3§tam eine gemeinfame 2lb*
mefjr be3 cfjriftlidjen ($uropa§ gebieterifd) forberte.
?tufröfunfl S)ie 3 er f e ^ un 9 9tetcf)ggewaÜ buret) ©onber*
bürgten gemalten, bie ben flägltchen StuSgang ber 8ird)en*
ma$t reform auf beutfdt)em ©oben ganj befonberS üerfchul*
bete, fanb il)r ©egenjtücf in ber Sluflöfung ber fcerri*
torien burd) fürftlidt)e ©rbteilungen unb ftänbifdje
©egenfä^e, alfo burd) ba3 fortgefe^te Überwuchern
prioatredt)tlic^er 9Infchauungen unb perfönltcher %nter*
effen. 9hcht $um wenigften bie ^ab§burgifc^en ©ebiete
litten barunter, ^ahraelmtelang rang ftriebrtch IV. von
%\xol mit bem „Sanbfdjabenbunbe," ben fein 3lbel juni
©d)ut$e ber ftänbtfchen Sntereffen gegrünbet hatte (1407
bi§ 1423). 3n 3nneröfterreid> entwtcfelten ftch befonberS
mächtige Slbelggefchlechter, t>or allem bie ©rafen von
7=3
IS
bie §ab§burger felbft, it)re SBefifcungen unb ^Beziehungen
bis tief in bie fTawtfche unb ungarifche Sftachbarfchaft
erftreeften. 3n Öfterreich wie in ©öfjmen unb Ungarn
mar 2llbrecht3 II. nachgeborner (Sohn ßabiSlauS
^oftumuS 1440 ber ©rbe be8 SöaterS geworben
unter ber Eormunbfchaft Biebrichs III., aber bießanbeS*
regierung in Dfterretch führte ein 2lbel3au3fd)ujj
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$cr Verfall bcr beutfdjen Jülüd&tftcüung im Cften 307
unter Ulrich (£natng, in Ungarn (feit 1446) ber „©über*
nator" 3ot)anne§ £unnab, in Söhnten (feit 1452) ber
£uffit ©eorg tum ^objebrab. @d)liefjlid) rifj ber
gewalttätige unb e^rgei^ige ©raf Ulri* von ©iHt,
ber ©emabl einer ferbifrfjen 3rürftentod)ter unb ber
®d)n>ager ©ultan 2Hurab8 II., 1452 nid)t nur in Öfter*
reid), fonbern aud) in Ungarn ba§ Regiment an fiel)
unb »erbünbete fid) mit ©eorg von Sßobjebrab „jutn
beften beS £önig§ ßabtelauS." Stuf bent ^reu^uge
gum ©ntfafce be§ belagerten ©elgrab, ben 3o^anne§
gunnab am 23. 3uli 1456 glänjenb t>oflbrad)te, um
Iura barnad) (11. Sluguft) $u fterben, fiel ©raf Ulricfy, ber
lefcte feines $aufe£, auf ber iBurg von 93elgrab burd)
£abi3lauS $unnab am 9. Sftooember, unb 3*i e & r i3> EI.
jog feine ftemfd&en ©üter ein; aber ber jugenblidje
SabiStauS ftarb am 23. SRosember 1457 eine« plöfc*
lid&en $obe§. 2Mt il)m erlofd) ba§ $au§ 5llbredt>t§ IL,
unb bie roeitüerjmetgte 2Jiad)t, bie er begrünbet Ijatte,
fiel in 6tücfe. $)enn in Sööfnnen nrie in Ungarn fiegte
bie beutfdtfeinblidje SHeaftton unb bie 2lbelgfretf)ett
(Sibertät). $>ie Ungarn erhoben am 23. Januar 1458
ben @ofm be3 unoergefmen 3of)anne§ |junnab, WlaU
tljiaS ©oroinuS, jum ftönig, bie 93ö^men gegen ben
entfdjiebnen Söiberfprud) ber beutfdjen ©täbte SWä^renS
unb ®<f)leften§ am 3. 3ttär§ ©eorg t>on ^objebrab.
9lur in Dfterreid) gelang e§ ftriebridj III. feine 9ln*
erfennung burdflufefcen, aber milbe 9lnard)ie, abliefe
Räuber unb $ud)tlofe (Sölbnet wetteiferten mit junger
unb ©eueren im SBerberben ber unglürflidjen IßevbU
ferung.
$Iud) bie 2öittel3bad)er cerfanfen burd) neue «Bauern
Teilungen in Df)nmad)t. darüber gingen 1438 bie
nieberlänbiföen SBefifcungen (§oHanb, ©eelanb, §enne*
gau) an Wltpp ben ©uten von SBurgunb verloren,
unb in Sanem felbft erfüllte fiubmig ber bärtige von
Sngolftabt (1413 bis 1447) trpfcig unb raufluftig ba§
20*
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808
Sie IanbeSfürfititMtäbtifäe Seit
fianb fortroäljrenb mit gehben, big er 1443 enblich r>on
feinem eignen, boshaften Sohne ßubrnig bem |jöcfrtgen
in Sfteuburg gefangen genommen rourbe unb 1447 im
Sterfer ftarb. Sein ©rbe fiel größtenteils an $einrich
von ßanbShut, beffen Sohn Submig ber Deiche (1450
bi§ 1499) enblich bem geplagten Sßolfe ben gruben
$urücf gab unb für fid) eine geartete Stellung im Deiche
erroarb, rote in $anern*9Jcund)en Wibrecht III.
&iettfieiii* 2)aS $roeite Sanb ber SöittelSb acher, bie Dhein*
lrtUbc pfala, hätte in biefem ^erfahrenen Söeften baS ftärffte
ftürftentum fein fömten, namentlich nach ber Dücf*
erroerbung eines £etlS ber luyemburgifch geroorbnen
Dberpfaty, wenn nicht Ruprecht III. (Äönig 1400 btS
1410) baS Sanb burch bie Teilung unter feine oier
Söhne (ßurpfalj, ßroeibrücfen, ©immern, Jßelbena) für
alle «3*iten jerfplittert hätte, dagegen vereinigten fich
am Dieberrhein anfehntiche Territorien in ber £anb
eines ©efchlechtS. 3unächft verbanb fich 1368 bie
©raffchaft Stleve mit ber roeftfälifchen ©raffefjaft 3Jcarf
unb erhielt 1407 ben ^erjogStitel. ©benfo hatte ©raf
©erharb von Jülich mit ber £>anb Margarethas ba§
rechtSrheinifche SBerg unb Davensberg an ber Söefer
erroorben, fein Solm Söilhelm II. gewann 1380 für
SBerg ben ©ersogStitel, fein Oheim Söilhelm II. von
Jülich als ©emahl äflariaS von ©elbern 1372 bieS
anfehnliche ©ebiet. Dach bem SluSfterben ber jülichfchen
£ergöge 1423 ging ihr ganger SBeftfc mit SluSnahme
©elbernS, baS an bie hollänbifchen ©rafen von ©gmont
fiel, an 93erg über,
ßeffen, gm iveftlichen 2Hittelbeutfchlanb arbeitete ftd)
Tapfen ^ermieb, $u einer anfehnlichen ©eltung empor. Sie
ertvarb feit Heinrich II. bem ©iferoen (geftorben
1377) ©chmalfalben aus bem Nachlaß ber fränfifchen
©rafen von $enneberg, bie ©raffchaften 3iegenhain,
Dibba unb Sfafcenellenbogen, bie Wogtet über bie ftlöfter
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$er »erfnfl ber beutfd&en 9flad&tftet(Mtg im Dften £09
^>cr§fctb unb ©oroen, bie £ef)n§f)of)ett über bie ©raf*
fd^aft SBalbecf u. a. m. 9lod) bebeutenbereS errangen bie
Söetttner trofc fortgetjenber Teilungen aunäcf>ft nament*
IidE> im Seften auf Soften ber erblid) geroorbnen Steide
oögte t)on flauen au§ bem §aufe (SHei&berg (föeufj)
unb auS ber $ennebergifd)en @rbfd)aft (Coburg, £üb*
burgfjaufen u. a. m.). *ßor allem aber gewann 5*ieb*
rid) ber Streitbare (1381 bi§ 1428) bie fäc^ftfd&e ®ur
mit bem ©eraogtum ©adtf en*2Bittenberg, bie if)tn ftaifer
©igiSmunb nad) bem SluSfterben biefer ßinie ber
Lanier mit 2Ubred)t III. at§ 8oIm für feine SHenfte
im $>uffitenfriege am 6. Januar 1423 übertrug, unb
ber SAarne ©adjfen verbreitete ftd) feitbem attmäfylid)
über ba§ ttyüringifd) * fränfif^e ßoloniallanb an ber
mittlem @Ibe, rodfjrenb er in feiner §eimat faft unter*
ging, ftdebric^ ber Sanftmütige (1428 bi§ 1464) er*
warb bie ©urggraff haften 9ttetf?en unb Ottenburg unb
burd) bie *öermäf)lung feine§ jüngern ®ot)ne§ 511bred)t
mit Sibonie (ßbenfa), ber Softer ©eorg ^ßobjebrab§
von 93öt)men 1464 (ber ©tammmutter be§ jefcigen
fäd)fifd)en 8ömg§Ijaufeä), bie er$gebirgifd)e $errfd)aft
Schwarzenberg unb erweiterte 1457 bie fädrftf dHefftfdje
©rboerbrüberung von 1373 burcf) ben beitritt ber
branbenburgif djen ^o^engodern. 5iber ernermitfelte fid)
mit feinem unruhigen ©ruber 2öiU)elm trofc ber Teilung
von 1445 in ben nerfjeerenben fäd)fifd)en ©ruberfrieg
(1446/50), ben erft nad) ber barbarifdjen 3erftörung
©era§ im Dftober 1450 burd) SöttyetmS jud)tlofe b'öty
mifd)e Sölbner, bie QtbxaUn, ber ©ertrag twn Softer
^forta bei Naumburg am 27. Januar 1451 abfcfytofj.
©in von ber ^fjantafie be§ ©olfe3 ntel befyanbelteS
9^od)fpieI be§ Krieges mar ber „^rinjenraub / bie
©ntfütyrung ber ©öfme $riebrid)§, (Srnft unb 3Ubre$t,
burd) ben unjufriebnen Dritter Äunj von Häufungen
au§ bem Sdjloffe non 9tttenburg am 7. $uli 1455.
(Sine fel)r unbequeme fjeffel mußten fid) bie Söettiner
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310
2>ie ranbegfflrftlicWtabtifäe 3eit
baburct) auflegen, bafc fie im Vertrag von @ger am
25. 9lprtl 1459 bie böl)mifcr)e 8er)n§f)or)eit über üjren
Anteil am Söogtlanb unb fogar über metfsnifctje ©e*
biete anerfannten, bie für bie meiften bi§ 1806 aufregt
blieb. SBütjelmS finberlofer Zob 1482 braute alle
roettinifcfjen Sanbe in bie §änbe ber feit 1464 gemein*
fam r)errfd)enben SBrüber ©ruft unb 9Ubrecr)t, aber bie
Seipjiger Teilung t>om 26. 9luguft 1485 jerrifj ben
3ufammenf)ang biefeS anfer)nlict)en jufunftSreicfjen ©e*
bietS für immer, ©mft erhielt aum ßurlanbe ©acfjfen*
Sötttenberg ben größten Seil Düringens mit bem
Sßogtlanbe unb bem ^ßleifmerlanbe, 5Ubrect)t ÜReijjen,
ba§ Dfterlanb mit fietpjtg unb ba§ nörblidje £r)ü*
ringen; aber gemeinfam blieben bie SBergftäote, bie
Wogtet über ba§ 93i§tum attetjsen, über ©rfurt, 9torb*
Raufen unb aflürjlfjaufen, unb wa§ ein SBanb ber
<£tntrad)t fein follte, ba3 ift fpäter jum SInlafs eineS
für ganj $>eutfcr)lanb oerr)angm§r>oUen 3mifte§ aroifcrjen
©rneftinern unb Sllbertinern geworben,
^ttem tn Sö^^renb im alten Sftieberfadjfen bei ber fortge*
IScaitbcst» festen fhmlofen 3erfplitterung be§ roelftfcrjen S3e-
burfl fifceS feit ber Teilung oon 1267 eine anfer)nlic§e Wla$t*
bübung unmöglich mar, errjob ftcr) über bem |>aber
unb ber <§elbfifucf)t ber ©tänbe im oftelbifcfjen kolonial*
lanbe, unb bamalS im ganzen Steide t)ier allein, ber
6taat§gebanfe fraftooü unter ber §errfcrjaft be3 $aufe3
^oben^oaem. 2)ie§ fcrjwäbtfcrje ©rafengefd)lecr)t, ba§
ftct) nact) feinem Stammte, bem ßegelberge Vollem
(trielletd)t Sulhari, Zolari, bie 93ergfpifce) an ber 9tauf>en
Slip nannte, fjatte 1192 von ®aifer £einrid) VI. bie
SBurggraffdjaft Dürnberg erhalten unb von Ijier au§
buret) gute 2öirtfct)aft unb SBenufcung glücf lieber Um*
ftänbe ein ©ebiet r»on etroa 130 ©eoiertmeilen erworben
(SBarjreutr), §of, Slnäbad), SMmbacr), ©djroabacr), ®r s
langen u. f. f.), aurf) 1363 bie ^eicr)3fürftennmrbe er*
langt unb ftcr) im $Retcr)3bienfte oft r)eroorgetf)an.
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$er SDerfoU ber beutfdjen ©iadjtfteaung im Cften 31 1
$rei§ träftigcti 93etftanbe§ erhielt enblid) ftriebrid) VI.
oon s 3(n3bad) vom Staifcr SigiSmunb 1411 bie ^er
roaltung ber 9Harf Söranbenburg, am 30. 9lpril 1415
in 8onftan$ bie ©elefjnung mit ifjr unb mit ber
fiurnmtbe. 3n ©irtfäaftlic^eit, Wi*tgefüf)l unb
fd)U$ter grömmigfeit ein echter <&ol)n feineS &aufe3,
mußte tyriebrid) in ber üöflig nentmfyrloften iülaxt, wo
bie lanbeS&errlidjen ©üter, ©infünfte unb SRecfyte meift
©erloren, ber 2(bel oernrilbert, bie ©täbte, meift ljanfif<$,
unbotmäfng raaren, erft einen neuen ©runb fdjaffen,
unb smar aunädtft allein mit ©üfe feiner treuen frön*
fifdjen Üiitter. ÜJlit feinen ferneren ©efdmfcen brad) et
bie Söurgen be§ 5lbel§, jroang bie ©tftbte $ur $ulbigung
unb entriß ben Bommern bi§ 1427 ben größten £etl
ber Ufermarf . ©ein ©o^n fjriebric^ II. „mit ben eifemen
3ctynen" (1 440 big 1470) rourbe fein^be nur in «ranben*
bürg, mä^renb bie fränfifdjen Sanbe 3ln§badj unb
©arjreutf) an bie jüngern Söfjne s JUbred)t Sld)iUe§ unb
3o^ann fielen, ©r bemütigte 1443 bie $)oppelftabt
SBerlin^öIn burd) ben93au eine§ feften@d)loffe§in ftöln
(auf ber ©preeinfel), nötigte fte 1447, fid& ©ürger-
meifter, ftat unb ©Höffen von if)m fefeen ju laffen,
unb Iöfte bie »ünbniffe ber marfifc^en ©täbte unter
c inanber unb mit ber £anfa auf. Sftacf) au|en erlangte
er 1449 ben SBerjtdjt be§ Qpr$ftift3 2flagbeburg auf bie
8e&n3t)oij)eit über bie Ottmar!, rang, aflerbütgg »er*
geblid), mit Bommern um ba§ (Srbe ber 1464 au§ge*
ftorbnen Sinie 5pommern*®tettin, rettete aber au3 bem
Verfalle ber preu|sifd)en OrbenSmad^t 1455 bie Heu-
mar! für SBranbenburg unb 2)eutfd)lanb.
2lud) fonft blieb bie Übermalt be3 ftürftentumS, ^ic
bie in SBranbenburg befonberS energifd) $ur ©eltung «ü> 3
gebraut mürbe, unerf füttert. Wut bie färaeiaertfdje 0ei ^f t "
©ibgenoffenfdjaft von Bürger* unb 93auerngemeinben
behauptete fld) unb breitete ftd) immer weiter au§.
6d)on 1401 Ratten fu$ bie Untertanen be§ 5lbt§ oon
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312
Sic Ianbe8fürftIidHtäbtifd&e Seit
61 ©allen in Slppenaell ihr angefdjloffen, 1402 ber
,,©otte3f)au§bimb" bet Untertanen be3 93ifc^of§ oon
dfyvLT im ©ngabin, 1418 ber habSburgtfche Slargau. 3U§
nun 3ürtch über bie <$rbfd)aft ber ©rafen oon Joggen*
bürg 1436 mit ©djroga unb ben Urfantonen in offnen
&f geriet unb, arg bebrängt, bie ©ilfe ber §ab&
burger anrief, ba gewann grriebrich in. für ftdj bie
furchtbaren ©ölbnerhaufen ber franjöfifdjen SlrmagnacS,
bie ber 9lbfchlufj be§ franjöfifch^englifchen Krieges
überflüffig gemalt fyatte, unb gleichzeitig brachte
5llbrec^t SlcfciUeS im fchroffen ftürftenftola im Sflooember
1443 ein ftürftenbünbrnS $um ©d&ufce be3 2lbel§ gegen
biefe „^Bauern unb Äuhtreiber" &uftanbe. ©chon
Ratten bie 2lrmagnac§, 40000 äftann, unter bem fran*
jöftfcf)en 2:t)ronfoIger Subtoig (XI.) ba§ ©Ifafc für 2rranf*
reich unter bem©egen ^ßapft@ugen§ IV. befefct, ba ftettten
ftch ifjnen auf ben 9iuf be3 arg bebrofjten 8onail3 oon
93afel am 26. Sluguft 1444 beim ©iedjenhaufe ©t. %atob
an ber 93ir§ 1600 ©chtoet$er in ben 2öeg. 3h* faft
über menf etlicher ©elbenmut fehreefte bie ftegreicfjen
9lrmagnac3 nach tem obern ©Ifafc jurücf, ba§ fte enb*
lieh nach Vertrage oon Trier im Sommer 1445
räumten. $)en Slampf in ber ©chioeia beenbete erft ber
griebe oom 13. 3uli 1450. gürtch trat §ur ©ibge*
noffenfehaft jurücf, ber fich 1454 auch ©chaffhaufen,
1464, nachbem ©igiSmunb oon Tirol oerjichtet hatte,
auch ber Thurgau anfchlof*. $ie habSburgifdje #errfchaft
in biefen ©egenben mar alfo faft oernichtet, aber ba§
linfe D^hemufer, ba§ ber ftatfer fchimpflich preis*
gegeben hatte, toar burch bie ©chtoetjer gerettet
»fftien Wümfax$ blieb * n oem fogenannten jtoeiten
rvürften fübbeutfehen ©täbtefrtege 1448/53 gegen ben dürften*
süiitcn unb 2l°el§bunb beS 3Jcarfgrafen SUbrecht 3l^ifle§
infofern fiegreich, als e§ feine ©elbftänbigfett gegen*
über Wibrechts $lane, fein faiferliche§ Sanbgericht über
©tabt unb Machbar fchaft au§$ubehnen unb baburch ben
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$er »erfatt ber beutfdjen attadjtfteUung im Oftcn 313
©runb $u einer SÖieberherfteHung be3 §erjogtum§
fjranfen legen, behauptete. 3m norbroeftltdhen
$eutfcf)lanb rang fid> bie fölnifche Sanbftabt ©oeft in
ber blutigen ©oefter ftehbe 1444 bi§ 1449 com ©raftift
log, bod) nur weil ber ©ebanfe be§ (SrjbifdhofS $)tet*
rid^ von ®öln, bie getftltdhen ftfoftentümer am Sftteber*
rhetn unb in Söeftf alen in fetner §anb $u vereinigen,
um ber auffteigenben STladjt ber £er$öge von ftler»e
unb 3ültch*58erg ein ©egengeroid)t ju bieten, auf beren
entf^iebnen Sßiberftanb ftie& unb ©oeft fich ihrer
©dhufcherrfdjaft unterwarf. %xz ©täbte waren eben
jettf ooÜftdnbig auf bie blofje $8erteibigung ihrer ört*
lidjen ©elbftänbigfeit befchränft, bie ©egenroart unb
3ufunft $eutfchlanb§ gehörte ben gürften.
Sflur bafc biefe Surften jeber $unäd)ft an I^JStSL
Qntereffen bauten unb für bie Nation al§ ©anjeS nur Cl 1 r 1
feiten etn>a§ leifteten! 3n heftigen 3fet)ben rang Wibrecht
5Id)ifle3, feit 1455 „§ofricf)ter, §ofmeifter unb $auvU
mann" be§ $aifer§ im ^Reiche, um bie 2lu£bef>nung ber
®ompetenj feinet faiferlidhen ßanbgericr)t§ über SBanern,
bie fiubroig ber deiche von 93at)ern * Sngolftabt
beftritt unb im «ertrag r>on SHoth am 24. Sunt 1460
auch rmrflidf) abwehrte. 9lm Dberrhein ftanb griebrief)
ber ©iegreiche oon ber ^ßfalj, ber fich nach bem £obe
feines $Bruber§ £ubmig§ IV. 1449 bie ßurwürbe mit
SBerbrängung feines unwürbtgen Neffen „arrogtert"
hatte, im Kampfe mit 2lbolf von SWaina, ben ^apft
SßiuS II. im Sluguft 1461 an ©teile be§ ofme fechte*
©erfahren entfetten (£rjbifd)of§ Liether erhoben t)atte,
weil biefer bie Sftrcfjenreform wieber aufnehmen wollte,
©nblich nahm Slbolf am 28. Dftober 1462 burch nacht*
liehen Überfall 9flain$ unb awang bie ftolje 9*etch§ftabt
unter feine Roheit, fjriebricr) aber behauptete nach bem
©iege bei ©eefenheun am 30. Suni 1462 bie ihm von
Liether als s $ret£ feiner §i(fe angebotne SBergftrafje,
unb Liether trat fcf)liefjlicf) aurücf.
