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Full text of "Grossherzogthum Sachsen-Weimar-Eisenach"

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■ 



Grossh erzogth um 
Sachsen-weimar-eisenach 



Paul Lehfeldt, Georg Voss 



I 



I • I 4 I . f 

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JJrmrrton Utuberaitoi. 



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BAU- UND KUNST-DENKMÄLER 
THtBJMEIS. 



Im Auftrage der Regierungen 
von 

Saohsen-Weimar-Eisenach, Sachsen-Meiningen und Hildburghausen, 
Saehsen-Altenburg, Sachsen-Coburg und Gotha, 
Schwarzburg-Rudolstadt, 
Reuss alterer Linie und Reuss jüngerer Linie 

bearbeitet von 

Prof. Dr. P. Lehfeldt 



FÜRSTENTHUM SCHWARZBURG - RUDOLSTADT. 

Band I. 

Oberherrschaft. 

Aratsgerichtsbezirke Rudolstadt, Stadtilm, Königsee, 
Oberweissbach und Leutenberg. 

Mit 12 Lichtdruckbildern und 82 Abbildungen im Texte. 



JENA, 

VERLAG VON GUSTAV FISCHER. 
1894. 



(RECAP) 

.T4 Tz, 



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Inhal tsverzeie hni ss. 

Die Unterherrsch»fl. die Amt>t;ericbt»b«»irke Pr*iikeiih*usrri und Srhloiheim umfasse nd. bildet Bend II 'le-> 
Kürstcnthums Diese Bezeichnung fehlt im Titel <l<<> lU-i'te» V, ist jedoch unten bei Jen Normen der einzelnen 

DtgokbogCN durch 'In-; H angenobeu. 



Geschichtliche Einleitungen i. 91 187. »29. »89 
Allendorf ihb 



Ki rth e , . ! , , , , . , , im 

[Klo-terl IM 

Rittergut 19t 

Angelroda 98 

KiuJit 23 

Kirchhof ■ £1 

Pfarrhaus || 

WA*ltuit || 

Wobnhem 9Ü 

Aathiui i9i 

(Rittergut) 191 

Barigaa 19t 

[Rituryatl 198 

Blankenburg 4 

Kirche ...... .... & 

Kirchhof 8 

H*<l'hM» • : : : « . . > ■ t I 

w T?mhliTitr t. 7 

[SUdtbefestignnn] 7 

Qr«ifeniUlii | 

Fürstlicher Thirrgsrten 16 

lEberstein) 16 

Hü neukupp« Ift 



Bookschmied«. ■. 


bei Döschnitz 


... 199 


ßflhlnn . . . 




... ISS 






. . ■ 192 


Kirch« . . 




... IM 






... 198 






... 19* 












. . . u 






. . . Ii 






. . . 1« 


Kirch« 




... 16 


Kirchhof . . 




... 1« 


[Kloster] . . 




. - IG 


Rreterniti . . 




... 141 


Kirch« . . 




... 141 






... 841 


Kirch« . . 




... 141 


Bücheloh . . 




. . . 94 


Kirch« . . 




... 9« 






. . . n 


Burglemnitz 




■ . . 242 



Kirche » . . . . 141 

| Rittergut] 141 



4-53^41 



IV 



Inhalteverzeichniss 



IV 



Cordobang UL 

Kirch« II 

Gasthaus LI 

Cottendorf as 

KJlchfi . : = : ; : = : i 2S 

Cumbach u 

Kimh« LI 

Kii£hha£ LS 

Schulgarten LS 

Gew»eh»hau» lfi 

[Edelhof] 19 

Privatbesits £11 

[Debra] >. bei Rudolstadt n 



Peosbivch 222 

Schan«« SS9 

Dittersdorf . , , , , , , : , . iq 

Wohnhaus , . . . . . . . . 20. 

DübJon ■ = = = : : : ; : , • uz 

Kirche : = : : : : : : ■. US. 

miatedi »8 

KLtfJu : : : : : : = : : ■ SS 

Kirchhof 9« 

[Rittergut] afi 



Dörnfeld an der Haidt : : : : . . IM 

Kirche 194 

Rittergut LA5 

rtftmfftM .n A»r lim . . , . ... 22 

Kittergut lflfl 

Diisrlinitz . . . . . , . . . LftS 

KilClU : : • : : : : : : • LtÄ 

Pfarrhaus 198 

Rittergut l_9_9 

Bockschmiede, (Kapelle] 199 

Dorfilm j«t 

Kirchs 244 

Kirchhof 245 

[Rittergut] ■ »46 



Egeladorf 199 

Kirch* . . . . = . . • . • iaa 

Ehrenatein nn 

Kirche 1Q2 

Amthau». Wohnhäuser, (lemeiudehau» . 103 

[Rittergut] 103 

Borg Ißfi 



Kicthfeld iü 

Kirche 20. 

U lue kenbau» Ii 

Wohnhäuser ü 

Kreuzsteine 21 

Eichicht XAfi 

Kirche tAh 

Rittergut Uh 

Kllifihlehen , . , : : : : ; , IM 

Kirch« , . , s : : : : -_ lül 

Elilehfln im 

Kirche 1QS 

Kirchhof lflS 

(Kapelle] LLÜ 

Edelhof, Gehöft Hfl 

Eschdorf 11 

Kirche 21 

Eyba i±& 

Kirche 146 

Altlirwerk und Gedenktafel im Pfarrhaus 247 

Kdalhui Iii 

FiBcherwdorf . . . . . . . . . 24a 

Kirche 849 

Rittergut 2£0 

Kreuzatciii : : = : ■ • : : : IM 

Fröbifat 11 

| Rittergut] Zi 

fraiUrlnrf uq 

Kirche Hfl 

[Vorwerk, Garten, Rittergut) . . ■ ■ 1 1 1 

Geitersdorf 21 

Kircia = .. : = = = = , • s 22 

(iösselborn . ; : . , , , , « UA 

Kiidu : . . , , . , . . . 1H 

[Neu.i*»] Lül 

Goldisthal zia 

Kirche IM 

Glockenhaua iSll 

| Freigut] 230 



Gräfinau . , , . . , . , , . in 

Kirrhe . . = : ■. . . . . . . L12 

Kirchhof ■ . : , L12 

[Rittergut] 11» 

Gm , , = , , . . , . , . Iii 

(TriftRhflim . . LL3 

Kirche L1S 

8chlo»*, Kammergut 117 

Privaitxi.iiti , . , . . . . . . üü 



äd by Google 



v 


InhaltsrerseiiohniBS. 


V 

-"*•' ' 


GroBsgölitz 


S' \\v 

23 




BaU* 


Kirche 


. . . 23 




... 28 




. . . 24 


Kleinhettstedt 


. ■ ■ 123 










Kiwrh* 


... 120 


Kleinliebringen 


124 




... ISO 








... 120 








. . . 121 


Knobelsdorf 


. . . 253 


Groasliobringen 


. . - 121 


Kir*he 








Königsee 






18J 


. . . 204 




Oottesackcrkirche .... 


. . . 205 

. . . 208 


Heherndorf 


... 250 






[Kreimk'trche, Nitoliuskirthe. Hniniulkapcllel 206 




... 261 




. . . 20B 








... 206 
... 207 


Klrrh« 




f I i 1 ss £ a 1 


207 

... 207 


HaUtn h n nFT l _ ' i y v . ' .... 








Könitz 


... 254 






Kirche 














. - - 202 




. . . 257 




Ml 


[Obere Mehle] 


... 265 




. . . 251 




... 265 


fKitterirutl 

Hockeroda 


. . . 262 






252 


Kirrhe 


. . . 2fifi 
. 8fi6 










Landsoudorf 


. . . 266 


Herl» 






. . . 266 














Louteuberg 


. . . 267 


fafaktttl 


... MO 




. . . 268 
... 268 


Klri.1« 


... «SO 


Friedhof 


... 269 








. . . 269 




. . . 231 


Rnthh»us 


. . . 269 






[Rittergut] 


. . . 2G9 


Kirch« .... 


24 


[St»dtbef<!»tigui]({] .... 


. . . 269 








. . . 269 














Kirche 


... 2R 








... 29 




... 27 














Mellenbach 


... 207 


U s t ? r h » 5 e ! 


. . 27 






(Kapelle) 




TaufeeeteU etc. im Pfarrhen» 


... 208 




. . . 252 


[Krenciscanarklostor] ... 


208 




. . . 252 


. . 208 






Meura 


... SSI 








... 281 



3d byCoogle 



ITT 
VI 


Inhaltsreneicbniss. 




VI 

> * 


Mfltisplhuch 


. . . 232 


(Pauliuzelloj 










Amthau>, Obertrir^tirri . . 




149 




234 






; r , 1 


Milbitz h«i Panlimalla 


234 


[Grub] 




161 
151 




. . 20« 


Pflanzwirbaflh 


-. ■- 


31 


Kirchhof 


211 


Kirch« 


1 ! 


32 










32 


MllKÜT Kai TainliAl 


□ i l 


Prpvjswitz • 




275 










275 


Kirch« 


. . ai 


Quittelsdorf 




33 






Kirch«, 




33 




. . 27a 


Kittcrtfiil 




34 




27ß 


Reschwitz 




276 








Kireh« 


9.75 


Kirche 




276 


.Urohnhorii 




Kdalhof 




276 


Nahwindfln 


. . IS« 






276 


Kirch« 

M AH h Q T20 — - \y — - - - 


. . Iii 

. . «34 


1 r__ 1 

R.nir,lnt*Ht 




277 
35 




. . '234 


Kirchliche Qebftu<i* 






Kirche 


234 




31 

51 


[Neiisiss] .v hei Gosselborn . - 




Stadtkirche, Kau 




Oberhain 


. . 211 






Ii 
47 

A& 
48 


Kinlip 


21 1 


Kathiiü.srhp Kirche .... 




f IT kaaIUI 


. . 212 




• • 


[Ti hui ii, Moiichskluster j 


2 1 2 






ü 


Oborihii . 

Kirch« 


1 QK 

. . . 126 


1 1 aI t «l- lf t II r M i rp)i h,At 1 




49 


Oborrotteubach 


213 


LI i) t c r c ft ft ti y **t n e t e i t 1 i f h c 


S t i f t ii 


5fi 


Kirche 




ti ito n. 


ZU 








[Oberschwarza] ». bei Schwur«« 








50 


. . . 77 


[Kapelle auf dem Schiff] 




-.1. 64 


Oberweissbaoh .... 


. . 234 






51 


[ K tttinl 1 n am Rnh r vi\ w*?if 1 




51 


TKirrhal 


234 










Hi rcJhs • *..... 
(Fröbelthunn) 


. . . 23.', 
. . . 236 


Weltliche Gebäude 

FBratlieh« und staatliche 


Ge b« 4 d t . 


Oberwirbach 


. . 31 






53 








Kirch« 


. . Sl 




52 










y> 


Oeeteröda 


. . 126 






52 


[Kirch«] 


126 






53 


Vorwerk 


12G 






54 


Paulinzelle 








04 


1*7 


Kniserlirrins l'intimt 




66 


Kirch« 

[Altäre], Baurest« .... 


. . 129 
. . • 147 


Städtische tiebäade, 




(!r»b»(cine 


. . 147 






dfi 


Hrunnen 


. . . HR 






61 


Klostergebaude 


. . 149 


Superiuteudentur, Archidiakonat 




■ 67 



äd by Google 



VII 



Inhal töverzeiehniss. 



VII 



(Rudolstadt) 

¥ r i v » t >; e !■ ä u »i e. 

Hertilmrtiiiieu.ililt . . . . . : : • 67 

Kin/.elhf iten a» Wohiihau>crij .... 67 
|Höfe. Hnui] 69 

Brminan 69 

Dtukmil « : : : , . : : : 0j> 

P,i v.lh-.lt. . . , , , , , 8». 71 

[ Befestigung 1 .... 71 
[Vorwerk Debraj 71 

Sanet Jacob, », b«i Munwhwiu . ... 875 

Schaala 11 

KkiJi£ 12 

Kirchhof ■ 24 

[Kittergüterj ZA 

Scheibe 236 

Kindm , = . , : : . = = = iM 

Schwarza 1A 

Kirche ■ ■ ZA 

GemeiiiJalum.. ZA 

Hausur . 16 

[Kittergut] U 

(Obwxhwfia) 7 7 

Schwarzlurg 814 

Kirr Ii» , , , , , . . . . . 216. 

SkMliaa = = : : : ! : : : : HA 

{Pnnperie) 885 

Si-liwninhft«h , , . . . . , , , 211 

Kircl »T7 

Rittergüter [ 277 

Singen 151 

Kirche 151 

Kirchhof ■ : : : . : : . : . IAA 

KrearMeill . . : . . . . . : IAA 

Sitzcndorf . . . . , 2ü 

Schule unil Uctiieiinlcimn» 

Solsdorf 164 

Kirch« 16* 

Wnhnhans , . . , . , , . . L5_4 

[Kiltergut] 154 

Krfii/.»t«ini' . . : . , . . . . IM 

Stadtilm iss 

Kirche, Hau 156 

luuen-AusitaUuuK 178 



Salt« 

(Stadtilm) 

Kriedlml • : : : : : : : : : Li* 

[ Audreaskirchc . NikuUuakirch«, IJuspiUl- 

kapelle. SynaKQtfe, SiccheiikapeUe] . ■ 174 
Kl.wt-r 17:. 

[AlUr, Or*bmäler| 177 

SchlflM , . : : = : : : : : HA 

■SUdtbcfesliKUüi- 181) 

Wolmhäiuer ■ : ■ : ■ : : : : IM 

Denkmal . , : : : , : . . : Lfii 

[Brücke] 182 

Hiihi- Kri-üi Ift.1 

Stumsdorf ä : : : : : : ; ; ; aii 

Kirr Ii« . , , , , , : , : . 22B. 

Teichel 77 

Kirch« 77 

Hathhan, . : , : : : : . . . ZA 

Privatbasit» 78 

atHtitbnfpsti^uurf 78 

[. Schlot», Hohewarlti| 78 

Teichröda 78 

Kirr he i , i i ■ i i t • : ZA 

Pfarrgarten 81 

Teichweiden 81 

BirrJiB. AI 

Thälendorf . , , : , , , . : s iüa 

Kirch« ■. . = : = = = ■. = ■. LAS 

| Rittergut] 183 

Schwddfii*clmin«n • ■ 184 

[ Heiden^raber] 184 

Uüterhasel, t. bei Kirchhaael .... 87 

üntarkftditz . , . , , ; , , , , 

Kittergot 886 

Unterloquitz ütb 

Kirrli« 27H 

Latil1>rnnn«n 878 

Unterschöbling 886 

Bilxhfi , : = : : : : : : : äi£ 

Oltn-kenhaus . . ; . . ; ._ , ■ 2A6 

Unterwoissbaoh , . = , . , « . sai 

Kirch« 8S7 

nin^ir^h.ii. . . , , . . . . 8AÄ 

Wnhnhapsfti- ■ , . . . . . , , 8AÄ 

Unterwirbach . , , , , , , , s ii 

Kinim ■. : = , ■. = : ■. ■. : öi 

[Bittorgut] 84 



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VIII 



Inhal teverzeicbnißs. 



VIII 



Volkgtedt 84 

Kirche 85 

(RitterKUlj 86 

Watzdorf 86 

Kirch« 86 

Oemeindebau 86 

Wohnhaus 86 

Weißsbach u; L«uui>h«rK »7» 

«79 

iKULrgat] 

BorgtrOamcr »80 

Weiteredorf 87 

Kammergut 87 

87 

87 





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BAU- UND KUNST-DENKMÄLER 

THtrBIIGMS. 

Im Auftrage der Regierungen 
von 

Sachsen-Weimar-Eisenaeh, Sachsen-Meiningen und Hildburghausen, 
Saehsen-Altenburg, Sachsen-Coburg und Gotha, 
Schwarzburg-Rudolstadt, 
Reuss älterer Linie und Reuss jüngerer Linie 

bearbeitet von 

Prof. Dr. P. Lelifeldt. 



HEFT XIX. 

FORSTENTHUM SCHWARZBÜRG - RUDOLSTADT. 

Amtsgerichtsbezirke Rudolstadt und Stadtilm. 

Mit 7 Lichtdruckbildern und 60 Abbildungen im Texte. 



JENA, 

VERLAG VON GUSTAV FISCHER. 
1894. 



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- Amt sgericht sbezirk Rudolstadt. 




Inhaltsverzeiehniss. 



NachweUe nod Berichtigungen bio ich den 

und Archivralh Profeaeor Dr. B. 



Geschichtliche Einleitung 
Blankenburg .... 

Kirchhof 



[Stadtbefesti gütig] 
Greifenstein . 



Hllnenkoppe 

Böhlscheiben 

Kirch« 



Braune dorf 



Kirchhof 



[Kloster] 

Cordobang 



Kirche 
Kirchhof 



Excellens toh Staicr, 



Seit. 
1 



(Cumbach) 

8ehulgarten 18 

Gewachshau» 18 

[Edelhof] 19 

PrWatbesit» M 

[Debra] .. bei Kodobudt Vi 

Dittersdorf so 

Wohnhaus 20 

Eichfeld »o 

Klrehe 20 

Oloekenhani 11 

21 

31 

Esch dort 2i 

Kirche 21 

Fröbita 22 

[Bitterg«] 22 

Geitersdorf 22 

22 

. • 23 

Kirche 23 

KreusUin 24 



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Inhaltaverzeichniss. 



Rudolstadt. VI 



Seit« 

Keilhan 

Kirch» 2« 

(Baropsthurm) 25 

Kirchhaeel 85 

Kirche 86 

Pfarrhaus 37 

[ Ritterguter | «7 

Kreunteine 87 

Untarhas«! 87 

[Kapell«] 87 

KleiagOlit« 88 

Kirche 8« 

Lichstedt 2ü 

[Obere» Gnt, unteres Qat] 89 

Milblt» b«i Teichel « 

Kirch« 80 

Moria 31 

Kirche 31 

[Obersohwarzg] «• b«i Schwan» ■ ■ . 77 

Oberwirbach si 

Kirch» 5t 

Pflanxwirbaoh a» 

Kirch« ai 

Kreuastein 32 

QuitteUdorf aa 

Kirch« 88 

Rittergut Bi, 

Rudolstadt, Geachichtl. Einleitung . 35 

Kirchlich» Gebäude. 

Stadtkirche, Bau 37 

Ionen-Ausstattung 99 

Denkmäler 44 

[Grüfte], G«r&the 47 

Kathollach« Kirch« 4a 

Innen-Ausitattung 48 

Geraisooklrcb« 4f 

Denkmäler 49 

(Aelteeter Kirchhof] 49 

Alter Friedhof SO 

Neuer Friedhof 50 

Untergegangene, geistliehe Stiftungen 

fBllsabethkapelle] 50 

[Kapell« auf dem Schlots] .... 51. 64 

[Lazaruskapell«] 51 

[Kapelle am Röhrenweg] 81 



(Rndolgtftdf) 

Weltlich« Gebinde 

Fürstlich« und staatliche Q«baude. 

Gymnasium 61 

Landgericbtsgeb&ude SB 

Landratbsamt 61 

Lndwigaburg ■ 6J 

Ragierougsgebaade 5J 

R«p Uuntsgebtad« 5» 

ScblOSS : : : : ÖA. 

Kaiserliches PosUmt SIL 

Städtische Gebäude. 

Hpfpredigerwohoupg ■ . . . ... gj 

Rathbaus, [Altes Rsthhaua] . . ... «J. 

Superiutendentnr, Archldiakonat ... 17. 

Privatgebaude. 

Bernhardlnanstlft . . . . . ... 11 

Einsolheiteo an Wohnhäusern . ... 61 

[Höfe), (Bans) 51 

Rmm 11 

Denkmal : : : • : • • • fil 

Prlyatha.it« ■ , . t . . . 69. 71 

[Befestigung] ■ U 

[Vorwerk Debre] Ii 

Rnhimln. 71 

Kirche , , . . , . . . = . 12 

Kirchhof ■ , , , , , , , .. : TA 

[Rittergüter] T4 

Schwarza . Ii 

Kirch« 7A 

Gemeindebans II 

HAuair , , 16 

[Rittergut] II 

[Oberschwaigs] II 

Teichel , . . , . , , . , , , u 

Kirel>« 77 

Rathhan» ■ . . . 78 

Privatbasita ■ . . . . . . , , 21 

Stadtbefestigung ■ . . 78 
[Schloss, Hohewarte] II 

Teichröda . . , 78 

Ktreha 78 

Pfarrgarten 11 

Teiohweidan ai 

Kirchs . . . . . . . . , = Ii 



VII Rudolstadt. 



Inhal tsverzeiohniBs. 



VII 



Unterhasel, «. bei Kirthhesel .... S7 



Unterwirbach 84 

Kirch« 84 

[BltUrgnt] 84 

Volkstedt 84 

Kirch* 85 

[Rittergut] 86 

Watidorf 86 

Kirch« 86 



(Watzdorf) 

Gemeindehms 86 

Wohnhaas 86 

Weitersdorf 87 

K.mraergat 87 

Kapell« 87 

Kirchhof 87 

Zeigerheim 88 

Kirch« 88 



Berichtigung. 

Seite 3, Zeile 22 von oben lies 1567 statt 1587. 




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Der Amtsgerichtsbezirk Rudolstadt. 



< r Amtsgerichtsbezirk Rudolstadt stösst im Norden an den weimari- 
>chcn Amtsgerichtsbezirk Ulankenhain und den altenburgischen Bezirk 
Kahla, im Osten an den meiuingischen Bezirk Saalfeld, im Süden 
und Westen an die schwarzburg - rudolstädtischen Bezirke Königsee 
und Stadtilm. In seinem östlichen Theile ist er von der Saale durch- 
flössen. Er gehörte zum Langwies -Gau (so nach Stech ele, nach Anderen zum 
Orlagau und Ilmgau) und ist aus zwei Theilen zusammengesetzt. Der südwestliche 
ist das schon seit den ältesten uns bekannten Zeiten zum kevernburg- schwarz- 
burgischen Hause gehörige Gebiet Blankenburg, welches bei der Theilung 1275 
den Haupttheil einer selbständigen Herrschaft ausmachte und auch später bei Zu- 
wachs bezw. Unterordnung unter einen anderen Theil der Grafschaft ein eigenes 
Gebiet bezw. Amt blieb. Der nordöstliche Theil des Amtsgerichtsbezirkes, mit der 
jetzigen Landeshauptstadt, gehörte vor der 2. Hälfte des 13. Jahrhunderts wohl 
theils dem Reich, theils der Abtei Hersfeld, zur Herrschaft Arnstadt gehörig, und 
kam in Folge der Abmachungen von 1273 iBurkhardt, Urk. v. Arnstadt, Nr. 87) an die 
Linie Kevernburg bezw. Kevernburg jüngerer Linie, bei ihrem Aussterben 1302 an 
die Erben, die Grafen von Orlamünde (Otto der Reiche von Orlamünde scheint 
schon vorher in Rudolstadt gewohnt zu haben) und die von Hohnstein (Burkhardt 
Urk. t. Arnstadt, Nr. 68. 69) , von welchen es , da Hersfeld seine Rechte nicht aufgeben 
wollte, unter den Schutz d. h. die Lehnshoheit der Landgrafen gestellt wurde 
(Burkhardt, Nr. 67). Als 1306 das kevernburgische Erbe von den Grafen von Hohn- 
stein und von Orlamünde durch Vergleich und gegen Entschädigung an das Haus 
Schwarzburg abgetreten ward, wurde Rudolstadt in Zahlung zurückbehalten (Burk- 
hardt, Nr. 70), aber 1332 (1344) bei vollständiger Regelung und Verkauf der an- 
deren hersfelder Hälfte an das Haus Schwarzburg - Blankenburg diesem dauernd 

überlassen. (Nur so ist der Hergang verständlich. B u r k h a r d t , Nr. 1 18. 120 ; nochmaliger Protest 
Hemfeld«, Nr. 134.) 

Bezüglich der Gesammtgeschichto und der Gebietsverhältnisso ist Folgendes für 
sämmtlkhc Bezirke von Schwarzburg-Rudolstadt wichtig. Die Grafen von Schwarzburg 

B»u- und Kututdeokm. Thüringen». S<h«»rjb.-Rodi>t»Udt I. 1 




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2 



ElIfLKITüNO. 



Rudolstadt. 2 



stammen von den Grafen von Kevernburg ab; 1141 nennt sich ein Graf Sizzo 
von Kevernburg zugleich Herr von Schwarzburg (E. Anemailar, Urk.r. PanlinzeUe, Nr. 16). 
Seit 1160 vorübergehend, seit 1196 dauernd erfolgte eine Theilung in die genannten 
zwei Linien, wobei Heinrieb II. (t 1231) die Herrschaft Schwarzburg bekam. Seine 
Söhne Heinrich III. und Günther VII. theilten ihre Lande in einen schwarzburgischen 
und einen blankenburgischen Theil. Günther beerbte seinen Bruder; als er aber 
1275 starb, theilten seine Sühne in gleicher Weise, und es entstand unter Heinrich V. 
(t 1285) die Linie Blankenburg, welcher die beiden heutigen Fürstenhäuser ent- 
stammen. Die Linie Kevernburg (selbst wieder dann in zwei Linien getheilt) starb 
1302 aus. Unter den Regelungen der Linie Schwarzburg unter sich und mit Blanken- 
burg sind die von 1340 bezw. 1346 folgenreich. Unter den Theilungen des Hauses 
Schwarzburg sind besonders diejenigen bemerkenswert!! , durch welche die Linien 
Wachsenburg (1316—1450) und Leutenberg (1362 — 1564) entstanden, weil bedeutende 
Theile des heutigen Fürstenthums Schwarzburg-Rudolstadt diesen gehörten. Auch 
im Hause Blankenburg erfolgten viele Untertheilungen und Wiedervereinigungen. 
Diese zahlreichen Theilungen des gesammten schwarzburg-kevernburgischen, später 
des schwarzburgischen Grafenhauses hatten vielfach Erbverträge und Bündnisse, 
auch Fehden zur Folge. In der 1. Hälfte des 14. Jahrhunderts nahm das Grafen- 
haus einen hohen Aufschwung. Es dehnte sich durch Erwerbungen und Erbschafts- 
regelungen (besonders mit den Grafen von Hohnstein und von Orlamünde als Erb- 
berechtigten des kevernburgischen Besitzes) nach Osten, heutigen ineiningischen 
Gebieten (Saalfeld, Pössneck), nach Nordosten, heutigen altenburgischen Gebieten 
(Herrschaft Leuchtenburg), und Nordwesten, heutigen gothaischen Gebieten (Wachsen- 
burg), aus und suchte im Verein mit den bundesbefreundeten Grafen von Orla- 
münde- Weimar die wachsende Macht der Landgrafen zu brechen. Am thätigsten 
waren die Brüder vom Hause Blankenburg, Grafen von Arnstadt, Heinrich X. 
(1326 — 1337), welcher das Amt eines Generalrichters von ganz Thüringen bekleidete, 
und sein Bruder Günther XXI. (1326—1349), derselbe, der später als Gegner 
Kaiser Karl's IV. die Kaiserwürde annahm. Unter diesen Brüdern war es auch, 
dass der Theil mit Rudolstadt an das Grafenhaus kam. Der durch die Reibereien 
seit 1342 ausgebrochene Grafenkrieg, welcher die Macht der Landgrafen in unge- 
ahnter Weise hob und die Orlamünder vernichtete, kostete den Schwarzburger Grafen 
viel an Wohlstand und Gebiet (im Ganzen die vorher als jetzt zu ern estinischen 
Ländern gehörig genannten Herrschaften). Rudolstadt und Könitz mussten sie 
dem Kaiser Karl IV. als böhmisches Lehn auftragen (wie Saalfeld, das später 
dem Hause ganz verloren ging). Doch gewannen sie einen Theil des Eroberten 
wieder und wussten ihr Land von neuem zu heben, sich in die Verhältnisse schickend 
und nun mit den Landgrafen treue Freundschaft haltend. Für das Verlorene er- 
warben sie 1356 die wichtige Grafschaft Sondershausen. Die Herrschaft Rudolstadt 
bildete stets einen untergeordneten Theil der Grafschaft Blankenburg und kam mit 
dieser an die verschiedenen Zweige dieser Linie, welche in der Folge sich von Arn- 
stadt, seit der Erwerbung Sondershausens 1356 sich auch nach diesem Landestheil 
nannte. (Ich bemerke bei dieser Gelegenheit, dass die von Schriftstell ern seit dem 17. Jahr- 
hundert angenommenen Theilungen und Bezeichnungen der Linien zum Theil willkürlich und 
falsch sind. In den Urkunden nennen sich die Herren meist ohne Rücksicht auf diese Linien 
Graf von Schwarzburg und dann mit einem Nebentitel oft vorübergehenden Besitzes, z. B. 



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3 Rudolstadt 



3 



Herr zu Arnstadt, zu Wachsenburg, oder su Leuchtenburg, za Ranis, Ilmenau etc. Ebenso 
ist die Nummerirung der vielen gleichnamigen Grafen keine urkundliche, sondern eine 
neuerem BedOrfniss entsprechende, daher verschiedene; für uns ist Apfelstedt in seinen 
Stammtafeln maßgebender, als Cohn. In den Urkunden kommt höchstens eine Alters- 
Unterecheidung vor, doch ist hier auch öfters derselbe Herrscher der Jüngere und nach 
dem Absterben älterer, gleichnamiger Verwandter der Aeltere genannt) 1374 erfolgte 
eine Theilung in die Linien Arnstadt und Sondershausen, doch starb erstere 1418 
ans. Nur bei einer der Theilungen (1381) trat Rudolstadt vorübergehend als 
selbständige Herrschaft hervor. Im 15. Jahrhundert nahm das schwarzburgischo 
Grafenhaus einen weiteren bedeutenden Aufschwung, doch traten auch wiederum 
um die Mitte des Jahrhunderts Gährungen und Gefahren innerhalb des Hauses 
durch den sogenannten Hauskrieg 1447 ein, welcher, mit dem damaligen Bruder- 
krieg zwischen Kurfürst Friedrich und Herzog Wilhelm zusammenhängend ausge- 
formten, folgenreicher für den schwarzburgischen Landestheil (s. dort, Einleitung zum 
Amtsgerichtsbezirk Königsee), als für die Geschichte des Gesammthauses war. Das 
16. Jahrhundert war eine Zeit ruhiger Entwicklung und Hebung des Landes, wie 
des Herrscherhauses. Der Name: Viergrafen des Reiches, welchen die Grafen von 
Schwarzburg mit denen von Cleve, Savoyen und Cilli theilten, kommt zuerst in 
Bestätigung des Titels von 1518 im Augsburger Reichstage 1566 vor. Das rudol- 
städtische Gebiet gewann an Bedeutung gegen Blankenburg, besonders unter 
Heinrich XXXII. (1531 — 1538) und der Regentin wittwe Katharina der Helden- 
müthigen (1538—1587). Heinrich's Neffe, Günther XL. (1526—1552), erbte den 
grössten Theil der schwarzburgischen Länder (daher: der Reiche, oder: mit dem 
fetten Maule genannt) und dessen vier Söhne vervollständigten die Erbschaft; als 
sie dann 1571 das gesammte Gebiet theilten, machte Albert VII. Rudolstadt zum 
Mittelpunkt der ihm zugewiesenen Herrschaft, zu welcher die Theile Blankenburg, 
Schwarzburg (die heutigen Amtsgerichtsbezirke Königsee und Oberweissbach), ein 
Theil, der von Arnstadt getrennt war (der Amtsgerichtsbezirk Stadtilm) und der 
jetzige Amtsgerichtsbezirk Leutenberg (mit Könitz) gehörten. (Diese 5 Amtsgerichts- 
bezirke bilden die Oberherrschaft, den I. Verwaltungsbezirk des Fürstenthums 
Schwarzburg-Rudolstadt.) Er erbte 1598 noch von einem Bruder die Herrschaft 
Frankenhausen und ward so der Gründer des heutigen Landes Schwarzburg-Rudol- 
stadt (f 1605). In gleicher Weise ward sein Bruder Johann Günther I. 1571 bezw. 
durch Beerbung seines Bruders 1583 der Stifter der heutigen sondershäusischen Linie. 
In der Folge wurden die beiden schwarzburgischen Häuser in den Fürstenstand 
erhoben, das rudolstäd tische 1700 unter Albert's Enkel Albert Anton ; doch nannte 
sich erst dessen Sohn und Nachfolger Ludwig Friedrich I. (1710—1718) Fürst 

Ein eigenthümliches Abzeichen, zweizinkige Gabel und Kamm, welches von den 
Grafen von Schwarzburg nach früher allgemeiner, neuerdings bestrittener Annahme 
in der Eigenschaft als Stallmeister des römischen Reiches (Hejdenreich,a272mit 
Literatur-Angaben; Weber, Are herald.; Teniel, Monat). Unterred. 1696t 8. 644), jedenfalls seit 
dem 16. Jahrhundert und zuerst in der leutenbergischen Linie geführt wurde (doch 
schon 1552 auf dem Hohenkreuz bei Stadtilm), findet sich vielfach an Wetter- 
fahnen, Thurmspitzen, Geräthen u. dergl. im Lande. 

B. Anemolter, Oecebiehlabflder a. 4 Vergangen*. Rudolat - F. ApfeUtedt, HatuKerern- 
burg-Schwanburg, dargestellt, in StammUfeln, 18Ö0. - Ap feilte dt, Gesch. d. Bchwanb.Hau.es 

1* 



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4 Eihlkitüng. Blankenburg. Rudolstadt. 4 



18(6—1883. — Apfelstedt, Reffenten etc. — Bellermann, Thüringische Vaterlandskimde. — 
Bruckner, Landeskunde von Meiuingeu I, S. 29. 80. — Brückner, Landeskunde von Reuse j. L., 
S. 849. — Geb bar di, Stammtafel der Grafen, in HUtor.-geogr. Abth. IV (1767), S. 170 f. — Gre- 
gorii, Da« jetzt florirende Thüringen 1711, 8. 187 ff. 195t — Hersog, S. 271 f. — Hesse, Rudol- 
stadt u. 8cbwanburg 1816, ö\ n. A, 8. 124 f. u. Anm. 195. — Heinse, Thüringens Merkwürdigkeiten 
IL Alterth.-KnB.de d. F. 8chwarxb.-Rudolstadt 1857. — Heydenreich, Historia d. ehem. grflL, nunm. 
fttrstL H. Schwartburg etc. 1743, sehr gut C die Zeit, bes. 8. 77 f. 86 £ 129. 472 etc.; 1376 mit d. 
Wappen. (Expl. d. rndolst fürstl. BibL mit inter. hdschr. Angaben.) — Hildebrand, Statistik, 8.2 f. 
- Junghans. — Michelsen, Rechtedenkmale ans Thüringen 1863, 8. 200. — Mitsschke, 
Sigeboto'e VitaPanlinae 1889, S. 239 f., über die Ahnen der Schwanburger, bes. & 24a — (Pfeffer- 
korn), Gesch. d. Landgrafscb. Thuring, 8. 280 f. — H. Schmidt, in Thüring. Vereins-Zeitechr. 1891 
(N. F. II), 8. 225 t, Herrsch. Blankenburg von 1411. — Sigismund, Landeskunde des Fürttenthnms 
Schwarsburg-Rudolstadt I, 8. 186; IL trefflich. — Treiber, Geschlechts- n. Landesbeschr. d. durchl. 
H. SchwanburK-Arnstadt 1756, bes. S. 128 f. - Wallenhauer, Heimathskunde von Schwanburg- 
Rudolstadt — Werneburg, Beiträge z. Genealogie u. Gesch. d. fürst! Hftuser Schwanbarg, Erfurt 
1877. — 8. a. Geschichte der Stadt und ihre Literatur. 



Blankenburg, südwestlich von Rudolstadt, seit 1071 erwähnt, wurde bei der 
Erbtheilung des schwarzburgischen Hauses 1185 Mittelpunkt einer eigenen, danach 
genannten Linie (wohl unabhängig davon die 1103 genannten Brüder von Blanc- 
genberc; RAnemüller, Urk. v. Paulimelle, S. 36). Zweimal theilte sich dieselbe im 
Laufe des 14. Jahrhunderts (s. geschichtliche Einleitung), doch so, dass stets ein 
eigener Zweig Blankenburg inne hatte und auf der Burg wohnte. 1267 bezüglich 
des Weinbaues genannt, 1323 als Stadt bezeichnet (um 1381 Blankenberg), verlor 
es gerade in dem Jahre, als ein neuer Kirchenbau begonnen wurde, 1385 seine 
Bedeutung als Residenz durch Aussterben der selbständigen Horrscherlinie und 
fiel an Rudolstadt (älterer Linie dieses Namens), dann an Sondershausen, blieb 
aber Mittelpunkt der Herrschaft bezw. des späteren Amtes, welches im Ganzen die 
südwestliche Hälfte des heutigen Amtsgerichtsbezirkes Rudolstadt unifasste. Ein 
Rathhaus wurde 1434 gebaut, dürfte aber bei dem grossen Stadtbrand 1440, der die 
Schriftstücke der Stadtrechte vernichtete, verbrannt und alsbald erneuert oder damals 
noch im Bau befindlich, danach vollendet worden sein (die Stadtrechte 1456). Im 
schwarzburgischen Hauskrieg litt Blankenburg Schaden. Im Laufe des 15. und der 
1. Hälfte des 16. Jahrhunderts erfreute sich die Stadt noch öfterer Anwesenheit 
der Landesherrschaft auf der Burg und daher wohl auch selbst ihrer Pflege ; jedoch 
hörte dies mit Heinrich XXXII. , dessen Wittwe, die heldenmüthige Katharina, 
Rudolstadt bevorzugte, auf, und 1560 wurde das Gerichtsamt nach Rudolstadt ver- 
legt Grosser Stadtbrand 1744. 1828 kam das Gerichtsamt nochmals hierher 
zurück; doch nachdem Blankenburg 1853 sein Rentamt an Rudolstadt abge- 
geben hatte, wurde es selber mit sämmtlichen zugehörigen Ortschaften 1866 
theils dem Amtsgerichtsbezirk Rudolstadt, theils dem von Stadtilm einverleibt. — 
Bechstein, Thüringen (Maler, u. romant Deutscht. III), 2. Aufl., & 80 f. mit Ansicht von Stadt u. 
Burg, nach Wagner. — Burkhardt, Urkundenb. v. Arnstadt, 0., im Inhalteverz. S. 465 die verech. 
Namen. — Eschrich, Ansicht, Kupierst 1769, in der Bibliothek tu Rudolstadt — Gregorii, Das 
jetat florirende Thüringen 171L 8. 196 £ — Heinse, Alterthumskunde, 8. 21. - Hesse, Schwanbnrg- 



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5 Rudolstadt. 



Blankemiurg. 



Kadoletfdtiucher LandeskaleDder 1801. — Hesse, Budolst u. Schwanb. 1816, Anm. 182. — Hesse, 
Gesch. d. 8chl. Blankenburg 1830, bes. S. 19 Anm. S. 88 aber den Namen. — Hesse, in Thüringen 
u. d. Han I, 1829. & 177 f.; n, 1840. & 229 C - Heydenreich, Hietor. d. Haas. Schwanb. 1743, 
8. 86 £ 390. — Junghanns u. Koritser in Heiningen, Lichtdrucke. — E. Kämmerer, Haler. 
Topogr. t. Schwarxb. 1802, Hl. Heft, Kapferst, Stadt n. Barg. — Martin, in Thoring. Vereine-Zeit- 
schrift 1887 (N. F. V), 8. 188. - Mich eisen, Bechtedenkmale, S. 231 f, Stadtrechte 1456 u. 1670, 
mit Ltt.-Ang. - Eicht er, BUder a. d. westL Mitteldentschl. (Unser d. Ld. n. Volk VI) 1883, S. 309 
u. Ansicht mit d. Barg. — Bohboek, Umbach ßtich am 1850 (SammL Lange). — Schmiede- 
knecht, Bad Blankenburg u. seine Welt 1866, & 20 £ 44 f. — H. Schmidt, in Thflring. Vereins- 
Zeitschr. 1891 (N. F. VIT), 8. 225 f, Herrschaft Blankenburg. — Sigismund, Landeskunde IL S. 41; 
216 Aber das SiegeL — Thenring, Stadtplan 1769, ron Escbrich gest. — Thüringische Chronica 
nach d. Alphabet 1712 (Anh. su Gregorii), S. 32. — Treiber, Gesch.- u. Landesbeschr, 8. 131 £ - 
Walch. Beitrage s. dtsch. Becht V, 8. 73 £. Ober die Stadtrechte. - Werneburg, m Erfurter 
Aiad. Jahrb. 1884, 8. 75. - Williams in Berlin (E. Linde), Photographien. - S. a. Literatur d. 
Burg Greifenstein. 

Kirche [Pfarrer seit 1267 erwähnt]. Grundriss-Form : |-j — Der im Süden 
vortretende Thurm hat aussen auf der Südseite an der östlichen Ecke die Inschrift : 
hec eDDEUCÄCIO (hujus) SVRRLS eST IRCePSÄ [in consecrationera divo- 
rum omnium] ÄHHO DOI fllCCCLXXXV III Dl€ HSIVO (festivo) CORPORIS 
CRLSSI (dieser Bau dieses Thurmes ist angefangen zur Weihe aller Heiligen im 
Jahre des Herrn 1385 am Frohnleichnamstage) und bewahrt aus dieser Zeit noch 
die kleinen, spitzbogigen Fenster in den durch zwei Gesimse getrennten, massiven 
Geschossen. ^Auf diese Geschosse folgt ein beschiefertes, viereckiges aus dem 18. 
Jahrhundert, mit Schweifkuppel, Tabernakel - Aufsatz und Kuppelchen. Dies von 
1749 nach dem Brand von 1744, wie die ganze übrige Kirche, welche aber 1886 
vom Baurath Brecht vollständig in einem ernsten Renaissancestil erneuert wurde; 
die Apsis mit einer Halbkuppel, das 27,5 m lange, 9,8 in breite Langhaus mit einer 
Holzdecke vom Querschnitt: A. Die Fenster sind innen flachbogig, aussen recht- 
eckig, die des Langhauses durch mittlere Architrave und innerhalb dieser Theilungen 
noch unten und oben durch Hermenpfeiler in antikisirender Weise getheilt Eine 
reichere Ausbildung gegen andere Kirchen erhielt das Innere durch Wand- 
malereien von Herger (aus Stadtremda); an der Apsis die Kreuzigung mit ver- 
schiedenen Vertretern des Protestantismus und Deutschthums, Gustav Adolph, 
Kaiser Wilhelm I. etc. als Zuschauern in ihren Zeittrachten (wie in der Kirche zu 
Stadtremda, s. Bd. Weimar, S. 161, nach Vorbild des Heraicycle von Delaroche), 
am Triumphbogen Christus und die EmmausjUngor, Christus und die Kindlein, 
Auferstehung. — Heinse, & 21. — Hesse, SchL Blankenburg, S. 16 Anm. 6 mit Lit-Ang. - 
Kiesewetter, Fragebogen-MittheiL danach der jetxt fehlende [eingeklammerte] Theü der Inschrift 
ergänzt — Sigismund, Landeskunde H, 8. 47. 

Kelch, gothisch. Fuss in Sechspass-Form : Q mit Trennungsleisten zwischen 
den Pässen, geschlagenem Fries von Vierblättern: £3 am Rand und aufgelegter 
Kreuzigungsgruppe auf einem Feld. Am Knauf Rautenwürfel mit: S ANN AH 
(hilf); am Schaft darüber bezw. darunter: matte £ und 9 . ftnna fy. Silber, vergoldet, 
19 cm hoch. 

Kelch, spütgothisch. Fuss rund, mit geschlagenen Rosetten am Rand; am 
Knauf Würfel mit: IhGSVS, dazwischen gravirte Maasswerke; am Schaft darunter: 
AN MIW. Silber, vergoldet, 16 cm hoch. 

Glasfenster neu, mit Bildern. 



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6 



Blankenburg 



Rudolstadt 6 



8 Glocken, 1759 von Job. Mayer in Rudolstadt; die 1. mit schwartburgischem 
Wappen, Angabe des Gusses unter Jobann Friedrich nnd: Ehre sey Gott in der Höhe, 
145 cm Durchmesser; die 2. mit Boccocofries , dem blankenburger Wappen und: Ihsoha 
qVVM pVkbIt hVhC bIt« bxtYsi bonabIt sVaVItkb atqVi DIV mVbtIa paCIs kb.It. (Wie 
sie tonlos gewesen, so tönt sie nun richtig gegossen, süss und lang wird sie nun Botin des 
Friedens uns sein; das Ghronostichon giebt 1758), 120 cm Durchmesser; die 8. mit 
Roccocofries und: Soli deo gloria, 100 cm Durchmesser. 

Alter Kirchhof. Grabsteine, ans dem 18. Jahrhundert 

Rath ha US, von 1750 (Jahreszahl über der Eingangs -Thür), einfach, mit 
Dachthürmchen in Form eines Tabernakel-Aufsatzes mit Zwiebelkuppelchen. Vom 



älteren [1744 abgebrannten] Rathhaus ist 



i 




A J :. 



Wappen am Rathhaas zu Blankenburg. 



rechts von der Thür eine Tafel 
von Kalkstein vermauert 
mit dem Blankenburger 
Stadtwappen (einem stei- 
genden Löwen) und der 
Umschrift: Ttrtno bot 
mcccctf?mt facta efl bec 
jtrt>ctt>ra. Ebenso links 
eine verkehrt pyramiden- 
förmige Console, darauf 
die Figur eines Mannes 
in bürgerlicher Tracht 
der gleichen Zeit (um 
1434), als Zeichen der 
Markt - Gerichtsbarkeit 
(vgl. Bau- u. Kunstdenkm. 
Thüring., Heft Saalfeld, 
S. 73), unter einem Ge- 
simsrest mit unleserlich 
überstrichener Inschrift 
in kleinen , gothischen 
Buchstaben. [Kiese- 
wetter las hier: I3IÄ, 
d. h. 1314 et alt ber maltet 
Born r/tu gelben, doch 
möchte ich eher: 
vermuthen.] — Heinse, 
S. 21. — Kieiewetter, 
Fragebogen — Schmiede- 
knech t, Photogr. der Wap- 
pentafeL — Sigiamnnd, 
Landeik IX 8. 47. 



Wohnhaus der Frau Georgi, gegenüber der Westseite der Kirche. Rund- 
bogen-Portal, aus dem 16. Jahrhundert , mit Rosetten-- an den Pfeilern !und im 



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7 Rudolstadt. 



Blakkkkbueg. 



7 



Bogen; zu den Seiten ionische Capitelle [deren Säulen darunter abgebrochen]; 
darauf Dreieck-Giebel. Stein. 

Wohnhaus dm 11 errn Melzer an der oberen Stadt (zwischen Post und 
Markt). An der Thorfahrt der Seitenfront: 1564. An der Vorderfront ein Rund- 
bogen-Portal aus der 1. Hälfte des 16. Jahrhunderts, mit Sitznischen und Ast- 
Verzierung im Bogen. Im Hause mehrere Kreuzgewölbe, so im Zimmer des 
Erdgeschosses ; rundbogige Flurthür, ebenfalls mit Ast-Verzierungen ; andere Thttren 
noch spitzbogig, einfach. Stein. 

[8tadtbef68tigung, blieb bis in unser Jahrhundert; ein Marktthor wurde 
noch 1797 angelegt; das Oberthor stand westlich von der Kirche; die alten Thore 
wurden 1801 abgebrochen, später die Ringmauer erniedrigt, dann eingelegt, der 
tiefe Graben grösstenteils ausgefüllt — Sigismund, Landest II, & 47.] 

Greifenstein (nach Anemüller von: greopan, Bergkuppe), Burgruine, 
1 km nördlich von Blankenburg auf einer sich 170 m hoch über der Stadt und dum 
hier und östlich befindlichen Thal verhältnissmässig steil erhebenden, west-östlich 
gestreckten Bergzunge, an welcher nördlich nach kleiner Einsenkung Berge (Kessel- 
berg und Geiersleite) höher ansteigen. So bat die Burg ihre Hauptansicht von 
Süden und Osten aus, wie sie auch von da aus am festesten ist, während sie von 
der Nordseite aus leichter erreichbar war. [Die Gründungen 748 durch Greif, einen 
Sohn Karl MarteHs oder um 950 durch eineu apokryphen Markgrafen Günther von 
Thüringen sind sagenhaft.] Die älteste Erwähnung unter dem Namen Greifenstein 
geschieht 1137, wo Sizzo III. von Kefernburg dort den Conrad von Watzdorf als 
Vogt hatte; später heisst sie stets: Blankenburg, und ist der Name Greifenstein 
erst in neuerer Zeit wieder aufgenommen. 1228 wird einer Burgkapelle gedacht. 
Im 13. Jahrhundert hören wir mehrfach von der Grafen Aufenthalt auf der Burg 
(1229. 12G7 f.), doch auch im 13. und Anfang des 14. Jahrhunderts von eingesetzten 
Burgvögten (von Rockendorf, Beulwitz, Greussen 1265, Tanheim 1312). Die späteren 
Nachrichten schliessen sich besser an die Beschreibung des Burgbaues an. 

Von der Ruine stehen die Mauern mit Ausnahme des neu zum Wohnen her- 
gestellten, südöstlichen Bautheiles dachlos, in verschiedenen Höhen, einzelne Trümmer 
ganz klein, die besser erhaltenen etwa von 1—8 m Höhe. Sie sind in sehr ver- 
schiedenartiger Weise abgebrochen und zerstört, so dass eine genaue Feststellung der 
einzelnen Bautätigkeiten erschwert ist Zu dieser Schwierigkeit tritt mancher Um- 
stand, welcher freilich der Ruine hauptsächlich ihren malerischen Charakter verleiht: 
an den einzelnen Mauern zeigen sich vielfach ältere Anlage, späterer Anbau, auch 
späterer Abbruch und Durchbrechungen; die Bodenverschiedenheit ist ungemein 
gross, einzelne wichtige Theile sind im Lauf der Zeit verändert, zumal Verbindungen 
(Wege und Brücken) verloren gegangen, Gräben verschüttet, das Ganze mehr oder 
minder bewachsen und umwachsen. Schliesslich ist noch zu bemerken, dass gerade 
durch eine Art Rcstaurationsthätigkeit neuerer Zeiten (Anbau bezw. Reparatur ein- 
zelner Ruinentheile, Reinigung und Herstellung anderer, als der dem Burgbau ent- 
sprechenden Wege) gewissermaassen die Physiognomie der Burg sich verändert hat. 
So kommt es, dass der östliche Theil des Bezirkes, an der Spitze der Bergzunge, 



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8 



Rlankenbubg. 



Rudolstadt. 8 



mit Aussicht auf die Stadt und mit moderner Wirtbschaft zu behaglichem Aufenthalt 
hergerichtet, der bedeutendste zu sein scheint An ihm sind auch die meisten 
Reste von Gebäuden erhalten. Aber bei genauer und unbefangener Prüfung ergiebt 
sich, dass gerade hier am meisten spätere, auch schlechtere, sich von dem eigent- 
lichen Burgbau am meisten entfernende Thätigkeit geherrscht hat, dass das jetzt 
Vorhandene verhältnissmässig weniger Ausbeute an Schlüssen auf die ehemalige 
Anlage der Burg in den Zeiten ihrer mittelalterlichen Erscheinung gewährt, als 
andere Theile. Zur Aufklärung hilft in dieser Beziehung die Prüfung des Mauer- 
werks, erstens bezüglich der Grundriss-Gestaltung an der Hand von Vergleichungen 
mit anderen, datirbaren Burg-Anlagen und zweitens bezüglich der Ausführung selbst 
Für letztere haben wir glückliche Fingerzeige in dem Steinmaterial: Sandstein in 
grossen Quadern und trefflicher Fügung verräth die Zeit des 13. — 14. Jahrhunderts, 
Muschelkalk und weniger solider Bau die des 15. — 17. Jahrhunderts. Jene finden 
wir zum Theil in überraschender Schönheit an dem mittleren Theil der Burg, diesen 
im westlichen und östlichen. Der älteste Theil der Burg also und der interessanteste 
ist, wie mir scheint, der mittelste der drei Haupttheile (auf dem Plan der grosse 
Schlosshof, in den die Nordsüd-Linie eingezeichnet ist). Hier ist das gegenwärtig 
hauptsächliche Eingangs-Thor, ein spitzbogiger Bau erst des 15. Jahrhunderts. Die 
Mauern dieses Bezirkes aber sind charakteristisch für den Bau des 13. Jahrhunderts, 
also in oiner Zeit wo Heinrich II. lebte (f 1231). Vielleicht residirte sein Sohn 
Günther VII. schon bei Lebzeiten des Vaters auf Blankenburg, das er dann zum 
Erbtheil nahm und das nach seinem Tode sein jüngerer Sohn Heinrich V. zum 
Mittelpunkt der neu gegründeten Grafschaft machte. 

(Hier seien zur Erläuterung des vorher Gesagten einige möglichst kurz gefasate, auf 
eigenen Erfahrungen beruhende Angaben gestattet; denn unsere Literatur über Burgen- 
banten berücksichtigt nur einseitig einzelne, z. B. die süddeutschen Burgen des frohen 
Mittelalters oder die französischen des 13. Jahrhunderts, mm Theil nach Dichterphantasien, 
oder fa&st Borgen in einzelnen Landstrichen ohne Rücksicht anf die Entwickelnng des Burgen- 
baues im Zeitraum von 10 Jahrhunderten zusammen. Im Ganzen haben wir drei Perioden 
der Burgbefestigungen in Deutschland. Die eine reicht von frankischen Zeiten her bis in 
das 12. Jahrhundert, wo der Bau fester Steinburgen noch selten und nur von den Reichsten 
und Vornehmsten ausgeführt ward ; er zeigt sehr regelmässige, oft reohteckige Anlage, wenn 
auch unter einiger Anpassung an die Bodenfläche, ferner sehr gediegene, grossquadrige, 
langsam aufgeführte Mauern, mit der Rücksicht, den Feind nahe den Mauern selbst zu er- 
fassen. Dann, in Zusammenhang mit der Ausbildung des Balistenkampfcs und den inneren 
Fehden im grosseren Stil: massige Brechung bei noch ziemlich klarer Mauer-Anlage, aber 
ebenfalls nooh sehr feste, sorgfältige Fügung mit vorsichtig gewählten Durchbrechungen, 
einfache Zwinger -Anlagen zur Abfangung des Feindes. Die Ausbildung des hölzernen 
Wehreystems laset sich , auch wo dasselbe verschwunden, erkennen. Dies ist die Zeit des 
13. und 14. Jahrhunderts. Im 15. Jahrhundert beginnt in Zusammenhang mit dem Pulver- 
kampf und den zahlreichen, aber eilfertig gebauten Burgen des niederen Adels das Brechen 
der Mauerlinie in Winkeln mit Bollwerken etc. nach vorheriger Berechnung, die verwickeitere 
Gestalt der Zwinger und Gräben; dagegen die Vernachlässigung des Mauerbaues, oft eine 
Ausführung, welche man als Ranbbau bezeichnen kann. Diese Phase und noch mehr die 
weitere Ausbildung dos BefestigungswesenB in folgenden Zeiten nach theoretischen Systemen 
sind allgemeiner bekannt) 



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9 Rudolstadt. 



Blankenburg. 



9 



Dio Mauern des grossen Hofes bilden eine ziemlich regelmässige Figur, mit 
drei rechten Winkeln, abgesehen von der kleinen, durch die Bodenverhältnisse be- 
dingten Einknickung der Westmauer. Die Stellung der beiden Mauern mit der Spitze 
nach Norden entspricht schon dem Kampf mit etwas ferntragenden Geschossen. Sehr 
schöne, grosse Sandstein-Quadern, zumal an der Südmauer, gute Fügung (abgesehen 
von späteren Durchbrechungen, Ausflickungen bezw. Erhöhungen und Vermauerungen, 
welche sich bei genauer Besichtigung deutlich absetzen). In der Südraauer und der 
Nordwest-Mauer stammt je eine sehr gut gefügte, später zugemauerte Flachbogen- 
Oeffhung noch aus der ursprünglichen Bauzeit (Es ist ein Vorurtheil, Rundbogen- 
bexw. Rechteck-Oeffhungen für die mit dem Romanismus zusammenfallenden Zeiten als allein 
vorkommend anzunehmen; an weltlichen, besonders festen Bauten finden sieh wenigstens 
in Thüringen zweifellos Flachbogen aus romanischer Periode.) An der Nordseite eine 
Rundbogen - Oeffnung , welche im 15. Jahrhundert zugemauert wurde, unter Ver- 




plan des Greifensteins bei Blankenburg. 



änderung des Mauerwerks daneben. Im Innern dieses fünfeckigen, eigentlichen 
Burgbezirkes finden sich Reste eines viereckigen, an die Nordwest - Mauer ange- 
schlossenen Gebäudes (Palas). Ferner lässt sich in der Mitte, etwas nach Osten 
zu ein Höherwerden des Bodens erkennen (auf dem Plan nicht angegeben); an der 
höchsten Stelle (also ganz naturgemäss in Vergleichung mit anderen Burgen) er- 
kennen wir trotz der Rasendecke eine kreisrunde Stelle. Hier ist die Stelle des 
eigentlichen ältesten [verschwundenen] Bergfriedes bestimmt zu suchen. Auch Hesse 
erkennt in der Mitte des Bezirkes einen „Schutthaufen", hält ihn aber für den 
eines Wohngebäudes. [Weiter sind im Innern vielleicht nur hölzerne Gebäude ge- 



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10 



Rudolstadt 10 



wesen, daher ganz verschwunden.] Der viereckige Vorbau an der Nordwest-Mauer 
vor dem Palas ist ersichtlich im 16. oder 17. Jahrhundert vorgesetzt (als Thurm- 
Vertheidigung), schlecht, auch ohne Fugen-Anschluss, daher von der ursprünglichen 
Mauer losgerissen. Westlich schloss den Burgbezirk ursprünglich ein tiefer Graben, 
mit einer in Spuren sichtbaren Zugbrücke. Hier lag vermuthlich der älteste Ein- 
gang der Burg, so dass wir uns also den jetzt bis zum erwähnten Eingangs-Thore 
führenden Burgweg noch weiter an der Südseite bis zur Westspitze fortgesetzt zu 
denken haben. Oestlich war ebenfalls ein Graben mit Zugbrücke, durch kurze 
Quermauern gedeckt [die nördliche fehlt im Plan, weil bis auf jede Spur ver- 
schwunden], dem die östliche Abschluss- Mauer parallel läuft Oestlich von dieser 
Mauer, durch ein jetzt verfallenes Thor zugänglich, befindet sich ein viereckiger 
Hof (der mittlere Schlosshof), dessen nördliche Mauer die Mauer des ersten Hofes 
vollständig fortsetzt, während die südliche Mauer in Rücksicht auf Ortslage und 
hier befindliches Hauptthor einen schwachen Knick macht, so dass die östliche Ab- 
schluss -Mauer dieses Hofes wiederum in fast rechten Winkeln sich anschliesst 
Dieser Hof ist wohl ursprünglich eine Zwinger - Anlage gewesen (aus den Zeiten, 
da man die Zwinger noch breit, an einer Seite und ohne Neben - Absicht der Zer- 
splitterung und Irreführung des Feindes anlegte), dann aber in die Bebauung ge- 
zogen. Inwendig unbedeutende Mauern. Das inwendig an die Südmauer dieses 
Hofes gebaute, sogenannte Defensionsgebäude ist wohl aus dem spätesten Mittel- 
alter, ebenso das entsprechende Gebäude an der Nordseite, während hingegen der 
sich dicht an die Scheidemauer beider Höfe legende, trapezförmige Bau ein zur 
ursprünglichen Anlage gehörender, das Zwischenthor nördlich deckender Thorthurm 
gewesen sein dürfte. Später wurde hier in der Scheidemauer nahe der Nord-Ecke 
eine Bogen - Oeffnung , wie man an Ort und Stelle sieht, regellos herausgehauen; 
man bemerkt auch, dass der hier vortretende Mauerthurro, wie der vorher erwähnte, 
in losem Anschluss schlecht aufgeführt wurde. Oestlich von der Ostmauer des 
jetzigen mittleren Schlosshofes liegt ein tiefer Graben. Wenn die vorher ausge- 
sprochene Vermuthung richtig ist, dass der ursprüngliche Eingang der Burg an 
ihrer Westseite sich befand, so dürfte der Graben ursprünglich nicht die Zugbrücke 
besessen haben, deren Spuren jetzt erkennbar sind. Diese Zugbrücke ward wahr- 
scheinlich im 14. Jahrhundert angelegt, als die Burg, um zwei Herren zu beher- 
bergen, erweitert wurde. DieB geschah vielleicht für die beiden Söhne des Stifters 
der Linie (Heinrich V.), nämlich für Heinrich VII. und Günther XV., von welchen 
wir wissen, dass sie beide gemeinsam 1323 vom Kaiser mit dem Schloss belehnt 
wurden (Heue, 8. 80 Ami. 64 mit Literatur), also dort zusammen wohnten. Die Aus- 
dehnung der Macht der Schwarzburger zu jener Zeit, sowie ihre kriegerischen 
Operationen, welche in dem Grafenkriege ihren Schlnss fanden, spiegeln sich in 
dem Erweiterungs-Bau ab. Noch wahrscheinlicher ist es, dass derselbe ausgeführt 
wurde, als die beiden Söhne Heinrich's VII., Heinrich X., der spätere Herr von 
Arnstadt, und der vermuthlich auf dieser Burg 1304 geborene Günther XXL, der 
spätere Gegenkönig Karl's IV., den Besitz theilten. Bekannt ist ein Ueberfall dieses 
Günther auf Albrecht von Mecklenburg, welcher von der Burg aus 1340 stattfand. 
In dem Theilungsvertrag von 1346 werden ausdrücklich „beide Häuser" auf der 
Burg genannt Günther XXL residirte hier oft; nach seinem Tode 1349 ward der 
Greifenstein Wittwensitz seiner Gemahlin (Burkhardt, Urk. t. Amttadt, Nr. 152). (Burg- 



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11 Bndolstadt. 



BLimCKTTRUlia. 



n 



vögte bezw. Amtleute der Zeit genannt: Herren von Lengefeld 1354, nach Bnrk- 
hardt, ürk. Arnstadt, Nr. 157, Benlbar (nicht Beulwitz) 1363, Hesboldt (?) 1380, Hain 
1398. 1412, s. Burkhardt, Nr.298, Allendorf 1423, Beulwitz 1428; Bezeichnung der 
Burg als Wittwensitz der Gräfin Hohnstein, Wittwe Heinrich's XVII. im Jahre 
1374). Dieser Bauperiode des 14. Jahrhunderts gehörte der Hauptsache nach der 
Bau des östlichen (vorzugsweise mit Muschelkalk gebauten) Burgtheiles an. Die 
Feststellung der verschiedenen Bautheile nach ihrer Entstehungs-Zeit ist hier 
schwierig, weil, wie vorher erwähnt, Verfall und Bauthätigkeit im Laufe der letzten 
drei Jahrhunderte überall durch- und in einander gehen. Doch seien folgende 
Schlussfolgerungen versucht Die Burg-Anlage schloss sich an die Mauern des zu- 
letzt genannten Grabens so an, dass die alte Burg zur Vorburg wurde. Es ist zu 
vermuthen, dass umgekehrt ursprünglich hier irgend eine Deckung sich befand, 
welche man nun in die östliche Burg verbaute. Diese Burg hat eine dreifache 
Umwallung mit ausgebildetem Vertheidigungs - System. Eine Wallmauer mit sechs 
runden HalbthQrmen [der eine kurz vor 1820 der Aussicht wegen abgetragen] um- 
giebt die Ostseite des Greifensteines und schliesst aussen den Graben ab, welcher 
den als östlichen der ersten Burg-Anlage bezeichneten Graben fortsetzt, ihn zu einem 
annähernd kreisförmigen machend, mit ihm vermittelst Durchbrechungen seiner 
Nordost- und Süd-Mauer verbunden. Eine mittlere Mauer, die Zwingermauer am 
Graben, hat£in neun stumpfen Winkeln gebrochen, annähernd eiförmige Gestalt Ihr 
läuft;die innerste, eigentliche Ringmauer (Zingelmauer) ungefähr concentrisch, doch 
haben wir uns wohl noch die [jetzt gänzlich und im Plan fehlenden] Anschluss-Stücke 
des nördlichen und südlichen Zuges dieser Ringmauer an die Ostmauer des Zwischen- 
grabens zu denken, so dass der Zwinger nicht concentrisch den ganzen Burgbezirk 
umläuft, sondern seiner Bestimmung entsprechend, nördlich und südlich an die 
Ringmauer im spitzen Winkel anläuft Während nun die erste Burg ihre Verthei- 
digungsfront nach Norden kehrte, wendete die zweite ihre Haupt- AngrifTsfront (ich 
wähle die beiden verschiedenen Ausdrücke, weil sie den veränderten Verhältnissen 
entsprechen) nach Osten, um das hier hegende Thal und den Burgweg auf weitere 
Entfernung beschiessen zu können. Nahe an die Südost-Ecke wurde der festeste 
Theil gelegt der jetzt verschwunden ist [Es war ein starker, runder Bergfried von 
5 m Durchmesser, welcher im Jahre 1800 einstürzte, auf dem Plan als der stärkste 
Rundthurm gezeichnet] (loh bemerke bei dieser Gelegenheit dass häufig zu lesen ist, 
eine Burg habe stete nur einen Hauptthurm oder Bergfried ; dies ist falsch, die Burg Schön- 
berg am Ehein hatte s. B. deren fünf; doch lassen eich, wie es scheint, allerdings mehrere 
Bergfriede nur an den Burgen feststellen, welche gleichseitig mehrere gleichberechtigte 
und rar Erhaltung verpflichtete Besitzer aufweisen. Dies war hier der Fall.) Nördlich 
an die Stelle des ehemaligen Rundthurmes stösst ein quadratisches Gebäude (Palas), 
dessen Küche am runden [1805 eingestürzten] Schlot kenntlich ist, mit vor- 
tretendem Balcon in den Zwinger, in welchen hier eine Pforte führt Dies 
Gebäude steht mit der Aussenfront auf der Ringmauer, ebenso das anschliessende 
Gebäude an der nordöstlichen Mauer, wo eine tiefe Nische mit Rechteck - Fenster 
nahe der Kapelle erhalten ist. Ebenso ist an der um der örtlichen Lage willen 
nach Nordost orientirten Kapelle selbst der ganze, aus der Mauer in drei Seiten 
des Achtecks heraustretende Chortheil leidlich erhalten , sowie der Chorbogen und 
ein kleines Fenster an der nördlichen (also der Inordöstlichen Schrägseite bei 




12 



Blankenburg. 



Rudolstadt 12 



anderen Kirchen entsprechenden) Seite, beide spitzbogig. Diese ganze Stelle, die 
Nordwest-Ecke der jetzigen Hauptburg, könnte der Anlage nach älter sein als die 
übrigen Bauten dieses Burgbezirks. Man kann sich sehr wohl denken, dass im 
13. Jahrhundert hier die von mir als älteste angenommene Burg erweitert wurde, 




Kapelle der Burg Greifenstein bei Blankenburg. 



diese Erweiterung dann aber in den grossen Bau des 14. Jahrhunderts hineinge- 
noinmen wurde. Manche der Einzelheiten, auch die Stellung der zum Theil aus 
der Mauer heraustretenden Kapelle zwischen den Nachbar-Bauten kann auf Schonung 
eines bereits vorhandenen Baues gedeutet werden. Dies wäre dann vielleicht die 
Kapelle, welche 1227 erwähnt, wohl kurz zuvor angelegt worden ist. Der jetzt 
in Resten erhaltene Aufbau ist freilich nicht mehr aus jener Zeit erhalten, so dass 
nur an Benutzung vorhandener Mauern zu denken ist. Der Chorbogen und das 
erhaltene Fenster der Schrägseite haben jene etwas steile Form des Spitzbogens, 



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13 Rudolstadt. 



13 



welche zwischen der stampfen Form der Frühgothik und der schlanken Bogen- 
fahrung der Spätgothik in hiesiger Gegend für das 14. Jahrhundert kennzeichnend 
zu sein pflegt. [Wandmalereien sind 1768 noch in Spuren sichtbar gewesen, an 
der Nordwest- Wand sieben Heilige, deren erster mit Stab, letzter mit Laterne; an 
der Südost- Wand ein Reiter ; also vielleicht Jacobus, Christoph, Martin. Unsicherer 
die Nachricht von der Darstellung des Veitstanzes an einer Wand.] Dieses sind 
aber auch die einzigen Kunstformen aus jener Zeit an der Burg, und der Einblick 
in die Kapellen - Ruine , verbunden mit dem anstossenden Nordwest - Gebäude der 
Hauptburg, der malerischeste Blick des Ganzen. Dieses Nordwest - Gebäude zeigt 
auch noch den leidlich erhaltenen Keller, welcher durch eine Thür in einem öst- 
lichen Vorsprung (von Norden herein) zugänglich ist. Die Pforte, welche hier an 
der Nordmauer neben der Kapelle in den Zwinger führt, ist modern, flachbogig. 
Dagegen ist an der Stelle, wo der Zwinger nördlich verläuft, ein grosses, schönes 
Ruudbogen-Portal, jetzt eingefallen, und in der Westmauer des Nordwest-Gebäudes 
ein grosser, zugemauerter Rundbogen (Entlastungsbogen oder ehemalige Oeffnung?) 
sichtbar. In der Mitte des Bezirkes, vor der Kapelle, die runde Cisterne. Es 
bleiben noch die Baulichkeiten an der Südost -Seite und Südseite dieses Burg- 
bezirkes übrig. An der ersteren liegt das kleine, modern mit Dach, Treppe und 
Stuben hergerichtete, bewohnte Restaurations - Gebäude , mit welchem das an der 
Südseite befindliche, sogenannte Hauptgebäude zusammenhängt Es ist (wie das 
Restaurations-Gebäude), von aussen gesehen, zweigeschossig, durch eine Quermauer 
in zwei Räume getheilt und sichtlich erst im 16. Jahrhundert begonnen, zum Theij 
mit Verwendung von vorhandenen Bautheilen, doch nicht fertig geworden. An der 
dem Hof zugekehrten Mauer gewahren wir die Eingangs-Thür als einen Rundbogen, 
von einem Schweifbogen: C\ mit sich kreuzenden Stäben der Profilirung umzogen, 
zu jeder Seite (rechts zwei, links drei) rechteckige Fenster mit sich an den Ecken 
kreuzenden Kantenstäben profilirt; an der Aussenfront unten (nach Osten zu) eine 
einfache Rundbogen-Thür (deren Gewände bogig, oben giebelförmig gehauen ist), west- 
lich davon oben vier einfache Rechteck-Fenster. Dieses verhältnissmässig neue Haupt- 
gebäude ist nicht von besonderer architektonischer Schönheit, jedoch gerade das- 
jenige, welches mit seinen weissen, hochragenden Mauern die ganze Südost- Partie 
der Ruine und somit die Burg selbst, welche von dieser Seite am meisten gesehen 
wird, beherrscht, also ihr den Hauptcharakter giebt. — So wie an die ursprüng- 
liche, regelmässige Burg nach Osten sehr bedeutend angebaut wurde, so wurde 
auch der westliche Abschluss im 15. Jahrhundert gleichsam vorgeschuht, indem an 
die Westmauer des westlichen Grabens noch ein ganz unregelmässiger Verthei- 
digungsplatz , früher falschlich sogenannter Gottesacker, mit Schiessscharten und 
einer Pforte angelegt wurde. Da die West- und Nordwest -Seite der Burg von 
benachbarten, höheren Bergen überragt wurde, also den Anforderungen des neuen 
Geschützwesens nicht mehr entsprach, wurde hier, weit hinaus, noch ein zweiter 
(jetzt nur noch in Spuren sichtbarer) Graben angelegt. — Mit dem 16. Jahr- 
hundert wurde der Aufenthalt von den Grafen mehr und mehr aufgegeben. Doch 
blieben hier ein Vogt (der allerdings zugleich Amtmann in Rudolstadt oder in Schwarz- 
burg war) und eine Reihe von Burgmannen wohnen, welche hier öfters Leute ein- 
sperrten (1512. 1538) und Abgaben erhoben (1532. 1541). Zwar wird berichtet, 
dass Heinrich's XXXII. und der heldenmüthigen Katharina Schwiegersohn Graf 



14 Blahkkhbtjbo. Rudolstadt. 14 



Wolrad von Waldeck im Jahre 1548 die Burg als überall {Einsturz drohend, als 
Aufenthalt von Eidechsen und Nacht-Raben, die Brückenbalken als ganz morsch be- 
zeichnete. Doch bezieht sich dieses Gutachten mehr auf die filtere Burg, kann 
auch, wie so manche Schilderung jener Zeit, übertrieben aufgetragen sein"oder 
hatte eben eine theilweise Wiederherstellung zur Folge. Katharina, welcher Blanken- 
burg als Witthum zugeschrieben, zog Rudolstadt vor. Doch ist es höchst unwahr- 
scheinlich, dass man damals diese bedeutende und wichtige Burg ganz eingehen 
Hess. Hesse führt als Grund damaligen Verfalles an, dass die veränderte Be- 
schaffenheit des Kriegswesens, d. h. die Möglichkeit, die Burg von einem höheren 
Berge aus zu beschiessen, dieselbe alles Werthes beraubte, doch habe ich stets in 
Thüringen gefunden, dass man im 16. und Anfang des 17. Jahrhunderts bis zum 
dreissigjährigen Krieg solche vielleicht auch etwas überlebten Festungen doch noch 
möglichst vertheidigungsfähig erhielt und nicht so radical verfuhr, wie in neueren 
Zeiten; zudem wäre derselbe Uebelstand für die Burg von Rudolstadt geltend. 
In der That haben wir, wie wir oben sahen, deutliche Zeichen von Bauthätigkeit 
des 16. Jahrhunderts. Der Verfall mag wohl mit der 2. Hälfte des 16. Jahrhunderts 
begonnen haben, da die Aufmerksamkeit der Grafen, somit auch die Ausgaben auf 
den neuen Schlossbau in Rudolstadt und auf die anderen bevorzugteren Residenzen, 
Arnstadt und Sondershausen, gelenkt wurden. 1560 legte der letzte (?) Amtmann 
seine Stelle nieder, damals ging vermutlich das Schloss in den Besitz der Stadt 
über, der es jedenfalls im folgenden Jahrhundert gehörte. Immerhin mag wohl der 
hauptsächliche Einsturz erst in der 1. Hälfte des 17. Jahrhunderts (wie bei den 
meisten Burgen Thüringens) stattgefunden haben. Jovius (t 1630) berichtet zwar, 
dass das Schloss lauge nicht mehr bewohnt worden, nunmehr öde und wüste stände, 
allein 1642 ward von dem rudolstädtischen Amtmann das alte Gebäu als „unlängt" 
verfallen bezeichnet und der Bürgermeister von Blankenburg aufgefordert, die noch 
brauchbaren Ziegel und das Eisenwerk in Verwahrung vor Entwenden zu bringen; 
diese Theile dürften also nicht so gar lange schon zerstreut herumgelegen haben. 
Die gänzliche Zertrümmerung erfolgte im Laufe des vorigen Jahrhunderts (1769, 
als der Stadtsyndicus Theuring einen Grundriss des Schlosses fertigte, waren 
mehrere Theile weit vollständiger erhalten als jetzt), zum Theil durch Sprengungen 
von Schatzgräbern und schliesslich zu Anfang des unsrigen, besonders durch Sturm 
und Wetter (s. oben). In neuester Zeit (1860) ist an der Südost- Ecke der Burg 
mit Benutzung alten Mauerwerkes das Gebäude für den Burgwart und für Zwecke der 
Gastwirthschaft ausgebaut ; ein oberes Zimmer, in bescheidener Art im Renaissance- 
stil eingerichtet, bietet eine liebliche Aussicht in Thal und Ferne. An einem Ueber- 
blick über die gesammte Ruine fehlt es. 

B. A(nemuller, Text mm) Grundriss der Raine Greifensteia (ron Tb. B a u e rm e i s te r), 
Rudolstadt 1888; mit Hinweis aafLeo.inRaumer's histor. Taschenb. Till, Ueber den Burgeabau. 

— F. Apfelstedt, Hau Kerernbnrg-Schw&rzburg, Stammtafeln 1890, S. 9 mit kleiner, guter An- 
ficht. — Büchner, in König, Adelihittorie III, Vorrede, aber die Urk. von 1187, vgl. Heue, 
Blankenb., 8. 18. Anm, 27. — Gottschalck, Ritterburgen a. BergschlOsser IX, 1835, 8. 185. — 
Haashalter, Anlage mittelalt. Burgen nachgewiesen am Greifenitein 1881, entspricht dem Titel nicht 

— Heins e, 8. 21. 28. — Hess, in Thuring. Vereini-Zeitschr. IV, 8. 316. 317. 319. 320. 329. 330. 

— Hesse, Kuriget Landesbeschreibung d. F. Schwanb, in Badoist Kalender 1801. 1802, Nr. 17. — 
Hesse, Radolst a. Schw., S. 102 u. Anm. 180. - Hesse, Gesch. d. SchL Blankenb., mit Grundriss, 
Westansicht, Ans. d. Kapelle u. Thür u. Fenster; darin Anm. 6 Aber die Kapellen-Malereien u. Literat, 
8. 22. Anm. 67, Angabe der Burgvögte, mit Literatur. — Hesse, in Thüringen u, <L Han L 



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15 Rudolstadt 



Blaftkkhburg. Böhlsceeibbh. 



15 



& 171 ff, Aufsatt, mit Anrieht - Hejdenreich, Kit d. H. Schw. 1748, S. 396. - Jovius, 
Schwanburgiscbe Chronik, 0. bei. a 123 A 358 £ 886 £ — Janghanns u. Koritxer in Mei- 
ningen, Lichtdrucke. — Lindner, Nachlese s. schwanb. Gesch. LSt, 8.8.4; Urkunde Ton 1230 Ober 
die Kapelle. - Lott, Kunsttopogr. J, 8. 83. - (Otto), Thuringia Sacra 1737, 8. 483 Aber die Ka- 
pelle. — Schmiedeknecht, Bad Blankenburg 1866, 8- 36 f. — Scbmiedeknechtin Blanken- 
burg, Photographien. — Sigismund, Landeskunde I, 8. 212; IL 8. 48. — Thearing, Grundrise 
1769. gest von Esehrich. — Tbflring. Taaehenb. L 8. 32. — Treiber, Gesch.- n. Laadesbeschr, 
S. 132. - Soph. Williams in Berlin, Photogr. 

Der für8tliche Thiergarten, welcher sich von Blankenburg nach 

Schwarzburg erstreckt, seit 1453 erwähnt. — Hesse, Rudolstadt n. Schwanburg, 8. 141. 
Janghanns etc., Lichtdrucke. - Sigismund II, S. 147. - Soph. Williams in Berlin, 
Photographien. 

(Der Eber8teifl, etwa 2 km südlich von Blankenburg, im Thiergarten, ist ein 
moderner, 1844 su Jagdzwecken erbauter, kleiner Thann mit Zinnen and Vorbau.) 

Auf der HUnenklippe, welche sich 2 km südlich von Blankenburg (nahe 
dem Eberstein) im Thiergarten, die Schwarza und Werra trennend, bis zu ziem- 
licher Höhe (gegen das Schwarzathal) erhebt, ist ein angefangener, aber nicht voll- 
endeter Schlacken- oder Brandwall aus sehr alter Zeit gefunden und in 
neueren Zeiten durchforscht worden. (Vgl. Hetschburg, in Bau- u. Kunstdenkm. 
Thüring., Band Weimar, S. 129.) Interessant erschien besonders der Fund thierischer 
Knochen als Zeugniss ihrer beabsichtigten Verwendung zur Erhöhung des Hitze- 
grades. Jetzt ist wieder Alles überwachsen ; doch sind mehrere Erhöbungen, besonders 
eine im Wald dicht an der südlichen, inneren Saugarten-Einfassung befindliche, als 
Werk von Menschenhänden erkennbar. — AI Braun, Vortrag in der Berliner anthropoL 
Geeellsch. 1872, 14. Dec, in deren Verhandlongen, S.4£; TgL Vosaiache Zeitung 1873, Mr. 34; Rudol- 
stadt. WoehenbL 1873, Nr. 86. 90. — Hesse, Schloss Blankenburg, & 17 Anm. 28 ober Namen und 
Sagen der Hünenkuppe, mit Literatur. — Kiesewetter, Vortrag in der Berl. anthropol. Oese lisch. 
1884. a Mai; vgl. Blankenbnrger Badeanseiger 1884, Nr. 11 £ u. in Thüring. Vereina-Zeitechi. 1879 
(N. F. I). 8. 148 u. Anm. (WeetL Grense d. Besitzungen d. K. Riehia). 



südwestlich von Rudolstadt; um 1381 Belzibe, 1411 Belschiben, 
brannte 1811 ausser der Kirche ab, gehörte bis 1866 zum Amt Blankenburg. — 
Heinte, 8. 23. - Hesse, Landeskalender 1802. - Martin, in Tbflring. Verdns-Zeitschr. 1887, 
S 188. — Sigismund, Landeskunde n, & 60. 

* 

Kirche. Grnndriss-Form: | p. Der Chor, 4,3 m lang, 2,75 m breit, 



romanischer Anlage, gothisch umgebaut, mit einem Tonnengewölbe und schmal 
Spitzbogen-Fenster an der Ostseite. Langhaus 7,6 m lang, 5,55 m breit, aus dem 
17. Jahrhundert, mit tonnenförmiger Holzdecke, welche im flacheren Mittelfeld 
einige Stucklinien zeigt, mit zwei Emporengeschossen, rechteckigen Fenstern (zwoi 
auf der Südseite) und ebensolcher Westthür. Auf dem Chor der Thurm mit steilem 
Zeltdach. Die Kirche ist 1859 restaurirt worden. — 8igismundn,a60. 



16 Böhlscheiben. Bbauwsdorp. Cordobahg. Rudolstadt. 16 



Orgelbau, aus dem 18. Jahrhundert, klein, aber mit hübscher Schnitzerei 
schon neuclassisch ; Mittel - Abtheilung als rechteckig umrahmtes Feld unter ge- 
schnitzter Bekrönung, Seiten-Abtheilungen oben mit volutirtem Schnitzwerk, aussen 
Pilaster, mit Blumengehängen besetzt ; der ganze Bau von verkröpftem, aber wage- 
recht durchgehendem Gebälk guter Profilirung bedeckt und mit gut geschwungenen, 
als Akanthuswerk geschnitzten Brettern eingefasst 

Taufkanne, von: J. C. Fischer 1763. Zinn. 

Tauf schale, Beckenschläger- Arbeit mit der Verkündigung und den bekannten 
ringsum laufenden Schriftzeichen. Messing. 

Glocken. 1) 1804. — 2) 1780 von Jon. Mayer in Rudolstadt, mit: SOLI DEO 
GLORIA. 

Arch. Timler, MittheüuDgen. 



Braunsdorf, südsOdwostlich von Rudolstadt; Brunsdorf, brannte 1802 mit der 
Kirche ab, gehörte bis 1866 zum Amt Blankenburg. — Heime, S. 23. - Heise, 
Landeskalender 1802. - Sigismund, Landeskunde II, 8. 64. 217 Aber das Siegel. 

Kirche, von 1806, gross, aber einfach, Rechteck für Altar- und Gemeinde- 
Raum, mit Holzdecke als Spiegelgewölbe, rechteckigen Fenstern und Thüren ; über 
der Sacristei ein Thurm als beschiefertes Viereck - Geschoss mit Schweifkuppel etc. 
Holzemporen ringsum geführt, weiss mit Gold. — SigismundH,s. 64. 

Kanzelbau hinter dem Altar als Ost-Empore auf ionischen Pfeilern; Kanzel 
rund vorstehend, mit einigen Roccoco-Ornamenten. 

Kelch, mit: /776* unter dem Fuss, welcher rund und, wie auch der runde 
Knauf, leicht gebuckelt ist Kupfer, vergoldet, 21 cm hoch. 

Glocken. 1826. - 1849. — 1874. 

Kirchhof. Grabkreuze mit verzierten Armen, von Schmiedeeisen. 
[Kloster, zweifelhafter Ueberliefernng nach in Braunsdorf gewesen.] 



Cordobang, südwestlich von Rudolstadt (vielleicht 1172 Turzewag, Tucewag, ein 
Grenzort der von Richza dem Kölner Erzstift geschenkten Besitzungen), Cordebangk, 
Curtebank (nach Sigismund gleich Courtbench , Burg - Gerichtsplatz) , um 1381 
Cordewan, 1411 Kordebang, gehörte bis 1866 zum Amte Blankenburg. — Kieee- 
wetter, in Thflring. Vereins-ZeiUchr. 1879 (N. F. V), S. 148 f. n. Anm. 16 (WestL Gr. d. Bes. d. 
K. Rictaia). - Hart in, in Thuring. Vereins-Zoitsehr. 1887, S. 133. - Schwarxb.-Rudolst. Landeskai. 
1802. - Sigismund, Landesk. II, & 61. - 8techele, in Tharing. Vereins-Zeitechr. 1882, & 149. 
- Werneburg, in Erfurter Äkad. Jahrb. 1884, S. 148. 



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17 Kudolstadt. 



COBDOBANO. CüMBACH. 



17 



Kirche. Grundriss-Form : | H . Romanische Anlage; das 3,3 m lange, 

2,9 m breite Thurm-Erdgeschoss, einst Chor-Rechteck, jetzt Sacristei, mit Tonnen- 
gewölbe und rundbogigem Chorbogen; an der Ostseite ein kleines Rundbogen- 
Fenster. Das Sildfenster der Sacristei als spätgothischer Vorhangbogen erweitert, jetzt 
verstümmelt, Langhaus nach dem Brand von 1780 gebaut, 7,5 m lang, 5,5 m breit, 
mit Holztonne, rechteckigen Fenstern und Thür, dürftig und baufällig wie die ganze 
Kirche. Dies gilt besonders von dem auf der Sacristei sich erhebenden Thurmbau, 
welcher durch Alter in seinem massiven Theil ganz bauchig geworden ist und da- 
her wie nach oben schmaler werdend wirkt; darauf ein beschiefertes Viereck- 
Geschoss mit viereckigem, dann achteckigem Helm. — Heinse, 8. 83. 

Kelch, aus dem 16. Jahrhundert. Fuss in Sechspass - Form : O, mit ge- 
schlagenen Vierblättern : £3 als Randmuster ; Schafttheil über dem Knauf mit den 
(verkehrt eingefügton) deutlichen, doch mir unerklärlichen Buchstaben : LITLAH (?), 
unter dem Knauf mit: HILFEI (Hilf?). Der Knauf selbst ist aus dem 17. Jahr- 
hundert, mit runden, kleinen Buckeln zwischen gerieften Eiern. Silber, vergoldet, 
18 cm hoch. 

2 Glocken, 1780 beiw. 1795 von Johann Mayer, mit: SOLI DBO GLORIA, 66 
btizw. 46 cm im Durchmesser. 

Gasthaus, neu. Daran Schild aus dem 18. Jahrhundert, mit den Ab- 
zeichen des Schlächtcrge werkes (Lade, Schwein, Ochsenkopf, Aexte etc.) zwischen 
den schwarzburgischen Wappenhaltern und Rauten, Alles aus Eisenblech ausge- 
schnitten, bemalt gewesen. 



Climbach, südlich von Rudolstadt; brannte 1578 (ausgenommen die Kirche) 

ab. — H einte, S. 18. — Heese, Rodolst Landeskalender 1801. — Heise, Rudolet. u. Schwarz- 
barg, Anm. 16. - Sigismund, Landeskunde IL 8. 26. 27. 

Kirche, ursprünglich zu Graba (s. Bd. Saalfeld) gehörig. Grundriss-Form: 

| f-f - ^ Der 4,2 m lange, 5,0 m breite Mitteltheil ist romanischer Anlage, der 

l— — . H— ' " 5,9 m lange, 5,9 m breite Chor und wohl auch das lim lange, 6,7 m 
breite Langhaus gothischer Anlage, vermuthlich 1468 gebaut, als die Kirche zur selb- 
ständigen Pfarrkirche erhoben wurde. Innen an der Nordost- Wand eine verstümmelte 
Sacramentnische, rundbogig, mit Einfassungs-Verzierung; darüber Spitzbogen-Fenster 
mit hübschem Fischmaasswerk: 0. Die ganze Kirche wurde 1763 — 1766 (Jahreszahl 
aussen an der Ostthür) gründlich und einheitlich umgestaltet, der Mittelbau zum 
Langhaus zugezogen, Tragebogen nach Ost und West so hoch geführt, dass sie über 
die Decke in den Dachboden reichen, eine gemeinsame, tonnenförmige, geputzte 
Holzdecke so gelegt, dass sie am Scheitel gleichmässig durch alle drei Bautheile 
durchgeht und die Breiten-Unterschiede der Räume in einfacher Weise durch ver- 
schieden tiefes Herabführen des Tonnenbogens ausgeglichen werden. Regelmässig an 
der Ost- und West-Seite, den Schräg- und Lang-Seiten angeordnete Fenster geben 



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18 



Cumbach. 



Rudolstadt. IS 



reichliches Licht; sie sind rechteckig, wie die Ost- und West -Thür. Ueber dem 
Mittelbau steigt der Thurm auf, massiv bis etwas Ober den First des Kirchdaches, 
oben mit hölzernen Giebeln an der Nord- und Süd-Seite geziert; darüber tritt der 
hölzerne, beschieferte Oberbau so weit nach Norden und Süden zurück, dass er ein 
quadratisches Geschoss bildet, darauf Achteck - Geschoss, Tabernakel - Aufsatz , sehr 
stark heraustretende, hohe Zwiebolkuppel , noch ein kleines Achteck- Geschoss und 
starke Zwiebelkuppel. Dieser Thurmbau beeinflusst die Wirkung der ganzen Kirche 
auf weite Entfornung, auf welche die Kirche ihrer Lage zu Folge sichtbar ist. 
1870 saubere Restauration der Kirche durch Geh. Baurath Brecht — Sigis- 
mund II, S. 26. 

Kanzelbau, aus der Zeit um 1770, übor dem Altar. Sockel mit Seiten- 
consolen um ein schlechtes Abendmahls - Gemälde. Darauf zwischen korinthischen 
Säulen die Kanzel, vom Grundriss: kJ, aus Blättern sich entwickelnd, mit leichten 
Roccoco -Verzierungen an den Seiten, einem Engelskopf als Pult. Zu den Seiten 
der Säulen Figuren Petri und PauÜ, über diesen durchbrochen geschnittene Roccoco- 
Verzierungen. Kräftiges Gebälk mit dem fünfseitig vortretenden Schalldeckel ; oben 
Engel und Strahlensonne in Roccoco-Voluteit. Holzbau, weiss und Gold. 

2 Altarleuchter, mit: A.M.M.mS an dreiflächigem Fase; gegliederter Schaft. 

Zinn. 

Altarcrucifix, ungefähr aus gleicher Zeit, auf Roccoco-Sockel. Holz, klein. 

Kelch, Schriftband mit: Anno 1508 und ein Wappen unter dem Figürchen 
des heil. Andreas aufgelegt auf ein Feld des Fusses , welcher Sechspass - Form : O 
hat. Am Knauf Würfel mit: ibefve, dazwischen gravirte Maasswerke. Am Schaft 
darüber und darunter gravirte Maasswerke und Rosetten. Silber, vergoldet, 16'^ 
cm hoch. Hostienteller dazu. 

Kelch, der Arbeit nach gleichzeitig. Fuss rund, mit geschlagenen: X a ^ s 
Randmuster. Am Knauf Würfel mit: itytfvG. dazwischen durchbrochene, schräg 
gezogene Maasswerke; am Schaft darüber bezw. darunter: ave marta gr*., bezw. 
fena (statt plena) bomto (dominus). Silber, vergoldet, IG cm hoch. 

Glocken. 1) 1G3Ü von Melch. Moeringk; Arabeskenfries mit Thieren ; Engels- 
köpfe; Wappen des Grafen Ludwig Günther; 90 cm Durchmesser. — 2) Aus dem 
15. Jahrhundert, mit: NO EGO CESSÄ (cessam) PIA SONITV LAVDARE MARIA 
(Nie werd' ich säumen durch frommen Klang zu preisen Maria; bekannter Spruch.) 
- Sigismund I, S. 220 las: casta. statt cessam, and bekam so, noch ein: satis ergänzend, einender 
froheren Anschauung unmöglichen Sinn: Nicht bin ich keusch genug, durch meinen Klang die 
Maria zu preisen. 

Kirchhof. Grabstein- Obertheil an der Mauer, daran der ganz ver- 
witterte, 1869 (laut Inschrift) höchst komisch restaurirte Oberkörper eines Mannes, 
der Ueberlieferung nach des um die Kirche verdienten Andreas von Witzleben, 
t 1615. — Sigismund I, 8. 216. 

Im Schulgarten ehemaliges Taufbecken, gross, rund, von Sandstein. 

Fürstliches Gewächshaus, Orangerie , 1 766 erbaut Das Vordergebäude 
mit der Front nach dem volkstedter Weg, dem rudolstädter Schloss gerade gegen- 



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19 Rudolstadt. Cdmbach. 19 



über, ist von überputztem Fachwerk, gross, doch ziemlich einfach; an den Ecken 
Schweifkuppel-Dächer (dadurch Pavillon-Ausbildung), sonst Längsdach; über dem 
Mittelbau ein Dreieck-Giebel, darin Cartouche mit: L.G. (Ludwig Günther), Alles 
von Holz. Im Mittelsaal Reste von Wand- und Decken-Malerei in neuclassischem 
Stil, mit Nachahmung von Säulen, Vorhängen etc. 

Gartenthor an der abgeschrägten Ecke des volkstedter und preilipper 
Weges, der beste Theil der Architektur, ganz stattlich und geschmackvoll. Das 




Gartenthor an der Orangerie zu Cumbach. 



Pfeilerpaar hat als geschickten Anschluss an die Mauern Seitenvoluten und als 
hübsch bewegte Fortsetzung derselben die Vasen-Aufsätze ; die Eisengitter sind gut 
geschmiedet mit gemusterten Einfassungen und Bekrönung, in letzterer das schwarz- 
burgische Wappen. — Sigismund II, 8. 27. 

[Edelhof der Familie von Witzleben, nach dem Aussterben derselben (1615) der 
Landeaherrschaft heimgefallen, wurde 1792 zerschlagen — Heise, Rudolstadt, Anm. 16, 
& IV. — Sigismund 11, 8. 27.1 

2* 



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Im Besitz des Herrn Esckrlch (1891): Ofen aus dem 17. Jahrhundert, 
schwarzer, glasirter Thon mit einfach gemusterten Kacheln, sowie oberen Kacheln, 
welche die Figur Johannis des Täufers iu hübscher Auffassung zeigen. 



Dittersdorf, südwestlich von Rudolstadt, Dittrichsdorf, Dietersdorf, Detheriches- 
dorf, gehörte bis 1860 zum Amte Blankenburg. — Hesse, Landeskalender 1802. - 
Sigismund, Landeskunde IL S. 65. 

Wohnhaus von Herrn Henkel dem Aelteren , aus dem 18. Jahrhundert, 
Schnitzwerk mit Andreaskreuzen in den Brüstungen etc., von ganz malerischem 
Aussehen. 



Eichfeld, westlich von Rudolstadt ; gehörte 1072 der saalfelder Benedictiner- 
abtci (s. Bd. Saalfeld, S. 2. 48); Herren von Eichfeld 1.177 genannt. — Bachner, 
Gesch. d. St Badoist, S. 88, mit Hinw. auf Budolst WochenbL 1786, St 23. — Heime, S. 18. — 
Hesse, Landeskalender 1801. — Sigismund, Landeskunde IL S. 18. 

Kirche mit Benutzung älterer Mauern von 1751 (Jahreszahl aussen über 
der Nordthür), 1836 — 1 851 im Innern erneuert; ein Rechteck von 19,5 m Länge 
und 8,6 m Breite, sehr hoch, mit Holzdecke vom Querschnitt: r\ mit Flachbogcn- 
Fenstern und einem Dachreiter in der Mitte des Daches, welcher, beschiefert, vier- 
eckig, darauf achteckig, Schweifkuppel et«, hat, — Heinse a.a.O. - Sigismund, 
Landeskunde, S. 19. 

Sacramentschrein an der Nordwand, nahe der Ostecke, spätestgothisch, 
roh und verdorben. Auf einer mit Männerköpfen gezierten Console, an welcher 
vorn eine sehr schlechte Inschrift vielleicht die Worte: euffing atari (darüber :) ft(Al- 
tarista?) mr.teo. (magistertheologiae'.ÖD.me.ano bni cd (undeutlich ; es wäre dann 
1500) enthält, ruht der schon rundbogige Schrein, mit einem Schweifbogen darüber 
(im Bogenfeld Relief der Kreuzigungsgruppe), verziert mit Giebelblume, Kanten- 
blumen und Fialen; zu den Seiten des Schreines stehen kleine Engelfiguren mit 
gedrehten Schäften (Lichtern?) in den Händen unter Baldachinen. Sandstein. 

Kanzelbau hinter dem Altar, aus der Zeit um 1800, hohe Säulen mit / 
Kelchcapitellen , dazwischen die Kanzel im Grundriss: KJ, im Aufriss: \; 
oben Gebälk; hinter dem Kanzelbau die Orgeltribüne und Orgel. Alles einfach, 
streng, aber zusammen von stattlicher Wirkung. Holz, weiss und Gold. 

Altar werk au der Ostseite des ersten Emporengeschosses, am alten Orgel- 
kasten festgeschlagen, aus dem Anfang des 16. Jahrhunderts. Es war ein Marien- 
altar. Im Mittelschrein leidliche Figuren : Maria, gekrönt, auf der Mondsichel, mit 
dem Jesuskind, auf Sockel und unter Baldachin von sehr hübscher Schnitzerei ; zu 



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21 Rudolstadt. 



ElCBFBLD. E.-iCHDuBF. 



21 



den Seiten, durch Strebepfeiler getrennt, oben und unten Reliefs unter geschnitzten 
Baldachinen : links Verkündigung und Tod Mariens , rechts Heimsuchung und Ge- 
burt Die Altarflögel, innen und aussen mit Gemälden geschmückt, sind neben 
dem Mittelschrein festgenagelt , daher die Aussenmalcreien nur durch Lücken vom 
Innern des Orgelkastens aus zu sehen und zum Theil verlöscht, wie auch die 
Malereien der Innenseiten, welche wiederum in Reihen oben und unten getheilt sind. 
Hier am linken Flügel oben die Anbetung der Könige, unten die Darstellung im Tempel 
(an den Zwickeln desselben sind Zeichen angebracht : 2^ , welche Künstler- 
zeichen oder — dann sehr ungeschickt angebrachte — Buchstaben : A und £2 bedeuten) : 
am rechten Flügel Maria als Kind im Tempel und Beschneidung. Die Aussen- 
seiten scheinen oben und unten Passionsscenen enthalten zu haben. — Sigis- 
mund I, & 216. 217; II, 8. 19. 

Kelch. An der Kuppe aussen das Brustbild des Stifters Freiherrn Christian 
Ulrich von Ketelhodt, innen eine Denkmünze auf sein fünfzigjähriges Jubiläum 
1776. Hübsche Form: Sechspass - Fuss und Birnknauf, beide mit gewundenen 
Rippen. Silber, innen vergoldet, 23 cm hoch. — Hostionteller mit gravirtem 
Kreuz und Meisterzeichen (stehender Löwe; I.G.S.). Silber, vergoldet. 

6l0Ckenhail8, westlich von der Kirche, Holzgerüst; als zwei der Sockel- 
steine für die Schwellen sind runder Fuss und verkehrtes Becken eines Tauf- 
st ein es verwendet. Das Halbkugel - Becken , mit Eiern gemeisselt, enthält die 
Zeichen: A.C. HM .L.M. (Laurentius Münch) & 1. W. M. — Kirchbuch. 

Glocken. 1) 1865. — 2) 1036 von Melch. Moehringk, mit Arabeskenfries 
und Wappen Ludwig Günthers. 90 cm Durchmesser. — 3) Ohne Inschrift, aus 
dem 14. Jahrhundert, mit Strick-Linien. 78 cm Durchmesser. 

WohnhailS Nr. 20. Spitsbogiger Thor-Eingang. [Thorfahrt daneben zerstört] — 
WohnhaUS Nr. 23. Thorfahrt, auf welcher oben: A.D. 15 83; CS. und ein Stein- 
raeti-Zeichen stehen, rundbogig, wie der Thor-Eingang daneben. 

2 KreilZSteine (einer in zwei Stücken liegend) am Wege nach Schaala. 



Eschdorf, südwestlich von Rudolstadt; um 1381 Esdorf. — Heise, Landes 
kalender 1801. - Martin, in Tbttring. VereinvZeitochr. 1887, & 188. - 8igiimund, Landes- 
kunde n, S. 88; 217 flb.r du SiegeL 

Kirche [an Stelle einer 1859 abgerissenen Marienkirche], 1863 gebaut, hoch 
und hübsch gelegen, klein, in romanischem Stil mit Apsis und dreischiffigem Lang- 
haus; Pfeiler und Gewölbe von Holz, steinartig überputzt; rundbogige Fenster und 
Thür; Dachreiter auf der Westseite, viereckig mit abgekanteten Ecken, darauf 
Achteck- Helm. Das Ganze von freundlicher Erscheinung. — Hei na e, S. 18. — 
8igiimund II, S. 33. 

Kelch von 1863. hübsch mit Barock- Verzierungen an Fuss und Knauf; Silber, 
vergoldet. 




22 



Fröbitz. Gbtkksdobf. 



KudoUtadt. 22 



Fröbitz, südwestlich von Rudolstadt; um 1381 Frowit, gehörte bis 1866 zum 
Amt Blankenburg. — Hesse, Landeskalender 1802. — Kiesewetter, in Thüring. Vereins- 
ZeHschr. 1879, 8. 150 u. Anm. - Martin, in Thüring. Vereins-Zeitachr. 1887, S. 183. - Sigis- 
mund, Landeskunde IL, 8. 51. 

[Rittergut, ehemals sächsische* Lehn der Herren ton Greussen, von Thüna, dann 
von Poseck, 1868 Herrn von Holleben-Nonnann gehörig. Nichts Altes von Bedeutung er- 
halten. — Beinse, & 24 - Sigismund, Landeskunde H, 8. 52; 217 ober das Siegel.] 



Geitersdorf, nordwestlich von Rudolstadt; um 1381 Judasdorf, 1529 Juders- 
dorf, 1538 Gudersdorf, 1664 Geutersdorf (Gothaiaches Archiv), gehörte den Besitzern 
von Kochberg unter kranichfelder Lehnshoheit (s. Bd. Saalfeld, S. 18. 140, die 
dortigen Angaben hiernach zu vervollständigen), so im 17. Jahrhundert den Schön- 
feld's, kam 1733 an Gotha, von Gotha beim Aussterben des Herzogshauses 1825 an 
Schwarzburg-Rudolstadt — B. Anemaller, Schriftl. IßttheiL - Martin, in Thflring. 
Vereins-ZeiUchr. 1887, S. 183. - Sigismund, Landeskunde IL S. SO; 218 Aber das Siegel 

Kirche, in schöner Lage hoch und frei, 1887 aufgefrischt (Inschrift an der 
Wetterfahne), doch alt Die ganze Anlage ist romanisch, von der Grundriss-Form : 

I ^ der Halbkreis-Schluss (Apsis) 2,5 m breit, das Chor-Rechteck, das den Thurm 

' ' trägt, 2,6 m lang, 4,5 m breit, das Langhaus 8,4 m laug, 6,7 m breit Von 

Einzelheiten des romanischen Baues sind noch erhalten: die Halbkuppel über dem 
Chorschluss, der Triumphbogen, ein einst kreisförmiges, jetzt viereckig verhauenes 
Fenster an der Ostseite, ein rundbogiges, später vergrössertes Fenster an der Süd- 
seite des Chorschlusses, während an der Langhaus - Südseite noch ein sehr kleines 
Rundbogen - Fenster geblieben ist Weitere Bauthätigkeit uiuss in der Spätgothik 
des 15. Jahrhunderts stattgefunden haben; von daher die dann wieder verhauene 
und verschmierte Sacramentnische in der Apsis, ein Rechteck, umzogen von einem 
Schweifbogen: f\ zwischen Fialen. Dann aus der Renaissance - Zeit des 16. Jahr- 
hunderts die rundbogigen Westthüren unten und zur Empore und das Rund- 
bogen-Fenster an der Langhaus-Südseite (östlich von dem romanischen). Schliess- 
lich aus neueren Zeiten, nach einem Brand von 1637, im Jahre 1654 etc.: die 
tonnenförmigen HoLzdecken über Chor und Langhaus, je ein rechteckiges Fenster 
an der nördlichen und südlichen Langhaus -Seite und der beschieferte Thurm -Auf- 
bau: Viereck - Geschoss mit achteckiger Schweifkuppel, Tabernakel -Aufsatz und 

Kuppelchen. — Brückner, SammL versch. Nachr. %. e. Bcschr. d. K. n. Schulenst im H. Gotha 
III, VL 176L 8. 46. - Sigismund U, 8. 31. 

Kanzel am südlichen Triumphbogen-Pfeiler, ans dem 17. Jahrhundert, vom Grund- 
rim: KJ, einfach, mit etwas geschnitzten Eckpfeilern und schlecht erneuerten Bildern des 
Evangelisten Johannes, Mosis, Christi, der Jacobsleiter, der Taufe Christi; Schalldeckel mit 
Schnitzwerk. 



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23 Rudolstadt, 



2 Wappentafeln im Langhaus an der südlichen Triumphbogen-Wand über- 
einander, auf geschweift geschnittenen Brettern gemalt, aus dem 18. Jahrhundert, 
das untere erneut. — Wappen, am Holzpfeiler der westlichen Orgelempore ge- 
malt, von: 1664. 

2 Altarleuchter aus dem 17. Jahrhundert, mit: SOD; — ANG am Fuss, 
gut gegliedert, hauptsächlich mit Wülsten und Kehlen. Bronze. 

Tauf schale von: Albrecht Günther Schreck und seinem Weib Ursula tb'51 in 
die Kirche zu: Geutersdorf geschenkt, rund, glatt, hochgebordet. Kupfer, vergoldet, sehr 
gross, 62 cm im Durchmesser. 

Weinflasche, von : Pf. Titerich Schiller 1709 „dieses Fieecho (aus dem italienischen : 
fiasoo) in die Kirche zu: Gitterschtorff" verehrt, sechseckig, mit Schraubdeckel. — Wein- 
kanne, 1652 von: Joh. Niclas Bresler, rund, mit Verzierungen am Henkel. Zinn 

Kelch, gothisch, gut. Fuss und Knauf sind aus dem 15. Jahrhundert; der 
Fuss rund, mit geschlagenen Kreuzen als Randmuster und der aufgelegten Figur 
des Gekreuzigten (ohne Kreuz); am Knauf Würfel mit: moxia und Rosetten auf 
Schmelzgrund; dazwischen scharf herausgetriebene Dreikante mit offenen Maass- 
werken. Der runde Schaft im IG. Jahrhundert gefertigt, mit getriebenen Ranken. 
Silber, vergoldet, 15 cm hoch. 

Hostienteller dazu, mit Sechspass im Boden. 

Glasbild im Fenster an der Süderapore, Wappen und Inschrift des DIP- 
BOLT VON SCHONFELT (Schönfeld) ZV RVDOLSTAT VND KOCHBERG 1591. 
Wappen und Helmdecke in Gelb und Schwarz auf Orangegrund; Kranz ringsum 
grün, oben und unten mit blauen, rothen und gelben Bändern gebunden. 

Glocken. 1) 1639 von Melchior Möring in Erfurt, mit Inschrift bezüglich auf Brand 
der Kirche und Glocken 1637 und mit: Gott, der nimmt und giebt, allein die Ehre. 
72 cm Durchmesser. — 2) 1700 von Joh. Rose in Volkstädt, mit dem Wappen von Sohön- 
feld, den Namen des Pfarrers etc. und: Gott gib Friede in deinem Lande, Glück und 
Heil su allem Stande. 56 cm Durchmesser. 



westsüdwestlich von Rudolstadt; slavischen Ursprungs, um 1381 
Galz Major, 1441 Groszengels, 1465 Goles, 1482 Güls, gehörte bis 1866 zum Amt 

Blankenburg. — Heese, Landeskalender 1802. — Martin, in Thann ff. Vereint-Zeitechr. 1887, 
& 133. — 8igiimnnd, Landeekonde n, 8. 56; 217 Aber das Siegel 



Kfrche. Grundriss-Form : |-' . Der 5,5 m lange, 4,7 m breite Chor, 

welcher den Thurm trägt, ist romanischer Anlage, wie das 8,3 m lange, 5,9 m breite 
Langhaus, und steckt etwas im Boden ; an Einzelheiten dieses Baues sind erhalten : 
der Triumphbogen, die rundbogige Westthür. Von einem gothischen Bau des 14. 
Jahrhunderts das aus den Wänden wachsende, spitzbogige, rippenlose Kreuzgewölbe 
des Chores mit einem von Weinlaub umgebenen (sehr überweissten) Christuskopf 
im Schlussstein, und das schmale Ostfenster. Sodann aus dem Mittelalter (unbe- 



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24 



Gbosmöutz. Kktlhau. 



Rudolstadt. 24 



stimmt) der massive Theil des Thurrabaues, welcher bis etwas über das Langhaus- 
Dach reicht und von Lichtspalten unterbrochen ist Die zwei Fenster der Lang- 
haus-Südseite sind vielleicht aus alten erweiterte, rundbogige. Das rechteckige 
Fenster der Chor - Südseite gehört neueren Zeiten an (die Nordseite der Kirche ist 
fensterlos), ebenso die geputzte Holzdecke des Langhauses, der beschieferte Thurm- 
Oberbau, viereckig mit achteckiger Schweifkuppel etc. Die letzte Restauration fand 
1857 statt. — Sigismund TL, 8. 67. 

Altartisch, alt, aus Stein. Darauf der jetzt überweisste Sockel eines Altar- 
werkes. [Dieses selbst ist nach 1863 in die katholische Kirche zu Rudolstadt 
(Figuren auch in das Schloss?) gekommen, s. dort] Darauf die Figur eines 
Christus, der mit dem Kreuze steht, von 1857, aus Holz, dreiviertel lebensgross. 

Tragekreuz von: /7.V0, besser geschnitzt, als die sonst in hiesigen Kirchen 
befindlichen (meist auffallend abscheulichen) Tragekreuze, mit Crucitix; an den drei 
frei endenden Kreuzarmen Engelsköpfe. Holz. 

Weinkanne, von: Anna Gro&chner 172.9, in gewöhnlicher Form. Zinn. 

Kelch, aus dem 15. Jahrhundert; zierliche Form bei breiten Ausladungen. 
Fuss rund mit geschlagenen Vierpässen: £3 als Randmuster; am Knauf Würfel 
mit: trmria +; am runden Schaft über bezw. unter dem Knauf: crifree bezw. 
t^ewe. Silber, vergoldet, 15 1 /» cm hoch. 

Hostienteller, mit: 1630; Wer mein Fleisch isset etc. Silber, vergoldet 

Kreuzstein südlich von Grossgölitz nach Leutnitz zu, auf der Höhe nahe 
einem Kreuzwege. 



Kdilhau, westlich von Rudolstadt; 1072 der saalfelder Benedictinerabtei ge- 
hörig (S. Eichfeld), um 1381 Kylhow, Kilhouwe. — Hesse, Landeskalender 1801. — 
Martin, in Thünng. Vereins - Zeitschr. 1887, 8. 133. - Sigismund, Landeskunde IL & 19; 216 
Aber das Siegel 

Kirche. Thurm jetzt im Westen, wohl romanischer Anlage und einst im 
Osten eines Gemeinderaumes als Chor - Rechteck , 3,4 m lang, 4 m breit im Erd- 
geschoss [an welches sich eine in den Spuren des Anschlusses an die Ostseite noch 
sichtbare Apsis ansetzte]. In diesem sind ans romanischer Zeit ein Kreisfenster an 
der Nordseite, sowie der [verstümmelte] Bogen nebst Kämpfern zum jetzigen Langhaus 
erhalten. Von einem spätgothischon Umbau [an der Altarwand fand sich früher die 
Jahreszahl: 1509] rühren das Kreuzgewölbe im Thurm - Erdgeschoss und die ver- 
stümmelte Spitzbogen -Thür vom Thurm oben zur Langhaus-Empore her. Im Uebrigen 
gehört die Kirche späterer Bauthätigkeit, besonders der Zeit von 1759 (Jahreszahl am 
obersten Thurmgeschoss) an und wurde 1844 reparirt Langhaus 13,3 m lang, 6,7 m 
breit, mit Holzdecke vom Querschnitt: ( ^ und Flachbogen-Fenstern. Auf dem 
hölzernen, beschieferten, obersten Thurmgeschoss achteckige Schweifkuppel, Taber- 
nakel-Aufsatz und Kuppel. — SigismundlLS. 20 nimmt irrig Neubau 1844 an. 



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25 Rudolstadt. 



Keilhaü Kikchhaskl. 



25 



Kanzel bau, hinter dem Altar, von 1844, in neudassischem Stil. 
[Altarwerk, 1844 verkauft. — Sigismund II, a. &. 0.] 

Taufkanne, von: Joh. Paul 1749, in geschweifter Form, mit rundem, durch- 
brochenem Fuss, recht zierlich. Zinn, 23 cm hoch. 

Kelch, spätgothisch , aus dem 16. Jahrhundert, mit rundem Fuss, gedrückt- 
apf eiförmigem, geripptem Knauf und einer (abweichend vom gewöhnlichen Schema) 
zwischen Anlauf und unterem Schafttheil eingeschobenen, dünnen, sechseckigen 
Platte. Kupfer, vergoldet, 17 l / 2 cm hoch. Hostienteller dazu, mit gravirtem 
Kreuz und dazwischen: C.C.N.S. 

Glocken. 1) 1598 von Hermann Konnigk (König) in Erfurt, mit: Gottes 
Wort bleibet ewig, den Namen des Pfarrers etc., Arabeskenfries, zweimal dem Re- 
lief des Evangelisten Johannes und Sprüchen am Rande. 86 cm Durchmesser. — 
2) 1837. 

(Baropsthurm auf dem südwestlich von Keilhau sich erhöhenden Steiger, Aus- 
sichtethurm, zur Erinnerung an das Jubiläum von Barop (f 1878) errichtet, dem Direktor 
der von Frtbel 1817 begründeten Erziehungs-Anstalt in Keilhau.) 



Kirchhasel, ostuordöstlicb von Rudolstadt; 1404 Hagala, Hasala, Hassela, 
Hasla; Herren von Hasla 1327 genannt — Büchner, Geecb. d. St Rudoist, s. 88. - 
Heue, Landeskalonder 1801. — Kfimmerer, Maler. Topogr. r. Schwanbarg 180«, 2. Heft, Ansicht 
rem Kirchhasel mit Unterbat«L - Sigismund, Landeskunde IL S. 29; 217 Ober das Siegel. 

Kirche, von sehr eigenartiger Anlage durch den Thurmbau. Derselbe steht 
im Norden, tritt fast ganz aus der Kirche heraus und macht durchaus den Ein- 
druck eines ursprünglich festen, einzolstehenden , später erst für eine Kirche be- 
nutzten Thurmes. Zwei hauptsachliche Bauzeiten und eine Wiederherstellungs-Zeit 
lassen sich an ihm wahrnehmen. In kreisförmigem Grundriss steigt der Hauptbau 
bis zu einer Höhe von ungefähr 14 m in etwa 30 verschieden, aber meist sehr 
hohen Schichten auf. Die unteren, etwa 20 Schichten (also bis zu einer Höhe 
von ungefähr 8 m) auf einfachem, nur aus Abschrägung gebildetem Sockelgesims, 
rühren aus dem Anfange des 14. Jahrhunderts her und sind von sehr fester Fügung, 
mit ziemlich grossen, tiefen (ungenau verstrichenen) Fugen, sowie mit einem 
kleinen Spitzbogen-Fenster an der Westseite unten und mit Fensterschlitzen in den 
oberen Geschossen der Ost- und West -Seite. Die 10 oberen Schichten, welche 
an kleineren und regelmässigen Fugen kenntlich sind, gehören dem Bau an, den 
die Kirche 1500 erfuhr; wohl damals erst wurde auch unten an der Ost- und 
West-Seite je ein kleines Spitzbogen-Fenster durchgebrochen, an der Nordseite die 
aus einem Stein gearbeitete, schweifbogige (YY> Heiligenblende eingefügt. Zu der- 
selben Zeit muss nun der Thurm auch höher geführt worden sein. Der Rundbau 
wurde dabei durch einfache, vortretende Dreikante in ein achteckiges, etwa 6 m 
hohes Geschoss übergeführt, welches gleichartige, also gleichzeitige Steinfugung wie 



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KlRCHHABKL 



Rudolstadt. 26 



der obere Theil des Rundbaues zeigt. An dem rechten (westlichen) Dreikant der 
Nordseite ist eine stilisirte Lilie angoarbeitet, welche (des Ortsnamens) wegen „von 
der Ortssage sonderbar genug als Haselstrauch gedeutet wird" ; solche Verzierungen 
mögen auch an den übrigen Dreikanten vorhanden gewesen, später aber abgearbeitet 
worden sein. Jede der acht Seiten des Oberbaues erhielt ein Kleebogen - Fenster, 
schon mit ruudbogiger Umziehung der Kleebögen ; darauf folgt ein Steingesims vom 
Profil: Y Darauf, aus dein 18. Jahrhundert, bezw. von 1804, ein Holzgesims und 
der achteckige, durch Einziehung schlanker werdende Thurmkelin. So hat dieser 
Thurm, wenn auch bei Gelegenheit des übrigen Kirchenbaues 1669 und im 18. Jahr- 
hundert stark reparirt, genügend den alten Charakter gewahrt. Im Innern eines 
3,4 m im Durchmesser haltenden Erdgeschosses findet sich noch an der Ostseite 
ein festgemauerter Steinaltar und daneben eine rechteckige Sacramentsnische als Zeug- 
niss gottesdienstlicher Benutzung, sei es vor dem übrigen Kirchenbau, sei es, dass 
das Thurm-Erdgeschoss erst bei Gelegenheit des jetzigen Kirchenbaues zur Sacristei 
eingerichtet wurde; den Raum deckt eine stark überhöhte Kuppel mit rundbogigen 
Stichkappen nach den beiden Fenstern und nach der südlich anstossenden Kirche. 
Eine Spitzbogen-Thür führt hinein ; eine ebensolche, später rundbogig gehauene, vor 
dem ersten Thurm-Obergeschoss zur Empore. Im Uebrigen giebt die Kirche, welche 
zuletzt nach 1862, wo sie sehr baufällig war, 1864 gründlich ausgebessert wurde 
(Inschrift-Tafel innen an der Westwand), zu keinen besonderen Betrachtungen An- 
lass. Altar- und Gemeinde-Raum bilden gemeinsam ein Rechteck von 20,3 m Länge 
und 6,5 m Breite. Sie sind gothischer Anlage ; von daher die einfache, spitzbogige 
Sacramentsnische an der Ostseite des Chores und das schlank spitzbogige Fenster 
ebenda. Aus dem 16. Jahrhundert stammt die Rundbogen -Thür an der Nordseite 
(nach Westen zu). Aus den letzten Jahrhunderten stammen die tonuenförmige 
Holzdecke, die Thür an der Nordseite östlich vom Thurm in Korbbogen - Form : 
r > > , die spitzbogigen Fenster der Südseite, von welchen zwei östlich, drei westlich 
von dem übrigens modernen Sacristei-Vorbau liegen, zwischen den letzteren eine 
rundbogige Thür mit kleinem Spitzbogen-Fenster darüber, an der Ost- und West- 
Seite oben die kloinen Rechteck-Fenster (von denen das letztere die Profilirung im 
18. Jahrhundert verräth). In Folge der neuen Restauration sieht die Südfront recht 
gut und sauber aus, während das Innere, welches durch Feuchtigkeit stark gelitten 
hat, einer erneuten, bedeutenden Reparatur mit genügender Entwässerung der 

Grundfeuchtigkeit aussen etc.) bedarf. — Heime, 8 18 — Sigismund, Lmdeekunde 
I, 8. 211; II, 8. 29. 

[Tauf stein, jetzt in Rudolstadt im Schloss, s. dort] 

Kanzel an der Südwand, auf einer (modernen) Säule, in einfachem Barock 
dos 18. Jahrhunderts, Halbkugel-Console mit etwas Schnitzerei, darauf die Kanzel 
in fünf Seiten des Achtecks, doch mit Verlängerung durch Seitenbrüstungen, welche 
die von der Sacristei her führende Kanzelbrflcke einfassen, so dass der Grundriss: 
> entsteht. Auf den Rundbogen - Feldern der Brüstungen, welche durch 



Säulchen getheilt sind, Gemälde: Moses, Christus als Kind, als Auf- 
erstehender, Petrus, Paulus, die vier Evangelisten. 

Altarwerk, geöffnet, hinter dem Altar an der Oberwand des Verschlages 
befestigt, welcher den Osttheil der Kirche abtrennt, daher sehr gut sichtbar (doch 




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27 Rudolstadt. 



KlRCHHASEL, ÜNTKBBA8BL. 




sind die Flügel festgenagelt, also nicht mehr drehbar, und die Aussenseiten mit 
ihren Malereien nicht zu sehen). Saalfelder Arbeit aus dem Anfang des 16. Jahr- 
hunderts. Figuren, im Mittelschrein Maria mit dem Kind zwischen paarweise oben 
und unten angeordneten Heiligen: Elisabeth und Petrus. Magdalena und Paulus. 
In den Seitenflügeln, in gleicher Anordnung links wohl Aegidius (mit dem Lamm 
auf seinem Buch), ein heiliger Bischof, Martin (der Tracht nach sicher, trotz einer 
offenbar durch Verwechselung entstandenen Unterschrift : Öebaftiam>6) und Lauren- 
tius, rechts Nikolaus, Ulrich, Katharina und Barbara. Mittelgute Arbeit, jedoch 
sehr gut erhalten, auch in den Abzeichen der Heiligen, Farben, Vergoldungen und 
den sehr künstlich geschnitzten Baldachinen. — Sigismund I, S. 216; II, S. 29. 

Kelch, gestiftet 1601 von G. Heunsch, laut Inschrift an der Kuppe in einer 
mit Greifenkßpfen gravirten Cartouche. Sechspass-Fuss mit Fries um den Schaft, 
Birnknaut Silber, vergoldet, 23 1 /, cm hoch. 

Glocken. 1) 1793 von Job. Mayer unter Fürst Lndwig Friedrich wiedergegossen, 
mit Rocoooo- Fries und dem schwarzburgischen Wappen. 120 cm Durch messer. — 2) Neu. 
— 8) 1793 ?on Job. Mayer. 77 cm Durchmesser. 

Pfarrhaus. An der Westseite vermauerte Thüren aus dem 16. Jahrhundert. 

[Rittergüter von Cellarius, Beinhardt und Vitzthum, zerschlagen. — Sigismund 
II, S. ».] 

3 KreUZ8teine in der Flur. 



Unterhasel, südlich von Kirchhasel; Niederhasla. — Hesse, Landeskalender 1801. 
— Sigismund, Landeskunde II, S. 29. 

[Kapelle, mit Flachbogen-Thür, rechteckigen Fenstern und Staffelgiebel, 1850 
abgebrochen. — Sigismund».». O.J 




Kleingölitz. Lichstedt. 



Rudolstadt. 28 



Kleingölitz, westsüdwestlich von Rudolstadt (s. Grossgölitz) ; um 1381 Galz 
minor, 1411 Wenyngen Gels, 1465 Goless, 1482 Ghulss, gehörte bis 1866 zum Amt 
Blankenburg. — Martin, in Thttring. Vereins-Zeitacbr. 1887, S. 183. — Sigismund, Landes 
künde II, 8. 66. 

Kirche, [mit Benutzung einer Kapelle mit Altaren der Heiligen Laurentius 
und Caecilia, welche 1465 einen Vikar erhielt, 1482 von Kath. Markgraf aus Erfurt 
beschenkt, im 17. Jahrhundert zur Kirche erweitert wurde] 1734 gebaut (Jahreszahl 
über der Südthflr), 1854 restaurirt; bescheiden. Der in drei Seiten geschlossene 
Altarraum und der Gemeinderaum zusammen 15,3 m lang, 5,9 m breit; geputzte 
Holztonne, Rundbogen-Fenster an den drei Schlussseiten und der Südseite, in der 
Mitte der letzteren die rechteckige Thür mit Sturz: y , etwas profilirt; an der 
Nordseite eine rechteckige Thür zur Empore, dem jetzigen Boden-Unterschied zufolge 
aussen nur wenige Stufen hoch. Auf der Westseite ein kleiner, beschieferter Dach- 
reiter, viereckig, mit achteckiger Schweifkuppel etc. — Heins», S. 24. — Sigis- 
mund, Landeskunde II, S. 56. 

Altar, alt, von Stein. 

Kanzelbau an der Ostwand, von 1854, vor einer Balustraden-Brüstung, im 
Grundriss: {J, etwas geschnitzt; Holz, weiss mit Gold. 

1 Altarwerk-Flügel auf dem Thurmboden, sehr verlöschte Gemälde, innen 
der heilige Georg, aussen Mauritius. 

Tragekreut auf dem Dachboden, von: 1707, mit leidlichem Grucifix. Holz. 

2 Leuchter, von: 1769, mit dreifläohigem Fuss und rundem Schaft. 
Taufkanne, von: M.H.W. 1744, in geschweifter Form. — Weinkanne, mit: 

N. CM. W64. Zinn. — 8 Kelche, deren einer von: H.T.R. 1723, einer von: 1778, 
der dritte aus der Zeit um 1780, alle mit rundem Fuss. Zinn. 

Klingelbeutel, von: 1732, mit hübscher Seidenstickerei. 

Glocken. 1) Ohne Inschrift, breite Form des 14. Jahrhunderts. 39 cm 
Durchmesser. — 2) 1816. 



Lichstedt, westlich von Rudolstadt; um 1381 Lichste. - Heise, Landeskalender 
1801. - Martin, in Thflriug. Vereins-Zeitschr. 1887, 8.133. — Sigismund, Landeskunde II, S.20. 
-Wernobnrg, in Erfurter Akad. Jahrb. 1884, S. 62. 

Kirche |an Stelle einer aus dem 18. Jahrhundert], von Geh. Baurath Brecht 
1867 gebaut, in romanischem Stil mit Apsis, Sparrendecke im Langhaus, geschmack- 
voller, steinerner West-Empore auf Pfeilern und Flachbogen, mit gepaarten Rund- 
bogen-Fenstern. Von der ältesten, an dieser Stelle befindlichen, romanischen Kirche 
sind ein rundbogiger Portalrest an der Westseite (die Säulen selbst sind neu) be- 



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29 Rudolstadt. 



29 



nutzt und der Unterbau des jetzt im Westen stehenden Thurmes erhalten [das 
Langhaus der alten Kirche war westlich vom Thurm] ; darauf ein Oberbau mit 
Kleebogen-Fonstern : /\ und Satteldach gesetzt, welches einen achteckigen Dachreiter 
mit Helm trägt; dies nimmt sich recht gut aus. — Brecht, Mittheil — Sigismund, 
Landest U, 8. 20, aber die alte Kirche. 

Kanzel, neu, an der Nordseite, einfach, hübsch, von Sandstein; ebenso der 
Taufstein. 

[Altarwerk, nach 1863 fortgekommen. — Sigismund I, 8. 216; IL S. 2L] 

2 Oelgemälde im Thurm - Erdgeschoss , Brustbildnisse des Geheimeraths 

Freiherrn Christian von Ketelhodt und seines Sohnes Gerhard, in geschnitzten 

Roccoco- Rahmen. 

2 Glocken. 1878. 

[Das Obere Gut oder der Oberhoff gehörte denen von Haldeck. 1626 
wurde es verpachtet, 1642 gegen das Rittergut zu Ilm dem Conrad Wolf von 
Gräffendorff vertauscht, 1665 an Heinrich von Hayn verkauft; dessen Sohn ver- 
kaufte es 1686 an Burckhardt von Woltframsdorf und dieser 1699 an Jost Christoph 
von Hten. Das Untere Gut oder der Unterhoff, sonst Erbgut, wurde 1569 
von H. Wilhelm von Hoff zu Mannslehn „offerirt". 1608 kaufte es Kammerjunker 
von Rottleben, 1668 Heinrich von Hayn, 1685 Julius von Kolba, 1699 Jobst 
Christian von Ilten, 1715 Hauptmann Levin von Ilten, 1718 Geheimerath G. Ulrich 
von Beulwitz, 1719 Anna Sabina Sophia Schmidt, geb. von Wibliz, 1724 Hans 
Michael Becher, 1732 Wilhelm von Hahn, 1735 Levin von Ilten; 1743 erkaufte 
beide Mannlehngüter Hofrath von Ketelhodt. Der Kanzler und Geheimerath 
Chr. Ulr. von Ketelhodt, welcher 1769 hier ein Rosenfest stiftete, baute sich ein 
Lustschlösschen, dessen Portal mit reich ausgebildetem Vereinigungs- Wappen 
von Ketelhodt und Beulwitz, wie mit denen von Wolfframsdorf und Ilten als der 
Vorbesitzer geschmückt war. Auch eine sculpirte Balustrade, ein hübsch angelegter 
Garten mit einem Pavillon in japanischem Stil, einer kleinen Einsiedelei, einem 
Stein mit Reliefs der Musen, einen» Kreuz, einer Pegasusfigur als Wind-Anzeiger 
und anderen, für den Geschmack der Zeit charakteristischen Anlagen waren dort. 
1849 ward das Gut von Gustav von Ketelhodt an Herrn Sänger verkauft und zer- 
schlagen; alle Bauten und Anlagen sind verschwunden. — RAnemüller, Schriftl. 
Mittheil. - HR, Lichstedt, du Ketelhodtiache Tusculum, Frankenhausen 1773, halbpoetische Be- 
schreibung nebet Ansicht des Dorfes und des Rittergutes von Lange. — Sigismund, Landeskunde 
IL & 21.] 



Milbitz bei Teichel, nordnordwestlich von Rudolstadt; der Sage nach Stamm- 
sitz einer adeligen Familie von Milbitz, um 1381 Milwitz. Der Ort gehörte den 
Besitzern von Grosskochberg unter kranichfeldcr Lehnshoheit (s. Geitersdorf), kam 
1733 unter Gotha, 1825 an Schwarzburg - Rudolstadt. — Martin, in Thflring. Vereins- 
Zeitocbr. 1887, S. 138. — Sigismund, Landeskunde n, 8. 85; 216 aber das SiegeL 



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30 Milbitz. Rudolstadt 30 



Kirchs. Grundriss-Form : j |— 1 . Aussen an der nördlichen Langhaus- 
Mauer ist ein Stein eingesetzt, welcher eine leere Mittelfläche und eine durch Ver- 
witterung, dann wohl durch willkürlich restaurirende Nachmcisselung sehr ungewisse 
Umschrift hat (die Stellen, wo die Schrift umbricht, sind hier durch Striche ange- 
geben): ÄI?I?0 DOflll . mCCCLXXI — HI . RLS . (Kalendas) 3V.I - IÄHR (?) 

(?. fllÄ . GVI? (?) IOB (?) — fllÄ . BGS (Pf. Gehring las dies: Milbet, 

für Milbitz) 60S +. Der Stein wird gewöhnlich für den einer Bau-Inschrift ge- 
halten; er scheint mir der Form nach mehr für einen Grabstein [mit verwitterter 
und dann abgemcisselter Mittelfläche] zu passen, kann aber, als vom Jahre 1374 
stammend und bei einein bald darauf erfolgenden Bau der Kirche verwendet, für 
das ungefähre Alter der Kirche herangezogen werden. Ausser zwei Fenstern an 
der Ostseite, welche schlanke Spitzbogen-Form hatten, jetzt aber rechteckig verhauen 
sind, und einem steinernen Kreuz auf dem Ostgiebel , welches , der Sage nach im 
dreissigjährigen Kriege von der alten Kirche herabgeschossen, der Rest eines 
gothischen Fenster - Maasswerkes ist, verräth sie keine in das Mittelalter zurück- 
reichende Bauthätigkeit, sondern nur solche von 1696, 1868 (diese Jahreszahl mit 
rother Farbe auf die Mittelfläche des vorher erwähnten Steines gestrichen) etc., 
zuletzt 1887. Sie ist 14 m lang, 5,4 m breit; der Westthurm, im Erdgeschoss durch 
einen jetzt rundbogigen Tragebogen gegen das Langhaus geöffnet, quadratisch, 
3,5 m lang und breit. Holzdcckcn, im Langhaus tonnenförmig , im Thurm-Erd- 
geschoss flach. Rechteckige Fenster und Thüren, nur die an der Thurm-Nordseite 
etwas flach gebogen. Thurm von 1751, Oberbau beschiefert, achteckig mit Schweif- 
kuppel etc. Durch die letzte Auffrischung hat die Kirche aussen wie innen ein 

sauberes Aussehen bekommen. — Brackner, Samml. veneh. Nachr. etc. in H. Gotha m, 
VI, 1761, S. 72. - Fragebogen-Beantwortung vom früheren Pfarrer in Milbiti, Gehring, jetrt in 
Teichel. - Sigismund II, S. 36. 

[Crucifix, jetzt im Besitze des Herrn Pfarrers Gehring in Teichel, siehe 
dort.] 

Kelch, spätgothisch, aus dem 15. Jahrhundert Fuss rund, mit Crucifix und 
mit Vierblättern: £3 als Randmuster; am Knauf Würfel mit: iheep«, dazwischen 
schräg gezogene Maasswerke. Am Schaft über bezw. unter dem Knauf: avt marla 
bezw. bilf gor. Silber, vergoldet, 19 cm hoch. — Hostienteller, mit Weihe- 
kreuz. 

Glocken. 1) 1773 von El. Gottfr. Hahn zu Gotha, mit dem Spruch aus 
Luc. 14,17 und Namen des Pf. Jacobi. 70 cm Durchmesser. — 2) Ohne Inschrift, 
aus dem 15. Jahrhundert, mit Strick - Linien , soll aus einem zwischen Milbitz und 
Heilsberg gelegenen, im dreissigjährigen Kriege zerstörten Dorf stammen. 63 cm 
Durchmesser. 



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31 Rudolstadt Mörla. Obkkwikbach. 31 



Mörla, westlich von Rudolstadt; Morlach, Mörlach, Morln, gehörte den Be- 
sitzern von Kochberg unter kranichfelder Hoheit (s. Geitersdorf), kam 173.1 an Gotha, 
1825 an Schwarzburg-Rudolstadt — Sigismund, Landeskunde II, S.86; 217 aber dasSiegel. 

Kirch 6, aus unserem Jahrhundert, einfaches Rechteck von 10,11 m Länge 
und 7,1 m Breite, mit Flachdecke und Flachbogcn-Fenstern ; östlich ein Dachreiter. 
— (Brückner, Samml Tersch. Nachr. III, VI, S. 46 Ober die alte Kirche.) 

Glocke, 1799 von Chr. Aug. Mayer in Rudolstadt mit: Soli Deo Gloria. 46 cm 
Durch tu easer. 



Oberwirbach, südsüdwestlich von Rudolstadt ; um 1381 Wirbach, gehörte bis 

1866 zum Amt Blankenburg. — Hesse, Landeekalender 1802. — Martin, in Thflring. 
Vereint-Zeitochr. 1887, a 188. — Sigismund, Landeskunde IL S. 63. 

Kirche, hoch und steil gelegen, wie der ganze Ort, daher malerisch wirkend 

(soll zum Kloster Paulinzelle gehört haben), romanisch. Grundriss-Form : i r-K 

Der halbkreisförmige Chorschluss (Apsis) 2,7 m breit , noch mit Halb- ' I— ^ ' 

knppel und zwei kleinen, rundbogigen Fenstern nach Osten bezw. nach Süden, 
letzteres nachgearbeitet Im 2,3 m langen, 4,2 m breiten Chor-Rechteck, welches 
den Thurm trägt, ist die flache Holzdecke erneut, wie das Südfenster, da- 
gegen stehen noch die alten Chorbogen und Triumphbogen mit ihren Pfeiler- 
gesimsen, letzteres mit dem Profil der umgekehrten, attischen Basis: 
In dein 8,8 m langen, 4,2 m breiten Langhaus ist die tonnenförmige Holz- 
decke neu; zwei kleine Fenster der Südseite und die Thür noch rundbogig, 
romanisch, zwei rechteckige Fenster neben der Thür neu. Der Westgiebel ist ab- 
getreppt von einer spätgothischen Bauzeit her (s. Sacramentshäuschen und Glocke). 
Thurm im massiven Theil mit Lichtspalten, darauf ein viereckiges, beschiefertes Ge- 
schoss mit Schweifkuppel, von 1710, wie die Jahreszahl der Wetterfahne bezeugt 
Die Kirche wurde zuletzt 1890 erneut, d. h. angestrichen und zwar wohl in der 
sonderbarsten Weise, die man sich für ein Gotteshaus denken kann: das Aeussere 
weiss mit himmelblauen Eckquadern, das ganze Innere himmelblau. — Sigismund, 

Landeskunde II, a. a. 0. 

Sacramentshäuschen in der Nordost -Ecke des Chor - Rechtecks , spät- 
gothisch; auf hohem Sockel eine Säule, darauf der Schrein mit rundbogiger, von 
einem Schweifbogen: C\ umzogenen Oeffnung. 

Kanzel am südlichen Triumphbogen-Pfeiler, einfach, im Grundrias: KJ. Hol«. 

