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Full text of "Der monismus als band zwischen religion und wissen schaft. Glanbensbekenntnis eines naturforschers .."

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Der monismus 
als band 
zwischen 
religion und 



wissen schaff 




Ernst Heinrich 
Philipp August 
Haeckel 





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Der Monismus 

als Band zwischen 

Religion und Wissenschaft. 



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Tm Namen Dessen, der Sich selbst erschuf, 
J. Von Ewigkeit in schaffendem Beruf; 
In Seinem Namen, der den Glauben schafft, 
Vertrauen, Liebe, Thätigkeit und Kraft; 
In Jenes Namen, der, so oft genannt, 
Dem Wesen nach blieb immer uubekannt: 

So weit das Ohr, so weit das Auge reicht, 
Du findest nur Bekanntes, das Ihm gleicht, 
Und Deines Geistes höchster Feuerflug 
Hat schon am Gleichniss, hat am Bild genug; 
Es zieht Dich an, es reisst Dich weiter fort, 
Und wo Du wandelst, schmückt sich Weg und Ort; 
Du zählst nicht mehr, berechnest keine Zeit, 
Und jeder Schritt ist Unermesslichkeit. 

Was war' ein Gott, der nur von aussen stiesse, 
Im Kreis das All am Finger laufen Hesse! 
Ihm ziemt's, die Welt im Innern zu bewegen, 
Natur in Sich, Sich in Natur zu hegen, 
So dass, was in Ihm lebt und webt und ist, 
Nie Seine Kraft, nie Seineu Geist vermisst. 

Goktue. 



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Der Monismus 

als Band zwischen 
Religion und Wissenschaft 



Glaubensbekenntnis eines Naturforschers 

vorgetragen am 9. Oktober 1892 in Altenburg beim 75jährigen Jubiläum 
der Naturforschenden Oesellschaft des Osterlandes 

von 

V- '• *• ■ v / ■ ' ' ■' ' 1 , • 

Ernst Haeckel 

Professor an der Universität Jena. 



Dreizehntes und vierzehntes Tausend. 



Leipzig 

Alfred Kröner Verlag 
1908. 



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Neue Götter. 



Krachend stürzen deine Sitze 
Vor des Mönches frevlem Beil; 
Rüste, Donar, deine Blitze, 
Triff ihn mit dem Donnerkeilt 
Wetter sehn wir wohl sich ballen, 
Aber ach, kein Strahl entloht; 
Schiedet ihr ans Asgard's Hallen? 
Ahnen-Götter, seid ihr todt? 

Schon habt ihr den Balder zu Grabe getragen, 
Mit heissen, mit ewig erneueten Klagen; 
Nun brach auf euch selber die Dämm'rung herein, 
Das göttervcrschlingende, schwarze Verhängniss, 
Und lodernd als Fackel zum Leichenbegängniss 
Verzehrt sich in Flammen der heilige Hain. 

Deutet uns der Christen Mahnung, 
Was die Sage halb enthüllt? 
Ward des Baldcrliedes Ahnung 
In Mariä Sohn erfüllt? 
Neues Reich wird er bereiten, 
Der vom Tode rein erstand, 
Und durch Zeit und Ewigkeiten 
Waltet nun der Heliand? 

Die Berge versinken, es steigen die Meere, 
Die Fülle, sie leert sich, es füllt sich die Leere, 
Die Jahre, die Tage verwandeln die Welt; 
Das heute Gebor'ne muss morgen veralten; 
Selbst Götter gehorchen den dunklen Gewalten, 
Und gründen ihr Reich, und es steht und zerfällt! 



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Fahret hin, ihr hohlen Larven! 
Nimmer tön' euch Festgesang, 
Und wir schlendern unsre Harfen 
Noch in euren Untergang; 
Nimmer ziemt uns mehr dos frommen, 
Priesterlichen Kreuzes Zier: 
Denn ein andrer Gott ist kommen, 
Der da besser ist denn ihr! 

Doch hört es, ihr Enkel, wenn einst das Jahrtausend 
Der Zukunft von Neuem aufgährend und brausend 
Zerschmettert den heute gebauten Altar, 
Zerschmettert die Tempel, die ragend sich thürmen, 
Dann nahet euch wieder ein Gott in den Stürmen, 
Dann bringt ihm die Seele, die hoffende, dar. 

Denn, wie auch die Form sich wandelnd 
Stets ein ander Antlitz weist, 
Einer ist, der ewig handelnd 
Mit sich fort das Weltali reiest. 
Bild ist, wie er uns erscheine, 
Niemand spricht sein Wesen aus; 
Doch in unsres Busens Reine 
Steht sein unvergänglich Haus. 

ArTTIDB FlTQEO. 



Vorwort 



Der nachstehende Vortrag über „Monismus" ist eine freie Ge- 
legenheitsrede; er entstand unvorbereitet am 9. October 1892 
in Altenburg, während des 75jfthrigen Jubiläums der „Natur- 
forschenden Gesellschaft des Osterbindes". Die unmittelbare Ver- 
anlassung zu meinem Vortrage gab die vorhergehende Festrede, welche 
Herr Professor Schlesinger aus Wien „über naturwissen- 
schaftliche Glaubenssätze" hielt. Mehrere Sätze dieser 
philosophischen Festrede betrafen die wichtigsten und höchsten Auf- 
gaben der menschlichen Naturerkenntniss; andere Behauptungen 
derselben forderten unmittelbar zu einer Entgegnung und einer Dar- 
legung abweichender Auffassung auf. Da ich selbst seit dreissig 
Jahren mich mit jenen naturphilosophischen Problemen sehr ein- 
gehend beschäftigt und meine monistischen Ueberzeugungen in ver- 
schiedenen Schriften niedergelegt habe, wurde von Seiten mehrerer 
Festgenossen der Wunsch ausgesprochen, dieselben bei dieser feier- 
lichen Gelegenheit kurz zusammenzufassen. Indem ich diesem 
Wunsche nachkam, entstand das nachstehende „naturwissenschaftliche 
Glaubensbekenntniss". Der wesentliche Inhalt desselben, wie ich 
ihn am folgenden Tage aus der Erinnerung niederschrieb, erschien 
zuerst in der „Alten burger Zeitung" vom 19. October 1892 (Nr. 246, 
zweites Blatt). Einen Abdruck dieser ersten Mittheilung, mit einigen 
philosophischen Zugaben, enthält das November-Heft der „Freien 
Bühne für den Entwickelungskampf der Zeit" (Berlin, Jahrg. III, 
Heft 11). In der vorliegenden Abhandlung ist die Altenburger 
Rede durch Zusätze bedeutend vermehrt, und einzelne Theile sind 
weiter ausgeführt. In den Anmerkungen (S. 37 — 46) habe ich 
einige brennende Fragen der Gegenwart in monistischem Sinne be- 
leuchtet. 

Der Zweck meines aufrichtigen monistischen Glaubensbekennt- 
nisses ist ein doppelter. Erstens möchte ich damit derjenigen ver- 
nünftigen Weltanschauung Ausdruck geben, welche uns durch 



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die neueren Fortschritte der einheitlichen Naturerkenntniss mit 
logischer Notwendigkeit autgedrungen wird; sie wohnt im Innersten 
von fast allen unbefangenen und denkenden Naturforschern, wenn 
auch nur Wenige den Muth oder das Bedürfniss haben, sie offen 
zu bekennen. Zweitens möchte ich dadurch ein Band zwischen 
Religion und Wissenschaft knüpfen und somit zur Aus- 
gleichung des Gegensatzes beitragen, welcher zwischen diesen beiden 
Gebieten der höchsten menschlichen Geistesthätigkeit unnötiger- 
weise aufrecht erhalten wird; das ethische Bedürfniss unseres Ge- 
müthes wird durch den Monismus ebenso befriedigt, wie das 
logische Causalitätsbedürfniss unseres Verstandes. 

Dass diese naturgemässe Verbindung von Glauben und Wissen, 
die vernünftige Versöhnung zwischen Gemüth und Verstand, täglich 
mehr ein dringendes Bedürfniss der gebildeten Kreise wird, beweist 
die steigende Fluth der darüber veröffentlichten Broschüren und 
Bücher. In Nordamerika (in Chicago) erscheint schon seit mehreren 
Jahren eine Wochenschrift, welche diesem Zwecke gewidmet ist: 
„The Open Court, A weekly Journal devoted to the Work of 
Conciliating Religion with Science". Der treffliche Herausgeber 
derselben, Dr. Paul Carus (Verfasser von „The Soul of Man", 
1891), widmet ausserdem derselben Aufgabe eine besondere Viertel 
jahrsschrift unter dem Titel : „TheMonist, a quarterly Magazine". 
Es wäre höchst wünschenswerth , dass diese werthvollen Versuche 
der Annäherung von empirischer und speculativer Naturbetrachtung, 
von Realismus und Idealismus mehr beachtet und gepflegt würden; 
denn nur durch ihre naturgemässe Vereinigung nähern wir uns dem 
höchsten Ziele unserer Geistesthätigkeit, der Verschmelzung von 
Religion und Wissenschaft im Monismus. 

Jena, am 31. October 1892. 

Ernst Ilaeckel. 



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Hochgeehrte Festversammlung! 



Eine Gesellschaft, welche die Erforschung der Natur und die Er- 
kenntniss der Wahrheit zum Zweck hat, kann ihre Gedenktage 
nicht würdiger feiern, als durch Erörterung ihrer höchsten all- 
gemeinen Aufgaben. Wir müssen es daher mit Freuden begrüssen, 
dass der Herr Festredner bei einem so feierlichen Anlasse, wie das 
75 jährige Jubiläum Ihrer Naturforschenden Gesellschaft ist, zum 
Thema seines Vortrages einen Gegenstand von höchster allgemeiner 
Bedeutung gewählt hat. Leider wird es bei ähnlichen Anlässen, 
und selbst in den allgemeinen Sitzungen der grossen „Versammlung 
Deutscher Naturforscher und Aerzte", immer mehr üblich, das 
Thema der Festrede einem engen Specialgebiete von beschränktem 
Interesse zu entnehmen. Wenn diese zunehmende Gewohnheit auch 
durch die steigende Arbeitstheilung und die divergente Speciali- 
sirung in allen Arbeitsgebieten entschuldigt werden kann, so sollte 
man doch gerade bei so feierlichen Gelegenheiten die Theilnahme 
der Fcstversammlung für grössere Gegenstände von allgemeinem 
Interesse in Anspruch nehmen. 

Ein solches Thema von grösster Bedeutung sind die „natur- 
wissenschaftlichen Glaubenssätze", über welche soeben Herr Pro- 
fessor Schlesinger seine eigenartigen Ideen entwickelt hat 1 ). Ich 
freue mich, in vielen wichtigen Punkten mit ihm zu harmoniren, 
während ich in anderen Beziehungen einige Bedenken äussern und 
abweichende Ansichten zur Erwägung stellen möchte. Zunächst 
stimme ich vollkommen mit ihm übercin in der einheitlichen 
Auffassung der Gesammtnatur, welche wir mit einem Worte als 
Monismus bezeichnen. Unzweideutig drücken wir damit unsere 
Ucberzeugung aus, dass „ein Geist in allen Dingen" lebt, und 
dass die ganze erkennbare Welt nach einem gemeinsamen Grund- 
gesetze besteht und sich entwickelt. Insbesondere betonen wir 
dabei die grundsätzliche Einheit der anorganischen und organischen 
Natur, von denen ja die letztere erst verhältnissmässig spät aus der 
ersteren sich entwickelt hat 2 ). Ebenso wenig als eine scharfe 
Grenze zwischen diesen beiden Hauptgebieten der Natur zu ziehen 



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ist, ebenso wenig können wir auch einen absoluten Unterschied 
zwischen Pflanzenreich und Thierreich anerkennen, ebenso auch 
nicht zwischen Thierwelt und Menschenwelt Dementsprechend be- 
trachten wir auch die ganze menschliche Wissenschaft als ein einheit- 
liches Erkenntnissgebäude; wir verwerfen die übliche Unterschei- 
dung zwischen Naturwissenschaft und Geisteswissenschaft. Die 
letztere ist nur ein Theil der ersteren ( — oder auch umgekehrt — ) ; 
beide sind Eins! Unsere monistische Weltanschauung ge- 
hört demnach zu jener Gruppe der philosophischen Systeme, die 
man von anderen Standpunkten auch als mechanistische oder 
pantheistische bezeichnet hat. Wie verschieden sich auch die- 
selbe in den philosophischen Systemen eines Empedokles und 
Lücretiüs, eines Spinoza und Giordano Bruno, eines Lamarck und 
David Strauss ausgedrückt hat, immer bleibt ihr gemeinsamer 
Grundgedanke die kosmische Einheit, der untrennbare Zu- 
sammenhang von Kraft und Stoff, von Geist und Materie — oder, 
wie man auch sagen kann, von Gott und Welt Kein Geringerer, 
als unser grösster Dichter und Denker, Goethe, hat derselben im 
„Faust" und in seinen wundervollen Dichtungen „Gott und Welt" 
einen poetischen Ausdruck gegeben. 

Zur richtigen Würdigung dieses „Monismus" lassen Sie uns 
zunächst von der Höhe philosophisch-historischer Betrachtung einen 
umfassenden Rückblick auf die geschichtliche Entwickelung der 
menschlichen Naturerkenntniss werfen. Eine lange Reihe ver- 
schiedenartiger Vorstellungskreise und Bildungsstufen des Menschen 
zieht da an unserem geistigen Auge vorüber. Auf der niedersten 
Stufe die rohe — wir dürfen sagen: thierische — Stufe des 
prähistorischen Urmenschen — jenes „Affen-Menschen", der 
während der Tertiärzeit sich nur in geringem Grade über seine 
unmittelbaren pitheeoiden Vorfahren, die Menschen-Affen, erhoben 
hat. Dann folgt eine Reihe von Bildungsstufen niederster Art, von 
deren Einfachheit uns theilweise die rohesten, noch heute existiren- 
den „Naturvölker" eine Vorstellung geben können. An diese 
„Wilden" schliessen sich weiterhin die niederen Culturvölker an, 
und von diesen führt wieder eine lange Reihe von Zwischenstufen 
allmählich zu den höheren Culturvölkern hinüber. Nur diese 
letzteren — von den zwölf Menschenrassen nur die mediterrane und 
die mongolische — haben das gemacht, was wir gewöhnlich un- 
passend „Weltgeschichte", richtiger „Völkergeschichte" nennen. 
Der Zeitraum, welcher diese letztere (und damit zugleich die 
Versuche wissenschaftlichen Erkennens) umfasst, beläuft sich 
noch kaum auf sechstausend Jahre — eine verschwindend kurzo 



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Zeitspanne in der langen Kette von Jahrmillionen der organischen 
Erdgeschichte. 

Bei den ältesten Urmenschen oder Affenmenschen, und ebenso 
auch noch bei den aus ihnen zunächst hervorgegangenen „Natur- 
völkern" können wir noch nicht von einem „Naturerkennen" sprechen. 
Der rohe ursprüngliche Naturmensch ist auf dieser tiefsten Stufe 
noch nicht jenes rastlose „Ursachenthier" von Lichtenberg; 
sein Causalitätsbedürfniss erhebt sich noch nicht über dasjenige der 
Affen und Hunde; seine Neugierde hat sich noch nicht zu reiner 
Wissbegierde gesteigert. Wollen wir bei den pitheeoiden Urmenschen 
von „Vernunft" sprechen, so kann das nur in demselben Sinne 
wie bei jenen höchst entwickelten Säugethieren geschehen, und das 
Gleiche gilt auch von den ersten Anfangen der Religion 8 ). 

Man pflegt zwar noch jetzt nicht selten den Thieren überhaupt 
Vernunft und Religion ganz abzusprechen. Indessen überzeugt uns 
eine unbefangene Vergleichung vom Gegentheil. Die langsame und 
allmähliche Vervollkommnung, welche das Cultur leben im Laufe 
von Jahrtausenden in der Menschenseele bewirkt hat, ist auch an 
der Seele unserer höchst stehenden Hausthiere (vor allen der Hunde 
und Pferde) nicht spurlos vorübergegangen. Im steten Zusammen- 
leben mit dem Menschen und unter dem Einflüsse seiner Erziehung 
haben sich auch in ihrem Gehirn allmählich höhere erbliche Ideen- 
Associationen und ein vollkommneres Urtheil entwickelt. Die Dressur 
ist zum Instinct geworden, ein unwiderlegliches Beispiel von der 
„Vererbung erworbener Eigenschaften"*). 