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314 $ie (anbrtfürftltcHtäbHMc Seit
»euwre- 2Bä&renbbem ftettte ber frteblid&e 3atob oon £rier
foimpiänc fd)on 1453 einen burifjgearbetteten $Ian jur ^Reid)^
reform auf, aber er ftarb 1456, oljne baß irgenb etioaS
gefeiten wäre. 3)afür griff ber §uffttifcr)e SBöljmen*
föntg ©eorg oon ^objebrab, eben toeil er über eine
gefdjloffene Wlafy oerfügte, an ©teile be§ olmmäcr)ttgen
ftaiferS gebietenb unb fdfjlidjtenb in bie beutfdfjen ©irren
ein; er bewarb ftd) fdfjon 1460 um bie Söürbe be§
römifdjen ßönigS unb fd)lid)tete 1463 a!3 ©d)ieb§ricf)ter
einen neuen ©trett über bie 2lu§fü^rung be§ $8ertrag§
oon IRoti). SIber wie ptte biefer fefcerifdf)e $fd&ed)e bie
Reform ber beutfcf>en 9*etdf)§üerfaffung burdrfü&ren
f önnen unb bürf en ! 2öaS fpater, feit 1466, fjriebridt) HI.
felbft in biefer 9hcf)tung oerfud)te, fam nid)t über bie
oeralteten fianbfriebenSpläne l)tnau§ unb blieb beäljalb
ofme fjrudjt. S)ie ftird&enreform ooUenbS fcrjien für
alle Reiten abgetan, nadjbem $iu$ II. (1458 bi§ 1462)
in ber $8uHe Execrabilis am 18. Januar 1460 jebe Be-
rufung oom Zapfte an ein allgemeines Äonjil al3
fe^erifd^ »erboten §atte.
3" Unb nun brachen, nactjbem ba§ tfdt)cdt)tficrtc t)ufft*
bSHS ttW« ©ö^men bem «Reiche entfrembet, Ungarn ben
p orSaS? 1 £ a & gbur Q ern entglitten mar, aud& bie beutfäen Streng
ftoats mächte im Sftorboften unb Horben unter bem $rucfe
ber ftänbifdfjen ©egenfätje jufammen. ©egen bie Slflein*
t)crrfct)aft be§ beutfdjen DrbenS in Greußen bilbete ftd)
1440 atoifdjen ©täbten unb Sanbabel ber „preußifdje
SBunb," unb ba bie ftarrfonferoatioe OrbenSpartei furj-
fictjtig jebeS 3ugeftänbni§ oertoetgerte, trugen jene
1454, rud&loS t§re3 2)eutfcf}tum3 oergeffenb, bie £>err*
fd)aft be§ £anbe§ bem 8önig ftaftmir oon ^olen an
unb eröffneten bie fjefybe gegen ben Orben. 5ftocr) ein«
mal ftegte ein ©einriß SHeuß oon flauen bei Äonifc
im ©eptember 1454; aber bie unbezahlten tfdjed&ifcrjen
©ölbner be§ DrbenS, benen biefer fogar bie Sttarien*
bürg jur ©tdjerl)eit oerpfemben mußte, überlieferten ju
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Xcv Verfall öcr bcntfrfjcit 9Rac^tftc[iiiiig im Cftcn B15
^ftngften 1457 bie3 §aupthau§ be§ Drben3 ben $olen,
roährenb bie tapfere Stabt fid) noch brei Qa^re hielt,
unb prangenb 30g König Kaftmir im ftofyen $>anaig
ein, bem er bie Königlftone in ba§ Söappen fdjenfte.
(Snbltd), nach fc^rccflic^cn Sahren, beenbete bet ewige .
griebe tum 3$orti am 19. Dftober 1466 ben oer*
wüftenben Krieg. 3)er ©ochmeifter trat ba§ gan$e
Söeichfellanb mit SDan$ig, ©Ibing, 2ftarienburg unb
%$oxn famt bem ©rmlanb an Sßolen ab, baS fomit ben
3ugang $ur Oftfee gewann, unb fchwur für ben SReft mit
ber nunmehrigen $auptftabt Königsberg ber Krone
^Solen al§ it)r erfter SöafaH ben @ib. S)a3 polnifch ge?
roorbne 2öeftpreuf?en aber erhielt eine freie ftanbifche
SSerfaffung unter Teilnahme ber ©täbte.
$a§ ftärffte öollwerf ber $eutfchen an ber Dftfee spai;
mar gebrochen burd) bie ftänbifche ©elbftfucht ber Kl-
2)eutfd>en felber. ©[einseitig geriet bie ©anbel^err* ^E&fc
fchaft ber §anfa über ben Horben in§ SBanfen. 9ieue fcoiftcm
©r^ebungen ber Qüxtftz, 1408 bt§ 1416, erf fütterten a " }
in ben wenbifdjen ©täbten bie £errfchaft be3 9tat3;
boch f Flimmer war, bafj bie mehr unb mehr heroor*
tretenbe 58erfct)iebenr)eit ber §anbelSintereffen bie £>anfa
in mehrere feinbliche ©ruppen aerrtfj. 3)ie preuf?ifch*
liolänbifchen ©täbte unter 2)an$ig begrünbeten einen
fetbftänbigen Kaufhof in Korono (Kauen) am Seemen
für ben ©anbei mit s }3olen unb SRufjlanb, bie Söefter*
linge (9tieberlanber) wollten ihren SSerlehr mit ben
pr eußif d)=Iiolänbif c^cn Stdbten nicht mehr an bie $8er*
mittlung ber wenbifchen binben, fonbern begannen auch
felbft bie 7yaf)rt burd) ben @unb ju unternehmen unb
fanben bafür natürlich bie ttnterftüfcung 2)änemarf3. 21(3
nun König ©rieh (1412 bi§ 1438) im 3uli 1413 ben
©chauenburger ©rafen ba§ fianb @d)(e3mtg wegen
Felonie abfprechen lief? unb eine blutige .fjehbe mit
©d)le§wig begann, leifteten bie erbitterten ©teibte 1426 ben
©chauenburgem beim Singriff auf Flensburg bewaffnete
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316 $ie lanbrtfllrftltcMtäbtifefc 3cit
$ilfe unb fanbtcn 1427 if>re Rotten nad) bem ©unb, um
biefen für i^rc aus ber SRorbfee anfegelnben reidjen
§anbelSflotten frei ju machen. SnbeS bie ©eefd)Iad)t
am 22. JJuli 1427 blieb unentf Rieben, unb bie beiben
. erwarteten Klotten fielen bis auf wenige ©d)iffe ben
$>änen in bie $änbe; aucr) ein Angriff auf Kopen*
fcagen 1428 Ijatte feinen Erfolg. ©rft nad) ber (Sin*
nafjme Flensburgs 1431 unb von einem fdjroebiföen
Slufftanbe bebrängt räumte (Srid) im graten t*on
Söorbingborg 17. $uli 1435 ber £anfa tljre alten
$Re<$te wieber ein unb belehnte ben ©rafen Slbolf III.
r»on $olftein mit ©ctjleSwig. 9ton aber übertrug ber
bdnifd^e SReid)Stag im September 1448 bem ©rafen
ßfyriftian von Dlbenburg, bem Neffen 5lbolfS, non fetner
©d)wefier §eilwig, bie bänifdje Krone, unb biefer würbe,
als s 2lboIf VIII. am 4. Oftober 1459 of)ne (Srben oer*
fd)ieb, com fd)lelmig^olfteinifd)en 9Ibel, ber feine ^ßri*
tulegten fiebern wollte, im üflär$ 1460 unter ber 93e*
bingung, bajj beibe Sanbe „blioen ewid) tofamenbe
ungebeelt," jum §erjog oon (Schleswig unb ©rafen oon
£>olftein erwählt. 2öof)l Ratten beibe Sänber fortan mit
S)änemarf nur ben SanbeSljerm gemein, aber tfjatf&djlicr)
l>atte bie ftänbifdt)e ©elbftfud)t, bie «ßreufcen ben *ßolen
überlieferte, ©d)leSwtg*§olftein aus einem ©ollwerfe
2)eutfd)lanbS in ein bamfdjeS 2luf?enwerf oerwanbelt,
r»or ädern gegen bie §anfa.
ber Unb nun würfen mit ben Spaltungen in ber
iauber; £> an f<* We geinbfeligfeiten ber oon ifjr banbelSpolitifct)
bef>errfcr)ten ©blfer. ©eitbem bie &olIänbifcrHeelän*
bifd)en ©täbte einen SHücf^alt an tyrem neuen bur*
gunbifdjen ßanbeS^errn fanben (1433), bebnten fte iljren
bireften £anbel mit ben Dftfeelänbern immer weiter
auS, trofe aller Ijanfifdjen ©erböte unb Kapereien. $m
Dften naljm baS feit ber Unterwerfung unter $olen
mächtig aufblüfjenbe $anjig eine immer felbftänbi gere
Haltung an, im Söeften ba§ fiol^e Köln, ©on (Sng*
ftoiugorob
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Ter gitofaU ber bcutfdjen 3Rad}ttteUimg Im Dften
317
Ianb au3, roo fidj fd&on im oicrac^nten jgaljrfjunbert
bic ©efeflfe^aft ber roagenben ßaufleute (merchant ad-
venturere) ber §anfa jum %xo% gebilbet fjatte, würben
bereit Sftorbfeeflotten feit 1449 beftättbig burd) ßaper*
fahrten belästigt, bi§ bie £>anfa enblid) 1469 ben 58er*
fef)r mit ©nglanb fperrte, über ba§ wiberftrebenbe ®öln
1470 bie Söerfyanfung oerfjängte unb feine feefen ftaper,
barunter ben „garten ©eeaoget" ^ßaut *8enecfe t)on$)an$tg,
gegen bie Slieberlänber unb Gmglänber IoSItef?. (Snbüd)
mufete ft<*) ©ngjfonb im ^rieben oon Utred&t 1474 fügen,
roäfjrenb ftöln erft 1476 roteber in bie $anfa auf*
genommen mürbe. 2)od) jroei 3a^re fpäter, 1478, oer*
nietete ber ©rofjfürft ftman III. oon 3fto3fau bie
§anbel§gröfje 9frm>gorob8, inbem er bie einf)eimtfd)e
SBeoölferung in§ 3^ nere abführen lieft, unb fein Sftad)*
folger %man IV. fperrte unb plünberte 1494 au$ ben
£anftfd>en £of au 6t. $eter. ©nbltd) Nörten feit 1479
bie fjanftfdjen gtfdjereten auf (Schonen auf, benn fdjon
feit bem Anfange be§ fünfzehnten Qfa^rt)unbert§ rief)*
teten ftcf) bie §ertng§aüge nadj ber Sftorbfee an bie
®üfte ber Sftieberlanbe unb begannen beren Stäbte
$u bereitem, bie Nebenbuhlerinnen ber Dfterlinge.
$>er (Stern ber $anfa neigte fief) jum 9ttebergange.
2öäl)renbbem gerieten aud) bie roeftbeutfcfyen xientcbcr*
©ren^Ianbe in bie bringenbfte ©efa^r burd) ba8 9luf- tt Ä?
fommen einer germanifdf)=romanifd£)en fUtadjt, bie an
ältere ©onberbilbungen im äufcerften Sftorbmeften be§
beutf^en 9teid)3 anfnüpfte. SBä^renb bieg bort im alten
Sftieberlotfjringen audE) romanif rf>e ©ejirle umfaßte, mar
ba§ rein germanifdfje, falifc^fränfifdje ftlanbem roeftlidf)
von ber Scheibe feit ber Leitung ©on SBerbun 843
außerhalb be§ beutfdjen $Reidj§gebtet3 geblieben unb
franaöftfdjeS geljen geworben, ©erabe hier aber hatte
fid), begünftigt burd) bie Sage an ber ftreujung
ber bamaligen großen füb* unb norbeuropäif d^en
&anbel3ftrafjen bei ben ÜUlaag* unb ©dhelbemün*
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Sic laHbefcfürftltdHtäMiftfje ^ctt
bungen unb burcf) ben Reichtum an Schafherben auf
feinen unermeßlichen Reiben rote auf ben üppigen
©ragroeiben be§ benachbarten ©nglanb, früher als
irgenbroo fonft in Storbeuropa etnregegßeben in$anbet
unb ©emerbe (Suchmeberei), alfo ein ftäbtifcheg S)afein
entroicfelt, bag ©rügge unweit ber Sinefala (äflaag*
münbung) $um SBelthafen, ©ent unb g)pern §u großen
^nbuftrteftäbten machte unb biefen ftarfen ©emeinben
auch bag platte ßanb allmählich unterwarf, tiefer
©ntnncflung nährte ftch bag halbfran&öftfche, beutfdje
SReichglanb Trabant, dagegen blieben bie frieftfchen
Äüftenftrtche im Horben beg 9Jteereg, mo burch S)trf III.
(geftorben 1041) bie ©raffchaft §oflanb (b. i. §oltlanb,
©oljlanb, nach bem alten „SUleerroalb," aflerinribo bei
2)orbred)t) begrünbet worben mar unb fettfönferßothar
mit SBeftfrieglanb oereinigt mar, noch lange ein rein
naturalmirtfchaftHche^ auf SJtehäucht unb gifchfang
angenriefeneg Sanb. 3n beiben ©ebieten jeboch bilbete
ftch burch ben emigen Äampf gegen bie milbe Sftorbfee
unb um bie Urbarmachung beg pfablofen 9ttooreg ein
geftählteg, freiheitgtrofcigeg unb babei an genoffen*
f chaftliche§ ßufammenmirfen gewöhntet ©efchledjt gang
germanifcher 3lrt. 93eibe Staatenbilbungen wetteiferten
bann um ben JBeftfc ber üflaagmünbungen, big 1323
Seelanb ben§oUänbern, bag fd)öne2öaeglanb jmifchen
©ent unb Antwerpen bei glanbem uerblieb.
Sange Raiten bie ©rafen von glaubem, ob-
Tixlnhütt) au§ *> em fnmjöfifäen £aufe ber $ampterre
unb franftöftfche $8afallen, ihre thatfächltche Unab*
hdngigfeit von bem ftch mfihfam emporringenben
fjranfreich gemährt. Slflein alg franjöftfche Sitte
unb franjöfifche Snmpathten unter ben ftäbtifchen
^atrijiern, ben „Silienfreunben" (ßeltaartg) ©ingang
fanben, ba bemächtigte ftch ^önig %1)ilivv IV., ber Schöne,
1300 furjerhanb beg Sanbeg unb fefcte ben ©rafen 2kit
(©uibo) gefangen, ©rft bie blutigen (Erhebungen ber
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Xcr Beifall ber - bcittfc^cit Kadjtfteflung im Dfteil
319
3ünfte, juerjt in SBrügge unter bem 2öebermeifier
Rietet be Koningf, vertrieben bie grran&ofen, unb ber
gewaltige ©teg be§ flanbrifchen $8ürgerfufjt>olI§ über
bie fran*öfifche mitterfchaft in ber „©porenf flacht" bei
- Kortruf" (Sourtrai) am 11. 3ult 1302 ficherte bie fjrei^cit
glanbernS unter feinem alten ©rafenhaufe. $a braute
nun ber abermalige 2lu§bruch ber franjöfifch-englifchen
Kriege 1337 eine neue bemofratifc^e(5r^ebung gegen ©raf
gubnrig unb bie fran$öfifch geftnnten ©efd)lechter unter
ber Rührung Safobg von Slrtenelbe §u ©ent, unb ba§
Übergewicht ber englifchen ©äffen feit bem ©eefiege
bei ©luuS 1340 ermöglichte bie $8ern>anblung &lanbern§
in eine ft&btifche Sröberattorepublif von Brügge, ©ent
unb 2)pem, beren Oberhaupt (SRuroaert) ben ©rafen
gänzlich beifeite fdjob, unb bie noch 1356 ben 93ra=
bantern SJiecheln unb Antwerpen entriß. ©§ mar eine
©ntroieflung roie in ber ©chroeia; nur trug fie nicht
biefelbe SBürgfcrjafi ber Stauer in ftch, ba fie noch mehr
auf ber SBeltlage al§ auf eigner Kraft beruhte, unb
©nglanb feit bem fjrieben oon SBretigno 1360 fein
$ntereffe mehr an ihr hatte.
$te8 führte benn nun ju einer gan$ neuen Söenbung. b ^ 9lü b l j;
3nbem ©raf Subroig con ftlanbern feine ©rbin Wlax* ntxanx*
garetha 1369 mit ¥$tipp bem Kühnen, bem jungen
©ohne König $oh anng be§ ©uten r»on fjfranfretch,
mählte, vermittelte er biefem ben unmittelbaren SBefifc
3rlanbern§, ben Philipp nach ber 9Hebent>erfung ber
bemofratifchen 9lationalpartei unter Philipp t>on 2lrte*
oelbe 1382 auch mirflich antrat (1385). 2)amit aber bahnte
ftch auch bie junächft rein bnnaftifche SBerbinbung glan*
bernS mit bem franjöftfchen ^erjogtum 93urgunb an, ba§
bereite 1363 von König Johann an V¥BW übertragen
morben mar. $a§ mar bie ©runblegung bei neuburgun*
bifchen SKeichS. SHafch griff e§ um fid). Schon 1384 mürbe
Philipp auch mit ber (beutfehen) ftreigraffchaft 93ur*
gunb (um Stefanen) unb mit ber frangöfifchen ©raf*
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320 Sie Iflnbe*fürftUcHtäbtifäc 3cü
fdjaft SfleoerS belehnt, ©ein ©nfel, ^ilxvv btx ©ute
(1419 bis 1467), beruhte bic erneute SBebrängniS be§
franjöfifchen Königtums feit 1415, um fuh ^ier SWacon
unb 3lurerre, bort ^ßonthteu unb SlmienS abtreten $u
laffen; er faufte 1429 bie ©raffd)aft Sftamur, erwarb
1430 SBrabant unb Simburg traft etneS feit 1382 be*
ftehenben ©rbanfpruchS feiner ©rojjmutter 2ftargaretha,
oerbrängte 1427 big 1433 bie wittelSbadjtfäe ©rbtn
3afobäa t>on 93anern auS bem SBefttje t>on £oHanb, ©ee*
lanb unb §ennegau unb behnte biefen nieberlänbifchen
SBeftfe burch ben $lnfauf bei §er$ogtumS Öuyemburg
1441 nach bem SluSfterben beS §errfcherhaufeS (1439)
foweit nach ©üben auS, baf$ ihm nur noch bie Er-
werbung SothringenS fehlte, um bie beiben §aupt*
maffen feiner ßanbe in territoriale Söerbinbung $u fetjen.
äari ber S)ieS neuburgunbtfche Dietd), an ber ©ren&fcheibe
***** 2)eutfchlanbS unb granfreid)§ gelagert, beiben lehnS*
pflichtig unb boch bei ber Damaligen Senitttungbeiberxwn
beiben gleich unabhängig, ein ©emifcf) t»on fransöftfehen
unb nieberbeutf cfyen ©ebieten, bie nur burch bie$)nnaftte
jufammenhingen, aber eine fdjlaglufttge, glän&enbe
föitterfchaft unb bie reichten ©täbte Europas befafjen,
würbe nun unter Karl bem Kühnen (1467 bis 1477)
eine fmanjiräftige, gan j mobeme Kriegsmacht mit einem
ftehenben ©olbbeere (feit 1471) unb einer ftarfen 2lr=
tiHerie. ©o mar ei jebem Machbar überlegen unb bei bem
ausgeprägt franjöfifch'monarchifchen Gfyaxatttt fetneS
§errfcherhaufeS unb feines 5lbelS oor allem ber ftäbtt*
fchen Freiheit unb $eutfd)lanb gefährlich, beffen dityin*
lanbe offen oor ihm lagen unb mit ber SSeptjergreifung
beS gerjogtumS ©elbern 1472 an einer fehr wichtigen
©treef e beS ©tromS ihm bereits zugefallen waren. Unb
Karls beS Kühnen Siel war lein geringeres, aI8 bie
Erwerbung beS Unten 9^^cinuferS mit Lothringen unb
bie ©rringung ber KönigSfrone. $aS oornehmfte Littel
baju aber war ihm nicht fein §eer, fonbern bie
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Icr SkrfnH ber beutfcfjen SWacfjtftcIlung tm Dften 321
#anb feiner Qxbin Wlaxia, be3 „fträulein§ von 93ur*
gunb."
2Bie nun, roenn .biefe burgunbifche ftrieg§macht Äa,, w m
mit ben Stechen unb Ungarn im Dften beS $Heid)8 Mimifcfo
irgenbroie gufammenroirfte ? ^ebenfalls lag e§ im ® ronc
beutfehen ^ntereffe, bie böhmifche 9flad)tbilbung ju
aerftören, unb ba§ fd)ien nicht fo fehr ferner , benn
©eorg oon s ^objebrab hatte nur ben niebern 2Ibel
unb bie ©table ©öhmenS für ft$, ben hoben SXbet
unb bie meift eifrig fatholifchen Sflebenlanbe 3flähren,
©gierten unb bie Sauften gegen ftd). $er Angriff
auf ihn ging aber gunäc^ft nicht von beutfdijer ©ette
au§, fonbern oom ^ßapft. Sftachbem fchon $tu3 II.