Glocken. 1) 1799 von Christian Aug. Mayer in Rudolstadt — 2) 15 > III 
(1508) von Eckh. Kucher. 51 cm Durchmesser. 



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32 Pflanzwirbach. Rudolstadt. 



Pflanzwirbach, nordwestlich von Rudolstadt; gehörte bis 1733 den Besitzern 
von Kochberg unter Lehnshoheit der Besitzer von Kranichfeld (s. Geitersdorf), 
wurde dann gothaisch und Amtsdorf von Kranichfeld, kam beim Aussterben des 
gothaischen Herzogshauses 1825 an Schwarzburg-Rudolstadt. — Sigismund, Landes- 
kunde 11, S. 30. 



Kirche. Grundriss-Form : I ; der Osttheil in der Anlage romanisch, 

die 2,3 m lange, 3,2 in breite Apsis, jetzt Sacristei, mit Halbkuppel und spitzbogig 
erweitertem Ostfenster; ferner das 2,0 m lange, 4,3 in breite, durch Rundbögen 
nach Ost und West geöffnete Thurm - Erdgeschoss , jetzt Chor (dessen Südfenster 
erst in spätgothischer Zeit rechteckig, dann nochmals nach oben vergrössert ist) und 
das 8,1) ni lange, b\6 in breite Langhaus, wenigstens in dem Osttheil, wo wir an der 
Nordseite oben ein später vergrössertes Rundbogen-Fenster gewahren. Das zweite, 
rechteckige Fenster au der Nordseite des Langhauses ist aus neuerer Zeit, ebenso 
die zwei Rechteck - Fenster seiner Südseite, die rundbogige Thür an der Westseite 
unten (diese mit Verwendung einer älteren) und die flachbogige ebenda zur Em- 
pore, die flache Holzdecke im Chor und die tonnenförinige im Langbaus, das auf dein 
Chor unmittelbar ruhende, viereckige, beschieferte Thurm - Obergeschoss mit acht- 
eckigem Helm. Die ganze Kirche ist 1658 „neu eingerichtet", 1843 im Innern und 
um 1870 im Ganzen restaurirt. Die Emporen - Brüstungen sind mit Bildern aus 
dem alten und neuen Testament bemalt, auch diese bei der letzten Restauration 
aufgefrischt. — Brückner, Samml. veraeh. Nacbr. etc. HI, VI, 8. 46. — Sigismund a, a. 0. 

Kanzelbau hinter dem Altar, aus dem 18. Jahrhundert, Brüstung auf Säulen ; 
die Kanzel im Grundriss : vortretend, mit Ecksäulchen und (erneuerten) Bildern 
des Jesaias, David, Christus und Moses. 

[Altarwerk, von 1505, im Jahre 1870 an den Agenten Unger in Erfurt 
verkauft, einer in der Kirche hängenden Photographie nach eine ausgezeichnete saal- 
felder Arbeit, mit den Figuren der Maria mit dem Kind zwischon den Heiligen 
Katharina und Ursula im Mittelschrein und denen der Heiligen Erhard und Niko- 
laus, sowie Jacobus d. Aelt. und Laurentius an den Innenseiten der Seitenflügel 
(an den Aussenseiten jedenfalls Malereien), trefflich erhalten, auch in den Baldachinen. 
- Sigismund, Landeskunde I, S. 215. 216; IL S. 30.] 

Weinkanne, 1658 von Paul B realer. — Kelch, aus dem 18. Jahrhundert, mit 
rundem, oben getriebenem Fuss und vasenförmigem Knauf. Zinn. 

Kelch, aus dem 17. Jahrhundert; Fuss rund, Knanf gedrückt- kugelig mit 
wagerechter Theilungsleiste. Silber, vergoldet, 18 cm hoch. 

Glocken. 1) 1581, mit: Aus dem Feuer bin ich entsprossen., Erhart Kucher 
hat mich gegossen, und mit Lilien- und Blätter - Fries. 90 cm Durchmesser. — 
2) 1801 von Chr. Aug. Mayer in Rudolstadt, 

KrdllZStein am unteren Ende des Dorfes [früher drei], angeblich zur Er- 
innerung an eine Mordthat. — Sigismund IL S. 30. 



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33 Rudolstadt 



QUITTKLBDORF. 



Quittelsdorf, westsüdwestlich von Rudolstadt; Guittelsdorf, Quittildorf, seit 
1137 erwähnt, 1292 Quitilsdorf mit einer Pfarrkirche (An em all er, Urt v. P*albudle, 
S. 120), um 1381 Quetelsdorf, gehörte bis 1866 zum Amt Blankenburg. — Hesse, 
Lsndoskalender 1802. - Martin, in Thnring. Vereins-Zeitschr. 1887, 8.188. — Sigiimnnd, 
Landeskunde IL 8. 60; 216 über das Siegel. 

Kirche, einst | I. Der Thurm ist (laut Inschrift: TLmo bni 

des heiligen Wenzel. m°ccccc 0 piu in We fancrt feorgt ince« t 

Grundriss - Form : « □ P*i> &.op»e per tne nicolat) btwnt _T 

an der Südfront) von 1513 (nach Einsturz 1509), im Erdgeschoss 3,1 m lang und 
ebenso breit ; er erhebt sich in mehreren, durch drei Gesimse getrennten Geschossen, 
welche unten Lichtspalten, im 1. Obergeschoss spätgothische [der Mittelpfosten be- 
raubte] Maasswerk - Fenster haben. An seiner Westfront Spuren eines hier auf- 
steigenden Treppenlaufes oder Giebeldaches. Auf dem Thurm ein beschieferter 
Aufbau; über vier Giebeln ein Viereck-Geschoss, eine vierseitige, daher besser als 
sonst wirkende Schweifkuppel, achteckiger, grosser Tabernakel-Aufsatz und Schweif- 
kuppel; dieser Bau von: 1778, welche Jahreszahl nebst Kamm und Gabel sich auf 
der Wetterfahne befindet. An diesen Thurm bau wurde 1790 die Kirche neugebaut 
(Jahreszahl aussen an der Südseite im Sockelstein der Ost^Ecke), 23,3 m lang, 
13,5 m breit, mit tonnenförmiger Holzdecke und flachbogigen Fenstern und Thüren. 
Ein Sacramentschrein [welcher sich in dem abgerissenen, spätgothischen Chor 
befunden hatte] wurde innen an der Ostseite, soweit er erhalten war, wieder ver- 
mauert; es ist eine Rundbogen - Oeffnung , umzogen von einem Schweifbogen: f\, 
dann rechteckig und mit Bleml-Maass werken in der Füllung versehen [das Uebrige 
zerstört]. — Heins«, 8. 26. — Sigismund a. a. O. 

Die innere Ausstattung ist schon neuclassisch , Alles von Holz, weiss mit 
Gold. 

Emporen in zwei Geschossen um die beiden Langseiten und die Westseite 
geführt, freier als sonst, auf Pfosten und Flachbögen. Der Altarraum ist durch 
Schranken vom Grundriss: " mit offenen Balustraden hübsch abgeschlossen. 
Herrschaftsstand an der Chor -Nordseite, in Fortsetzung des ersten Emporen- 
geschosses, mit Fruchtsträngen an den Brüstungen, Zahnschnitt-Gebälk und Urnen- 
Aufsätzen. 

Altar, geschweift, sarkophagähnlich, wie in Hassleben (s. Bau- u. Kunst- 
denkm. Thüring., Bd. Weimar, S. 11). — Kanzel bau als Sacristeiwand vor der 
Ostseite; Erdgeschoss mit drei Flachbogen-Durchgängen, getheilt durch ionische 
Pilaster und Säulen, welche an der Mitteltheilung durch Vortreten der ziemlich 
gehäuften Gliederungen übereck stehen, so dass sie hübsch den Altartisch ein- 
fassen ; auf dem verkröpften Gebälk ruhen an den Seiten Balustraden , in der 
Mitte ein gedoppeltes (doublirtes) , korinthisches Pilasterpaar , dazwischen die 
Kanzel, so tief und mächtig, dass sie, auch das Erdgeschoss- Gebälk durchbrechend, 
vortritt und zwar auf glockenförmiger Console, im Grundriss rund, im Aufriss: S, 
belegt mit einigen starken Akanthusblättern und Fruchtschnüren ; dies von statt- 
licher, schöner Wirkung. Ueber dem oberen, rundbogigen Kanzel-Eingang und den 

Bn- and Kniutdcaltm. Thüringen» Schnwili.-Rud'ilhUdt I. 3 




34 



Rudolstadt 34 



korinthischen Pilastern, von welchen sich noch Voluten und Fruchtschnüre herab- 
ziehen, ruht ein verkröpftes, römisch-korinthisches Consolen-Gebälk mit der in der 
Mitte halbkreisförmig vortretenden Schalldeckel - Einfassung (der Deckel selbst ist 
fortgelassen). 

Taufgestell, mit: A.N. V.B. 17.96' am Deckel, pokalförmig, rund, mit 
Balusterschaft und Halbkugel-Becken ; einigo aufgelegte Akanthusblätter und Frucht- 
stränge. 

Gotteskasten, im Thurm-Erdgeschoss, aus dem 16. Jahrhundert, mit Eisen- 
beschlag. Darin eine aus alten Zeiten stammende, mächtige Zange zum Ver- 
setzen von Bausteinen (welche nach Mittheilung dos Geheimen Bauraths Brecht 
genau in die Versatz-Löcher der Quadern an der Paulinzeller Kirche passte). 

2 Altarleuchter, mit: Magdalena Elisabeth Schilling bexw.: J. E. Schilling 
17.97 am dreiflächigen Fuss, in bekannter Form und Verzierungsweise. Zinn. 

Glocken. 1) Interessant. Zinnenfries, magnificerer • bne + Alberto« • 
trpter • pibne (plobanus, Pfarrer) + marr « rofenberger • got« • mieb • + Ttnno 
• bomint • m » ccccc • tm • + ct>m • DcrbDtn • caro • factum • tft . Fries von ein- 
ander schneidenden Rundbögen mit verzierten Spitzen und Bögen. Am unteren 
Rand : + • o • « • wen^eelae • or<* • pro • nobt« • + + ib« + + najarewe + 
+ rer + + ioöeorom +. 125 cm Durchmesser. — 2) 1777 von Joh. Mayer in 
Rudolstadt, mit Namen des Pfarrers etc. DO cm Durchmesser. — 3) 1786 von 
Mayer, mit Namen des Pfarrers und: GLORIA IN EXCELSIS DEO. 75 cm 

Durchmesser. — Pfarrer Daniel, früher in Quittelidorf, «hriftl. Mitthea - Sigismund I, 
S. 219, t. TL falsch. 

Grabstein aussen an der Südseite des Langhauses, östlich vom Thurm, 
Wappen und Inschrift eines Herrn von Wurmb, t 1732. 

Rittergut, ehemals der Herren von Mosikau, dann Muffel, von Wurmb, 
seit 1H27 fürstliches Kammergut. Das Schloss ein einfacher Bau aus der 1. Hälfte 
des 18. Jahrhundorts; an der Hausthür Wappen und verschlungeno Buchstaben des 
Ludwig A. von Wurmb. Im Innern einige Oofcn aus dem Ende des 18. Jahr- 
hunderts, mit dem Lüneburger Pferd auf Gussplatten. [Möbel sind von hier nach 
Schloss Rathsfeld gekommen, doch dort Nichts von Bedeutung, s. Heft Franken- 
hausen-Schlotheim, S. 61. J — Am Stallgebäudo eine Wetterfahne mit: L.A. 
v. Wurmb 1721. — Sigismund a. a. 0. 



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35 Rudolstadt. 



Rudolstadt. 



35 




Westansicht des Schlosses zu Rudolstadt. 



Rudolstadt, sagenhafter Gründung eines Rudolf im 7. Jahrhundert, dessen 
erste Ansiedlung in der Altstadt bei der Ludwigsburg gewesen sein soll, im hers- 
felder Güterverzeichniss Rudolfestatt, 1227 Rudolvestat mit einer Pfarrkirche, deren 
Patronat von den Grafen von Orlamflnde dem Kloster Langhoim gegeben wurde 
(Schultei, Direct dipL II), 1200 Rudolfstat genannt, tritt erst hervor mit der Herr- 
schaft der Grafen von Schwarzburg-Blankenburg. Diese kamen, wie es scheint, im 
13. Jahrhundert vorübergehend, in der 1. Hälfte des 14. Jahrhunderts dauernd in 
den bis dahin den Grafen von Orlamünde (welche noch 1338 das Kirchenpatronat 
vergaben) gehörenden Besitz (s. Geschichte des Amtsgerichtsbezirks). 1306 wird 
ausdrücklich die untere Burg erwähnt (es war also die obere ebenfalls vorhanden), 
1334 die untere Burg und die eine Hälfte der Stadt mit einem Thurm, die obere 
Burg mit der anderen Stadthälfte und die Andreaskirchc nebst Kapellen bezw. einer 
Burgkapelle. Im Grafenkriege wurde 1345 die Stadt von den Verbündeten des 
Landgrafen Friedrich erobert, dabei der Annahme nach das damals vorhandene 
Stadthaus und die untere Burg zerstört. Der Meinung, dass die untere Burg seit- 
dem nicht wieder aufgebaut worden sei, wird entgegengesetzt, dass 1346 wieder 
zwei feste Häuser erwähnt werden, dass 1730 an der für die untere Burg ge- 
haltenen Stelle ein Thurm vorhanden gewesen (s. unten Ludwigsburg). Die Stadt 
wurde unter Günther XXVIII. , vielleicht um die Verluste bei der Belagerung zu 
ersetzen, vielleicht wegen Unsicherheit der Nachbardörfer, mit 26 Familien aus 
diesen besiedelt und wurde zum ersten Male Residenz einer eigenen Herrscher- 
linie, allerdings nur bis 1413. 1397 besass sie Marktrecht und zwei Jahrmärkte; 
das älteste Stadtrecht, das wir kennen, ist von 1404, ihm entspricht das Vorhanden- 

3* 



36 



Rudolstadt. 



Rudolstadt 36 



sein eines neuen Rathhauses. Die Gerichte über die Stadt aber liess Günther sich 
bezw. seiner Tochter (V, nach Apfelitedt, Stammtafeln, war er kinderloi) vom Kaiser 
verschreiben; das Patronat über die Andreaskirche übernahm er selbst und ent- 
schädigte das Kloster Langheim durch das Patronat über die Elisabethkapelle am 
Markte. Stadtgerechtigkeit 1412. Von Günthers XXVIII. Nachfolgern wissen wir, 
dass Heinrich XXVI. gern in Rudolstadt Hof hielt; er hat auch dort gebaut (ihm 
wurde ein Sohn, Günther der Mittlere, 1450 in der dortigen Burg geboren und seine 
Gemahlin hatte die Stadt als Wittwensitz bestimmt bekommen). Ebenso sein ältester 
Sohn Günther XXXVI. 1454 angelegtes Feuer. 1563 Schankgerechtigkeit. 1485 
und später entstanden Stiftungen für Kranke und arme Reisende. Seit dem 16. 
Jahrhundert begann Rudolstadt die alte Hauptstadt Blankenburg zu verdrängen 
(abgesehen von den vorübergehenden Residenzen eigener Linien), besonders seit- 
dem Heinrich XXXII. dort als Prinz wohnte (später als regierender Graf in Arn- 
stadt) und seine Gemahlin, die heldenmüthige Katharina von Henneberg, dort ihren 
Wittwensitz hatte (1538—1567). Doch gewann es seine eigentliche Bedeutung erst, 
als Albert VII. es 1571 zur Hauptstadt seines ganzen Landes machte. Albert's drei 
Söhne und Nachfolger thaten viel für die Stadt, besonders der mittelste, Ludwig 
Günther I. (1605—1645) ; unter ihm entstand der grosse Stadtkirchen-Bau, die Stadt 
litt jedoch auch im Kriege. Unter seinem Nachfolger Albrecht Anton (t 1710) 
wurde die Neustadt angelegt, doch erst im 18. Jahrhundert planmässig bebaut. 
Friedrich Anton (1718—1744) liess 1735 nach dem Brande das Schloss neu auf- 
bauen, sein Bruder, Ludwig Günther, damals Prinz, baute für sich die Ludwigsburg. 
Er kam nach der Regierung von Johann Friedlich (1744—1764), welcher Künste 
und Wissenschafton zu fördern suchte und in seinen menschenfreundlichen Be- 
strebungen von seiner edlen Gattin Bernhardine, Herzogin von Weimar, unterstützt 
wurde, selber auf den Thron (Ludwig Günther IL, 1767 — 1790), ein geistvoller 
und kunstsinniger Fürst. Abgesehen von anderen Industriezweigen, welche Kunst 
und Kunstgewerbe betreffen, hatte Rudolstadt im vorigen Jahrhundert Bedeutung 
durch die dort eine Zeit lang sehr blühende, fürstliche Porzellanfabrik (mit dem 
Zeichen: R) und durch die hier bezw. in Volkstedt befindliche Glockengiesserei 
von Mayer, dessen Familie seit dem 16. Jahrhundert weithin Ruf genoss und zahl- 
reiche Glocken in Thüringen goss. Eine besondere Bodeutung gewinnt sie auch 
durch öftere Studien Schillert daselbst für sein Lied von der Glocke. Des Dichters 
Aufenthalt 1788 in Rudolstadt steht in Zusammenhang mit der Kunstpflege am Hofe 
Ludwig Günther 's und seiner Gemahlin Sophie Henriette, Gräfin von Reuss und 
weckt manche Erinnerungen, an Schiller's Charlotte, an seine erste Begegnung mit 
Goethe, die hier stattfand. Seit 1787 wurde die Stadt durch Abbrechen der Be- 
festigung freundlicher gestaltet Den Nachfolgern Ludwig Günther's fehlten die 
Mittel, um ihre Absichten, die Stadt zu verschönern, auszuführen. Ludwig Fried- 
rich II. (1703—1807) baute ihr ein Theater und andere Gebäude, doch in beschei- 
dener Weise. In neuester Zeit des Aufschwunges hat zwar die Stadt auch schmuck- 
vollere öffentliche und Privat- Gebäude erhalten; doch hat sie immer noch 
weniger den Charakter einer Residenz, als eines anmuthigen, durch reizvolle Lage 
hervortretenden Landstädtchens. 

B. An em All er, Gesehichtibüder. — B. Anemolter, in ThOring. Vereint-Zeiteehr. 1889 (N. 
F. VI), 8. 373 t, Plünderung von 1640. - Becbatein. Thüringen (Maler, u. romant Deutscht III), 



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37 Rudolstadt. 



Rudolstadt, Stadtkirche. 



37 



2. AoiL, 8. 92 f. il Anm. — Büchner, Geschichte der Stadt Rudolstadt 1804. — Gregorii, D. j. 
dornende Thüringen, 8. 189 f. — Heime, Alterthumskunde <LF. Scbw -Rudolst, 8. 16t — Heu«, 
Blankenburg, S. 22, Anm. 46. — He sie, Rudolstadt u. Schwanburg 1816, mit Ansicht von Westen ans* 
von Martini; die Ansicht auch einzeln ersch. — Hesse, in Thüringen u. <L Hars IV, 1841, 8. 195 f. 
mit Ansicht von Westen ans. — Heydenreich, Histor. d. H. Schwaraburg 1743, 8. 416 (im Exemplar 
d. rudolst. fBrstL BibL interessante hdschr. Notizen am Ende d. SuppL). - Jo vi us, Chronik, 8. 124. 204. 
812 (1306). 342 (634). 336 (1345«. 337. - Kimmerer, Maler. Topogr. v. Schwarzbarg 1802, 1. Heft, 
darin Ansichten d. St von Ost u. West, in Kupferst — Merian, Topogr. Saxon. super. 1650, S. 61. 
— Micbelsen, Rechtsdeokmale ans Thüringen 1863, S. 199 f. 203 f. 207 C Aber das Stadtrecht von 
1404 und später, mit Literatur-Angaben ; bei Nr. 101 Besitzer tu Orte der Herrschaft — Obbarius, 
Rudolst o. s. romant Umgebungen 1853, 8. 6. 33 f. mit 2 lith. Stadt-Ansichten. — (Otto) Thnringia 
sacra, S. 483. — (Pfefferkörn) Thüring. Chronik 1599, S. 324. 342 f. - Renovans, Chronik 
der etc. Stadt Rudolstadt 1860. — Rohbock. Ansichten der Stadt und des Marktplatzes um 1850, 
Kest von Poppet, Oeder, Hablitschek, Sammlung Lange. — Rothe, Chronik, S. 1793. — Rudolph!, 
Gotha diplom. U, S. 248. - 8agittarius, Histor. der Grafsch. Gleichen 1732. — Sigismund. 
Landeskunde LT, S. 12 f.; 216 Ober das Siegel — Spangenberg, Querforter Chronik, S. 53. — 
8teehele, in Thflring. Vereins-Zeitschr. 1879 (N. F. I), 8. 126, nach Wenck, Hessische Landes- 
geschichte LT, 8. 208 f. bezw. Land an, in Hess. Vereins-Zeitschr. X (Herafelder Gaterverzeichnias 
oder Brevier des Lollns, in der Zeit um 875 verfasst, in Abschrift nm 1200 vorhanden); vgL 
Dronke, Trad. fuld, & 38 — Thüring. Chronica n. d. Alphab. 1712, 8. 301 1 — Treiber, GeechL- 
o. Landesbeschr. 1756. a 128. - O. Walther, Gesch. d. Rndolst Legate u. Stiftungen 1845. — 
O. Walther, in Thüring. Vereins-Zeitachr. 1891 (N. F. VI), & 409-443, wichtiger Aufsatt über 
Gräfin Katharina u. ihre Zeit — Wernebnrg, in Erfurter Akad. Jahrb. 1884, 8. 53. — 8oph. 
Williams in Berlin, Photographien. 



Stadtkirche [ehemals des heiligen Andreas. Die ältere Kirche war bereits 
1227 Pfarrkirche mit Altären des Andreas, Nikolaus, Cyriacas, der Maria, des 
heiligen Kreuzes und der Bruderschaft des Leibes Christi. Ablassbriefe von 1333 
und 1477 verrathen Bauthätigkeit in jenen Zeiten. Die erste Bauzeit hängt wohl 
mit der Uebergabe des Patronats von den Grafen von Orlamünde an das Kloster 
Langheim zusammen, welches Patronat 1404 wieder auf die Landesherren, die Grafen 
von Schwarzburg, überging]. 1508 wurde der Thurm neu gebaut, 1634—1636 das 
Langhaus unter Leitung des reuss - geraischen Baumeisters Jac. Huber unter Auf- 
sicht des schwarzburgischen Oberamtmanns von Crackau. (Eine Wand-Inschrift, 
bezüglich auf den Baumeister, am östlichen Fenster der Südseite bei der Treppe 
zum Sacristei - Obergeschoss ist 1824 überwoisst worden; aber: ib'3-5 nebst dem 
grossen, geschnitzten und farbigen Wappen sowie den Anfangsbuchstaben des 
Ludwig Günther, Grafen zu Schwarzburg und Hohnstein, befindet sich am Triumph- 
bogen.) Die Kirche wurde 1640 von den Schweden entweiht, jedoch wenig be- 
schädigt, der Thurm 1765 nach Blitzschlag erneuert. Die Kirche wirkt zwar ganz 
einheitlich, bildet aber ein eigenthümliches Gemisch von Gothik und Barock. 

Ueberall Kreuzgewölbe, über dem Chor, über den drei gleich hohen Schiffen 
des Langhauses (Hallenkirche) und den Thurm - Nebenbauten , welche die -i 
Seitenschiffe nach Westen fortsetzen. Die Pfeiler, auf Sockeln vom Profil: — j 
aufsteigend , sind einfach achteckig und haben Kämpfer vom Profil : \ . 
An den Wänden, auch denen der Thurm-Nebenbauten dafür Consolen von *g 
der Form, welche die Abbildung (s. S. 39) zeigt (Das Deckglied ist nioht ganz i 



Kirchliche Gebäude. 




3H Rudolstadt, Stadtkirche. Rudolstadt. 38 



richtig gezeichnet, insofern die Linien mit denjenigen Linien, welche die Qaaderong vor- 
stellen, keinen einheitlichen Verschwindungspunkt haben.) Triumphbogen und 
Scheidebögen sind rundbogig, der erstere an jeder Seite mit dem Profil: 
Alle diese Bildungen sind von Stein. Von Holz sind dann in zum Theil anmuthiger, 
zum Theil doch auch spielender Weise Engel bezw. Engelsköpfe gearbeitet und an 
den Schlussstcincn und Kappenmitten befestigt. Die Fenster sind regelmässig 
angeordnet und gut, spitzbogig, dreitheilig, mit Fisch-Maasswerken : ff gefällt, in 
den Profile« gekehlt 





— i i i i — »—+--» — »Ii i 1 f- 

Grundriss der Stadtkirche zu Rudolstadt. 



Das Aeusscrc der Kirche ist schlicht; Strebepfeiler, welche ringsum vortreten, 
sind vom Sockelgesims umzogen , dann nochmals von einem Gesims in Fenster- 
bank-Höhe umgürtet («loch läuft kein Kaffgesims herum), oben mit Pultdächern ab- 
geschlossen. Den grössten architektonischen Schmuck der Kirche bildet das rund- 
bogige Südportal des Langhauses (s. S. 40), welches, noch der alten Kirche ent- 
stammend, die beste deutsche Renaissance bekundet. Am Architrav befindet sich das 
Steinmetz- , . Die Pfeiler und Zwickel sind mit Beschlagmustern sauber ge- 
Zeichen: 7. meisselt, ebenso die Wandstreifen, vor denen die eiufassenden 
dorischen Säulen frei vortreten. Diese ruhen auf Sockeln mit Löwenköpfen. Löwen- 
köpfe, Fratzenköpfe und ein geflügelter Engelskopf wechseln mit Beschlagmustern 
am Fries des Gebälkes ab, über dem das grosse schwarzburgische Wappen zwischen 
den auf dem Gebälk lagernden wilden Mann und Frau die Bekrönung bildet. Die 
hölzernen Thürflügel haben auch noch ihren alten, trefflichen Beschlag in ver- 
schlungenen Mustern und einem Krieger als Schlossschild bewahrt. Das einfachere 



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39 



Rudolstadt, Stadtkirche. 



Gitter, welches die zu diesem Portal führende Freitreppe einfasst, stammt aus dem 
18. Jahrhundert. Nordportal, wie das Südportal, nur etwas verwitterter und ohne 
Freitreppe. Zwei in die Seitenschiffe führende Westportale sind stark verwittert, 
rundbogig, von Hermenpfeilern eingefasst, welche auf den mit einem Kopf verzierten 
Postamenten schuppenverzierte Schafte und schon 
barocke, toscanische Capitelle haben ; verkröpftes Ge- 
bälk mit Köpfen zwischen Band-Verschlingungeu im 
Fries; Aufsatz mit Wappen ganz barock, aus dem 
17. Jahrhundert. Aber der Beschlag der Flügel ist 
noch der des 16. Jahrhunderts. An der Rinne des 
Sacristei-Daches ein Wasserspeier. Beschlag an der 
Thür zum achteckig vortretenden Treppenhaus (auf 
der Nordseite an der Ecko zwischen Chor und Lang- 
haus) aus dem 16. Jahrhundert. Der Thurmbau, der 
in Folge der Nebenbauten unten nur an der West- 
front zur Geltung kommt, ist schmucklos, mit recht- 
eckigen Fenstern und drei th eilenden Gesimsen. 
Darüber ein Viereck-Geschoss mit Fischmaasswerk- 
Fenstern ; dann der Barock-Aufbau, von überputztem 
Fachwerk, nämlich vier oben etwas geschweifte Zier- 
giebel, deren im Grundriss kreuzförmige Anordnung: 
j — i. es ermöglicht, dass dachreiterartig ein viereckiger, 
^ — r kleiner, beschieferter Aufsatz sich erhebt, den 
eine Zwiebel kuppel , dann Achteck - Tabernakel und 
Zwiebelkuppel von doppelter Ausbauchung krönen. 
Auf der Wetterfahne : 170b'. So endet der Thurmbau 
zwar nicht kirchlich, aber ganz heiter lebendig und 
wirkt aus der Ferne, wo man auch die schlechte, un- 
solide Ausführung nicht sieht, mit dem Schlossthurm 
zusammen recht malerisch. 

A Dom All er, Geschichtsbilder, S. 13 f. mit Innenansicht nach dem Chor hin. — Bischof, in 
Ort wein, Deutsche Renaissance VII, 1884-1887, Abth. LVIU, Tat 9. 10, Portal u. Einielheiten. - 
Gregorii, S. 190. — Hesse, Rudolstadt u. Schwartbarg, BL 32 u. Ann. 68 mit Literatur d. Ur- 
kunde von 1227; S. SB. 46. 47. 87 f. - Obbarius, Rudolstadt 1853, S. & - Thflring. Chronica n. 
d. Alphab. 1712, S. 802. - Treiber, Geschl.- u. LandeBbeechr. 1756, 8. 129. - Chr. Zeh, Nach- 
von der sonst Andreask. u. der jet«. Stadtk. in Rudolst 1838, mit Grundriss, darin Angabe 




Console in der Stadtkirche 



Die durchweg in Holz hergestellte Ausstattung der Kirche ist eine mit dem 
Bau zusammenhängende und einheitliche. 

Emporen ziehen sich in zwei Geschossen die Seitenschiffe entlang; zu rühmen 
ist, dass sie die Stein - Architektur frei lassen, indem sie nur bis zur Hälfte der 
Seitenschiffe vortreten und auch genügend unter den Gewölben enden. Unten 
laufen an den Langseiten auf toscanischen Säulen Flachbögen entlang, mit ge- 
schnitzten Beschlagmustern gefüllt; sie sind durch consolartige Pilasterstreifen von 
interessanter Bildung getrennt, welche zur Vermittelung zwischen den unteren Säulen 
und den die Brüstungsfelder des unteren Emporengeschosses theilenden Wand- 
säulchen dienen. Diese Wandsäulchen und die die Brüstungsfelder nochmals über 



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40 



Rudolstadt, Stadtkirche. 



Rudolstadt 40 



den Bogenscheiteln theilenden Pilaster haben die mannigfaltigsten, wenn auch weist 
in gewöhnlicher Zimmermannskunst geschnitzten Muster. Ebenso die Theilungs- 
gliederungen des zweiten Emporengeschosses, dessen Stützen (Aber den unteren, 
toscanischen Säulen) eine Art Couibination : in der unteren Hälfte Candelaber, in 
der oberen toscanische Pfeiler, bilden. Die Brüstungsfelder selbst sind mit Bildern 




SUdportal der Stadtkirche zu Rudolstadt. 



aus dem neuen Testament von lebhafter, bisweilen roher Ausführung bemalt ge- 
wesen, welche bei der letzten Restauration zum Theil übermalt, zum Theil durch 
gemalte Ornamente ersetzt Sind. — Biichof, Deutsche Benaisgance, Tat l. 

Der Fürsten- und Adels-Stand nehmen als geschlossene Emporen (der 
erstere als erstes, die letzteren als zweites und drittes Geschoss) den Raum zwischen 
dem 1. und 2. Langhaus-Pfeiler der Nordseite ein. An sich in einfacher Architektur 



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41 Rudolstadt. 



Rudolstadt, Stadtkirehe. 



41 



gehalten, durch einen Mittelpfosten in je zwei Abtheilungen getheilt, hat die Vorder- 
front eine höchst merkwürdige Bereicherung durch den Stammbaum des schwarz- 
borgischen Geschlechtes erhalten. Unten stehen als Stützen der ersten Empore die 
zwei Schildhalter des schwarzburgischen Wappens, der sogenannte wilde Mann 
und die wilde Frau, welche freilich hier nicht phantastisch wild, sondern Modell- 
Figuren gleichend geschnitzt, etwas hart und steif, auch durch die naturalistische 
Färbung auffallend, doch sorgfältig, auch in Einzelheiten gut behandelt sind. Sie 
halten in den von einander abgewendeten Händen Stangen [deren früher vorhandene Fahnen- 
Weher beseitigt sind], in den einander zugewendeten Händen aber ein ovales, von einer 
weiss und golden gemalten Cartouche umrahmtes Schild, in welchem eine lateinische In- 
schrift in Gold auf Schwarz den Grafen Ludwig Günther als Wiederhereteller der zer- 
störten, aber von 1684 ab in zwei Jahren glänzend erbauten Kirche rühmt Wappen des 
Grafen (t 1646) und seiner Gemahlin Emilie Antonie. Gräfin von Oldenburg (f 1670) sind 
darüber auf Blech gemalt Ganz naturalistisch ist der Baum geschnitzt, welcher in der 
Mitte des Fürstenstandes vom Fussboden aufsteigt, von dem Schild und den Wappen ver- 
deckt wird, dann aber sich rechts und links in zwei Hauptasto spaltet Diese umziehen 
die Vorderseite der ersten Empore, hier an den oberen Ecken der Brüstung mit zwei 
Wappenschildern besetzt Dann verzweigt sich jeder dieser beiden Acste (während der 
Mittelstamm nochmals über der ersten Empore am Mittelpfosten aufsteigt) weiter in künst- 
licher Weise in einen kurzen Seitenast welcher an der Brüstung eres zweiten (für den Adel 
gebauten) Emporengeschossea unten mit Wappen endet, dann in einen starken Ast, welcher 
an den Ecken in die Höbe steigt, sich an der genannten Brüstung oben und an der dritten 
Emporenbrüstung verästelt und stets an den Enden mit Wappen besteckt ist, und schliess- 
lich in mehrere dünne Zweige, welche an den Pfeilern neben dem Fürstenstand in die 
Höbe klettern und überall an den Enden mit Wappen besteckt sind. An den beiden 
ersten Brüstungen haben ausser dem Stammbaum figürliche Darstellungen Platz ge- 
funden, welche auf die Herrscherfamilie Bezug haben, und zwar unten frei gearbeitete 
Figuren auf einem Hintergrund, oben zwei Flachreliefs. Unten kniet zu beiden 
Seiten des Crucifixes die Familie des Grafen Albert VII. Hier hat der Künstler, um 
bei Geschlechts-Trennung und sehr verschiedener Personenzabl den Raum einigermaaseen 
gleich zu füllen, links die vier erwachsenen Männer und einen Knaben im Profil hinter- 
einander knieend dargestellt (die Erwachsenen alle in eintönigster Weise ganz gleichmassig 
knieend, betend, gerüstet, den Helm zu Füssen), die acht Frauen anf der rechten Hälfte 
aber als von vorn gesehen (ebenso geschmacklos gleichartig in Figuren und Stellung). 
Schilder mit Inschriften unter den Dargestellten enthalten ihre Lobens - Angaben. (Links 
Albert VII., | 1537. und seine Söhne Carl Günther, f 1630 in Kranichfeld; Ludwig 
Günther, noch ohne Ausfüllung dos Todesjahres; Albert Günther, geb. 1580, f 1634 in 
Erfurt, und auf der gleichen Tafel Heinrich Günther, geb. 1588, f 1589 ; — auf der rechten 
Seite Albert's VDL erste Gemahlin Juliane von Nassau , t 1588, und auf derselben Tafel 
seine zweite Gemahlin Elisabeth von Leiningen, t 1617 in Leutenberg; die Töchter der 
ersten Ehe Elisabeth Juliane, noch ohne Ausfüllung des Todesjahres, und auf der gleichen 
Tafel Sophie, f 1630; Magdalene, ohne Ausfüllung des Todesjahres, und auf der gleichen 
Tafel noch Sibylle, t 1623; Katharina Maria und Dorothea Susanna, beide ohne Todesjahr.) 
Unterhalb der Lebens-Angaben befinden sich noch einige lafeln mit Wahlsprüchen. Alles 
dies von Holz. An der Brüstung der zweiten Empore sind in Holz-Einfassung zwei 
vergoldete Blechtafeln befestigt, welche flache, getriebene Reliefs enthalten, rechts der 




42 



Rudolstadt, Stadtkirche. 



Rudolstadt 42 



Unterschrift nach Graf Albert, vor dem in Wolken thronenden, dreieinigen Gott 
knieend, links Karl Günther und dessen Gemahlin Sophie von Anhalt, den in 
Wolken stehcndon Heiland verehrend. Die Gesammtwirkung des Fürstenstandes 

wird zu stark durch diese 
Figuren beeinflusst. Die 
heraldisch gemalten Wappen, 
die braunen Aeste mit grü- 
nem Blattwerk sind in den 
Farben stumpf gehalten und 
gehen daher gut zusammen; 
dagegen wirken die an den 
Brüstungsflächen der Em- 
poren angebrachten Reliefs 
um so greller durch das sehr 
glänzende Gold der Figuren 
und Schnörkelverzierungen, 
das tiefe Schwarz der Hinter- 
grunds-Flächen und dasWeiss 
der geschnitzten Umrahmun- 
gen. — Das Innere des 
Fürstenstandes ist an den 
Fensterrahmen mit einigen 
derben Stuck - Ornamenten 
versehen ; ebensolche zieren 
eine rechteckige, vom Für- 
stenstand zur allgemeinen 
Empore führende Thür. Diese 
enthält ausserdem noch an den 
Seitenpfosten Hermenpfeiler mit 
grotesken Menschen - Oberkör- 
pern, an den Verknüpfungen des 
Sturzgesimses weibliche Masken- 
köpfe und als Aufsatz einen 
dem Walllisch entsteigenden 
Jonas, Alles von geringer Grösse 
und Bedeutung. Ebenfalls nicht 
gross, aber besser ausgeführt 
sind die sechs Hochreliefs 
in Cartouchen-Medaillons an 
der durch verzierte Balken 
in Felder getheilten Decke: 
Satan als Ankläger, Christus 
neben Gottvater , Petrus. 
Moses, der gute Hirt, Jo- 
hannes, den Heiland verkün- 
Kanzcl in*dcrjStadtkirche zu Rudolstadt. dend, alle durch Bibelsprüche 




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43 Rudolstadt. 



Rudolstadt, Stadtkirche. 



43 



Heese, in Thüringen u. d. Harz IV, 8. 240. 

1636. - Zeh, Andrea« Ic, 8. 16 



0h 




erklärt — A nemo Her, Geachiehtobflder, S. 15 f. 
— Obbarint, Rudolstadt a.a.O. — Scheibe, 
n. Anm., mit der Haupt-Inschrift 

Kirchstühle au den Wänden des Chores und des Langhauses, aus der 
Bauzeit der Kirche, mit aufgelegtem Schnitzwerk an den Rückenlehnen in Form 
von Blendbögen zwischen Hermenpfeilern und unter Gesimsen; die des Chores 
verhältnissmässig reich. — Bischof, in Deutsche Renaissance, Tat 9. 

Kanzel am südlichen Triumphbogen-Pfeiler, 
von einem erfurter Bildschnitzer 163(5 vollendet; 
auf einer lebensgrossen Mosesfigur und Halbkugel- 
Console, vom Grundriss: i^/; doch schliesst sich 
noch ein Stück Brüstung von zwei Feldern bis zur 
Wand des Triumphbogens an. (Durch eine Oeffnung 
in dieser Wand geht der Weg von der Sacristei zur 
Kanzel.) Mit den Wand-Ansohlüssen entstehen so zusammen zehn 
Rundbogen-Felder, an welohen kleine, recht schlechte Reliefs den 
Traum Jacobs, Moses am feurigen Busch, Isaaks Opferung, Joseph's 
Brüder den Becher findend, die eherne Schlange, Jonas' Meorfahrt, 
David und Goliath, Simsou mit den Thoren von Ghaza, die Weihe der 
Bundeslade und Elias' Himmelfahrt darstellen. Die Felder tren- 
nend, treten ebenfalls ohne besondere Sorgfalt, doch ganz flott 
geschnitzte Figuren vor : Es sind Jeremias, David, Daniel, Samuel, 
Maleachi, Arnos, Jesaias, Zacharias und Ezechiel; oben und unten 
Engelsköpfe und allerlei Schnörkelwerk. Der Sohalldccke) ist ganz 
in Aufsätze (Etagen) und Schnörkel aufgelöst; an den Ecken der 
ersten und in der Mitte des zweiten Aufsatzes stehen die Apostel 
Marcus, Jacobns, Matthäus, Matthias, Lucas, Thomas und Johannes: 
in oberst der segnende Christus. Alles im entartetsten Barock, 
zwar von lebendiger Wirkung, doch ohne Ernst und Würde. 
Holz, die Figuren farbig, das Uebrige weiss, schwarz und 
golden. Eiserne Stützen, welche den Schalldeckel tragen 
helfen, sind sehr hübsch geschmiedet. - Anemflllor, Geschichts- 
bilder, 8. 21. — Rothmaler, Weiheprodigt 168fl; danach Zeh, Andreas- 
kirehe, S. 22. 

Altar- Aufsatz, von Graf Ludwig Günther gestiftet, 
ausgeführt in spätem, derbem Barock, hoch aufgebaut in drei 
immer schmaler werdenden Geschossen. Das Ganze ist eine Um- 
rahmung für drei ältere Gemälde, welche früher einen Flügel- 
altar bildeten. Der Sockel, mit Schnörkeln, Fruchtgehängen und 
einer Inschrift-Tafel (darin : Hetr bleibe bei uns etc.) versehen, 
erweitert sich S-förmig. Darauf «las einstige Mittelbild des 
Altarwerkes, als Einfassung zwei auf Consolen mit Löwenköpfen ruhende, ionische 
Säulen , neben diesen durchbrochen geschnittene Einfassung« - Bretter mit dem 
Pelikan, Früchten und Schnörkelverzierungen. Auf verkröpftem. weit vorragendem 
Gebälk ruht der Aufsatz mit dem einen Flügelbild, cingefasst von gepaarten, 
korinthischen Säulen, ausserhalb deren noch auf Consolen Muschelnischen mit einer 



Eiserne Stütze 
an der Kanzel 
in der Stadt kirchc 
zu Rudolstadt. 



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44 Rudolstadt, Stadtkirche. Rudolstadt. 44 



männlichen und einer weiblichen Gestalt» Dann wiederum auf verkröpftem Gebälk 
das andere Flügelgemälde zwischen Hermenpfeilern und zuoberst Gebälk und ein 
Crucifix, zu dessen Füssen ein Engel liegt Der Gesammt-Eindruck des braun mit 
Weiss und Gold gestrichenen Holzbaues ist reich und, abgesehen von den Schnörkeln 
der Einfassungs-Bretter, gefällig. Das unterste, grösste der Altarbilder zeigt 
jetzt links Adam und Eva unter dem Baum der Erkenntniss, rechts die Ver- 
kündigung und dazwischen auf Goldgrund Maria in Wolken stehend als Königin. 
Die Gemälde sind 183ß stark restaurirt worden; dabei ist offenbar das Mittelstück 
am leidlichsten, wenn auch in süsslicher Vcrflauung, erhalten geblieben; die Ver- 
kündigung stark übermalt , das erste Menschenpaar ganz neu gemalt [der Ueber- 
lieferung nach an Stelle einiger (heiliger oder verehrender?) Bischöfe]. Das zweite 
Gemälde stellt die Geburt Christi, das oberste die Anbetung der Könige dar ; diese 
beiden Bilder sind bei der Restauration nur in den Gesichtern übermalt, gestatten 
daher ein Urtheil über die ursprüngliche Malerei. Danach gehört sie der Schule 
Wohlgemuth's an und ist namentlich in den Farben frisch und saftig, so dass mit 
dem gemusterten Goldgrund und den in flachem Relief gemusterten Baldachinen 
zusammen ein prächtiger Eindruck hervorgerufen wird. — An ein aller, Geschichts- 
bilder, S. 2t. Danach iat die Tafel mit: Herr biet/* bei tau etc. 1836 Uber ein bis dahin dort befind- 
liches Gemälde des Abendmahls eingefügt; dann ist also das Abendmahls -Gemälde ganz beseitig 
worden. Dann aber soll anf dem folgenden Gemälde, auf welchem anf der einen Seite der Sündenfall 
dargestellt ist, vor der Restauration, in der Mitte der gekreuzigte Heiland, rechts die Heimsuchung 
gemalt gewesen sein. Dies kann ich mir nicht recht erklären. Die Ueberlieferang der Heimsuchung 
kann allenfalls anf Verwechselung mit der Verkündigung beruhen, da die Geistlichen vor 60 Jahren 
wenig in der Darstellung der Legenden bewandert waren ; dass aber die durchaus protestantische Dar- 
stellung des Gekreuzigten 1836 durch die speciell katholische der Himmelskönigin ersetzt worden seiii 
soll, ist schwer zu denken. Zudem ist trotz der Uebermalung die Malweise derselben, besonders die 
Compositum anseboinend die ursprüngliche. Dagegen siebt der Sundenfall modern genug aus. um an 
seiner Stelle, auch besser in die Composition passend, an die erwähnten Bischöfe so denken. Weiter- 
hin stimmt An emulier in den Angaben: Geburt und Anbetung mit dem jetzigen Inhalt der Bilder 
übereilt - Sigismund II, 8. 6. - Zeh, S. 5. 

Grabstein an der Altar-Rückwand. Inschrift mit: Ich weiss, dass mein etc. 
(Hiob 19) auf länglich-runder Tafel, umgeben von Wappen, dann nochmals von der 
viereckigen Umrahmung mit Umschrift für die wohledle, ehr- und tugendsame Jung- 
frau Anna Barbara von Schönfeld, f K>40. Sandstein. 

Gedenktafel für Georg von Schönfeld (t 1590) und seine Familie, gross, 
an der südlichen Triumphbogen-Wand, durch die hier angebrachte Kanzel im linken, 
oberen Stück zerstört, auch in der ganzen Wirkung geschädigt, jedoch seit 1879 
wenigstens von den angebauten Emporen befreit (A). Sie ist das hervorragendste 
Denkmal der Kirche. Die untere, auf Löwen ruhende Platte enthält in Cartouchen- 
Umrahmung eine merkwürdiger Weise nur die linke Hälfte einnehmende Inschrift 
in Gold auf Schwarz : 

HVC THEOWALDE TVI P08VISTI MEMBRA PARENTIS 

HVC ETIAM MATRIS COLLIGI8 088A TVAE 

VT QVIBV8 IN THALAMO SEX PER SEXENNIA CONCORS 

MEN8 FVIT HOS EADEM CONTEOAT VRNA DV08 

ILLE SVB HOC ANNO VIVA8 EST NATV8 IN AVRAS 

RV8TICA QVO 8AEVIT SEDITIONE COHOR8 

HAEC EST NATA SVB HA8 AVRAS POST ILLIV8 ORTVM 



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45 Rudolstadt. 



Rudolstadt, Stadtkirche. 



45 



EXACTI8 ANN 18 QVATVOR ATQVE DECEM 

ILLE DEO CARV8 PATRIAMQVE SVOSQVE RELIQVIT 

CVM TRIBVS VT FVERANT LV8TRA PERACTA DECEM 

HAEC DEVOTA DEO PATRIAMQVE 8VOSQVE RELIQVIT 

CVM TER SEX MENSES LVSTRA DBCEMQVE VIDET 

CHRI8TE TVO 8CHOENEFELDA DOMV8 8IT MVNERE FELIX 

STET VIOEAT CRESCAT PROLE FAVORE BONI8. — H . MAIVS FC. 

(Hierher hast da gebracht, Theobald, dia Glieder des Vater* 

Und hier sammeltest da auch deiner Matter Gebein. 

Das», wie im Ebegemach durch sechs mal seebse der Jahre 

Ihnen einig der Sinn, berge die Urne die Zwei. 

Jener ward im selbigen Jahr «nm Liebte geboren, 

Da im Aufruhr wild tobte die bäurische Schaar (1925). 

Diese ward geboren xum Liebte nach Jenes Erscheinen, 

AU verfloaien an Zeit Tiere der Jahre and sehn. 

Jener, tbeaer dem Gott«, da* Vaterland lies* er, die Seinen, 

Da mit dreien er noch Lastren Tollendete sehn (65 Jahr). 

Dies«, ergeben dem Gotte, das Vaterland lies* sie, die Ihren), 

Da aie der Lastren sehn, dreimal sechs Monde geschaut (51'/, Jahr). 

8cbdnfeJd'* Hau» beglückt dureh deine Gnade, o Christas, 

Siehe und blOhe, an Huhm wachs' es, an Kindern und Gut) 



(Der Verfasser der Verse, deren charakteristischen Schwulst ich wiederzugeben ver- 
sucht habe, Mains, war damals Rector der Schule.) lieber der Tafel tritt die 
Mittel-Abtheilung des Denkmals zurück und ist als Platte gestaltet, welche ein in- 
haltlich interessantes, in der Ausführung weniger gelungenes Relief in kleinen 
Figuren zeigt: Adam und Eva, durch die Schlange, welche sich um ihre Arme 
schlingt, aneinander gefesselt und von dem hahnenfüssigen Teufel verfolgt; dieser 
hält mit der linken Klaue das Ende der Schlange und erfasst mit der rechten eine 
(frei gearbeitete) Gitterschranke, innerhalb deren ein Tisch mit den Gesetzestafeln 
steht ; dahinter zwischen Engeln die gekrönten Halbfiguren Christi mit Scepter und 
Gottvaters mit Weltkugel unter der Taube; ganz unten in noch kleineren Figuren 
der Sündenfall, recht gut, und Isaaks Opferung, weniger gut gelungen. Die zu 
den Seiten der Schranken stehenden Frauengestalten sollen jedenfalls zwei der 
Haupttugendon darstellen; die linke, betende, bedeutet den Glauben, die rechte, 
welche ihr Abzeichen , wohl den Zaum , verloren hat , die Massigkeit Die beiden 
anderen Tugenden sind an die die Mittelplattc einfassenden Pfeiler angearbeitet, 
links die Starke mit einem Säuionstumpf in der Hand, während rechts die Wahr- 
heit wieder ihr Abzeichen, den Spiegel, eingebüsst hat. Ueber diesen beiden 
Figuren enthalten Schilder die Relief-Darstellungen der Verkündigung und Geburt. 
Alle diese Bildnereien zeigen bei manchem Ungeschick, z. B. in der Veranschau- 
lichung, ganz gute Einzelbildungen, z. B. in den Körpern des ersten Menschen- 
paares. Beachtenswert ist die Färbung: Wiedergabc der Fleischtöne, dunkle 
Haare und Augen, vergoldete Gewandsäumo etc., welche in richtigem Verständniss 
nicht mit dem Anspruch auf Täuschung , sondern als Tönung, als Unterscheidung 
dienen, jetzt freilich stark verlöscht und verdunkelt. Weit besser aber, als diese 
idealen Darstellungen, sind dem Künstler die vier lebensgrossen Figuren gelungen, 
welche paarweise in den seitlichen Abtheilungen angeordnet sind. Links knieet 
(aus künstlerischen Gründen auf einem Sockel) Georg von Schönfeld (durch den 
Namen und seinen geistlichen Wahlspruch (Symbolum) aus Lucas XVIII — dort 




46 Rudolstadt, Stadtkircbo. Rudolstadt 46 



steht XIIX — , v. 13 in einer Cartouche an der Sockelplatte bezeichnet),~gerüstct, 
doch den Helm zu Füssen, hinter ihm (auf einem etwas niedrigeren Sockel zur 
Vermeidung der Gleichförmigkeit) jedenfalls sein Sohn [das Cartouchenschild ist 
abgeschlagen], beide mit sorgfältiger Beachtung ihrer Züge in schlichter Treue dar- 
gestellt. Zwischen ihnen ist jetzt ein Wappenschild befestigt, früher befand sich 
über jeder Figur ihr Wappen. So ist es noch auf der rechten Seite, wo über den 
beiden betend knieenden Frauen noch die Cartouchenschilder erhalten sind, welche 
die Namen der Sibylle von Schönfeld und ihrer Tochter M (Margarethe?), sowie 
ihre Wahlsprüche (dort steht Johan I — , sowie Hiob 9, v. 25) enthalten. Die 
Figuren haben weisse und schwarze Kleidung mit etwas Gold ; die dunkel 
gefärbten Sockel und Hintergründe erhöhen die W T ürde des Eindrucks und 
halten den ganzen Haupttheil des Denkmals gut zusammen. Aussen wird es von 
vortretenden, ionischen Säulen mit gut in deutschem Renaissancestil verzierten, 
runden Sockeln und Basen eingefasst. Darauf Gebälk mit der lateinischen In- 
schrift am Fries, dass Theowaldus, der einzige Sohn, den theuersten Eltern Georg 
und Sibylla von Schönfeld das Denkmal aus Frömmigkeit gesetzt habe, und mit 
Zahuschuitt-Gesims. Das linke Stück des Gebälkes nebst Allem, was hier darüber 
sich befand, ist in geradezu barbarischer Weise durch den Kanzelbau zerstört 
worden. Der erhaltene Theil über dem Gebälk ist reich, aber in Folge des vielen 
Figürlichen, welchem der Künstler nicht gewachsen war, minder glücklich gelungen. 
Ueber der Mittel-Abtheilung sind die Hermenpfeiler, welche die Frauen-Oberkörper 
tragon, weiss, wie überhaupt die ganze Farbcuwirkung des obersten Theiles (insofern 
noch von einer solchen im jetzigen Zustande die Rede sein kann) lichter erscheint. 
Das in der Mitte befindliche Relief der Kreuzigungsgruppe, in bekannter Auffassung 
mit Johannes und Maria, mit drei das Blut in Schalen autfangenden Engeln und mit 
dem im Hintergründe knicenden Stifter, ist wohl von Gesellenhänden gemacht, ebenso 
rechts das Mcdaillonrelief mit der Auferstehung (durch den Spruch aus 1 Cor. XV 
erklärt), und links das Relief mit dem Abendmahl (darunter Jes. LI1I: Pro impiis 
dabitur etc.) ; dagegen die Fratzenköpfe in dem Schnörkeln, wie überhaupt das ganze 
nach den Seiten zu sich senkende Schnörkel- und Cartouchen-Werk meisterhaft 
gemeisselt. Ueber dem schwarzen Gebälk dieses Aufsatzes vermittelt ein von 
musicirenden Engeln eiugefasster , gebrochener Rundbogen - Giebel mit dem Relief 
der Himmelfahrt den Uebergang zu einem nochmaligen, den letzten Abschluss 
bildenden Cartouchenschild mit. dem Relief des jüngsten Gerichtes, welches nun 
schon wieder in störender Weise mit der Leuz'schen Gedenktafel in Conflict geräth. 
Das ganze Werk ist von dem Alabaster der Gegend hergestellt , der öfter als 
schwarzburger Marmor bezeichnet wird und sich weich schneiden lässt, später aber 
durch Verwittern an der Oberfläche härter und duukler wird. — A nein aller, 8. 19. 
— Bischof, Tat 9. 

Gedenktafel an der südlichen Triumphbogen - Wand über der Kanzelthür, 
für den schwarzburgischeu Kanzler Friedrich Lenz, f 165'J. In der Mitte ein Ge- 
mälde, die Heilung des (Jichtbrücliigen, eingefasst von korinthischen Säulen, unten 
ein Schild mit der lateinischen Lebensbeschreibung des Verstorbenen, oben sein 
Brustbild, ringsum, namentlich an den Seiten, viel Schnörkelwerk. Dies in Holz 
geschnitzt, vorzugsweise braun, weiss und goldeu gefärbt. — A n e m a 1 1 o r, Geschieht«- 
büder, S. 20. 



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47 Rudolstadt Rudolstadt, Stadtkirche. 47 



Gedenktafel au derselben Wand ganz oben, barock, leider viel zu hoch 
angebracht, da sie genau gesehen zu werden verdient. Ein Gemälde stellt eine 
sehr gut perspectivisch gezeichnete Kirchenhalle dar und darin am Altar knieend 
den Kanzler Georg Achatius Heher, f 1667, in kleiner Figur. Der das Bild um- 
gebende, rundbogige, an den Ecken und Kämpfern massig verkröpfte Rahmen, die 
einfassenden, ionischen Säulen, welche einen gebrochenen Giebel mit dem Wahl- 
spruch des Kanzlers tragen, und das unten hängende Schild mit der lateinischen 
Lebensbeschreibung des Verstorbenen sind maassvoll verziert, die Verhältnisse gut 
abgewogen, die Ausführung des Schnitzwerks und der Profile eine besonders sorg- 
fältige und die Färbung: schwarzbraun mit geschickt vertheilter Vergoldung, ge- 
schmackvoll und künstlerisch. — Anemüllei a. iO. 

IG ruft der Gräfin Katharina „der Heldenmütigen", t 1567, unter einer 
Eisenplatte vor dem Altare der Kirche; Gruft unter dem Thurm, ein einfaches 
Gewölbe, worin Graf Alb. Anton sich mit seiner Gemahlin, Aemilie Juliane, in einem 
prachtvollen Doppelsarkophag hat beisetzen lassen. Eine grössere, viele Särge 
enthaltende Gruft in 2 Abtheilungen befindet sich unmittelbar unter dem Fürsten- 
stande. Alle Grüfte waren mir unzugänglich. Eine Gruft heisst die „zwiefache 
Höhle". Gegenwärtig gilt als diese die Graft unter dem Fürstenetande ; nach Prof. Ane- 
molter wird jedoch in einer Handschrift in der füretl. Bibliothek von Lose 1754 die 
Graft unter dem Thurm als die zwiefache Höhle bezeichnet — Anemolter, 8.30 mit Eintel- 
Angaben. — Heue, Rudolstadt, 8. 90 mit Literatur-Angaben. — Hejdenreicb, Hirtor. d. H. 
Sehwarxburg 1743, 8.166. — Obbarius, Rudolstadt a.a.O. - Sigismund IL 8.6. — Walther, 
in Thdring Voreins-Zeitsehr. N. P. VU, 8. 442 £, Grab-Inschrift der Grafin Katharina. - Zeh, 8.27. 28. 

Kronleuchter, vom Triumphbogen herabhängend, von Ludwig Günther ge- 
stiftet Mächtige Kugel ; Hängestange; zwei Reihen von je 8 S-Armen übereinander. 
Messing. 

Taufkanne und Taufschale (statt der 1080 gestohlenen von Herrn von 
Schönfeld geschenkt), die Kanne, mit: 1&87 am Fuss, von geschweifter Form, die 
Schale oval, gross, mit dem Spruch aus Marcus lfi: Wer da glaubet etc.; beide 
mit verschlungenem: IESVS unter der Krone. Zinn. — Zeh. S. 30. 

Weinkanne, mit: 1115 und: Das Blut Jesu Christi etc. in gravirter Car- 
touche, seideiförmig, 20 cm hoch. Hostienbüchso dazu, mit: Ich bin das 
Brodt etc., länglich. 

Kelch, aus dem 17. Jahrhundert Fuss aus sechs Blättern vom äussern 
ümriss: — ^ gebildet und in mehreren starken Absätzen gegliedert; Knauf mit 
Würfeln, an denen: IESVS +. Goldschmiede-Zeichen (IZ und ein undeutliches 
Zeichen). 21 cm hoch. 

Kelch, aus dem 17. Jahrhundert; Fuss in Sechspass-Form : O, mit gravirtem 
Kreuz; Knauf jetzt verkehrt eingesetzt, mit Würfeln, in denen: IEHSVS. Gold- 
schmiede-Zeichen (1W; D). 19 1 /, cm hoch. H o s t i e n t e 1 1 e r , mit gleichem Kreuz. 

2 Kelche von einander gleicher Arbeit, schlank, mit Sechspass-Fuss, der am 
Ablauf von einem Zadelfries umlegt ist, mit birnförmigem , oben und unten von 
Kehlen eingefasstem Knauf und mit geschweifter Kuppe ; an derjenigen des einen, 
26 1 /» cm hohen Kelches ein Crucifix und: /67tf, an der des anderen, 25 cm hohen 



48 



Rudolstadt, Stadtkirche, Katholische Kirche. 



Rudolstadt 48 



Kelches ein Christus als guter Hirt«, recht hübsch gravirt, nebst: 1618. Zeichen 
{CR;N). 2 Hostienteller dazu, mit denselben Gravirungen. 

Alle diese Gefässe sind von Silber, vergoldet. Ein Kelch wurde statt eines 
1080 gestohlenen von Tob. Längner geschenkt — Zeh, S. 30. 

Kelch, von: 1800, mit rundem Fuss und mit vier aufrechten, frei gearbeiteten 
Blättern am Knauf, welche die Kuppe tragen. Kupfer, vergoldet. 

Kelch, von: bemerkenswert!» wegen der reichen Ausstattung. Auf 

rundem Fuss knieet ein Engel als Träger der Kuppe. Hostienteller dazu. 
Silber, vergoldet. 

Glocken. 1) CAMPANA EX TORMENTO IGNEM TORQVENTE FACTA 
IN RVDOLSTADT ANNO CHRISTI MDCXXXV MENSIS DECEMBRIS DIE 18 
AD HONOREM DEI ERECTA (Die Glocke aus einem Feuer werfenden Ge- 
schütz gemacht in Rudolstadt im Jahre Christi 1635 an des Monats Dezember 
18. Tage zur Ehre Gottes aufgerichtet — Wie Zeh berichtet, hatte Graf Ludwig 
Günther einen Mörser dazu geschenkt; dieses kriegerische Werkzeug wollte aber 
nicht ausreichen und so wurde noch dazu eine alte Braupfanne in Cumbach er- 
kauft). ZV DER EHRE GOTTES VND DER NEWEN KIRCHEN . LVDWIG 
GVNTHER GRAF ZV SCHWARZBVRG - HONSTEIN . VENITE EXVLTEMVS 
DOMINO, IVBILEMVS DEO SALV ATORI NOSTRO . PS . 94, v. 1 (dies steht auch 
in der Vulgata an der angeführten Stelle; bei Luther als Ps. 96, v. 1 mit etwas 
freier Schluss - Uebersetzung : Kommt herzu, lasst uns dem Herrn frohlocken und 
jauchzen dem Hort unsers Heils. Zeh sagt fälschlich: Ps. 150). Grosses schwarz- 
burgisches Wappen. Figurenfries, darunter Engelsköpfe. HIERONYMVS VND 
MELCHIOR MEHRINGE (Möhringk) VON ERFFORDT. 193 cm Durchmesser! — 
2) (Taufglocke) 1735 von II. u. M. Möhring, mit gleichen Friesen, wie die vorige Glocke. 
125 cm Durchmesser. — 3) (Kinderlehr-Glocke) aus dem 15. Jahrhundert. ÄVG 
fllÄRLft GRÄSL& PLGHÄ DO. (Zeh ungenau: in Mönchsschrift). 3 Crucifixe. 
95 cm Durchmesser. — 4) (2 Geschosse höher). Jlvca* tnarcpe tobe matbepe. 
£>plce meloe cUticjo eancrorom gapbia pango, befpncto« plango pipoe poco 
fplgpra frattgo. (Etwa : Süsses singe und sag' ich, die Freuden der Heiligen trag' 
ich, die Hingeschieden beklag' ich, ruf Lebende, Blitze zerschlag' ich.) tt criffcofft- 
rt>s pö tPitjlebeit pbarber ano bnt IÄ99.of*ria beie id? corbt berften Q09 mieb. 

145 cm Durchmesser. — Heu«, RadobUdt, S. 89. - Sigismund I, 8. 219. 220. 221. 
- Zeh. 

Kathuli8Che Kirche, 1886 vom Baumeister Güldenpfennig (jetzt in 
Paderborn) gebaut in frühgothischem Stil, mit rechteckigem, gewölbtem Chor, spitz- 
bogiger Holztonne über dem Langhaus, Spitzbogen - Fenstern , Westthurm, recht 
hübsch aus Sandstein. 

Altartisch, daran (in von Güldenpfennig hergestellten Holz - Arcaden) 
Figuren von Altarwerken herstammend: Jacobus der Aeltere, Petrus, Christus 
(von einer Krönung Mariens), Paulus und Barbara. Als Aufsatz ist ein Altar werk 
mit Figuren, in der Mitte Anna selbdritt zwischen Katharina und Barbara, in den 
Flügeln Christophorus und Sebastian, benutzt, gute saalfelder Arbeit, wohlerhalten, 
auch in den durchbrochen geschnitzten Baldachineu. Der Oberbau mit Schweif- 



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49 Rudolstadt. Rudolstadt, Katholische Kirche, Garnisonkirche, Kin hhof. 



49 



bögen und Fialen neu, darin eine Maria mit dem Leichnam Christi, etwas steif. — 
äub der Kirche eu Grossgölitz soll ein Altarwerk nach Rudolstadt in die katholische Kirche 

gekommen sein (vgl. S. 24). — Sigismund, Landeskunde II, S. 67 erwlhnt in Grossgffliti ein 
Altarwerk mit fünf Statuetten und einem oberen Fache, die Anbetung der Konige darstellend. Die 
fünf Statuetten durften dann die de« jetzigen Altar-Aufeaties, die Anbetungsgruppe aber untergegangen 
(oder in den Berit« des Minister« ron Bertrab gekommen) «ein. 

Figuren im Langhaus aufConsolen, ebenfalls von Altarwerken, an der Nord- 
seite Katharina und Ursula, an der Südseite Antonius von Padua mit dem Jesus- 
kind ; Crucifix an der Westwand, aus dem 16. Jahrhundert, gut, mit lebensgrossem 
Körper, von Holz, farbig. 

(Figur in der Nische der Nordseitc, schmerzhafte Maria mit dem Schwert im 
Herzen, neu? Copie?). 

6ami80nkirche, seit 1716 auch Miliz- oder Gottesacker-Kirche, 
1681 gebaut, schmucklos, dreiseitig geschlossen, mit Holztonne und Rundbogen- 
Fenstern. Kanzelbau hinter dem Altar. — Anemttller, Geschichtsbilder, 8. 2a — 
Hesse, BudoUrtadt, S. 92. - Hesse, in Thüringen u. d. Hin IV, & 241. - Obbarius, Rudol- 
stadt, a a — Sigismund II, a 6. 

Der Zustand des Innern ist wenig erfreulich; Denkmäler darin bis zur Un- 
kenntlichkeit verschmutzt. 

Gedenktafel an der Nordost -Wand des Chores, aus dem 17. Jahrhundert, 
achteckige Tafel mit (unleserlicher) Inschrift für den Kriegscommissar Mack, ein- 
gefasst von gepaarten, korinthischen Säuion mit gebrochenen Giebeln ; unten Laub- 
gehänge und Wappen des Verstorbenen, oben Engel, an den Seiten Relief - Brust- 
bildnisse des Verstorbenen, sowie zweier Frauen. Holz, derb geschnitzt, farbig. 

Denkmal an der Südost -Wand, grössere, ovale Tafel mit Leichentext, 
umgeben von vier kleineren Tafeln mit Inschriften für (oben) Ernst von Günde- 
rode, f 1702, (links) Dorothea von Günderode, geb. von Zehner, f 1697, (rechts) 
Magdalene, geb. Rauschenblatt, t 1704, (unten) einige von Günderode; die 
Tafeln, blau mit goldener Schrift, zusammengefasst durch reiche Holzschnitzerei, 
Blattwerk, das weiss und gelb gefärbt ist 

Gedenktafel an der Chor - Südwand ; Inschrift für den Hofprediger Joh. 
Georg Roth, f 1682, in Blätterkranz, darüber dessen Relief-Brustbild unter einer 
von zwei Engeln gehaltenen Vase. Der Kranz ist ganz gut gemeisselt. Sandstein. 

Gedenktafel an der Langhaus-Nordseite, flachbogige Tafel mit Inschrift in 
Gold auf Schwarz für den leutenberger Amtsschösser Oberländer, f 1686, und seine 
Frau, eingefasst von korinthischen Säulen, darauf Gebälk, und etwas Schnörkel- 
werk. An den Seiten, sowie oben und unten ovale Tafeln mit Sprüchen in Rahmen, 
daran einige Schnitzerei. Holz; die Schnitzwerke weiss und gelb. 

Gedenktafel an der Langhaus - Südwand , Inschrift für Fräulein Christiane 
Henriette von Schönefeld, f 1745, darüber ihr Wappen. Eisenguss-PIatte. 

[Aeltester Kirchhof bei der Stadtkirche, seit 1213 erwähnt, bis 1564 in 

Gebrauch gewesen. — Anemüller, Geschichtsbilder, 8. 27. — Sigismund IT, S. 6.] 

Bu- im* Kuuiti«»«. Thttrincau. Sekw«jib..llml»M*U I. 4 



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50 Rudolstadt, Friedhof, Elisabethkapelle. Rudolstadt 50 



Alter Friedhof, an der Garnisonkirche, seit 1564 benutzt, 1576 (Jahreszahl 
aussen an der Mauer neben dem Haupt-Eingang), dann 1638 erweitert, 1843 auf- 
gegeben. — Anemflller, & 27. — Hesse, S.93 o. Anm. 164, mit Hinweis auf Lotio, Kirehen- 
bistorie, 8. Periode, 6. Cap., Aber Grabiehriften. — Sigismund D, 8. 14. 

Erbbegräbniss der Familie von Ketelhodt, aus dem 18. Jahrhundert, 1859 
restaurirt (Inschrift innen), kleiner Bau mit Nischen aussen, welche schlechte Genius- 
figuren enthalten und mit einem Giebel, darin Wappen; das Dach als Schweif- 
kuppel. Im Innern an den Wänden einige Waffen und Rüststücke aus älterer Zeit 
— Anemflller, 8. 2& 

Grabsteine, aus dem 18. Jahrhundert, in üblicher Weise als hohe Platten, 
mit Pyramiden und dergl., daran die wiederkehrenden, sinnbildlichen Figuren und 
Gegenstände. Alle von Sandstein. Hervorzuheben: 4 Grabsteine in einer Reihe 
unweit des westlichen Friedhofs-Einganges, darunter der des fürstlichen Kammer- 
agenten und Hofbuchdruckers Löwe, f 1739 (A), mit einem zur Sonne schreitenden 
Löwen im Sockel und mit einer unter dem Crucifix lagernden Frauengestalt im 
Haupttheil; Alles bemerkenswerth sauber gemeisselt, auch die Inschrift an der 
Rückseite, sowie gut erhalten. Grabstein für Marie Sophie Zürn, geb. Runt (?), 
t 1787; am Haupttheil vorn zwei Engel mit Lamm, Kreuz und Buch. Grab- 
stein für Dr. Job. Peter Schwarte (V), aus dem Ende des 18. Jahrhunderts, darum 
merkwürdig, weil es an der pyramidenförmigen Platte in einem Schild das Relief- 
Brustbild des Verstorbenen lediglich im Umriss, in Nachahmung der damaligen 
Mode der Silhouetten-Porträts zeigt. Ebenso der nahe Grabstein des fürstlichen 
Archivars und Steuersecretärs Leopold Ludwig Schwartz, f 1786, bei schon neu- 
classischer Bildung des Grabmals; verzierter Sockel mit Urne. 

Grabkreuze, von Schmiedeeisen. — Gitter um ein nicht mehr benutztes 
Erbbegräbniss , nahe dem östlichen Eingang (s. Abbild. S. 51), wie die Gräber 
selbst in Verfall, doch von guter Zeichnung, aus der 2. Hälfte des 18. Jahrhunderts. 
Schmiedeeisen. 

Neuer Friedhof östlich von der Stadt nahe der Saale, 1841 angelegt — 
Anemflller, 8. 26. — Obbarius, 8 9. 



Untergegangene, geistliche Stiftungen. 

[EÜ8abeth kapeile auf dem Marktplatz, 1217 vorhanden, kam 1410 unter 
daa Patronat des Klosters Langheün (a Stadtkirebe), erhielt sich zunächst nach der Reformation 
neben der dem protestantischen Gebrauch Obergebenen Stadtkirebe katholisch, wurde aber 
1531 vom Stadtrath eingezogen, an die Landesherrschaft in Tausch gegeben und brannte 
1653 ab. An die Stelle wurde 1657 ein Haus gebaut, welches dann zum Rentamt bezw. 
Landratbsamt genommen wurde (a S. 52). — Anemflller, OeachichtabUder, 8. 26. 6t - 
Heise, RudoliUdt, S. 46. 56. - Sigiimund II, 8. 14. - Zeh, & 9 bezeichnet ab Stelle die 
HofbucbhandluDg.] 



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51 Kudolstadt. Rudolstadt, Kapelle. Lazaruskapelle, Kapelle. 



61 




Begräbniss-Umgitterung auf dem alten Friedhof zu Rudolstadt. 



[Kapelle aaf dem Sehloss; vgl. S. 54. — Dam, Führer durch Rudolstadt 1890, 
S. 56. — Heue, Rudolat» u, Scbwanb. 1816, 8. 35.] 

[Lazaruskapelle, gegenüber der Stelle, wo jetzt die fürstliche Landeeheil- 
auatalt liegt, verbunden mit einem Siech hof für Aussätzige zum Unterschied vom Hos- 
pital für reinliche Kranke, 1485 vom Vicar Jahn gestiftet, 1527 zum Lazareth umgewandelt, 
1718 zum Hospital, da das bisherige Hospital zum Waisen-, Zucht- und Irren-Haus 
umgewandelt wurde, dann zum Militär-Krankenhaus. Hier wie dort nichts Aelteres von Be- 
deutung erhalten. — Anemul ler, Geschichtsbilder, S. 1. - Hesse, Rudolstadt, S. 13. u. Amn. 
10; a 91. — Heu«, in Thoringen u_ d. Harn IV, S. 241. — Bigiimund II, S. 7. — Zeh, S. 9 
n. Anm.] 



[K a p 6 1 1 6 am Rohrenweg , mit Bild des heiligen Martin ; verschwunden. — 
Obbarina, & 19] 

4* 



52 Rudolstadt, Gymnasium, Landgericht, Landrathsamt, Ludwigsburg. Rudolstadt. 52 



Weltliche Gebäude. 

A. Fürstliche und staatliche Gebäude. 

Gymnasium, Ecke Schulgasse und Am Gatter, als Schule 1609 von Karl 
Günther gestiftet; Jahreszahl am Renaissance - Portal. 1664 zur Gelehrtenschule 
erhoben, 1764 zum Gymnasium. — Gregorii, & 190. — Hesse, in Tharingen n. d Hart 
IV, 8. 241 t — Obbarius, S. 10. — Sigismund, Landeskunde II, S. 18. — Treiber, GeecbL- 
u. Landeebeschr., & 180. 

Landgerichtsgebäudü, an der Stelle eines ehemaligen Vorwerkes bezw. 
eines 1786 von Ludw. Günther errichteten Hauses, das später in Privathände, 
1850 an die Regierung kam und Kriegs- und Justizamt und Landgericht aufnahm; 
es war später Steueramt und Staatsanwaltschaft, dann Landgericht. - Anemolter, 8.63. 

Landrathsamt, Ecke Markt und Rathhausgasse, im 17. Jahrhundert vom 
Rath Biedermann gebaut, dann zunächst als Sitz der obersten Behörden, 1804 als 
Rent- und Justizamt, seit 1862 seinem jetzigen Zweck dienend. Es soll an Stelle der 
1653 abgebrannten Elisabethkapelle gebaut sein. Doch liegt hier vielleicht eine 
Verwechselung mit dem Brandjahr 1635 vor; wenigstens deuten die Profile der 
rechteckigen Fenster und das rundbogige, von Rustica- Pfeilern eingefasste, mit 
Dreieck-Giebel überdeckte Portal an der Marktfront (Nr. 7) auf einen bereits in der 
1. Hälfte des 17. Jahrhunderts ausgeführten Bau; ebenso der Beschlag der Thür- 
flügel. An der Rathhausgassen-Front ein aus zwei Halbbögen mit flachem Schweif- 
bogen: (\ darüber einfach combinirter Giebel mit Kugeln auf den Bögen. — Ane- 
müller, Geicbicbtsbilder, 8. 26. — Büchner, Geech., 8. 20. 23 mit Anna. — Gregorii, D. j. 
flor. Thür, 8. 19L - Heise, in Thüringen u. d. Hart IV, 8 240. - 8igiimund, Landes- 
kunde U, 8. 6. 

Ludwig8burg, 1734 von dem jüngsten Bruder des Fürsten Friedrich 
Anton, dem Prinzen Ludwig Günther gebaut, welcher sich schon damals viel 
wissenschaftlich und künstlerisch beschäftigte. (13 Jahre später bestieg er den 
Fürstenthron, s. S. 36.) Später diente das Gebäude verschiedenen Zwecken, 
das Hauptgebäude, die eigentliche Ludwigsburg, 1853 als Wohnung der Erb- 
grossherzogin von Mecklenburg - Schwerin , jetzt als die des Ministers. Es liegt 
an der weimarischen Strasse und besteht aus drei stumpfwinklig aneinander- 
stossenden Flügeln. Die Ausbildung des Aeusseren ist einfach. Am mittleren, dem 
westlichen Flügel befinden sich an der Vorderfront und der Hoffront Dreieck-Giebel 
mit Wappen. Der südliche Flügel enthält im ersten Obergeschoss die fürstliche 
Zeichenschule ; in deren Zimmern einige Stuckdecken. (Im zweiten Obergeschoss die 
inhaltlich bedeutende Naturaliensammlung.) Im nördlichen Flügel befindet sich die 
Wohnung des Ministers. Hier in einigen Zimmern Stuckdecken in Zopfstil; in 
einem Eckzimmer noch an allen Wänden kleine, verschiedenartige Consolen über- 
einander gereiht, welche zwar einfach in Holz geschnitzt sind, aber doch den da- 
maligen Geschmack kennzeichnen [durch darauf gestellte Vasen, Figürchen u. dgl.], 



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53 



den Eindruck eines chinesischen Raumes hervorzubringen. In der Mitte des Mittel- 
flügels stöset an die Wohnung der ehemalige Festsaal, ein stattlicher Raum, in 
dessen Ausschmückung schon classisches Gefühl durchbricht Er ist von fast 
quadratischer Grundform und an den zwei gegenüberstehenden, 11,5 m langen 
Seiten ganz symmetrisch von je vier Fenstern erleuchtet. Diese sind in je zwei 
Reihen übereinander angebracht, tiachbogig, und die Fläche zwischen ihnen durch 
gefällige Stuckdecoration (Schild mit Blumenkorb in Flachrelief) gefüllt, die Leibungs- 
flächen ebenfalls etwas ornamentirt. Korinthische Wandpilaster an den Fenster- 
wänden und den anderen, 11 m langen Seiten des Saales. Diese Wände zeigen 
einige Stuckornamente; reicheren Schmuck (Kinder, Bänder und Blumen) enthalten 
die über marmornen, mit Masken verzierten Kaminen vortretenden Mittelpfeiler. Die 
Decke als schwach gewölbtes Spiegelgewölbe aus Holz, geputzt und mit stuckirten 
Waffen, mit dem schwarzburgischen Adler, Blumen und Ranken, welche ein grosses, 
raittelmässiges Mittelgemälde (Schild mit dem Namenszuge Ludwig Günther's in Ver- 
herrlichung durch griechische Gottheiten) und vier kleinere Eckgemälde (Jahres- 
zeiten) umrahmen. — Ein östlich von dem Hauptgebäude liegendes Neben- 
gebäude mit der Vorderfront nach der Burgstrasse, welches einen Musiksaal und 
einige behördliche Geschäftsräume enthält, ist ganz schmucklos bis auf die Durch- 
fahrt, welche einige Verzierungen der beiden Flachbogen - Thore aufweist. (Ein 
ebensolches Thor an der anderen Seite ist zugemauert.) 

In eine Südmauer, welche die beiden Gebäude verbindet, ist an der Hofseite 
ein Wappen der Familie von Schönefeld (Ast) vermauert 

[Die Familie von Schönefeld, seit 1458 in Rudolstadt erwähnt in bedeutender 
Stellung, wie auch Mitglieder der Familie in der Stadtkirche Denkmäler haben, 
wird an mehreren Stellen als Hausbesitzerin erwähnt Büchner berichtet, dass ein 
ursprünglich für Pilgrime und den Vicar der Lazaruskapelle wohl 1491 gebautes 
Haus später eines der Schöneleids wurde, also wohl von diesen 1557 neugebaut 
ward, welche Jahreszahl nebst: Jörge von Schönfeit und Wappen in einem Stein 
an der inneren Seite der Hofmauer erhalten sei. Die Angabe der Hofmauer 
stimmt, so dass das hier noch befindliche Wappen der Rest dieses Steines sein 
dürfte. Ferner nimmt Büchner an, dass bei der Voraussetzung einer unteren 
und einer oberen Burg im Mittelalter die Stelle der unteren Burg hier ge- 
wesen sei, gestützt auf die Ueberlieferung, dass hier 1730 noch ein runder Thurm 
gesprengt worden sei.] 

Bflchner, Geschichte dor Stadt, S. 36. 42, mit Hinweis auf JotIub, 8. 335 bexflgL d. Farn. 
t. Schenefeld. — Heue, Rudolstadt u. ßchwanburg, 8. 76. — Hatte, in Thüringen n. d. Han IT, 
8. 236. — Obbarim, 8. 12, — Sigismund, Landeskunde II, 8. 6. 6. 

Regierung8gebäude, grosses Viereck mit Fronten nach der Vorwerk- 
strasse, Neumarkt und Oberen Marktstrasse bezw. nach der diese fortsetzenden 
SchwarzburgerstrasBe (die vierte Seite stösst an die Hinterseite der Altestrassen- 
Häuser). Hier soll in ältester Zeit ein herrschaftliches Vorwerk gewesen sein, dann 
Amtshof, Ministerwohnung bezw. Kammerhaus. 1731 wurde es vom Geheimerath von 
Beulwitz gekauft, 1740 aber wieder von der Regierung und diente als Justiz- und 
Steueramt, dann nach dem Tode des Fürsten Friedrich Anton 1744 als Palais für 
dessen Wittwe Christiane Sophie von Oldenburg (| 1 750), daher Christianenruhe 



54 



genannt. 1754 kam es wieder in Privatbesitz, an den Kammerherrn von Hoheneck 
u. Ä., wurde jedoch 1804 wieder von der Regierung gekauft und nahm das Mi- 
nisterium wie sämmtliche fürstliche Behörden und die fürstliche Bibliothek auf. 
Das im Uebrigen schmucklose Gebäude enthält im Hofe noch eine Tafel von 
1532 mit dem sehr hübschen, schwarzburgischen und hennebergischen Wappen, also 
aus der Zeit, da es für Heinrich XXXII. und seine Gemahlin, die heldenmütige 
Katharina, hergerichtet wurde. — Anemolter, Geschichtsbilder, 8. 62. — Büchner, Ge- 
schichte, 8. 20. — Hesse, Rudolstadt, 8. 86. — Hesse, in Thflringen u. 4 Hans IV, 8. 240. - 
Obbarins, & 7. 

In der fürstlichen Bibliothek: 

Buch, Emblemata nova, 1600, Handschrift mit vielen, für den Zeitgeschmack 
charakteristischen Bildern. 

ReittamtSgebäude, Ecke Markt und obere Marktstrasse, einfach, an der 
Stelle der ehemaligen Hauptwache. — Anemolter, Geschichtsbilder, 8. L 



S C h 1 0 8 8 , Heidecksburg , in schöner Lage weithin sichtbar, nördlich über 
der Stadt auf dem etwa 50 m hohen Vorberg des hinter dem Schloss noch weiter 
ansteigenden Hainberges gelegen, welcher die Saale vom Wüstenbach trennt, 
wurde wohl im Anfang des 12. Jahrhunderts angelegt und von den Grafen von 
Orlamünde bezw. von den Vögten bewohnt, mit dem Uebergang der Herrschaft an 
die Grafen von Schwarzburg 1306 auch von diesen. Eine Kapelle des heiligen 
Gregor auf der Burg wird 1217 und 1326 erwähnt, 1434—1448 ward eine Kapelle 
gebaut und der heiligen Margaretha geweiht (vgl. S. 51). Beide Male hängt 
damit Bauthätigkeit an der ganzen Burg zusammen. Im Jahre 1326 war Graf 
Otto VI. von Orlamünde Herr der Stadt und Burg, in der genannten Bauzeit des 
15. Jahrhunderts Heinrich der Streitbare und dann (1444) sein Sohn Heinrich XXVI. 
[Sein und seiner Gemahlin Elisabeth von Cleve Wappen war über der Thür am 
alten, vorderen Schlossflügel nahe dem Thurm, welche zum Hofmarschallamt führte, 
angebracht. Günther XXXVI. (t 1493) baute, nach Hesse's Meinung, das Thor- 
haus, worauf eine am unteren Schlossthor eingefügte Inschrift zu deuten wäre.] 
Weiterhin hören wir nichts vom Schlosse (abgesehen von öfterem Aufenthalt der 
Fürsten, besonders seit dem 16. Jahrhundert, so Heinrich 's XXXII. und Katharina's) 
bis zu der Zeit, da bei der Theilung 1571 das Schloss in Rudolstadt (unter voll- 
ständiger Aufgabe der alten Residenz Blankenburg) zum dauernden Aufenthalt des 
Grafengeschlechts der neuen Linie Schwarzburg-Rudolstadt gewählt wurde. Ein 
Brand, welcher bald darauf 1573 das Schloss zum grossen Thcil zerstörte, gab Anlass 
zu einem sehr eiligen, nach drei Jahren vollendeten Neubau. Das Schloss wurde 
in bescheidenem Material und so nüchtern aufgeführt, wie es noch in einer alten 
(vor 1735 gemalten) Ansicht von Thiele sich zeigt Von den mittelalterlichen 
Bauten, wie von jenem der Spätrenaissance sind nur geringste Reste erhalten 
(s. d. u.). Denn unter Fürst Friedrich Anton brannte 1735 das ganze Schloss wiederum 
ab, wohl auch, weil die oberen Geschosse gewiss nur aus Fachwork gebaut waren. 
1737 wurde der Neubau mit dem westlichen Flügel begonnen, 1741 das Brust- 
bild des fürstlichen Bauherrn über dem vollendeten Thorc angebracht (s. u.) t 



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55 Rudolstadt. 



Rudolstadt, Scbloas. 



55 



1744 der Thurmbau vollendet, der Nordflügel erst 1786. Dresdens Kunst Übte 
ihren Einfluss. Die Ausführung hatte zwar der schwarzburgische Landesbaumeister 
Rousseau, doch war zu dem Entwurf der kursächsische Oberlandesbaumeister 
Knöffel herangezogen worden, ebenso der Bildhauer Andreas Bäume und der Maler 
Knöffel aus Dresden, welche alle das Hauptgewicht auf den inneren Ausbau legten. 

Das jetzige Schloss besteht der Hauptsache nach aus drei einen Hof ein- 
fassenden Flügeln. Der Hauptflügel ist der westliche (eigentlich nordwestliche); 
gegen den Hain hin stösst in rechtem Winkel an ihn der Süd- (mehr Südost-) 
Flügel (hier in der Ecke der beiden Flügel der Thurm), derjenige, welcher nach 
der Stadt hin durch seine beträchtliche Längen - Ausdehnung das Schloss aus- 
zeichnet Der dritte Flügel nach den Bergen zu, welcher in gerundetem Anschluss 
sich im Hof an den Hauptflügel legt und in etwas stumpfem Winkel gegen diesen 
steht, so dass er als Nordflügel zu bezeichnen ist ist bedeutend kürzer. 

In der Ausbildung der sämmtlichen Fronten hat das Schloss keine hervor- 
ragende Bedeutung. Die Fenster und Thüren sind theils rechteckig, theils flach- 
bogig oder rundbogig und ermangeln alle der kräftigeren Gliederungen, die des 
Südflügels sind sogar zu einfach. Das Schloss zeigt Erdgeschoss und zwei Ober- 
geschosse, im Südostflügel drei Obergeschosse, insofern die sogenannte Oldenburger 
Gallerie eingefügt ist. Die oberen Geschosse der beiden Seitenflügel sind zum Theil 
von überputztem Fachwerk. Eine etwas stärkere Belebung zeigen der Mittelbau 
des Hauptflügels und der Hof- Eingang des Nordflflgels. Am Hauptflügel ist der 
Mittelbau an der Aussenfront von einem dreieckigen , an der Hoffront von einem 
geschweiften Giebel überdeckt; in dem der Aussenfront das Relief des schwarz- 
burgischen Wappens in Trophäen, in dem Giebel der Hoffront, dessen Ecken und 
Spitze mit Waffen bezw. dem verschlungenen Namenszug : F. A . unter der Fürsten- 
krone gemeisselt sind, die Inschrift: ARCE E CINERIBVS RESVSCITATA GRA- 
TIAS DEO AGIT PRINCEPS FRIDERICVS ANTHONIVS CVM VOTO VELIT 
EANDEM SERVARE FOVERE PROTEGERE ANNO MDCCXLI. (Für die 
Wiedererhebung der Burg aus der Asche sagt Fürst Friedrich Anton Gott Dank, 
andächtig bittend, sie zu bewahren, zu hegen und zu schützen, im Jahre 1741.) 
Die Inschrift: ANNO MDCCLXXXVI . ARX LVDOVICO GVNT1IER0 (zu lesen: 
Ludövico Gunthero) PRINCIPE SARTA TECTA POLITA SVVM DENVO NACTA 
DECVS (Im Jahre 1786; nun ist die Burg durch Ludwig Günther, den Fürsten, 
gefüget und das geglättete Dach zeigt sich von Neuem geschmückt) befindet sich über 
der Durchfahrt der Vorderfront Die fünf Fenster des ersten Obergeschosses sind 
an der Hauptfront durch einige Reliefs mit musikalischen, waidmännischen und 
kriegerischen Geräthen in Schnörkel- und Blattwerken belebt. An der Hoffront des 
Hauptflügels tritt in der Mitte ein Balcon mit einem als Rankenwerk zu den 
Seiten des schwarzburgischen Wappens geschmiedeten, vergoldeten Gitter vor; über 
dem Mittelfenster des ersten Obergeschosses ein vergoldetes Medaillon - Brustbild 
des gerüsteten, fürstlichen Bauherrn, von Andreas Bäume. 

Die Durchfahrt selbst ist noch von dem Bau des 16. Jahrhunderts her mit 
einfachen Kreuzgewölben bedeckt ; ebenso die im Erdgeschoss des Westflügels nn 
der Süd-Ecke belegene Schlosskirche mit Sterngewölben und Stichkappen von kelil- 
profilirten (V) Rippen, unter welche bei dein ungefähr 1830 ausgeführten Erneue- 
rungsbau ungothische Kämpfergesimse und darunter Säulenpaarc (Gips) gesetzt 
worden sind. 



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56 



Rudolstadt, Sehlems 



Rudolstadt 56 



An der Aussenfront des Sfidflügels gewahren wir als einzige schmuckvollere 
Unterbrechung der glatten Südfront das Eingangs -Thor, zwei Rundbögen des 16. 
Jahrhunderts (der eine zugemauert), mit Rustica - Quadern des Bogens zwischen 
dorischen Säulen ; diese umzogen von drei stark vortretenden, sehr hoch geführten, 
dorischen Säulen des 18. Jahrhunderts, welche durch korbbogige (r \) Tragebögen 
verbunden sind, so dass hierauf der obere Theil der Südfront vortritt 

An der Hofseite des Nordflügels ist — ohne Zusammenhang mit der übrigen 
ganz schlichten Architektur, auch aus der Mitte gerückt — ein von dem Bau des 
16. Jahrhunderts herrührendes Doppelportal verwendet Zwei Rundbögen sind hier 
durch ein dorisches Säulenpaar auf hohen Postamenten getrennt und auf der 
rechten Seite von einem ebensolchen eingefasst, während in hässlicher Weise als 
linke Einfassung nur eine Säule vortritt; das Gebälk, als Triglyphengebälk ge- 
staltet, tritt in Verkröpfung auf den Säulen und auf den Consolen - Schlusssteinen 
der Bogenscheitel vor; hierauf ein sehr hoher Fries und Gesims; auf diesem 
letzteren sind die unbedeutenden, durch lateinische Unterschrift gekennzeichneten 
Figuren der Hoffnung, der Liebe und des Glaubens aufgestellt während die etwas 
kleineren Figuren der Stärke und Gerechtigkeit darunter in dem sonst kahlen Fries 
in wiederum nicht nachahmenswerther Weise auf die Verkröpfungen über den 
Bogenscheiteln gesetzt sind. 

Im Innern des Nordflügels befinden sich noch als Reste älterer Bauthätigkeit: 
die Thür zum Bauamt unten im Flur (dessen Anlage und Kreuzgewölbe auf das 
18. Jahrhundert weisen) und daneben ein (bei der Anlage des Flures vermauertes) 
grosses Fenster, beide rechteckig, mit Profilen des 16. Jahrhunderts, gegenüber 
noch ein kleines, spitzbogiges Fenster, sodann im ersten Obergeschoss am Flur 
zum Hofmarschallamt eine rechteckige Thür des 16. Jahrhunderts, deren vortretender 
Sturz schon in ausgebildetem Renaissancestil auf Löwenköpfen als Consolen ruht 

Der in der Südwest -Ecke des Schlosses aufsteigende Thurm überragt die 
übrigen Theile an künstlerischer Erfindung; an ihm zeigt sich am deutlichsten der 
dresdener bezw., wenn man weiter greift, venetianische Einfluss des Spätbarocks 
(Longhena in Venedig, Bär in Dresden). Auf dem Dach ruht ein viereckiges Ge- 
schoss mit abgekanteten Ecken und elliptischen Fenstern. Das Gesims darüber ist 
an joder Fläche, wo es einen Dreieck-Giebel trägt, in der Mitte unterbrochen (um 
eine verzierte Uhr herum geführt) und ruht an diesen Stellen in eigenartiger Lösung 
auf Consolen; hinter den Giebeln zieht sich eine Art Balustrade herum, als wage- 
rechter Abschluss des Geschosses. Hierauf tritt der Thurm unter Vermittlung 
gewölbter Flächen zurück; ein viereckiger Tabernakel - Aufsatz mit Abkantungen 
an den Ecken, welche unten und oben volutirt sind, wird von einer Zwiebelkuppel 
mit schlanker, mehrfach gegliederter Helmspitze in lebendiger Weise bekrönt So 
ist dieser Thurmbau der reizvollste Theil der Aussen-Gestaltung des Schlosses. 

Von dem Innen-Ausbau des Schlosses kommen nur die Flure und Zimmer des 
Hauptflügols und des der Stadt zugekehrten Südflügels in Betracht. Das Haupt- 
Treppenhaus, welches, im Thurmbau befindlich, für diese beiden Flügel dient, hat 
über den Läufen und Corridoren Kreuzgewölbe mit einigen Stuck - Ornamenten, 
welche das flau gewordene Roccoco zeigen und neuerdings in zarten, bläulichen, 
bräunlichen und grauen Tönen mit Vergoldungen fein restaurirt sind, so dass sie 
besser wirken, als sie es den Mustern nach verdienen. (Das entsprechende nord- 



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I'hot, Bräunlich iv. Jena. Lichtdruck von Uömmler 4t Jona* in Dresden 

Festsaal im Schlosse Heidecksburg zu Rudolstadt. 

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Verlaj ton Gust tr Fischer in Jena. 



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57 Rudolstadt. 



Rudolstadt, Scblo&s. 



57 



westliche Treppenhaus ist einfach.) Auch die im ersten Obergeschoss des Haupt- 
flügels belegenen Staats- und Gesellschafts - Räume zeigen, mit Ausnahme eines 
einzigen Zimmers (des der Haupttreppe zunächst liegenden Vorzimmers), dieselbe 
späteste Auffassung des Roccoco, übrigens in reicher und einheitlicher Weise. Die 
Grundriss-Anordnung ist klar. Von den Treppenhäusern aus ist jedesmal ein nach 
dem Hof zu liegendes, zweifenstriges Vorzimmer erreichbar, und beide Vorzimmer 
sind durch einen durch fünf Fenster vom Hof aus erleuchteten Gang verbunden. 
Nach vorn liegt diesem Gang entsprechend der grosse, fünffenstrige Festsaal ; rechts 
und links von diesem jedesmal ein dreifenstriges Zimmer und ein grosses Eck- 
zimmer ; an dieses schliesst sich im rechten Winkel, die Ecke zu den Treppenfluren 
ausfüllend, noch ein kleines, einfaches Zimmer an. — Der grosse M i 1 1 e 1 s a a 1 geht 
durch das erste und zweite Obergeschoss durch und erreicht daher eine stattliche 
Höbe, während dieselbe bei den übrigen Räumen nicht mit deren Breiten-Ausdeh- 
nungen, wenigstens nach classischen Mustern nicht im Einklang steht (kennzeichnend 
für deutschen Palastbau). Doch ist auch bei dem Festsaal der Eindruck dadurch 
verringert, dass der Charakter der Zweigeschossigkeit durchweg durchgeführt ist. 
Für den Grundriss des Saales suchte der Architekt eine Belebung dadurch, dass 
er ihn durch starke Abschrägung der Ecken achteckig machte, ferner aber diese 
Schrägseiten sowohl, wie die übrig bleibenden Mitteitheile der kurzen Seiten aus- 
und einbauchte (s. Abbildung), d. h. des 
Gnten hier zuviel that, während die Lang- 
seiten einfach gerade durchgeführt sind; 
dies giebt zusammengenommen dem Saal 
etwas Charakterloses. Ausserdem entstand 
dadurch, dass die Mitteitheile der Schmal- 
seiten grosse Kamine erhielten, also nur die 
nach den Fenstern zu gelegenen Schräg- 
seiten in ihren Wänden die Verbindung 
zu den benachbarten Zimmern enthielten, 
die schwierige Frage, ob und wo Thflren 
zu diesen Räumen anzuordnen wären; 
diese Frage wurde in mehr spielender, als 
architektonischer Weise gelöst, d. h. an 
dem geraden Stück der Querscheidemauer 
des Nachbarzimmers, welche gewisser- 
roaassen ausserhalb der Saal-Decoration 
liegt, eine Tapetenthür angebracht und 
dies ganze Stück (mit Figuren an einer gemalten Treppe) bemalt Die Wände des 
Saales sind in der damals Üblichen Weise decorirt, doch ist die grösste Abwechselung 
der Motive bei ziemlich gleichartiger Geschmacksrichtung erstrebt, so dass auch die 
Beschreibung in Einzelheiten zerfallen muss. Das die Geschosse theilende Gesims 
ist nur durch die Fensternischen unterbrochen, sonst durchgeführt und in der Mitte 
jeder Schmalseite geschweift, als Giebel höher geführt und hier mit einem Wappen- 
schild zwischen zwei Figuren der Haupttugenden geschmückt. Die Fenster unten 
sind rundbogig, oben flachbogig, die Fensterpfeiler unten mit Spiegeln, oben mit 
Oelbildern versehen. Die gegenüberliegende Langseite ist dreigethcilt; unten ge- 




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RüDOLBTAPT, SchloBS. 



Rudolstadt 58 



doppelte (doublirte) Pilaster und dazwischen in der Mitte die Rundbogen-Thür zum 
Gang, mit Schnörkel-Aufsatz bekrönt, rechts und links von ihr rechteckig umrahmte 
Oelbilder (von Deisinger) mit Schnörkel- Aufsätzen anderer Art; oben tritt das 
Gesims in hin- und hergeschweifter Linie vor und trägt, von vier Mannes-Ober- 
körpern (welche aus den doublirten Pilastern heraustreten) unterstützt , ein ver- 
goldetes Balcongitter (die Musikertribüne); dahinter ist die Wand von drei tiefen, 
korbbogigen Nischen unterbrochen, in deren Decken (Gewölbe-Nachahmungen) Fresken 
in oberflächlicher Ausführung gemalt sind. An den Schrägseiten unten Rundbogen- 
Oeffnungen, und zwar die dem Gang zugekehrten (wo keine Thür-Durchbrechung) 
als Nischen, mit zahlreichen Consolen für Glasgefässe (darunter recht bemerkens- 
werthe); über dem Gesims an beiden Schrägseiten Flachbögen und Nischen mit 
Malerei bezw. vorn vergoldete Brüstungsgitter. In den Mitten der Schrägseiten 
unter dem Gesims Rundbogen-Nischen für die Oefen, oben Flachbogen-Felder mit 
ganz guten Gemälden von Dietrich. Zu diesen hier geschilderten Motiven treten 
noch zahlreiche Einzelheiten , Köpfe an mehreren der Pilaster , Cartouchen als 
Nischen- und Scheitel-Füllungen, Schnörkel allerlei Art, kleinere, verzierte Wand- 
spiegel etc., alle diese Zierden als heiterer, wenn auch oberflächlicher Schmuck 
ohne bestimmten Zusammenhang untereinander und von ebensowenig selbständigem, 
künstlerischem Werth, wie die Malereien von Deisinger, welche die üblichen 
Allegorien der Baukunst, Bildnerei, Geometrie etc. in Darstellung von Frauen und 
Genien enthalten. Die Hauptfärbung der von der Malerei übrig bleibenden Stuck- 
flächen ist Nachahmung von Giallo antico, grauroth-gesprenkeltem und rosa-grauem 
Marmor. Die flache Decke enthält in einer breiten, reichen, aber krausen Um- 
rahmung von frei gearbeiteten Stuck-Ornamenten mit Ranken, Kindern etc. in hell- 
grauen und rosa-Töncn noch ein grosses Plafondgemälde, Götterversammlung, mehr 
bunt als schön. So ist die ganze Erscheinung des Saales, zumal nach der jüngsten 
Restauration durch den Geh. Baurath Brecht und den Hofmaler Oppenheim, welche 
sich dem Gegebenen schonend anschloss, eine bestechende und glänzende, verträgt 
aber keine eingehendere Prüfung der künstlerischen Erfindung. - Die übrigen 
Zimmer dieses Hauptgeschosses sind in in aass voller und einheitlicher Weise mit 
den bekannten Roccoco-Mustern geschmückt, so dass die Schilderung eine zusammen- 
fassende sein kann. Auch diese Restauration ist sachgemäss vor einigen Jahren 
durchgeführt worden, wobei nur einige der Farbentöne kräftiger als früher auf- 
getragen wurden. Sämintliche Thüren sind rechteckig, ohne Bekrönung, braun mit 
einigen vergoldeten Umrahmungs-Linien der Füllungen. Die beiden Räume rechts 
(südlich) vom Festsaal sind in grünen Tönen mit Wechsel von hellem und dunklem 
Grün gehalten, und die Wandstreifen, welche die Flächentheilungen bilden, von 
einigen vergoldeten, mässig gcschnörkelten Linien eingefasst Ueber den Thüren 
(je zweien an jeder der drei Seiten) hängen in gcschnörkelten Rahmen Oelbilder, 
jedesmal eine Fürstin in Berathung mit Künstlern und Gelehrten darstellend ; in 
den Mitten der kurzen Seiten grosse Oel - Bildnisse des Fürsten Johann Friedrich 
und seiner Gemahlin Bernhardine, wohl von Tischbein; in der Mitte der dem 
Fenster gegenüberliegenden Langseite ein Ofen: unten Gussplatten, oben Fayence- 
Pyramide. Decke weiss; zarte, vergoldete Stuckirung nur als Umrahmung und 
Mittelrosette. Wandspiegel und reicher geschnörkelte Spiegeltische. Diese, wie 
andere Tische, Wandschirme und mehrere sonstige Spiegel und Möbel in diesem 



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50 Rudolstadt 



Rudolstadt, Sobloss 



59 



und anderen Zimmern, auch einige Leisten sind mit Goldbronze und blau grünem 
(stahlfarbenera) Lack in abwechselnden Tönen überstrichen, was sich eigenartig 
ausnimmt. — Das nun hier folgende Eckzimmer hat an den Wänden zum Theil 
seine alte, grünseidene Damasttapete bewahrt. Der Ofen, an dessen (iussplatten 
Wappen und: L.G., ist in der ebenfalls in Grünweiss mit Gold gestimmten 
Fayence-Pyramide (mit dem gleichen Namenszug) reicher gehalten ; auch der Wand- 
streifen dahinter zeigt eine der hübscheren, vergoldeten Decorations-Motive des 
Schlosses, wie auch die Decke in den vergoldeten Stuckirungen der Mittelrosette 
und der Umrahmung recht künstlerisch erfunden ist In diesem Zimmer ein gutes 
Gemälde einer Schlacht, von Lingelbach. — Das hier im rechten Winkel sich 
anschliessende Zimmer ist einfach, in den Wänden grün, mit weissen Stucklinien 
nur hinter dem Ofen, in der mit stuckirten Umrahmungen und Mittelrosette ver- 
sehenen Decke weiss. — Das zu dieser Zimmerreihe gehörige, nach dem Hof zu 
gelegene Vorzimmer wird auch Bänderzimmer genannt, weil die Wanddecoration, 
durchweg Oelmalerei auf grün grundirter Leinwand, unten Geräthe der Jagd, Gärtnerei, 
der Künste und Wissenschaften, oben antikisirende, grau in grau gemalte Medaillons 
mit Kinderscenen bezw. Brustbildern (in Anlehnung an römische Reliefs) enthält, 
die an flatternden, sehr markirt rosa oder bläulich gemalten Bändern aufgehängt 
zu sein scheinen. Decke in Stuck, wie die der Nachbarzimmer, nur weiss gehalten. 
Ofen, unten ältere Gussplatten mit Wappen des Herzogs Rudolph August von 
Braunschweig-Lüneburg 1674 verwendet, oben Fayence -Pyramide, weiss mit grün. 
Zinnerne Wandleuchter. — Die beiden links von dem Festsaal belegenen Zimmer 
weichen in ihrer Docoration von den übrigen Zimmern etwas ab. Wohl gewahren 
wir auch hier noch Roccocomotive, aber die Auszierungen von Wand und Decke 
sind in gewisser Beziehung fester, ruhiger und einfacher geworden, wozu wohl 
auch die neuere Restauration beiträgt Den Hauptcharakter gewinnen die Zimmer 
durch die dunkelrothe Damasttapete, welche den grössten Theil der Wandflächen 
bedeckt und durch breite, aber geradlinige, an den Ecken kaum noch verschnörkelte 
Goldleisten eingefasst ist Um so mehr treten die durch eine reichere Decoration 
bevorzugten Stellen heraus, welche übrigens in diesen Zimmern zum Theil besonders 
glücklich ist, nämlich die vier über den Thüren befindlichen .Rahmen mit Ge- 
mälden (heitere Unterhaltungen im Stil des Boucher und Lancrct), sodann die 
Umrahmungen an den in der Mitte jeder kurzen Seite vortretenden Pfeilern (von 
denen nur der eine einen Kamin enthält), ebenfalls mit Oelgemälden (Schäfer- 
scenen) von Dietrich, schliesslich die der Fensterwand gegenüber befindliche Rund- 
nische mit Verzierungen innen und aussen, welche bis zur Decke reichen ; hier der 
Namenszug Friedrich August's. In der Nische ein Ofen mit einfachen Guss- 
platten, aber hoher Fayence-Pyramide. Die Decke ist reicher, als die des ent- 
sprechenden Zimmers, indem ein grosses, mehrfach verkröpftes Mittelfeld mit einem 
buntfarbigen Gemälde der sämmtlichen Tugenden von Deisinger gefüllt ist, und 
an den vier Ecken noch Schnörkel-Rahmen mit den braun in Braun gemalten 
Frauengestalten als Welttheilen den Blick auf sich ziehen ; allein die Malerei ist zu 
oberflächlich, die Composition der schweren, barockartigen Hauptgliederungen mit 
den im handwerklichen Roccoco gezeichneten, kleinen Verzierungen daran kraftlos. 
— Das anstossende Eckzimmer (welches die prächtigste Aussicht auf Stadt, Thal 
und Höhen bietet) ist früher ein Schlaf- und Ankleidezimmer gewesen und deshalb 




60 



Rudolstadt, Schloss. 



Rudolstadt. 60 



durch eine Querwand getheilt, welche in der Mitte in einem breiten (durch einen 
Vorhang zu verschliessenden) Flachbogen sich öffnet Nach dem vorderen Theil 
des Zimmers ist dieser Bogen mit einer kräftig ausgebildeten Cartouche (in ihrem 
Schild der Namenszug von Johann Friedrich und Bernhardine: J. F.B. CS .) im 
Scheitel verziert, an den Seiten aber Rundbogen-Nischen mit Consol-Tischchen und 
Cartouchen, darüber Sopraporten (Oelgemälde von Genien). Die an das benachbarte, 
dreifenstrige Zimmer anstossende Wand ist wie der in jenem Zimmer beschriebene 
Wandtheil (Thür mit Sopraporta, darin Oelbild: Damenbeschäftigung; Kamin mit 
Oelbild darüber: Schäferscene, in Umrahmung), also unsymmetrisch ausgebildet. 
Dagegen ist die Decke, wie diejenige der Zimmer auf der anderen Seite des Saales, 
lediglich am Rande mit Stuck verziert (in der Mitte ein Gemälde: Diana und 
Endymion), ebenso die des im Uebrigen einfachen, ehemaligen Bettraumes, der 
zweiten Abtheilung des Eckzimmers (darin ein allegorisches Gemälde). Hier 
ein Tisch aus Rosenholz, mit hübschen, eingelegten Mustern, aus dem 18. Jahr- 
hundert — Das nach dem Hof hin gehende, von der Haupttreppe aus erreichbare 
Vorzimmer hat eine von allen übrigen Räumen des ersten Obergeschosses ab- 
weichende Decoration, welche schon den strengen Hellenismus zeigt; an der matt- 
gelb getönten Wand treten weisse Felder vor, welche mit Reliefs, theils dionysischen 
Instrumenten und Blättern, theils Figuren (Musik, Tanz, Dichtkunst) auf hellblauem 
Hintergrunde geschmückt sind. — Dagegen ist der die beiden Vorzimmer verbin- 
dende und in der Mitte den Haupteingang zum Festsaal enthaltende Gang im aus- 
gesprochensten Stil des Spät-Roccoco gehalten. Seine vier Fensterpfeiler und die 
je vier Felder, in welche die gegenüberliegende Wand rechts und links von der 
Saalthür getheilt ist , enthalten in Holzrahmon (die oben die Form : ^— — ^ 
und Verzierungen haben) originelle, ganz Hott componirte Oelbilder; ' ' 
jedesmal eine Phantasiclandschaft und im Vordergrunde zwei bis vier Personen, 
Herren und Damen, in allerlei Trachten (Alpner und Alpnerin, Perser, Chinesen, 
Türken, Edelmann, Pilger und Pilgerin, Gärtnerin, Ritter, Lautenspielerin) in 




Gitter auf einem Gemälde im Schlosse zu Rudolstadt. 



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61 Rudolstadt 



Rudolstadt, Schloss 



61 



Brustbildern, welche Ober eine ebenfalls gemalte BalconbrUstung uns anschauen. 
Diese Gitter, als Eisen mit Vergoldungen gedacht, zeigen die verschiedenartigsten 
Roccoco-Muster und diese gehören zu den besten, gewähltesten Kunstformen des 
ganzen Schlosses (s. Abbild. S. 60). 
Schlosskapelle 1860 restaurirt 

B. Anemaller, Geschichtsbilder. 8. 6. 26. — Gregorii, D. j. flor. Thüringen, 8. 190. — 
Hcinse, Alterthumskunde, S. 17. — Hesse, Rudolstadt u. Schwarzburg, 0., bei. S. 34 ff. 51 u Anm. 
73. 77. — Hesse, in Thüringen n. d. Harz, S. 220. 226. 230 f. 334. — Heydenreich, Histor. d. 
H. Schwarzburg 1743, 8.416. — Kämmerer, in Wieland 's Mercur 1794, S. 186 f. über die Gemälde. 
— Obbarius, Rudolstadt, S. 16 f. — 0. Richter, Bilder a. d. westL MitteldeutschL (Unier dtsch. 
Land u. Volk VI) 1883, 8. 301 Ansicht - Sigismund, Landeskunde I, S. 215; II, 8. 6. - Thflring. 
Chronica n. d. Alphabet 1712, 8 302. — Treiber, Üeschl.- u. Landesbeschr., S. 129. — 0. Walther, 
in Thflring. Vereins-Zeitschr. 1891, N. F VII, 8. 407 ff. — SophWilliams in Berlin, Photographien. 

In der südlichen Eingangshalle im Erdgeschoss des Südflügels hat ein Tauf- 
stein aus der Kirche in Kirchhasel Aufstellung gefunden. Derselbe ist spät- 
gothisch, pokalförmig, achteckig, mit vortretenden Säulchen am Schaft, aus denen 
die einander schneidenden Schweifbögen entwachsen, welche am Becken vortreten; 
in den Flächen zwischen diesen Bögen sind Rosetten in verschiedenen Mustern 
angearbeitet 




Taufstein aus Kirchhasel im Schlosse zu Rudolstadt. 



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62 



Rudolstadt, Schlosa. 



Rudolstadt 62 



Im Nordflügel befindet sich unten die Silberkammer. Hier in Schränken zu- 
nächst die heiligen Gefässe der Schlosskirche. 

Kelch, aus dem 16. Jahrhundert. Sechspass-Fuss, darauf ein Crucifix und ein 
jetzt leeres Medaillon. Am Knauf Würfel mit: maria +, dazwischen gravirte Maass- 
werke. Der Schaft spiralisch gerippt Silber, vergoldet 18'/i cm hoch. 

Kelch. Unter dem Sechspass-Fuss das Wappen des Ludwig Günther (L'.G. 
D. V.G. (Viergraf) — D.R.G.Z.S. V.H.) 1634. Am Knauf Rautenwürfel mit: 
L .G .D.V.G.D.R., dazwischen gravirte Maasswerke. Silber, vergoldet, 20'/t cm 
hoch. 

Kelch, aus dem 18. Jahrhundert, gross, plump; Sechspass-Fuss. Am Knauf 
W'ürfel mit: IHESVS, dazwischen Eier mit doppelten Umrissen. Silber, vergoldet 
Zeichen (N.CB.D). 25 1 /» cm hoch. 

Kelch (aus Frankenhausen stammend), aus dem 18. Jahrhundert, mit Sechs- 
pass-Fuss und sechskantigem, vasenförmigem Knauf. Silber, vergoldet, mit dem 
augsburger Zeichen, 22'/i cm hoch. 

Klingelbeutel mit: 1733, verschlungenen E. C. S. und Ornamenten. Silber. 




Suppenschüssel im Schlosse zu Rudolstadt. 



Unter den Tafelgeräthen zeichnen sich 2 Suppenschüsseln in Roccoco, 
augsburger Arbeit, von Silber aus; ferner Leuchter; — ein Münzenseidel aus 
Silber mit Vergoldungen, aus der Zeit um 1680, mit Münzen von 1655 ab; am Fuss 
Wappen und verschlungene Buchstaben in zopfigen Ranken ; — interessant durch 
ehemalige Bestimmung ist das silberne Mützenschild eines Läufers aus dem 
18. Jahrhundert — Hübsche Gefässe in Fayence und Porzellan, diese besonders 
meissener, weniger der rudolstädter Fabrik. 



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63 Rudolstadt. Rudolstadt, Sohloes. 63 



In der Bibliothek im Obergeschoss des NordflQgels werden einige Holz- 
figuren von spätgothischen Altarwerken aufbewahrt, welche aus der Schlosskapelle 
und der Stadtkirche (bezw. aas der Kirche zu Grossgölitz, Sigismund. Ludttknade 
II, 8. 57) stammen. Zusammenzogehören scheinen folgende : 1) Eine Gruppe der 
sitzenden heiligen Anna selbdritt (Maria mit Taube, Jesuskind mit Apfel in der 
Hand), bei welcher der Kopf der Grossmutter recht hübsch geschnitzt ist; zwei 
heilige Bischöfe mit Buch, gut gearbeitet und erhalten ; — 2) ein heiliger Nikolaus 
mit den drei Broten auf dem Buch; ein heiliger Bischof; ebenfalls ganz gute Ar- 
beiten ; — 3) ein Heiliger, wohl ein Evangelist, an Grösse den vorigen gleich, aber 
minderwerthig , besonders in Haaren und Bart ; — 4) in Flachrelief ein heiliger 
Cyriacus IKopf des UngethQms fehlt]; ein heiliger Bischof; eine gekrönte Heilige. 
— Ferner ein Relief-Brustbild, wohl eines Evangelisten, mit Reliquien-Oeffnung auf 
der Brust, von edler Auffassung. — Unbedeutender, aus dem 17. Jahrhundert, ein 
Steinrelief, Matthäus mit dem Engel, von einer Kanzel aus Paulinzelle, und ein 
Christus und Gottvater, ebenfalls von einer Kanzel. 

Der Südflügel enthält im Erdgeschoss nur einen Raum mit Ausstattung des 
18. Jahrhunderts, das sogenannte japanische Zimmer, welches nach Auffassung der 
damaligen Zeit einen eingelegten Fussboden und Stuckdecke in verschlungenen, 
krausen Mustern, sowie an den Wänden Figuren - Consolen mit daraufgestellten 
Vasen, Tassen, Fi g Archen u. dergl. in Porzellan, Thon, Glas und Speckstein 
enthält. Auf einem Kamingesims haben, nicht dazu gehörig, zwei B Osten von 
Houdon Platz gefunden, lebensgrosso Bildnisse der Maria Theresia und des jugend- 
lichen Kaisers Joseph, ausserordentlich schöne Arbeit in Gips, welche, wie die 
Arbeiten des Meisters in Gotha (s. Bd. Gotha, S. 85), die persönlich überarbeitende 
und verfeinernde Künstlerhand erkennen lassen. In einem benachbarten Zimmer, 
welches, wie mehrere dieses Schlosstheiles, schon neuclassische Decoration hat (hier 
früher zum Theil Pferdeställe), bildet einen Stolz des Schlosses eine Sammlung 
limousiner Emailgerät he von Courtois 1567, mit Bildern nach Rafaers Galathea, 
Pierre Reymond (eherne Schlange) etc. 

Im ersten Obergeschoss des Südflügels befindet sich die Wohnung des regie- 
renden Fürsten. Ausstattung durchaus modern. Von älteren Erzeugnissen interessirt 
uns der in einem Kasten aufbewahrte Schmuck der Gräfin Elisabeth, Gemahlin 
Albert's VII. von Schwarzburg (t 1590), in ihrem Grabe in Frankenhausen gefunden ; 
ein Kreuz mit Brillanten (Bergkrystall ?) , an einem Kettchen, in dessen Gliedern 
mehrfach der Buchstabe: H vorkommt; ein Armband aus gewundenen Kettengliedern, 
durch zwei Platten zusammengefasst t daran: H.D.H.D ein Armband aus an- 
einandergereihten, durchbrochenen Kügelchen, Alles Silber, mit Vergoldungen. — 
Ferner einige gute Oelgemälde; weibliches Brustbildniss von Hans von Culmbach 
(früher für Altdorfer, auch Dürer gehalten); zwei männliche Bildnissköpfe von 
Rubens (?) bezw. Van der Heist, eine recht gute Landschaft von Goyen ; ein sehr 
gutes Miniaturbildniss eines Fürsten, Kniestück, mit Rüstung und Perrücke um 
1680. (Die übrigen Gemälde des SobloBses sind wohl früher überschätzt worden oder 
werthvolle abhanden gekommen. Vgl. Parthej, Die Bilderwunmlangen in Rudolit 1867; danach 
Loti p Kutttopogr. I, S. 6J8.) 



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64 



Rudolstadt, Schloss. 



Rudolstadt. 04 



Im zweiten Obergeschoss des Südflügels sind auf dem Gang und in dem ersten 
Zimmer zwei Altarwerke 1891 einstweilen untergebracht (Ä). Das grössere, aus der 
Kirche zu Wüllersleben stammende Altarwerk ist von hervorragendstem Interesse 
für die ganze Kunstgeschichte des Mittelalters in Mitteldeutschland, weil nicht nur 
Jahr und Ort, sondern auch der Name des Verfertigers aussen an den Rahmen der 
Flügel angegeben sind : %nno • bfif • p> c °iit • conplera « tft bec • tbabola frrta 
feba • pof* • (tantatt • facta i. in &alutU per valerinü leitbtffeeicb . Es ist in 
den Schnitzereien gut erhalten und ein charakteristisches Werk der saalfelder Schule. 
Im Mittelschrein steht im überhöhten Mitteltheil Maria mit dem eine Traube in der 
Linken, abgepflückte Weinbeeren in der Rechten haltenden Jesuskind; sie hat eine 
Krone auf dem Haupt, welche zwei Engel oben halten; zwei Engelchen unten 
spielen Laute; zu den Seiten der Maria, durch Säulcben getrennt, stehen in kleineren 
Figuren die (durch Abzeichen und Unterschriften erklärten) Heiligen Margaretha 
und Barbara, Katharina und Dorothea. In den Seitenflügeln links Alban, den 
abgeschnittenen Kopf in der Hand, Petrus, Paulus und Andreas; rechts Johannes 
der Täufer, Laurentius, Georg und Nikolaus. Die Figuren sind von verschiedener 
Güte, von der besten Hand die Heiligen Alban und Laurentius. Baldachine und 
durchbrochene Sockel trefflich geschnitzt und erhalten; ebenso die mit Mustern 
reliefirten Flächen der goldenen Hintergründe und Umrahmungen. Malereien be- 
finden sich in den zur Deckung des Mittelstückes dienenden Aufsatz -Tafeln der 
Flügel und zwar Halbfiguren, innen die des Engels Gabriel und der Maria mit 
den Verkündigungs- Worten, aussen die zweier Erzväter, sowie aussen an den 
Flügeln selbst Oelberg - Gebet und Geisselung Christi, in lebendiger Auffassung 
und saftiger Farbengebung , leider inuthwillig sehr beschädigt. Doch lässt sich 
immerhin die Energie und Kraft der Malweise in dem betenden Christus er- 
kennen. — Das kleinere Altar werk aus der Kirche zu Schwarza enthält an 
Figuren im Mittelschrein die etwas höhere Figur der gekrönten Maria mit dem 
Kind auf dem Arm zwischen den Heiligen Petrus, Laurentius, Katharina ; Barbara, 
Johannes Ev., Nikolaus ; an den Flügeln innen : Martin, Andreas, Albana (selten in 
Thüringen; sie hält eine Kette, daran das Ungeheuer abgebrochen ist); Georg, 
Gangolf, Sebastian. Malereien an den Aufsätzen innen: musicirende Engel in 
Halbfiguren, aussen auf den Flügeln: Verkündigung und Geburt. Ausführung und 
Erhaltung weniger gut. 

Weiterhin befindet sich in diesem Theil des Schlosses die Wohnung dos hoch- 
seligen Fürsten Georg. 

Hier auf dem Flur zwei Glasschränke. In dem einen Funde vorgeschichtlicher 
Zeit aus hiesiger Gegend, aus Stein (besonders ein bearbeiteter Jaedit von grösster 
Seltenheit) und Bronze. Im anderen Schrank kleine, kunstgewerbliche Gegenstände 
der Familie, meist aus dem 18. Jahrhundert, Fächer, darunter solche von hohem, 
künstlerischem Reiz, zumal zwei mit Malereien im Stile Watteau's und mit ge- 
schnitzten Perlmutter-Griffen, von einer entzückenden Feinheit und Schönheit der 
Arbeit, so dass diese kleinen, unscheinbaren Gegenstände zu den kostbarsten 
Schätzen des ganzen Schlosses gehören (s. Abbild.); gestickte Schuhe, Dosen, 
u. A. eine mit dem Email-Brustbild Königs Friedrich II. von Preussen u. dergl. 

Ferner in den Wohn- und Arbeits-Zimmern an Wänden und in Schränken 
kunstgewerbliche Gegenstände verschiedenster Art, Zeit und Bestimmung, darunter 



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65 Rudolstadt Rudolstadt, SchloBs. 65 



ausgezeichnet schöne. Gestickte Schuhe; goldene Dosen; Schmuck, Por- 
zellan, vor allem zahlreiche, kostbare Fächer, aus dem 18. Jahrhundert. Mehrere 




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Schalen aus Messing von verschiedener Grösse, aus dem 16. Jahrhundert, die 
zwei grössten mit Brustbildnissen und am Rand Blumen getrieben. Waffen, 



und KootUnkm. TbUrtageoi. Schwinb.-HaJ« l.tädt I. 



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66 



Rudolstadt, Schloss, Postamt, Hofpredigerwohnung. Rudolstadt. 66 



u. A. eine Jagdflinte aus der Zeit um 1700 mit sauberer Elfenbein-Einlegearbeit. 
Schliesslich auf vielen Schränken interessante Glasgefässe und Krüge. 

Im Empfangszimmer ein Schrank mit kostbaren Geräthen in Metall und Glas. 
Darin sind besonders einige Schalen aus dem 16. Jahrhundert bcachtenswerth. Eine 

Nautilusmuschel mit gravirten Kranichen, mit Hülfe von Goldschmiede- 
Arbeit zum Trinkgefäss verwendet. Zwei silber-vergoldete Streifen fassen die Muschel 
ein und sind durch einen dritten mit einander quer verbunden ; auf denselben sind 
Ornamente nebst Maskenköpfen, Figürchen (Venus und Amor, Mars) und zweige- 
schwänzten Meerweibchen getrieben; dazu vorn ein Engelskopf, hinten das hohn- 
steinische Wappen. Den Schaft bildet ein stehender, heiliger Georg, der dem Drachen 
die Partisane in den Rachen stösst; das Untbier ist fast frei gearbeitet auf dem 
im Uebrigen mit hoch getriebenem Gewürm gebildeten, länglich - runden Fuss. 
Auf dem Deckel sehen wir, von einem Ornamentband eingefasst, das Meer mit (in 
Flachrelief getriebenen) Wellen und Seethieren, die frei gebildete Figur auf ihm in 
kühner Stellung ist Neptun, der mit flatterndem Bart, gekrönt, den linken Fuss auf 
einen Delphin setzt und ein Segel über sich hält Die Erfindung ist ausgezeichnet, 
süddeutsche Zeichnung unter italienischen Einflüssen, die Ausführung ist weniger 
fein. (Eine Gravirung am Fuss: w Ijrjr loet ist als: „wiegt 70 Loth" zu lesen, nicht 
etwa die ersten beiden Buchstaben für Wenzel Jamitzer.) 

Schale, von Marmor, von einer in emaillirtem Silber getriebenen, hübsch 
bewegten Venus auf dem Haupt getragen ; sie steht mit dem linken Fuss auf einer 
Muschel als dem Sockel des in Form einer grossen Muschel gebildeten, silbernen, 
vergoldeten Fusses, welcher oben ringsum mit kleinen, wirklichen Muscheln besetzt ist. 

Cocosnuss, als Becher verwendet durch Einfassung mit Streifen und ent- 
sprechenden Hinzufügungen von vergoldetem Silber, welche oben den Abschluss, 
in der Mitte den mit frei C gearbeiteten Consolen umlegten Knauf und unten den 
runden, im Querschnitt: c gestalteten Fuss bilden. Die Verzierungen, Ornamente, 
Löwenköpfe etc., getrieben und gravirt, sind ziemlich derb ausgeführt Deckel von 
Horn, mit einer Negerfigur. Goldschmiede-Zeichen (die altenburger Hand; S). 

Unter den Glasgefässen eines mit der aufgemalten Familie Gottschildt von 
1689, ferner der sogenannte Willkomm aus Könitz, aus dem 18. Jahrhundert, auf 
Kugelfüssen, rund, mit eingeschliffener Darstellung des Orpheus zwischen Thioren, auf 
dem Deckel Vögel. Von fremden ein wunderschönes, italienisches Glas mit Malereien 
und aufgesetzten, vergoldeten Knöpfen. Von Porzellan ein sitzender Bär mit 
Schriftband in den Tatzen, daran ein Gedicht, bezüglich auf die Herstellung in 
Meissen und die Schenkung von Nimptsch als Willkomm in Schwarzburg 1749. 

Kaiserliches Postamt, 1891 vom Geheimen Baurath Brecht in roma- 
nischen Formen künstlerisch durchgeführt — Soph. Williams in Berlin, Photogr. 

Städtische Gebäude. 

HofpredigerWOhnung, an der Ecke der Kirchgasse und Badergasse, altes 
Gebäude, das einst mit der vom Schloss nach der Stadt herabgehenden Befestigungs- 
linie in Verbindung stand (s. S. 71), doch modernisirt, bezw. ohne ältere, be- 



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\<rluy ton Gustav ttsehtr in Jen«. 



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67 Rudolstadt. Rcdolbtadt, Rathhaus, Superintendentur, Privatgebäude. 



67 



merkenswerthe Reste, abgesehen von einer aussen vermauerten Tafel mit Sinnbild 
(drei Garben gesichelt). 

RathhäUS, ursprünglich von der Familie von Schönefeld 1524 gebaut 
laut Inschrift und Wappen unter einem Fenster, aber der Stadtverwaltung (in 
Tausch gegen den sogenannten Ascherhof) überlassen, im Uebrigen 1724 (Jahres- 
zahl über der Eingangs-Thür) und 1784 (Jahreszahl nebst dem Stadtwappen, einem 
Löwen, über dem Keller-Eingang) modernisirt Vorn auf dem Dach ein Thürmchen 
von 1603 bezw. 1705 und 1730, üblicher Form, viereckig, dann achteckig, mit 
Schweifkuppel. — Büchner, Geschichte der Stadt, 8. SO. — Heese, Rudolstadt, 8. 87. — 
Heu», in Thüringen n. 4. Hart IV, & 840. — & Kimm er er, Haler. Topogr. v. Schwanbarg 
1802, An*, t. Rndolst, darin das Bathh. mit hohem Thurm. - Ohbariai, 8. 7. - Sigismund, 
Landeskunde n, 8. 6. 

[Rathhaus, altes, 1404 vorhanden, 1464 verbrannt — Hesse, Rudolstadt u. 
Schwann, 8. 41] 

Superintendentur, auch Archidiakonat, jetzt Pfarrhaus. An 
der Front nach dem Am-Gatter-Platz ein Spitzbogen-Portal des 15. Jahrhunderts. 
- Sigismund n, 8. 14. 



Privatgebäude, 

Bernhardinenstlft, Stiftsgasse Nr. 21, von der Gemahlin des Fürsten 
Johann Friedrich, Bernhardine von Sachsen - Weimar (f 1757), gestiftet, 1759 ein- 
geweiht Ueber der Eingangs -Thür eine Roccoco-Cartouche, darauf: Qott mu 
Ehren, dem Nächsten gut* Schute errichtet freiadlich Bernhardmenstift. Darunter 
ein Band mit: DIE XX AVGVST . MDCCLIX. Zu den Seiten links die Göttin 
der Gerechtigkeit mit Waage und dem schwarzburgischen Adler, rechts eine Frauen- 
gestalt mit dem weimarischen Rautenschild; oben Knabchen mit: B. CS. (Bernhardine 
Christiane von Sachsen). — Heue, in Thüringen u. d. Hart IV, 8. 835. — Obbarins, 8. 16. 

Gasthof zum Adler. Die Front im deutschen Renaissancestil in ge- 
schickter Weise im Jahre 1880 durch Geheimen Baurath Brecht erneuert, mit 
Schweifgiebeln etc. Darin das Hauptportal mit Dreieck-Giebel (Abbild, auf folg. S.), 
in dessen Feld ein passendes Relief von 1542 (Manns- und Frauen -Kopf in 
Rankenwerk), von dem Eingangs-Thor des alten Gasthauses stammend, hinein- 
gesetzt wurde. 

Rathsgasse, Ecke Kirchgasse. Eingangs-Thür, stattlich, von:'<5<$2 
laut Jahreszahl unter dem Scheitel des Schweifbogens, welcher die Thür aussen um- 
rahmt; die innere Umrahmungs-Linie ist rundbogig, die Fläche dazwischen mit sich 
kreuzenden Stäben gefüllt, an der Schweifbogen - Linie links und rechts Wappen- 
schilder mit Sinnbildern des Schmiedegewerkes (gekreuztem Hammer und Hacke; 
Hufeisen) angearbeitet Die Thürpfeiler ausgenischt mit Sitzconsolen. 

Rathsgasse Nr. 4. Eingangs-Thür im Renaissancestil. Nach dem Hof alter 
Giebel. Achteck-Thurm, Fachwerk, mit Schweifkuppel. Später eingesetztes Seiten- 
gebäude mit Holzgallerie. 

6* 



68 



Rudolstadt, Privatgebaude. 



Rudolstadt. 68 



Markt Nr. 14. Eingangs-Thür aus dem 16. Jahrhundert, rundbogig, mit ge- 
kreuztem Stabwerk im Bogen; an den Pfeilern Nischen mit Wappen und Sitz- 
consolen. 

Kirch gasse Nr. 14. Eingangs-Thflr, wie die vorige, nur ohne Wappen. 

Untere Marktstrasse Nr. 2. Rundbogen -Thür aus dem Anfang des 
17. Jahrhunderts; Bogen mit Diamantquadern. — Grosse Badergasse Nr. 16. 
Thorfahrt mit: 1615. 

Untere Marktstrasso Nr. 23. Eingangs-Thür rundbogig, mit: 1624 und: 
SOLI DEO GLORIA an den Kämpfern ; Bogen und Pfeiler mit Muscheln und Be- 
schlag-Mustern ; an den Pfeilern Sitzconsolen. 




Thtlrgiebel am Gasthof zum Adler zu Rudolstadt. 



Schul gasse Nr. 24. Eingangs-Thür, wie die vorige, daneben eine Tafel ver- 
mauert mit dem Spruch aus Ps. 127, 1 und: 1662. 

Untere Marktstrasse Nr. 24. Erneuerte Rundbogen -Thorfahrt. Rechts 
eine Tafel mit zerstörter Inschrift und: 1516. 

Raths gasse Nr. 8. Tafel eingesetzt mit: 1588 und Spruch aus Ps. 121, 8. 

Obere Marktstrasse Nr. 8. Hof: Holzgallerie im deutschen Renaissance- 
stil, zwei Geschosse mit Verzierung der Pfosten und Brüstungsfüllungen und mit 
einem Uhrthürmchen auf dem Dach. 1887 hübsch im Charakter der Haus-Anlage 
vom Geheimen Baurath Brecht wiederhergestellt 

Brückengasse Nr. 12. Oberlicht-Gitter; schmiedeeiserne Roccoco- 
Füllung; in der Mitte Laterne, darunter Band, mit: 1787. Im Hof rechts und links 



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69 



eiserne Thüren; die eine mit Stabwerk und Rosetten, als Bekrönung Roccoco- Ver- 
zierung, mit : 1782, in der Mitte grosse Maske mit Ring ; die andere mit gekreuztem 
Stabwerk, als Aufsatz ein Bogenfeld mit Blumenkorb. 

[Ehemalige, ritterliche etc. 
HÖT6 in der Stadt: Schön- 
feldischer, dann Krakauer Hof; 
Ascherhof als Vogtswobnung ; 
Gräfendorf scher Hof; Giche'- 
scher, dann Heise'scher, dann 
Kochberg'scher Siedelhof etc., 
8. a. Ludwigsburg S. 53, Rath- 
haus S. 67. — Bflchner, 
S. 24. 26. 55. - Hesse, Budolst 
u. Schw, Anm. 23. — Sigis- 
mund II, 8. 6.] 

[H a U 8 , Badergasse, 

Holzgebälk. — Bischof, in 
Ort wein, Deutsche Beasiss&nce 
YU, Abth. LVI1I, Tat 2.] 



Brunnen. 

Brunnen auf dem 
Markt, 1H58 nach Zeichnung 
des Baurathes Junot er- 
richtet — Anemflller, Ge- 
schichtsbilder, 8 2. — Sigis- 
mund, Landeskunde II, S. 8. 

Gü ntherbrunnen 
[an Stelle des alten Brau- 
hauses, das neben dem 

Oberenthor Stand] , 18(57 Hof des Hauses obere Marktstrasse Nr. 8 zu Rudolstadt, 
nach einer Zeichnung des 
Geheimen Baurathes Brecht 

Brunnen auf dem Neumarkt 1876 von Brecht, hübsch, im Renaissancestil 
des 16. Jahrhunderts. Einfache, rechteckige Stein-Einfassung mit Beschlagmustern, 
Mittelpfeiler mit einem Löwenkopf; krönende Figur, als weibliche Gestalt mit 
Wassergefäss. — Sigismand, Landeskunde II, S. 6. 

Denkmal im Hain, für Fürst Ludwig Friedrich, einfach, von 1809 [an Stelle 
eines 1696 f. erbauten Lusthauses j. — Hesse, Rudolstadt, s. 10 u. Anm. 14. 

Im Besitz der Frau Minister von Bertrab: 

Klappaecret&r mit Holz-Einlagen und dem Namenszug des Forsten Ludwig Fried- 
rich IL (f 1807), aus dem 18. Jahrhundert, von dem Oberst von Brockenburg stammend; 




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70 



Ritdolbtadt, Privatbesitz. 



Rudolstadt 70 



Sohrank mit hübschem Beschlag des 18. Jahrhunderts; Ofenplatte, von: 1567, mit 
dem Gastmahl des Reichen und des Armen, aas Gasseisen. 

Aasserdem eine Anzahl von Altarwerken bezw. Resten und einzelnen Figuren 
von solchen, meist aus Kirchen 'des Landes stammend. Ausser einer zusammengestellten 
Gruppe eines Gekreuzigten aus der Mitte des 15. Jahrhunderts zwischen den Heiligen 
Cornelia? (Taube und Palme) und Katharina (1891 im Saale der Frau Minister aufgestellt 
gewesen) und der Figur eines heiligen Stephanus oder Laurentius aus dem 15. Jahrhundert 
(1891 in einer Kammer) gehören die Qbrigen Arbeiten dem Anfang des 16. Jahrhunderts 

an. Darunter : Altarwerk; 
Figuren, im Mittelschrein Maria mit 
dem Leichnam Christi, zwischen den 
Heiligen Nikolaus und Katharina, 
in den Flügeln innen Verkündigung 
und Geburt Christi, aussen Malereien, 
je zwei weibliche Heilige (rechts 
Katharina und Apollonia). Altar- 
werk; Figuren, im Mittelschrein 
ein heiliger Papst zwischen Sebastian 
and einem heiligen Bischof ; an den 
Flügeln Malereien, innen die An- 
betung der Könige, aussen Katha- 
rina und Margaretha. Altarwerk - 
Mittelschrein, Figuren der Anna 
selbdritt in der Auffassung, dass sie 
sitzend auf dem Schooss die Maria, 
diese wiederum ebenso das Kind 
trägt, zwischen den Heiligen Katha- 
rina (?), Barbara, Stephanus und 
Wolfgang (?). Mittel sehr ein; 
Urban, Johannes der Taufer und 
zwei andere Heilige. Ferner kleine 
Reliefs der Verkündigung , Ge- 
burt, Darstellung des guten Hir- 
ten, Kreuzigung und Himmelfahrt 
Relief mit den drei Königen. Ein- 
zelne Gruppen und Figuren, so 
Anna selbdritt, mit den Heiligen Laurentius und Margaretha. Maria als Königin, mit dem 
Kind, welches einen Apfel halt, der heilige Wolfgang, Urban, Christoph, diese 1891 im Saale der 
Frau Minister aufgestellt gewesen, vortrefflich an Arbeit und Erhaltung bezw. Wiederher- 
stellung; dazu gehörig, in Nebenrftumen: Magdalena und Dorothea. Ferner Maria mit dem 
Leichnam Christi, sehr schön. Johannes der Evangelist (1891 in einer Kammer), ebenso 
trefflich gearbeitet, wie gut erhalten, auch in den Farben. Figuren der Ursula und des 
Erasmus. Sodann mehrere bemalte Flügel von Altarwerken. Alles aus Holz. 