Die vergleichende Psychologie lehrt uns eine lange, lange Reihe 
von historischen Ausbildungsstufen der Seele im Thierreiche kennen. 
Aber nur bei den höchst entwickelten Wirbelthieren, den Vögeln 
und Säugethieren, erkennen wir die ersten Anfänge der Vernunft, 
die ersten Spuren religiösen und ethischen Verhaltens. Bei ihnen 
treffen wir nicht allein die socialen Tugenden aller höheren, gesellig 
lebenden Thiere (Nächstenliebe, Freundschaft, Treue, Aufopferung 
u. 8. w.), sondern auch Bewusstsein, Pflichtgefühl und Gewissen, 
und dem beherrschenden Menschen gegenüber denselben Gehorsam, 
dieselbe Unterwerfung, dasselbe Schutzbedürfniss, welches die 
Naturvölker ihren „Göttern" entgegenbringen. Den letzteren wie 
den ersteren fehlt aber noch jene höhere Stufe des Bewusstseins 
und der Vernunft, welche die umgebende Welt zu erkennen 
strebt und welche den ersten Anfang der Philosophie, der 
„Weltweisheit" , bezeichnet. Diese ist erst eine viel spätere Er- 
rungenschaft der Culturvölker; sie hat sich erst langsam und all- 
mählich aus niederen religiösen Vorstellungskreisen herangebildet 



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Auf jeder Stufe der primitiven Religion und ebenso auch der 
ursprünglichen Philosophie ist der Mensch noch weit von monistischen 
Vorstellungen entfernt. Indem er die Ursachen der Erscheinungen 
aufsucht und daran seinen Verstand übt, ist er überall zunächst ge- 
neigt, persönliche Wesen, und zwar menschenähnliche Götter als die 
bewirkenden Factoren anzuerkennen. Im Donner und Blitz, im 
Sturm und Erdbeben, im Kreislauf der Sonne und des Mondes, in 
jeder auffallenden meteorologischen und geologischen Veränderung 
erblickt er die unmittelbare Wirksamkeit eines persönlichen 
Gottes oder Geistes, und dieser wird gewöhnlich mehr oder 
minder anthropomorph oder menschenähnlich gedacht. Es werden 
gute und böse Götter unterschieden, freundliche und feindliche, er- 
haltende und zerstörende, Engel und Teufel. 

In noch höherem Maasse gilt das, wenn der wachsende Er- 
kenntnisstrieb nunmehr auch die verwick eiteren Erscheinungen des 
organischen Lebens in Betracht zieht: Werden und Vergehen der 
Pflanzen und Thiere, Leben und Tod des Menschen. Die kunst- 
volle und zweckmässige Zusammensetzung der organisirten Lebe- 
wesen fordert unmittelbar zum Vergleich mit den planmässig con- 
struirten Kunstgebilden des Menschen auf, und so verwandelt sich 
denn die unbestimmte Vorstellung des persönlichen Gottes in die- 
jenige eines planmässig bauenden Schöpfers. Bekanntlich hat 
sich diese Auffassung der organischen Schöpfung, als Kunst- 
produkt eines anthropomorphen Gottes — eines „göttlichen 
Maschinenbauers" — noch bis zur Mitte unseres Jahrhunderts sehr 
allgemein erhalten, trotzdem schon vor mehr als zweitausend Jahren 
hervorragende Denker ihre Unnahbarkeit klarlegten. Der letzte 
namhafte Naturforscher, der sie vertrat und ausführte, war Louis 
Aoassiz (gestorben 1873). In seinem merkwürdigen „Essay on 
Classification" (1857) hat er jene Theosophie in aller Consequenz ent- 
wickelt und dadurch selbst ad absurdum geführt 8 ). 

Alle diese älteren religiösen und teleologischen Vorstellungs- 
kreise und ebenso die daraus hervorgegangenen philosophischen 
Systeme (z. B. von Plato, von den Kirchenvätern) sind anti- 
monis tisch; sie stehen in prinzipiellem Gegensatze zu unserer 
monistischen Naturphilosophie. Die meisten von jenen älteren 
Systemen sind dualistisch, indem sie Gott und Welt, Schöpfer 
und Schöpfung, Geist und Materie als zwei völlig getrennte Sub- 
stanzen betrachten. Dieser ausgesprochene „Dualismus" findet sich 
auch in den meisten reineren Kirchenreligionen, besonders in jenen 
drei wichtigsten Formen des Monotheismus, welche die drei 
berühmtesten Propheten des mediterranen Orients, Moses, Christus 
und Moiianmed, gegründet haben. Aber schon in vielen unreinen 



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Abarten dieser drei mediterranen Hauptreligionen, und noch mehr 
in den niederen Religionsformen des Heidenthums, tritt an die Stelle 
jenes Dualismus ein philosophischer Pluralismus; dem guten 
und welterhaltenden Gott (Osiris, Ormudz, Wischnu) wird ein böser 
und zerstörender Gott gegenübergestellt (Typhon, Ahriman, Schiwa). 
Zahlreiche Halbgötter oder Heilige, gute und böse, Söhne und 
Töchter der Götter, gesellen sich zu jenen beiden Hauptgöttern 
und theilen sich mit ihnen in die Verwaltung und Regierung des 
Kosmos. 

In allen diesen dualistischen und pluralistischen Systemen der 
Weltanschauung ist als wichtigster Grundgedanke der Anthropo- 
morphismus zu erkennen, die „ Vermenschlich ung Gottes"; der 
Mensch selbst, als ein gottähnliches (oder direct von Gott abstam- 
mendes) Wesen, nimmt eine besondere Stellung in der Welt ein und 
ist durch eine tiefe Kluft von der übrigen Natur getrennt. Meistens 
verknüpft sich damit die anthropocentrische Idee, die Ucber- 
zeugung, dass der Mensch der Mittelpunkt des Weltalls, der letzte 
und höchste Endzweck der Schöpfung, und die übrige Natur nur 
dazu erschaffen sei, dem Menschen zu dienen. Im Mittelalter war 
mit dieser letzteren Vorstellung zugleich die geocen tri sehe Idee 
verknüpft, wonach die Erde als Wohnort des Menschen den festen 
Mittelpunkt des Weltgebäudes darstelle, Sonne, Mond und Sterne 
sich um die Erde drehen. Wie Copernicüs 1543 diesem auf die 
Bibel gestützten geocen trischen Glaubenssatze, so hat Darwin 1859 
dem damit eng verknüpften anthropocentrischen Dogma den Todes* 
stoss gegeben 8 ). 

Eine allgemeine historisch- kritische Vcrgleichung sämmtlichei 
religiösen und philosophischen Systeme ergiebt als Hauptresultat, 
dass jeder grosse Fortschritt der tieferen Erkenntnis« 
eine Ablösung vom überlieferten Dualismus (oder 
Pluralismus) bedeutet, eine Annäherung an den Monismus. 
Immer deutlicher drängt sich der grübelnden Vernunft die Not- 
wendigkeit auf, Gott nicht als ein äusserliches Wesen der mate- 
riellen Welt gegenüberzustellen, sondern ihn als „göttliche Kraft" 
oder „bewegenden Geist" ins Innere des Kosmos selbst hineinzu- 
legen. Immer klarer wird es uns, dass alle die wundervollen Er- 
scheinungen der uns umgebenden Natur, der organischen ebenso 
wie der anorganischen, nur verschiedene Producte einer und der- 
selben Urkraft, verschiedene Combinationen eines und desselben 
Urstoffes sind. Immer unwiderstehlicher offenbart sich uns die 
Erkenntniss, dass auch unsere menschliche Seele nur ein winziger 
Theil dieser allumfassenden „Weltseele" ist, gleichwie unser mensch- 



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licher Körper nur ein individuelles Theilchen der grossen organi- 
sierten Körperwelt bildet. 

Für die exacte, theilweise selbst mathematische Begründung 
dieser einheitlichen Naturauffassung sind zunächst die grossen all- 
gemeinen Erkenntnisse der theoretischen Physik und Chemie mass- 
gebend geworden. Indem Robert Mayer und Helmholtz das Gesetz 
von der „Erhaltung der Kraft" begründeten, zeigten sie, dass die 
Energie des Weltalls eine constante unveränderliche Grösse darstellt; 
wenn irgend eine Kraft zu verschwinden oder neu aufzutreten 
scheint, so beruht das nur auf der Umsetzung einer Kraft in die 
andere. Ebenso beweist uns Lavoisier's Gesetz von der „Erhaltung 
des Stoffes", dass die Materie des Kosmos eine constante unver- 
änderliche Grösse bildet; wenn irgend ein Körper zu verschwinden 
scheint (z. B. beim Verbrennen) oder neu zu entstehen (z. B. bei 
der Krystallisation), so beruht das ebenfalls nur auf einer Ver- 
wandlung der Form oder der Zusammensetzung. Beide grosse Ge- 
setze, das physikalische Grundgesetz von der Erhaltung der Kraft, 
und das chemische Grundgesetz von der Erhaltung des Stoffes, 
können wir zusammenfassen unter einen philosophischen Begriff, 
als Gesetz von der Erhaltung der Substanz; denn nach 
unserer monistischen Auffassung sind Kraft und Stoff untrennbar, 
nur verschiedene unveräusserliche Erscheinungen eines einzigen 
Weltwesens, der Substanz 7 ). 

Als ein wesentlicher G rundbestand theil dieses reinen Monismus 
kann in gewissem Sinne die Annahme von „beseelten Atomen" 
gelten — eine uralte Vorstellung, der schon vor mehr als 2000 Jahren 
Empedokles in seiner Lehre vom „Hassen und Lieben der Ele- 
mente" Ausdruck gegeben hat. Unsere heutige Physik und Chemie 
hat ja die von Demokritos zuerst aufgestellte atomistische Hypo- 
these ganz allgemein angenommen, indem sie alle Körper als aus 
Atomen zusammengesetzt betrachtet und alle Veränderungen auf 
Bewegungen solcher kleinster discreterTheilchen zurückfuhrt 
Alle diese Veränderungen, ebenso in der organischen wie in der 
anorganischen Natur, erscheinen uns aber nur dann wirklich ver- 
ständlich, wenn wir uns die Atome nicht als todte Massetheilchen 
vorstellen, sondern als lebendige, mit der Kraft der Anziehung und 
Abstossung ausgestattete elementare Theilchen. Lust und Unlust, 
Lieben und Hassen der Atome sind nur andere Ausdrücke für diese 
Kraft der Attraction und Repulsion. Ganz richtig bezeichnet die 
Physik ihre kinetische Energie als „1 cbend i ge Kraft", im Gegen- 
satze zur potentiellen Energie, der „Spannkraft". 

Wenn nun auch einerseits der Monismus uns heute als eine 
unentbehrliche Grundvorstellung der Naturlehre gilt, und wenn 



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auch der Monismus alle Erscheinungen — ohne Ausnahme — auf 
Mechanik der Atome zurückzuführen bestrebt sein muss, so 
müssen wir andererseits doch zugeben, dass wir heute noch ganz 
ausser Stande sind, uns irgend eine befriedigende Vorstellung über 
das eigentliche Wesen der Atome und ihre Beziehung zu dem all- 
gemeinen, den Raum erfüllenden „Weltäther" zu bilden. Es ist 
der Chemie schon lange gelungen, alle die verschiedenen Natur- 
körper auf Verbindungen einer verhältnissmiissig geringen Zahl von 
Elementen zurückzuführen; auch haben die Fortschritte der Chemie 
in der neuesten Zeit es höchst wahrscheinlich gemacht, dass diese 
Elemente oder die bis jetzt unzerlegbaren Urstoffe selbst wieder 
nur verschiedene Verbindungsformen einer wechselnden Zahl von 
Atomen eines einzigen Ureleraentes sind. Allein damit ist uns über 
die eigentliche Natur dieser „Uratome" und ihrer elementaren Kräfte 
noch kein näherer Aufschluss gegeben. 

Eine Reihe der scharfsinnigsten Denker hat sich bisher ver- 
geblich bemüht, diesem Grundprobleme der Naturphilosophie näher 
zu treten und die Natur der Atome, sowie ihr Verhältniss zum 
raumerfüllenden Weltäther näher zu bestimmen. Indessen befestigt 
sich immer mehr die Vorstellung, dass kein leerer Raum existirt, 
und dass überall die „Uratome" der wägbaren Materie, oder der 
schweren „Masse", durch den homogenen, im Weltraum verbreiteten 
„Weltäther 1 * getrennt werden. Dieser sehr leichte und dünne 
(wenn auch nicht unwägbare) Weltäther bewirkt durch seine 
Schwingungen alle Erscheinungen des Lichts und der Wärme, der 
Elektricität und des Magnetismus. Man kann sich denselben ent- 
weder als continuirliche, den Raum zwischen den Massenatomen 
erfüllende Substanz vorstellen, oder als ebenfalls aus discreten 
Theilchen zusammengesetzt; dann würde man diesen A eth er- 
at omen eine inhärente Repulsivkraft zuschreiben können, im 
Gegensatze zu der immanenten Attractionskraft der schweren 
Massenatome; auf die Anziehung der letzteren und die Ab- 
stossung der ersteren würde die ganze Mechanik des Weltlebens 
zurückzuführen sein. Man könnte aber auch das „Wirken des all- 
gemeinen Raumes" im Sinne von Professor Schlesinger mit den 
„Schwingungen des Weltäthers" zusammenstellen. 

Einen elementaren Fortschritt des Naturerkennens von gröfster 
Tragweite hat jedenfalls die theoretische Physik in neuester Zeit 
dadurch gethan, dass sie der Kenntniss dieses Weltäthers näher 
gerückt ist und die Frage von seinem Wesen, seiner Structur, 
seiner Bewegung in den Vordergrund der monistischen Natur- 
philosophie gedrängt hat. Noch vor wenigen Jahren galt der kos- 
mische „Aether" den meisten Naturforschern als ein „imponderables" 



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Wesen, von dem man eigentlich Nichts wisse und das bloss au> 
dürftige Hilfshypothese vorläufig zuzulassen sei. Das ist ganz 
anders geworden, seitdem Heinbicu Hertz 1888 uns über das Wesen 
der elektrischen Kräfte aufgeklärt hat; durch seine schönen Ex- 
perimente hat er die Ahnung von Faraday bestätigt, dass Licht 
und Wärme, Elektricität und Magnetismus nächst verwandte Er- 
scheinungen einer einzigen Kraftgruppe sind und auf verschiedenen 
Schwingungen des Aethers beruhen. Das Licht selbst — welcher 
Art es auch sei — ist immer und überall eine elektrische Erschei- 
nung. Der Aether selbst ist nicht mehr hypothetisch ; seine Existenz 
kann in jedem Augenblick durch" elektrische und optische Versuche 
bewiesen werden. Wir kennen die Länge der Lichtwellen und der 
elektrischen Wellen. Ja, einige Physiker glauben sogar die Dichtig- 
keit des Wcitäthers annähernd bestimmen zu können. Wenn wir 
mittelst der Luftpumpe die Masse der atmosphärischen Luft (bis auf 
einen geringen Rückstand) aus einer Glasglocke entfernen, so bleibt 
die Lichtmenge innerhalb derselben unverändert; wir sehen den 
schwingenden Aether 9 )! 

Diese Fortschritte in der Erkenntniss des Aethers bedeuten 
einen ungeheuren Gewinn der monistischen Philosophie. Denn 
damit sind die irrthümlichen Vorstellungen vom leeren Raum und 
von der Fern Wirkung der Körper ausgeschieden; der ganze un- 
endliche Weltraum, soweit ihn nicht die Massenatome (die „pon- 
derable Materie") einnehmen, ist vom Aether erfüllt. Unsere Vor- 
stellung von Raum und Zeit wird ganz anders, als Kant noch vor 
hundert Jahren sie lehrte; das „kritische" System des grossen 
Königsberger Philosophen offenbart in dieser Beziehung, wie in der 
teleologischen Beurtheilung der organischen Welt und in seiner 
Metaphysik, recht erhebliche dogmatische Schwächen 8 ). Ja, selbst 
eine vernünftige Form der Religion kann die Aethertheorie als 
„Glaubenssatz" verwerthen, indem sie den beweglichen Weltäther 
als „schaffende Gottheit" der trägen und schweren Masse (als 
„Schöpfungsmaterial") gegenüberstellt "). 

Schon eröffnen sich aber unserem freudig bewegten Forscher- 
sinne von diesem glücklich erklommenen Hochgipfel monistischer 
Erkenntniss neue überraschende Perspectiven, welche uns der 
Lösung des einen grossen Welträthsels noch viel näher zu bringen 
versprechen. Wie verhält sich dieser leichte bewegliche Wcltäther 
zu der schweren und trägen „Masse", zu jener ponderablen Materie, 
die wir chemisch erforschen, und die wir uns nur aus Atomen 
zusammengesetzt denker: können? Unsere heutige analytische 
Chemie hat noch vor ungefähr siebenzig „unzerlegbaren" Elementen 
oder sogenannten „Grundstoffen" Halt machen müssen. Allein die 



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— 17 — 



gegenseitigen Beziehungen dieser Elemente, ihre gruppenweise Ver- 
wandtschaft, ihr spektroskopisches Verhalten u. 8. w. machen es 
höchst wahrscheinlich, dass sie alle nur historische Entwickelungs- 
Producte sind, entstanden durch verschiedenartige Lagerung und 
Verbindung einer wechselnden Zahl von Uratomcn. 

Diesen Uratomen oder Massenatomen, den letzten dis- 
creten Theilchen der trügen „ponderablen Materie" , können wir 
mit mehr oder weniger Wahrscheinlichkeit eine Anzahl von ewigen 
und unveräusserlichen Grundeigenschaften zuschreiben; sie sind 
vermuthlich überall im Weltraum von gleicher Grösse und Be- 
schaffenheit. Obgleich sie eine bestimmte endliche Grösse besitzen, 
sind sie vermöge ihrer Natur selbst nicht theilbar. Ihre Gestalt ist 
wohl kugelig; sie sind träge (im Sinne der Physik), unveränderlich, 
unelastisch, für den Aether undurchgänglich. Ausser dem Be- 
harrungsvermögen ist die wichtigste Eigenschaft dieser Uratome 
ihre chemische Affinität, ihre Neigung, sich an einander zu 
legen und in gesetzmassiger Form zu kleinen Gruppen zu ver- 
binden. Diese festen (unter den jetzigen physikalischen Existenz- 
Bedingungen der Erde beständigen) Gruppen von Uratomen sind 
die Elementatome, die bekannten „unzerlegbaren" Atome der 
Chemie. Die qualitativen, für unsere jetzige empirische Kenntniss 
unveräusserlichen Unterschiede unserer chemischen Elemente sind 
demnach lediglich bedingt durch die verschiedene Zahl und Lage- 
rung der gleichartigen, sie verbindenden „Uratome". So ist z. B. 
das Atom des Kohlenstoffs (des eigentlichen „Schöpfers" der 
organischen Welt!) höchstwahrscheinlich ein Tetraeder, zu- 
sammengesetzt aus vier Uratomen. 