1462 bie ^ompaftaten aufgehoben, $aul II. 1465 ben
Söann gegen ©eorg gefdjleubert unb bamit augleid)
ben Sürgerfrieg unb ben ^rcujjug gegen biefen „®ohn
be3 $8erberben3" ofme befonbern Erfolg eröffnet hatte,
gelang e3 1468, SttatthiaS (SoroinuS gegen ben 93öhmen*
fönig ju geroinnen unb ihn 1470 vom böhmifch*fatho*
lifchen 3lbel jum ftönig wählen gu laffen. 9tun ftarb
jroar ©eorg am 22. 2Kai 1471, aber fein 5lnf)anq er*
fannte nicht 2flatthta§ an, fonbern wählte am 27. 2Kat
Sölabnflaro oon ^ßolen, ben ©nfel Wibrechts II , unb
entaünbete bamit in ben böhmtfehen Säubern einen
lang anhaltenben $h*onfrieg, ber fie für $>eutfcf)lanb
ungefährlich machte.
$od) brohenb erhob ftd) bie ungarifche 27tocf>t. $a* 8er|ante
her f Uchte Biebrich UL eine friebliche 93erftänbigung mit «mtfemtt
®arl bem kühnen, bem fchon 1469 ©igtSmunb oon Stirol ** x * mt >
ben größten $etl ber fogenannten oorberöfterretchifdjen
fianbe in ©djroaben hatte $um ^fanbe geben müffen,
um feine §ilfe gegen bie 6d)roeia au geroinnen. ®eit
bem 20. September 1473 unterhanbelte ber ßaifer mit
bem $eraog in £rier unter Teilnahme furfürftlicher
©efanbter. $)och gefchreeft oon ben Ungeheuern gor-
berungen be§ *8urgunber3 al§ ^retö ber Vermählung
Ter Söcrbcflaiifl bc$ bcutfcfjcn Golfes I 21
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322
Die Ianbc*fürftUc$ s fffibttfäc 3«t
9Jiaria§ mit 9Ha£imiltan, bem ©olme be§ ßaiferS,
reifte griebridi) am 25. Sftooember olme 9lbfd)lufj
ab. ®a brad) ber §er$og, ben ©treit ber $ab§*
burger unb ber s £fcitser um ba§ @r$bi§tum 8öln
benüfcenb, im Sommer 1474 mit glänjenbem $eere
in baS ©ebiet be§ <Sttft§ ein unb belagerte ba§ fefte
fteufc, ben ©d)lüffel be§ 9tteberrf)em3. 3um ©lücf
erfyob fidj biefer ©efafyr gegenüber ba§ ©efüfjl ber
3ufammengePrigfeit bei ben norbbeutfdjen dürften
unb ©täbten in folerjer ©tärfe, baf? ba§ föeicr) am
31. $)e$ember 1474 ein &rieg§bünbni§ mit bem faum
minber bebrofjten g-ranfreid^ fdt>Io^ unb unter 9llbred)t
2ld)ille8 oon SBranbenburg unb 2Hbrecf)t bem SBefyerjten
von ©adjfen im gfrü|{a(t 1475 ein ftarfeS iHeic^§^eer
jum ©ntfafce oon 9ieuf3 an ben 9Heberr§ein föicfte.
S8ei 3on§ gelagert nne§ bte§ am 25. 9ftat bie ftfirmifdjen
Singriffe ber «urgunber ab unb jroang fte baburd)
jum s J*ücf$uge, jumal ba bie 5ran$ofen in ftlanbern
unb ber ^ßicarbte, bie mit if)nen oerbünbeten 6d)iDeijer
in ber ^reigrafferjaft eingerüeft maren.
Slber nun gelang e§ ftriebrid) III. am 15. $uni
mit 8arl bem Kulmen im tarnen be§ beutfdjen
SReid)3 jum Slbfcrjlufe ju fommen, inbem er bie 58er*
lobung 2flaria§ mit Sftajimilian jugeftanb, um freie
£>anb im SÖeften ju erhalten. 9113 nun aud) ftrantreid)
am 13. ©eptember mit bem £erjog einen neunjährigen
SBaffenfüHftanb gefdjloffen T)atte, ftanben fiotfjrtngen
unb bie <Sd)tt)ei& allein bem Q3urgunber gegenüber.
ufm ?iA 2ßä^renb nun im ganjen beutfdjen SBolf bi§
n>eit in ben Horben, trofc ber faiferlid)en ^Solitif,
ftü&nen *>ie 00 ^ c BAttthttig biefe§ Kampfes für bie (5ad)e
ber Nation unb ber ftäbtifdjen grei^eit auf8 leb*
fjaftefte empfunben rourbe, ftürjte fid) ftarl nodj
im #erbft 1475 auf Kötteringen, eroberte Sftancn
unb aroang ben $>er$og diene jur Slbbanfung. 2lber
al« er $u Anfang beS 3af)re3 1476 über bie 3ura*
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$er Verfall ber beutfcf)cn 2JladjtftelIiutg im Cftcit 323
päffe in bie 6d)mei$ einbrad), mürbe er am 1. 9J?ärj
bei ©ranfon am Sfteuenburger @ee, am 22. %\xni bei
Sflurten ooflftänbig gefdjlagen unb oerlor fdjliefjlict)
am 22. Januar 1477 gegen biefelben ©d)met$er, bie
bem §er$og SRenS $u £ilfe famen, bei 9tancu «Sieg
unb 8eben. $te ©efaljr für ben beutfdjen SBeften
mar befeitigt.
üftun mar eä audj eine @ntfd)etbung ber perfönlid)en »uramib
Steigung 2ttaria§, bafc pe am 19. 3tuguft 1477 ju t>mw
»rüffel bem jugenbfdjönen, ritterlichen SHarimiltan
bie §anb reifte. $)a§ reiche (Srbe ber SBurgunber*
fjerjöge fiel ben §ab§burgern ju. Sang ober ganj
bem SRetcr)e entfrembete ©ebtete mürben ifjrn jurüefs
gebracht, unjroeifel^aft ein glänjenber (Srfolg auet) im
nationalen ©inne, nur bafe er md)t burd) beutfcr)e
ftraft, fonbern burd) t)öfifd?e Diplomatie erfochten mar.
«Uber er begrünbete aucrj ben ©egenfafc ber §ab§* «Moiwncn
burger ju gfranfreid) , ber bie ©efdi)td)te ©uropa§ für gruitfreiti
metjr al§ anbert^alb ^atyrfyunberte beftimmt f>at. Denn
auf ber ©teile jog ^ubmig XI. bie franjöftfdjen fielen
be§ 58urgunberreid)§ ein, unb trofc be§ glänjenben
©iege§ 3ttajimiltan§ bei ©uinegate am 7. STuguft
1479 erreichte er bod) im ^rieben oon 2lrra§ am
23. 2)e$ember 1482, ben bie nieberlänbif djen ©tänbe
nact) SJcartaä jäljem $obe am 26. 2Mr$ beSfelben
SatyreS gegen aJca£imilian§ SBillen f d)loffen, bafc er
bie ^ßicarbie unb SBurgunb behielt, bie jmeijä^rige
$od)ter be§ $aare§, 9Jlargaretba, mit bem fran$öfifd)en
$f)ronfolger ®arl (VIII.) verlobt unb jene fielen mit
ber greigraffdjaft $u ifyrer Mitgift beftimmt mürben.
2Bäl)renbbem broljte bie t)ab§burgifd)e 9flacr)t im fcftemidfi
©üboften, in iftren alten fternlanben, bem ungarifcr)en im 0 ön ^ [
Angriff ju erliegen. 21m 21. Sttooember 1478 maren
im ^rieben oon DImüfc bie böbmifdjen Öanbe berart
geteilt morben, bafc ber ^ßole 2Blabnflam $8öf)tnen unb
W&fyxen, ber Ungarnfönig aftattf)ia§ ©gierten unb
21*
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324 Tic tanbcsfürWlcWtöbtiWe Bett
bie ßauftyen mit bem bö^mifc^en ®önig§titel auf £e*
ben§jeit erhielt. 93i§ an bic untere Ober reichte bie
3ttad)t be§ Sftaguaren. Sftun roar allerbtngg fdjon
bamalg fein Angriff auf ben treueften SunbeSgenoffen
be§ ßaiferg, ben ßurfürften SKbredjt Sl^iHeS von
Branbenburg (1471 bis i486), ben er mit ber £ilfe
^ommern3 1477 eröffnet fcatte, an ber tapfern unb
umfidjttgen ©egenroefyr be§ fturfürften gevettert,
unb bie 3rrieben3fd)lüffe be3 3a^re§ 1479 {teerten
biefem fogar bie immer roieber beftrittene £eljn§l)ol}eit
über gana Bommern. $od) im ©üboften Ue& 2Hattf)ia3
im Streit mit griebrid) III. über bie SBefefcung be§
®raftift3 ©aljburg fd)on 1479/80 bie fteirif^en ©üter
be§ 6tift3 befetjen, mäfyrenb juglei^ ein fürchterlicher
£ürfeneinfaö ba§ arme üanb bi§ ®raj unb Seoben
x>erf)eerte; bann jog er ben baburef) fd)recflid) bebräng*
ten fteirtfäen Slbel ju ftcf) herüber, nafyn nad) ber
formeflen ftneggerflärung bie alte ©renjfefte §eim-
bürg am 30. (September 1482, im ftebruar 1484 au<$
93rud an ber fieitfja unb ritt am 1. 3uni 1485 in
SBten ein. $>ie Slu&enroerfe ber beutfdjen Kultur
längg ber ganjen Dftfront waren in ben §änben ber
2Jcagnaren unb ©(amen,
tev ^ $ a rief griebric^ III. in ber tiefften 91ot bie §üfe
Sinn C be§ 9ieidje§ an unb erlangte in ftranffurt a. SR. vox
aflem burd) ben (Sinflufj be§ @rjbifc^of§ 93ertf)olb von
3Jtoins unb be§ SSurfürften 3Ubred)t am 16. JJcbruar
1486 bie Saljl feines ®oljne3 2Ka£imilian a«nt rö*
mifdjen ßönig unb ba§ ©ebot eineS a^ttjä&rigen ßanb-
frtebenS, in Dürnberg bann ben 93efd)lu6 be§ 9teid)§*
friegeS gegen Ungarn. 5 re ^^ geigte bie Gftfolglofigfeit
be§ 3relbaug§, ben 9Ubred)t ber SSe^erate von ©adjfen
1487 nad) Dfterreidj führte, baf$ bie Drganifation ber
JHeic^§frafte nod) fo unaul&nglid) mar wie auoor. 2)a
gelang e§ ben §ab£burgern enblich, im 2Jcära 1488
roenigftenS für einS ber grofien $Reid)§länber, ba3
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Ter «erfaa ber beutföen 2Had>tfteUunö tm Cftcn
325
oööig gerttüftete <5d)roaben, im <Scrjrodbifd)en SBunbe
eine frdftige föberattoe Drgamfation aller ©tdnbe
burdföitfefcen. $i e «ßrdlaten unb bic (retd)§unmittel=
bare) 9iitterfd)aft, bie meid)§ftdbte, SBürttemberg unb
Sirol oerpfltdjteten ficrj, ityre (Streitigfeiten buref) ben
Sprud) ftdnbtger gemtfd)ter Slommtffionen entfetjeiben
$u laffen, alfo ben Sanbfrieben ju magren unb fid)
gegenfeitig militdrtfd) ju unterftüfcen , wobei ba§
Simplum (einfache Aufgebot) 3000 2ftann ju g-ujj unb
300 Leiter, bie ganje ©trettmadijt unter Umftänben
ba§ <§ed)3fad)e betrug. SHafdj erweiterte fidt) ber 95unb
über Dberfranfen unb bie SH^einlanbe, roo ifnn $rier
beitrat.
SBefentlid) mit biefen Mitteln gelang e§ nun in mtoam*
ben nddjften Sauren, überall ba§ f)ab§bur gif dt)e £au§*
intereffe fräftig raaf)r$unef)men unb bie ®ren$lanbe ju SWa *' t
fiebern. 5)ie trotjigen ©täbte f$lanbern§ mürben oon
9flajimilian unb 3llbred)t oon <Sad)fen 1489 jur Unter*
roerfung genötigt, in §oflanb bie ariftofratifd)=fran$ö*
fierenben §otU 1492 ber ßanbeSfjofjeit ber §ab§burger
gebeugt unb burd) einen neuen ßrteg ftranfreid), ba§ ba§
Verlöbnis ftarl§ Vlir. mit ÜKargaretya aufgelöst f)atte,
im ^rieben non ©enü3 am 23. Sflai 1493 gelungen*
5lrtoi§ unb bie gfreigraffdjaft tierauSjugeben, rodfyrenb
e§ ba§ #er$ogtum SBurgunb behielt. SXuf ber anbern
(Seite beseitigte ber Stob be§ ßönig§ SRattyiaS in 2öien
am 6. Slpril 1490 bie fd)limmfte ©efaljr für ben <Süb*
often. $)enn menngleidj nunmehr Slabnflaro oon
SBöfymen aud) jum £önig oon Ungarn gerodelt, alfo ba§
gefürd)tete böfjmifcr) » ungartfdjje $>oppelreidj ^ergefteüt
rourbe, fo mürbe btefe§ in ben fcrjwad)en £dnben be§
^ageflonen nur eine ^orftufe für bie weitere @rf)ebung
ber Habsburger, ©in furjer ftelbjug SWajtmtlianS
1490 oerbrdngte bie Ungarn au§ Öfterretd), brachte
Sßeftungam in bie §dnbe ber §ab§burger unb
nötigte Sölabnflaw im grieben oon ^ßreSburg am
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326 1 a nbcssf ü r ft l i ci> f t ab tifrf; c .tfcit
7. Sftooember 1491 iljnen für ben grctfl, baj* bcr jagel*
lontfdje 5ftann§fiammtn SBöfymen unb Ungarn auSfterbe,
in beiben $Keid)en bic SRadtjfoIge juaugefteljen. $a nun
bcr finberlofc unb oerfdjulbete ©tgiämunb von %ixol
fdjon 1490 ju gunften 9Jia£tmilian§ oeraidjtet chatte, fo
ftanb bic ^Bereinigung aller altfjab§burgifcf)en fianbe
in einer §anb in fidjerfter 5lu8fid)t, <*13 fjriebric^ III.
am 19. Sluguft 1493 oerfd)ieb.
^lufflobcn 9IIS ©ebieter be§ ©üboftenS wie be§ STCorbroeftenS
mtv- (f ur f e * ncn *9nen unmünbigen ©ofm ^xixvv oen
tum* ©c^önen) mar fein 9tad)folger üflajimtlian I. (1493
bi§ 1519) aflen anbern beutfdjen dürften weit über*
legen. 9hmmet)r cnblidt) auf bie ftärffte territorial^
mad)t im SKeidje geftutjt unb im ^abgburgifc^en gaufe
fo gut loie erblich, mu(3te jefct ba§ ^aifertum geigen,
ob e§ nod) fäfjtg fei, bem SHetdje eine neue 93er-
faffung ju geben, ber beutfdjen ßtrdfje bie Reform §u
bringen.
xic 2)ie üolttifdien 3 u ftänbe be§ beutfdi)en SReidjS be*
Hcffi«r= ruhten nur ju einem Heinen teile auf gefeilterer ©runb*
mm läge, auf ben Sonftitutionen 3rricbricf>§ II. unb bcr ©olbnen
SSufle. 3öeit barüber §inau§ nmren in einer rein t^at*
fädjlicfyen, im ©runbe reoolutionären ©ntroidlung faft
alle 5>o^eit§red)te unb SBefttjungen be§ !Heidt)§ auf bie
SanbeS^erren unb Stäbte übergegangen, unb ba§ 9^cic^
toar bem Söefen nad) nur nodj eine locfere göberation
mit einzelnen heften ber alten 2flonard)te. s Jiotbürftig ju=
fammengefjalten burd) ben ftaifer unb ben föeidjStag,
iy bem feit 1489 enblid) aud) bic 9letd)§ftäbte neben
ben Äurfürften unb dürften al§ ein brttteS „Äofle*
gtum" eine anerfannte (Stellung erlangt Ratten, unb
burd) bie 3bee, bafe jebeS 9ied)t im fteidje auf ben
ßaifer jurürfgefie, fcatte bodfc ba§ föeid) roeber eine
©teueroer faffung nod) eine Söefjrorbnung, !aum eine
georbnete Steidjäjuftiä unb eine föeid^gefetjgebung, unb
jebenfaEß feine roirffame, ootI$iel)enbe ©eroalt. Unb
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^cv Verfall bev beulten v JWad)titcUuitfl im Cftcu
327
bod) mahnte baS $luffteigen Q-ranfretchS, (SnglanbS unb
®panien§ unter einem ftarfen Siönigtume unb bie 9lu3=
bilbung ber Ualienifdjen ©taaten ju abfoluten, auf
©elbroirtfchaft unb ©ölbnerheeren beruhenben ganj
mobemen Monarchien auf§ bringenbfte, bem grofjen
ßentraloolfe (SuropaS enblid) eine angemeffene neue
SJerfaffung $u geben.
$)em ftanben nun aber einerfeüS ber jähe ©onber* 3Jta{imi=
geift ber Surften unb bie Sursfttyigfeit ber <Stäbte liau
gegenüber, anbrerfeitä ber überlieferte internationale
(Sljarafter beS ftaifertumS, bem eS be§h<*lb ferner würbe,
ftd) auf bie nationalen Aufgaben $u befchränfen, unb
bie ©efahr, bafc bie iHücffidjt auf bie l)ab§burgifd)e
|jau§macht, bie ebenfalls mehr unb mehr international
rourbe, bie fatf erliefe ^olitif übermächtig beftimmte.
9htn fchien 3Hajimilian I. gan$ unb gar ber SUlann $u
fein, bie grage im nationalen ©inne ju löfen. üftaje*
ftätifch unb ritterlich in feiner @rf Meinung, leutfelig,
offen unb fröhlich in feinem 2Befen, ein fchlagferttger
föebner, im r)öc^ftcn ©rabe oielfeittg, ein Säger unb
bitter nach alter Söeife unb bod) ein funftoerftänbiger
Slrtißerift unb SanbSfnechtführer, fpradtf unbig , ooö
Qntereffe für bie alte beutfcfje §elbenbid)tung nrie für
bie neue humaniftifche öilbung unb für bie $unft, burd)
unb buref) ein Vertreter fetneS 93olfe$ unb feiner &it
unb ooH beutfdjen, faif erlitten unb ha^burgifc^en
©toljeS, burd) alles biefeS höchft populär, fo mar er
mohl befähigt, ber ftührer feiner Nation ju fein. $lber
er h^tte in feiner unfteten unb phantaftifchen 9lrt menig
oon ftaatSmännifchen ©igenfdjaften, unb bar um ift er
au§ bem peinlichen 3 ro i e fP^lt ^mifchen hochftvebenbem
©ollen unb mangelhaftem können niemals tyxau&
gefommen; nur bie ©röfce feines §aufe§ fyat er be*
fl*ünbet. SÄ" 1 '
3n ber JHeformfrage trat ihm fofort ber Shtr* I* im
fürft «ertholb oon a«aina (1484 bis 1505) mit einem * Kg
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328 SU lanbe»fürfMdMtöbtlfäc Seit
fettigen ftänbifd^en Programm entgegen. $)emgemäf?
befd^Io^ ber Reichstag oon 1495 in 2Borm§, bem Katfer
einen 9ieich§rat au§ fteben fjürften mit ooüer ©eroalt
beizugeben, feinem mit ihm roanbernben föniglic^en @e*
rieht (ben fpätern Meirich of rat) ein ftänbtfcheS 9ieich§*
fammergericht in grranffurt am 2Jcatn zur SBahrung be§
gleichzeitig gebotnen QanbfriebenS zur Seite ftellen unb
zum Unterhalt biefer SBehörben roie für ben Krieg gegen
bie Surfen unb in Statten eine allgemeine birefte 9teid)§=
fteuer, ben fogenannten gemeinen Pfennig, burch bie
Pfarrer ergeben zu (äffen. 2Jca£tmilian nahm roiber-
willig biefe »efdjlüffe an big auf ben DtöchSrat, beffen
(Sinfefcung ihm nur ben £ttel gelaffen hätte; benn bie
fteftfetntng ber ftranzofen er P * m Königreich Neapel
1495 unb bann, al§ fte bort von ben Spaniern (Slra^
gonefen) oerbrängt würben, im SRetchSlehen SJcailanb
1499 mahnte zum (£infchreiten für bie oerfefcten 3nter*
effen be§ Geichs. Snbeffen ber gemeine Pfennig
eimteS ftd) bei bem Sflangel an Verwaltungsorganen
al§ unburchführbar, alfo auch &ie geplanten Lüftungen,
unb bie Schweizer (Sibgenoffen, fdjon feit 1474 burch
Solboerträge an bie Krone ftranfreich gefeffelt, per*
weigerten nicht nur bie föeidjäfteuer, fonbem auch
bie Unterwerfung unter ba§ SHeich§fammergericht.
Umfonft begann ber Katfer, befonber§ mit §ilfe
be§ fchwäbifchen 93unbe§, 1499 ben 9ietd)3frieg gegen
fte; nach blutigen 9tteberlagen im Hochgebirge unb
fernerer Sanboerwüftung mufjte er fie im ^rieben pon
SBafel am 22. September 1499 oon ihren 9teid)3pfltchten
Io§fpred)en. Sie waren feitbem nur noch „9*eid)§oer*
wanbte," thatfächlich ein oöflig unabhängiger ftäbtifch*
bäuerlicher Staatenbund $)a§ war fyitt ba§ Schluß*
ergebniS ber ftänbifchen ©egenfäfce.
sniegscr^ SNun bcfc^to^ ber 9teich§tag oon 1500 in 2BormS
f itnuc b f bie ^uffteöung be§ <Heich3heereS unmittelbar burch oie
Pflichtigen unb nötigte bem ftaifer bafür ben oon ihm
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Der «erfüll ber beutidjen 9Rad)tftelIunß im Dftcn
329
big^er jurüefgeuuefenen SHeid^rat mit bem feften ©ttje
in Dürnberg auf; ber aber fdjlofj in unerwarteter 2Öen^
bung am 13. Oftober 1501 mit bem ftöntg Subrnig XII.
von granfretd) ben ^rieben von Sribent unb belehnte
if)n im $)eaember 1502 mit ÜJtailanb. $amit erfd)ütterte
er jttmr ba3 Vertrauen ber Surften noflftänbig, aber ein
glänjenber ÄriegSerfolg festen plö^Iid) feine ©teflung
auf§ ftärffte ju bef eftigen. 3 n bem ©treite $roifd)en
3llbred)t IV. von dauern ^JWündjen unb $upred)t non
ber s $fala um ba§ (Srbe be3 1503 nerftorbnen §er$og§
©eorg beg SKeidjen von dauern ^SanbSfmt nerfügte
SJtarimiltan junäcrjft bie Teilung be£ 33efi%c§ ner;
hängte bann über Dtupredjt, ber ftd) nidjt fügen
rooflte, bie $eid)3ad)t unb ooüftrectte fte nad) bem
glänjenben ©iege bei 2Jtense3bad) unroeit SRegenSburg
über bie 93öfmten, WuprecrjtS $8unbe3genoffen, am
12. ©eptember 1504 unb bie (Eroberung $ufftein§ mit
folgern ©rfolge, baß bie ©öljne iHuprecrjtS ftd) im
^rieben t>on Äöln, 3. %uli 1505, mit ber Dberpfalj
begnügten unb ^ufftetn mit bem untern ^nnt^al an
$irol abtraten.