Oe Ige m aide, Kreuzigung, niederrheinische Arbeit aus der Frühzeit des 16. Jahr- 
hunderts; Kopf eines heiligen Franciscus, in der Art des spanischen Malers Zurbaran, gut 
Taufsehale bekannter Art mit der Verkündigung. Kachel mit Darstellung: eancra 
(sanete) e(p)iritt>6 J726, blau und weiss. Krüge, Glaser. 




Wandleuchter im Besitz des Geheimen Baurathes 
Brecht zu Rudolstadt 



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71 Rudolstadt. 



Rudolstadt, Privatbesitz, Befestigung. Schaala. 



71 



Im Besitz des Herrn Geheimen Bauraths Brecht: 

2 Wandleuchter, in der Schlosskirche zu Stettin bis zu deren Restauration 
gewesen [5 sind von Herrn Brecht an das Provinzialinuseum zu Stettin geschenkt ; 
es sollen ursprünglich 12 gewesen sein], wohin sie von König Carl XII. von 
Schweden geschenkt worden sind, mit seinem Namenszug CXII bezw. J£ versehen, 
barock, verschieden (auch die 5 anderen), in flotter Holzschnitzerei. — Brecht, 

Mittheil 

[Befestigung, aus dem 15. Jahrhundert und später, seit 1780 abge- 
brochen. Die Ringmauer steht zum kleinsten Theil, von der Kirchgasse bis zur 
unteren Marktstrasse, vom „Storch" (Stadtgefängniss mit Thurm) längs des Stadt- 
grabens südlich und von da ab westlich „hinter der Mauer". [Das Kirchthor 
stand am „Gatter" zwischen Archidiaconat und Realschule. An der Vereinigung 
der Marktgasse und Akazienstrasse stand das Untere Thor oder Storchthor, 
nahe unterhalb des Storchs, 1873 beseitigt] Der Zug der Mauer ist dann durch 
die Strumpiergasse erkennbar. [Südlich vom Markt nach der Saale zu lag das 
Saalethor. Dann lief die Mauer die Mauorstrasse entlang. Westlich als Schluss 
der oberen Marktstrasse das Oberethor oder Altethor, 1787 bezw. nach 1860 
gänzlich abgebrochen, befand sich neben der Regierung. Ein fünftes Thor war an 
der Stiftsgasse dicht vor dem Fürstengarten. — Im Mittelalter hatte die Altstadt 
eine eigene Ringmauer.] 

[Von der Stadt aus liefen Mauern nach Norden in die Höhe zur Verbindung 
mit der Heidecksburg. Man kann eine östliche Abschluss - Linie und als deren 
Stützpunkt einen Thurm an der Stelle der jetzigen Hofpredigerwohnung an- 
nehmen, westlich eine Linie, welche, von der Altenstrasse anfangend, nach Norden 
gegen die Burg läuft; an beiden Seiten Gräben.] 

Anemolter, Geeehichtebilder, 8. 2 f. mit Anriebt des Storchthorw. — BOchner, Geschiebt*, 
8. 81. — Gregorii, 8. 192. — Sigismund, Landeskunde IL S. & 14. 



[Debra, Vorwerk bei Rudolstadt; Debere (Schannat, & 292), 1630 derer von 
Schönefeld, 1720 der Besitzer von Kochberg etc.; nichts Altes erhalten. — 
Büchner, 8. 26. 86. - Hesse, Rudolst u. Schw., Aura. 22. - Werneburg, in Erfurter Akad. 
Jahrb. 1884, 8. 89] 



Schaala, südwestlich von Rudolstadt; vielleicht sorbischen Namens (1072 
Stahla, von der Königin Richza der saalfelder Benedictinerabtei geschenkt (8cb al- 
tes, Direct dipL), Sitz der von etwa 1300—1400 erwähnten Herren von Schale, um 

1381 ZhaJa. — Fdrstemann, Altdeutsch. Namenbuch 1872. — Franke, Das Bote Buch Ton 
Weimar, 8 100 u, Anm. 7. — Hesse, Landeskalender 1801. — Kiesewetter, in Thflrinp. 
Vorcins-Zeitscbr. 1879, 8 151. — Martin, in Tboring. Vereins-Zeitschr. 1887, S. 133. — Sigis- 
mund, Landeskunde II, S. 17; 217 über das Siegel. - Werneburg, in Erfurter Akad. Jahrb. 
1884, S. 12. 




72 



Schaala. 



Rudolstadt 72 



Kirche. Grundriss-Form bekannter Art: Anlage des Mittel- 

theiles, der den Thurm trägt und im Erdgeschoss 2,3 m lang, 3,95 m breit ist, 
frühgothisch, vom Anfang des 13. Jahrhunderts; spätgothischer Umbau des 16. Jahr- 
hunderts, wobei im Osten der 3,5 ra lange, 4 m breite Chor angebaut wurde; das 
6,7 m lange, 5,9 m breite Langhaus aus dem 17. Jahrhundert Von der ersten 
Bauthätigkeit her das [von der ursprünglichen Apsis] an der Chor - Ostseite 
wieder verwendete, stark verlängerte, schmale Spitzbogen - Fenster ; von der spät- 

gothischen Bauperiode das 
spitzbogige Tonnengewölbe 
über dem jetzigen Chor, 
die spitzbogigen Tragebögen 
des Thurm - Erdgeschosses 
(Chor- undTriumph-Bogen), 
die zwei der Breite nach 
nebeneinander gestellten, 
rippenlosen Kreuzgewölbe, 
welche dieses Erdgeschoss 
bedecken (daran die Restau- 
rations - Jahre : 1513 und 
1881 im letzteren Jahre 
aufgemalt), das mit Kreu- 
zung der Stäbe im Scheitel 
profilirte Spitzbogen-Fenster 
der Chor-Südseite, das in 
der Ostmauer ausgesparte 
Kreuz, das steinerne Dach- 
gesims und schliesslich der 
schlanke Thurm- Aufbau mit 
zweifach gestuften Zinnen, 
mit Wasserspeiern und 
hoher Achteck- Spitze, wel- 
cher der Kirche ein höchst 
malerisches Aussehen ver- 
leiht Aus dem 16. Jahr- 
hundert die rundbogige Eingangs-Thür an der Nordseite des Langhauses, nebst 
deren eisernem Beschlag; aus den letzten Jahrhunderten die tonnenförmige, 
spitzbogige, geputzte Holzdecke über dem Langhaus und dessen rechteckige Fenster, 
wie die flachbogigen Fenster des obersten Thurm-Geschosses. — Sigismund, Landes- 
kunde I, S. 211 ; II, 8. 218. 

Sacramentschrein an der Nord-Ecke der Ostseite, spätgothisch , gut er- 
halten bezw. restaurirt, auf einem rechteckigen Wandpfeiler durch geschweiftes 
Gesims vortretend, als schweif bogiger , mit Giebelblume und Kantenblumen im 
Bogen gezierter Schrein, der rechteckig umrahmt ist; darauf abgestufte Zinnen- 
bekrönung. 




Nordost-Ansicht der Kirche zu Schaala. 



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73 Rudolstadt. 



Schaala. 



73 



Kirehstuhl im Thurm-Erdgesohora an der Nordseite, aus dem 17. Jahrhundert, mit 
facetärten Rundbogen - Blenden und sonatiger, einfacher Schnitzerei an der Vorderbruatung 
und Rückenlehne. Holl, neuerdings braun mit farbigen Facetten bemalt. 

Taufstein, rund, mit niedrigem Sockel, kurzem Säulenschaft und Halb- 
kugel-Becken, daran : F. E . P . 1584 • IN H . N . F. (?) und HA ; H . P . Sandstein. 

K an sei an der Nordost - Ecke des Langhauses, aus dem 17. Jahrhundert, auf einer 
kunon, plumpen Moseafigur, in fünf Seiten des Achtecks, mit Zahnschnitten an Fuss- und 
Deckgesims. Holt, erneuert, auch in den Farben. 

Altar-Aufsatz. Barock ist Folgendes : Sockel , mit Abendmahls - Gemälde, 
an den Ecken geschnitzt, Gesims mit Engelsköpfen; Ilaupttheil durch zwei, mit 
Buckeln gezierte, dorische Säulen getheilt; im Gebälk ein Engelskopf; Aufsatz 
zwischen dorischen Säulen, rundbogig, von durchbrochen geschnitzten Brettern ein- 
gefasst; in der Mitte ein Kreuzigungs-Gemälde. Zu dem Haupttheil dieses Altar- 
Aufsatzes ist ein Altar werk der Zeit um 1500 verwendet worden und zwar 
im Mittelfeld der alte Mittelschrein mit den geschnitzten Figuren der gekrönten, 
auf der Mondsichel stehenden Maria, welche das Kind hält und zwischen den 
kleineren Figuren der Margaretha, Katharina, Scholastica und Magdalena steht, gut 
erhalten, auch in den Baldachinen, die Farben restaurirt; rechts und links die alten 
Flügel mit Gemälden innen und aussen und zwar innen auf Goldgrund die stehenden 
Figuren des Nikolaus und eines anderen heiligen Bischofs bezw. Jacobus d. Aelt 
und d. Jung., an den Aussenseiten die Verkündigung (auf der Blumen vase stehen 
Buchstaben, von denen ich nicht weiss, ob sie ein biblisches Citat oder einen 
Künstler- bezw. Stifter - Namen oder gar nichts bedeuten sollen: A.H.E.N.R.) 
und die Kreuzigung (hier auf dem Gewandsaum des Johannes: E.A.NOHEN- 
TO. BSC. TNA.). Oben auf dem Rundbogen-Feld als Bekrönung eine ebenfalls der 
Spätgothik angehörende Gruppe der heiligen Anna selbdritt, so aufgefasst, dass 
das Jesuskind auf dem linken Arm der Grossmutter sitzt, Maria vor ihr steht 
Das Altarwerk ist saalfelder Arbeit; zu rühmen ist an den geschnitzten Figuren 
der liebliche Ausdruck, an den Malereien die saftige Farbengebung. Ganz besonders 
achtenswerth ist die jetzige, pietätsvolle Bewahrung des alten Werkes in so ver- 
ständnissvoller Weise. — Heia, in Thonn«. Verehw-Zeifrcbr. 1861 (IV), S.U. - Lot«, 
Kunsttopogr. I, S. 53& - Sigismund, Lande.lt L &. 216; D, & 17. 

Gedenktafel, im Chor an der Nordseite eingemauert, aus der 1. Hälfte des 
17. Jahrhunderts, gross, barock. Leider ist die unter dem Fussgesims befindliche 
Cartouche mit der Inschrift vollständig überstrichen. Auf starkem Gesims erheben 
sich seitliche Pilaster, an welchen die Wappen der Verstorbenen angebracht sind, 
bekrönt von Gebälk der Form : _ r\— . Zwischen den Pilastern kniet eine Familie 
und zwar links, im Profil gesehen, vier Männer, gerüstet, die Helme zu Füssen, 
rechts entsprechend drei betende Frauen ; in der Mitte oben bezw. als Gegenstand 
ihrer Verehrung eine Auferstehung in Flachrelief. Sandstein. 

Oelgemälde als Gedenktafel, an der Nord wand des Thurm - Erdgeschosses, 
eine in einer Landschaft knieende Familie, bezeichnet durch Ueberschriften. Links: 
Georg Heinrich von Vitzthum v. Eckstiidt, gewesener kaiserlicher Haubtmann ; Georg 
Caspar, königlicher französischer Laitenant; Ludwig Heinrich F. teirt v. stoü- 
bergischer Gegerm. (Jägermeister); Johann Friedrich kurf. brandet, bestaldter Ober- 



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74 



Schaala. Schwarza. 



Rudolstadt. 74 



förster in Fürsteikum Halber stadt; Johann Albrecht kurf. kölnischer wohlbestaldter 
Regimentsquartiermeisier (interessant ist, in wie verschiedenen Staaten Vater und Söhne 
Dienste nahmen). Rechts: Amalia Elisabetha von Vitzthum geb. Auerochsen; Maria 
Susanna; Maria Susanna Eva v. F., vermählte Würmin und hat geteuget vier 
Kinder 1) EmiUa Ludovica gebr. Würmin, 2) Antonie Maria v. V. W.; 3) Emilia 
Dorothea v. W. y 4) Ludwig Heinrich v. Worm. Zu jeder Seite oben ein Wappenpaar. 

Taufschale, aus dem 17. Jahrhundert, achteckig, mit gravirten Blumen in 
den Ecken. Werkstatt-Zeichen: RUD (Rudolstadt) über dem Löwen, rechts und 
links ein pferdeähnliches Thier, oben: SCS. Zinn. 

Kelch. Der runde, am Rand mit Rauten geschlagene Fuss hat am steilen 
Anlauf ein gravirtes Crucifix und: 1599. Aus gleicher Zeit ist der gedrückt-apfel- 
förmige, gerippte Knauf. Die Kuppe ist aus dem 18. Jahrhundert, im Verhältniss 
zu den älteren Theilen viel zu hoch , so dass der silbervergoldete Kelch 20 cm 
Höhe erreicht 

2 Glocken von 1839. 

Kirchhof. Eingangs-Thor an der Nordost-Seite, spätgothisch, eigentümlich 
zweigeschossig. Zwischen zwei starken Pfeilern unten das Spitzbogen-Thor (innen, 
d. h. nach dem Kirchhof zu, durch einen Flachbogen verspannt), über demselben 
eine förmliche Plattform, von dem Ziegeldach überdeckt, nach dem Kirchhofe hin 
offen, mit einem Kreuz verziert, nach aussen hin durch eine Mauer geschlossen, in 
der zinnenförmig Oeffnungen : ~h_r rL Lr J ~ ausgespart sind. — Mauer mit Schiess- 
scharten. — Altes II als eisen an der Linde neben dem Eingangs-Thor. — Sigis- 
mund I, 8. 211. 

[Rittergüter; von Dobcneck, früh zerschlagen, von Vitzthum 1737. — 
Sigismund, Landeik. U, S 18.] 



Schwarza, südsüdwestlich von Rudolstadt ; der jetzige Marktflecken ist Nieder- 
schwarza, wo 1074 die saalfelder Benedictinerabtei ein Gut besass, 1392 erwähnt. 
Herren von Schwarza 1287 (E. Anemiller, Urk. t. Psulinielle, Nr. 112) , 1411 Nedirn- 
swarza. Das Wappen der Stadt war der Rost dos heiligen Laurentius, der wohl 
auch der Kirchenheilige war. — Heinse, S. 19.- Hesse, Landeskalender 1802 -Heise, 
Rudolstadt u. Schwanbarg, Anm. 178 mit Lit - Sigismund, Landeskunde IL 8.23; 217 Aber das 
Siegel. - Werneburg, iu Erfurter Akad. Jahrb. 1884, 8. 12 

Kirche [an Stelle einer Kirche, deren Patronat um 1199 zwischen der Abtei 
Paulinzelle und dem Gotebold von Ettinsleibin streitig war], einst des heiligen 

Laurentius (der 3. Glocke und dem Stadtwappen nach). Grundriss-Form : JH . • 

Anlage spätgothisch (ein Wappen mit: tö'21 an der Südfront — eigentlich J 



Südost -Front, da die Kirche schräg orientirt ist — kann die Jahreszahl der 
Bau -Vollendung treffen); von Einzelheiten die drei schlanken Spitzbogen - Fenster 
der Chorschluss-Seiten erhalten. Erneuerungs-Bauten 1669 (Inschriften der Werk- 



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75 Rudolstadt. 



Schwarza. 



75 



meister und Bauherren am Thurm bezw. an der erneuerten Spitzbogen - Thür der 
Langhaus -Nordseite (d. h. Nordwest- Seite): M . ANDRES SCHROT; M.HANS 
VOIGT ANO 1669; SOLI DEO GLORIA; BAVHERRN WAREN NICOLAVS 
MOLWITZ PFARR, HEINRICH WENIGER SCHVLTHEIS, NICOL . STRAVBEL . 
LEVTNANT, F.FRIEDRICH MACKELDAY, NICOL . LEMZER, V . S . ANDRES 
FISCHER ANNO MDCLXIX) und 1780 (Inschrift aussen über der südlichen (süd- 
östlichen) Eingangs-Thür). Altar- und Gemeinde-Raum sind zusammen 21,2 m lang, 
8,6 m breit ; Thurm-Erdgeschoss 3,3 m lang und breit. Im Langhaus eine tonnen- 
förmige Holzdecke mit rohen Malereien (Engel mit dem schwarzburgiscben Wappen ; 
Engel, auf das Brustbild Christi weisend; jubilirende Engel). Fenster der Lang- 
seiten rechteckig, mit Spitzbögen, aus rohem Holz (!); ebenso die Thür in der 
Mitte der Südseite (Südost-Seite) und die an der Westseite (Südwest-Seite) unten 
sowie zur Empore; darüber zwei Fenster; im Thurm an der Nordseite (Nordwest- 
Seite) eine neue Spitzbogen-Thür. Der Thurm ist gothisch in zwei massiven, durch 
ein Gesims getrennten und mit Steingesims oben abgeschlossenen Geschossen, 
mit Spitzbogen-Fenstern unten an der Nordseite (Nordwest-Seite) und oben an der 
Ost- und West-Seite (Nordost- und Südwest-Seite) erleuchtet, bis zu ziemlicher 
Höhe geführt Auf diesen Bau folgt ein massiver, 10,2 m hoher Aufbau aus dem 
18. Jahrhundert, Viereck -Geschoss mit Rundbogen-Fenstern, achteckige Schweif- 
kuppel und Tabernakel-Aufsatz mit Kuppel. Am Thurmknopf als eine Art Wahr- 
zeichen ein eiserner Pfeil, Ersatz für einen 1814 von einem Baschkiren hinauf- 
geschossenen Holzpfeil, welcher, 1815 herabgefallen, im Wegegeld-Einnahmehaus auf- 
bewahrt wird. Eine an der Nordost-Front rechts und links hinaufführende, über- 
dachte Freitreppe und ein auf dem sehr hohen Dach sitzender, kleiner, beschieferter 
Dachreiter mit Tabernakel- Aufsatz und Kuppel, sind zwar ganz einfach, die Treppe 
aus rohem Holzwerk ausgeführt, beleben aber die sonst gar nüchterne Kirche, so 
dass sie im Ganzen, von Osten aus und nicht zu nahe gesehen, mit dem grossen 
Thurm zusammen ganz reich und wirkungsvoll erscheint — Heue, in Thüringen 
u. d. Harz VIII, 8. 806. — Sigiimand II, & 22. 24 getit den ganzen Bn 1594 an. 

Emporen laufen in zwei Geschossen mit offenen Balustraden um die beiden Lang- 
selten und im Bogen um die Nordost-Seite der Kirche, eine dritte Empore, in der Höhe 
zwischen diesen beiden an der Südwest-Seite im Bogen herumgeführt, verschwindet hinter dem 
Kanselbau in der Mitte. Auf ihr hinten oben die Orgel, aus der Mitte dee 18. Jahrhundort«, 
mit derben Schnitzereien. — Kirohstuhl unten, mit Bekrönung, darauf ein schlechtes Ge- 
mälde von Schwarza mit dem Brand der Brücke (1759). — Kanzelbau, aus gleicher 
Zeit Rechts und links hinter dem Altar hohe Postamente und zwei korinthische Sftnlen, 
dazwischen unten ein schlechtes Gemaide des Abendmahls, verdeckt durch einen ebenso 
werthloeen Bantdruck nach dem Leonardo'schcn Abendmahl, oben die Kanzel, im Grund- 
riss: vortretend, mit einiger Schnitzerei nnten und an den Ecken und mit Gemälden 
auf den Feldern -, über den Säulen verkrBpftes Gebalk mit dem zu kleinen Schalldeckel. 
Derb geschnitzte Einfassungs-Bretter. Holzbau, Alles bnnt bemalt. 

[Altar werk, 1850 an den Minister von Bertrab (f 1887) gekommen.] 

Vortrage-Kreuz, mit Crucihx, aus dem 17. Jahrhundert, gut und hübsch 
wieder angebracht an der rechten Seitenschranke des Altares vorn. Holz, schwarz, 
der Körper farbig. 



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76 



Schwarza. 



Rudolstadt 76 



Beschlag-Reste, spätgothisch, an der Südost-Thür innen wieder verwendet, 
sichelförmig. Eisen. 

Taufschale, von Frau Ff. Rost, Anna Maria, geb. Weber, 1676, achteckig. 
Gravirt, am Rande Sprüche, auf dem Boden die Taufe und vier Kinder der Familie 
Rost (das jüngste in Windeln, mit: S.R.), rings umgeben von stilisirten Blumen. 
Zinn. 

Kelch, aus dem 17. Jahrhundert Sechßpass - Fuss , Knauf länglich -kugelig 
mit wagerechter Theilungsleiste; 18 cm hoch. Hostienteller mit zwei Wappen 
von Vippach, bezeichnet: F. W. V. V. (Vippach) und Ä. R.V.V. G . (von Vippach, 
geborene) B.K. Z.W. Silber, vergoldet 

Kelch, mit: 1788 am Rand des Sechspass-Fusses. Knauf apfelförmig, gerippt, 
mit Theilungsleiste. Kuppe neu. Silber, vergoldet, 24 1 /» cm hoch. Hostien- 
teller, mit gravirtem Gotteslamm und: Siehe das ist etc. Silber, vergoldet 

Glocken. 1) 1874 [Umgoss der tob Sigismund L, 8. 319 als tob 1453 genannten?!. 

— 2) 1669 von Christoph Rose zu Volkstedt, mit Namen von Pfarrer und Schult- 
heiss und: Gott tu Ehren und die Lebendigen tu rufen und die Todten tu begleiten. 
Relief Petri mit mächtigem Schlüssel. 100 cm Durchmesser. — 3) Ohne Jahres- 
zahl, aus dem Anfang des 16. Jahrhunderts, mit: l&cae marroe matbeve iobante; 
e.Uvrenrive ora pro nobie. 85 cm Durchmesser. — Sigismund I, 8. tto. 

Grabstein aussen in der Nordmauor, Inschrift für Pf. Weber, f 1588. 

Gemeindehaus, neu. Darin eine Relieftafel von Stein eingelassen, 
auf welcher viermalige Stein metz-Thätigkeit sichtbar : als älteste der schwarzburgische 
Löwe in Ranken und die Anfangs-Buchstaben des Grafen Günther zu Schwarzburg, 
mit: 1533 \ darunter Brote und Semmeln (das Zeichen des Marktes) und darunter 
das Ortswappen nobst: 7672; über der Krone des schwarzburgischen Wappens ein: 
RENOVATVM 1752; zuoberst der Oberkörper des heiligen Christoph und das 
letzte Restaurationsjahr: 1863. 

Im Gemeindebesitz: alte Siegel. 

H&U8 Nr. 8. Ehemaliger Edelhof, der vordere Siedelhof, gehörte den Herren 
von Watzdorf, dann denen von Vippach, dann dem Herzog Johann Ernst von Sachsen 
und Herrn von Koss, 1700 dem Kanzler Fritsch, jetzt den Geschwistern Scheller. 
Gebäude neu; an der Hofmauer wieder eingelassen eine Relief tafel mit Wappen 
von Watzdorf und Unterschrift: MDLVII ALTS WATZDORP GEBAV. . . NDEN. 
Daneben eine Tafel [mit zerstörtem Wappen]. — Sigismund II, 8. 24. 

Haue Nr. 26 [der sogenannte Fischer'sche Edelhof, einst im Besitz der 
Herren von Greussen, von Thüna (unter ihnen 1640 abgebrannt, wieder gebaut), 
bis 1826 unter meiningischer Hoheit, 1884 den Geschwistern Neubert gehörig, dann] 
durch das neue Schul haus ersetzt. Aus dem alten Hause wurde ein jetzt im 
Wohnhause des Herrn Grosse befindlicher Ofen gerettet, welcher ziemlich reich 
ist Untersatz von Eisenguss mit dem lüneburger Pferd und: 17.92, sowie dem 
Wappen und Aufschrift des fürstlichen Giesserei-Besitzers Anton Ulrich von Braun- 
schweig - Lüneburg. Aufsatz von weissglasirten Kacheln mit grünen Verzierungen, 



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77 Rudolstadt. Schwarza. Teichel. 77 



als Tonnengewölbe anf zwei Pfeilern mit Gebälk; an allen Schaftflächen Reliefs 

weiblicher Figuren mit Laubsträngen in den Händen, darüber Engelsköpfe. Ein 

Kopf tritt am Scheitel des Bogens vor, Blumenvasen als Pfeiler-Aufsätze und die 

mehrfach geschweift gebogene Kuppelbildung in der Mitte vollenden den in der 

damals üblichen Weise entwickelten Aufbau bis zu ziemlicher Höhe. Herr Grosse 

hat den gleichen Ofen in Schwarz. — Lehrer Heime in Schwarza, Mittheil. - Heinse, 
8. 19. 

[Rittergut, 1445 der Familie Makeldey von der saalfelder Benedictiner- 
abtei zu Lehn gegeben ; vielleicht übereinstimmend mit einem der vorher genannten V 
— 8igiemand IL 8. 34.) 

[Oberschwarza, neben Niederschwarza (dem heutigen Schwarza, s. oben) ge- 
nannt, 1512 noch erwähnt, 1537 nicht mehr, also dazwischen eingegangen; der 
Flurname kommt noch 1683 vor. — Hone, Rudolstadt u. Schwanburg, S. IIS. — Heise, 
8. 18, Nr. 21. - Sigiamand IL 8. 24.] 



Teichel, nordnordwestlich von Rudolstadt; um 1381 Tuchilde, Tuchil, Teuchel, 

der Sage nach die älteste schwarzburgische Stadt, deren Stadtrechte 1535 verbrannt, 

1596 erneuert sind. — Qregorii, D. jetst florirande TbOringen, S. 192. — Heinse, Alter- 
tumskunde, & 17. — Heaee, Landeskalender 1801. — Martin, in Thflring. Vereina-Zeiteehr. 1887, 
S. 188. - Sigismund, Landeskunde IL 8. 84; 216 Ober daa Siegel. - Thüringische Chronic» nach 
d. Alphabet 1712, & 860. - Treiber, Geschl.- u. LandesbeBchr, S 180. - Walch, Vorm. Beitrage 
i. deotach. Recht V, S. 775, die Stadtrechte. 

Kirche, gross und bedeutend. Spätgothischer Thurm mit Vorhangbogen- 
Fenster oben an der Westseite [dessen Mittelpfosten fehlt] und mit einer dem 
18. Jahrhundert angehörenden, sehr stark eingezogenen Zwiebelkuppel, die dann 
hochgestreckt in Tabernakel-Aufsatz und Kuppel endet und stärker, als bei anderen 
Bauten der Gegend, zur Geltung kommt; sie erinnert an dresdener Bauten jener 
Zeit Mit Benutzung dieses Thurmbaues ist 1848 eine neue Kirche gebaut und sind 
an der Westfront Thurm-Nebenbauten errichtet Diese Nebenbauten haben West- 
portale mit hohen Freitreppen, welche der Kirche ein wirksames Ansehen ver- 
leihen. Das Langhaus ist grossräumig und hoch, mit Kreuzgewölben bedeckt, 
dreischiffig durch schlanke Achteck-Pfeiler, welche zwei Geschosse Emporen mit 
durchbrochenen Brüstungen nach spätgothischen Mustern tragen; Alles von Holz, 
doch geputzt (viele kleine Risse), steinfarben gestrichen. Der dem Mittelschiff 
entsprechende Chor ist dreiseitig geschlossen, mit Kreuzgewölbe bedeckt Grosse 
Spitzbogen-Fenster, in den Nebenräumen auch einige rechteckige, die inneren 
Thüren rechteckig, die äusseren Portale rundbogig; die Profilirung durchweg in 
spätgothischem Stile. Strebepfeiler. — Sigiamand, Landeak. IL S 84. 



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Rudolstadt. 78 



Altar, Kanzel am südlichen Triumphbogen -Pfeiler, Taufgestell, Alles 
neu, von Holz, mit etwas Schnitzerei und Malerei in gothischem Stil. 

[Kanzel, ältere, und Altar werk- Figuren, in neuerer Zeit fortgekommen, 
letztere zum Theil in die katholische Kirche zu Rudolstadt.] 

Kelch, laut Inschrift unter dem Sechspass-Fuss 1G95 vom Pastor I.A.S.; 
Birnknauf. Silber, vergoldet, 24'^ cm hoch. 

Oelgemälde an der Ostwand (hinter dem Altar), aus dem Ende des 16. Jahr- 
hunderte; in der Mitte das Abendmahl des Herrn, links Isaak's Opferung, rechts 
Austlieilung des Abendmahls nach evangelischem Gebrauch, klein, sehr zerstört 
(abgeblättert), leidlich gemalt gewesen, unter theils niederländischen, theils italie- 
nischen Einflüssen, ganz bemerkenswerth wegen der Trachten. 

Glocken, neu. — [Sigismund I, S. 220 Ober eine alt«.] 

RathhailS, 1866 vollendet, sehr stattlicher Bau, in italienisch - mittelalter- 
lichem Stil, mit Rundbogen-Fenstern, Strebepfeilern, Rundbogen-Friesen und Stufen- 
giebeln. 

4 

Im Besitz des Herrn Pfarrers Gehring: 

Crucifix (aus der Kirche in Milbitz bei Teichel), aus dem 16. Jahrhundert, 
gut Holz, farbig. 

Stadtbefe8ti g Ung. Ringmauern in geringen Resten. — Sigismund, 
Landesk. II. S. 34 auch Ober frühere Tbore. 

[SchlOS8, „eines der älteren", verschwunden. Davon (?) Hohewarte 

auf dem Steinberge, der Sage nach eine Raubburg, 1290 durch König Rudolph zer- 
stört. — Heime, 8. 17. - Heydenreich, Hilter, d. H. Scbwarsburg 1748, 8. 420. - Sigis- 
mund, Landesk. II, S. 34.] 



Teichröda, nordnordwestlich von Rudolstadt; um 1381 Thicrede, Techrede, 
Tuchreden, Dechreddc, 1506 Tyrchrade (verdorben?). — Hesse, Landeakaiender 1801. 
— Martin, in Thüring. Vereins-Zeitschr. 1887, S. 133. — Sigismund, Landeskunde II, 8. 32; 
217 flber das Siegel. — Stechele, in Thttring. Vereins-Zeitschr. 1882, S. 66. — Wernebnrg, in 
Erfurter Akad. Jahrb. 1884, S. 121. 



breite Raum südlich vom Chor ist vielleicht noch romanischer Anlage, mit einem 
kleinen Fensterschlitz im Osten, einem steinernen, auf einem Pfeiler ruhenden 
Altartisch, dessen Platte oben eine rechteckige Oeffnung (für Reliquie und Crucifix- 
stand) enthält, an der Südwand mit einem halbkugeligen Ausguss-Becken (Piscina) 
versehen und mit einem Tonnengewölbe Überdeckt. Die Westmauer dieses Raumes 
mit einer vermauerten Rundbogen -Thür (welche vielleicht einst zu einer Gruft 




Der kleine, 3,4 m lange, 2,4 m 



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79 Rudolstadt. 



Tkichbüda. 



79 



führte) ist neueren Ursprungs, ebenso die nördliche, kleine Rundbogen -Thür von 
diesem Raum zur Kirche. Diese Thür scheint jedoch ursprünglich spitzbogig ge- 
wesen und um der hier entlang führenden, hölzernen Kanzeltreppe willen kleiner 
gemacht worden zu sein. Denn der Hauptbau der Kirche, für welchen bereits 1455 
gesammelt wurde, ist spätgothisch , zeitlich bestimmt durch die Inschrift an der 
Südfront des Westthurmes: Unno Ötti • p* .v • inceptp. efl prefetie oppe fr • fcöa 
p ? (feria secunda post) prbani • (Im Jahre des Herrn 1505 ist gegenwärtiges 
Werk begonnen am 27. Mai). Der östliche, 7,8 m lange, 5,4 in breite, jetzt als 
Sacristei dienende, einstige Chor enthält an seiner Nord wand als Sacra ment- 
nische einen Rundbogen mit Giebel, in dessen Feld ein Kopf (Christi V) zwischen 
einer Fiale und einem die andere (rechte) Fiale ersetztenden Mannes - Oberkörper 
(Johannis des Täufers V) roh gemeisselt gewesen und sehr verwittert ist An der 
Ostwand ein schlankes Spitzbogen-Fenster in 
späterer Vergrösserung ; der Triumphbogen 
zum Langhaus ist spitzbogig, mit Profil: 
i J. Das Langhaus ist 12,2 m lang, 

i ' 8,4 m breit. Der Westthurm ist 

in seiner Anlage und im Kreuzgewölbe 
seines Erdgeschosses etwas älter. Dies ist 
so niedrig, dass sein 4,3 in langes und 4 m 
breites, von der Empore zugängliches Ober- 
geschoss eigentlich als Vorhalle dient, wenig- 
stens von aussen durch ein Portal und, da 
der Erdboden aussen bedeutend nach 
Westen steigt, nur durch eine wenige Stufen 
enthaltende Freitreppe so erscheint. Die 
Thür unten vom Langhaus zum Thurm - 
Erdgeschoss ist, wenn auch schon rund- 
bogig, doch noch der Bauzeit des IG. Jahr- 
hunderts zuzuweisen; die Thür von der 
Westempore des Langhauses zum ersten 
Thurm - Obergeschoss ist noch spitzbogig, 
mit gekehlten Abkantungen profilirt Ferner 
rühren von diesem spätgothischen Bau das kleine, aussen schweif bogige Fenster 
an der Südseite des Thurm-Erdgeschosses und eine schweifbogige Heiligen-Blende 
aussen über dem Westportal her, vor Allem aber dieses selbst und das in die Mitte 
der Langhaus-Südseite führende Portal. Beide gehören, wenn sie auch schon ent- 
artete Spätgothik zeigen , zu den reichsten, architektonischen Ausbildungen der 
ganzen Gegend; sie haben Spitzbogen-Form, mehrfach herumlaufende Kantenstäbo 
und Rundstäbe, welche, unten spiralisch canellirt, auf gemeinschaftlichen Sockeln 
ruhen. Die Stäbe kreuzen und gabeln sich vielfach an den Kämpfern und 
Scheiteln; am Südportal gabeln bezw. kreuzen sich die Stäbe auch in einer nicht 
ganz organischen Bereicherung unten nahe dem Sockel in gebogenen Linien. Da- 
gegen verräth der in schlechter Fügung eingesetzte Schlussstein am Westportal, 
nämlich das doppelte Schweifbogen-Stück, die missverstandene Gothik des 17. Jahr- 
hunderts und gehört wohl der Bauzeit von 1636 an. Von dem gothischen Bau 




Westportal der Kirche zu Teichröda. 



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m Teichröda. Rudolstadt. 80 



sind noch als kleinere Einzelheiten zu verzeichnen: im ersten Thnrm-Obergcschoss 
in der Nordwest-Ecke eine Console [als Rest eines nach Angaben des Kirchbaches 
geplanten, aber nicht zur Vollendung gekommenen Kreuzgewölbes] in Form einer 
verkehrten Pyramide, von einer Menschenhand umfasst, welche ein Schild mit dem 
Zeichen des (1513 in Quittelsdorf thätigen) Baumeisters Nikolaus Braune: t 
hält; an der Langhaus-Südfront bei der Westecke das ihm sehr ähnliche Jj^ 
Zeichen: t (die hier links fehlende Linie bezw. Fahne ist nicht etwa verwittert, 
sondern — N nicht gemeisselt, das Zeichen also nicht mit dem vorigen Oberein- 
stimmend gewesen, doch ist ein Hütten- oder Werkstatt- Verhältniss zwischen 
den Trägern der beiden Zeichen jedenfalls anzunehmen); in der Sockelkehle 
links unten am Südportal das Zeichen: 2>S , im dritten rechten Rundstab der 
Profilirung dieser Thür das dem vorigen ^ sehr ähnliche: V , im dritten 
linken Kantenstab des Westportals dasselbe. Ein kleiner Stein, der sichtlich 
vom älteren Bau in den vorher erwähnten , verzierten Schlussstein des West- 
portales eingesetzt ist , trägt das Zeichen : r» . Zu bemerken ist noch zweierlei : 
das in guter Gothik profilirte Sockelgesims, 4 welches die Kirche umläuft (mit 
den Absätzen, wie sie der Abfall des Bodens nach Süden und Osten bedingt), 
bricht kurz vor dem Anfang der Nordmauer des Chores ab, muss aber so weiter 
gegangen sein, dass eine frühere Chormauer weiter nördlich als die jetzige ge- 
standen haben muss; sodann zeigt sich in der jetzigen Chor-Nordmauer ziemlich 
in der Mitte ein Riss, welcher zwei Bauperioden bezeugt Doch sind diese Be- 
obachtungen zum Theil nicht wichtig, zum Theil nicht näher zu verfolgen, da in 
den letzten Jahrhunderten die Kirche allzu wesentliche, das Alte verstümmelnde 
Aenderungen erfahren hat Hervorzuheben sind besonders folgende Bauzeiten : 1636 
(diese Jahreszahl nebst LBBL aussen am Südportal), 1672, von denen in unserem 
Jahrhundert : 1818, wo eine grössere Reparatur stattfand, angegeben in der Jahreszahl 
an der rechteckigen, damals in die Nordwand der jetzigen Sacristei eingebrochenen 
Thür, dann 1846. Von daher: die tonnenförmige Holzdecke der Sacristei und das 
Südfenster ebenda (mit reingothischem Maasswerk aus unserem Jahrhundert); die 
tonnenförmige Holzdecke des Langhauses, das einzige Fenster seiner Nordseite, den 
Profilen nach im 17. Jahrhundert hergestellt oder wenigstens überarbeitet, die drei 
Fenster der Südseite, von welchen das mittlere über der Thür, flachbogig, Erzeugniss 
des 18. Jahrhunderts, die beiden einfach spitzbogigen rechts und links davon des 
17. Jahrhunderts sind. Aus der gleichen Zeit das hübsche Fisch-Maasswerk an der 
Südseite des Thurmes. Auf dem massiven Thurmtheil sitzt ein beschieferter Auf- 
bau ; Viereck-Geschoss, ganz niedriges Achteck-Geschoss, Schweifkuppel, Tabernakel- 
Aufsatz und Kuppel. — HeinBe, 8. 19. — Sigismund a. a. 0. 

[Altarwerk, von 1455, fortgekommen. — Heu, in Thflring. Ver«in»-Zeit»ehr. 1879 
8. 44. - Lote, Konittopogr. L 8. 582. - Sigismund L 8. 216.] 

[Reliquienkästchen, romanisch, Bronze, mit Christus, den Evangelisten 
und Aposteln, 1886 an das germanische Museum in Nürnberg verkauft — Lösche 

in Rudohtadt, Photographien (-*).] 

Kelch, aus dem 18. Jahrhundert, mit Sechspass-Fuss und apfelförmigem, mit 
Eiern verziertem Knauf. Silber, vergoldet 



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81 BudolBtadt. 



Tkjchroda. 



81 



Glocken. 1) "Änno ont p>c (1500) . confolor »tp« flere morrp« p. (pello 
nociva). Zwei Reliefs des heiligen Christoph. 126 cm Durchmesser. — 2) neu. — 
3) 1801. 

Pfarrgarten. Ehemaliger Taofstein, mit: anno oni p c ij (1509) am 
obersten Glied des Sockels [dessen unteres Stück in der Erde steckt). Schaft acht- 
eckig mit profilirten Rahmen der Flächen; Becken halbkugelig, achtkantig, hflbsch 
gemeisselt, mit Wulst- und Kehl - Profilen ; es durchdringen sich ringsum umge- 




Taufstein im Pfarrgarten zu Teichröda. 



kehrte Schweifbögen, welche die Rundung des Beckens mitmachen, in deren Feldern 
Dreipässe als Füllungen gemeisselt sind, während in den an den Spitzen der Bögen 
übrig bleibenden Feldern abwechselnd Männerköpfe, zum Theil mit Bischofsmützen, 
zum Theil barhaupt, sowie Wappenschilder (darin Steinmetz-Zeichen, verwittert?) 
herausgehauen sind. Sandstein. 



KuntKUnkm rhiM»«»'. Sthwtl» .Rujotitadt I. 6 



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Rudolstadt. 82 



Teichweideil, nördlich von Rudolstadt; 105(> Tuchwihe (? Schnltes. Direct. 

dipLI), 1591 Tychwydcu. — Hesse, Landeskalender 1801. — Sigismund, Landeskunde II, 
ä 37. - Werneburg, in Erfurter Akad. Jahrb. 1884, S. 142. 

Kirchs, frei und hoch gelegen. Der innen 5,1 in lange, (5,4 m breite Chor 
und das 10 m lange, <>,f> in breite Langhaus bilden aussen ein einheitliches Recht- 
eck; doch erkennt man. dass. wie bei vielen anderen Kirchen, die jetzige östliche 
Hälfte des Langhauses, also der mittlere Theil der ganzen Kirche, romanischer 
Anlage ist, wovon das später vergrösserte Rundbogen -Fenster an der Nordseite 
oben herrührt; dann folgte in spätgothischer Zeit, ohne Mauer -Einbindung, der 
Chorbau, an dessen Südseite ein Spitzbogen-Fenster mit hübscher Profilirung und 
Scheitelkreuzung der Stäbe sich befindet; an der Xordseite tritt ein Stein mit der 
Rinne des ehemaligen Ausgusses (Piscina! in Form eines knieenden , die Hände 
gegen die Kniee stemmenden |leider seines Kopfes beraubten] Mannes stark vor. 
Der Triumphbogen ist vorhanden, aber bei späterer Aenderung rundbogig erweitert 
worden; eine Sacramentsnische an der Ostwand nur in einem Stück Giebel mit 
Fialen erhalten, neuerdings das Fehlende ganz geschickt durch Malerei ersetzt 
Aus gleicher Zeit der Spätgotbik stammt die Westhälfte des Langhauses; eine 
weitere Hinausschiebung der Westmauer um noch einige Meter dürfte später statt- 
gefunden haben , doch wurdet auf dem neuen Westgiebel das alte, steinerne Kreuz 
wieder aufgesetzt. Aus den letzten Jahrhunderten rühren die spitzbogigen Holz- 
tonnen über Chor und Langhaus, die rechteckigen Fenster (eines an der Ostseite, 
zwei an der Langhaus -Südseite) und Thüren (eine im Westen, eine zur Empore 
der Langhaus-Nordseite) her. In der Mitte steigt auf dem südlichen Dachtheil ein 
beschieferter, viereckiger Dachreiter auf, welcher ohne jegliche Vermittelung durch 
einen achteckigen, also an den Seitenmitten des Viereck - Geschosses vorstehenden 
Helm bedeckt ist. Emporen in zwei Geschossen zeigen an den Brüstungen ganz 
gut componirte Malereien des 18. Jahrhunderts, welche bei der letzten Restauration 
jedenfalls in der Ausführung verschönert worden sind. 1850 fand diese Restauration 
der Kirche in sorgfältiger Weise statt. — Sigismund IL S. 37. 

Kanzel am südlichen Triumphbogeu - Pfeiler , aus dem 18. Jahrhundert, ein- 
fach, mit dorischen Ecksäulchen; Gemälde Christi und der Evangelisten an den 
Flächen. Schalldeckel mit Engelsköpfen und einigor, ganz erneuter Schnitzerei; in 
der Decke die im Umriss geschnittene und bemalte Darstellung der Dreifaltigkeit 
Holzbau, neu gestrichen. 

Altar tisch, gothisch, mit Platte: K — . von Stein. 

Altarwerk an der Südost- Ecke, ebenso vorzüglich aufgestellt, wie ausge- 
zeichnet erhalten bezw. restaurirt An sich von passender Grösse der Figuren und 
schönen Verhältnissen verleiht es in seiner jetzigen Aufstellung dem gesammten 
Inneren des Gotteshauses eine so prächtige Wirkung, dass seine Conservirung für 
viele andere Kirchen des Landes und der Gegend als Muster dienen kann. Es ist 
gute saalfelder Arbeit vom Anfang des 16. Jahrhunderts. Im Mittelschrein stehen 
die Figuren der Jungfrau Maria mit dem Kind zwischen den durch Strebepfeiler mit 



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83 Rudolstadt. 



Tkichwmdkn. 



Engelchen getrennten, kleineren Gestalten der Heiligen Georg und Katharina, sowie 
Barbara und Matthäus ; dieser am besten geschnitzt, in jugendlicher Auffassung mit 
braungelocktem Haupt, Buch und Schwert in den Händen. Besonders hübsch 
sind auch die verhältnissmässig einfach ge- 
stalteten Baldachine. Ergänzt sind vorzugsweise 
die Abzeichen und die Farben der Gewänder. 
An den Flfigeln des Altarwerkes befinden sich 
Malereien, innen auf Goldgrund die Heiligen Niko- 
laus, Sebastian, Wolfgang, dieser mit Axt nebst 
der Kirche in Händen, Elisabeth, Martin mit dem 
Bettler, doch schon in Bischofstracht, Margaretha : 
aussen Verkündigung und Geburt; auf den auf- 
gesetzten Brettern der Flügel, welche zur Deckung 
der Mittelschrein - Ueberhöhung bestimmt sind, 
innen Brustbilder der Propheten Jeremias und 
Jesaias, aussen in kleinen Figürchen Gruppen 
jubilirender Engel. Die Malerei, besonders die 
der Innenseiten, ist der Sculptur überlegen ; die 
75 — 80 cm hohen Gestalten sind zwar über- 
schlank und hochhüftig (so dass die Köpfe zu 
klein wirken, während sie beim Nachmessen das 
richtige Verhältniss zum ganzen Körper haben), 
aber von edler Haltung. Das Körperliche ist 
mässig, dabei aber gut raodellirt. Die Gewan- 
dung verräth entschieden classische Bestrebungen 
des Künstlers; gerade diese bekundet in den 
grossartigeren Faltenwürfen gegenüber der nürn- 
berger Schule unmittelbare Beeinflussung nieder- 
ländischer und oberdeutscher Schulrichtung. Die 
Aussenmalereien waren einfach und gut com- 
ponirt (die Maria auf dem Verkündigungs-Bild 
ist von vorn gesehen), auch in den Verhältnissen 
gelungen, jedoch bezüglich der Ausführung mehr 
auf die Gesammtwirkung hin und weniger fein 
ausgeführt; freilich hatte auch dieser Theil des 
Altarwerkes wohl am meisten gelitten und ist 
dementsprechend bei der Restauration am stärk- 
sten übermalt worden. — Sigismund I, S. 216; 

n, a 37. 

Glasbild -Rest im südlichen Chorfenster, 
verlöschtes Wappen von 1697. 

Glocken. 1) 1588 von Eckhard Kucher, mit: MEIN ANFANG VND END 
SDET ALLES IN GOTTES HEND. Fries von stilisirtem Akanthus mit Mais- 
kolben. 90 cm Durchmesser. — 2) "Änno brri m°cccc°lj?pn l bilf got maria baror 
(berat; Inschrift häufig auf Kelchen). 54 cm Durchmesser. 




Figur des heiligen Sebastian 
von der Malerei des Altarwerkes 
in der Kirche zu Teichweiden. 



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84 



Unterwibbach. Volkstsdt. 



Rudolstadt H.i 



Unterwirbach, schwarzburgischen Antheils, sildsüdwestlich von Rudolstadt; 
Würbach, gehörte bis 1XÜI» zum Amt Blankenburg. — Hesse, Undeskalender 1801. — 
Sigismund, Landeskunde H, S. 62; 217 aber du Siegel. — Soph. William* in Berlin, Photo- 



zusammen 12 in lang, f>,7 m breit, Westthurm im Erdgeschoss 4,6 m lang, 2,7 m 
breit, ganz gegen das Langhaus geöffnet. Anlage der Kirche spätgothisch ; von 
Einzelheiten erhalten: ein schlank-spitzbogiges Fenster an der Ostseite, eine spitz- 
bogige Sacramentsnische in der Nordost-Wand ; der durch ein Gesims vom Profil : ^ 
in zwei Abtheilungen gegliederte, massive Thurmthcil. darin in der unteren 
(mehrere Geschosse zusammenfassenden) Abtheilung unten die spitzbogige, später 
veränderte Westthflr und zwei übereinander gesetzte Spitzbogen-Fenster über der 
Thür, in der oberen Abtheilung nördlich und südlich ein grosses Spitzbogen- 
Fenster. Spätere Umbauten und Reparaturen im 17. Jahrhundert, 1703 (diese 
Jahreszahl nebst: H.G. am Thurm), 1792 (Jahreszahl aussen über dem Südost- 
Fenster, sowie über der linken Südthür) und 1847. Von daher die Holzdecke 
über Chor und Langhaus vom Querschnitt: -t — die grossen Rundbogen- 
Fenster an der Nordost- und Südost -Seite im Chor, die zwei rechteckigen 
Thüren an der Langhaus - Südseite und die ebenso zahlreichen, wie hässlichen 
Rechteck - Fenster am Langhaus oben, der westliche Thurm-Vorbau mit Treppe, 
der beschieferte Thurm - Oberbau : hohes Viereck - Geschoss mit Rundbogen- 
Fenstern, achteckige Schweifkuppel, Tabernakel - Aufsatz und Kuppel. — Sigis- 
mund II, S. 62. 

Kanzel über dem Altar, gewöhnlich. 

Kelch: 1746 .H. I.A. V.K. am Sechspass - Fuss ; Würfel mit: JESVS + am 
Knauf. Silber, vergoldet, 19 1 /« cm hoch. 

HoatienbQohse, von: 1667, einfach. Zinn. 
2 Glocken, 1872. 

[Ehemaliges Rittergut, jetzt Herrn Max Grosse gehörig.] 



Volkstedt, südsüdwestlich von Rudolstadt (Fologestet? Dronke, Trad. fuld, S. 10); 
Volkinstete, 1301 Volkstede etc. Herren von Volkstedt 1485 genannt (1345 einer bei 
der Bolagerung von Mainz ?), ein Johann v. Volckstete in Sagittarius' gleichischer 
Geschichte. Porzellanfabrik von Macheleid und Glockengiesserei von Mayer, s. bei 
Rudolstadt Schiller wohnte hier 1788 im Hause des damaligen Cantors der Kirche 

gegenüber. — Büchner, Gesch. <L St Rudolstadt, S. 87. 88 mit Hinweis auf Budolst WoehenbL 
1786, S. 28. - Heinse. S. 20. — Hesse, Rudolstadt u. Schwartburg, Anm. 8, u. Rudolst Landes- 



Kirche. 




gross. Altar und Gemeinde-Raum 



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8ö Rudolstadt. Volxstkut. ftö 



kaleoder 1801. - Kämmerer. Maler. Topogr. t. Schwanb. 1802. 8. Heft. An». - lUin, Thnrin^i» 
*acn IL - Sigismaod, Landeakunde II. 8. 24; 217 Ober da« Siegel. - Wernebnrg, InThflring. 
Vereioa-Zeitaehr. 1884. 8. 55. - So ph. William» in Berlin. Photogr. 

Kirche. Grundriss-Form : | . Der Osttheil. einst Chor, jetzt Sacristei- 

rautn mit Treppe zur Kanzel, welcher deii Thurm trägt, ist 2,75 in lang, 4,65 m 
breit, spätgothisch. mit zwei rippenlosen, der ( v >uere nach gestellten Kreuzgewölben 
und Spitzbogen - Fenstern versehen ; an der Ostwand ein Sacramentschrein , als 
Rundbogen in einem Schweifbogen: C\. rechteckig umrahmt, mit Blend-Maasswerk 
in dem so entstehenden Feld und mit Zinnenkrönung üben. Das 15 m lange, 
7,4 in breite Langhaus, von 1739 (Jahreszahl aussen Aber dem mittleren Fenster 
der Nordseite), 1842 restaurirt, hat eine tonnenförmige Holzdecke und nachbogige 
Fenster und Thüren. Auf dem massiven Thurmtheil ruht, durch Seiten-Einziehung 
quadratisch werdend, das hohe, beschieferte Obergeschoss mit gepaarten Rundbogen- 
Fenstern; darauf die ebenfalls ziemlich hoch gezogene Schweif kuppel , Achteck- 
Tabernakel und schlanke Helmspitze, den Thurm zu beträchtlicher Höhe steigernd. 
- Heinae, a 20. — Sigismund II, S. 24. 

Kanzelbau, aus dem 18. Jahrhundert, hinter dem Altar als Wand, von 
durchbrochen geschnittenen Brettern eingefasst, vor denen die Kanzel im Grund- 
riss: ^ vortritt, mit Blattsträngen an den Ecken und mit hängenden Schnitz- 
brettern. Holz, weiss mit Gold. 

Altarwerk auf einem Schrank der Sacristei, Saatfelder Schule, aus dein An- 
fang des 16. Jahrhunderts. Figuren, im Mittelschrein Maria mit dem Kind, durch 
Strebepfeiler mit Engelchen getrennt von den durchschnittlich 60 cm hohen Figuren 
der Heiligen Nikolaus und Johannes des Täufers bezw. Katharina und Barbara ; im 
linken Seitenflügel Bartholomäus, Ulrich (Udalrieh bezeichnet), Georg und Urban, 
im rechten Margaretha, Dorothea, dann der falschen Unterschrift nach Sebastian, 
der Tracht nach der heilige Martin (vgl. Kirchhasel, S. 27), und Laurentius. 
Gute Arbeit, ganz wohl erhalten, auch in den geschnitzten Baldachinen. Malereien 
und zwar auf den Aufsatz - Brettern , welche die Ueborhöhung des Mittelschreines 
decken, innon musicirenrie Engel, aussen je ein Propheten-Brustbild, auf den Flügeln 
Verkündigung und Geburt. — Sigiamundl, s. 216. 217. 

4 Figuren ebenda, aus einem anderen Altarwerk, Heilige, klein, weniger 
hedeutend. 

Weinkau no, von: m$. mit gravirtem Gotteslamm und Crucihx in Roccoco- 
Umrahmung. Kelch für Kranke, von: n>4ö. mit rundem Fuss, der blattartig ge- 
kehlt ist, einigen Rundstaben am Knauf und trichterförmiger Kuppe. Zinn. 

Kelch, von: 1742 laut Inschrift am Sechspass-Fuss ; Knauf kugelig mit sechs 
Buckeln und Thcilungsleiste. Silber, vergoldet, 20' , ' , cm hoch. Hostien toller 
mit gleicher Jahreszahl. 

Glocken. 1) Aus dein 15. Jahrhundert, mit: ÄVG fllÄRIÄ 6RÄCIÄ 
fL€I?Ä D01MIPVS SeCVm und kleinen, undeutlichen Medaillons der Kreu- 
zigungsgruppe etc. 80 cm Durchmesser. — 2) 1773 von Job. Mayer in Rudolstadt 
mit den zwei bei ihm üblichen Friesen und: SOLI DEO GLORIA. 67 cm Durch- 
messer. 



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86 Volkstedt. Watzdorf. Rudolstadt. 86 



[Ehemaliges Rittergut der Herren von Moringk, dann von Günderode, von 
Neidberg, 1722 zerschlagen, der Edelhof in eine Schenke, später zur Fabrik um- 
gewandelt. — Hei b «, Rudolstadt, Aum. 23, Nr. 10. — Sigismund IL, 8. 26.] 



Watzdorf, südwestlich von Rudolstadt, Sitz eines bedeutenden Kittergeschlechtes, 
von dem Einer bereits 1137 als Vogt des Grafen Sizzo auf dem Greifenstein ge- 
nannt wird, um 1381 Wadesdorf, 1411 Waczisdorff; gehörte bis 1866 zum Amt 

Blankenburg. — Heinse, & 26. — Hoste, Landcsk Bender 1802. — Martin, in Thüring. 
Vereins-Zeitichr. 1887, S. 133. - Sigismund, Landeskuodo IL 8. 49. 

Kirche. Der aussen dreieckig, etwas schief gebrochene, innen rund ge- 
schlossene Altarraum und der Gemeinderaum sind zusammen 15,2 m lang, 5,8 m 
breit und spätgothischer Anlage; von Einzelformen ist ein Sacramentschrein an der 
Chor -Südseite recht gut erhalten, rundbogig, in einem Schweifbogen: fi mit 
Kantenblumen und Giebelblume, rechteckig umrahmt, mit einem Blend-Maasswerk 
in dem so entstehenden Felde; minder gut die Fenster an den drei Schlussseiten, 
welche, später rundbogig vergrössert, immer noch der alten Form genähert schmal 
sind. Im Uebrigen ist die Kirche Hau des 1H. und unseres Jahrhunderts, 1862 
und neuerdings restaurirt, d. h. hauptsächlich überweiset. Geputzte Holztonne; 
Fenster (je vier an jeder Langseite) und Westthür rechteckig. Westlich ein be- 
schieferter Dachreiter, Viereck, mit Schweifkuppel, Tabernakel, Kuppel. — Sigis- 
mund IL 8. 49. 

Glocken. 1) 1777 von Joh. Mayer. 66 cm Durchmesser. — 2) 1845. 

Gemeindehaus mit kleinem Dachreiter. Auf dem Dachboden: 
Altarwerk -Rest, spätgothisch. Vom Mittelschrein ist der Schrein selbst 
und der Baldachin zum Theil erhalten, sowie die Figur eines Heiligen, dem Charakter 
nach eines Evangelisten, mit vollen Haaren und Bart, in der linken Hand ein 
aufgeschlagenes Buch [die rechte fehlt], ganz gut, halblebensgross. (Der Mittel- 
schrein enthielt nur drei Figuren.] Ferner die Flügel, schmale Platten, mit Ge- 
mälden; auf den Innenseiten in lebhafteren Farben oben und unten die Heiligen 
Paulus und Erasmus bezw. Petrus und Wolfgang, aussen, mehr in Umrissen, auch 
sehr viel mehr verlöscht, Anna selbdritt und Helena, sowie Maria mit dem Kind 
und Katharina. Die Malereien der Innenseiten waren gar nicht übel. 

Taufengel, aus dem 18. Jahrhundert, in Hirten tracht, knieend mit der 
Muschelschale, derb geschnitzt aus Holz, bemalt gewesen ; Menschengrösse. 

Wohnhaus Nr. 17, Herrn Fischer gehörig. Dann Cartouche mit Krone und 
darüber Inschrift bezüglich auf den Bau 1751 durch Jeh. Peter Cloes und Frau Anna 
Maria, geb. Fuchs. 



1 



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87 



Weitersdorf, nördlich von Rudolstadt; Gutsbozirk, soll Wyberstal geheissen 
und einer danach genannten Familie, die bis 1405 erwähnt wird, gehört haben, 
später Weihersthal. — Hesse, Landeskalender 1801. - Loober, Historia ecclcs. Orlamunde, 
S. 314. - Sigismund, Ludeskund* II, S. 88. 

Fürstliches Kammergiit Am Kuh st all Rundbogen -Thür des 16. Jahr- 
hunderts. Aus der gleichen Zeit die äussere Nordmauer des Gutshofes. Die 
Gebäude darauf neu. 

Kapelle nordwestlich vom Gutsbezirk, interessant, romanisch, aus dem 
12. Jahrhundert, einer Restauration würdig. Grundriss-Form : | ^> . Chorschluss 
(Apsis) 2,5 m breit, Chor-Rechteck 2.8 m lang, :$.;"> m breit, Langhaus 7,5 m 
lang. 5,5 m breit. Chorbogen und Triumphbogen mit Kämpfergesimsen: c= . 



Chorschluss mit Halbkoppel; an der Ostseite ein kleines Vierpass-Fenster : O. 
an der Südseite ein rundbogiges, beide später massig vergrössert ; im Chor-Rechteck 
an der Südseite ein rundbogiges und an der Langhaus-Südseite zwei solche später 
stärker erweitert; an der letzteren Front eine Rundbogen-Thür mit Eisenbeschlag 
von der Form : - ( . Der Westgiebel abgestuft. Aus neuerer Zeit die ton neu - 
förmige Holzdecke über dem Chor-Rechteck, die flache über dem Langhaus, bau- 
fällig. — Sigismund II, S. 38. 

Stein mit rundem Loch (Weih Wasserbecken) aussen links vom Eingang der 
Kirche. 

Kirchhof. Grabsteine aus dem 18. Jahrhundert; ganz gut gewesen eine 
jetzt an die Ecke der Kapelle gestellte, weibliche, verstümmelte [und des Kopfes 
beraubte) Gestalt mit Schild, daran die Inschrift für die Wittwe des Pächters Peter, 
t 1749. 

Kreuz nordöstlich von der Kapelle, auf einem Sockel, leider sehr verwittert, 
aber einzig in seiner Art in dieser Gegend (Abbild. S. 90). Es ist gothisch; 
man erkennt, dass die Kreuzarme in den Ecken als Kleeblatt-Bögen : A gemeisselt 
waren und auf der östlichen Vorderseite eine Figur angearbeitet war. Sie stand 
auf einer Console von verkehrter Pyrainidenform , hatte ein von Lockenfülle um- 
gebenes Haupt, die rechte Hand mit einem Gegenstand (vielleicht einem Kelch) 
Ober die Brust gelegt, die linke herabgelassen an einem Schurz (oder Schild), unter 
dem das Gewand in Falten sichtbar wird. Muschelkalk. 

Südwestlich vom Kammergut läuft unter dem Acker ein Gang. Er geht in 
nordsüdlicher Richtung, rundbogig mit Steinen gewölbt. Ungefähr 5 m von der im 
Süden befindlichen, jetzigen Einsteige-Stelle trifft man auf einen spitzbogigen Thür- 
Durchgang. Dahinter läuft der Gang 15—18 m noch in derselben Richtung, also 
nach Norden weiter und führt dann in einer jetzt verschütteten Treppe wieder auf 
die heutige Acker - Oberfläche. Etwa in der Mitte dieses Ganges zweigt sich ein 
zweiter Gang nach Osten ab, welcher jedoch wegen gänzlicher Verschüttung unzu- 
gänglich ist Wir haben also hier die Reste eines G e b ä u d e s (einst Kellergeschoss 





88 



Weitkrsdokf. Zeigkkhkim. 



Rudolstadt. 



oder im Niveau mit dem früheren Erdboden?), von dem jedoch jeder Nachweis 
verloren gegangen ist. 

Ebenso hat es den Anschein, obgleich auch hierüber jede Ueberliefening fehlt, 
als wenn der ganze Gutsbezirk einst weit herum von einer Vertheidigungs- 
Anlage umgeben gewesen sei. Nördlich und östlich von der Kapelle und dem 
Kreuz zieht sich eine Vertiefung des Bodens herum, dann nordwestlich herab, 
welche, dort als der alte Dorfweg bezeichnet, wohl durch einen angelegten Graben 
entstanden sein mag. 



Zeigerheim, südwestlich von Rudolstadt; Czegernhain, Czegirheiin, um 1381 
Zcegern; 1404 ein Heinrich von Zeigerem (in den rudolstädter Stadtrechten) ge- 
nannt; 1506 Zcegerheim, gehörte bis 1866 zum Amt Blankenburg. — Hesse, Lande«- 
kalender 1802. — Martin, in Thflring. Vereina-Zeitachr. 1887, S. 133. — Sigismnnd, Landes- 
kunde IL 8. 67. — Stachele, in ThOring. Vereina-Zeitachr. 1882, 8. 66. — Werneburg, in Er- 
furter Akad. Jahrb. 1884, 8. 102. 



bau ist im 2,9 m langen, 3,65 m breiten Erdge.schoss romanischer Anlage; von 
Einzelheiten erhalten sind die Kämpfer mit dem einfachen Profil : f= , 



welche östlich den Chorbogen (einer einst hier sich anschliessenden 1 
Apsis] trugen, sowie ein kleines Rundbogen-Fenster an der Südseite. Bei dem 
Umbau 13% wurde [die Apsis abgebrochen und| östlich der 2,75 m lange, 3,95 m 
breite Chor angebaut, mit einem ungenauen Spitzbogen - Gewölbe überspannt 
(wozu theilweise die alte Apsis -Kuppel benutzt ward); auch die zwei schmalen, 
langen Spitzbogen - Fenster an der Ostseite sind, vom romanischen Bau verwendet, 
zurechtgehauen, ferner der Chorbogen spitzbogig zugehauen, an der Chor-Südseite 
ein grösseres Fenster mit Dreipass und Kleeblatt-Bögen : A im Maasswerk an- 
gelegt, das Thurm - Erdgeschoss mit einem spitzbogigen Tonnengewölbe gewölbt 
und der Triumphbogen zum Langhaus spitzbogig erneuert. Von 1428 stammen 
die mittleren Thurm - Geschosse mit kleinen , zum Theil spitzbogigen , zum Theil 
rechteckigen Fenstern her, ferner der Sacra mentsch rein an der Chor-Ost- 
seite, ein Rundbogen, umzogen von einem Schweifbogen mit Kantenblumen und 
Giebelblume und nochmals von einer rechteckigen, protilirten Umrahmung, 
bekrönt mit einer Zinnenreihe. [Walt her las noch aussen über einer Thür: 
N.E. F. 1554.} Von 1748, welche Jahreszahl nebst der Darstellung des Gottes- 
lammes sich an der rechteckigen , verkröpften Südthür des Langhauses befindet, 
rührt dieser Bautheil der Kirche her, 7,7 m lang, 6 m breit, mit ton neu - 
förmiger Holzdecke, flachbogigen Fenstern und schlecht bemalten Emporen [ent- 
sprechende Malereien an der Decke, denen jedoch Stark und danach Lötz, sie 
für Gemälde von der 1. Hälfte des 16. Jahrhunderts erklärend, gesunde Natur- 
Auffassung, grosse Lebendigkeit und schöne Gruppirung nachrühmten , 1860 über- 
strichen], sowie das in unserem Jahrhundert erneuerte, oberste Geschoss des 




Der in der Mitte stehende Thurm- 



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89 Rudolstadt. 



Thurm es mit Flachbogen-Fenstern und dessen Dach, eine achteckige Schweifkuppel 

mit Helm darüber. — Anemolter, in Badolstidt Landesxeitung 1884, Nr. 139, Beilage. — 
AnemOller, HandachrüU Ansang (A) aus Walther, Collect«»«* (Handschrift am der 2. Hälfte den 
ia Jahrb.) im Staatsarcb. in Rudolst (Schwarzburglca 16), Bd. I, 8. 60 f. — Lötz. Konattopogr. I, 
8. 647. - Obbariui, Budohvt 1858, S. 26 Anm. - Sigiamund L 8. 211; IT, 8.67. - 
Stark, in Thuring-aacha. hiator. ant. Forech., Neoe Mittheil. 1850 (VI1>, 8. 3 f. 101 f 

Taufstein, aus dem 17. Jahrhundert, derb, nur als eine achteckige Stufe 
mit sehr hohem, steilem, gebogenem, doch achtkantigem Becken. Stein, Obertüncht, 
1 m hoch. 

Kanzel am nördlichen Triumphbogen - Pfeiler , aus der Mitte des 17. Jahr- 
hunderts, aus Bretterwerk zusammengesetzt, im Grundriss: kJ, mit gewundenen 
Ecksäulchen und Engelsköpfen; an den Feldern unbedeutende, religiöse Bilder, 
durch untergeschriebene Psalmstellen erklärt. Die Kanzel ist jetzt herabgerückt, 
so dass ihre trichterförmige Console unmittelbar auf dem Fussboden steht [der 
tragende Mittelpfosten beseitigt ist]. Auf einer Wand vertäfelung mit ausgeschweiftem 
und bemaltem Schildwerk und einer gedrehten Säule ruht der Schalldeckel, mit 
Engelsköpfchen und Bekrönungs - Brettern bezw. Spitzen auf den Ecken. Holz, 
bemalt 

Altarwerk, aus dem Ende des 15. Jahrhunderts, eines der hervorragenden 
der saalfelder Werkstatt, und eines der wenigen, welche bereits seit dem vorigen 
Jahrhundert »ich der Aufmerksamkeit der Forscher erfreuten (Sockel jetzt mit 
schlechtem Abendmahls - Gemälde). Im Mittelschrein und den Innenseiten der 
Fitigel stehen Figuren. Im Mittelschrein Maria gekrönt, mit dem Kind, welches 
einen Apfel hält, im Ann, auf der Mondsichel, vom Strahlenkranz umgeben, zwischen 
(vom Beschauer gerechnet links) den Heiligen Barbara und Katharina, sowie (rechts) 
Andreas und Johannes dem Evangelisten. Auf dem linken Flügel innen Ursula, 
Margaretha, Dorothea und Gertrud (mit der Kirche), rechts Urban, Bartholomäus, 
Georg (.,Georius") und Gangolf (mit Pfeil und Schild). Malereien an den Aussen- 
seiten der Flügel : Heimsuchung und Geburt, sowie auf den Aufsatz-Brettern, welche 
die Mittelschrein-Teberhöhung decken. David und Jesaias in bekannter Auffassung, 
mit ihren Sprüchen. Aufsatz mit Figuren, links Maria mit einem Buche, rechts 
der Engel der Verkündigung, die Hände erhebend. Alles wohl erhalten, auch in 
Farben und Vergoldungen. — B. Anemüller, in Rudolstadt Landesieit a. a. 0. A ne- 
mo Her, Ansang ana Walther, Collectanoa, Bd. I, 8. 60 f. ond 8. ISO f. Additaraenta (Znsatse) in 
d. Altarw. — Loti, Kunattopogr. a. a 0. — Sigismund LS. 816. 317; IL 8. 67. G8. — K. B. 
Stark, in d. Thdring -aächs. Alt- Vereins Nene afittbeUnngen 1860 (VIII), 8. 109 t, rgL Lehfeldt, 
in Thflring. Vereina-Zeitschr 1889 (N. F. VI), S. 301 u. ö. 

Relieftafel an der Langhaus - Nordseite , meist durch die Empore verdeckt, 
spätgothisch. Man erkennt über und unter der Empore Kopf und Fuss dreier 
kleiner Figuren. In der Mitte steht Christus mit den Wundenmalen, mit segnender 
Hand, links kniet eine weibliche Figur mit Heiligenschein, rechts steht ein mit 
den Händen an einen Baum gefesselter Heiliger, also vielleicht Sebastian. Eine 
dreizeilige Unterschrift ist ganz verstümmelt , scheint mit : eunet pr . . . . anzu- 
fangen. Sandstein. — Walther a.a.O.: „Inwendig der Kanzel gegenüber 3 Bilder eingehaueo, 
die aber verbauet, und die 8chrift unleserlich worden." 

Leuchter, spätgothiscb, niedrig, gedrungen, Fuss rund, mehrfach gegliedert. Zinn. 




90 



Taufkanne, von: Georg Hibschene- Berger tu Rudolstadt 1659. Messing, 32 cm 
hoch. Taufschale, mit: 1712 und deu Namen des Pfarrers, Lehrers etc. Messing. 

Kelch, spätgothisch. Fuss rund mit vertieftem Sechspass am Ablauf, unter 
welchem ein kleiner, durchbrochener Fries sich befindet. Am Knauf sechs kräftige, 
übereck gestellte Würfel mit Blumen-Verzierungen vorn; dazwischen Maasswerke. 
Am Schaft: a»e mavia gr. Kuppe flach. Silber, vergoldet, 17 cm hoch. Hostien- 
teller mit Weihekreuz. 

2 Kelche, aus dem 18. Jahrhundert, mit runden Füssen und sehr kleinen Knäufen, 
der eine Kelch mit Wülsten am Schaft und trichterförmiger Kuppe, der andere mit glattem 
Schaft und grosser, bauchiger Kuppe. 

Glocken. 1) "Äntto bm mccccrjur. bflf eaitcta Tinita felbbritte be leben- 
bigen bebrt« (V statt des gewöhnlichen : rufe ich) be toten beweine id» . "Jlnna 
beife eb (statt ich) bane abentprot go« (mich). 107 cm Durchmesser. Sigis- 
mund I, S. 220 ungenau — 2) (oben hängend), l)'4ö von Chr. Rose in Volkstädt. mit 
Arabeskenfries. 70 cm Durchmesser. - 3) (oben, kaum erreichbar) von 1807. 




Kreuz bei der Kapelle zu Weitersdorf'. 



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Amtsgerichtsbezirk Stadtilm. 




Inhaltsvepzeiehniss. 



Bei u glich d«r freund lieh an Hülle gilt das bei dem Arougerichtabezirk Rudolstadt Gesagte; für Berichtigungen 
des geschichtlichen Theiles von Panlintelle bin ich auch Herrn Oberlehrer Dr. R. AkemCllbr In Detmold 

tn Dank verpflichtet. 



Seit« 

Geschichtliche Einleitung 91 

Angelroda »8 

Kirche 98 

Kirchhof 94 

Pfarrhaus , . . . . 96 

Edelhof 96 

Wohnhau* 86 

Bacheloh 9e 

Kircbe 98 

Kellern*» 97 

Cottendorf 98 

Kirch« 98 

Döllstedt 98 

Kirche 98 

Kirchhof 98 

[Rittergut] 99 

Dörnfeld a. d. Ilm 99 

Kirche 99 

Rittergut 100 

Ehrenstein 101 

Kirche 109 

Amthaus, Wohnhafter, Gemeindehaus . 108 

[Rittergut] 108 

Berg 108 

Kllichlehen 107 

Kirche 107 



Seite 

Elxleben ios 

Kirche IM 

Kirchhof 109 

[Kapelle] 110 

Edelhof 110 

Gehöft 110 

Geilsdorf im 

Kirche 110 

[Vorwerk, Garten, Rittergut) . . ■ . III 

Gösselborn 1 1 1 

Kirche III 

[Neuaiss] IIS 

Gräfinau nx 

Kirche 11t 

Kirchhof 112 

[Rittergut] 118 

Gut IIS 

Griesheim 113 

Kirch« HS 

Schlots, Kammergut 117 

Priratbesiti 120 

Grossbettstedt iso 

Kirch ISO 

Glocken hau» 180 

Siedelhof, Kittergut 180 

Klosterhof, ehemaliger 181 

Grossliebringen ist 

Kirche 121 

[Rittergut], Gaethau« 188 



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IV 



Inhal teveneicliiiiss. 



IV 



Seit« 

Hengelbach iss 

Kirch« 18J 

Kleinhettstedt m 

Rirehe 123 

Kleinliebringen m 

Kjrcb« 124 

[Rittergüter] 1|4 

Nahwinden it« 

Kirche 124 

Kirchhof 125 

[NflUSias] s. bei (Sö^lborti 112 

Oberilm 126 

Kirch« 12S 

Oesteröda 126 

(Kirch.) 126 

Vorwerk 126 

Paulinzelle it 7 

Kirche 129 

[AlUre], Baureete 147 

Grabsteine 147 

Brunnen 148 

Klostergebaude 14» 

Amtfcau, Oberfönterei 149 

Scblow 151 

Körn! er wo hi. Ii »u-. 151 

[Q«»»J 161 

Singen i6i 

Kirche 151 



fSingen) 

Kirchhof 154 

Krettzsiein 154 

Solsdorf 154 

Kirche 164 

Wohnhaus 164 

(Rittergut] 154 

Kreuoteine 154 

Stadtilm 155 

Kirche, Bau 156 

innen- Ausstattung . III 

Friedhof 174 

[Andreaskirche, Nikolauskirche, Hospital- 
kapelle, Synagoge, glechenkapell«] . . 174 

Kloster 175 

(Altar, Grabmaler] 177 

Scblosa 178 

Sudtbefeatiguag . 180 

Wobnhau»er 182 

Denkmal 182 

(BrOcke] 182 

Hohe Kreux .......... 183 

Thälendorf iss 

Kirche 183 

(Rittergut] ... .183 

[Heldengrkberl 184 

Wollersleben U4 

Kirche 1 84 

Schloss. ehemaliges 185 

Ziehbrunnen 185 

(Rittergüter) 185 




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Der Amtsgerichtsbezirk Stadtilm, 



er Amtsgerichtsbezirk Stadtilm wird im Norden von dem meiningischen 
Amtsgerichtsbezirk Kranichfeld, im Osten vom weimarischen Amts- 
gerichtsbezirk Blankenhain, zum kleinen Theil auch vom Amtsgerichts- 
bezirk Rudolstadt, im Süden vom schwarzburg-rudolstädtischen Amts- 
irerichtsbezirk Königsee, im Westen vom weimarischen Amtsgerichts- 
bezirk Ilmenau und von dem Fürstenthum Schwarzburg-Sondershausen begrenzt. 
Eine Exclave Elxleben, nördlich vom Haupttheil, ist nördlich und westlich von 
preussisch-erfurtischem Gebiet, nordöstlich vom meiningischen Kranichfeld, süd- 
östlich und südlich von sondershäusischem Gebiet begrenzt, eine Exclave Osteroda, 
nordöstlich vom Haupttheil, ist durchweg vom weimarischen Blankenhain, eine 
Exclave Angelroda, westlich vom Haupttheil, ist nördlich und südlich vom gothaischen 
Amtsgerichtsbezirk Liebenstein, östlich vom weimarischen Ilmenau, westlich von 
Sondershausen begrenzt 

Das Gebiet des heutigen Bezirks Stadtilm, zum alten Langwiesgau gehörig, ist 
wohl ursprünglich hersfeldischer Besitz mit unsicherer Begrenzung gewesen. Im 
Laufe des 12. und 13. Jahrhunderts scheiden sich drei Theile: Stadtilm (die Stadt 
und ihr Gebiet), Ehrenstein und Paulinzelle, aus welchen der heutige Amtsgerichts- 
bezirk zusammengewachsen ist Der nordwestliche Theil mit Stadtilm ging, mit 
dem Gebiet von Arnstadt und mit Wachsenburg zusammengehörend (also ausser 
dem einen Haupttheil des heutigen Fürstenthums Sondershausen noch den öst- 
lichsten Zipfel Gotha's und das südliche Stück Erfurt's umfassend), zur Hälfte durch 
Kauf-Vertrag von 1273 von der Abtei Hersfeld in den Besitz des Hauses Kevern- 
burg über, wie es scheint, nach Schwierigkeiten und Hindernissen seitens der Ver- 
käuferin, so dass wohl erst nach der Theilung des Hauses Kevernburg 1280 dessen 
jüngere Linie kurz vor dem Tode des Letzten, Günthers VIII. (f 1302), den Besitz 
antrat und die Erbtöchter, Gräfinnen von Hohnstein und von Orlamünde, sich ge- 
nöthigt sahen, einerseits den Besitz unter Schutz und Lehnshoheit der Landgrafen 
zu stellen, andererseits 1306 an die Verwandten, Grafen von Schwarzburg-Schwarz- 




02 



ElNLKITCNG. 



Stadtilm. 2 



bürg und Schwarzburg -Blankenburg, zu veräussern (Barkhardt, Ork. t. Anutadt, Nr. 
37 ett, siehe Einleitung zum Amtsgerichtsbezirk Rudolstadt). Durch Erbregelung kam, 
wie es scheint, diese Hälfte an die Grafen von Blankenburg allein, welche durch 
Zukauf 1332 von der Abtei Hersfeld (Burkbardt, Urk., Nr. 118 £) das Gebiet ver- 
vollständigten und (später Grafen von Arnstadt und Sondershausen) als zusammen- 
hängendes (endgültig seit 1388) in ihrem Hause vererbten. So fiel es 1526 den 
Söhnen Heinrich 's XXXI. und nach dem Tode des jüngeren Sohnes dem über- 
lebenden Günther XL. zu. Unter diesem ward bei den Neuregelungen von dessen 
Gesammtgebiet Stadtilm mit den Nachbarorten von Arnstadt losgezweigt und dem 
neugebildeten Amt Paulinzelle eingeordnet Dies letztere, der südliche Theil des 
heutigen Amtsgerichtsbezirkes, war dadurch entstanden, dass das 1105 gegründete 
Kloster dieses Namens im Laufe des Mittelalters eine Reihe von Dörfern und 
Gütern erworben hatte und mit dem gesammten Besitz bei der Reformation von 
den Grafen (erst Günther's Bruder, dann Günther) eingezogen wurde. Der nord- 
östliche Theil des Amtsgerichtsbezirkes, Ehrenstein und sein Gebiet, ursprünglich 
Besitz der Grafen von Gleichen, vor 1337 von den Grafen Heinrich X. und 
Günther XXI. von Arnstadt erworben, war 1452 wieder an die Grafen von Gleichen 
gekommen, aber 1610 wiederum an das Haus Schwarzburg - Rudolstadt ; dies Amt 
wurde 1803 dem Amt Paulinzelle einverleibt, dies letztere aber 1851 in das Amt 
Stadtilm umgewandelt, dem noch mehrere Orte einverleibt wurden. — Die land- 
gräfliche Lehnshoheit über den Theil der schwarzburgischen bezw. dann rudol- 
stadtischen Herrschaft, welche, wohl von 1306 ausgehend, sich auf das kurfürstliche 
Haus Sachsen vererbte, wurde besonders bei den Vorbereitungen der Erbregelungen 
im schwarzburgischen Hause und den sich anknüpfenden Verwickelungen von 
Wichtigkeit Sie brachte neue Gefahren für das Grafenhaus durch den Verkauf 
der halben Herrschaft Schwarzburg von ihrem Besitzer an Kurfürst Friedrich 
(s. Geschichte des Amtsgerichtsbezirks Königsee). (1450 Belehnung des Kurfürsten 
Friedrich an die Grafen von Arnstadt, dagegen 1455 Scheinbelehnung von Hersfeld 
an Herzog Wilhelm bezeugt; — Borkhardt, Urk, Nr. 479. 688.) Diese Oberhoheit 
war 1640 auf das Herzogthum Gotha übergegangen und es wurden von demselben 
noch bestimmte Rechte ausgeübt, welche 1823 durch die Uebergabe des (vorher 
zum Kloster, dann zum Amt Stadtilm gehörigen) schon vor 1323 einmal von den 
Landgrafen beanspruchten Ortes Seebergen (Barkhardt, Nr. 110) an den Staat Gotha 
(s. Heft Gotha, S. 165) abgelöst wurden. 

Oregorii, Das jetit florirende Thüringen 1711, 8. 197 i — Haina«, Altertk-Knnd« d. F 
Schw.-Budolatadt 1857, S. 26 £ — Heue, in Thüringen u. d. Harx Vffl, 1844, S. 294 £ - Sigis- 
mund, Landeskunde II, 8. 89 f. — Treiber, Getebl- u. Landeabeachr. 1766, S. 142 £ 147 ff 



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3 Stadtilm. 



ASQELKODA. 



93 



Angelroda, westsüdwestlich von Stadtilm, Exclave; Angilrode, 948 Anglenrod 
von Kaiser Otto I. der Abtei Hersfeld gegeben (Schaltet, Direct dipl. I) , gehörte 
1291 den 1286 als Schlossverwalter von Kranichfeld (E. Anemttller, Urb. t. Paolin- 
ulle, Nr. HO) genannten Herren von Angilroda, kam 1363 an die von Witzleben (um 
1381 Angelrode), gehörte 1686 der Familie von Russwarm und dann den übrigen Be- 
sitzern des Edelhofes (s. d.), kam 1850 zum Amt Ilmenau, 1856 unter Stadtilm. — 
Heina«, 8. 29. — Martin, in ThQring. Vereina-Zeitechr. N. F. V, 8. 188 (am 138U — Sein, 
TharisgU nem. — Sigismund, Landeskunde II, S. 107; 217 aber du Siegel — Triniue, Thü- 
ringer Waaderbuch I, 1886, & 72. - Wernebarg, in Erfurter Akad, Jahrb. 1884 (XII), 8. 118. 

Kirche, bis 1746 FUial des Dorfes Gera, seitdem eigene Pfarrei. Grund- 
riss- j-j j. Altar- und Gemeinde-Raum zusammen 16,5 m lang, 6,6 m breit; 

Form: H 1 Westthurm 2,3 m lang, 6,4 m breit Spätgothische Reste : Sacra- 

mentnische an der Nordseite« schweifbogig, verwittert, oben durch den Emporen- 
balken verdeckt, ferner eine Spitzbogen-Thür zum Thurm-Erdgeschoss, sowie eine 
von seinem ersten Obergeschoss nach aussen (zum jetzigen Treppen- Vorbau), mit: 
3ntto bitt mcccc . . . und einem Namen (Hopfgarten?). Sonst Bau von 1696 (Jahres- 
zahl aussen über dem Mittelfenster der Südseite), einfach mit Ausnahme der pro- 
filirten, rundbogigen Thür in der Mitte der Südfront Gebogene Holzdecke: A. 
geweisst mit einigen Stucklinien ; rechteckige Fenster. Emporen aus unserem Jahr- 
hundert, mit einigen ionischen Theilungspilastern etc., ganz hübsch. Der West- 
thurm (von 1688) hat einen beschieferten Aufsatz, der, um bei der Breite des Unter- 
baues oben quadratisch zu werden, an den Seiten dachförmig ein Stück aufsteigt; 
darüber Achteck-Geschoss, Schweifkuppel etc. Der aus Fachwerk gebaute Treppen- 
Vorbau südlich vor dem Thurm hat ebenfalls ein beschiefertes, zum Achteck über- 
geführtes Dach in Zeltform. — Heime, S. 21. - Sigiemnnd II, 8. 107. — Trlniui, 
Wanderbacb, über die Inschrift 

Orgelbau, aus der 2. Hälfte des 18. Jahrhunderts, breit mit Schnitzerei. 

Altar, aus der 2. Hälfte des 18. Jahrhunderts, etwas geschweift und ge- 
schnitzt; ebenso die Einfassungs-Schranken. 

Kanzelbau hinter dem Altar, aus der 1. Hälfte unseres Jahrhunderts; die 
Kanzel rund vortretend, gerade im Aufriss, zwischen starken Gesimsen, gut 

Alles Holz, weiss mit Gold. 

Tauf schale. Abweichend von den üblichen, mit einer inneren Umschrift 
am Boden: bewn glortore et t> (eum?) bene&lcite. Ringsum vier laufende Hirsche 
zwischen Eichen. Messing. 

Kelch, aus dem 16. Jahrhundert reich (s. Abb. folg. S.). Sechspass-Fuss : Q, 
abgestuft, mit Stegmuster am oberen Rand, auf den Feldern hübsche Rankenmuster 
schon im Renaissancestil, auf einem Feld die Kreuzigungsgruppe aufgelegt Am 
Knauf sechs kräftige, naturalistische Blumenkelche als Rosetten, dazwischen stark 
vortretende Eier, mit gravirten bezw. vertieften Maasswerken gefüllt; am Schaft 
darüber: MARRIA (so!), darunter: IHESM (in hoc est sanguis meus); der untere 
Schafttheil durch ast-artig sich kreidende Stäbe von dem Fuss getrennt Kuppe 
geschweift, neu. Silber, vergoldet, 22 cm hoch. 

7* 



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1)4 



Angelroda. 



Stadtilm. 4 



Kelch, aus dem 18. Jahrhundert. Fuss: 
birnförmig, gerippt, der Schaft als Kehlen. 
Form. Kupfer, vergoldet, 21 1 /» cm hoch. 



O 



mit einigen Rippen. Knauf 
Kuppe geschweift. Hübsche 



Kelch für Kranke, 
goldet, 15 cm hoch. 



Fuss ! 




Aeltcstcr Kelch in der Kirche zu Angelroda. 



Knauf vasenförmig, gerippt Silber, ver- 



Hostienbüchse, 
1767 (auf dem Boden), 
von: M. E. Hiessbockin, 
viereckig, mit geschweif- 
ten Kanten; auf dem 
Deckel das Gotteslamm. 
Silber. 

Abendmahls- 
Decke, aus dem 18. 
Jahrhundert, der Ueber- 
lieferung nach von einem 
Herrn von Witzleben 
aus Constantinopel mit- 
gebracht, weisser Hat t ist 
mit goldgesticktem Saum. 

2 Kelch-Unter- 
setzer, mit aufgestickten) 
(zum Theil vergangenem) 
Spruch, mit: IIIS, A.E. 
H.v.W. (Witoleben) 17S2, 
bezw. dem Gotteslamm. 

Glocken. 1) und 2) 
1770 bezw. 1789 von Joh. 
Mayer in Rudolstadt, je mit 
zwei Ornamentfriesen und 
Namen des Pfarrers etc. 
105 beiw. 92 cm Durch- 
messer. — 3) 1883. 



Kirchhof. Grabstein westlich von der Kirche. Hochrelief, Figur (laut 
Inschrift auf der Rückseite des Grabsteines) des Fleischhauers Sebastian Barth 
vou Amsterdam und Arnstadt, f 1772, in damaliger, treu wiedergegebener Tracht, 
eine Citrone in der Hand; die Platte des Grabsteines ist mit Ornamenten verziert, 
oben sind verstümmelte Knabenhguren und Schilde mit Werkzeugen des Fleischer- 
gewerkes bezw. einem Spruch angebracht, als Bekrönung die Strahlensonne mit 
dem Gottesauge. Plumpe Ausführung in Sandstein. 



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AXGKL&ODA. 



f>5 



Pfarrhaus, aas der 2. Hälfte des 18. Jahrhunderts; in einem Zimmer 
unten und oben ganz hübsche Stuckdecken mit Roccoco - Ornamenten. — Zwei 
Figuren eines spätgothischen Altarwerkes, der heilige Aegidius und Judas Thad- 
däus, leidlich, verstümmelt. Holz, farbig gewesen, 80 cm hoch. 

Edelhof, 1614 gebaut, kam an die Grafen von Schwarzburg';, 1651 durch 
Kauf an Frau von Witzleben auf Elgersburg, gehört jetzt Frau von Witzlebon in 
Arnstadt 

Das Schloss (A) ist ein einfaches Gebäude von 1618; ein hohes, steinernes 
Erdgeschoss mit rechteckigen, noch mit Stabwerk profilirten Fenstern und ein Ober- 
geschoss von Fachwerk mit Rechteck-Fenstern. An der nach dem Hof gerichteten 
Vorderfront an den Seiten Belebung durch Quergiebel. In der Mitte ein acht- 
eckiger, vortretender Treppenthurm (darin Wendeltreppe), mit (an der Schrägseite 
angebrachter) rechteckiger, profilirter Eingangs - Thür , darüber in Schriftzügen der 
Zeit um 1840 die Jahreszahl: 1614 zwischen Consolen, welche Gebälk und darüber 
an den Seiten EngelsfigQrchen, in der Mitte den Aufsatz mit Wappenschild tragen. 
Dieser Aufsatz, von Pilastern und aussen noch von volutirten Streifen eingefasst, von • 
Gebälk und Muschelnische bekrönt, enthält über und unter den Wappen die alte 
Inschrift mit dem richtigen Baujahr, oben: DVRCH MICH BVRKHART HIEROMO 
(so, statt Hieronymus) RVSWVRM OBRIST SINT DISE GEBEV GEFANGEN (statt 
angefangen), unten: VNT ALIIIER VOLENT DVRCH GOTES HILF IM 1618 
IAR . GOT WOLLE DIESELBIGEN DVRCH SEINE HEILIGE ENGEL BE- 
WAREN. Den Treppenthurm deckt eine Schweifkuppel mit Achteck-Tabernakel und 
Helm, der dem Schloss ein ganz malerisches Ansehen giebt. Links vom Treppenthurm 
eine rundbogige, ebenerdige Eingangs-Thür. Die hölzernen Flügel der Hausthür und 
der Thüren von der Treppe zu den Geschossen sind noch mit einigen Rundbogen- 
Verzierungen versehen, die der Eingangs-Thüre noch mit dem alten, schweren Schloss. 

Im hohen Erdgeschoss in zwei (früher einein) Zimmern hübsche, stuckirte Felder- 
decke, und an den Fensterwänden vortretende Steinsäulen auf Postamenten und mit 
Blättercapitellen und mehrfach gegliedertem Kämpfergesims. Im Zimmer gegenüber 
entsprechende Decke. Darin Glasgefässe des 18. Jahrhunderts, mit den Jahres- 
zeiten, Emblemen, Wappen, Monogrammen geschliffen, zum Theil recht hübsch; 
geschnitzter Spiegel des 18. Jahrhunderts. — Im ersten Obergeschoss : Im Ein- 
gangs- Saal (Kaisersaal) Koffer mit aufgemaltem Wappen und: 1685 • hübsche 
kupferne Wasch-Einrichtung und Ahnenbilder. Links herum Kaminstube; 
darin Brustbild Friedrich des Grossen, gut (nach Pesne); Bild Friedrich des 
Grossen mit den Generalen vor der Regimentsfront (nach Chodowiecki) ; Kachel- 
bekleidung, blau auf weiss, meist biblische Scenen, handwerklich. Rechtsherum 
die Kaiserstube. Darin stuckirte Decke. Geschnitzte Bank aus der 1. Hälfte des 
18. Jahrhunderts. Klappsecretair mit Einlege - Arbeit (auch dem Familien- 
wappen) aus der 2. Hälfte des 18. Jahrhunderts; Kommoden u. dgl. In den 
Nebenzimmern ähnliche eingelegte Möbel, einfach. — Auf dem Boden in einer 
Kammer ein grosser Stein, Wappen der Brüder Job Friedrich und Job Wilhelm, 
1603, aus Elgersburg stammend, hübsch gearbeitet; gemaltes Wappen, Waffen, 
Helme etc., zum Theil noch aus dem 18. Jahrhundert 



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96 Ahsslboda. Büchkloh. Stadtilm. R 



Am Wirth schaft s-Gebäude links (östlich) vom Schloss diesem ähnlich profilirte 
Fenster, zwei aus der Mauer ragende, mächtige Kragsteine mit verwittertem Löwen- 
kopf bezw. Adler; eine rechteckige Eingangs-Thflr mit Beschlag- Mustern. Links 
davon innen der Stumpf von dem Rundbau einer Wendeltreppe. 

Trinini, Wanderbacb, & 78 Aber Schlot, n. Bilder. 

Wohnhaus des Herrn Webermeisters Grosch gegenüber dem Pfarrhaus, 
Fachwerk des 18. Jahrhunderts, am Obergeschoss geschweifte Kreuzungen der 
Fensterbrüstungen auf geringen Vorkragungen. 



Bücheloh, südwestlich von Stadtilm; 1282 Buchilowe (E. An em aller, Urk. t. 
Panlinielle, Nr. 104), Böcheloe, um 1381 Buchelo, 1506 Buchenleo, stand bis 1826 
unter dem Gericht von Gräfinau. — Martin, in Thann*. Vereina-Zetteehr. N. F. V, 8. 133 
— 8igiemnnd, Landwknnde II, 8. 87; 217 Aber da* Siegel. — Stachel«, in Thoring. Verein»- 
Zeitochr. N. P. II, 8. 69 (Regiitrum enbeidii). - Werneburg, in Errorter Akad. J»hrb. 1884 

(in), & i& 

Kirche an Stelle einer vor der Reformation gebauten Kapelle, 1729 ver- 

grössert Grundriss - Form : | Uj — i . Mitteltheil mit dem Thurm, 3,6 m lang 

und ebenso breit, jetzt im I , H — ' Erdgeschoss für den Aufgang der Treppe 
dienend, romanisch; von daher der Chorbogen [zur einstigen Apsis] und der 
Triumphbogen, beide mit Resten einfacher Kämpfer, nach Süden ein kleines Rund- 
bogen-Fenster, im obersten Thurmgeschoss gepaarte Rundbogen - Fenster : nn 
nach Osten, Norden und Süden, das östliche auf Mittelpfeiler, die beiden -LU-L 
anderen auf Mittelsäule mit Würfelcapitell. Osttheil, jetzt Sacristei, spätgothisch [statt 
der abgebrochenen Apsis], 4,3 m lang, 4,4 m breit ; darin Kreuzgewölbe auf verkehrt 
pyramidalen Consolen mit Kopf als Schlussstein; in der Nordwand eine schweif- 
bogige Sacramentnische. Diese ist 1729 von naturalistisch gemeisselten Blumen um- 
geben worden, in welchem Jahre (Jahreszahl aussen über der Südthür) die ganze 
Kirche vergrössert und wiederhergestellt wurde. Das Langhaus 16,3 m lang, 6,1 m 
breit, mit Holzdecke vom Querschnitt : /S . Von derselben Bauzeit stammen 
in dem Osttheil die Anlage einer Gruft für die zu Gräfinau gestorbenen Kinder 
eines Prinzen Ludwig zu Schwarzburg -Rudolstadt (jetzt zugemauert, unzugäng- 
lich), die rechteckige Ostthür, das ovale Fenster darüber und das rechteckige 
Südfenster; im Langhaus die rechteckigen Fenster und Thüren, der kurze, be- 
schieferte, viereckige Thurm-Aufsatz mit Achteck-Helm darauf und der sehr häss- 
liche , verbretterte , viereckige Aufsatz auf dem Osttheil , welcher als Glockenstube 
dient, mit seinem gebrochenen Satteldach. Emporen durch dorische Pilaster ge- 
stützt bezw. getheilt, mit vertäfelten Brüstungen, Holz, weiss mit sparsam auf- 
getragenem Gold, wie die ganze Ausstattung der Kirche. — Heime, 8. 29. — 
8igiimnnd n, 8. 87. 



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7 Stadtilm. 



Bücheloh. 



97 



(Altar, Taufgestell aus unserem Jahrhundert) 
Orgel, aus der 2. Hälfte des 18. Jahrhunderts, etwas verziert. 
Kanzelbau, aus der Mitte des 18. Jahrhunderts, in der Triumphbogen-OefF- 
nung, einfach, ganz gut Dreitheilung durch zwei korinthische Pilaster. Unten drei 
Rechteck-Durchgänge, oben an den Seiten-Abtheilungen Brüstungsfelder, in der Mitte 
die Kanzel vom Grundriss: KJ, geradem Aufriss und mit Eck-Pilastern ; darüber 

an den Seiten recht 
gut gearbeitete Figu- 
ren Christi und Jo- 
hannis des Täufers, in 
der Mitte der schweif- 
bogige Kanzel - Ein- 
gang zwischen Pila- 
stern und einfassenden 
Voluten, bedeckt von 
Gebälk mit vortreten- 
dem Schalldeckel, Gie- 
belstücken, dazwischen 
Aufsatz - Tafel mit 
nochmaligem Gebälk: 



Tauf-Engel in 
der Sacristei, aus der 
1. Hälfte des 18. Jahr- 
hunderts, sehr hübsch 
in der Bewegung und 
wohlerhalten, auch in 
den Flügeln. Holz, 
bemalt , von halber 
Menschengrösse. 

Weinkanne, 
von 1783. Zinn. 

Klingelbeutel , 
aus dem 18. Jahr- 
hundert, mit Silber- 
beschlag. 

Glocken. 1816. 
1848. 1800. 




Ehemaliger Tauf-Engel in der Kirche zu Bücheloh. 



KellerhaU8 bei der Sohnle, darin rundbogige Kellorthür, mit mehreren Namen; 
dieselben auch auf einem Stein daneben nebst: 16.90. 



98 



COTTENDOBF. DÖLLSTEDT. 



Cottendorf, südwestlich von Stadtilm. — 8igi»mnnd, Landeskunde II, 8. 83; 216 
Ob« dM Siegel. 

Kirch 8. Ehemaliger Chor, dreiseitig geschlossen, jetzt Sacristei und Treppen- 
Aufgang, 3,2 m lang, 4,5 m breit, und Langhaus, jetzt auch den Chor enthaltend, 
13,2 m lang, 4,9 m breit, spätgothische Anlage; zugemauerte Spitzbogen - Thür in 
der Mitte der Südseite. Sonst 17. und 18. Jahrhundert Holzdecken, über dem 
Osttheil gerade, über dem Langhaus gebogen. Fenster theils rechteckig (auf der 
Nordseite), flachbogig (Ostseite des Langhauses oben), rundbogig aus der 1. Hälfte 
unseres Jahrhunderts; Westthurm rechteckig. Auf dem östlichen Theil des Lang- 
raumes ein Dachreiter mit üblicher Deckung. — Sigismund n, 8. 88. 

Kanzelbau hinter dem Altar; Taufgestell, beide von 1811. Holz. 
Altarcrucifix, aus dem 18. Jahrhundert, gut geschnitzt Holz. 
2 Altarleuchter, von: J, F. Moses und Frau 1753, gross, rund, mit 
Knäufen und Kehlen. Messing. 
Taufkanne, von: 1727. Zinn. 

Kelch, von Hartmann Ernst von Griesheim 1692 laut Inschrift unter dem 
Sechspass-Fuss. Knauf kugelig mit wagerechter Theilungsleiste. Silber, vergoldet; 
Zeichen (J.P. *; N); 23 cm hoch. 

Glocken. 1) 1890 [an Stelle einer von 1609]. - 2) 1709 von Job. Boso in Volk- 
stedt, mit Ornamentfries. 54 cm Durchmesser. 



Döllstedt, ostsüdöstlich von Stadtilm; Tullistede, Tillistedt. — Sigismund, 

Landeskunde IL, S. 92. 

Kirche, unter Wiederbenutznng der unteren Theile von Mauern einer alten, 
schlechten Kirche 1870 vom Geheimen Baurath Brecht gebaut in gothischem Stil, 
mit Sparrendecke, Maasswerk-Fenstern etc. und mit Dachreiter, klein, recht hübsch. 
— Sigismund H, 8. 92. 

Taufstein, Kanzel, Altar, in gothischem Stil. Sandstein. 

[Figuren von einem Altarwerk; fortgekommen. — Sigismund I, 8. 216 Anm.] 

Kelch, wohl mit Benutzung eines älteren Sechspass-Fusses und Knaufes, von 
1871. Silber, zum Theil vergoldet 

Glocken. 1) 1600 von Hier. Möringk in Erfurt; Reihen von Lilien; 73 cm 
Durchmesser. — 2) 1707 von Aug. Mayer in Rudolstadt; Ornamentfries; 52 cm 
Durchmesser. 

Kirchhof. Grabkreuz von II. Chr. K. Abel, Pfarrer, t 1793, ganz reich 
und hübsch. Schmiedeeisen. 



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0 Stadtilm. 



Döllstedt, DöRN?K,r>. 



[Rittor gut der Familie Ilten, 1704 von der forstlichen K ammer gekauft, 
zerschlagen.] Gehöfte der Herren Schumann und Louis Otto; daran alte Trümmer 
von Umfassungs-Mauern. Das Wohnhaus von Herrn Otto, mit: J. M. Otto 1778 an der 
Hausthür, zeigt im Flur noch einen spitzbogigen Keller - Eingang des 15. oder 16. 
Jahrhunderts. Am Wohnhaus des Herrn Schumann: V. B. F. S. — J.N.B. 174.9. 
An einem jetzt als Schuppen etc. benutzten Nebengebäude eine profilirte, rundbogi^e 
Eingangs -Thür des 16. Jahrhunderts. Im Inneren (Erdgeschoss) tonnengewölbte 
Räume. Hinter dem Hause des Herrn Schumann eine starke Erhöhung der ehe- 
maligen Burg und nach Norden, Westen und Süden Wall und Graben. 



Dörnfeld an der Ilm, südwestlich von Stadtilm; Uffern- oder Obern-Dörnfeld, 
Dürrenfeld, um 1381 Dorneveit, 1506 Dornfeit prope Urnen, gehörte bis 1753 zum 
Amt Schwarzburg. — Martin, in Thttring. Verenw-Zelteebr. 1887 , 8. 183. — Sigismund, 
LandMknnd« II, 8. 84* — 8teebele, in Thüring. Yereina-ZeiUchr. N. F.II, 8. 59. — Wtrnebnrg, 
in Erfurter Akad. Jahrb. 1884, S. 82. 

Kirche, ein Rechteck von 17,5 m Länge, 5,6 ra Breite, unscheinbar (soll 
durch eine neue ersetzt werden), 1669 (Stein mit dieser Jahreszahl an der Südseite 
bei der West-Ecke und Wetterfahne ebenso) zum Theil mit Bruchstücken älterer 
Anlagen schlecht aufgebaut; man erkennt in einer in der Mitte der Langseiten 
durchgehenden Fuge die verschiedene Bauzeit des östlichen und westlichen Theiles 
der Kirche. Aus romanischer Zeit stammen zwei vermauerte Rundbogen-Fenster 
westlich von der erwähnten Fuge, ein Stück Dachgesims, jetzt an der Westfront 
vermauert, eine Thür an der Nordseite zu einem jetzt geschlossenen Unterraum. 
Aus gothischer Zeit die zwei schlank-spitzbogigen Fenster an der Ostseite, die 
rechteckige Sacramentnische darunter innen, die spitzbogige, mit Stäben und 
Kämpfergabelung profilirte Westthür. Neuer sind die Holztonne, die unregel- 
mässigen, schlechten Rechteck-Fenster und der auf der Westseite sitzende, bretterne 
Dachreiter mit Helmspitze. — Sigiimnnd II, S. 86. 

Kanzelbau, als Altar - Aufsatz, aus dem 17. Jahrhundert, im Grundriss: <J 
vortretend, mit gewundenen Ecksäulen und den besonders schlecht gearbeiteten 
Figuren Christi und der Evangelisten auf Consolen an den Flachen, sowie mit 
einigem Schnitz werk. Als Bereicherung des Kanzelbaues sind drei Theile eines spät- 
gothischen Altarwerkes unten und an den Seiten verwendet, die seitlichen von 
wiederum höchst roh geschnitzten Rankenwerken des 18. Jahrhunderts eingefasst 
und überragt Unten der ehemalige Mittelschrein des Altarwerkes; Maria, von 
Christus gekrönt (auf durchbrochen geschnitztem Sockel sitzend), zu den Seiten 
(links) Matthäus mit Beutel, der jüngere Jacobus mit Walkerbaum und der Evan- 
gelist Johannes mit Kelch; rechts Petrus mit Schlüssel und Buch, ein Apostel mit 
Palme [und verlorenem Attribut), Simon mit Säge und Buch. Links von der Kanzel 
der ältere Jacobus mit Pilgerhut und zwei Apostel mit [verlorenem Attribut und] 



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100 



Dörnfeld, 



Stadtilm. 10 



Buch , rechts Bartholomäus mit Buch und Haut und zwei Apostel. Die Figuren 
waren ganz leidlich geschnitzt, durchschnittlich 55 cm hoch; sie leiden durch die 
jetzige Aufstellung, Misshandlung, Ueberschmieren etc., wahrend sie, von der Kanzel 
getrennt, gesäubert und vielleicht einzeln auf Consolen gestellt, den Schmuck einer 
Kirche ausmachen würden. — Der Baldachin des Mittelschreines ist verkehrt als 
Bekrönung des nördlichen Kirchstuhles aufgenagelt — An den Aussenseiten der 
Altarflügel mittelmässige und verblasste Malereien, Darstellung im Tempel und 
Anbetung der drei Könige. 

Tauf stein, rund, pokalförmig. Am Beckenrand: HANS KILLMAN 1.5.97. 

Grabstein links vom Altar an der Nordwand, aus der Mitte des 16. Jahr- 
hunderts, Ritter, mit langem Bart, mit Axt (Franken-Abzeichen?) und Schwert; zu 
beiden Seiten des Kopfes seine Wappen; lebensgross, in sehr ungeschickten Ver- 
hältnissen dargestellt; auch stark beschädigt und verwittert. [Inschrift nicht mehr 
erkennbar.] Sandstein. 

Grabstein rechts vom Altar an der Südwand. Der Verstorbene ist in Rüstung 
dargestellt, mit der Rechten eine Axt über die Schulter haltend, die Linke am 
Schwert Inschrift: ANNO CRISTI DEN 8 TAG MARCH 1554 IST DER EDLE 

VND GESTRENGE W VND BARMHERZIG SEI. AM., zerschlagen und 

verwittert In Folge ungeschickter, plumper Darstellung, des unverhältnissmässig 
grossen Kopfes mit Schlitzaugen und des langgezogenen Schädels ist die Figur fast 
von komischer Wirkung. Sandstein. 

Grabstein rechts vom vorigen, eine Frau mit einem Buch in der Hand dar- 
stellend, vermuthlich die Gemahlin des Obigen; gleich werthig. Zu beiden Seiten 
des Kopfes zwei Wappen (das linke mit Schachbrett, das rechte ohne Zeichnung). 

Wappentafel an der Chor-Nordwand oben, laut langer, auf einem band- 
artigen Schnitzwerk unten angebrachter Inschrift (Ä) das Wappen des Hans Melchior 
von Griesheim auf Netschke, Dörnfeld und Herda, hochfürstl. lüneburg-braun- 
schweigischen Rittmeisters, 34 Jahre alt f 1690 „in der blutigen Action bei Fleury". 
Das Wappen ist von zahlreichen, naturalistisch geschnitzten, einzeln befestigten 
Waffen und kriegerischen Geräthen, Akanthusranken, Blumen- und Frucht- Gewinden 
umgeben. Holz, bemalt und reich vergoldet 

Kelch, aus der Zeit um 1500. Sechspass - Fuss. Am Knauf stark vertiefte, 
gezogene Maasswerke, daran stark vortretende Würfel mit: ibefbs. Die gleiche 
Inschrift am Schaft über und unter dem Knauf. Breite Kuppe; l6 l / 4 cm hoch. 

Kelch, aus der Mitte des 16. Jahrhunderts. Sechspass-Fuss. Knauf gedrückt 
kugelig, daran Rosetten, durch Kehlen getrennt von Blättern. Am Schaft gravirte 
Sternmuster. Silber, neuerdings vergoldet; 16 »/i cm hoch. 

Glocken. 1) 1615 von Hieron. Moering in Erfurt, mit hübschem Ornamente 
fries, Namen des Pfarrers Menzel etc. 83 cm Durchmesser. — 2) 1747 von Joh. 
Feer mit seinem bekannten Spruch. Ornamentfries, Namen des Pfarrers etc. 64 cm 
Durchmesser. 

Rittsrgut, gehörte den Herren von Hoffe, dann von Stange, dem Domherrn 
Spitznase zu Magdeburg, seit 1630 denen von Griesheim, wurde 1706 von der 
fürstlichen Kammer gekauft. Gebäude modernisirt Darin in einem Zimmer des 



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11 Stadtilm. Dörhtild. Ehmsstbih. 101 



Obergeschosses Ofen: unten Gusseisen - Platten : lüneburger Pferd, 1731; oben 
Kachel-Aufbau in Thorform, mit Roccoco - Ornamenten ; Aufsatz als geschweifter 
Sockel mit springendem Pferd. 



EhreRStein, ostsüdöstlich von Stadtilm. Der Ort selbst hiess früher Teich- 
mannsdorf, ist seit dem 13. Jahrhundert erwähnt, um 1381 Tychmessdorf, 1427 
Tychmisstorff, 1515 Dichmansdorf. Doch schon 1356 wird er auch als der unter 
der Vesta Ehrenstein belegene Ort bezeichnet, welcher damals Marktrecht erhielt. 
Die Besitzer der Bnrg sind am besten gleich hier anzugeben , da das Dorf in 
späteren Zeiten in steter Verbindung mit der Burg war. Die Stelle war schon in 
frühen Zeiten zweifellos wichtig als Grenzpunkt zwischen drei bedeutenden Graf- 
schaften: Gleichen, Orlamünde- Weimar (in deren Besitz hier später die Landgrafen 
von Thüringen traten) und Kevernburg bezw. Schwarzburg. Der Besitz mag ur- 
sprünglich den Grafen von Gleichen gehört haben (daher vielleicht die Ueber- 
lieferung der Burggründung durch sie und der spätere Uebergang der Herrschaft 
an sie). Jedenfalls waren aber Burg und Dorf bei der Regelung 1346 im Besitz 
der Grafen von Schwarzburg-Blankenburg und wurden 1361 als die alte Herrschaft 
bezeichnet, welche aus Ehrenstein mit Teichmannsdorf, Grosshettstedt , Gross- 
liebringen, Kleinliebringen, Nahwinden, Osteröde, sowie anderen (theils unter- 
gegangenen , theils jetzt zu Preussen , Sachsen - Weimar , Sachsen - Meiningen und 
Sachsen-Gotha gehörenden) Orten bestand und von der Burg aus verwaltet wurde. 
Bei einer Erbtheilung der Linie Blankenburg kam sie 1388 als eigene kleine Herr- 
schaft an Günther XXVIII., der bis zu seinem Tode 1418 in Ehrenstein residirte, 
kam dann bei der Erbregelung (gegen Entschädigung) an die Linie Wachsenburg, 
blieb aber ein eigenes Amt, das damals zeitweilig an Herrn von dem Haine (ab 
Indagine) verpfändet ward. Im schwarzburgischen Erbfolgekriege 1448 machte 
Heinrich von Gera als Schwiegersohn des letzten Wachsenburgers Ansprüche auf 
einen Theil der Herrschaft und bemächtigte sich der Burg. Doch kam dieselbe 
bei dem Aussterben der Linie Wachsenburg (1450) durch Vergleich 1452 an Graf 
Ludwig von Gleichen (einen anderen Schwiegersohn des letzten Wachsenburgers) und 
dessen Nachfolger. Im 15. Jahrhundert geschah die Verwaltung durch Amtleute 
(1486 Hans von Gräfendorf), doch wohnte Graf Wolf I. seit 1515 selber auf dem 
Schlosse und verschrieb es (f 1551) seiner Gemahlin Margaretha. Nach der Theilung 
der Grafschaft Gleichen 1578 zwischen Ludwig und Karl soll der eine 1581 auf 
dem Schlosse, der andere im Dorf im Amthaus oder Vorwerk gewohnt haben. Von 
Graf Karl von Gleichen wurde die Herrschaft den Herren von Mandelsloh 1587—1600 
verpfändet, von Graf Wolrab dem Herzog (wohl Friedrich Wilhelm) von Sachsen- 
(Altenburg) auf Wiederkauf überlassen, von dessen Wittwe (also Anna Maria) aber 
1610 an die Grafen von Schwarzburg-Rudolstadt und von diesen durch Erbkauf 
übernommen und bildete nun ein schwarzburgisches Amt, welches 1803 dem Amt 
Paulinzelle (und mit diesem zusammen 1851 dem Amt Stadtilm) einverleibt wurde. 
- Or.f orli, 8. 197. - Heiaie, a 86. - H.ne, in Tbflringea o. d. Hm VIII, 18U, S. 34 t 



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102 Ehmhbtki». Stadtilm. 12 



— Heydenreicb, Hietor. d. H. Schwanburg 1743, S. 392. — Hirtor.-geogr. Beschr. d. hzgl lAcha. 
Lande 1, 1796, S. 127. — Martin, in Thttring. Vereine-Zeiteehr. N. F. V, 8. 188. — Sagittariue, 
Hittor. d. Grafrcb. Gleichen, 8. 66. — Sigiamnnd, Landeskunde II, 8. 93; 217 Aber du 8iegeL — 
Treiber, Geechl- u. Landeek., 8. H7. - Wernebnrg, in Erfurter Akad. Jahrb. 1884, 8. 138. 



Kirchs. Grundriss - Form : ( P. Der im Erdgeschoss als Sacristei und 

Treppon-Aufgang dienende, 4,9 m lange, 5,9 m breite Thurm ist romanischer An- 
lage; erhalten der Triumphbogen mit Kämpfergesimsen, der (zugemauerte) Chor- 
bogen, die Fenster der Nord- und Süd-Seite (letzteres verbreitert), öber dem letz- 
teren noch ein kleines, kreisförmiges. Aussen an der Ostseite Spur eines Giebeldach- 
Anlaufes von einem früheren Anbau. Von einem spätgothischen Bau ein Sacra- 
m entschrein-Obertheil innen an der Ostwand, Gebälk mit Giebel von der Form : 
, mit Kleeblatt-Bogen gefüllt. Im Uebrigen Bau von 1730 (Jahreszahl aussen 
über einem jetzt zugemauerten Fenster der Südseite) und später, besonders 
1830. Holzdecken, die des 15,1 m langen, 7,4 m breiten Langhauses vom Quer- 
schnitt: 'S; Fenster und Thüren (eine an der Ostseite, zwei unten und oben 
an der Westseite), rechteckig, erstere innen im Langhaus flachbogig. Auf dem 
kurzen, massiven Thurmtheil ein viereckiger, theils verbreiterter, theils beschieferter 
Aufsatz, darauf Satteldach, der Quere nach. — Sigismund, Landeskunde II, 8. 93. 

Altartisch, spätgothisch. Stein. 

Kanzelbau in der Triumphbogen-Oeffnung, aus neuerer Zeit, einfach. Holz. 

Tauf stein, von 1592, sehr gute, saubere Arbeit. Oben auf dem Becken: 
ANDREAS... BER PAS (Pastor) . FRANTZ FEIST. AL.. HANS KAISAR. S. 
AV(GVS)TIN KEMPFE . HANS H(AUEI]SEN FVNDATORES . — HANS SCHMID 
HANS WECHDER . MA . BAC . (magister, baccalaureus) HANS BEYDHAN . LAV- 
RETZ HARTVNG . — MARGRETA FEISTIN . H . FELDER MARTHA BEYD- 
HANS. S . ., an der Seite: t . Das Becken ist halbkugelig, mit vertieften, scharf- 
kantigen Eiern gemeisselt, "j- der Schaft kurz, rund, canellirt, daran unten die 
Jahreszahl, der Sockel rund, antikisirend, im Profil: ^ gegliedert. Sandstein. 

Grabstein an der Ostwand des Thurm-Erdgeschosses, zum Theil durch die 
hier heraufführende Treppe verdeckt Umschrift: ANNO 1600 DEN 28 IVNII 

IST IN ENTSCHLAFFEN DIE EDLE VND ERNTVGENDSAME 

. . . DER SEL GOTT GNAD. Die Verstorbene, in einem gemusterten Kleid mit 
Kolbenärmeln, Halskrause und Kopftuch, jugendlich (so weit es die verwitterten 
und überstrichenen Formen und die abgeschlagene Nase erkennen lassen), steht mit 
gefalteten Händen in leiser Rechtswendung des Kopfes in einer an Pilastern und 
Zwickeln ornamentirten Rundbogen - Blende. Ueber ihr die Wappen von Roden- 
stein (eine solche war wohl die Verstorbene) und V . . . escha (längsgetheiltcr, glatter 
Schild), unten zwei verwitterte Wappen. Sandstein. 

Gotteskasten, aus dem 16. Jahrhundert, mit Eisenbeachlag 

Taube unter der Strahlensonne, über dem Taufstein hängend, aus dem 18. 
Jahrhundert (selten in den Kirchen erhalten). Holz, farbig. 

Kelch, aus dem 16. Jahrhundert, zierlich. Sechspass-Fuss mit blindem Steg- 
muster am Rand und aufgelegtem Crucilix. Am Knauf Würfel mit: tbentr (Jesus 




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13 Stadtilm. 



103 



Nazarenus, Iudaeorum rcx) ; dazwischen gravirte Maasswerke. Die am sechseckigen 
Schart getriebenen Figfirchen mit Ranken in echter Renaissance-Bildung und zwar 
Über dem Knauf Knäbchen (Amor?) in Rundbogen, unter dem Knauf abwechselnd 
Mars und Venus in knieender Stellung, scheinen gleichzeitig gearbeitet, doch nach- 
träglich (von einem weltlichen Geräth?) hier hinzugefügt zu sein. Silber, vergoldet, 
17 cm hoch. 

Klingelbeutel; auf der verzierten Silberplatte: A.M.E.v.F. (Fei- 
litzsch?) 1719. 

Glocken. 1) 1782 von Joh. Mayer in Rudolstadt Zwei Ornamentfriese. SOLI 
DEO GLORIA. HERR LASS DIS TÖNEND ERTZ ZV DEINEN RÜHM ERKLINGEN. 
DER GLOCKEN SCHALL INS OHR DEIN WORT INS HERTZE DRINGEN. 66 cm 
Durchmesser. — 2) 1626 von Hier. Moeringk in Erfurt 50 cm Durchmesser. 

Ehemaliges AülthatlS, nordlieh unterhalb der Rnrg, jetzt Herrn Sehultheiss Friedr. 
Petermann gehörig. Eingangs -Thür mit etwas Proftlirung und Geb&lk: darin: 
1783; FlQgel in Roococo geschnitzt. Vom Flur aus eine Rundbogen • ThOr des 16. Jahr- 
hunderts. Oben Rechteck-Fenster ans gleicher Zeit 

2 Wohnhäuser, früher sum Gute, jetzt die Keller und Erdgeschosse Herrn 
Reinhardt gehörig (die Oberbauten Anderen). An dem einen Keller-Eingang eine Spitzbogen- 
Thür, am anderen eine rechteckige mit: 1105. 

Wohlthaii8 von Herrn Louis Hoffmann. Unterbau von Stein, mit Tafel, auf 
welcher: GOTT BEHVETTE DIS HAVS VND ALLE etc. HEINBICVS BREVTIGAM 
1544. Der Oberbau ist vorgekragtCB Fachwork aus dem 18. Jahrhundert. 

Gemeind0haU8. Unterbau aus dem 17. Jahrhundert ; rundbogige Thoren, recht- 
eckige, abgekantete Fenster. 

[Rittergut, 1802 von der forstlichen Kammer zerschlagen, jetzt Herrn Reichardt 
gehörig. Nichts aus älterer Zeit — Sigi«maodU,S. 9L] 

BUTQ -Ruine (4). Die für Thüringen sehr regelmässige, rechteckige Anlage, 
welche nicht Rücksicht auf die Bergformation nimmt, sondern, geometrisch geplant, 
noch aus der Konntniss der Römercastelle abgeleitet ist, deutet auf eine frühe, 
etwa in das 9. oder 10. Jahrhundert fallende Anlage. Dies entspricht auch der 
oben bei der Ortsgeschichte angegebenen Bedeutung der Burg. Diese Anlage ist 
freilich jetzt zum Theil verwischt Denn die Burg, welche sich auf einer jetzt kahlen 
Höhe südöstlich von der Stadt erhebt, östlich an den hier höher steigenden Hain- 
berg (Burgberg, Buchenberg) angelehnt ist nach Norden, Westen und Süden aber 
Ober dem Thal ansteigt, hat an ihrer dem Dorf zugekehrten Nordseite, vermuthlich 
durch Abgraben von dem Dorfe aus und Herabstürzen von Erdmassen bedeutend 
an Platz des einstigen Burgplateaus verloren. Wir haben uns als ursprüngliche 
Anlage ein von Osten nach Westen etwas gestrecktes Rechteck (fast Quadrat) zu 
denken, dessen Ummauerung an der Südseite abgerundete Ecken, an der Nordseite 
zwei runde Eckthürme zeigte; von diesen ist der östliche bis zu einer gewissen 



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104 Ehuhstum. Stadtilm. 14 



Höhe erhalten, der westliche gänzlich verschwunden, doch in seiner Abrundung er- 
kennbar. Auf diesem Burgbezirk standen, mehr nach Süden zu, östlich und west- 
lich je ein rechteckiger, aber in den Kanten stark abgerundeter Thurm. So weit 
die älteste Anlage. Ob und wie diese Thürrae mit einander verbunden waren, ob 
und welche Bauten (Holzbauten?) sich sonst auf dem Burgbezirk erhoben, lässt 
sich nicht mehr sagen ; denn auch diese charakteristische Dynasten - Anlage (am 
Rhein öfter vorkommend), welche vielleicht älter ist, als die sagenhafte Gründung 
durch den zweiweibigen Grafen von Gleichen, ist, wie zur Vermeidung von Irr- 
thümern bemerkt sein mag, nur in dem Zug der Mauern vorhanden; die Stein- 
fügung derselben gehört jüngeren Zeiten an. Der hauptsächliche Bau fällt in die 
2. Hälfte des 14. Jahrhunderts, in welcher die Herrschaft amtlich festgelegt, der 
Hauptort derselben mit Marktrecht versehen und bald darauf die Burg Residenz 
wurde, und dann in die Zeit des 16. Jahrhunderts, in der die Grafen hier residirten. 




Plan der Ruine Ehrenstein. 



Die beiden erwähnten Thünne wurden durch einen dreigeschossigen Zwischenbau 
mit einander verbunden und nördlich eine Längs - Zwischenmauer mit runden Eck- 
und einem oder mehreren Zwischen-Thürmen von Osten nach Westen geführt, sowie 
östlich ein doppelter Graben (mit Wall dazwischen) in den Felsen vertieft, um so 
die Burg gegen den höher steigenden Berg unzugänglich zu machen. In der letzten 
Besitz-Zeit der Grafen von Gleichen verfiel die Burg, besonders, wie es heisst, durch 
Herrn von Mandelsloh verwüstet, war baufällig, ohne Thüren und Fenster, der Zieh- 
brunnen halb verschüttet, der Fahrweg verwildert; sie blieb auch von ungefähr 



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15 Stadtilm. 



105 



1610 ab bis 1645 unbewohnt Die schwarzburgischen Amtsverwalter scheinen damals 
unten im Amthaus gewohnt zu haben. 1645 zog der Amtsschreiber Schmid hinauf 
und 1686 erfolgte eine Reparatur an Dächern und Thürmen. Doch seit dem Ende 
des 17. Jahrhunderts gar nicht mehr bewohnt, wurde die Burg ihrem Verfall öber- 




Nordansicht der Ruine Ehrenstein. 



lassen, der dadurch beschleunigt wurde, dass 1753 die Ziegel fortgenommen wurden, 
um bei den Wirtschaftsgebäuden unten Verwendung zu finden. Nur der Amtmann 
Fröbing zeigte noch zu Ende des 18. Jahrhunderts etwas Interesse für die Ruine, in- 
dem er Anpflanzungen machen und Leitern zum Hauptthurm herstellen liess, welche 
aber jetzt auch wieder verschwunden sind. Trotzdem und trotz ihrer dem Wind 
und Wetter von allen Seiten ausgesetzten Lage hält sich die Ruine seit geraumer 
Zeit unverändert und ohne Sicherungen, ein Zeugniss ihrer gediegenen Fügung. 
Dies erkennt man auch überall am Mauerwerk, besonders an dem trotzigen, etwa 



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lOfi 



EüRENSTKIN. 



Stadtilm. lfi 



25 m hoch, dachlos erhaltenen, östlichen der beiden Thürme, welcher hauptsächlich 
der Ruine den malerischen Eindruck verleiht (s. Abbild.). Er ist jetzt unzugäng- 
lich, enthält aber (nach Hesse) über dem gewölbten Erdgeschoss (mit Gewölbe- 
OefFnung) ein niedriges erstes ObergeschoBS, ein [einst mit Balkendecke gedeckt 
gewesenes] zweites und dann noch drei gewölbte Obergeschosse mit Gewölbe- 
Oeffnungen, die oberste Oeffnung zu einer Plattform mit Vorsprung und Brüstung ; 
die Gewölbe-Oeffnungen sind in den verschiedenen Geschossen dem einstigen Treppen- 
lauf entsprechend angelegt Aehnlich war der westliche Thurm, der sich jetzt nur 
ein wenig über den Mittelbau erhebt. Im Innern sieht man die Balkenlöcher und 
Fugen der einstigen Geschoss-Eintheilungen in Thurm und Zwischenbau (Palas). 
Die Fenster und Thüren, welche die Mauern zwischen den drei genannten Bautheilen 
und die Aussenmauern durchbrechen, sind unregelmässig, verschiedenen Zeiten ange- 
hörend, meist verfallen, und geben zu keinen besonderen Beobachtungen Anlass. 
Die Fenster sind meist rechteckig bezw. flachbogig; ein spitzbogiges, gepaartes im 
zweiten Obergeschoss des Ostthurmes nach Norden zu gehört dem 14. Jahrhundert 
an, ebenso seine beiden Spitzbogen - Thüren im ersten und zweiten Obergeschoss 
nach Westen hin [zu den einst hier anstos senden Räumen]. Das Vorhangbogen- 
Fenster im zweiten Obergeschoss des Zwischenbaues, das einzige etwas reicher ver- 
ziert erhaltene Fenster der Ruine, stammt aus der Bauzeit des Grafen Wolf von 
Gleichen für seine Gemahlin. Die spitzbogigen Oeffnungen im Westthurm oben 
zeigen schon die Formen des 17. Jahrhunderts (Instandsetzung für die schwarz- 
burgische Amtsverwaltung), während die unten hineinführende Spitzbogen-Thür das 
18. Jahrhundert, also vielleicht Restauration unter Fröbing verräth. Jetzt geschieht 
der Haupt- Zugang in die Burg durch ein grosses, doch halb verschüttetes Rund- 
bogen-Thor in der Mitte des Zwischenbaues auf der Nordseite; ausserdem durch 
einige zum Theil erst später hereingebrochene Oeffnungen. — Von der alten Be- 
festigung ist zunächst die Ringmauer auf ihrer Ost-, Süd- und West-Seite in massiger 
Höhe, aber vortrefflich in ihrer Steinfügung erhalten. Zwei Quermauern laufen in 
schräger (diagonaler) Richtung von der südwestlichen und der nordöstlichen Ecke 
des Hauptgebäudes gegen die Ringmauern an; diese Quermauern sind durch 
grosse Spitzbogen-Thore geöffnet Denn der Burgweg trat von Westen her in den 
nördlichen (jetzt offenen) Theil des Burgbezirkes und ging dann, wie alle Burgwege, 
höher steigend und rechts um das Hauptgebäude herum (die Darstellung des Burg- 
weges bei Hesse kann zu Irrthümern Anlass geben), also erst durch das nordöst- 
liche der genannten Thore, dann um die Burg durch das südwestliche Thor, hier stets 
zwischen Hauptgebäude und Ringmauer in verhältnissmässig geringer Breite, dabei 
ziemlicher Länge beiderseits hoch eingefasst War man durch das letztere Thor und 
an der Westfront des Hauptgebäudes vorbei gekommen, so wendete sich der Weg in 
scharfer Biegung rechts (östlich) herum zum Haupt-Eingang in der Mitte der Nord- 
fronL Hier der ehemalige Brunnen und Reste von Mauerwerk (nach Hesse auch 
von einer Küche); eine halbzerstörte Mauer, welche von der Westfront des Haupt- 
gebäudes zu der oben als Längs - Zwischenmauer bezeichneten Mauer läuft, ist die 
eine Seite eines hier einst anstossenden Zwingers. Von dieser Längs - Zwischen- 
mauer ist, wie oben ebenfalls erwähnt, der runde Eckthurm bis zu etwa 5 m Höhe 
erhalten, welcher also den westlichen Zug der Ringmauer unterbrach, um hier 
einerseits den Zwinger und den letzten Theil des Burgweges, andererseits (links, 



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17 Stadtilm. 



Ehkkmstöh. 




107 



nördlich) den von aussen, unten in den äusseren Burgbezirk tretenden Theil des 
Burgweges zu siebern. Des Weiteren ist von der Längs - Zwischenmauer noch ein 
an diesen westlichen Eckthurm anstossendes Stack und ein dann im Halbkreis 
heraustretender Thurm in Höhe von etwa 3 m erhalten. [Bei symmetrischer Ver- 
theilung hätte an der Längs-Zwischenmauer noch ein solcher Halbthurm und dann 
der östliche Eckthurm Platz gefunden ; doch ist hier alles Mauerwerk verschwunden. 
Umgekehrt ist von der weiter nach Norden vorgeschobenen, oben als zur ältesten 
Anlage gehörig bezeichneten Ringmauer westlich Alles bis auf wenige Spuren ver- 
schwunden; aber] das östliche Stück der nördlichen, äusseren Ringmauer und der 
die Nordost -Ecke der ganzen Burg bildende Rundthurm, sowie ein grosses Stück 
der östlichen Aussenmauer der Burg (diese das bis zum erwähnten, nordöstlichen 
Spitzbogen-Thor laufende Stück fortsetzend) sind einige Meter hoch erhalten (des 
verschieden hohen Erdbodens wegen aussen höher als innen sichtbar). Alle Ring- 
mauern zeigen planmässig vertheilte Eingangs-Oeffnungen und Schiessscharten, um 
sämmtliche Zugangs- Wege zu decken. — Die Hauptburg ist von trefflichstem Muschel- 
kalk aufgeführt; die Aussenwerke etwas leichter gebaut; einige Fenster-Einfassungen, 
wohl aus späterer Zeit, in Sandstein. — Heas, in Höring. Vereins-Zeitoehr. IT, 8.317 Anm. 
S. 821. 329. 331 Anm. — Hesse, in Thüringen u. d. Hart, 8. 234 f.; eingebender Aufsats, bes. S. 248. 
— Sagittarins, Histor. d. Grafseh. Gleichen, S. 275 mit Abbild, von 1681. — Sigismund I, 
S. 213; H, a 94. - Thüringische Vaterlandskunde 1824 (XIV), Kupferstich nach Zeichn. tob H. 
Baldaaf yon 1818. - Treiber, a 147. 



El lieh leben, nordöstlich von Stadtilm; Stammsitz eines von der 2. Hälfte des 
12. Jahrhunderts bis in das 14. genannten Geschlechtes von Eicheleiben (&Ane- 
Mftller, Urk. r. Paulinzella Kr. 41. - Burkhordt, Urk. v. Arnstadt, Nr. 144), 1294 von den 
Grafen von Schwarzburg an das Kloster Paulinzelle verkauft (ebenda, Nr. 137», 1324 
Ell ichleiben , 1506 Elchelebenn etc. — Heinse, 8. 30. — 8igismaod, Londesknndo U, 
& 89; 317 Aber das 8iegeL — 8teehele, in Thnring. Vereina-ZeiUchr. 1883 N. F. II, 8. 59 (Bog. 
rabt.). - Werneborg, in Erfurter Akad. Jahrb. 1884, & 40. 



sammen 21,2 m lang, 10 m breit; der erstere zeigt noch von gothischer Zeit eine 
spitzbogige Sacramentnische an der Nord wand. Sonst Bau von 1720 (Inschrift 
aussen an der Nordseite nach Westen), einfach. Holzdecke vom Querschnitt: 



ff . Fenster und Thüren flachbogig, regelmässig angelegt. Der Thurm hat 
im 3,9 m langen und ebenso breiten Erdgeschoss eine profilirt umrahmte, recht- 
eckige Nordthür, mit: 1155, mehrere rechteckige Fenster, ein massives Obergeschoss 
mit Flachbogen-Fenstern ; darauf beschieferten Aufbau : Achteck- Geschoss, Schweif- 
kuppel, Tabernakel- Aufsatz, Kuppel. Emporen, mit 1722 und 1759 (laut Inschriften), 
kräftig gemalten Fruehtstringen und Sprüchen. Einige Kirch st Ohle mit durchbrochen 
geschnitzten Gittern. — Sigiamund, Landesknude II, 8. 84, 

Orgel, au der 2. Hälfte des 18. Jahrhunderte, mit Schnittern. 



Kirche. 




Altar- und Gemeinde-Raum sind zu- 




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108 



Ellichlkbkn. Elxleben. 



Stadtilm. 18 



Tauf stein, gotbisch, gross, pokalförmig , gute, kräftige Arbeit Sockel und 
Becken (Stück Schaft fehlt] mehrfach gegliedert; am Becken treten verkehrte, ein- 
ander schneidende Schweifbögen vor, in den inneren Bogenflächen mit Dreiblättern 
gefüllt Sandstein. 

Kanzelbau an der Ostseite, aus der 2. Hälfte des 18. Jahrhunderts, einfach. Im 
Erdgeschoss drei sehr weit gestellte Tilaster (die äusseren durchgehend bis rar Decke) mit 
Gebälk. Darauf in der Mitte die Kamel, vom Grundriss: im Aufriw gerade; der 

Durchgang etwas geschweift im Bogen geschnitten; Sehalldeckel am Gebalk; Aufsatz 
zwischen Giebelatücken, mit Spruch zwischen Saulehen, darauf Giebelatucke und Strahlen- 
aonne. Holz, weiss mit Gold. 

Gedenktafel an der Chor-Nordeeite , für den von einem Wildschützen erschossenen 
Joh. Andr. Zitzmann, f 1721, vom Vater gesotit. Gemälde: der Verstorbene am Crucifix, 
vom Blutstrahl getroffen, in etwas Rahmenwerk; darauf geschnitzte Engel. Holz, gewöhn- 
liche Arbeit 

Taufkanne, von Dan. Heinigke 1639, in Kannenform. Zinn. 

Kelch. Auf dem runden, oben zum Sechspass getriebenen Fuss Sprüche 
und: MDCLXII. Am Knauf Würfel mit: IHESVS. Grosse Kuppe. Silber, ver- 
goldet, 26 cm hoch. 

3 Glocken [die mit Belief des heiligen Christoph bei Sigismund I, 8. 219 ge- 
nannte zersprungen], 1872, 1846, 1832. 



Elxleben, nördlich von Stadtilm, Exclave; angeblich aus Eliasleuben ent- 
standen, Alexleben, Elchesleuben etc., 1176 Algozleiben, 1190 Eikesieiben, 1289 
Elxleibin (Burkhardt, Urk. v. Arnstadt, Nr. 47), 1300 Alhesgisileben etc., brannte 1706 
fast ganz ab. — Büchner, Badoist, 8. 22; mit Hinweis auf Badolstldt Hilter. Kai 1803. — 
Dronke, Trad. fuli, 8. 88. - Heins«, 8. 80. - (Otto) Thnringia sacra, S . 488. - Bein, 
Thuringia sacra. — Sagittarius, Gesch. d. Gralseh. Gleichen, 8. 76. — Schultes, Direct 
diplom. IL — Sigismund, Landeskunde IL 8. 90; 217 aber das Siegel — Stachele, inThüring. 
Vereins-Zeitschr. N.F.D. &59. — Wenk, Hess. LandesKesch. H, 8.11 — Werneburg, in Erfurter 
Akad. Jahrb. 1884, S. 40. 