Nachdem Mendelejepf und Lothar Meyer 1869 das „perio- 
dische Gesetz" der chemischen Elemente entdeckt und darauf 
ein „natürliches System" derselben gegründet hatten, wurde dieser 
bedeutungsvolle Fortschritt der theoretischen Chemie neuerdings von 
Gustav Wendt im Sinne der Entwickelungstheorie verwerthet 
Er versuchte alle die verschiedenen Elemente als Entwickelungs- 
zustände oder historisch entstandene Combinationen von sieben 
Grundelementen hinzustellen, und diese letzteren wiederum als 
historische Producte eines einzigen Urelementes. Diosen hypo- 
thetischen „Urstoff" hatte schon Crookes in seiner „Genesis der 
Elemente" als Urmaterie oder Pro tyl bezeichnet 10 ). Der empirische 
Nachweis dieses Urstoffes, welcher aller ponderablen Materie zu 
Grunde liegt, ist vielleicht nur eine Frage der Zeit. Seine Ent- 
deckung würde vermuthlich die Hoffnung der Alchymistcn erfüllen, 
Gold und Silber aus anderen Elementen künstlich darzustellen. Dann 
aber erhebt sich die neue grofse Frage: „Wie verhält sich diese 

Haoekol, Der Monismus. 2 



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— 18 — 



Urmaase zum Weltäther? Stehen beide Ursubstanzen in einem 
wesentlichen und ewigen Gegensatze? Uder hat der bewegliche 
Aether vielleicht selbst erst die schwere Masse erzeugt?" 11 ) 

Auch zur Beantwortung dieser grossen Grundfrage sind bereits 
verschiedene physikalische Hypothesen aufgestellt worden. Indessen 
gleich den verschiedenen atom istischen Hypothesen der Chemie sind, 
sie zur Zeit nicht einleuchtend zu begründen, und dasselbe scheint 
mir auch von der sinnreichen Hypothese zu gelten, welche uns vor- 
her der Herr Festredner über das Wirken des Weltraumes ent- 
wickelt hat. Wie derselbe richtig sagt, handelt es sich bei allen 
diesen naturphilosophischen Versuchen zur Zeit noch um „natur- 
wissenschaftliche Glaubenssätze", über deren Begründung man 
je nach subjectivem Urtheil und Bildungsgrade sehr verschiedener 
Ansicht sein kann. Ich glaube, dass die Lösung dieser Grund- 
fragen zur Zeit noch jenseits der Grenzen des Naturerkennens 
liegt, und dass wir uns vor derselben noch auf lange Zeit hinaus 
werden bescheiden müssen mit „Ignoramus" — wenn auch nicht 
mit „Ignorabimus!" 

Etwas ganz Anderes aber ist es, wenn wir von diesen ato- 
mistischen Elementar-Hypothesen absehen und unseren Blick auf die 
historischen Verhältnisse der Weltentwickelung lenken, wie 
sie durch die grossartigen Fortschritte der Naturerkenntniss in den 
letzten drei Decennien uns erschlossen worden ist. Hier hat sich 
uns innerhalb der Grenzen unseres Naturerkennens ein ungeheures 
neues Gebiet eröffnet; ein Gebiet, auf welchem eine Reihe der 
wichtigsten, früher für unlösbar gehaltenen Probleme in über- 
raschendster Weise gelöst worden ist 18 ). 

Allen anderen Eroberungen des Menschengeistes voran steht 
hier unsere moderne Entwickelungslehre! Schon vor hundert 
Jahren von Goethe geahnt, aber erst im Beginn unseres Jahr- 
hunderts von Lamaeck in bestimmter Form ausgesprochen, ist die- 
selbe vor 40 Jahren durch Charles Darwin endgiltig begründet 
worden; seine Selectionstheorie hat die Lücke ausgefüllt, welche 
Lamaeck in seiner Lehre von der Wechselwirkung der Vererbung 
und Anpassung offen gelassen hatte. Wir wissen nun bestimmt, 
dass die organische Welt auf unserer Erde sich ebenso continuirlich 
„nach ewigen ehernen Gesetzen" entwickelt hat, wie es Lyell schon 
1830 für den unorganischen Erdkörper selbst nachgewiesen hatte; 
wir wissen, dass die zahllosen verschiedenen Thier- und Pflanzen- 
Arten, welche im Laufe von Jahrmillioncn unsern Planeten be- 
völkert haben, alle nur Zweige eines einzigen Stammbaumes sind; 
wir wissen, dass das Menschengeschlecht selbst nur einen der 



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— 19 - 

jüngsten, höchsten und vollkommensten Sprossen am Stammbaum 
der Wirbelthiere bildet. 

Eine lückenlose Reihe von gesetzmässig verlaufenden natür- 
lichen Entwickelungs-Vorgängen führt jetzt den denkenden 
Menschengeist durch Aeonen von einem chaotischen Urzustände 
des Kosmos zu seiner heutigen „Weltordnung". Da haben wir 
zuerst nichts weiter im unendlichen Weltraum als den beweglichen 
elastischen Aether und unzählige gleichartige discrete Theilchen 
staubförmig in demselben vertheilt, die Uratome; vielleicht sind 
diese letzteren selbst ursprünglich „Verdichtungspunkte" der 
schwingenden „Substanz 1 *, deren Rest den Aether bildet. Indem 
die Uratome oder Massenatome in bestimmten Zahlen gruppen- 
weise zusammentreten, entstehen unsere Elementatome. Ent- 
sprechend der KAXT-LAPLA.CE , 8chen Nebularhypothese sondern 
sich aus jenem schwingenden „Urnebel' 1 die rotirenden Weltkörper. 
Ein einziger unter vielen tausend Weltkörpern ist unsere Sonne, 
sammt den Planeten, die durch centrifuge Abschleuderung aus ihr 
entstanden sind. Ein einziger Planet unseres Sonnensystems ist 
unsere winzige Erde; ihr ganzes individuelles Leben ist Product 
des Sonnenlichtes. Nachdem der glühende Erdball bis auf einen 
gewissen Grad abgekühlt ist, schlägt sich auf der erhärteten Kruste 
seiner Oberfläche tropfbar flüssiges Wasser nieder, die erste Vor- 
bedingung organischen Lebens. Kohlenstoff-Atome beginnen 
ihre organogene Thätigkeit und vereinigen sich mit den anderen 
Elementen zu quellungsfähigen Plasmaverbindungen. Ein kleines 
Plasmakörnchen überschreitet die Grenze der Cohäsion und des 
individuellen Wachsthums ; es zerfallt in zwei gleiche Hälften. Mit 
diesem ersten Monere beginnt das organische Leben und seine 
eigenthümlichste Function, die Vererbung. In dem homogenen 
Monerenplasma sondert sich ein festerer centraler Kern von einer 
weicheren äusseren Masse; durch diese Differenzirung von Nuclens 
und Protoplasma entsteht die erste organische Zelle. Lange Zeit 
werden nur solche Protisten oder einzellige Urwesen unseren Planeten 
allein bevölkert haben. Aus Coenobien oder geselligen Verbänden 
derselben entstanden erst später die niedersten Histonen, vielzellige 
Pflanzen und Thiere. 

An der sicheren Hand der drei grossen empirischen „Schöpfungs- 
urkunden" , der Palaeontologio, der vergleichenden Anatomie und 
Ontogenie, führt uns nunmehr die Stamm esgoschichte von den 
ältesten Metazoen, den einfachsten vielzelligen Thieren, Schritt für 
Schritt bis zum Menschen hinauf 18 ). An der untersten Wurzel des 
gemeinsamen Stammbaumes der Metazoen stehen die Gastraeaden 
und Spongien ; ihr ganzer Körper besteht im einfachsten Falle nur 

2* 



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— 20 — 



aus einem rundlichen Magen säckchen, dessen dünne Wand zwei 
Zellenschichten bilden, die beiden primären Keimblätter. Ein ent- 
sprechender Keimzustand, die zweischichtige Gastrula, findet sich 
vorübergehend in der Keimesgeschichte aller übrigen Metazoen, von 
den niedersten Nesselthieren und Würmern bis zum Menschen 
hinauf. Aus dem gemeinsamen Stamm der Helminthen oder der 
niederen Würmer entwickeln sich als selbständige Hauptiiste die vier 
getrennten Stämme der Weichthiere, Sternthiere, Gliederthiere 'und 
Wirbelthiere. Nur diese letzteren stimmen in allen wesentlichen 
Beziehungen des Körperbaues und der Entwickelung mit dem 
Menschen Uberein. Eine lange Reihe von niederen wasserbewohnenden 
Wirbelthieren (Lanzettthieren, Lampreten, Fischen) geht den lungen- 
athmenden Amphibien voraus; diese erscheinen erst in der Stein- 
kohlenzeit Auf die Amphibien folgen in der permischen Periode 
die ersten Amnioten, die ältesten Reptilien; aus ihnen entwickeln 
sich später in der Triaszeit die Vögel einerseits, die Säugethiere 
andererseits. 

Dass der Mensch seinem ganzen Körperbau nach ein echtes 
Säugethier ist, weiss man, so lange überhaupt die natürliche 
Einheit dieser höchsten Thierclasse begriffen wurde. Die einfachste 
Vergleichung musste den unbefangenen Beobachter von der nahen 
Formverwandtschaft des Menschen mit dem Affen, dem ähnlichsten 
von allen Säugethieren , überzeugen. Die tiefer eindringende ver- 
gleichende Anatomie wies nach, dass alle Unterschiede im Körper- 
bau des Menschen und der Anthropoiden (Gorilla, Schimpanse, 
Orang) unbedeutender sind, als die entsprechenden Unterschiede im 
Körperbau dieser „Menschenaffen" und der niederen Affen. Die 
phylogenetische Deutung dieses HuxLEv'schen Satzes liegt auf der 
Hand. Die grosse Frage vom Ursprung des Menschengeschlechts — 
oder von der „Stellung des Menschen in der Natur" — die „Frage 
aller Fragen", war nun wissenschaftlich beantwortet: „Der Mensch 
stammt ab von einer Reihe affenartiger Säugethiere." Die Anthro- 
pogenie enthüllt die lange Kette von Vertebraten-Ahnen, welche 
der späten Entstehung dieses höchstentwickelten Sprosses voran- 
gegangen sind 18 ). 

Die unermessliche Bedeutung des Lichtes, welches diese Auf- 
schlüsse der Abstammungslehre auf das Gesammtgebiet der mensch- 
lichen Naturerkenntniss werfen, liegt klar vor Aller Augen; sie 
werden jedes Jahr mehr ihren umgestaltenden Einfluss auf alle 
Wissensgebiete äussern, je mehr sich die Ueberzeugung von ihrer 
unerschütterlichen Wahrheit Bahn bricht Nur Unkundige oder 
beschränkte Geister können heute noch an ihrer Wahrheit zweifeln. 
Wenn ja noch hie und da ein älterer Naturforscher ihre Begründung 



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bestreitet oder nach mangelnden Beweisen fragt ( — wie dies bei- 
nahe alljährlich auf den Anthropologen- Versammlungen von Seiten 
eines berühmten deutschen Pathologen geschieht — ), so beweist 
er damit nur, dass ihm die erstaunlichen Fortschritte der neueren 
Biologie und vor Allem der Anthropogenie fremd geblieben sind. 
Die ganze moderne Literatur der Biologie, unsere ganze heutige 
Zoologie und Botanik, Morphologie und Physiologie, Anthropologie 
und Psychologie sind von der Descendenztheorie durchdrungen und 
befruchtet 1 *). 

Wie die natürliche Entwicklungslehre auf monistischer Basis 
das ganze Gebiet der körperlichen Naturerscheinungen erhellt und 
aufgeklärt hat, so auch das Gebiet des Geisteslebens, welches 
von jenem nicht zu trennen ist. Wie unser menschlicher Körper 
sich langsam und stufenweise aus einer langen Reihe von Wirbel- 
thierahnen herangebildet hat, so gilt dasselbe auch von unserer 
Seele; als Function unseres Gehirns hat sie sich stufenweise in 
Wechselwirkung mit diesem ihrem Organ entwickelt. Was wir 
kurzweg „menschliche Seele" nennen, ist ja nur die Summe unseres 
Empfindens, Wollens und Denkens, die Summe von physiologischen 
Functionen, deren Elementarorgane die mikroskopischen Ganglien- 
zellen unseres Gehirns bilden. Wie der bewunderungswürdige Bau 
dieses letzteren, unseres menschlichen Seelenorgans sich im Laufe 
von Jahrmillionen allmählich aus den Gehirnformen höherer und 
niederer Wirbelthiere emporgebildet hat, zeigt uns die vergleichende 
Anatomie und Ontogenie; wie Hand in Hand damit auch die Seele 
selbst — als Function des Gehirns — sich entwickelt hat, das lehrt 
uns die vergleichende Psychologie. Die letztere zeigt uns auch, 
wie eine niedere Form der Seelen thätigkeit schon bei den niedersten 
Thieren vorhanden ist, bei den einzelligen Urthioron, Infusorien 
und Rhizopoden. Jeder Naturforscher, der gleich mir lange Jahre 
hindurch die Lebensthätigkeit dieser einzelligen Protisten beobachtet 
hat, ist positiv überzeugt, dass auch sie eine Seele besitzen; auch 
diese „Zellsecle 1 ' besteht aus einer Summe von Empfindungen, 
Vorstellungen und Willensthätigkciten ; das Empfinden, Denken und 
Wollen unserer menschlichen Seele ist nur stufenweise davon ver- 
schieden. Ebenso ist auch eine „erbliche Zellseele" (als „po- 
tentielle Energie") schon in der Eizelle vorhanden, aus der sich 
der Mensch gleich jedem anderen Thiere entwickelt 15 ). 

Die erste Aufgabe jeder wirklich wissenschaftlichen Psychologie 
wird daher nicht, wie bisher, die müssige Speculation über ein 
selbständiges immaterielles Seelenwesen und dessen räthselhafton 
zeitweiligen Zusammenhang mit dem thicrischon Körper sein, son- 
dern vielmehr die vergleichende Untersuchung der Seelen-Organe 



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- 22 — 

und die experimentelle Prüfung ihrer psychischen Functionen. 
Denn die wissenschaftliche Psychologie ist ein Theil 
der Physiologie, der Lehre von den Functionen oder Lebens- 
thätigkeiten der Organismen. Gleich der neueren Physiologie und 
Pathologie muss auch die Psychologie und Psychiatrie der Zukunft 
sich cell ula r gestalten, und in erster Linie die seelischen Functionen 
der Zellen untersuchen. Welche wichtigen Aufschlüsse uns eine 
solche Cellular-Psychologie schon auf der niedersten Stufe 
des organischen Lebens, bei den einzelligen Protisten (namentlich 
Rhizopoden und Infusorien) liefert, hat neuerdings Max Verwohn 
in seinen schönen „psychophysiologischen Protisten-Studien" gezeigt 

Dieselben Hauptgruppen der Seelenthätigkeit , die wir schon 
im einzelligen Organismus antreffen — die Erscheinungen der Reiz- 
barkeit, Empfindung und Bewegung — , lassen sich ebenso auch bei 
allen vielzelligen Organismen als Functionen der ihren Körper zu- 
sammensetzenden Zellen nachweisen. Bei den niedersten Metazoen, 
den wirbellosen Thieren aus den Classen der Spongien und Polypen, 
sind noch ebenso wie bei den Pflanzen keine besonderen Seelen- 
organe entwickelt, und alle Zellen des Körpers sind am „Seelen- 
leben" mehr oder minder betheiligt. Erst bei den höheren Thieren 
erscheint das letztere lokalisirt und an besondere Organe gebunden. 
In Folge von Arbeitsteilung haben sich hier verschiedene Sinnes- 
organe als Werkzeuge specifischer Empfindung entwickelt, Muskeln 
als Organe der Bewegung und des Willens, Nervencentren oder 
Ganglien als vermittelnde und regulirende Centraiorgane. Bei den 
höchst entwickelten Thierstämmen treten diese letzteren immer mehr 
als selbständige Seelenorgane in den Vordergrund. Entsprechend 
dem ausserordentlich verwickelten Bau ihres Centrai-Nervensystems, 
des Gehirns mit seinem wunderbaren Geflecht von Ganglienzellen 
und Nervenfasern, erreicht hier auch deren vielseitige Thätigkeit 
eine bewunderungswürdige Höhenstufe. 