©emunbert von ben jüngern dürften unb umjubelt tojfflttQc
com SBolfe erfdjten nun 3ftarjmiltan nad) bem ©d)eU ^erÄ
tern ber ftänbtfd)en SReformpläne unb bem 2obe tfyreS @( ^ er _
erften 2tertreter§ 93ertf)olb non SJiain^ im $)e$ember ge&niff«
1504 auf bem Kölner $etd)§tage 1505 mit einem neuen
monard^ifc^=|tänbifd)en 93orfd)lage. ©in non ben dürften
befteflteS 9ieid)§regiment foHte bem ^önig nur mit be*
ratenber Stimme jur ©eite geftetlt unb eine D^eid)^
bet)Örbe unter feiner Leitung für bie Oberleitung be§
9teid)§frieg§roefen§ gebilbet werben. 5)ie ©runblagen
einer wirtlichen unb babei non ben s Jteid)§fürften hin*
langltcf) beeinflußten föeid^geroalt mären bamit ge*
roonnen worben. Slber ben ©täuben mar fd)on bie§
juoiel, fte lehnten ab unb erreichten fogar, baß bie
Seiftungen für ba§ JRetd) burd) eine „9Ttotrtfel" ben
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330
Tic laiibeäfüriMcHtctottfcfje ^cit
©injclftaaten al§ Organen be§ 9tetcf)§ übertragen, alfo
gänjlid) uon ihnen abhängig gemadjt würben. Unb
bod) unterftüfcte ba3 föetch feinen ®önig, al§ er im
Januar 1508 enblich jur Äaiferfrönung nach Italien
aufbrach, auch in biefen neuen formen fo wenig, baf?
9flartmtlian auf ben SRömeraug oerjtchtete unb am
4. gebruar in Orient ben £itel „erwählter römifcher
®aifer" annahm. $)amit war offen au§gef prochen, baß bie
föuferwürbe von ber päpftlichen Krönung unabhängig
fei. $>ie folgenben verworrenen italienifdjen kämpfe
brauten enblich boch 1513 2Katlanb an 2Nartmtlian
©foraa al§ SBafaflen be§ Geichs. $aheim aber fam e§
bei bem allgemeinen Mißtrauen gegen be§ ßaiferS ^o*
litif $u emfthaften föeichSrefornwerfuchen überhaupt
nicht mehr. Sic 1512 noch in Äöln befchloffene ®ret8*
einteilung würbe bamal§ gar nid)t burdjgefüfjrt, unb ba§
bfirftige @rgebni§ jahrelanger mühfeliger unb oerbriefs*
Itcher Arbeit waren $wei rein ftdrtbifct)e 3nftUute, ba§
Dteich§fammergertcht unb bie $etch§matrtfel.
@$uit« Unb nicht beffer waren bie ©rgebniffe ber au§*
55*3? märtigen <Politif. $n benWeberlanben gewann berffaifer
*$M 1513 über bie ftranjofen bie Sßicarbie; aber in Italien
entfcfneb bie ,,9Hefenfchlacht" bei 2ttarignano am 13. unb
14. «September 1515 ben Übergang be§ £er$ogtum§ 2flat*
Ianb an ftönig ftranj I. von grranfceich, ber fid) nun
mit (Spanien in bie ©errfdjaft über Italien teilte unb
jeben wirtlichen ©influß beS ftaifertumS bort auSfchlofc.
©egenüber SBenebig mußte ftch 2Kartmilian nach wenig
rühmlichen kämpfen um bie ©rbfdjaft ber (trafen
oon ©ör§ mit ber Verausgabe be§ fchon oerlornen
©örj unb mit ber Abtretung von 3lmpe$30, dio-
oerebo unb dliva begnügen. SBoHenbg für bie Slufcen*
poften be3 £Reidt)§ im Dften unb Horben gefchah von
$Heüh§ wegen gar nichts. Sflod) wehrte mit äußerfter 2ln-
ftrengung ber tapfre Sanbmeifter von Stolanb, SBalth**
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Xcv Verfall bev beutidjen SWa^tfteUunfl im Cftcu 331
oon Plettenberg, in ben ©d)lad)ten bei SJtafjolm am
7. (September 1501 unb piesfau (Pf ton» am 13. ©ep=
tember 1502 ben mächtigen 9Inbrang ber Muffen ab;
aber oergeblid) oerfud)te ber junge $oct)meifter Sllbrecrjt
oon 93ranbenburg (1511 big 1525) mit feinen fdjioadjen
Gräften ba§ fianb Preußen ber polmfdjen Dber-
fjofjeit ju entgehen. 2>ie £>anfa mufjte nad) rütjm*
liefern Söiberftanbe im g-rieben oon 2Jialmö am
23. Slpril 1512 ben SBerfe^r mit ©cr)ioeben, ba§ ftdt)
gegen bie Union oon Palmar erhoben hatte, aufgeben unb,
roa8 weit fernerer roog, bie Sftteberlänber jum §anbel
in Norwegen, ©cr)onen unb ©otlanb julaffen. $)af$
bie tapfern 2)ietmarfct)er dauern in ber 9ftorbf d)lad)t bei
gemmingftebt am 17. gebruar 1500 i^re Unabhängig-
feit gegen ba3 5IbelSr)cer be§ ®ömg§ 3ot)ann oon 2)äne*
marl auf ein fyalbeS 3af)rc)unbert fieberten, war mer)r
ein ©ieg ber Sauernfrei^eit al§ nationalbeutfdjer
Sntereffen.
@3 war fein ©rfafc für biefen attfettigen lieber* Sie
gang ber beutferjen Sflachtftellung, roenn augleid) bic laoen bc$
ungefügen Umriffe be3 habSburgifdjen SöeltreictjS em* 6u ^ clI
porftiegen. S)ie Sßermä^lung oon 2JcarimUian8 einjigem «3citrci^ö
©ohne Philipp bem ©d)önen oon Surgunb mit Sohanna
(Suana), ber Tochter be§ fpaniferjen $önig3paare3 fjer*
binanb unb gfabefla 1496 hatte, ba ade ©cfd^roiftcr
SohannaS oor it)r ftarben unb fie felbft nad) bem frühen
$obe it)rc§ ©emahlä 1506 in unheilbare ©chtoermut
oerfanf, bie ©ohne be§ ^aare§, ßarl (V.) unb fterbinanb,
$u (£rben aller ßänber ihrer (Srofjeltero gemacht,
©tatt nun, toie ßönig gerbinanb oorfct)lug, für fie
groei $Reid)e, ein fpanifd)*italienifche§ unb ein öfters
reicher) *burgunbifcr)e§, )U bilben, fefcte aJlajimilian
unter bem erfdhütiernben ©inbruefe be3 ©iegeS oon
üflartgnano burch, bafj biefe ganje, r)öd)ft oerf Rieben 5
artige fiänbermaffe allein für ®arl beftimmt würbe-
Unb ba er faft gleichzeitig, im Safere 1515., bie
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332
Xic tanbeBfttrftlt$»ftat>tifäe Bett
(Sdjtoefter ®ari§ 3ftaria mit Cubtoig, bem ©ohne unb
©rben $önig 2ölnbt)flaro§ oon Sööljmen unb Ungarn,
feinen ©nfel fterbinanb aDer m ü beffen Tochter $lnna
oerlobt hatte, fo toar ben #ab§burgern eine boppelte
ÜHöglichfeit eröffnet, auch in Ungarn unb 93öhmen
roieber jur Regierung ju gelangen.
$ie beutfdje 2ftachtftellung toar auf allen fünften
erfchüttert unb bie Reich^reform mißlungen, aI3 bie fo
freubig begrüßte Regierung BJcarjmtltanS I. ^offnung§^
arm au ©nbe ging.
* *
*
SHeAcptton $)a mürben noch mehr al§ bi§r)er ju Prägern
römiT*eu ^ cr nationalen ©ntioicflung bie dürften unb bie
»eg» (gtäbte, jene ber politifchen, biefe ber nurtfehaft*
liefen. 3n beiben ^Beziehungen ftnb fte geförbert toorben
burch ba§ ©inbringen be§ römifchen Rechte, genauer
genommen nur be§ ^rtoatrecfjtS unb mancher ftaatS*
rechtlichen ©runbfäfce. ®tet§ mar e§ ba§ gemeine Recht
ber ßirche al§ Körperschaft getoefen, feit ftriebrich I.
baju al§ faiferlicrje§ D^edt)t anerfannt toorben, unb ba
junge $)eutfd)e in §unehmenber 3ahl an ben itatiemfehen
Suriftenumoerfitäten, namentlich Bologna unb ^ßabua,
ftubierten, fo fanben feine Vertreter balb ©ingang in
ber faiferlichen Äanjlei (feit Karl IV.) unb im ßaifer*
gerieft (feit griebrich III.) toie an ben beutfehen Uni*
oerfitäten unb in ben fürftlichen Regierungen. $ie
©tärfe biefeä fremben Rechts lag in brei fingen. (Segen*
über ber 3erfefcung be§ Staats burch bie Übertragung
oon§o^eit§recr)ten an Untertanen oertrat e§ ba§ SlUetn*
redjt be§ dürften namentlich auf bie ®efefcgebung (quod
prineipi placuit, legis habet vigorem); gegenüber bem
taufenbfacr) $erf lüfteten, lebtglich burch örtliche $e-
ftimmungen unb ffieiStümer (UrteilSfprüttje) fort^ebtl*
beten beutfehen Rechte ftellte e§ ein bi§ in§ fleinfte fcr)arf*
fmnig unb folgerichtig burchbacr)te3 Softem auf; gegen*
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$cr Ccrfnfl t>cr bcutfrficn 3Warf)tftc«iiHn im Cften
388
über bem ganj naturalnrirtfchaftltchen ©cifte beg beut*
fdjen Dtedjtg war eg bag 9ted)t einer burd) unb burcf)
fapitalifrifd) = groferoirtfc^aftHd^en Kultur mit mobtli*
ftertem ©runbbefitj unb freier Verfügung beg einzelnen
über fein Eigentum. (£g entfprad) alfo ben Sebürfniffen
ber auffteigenben ftäbtifchen, mehr unb mehr inbimbua*
lifttfchen ©elbroirtfc^aft unb begftürftentumg in $eutfch*
lanb. ©erabe beghalb, roeil eg bie Überlegenheit biefer bei*
ben üftädjtefteigerte, mürbe eg »omfianbabel unb oon ben
SBauernfchaften mit erbittertem $af$ jurücf genriefen, unb
ficher ift eg, bafj feine SHejeption in $)eutfchlanb, fic mag
fo erHärlid) fein, nrie fic xoxü, bie ftdnbifchen unb fojialen
©egenfä^e in ber unheilooHften Söeife oerfchärft unb bag
föechtgberou&tfetn beg Söolfg aufg fchmerfte erfdjüttert
^at; benn bieg neue frembe föecht erfd)ien bem beut*
fdjen SBeroufetfein thatfächlid) oft genug alg fchreienbeg
Unrecht bie „Surifien" galten ihm alg „böfe ©hriften"
unb „SBeutelfdmeiber."
2)ie rein prioatrechtliche 9luffaffung beg auf ^«j?? t nbf *\
©erfchiebenften Otechtgtiteln beruhenben fürftltchen 93e* ganbftsnbc
fifeeg fanb praftifd) feine ©chranfen junächft in ber 2Iug*
bilbung ber ßanbftänbe auf ©runb ber ftonftitutionen
griebrichg IL 3u folgen fchloffen fichfaft überall feit bem
Anfange ober ber SJHtte beg oiersehnten 3ahrt)unbertg
bie ©belleute, Prälaten unb ©täbte jufammen, in
©ranbenburg noch oor, in 93anem, fünfter u. f. f.
fdjon balb nach 1300, in ben mettinifchen Sänbern feit
etroa 1350, in Öfterreid) wenig fpäter. ©ie wirf ten
junächft bei ber Anlage ber alten Canbfteuer, ber fo*
genannten S3ebe mit, erweiterten balb ihre Stacht,
wenn ber Sürft über biefe unb über bie (Erträge feiner
^oheitgrechte unb ftammergüter hinaug oag fianb für
neue (Steuern ober für bie SBejahlung feiner <5d)ulben
in Slnfprud) nahm, erlangten enblich für folche^SBe*
wißtgungen oft wettgehenben ©influf? auf bie fieitung
ber allgemeinen Angelegenheiten unb fchufen fich in
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334 $tc (anbeftfdrft(t<9'ftftbttföe 3cit
ihren 9lu§f Hüffen bafür balb ftänbige Organe. ®ic
füllten fich nicht al§ Vertreter bei Territorium!, fonbern
nur ihrer (Stanbelintereffen, aber fte traten fchon bei*
halb ben fürftlichen Sanbelteilungen juroeilen entgegen
unb förberten fo bie Übertmubung ber priüatred)tlid)en
9luffaffung, alfo ben ©taatlgebanten burdt) bie aß*
mähliche Einführung ber Unteilbarkeit bei Territorium!
unb bei ©rbfolgerechtl nach ber (Srftgeburt roemgftenl
in mannen ©ebteten. 5)iefe mürben feftgefetjt für
bie Äurlanbe fd)on burdt) bie ©olbne 93utlc, für gan$
Sranbenburg burch bie Dispositio Achillea bei Kur*
fürften Wibrecht 1473, für Württemberg bei ber ©r*
Hebung bei Sanbe! $um ^er^ogtum unter ©bewarb im
Sart 1495, für ba! alberttnifche ©acfyen 1499, für
Sägern 1506, ftetl mit 3 u f^ mmuit 9 oe§ Genfer!.
$te neue Sangfam begann ftch nun feit bem vierzehnten
waitun?* 3«Wunbert in biefen Territorien eine neue Serroal*
tung burdt) befolbete abfefcbare Seamte $u bilben; ber
naturalroirtf<$aftlid)e ammen^ang jroifc^en bem
$lmte unb verliehenem ©runbbefttj, alfo bie ©efahr
ber Sererbung bei 2lmte! l)örte auf. $)ie 93efehl!b&ber
ber lanbelberrlichen Surgen, ber natürlichen SRittel*
punfte länblidher Sejtrte, 3ttänner ritterlichen ©tanbel,
übernahmen neben ihren allmählich jurüeftretenben mili*
tärifchen Sefugniffen all Pfleger (in Sägern), 3lmt*
leute (im franfifchen Necf)t!gebiet), $rofte (in SBeft*
falen), Sögte (im folonialen $)eutfd)lanb) bie ^ßolijei
unb bal Slutgertcht über bie fchroerften Serbrechen unb
würben nicht mehr belehnt, fonbern auf ftünbigung
angeftellt unb am liebften mit beftimmten ©elbeinfünften
unb Naturalbezügen aulgeftattet, alfo vom ßanbelherrn
ganj abhängig. Neben ihnen ftanben für bie Sertval*
tung ber fürftlichen „ftammergüter" unter ähnlichen
Sebingungen bürgerliche „Kellner. * Noch entbehrte bie
3entraloermaltung ber 6tetigfeit, folange bie ftürften,
beren ©tnfünfte immer noch tvefeutlich aul Naturalten
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ter «crfatt ber beutfdjen 9ftn<f)tftcKunfl Im Cftcn 335
beftanben, ba bic ©täbte ©emerbe unb $anbel für
ftdt) monopoltfterten unb finanziell ausbeuteten, ihren
Aufenthalt beftänbig mechfelten, tote einft bie mittelalter*
liefen ftaifer; jle nat)m feftere gormen erft mit bem
9luffommen fefter föeftbenjentm f ünf sehnten 3cit)r^unbert
an. Sieben einanber ftanben junächft ber (geiftliche)
banaler für ben fdjriftlidjen SBerfehr unb einige oertraute
(„heimliche," „geheime") SHäte (secretarii, consiliarii),
bie mit Unterhalt, Naturalbezügen unb ©elbetmtahmen
au§geftattet roaren. 9HU ber 5lu§bittmng fefter SRefibenjen
traten bie Anfänge einer SBehörbenorgantfation mit
fchriftltcher, alfo aftenmäfjiger SBermaltung auf; ein $of*
geriet mürbe ba§ f)ö#fte ©ertcht be§ ßanbeS, ein Sanb*
rentmeifter übernahm bie Oberleitung ber fürftlichen
©inlünfte, bie freiließ immer noch nur jum fleinften
Teil an biefer 3entralfteHe ©errechnet, meift bireft von
ben Pflichtigen an bie berechtigten abgeführt mürben.
9lm fdjärfften hat 9Jto£imtlian I. biefe SBehörbenorgani*
fation nad) burgunbtfch-- frans öfif ehern Söorbilbe in ben
öfterreichifchen Sänbern burchgeführt. 2>och überall
lagen bie Sßolijet unb oft auch minbeften§ bie niebere
©erichtSbarfeit in ben gänben ber ©runbljerren, unb
bie gröfjern ©täbte maren thatfächlid) faft unabhängige
fleine SKepublifen mit allen £oheit§rechten, bie SBirfung
ber fürftlichen Sßermaltung alfo noch M* befchränft.
Umfaffenber unb eingreifenber mirfte fchon bie fürft*
liehe ©efefcgebung, namentlich in polizeilichen $lnorb*
nungen.
2Ba§ in ben fürftlichen Territorien erft in ben 2ln* ^ @ tabt
fängen oorfjanben mar, ba§ hatten bie großem ©täbte njainmg
auf engerm SRaume mit §ilfe ihrer auigebilbeten ©elb*
roirtfehaft ooUftänbtg burchgeführt: eine alle ßroeige be§
öffentlichen Sebent umfaffenbe ©efetjgebung unb eine
im föate jentralifterte *8erroaltung burch forgfältig ge*
fchiebne, ftreng Übermächte unb jum Teil fchon feft
befolbete Ämter für bie einzelnen 3 roe i9 e > ÖCrcn Träger
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336 Xic lanbe*füritn(Htäbtifäc Bett
ftcf) bewufrt waren, nicht für bic ißerfon ober ben ©tanb,
fonbern für ba§ „gemeine SBefen" ju arbeiten, enblich
eine burchgreifenbe SBefteuerung ber 93ürgerfchaft burch
birefte unb inbirefte ©elbabgaben unb einen allgemeinen
2Baffenbtenft. ©o würben bie großen beutfcfjen ©täbte,
wie Strasburg, Dürnberg, ßübeef, bie erften Staaten
im mobernen ©inne, ba§ Söorbilb für bie ftürftentümer.
Söährenb in biefen baS ©cfüf)t ber 3ufammenget)örigfeit
noch fef)r fchwad) war, lebte in ben ©täbten oft ein
fchöner, aufopferungsfähiger, entfchloffener Sofalpatrio*
ti3mu3 von faft anttfer ftärbung.
ajaratur SBic 5U allen ßeiten ba§ ftriegSmefen bie polittfehen
mitte" unb wirtfchaftltchen 3uftänbe auf8 treuefte wieber*
153?" fpiegelt f o *eigt fid) in ben legten beiben ^ahrhunberten
lucjcitö be§ 2Jcittelalter§ bie 3erfefcung ber SRetch§gewalt unb
bie ©djwäche ber fürftltchen Territorien auf ber einen,
bie ©tärfe ber ©täbte auf ber anbem ©ette in ber
Unbehilfltchfctt be§ Angriffs unb in ber Überlegenheit
ber SBerteibigung. $)enn bie ritterlichen SBafallenf (haften
ber dürften waren gar nicht orgamftert, ferner in 93e*
roegung $u fetjen, noch fernerer $ufammen$uhatten, ba-
her wohl 8U furjen s 2lngriff3ftöf}en, aber nicht $u längern
2relb$ügen oerwenbbar, fo wenig wie bie ftäbtifchen
SJHliaen; ba$u hatte ftch immer mehr herauSgeftetlt, bajj
biefe fchweren ^anjerreiter einem ftanbfeften, mit langen
©peeren ober f5crntt>affen auSgerüfteten bürgerlichen
ober bäuerlichen ftufwolf gegenüber faft immer ben
bürgern jogen. dagegen waren bei tapferer S8ertei 5
bigung fefte ©täbte fo gut wie uneinnehmbar. (Sin
Umfdjmung jur Steigerung ber Slngripfraft trat erft
ein, al§ man in ber tmtittn §älfte be§ brennten
3ahthunberl§ bie treibenbe ftraft ber ©toffe beS alten
griechifchen Breuers (©chwefel, £ol$fohle unb ©alpeter)
entbeefte unb feit bem Anfange be§ oier^ehnten junächft
in gtalien, bann auch in ftranfreid) unb $eutfchlanb
fchwere s £ulüergefchüöe (93üchfen) für mächtige ©tem*
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Ter Verfall ber bcutfdjen 9Äa<3f>tfte!Tuitfl im Dften 337
fugein gofe. Xiefe Artillerie nmrbe rafch bie SBaffc
ber tedjmfch ^oc^entroicfclten reichen ©täbte, gumeilen
auch fdjon ber gürften, unb it>r gegenüber jeigten ftd)
bie s Jlauern bet SBurgen oöflig roehrloS.