Kirche [an Stelle einer 1493 erwähnten; Burkhardt, Urk. t. Arnstadt, Nr. 876], 
1722 gebaut (unter Pfarrer Oertel „ohne Zuthun eines Baumeisters", wie dessen Grab- 
inschrift in der Kirche meldet), der Thurm 1725. Grundriss - Form : j-J S. 

Altar- und Gemeinde -Kaum zusammen 26 m lang, 12,2 m breit; H / 

Thurm-Erdgeschoss 4 m lang, 3,8 m breit. Die Kirche ist sehr hoch. Holzdecke 
vom Querschnitt: r y "~ N> *» zum Chor abgewalmt Zwei Holzemporen- Geschosse, 
um die Westseite herumgehend. Regelmässig angelegte Fenster und Thüren, erstere 
korbbogig. Auf dem Thurm beschieferter Aufbau ; Achteck-Geschoss, Schweifkuppel 
mit Tabernakel - Aufsatz , beides nochmals, dann Kuppel. — Hoinse, S. 80. — 
H. Henning, Kirchenstandbnch 1859. sehr sorgfältige Handschr, darin die Grundrisse. — Pfarrbncb. 
- Sigismund II, 8. 90. 



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19 Stadtilm. 



109 



(Taufgestell, 1860; flbrige) Ausstattung aus der Bauzeit der Kirche; Holl, weiss 
und Gold. 

Orgel, gross und reich geschnitzt: drei Haupt - Abtheilungen , die mittlere 
zweigeschossig durch verkröpftes und vorgebogenes Gebälk und wieder in fünf 
schmalere Abtheilungen oben und unten zerlegt Schnitzwerk aber den Pfeifen und 
als Einfassungen. 

Kanzelbau an der Ostwand. Im Erdgeschoss drei Rechteck - Oeffnungen 
zwischen naturalistischen Palmbäumen, vor den mittleren (gedoppelten) stehen 
ionische Pilaster; das Gebälk ist weiter geführt und durch noch ein Paar ionische 
Pilaster ein Anschluss an die Kirchstühle im Chor gewonnen. Obergeschosse an 
den Seiten Figuren Christi und Mosis; auf den äussersten Pilastern noch Granat- 
äpfel; in der Mitte die Kanzel, im Grundriss: KJ t im Aufriss gerade, auf grossem, 
stark ausladendem Fussgesims; oberer Kanzel-Eingang rechteckig, eingefasst von \ 
Palmbäumen, dann von korinthischen Pilastern, dann von Brettwerk der Form: (*>. 

Gebälk mit Schalldeckel. Aufsatz : j v , darauf ein Rundbogen, mit Engeln, 

oben Gotteslamm. An den Flächen (_ j einige Schnitzerei, Cartouchen, oben 

Troddelwerk. 

Grabstein an der Ostwand, nördlich vom Kanzelbau (das rechte Stück in dem 
Kanzelbau steckend). Umschrift für Pfarrer Nikolaus Meurer, t 1696, und seine Frau 
(deren Name und Todesjahr verdeckt); roh ausgeführt. Beide dicht nebeneinander, in Zeit- 
tracht, er mit einem Buch in der Rechten, mit dem Zeigefinger der Linken auf ein Buch 
weisend, welches sie in beiden Händen hält Vor der Beiden Unterkörper sehr geschmack- 
los ein ausgespanntes Tuch (mit Spruch), unter dem die Fttase dee Paares wieder hervor- 
treten. Sandstein. 

Grabstein an der Ostwand, aödlioh vom Kanzelbau. Inschrift für Pf. Jbh. Rei- 
mann, f 1700, in einem Lorbeerkranz, oben zn den Seiten seine zwei Wappen, unten 
Kranze mit Sprüchen. 

Grabstein an der Chor -Nordwand, handwerklich, mittelgross. Untersatz mit In- 
schrift für Pfarrer Job. Chr. Oertel, f 1761. Darauf an den Reken kleine, manierirte 
Frauengeetalten mit fehlendem Kreuz und] Flammenherz , dazwischen Pyramide, an 
der Fläche mit Spruohachlld und Draperie versehen , oben von der Strahlensonne bekrönt. 
Sandstein. 

Oelgemalde an der Chor-Sfldwand, Pf. NicoL Meuer. 

Taufachale, mit: N.C.K. 1722 und einigen Blumenmustern ; oval, von Messing. 

Kirchhof. Mauer zum Theil aus dem 17. Jahrhundert, fest, mit recht- 
eckigen Scbies8luken (1892 zum Theil in der Erneuerung begriffen). 

Grabstein in der Westmauer südlich von der Kirche; Inschrift für zwei 
Kinder von Herrn Rudolph, Hans Matthäus, f 1698, und Christina, f 1704, darüber 
ihre kleinen Halbfiguren in Relief, betend, dazwischen Krone und Engelskopf, 
ringsum Fruchtkranz. Ganz leidlich. Sandstein. 

Grabstein in der Westmauer (rechts vom vorigen), nahe dem Kirchthurm, 
für den Schmiedemeister und Arzneikundigen Hans Rudolph , f 1707 ; oben seine 
kleine Halbfigur in Relief. Sandstein. 

8* 



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110 Elxleben. Geilsdokf. Stadtilm. 20 

Grabkreuz daneben, in bekannter Form, von Schmiedeeisen. 

Glocken im Gleckeubaus westlich von der Eirobe. 1) 1889. — 2) 1699, ron 
Han« Christoph Geyer «a Erfurt, mit schmalem Ornamentfries, Namen vom Pfarrer, Schult- 
beiss und Altarist. 108 cm Durchmesser. — 8) 1868. 

[Kapdlle am nördlichen Eingang dos Ortes, an der Strasse vor dem Gute, »ach 
1830 abgebrochen.] — Vielleicht damit oder mit einem ehemaligen Kloeterhof im Zu- 
sammenhange die Sage von einem Kloster und die Namen im Ort: Klostergasse, Pfaffenetieg 
und Monohskeller. Letzterer unter dem ehemaligen 

Edelhof, der also vielleicht an der Stelle des Klosterhofes. Der Edelhof ge- 
hörte einst den Herren von Griesheim, später denen von Harstall, Jäger und von Vitz- 
thum, kam dann in bürgerlichen Besitz. Das Gut gehört jetzt den Erben Sperber. 
An der Aussentreppe des Verwaltergebäudes eine steinerne Tafel mit dem Wappen 
und der Inschrift des Melch. Georg von Harstall 1722, von kriegerischen Abzeichen 
umgeben. (Es befand sich nach Mittheilung des Pächters Herrn Schäfer früher 
über der Eingangs-Thür zum Edelhof.) — Sigismund IL S. 9L 

Am GehOft von Herrn Gustav Ehrhardt eine steinerne Tafel mit Pflugscharen und 
einem Steinmetz- Zeichen und darüber ein steinernes Schutzdach mit Profil des 16. Jahr- 
hunderts. Am rundbogigen Thor -Eingang: 1673; an der rechteckigen Thorfahrt: D.B. 
0.1738. 



Geilsdorf, südlich von Stadtilm; 1095 Geilesdorff, um 1381 u. ö. Geylesdorf; 

1506 Gilszdorff. — Martin, in Thürfag. Vereias-Zeitochr. N. F. V, & 188. - Sola, Tfaorwgia 
sacra IL — Sigismund, Landeskunde Q, 8. 100. — 8teobele, in Thflring. Vereina-Zeitachr. 
N. F. II, S. 69. — Wernebarg, in Erfurter Akad. Jahrb. 1884, 8. 94. 

KirchO, mit Benutzung einer älteren Kirche, welche 1861 wegen Baufällig- 
keit geschlossen ward, 1882 vom Geheimen Baurath Brecht gebaut. Grundriss-Form : 
l-| . Chor 3,9 m lang, 4,5 m breit; Langhaus 10,3 m lang, 7,7 m breit; in 
H romanischem Stil, recht hübsch, mit Triumphbogen, Sparrendecke, rund- 
bogigen (zweitheiligen, mit Schlussring versehenen) Fenstern, rechteckiger Thür, 
Dachreiter mit Schweifkuppel etc. An der Ostwand ein Frescobild Christi, leider 
durch Feuchtigkeit beschädigt An der Nordfront links von der Thür eine Sacra- 
mentnische, wieder vermauert, spitz bogig, mit unleserlich gewordener Inschrift, 
oben mit Rosetten, unten mit verkehrten Kleeblatt -Bögen: A verziert — Sigis- 
mund n, 8. 100. 

Kanzel an der Nordseite, Altar, Taufstein, neu, hübsch, Holz, braun. 
[Altarwerk-Figuren, 1882 fortgekommen. — Sigismund I, & 816 Ann.] 
Taufkanne, mit: J. Creibd 1722. 



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21 Stadtilm. 



GKIL8D0HF. G068CLBO&N. 



111 



Tauf schale, mit: W87 und Stifterbachstaben (A). Zinn. 

Kelch, aus dem 18. Jahrhundert Fuss: Y ( mit einigen Rippen ; Knauf 

birnförmig, gerippt, Kuppe geschweift, daran der \ f Spruch aus 1. Cor. II, v. 26 : 

80 oft ihr etc. Hübsche Arbeit. Kupfer, vergoldet 19 1 , 1 , cm hoch. 

Glocken, 1810, 1856. 

[Vorwerk, 1456 nun Theil Besitz der Herren von Witzleben, später zum Ritter- 
gut Gräfinau gehörig, 1762 von der fürstlichen Kammer erworben. — Sigismund a. a. 0] 

[Im Garten des Herrn Truhtschel südwestlich von der Kirehe 1801 grosse Steine 
eines bedeutenden Fundamentes ron einem Hanse gefunden ] 

(Ehemaliges Rittergut, verschiedenen Besitzern gehörig [1884 noch über der 
Thür Tafel mit Wappenschilden v. Zaschniti, J. W. L. v. Holleben, v. Boeder 1760 ge- 
wesen, welche auf das Bittergut Wildenspring im Amtsgerichtsbezirk Königsee gekommeo, 
s. dort]; 1880 für die thüringische Arbeiteroolonie gekauft und eingerichtet) 



GÖ8Selborn, südlich von Stadtilm; um 1072 Gozelesbrunnen , Grenzort des 
Gebietes der Königin Richza, das damals an die saalfelder Benedictinerabtei kam, 
1133 Gozelbrunnen , vom Stift Fulda dem Kloster Paulinzella zu Tausch gegeben 
(E. Ane melier, Drk. v. Paulinzelle I, Nr. 12), 1253 Gozelburn, 1506 Gosselborn, gehörte 
bis 1850 zum Amt Paulinzelle. — För*t ein an n, Altdeutsches Namenbuch. — Hesoe, Ru- 
dolstadt u. ßchwarxb. 1876, S. 26 n. Anm. 63. — Joviui, Chron. Schw., & 164. — Kiesewetter, 
in Thttring. Vereins-Zeitschr. N. F. I, S. 160 £ (Westl. Gr. d. Bes. d. K. Richxa). — Sagittarius, 
HUtor. 4 Gräften. Gleichen, 8. 40. — Sigismund, Landeskunde II, 8. 108; 218 ober das Siegel. — 
Btechele, in Tunng. Vereins-Zeitschr, N. F. II, 8. 60. - Wernobnrg, in Erfurter Akad. Jahrb. 
1884. 8. 78. 

Kirche, mit Benutzung einer spätgothischen, von der eine spitzbogige Sacra- 
mentnische in der Ostwand (und die Glocke) zeugt, 1688 gebaut (Inschrift aussen 
in einem Stein an der Nordfront neben der West-Ecke), 1892 durch den Geheimen 
Baurath Brecht wiederhergestellt, Rechteck, 18,25 m lang, 7,7 m breit, mit recht- 
eckigen, innen flachbogigen Fenstern an beiden Langseiten ; an der Westseite unten 
eine rundbogige Thür; ein ebensolches Fenster und darüber ein elliptisches 1892 
vermauert. Im selben Jahre Anlage von Strebepfeilern, Sparrendecke, Dachreiter; 
dieser verbrettert, achteckig, mit Giebeln und Helmthürmchen darauf. An den 
beiden Thüren (die obere 1892 noch nicht anderweitig verwendet) eiserner, hübscher 
Beschlag. — Sigismund II, 8. 104. 

Kanzelbau, 1892 im Spritzenhaus, auseinandergenommen, wohl von 1836, 
mit Schnitzerei bezw. Engelsfiguren üblicher Art 

Taufschale, mit: Günther Fischer 1711, rund. Zinn. 



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112 Göbbklbor». GrAvwau. Stadtilm. 22 



Kelch, aus dem 18. Jahrhundert Sechspass-Fuss, Kugelknauf mit durch 
Kehlen gebildeten Eiern; dazwischen: IESVS +. Silber, vergoldet, Zeichen (AIZ; 
R); 19 cm hoch. 

Glocken. 1) ANNO XV e XI LVCAS MARCVS IOS MATE (Johannes, 
Matthäus) +. Relief der Auferstehung und ein undeutliches Relief: zwei Männer 
mit Stab bezw. Kreuzstab beten vor einer Lade (Sarkophag?), darüber die Taube. 
85 cm Durchmesser. — 2) 1859. — 3) 1883. 

[NeU8i88, 2 km südöstlich von Göttelborn, früher Vorwerk, jetzt Schäferei; 
Mauern zum Theil alt] 



Gräfinau, südsüdwestlich von Stadtilm; 1282 Grewenhowe, um 1381 Greve- 
nowe, 1532 Greuenaw. Die fürstlichen Gerichte, zu welchen auch Bücheloh ge- 
hörte, wurden 1826 aufgehoben. — Heime, & 80. — Martin, in Tharing. VereüwZeH- 
•ehrift 1887, 8. 132. - Sigismund, Landeskunde IL 8. 86. 

Kirch 6; 1876 in einem Gemeindehaus eingerichtet, klein und würdelos von An- 
sehen, einfaches Rechteck mit gebogener Decke, rechteckigen Thüren und Fenstern (ohne 
Thurm oder Dachreiter). — Sigismund IL 8. 86. 

2 Glocken in einem Glockenhaus südlich von der Kirche (durch Häuser ge- 
trennt), 1827. — [Die Glocke von 1512, bei Otte, Handb. <L kirchl Archaol. L S. 443 
genannt, nicht mehr vorhanden.] 

Kirchhof. Mauer mit Schiessscharten, aus dem 17. Jahrhundert Wappen 
vermauert, eines Prinzen: W.v.W.W.L.F.Z.S.mi. 

[Rittergut, seit 1453 erwähnt als Eigenthum d er Herren von Witzleben, von 
diesen 1698 an die von Wangenheim verkauft, 1719 der ftiretlichen Kammer, 1732 dem 
Prinzen Wilhelm Ludwig gehörig, wurde 1766 von diesem an den Kammerrath Fricko ver- 
kauft, 1768 von der fürstlichen Kammer zurückgekauft und zerschlagen. — Heime, 8. 80. 
- ßigi.mund n, & 86.] 

Ehemaliges Gräfliches Gut, zu Ende des 17. Jahrhunderts von einem schwarz- 
burgischen Prinzen bewohnt, Jetzt Gasthof zum schwanen Adler. Modernisirt und einfach, 
nur innen im Erdgoßchos« ein Baum mit Tonnengewölbe und im Nebenraum zwei verwitterte 
und Oberstrichene Wappen. — 8igiemundn,S. 87. 



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23 Stadtilm. Gbijcbukim. 113 



Griesheim, südwestlich von Stadtilm; 1095 Grisheim, 1119 Grizheim (Stumpf, 
Acta mag.), Stammsitz des seit 1140 hier erwähnten Adelsgeschlechtes von Griesheim 
(K Anem Aller, Urk. r. Paulinselle, Nr. 16), welches, trotzdem Hermann der Kleine 
1293J alle >' seine Güter in Grizeim an das panlinzeller Kloster verkaufte (ebenda, 
Nr. 124. 125), den Besitz hier behielt oder wieder erwarb und eines der bedeutendsten 
Geschlechter wurde, u. A. Cottendorf und Lichte bei Königsee, sowie 1417 als henne- 
bergische Lehen die Patronate über Griesheim, Singen und die Taube-Orte besass, 
zwar den Besitz hier dann aufgab, aber noch in Thüringen (eines der wenigen, 
so alten) fortblüht. Um 1381 Grizheim, 1506 Griszheim. — Martin, in ThAring. 
Vereina-Zeitechr. 1887, 8. 132. — Bein, TharingU ucra IL — Sigismund, Landeskunde IL. S. 81; 
216 Aber du Siegel - Stecbele, In Th dring. Vereini-Zeitechr. N. F. U, S. 59. - Wenk, Hose. 
LandeagwcL LT, Urfc, 8. 50L — Werneburg, in Erfurter Akad. Jahrb. 1884, 8. 101. 

Kirche, im 14. Jahrhundert erwähnt Grundriss - Form : \ M ^ Am 
Chor mehrere Anbauten. Der im Erdgeschoss zum Gemeinderaum gezogene, 4,6 m 
lange, 5,7 m breite Mitteltheil, welcher den Thurm trägt, ist spätromanisch. Er- 
halten sein Triumphbogen auf Pfeilern mit Schachbrett- und anderer, eigenartiger 
Verzierung (s. Abbild.); der Rundbogen-Durchgang 
in seiner SDdhälfte zur Kanzel. Wieder verwendet 
bei dem in gothischer Zeit angelegten, 3,3 m langen, 
5,4 m breiten, im 18. Jahrhundert veränderten 
Chorbau sind von dem romanischen Bau die Sacra- 
mentnische an der Chor-Nordwand, das gothisch- 
spitzbogig erweiterte Ostfenster und das nach dem Kämpfer-Verzierung am Triumph- 
Mittelalter rundbogig erweiterte Südfenster ebenda, bogen der Kirche zu Griesheim, 
an der Chor-Ostseite oben aussen die kreuzförmige, 

von einem Kreis umzogene Oeffnung (später verändert); ferner an der Südseite 
des Thurm-Erdgeschosses das (erweiterte) Fenster, am Langhaus nördlich ein Portal- 
Bogenfeld (dessen Portal selbst wieder um der hier angelegten, steinernen Emporen- 
treppe willen zugemauert wurde), welches ausserhalb eines das Rundbogenfeld um- 
rahmenden Wulstes Zickzacklinien und Ausfüllung der so entstehenden Felder durch 
Parallellinien, innerhalb des Bogenfeldes aber in Relief in der Mitte eine Säule 
(mit Eckblatt-Basis, Strick als Torus und als Halsglied, rosettenverziertem Würfel- 
capitell), zwei von dem Schaft der Säule im Bogen aufwärts zur Umfassung gehende 
(wohl als Laubstränge gemeinte), strickartig geriefelte Wulste und in den ver- 
bleibenden Feldern rechts und links Kreuze zeigt Schliesslich am Langhaus auf 
der Südseite das interessante Eingangs-Portal (Abbild, auf folg. S.), rechteckig, mit 
je einem Paar einfassender Säulchen, als deren Capitelle links ein viel zu langes 
Stück Gesims mit Zahnschnitt-Fries, rechts ein Stück Schachbrett-Fries verwendet 
ist; darauf das Rundbogen-Feld, von zwei Wülsten im Bogen umzogen, ausserhalb 
deren ein Würfelchenfries, innerhalb eine Säule (wie die des Portalrestes an der 
Nordfront) und in den Feldern rechts und links je zwei Rosetten bezw. Kreise mit 
Spiralfüllungen (Gestirne?) gemeisselt sind. Weitere Reste im Dachgesims verwendet 
(unsicherer Herkunft). — In der Gothik wurde, wie erwähnt, der Chor [nach Abbruch 
der Apsis] angebaut und mit einem Gewölbe mit Rippen auf Consolen versehen. 




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114 



GRIE8BKIM. 



Stadtilm. 24 



Von Umbauten bezw. Beschädigungen und Wiederherstellungen der letzten drei 
Jahrhunderte rührt Folgendes her. Das Gewölbe des Chores wurde verstümmelt, 
die Gliederung bis auf Consolenreste beseitigt, der Chorbogen rundbogig erweitert, 
eine rundbogige Thür (mit Benutzung einer einfachen, romanischen) an der Chor- 
Nordseite eingebrochen, das Thurm - Erdgeschoss mit flacher Holzdecke versehen, 
das 12,3 m lange, 9,4 m breite Langhaus (im 17. Jahrhundert) gebaut, mit Holz- 
tonne, je zwei Flachbogen-Fenstern an jeder Langseite, der erwähnten Südthüre, zwei 
elliptischen Fenstern an der Westseite (über ihnen spätere, hässliche Rechteck-Fenster). 
Auf dem Thurm ein beschieferter, viereckiger Aufsatz, darauf grosse Schweifkuppel, 




Sudportal der Kirche zu Griesheim. 



Tabernakel -Aufsatz und Kuppel. Auch der Chor hat eine halb-achteckige, grosse 
Schweifkuppel erhalten, und es wirkt daher die Ostseite mit den zwei Kuppeln 
übereinander ganz bedeutend. — Lots, Knnittopogr. I, & ML — Ott«, Handb. d. kirchl. 
Arth. IT. a 197. - Sigismund II, 8. 81. 

Kirchstuhl an der Südseite im Thurm-Erdgeschos6, aus dem 18. Jahrhundert, 
mit durchbrochen geschnitzten Gittern. 

Kanzel am nördlichen Triumphbogen-Pfeiler, aus der 1. Hälfte des 17. Jahr- 
hunderts, einfach. Sie ruht auf einer Mosesfigur und kugeligen Vermittelung und 
hat Achteck-Form, korinthische Ecksäulchen und Muscheln an den Flächen. Holz, 
weiss. 

Taufgestell aus der gleichen Zeit, achteckig, etwas verliert. Hol«. 



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25 Stadtilm 



Grikshbim 



115 



Altarbau, aus unserem Jahrhundert, einfach, gut Als Hinterwand zwei 
ionische Säulen mit Rundbogen - Giebel. In der davon eingerahmten Fläche (also 
eine Art Altar- Aufsatz) Figuren einer Kreuzigungsgruppe um 150U, Christus 
von guter Körperbildung, Maria (A) mit Ober der Brust gekreuzten Armen, sehr 
edel, auch in der Gewandung, Johannes, gut in der schmerzhaften Bewegung, 
weniger fein geschnitten. Holz, farbig, gut erhalten bis auf modern flberstrichene 
Gesichter und Körpertheile. 




Pfarrer Jon. Georg Stoltz Gattin des J. G. Stoltz Gattin des Jon. Matth. Stoltz 

Grabsteine an der Kirche zu Griesheim. 



Aussen rings um die Kirche zahlreiche Grabsteine eingemauert , zum Theil in 
sehr schöner Bildhauer-Arbeit. 

An der Ostseite des Chores beginnend: Grabstein, laut doppelzeiliger Um- 
schrift der des Pfarrers Johann Matthäus Stoltz, geb. 1675 zu Döllstädt, f 1727 zu 
Griesheim (A). Der Verstorbene ist in damaliger Amtstracht in Lebensgrösse dar- 
gestellt, in der Linken ein Buch haltend. Zu beiden Seiten des Kopfes Cartouchen- 
schilder mit Sinnbildern des Glaubens, darunter Spruchbänder. Ebenso Cartouchen- 
schilder zu Füssen. Rechts von diesem Grabstein des Pfarrers Johann Georg 



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116 



Grirbhxim. 



Stadtilm. 26 



Stoltz (Vaters des Vorigen), f 1708 (^1), verheirathet gewesen mit Margarethe Dil- 
ligor; wie der vorige. 

An der Nordost-Seite des Chores Grabstein der Gemahlin des Pfarrers Georg 
Stoltz, t 1718, daneben Grabstein der Frau des Joh. Matthäus Stoltz, beide 
Frauen in Zeittracht dargestellt, erstere ein Buch in der Rechten, in der Linken 
ein Tuch haltend. 

Die vier Grabsteine der Ost* und Nordost-Seite sind in schönem, wohl in see- 
berger Sandstein sorgfältig gemeisselt, die Gesichter ganz individuell, am besten 
das des Johann Matth. Stoltz (mit leider verstümmelter Nase), mit feinen Zügen 
des scharfgeschnittenen Mundes, das der Frau von Georg Stoltz mit Runzeln auf 
dem sonst noch jugendlichen Gesicht Am wenigsten gut ist der Grabstein der 
Frau von Joh. Matth. Stoltz. Die Körper Aller sind conventioneller und plumper 
behandelt; immerhin interessant aber auch der Vergleich bezüglich der ver- 
schiedenen Haartrachten, des Schnittes der Frauen-Aermel etc., und das Emble- 
matische (z. B. u. A. das Schreibgeräth bei dem einen Mann, Trauben und Vögel 
bei der einen Frau). 

Sigitmind I, 8. S1B; U, 8. 8L 

Grabsteine an der Chor-Südost- Seite, für Kinder des Pfarrers Joh. Matth. 
Stoltz (A). Auf dem linken, für Christian August Stoltz, 5 Jahre alt t 1724, und 
Charlotte Ernestine, 1 Jahr alt f 1724, kniet das Madchen, mit einem Rosenstrauch 
in der Hand, von vorn gesehen, der Bruder hält mit der Linken die Hand der 
Schwester, mit der Rechten eine Krone Über ihrem Haupt; über ihnen zwei Engel 
mit Tuch, darauf die Inschrift 

Auf dem rechten, für Christ Gottfr. Stoltz, 9 Jahre alt t 1727, und Charlotte 
Henriette, 5 Jahre alt f 1727, kniet das kleine Mädchen und steht der Bruder 
ebenso, nur dass die Schwester mit der Rechten auf einen neben ihr befindlichen 
Inschrift-Schild zeigt und der Bruder die Rechte zu der von Engeln gehaltenen, 
von der Sonne beschienenen Krone erhebt 

Leider sind die Nasen verstümmelt Die Reliefs sind auffallend hoch (fast ganz 
hervortretend) gemeisselt Eigenthümlich ist das Modische der Auffassung (der 
Bruder erscheint schon, wie ein kleiner Stutzer, mit einem Rock, der grosse Auf- 
schlag - Aermel , Seitentaschen etc. hat, den Hut im Arm) und dazu die theiis 
liebevolle, theiis emphatische Stellung der Kinder, überhaupt die Verbindung des 
Genrehaften mit dem Idealismus. 

Grabstein an der Chor-Nordseite, Inschrift für Heinr. Christ und Christian Joh. 
Friedr., Söhne des Pf. Fischer, f 1746, mit Emblemen etc., schlecht 

Grabstein an der nördlichen Laoghans-Ostseite, für Pf. Jacob Heinr. Fischer, f 1763, 
mit Gesims etc., etwas grösser und besser. 

Grabsteine an der Chor-Südseite, klein, links für Jobanna Eleon. Katb. Kreut, geb. 
Stiede, f 1784, rechts (verwittert) für einen auf der Reise zu Griesheim Gestorbenen, f 1720, 
mit Inschriften, Sinnbildern und allegorischen Figuren, unbedeutend. 

Taufkanne, mit: H.M.O.W80 und gravirter Tulpe. Zinn. 

Kelch. Am Sechspass-Fuss Umschrift: 

SACRILEGAE CALICEM POSTQVAM RAPVERE PRIOREM 
HVNC VIDVA A GRISHEIM NOBILIS IPSA DEDIT 



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27 Stadtilm. 



Grixshxih 



117 



QVAE CATHARIN MAKGRETA FVIT STAMMERIA NATA 

HOC TEMPLI DONVM MAGNA REPENDE (fehlte— etwa: dedit). 

(Tempelschänder raubten den früheren Kelch, doch die edle 

Wittwe von Griesheim hat eigens den neuen geschenkt, 
Sie, Catharina Margreta, ein Stammer'scher Spross, hat geweihet 
Unserem Tempel dies Kleinod von schwerem Gewicht), 
auf einem Feld der Stifterin Wappen: CO (Griesheim); O.S. (geb. Staminer) W41. 
Unter dem Fuss: l Ep. Joh. /, 7 Das Blut Jesu etc. und: MICHAEL WERNER 
PASTOR. Am Knauf Würfel mit den Leidens- Werkzeugen, dazwischen gravirte 
Eier; an der Kuppe: / Cormih. 11, So offt ihr etc. Silber, vergoldet, 22 cm hoch. 

Kelch, aus der Mitte des 18. Jahrhunderts. Auf einem Feld des Sechspass- 
Fnsses: Charlotta Anna Friderica von Gleichen und ihr Wappen. Knauf birn- 
förmig, sechskantig. Silber, vergoldet; Zeichen (augsburger Pinienzapfen ; Ä (?) FR) ; 
21 '/t cm hoch. 

Altarbekleidungen. 1714 In gelber Seide, mit silbergestickter Krone; 1763 und 
1767 in rother Seide; kleinere mit Goldapitaen. 

Glocken. 1) 1724 von Joh. Feer, laut lateinischer Inschrift anter Pfarrer J. M. 
Stoltz, unter den Patronen Wilh. Ludw. Ton Bealwitz und Christian Aug. von Lindenfela 
von G. Wilh. von Piaseenberg geschenkt, mit deren drei Wappen und mit Ornamentfries. 
102 cm Durchmesser. — 2) 1724 von Feer unter den gleichen Gerichtsherren und Pa- 
tronen von Beulwitz und LindenfelB und Pfarrer Stolts. 85 cm Durchmesser. — 8) 1770 
von Job. Mayer in Rudolstadt (lateinische Inschrift) unter Pf. North und dem Patron Balth. 
t. Hoheneck, mit iwei Ornamentfriesen. 72 cm Durchmesser. 

Sehl 088, auf demselben Hügel, wie die Kirche (Ä), nördlich von ihr, jetzt 
Kammergut. Zwei Güter der Herren von Griesheim waren unter schwarz- 
burgischer Hoheit Der untere Hof wurde 1720 an Herrn von Beulwitz, der obere 
Hof bald darauf an die Herren von Lindenfels verkauft, welche beide Güter ver- 
einigten und das noch stehende Schloss bauten, aber 1744 den gesammten Besitz 
an die fürstliche Kammer verkauften. Diese verkaufte es an Herrn von Hoheneck, 
aber 1853 von diesem zurück. 

Von dem alten Schloss steht nur noch Mauerwerk (das zunächst der Kirche). 
Es ist jetzt benutzt bezw. Überbaut zum östlichen, hinteren Flügel und zur Ost- 
wand des Hauptgebäudes des neuen Schlosses. Dasselbe ist im Ganzen T-förmig, 
mit der zwischen beiden Flügeln vortretenden Vorderfront nach Süden gerichtet 
Dieses Hauptgebäude ist im Ganzen quadratisch , um einen inneren Hof herum- 
gebaut (im Kleinen nach italienischem Muster der geschlossen componirten An- 
lagen), mit Vorsprung im Mitteltheil der Vorderfront Der Vorsprung enthält unten 
eine gebrochene (im ersten Lauf zweiarmige) Herrschaftstreppe zur Hauptwohnung, 
welche eigentlich im ersten Obergeschoss liegt, da die Kellereien ebenerdig ange- 
legt sind (auch dies nach italienischem Muster); im zweiten Obergeschoss (dem 
Hauptgeschoss) trägt der vorspringende Theil eine prächtige Veranda. Im Uebrigon 
ist das Treppenhaus für das ganze Schloss (unten bis oben) in der Weise ange- 
legt, dass man in den Vorflur, der zur Herrschaftstroppe führt, dann aber durch 
einen gewölbten Raum unter dieser im Erdgeseboss nach links (Westen) geht, wo 



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118 Griesheim. Stadtilm 28 



die westliche Hälfte des vorderen (südlichen) Schlosstheiles als Treppenhaus für die 
durchweg steinerne Treppe dient (also auch im ersten Obergeschoss von dem oberen 
Podest der Herrschaftstreppe durch den gemeinsamen Flur unmittelbar erreicht 
wird). Rings um den Hof läuft der Hausgang, an welchem die Zimmer, abgesehen 
von einigen Abweichungen der Eintheilung, regelmässig gruppirt sind. 

Das Aeussere, von lauter rechteckigen, mit Ohren versehenen Fenstern unter- 
brochen, ist schmucklos bis auf den vorspringenden Mitteltheil der Vorderfront Hier 
ist eine sehr starke Hochwirkung dadurch erzielt, dass die Mittelthür des Erd- 
geschosses (diese ein Korbbogen mit hübsch geschmiedetem Oberlicht - Gitter , um- 
zogen von einem Gebälk der Form: _rv_ auf Kämpfern und Pfeilern) und zwei 
Fenster des ersten Obergeschosses rechts und links von der Thür die einzigen 
Durchbrechungen dieses Bautheiles bilden, also wie zu einem Geschoss zusammen- 
gezogen sind. Darüber die mächtige Veranda des zweiten Obergeschosses, drei 
sehr breite (und tiefe) Oeffhungen zwischen vier dorischen, auf hohen Postamenten 
ruhenden, durch eine Stein-Balustrade verbundenen Säulen. Sie bietet über den 
Gutshof fort eine ganz liebliche Aussicht auf Dörfer, Felder und Höhen, steht aber, 
als Architekturstück betrachtet, zu anspruchsvoll da, wenigstens nicht in Einklang 
mit der Umgebung. — Das Erdgeschoss (Kellereien) hat durchweg Kreuzgewölbe. 
Im südwestlichen Eckraum eine steinere Mittelsäule mit Wulstbasis und Kämpfer- 
capitell. Erdgeschoss und erstes Obergeschoss sind von Stein (im ersten Obergeschoss 
auch Flure und einige Räume mit Kreuzgewölben), das Uebrige von Fachwerk. 
Im Inneren überall das Bild der Verlassenheit und des traurigsten Verfalles; abge- 
fallener Putz und Stuck, Mauerrissc. halb abgerissene Tapeten, verfaultes Holz werk, 
zerschlagene Oefen, Schmutz und Spinnweben. — Im ersten Obergeschoss im nord- 
östlichen Eckzimmer (wo der grosse Aktenschrank) ein prächtiger Ofen {A): unten 
Gusseisen-Platten mit: H-it, oben schwarze Kacheln in Thorform mit Säulchen und 
reliefirten Mustern bezw. Figuren, mit geschweiftem Kuppel -Aufsatz (an den Seiten 
ganz originelle Löwenköpfc mit Ringen im Rachen), darauf das springende Pferd. 
— Im zweiten Obergeschoss (wo vorn die Veranda) befinden sich noch einige Stuck- 
decken in Regentschaftsstil. Im südwestlichen Eckzimmer eine leidlich erhaltene 
Stuckdecke (Mittelfeld, Malerei, wohl Olymp-Darstellung, mit gemeiner Tapete beklebt, 
die wieder abfällt), ebenso die grosse Oeffnung zum nordöstlich anstossenden Neben- 
zimmer, wobei der Sturz : f \ mit Knäbchen in den Zwickeln und Einfassung von 
korinthischen Pilastern ein hübsches Motiv bildet. Hier (s. Abbild.) auch ein 
Ofen, dessen Oberbau, charakteristisch für die Zeit, den chinesischen Stil nach- 
ahmt. Die übliche Thorform ist durch Querverbindung in eine untere Oeffnung 
und eine obere, rundbogige mit einem Elephantenkopf als Schlussstein zerlegt; an 
den Ecken Chinesen-Hermen, an den Flächen directe Nachahmungen chinesischer 
Malereien; das Gesims so, wie man sich die Porzellanthürme dachte; darüber 
Aufsatz mit einer [des Kopfes beraubten | Pagode. In dem erwähnten Nebenzimmer 
eine Stuckdecke. Im nordwestlichen Eckzimmer eine Decke, wie diejenigen im 
ersten Obergeschoss. Der nördliche Mitteltheil, als Festsaal in den Dachboden 
durchgehend, ist durch je drei Fenster unten und oben nach aussen wie nach dem 
Hof sehr hell ; er hat eine Stuckdecke mit Ranken, Blumen, Vorhängen, Troddel- 
werk und Köpfen in üblicher Weise, zum Theil recht hübsch (A), an den beiden 
fensterlosen Schmalseiten Mittel -Vorsprünge , unten mit Kamin (schwarzburger 



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120 



Grikshem. Geobshkttstkdt. 



Stadtilm. 30 



Marmor in Form : etc.), an den Pilasterstreifen darüber ebenfalls Stuckatur, die 
von recht gefälliger Form. 

Reste einer Brunnen-Anlage, welche einst den Schlossgarten schmückte. 
Die Mittelfigur, Neptun mit einem Seepferd, steht jetzt auf dem Dorfplatz; die 
vier umgebenden Figuren von Nereiden und Seethieren im Schlossgarten. Sand- 
stein, derb und verwittert 

Heime, & 8L — Sigismund II, 8. 82. 

Im Gasthause zum „Stern": 

Bett st eile; auf dem Rückenbrett: C.D.G.tiao und derbe Schnitzerei, 
sowie Malerei (Mann und Frau einander gegenüber). Am Fussbrett geschnitzte 
Blumengewinde. 



Großhettstedt, ostnordostlich von Stadtilm (Hadestat? Dronke, Trad. fuWL 
& 88); Stammsitz eines seit 1140 genannten Geschlechtes von Hettestete (& A ne- 
in Aller, ürt t. PanUnseue, Mr. 16), 1190 Hetteste (Wenk, Ho«. Lando«gesch. H, ürt, 8 501), 
1296 und 1381 Hethsted' oder Hostete, Hetzstedt, Heitstedt etc., 1506 Hechstedt, 
stets mit Kleinhettstedt zusammen, wurde 1448 geplündert — Martin, in ThAring. 
VernnB-Zeitochr. 1887, 8. 182. 138. - SigUmnnd, Landeskunde IL 8. 79; 217 Aber das Siegel - 
Steebele, in ThAring. Vereine-Zeitocbr. N. F. IL 8 68. - Werneburg, in Erfurter Akad. Jahrb. 
1884, a 5L 

Kirche [an Stelle einer älteren, deren Patronat dem paulinzeller Kloster 
gegeben wurde, als Hermann von Hettstedt Abt war], mit Benutzung eines west- 
lichen, massiven, aus dem 17. Jahrhundert stammenden Theiles (hier an der Süd- 
seite ein zugemauertes, grosses Rundbogen - Fenster) 1840 aus Fachwerk gebaut 
einfaches Rechteck mit gebogener Holzdecke und rechteckigen Fenstern und Thüren, 
ohne Thurm; innen sauber und hell. — Sigismund H, & 79. 

(Kanzelbau an der Ostseite. Taufgestell, 4 Säulen, welche das Becken 
tragen.) 

Kelch, aus dem 18. Jahrhundert Fuss: O; darauf ein Crucifix gelegt. 
Knauf gedrückt -apfelformig, mit flachen, durch Kehlen getrennten Eiern. Silber, 
vergoldet; Zeichen (CO. oder: CS.); 20 cm hoch. 

6l0Ckenhatl8 ein Stück westlich ron der Kirche. Glocken. 1) 1711 von 
Paul Seeger in Gotha. 2 Ornameutfrieee; dazwischen : GOTT ALLEIN DIE EHR ICH 
GEBE WENN ICH MEINE ST1M ERHEBE. 180 cm Durchmesser. — 2) und 8) 1867. 

3 i 6 d 6 1 h 0 f [ehemaliges Rittergut, wohl ursprünglich das der Familie 
von Hettstedt, gehörte später den Herren von Entzenberg, wurde 1656 von dem 
Amtsschösser Landgraf gekauft], jetzt Herrn Herrn. Gläser gehörig. [Thorfahrt- 
Ueberdeckung beseitigt; daneben] Thor-Eingang rundbogig, mit Rundstab-Profilen 
der 1. Hälfte des 16. Jahrhunderts. — Sigismund IL 8. 80. 



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31 Stadtilm. 



Geo88hbtt8T*dt. Grobbu*brihqkn. 



121 



Ehemaliger Klosterhof? südlich von der Kirche , an der Strasse nach 
Dienstedt Mauerreste (16. Jahrhunderts ?) eines umfangreichen Gebändebezirkes 
an der zur Schule gehörigen Scheune, auch eines [wohl spitzbogig gewesenen] 
Fensters. 



Gr088liebringen , südöstlich von Stadtilm; 1240 Libergen, 1289 Liebergin 
(E. Anemfiller, ürk. t. PanlinieUe, Nr. 115), 1341 Libergin (Martin, Urkunden!», t. Jeu I, 
S. 187), um 1381 Libergen major, Grossen Lybergen (Herr von Lybergen 1412 Vicar 
in Erfurt; Burkhard t, Ork. t. Arnitadt, Nr. 286), Grossen Librian, 1430 den Klöstern 
zu Paulinzella und Stadtilm verkauft, 1506 Libergen etc. (stets zusammen mit 
Kleinliebringen), litt besonders 1630 und 1696 durch Brand. — Heins«, 8. 87. — 
Hejdenreich, 8. 89. 40. — Martin, in Thfiring. Yereint-Zeitechr. N. F. V, 8. 188 (um 1381). 
- Sigismund, Landeskunde IL S. 97; 216 aber du 8iefreL - Btechele, in Thttring. Yereint- 
Zeitechr. N. F. Ü, 8. 69. — Wernebnrg, in Erfurt« Aknd. Jahrb. 1884, 8. 77. 



Erdgeschoss als Treppenhaus etc. dienende, gut gebaute Thurm ist von 1780 laut 
Jahreszahl aussen an der Ostthür, die flachbogig ist, wie auch seine in zwei 
massiven, durch Gesims getrennten Geschossen regelmassig angelegten Fenster. 
Darüber beschiefertes Viereck • Geschoss mit Giebeln, Schweifkuppel, Tabernakel- 
Aufsatz und Kuppel. 1780 wurde auch das Langhaus stark reparirt und mit Flach- 
bogen -Fenstern (einem an der Nord- und drei an der Süd -Seite) versehen. Das 
16,5 m lange, 9,5 m breite Langhaus ist älter; auf das 16. Jahrhundert weisen 
zwei steinerne Rundbogen -Thüren der Südseite (unten und zur Empore). Nach 
Brandbeschädigung von 1630 eine Wiederherstellung 1656. Von daher der zopf- 
förmig geschnittene Decken - Zugbalken und einige in sehr gutem Spätrenaissance- 
Stil erhaltene Emporentheile : zwei Geschosse, das untere auf zopfförmigen Pfosten, 
das obere auf mannigfach, wenn auch in einfachen Motiven geschnitzten, nach unten 
verjüngten Pfeilern, wie auch ebensolche, nach unten verjüngte Pilaster mit Vorder- 
flächen-Verzierung die Theilungen der Brüstungs - Vertäfelungen bilden. Sowohl 
Fussgesimse, als auch Deckgesimse zeigen durchgeführte Triglyphengebälke (Ä). Die 
Emporenschnitzerei gewinnt dadurch bedeutend, dass anstatt der sonst üblichen, 
geschmacklosen Uebertünchung (weiss mit spärlichem Gold) der schöne, braune 
Naturton des Holzes erhalten ist Im Uebrigen ist die Kirche unscheinbar, zum 
Theil baufällig. Iiolztonne; einige (zum Theil zugemauerte) rechteckige Thüren; 
an der Nordseite zwei rohe Noth-Strebepfeiler. — Sigismund n, 8. 99. 

Taufgestell, pokalförmig, von Holz, weiss mit Gold, aus der Zeit um 1780. 
Ebenso der Kanzel bau. Er tritt unten als Wand in drei Seiten gebrochen vor, 
durch Pilaster gegliedert; im Mitteltheil die rund vortretende Kanzel, mit oberem 
Korbbogen - Eingang zwischen Pilastern bezw. noch geschnitzten Einfassungs- 
Brettern (A). 




Der im 4,2 m langen, 4,2 m breiten 




122 



(iROS.SMKKKINGSN. HlIlOBLBACH. 



Stadtilm. 32 



Grabstein im Thurm - Erdgoscboaa an der Westmauer; lateinische Inschrift rar Pf. 

H. Beutnitz f 1655 (A). 

Taufschale, Beckenschläger - Arbeit mit dem Sündenfall und einer Reihe 
Umschrift (ICHBART (statt des sonst bisweilen vorkommenden: Eckbart) GELVK 
ALZEIT). Messing. 

Weinkanne, mit Schraubdeckel, 1782 von S. D. Heyderin. Zinn. 

Kelch, 1704 von Frau Magd. Sophie von Witzleben, geb. von Griesheim 
vermacht laut Unterschrift unter dem Fuss, welcher Sechspass-Form und in dem 
einspringenden Winkel noch Ausschnitte mit Granatäpfeln in Gravirung zeigt. Der 
Knauf kugelig, mit getriebenen Engelsköpfen zwischen Blättern, besser gedacht, 
als ausgeführt (A). Silber, vergoldet; E; EBF; 23 cm hoch. 

2 Blumen vason, inschriftlich von Joh. Chr. Berckmann 1725, von hübscher 
Form und im delfter Stil mit blauen Blumen etc. auf weissem Grunde des Thones 
bemalt 

Glocken. 1) und 2) 1727 von Jon. Feer, mit seinem: Allein $u Gottes Ehr 
etc., mit Namen des Amtmanns etc. und je einem Ornamentfriee, 98 bexw. 78 cm Durch- 
messer. — 8) Ebenso, ohne die Namen, 60 cm Durchmesser. 

[Rittergut von Witzleben, 1757 an die fürstliche Kammer verkauft, zer- 
schlagen; später Gemeindeschenke gewesen, jetzt] Gasthail8 „Edelhof" des 
Herrn Hilmar Kirsten. Gewölbte Keller. Im Erdgeschoss ein Zimmer mit massig 
stuckirter Decke und schwarzem, etwas verziertem Kachelofen (2. Hälfte des 18. 
Jahrhunderts). — Nach Süden und Westen hin ist der Graben erhalten (Anlage 

I. Hälfte des 17. Jahrhunderts). — Sigismund n, 8. 99. 



Hengelbach, südsüdöstlich von Stadtilm; gehörte bis 1850 zum Amt Paulin- 
zella — Sigismund, Lsndetkonde n, S. 104; 216 aber du Siegel. 

Kirche, hoch und frei gelegen, 1683 gebaut, oft ausgebessert; Thurm 1801 
neu errichtet Ueber dem Langhaus Holztonne, Flachbogen - Fenster etc. Thurm 
hoch, vom ersten Obergeschoss an verschiefert, in üblicher Ausbildung. — Sigis- 
mund II, 8. 105. 

Figuren im Sacristeischrank : Maria mit dem Kind, Katharina, Georg, ganz 
niedlich geschnitzt. Holz, durchschnittlich 47 cm hoch. 

Gedenktafel an der Ostwand, Inschrift für den Justizbeamten von Paulin- 
zella, Andreas Noldens, 1 1715, in ovalem Akanthus-Rabmen ; zu den Seiten Engel ; 
unten Hänge-Ornamente, darin gemalte Sinnbilder und sein Wappen; oben Giebel 
mit Spruchschild und allegorischen Frauengestalten. Mittelmässig, Holz, weiss mit 
Gold, neuerdings aufgefrischt. 



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33 Stadtilm. 



123 



Kelch, aas dem Anfang unseres Jahrhunderts. Silber. 



Glocken. 1) 1866. — 2) 1688 von Job. Boso in Volkstedt. Ornamentfries. 50 cm 
Durchmesser. 



Kleinhettstedt, ostnordöstlich von Stadtilm; Wenigenhetsteten (s. (Jrosshett- 
Stedt). — Sigismund, Landeskunde II, S. 80. 



lang, 6,1 m breit; Thurm - Erdgeschoss 3,1 m lang, 3 m breit Hässlich und 
dürftig; spätgothischer Anlage, mit Aenderungen späterer Zeiten. Gothisch: östlich 
zwei schmale Spitzbogen - Fenster, an der Ostwand innen eine schon rundbogige 
Sacramentnische, der Besch lag -Rest an der Nordthür; im Thurm das Tonnen- 
gewölbe des Erdgeschosses, die spitzbogigen Thüren vom Thurm zum Lang- 
haus unten und oben, erstere mit gut erhaltenem Beschlag, und die Fenster- 
schlitze. Aus dem 17. Jahrhundert (an der Südfront oben ein Stein vermauert, 

verkehrt, verwittert und überweisst, daran noch erkennbar: E 1629 

RENNER ) ein rundbogiges Fenster an der Ostseite oben und eines an der 

Südseite. Aus dem 18. und unserem Jahrhundert die rechteckigen Fenster auf der 
Südseite (die Nordseite ist fensterlos) und die rechteckigen Nordthüren unten und 
oben, sowie die Holztonne des Langhauses. Thurm-Aufsatz aus jüngster Zeit, gut, 
beschiefertes Viereck-Geschoss mit Achteck-Helm. — Sigismund IL s. so. 

Kanzel bau an der Ostseite, laut Inschrift von 1751, 1885 erneuert, einfach 
Auf Postamenten stehen zwei grosse, korinthische Säulen und su den Seiten ungeschickt 
gearbeitete Figuren Johannis des Täufers und Christi. Zwischen den S&ulen die Kanzel, 
vom Grundriss: KJ, von geradem Aufrias. Oberer Eingang flachbogig, mit Vorhang- Werk. 
Giebelgebälk, darauf an den Ecken Engel, in der Mitte Christusfigur. Holz, weiss mit 
Gold. 



[Heiligenfiguren, an den Minister Dr. v. Bertrab gekommen.] 

2 Altarleuchter, mit: H.S.G; M.S.Q; 1789 am dreiflächigen, verzierten Fuss. 

Glocken. 1888. 1868. 




Altar- und Gemeinde - Raum 15,7 m 




i. 




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124 



Klelnlibbkingkn. Nahwjndbn. 



Stadtilm. 34 



Kleinliebringen, sQdsüdöstlich von Stadtilm ; Wenig Lybergen, Cleinen Librien 
etc. (s. Grossliebringen). — Sigismund, Landeskunde II, & 99; 216 aber du 8iegeL 

Kirche. Grundriss-Form rechteckig. Altar- und Gemeinde-Raum zusammen 
15,2 m lang, 6,7 m breit ; Thurm im Westen, im Erdgeschoss 6,7 m lang und ebenso 
breit, jetzt in Fortsetzung des Langhauses, nur aussen erkennbar [da die Thurm- 
Ostmauer unten ganz fortgeschlagen ist, so dass jetzt ein Raum von 22,7 m Länge 
gebildet istj. Romanische Anlage; erhalten: zwei Fenster an der Nord- bezw. Süd- 
Seite hoch oben (ziemlich in der Mitte der Langhaus - Seiten ; das südliche zuge- 
mauert); ein Kreisfenster an der Thurm -Südseite oben; eine jetzt zugemauerte 
Eingangs-Thür an der Langhaus-Nordseite (ehemals für die Grossliebringer), deren 
Bogenfeld-Platte wulstförmige Umrahmung und Verzierung durch senkrechte Wulste 
hat (A), die westliche Eingangs-Thür. Im Uebrigen mangelhafter Bau nach Brand 
1656, 1717 (Jahreszahl an der westlichen Emporenthür), 1780 (Inschrift an der 
südlichen Eingangs-Thür) und aus unserem Jahrhundert, etwas tiefer als der Erd- 
boden und feucht Die letztgenannte Thür und die westliche Emporenthür flach- 
bogig, wie die (unregelmässig angelegten) Fenster. Holztonne. Thurm- Aufsatz von 
1864, beschiefert, sauber: Viereck-Geschoss, darauf Achteck-Helm mit vier kleinen 
Helmen (Acht-Orten) am Fuss. 

Kanselbau an der Ostseite, von 1839. 

Weinflasche, sechseckig, mit Schraubdeckel und gravirten Blumen; 17,'i, jedenfalls 
statt 1778, eingekratzt Zinn. 

Kelch, aus dem 18. Jahrhundert Sechspass - Fuss , apfelfCrmiger, gerippter Knauf. 
Silber, vergoldet-, Zeichen (B; ?); 22 cm hoch. 

Glocken. 1) 1788 von Job. Mayer aus Rudolstadt, mit: Gloria etc., Namen des 
Pfarren etc. 2 Friese. 81 cm Durchmesser. — 2) 1706 von Job. Christoph Geyer in 
Erfurt Auf der einen Seite Relief Pauli in einem Kranz; auf der anderen ebenso Luther. 
Namen des Pfarren etc. 68 om Durchmesser. 

[Rittergüt 6 r von Hollebeu und von Schade, zerschlagen ; jetzt Gehöfte der Herren 
Heyder bezw. Schumann.] 



Nahwinden , südöstlich von Stadtilm; 1143 Nabawineda (8 eh alt es, Director 
dipLII), 1185 und später Nabuineda (ebenda), um 1381 und 1529 Nawinden. — 
Martin, in Thflring. Verefait-Zeitechr. N. F. V, 8. 133 (tun 1381). — Sagittarius, Graach, d. Graf- 
schaft Gleichen, 8. 29L - Sigismund, Landeskunde IL 8. 96; 217 Aber das Siegel - Werne- 
burg, in Erfurter Akad. Jahrb. 1884, 8. 136. 



Kirche. Grundriss-Form: P . Das jetzt als Sacristei und Treppen- 



Aufgang dienende, 4,5 m lange, 4,2 m breite Thurm -Erdgeschoss und das 18,8 m 
lange, 7,1 m breite Langhaus sind romanischer Anlage. Erhalten von daher das 



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35 Stadtilm. 



Nahwihdkn. Obkkilm. 



125 



kleine Fenster an der Ostseite, der Triumphbogen, die nördliche Eingangs-Thür des 
Langhauses unten, zwei Fenster an der Westseite (das rechte derselben ist zuge- 
mauert). Im Uebrigen einfacher, späterer Bau (1655 etc.), 1722 nach Westen ver- 
längert, zuletzt 1858 restaurirt Holzdecken, diejenige im Langhaus tonnenförmig. Das 
Fenster der Chor-Südseite und die des Langhauses rechteckig. Die nördliche Eingangs- 
Thür zur Empore rundbogig, die Westthür von 1722, rechteckig, etwas profilirt Der 
Thurm massiv bis unter den Langhausdach-First, dann beschiefertes Viereck-Oeschoss, 
achteckige Schweifkuppel, Tabernakel- Aufsatz, Schweif kuppel. — 8i giemand II, S. 95. 
Kanzelbau in der Triumphbogen-Oeffnung, einfach. 

[Altarwerk, „mit 5 unschönen Figuren", vor 1889 verkauft. — Sigiamnndl, 
a 216; II, & 66.] 

Taufschale, Beckenschläger - Arbeit , mit dem Sündenfall, der inneren Um- 
schrift-Reihe gothischer Buchstaben und einer äusseren Reihe mit wiederkehrendem : 
AVS NOT HILF GOT. 

Kelch. Sechspass - Fuss ; Knauf als gerippte Kugel durch mehrere Kehlen 
und Wulste (Schafte) von Fuss und geschweifter Kuppe getrennt, sehr zierlich. 
Silber, vergoldet; Zeichen (augsburger Pinienzapfen; F.B.), 22 cm hoch. Er ist 
gleichzeitig mit dem Hostienteller, und laut Umschrift auf letzterem mit diesem 
1728 von Laurentius Herber gestiftet worden. 

Hosti enbflohBe, mit: 1724 H . L . Langenberg und Cruciflx in Gravirung, rund. 

Glocken. 1) 1805. — 2) 1775, von Job. Mayer in Rudolstadt, mit swei Ornameut- 
friesen, Namen des Pfarrers etc. 55 cm Durchmesser. 

Taufstein -Becken aussen an der Thurm-Nordseite, halbkugelig, mit: ANNO 
1598 CLAHORB . . und Eiern an der Fläche, dem Taufstein in Ehrenstein (s. S. 102) 
ähnlich. Sandstein. 

Kirchhof. 3 Grabsteine des 18. Jahrhunderts. 



Oberilm, südwestlich von Stadtilm; um 1381 Obernylmene, 1506 Oberilmen. 
- Msrtin, in Thttring. Venhw-Zeltachr. 1887. 8. 132. — 8igitmund, Undeikande II, 8. 80. — 
8techele, in Tbüring. Vereln<-Z«it8chr. N. F. II, S. 60. 

Kirche, eine Kapelle gewesen. Rechteck 20,5 m lang, 6,6 m breit. Anlage 
frühromanisch; an der Nordfront in der Mitte eine Tafel vermauert mit zwei 
Kreisen, darin sehr verwittert (links) ein Kreuz mit ganz verlöschten Reliefs 
daran (?) , (rechts) ein sehr ungeschickt gemeisselter Mann mit zu grossem Kopf 
und ausgestreckten Armen (Christus in Kreuzigungsstellung, doch ohne Kreuz), in 
flachem Relief. Ferner spätgothisch : Sacramentschrein an der Ostwand, ver- 
hältnissmässig gut erhalten, rechteckig, von einem Schweifbogen auf Fialen um- 
zogen, im Bogenfeld ein Schweif bogen mit zwei Bögen und Christuskopf in Relief; 

9* 



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126 



Obkrilk. Osstkröda. 



Stadtilm 'Mi 



Kantenblumen und Giebelblume, Spitzbogen-Fenster der Ostseite oben (im 17. Jahr- 
hundert erweitert). Weitere Bauthätigkeit, bezeichnet durch eine Tafel in der Mitte 
der Südfront: BALZH (wohl statt BALTH.) BEHL L.H.M.1572, dann spatere 
1796 (Jahreszahl auf der Wetterfahne) , zuletzt 1857 (Jahreszahl aussen Ober der 
Westthür). Die zwei rechten Fenster der Südseite rundbogig, vielleicht von dem 
Bau von 1572. Die übrigen Fenster (zwei flachbogige der Südseite links, ein flach- 
bogiges der Ostseite unten, ein rechteckiges, ein flachbogiges der Nordseite) und 
Thürcn (an der Südseite zum Chor, an der Westseite, beide rechteckig) hasslich und 
ohne Bedeutung. Ebenso die gebogene Holzdecke. Auf der Westseite ein be- 
schieferter Dachreiter, rechteckig, mit Schweifkuppel etc. — Sigismund II, 8. 80. 

KaDtelbau hinter dem Altar, von 1819; Taufgestell und Altar ebenso 

2 Altarleuchter, aus dem 18. Jahrhundert, rund, mit Schaftringen. Roth- 
guss. 

Taufschale, 1715. Zinn. 

Kelch, von 1712 laut Unterschrift unter dem Sechspass-Foss , der ein Oruoifiz auf- 
gelegt hat Knauf kugelig; Kuppe hochgeschweift; unschöne Form. Silber, vergoldet; 
Zeichen (SS) ; 24 cm hoch. 

Glooken. 1) 1783 von Jon. Mayer in Rudolstadt. 2 Friese. 78 cm Durchmesser. 
— 2) 1783 von Joh. Mayer. SOLI etc. Fries. 60 cm Durohmesser. 



OesterörJa, ostnordöstlich von Stadtilm, Exclavc; Usterot, Ostenryde etc. um 

1381 Ostenrade. — Martin, in Thttring. Vereios-ZeiUchr. N K. V, S. 183. — Sigiimnnd, 
I^ndoBkande II, S. »2; 217 Ober dai Siegel. 

[Kirche, 1622 mit Stroh gedeckt worden, 1760 noch in Resten vorhanden, Jett 
ganz verschwunden. — Sigismund a. a. 0.) 

VorWBrk, einst im Besitz der Grafen zu Gleiohen, später herrschaftliches Gut, 
zerschlagen. Das verfallende, jetzige Forstwärterhaus hat einiges massives 
Umfassungs -Mauerwerk des 16. Jahrhunderts, mit rundbogigen, profilirten Thüren 
und gerade geschlossenen, ebenfalls profilirten Fenstern. Die Thorfahrt zum Hofe 
ist noch etwas spitzbogig, mit Kehl-, Stab- und Wulst-Profil, von Sandstein. Im 
Innern sind oben die Kragsteine von Kalksteinen [für die Wandsäuion] noch vor- 
handen. — Geheimer Baarath Brecht, Mittheil. — Sigismund a. a.0. 



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37 Stadtilm. 



Paulinzki.le. 



127 




Nordost-Ansicht der Kirche zu Paulinzdle. 



Paulinzelle, südlich von Stadtilm. Die Geschichte des Ortes hängt (wie die 
Literatur darüber) so eng mit der des Klosters zusammen, wie auch die wenigen 
Häuser erst durch das Kloster entstanden sind, dass beide hier zusammen 
behandelt werden. Das Kloster wurde von der Wittwe Paulina gegründet; sie 
selbst war aus angesehenem Geschlecht (KevernburgV), eine Tochter des kaiser- 
lichen Truchsesses Moricho, der, ein Bruder des Bischofs Werner von Merseburg, 
1068 vom Kaiser Heinrich IV. mit Gütern in Gebstedt (s. d. im Amtsgerichtsbezirk 
Buttstädt, Bd. Apolda, S. 424) beschenkt, später in das Kloster Hirsau eintrat 
und dort starb. Paulina selbst war zweimal, das zweite Mal an einen Ritter 
Ulrich verheirathet gewesen, der dem Geschlecht von Schraplau (in der heutigen 
Provinz Sachsen) angehört haben soll ; jedenfalls war sie auch nach seinem Tode 
in der Nähe, in Gatterstedt angesessen. Von da aus gründete sie erst eine 
Kapelle der Maria Magdalena, die vom Bischof von Merseburg geweiht .wurde, 
dann aber mit Beihülfe ihres in Hirsau als Mönch lebenden Sohnes Werner (viel- 
leicht desselben Werner, der später als Abt des Petersklosters nach Erfurt kam) 



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Paülimzkllb. 



Stadtilm. 3* 



ein Benedictinerkloster, zu dessen Nutzen sie viele Güter (u. A. Hengelbach, 
Liebringen und Nahwinden) kaufte, auch ihr ganzes Vermögen hinterliess. Durch 
ihr eifriges persönliches Bemühen wurde das mit Mönchen und Abt (Gerung) aus 
Hirsau besetzte Kloster, dem das Recht, selber den Abt zu wählen, verliehen 
ward (eine grosse Vergünstigung), nach ihrem Tode (sie starb 1107) vom Papst, 
vom Kaiser 1114 bestätigt (E. Anem Aller, Urk. v. Paolinielle, Nr. 1—7); ebenso später 
von deren Nachfolgern stets wieder bestätigt bezw. der Schutz erklärt Das Kloster, 
von der Stifterin der Jungfrau Maria geweiht (später auch den beiden Johannes?), 
hatte noch eine Zeitlang diesen Namen der Cella Mariae neben dem bald allgemein 
gewordenen Namen: Cella Paulinae. Es wurde in kirchlicher Beziehung der Diöcese 
Mainz unterstellt; die weltliche Schutzvogtei stand, wie die Lehnshoheit Aber die 
Klostergüter, den Grafen von Kevernburg, dann von Schwarzburg zu. Einmal wird 
auch Graf Ludwig als Vogt genannt («. Mit»«chke, Leben d. Panlina, & 99). Frühere 
Schriftsteller erzählen , dass Paulina anfänglich ein Frauenkloster und dann einige 
Zeit nach dessen Erbauung ein Mönchskloster gegründet habe. Richtig ist 
nur, dass Töchter und Begleiterinnen Paulina's weltentzogenes Leben theilten. 
Deren Häuser oder Hütten sind aber nur ebenso aufzufassen, wie die der (bei 
Gründung von Paulina ausser den Mönchen hinzugezogenen) fremden Mönche, 
welche in Häuschen getrennt vom Kloster wohnten; diese wurden mit dem Tode 
der frommen Bewohner aufgegeben. Puttrich's Annahme, dass die Vorkirche 
errichtet wurde, als Paulina einige Zeit nach der Erbauung des Frauenklosters 
ein Mönchskloster hier anlegte, wird dadurch hinfällig, dass diese Vorkirche 
etwa 70 Jahre nach dem Tode der Paulina entstand. Dagegen entwickelte sich 
nach dem Mönchskloster ein kleines Nonnenkloster in einigen Zellen und erhielt 
auch Einkünfte, so 1224 und 1261 (K. Ane maller, Urk. v. Panlüuelle, Nr. 66. 88). Eher 
steht mit dieser Klosterschöpfung der Bau der Vorkirche in Zusammenhang, in 
deren Obergeschoss dann die Nonnen dem Gottesdienst beiwohnen konnten. Das 
Kloster wurde noch im 15. Jahrhundert erwähnt, so 1425 (E. Anemul] er, •ehrifti 
Mhtbeil ), 1436 u. s. w. 

Das Benedictinerkloster, welches dauernd mit den schwäbischen Klöstern in Zu- 
sammenhang blieb (z. B. mit Reichenbach, s. Anem All er, UrL, Nr. 37, mm der Mitte d. 
12. J.), erfreute sich (nach einer kurz nach Paulina's Tode vorgenommenen Verlegung 
des Klosters nach Rothenschirmbach bei Querfurt, welche jedoch bald wieder zu 
Gunsten der erst gewählten Lage aufgegeben wurde) bald eines besonderen Rufes, 
was sich an den vielen Zuziehungen seines Abtes zu Streitschlichtungen, als Zeugen 
etc. zeigte und durch dauernde Bestätigungen der Päpste und Inschutznahmen der 
Kaiser und durch Gunstbezeugungen bezw. Schenkungen weltlicher Herren belohnte. 
Schon, der zweite Abt Ulrich (Udalrich), der in Urkunden von 1126—1154 vorkommt 
(Anem aller, Urk, Nr. 4-27), zeigt sich in denselben als ein ebenso allgemein ge- 
schätzter, als um sein Kloster eifrig bemühter Mann; ebenso der dritte Abt, der 
hervorragende und lang seines Amtes waltende, von 1163—1195 in Urkunden (Ane- 
molter, Nr. 28^41) vorkommende Abt Gebhard. Als Zeugniss der frühen Bedeutung 
des Klosters und seines Zusammenhanges mit den anderen bedeutenden, geistlichen 
Stiftern mag hier angegeben werden, dass das auf dem erfurter Petersberg befind- 
liche Benedictinerkloster 1126 auf den Rath und die Beihülfe des Abtes zu Paulinzelle 
den Mönch Werner aus Hirsau zum Abt gewann, dass das Benedictinerkloster Thal- 



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39 Stadtilm. Paclihklia 129 



bürgel bei der Gründung 1133 mit Mönchen aas Paulinzella besetzt ward, das 1147 
gestiftete Cistercienserinnenkloster in Ichtershausen (die dritte grosse geistliche 
Schöpfung dieser Gegend) manchen geistigen, wie künstlerischen Einfluss von Paulin- 
zelle verräth. Eine besondere Verbrüderung ging Paulinzelle mit den Benedictiner- 
klöstern auf dem Michelsberg bei Bamberg und Münsterschwarzach bei Würzburg 
ein. Namentlich durch die Gunst der Grafen von Schwarzburg erwuchs das Kloster, 
welches einen Prachtbau ausführte und dessen Abt 1195 das Recht erhielt, bei 
Festen die Bischofsmütze zu tragen (Anemfllltr, ürt, Nr. 40), zu einem der reichsten 
und bedeutendsten Thüringens. Nach Ungunst und Bedrückungen des mainzer 
Erzstiftes, denen jedoch um 1235 ein Ende gesetzt wurde, nahm es in der Mitte 
des 13. Jahrhunderts grossen Aufschwung, der sich u. A. in der Einverleibung von 
Kirchen (1253 Gosselborn, Milwitz, Rottenbach, Solsdorf, An «maller, ürt, Nr. 74; 
1255 mehrerer anderer Kirchen, ebenda, Nr. 80) und grösserer Bautätigkeit Äusserte. 
Durch diese mag sich das Kloster in Schulden gestürzt haben (1289 Güterverkauf zur 
Befriedigung der Gläubiger; Anemolter, ürt, Nr. 117), kam aber durch Schenkungen, 
besonders auch durch geschickte Kaufgeschäfte unter Abt Werner im Anfang des 
14 Jahrhunderts, zu hohem Wohlstand und Einfluss. Sein Besitz erstreckte sich 
allmählich über die Herrschaft in 19 benachbarten Dörfern, Güter in 52 Ortschaften 
und Patronate über 24 Kirchen. Gegen das 15. Jahrhundert erfolgten hier, wie in 
anderen Klöstern, geistiger Rückgang und materielle Bedrängnisse, dann Auf- 
schwung. Die Mönche traten 1472 (nicht schon 1452) der Bursfelder Congregation 
bei. 1525 wurden sie vertrieben und nach ihrer Wiederkehr 1534 das Kloster mit 
seinem sämmtUchen Besitz von Graf Heinrich XXXII. (XXXIV.) von Blankenburg 
(Arnstadt) eingezogen, zwar 1541 nochmals von Kaiser Karl in seinen Rechten und 
Besitz wieder hergestellt, auch die Schutzvogtei nun den Grafen von der Linie Leuten- 
berg übertragen, aber schon im folgenden Jahre Günther dem XL. zugesprochen. 
Die Kirche ward aufgehoben und der Ort nach Singen eingepfarrt, das Kloster 
und seine unmittelbare Umgebung wurden gräfliches Gut und Mittelpunkt eines 
Amtes, zu dem freilich nur noch 7 Dörfer gehörten. Dieses Amt, 1543 von dem 
Grafen von Schwarzburg der Lehnsoberhoheit des Kurfürsten von Sachsen aufge- 
tragen , kam bei der Theilung 1571 an Schwarzburg -Rudolstadt und erhielt 1803 
das Amt Ehrenstein einverleibt, wurde aber 1851 dem Amt Stadtilm untergeordnet 
Die Lelinsoberhoheit , welche infolge der Theilungen des Gesammthauses Sachsen 
auf Sachsen-Gotha übergegangen war, hörte 1823 auf (s. geschichtl. Einleit). 
Literat» b. <L Kirebe. 

Kirche. Ihre Baugeschichte bietet manche Zweifel und Schwierigkeiten, die 
bisher nur zum Theil beachtet und gelöst sind. Der Befund crgiebt Folgendes: 
Die Kirche wurde vielleicht schon früher geplant oder klein (provisorisch) ausge- 
führt (vgl. SigebotO bei Mituchke, S. 80. 94 und dazu Mititchke, 8 200 t, bei 
welchen Angaben die Zeitdauer verbietet, an unseren Prachtbau zu denken), jedenfalls 
erst zwischen 1130 und 1140 (vielleicht mit der Weihe- und Begräbniss-Feierlichkeit 
Paulina's 1132) ist die jetzt stehende Kirche begonnen und in den folgenden Jahr- 
zehnten, also unter dem Abt Ulrich, kräftig gefördert worden. Damals wurden der 
Chor und das erste Stück des Langhauses bis zu dem viereckigen Pfeilerpaar her- 
gestellt, und zwar in den Formen des Hochromanismus. Zu gleicher Zeit wurde, 



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130 Paolikzellk. Stadtilm 40 



in gleicher Richtung mit den Längsmauern der Kirche, aber ein Stück entfernt da- 
von, der Westthurra-Bau begonnen und bis zu ziemlicher Höhe geführt. Die weiter 
unten zu besprechenden Kunstformen an dem stehen gebliebenen , südlichen West- 
thurm [der nördliche ist eo vollständig verschwunden, dass sein Vorhandensein nur 
auf dem Gedanken der Symmetrie beruht] erweisen, dass der Thurmbau in seinen 
unteren Theilen um 1150 hergestellt sein und ebenso sicher, dass er ursprunglich 
nach Osten frei gestanden haben muss. Es bleibt dahingestellt, ob nun die alten 
Baumeister, unbekümmert um die zu grosse Länge des dazwischen bleibenden 
Raumes, zu gleicher Zeit Chorbau und Thurmbau begonnen, ob sie etwa statt der 
dreischiffigen nur eine einschiffige Vorhalle geplant hatten, oder ob zwei selbständige, 
kirchliche Bauten (Mönchskloster und Nonnenkloster?), zu deren einem der jetzige 
Chor, zu dem anderen der Thurmbau gehörte, errichtet und erst 30 Jahre später 
durch den Bau dazwischen verbunden wurden, oder, was ich eher annehme, anfangs 
eine Kirche mit einem einfachen Thurmbau im Osten über dem Chor geplant, dann 
aber bald nach dem Baubeginn zu Gunsten einer glänzenderen, östlichen Choranlage 
dieser Thurmbau zu einer Doppel-Anlage als West-Abschluss gewandelt wurde ; im 
letzteren Falle wäre der Beginn des (jetzigen) Westthurmes noch etwas, wenn auch 
wenig, früher anzusetzen, als der der Ostpartie. Diese wurde nun im Laufe des 
12. Jahrhunderte weiter nach Westen geführt Das Langhaus mit Säulen statt Pfeilern 
bekundet schon den Einfluss der Säulenbauten in den in Frankreich entstandenen, 
altgothischen Kirchen, also die Zeit um 1160—1170, die Kunstformen verrathen 
in der Basis - Bildung den Beginn des deutschen Spätromanismus, trotz des 
bewussten Festhaltens am Hochromanismus in den Capitellen. Als das Langhaus 
mit seinem Prachtportal seine Vollendung gefunden hatte, doch nicht lange darauf, 
erfolgte der Bau der Vorkirche im ausgebildeten Spätromanismus. Alles dies ge- 
schah unter Ulrich's Nachfolger, Gebhard, und wir haben wohl gewissermaassen als 
Schluss- Auszeichnung für diese Bauleistung die Verleihung der Mitra vom erz- 
bischöflich-mainzischen Stuhl an Gebhard 1195 zu betrachten. (Vgl. Benedictiner- 
abtei in Saalfeld 1497, s. Bd. Saalfeld, S. 50.) — Hand in Hand mit dem Auf- 
schwung des Klosters um die Mitte des 13. Jahrhunderts ging eine bedeutende 
(Bauthätigkeit an demselben, die wir aber bloss in der Gewährung von Ablässen 
Anemfl Her, ürt, Nr. 75. 76. 97-108) durch den Papst, durch Erzbischöfe und Bischöfe 
in der Zeit von 1253 — 1276 (in letzterem Jahre durch den bestimmt ausgesprochenen 
Ablass zum Zwecke der Wiederherstellung eines verfallenen und der Margaretha 
zu weihenden Altares) erkennen. 

So blieb die Kirche Jahrhunderte lang bestehen. Im Bauernaufstand von 1525 
ward sie, wie ausdrücklich erzählt wird, nur geplündert, nicht ernstlich beschädigt*). 
Doch wurde sie seit der 2. Hälfte des 16. Jahrhunderts, da der Gottesdienst darin 
aufgegeben war, ihrem Verfall überlassen. Im Anfang des 17. Jahrhunderts schlug 
der Blitz in das Dach der Kirche ; die Zerstörungen benutzte man, um die Balken, 
wie auch Steine für andere Bauten herauszunehmen. So erfolgte der Verfall all- 
mählich. Gegen Ende des 17. Jahrhunderts wurde ein Theil der Vorkirche noch- 
mals zu einer evangelischen Dorfkirche baulich hergestellt und seit 1682 benutzt. 

*) Die» Ut tebon öfter in den Ben- nnd KunatdenkmMern Thüringens gegenüber irrigen , UndUkaägoo 
Meinungen hervorhoben worden, i. B. bei Thelbargel, 8ulfeld, Völkenrode; die »«»druckliche Best*iiguo K 
hier Ist wichtig. 



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41 Stadtilm. Paulihzille. 131 



Eine Restauration der Westfront der Kirche mit dem Portal ging damit Hand in 
Hand; sie ist datirt durch eine in der innersten Abstufung des Portalbogens nach 
Süden zu mit rother Farbe aufgemalte Inschrift: M.D.lb'80. Auch diese kleine 
Kirche wurde wieder verlassen und verfiel. Zu Anfang des 18. Jahrhunderts dachte 
man sogar ernstlich daran, die ganze Kirche abzubrechen, um die Steine für einen 
Kirchenbau in Rudolstadt zu gewinnen. Doch lenkte sich mit der Mitte des vorigen 
Jahrhunderts die Pietät und Aufmerksamkeit wieder dem ehrwürdigen Bau zu. 
1752 wurden einige Vorkehrungen gegen das zu starke Herabfallen der Steine ge- 
troffen. 1806 wurde der evangelische Einbau beseitigt und somit das Werk der 
Reinigung und Erhaltung begonnen. Seitdem geschah zu den verschiedensten Zeiten 
hie und da etwas zur Erhaltung des Bestehenden und zum Ersatz des Verfallenen. 
Daher die viele, kleine und verschiedenartige, zum Theil bedauerliche Restaurations- 
thätigkeit, die man bei näherer Prüfung der Einzelheiten findet. Unter den jähr- 
lichen Reparaturen heben sich drei bedeutendere heraus, eine aus der Zeit um 
1850 in der damaligen schüchternen und äusserlichen Auffassung romanischer 
Formen und Profile, wobei jedoch immerhin Säulen gestützt und schadhafte Theile 
ersetzt wurden, eine um 1866 (Beseitigung der wurzelschlagenden Bäume und 
Sträucher, Abdeckung der Mauer-Oberflächen mit Schieferplatten) und dann nach der 
sehr dankenswerthen Freilegung der sämmtlichen Chor-Fundamente und der meisten 
Klostergebäude-Fundamente 1874 (die dann wieder zum Theil zugeschüttet wurden) 
ein sehr sachverständiger Erhaltungs-Bau 1877 unter dem damaligen Baurath Brecht, 
durch welchen namentlich die südliche Mittelschiff-Wand abgenommen, neu aufgc- 
niauert und durch eiserne Seile gegen Winddruck gesichert, auch das Westportal mit 
Sorgfalt abgetragen und mit Ersatz des Beschädigten wieder aufgemauert wurde. 



Grundriss-Anlage und Aufbau der Kirche sind trotz ihres Verfalls klar und über- 
sichtlich, auch ist die Kirche nebst derjenigen zu Thalbürgel verhältnissmässig am 
meisten unter den romanischen Bauten Thüringens bekannt Wir haben uns eine 
kreuzförmige Säulen-Basilika zu denken. Bezüglich der Maasse (welche aus dem 
beigefügten Grundrisse hervorgehen) sei bemerkt, dass bei Puttrich und in Folge 
dessen bei allen späteren , auf seinen Plan fussenden Grundriss-Veröffentlichungen 
die Zeichnung unrichtig ist , z. B. Chor und Langhaus in Länge und Breite jedes- 
mal um etwa 2 m zu gross gezeichnet sind ; dass der hier beigegebene in manchen 
Punkten auch genauer ist, als die von Brecht in der deutschen Bauzeitung veröffent- 
lichten. Die Höhe des Mittelschiffes (28,25 bis zum Balken-Anfang) verhielt sich zur 
Breite ungefähr wie 2:1, ein sehr kühnes, schlankes Verhältniss. Auf den beiden 
lang-rechteckigen Seitenschiffen des Langhauses haben wir uns über dessen ersten 
östlichen Jochen quadratische und zwar über den Seitenschiff-Dächern aufsteigende 
Thürme zu denken, ebenso zwei grössere Thürine am westlichen Schluss der 
Vorkirche rechts und links. Die reichste bauliche Gesammtgliederung hatte der 
Osttheil; es war dies eine Auszeichnung der Benedictinerbauten (s. unten S. 144). 
Durch. die Weiterführung der Langhaus-Schiffe durch das Querhaus und den Chor, 
welche auf zahlreiche Geistlichkeit berechnet war, und durch die fünf Halbkreis- 
Schlüsse (Apsiden) vor den drei Chorschiffen und den beiden heraustretenden 
Querhaus - Flügeln , welche alle nach Osten gerichtet sind, muss diese Seite 



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132 



Paulihmll*. 



Stadtilm. 42 



mit den Thürmen zusammen einen höchst glanzvollen Eindruck gemacht haben. 
Gerade der Chor ist leider gänzlich verschwunden, und nur seine neuerdings sorg- 
lich ausgegrabenen Unterbauten lassen den einstigen Mauerzug erkennen. Vom 
Osttheil stehen die nördliche und südliche Aussenmauer nebst Giebel (erstere zum 
Theil um 1850, letztere 1877 neu aufgemauert), sowie die westlichen Anschluss- 




Grundrüs des Klosters zu Paulinzetle. 



Mauern an das Langhaus. Die nördlichen Anschluss-Mauem [an den einstigen 
Chor] brechen unregelmässig ab; von den nördlichen ist ein grösseres Stück, auch 
die Apsis erhalten. Sodann stehen die westlichen Vierungs-Pfeiler, ihre drei Trage- 
bögen zwischen den drei Schiifen des Querhauses und des Langhauses und die auf 
ihnen ruhende Wand bis zum oberen Abschluss-Gesinis. Vom Langhaus haben sich 
die sieben Stutzenpaare und zwar erst ein Pfeilerpaar als Thurmstützen , dann je 



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43 Stadtilm. 



Paulis zkllk. 



133 



sechs Säulen nebst Scheidebögen und Oberwand bis zum Dach-Anfang, ebenso die 
nördliche Aussenmauer und die Westmauer mit Giebel erhalten, die Säulen zam 
Theil durch eiserne Bänder und Zugseile gestatzt. In der Vorkirche ist der Ein- 
sturz gerade auf der anderen Seite erfolgt; es fehlt die Nordmauer mit Thurm, 
dagegen stehen die nördliche Scheidemauer mit Stützen and Oberwand in ihrer 
östlichen Hälfte, die südliche Scheidemauer und die südliche Aussenmauer voll- 
ständig bis zum Dach- Anfang; ebenso der südliche Westthurm bis zu seinem 
einstigen Helm-Anfang. 

Die Apsiden waren gewölbt; sämmtliche übrigen Theile der Kirche und der 
Vorhalle mit Balkendecken versehen, deren Spuren noch erkennbar sind, wie die 
Dachneigungen an dem Anlauf gegen die Mauern, soweit letztere stehen geblieben 
sind. Sämmtliche Bögen: Scheidebögen, Vierungsbögen, Thüren und Fenster sind 
rundbogig, mit romanischem Stich (Ueberhöhung). Alle Fenster sind bezw. waren 
einfach, mit sehr schrägen Leibungen versehen, regelmässig angeordnet; an der 
Apsis und im Querhaus an den heraustretenden Ost- und West-Mauern befand sich 
je eines, an der Nord- bezw. Süd-Front je zwei; im Langhaus und in der Vorkirche 
in jeder Axe (entsprechend den Scheidebogen-Mitten) eines, sowohl unten im Neben- 
schiff, als auch in der Oberwand des Mittelschiffes. Ihre ziemlich bedeutende An- 
zahl und Grösse muss der Kirche einst ganz reichliches Licht zugeführt haben. 

Die Wände sind aus grossen Quadern von ungewöhnlich gutem Sandstein (nicht 
Kalkstein) gefügt; geradezu riesig sind die Schafte mehrerer Säulen aus einem 
Stück. Die Arbeit war durchweg eine höchst saubere ; dass die Details der Capitelle 
und Friese mit grosser Sorgfalt hergestellt sind, ist für die Kunst Thüringens 
charakteristisch. 

Im Einzelnen sind folgende Theile erhalten bezw. geben zu Beobachtungen 
Anlass. Am nördlichen Querhaus- Flügel ist im Halbkreis - Schluss (der Apsis) 
das hoch gelegene Ostfenster später etwas vergrössert, dagegen die gewölbte Halb- 
kuppel noch unverändert geblieben. Die stehen gebliebenen Einfassungs • Pfeiler 
dieses Halbkreis - Schlusses haben ionische (attische) Basen, aber verschiedene 
Capitellbildung rechts und links. Die Form der verkehrten und bereicherten 
ionischen Basis am nördlichen und die Karnies-Profilirung mit Schachbrett -Muster 
am südlichen dieser Pfeiler bekunden ein Streben nach Abwechselung, die gerade 
hier nicht nothwendig ist, wenn wir nicht Einiges auf Rechnung der hier starken 
Restauration (Benutzung eines Capitelles von anderer Stelle?) zu setzen haben. 
Denn der eine, an dem südlichen Querhaus - Flügel noch stehen gebliebene (dem 
erstgenannten entsprechende) Einfassungs-Pfeiler der Apsis zeigt die Capitell-Form : 
^ — mit Schachbrett - Muster. — Die Ostmauern der Querhaus - Flügel brechen, 
' wie erwähnt, unregelmässig ab, doch gewahren wir an der nördlichen 
über dem Halbkreis - Schluss noch den Rest des gut profilirten Gesimses: 
Die Fenster in den Querhaus-Flügeln sind der Höhe der Flügel entsprechend 
sehr hoch angebracht und gross (vielleicht später einmal vergrössert). Ge- 
paarte Rundbogen - Fenster : CY) im Giebel erleuchten den Dachboden des 
Querhauses. Aussen bildet ' " ' an der Apsis ein kräftiger Wulst, über welchem 
die Mauer zurücktritt: K , das Sockelgesims; zwischen Apsis und Chor-Nordwand 
findet sich eine einge- 1 legte Halbsäule (Dienst) als Rest einstiger Bereicherung 




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134 



Stadtilm. 44 



der Ostpartie. Das Sockelgesims verändert sich am Querhaus in die hässlichere 
Form der einfachen Abschrägung: I . Es umzieht auch eine Thür, welche in der 
Mitte der Nordseite von aussen in 1 den Querhaus-FlOgel führt, als Einfassung, so 
dass diese dadurch das Profil: _J annimmt, ohne Unterbrechung im Bogen. 

Diese auffallende, aber nüch- — x I terne Profilirung ist die Folge von Ab- 
arbeitung schmückender Glieder und von einer Restauration aus der Mitte unseres 
Jahrhunderts. Abgesehen von der Zeichnung des Profils, zeigt dies die Ausführung: 
die scharfkantige Umrahmung des Bogens und das (erst seit dem Ende des 17. 
Jahrhunderts gelehrte) Vermeiden der Scheitelfuge, die Verringerung der Füllplatte 
des Rundbogen-Feldes unter den vollständigen Halbkreis (durch die zu hohe Recht- 
eck-Oeffnung der Thür darunter) und die Abkantung und Umsäumung des Feldes 
selbst mit mangelhaften Rundstäbchen. (Ich beschreibe diese Thür genauer, denn 
Puttrich bezeichnet sie als besonders eigentümlich , der hecklinger Eingangs- 
Thür ähnlich und mit mehrfach gegliedertem Wulst umzogen; ich weiss nicht, ob 
er sie nach einer etwas phantasievollen Zeichnung beschrieben hat oder jene inte- 
ressante Profilirung erst nach seiner Beschreibung von 1843 abgearbeitet ist) 

Eine Thür im südlichen Kreuzflügel an der Westseite [welche in den ehemaligen 
Kreuzgang führte] ist breit-rechteckig (im unteren Theil stark beschädigt). In dem 
Rundbogen - Feld , welches diese Thür überdeckt , fällt die unpassende Lösung der 
Flächen- Verzierung auf, indem ein Rundstab ringsherum geführt ist und zwei dicke, 
mit Strick- Verzierung gemeisselte Rundstäbe unten aus der Mitte nach oben hin 
hörnerartig auseinandergehen, das Rundbogen-Feld in zwei sehr schiefe Spitzbögen 
unterteilend. Diese Flächenfüllung erinnert ebenfalls lebhaft an die in der Neu* 
gothik um 1840 geübte, fehlerhafte Unterteilung eines Spitzbogens durch zwei 
im Innern gegenlaufende, halbe Spitzbögen; sollte sie wirklich in dieser Form aus 
der alten Zeit überkommen sein, so wäre vielleicht darin die damalige, doch auch 
missverstandene Auffassung der noch unbekannten Gothik zu sehen, jedenfalls aber 
nicht zu rühmen. 

Das Querhaus (s. Abbild. S. 127) ist aussen jetzt glatt bis zur Fensterbank. 
Hier läuft ein kleines Gesims: ~J , das jedoch nur an der Westfront erhalten ist, 
und darüber tritt die Wand ' durch Abschrägung zurück, von Eck-Lisenen ein- 
gefasst, welche über den Fenstern durch einen Rundbogen-Fries verbunden sind. 
Die Bögen dieses Frieses sind durch concentrische Verdoppelung: fr^ hübsch in 
der Wirkung bereichert. Sie stossen durch einfache Zuspitzung unten aneinander. 
In dieser Einfachheit braucht man nicht (wie Puttrich) ein Zeichen des Früb- 
romanismus zu sehen. Ein Stück Rundbogen-Fries, welches als Block am Boden 
östlich von der Nordapsis liegt, also gewiss zum Chor gehörte, endet sogar in 
reicher Bildung mit Lilienspitzen. Ueber dem Fries des Querhauses folgt an den 
Seitenfronten das Dachgesims: ET . An der Westfront ragen an der Stelle, wo 
die Nordmauer des Langhauses S — gegenläuft (also auch im Innern die Mauer, 
welche den äusseren Querhaus- l Flügel von dem inneren trennt), jedoch hoch 
oben in Fensterhöhe zwei einfache Kragsteine heraus. [Sie sind die einzigen Spuren 
der einst sich hier anschliessenden Thürme der Langhaus-Ostscitc, nicht eines eigens 
für Reparaturen an der Kirche hergestellten Ganges. Dass sich tiefer keine Binder- 
steine zeigen, ist, wenn man nicht Abarbeitung nach Einsturz der Thürme annehmen 
will, ein Zeichen, dass diese Thürme und die Querhaus-Westmauer unabhängig von 



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45 Stadtilm. 



186 



einander, also der eine Theil später als der andere gebaut und nur an einigen 
Stellen in den älteren noch eingebunden wurde. In diesem Falle ist aber nur 




Südost-Ansicht der Kirche zu Paulinzelle. 



anzunehmen, dass eine Plan-Aenderung während des Baues vorliegt, d. h. dass das 
Querhaus fertig war, ehe der Gedanke der Langhaus - Ostthürme gereift war. 
Vielleicht, dass man anfänglich den Plan hatte, die Thürme auf die Chor-Neben- 
schiffe zu setzen, wie in Ellwangen (s. unten), was freilich ein schöneres Motiv ist, 



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136 Pa üliwzkliiK. Stadtilm. 46 

dann aber dem Motiv von Schwarzach (s. unten) aus constructiven Gründen den 
Vorzug gab.J 

Die Querhaus - Westmauern setzen sich im Innern als Querscheide - Mauern 
zwischen Querhaus und Langhaus fort, durch die drei Bögen geöffnet, welche auf 
den Vorlagen der Wände und der westlichen, im Kern quadratischen Vierungs- 
pfeiler ruhen. An den beiden freien Seiten der Vierungspfeiler sind ebenfalls 
rechteckige Vorlagen vorgelegt, um die Längs-Scheidebögen zu tragen. Kernpfeiler 
und Vorlagen haben einen gemeinschaftlich herumgeführten Sockel vom Profil: I , 
dagegen nur an den Vorlagen Capitelle und zwar für die niedrigeren Scheide- I 
bögen der Seitenschiffe solche vom gleichen Profil der Abschrägung, noch durch Schach- 
brett-Muster bereichert, für den riesig hohen Mittelschiff-Bogen aber Kehlcapitelle : 
I . Im Langhaus (A) steht die nördliche Aussenmauer bis zum Dach -Anfang, 
~p innen schmucklos, im oberen Theile, welcher die Fenster enthält, durch ein- 
r fache Abschrägung des Innern schwächer. Von den Stützenpaaren steigen die 
östlichen, die Pfeiler, schlicht auf, mit einfachen Basen vom Profil : I ; die Capitelle 
haben (wie die an den Querhaus - Apsiden) verschiedene Bildung, i das nördliche 
eine verkehrt-ionische Säulenbasis, das südliche die Platte und Schräge, letztere mit 
Schachbrett-Muster. Wie oben erwähnt, ging man in den folgenden sechs Stützenpaaren 
zu der gefälligeren und gewählteren Form der Säulen über; doch auch sie sind in 
den zum Theil aus einem Stück gemeisselten, zum Theil zusammengesetzten Schäften 
durchaus schwer und gedrungen. Gerade diesem Verhältniss des Durchmessers zur 
Höhe verdankt das ganze Innere der paulinzeller Ruine die wuchtige, bei allem 
offen zutretenden Licht stets feierlich-ernste Erscheinung, welche den Bau vorzugs- 
weise kennzeichnet Die Basen haben die Gestalt der ionischen Basis, mit starker 
Einkehlung (Trochilus) und mit Eckblättern. Diese, von der einfachen Form der 
Dreikante, sind unmittelbar an die die Basis erhöhende Sockelstufe (Plinthe) an- 
gearbeitet , werden ganz folgerichtig von den Wülsten , je mehr diese nach den 
Sockelmitten hin herausquellen, verzehrt und senken sich also im Bogen nach den 
Sockelmitten hin. Das Auftreten dieser, wenn auch rein geometrisch erfassten Eck- 
blatt-Basis weist die Herstellung aller Säulen und somit des ganzen Langhauses 
nothwendig der 2. Hälfte des 12. Jahrhunderts zu und darf nicht für eine etwa der 
Eckblatt-Basis vorangehende Bildung angesehen werden, weil solche in Deutschland 
überhaupt nicht vorkommt In den Capitellen ist noch überall die Würfelform 
festgehalten, doch sind die Würfelflächen durch umsäumende Linien und Unter- 
theilung des Hauptbogens mit zwei inneren Rundbögen bereichert Mehrfach sind 
diese vertieften Linien bei Restaurationen nachgearbeitet Von einer solchen rührt 
z. B. die ungenaue Spitzbogen-Linie an der Südfläche des 3. Capitells der südlichen 
Säulenreihe her; die Bereicherung durch eine senkrechte Mittellinie an der Ostfläche 
desselben Capitells verräth hingegen die alte, romanische Meisselführung. Die sämmt- 
lichen Längs-Scheidebögen und die beiden Oberwände des Mittelschiffes stehen bis 
zum Dach-Anfang, desgleichen die Westmauer mit ihrem Giebel, freilich hier mehr- 
fach erneuert Einen besonderen und schönen Schmuck der Kirche bilden die (in 
allen kunstgeschichtiichen Werken auch hervorgehobenen) Umrahmungen der Scheide- 
bögen durch senkrechte, über den Stützenmitten aufsteigende Streifen und wagerechte, 
als Gesims über den Bogenscheiteln entlang laufende, mit jenen zusammenstossende 
Streifen (Ä). Als Verzierung wiederholt sich hier überall das allerdings sehr sauber 



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47 Stadtilm. 



Paulinzkllb. 



137 



gearbeitete Schachbrett-Muster (während z. B. die ebenso angeordneten Friese der 
thalbürgeler Kirche in mannigfach abwechselnden Mustern gemeisselt sind, s. Bd. 
Apolda, S. 211). Der westlichste Scheidebogen ruht jedesmal auf einer den Säulen 
entsprechenden, an der Westwand rechteckig vortretenden Vorlage, welche die um- 
gekehrte ionische Basis als Capitellform hat. Im Uebrigen ist die Westmauer innen 
jetzt nach dem Langhaus hin ungegliedert und unverziert. Unten führt im Nord- 
schiff eine Rundbogen-Thür in das Nordschiif der Vorkirche, im Mittelschiff aber 
das grosse Hauptportal in das Mittelschiff derselben. Die Fenster des Langhauses 
sind zweifellos noch in ihrer alten Form erhalten , die des Mittelschiffes grösser, 
als die des Nebenschitfes. 




Innenansicht (nach Westen) der Kirche zu Paulinzclle. 



Aussen tritt an dem erhaltenen Nordschiff die Wand unter den (wiederum 
ziemlich hoch angebrachten) Fenstern durch Abschrägung zurück, und steigen hier 
Lisenen an den Ecken und zwischen den Fenstern auf, oben durch Rundbogen- 
Friese verbunden, wie am Querhaus; doch ruhen die Rundbogen-Friese hier auf 
Consolchen. Am Mittelschiff fangen die Fenster so nahe über dem Anfall des 
Seitenschiff- Daches an, dass nur noch Platz für ein Gesims, das jetzt (wohl durch 
Abarbeiten von Profilen bei einer Restauration) nur ein glatter Bandstreifen ist 
Ueber den Mittelschiff-Fenstern Rundbogen-Fries (ohne Consolchen) und Dachgesiins. 



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138 Paulmssille. Stadtilm 4 s 



An der Westfront des Langhauses, der ursprünglichen Aussenfront der Kirche, 
wird das ganze Mittelschiff durch das Hauptportal eingenommen. Dies ist der 
grösste Schmuck der Kirche, freilich auch eines der berühmtesten Werke der Bau- 
kunst in Thüringen. Es ist dabei ganz einfach in der Erfindung: fünf Absfitze 
mit frei in die Abstufungen gestellten Sfiulen ; die ftusserste Abstufung vorn, wie die 
innerste seitlich, noch durch eine von zwei Rundstfiben eingefasste Kehle bereichert ; 
im Bogenfeld die Gliederung von Kehlen und Wülsten den unteren Abstufungen 
und Sfiulen entsprechend. Den Hauptwerth dieses Aufbaues bilden die schönen 
Verhältnisse und die Schlankheit der Einzelglieder, welche wiederum in ihrer 
Häufung und Zusammenbindung Kraft und Reichthum zeigen. Sfimmtliche Capitelle 
haben schwere Würfelform ; von der nördlichen (linken) Reihe ist nur das Susserste 
alt, welches an der Vorderflache (in Umkehrung) bereits die Zeichnung der Cnter- 
theilung des Rundbogens durch ein Rundbogen-Paar nebst Schlussring, an der 
Seitenfläche einen stilisirten Löwen in schwachem Relief enthalt Die Capitelle der 
südlichen Säulenreihe sind durchweg die alten. Das äusserst« wie das innerste 
zeigen in gleicher Meisselführung an der Vorderflfiche jedesmal Kreismotive und 
Palmettentheile, an der Seitenfläche einen Löwenkopf von charakteristisch romani- 
scher Stilisirung; an den beiden mittleren Säulencapitellen sind in sehr starkem 
Relief die ebenfalls aus der romanischen Kunst bekannten Ungethüme (welche man 
als Laster auszudeuten liebt) gemeisselt Ueber den Capitellen läuft ein gemein- 
schaftliches, kräftiges, daher die Säulen energisch zusammenfassendes Kämpfergesims 
von der Form der verkehrten attischen Basis um alle Abstufungen. Eine kleine, 
wirkungsvolle Bereicherung hat der Steinmetz damit gegeben, dass er an den Stellen, 
wo die vorher erwähnte Kehle zwischen Rundstäben aufsteigt, diese Rundstäbe Über 
das Kämpfergesims herum kröpfen und die Rundbogen-Gliederung mitmachen lässt 
— Im Bogenfeld der Aussenseite lassen sich von einem einstigen Wandgemfilde 
die Umrisse und Heiligenscheine einer Maria mit dem Jesuskind (auch Spuren von 
dem Kopf des letzteren) als Halbfiguren zwischen den Heiligenscheinen zweier 
anderer Figuren erkennen, von welchen die rechte eine Weltkugel hielt, so dass 
wir also hier Gottvater ergänzen müssen. — Da das Portal, welches die ganze 
Breite des Mittelschiffs ausfüllt, mit seinen äusseren Gliederungen mächtig vor die 
Westfront vorspringt, tritt die letztere darüber und zwar auf einem Gesims zurück. 
Ehe die Vorkirche gebaut war, lief hier ein Dach gegen den oberen Theil der 
Westmauer. Auf dem Gesims ruhen sieben einfache Rundbogen-Oeffnungen t nur 
durch Pfeilerchen getrennt, den lombardischen und rheinischen Zwerggallerien ver- 
gleichbar. Auf einem Bandgesims (welches das der Langseiten fortsetzt) folgen 
dann zwei grosse Rundbogen-Fenster, dann ein Rundbogen-Fries und neu auf- 
gemauertes Giebel-Dreieck, darin ein grosses Fenster, mit Verwendung eines ge- 
paarten Rundbogen-Fensters hergestellt, das seines Mittelpfostens beraubt ist (darum 
wunderlich wirkend), darüber noch zwei kleine Rechteck-Oeffnungen. 

Die ganze Portal-Anlage (welche durch die vorgebaute, einst mit einem Dach 
etc. geschlossene Vorhalle gar nicht mehr zur Geltung kommen konnte), die grossen 
Fenster über der Arcadenreihe und der Rundbogen - Fries sind Zeichen, dass nach 
dem ursprünglichen Plan die Kirche hiermit ihren Abschluss finden sollte. (Dies 
ist bereits von Puttrich richtig erkannt worden.) 



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Ihot. Untunlich in Jtna. 



Lichtdruck ton Xvminler A Jonas in lirt*4tr.- 



Vorkirche und Westportal der Kirche zu Paulinzella 

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49 Stadtilm. 



Paülinzillr. 



139 



Der Bau der Vorkirche hat die ursprüngliche Westfront des Langhauses 
zur Innenwand gemacht. Aus den Fenstern, welche Licht in dasselbe führten, 
wurden Durchblicke von der Empore, welche das Obergeschoss über dem Mittel- 
schiff der Vorkirche einnahm, und von dem Dachboden über diesem Geschoss in 
den des Langhauses. Im Erdgeschoss wird die Vorkirche 
dnicn je drei Bogenstellungen auf Pfeilern in Fortsetzung 
der Langhaus-Pfeiler in drei Schiffe getheilt An diesen 
beiden Pfeilerpaaren und den entsprechenden Wand- Vor- 
lagen lässt sich im Vergleich zu den Stützen der Kirche 
die so interessante Weiterbildung des Stiles erkennen, 
welche sich zum Romanismus annähernd verhält, wie 
etwa der hellenistische Stil zum hellenischen oder das 
Barock zur Renaissance (natürlich mit der Einschränkung 
durch die weit engeren zeitlichen und räumlichen Gren- 
zen,, welche dem Romanismus in Deutschland gewährt 
wurden), und. welche sich im Ganzen annähernd als ein 
Streben nach Reichthum bezw. gehäuften Schlagschatten 




Thcil des Westportals der Kirche zu Paulinzelle. 



und freierem Schwung und als ein Abgehen von der Gesetzmässigkeit ausdrücken 
lässt Die östlichen Vorlagen sind noch einfach, mit Basen in Form der ionischen 
Basis und Capitellen in Form der verkehrten ionischen Basis. An jedem der beiden 
mittleren, im Kern quadratischen Stützenpaarc aber wird die Basis durch einen hohen 
Sockel (Plinthe) mit derbem Wulst darauf gebildet; an den einander zugekehrten 
Flächen der Mittelstützen steigt in der Mitte eine schlanke Dreiviertel-Säule (Dienst) 

Dm- und Kuu.ldcnViB. Thüringen». Sthwarib -Rndolttadt t. 10 



140 



Paülinzillk. 



Stadtilm. 50 



auf, die nach mittelalterlichem Kunstgesetz (Tektonik) der Hauptstütze unterge- 
ordnet ist, d. h. mit ihrer Basis erst auf der Basis des Pfeilers beginnt und mit 
ihrem Capitell unter dem Capitell desselben abschliesst Zur Unterstützung der 
Dienstbasis, eines einfachen Wulstes, steigt der Sockel an den einander zugekehrten 




Vorkirche der Kirche zu Paulinzclle. 



Flächen der Pfeiler etwas in die Höhe und zwar in einer gebogenen Linie, damit 
der Wulst, welcher den Hauptpfeiler umläuft, gegen diesen totlaufen kann, aber 
das Totlaufen im rechten Winkel vermieden wird (nach ebenfalls mittelalterlicher 
Tektonik); deshalb steigt auch dieser starke Wulst in elastischer Biegung etwas 
in die Höhe, allmählich sich zusammenziehend. In dieser Höherführung haben wir 
nichts als das Motiv des Eckblattes zu sehen. Etwas erschwert war freilich die 
Arbeit für den Steinmetzen (wie auch das Verständniss für Puttrich) dadurch, 
dass die Fläche des Hauptpfeilers selbst um der kräftigeren Schattenwirkung willen 



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51 Stadtilm. 



Paulinzella 



141 





etwas eingekehlt ist, sein Wulst also diese Einbiegung mitmachen musste. Auch 
die aufsteigenden Kanten des Hauptpfeilers sind, um stärkere Gliederung zu er- 
zielen, eingekehlt und in die Kehlen schlanke Rundstäbe eingelegt, welche jedoch 
ohne selbständige Basen und Capitelle lediglich unten und oben spitz zulaufen, wie 
die Kantenkehlen selbst Oben enden die Mitteldienste der Hauptpfeiler in Würfel- 
capitellen mit mannigfacher Verzierung von Palmetten und Ungethüraen; über 
diesen Capitellen werden die Hauptpfeiler von 
einem gemeinschaftlichen Kämpfergesims in 
bekannter Form der verkehrten ionischen Basis 
umzogen, welches über den Mitteldienst-Capi- 
tellen sich rechteckig vorkröpft. In der Glie- 
derung der Bogenleibung klingt die der Pfeiler 
wieder: rechteckiger Kern mit eingelegten 
Eck-Rundstäben und vorgelegtem Mittel-Rund- 
stab. Die Rundstäbe stossen mit kurzen 
Sockeln auf (dies bei Puttrich die „Röhren"). 
Von den drei Scheidebögen ist jedesmal der 
östliche höher geführt, als die beiden anderen ; 
dieser Unterschied, welcher übrigens wenig in 
das Auge fällt , hat wohl nur seinen Grund 
darin, dass der Baumeister im Lauf des Baues 
eine geringere Höhe besser wirkend fand, 
was auch der Fall ist Ueber den Scheidebögen 
tritt am Mittelschiff dieselbe Zier-Umrahmung 
wie am Langhaus-Mittelschiff vor, an den Ost- 
Ecken mit dem Schachbrett-Muster, sonst un- 
verziert, dagegen schon mit dem Profil des 
an der Vorderfläche abgeflachten Rundstabes, 
welches den Uebergang zum Birnstab be- 
zeichnet Die Westmauer war im Mittelschiff 
in zwei Rundbögen [welche also auf einem 
Mittelpfeiler zusammenkamen] gegen den 
Thurm-Zwischenbau geöffnet Dass dies der 
Fall war (und nicht die Oeffnung durch einen 

einzigen, dem Kirchenportal gleichen, breiten und entsprechend hohen Bogen), 
ergiebt sich aus dem stehen gebliebenen südlichen Wandpfeiler (Vorlage) mit dem 
Anfang des Bogens darauf (durch den Zirkelschlag). Wegen der kleineren Oeffnung 
wurden auch die Pfeiler weniger hoch geführt als die Schiffpfeüer. Die Gliederung 
des stehen gebliebenen Pfeilers und Bogens gleicht der der Schiff-Stützen und 
-Scheidebögen, nur mit der Abweichung, dass am Pfeiler die in der Mitte der 
Vorderfläche eingelegte Dreiviertel - Säule hier der eigenen Basis entbehrt und 
unten allmählich mit den Kanten der Kehle, in welche diese Dreiviertel-Säule 
eingelegt ist zusammenläuft, und dass die Kehle, welche nur an jeder Vorderkante 
des Pfeilers Platz hat, also auch der in diese Kehle eingelegte, durch kleine, ein- 
fassende Rundstäbchen bereicherte Rundstab am unteren Ende schnabelförmig 
aufgebogen ist; ferner fällt auf, dass der Bogen-Anfang über dem Wandpfeiler nur 

10* 




PfeUer der Vorkirche zu Paulinzellc. 



142 



Paulihzklle. 



Stadtilm. 52 



in dem westlichen Theil seiner Stärke halbkreisförmig, im östlichen aber hufeisen- 
förmig ansteigt (durch ursprüngliche Absicht?). 

[Das Obergeschoss im Mittelschiff ruhte auf einer Holzdecke; ihre] Balken- 
löcher sind dicht Ober der Scheidebogen - Umrahmung in der Wand sichtbar. Die 
Seitenwände des Obergeschosses waren schlicht, wie die südliche, stehen gebliebene 
Wand zeigt; eine Rundbogen-Thür nahe der Ost- Ecke [führte zu einem im Ober- 
geschoss des Südschiffes oder wenigstens in dessen Osttheil belegenen Raum, viel- 
leicht zu einer hier angelegten Verbindungs-Treppe bezw. auf irgend einem Wege 
durch das Südschiff hindurch in das Kloster (s. u.)]. Im Obergeschoss drei Fenster, 
wie die des Langhauses; darüber im Innern Balkenlöcher [der einstigen Decke zwischen 
Obergeschoss ünd Dachboden], aussen ein Rundbogen - Fries, abgestuft vortretend, 
und kräftig vorspringendes, gekehltes Dacbgesims. Die Westseite des Obergeschosses 
war durch reichere Bogenstellungen gegen das Obergeschoss des Thurm-Zwischen- 
baues [welches wohl einen Capitelsaal enthielt] geöffnet, von denen , wie im Erd- 
geschoss, nur der südliche Wandpfeiler und der Bogen -Anfang erhalten sind. Die 
Gliederung des Pfeilers ist fast die gleiche, wie die des unteren (mit geringen Ab- 
weichungen, dass die Kehle, der dünneren Obermauer entsprechend, schmaler ist 
u. A.), der Pfeiler aber so niedrig, dass nur niedrige, schmale Bogen-Oeffnung, also 
mehrere Bogenstellungen (den Ost-Arcaden entsprechend) angenommen werden 
können. Die Höhe, also auch die Zahl der Bögen lässt sich nicht bestimmen, da 
der einzig erhaltene Bogen -Anfang kurz über dem Pfeilergesims abgebrochen ist 
Ueberhaupt ist von hier ab die Westmauer gänzlich zerstört. Ebenso ist es die 
Westmauer des Thurm-Zwischenbaues von unten auf, bis auf ein kleines 
Auschluss-Stück am Südthurm mit Anfängen von Bogen-Oeffnungen in verschiedenen 
Höhen. So können wir hier nur ein Erdgeschoss mit dem Haupt-Eingang an der 
Westseite und eine Rundbogen -Thür in den Südthurm, sowie zwei den stehen ge- 
bliebenen Thurm - Geschossen gleiche Obergeschosse mit Fenstern nach Westen, 
das erste Obergeschoss auch mit einer Thüre zum Thurm hin, feststellen. 

Das Südschiff der Vorkirche zeigt Verstümmelungen und Wiederherstellungen 
aus verschiedenen Zeiten. Besonders drei Aenderungen entsprechen den drei 
Fensterstellungen an der südlichen Aussenmauer über einander. Die ursprünglich 
romanische Fensterreihe ist die mittelste, zugemauerte, wenn auch nur die beiden 
westlichen Fenster die alte Rundbogen-Form bewahrt haben ; das östliche ist einmal 
verschoben und dann wieder rechteckig vergrössert [Vielleicht war hier ursprüng- 
lich kein Fenster, sondern nur unten eine Thür zum Kloster und die Treppe zum 
Obergeschoss der Vorkirche. Vermuthlich gehSrt zu diesem romanischen Bau die 
nahe der Ost-Ecke einst zum Kloster führende, jetzt zugemauerte und oben ver- 
stümmelte Rundbogen -Thür.] Innen sieht man noch über dieser Fensterreihe die 
Balkenlöcher [der einstigen Holzdecke] ; aussen beginnen mit ihr die auf einem 
[später flach verhauenen] Gesims ruhenden Lisenen, welche die Südfront gliederten. 
Unter der romanischen Fensterreihe stehen (ausser den Axen) vier Fenster, von 
welchen die beiden mittleren korbbogig umrahmt, durch eine Platte in eine obere, 
elliptische und untere, rechteckige Oeffnung getheilt, die beiden äusseren Fenster 
jetzt rechteckig sind. Sie weisen auf das Ende des 17. Jahrhunderts, also auf die 
Zeit, in welcher in der Vorkirche eine evangelische Kirche eingerichtet wurde. Zu 
diesem Bau gehören auch der Form und Quaderung nach die Reste von vier (bei 



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53 Stadtilm. Paulihzxlle. 



Patt rieh falsch eingezeichneten) Kreuzgewölben [welche damals in das Südschiff 
der Vorkirche gespannt wurden], nämlich ConsolenstOcke und Spitzbogen -Spuren 
der Schildbögen an der Südwand (wo sie die untere Fensterreihe richtig umziehen) 
und an den ihr gegenüberstehenden Pfeilern, übrigens an denselben rücksichtslos 
angebracht Schliesslich sind die vier obersten Fenster, welche jetzt so hübsch und 
romanisch aussehen und in gleichen Abstanden von einander, aber ohne Rücksicht 
auf die Dreitheilung des Inneren angeordnet sind, das Ergebniss einer Restauration 
aus unserem Jahrhundert. Ebenso die ganze Aufmauerung der obersten sieben 
Schichten unter dem Rundbogen - Fries , welche sich auch durch die dunklere 
Färbung und die modern-scharfe Fugung der Quadern abheben. — An der West- 
wand des SüdschifFes führte eine Thür in das Thurm-Erdgeschoss, welche jetzt zu- 
gemauert ist Die Thür, welche im Obergeschoss nach dem Thurm führt, stammt 
von dem Bau um 1680 und ist bedeutungslos. Diese Westwand ist zugleich die 
Ostmauer des Thurm es und an ihr gewahren wir einige höchst auffallende 
Gliederungen. Unten läuft ein Sockelgesims, welches wie das aussen an der Quer- 
haus -Apsis laufende profilirt ist, und oben ein Gesims, welches ebenfalls ein ein- 
stiges Aussengesims war und dem der Westfront des nördlichen Querhaus-Flügels 
oben gleich profilirt ist Rechts (nach dem Mittelschiff zu) hat sich auch noch eine 
Lisene erhalten. Links fehlt die Lisene; die Gesimse, wie überhaupt die Mauer, 
verschwinden hinter der Südmauer der Vorkirche. Dies ist das Zeugniss, dass die 
Vorkirche oder wenigstens sicher ihre Südmauer später als der Thurm und ohne 
Fugen-Anschluss errichtet worden ist ferner, dass der Thurm einst hier nach Osten 
frei gestanden hat und dass er, wenigstens in seinen unteren Geschossen, in den 
gleichen Formen des Hochromanismus um 1150, wie der Chor der Kirche, erbaut 
worden sein muss. Als dieser Theil der Thurm - Ostmauer für das Südschiff der 
Vorkirche benutzt wurde, ward sein Gesims als Abschluss - Gesims des Südschiff- 
Inneren genommen [und darauf das Pultdach gegen die Oberwand deB Mittelschiffs 
gesetzt, dessen Spur sich im oberen Theil der Thurm-Ostmauer erhalten hat]. Der 
Thurm giebt weiter zu keinen besonderen Bemerkungen Anlass. Das vorher er- 
wähnte, erste Gesims läuft ringsum und ist an den jetzigen Aussenseiten des 
Thurmes ziemlich verwittert Lisenen befinden sich im unteren Thurmtheil an den 
Ecken und in der Mitte, in dem Thurmtheil Über dem Gesims nur an den Ecken; 
kleine Rundbogen - Fenster in beiden Thurmtheilen ; über dem zweiten Thurmtheil 
ein Rundbogen - Fries in Höhe des Mittelschiff -Frieses. Ueber diesem ein dritter, 
bedeutender Thurmtheil mit romanischem Gesims, dann ein vierter, neu aufge- 
mauerter, kurzer Theil, zwischen dessen Mauern ein ziemlich flaches Zeltdach ver- 
schwindet. Da der Thurm durch Bäume und das anstossende Gebäude zum grossen 
Theil verdeckt ist kommt er trotz seiner ziemlich bedeutenden Höhe fast gar nicht 
zur Geltung. So wirkt bei dem Eintritt von hier aus die Ruine um so über- 
raschender, je mehr man sich dem Innern nähert 

(Bei der ungewöhnlichen Bedeutung der paulinzeller Kirche dürfte es in diesem Falle 
an der Stelle sein, auf den künstlerischen Zusammenhang mit anderen Kirchenbauten jener 
Zeit wenigstens kurz hinzudeuten. Schwierig ist bei den unsicheren Datirungen die Frage, 
welche Kirche der anderen vorbildlich oder von ihr beeinflusse war. Die Vorbilder liegen 
bezüglich der Formen-Ausbildung zum Theil in der Lombardei. Auch bezüglich der interes 




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144 



Paulihzkllb. 



Stadtilm. 54 



sauten Grundriss-Bildung des Chores findet sich deren Keim in der Dreiapeiden-Anlage der 
AmbroBiuskirche zn Mailand nnd anderen Bauten der Lombardei (San Yincenso ed 
Anastasio in der Trefontana - Abtei vor Born, von Mittichke, in der Vita Panlinae, S. 265 f. 
als Vorbild angenommen, 7on E. Anemolter, in Thftring. Verebu-Zeitaehr. 1891 wegen der 
anderen, nämlich einschiffigen Chor Gestalt zurückgewiesen). Die Entwickelung dieses 
Keimes lasst sieb im alten Burgund verfolgen. Sie hangt zusammen mit der dort seit dem 
9. Jahrhundert ausgebildeten f neuen) Benediotinerregel und der daran sieb knüpfenden 
Ordens-Baukunst, welche u. A. dem gleichseitigen Messelesen zahlreicher Priester, d. h. 
fielen Altären in eigenen Kapellen Rechnung su tragen hatte. Daher die F ünfapsid en- Anlage. 
Das Haupt- und Mutter - Kloster allor Benedictiner war seit dem 9. Jahrhundert zunächst 
Clany, dessen Kirche wohl schon (der Bau von 981, nicht der ron 1089) solche Form 
gehabt haben mag. Die Cluniacenserkirche su Anzy le Duc im alten Herzogthum Bur- 
gund, aus dem 11. Jahrhundort, hat denn auch im Grundriss überraschende Aohnlichkeit 
(selbst in den Verhältnissen) mit Paulinzelle. Weiterhin verzweigt sich diese Sohulrichtung 
nach rayerne und Bomainmotier in der heutigen Schweiz, andererseits nach der 
Normandie (Wirksamkeit des Abts Wilhelm von Fecamp), wo die Kirchen su Bernay und 
zu Oerie y-le-Foret Im 12. Jahrhundert hier S. Georg zu Bosoherville (Ausbildung 
der Chor-Nebenapsiden nur im Innern), dort Ohateau-Poncet (schon Spitzbogen-Tonnen), 
Ghateau-M eillant (etwas bereichert) und Semur en Brionnais. Die reichste Aus- 
bildung in den Kathedralen zu Au tun (jetzt ohne Querhaus-Apsiden), und (etwas anders) 
in denen zu Lyon und Vienne. Der Mittelpunkt der gleichen Entwickelung in Deutsch- 
land ist Hirsau, dessen Benedictinerabtei , ein deutsches Cluny , Mutterkloster der zahl- 
reichen und bedeutendsten sogenannten BeformklOster dieses Ordens ward und besondere 
Achtung und Freiheiten genoss. Man kann infolge des engen Zusammenschlusses der hir- 
sauer Congregation, ihrer besonderen Bauhandwerker - Ausbildung (nach dem Muster von 
Cluny) füglich von einer eigenen Hirsauer Schule, übrigens der ersten eigentlichen Schule 
in Deutschland, reden, die man in gewissem Sinne als eine schwäbische bezeichnen kann 
und deren Blüthe seit dem Ende des 11. Jahrhunderts sioh entfaltet Von der 1091 ge- 
bauten Peterpaulskirohe in Hirsau selbst (Ruine) kam die Anlage des (in Thüringen 
seltenen) unvermischten Sftulenbaues und der Vorkirohe u. A. nach Paulinselle. Solche 
Vorkircbe ist übrigens nicht lediglich als Busskirche und für den Besuch unvollständig 
Aufgenommener gebaut worden, sondern diente für bestimmte gottesdienstliche Handlungen. 
Die Aureliuskirohe (Ruine) in Hirsau zeigt die Fortsetzung der Langhaus-Seitenschiffe 
als Chor-Seitenschiffe und das vortretende Querhaus, doch die Apsis nur am Chor-Mittelschiff. 
Einen weiteren Schritt bezeichnen in Sdddeutsohland Prüfening bei Regenaburg, mit 
hirsauer Mönchen besetzt, in ihrer Anlage von drei Chor-Apsiden (vereinzelt in der ganzen 
Gegend), und Schwarzaoh in Baden, westlich nahe von Hirsau, schon mit ausgebildeter 
FQnfapsiden-Anlage [die Querhaus-Apsiden jetzt abgebrochen]; dort ist, wie in Paulinzelle, das 
1. östliche Stfltsenpaar viereckig als Thurmpfeiler, während die folgenden je sechs Stützen 
rund sind. Im heutigen württembergischen Schwaben Hegt die Benedictinerkirohe St Veit in 
Ellwangen, eine Gründung des 12. Jahrhunderts. Entschieden ähnlich in der Grund riss- 
Bildong der paulinseller Kirche, wirkt sie im Innern als Pfeilerbau abweichend, bringt aber 
aussen die Fünfapsiden-Anlage und die Thurmbauten, diese zwar auf dem Querhaus, in den 
besten hochromanischen Formen so schon zum Ausdruck, dass sie geradezu das Bild der 
thüringischen Ruine ergänzen kann. (Erwähnt für die schwäbischen Beziehungen Paulinzelles 
mag auch werden, dass Paulina zur Berathung für ihre Stiftung das Kloster St Blasien Im 



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55 Stadtilm. 



Paüliuzkllk. 



145 



Schwarzwald aufeocbte. In einem fränkischen Benedictinerkloater, dem zu Mflnsterech warz- 
ach bei Regensburg, starb sie, auf der Reise nach Hinan begriffen.) — Weiter nordwärts 
bezeichnet vielleicht den Weg nach Paulinzella das ehemalige Kloster Breitenau im 
Hessischen (bei Melsungen), das 1118 gegründet, 1119 mit Mönchen ans Hirsau besetzt, dessen 
Kirche um 1142 im Bau vollendet, also wohl eine etwas ältere S'hwoster von Paulinxelle ist 
Sie hat die gleiche, reiche Chor-Anlage und ähnliche Scheidebögen-Umrahmung. — Von hier 
aus geht ein Zweig dieser Entwickelungareihe nach Osten und Nordosten zu, nach Thüringen 
und Obersachsen. Zu dieser geographischen Gruppe gehört Paulinxelle. In Erfurt 
ist die Kirche des Petersbergklosters (jetzt Militarmagazin) heranzuziehen, ebenfalls eines 
Benedictinerklosters, welches, wie wir sahen, mit Hirsau und Paulinxelle in freundschaft- 
lichem Zusammenhange stand. Die Kirche ist dem paulinzeller Bau in der Apsiden-Anlage 
des Querhauses und in der Dreischiffigkeit des Chores (in Fortsetzung der Langhaus-Schiffe) 
verwandt Freilich ist der Chor im Osten abweichend, den Cistercienserkirchen ähnlich 
gerade geschlossen, v. Tettau (nach Erlandsen) betont in der Bau- und Kunstdenk- 
mäler-Beschreibung von Erfurt die nach Steinschnitt und Verband gemeinsame Anlage für 
den Chor und dessen Schluss, sowie die Bauzeit von 1103; Sommer aber nimmt (ebenda) 
wie ieh glaube mit Recht (Otte ebenfalls) an, dass der Chor nach dem Brande von 1142 
neu gebaut, mit drei Schlussapsiden geplant gewesen, dann aber der aufzusetzenden Tbürme 
wegen in der jetzigen, unpassenden Weise aufgeführt worden sei. Mir scheint das Peters- 
bergkloster und dessen Kirchenbau unmittelbar vorbildlich auf Paulinzelle gewirkt zu haben. 
[Reinhardtsbrunn, die Schöpfung Ludwig des Saliers, ward ebenfalls mit hirsauer 
Mönchen besetzt, ist jedoch in seiner alten Anlage gänzlich verschwunden; — s. Bau- u. 
Kunstdenkm. Thüring , Band WaltershauBen, S. 16.] — Als zeitlich auf Paulinzelle folgende, 
vielleicht von ihm boeinflusste Kirchen dürfte die 1121 gestiftete Klosterkirche zu Wim- 
me Iburg bei Eisleben (Raine) wegen der Füufapsiden-Anlage und sonstiger Aehnlichkeit 
in Anspruch zu nehmen sein; ebenso die mit gleicher Chor-Anlage errichtete, später ver- 
änderte Ulrichskirche in Sangerhausen und die zu Posa (Bosau) bei Naumburg 
(dürftige Reste). (Die Liebfrauenkirche zu Halberstadt entbehrt bei gleicher Anlage 
der Querhaus - Apsiden.) An diese Gruppe scbliesst sich eine Gruppe an, die vom Harz 
aus weiter nördlich, in Niedersachsen (Braunscbweig und Hannover) liegt; es sind Bene- 
dietiner- bezw. Augustiner-Bauten mit der Fünfapsiden-Anlage und manchem Verwandten zu den 
thüringischen Bauten, so Gandersheim nahe Kreiensen, Heiningen nahe Goßlar, ähn- 
lieh, doch ohne Querhaus - Apsiden , desgl. Jerichow in der Mark, Königslutter, 
Wunstorf nordwestlich von Hannover. — (Uebertragung dieser sächsisch -romanischen 
Bildung nach Sek kau in der Steiermark, nach Böhmen, Ungarn und Tirol über Salz- 
burg, s. Dohme, Gesch. d. deutsch. Bank.) Für die Detail- Ausbildung, insbesondere für die 
rechteckige Umrahmung der Scheidebögen finden sich ebenfalls verwandte Erscheinungen 
in Ober- und Nieder - Sachsen. Der Zeit nach voran geht die Benedictinerkirche des heil. 
Godbard in Hildesheim, von 1133, mit dem eigentümlichen (den Bauten der Auvergne 
entnommenen) Kapellen - Chor (der übrigens Aenderung während des Baues statt einer an- 
fänglich hier ebenfalls geplanten Fünfapsiden - Anlage sein dürfte). Beeinflusst von Paulin- 
zelle ist Thalbürgel, das auch sonst mit ihm und mit Hirsau in Verkehr stand (s. dar- 
über bes. ELAnemüller, Urk, Nr. 14 Anmj, dessen Kirche, bei nur einiger Aehnliuhkeit 
im Grundplan, die Soheidebogen-Umrahmungen, die Säulencapitelle und das Westportal sehr 
ähnlich, aber etwas reicher ausgebildet zeigt — Die 1135 geweihte, später vollendete 
Augustinerchorherren- Kirche zu Hamerslebon (bei Oscheraleben) , zwar nicht zur hir- 



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146 



Paulinzella. 



Stadtilm. 56 



sauer Congregation gehörig, bietet so viele AehDliohkeit mit Paalinzelle, dae* Dohme (in 
seiner Geschichte der deutschen Baukunst) geneigt ist, den gleichen Baumeister, wenigstens 
BauhQtten-Bezlehungen beider anzunehmen. Auch sie ein Säulenbau, nur mit Pfeilerbildung 
der Vierung, mit der Fries-Umrahmung der Scheidebögen, mit manchen Saulendetaila und 
Anderem, das an Faulinselle, nur in etwas ausgereiflerer, spatere Zeit bekundender Weise 
erinnert. — Die erfurter Peterskirche, die Verkirche in Paulinzella die Kirchen zu Thal- 
bürgel und Hamersleben theilen mit einander die Stfltzenbildung mit der Einkehlung der 
Fläche und der davor heraustretenden Dreiviertel-Säule. 

So zeigt sich Paulinzella als ein bedeutendes Glied eines nach mehreren Richtungen 
interessanten, geschlossenen Ganzen innerhalb des Romanismus und seiner Localschulen.) 

E. Ackermann, Die Ruinen von Paulinzella. - (B. Ana maller], Die Kloeterruine Paulinzella 
1882; & Aufl. hrsg. v. E. A[nemOller] 1880, mit Grundr. u. Einzelheiten. — E. Anemolter, Ur- 
kundenbucb d. KL Paulinzella (Thflring. Geach.-Qu. N. F. 17) I. Haft, 1889, bis 1314 reichend; IL Haft 
in Vorbereitung. — ELAnemullcr, in Neues Archiv der Gesellschaft f. lltare deutache Gasen. 1886 
(X), 8, 9—34 f. Sigeboto'a verlorene Vita der Paulina. — Eaj. Arnold, Haler. Wanderungen unter 
den Rainen von Paulinzella. — Bachatain, Wanderungen durch Thüringen (Romant Deutsch! III). 
Leips. (ohne Jahr), 8. 81 mit Westans., Stahlst nach Wagner. - Berliner Bauakademiker-Aufhahmen, 
Altchr. u. rom. Baak, (um 1870), Tat 87, Qrundr, Längtschn, Emzelh. — Bellarmann, Thüringische 
Vaterlandskunde. — Brecht, in DeuUche Bauseitung 1874, 8. 287 mit Grundr. der ganzen Anlage; 
1876, 8. 848 mit ? erbest. Kirch-Grundr., Längeachn. n. Querschn.; 1877, 8. 17a 298. 494 Angaben dar 
Restauration von 1877. — W. ▼. C. M, Der Thür. Wald 1830, 8. 45 f., mit Ansicht - Codex Hireau- 
gientis in BibL dea litor. V. in Stuttgart L Jahrg, 1. Bd, Stuttg. 1842. — Dehio u. Besold, Die 
kirchL Bank. d. Abandl. 1887 f., Tat 61,6; 54,1; 57,3; 211,4, Grundr., Querschn, Längaachn., raateor. 
Nordoatana.; Tazt 8. 311; vgl ubr. ebd. S. 209 f. 271 ff. 282 f. 287. — Dieter ich, Ueber Paolin- 
zeller Urkunden u. Sigeboto'a Vita Paulinao, in Nene« Archiv d. Gesellsch. t ält dtaeb. Gesch. 1893 
(XVIII), S. 447—489 (mit dam Nachweis, daaa eine ganze Reihe von kaiserlichen und päpstlichen Ur- 
kunden für Paulinzella von Pauliini gefälscht worden iat und dass die chronologischen Angaben der 
Vita unanfechtbar sind). — Dohma, Gesch. d. deutschen Bank. 1887, S. 34. 86 mit Grundr, 41. 43 
Einzelheiten, 46.47.49. 50. 96. — v. Falkanatein, Thflring. Chronik, Erfurt 1788, 4°.— Förster 
Denkmale deutscher Bank., Blldn. u. Mal, 1853 f., Abtb. IL zu S. 94 f. mit Abb. — Gregorii, Du 
jetst florirende Thüringen 1711, 8. 192. — Guhl, Caapar (u, Voit), Denkm. d. Kunst 1848 t, Tai. 
4*5, 4. 5. Ansicht. — Hainsa, 8. 32 f. — Henkel, Litbogr, nach Zeichn, von L Peel um 1860 
(Expl. im Bes. d. Herrn Archivar Dr. Mitzscbke in Weimar). — Harmann, in TbOring. Vereins- 
Zeiteehr. 1871 (VIII) , 8. 46. — Hesse, Gesch. d. KL Paulinzella 1816, mit Ost- u. Waat-Aus. von 
Hartini; die Ana. such einzeln ; Aber das Siegel, mit Abbild. — Paulinzella n. Schwarzburg in 8tahl 
gestochen von J.G.Martini, gesch. dargestellt von L. F. Hease, Rudolstadt 1854. — (Nach Hesse, 
Kleine) Geech. von Paulinzella, Rudolstadt 1824, — H a aaa, in Thüringen u. d. Harz U, 1840, 8. 266 f„ 
grosserer Aufsatz, mit Ostana — Hesaa, im Sarapaam XXTH, S. 874 -381. — Heydenreich 
Hiator. d. H. Schwarsburg 1743 , 8. 408 t, gut, u. A. mit Angaben Aber die 4 Thurme. - K. E. F. 
von Hoff u. Chr. W. Jacobe, Der Thür. Wald, Gotha 1807 u. 1812. - Jovius, Chronic. Schw, 
in Manche, 8cript rer. Genn. II, bezw. in 8ch0ttgan u. Krejaig, I, Csp. 18; IL Cap. 2. 8. 6. 
— Junghsnaa u. Koritser in Meiningen, Lichtdrucke, Innenansicht, Aussenansieht Portal — 
Kallenbach, AU. z. Gesch. d. dtach.-mittolalt Baut 1847, Tat 7. 12. - Kallenbach, ChronoL 
d. dtach.-mittolalt Bauk. 1843, L Tal VII u. XU, 1 Grundr, Längsschn, Querschn, Westfront, mittol- 
mässig. — Kallenbach u. Schmitt, Die christl. Kirchenbauk. d. Abendl. 1860, Tai. XIX 10. 
14—16; XVI, 14; XVH, 9, Grundr. u. Einzelheiten, schlecht — Kallenbach, Zeichnung um 1860. 
grav. v. LeetL — E. Kämmerer, Maler. Topogr. v. Schwarsburg 1802, 4. Heft, recht gute Sfldaniicht, 
Kupfarat. — Kochler, Der Thüringer Wald 1888, mit Ans. - Kreveaig. Beitr. a Hiet d. sächs. 
Lda. 1768, IV, 6. 221 f. Urkunden. — Kugler, Kleine Schriften 1853 f, IL — Kugler, Gesch. 
d. Bauk. II, 1869, 8. 389 f. — Kugler, in FOratemann, Mitth. 1841, Heft 1. - Leukfeld 
Kurze Nachricht v. d. Benedictinerabtei Paulinzelle. — Lindner, Nachlöse z. Schwarsburg. Geech, 
Arnstadt 1783-92, 4» (11 8tucke). - Lindner, Analeeta PauUno-Cellensia partic I-X, Arnstadt 
1789-94. 4». - Lötz, KunsttopOgr. I. S. 497. - Lttbke, Geech. <L Architektur 1875, S. 379 ; 387 



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57 Stadtilm. 



Paulirzillb. 



147 



Knieln. — Lflbke, Kunstgesch. 1879, I, 8. 323. — Meissner, in Reiseekixten der Berliner Bitt- 
akademie 1861, BL 33. 34, Osfcansicht W««tportal, Einielheiten. — Mittschke, Sigeboto's Vita 
Paulinae (Tburing.-sftcha. Gesch-BibL I) 1889, mit Vorrede o. Beilagen, sowie reichhalt Lit-Angaben, 
aaf die hier »erwiesen sei, um nicht alle Aber da« Leben der Paulina and die Stiftung tu citiren; eine 
fttr die Geschichte des Kloster« wichtige Arbeit deren Resultate aber erat durch Dieterich's oben er- 
wähnte rorzaglicbe Abhandlang auf das rechte Maua tarÜckgefQhrt worden aind. Eine neue Ausgabe 
ron 8igeboto's Vita Paulinae wird für die M. G. 38. Torbereitet Zu Mituchk« s. AnomQller, in 
ThQring. Verdns-Zeitachr. 1891 (N. F. VII), & 868 t; Grössler, in Literar. Centr.-BL 1889, Nr. 46. 
- Müller, Führer durch Thüringen 1883, 8. 119 mit Ansicht - Ott«, Gesch. <L roman. Bank. 1874, 
8. 584 mit Grandr, 686 Quersehn.. 686 Einteln. — Ott«, Handb. d. kirchl. Kunitareh. d. ehr. M-A. 
I, 1883, 8. 62 mit Grandr. (nach Puttrich), 107; II, 1886, S. 81. 39. 168. 189. - Panllini, An- 
nales isenacense«, in PauIHni's 8jntagma (Francot ad M. 1698) S. 1-274. - Puttrich, Denkm. d. 
Baak, d. M-A. in d. fflrstl schwank Ld. 1843, Sit; Grandr. Tat 14a ; Lftngsschn. u. Ehuelheiten 
Tat 14b o. 16; Innenaas. Tat 12; Südottana. Tat 10; Westana. Tat 11. — Reber, Kunstgesch. d. 
Mittelalter« 1886, & 237 Grandr, 888 8tück Längsschn. 848 - 0. Richter, Bilder a. d. weatL Mittel- 
deutachl. (Unser dtaeh. L u. Volk VI) 1883, 8. 315 mit Ansicht — Radolatadter »erbe««. Helden- n. 
Historienkalender 1724. — Rflhlmann, Schwarzbarg. Grundfeste mspt II, II. — Rahe, De motibas 
raricnlarnm in Thor, impr. eomitatn Schwartburg. — 8agittarius (Cjfprian), Histor. der Grafsch. 
Gleichen 1738, 0. — Scheibe, Histor. Beschreibung d. Abtei Panhnxelle. — Schnaaae, Gesch. d. 
bild. K. IV, 1871, & 354. 868. 363 mit Stack LAngsschn. a. Einzeln.; V, S. 886 Portal — 8 ehalte e, 
Sachsen-cob.-saalf. Landesgesch. 1820 f, II, S.93; Urkundenb. I, S. 30 etc. — Schweitor, in Bamberger 
histor. Verein 1844 (VII) o. 1863 (XVI), Ober das Verbrflderanga- Verhältnis« twiachen Panlintelle n. 
Michelaberg bei Bamberg. — Sigismund, Landeskunde I, 8. 177 f. 806; II, 8. 105 t; 818 Aber das 
iMegeL — H. Stolt, Oratio de fatis monaat cellae 8. Paulinae. — Toppius, Besch r. d. achw.- 
rodolst Linien, Erfurt 1658. — Trinius, Thüringer Wanderbncb L 1886, 8. 880-847. - Wegele, 
NicoL t. Siegen (Thür Gescb.-Qo. II), & 14. 871. 87a — Warn «bürg, in Erfurter Akad. Jahrb. 
1884, 8. 186. — 8oph.Williams(E. Lind«) in Berlin, Photogr., Innenansicht WesUnsieht 

[Altäre. Die Stiftung der Paulina zu Ehren der Maria Magdalena, wohl 
nicht eine Kapelle, unabhängig vom Kloster, sondern nur ein Altar, bis 1340 er- 
wähnt Auch die als Kapellen bezeichneten Stiftungen für die Heiligen Georg und 
Wenzel 1145, Anna und andere Heilige in der Vorkirche (Paradies) waren nur Altäre. 
Späte Stiftungen für Maria 1445 vor dem Klosterthor, für Laurentius 1449, für 
Alle Heilige 1455, vielleicht eigene kleine Bauten, also eher Kapellen, aber alle 
in unmittelbarem Zusammenhang mit der Kirche. — Hesse, Gesch. 1815, 8. 80, Anm. 11; 
»gL 8. 38, Anm. 27. — Altar der Margaretha, 1276 erneuert; AnemOller. ürt, Nr. 108] 

Baureste verschiedener Art liegen nebst Thon scherben und anderen Fund- 
stücken der Kirche auf dem Dachboden des Schlosses. 