In diesen höchst entwickelten Gruppen des Thierreichs allein 
können wir mit Bestimmtheit auch jene vollkommensten Leistungen 
des Centrai-Nervensystems nachweisen, welche wir als Bewusst- 
8 ein bezeichnen. Bekanntlich wird gerade diese edelste Gehirn- 
function auch heute noch oft als eine völlig räthselhafte Erscheinung, 
als der erste Beweis für die immaterielle Existenz einer „unsterb- 
lichen Seele" hingestellt. Dabei beruft man sich gewöhlich auf 
die bekannte „Ignorabimus u -Rcde des Berliner Physiologen Du 
Bois-Revmoni> über die Grenzen des Naturerkennens (1872). Es 
war eine eigentümliche Ironie des Schicksals, dass der berühmte 
Rhetor der Berliner Akademie der Wissenschaften in dieser viel- 
besprochenen Rede vor 2G Jahren das Bewusstsein als ein ganz 



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- 23 - 

unbegreifliches Wunder und eine unübersteigliche Schranke der Er- 
kenntniss hinstellte, während gleichzeitig der grösste Theologe 
unseres Jahrhunderts, David Friedrich Strauss, das Gegentheil 
nachwies. Der scharfsinnige Verfasser des „alten und neuen 
Glaubens" hatte schon damals klar erkannt, dass alle Seelen- 
thätigkeiten des Menschen, also auch sein Bewusstsein, als Functionen 
des Central- Nervensystems aus einer Quelle iiiessen und vom 
monistischen Standpunkt aus derselben ßeurtheilung unterliegen; 
dem „exacten" Berliner Physiologen blieb diese Erkenntniss ver- 
schlossen, und mit schwer begreiflicher Kurzsichtigkeit stellte er 
diese specielle neurologische Frage neben das eine grosse 
„Welträthsel", neben die fundamentale Substanzfrage, die gene- 
relle Frage von dem „Zusammenhang von Materie und Kraft" l6 ). 

Wie ich schon vor langer Zeit nachgewiesen habe, sind diese 
beiden grossen Fragen nicht zwei verschiedene „Welträthsel". Das 
neurologische Problem des Bewusstseins ist nur ein 
besonderer Fall von dem allumfassenden kosmo- 
logischen Problem, der Substanzfrage. „Wenn wir das 
Wesen von Materie und Kraft begriffen hätten, so würden wir 
auch verstehen, wie die ihnen zu Grunde liegende Substanz unter 
bestimmten Bedingungen empfinden, begehren und denken könne." 
Das Bewusstsein ist in gleicher Weise, wie die Empfindung und der 
Wille der höheren Thiere, eine mechanische Arbeit der Ganglien- 
zellen, und als solche auf chemische und physikalische Vorgänge 
im Plasma derselben zurückzuführen. Ausserdem gelangen wir 
durch Anwendung der genetischen und vergleichenden Methode 
zu der Ueberzeugung, dass das Bewusstsein — und somit auch die 
Vernunft — keine dem Menschen ausschliesslich eigen thümliche 
Gehirnfunction ist; vielmehr findet sich dieselbe auch bei vielen 
höheren Thieren, nicht nur Wirbel thieren, sondern auch Glieder- 
thieren. Nur stufenweise, durch einen höheren Grad der Aus- 
bildung, ist das Bewusstsein des Menschen von demjenigen der 
vollkommensten Thiere verschieden , und dasselbe gilt von allen 
anderen menschlichen Seelenthätigkeiten. 

Durch diese und andere Ergebnisse der vergleichenden 
Physiologie wird unsere ganze Psycho logi e auf eine neue, feste, 
monistische Basis gestellt. Er wird dadurch jene ältere mystische 
Vorstellung von der Seele widerlegt, wie sie sich bei den Natur- 
völkern, aber auch in den Systemen dualistischer Philosophen noch 
heute findet. Hiernach wäre die „Seele" des Menschen ( — und 
der höheren Thiere? — ) ein besonderes Wesen, welches den Körper 
nur während seines individuellen Lebens bewohnt und regiert, im 
Tode aber verlässt. Die sehr verbreitete „Claviertheorie" 



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— 24 — 



vergleicht die „unsterbliche Seele" mit einem Clavierspieler, welcher 
auf dem Instrumente des sterblichen Körpers ein interessantes 
Stück, das individuelle Leben abspielt und beim Tode sich in's 
Jenseits zurückzieht. Zwar wird diese „unsterbliche Seele tt gewöhnlich 
für ein immaterielles Wesen ausgegeben; in der That aber wird sie 
doch eigentlich ganz materiell vorgestellt, nur als ein feineres, 
unsichtbares Wesen, luftförmig oder gasförmig, oder ähnlich der 
beweglichen, äusserst leichten und dünnen Substanz des Aethers, 
wie sie die heutige Physik annimmt. Dasselbe gilt ja auch von den 
meisten Vorstellungen, die sich die rohen Naturvölker und die un- 
gebildeten Klassen der Culturvölker seit Jahrtausenden von spukenden 
„Geistern" und „Göttern" gebildet haben. Gründliches Nachdenken 
ergibt, dass es sich auch hier — wie bei dem Schwindel der modernen 
Spiritisten — nicht um wirkliche immaterielle Wesen handelt, 
sondern um gasförmige, unsichtbare Körper. Ueberhaupt sind wir 
ja unfähig, uns wirklich immaterielle Wesen irgend fassbar vor- 
zustellen. Wie schon Goethe klar erkannte, kann „die Materie nie 
ohne Geist, der Geist nie ohne Materie existiren und wirk- 
sam sein". 

Was die Unsterblichkeit betrifft, so unterliegt dieser 
wichtige Begriff bekanntlich sehr verschiedenen Deutungen und 
Anwendungen. Man wirft Unserem Monismus häufig vor, dass er 
die Unsterblichkeit überhaupt leugne ; indessen ist das nicht richtig. 
Vielmehr halten wir dieselbe, in streng wissenschaftlichem Sinne, 
für einen unentbehrlichen Grundbegriff unserer monistischen Natur- 
philosophie. Unsterblichkeit in wissenschaftlichem Sinne 
ist Erhaltung der Substanz, also dasselbe, was die Physik 
als Erhaltung der Kraft, die Chemie als Erhaltung des Stoffes 
definirt. Der ganze Kosmos ist unsterblich. Ebensowenig 
als irgend ein anderes Stoffthcilchen oder Krafttheilchen jemals aus 
der Welt verschwindet, ebensowenig ist das von den Atomen 
unseres Gehirns und von den Kräften unseres Geistes denkbar. 
Bei unserem Tode verschwindet nur die individuelle Form, in 
welcher jene Nervensubstanz gestaltet war, und die persönliche 
„Seele", welche deren Arbeit darstellte. Die complicirten chemischen 
Verbindungen jener Nervenmasse gehen in andere Verbindungen 
durch Zersetzung über, und die von ihr producirten lebendigen 
Kräfte werden in andere Bewegungsformen umgesetzt 

„Der grosse Caesar, todt und Lehm geworden, 
Verstopft ein Loch jetzt vor dem rauhen Norden; 
Der Staub, dem einst die ganze Welt gebebt, 
Vor Wind und Wetter eine Wand verklebt!" 



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Ganz unhaltbar ist dagegen die Vorstellung einer persönlichen 
Unsterblichkeit Wenn dieselbe auch heute noch in weiten Kreisen 
festgehalten wird , so erklärt sich das aus dem physikalischen Ge- 
setze der Trägheit; denn das Beharrungsvermögen übt seine Macht 
ebenso im Gebiete der Ganglien-Zellen des Gehirns, wie in allen 
anderen Naturkörpern. Althergebrachte, durch viele Generationen 
vererbte Vorstellungen werden vom menschlichen Gehirn mit der 
grössten Zähigkeit festgehalten, besonders dann, wenn sie schon in 
frühester Jugend dem kindlichen Verstände als unerschütterliche 
Dogmen eingepflanzt werden. Solche „erblicheGlaubenssätze" 
wurzeln um s,o fester, je mehr sie sich von der vernünftigen Natur- 
erkenntniss entfernen und in das geheimnisvolle Kleid mythologischer 
Dichtung verstecken. Bei dem Dogma von der persönlichen Un- 
sterblichkeit kommt dazu noch das vermeintliche Interesse, welches 
der Mensch an seiner individuellen Fortdauer nach dem Tode zu 
besitzen glaubt, und der vergebliche Anspruch, dass ihm in einem 
seligen „Jenseits" Ersatz für die getäuschten Hoffnungen und die 
vielen Leiden des Erdenlebens gewährt werde. 

Irrthümlich wird oft von den zahlreichen Anhängern der per- 
sönlichen Unsterblichkeit behauptet, dass dieses Dogma eine an- 
geborene und allen vernünftigen Menschen gemeinsame Vorstellung 
sei, und dass alle vollkommneren Religionen dieselbe lehren. Das 
ist unrichtig. Weder der Buddhismus, noch die mosaische Religion 
enthielten ursprünglich den Glaubenssatz der persönlichen Un- 
sterblichkeit, und ebensowenig glaubten daran die meisten Ge- 
bildeten im classischen Alterthum, insbesondere während der höchsten 
Blüthe Griechenlands. Die monistische Philosophie jener Zeit, 
welche schon 500 Jahre vor Christus zu so bewunderungswürdiger 
Höhe der Speculation sich erhob, kannte jenes Dogma nicht. Erst 
durch Plato und Christus wurde dasselbe weiter ausgebildet und 
erreichte dann im Mittelalter eine so allgemeine Verbreitung, dass 
nur selten ein kühner Denker ihm offen zu widersprechen wagte. 
Die Ansicht, dass die Ueberzeugung von der persönlichen Un- 
sterblichkeit besonders veredelnd auf die sittliche Natur des Menschen 
einwirke, wird durch die gräuelvolle Sittengeschichte des Mittel- 
alters nicht bestätigt, ebensowenig durch die Psychologie der 
Naturvölker"). 

Wenn auch heute noch eine veraltete Schule der rein specu- 
lativen Psychologie jenes unvernünftige Dogma aufrecht erhält, 
so liegt darin ein bedauerlicher Anachronismus. Vor sechzig Jahren 
liess sich das noch entschuldigen; denn damals kannte man weder 
die feinere Structur des Gehirns genau, noch die physiologische 
Function seiner einzelnen Theile; die Elementarorgane derselben, 



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die mikroskopischen Ganglienzellen, waren fast unbekannt, ebenso 
die Zellseele der Protisten; von der ontogenetischen Entwicklung 
hatte man nur sehr unvollkommene, von der phylogenetischen noch 
gar keine Vorstellungen. 

Das alles hat sich im Laufe des letzten halben Jahrhunderts 
gänzlich geändert Die neuere Physiologie hat schon grossentheils 
die Localisation der einzelnen Geistesthätigkeiten, ihre Abhängigkeit 
von bestimmten Gehirntheilen nachgewiesen; die Psychiatrie hat 
gezeigt, dass jene psychischen Processe gestört oder vernichtet 
werden, wenn diese Gehirntheile erkranken oder entarten. Die 
Histologie der Ganglienzellen hat uns deren höchst verwickelte 
Structur und Lagerung enthüllt. Von entscheidender Bedeutung 
für diese hochwichtige Frage sind aber die Entdeckungen der 
letzten Decennien über die feineren Vorgänge bei der Befruch- 
tung geworden. Wir wissen jetzt, dass deren Wesen ausschließlich 
in der Copulation oder Verschmelzung von zwei mikroskopischen 
Zellen besteht, der weiblichen Eizelle und der männlichen Sperma- 
zelle. Das Moment, in welchem die Kerne dieser beiden Geschlechts- 
zellen verschmelzen, bezeichnet haarscharf den Augenblick, in 
welchem das neue menschliche Individuum entsteht Die neu- 
gebildete „Stammzell e" (oder „befruchtete Eizelle") enthält 
bereits potentiell — in der Anlage — alle die körperlichen und 
geistigen Eigenschaften, welche das Kind von beiden Eltern erbt. 
Offenbar widerspricht es der reinen Vernunft, ein „ewiges Leben 
ohne Ende" für eine individuelle Erscheinung anzunehmen, deren 
zeitlichen Anfang wir durch directe sinnliche Beobachtung haar- 
scharf bestimmen können. Demnach können wir bei vernünftiger 
Beurtheilung des menschlichen Geisteslebens unsere individuelle 
Seele vom Gehirn ebensowenig getrennt denken, als die will- 
kürliche Bewegung unseres Arms von der Contraction seiner 
Muskeln, oder den Kreislauf unseres Blutes von der Thütigkeit 
des Herzens. 

Gegen diese streng physiologische Auffassung wird auch heute 
noch häufig der Vorwurf des „Materialismus" erhoben, ebenso 
wie gegen unsere ganze monistische Ansicht des Verhältnisses von 
Kraft und Stoff, von Geist und Materie. Ich habe schon früher 
wiederholt dargethan, dass mit diesem vieldeutigen Schlagworte 
gar Nichts gesagt ist; man könnte an seine Stelle ebensogut 
das scheinbare Gegentheil „Spiritualismus" setzen. Jeder 
kritische Denker, der die Geschichte der Philosophie kennt, weiss, 
dass solche Schlagworte in den wechselnden Systemen die ver- 
schiedenste Bedeutung annehmen. Bei dem Materialismus kommt 
noch dazu die beständige Verwechslung der theoretischen und 



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praktischen Bedeutung; beide sind gänzlich verschieden. Klar und 
unzweideutig ist dagegen unser Begriff des Monismus oder der 
„Einheits-Philosophie" ; für ihn ist ein „immaterieller lebendiger 
Geist" ebenso undenkbar, als eine „todte geistlose Materie"; in 
jedem Atom ist beides untrennbar verbunden. Die entgegengesetzte 
Vorstellung des Dualismus ( — oder in anderen antimonistischen 
Systemen sogar des Pluralismus — ) fasst Geist und Materie, 
Kraft und Stoff, als zwei wesentlich verschiedene Substanzen auf; 
dass aber jede von Beiden fUr sich allein existieren oder uns wahr- 
nehmbar sein könne, dafür gibt es in der That nicht einen einzigen 
empirischen Beweis. 

Indem ich hier kurz auf diese weitreichenden psychologischen 
Consequenzen der monistischen Entwicklungslehre hindeute, berühre 
ich zugleich ein hochwichtiges Gebiet, auf welches auch unser 
Festredner in seinem Vortrage mehrfach angespielt hat, das Gebiet 
der Religion und des damit verknüpften „Glaubens an Gott". Gleich 
ihm halte ich die Bildung klarer, philosophischer Vorstellungen 
auf diesem fundamentalen Glaubensgebiete für höchst wichtig, und 
ich möchte daher die hohe Festversammlung um die Erlaubniss 
bitten, bei dieser feierlichen Gelegenheit ganz kurz ein offenes 
Glaubensbekenntniss ablegen zu dürfen. Diese „monistische 
Confes8ion u dürfte um so mehr Anspruch auf unbefangene 
Würdigung erheben, als sie nach meiner festen Ueberzougung von 
mindestens neun Zehntheilen aller jetzt lebenden Naturforscher 
getheilt wird; ich glaube sogar, dass dieses monistische Bekenntniss 
von allen Naturforschern getheilt werden muss, welche folgende 
vier Bedingungen erfüllen: 1. Genügende Kenntnisse im Gesammt- 
gebiete der Naturwissenschaft, vor allem in der modernen Ent- 
wicklungslehre. 2. Genügende Schürfe und Klarheit der Urtheils- 
kraft, um die logischen Schlüsse aus jenen empirischen Kenntnissen 
mittelst Induction und Deduction zu ziehen. 3. Genügenden mora- 
lischen Muth, um die so gewonnenen monistischen Erkenntnisse 
gegenüber den Angriffen der feindlichen dualistischen und plura- 
listischen Systeme zu behaupten, und 4. Genügende Geisteskraft, 
um sich auf Grund eigenen gesunden Denkens von den herrschenden 
religiösen Vorurtheilcn zu befreien, und besonders von jenen 
vernunftwidrigen Dogmen, die uns seit frühester Jugend als 
unerschütterliche „religiöse Offenbarungen" fest eingepflanzt werden. 

Wenn wir von diesem freien Denkerstandpunkte aus die zahl- 
reichen Religionen der verschiedenen Völker vergleichend be- 
trachten, so werden wir zunächst genöthigt werden, alle diejenigen 
Vorstellungen als unhaltbar auszuscheiden, welche mit den klar 
erkannten und durch die kritische Vernunft festgestellten Lehrsätzen 



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— 28 - 



der empirischen Naturerkenntniss in unlösbarem Widerspruche stehen. 
Wir können hier also ohne Weiteres von allen mythologischen 
Erzählungen absehen, von allen „Wundern" und von allen soge- 
nannten „Offenbarungen", welche auf übernatürlichem Wege 
zu uns gelangt sein sollen. Alle diese mystischen Lehren sind 
unvernünftig, weil sie durch keine einzige wirkliche Erfahrung 
bestätigt werden, vielmehr mit den uns bekannten, durch vernünftige 
Naturerkenntniss festgestellten Thatsachen unvereinbar sind. 

Das gilt ebenso von den Legenden der christlichen und mosaischen, 
wie von denjenigen der mohammedanischen und indischen Sagen- 
kreise. Wenn wir also hier sämmtliche mystischen Dogmen und 
übersinnlichen Offenbarungen bei Seite lassen , so bleibt als werth- 
voller und unschätzbarer Kern der wahren Religion die geläuterte, 
auf vernünftige Anthropologie gegründete Sittenlehre übrig 1 *). 