SBa^renb nun ber miittdrifche Söert ber ritter**
liefen ßriegSroeife immer tiefer fanf, würben durften
unb ©täbte burd) ihre roachfenben ©elbeinnahmen
in ben ©tanb gefegt, burd) Anwerbung von be*
johlten ©ölbnern ein technifd) gut gefdjulteS, leicht oer*
wenbbareS unb öerhältntSmä&tg auoerläfftgeS ftufc
voll aufstellen, ba§ bie SBebeutung ber alten £ehn§=
reiterei noch mehr herabbrüefte. STCachbem bie gtaliener,
SBurgunber unb gran$ofen (mit ber Anwerbung ber
©chroeijer) oorauf gegangen waren, fcfnif juerft Katfer
9Jla$imtltan in feinen nieberlänbifchen Kriegen ein
nationales, wef entlich oberbeutfcheS ©ölbnerheer, bie
Sanb§tned)te (b. h- Ktnber be§ öanbe§). 3^re SBerbung
unb Aufhellung (3Wufterung) übernahm auf ©runb eine§
©olboertrageS für eine beftimmte &it ober Aufgabe im
tarnen be3 ^rieg§^erm ftet§ ein grof?er Unternehmer, ber
ftelbhauptmann, mit einer Anjahl fleiner Unternehmer,
ben §auptleuten, bie bie einzelnen „gühnlein" (ju 400
bi§5009ttann) aufbraßten, ©leidhmäfng mit bem langen
(Speer, in Keinem Abteilungen auch wtt jmeihänbigen
©chladjtfchwertern unb mit Feuerrohren bewaffnet, for=
mierten ftd) bie ßanb§fned)te für bie (Schlacht fjä^nlctn
für fjähnlein im „geeierten Raufen" unb entfehieben
ben Kampf nach etnfeitenbem fteuergefecht in furcht*
barem ^ufammenprafl ber fpeerftarrenben Staffen mit
ber blanfen ffiaffe. 9iafd) nmd)§ unter biefen ©efellen
ein ftarfer 3unftgeift au f / ber ftreng auf §anbmerf§-
rege! unb £anbn> erwehre hielt, baher auch über fernere
Vergehen ber ©enoffen felbft ba§ Urteil fanb, um e§ nach
bem „fechte ber langen ©piefje" in ber „©peergaffe"
ju ooflftrecfen, unb bie Pflicht gegen ben Kriegsherrn
galt nur foroeit, al£ e§ biefe @h*e $uliejj unb ber ©olb
Ter ^cvbcflann be* bcutjctjcit ^ollcv I 22
338 Tic ranbcSfürftltcMtäbtiicfK Seit
pünttlid) bejaht tourbe, toag nicht oft oorfam. Smmer*
hin roaren jefct nueber Slrieglunternehmungen in großem
<5tite möglich-
»crflbnu S)te Littel $u foldfjen Umgeftaltungen floffen für
bie dürften am reichltchften au§ bem Bergbau, für bic
©täbte au3 ben (Srträgntffen be§ §anbel§ unb be§
§anbrocrf§. $er Bergbau, allerorten IanbeSfürftlicheg
föegal, aber oft oon einzelnen ftäbtifchen Unternehmern
unb ©etoerffchaften auf ©enrinnanteile (^ujce) betrieben,
blühte oor allem in $8ö(jmen (Sfttttenberg) , im @rj*
gebirge, n>o 1458 Miltenberg, 1471 (Schneeberg, 1492
3Innaberg fünbig würben, in $irol, in ben dauern, in
©teter marf, Kärnten unb ßrain. *8or allem ber 93au
auf (Sbelmetaüe, namentlich auf ©Uber, lieferte fo un-
geheure Erträge, bafc überall bie bünnen ©ilbermünjen
(SBrafteaten) ber frühem 3*i* buret) „$icfpfennige" ober
„©rofehen (grossi)" oerbrängt tourben unb ber 2öert
ber ©belmetafle jurüefging, alfo bie greife ber Sebent*
bebürfniffe ftiegen.
9ius= ®er £anbel be£ Horbens war mit bem ©inten ber
be* nÄ §anfa in langfamer Abnahme. S)a ber §of oon üftoro*
^onbei« g 0roö/ obwohl er 1514 nrieber geöffnet rourbe, bie alte 93e=
beutung ntdr)t roiebererlangte, unb Brügge, al§ fetn^afen
oerf anbete, feit etwa 1490 oon Antwerpen überflügelt
würbe, fo ftanben oon ben alten ftoljen Äaufhöfen
nur noch Sergen unb Sonbon aufrecht, in ber Oftfee
aber machte ftch bie ®onfurren$ ber Sftteberlcmber immer
empfinblicher fühlbar. $>afür gelten bie oberbeutfdjen
ßaufleute nicht nur ihren alten SBerfehr mit Italien,
namentlich mit SBenebig, feft, wo it>r gonbaco noch
1505 neu aufgebaut unb ausgemalt mürbe, fonbern fie
brangen, inbem fie Söerbinbungen mit bem rafdj auf*
blühenben Antwerpen anfnüpften, auch in ba§ £anbel§s
gebiet ber §anfa ein unb gewannen, al§ Öiffabon feit
ber ©ntbeefung be§ biretten ©eewegeS nach Snbien
1498 ber erfte Umfchlagplafc für biefen neuen Sßerfehr,
v
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Xcr Verfall ber bcutfrfjcn SWacfjtftcUuug im Oftcn 339
oor ädern mit ©eroürjen, mürbe, rafch unmittelbaren
Anteil an biefem lange 3 e ^ überaus gemtnnretdjen
§anbel, unb jroar burd) Schiffe, bie ftc auf eigne föed)*
nung befrachteten, unb mit eignen 3faftoreten, roie bie
2Belfer oon 2lug§burg. Daburdj ftieg befonberS ber
D^^einoerfe^r unb bie SBebeutung ber Steffen oon ^ranf-
furt a. $Jl. gür ben Stforboften gemann 8eip$ig, beffen
Steffen Sftapmtlian L 1497 unter ben ©crjufc be3 9^eict)e§
fteOte unb 1505 mit bem ©tapelredjt auf fünfeehn Steilen
in ber 9tunbe befonberä prioitegirte, eine ähnliche 93e=
beutung, unb bie norboftbeutfdje $uchroebcrei fanb er*
tragreiche Sflärfte in ^ßolen, Ungarn unb ber dürfet.
Zugleich nahm ber £>anbel neue grormen an. SS)a 3"i>jyi
ber 3vn3f u f$ rafch bi§ auf 5 ober 4 ^rojent fanf, ber fapüniut!
ßrebtt mit ber junehmenben Sicherheit ftieg, fo bilbete
ftd) ber ©elbhanbel rafch 8« **nem befonbern 3wcige
au§. ©eit 1400 rourbe auch in 3)eutfchlanb ber 2Bed)fel
ein gewöhnliches 3 a # u "03mittel, * n SJtcmffurt a SR-
entftanben 1402, in Sübetf 1421, in Dürnberg 1498
SBanfen, bie rafch auch ben 5)epofiten- unb ©trooerfehr
einführten, unb ein fcharfeä ©Aufbrecht fieberte ben
©laubiger, ftnbem fich nun ba§ flüf fig gemorbne Kapital
an ben mannichfalttgften Unternehmungen, oft mit
ungeheuerm ©erotnn, beteiligte, begannen ftd) in ben
§änben einzelner mit überrafchenber ©chneHigfeit grofce
Vermögen ju fammeln. 3)iefe ^aoitalbilbung fteigerte
fich «och, al § fid) ©ruppen oon Unternehmern $u £an*
belSgefeUfchaften auf gemeinfame Rechnung unb ©efat)r
jufammenthaten ober gar in ganj moberner SBeife 9iinge
bilbeten, um beftimmte Slrtifel ju monopolifteren unb
bie SßreiSbübung fünftlid) ju beherrfchen. So entftanben
bie erften großen ©elbmächte ber 3*tt, b\t ftüQQtx,
Söelfer, #öd)ftätter u. a. m. Sie begannen nicht blofc
ihre ©täbte finanziell ju beherrfchen, de fauften auch
ben oerarmenben 9lbel au§ unb mürben länbliche ©runb=
herren, fte untermarfen ftch als ©läubiger oft fogar
22*
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340
£ic tonbeSffttfHidj ftiibtijdje Bcit
bic s $olittf bet durften. $urd) bie perfönlidje Züdjtifr
feit be§ einzelnen emporftetgenb , burdjbrac^en fie mit
if>rer gan$ tnbtoibualtftifdjen 2Birtfd)aft überall bie
fojialiftifd) S genoffenWaftU^e ©ntmidtung' be§ Littel*
altert unb matten in fdjroffem SÖiberfprud) mit ber
naturalmirtfc^aftIict)^trd)enred)tUc^en 9lnfdjauung, bie
in ber Arbeit unb im $8oben bie nrirtfd)aftlid)en ftah
toren gefeiten Ijatte, ju beren mtd)tigftem ba§ bemeg*
licrje unperfönlicrje Kapital.
CHnfCuft @3 mar nun gar nidjt $u r»erl)inbern, ba& biefe
"anöÄ inbimbualiftifö * fapitaliftifdje ©ntmitflung aud) bie
ßünfte ber §anbmerfer ergriff unb bamit bie t ©runb-
lagen ber 3 un f tüe ^f«ffung jerftörte. ©injelne Sfletfter
mürben fabrifmäfnge Unternehmer, begannen roo&l aud)
JHinge ju bilben, erfd)merten, um bie ftonfurren$ ab-
$ufd)netben, ba§ Üfteiftermerben unb trieben baburct)
bie ©efeflen, beren nunmehr nur nod) roenige bie§ 3^
erreichen tonnten, baju, ftcf> al§ ein befonbrer ©tanb in
grofeen lanbfd)aftlicr)en Söerbänben im ganzen 9$eid)e ju
organifteren. $urd) bie bamalS auffommenbe Söanber*
fcr^aft rourbe ba§ ©efüljt ber ©emeinfc^aft gemaltig r»er*
ftärtt. ©o brangen bie ©ef eilen in ba§ ©emerbegeridjt
ber 3 un f* c ™> erlangten ©tnflujj auf bie SInnafyme ber
Cefyrlinge unb tonnten fdjon burdj umfaffenbe Arbeits-
einfteflungen auf bie fioljnbilbung einroirfen. $)ie folgen
biefer Umgeftaltung be§ alten 3unf troefeng maren tec^nifdt)
infofem günftig, al§ fic bie 5Iu§bilbung be§ Shinft*
gemerbeS unb tecf>nifdt)c Söerooflfommnungen förberte,
üor allem bie uennelfältigenben fünfte. Unter biefen mar
bie mirffamfte aller Reiten, bie 93ud)bruderfunft,
bie (Srfinbung be3 9flatnaer $atrt$ier§ 3ol)ann ©en§=
fleifd) jum ©utenberg, furj nad) 1430, ber bamalS ben
entfcrjeibenben «Schritt com längft üblichen ^lattenbrucf
jum $)rud mit beweglichen 9ttetafltupen tr>at unb e§
nod) erlebte, bafj ficf) feine „fdjroarje ftunft" in Serbin*
bung mit bem neuen 23ud)l)anbet in reifienber ©dmeflig*
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Xcr Verfall ber bcitndKit 3Wfld)tfic!lini« int Often 341
feit über ©uropa oerbreitete. 3n fokaler Ve^iehung
überwogen bei ber 3crfet3ung ber alten 3unftorbnungen
bie 9ta$teile: bie faft ^eimatlofe ^Beweglichkeit be§
©efeflenfianbeS unb bie Verftärfung btefer un*
fiesem, oft unjufriebnen SBeftanbteile burch bie jahl*
reiben bcft^Iofen Tagelöhner in ben ©täbten unb bie
3uwanberung mittellofer £eute com notleibenben
platten fianbe. $)a§ afle§ brängte im ©egenfatje
ju ber ariftofratifd)en dlat& unb 3 un f tocr föffung
auf eine 25emofratijierung ber ©tabtoerfaffung J)in
unb führte im fünfzehnten Safjrhunbert in oielen ©täbten
ju fchweren @rf Fütterungen nur, feiten $u einem fo weifen
unb billigen $Iu3gleid) wie in Strasburg burtf) bie 9leu;
orbnung oon 1425 — 33, bie bem rein f auf mann ifchen
^ßatrijiat unb bem 9fat eine 2Irt oon Unterhaus in brei=
hunbert ©Höffen au§ ben 3ünften gegenüberfteflte.
$)ie Verteilung be§ 2öof)lftanbe§ in ben ©täbten mar «u*Wen
unb Letten
burch bie neue 2öirtfd)aft§ weife jwar ungleichmäßiger ber etowc
geworben al§ früher, aber er felbft war roef entlich
geftiegen. $ie ©inwohner$ahl erfcheint, oerglichen mit
heutigen 3iff*™/ alg niebrig, aber fte mar weit gleich-
mäßiger oerteilt, ba wirfliche ©roßftäbte, wie ftranf=
reich in s £ari§ eine befaß, in $eutfd)lanb nod) gänzlich
fehlten. Um 1450 (jatte Dürnberg, eine ber anfehn*
Haften, gegen 20000 ©inwofmer, ©traßburg über 16000,
Vafel etwa 15000, ftranffurt nur 7000, 9^ainj 5000
bis 6000, ftoftorf 14000, $)an$tg wofu* über 16000.
Sttod) trieben faft alle ©täbte ftarfen Sltferbau, unb in
ber unmittelbaren 9*äf)e ©arten* unb Söeinbau; batjer
fd)üt>ten fte auch ben weitem Umtrete gewöhnlich burch
eine „8anbwef)r" (2öaÜ unb ©raben) mit SÖarttürmen.
dahinter erhoben fid) bie gemaltigen, oft boppelten
©tabtmauern mit SHauertürmen (Söighäufern) unb
hölaernem Seegang hinter ben 3innen, an ben feiten
angebrachten, jumeilen fünftlerifd) geftalteten Thoren
noch mit ftarfen Vorwerfen gefchüfct. ©ie umfchloffen
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342
Sie fontcftfürftlUI »fftttHföe vjcit
#
bei alten Stäbten be§ 9Jiutterlanbe3 ein ©eroirr un=
regelmäßiger, enger ©äffen unb ^ßläfce, in ben kolonial*
ftäbten metft eine leidet überficfjtliche, rechtwinfltge 2ln*
läge. $)ie Käufer, mit bem fchmalen, fpifcen ©iebel
nach ber Straße geteert, waren bi§ in§ oieraefmte 3ahr*
hunbert burtfjweg au§ §ol$ unb ftachwerf gebaut, mit
Stroh ober Sd)inbeln gebecft unb enthielten im @rb-
gefchoß über tiefen Gedern oft hinter fiaubengängen
Söerfftatt ober tfabeu, in ben obern Stocfwerfen ein*
fache 2öohn* unb S3orrat§rftume; erft fpäter begannen
wohlhabenbere Bürger in 3^9^ ooer ^teitl $u bauen
unb juroeilen felbft ®la§fenfter anzubringen, dagegen
gelang e§ nur ferner, bie ungepflafterten ©trafen oon
ben heften rein länblichen $afein§, bem Düngerhaufen
unb ben frei umherlaufenben Schweinen ju befreien,
noc^ fpäter, fle $u pflaftern unb mit öffentlichen Brunnen
§u oerfehen. 93on einer Straßenbeleuchtung war noch
feine SRebe. Stattlich aber erhoben ftd) oon jeher bie
hochgegiebelten Otathäufer, bie „2lrtu3höfe" ber h<*n*
fifchen ©efdjlechter unb manche 3unftbäufer, bie turm=
reichen Kirchen über ben grünen Mügeln ihrer fjrieb*
höfe unb bie langen fronten ber 5^löfter. ©inen burch
£hore ganj abgefperrten Stabttetl bilbete bie 3uben=
ftabt, unb auch fonft wohnten bie 9Jcitglieber einer ©e=
noffenfchaft, namentlich ber 3ü n f* e > 9 ern gaffenmeife
beifammen, an ben SJcauern auch bie öffentlichen kirnen.
Saut unb geräufchooH bewegte fich ba3 gefellige Seben
weit mehr al§ tyutz in ber Dffentlichfett, vor allem an
2Jcarfttagen ober an hohen ßirchenfeften, wenn figuren*
reiche Slufaüge ober ein „«Spiel" taufenbe oon 3ufchauern
anjog, ober ber tolle Ubermut unb 3Jiummenfd)an$ ber
„ftafelnacfjt" burch bit ©äffen tobte, ober an ben großen
Sctjüfcenfeften, bie fich feit bem oierjehnten 3at)rhunbert
augleich ju ernfter SBaffenübung unb fröhlichem Spiel
geftalteten. 2lu§ ber berben fiebenSfreube einel fraft*
uoüen, finnlichen, leicht erregbaren ©efchlecrjtö ergaben
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Xcr Verfall ber beulten aWacftfitellunfl im Ofictl 348
fid) oft grobe 2Iu3fd)reitungen unb in ©peife unb £ranf,
in ftleibung unb ©cfjmucf ein übermäßiger ÖujuS,
gegen bie fid) aud) ftrenge Söerorbnungen be§ SRatS
unb fd)arfe3 Eingreifen ber fyanbfeften ftäbtifd)en s $oli§ei
wenig wirffam erwiefen.
$8on allebem, wa3 bie ©täbte förberte, war nun ®^^ bc#
ba§ platte £anb gegen Enbe be§ 2Jhttelalter3 ftrenger
auSgefdjloffen al§ je, benn ©ewerbe unb £>anbet waren
burd)au3 Sflonopole ber ©täbte geworben. S)a3 platte
Sanb, 2tt>el unb dauern, blieben alfo faft gan$ auf bie
Erträge einer 9iaturalwirtfd)aft befdjränft, bie nur feiten,
wie in ben Sftieberlanben unb am Sftteberrfjein, ferjon jur
ftrucrjtwecfjfelwirtfdjaft mit ©taUfütterung unb gefteu
gerten Erträgen überging, fonft überall nod) bei ber
$)reif elber wtrtfdjaft befjarrte unb obenbrein bie greife
i&rer Erjeugmffe, trofc ber wadjfenben 93eoölferung /
immer weiter ^erabgeljen fal), ba ber gefleigerte *Ber=
fefjr jetjt auswärtige 3 u M r ermöglidjte. 9lm empftnb*
tieften traf bie§ ben 2Ibel, ben einft ^errferjenben ©tanb.
3n feiner militärtfdjen Söebeutung immer meljr Ijerab*
gebrüeft, erlebte er nun aud), ba& feine Einfünfte ab*
nahmen, unb er befdjteunigte feinen wirtfdjaftlicrjen
Verfall felbft burd) fortgefefcte Erbteilungen, bie f)un*
berte oon ©efd)led)tern ju ©runbe richteten unb tfjre
©üter oft an ftäbtifdjje ^ßatrijier brachten. Unb bod)
wollte ber Slbel nad) wie cor nod) immer nur mit ber
©äffe bienen. Slber oerf)ältni§mäfng wenige fanben
im ©olbbienft ber dürften unb ber ©täbte, aud) im
2lu3lanbe, eine entfpredjenbe $8efd)äftigung; weitaus
bie 2ftet)rjaf)l oergeubete i&re Äraft in wilben Qagben
unb wüften 3 cc ^9 e ^ a 0 cn 0Der * n ° cr Söegelagerei ober
enblid) in red)t* unb finnlofen, lanboerberbenben 3*l)ben
gegen bie „ßrämer" unb „^ßfefferfäcfe" ber ©täbte.
®enn mit $af? unb Sfteib fal) ber Ebelmann auf beren
Söoljlftanb, unb ber SriegSauftanb jroifcrjen 9lbel unb
©täbten bilbete bie [Regel
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844
Tic loubesfürftltcMtQbtifctye 3cit
frfuH f c ^ n,cr ^ cn ^ a P cn a ^ cr biefer unruhigen Uber*
bc§ 9 gang3$ett legten ftch auf bie Staffen be3 fianboolf§.
,böoir * fiängft mar ber Bauer roebrloä, mit Aufnahme einzelner
Canbfchaften, unb ba§ mar fein grö&teS Unglücf, benn
nur ein mehrhafteS 33olf ift frei, ©eitbem bann ber
93eoölferung3abfIu& nach ben ^oloniallanben be§ £)ften§
aufgehört hatte, trat im Söeften eine t>erbältni§mäjjige
Überoölferung ein. ©ie führte jur Teilung ber £ufe,
foba| baS neue 9iormalgut, eine SBiertelhufe, einer
SBauernfamilie nicht mehr genügte, bafjer jur Qerfdml»
bung unb $lu§n>ud)erung burd) Suben unb Qhriften,
enbltch $ur Seibeigenf djaft ber fianbbeftfclofen, bie im
fünfzehnten Sahrhunbert an Qcifyl rafd) junabmen unb
balb ju einem gefährlichen tänblichen ^roletariate
mürben. 3)aju begannen ftch nun bie finanjiefl be*
brängten ©runbherren an ihren Sauern $u erholen.