Grabsteine in und bei der Kirche gefunden, an der Nordwand des Nord- 
schiffes neuerdings aufgestellt; alle von Sandstein, stark verwittert, schlecht zu lesen. 
Von Osten gerechnet sind es folgende. 

1) Umschrift: Unno oni m . cec . Iflfjr . raleito . eeptcbrte feria fc(oa) . . fepplr 

(?) It . fe . finrlA ct>rta (V) et t>jror (feri« qvinta) qr . aie reqeect . . (Im Jahre 

des Herrn 1380 am ersten September und dessen Gattin . . , deren Seelen 

ruhen . .) In rechteckiger Umrahmung stehende Figuren, links der Mann mit lang 
herabwallenden Haaren und Vollbart, im Wams, die Hände über die Brust gekreuzt, 
rechts die Frau mit Kopftuch und faltenreichem Gewand. Zu Häupten links ein 
Wappen (3 Schilder mit Sparren), rechts eines (Doppeladler). 

2) Umschrift: [AO 1528 OBIIT VENERAB . PAT : IN CHRIST.] IEORIVS 
ABBAS HVIVS MONASTERII : TER . FER . P*. OCT . PASCA (feria tertia post 



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148 Paulinzella Stadtilm. 58 



octavam paschae) .... (Im Jahre 1528 starb der ehrwürdige Vater in Christo 
Georg, Abt dieses Klosters, am 21. April). Ueberlebensgrosse Figur eines Abtes 
(nach Hesse Georg Drewes) mit Krummstab, unton sein Wappen. Alles nur noch 
in Umrissen und Bruchstücken | links oben fehlt die Ecke] erkennbar. — Heins e, 
S. 33. - He« 8 6, Paulinielle, S. 9 (44); 8. 84, Nr. 32, nach dem auch wie bei den folgenden die In- 
tchrift ergänzt irt. Dieser ging nach Abschriften von Seheibe and Hoffmann 1760. — Sigis- 
mund I, S. 216. — Trinios, S. 226. 

3) Umschrift: 3tnno bm mülefimo qvingemtfimo (?) Figur eines 

Abtes (nach Hesso vielleicht Caspar Losshart), die Rechte an der Brust, in der 

Linken den Krummstab, den Mantel nach beiden Seiten zurückgeschlagen ; steht in 

einer Korbbogen-Nische (mit Astwerk in den Zwickeln). — Hesse, Paolhuelle, S. 34, 
Nr. 82. 

4) Umschrift: [AM TAGE PHILIPPI VND IACOBI (1. Mai) IST] VOR- 
SCHEIDEN DER EDLE VND GESTRENGE |VND VHESTE (?) GORGE VON 
WICZELEVBEN (Witzleben, Klostervogt, Amtmann in Schwarzburg) DEM GOT 
GENAD . NACH CHRISTI GEBVRT 1526]. Der Verstorbene steht gerüstet, die 
Rechte am Dolch, die Linke auf das Schwert gestützt, in einer Rundbogen-Nische. 
Zu Füssen sein Wappen. — Heinse, S. 33. — Hesse, Paulinielle, 8. 84, Nr. 38. - 8i gis - 
round I, 8. 216. - Trinius, Wanderb, & 227. 

5) Umschrift : Unno ont mccccfc obttt oenerabilte in Xetp parer ac bominve 
nicclaoe abbae in cell . pat>l . req . t . p . (Im Jahre des Herrn 1490 starb in Christo 
der ehrwürdige Vater und Herr Nikolaus, Abt in der Zelle Paulinae; er ruhe in 
Frieden.) Figur eines Abtes, den Krummstab in der Rechten, die Bibel in der 
Linken, in faltenreichem Gewände. — Heinse a. a. 0. — Hesse. PaoHnielle, 8. 9 u. 
S. 84, Nr. 82 las falsch: mrrrrcflj und nahm den Abt Nikolaus Felder als den Gestorbenen an; 
An emulier. Paulinzella, 8 32, verbesserte die Jahreszahl in 1490. Sigismund L 8. 215. — 
Trinios, Wandarb, 8. 226. 

6) Dreitheilige Platte. In der Mitte die Inschrift: 3n boc fepplcbö eeplta 

fpt plvriorv copa . venerabtltö parr.3bbatv b.moäfterü qt>ori? req pace. 

ame J<J 10 (In hoc sepulchro sepulta sunt plurimorum corpora venerabiliorum 
patrum Abbatum hujus monasterii, quorum [animae] req|uiescant inj pace, amen, 
1510; in diesem Begräbniss sind begrabon die Körper mehrerer ehrwürdiger Väter, 
Aebte dieses Klosters, deren Seelen ruhen in Frieden.) Oben drei Acbte als Knie- 
stückc mit Knimmstilben in der Linken, die Rechte auf die Brust gelegt, unter 
drei baldachin-artigen Schweifbögen. In der untersten Abtheilung die Wappen der 
dargestellten Aebte, über dem mittleren* Wappen Abts -Mütze und -Binde. — 
An« müll er, Paulintelle 1890, 8. 31. — (Hesse hat den Grabstein nicht) 

[Grab maier der Paulina und ihres Sohnes Werner, in der Kirche gewesen; 
ebenso anderer als der hier genannten Aebte. — Hesse, Paulinselle 1816, 8.32 Ann. 27. 
- Hitsschke, Sigeboto's Leben der Paulina, 8. 20. 70. 88. 104 f. - Trinius, Wanderb., 8. 226. 

Glocke im Thurm, mit: DVRCH DAS FEVER BIN ICH GEFLOSSEN. 
IACOB KONIG IN ERFVRT HAT MICH GEGOSSEN ANNO 161 . (letzte Ziffer 
fehlt). 74 cm Durchmesser. 

Brunnenschale vor den Trümmern der nördlichen Schiffstützen der Vor- 
kirche, [von einem ehemaligen Springbrunnen (nicht Weihbecken), der jedenfalls 
ehemals im Klosterhof stand] rund, unverziert, ohne Bedeutung, von Sandstein, 
ziemlich zerstört, nur durch ziemlich grossen Durchmesser auffallend. — B. und 
E. Anemaller, Paulioselle 1890, 8. 32. - Hesse, Paulinielle 1816, 8. 36 Anm. 33. 



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59 Stadtilm. Paüuhjjkll*. 149 



Die KlOStergebäude lagen (wie meist) an der Südseite der Kirche. 
Trümmerhafte Fundainentlinien [1874 ausgegraben, wiedor zugeschüttet] lassen 
Folgendes erkennen. Wie es scheint, umgaben nur drei Kreuzgänge den annähernd 
quadratischen (von der 1. zur 5. Stütze des Langhauses in seiner Länge reichenden) 
Klosterhof und zwar ein nördlicher, der an die Langhaus-Südmauer der Kirche sich 
anschloss, ein östlicher, dessen Aussenmauer, zugleich die Klosterbauten bier ab- 
schliessend, in Fortsetzung der Scheidemauer zwischen Querhaus und Langhaus 
nach Süden lief, und ein südlicher, an welchen sich noch südlich Gebäude an- 
schlössen, während westlich wohl das Schlafhaus mit den Mönchszellen war. Die 
südlichen Gebäude dienten WirthschafLs-Zwccken (links von der Mitte das Backhaus 
erkennbar) ; sie waren von einer durchgehenden Südmauer abgeschlossen. Westlich 
von dem von mir als Schlafhaus vermutheten Gebäude, in südlicher Fortsetzung 
der Vorkirche lag wohl das Abtsgebäude, das seit 1542 vom gräflich schwarz- 
burgischen Vorwalter bewohnt wurde. Hier steht noch das daher sogenannte 

Amt ha 118 und 0berfÖr8terei t ein von Norden nach Süden lang ge- 
strecktes Rechteck, dessen nördliche Giebelfront sich in der Östlichen Hälfte an die 
Südseite des erhaltenen (südlichen) Westthurmes der Kirche legt. Falscher Sage 
nach für das ursprüngliche Kloster gehalten, doch nur an der Stelle und mit 
Materialien desselben errichtet, ist der Bau um die Mitte des 16. Jahrhunderts 
(etwa 1542) entstanden und oft, besonders in seinen Obergeschossen, stark erneuert 
worden, so dass in diesem Theil aussen kaum etwas über unser Jahrhundert zurück- 
reicht Das Erdgeschoss ist von Stein ; hier an der Südseite zwei rundbogige Ein- 
gangs-Thüren und eine spitzbogige Thür, alle mit abgekanteten Ecken; eine spitz- 
bogige an der Ostseite mit abgekanteten und gekehlten Ecken. Darüber zwei 
Obergeschosse von Fachwerk (sehr sauber wiederhergestellt mit braun getönten 
Hölzern); das zweite Obcrgeschoss auf schrägen Kopfstützen so weit, wio es im 
17. Jahrhundert hier üblich war, vortretend, doch ohne Füllbalken oder Füll- 
bretter. Die Brüstungen und Stirnfelder über den Fenstern sind mit Andreas- 
kreuzen gefüllt; durch bogige Form der Kreuze wird der malerische Eindruck des 
sonst einfachen Gebäudes erzielt, wie durch die Füllung der Fache mit kräftig 
rothen, gerade und schräg in allerlei einfachen Mustern gesetzten Backsteinen. ----- Im 
Innern noch zwei Ilolzthüren in Spitzbogen-Form (nicht construetiv, sondern ledig- 
lich Nachahmung durch Bogen-Ausschneidung aus dem Brett). In einem der alten 
Sage zuliebe Nonnenstübchen genannten, ganz einfachen Zimmer des ersten Ober- 
geschosses steht ein grosser, reicher Ofen des 16. Jahrhunderts, aus grünen, glasirten 
Kacheln, in dessen Bau sich Renaissance mit entarteter Spätgothik mischt. Letztere 
zeigt sich an den Füssen in Form von kurzen Pfeilern, welche künstliche, der Archi- 
tektur abgesehene Profilirungen haben, wie ihre Quer- Verbindungen, die sich zum 
Theil in der Mitte bogig senken. Darauf der Hauptbau auf einem Fries mit Löwen ; 
die Menge der in fünf Reihen Über einander sich wiederholenden einfachen Kacheln 
wirkt langweilig ; dagegen zierlich (Abbildung auf folg. S.) der obere Fries und das 
Schuppendach, auf welchem der beste Theil des Ofens, der Aufsatz, in der Reihe 
von stehenden Heiligen-Figuren (Helena, Katharina, Barbara etc.) und in der Reihe 
der darüber knieenden Engel mit dem Schweisstuch zwar in der Ausführung Un- 



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150 



Stadtilm. 60 



geschick, in den Zeichnungen aber ausgezeichnet schöne Vorlagen des Töpfers ver- 
räth. Die Stellungen, Figuren und Gewandungen der Heiligen bezeugen die edelste 
Renaissance und wären einer künstlerisch feineren Nachbildung für moderne Zwecke 




Oberthcil eines Ofens in der Oberlörsterei zu Paulinzella 



würdig. — B. u. K. Anemulier, Paalinielle 1890, 8. 84. - Hesse, Paulinzella 1815, 8. 29 
Ann. 10. - Loti a. a. 0. - Puttrich, Denkmale, S. 13, wo die üeberlieferung de« Gebinde« als 
Kloster geglaubt and die Herstellung doshalb in das 15. Jahrhundert genickt ist; aof 8. 1 West' 
ansieht; Tai. 17 Backstein -Fallungen; Tat 13 das Nonnenstflbeben , su gross gegen den Ofen darin 

giobt - Sigismund I, S. 215. - Trinius, Wanderb, S. 223. 



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«1 Stadtilm 



151 



SchtOSS, westlich vom Arathaus (A\ aus der 1. Hälfte des 17. Jahrhunderts, 
mit Benutzung eines älteren Gebäudes, im 18. Jahrhundert für Ludwig Friedrich I. 
(t 1718) neu eingerichtet, verhältnissmässig einfach, von Osten nach Westen ge- 
strecktes Rechteck von zwei Geschossen mit rechteckigen, etwas profilirten Fenstern, 
dessen nach Norden gerichtete Vorderfront etwas schmuckvoller gestaltet ist In 
der Mitte des Erdgeschosses ist Flachbogen-Portal mit Herrn enpilastem, geradem 
Gebälk und darauf einem gebrochenen Flachbogen-Giebel neuerdings vor die einfache 
Thflr-Oeffnung vorgelegt; rechts an der Vorderfront noch eine rundbogige Ein- 
gangs-Thür und daneben ein Rundbogen-Fenster, welche diesen Theil des Gebäudes 
noch dem 16. Jahrhundert zuweisen. Das Längsdach wird durch zwei Dachgiebel 
bereichert, welche in bekannter Ausbildung erst ein Stück senkrecht, dann in der Linie : 
aufsteigen, an der Hauptfläche mit Rechteck-Fensterpaaren, an der Brüstung 
J \ darunter, wie im Giebelfeld darüber, mehrfach von Gesimsen und Pilastern 
in Felder getheilt, darin im Giebelfeld runde Dachboden-Fenster. Auf dem Dach- 
boden einige Holzthüren mit dorischen Pilastern und Triglyphen-Gebälk , aus dem 

17. Jahrhundert Vor der Vorderfront unten links ist ein älterer Stein festgelegt, 
in Würfelform, an der Vorderfläche ein Männerkopf, rechteckig umrahmt, mit Um- 
schrift, von welcher erkennbar: WOLRADVS IN . . . — Sigismund I, s. 816, nennt 

einen Grabstein im Kloster mit der Unterschrift: Wolradus. 

Im Innern lauter einfache Räume. In einem Zimmer 4 Webeteppiche aus dem 

18. Jahrhundert, mit Landschaften in grünen und weissen Tönen. Ein Ranm dient als 
Kapelle. Taufkanne, geschweifte Form, mit : 1116 L.F (Ludwig Friedrich) unter der 
Krone; — Taufsohale mit gleicher Bezeichnung (Qiesserzeiohen: Z.B. Ober Lilie; zwei 
Fische, ähnlich Saalfeld); — Krankenkelch, aus gleioher Zeit Zinn. — Fund- 
stQcke auf dem Dachboden, ans der Kirche. 

FörSterWOhntiaiJS im Dorfe. Erdgeschoss von Stein, mit drei Rund- 
bogen-Thüren des 16. Jahrhunderts; Oberbau von Fach werk des 17. oder 18. Jahr- 
hunderts, mit geputzten Feldern. 

[Grab am Wege nach Hengelbach, mit 6 Gerippen in aufrechter Stellung, 
1883 beim Wegebau gefunden. — Fragebogen.] 



Singen, süd9üdwestlich von Stadtilm; an der alten Strasse Erfurt- Nürnberg 
gelegen, 1423 vom Grafen von Arnstadt dem Kloster Paulinzelle verkauft, litt be- 
sonders 1646 durch Feuer, gehörte bis 1850 zum Amt Paulinzelle. — Heime, 
S. 35. - Sigismund, Landeskunde II, 8. 102; 218 aber das Siegel 



dienende Osttheil 3,25 m lang, 3,9 m breit, das als Altar- und Gemeinde-Raum 
dienende Langhaus 17,3 m lang, 8,5 m breit, Thurm - Erdgeschoss 3,5 m lang, 
3,4 m breit Die Kirche ist [nach Bau einer von 1646] 1742 gebaut (Jahreszahl über 
der südlichen Thurmthür) und 1786 (Jahreszahl über der mittleren Langhaus-Thür), 



Kirche. 




Der für Sacristei und Kanzeltreppt' 



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152 



SlNOKN. 



Stadtilm. 02 



1842, zuletzt und zwar sehr sorgfältig 1881 (letztere beide Jahreszahlen Ober der 
von 1742) vom Geheimen Baurath Brecht restaurirt. Sie macht daher jetzt einen sehr 
guten, freundlichen Eindruck, besonders durch das Fehlen aller schlechten, hölzernen 
Vorbauten, Aussentreppen u. dergl. (mit Ausnahme des kleinen Bahrenhäuschens 
in der nördlichen Thurm -Ecke). Regelmässig angeordnete Oeffnungen (an der 
Nordseitc fünf rechteckige Fenster, an der Südseite vier ebensolche Fenster, statt 
des mittleren eine korbbogige Thür und darüber ein elliptisches Fenster (im Lang- 
haus, das an den Ost- Ecken Schräg - Strebepfeiler, im Innern eine Holztonne hat 
Im Osttheil rechteckige Fenster bezw. ebensolche Ostthür; im Westthurm recht- 
eckige Südthür, ebensolches Westfenster unten; darüber im Thurm - Obergeschoss 
Luken. Alle diese massiven Kirchentheile sind 1890 gut geputzt. Auf dem 
Thurm beschieferter Aufsatz, Achteck-Geschoss, Schweifkuppel etc. — Das Innere 
hübsch 1881 restaurirt; Fussboden mit gemusterten Fliesen; an den Wänden mit 
einigen Linien und Ornamenten, die Ostwand mit zwei Bildern von Herger (Petrus 
auf dem Meere und Pauli Bekehrung); Emporen, mit Pilastcrn versehen, Betstuhl 
und Bänke mit ausgeschnittenen Wangen, in Eichenton mit Linien, Taufgestell, 
Altar und Kanzelbau, die von Holz, wohlthuend bemalt, vorwiegend schwarz mit 
etwas Weiss, Blau und Gold; die figürlichen Darstellungen farbig. — Das Tauf- 
gestell aus der Zeit um 1780, rund, becherförmig; am breit-halbkugeligen Becken 
geflügelte Engelsköpfe zwischen classicistischen Ranken. Deckel mit Akanthus- 
blättern und Knopf. — Altar, etwas gebogen im Aufriss, mit Kelchgehängen ; die 
Schranken davor volutirt — Kanzelbau, aus der Zeit um 1742, hinter dem Altar. 
Erdgeschoss: drei Bogen - Durchgänge , deren mittelster mit Engelsköp fen in den 
Zwickeln gefüllt, deren äussere mit geschweiften Aufsätzen (Hauptfonn : J ^) 
und Urnen darauf bekrönt sind ; au die drei Durchgänge angeschlossen rechts und 
links noch die schräg gestellten Kirchstände für Pfarrer und Altarist, welche 
ionische Pilaster-Einfassung, Bogengiebel und darauf Urnen mit Laubsträngen ver- 
bunden zeigen. In der Mitte des Kanzelbaues tritt die Kanzel zwischen zwei 
korinthischen, an den Schäften mit Fruchtbündeln verzierten Pilastern und äusseren, 
durchbrochen geschnitzten Einfassungs-Brettern kräftig und wirkungsvoll vor. Sie 
ist am Fussgesims mit Fruchtgehängen, an den FIScheu mit den Relief-Brustbildern 
Christi und der Evangelisten geziert Weit schöner als diese sind zwei, etwa zwei 
Drittel lebensgrosse Figuren, welche vor die Säulenschafte auf Consolen gestellt 
sind. Es sind Moses, in lebhafter und lebendiger Bewegung die Gesetzestafeln 
schwingend, und Aaron mit dem Weihrauchgefäss. Oberer Kanzel-Eingang : — rv_ ; 
Gebälk mit dein Schalldeckel, Bogengiebel - Stücke mit Engelsköpfen, dazwischen 
Wolken mit drei Thürmen (das himmlische Jerusalem) vor der Strahlensonne. — 
Sigismund II, S. 102. 

Tauf- En gel in der Sacristci, aus der Mitte des 18. Jahrhunderts, in drei Viertel 
Menschengrösse, stehend, besser in der Bewegung und Anordnung, auch des Ge- 
wandes, als in der Einzel-Ausführung ; das Gesicht ungeschickt modellirt Holz, farbig. 

Grabstein, jetzt aussen an der Südmauer der Kirche nahe der West-Ecke. 
Untersatz mit Inschriften für Pfarrer Christoph Treuner, t 1740, und seine Frau 
Anna Maria, geb. Kolte, f 1720, in Schilden; auf Gebälk: —T\ . kurze Pyramide 
mit kleinen, ganz guten Reliefs allegorischer Frauengestalten, Spruchtafeln und 
Emblemen. Klein, Sandstein. 



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63 Stadtilm. 



SlKGKN. 



153 



Kelch, aus dem Ende des 15. Jahrhunderts, von sehr guter Form. Auf dem 
runden Fuss: orate p . (pro) caltcis ffc>öatotb ? (fundatoribus), ein aufgelegtes Crucifix 
und die Wappen von Eichenberg (Eiche) und Griesheim (zwei Rosen). Am ge- 
drückt-kugeligen, gerippten Knauf treten Cylindorchen vor mit: MARIA +. Am 




Kanzel in der Kirche zu Singen. 



runden Schaft darüber bezw. darunter getriebene Blümchen (wohl späterer Zusatz, 
aber sehr gut verbunden). Flache Kuppe. Silber, neuerdings hübsch neu ver- 
goldet, 15 cm hoch. 

[Kelch für Kranke, mit: Äo 76 (1676) Theo. Bock Pfar und anderen Namen, 
klein, Silber, vergoldet; im Fragebogen 1884 erwähnt, nicht mehr vorhanden.) 

Glocken. 1) 1880. — 2) 1692 von H. „ChrisTtohflel" Goyer in Erfurt, mit Nattion 
dea Pfarrers etc. 2 Friese. 76 cm Durchmesser. — 3) 1760 vou Job. Mayer in Rudol- 
stadt; Namen. 68 cm Durchmesser. 



154 



Stadtilm f>4 



(Kirchhof -Mauer, 1883 vom Geheimen Baurath Brecht entworfen, bemerkens- 
werth hübsch mit verzierten Pfeilern im Renaissancestil und Eisengittern dazwischen.) 



KreuZ9t6in am östlichen Ende des Dorfes, von der Form: 




Soisdorf, südsüdwestlich von Stadtilm; um 1253 Sulzdorf, im 16. Jahrhundert 
Sulssdorf, gehörte bis 1866 zum Amt Blankenburg. — Heime, S. 26. - Sigis- 
mund, Landeskunde II, S. 69. 

Kirche. Altar- und Gemeinde-Raum bilden zusammen ein Rechteck, das jetzt 
von Norden nach Süden (mit dem Altar im Süden) orientirt und 11,6 m lang, 
17,3 m breit ist Oestlich nach Süden zu das ostwestlich 3,8 m, nordsüdlich 4,1 m 
lange Thurm - Erdgeschoss. Dies ist der älteste Theil; hier zwischen Thurm -Erd- 
geschoss und Chor noch ein romanisches Rundbogen - Stück mit Kämpfergesims. 
Früher ging die Kirche noch nach Osten weiter. Fundamente davon erhalten [das 
Uebrige, Chor, darin Fisch - Maasswerk und Malereien 1864 abgebrochen]. Der 
Langraum von 1681; öftere Wiederherstellungen, zuletzt 1864. Holzdecken, im 
Langraum gebogen ; rechteckige Fenster und Thüren, an der Ostseite des Thurm- 
Erdgeschosses eine rundbogige, neuere. Auf dem Thurm ein hölzernes Viereck- 
Geschoss mit Zeltdach. — Sigismund L & Sil; II, a 69. 

(Kanzel an der Ostwand: KJ.) 

[Taufstein, achteckig, 1864 beseitigt. — Heime, S. 86. - Sigismund I, 
S. 216; II, S. 69.] 

[Altarwerk, wohl 1864 beseitigt. — Sigismund I, 8. 216; II, S. 69.] 
Kelch, aus dem Ende des 17. Jahrhunderts. Auf dem runden Fuss aufge- 
legt zwei [früher drei] Engelsköpfe; Knauf rund, mit drei Rosetten. Kuppe unten 
umlegt mit ausgeschnittenen Verzierungen : Christus, von Knieenden verehrt, Jäger 
und Wild, Ranken, Blumen. Dies, die Engelsköpfe und die Rosetten Silber, das 
Uebrige Kupfer, vergoldet; 25 1 /» cm hoch. 

Glocken. 1) 1639 von Meloh. Moering in Erfurt, mit Namen des Schultheis» etc. 
und grossem, schlechtem Fries. 90 cm Durchmesser. — 2) 1730 von Feer, mit seinem 
Spruch und dem hübschen Fries einander schneidender Bänder mit Füllung. 70 cm 
Durchmesser. — 3) (Aussen, Schlagglocke, schwer erreichbar). A INRI +. 

WohnhaUS von Herrn K. Zapfe. Rundbogige, profilirte Thorfahrt und Thor-Ein- 
fang von 1600. 

[Rittergut, im 16. Jahrhundert Eigenthum der Herron von Gräfendorf, 1612 von 
deu Grafen von Schwarzburg erkauft, zerschlagen. — Sigismund II, 8.60.] 

2 KreiiZ8teine bei der Kirche nach Hengelbach zu. 



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Stadtilm, 20 kra nordwestlich von Rudolstadt; Ilmene, Ylmen, Mar(k)tilm etc., 
lag an der Grenze des Langwiesgaues und des Ilmgaues, wahrscheinlich 1114 Villa 
limine , erblühte in der 2. Hälfte des 12. Jahrhunderts ; damals wurde dort eine 
Schule gebaut und dann die Stadtkirche begonnen. Es soll 1204 von den Böhmen 
zerstört worden sein (wie Saalfeld, s. d. in Bau- u. Kunstdenkm. Thüring. , Saal- 
feld, S. 48), wurde jedoch dann bald wieder aufgebaut, auch der Kirchbau weiter- 
geführt. 1273 mit einer herrschaftlichen Münze (Burkh»rdt, ürk. t. Anwtadt, Nr. 37), 
1274 als oppidum bezeichnet, war es 1282 eine Bürgergemeinde (civitas), also Stadt 
und gewann durch das 1287 hierher gekommene Nonnenkloster besondere Bedeutung. 
Herren von Ilmene 1325 — 1444 erwähnt (Burkhardt, ürk. v. Anwtadt, Nr. 112. 613). 
Den Grafen von Kevernburg bezw. dann Schwarzburg und durch Heirath denen 
von Orlamünde gemeinschaftlich gehörend, und von den ersteren 1302 und später 
mit mancherlei Vorrechten, u. A. eigener Münze und Zusicherung der Neutralität 
begabt, 130C den Landgrafen zu Lehn aufgetragen und dann allein (durch Abfindung 
der Orlamünder) übernommen (Bor k ha r dt, Urk. v. Anwtadt, Nr. 17. 70), auch, nachdem 
es 1349 an den Wirrungen des Grafenkrieges Thcil genommen hatte [in welchem 
Jahre auch die Juden ermordet wurden (Burkhardt, Urk. v. Arnstadt, Nr. 160 aaeh 
Chron. Sampetr.) und aus ihrer Synagoge eine Kirche gemacht, sowie eine zweite 
vorhandene Kirche abgebrochen ward, auf deren Trümmern die Hospitalkirche 
erweitert wurde], im folgenden Jahre bezüglich seiner Stadtrechte wieder geordnet, 
kam Stadtilm (um 1381 Ylmene, Station des erfurter Augustiner - Eremitenordens) 
1388 in den alleinigen Besitz der Grafen von Schwarzburg (Leutenberg), musste 
jedoch 1396 von diesen den Landgrafen von Neuem zu Lehn aufgetragen werden 
(Belehnung 1440 u. ö. ; Burkhardt, ürk. t. Anwtadt, Nr. 479 u. «.) und ward 1411 der 



156 



Stadtilm, Kirche. 



StAdülm. m 



Linie Blankenburg-Arnstadt zugetheilt (Barkhardt, Ork. t. Arnstadt Nr. 284). Die Stadt 
gedieh unter den neuen Herren, von welchen sie mit Jagd, Fischerei und anderen 
Rechten theils begabt-, theils bestätigt ward, und war so stark befestigt, dass sie 
im Kriege 1450 die Belagerung und Bcschiessung durch den Kurfürsten aushielt, 
ohne zur Ergebung gezwungen werden zu können. Die Reformation brachte der 
Stadt unruhige Zeiten, 1525 Auflösung des Klosters, dessen Besitz nebst der Stadt 
dem durch Auflösung des Klosters Paulinzelle entstandenen Amt dieses Namens 
einverleibt ward; doch bezeugt die unter Graf Albert von Schwarzburg-Rudolstadt 
vorgenommene Erneuerung der Stadtrechte 15% die Wiederkehr von Ordnung 
und Wohlstand. Albert's Söhne Karl Günther und Ludwig Günther nahmen 
die Stadt zur Residenz, zu welchem Zwecke das ehemalige Kloster zum Schloss 
umgebaut ward, verliessen sie aber 1625 wegen des Ausbruchs einer Seuche. 
Weiter hören wir nichts von der Stadt in baulicher Beziehung und Entwicklung 
bis zu dem grossen Stadtbrand 1780, welcher das Rathhaus ganz, Kirche und 
Schloss zum grossen Theil zerstörte. Diese Bauten wurden nur dürftig wieder- 
hergestellt, wie überhaupt die Stadt in unserem Jahrhundert trotz eines kurzen 
gewerblichen Aufschwunges in ihrer äusseren Erscheinung eher zurückgegangen ist. 
Dazu trug wohl die Ungunst der Verkehrsverhältnisse gegenüber anderen Städten 
bei; jetzt wird ein bedeutender Eisenbahn-Bau ausgeführt, welcher auch durch 
eine mächtige, auf 21 zum Theil sehr hohen Bögen ruhende Thal-Ueberführung 
bei Stadtilm das Gesammtbild der Stadt beeinflussen wird. — Alberti, in Vogtland. 
Jahresb., S. L. LI, Aber Siegel. — Hei nee. S. 26. 27. — Hesse, Rudolstadt u. Schwarzbarg 1816, 
& 129, Ober die Belagerung 1450. — Hesse, in Thüringen u. d. Hart VIII, 1844, S. 293 f., grosserer 
Aufsatz; S. 298 über 8iegeL — Martin, Urknndenb. v. Jena I, Nr. 120 Anm., ober das städtische 
Maass. — Martin, in Thüring. Verelns-Zeitschr. 1887, S. 132 — Marian, Topogr. Ssx ssper. 1650, 
S. 9. 107, mit Ansiebt — Sigismund, Landeskunde II, S. 208; 218 Aber das Siegel. — Treiber, 
GeechL- n. Landesk, 8. 149 £ - Soph. Williams (E. Linde) in Berlin, Photographien Ton Osten 
u. Süden aus. 

Kirch 6, einst der Jungfrau Maria geweiht, in vielfach veränderter und ver- 
stümmelter Gestalt auf uns gekommen. Der älteste erhaltene Theil ist der West- 
bau, in welchem Erdgeschoss und erstes Obergeschoss zu einem aussen durch kein 
Zwischengesims unterbrochenen Unterbau verbunden sind. Dieser Theil ist in dem 
Hauptbau hochroraanisch , um die Mitte des 12. Jahrhunderts errichtet (Pfarr- 
priester in Ilmene zwischen 11H9 und 1227 genannt; E. Anemolter, Urk. r. Paulin- 
zelle, Nr. 59). Auf seinem wagerechten Gesims folgten die drei Thurm-Obergeschosse 
(bis zum letzten wagerechten Gesims), deren Bau von der 2. Hälfte des 12. bis zur 
1. Hälfte des 13. Jahrhunderts gedauert haben niuss. Denn man sieht an ihnen 
Formen des Uebergangsstiles und der Frühgothik, während noch romanische Formen 
der Verzierung daneben festgehalten sind. Der Westbau hat schon im Erdgeschoss 
die Eintheilung in zwei Thurm - Unterbauten zu den Seiten eines geschlossenen 
Zwischenbaues als eines Vorraumes zur Kirche, und zwar sind die Thurm-Unter- 
bauten einerseits ohne jeglichen räumlichen oder künstlerischen Zusammenhang mit 
dem jetzigen Langhaus, andererseits unter sich so verschieden breit (der nördliche 
breiter), dass die Annahme einer noch älteren Kirche, auf welche die Thurmbauten 
bereits Rücksicht zu nehmen hatten, nahe liegt Während des weiteren Ausbaues 
des Westtheiles muss jene alte Kirche abgebrochen und in nunmehr breiterer Weise 



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tu Stadtilm 



Stadtilm, Kirche. 



157 



neu aufgebaut worden sein. Dieser freilich jetzt am wenigsten noch in der alten 
Gestaltung erhaltene, aber hauptsächlich die Kirche beeinflussende Bau entstand, 
nach den übrig gebliebenen Einzelformen zu urtheilen, in der Zeit des Ueberganges 
von der Frflhgothik zur Hochgothik in Thüringen, also etwa 1280—1300. Es ist 
dies auch die gleiche Zeit, in der sich Stadtilm sehr vergrösserte, mit einer förm- 
lichen Bürgerschaft sich ausbildete und an den Wohlthaten, die der jungen Kloster- 




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Grundriss der Kirche zu Stadtilm. 



Schöpfung zuflössen, mittelbar Antheil nahm. Man hat früher geglaubt, dass die 
an dieser Stelle befindliche Kirche die Cistercienserinnenkirche gewesen sei. Liegt 
die letztere auch an anderer Stelle, so kann man nicht leugnen, dass der Einfluss 
der Cistercienser-Baukunst sich auch an der Stadtkirche äusserte. Ihm haben wir 
die sehr grossräumige , aber dabei einfache Ausbildung des Grundrisses und be- 
sonders den für diese grosse Kirche auffallenden, geraden Chorschluss zuzuschreiben. 
Auch die Seitenschiffe waren früher im rechten Winkel (von der Ecke zwischen 
Chor und Laughaus- Anfang ausgehend) geschlossen; es bleibt dahingestellt, ob an 
der Ostseite der Seitenschiffe als Abschlüsse noch kleine, rechteckige Kapellen, 
wie an anderen, ähnlich gestalteten Kirchen, die Ecken ausfüllten. Jedenfalls war 

11* 



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158 Stadtilm, Kirche. Stadtilm. (58 



eine Sacristei vorhanden, welche jetzt der Kirche fehlt An diesen Bau, der in der 
1. Hälfte des 14. Jahrhunderts wieder in reicherer Gestaltung der Hochgothik mit 
den beiden Langhaus -Portalen und der Vorhalle des südlichen Portales vollendet 
und 1336 durch den Bischof von Havelberg geweiht ward, schloss sich, erst nach 
Vollendung derselben, aber nicht lange darauf, etwa um die Mitte des 14. Jahr- 
hunderts bis zur 2. Hälfte, die Ausführung der schönen nördlichen Portal-Vorhalle 
und dann die der obersten Thurmgeschosse mit den Helmen. Die Formen, die 
wir hier sehen, die der ausgereiften Gothik dicht vor ihrer Weiterbildung in die 
Spätgothik, sind in so künstlerischer, reicher Ausbildung höchst selten in Thüringen 
(im Gegensatz zu den Formen früherer und besonders späterer Zeiten in Thüringen 
und zu anderen, z. B. den rheinischen Gegenden). Ueber sonstige Ausbildung 
des Gebäudes, Decken bezw. Gewölbe, Fenster etc. wissen wir nichts, auch nichts 
von den Veränderungen der folgenden Zeiten (die Brücke zwischen den Thürmen, 
„die höchste in Thüringen", muss in der 2. Hälfte des 17. Jahrhunderts angelegt 
worden sein) bis auf das Jahr 1780, in welchem die Kirche (bei dem Brande von 
1675 verschont geblieben, wie ausdrücklich hervorgehoben wird) durch Feuer im 
Innern vollständig zerstört, in den Mauern stark beschädigt wurde. 1784 wurde 
sie von dem als geschickt gerühmten Rentsecretär J. Fr. Bertram wieder her- 
gestellt, jedenfalls in sehr ungeschickter Weise. (Doch wurde die Kirche noch vor 
dem Schlimmsten bewahrt. Es befindet sich in dem Kirchbach ein Gutachten von 
1780, in welchem ernstlich vorgeschlagen wird, die beiden Portal-Vorbauten abzubrechen, 
um die Längsmauern des Langhauses einzurücken, und die steinernen Thurmhelme durch 
die üblichen, hölzernen, beschieferten Sohweifkuppeln tu ersetsen, durch die, wie es 
in dem Bericht heisst, das ganze Stadtbild besser gestaltet wurde. Glucklicher Weise 
fand dieses Vorhaben bei dem kunstsinnigen Fürsten in Budolsstadt keine Billigung. Wahr- 
haft erquickend und allgemeinerer Kenntniss werth ist dagegen die Einweihungspredigt des 
rudolstadtischen Generalsuperintendenten Biel 1789, welcher mit einem bei der damaligen 
GeistesrichtUDg seltenen, innigen Gefühl und Freimuth den Standpunkt verficht, daas „ein 
übertriebener Eifer gegen allen Schmuck und schonen Zierrath eine Geringschätzung der 
mannigfaltigen Güter Gottes mit sich bringe, und ausser dem notwendigen Worte der Wahr- 
heit auch der ausserlicho Eindruck wichtig sei, Merkmale zur Versinnlichung der himmlischen 
Güter, rar Unterhaltung der Aufmerksamkeit, zur Erweckung guter Empfindungen etc. nützlich 
seien" etc. Vielleicht verdankt die Kirohe diesem würdigen Manne die Bettung ihrer schönsten 
Theile.) Damals wurden die Ostmauern des Langhauses abgebrochen und Chor 
und Langhaus stumpfwinklig verbunden, „wodurch die Kirche an Helligkeit gewann 
und die Aussicht zu Altar und Kanzel frei wurde". Von diesem Bau rühren auch der 
Hauptsache nach das ganze Langhaus mit seinen Fenstern und Thüren (abgesehen 
von den beiden Portalen) und die Holzdecken über Chor und Langhaus her, deren 
Dächer 1785, deren Emporen und übriges Holzwerk 1789 vollendet wurden (in 
welchem Jahre auch die Einweihung stattfand); ferner die vereinfachte Wieder- 
herstellung der Chorfenster und die anderen baulichen Ergänzungen bezw. nament- 
lich Beseitigungen, welche dem Chor und dem Osttheil des Langhauses das 
jetzige nüchterne, theilweise kahle Aussehen verleihen. Doch sind die Aussen- 
mauern nicht durchweg 1784 neu gebaut worden, sondern nur ein Stück erniedrigt, 
zum grossen Theil ausgeflickt, bearbeitet, der Gesimse und Gliederungen beraubt 
u. dergl. Es wird, um Wiederholungen zu vermeiden, gut sein, die einzelnen 



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i hot BraunlitH in Jena. 



Lirhiilruek von Uommltr & Jonas in Drtlüer. 



Ansicht der Kirche zu Stadtilm, von Südost aus. 



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69 Stadtilm. 



Stadtiim, Kirch«. 



darauf bezüglichen Angaben bei Beschreibung des gegenwärtigen Befundes der 
Kirche zu machen. 

Von den Strebepfeilern des Langhauses (welche sich nach dem Grund- 
riss im Geist leicht ergänzen lassen) sind die an den West-Ecken übereck heraus- 
tretenden [solche waren wohl auch an den Ost-Ecken des Langhauses] und die 
drei frei heraustretenden der Nordfront bis fast zu den Scheiteln der Fenster- 
bögen erhalten und jetzt mit Pultdächern abgedeckt, der eine heraustretende der 
Südfront nur als Stumpf bis zur Fensterbank-Höhe, die zwei zu jeder Seite des 
Nord- und Süd-Portales später als Mauer- Anfänge der Portal -Vorbauten benutzt 
Sie sind schmal, aber tief, mit einem kräftigen Gesims versehen, das sich als 
Kaffgesims an den Fensterbänken des Langhauses fortsetzt, darüber mit einem 
Vorderflächen - Gesims ; sie waren früher höher und jedenfalls auch verzierter. 
Das Sockelgesims, wie das Kaffgesims brechen an der Nordfront ein Stück östlich 
von dem östlichen der frei heraustretenden Strebepfeiler, an der Südfront etwas 
östlich von dem Strebepfeiler-Stumpf ab; der Ostbau ist demnach jetzt gesimslos, 
mit Ausnahme des schlechten, hölzernen, überputzten Traufgesimsos , welches 
gegenwärtig Chor und Langhaus umläuft» Die Fenster des Chores sind noch 
spitzbogig, wenn auch im 18. Jahrhundert der Maasswerke beraubt und in der 
damals üblichen Form der Bogenlinien bearbeitet; die drei Ostfenster sind un- 
gewöhnlich hoch. Die Fenster des Langhauses sind im 18. Jahrhundert rund- 
bogig erneuert An den schrägen Seiten führt je eine flachbogige Thür in das 
Langhaus, unter dem westlichsten Fenster der Nord- und Süd -Seite je eine 
rechteckige in die Gruft (Krypta, jetzt Keller) unter dem Westtheil der Kirche. 
Innen im Langhaus einfache Holzemporen auf Flachbögen in dünnem Aufbau 
von 1789. An der Ostfront des Chores ist bei dem Wiederherstellungs - Bau ein 
mächtiger Stein vermauert, dessen nach innen herablaufende Rinne ihn als den 
einstigen Ausguss-Stein (Piscina) der Sacristei erkennen lässt; er trägt die 
Verzierung eines hochgothischen Kleeblatt -Bogens: A mit einem mit Kanten- 
blumen und Kreuzblume geschmückten Giebel. An der Langhaus- Südfront ist 
unter dem östlichen Fenster ein dem frühgothischen Stil angehöriger Stein, ein 
ehemaliger Theilungs - P f o 8 1 e n mit vertiefter Vierpass-(Q-) Verzierung, zum Aus- 
flicken benutzt worden. Oestlich von dem Süd -Vorbau (dicht an demselben) er- 
kennt man auch noch den Rest eines gothischen Bogengiebels (Wimperge), 
welcher einst das Fenster umzog und auch zeigt, dass das einstige Fenster ein 
Stück weiter (nach links) ging, als das jetzige, dass die ehemaligen Fenster also 
breiter waren. Auf den Strebepfeiler-Stumpf der Sfldfront ist ein trapezförmiger 
Stein mit einer Inschrift, leider verkehrt, aufgesetzt und verwittert (nach Guhl: 
Unno bomini mcccplu bic cyrtaci); darauf die von einer wiederum anderen Stelle 
hergenommene, verstümmelte, hochgothische Figur einer stehenden Maria mit 
dem Jesuskinde. 

Mehr Freude, als diese traurigen Reste, bieten die beiden Hauptportale an 
den Langseiten und ihre Vorbauten. Trotz ihrer ebenfalls überall in die Augen 
fallenden Zerstörungen sind diese Theile der Kirche so weit erhalten, dass ihre 
Wiederherstellung im Geiste leicht ist und ihre schmuckvolleren Glieder sind zum 
Theil so schön, zum Theil so interessant, dass sie zu den bekanntesten Werken 
der schwarzburgischen Baudenkmäler gehören und näheren Eingehens werth sind. 



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160 



Stadtilm, Kirche. 



Stadtilm. 70 




Querschnitt der Südportal -Einfassung. 



Das Nordportal besteht [bezw. bestand] nächst dem mit schmalen Stäben 
gegliederten und mit grösserem Rundstab abgeschlossenen, eigentlichen Gewände 
aus einer gewaltigen Abschrägung, welche aussen und innen durch je einen 
grösseren Birnstab: V besäumt ist. Alle diese Theile laufen glatt (ohne Capitelle) 
im Spitzbogen herum, ebenso die die Glieder trennenden Kehlen und Kantenstäbe. 
In der Mitte der im Ganzen als Schrägung bezeichneten Fläche tritt rechts und 
links ein kurzer, starker Dienst vor, mit reichem (schon ganz frei unterschnitten 
gearbeitetem) Blättercapitell , darauf die Figur je eines Apostels, darüber ein 
Baldachin, Über bezw. hinter welchem ein Rundstab das Portal oben umläuft. 

Das Südportal hat diese Profilirung: 
Die Profile ziehen sich, oben spitzbogig 
zusammenschliessend, ohne Capitell herum, 
doch ist die breite Kehle von der Kämpfer- 
höhe an mit einer über einem Fabelthier 
rechts und links anfangenden Reihe gut 
und frei gearbeiteter Epheublätter schön 
geschmückt. Beide Portale sind jetzt durch 
Mauerwerk getheilt, so dass oben der Spitz- f|p^§||||p 
bogen als Fenster, unten eine Rundbogen- 
Thür bleibt Vor das Südportal ist eine 
Vorhalle gelegt (Abbild, auf folg. S.), 
welche organisch und im Verband mit den 
Portal-Einfassungen, also gleich bei dem 
Bau der Kirche hergestellt wurde. An 

Stelle bezw. in Fortsetzung der Strebepfeiler sind östlich und westlich zwei feste 
Wände vorgebaut; an die Wand-Ecken eingelegte Ecksäulen (Dienste) tragen auf 

Kelchcapitellen ein Kreuzgewölbe von 
birnprofilirten Rippen mit Schlussstein. 
Die Wandflächen waren, wie man an 
Spuren sieht, im unteren Drittel durch 
zwei spitzbogige [wahrscheinlich mit 
Kleeblattbögen untertheilte] Blendbogen- 
Stellungen gegliedert Doch sind, da 
diese Blenden später, jedenfalls wohl 
1784, durch eine einzige Rundbogen- 
Blende ersetzt ist, [sämmtliche unteren 
Gliederungen , Wandsäulen etc. fortge- 
hauen und] nur der Zug der Spitzbögen, 
sowie trümmerhafte Reste der sie be- 
krönenden Giebel mit naturalistischen 
Kanten- und Giebel-Blumen erhalten. 
Die äussere Oeffnung der Vorhalle bildet 
ein breiter Spitzbogen von beistehendem 
Querschnitt, der glatt (ohne Capitell- 
Vermittelung) als Pfeiler herabläuft. 
Schmuck und Bereicherung erhält die 




Querschnitt der Einfassung 
der Süd-Vorhalle. 



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71 Stadtilm. Stadtilm, Kirche. 161 



Vorhalle durch die aussen rechts und links abschliessenden, bedeutenden, schräg 
gestellten Strebepfeiler, von denen der rechte (östliche) unten eine spitzbogige, von 
einem Giebel zwischen Fialen umzogene Weihkessel-Nische (unten noch die Ausguss- 
Oeffnung) zeigt. Die Strebepfeiler werden, wie die anderen, von dem Fensterbank- 
Gesims umzogen, welches in wohl abgewogener und wirksamer Weise an der 
Vorhallen-Oeffnung mit in die Höhe steigt und den Spitzbogen kräftig abschliesst. 




SUd- Vorhalle der Kirche zu Stadtilm. 

Durch die auf dem Fensterbank-Gesims ruhenden [leider sehr zerstörten] Tabernakel, 
welche Heiligen-Figuren umschliessen, werden die Strebepfeiler in freier und luftiger 
Bildung unterbrochen; damit die Unterbrechung nicht zu unconstructiv erscheine, 
sind die Giebel der die Tabernakel bekrönenden Baldachine in sehr steiler Form 
gewählt. Diese Erleichterung der Massen erinnert stark an die westliche Gothik, 
noch mehr das Gesims, welches über weit herausragenden, grotesken Wasserspeiern 
die ganze Vorhalle mit Umkröpfung der Strebepfeiler umläuft, und die darauf ruhende, 
an rheinischen Kirchen beliebte Zwerggallerie. Die blinden Kleebögen an den Strebe- 
pfeilern und die frei gearbeiteten, in bester Hochgothik gebildeten Spitzbögen mit 



Stadtilm, Kirche. 



Stadtilm. 72 



Untertheilung von Kleebögen und Dreipässen im Schluss gehören zu den wenigen 
Theilen der Kirche, welche in wohlthuender, geschickter Weise in neuerer Zeit 
wiederhergestellt sind. Darüber freilich stört um so mehr der ruinenhafte Abschluss 
durch ein zum Theil verstümmeltes, zum 1 heil hölzernes Horizontalgesims und 
ein fast flaches Zeltdach aus Ziegeln. 




Nord-Vorhalle der Kirche zu Stadtilm. 



Die Nord -Vor halle legt sich, wie die südliche, mit zwei festen Ost- und 
West-Mauern dem Portal vor. Doch sieht man, dass ursprünglich das Nordportal 
mit zwei geraden, den übrigen des Langhauses entsprechenden Strebepfeilern 
abschloss und an diese als Fortsetzung, aber ohne Stein-Verbindung, die Seitenwände 
angebaut wurden. Dies ist ein Zeichen der späteren Anfügung, ebenso der Um- 



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73 Stadtilm. 



Stadtilm, Kirche. 



183 



stand, dass die beiden Kreuzgewölbe der Vorhalle an den Portal-Ecken auf Consolen 
Auflager finden, in den Flächenmitten aber und an der Aussen-Ecke auf Capitellen 
und Wandsäulen (Diensten). Die Formen der Nord-Vorhalle zeigen gegen die der 
Süd-Vorhalle bei einer nur um etwa 20 Jahre späteren Ausführung doch weit 
interessantere Auffassung. Die Kreuzgewölbe haben gute Birnstäbe: 
als Theilungs- und Diagonal - Rippen und in den Kreuzungen 
Schlusssteine. Die Seitenwände der Vorhalle innen sind in fünf 
Rogenstellungen eingetheilt (wovon die Seitenflächen der Strebe- 
pfeiler ausgeschlossen sind), und zwar sind es zwischen dem Portal 
und der mittleren Wandsäule zwei, zwischen der Mittelsäule und 
dem Aussenpfeilcr drei Felder. So sind ausser der durchlaufenden 
Mittel- Wandsäule noch kürzere, aber ebenso starke Eck-, bezw. Mittel-Wandsäulen 
eingefügt und zu deren Seiten schmale, aufsteigende Kantenstäbe. Dadurch wird 
eine schöne Gliederung erzielt. Von den die Rogenstellungen bildenden Kleeblatt- 




Innenseite der Westwand an der Nord- Vorhalle der Kirche zu Stadtilm. 



bögen : A ruhen die Spitzbögen auf diesen Kantenstäben , die die Rögen unter- 
theilenden Kleebögen aber auf eigenen Consolchcn, und die mit Kantenblumen und 
Kreuzblumen besetzten Rogengiebel laufen (mit ihrer ganzen Profilirung ohne 
weitere Vermittelung, also in ganz schwierigem Steinschnitt) gegen die Wandsäulen 
an. Eine lebendige Abwechselung bietet die westliche Innenseite der Vorhalle 
durch eine rechteckige, in den Treppenthurm führende Thür, welche mit Wulst 




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164 



Stadtilm, Kirche. 



Stadtilm. 74 



und Kehle profilirt ist Die hier beigefügte Abbildung 
des Wanddienst-Profiles giebt zugleich das ThOrprofil an : 
Um der Thüre willen musste die eine Wandsäule in ihrem 
unteren Stück fortfallen und wurde am Kämpferpunkt der 
Bögen durch eine Console ersetzt , welche nach antiken 
Vorbildern als Menschenkopf mit aus dem Munde wachsen- 
dem Blattwerk gemeisselt ist (wie in der Sammlung der 
Kemnatc zu Orlamünde, s. Bau- u. Kunstdenkm. Thüring., 
Westkr. Altenburg, S. 146). Die vier kurzen Wandsäulen jeder 
Wandrläche (bezw. auch die durch jene Console ersetzte) 





setzen sich über den anlaufenden Bogengiebeln 
ein Stück fort und enden mit Capitellen, welche 
als Sockel mit (jetzt stark verstümmeltem) 
Blätter- und Figuren-Schmuck ausgebildet sind ; 
sie waren jedenfalls einst bestimmt, Sculpturen 
zu tragen [welche nicht mehr vorhanden sind]. 
Ebenso sind die Giebelblumcn der Bogen- 
giebel zu breiten Sockeln entwickelt, welche 
prächtigen, hochgothisch unterschnitten ge- 
arbeiteten Schmuck von Blattwerk mit Figuren 
untermischt tragen. [Auch die von ihnen einst 
getragenen Figuren, vermuthlich, der Zahl der 
Sockel nach zu urtheilen , zehn Apostel, 
welche die beiden an dem Portal befindlichen 
ergänzten, sind leider spurlos verloren ge- 



Giebelblume (als Console) des äussersten 
BoRengiebels an der Westwand der Nord- 
Vorhalle der Kirche zu Stadtilm. 



gangen. | — Die Nord-Vorhalle öffnet sich nach 



aussen in einem hohen Spitzbogen von» 
Profil eines mächtigen Birnstabes: 
(an ihm die Steinmetz-Zeichen: A3, 
das erstere auch an anderen Stellen 
mehrfach vorkommend , das letztere ^ 
auch in umgekehrter Form), welcher 
zu beiden Seiten von Wülsten und 
Kehlen begleitet ist. In der äusseren 
dieser Kehlen steigt als Fries, aber 
unverbunden, eine Reihe von je sechs 
fabelhaften Gruppen in frei heraus- 
gearbeiteter Meisselung auf, darüber 
ein wirklicher Fries von Weinranken 
mit vortrefflichem Blattwerk. 

Das Figurenwerk ist in mehr als 
einer Hinsicht merkwürdig. Einerseits 
ist für diese (und an anderen Orten 




Kinfassung der Nord- Vorhalle 
der Kirche zu Stadtilm. 



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75 Stadtilm. 



Stadtilm. Kirotae. 

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165 



befindliche) derbe, höchst alterthflmlich wirkende Bildkunst (welche liier allerdings 
vielleicht ältere Sculpturen bewusst wiedergeben wollte) die hier aus den Baufonnen 
sich ergebende Zeitbestimmung der Mitte des 14. Jahrhunderts wichtig ; andererseits 
ist dieser Figurenschrauck , zumal die Vereinigung mehrerer Gestalten zu einer 
Gruppe, häufig Gegenstand des Nachdenkens und verschiedenster Deutung gewesen. 
(Letztere ist bei der Verwitterung und Verstümmelung der Figuren auch mir nicht 
gelungen, obgleich ich die gewöhnliche Deutung als verschiedene Laster und Sieg 
Aber dieselben nicht ohne Weiteres so hinstellen möchte. Puttrich hat die Figuren 
eingehend, aber zum Theil falsch beschrieben.) Es sind, jedesmal von unten an- 
fangend, folgende Gruppen. Auf der linken Seite : Eule [deren Kopf jetzt fehlt], 
mit einem Gesicht auf der Brust und Fledermaus - Flügeln ; Vögel in Zweigen 
(Puttrich giebt hier noch einen Kinderkopf an, den ich nicht finde): Chiroära 
als Jungfrau - Oberkörper mit Ziegenkörper und Schlangenschwanz *) ; geflügelter 
Drache -, Löwe [Kopf abgebrochen] mit grosser Decke, am Rücken von einem Mann 
ergriffen ; kletternder, kleiner Affe mit Kapuze, ein Band in den Händen, über ihm 
der Kopf eines alten Affen vorschauend. AHf der rechten Seite: Zweibeiniges 
Ungeheuer, auf dessen Rücken ein Vogel [Kopf fehlt]; Frauen - Oberkörper auf 
einem menschenköpfigen, zweibeinigen Ungethüm; weiblicher, verschleierter Ober- 
körper, eine Blume in der Linken, einen Wappenschild mit dem Löwen darauf in 
der Rechten ; Meerweibchen bezw. Sirene [Kopf fehlt] ; Sau, darauf ein Reitender 
[dessen Kopf fehlt] ; menschenköpfiges Fabelthier mit einem Reiter [Kopf fehlt]. — 
Der grosse, die Nord- Vorhalle öffnende Spitzbogen ist so breit, dass zwischen ihm 
und den seitlichen Ecken, welche mit Schräg - Strebepfeilern vortreten, nur ein 
schmaler Raum bleibt; er ist unten rechts und links durch eine in die so ent- 
stehende Ecke eingelegte, kurze Wandsäule mit Blattcapitell [darauf einst eine Figur] 
und darüber einem Baldachin gefüllt, während oben in der Stirnwand (den Zwickeln) 
der Aussenseite einiges Blendmaasswerk von Dreipässen die Fläche belebt. Die 
Eck-Strebepfeiler sind wie die übrigen des Langhauses ausgebildet, der westliche 
noch mit einer [verstümmelten] spitzbogigen , von einem Giebel zwischen Fialen 
überdeckten Heiligen blende unterbrochen. Oben dicht über dem erwähnten Blend- 
maasswerk der Fläche und einem schön gothischen Gesims der Strebepfeiler [über 
welchem diese sich noch bedeutend fortgesetzt haben müssen] ist die ganze Nord- 
Vorhalle roh und hässlich im Mauerwerk abgebrochen und mit einem hölzernen 
Traufgesims abgedeckt worden, auf welches das Dach gesetzt ist. — Noch sind 
zwei Vorsprünge an den Aussenseiten der Nord-Vorhalle zu erwähnen. Oestlich 
tritt ein Pfeiler vom Querschnitt: KJ vor, vom Sockelgcsims und Fensterbank- 
Gesims umzogen, über Fensterhöhe sich in starker, vielgliedriger Ausladung zu 
bedeutender Breite erweiternd, darüber oben abgebrochen, so dass seine einstige 
Bestimmung [was es zu tragen hatte] nicht mehr recht ersichtlich ist. An der 
Westseite tritt aussen der (durch die erwähnte Thür im Vorbau zugängliche) 
Treppenthurm ebenfalls im Grundriss: vor, vom Sockel- und Fensterbank-Gesims 
umzogen (unter letzterem an einem Stein seiner Südseite: /X\), mit Fenster- 
luken, oben abgebrochen. Jetzt ist darauf ein schlechtes, viereckiges Fachwerk- 
Geschoss aufgesetzt, welches eine Wächterstube enthält. 

*) Dtoa itt die dem Alterthutn Dach faJaeba, abar durch du ganze Mittelalter gabaode AuffaMung der 
Chimira; aach noch bat Lathar, Tgl. saina TUchredan in Erlangar Aotgaba Bd. 58, S. 48 o. 60, 8. 87«. 



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166 Stadtilm, Kirche Stadtilm. 76 



Weitaus der hervorragendste Theil der Kirche ist der West bau. Die West- 
fronten der beiden Thürme und des Thurm - Zwischenbaues laufen im Erdgeschoss 
und ersten Obergeschoss in gemeinsamer Aufmaucrung durch, oben durch ein 
Rundbogen - Gesims abgeschlossen. Im Erdgeschoss treten als Theilungen vier 
Strebepfeiler stark vor (die äusseren in Schrägstellung), zweimal abgestuft, mit 
Vorderflächen - Gesimsen , über einem dritten, ringsumlaufenden Gesims aber mit 
Giebeldächern bedeckt gewesen, auf deren First ein Thier sass. Die Gesimsprofile 
und die Aufmauerung mit durchgehender Fuge (bis auf wenige, sichtlich eingestemmte 
Bindersteine) bezeugen die wohl nothwendig gewordene Anbringung der Strebe- 
pfeiler in gothischer Zeit. Am besten ist der nördliche Eck-Strebepfeiler in seiner 
ehemaligen Ausbildung erhalten ; auf diesem und dem nächsten Strebepfeiler sitzen 
noch die Thiere [doch ohne Kopf] : die beiden anderen Strebepfeiler haben jetzt 
Ziegel-Abdeckung in Pultdach-Form. 

Im Erdgeschoss zeigen die Thünnc an der Nord- und an der Söd-Seite je ein 
rein romanisches (jetzt zugesetztes) Fenster. Im Thurm - Zwischenbau nimmt die 
Breite zwischen den mittleren Strebepfeilern das prächtig gewesene Westportal ein. 
Es ist viermal abgestuft, und waren in die Abstufungen je drei Säulen eingelegt, 
[deren Basen und Schafte fehlen, aber] deren verschiedenartig gebildete Blatt- 
capitellc noch erhalten sind, während die äusserste Abstufung eine gekehlte Ab- 
kantung und dahinein gelegten Rundstab zeigt (der, wie in Paulinzelle, oben und 
unten durch Bögen in der Kehle verläuft), lieber dein gemeinschaftlich über Ab- 
stufungen und Säulencapitellen herumlaufenden Kämpfergesims entsprechen der 
unteren Gliederung Abstufungen mit gekehlten Kanten und Rundstäben davor in 
der Bogengliederung; ein eingelegter Rundstab fasst das Portal - Bogenfeld ein. 
Dies zeigt in einer nochmaligen und ringsum geführten Rundstab-Umrahmung eine 
weniger künstlerische, als merkwürdige Meisselarbeit. In der Mitte nämlich erkennen 
wir in äusserst kindlicher Ausführung ein (verschieden, auch ala das Nameuszeiehen dos 
Baumeisters erklärtes) fast froschartiges Men&chenfigOrohen mit viel tu grossem Kopf, mit 
Spittschädel und hochgestreckten Unterarmen und Händen, und darüber einen eiförmigen 
Ausschnitt; das Auffallendste ist, dass die in flachem Relief ausgehauene Figur ihrerseits 
wieder in eine lediglich den Umriss nochmals umziehende Vertiefung des Steines gearbeitet 
ist, dessen Übrige Fläche also wieder vortritt, schmucklos und nur in einer Menge von 
willkürlich hin- und hergehenden Strichen (Zeichen?) vertieft ist. Diese Striche ©der 
Zeichen gleichen zum Theil gothischen Minuskeln oder hebräischen Buchstaben, aus denen 
Worte gebildet sind, doch ist keines dieser Worte wirklich lesbar. Siebt man aber näher 
hinzu, so zerfällt die menschliche Figur in zwei Theile, wie sie der romanische Stein- 
metz gewiss nicht gemacht hat. An der Stelle nämlich, wo in der jetzigen vortretenden 
Figur unter den Armen der Brustkasten anfängt, ist der vorher erwähnte Umfaesungs- 
Umriss so tief eingeschnitten, dass er am Brustkasten die ganze Figur durchschneidet 
Darunter aber sehen wir in der Vertiefung eine gute, menschliche Figur in romanischer, 
steifer, aber gar nicht grotesker Bildung so ausgeführt, dass in richtigem Verhältniss der 
Hals nochmals anfängt, und der Oberkörper, freilich nun des Kopfes und der Arme er- 
mangelnd, sich an einen Unterkörper anschliesst, an dem wir das bekannte, bis etwa über 
die Kniee reichende, straff geschürzte Gewand, wie es der romanische Christus trägt, er- 
kennen, dann die zwei Beine und Füsse in ganz guter, flach gehaltener Gestaltung ( während 
jene grotesken Oberarme rund gemeisselt sind), ferner ein Gürtelband, das rechts und links 



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77 Stadtilm. 



Stadtilm, Kirche. 



167 

=== 



neben dem Gewand in langen Borten mit PuBchel-Enden herabfallt Vergleichen wir diesen 
Theil der Figur mit dem oberen , so liegt es nahe , den oberen für nicht romanisch zu 
halten. Ist erst dieser Verdacht rege geworden, dann liegt folgende Vermuthung nahe. 
Nur der untere Theil der Mannesfigur ist alt erhalten; daran schloss sich in romanischen 
Zeiten der Kopf des Mannes ungefähr an der Stelle, wo jetzt der Brustkasten endet; darüber 
aber eine ganz andere Darstellung. Es könnte der stehende Christus und darüber der Ober- 
körper Gottvaters mit erhobenen Armen gebildet gewesen sein. Die mandelförmige Ver- 
tiefung darüber war dann vielleicht mit dem Relief der Taube gefüllt; ich w&re fast noch 
mehr geneigt, sie nach den Umrissen für eine Bischofsmütze, das Abzeichen eines Kirchen- 




Westportal der Kirche zu Stadtilm. 



patronates zu halten. In irgend einer Zeit nun, in welcher die Figuren ziemlich verwittert 
waren (besonders die oberen Theile des Steines) und in welcher die Kunst die frühromanische 
Scnlptur möglichst grotesk auffasste, vielleicht auch die Erinnerung an die katholisohe Zeit 
verwischen wollte, aber sich kindisch an die Restauration alter Sculpturen machte, was be- 
sonders in der 2. Hälfte des 17. und wiederum im Anfang unseres Jahrhunderts der Fall 
war, hat man vermuthlich das Bogenfeld in der jetzigen Weise hergestellt, den unteren, 
besser erhaltenen Theil besser oonservirend , als den oberen. Dafür spricht auch die nach 
oben bin stärkere Vertiefung des Umrisses. 

Im Innern enthält die einstige (jetzt von der Kirche abgeschlossene und dunkle) 
Vorhalle ein gothisches Kreuzgewölbe mit Birnstab-Rippen auf Ecksäulen mit rohen 
Kelchcapitellen und Kämpfergesimsen; die Säulen, wie die Rundbogen-Blenden an 
den vier Seiten auf Wandpfeilern sind noch romanisch. An dem Gewölbe (und dem 



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1(58 



Schildbogen über der Thür zur Kirche?) Spuren von Heiligen-Malereien. Sonst bieten 
die Thürrae und ihr Zwischenbau im Innern nichts. Das erste Obergeschoss ist, 
um den Unterbau mächtiger zu gestalten , mit dem Erdgeschoss zusammengezogen 
(durch kein Gesims getrennt). Den Thurm - Zwischenbau erhellt hier nur ein ein- 
faches Kreisfenster ; an den Thurmfenstern , welche an jeder freien Seite (Norden, 
Westen und Süden) und bei ziemlicher Grösse reichliches Licht spenden, spricht 
sich schon die Formensprache des Uebergangsstils aus. In mehr malerischer Weise 
als früher ist, um starke Schattenwirkung zu erzielen, die Spitzbogen-Blende, welche 
aussen jedesmal das gepaarte, auf einer Mittelsäule zusammenkommende Kleebogen- 
(ZV)Fenster umzieht, so tief, dass sie die halbe Stärke der Mauer einnimmt ; ferner 
ist sie im senkrechten Theil durch eine Abstufung, in welche ein mit Kelchcapitell 
versehenes Säulchen frei hineingestellt ist, in der Wirkung verstärkt. Eine Ab- 
weichung zeigten dann das Nord- und Süd -Fenster von den beiden Fenstern der 
Westfront. Die beiden ersteren Fenster hatten nur noch im Bogenfeld eine ver- 
tiefte, zierende Rosette (Vorläufer des Maasswerks) im Schluss des Bogenfeldes. 
Die Bereicherung aber der beiden Westfenster durch eine dem Fensterpaar in der 
Mitte vorgestellte, die Bogenblende theilende Säule ist, wenn auch ein von Rom 
und Ravenna herübergenommenes Motiv, lediglich decorativ, sogar uneonstruetiv, 
da die Unterstützung des Bogen scheiteis dem Grundgedanken der Wölbung wider- 
spricht. [Jetzt ist am nördlichen und südlichen Fenster die Mittelsäule durch einen 
Holzpfosten ersetzt und fehlt am nördlichen Fenster die Rosette; am westlichen 
Fenster des Südthurmes fehlt die vordere Mittelsäule und ist die innere durch einen 
Holzpfosten ersetzt] Ueber dem ersten Obergeschoss läuft ein Rundbogen - Fries 
(von gedoppelten Bögen, wie in Paulinzelle) ohne Unterbrechung um den ganzen 
Westthcil. Ueber demselben schloss der Thurm - Zwischenbau ursprünglich mit 
einem Dreieck - Giebel ab, der von einem ansteigenden Rundbogen - Fries begleitet 
war und ein Spitzbogen - Fenster mit Maasswerk enthielt. Nach dem Brande von 
1780 wurde in hässlicher Weise durch Beseitigung des Giebelgesimses und Mauer- 
Ausfüllung oben ein gerader Abschluss hergestellt, und das Spitzbogen - Fenster in 
seinem oberen Stück ohne Stilveretändniss erneuert — An den T h ü r in e n steigen 
auf jeder Seite Über dem herumlaufenden Rundbogen-Fries einfache Eck-Lisenen auf 
und zwar jedesmal in dem nun folgenden, zweiten, dritten, vierten und fünften 
Obergeschoss, welche Geschosse durch herumlaufende Gesimse getrennt sind. Im 
zweiten und dritten Obergeschoss bilden dicht unter den Gesimsen übereck gesetzte 
Zahnschnitt-Friese und dicht darunter Rundbogen-Friese die Verbindung zwischen 
den Lisenen; im vierten Obergeschoss besteht diese Verbindung der Lisenen nur 
aus Rundbogen-Friesen und zwar hier ein beträchtliches Stück unter dem Gesims. 
(Dies Alles auf der Ansicht bei Puttrich falsch.) Die Flächen des zweiten 
Obergeschosses sind leer. Im dritten Obergeschoss sind die Fenster (in beiden 
Thürmen nach Westen, im Südthurm auch nach Süden), welche recht charakteristisch 
für den Uebergangsstil waren: Ecksäulchen (in Abstufungen) mit Schaftring und 
mit Knollenbildung der Kelchcapitelle, welche Kleebögen trugen, später verdorben, 
zugemauert bis auf kleine, spitzbogige Oeffnungen, das südliche auch in seinen 
Säulchen mit Putz überschmiert Im vierten Obergeschoss ist die Wandgliederung 
wiederum stärker, als in dem vorhergehenden Geschoss. An der Nordseite des 
Nordthurmes sind, durch einen Pfeiler getrennt, zwei Paare von schlanken Spitz- 



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7!) Stadtilm. 



Stadtilm. Kirche. 



1<>9 



bogen-Fenstcrn angeordnet , deren Eck- und Mittel-Säulchen Knollencapitelle, doch 
keine Schaftringe mehr haben. An der Südseite des Südthurmes sind bei gleicher 
Eintheilung die Bögen als Kleebügen gezeichnet, sowie statt der unterstützenden 
Mittelsüulen Consoleu, deren linke als Kopf gestaltet ist, und vermittelnde Kämpfer- 




Thürme der Kirche zu Stadtilm. 



170 



Stadtilm, Kirche. 



Stadtilm. 80 




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Hl Stadtilm. 



171 

SL 1 



steine, welche Dreipass bezw. Rosette als Verzierung haben, angeordnet Die West- 
fenster der beiden Thürme waren , den Resten nach zu urtheilen , je drei auf zwei 
Mittelsäulen zusammenstossende Spitzbögen ; doch sind am Nordthurm nur die Eck- 
säulen und ihre nächsten Bogen-Anfänge erhalten, am Südthurm nur ein Stück der 
rechten Ecksäule. In noch grösserem Maasse sind in dem dritten und vierten 
Thurm - Obergeschoss die Ostfenster in ihren Gliederungen zerstört, so dass sich 
nicht sagen lässt , wie weit sie den entsprechenden Fenstern glichen ; im vierten 
Obergeschoss waren wohl auch schon die einander zugekehrten Seiten der Thürme 
mit Fenstern durchbrochen. Dies ist in dem fünften, obersten Geschoss der Fall; 
dies Geschoss, schon in beginnender Spätgothik gebaut, ist ganz in Fenster aufge- 
löst Auch wird hier die Rechteck - Form stärker betont, indem nach Osten und 
Westen jedesmal ein Fenster, nach Süden und Norden aber zwei Fenster von 
gleicher Oeffnungsweite angeordnet sind. Da aber die Langseiten doch nicht die 
volle doppelte Breite der Ost- und West -Seite haben, half der Baumeister hier 
durch die Gliederung nach. Zunächst an den beiden Langseiten durch Verstärkung 
der Mittelgliederung, indem er die theilende Mittel-Lisene schon unter dem Gesims 
dieses Geschosses durch eine rechteckige, schräg aus der Mauer wachsende, mit 
Kleebögen in diesem schrägen Stück verzierte Console vorher andeutete; dann da- 
durch, dass er die Fenstergiebel an den Langseiten naturgemäss die Fenster nahe 
umschli essen und steil laufen, an den kurzen Seiten aber in flacherer Neigung und 
breiterem Abstand von dem Fenster, gewissermaassen ohne es merken zu lassen, 
ebenfalls (wie die Giebel der Fenster an den Langseiten) gegen die Eck-Lisenen an- 
laufen Hess. Unter diesen mit Maasswerk gefüllten Giebeln waren dann alle zwölf 
Fenster gleichartig gebildet, mehrfach in den Einfassungen profilirt und mit Maass- 
werken gefüllt Die hässliche Holzbrücke verbindet die beiden östlichen Fenster der 
einander zugekehrten Thurmseiten. Hier beginnt die Zerstörung des schönen Bau- 
werkes immer trauriger und bedenklicher zu werden ; die Maasswerke in Fenstern und 
Giebeln sind ganz trümmerhaft, die Mittelpfosten der Fenster theils durch Holz- 
pfosten ersetzt (theils auch das nicht einmal] ; die an den Ecken über den Lisenen 
frei aufsteigenden, mit Spitzbogen-Blenden verzierten Pfeiler- Aufsätze (Fialen) stehen 
ganz schief und sind durch viele kreuz- und querlaufende Eisenstangen an die 
Thurmhelme befestigt Diese steigen als massive, achteckige Pyramiden in nicht 
sehr steiler Neigung auf. Dem Auge macht sich übrigens die verschiedene Höhe 
der Helme, welche aus der verschiedenen Breite der Thürme sich folgerichtig er- 
giebt, bemerkbarer, als die Verschiedenheit der Breiten selbst, und so sind diese 
Thürme in optischer Hinsicht ganz lehrreich. Auch die Helme sind baufällig und 
nach allen Seiten schief geworden; von den Kanten- und Giebel-Blumen, welche 
die Fenstergiebel, die Pfeiler-Aufsätze und Helmspitzen schmückten, sind nur wenige 
vollständig erhalten. 

Wenn man aber über alle diese Schäden hinwegsieht bezw. sie im Geiste 
restaurirt, so machen die Thürme mit ihren festen Kanten-Betonungen durch die 
Lisenen in den sämmtlichen Geschossen, mit ihren charaktervollen, horizontalen 
Theilungen und der von der unteren glatten Fläche in jedem oberen Geschoss sich 
steigernden Durchbrechung, Belebung und Verzierung bei verhältnissmässig einfachen 
Mitteln einen ebenso construcüv wie künstlerisch wirkungsvollen Eindruck. 

Das Material ist grauer Sandstein von verschiedener Güte. 

«m- u4 KuaiUmka. TbUitofw«. 8chmrtb.-Ru4fll»Udt I. 12 



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172 



Stadtilm, Kirche. 



Stadtilm. 82 



Adler, in Reiseekizzen d. Berliner Bauakademie 1861, Thüringen, BL 30, gute Anrieht der 
Thormc. — Guh 1. in Förstemann, Thuring.-alcbs. Vor. Nene Mittb. 1846 (VIT), Heft IV; Abdr. 
in Stadtümer Blatter 1851, 8. 109 f. 113 f. 117. 121 f.; 1862, S. 173 f. Nachtrag. Guhl berichtigt 
viele Fehler von Pnttrich, macht aber selbst mehrere, besonders beinglich der Fenster und Friese. 

— v. Hagen, in DentschL Kunst LI 1827, 8. 91. — Heise, S. 28. — Hesse, in Thüringen n. d. 
Harz Vlll, a 306. — (J. C. Hoff mann) Einweyhang d. Kirche 1789, gute and interessante Schrift, 
u, a. mit der Einweihungspredigt von BieL — Kirchlich, darin bes. der Bericht vom Baumatr. Joh. 
Lücke nach dem Brande von 1780. — Lötz, Kunsttopogr. L. — Otte, Handb. d. kirchl. Arcbaol. II, 
1885, 8. 217. — Pattrieh, Denkmale d. m.-a. Baak, etc., 8.31 t, mit eingehender, aber fehlerhafter 
Beschreibung, wohl nur nach den falschen Zeichnungen (von Hauschild), der Sfldwest-Anricht und 
Bildnereien des Nordport&ls Taf. 16. 16 gemacht, sowie mit Literatur -Angaben (z. Th. irrig solchen 
des Ciaterdenserklosters). - Sigismund H, S. 73. 209. 

Schranken zwischen Chor und Langhaus, zur Kanzel passend, durchbrochen 
geschnitzt, mit aufgelegten Fruchtbündeln ; gut Holz, weiss. 
Orgel, von 1788, sehr breit, mit Schnitzerei. 

Kanzelbau, gross, 1788 vollendet Grundriss - Form : "^\___y^" . Erd- 
geschoss drei Korbbögen zwischen korinthischen Pilastern und Säulen (in der 
Mitteltheilung Bereicherung durch frei vorgestellte Säulen). Oben an den Seiten 
über verkröpftem Consolen - Gebälk Balustrade mit Urnen -Aufsätzen, in der Mitte 
die Kanzel, rund, etwas geschweift vortretend, in der Bildung reich, aber schwülstig. 
Oberer Eingang korbbogig zwischen korinthischen Pilastern und Einfassungs- 
Schnitzerei; Gebälk mit Schalldeckel (ohne Deckel); darauf das schwarzburgische 
Wappen und das von Engeln gehaltene Dreifaltigkeits-Dreieck. Holz, weiss mit Gold. 

— Hoffmann, Einwejhnng, S. 8. 

1. Kelch, aus dem 15. Jahrhundert, im 17. Jahrhundert schlecht verändert, 
Fuss rund; am Rand gravirt: CVKRÄT • VOR ; BVT?6€SSG • GT • SORORGIVS 
• B8RTÄTII » ÄVG fll.+ (Conrad von Königsee und seine Schwester Bertha. 

Ave Maria); oben im 17. Jahrhundert 
ein Eierstab-Muster ungeschickt darauf 
getrieben (theils in Punkten ausge- 
schlagen). Am sonst glatten, mit 
Eicheln und Eichenblättern belegten 
Knauf sind die dazwischen vortreten- 
den Cylinder mit sehr schlecht gra- 
virten Männerköpfen gefüllt. Am Schaft 
über bezw. unter dem Knauf sehr 
durch Maasswerk gekünstelt gewesene 
und dann verdorbene Buchstaben : SIR 
(?) bezw. RIÄ . R (?). 16 1 /, cm hoch. 
— 8igiBmund IL 8. 73. 219. 

2. Kelch, aus dem Ende des 
15. Jahrhunderts. Fuss rund , mit 
Blattranken am Rand und gravirten, 
unregelmässig grossblättrigen Mustern 
auf der Fläche, auf die ein Crucifix 
(mit sehr gekrümmtem Körper) aufge- 
i. Kelch in der Kirche zu Stadtilm. legt Der Knauf ist von abweichender 




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83 Stadtilm. 



Stadtilm, Kirche. 



173 



Form, sechskantig ; oben * und unten sind Maasswerke im Gesammt - Umriss 
als sechszackige Sterne: O geschnitten, dazwischen treten Cylinderchen mit: 
S.Ä.I2.C.T.V. vor. Die Maasswerke sind oben zum Theil, unten ganz zerstört 
[der Schaft ganz beseitigt, daher der Kelch auch nicht in seiner wirklichen Höhe 
zu bestimmen]. — Sigismund a. a. 0. 

3. Kelch, aus dem Anfang des 16. Jahrhunderts, gut in den scharfen Kanten 
und kräftigen Formen seiner recht normalen Gestalt erhalten. Sechspass-Fuss mit 
Stegmuster und aufgelegtem Crucifix. Am Knauf Würfel mit (zum Theil falsch 
eingesetzten): HOSIAN (Hosianna), am sechseckigen Schaft darüber bezw. darunter: 

MARIA, bezw. IHESVS. 18 cm hoch. — Sigismund a. a. 0, mit z. Th. falscher Leeung. 

4. Kelch, aus dem 17. Jahrhundert. Sechspass-Fuss, daran auf der unteren 
Randplatte punktirt: IACOB IAROLIM . FIERI . CVRAVIT (liess machen). Auf 
den Feldern sind Ranken und auf zwei Feldern noch Cartouchen mit einem Hahn 
bezw. dem heiligen Georg gravirt, auf den anderen vier die Dreiviertel-Figuren der 
Kirchenväter kräftig getrieben. Am lebendig gegliederten Knauf sind die Würfel mit 
Engelsköpfchen getrieben, nur durch Kehlen getrennt von Eiern mit getriebenen 
Ranken und (zwischen den Engelsköpfen) aufgelegten, hülsenartigen Verzierungen. 
Die durchbrochen geschnittene Verzierung von Engelsköpfen zwischen Ranken, mit 
welcher die Kuppe im unteren Theil umlegt ist, verräth am meisten die Barock- 
Auffassung, während der abschliessende Fries darüber sich älteren Formen an- 
schliesst Die Verzierung der Kuppe ist von Silber, das Uebrige Silber, vergoldet; 
21 cm hoch. — Sigismund a. a. 0. 

Hostienteller, aus dem 
16. Jahrhundert, das Kreuz mit 
segnender Hand, mit: R.M.B. 
1735. Silber, vergoldet 

Hostienbüchse, 1695 
von Graman (s. folg. S., Grabmal 
auf dem Friedhof) und Genossen 
geschenkt Silber, vergoldet. 

[SGlasbilderim Chorfenster, 
noch im Anfang des 17. Jahrhun- 
derts vorhanden gewesen, müssen 
interessant gewesen Bein, nach Um- 
schriften ein Graf von Kevernburg 
und ein Graf von Schwarzburg, 
erstem mit blossem Schwert, wohl 
nur als Zeichen der Gerichtsbarkeit. 
Daraus entstand die auch von Jovius 
aufgenommene, grundlose Sage, dass 
die Ermordung Heinrichs V. 1285 
(Jovius : Heinrichs XI., 1293) durch 
Gunther von Kevernburg hier in 
der Kirche verewigt worden sei. — 
Hess«, in Thüringen u. d. Hart VIII, 

8 3Q7i 4. Kelch in der Kirche zu Stadtilm. 

12* 




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174 Stadtilm, Friedhof, [Kirchen], Kloster. Stadtilm. 84 



Glocken. Im Nordthurm: 1) 1869. — 2) 1782 von Jon. Mayer in Budoletadt, der 
Inschrift nach von dem aas der Feaerebrunst geretteten Erz. 2 Friese. 82 cm Durch- 
messer. — Im Sodthurm: 8) 1780 von Joh. Mayer, mit Sprüchen beittgl. auf den Guss 
nach dem Brande. 2 Friese. 138 cm Durohmesser. — Hoff mann, Einweyhang, S. 4. 

Alter Friedhof, laut Inschrift -Tafel in der den Friedhof gegen Osten ab- 
schliessenden (durch einfache Holzpfosten und Dach zur Halle gestalteten) Mauer 
1606 von H. Sultzner „gemeiner Stadt" zum Besten aufgerichtet Das Portal zu 
dieser Halle zeigt Bundbogen und einige Profilirungen. (Eine eingelassene Tafel 
mit: Nie. Gundermann 1553 als erstem auf dem Friedhof Begrabenen muss von 
einer älteren Friedhof - Anlage her versetzt worden sein. — Sigismund n, & 71.) 
An dieser Wand ein Crucifix aus Holz aus dem 17. Jahrhundert und mehrere 
Grabsteine des 17. und 18. Jahrhunderts mit Inschriften, Belief-Figuren und Em- 
blemen, aus Sandstein, zum Theil sehr gutem seeberger Stein. 

Grabstein. Inschrift für zwei, 1600 und 1603 gestorbene Töchterchen des 
Steuereinnehmers Streubel; darüber Belief: die beiden Gestorbenen knieend vor 
einem Wasserbrunnen, aus welchem Christus mit dem Kreuz in der Hand auf- 
steigt Arbeit mittelmassig. 

Grabsteine, laut Umschriften für den czarischen Leibarzt Mich. Gramann, 
f 1702, und seine Frau Doroth. Sibylle, geb. Kochl. Beide in lebensgrossen, derb, 
aber sorgfältig gearbeiteten Figuren in Zeittracht, vom (am Sockel des Mannes an- 
gemerkten) Bildhauer Aegid. Valentin (aus) Weyda. — Sigi«mundl,8. 215; II, S. 79. 

In der Südmauer 2 Grabsteine, knieende, betende Figuren in Bundbogen- 
Blende zwischen Pilastern, darauf Gebälk mit Rundbogen - Schluss , in dessen Feld 
ein Cartouchenschild mit Spruch. Reiche deutsche Renaissance - Verzierungen an 
den Flächen (Schildwerk etc.), den Zwickeln (Engelsköpfe) und Rundbogen-Feldern 
(Früchte, Todes-Sinnbilder). Laut Unterschriften (zwischen Löwenköpfen mit Tatzen) 
links der Bürgermeister Landgraf, f 1608, rechts (sehr verwittert) wohl seine Frau 
Margaretha (Ä). 

[Andreaskirche, südlich von der Stadt auf dem Berge, von 1286—1495 er- 
wähnt; — Nikolauskirche, nicht nur Altar in der Stadtkirche, 1332 von Graf 
Friedrich begabt (Burkhardt, ürk. t. AnuUdt, Nr. 124); — H 0 8 P i tal k.SL P C 1 1 C 
S. Valentin, 1349 mit Steinen einer deshalb abgebrochenen (3. oder der Andreas-?) 
Kirche erweitert; — Kirche, 1349 aus einer Synagoge hergerichtet; — 
Siechenkapelle, vorhanden gewesen. — Heise, in Thüringen u. d Hin VUJ, S 3ü8. 
809. - Heydenreich, Hirt. d. H. 8ehwartb. 1748, 8. 400. - 8igi«mund n, 8. 77. 78.J 

Ehemaliges Kloster, SchlOSS und St adtbefe SÜQUng stehen in 
so innigem Zusammenhang bezw. sind so in einander verbaut, dass sie hier mit 
einander behandelt werden müssen, obgleich an ihnen in den verschiedensten Zeiten 
und für die ungleichartigsten Zwecke gebaut worden ist. Das Schlossgebäude steht 
am Nordwest -Ende der Stadt, als ein langes Rechteck von Osten nach Westen 
gestreckt; seine Nordfront steht auf der Stadtmauer, seine Südfront geht nach der 
Schlossgasse. An der Südfront tritt dicht bei der Ost-Ecke ein achteckiger Treppen- 



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85 Stadtilm. 



175 



thurm nach Süden vor, in der Mitte der Westfront ein unten viereckiger, oben 
achteckiger Thurm nach Westen. Dies die Hauptgestalt In der Mitte der Längs- 
front läuft im Erdgeschoss ein Gang quer durch (von Süden nach Norden), welcher 
das Erdgeschoss in eine rechte und linke Hälfte theilt Links von ihm befinden 
sich im Erdgeschoss die Reste von dem ehemaligen 

Kl08t6r der heiligen Maria, Nikolaus und Benedict Dasselbe war als 
Cistercienserinnenkloster von Günther VII. von Schwarzburg 1267 in Saalfeld ge- 
stiftet, aber 1275 herverlegt. Eigentümlich ist der Umstand, dass, während dieses 
Kloster als Cistercienserinnenkloster bekannt ist , die Tafel mit der Bau - Inschrift, 
welche jetzt aussen an der Südfront zwischen den zwei Spitzbogen - Fenstern ein- 
gelassen ist, folgenden Wortlaut hat: 

äi?ho . DomiPi . mcc . lxx^vii . vn bl . äwums . 

IPICIATÄ . GST . hGC . DOm? DGI . ÄD . hOBOR€ GhÖ . 
S6 . VIR6IHIS . MÄRI€ . GT . SCI . EICOLÄI . I?€C . I?Ö . 
Vei?€RABILIS . PÄTRIS . B€I?eDICTI . CiVG . hlC . 
SCIffiOPÄLGS (sanctimoniales) *) . IHMITÄNDO . S€CVI?T2IR . 
XR€ . TIBI . GRÄT2IS . LOCVS . MC . SIT . LÄVD€<St* DIGRV. 

(Im Jahre des Herrn 1287 am 26. März ist begonnen dieses Haus des Herrn zur Ehre 
der ruhmreichen, heiligen Jungfrau Maria und des heiligen Nikolaus und nicht minder 
des ehrwürdigen Vaters Benedictus, welchem hier die Klostergenossen durch Nach- 
eiferung folgen. Christus, angenehm sei dir der Ort und werth deines Lobes.) 
Danach scheint mir ausdrücklich hervorgehoben zu sein, dass das hier bezeichnete 
Kloster der Benedictinerregel folgte. Die Annahme bleibt, dass das Kloster, ob- 
gleich des Cistercienserordens , dennoch in gewisser Beziehung Ordnungen, d. h. 
Bevorzugungen (oigene Abtwahl etc.) der Bencdictinerklöster hatte, wie z. B. das 
Cistercienserinnenkloster in Ichtershausen (s. Bd. Gotha, S. 128). Ausgeschlossen 
ist aber auch nicht, dass diese Tafel mit der übrigens in neueren Zeiten durchaus 
nachgearbeiteten Inschrift, welche thatsächlich erst in diesem Jahrhundert hier an- 
gebracht wurde (ihr Vorhandensein an anderer Stelle gab Anlass zu der früher 
verbreiteten Meinung, dass das Cistercienserinnenkloster bei der Stadtkirche zu 
suchen sei), zu irgend einer anderen [vielleicht kleineren, untergegangenen] Kloster- 
stiftung gehörte und zu Unrecht hier Platz hat. Wie dem auch sei, das hier be- 
findliche Kloster, welches geistlich dem Erzbisthum Mainz, weltlich der Schutz- 
vogtei der Grafen von Schwarzburg untergeben war, wurde gegen Ende des 13. 
Jahrhunderts gebaut, wie die Ablassbriefe von 1279, 1300 und 1303 bezeugen (1307 
Propst Wigfrid; Barkhardt, ürk. v. Arnstadt, Nr. 72). Das Kloster erwarb u. A. 1323 
und 1329 den Ort Seebergen bei Gotha theils durch Kauf, theils durch Schenkung von 
den Grafen (Bestätigung nach Otto, Thoringia sacra, S. 676 bei Schmidt, ürk. d. Vögte. 
Nr. 660, fÜicM. Ilmenau; TgL Burkhardt, Ork. v. Arnstadt, Nr. 104. 110. 116), welcher Erwerb, 
nach der Reformation von den Grafen mit eingezogen, später wichtig durch den Aus- 
tausch wurde (s. geschieht!. Einleit). Nach einem Brand von 1492, welcher besonders 



•) Ein kleiner, für die altere SebrifUUllwei gen» intereeaenter Zag Ut, daw alle alten Chroniken bei 
diaaem Klostar^coenobium Mnctimoniilium und nicht, wie eooit meiet, monacharnm Mgen, offenbar Einer 



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176 Stadtilm. Kloster. Stadtilm. 86 



Schlafhaus und Kreuzgang zerstörte, wurde zu Anfang des 16. Jahrhunderts das 
Kloster wiederhergestellt, 1525 von den Bauern nur vorübergehend besetzt (nicht 
geplündert), aber von den Nonnen verlassen, 1533 von den Grafen von Schwarzburg 
eingezogen (der Propst wurde evangelischer Stadtpfarrer in Stadtilm) und verfiel, so 
dass es um 1625 zum grossen Theil in Trümmern lag. Erhalten eine grosse, ursprüng- 
lich zusammenhängende, jetzt fünf Stufen tiefer, als der äussere Erdboden liegende und 




Sogenannte Krypta im ehemaligen Schlosse zu Stadtilm. 



deshalb zu Unrecht Krypta genannte Halle, in der wir wohl den Speisesaal zu 
sehen haben. Der gegenwärtig einen Raum bildende Theil der Halle besteht aus drei 
ziemlich quadratischen Kreuzgewölben nach jeder Richtung (also im Ganzen neun), 
welche auf den Wänden bezw. vier Mittelstützen ruhen. Doch lassen sich zwei 
Bauzeiten unterscheiden. Die drei Joche der Ostseite (zunächst dem Hausgang) 
sind im Beginn der Hochgothik entstanden, stammen also aus der ersten Bauzeit 
um 1300. Einfache Wandsäulen (Dienste) an den Ecken, dreifach gebündelte (für 
die Längs-, Quer- und Diagonal-Rippen) an den Wandflächen tragen die schön als 
Birnstäbe: V profilirten Rippen auf Capitellen, welche, wie auch die Schlusssteine, 



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87 Stadtilm. Stadtilm, Kloster. 177 

mit Blattwerk von Epheu, Hauslaub, Eiche und anderen heimischen Pflanzen in 
den für die damalige Stil-Phase kennzeichnenden, zusammenhängenden Motiven ver- 
ziert sind. Die beiden folgenden Jochreihen der Halle gehören einer Erweiterung 
(nach Westen) in der Bauzeit um 1500 an. Die bisherige Wand zwischen den 
alten und den neuen Jochen wurde bis auf Vorlagen vom Querschnitt: 
fortgeschlagen und auf diese dann (ohne Capitelle dazwischen) spitzbogige 
Tragebögen gesetzt , die an den Wandflächen auf verkehrt-pyramidenförmigen Con- 
solen ruhen. Die späteren Consolen sitzen etwas höher, als die alten Capitelle der 
vorher auch hier aufsteigenden Eckdienste ; um die Wandfläche zu gewinnen, wurden 
diese Eckdienste selbst fortgeschlagen und ihre Capitelle ebenfalls zu Consolen um- 
gearbeitet Die Gewölbe der mittleren und westlichen Jochreibe haben kehl- 
protilirte (V) Theilungs- und Diagonal - Rippen und ruhen in der Mitte auf zwei 
achteckigen Pfeilern, an den Trennungspfeilern zum älteren Theil der Halle aber 
und an der jetzt die Halle abschliessenden Westwand auf entsprechend im Quer- 
schnitt: kJ profilirten Vorlagen, an der Nord- und Sfld-Wand auf verkehrt-pyra- 
midalen, durch Kleebogen - Einschnitte belebten Capitellen. Die Mittelpfeiler und 
Vorlägen haben Capitelle, doch nur die Mittelpfeiler mit plastischem Schmuck, und 
zwar sind es an ihnen, wie an den Schlusssteinen, Blattwerke, welche in der Weise 
der Spätgothik trocken und in getrennten Blättern behandelt sind. Ein Schluss- 
stein mit ringförmiger Oeffnung für das Seil der ewigen Lampe. Die jetzt so ge- 
staltete Halle, mit einer modern-rundbogigen Eingangs-Thür in der Mitte der Ost- 
seite (vom Gang aus) und mit zwei neu - spitzbogigen Fenstern [statt früherer, 
kleiner Fensterluken] im 1. und 3. Joch der Südfront gehört zur Schlosswirthschaft ; 
sie wurde 1882 in sehr anerkennenswerther Weise sauber wiederhergestellt und 
mit stilgemässem Anstrich der Wände und Gliederungen, farbigen Fenstern, grünem 
Kachelofen und passenden Möbeln zu einem Gastzimmer eingerichtet. Merkwürdiger 
Weise fand dies keinen Anklang und wurde wieder aufgegeben; die Halle dient 
jetzt für Turnzwecke, beginnt wieder zu zerfallen, Farbe und Putz bröckeln ab und 
so macht die moderne Ruine bei dem höchst reizvollen Raum einen doppelt be- 
trübenden Eindruck. Der alte Hallenraum endete übrigens nicht mit dieser soge- 
nannten Krypta. Die Westwand ist neuere Zumauerung mit Benutzung zweier acht- 
eckiger Mittelpfeiler. Westlich schlössen sich noch zwei Jochreihen mit ebenso, wie 
die vorigen, gestalteten Kreuzgewölben an, welche nochmals durch eine Zwischenwand 
in einen östlichen und westlichen Keller (der auch Stallraum gewesen) des jetzigen 
Schlossbesitzers getrennt bezw. durch eine Thür verbundon sind; sie sind in ihrer 
schmuckvolleren Ausstattung verfallen und nur zugänglich durch eine rechteckige 
Thür mit Holzfüllung, also dunkel. Von dem westlichen dieser Keller führt eine 
Spitzbogen-Thür in das ebenfalls gewölbte Thurm-Erdgeschoss, das also auch schon 
zum Klosterbau gehört haben muss. Man erkennt noch den Schlussstein mit dem 
Relief einer Taube. 

[Altar des heiligen Bartholomäus, 1333 erwähnt als von Friedrich wiederher- 
gestellt — Burkhardt, Urk. v. Arortadt, Nr. 128.] 

[Grabmäler der Kloster Stifter Günther VII., f 1275, und seines Sohnes 
Günther IX., f 1308, hier gewesen ; — nach Hey den reich auch das von Günther's VII. 
Gemahlin, f 1275.1 




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178 



Stadtilm, Kloster, Schioes. 



Stadtilm. 88 




Südost-Ansicht des ehemaligen Schlosses zu Stadtilm 



Der östlichste Theil des heutigen Schloss-Gasthauses , derjenige, welcher dem 
letzten , rechten Giebel der Südseite entspricht und in seinem Anfang durch die 
breitere Fläche zwischen den Fenstern aussen gekennzeichnet ist, dürfte wenigstens 
in seinem Erdgeschoss in der Anlage mit dem in fünf Seiten des Achtecks vor- 
springenden Treppenthurm und in dem rundbogigen Fenster der Südfront (dessen 
Sohlbank durch eine Holzschwelle ersetzt!) einem Bau der 2. Hälfte des 16. Jahr- 
hunderts angehören ; vielleicht dass er für den gräflichen Verwalter des Klostergutes 
eingerichtet wurde. Ob er mit dem Kloster ausser oder in Zusammenhang oder gar 
mit Benutzung von Mauern desselben hergestellt wurde, lässt sich nicht mehr 
bestimmen. Denn alle früheren Baulichkeiten wurden hier in dem SchloSS 
vereinigt, welches als Residenz zu Anfang des 17. Jahrhunderts für die Brüder des 



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89 Stadtilm. 



Stadtilm, Schloss. 



179 



regierenden Grafen Karl Günther, die damals noch als Prinzen lebenden Ludwig 
Günther and Albert Günther, aufgeführt wurde. Diesem Schlossbau verdankt das 
heutige Gebäude seine ganze Aussengestalt Es wurde wohl seit 1625 (?) nicht 
mehr von Fürstlichkeiten selbst bewohnt, doch noch in Stand gehalten, auch 1735 
erneuert und eine im Obergeschoss belegene Kapelle eingeweiht Dann besonders 
durch den Brand von 1780 beschädigt und verfallend, wurde es 1811 an die Stadt- 
gemeinde verkauft, von dieser dann weiter an Privatbesitzer und gehört jetzt Herrn 
Otto Martini, der einen Theil für Wirthschaftszwecke und als Lagerräume benutzt, 
einen Theil aber, so den grossen Saal des Erdgeschosses rechts (östlich) vom 
Durchgang und Zimmer des Obergeschosses, als Gasthof verpachtet hat Es ist 
aussen, wie innen ziemlich schlecht erhalten. Seine Südfront nach der Schlossgasse 
hin ist die Hauptfront Im Erdgeschoss befinden sich hier ausser den schon er- 
wähnten Fenstern und Thüren drei grosse Rundbogen - Thflren an den Ecken und 
in der Mitte, welche von dem Bestreben einer symmetrischen Eintheilung der Front 
zeugen. Die Profile und Einfassungs - Pfeiler mit einfachen Kämpfergesimsen sind 
ganz gut gearbeitet Ueber der östlichen dieser drei Thüren erkennt man im 
Wandputz die Spur eines rechteckigen , von einem Giebeldach bekrönten Auf- 
satzes [also einer Tafel, welche Wappen bezw. Inschrift trug]. Während die west- 
liche Hälfte der Südfront zwischen den Hauptthüren die verschiedensten schlechten 
Fenster und Thüren zeigt, wirkt die östliche • Hälfte mit den vier gepaarten, 
rechteckigen und in den Stein-Einfassungen gut : profilirten Fenstern eben- 
massiger. Ebenso die Fenster des ersten Obergeschosses, mit welchen übrigens der 
Fachwerk-Bau beginnt. Die Ziergiebel, welche am Längsdach auf sehr hohen, senk- 
recht aufgeführten Aufsätzen ruhen , haben die übliche Form der Spätrenaissance 
(vgl z. B. meining. Schloss in Kranichfeld oder Rathhaus in Saalfeld in Band 
Saalfeld, S. 100. 126 und Lichtdrucke), aber in möglichst einfacher Ausbildung. 
Ihre Fenster haben Stein - Einfassung , doch die theilenden Pfosten, Gesimse und 
Eck-Verquaderungen sind sämmtlich nur in Putz hergestellt Durch das Abfallen 
desselben an der ganzen Front, durch Verschmutzung. Reste aufgeklebter Zettel, 
ein geschmackloses Gasthaus - Schild , die willkürlichen Durchbrechungen und Zu- 
mauerungen im Erdgeschoss , sowie durch das westlich anstossende , hässliche 
Gebäude erhält die ganze Hauptfront eine unerfreuliche Erscheinung. Immerhin 
würden die mächtige Breiten - Ausdehnung , die zahlreichen, steinernen Fenster 
(oben dreizehn Paare), die vielen, beherrschenden Giebel bei einigerraaassen sauberer 
Wiederherstellung den Gesammt- Eindruck zu ganz guter, malerischer Wirkung 
bringen (wie es bei den die störenden Einzelheiten weniger fühlbar machenden Ab- 
bildungen der Fall ist). Zu dem malerischen Bilde tragen nicht unwesentlich die 
Thflrme bei. Der westliche gehört bis zum Aufsatz noch der mittelalterlichen 
Stadtbefestigung an (und ist deshalb dort zu besprechen). Der östliche, welcher 
die ganze Front durch sein kräftiges Vortreten und seine stattliche Höhe belebt, 
ist in seinen rechteckigen Fenster- und Thür-Oeffnungen modern vereinfacht ; in der 
stark eingezogenen Schweifkuppel mit Tabernakel - Aufsatz und kleiner Abschluss- 
Kuppel verräth er das 18. Jahrhundert Die Nordfront des Schlosses ist unten nur 
mit kleineren Durchbrechungen versehen gewesen, zum grossen Theil durch häss- 
liche, spätere Vorbauten (meist Fachwerk) verdeckt und entstellt, oben wie die Süd- 
front entwickelt Der Unterbau dieses Theiles ist zugleich die alte Stadtmauer 



r- 

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180 



Stadtilm, Sohloas, Stadtbefestigung. 



Stadtilm. OCt 



• 

(8. unten). Die Ostfront, welche durch Putzabfall sehr schlecht aussieht, zeigt im 
Erdgeschoss, Obergeschoss und zwei Giebelgeschossen des Satteldaches rechteckige, 
gepaarte Fenster mit Profilen, den anderen Fenstern gleich. 

Im Inneren des Schlosses hat sich wenig von dem Bau der Prinzen erhalten. 
Im ersten Obergeschoss heissen noch einige (jetzt Gast-)Zimmer nach ihnen ; eines, 
jetzt durch eine Zwischenwand in zwei Räuine getrennt, hat eine Stuckdecke mit 
Rosetten und einen Kamin mit Pilasterstreifen darüber als Rest einstiger, einfacher 
Decoration. Vom Flur dieses Geschosses führt eine in den Profilen erhaltene Thür 
in die ehemalige, 1735 eingeweihte, rechteckige Schlosskapelle, welche jetzt 
Lagerraum, das Bild grösster Verwüstung bietet. Noch stehen zwei Eraporen- 
geschosse auf Rundbogen-Oeffnungen, rechts und links mit ionischen Pilastern, öst- 
lich die vor einer Empore im Grundriss: \ / vortretende, im Aufriss gebogene 

Kanzel, westlich die Herrschafts -Empore, Alles von Holz mit einiger Schnitzerei 
in gewöhnlicher Weise. — Im Westthurm hängen sehr hoch und dunkel, nur durch 
Klettern erreichbar, 2 Glocken, deren grössere die Aufschrift des Gusses 1742 
von Joh. Feer in Rudolstadt unter Fürst Friedrich Anton, die kleinere die des 
Gusses 1664 nebst dem vollen Titel des Grafen in lauter Anfangsbuchstaben anzeigt. 

Ayrmann, Sjlloge aneedot I, 1746, 8. 25S t, Urkunden de« Klostert. — Bacelinui, Ger- 
mania laera 1670, Aber das Kloster. — Eccard, Hitt geneal. duc Sax 1721, Aber das SchloBt. — 
Onbl, in Stadtilm« BUtter 1861, 8. 109; Abdr. ane Thttr.-tachi. bist ant Nene lOtth. 1846, Heft 4 
(bei d. Stadt Ob. d. El.). — Hermann, in Tbüring. Yereint-Zeittchr. 1871, S. 84 f, 4b. d. Klotter. 
— Hess, in Tbflring. Vereins-Zeitschr. IV, S. 319 Anm. — Hesse, in Thüringen n. d. Hart VIII. 
8. 299 t Ober d. Kl. nebst Inschrift, 805 Hb. d. Siegel, 306 f. ab. d. Schlote. — Heydenreich, 
Histor. d. H. Schwarzbarg 1743, 8. 41 f. 46 f. 51 f. 86. 899 Ob. d. Klotter, gut a. kritisch, nimmt an, 
dass der Stein mit d. Inscbr. sich nicht auf d. Kl., sondern ein Nebengebäude beiieht, dass Stiftungs- 
urkanden gefälscht sind; 399 ab. d. Schloss. — Kirchbuch der Stadtkirche. — Lotx, Konattopogr. I, 
S. 365 ab. d. Schlote. — O. Martini, mündL MittheiL ab. <L Schloss a. die Glocken. — Olearias, 
Sjntagma rer. thnr, S. 280 £ ttb. d. KL — Otte, Handb. d. KunstarchSoL II, 1885, 8. 417 ab. d. KL — 
(Otto), Tharingia sacra 1737, XVH, S. 661 f. Ob. d. KL mit Stiftnngtnrk. etc. — Puttrich, Denkm.iL 
Bank.! M.-A. in d. achw. L, 8. 31 f. (beid. Stadtkircbe) mit Literat-Aog. — 8cbamelint, in Anbang 
so Lenckfeld, ChronoL abbat bosaugena. 1731, mit falscher OrU- Annahme : nmenaa, aber d. KL — 
8chattgen, Inventar, diplom. bitt Sax sup. 1747, aber d. Kl. — Schaltet, Sachsen-cob.-sa&lf. 
Landesgeech. II, 8. 40 aber <L KL — Sigismund I, & 180. 210 mit der Intchrift des KL; II, 8. 77; 
-LS. 214; H, 8. 73. 78 aber d. Schlott. - Toppiut, Betchr. d. Städte n. Flecken d. Graftcb. 
Scbw. - Treiber, S. 150. — Wegele, NicoL t. Siegen (Thür. Getch.-Qa. LT), S. 366 ab. d. KL 
(InhalttTen. : Ilmenau). 

Stadtbefestigung, in ihrer jetzigen Gestalt im 15. Jahrhundert her- 
gestellt, im 16. verstärkt, war bis in neuere Zeiten verhältnissmässig wohl erhalten : 
gegenwärtig wird ihr Verfall durch Zerstörungen beschleunigt. Der Mauerring 
bildet ein ungefähres Fünfeck, dessen zwei Linien annähernd genau als Süd- und 
West-Linie orientirt sind (also die übrigen : Südost, Nordost und Nordwest), während 
die Nordost- und Südost -Linie durch Abrundung mit einander verbunden sind. 
Den Haupt - Stützpunkt bildete der in der Nordwest - Ecke aufragende Schloss- 
thnrm (der Westthurm des Schlosses). Der Thurm war schon vor dem Schloss 
vorhanden, in den massiven Geschossen ein prächtiges Werk der Zeit um 
1500. Die Stadtbefestigung muss also hart um das damals noch vorhandene 
Kloster herumgegangen sein. Der Schlossthurm ist in seinem gewaltigen, qua- 



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91 Stadtilm. Stadium, Stadtbefeetigung. 181 



dratischen Bautheil nur in der Westfront frei sichtbar; hier im Erdgeschoes ein 
kleines, rechteckiges Fenster, im ersten Obergeschoss ein grösseres, spitzbogiges, 
im zweiten Obergeschoss ein kleineres, spitzbogiges. Dann folgt Aber einem Ge- 
sims der hohe, achteckige Oberbau mit Ecksäulen in zwei Geschossen, die durch 
Gesimse mit schneidenden Schweifbogen-Friesen getheilt sind ; dann noch ein kurzes 
Geschoss aus dem 17. Jahrhundert (Schlossbau) mit dem üblichen Kuppel-Abschluss. 
Das Schloss steht, wie oben erwähnt, mit seiner nördlichen Aussenmauer auf der 
Befestigungs-Mauer der Stadt; ebenso, da die Befestigimg hier in einem Winkel: |-J 
einspringt, das westlich vom Schloss nach Süden gehende, unscheinbare Wirthschafts- 




Plan und Ummauerung von Stadtilm I : aooo. 



Gebäude, wo wir weiterhin grosse, kreisrunde, schon den Geschützen des 17. Jahr- 
hunderts entsprechende Schiess-Oeffhungen, also Bauzeit nach der des Schlosses er- 
kennen; ferner steht das östlich vom Schloss nach Norden gehende Gebäude, welches 
jetzt der Stadt gehört (Lagerraum für Arbeitsgeräthe) , mit seiner Westmauer auf 
der Stadtmauer, wo über später durchgebrochenen Oeffnungen noch die alten, schmal- 
rechteckigen Schiessscharten sichtbar sind. Die übrigen Seiten dieses sonst unbe- 
deutenden, oben in Fachwerk ausgeführten Gebäudes sind neu, auch die spitzbogige 
Erdge&choss-Thür der Südseite. — Die Stadtmauer ist meist erhalten', zum Theil 
in beträchtlicher Höhe (4—6 m), zum Theil auch von Häusern als Aussenmauer 
besetzt, daher besser geschont, als die Thore und Thürme. Verfolgen wir die 



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1R2 



Mauer vom 8chloss aus östlich herum, so zeigt sich im nordwestlichen Zuge gleich 
der höchste der erhaltenen Mauerthürme , quadratisch, mit abgerundeten Ecken, 
jetzt mit einem Ziegeldach abgedeckt Weiterhin nach dem Friedhof zu ein runder 
Mauerthurm, nur noch etwa l m die Mauer Oberragend. An der Nord-Ecke ist die 
Mauer als nicht vortretender, doch an der Aussen-Ecke abgerundeter Thurm höher 
geführt gewesen, jetzt nur um einige Schichten höher, als die Mauer und mit einem 
Ziegeldach abgedeckt Im nordöstlichen Zuge ist die Stadtmauer, da sie hier vielfach 
für Häuser benutzt ist, stark von Thoren und Fenstern durchbrochen. Hier, mehr 
nach Norden zu, ein kleiner, rechteckig vortretender Mauerthurm. Dann im Nord- 
ost-Zuge der Mauer die Stelle eines früheren Thores, wo die Poststrasse (von 
Kranichfeld) in die Stadt hineintritt, noch durch einige höhere Mauerschichten be- 
zeichnet [Bis 1892 war hier die Einfahrt von einem Hause überbaut] Die Ost- 
Abrundung ist zerstört Weiterhin der Südost -Zug, wo sich die Mauer der Ilm 
nähert Hier ein wohlerhaltener, stark heraustretender Rundthurm mit neuerem 
Ziegeldach, unter dem die Zinnen noch erkennbar. Dann in gleichmäßigen 
Zwischenräumen zwei Mauer -Aufsätze, deren ersterer noch mit Zinnen erhalten. 
An der Rudolstädter Strasse zwei Pfeiler des im 18. Jahrhundert erneuerten 
Keller thores. Neben dem linken Pfeiler eine Tafel, Relief einer Ente und: 
1565, wohl ein altes Hauszeichen, der Ueberlieferung nach für eine Wasserstands- 
Marke der Ueberschwemmung von 1611 oder 1613 gehalten. Darüber eine ver- 
mauerte Tafel mit dem Relief des Stadtwappens und darunter in einer Cartoucho: 
ANNO 1565 DIESER ZEIT HANS VOLCKMAR HANS BRÖMEL (?) DEB . MIT- 
BÜRGER BALTZER HARTVNG ANDRES BROMER REMSBORT WEGR . MN . 
MB (?); darüber: REN . 1805. Weiterhin ein Stein eingemauert mit Hammer 
und Picke. Au der Südost-Ecke tritt ein quadratischer Thurm diagonal vor, ziem- 
lich hoch erhalten, mit Ziegeldach. An der etwas eingebogenen Südseite nahe der 
West-Ecke ein Mauer-Aufsatz. Die Südwest-Ecke ist abgeschrägt [Hier trat früher 
ein Thurm vor, in Spuren erkennbar.J Die westliche Seite der Stadtmauer ist 
durch den Mühlgraben geschützt; sie bietet keine besonderen Einzelheiten bis zur 
Nordwest-Ecke, dem Schloss hin. 

Die Wallgräben sind ausgefüllt, zum Theil Gärten. 

Sigiimnnd II, & 78. 78. 

Wohnhäll86r, die modernisirt sind, besitzen mehrfach noch Thüren aus 
der 2. Hälfte des 18. Jahrhunderts. Die steinernen Einfassungen derselben haben 
den Sturz von der Form: _/-\_; die hölzernen Thürflflgel etwas aufgelegtes 
Schnitz werk in Roccoco- Zopf-Mischung, alle ziemlich gleichartig. So Pfarrgasse 
Nr. 20; — Schlossgasse Nr. 246; — Marktplatz Nr. 256; — Am Kirch- 
hof Nr. 262. Nr. 268; — Kirchgasse Nr. 303; — Breitegasse Nr. 323. 

Denkmal auf dem Marktplatz, für den 1785 in Stadtilm geborenen Ton- 
setzer Methfessel, 1888 errichtet als Brunnen. 

[Brücke über die Ilm, alter Gründung, doch in ihrem jetzigen Bestände nicht anf 
altere Zeit turückgehend.J 



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!»3 Stadtilm. 



Stadtilm, Hohe Kreuz. ThIlksdorf. 



183 



Das Hohe Kreuz, 2 1 /» km nordwestlich von Stadtilm, noch heute Grenz- 
stein, zwischen Schwarzburg-Rudolstadt und Schwarzburg-Sondershausen, wie 1552 
(Todesjahr Günthers des Reichen), welches Jahr nebst der Gabel an der Rudol- 
stadt zugekehrten Seite des Steines" eingemcisselt ist. Das Kreuz ist in der That 
ungewöhnlich hoch, 3,4 m, bei einer mittleren Durchschnitts-Breite von 40 cm und 
Dicke von 30 cm; es wirkt durch diese schlanke Form, durch Verjüngung und 
kleeblattförmige Anordnung der drei freien Arme bei aller Schmucklosigkeit gut 
in seiner Lage auf der Bergeshöhe zwischen Bäumen. Sandstein. 



Thälendorf, südöstlich von Stadtilm; um 1381 Taldorf, Thalendorff, Dellen- 
dorf, gehörte bis 1866 zum Amt Blankenburg. — Heina«, 8.26. — Martin, inTharing. 
Veniai-Zeitcchr. 1879, 8. 188. — Sigismund, Landeskunde IL 8. 57. 



und ebenso breiten Erdgeschoss dienende Thurm ist von 1 751 , das 13,8 m lange, 
6,5 in breite Langhaus von 1750, mit Benutzung älteren Mauerwerks im Westtheil 
errichtet Ausbau 1836. Holzdecken, in der Sacristei flach, im Langhaus tonnen- 
förmig. Fenster im Langhaus flachbogig, sonst, wie die Thüren, rechteckig, auch 
am Thurm, der auf beschiefertem, viereckigem, dann achteckigem Geschoss eine 
breite, in abweichender Weise nicht geschweifte Kuppel trägt ; auf dieser ein offener, 
dann ein geschlossener Achteck-Aufsatz und Kuppel. — Heim« a. a. 0. — Kirehboeh. 

- Sigitmnad IL. 8. 68. 

Kelch, mit: Johannes Essefelder Anno tfoo unter dem Fuss, dem zu Sols- 
dorf ahnlich im runden , oben mit aufgesetzten Blumen verzierten Fuss , während 
am kugeligen Knauf nur noch die Löcher [für die eingesetzt gewesenen Rosetten] 
vorhanden sind, die Kuppe un verziert ist. Kupfer, vergoldet, die Verzierungen 
Silber; 23 cm hoch. 

Kelch für Kranke, um 1700, schwer und derb: Fuss rund, Knauf wulstformig. Zinn. 
Zeichen (verachlungenes MS unter drei Kleeblättern; K.8. über Ritterfigur); 17 em hoch. 

Glocken. 1) Von Christ Rose aus Volkstedt 76 om Durchmesser. — 2) 1658 
von Chr. Mayer aus Rudolstadt 62 cm Durchmesser. — 3) 1777 von Jon. Mayer in 
Rudolstadt. 58 om Durchmesser. 

Im Pfarrhaus: Crucifix, der Körper aus dem Ende des 15. Jahrhunderts, 
hager, ascetisch, auf ein Kreuz genagelt, das etwa 50 Jahre älter (etwas zu gross 
für den Körper) ist und an den Enden breitere Platten mit den gemalten, zum 
Theil vergangenen Evangelistenzeichen zeigt Holz, der Körper 65 cm lang. 

[Rittergut, derer von Lauenstein, Thangel, Griesheim, Wurmb; zerschlagen. 

- SigiemoodlL 8. 6a] 




Der als Sacristei im 3,4 m langen 



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184 



Stadtilm «»4 



Sogenannte Schwedenschanzen, südlich von Thälendorf (nach Stadtilm 
zu) , am Forstberge und Grünen Wolfsberge und westlich (nach Solsdorf zu) am 
Diebsteige; grosse, zweifellos künstliche Erd-Aufhäufungen , die grösste ungefähr 
oval, kleinere westlich davon (nördlich) rechteckig und (südlich) kreisförmig. 

(Heidengräber? Spuren in der Flur. — Fragebogen.] 



Wüllersleben, nördlich von Stadtilm; Wüllrislaube, um 1381 Willerszleyben, 
Wollirsleiben etc.; Stammsitz eines gleichnamigen, seit 1272 (Burkhardt, Urk. r. Arn- 
stadt, Nr. 86) erwähnten Adelsgeschlechtes (das 1290 in Königsee das Schloss besessen, 
s. dort). 1290 wurde hier ein Gut der Herren von Weyger vom Grafen Günther 
dem stadtilmer Kloster gegeben; der Ort litt stark im dreissigjährigen Kriege. — 
Heinse, S. 32- — Hesse, Laadeskslender 1804. — Martin, in Thflring. Vereins-Zeitachr. 1887. 
S. 182. - Sigismund, Landeskunde II, S. 88; 217 aber das Siegel. 



20,1 in lang, 10,3 m breit, sauber, geweisst, mit Holzdecke vom Querschnitt: —f — v_ 
und regelmässig angeordneten, flachbogigen Fenstern bezw. rechteckigen Thüren. 
Der im ersten Obergeschoss 3,7 m lange und ebenso breite Thurm ist spätgothisch. 
Eine Inschrift aussen an der Ostseite enthält : f_ mccccc . <^> und ist wohl für : 1500, 
das letzte Zeichen (wie auch das erste) für ein Meisterzeichen, nicht für eine 9 
(oder 4) zu halten. Er hat im Erdgeschoss ein Tonnengewölbe, nach dem Lang- 
haus hin unten eine Spitzbogen -Thür mit Stabwerk, das sich an Kämpfern und 
Scheitel gabelt; am obersten massiven Geschoss an allen Seiten zweitheilige Maass- 
werk-Fenster [deren Mittelpfosten abgebrochen]. Darüber beschieferter Aufsatz: 
achteckiges Geschoss, Schweifkuppel, Tabernakel-Aufsatz, darüber zwei Kuppeln, 
Alles sehr schlank und hoch, so dass der Thurm bei der hohen Lage von Ort 
und Kirche ziemlich weithin, besonders von Norden und Westen, sichtbar ist — 
Sigismund, Landeskunde II, S. 88. 

Ausstattung neu; Holz, weiss mit Gold. Orgel in maassvollem Barock ge- 
halten, gut Taufgestcll, pokalförmig. 

Kanzelbau an der Ostwand, gut, im Stile ähnlicher Bauten aus dem 18. Jahr- 
hundert, doch classischer in den Formen. Erdgeschoss ganz durchgehend mit 
Theilungen durch ionische Säulen und Pilaster; oben in der Mitte die tonnen- 
förmige Kanzel, Rundbogen-Eingang zwischen korinthischen Pilastern; Schalldeckel 
rund, aus dem Gebälk vortretend. 

[Altarwerk, von 1503, in den Besitz des Ministers von Bertrab und dann 
in das Schloss zu Rudolstadt gekommen, s. dort] 

Figuren im Thurm -Erdgeschoss: Maria mit Christi Leichnam auf dem 
Schooss, aus dem Anfang des 16. Jahrhunderts, derb, aber wirkungsvoll gearbeitet 
Maria fast lebensgross, Christus unverhältnissmässig kleiner. 3 Crucifixe, mittel- 




Altar- und Gemeinde-Raum von 1822; 



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i >5 Stadtilm . WOixnanB ioi. 185 

gross, aus dem 16. Jahrhundert; eines ganz gut im Körper. Tauf -Engel, aus 
dem 18. Jahrhundert, schlecht. Alle von Holz, farbig gewesen. 

Kelch, aus dem Anfang des 16. Jahrhunderts, hübsch. Fuss rund, mit ge- 
schlagenem Vierpass-Rand. Am Knauf Würfel mit: ibefbf, dazwischen offene Maas.s- 
werke. Am Schaft oben : Reqptcm, unten: bona fce»«. Silber, vergoldet, 17'/i cm 
hoch. Ilostienteller, mit Vierpass am Boden. 

Kelch, aus dem 17. Jahrhundert. Fuss rund mit Rosettchen als Randmuster, 
am Anlauf mit sechs Lilien getrieben ; ein kleines (Deutschordens- ?) Kreuz aufge- 
legt, Knauf gedrückt - rund , gerippt bezw. gebuckelt. Am Schaft darüber und 
darunter getriebene, hübsche Ranken mit Blümchen. Silber, vergoldet, 15 cm hoch. 

Glocken. 1842. 1866. 1884. 

Ehemaliges S Chi 088 (nach der Ueberlieferung Klosterhof), muss befestigt 
gewesen sein. Denn südwestlich von der Kirche , auf dem Grundstück des Herrn 
Werner, ist noch eine kreisförmige, geböschte Erd-Erhöhung von etwa 30 — 40 m 
Durchmesser und 6 m Höhe erkennbar. 

Ziehbrunnen westlich von der Kirche an der Pommerstadterstrasse ; acht- 
eckige Platten-Einfassung, daran: 1743. 

[Rittergüter. Ausser denen der bei der Ortsgeschichte genannten Familien 
eines derer von Buch, nach Aussterben der Familie den Grafen von Sehwarzburg zuge- 
fallen, soll an der Stelle des Pfarrgutee gewesen sein. Alle zerschlagen und die Gebäude 
verschwunden. — Heinse, 8. 31 - Sigismund II, S. 89.] 




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BAU- UND KUNST-DENKMÄLER 

THtfRIMEIS. 



Im Auftrage der Regierungen 
von 

Sachsen-Weimar-Eisenaeh, Sachsen-Meiningen und Hildburghausen, 
Sachsen-Altenburg, Sachsen-Coburg und Gotha, 
Sohwarzbu rg-Rudol Stadt, 
Reuss älterer Linie und Reuss jüngerer Linie 

bearbeitet von 

Prof. Dr. P. Lehfeldt. 



HEFT XX. 

FORSTENTHUM SCHWARZBURG - RUDOLSTADT. 

Amtsgerichtsbezirke Königsee, Oberweissbach und Leutenberg. 

Mit 5 Lichtdruckbildern und 22 Abbildungen im Texte. 



JENA, 

VERLAG VON GUSTAV FISCHER. 
1894. 



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Amtsgerichtsbezirk Königse 



Inhaltsverzeiehniss. 



Herrn 
Hülfe gilt 



ich Mittheilungen über das Zeughaus in 8chwarsburg ; die Ansicht 
ist nach einer von ihm gefertigten Photographie hergestellt; besüglich der übrigen freundlichen 
die AmUtgerichtsbezirke Königsee, Obanreissbach und Leutenberg das bei dem Amtsgerichts- 



Geschichtliche Einleitung 187 

Allendorf 189 

Kirche 189 

[Kloster] 191 

Bittergut 192 

Aßchan 192 

(Rittergut) 192 

Barigau 192 

[Rittergut] 192 

Bockschmiede, s. bei Döschniu ... 199 

Böhlen 192 

[Kirche] 192 

Kirche 198 

Glockenhaus 193 

Friedhof 194 

194 

194 

Kirche 194 

Rittergut 195 

Döschnitz 195 

Kirche 195 

Pfarrhaus 198 

199 

[Kapelle] 199 



Egelsdorf 199 

Kirche 199 

Hereohdorf 200 

Kirche 200 

Privatbesits 201 

Gasthof 202 

[Kapelle] 201 

Horba 202 

Kirche 202 

Privatbesits 

Königsee 

Stadtkirche 205 

Gottesackerkirche 20« 

[Kreuskirche, Nikolauskirche, Hospitalkapelle] 206 

Landrathsamt 206 

Rathhaus 206 

Privatbesits 207 

[Schloss] 207 

8tadtbefestigung 207 

Mellenbach 207 

Kirche 207 

Taufgestell etc. im Pfarrhaus .... 208 



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VI 



Inhaltsverzeichnis. 



Königsee. VI 



Seit. 

MilbitX bei Paulinselle 80» 

Kirche SO» 

Kirchhof SU 

Oberhain m 

Kirch* SU 

[Kapell«) sis 

[Götsenhain, Mönchskloster] .... SIS 

Oberrottenbaoh sis 

Kirche SIS 

Schwarzburg su 

Kirche S18 



(Schwarzbnrg) 

8chlos» S16 

(Fasanerie) 885 

Sitsendorf ass 

Schule aad Gemeindehaus 885 

Unterköditi ss& 

Rittergut 885 

Unterschöbling az6 

Kirche 886 

Glockenhaas 886 

Wildenspring ss7 

Rittergut SS7 




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Der Amtsgerichtebezirk Königsee. 



er Amtsgerichtsbezirk Königsee wird im Norden von den schwarz- 
burg-rudolstädtischen Amtsgerichtsbezirken Stadtilm und Rudolstadt, 
im Osten von den sachsen-raeiningischen Amtsgerichtsbezirken Saal- 
feld und Gräfenthal, im Süden vom schwarzburg - rudolstadtischen 
Amtsgerichtsbezirk Oberweissbach , im Westen vom Fürstenthum 
Schwarzburg - Sondershausen begrenzt Er ist als Amtsgerichtsbezirk jüngeren 
Datums, indem das geschichtlich viel bedeutendere Gebiet von Schwarzburg in ihn 
aufgegangen ist Dieses, zum Orlagau oder Langwies -Gau gehörig (s. Amtsger. 
Rudolstadt, Einleit), später Besitz der Grafen von Kevernburg, bildete das Stamm- 
land der selbständigen Linie Schwarzburg, welche 1160 durch Abzweigung von 
der alten kevernburgischen Grafschaft zuerst nachweislich entstanden war. Es um- 
fasste die heutigen Amtsgerichtsbezirke Königsee und Oberweissbach und den süd- 
lichen Theil des Aratsgerichtsbezirks Rudolstadt (Herrschaft Blankenburg) und war 
im 12. und 13. Jahrhundert einer der beiden Haupttheile der Grafschaft (Der 
andere war Blankenburg seit dessen Loszweigung vom Staramland Schwarzburg 
1275. Ich lasse im Folgenden die unwichtigeren Besitz-Verschiebungen fort) 1382 
wurde nach Günther's XXII. Tode die Herrschaft getheilt, und kam die eine Hälfte 
an des Verstorbenen jüngeren Bruder und dann (1397) an den jüngsten Bruder 
Heinrich XVII. (XV.) von der Linie Leutenberg bezw. dessen Nachkommen, die andere 
Hälfte an Günther's XXII. Vetter Johann II. von der Linie Wachsenburg und 
dessen Nachkommen. Die Leutenberger verkauften ihren Antheil 1434 an Heinrich 
den Streitbaren von der Linie Arnstadt-Sondershausen, erwarben aber 1550 bei dem 
Aussterben der Wachsenburger deren Antheil. Diese Erbverhältnisse waren es 
übrigens gewesen, welche noch bei Lebzeiten des letzten Grafen Günther XXXII. 
von Wachsenburg die Familienglieder gegen einander aufregten und, da Günther 
mit Umgehung seiner Verwandten Schwarzburg (nebst Königsee etc.) dem Kur- 
fürsten Friedrich verkauft hatte, zu dem schwarzburgischen Hauskriege 1447 geführt 
hatten. Heinrich des Streitbaren Sohn Heinrich XXVI. erwarb 1482 noch pfand- 
weise die andere Hälfte Schwarzburgs von Balthasar von Leutenberg; doch ward 
diese von dessen Sohn 1536 wieder eingelöst und hei erst bei dem Aussterben der 
Leutenberger 1564 an Arnstadt-Sondershausen und zwar an die Söhne Günther's XL., 

Bau- «od Kitottfenka. Thüringen. 8chw»nb..RudoliU4t I. 1 




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188 



Einleitung. 



Könignee. 2 



bezw., mit seiner anderen Hälfte vereinigt, bei der Theilung 1571 an Albert von 
Rudolstadt. Zur besseren Uebersicbt der ziemlich verwickelten Besitzverhältnisse 
möge die folgende Tabelle dienen; auf ihr sind in stärkerem Druck alle Herrscher 
angegeben, welche Schwarzburg ganz oder zum Theil besessen, mit Beifügung ihrer 
Regierungszeiten über dies Gebiet. (In Klammern sind die Regierungszeiten der 
betreffenden Herrscher über ihre Stammgebiete angegeben, wenn solche sich nicht 
mit der Herrschaft über Schwarzburg decken.) Die durch den Vertrag von 1371 
entstandenen beiden Theile der Herrschaft sind mit a. und b. bezeichnet. 

Slim von Kevernbnrg, 1141 Graf von Suarseberc 



Hoinrlch I. 
1160-1184 



Günther III. von Hävern bürg 



Heinrich IL 
1184-12S1 



IV. 



m. 

1851—1»» 



Günther VII. 

(im— m») tw-n» 



Günther LX. 1275—1289 

I. > 

Gant 1k. r XII 1489—1308' 



1275 



Vertrag 
1346 



Vormundschaft 1808 — 1316; Theiluo« 1340 

Günther XVLU. Heinrioh IX. (1316—1361) 

Wachsenburg 1314—1361 

1 Vertrag Theilung 136» 
Johann II. 1 s7 1 Günther XXII Gunthar XXVIII. Heinrich XVII. (XV ) 

1364—1407) 1362—1382 (1862—1397) Ittenberg 

b. 1882-1407 a. 1382-1397 (1362-1412) 



Heinrich V. 
Blankenburg 

Heinrich VII. 
Blankenburg- 
Arnstadt 

Heinrich X. 



\ 



a 1S97 — 1412 



Günther XXV. 

Arnstadt- 
Sondersbansen 

Günther XXIX. 



(Günther XXX., t 1395) 



Heinrich XIV. (XXII 
a. 1412 — 1438 



Heinrich XXI 

b. 1407-1426 



Günther XXX II 

b 1407—1450 



XV IL (XV.) 
(1488—1463) 

a. 1430-1434; 

b. 1460—1463 

Balthasar 

(1468—1521) 
b 1463—1482 

Johann Heinrich 

(1621 — 1555) 
b. 1636-1635 

Philipp 
b. 1655-1564 



Heinrich XXIV. 
der Streitbare 
(1416—1444) 

Heinrich XXVI. 
(1444—1488) 

a. 1444—1488 ; 

b. 1488—1488 



Günther X XX Vlll 



der Aeltere 
u.b. 1488—1498 



(1488—1626) 
».a.b. 1408—1626 



d. Jünger«, Bremer 

(1488—1681) 
a. m.b. 1498— 1513 
a- n.b 1626 — 1531 

Heinrich IIXU 

(1581-15S8) 
e, 1681—1588; 
b. 1581-1586 



Günther XL., der Bai che 
(1696—1688) 

a. 1638—1552 

a. 1558 — 1571; b. 1664—1671 
Theilung 1671 
Jobann Günther L Albert VII. 

(1671 — 1686) 1611 — 1606 

Linie Sondershansen Linie Bodotstadt 

e. u. b. 



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3 Königsee. 



Einleitung. 



Allkkdokf 



189 



Das anmittelbare Gebiet von Königsee war ursprünglich ein Theil der Herr- 
schaft Arnstadt gewesen (s. Gesch. d. Amtsger. Stadtilm), gehörte jedenfalls im 14. 
Jahrhundert der Linie Arnstadt- Sondershausen (1361 ; Burkhard t, ürk. t, Arnstadt, 
Nr. 162) und kam vermuthlich bei den Regelungen unter Günther XLI. unter das Amt 
Schwarzburg. Gegen Ende des 17. Jahrhunderts wurden der Amtssitz nach Königsee 
verlegt (doch blieb noch der Name: Amt Schwarzburg, so bei Treiber 1756) und 
Oberweissbach davon losgetrennt, sowie einige Orte, welche zum damaligen Amt 
Blankenburg geschlagen wurden (also später mit diesem in das Amt Rudolstadt 
aufgingen); das Rentamt in Schwarzburg wurde erst 1851 aufgehoben. 

Anemolter, Der schwanburg. Hanskrieg, Schulprogr. Rudolstadt — Apfelstedt, Hau 
Kevernburg-Schwarzburg, dargest. in Stammtafeln 1890; danach beiw. nach Grote verbessert, die hier 
angenommenen Zahlen der Herrscher. — Gregorii, Das jetst florirende Thüringen 1711, S. 198t — 
Hesse, Badolstadt u. Schwartbnrg 1818, bes. 8. 124 1 n. Aom. 101 f. — Hesse, Landeskalender 1808. 
— Hejdenreieh, Histor. d. H. Schwaixbnrg 1748, bes. 8. 407. — Sigismund, Landeskunde H, 
S. 109. 146. - Treiber, GeschL- u. Landesbeschr. 1756, 8. 184 f. - S. a. Geschichte des Schlosses 
Schwartbnrg und Literatur-Angaben dafür. 



Allendorf, ostsüdöstlich von Königsee; Aldindorf, wo 1282 Güter von den 
Grafen Günther IX. und Heinrich X. an das paulinzeller Kloster gegeben wurden 
und 1387 die Familie von Greussen Güter besass, 1379 und 1506 Allendorf, um 

1381 Ollendorf. — Heinse, S. 48. — Hesse, Landeskalonder 1809. — Martin, in Thflring. 
Vereins-ZeitBchr. 1887 (N. F. V), 6. 183. — Bein, Thnringia eacra. — Sigismund, Landes- 
kunde IL S. 123; 216 Aber das Siegel. — Stechele, in Thflring. Vereins-Zeitschr. 1882, S. 59. — 
Voigt, Mineralog. Beise durch d. Hersogth. Weimar, 8. 20 f. — Werneburg, in Erfurter Akad. 



ist hoch oben eine Tafel mit undeutlich gewordener Inschrift eingelassen: [Knn]o 
1520 Me VI. [fr.] mefe apli« irtcepta et inetwrata efl b. bomoc bei, conwmata 

apt. 12 bte metfeie nmti b b. (dann folgt der Scheitel eines Schweifbogens 

und:) + ein e tarn . . . (Im Jahre 1520 am 6. Tage des Monats April ist dieses 
Haus Gottes begonnen und wieder in Stand gesetzt worden, vollendet aber am 12. 
Tage des Monats Juni . . .). [Ablassbrief von 1520 nebst Reliquien in dem 1817 
abgebrochenen Altar gefunden.] Von dieser alten Kirche ist jedoch, mit Ausnahme 
vielleicht einiger Mauern , nichts erhalten. Das jetzige Gotteshaus ist ein einheit- 
licher, einfacher Bau von 1817 bezw. der Thurmbau von 1756, Alles 1882 restaurirt 
(Jahreszahlen aussen über der südlichen Thurmthür), sehr gediegen, meist aus grossen 
Quadern mit bedeutender Eck - Verquaderung aufgeführt. Altar- und Gemeinde- 
Raum sind zusammen 26,6 m lang und 11,4 in breit, mit stuckirter, in der 
Scheitelfläche mit einigen Ornamenten versehener Holztonne. Thurm - Erdgeschoss 
5,4 m lang, 3,7 m breit, durch einen grossen Rundbogen gegen die Kirche geöffnet 
Fenster und Thüren regelmässig angeordnet (die letzteren an der Nord- und Süd- 
Seite des Langhauses und des Thurmes), gross und rechteckig. Rechteck -Fenster 
in den drei massiven, gesimslosen Geschossen des Thurmes, über denen ein be- 



Jahrb. 1884, & 93. 



Kirche. 




An der Westfront des Westthurm es 



1* 



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190 



Königsee. 4 



schiefertes, viereckiges Geschoss mit Rundbogen - Fenstern, die achteckige Schweif- 
kuppel, Tabernakel - Aufsatz und Zwiebelkuppel den üblichen Abschluss bilden. — 
Pf. Schepa im Kirchenbuch schrieb 1775 die Inschrift «o auf, daas ich danach einige undeutliche 
Buchstaben ergäuzte. Nur laa er die Jahreszahl: 1220, bemerkte jedoch dazu, dasa Bein Anita Vor- 
gänger Hoeniger: 1520 gelesen habe (wbb richtig ist), und dara am Scbluas wohl deutsche Worte: 
harn, trbot}. d.h. damals erbaut, gestanden hätten, was nicht glaublich ist - Sigismund H, 8. 186, 
richtig: 1520 am Thurm. 

(Innen-Ausstattung, 1859 erneuert, von Holz, classisch gehalten und ein- 
heitlich, wirkt durch den Anstrich, weiss mit spärlichem Gold, zusammengenommen 
mit den ganz weiss gestrichenen Bänken und Wänden, unkirchlich und würdeloser, 
als es den ganz guten Formen nach der Fall zu sein brauchte. Emporen ziehen 
sich in zwei Geschossen um die Langseiten und die Westseite herum, im ersten 
und zweiten Geschoss von ionischen Pfeilern gestützt (deren Zahnschnitt-Gebälke in 
ungeschickter Weise die Emporenbrüstungen in den Mitten ihrer Höhen treffen), 
während korinthische Pfeiler mit Gebälkstücken die Decke stützen. An der Ostseite 
schliesst sich an die Emporen der Kanzelbau hinter dem Altar an. Sein 
Erdgeschoss mit drei Durchgängen zur Sacristei zwischen ionischen Pilastern, sowie 
frei vor die Pilaster des Mittel-Durchganges gestellten Säulen. Auf dem verkröpften 
Gebälk befinden sich Urnen und über den Seiten - Durchgängen Giebelkrönungen, 
dahinter durchbrochene Brüstungen (in gleicher Höhe mit dem ersten Emporen- 
geschoss) ; zwischen den Säulen, das Gebälk unterbrechend, die Kanzel, von Tonnen- 
form. Oben rechteckiger Eingang, einfassende, korinthische Pilaster mit Flammen- 
Aufsätzen und geschweifter Giebel mit dem daran vortretenden Schalldeckel. 
Tauf gesteil als Urne auf einem Säulenstumpf.) 