Unter den zahlreichen verschiedenen Religionsformen, welche 
sich aus den rohesten prähistorischen Anfängen seit mehr als zehn- 
tausend Jahren entwickelt haben, stehen unzweifelhaft diejenigen 
beiden Religionen obenan, welche auch heute noch die grösste Ver- 
breitung unter den Culturvölkern besitzen, die ältere buddhistische 
und die jüngere christliche. Beide haben sehr viele gemeinsame 
Züge, sowohl in ihrer Mythologie, als in ihrer Ethik ; ein bedeutender 
Theil des Christenthums ist sogar direct aus dem indischen Buddhis- 
mus, wie ein anderer Theil aus den mosaischen und platonischen 
Glaubenslehren herübergenommen. Indessen erscheint uns auf 
unserem heutigen Culturstandpunkte mit vollem Rechte die christ- 
liche Sittenlehre weit vollkommener und reiner, als diejenige 
aller anderen Religionen. Freilich müssen wir gleich hinzufügen, 
dass gerade die wichtigsten und edelsten Grundsätze der christ- 
lichen Ethik — die Nächstenliebe, die Pflichttreue, die Wahrheits- 
liebe, der Gehorsam gegen die Gesetze — keineswegs dem christ- 
lichen Glauben als solchem eigenthümlich, sondern viel älteren Ur- 
sprungs sind. Die vergleichende Völkerpsychologie weist 
nach, dass diese ethischen Fundamentalsätze bei vielen älteren 
Culturvölkern schon Jahrtausende vor Chbistus mehr oder weniger 
anerkannt und geübt waren. 

Das oberste Sittengesetz der vernünftigen Religion bleibt die 
Menschenliebe, und zwar in dem naturgemässen Gleich- 
gewicht zwischen Egoismus und Altruismus, zwischen 
Eigenliebe und Nächstenliebe. „Was Du willst, dass Dir die Leute 
thun sollen, das thue Du ihnen auch!" Dieses natürliche höchste 
Gebot wurde gelehrt und befolgt schon Jahrtausende, bevor Christus 
sprach: „Du sollst Deinen Nächsten lieben als Dich selbst!" In 



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— 29 - 



dor menschlichen Familie galt dieser Grundsatz von jeher als 
selbstverständlich; denn er war von unseren thierischen Vorfahren 
bereits als „ethischer Inst inet" durch Vererbung übertragen. 
Er bestand in gleicher Weise und in weiterer Bedeutung auch 
schon bei den primitivsten Gemeinden und Horden der ältesten 
Naturvölker, ebenso wie bei den Heerden der Affen und anderer 
socialer Säugethiere. Die „Nächstenliebe", d. h. die gegenseitige 
Unterstützung, Pflege, Beschützung u. s. w. , erscheint bei diesen 
gesellig lebenden Thieren bereits als sociale Pflicht; denn ohne 
sie ist der dauernde Bestand jener Gesellschaften unmöglich. Wenn 
nun auch später beim Menschen jene moralischen Fundamente der 
Gesellschaft sich viel höher entwickelten, so liegt doch ihre älteste 
prähistorische Quelle, wie Darwin gezeigt hat, in den socialen 
Instincten der Thiere. Sowohl bei den höheren Wirbelthieron 
(Hunden, Pferden, Elephanten u. 8. w.), als auch bei den höheren 
Gliederthiercn (Ameisen, Bienen, Termiten u. s. w.) bedingt das 
Zusammenleben in geordneten Gesellschaften die Entwicklung so- 
cialer Beziehungen und Pflichten ; diese sind auch für den Menschen 
der wichtigste Hebel des intellectuellen und moralischen Fort- 
schrittes geworden. 

Unzweifelhaft verdankt die heutige menschliche Cultur einen 
grossen Theil ihrer Vollkommenheit der Ausbreitung und Veredlung 
der christlichen Sittenlehre, trotzdem deren hoher Werth durch 
Verknüpfung mit unhaltbaren Mythen und sogenannten „Offen- 
barungen" oft in bedauerlichster Weise beeinträchtigt worden ist. 
Wie wenig die letzteren zur Ausbildung der ersteren beitragen, 
zeigt die bekannte historische Thatsache, dass gerade die Ortho- 
doxie und die auf sie gegründete Hierarchie ( — Allen voran 
der Papismus 18 ) — ) am wenigsten bestrebt ist, die Gebote jener 
Sittenlehre zu erfüllen; je lauter 6io die Theorie der letzteren 
predigt, desto weniger erfüllt sio selbst ihre Gebote in der Praxis. 

Ausserdem ist zu bedenken, dass ein anderer, höchst beträcht- 
licher Theil unserer modernen Cultur und Ethik ganz unabhängig 
vom ChriBtenthum sich entwickelt hat, insbesondere durch ununter- 
brochene Pflege der hochentwickelten Geistesschätze des classischen 
Alterthums. Das eindringliche Studium der griechischen und 
römischen Classiker hat jedenfalls viel mehr dazu beigetragen , als 
dasjenige der christlichen Kirchenväter. Dazu kommt nun in un- 
serem Jahrhundert, in dem mit Recht schon jetzt so genannten 
„Jahrhundert der Naturwissenschaften", der ungeheure Fortschritt 
der höchsten Geistesbildung, welchen wir der geläuterten Natur- 
erkenntniss und der auf sie gegründeten monistischen Philosophio 
verdanken. Dass diese auch auf unsere Sittenlehre fördernd und 



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— 80 — 



veredelnd einwirken muss, ist unzweifelhaft und bereits durch viele 
treffliche Schriften (von Spencer, Carxeri, Vetter u. A.) im Laufe 
der letzten drei Decennien nachgewiesen 19 ). 

Gegen diese monistische Ethik, die sich auf die ver- 
nünftige Naturerkenntniss gründet, ist der Vorwurf erhoben worden, 
dass sie die bestehende Cultur untergraben und insbesondere die 
culturfeindlichen Bestrebungen der modernen Socialdemokratie för- 
dern werde. Wir halten diesen Vorwurf für völlig ungerechtfertigt. 
Die Anwendung philosophischer Grundsätze auf praktische Lebens- 
verhältnisse, und insbesondere auf sociale und politische Fragen, 
kann in der verschiedensten Weise geschehen. Sogenannter poli- 
tischer „Freisinn" hat mit dem „Freidenken" unserer monistischen 
Naturreligion nichts zu thun. Ausserdem bin ich überzeugt, dass 
die vernünftige Sittenlehre der letzteren mit dem guten und wirk- 
lich werthvollen Theile der christlichen Ethik in keinem Wider- 
spruch steht, und mit ihr vereinigt auch fernerhin dem wahren 
Fortschritte der Menschheit dienen wird. 

Anders freilich verhält es sich mit der christlichen Mytho- 
logie und mit der besonderen Form des auf sie gegründeten 
Gottesglaubens. Insofern dieser letztere die Vorstellung eines so- 
genannten „persönlichen Gottes" einschliesst, ist er durch die neueren 
Fortschritte der monistischen Naturerkenntniss ganz unhaltbar ge- 
worden. Uebrigens ist ja schon durch hervorragende Vertreter der 
monistischen Philosophie seit mehr als zweitausend Jahren der 
Nachweis geführt worden, dass durch die Vorstellung eines „persön- 
lichen Gottes, Weltschöpfers und Weltregierers" nicht das Mindeste 
für eine wirklich vernünftige Weltanschauung gewonnen ist. Denn 
wenn auch die Frage nach der „Wcltschöpfung" in dem herge- 
brachten trivialen Sinne durch die wunderbare Wirksamkeit eines 
zweckmässig bauenden ausserweltlichen Gottes beantwortet wird, so 
erhebt sich gleich dahinter die neue Frage: „Wo kommt dieser 
persönliche Gott her? Und was hat er vor der Weltschöpfung ge- 
than? Wo nahm er dazu das Material her?" u. s. w. Daher wird 
im Gebiete der wirklich wissenschaftlichen Philosophie die 
veraltete Vorstellung eines anthropomorphen „persönlichen Gottes" 
noch vor Ablauf dieses Jahrhunderts ihre Geltung verlieren; die 
entsprechende Vorstellung eines „persönlichen Teufels" ( — noch im 
vorigen Jahrhundert der ersteren gegenübergestellt und sehr all- 
gemein geglaubt — ) ist von unseren heutigen Gebildeten bereits 
endgiltig aufgegeben. 

Beiläufig bemerkt, verträgt sich übrigens der Amphitheis- 
mus, der an Gott und Teufel glaubt, viel besser mit einer 
vernünftigen WcltcrklUruug , als der reine Monotheismus. Am 



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— 31 



reinsten ausgebildet ist vielleicht der Amphitheismus in der Zend- 
rcligion der Perser, welche Zoroaster (oder Zarathustra, der „Gold- 
stern") schon 2000 Jahre vor Christus begründete. Hier steht 
überall Ormudz, der Gott des Lichtes und des Guten, im Kampfe 
gegen Ahriman, den Gott der Finsterniss und des Bösen. In 
ahnlicher Weise wird der beständige Kampf eines guten und bösen 
Princips auch in der Mythologie vieler anderen amphitheistischen 
/Religionen personificirt; im alten Aegypten kämpfte der gute 
Osiris mit dein bösen Typhon, im alten Indien steht Wischnu, 
der Erhalter, Schiwa, dem Zerstörer, gegenüber u. s. w. 

Will man wirklich die Vorstellung des „persönlichen Gottes" 
als Grundlage der Weltanschauung festhalten, so erklärt dieser 
Amphitheismus die Leiden und Mängel dieser Welt sehr einfach 
als Wirkung des bösen Princips oder des „Teufels" Der reine 
Monotheismus hingegen, wie er der ursprünglichen Religion von 
Moses und ebenso von Mohammed zu Grunde liegt, vermag eine 
vernünftige Erklärung dafür nicht zu geben. Wenn der 
Eine Gott derselben wirklich ein absolut gutes, vollkommenes 
Wesen ist, so musste er auch seine Welt vollkommen schaffen. 
Eine so unvollkommene und leiden volle organische Welt, wie sie 
auf der Erde besteht, konnte er überhaupt nicht erfinden. 

Diese Betrachtungen gewinnen an Gewicht, wenn wir uns in 
die tiefere Naturerkenn tniss der neueren Biologie versenken; hier 
hat uns vor allem Darwin durch seine Lehre vom Kampf um's 
Dasein und die darauf gegründete Selectionstheorie vor 40 Jahren 
die Augen geöffnet. Wir wissen seitdem, dass die ganze organische 
Natur auf unserem Planeten nur durch einen schonungslosen Kampf 
Aller gegen Alle besteht. Tausende von Thieren und Pflanzen 
müssen an jedem Orte der Erde alltäglich zu Grunde gehen, damit 
einzelne auserlesene Individuen bestehen bleiben und sich des 
Lebens freuen. Aber auch die Existenz dieser wenigen Bevor- 
zugten ist ein beständiger Kampf gegen bedrohliche Gefahren aller 
Art. Tausendc von hoffnungsvollen Keimen gehen in jeder Minute 
nutzlos zu Grunde. Der wüthende Interessenkampf in der mensch- 
lichen Gesellschaft ist nur ein schwaches Bild des unaufhörlichen 
und grausamen Existenzkampfes, der in der ganzen lebendigen 
Welt herrscht. Die schöne Dichtung von „Gottes Güte und Weis- 
heit in der Natur" , die wir als Kinder noch vor fünfzig Jahren 
mit Andacht anhörten, findet heute keine Gläubigen mehr, wenig- 
stens unter den denkenden Gebildeten! Sie ist vernichtet durch 
unsere tiefere Erkenntniss der Wechselbeziehungen zwischen den 
Organismen, durch die fortgeschrittene Oekologie und Sociologie, 
durch die Parasitenkunde und Pathologie. 



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Alle diese trostlosen und unabänderlichen Thatsachen — die 
wahre „Nachtseite der Natur" — werden für den religiösen 
Glauben verständlich durch den Amphitheismus ; sie erscheinen als 
„Werke des Teufels", der die vollkommene, sittliche Welt- 
ordnung des „guten Gottes" bekämpft und stört Sie bleiben un- 
verständlich für den reinen Monotheismus, der nur Einen Gott, nur 
Ein vollkommenes höchstes Wesen kennt. Wenn man dabei be- 
ständig die „sittliche Weltordnung" im Munde führt, so> 
verschliesst man die Augen vor den unleugbaren Thatsachen der 
Völkergeschichte und der Naturgeschichte. 

Auf Grund dieser Erwägungen können wir schwer begreifen, 
wie die grosse Mehrheit der sogenannten „Gebildeten" noch heute 
einerseits den Glauben an einen persönlichen Gott für einen un- 
entbehrlichen Grundsatz der Religion erklärt, und andererseits 
gleichzeitig den Glauben an einen persönlichen Teufel als einen 
überwundenen Aberglauben des Mittelalters zurückweist Bei „ge- 
bildeten Christen" ist diese In consequenz um so unbegreif- 
licher und tadelnswerther, als beide Dogmen gleicherweise wesent- 
liche Bestandteile jedes echt christlichen Glaubensbekenntnisses 
bilden. Bekanntlich spielt der persönliche Teufel als „Satanas, 
Versucher, Verfuhrer, Fürst der Hölle, Herr der Finsterniss" u. 8. w. 
im neuen Testamente eine sehr wichtige Rolle, während er in den 
älteren Schriften des alten Testamentes nicht vorhanden ist Selbst 
unser grosser Reformator Mabtin Luther, der so vielen veralteten 
Dogmenkram „zum Teufel warf" , konnte die Ueberzeugung von 
der realen Existenz und der persönlichen Gegnerschaft des Beelzebub 
nicht los werden; man denke nur an den historischen Tintenfleck 
auf der Wartburg! Ausserdem hat unsere christliche bildende 
Kunst in vielen Tausenden von Gemälden und anderen bildlichen 
Darstellungen den Satanas ebenso leibhaftig vorgestellt, wie die 
drei persönlichen guten Götter, mit deren Vereinigung in einer 
„dreieinigen Person" sich die menschliche Vernunft seit achtzehn- 
hundert Jahren umsonst abquält. Der tiefe Eindruck, den solche 
millionenfach wiederholte concrete Darstellungen besonders auf 
kindliche Gemüther ausüben, wird in seiner colossalen Wirkung 
gewöhnlich unterschätzt; er trägt sicher einen sehr grossen Theil 
der Schuld daran, dass solche unvernünftige Mythen unter der 
Maske von „Glaubens Wahrheiten" sich beständig forterhalten, allen 
Einwänden der Vernunft zum Trotz. 

Freisinnige christliche Theologen haben allerdings vielfach ver- 
sucht, den „persönlichen Teufel" aus der christlichen Glaubenslehre 
zu entfernen und nur als die personiticirte Idee der Lüge, als den 
„Geist des Bösen" hinzustellen. Allein mit demselben Rechte 



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33 — 



müssen wir dann auch an die Stelle des persönlichen Gottes die 
personificirte Idee der Wahrheit, den „Geist des Guten", setzen. 
Gegen diese Vorstellung haben wir nicht das Mindeste einzuwenden; 
vielmehr erblicken wir in ihr eine werthvolle Brücke, welche das 
Wunderland religiöser Dichtung mit dem Lichtreiche wissenschaft- 
licher Naturerkenn tniss verbindet. 

Unsere „monistische Gotteside e a , welche allein mit der 
geläuterten Naturerkenn tniss der Gegenwart sich verträgt, erkennt 
„Gottes Geist in allen Dingen". Sie kann nimmermehr in Gott 
ein „persönliches Wesen" sehen, d. h. mit anderen Worten, 
ein Individuum von beschränkter räumlicher Ausdehnung oder 
gar von menschlicher Gestalt. „Gott" ist vielmehr überall. Wie 
schon Giordano Bruno sagte: „Ein Geist findet sich in allen 
Dingen, und es ist kein Körper so klein, der nicht einen Theil der 
göttlichen Substanz in sich enthielte, wodurch er beseelt wird." 
Jedes „Atom" ist dergestalt beseelt, und ebenso der „Weltäther"; 
man kann demnach „Gott" auch als die* unendliche Summe aller 
Naturkräfte bezeichnen, als die Summe aller Atomkräfte und aller 
Aetherschwingungen. Es kommt im Wesentlichen auf dasselbe 
hinaus, wenn der geehrte Herr Vorredner Gott als „das oberste 
Weltgesetz" definirt und dieses als „Wirken des allgemeinen Raumes" 
darstellt. Nicht auf den Namen kommt es bei diesem höchsten 
Glaubenssatze an, sondern au/ die Einheit der Grundvorstellung, 
auf die Einheit von Gott und Welt, von Geist und Natur. Hin- 
gegen erniedrigt der „Homotheismus", die anthropomorphe 
Vorstellung von Gott, diesen erhabensten kosmischen Begriff zu 
einem „gasförmigen Wirbelthier" 20 ). 

Unter den verschiedenen Systemen des Pantheismus, welche 
die monistische Gottesvorstcllung schon seit langer Zeit mehr 
oder weniger klar ausgebildet haben, ist wohl das vollkommenste 
dasjenige von Spinoza. Diesem System hat bekanntlich auch 
Goethe seine höchste Bewunderung und Zustimmung gezollt. Von 
anderen hervorragenden Männern, welche ihre natürliche Religion 
in diesem Sinne pantheistisch gestalteten, wollen wir hier nur noch 
zwei der grössten Dichter und Menschenkenner nennen: Shakespeare 
und Lessing, zwei der grössten deutschen Fürsten : Friedrich II. von 
Hohenstaufen und Friedrich II. von Hohenzollern; zwei der grössten 
Naturforscher: La place und Darwin. Indem wir unser eigenes 
pantheistisches Glaubensbekenntniss demjenigen dieser hervor- 
ragenden freien Geister anschliessen, wollen wir nur noch betonen, 
dass dasselbe durch die erstaunlichen Fortschritte der Natur- 
erkenntniss in den letzten drei Decennien eine früher nicht geahnte 
empirische Begründung erfahren hat. 