3n Söeftbeutfchlanb, wo fte faft nur von ben ©elb=
unb 9^aturaljinfen ihrer Unterthanen lebten, fteigerten
fie biefe roiEßürlich; fie behanbelten ihre Pächter unb
3in§bauern al§ fieibeigne, feffelten fie an bie ©chode,
fürjten ihnen ihr Erbrecht an biefer unb nahmen enblid)
bie gemeine 2Harf als ihr Eigentum tnSInfprud), entzogen
alfo ben bisherigen 9ftarf genoffen 2Beibegang, $ol^=
fchlag unb 3»agb ober gematteten ihnen biefe Sftutjungen
nur gegen fchmeren ©chliefjlich bebrohten fte feit
bem fünfzehnten Sahrhunbert jebe Abwehr be§ äcfer*
oermüftenben §ochroilb§ al§ SBilbfreoel mit ben grau-
famften ©trafen, fogar mit SBerftümmlung unb SBlen*
bung. 3)abei mürben fte von ber immer mehr um ftch
greifenben Mnmenbung römifcher SHechtSgrunbfätje unter*
ftü^t, bie oon bem harten römifchen ©igentumSbegriffe
au§ jene halbfojialiftifchen 9hifcung3red)te als ©eroitute
an frembem ©igentume auffaßte unb nur Colonen unb
©flaoen, aber nicht bie mannich faltigen formen beä
CbereigentumS unb ber bäuerlichen $lbbängigfeit3oer=
hältniffe im beutfchen Agrarrecht fannte. 3nt lolo^
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Ter Verfall ber beutfcfjcit TOatfjtftcUimg im Cftcn
845
nialen $>eutfchlanb, mo bic ©runbherren felbft nrirt*
f hafteten, benähten flc ihre ©ericht^ unb ^olijei--
gemalt auf? er bem allen noch ba$u, bie ^Bauerngüter
ju „legen/' b. h- einziehen, um fie im Qntereffe ber
blühenben ftäbtifchen £uchmacherei in einträglichere
©chafmeiben §u oerroanbeln.
Nun gab e§ genug vernünftige unb mohlmollenbe Grünte
©runbfjerrfchaften, unb in einzelnen ßanbftrtchen, wie
in Bommern, um Ottenburg, in ftranfen, im ©Ifafj, niele
mohlf)äbtge dauern, bie ju 3eiten etroa3 brauf gehen
liefen, aber im ganzen mar boch ber SBauer ba§ Caft?
Her, ber ^ßaria biefer beutfehen ©efellfchaft geroorben.
2luf ben engen ©orizont feiner $)orffIur befchränft, von
aller fjö^em Sötlbung au§gefd)loffen, mürbe er felbft in
ber ftäbtifchen ßitteratur unb $unft biefer al§
Tölpel, Riegel, 5lcfertrappe, furj al§ Inbegriff alles
2öibermärtigen unb iRotyn nerfpottet. $)a§ alte ®aifer=
tum hatte ben „Wäfjrftanb" ber Nation buref) feine
ßirchenpolittf fraftuoll gefchüfct; al§ e§ oerfiel, geriet
er in bie ®ned)tfchaft ber übermuchernben ariftofra=
tifd^en ©eroalten. Unb ba§ alleS, roährenb er ftd^ in
ftranf reich unb ©nglanb ju Freiheit unb ©elbftanbig*
feit entroicfelte, in Böhmen mit feinen $)refchflegeln bie
gepanzerten SKitterheere jerfchlug, in ber ©chroeia eine
bäuerlich 5 ftäbtif che SBunbeSrepubltf begrünbete unb in
Oberbeutfchtanb burch ben 8anb§tnecf)t§bienft felbft nrie*
ber mehrhaft $u merben begann.
3)a büßten benn, nachbem zahlreiche (£rh eDUn 8 cn bäuerliche
megen örtlicher Söefchroerben im ©übmeften uorange; Wnn, & eu
gangen maren, rabifat^ommuniftifche Sbeen auf, bie ftch,
mie bei ben £uf fiten auf bie heilige <5<hrift unb auf bal^r*
mut§t>orbilb firchlicher Drben beriefen. 3 uer ft gefchah
bie§ 1476 im Sßürjburgifchen in ben SHeben eine§ jungen
befifclofen ©emeinbehirten unb 2) orf mutanten, be§
Johannes SBöhm in 9itfla§haufen an ber Zauber, unb
fie fanben bei taufenben, bie ihm von nah unb fern
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346
lic (anbcfcfürftlidHtäbtiföe 3clt
juftrömten, roilligeg ©ef)ör. ©r mürbe furjer £anb
ergriffen unb al§ Sieker uerbrannt. Slber 2Jcijjernten,
©eueren (barunter bie neue „gallifche ftranfheit") unb
ßriegSnot machten ba§ oberbeutfehe Sanboolf unb mit
ihm ba§ roachfenbe ftäbtifche Proletariat immer em=
fänglid)er für bie fielen be§ gemaltfamen UmfturjeS,
ber fogar burch ba§ äöort ©otteg geboten ju fein festen.
Um 1493 traten fich bie dauern be3 SiStumS ©tra&burg
unb bie «ürger oon echlettftabt für meltliche unb firch=
liehe Reformen, unter bem3eichen be§ „93unbfd)uh3," be§
93auernfchub£ gufammen, unb feit 1502 überwog Qofjgrriö
ba§ ganje obere SHbeinlanb burch Sanfterer unb 93aga=
bunben mit einem SRefce von SBerfchmörungen $ur 58er*
mcrjtung aller ftürftengeroalt unb jur ©rünbung eine§
ftarfen SlaifertumS. $aum mar biefe93emegung im §erbft
1513 äußerlich unterbrüeft, ba oerfchmor fich 1514 in
SÖürttemberg ber „armeßonrab," b. t. ber 93auer mit bem
ftäbtifdjen Proletariat gegen bie graufamen S^gbgefe^e
be§£er$og3 Ulrich unb ba§ römifche SRecrjt; gleichzeitig
er hob fich bie beutfdje unb flamifche SBauernfdmft ber
bftemetdnfdjen ßanbe gegen bie ©runbherren. Überall
mürbe man noch b*t ©rr)eburi0 burch fchonungSlofe Sölut-
geriefte £err; aber niemanb nerhehlte für), baß bie
fonferoatioften ©tänbe, bie dauern unb in oielen
©egenben auch ber Sanbabel, burch bie einfeitig fajnta*
liftifche ©ntmtcflung ber <Stäbte rettungslos auf bie
Söafm ber SHeoolutton gebrängt mürben. $>enn roo mar
bie monarchifche 3J2acht, bie bie rohe ftänbifdje @elbft=
fucht aller klaffen ber ©efeflfehaft gebänbigt hätte?
Haftt ber 5luch oon ber Kirche tonnte bie Rettung nicht
snr(t,c fommen, benn fie hat abgefehen baoon, baß fie fojiale
Aufgaben unmittelbar gar nicht löfen tonn, burch *h*e
Prarte biefe ©egenfäfce noch oerfdjärft. Niemals mar
bie ©eiftlichfeit zahlreicher unb mächtiger gemef en. Sieben
ber 2öeltgeiftlid)fett hatten [ich bie DrbenSleute unermeß-
lich oermehrt; fie befaßen j. 23. in bem einzigen Sftürn*
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Sex Verfall bev bcutfrfjcn 9Wad)tftelIung im Cftett 347
berg 9, im 93ranbenburgtfcr)en 85 Jllöfter, bic 9 %om- unb
^oüegiatftifte noch ungerechnet $er Kirche gehörte ein
drittel aHe§ ©runb unb $8oben§ im deiche, eine ganje
2ln$ahl geiftlicher 3rürfientümer, unermeßliche ©infünfte
au§ ben Ahnten, frommen Stiftungen unb2Iblaf?gelbern.
SBon jeber weltlichen ©ericr)t§barfeit befreit griff fie
bod) buret) ihr eignes ©ericht in @he s unb 3ramilten*
fachen beftänbig tief in ba§ Seben ber Saien ein.
$8or allem ba§ ganje ftttlicrj-religiöfe fieben ber £aten
fpannte fie in fefte frornten, befonberS burd) bie
ßefjre oon ber 58erbienftlid)feit ber fog. „guten Söerfe,"
ber ©ebete, be§ 3JJeffehören§, ber frommen ©tif;
tungen, ber 2öaUfahrten nach einfjeimifdjen unb
fremben ©nabenörtem bi§ nad) dlom, St 3fago in
Spanien unb oor allem Serufalem, motun unter
anbern oor nehmen pilgern auch beutfdje dürften,
wie 2Hbred)t oon ©achfen 1476, gemöhnlid) oon $8ene*
big au3, fuhren. Unb e§ mar rote eine auf ©egen*
feitigfeit beruhenbe Sßerficheruug, roenn ben ÜJUtgliebern
ber gatjHofen frommen 93rüberfd)aften bie frommen
Söerfe jebe§ einzelnen toie ber ©efamtheit $u gute ge*
rennet unb mit faufmännifäer ©enautgfett gebucht
mürben.
$)a3 aüe§ entforad) bem 9iominalt3mu§, ber feit Komina*
bem meinten 3a$rbunbert ben gtealifcmtS au8 ber JfS.
fcr)oXaftifdt)en 9lnfd)auung mehr unb mehr oerbrängt mm{ *
hatte.*) $)enn ber 9lominati§mu§ beftritt smar bie oer*
ftanbeSmäfiige SöemetSbarfeit ber Offenbarung, ba bie
(£rfenntni3fähigteit be§ Sflenfcrjen baau nicht ausreiche,
forberte aber, ba ihm bie geoffenbarten ©tauben^*
ma^rheiten an ftd) feftftanben, bie unbebingte Unter*
toerfung unter fie, ftärfte atfo bie Autorität ber Kirche,
•) Xer StominaliSmuS fafetc bic 3been («ßlatoS) als blofee ab«
ftrafjierte ©egriffe (nomin a), ber {Realismus aI8 mirflid) criftierenbe
Xtngc (res), glaubte alfo an bie f3räf>iQfeit bes Üttenid)en, überirbtitfje
Xinge erfennen au fönnen, toaS ber ftominaUSmuS in Hbrebe ftettte.
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348
Xic lanbcÄfüiftlid) ftäbttfd)c ^ctt
bie fte lehrte, unb fefcte fomtt an bic ©teile ber inner*
liefen Aneignung bc§ £eil3 burch ben ©lauben bie
äußerliche Unterwerfung unter ba§ ©ebot ber Stirpe.
Xic mmt 2lllerbing3 gab e§ neben biefer r»eräuf?erlichenben
Sluffaffung innerhalb ber Kirche felbft fortroährenb
anbre, innerlichere Dichtungen. 9Hct>t auf r»erftanbe§=
mäfjig fpefulatioem Söege, fonbern unmittelbar oon bem
innigen BebürfniS ber gläubigen ©eele au§ erftrebten
2Hnftifer nrie ber gro&e $ominifaner 9Jieifter ©cfarb
(geftorben 1327) unb feine ®d)üler Johann fauler
unb Heinrich 6ufo bie unmittelbare Bereinigung ber
Seele mit ©ott unter bem Btlbe ber hüntnltfchen 9Jcinne,
ofme priefterltche Vermittlung. 2>iefe SWnftif ergriff be*
fonber§ bie frrauenflöfter; fte oerbreitete ftch aber auch
im oberbeutfdjen Bürgertum unb führte noch im nier*
gehnten Sabrbunbert $u ber meitoer^meigten Berbin*
bung ber „©otteSfreunbe," für bie ein ©trafjburger
Kaufmann, Dule Stterfroin (geftorben 1382), ein Beichte
finb $auler§, befonber§ rührig bie fteber führte, ©in*
mehr praftifcfje Dichtung fdijlug, |unächft in ben Dieber*
lanben, bie ©enoffenfdjaft ber „Brüber t>om gemein»
famen Seben" (§ieronnmianer) ein, bie ©eert ©rot
unb Florentius DabroinS gegen @mbe be§ oiergebnten
SahrbunbertS in 5)eoenter ftifteten. $)ie „Brüber" bxU
beten freie Bereinigungen t»on etroa jroanatg Männern
unter einem Deftor (^ßrior) unb betrachteten al§ ihre
Hauptaufgabe bie Verbreitung guter Bücher unb bie
fittlich^religiöfe Unterroeifung be8 Bolfe§ burch ?re*
bigt unb ^ugenbunterricht in ber Bolföfprache. Balb
breiteten fich ihre Käufer, t»om ©tammhaufe $et>enter
juf ammengehalten, über ben gangen beutfehen Dorben
big nach ^reu&en hin au§. s 2lu8 biefen Greifen be=
fonber§ gingen bie zahlreichen Bibelüberfefcungen (nach
ber lateinifchen Bulgata) tyxvox, beren man bi§ auf
Suther etroa jroanjig gäblte, oor ädern aberba§ ebelfte©r*
bauungSbud) ber praftifchen 9Jlnftif unb ber mittelalter^
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$cr $crfnl( bcr beutfrficn SÄa^tfteffung im Oftcn
349
liefen $ird)e überhaupt, bie „9tad)foIge ©^rifti" (de
iuritaticme Christi) be§ $f)Oma§ a ftemptS (SfjomaS
§amerfen au§ Kempen, ßf)orf)errn auf bem Signeten*
berge bei 3n>oüe, geftorben 1471), ber bie Nachfolge
^rifti im ©rtöten ber ©elbftfudjt unb in fyingebenber
©otteäliebe fud)te. $ud) bie (Smtroitflung ber beutfdjen
s $rebigt burd) Scanner roie ©eiler von SSaiferSberg in
Strasburg unb burd) bie 93ettelorben überhaupt, bie
Spenge ber ®ebet3= unb Slnbad)t§büd)er, ber ^ßrebigt*
fammlungen unb ftatedjiSmen, bie burd) bie neue 93ud)*
brurferfunft bie roeitefte Verbreitung fanben, ba3 aöe§
oerrät einen lebhaften %x\ib nad) $8erinnerlid)ung unb
SBerfelbftänbigung be§ religiöfen £eben§.
©o gingen in ber ®ird)e felbft $roet Strömungen ÄirAc unb
nebeneinonber her, bie eine ftärfere an ber Oberfläche, * ol, * lcbe "
bie anbre fdjroächere mehr in ber £iefe be§ $olfg*
lebeng. $)te §errfd)aft ber Kirche rourbe burd) biefen
ßroiefpalt nod) nicht erfchüttert. Stenn fte leiftete für
ba§ SBolf immer nod) mehr al§ jebe roeltliche ©eroalt. Sie
öffnete benSÖeg be3§etl§, unbfte übte bie fokale ftürforge
für bie 3Hühfeligen unb SSelabnen biefer ariftofratifchen
©efellfchaft, bie s 2lrmen* unb ^ranfenpflege in freier
SBohlthätigfett unb in £ofpttälern, nod) immer faft
allein. SRücfte fte ba§ aüe§ ben breiten 2Jiaffen be§
$Bolfe§ roeit näher al§ bie fdjroache ober f>art burd)*
fahtenbe, ftet§ im Sntereffe ber berrfdjenben klaffen ge*
übte «Staatsgewalt, fo befafc fte für alle, bie f)öf)ere
93ilbung erftrebten, nod) unbeftritten ba§ Seljtmonopol.
Stenn bie Unioerfitäten, bie feit bem oierjefmten Sic
Sahrhunbert meift bie £anbe3l)erren, nur fct)r feiten füVtcu
eine mächtige ©tabtgemeinbe nad) bem Söorbilbe ber
fran$öfifd)*engltfchen 2Kagtfteruniüerfitäten, namentlich
oon s £ari§, roetteifernb grünbeten (1386 $eibelberg,
1389 min, 1392 ©rfurt, bie einzige ftäbtifche, 1403
SBürjburg, 1409 Seipjig, 1419 SRoftotf, 1426 fiöroen,
1456 ©retfSroalb, 1457 greiburg i. S3r., 1460 »afel,
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350
Sic lanbcSfüritlirfHtäMttcfie Seit
1477 Bübingen, 1502 Wittenberg, 1506 ftranffurt a.D.),
beruhten auf einem päpftltchen ©tiftungSbriefe, ftanben
unter ber 9Iufficf)t be§ 93ifchof§ if)re8 @prengel§ unb
galten al§ getftltche ©enoffenfehaften. Daher befafjen fte
bie ©jremtion aller tt)rer Angehörigen Pom weltlichen ©e*
rid)t unb bie torporatioe ©elbftoerroaltung if)re§ erft
fpäter bebeutenben $8ermögen3 nrie ihrer fonftigen Singe*
legenhetten. Sftad) ber im roefentlichen fertig au§ ^ßartö
nac^ $eutfd)lanb übertragnen SBerfaffung bitbeten bie
Setjrer (3Jtagtfter) unb ©polaren aller Rächer bei ben
altern Unioerfitäten ^ßrag, Wien unb ßeipjig noch oier
„Nationen" (8anb§mannfdt)aften); bei ben jungem, non
oornhercin auf einen fleinern Umfrei§ berechneten ©och*
fchulen, fiel ba§ roeg, unb e§ galt nur bie ©lieberung in
oier ftafultäten, bie oorbereitenbe artiftifche (philo*
fophtfehe) unb bie brei ftachfatultäten für attebijin,
römiferje unb fanonifche lHedt>t§n>iffenfdt)aft unb %fyo*
logie. 3n ber artiftifchen mußte jeber ben ©rab be§
2Jcagifter (doctor) erroorben fyaben, ehe er in einer ber
brei höh*™ ftalfultäten <*13 ®ü)oIclt jugelaffen rourbe.
3ebe gafultdt ftanb unter einem )d^rHdt> ober halb*
jährlich mechfetnben Defan, über benen nun roteber
in SBermaltungSfachen ber auf biefelbe fjrtft gewählte
fteftor ftanb. 3>ic ftafultät bilbete eine 3unft mit
Wciftcrn (roagistri), ©ef eilen (baccalaurei) unb 8ehr*
lingen (seholares), bie ben 3roecf oerfolgte, bie in $ahl s
reichen Quellenfchriften unb Kommentaren niebergelegte
roiffenfehaftliche Wahrheit ju überliefern unb fid) an*
jueignen, feine§roeg§ neue Wahrheit ju ftnben, benn
biefe roar in ber philofophifd) begrünbeten Kirchenlehre
enthalten, ober fie rourbe oon biefer abgegrenzt Daher
auch bie S3ebeutung ber Disputationen, bie für bie
Söerteibigung biefer feftftehenben Wahrheit mit ben
Mitteln ber fchotaftifchen Sogit faulen foUten Auch
ba§ genoffenfchaftliche 3ufammenleben ber felbftoer*
ftänblich unberoeibten SWagifter unb ber «Scholaren
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Ter Verfall ber bcutfcfjeit aHnct)tftef(itufl im Cftcn 351
in Kollegien unb SBurfett entfpracb, bem d^arafter ber
3unft. g^ren Unterhalt belogen bie Öehrer teils von
biefen (Stiftungen, tetlSauSgeiftlichen^frünbenunb ihrem
Arbeitslohn (©onorar) ober auch fchon auS nrirflichen
feften ©ehalten. Obwohl alfo au§ ber mittelalterlichen
ßirche unb ©efeflfdjaft hervorgegangen unb vor allem
jur $erteibigung ber Kirche beftimmt, bereiteten bie Uni=
oerfitaten boefj einerfeitS bie $reU)eU ber gorfchung
oor, inbem fie bie menfehliche Vernunft ebenbürtig
neben bie Offenbarung [teilten, anbrerfeitS burd)brad)en
fie bie alte ftänbifche unb lanbfehaftliche ©lieberung,
inbem fie in ihren ©rabuierten au§ Sflitgltebern aller
SöerufSftänbe unb (Stämme eine SIriftofratie ber 93il*
bung fchufen, aflerbing§ eine internationale, vom fieben
be£ eignen SßolfS innerlich noch getrennte 2lriftofratie.
3n beiben ©eaiebungen hoben fie bie Überroinbung
be§ Mittelalter! vorbereitet.
tiefer ©elehrtenariftofratie fchlof? ftch balb noch
eine tiefere ©deicht an. S)a, wo bie meift {leinen geiftlichen
6chulen, bie auch *>on 93ettelorben in ben ©täbten
gehalten würben, bem immer fiärfern SBilbungSbebürf*
ntS be§ 93ürgertum§ nicht mehr genügten, ba entftanben,
vornehmlich in ben ©anfeftabten, in Söranbenburg, im
gan§en SRtttelbeutfchlanb von Schteften bis Thüringen,
in ben fchiväbifchen unb fränftfehen SReichSftäbten, felbft
in Böhmen unb Fähren überall feit bem breijehnten
Sahrhunbert ©tabtfchulen junächft für „93ürgerStmber,"
erft in $tveiter fiinie auch fä* „©chüler" (auswärtige
umherjiehenbe „(Schüben" unb „Bacchanten"), nicht
feiten in heftigem Kampfe mit bem bifdjöf liehen (Scho*
laftifuS, bem Vertreter be§ SehrmonovolS ber Kirche.
Stenn ber ©tabtrat übernahm felbft bie ßoflatur
tronat), b. i. bie Ernennung be§ <5chulmeifier§ (SHeftor)
unb bie ©orge für eine gemiffe faft immer höchft bürftige
9lu3ftattung. $em föeftor blieb eS überlaffen, ob er ben
Unterricht felbft allein beforgen ober ftch ©ehilfen
352 Sic tonteflWtHtäbtifäc Bett
(locati, collaboratores) mieten wollte, mit benen er bann
baS fttappe ©chulgelb teilte, fein einiges ©infommen
neben etwaigen 3ufd)üffen für firchliche Verrichtungen.
5)er Unterricht felbft mar genau berfelbe nrie in ben
geiftltchen Slnftalten, beroegte fid) alfo in ben formen
be§ 2ru>ium§ unb be§ GuabriotumS nad) altüberliefert
ten, roettoerbreiteten Lehrbüchern unb erhielte al§ £aupt=
evgebnid eine geroiffe Kenntnis be§ ßateintfehen, ber
ßird)en= unb 2öeltfprad>e aud) biefer 3eit. 2>ie SKutter*
fpradje Teerten juerft bie „©chreibfchulen" ber norb*
beutfdjen §anbel3ftäbte feit bem merjefynten 3<*h* 5
hunbert, fpäter auch bie «Schulen ber gieronnmianer.
£)a§ platte Sanb aber blieb faft ganj ohne Schulen.