Altar werk auf der Nordseite der Kanzel-Empore, um 1480 gearbeitet, noch 
mit hochgothischen Zügen. Im Mittelschrein und an den Innenseiten der Flügel 
stehen einander gleich grosse, durchschnittlich 48 cm hohe Figuren und zwar im 
Mittelschrein Maria mit einer Krone, das Jesuskind, welches einen Apfel hält, im 
Arm haltend, zwischen mehreren Heiligen, welche zwar zum Theil ihrer Abzeichen 
beraubt, aber durch Erscheinung, Tracht und Haltung genügend gekennzeichnet sind 
(von links) : Petrus, Paulus und Johannes der Täufer, Benedictus, Johannes der Evan- 
gelist und Bartholomäus (dieser unsicher). Im linken Flügel : Laurentius, Katharina 
und ein heiliger Papst (vielleicht Urban) ; im rechten Flügel ein Bischof, Margaretha 
und Georg. Die Figuren haben die vorgebogene Körperstellung der Spätgothik, 
aber noch die zu grossen Köpfe und steif-puppenhaften Körper der hochgothischen 
Kunstweise. Trotz der Mängel ziehen einzelne durch die treuherzige Auffassung 
an, und die ganze Reihe der 12 Heiligen wirkt, wenn man von den Beschädigungen 
absieht, reich und feierlich, wozu das viele Gold der Trachten (bei wenig Blau und 
Roth), Kronen, Geräthe etc., das glatte Gold des Hintergrundes und die Baldachine 
beitragen. Diese sind in jedem Schrein als fortlaufender Rundbogen-Fries geschnitzt, 
innen von Kleeblattbögen : A begleitet, mit Kanten- und Giebel-Blumen besetzt und 
durch Fialen getrennt, in sehr hübscher Weise ausgeführt Der Rahmen ist mit einem 
aufschablonirten Blattwerk in Gelbgrau auf Braun bemalt; dies das^rzeugniss des 
18. Jahrhunderts. Damals fand eine Erneuerung des Werkes statt, welche jedoch 
mehr die Aussengemälde der Flügel (auf dem linken oben Oelberg und Judaskuss, 
unten Gefangennahme und Geisselung Christi, auf dem rechten Dornenkrönung und 



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5 Königsoe. 



Allkkdorf. 



Kreuzigung, Kreuzabnahme und Auferstehung) betroffen und verdorben hat Von 
daher auch die auf die Rahmen der Aussenseitcn schablonirtcn , abscheulichen 
Rosettenfriese, in Grün auf Schwarz. — Sigismund n, S. 124. 

Altarwerk auf der südlichen Kanzelempore, mit: (1489) auf der Aussen- 
seite des rechten Flugeis. Auf der Rückseite eine Restaurations - Angabe : H.R. 
1606. Saalfelder Arbeit besserer Art. Im Mittelschrein stehen Figuren in einer 
in Thüringen ungewöhnlichen Anordnung: in der Mitte Maria, von Christus allein 
gekrönt, umgeben von Heiligen, welche, durchschnittlich 43 cm hoch, eine obere 
und eine untere Reihe einnehmen, links oben Magdalena und Erasmus, unten 
[Sebastian fehlt jetzt, die Unterschrift ist erhalten] Ursula, rechts oben Wolfgang 
und Andreas, unten Barbara und Christoph. Die Figuren sind trefflich erhalten, 
auch in den Abzeichen, und durch Unterschriften (von theilweise komisch-falscher 
Schreibweise) erklärt, niedlich und zierlich geschnitzt Der Mittelschrein wirkt noch 
besonders gut durch die reich-goldenen, mit Mustern gepressten Hintergründe und 
durch die Anordnung der Baldachine, welche, im Ganzen als Schweifbögen: C\ 
mit Maasswerk-Füllung, Kanten- und Giebel-Blumen reich durchbrochen geschnitzt, 
in der Mittel-Abtheilung des Mittelschreines tiefer als an den Seiten herabreichen. 
In der Mitte tritt auch ein künstlich und fein mit Maasswerken geschnitzter Sockel 
hinzu. Die durchbrochenen Schnitzwerke waren sämmtlich als Blend - Maasswerke 
gedacht und mit blauem oder rothem Papier unterlegt [Der Mittelsockel sah also 
nicht so, wie jetzt, wo die Papiere zum Theil fortgerissen sind, einem Käfig 
ähnlich.) Die Flügel enthalten Gemälde ; innen sind die Anbetung der Könige und 
die Empfängniss Mariens in bekannter Auffassung des gejagten Einhorns, das sich 
in den Schooss der Jungfrau flüchtet, mit saftigen Farben unter Verwendung von 
Gold zu Geräthcn, Heiligenscheinen und Hintergründen ausgeführt, aussen der Tod 
Mariens in stumpferen Farben und mit Gelb in Heiligenscheinen u. dergl. Einzelne 
Köpfe sind ganz gut, die Malweisc aber von auffallender Altertbümlichkeit und 

Gebundenheit. — Heime, S. 49. - Sigismund I, S. 218, mit falwber Jahreeiabl: 1484; 
D, 8. 124. 

Kelch, aus dem Ende des 15. Jahrhunderts, hübsch. Fuss mit heraus- 
geschlagenen Vierpässen: £3 als Randmuster; ein Crucifix aufgelegt. Am Knauf 
kräftige Würfel mit: ibtfbe, dazwischen schiefgezogene Maasswerke, oben durch- 
brochen, unten voll. Schaft darüber bezw. darunter: ibeftoe . maria bezw. agiw« 
bei. Silber, vergoldet 17'/« cm hoch. 

Kelch, hübsch. Sechspass-Fuss; auf der sehr breiten Randplatte: ANNO 
DOMINI 1565 COMPARATVS EST CALIX ISTE ALLENDORFENSIS LAVDE 
DIVINA; darunter: IGNATIO GOLDELIO ECCLESIAE ALLENDORFF. 
PASTORE . EITEL CONRADO CLOCKH PRAEFECTO SCHWARCZBVRGENSI 
und Gewichts- Angabe. Auf einem Feld ein Crucifix aufgelegt Knauf kugelig, mit 
theils getriebenen, theils durchbrochenen Eiern. Kuppe gross. Silber, vergoldet; 
Goldschmiede-Zeichen {Ä) \ 21 cm hoch, Kuppe 12'/» cm Durchmesser. 

Hostienbüchse, 1637 von Ursula Backer, geb. Fichte gestiftet laut In- 
schrift im Lorbeerkranz, der nebst Wappen und Ranken am runden Körper gravirt 
ist An dem Fuss und dem hübschen Deckel gravirte Blattwerke; der Deckelknopf 
als Rosette gebildet Silber, vergoldet. 

[Messgewand, 1863 vorhanden gewesen. — Sigismund 11, 8. 124.] 



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102 



Allehdobv. Aschaü. Barigau. Böhlen. 



Königsee. 6 



Glocken. 1) 1713 von Joh. Rose; kleiner und grosser Rankenfries ; Engelsköpfe; 
schwarzburgisches Wappen; Ps. 95,1 lateinisch; am Rand Ps. 150,1 deutsch. 120 cm 
Durchmesser. — 2) 1785 von Job. Mayer in Rudolstadt, mit zwei Friesen. 96 cm Durch- 
messer. - 3) 1785 von Joh. Mayer, mit zwei Friesen, SOLI DEO GLORIA und: HERR 
LASS DIES THOENEND ERTZ etc. 80 cm Durchmesser. 

[KlOSter, der Sage nach von Mönchen, welche Elxleben (s. Amtsger. Stadtilm) 
wegen einer Seuche verlieasen, bewohnt, dann vom Landesheim eingezogen, vielleicht ein 
Klosterbof. — Sigismund IL, 8. 125.] 

Rittergut, einst der Herren von Greussen und anderer Besitzer, dann in 
zwei Wirtschaften getheilt, 1724 von der Familie Oertel erworben, das jetzige 
Gebäude 1857 errichtet — Sigismund II, 8. 126. 

Im Besitz des Herrn Gustav Oertel: 

8tock, aus der 1. Hälfte des 18. Jahrhunderts, Stammchen mit Benutzung der 
Wurzel zum Griff, welcher in künstlicher Weise als Crucifti und Drache geschnitzt ist 
— Glas, von 1649, mit Blumen und der Dreifaltigkeit bemalt 



Aschail, ostsüdöstlich von Königsee; 1370 Äscha. — Hesse, Land Kalender 
1809 auafthrl. - Sigismund, Landeskunde IL S. 122; 217 Ober da« Siegel. 

(Rittergut, im Besitz der Herren von Ilten, Poseok, 1719 von Brandenstein. 
Röder, 1868 Mohr. Nichts Altes von Bedeutung erhalten. — Sigismund».*, 0.) 



BarigtU, südlich von Königsee ; 1370 Barg, 1539 zum Parige, 1586 zum Barsch. 
— Hesse, Landeskaieuder 1811. — Sigismund, Landeskunde IT, 8. 137; 217 aber das Siegel. 

[Rittergut, einst der Herren von Röder, verschwunden. — Sigismund II, 

8. 138,] 



Böhlen, westsüdwestlich von Königsee; Belen, 1442 Belin, 1506 Belen. — 
Heinse, S. 50. — Hesse, Laadeskalender 1809. — Sigismund, Landeskunde IL S 127; 218 
ober das Siegel. - Stechele, in TMring. Vereins-Zeitschr. 1882, S. 69. - Werneburg, in 
Erfurter Akad. Jahrb. 1884, S. 20. 

[Kirche, ältere (dies wohl die Kapelle der heiligen Anna), 1822 abgerissen, 
stand nördlich von der jetzigen Kirche, wo der Friedhof-Eingang. Hier Mauerreste 
erhalten.] 



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7 Königsee. 



193 



Kirche, 1753 bezw. 1822 gobaut hoch und schön gelegen. Einfaches Recht- 
eck, mit Holzdecke vom Querschnitt: _y \_ ; regelmässig angelegte, rechteckige 
Fenster und Thüren. Auf der Westseite ein beschieferter Dachreiter als Viereck- 
Geschoss, darauf Schweifkuppel, Tabernakel-Aufsatz und Kuppel. — Heini«, 8.50. 
— Sigismund II, 8. 12a 

Kanzelbau hinter dem Altar, in classischem Stil, ganz interessant Unten 
ist er zugleich Sacristei - Verschlag , mit ionischen Pilastern besetzt; in der Mitte 
tritt das Gebälk im Halbkreis vor, durch vier ionische Säulen unterstützt; oben 
befindet sich an den Seiten die durchbrochene Brüstung und dazwischen tritt dem 
Unterbau entsprechend die Kanzel als Halbkreis-Bau vor, mit korinthischen Säulen 
und Gebälk gegliedert Der ganze Holzbau ist frei und schön entwickelt, weiss 
mit Gold gefärbt 

Altarwerk-Reste aus dem Anfang des 16. Jahrhunderts. Die Flügel, an der 
Ostwand oben zu den Seiten der Kanzel, 1886 wiederhergestellt; Figuren. Links 
die Heiligen Nikolaus, Katharina und Petrus (welcher bei der Wiederherstellung 
statt der Schlüssel ein Kreuz in die Hand bekommen hat) ; rechts Paulus, Barbara 
und ein heiliger Bischof. Farben erneuert, Baldachine ganz neu und einfach ge- 
schnitzt — Der Mittelschrein des Altarwerkes ist auseinander genommen, von den 
Schnitzwerken die Mittelfigur, eine Maria mit dem Kind auf dem Arm, an der Süd- 
wand oben über der Kanzel-Empore angebracht; die Nebenfiguren des Mittelschreines : 
Martin, Johannes der Täufer, Cyriacus oder Antonius (ein Kind im Arm, ein Un- 
gethüm zu Füssen) und eine weibliche Heilige, vielleicht Elisabeth, sind am Sockel 
der Kanzel angebracht Diese Figuren recht gut — Sigismund a.a.O. 

4 Büsten an der Kanzelbrüstung, weibliche Heilige mit Reliquien-Oeffnungen, 
standen vielleicht einst in der Oeffnung des Altarwerk-Sockels. 

Kronleuchter, aus dem Ende des 17. Jahrhunderts, 
Stange mit Kugel, acht Arme, oben Blumen. Bronze. 

2 Altarleuchter, aus dem 18. Jahrhundert, rund, mit 
derbem Fuss und mehrfach gegliedertem Schaft. Bronzo. 

Kelch, 1717 durch Sammlung gestiftet laut Inschrift 
auf dem Fuss, welcher Sechspass - Form : O hat Anlauf 
mit Blattfries umlegt. Knauf kugelig, in sechs Buckeln, mit 
hübschen, getriebenen Mustern von Muscheln in Bändern. 
Silber, vergoldet mit Zeichen (F; G\K)\ 23'/» cm hoch. 

Kelch, aus dem 18. Jahrhundert. Sechspass - Fuss, 
achtkantiger Birnknauf. Silber, vergoldet, Zeichen (augs- 
burger Pinienzapfen und G.E); 24 cm hoch. 

Hostienbüchse, mit Inschrift von: J.E.v.H. 
(Holleben) und A.M.E.V.H. nebst dem Holleben 'sehen 
Wappen auf dem Deckel und mit getriebenen Blumen an vo ™? 7 u ,' 7 a in s der'Sie 
der Büchse. Silber. 




3 

Knauf des Kelches 



GlOCkenhaUS, nördlich ron der Kirche. Glocken. 1) 1882. — 2) 1775 
von Joh. Mayer, mit Blatterfries. 90 cm Durchmesser. — 3) 1849. 



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194 



Böhlen. Dörnfeld. 



Königsee. 8 



Friedhof. Erbbegräbnis* der Familie von Holleben, von 1800, mit den 
Wappen von Holleben und Norman, einfach. 

Im Besitz des Herrn Pfarrers Voigt: 

Seidel. I.B. 1762 in Cartouohe auf dem Deckel gravirt Am Seidel selbst gravirte 
Roooooo-Cartouche, darin ein Amor mit Pfeil und Bogen, zu Haupten: G.H.; Spruchband 
mit: Ich ewinge mehr durch meine Pfeile, als Hercules mit seiner Keule. Zinn. 

Glasgefässe, aus der Zeit um 1750—1780. In eines eingeschliffen: I.A.H. 
(Harras) in Cartouche und Palmzweigen; in eines: R.L. (Lusthftuser) in Gartouche; einige 
mit eingeschliffeneu Vertierungen. 



Dörnfeld an der Haide, westlich von Königsee (so genannt zum Unterschied 
von Dörnfeld an der Ilm im Amtsger. Stadtilm ; dagegen Thurnifelt, Durnevelt etc. 
in Urkunden 1120, 1136, 1144 vom Papst, 1179 vom Bischof von Halberstadt, vgl. 
Schannat, Faid. ürk. u. Schulte», Direct dipl. ist Altdörnfeld, siehe Band Weimar, 
S. 2); um 1381 Dorrenvelt, 1506 Dornefelt uff der Heyde, seit 1528 reformirt, ge- 
hörte (mit Barigau) den Besitzern des Rittergutes. — Hesse, Landeskalender 1809. — 
Martin, in Thüring. Vemns-Zeitechr. 1887, S. 138. — Sigismund, Landeskunde II, 8. 118 
Stachele, in Thonng. Yereins-Zeitachr. 1882, S. 59. — Warneburg, in Erfurter Akad. Jahrb. 
1884, S. 82. 

Kirche [an Stelle einer des heiligen Stephan], 1680 gebaut (an einem Stein 
über dem mittelsten Fenster der Nordfront ist die Inschrift: DN.IVLI FRESEN 
HOLLAND HONORARIVM XX. THAL. ANNO MDCLXXX sehr überstrichen), 
1863 restaurirt. Einfaches Rechteck von 16,4 m Länge, 6,8 m Breite, mit geputzter 
Holztonne und rechteckigen Fenstern und ebensolcher Thür. Auf der Westseite 
ein Dachreiter mit Schweifkuppel etc. Innen-Ausstattung aus der 1. Hälfte unseres 
Jahrhunderts: Taufgestell als Dreifuss, Kanzel bau an der Ostwand über 
ionischen Pilastern u. s. w., Alles von Holz, weiss mit Gold. — Heinse, & 51. - 
Sigismund II, S. 119. 

[Altarwerk, 1863 vorhanden gewesen. — Sigismund a. a, 0.] 
2 Altarleuchter, aas dem 18. Jahrhundert, rund, mit mehrfachen Gliederungen. 
Bronze. 

Taufkanne, mit: Juliane Elisabeth von Beulwite und ihrem Wappen, wohl 
von 1753 (wie die Hostienbüchse). Zinn. 

Kelch, von kräftiger Form des 16. Jahrhunderts. Sechspass-Fuss mit durch- 
brochenen Vierpässen als Randmuster; auf einem Feld ein Crucihx aufgelegt Am 
Knauf Würfel mit : it>e6t?e , dazwischen gravirte Maasswerke. Am Schaft darüber 
bezw. darunter : go (Gott) bilf bezw. maria t . (tecum dominus). Silber, vergoldet, 
19 cm hoch. 

Kelch für Kranke, aus dem 17. Jahrhundert, zierlich. Sechspass-Fuss, Knauf 
gedrückt-kugelig, Schaft sechskantig. Silber, vergoldet, 12 cm hoch. 



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i» Königsee. 



Dörnfeld. Döschnitz. 



105 



Kelch, aus der Mitte des 18. Jahrhunderte. Sechspass-Fuss, am Anlauf mit 
einem gerippten Fries umlegt ; ein ebensolcher um den birnförmigen Knauf. Silber, 
vergoldet; Meisterzeichen (Mohnkapsel (?); Q; IP.F); 23 cm hoch. 

Hostienbüchse, aus dem Anfang des 18. Jahrhunderts, klein, mit einigen 
Ornamenten ; auf dem Deckel Wappen der Anna Rechröderin (Reckeroth), geborenen 
Rotterin (Röder), gravirt Silber. 

Hostienbüchse, von Juliane Elisabeth von Beulwitz 1753 geschenkt laut 
Inschrift und Wappen, länglich-rund, gerippt Silber. 

Glocken. 1) Ttnno t>m ijctf (1520) go« mid? b. cicglcr, Reliefs der 
Kreuzigung und Auferstehung. 

Ehemaliges Rittergut der Familie von Roeder, 1820 der Gemeinde, dann 
G. Brückner, jetzt Herrn Markgraf gehörig. Einfaches Gebäude; über der Thür 
das Wappen von Roeder und: 1753. Im Erdgeschoss gewölbte Küche; in einem 
Zimmer ein Ofen, daran: 1753 und das schwarzburgische Wappen, Pyramiden- 
Aufsatz mit Relief - Figuren , ganz hübsch; im Obergeschoss ein Saal mit eben- 
solchem Ofen und einigen Deckenmalereien aus der Brückner'schen Zeit — Sigis- 
mund a. a. 0. 



Döschnitz, südöstlich von Königsee; Töschnitz, Teschnitz, gehörte den Be- 
sitzern des Rittergutes, der Familie von Schaumburg und fiel dann mit deren 
anderen Gütern (Rohrbach, Wittgendorf und Dittrichshütte) der Landesherrschaft 
heim. Der letzte Besitzer Sebastian Leonhard von Schaumburg (t 1503, s. S. 197) 
wies seiner Gemahlin Euphrosync, geb. Pappenheim, das Mannslehngut zu Dösch- 
nitz als WittwensitZ an. — Heue, Landeakalender, Jahrg. 181t - Sigismund, Landet- 
künde IL S. 150. 



welche 15% auf Kosten der Wittwo des Sebastian Leonhard von Schaumburg, 
Euphrosyne, geborenon Erbmarschall von Pappenheim, erweitert, jedoch 1732 
wegen Baufälligkeit, Kleinheit und, wie es charakteristisch für die Zeit heisst, 
wegen Mangels der Hellung abgebrochen ward. Mit Benutzung von Mauerwerk 
wurde die Kirche 1732 unter eifrigem Betreiben des Pfarrers Scharst und mit 
Unterstützung vieler Gemeindemitglieder, welche er sorglich der Nachwelt über- 
lieferte, gebaut, jedoch wegen des siebenjährigen Krieges erst 1770 eingeweiht. 
Sie ist gross, Chor und Langhaus zusammen 23,3 m lang und 11,9 m breit, das 
Thurm - Erdgeschoss 5,6 m lang und 4,2 m breit Es öffnet sich nach dem Lang- 
haus in einem mächtigen Spitzbogen noch vom alten Bau her, welcher jedoch jetzt 
durch Emporen und Orgelbau verdeckt ist Ueber Chor und Langhaus ist eine 
Holzdecke vom Querschnitt: ( \, nach dem Chorschluss abgewalmt, gezogen. 
Die Decke hat (durch Stiftung der Familie Bock) wie die Emporen (Stiftung des 



Kirch e. 




Eine ältere Kirche stand hier, 



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196 



Döschnitz. 



König«». 10 



Mich. Grosse aus Wittgendorf) recht gefallige, zart gefärbte Stuckirung mit Band- 
werk noch im Regentschaftsstil. Sie trägt viel zum freundlichen Aussehen des 
Inneren bei, zusammen mit der Anordnung der um die Langseiten und die West- 
seite laufenden Emporen. Korbbögen : r — > tragen die zwei Emporengeschosse und 
die Decke; um die Pfosten derselben nicht in drei gleichmässigen Stützen über 
einander zu wiederholen, ist die untere Stützenstellung als Reihe ionischer Pilaster 
bis zum zweiten Emporengeschoss hindurchgeführt, die obere darauf als Reihe korin- 
thischer, in den Capi teilen mit Köpfen versehener Pilaster. Grosse, regelmässig an- 
geordnete Flachbogen-Fenster geben der Kirche reichliches Licht, rechteckige in allen 
Geschossen des Thurmes. Je eine rechteckige, an den Ecken verkröpfte: t j 1 ~" Thür 
führt in die Mitte jeder Langhaus -Seite, mit einer (im Schilde jetzt leeren) 
Cartouche bekrönt, und (ohne diese Bekrönung) in die Nord- und West-Seite des 
Thurmes. Das Aeussere der Kirche ist einfach. Auf dem massiven Thurmtheil 
ein beschiefertes, viereckiges Geschoss, dann ein achteckiges, Schweifkuppel, Taber- 
nakel-Aufsatz und Kuppel. — Heinse, S. 63 - Kirchbach. — Sigismund II. 8. 150. 

Orgel, 1751 von den Gebrüdern Wagner aus Schmiedefeld gefertigt, mit 
etwas Schnitzerei. — Kirehbuch. 

Taufstein, 1737 von Joh. Martin Borgmann gestiftet, achteckig, gut und 
kräftig in den Profilen, bei einfacher Hauptform des breiten Sockels, des als Pfeiler 
gestalteten, mit Cartouche (darin die Inschrift) versehenen Schaftes und des gesims- 
artig profilirten Beckens. Gute Ausführung in sogenanntem schwarzburger Marmor, 
d. h. Alabaster, welcher rosa und grau marmorirt ist. — Kirchbach. 

Altar- und Kanzel-Bau, durch monumentale Würde und echtes Material 
vor den anderen des Landes ausgezeichnet, eine Stiftung des Nikolaus Linke. 

Grund- i . Der Altartisch, welcher sich, zugleich als Postament der 

ri8S- Sr Säulen dienend, rings herum zieht, ist in den Flächen aus 

Form : 1 1 schwarzem, döschnitzer (wirklichem) Marmor, in den Gesimsen 
aus hellem Marmor hergestellt. Ebenso sind die Basen und korinthischen Capitelle 
der Säulen hell, die Schafte dunkel, übrigens in den Verhältnissen sehr gut 
Zwischen den Säulen steigt der Kern des Kanzelbaues als Pfeiler auf, an der 
Vorderfläche mit einer profilirten Umrahmung: , oben mit dem Schmuck 

zweier Engel, an den Seiten mit heraustretenden, ' ^ oben volutirten Pilastern 
aus graugelbem, roth gesprenkeltem Marmor hergestellt, darüber das hohe, den 
Mittelpfeiler und die Säulen gemeinschaftlich abschliessende Gebälk, aus dunkel- 
grauem Marmor. Hierauf I ruht ein Aufsatz, als eine Art Attika, dieser allein durch 
das Profil des Aufrisses: ) dem Barockstil Rechnung tragend; er ist an den 
Seiten von Voluten eingefasst, aus gelbbraunem Marmor hergestellt, mit einigen Um- 
rahmungs-Linien, deren weisses Aussehen durch rauhe (gestockte) Arbeit gegenüber 
der Politur der Fläche erzielt ist. An diesem Aufsatz tritt die Kanzel selbst vor. 

— Die Pfosten, welche den oberen Eingang tragen, sind ebenso, wie einige Ver- 
zierungen unten und an den Seiten des Schalldeckels, spätere Zuthaten von Holz. 

- Kirchbach. 

Crucifix an der Vorderwand des Kanzelbaues, aus dem 18. Jahrhundert, 
von Holz, der Körper 1852 neu vergoldet; der Schädel am Kreuzesstaram ist 
von Marmor. 



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11 Königs«©. Döschnitz. 197 



A 1 1 a r w e r k - Mitteltbeil im ersten Thurm-Obergeschoss hinter dem Orgelbau, 
aus dem Anfang des 16. Jahrhunderts, saalfelder Arbeit, Die heilige Anna tragt 
das Jesuskind, vor welchem Maria steht, ihm eine Traube reichend; zu den Seiten 
die Heiligen Sebastian und Barbara; recht gute, wohl erhaltene Figuron. Als 
Hintergrund reicht ein in Mustern gepresster und vergoldeter Teppich bis zur Hals- 
höhe der Figuren, Aber welchem die gemalten Köpfe der beiden Männer der heiligen 
Anna (Joachim und Kleophas) hervorschauen, so dass hier eine freilich gegen die 
übliche Anordnung enger begrenzte, heilige Sippe zusammengestellt ist. 

2 Figuren ebenda, aus gleicher Zeit, nicht dazu gehörig, Maria mit dem Kind 
und Magdalena, schlecht, mit auffallend langen Hälsen geschnitzt 

Grabstein im ersten Thurm-Obergeschoss, an der Westwand links durch die 
hier herauf führende Holztreppe zum Theil verdockt und beschädigt (wohl, wie der 
andere Grabstein, 1732 hier angebracht). Gute Renaissance • Arbeit um 1580. In 
einer Nische knieen links ein Ritter auf einem Löwen, welcher seinen Kopf auf 
des Ritters Helm legt, ihm gegenüber seine Gemahlin vor dem zwischen ihnen 
befindlichen Gekreuzigten. Ueber dem Gebälk der Nische ein schmalerer Aufsatz 
mit dem Relief der Auferstehung zwischen Pilastern und Gebälk, darüber Dreieck- 
Giebel mit dem Relief Gottvaters. Zu den Seiten des Aufsatzes und zu den Füssen 
der Knieenden vier Wappen, deren aber keines dem der Ritter von Schaumburg 
entspricht, deren einen man hier vermuthen müsste. (Das erste hat die Schaf- 
scheere der Ossmannstedt's etc.; das zweite, wie es scheint, einen Kalbskopf, das 
vierte die Henne von Henneberg.) 

Grabstein neben dem vorigen, in der Mitte der Westwand, im Orgelkasten 
selbst und durch den Bau desselben ganz abscheulich verstümmelt Man erkennt 
die rechteckig umrahmte Nische mit einfassenden und mit theilenden Pilastern, 
deren Schafte mit Wappen geschmückt, deren Capitelle als Compositcapitelle ge- 
bildet sind. In jedem Feld ist der [in den Armen zerschlagene] Oberkörper eines 
Ritters und seiner Gemahlin, aber des Unterkörpers beraubt und mit dem Leib 
unmittelbar auf den Sockel gesetzt worden. Stücke eines Armes, der knieenden Beine 
des Ritters und andere Bruchstücke der einst sehr sorgfältig gemeisselt gewesenen 
Figuren (wie Köpfe und Tracht zeigen), liegen am Boden im Orgelgehäuse. Links von 
diesem traurig zerstörten Werk ist ein« Tafel eingelassen, mit: ANNO MDXCIII 
DEN 4 FEBRVARI IST DER EDLE GESTRENGE VND ERNVESTE SEBA- 
STIAN LEONHARD VNOV (statt VON) SCHAVMBVRGK ZV DESCHNITZ, 
KROSTEN VND WITGENDORFF IN CHRISTO SELIGLICH ENTSCHLAFFEN 
VND FOLGENDES DEN 9 FEBRVARII HIER IN DER KIRCHEN ZVR 
DESCHNITZ CHRISTLICH ZVR ERDEN BESTATTET WORDEN WELCHER 
SEELEN (Gott gnade). 

Die Grabsteine sind von Sandstein, gefärbt gowesen, denen der Marschälle von 
Pappenheim in der Kirche zu Gräfenthal (s. diese in S.-Meiningen, Kreis Saalfeld, 
S. 215 f.) durchaus ähnlich. 

8igiimnnd II. 8. 160. 

2 Relief platten an der Altar-Rückwand, beim Neubau befestigt über einer 
älteren , ebenfalls hierher versetzten , rundbogigen Sacramentnische. Sie stellen 
Kreuzigung und Auferstehung in kleinen Figuren dar und gehören, dem Sandstein, 



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108 



Döschnitz. 



Königsee. 12 



der Zeit (um 1580) und dem Stil nach zu den vorher beschriebenen Grabsteinen, 
so dass wir sie wohl als Aufsatz-Tafeln [zerstörter] Grabsteine der Familie Schaum- 
burg auf Döschnitz ansehen können. 

Webeteppich an der Nordwand des Langhauses, oben mit den beiden 
Wappen und Namenszügen des B.L.v.S. (Bastian, d. h. Sebastian Leonhard von 
Schaumburg) und seiner Gemahlin (Euphrosyne, geb. von Pappenheim; ihr Name 
ist oben abgeschnitten), wohl von der letzteren um 1596 gestiftet Die Darstellung 
des guten Hirten, in dessen Borte die erklärenden Worte (oben : Meine Schafe hören 
etc., unten: Wer von Gott ist etc.) eingewebt sind, von Schafen umgeben, in einer 
Landschaft mit Stadt und mehreren Bergschlössern im Hintergrund ist von einfacher, 
würdiger Zeichnung und etwas ungelenker Ausführung. Der Teppich ist aber aus- 
gezeichnet durch tadellose Erhaltung. Die Farben sind vielleicht etwas verblichen, 
die Fäden aber nicht im allergeringsten verletzt, so dass der Eindruck des Bildes 
ein unversehrter, der Teppich also ein Werk von höchster Seltenheit ist 

Gedenktafefan der Osteeito des Chores hinter der Kanzel, für Pfarrer Job. Wolfg. 
Wintzer, t 1751; ovales Schild mit Inschrift; an den Seiten Voluten mit Blättern, auf 
welchen Genien sitzen, oben eine Krone unter Muschel-Verzierung. Holz. 

Gedenktafel der vorigen gegenüber, für den Sohn des Vorigen, Dr. pbil. und med. 
Job. Gottfr. Wintzer, t 1750, ovales Schild mit Voluten und Genien, wie das vorige: um 
dae Schild herum ziehen rieb noch Weinranken mit Trauben; oben die Krone, unten ein 
Wappen, gleichfalls mit Traube. 

Gedenktafel an der Südwand, enthält noch eine Inschrift für den Pf. Wintzer in 
gering geschnitztem Kähmen. 

Gem&lde, Pfarrer-Bildnisse , an der nordöstlichen Chorwand Joh. Christoph Linder- 
stodt, f 1786, an der südöstlichen Chorwand Joh. Gottlob Scherr, t 1800. 

2 Altarleuchter, aus dem 18. Jahrhundert; auf vier Kugeln der breite 
Fuss, dann der vielfach gegliederte Schaft und breite Teller. Bronze. 

Taufschalo, mit Umschrift der Verehrung durch Sophie Magdalene Rie- 
mann, geb. Bocklitz von Saalfeld 1738, mit Spruch aus Ep. Joh. 5, v. 7 und Ranken- 
werken in Gravirung am Rand. Zinn ; 5,7 cm im Durchmesser. 

Kelch für Kranke, aus dem 16. Jahrhundert Sechspass-Fuss, mit blindem 
Stegmuster am Rand und gravirtem Kreuz auf einem Passfeld. Knauf gedrückt- 
kugelig, mit gewundenen Eiern an der unteren Seite. Kuppe hoch. Silber, ver- 
goldet, 12'/» cm hoch. Hostienteller, ursprünglich nicht dazu gehörend, mit 
Weihekreuz, aus vergoldetem Kupfer. 

Kelch, aus dem 18. Jahrhundert, mit Sechspass-Fuss und Birnknauf. Kupfer, ver- 
goldet, 17' /, cm hoch. 

Glocken. 1) 1847. - 2) 1819. - 3) 1873. 

Pf&rrh&U8. Wappen aus dem 17. Jahrhundert, vermauert, Volutenschild, 
durch Uebertünchung kaum erkennbar. Daneben der Oberkörper eines Flöte 
blasenden Engelsfigürchens vermauert. 



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13 Königaee. Döschhitz. Eoklbdorp. 199 



Ehemaliges Rittergut, bis 1554 (1596?) derer von Schaumburg, 1680 von 
Melchior Heinrich von Rotleber an Hans Bock zu Meura verkauft, später zu einem 
Freigut geworden, das 1851 zerschlagen wurde. Reste des Edelhofes neben der 
Pfarrei; im Erdgeschoss eine steinerne Rundbogen -Thür. — Kaufbrief von 1680 im 
Pfarrhaus. - Heime, 8. 63. - Heise, Landcskalender 1812. - Sigismund II, S. 161. 

BOCkSChmlede oder Sorbltzschmiede, 2 km westnordwestlich von Döschnitz im 
Sorbitzgmnde. [Kapelle, noch im 18. Jahrhundert allwöchentlich benutzt, seit 1800 ver- 
fallen. — Heinse, S. 64. - Hesse, Landeskalender 1812. - Sigismund a a. 0.] 



Egelsdorf , südlich von Königsee ; um 1381 Eygeldorf (1506 Giselszdorff?). — 
Hesse, Landeskalender 1810. — Martin, in Thflring. Vereins-Zeitschr. 1887, 8. 133. — Sigis- 
mund, Landeskunde II, 8. 132. — Stechele, in Thüring. Vereins-Zeitschr. 1882 (N. F. H), S. 69. 
- Wernebarg, in Erfurter Akad. Jahrb. 1684, S. 94. 

Kirchs [an Stelle einer älteren, unter dem Patronat des Klosters Paulinzelle 
gewesenen, mit einem verehrten Marienbild in der Mauer] von 1684 (Jahreszahl im 
Putz aussen an der Thurm - Südseite) , 1723 und 1774 (Jahreszahl auf der Wetter- 
fahne) restaurirt ; einfach. Rechteck für Altar- und Gemeinde - Raum zusammen 
17,3 m lang, 6,9 m breit, mit Holzdecke vom Querschnitt: _f \_ , rechteckigen 
Fenstern und ebensolcher Thür; Emporen. Westthurm im Erdgeschoss 2,2 m lang, 
2,5 m breit; Oberbau beschiefert, Viereck-Geschoss, darauf Schweifkuppel, Tabernakel- 
Aufsatz und Kuppel. — Heinse, 8. 62. - Sigismund II, 8. 182. 

Taufgestell, aus der 2. Hälfte des 18. Jahrhunderts, rund, mit gegliedertem 
Sockel, Baluster-Schaft, Halbkugel-Becken und etwas Schnitzerei. Holz, weiss mit 
Gold. 

Kanzelbau, aus gleicher Zeit, hinter dem Altar; unten Sacristeiwand mit 
canellirten Pilastern, oben Ost-Empore mit Balustrade, dazwischen die Kanzel, vom 
Grundriss : {J, mit Ecksäulen und otwas Flächen-Schnitzerei. Oberer Eingang rund- 
bogig, zwischen Säulen, die, als Lorbeerstränge gestaltet, das Gebälk tragen. Holz, 
weiss mit Gold. 

Lesepult, aus gleicher Zeit; auf dreibeinigem Fuss Candelaberschaft, darauf 
flach durchbrochen geschnitztes Brett mit Engelskopf als Pultträger; hübsch im 
Gedanken, roh in der Ausführung, Holz, weiss. 

2 Altarleuchter, aus gleicher Zeit, rund, mit gegliedertem Fuss und 
balusterähnlichem Schaft. Bronze. 

Kelch, spätgothisch. Fuss rund mit sechs getriebenen Pässen, darauf ein- 
fache Blatt-Ornamente und ein Kreuz. Am achtfach getheilten Knauf abwechselnd 
vier glatte Flächen und vier Felder mit Blatt-Ornamenten, wie am Fuss. Der Schaft 



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200 



Egklbdorf. Hkrectipokf. 



Königuee. 14 



über und unter dem Knauf vierkantig , der Schafttheil über dem Knauf darüber 
mit: MARIA (die beiden letzten Buchstaben zu einem Monogramm vereinigt). 
Silber, vergoldet, 16 cm hoch. — P£ Grein er, Mittbell. 
2 Glocken, 1875. 



Herschdorf bei Königsee, südwestlich von Königsee; um 1381 Hertwirsdorf, 
1401 Hertwigsdorf, später Hersdorff. — Heue, Landeskalender 1810. - Martin, in 
Tbfiring. Vereins-Zeitachr. 1887, S. 183. — Badoist Archiv, Copien ron Stiftungen nnd Zinsen au» 
d. 16. Jahrb. - Sigismund, Landeskunde II, S. ISO. 

Kirche. Der runde, im Erdgeschoss 3,4 m im Durchmesser haltende West- 
thurm stammt aus dem Mittelalter, vermuthlich aus gothischer Zeit, doch lässt sich 
keine bestimmte Bauzeit feststellen ; kleine Lichtspalten, wie sie während des ganzen 
Mittelalters Üblich waren, sind später erweitert Der Thurm macht einen ver- 
theidigungsmässigen Eindruck, wie der zu Kirchhasel (s. Amtsgerichtsbez. Rudol- 
stadt, S. 25). An ihn ist die übrige Kirche wohl 1689 gebaut, der in drei Seiten 
geschlossene Chor und das Langhaus, welche zusammen 25,2 m lang und 10,3 m 
breit sind. Damals wurde auch der Thurm ausgebaut, 14591 vollendet, so dass dies 
Jahr fälschlich als sein Erbauungs- Jahr mit gerechnet wird. (Pf. Sommer, der 
1752 im Kirchbuch den Bau beschrieb, gab an, dass der Thurm erst 1691 und in 
dieser runden Form des Winddrucks wegen gebaut sei. Doch kommen solche 
irrthümliche Annahmen im 18. Jahrhundert öfter vor; Gelbke's Gotha ist voll von 
solchen Annahmen von Neubauten ganzer Kirchen, statt Umbauten. Die Begründung 
der Kreisform in Rücksicht auf Winddruck ist Phantasiegebilde. Abgesehen von 
vielen Vergleichen mit anderen Bauten in Thüringen sieht man, dass das Langhaus 
nicht dicht an den Thurm anschliesst, sondern ein schmales Mauerstück übrig lässt) 
1868 wurde die Kirche restaurirt (Hier nimmt nun Sigismund fälschlich einen 
Neubau der ganzen Kirche an.) Sie ist einfach, hat eine Holzdecke vom Querschnitt : 
_J \_, mit etwas Stuckirung an der Scheitelfläche, grosse, rechteckige Fenster 
und Thüren. Auf den massiven Rundbau des Thurmes folgt ein beschiefertes, 
sechzehnseitiges Geschoss, darauf Schweifkuppel, Achteck- Aufsatz und Kuppel. Im 
Innern Holz-Emporen an den Langseiten in drei Geschossen auf toscanischen Pfeilern 
von 1860, weiss mit sparsamer Vergoldung, die beiden ersten Geschosse gehen auch 
um die Westseite herum, das erste und dritte um die Ostseite. Die Brüstung des 
ersten Emporengeschosses dient hier an der Ostseite als Brüstung des in classischem 
Stil gefertigten Kanzelbaues bezw. des Sacristei- Vorschlages. Hier unten an der 
geschlossenen, im Grundriss : ~"^ \ f vortretenden Wand ionische Pilaster ; im 
Obergeschoss , wo rechts und links die Brüstungsfelder hübsch gemusterte J 
Holzgitter zeigen, tritt die Kanzel im Grundriss: KJ, im Aufriss: 
auf einer Console vor, eingefasst von korinthischen Pilastern, welche den rund- 
bogigen, oberen Kanzel-Eingang einfassen und das in der Mitte als Schalldeckel vor- 
tretende Gebälk tragen. Das Ganze ist sehr ansprechend aufgebaut, von Holz, weiss 



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15 Königsee. 



201 



mit etwas Blau, dies auch an Gardinen unten und oben und als Hintergrund der 
Brüstungsfelder, vor denen die goldenen Gitter sich gut ausnehmen. — Heins«, 
S. 52. — Sigismund II, S. 131. 

Taufgestell (von 18G0), als Urne auf canellirtem Säulenschaft, zum Uebrigen 
passend, Holz, weiss mit Gold. — Ebenso die Orgel mit etwas Schnitzerei, wozu 
als Hintergrund Roth tritt 

2 Altarleuchter, 1707 von 
Nikol. Tiszer geschenkt laut In- 
schrift auf dem Fuss, welcher, stark 
ausladend, mehrfach gegliedert ist; 
hierdurch, sowie durch den kräftigen 
Knauf in der Mitte des Schaftes und 
die starke Ausladung und Gliederung 
des Lichttellers wirken die Leuchter 
ganz mächtig. An Fuss und Lichta 
teller getriebene Ranken und Blumen. 




Kelch, aus dem 16. Jahr- 
hundert, von kräftigen Formen. 
Sechspass-Fuss mit Stegmuster am 
Rand, auf den Feldern Maasswerke 
gravirt, Kreuzigungsgruppe aufge- 
legt Am Knauf Rosetten (statt 
Würfel) als Kelche mit daraus vor- 
tretenden Fruchtknoten, dazwischen 
Maasswerke theils gravirt, theils 
vertieft; am Schaft darüber bezw. 
darunter: IHESVS bezw. MARI AH. 
Der untere Theil der Kuppe um- 
legt mit durchbrochen geschnittenen, 
einander schneidenden Rundbögen 
und Spitzbögen. Silber, vergoldet 
19 cm hoch. Hostienteller 
dazu, mit segnender Hand am 
Weihekreuz. 

Kelch, 1752 gestiftet laut In- 
schrift unter dem Sechspass-Fuss. 
Knauf apfelförmig, mit sechs Buckeln 
und Theilungsleiste. Silber, mit 

Vergoldungen, 33 cm hoch. Hostienteller dazu, mit Kreuz. 

Glocken. 1) 1641 mit: Lobet den Herrn mit Posaunen etc. - 2) Aus dem 
16. Jahrhundert, ohne Inschrift. — 3) 1825. 

Im Besitz des Herrn Pfarrer G reiner: 

Kästchen, von der Familie von Lyncker stammend, aus der Mitte des 18. 
Jahrhunderts ; auf dem Deckel eine Jagdscene gemalt, innen Blumen, auch auf den 



Altarleuchter in der Kirche zu Herschdorf. 



202 



Hrrscjidorf. Horba. 



Königsea 1(1 



Deckeln der einzelnen Schubfächer des Kastens; — Dose, aus dem 17. Jahr- 
hundert, von Kupfer ; auf dem Deckel die sieben Planeten gravirt (hier das Zeichen : 
■ig" , nicht das von Virgil Solis, sondern das des Meisters von Bart ich VII, 8.547*), 
^ nach dessen Holzschnitt die Gravirung gemacht ist), auf dem Boden ebenso 
die sieben freien Künste; — Kalender, aus dem 18. Jahrhundert, interessant durch 
kleine Ansichten der Schlösser von Rudolstadt und Schwanburg, in Wasserfarben. 

Gasthof zum Löwen, Herrn Schmiedekneoht gehörig. Das Hans ist (naob Angabe 
des Herrn Schmiedeknecht) um 1750 von Herrn Voigt gebaut und enthalt noch von daher 
einen ehemaligen, jetzt in mehrere Zimmer getheilten Musiksaal mit einem gemalten Paneel 
und darin einigen auf Musik bezüglichen Figuren, sowie einige Thoren mit verkröpften 
Fällungen, darin derb gemalte Ansichten und Figuren. 

[Kapelle an der Strasse nach Dörnfeld a. H. gewesen; Trümmer zur Er- 
bauung der jetzigen Kirche benutzt — Heimo, s. 52.] 



Horba, nordöstlich von Königsee ; das Horwe, gehörte dem Kloster Paulinzelle, 
seit 15M den Grafen von Schwarzburg, 1854—1866 zum Amt Blankenburg. — 
Hesse, Landesk&lender 1806. — Sigismund, Landeskunde IL S. 66; 216 aber du 8iegeL 

Kirche, 1667 gebaut, 1885 restaurirt (Inschrift aussen über der Nordthür 
und hinter dem Altar), einfach. Dreiseitig geschlossener Altarraum und Gemeinde- 
raum zusammen 16,1 m lang, 9,2 m breit Holztonne, nach dem Osttheil abgewalmt. 
Mittelgrosse Rundbogen-Fenster, je eines an jeder Schlussseite und zwei an jeder Lang- 
seite, mit schrägen Leibungen, ausserdem an der nördlichen Langseite in der Mitte 
ein rundbogiges Fenster über ebensolcher Thür; diese beiden Oeffnungcn noch mit 
Kehle bezw. mit Kehle und Wulst profilirt Dachreiter auf der Westseite neu, be- 
schiefertes, viereckiges Geschoss, darauf achteckiges, Tabernakel - Aufsatz , Helm. 
Holz-Emporen in zwei Geschossen, die unteren auf hübschen Pfosten mit baluster- 
artigem Schaft — Sigismund H, 8. 64. 

Taufstein, aus dem 16. Jahrhundert, neu bearbeitet Sockel und Schaft 
achteckig, letzterer von eingezogenem Aufriss mit mittlerer Theilung durch Wulst; 
Becken rund, trogartig. Kalkstein. 

Kanzelbau als Altar- Aufsatz, aus der 1. Hälfte des 17. Jahrhunderts. Sockel 
vom Profil: S, mit drei Engelsköpfen, darauf zwei schlanke Candelabersäulen mit 
korinthischem Capitell, geschnitzte Einfassungs- Bretter, zwischen den Säulen die 
Kanzel: KJ, deren Sockel- und Deck-Glied mit Zahnschnitt-Gesimsen; Haupttheil 
mit toscanischen Ecksäulchen auf Consolen und mit rundbogigen, auf PUasterchen 
ruhenden Blendbögen der Flächen. Einige Facetten. Auf die Säulen folgt Gebälk ; 
Dreieck-Giebel, unterbrochen durch den Aufsatz, der als offener Rahmen um ein 

*) VfL LUtsow, Osseh. d. deutschen Kupferstiches n. Holsschnittss 1891, 8. 164 Sit. 



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1 7 Königsee. 



Horba. 



203 



Crocifix gebildet, mit korinthischen Sänlchen, geschnitzten Einfassungs-Brettern und 
verkröpftem Gebälk, darauf ein Engelskopf und Bekrönungs - Schnitzerei. 1885 
restaurirt, auch in den Farben, diese raeist braun, mit etwas Gold, an den Ein- 
fassungs-Brettern weiss. 

2 Altarleuchter, mit: Ml auf dem dreiflächigen, in damals üblicherweise 
getriebenen Fuss, mit Candelaberschaft. Zinn. 

Kelch (A). Auf dem Fuss die Goldschmiede -Zeichen: G.Z (verschlungen) 
und A., erklärt durch die Inschrift unter dem Fuss: Georg Zapff Amstatt; ferner 
auf dem Fuss die Umschrift : DIE GEM . ZV HORBA DARZV GAB DAS GOT ZV 
EHBEN SIE MICH HAB . IM 1697 IAK ESAIAS ZAPF PFAB WAE . DIE GOTSVE. 
WABEN BEIDE CL . (ClauB) MVNDT. HA . (Hana) ENG . D . ZEIT MARTIN KLEINSCH 
IM AMPTE 8AS IM RAHT VND THAT AVCH DB . WAS . HILF IESV DAS MAN 
MICH RECHT BBAVCH VND IEDE FOLGE DAS HIMELREICH. Der Fuss hat 
Sechspass-Form, als Randmuster geschlagene Vierecke und Stege, auf fünf Feldern 
gravirte Renaissance-Ranken, auf dem sechsten eine aufgelegte, kleine, zierlich er- 
dachte, nur zu undeutlich gefertigte Dreifaltigkeits-Gruppe mit vier Engelsköpfchen 
zu den Seiten des Crucifixes ; der Anlauf ist steiler als gewöhnlich, von einem Fries 
umgeben. Knauf von hübscher Form, gedrückt -kugelig, mit Theilungsleiste und 
sechs Querrippen, in den so entstehenden Feldern mit getriebenen Ranken gefüllt. 
Am sechskantigen Schaft über bezw. unter dem Knauf: D.B.I.C.M.V. bezw. 
R.V.A.V. S. (Das Blut Jesu Christi macht uns rein von allen unseren Sünden.) 
Kuppe im untersten Stück mit einem Fries von Kelchblättern umlegt, welche gut 
zu der massig geschweiften Form passen. Silber, vergoldet, 22 cm hoch. 

Oelgemälde an der Südwand, aus dem 17. Jahrhundert, Abendmahl, mit 
halb lebensgrossen Figuren, leidlich gemalt. 

3 Glasbilder von: 1668, mit Darstellungen Petri, der Kreuzigung und des 
Gotteslammes. — Pf. Apel in MUbitx b. P., Zeichnung der Bilder (A). 

Glocken. 1) 1668 mit drei Medaillons, welche jedesmal in einem stilisirten 
Kranz die Jahreszahl und ausserdem die Reliefs der Kreuzigung (mit Erläuterung : 
Christi paupertas nosirum est Patrimonium und: J.H; E.U), des Petrus (mit: 
Honor divinum bonum est und: S.P) und des Gotteslammes (mit: Pietas cordis 
est deo und: J.H; E.H) enthalten. — 2) Von 1887. — 3) Von Johannes Feer mit 
dessen bekanntem Spruch. 48 cm Durchmesser. 

Im Garten des Herrn Maurermeisters Kessel (1891): 

Figur eines die Hände zum Segen erhebenden Bischofs, aus dem 16. Jahr- 
hundert, aus Mellenbach, vielleicht von dem dorügen Franciscanerkloster her- 
stammend (?). Verstümmelt, Sandstein, etwa 80 cm hoch. 

Figur, aus der Mitte des 18. Jahrhunderts, weibliche, Allegorie des Herbstes, 
mit Blumen und Trauben im Arme. Verstümmelt, Sandstein, etwa 1 m hoch. 



Im- and KumtdtDkm. Thürtet» Scbwwib.-RudoltWH I. 2 



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204 



R'ÖHIOSKK. 



Königsee. 1 s 



K8nig8ee, 18' / 2 km westsüdwestlich von Rudolstadt; Sitz einer von 1273 bis 
1413 vorkommenden, gleichnamigen Adelsfamilie, 1274 zuerst als Stadt genannt, 
1290 Kungisse, Kunegesse, welche mit dem damals der Familie von Wüllersleben 
(deren Stammsitz in Amtsger. Stadtilm, s. dort) gehörigen Schlosse der Lehnshoheit 
des Grafen Günther IX. zugetheilt ward und im 14. Jahrhundert erblühte. 1301 
Koningisse mit dem Stadtpfarrer erwähnt (Anem filier, Urk. v. Panlintelle, Nr. 139); von 
1300 in Kongesso eine Urkunde mit dem Stadtwappen, einem Ritter (Roland ?), er- 
halten; 1309 Cunigessc; 1313 die Nikolauskirche am Markt genannt, 1342 ein 
Hospital von Bürgern gestiftet. 1335 Zerstörung des Schlosses derer von Wüllers- 
leben; 1346 Verleihung der Fischerei und anderer Rechte von den Grafen an die Stadt 
(Stadtrechte von 1365 vorhanden, den stadtilmer ähnlich). Münzrecht (Münze des 
14. Jahrhunderts mit: Kunisse). Um 1381 Conigcsse als civitas vor den Nachbar- 
orten hervorgehoben. Die Nachricht, dass die Stadt 1407 von Graf Günther seiner 
Gemahlin Mechthild von Henneberg zum Leibgedinge verschrieben worden sei, kann 
nicht richtig sein. Um diese Zeit war kein Graf Günther mit einer Gräfin von Henne- 
berg vermählt; ein späterer Günther, XXXVI. (reg. 1488—1493), f 1503, war mit 
Margarethe von Henneberg vermählt. Die Rechte der Stadt wurden 1442 bestätigt 
bezw. um die niederen Gerichte, Gefälle, Bergwerk (dies seit 1361 erwähnt; Burk- 
hardt, Utk. t. Arnstadt, Mr. 162) erweitert. Sie ward im Grafenkriege 1447 von Graf 
Heinrich XXVI. erobert und vollständig mit Stadtkirche (Kreuzkirche), Nikolauskirche, 
Spital (und Kirche) und Rathhaus zerstört Langsam erholte sie sich, scheint aber 
seitdem sich mehrfach gegen die Landesherrschaft gestellt zu haben (1506 Konniges- 
zehe). Sie nahm am Bauernkriege 1525 thätigen Antheil, wurde deshalb aller Frei- 
heiten und Rechte beraubt, aber nach 2 Jahren wieder begnadigt und nahm die 
Reformation erst sehr spät an (nach 1541, also 17 Jahre später, als Könitz), betrieb 
dann aber strenge Kirchenzucht. (Als Zeugniss straffen Kirchenregimentes wird die 
Anstellung eines Knaben mit dem Jahrgehalt von 12 Groschen zum Wecken der 
während des Gottesdienstes eingeschlafenen Frauen erwähnt.) 1635 brannte die Stadt 
vollständig mit Kirchen und Schloss ab. Eine neuo Kirche wurde durch einen Bürger 
Namens König und Graf Ludwig Günther I. nordwestlich von der alten an der Stelle 
und mit Resten dos Schlosses aufgebaut und 1642 eingeweiht. Gegen Ende des 17. Jahr- 
hunderts wurde die Stadt durch Verlegung des Justizamtes von Schwarzburg hier- 
her sehr gehoben, ebenso durch den Aufschwung des Medicinhandels (der Laboranten) 
im Lande ; als einer der Mittelpunkte desselben ist Königsee zu bezeichnen. Fernere 
Brände waren 1681, wonach die Gottesackerkirche, 1717, wonach das Rathbaus, 
1741, wonach das Amthaus neu gebaut wurden, dann 1783 und mehrere seit 1818. 
Bedeutender Aufschwung in unserem Jahrhundert durch gewerbliche Thätigkeit 
1850 wurde das Landrathsamt errichtet, 1866 dio stattliche Kirche. — E ichrieb, 
Kapferst, auf ein. Lehrbrief ron 1769, in der fttrstl. Biblioth. za Rudolstadt — Oregorii, Das jetzt 
florirende Thüringen 1712, S. 196. — r. Hagke, Nachrichten Ober StAdte etc. d. Kr. Weusonsee 
1867. — Heime, S. 37 f. — Hesse, Landeskalender 1808. — Hesse, in ThttringAn u. d. Harx 
Vü, 1842, 8. 232 t, längerer Aufsats. — Hejdenreich, Histor. d. H. Schwanbarg 1743, 8. 62. 406. 
— Martin, in TbOring. Vereins-Zeitschr. 1887, 8. 133. — Merian, Topogr. Sazon. sapex. 1660, 
8. 109. — Micbelsen, Bechtsdenkm. in TbOring. 1863, 8. 126 f. aber Stadtrechte, 237 Aber 
Gerichtsordn. — Rein, Thoringia sacra IL — Sagittarins, Histor. d. Grätsch. Gleichen, 3. 92 



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19 Königsee. 



Kömigb«, Stadtkirche. 



205 



93. 96. 100. 101. - Sigismund, Landeskunde U, S. 112; 216 Aber das SiegeL - Stechele, in 
Thuring. Vereins-ZeiUchr. 1882, 8. 69. — Thuring. Chronica n. d Alphabet 1712, S. 206. — Treiber, 
GeschL- u. Landesbeschr, 8. 134 f. - Walch, Venn. Beitr. Vn, S. 84 f. über die Stadtrechte. - 
Werneburg, in Erfurter Altai Jahrb. 1884, S. 87. 164 Ober den Namen alt „Frauensita". — Soph. 
Williame (E. Linde) in Berlin, Photogr. 

Stadtkirche von 1866 lan Stelle der 1861 abgebrochenen], die grösste 
Kirche des Landes aus neuerer Zeit, in gothischem Stil vom Geheimen Baurath 
Brecht Grundriss-Form : . Chor gewölbt. Langhaus durch vier Pfeiler- 

paare mit Scheidebögen ^ — ' — in drei Schiffe getheilt, doch ohne Emporen, 
daher von prächtiger Innen Wirkung ; Holzdecke. Ueborall Spitzbögen, die Fenster 
mit Maasswerken, Strebepfeiler; daher reizvolle Aussenwirkung, auch des mit 
Fialen etc. entwickelten Westthurmes, trotzdem bei diesem (weil das Fundament 
sich zu drücken schien) das geplante oberste Geschoss fortgeblieben ist, der Helm 
daher eingedrückt erscheint Sandstein, im Ausbau mit viel Verwendung von Gips. 
Reich gothisch gebildete Kanzel, welche an der Süd-Ecke des Chores zum Lang- 
haus in fünf Seiten des Achtecks vortritt — (Sigismund II S. 116 ober die alte Kirche.) 

— Zeichnungen der Kirche in d. Berliner Bangewerkszeii 1877, Nr. 18. 20; des Altars u. der Orgel 
im Archit Slduenboch r. Ernst u. Korn, Heft 96. 99. — Soph. Williams in Berlin, Photogr. 

[Monstranzen und Kelche nach Einführung der Reformation 1550 vom 
Rath verkauft! — Sigismund n, 8. HC] 

Kelch für Kranke. Unter dem Fuss die Inschrift des Pf. Matth. Vogt 1643, 
auf ihm: HAVRIAT HINC POPVLVS VITAM DE SANGVINE CHRISTI (Trinken 
möge das Volk von Christi Blute das Leben) und ein Crucifix. Er hat Sechs- 
pass-Form mit flachen Bögen. Knauf apfelförmig. Kupfer, vergoldet, klein. 

Kelch, aus der Mitte des 18. Jahrhunderts. Fuss rund, mehrfach abgestuft, 
Knauf birnförmig, Schaft rund. Kupfer, vergoldet, 23 1 /* cm hoch, schlank. 

Kelch, mit: 1790 S.O. an der Kuppe. Fuss rund, mit Lorbeerkranz an 
den Kanten und mit Perlrand; Knauf birnförmig mit Perlrand; Kuppo gross, 
halbkugelig. Silber, 23 »/» cm hoch. 

Bücher im Bibliotheksschrank auf der Orgelempore. Melanchthon, Corpus 
Doctrinae 1561, im Titel Wappen und Beischrift des Besitzers von 1562, des 
schwarzburgischen Hauptmannes von Bodenstein, ferner Taufe unter der Dreifaltig- 
keit und Johannes der Täufer mit dem Lamm, Alles grosse, angetuschto Feder- 
zeichnungen, dilettantisch nach bekannten Vorbildern ausgeführt Hedion, Chro- 
nika, Strassburg 1558; darin ebensolche Bilder mit einigen Veränderungen. 

Glocken. 1) Zwei Friese, der untere mit Engelsköpfen. MISERICORDIAE 
DOMINI . VENITE EXVLTEMVS etc. (Ps. 95 , in Vulgata 94, 1). EGO CAM- 
PANA etc. und LAVDO DEVM VERVM etc. (bekannte Sprüche). Wappen von 
Königsee (Ritter) und Schwarzburg. Angabe des Gusses 1639 von Melch. Moeringk 
von Erfurt, lateinische Inschriften, dass die Glocke unter Graf Ludwig Günther und 
Aemilie, geb. Gräfin zu Oldenburg, zum ewigen Ruhm Gottes und zum Gedächtniss 
der Feuersbrunst aus Resten der früheren Glocken gegossen. 143 cm Durchmesser. 

— 2) LAVDATE DOMIN VM etc. (Ps. 150,5). Wappen von Königsee und Schwarz- 
burg. Guss 1639 von Moeringk. Unten: ANNO MDCXXXVII IST VON HERRN 
GRAFF LVDWIG GVNTHERN Z . SCH . (zu Schwarzburg) DIESER ORT DER 

2* 



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206 



Kohigsbb, Kirchen, Landrathsamt, Kathhaus. 



Kölligseft. 20 



VOR ALTERS EIN SCHLOSS GEWESEN ZVM KIRCHENBA W GEWIDMET 
MDCXXXVIII DER THVRM ZV BAWEN ANGEFGN ; AO MDCXXXV . 3 NOV. 
IST KOENIGSEE GANTZ ABGEBRANND . 1 15 cm Durchmesser. — Die beiden 
kleineren Glocken befinden sich ein Geschoss höher. 3) GLORIA SIT SOLI PER 
CYMBALA CVNCTIPOTENTI (Ehre sei ihm allein , durch Cymbeln dem Herrn, 
dem allmächt'gcn). Engelskopf; lateinische Angabe des Amtmannes und Rathes 
Caspar Cellarius; Wappen von Königsee und Schwarzburg; lateinische Angabe des 
Stadtbrandes und des Gusses 1639 durch Joh. Rose von Volkstedt 93 cm Durch- 
messer. — 4) CrVX ea tVnC VVLt heV CVM teCta VorantVr ab Ione teV- 
tonIae VIrtVs nVnC spLenDet bVb Ione trIVMphans. (Die Inschrift ist fehler- 
haft; der Sinn etwa: Wie das Kren« auch will, wann Feuer die Dächer verzehret, siegt die 
Tugeud der Deutschen nun glänzend Ober die Flammen ; die Zahlenbuehstaben geben nicht 
die richtigen Jahreszahlen.) Lateinische Angabe, dass dieses Glöcklein mit der 
grossen zugleich von Joh. Rose in Volkstedt gegossen; Wappen von Königsee. 
64 cm Durchmesser. — Sigismund I, S. 810. 

G0tte8ackerkirche, 1711 gebaut, unbedeutend, Rechteck, oben von Fach- 
werk, mit Holzdecke vom Querschnitt : _y — y_ , mit rechteckigen Fenstern und eben- 
solcher Thür; Dachreiterchen in der Mitte. — Heime, 8. 39. — Sigismund II, 8. 117. 

Im Innern der Kirche sind verschiedene Kunst-Erzeugnisse, zum Theil vorüber- 
gehend, untergebracht 

Taufgestell der 1861 abgebrochenen Stadtkirche, aus der 2. Hälfte des 
18. Jahrhunderts, rund; gegliederter, breiter Sockel, birnförmiger Schaft, an welchem 
Cartouchenschilder mit Blumenwerken, an Brettern um einen Kern gearbeitet ganz 
gut wirken ; Becken mit Laubsträngen behängt ; der Deckel, mit einem Lorbeerkranz 
umlegt dient oben als Lesepult Holz, weiss mit Vergoldungen. 

Gemälde auf Holz, in grosser Anzahl, zum Theil von den Emporen der alten 
Stadtkirche, meist biblischen Inhaltes. Sie sind von sehr verschiedenem Werthe, roh, 
aber manche mit kühnem Schwung und nach guten Vorbildern, so ein König David 
mit der Harfe an einer Tempelhalle, um 1680 gemalt, wie die dazu gehörigen 
Bilder; — andere als Gedenktafeln, so mehrere um 1640 mit einer knieenden 
Familio von H. ; — mehrere gleichartige Bilder von Völcker 1770 (Bezeichnung auf 
der Rückseite des einen), Oelberg, Kreuzigung, Auferstehung etc. sind nach Vor- 
bildern vlämischer Schule flott gemalt. 

[Kr6UZkirche unterhalb der jetzigen Kirche, Nikolauskirche am 
Markt gewesen, Hospita IkapellS; 1635 verbrannt. — Hejdenreich, Hiator. 
d. H. Scbwarabarg 1748, S. 4M] 

Landrathsamt, Gebäude aus dem 18. Jahrhundert einfach; die Eingangs- 
Thür mit ionischen Pilastern und Gebälk der Form: _y \_. 



RathhaU8, von 1719 laut Inschrift über der Eingangs-Thür der Marktfront 
Einfaches, rechteckiges Gebäude, mit Fenstern von der Form: tj— in zwei Geschossen auf 
hohem Sockel. Mittelbau der (vorderen) Marktfront und der ' (hinteren) Marktstrassen - 
front etwas hervorgehoben durch schwachen Vorsprang und vier ionische Pilaster; die 



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21 Königseo. Könjgskk, Kalhbaus. Privatbesitz, Sehloes, StadtbefoBtigung. Mkllknbach. 207 



Eingangs- Thür in der Mitte, mit Triglyphea und Gebalk; im Bondbogen-Feld eine 

CartoQche. An der Marktfrout befinden sich in der Cartouche das Stadtwappen und an den 
Seiten Kn&bchen mit Laubgeh&ngen , welche an den Seiten der ThQr weiter herabgehen. 

Allee mittelmassig. Noeh bescheidener ^ die SoitenthQr nach der Schmiedenstrassc 

mit geschweiftem Gebälk yon der Form: > v. Auf dem Dach über beschieferten 
Giebeln des Mittelbaues ein hoher, beschieferter Thurm, kastenartig wirkend durch 
die Reihenfolge der Geschosse: erst ein viereckiges, dann ein schmaleres, vier- 
eckiges, ein achteckiges, im Mitteltheil als Tabernakel geöffnetes Geschoss, oben 
Schweifkoppel; Wetterfahne mit dem Stadtwappen und: 1721. 

Im Rathhaus: 3 Oelbilder aus dem 17. Jahrhundert, zwei schwarzburgische 
Grafen und eine Gräfin darstellend. 

Im Besitz der Schützengescllschaft: Fahne, aus dem 18. Jahrhundert, mit 
dem Löwen, Namensbuchstaben des Grafen Günther zu Schwarzburg und Hohn- 
stein, blau und gelb gestreift. 

[SC hl 088 der Herren von Wüllersleben, s. Stadtgeschichto u. Stadtkirche.] 

Stadtbefestigung. Reste von Wall und Gräben, im Norden der eines 
Thurmes. [Thore alle beseitigt — H einte, S. 39.] 



Mellenbach, südlich von Königsee; Möllenbach, Mollenbach, Mellinbach, um 
1381 Melbach, wurde 1383 vom Grafen Johann II. dem hier befindlichen Francis- 
canerkloster gegeben (doch so, dass die peinliche Gerichtsbarkeit den Grafen von 
Schwarzburg blieb), von diesem der Form wegen (weil ein Franciscanerkloster der 
Ordensregel nach zu keinem Eigenthum berechtigt) dem Kloster zu Stadtilm zuge- 
schrieben, 1Ö06 Meinbach. — He««e, Landeskalender, 1*10. - Heise, in Thüringen u. d. 
Hm VIII, 1844, 8 226 f. - Martin, in Thöring. Vereius-Zeitschr 1887, S. 133. - Sigismund, 
Landeskunde I, 8. 180; II, 8. 139. - Stechele. in Th dring. Vereins-Zeitachr. 1882, S. 59. — 
Wernebarg, in Erfurter Akad. Jahrb. 1884, 8. 6a - (Im Rodolst Aren. comm. ürkde. Nr. 522 
d. Paolinx. Doc. Kr. 252.) 

Kirche [an der Stelle einer älteren, 1640 von den Schweden zerstörten, dann 
einer 1642 besonders durch Unterstützung von Matth. Sommer gebauten, 1888 ab- 
gerissenen], 1889 nach Entwurf des Geheimen Baurathes Brecht in englisch- 
gothischem Stil in Fachwerk gebaut, sehr hübsch. Rechteckiger Chor und breiteres 
Langhaus. Holzdecken, im Chor nach altenglischem Muster mit Vorspannung durch 
die Holzconstruction. Oeffnungen theils: theils gedrückt schweifbogig. West- 
thurm. Gefällig wirkt auch die Innen- Ausstattung : Bänke, Emporen, Kanzel (am 
südlichen Triumphbogen-Pfeiler) und Altar, mit Schnitzerei, bräunlich mit Ver- 
goldungen. — Sigismund U, 8. 140. 

Grabstein, beim Neubau der Kirche aussen an der Thurm-Südseite vermauert In- 
schrift für den Kaufmann Matth. Sommer, f 1679, in Umrahmung von Engeln und Palmen, 
oben seine Wappen. Mittel niftsBige Arbeit in Sandstein. 



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208 



Krtnigsee. 22 



Weinkanne and Taufkanne, Ton: 1739, in Seidelfonn. Zinn. 

Kelch. Unter dem Sechspass - Fuss die Stiftungs- Inschrift durch Matth. 
Sommer und Frau Kath., geb. Jagmann, 1667. Anlauf oben (abweichend) in um- 
gebogenen Voluten endend. Sechskantiger Birnknauf. Silber, vergoldet, 23 cm 
hoch. 

Kelch, ausser Gebrauch, spätgothisch. Sechspass -Fuss, am Knauf Würfel 
mit: ibeec«; dazwischen Eier; am Schaft unten bezw. oben: maria und f>Hf tme. 
Fuss Kupfer, das Uebrige Silber, Alles vergoldet, 19 cm hoch. 

Glocken. 1) 1641 von Melob. Möhringk in Rudolstadt Hübscher Fries mit 
Engelsköpfchen. 93 om Durchmesser — 2) 1764 von Joh. Mayer in Rudolstadt 67 cm 
Durchmesser. — 3) 1804. 

Im Pfarrhaus, aus der alten Kirche : 

Taufgestell, aus dem 18. Jahrhundert, als knieender Engel, welcher das 
Becken hält; — Kirchbank-Reste der Zeit um 1642: geschnitzte und bemalte 
Bretter und Pfosten ; Bekrönung des Sommerschen Standes mit etwas Schnitzwerk ; 
Vorderbrüstung desselben, facettirte Rundbögen zwischen canellirten Pilastern und 
unter Gebälk, gefüllt mit Gemälden der vier Jahreszeiten als Frauengestalten und 
mit Sprüchen; Seitenbrüstungen mit rechteckigen Feldern zwischen Hermenpfeilern, in 
den Brüstungen gemalte Wappen und Sprüche; ganz gute Arbeiten ; — Gemälde, 
Brustbildniss des Pf. Holtzhey, t 1687, der Ueberlieferung nach von dessen Sohn 
gemalt, gut gewesen, beschädigt 

Sigismund II, a 140. 

Wohn hau 8 Nr. 2 (neben dem Gasthaus zur Kehre), Herrn Reinhardt ge- 
hörig, Fachwerk-Bau aus der Zeit um 1630, einfach, doch malerisch; an der einen 
Front Balken-Vorkragung der Geschosse; an der Vorderfront noch im Obergeschoss 
ein Schutzdach mit gebogenem Brettwerk der Decke unter dem Schutzdach. Innen 
einige Zimmer mit Felderdecken ; Thüren der Form : mit Zahnschnitt-Gesimsen. 

(Wohnhau 8 Nr. 37 an der Hauptstrasse, Herrn Gust. Wollnhauer gehörig, 
Fachwerk, ebenfalls bekannt alterthümlich gewesen, 1891 ganz umgebaut) 

Wohnhaus Nr. 51, an der Hauptstrassc ganz oben, Herrn Herrn. Walter 
gehörig, Fachwerk, hat aus dem 17. Jahrhundert noch die Balken-Vorkragung des 
ersten Obergeschosses bewahrt 

[Franciscanerkloster, 1383 gegründet, dem Kloster in Stadtilm zuge- 
schrieben, unter der Schutzvogtei der Grafen von Schwarzburg, 1418 vom Papst 
Martin V. begünstigt klein, durch den „Katharinenbrunnen" für die Wallfahrer nach 
Vierzehnheiligen wichtig, in der Reformation aufgehoben. Die Kirche wurde zu 
einer evangelischen Kirche, das Klostergebäude zur Pfarrwohnung, beides aber 1640 
von den Schweden verbrannt Ein sogenannter Mönchskeller unter der Mühle wurde 
bereits von Sigismund angezweifelt — Heinse, 8. 46 £ — Hermann, in Thoring. 
Vereine-Zeitsehr. VIII, 8. 40. - Heese, & 225. - Sigismund II, S. 180. 182.] 



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23 Königsee. 



Milbitz. 



209 



Milbitz bei Paulinzelle, nordöstlich von Königsee; Milewiz, Milenviz, Moleviz, 
um 1381 Milwitz, gehörte dem Kloster Paulinzelle, seit 1534 den Grafen von Schwarz- 
burg, von 1854 — 1866 zum Amt Blankenburg. — Heinse, S. U. — Hesse, Landeskal. 
1804. — Martin, in Thflring. Verenu-Zeitacbr. 1887, S. 183. — Sigismund, Landeskunde II, 
S. 63; 218 Aber das Siegel. 

Kirche [an Stelle einer älteren, dem heiligen Nikolaus geweihten] 1767 be- 
gonnen (Inschrift aussen über der Südthür), 1781 eingeweiht. Grundriss-Form: 
~ ^>j. Bedeutende Verhältnisse: Chor und Langhaus zusammen 25,3 m 

H / lang, 13,1 m breit; Thurm - Erdgeschoss gegen die Kirche geöffnet, 

5,6 m lang, 4 m breit Flachbogen - Fenster regelmässig, gross, einfach; Ostthür 
und 'südliche Thurmthür rechteckig ; in der Mitte der südlichen Langseite eine 
ebensolche, an den Ecken verkröpft, mit Bedachung. Thurm -Aufbau beschiefert, 
achteckig, mit gebrochener Schweifkuppel, Tabernakel- Aufsatz, Schweifkuppel, noch- 
maligem Aufsatz und Kuppel zu ziemlicher Höhe aufsteigend. 

Innen ist die Kirche leider von kahler Wirkung durch den lediglich weissen, 
nur mit spärlichsten Vergoldungen abgesetzten und nun schmutzig gewordenen An- 
strich, welcher gleichmässig die Wände, die im Querschnitt : r^~^\ gebildete Holz- 
decke, die in zwei Geschossen an drei Seiten herumlaufenden Holzemporen und 
die gesammte Innen - Ausstattung überzieht. Durch würdige Bemalung würde die 
Ausstattung erheblich gewinnen, da sie sonst gut, einheitlich in der Bauzeit der 
Kirche ausgeführt ist; sie fällt zwischen 1774 und 1794, zum Thcil durch Stiftungen 
des Fürsten Ludwig Günther und der Prinzessin begünstigt, meist durch den 
Tischlermeister Elle aus Martinroda (bei Ilmenau, siehe Bd. Weimar, S. 193), die 
Orgel auch durch den in Milbitz einheimischen Dan. Schulze ausgeführt. Die 
Orgel ist gross, reich geschnitzt, der Hauptsache nach fünftheilig, im Mitteltheil 
zweigeschossig und nochmals der Höhe nach in fünf Abtheilungen gegliedert. 
Taufgestell rund, mit gegliedertem Fuss, etwas eingebauchtem Schaft, stark 
wulstförmigem Becken und geschweift gekehltem , das Pult tragendem Deckel ; 
kleine Verzierungen von Akanthusblättern und Blumen aufgelegt. Altartisch, 
geschweift geschnitten, mit Fruchtstrang und gekreuzten Fackeln an der Vorder- 
fläche geschnitzt ; durchbrochene Seitenschranken. Kanzelbau, 1 779 an der Ost- 
wand aufgerichtet. Das Erdgeschoss für Sacristei und Pfarrstuhl nimmt die ganze 
Wandbreite ein und tritt in geschweiftem Grundriss vor (s. Abbild, auf folg. S.). 
An den Seiten - Abtheilungen befinden sich Fenster zwischen ionischen Pilastern, 
an den Ecken der Mittel - Abtheilung ionische Pilaster, Halbsäulen und eine frei 
vorgestellte Säule, so dass eine Ueberock-Stellung dieser Glieder entsteht Auf dem 
verkröpften Gebälk an den Seiten - Abtheilungen durchbrochene Balustraden mit 
Urnen darauf, in der Mittel-Abtheilung zwischen zwei Engeln mit Gesetztafel bezw. 
Kreuz die Kanzel, im Grundriss elliptisch vortretend, im Aufriss geschweift, mit 
einigen Verzierungen. Auf den zwei Pfosten, welche den oberen Kanzel -Eingang 
bilden und von Schnitzbrettern eingefasst sind, ruht in ganz origineller Weise in 
Fortsetzung des Gebälkes der im Grundriss als vollständige Ellipse gestaltete, eben- 
falls etwas verzierte Schalldeckel. Der ganze Aufbau bildet einen interessanten 
Uebergang vom römischen Barock mit seinen Schweifungen und lebendigen Schatten- 



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210 



Milbitz. 



Königuee. 24 



Wirkungen zum strengen Classicismus. Der Kanzelbau ist ziemlich genau nach 
einem Entwurf. hergestellt, der sich noch im Pfarrarchiv zu Milbitz befindet Da 
solche Zeichnungen selten aufgehoben worden sind, dieser aber besonders sorgfältig 
ausgeführt ist, ist die Original - Zeichnung (die mir freundlichst zur Verfügung ge- 
stellt wurde) selbst als Vorlage zu einer Abbildung benutzt worden, aus welcher 
die Abweichungen gegen die Ausführung hervorgehen. 

Pf. Apel in Milbitz. Mittheilungen aas dem Kirchbuch. - Heins«, 8. 24. - Sigis- 
mund II, S. 53. 




Kanzelbau-Entwurf der Kirche zu Milbitz b. P. 



Altar werk auf der Orgel-Empore, aus dem Ende des 15. Jahrhunderts, in 
einer von der üblichen abweichenden Anordnung; in einem ziemlich langen Mittel- 
schrein stehen die einander gleich hohen (durchschnittlich 42 cm), noch hochgothisch 
gestalteten Figuren und zwar Maria mit dem Kind, links Paulus, Magdalena und 
Barbara (oder Katharina), rechts ein heiliger Bischof und Petrus (also Maria nicht 
in der Mitte) unter verhältnissmässig einfachen Schweifbögen mit Kleeblattbogen- 
Füllung; an den Flügeln sind innen die Kreuzigung und die Auferstehung, aussen 
die Verkündigung gemalt. Die Figuren waren ernst und würdig, die Malereien 
ebenfalls feierlich; doch sind Schnitawerk und Gemälde durch Restauration beim 



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25 Konigaee. Milbitz. Oberhaut 211 



Kirchenbau im 17. Jahrhundert (auf dem Rahmen des Gabriel-Bildes Reste der In- 
schrift in Buchstabenform jener Zeit: RESTAVRATIONE TEMPLI HVIVS . . .) 
und durch spätere, zum Theil niederträchtige Beschädigungen (Nasen der Figuren 
mit Messern abgeschnitten etc.) auf das Traurigste verstümmelt 

Crucifix, aus der Zeit des Kirchenbaues, mit Sockel-Verzierung in Roccoco. 
Holz. 

2 Altarleucbter, aus gleicher Zeit, rund, in bekannter Form. Bronze. 

Taufkanne, von: 17 Hl, in Seidelform, mit gravirter Darstellung der Taufe und des 
guten Hirten in Gartouche. Zinn. — Pt Apel. Zeichnung (A). 

Kelch, aus gleicher Zeit, Sechspass - Fuss mit kurzem Anlauf, welcher oben 
in einen breiten, gerippten Ueberfall endet; Schaft schlank, balusterähnlich, mit 
Herzen gravirt, oben mit einem ebenfalls gerippten, resp. hier als Blumenkelch 
gedachten Glied sich erweiternd, auf dem die Kuppe aufsitzt Silber, vergoldet, 
Goldschmiede- Zeichen {JCK)\ 23 cm hoch. 

HostienbOohBe, mit: M Ob. Rb. (Oberrottenbach) den 17. Juni 1781 unter dem 
Fuss, länglich-rund, mit breiter, als Palmettenkranz ausgeschnittener Fussplatte, auf dem 
Deckel getrieben: J.H.K. Silber, vergoldet. 

Glocken. 1) 1871. — 2) 1862. 

Grabstein, aussen oben an der Ostmauer der Kirche vermauert, Inschrift und Ge- 
dicht für Sophie Wilb. Alb. Rauschenblatt, zwei Jahre alt t 1727, in einer Gartouche, 
unter Engeln und Wappen. — Pf. Apel, Zeichnung (.-/). 

Kirchhof. Grabstein, von 1778, in Roccoco-Aufbau, mit Inschrift und Sinn- 
bildern in Reliefs. — Pf. Apel. Zeichnung (A). 



Oberhain, südsüdöstlich von Königsee; um 1381 Heynechen major. — Hesse, 
Landeskalender 1810. - Martin, in Th dring. Vereins-ZeiUehr. 1887, & 183. - Sigismond, 
Landeskunde II, & 134; 217 aber das Siegel 

Kirche [1526 eine Kapelle hier genannt], 1746 gebaut (Inschrift aussen über 
der Nordthür), 1859 restaurirt (Jahreszahl aussen an der südlichen Thurmthür), 
einfach, doch gross. Chor und Langhaus bilden zusammen ein Rechteck von 
20 m Länge und 10 m Breite. Westthurm im Erdgeschoss 5 m lang, 3,7 m breit, 
gegen das Langhaus ganz geöffnet, Holzdecke von der Form : N , darin im 
Mittelschiff Malereien: in den unteren Bogcnfläohen je zwei Engel und zwei 
Evangelisten, in der Scheitelflüche ein Engel mit Schriftband (GLORIA IN EX- 
CELSIS), Christus am Kreuz, Auferstehung, Himmelfahrt (diese in Einzelfiguren), 
Christus zur Rechten Gott Vaters auf der Weltkugel sitzend, unter der Taube ; die 
Malerei ist flott ausgeführt, im Einzelnen betrachtet roh, in der Gesaramtwirkung 
aber energisch und schwungvoll, in der Auffassung älteren Freskomalereien ähnlich. 
Die um die Langseiten und die Westseite in zwei Geschossen herumgehenden Emporen 
sind an den Brüstungen und Trennungs - Pilastcrn wohl 1859 mit naturalistischen 



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212 



Obkrhaw. 



Königsee. 2*5 



Blumenbündeln in Oelfarben sauber, doch unkünstlerisch bemalt Viele grosse 
Fenster, rechteckig, einfach; ebenso die Thurm - Südthür, während die Langhaus- 
Nordthür etwas Verkröpfung an den Ecken zeigt Auf dem massiven Thurmtheil 
ruht ein beschiefertes Viereck-Geschoss, darauf achteckige Schweifkuppel, Taber- 
nakel-Aufsatz und Kuppel. Wetterfahne, mit: 1748 und einem Löwen. — 
Heioie, S. 48. 

Taufgestell, aus der Mitte des 18. Jahrhunderts, jedenfalls 1859 erneuert, 
achteckig im Sockel, Schaft-Pfeiler und dem als Gebalk gestalteten Becken. Holz. 

Kanzelbau hinter dem Altar in der Mitte, 1755 hergestellt laut Inschrift in 
der Cartouche der Bekrönung. Er ist recht originell gedacht Die zwei Engels- 
figuren, welche im Erdgeschoss auf Postamenten links und rechts das untere 
Gebälk stützen, sind durchaus antikisirend in Gewandung und Haltung und hübsch 
mit den ausgebreiteten Flügeln componirt. Das Gebälk tritt in der Mitte als Ver- 
kröpfung, im Grundriss: \J vor; darauf die Kanzel, ebenso im Grundriss, im Auf- 
riss gerado, mit stark relieürten, aufgelegten Fruchtschnüren an den Ecken und 
Fruchtbündeln in den rechteckig umrahmten Flächen. An den Ecken ist das 
Gebälk über den Köpfen der Engel verkröpft und trägt die Postamente guter, 
korinthischer Säulen, welche den oberen, rechteckigen, mit Fruchtsträngen besetzten 
Kanzel-Eingang flankiren, selbst eingefasst von durchbrochen geschnitzten Brettern, 
vor welche die Figuren von Paulus und Petrus gestellt sind. Oben verkröpftes 
Gebälk mit dem Schalldeckel; frei (ohne Füllung) gearbeiteter Flachbogen-Giebel, 
darauf zwei lagernde Engel mit Posaunen, in der Mitte Cartouchenschild mit In- 
schrift, oben Dreifaltigkeits - Dreieck in der Strahlensonne. Das Ganze ist gut im 
Gesain mt - Aufbau und in den Verhältnissen , das Einzelne (besonders das Figür- 
liche) weniger gelungen. Holz, mit bunten Leimfarben, weiss, roth, blau, nicht gut 
gestrichen, die Säulenschafte braun marmorirt, die Figuren und das Pflanzliche 
maassvoll naturalistisch behandelt. 

Kelch (aus Allcndorf stammend). Knauf und Schaft aus dem 16. Jahrhundert ; 
Würfel mit: IhGSVS, dazwischen fein gravirte Maasswerke. Fuss und Kuppe laut 
Inschrift unter dem Boden von 1632. Auf dem Sechspass - Fuss die Einsetzungs- 
Worte des Abendmahls gravirt uud der Gekreuzigte (ohne Kreuz) aufgelegt Silber, 
vergoldet, 19 cm hoch. 

Kelch, aus dem 17. Jahrhundert Sechspass-Fuss mit aufgelegtem, kleinem 
Crucifix; Knauf kugelig, mit Theilungsleiste und mit flachen, nur durch Gravirung 
hervorgehobenen Eiern. Silber, vergoldet, 24'/* cm hoch. 

llostienteller, von: Ml. Silber, vergoldet 

Glocken. 1) 1H16 von Chr. A. Mayer. — 2) 1767 von Johann Mayer in 
Rudolstadt. Zwei gute Friese. 76 cm Durchmesser. — 3) 1834. 

[Kapelle im unteren Dorf bei dem Pfarrgarten gewesen. — Heins«, s. 48.] 

[Zwischen Oberhain und Unterhain soll ein Götzenhain bestanden haben, 
später ein Mönchskloster, von dem noch im 17. Jahrhundert Spuren übrig 
waren. — SigiamuDd II, S. 135] 



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Obkrbottxnbach 



213 



Oberrottenbach, ostnordöstlich von Königsee; 1253 Rotenbeche, 1303 Rotin- 
bach, 1327 vom Grafen von Schwarzburg an das Kloster Paulinzelle verkauft, um 
1381 Obernrotenberch, 1407 Rotenbach, kam 1534 an die Grafen von Schwarzburg, 
gehörte von 1854 — 1866 zum Amt Blankenburg. — Heinse, 8. 24 — Hesse, Lande»- 
kalender 1805. - Martin, in Thflring. Vereint-Zeittchr. 1887, 8. 183. — Sigismund, Landes- 
kunde II, S. 52; 217 über das 8iegeL 

Kirche, 1685 bezw. 1822 gebaut, schmuckloses Rechteck von 17,6m Länge, 
7,2 m Breite; geputzte Holztonne, rechteckige Fenster; rundbogige Thür an der 
Südseite, zwei korbbogige Thüren unten und oben an der Westseite. Westlich 
Dachreiter, beschiefert, Viereck, Schweifkuppel etc. Emporen in Holz, ungemalt. 
— Pf. Apel in Milbits, MittheiL a. d. Kirchbuch. — Sigismund II, S. 58. 

Kanzel an der Ostwand, aus dem 17. Jahrhundert, einfach, gut: {J, mit Eck- 
säulchen, ebenso auch die Kanzeltreppe mit Brüstungen der Wangen. Holz, ungo- 
malt — Hei nie a. a. 0. 

Altar werk, hinter dem Altar aufgestellt. Auf dem Rahmen der Flügel- 
Aussenseitcn steht: Ttnno bni JÄ98 9 pltt& (completa) efl bec tabola in vigilia 
palmarem facta ejt in ealfclt. Im Sockel Malerei: zwei Engel (Oberkörper) mit 
dem Schweisstuch ; diese stark übermalt Im Mittclschrein Figuren ; im überhöhten 
Mitteltheil desselben Maria mit dem Kind, das einen Apfel trägt, durch Strebe- 
pfeiler mit Engelchen [der rechte fehlt] getrennt von den Figuren des älteren 
Jacobus und der Barbara, der Katharina und des Mauritius. Beispiel guter Saat- 
felder Arbeit, trefflich erhalten auch in Farben, Abzeichen, Namens-Unterschriften 
und künstlich geschnitzten Baldachinen. Auf den Flügeln befinden sich Gemälde 
und zwar auf den eigentlichen Flächen innen auf reliefirt gemustertem Goldgrund 
und mit viel Gold an Heiligenscheinen und Geräthen die Geburt und die Anbetung 
der Könige, aussen (ohne Gold- Verwendung) die Heiligen Jacobus der Jüngere, 
Dorothea, Christoph (dieser in lebhafter Bewegung) und Urban. Auch hier alle 
Unterschriften erhalten; auf den Aufsatz - Brettern der Mitteldeckung in kleinen 
Figürchen innen musicirende Engel bezw. der Stern der Weisen, aussen der ver- 
kündende Engel und Maria. Die Malerei kräftig realistisch unter nürnberger Ein- 
flnss, die stehenden Heiligen in ihrer Einfachheit besser, als die biblischen Vor- 
gänge, die Farben saftig. Vom Aufsatz einige Reste des durchbrochenen Schnitz- 
werkes erhalten. — Sigismund I, S. 216. 217; II, 8. 62. 

Figuren, Reste von Altarwerken, Maria mit dem Jesuskind, Bartholomäus, 
eine kleinere Maria und ein heiliger Diakon, ziemlich verstümmelt, 

Crucifix, aus dem 16. Jahrhundert, mittel mässig in Hol« gesclinitet 

Kelch, aus dem 16. Jahrhundert, von kräftiger Form. Sech spass - Fuss mit 
blinden Stegen als Randmuster ; auf den Feldern gravirte Maasswerke und ein 
Crucifix aufgelegt, das obere Stück des Anlaufs abgeschnitten. Knauf rund, mit 
Rosetten und daraus vortretenden Knöpfen als Fruchtknoten, dazwischen getriebene 
Eier : U mit Buckeln und gravirton Maasswerken. Am Schaft darüber bezw. darunter : 
MARRIA bezw. IHSNIR (Iesus Nazarenus Iudaeorum rex). Der untere Theil des 
Schaftes enthält ein Glied in Form einer Kehle zwischen Rundstäben, deren ge- 




214 



Obkrbottmcbach. Schwaezbuko. 



Königsee. 28 



kreuzte Enden abgeschnitten sind, und das nicht recht passt, aber zu dem Kelch 
gehörte. Der untere Theil der Kuppe mit einem ausgeschnittenen Fries (von der 
Form der vereinfachten Lilie) umlegt Silber, vergoldet, 16 cm hoch. Hostien- 

teller mit Kreuz. — Pt Apel in Milbitz, Zeichnung (A). 

Glocken. 1) 1822. — 2) Ohne Inschrift, aus dem 15. Jahrhundert, mit 
Kreuz und Evangelistenzeichen. 55 cm Durchmesser. 




Ostansicht des Schlosses Schwarzburg. 



Schwarzburg, ostsüdöstlich von Königsee (1072 Swartzinburg Grenzort der 
von der Richza dem kölner Erzstift geschenkten Besitzungen); nach der 1123 zu- 
erst sicher urkundlich erwähnten Burg (s. Schloss) Schwartzeborch, Schwartzpurgk, 
Swarczburc, Swarzberc, Suartburch, Zwarteborch etc. genannt, jedenfalls durch 
Dienstleute und Tagelöhner der gräflichen Vorwerke entstanden und Schwarzburg- 
Thal gegenüber dem Schloss genannt. Um 1381 unterschieden Swarsburg Castrum 
et villa. Im 14. Jahrhundert kommen neben den Grafen Ritter von Schwarzburg vor 
(Martin, Urk. v. Jena öfter). — Anemolter, Der schwärzt). Haaskrieg, Schulprogr. — Heise, 
Landeskalender 1806. — Janghanss u. Koritzer in Meiningen, Lichtdrucke — Kiesewetter, 
in ThOring. Vereins-Zeitschr. 1879 (N. F. I), 8. 139. 147 (westl. Grenze d. Besitzungen d. K. Richza). 

— Martin, in ThOring. Vereins-Zeitschr. 1887, S. 133. — Sigismund, Landeskunde II, & 146 f. 

— Soph. Williams in Berlio, Fhott.gr. 



29 Königsoe. 



Schwarz buko. 



215 



Kirche im Thal, mit Benutzung von Mauern einer 1572 gebauten [1712 aus- 
gebesserten, 1863 wegen Baufälligkeit nur zu Begräbnissfeierlichkeiten benutzten] 
Kirche 1882 von Geheimen Baurath Brecht gebaut, freundlich. — H»aie, Rudobrtadt 
u. Schwarxbuix, S, 140, und Sigismund II, 8. 149 Aber die alte Kirche. 

Kanzel an der Ostseite, aus der alten Kirche wieder verwendet, mit Ver- 
änderungen restaurirt, aus der Zeit um 1712. Auf einem an den Seiten in Voluten 
herauskragenden Sockeltheil mit verschlungenem : JESVS ruht jetzt die aussen mit 
geschnitzten Brettern abschliessende, von zwei Palmbäumen cingefasste Kanzel, im 
Grundriss: vortretend, mit korinthischen Ecksäulen, deren Schafte als Blätter 
(in richtigem Holzstil) behandelt sind, und mit rundbogigen Feldern dazwischen, 
welche als Blumenbündel geschnitzt sind. Darauf Gesims und Bekrönung (ohne 
Schalldeckel). Tüchtige Arbeit , neuerdings in lebhaften Farben wirkungsvoll 
bemalt 

Gedenktafel als Oelgemälde (1891 im Schulhaus aufbewahrt), in schlechtem 
Zustande, aber in mancher Beziehung beachtenswerth und der sorgfältigen Wieder- 
herstellung werth, wenn die Tafel auch nicht, wie bisweilen angenommen wurde, 
vom älteren oder jüngeren Cranach (welchem Motive entlehnt sind), sondern in ab- 
weichendem Stil zwischen 1560 und 1580 gemalt ist. Sie ist auf Leinwand gemalt, 
etwa 1 m hoch, oben rundbogig, mit kleinen Figuren. In der Mitte der Gekreuzigte, 
in leidender, aber schöner Haltung, mit gesenktem Haupte, von Wolken umgeben, 
deren Farbenstimmung an die Malweise des Peter Gothland (s. Bau- u. Kunstdenkm. 
Thüring., Bd. Apolda (Amtsger. Jena, S. 101) erinnert. Ein Strahl aus der Seiten- 
wunde trifft das Haupt eines Wickelkindes, welches rechts vom Kreuz von einem 
schwebenden (sehr schlecht übermalten) Engel getragen wird. Beigefügt ist, wie alle 
Inschriften des Bildes, in goldenen Buchstaben, des Kindes Name: EGO ANNA 
AEMILIA KAVFFMANNIN BAPTISATA BT PRAEMISSA NON AMISSA SVM. (Ich, 
A. Em. Kaufmann, bin getauft und erkoren, nicht verloren.) Von dem Ge- 
kreuzigten nach der anderen Seite zieht sich nach unten hin die Inschrift: MORS 
TVA CH RISTE MICHI VITA EST VICTORIA REGNVM LABE MEA MORIOR SÄGVINE 
VIVO TVO (Leben und Sieg und Herrschaft ist, Christus, dein Tod mir geworden; 
sterb' ich in eigenem Sturz, Leben gewährt mir dein Blut). Unter dem Crucifix 
kniet rechts eine etwa 35jährige Frau mit gefalteton Händen (wohl die Mutter des 
Kindes und mit diesem zugleich im Kindbett gestorben). Von hinten her ersticht 
sie der Tod mit einem Pfeil in seiner Linken, während seine Rechte die Sanduhr 
hält Darunter: CONSVMATVM EST (Es ist vollbracht). Links kniet unter dem 
Crucifix jedenfalls der Gatte, dessen Gesicht von langen Locken und einem Knebel- 
bart umrahmt ist Er ist noch am Leben und als der Stifter, welcher den Tod 
erwartet oder ersehnt, aufzufassen, denn auf ihn schreitet hinter dem Kreuzes- 
stamm hervor der bärtige Gott dor Zeit zu, in der Rechten die Sense, in der 
Linken die Sanduhr, erklärt durch Ueberschrift: TEMPVS und Unterschrift: HORA 
BVTT (Die Stunde rinnt). Beide Gatten sind in Schwarz mit weissen Kragen 
und Manschetten gekleidet Im Hintergrund Landschaft und Stadt. Ueber dem 
Kreuz Engel, Gottvater und die Taube. Der Maler dürfte ein Schüler Gothland's 
(wohl nicht dieser selbst) und somit von Cranach'scher Schule beeinflusst gewesen 



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216 



SCHWARZHUR«. 



Königsee. 30 



sein. Er setzt die Farben nicht mehr flüssig, sondern trocken und fest auf (pastos), 
beherrscht die Technik gut, malt aber nicht mehr so liebevoll, wie die frühere 
Generation, steht unter italienischen und niederländischen Einflüssen und zeigt 
Freude an kühnen Farbenstimmungen. Diese Wahrnehmungen gelten freilich nur, 
soweit es sich bei dem jetzigen Zustande des Bildes beurtheilen lässt. Das Bild 
ist ganz eingeschlagen; die Bildnissfiguren sind, abgesehen von kleinen Be- 
schädigungen und Abblätterungen, ganz gut erhalten, aber die allegorischen 
Gestalten theils übermalt, theils vergangen, die des obersten Stückes fast voll- 
ständig. 

Glocke, 1661 von Jacob König. 

Schl0S8, in schöner Lage auf dem 80 m über dem Thal, besonders nach 
Westen steil aufragenden Schlossberg, welcher als Vorberg (Bergsattel) des nördlich 
höher aufsteigenden Tännigshauptes scharf vorspringt und von der Schwarza im Osten, 
Süden und Westen umflossen wird. Die Burg, vielleicht gegen die Sorben angelegt 
(V), seit 1123 genannt, war Sitz der Grafen, welche bis zum 15. Jahrhundert fast ohne 
Unterbrechung dort residirten. (Doch auch Verwalter, Castellane, so 1287 De Curia; 
Anemolter, Urk. v. Paulimelle, Nr. 111 ; ein Mitglied derselben Familie vielleicht in Paulin- 
zelle begraben, s. dort S. 147). 1370 und 1453 waren dort zu gleicher Zeit zwei 
Besitzer. [1371 Vertrag zwischen Johann II. von Wachsenbarg und Günther XXII. Die 
Thürme und die ganze Befestigung nebst Zugbrücke, Thorhaus und Zimmern in diesem, der 
Platz am Vorderthurm, Backhaus, Hundehaus, der Platz rechts von „Witzlebens Burggut" 
zwischen zwei Stallgebunden, Thor-Dornitz (Gemach) für den Thorw&chter am inneren Thor, 
der Theil der Vorburg zwischen dem kleinen Messhaus (Hauptsaal), Hof Dömitz, die 
Kapelle zwischen der Sohule und den neuen Gemächern, der Platz vor ihr zwischen der 
neuen Kemnate und dem Markstein aufwärts bis zur hintersten, kleinen Kemnate, Hof und 
Weg hinter dem Hause zum Hof, alle Zu- und Abfahrten sollten gemeinsam sein. Graf 
Johann erhielt links das Bretterhaus beim Backhaus, die Kemnate für die Jäger nebst 
Nachbar-Gemächern, das Burggut derer von Greussen, das kleine Messhaus mit allen Ge- 
mächern unten und oben et«. Die Angaben für Günther s Antheil fehlen.] 1394 wird das 
„neue Haus" genannt. Neben den Grafen bezw. als Verwalter in ihrer Abwesen- 
heit werden von 1230 an verschiedene Burgmannen von Greussen, von Witzlebeu etc., 
später (von 1376 an) Vögte oder Amtmänner von Greussen, von Wüllersleben etc. 
(Georg von Witzleben, f 152G, dessen Grabstein in Paulinzelle) genannt. Auch die 
(irafen von der Linie Wachsenburg und Leutenberg, an welche im Verlauf Schwarz- 
burg kam, wohnten öfter auf der Burg. Bei der Theilung in Folge der Erb- 
regelung von 1450 werden Einzelheiten namhaft gemacht. [An Heinrich XXVI. von 
Schwarzburg -Arnstadt kam die rechte Seite vom Eingang aus: das leere Gemäuer, das 
Schützenhaus, die Stallung bis zur Küche, Laube (Gallerte) auf dem mittleren Thore, Hof- 
stube sammt dem Uebergebäude; in der innersten Burg das Kornhaus und die Kemnate 
darüber (d. h. oberhalb), die kleine Kammer auf der Treppe, die ins Kornhaus führt, die 
neue Kemnate und Umgebung, die Vogtei bis an die Mauer, wo dieselbe einen Ries zeigt, 
der obere Keller gegen die Vogtei, der Keller unterhalb des Kornhauses. An Heinrich XXV. 
von Lentenberg kam die linke Seite des Einganges von dem Maueretücke bei dem Back- 
haus bis an das Mittelthor, die Stallung bis an das Hospital, das Herrengemach, die innere 



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Vorplatz des Schlosses zu Schwarzburg. 

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31 Königsoe. 



SCHWARZBUKO. 



217 



Barg mit den oberen and unteren Gemächern, die Frauenwohnung, der tiefe Keller gegen 
die Kapelle, der Judenkeller, die Harnischkammer (Zeughaus) darüber, die Dachwig der 
grossen Kemnate. Gemeinschaftlich waren : die Kapelle, die Thore, Thorstenen, Thoren und 
Treppen, die Cisterne, der Thiergarten, Backhaus, Malzhaus, Muhle, Muszhaus (Speisesaal?) 
und Mittelboden darüber, Zwinger und Wehre.] Heinrich XXVI. von Arnstadt kaufte 
1482 von Balthasar von Leutenberg auch die andere Hälfte pfandweise, und von 
seinen Söhnen residirte Günther XXXIX. der Jüngere (f 1531) hier, von hier aus 
eine (vor 1480 entstandene) Brüderschaft der Heiligen Anna und Hubertus eifrig 
fördernd. Günther's XXXIX. Sohn Heinrich XXXII. bevorzugte Rudolstadt mehr, 
während Balthasars Sohn Johann Heinrich die Hälfte Schwarzburg wieder einlöste, 
dort wohnte und 1548 dort baute. Hiervon sind noch der Nainc des Leutenberger 
Gebäudes und einige Reste übrig (s. u.). Seitdem die 1573 gegründete Linie Rudol- 
stadt 1584 Schwarzburg bekam, wurde dieses als zweite Residenz, mehr zum 
Sommeraufenthalt bezw. für Gäste benutzt, so 1597 von Graf Albert's Bruder Wilhelm 
von Frankenhausen, 1640 von Ludwig Günther I. Im Jahre 1695 (damals mag 
wohl das Amt aus dem Schlosse fortgekommen sein) brannte ein Theil ab [das 
sogenannte alte Gebäude, der Reisigenstall und die Junkerstube darüber]. Doch 
Albert Anton und Ludwig Friedrich I. thaten viel für die Wiederherstellung, u. A. 
durch Baumeister Maylandt; Friedrich Anton hatte sogar besondere Vorliebe für 
Schwarzburg, wollte es zur Landeshauptstadt mit allen Behörden umwandeln (baute 
einige Häuser im Orte und die Fasanerie) und Hess 1713 eine neue Schloss- 
kapelle bauen. Allein er starb vor Vollendung seiner Entwürfe, und unter seinem 
Nachfolger brannte 1726 das ganze Schloss bis auf geringste Reste (Kaisersaal und 
Leutenberger Gebäude) ab und wurde damals von Fürst Friedrich Anton, welcher 
zu gleicher Zeit das abgebrannte rudolstädter Schloss aufzubauen hatte, schnell und 
einfach neugebaut (1738 die Kapelle geweiht, 1744 die meisten Zimmer bezogen). 

Das Schloss besteht der Haupt-Anlage nach aus folgenden Theilen. Zunächst 
die zusammenhängende Gruppe. Das Hauptgebäude oder der Neubau nimmt 
die Westseite des Berges bezw. dieses Complexes ein und erstreckt sich in be- 
deutender Länge von Norden nach Süden. Dies ist derjenige Bau, dessen Fronten, 
vom Thal oder von ferneren Höhen (Trippstein etc.) gesehen, ebenso reizvoll durch 
seine Lage über den herrlichen Wäldern, als nüchtern durch seinen Mangel an irgend- 
welcher Gliederung oder Profilirung der in vier Geschossen zahlreich angeordneten 
Fenster wirken. Nach Osten, ungefähr in der Mitte des Hauptgebäudos, tritt recht- 
winklig ein Flügelgebäude bezw. Quergebäude vor; nördlich ist der von diesen 
beiden Gebäuden begrenzte, kleine Vorhof mit Garten- Anlagen versehen ; auf der Ost- 
seite des Westflügels der Haupt-Eingang. Hier, am Mittelbau des Westflügels, einige 
architektonische Belebung in classischem Stil: unten vier freistehende, grosse, 
ionische Säulen, im erston Obergeschoss gepaarte, korinthische Pilaster, im zweiten 
Obergeschoss, hier nur über dem Mitteltheil, korinthische Säulenpaare, welche einen 
Dreieck-Giebel tragen. Der Querflügel ist an der dem Vorhof zugekehrten Front 
wesentlich hübscher, wenn auch ebenfalls ohne besonderen Reichthutn gegliedert 
Die durchgehenden, ionischen Pilaster, welche den ganzen Front-Theil in Felder 
gliedern, kommen zwar wenig zur Geltung, doch der Mittelbau wirkt energisch durch 
starkes Vortreten bei geringer Breite ; vorn die rechteckige Eiugangs-Thür, darüber 



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33 Königsee. Schwarzuubg. 219 



im ersten Obergeschoss gepaarte, korinthische Säulen mit den verschlungenen 
Namens - Buchstaben des fürstlichen Bauherrn zu den Seiten seines Wappens und 
mit gebrochenem Schweifgiebel, im zweiten Obergeschoss Pilasterfüllungen. Ueber 
diesem Mittelbau erhebt sich auf dem Dach der Thurm- Aufbau, vorn als ein Ge- 
schoss mit einem Rundbogen-Fenster zwischen gepaarten Wandpilastern unter einem 
Flachbogen-Giebel, darüber der übliche Oberbau : Achteck-Geschoss, Kuppel, Taber- 
nakel-Aufsatz und Kuppelchen. Vom Hof und vom Thal dicht unter dem Schlosse 
kommt der Thurm einigermaassen zur Geltung, von den Haupt - Aussichtspunkten 
auf das Schloss leider zu wenig. 

In der südlichen Hälfte des Schlosses schliesst sich an das westliche Haupt- 
gebäude und den Querflügel noch das sogenannte Leutcnberger Gebäude 
als annähernd östlicher Flügelbau und dann ein südöstlich liegender Schuppen an, 
so dass diese vier Gcbäudethcile, mit einem ganz kurzen Ostbau zusammen, den 
fünfeckigen Wirthschaftshof einschliessen. 

Ausserhalb dieses Hofes und des eigentlichen Schlossbezirkes liegt hinter dem 
eben erwähnten Ostbau und im Anschluss an ihn ein einfaches, nach Süden vor- 
springendes Haus bezw. Südgebäude. [Das Schloss hatte vor dem Brande von 
1726 noch einen Flügel quer über den Hof, durch welchen ein grosses Thor 
führte.] 

Betrachten wir nun das Innere dieser Gebäudegruppe. Das Hauptgebäude 
enthält im ersten Obergeschoss die Wohnung des regierenden Fürsten, im zweiten 
Obergeschoss Gesellschaftsräumo. In ihnen ist die Decoration noch aus dem 18. 
Jahrhundert erhalten. Nach der Vorderfront liegt eine Reihe von Zimmern, nach 
der Hoffront ein langer Gang; doch geht der Mittelsaal von vorn nach hinten 
durch, so dass der Gang an ihm rechts und links ondct, der Saal also selbst mit 
zur Verbindung dienen niuss. Dieser Saal zeigt an den Wänden Stuckdecoration 
von korinthischen Pilastern ; in geschnitzten Roccoco-Rahmen Oelgemälde, und zwar 
an den Wänden Ahnenbildnisse, über den Thüren Landschaften. Die Stuckdecke 
des Mittelsaales, mehr noch die Decken der benachbarten Zimmer bieten Beispiele 
der gerade in Thüringen häufigen Mischung von Regentschaftsstil und Zopf (mit Um- 
gehung des Roccoco) : gebogene und gebrochene Bänder, Ranken, Netze, besonders 
die absichtliche, eigentlich unorganische, aber in ihrer Art reizvolle Verwechselung 
von Rahmenmotiven mit Füllungsmotiven. Charakteristisch ist die bei ihrer Ein- 
fachheit gut componirte Decke des sogenannten Pferdezimmers. Das Zimmer hat 
den Namen von seiner wunderlichen Wand-Ausschmückung her, 240 kleinen, mit 
Leistchen umrahmten Tafeln, welche von dem unteren Paneel in sechs Reihen über 
einander bis oben die Wände bedecken (nur durch die Thüren und darüber vor- 
handen gewesene Bilder und durch den Wandstreifen hinter dem Ofen unter- 
brochen) und kleine Darstellungen von Pferden (Porträts) und Reitern, etwa im Stil 
Wouvermann's, die meisten zwar mit zu kleinen Köpfen und Füssen und zu dicken 
Hälsen und Hintertheilen, einige aber ganz gut ausgeführt zeigen; sie sind zum 
Theil vom Fürsten Ludwig Günther IV. (II.) (f 1790) eigenhändig gemalt. 

In der Südwest-Ecke des Hauptgebäudes liegt der Speisesaal oder Kaisersaal. 
Dieser ist in seiner Decoration, mit Ausnahme der oberen Wand-Ausbildung bezw. 
einer Erneuerung im Jahre 1869, noch von einem älteren Bau erhalten, welcher 
jedoch auch nicht über das 17. Jahrhundert hinausgehen kann, also wohl nach dem 



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Königsee- »4 



Brande von 1695 hergestellt ist. Höchst eigentümlich ist die Art der Licht- 
gewinnung bei dem durch zwei Geschosse reichenden Raum; während unten eine 
Reihe kleinerer (neuerdings bunt gemalter) Fenster einiges Licht spendet, strömt 
oben durch sehr hohe Fenster von allen Seiten Licht hinein. Die Decke ist in 
Stuck als ein Spiegelgewölbe von sehr steiler Wölbung gestaltet: die Wölbfläche 
(Voute), in verhältnissmässig geringer Höhe über dem Fussboden, etwa 4 m über 
ihm anfangend, ist mit vielen Medaillons in Cartouchen (drei Reihen über einander, 
in jeder Reihe an jeder Seite fünf Medaillons) belebt, zu denen an jeder Ecke noch 
(vier) Medaillons und ein Paar von deckentragenden Figuren (Karyatiden) in Hoch- 
relief treten; sie stellen vier Welttheile dar, für die von Afrika und Amerika 
scheinen die alten erhalten zu sein, die von Asien sind stark, die von Europa ganz 
erneuert. Einst waren die Medaillons mit Brustbildern, wie es heisst, von alten 
römischen und deutschen Kaisern, von „Julius Caesar" bis auf Karl VI. (also 72), 
aber so roh bemalt, dass sie bei der Restauration des Saales 1869, wie die ge- 
sammten Wölbflächen weiss (und etwas gelblich) übermalt wurden; jetzt ist aber 
die Wirkung mit den leeren Schildern zu farblos eintönig. Ueber den Wölbflächen 
folgt nicht gleich das Spiegelfeld, sondern die Oberwand steigt senkrecht fast 8 m 
in die Höhe; sie war vor der letzten Restauration oben durch drei Fenster an 
jeder Seite unterbrochen gewesen , dazwischen der Breite und Länge nach durch 
Holzrahmen in je drei Felder getheilt und in den Feldern wiederum mit Kaiser- 
bildern gefüllt. Diese Decoration blieb auf Wunsch des Fürsten unberührt unter 
der neuen stehen. Hoch oben ist das Spicgelfeld in Stuck hergestellt, in der Mitte 
ein Kreisfeld in quadratischem Rühmen mit Eck-Verkröpfung, an den Ecken Frucht- 
schnüre, in den übrig bleibenden Flächen je ein unregclmässiges Feld in Car- 
touchen-Umrahmung. Die Feldorfüllungen sind 1869 als leichtbewölkter Himmel 
bemalt, das Uebrigc wieder weiss. Die Oberwand ist durch einige Stuckirung so 
gegliedert, dass an jeder Wand ein grosses Mittelbild (Oelgemälde eines Kaisers) 
in karyatidcn-geschmücktcm Rahmen und zwei kleine Bilder mit gemalten Genien, 
welche die verschiedenen schwarzburgischen Wappenschilder halten, umrahmt und 



" _ ' lungen aus der Alte- 

Rasten in Fonn eines Löwen im Schlosse zu Schwarzburg. gorie, Sage und Ge- 




durch Stucklinien ver- 
bunden werden. An 
den Wänden unten aber 
sehen wir über einem 
schablonirt gemalten 
Vorhang mit den ab- 
wechselnden schwarz- 
burgischen Doppeladler 
und Löwen einen Fries, 
schwarz auf grau, auf 
Papier gemalt, welcher 
in Abtheilungen (zum 
Theil durch beigefügten 
Textgetrennt) in kleinen 
Figuren einige Darstel- 



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Kaisersaal im Schlosse zu Schwarzburg. 



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35 Königsee. Schwarzburg. 221 



schichte des Landes giebt Der gesaminte malerische Schmuck ist vom Hofmaler 
Oppenheim ausgeführt Auf den zwei (ebenfalls modernen) Kaminen sind verschie- 
dene (ieräthe von Werth aufgestellt, welche gleich hier mit besprochen werden mögen. 
Vor Allem ein kleiner Kasten in Form eines liegenden Löwen mit abnehmbarem 
Obertheil. Er ist aus Holz geschnitzt und mit Pergament bezogen, auf welches ver- 
silberter und mit schwachen Reliefs verzierter Kreidegrund aufgelegt ist. Diese 
Reliefs, vorn zwei sitzende Figuren mit Falken auf der Hand, an den Seiten je zwei 
Wappenschilder und dazwischen spiralische Ornamente, lassen, obgleich (wie auch 
das Pergament und an den Ecken das Holzwcrk) vom Alter beschädigt und ver- 
wittert, deutlich die Renaissance des IG. Jahrhunderts und deutsche Arbeit erkennen ; 
die ganze Hauptform des Löwen ist aber eine so ausgesprochen mittelalterliche (die 
Zeit lässt sich nicht bestimmen, da diese Thierbildungen für Geräthe in gleicher 
Form vom 13. bis zum 15. Jahrhundert reichen), dass man nur annehmen kann, 
der Künstler des 16. Jahrhunderts habe eine ältere Schnitzerei genau nachgeschnitzt, 
oder der Bezug ist jünger, die Holzarbeit selbst wirklich aus dem Mittelalter, etwa 
dem 13. Jahrhundert, erhalten. Dies ist mir der Technik nach sogar wahrscheinlicher; 
dann hätten wir hier im Schlosse eines der ältesten kunstgewerblichen Holzschnitz- 
werke des Landes, eines, r '-jjV 



welches der späteren Zeit viel- 
leicht besonders erhaltens- 
werth schien. — Ferner seien 
erwähnt ein Kästchen aus 
dem 17. Jahrhundert, mit 
Klappthürchen (selten) und 
Schubfächern, in Elfenbein- 
und Ebenholz - Einlagen. 2 
zinnerne Pokale aus der 
2. Hälfte des 17. Jahrhun- 
derts (einer von: 1664), mit 
stark unterschnittenen Füssen 
und Knäufen des Schaftes 
und Ritterfiguren auf den 
Deckeln. Steingut -Krüge 
des 17. Jahrhunderts, in 
bauchiger Form, mit aufge- 
drückten Verzierungen ; Thon- 
krüge mit Malereien, darunter 
einer mit hübschen Blumen, 
(ilasgefässe. 

In den Wohnzimmern 
des regierenden Fürsten be- 
finden sich ebenfalls alte, 
schöne Krüge und Gläser. 
Von ortsgeschichtlich hoher 
Bedeutung ist der schwarz- 
burger Willkomm in Form 




8* 



222 



Schwarzbüro. 



Königwe. 36 



einer lebensgrossen Auerhenne aus vergoldetem Silber, welche in ihrer linken 
erhobenen Kralle ein Cartouchen-Schild mit dem auf Silber geätzten, schwarz- 
burgischen Wappen von : läöü trägt, selbst aber, laut Gravirung auf dem Halsring : 
J5T.G., unter Karl Günther (f 1630) wahrscheinlich in Nürnberg gefertigt ist. Sie 
ist hohl, mit abnehmbarem Kopf, zum Trinken eingerichtet; die selbständig ge- 
arbeiteten Flügel sind angeschraubt (Die Henne wird von den zum ersten Mal 
bei der fürstlichen Tafel erscheinenden Gasten ausgeleert, indem ihnen zugleich ein 
derber, ebenfalls mehrere Jahrhunderte alter Holzklotz (das Geschmeide oder „die 
Jungfrau gut") um den Hals gelegt wird.) 

In einigen Zimmern befinden sich noch Möbel, Schränke und Tische, deren 
Platten in einfach guten Mustern des späteren Regentschaftsstiles mit farbigen 
Hölzern eingelegt sind. Das Mobiliar in dem dem Pferdezimmer benachbarten 
Gemach erfreut sich eines gewissen Ruhmes als gänzlich versilbert, 

Schlosskapelle, modern vom Geheimen Baurath Brecht restaurirt, mit 
schwarzen und weissen Alabasterplatten von der älteren Kapelle. [Die ältere 
Kapelle hatte noch ein oberes Emporengeschoss.J Unter der Kapelle eine fürst- 
liche (iruft aus dem 1(5. Jahrhundert in zwei Abtheilungen, worin die Fürsten Ludwig 
Friedrich I. bis Friedrich Karl beigesetzt sind. — Taufkanne von: 1754, in ge- 
schweifter Form, mit Namenszug: F.S. und Krone, von Zinn. Weinkanne, aus 
dem 18. Jahrhundert, in Seidelform. Auf dem Deckel Anfangsbuchstaben, auf der 
Kanne ein Herz mit den Leidenswerkzeugen um die Worte: Das Blut Jesu Christi 
etc. gravirt; Kelch, mit Sechspass-Fuss und Würfeln am Knauf mit: IESVS +, 
20 cm hoch ; Hostienbüchse und Hostienteller, alle wohl aus der gleichen 
Zeit, mit Namcnszug und Krone, von vergoldetem Silber. 3 Glocken, davon 
2 neu, die 3. laut lateinischer Angabe 1738 von Job. Fehr in Rudolstadt unter Fürst 
Friedrich Anton mit den metallischen Ueberbleibseln dos zweifachen Brandes ge- 
gossen. — Cantor Voigt in Schwanburg, Mittheilongen. 

Das Leutcnberger Gebäude ist ausser der Gruft das einzige, in welchem 
sich, wenn auch geringe, künstlerische Reste des Schlossbaues von 1548 erhalten 
haben. Es sind einige einfache Kreuzgewölbe in den Dienerschafts-Räumen, deren 
zwei im Schlussstein den Löwen, eines dazu die genannte Jahreszahl tragen. 

Wir kommen nun zu den von der hier behandelten Gebäudegruppe selbständigen 
Gebäuden, welche noch die Fläche des obersten Burgbezirkes füllen. 

Am nördlichen Aufgange zum Schloss befindet sich eine kleinere Gebäudegruppe. 
Hier das Thorhaus mit der Jahreszahl : MDCCXXI und einigem Volutenwerk an 
den Seiten, erneuert; daran stossen die ganz schmucklosen Gebäude der Schloss- 
wache (Burgvogt ei) und weiterhin das Zeughaus. Dies, ein dürftiges, mangel- 
haft ausgestattetes Gebäude, erweckt unser hohes Interesse durch den Inhalt, der, 
zum Theil von hervorragender Bedeutung, freilich in einem schöneren Raum mehr 
zur Geltung kommen würde. (Er ist neuerdings durch den Direktor der Leibrüst- 
kammer in Stockholm Ossbahr geordnet.) Im Erdgeschoss sind es meist Kanonen, 
Gewehre und andere Waffen. Die schönsten Gegenstände stehen aber auf einer 
Gallerie, die oben ringsum als Empore läuft, und auch an deren Brüstung und 
Wänden. Die Sammlung birgt Waffen und Jagdgeräthe vom 15. Jahrhundert (auch 
einige der ältesten europäischen Feuerwaffen) bis jetzt und ist darum in geschicht- 



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37 Königsee. 



ScHWABZBURO. 



licher Beziehung hochbedeuteud , namentlich, da sie nicht zusammengekauft ist, 
sondern durchweg aus altem Besitz stammt. Rüstungen und Waffen der 
schwarzburger Truppen aus dem 1(5. Jahrhundert in grosser Anzahl. Einzelne sehr 
schön und reich verzierte Schwerter, Degen und Hirschfänger. Viele 
Jagdgewehre sind durch schön gemusterte Elfenbein- und Holz-Einlagen be- 
merkenswerth ; durch sein höheres Alter eines mit kugelförmiger Endigung des 
Kolbens. Einige sind auf dem Lauf als rudolstädter Arbeit bezeichnet, die Schafte 
und ihre Kunstformen mögen es auch sein, besonders einer mit Verzierungen in 
Silberfiligran aus der Zeit um 1680 erinnert an die thüringer Schmuckgeräthe, wie 
sie z. B. in Schmerbach und Schwarzbausen noch zu finden sind (siehe dort, Land- 
rathsamt Waltershausen, S. 82. 86). Sehr gut vertreten ist die Gewehrfabrik Suhl. 




Hut im Zeughaus des Schlosses zu Schwarzburg. 



Einige ausserdeutsche Gewehre, zumal südfranzösische und italienische (darunter 
solche aus den berühmten Werkstätten von Brescia), fallen zumal durch schönes 
Material, Elfenbein, Perlmutter etc. der Einlege-Muster sehr in die Augen. Eine etwas 
beschädigte Armbrust aus dem Ende des 17. Jahrhunderts ist deutsche Arbeit, 
von schwerer Form; die Elfenbein- und Holz-Einlagen geben einfache, aber gute 
Muster von Raum-Ausfüllung. Pferdesättel von künstlerischer Ausstattung sind 
mehrfach hier aufbewahrt. Einer mit dem pfalzbayrischen Wappenschild und Orna- 
menten in Aetzarbeit an den Auflagern, ein anderer mit Silberstickereien auf rothem 
Sammet, beide noch aus der 1. Hälfte des 17. Jahrhunderts. Der gleichen Zeit ge- 
hören einige Gegenstände gewöhnlicheren Gebrauches an, welche pietätsvoll zum An- 
denken an alte Zeit und Tracht bewahrt werden, darunter beachtenswerth Männer- 
hüte aus schwarzem Filz, theils in Cylinderforra, theils in der Form des sog. 



224 



SCHWABZBUBQ. 



Königsee. 38 



Pappenheimer Helmes, letztere mit Silberstickerei. Verhältnissmässig sehr reich sind 
einige geschnitzte und vergoldete Schlitten aus dem 18. Jahrhundert ausgestattet. 
Der phantasievollste und malerisch schwungvollste ist einer, welcher vorn am Bug 
einen sich bäumenden Drachen zeigt, während der Sitzkasten mit geschnitzten Rosen, 
Federn und Muschelwerk geschmückt ist Ein Schlitten, welcher vorn einen Busch- 
helm ohne besonderen Reiz und überall Eiszapfen zeigt hat einen Sitzkasten von 
elegant geschweifter Form, daran vorn die hübsch bewegte Figur eines Knäbchens 

mit Blumen. Ein Schlitten, 
mit der schwarzburgischen 
Wappengabel vorn, welcher 
im Ganzen als Pferd mit 
charakteristischer Ramsnase 
geschnitzt ist und auf dem 
Schwanz den einzigen Sitz 
für einen Fahrer (der dem 
fürstlichen Zuge voranfuhr) 
enthält, ist bis auf diese 
Eigentümlichkeiten künst- 
lerisch geringer. Der mit 
Blumen und Eiszapfen, am 
Bug mit einem Minervenkopf 
geschnitzte Schlitten zeigt 
schon die Entartung des 
Roccoco aus der Grazie 
zur Schwerfälligkeit Zum 
Schluss sei die Aufmerksam- 
keit auf mehrere Kommet- 
geschirremit geschnitzten 
Spitzen- und Seiten- Verzier- 
ungen gelenkt Das origi- 
nellste ist eines aus der 
Mitte des 17. Jahrhunderts, 
welches mit einer kleinen 
Ritterfigur als Spisse (oben 
in der Mitte) und mit Rosen 
und anderen Blumen an den 
seitlichen Hörner - Voluten 
geschnitzt ist. 

Bech stein, Wander. d. Thüringen [Das maier. u. romant Deutsch! \ 2. Aul, 8. 86 n. Anm. 
W. t. C. U, Der Thür. Wald, Erfurt 1830, S. 32 f. mit Ansicht. — Freiherr Th.T. CederstrOm, 
in Münchener Alterth -Vereins-Zeitecbr. N. P. V (1893), S. 3, Ober die Zeughaus-Sammlung, mit Innen- 
ansicht des Zeoghauses. — Gregorii, 8. 198. — Heinse, 8. 46 n. Titel-Ansicht — Hess, in 
Thflring. Vereins-Zeitschr. IV, 8. 333. - Hesse, Rudolstadt n. 8chwanbnrg 1816, mit Ansicht wm 
Norden aas, 0.; 8. 120 f. n. Anm. 191 f, bes. Anm. 202 Aber die Bargmannen, Anm. 206 1 Aber einzelne 
Theile, Anm. 211 aber das Zeughaus. — Hesse, in Thüringen u. d. Harz II, 1840, 8. 226 f. mit 
Abbildung, längerer Aufsatz, darin 8. 232 die genauen Angaben der Räume bei der Theilung 1370; 
S. 234 desgl. bei der Theilung 1463. - He/den reich, Hist d. H. Schwarzburg 1743, 8. 417. - 




Kummetgeschirr im Zeughaus zu Schwarzburg. 



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39 Köliigsee. 



Schwaezbobo. Sitzbndorf. Untkhköpitz 



225 



Junghanns u. Koritzer in Mehungon, Lichtdrucke. — E. Kfiromerer, Maler. Topogr. t. 
Schwarxb. 1802. Ansichten ?on verschiedenen Seiten. — Hofmarschall v. Kl Aber, achltsensw. Mit- 
theilungen. — C. A. Oaabahr, in Mtachener Alterth.-Vereiiis-Zeitschr. N. P. IV (1882), S. 13 mit Ab- 
bildungen der Aetzung auf einem Schwert dea Zeughauses. — Richter, Bilder a. d. westL MitteldeatachL 
(Unser d. Ld. u. Volk VI) 1883, 8. 306 mit Ansicht Sigismund II, S. 146 f, auch aber die 
Pferdebilder, die Henne, du Zeughaus, in dem noch 1863 das angeblicbo Ehebett des iweiweibigen 
Grafen Ton Gleichen gezeigt wurde. — Treiber, GescbL- u. Landeübeschr, 8. 134. — 8oph. 
Williams (E. linde) in Berlin, Photogr. 

(Fasanerie, fürstliches Jagdschloss, 3 km westlich von Schwarzbarg, 1715 an- 
gelegt; schmuckloses Gebäude; in mehreren Zimmern Hirschhorn-Möbel, darunter einige bis 
mm Ende des vorigen Jahrhunderts zurückreichende, doch mehr Curiositaten als Kunst- 
erzeugnisse. — Hesse, Rudolstadt u. Schwanburg, 8 148. - Sigismund H, S. 146. 147.) 



Sitzendorf, südöstlich von Königsee; der Sage nach von Graf Sizzo benannt, 
der hier einen Kilchengarten für seine Burg angelegt und das Dorf gegründet 
haben soll. 1543 Lehnbrief der Grafen Hans Heinrich und Günther über Zinsen zu 
Sitzendorf. 1568 oder 1565) und 1668 Bestätigung des den Sizendörfern verliehenen 
Rechts des Schlachtens, Backens, Brauens und Malzens. Cand. Macheieidt machte 
hier die ersten Versuche, Porzellan herzustellen. — Heinse.S.49. — Hesse, Landes- 
kalender, Jahrg. 1809. - Sigismund, Landeskunde IL S. 144 — Soph. Williams in Berlin, 
Photographien. 

Schllle und Gemeindehaus vereinigt, einfachst, erneuert, doch von 1786, 
nach den Jahreszahlen der Wetterfahne und der Glocke. 



Unterköditz, ostnord östlich von Königsee (um 1381 Coditz zum Unterschied 

von Obirrcoditz). — Hesse, Landeskalender 1809. — Martin, in Th dring. Vereina-Zeitachr. 
1887. S. 133. - Sigismund, Landeskunde IL & 186; 817 Aber das Siegel. 

Rittergut, einst der Familie von Greussen, dann von Thfina, Wislicenius 
aus Apolda, 1746 von Keller, Schwimmer, von Holleben, jetzt von Holleben, genannt 
von Normann. Schloss gegen 1740 gebaut, einfach. An der Nordfront das 
Wappen von Holleben und: /7<W t an der Westfront das Wappen von Keller und: 
'747. Innen ein Kreuzgewölbe. 

In einem Zimmer Decken- und Wand-Gemälde. 

Familienbildnisse, im 18. Jahrhundert in Oel gemalt 

PC Otto in Alleodorf, Mitth. - Sigismund IL 8. 12& 



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226 Uhtkmchöbuiig. KönigBee. 40 



Unterschöbling, südöstlich von Königsee; 1462 Schobelinge, 1370 Niedern- 
schebling, um 1381 Nederzebelit. — Heins«, & 61. - Martin, in Thttring. VereiM-Zeit- 
•ehrift 1887, 8. 183. - Sigismund, Landeskunde IL S. 120; 816 Aber du 8iegcl. 

Kirche. Einfaches Rochteck, 16,7 m lang, 6,4 m breit. Anlage gothisch, 
wovon an der Ostseite drei schlanke Spitzbogen - Fenster ; an dor Südseite zwei 
spätgothische Spitzbogen-Fenster, zweitheilig [Mittelpfosten abgebrochen], mit Fisch- 
Maasswerken. Ein kleineres, höher angeordnetes zwischen diesen Fenstern hat 
zwar Schweifbogen-Forrn, ist aber wohl erst später zur Erleuchtung der hier befind- 
lichen Kanzel durchgebrochen, seine innere Rechteck-Form jedenfalls neuer. An 
der Südseite noch eine Rundbogen - Thür aus dem 16. Jahrhundert. Darüber eine 
Empore mit dem Sturz: ^Z""^. An der Nord- und West- Seite Flachbogen- 
Fenster aus neuerer Zeit, zum Theil von 1880. Damals fand eine gründliche 
Reparatur der Kirche nebst Ueberputzung innen und aussen statt Korbbogige 
Holzdecke. West-Dachreiter als beschiefertes Viereck-Geschoss mit Schweifkuppel. 
- Sigismund I, 8. 211; U, S. 120. 

Kamel, aus dem 18. Jahrhundert, von Oberlande/s Wittwe und Söhnen gestiftet, 
auf einer MUtelsäule, fünf Seiten des Achteoks, mit Ecks&ulen und Malereien, bei der 
letzten Restauration gründlich verdorben, besondere duroh Uebersohmieren. 

Altar mit gothisch profilirter Deckplatte aus Stein erhalten. 

Altarwerk als Altar-Aufsatz, um 1500 gefertigt, in neueren Zeiten restaurirt, 
wohl 1792 (nach einer über dem Altarwerk befindlichen Tafel mit dorn Gries- 
heim'schen (?) Wappen und dieser Jahreszahl zu urtheilen). Im Mittelschrein 
stehen die drei verhältnissmässig grossen (durchschnittlich 75 cm hohen) Figuren 
der Maria mit dem Kind zwischen den Heiligen Georg und Andreas von ver- 
hältnissmässig gedrungenem Körper; sie sind bei der Restauration derb nach- 
geschnitzt (besonders in Gesichtern und Attributen) und mit Lackfarben bemalt 
(dies in den Fleischtheilen), so dass sich ein ürtheil des ursprünglichen Zustandes 
nicht geben lässt, sehen darum aber gerade sehr wohlerhalten, frisch aus und sind 
von bester Wirkung mit den Malereien auf den Innenseiten der Flügel: Geburt 
und Anbetung der Könige, welche ebenfalls frisch bezw. zum Theil aufgefrischt 
aussehen. Die Aussenseiten der Flügel sind überweisst. — 8igi«mundH.8.l2L 

2Altarleucbter, aus dem 18. Jahrhundert; runder, breiter Fuss und Teller, da- 
zwischen schlanker Schaft mit Knauf. Zinn. 

Tauf schale, 1716 von Veronioa Fischer. Zinn. 

Kelch, aus dem 17. Jahrhundert. Sechspass-Fuss, am Anlauf oben gerippt, 
ebenso oben der vasenförmige Knauf. Silber, vergoldet, Meisterzeichen (MD (?) ; 
2Z\); 23 cm hoch. 

2 Blumenvasen, delfter Art. 

Gl0CkenhaU8. Glocken, l) 1820. — 2) 1788 von Joh. Mayer. 68 cm 
Durchmesser. — 3) 1820. — Sigismund II, S. 121 noch eine Ton 1410. 



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41 Königsee. 



WlLDKNBPRIKO. 



227 



Wildenspring, westsüdwestlich von Königsee; Willenspringk. — Sigismund, 
Landeskunde II, 8. 129; 217 über das Siegel. 

Rittergut, einst des Diezel von Wüllersleben, seit 1459 der Familie von 
Holleben , um die Mitte des 1H. Jahrhunderts vom Urgrossvater des Geh. Staats- 
rates von Ilolleben gebaut, jetzt Förstereiwohnung, gewöhnlich, unten Bruchstein, 
oben Fachwerk, lieber der Thür zwei Wappen (rechts das des Erbauers von 
Holleben, links das seiner Gattin von Normann auf Rügen) in Roccoco-Umrahmung, 
darunter: tlb'O, — An der Gartenmauer ist 1892 eine Wappentafel eingemauert, 
welche aus Geilsdorf (s. d. S. 111) stammt und die Wappen der Familie von Hol- 
leben, zwischen denen (links) von Röder und (rechts) von Zaschnitz, darunter einen 
am Bande hängenden Orden und: tlüü enthält. — Geh. Baur. Brecht, Mitthefl. — 
Heinsc, S. 50. - Hesse, Landcskalender 1809. — Sigismund II, S. 130. 




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Amtsgerichtsbezirk Oberweissach. 



Inhaltsverzeiehniss. 



Geschichtliche Einleitung 289 

Deesbach 229 

Schanze '29 

Goldiatbal 289 

Kirche 230 

Olockenhaua SSO 

[Kreist] 230 

Katzhütte 280 

Kirch« 280 

Forsting 281 

Jagdhaus 281 

Meura sst 

Kirche 231 

MeuBelbacb 282 

Kirche 282 



(Meuselbaeb) 

Qlockenbaus 234 

(Au»»lcbt»thann) 284 

Neuhaua am Keonweg »84 

A.ltere Kirche 284 

Kirche 234 

Oberweissbach 234 

[Kirche] '84 

Kirche 235 

(Fröbelthunn) 236 

Scheibe 23« 

Kirche 236 

Unterweißsbach 237 

Kirche 237 

Glockenbaus 238 

Wohnhäuser 238 



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Der Amtsgerichtsbezirk Oberweissbaeh. 




er Amtsgerichtsbezirk Oberweissbaeh grenzt im Norden an den Amts- 
«,'erichtsbezirk Königsee, im Osten und Süden an die meiningischen 
Amtsgerichtsbezirke Gräfenthal, Steinach und Schalkau, im Westen 
an Schwarzburg-Sondershausen. Er gehörte früher zum Amt Schwarz- 
!>urg (s. Amtsger. Königsee, Einleit), wurde mit diesem zu Ende des 
17. Jahrhunderts in Königsee einverleibt, aber 1832 ein eigenes Gerichtsamt. — 
F. Dam, Dm Kirchspiel Oberweissbaeh, zum hundertjährigen Kirchenjubiläum 1879. — H ei nee, 
Altertumskunde d. F. Schw -Rudolstadt 1857, S. 54 f. - Sigismund, Landeskunde II, & 147. 153. 



i. südlich von Rudolstadt; Deeschbach, der Sage nach früher Düster- 
bach. — Dan«, Oberweissbaeh, S. 29. — Hesse, Landeskalender 1811. — Sigismund, Landes- 
kunde II, S. 161; 218 über da« Siegel. 

Schanze auf dem danach benannten Berge, »/« km südwestlich von Dees- 
bach, aus dem dreissigj ährigen Krieg der Ueberlieferung [und den dort gefundenen 
Waffen und anderen Gegenständen] nach, ein Quadrat von ungefähr 9 m Seite, 
mit erkennbarem Wall und 1 1 ; „ m tiefem Graben. — Sigismund II, s. 162. 