Haeckel, Der Monismus. 3 



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Der Vorwurf des Atheismus, den man auch heute noch 
gegen unseren Pantheismus und gegen den ihm zu Grunde liegenden 
Monismus erhebt, findet in den wirklich gebildeten Kreisen der 
Gegenwart keinen Widerhall mehr. Freilich konnte noch im Anfang 
des Jahres 1892 der damalige deutsche Reichskanzler im preussischen 
Abgeordnetenhause die seltsame Alternative aufstellen: „Entweder 
christliche oder atheistische Weltanschauung"; es geschah dies bei 
der Vertheidigung jenes berüchtigten Volksschulgesetzes, das be- 
stimmt war, unsere Schulbildung mit gebundenen Händen der 
papistischen Hierarchie zu überliefern 18 ). Die weite Entfernung, 
welche diesen entarteten Auswuchs der christlichen Religion von 
dem ursprünglichen reinen Urchristenthum trennt, ist nicht grösser, 
als diejenige, welche jene mittelalterliche Alternative von dem ge- 
bildeten religiösen Bewusstsein der Gegenwart scheidet. Wer 
freilich die Anbetung von alten Kleidungsstücken und Wachspuppen, 
oder das gedankenlose Ableiern von Messen und Rosenkränzen für 
wahre christliche Religionsübung hält; wer an wunderthätige Re- 
liquien glaubt und Verzeihung seiner Sünden durch Ablassgelder 
und Peterspfennige erkauft, dem überlassen wir gern seine An- 
sprüche auf „allein selig machende Religion" ; diesen Fetischdienern 
gegenüber wollen wir gern als „Atheisten* gelten. 

Aehnlich wie mit den Beschuldigungen des Atheismus und der 
Irreligion verhält es sich mit dem oft gehörten Vorwurfe, dass 
unser Munismus die Poesie zerstöre und die Gemüthsbedürfnisse 
des Menschen nicht befriedige; insbesondere soll die Aesthetik — 
sicher ein höchst werthvolles Gebiet, ebenso in der theoretischen 
Philosophie als im praktischen Leben — durch die monistische 
Naturphilosophie beeinträchtigt werden. Schon David Friedrich 
Strauss, einer unserer feinsinnigsten Aesthetiker und edelsten 
Schriftsteller, hat jenen Vorwurf widerlegt und gezeigt, wie gerade 
umgekehrt die Pflege der Poesie und der Cultus des Schönen zu 
einer viel grösseren Rolle in unserem „neuen Glauben" berufen 
ist. Ihnen, hochgeehrte Anwesende, als Naturforschern und Natur- 
freunden, brauche ich nicht auseinander zu setzen, wie sehr jedes 
tiefere Eindringen unseres Verstandes in die Erkenntniss der Natur- 
Geheimnisse gleichzeitig auch unser Gemüth erwärmt, unserer 
Phantasie neue Nahrung zuführt und unsere Schönheitsanschauung 
erweitert. Um sich zu überzeugen, wie eng alle diese Gebiete der 
edelsten menschlichen Geistesthätigkeit zusammenhängen, wie un- 
mittelbar die Erkenntniss der Wahrheit mit der Liebe zum Guten 
und der Verehrung des Schönen verknüpft ist, genügt es, einen 
einzigen Namen zu nennen, den grössten deutschen Genius: 
Wolfganc Goethe. 



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Wenn bisher die ästhetische Bedeutung unserer monistischen 
Naturreligion, ebenso wie ihr ethischer Werth, noch wenig in 
das Bewusstsein der Gebildeten eingedrungen ist, so liegt das wohl 
hauptsächlich an unserem mangelhaften Schulunterricht. Zwar ist 
in den letzten Decennien über Schulreform und Erziehungs- 
Principien unendlich viel geredet und geschrieben worden; aber 
von einem wesentlichen Fortschritt ist noch wenig zu spüren. 
Auch hier herrscht das physikalische Gesetz der Trägheit; auch 
hier — und ganz besonders in den deutschen Schulen — bethätigt 
die Scholastik des Mittelalters ein Beharrungsvermögen, 
dem gegenüber die vernünftige Unterrichtsreform jedes Bodenstück 
Schritt für Schritt mühsam erkämpfen muss. Auch auf diesem 
hochwichtigen Gebiete, von dem Wohl und Wehe der künftigen 
Generationen abhangt, wird es nicht eher besser werden, als bis 
die monistische Naturerkenntniss als unentbehrliche feste Grundlage 
anerkannt ist. 

Die Schule des zwanzigsten Jahrhunderts, auf diesem festen 
Grunde neu erblühend, wird nicht allein die wundervollen Wahr- 
heiten der Weltentwickelung der aufwachsenden Jugend zu ent- 
schleiern haben, sondern auch die unerschöpflichen Schätze der 
Schönheiten, die überall in derselben verborgen liegen. Mögen 
wir die Pracht des Hochgebirges oder die Zauberwelt des Meeres 
bewundern, mögen wir mit dem Fernrohr die unendlich grossen 
Wunder des gestirnten Himmels, oder mit dem Mikroskop die noch 
überraschenderen Wunder des unendlich kleinen Lebens betrachten, 
überall öffnet uns die Gott-Natur eine unerschöpfliche Quelle ästhe- 
tischer Genüsse. Blind und stumpf ist bisher der weitaus grösste 
Thcil der Menschheit durch diese herrliche irdische Wunderwelt 
gewandelt; eine kranke und unnatürliche Theologie hat ihr dieselbe 
als „Jammerthal" verleidet. Jetzt gilt es, dem mächtig fortschreiten- 
den Menschengeiste endlich die Augen zu öffnen; es gilt ihm zu 
zeigen, dass die wahre Naturerkenntniss nicht allein seinem grübeln- 
den Verstände, sondern auch seinem sehnenden Gemüthe volle 
Befriedigung und unversiegliche Nahrung zuführt. 

Die monistische Naturforschung als Eikenntniss des Wahren, 
die monistische Ethik als Erziehung zum Guten, die monistische 
Aesthetik als Pflege des Schönen — das sind die drei Haupt- 
gebiete unseres Monismus ; durch ihre harmonische und zusammen- 
hängende Ausbildung gewinnen wir jenes wahrhaft beglückende 
Band zwischen Religion und Wissenschaft, das heute 
noch von so Vielen schmerzlich vermisst wird. Das Wahre, das 
Gute und das Schöne, das sind die drei hehren Gottheiten, vor 
denen wir anbetend unser Knie beugen; in ihrer naturgemässon 

3* 



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Vereinigung und gegenseitigen Ergänzung gewinnen wir den reinen 
Gottesbegriff 21 ). Diesem „dreieinigen Gottes-Ideale u , dieser natur- 
wahren Trinität des Monismus wird das herannahende zwan- 
zigste Jahrhundert seine Altäre bauen! 

Im August 1882 wohnte ich der drei hundertjährigen Jubelfeier 
der Universität Würzburg bei, an der ich selbst im Jahre 1852 
meine medicinischen Studien begonnen und sechs Semester hindurch 
fortgesetzt hatte. Die treffliche Festrede in der Universitätskirche 
hielt der damalige Rector, der ausgezeichnete Chemiker Johannes 
Wislicenus. Er schlo8s seine Segenswünsche mit den Worten: 
„Das walte Gott, der Geist des Guten und der Wahrheit". Ich 
füge hinzu: „Und der Geist der Schönheit". In diesem Sinne 
widme auch ich Ihrer Naturforschenden Gesellschaft des Osterlandes 
bei dieser festlichen Gelegenheit meine besten Glückwünsche. 
Möge die Erforschung der Naturgeheimnisse auch in dieser nord- 
östlichen Ecke unseres Thüringer Landes blühen und gedeihen, 
und mögen ihre hier in Altenburg reifenden Erkenntnissfrüchte nicht 
weniger zur Geistescultur und zur Förderung wahrer Religion 
beitragen, als diejenigen, welche vor 370 Jahren der grosse Re- 
formator Martin Luther an der nordwestlichen Ecke Thüringens, 
auf der Wartburg bei Eisenach, zu Tage förderte. 

Mitten inne zwischen der Wartburg und Altenburg liegt an 
der Thüringer Nordgrenze die classische Musenstadt Weimar, und 
nahe dabei unsere Landesuniversität Jena. Ich betrachte es als 
ein gutes Omen, dass gerade in diesem Augenblicke in Weimar 
eine seltene Festfeier die durchlauchtigsten Erhalter der Universität 
Jena, die Beschützer der freien Forschung und freien Lehre zu- 
sammengeführt hat 82 ). In der Hoffnung, dass der Schutz und die 
Förderung derselben uns auch ferner erhalten bleibe, schliesse ich 
mein monistisches Glaubensbekenntniss mit den Worten: „Das 
walte Gott, der Geist des Guten, des Schönen und 
der Wahrheit!" 



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Anmerkungen. 



1. Naturwissenschaftliche Glaubenssätze (8. 9). In der Fest- 
rede, welche Professor Sculksinokr am 9. October über dieses Thema in 
Altenburg hielt, wies derselbe mit Recht (im Sinne von Kamt) auf die Grenzen 
des Naturerkennens hin, welche uns durch die Un Vollkommenheit unserer 
Erkenntnissorgane gesetzt sind. Die Lücken, welche die empirische Natur- 
forschung im Gebäude der Wissenschaft offen lassen muas, können wir aber 
durch Hypothesen ausfüllen, durch mehr oder weniger wahrscheinliche Ver- 
muthungen. Diese können wir zwar zur Zeit noch nicht sicher beweisen; 
aber wir dürfen sie zur Erklärung der Erscheinungen verwerthen, sofern sie 
der vernünftigen Naturerkenntniss nicht widersprechen. Solche vernünf- 
tige Hypothesen sind wissenschaftliche Glaubenssätze, und so- 
mit sehr verschieden von sogenannten „kirchlichen Glaubenssätzen oder reli- 
giösen Dogmen". Diese letzteren sind entweder reine Dichtungen ( — ohne 
jeden empirischen Beweis — ) oder einfach unvernünftig ( — dem Causalgesetze 
widersprechend — ). Eine vernünftige Hypothese von fundamentaler Bedeu- 
tung ist z. B. der Glaube an die Einheit der Materie (die Zusammensetzung 
der Elemente aus Uratomen, S. 17), der Glaube an die Urzeugung (S. 38), 
der Glaube an die principielle Einheit aller Naturerscheinungen, wie sie 
unser Monismus vertritt (vgl. darüber meine generelle Morphologie, I. Bd. 
S. 105, 164 u. s. w., sowie die Natürl. Schöpfungsgeschichte, IX. Aufl., 1898, 
S. 21, 360 , 812). Da sowohl die einfacheren Vorgänge in der anorganischen 
Natur, wie die verwickeiteren Erscheinungen im organischen Leben auf die- 
selben Naturkräfte zurückführbar sind ; da ferner diese wieder ihren gemein- 
samen Grund in einem einheitlichen, den allgemeinen unendlichen Weltraum 
erfüllenden Urprincip besitzen, so kann man dieses letztere (den Weltäther) 
als allumfassende Gottheit betrachten und darauf den Satz gründen: „der 
Gottesglaube ist mit der Naturwissenschaft vereinbar". In dieser pantheisti- 
schen Auffassung, wie in der Kritik des einseitigen Materialismus stimme ich 
mit Professor Schlesinger überein, während ich dagegen einem Theile seiner 
biologischen — und insbesondere anthropologischen — Folgerungen nicht zu- 
stimmen kann. Vgl. dessen Aufsatz: Thatsachen und Folgerungen aus dem 
Wirken des allgemeinen Raumes (Mittheilungen aus dem Osterbinde, V. Bd., 
Altenburg 1892). 

2. Einheit der Natur (S. 9). Die principielle Einheit der anorgani- 
schen und organischen Natur, sowie ihren genetischen Zusammenhang, halte 
ich für einen fundamentalen Hauptsatz unseres Monismus. Ich betone diesen 
.Glaubenssatz" hier ausdrücklich, weil immer noch angesehene Naturforscher 



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bisweilen ihn bestreiten. Nicht allein wird die alte mystische „Lebenskraft" 
immer wieder von Zeit zu Zeit aufgewärmt, sondern auch der natürlichen 
Entwicklungslehre wird noch oft die „wunderbare" Entstehung des orga- 
nischen Lebens aus der „todten" anorganischen Natur als ein unlösbares 
Räthsel entgegengestellt, als eines der „sieben Welträthsel" von Du Bois- 
Revmond (vgl. dessen Leibnitz-Rede 1880). Die Lösung dieses „transcendenten" 
Welträthsels und der damit zusammenhängenden Frage von der Archigonie 
( — der „Urzeugung" in einem ganz bestimmten Sinne! — ) kann nur gefunden 
werden durch eine kritische Analyse und unbefangene Vergleichung der 
Stoffe, Formen und Kräfte in der anorganischen und organischen Natur. Eine 
solche habe ich schon 18G6 im zweiten Buche meiner „Generellen Morpho- 
logie" gegeben (Bd. I, S. 109 — 288: „Allgemeine Untersuchungen über die 
Natur und erste Entstehung der Organismen, ihr Verhältniss zu den An- 
organen und ihre Eintheilung in Thiere und Pflanzen"). Einen kurzen Aus- 
zug derselben enthält der XV. Vortrag meiner „Natürl. Schöpfungsgesch.* 
(IX. Aufl., S. 340—368). Die grössten Schwierigkeiten, welche der dort dar- 
gelegten monistischen Auffassung früher entgegenstanden, können jetzt als 
beseitigt gelten durch die neueren Aufschlüsse über das Wesen des Plasma, 
die Entdeckung der Moneren, das genaue Studium der nächst verwandten 
einzelligen Protisten, ihren Vergleich mit der Stammzelle (oder der be- 
fruchteten Eizelle), sowie durch die chemische Kohlenstofftheorie. 
(Vgl. meine „Studien über Moneren und andere Protisten" in der Jenaischen 
Zeitschrift für Naturwissenschaft, Bd. IV, V, 1868—1870. Vgl. ferner: Carl 
Naeqem, 1884, Mechanisch-physiologische Begründung der Abstammungslehre). 

3. Religion der Thiere (S. 11). Die ersten Anfänge jener höheren 
Gehirnfunctionen, welche wir als Vernunft und Bewusstsein, Religion und 
Sittlichkeit bezeichnen, sind bei den höchst entwickelten Hausthieren ( — vor 
allen Hunden, Pferden, Elephanten — ) bereits unverkennbar; sie sind nur 
graduell (nicht qualitativ) von den entsprechenden Seelenthätigkeiten der 
niedersten Menschenrassen verschieden. Wenn die Affen, und vor allen die 
Anthropoiden, seit Jahrtausenden gleich den Hunden domesticirt und in 
engster Berührung mit den Gulturmenschen gezüchtet worden wären, so 
würde unzweifelhaft ihre Annäherung an die menschliche Seelenthätigkeit 
noch viel auffallender sein. Die anscheinend tiefe Kluft, welche den Menschen 
noch von diesen höchst entwickelten Säugethieren trennt, „ist vorzugsweise 
darin begründet, dass der Mensch in sich mehrere hervorragende Eigenschaften 
vereinigt, welche bei den übrigen Thieren nur getreunt vorkommen, nämlich 
1. die höhere Differenzirungsstufe des Kehlkopfs (Sprache), 2. des Gehirns 
(Seele), und 3. der Extremitäten; 4. endlich den aufrechten Gang. Lediglich 
die glückliche Combination eines höheren Entwicklungsgrades von diesen 
wichtigen thierischen Organen und Functionen erhebt die meisten Menschen 
so hoch über alle Thiere" (Generelle Morphologie, 1866, Bd. n, S. 430). 

4. Vererbung erworbener Eigenschaften (S. 11). Da der Streit 
über diese wichtige Frage immer noch nicht geschlichtet ist, sei bei dieser 
Gelegenheit besonders darauf hingewiesen, welche werth vollen Gründe zu 
seiner Entscheidung gerade die Entwicklung der Instincte bei den höheren 
Thieren, der Sprache und der Vernunft beim Menschen liefert. „Die Ver- 
erbung der im individuellen Leben erworbenen Eigenschaften ist eine un- 
erlässliche Annahme der monistischen Entwicklungslehre." „Wenn man 
mit Weismann und Galto» dieselbe leugnet, so schliesst man damit den um- 
bildenden Einfiuss der Aussenwelt auf die organische Form überhaupt aus." 
(Anthropogenie, IV. Aufl., S. XXIII, 836. Vgl. ferner die dort citirten Schriften 



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von Eimer, Wkismanx, Hkrbert Spencer, Ray-Lankester etc., sowie meine Ab- 
handlung „Zur Phylogenie der Australischen Fauna" (1993) und Ludwig Wilskr, 
Die Vererbung der geistigen Eigenschaften (Heidelberg 1892). 

5. Theosophisches Natursystem (S. 12). Unter allen neueren 
Versuchen der dualistischen Philosophie, die Naturerkenntniss theologisch 
( — und zwar auf der Basis des christlichen Monotheismus — ) zu begründen, 
ist der Essay on Classification von Louis Agassiz der weitaus bedeutendste, 
ja eigentlich der einzige nennenswerthe. (Vgl. hierüber meine NatürL 
Schöpfungsgesch. III. Vortrag, sowie die „Ziele und Wege der heutigen Ent- 
wicklungsgeschichte" 1875, Jena, Zeitschr. für Naturw., Bd. X. Supplement.) 
Dass die dogmatische Auffassung des Speciesbcgriffes bei Agassis rein teleo- 
logisch und wissenschaftlich völlig unhaltbar war, habe ich eingehend im 
22. Kapitel meiner generellen Morphologie nachgewiesen (Bd. II. S. 323 — 364). 