?(u§: 3Benn nun auch biefe gebtlbeten Greife gar nicht
M ?ä Wfl bar an backten, in einen ©egenfatj jur ®ird)e $u treten,
bmufinu^f 0 wrttoicfelten fte eben bod) roie einft bie SRitterfchaft
* eine felbftänbige weltliche Vilbung, unb biefe trug ein
auSgefprochen bürgerliches unb inbiuibualiftifcheS ®e*
präge. 5)enn auf bem Vürgerftanbe beruhte ber wirt*
fd)aftlid)e unb in oteler 93e$iehung auch ber poli=
ttfdije ftortfehrttt, unb jur felbftänbigen $Iu3bilbung
ber (£in$elperfönlid)feit brdngte aüe§: bie fapitaliftifche
Umgeftattung ber ftäbtifchen 2öirtfchaft, bie baburd)
ftch anbahnenbe 2luflöfung ber alten genoffen fchaft*
liehen Verbänbe, bie ftarfe §eranaiehung be§ einzelnen
$u ben ftaatlichen ©efdjäften in <Stabt unb ßanb burch
bie neuen Verfaffungen, bie beftänbige Reibung in
bem alltäglichen Vermehr ber ©täbte, bie »Steigerung
ber 2öeltfenntni§ burch ben perfönlichen Vertehr roie
burch bie Verbreitung be§ Vud)brucf§, ber bie geiftigen
Schäle ber Vergangenheit unb ©egenroart minbeftenS
aßen, bie lefen fonnten, zugänglich machte unb burch
Flugblätter neue ©ebanfen unb Nachrichten in bie
roeiteften Greife trug. So lernte auch ber f deichte Bürger
3Jienfd)en unb $>inge beobachten, fid) ein eignes, felb=
ftänbtgeS Urteil bilben, feinen eignen Söert fdjäfcen.
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Icr Verfall ber bcutfdjen 9fcl($tfteffimg im Cftcn
353
3)a ftarb nun in ber ßitteratur ba§ rttterltcfje 3>t*tmtfi
©po§ ab, beffen Qbeale für ba§ Bürgertum feine 93e-
beulung Ratten; nur in profatfehen „58otf3bücf)ern"
mürben bie (Stoffe, für ben berbern ©efdhmacf $uge*
rietet, aufbewahrt. $afür ermüde bie Heine epifche
©r^ählung intereffanter neuer unb alter ©efdjehmffe,
ber Sd)roanf unb bie Segenbe, mit bibaftifcher unb
fatirifdjer £enbenj, alfo mit ftarfem £ert>ortreten be§
perfönltchen Urteils unb mit bem ©eftreben, ba§ Urteil
be§ SeferS ju rieten, ©elbft bie uralte epifdje £ier=
fage, bie um 1450 ein flamifcher dichter befonberS
ben 9Heberbeutfd)en roieber nahe gebracht hatte, nahm
im „föeinecfe be *8o§" (öübeef 1498) eine auf bie peffU
miftifrf) beurteilten ^citoer^ältniffe jielenbe fatirifche
Dichtung an, unb eine reine Satire mit moralifierenbem
3n>ecfe ift Sebaftian 93rant§ „9larrenf*iff," ba§ bie
©ebredjen aller Stäube geißelt (auerft 1494). SWehr
naioen ©l)arafter trägt ba§ epifche l)iftorif^e Sieb,
ba§ feit bem Anfange be3 üier$ehnten 3ahrf)unbert§
ade nuchügen ©reigniffe begleitet. $ie ©emüt§*
empfinbung aber, befonberS ber untern Stänbe, auch
ber Säuern, über bie alten enrig unauSgefungnen
fernen Siebe, Söein, Spiel unb 9latur braute baS
Inrifche $olf8lieb gu einem oft ergreifenben $lu3brucf.
©in gang fünftlicrjeS ©r$eugni3 bürgerlich künftiger
Greife mar bagegen bie Dichtung ber fübbeutfcr)en
SHeifterfmgerfchulen, bie feit ber ÜJiitte be§ fünfzehnten
3af)rl)unbert§ in ben immer mehr oerfdjnörfelten gor*
men ber abgeftorbnen ritterlichen Snrif nad) ben pein=
liefen ©efefcen ber „Sabulatur" lehrhafte unb erbau*
liehe, biblifd)e unb legenbartfcrje Stoffe metft geiftloS*
pebantifcrj behanbelte. S)od) bie eigentümliche bürger*
lic^e $)icf)tung§gattung mürbe ba§ ftrama („Spiel").
$)enn nur in ben Stäbten traten bie ha^oramatifdhen
ßeremonien an ben grofjen ßirdjenfeften, befonberä ju
Weihnachten unb Dftern fo lebenbig fy&cvox, baß fic
$er JCßcrbcgang beS beutföen 5öotfe§ I 23
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354
3)ie laiibcöfürttücMtöbtiictic ^cit
$u nrirflich bramatifcher ©eftaltung einluben ; nur hier
fanben ft<h oi)nt 2Nüf)e bic barftellenben Gräfte unb
bie taufenbe oon 3 u ftf) aue ™> hexen eine Aufführung
berart beburfte. Anfangs auf ba§ innere ber Kirchen
befchränft unb in latetnifcher Sprache gefdjrieben,
traten biefe „2Hgfterienfpiele" balb auf bte öffentlichen
Sßläfce heraus unb bebienten fich ber SBoKSfprache. ®ie
fteUten anfangt nur bie 2öeif)nadjt§* unb namentlich
bie SeibenSgef dachte ©f)rifti bar, balb aber auch anbre
btblifdje ©toffe, in breiter Entfaltung ber lofe anetn«
anbergereihten ©jenen, begleitet oon (S^ren unb unter*
brocken oon fomifchen, ja poffenhaften Auftritten, ohne
irgenbroelche eingehenbe (Sharaftertfüt' ber ^ßerfonen,
natürlich auch )eb< Treue im ßoftüm unb nur
mit Anbeutungen oon $)eforationen. daneben famen,
namentlich in Dürnberg, bie fjaftnachtsfpiele auf, bra*
matifterte Vorgänge auS bem täglichen Seben, berb=
fomifche, oft poffenhafte unb rohe ©jenen, bie oon
oermummten jungen ßeuten in Sßrioathäufern &um
beften gegeben mürben.
wcfd)ict)t* bürgerlich mürbe auch bie ^ßrofa, oor ädern bie
1 ,rcbun0 ©efchichtfchreibung. ^atrialer, ©tabtfchreiber, Settel,
mönche griffen jur gfeber unb f Gilberten meift in
beutfcher Sprache, jeber in ber 2Kunbart feiner fianb*
fchaft, in einfacher ehr onologif eher Reihenfolge, ohne
Äunftform unb meift ohne weitem ©cfic^t§frei§ , aber
oft anfehaulich unb mit manchen fulturhiftorifchen,
roirtfehaftlichen unb ftattfiifchen ©tnjelhetten, toa§ ihre
©tabt in guten unb böfen Tagen erlebt hatte, daneben
haben bie bebeutenbern Territorien unb ftürftenge*
fchlechter alle ihre 2)arftellung gefunben, jumeilen wie
früher burch bie fteber eines unterrichteten ©eiftlichen.
2)ie Oieid)§gefd)id)tfd)rcibung mar mit ber 9Racht beS
alten ftaifertumS oerfchmunben; bafür jetgen pdf) bie
Anfänge einer neuen inbioibualiftifchen Gattung in
ber ©elbftbiographie, 5. in bem SBerfuche
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Ter üScrfaü ber bentfcrjen 9Rad)tfteauitg im Cftcn 355
&arl§ IV. ju einer folgen unb in ben allegortfchen
3)enfroürbigfeiten 2WaximiIian§ I., bem „$heuerbanf"
unb bem „Söetftfunig."
Söätjrenb nun in ber Sitteratur biefe gährenbe
Übergangszeit nirgenbS ju einer reinen ^unftfehöpfung
gelangte, brüdtte fie ihr 93efie8 au§ in ber bilbenben
ßunft, namentlich in ber gotifdjen Söaufunft. gier
hatten feit bem brennten ^ahrhunbert bie bürger»
liefen ßaien Doflftänbig bie Rührung übernommen unb
waren in künftigen „Bauhütten" organifiert, bie ftd)
alle, feit 1464 auch bie 1462 in Sorgau Bereinigten
norbbeutfdjen, ber ©trafjburger gürte unterorbneten,
unb föon §eigte fiel) in bem Auftreten befonberä be=
beutenber SÄeifter, nrie ®rmin oon ©teinbach, ©erwarb
oon Diict)I unb 5lmolb von Söeftfalen, ba§ ftärfere
©eroid^t ber fünftferifcfjen Sßerfönlichfeit. ©o rourbe
ber gotifcfje ©til ber getreuefte s 2lu3brucf biefer Qzit
unb ©or aflem bie SBauroeife be3 S3ürgertum§. SKoch
maren bie ßirchen ihre grofiartigften 2öerfe, aber fie
mürben jefct überroiegenb von Beiträgen ber Saien
aufgeführt unb juroeilen in fo Ungeheuern üftajjen
angelegt, baf? ©enerationen barüber hwmegftarben
unb fte uneoflenbet ftehen blieben, weit ber fromme
(Sifer fchmanb, unb fchon traten ihnen auch ftattliche
gürftenfehlöffer unb ^atriaterhäufer $ur ©eite. 3n ben
^irchenbauten aber tjerrfc^t ein himmelanftrebenber
^bealiSmui, geroiffermafien ber fünftlerifche $lu3brucf
ber bürgerlichen üftnftit, ber bie SBänbe faft ganj in
fchlanfe Pfeiler auflöft, auf fie bie fünften ©eroölbe
fefct, bie ©ptfcbogen noch mit Sßimpergen, bie ©trebe=
Pfeiler mit ftialen frönt, üppiges ©teinornament um
alle Bauteile, cor allem in ber „föofe" über bem ^ßor*
tale, fchlingt unb mit einer ober jroei geroaltigen, gen
§immel meifenben Surmpnramiben ba§ ©anje ab?
fchlie&t. Unb inbem bie Pfeiler be3 Innern perfpef*
tioifch auf ben ter^englanjumfloffenen godjaltar ju*
23*
356
Tie lanDcsfiirftltcfi ftäHtiic&c ^cit
fammenlaufen, unb in feurigen färben leucfjtenbe Ijo^e
©la§fenfter ba§ $age§ltcrjt nur in gebämoften ©trafen
ein (äffen, nrirb ber 9lnbäct)tige fyingeroiefen auf ben &ern
unb Sftittelpunft ber ©laubenSlefjre rote be3 ©otteS*
bienfteS, in bem ©öttlicf)e§ unb 9Jienfd)Ucr)e§ jufammen-
fließen, auf ba§ ©aframent be§ 2Iltar§, bie 2tteffe. $a§
©ro&artigfte leiftete in ßircr>enbauten biefe§ GtUS ba§
Dirjeinlanb in ftreiburg, Strasburg unb Äöln, Scrjroaben
in Ulm, SBanern in 9tegen§burg unb 2Httncf)en, fjranfen
H
in Dürnberg, Ofterreid) in Söien, SThttelbeutf erlaub in
(Arfurt, 9flagbeburg, 2Jletßen unb 93re§lau, SBöljmen in
^ßrag. 3n SBeftfalen überroog aud) jefct nod) eine
fd)licrjtere 9iid)tung, unb ber foloniale Sftorboften fud)te
in ben oft riefigen SBacffietnbauten feiner #anfeftäbte für
ben reichen ©teinfdnnucf, ben ir)nen bie Statur biefeS
Materials oerfagte, ©rfatj in ben großartigen $8ert)ält*
niffen ber Qnnenräume unb in ber Slnroenbung far*
biger glafterter 3iegel. ©infad) unb turmlo§ blieben
bie ftHrcfjen ber SBettelorben. Oft prächtig bagegen
bauten bie dürften itjre <5d)löffer. jetjt in ber STCärje
r>on ©täbten (3llbrecf)t§burg in Sfteißen, üflartenburg
in Greußen), bie ©täbte it)re §od)gegiebelten, oft türm*
oerjierten SKatftäufer (ßöln, Sübecf, ©tralfunb, 93re§*
lau) unb ©überfallen ($anjtg), reietje ^ßatrijier tyre
SBor^ unb ©efd)äft§t)äufer.
swaicrci ©erabe ber gotifct)e Stil, ber bie großen Söanb*
flödjen faft auflöfte unb bie malerifcrje 9lu§fd)mürfung
auf bie bunten ©laSfenfter unb bie Elitäre befcrjrdnfte,
roirfte toefentlicf) auf bie Trennung ber Malerei oon
ber Slrcrjiteftur Inn. So bilbete ftd) ba§ Safelbilb au3,
$unäd)ft in Söaffer* unb Semperafarben, fpäter aud)
# »
in ben leud)tfräf tigern Ölfarben, einer £ed)ntf, bie
juerft im SÖeltfjafen SBrügge oon ben betben ©rübem
§ubert unb Qan oan ©ntf um 1420 oerooflfommnet
rourbe unb fic% tafer) oerbreitete. %a ber betrieb ganj
äunftmäßtg blieb, fo überroogen junädtft bie ©igen*
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£er Verfall ber beutfdjen 9Wac^tftcflutig im Cftat 357
tümlichfeiten ber ©chulen, ber ntQftifdö gerichteten
fölntfcfcweftfälifchen (©tephan Öochner), ber böhmifchen
unb ber bürgerlichen, mehr realiftifdjen Nürnberger.
(£rft feit bem Anfange be§ fünfzehnten jgahrhunbertS
traten bie ^erfönlichJeiten ber SKaler ftärfer heroor,
unb e3 würbe üblich, oen BUbem bie Signatur be§
9fteifter§ jujufe^en. Sftod) waren bie ©egenftänbe
burdjweg reltgtöfe, bie 3^4nung unb ftarbengebung
fonoentionSmäfng; boch beginnen bie SBilber ber (Stifter
ben ^ßorträtcharafter anjunehmen, beuten alfo auf ein
forgfältigeS Naturftubium. tiefer 9taturalt§mu8 würbe
bann bie au§gefprod)ne ©igentümlichfeit ber nieber*
länbifchen ©dmle unb führte bei ihr juerft jum (Srfafc
be§ alten ©olbgrunbe§ burch biz fcharf unb treu, wie
mit bem Sölicf eine§ UlblerS, wenngleich anfangt ohne
rechte Suftperfpefttue aufgefaßte fianbfehaft. Unab=
hangig r»on ben Sftieberlänbern , aber boch in *>« s
wanbter Dichtung, entwicfelten fich bie oberbeutfehen
©chulen, oor allem in Colmar burch SWattin ©djongauer
(geftorben 1498) unb in Dürnberg burch ben weithin
wirffamen ÜRic^ael 2öof)lgemut (geftorben 1519). ©erabe
biefe Oberbeutfehen bilbeten auch bie oeroielfältigenben
fünfte, ben £ol$fcfmttt unb ben ftupferftief), gu illuftra*
tioen, alfo oolfötümlichen 3 werfen feit etwa 1400 ganj
befonber§ au§. $lu§ allen biefen Söorbebingungen herauf
fchuf ber Nürnberger Wibrecht 3)ürer, 2öohlgemut§
©d)üler, zugleich oon nieberlänbifchen unb italienifchen
(Sinflüffen nicht unberührt (U71 big 1529), auf natura*
liftifchem ©runbe eine ibealiftifche, gemütstiefe unb
ganj beutfehe Malerei in oft figurenreichen, innig em*
pfunbnen religiöfen ober tieffinnig aflegorifchen Silbern
mit liebeooU gejeichnetem lanbfehaftlichem £>intergrunbe
wie in ben Porträts faft aller bebeutenben 3^itgenoffen.
Qn noch weitere Steife wirfte er burch feine $ahl*
lofen ftupferftiche au§ ber ^eiligen ©efchtchte, bie balb
&u einer Stacht würben im ©eifte§fampfe btefer 3^-
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358
1\t (anbeäfürftlicfcftiibHföe Seit
«ptaftit 93on ber Sftalerei roefentltd) abhängig in itjrer
2luffaffung rote in ityrem Sftaturaltlmul roar bie beutfdje
^laftif, bie freilief) in biefen gotifdjen ^irdjen norf)
roefentlid) beforatioen ßroeefen biente. 2)er Horben,
befonberl ber foloniale Sftorbofien, btlbete t>or aflem
bie §oljfd)ntfcerei in arcfyiteftonifdjer Umrahmung für
bie 3rlügelaltäre aul unb fteigerte bie SÖirfung biefer
ftgurenretcfjen ©jenen burdj bunte ©emalung unbSÖergoI*
bung. 9Jtetfter oon aulgeprägter naturaltftifdjer (Eigenart
traten bann in Dürnberg um bie Söenbe bei fünf-
jeljnten unb fedjjetynten 3<*l}rf)unbertl auf, $Beit ©tojj
(geftorben 1533), SIbamßraft (geftorben 1508) unb *ßeter
SHfdjer (geftorben 1528); boef) abelt bie 2öerfe ber
beiben legten fdjon ein £>aud) antifMtaltentfefjer gönnen*
fc^ön^eit.
$enn in immer ftdrferem ©trome ergofj ftdj eine
neue glänjenbe »Übung aul Italien naef) 2)eutfc#anb
©«jyani#= hinein. 2Bte mufjte boef) auf btel geiftig unb roirt*
fdjaftlid) mefjr unb mefyr oom Bürgertum befjerrfcfjte,
naef) immer freierer ©ntroieflung ber ^ßerfönlicrjfeit
ftrebenbe 93olf biefe neuitalienifd)e Kultur einroirfen!
äöar fie boef) ganj ftäbttfcf), gan$ inbüribualifttfcf), gan*
roeltlicf) * national, unb gerabe bel^alb rourbe fie
buref) bal neu auflebenbe begeifterte Qntereffe an bem
ebenfo ober üfynlid) gearteten römifefjen Altertum, ber
ftoljeften nationalen (Erinnerung ber Italiener, unb
feit bem fünfaefjnten 3af)rf)unbert audj oon ber alt*
grtecf)ifcf)en Sitteratur fo reidt) befruchtet. Sluf biefen
©runblagen galt el eine rein menfcf)licf)e (ljumaniftifcfje)
SBilbung $u fcfjaffen, ofyne fircfjlicfje Sßoraulfefcungen,
eine nationale fiitteratur naef) bem Söorbilbe ber
9lntife, eine neue pln'lofopfyifcfje 2Öeltanfcf)auung, bie
im 2öiberfprud) $u ber in ber ®iref)e tjerrfdjenben
nominaltftifd):ariftotelifcf)en SHic^tung an ^latoigbeem
lefjre anfnüpfte unb fie mit ber djriftlidjen ©laubenl*
Iet)re ju oerfdjmelaen fucfjte ($. 18. ©ott all bie 3>bee
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Ter Verfall t>ev bctttfcfien äNarfjtftettung im Cfteu
359
be§ ©uten auffaßte). (Sin neue3 ßeben ber freien
$erfönlid)feit, loggelöft oon aßen ©cfyranfen be§ §er*
fommenS unb (eiber oft aud) ber 8ittlid)fett, mar ba§
Ergebnis. 9*un f)atte fd)on Earl IV. mit Petrarca
oerfeljrt, mtt ben großen JHeformfonjUien waren
fjumanifttfd) gebilbete Italiener nad) $)eutfd)lanb Ijer*
über gefommen, unb jeber ber jungen 2)eutfd)en, bie
nad) ben italientfdjen Unioerjttäten jogen, brachte
f)umaniftifd)C ©tnbrücfe mit nad) ber §eimat. grei*
lid> ooltgtfimlid) tonnten in $eutfd)lanb biefe fcuma*
niftifdj * antififierenben Söeftrebungen nod) weniger
werben al§ in Italien y fic blieben immer befdjränft
auf bie gebilbeten Greife, oor allem weil biefe §uma;
niften felbft fid) burdjweg ber lateinifcfyen ©pradje
bebtenten, fogar tfjre tarnen oft ^öcfrft wiHfürltdj unb
gefd)macflo§ (atinifxerten unb ber Überzeugung lebten,
bafj fle einem barbarifdjen 33olfe bie Sacfel aller työljern
SBitbung oorantrügen; aber fie füllten ftd) bod) faft
ftets als gute $eutfd)e fd)led)tmeg, bilbeten fid) nad)
if)ren gefeierten 2Huftern $u felbftänbigen, gefcf>loffenen
^erfönltdjfeiten au§, frei oon ben ©djranfen alter
genoffenfd)aftlid)er unb örtlicher $ejtel)ungen, unb be*
grünbeten jwar nid)t, wie fie träumten, ein neues Ceben
in antifer $reif)eit unb eine neue Sitter atur, xoofy
aber bie moberne 2öiffenfd)aft.