Goldisthai, südwestlich von Oberweissbaeh; 1628 Kolitzschthal , 1703 Kolitz, 
1710 Kohlsthal etc., später Goldisthai angeblich wegen der Goldfunde genannt. Der 
Fürst Friedrich Anton verwendete viel Geld auf die Goldwäsche und brachte dadurch 
den Ort in Aufnahme. 1737 kam die Hälfte des von ihm begründeten Werkes an 



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230 GoLoisTHit. Katzhüttk. Oberweissbach. 2 

den Fürsten Günther, aber nach Verlauf eines Jahres blieb es wieder liegen. — 
Hesse, Landelkalender 1813. — Lesser, Hist. Nachrichten v. Schwann. Hunten, Leipzig 1741, 
S. 104 f. - Sigismund, Landeskunde IL S. 173. 

Kirche, 1892 vom Geheimen Baurath Brecht in gothischen Formen, doch 
der Umgebung entsprechend, trefflich künstlerisch durchgeführt (A). 

GlOCkenhaUS weiter aufwärts auf dem Friedhof. Glocke von 1880. 

[Freigut des östeiTeicbischenObriatlieutenants von Damnitz, um 1770—1774, ver- 
kauft, das Herrenhaus zum Gast baue geworden. — Heinso, 8. 63. — Hesse, Rudolstadt 
u. Schwanburg 1876, S. 142 f. — Sigismund IL 8. 174.] 



Katzhütte, westnordwestlich von Oberweissbach; hiess früher Rosenthal, war 
1566 Stätte einer Schtnelzhütte (für Kupfererze) des Wolf von Lindenau und Genossen, 
1591 eines Eisenhammers von Schleusinger, welcher dann von der fürstlichen 
Kammer gekauft wurde. Von dieser kaufte Graf von Schulenburg 1724 den Hammer, 
und 1733 wurde der Ort (seine niederen Gerichte) Eigenthum des Werkbesitzers, 
so 1751 des J. W. Hamann (der später in Wallendorf lebte, s. Bau- u. Kunst- 
denkm. Thüring., Kreis Saalfeld, S. 249), dann mehrerer anderer Besitzer, bis 1821 
die fürstliche Kammer den Hammer kaufte. — Heinse, S. 61. - Hesse, Landes- 
kalender 1812. — Hesse, in Thüringen u. d. Han VIIL 1844, S. 229 f. — E. Kühne, Chronik von 
Katzhütte im FOrstenth. Schwanb.-Rudolstadt, zumeist nach den dortigon Pfarracten zusammengestellt, 
1891. — Sigismund, Landeskunde II, S. 174. 

Kirche [an Stelle einer vor der Reformation gebauten Kapelle bezw. einer 
Kirche von 1570] 1755 (Jahreszahl aussen über der Nordthür, ebenso nebst Kamm 
und Gabel aussen au der Westthür) unter dem Patronat von J. W. Hamann ge- 
baut. Chor und Langhaus bilden ein Rechteck von zusammen 17,9 m Länge und 
9,7 m Breite. Holzdecke vom Querschnitt: (S "X . Südlich als Vorbau der über 
der Thür mit: I.W.II. (Hamann) 1756 bezeichnete Patronatsstand. Fenster und 
Thüren von der Form: Auf der Westseite ein beschieferter Dachreiter, 

Viereck - Geschoss mit Schweifkuppel. Aus neuester Zeit West - Vorhalle mit zwei 
dorischen Säulen. — Heinse, S. 62. — Hesse, S. 231. - E. Kflhne, Chronik v. Katzhfltt«. 
— Sigismund IL S. 176. 

Taufgestell, von: 1742, als Tisch mit etwas gedrehtem Fuss. Holz. 

Kanzelbau hinter dem Altar in der Mitte, aus der Bauzeit der Kirche. 
Erdgeschoss: Wand zwischen zwei ionischen Säulen. Obergeschoss : Wand mit 
korinthischen Säulen und Einfassungs - Brettern , in der Mitte die Kanzel vom 
Grundriss: ^J. Oben verkröpftes Gebälk und Schalldeckel. Ueberall einige 
Schnitzerei, auf dem Gebälk ein Rundbogen-Giebel, auf welchem zwei Engel lagern 
Holz, weiss mit Gold. 



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3 Oberweissbach. 



231 



Grabplatte im Fussbodan, nur Inschrift für Hamann, f 1757. 

Kelch, aus dem Anfang des 17. Jahrhunderts. Fuss in Sechspass-Form : O. 
Am Knauf Rautenwürfel mit Rosetten, dazwischen Eiermuster: D. Kupfer, ver- 
goldet, 19'/« cm hoch. 

Kelch, 1759 von Georg Hamann geschenkt laut Umschrift auf der Kuppe. 
Fuss in Sechspass - Form ; Knauf apfelförmig , schwach gerippt , mit gering vor- 
tretenden Würfeln. Silber, Zeichen (A. i/(V); Z\ Löwe); 21 cm hoch. 

3 Glocken aus neuerer Zeit, ohne Inschriften, 88 cm, 89 cm und 69 cm Durch- 



ForSttl&U8, mit Bezeichnung des Bauherrn J. W. Hamann 17G0 vorn und 
an der Thür des ersten, durch eine Freitreppe zugänglichen Obergeschosses, bis 
auf diese einfach. 

Jagdhaus auf dem Wurzelberg, 4 km südlich von Katzhütte, 1726 errichtet, 
1756 vergrössert, ein schlichter, achteckiger Bretterbau von Zimmern rings um 
einen runden Mittelsaal, mit Satteldach und Dachreiter, ganz malerisch im Walde, 
nur nothdftrftig vor dem Verfall erhalten. — Sigismund n, 8. 176. 



Meura, östlich von Oberweissbach ; Mäura, Mayra, Maura, 1411 Mura, Meierstin 
ein kaiserlicher Froistuhl; seit 1585 Filial von Döschnitz, 1646 geplündert — 
Hegae, Landeskalender 1812. — Mflldener, Von dem Königstuhl zu Ringleben, Frankenbäuser 
InteUigensblatt 1765, 21. St - Sigismund, Landeskunde IL S. 178; 218 öbor das Siegel 

Kirche [an Stelle einer alten, engen und finsteren] 1728 unter Fürst Friedrich 
Anton gebaut, 1731 eingeweiht (Inschrift aussen über der Südthür). Grundriss-Forra : 
l-j V Gemeinde- und Altar- Raum zusammen 20,5 m lang, 10,1 in breit; 

1 ) Thurm-Erdgeschoss 4,3 m lang, 2,9 m breit. Die Kirche ist im Vcr- 

hältniss auffallend hoch, 10,5 m bis zur Flachdecke über den Emporen, also wohl 
12 m bis zur Scheitelfläche des hölzernen Spiegelgewölbes, welches den Mittelraum 
bedeckt So haben drei, übrigens einfache Emporengeschosse über einander Platz, 
die beiden ersten an den Langseiten und der Westseite herumgeführt, das dritte 
nur an den Langseiten, während eine Tribüne oben in gleicher Höhe auf der Ost- 
seite hinter der Orgel entlang läuft. Die Decke ist am Chor mit dem schwarz- 
burgischen Wappen bemalt, im Mittelschiff mit der derb ausgeführten Darstellung 
Christi in Wolkenglorie zwischen den Haupttugenden. Der Thurm öffnet sich bis 
oben gegen das Schiff. Die Eingangs-Thüren sind rechteckig, ebenso die unteren, 
einfachen Hauptfenster, über welchen noch eiförmige angebracht sind. Der Thurm 
ist erst massiv, dann in einem überputzten Viereck- Geschoss hochgeführt und trägt 
darauf ein beschiefertes Achteck-Geschoss, Schweifkuppel mit geschlossenem Acht- 
eck-Aufsatz und Kuppel. — Heinse, S. 58. — Sigismund IL 8. 180. 



232 Mkoea. Mkubblbach. Oberweissach. 4 



Orgol, aus der 2. Hälfte des 18. Jahrhunderts, mit etwas Schnitzerei. 

Taufstein, von Achteck-Form, mit: I.M.B; I.V.W. 1768 am Schaft, welcher 
durch Einziehung etwas verjüngt ist. Sockel und Becken gut und kräftig profilirt, 
letzteres gesimsartig. Thüringer Alabaster. 

Kanzelbau hinter dem Altar in der Mitte, in der 2. Hälfte des 18. Jahr- 
hunderts gefertigt, laut Inschrift auf den Postamenten auf Kosten von Hans Pabst 
und Frau ausgemalt und beschlagen. Auf diesen hohen Postamenten zwei korin- 
thische Säulen, dazwischen die Kanzel vom Grundriss : ^J. Verkröpftes Gebälk mit 
dem daraus vortretenden Schalldeckel. Einige Schnitzerei als Einfassungs-Bretter 
und als obere Bekrönung, an welcher Crucifix und Dreifaltigkeits-Dreieck. Holz. 

Brettchen, jetzt zum Geld-Einsammeln benatzt, mit einem Bild von: 1772, worauf 
der Orgelcbor mit den Musikanten gemalt ist, ziemlieh verlöscht, immerhin originell. 

Kelch. Fuss rund, von: laut Unterschrift; Knauf apfelförmig, gerippt, 
aus dem 18. Jahrhundert, wie die Kuppe. Kupfer, vergoldet, 18 cm hoch. 

Glocken. 1) 1861. — 2) 1835. — 8) 1740 von Johann Fchr in Rudolstadt 
5u cm Durohmesser. 



Meusebach i westnordwestlich von Oberweissbach ; 13;>4 Mcyzilbach, Mussel- 
bach. - - Hesse, Landoskalendor 1810. — Sigismund, Landeskunde IL. S. 162. 

Kirche [an Stelle einer von 1568, dann einer von 1638], frei und hoch am 
Ende des Dorfes gelegen, 1743 gebaut (laut Inschrift aussen über der Nord- 
thür), erst 1760 geweiht (nach Sigismund). Grundriss- Form : r-T~ ~\ • 

Chor und Langhaus zusammen 22,9 m lang, 11,5m breit, mit Holz- H / 

decke vom Querschnitt: v_ , daran im Mittelfeld vier Gemälde: Taufe, Abend- 
mahl, Kreuzigung und Auferstehung, gut componirt nach italienischen Vorbildern, 
roh ausgeführt. Drei mit toscanischen Pfeilern ausgebildete, hölzerne Emporen- 
geschosse, von denen die ersten beiden auch um die Westseite, das dritte dafür 
noch um die Ostseite herumgeht. Flachbogige, grosse, regelmässig angelegte 
Fenster; an der Nordsoite die rechteckige Eingangs-Thür. Der 5,7 m lange, 3,0 m 
breite Thurm öffnet sich in seiner ganzen Breite gegen die Kirche. Er ist massiv 
bis zum First des ziemlich steilen Langhaus-Daches geführt ; darauf ein beschiefertes 
Achteck - Gcschoss , Schweifkuppel, Tabernakel - Aufsatz und Kuppel. — Heins», 
S. 60. - Sigismund H, 8. 163. 

Orgolbau, aus der Mitte des 18. Jahrhunderts, mit Schnitzerei. 

Taufgcstell, aus der gleichen Zeit, originell, rund; auf einem steinernen, 
grau gestrichenen Sockel ist der hölzerne Schaft als eine (uro einen verdeckten 
Kern vom Querschnitt: J~U genagelte) Umkleidung von einzelnen, mit Roccoco- 
Mustcrn und Blumen- werken gezierten, geschweift geschnittenen Brettern 
hergestellt, braun mit Gold ; darauf das Becken, als Gesims mit frei herumgelegten 
Laubsträngen componirt und der Deckel mit einem knieenden Engelchen als 



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5 Oberweissbach. 



Mküsklbach. 



233 



Bekrönung, alles von Holz, getönt weiss mit Gold. Der Gesammt-Eindruck gut, 
wie die Verhältnisse. 

Kanzel bau hinter dem Altar, von Nicol. und Margarethe Lichtenheld 1743 
gestiftet laut dichterischer Inschrift auf den Postamenten der beiden hohen Säulen, 
welche den Kanzelbau einfassen. Diese Postamente, wie der ganze Sockel sind von 
thüringischem Alabaster, das Uebrige von Holz: die korinthischen Säulen, aussen 
die durchbrochen geschnitzten Einfassungs - Bretter, die zwischen den Säulen im 
Grundriss : KJ vortretende, etwas geschnitzte Kanzel und das stark verkröpfte Gebälk 
mit dem Schalldeckel ; dieser ist 
etwas geschnitzt, wie auch der 
kronenartige, obere Abschluss des 
Ganzen. Gute Verhältnisse. In 
den Farben 1885 erneuert, die 
Schafte der Säulen grau mar- 
morirt, das Uebrige meist getönt 
weiss, mit etwas Roth, Blau 
und Gold. 

Weinflasche, von: George 
Beier (Beyer) 1701, achteckig mit 
Schraubdeckel, mit Blumen gravirt. 
Weinkanne, aus gleicher Zeit, 
von geschweifter Form, mit gravirten 
Blumen und Frflchtcn. Zinn. 

Kelch und Hostien- 
teller; auf letzterem: 1513 
und: C.C.N.8. (Crux Christi 
nostra salus, nach Herrn Ge- 
heimen Hofrath Dr. Ruland). 
Der Kelch hat runden Fuss und 
gerundet -kantigen Knauf, an 
welchem die Würfel nur noch 
durch (nicht vortretende) Rosetten 
angedeutet sind ; dazwischen 
Eier: U mit gravirten Renais- 
sance-Ranken. Kupfer, vergoldet, 
16'/s cm hoch. 

Kelch. Fuss mit Unterschrift der Stiftung durch Georg und Katharina Beyer 
und ihre Kinder 1660, in Sechspass - Form : O; auf den Feldern gravirte, natura- 
listische Mohnblumen und Tulpen ; auf einem Feld die Kreuzigungsgruppe aufge- 
legt. Am Knauf Würfel mit: IHESVS, dazwischen Schildchen von der Form: f~\ 
mit gravirten Blumen und Mustern. Saubere Arbeit. Goldschmiede-Zeichen V 
(schwarzburgischer Adler; V.V.)\ Silber, vergoldet, 23*/* cm hoch, II 1 /» cm der 
Kuppe-Durchmesser. 

Hostienteller, von: Georg und Anna Ele 1661, mit gravirtem Crucifix. 
Zeichen (schwarzburgischer Adler; C.E.). Silber, vergoldet. 




Taufgestcll in der Kirche zu Meuselbach. 



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234 



Mkusklbach. Nhühaub. Obehweissbach, Kirche. Oberweissbach. 6 



6l0CkenhauS, zugleich als Thorhaus für den Kirchhof dienend, aus dem 
18. Jahrhundert ; einfacher, gefalliger Holzbau, auf dessen Zeltdach ein beschieferter, 
achteckiger Dachreiter mit Schweifkuppel. Der Durchgang nimmt das Erdgeschoss 
ein, in einem Obergeschoss befinden sich die Glocken. 1) 1798 vod Job. Mayer 
in Rudolstadt, mit Roccoco-Frics. 100 cm Durchmesser. — 2) Von demselben 1779 sub 
regimine Ludovici etc. 80 cm Durchmesser. — 3) 1869. 

(Aussichtsthurm auf der meuselbacher. auch cursdorfer Kuppe genannten 
Höhe, P/t km östlich von Meuselbach, neu.) 



NeuhaUS am Renn weg (Rennsteig), südlich von Oberweissbach , dicht am 
meiningischen Ort Igelshieb; 1073 durch Graf Albert Anton, der hier an der Stelle 
eines Vogelheerdes ein Jagdhaus baute (wo jetzt das Forsthaus stoht), entstanden. 
— Heins«, & 68. — Hesse, Landeskalender 181L — Sigismund, Landeskunde H, S. 164; 217 
Aber das Siegel. 

Kirchs, ältere, von 1676, einfach, von Holz, soll abgebrochen werden. — 
Heinse, 8. 68. 

2 Glocken von 1808. 

Kirche (höchste Dorfkirche Nord- uud Mittel - Deutschlands), 1802 vom Ge- 
heimen Baurath brecht gebaut, von Holz, sehr schön in den Verhältnissen und 
der trotz der bescheidenen Mittel künstlerischen Ausbildung der Fenster und 
Thoren, der Decken und des Thurm - Aufsatzes , mit Gewinnung der Formen aus 
den Constructionen und Anlehnung an die Gothik, besonders die englische (A). 



Oberweissbach, 21 km südwestlich von Rudolstadt; gehörte früher den Herren 
von Greussen in Singen , welche hier auch wohl eine Burg hatten (wie noch ein 
Theil des Ortes heisst), wurde 1711) von ihnen den Grafen vou Schwarzburg abge- 
treten. • — Dam, Oberweissbach, S.9f. — Fröbel, Kurze Beschreib, d. Kirch- u. Pfarr- Gemeinde 
Oberweissbach etc, Eiaweihuugsschrift 1779. I, S. 13. — Heinse, S. 54. — Hesse, Landeskalender 
1811. - Schlick u. Schmidt in Saalfeld, Photogr. Lichtdr. des Orte*. - Sigismund. 
Landeskunde II, 8. 167; 217 über das Siegel. 

[Kirche, alte, auf der Stelle des jetzigen Friedhofes im Südosten von der 
neuen Kirche gelegen, vor der Reformation gobaut, 1600 vergrössert, 1640 zerstört, 
aber wieder in Stand gesetzt, wie auch der später in die neue Kirche versetzte 
Taufstein bezeugt, diente nach dem Bau dieser neuen Kirche noch zu Begräbniss- 



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7 Oberweissbach. 



Obbbweissbach, Kirche. 



235 



feiern, verfiel aber zu Ende des 18. Jahrhunderts und wurde 1840 ganz abgerissen. 

- Dam, Oberweissbach, & 18. — Fröbel, S. 14. — Heinse, S. 66] 

Kirche, 1767—1779 unter der Bauleitung des „Sergeanten 44 Linke gebaut, 1862 
und namentlich 1890 wiederhergestellt. Grundriss-Form : pf^ - l ~V 1 - Chor und Lang- 
haus sind zusammen 34,9 m lang, 16,2 m breit, mit '—i—i-' flacher, im Mittel- 
theil durch WölbflUchen als Spiegelgewölbe gestalteter und etwas bemalter Heiz- 
decke versehen. Westthurm im Erdgeschoss 6,2 m lang, 4,4 m breit, durch einen 
mächtigen, hochgeführten Rundbogen gegen die Kirche geöffnet. Oestlich vom 
Chor ist der als Sacristei und Vorraum dienende, 3,7 m lange, 5,3 m breite Bau- 
theil massiv, organisch mit dem Chor verbunden, gegen welchen er ganz geöffnet 
ist. Die Kirche erhält reichliches Licht durch viele grosse, rechteckige, zum Theil 
von oben bis unten durchgeführte Fenster, so durch je neun an jeder Langseite, 
von denen nur die drei jedes vorspringenden Mitteltheiles einige Umrahmungs- 
Profile mit gekröpften Ecken haben. An diesem Theil befinden sich auch die 
rechteckigen Eingangs-Thüren , welche einige Bereicherung durch ionische Pilaster 
mit Gebälk und gebrochenem Flachbogen-Giebel erhalten haben. Aussen und in dem 
Osttheil der Kirche mussten im Jahre 1890 einige mächtige, dreimal abgestufte 
Strebepfeiler «angefügt werden. Der Thurm ist bis zur Dachhöhe des Langhauses 
viereckig (hier mehrere vermauerte Fenster), dann achteckig (hier füllen Voluten die 
Ecken aus), mit Rundbogen-Fenstern im obersten Gcschoss, zu ziemlicher Höhe 
geführt Darauf folgen noch eine Menge Gliederungen : Kuppel, niedriges Achteck- 
Geschoss, Tabernakel-Aufsatz und Kuppel, noch ein kleineres Achteck-Tabernakel, 
Kuppel und Hehnstück, oben abgebrochen durch ein Gesims, auf diesem eine Zwiebel- 
kuppel, welche in eine Helmspitze übergeht mit mächtiger Kugel und Wetterfahne, 

— kurz ein mächtiger Dach -Aufbau, an chinesische Pavillons erinnernd, dabei 
ganz schief nach der Westseite herüberneigend. — Dan«, Oberweissbach 1879, S. 6 f. - 
Pröbel, Enweihungsschrift 1779, bes. I, S. 14; II, S. 16. — Heinse, S. 65. — Sigismund II, 
8. 168. 

Emporen ziehen sich in drei Geschossen rings um die ganze Kirche, auf 
toscanischen Pfeilern und Korbbögen von Holz ruhend, neuerdings grau, weiss und 
golden gemalt Mit ihnen verbunden ist der 

Kanzelbau, welcher hinter dem Altar in der Mitte sich an die etwas vor 
der Sacristei vortretende Holzwand anlehnt (so dass also die Emporen hier hinter 
dem Kanzelbau verschwinden). Er ist in strenger römischer Spätrenaissance ge- 
halten, sehr gross. Grundriss-Form: ru-u ^u — Lr^u-Lq. Unten ein gemeinschaft- 
licher Sockel mit durchgehendem 1° °1 1° °l Gesims; darauf links und 
rechts je drei korinthische Pilaster, vor jedem der beiden äusseren Pilaster noch 
frei vorgestellte, korinthische Säulen , alle von schweren Formen , mit mächtigen 
Ausladungen, die Schafte zu bedeutender Höhe geführt. In der Mitte tritt die 
Kanzel im Grundriss : ^ vor, im Aufriss vom Hauptprofil : J mit den hinzutretenden 
Fuss-, Zwischen- und Deck-Gesimsen auf einer Console, \ in den Abmessungen 
ebenfalls übertrieben, doch verhältnissmässig einfach in der Ausbildung, mit zarten 
Ornament-Füllungen in den Feldern, welche rechteckig umrahmt sind. Ein künst- 
lerischer, Fehler ist es, dass die Kanzel mitten aus den Schäften des inneren 
Pilasterpaares unvermittelt heraustritt Auf den Capitellen der Pilaster und Säulen 



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236 Obkrwkissbach, Kirche, Frftbelthurm. Schhbb. Oberweissach. 8 



ruht stark verkröpftes Gebälk und ein ebenfalls verkröpfter Dreieck -Giebel mit 
Strahlensonno und Üblichen Auszierungen. Holzbau, mit neuer, guter Bemalung, 
die Schafte braun marmorirt, die Flächen im Uebrigen braun und grau, die Innen- 
felder und Gliederungen weiss mit Gold. — Pr« bei, Einweihungwchrift. S. a 

Orgelbau, aus der 2. Hälfte des 18. Jahrhunderts, gross, reich und gut 
geschnitzt in den bekannten, damals üblichen Formen und noch in der ursprüng- 
lichen Bemalung in Weiss und Gold erhalten. 

Taufstein, auf dem Friedhof bei der alten Kirche gefunden, also aus der- 
selben stammend (A). Das Becken, welches die Inschrift : Wer da glaubet etc. und : 
16'49 trägt, ist achtkantig, in steiler Ausladung gebogen, gegen welche der bei der 
neuerlichen, sonst recht guten Wiederherstellung hinzugefügte Schaft und Sockel 
etwas zu gering ausgefallen sind. 

Kelch. Inschrift: HANS SPERRSCHNEIDER G . S . Z . C . GEORGIVS 
WALTER S . Z . I . H . GEORGIVS SPERRSCHNEIDER F . Z . C . ANNO DOMINI 
CHRISTI 1644 ringsum auf dem Fuss, darunter am Rand wohl der Name des 
Goldschmiedes: VALENTI KÄSSNER. Der Fuss hat Sech spass - Form : O mit 
sehr tiefen Einschnitten, als Randmuster geschlagene Vierpässe: £3 und auf den 
Feldern rohe, thcils getriebene, theils gravirte Figuren Christi, der Maria mit dem 
Kind und des Engels Gabriel, welche mit Ranken werken abwechseln. Knauf apfel- 
förmig, gerippt; am Schaft darüber, wie darunter: ijrbcst»«. Kupfer, vergoldet, 
22 cm hoch. 

Rauchgefäss-Deckel, mit ausgeschlagenen, geometrischen Mustern. 
Kupfer. 

Glocken. 1) 1888. — 2) 1864. — 3) 1721 laut Chronogramm: ICh rVffe 
geht DoCh zVM haVse gottes eVres herrn, mit Angabe des Umgusses 
durch Job. Feer zu Rudolstadt unter Fürst Friedrich Anton und Pfarrer Martin 
von Rein und mit gutem Ornamentfries. 80 cm Durchmesser. - Dan«, S. 10. 

(Fröbelthurm, auf dem Kirchberg, 1 km südöstlich von Oberweissbach, 
Aussichtsthurra , zum Andenken des in Oberweissbach 1770 geborenen Friedrich 
Fröbel neuerdings errichtet.) 



Scheibe, südsüdwestlich von Oberweissbach; entstand durch den Scheiben- 
hammer (der 1655 einging), bezw. im Anschluss an das Forsthaus 1747. — 
Handbuch meiner Colleetenreise für Opfer des Danks nnd ein Denkmal christlicher Bruderliebe v. A. 
Gebring, 1. Pfarrer tu Scheibe u. Alsbach, L Abtt, Rudolstadt 1847, 8°. — Heinse, S. 69. — 
Hesse, Landeskalender 1813. — Sigismund, Landeskunde II, S. 17L 

Kirche (durch Sammlungen des Pfarrers Gehring 1842 f. und Andere) 1861 
gebaut, auf hohem Plateau, in gothischem Stil; dreiseitig geschlossene Apsis mit 
Gewölbe (ohne Rippen, trotzdem Consolen), durch einen Spitzbogen gegen das 



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9 Oberweissbach 



Scheibe. Uätkkwkissbach. 



Langhaus geöffnet, dessen Wände sich oben gleich zur Holzdecke vom korbbogigen 
Querschnitt krümmen. Spitzbogige Fenster und Thür. Schmalerer Westthurm, mit 
Zeltdach, hat in neuester Zeit einen achteckigen Aufsatz mit Helm erhalten. — 
Sigismund II, S. 178. 

(Gef&sse neu. 2 Glocken, 1867.) 



Unterweissbach, nordöstlich von Oberweissbach ; 1810 grosse Wasserfluth. 
- Fröbel, Einweihungsschrift der K. Oberweissbach 1779, S. 17. — Herne, Landeskalender 1811. 
-Sigismund, Landeskunde II, S. 169; 217 über das Siegel. 

Kirche von 1767, zu Anfang unseres Jahrhunderts (bei Sigismund ist 
wohl 1803 statt 1703 zu lesen) und 1845 ausgebaut; Rechteck von 11,5 m Länge, 
7,2 m Breite, mit tonnenförmiger Holzdecke. Rechteckige Fenster und ebensolche 
Thür. Auf der Westseite ein kleiner Dachreiter. Innen - Ausstattung , Emporen, 
Kanzelbau im Classicismus von 1845, von Holz, weiss mit etwas Gold, einfach, 
doch sauber und gefällig. — FrObel, Einweihungtschrift a. a. 0. — Hein so, 6.57. — 
Sigismund, Landeskunde II, S. 170. 

Altarwerk, einstweilen an der Nord- und Süd -Wand bei der Kanzel auf- 
gehängt, seil aber würdiger und sichtbarer angebracht werden. Saalfelder Arbeit 
aus der Zeit um 1510; Figuren. An der Südwand hängt der Mittelschrein, darin 
steht Maria, das Jesuskind, welches einen Apfel hält, auf dem rechten Arm tragend, 
das Scepter in der Linken, auf der Mondsichel, unter einer Krone, welche ihr zu 
Häupten zwei Engel halten; zu den Seiten der heilige Nikolaus und ein Heiliger 
in Diakonentracht (also Stephanus oder Laurentius), welcher eine [jetzt fehlende] 
Palme in der linken Hand hielt. Au der Nordwand hängen die Seitenflügel des 
Altarwerkes, darin die Heiligen Martin und Bartholomäus. Aller dieser Heiligen 
Attribute sind gut erhalten, wie auch die Figuren in Schnitzwork und Farben, 
sogar auch, wie selten in Thüringen, die beiden schwebenden Engel mit der 
Krone und die künstlich als Distelwerk geschnitzten Baldachine. Dadurch ist das 
Altarwerk ausgezeichnet. Die 02 cm hohe Figur der Maria ist etwas langhalsig 
(vgl. Amtsgerichtsbez. Königsee, Döschnitz, S. 197), die anderen, durchschnittlich 
50 cm hohen Figuren gut, am besten der heilige Nikolaus geschnitzt. Die Malereien 
an den Aussenseiten der Flügel sind verlöscht 

Taufsohale, mit: Unter- Weissbacher Kirchen OtUh /6"6\9, 35 cm im Durch- 
messer; Weinkanne, mit: I.N.R.173U; Sammelbecken, mit: Der Kirche eu 
Unterweissbach verehret worden von Johann Christian Ulrich in der Quelite Anno 
1791, 13 cm Durchmesser. Zinn. 

Kelch. Ao 1322 auf einem Feld des Sechspass - Fusses gravirt , auf einem 
anderen ein Crucifix aufgelegt. Am Knauf treten Würfel kräftig hervor mit (ver- 
kehrt eingesetztem) : ibeep«, dazwischen Eier: U, zum Theil noch mit Maasswerken, 
zum Theil mit Blumen gravirt. Am Schaft darüber: epe [von: Jesus], daruuter 
gravirte Maasswerke. Die Kuppe ist in ihrem unteren Theil mit einem Fries von 



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238 



Oberweissbach. 10 



durchbrochen geschnittenen, aufrechten und umgekehrten Schweifbögen: f\ versehen, 
welche einander kreuzen. Kräftige Formen und sehr starke Profilirungen zeichnen 
den Kelch aus, welcher von Silber, vergoldet, 20 cm hoch ist Hosti enteiler. 

Kelch für Kranke, aus dem 17. Jahrhundert, sehr zierlich. Runder Fuss mit 
gravirtem Kreuz ; gedrückt-apfelförmiger, mit wagerechter Theilungsleiste versehener 
Knauf. Gelegentlich einer Reparatur sind die runden, Ober und unter den Knauf 
gehörenden Schaft-Theile fälschlich beide unter den Knauf gesetzt worden, so dass 
dieser dicht an die Kuppe stösst und der ganze Kelch missgestaltet erscheint. 
Kupfer, vergoldet, 8 cm hoch. Hostienteller, zierlich, mit Weihekreuz. 

Glockenhaus. 2 Gl ooken. 1) 1766 von Job. Mayer. 63 cm Durchmesser. 
— 2) Mit: Wir beyden Schwestern gingen bei den Mayer In Rudolstadt in einer 
Zeit durchs Feuer. 48 cm Durchmesser. 

Wohnhäll8er, altere. An einem von Herrn K. Rudolph steht : Der Anfang 
Menschenlebens beruhet auf Verstand, der Fortgang ist vergebens, wird umsonst an- 
gewandt, das Mittel machet quehlen, das Ende Müh und Noth, die Rechnung thut 
nicht fehlen, das Facit ist der Tod. Ueber der HausthOr des Hauses von Frau Th. 
Arnold: Ach Gott es ist dir wohl bewusst, ich bau aus noth und nicht aus lusl. 
Anno 1789. 




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Amtsgerichtsbezirk Leutenberg. 



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Inhaltsverzeiehniss. 



Geechicbtliche Einleitung 239 

Breternitz M i 

Kirche 241 

Much ei 241 

Kircbe 241 

Burglemnitz 242 

Kirch» 242 

[Rittergut] 242 

Döhlen 243 

Kirch« 243 

Dorfilm 244 

Kircbe 244 

Kirchhof 246 

[Rittergut] 246 

Eichicht 246 

Kirche 246 

Rittergut 246 

Eyba 246 

Kirche 246 

Altarwerk und Gedenktafel im Pfarrhaus . 247 

Kdelhof 247 

Fiflcheredorf 249 

Kirche 249 

Rittergut 260 

Kreuzatein 260 

Heberndorf 260 

Kirche 260 

Pnv.lbes.itz 251 



Seit* 

Herschdorf bei Leuteuberg 261 

Kircbe 251 

[Rittergut] 262 

Hockeroda 2*2 

Schlote 262 

Kleingeschwenda 252 

Kirche 252 

Rittergut 259 

Uurg 266 

Knobelsdorf 253 

Kirche 253 

Könitz 254 

Kirche 256 

[Rittergut] 267 

Schlott 157 

[Obere Muhle] 265 

(Kapelle) 265 

Laasen 266 

Kirche 266 

Rittergut 266 

Landsendorf 266 

Kirche 266 

heutenberg 267 

SUdtkirche 267 

Cyriacskapelle 267 

Friedhof 268 

[Domiuicanerkloater] 26H 

Ratbbaua 869 

[Rittergut] 269 

[Stadtbefeatiguog] 269 

Friedensburg 269 



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IV 



Inhaltsverzeicliniss. 



Leutenberg. IV 



Löhma [Ooi] 274 

Munschwitz 274 

Sanct Jacob 276 

Kirche 275 

Jacobsborn 275 

Press witz 17 ö 

Kirche 275 

Reschwitz 276 

Kirche 276 

Edelhof 276 

[Kapelle] 276 

Rosenthal [Freigut] 277 

Sanot Jacob, t. bei MurwchwiU .... 275 

Schweinbach 277 

Kirche 277 



(Schweinbach) 

[1 Bitterguter] 277 

Steinsdorf 278 

Kirche 278 

Unterloquitz 278 

Kirche 278 

Laufbrunnen 279 

Weissbach bei Leutenberg 279 

Kirche 279 

Kirchhof 280 

[Bittergut] 280 

Burgtrummer 280 

Weitisberga 280 

Kirche 280 

Privatbesits 281 

[Bittergut] 281 




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I 



Der Amtsgerichtsbezirk Leutenberg. 



er Amtsgerichtsbezirk Leutenberg, von dem Hauptgebiet des Staates 
t^anz getrennt, stösst im Nordwesten und Südwesten an die mei- 
uingischen Amtsgerichtsbezirke Saalfeld und Gräfenthal, im Osten an 
den preussischen Regierungsbezirk Erfurt, im Südosten an den Amts- 
gerichtsbezirk der jüngeren Linie Reuss, Lobenstein. Eine kleine 
Exclave des Amtsgerichtsbezirks Burgk von der älteren Linie Reuss stösst an den 
südlichen Thcil von Leutenberg und trennt ihn von seiner Exclave Weitisberga, 
welche im Uebrigcn östlich von Lobenstein, südlich und westlich von Gräfenthal 
und dem oberfränkischen Kreis Bayerns begrenzt wird. Die Exclave Weissbach, 
östlich vom Haupttheil Leutenbergs, stösst nördlich an das Erfurtische, südlich an 
das Lobensteinischc. 

Die Herrschaft Leutenberg war 1209 mit dem saalfelder Reichsgut an die 
Grafen von Schwarzburg gekommen und bei der Theilung in die Linien Schwarz- 
burg und Blankenburg 1275 der letzteren zugewiesen, wurde aber 1326 von 
Günther XV. von Blankenburg an die Verwandten der beiden Linien Schwarzburg 
und Wacbseuburg verkauft. Sie kam bei der Regelung von 15J40 an die Linie 
Schwarzburg allein und zwar an den jüngeren der zwei damals regierenden Brüder, 
Heinrich IX. (f 1361). Dessen Sohn, Heinrich XV., erhielt Leutenberg zum Haupt- 
theil und machte eine eigene Grafschaft daraus, welche in der Folge auch die 
Hälfte des Stammlandes Schwarzburg (s. Gesch. d. Amtsger. Königsee) erwarb. (1417 
Angabe der Orte der Grafschaft, darunter solcher, welche jetzt davon fortgekommen 
sind.) Als die Linie 1564 ausstarb, kam das Erbe an die Söhne Günther's XL. 
von Arnstadt-Sondershausen und bei der Theilung 1571 an die Linie Rudolstadt. 
Beifolgende Tabelle wird die üebersicht über den Besitzwechsel erleichtern. 




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240 



ElKLEITÜN»;. 



Leutenberg. 2 



1184— 18S1 

I 

Gunthar VIL 1831—1876 



▼od Schwanburg (1184—1831) 



Günther IX. von Scbwarsburg 
Günther XII. 



Heinrich V von Blankenburg 

1275—1285 



1 285 — 1308 

Heinrieb VII. (1885—1386) Gunther XV. (1886—13»!) 

1308-1326 



1328-13*0 
XVm. (1316-1354) 

(1316—1361) 
1310 — 1361 



Heinrieb X. 
Sondershauien 



Heinrich XVH. (XV.) Heinrieb XU. 
1362-1412 



Günther XXV. 



Heinrich XIV. (XXlt) Heinrich XX. (XXII.) Günther XXIX. 
1418—1438 



Heinrich XVII. (XXV.) 
1488—1463 
I 

Balthasar 

1468—1521 
I 

Johann Heinrieh 

1581—1665 

Philipp 
1555—1664 



Heinrieb XXIV. 
Heinrieh XXVI. 



Günther 



XXXVIII. 



Günther 



XL. 



Günther XLI Jon Günther I. Albert VIL 

(1558—1683) (1658—1580) v. Rudol.tadt 
1564—1571 (1558—1605) 
1671—1605 



Der nördliche Theil des jetzigen Amtsgerichtsbezirkes, Könitz, war 1209 eben- 
falls an Blankenburg gekommen, wurde aber, wie es scheint, bei dem Verkauf 1326 
als ein eigenes, kleines Gebiet zurückbehalten und blieb der Linie Blankenburg 
bezw. dann Arnstadt- Sondershausen (so bei der Theilung 1411), ward also 1564 
bezw. 1571 mit Leutenberg rudolstädtisch, blieb aber noch unter eigener Amts- 
verwaltung bis 1850. — Beide Gebiete waren den rudolstädtiscben Herrschern will- 
kommen bei der Wahl des Witthums, so Leutenberg für Albert's 2. Gemahlin, 
Elisabeth von Leiningen (160S— 1617), Könitz für Karl Günther's Gemahlin, Anna 
Sophia von Anhalt (1630—1652) und Ludwig Günther's I. Gemahlin, Aemilia 
von Oldenburg-Delmenhorst (1646—1670). 

Hejdenreicb, Hist <L H. Schwarzbarg 1743, bee. 8. 77— 84. 407 (im Exemplar d. rudolit furstL 
BibL dazu gehatzens w. hdBchr. Notiten aber die Orte). — Mi che Isen, Bechtadonkinale auB Thüringen 
1863, S. 419 f. — Sigismund, Landeskunde n, 8. 182. - Treiber, 8. 143 f. 



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3 Letitfinborg. 



Hkktkrnitz. Bdcha. 



241 



Breternitz, nordnordwestlich von Leutenberg; gehörte den Besitzern von 
Eichicht und Löhraa; Güterziusen denen von Schauroth. - Histor.-geogr. Bescbr. d. 
hxgl. sich». Lande 1796, S. 65. - Sigismund, Landeskunde II, S. 208 ; 217 Ober das Siegel. 

Kirche von 1829 laut Inschrift aussen über der Westthür; Rechteck. Sauber; 
unten korbbogige Fenster und Westthflr, oben rundbogige Fenster regelmässiger 
Anordnung. Flachdecke; westlich Dachreiter in üblichem Aufbau. 

(Hocken. 1) 1766 von Mayer. 2 Frieee; Namen. SOLI DEO etc. 63 cm Durch- 
messer. — 2) 1703 von Rose, mit. VKRBVM otc. 55 cm Durchmesser. 



Bucha, nordnordöstlich von Leutenberg. — Hesse, LandoaUlender 1817. — Sigis- 
mnnd, Landeskunde II, S. 215; 217 aber da« Siegel 



Kirche, interessant. Grundriss-Form: i_ Der den Thurm tragende 

Mitteltheil, jetzt Chor, 3,5 m lang, 3,75 m breit, in der Anlage romanisch; von 
Einzelformen dieses Baues der Chorbogen und zwei, jetzt an der Südfront des 
Langhauses, nahe der West -Ecke, vermauerte, einstige Gewölbeconsolen mit 
Eule bezw. Manneskopf. Osttheil, einst Chor, jetzt Sacristei und für Kanzel- 
treppen, 3 m lang, 3,8 in breit, wie das 13,7 m lange, 5,8 m breite Lang- 
haus spätgothisch, um 1500. Im Osttheil ein Tonnengewölbe mit stark gewölbten 
Stichkappen, deren (mit den Schildbögen zusammenlaufende) Grate unten consol- 
artig abgekantet sind. An den Abkantungen Abzeichen in Reliefs, an den östlichen 
Chor-Ecken ein Schild (ähnlich dem Thüna'schen Wappen), an den westlichen Ecken 
nördlich eine Mondsichel, südlich Harfe und Laute (sehr verschmiert). Ost- und 
Südost-Fenster klein, Schweifbogen mit Kleeblatt-Bogen darin ; über dem ersteren 
Fenster aussen ein roh gemeisseltes A^-A Crucifix unter Deckgesims, über 



spitzbogiges Fenster (das erste der V- — J Südseite). Im Mitteltheil (jetzigem 
Chor) an der Nordseite eine rundbogige Sacra mentnische, von deren Um- 
rahmung nur der Obcrtheil, ein kehlprofilirter Rundbogen mit Kantenblumen und 
Giebelblume unter einem Deckgesims, erhalten ist An den Ecken pyramidale Con- 
solen. Darauf ein Kreuzgewölbe mit Birnstab-Ctf -)Rippcn der neuesten Restauration. 
Diese erfolgte nach verschiedenen späteren Bauten (1735, 1835) 1883 in gründlicher 
und sorgfältiger Weise durch Geheimen Baurath Brecht. Triumphbogen rundbogig 
erhöht; über dem Langhaus Holzdecke vom Querschnitt: f V Rechteck-Fenster, 
auf dem Thurm achteckige ßchweifkuppel etc. Hübsche, neue, holzfarbige Be- 
handlung der Emporen und Orgel. 

Kanzelbau, aus der 1. Hälfte des 17. Jahrhunderts, restaurirt, hinter dein 
Altar auf zwei Pfosten die Kanzel: vortretend, mit dorischen Ecksäulen und 
Rundbogen-Blenden der Flächen : zwischen zwei korinthischen Säulen mit Gebälk 

Bta- ond Kuaitdaakn. Tbttrtafna». Schwanb.-RudoUudt I. 5 



dem letzteren Fenster 




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242 



Bucha. Burglemnitz. 



Leutenberg. 4 



und Schalldeckel ; geschnitzte Einfassuugs-Bretter. Holz, meist dunkelbraun, schwarz, 
die grossen Säulen marmorirt, 

Glocken. 1) ano bomini mcccccmt + t?erbt>m caro faerpm efl et babicabic 
in nobie +. (Kv. Joh. 1, 14.) Schmaler Fries von der Form: ~ > VV > V^' mit 
Lilienspitzen. 76 cm Durchmesser. — 2) 1807. 



Burglemnitz, südöstlich von Leutenberg; Lemtze, Lenze. — Hesse, Undcekalender 
1814. — Sigismund, Landeskunde IL, S. 199; 217 aber das Siegel 

Kirche. Grundriss-Form: 1 Die 2,5 in lange, m breite Apsis 

(jetzt Sacristei) mit Halbkuppel und (erweitertem) Südfenster romanisch erhalten. 
Der 3,7 m lange, 4,1» m breite Chor, der den Thurm trägt, erneuert {Triumphbogen 
fort] ; Langhaus, 8,0 in lang, (!,2 m breit, späterer Bau, wie die ganze Kirche öfter, 
besonders 1714 hergestellt. Flachdecke; regelmässige Flachbogen -Fenster und 
Rechteck-Thür. Thurm-Aufbau beschiefert, Viereck, dann Achteck mit Schweif- 
kuppel etc. — Hoinse, S. 68. — Sigismund II, S. 199. 

Taufstein, aus der 1. Hälfte des 17. Jahrhunderts, recht hübsch, pokal- 
förmig, sechskantig. Fuss und Schaft durch Wulste, Stäbe und Kehlen in stärkerer 
Einziehung zum Schaft hin gebildet; am halbkugeligen, sechskantigen Becken Be- 
schlag-Muster. Alabaster, entstellt durch den Anstrich: weiss und blau mit etwas 
Vergoldung. 

Kanzolbau, als Altar-Aufsatz, ähnlich wie in Dorfilm (s. S. 244), modernisirt 
Figuren von drei spätgothischen Altarwerken, auf dem Kirchenboden, ver- 
stümmelt, der Farben beraubt. Von dem grössten ein heiliger Mauritius, im Ober- 
körper und Stücken von Beinen erhalten, Vollfigur, recht gut geschnitzt gewesen 
(man sieht es noch am Ohr, Locken und Verhältnissen), war etwa 90 cm hoch; 

von dem mittleren: Anna selbdritt (diese am besten erhalten), Maria mit 
Kind, gekrönte Heilige [Rechte mit Attribut fehlt], mehr zierlich, .saalfelder Art, 
Relief, im Durchschnitt 05 cm hoch ; — von einem dritten ein heiliger Georg, ganz 
Haches Relief, geziert, sehr beschädigt, war etwa 03 cm hoch. 

2 Altarleuchtcr, aus dem 18. Jahrhundert, rund, mit Schaftringen. Bronze. 

Kelch, aus dem 15. Jahrhundert, zierlich; Fuss rund, mit aufgelegter, kleiner 
Kreuzigungsgruppe. Am Knauf Würfel mit: maria ; dazwischen schmale, gravirte 
Maasswerke; am eckigen Schaft darüber und darunter gravirte Rosetten. Silber, 
vergoldet, 14 cm hoch. 

Glocken. 1) 1638 von Melch. Möbringk aus Erfurt, Fries, Spruch: „Gott bessere 
die Zeit und die Leut". 72 cm Durchmesser. - 2) 1871. 

[Rittergut, ehemals derer von Holleben, 1751 verkauft, 1849 von der Gemeinde 
verkauft und zerschlagen. Nichts A elter es erhalten. — Sigismund II, S. 200.] 



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5 Leutenberg. 



Döhlen, westnordwestlich von Leutenberg; Dolen, gehörte den Besitzern des 
Rittergutes Laasen. 144<) tauschweise (liebst Arnsbach und Schweinbach) von dein 
Grafen zu Schwarzburg - Leutenberg den Herren von Lengefehl überlassen. — 
Heime, & 67. - Sigismund, Landeskunde II, S. 193; 217 über das Siegel. 



KirChB, unscheinbar, Rechteck, 11,1 m lang, 5,4 m breit, auf älteren Mauern, aus 
dem 17. Jahrhundert. Flachdecke; rundbogige Thür und Fenster. In der Mitte kleiner 
Dachreiter, achteckig mit Helm. — Sigismund II. S. 193. 

Kanzel an der Südwand, aus dem 17. Jahrhundert Gruudriss-Form : kJ. einfach. 
Am Kanzel-Eiugang der Ffarrstand mit Holzdecko. Darauf 

Altarwerk, aus der Zeit um 
1510, saalfelder Arbeit. Im Mittel- 
schreiu die 85 cm hohe Figur des 
heiligen Nikolaus zwischen den 65 cm 
hohen Figuren ; links ein heiliger Abt 
(?), rechts Bischof Wolfgaug (mit 
Kirche). Besser als die in Haltung 
wehmüthig geknickte, im Kopf hart 
geschnittene Figur des Nikolaus sind 
die seitlichen Heiligen, beide von aus- 
drucksvoll individuellen und feinge- 
schnitzten Köpfen, bei denen auch die 
Alters-Unterschiede gut betont sind ; der 
linke (siehe Abbild.) im Mannesalter, 
geistig feiner, überlegender, der des 
Wolfgang (dem in Weischwitz ähnlich, 
siehe Kreis Saalfeld, S. 133) bejahrter, 
strenger und inniger. Die Körper bei 
guten Verhältnissen einfach-natürlich, 
wie die Gewandungen. Mit Aus- 
nahme fehlender Krummstab -Theile 
recht gut erhalten, mit Farben und 
prächtig glänzender Vergoldung und 
dem einfach-gefälligen Baldachin. Auf 
den Flügeln Malereien, innen Maria 
mit Scepter in Strahlen, mit dem Kinde, 

und Anna selbdritt, aussen Gabriel und die Maria der Verkündigung, roher aus- 
geführt als die Schnitzwerke, in der Zeichnung untergeordnet, aber in den Farben 
saftig und frisch (vorzugsweise roth und grün, dann weiss und brokat; Gold). [Vom 
ehemaligen Aufsatz, einer Kreuzigungsgruppe, ist eine] kleine, schmerzensreiche 
Maria erhalten. — Sigismund I, 8. 216; II, S. 194. 

Glocken. 1) 1598 von Melch. Möring in Erfurt. 50 cm Durchmesser. — 2) 1797 
von Joh. Mayer, mit: SOLI etc. Fries. 40 cm Durchmesser. 




Kopf eines heiligen Abtes vom Altarwerk 
der Kirche zu Döhlen. 



5* 



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244 



Dorfilm. 



Leutenborg. 6 



Dorfilm, östlich von Leutenberg; kam 1439 durch Tausch von Reuss an 
Schwarzburg; litt besonders durch Brand 1598 und 174G. — Heinse, S. 6a - 
Sigismund, Landeskunde II, 8. 198; 217 Ober das Siegel. 

Kirche, einst der Maria geweiht, früher Filial, seit 1460 eigene Pfarrei; 
Rechteck 17,1 m lang, 6,5 m breit Frühromanische Anlage: an der Westfront 
unten unter dem abgefallenen Putz schräg gestellter Stein- Verband. An der Ostwand 
innen eine gothische, verstümmelte Sacramentnische, rechteckig, unter einem Schweif- 
bogen, in dessen Feld Christi Haupt und Rosetten; übermeisselte Fialen; oben 
abweichend lilicnförmigc Giebelblume. Im LTebrigen die Kirche von 1584, der 
Thurm 1(594; öftere Aenderungen und Wiederherstellungen: 1708 (Jahreszahl an 
der Orgel-Empore; die Jahreszahl 1716 stand früher über der Eingangs-ThÜr) und 
in unserem Jahrhundert. Bescheiden, aber ganz freundlich. Viele, zum Theil sehr 
grosse Fenster, meist rundbogig und tiachbogig. Westlich Dachreiter, beschiefert, 
Viereck, dann Achteck, mit Schweifkuppel etc. — Fragebogen. — Sigismund II, 8. 198. 

Kanzel bau, aus dem 17. Jahrhundert, barock, als Altar-Aufsatz, einfach, 
ganz gut. Sockelglied mit handwerklichem Abcndinahlsbild zwischen gedrehten 
Säulchen und Schnörkelschnitzerei. Gesims mit Engolskopf. Oberthoil : \ / . 
Die Kanzel mit gedrehten Ecksäulchen; an ihren Flächen, wie an den (von Schnörkel- 
werk umrahmten) Einfassungs- Brettern Malerei: Fischzug, Gleichnisse Christi. 
Oberer, rechteckiger Eingang und Schalldeckel mit Schnörkelwerk. Holz, neuer- 
dings gestrichen : weiss, braun, schwarz, gelb mit etwas Gold. 

Grabstein an der Nordwand. Umschrift (zum Theil im Boden steckend): 
GRABSCHRIFT DES EDELN GESTRENGEN VND EHRNV— ESTEN WOLF 
CASPAR VON GREFFENDORF SELIGER WELCHER IM 1603 IAHR ZV 
ABENT VMB 9 VHR VNGEFR AM TAGE ALLERHEILIGEN IN SEIfnem 
eigenen Hause jämmerlicher und böslicher Weise von Christoph Daniel von] BRAN- 
DENSTEIN ERSTOCHEN WORDEN. DODERTAGK ZVVOR DER 31 . OCTO- 
BRIS GEWEST IN (ihm) VND SEINEN LIEBEN WEIB EIN SOHN IST GE- 
TAVFT WORDEN. Der Verstorbene steht gerüstet, doch den Helm zu Füssen, die 
Hände faltend, da, in guter Haltung; sehr scharfe, tief eingeschnittene Arbeit, treue 
Wiedergabe der Rüstung. Oben und unten je zwei Wappen. Schöner Marmor, mit 
blauer Farbe (und Graphit) überstrichen. — Sigismund II, S. 198, wonach auch das 
Fehlende der Inschrift ergänzt 

2 Altarleuchtor, aus dem 17. Jahrhundert, rund, mit Schaftring. Oelbguss, klein. 

Kelch. Scchspass-Fuss mit blindem Stegmuster am Rand; auf einem Feld 
in Kreis-Umrahmung Schriftband mit: JÄ9A (1497) und Wappen einer mir unbe- 
kannten Familie (Stern mit Wellenband) und der von Gräfendorf (springender Bock). 
Am Knauf sechs vortretende Knöpfe (frühes Auftreten dieser Form) zwischen gra- 
virten Maasswerken. Schaft sechseckig, der untere mit einem kleinen, vortretenden 
(iliedchen. Am Schaft über dem Knauf: ibefoe. darunter: crifR Gute Verhältnisse, 
straffe Form mit noch verhältnissmässig kleiner Kuppe. Silber, vergoldet, 18 cm hoch. 

Glocken. 1) 1772 von Job. Mayer in Rudolstadt. Fries: SOLI etc. 81 cm Durch- 
messer. — 2) 1861. 



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7 Leutenberg. 



Dorpilm. Eichicht. 



245 



Kirchhof. Thor spitzbogig. 

[Ehemaliges Rittergut, einst der Familie von Watzdorf, von Würeburg. von Grafen- 
dorf, dann der Gräfin Aemilie von Schwaniburg, seit 1692 in bäuerlichem Bositz; nichts 
Altes erhalten. — Sigismund II, S. 199. j 



Eichicht, nördlich von Leutenberg ; im 14. Jahrhundert Sitz eines Zweiges der 
Herren von Holbach zu dem Eichcch (1383; Martin, ürk. v. Jena I, Nr. 432; die bei 
Schmidt, Urk. d. Vogte L Nr. 650. 651 u. 728. 732 in den Jahren 1328 and 1333 genannten Herren 
vom Ejchech etc. gehören wobl nicht hierher), die dann auch unmittelbar nach dem Ort 
sich nannten (Martin, Nr. 496), seit dem 15. Jahrhundert der Herren von Beulwitz 
(siehe Rittergut); 1526 Aichit, in Lieb 's Salfeldographie Meichichta. — Hesse, 
Landeskalender 1816. — Sigismund, Landeskunde II, S. 191; 218 Aber das SiegeL 

Kirche [an Stelle einer älteren, der Maria geweihten Kapelle, in der 1464 
von denen von Beulwitz eine Vikarie gestiftet wurde], 1720 gebaut, 1817 restaurirt. 
Rechteck 15,9 m lang, 5,5 m breit, einfach. Flachdecke, Fenster an den Langseiten 
oben und unten flachbogig, an der Ostseitc ein rechteckiges; westlich die recht- 
eckige Thür. Dachreiter auf der Ostseite, wie gewöhnlich. An den Langseiten 
nach Osten zu die Giebelspuren ehemaliger Anbauten. — Heinse, 8.67. - Sigis- 
mund II, S. 192. 

Kanzelbau hinter dem Altar, um 1817. 

Tauf stein. Viereckiger Sockel, achteckiger Schaft und Becken, das im Aufriss: 
Daran : 1524^ ein Wappen, Spitzhammer, Richtscheit, Christuskopf, Schild mit: 
hj;. Kalkstein. 

Kelch, von: 1665 laut Inschrift unter dem Fuss, der rund, oben im Sechs- 
pass getrieben, auf einem Feld ein aufgelegtes Crucifix hat Knauf kugelig mit 
Eiern zwischen durch Kehlen getrennten Vierecken : y\ . Silber , neuerdings 



wieder vergoldet, 21 '/t cm hoch. V 

2 Figuren, um 1500, Petrus und Jacobus d. Aelt, letzterer ganz gut. Holz, 
75 cm hoch, flaches Relief, erhalten mit Ausnahme der Abzeichen und Farben. 

Gemälde in der Sacristoi, um 165)0, Brustbild des Job. Fr. von Beulwitz laut 
Ueberschrift, mit Perrücke, rother Halsschleife, Spitzenpäffchen, ganz gut. 

2 Glocken, 1721 von Fehr mit seinem Spruch; jede mit einem Fries; 70, 
bezw. 56 cm Durchmesser. 

Ehemaliges Rittergut (seit 1818 zerschlagen und nun Vorwerk) der 
Familie von Beulwitz, malerisch auf einem Bergkegel südöstlich vom Dorf {Ä). Das 
Schlösschen, unten von Stein, oben von Fachwerk [1464 mit Kapelle erwähnt], 
jetzt wirthschaftlichen Zwecken dienend und ohne bauliche Pflege, hat noch 




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246 



Eichicht. Eyba. 



Leutenberg. 8 



Baureste von seiner Bauzeit aus der 1. Hälfte des 16. Jahrhunderts bewahrt. 
Vier Flügel umgeben einen kleinen, rechteckigen Hof. In diesem links (von der 
Eingangsseite aus) eine Rundbogen -Thür zu einem mit Tonnengewölbe bedeckten 
Raum. Auf dem Nord-, Ost- und West - Flügel ein Obergeschoss ; auf dem Süd- 
flügel zwei Geschosse und in der Mitte der bcschicfcrte Thurm mit Achteck- Aufsatz, 
Schweifkuppel etc. — Von der alten Befestigungs - Anlage um das Gebäude lässt 
sich noch ein kleiner Terrasscnwall rings um dasselbe verfolgen ; der Zugang war 
von Norden her. — Sigismund Ii, s. 192. 



Eyba, nordwestlich von Leutenberg; Sitz der Herren von Könitz (siehe Edelhof). 
— Kieiewotter, in Tbflring. Vereins-Zeit*chr. 1879 (N. F. I\ 8. 147 n. Anm. (wertl. Grenze d. 
Betitzungen d. Königin Ricnxa). - Sigismund, Landertunde II, 8. 210; 217 Ober du Siegel einen 
„Kiben'"-13aura. 

Kirche. Der rechteckige Osttheil, welcher den Thurm trägt, im Erdgeschoss 
4,8 m lang und ebenso breit, romanischer Anlage; hiervon unten an der Ostseite 
ein kleines Rundbogen-Fenster erhalten. Nördlich von dem Thurm ein ihm gleich 
langer, rechteckiger, spätgothischer Anbau, zweigeschossig, mit Pultdach nach dem 
Thurm hin, unten einst Erbbegräbniss, oben Empore der Herrschaft. In beiden 
Geschossen an der Ost- und Nord-Seite noch schmal-spirzbogige (Lanzett-)Fenster. 
Die spitzbogige Thür vom Thurm-Erdgeschoss zum Begräbniss-Raum jetzt zuge- 
mauert und verputzt (durch Malerei angedeutet), daneben aber an der Nordseite 
des Thurm-Erdgeschosses ein Sacramentshäuschen, wenn auch vereinfacht, erhalten: 
ein rechteckiger Pfeiler, nach oben erweitert, tragt den würfelförmigen Aufsatz mit 
dem rundbogig geöffneten Schrein. Grösserer Bau 1720; von daher der Thurm- 
Aufbau, erst massiv, mit grossem Spitzbogen-Fenster an jeder freien Seite, dann 
von Holz, als beschiefertes Achteck mit Schweifkuppel etc. : ferner die flache Holz- 
docke im Thurm-Erdgeschoss, das 8,9 m lange, 6,7 m breite Langhaus mit Flach- 
bogen-Dccke, daran Malerei (Christus mit der Fahne), mit grossen, spitzbogigen 
Fenstern an den Langseiten, rechteckigen an der Westseite. 1881 gründliche 
Restanration ; von daher auch die flachbogigc Westthür in den Begräbniss-Raum. — 
Sigismund II, S. 210. 

Gruppe auf dem Kirchboden, Maria mit Christi Leichnam, um 1500, alter- 
tümlich steif. Christus sehr klein, sitzt ganz auf ihrem Schooss; Maria mit um ihn 
gefalteten Händen, mit schön gewesenem Kopf. Holz, sehr verstümmelt [Nasen etc. 
fort, Farben vergangen]. 

Tauf-Engel, aus dem 18. Jahrhundert, benutzt, d. h. so gestellt, dass er 
mit den ausgestreckten Armen auf einem neu geschnitzten Tisch ruht Holz. 

(Gruft der früheren Besitzer mit GrabmälernV Unzugänglich.) 

Kelch, aus dem 17. Jahrhundert; am Sechspass-Fuss : O zwei Doppel wappen, 
mit: I.F.V.K. (Könitz) und: E.E.V. K.G.V.D. (geborene von Dobeneck); am 
(vorkehrt eingefügten) kugeligen Knauf Eier: U und dazwischen: IESVS. jtj.S.P.C.F. 
Silber, vergoldet, 20» /, cm hoch. 



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Eyba. 



Kol ob, sogenannter Pestkelch. Unter dem runden Fuss: Hans Bergen 1105, auf 
ihm Engelsköpfe; Knauf kngelig. Kupfer, vergoldet, 18 cm hoch. 

Klingelbeutel, aus dem Ende des 18. Jahrhunderts, mit goldgestickten 
Blumen auf rother Seide. 

Glocken. 1) o heilige irmria ein mvrer gorree bit gor für mein t>oldf 
wenn man micb lernen If* + Unno bomtnt m°ccccc°r. Fries von einander 
schneidenden Rundbögen mit Lilienspitzcn. 94 cm Durchmesser. — 2) Ohne In- 
schrift, aus dem Ende des 15. Jahrhunderts, mit Linienrclicf der Pictas. 58 cm 
Durchmesser. — Sigismund I, 8. 219. 220. 

Im Pfarrhaus: Altar werk, auf dem Dachboden, um 1500, verstümmelt, 
mittelmässige Arbeit. Im Mittelschrein Figuren: Georg zwischen zwei gekrönten 
Heiligen. An den Flügeln Gemälde : innen die Heiligen Erasmus (mit der Haspel) 
und Wolfgang, leidlich, aussen Verkündigung, ganz verlöscht. 

Gedenktafel, Gemälde, Peter von Könitz (der Erbauer des Schlosses), mit 
seiner Familie Christus anbetend; mit halb verlöschter Inschrift. — Mitth. 

Edelhof, gehörte den Gutsherren von Könitz bis 1780 (u. A. einer Frau 
von Stockmeyr), jetzt Fideikommiss der Herreu von Fischern. Die Anlage stammt, 
mit Ausnahme des aus dem 15. Jahrhundert (1483 Bauthätigkeit erwähnt) her- 
rührenden Erdgeschosses im Osttheil des Nordflügcls (wo an der Nordseite noch 
ein kleines Spitzbogen-Fenster sichtbar ist), in ihrer jetzigen, durch mancherlei Zer- 
störungen gefährdeten, aber um so malerischeren Hauptgestalt von derjenigen Bauzeit, 
welche durch die Tafel (über der Eingangs-Thür an der Vorderfront) mit Wappen von 
Könitz und Watzdorf und Inschrift: IM IAHRE 1555 HAT PETER VON KÖNITZ 
DAS HAVS GEBAVT angegeben ist, und hat manche Aehnlichkcit mit dem 
Stamm schlösse zu Könitz. Drei dreigeschossige Flügel umschliessen einen quadra- 
tischen Hof. Der interessanteste Theil ist die nach Norden gelegene Vorderfront 
(siehe Ans. auf folg. S.), ernst durch die einfachen, organischen Giebel rechts und links 
und den dazwischen rund vortretenden, mächtigen Treppenthurm wirkend, welcher 
seine alte Kuppel ohne die später üblichen Aufsätze bewahrt hat. Ebenso hat die 
rundbogige Eingangs-Thür noch ihre alte (iliederung von Pfeilern mit Sitzconsolen, 
und es zeigen auch manche Fenster (sämmtliche ausser dem einen älteren sind 
rechteckig) noch die alten Prorile mit Kantenstäben, die sich an den Ecken kreuzen 
und etwas fortsetzen. An der Ostfront des Ostflügcls tritt in der Mitte des ersten 
Obergeschosses rechteckig ein zweifenstriger Erker vor, mit Schweifdach bedeckt; 
durch ihn muss die einst schmuckvollcre Front einst hübsch belebt worden sein. 
Der Westflügel war wohl stets einfach gehalten. An der offenen Südseite, an welcher 
rechts und links nur die schweifbogigen Giebel der Seitenflügel eine stärkere Wirkung 
machten, tritt in der Mitte unten ein Küchenbau vor, mit Kreuzgewölbe, profilirter 
Rundbogen -Thür und gewaltigem, hochragendem Schornstein. — Im Innern des 
Schlosses ist Alles durchaus niodernisirt. 

Das Hauptgebäude stand auf einem grossen Hofbezirk und war in sehr regel- 
mässiger Weise im Rechteck von hohen Mauern umgeben, an deren Ecken runde 
Thürme mit einigen rechteckigen Oeiinungen und kegelförmigem Ziegeldach standen 



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24S 



Eyba. 



Leutenberg. 10 



(wie an der Leuchtenburg bei Kahla, siehe Band-Altenburg Westkreis, S. 166). In 
dieser Gestalt ist am besten der Südost-Thurm erhalten; der nordöstliche ohne 
Dach. Der südwestliche fehlt, ebenso die ganze Bau-Anlage an der Nordwest- 
Ecke, wo das Eingangs-Thorhaus war. Nur die vorspringende Aussenmauer des- 
selben ist bis zu einiger Höhe erhalten und durch einfache, rundbogige Thorfahrt 
und Eingang daneben aus dem 17. Jahrhundert geöffnet Das jetzt die vor- 
springende Ecke der Westseite ein Stück nach Süden zu einnehmende, kleine 




Vorderansicht des Edelhofes zu Eyba. 



Pächterhaus hat noch altes Mauerwerk des einst den Eingang deckenden Gebäude> 
mit einigen einfachen Gewölben. Von den Mauern selbst steht die östliche voll- 
ständig (hier nahe dem Nordost-Thurm eine neuere Pforte durchgebrochen), die 
nördliche in dem grösseren westlichen Theil, die westliche wieder ganz da (mit 
grossen, runden Geschütz-Löchern von einer Befestigungs-Erneuerung des 17. Jahr- 
hunderts), die südliche zum geringsten Theil (meist 1891 eingestürzt; in der Mitte 
aussen ein Stall angebaut). 

Die Anlage war ringsum von einem Graben umgeben, der am besten an der 
Ostseite und (zum Theil hinter Bäumen) an der Nordseite erhalten ist. 
Sigismund I, S. 214; 11, S- 211. 



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11 Leutenberg. 



Etba. Fischersoorf. 



249 



Im Schloss und Besitz der Familie von Fischern sind noch viele werthvolle 
und erinnerungsreiche Gegenstände und Erbstücke. Darunter seien besonders 
hervorgehoben : 

Kästchen (von Herrn von Donop stammend), aus dem 18. Jahrhundert, eingelegt 
mit Perlmutter; Ornamente und allegorische Gestalten der Liebe und Gerechtigkeit — 
ß est eck, aus dem 18. Jahrhundert, florentiuer Arbeit, mit Metall- und Email-Fassungen. 
— Uhr, genfer Arbeit des 18. Jahrhunderts, von: Et. Ester, mit künstlich verzierten 
Badern. 

Waffen, aus dem 18. Jahrhundert, u. A. eine utreobter Pistole mit geschnittenen 
Eisen-Beschlagen. 

Gläschen auf einem Bergkristall-Fuss, vom Ende des 17. Jahrhunderts, mit einge- 
echliffenen Bankenwerken. 

Porzellan; japanisches, alt; wiener Schale, daran Knabchen mit Maske und Schwan 
an der Erdkugel. 

Glasgefässe (meist von Freiherrn von der Tann, t 1856), mehrere ans dem Ende 
des 17. Jahrhunderts. 

2 Miniatur-Bildnisse des Herzogs Johann Casimir von Coburg (t 1633), das 
eine von: 1665 gut. — Bildnisse, um 1780—1790, der Uoberlieferung und der Mal- 
weise nach von Tischbein, interessant wegen der Dargestellten und ihrer Tracht, nämlich 
Friedrieb Josias (Sohn des Fürsten Franz Josias) von Coburg-Saalfeld als Bergherr und 
seine zur Linken angetraute Gemahlin Therese Stroffeck als Jägerin, recht gut gemalt, be- 
sonders das Gesicht des Prinzen (Ober die Persönlichkeiten s. Barkhardt, Ernestinigche 
Stammtafeln 1885, Nr. 478 u. 479). - Bildnisse, der Ueberlieferung nach ebenfalls von 
Tischbein (der Malwcise nach nicht), lebonsgrosse Figur der Sabine von Carlowitz, zur 
Linken angetrauten (?) Gemahlin des Fürsten Ernst Friedrich von Hildburghausen. 

Brustbildniaso in Pastell, recht gut, Kanzler von Utenhoven, um 1790 von Bach 
gemalt; Freiherr von der Tann als Totenkopf-Husar 1813, von Boux. 

Herr von Fischern, Mittheilungen. 



Fiachersdorf, nordnordwestlich von Leutenberg. — Sigismund, L«ndegknnde 
II. 8. 207; 217 über das Siegel. 



Kirche. Grumlriss-Form : | p. Ehemaliger Chor, jetzt Sacristei, 3,3 tu 

lang, 3,5 m breit; Langhaus 5>,4 m lang, 7,2 m breit. Osttheil spätgothische An- 
lage; an der Nordwand rundbogiger Sacramentschrein, in Ueberdeckung und Fialen 
ganz verstümmelt. Im Uebrigen Hau aus späterer Zeit, besonders 1835. Flach- 
decken, ruudbogige Fenster und rechteckige Westthfir. Auf der Sncristei Thurm- 
Aufbau, wie gewöhnlich. — SijrUmund II, S. 207. 

(Kanzel bau hinter dem Altar.) 

Tauf schale, Beckenschläger- Arbeit, mit dem Sündenfall. Messing. 



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Kelch. Fuss aus dem 17. Jahrhundert, rund, mit getriebenen, stilisirten 
Eichen- und anderen Zweigen. Das Uebrige um 1500; Knauf rund, gekehlt, am 
Schaft in sehr schlechten Buchstaben oben : MAR .VAE (statt ave), unten (verkehrt) : 
MARI. VE (auch statt ave). Silber, vergoldet, 14 cm hoch. — Hostienteller, mit 
sehr schlecht getriebenem Crucifix und : M . GAB . H . GDM in einem Quadrat (genagelt) im 
Boden. Silber, vergoldet. 

Glocken. 1) 1766 von Mayer in Rudolstadt, 2 Friese. 61 cm Durchmesser. — 
2) 1829. 

[Rittergut einst der Herren von Entzenberg, dann der von Beulwitz, von Dobeneck, 
1740 zur Hälfte von der fürstlichen Kammer gekauft; verschwunden. — Hesse, Lande»- 
kalender 1815. -SigismundlI,S. 208] 

KreiJZ8tein nördlich vom Orte, an der Fahrstrasse nach Caulsdorf, mit 
eingehaucnem Schwert. 



HeberndOPf, südsfidöstlich von Leutenberg, zur Exclavc Weitisberga gehörig; 
Hetferndorf, Habberudorf, Haferdorf. — Sigismund, Landeskunde IL S . 202; II, S. 217 
über das Siegel. 

Kirche [wohl schon vor der Reformation Pfarrkirche], 1853 gebaut, bezw. 
vollständig erneuert. Grundriss - Form : |-l I. Chor und Langhaus 18,6 m 

lang, 0,9 m breit; Flachdecke, Flach bogen- H 1 Fenster. Rundbogen -Thflren 

zu und aus dem 4 m langen, 4 m breiten Erdgeschoss des Thurm es; dessen Auf- 
satz der übliche, beschieferte, mit Schweifkuppel etc. — Heins e, S. 65. — Sigis- 
mund II, S. 202. 

■ 

Altar werk, aus dem 16. Jahrhundert, auf dem Dachboden, abweichender 
Form; in einem Schrein, dessen schmale Seitenwände bemalt waren [Vorderwand 
vorhanden gewesen Vj nur die etwa 1,35 m hohe Figur der Maria mit dem Kind; 
Maria, gekrönt [Scepter fehlt], leidlich erhalten, recht gut, von lieblichem Ge- 
sicht (A) und guter Haltung, in der Art der erzgebirgischen Schule. Das Jesuskind 
viel zu klein und sehr schlicht, wohl von anderer Hand. Baldachin komische Er- 
neuerung des 17. Jahrhunderts mit Seepferdchen. Die Malerei des Hintergrundes 
(Strahlensonne und Engel an jeder Ecke) und der Seitenwände innen (je zwei 
Heilige oben und unten) sehr zerstört, die der Seiten wände aussen im 17. Jahr- 
hundert schlecht mit Köpfen und Ornamenten übermalt. — Sigismund a. a. 0. 

1. Kelch, aus dein Ende des 15. Jahrhunderts. Sechspass-Fuss. Am Knauf 
Rosetten mit vortretenden Knöpfen, dazwischen gravirte Maasswerke. Am Schaft 
darüber: tbeevf, darunter: m&xia. Gute Form. Silber, vergoldet, 17'/« cm hoch. 

2. Kelch, in ganz wunderlicher Weise aus verschiedenen Theilen zusammen- 
gesetzt. Der besten deutschen (dem Schnitt nach wohl nürnberger) Renaissance 



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13 Leutenberg. 



Hebebndorf. Herschdorf. 



251 



um 1570 gehören der runde, hohe Fuss an, welcher durch eine Kehle in drei Theile 
gegliedert und im untersten und obersten Glied mit drei Köpfen zwischen Cartouchen 
und Früchten (etwas derb) getrieben ist, sowie der darauf folgende Knauftheil 
[hier fehlt ein Stück Verbindungsglied) , welcher in Vasenform mit reizend fein 
getriebenen Löwenköpfen zwischen Bandgehangen unten, und mit drei frei 
gearbeiteten, zierlichen Figürchen 
im Stil des Giulio Romano (arm- 
losen Frauen-Oberkörpern, unten 
in Blattvoluten auslaufend) besetzt 
ist — Auf diese Theile folgen 
von einem spätgothischen Kelch 
der aus sechs gerippten Buckeln 
gebildete Knauf und [ohne oberen 
SchafttheilJ die Kuppe. Silber, 
vergoldet. Der Fuss ist 4 cm, der 
Renaissance-Knauf 5 cm, der gothi- 
sche Knauf 3 cm, die Kuppe 6 cm 
hoch. 

Sigismund IL S. 202. 219, las am 
1. Kelch: S. Veit statt Ihesus. 

Glocken. 1) Gross, von Job. 
Mayer in Rudolstadt. 1772. 2 Friese. 
„Herr lass dies thönend Ertz" etc., 
Namen des Fürsten etc. 100 cm 
Oimhmesser. — 2) 1813 von Chr. 
A. Mayer. — 3) Aus der 2. Hälfte 
des 15. Jahrhunderts. In verdrehter 
Schrift: 0 RGX tfLORIG V61II 
I10BIS CVH PÄCG. 37 cm Durch- 
messer. — Sigismund II, S. 220. 




2. Kelch in der Kirche zu Hebet ndorf. 



Im Besitz des Herrn Pfarrers Joch: 

Standuhr, von Jac. Moerich in Coburg, um 1680, mit ausgeschnittener Ver- 
zierung in und über dem Zifferblatt. Messing. 



Herschdorf bei Leutenberg, ostsüdöstlich von Leutenberg; Hirschdorf. 
Sigismnnd, Landeskunde II, S. 200; II, S. 218 aber das Siegel. 



Kirche, unscheinbar. Grundriss-Form : ] p. Chor, der den Thurm 

trägt, 4 in lang [unter Abrechnung des Triumphbogens, der freilich fortgeschlagen], 
3,9 m breit, Langhaus 7,4 m lang, 6,1 m breit, mittelalterlicher Anlage: keine 
Einzeiform erhalten; Osttheil-Mauern krumm. Spätere Wiederherstellungen, be- 



252 



Herschdorf. Hockeroda. Klkingeschwenda. 



Leutenberg. 14 



sonders 1860 (Jahreszahl aussen über der Westthflr). Holzdecke: / \, 
rechteckige Fenster und Thflr. Auf dem Chor Th urinbau von 1757, beschiefert, 
Viereck, dann Achteck, Schweifkuppel etc. — Sigismund II, 8. 200. 

(Einrichtung aus unserem Jahrhundert, einfachst; Holz.) 

Kelch. Umschrift an der Kuppe: MARIA MAGDALENA VON HELDORF 
EINE GEBORNE VON MAGWITZ WITTIB VF HERSCHDORF ANNO 1071. 
Sechspass-Fuss [untere Randplatte fehlt] mit aufgelegtem Crucifix. Am Knauf 
Würfel mit gravirten Kreuzen; dazwischen Eier. Silber, vergoldet, schlechte Aus- 
führung (von S\ FL); 17 cm hoch. 

Glocken. 1) 1787 von Mayer in Rudolstadt; Fries; Namen. 64 cm Durchmesser. 
— 2) 1805. 

[Rittergut, eiDBt derer von Helldorf, am südöstlichen Ende des Dorfes ; lerechlagen.) 



Hockeroda, nordnordwestlich von Leuten berg. — Hesse, Landeskaieoder 1814. 

— Sigismund, Landeskunde II, 8. 200; 217 Ober das Siegel. 

Ehemaliges Sehl 088, welches den Grafen von Mansfeld gehört haben soll. 
An der Stelle später das hockeroder Hammerwerk, jetzt Holzstoff-Fabrik der 
Herren Petersen und Melchior. Hinter dem Wohnhause Rest eines runden Thurmes. 
Das Schloss war eine Wasserburg; den Schutz gewährten die Loquitz und Sormitz 
bezw. ein von ihnen rings um die Burg-Anlage geleiteter Kanal, dessen Dämme noch 
zum Theil sichtbar. Doch hat der Eisenbahnbau viel zerstört und verändert. Das 

Schloss war nur klein, wohl vorzugsweise zur Ausbeutung der Erze hier angelegt 

— Heinse, 8. 65. 

Ofen platten in einem Schuppen, aus dem 18. Jahrhundert, mit dem lüne- 
burger Pferd etc., in bekannter Weise; Gusseisen. 



Kleingeschwenda, ostnordöstlich von Leutenberg (Grossgeschwenda, s. Bd. 

Saalfeld, S. 222); Swendichen. — Sigismund, Landeskunde II, 8. 197; II, 8. 216 Ober du 
Siegel. 



haus 8,2 m lang, (i,l m breit. Aeltere Anlage, Westthür spitzbogig. Sonst später, 
1863 restaurirt, unbedeutend, baufällig, mit Flachdecken ; auf dem Chor der Thurm, 
beschiefert, mit Zeltdach. — Sigismund II, S. 197. 

Figuren auf dem Dachboden, die Heiligen Petrus, Paulus (?), Georg, Christoph 
und Martin, von einen« Altarwerk um 1500, nürnberger Art: schlanke, lebhaft be- 




Chor 3,4 m lang, 3,8 m breit, Lang-. 



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15 Leutonberg. Klkimobschwknda. Knobelsdorf. 253 

= = —- — -_ — - — -— -■ --- - -- - - — — - - -— : — ■■- - 

wcgte Figuren mit starkem, zum Theil würdigem Ausdruck, gedrehte Haare und 
Bart; stark bewegte Gewänder mit Knitterfalten. Holz, die Farben vergangen, 
durchschnittlich 1 m hoch, sehr verstümmelt. — Sigismund I, S. 126. 

Cr ucif ii-Rest ebenda; desgl. Maria mit Kind, 45 cm hoch. Hole, beschädigt, 
unbedeutend. 

Taufschalc, Beckenschläger-Arbeit, mit Trauben im Boden und den bekannten 
zwei Umschrift-Reihen. Messing. — Sigi s round I, 8. 219. 

Kelch, ausser Gebrauch, aus dem 16. Jahrhundert. Fuss rund, mit acht ge- 
triebenen Schweifbögen (A). Knauf kugelig, gerippt Schaft mit getriebenen Vier- 
pässen. Silber, vergoldet, 13 cm hoch. 

Glocken. 1) 1877. — 2) 1765 von Mayer. 47 cm hoch. 

Rittergut, einst den Herren von Würzburg und von Watzdorf gehörig, 
von 1610 ab der fürstlichen Kammer, 1725 zerschlagen, in Privatbesitz gekommen, 
jetzt wieder vereint, Besitz des Herrn C. Blochberger. Rund bogige Thor-Einfahrt 
mit: t766 [Thorfahrt zerstört]. Am Wirtschaftsgebäude Wappen aus dem 18. Jahr- 
hundert (A). Sigismund II, S. 197. 

B lirg, östlich vom Dorfe gewesen: Reste des Wallgrabens. — (Der Milchtanz. 
— Anemul ler, Angabe.) 



Knobelsdorf, nordwestlich von Leutenberg; gehörte den Besitzern des Gutes 
in Eyba, brannte 1798 ganz ab. — Sigismund, Landeskunde II. S. 209; II, S, 217 Ober 
das Siegel. 



Kirche, klein. Grundriss-Form: 



Chor 5 m lang. 3,0 in breit, 



Langhaus 8,2 m lang, 6,4 m breit. Auf alter Anlage später, zuletzt 1860 restaurirt; 
unschön; Holztonne, Fenster und Thür rechteckig. Auf dem Chor der Thurm- 
Aufbau, wie gewöhnlich. — Sigismund II, 8. 209. 
[Figuren von Heiligen, um 1886 verkauft] 

Kelch, aus dem 18. Jahrhundert. Achtpass - Fuss in zwei Gliedern, deren 
unteres mit Nägelköpfen, deren oberes mit Rosetten belegt. Knauf kugelig, mit 
gravirten Ranken zwischen Eiern. Kuppe im unteren Theil mit Blattwerk umlegt. 
Alles äusserst ungeschickt gemacht. Kupfer, vergoldet, die aufgelegten Verzierungen 
von Silber; 22 cm hoch. — Sigismund II, S. 209. 

Glocken. 1) ao &ni m°cccc°lj:j:j;nii 0 . Linienrelief eines heiligen Bischofs mit 
Stab und Licht. 66 cm Durchmesser. — 2) 1858. — Sigismund I, S.219; II. S. 209. 



254 



Könitz. 



Leutenberg. IG 




SUdansicht (etwas nach West) des Schlusses zu Könitz. 



Könitz, nordnordöstlich von Leutenberg ; Conz, Coniza, Kunz, Chunzcn etc., 
Ansiedelung der Sorben, zu deren Unterjochung dann die Burg gebaut wurde und 
Stätte frühzeitig betriebenen Bergbaues, Stammsitz eines der ältesten Geschlechter 
im Orlaland, welches schon 1125 reich und mächtig war, aber 11 20, in andere (legenden 
fortziehend (später auch nach Eyba, s. S. 247, und nach Orten im Coburgischen und 
Saalfeldischen; bei Wickendorf in Kreis Saalfcld (s. d. Bd. S. 137) soll der Stamines- 
letzte im Walde begraben worden sein), die Güter zu Könitz, Bucha und Presswitz 
der saalfelder Benedictinerabtei gab. Von dieser ward Könitz und sein Gebiet, wie 
es scheint, 1 169 den Grafen von Orlamüude als Lehn gegeben, kam aber im Ver- 
lauf der Kämpfe zwischen den beiden Kaisern Philipp und Otto in wechselnden 
Besitz bezw. Besitzversprechen mit Saalfeld (s. d. S. 2) an das Erzstift Köln und 
den Landgrafen von Thüringen, 1209 fest in die Hände der Grafen von Schwarzburg. 
1275 derer von Blankenburg, unter denen der Bergbau hier aufblühte; durch den 
Misserfolg des Grafenkrieges aber und durch Ueberschuldung veranlasst, musste das 
Grafenhaus 13G1 den Besitz zu Lehn dem Kaiser Karl IV. als König von Böhmen 
auftragen. Die Könitzer Herrschaft kam bei der Tbeilung zwischen den Häusern 
Arnstadt (Ranis) und Sondershausen 1374, nun von Saalfeld getrennt, an die Linie 
Sondersliausen und verblieb dadurch (1385*, s. Bd. Saalfeld S. 3) dem Hause Schwarz - 
liurg, wurde vor 1381 (Kunietz) den Herren von Holbach (s. d. auch in Birkigt, Bd. 
Kreis Saalfeld, S. 10) gegeben (üurkhardt, ürk. v. Arnstadt, Nr. 193), 1403 den Herren 
von Entzenberg (s. diese auch in Saalfeld, S. M5. 97), wohl nur pfandweise und vorüber- 
gehend. Bei der Tbeilung 1411 fiel die Lehnshoheit über „Kuncz das Schloss" dem 
Grafen Heinrich XX. von Blankenburg-Arnstadt-Sondershausen zu (Burkhardt, Ork. 



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17 Leutenberg. 



255 



r. Arnstadt, Nr. 284), muss aber bald (1413 V) an die Linie Leutenberg gekommen sein. 
(Damals gehörten zu Könitz verschiedene Güter in Bucha etc.) Die Herren von Hol- 
bach erhielten von den Grafen von Leutenberg durch Verträge von 1438 und 1443 
die Herrschaft mit Gerichten, Geleite, Bergwerks- und anderen Rechten, verbürgten 
diesen dagegen die starke Befestigung der Burg und das Oetfnungs-Recht, wohl in 
Vorbereitung des Bruder- und Erbfolge-Krieges, in welchem Könitz und sein Gebiet 
dank dieser Vorkehrungen verschont wurden. Unter den Holbachs wurde die Refor- 
mation schon 1524, am frühesten im ganzen Lande, eingeführt. 1608 starb die Famiiio 
aus, und die Herrschaft fiel an die Grafen von Leutenberg, unter denen sie nun ein 
eigenes Amt wurde und als solches 15(54 an die Söhne Günthers des Reichen, 1571 
an Albrecht von Rudolstadt kam. Es war (mit Kranichfeld zusammen) Witthum der 
Gemahlin Karl Günther 's, Anna Sophia, von 1(530 bis zu ihrem Tode 1(552, und es 
hatte der Ort dadurch manche Vortheile, auch Aufschwung des Bergbaues, besonders 
von 1085— 1730. Der Ort wuchs so, dass Fürst Albrecht 1(591 die Mittel zur Ver- 
grösserung der Kirche gab, gewann aber später keine grössere Bedeutung, sondern 
trat gegen benachbarte, ineiningischo Gebiete, welche den Bergbau gewerblicher 
ausnutzten, zurück und litt besonders durch eine Wassersnoth 1748 (Inschrift in 
der Kirche; A). 1850 wurde das Amt dem Amt Leuteuberg einverleibt; 18(51 bis 
1809 war hier noch ein monatlicher Gerichtstag für Könitz und vier Nachbar-Orte. 

— Brück Der, Landeskunde von Memiugen II, S. 652, Aber die Herren von Könitz. — Pf. Geb- 
hard in Könitz, bandschriftl. Aufzeichnungen, zu einem Vortrag, mir freundlichst zur Verfügung ge- 
stellt. - HesBe, in Thüringen n. d. Hant VIII, 1844, S. 324 ff. - Hesse, Landeskalender 1816. — 
Heydenreich, Histor. d. H. Schwarzburg 1743, S 400. — Kirchthflr-Inschrift (über dem Westportal}. 

— A. Mencke in Wandsbeck, Photogr. des Orte« mit dem Schloss. — v. Posern-Klett, 8. 186. 

— Rudolst Landeszeitung 1886, 30. Septbr., über die Besitzergreifung 1608. — H. Schmidt, in 
Thüring. Vereins-ZeiUchr. 1891, 8. 490 f., Zugebörungen von Könitz um 1411. — Sigismund, Landes- 
kunde IL S. 212; II, S. 218 über das Siegel. 

Kirche» einst des heiligen Pantaleon (Zeichen des Einflusses der mit Mönchen 
von Sauet Pantaleon besetzten saalfelder Abtei). Grundriss-Form : | \J2 . Mitteltheil, 
jetzt Chor, 6,6 m laug, 6,4 in breit, wohl romanischer Anlage, wovon aber nichts 
mehr erhalten. Osttheil, jetzt Lagerraum, der den Thurm trägt, 3,7 m lang, 4,1 m 
breit, spätgothisch, wohl von 1490, in welchem Jahre die Kirche Pfarrkirche wurde ; 
von daher an der Ostseite (jetzt wegen bedeutender Erd-Aufhöhung halb verschüttet) 
ein Spitzbogen-Fenster, an der Südseite im ersten Obergeschoss ein kleeblattbogiges : 
A, von einem Spitzbogen umzogen, und der massive Theil des Thurmbaues mit 
Lichtspalten. An der Ostscito die Spur eines Giebeldaches [als ein Zeugniss, dass 
sich vordem die Kirche nach dieser Richtung fortsetzte]. Weitere Bauzeiten 1(574, 
wovon die Jahreszahl nebst: V.D.M.I.AE (Verbum etc.) über der älteren, spitz- 
bogigen Südthür zum Chor und 1(591. Von daher das 13,3 in lange, 10,5 in breite 
Langhaus, dessen Fenster noch durchweg spitzbogig gehalten sind, während das 
Westportal rundbogig ist. Es ist ganz stattlich, eingefasst von dorischen, auf 
Postamenten mit Akanthus ruhenden Säulen und Gebälk, an dessen Fries drei 
Consolon (die mittlere mit Manneskopf, die seitlichen mit Löwenköpfen) vortreten; 
darüber ein Kreisfonstcr, ungeschickt mit den aus Voluten aufsteigendeu Lorbeer- 
strängen der Gebälk-Bekrönung combinirt; darüber eine Rechteck-Tafel mit latei- 
nischer Inschrift bezüglich auf die Vergrösserung der Kirche (s. oben) unter Graf 



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Leateuberg. 18 



Albrecht Anton (A) ; darüber noch ein Kreisfenster. Weitere Bauthätigkeit nach der 
Wasserbeschädigung 1748 im Jahre 1772 und in neuerer Zeit, zuletzt 1881. Der 
Bogen vom Osttheil zum jetzigen Chor ist bei einer dieser Bauten rundbogig gehauen, 
derjenige zum Langhaus ganz beseitigt. Im Innern Holzdecken, über dem Chor bogig, 
über dem Langhaus : _j \_ . Strebepfeiler an der Ostseite und zwei an jeder 
Langhaus-Langseite stehen nicht an den Ecken, sind also nicht für Gewölbe, sondern 
zur Mauer-Sicherung angelegt worden. Thurm-Aufsatz beschiefert, Achteck-Geschoss, 
Schweifkuppel, Tabernakel-Aufsatz, Helm. — Heinse, S. 66. - Heue, in Thüringen «• 
d. Harc VIII, 8. 329 mit der Inachrift Uber dem We«tportal. — Sigismund II, S. 212. 

Taufge stell, aus dem 17. Jahrhundert, barock, ganz originell als sechseckiger 
Tisch ; als untere Steg-Verbindung eine Platte auf Kugelfüssen, darauf gewundene 
Säulen, welche die an den Flächen mit Schildwerk verzierte, obere Platte tragen. 
Holz, braun. 

Kanzolbau, alter, aus dem 17. Jahrhundert, barock, als Altar-Aufsatz. 
Consolartig oben breiter werdendes Sockelglied mit Abendmahlsbild, das besser, als 
sonst, von energischer Ausführung mit ausdrucksvollen Köpfen, Mischung italienischer 
und holländischer Einflüsse verräth, übrigens sehr nachgedunkelt ist. Im Haupttheil 
die Kanzel, vom Grundriss: \J, mit Säulchen auf Consolen an den Ecken, Engels- 
köpfen und Fruchtbündeln an den Flächen, eingefasst von korinthischen Säulen mit 
Gebälk und Schalldeckel, sowie von geschuitzten Brettern. Holz, meist schwarz 
mit Gold, neuerdings gut aufgefrischt 

Kanzel, neue, an der Chor-Nordseite, auf starkem Fussglied, im Achteck, 
gewöhnlich. 

Grabstein an dem südlichen Theil der Chor-Östwand. Ueberschrift : ANNO 
DOMINI 15G0 SONNTAG ESTO . MIHI . HAB . ICH VEIT D ITTERICH VON 
HOLBACH MIT DER EDELEN VND ERENTVGENTREICHEN IVMPFRAVEN 
KATHARINA POSTERIN MEIN EHELICH BEILAGER ALHIR ZV KONIZ 
VFM SCHLOS GEHALTEN . IN VNSER EHE DICZ KNIEENT TOCHTERLEIN 

MIT EINANDER ERZEVGET. Unten : OBGEDACHT ICH . E . N . . . 

GELAV .... Der Verstorbene (Staminesletzter) kniet seiner Gattin gegenüber vor 
dem Crucifix, unten das Kind. Oben (dahinter gedacht) kleine Gruppen: Isaac's 
Opferung (bezüglich auf des Kindes Tod vor den Eltern) und Vertreibung aus dem 
Paradiese. Diese sind ungeschickt, die Bildnissfiguren aber recht gut und sorgfältig 
ausgeführt, leider durch den Salpeter im thüringer Marmor dem Untergang nahe, 
unten (das Kind) schon ganz abgewittert. Zwischen dem Ehepaar Wappen von 
Brandensteiu und Watzdorf. Ringsum Wappen von Würzburg, Riedesel, Miltitz, 
Schönfeld, Beulwitz, Brandenstein, die anderen nicht mehr erkennbar. 

Grabstein am nördlichen Theil der Langhaus - Ostwand ; Inschrift für die 
Frau des Amtsschossers Schuhmann, Aemilie Elisabeth, geb. Wansleben, f 1 700, 
auf einem Vorhang der Platte; auf deren Gebälk Schnörkel - Aufsatz mit Spruch. 
Thüringischer Marmor; rechts und links noch Schnörkelwerk als Einfassung iu 
Holz zugefügt. 

Grabstein am südlichen Theil der Langhaus-Ostwand, um 1620. Umschrift 
für den „wohledlen, gestrengen und vesten Sigmund von Berg auf Wechmar, fflrstl. 

Anhaltischen Withau auf der Fläche lateinischer Spruch in Cartouche, 

darüber Engelskopf, ringsum vier Wappen. Marmor. 



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19 Leutenberg. Könitz. 257 



Grabstein an der Langhaus-Nordwand, Inschrift für Pf. Job. Schwimmer, 
f 1676, in Fruchtkranz, unter einem Engelskopf. Sandstein, bemalt gewesen. 

2 Altarlcuchter, um 1680, hübsch, rund, mit getriebenen, naturalistischen 
Blumen am stark gegliederten Fuss und Lichtteller; hoher, gewundener Schaft mit 
Schaftring. Messing, 49 cm hoch. 

Taufkanne, von: 1672, in geschweifter Form. Taufschale, mit: W0.9 und 
Stifternamen, achteckig, innen rund, gross; 21 cm Durchmesser. Zinn. 

Kelch, aus der Zeit um 1670. Sechspass-Fuss. Am Knauf leere Würfelchen, 
dazwischen Eier, Zeichen (?; W). Silber, vergoldet, 19 cm hoch. 

Hostienbuchse, oral, mit: 1729 und Stifternawen. Silber, mit Vergoldungen. 

Glockon. 1) Zinnenfries. Tttid bni m 0 ccccc°oüi benebicta beie id) bte boeb« 
jrttltcben fefi beim id> bie fcbebltcben weter oerrreib icb t>nb bte toten beroci? 
icb +• Fries von sich schneidenden Rundbögen mit Lilienspitzen. Am unteren 
Rand : ibe nai&venv* vtf it>beort>m + ora pro nobte «anete Pantaleon. 103 cm 
Durchmesser. — Sigismund I, S. 220 ; II. S. 212, i. Theil falsch. — 2) 1785 von Joh. 
Mayer. 2 Friese. SOLI etc. Spruch aus 1. Cor. 15, v. 43. 72 cm Durchmesser. 
— 3) 1785 von Mayer. Fries. Namen des Pfarrers etc. 60 cm Durchmesser. 

Grabstein aussen an der Chor-Südfront, Inschrift für den Rath Mich. Wolff, 
t 1757, und seine Gattin Anna Sophie, geb. Schumann, t 1771, mit weinenden 
Knäbchen etc., ohne künstlerischen Werth. — Grabstein auf dem Kirchhof, 
für Adjunct Wohlfahrt, t 1786; Säulensturapf, daran vorn des Verstorbenen Brust- 
bildniss in Relief, hinten sein Wappen; oben eine Urne mit Kreuz. Sandstein. 

[Rittergut, im oberen Theil des Dorfes, unabhängig vom Schlossbesitz, wohl 
das 1438 von diesem ausgenommene Ritterlehn, als Lehn derer von Beulwitz 1515 
von diesen mit Bewilligung der Mitbelehnten an die von Holbach verkauft, somit 
1608 an die Landesherrschaft gekommen und verliehen, so an den weimarischen 
Vicekanzler Volkmar Hoppe, 1673 an Johann Steuber, dann von den Amtsverwaltern 
mit verwaltet, 1708 zerschlagen. — Hesse, S. 328. - Sigismund II, S. 214.] 

S C h 1 0 S S auf dem südöstlich über dein Ort steil aufsteigenden Berge. Die 
Anlage lässt das allmähliche und dem jeweiligen Bedürfniss entsprechende Bauen 
erkennen ; im ganzen Schloss kommt kein rechteckiger Raum vor (s. Grundr. folg. S.). 

Seine Entstehung verdankt es den Herren von Könitz in der 1. Hälfte des 
12. Jahrhunderts. Von deren Bau dürfte der runde Hauptthunii oder Bergfried 
im Osten, welcher mit der Gesammt-Anlage sichtlich nicht zusammen entworfen ist, 
im inneren Theil seines Unterbaues herstammen; er enthält im Erdgeschoss eine 
Kuppel mit oberem Einsteige-Loch. 

Ob die schwarzburgisehen Grafen hier gewohnt und gebaut haben, wissen wir 
nicht; jedenfalls spielt die Burg unter ihnen keine besondere Rolle (trat wohl gegen 
ihre Burgen zu Saalfeld, Greifenstein etc. zurück). Dagegen entwickelten die Herren 
von Holbach (Hartmann von 1381—1411 in Urkunden, s. Burkhardt, ürk. v. Arnstadt) 
hier eine sehr bedeutende Bauthätigkeit. (Die 1411 bei den Zubehörungen genannte 
Kapelle ist wohl eine des Schlosses, s. H. Schmidt, in Thüring. Vereins-Zeitschr. 1891,8.490.) 
Sie hängt gewiss zeitlich mit der ersten Erwähnung der Burg 1438 zusammen, wobei 

Du- und KuBsUlouktn. Diilftnf nu. Schw»rxb.-Rii4<iUt&dt I. G 




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258 



Könitz. 



Leutenberg. 20 



der Besitzer dem Lehnsherrn versprach, den (damals vermuthlich fertig gewordenen) 
Bau in gutem Zustande zu erhalten, bezw. die noch notwendigen Verbesserungen 
vorzunehmen. Ein weiteres Abkommen von 1443 enthält eine nochmalige Verbörgung 
der Besserung an Mauern, Holzwcrk und Dachung und Herstellung eines neuen 
Zwingers. Damals jedenfalls wurde der alte Kundthurm in seinem Unterbau mit 
einem so gewaltigen Mantel ummauert, dass im ersten Obergeschoss ein ringsherum 
laufender (jetzt bewachsener) Gang entstand. Sein Oberbau wurde erneuert; er 
hat, wie der untere, eine oben offene Kuppel. Eine grössere Bautätigkeit muss 
zu Anfang des HJ. Jahrhunderts unter einem der Herren von Holbach stattgefunden 



haben, wenn sie auch nicht geschichtlich überliefert ist. Wir haben uns aus dieser 
Zeit das Nord ge bau de zu denken; dies ist freilich jetzt nur in seinen Aussen- 
mauern, in der Spur des Giebel-Anfalles gegen das Westgebäude und in einer 
schweifbogigcn : f] Thür erhalten , welche im ersten Obergeschoss zum West- 
gebäude führte; im Uebrigen ist es abgebrochen und wird an der Hofseite durch 
das hässliche, kleine Stallgebäude eingenommen. Die gleiche Bauzeit betrifft vor- 
zugsweise untere Theile des Westgebäudes, muss aber der Vollendung dieses 
Baues, den Formen nach zu urtheilen, um 50—60 Jahre vorausgegangen sein, viel- 
leicht, dass nach lauger Bauthätigkeit bezw. Wieder-Aufnahme des Baues nach Unter- 
brechung das von einem Vorgänger spätgothisch Begonnene in der ausgebildeten 
Renaissance vollendet wurde. In die spätgothische Zeit gehört die Anlage des 
grossen, von der Hoftreppe aus zugänglichen Erdgeschoss-Flures mit seinem eigen- 
artigen Gewölbe, einem von starken Kappen untertheilten Tonnen-(nicht Stern-) 
Gewölbe, welches im Backstein-Bau der brandenburgischen Marken heimisch (Tuten- 
gcwölbe, Zellengewölbe), in Thüringen selten ist. Ferner wurde damals die südlich 
von diesem Flur belegene Küche angelegt (deren Fenster später vorhangbogig 




Grundriss des Schlosses zu Könitz. 




21 Leutenberg Könitz. 259 



verändert), mit tiefbusigem Kreuzgewölbe, und die spitzbogigen Tbüren, sowohl 
diejenige nördlich nach dem vom Hof-Treppenthunn zugänglichen Flur (Vorsaal), 
als auch diejenigen, deren Protilstäbe auf gewunden geriefelten Sockeln ruhen und 
sich an den Kämpfern gabeln , westlich nach dem anstoßenden Wirthschaftsrauin 
und nach den beiden an die Flure nördlich anstossenden Räumen. Das West- 
gebäude wurde 1502 von Veit Dietrich, dem Letzten des Geschlechtes, unter 
Benutzung der vorhandenen Erdgeschoss-Theile (die aussen weit höher über den 
Boden ragen, als im Hof) und mit zwei Obergeschossen uud mächtigem Dach zu 
dem gewaltigen Schlosstheil gestaltet, welcher jetzt die Blicke hauptsächlich auf sich 
zieht. Er ist dabei, wenigstens jetzt, nicht sehr gegliedert und wirkt mehr durch 
den Eindruck der Festigkeit und Höhe, als durch reiche Architektur. 

An der Nordwest-Ecke tritt ein unten als runder Pfeiler, oben durch starke 
Auskragung zu einem Erkerbau vergrösserter Thurm vor, ferner an der Aussen- 
front, wie der Hoffront, in der ungefähren Mitte ein Treppenthurm vom Grund- 
riss: ^J ; allen Thürmen mangelt oben ein kräftiger Abschluss, da sie das Gebäudc- 
dach kaum überragen und mit den üblichen, späteren Schweifkuppeln bedeckt sind. 
Das hohe Längsdach hat an jeder kurzen Seite einen dreigeschossigen Giebel, und 
es ist diese Betonung der Ecken dadurch noch verstärkt, dass hier «an der Aussen- 
wie an der Hof-Front der Langseiten kleinere Quergiebel am Längsdach auf kurzen 
Aufsätzen, die über dem 2. Obergeschoss aufruhen, quer gegen das Längsdach 
anlaufen. Die Gestaltung dieser Giebel ist die des thüringisch-sächsischen (auch 
an benachbarten Schlössern bemerkten) Uebergangsstiles von der Frührenaissance 
unmittelbar in das Barock (mit Ausschluss der Hochrenaissance), wobei der gothische 
Schweif bogen : f\ durch Anfügung einer S-Schweifung an die Schenkel eine Wellen- 
linie erhalten hat und die Fläche durch Theilungs-Pfosten und Gesimse gegliedert 
ist. Dagegen fehlen alle belebenden Gesimse an den Geschossen und beeinflusst 
dies die Erscheinung der Aussenfront ungünstig. Einen zweifelhaften Ersatz 
für solche lebendigere Gliederung geben der Küchen-Ausguss an der Westfront 
(s. unten) und die an beliebigen Stellen auf je zwei Tragsteinen heraus gebauten 
Aborte, welche das Auge des gegenwärtigen Geschlechtes sonderbar in ihrer 
malerischen Naivetät berühren und (z. B. die beiden an der Nordfront über 
einander, deren oberer aber aus Rücksicht auf den unteren mit schräg geführten 
Mauern seitwärts heraustritt) den mehr auf nützliche Anordnung und praktisches 
Bedürfniss, als auf Acsthetik und Symmetrie gerichteten Sinn der Deutschen 
des IG. Jahrhunderts bekunden. Die Fenster der vier Fronten, vielfach paarweise 
angeordnet, zeigen abgesehen davon, dass die meisten jetzt durch einfache, rohe, 
rechteckige ersetzt sind, in den erhaltenen Umfassungen beliebige Formen, sowohl 
den Sch weif bogen : fl (Hoffront: 2. Obergeschoss links vom Thurm), als auch den 
vereinfachten Vorhangbogen: p - *"] (Hoffront: 1. Obergeschoss und 2. Ober- 
geschoss, jedesmal das 2. rechts vom Thurm; Südfront: jedesmal das rechte des 
hohen Erdgeschosses — Küche — und des 2. Obergeschosses, am letzteren die 
Steinmetz - Zeichen : A, ~%) nnd die Rechteck- Form, diese noch mit 

gothischer Prorilirung (die auch nur um den Sturz und die oberen zwei Drittel 
der Seiten - Einfassungen läuft), zum Theil mit Kreuzung der Kantenstäbe am 
Sturz : j — . An einem solchen der Westfront, dem 2. rechts vom äusseren Treppen- 
thurm im 2. Obergeschoss die Zeichen: "Jt % am 3 - ( letzten rechts) ebenda: 



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2»;<> Köniti. Leutenberg. 22 



Die Treppenfenster haben, dem Treppenlauf angepasst, Rautenform. — Der Eingang 
geschieht durch je ein Rundhogen-Portal in den Trei)penthurm. (Neben dem Hof- 




Balcon im Hof des Schlosses zu Könitz. 



thurm rechts noch ein wieder zugemauertes, rundbogiges Portal und ein modern- 
spitzbogiges.) Das Aussenportal , rechteckig umzogen, zeigt einen schon etwas 



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23 LeutenWg. 



261 



barock geschweiften Aufsatz und darin in einem Kreis die Wappen des Bauherrn Veit 
Dietrich von Holbach. Das Hofportal ist rundbogig und im Bogen gut mit Wulst und 
Kehle profilirt, die auf Pfeilern (ausgonischt, mit Muschel- und Sitz-Console) ruhen, 
dann rechteckig umzogen, mit Rosetten und Blättern in den so entstehenden Zwickel- 
flächen ; es trägt als Aufsatz eine grosse Wappentafel von Holbach (gekreuzte Lilien- 
seepter) und Gemahlin von Wangenheim (3 Querbalken; springender Hund) nebst: 
1562. Darüber der offene Balcon, rechteckig auf kräftiger, vielgliedriger Console 
vortretend, mit durchbrochener Brüstung. Dieser Theil des Schlosses sticht von 
allen übrigen durch ausgezeichnete Erhaltung, bezw. sorgfältige Wiederherstellung 
in prächtigster Sandstein-Ausführung ab und zeigt, wie es einstens wohl überall 
aussah und wieder auszusehen verdient lieber dem Bulcon ein hölzernes Schutz- 
dach. In den Treppenthürmen führen steinerne Wendeltreppen mit starker, ge- 
wundener, profilirter Spindel in die einzelnen Geschosse. Die Eingangs-Thüren von 
den Treppen zu den Räumen sind rundbogig, mit Wulst und Kehle profilirt. Im 
Erdgeschoss liegen zwischen den beiden Treppenthürmen im Mitteltheil zwei grosse 
Flurhallen. Die nach dem Hof zu gelegene und die von diesem Flur südliche 
Küche sind, wie vorher bemerkt, älter, ebenso einige andere Thören in Keller und 
Wirthschaftsraum. Im 1. Obergeschoss wird der ganze Mitteltheil durch einen 
mächtigen Rittersaal eingenommen, der, jetzt freilich durch verschiedene Holzwändc 
getheilt, einst zweischiffig durch zwei auf der unteren Längs-Scheidemauer ruhende, 
starke Achteck-Pfeiler mit geometrischen Capitellen war; auf ihnen und steinernen 
Wandconsolen, deren Vorderflächen mit geschweiften Andreaskreuzen verziert sind, 
ruhen die geradezu riesigen, hölzernen, mit Wülsten und Kehlen protilirten Decken- 
träger und darauf die Deckenbalken. Eine kleine Wendeltreppe führt von dem 
Saal unmittelbar in den Keller; ein Verschlag an seiner Südwest-Ecke scheint 
einen Anrichte-Raum enthalten zu haben ; wenigstens enthält hier das nach Westen 
gehende Fenster einen grossen Ausguss-Stein (dessen Ausguss ohne Weiteres 
durch die Mauer herab und aussen heraus geführt ist, auch dort als Oeffnung 
sichtbar ist). Südlich stossen an den Saal die Räume, welche früher dem Rent- 
und Justiz-Amt dienten. Nördlich die erwähnte, zugemauerte Schweifbogen-Thür 
[zu dem ehemals hier anstossenden Nordgebäude des Schlosses]. — In der Hof- 
treppe zeigt zwischen dem 1. und 2. Obergeschoss ein rechteckiges, jetzt vermauertes, 
einst zum Hofe führendes Fenster Schild werk- Verzierung. Im 2. Obergeschoss die 
ehemaligen Zinsböden des Rentamtes (noch mit Kreide- Aufschriften von 1759, 
176t) an den Thürflügeln). Hier noch eine schweifbogige Thür, einige rundbogige, 
einige mit dem mittelalterlichen Motiv: r*~^, mit dem Steinmetz - Zeichen : Y 



im Sturz. Soweit reicht die aus dem 16. Jahrhundert noch erhaltene Bau- ^ 
thätigkeit am W'estgebäude. Damals wurde auch der Süd flu gel auf älterer 
Grundlage ausgebaut Derselbe, schmal, im 1. Obergeschoss mit rechteckigen, 
gothisch profilirten Fenstern der Zeit von 1562 versehen, bildet die Verbindung vom 
Westbau zum Bergfried und trug wohl in seinem 2. Obergeschoss, das jetzt zwar 
roh erneuert ist, aber noch die alte Art (Fachwerk auf Balken-Vorkragung) be- 
wahrt hat, einen bedeckten W r ehrgang. Im Erdgeschoss sind die zugemauerte 
Rundbogen-Thür und die Tlior-Durchfahrt mit ihren rippcnloscn Kreuzgewölben 
Erzeugnisse des 17. Jahrhunderts. Der Hauptsache nach verdankt aber auch dieser 
Flügel dem 16. Jahrhundert seine Erscheinung. Er ist ebenso hoch geführt wie der 




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Leuten berg. 24 



Westflügel, aber mit niedrigerem Dach, der geringeren Breite entsprechend, versehen. 
Kr enthält im Inneren nur noch im 2. Obcrgcschoss (das hier schon Dacbgeschoss ist) 
einige Holzthüren mit dem Sturz: r^>, einige mit Kehlen und Wülsten geschnitzte 
Balkendecken jener Zeit und einen Ofen, der schon der Zeit um 1580 angehören 
muss; schwarz glasirtc Kacheln, darin wiederkehrend ein weibliches Brustbild mit 
Umschrift: DER BRACHT (Pracht), sowie ein weibliches Brustbild mit: DIK 
KÜENICHI . V . DENNEM . (Dänemark); männliches Brustbild (in der Tracht dem 
Johann Casimir ähnlich) und Meerweibchen, an der Ecke ein Wappen (2 Fische 
und Hirsch). 

Die Befestigung des Schlosses, bezw. der alten Burg, lässt noch die Vereinigung 
der Bauthätigkeit des 15. und 1<>. Jahrhunderts deutlich erkennen. Es ist um so 
mehr der Mühe werth, sie zu verfolgen, als die jetzige Haupt-Einfahrt in den Burghof, 
eine gemeine Thorfahrt aus Holz in der Nordost-Ecke, sowie die (für Anna Sophia» 
im 17. Jahrhundert hergestellte Einfahrt an der Südseite bei der Ost-Ecke leicht ein 
falsches Bild aufkommen lassen, da doch der alte Eingang auf der Westseite war. 

Der alte Burgweg ging nämlich folgendermaassen. Er stieg vom Flecken, von 
Südosten her, erst an der Südseite der Burg hinauf, dann, näher tretend, westlich 
herum, weiter höher nördlich, im weiteren Bogen östlich, um dann an der Südseite, 
links ( westlich) von dem an der Südost-Ecke halbrund vortretenden Thurm, in den 
Burghof zu münden. Nur der südliche, der westliche und nördliche Zug sind 
jetzt als Wege erhalten. Steigen wir nun von dem Ort her auf, so sehen wir 
zunächst rechts auf das sogenannte Vorwerk, ein einfaches, aber in Mauern 
und Gewölben das Mittelalter verrathendes Gebäude, welches auch auf der 
anderen Seite einen aufsteigenden, sich mit unserem vereinigenden Weg deckt, 
liier am Vorwerk und an einem gegenüberliegenden Mauerstück Anfänge eines 
profilirten, zerstörten 1. Rundbogen-Thores, dessen Formen die Bauzeit von 15(>2 
bekunden. Durch dasselbe hindurch schreitend, kommen wir an einem starken 
Zwinger vorbei, der sich der Südseite der Burg vorlegt. Er liegt in ungefähr 
«leicher Höhe mit dem inneren Burghof; seine Ostmauer lief links (westlich) dicht 
an dem oberen Eingang vorbei und bildete zugleich den Schutz gegen das hier 
östlich höher liegende Erdreich mit dem obersten Theil des Burgweges (über ihren 
Einsturz und die dadurch bedingte, jetzige Gestaltung siehe weiter unten). Die West- 
mauer dieses Zwingers, der etwa .5—4 m über der hier vorbeiführenden Stelle des 
alten Burgweges liegt, geht von der ungefähren Mitte des Westgebäudes aus nach 
Süden vor. Seine Südmauer ist, da sie zugleich Vertheidigungs-Maiier und Futter- 
mauer gegen das hier viel tiefere Erdreich ist, ungemein stark und mehrfach, auch 
in neuerer Zeit nochmals abgestrebt. Die Südwest-Ecke bricht jetzt in erneuter 
Aufmauerung ab. Früher war hier aber das 2. Thor und zwar durch ein Thorhaus 
geführt. Es ging eine Mauer rechts vom Burgweg, diesen einfassend, entlang: 
die ihr entsprechende, linke Mauer, welche jetzt zugleich die Mauer eines (nach 
der Aussen- bezw. Thal-Seite angelehnten) Gebäudes ist, steht noch, und eine in 
ihr etwa 2'/ s in lang fortlaufende Linie von Bindersteinen bezeichnet deutlich den 
Anfall eines einstigen Tonnengewölbes. Gehen wir weiter hinauf und herum an 
die Westseite der Burg, so hört das hohe Mauerwerk, welches den Burgweg links 
(westlich) einfasst, auf; es schloss jedenfalls auch in den Zeiten der bestehenden 
Befestigung mit dem Rundthurm, der an dieser Stelle in einem Viertel seines ehc- 



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25 Leuteoberg 



Könitz 



maligeu Uinfanges erhalten ist Hier geht bereits das Thal so steil und tief herab, 
dass eine Sicherung des Weges von dieser Seite her nicht mehr nöthig war. Links 
(westlich) vom Burgwege bleibt hier ein starker Vorsprung (Plattform) übrig, in 
unregelmässiger Fläche ungefähr dreiseitig vortretend und so breit, dass er von 
Gebäuden eingenommen ist und stets war. Zwei solche in äusserst starken Aussen- 
mauern erhaltene Gebäude deuten dem Platz nach darauf, dass hier einst die erste 
Burg- Anlage an steil aufragendem Felsen gewählt war; sie sind jetzt aber ganz ab- 
getrennt, mit Fachwerk ausgebaut, dienen als Castellauswohnung und als Pferdestall 
und haben im Innern Nichts erhalten, was auf bestimmtes Alter oder Benutzung deutet. 
War so der Burgweg unter ihrem linksseitigen Schutz vorbeigegangen, so trat er 
rechts näher an die Burg. Hier haben wir uns noch eine jetzt verschwundene, den 
Weg rechts einfassende Mauer zu denken, welche im Bogen (wie jetzt die Rasen- 
kante) gegen den Nordwest -Thurm des Westgebäudes selbst anlief. Da, wo der 
Burgweg, weiter ansteigend, an die Westseite der Burg herangetreten ist, stoben 
die Reste eines 3. Thores in einer zum Theil erhaltenen Queriiiauer, welche von dem 
Westgebäude aus ungefähr zwischen dem mittlereu Treppenthurm und dem südlichen 
Quergiebel ausläuft. Dies ist, wie das 1. Thor, aus der Mitte des 16. Jahrhunderts, 
nur besser erhalten: profilirter Rundbogen, Pfeiler mit Muschelnischen und Sitz- 
consolen. (An dieser Stelle ist in neuerer Zeit der Weg stark vertieft, so dass jetzt 
der Fuss des Thores fast 1 m über dem Weg auf Fels anfäugt.) In der Quermauer 
des 3. Thores ist noch ein Rundbogen-Fenster trümmerhaft erhalten. Nun tritt der 
Burgweg schon hart an die Burg bezw. den Westbau heran und läuft an der Nord- 
mauer desselben und dann an der Mauer des einstigen Nordgebäudes nach Norden 
und dann, bei dem nordöstlichen Rundthurm des Burgbezirkes umgebogen, nach 
Osten ; an dieser Biegung erkennen wir wieder rechts und links Anfänge eines dem 
Uk Jahrhundert angehörenden 4. Rundbogen-Thores, davor aber die Pfeiler eines 
im 17. Jahrhundert vorgesetzten Thores mit jener bekannten (ans der Ananas- oder 
Pinien-Frucht zum Zapfen gewordenen) Bekrönung des Pfeilers. Hier verfolgt der 
alte Burgweg noch ein Stück den jetzigen Fahrweg, an der Nordost-Ecke aber hört 
er jetzt ganz auf. Er ging ( während der Fahrweg jetzt als Weg ins Oberfeld weiter 
seine östliche Richtung beibehält) wiederum im Bogen herum und dann, dem 
Mauerzuge der Burg selbst folgend, doch in seinem Bogen sich wieder etwas von 
der Burg entfernend, zunächst nach Südosten, dann hinter dem Bergfried nach 
Süden. Es ist dieser alte Burgweg, wenn auch jetzt au der Stelle, wo er die 
Biegung macht, durch eine lebendige Hecke und ein Stacketengatter schräg durch- 
schnitten, deutlich genug unter dem Wiesengras, welches die ganze nun folgende 
Fläche der Burg-Ostseite bedeckt, erkennbar. Verfolgen wir so den nun nur noch 
massig ansteigenden Burgweg, so kommen wir an dem Bergfried und an einem 
sich an ihn anlehnenden, noch wohl erhaltenen Ostzwinger vorbei. Dieser Zwinger, 
welcher, in Höhe des 1. Obergeschosses der Gebäude liegend, von der West- 
front-Mauer und der Aussentangente des Bergfriedes ausgeht (hier, im nördlichen 
Theil in seiner Mauer zerstört), diente wohl in Friedenszeiten wie jetzt als Burg- 
garten, schützte aber in Kriegszeiten die Burg, da er auch von aussen Deckung 
hatte. Hier machen wir nämlich folgende Wahrnehmung. Oestlich von dem Burg- 
bezirk, ungefähr 15 m von der Ostmauer dieses oberen Zwingeis entfernt, steigt 
der Erdboden etwa 2—3 m hoch ziemlich steil geböscht an; auf der Plattform 



2G4 Könitz. Leutenberg. 26 



dieser kleinen Erhöhung ist eine Fläche von genau rechteckiger Form erkennbar, 
welche ebenfalls nach allen Seiten abfällt. Wir gehen wohl nicht fehl, wenn wir 
hier die Stelle einer Vorburg, jedenfalls einer Deckungs- Anlage erkennen. Denn 
zwischen diesem erhöhten Platz und dem Ostzwinger der eigentlichen Burg, also in 
einer Biegung von Süden bezw. Südwesten und ansteigend, tritt der Burgweg an 
ein 5., letztes Thorhaus und in starker Biegung durch dasselbe nach Westen. Das 
Thorhaus, von welchem die (östliche) Aussenmauer und ein Stück der Südmauer stehen, 
ist, wenn auch wohl an Stelle eines älteren Gebäudes, ein Neubau des 17. Jahr- 
hunderts. Das bezeugen die Mauerfügung, die grosse flachbogige Durchfahrt (jetzt 
bis auf einen Durchgang zugemauert) und ihre grossen, flachbogigen Geschütz-Scharten, 
über welchen dann die Mauer abgebrochen ist. (Die Mauer, welche ausserhalb dieses 
Thorhauses südlich weiterläuft, ist trotz der Höhe nur eine Gartenmauer.) — Durch 
das letzte Thorhaus ging schliesslich der Burgweg in westlicher Richtung an der 
Mauer des Ostzwingers vorbei nach dem Halbthurm der Südost-Ecke und unter 
seiner Deckung in die daneben an der Südseite befindliche Thorfahrt des Schlosses. 
Dies letzte Stück hat man sich in fast gleicher Erdboden - Höhe von Osten nach 
Westen, eher in dieser Richtung ein wenig ansteigend zu denken und darf sich 
nicht dadurch irre führen lassen, dass jetzt dieser Theil des Erdreiches von Osten 
nach Westen stark fällt Denn früher war, wie man sieht, die südliche Thorfahrt 
durch Wagen zugänglich und zwar eben von Osten her. Ein mächtiger, jetzt zweck- 
los herausragender Stein aussen an der rechten Seite der Thorfahrt bezeichnet die 
Höhe der einstigen Bordschwelle. Zwar senkte sich westlich von der Thorfahrt 
der Erdboden von Natur, aber nicht so sehr wie heute, und starke, äussere Futter- 
mauern schützten das hier erhöhte Erdreich vor dem Abstürzen. (Die südliche 
dieser Mauern hat verhältnissmässig besser gehalten, die westliche aber (welche 
ungefähr im rechten Drittel der Südfront links nahe der Thorfahrt den Weg ein- 
fasste) ist eingestürzt. Erst in Folge dieses Einsturzes ist das ganze Erdreich hier 
ausserhalb der Thorfahrt herabgefallen, und die Bodenverhältnisse änderten sich bis 
zur Unkenntlichkeit. Das nun nicht mehr für Wagen passirbare Aussenportal der 
Thorfahrt wurde bis auf einen modernen Rundbogen-Eingang zugemauert und eine 
Treppe von etwa 20 Stufen herab in den Vorplatz geführt.) Durch diese Thorfahrt 
kam man in den inneren Burghof. 

So blieb die Anlage auch nach der Besitz-Ergreifung durch die Grafen von 
Schwarzburg bestehen. — 

Für die Gräfin Anna Sophie fand, abgesehen von den schon erwähnten Aen- 
derungen der Zufahrt, vorzugsweise, wie es scheint, eine Erneuerung des Innern im 
Westflügel statt. Davon stammen im 2. Obergeschoss die hölzernen Thürflügel mit 
Verzierung von Rundbogen-Blenden, Facetten und Zahnschnitt-Gesimsen. Im nord- 
östlichen Eckzimmer eine Console mit einem Wappen (die jetzt Nichts mehr trägt), 
ein hübscher Kamin (A), dessen kräftig vorgebogene Seitenwangen und Sturz mit 
Frühbarock - Mustern , letzterer auch mit : 1039 .A.S.G .F.Z.A . (Anna Sophia, 
geborene Fürstin zu Anhalt) G.Z.W. (Gräfin zu Württenberg?) versehen ist. In 
diesem Zimmer stehen noch 2 stark erneuerte Bettstellen des 17. Jahrhunderts, 
mit Vertäfelungen der Seitenbretter und Kopfbretter (an letzteren eingelegte Archi- 
tektur-Bilder) und mit gedrehten Pfosten für den Betthimmel. Im nordwestlichen 
Eckzimmer (dem sogenannten Holbach-Ziminer) eine neue, im Renaissancestil ge- 



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27 Leutenberg. Köhitz. 265 



haltene Holz-Vertäfelung (Rundbogen ohne Stich, Tapeten statt Holzfüllung u. dergl.), 
mit Benutzung alter Theile. In einem einstigen Zimmer im Obergeschoss der 
SQdost>Ecke dieses Flügels (das jetzt durch eine Wand in ein Zimmer und einen 
Gang getrennt ist), wo die Decke mit Wülsten und Kehlen geschnitzt ist, steht 
noch ein einfacher Kamin. Im 3. Obergeschoss befinden sich in der Mitte die 
Bodenräume unter dem mächtigen Dach, die Giebel mit den Quergiebcln an dem 
nördlichen und südlichen Ende sind als Stuben ausgebaut. In der nordöstlichen 
Eckstube 2 Bettstellen (wie die im 2. Obergeschoss); in dem nordwestlichen, 
dem Trorapeterstübchen, rechteckige, geschnitzte (erneuerte) Thüren und ein Kamin 
jener Zeit, Hier tritt der auf dem runden Eckpfeiler durch auskragende Erweiterung 
gebildete Eck-Erker vor. (Von ihm reizende Aussicht über Dorf und Kirche in 
das Thal bis Saalfeld und zu den jenseits sich erhebenden Bergen.) 

Eine letzte, grössere Instandsetzung erfuhr das Schloss, als es 1663 zum 
Wittwensitz der Wittwe des Grafen Ludwig Günther I., Emilie, geborene Gräfin von 
Delmenhorst (f 1670) hergerichtet wurde. Von daher im Westfiügel im nordwest- 
lichen Eckzimmer des 2. Obergeschosses ein 0 f e n (schwarz glasirt, zweigeschossig, 
mit Gesimsen, Flachbogen- Flächen mit Reliefs von Genien und Fruchtbündeln zwischen 
Pilastern mit Reliefs von Fruchtgehängen) und einige Tische ebenda (der eine mit 
einem knieenden, einen Apfel haltenden Knäbchen als Fuss). Seit dem 18. Jahr- 
hundert geschah nichts Nennenswerthes für das Schloss. Es wurden die Theile, in 
denen das Amt war, noch gepliegt, das Ganze leidlich in baulichem Zustand er- 
halten, auch seitdem es gar nicht mehr bewohnt war. 1863 wurde nochmals seitens 
der fürstlichen Domanialverwaltung vorübergehend ein Theil als Wohnung des Berg- 
meisters und Berggerichts und für fürstliches Absteigequartier eingerichtet (daher 
die moderne Renaissance, s. o.), doch wurde auch dies wieder aufgegeben. So 
musste sich, wie bei allen solchen umfangreichen, dabei unbewohnten und unbe- 
nutzten Gebäuden, trotz jährlicher Aufwendungen das Aussehen allmählich ver- 
schlechtern. Besonders gilt dies vom Hof, wo an die nördliche, nordöstliche, öst- 
liche und südliche Seite dürftige Fachwerk-Gebäude angelehnt sind. — Doch ist 
das Schloss 1892 an Herrn Geheimen Regierungsrath Dr. Reiss in Berlin verkauft, 
wird also wohl wieder in Stand gesetzt und in Gebrauch genommen werden, und 
dürfte dann eine der prächtigsten Zierden der Gegend werden. 

Bischof, in Ortwein, Deutsch» Renaissance Bd. VII, 1884—87, Abtb. LVII1, Ansicht d. Barg 
als Vignette; T. 11 u. 12, Abbild, d. Ofens mit d. Kön. v. Danen»., einer Bettstellen- Verzierung u. d. 
Vertafelung im Holbacb-Zimmer. - Heinse,S.66. - Hess, in Thflring. Vereins-Zeitschr. IV. S. 326. 
— Hesse, Landeskalendor 1816. — Hesse, in Thüringen u. d. Hart VIII, S. 327. — Krön in 
Saalfeld (Miese), Photographie. — Lötz, Kunsttopographie I, 8. 163. — Schul tos, Sacbsen-cob.- 
saalf. Landesgesch. - Sigismund, Landeskunde I, S. 214; IL S.213. - Vogtland. Jahresber. XVIII. 
XIX, S. 16. - Wagner, Chronik von Saatfeld, fortgesetzt »on Grobe. 

Tafel an einer Gartenbank nordöstlich vom Schloss, mit Doppel wappen von 
Holbach und Witzleben, darunter, sehr verwittert: J<]ÄJ (,1541). 

[In der Oberen Mühle standen noch 1884 2 interessante 0 e f e n , dereine 
dem im Herrschaftsstuhl der Kirche zu Frankenhausen ähnlich, der andere von 1791, 
auch verziert; beide sind seitdem fortgekommen. — Fragobogen (A), mit Beschreibung 
der Oefen.] 

(Kapelle westlich von Könitz, moderner Aufbau.) 



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266 



Leutenberg. 28 



Laasen, nordwestlich von Leutenberg ; Lasan, gehörte den Besitzern des Ritter- 
gutes. — Sigismund, Landeskunde II, S. 194. 

Kirche, 1791 erneuert; Jahreszahl aussen an der rechteckigen Westthür. 
Rechteck, 13.7 in lang, 6,1 in breit, dürftig, Holzdecke. Drei Rundbogen - Fenster 
auf der Südseite; zwei schlechte, rechteckige oben an der Ostscite; die Nordseite 
steckt besonders nach Osten zu fast ganz in der hier aufgehäuften Erde. Oestlich 
Dachreiter, heschiefert, Achteck mit Schwcifkuppel etc. — Sigismund II, S. IM. 

Ehemaliges Rittergilt, einst der Familie von Lengefeld, 1747 der obere 
und untere Hof von der fürstlichen Kammer gekauft, 1753 zerschlagen. Der Edel- 
hof, jetzt Gasthaus zur schönen Aussicht, den Herren Wohlfahrt gehörig. Bau 
des 1. Viertels des 17. Jahrhunderts. Rundbogige Eingangs-Thür mit vortretenden 
Quadern, darüber sehr verfallenes Giebel-Dreieck mit Vorsprung des wagerechten 
Gebälkes [vom ehemaligen Schlussstcin]. Zwei Obergeschosse. Fenster mit Holz- 
Einfassung etc., Alles schmucklos bezw. verwahrlost. Im Flur des 1. Ober- 
geschosses einige Holzthüren : Pilaster mit Beschlag-Mustern, oben canellirt, Consol- 
Gesims mit Zahnschnitten. Im 2. Obergcschoss ein Zimmer mit Stuckdecke (Ranken 
und Engelsköpfe um Medaillons mit einfacher Wiedergabe der Jahreszeiten, 
leidlich erhalten, stark iiberweisst) und massig verzierter Thür (Herraenpilaster mit 
Beschlag-Muster und Consol-Gcbülk, sowie Wand-Verzierung ringsum), auf der in 
Stuck-Verzierung des Rundbogen-Feldes ein sitzender Affe mit einem Spiegel in der 
linken Vorderhand frei modellirt ist. — Heinsc, S. 67. — Sigismund II, S. 195. 

Glockou. 1) 1791 von Job. Mayer in Rudolstadt. SOLI etc. Fries. 54 cm Durch- 
messer. — 2) Neu, oli no Inschrift. 



Landsendorf, ostsüdöstlich von Leutenberg; Landzendorf. — Hesse, Lamles- 

kalonder 1814. - Sigismund, Landeskunde II, S. 199. 

Kirche, Rechteck, 11,5 in lang, 6,3 m breit, unbedeutend. An der rnnd- 
bogigen, etwas prohlirten Westthür: Anno W'24. Spätere Wiederherstellungen; Flach- 
decke; Fenster unregelmässig, meist flachbogig. Dachreiter auf der Ostseite. 

Kanzelbau aus dem 18. Jahrhundert, als Alfcir-Aufsatz, und die Kanzel: \ /, 

wie in Dorfilm etc., auffallend durch geschmacklose Bemalung bei der Restauration 
von 1HH5, das Architektonische vorwiegend in hellgrüner und weisser Kalkfarbe, 
die biblischen Sceneu im Sockel und an den Kanzelflächen bunt. Dasselbe Schicksal 
traf zwei ganz bildliche, spätgothische, geschnitzte, durchschnittlich 70 cm hohe 
Figuren, welche am Sockel des Kanzelbaues Aufstellung gefunden haben, eine 
lesende Maria (der man die linke Hand mit einer schwarzen Weinflasche ergänzt 
hat) und eine (minder gute) Maria als Himmelskönigin, das Kind im Anne (welches 



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20 Leutenberg. EonMUDOtP. I-kutknueuo. 207 



jetzt eine riesige Taube an den Flügeln packt). Auf dem Schalldeckel hat die spät- 
gothische, schlechte Figur eines Bischofs (Honifacius) Platz gefunden. — Eine eben- 
solche auf dem Dachboden. 

Weinkanne, hoch, mit Monogramm und: HM7. Zinn. 

Kelch, aus dem 17. Jahrhundert. Fuss rund, mit gravirtem Sechspass und 
Crucifix. Knauf kugelig, mit ganzen (und halben» vertieften Mustern : S\ Kupfer, 
vergoldet. 11) cm hoch. \s 

Glocken neu. 




Nordost-Ansicht der Friedensburg zu Leutenberg. 



Leutenberg, 19'/» km südsüdöstlich von Rudolstadt; Lutinberg, Lutenberg. 
Luthenbergk, vermuthlich im Anschluss an die Ibirg entstanden, deren Vögte wohl 
die seit Iis? bis /um ii. Jahrhundert (genannten Herren von Lentenberg «raren, 

es aber auch unter den Schwarzburgern (1200) blieben. Der Ort 1320 zuerst als 
Stadt genannt, 1301 Lutenberc mit landesherrschaftlichetu Bergbau (Burkhardt, 
Urk. v. Arnstadt. Nr. 162), 137") Lutinberg mit Schloss (Martin. Urk. v. Jena. Nr. 3771. um 
1305 Dominicanerkloster, brannte 1468 (1403 V) ab, erhielt unter Graf Philipp ( t L r ><;t) 
die Rtadtgcrcehtigkeit vergrössert. 1608- 1017 und 1(146—1070 Sitz fürstlicher Witt wen 
(s. Einleit.), welche Mancherlei für die Stadt thaten : litt besondere 1800 durch Brand. 
— B. An emulier, in Thann*. Vereins-Zeitschr. 1879, N. F. I, S. 243-255 über Stadtordnung 
von 1616, darunter S. 248. 249 Strassen pol iioi. — Grogorii, Das jetzt florirendo Thüringen 1711, 
S. 19«; Anh.: Thüring. Chronica n. d. Alphabet 1712, S. 223. Heinse, S. 63. - Hess o, Landes- 
kalender 1813. — Heise, in Thüringen u. d. Harz VIII, S, 344. — Heydenroich, Hiftor. d. II. 
Schwanburg 1743, S. 407. — Hof mann, in Gartenlaube 1887, S. 433, mit Ansicht S. 417. — 



268 IiEDTKHBEBa, Stadtkirche, Cyriacskapelle. Leuteoberg. 30 



Merian, Topogr. snper. Saxoniae 1660, S. 9. — Mich eisen, Rechtadenkmale tos Thüringen, 
& 419 f Aber Stadtrecbte von 1496, S. 420 f. — Sagittarius, Histor. d. Grafscb. Gleichen 1731 — 
Sigismund, Landeskunde II, S. 186; S. 216 Aber das Siegel. — Treiber, Geacbl.- u. Landes- 
beachr., S. 145. - Walch, Venn. Beitr. t. deutschen Recht 1775, V, 8. 147 f. 

Stadtkirche, der Magda- 
lena geweiht gewesen, 1703 er- 
weitert, [nach Brand der alten 1800] 
1812-1815 erbaut Rechteck in 
neuclassischem Stil, mit dorischen 
Säulen der Emporen, korinthischen 
des Kanzelbaues, flacher Decke, 
Alles von Holz, geweisst. Flach- 
bogige Fenster und Thüren unten, 
nindbogige oben. Oestlich über der 
Sacristei Thurm mit Schweifkuppel 
etc. — Sigismund II, 8. 186. 

Gefässe und Glocken aus 
unserem Jahrhundert. 

Cyriacskapelle, Fried- 

hofskapelle auf dem Kirchberge, 
einfaches Rechteck, 10,9 m lang, 
10 m breit, gothischer Anlage, von 
woher zwei schmale Spitzbogen- 
Fenster der Ostseite, im Uebrigen 
späterer Bau, unscheinbar, zum Theil 
verfallen. Holztonne , rechteckige 
Fenster, rundbogige Westthür (kein 
Thurm noch Dachreiter). — Hesse, 
8. 348. - Heydenreich, S. 407. - 
Sigismund II, 8. 186. — Treiber, 
8. 145. 

Sacramentschrein - Ober- 
theil aussen an der Westfront ver- 
mauert, spätgothisch, handwerklich, 
Christusfigur in der Cyriacskapelle zu Leutenberg. verstümmelt (Ä). Schweifbogen mit 

Kleeblatt-Rogen zwischen Fialen. 
Im Bogcnfeld ein Engelskopf, über «lern Bogen rechts und links schwebende Engel, 
oben über der Giebelblume ein bärtiger Kopf (wohl Christi, vielleicht Johannis?). 

Kanzel an der Ostwand, aus dem 17. Jahrhundert, von der Form: mit 
Eeksäulchen; an den Flächen ganz gut gemalte Brustbilder Christi (A) und der 
Evangelisten. 

Figur, aus dem 16. Jahrhundert, Christus als Schmerzensmann, sitzend (wie 
bei Dürer etc.); sie ist etwas übertrieben in der Muskulatur, aber ganz gut in der 
leidenden Haltung. Holz, klein, farbig. 




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31 Leutenberg. Lsutknbebo, Friedhof, Dominicas erkloster etc., Friedensburg. 269 



Grabsteine, mit Inschriften, Ornamenten, Sinnbildern, tum Theil auch Wappen, 
mittel massig. An der Ostwand Grabstein für den leutenberger und könitzer Amtmann 
Günther Schuhmann, | 1760; für MQuzmeistor etc. Maroua Fulda, f 1734; fOr den gchwarz- 
burglschen Amtmann Heinr. Berger, f 1750; an der Nordwand für Frau Fr. Chr. Sophie 
Scheller, geb. Danckliff (?), t 1718. 

Friedhof. Grabsteine mit Sinnbildern etc. und zahlreiche Grabkreuze 
mit Ranken etc., aus dem 18. Jahrhundert, alle in den üblichen Formen. 