6. Darwin und Copernicus (S. 13). Unter diesem Titel hat Herr 
Geh. Rath Emu. Du Bois-Rkymond im II. Bande seiner „Gesammelten Reden" 
(1887, S. 400) einen Nachruf wieder abgedruckt, welchen er am 25. Januar 1883 
in der Berliner Akademie der Wissenschaften gehalten hatte. Da dieser Nach- 
ruf, wie der Redner selbst in einer Anmerkung (S. 500) sagt, grosses Aufsehen 
„sehr unverdienter Weise erregte", und ihm von Seiten der klerikalen Presse 
heftige Angriffe zuzog, wird es mir gestattet sein, hier darauf hinzuweisen, 
dass derselbe keinen neuen Gedanken enthält. Denn ich selbst hatte den 
Vergleich zwischen Darwin und Copkrnicus, sowie die Verdienste beider 
Heroen um die Vernichtung der anthropocentrischen und geocentrischen Welt- 
anschauung bereits eingehender fünfzehn Jahre früher ausgeführt in meinen 
Vorträgen „über die Entstehung und den Stammbaum des Menschengeschlechts" 
(in der IU. Serie der Sammlung gemeinverständlicher wissenschaftlicher Vor- 
träge von Vircuow und Holtzkxdorkf, No. 53 und 54, 1868; IV. Aufl. lSöl) 
Wenn Herr Du Bois-Reymond sagt: „Für mich ist Darwin der Copernicus der 
organischen Welt," so freue ich mich um so mehr, meinen Gedankengang 
( — zum Theil mit denselben Worten — ) von ihm aeeeptirt zu sehen, als er 
selbst sich dabei unnöthiger Weise zu mir in Gegensatz bringt. Ebenso ver- 
hält es sich mit der Erklärung der „angeborenen Ideen" durch den Darwinis- 
mus, welche Herr Du Bois 1870 in seiner Rede über „Leibnizische Gedanken 
in der neueren Naturwissenschaft" versucht (I. Bd. der gesammelten Reden). 
Auch hier stimmt sein Gedankengang in erfreulicher Weise mit demjenigen 
ü herein, den ich vier Jahre früher in meiner Generellen Morphologie (Bd. II, 
S. 446) und in der NatürUchen Schöpfungsgeschichte entwickelt hatte (1868, 
I. Vortrag S. 26, letzter Vortrag S. 530): „Die Gesetze der Vererbung und 
Anpassung erklären uns, wie die Erkenntnisse a priori ursprünglich aus Er- 
kenntnissen a posteriori sich entwickelt haben" etc. Es kann mir nur sehr 
schmeichelhaft sein, den berühmten Rhetor der Berliner Akademie neuerdings 
als Freund und Gönner der „Natürlichen Schöpfungsgeschichte" zu begrüssen, 
welche derselbe früher als einen schlechten Roman bezeichnet hatte. Man 
sollte aber deshalb doch nicht sein geflügeltes Wort vergessen, dass die 
wissenschaftlich begründeten Stammbäume der Phylogenie „etwa so viel 
werth sind, wie in den Augen der historischen Kritik die Stammbäume ho- 
merischer Helden" (Darwin versus Galiani, 1876). 

7. Das Gesetz von der Erhaltung der Substanz (S. 14) gehört 
streng genommen auch zu den „naturwissenschaftlichen Glaubenssätzen" und 
könnte als § 1 unserer „monistischen Religion" gelten. Allerdings be- 
trachten die Physiker der Gegenwart allgemein und mit Recht ihr „Gesetz 
von der Erhaltung der Kraft" als die unerschütterliche Grundlage ihrer wissen- 



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schaftlichen Naturerkenntniss (Robert Mavbb, Hklkholtz), und ebenso die 
Chemiker ihr Grundgesetz „von der Erhaltung des Stoffes" (Lavoisieb). Allein 
skeptische Philosophen könnten mit Erfolg sowohl gegen jedes einzelne dieser 
beiden Grundgesetze gewisse Einwände erheben, als gegen ihre Zusammen- 
fassung in dem einen obersten Grundgesetz „von der Erhaltung der Substanz". 
Thatsächlich werden dergleichen Einwände von Seiten der dualistischen 
Philosophie noch fortwährend versucht, oft unter dem Scheine der vorsichtigen 
Kritik. Diese skeptischen (zum Theil auch rein dogmatischen) Einwände 
haben nur insofern einen Schein der Berechtigung, als sie das fundamen- 
tale Substanzproblem betreffen, die Grundfrage von dem „Zusammen- 
hang von Materie und Kraft". Wenn wir aber diese eine, noch wirklich 
vorhandene „Grenze des Naturerkennens" bereitwillig anerkennen, so ver- 
mögen wir innerhalb derselben das „mechanische Causalgesetz" 
ganz allgemein zur Anwendung zu bringen. Die verwickelten sogenann- 
ten „geistigen Vorgänge" (insbesondere auch das Bewusstsein) sind dem „Ge- 
setze von der Erhaltung der Substanz" genau ebenso unterworfen, wie die 
einfacheren mechanischen Naturprocesse, als Objecto der anorganischen Physik 
und Chemie. Vgl. Anmerkung 16. 

8. Kant und der Monismus (S. 16). Da die neuere deutsche Philo- 
sophie grösstentheils auf Immanuel Kant zurückgeht und zum Theil den grossen 
Königsberger Philosophen in übertriebener Weise ( — selbst als „unfehlbar" ! — ) 
vergöttert, sei es gestattet, hier wiederholt darauf hinzuweisen, dass sein 
System der kritischen Philosophie aus monistischen und dualistischen Bestand- 
teilen gemischt ist Von fundamentaler Bedeutung werden stets seine kriti- 
schen Principien der Erkenntnisstheorie bleiben, der Nachweis, dass 
wir das eigentliche tiefste Wesen der Substanz, das „Ding an sich" ( — oder 
den „Zusammenhang von Materie und Kraft" — ) nicht zu erkennen ver- 
mögen; unsere Erkenntnis bleibt subjectiver Natur; sie ist bedingt durch die 
Organisation unseres Gehirns und unserer Sinneswerkzeuge und vermag da- 
her bloss die Erscheinungen zu begreifen, welche uns die Erfahrung von 
der Ausscnwelt übermittelt. Aber innerhalb dieser „menschlichen Erkenntniss- 
Grenzen" ist ein positives monistisches Naturerkennen sehr wohl möglich, im 
Gegensatze zu allen dualistischen und metaphysischen Phantastereien. Eine 
solche grosse monistische Erkenntnissthat war die mechanische Kos- 
mogenie von Kant und Laplace, der „Versuch von der Verfassung und dem 
mechanischen Ursprünge des ganzen Weltgcbäudc3, nach Newton'schen Grund- 
sätzen abgehandelt" (1755). Ueberhaupt hielt Kamt im Gebiete der anorga- 
nischen Naturerkenntniss den monistischen Standpunkt streng ein, indem er 
den Mechanismus allein als wirkliche Erklärung der Erscheinungen gelten 
Hess. Im Gebiete der organischen Naturerkenntniss hingegen hielt er den- 
selben zwar auch für berechtigt, aber nicht für ausreichend; hier glaubte er 
ausser den Wcrkursaehen {Causae efßcientcs) nothwendig auch Zweckursachen 
(Causae finales) zu Hülfe nehmen zu müssen. (Vgl. den V. Vortrag meiner 
Natürl. Schöpfungsgeschichte: Entwicklungstheorie von Kant und Lainarck. 
Vgl. ferner Albbecht Kau, Kant und die Natur forschung. Eine Prüfung 
der Resultate des idealistischen Kriticismus durch den realistischen. Kosmos, 
II. Bd. 188G.) Dadurch gelangte Kant auf die schiefe Ebene der dualisti- 
schen Telcologie und später zu seinen unhaltbaren metaphysischen 
Ansichten ron „Gott, Freiheit und Unsterblichkeit". Wahrscheinlich wären 
diese Irrthümer vermieden worden, wenn Kant eine gründliche anatomisch- 
physiologische Bildung besessen hätte. Freilich lagen damals die Naturwissen- 
schaften noch in der Wiege. Ich bin fest überzeugt, dass Kant s System der 



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kritischen Philosophie ganz andere und rein monistisch ausgefallen wäre, 
wenn ihm die ungeahnten Schätze empirischer Naturkenntniss zu Gebote 
gestanden hätten, über welche wir heute verfügen. 

9. Der Weltäther (S. 16). In einem geistreichen Vortrage „über die 
Beziehungen zwischen Licht und Elektricität" hat Heinrich Hertz auf der 
(62.) Versammlung Deutscher Naturforscher und Aerzte in Heidelberg 1889 
die Tragweite seiner glänzenden Entdeckung erläutert: „So verbreitet sich 
das Gebiet der Elektricität über die ganze Natur. Es rückt auch uns selbst 
näher; wir erfahren, dass wir in Wahrheit ein elektrisches Organ haben, das 
Auge. — Da liegt nahe vor uns die Frage nach den unvermittelten Fern- 
wirkungen überhaupt. Giebt es solche? — In anderer Richtung nicht ferne 
liegt die Frage vom Wesen der Elektricität. Und unmittelbar an diese an- 
schliessend erhebt sich die gewaltige Hauptfrage nach dem Wesen 
des Aethcrs, nach den Eigenschaften des raumerfüllenden Mittels, nach 
seiner Structur, seiner Ruhe oder Bewegung, seiner Unendlichkeit oder Be- 
grenztheit. Immer mehr gewinnt es den Anschein, als überrage diese Frage 
alle übrigen, als müsse die Kenntniss des Aethers uns nicht allein das Wesen 
der ehemaligen Imponderabilien offenbaren, sondern auch das Wesen der 
alten Materie selbst und ihrer innersten Eigenschaften, der Schwere und 
Trägheit. — Der heutigen Physik liegt die Frage nicht mehr ferne, ob nicht 
etwa Alles, was ist, aus dem Aether geschaffen sei?" — Diese Frage wird 
bereits von einigen monistischen Naturphilosophen bejaht, so von J. G. Vogt 
in seinem gedankenreichen Werke über „das Wesen der Elektricität und des 
Magnetismus auf Grund eines einheitlichen Substanzbegriffes" (Leipzig 1891). 
Er betrachtet die Massenatome (oder die Uratome des kinetischen Materie- 
Begriffes) als individualisirte Verdichtungscentren der continuirlichen, den 
ganzen Weltraum lückenlos erfüllenden Substanz: der bewegliche elastische 
Theil dieser Substanz zwischen den Atomen und im ganzen Weltraum ist 
eben der Aether. Zu ähnlichen Anschauungen gelangte schon früher auf 
Grand mathematisch-physikalischer Untersuchungen Georg Helm in Dresden; 
in seinem Aufsätze „über die Vermittelung der Fernwirkungen durch den 
Aether" (Annalen der Physik und Chemie, 1881, Bd. XIV) zeigt er, „dass zur 
Erklärung der Fernwirkungen und der Strahlung nur die Annahme eines 
einzigen Stoffes, des Aethers, erforderlich ist, d. h. dass für diese Erschei- 
nungen alle Qualitäten, die man einem Stoffe zuschreiben kann, einflusslos 
sind, ausser der einen, dass er sich bewegt; oder dass im Begriffe Aether 
nichts Anderes gedacht zu werden braucht, als „das Bewegliche". 

10. Atome und Elemente (S. 17). Die zahlreichen und wichtigen 
Gründe, welche für die zusammengesetzte Natur unserer empirischen Elemente 
sprechen, hat kürzlich Gustav Wendt erörtert in seiner Abhandlung über 
„die Entwicklung der Elemente, Entwurf zu einer biogenetischen Grundlage 
für Chemie und Physik" (Berlin 1891). Vgl. auch Wilhelm Preyer: „Die orga- 
nischen Elemente und ihre Stellung im System" (Wiesbaden 1891), Victor 
Mkvkr: Chemische Probleme der Gegenwart (Heidelberg 1890) und W. Cuookes: 
„Die Genesis der Elemente" (Braunschweig 1888). Ucber die verschieden- 
artige Auffassung des Atombegriffes vgl. Philipp Spiller, Die Atomlehre, 
in: Die Urkraft des Weltalls nach ihrem Wesen und Wirken auf allen Natur- 
gebieten (Berlin 1886): 1. Naturphilosophie. U. Die Weltätherlehre. III. Die 
ethische Seite der Naturbetrachtung. Ueber den Aufbau der Masse aus den 
Atomen. Vgl. A. Turner, Die Kraft und Materie im Räume (Leipzig 18S6, 
III. Aufl.). I. Ueber die Natur des Stoffes und seine Relationsverhältnisse. 
IL Atomverbindungen. IU. Die Natur der Moleküle und ihre Verbindungen. 
Theorie der Krystallisation. 



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11. Die Weltsubstanz (S. 18). Das Verhältnis» der beiden Urbestand. 
theile des Kosmos, Aether und Masse, lässt sich vielleicht in der nach- 
stehenden Gegenüberstellung (nach einer der vielen verschiedenen Hypo- 
thesen) einigermaassen vorläufig anschaulich machen: 

Welt (— = S u b s t a n z = K o s m o s). 



Weltäthcr (= bewegliche, schwin- 
gende oder active Substanz). 

Hauptfunctionen: Elektricität, 
Magnetismus, Licht, Wärme. 

Stmctnr: dynamisch; continuirliche, 
elastische Substanz, nicht aus Ato- 
men zusammengesetzt (?). 



Weltmasse (= träge, beharrendo 
oder passive Substanz). 

Hauptfunctionen: Schwere, Träg- 
heit, chemische Wahlverwandtschaft. 

Structur: atomistisch; discontinuir- 
lichc, unelastische Substanz, aus 
Atomen zusammengesetzt (!). 



Das räthselhafte Wesen des Aethers bietet gegenwärtig noch, im Gegen- 
satze zu dem besser bekannten Wesen der Masse, unserer theoretischen Auf- 
fassung ausserordentliche Schwierigkeiten. Diese sind so gross, dass die 
meisten Physiker — und noch mehr die Chemiker — die Frage nach dem 
Wesen des Aethers ganz bei Seite lassen, oder nur oberflächlich streifen. 
Und doch liegt es auf der Hand, dass diese „gewaltige Hauptfrage" zunächst 
alle anderen kosmologiseljen Grundfragen an Bedeutung überragt. In Bezug 
auf die Structur des Aethers neigen wohl die meisten Physiker zu der 
Annahme, dass er ebenso wie die Masse aus discreten Theilchen — d. h. also 
aus Atomen — zusammengesetzt sei. Allein bei dieser Annahme müssen wir 
weiterhin uns vorstellen, dass zwischen den Aether-Atomen noch ein anderes 
raumerfüllendes Medium existire, also ausser Aether und Masse noch ein 
dritter (ganz unbekannter!) Urbestandtheil des Kosmos; denn die altehrwürdige 
Vorstellung des wirklich „leeren Raumes" und der damit verknüpften „Fern- 
wirkung der Körper", verliert immer mehr jeden Boden, je tiefer die mo- 
nistische Speculation in das wahre Wesen der Substanz auf Grund der 
neueren Erfahrungs-Fortschritte eindringt. Wenn wir nun wirklich ausser 
Aether und Masse noch einen solchen dritten, zwischen den Atomen dieser 
Beiden befindlichen Urbestandtheil der Substanz annehmen wollten, so wäre 
damit nicht das geringste gewonnen; denn bei der Frage nach seiner Struc- 
tur würden wir wieder auf dieselben Schwierigkeiten und Antinomien stossen, 
und so „in infinitum" ! Es scheint mir daher die entgegengesetzte Hypothese 
den Vorzug zu verdienen, dass der Weltäther nicht aus Atomen zusammen- 
gesetzt ist, vielmehr eine „continuirliche elastische Substanz" dar- 
stellt, dass er eine „dynamische Structur" besitzt, keine atomistische (wie die 
„Masse"). Ohnehin wird von den Physikern schon jetzt zugegeben, dass die 
Dichtigkeit oder der Aggregatzu stand des Aethers ein ganz eigentüm- 
licher und mit den bekannten drei Zuständen der Masse nicht vergleichbar 
ist. Dieser „ätherische Aggregatzustand" ist weder fest, noch troptbar flüssig, 
noch gasförmig. Er ist auch nicht „festflüssig", wie das gequollene wasser- 
reiche Plasma organischer Gewebe. Dennoch könnte man, um überhaupt 
irgend eine fassbare Vorstellung vom Aether-Wcsen zu gewinnen, vielleicht 
ein grobes Bild aus der Massenwelt entlehnen, und ihn einer äusserst weichen 
und höchst elastischen Gallerte vergleichen, wie sie in der Umbrella-Sub- 
stanz mancher Medusen und Chenophoren uns bekannt ist. Bisweilen sind in 
einer solchen „festflüssigen" Gallerte Milliarden von feinsten, nur bei stärkster 
Vergrösserung erkennbaren Körnchen vertheilt. In ähnlicher Weise könnte 
man sich die Massen-Atome in der continuirlichen Aether-„Grundsubstanz a 
vertheilt vorstellen. Die Dichtigkeit des Aethers hat Sin William 



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Thomson dahin berechnet, dass eine Aetlier-Kugel vom Volumen unserer Erde 
mindestens 250 Pfund wiege. — Die Chemiker pflegen bei ihren Unter- 
suchungen über die „Wahlverwandtschaft" der empirischen Element- Atome, bei 
der Analyse und Synthese ihrer chemischen Verbindungen, gewöhnlich 
weder an die Uratome der Masse zu denken, noch an ihre Beziehungen zu 
dem zwischem ihnen befindlichen Aether. Und doch ist es klar, dass diese 
letzteren nothwendig mit in Betracht gezogen werden müssen, wenn man in 
das Wesen der ersteren tiefer eindringen will. — Elektricität, Magnetismus, 
Licht, strahlende Wärme — also „Aether-Functionen" ! — spielen be- 
kanntlich auch bei chemischen Processen eine hochwichtige Rolle, und müssen 
also auch für den Chemiker ebenso Gegenstand tieferer Forschung sein, wie 
die „Massen-Functionen" der Schwere, des Gewichtes, der „chemischen 
Wahlverwandtschaft". 