©ine unabfef)bare Spenge eigenattiger ^erfönlicf)* $«utfcfc
feiten ftanben ba nebeneinanber: ftifle (Mehrte unb ge* niflcn
wanbte Weltmänner, unruhige 2Banberlef)rer unb ftolje
s ßatrijier, r)or)e ®eiftlid)e unb fürftlidje Herren, fie
aOe oer bunben burd) baSfelbe 93ilbung§intereffe: ber
rührige ftriefe SRubolf 2lgricola (1445 bi§ 1485), ber
erfte gro&e 93af)nbre$er ber neuen 9Hd)tung, ber be-
wegliche gebanfenreid)e ftranfe ftonrab Zeitig (^öcfel,
geftorben 1508), ber „@r$f)umanift," ein raftlofer
©ammler unb grorfdjier, ber ben neuen ©tubien oor
allem burd) ©rünbung gelehrter ©efeUf haften (fo ber
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360
Die tanbefcfürftllcHtäbtifäc Seit
Societas Danubiana in 2öien) neben ben fd)olafttfd)en
Unioerfttäten galt ju geben oerfudjte, ber ftofye
^atrialer äöüibalb Sßircf Reimer in Dürnberg (1470 bi§
1530), ber fein gaftfreieä £>au3 ju einer „gerberge ber
(Mehrten" machte, ber oielgeroanberte, praftifd) rote
roiffenfäaftltd) unermüblid) tätige 2lug§burger ©tabt*
fdjreiber ßonrab ^euttnger (1465 bi§ 1547), ^o^ann
von Balberg, $8ifcf)of oon 2öorm§, Sodann $rityemiu§,
ber 5lbt be§ 58enebittinerflofter§^ponf)eim bei ftreua*
nad), ber grö&te beutfdje ^olp^iftor feiner 3«ü/ ber
geifi* unb gefdjmatfoolle §of)enaotler 2Ilbre$t, @rj=
bifd)of von 2Kagbeburg unb 9Jlaina, enblid) an ber
Spi^e ber fürftlid)en ©önner be3 §umani§mu§ 8aifer
2Jtarjmilian L felber.
niiSc a ^ e§ m & xoe nun a & er °^ ne tiefergreifenbe
untere folgen geblieben fein, wenn nid)t ber £umant§mu§ in
rcSim °* e beutfdien Unioerfitäten unb 6d)ulen eingebrungen
wäre unb baburd) bie 2lnfd)auungen ber fyeran*
road)fenben (Generationen unter feine £>errfd)aft ge;
bxad\t f)ätte. 3In ben §od)fd)ulen ging junäc^ft bie
^ßrofeffur ber ^ßoefie unb SHfjetorif oft in bie gänbe
oon gumaniften über unb bannt ein beftimmenber ©in=
flu 6 auf bie artiftifdje ftafultät, ber bann aud) auf bie
Ijö&ern ftafultäten roirfte. $a§ gefdjalj guerft in SBafel,
ftreiburg, geibelberg, Bübingen (burd) geinrid) 93ebel
feit 1497), Sngolftabt, Söien, in 2mttelbeutfd)lanb oor
ädern in Arfurt (fd>on feit 1460\ Slnbre Unioerfitäten,
tote fieipatg, Moftocf, ©reifgtoalb, Stöln, öffneten ftd) ber
neuen ^idjtung nur jögernb unb jeitroeilig. 9iod) lang*
famer gewann ber £)ttmani3mu§ an ben gelehrten Spulen
SSoben, too er bie mittelalterlichen fiefjrbüdjer burd)
beffere Anleitung, ba§ fdjolaftifdje fiatein burd) ba§
ttaffifdje au oerbrängen, ben Streik ber gelefenen Sdjrift=
fteller au erweitern fud)te, ofjne bod) ba§ alte 3iel, bie
93e^errfd)ung be3 fiatein in Söort unb Schrift, in $*ofa
unb ^oefie, au änbern. Qn biefem ©inne geftaltete ber
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lex $crfan ber beutfefien aWaditftcauiifl Im Cftcn 3ßl
treffliche Alejanber §egiu§ (§cecf ) bic blühenbe ©cr)ule
ber $ieroni)tmaner in $)eoenter fett 1474 um, ber 3)onv
herr SHubolf oon Sangen, fein ©chüler, feit 1498 bie
$>omfchule in 2Mnfter; in 3nricfau entftanb fogar eine
griecl)ifdt>e ©chule, in $lug§burg jroei Satetnfchulen, in
Dürnberg eine ,,' s $oetenfcr)uIe" unb eine neue fyutna*
niftifdje ©djulorbnung für bie oier beftehenben Satein*
faulen, ba§ SBerf ^ircft)eimer§ (1509); bte ©dmle oon
©chlettfrabt reformierte ber SBeftfale Subtoig bringen*
berg (1450 bi§ 1490) im hieronomianifch=h"maniftffchen
©inne. 3>m ganzen aber blieb bie ßafjl ber neuen 2ln*
ftalten junäc^ft noch gering.
3ebenfaH§ nahm ber beutfehe §umant§mu§ eine Gra*mu$
entfehiebne Dichtung auf Unterricht unb 2Biffenfd)aft, g? C uittn
bie i^n oon bem ttalienifchen roefentlid) unterfd)ieb.
©ein anerfannteS §aupt aber, ja ber „ftönig ber §u-
maniften" fchlecrjtioeg tourbe ber lieber länber $>efi*
beriuS (Sra3mu§ (©eert, ©erwarb) oon 9iotterbam ( 1468
bi§ 1536). (£rfi nach langem SBanberleben in xixanh
reich, Italien unb Ghtglanb tourbe er feit 1521 in
SSafel r)eimifcr), aber er mar feine§ $8olfe§ ftinb,
ohne Qntereffen für bie Sprachen, bie er um fidt)
hörte, jebod) ber gröfjte Kenner beS Sateinifchen
unb ©ried)ifchen unb ihrer Sitteraturen, ein Söelt*
bürger be3 ha&§burgifchen SBeltreichS, ein Sftann be§
Haren, fcharfen 93erftanbe§, ohne Seibenfehaft unb
oofl Abneigung gegen jeben ©trett, aber in feinem
ftiOen Arbeitszimmer unermüblich thätig, ba3 SHufter
eine§ ©tubengelehrten unb bod) burch feine fteber eine
■äftacht in ber 2öelt. $Bon ben meiften antifen @d)rift=
fteflern unb ben Stirchenoätern oeranftaltete er neue
oerbefferte Aufgaben, auch oom griechifchen Stteuen
Seftament 1516, unb burch einen unbegreiflich au§=
gebehnten Srieftoechfel, ber bie fehlenben gelehrten 3*ü 5
fchriften einigermaßen erfeijte, mürbe er ba§ Hüffen*
fchaftliche Grafel für alle Söelt. 2Ba§ er für ba§
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362
Tic (anbc*ftirft(i(fcftäbttf(fjc 3"*
©riechifche fyat, ba§ leiftctc Sodann SHeuchltn au3 ?f otj-
heim (1455 bt§ 1522), feinem Berufe nach 3urift unb
burd)au3 SBeltmann, für ba§ £>ebräifcbe, inbem er 1506
bie erfte Ijebräifcfje ©rammattt juftanbe braute unb
auch bie fpätjübifche fittteratur fleißig ftubierte.
«nföiiflc 5lber e§ blieb nicht bei bem ©tubium unb ber bloßen
' Äcn" f orma * en JW&Wbimg ber Gilten ; an ihre lange oerbunf elte
fctiaft Siffenfchaft anfnüpfenb unb ftcf) lo§reißenb von ben
Schablonen unb SöorauSfefcungen be3 SSWittelalterg oer*
fugten bie beutfchen gumaniften felbftänbige roiffem
fdjaftlic^e Seiftungen auf ben cerfchiebenften ©ebieten.
©tolj auf bie ruhmreiche 93or$eit feineg 3tal!e3, beffen
Anfänge bie neu entbecfte „©ermania" be3 $acttu§
(1470 in SBenebtg, 1473 in Dürnberg gebrucft) ben
beutfchen juerft roieber nahe gebracht hatte, roagte 3afob
äöimphcling in Strasburg in fetner Epitorae reram Ger-
manicaruni ben erften S8erfucf) einer gufammenfaffenben
beutfchen ©ef Richte auf ©runb antifer unb mittelalter-
licher Cuellenfchriften; Sofann $rithemiu§ fdjrieb bie
erfte beutfche ßitteraturgefrfjichte, ftonrab (£elti§ h au f tc
unermeßlichen Stoff ju einer umfaffenben Sdjilberung
beutfchen Sebent in einer Germania illustrata auf,$onrab
^ßeutinger gab eine iHeifje römifcher jQuellenfchriften
jur beutfchen ©ef Richte unb bie oon ßeltiS aufgefunbne
merfroürbtge römifche SÖeltfarte, bie Tabula Peutin-
geriana herauf ^pircf^eimer fchrieb nach ©äfatg Söorbilb
bie ©efchichte be§ unglücflichen SchroeijertrtegeS oon
1499, ben er an ber Spifce be§ 9iürnbergifchen ftähn*
leinS mitgemacht hatte. $)a§felbe Dürnberg rourbe auch
bie .Ipauptpflegeftätte ber im$lnfd)luß an^tolemäu^ neu
aufblühenben elften SÖiffenfchaften, ber 9flathematif,
3lftronomie unb ©eographie. $er ©egrünber biefer
Stubien rourbe hier feit 1471 QohanneS SRegiomontanuS
(9Wüöer au§ Königsberg in frranfen), ber «Schüler be§
trefflichen ©eorg Beuerbach in SBien; er legte 2ßerf-
ttätten für bie £erftetlung mathematifchet unb aftro*
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Ter BetfoU t»er bellten attncbtitcauitfl Im Dften 363
nomifcherSnftrumente unb Sanbf arten unb eine ®rucferet
für Sßerfe biefer 2lrt an, begrünbete mit £ilfe be§ $a*
tri^icrS S8emt)arb 2öaltf)er bie erfte <Sternroarte(Suropa3,
erfanb ben SafobSftab, berechnete bie ©ternentafeln (für
bie ^afjre 1475 bi§ 1506), unb gab baburd) ben großen
(Sntbecfern feiner 3eit bie unentbehrlichen §ilf§mittel
in bie §anb. <£in Nürnberger ^atri$ier, SD^artin $8ehaim
(1459 bi8 1506), brachte fte nad) Portugal unb t>er*
manbte fte felber al§ Teilnehmer an ben portugieftfehen
#anbel§= unb Qpntbecfungäfahrten längs ber 2Beftfüfte
2Ifrifa§; er wagte e§ bann, bie gefamte bamalige 2öelt s
fenntniS in feinem berühmten ©rbglobug (1491/93) $u*
fammen^uf äffen, unb fortan Ijat bie beutfdje Sötffen*
fcfjaft an erfter ©teile bie (Sntbecfungen ber ©panier
unb ^ßortugiefen, bie fie ermöglicht r)attc, auch w*»
arbeitet.
$iefe ganje fröhlich aufblühenbe, ganj tnbiotbua* toe |^ cr
liftifche ©etfteSbilbung ftanb nun &ur SSircrje an fiel) $>icrard)ic
burchauS nicht im ©egenfafc. $Iber freilich, je mehr fie
heranwuchs befto mehr forberte biefe Kirche bie ®rtttf
herauf. £)enn jwifchen bem ^Infprud), ben fie erhob,
bie Leiterin be§ gefamten ftttlich^religiöfen unb geiftigen
Sebent $u fein, unb bem, mag bie ©eiftlichfeit ihrer
ajiehrja^l nach wirflicr) mar, mürbe ber Söiberfpruch
immer größer. $ie hof)e Söeltgeiftlichfeit, burch bie Un*
fitte, bie 93i3tümer unb $)omfapitel $u $Berforgung§*
anftalten ber jüngern <Söfm* fürftlicher unb ablicher
©efchlechter au machen, hatte biefe mit oödig meltlich
gefinnten §erren erfüllt, bie in prunfoofl üppigem unb
fittenlofem §ofleben ihrer fachlichen Pflichten unb ihrer
93eftimmung, ein SBorbilb ber Saien ju fein, oödig oer*
gafcen. *Bon ben Drben roaren bie altern reich unb
träge geworben, ihre ßlöfter $u ©tfcen fchmelgerifchen
unb oft genug unfittlichen 3Bohlleben§. $ie jahllofe
niebere ©eiftltchfeit aber, elenb befolbet unb fehlest
oorgebilbet, oerrichtete ihren Dienft ganj hanbwerfS*
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364
Tic fanbcSfürftlicHtcbtiföe Seit
maßig, unb bie meiften Pfarrer, namentlich auf bem
Sanbe, lebten im $onfubtnat. 3)a$u fam bie fcfjamlofe
3lu§beutung $eutfchlanb§ burch päpftliche 9lnnaten unb
^Paöiengelber, SKeferüationen unb ©rjpeftanjen, Surfen*
geinten unb Slbläffe (fünf atmfäen 1500 unb 1517!),
unb jroar ju ©unften einer ®urte, bie mit getroffen*
lofer ®lei<hgtltigfeit ihre geiftlidje Autorität unb ben
frommen ©lauben ber Hölter ju ganj weltlichen, ja ju
höchft perfönltchen ^mzdtn mißbrauchte. $)er ftluä) jeber
Hierarchie, baß fte fchKeßlich über ber Sicherung ihreS
$afein§ ben 3mccf biefeS $afein§ oergißt, hatte ftch
erfüllt.
söothfcitbc 2)a regte fid) nun bie Dppofttion biefe§ jum ©elbft*
mZ: bewuHtfein ber freien ^erfönlichfeit burcf>bringenben
rC unb )c 3 e ü a( to3 oon ben t»erfchtebenften Seiten he*. 2ta afl=
nationale gemeinften, bie gange oolfStümlicrje nrie bie gelehrte
cwofition ßittcratur burc^bringenb , mar bie feharfe Äcitü, ber
bittre Spott über bie Faulheit, ßüfternheit unb Un*
09
miffenhett be§ geiftlict)en StanbeS, aber ju einer $lnbe*
rung reicht bie bloße Stritt! niemals au3. Siefer griff
bie aufftrebenbe Freiheit be§ pt)iIofopr)ifcf)cn unb refe
giöfen $>enien§. ^uerft 9Hfolau§ (£uüg f)atte in ber
Anlehnung an ben italienifchen ^latontemuS eine neue
s -ß^ilofopt)ic be£ ^ealtSmuS (im fcholaftifchen Sinne)
begrünbet, bie bem in ber Ätrctje he*rfcf)enben 9tomt*
nali§mu§ entgegentrat; Sofjann Söeffel au§©röningen
(geftorben 1489) lehrte, bie Theorie t>on ber priefter*
liehen aftittlerfteöung unb bie ganje fachliche ^rajciS
ber guten 2öerfe oerroerfenb , bie Heiligung be§ äßen*
fct)en beruhe auf ber göttlichen ®nabe unb auf wahrer
93uße. Unb fchon brang bie freie humaniftifche ?Jor=
fchung burch all ba§ ©eroirr mittelalterlich 5 h^*
ardjifcher Dogmatil unb fcholaftifcher Spifcftnbigteiten
hinburch su ben hiftorifchen ©runblagen beS chrift*
liehen ©lauben§, $u ben biblifchen Schriften im
Urtext unb ben ftirchenoätern ber erften brei Qahr*
hunberte. $8on biefer ©runblage au§ hoffte @ra§mu§
Digitized
Xcr Verfall ber beutfeften 3HacfuftcUmtg im Cftcn
365
bic Geologie unb baburd) bic Religion $u läutern,
unb non felbft traf er fo mit 2Beffel§ ©runbfätjen
jufammen, benn eben fie waren bie ber alten djrift*
liefen Sftrdje. ©nblidt) bäumte fid) ba§ ftol$e National«
gefügt ber beutfdt)en §umaniften gegen bie Ausbeutung
be3 $8aterlanbe§ ju ©unften einer fremben, oerberbten
§ierard)te in jornigen Herfen unb ©treitfdjrtften auf,
in feinem gewaltiger, leibenfcfyaftltcfyer, geiftooüer al§
in bem ftreitbaren fjumanifttfcfjen s Jteid)3ritter Ulrid)
con Hutten (1488 btS 1523), bem größten weltlichen
<Publt$iften ber SReformatton^eit, ber Statten unb 9tom
au§ eigner 2Infd)auung genau genug fannte unb nidt)t
mit bem überlegnen ironifdjen Säckeln be§ fmmantfti*
fdjen Italieners barüber fprad), fonbern mit bem^att)o§
fittltd) patrtotifdjen 3orne3.
3mmer breiter unb tiefer würbe bie ®luft jwifcf)en 2ie
ber fyerrfdjenben "^rayiS ber ^irct)c auf ber einen, bem $uino"
perfönlidjen religiöfen «ebürfniS unb bem vnbioibua; ni ' tcn
lifttfcfyen 93ilbung§ftreben ber 3*it auf ber anbem ©eite.
2)od) jum flaren 93emuf}tfein fam fte erft in bem Greife
ber (Erfurter §umamften, ber ftd) um SJtutianuS 9htfu§
(ßonrab SJlut au§ Hornburg, 1471 bi§ 1526) fammelte.
©in begeifterter Anhänger be§ italienifdjen <ßlatüni&
mu§ machte 2Jtuttanu3 in unermüblidjem perfönlidjen
unb fcfyriftlidjjen $8erfet)r feinen 3lnt)ängern, wie ©rotu§
3tubeanu§, ©obanuS $effu§, Ulrich oon £>utten u. a.
ben ©egenfafc flar, ber it)r gan$e§ ©treben oon ber
©dwlaftif unb bamit von ber alten ®irdje trennte, unb
au§ biefem Erfurter Greife gim3 enblidfc) bie geniale
©atire fyeroor, bie ben offnen ftrieg erflärte.
2)ie nädt)fte 93eranlaffung öaju bot bie tt)eologifdt)e Xic
$et)be, in bie 3°*)<™n $Heudt}lin mit bem getauften n tftcn?e$be
guben ^fefferforn unb buref) it)n mit ben Kölner
©dwlafttfern burdj ein ©utadjten ju ©unften ber
fpätjübtfcfyen angeblich djriftenfriebltcfjen ©djriften ge=
raten war, gegen bie ^ßfefferforn ein faiferltd)e§ Sftanbat
erwirft t)atte. 9*ad) leibenfcfjaftlidjem ^eberfriege be*
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Xie ianbeöfürftlidHtäbitöe £cit
nützten bic Kölner ©djolaftifer, an tljrer ©pifce Ott-
nrinuS ©ratiuS au§ $)eoenter, me^r ein ©egner ber
§umamften al§ be3 nriffenfd&aftlidjen §umani3mu§, bie
Gelegenheit, um ber ganjen Oermten 9lid)tung in einem
ihrer ^auptoertreter einen oernidjtenben Schlag ju ner*
fefcen; fie ernrirften baljer beim Snquifttor |joogftraten
bie (Einleitung eines Sßrojeff e3 • wegen ßetjerei gegen
9teud)lin. $apft fieo X. 50g bann &n>ar bie <Sa<$e nad)
SHom unb fd^ob 1516 bie (Entfdjeibung f)inau§, oerfügte
aber fdjlie<d) 1520 ju Ungunften 9ieucrjUn§, inbem er
ibm für afle Reiten in biefer ©ad&e @d)tt>eigen auf erregte.
$0$ ba§ ade§ machte feinen (Embrutf meljr. 2)te beut*
fd)en §umaniften f garten ftd) einmütig um ben be*
breiten ©enoffen, ba§ gebilbete 3)eutfd)lanb jerfiel in
jroei f einbüße Sager, unb au8 bem fmmaniftifd)en flogen
1515 unb 1517 nrie fdjarfe Pfeile bie Epistolae obscu-
rorum virorum $u ben ©egnern hinüber. $lngeblidj
Briefe jener „bunfeln (unberühmten) 2ftänner" um Ort*
roinu§ ©ratiuä enthüllten fie in bem farrifierten S)eutfdj 5
ßatein biefer Greife all bie Süfternheit, Dummheit, Un*
nriffenheit unb getnbfeligfeit ber „©ophtften" (<5d)o=
lafttfer) gegen bie „Sßoeten" ($umaniften) mit fo über^
legnem Söifc, bafc ber fcftolaftifdje betrieb ber Söiffem
fctyaften für immer gerietet war.
Tic infle Sluf allen fünften mar ber ftrteg gegen bie alte
$!ird)e unb ihre Söiffenfdjaft erflärt. Söehe i^r unb
roehe bem beutfdjen SSolfc, wenn fie nicht in fid) bie
ßraft fanb, ben flaffenben SBtberfprud) anrifchen ihrer
^rartö unb ben 3lnf<^auungen ber gebilbeten $eutfchen
$u überroinben! $)a3 oermocfyten nicht bie £umaniften,
nicht bie ^^ilofoptien, auch nicht ba§ drängen ber
3flaffen, baju beburfte e§ einer genialen, augleid) volU-
tümlichen unb wahrhaft religiöfen ^erfönlic^feit.
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Jterlag mm lr. Will), Ärunoro in lEtpjig
Derlag ber (5ren3boten
(ßefcfeidjte öer grtedjtfcfyen £itteratur
(Erftcr Banb: Die poefte
oon
<E. Krofer
3n Ceiuunmb gebunben 2 ZTtarf 50 Pfennige
Die Kunft öer Keöe
<£inc beutfdje Hfjetorif
von
TL pfyütppi
3n £elna>anb gebnnben 2 ITlarf
§n>ette, ftarf rermefyrte unb gän3 1 1
umgearbeitete Auflage!
2lllerljan6 Spracfyöummfyeüen
Kleine beutfd?e (Srammatif
bes ^roetfrtyaftcn, bes 5alfd?en unb bes §&%Ud>tn
oon
(Suftai? tPußmann
3n CeintuatO gebnnben 2 ttlaif 50 Pfennige
(Cridjeint €nbe (Dftober)
öer ©rojpater öte (Brofmutter nafym
<£in Cieberbudj für altmobifd?e £eute
von
(Suftot) IPuftmamt
Dritte Auflage. 3n Damajl gebunben 7 ttlaxf
r
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Bcrlag ütm lt. Will). G&nrnoro in leidig
Verlag ber <Srtn$botin
(Srunöbegrtffe uni> (Sruuöfä^c
6er Polfsnnrtfcfyaft
(Eine populäre PolfstDtrtfdjaftsleljre
DOn
<£arl 3etvtfcb
töebunben 2 Warf 50 Pfennige
Seutfcfjc Bürgerfun&e
Kleines £?anbbud} bes polittfdj tDiffensroerten für jebetmann
von
(5eor<j fjoffmann unb oZrnft (Srotlj
(Sebanben 2 OTarf
£itatenfd?a£
(Seflügelte Wovtt unb aubre beufmürbige 2lusfprürf>c
aus (SefduVfyte unb £itteratur
oon
^ans He^ry
gtveite Auflage, ©ebunben 6 Warf
3m ZTorember crfdjetnt:
XDtc ber Deutfdje fprtdjt
Sammlung unb (grfläruncj beutfer/er Hebensarten
oon
S. ^ctjel
©ebanben etwa 3 ITlarf
Irucf von Ciarl SWarqua« in Vcip^iß
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