12. Universale Entwickelungslehrc (S. 18). Die wichtigsten Schrif- 
ten darüber habe ich in der neuen (IX.) Aufl. meiner „Natürlichen Schöpfungs- 
geschichte" (1893) aufgeführt. Vgl. insbesondere: Cakus Sterne (Ernst Krause): 
Werden und Vergehen. Eine Entwickelungsgeschtchte des Naturganzen 
in gemeinverständlicher Fassung(III. Aufl., mit 500 Abbildungen, Berlin 188G). — 
Wilhelm Bolscub, Entwicklungsgeschichte der Natur (Band I und II vom 
Hausschatz des Wissens), Berlin 1894. — Hugo Spitzer, Beiträge zur Descendcnz- 
theorie und zur Methodologie der Naturwissenschaft (Graz 18SG). 

13. Stammesgeschichte (S. 19). Begriff und Aufgabe der Phylogenie 
oder Stammesgeschichte habe ich zuerst 1866 definirt, im sechsten Buche 
meiner „Generellen Morphologie" (Bd. II, S. 301—422). Den wesentlichen In 
halt derselben, sowie ihre Beziehung zur Ontogenie oder Koimesgeschichte 
entwickelt in populärer Form der H. Theil meiner „Natürlichen Schöpfungs- 
geschichte" (IX. Aufl. mit 30 Tafeln, Berlin 1898). Die besondere Anwendung 
beider Zweige der Entwickelungsgeschichte auf den Menschen versucht meine 
Anthropogenie (Leipzig 1874. IV. umgearbeitete und vermehrte Aufl. 1891, 
I. Theil: Keimesgeschichte. II. Theil: Stammesgeschichte). — Neuerdings habe 
ich in einem grösseren dreibändigen Werke die strenge fachwissenschaftliche 
Begründung meiner biogenetischen Ansichten zu geben versucht: „Systema- 
tische Phylogenie, Entwurf eines natürlichen Systems der Organismen 
auf Grund ihrer Stammesgeschichte" (I. Theil : Protisten und Pflanzen ; II. Theil: 
Wirbellose Thiere; III. Theil: Wirbelthiere), Berlin 1896. 

14. Gegner der Abstammungslehre (S. 21). Seit dem Tode von 
Louis Aga ssi z (1873) wird als einziger namhafter Gegner des Darwinismus und 
der Descendcnztheorie Rudolf Virchow betrachtet; bei jeder Gelegenheit 
hat er dieselben als „unbewiesene Hypothesen" bekämpft, jedoch niemals den 
geringsten Versuch einer eingehenden wissenschaftlichen Widerlegung der- 
selben gemacht. Vgl. hierüber meine Schrift über „Freie Wissenschaft 
und freie Lehre". Eine Entgegnung auf Rudlof Vircuow's Münchener 
Rede über „die Freiheit der Wissenschaft im modernen Staat", 1878. 

15. Cellular-Psy cholo gie (S. 21). Vergl. hierüber meinen Aufsatz 
über „Zellseelen und See lenz eilen" in der „Deutschen Rundschau" 
(Juli-Heft 1878), abgedruckt im I. Hefte meiner „Gesammelten populären Vor- 
träge" ; ferner: Zellseelc und Cellular-Psychologie, in meiner Abhandlung über 
„Freie Wissenschaft und freie Lehre", Stuttgart 1878, S. 83; — Natürliche 
Schöpfungsgeschichte (IX. Aufl., S. 446 , 793) und Anthropogenie (IV. Aufl., 
S. 128, 147). Vergl. ferner Max Vebwouk, Psycho-physiologische Pro- 
tisten- Stud ien, Jena 1889, sowie dessen ausgezeichnete „Allgemeine Physio- 
logie" (II. Aufl. Jena 1897); Paul Cakus, The Soul of Man, an investigation 



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of the facts of physiological and experimental Psychology (Chicago 1891). 
Unter den neueren Versuchen, die Psychologie auf Grund der Entwicklungs- 
lehre in monistischem Sinne zu reformiren, ist besonders hervorzuheben: 
Georg Heinbich Schneider, Der thierische Wille, Systematische Darstel- 
lung und Erklärung der thierischen Triebe und deren Entstehung, Entwick- 
lung und Verbreitung im Thierreiche, als Grundlage zu einer vergleichenden 
Willenslehre (Leipzig 1880). Vcrgl. auch Desselben ergänzendes Werk: Der 
menschliche Wille vom Standpunkte der neuen Entwicklungstheorie (1882). 

16- D a s B e w u s s t s e i n (S. 23). Noch immer wird in zahlreichen Schriften 
die veraltete Ansicht von Du Bois-Rethono (1872) festgehalten, dass das mensch* 
liehe ßewusstsein ein unlösbares „Welträthsel" für sich sei, eine transcendente 
Erscheinung, die zu allen übrigen Naturerscheinungen in principiellem 
Gegensatze stehe. Gerade auf diese Ansicht in erster Linie gründet die dua- 
listische Weltanschauung ihre Behauptung, dass der Mensch ein ganz beson- 
deres Wesen und seine persönliche Seele unsterblich sei. Gerade deshalb 
wird seit 26 Jahren die „Leipziger Ignorabimus-Rede" von Du Bois-Rkymond 
von allen Vertretern mythologischer Weltanschauung zur Stütze verwerthet 
und als Widerlegung des „monistischen Dogma" gerühmt. Das Schlusswort 
„Ignorabimus" wurde aus dem Futurum in das Praesens übersetzt, und dieses 
„Ignoramus" bedeutet, dass wir „Uebcrhaupt nichts wissen" — und noch 
schlimmer, dass „wir überhaupt nicht zur Klarheit kommen und alles weitere 
Reden müssig bleibt". Gewiss bleibt die berühmte Ignorabimus-Rcde ein 
bedeutungsvolles rhetorisches Kunstwerk; sie ist eine „schöne Predigt" 
von hoher Vollendung der Form und überraschendem Wechsel naturphilo- 
sophischcr Bilder. Bekanntlich beurthcilt aber die Mehrheit (— und beson- 
ders das „schöne Geschlecht" — ) eine „schöne Predigt" nicht nach dem wahren 
Ideen-Gehalte, sondern nach dem ästhetischen Untcrhaltungswerthe. Während 
Du Bois sein Auditorium ausführlich mit den unglaublichen Leistungen des 
LAPLACE'schen Geistes unterhält, schlüpft er am Schlüsse über den wichtigsten 
Theil seines Thema in elf kurzen Zeilen hinweg und versucht gar nicht weiter 
die Lösung seiner Hauptfrage, ob die Welt wirklich „doppelt unbegreif- 
lich" sei? Ich habe dagegen schon wiederholt zu zeigen versucht, dass die 
beiden Grenzen unseres Naturerkennens in der That eine und dieselbe sind; 
die Thatsache des Bewusstseins und sein Vcrhältniss zum Gehirn sind uns nicht 
minder, aber auch nicht mehr räthsclhaft, als die Thatsache des Sehens und 
Hörens, als die Tatsache der Gravitation, als der Zusammenhang von Materie 
und Kraft. (Vergl. meine Abhandlung über „Freie Wissenschaft und freie 
Lehre", Stuttgart 1878, S. 78, 82 etc.) ' 

17- Unsterblich keit (S. 25). Vielleicht bei keinem Glaubensatze der 
Kirche liegt die grobmaterialistische Vorstellung des christlichen Dogma 
so klar zu Tage, wie bei der hochgehaltenen Lehre von der „persönlichen 
yUnsterblichkeit" und der damit verknüpften „Auferstehung des Fleisches". 
Sehr gut bemerkt darüber Savagb in seinem vortrefflichen Werke über „Die 
Religion im Lichte der Darwinschen Lehre" (Deutsch von Schramm, Leipzig 
1886, S. 180): „rJine der stehenden Anklagen der Kirche gegen die Wissenschaft 
lautet, das letztere materialistisch sei. Ich möchte im Vorbeigehen darauf 
aufmerksam machen, dass die ganze kirchliche Vorstellung vom zu- 
künftigen Leben von jeher und noch jetzt der reinste Materialismus 
war und ist. Der materielle Leib soll auferstehen und in einem materiellen 
Himmel wohnen." Vgl. darüber auch Ludwig Bücuseb, Das zukünftige 
Leben und die moderne Wissenschaft (Leipzig 1889), Lesikr Ward: Causes 
of ßelief in Immortality („The Forum", Vol. VIII, Sept. 1889), Paud Carus, 



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The Soul of Man, An Invcstigation oft the Facta of physiological and expcri- 
mental Psychology (Chicago 1891). Carcs weist sehr treffend auf die Ana- 
logie zwischen den älteren und neueren Vorstellungen über Licht und über 
Seele hin. Wie man früher die leuchtende Flamme durch einen besonderen 
Feuerstoff, das Phlogiston, erklärte, so die denkende Seele durch eine be- 
sondere gasförmige Seel ensubstanz. Jetzt wissen wir, dass das Flammen- 
licht eine Summe von elektrischen Aether-Schwingungcn ist, und die Seele 
eine Summe von Plasma-Bewegungen in den Ganglienzellen. Dieser wissen- 
schaftlichen Auffassung gegenüber besitzt die Unsterblichkeitslehre der scho- 
lastischen Psychologie ungefähr denselben Werth, wie die materialistischen 
Vorstellungen der Rothhäute über das jenseitige Leben, welchen Schillkb in 
der Nadowessischen Todtenklage Ausdruck giebt. 

18. Papismus (S. 29, 34). Zu den merkwürdigsten und für die mensch- 
liche Vernunft beschämendsten Thatsachen des neunzehnten Jahrhunderts ge- 
hört der fortdauernde Einfluss jener mächtigen Hierarchie des Vaticans, 
welche wir kurz als Papismus bezeichnen. Bekanntlich steht dieses moderne 
Zerrbild der katholischen Religion zu der ursprünglichen reinen Form 
derselben in ausgesprochenem Gegensatze. Die Gelübde der Entsagung und 
Nächstenliebe, der Armuth und Keuschheit sind längst in ihr Gegcntheil ver- 
kehrt. Die ethischen Segnungen des reinen Christen thums, dessen einzige 
feste Basis das Evangelium des Neuen Testaments bildet, sind durch den 
Papismus zum Fluche der Culturvölker geworden. Nichts ist beschämender 
und unheilvoller für das neu gegründete deutsche Kaiserreich, als dass schon 
20 Jahre nach seiner Gründung die Minorität des ultramontanen Centrums 
einen bestimmenden Einfluss auf dessen Geschicke gewonnen hat. Eine kurz- 
sichtige Regierung und ein zerklüfteter, von Partei-Interessen verblendeter 
Reichstag buhlen um seine Gunst. Die Religion dient diesem Centrum nur 
als Deckmantel für politische Zwecke; aber durch die Vollkommenheit der 
hierarchischen Organisation und den Unverstand der blinden gehorsamen 
Massen wird der Papismus selbst heute noch zu einer furchtbaren Macht. 

19. Monistische Ethik (S. 28, 30). Alle Ethik, sowohl die theoretische , 
als die praktische Sittenlehre, steht als „Normwisscnschaft" in unmittelbarem 4lJ***^, * 
Zusammenhange mit der Weltanschauung und demnach auch mit der 
Religion. Diesen Grundsatz halte ich für sehr wichtig und habe ihn in 

einem Aufsatzo über „Ethik und Weltanschauung" gegenüber der in 
Berlin gegründeten „Deutschen Gesellschaft für ethische Cultur" vertreten; 
diese letztere will die Ethik lehren und fördern, ohne die Weltanschauung 
und Religion zu berühren. (Vergl. darüber die Wochenschrift: Die Zukunft, 
herausgegeben von Maximilian Harden, Berlin 1892, Nr. 5—7). Ebenso wie 
ich für die gesammte Wissenschaft die monistische Basis allein als vernünftige 
anerkenne, ebenso verlange ich dieselbe auch für die Ethik. Vergl. hierüber 
vor Allem die ethischen Schriften von Hkrbkrt Spencer und B. von Carneri, 
besonders dessen vortreffliche neueste Schrift „Der moderne Mensch" (Bonn 
1891); Sittlichkeit und Darwinismus; 187 lj; Entwicklung uudGlückseligkeit(1886). 
Vergl. ferner die sechs ausgezeichneten Vorträge von Benjamin Vetter: „Die 
moderne Weltanschauung und der Mensch" (II. Aufl. Jena 1896); Wilhelm 
Strecker, Welt und Menschheit (Leipzig 1892); Harald Hökfdiso, Die Grund- 
lage der humanen Ethik (Bonn 1880), sowie das grosse Werk von Wilhelm 
"Wunut: Ethik, eine Untersuchung der Thatsachen und Gesetze des sittlichen 
Lebens (Stuttgart 1892, II. Aufl.). 

20. Homotheisinus (S. 33). Alle die mannichfaltigen Vorstellungen 
des religiösen Glaubens, welche dem persönlichen Gottc rein mensch 



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liehe Eigenschaften zuschreiben, lassen sich unter dem Begriffe des Homo- 
theismus (oder „Anthropotheismus") zusammenfassen. Wie verschieden auch 
diese anthropomorphen Vorstell ungen sich in den dualistischen und pluralistischen 
Religionen gestaltet haben, so bleibt doch allen gemeinsam die unwürdige 
Auffassung, dass Gott (Theos) dem Menschen (Homo) ähnlich und gleich- 
artig (homotyp) organisiert ist. Im Gebiete der Dichtung sind solche 
Personifikationen ebenso beliebt als erlaubt Im Gebiete der W issenschaf t 
sind sie durchaus unzulässig; sie sind doppelt verwerflich, seitdem wir wissen, 
dass der Mensch erst in später Tertiärzeit aus pitheeoiden Siiugcthieren sich 
entwickelt hat. Jedes religiöse Dogma, welches Gott als einen „Geist" in 
Menschengestalt darstellt, erniedrigt denselben zu einem „gasförmigen Wirbel- 
thier" (Generelle Morphologie 1866, Cap. 30: Gott in der Natur). Der Begriff 
„Homo theismus" ist doppelsinnig und etymologisch bedenklich, aber prak- 
tischer als der schleppende Ausdruck „Anthropotheismus". 

21. Monistische Religion (S. 36). Unter den zahlreichen Versuchen, 
welche im Laufe der letzten dreissig Jahre gemacht wurden, die Religion auf 
Grundlage der fortgeschrittenen Naturcrkenntniss in monistischem Sinne zu 
reformiren, bleibt weitaus der bedeutendste das epochemachende Werk von 
David Friedrich Strauss, Der alte und der neue Glaube. Ein Bckennt- 
niss. XI. Aufl., Bonn 1881, (Gesammelte Schriften, 12 Bände 1878). Vergl. 
ferner M. J. Savaok, Die Religion im Lichte der Darwinschen 
Lehre (Deutsch von R. Schramm, Domprediger in Bremen; Leipzig 1886). — 
John William Dkai'kk, Geschichte der Conflicte zwischen Religion und Wissen- 
sehaft (Leipzig 1875). — Carl Frikdricu Retzkr, Die naturwissenschaftliche 
Weltanschauung und ihre Ideale, ein Ersatz für das religiöse Dogma (Leipzig 
1890). — R. Kocn, Natur- und Menschengeist im Lichte der Entwicklungslehre 
(Berlin 1891). — Ueber die Phylogenie der Religion vergl. das Werk 
von U. Vax Endk: Histoire naturelle de la Croyance (Paris 1887). — Eine sehr 
scharfe und treffende „kritische Untersuchung des jüdisch -christlichen Re- 
ligions-Gcbäudes, auf Grund der Bibelforschung", giebt die geistreiche Schrift 
von Saladin ( — Stewart Ross in London — ): „Jehova's Gesammelte 
Werke" (Schaumburg, Zürich 1897). 

22. Die freie Lehre (S. 36). Das Jubiläum der naturforschenden Ge- 
sellschaft des Osterbindes wurde am 9. October 1892 in Altenburg ge- 
feiert, während gleichzeitig in Weimar das Grossherzogliche Furstcnpaar 
die glänzende Feier seiner goldenen Hochzeit beging. Der Grossherzog Carl 
Alexander hat während einer reichgesegneten fünfundvierzigjährigen Regierung 
sieh stets als hervorragender Förderer der Wissenschaft und Kunst bewährt; 
als Rector Magniflcentissimus unserer Thüringer Landes-Universität J cna hat 
er deren heiligstes Palladium, das Recht der freien Wahrheitsforschung und 
der freien Wahrheitslehre, stets mit seinem fürstlichen Schutze gedeckt. Ohne 
dieses kostbare Recht giebt es keine wahre Wissenschaft. 



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