[DominicanerklOSter oder Predigerkloster, um 1395 entstanden und 
durch die Grafen von Schwarzburg und die Herren von Könitz auf Eyba aus- 
gestattet, war nur sehr klein und arm, deshalb 1416, 1463, 1493, 1500 mit einigen 
Einnahmen und Gerechtsamen begabt, 1463? abgebrannt, wieder aufgebaut, ging nach 
der Reformation 1533 ein. Die Klosterkirche, 1800 ganz abgebrannt, soll östlich von 
der jetzigen Pfarrkirche gestanden haben. Vor einiger Zeit wurde hier ihre ver- 
mutliche Umfassung, ein von Norden nach Süden gestrecktes Rechteck, aufgegraben ; 
an ihrer Ostseite trat eine Gruft mit gräflichen Erbbegrübnissen vor. Das Pfarrhaus 
steht vielleicht theilweise auf dem Grund dos Klosters; die Schule südlich von der 
Pfarrkirche auf dem eines Wirtschaftsgebäudes. B. Anem aller, in Thöring. 
VereioB-ZettBchr. 1885. N. F. IV, S. 507-528. Ober den Verfall 1516. 1517. - Hein so, S. 63. - 
Hermann, in ThOriog. Vereins-Zeitschr. VIII, S. 38. — Hesse, S. 345 f.; 346 Aber da« Siegel. — 
Sigismund I, S. 180; II. 8. 188. - Treiber, 8. 146. - Rcntarotmann Truppel, MittheU] 

Rathhaus, nach dem Brande (von 1865) 1866 vom Geheimen Baurath 
Brecht gebaut; in gothisch-normannischem Stil. — Sigismund 11, S. 187. 

[Rittergut, 1492 des Herrn von Wallenfels; zerschlagen. — Sigis- 
mund II, S. 188] 

[Stadtbefestigung. Reste von lückenhaften und überbauten Mauern, 
welche ein ungefähres, von Osten nach Westen gestrecktes Rechteck bildeten. Reste 
östlich von der Stadtkirche, die Schlossstrasse herab; dann die südliche Walllinie 
von der Sägemühle aus.] 

Friedensburg, fürstuches Schloss, zum Theil Ruine, auf dem hoch (etwa 
80—100 m) die Stadt nordöstlich überragenden Schlossberg, welcher fast als Kegel 
aufsteigt; nur östlich steigen jenseits eines tiefen Grabens die Berge höher und 
bewaldet an. So bietet die Burg-Anlage von drei Seiten steile Abhänge, sowie 
malerische Ansichten; im Norden fliesst der Ilmbach, welcher hier in die an der 
Westseito des Berges fliessende Lemnitz mündet 

Die Burg, vielleicht von der Familie von Leutenberg angelegt und bewohnt, 
kam 1326 in den Besitz des schwarzburgischen Grafengeschlechtes und wurde 1362 
Wohnsitz der damals entstandenen eigenen Herrscherlinie. Von daher die Anlage 
des älteren Hauptbaues, der 1375 im Vertrage mit den Landgrafen als kriegsbereit 
genannt, 1447 einer Belagerung des Grafen Ludwig von Gleichen (trotz dessen 



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270 Lkutknbbko, Friedensbmg. Leutenberg. 32 




Süd-Ansicht der Friedensburg zu Leutenberg. 



bedeutend überlegener Macht) widerstand. Besondere Bauthätigkeit unter Graf 
Balthasar 1491 (s. unten). Nach Aussterben der selbständigen Linie 15f>4 wurde 
das Schloss von den Amtleuten bewohnt, 1008 aber von der dort Wohnung 
nehmenden Wittwe des (irafen Albert L, Elisabeth, ausgebaut und 1646 von der 
Wittwe des Grafen Ludwig Günther, Aemilie, im Innern ausgeschmückt, besonders 
1664 durch Herrichtuug der Kapelle, 169* durch Ausmalung der Zimmer. (Es giebt 
genaue Verzeichnisse der Zimmer nach ihrer Bestimmung von 1647 und 1667.) 

Vom Anfang des 18. Jahrhunderts bis 17H2 wohnte der appanagirte Prinz 
Wilhelm Ludwig hier. Dann wurde es verlassen. Das Justizamt war noch etwa 
bis zur Mitte des IM. Jahrhunderts in einem Theil des Schlosses; dann kamen die 
Behörden (Rent- und Justiz-Amt) in die Stadt; das Schloss verfiel. Es wird jetzt 
unter Dach erhalten, ist jedoch im Innern jeglicher Ausstattung beraubt, Wände und 
Decken haben Sprünge, Putz und Tapeten fallen ab, die Fussböden werden schlecht, 
so dass der Eindruck gerade im Vergleich mit den zum Theil sehr lebhaften (wenn 
auch weniger schönen und verhältnissmässig jüngeren Zeiten angehörenden) Malereien 
ein betrübender ist, da Lage, Mauerwerk, Treppen, Zahl und Grösse der Zimmer 
eine Bewohnbarkeit nahe legen. 

Das Schloss bildet, eine ganz unregelmässige Anlage. Die einzelnen Bautheile 
entsprechen vorzugsweise einem Bau des lf>. Jahrhunderts und einem vom Anfang 
des 17. und bestehen aus Erdgeschoss und zwei Obergeschossen. Die Benutzung 
der älteren Theile für die spätere Zeit und der erwähnte Verfall beider Theile 
machen eine genaue Unterscheidung schwer. Die ältesten Theile dürften folgende 
sein: Der in der Mitte der ungefähren Südseite aufsteigende, sehr hohe Rundthurm 
oder Bergfried, dessen untere Theile noch auf das 14. Jahrhundert zurückgehen; 
dann die Unterbauten einiger Gebäudetheile im Westen, so der ganz aus Stein 
errichtete Südwest- Flügel mit dem nach dem inneren Burghof vorspringenden, 



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33 Leuteoberg. Lbutbnbekg. Friedensburg. 271 



steinernen, runden Erdgcschoss des später darüber halb achteckig und in Fachwerk 
aufgesetzten Erkerthurmes, sowie mit den nach aussen (Westen) heraustretenden 
Bautheilen, nämlich einem starken Rundthurm (mehr südlich), einem mittlereu Erker- 
bau und einem die Nord-Ecke bildenden Halbkreis-Ausbau ; dann einzelne Mauer- 
theile, die sich an der Nordwest-Seite und Nordseite des Hofes zeigen, mit einigen 
im Erdgeschoss erhaltenen Spitzbogen-Thüren. Sie sind in verschiedener Höbe an- 
gelegt, denn der höher gelegene, westliche Theil des Burghofes wurde durch eine 




Plan der Fricdensburg zu Leutenberg. 



Freitreppe in der Nordwest-Ecke zugänglich gemacht und so die Unebenheiten des 
Bodens mit einer Terrassirung ausgeglichen, lieber der auf der Terrasse gelegenen 
Spitzbogen-Thür ein Medaillon mit Löwen-Wappen. Schliesslich ist mittelalterlich 
ein grosser Theil der Befestigungs-Anlage: 3 Thorbauten im Südwesten der Burg 
hinter einander. An der Ausscnfront des innersten und höchsten Thorhauses die In- 
schrift: DONI iBm (1491) BALTHAZAR GRAF VND HER ZV SCliWARZBVRG. 
Darunter sein verstümmeltes Wappen. Der Burgweg zieht sich unter den Thoren 
in gekrümmter Richtung nordwestlich, um in starker Biegung wieder südlich an der 



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272 TjWjtwbbm, Friedensburg. Leutenberg. 34 



Burg sich in das Thal zu senken. Vor dem äusseren Thor die Stelle der ehemals 
Ober den Graben führenden Zugbrücke, die jetzt durch Erd-Anhöhung ersetzt ist 
Wenn wir aussen herumgehen, bemerken wir einige stark vortretende Strebepfeiler 
und Mauerstücke als Reste ehemaliger Zwinger-Anlagen, zumal im Norden. Hier an 
der Nordost-Ecke ein besonders wohlerhaltenes Stück Quermauer und steiler Erd- 
Abfall (an eine ähnliche Stelle der Burg Wespenstein bei Gräfenthal erinnernd, siehe 
Kreis Saalfeld, S. 219). Im Nordwesten und Westen Reste der äusseren Zwinger- 
mauer; im Süden ebenfalls ein erhaltenes Stück einer Zwingermauer und noch 
südlich davon eine äussere Schutzmauer, beide Mauerzöge parallel dem Burgbezirk. 
An die Burgbauten der gothischen Zeit schlössen sich die des 17. Jahrhunderts. 
Der vorher erwähnte Erkerthurm des Südwest- Flügels wurde in Fachwerk mit 
einigen Kreuzungs-Verzierungen über und unter den Fenstern und Gesimsen, sowie 
mit einem Achteck-Helm ausgebaut. In der West-Ecke des Hofes tritt im halben 
Achteck ein in einfacherem Fachwerk ausgeführter Treppenthurm vor, welcher über 
dem Dach des Steinhauses (Südwest -Flügels) in einer Schweifkuppel endet. Der 
sich an diesen Treppenthurm anschliessende Nordwest -Flügel von Fachwerk hat 
einige Belebung in Pfosten, Balken-Vorkragungen etc. in einfacher, construetiver 
Weise erhalten, und so wirkt gerade diese Seite des Hofes (im Verein mit dem 
alten, einfachen Steinhaus dazwischen) mit einigen kleinen, unregelmässigen Vor- 
bauten, der westlichen, höheren Partie des Schlosshofes, an der rechts die Freitreppe, 
links das innerste Burgthor den Abschluss bildet, recht malerisch und lebendig 
gegliedert ; eine geschickte Wiederherstellung würde ein treffliches Bild alter Burg- 
und Schloss- An lagen ergeben können. Der nördliche Theil der Burg, sowie der 
östliche sind, mit geringer Benutzung älterer Unterbauten, wesentlich Neubauten 
des 17. Jahrhunderts. 

Im Ostflügel befindet sich die Schlosskapelle, zum Theil in die Erde 
hineingebaut ; gänzlich zerstört. Kreuzgewölbe von Holz auf Consolcn. Im Norden 
des Hauptraumes eine Flachbogen - Nische, von Säulen und Korbbogen eingefasst. 
darüber eine Rundbogen-Oeffnung mit vorgesetzter Orgel in Resten. Vor der Nische 
der Altar, Reste eines Aufsatzes : verziertes Consolglicd und Einfassungs-Säulen des 
Haupttheiles. (Figurentrümmer.) Alles im Spätrenaissance - Stil vom Anfang des 
17. Jahrhunderts, mit aufgelegten und durchbrochen geschnittenen Verzierungen. 
Ebenso an der Südseite geschnitzte Emporen. An der Westseite Halbsäulen bis zu 
dem als obere Logen dienenden Gang; vor den Säulen ein stehender Engel als 
Stammbaum-Halter. Alles sehr roh gewesen und im Zustande des traurigsten Ver- 
falles. Etwas besser erhalten die Kanzel an der Südwand des (als Sacristei dienenden) 
Nebenraumes, auf einer Mosesfigur, im Grundriss: {J, mit Ecksäulchen, Muscheln 
an den Flächen und anderem Schnitzwerk; desgleichen am erhaltenen Schalldeckel. 
Wandsäulen mit einem Bogen trennen den Nebenraum vom Hauptraum, profilirte 
Flachbogen-Thüren führen von seiner Nord- und Süd-Seite zu Treppen und so in 
die Höhe. Ebenso im Hauptraum an der Südwest -Ecke eine Rundbogen -Thür. 
(Die tiachbogige Thür des Haupt-Einganges in der Mitte der Südseite des Haupt- 
raumes ist zugemauert.) Unregelmässige, unbedeutende Fenster. 

Die Wohnzimmer über dieser Kapelle, sowie im Nordtheil der ganzen Schloss- 
anlage haben einfache architektonische Gestaltung, die unregelmässig angelegten 
Rechteck-Fenster sind theilweise noch in der das Mittelalter festhaltenden Weise 



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35 Leutenberg. 



Lkutknbkkci, Friedensburg. 



273 




Hof-Ansicht der Friedensburg zu Leutenberg. 



des 17. Jahrhunderts profilirt. Zwei der grösseren über der Schlosskapelle gelegenen 
Zimmer zeigen Stuckdecken, die allerdings ebenfalls stark die Spuren des Verfalls 
tragen. Die Muster sind an beiden Decken abgekantete Rechteck-Felder mit stili- 
sirten Blumenmotiven und feinem Ilankenwerk. Sie zeigen noch gute italienische 
Renaissance und dürften wohl von Italienern ausgeführt worden sein (wie die in 
Schloss Herbsleben, siehe Heft Tonna, S. 23G). An den Wänden «lieser, sowie der 
meisten übrigen Zimmer befinden sich in Leimfarben ausgeführte, plumpe und 

Bau- iial KuixidfDkiu niUriofrs«. Schwant» -HudoUUdt I. 7 



274 Lkotkhbebo, Friedensborg. Löhxa. Mchscbwitz. Leuteoberg. 36 



zum Theil sehr abgeschmackte Malereien, welche Scenen aus der biblischen Ge- 
schichte oder allegorische Figuren, in einigen Zimmern sogar nur riesige Akanthus- 
Ornamente in den abenteuerlichsten Formen darstellen. Diese Malereien sind ohne 
Rücksichtnahme auf Thürcn, Fenster und deren Rahmen über die ganzen Wände 
und an einigen Stellen noch über die Decke verbreitet, meist monochrom gehalten, 
theils in Schwarz, theils in Roth. Blau und Gelb: sie entsprechen (im Gegensatz 
zu jenen Stuckaturen) schon der 2. Hälfte des 17. Jahrhunderts, sind auch erst 
HJi>8 von dem Hofmaler Lammers (f 1711) ausgeführt. Die Zimmer im obersten 
Geschoss des Nordwest -Flügels sind diejenigen, welche als Justizamt dienten. 
In einem diesen zunächst gelegenen Zimmer des Nordflügels ein alter Ofen. 
Im anderen Zimmer ein Oelgemälde, Brustbild der Gräfin Aemilie. Die Süd- 
seite des Schlosses wurde im 17. Jahrhundert in der Weise bebaut, dass ebenfalls 
mit Benutzung älteren Mauerwerks ein steinerner Flügelbau den Raum zwischen 
Thorhaus und Bergfried, welcher mit einer Schweifkuppel bedeckt wurde, ausfüllte. 
An dem Längsdach dieses Flügels treten nach aussen (Süden) wie nach dem 
Hof hin (Norden) je zwei einfache Giebel vor. Auch in diesem Schlosstheil be- 
fanden sich Malereien wie die vorher genannten. (Hier die in alten Beschreibungen 
öfter vorkommende Enthauptung des Holofernes.) Weit origineller ist jedenfalls 
das fälschlich sogenannte Apfelzimmer ausgestattet. Die Wände sind nämlich, wohl 
unter dem Einfluss holländischer Kachel-Verzierung, in kleine quadratische Felder 
getheilt und jedes Feld mit naturalistischen, sich kreuzenden Blumen: Tulpen, 
Rosen etc. geziert. Diese ganze Decoration ist in starkem Relief in Steiupappe 
ausgeführt. 

Heins«, S. 63. — H e s s e , S. 342 f., mit ausführlicher Wiedergabe der Zünmerrereeichnisse 
vod 1647 und 1667 und Hinweis auf Kämmerer, Vermischte Schriften 1797, I (Ansicht des Schlosse* 
als Titelbild; S. 185 f. Beschreibung der Malereien). - Heydenreich, 8. 407. Sigismund L 
S. 214; II, S. 189. - Treiber, S. 145. 



Löhina, nördlich von Leutenberg; Gut; Lomen, gehörte bis 1434 Herrn von 
Kochberg zu Eichicht, dann der Familie von Beulwitz. [Gutsgebäude 1860 
gebaut; nichts Aelteres erhalten.] — Hesse, Landeskalender 1815. - Sigismund, Landes- 
kunde IL S. 197. 



Munschwitz, nordnordöstlich von Leutenberg; mit dem 3 km nordöstlich da- 
von gelegenen Sanct Jacob eine Gemeinde bildend; letzteres war der frühere, 
bedeutendere Ort durch Wallfahrten und stand unter der Abtei Saalfeld. Das 
Dorf wurde vom Landgrafen Balthasar 1509 an die von Beulwitz verkauft, 1717 
an die Besitzer von Löhma. — • Heinse, S. 68. — Hesse, Landeskalender 1814. — Sigis- 
mund, Landeskunde IL S. 195; II, & 217 Ober das Siegel. 



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37 Leatoiiberg. Momanrm, Sanct Jacob. Prbbswitz. 



275 



Sanct JaCOb, 3 km nordöstlich von Munschwitz. Kirche, mehrfach umge- 
ändert, war Wallfahrtskirche, 146-1 erwähnt mit einem Pfarrer. Die jetzige Kirche 
ist ein unscheinbares Rechteck von 12 m Länge, 5,7 m Breite. Vielleicht auf älterem 
Mauerwerk stehend, ist sie der Hauptsache nach von 1669. Diese Jahreszahl nebst: 
V. D.M. I.E. steht an der rundbogigen Westthür (darunter das Restaurations-Jahr: 
/*7.V); aus der gleichen Zeit die zwei östlichen Fenster der Südseite, rundbogig mit 
rundbogiger Zweitheilung und : C\ im Schluss (aussen an dem einen : SOLI DEO 
GLORIA, am anderen: _t ). V Sonst aus späteren, schlechten Zeiten: flache Holz- 
decke, unregelmässige, ^ zum Theil flachbogige Fenster; auf der Ostseitc ein 

beschieferter Dachreiter mit Helm. — Hess*, Landeskalender 1814. — Sigismund II, 
S. 196 £ 

[Altarwerk verkauft. — ■ Sigismund II, S. 198.) 

Kanzelbau, aus dem 18. Jahrhundert, als Altar-Aufsatz, mit sich erweiterndem 
Sockelglied, Mitteltheil, daran die Kanzel: \_./ mit Ecksäulchen und Flachenbildern 
(Geburt, Kreuzigung, Auferstehung), mit Voluten-Einfassung, Schalldeekel etc., mit etwas 
Schnitzerei, Alles ohne besondere Bedeutung. 

Grabstein, an der Südwand nahe dem Altar in die Mauer eingelassen; Um- 
schrift für: Hieronymus von Wurtzburgk (nach Anemüller steht: Wirizburck) zum 
Kleingeschwend . Fürstlicher Bambergischer Amptmann zu Teusch (vermutlich das 
jetzige Tauschwitz) f 1( * 04 > und Spruch aus Röm. 14. Der Verstorbene als Ritter 
dargestellt in Lebensgrösse, die Hände über der Brust gefaltet, den Helm zu Füssen ; 
der Kopf leider ganz durch den Emporenbalken verdeckt. Unten und oben je 
2 Wappen. Marmor, der Stein sonst gut erhalten, übertüncht 

Taufschale, mit: W71 und mit gravirten Blumen und Mustern. Zinn. 

Glocken. 1) 1766 von Job. Mayer in Rudolstadt, mit zwei Ornamentfriesen. 70 cm 
Durchmesser. — 2) 1867. 

JaCObsbom, der erste der drei um 100 Schritte von einander entfernten 
Brunnen, stand im Rufe wunderbarer Heilkraft, einfach. — Heinse, s. 68. — Hesse, 
Undeskalender 1814. 



Presswitz, nordöstlich von Leutenberg; Bresewitz, 1640 von Kroaten ver- 
heert, — Hesse, Landeskalender 1817. - Sigismund, Landeskunde H, S. 206; II, S. 217 aber 
das Siegel. 

Kirche [an Stelle einer 1640 von den Kroaten verwüsteten], 1657 gebaut, 
1855 restaurirt. Grundriss - Form : | ~U . Chor, der den Thurm trägt, jetzt 
Sacristei, 4,9 ra lang, 3,5 m breit, | H Langhaus 7,8 m lang, 6,3 m breit, ein- 
fach. Holztonne (über den Emporen flach); rechteckige Oeffnungen; Thurm mit 
beschiefertem Achteck, Schweifkuppel etc. — Heinse, 8. 67. - Sigismund IL S. 206. 

7* 



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276 



Presbwitz. Rkbchwitz. 



Leutenberg. 38 



Kanzelbau, von 1855, hinter dem Altar, ganz einfach. Daran 2 Figuren 
eines Altarwerkes um 1500, weibliche, gekrönte Heilige, mit Buch [Abzeichen in 
den anderen Händen fehlt], Holz, 90 cm hoch. Auf der Kanzel eine Christusfigur, 
aus dem 17. Jahrhundert, Holz. 

Taufschale, mit: 1088 und Stifternamen. Zinn. 

Glocken. 1) 1755 von Job. Feer mit seinem Spruch. Pries. 58 cm Durchmesser. 
- 2) 1802. 



ReSChwitZ, nordwestlich von Leutenberg; Rodesswitz, 1350 Rodiswiz, Rudes- 

wiz, Stammsitz eines gleichnamigen Adelsgeschlochtes ; Filial früher von Graba bei 

Saalfeld, 1820 von Fischersdorf. — Hei ose, S. 67. — Heue, Landeskatender 1815, aus- 
ifihrUeh. - Hesse, Beschr. d. Sehl Blankenburg. - Sigismund, Landeskunde II, 8. 208; II, S. 217 
über das Siegel. — Wagner, Chronik von Saalfold, fortges. r. Grobe. 

Kirche [an Stelle einer im dreissigjährigen Krieg verbrannten], 1736, der 
Thurm 1751 gebaut, im Ganzen 1887 erneuert (Inschrift hinter dem Kanzelbau). 
Rechteck, 13,3 m lang. 6,2 m breit, sauber. Decke korbbogig; Flachbogen-Fenster ; 
Rechteck -Thür. Westlich Dachreiter, achteckig etc. Hübsche, braune Emporen, 
auch durch offene Balustraden sich auszeichnend, welche gefällig aussehen und das 
Licht durchlassen; ihre Pfosten gemustert, wie die übrige Ausstattung: Bänke, 
Kanzelbau, der als Altar-Aufsatz, von der Form : \J, dient, — Sigismund II, S. 209 

Tauf- Engel auf dem Dachboden, aus dem 18. Jahrhundert, roh; Hol«, 1,20 m hoch. 

Kelch, von: Agn. Juliane v. Lengefeld geb. von Watedorf 1689 laut Inschrift 
unter dem Sechspass - Fuss. Knauf: mit wagerechter Theilungsleiste. Silber, 
vergoldet; R.A; 18 cm hoch. 

Glocken. 1) 1768 von Feer mit seinem bekannten Spruch; Fries; 54 cm Durch- 
messer. — 2) 1883. 

Ehemaliger Edelhof, gehörte bis 1350 den Herren von Reschwitz, dann 
denen von Lcngefeld, welche die Hälfte an die Grafen von Schwarzburg ver- 
tauschten, im 16. Jahrhundert denen von Lengefeld und von Würzburg, später 
denen von Lengefeld wieder allein, 1733 durch Kauf denen von Schönfeld; wurde 
1818 zerschlagen. Das Hauptgebäude, jetzt Gasthof von Heintz, einfach, mit 
Rechteck - Fenstern, nur durch Höhe hervorstechend. Im Erdgeschoss rechts ein 
Saal mit etwas stuekirter Decke, links die Gaststube mit Ofen, dessen Aufsatz neu, 
dessen Unterbau in Gusseisen-Platten das Wappen von Lengefeld und: /7/7 enthält; 
dies die Bauzeit des Gebäudes. In einem Zimmer des Übergeschosses ein Ofen: 
Gusseisen-Platte mit Wappen und Namenszug von Lengefeld, Aufsatz von schwarzen 
Kacheln, pyramidale Forin, mit Rundbogen - OetTnung. — Hesse, Blankenburg. — 
Sigismund, Landeskunde a. a. 0. — Wagner, Chronik. 

[Kapelle auf dem Kreuzberg, zerstört — Wagner, Chronik.] 



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30 Leutenberg. 



ROBEKTHAL. ScHWKINBACH. 



277, 



Rosenthal, westsüdwestlich von Leutenberg; in alten Zeiten Kuhschinde genannt. 
[Freigut, zuletzt der Familie von Helldorff, fiel 1657 der Herrschaft anheim, wurde 
1712 verkauft und 1757 halb zereohlagen. Nichte Aeltores erhalten.] — Heia«, Lande»- 
ktlender 1814. - Sigismund, Landeskunde II, & 904. 



Schweinbach, westlich von Leutenberg; Schwinbach, Schwembach, Schweym- 
bach; auf dem Bielhügel soll ein Götzenbild gestanden haben. — Hesse, Landes- 
kalender 1815. -Sigismund, Landeskunde n, & 206; II, S. 218 «bor du Siegel. 

Kirche, 1493 erbaut (identisch mit der als vorrefonnatorisch bezeichneten 
Kapelle), 1611 mit einem Thurm versehen, 1061 erweitert, 1866 gründlich wieder- 
hergestellt, 1891 reparirt und gestrichen. Rechteck, 15,8 m lang, 7,9 m breit, ziem- 
lich hoch. Holzdecke. Oestlich an den Ecken Strebepfeiler, nördlich Rundbogen- 
Fenster, südlich Flachbogen-Fenster, von zwei Kleeblatt-Bögen untertheilt, westlich 
Spitzbogen-Thür, Alles angenähert gothisch behandelt. Westlich Dachthurm, be- 
schiefert, Achteck, Schweifkuppel etc. — Sigismund IL S. 205. 

Hübsche, neue Ausstattung in gothischem Stil von 1866 durch den Ge- 
heimen Baurath Brecht; Emporen, Orgelbau, Altar (mit schöner neuer Bekleidung) 
und Kanzel von Holz, in braunem Holzton ; — Taufstein von 1882, aus gebranntem 
Thon, würdig. 

[Altarwerk, 1866 fortgekommen.] 

Tauf- En gel auf dem Dachboden, aus dem 18. Jahrhundert, ziemlich gross, aber ohne 
besonderen Werth. Holz. 

Taufschale, Beckenschläger- Arbeit, mit der bekannten Buchstaben-Umschrift, 
aussen Blätterkranz; innen (abweichend) die gekrönte Maria mit dem Kind (Auf- 
fassung des 16. Jahrhunderts, süddeutsch). 

Kelch, mit: J.F.M. in Kranz und Traubon cingeschliflFen, theils vergoldet. 
Glocken. 1) 1874. — 2) Aus dem Endo des U.Jahrhunderts, nur mit zwei 
Strick-Ornamenten. 54 cm Durchmesser. 

[2 Rittergüter, einst von Lengefeld und von Reitzenstein. Ferner als 
Besitzer oines derselben 1467 Herr von Witzleben, 1534 Christoph von Oberweimar, 
1817 Herr von Avemann genannt. — Kaum mit einer dieser Burgen zusammen- 
zubringen ist die sogenannte] Burgstelle, mitten im Ort, jetzt Garten, der Ge- 
meinde gehörig, eine kreisförmige Erhöhung von so kleinem Umriss, dass sie nur 
für einen Wartthurm etwa Platz bot, ringsum von einem Wassergraben umgeben. 
— Heins«, S. 68. — Sigismund II, S. 206. 



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278 Stumsdorf. UKTKRLogarre. Leatenberg. 40 



Steinsdorf, nordöstlich von Lentenberg. Hesse, Landeskaleuder 1814. — Sigis- 
mund, Landeskunde II, S. 196; II, 3. 216 Aber da« Riegel 



Kirche. Grundriss-Form: | p. Chor 4,4 nt lang, 3,6 m breit, Lang- 
hans 0,3 in lang, 7,6 m breit. Anlage wohl romanisch [Triumphbogen fort). Im 
Uebrigen von 171« (nach Heinse) oder 1761 (nach Sigismund), 1*30 und 1860 
(Jahreszahl an der Westthür, mit: •? und später daraus geänderter: 6"), unbedeutend, 
feucht und baufällig, mit Holzdecke: / , schlechten Fenstern, Dach- 

reiterchen im Osten. — Hoiose, S. 68. - Sigismund II, & 196. 

(Kanzelbau im Osten, einfach.) 

Kelch, aus dem 16. Jahrhundert. Fuss rund, mit aufgelegtem Crucifix. Knauf 
gedrückt-rund, mit Kehlen. Am Schaft oben: bilf got at>e, unten: <we maria. 
Silber, vergoldet, Iii*/, cm hoch. II ostient eller, mit segnender Hand am 
Weihekreuz. 

(Kelch, von 1X66, in gothischem Stil, recht hübsch; Messing, vergoldet) 

Glocken. 1) 1805. — 2) 1687 von Rose in Volkstedt. Ornamentfries. 40 cm 
Durchmesser. 



Unterloquitz, nordwestlich von Leutenberg; Niederloquitz, 1499 vom Land- 
grafen Balthasar der saalfelder Benedietinerabtei verkauft, — Heime, S. 67. — 
Heese, Liiod ^kniender 1815. — Sigismund, Landeskunde II, S. 193; II, S. 21? aber das Siegel. 

Kirche, 1685 gebaut, zuletzt 1890 nach Zeichnungen des Geheimen Baurathes 
Brecht gründlich und sachgemäss in gothischem Stil wiederhergestellt Chor 5,7 m 
lang, 5,2 m breit, I^anghaus 5,4 m lang, 5,6 m breit. Flachdecken. Triumphbogen 
und regelmässig angeordnete Fenstor spitzbogig, mit guten Profilen, erstere zwei- 
theilig mit Klecblatt-Bögen, Westthür rundbogig. Auf der Westseite Dachreiter, 
beschiefert, achteckig, Schweifkuppel, geschlossener Achteck- Aufsatz und kleiner 
Helm. Ziegelfachwerk-Vorbau im Westen. — Emporen neu, braun getönt, ebenso 
Altar und die Kanzel dahinter, diese auf einer Mittelsäule, vom Grundriss: {J, mit 
spätgothischer Ausbildung. — Sigismund II, 8. 193. 

(Altar werk, von 14X4, 1872 für 20 Gulden in die katholische Kirche zu 
Rudolstadt verkauft. — Ffarrbucb. - Sigismund I, S. 216; II, S. 193.] 

Taufstein, mit: /6-5# am Becken unten. Dies halbkugelig, sechskantig, mit 
Engelsköpfen und Beschlag-Mustern. Schaft dick, rund, balusterartig. Fuss sechs- 
seitig, gegliedert. Alabaster. 

Glasbild aus der Kirche, jetzt im Pfarrhaus, kleine, runde Scheibe mit dem 
Bildniss des Pf. Andr. Oberlcnder 1654. 



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41 Leutenberg. 



27<> 



(Kelch und Hostien büchse, mit eingeschliffenein Monogramm, Kreuzigungs- 
gruppe etc., beachtenswerth, weil, mit: datirt, dein Anschein nach für eine 
Arbeit aus dem 18. Jahrhundert gehalten werden könnte. Glas.) 

Figur im Pfarrhaas, Christus stehend, mit der Rechten an die Brustwunde fassend, 
aus dem 17. Jahrhundert, handwerklich. Holz, 75 cm hoch. 

Glocken. 1) 1773 von Joh. Mayer; 2 Friese; SOLI DEO etc.: Namen. 
82 cm Durchmesser. — 2) 1778 von Joh. Mayer; 2 Friese; GLORIA etc. 04 cm 
Durchmesser. — 3) Ehemalige Schulglocke, ausser Gebrauch, bei Seite gestellt, 

aus dem 15. Jahrhundert, ohne Inschrift. — Heins«. S. 67 erwähnt eine Glocke von 1483, 
die aber nicht rorhanden. 

Lailfbriinnen im Dorf. Am Stein Kranz, darin: Der in Halt dieses Dröges 
ist II Eimer. Anno ms. 



Weissbach bei Leutenberg, östlich von Leutenberg, Exclave; Sitz eines Ritter- 
geschlechtes von Wysbach, Wyspach, soll von einem Grafen von Lobenstein zu 
Anfang des 15. Jahrhunderts dem Grafen von Schwarzburg als Pathengeschenk 
gegeben worden sein, gehörte aber den Besitzern des Rittergutes, da von diesen 
1580 der Landesherr den Ort an sich brachte. — Hesse, Landeskalender 1814. — 
Si tri am und, Landeskunde IL S. 201. 

Kirche. Schlichtes Rechteck, 16,4 m lang, 8,3 m breit. Von einem spät- 
gothischen Bau aussen an der Südfront bei der Ost-Ecke ein Sacramentschrein- 
Obertheil vermauert: Giebel zwischen Fialen. Westthür rundhogig, mit: 1070. V. 
D.M.I.AE und: SOLI DEO GLORIA. 1835 sauber ausgebaut; Flachdecke, 
Flachbogen -Fenster in zwei Reihen; auf der Westseite beschieferter Dachthurm, 
Achteck mit Schweifkuppel etc., ziemlich gross. — SigismundILS. 201. 

Kanzelbau, als Altar- Aufsatz, ähnlich dem in Dorfilm (s. S. 244). 

Kelch, wohl gleichzeitig mit dem von Dorfilm (von 1497). Sechspass-Fuss, 
auf zwei Feldern Figuren Petri und Pauli gravirt, auf einem dritten die Kreuzi- 
gungsgruppe aufgelegt. Am Knauf vortretende Knöpfe, dazwischen gravirte Maass- 
werke. Am Schaft gravirte, geschweifte Andreaskreuze mit Kleeblattbogen-Füllung. 
Kuppe jünger, geschweift. Silber, vergoldet, 18 cm hoch. — Sigismund L 8. 219; 
IL S. 201. 

Glocken. 1) Sehr schlechte Buchstaben (von Herrn Pf. Joh. Geh ring, jetzt 
in Teichel, entziffert, s. folg. S.): eanewe petrt»« -t (et) s.pavtoe.a.bm mccccl^pu 
hilf got maria berot. Rundbogen - Fries mit Lilienspitzen (Schwesterglocke in 
Milesdorf, in Reuss j. L., s. Bd. Schleus, S. 19, nicht mehr vorhanden). 100 cm 
Durchmesser. — Fragebogen. - Sigismund IL S 201. — 2) 1791 von Job. Mayer in 
Rudolstadt, Fries, Namen und: SOLI etc. G3 cm Durchmesser. — 3) 1827. 



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i?80 



Wümbach. Wkitihbkrua. 



Leutenberg. 42 



^ mm * • tot m rrrr 

Glocken-Inschrift in der Kirche zu Weissbach bei Leutenberg (s. vor. S.). 

Kirchhof. Thorhaus aus der Zeit um 1070, mit rundbogigem Durch- 
gang, von einem beschieferten Walmdach mit Schweifkuppel befleckt, wirkt ganz 
malerisch im Verein mit dem dahinter aufsteigenden Dachthurm der Kirche (A). 

[Rittergut der Herren von Bosock, zerschlagen. — Sigismund *. a. 0.] 

Burg. Trümmer mitten im Walde versteckt, 2 km nordöstlich von Weiss- 
bach, westlich nahe Ober der Borkertsmühle (Flurkarte: Schlosskuppe Parzelle 500). 
jetzt zum Waldtheil des Herrn Aug. Albert gehörig; vielleicht von der Burg der 
alten Herren von Wyspach (von Kaiser Rudolph von Habsburg zerstört?). Form- 
los gewordene Stein-Aufhäufungen, meist überwachsen ; doch erkennbar als gefügtes 
Mauerwerk eines ungefähr kreisförmigen, ziemlich grossen Bezirkes, sowie inner- 
halb desselben Mauerreste von ehemaligen Baulichkeiten unbestimmten Alters, auch 
eines tief hinabgehenden Brunnens. Ausserhalb ist der Graben am besten an der 
Ostseite erhalten. 



Weitisberga, rudolstadtischen Antheils, Exclave, südsüdöstlich von Leutenberg; 
Veitsberg. — Heise, Laudeskalender 1814. — Sigismund, Landeskunde IL 8. 208. 

Kirche, einst des heiligen Martin; die jetzige 1G50 erbaut, öfter, zuletzt 
1882 durch den Geheimen Baurath Brecht erneuert. Einfaches Rechteck, 15 m 
lang, ti,;i m breit, mit flacher Decke, regelmässigen, rundbogigeu Fenstern und 
Thüren ; westlich ein verhältnissmässig hoher, beschieferter Dachthurm, Achteck mit 



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43 Leutenborg. Weitisbkroa. 281 



Schweifkuppel etc. Das Innere macht einen wohlthuenden und einheitlichen Kin- 
druck, hesonders durch die Ausstattung mit Holzwerk, welches holzartig braun ge- 
halten ist: Emporen, Sacristei- Verschlag, Kanzel (neu. hübsch, in Renaissancestil, 
mit Cartouchen etc., braun mit blauem Grund) und Taufgcstell. — Heins«, 
S. 66. — Sigismund II, & 203. 

Figur an dem Sacristei -Vorschlag, der hoilige Martin zu Pferde mit dem 
Bettler, spätgothisch, 1*82 aufgefrischt, ganz hübsch, das Pferd etwas plump; Holz, 
90 cm hoch. 

3 Engelsfiguren an der Decke (früher 7; die übrigen jetzt auf dem Dach- 
boden), aus dem 18. Jahrhundert (sollen zu Anfang unseres Jahrhunderts vom Ritter- 
gutsbesitzer von Hirschfeld zu Weitisbcrga aus Schloss Burgk in Reuss a. L. her- 
gebracht worden sein), recht niedlich. Holz, neu gestrichen. 

Tragecrucifix (bei Beerdigungen benutzt), von: Joh. Herstel 1702, Holz, darauf 
gemalt der Gekreuzigte, darüber der Auferstandene, darunter der Stifter, 1S82 aufgefrischt 
und vergoldet, mehr interessant wegen Bestimmung und Ausführung, als durch Kunst. 

(Wappen an der Empore vor dem Herrschaftsstand, des Hans Caspar v. Hirschfold 
und seiner Gemahlin Elisab. Wilh., geb. Reichsfreiin von Könitz aus dem Hause Weissen- 
brunn 1744; des Joh. Friedr. Leop. von Hirschfeld und seiner Gemahlin Dorothea, gob. von 
Kirchbach aus dem Hanse Selcke 17«5, auf Leinwand gemalt, 18S2 an Anverwandte der 
Familie in Schwerin gekommen. — 2 Wappen derer von Ilten, vor 1882 beseitigt] 

Weinflasche, mit Schraubdeckel: 1775; Taufkanne, mit: Andr. DiOer, 1655, 
Zirkel und Kelle. Zinn. 

Kelch, aus dem Ende des 15. Jahrhunderts. Sechspass-Fuss, darauf gravirt 
auf einem Feld ein Wappen (drei Rechtschrag-Balkcn, die schwarz emaillirt) mit 
Ueberschrift : ERNST VON OBERWEINBER (Oberweiinar), auf den anderen Feldern 
gravirt der heilige Martin, Maria mit dem Kind, Anna selbdritt und Cyriacus, sowie 
aufgelegt die Kreuzigungsgruppo. Knauf mit Würfeln, daran: MARIA zwischen 
gravirten Maasswerken. Gut, wohl erhalten; Silber, vergoldet, 17 cm hoch. 

Kelch, aus dem 18. Jahrhundert, mit Sechspass-Fuss und birnförmigem, 
sechskantigem Knauf. Auf der Kuppe: Ernest Conrad von Ilten. Silber, vergoldet, 
19 cm hoch. Hostienteller, dazu gehörig, mit dem gleichen Namen. 

Glocken. 1) 18<j(). - 2) o rejr glorie vtni cum pace . Tlnno fcni mcccccpit. 

Spitzbogen-Fries mit Lilicuspitzen. 50 cm Durchmesser. 

Im Besitz des Herrn Lehrers Walter: 

Glasgcfäss mit Fuss; auf der Schale geschliffen: Taube, Spruch: „Ich bringe 
den Frieden", Monogramm ,,/76\5 u . 

[Rittergut, einst derer von Ilten, von Hirschberg, zerschlagen.] 



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üto»h S HofWMruckerei T.m II l'uhte tn Jen». - 1234 



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BAU- UND KUNST-DENKMÄLER 

THtfBIMEIS. 

— — 

Im Auftrage der Regierungen 
von 

Saohsen-Weimar-Eisenach, Sachsen-Meiningen und Hildburghausen, 
Saehsen-Altenburg, Sachsen-Coburg und Gotha, 
Schwarzburg-Rudolstadt, 
Reuss älterer Linie und Reuss jüngerer Linie 

Prof. Dr. P. Lelifeldt. 



FÜRSTENTHUM SCHWARZBURG -RUDOLSTADT. 

IL Band. 

Landratlisamt Frankeiüiausen (Unterherrschaft). 

Amtsgerichtsbezirke Frankenhausen und Schlotheim. 

Mit 10 Lichtdrackbildern und 53 Abbildungen im Texte. 



JENA, 

VERLAG VON GUSTAV FISCHER. 
1889. 



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BAU- UND KUNST-DENKMÄLER 

TEflBIIT&EirS. 



Im Auftrage der Regierungen 
von 

Sachsen-Weimar-Eisenach, Sachsen-Meiningen-Hildburghausen, 
Sachsen- Altenburg, Sachsen-Coburg und Gotha, 
Schwarzburg-Rudolstadt, 
Reuss alt. Linie und Reuss jung. Linie 

bearbeitet von 

Prof. Dr. P. Lekfeldt. 



HEFT V. 

FÜRSTENTHUM SCHWARZBURG-RUDOLSTADT. 

Unterherrschaft. 

Amtsgerichtsbezirke Frankenhausen und Schlotheim. 

Mit 10 Lichtdruckbildern und 53 Abbildungen im Texte. 

■ 

<=s^> . - 



JENA, 

VERLAG VON GUSTAV FISCHER. 
1889. 





Inhaltsverzeiehniss. 



Die Bereisnng and Aufteichnung in den Amtsgerichtsbeiirken Frankelihausen und Sthlotheim orfolgte durch 
Herrn Professor Kloffleisch allein ; nur Altstadt-Frankenhauaen und Frankenhause» nebst den Schlössern 
in Frankenhauseo and Rathsfeld, sowie die Kyffbluser-Rulne sind auch von mir besichtigt. Die Bearbeitung 
der Literatur ist von Herrn Dr. Lokkhs besorgt, von Herrn Archivrath Dr. AxRwru.Ka freundlichst einer 
Revision untertogen; von Herrn Oberpfarrer HeaaK auch das Sachliche Die Abbildungen auf 8. SS. 33. 43. 
61 5«. 64 unten, 67 and 76 sind nach Zeichnungen des Herrn Baurath Jukot hergestellt. 



Amtsgerichtsbezirk Frankenhausen. 



Einleitung 1 

Altstadt-Frankenbausen 2 

Kirche 2 

Arensburg, siehe bei Seega 43 

Borxleben 5 

Kirche 6 

Esperstedt 6 

Kirche 6 

Grabhügel 7 

Falkenburg, siebe bei Rottlebeu .... 42 

Frankenhausen 7 

Gottesackerkirche 8 

Kirchhof 8 

Oberklrehe 8 

Kirchhof 15 

Uoterkircbe 15 

Klosterraine und Schule 22 

Landrathsaint 22 

PAunerschafts-Gebftude, altes Bad 22 

23 

28 

8plttel . 24 

Wohnhauser 24 j 

Privatbesitz 27 j 

Stadtbefestigung, Hauamannsthurm . . 2H . 

Krrassteine 29 ! 

Kassenburg . 29 j 



Frankenhausen-Altstadt, siehe Altstadt- 

Franke D hansen I 

Göllingen 30 

Kirche ............ 3^ 

Kirchhof 30 

Ehern Klostor (Kammergut, Tbunnban) 31 

[Kapellen] 33 

Günserode 34 

Kirche »4 

Kirchhof 3:. 

Kapellmuhle, Kloster . 3- r > 

(Feldkapelle, Giebendorf) . 36 

(Heimburg) 36 

Kohnstetn . 36 

IcbsWt 37 

Kirche 37 

Annenhaus „alter Thurm 4 ' 3» 

Kreuzstein 88 

[Schloss] 38 

Kassenburg, siehe bei Frankenhausen ... 29 

Kohnßtein, siehe bei GUnseroda . . BG 

KyffbäUSer, siehe bei Thalleben 55 

Ochsenburg, sieh« bei Rottleben 42 

Rathsfeld, siehe bei Tballeben 69 



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IV Frankenhauseu. 


Inhaltaverzeichniss. 


C i i - *i, -.; ... TV 

acnlotbeim. lv 




»»wie 


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C% 1 










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47 














Steinthalleben, sieh« 1 


P 1 , „ 1 1 ktV. P. I » 


Rothenburg, siehe bei Thallebeu 


. . . 50 






Rottleben 






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J.Q 








SO 












. . 4* 


Rathsfeld 



































Amtsgerichtsbezirk Schlotheim. 



Einleitung 68 

Immenroda es 

Kirch« 64 

65 

63 

Kirchberg, siehe bei Strausberg ... 80 

Mehrstedt 65 

Kirche 65 

[WBstuog Obennehrstedt) 65 

Schlotheim 67 

Stadtkirche 67 

(Hospitalkirche] 78 

72 

72 

72 



(Sohlotheim) 

Mausoleum 73 

Wohnhäuser 74 

Privatbesitz 74 

Befestigung T4 

Kreusstein .......... 75 

Heidnische Umwallung 76 

Heidnische Graber 76 

[Harsbfigel] 75 

Weidenhof 75 

76 

76 

76 

77 

80 

Vorwerk Kirehberg (alte Kirche und alt« 

Burg) 80 




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Der Amtsgerichtsbezirk Frankenhausen. 




M alte edle Geschlecht der Grafen von Schwarzburg theilte sich 1275 in 
zwei Linien, die von Schwarzburg-Schwarzburg (mit den aus dieser 
hervorgegangenen, später ausgestorbenen Nebenlinien Schwarzburg- 
Ü£] Wachsenburg und Schwarzburg-Leutenberg) und die von Schwarzburg- 



Blankenburg. Letztere legte den Grund zur heutigen Unterherrschaft Frankenhausen, 
indem die Grafen Günther XXI. und Heinrich X. (XV. nach Jovius) 1340 Stadt und 
Schloss (Amt) Frankenbausen nebst den zugehörigen Dörfern Rottleben und Seehausen 
von den Grafen von Beichlingen kauften (infolge der durch diesen Verkauf mit den 
Landgrafen von Thüringen entstandenen Fehde aber erst 1343 in den ungehinderten 
Besitz von Frankenhausen kamen) und 1341 eine Hälfte vom Rathsfeld von eben- 
denselben, 1356 das Dorf Göllingen, sowie das Amt Arensburg nebst Seega von den 
Grafen von Hohnstein-Sondershausen, Herren zu Heldrungen, 1367 Erperstedt von 
den Herren von Heldrungen erwarben. 1377 ging das Amt Ichstedt mit deu Dörfern 
Borxleben und Udersleben von den Grafen von Beichlingen-Rothenburg an die Schwarz- 
burger Grafen über, 1378 wurden Kyffhäuser und Rothenburg au letztere verpfändet ; 
erst 1407 aber erhielten sie diese Schlösser erb- und eigenthümlich. 1399 erwarben 
sie Günserode aus dem Besitz der Herren von Kranichborn, 1428 Ringleben von den 
Grafen Hohnstein-Heldrungen, 1534 den Rest von Thalleben vom Kloster Walkenried. 
Nach der dritten, zwischen den Söhnen Günther's XI,. vorgenommenen Thcilung 1599, 
nachdem sowohl Graf Günther XLI. wie Graf Wilhelm kinderlos gestorben waren, 
kam Frankenhausen an Albert VII., Stifter der Rudolstädter Linie, bei der es bis heute 
geblieben ist. Diese Theilung war bis jetzt die letzte im Schwarzburgischen Hause. 

Der Amtsgerichtsbezirk Frankenhausen, etwa 70 km nordwestlich von der Resi- 
denzstadt Rudolstadt gelegen, wird im Norden, Osten, Süden und Südwesten von 
der preussischen Provinz Sachsen begrenzt, im Südosten von der weimarischen 
Enklave Oldisleben, im Westen von Schwarzburg-Sondershausen (Unterherrschaft). 

Von der Benutzung der wenigen allgemeineren Werke, welche die Geschichte der Unter- 
herrBchaft Frankenhausen behandeln, konnte bei den unten folgenden ortsgeschichtlichen 
Erläuterungen im Ganzen abgesehen werden, da die notwendigsten Daten gesammelt vor- 



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2 



Einleitung. Altstadt-Frankenhaüsin. Frankenbausen. 2 



liegen in dem „Statistischen Handbuche für das Pürstenthum Schwan- 
burg-Rudolstadt", Leipzig 1881, dessen Angaben im Folgenden vielfach benutzt wurden 
neben den reichhaltigen handschriftlichen Colluctaneen des Herrn Pfarrers E. Schönau 
zu Ichstedt, der mit grosser Liebenswürdigkeit das von ihm gesammelte Material zur Ver- 
fügung stellte und uns ebenso wie Herr L e m c k e , erster Bürgermeister zu Frankenhauaeu, 
mit freundlichen Kathschlägen unterstützte. 

Als eifriger Geschichtsforscher über die Umgegend von Prankenhausen aus dem vorigen 
Jahrhundert ist Joh. Fr. Müldener bekannt. In dem Schriftchen „Nachricht vom Leben 
und Schriften Joh. Fr. Müldencr's, Frankenhausen 1766" sind seine das Gebiet betreffenden 
Arbeiten aufgezählt Viele derselben sind nur als Handschriften in den Archiven (Biblio- 
theken) von Rudolstadt und Wernigerode vorhanden. An weiteren Schriften seien angeführt: 

H. F. Th Apfelstedt, Heimathekunde für die Bewohner des Fürstenthums Schwarzb.-Sonders- 
hausen 1854, deren 3. Heft die G csch ichte des Fürst]. Schwarzb. Hauses enthalt SondeTrshausen 
1856, 8" (auf archivalischen Studien beruhend). — J. Charicus, Salzpostille, Frankenhausen 1594. 
— P. Jovius, Chronik über Schwarzburg (ein Exemplar in der Schule zu Frankenhausen). — J. Chr. 
Aug. Jnnghans, Gesch. d. Schwarzb. Regenten 1821. - J. Chr. Hellbach, Archiv von und für 
Schwarzburg, Hildburghausen 1787. — Hesse, Frankenhausen in Thüringen u. d. Harz IV, 14C ff — 
L. Fr. Hoaso, Frankenhausen, vorzüglich mit Rücksicht auf das dasige Sahwerk. In den FürstL 
Schwarzb. Landeskalendern von den Jahren 1818—1824. Rudolstadt, 4», auf den umfassendsten Quellen- 
studien beruhend. — Heydenreich, Historie de» ehemals Gräfl. nun Fürst! Hauses Schwarzburg. 
Erfurt 1743, 4». — Kober, Geographia Schwarzburg, pp., Fol. — Kober, Collectio documentorum 
Schwarzburg, pp., Fol.; dessen Frankenhäuser Salzwerkslexicon 1753, Fol (Manuscripte im Budolst 
Archiv). — C. Chr. Kroyssig, Histor. Bibliothek von Obersachsen. 1732. — Joh. Chr. Olearii, 
Kerum Thuringicarum Syntagma, 17o4, Bd. L S. 103; Bd. 2, S. 59. — J. Fr. Treiber, Genealogia 
et Chorographia Schwarzburgica, 1718. — E. Schönau, Zum 500jährigen Jubiläum der Erbauung der 
Oborkirchezu Frankenhausen, 1883. — Steche le, in Thüring. Vereins-Zeitschr. N F. (1879) I, 119 ff, 
über Ortsnamen von 700— 000. - Thüringisches Magazin zur Verbreitung gemeinnütziger Kenntnisse, 
1808 u. folg. — G. Wallenhausen, Hcimathskundo der Füretenthümer Schwarzburg, 1882, mit nur 
dürftigen geschichtlichen Nachrichten — Viel Material findet sich auch in den Intelligenzblättern von 



Altstadt- Frankenhausen, dicht bei Frankenhausen. [Südlich davon, wo sich 
das Upbornhäuschen befindet, lag der Sage nach der Ort Bärenklau.] Bereits 
im 8. und 9. Jahrhundert erwähnen fuldaische Klosterurkunden das Dorf Franchen- 
husen, Franckenhusen (die von Franken bewohnten Häuser), neben welchem im 

10. Jahrhundert die neue Salzstadt angelegt wurde, und 
gebeu also die erste, sichere Kunde vom Dasein 
Frankenhauserfs. 

■ 

Kirche, ehemals des hl. Petrus, Rest eines hoch- 
romanischen Baues von Sandstein, bestehend aus «lern 
ehemaligen Chor, der, jenseits des Triumphlwgens durch 
eine schlechte- Fachwerkwand fortgesetzt und durch 
eine ebensolche Wand gegen Westen abgeschlossen, 
jetzt zugleich Chor uud Gemeinderaum ist. Ehemals 

(•rundriss der Kirche *u AlUUdl- J ° ........ 

i:30ü. schloss sich hieran das [abgebrochene] Langhaus. Es 




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• 



3 



a 



scheint sogar, als wenn die ehemalige Anlage eine sehr bedeutende gewesen sei, denn 
die beiden Pfeiler- Ansätze , welche an den Aussenseiten dem Triumphbogen ent- 
sprechen, scheinen selbst Pf eiler- Vorlagen von sich anschliessenden Bögen (nicht 
Strebepfeiler) gewesen zu sein, so dass dies sich einst anschliessende Langhaus 
dreischiffig gewesen ist und östlich ebenfalls in Apsiden (Nebenchören) endete. 

Die Fenster an der Ost- und Südseite der Apsis sind noch (letzteres vermauert) 
unverändert erhalten, klein, mit starker Abschrägung der Leibungen, das der Ostseite 
eingefasst von einem zierlichen Rundstab auf einer aus der attischen hervorgegangenen 
Basis, von etwas späterer romanischer Bildung, wie auch an den zwischengefügten Kalk- 
steinen die spätere Veränderung sich zeigt (A). Ein ebensolches ist an der Nordseite 
des Chor-Rechtecks erkennbar, das an der Südseite ist erneuert. — Die Apsis ist mit 
einer Halbkuppel überwölbt, die leider bedenkliche Risse zeigt, so dass hier Hülfe noth 
thut, das Chor-Rechteck mit einem Tonnengewölbe. Interessant ist das wohlerhaltene 



des südlichen 
Chorbogen - Pfei- 
lers, welches au 
der dem Chor- 
Rechteck zuge- 
wendeten Ecke 
die äusserst pri- 
mitive Halbfigur 
eines jugendli- 
chen Heiligen 
(nach des Profes- 
sors Klopfleisch 
Meinung die eines 
unbärtigen Pe- 
trus, nach meiner 

des Himraels- 
wächters Gabriel) 
mit mächtigem 
Schlüssel zeigt. 

Während die 
Sternmuster an 
l>eiden Seiten re- 
gelmässig ange- 
ordnet sind, sind 
sowohl die Pal- 
metten , welche 
die Figur umge- 
ben, als auch die 
Verzierungen zur 
Ausfüllung der 
nach dem Bogen 
gerichteten (län- 




Gesiuu-Stück in der Kirche *u 



AlUUdt-Frankenbausen. 

1* 



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4 Altstapt-Fkankenraüskn. Frankenhaosen. 4 



geren) Seite gewissermassen Ein- 
satzstücke nach vorhandenen Mustern, 
aber die Meisselführung ist durch- 
weg eine sehr gediegene gewesen. 

Das Aeussere der Kirche 
macht einen traurigen Eindruck (A). 
Auf Apsis und Chor-Rechteck sind 
hässliche Dächer gesetzt, auf letz- 
teres ein gebrochenes Dach mit hal- 
bem Walm und Fachwerk-Einflickung. 
An die Nordseite sind drei Schuppen 
gesetzt, während die Südseite mit 
dem eingebrochenen Fenster Hünen- 
haft aussieht. Die beiden an den 
Langseiten vortretenden Pfeiler hat- 
ten vorgelegte Halbsäulen mit Capi- 
tellen unter den gemeinschaftlich 
herumlaufenden Kämpfergesimsen, 
und hat das südliche Capitell noch 
seine Einzel-Ausbildung bewahrt, welche den Uebergang von der Würfel- zur Kelch- 
Form und feingearbeitete Palmetten, verbunden durch facettirte, verschlungene Bander, 
als Stengel zeigt. 

Malereien -Reste an der Apsiskuppel, zwei Schichten übereinander (vielleicht 
auch drei), alle verblasst und nur in schwachen Spuren erkennbar. Die wichtigere 
ist eine gothischc, der Zeit um 1300 augehörende Darstellung des jüngsten Gerichtes 
in üblicher Weise, in einfachsten Farben (besonders mit braun, roth, grün und grau). 
Iu der Mitte sitzt in der mandelförmigen Glorie auf gelbem Grunde Christus mit den 
Wundmalen auf einem Regenbogen, die Füsse auf einen zweiten Regenbogen gestellt, 
mit dem rothen Mantel bekleidet, der aber am Mittelkörper weit auseinanderschlägt, 
damit man auch die Brustwunde sieht. Er hatte röthliches, lang herabfallendes Haar 
und kurzen Bart, die Rechte segnend erhoben, in der Linken vielleicht ein Schwert. 
(Hinter seinem Heiligenschein wird ein grösserer Heiligenschein sichtbar, der aber 
nicht concentrisch läuft, was auf das Uebermalen eines noch älteren Bildes schliessen 
lässt. Auch rechts und links von der Christusfigur erscheinen Spuren von Köpfen 
grösserer Heiliger, als auf dem gothischen Bild). Zur Rechten Christi, für den Be- 
schauer links, ist die Einführung der Seligen in das Paradies. Ganz links ist die 
Paradieses-Pforte angedeutet, ein mit Wimperg gekröntes Thor zwischen Fialen innerhalb 
eines Quaderbaues, der vou einem mit Wimpergen und Fialen gekrönten Dach bedeckt 
ist. Davor steht Petrus mit dem Himmels-Schlüssel, den in ruhigem Zuge Entgegen- 
kommenden zugewendet. Es sind dies in kleineren Figuren ein König, ein Bischof, 
dann, kaum noch erkennbar, wohl zwei Paare von Frauen und Männern, ein Mönch; 
die übrigen Gestalten (in einer zweiten Reihe davor?) sind unkenntlich. Von der 
auf der andern Seite der Glorie befindlichen Gruppe der Verdammten bemerkt man, 
dass sie alle durch eine starke, wagerecht vor ihnen vorbeilaufende Kette verbunden, 
viel leidenschaftlicher bewegt waren. Man erkennt unter ihnen, von der Ecke rechts 
nach links gehend, einen stehenden Kaiser mit klagend erhobenen Händen, eine 




Pfeiler-Capltell in der Kirche «u AltsUdt-Frankenhmsen. 



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5 Frankenhausen. Altstadt-Fkakxknuauskx. Bomlebkh. 5 



knieende Frau, die Hände über der Stirn zusammenpressend, eine stehende mit straf! 
erhobenen Armen, eine gebeugte, welche das Gesicht mit den Händen bedeckt, wieder 
eine stehende mit eckig erhobenen Armen und eine in die Kniet; gesunkene mit schlaff 
herabhangendem Arm (also viele Frauen). Darunter eine zweite Reihe, kaum noch 
in den Köpfen kenntlich (A). Diese ganze Malerei ist in spätestgothischer Zeit mit 
Ausnahme der Christusfigur von einem braun gemalten, reichen, elegant geschwungenen 
Rankenwerk überzogen, welches in vielen, schlanken Abzweigungen wiederum häufige 
Ranken mit dünngefiederten Blättern entsendet (^1). 

[Figuren, Spuren an der Apsiswand. Reste von plastischen Heiligenscheinen, 
fünf an der Nordseite, drei zwischen den Fenstern an der Süd- und Ostseite, deuten 
darauf, dass hier einst flach vortretende, bemalte Einzelfiguren von Stuck an der Wand 
befestigt gewesen sein mögen.] 

Glocken. 1) 1882. — 2) 1884. — 8) 1884, mit Erneuerung der Inschrift der 
alton Glocke: „Anno domini 1454 Maria bin ich genannt" und der Relief-Medaillons 
mit dem Gotteslamm nnd der Anbetung der Könige (A). 

2 Steine vor der Kirchthür, trümmerhaft, cylindrisch, mit runder Vertiefung, wohl 
alto Gemeinde-Normalmaasse (Ä). 



Borxleben, 10 km nordöstlich von Frankenhausen; 786 hatte Hersfeld in 
Burcheslebo Besitzungen; 1182 Burchsleve, 1203 Burgslcvc, 1303 Borkesleven, 1506 
Burgksleubin. Der Ort gehörte im 12. Jahrhundert zur Grafschaft Rothenburg, von 
1230 ab den Grafen von Beichlingen, von 1377 an den Grafen von Schwarzburg und 
bildete ehedem mit Ichstedt ein besonderes Amt. 1362 wurde fast das ganze Dorf 
niedergebrannt 

Kirche, von 1836, 1884 restaurirt. 

Altar werk- Rest (im Pfarrhaus), Mitteltheil und rechter Flügel [der linke 
fehlt], spätgothisch , laut Inschrift (an der Rückwand des Mittclbildes hinter der 
durchbrochenen Stufenschnitzerei) von: 1494 und (hinter der Figur der Maria) von: 
l>crma . befle ., beschädigt (A). Im Mittelschrein stehen die Einzel- Fi guren der 
Maria mit dem Kind zwischen den hl. Laurentius und Katharina, im rechten Flügel 
Petrus und Paulus, auf ornamentirtem Goldgrund ziemlich ungeschickt gemacht und 
beschädigt. Die den Figuren gemeinsamen Stufen haben einen Fries von Fisch-Maass- 
werk [die Baldachine fehlen gänzlich]. An der Außenseite des rechten Flügels ein 
Gemälde der Verkündigung. Der Engel mit Spruchband: at>e maria etc. — 
Hübsche Rahmen-Verzierung von aufschablonirten Blumen (A). 

Taufschale, um 1650. Die gravirteu Figuren sollen wohl die Stifter dar- 
stellen, und ist das Bestreben, die vornehme Tracht uud Haltung wiederzugeben, 
fast kindlich naiv, wie z. B. die Dame in steifer Stellung den Fächer hält und die 
Hand auf die Brust legt. Hübsch ist die Rankenvertheilung im Hintergrund der 



< 




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Ii 



Frank enhaußen. 6 




Innenfläche, wie des Ran- 
des, an welch letzterem 
sie für den Wald ein- 
tritt, da in naturalisti- 
schem Gewände und mit 
mannigfachen Thierge- 
stalten die sinnbildliche 
Jagd nach dem Einhorn 
dargestellt ist. Zinn, 
45 cm Durchmesser. 

Kelch, klein, go- 
thisch; Fuss neu. Am 
Knauf offene Maass- 
werke. Am Schaft da- 
runter: ibeeve na ? (na- 
zarenus), darüber: at>e 
mari«. 

Glocken, neu. 



an der Taufjchale in der Kirche tu Borxleben 



Esperstedt, 6 km ostsüdöstlich von Franken hausen. Hersfeld hatte 800 in 
Esbelestat Besitzungen. Im 12. Jahrhundert gehörte der Ort den Grafen von Rothen- 
burg, kam 1179 (Espilstede) an das Bisthum llalberstadt, 1228 an das Stift Jechaburg, 
wurde 1367 (Espelstede) von seinen damaligen Besitzern, den Herren von Heldrungen, 
an die Grafen von Schwarzburg verkauft. 1626 wurde das Dorf von Soldaten 
Merode's verbrannt. 

Kirche, nach dem 
Pfarrbuch 1551 gebaut, nach 
dem Brand 1626 im Jahre 
1636 wieder erbaut; dann 
1878 und in den folgenden 
Jahren durch Baurath Junot 
restaurirt. In den östlichen 
Chorecken zeigen einfach 
romanische Kämpfergesimse 
der Pfeiler das Vorhanden- 
sein einer ganz alten Anlage. 
Aus romanischer Zeit stammt 




GrundrUs der Kirch» m Esperstedt 1 : 300. 



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7 Frankfiibauscn. 



Esperstedt. Fkankkkhaubkn. 



7 



die jetzige Sacristei, ehemals Chor. Die Kreuzgewölbe im Chor und Thurm-Erd- 
geschoss sind rippenlos, die später eingefügten, spitzbogigen Gurtbögen ruhen auf 
Wandpfeilern mit einfachsten Sockeln (nur mit oberer Abschrägung) und Kämpfor- 
gesimsen (Platte auf Schmiege) (A). Die Thurmfenster haben Maasswerke von der 
ausgearteten Spätgothik des 16. Jahrhunderts (A). Das Langhaus mit einer Holz- 
decke, deren Gesimsbalken Kehl- und Wulst-Profile zeigen, ist laut Inschrift an einer 
der profilirten Holzstützen (A), welche die Holzemporeu tragen, von 1036. 

Kirchenstuhl an der Südostecke der südlichen ersten Empore, von: 1713, mit 
Akanthusranken und einer Malerei von Ornamenten; ebenso an der Thür gegenüber 
2 Stühle vou gleicher Zeit und Ornamentik. Durchbrochenes Gitterwerk au der- 
selben. 

Altar-Aufsatz von: /6'.92, erneuert 1861, mit einfassenden Säulen und Gebälk, 
schweren, unschönen Akanthus - Ornamenten und ebenso unschönen Gemälden des 
Abendmahls, sowie darüber die Kreuzigung, in gebrochenem Rahmen. 

Kanzel an dem Südpfeiler zum Langhaus, von: 1651, in hübscher Renaissance 
(.4), auf einer toscanischen Säule und kamiesprofilirten Auskragung in fünf Seiten 
vortretend. Verziertes Fussgebälk mit Schuppenreihe unter dem Gesimsglied, mit 
Facetten iu Fries und mit hängenden, durchbrochen geschnitzten Ornamenten. Im 
Haupttheil Eckpilaster mit facettirtem Sockel, cannelirtem, nach oben stärkerem Schaft, 
Halsglied und einem in starker, doppelter Kehlung unter dem Viertelstab stark ein- 
gezogenen Capitell. Die Felder als Blendthüren mit Ohren, darin runde Blendbögen 
auf Pilastern in Quader-Nachahmung, mit Facetten und Schlussstein. Verkröpftcs 
Deckgebälk mit Schuppenreihe unten und Consolen oben. Schalldeckel, füufseitig vor- 
tretend, mit hängendem, durchbrochen geschnitztem Ornament, unten einem herab- 
schwebeuden Engel und oben auf der Spitze der in aufsteigendem Schnörkelwerk 
gebildeten Krönung mit einem stehenden Knäblciii. 

2 Blumenvasen von: 1743 nnd: /772. Zinn. 

8 Glocken von 1802, 1809 und 1853. 

Ehemaliger Tauf stein aussen an der Nordseitc der Kirche; einfache Renais- 
sance. Fuss viereckig, durch Dreieck-Abschrägung übergeführt in den achteckigen 
Schaft. Dieser hat als Leisten vorgearbeitete Kanten, an vier abwechselnden Flächen 
in der Mitte je einen vorgearbeiteten Kreis als Verzierung, an einer der anderen den 
Namen: CHRISTOFFEL (an der anderen den Nachnamen?). Das Becken ist rund, 
von verkehrt glockenförmigem Profil (A). 

Grabhügel, hinter der Windmühle. [Schwert, dort gefunden, von Eisen, in 
den Besitz des Herrn Landraths Klipsch nach Frankenhausen gekommen]. 



Frankenhausen, 71 km nordwestlich von Rudolstadt. Es wurde zuerst von 
fränkischen Gaugrafen regiert. Die ältere Oberstadt schloss sich jedenfalls an den 
von den Franken zum Schutze des Snlzwerkes gebauten Hausmannsthurm an und 
gehörte seit dem Jahre 952 dem Kaiser Otto I., später dem Markgrafen Otto von 



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8 



Meissen. Im 12. Jahrhundert entstand die Unterstadt und kam der Ort als Lehn 
an die Grafen von Rothenburg, 1210 an die Grafen von Beichlingen, 1340 aber durch 
Kauf an die Grafen von Schwarzburg (wobei statt des bisherigen Wappens, eines 
Hallknechtes, dasjenige mit einem viereckigen Thurm, in dessen Mitte ein Gatter, 
darunter ein offenes Thor mit dem schwarzburgischen Löwen, angenommen wurde). 

1525 am 15. Mai wurde Thomas Münzer vor Frankenhausen geschlagen, ge- 
fangen genommen und später in Mühlhausen hingerichtet Der „Schlachtberg' 1 hat 
daher seinen Namen. 

1632 wurde die Stadt drei Tage lang von den Soldaten Pappenheim's geplündert, 
wobei die Kirchen besonders litten. [Laut Nachricht im Totenbuch wurden aus 
beiden Kirchen: 9 Kelche, 3 Messgewänder, 1 von der Gräfin zu Heringen verehrtes 
Altartuch geraubt.] 1689 wüthete ein furchtbarer Brand in der Stadt, welcher 
Schloss und Unterkirche einäscherte. — Frankenhausen war schon vor 1689 von 
verheerenden Bränden häufig heimgesucht; unter den später vorkommenden war 
der von 1833, durch welchen mehr als 170 Häuser eingeäschert wurden, der bedeu- 
tendste. Bei Aufräumung des Schuttes wurden damals unter dem Rathhause viele 
Bracteaten gefunden. 

Literatur, s. oben, Einleitung. — Im Besitz der Herren Amtsrichter Bleichrodt, Bürgermeister 
Lemcke und Amtuperichtsrath Weinberg zu Frankenh&usen befinden sich viele für die Alterthfiraer der 
Unterherrschaft and Fr&nkenhaasen's werthvolle Bücher. — Merian, Topographia Saioniae Buperioris 
1660, 82 mit Ansicht; diese neuerdings copirt von Lithogr. Walther, Frankenhausen. 

Gotte8ackerkirche, anstelle einer älteren, zum heiligen Kreuz. Schlich- 
ter Bau von 1750, doch von grossen Verhältnissen, mit Holztonne im Innern und drei 
Reihen Emporen mit Korbbogen-Arcaden. Fenster in zwei Reihen übereinander, unten 
rechteckig, wie die Thüren, oben grosse Rundbögen. — Molden er, Hist Nachr. v. d. 

Kanzelbau über dem Altar, barock, in der üblichen Weise ata von Pilastern ein- 
gefaxte Oberwand, aus der die Kanzel und der Sohalldeckel in fünf Seiten des Achtecks 
vortreten. 

Grabstein, mit Umschrift: ANDREAS IACOBVS RHOTMALER STARB DEN 
XXX . IVLII ANNO MDCVIII SEINES ALTERS EIN LAHR 9 WOCHE ZWEEN TAG, 

bezw. den Sprüchen: LASSET DIE KINDLEIN eto und: CHRISTVS IST MEIN 

LEBEN etc. Stehende Figur des Kindes mit Biomo und Buch in den Händen, zu den 
Füssen ein Schädel und ein Blumentopf (Ä). Bräunlicher Alabaster, farbig (Grund roth, 
der Umrahmung blau). 

Glocke, 1618 von Hieronymus Mehrinok (Moeringk) zu Erfurt. 

Kirchhof- Portal am Hause des Herrn Schmiedes Hanf, aus dem 16. Jahr- 
hundert, Rundbogen mit Zahnschnitten und Facetten in den Bogengliederungen und 
(verstümmelter) Sitznische in den Pfeilern, eingefasst von zwei Säulen, welche auf 
dorisirendcu Säulen ein verkröpftes, wagerechtes Gebälk tragen (Ä). 

Oberkirche (unsrer lieben Frauen auf dem Berge). Die Kirche macht trotz 
ihrer stattlichen Lage und ihrer gewaltigen Masse einen durch vielfache Beschädi- 
gungen 1632, 1642, 1727 und öfter, sowie durch daraus sich ergebende Bauten, be- 



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9 



Fbankknhat'scn, Oberkirche. 



9 



sonders von 1727, ebenso 
einen Bedauern erwecken- 
den Eindruck, wie es auch 
schwer ist, sich von ihrer 
ursprünglichen Erschei- 
nung oder dem allmälichen 
Werden des jetzigen Baues 
ein klares Bild zu ver- 
schaffen, zumal das vor- 
zugsweise Beseitigen und 
Forthauen von Einzel- 
heiten überall Unregel- 
mässigkeiten zur Folge 
gehabt hat. Die Kirche 
ist zweifellos der Bedeu- 
tung des Ortes und der 
Baustelle nach sehr alter 

Gründung, und so dürfte der romanische Ursprungsbau in den Osttheilen stecken, in 
der Thurmanlage, deren Erdgeschoss noch an der Ostseite ein kleines Rundbogcu- 
fenster zeigt, wie in der von innen sichtbaren Blende in der Mitte der Chor-Ostsoito, 
wo wir vielleicht einen zugemauerten Chor- oder Triumphbogen zu suchen haben. — 
Von der Umgestaltung des Baues, welche laut Inschrift an der Südseite: 




(Iruwlriss der Oberkirchc zu Fr»ukeuh»usen. 



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(Anno domini 1382 in die marci: Vormünder des Werkes Johannes Semerde, 
Heinrich Gudirslebi, Johannes Struve und Curt Pabius. Meister des Werkes Friedrich 

Halle.) 

in der Blüthezeit der Gothik 1382 erfolgte, ist ebenfalls nichts geblieben als das 
achtkappige Thurmgewölbe, die im Grundriss angegebeuen Strebepfeiler, welche, wie 
auch die verstümmelte, rechteckige Vorlage in der inneren Ecke von Thurm und 



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10 Fbanmnhatjskn, Oberkirche. FrankenhauBen. 10 



Chor, auf ehemaligen Gewölbebau und mehrschiffiges Langhaus schliessen lassen können, 
und eine Anzahl spitzlxjgige Thüren und Fenster, welche aber ihrer Gliederungen, 
bezw. Maasswerke beraubt sind. Noch 1050 (nach der Merian'sehen Zeichnung) hatte 
die Kirche annähernd regelmässige Gestalt und besonders einen schönen, achteckigen, 
schlanken Thurmhelm, von Ziergiebeln unten eingefasst. Die rücksichtsloseste Ver- 
unstaltung muss die Kirche nach dem dreissigjührigen Kriege getroffen hal>en. Da- 
mit stimmt die Mittheilung, dass sie 1<»92 sehr baufällig war. Wohl bei dem 
Reparaturbau von 1727 wurden alle Gliederungen und feinen Einzelheiten fort- 
gerissen, eine Hol/decke mit mittlerer, tonnenförmiger Erhebung im Langhaus- 
lnnern angebracht, Thüren und Fenster an beliebigen Stellen und in planlos recht- 
eckigen, rundbogigen und kreisrunden Formen hereingebrochen, stellenweise mit Be- 
nutzung einer vorhandenen und deshalb zum Theil nothdürftig vermauerten Oeffnung, 
so dass der Anblick der Kirche iu Hinblick auf vergangene Grossartigkeit ein trauriger 
ist. (So zeigt sich z. B. an der Südseite zwischen dem verschiedenartigen Sandstein- 
Flickwerk der Mauer, von Osten aus gerechnet: ein grosses, langes Spitzbogen-Fenster, 
ein dicker, nur mit Sockelgesims versehener Strebepfeiler, drei halb rund-, halb 
korbbogig überdeckte, kurze Fenster übereinander, eine flachbogige, dann eine recht- 
eckige Thür, darüber hoch ein rundbogiges, kurzes Fenster und zwischen beiden ver- 
streut in verschiedenen Höhen drei ungenau profilirte, kurze Fenster, ein grosses, 
langes, rundbogiges Fenster, ein Strebepfeiler, welcher, über dem Sockelgesims ab- 
gesetzt, schlank aufsteigt, noch von einem Vorderflächen-Gesims unterbrochen, schliess- 
lich wieder ein grosses, langes, rundbogiges Fenster und der Eck-Strebepfeiler mit 
seinen Noth- Verstärkungen). Das riesige Dach ist geblieben, doch ebenfalls mit einer 
Reihe hier und da durchgebrochener Fenster von verschiedenem Umriss versehen; 
der Thurmhelm, nach dem Brand von 1759 im Jahre 17G1 wieder aufgebaut, ist 
offenbar in dem Bestreben, bei gleicher Höhe des früheren eine „modischere" Form 
zu finden, durch eine Reihe von sieben Schweifkuppeln, Aufsätzen und Zwiebelkuppeln 
übereinander mit entsprechenden Zwischengesimsen emporgetrieben. 

Doppelte Emi>orenrcihen im Innern, die oberen flachbogig geöffnet. Doppelte, 
offene Westemporen von eingebogenem Grundriss, die obere Brüstung auf korin- 
thischen Säulen. 

E. Schönau, Zum 50Oj&hrigen Jubiläum d. Erbauung d. Oberk. zu Frankenhauacn, Franken- 
hausen 1882. 

Kirch Stühle an den beiden Chor-Langwänden, mit Theiluugen und Schnitz- 
werk, mit Weiss und Vergoldung, in den Bogenfeldern des oberen Abschlussgiebels 
Wappen und Monogramm von Fürst Friedrich Wilhelm, 1718. 

Kanzel am nördlichen Kirchstuhl des Chores, auf einer mit Zapfen versehenen, 
mit Akanthusblättern /.wischen Blumenkelch-Gehängen gezierten Console, in sechs 
Seiten vortretend, mit Fruchtbündeln in den rechteckigen Füllungen der Flächen und 
Akanthusblättern au den Ecken; ebenso tritt der Schalldeckel vor, welcher mit 
Troddelwerk an» Gesims ein Zeltdach mit volutirten Kanten und durchbrochener 
Schnitzerei von Weinlaub und Trauben an den Flächen hat. Auf der Spitze eine 
Strahlensonne (Ä). Holz. 

Balken auf dem Dachbodi-n, mit aufgemalten Ornamenten des 16. Jahrhunderts; 
Eichenblätter-Reihe, besäumt von zwei Borten mit verschlungenen Bändern (Nachklang 
des gothischen Laubstabes). 



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11 Frankenliauscn. Fkaxkemiiausrh, Oberkirche. 11 



Altaraufsatz, nach guteu italienischen Renaissance- Vorbildern, doch höchst 
roh ausgeführt (A). Die Oberwand hat an jeder Seite einen seitlich schmal vortreten- 
den Pfeiler, vor dem ein korinthischer Pilaster und seitlich durchbrochen geschnitzte 
Bretter angebracht sind. Auf dem Gebälk der Pilaster stehen an den Ecken Urnen, 
in der Mitte der verschlungene Jesus-Name unter einer Krone. In der Fläche zwischen 
den beiden Pilastern ist zwischen zwei herabhängenden Fruchtschnüren ein rechteckiger, 
mit Eichenlaub gezierter Rahmen eingefügt. Darin sitzt das kleine Altarwerk, nochmals 
eingefasst im Sockel von zwei auf Akanthus-Consolen ruhenden Löwenköpfen, im Haupt- 
theil üt>er dem wagerecht durchgehenden Sockelgesims von zwei auf den Löwenköpfen 
aufsitzenden, capitelllosen Pfeilen» ; diese sind rundbogig ausgemacht, aber die Nischen 
wiederum ausgefüllt durch hohe Postamente mit den Vorderflächen-Verzierungen eines 
vertieften Kreises zwischen flach vortretenden, recht hübschen Füllungs-Mustern, sowie 
mit den auf die Pilaster gestellten Figuren des Moses und Aaron. Im Sockeltheil des 
Altaraufsatzes befindet sich ein unbedeutendes Gemälde des Abendmahls, im Haupttheil 
ein Relief, an dem man trotz der plumpen Figuren das deutliche Bestreben wie das 
mangelhafte Erreichen, einem Ghiberti nachzueifern, erkennt Ohne jenes Meisters 
Körper-Bildungen, Linienfluss und schwungvollen Adel zu erreichen, sind hier in 
gleicher Weise Scenen aneinandergereiht, mit Gebirgsterrain und Bauten nach den 
Gesetzen malerischer Perspective nach oben und nach der Ferne zu. Vorn ist als 
grösseres Hauptrelief die Schöpfung der Eva, hinten in der Mitte die Kreuzigung, 
dazwischen von unten nach oben zu links die Verkündigung, Geburt, Grablegung, 
jüngstes Gericht und Anbetung der Dreifaltigkeit, rechts Christi Höllenfahrt, Auf- 
erstehung und Verklärung oder Himmelfahrt dargestellt. Inmitten des Bildes zeigt der 
Hintergrund einen Durchblick in eine Kirche mit Prediger und Gemeinde, und einen 
Weg zu einem Felsen, auf dem ein Knabe vor einem ihn segnenden Greis dargestellt 
ist. Das Relief ist farbig mit Vergoldungen. 

Grabmal an der Chor-Ostwand hinter dem Altar, für den sondershäusischen 
Hofmarschall C. Chr. von Biela, f 1773. Die lange Inschrift steht auf dem als Sarko- 
phag profilirten, in den Kanten mehrfach gebrochenen Unterbau. Darauf eine Obelisk- 
platte, vor welcher nach links zu eine Fraucngestalt mit Urne und Spaten in den 
Händen liegt, während rechts eine weinende sich auf einen Schild stützt. An dem 
Obelisk ist des Verstorbenen Wappen angeheftet, darüber sein Relief-Brustbild in einem 
Rund, das mit einer Schleife befestigt ist. Auf dem Gesims des oben abgestumpften 
Obelisken steht eine Urne mit Band umschlungen, eine Flamme bergend. Das Denkmal 
ist von dem schwarzen gewöhnlich Marmor genannten Stein der Gegend, die Frauen- 
gestalten, Gesimse, Einzelheiten im Wappen und an mehreren hervorgehobenen Stellen 
von weissem Marmor. Das Ganze ist im Geiste der Zeit , die Frauen alnrr von 
schönem Linienfluss des Körpers und der Gewandung. 

Grabstein links vom vorigen, für Susanna Ursula, Frau des Canzleidirektors Lentz, 
geb. Dinner aus Nürnberg, f 1665, barock. Inschrift-Tafel in etwas profilirter, rechteckiger 
Umrahmung und geschweifter Einfassung und BekrOnung. [Ihres Mannes Wappen über 
der Inschrift, sowie die ihrer Eltern : Dinner und Holzschuher, im Aufsatz, fehlen.] Schwarzer 
Marmor. 

Grabstein rechts ?on dem ersten, für Forstmeister Johann Ludwig von Graishoim 
auf Thälendorf, f 1651. barock. Auf etwas mit Voluten verziertem Sockel die Inschrift- 
Platte; auf deren Deckgesims der reicher geschweifte Aufsatz mit seinem Wappen [und dem 
jetzt fehlenden seiner Gemahlin von Haldeck]. Schwarzer Marmor. 



12 



Feamkkhhauskn, Oberkircbo. 



Fraukeuhauaen. 12 



Gedonktafel aber dem vorigen, verlöschte Inschrift für Erasmus G. Breunas, in 
barockem Eichenkranz mit Voluten. [Oben und unton sasscn Engelsfiguren]. Holz. 

Grabstein am nördlichen Vorsprung der Chor-Ostseite, für den Obersten Joh. 
Meyer, f 1677. (Die Inschriften gehen aus dem Lichtdruck hervor.) Die Arbeit 
zeichnet sich namentlich durch sichere, feste Meissclführung und schlichte, treue 
Wiedergabe des Mannes und der Tracht aus, ist auch infolge der guten Technik 
trefflich erhalten. Sandstein. 

Gedenktafel über dem vorigen Grabstein, das schönste Denkmal der ganzen 
Kirche, in edler deutscher Renaissance (4). In einem hängenden Cartouchen-Orna- 
ment steht die Inschrift: 

EPITHA . HONE . (Epitaphium honesti) VUU . IOHAXNIS 
MAU AETATIS SVAE 57 
FRAW MARGARETA MEIIEN 
IHRES LEBENS ANNO DO 15 . . 
mit dem Bildhauerzeichen H . V, zwischen zwei Consolen, welche Wappenschilder mit 
den Zeichen des Namens (Maiblume) und der Pfännerschaft tragen. Darauf ein durch- 
gehendes Fussgesims mit den Namen: IOH . DER ELTER . IOH . DER IVNG . MARTHA 
IVSTIXA, zwischen den Worten an den Ecken: IOH AM III. und LVCAS AM 22. 
Auf den Consolen ruhen, vor die flachen, eine Korbbogen-Blende einschliessenden Pfeiler 
vortretend, Säulen mit trefilich profilirten Basen, zart stüisirten Blumen-Verzierungen 
an den Sockeln, cannelirten Schäften und Composit-Capi teilen, und tragen ein unver- 
kröpftes Gebalk mit der Inschrift: VERBVM DOMINI MANET IN AETERNVM im 
Fries und dem mit Blattstab verziertem Gesims. In dem Blendbogen kniet die durch 
die Namen bezeichnete Familie (links der Vater mit zwei Söhnen, rechts gegenüber die 
Mutter mit zwei Töchtern) vor dem mit wallendem Schurz dargestellten Gekreuzigten ; 
im Hintergrunde links der Hausmannsthurm, rechts die Befestigung und die Oberkirche 
von Frankenhauseu. Das Gebälk bekrönt ein Dreieckgiebel mit dem Relief-Brustbild 
Gott Vaters, der die Rechte segnend erhebt und in der Linken den Reichsapfel hält. 
Sandstein mit etwas Farben und geschickt angebrachter Vergoldung; leider nicht gut 
genug gehängt und erhalten. 

Grabstein am südlichen Vorsprung der Chor-Ostseite, für Barbara, Gemahlin 
des Bürgermeisters Fischer, f 1635, barock. Inschrift-Tafel in schwarzem Marmor, 
oben mit zwei Wappen [und dem abgebrochenen Relief eines Kopfes]. Aufsatz von 
weissem Marmor, etwas antikisirend. Ueber dem Fussglied mit dem Spruch: Dies 
ist mein etc., enthält eine durch Seitenvoluten vermittelt schmalore Platte, das Relief- 
Brustbild Gott Vaters [dessen Oberkopf fehlt] mit dem Reichsapfel, oben ein Ab- 
schlussgebälk, das an den Seiten vortretende Widderköpfe, oben ein Bogengesims hat. 

Gedenktafel ebenda, Inschrift für den Juristen Just. Nie. Schmeltzor, | 1719, in 
einem Kranz von Palmen und Früchten, darüber zwei Engel, die ein Wappenschild halten, 
darin die Taube mit Oelzweig. Das Ganze rechteckig. 

Gedenktafel oben, Gegenstück zur Marschen in Grösse und Gesammt- Anord- 
nung, aber schlechter in Gliederung und Figuren (Ä). Hängendes Ornament mit: 
1582 und einem geflügelten Engelskopf. Gerades F'ussgebälk, in dessen hohem Fries 
die Inschrift: ANNO DOMIXI 1580 DEN 10 AVGVSTI IST ADAM LEVCKHART 
IN GOTT VORSCHIEDEN . SEINES ALDERS 31 IAR . ANO . DOMI 1582 DEN 12 
DECEMBRIS IST GERTRVDT LEVCK HARDTIN IN GOT VORSCHIEDEN DENEN 



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Ph-tt. Bräunlich in Jtna. LirhMrurk NN ICSmiuttr & Jonat in T>> tuten 



Grabstein des Obersten Meyer in der Oberkirche zu Frankenhausen. 

Vtrlng ton (luslai- fischt r in Jen». 



d^yGoogle 



13 Prankenhausen. 



Frankenhausks, Oberkirche. 



13 



GOT GNEDICH SEIN . A ., zwischen zwei Köpfen. Im Haupttheil ein Relief der 
beiden Gestorbenen [der Kopf der Frau fehlt], welche einander gegenüber vor dein 
Gekreuzigten knieen. Rechts und links die Schächer am Kreuz, im Hintergrunde 
Jerusalem. Zu den Seiten des Reliefs tragen Pilaster mit vereinfachter Beschlag- 
Verzierung am Schaft und mit ionischen Capitellen (die Schächerkreuze ragen noch 
unschön hinein) nur ein wagerechtes Gesims. Darauf stehen an den Ecken geflügelte 
Engel ; hinter ihnen steigen mit Voluten- Anfängen die ein Relief mit dem Brustbild 
Gott Vaters einfassenden Giebellinien sehnig auf, aber eingebaucht und einander nicht 
treffend, sondern vorher in Voluten endend, auf denen nochmals ein Gesims ruht, 
hierauf ein Kreisbogen-Giebel mit dem Relief des Phönix. Sandstein mit Vergoldungen. 

Gedenktafel ebenda, barock. Rechteckige Platte. Inschrift für Mar. Salom. Hüffler, 
geb. Lindemann, t 1677, in einem Rosenkranz, darüber zwei Wappen. Diese wie der Kranz 
von weissem, die Platte von schwarzem Marmor. 

Grabstein an der Chor-Nordwand (.4), mit Umschrift: ANNO 1611 ben 12 DE- 
CEMB . abente pmb 9 »br ift ber JEbriweet Ttcbtbar rnb woblweife «5err iguae 
(Bfrafflidjr 0cbn>Ar$biirgifcbet Zöllner »nb Ötabroogt albier im $1 3av feine« 
altere feiig cntfcblaffen bee feelen <B>ott gnabe. Der Verstorbene in ganzer Figur, 
mit kurzgeschnittenem Vollbart, in Wamms, Kniehosen, Halskrause etc., hält mit der 
Linken die Falten seines Radmantels, in der Hand des gebogenen rechten Armes ein 
Buch. Sehr gut beobachtet und natürlich in Haltung, Zügen und Tracht und im Ver- 
hältniss zu anderen derartigen Werken künstlerischer in der Art, wie die Kleidung 
auf dem Körper sitzt. Oben zu den Seiten zwei Wappen. Sandstein. 

Grabstein, links vom vorigen, mit beschädigter Umschrift (ergänzt nach dem noch 
besseren Znstand, in dem sie Herr K. Sachse zu Frankenhausen las): [ANNO DOM. MD] 
C1X KL.MAII OBIIT IN CHRÖ BEV? CL. VIR DN? NICO[LAVS GV]ALTHERIVS 1L- 

MENAS] ECCLIAE ET ADIVNCTARVM AD [. (?) ANNOS AETAT .VIXISSET] 

.... Der Verstorbene in ganzer Figur, mit Vollbart, im langen, faltenreichen Mantel, die 
Hände vor der Brust, mit einem Buch. Plumpe Arbeit (A). Sandstein. 

Grabstein an der Chor-Südwand, barock. Inschrift für Canzleidirektor El. Aug. 
Hüffler, f 1660; oben zwei verstümmelte Engelsköpfe. Diese von weissem, die Platte von 
schwarzem Marmor. 

Grabstein neben dem vorigeu (A), mit Umschrift: ANNO 1584 DIE 13 NO- 
VEMBRIS IST IN GOT SELIGLICH ENTSCHLAFFEN HYROXIMVS FISCHER 
SCHWARTZBVRGISCHER GEWSNEU ZOLNEU ALHIEH SEINES ALTERS 40. 
Ganze Figur mit Vollbart, mit Pluderhosen, Radmantcl, in der Rechten die Hand- 
schuhe haltend. Handwerklich, doch durch treue Wiedergabe der Tracht bemerkens- 
werth. Zwischen den gespreizten Beinen sein Wappen. Hother Sandstein. 

Grabstein im Fussboden, im Südschiff nahe dem Chor (A), verwittert, barock, um 

1580. Um- und Aufschrift: ... NACH CHRISTI VNI DER ACHTBARE 

BENVS (?) RINGLEB DER STAI) FRANCKENHAVSEN ZOLNER VND AMTMAN IM 
HERRN ENTSCHL .... Ganze Figur, in pelzverbramtein Radmantel mit leer herabhängenden 
Aermeln, die Hände über der Brust gefaltet Schlechte Arbeit, steif; mit zu kleinem Kopf. 
Zu don Füssen sein Wappen. Sandstein. 

Grabstein im Fussboden ebenda, aus dem 18. Jahrhundert, im Zopfstil; verlöscht 
Inschrift in Palmblatt-Umrahmung. Sandstein. 



14 



Frankkniuüskn, Oberkirche. 



Frank enhausen. 14 



Grabstein im Fussboden im Nordschiff nach der Thür zu, spätgothisch, um 1500, 
sehr verloscht. Ein Kind in ganzer Figur, mit gefalteten Bänden, aber einem Wappen 
(mit einem Löwen) unter einem verästelten Schweifbogen. Rother Sandstein. 

Grabstein im Fussboden im Mittelschiff nach der Westthür zu, aus dem 16. Jahr- 
hundert, sehr verlöscht. Ganze Figur eines jungen Mannes mit Lockenhaar und Kappe der 
Pfiinner (Mitglieder der Pfännerschaft , des Salzsiederei-Gewerkes). Unten zwei Wappen 
(mit den gekreuzten Haken der Pfännerschaft und mit gekreuzten Schlüsseln). Sandstein. 

Eingang zu dem 
Werner'schen Erbbegräbniss 
an der Westseite, ein Rund- 
bogen, schlecht von Holz mit 
Balustraden-Brüstung, aber 
mit einem trefflich in Eisen 
geschmiedeten Abschluss- 
Gitter vom Anfang des 
18. Jahrhunderts. Sehr ge- 
schickt sind die Ausfüllung 
des Raumes und die sym- 
metrischen, halb gebogenen, 
halb scharf um die Ecke ee- 
führten Bandverschlingun- 
gen, welche, die Mitte zwi- 
schen Rankenwerk und 
geometrischem Linienspiel haltend, gewissermassen so die Vermittelung zu der ver- 
schlungenen Spiegelschrift des Monogramms A. A. unter der Krone bilden. (Im Be- 
gräbniss 2 Grabsteine der Familie Bernhardt, 1 der Oberländer.) 
Taufschale, jetzt in der Unterkirche, 8. dort. 

Schmucksachen, neuerdings gefunden (aus einem Grab herrührend), in Ver- 
wahrung bei Herrn Oberpfarrer Hesse. Halskreuz, treffliche Arbeit um IG 10. 
Auf der Vorderseite stark vortretende Facetten, auf der Rückseite reizendes Ranken- 
werk in bunter Emaille (.4). Silber, vergoldet. Sch Hesse, mit gravirtem, hübschem 
Roccoco-Ornament. Messing. 

Glocken. 1) 1751) verbrannt, 1763 wiedergegossen von .loh. Mayer in Rudol- 
stadt. Einfaches Roccoco-Ornament. — 2) 1703 von Joh. Mayer in Rudolstadt, mit 
lateinischen Versen. (In der Uebersetzung ist der Ton der Zeit wiederzugeben ge- 
sucht) : 




Gilter am Erbbegräbnis» in der Oberkirchc zu Frmkculiauseo. 



VI FLAMM AE PERU KATALIS AT IG NE SE- 

CVNDA 

CEV PHOEBI VI VAX RITE RENASCOR AVIS. 
PAX REDIIT EXVL MARTIS DESAEVUT IRA 

at^Ve kaVente Mini paCe reDIre 

pLaCet. 
(Chronogramm : 1763). 



(Durch der zehrenden Flamme Gewalt 

verging ich, durch Feuer 
Wieder dem Phönix gleich stieg ich zum 

Lichte verjüngt 
Frieden, verbannt einst , kehrte zurück. 

Austobte des Kriegs Zorn, 
End mit des Friedens Gunst kehre auch 

ich nun zurück.) 



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15 Fiaukenbausen. Fbamkknhauskn, Oberkirche, Unterkirchc. 15 



Auf der andern Seite: 

VOX MEA VOX COKLI VOCO VOS ENIM AI» 

AT RIA COEL1. 
PERPETVA CVPID1 FACE VENITE FRVI. 

FESTIVA AD PLAVSV8 ÜVOTIKS VOS EXC1TO 

LVCK 

GAVWA ( OMMOTI CARPITE MENTE PIA. 

■% 

DVM FVXVS PLANGO MEtfORES CONCVRKITE 

LETI. 

DICITE TRISTE VA LG MOLLITER OSSA CV- 

BEST. 

— 3) 1881. 

Auf dem Kirchhof: 

Grabstein des Studenten Stolberg, t 1598, viereokige Inschrift-Tafel mit Rundbogen- 
Giebel. 

Grabmal, barock, aus dem 18. Jahrhundert, mit verlöschten Inschriften; eine 
auf dem Schild des halb in der Erde steckenden Unterbaues, welches mit Voluten 
und Akanthus umrahmt ist. Seitliche Voluten-Consolen tragen ein Sockelgesims. Im 
Haupttheil eine Inschrift unter zwei eine Inschrift haltenden Engeln auf einer Platte, 
welche unten seitliche Voluten-Vermittlung hat, wahrend daneben auf jeder Seite noch 
eine verstümmelte [des Kopfes beraubte] weibliche Figur steht, die rechte noch mit 
dem Abzeichen der Gerechtigkeit versehen. Auf den gebrochenen Ecken und dem 
doppelt geschweiften Bogengesims der Platte steigt der Aufsatz auf, in der Mitte 
der Gekreuzigte auf Wolken, zu den Seiten, durch herabgehende Voluten vermittelt, 
der Genius des Todes mit umgekehrter Fackel und Schädel und der Genius der 
Trauer. Die Wirkung des Grabsteins ist malerisch bei plumper Ausführung des 
Einzelnen. 

Grabsteine, ans dem 18. Jahrhundert, mit Sinnbildern des Glaubens, der Herzens- 
reinheit (Figur mit Lamm), der Hoffnung, der Ewigkeit (Figur mit einer sich in den 
Schwanz beissenden Schlange), Lebenskrone etc. 

* 

Unterkirche, ehemals Kirche eines Cistercienserinnen- Klosters. Dasselbe, 
der heiligen Maria (und Georg?) geweiht, 1215 von Graf Friedrich von Beichlingen ge- 
gründet, kam 1340 unter die Schutzvogtei der Grafen von Schwarzburg und wurde, 
nach Plünderung im Bauernkriege, 1536 vom Grafen von Schwarzburg säcularisirt. 

Kirche. Der Thurm, nördlich vom Chor-Rechteck, mag noch romanischer An- 
lage sein. Der Chor, abweichend in vier Seiten des Zehnecks geschlossen, so dass ein 
Winkel in die Mittelachse trifft, ist spätgothisch, mit einfachen, doch hübschen, ein- 
mal umgürteten Strebepfeilern, welche in Höhe der spitzbogigen, grossen Fenster 
mit Pultdächern enden. Ebenso sind im Langhaus die beiden Hauptportale in der 
Mitte der Nord- und Südseite spitzbogig, mit kräftigen Profilirungen von Ruudstäbeu 
zwischen Kehlen, ebenso auch die beiden kleineren Portale, wenn auch schou im 
Rundbogen überdeckt. Das Uebrige ist Bau späterer Zeiten. 



(Mein Klang, himmlischer Klang ruft euch 

zu der Pforte des Himmels. 
Wünscht ihr den Frieden, so eilt, ihn zu 

gemessen, herbei. 
Wann mein Schall ertönt, euch rufend in 

festlichem Glänze, 
Sammelt euch Freuden ein, fromm im 

Gemüthe bewegt. 
Wenn zum Begräbniss ich klage, erscheinet, 

des Todes gedenkend, 
Sprechet betrübt Lebewohl, ruhe nun sanft 

das Gebein.) 



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16 PBANKENnxuBK», Unterkirche. Frankenhausen. 16 



Nach der Beschädigung durch die Pappenheimer 1631 und nach dem Brand 1691 
wurde die Kirche hergestellt. Am unteren Bogen des Westportals steht: Im Nahmen 
Jesu. Anno 1691 ist an hiesiger Kirche, nachdem dieselbe durch Gottes Verhängniss 1$8B 
dt n 17 September abgebrand wieder zu bauen angefangen utid das Mauer- und Stein- 
haucrioerck von Meister Hans Walthem und nach seinem Tode von dessen zwey 
Söhnen Joh. Friedr. und Joh. llcinr. Walther verfertiget. Anno 170 1. (Auf einer 
Fusshoden taf el hinter dem östlichen Södeingang steht: J.C.W .1726). Infolge dieses 
Baues macht die Kirche besonders im Innern einen recht einheitlichen Eindruck ; durch 




firiindri-.» der l iiterkirche zu Fraiikenbftusen 



die in drei Reihen übereinander als organische Bautheile angeordneten Emporen mit 
Korblwigcn auf starken Pfeileni wirkt sie sogar sehr stattlich (Lichtdruck). Augen- 
blicklich wird die Kirche restaurirt, glänzend, mit Farbenschmuck und üppiger Ver- 
goldung; dadurch wird freilich der mehr heiter festliche, als kirchlich ernste Charakter, 
den die Logen-Eintheilung mit sich bringt, noch mehr hervorgehoben. Die Glie- 
derungen sind dem 18. Jahrhundert entsprechend, übrigens schon sehr rein classi- 
ci.stisch, die Pfeiler mit ihren Capitollen und die verkröpften Gebälke von guter 
Bildung palladio-vignola'sche Studien bezeugend. Uni die drei Emporen-« >effnungen 
übereinander nicht gleichwerthig , sondern die unteren etwas weniger gelichtet er- 
scheinen zu lassen, ist in geschickter Weise der hölzerne Einbau mit hübschen, cande- 
laberähnlichen Säulchen über den Brüstungen und dem nur einen mittleren Bogen- 
ausschnitt freilassenden, durchbrochenen Akanthus-Schnitzwerk eingeschoben, was in- 
dessen etwas die Wirkung eines Theater-Zuschauerraumes im Gefolge hat (Ä). Das- 
selbe gewahren wir an der Westempore, welche als zwei offene Hang- Baieons über- 
einander, unten auf Pfeilern, oben auf Säulen ruhend, nach rechts und links hin in 
Viertelkreis-Einbuchtungen in die Kirche hineintreten. Diese stossen sogar ohne 
weitere Lösung gegen die Pfeiler zwischen den westlichen beiden Arcadenöffuungen 
an, wenn auch das schiefwinklige Auftrcffen der Bogenausschnitte gegen die Emporen- 
pfeiler durch das rechtwinklige Zwischenstück vermieden ist. Dieser Mangel au Hück- 



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17 Frank enhausen. 



Fbankenhauskn, Unterkircho. 



17 



T=V>'- 



sichtnahrae auf gegenseitigen Anschluss ist übrigens ein Fehler der ganzen Richtung, 
nicht dieses einzelnen Baues. So ist auch der Fürstenstuhl zu jeder Seite des 
Chor-Rechtecks in geschmackvoller Weise entwickelt; hier ist das erste Emporen- 
geschoss als hauptsächliches dadurch betont, dass das zweite nur sehr niedrig ge- 
halten ist, und es sind die zwei Emporensysteme, welche gerade in diesen Raum 
hineinpassen, durch einen kräftigen Korbbogen zusammengefasst ; aber oben stösst 
dieser ohne Weiteres gegen die hier von hinten heraufsteigende Tonne an. Das Korb- 
bogen-Feld ist an jedem der beiden sich gegenüberstehenden Kirchstühle mit einem 
Schild mit schwarzburgischem Wappen, bezw. Monogramm Ä. A. geziert, welches 
unten eine Einfassung von ansteigenden Palmzweigen und daran hängenden Frucht- 
schnüren, oben eine rechts und links 
von Engeln gehaltene Krone hat [A i. 

Die Holzdecke ist über dem Chor 
als Tonnengewölbe zwischen Gurtbögen 
(Chorbogen und Triumphbogen) ge- 
bildet; im Langhaus im Mittelraum 
flach, über den Seitenräumen als sich 
anschliessende halbe Tonnen; nach 
W T esten in einem Gurtbogen abschlies- 
send. Die Decke des Mittelraumes hat 
runde und rechteckige, mit Ausbuch- 
tungen der Schmalseiten gebildete 
Stuckfelder, mit Lorbeerkränzen, Perl- 
stäben und Akanthus in den Umrah- 
mungen; an der der Seitenräume laufen, 
den Emporentheilungen entsprechend, 
Streifen, von Perlstäben eingefasst, hin- 
auf. Alle Verzierungen sind farbig ge- 
halten mit Vergoldung. Im Erdgeschoss 
haben die Seitenräume einfache Kreuz- 
gewölbe, im ersten Emporengeschoss 
hölzerne Flachdecken. — Das Thurm- 
Erdgeschoss hat noch ein gothisches 
Gewölbe, welches durch einen mittleren, 
untergesetzten Spitzbogen unterstützt ist 

Wie die classicistische Westthür 
mit Archivolten auf toscanischen Pfei- 
lern, so ist das ganze Aeussere des 

Langhauses gegenüber dem Inneren streng zusammengeschlossen durch die jedem Joch 
entsprechenden Blenden von Rundbögen auf capitelllosen (lisenenartigen) Fenstern, 
wenn auch die drei, jeder Emporenreihe entsprechenden, kleineren Fenster mehr 
rationell für die Erleuchtung des Innern sorgen, als monumental wirken und daher 
auch den rationalistischen Geist jener Bauzeit zeigen. Ihr Wechsel der drei Formen 
übereinander bei geringster Profilirung und der antikisirende Umriss des mittleren 
sind ebenfalls kennzeichnend. 

Der Thurm, auch im Verhältniss zu anderen Bauweisen reichlich erhellt, hat 

8chw»reb..Rüdo!iUilt II, 2 





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18 



Frakkknhauskn, Unterkirche. 



Frankenhausen. 18 



oben an jeder Seite ein recht hübsches, als Rundbogen von einem Rechteck um- 
schlossen componirtes Fenster, und darüber einen Dreieck- Giebel, der nur in der 
Mitte um dieses Fenster geführt, an den Seiten durch Knicke in die Horizontale über- 
geht. Hierauf ruht ein kurzes Stück Achteck- Geschoss und die breit und kraftig ent- 
wickelte (daher nicht so zopfig-chinesisch wirkende) Schweifkuppel mit Tabernakel- 
aufsatz und oberem Schweifkuppelchen. 

Der Südvorbau ist Fachwerk von: 1780. 

v. Aufsess, Anzeig. £ Kunde deutscher Voneit 1, 136. — Georgisch, Regest Inn. S. 454. — 
Frhr. v. Grote, Lencon deutscher Stifter I, 152. — Hermann, in ThQring. Vereins-Zeitachr. VllL 
22. — Hesse, in Thüringen u. d. Harx IV, 168—175. — Lots, Kunsttopographie L — Haidener, 
Hist Nachr. v. d. Cistercienser-Nonnenkloster St Georgii tu Frankenhaasen 4. (Doch hat Holdener 
fälschlich einige das Kloster Capelle betreffende Urkunden auf das frankonhiuser Kloster bezogen.) 

Orgel, mit der übrigen Innenausstattung übereinstimmend, mit Engelsköpfen, 
Gewinden und Akanthusblättern ; hübsch die Bekleidung der kleineren Orgelpfeifen 
über der Claviatur. 

Taufstein, barock (Lichtdruck), weniger ausgezeichnet durch seine Hauptform, 
als durch die treflliche Ausführung der Einzelheiten, wie der Trauben am Untertheil 
und der überfallenden Blätter am Becken, welche einen für damalige Zeit und Gegend 
ungewöhnlichen Aufwand an feiner Meisselarbeit zeigen. Weisser Marmor. 

Kanzel am nördlichen Triumphbogenpfeiler, im Miscbstil des 18. Jahrhunderts 
zwischen Spätbarock und Zopf, dabei recht schwungvoll (A). Die Kanzel tritt in sechs 
Seiten frei und leicht vor, mit ornamentirten Füllungen an der im ümriss nach unten 
herausgebogenen Brüstung, deren reich und dabei maassvoll gegliedertes Fussgesims 
auf einer Console von mächtigen, nach den fünf Richtungen hin laufenden und oben 
überfallenden Akanthusblättern ruht ; unterwärts derselben schweben drei Engel, deren 
mittlerer einen Anker hält. Ein vierter mit emporgehaltenem Herzen steht oben auf 
der Spitze des ebenfalls in sechs Seiten vorspringenden, als Gebälk gezeichneten und 
mit aufsteigenden Voluten zwischen Engelsköpfen gekrönten Schalldeckels. 

Altaraufbau (während der Restauration entfernt). Die Vorderfläche zeigt zu 
den Seiten eines geringwertigen Abendmahl-Gemäldes akanthus-verzierte, geschweifte 
Pilaster. Darüber Gesims und ein Aufsatz, der viereckig, aber nach unten durch 
Volutenschweifung breiter ist; darin ein ebenfalls unbedeutendes, grosses Gemälde 
der Auferstehung. Hübsch ist die Verzierung der Voluten mit Weinlaub, Trauben und 
Granatäpfeln, in Gehängen an flatternden Schleifen, sowie oben jederseits mit einem 
Engelskopf. Zu den Seiten des Altartisches steigen von unten, auf Postamenten und 
Sockeln korinthische Pilaster auf, welche das über, bezw. hinter dem oberen Aufsatz 
verkröpfte, mit Zahnschnitten und Consolen gezierte Gebälk tragen. Auf ihm steigt 
eine mit Akanthuswcrk und an der Vorderfläche mit dem Haupt Christi im Schweiss- 
tuch geschmückte Platte pyramidal, doch mit abgeplatteter Spitze auf; auf dem 
obersten Gesims befindet sich die sehr manierirte Darstellung des Gekreuzigten 
zwischen den Maria und Johannes, welche die Hände ringen. 

2 Altarleuchter, um 1690, reich und schön entwickelt (Ä). Drei auf Kugeln 
ruhende, S-förmig aufsteigende Voluten, durch Seitenbauchung miteinander verbunden, 
mit getriebener Arbeit, Schildern an den drei Flächen (darauf: Widmung der Mar. 
Schreiber geb. Schmidt, Geburt, Verkündigung, bezw. Dreifaltigkeit und Auferstehung, 
in kleinen Reliefs) und oben heraustretenden, drei Engelsköpfen bilden den Fuss. 



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Pk','. ftriinnUrh in Jeni. L« ht<lruek NM lUmmUr 4 Jonas in Dnmtn 



Taufstein in der Unterkirche zu Frankenhausen. 



i'erliiy ioh 0* in für Fi* cht r in Jena- 



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19 Frankenhauaen. 



Frankenhausen, Unterkirche. 



19 



Der Schaft, ungemein schlank und reich gegliedert, hat zwischen vielfachen Kehlen 
und Stäbchen als ganz antikisirende Hauptmotive übereinander : Urne, Knauf, Cande- 
laber und Mischkrug. Silber, theilweise vergoldet, G7 cm hoch. 

2 Leuchter auf dem Altar, von: ^7/i>, auf drei Füssen, der Schaft mit Knäufen 
zwischen Kehlen, oben zur Schale erweitert. Messing. 

Taufschale (aus der Oberkirche) (-4), Beckenschläger- Arbeit des 17. Jahr- 
hunderts, von bekannter Art; in der Mitte getrieben die Verkündigung, Buchstiiben- 
Umschrift, dann ringsumlaufende Hirsche, am Rand geschlagene Blümchen. Messing, 
59 cm Durchmesser. 

Taufschale, mit »lern Zeichen des Verfertigers : L . G . S . am äussersten 
Rande, aus dem 17. Jahrhundert. Die Arbeit ist gut und scharf, die Ornamente von 
schöngeschwungenen Linien und noch maassvoller Feinheit. Zu beachten ist, wie die 
Bandverschlingung (zwischen dem gerauhten Muster des inneren Randes und den ge- 




Tuufschale in der Unterkirche zu Frankeuliauscn. 

2 # 



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20 Fbanxenhaüsjen, Unterkirche. Frankenhausen. 20 



wundencn Eiern) über Kehlung und Wulst gemeinschaftlich fortläuft; ferner der 
Wechsel im Gleichartigen, wie das Rauten-Ornament im innersten Boden am steilsten, 
bei der zweimaligen Wiederkehr nach aussen, stets flacher wird (um nicht, zu häufig 
im gleichen Kreis angebracht, zu ermüden), ebenso, wie das gewundene Eierstab- 
Ornament im äussersten Rand nicht, wie im iiinern, nach einer Richtung läuft, sondern 
symmetrisch gegeneinander gestellt ist (aus dem gleichen Grunde). Die Schale ist 
von Silber, 52 1 /» cm Durchmesser. 

Weinkanne (nach dem Totenbuch 1634 von Superintendent Rothmaler ge- 
stiftet), in Kaunenform, von geschmackvollem Umriss (A). In getriebener Arbeit ist 
am Fuss ein herumlaufendes Füllhorn- und Blattoruament angebracht ; au dem Körper 
vorn das Abendmahl in Umrahmung von gereihten Blumenkelchen, an den Seiten, nach 
hinten zu aufsteigend, ein breiter, geschweifter Stengel, aus dessen zackenförmigem, 
grossem Endblatt sich, wiederum hübsch geschwungen, ein Stengel mit Füllhorn-Eudi- 
gung und ein grösserer mit Voluten-Endigung und Weinrebe entwickelt; am Ausguss 
akanthusartiges Blattwerk; am Deckel ein ringsumlaufendes Füllhorn-Muster. Statt 
Deckelknopf ist ein hegendes Lamm massiv ausgeführt Silber, mit Vergoldung. 

Kelch. Sechspass-Fuss mit bandverziertem Rand und aufgelegtem Crucifix; am Schaft 
ein aufgelegter Blattkranz; am Knauf Rautenwürfel mit Glasprismen zwischen dem flachen 
Eierstab. Silber, vergoldet. 

Kelch, laut Inschrift und Wappen unter dem Fuss 1633 von Stephan und Anna 
Bonner gestiftet, von hübscher Form. Sechspass-Fuss, mit Rautenband am Rande und 
einem gravirten Engelsköpfchen auf jedem Pass. Der Knauf ist reich mit getriebenen 
Engelsköpfchen (statt der Würfel der Gothik) zwischen Eiern verziert, an deren 
oberen die Buchstaben: G.V.G.S.G.H. (nach Prof. Kl. vielleicht: Gott verleih, 
Gott segne, Gott hilf; nach meiner Meinung: Gott Vater, Gott Sohn, Gott heiliger 
Geist), an den unteren: IHESUS. Silber, vergoldet. 

Kelch, inschriftlich 1633 von Jacob Bonner gestiftet (A). Sechspass-Fuss mit 
Bandfries am Rand. Am Knauf Rautenwürfelchen abwechselnd mit Platten und mit 
Glasfluss, zwischen blattähnlichen Eiern; am Schaft darüber in getriebener Arbeit 
Hirsch und Reh, von Hunden gehetzt 

Keloh, inschriftlich 1686 von Joh. Jac. Schreiber gestiftet. Sechspass-Fuss. Am 
Knauf Würfelchen abwechselnd mit Platten (auf zweien: Jesus) und Glasfluss, sowie eiförmige 
Blatter. Silber, vergoldet 

Kelch, insohriftlich 1703 von Doroth. Grammann, dem vorigen gleich. Silber, ver- 
goldet 

7 Patenen, davon eine mit Umschrift: Johannes Rotmaler S . S . Th . D . Pastor 
et Superint. Frankehusanus 1634, und seinem Wappen. Silber, vergoldet 

Patene, mit Inschrift unter dem Boden: ao 1632, den 21 .8 bris Ist von des Kays. 
General Pappenheimbs untergebenem Kriegsvolk hiesiche Stadtk . drey Tage lang ge- 
plündert und in wehrender Plünderung aller Kirchenornaten Kelchen Patenen Mess- 
gewanten undt dergleichen mit geraubet, dahero in mangelunge deren das h. Abendt- 
mahl eine Zeit lang aus Zinnenwerge administriret worden. Die auf der Patene 
eingravirte Darstellung des Gekreuzigten ist ganz gut, besser noch die Ranken- 
verzierung des Randes. In den drei Schildern am Ausgang derselben sind die Meister- 
zeicheu gravirt. Zinn. 



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I hat. Srcun'i'h tu Scna 



Licl.tdtnek tcn Iiümnifci <t Jonas in hrtttlm. 



Kelch-Untersetzer in der Unterkirche zu Frankenhausen. 



Vutn§ IM <7iij/<ii> Fischer in Jena. 

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21 Frankenhausen. Fbankkhhausxn, Unterkirche. 

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21 



Kelch, ohne Jahreszahl, aber durch gleiche Stempel als zu der Patene gehörig be- 
kundet. Glockenförmiger Fuss mit dorn gravirten Crucifix. Zinn. 

Hostienbttchso, mit Jahreszahl: 1678 und Wappen der Stifter Philipp Friedrich 
Schräder und Magdalena Sömehngen, sowie: Gott eu Ehren, auf dem Deckel. Um die 
Büchse l&uft ein Fries von wagerechten Kelchen zwischen Blumen. Silber. 




Patene in der Unterkirche tu Frankenhausen. 



4 Untersetzer, wohl auch aus der Zeit von 163.'! (Lichtdruck). Die Stickerei 
ist in Gold- und Silberfäden ausgeführt Während die Hauptarbeit Plattstich ist, 
treten die Randverzierungen spitzenartig heraus. 

Beschläge an einer (1681 erschienenen) Bibel, welche 1703 von Reichsgraf 
Ludwig Friedrich von Schwarzburg geschenkt wurde, hübsch, mit dem schwarz- 
burgischen Wappen etc. verziert. Silber. 

Deoke, von etwa 1701, Seidondamast, auf gelbem Grunde langfadig gewebte Ver- 
zierungen und Silberblumen. 

Gemälde in der Sacristci (Lichtdruck), Brustbilder von Luther, Johann dem Be- 
ständigen und Mclanchthon ; in der Ecke rechts oben das Monogramm L . C . und 15'20. 
Das Gemälde stammt aus Cranach's Schule, ist aber übermalt, besonders der Luther. 
Die Köpfe des Fürsten und Melanchthon's sind gut, letzterer mit feinem Ausdruck, 



22 



Frankiniuusen, Untorkirchc, öffentliche Gebäude. Frankenhausen. 22 



am lebendigsten gemalt, wohl nur dieser nach dem Leben, die beiden andern nach 
Bildnissen. Auffallig sind die grauen Lichter in den Haaren der beiden Reformatoren. 
Oelmalerei auf Holz. 

Gemälde, Leichnam Christi, Kniestück, von gutem, mildem Ausdruck, aber 
etwas oberflächlich gemalt und verblichen. Oelmalerei. 

Gemälde, Bildniss der schwarzburgischen Fürstin Emilie Juliane, gut. Oel- 
malerei. 

5 Gemälde, Pfarrerbildnisse des 18. Jahrhunderts in Oel. 
Glocken, neu. 

Von den zur Unterkirche einst gehörenden KIOStßT-Gebäuden steht noch 
eine Ruine südwestlich von der Kirche, ziemlich in Bäumen versteckt. Es ist ein 
Stück Mauer, an der sich einige kleine, romanische Fenster in zwei Reihen überein- 
ander erhalten haben; die untereu später mit flachbogigen Entlastungsbögen der er- 
weiterten Leibung versehen (A). 

Ein Gebäude, südlich gegenüber der Unterkirche, hat mehrfache Schicksale er- 
litten und als Schlaf- und Speise-Raum des Klosters, später (1552) als Schuld ge- 
dient, zu welcher es (jetzt Privatzwecken dienend) wieder eingerichtet werden soll. 
Es ist ein spätgothischer Bau; davon noch einige Fenster mit geschmackvollen Glie- 
derungen der Rechteck-Einfassung. Einige Rundstäbe, vor Kantenstäbe oder an Kehlen 
gesetzt, kreuzen einander, theils kurz hinter den Kreuzungen aufhörend, theils bis zur 
folgenden Gliederung fortgesetzt. Dadurch entsteht ein ganz hübsches, wechselvolles 
Linienspiel, welches zusammen mit den zum Theil gekehlten, zum Theil schräg 
scharfkantig eingeschnittenen Vertiefungen besonders bei den Fensterpaaren eine recht 
gefällige Wirkung giebt (4). — Nach dem Hofe zu führt eine Spitzbogenthür. — Im 
Innern steht ein ganz gut geschnitzter Holzpfeüer (A). — Weniger geschmackvoll ist 
eine innen in den Fensterpfeiler vermauerte Gedenktafel mit der im Rundbogen herumlaufenden 
Umschrift: ... NATTS EST NOBIS ET FILIVS DATVS EST. N0B1S CVTVS . IMPERIVM 

HVMERVM EIVS ESAIAE 9.DEVS IPSE VENIET SALVABIT NOS ESA. 31 . — 

ANWERLE D1AC0NVS ANNO DOMINI 1557 um die äusserst misslungene Relieffigur 
des nackten Christkindes, welches, mit Kreuz und Reichsapfel in den Händen, die Schlange 
zertritt (Ä). Sandstein. 

Stein, vermauert, einfachste Renaissance. Bogen-Ausschnitt auf Candelaber-Säulchen. 
Darin eine Rcchtecktufel mit Inschrift. . . . L. . S . . . AYSEN ET CHRISTOPHO[R]V[S] 
KNAW . P . . COSS . F ANNO DO — 7. — Literatur s. oben bei der Beschreib. <L Unterkirche. 

[G rabstein im Kloster (wo?), des Grafen Friedrich III. von Beichlingen, f 1275, 

erwähnt bei Aufs es s, Anieiger f. Kunde d. deutschen Voraeit I, 136 und danach Lot«, Kunrt- 
topographie L 210; nicht gefunden.] 

im Landrathsamt: 

7 Gemälde, Bildnisse aller Landeshauptleute von 1692 — 1793 (der Reihe 
nach Herren von: Beulwitz 1692, Hardenberg 1702, Beulwitz 1723, Hardenberg 1756, 
Sommer 1761, Ketelhodt 1770, Ketelhodt 1793), zum Theil recht gut in Oel gemalt 

PfännerSChaftS-Gebällde, sogenanntes altes Bad. Das Sitzungs- 
zimmer hat wohl noch die Einrichtung von 1615, welche Jahreszahl die alte, mit 
dem Hund und den gekreuzten Haken der Pfännerschaft gezierte Wetterfahne 



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23 Frankenhausen. Fbakxbhiuuskn, ffffcntlicho Gebäude, Schloss. 



23 



zeigt. An den Wänden eine einfach verzierte Bohlenvertäfelung. Eine Thür hat 
Zahnschnitt-Verzierungen im Aufsatz, die andere eine Blend-Balustrade. Etwas ge- 
schnitzte Stander tragen die an drei Seiten auf stärkeren, verzierten Unterzügen 
ruhenden Balken der Felderdecke. 

Schrank, mit cannelirten Säulchen, bemalt. 

Cruoifii, gothiech. Hols. 

Kanne, mit: 1651 and dem Wappen von Stephan Bonner. Zinn. — Krug, mit: 
1667, Salbrunnen eu Frankenhausen und einem Kranz, darin die Pfännerschaftß- Wappen. 
Zinn. 

Glas, cylindrisch, mit den Namen von Salzgrafen und Bornherren und: 1748 in einem 
Kranz, sowie den Pfannerschafts- Wappen in Cartouchenwerk unter einer Krone. — Glas, 
ähnlich dem vorigen. 

Wappenschild, bemalt mit den unkenntlichen Wappen von: Rudolff, Fürst 
zu Be — , und Magdalena, Fürstin zu Anhalt, Gräffin zu Ascanien . . . . 
Fahne, alt, bemalt. 

Gemälde eines Theiles der frank euhausener Befestigung mit dem Hausmannsthurm 
2 Gemälde, von: 1771; Bildnisse von fürstlichen Männern in Galatraohi 

Rathhau 8. Der Bau, durch die Inschrift: a° . tat m°cccc°plt>tti 0 fyte t>omt>6 
eft edtßcAta datirt, muss nach einem dort aufbewahrten Bild ein ganz stattlicher 
gewesen sein (A\ mit einer durch Freitreppen rechts und links erreichbaren, ge- 
deckten Holzlaube, Staffelgiebel und hohem Dachreiter mit doppelter Schweifkuppel, 
ist aber durch den Erneuerungsbau (um 1840) ziemlich einfach geworden. — Wappen- 
schild (Ä) in Ranken-Einfassung, die von dem bekrönenden Helm ausgeht; darin 
die zwei Wappen der Stadt (drei Thürme über der gezinnten Mauer, in der ein Rund 
mit dem Pfännerschafts-Hund) und des Landes (Löwe). — Helm (A) etc. aus der 
frankenhausener Schlacht 1525. 

(Bibliothek, ausgezeichnet durch Werke von altem Druck (1489, 1496, 1507 
etc.) oder interessantem Inhalt, viele mit werthvollen Abbildungen.) 

FllrStllCll81 SchlOSS. Die ältere Anlage brannte 1689 nieder; die heu- 
tige ist ein grosses, doch schlichtes Gebäude, der Hauptsache nach den Charakter des 
17. und 18. Jahrhunderts tragend. Am Haupteingang das grosse, fürstliche Wappen. 
Von älteren Resten ist Weniges erhalten. Doch weisen einige der Keller unter der vor- 
deren, westlichen Terrasse auf sehr hohes Alter einer hier einst befindlichen Bauanlagc 
zurück. Sie haben Tonnengewölbe und unter den mancherlei Thürformen kommt eine 
(unter Fortdenken der Anschüttung) kreisrunde, grosse Oeffnung vor, ganz an das grosse, 
runde Fenster der Klosterruine zu Roda erinnernd ; andere Thürformen gehören frei- 
lich dem 16. Jahrhundert an, so dass auch bei jener der Verdacht eines Romanisirens 
der Renaissance aufsteigen könnte (eben wie bei Roda). — Von spätgothischer Bau- 
tätigkeit des 15. Jahrhunderts zeugen ein Kamin im Keller, einige Vorderfenster, 
deren rechteckige Umrahmung und Profilirung von Rundstäben in Kehlen der der 
Schule und des Burmann'schen Hauses (s. S. 24) gleichen. 

Im Innern hat sich nur aus der Zeit des 17. Jahrhunderts eine Kapelle erhalten, 
welche aber durch eine Wand getheilt ist, so dass der dreiseitige Chorschluss als 
Schlafzimmer, der mit zwei schmalen Kreuzgewölben bedeckte Rechteck-Raum als Wohn- 



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24 



Fbamekhhaqsen, Schloss, Spittel, Wohnhäuser. Frankennausen. 24 



zimmer dient. Das letztere hat ein modernes, starkes Wandgesims bekommen. Die 
Rippen sind eigenartig barock, ein vorn gekehlter Rundstab, von zwei Kehlchen ein- 
gefasst; die rundbogigen Thüren haben in den Einfassungen ebenfalls Verbindung von 
Rundstäben und Kehlen. 

Die innere Ausstattung ist verhältnissmassig einfach. Einige Schränke, Tische 
und Stühle, besonders in den rechts von der Treppe gelegenen Erdgeschoss- 
Zimmern sind von sehr tüchtiger Renaissance-Arbeit aus der Frühzeit des 17. Jahr- 
hunderts, mit hübscher Abwechselung von Knäufen und Kehlen der gedrehten Beine. 

Kästchen im Hirschhorn-Zimmer des Obergeschosses, Renaissance vom Anfang 
des 17. Jahrhunderts, gute Arbeit in Ebenholz mit Marmor (.4). Die Klappthören zeigen 
auf der Außenseite eine mit feinem Ranken- und Blattwerk und einem Schild orna- 
mentirte Rundbogen-Blende, deren Pilaster, wie auch die Bogenzwickel, welche die Um- 
rahmung zum Rechteck vervollständigen, reich verziert sind. Die Pilaster werden 
von vortretenden, toscanischen Säulen eingefasst, welche auf Consolen und einem 
schmalen, wagerecht durchgehenden Fussgesims ruhen und wiederum ein durchgehendes 
Gesims tragen, an den Ecken mit Knäufen bekrönt. Die Innenseiten der Thüren 
haben je zwei Rechteck-Füllungen mit Ornamenten. Bei geöffneten Thüren ist ein 
grösseres Fach von kleineren Schubfächern umgeben, und alle diese mit hübsch ge- 
schwungenem Rankenwerk in Füllungen eingelegt 

Im Spittel (Spital Severi): 

Grucifix über der inneren Eingangsthür, frühgothisch, mit auffallend dünnen 
Locken und ebensolchem, getheiltem, spitzem Bart, sehr ungelenk (A). Holz, übertüncht. 
— Grucifix im gemeinsamen Zimmer, barock, im Kopf ziemlich gut (.4). Holz. 

Wohnhäuser sind manche aus der Spätzeit des 16. und dem Beginn des 
18. Jahrhunderts erhalten und von malerischer Wirkung, wenn auch verhältnissmässig 
nicht sehr reich. Sie haben unten ein oder zwei Steingeschosse, darauf das nur massig, 
schon im Stil des 17. Jahrhunderts vorkragende Fachwerk im Stile der Harzbauten, 
das Dach häufig mit der Langseite nach der Strasse. Bemerkenswerth sind: 

Apotheke am Anger, von Herrn Bender (früher Hankel) (Ä). 

Gasthaus zum Schwan am Plan, von Herrn Baumann (Ä). Eckhaus, mit 
noch ziemlich kräftiger, consolenverzierter Vorkragung des ersten Obergeschosses, so- 
wie der des Dachgesimses nach der Langseite und der entsprechenden Balken der 
nach dem Platze hin liegenden Giebel-Oberwand, welche zwei Geschosse enthält; zn 
oberst Streben-Kreuzungen. 

Wohnhaus des Herrn Schlossermeisters Bessler in der Oberkräme. Zwei Stein- 
geschosse ; Flachbogen-Thür. Das Obergeschoss hat hübsche Consolen seiner, wie der 
Dach-Vorkragung, sowie die Fussbänder der Pfosten unter den Brüstungen mit Pal- 
metten (in der Weise der hildesheimer etc. Häuser) eingearbeitet 

Wohnhans von Herrn Burmann, Klosterstrasse. Ueber der Kellerthür steht: 
1529, in einem Feld des Nischen-Baldachins an der flachbogigen Eingangsthür: I53& 
(1534), und dieser Bauzeit entsprechen auch sowohl die gothischen Nachklänge, als 
auch die köstlichen Einzelheiten deutscher Frührenaissance am steinernen Erdgeschoss. 



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T/u./. ;.V.itn,fi. /. in Jrna. LüUJrnck von Uümiultr i- Jörn» in 7)rf«fc>». 



Thür om Mause von Herrn Eurmnnn in Frankenhausen. 



Yttijg reu Qn*##S i'itrher in Jeu«' 



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25 Frankenhausen. 



Pbankenhjlitrkn, Wohnhäuser. 



25 



während das Fachwerk- 
Obergeschoss eine sehr 
gute Leistung späterer 
Zeit ist und beide treff- 
lich zusammenstimmen 
(Ä). Das Erdgeschoss 
zeigt in der Front ein 
grosses , wohl durch 
spätere Reduction ver- 
einfachtes Rundbogen- 
Portal und daneben 
die etwas kleinere 
Flachbogen-Thür, wel- 
che zwar ihrer Nischen- 
' sitze beraubt, sonst 
aber wohl erhalten ist 
(Lichtdruck). Während 
in der inneren Rund- 
stab-Kreuzung und der 
nur theilweisen Herab- 
führung der Seiten- 
flächen-Gliederung mit 
ihrem Rundstab in der 
Kehle noch der mittel- 
alterliche Gedanken- 
kreis sich zeigt, ist 

dieser Rundstab selbst mit seinen Verzierungen und seine Herumführung im Flach- 
bogen, besonders aber dessen Eck-Ausbildung von classischem Reiz, ebenso die kronen- 
artigen Baldachine mit Blumen und Muscheln. Ziemlich hoch gegen die Portale sitzen 
die rechteckigen Fenster und zwar links eine zu zweien, rechts eine zu dreien gepaarte 
Fenstergruppe, mit gothischer Profilirung, der von Schloss und Schule gleich. — Das 
Obergeschoss tritt auf starken Schwellen und Balken mit einer Consolenreihe doppelt 
vor, ebenso das Dachgesims, dies auch mit einer doppelten Consolenreihe übereinander. 
— Nach dem Hofe bin führt eine Rundbogen-Thür, die mit einem kräftigen Rundstab 
zwischen Kehlen gegliedert und in den Kehlen angearbeiteten, vielblättrigen Blumen 
geschmückt ist. — Im Innern sind noch einige Stuckdecken wohl erhalten. Im Erd- 
geschoss eine einfache Cassettendecke. Im Obergeschoss zeigt eine Cassettendecke 
mehrfache Profiürung und Perlstab der Umrahmung und in jedem Feld eine andere 
Füllung mit einer phantastischen Figur. Die hier wiedergegebenen Sirenen zeigen nur 
naturalistischen Blumenschmuck, wo es die Raumausfüllung dem Kunster wünscbens- 
werth machte; andere Cassetten zeigen Frauenköpfe, welche im Stil römischer Hoch- 
renaissance durch phantastische Körperbildungen (eigentlich Missbildungen) in um- 
rahmendes, symmetrisch stilisirendes Blumenwerk übergehen oder von einem Kranz 
umrahmt werden (A). Eine andere Felderdecke im Obergeschoss zeigt als Um- 
rahmungs-Motiv innerhalb eines grösseren Quadrates das Quadrat mit rundbogigem 
Mittelstück jeder Seite, in den Füllungen einen schreitenden Adler, den gekrönten 




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20 



Fraotcenhacben, Wohnhäuser. 



Frankenhaugen. 26 



Doppeladler etc., in den entsprechenden Eckfiguren, welche den ührigbleibenden Raum 
bis zum grösseren Quadrat ausfüllen, wie in den nach den Wänden hin übrig blei- 
benden, halben Feldern sind hübsche, tulpenartige Blumen angeordnet {Ä). 

Wohnhans des Herrn Hoffmann in der Oberkräme. Zwei Fachwerk-Ober- 
geschosse; kräftige, mehrfach gegliederte Consolen und Tauverzierung der Schwellen 
und Balken, sowohl unter dem zweiten übergeschoss, wie am Dachgesims (A). 

Wohnhans der Geschwister Siegel in der Oberkräme. Zwei Steingeschosse, das 
obere zum Theil mit geschnitzten, hölzernen Fenster-Einfassungen um die Rahmen. 
Vorkragung des zweiten Obergeschosses auf breiten, zweifachen, untereinander ver- 
kämmten Consolen. Palmetteu- Verzierung an den Fussbändern der Pfosten (.4). 




Stackdecke im Barm&tiu'scbeo Haute iu Frankenhausen. 



27 Frankenbauaen. Fbahomhaussb, Wohnhäuser, Privatbesitz. 27 



Wohnhaus des Herrn Bock in der Langstrasse; Holzverzierungen; Balken- 
consolen mit Cannelirungen. 

Wohnhaus des Herrn Fleischers Schuch ; verzierte Consolen in zwei Geschossen. 

Wohnhaus von Herrn Völker; Rundbogenportal auf ionischen Säulen. 

Zuckerfabrik von Herrn Hornung; Balken und Schwellen des Obergeschosses 
mit Kehl- und Wulst-Profilen. 

Im Wohnhause des Herrn Sanitatsraths Gräf, an dessen Thür die Jahreszahl: 1591 1 
ist eine barocke, um 1700 hergestellte Stuckdecke, mit in der Mitte mehrfach 
gebrochenem Rahmen mit Rundbogen-Ausschnitten, die als Rundstab zwischen Kehlen 
profilirt sind. Herum geht eine zweite Umrahmung mit Schweifungen und Ranken- 
werk, durch Cartouchenwerk in den Wandmitten mit der zweiten Umrahmung ver- 
bunden, welches oben Palmenzweige und Rankenwerk und in den Ecken die sinn- 
bildlichen drei Flammchen zeigen. Zwischen beiden Umrahmungen und in den Ecken 
befinden sich Füllhörner, von Akanthusranken begleitet, in den Ecken nach der Wand 
hin auch gebrochenes Gitterwerk, an welches sich Lorbeer- und Akanthus- Zweige 
einfügen. Hübsch ist in der Decke der Wechsel in den Einzelheiten bei symmetrischer 
Gesammtcoin position. 

Im Hofe des Herrn Kaufmanns Seyffarth, an einem Wirtschaftsgebäude: 
Figur [von dem 1833 abgebrannten Präsidenten - Haus] , vielleicht ehemals 
Eckconsolen, um 1600, Gestalt eines Mannes-Oberkörpers mit Knebelbart, Käppchen, 
einem Rock mit Pufiarmeln, Brustschlitzen etc., in den Händen vor der Brust einen 
Becher und ein Brot haltend (A). Sandstein. 

Im Besitz des Herrn Bauraths Junot: 

Schränkchcn, aus dem 17. Jahrhundert, Spätrenaissance (4), süddeutsche, 
zierliche Arbeit, antikisirend, mit massigen Schnörkcllinien nur im Zierat, nicht der 
Construction. Der Hauptsache nach von schwarzgebeiztem Holz. Der Untersatz hat 
zwischen wagerechtem, gut profilirtem Fuss- und Deck-Gesims einen Schubkasten mit 
zwei rechteckig umrahmten Füllungen von angearbeiteten Akanthusranken. Der Haupt- 
theil hat zwei Flügelthüren, welche an der Aussenseite einfache Rechteck-Umrahmung 
zeigen, an jeder Innenseite einen Spiegel in einem Rundbogen-Rahmen auf Pilastern, 
diese wieder umrahmt von der Nachahmung eines Fensters mit seitlich vortretenden 
Ohren, volutirten Consolen und volutenförmig eingebogenen, schräg aufstrebenden 
Akanthusranken der Bekrönung. Geöffnet enthält der Haupttheil in der Mitte ein 
rechteckiges Fach (welchos sich für ein dahinter befindliches Geheimfach herausschieben 
lässt) auf zwei unten aufruhenden Eckconsolen, zwischen denen unten noch Platz für 
einen Kasten mit einer doppelten (äusseren und inneren), länglichen Achteck-Umrahmung 
des Feldes bleibt, oben eine Bekrönung von Volutenwerk, welches von den Ecken nach 
der Mitte oben zu läuft, ein kleineres, läugliches Achteck-Feld umschliessend. Rechts 
und links von diesem Mittelstück sitzen je vier Schubkästen übereinander, jeder mit 
doppelter, achteckiger Umrahmung von vergoldetem Leistenwerk und allerlei Verzierung 
von goldgefassten , rothen Facetten etc. dazwischen. In allen Achteck-Flächen be- 
finden sich feine Pergament-Malereien mit Scenen aus der griechischen Götter- und 



28 Frank KitHAUBUti, Privatbesitz, Stadtbefestigung. Frankenhausen. 28 



Helden-Sage, in dem Mittelfach zwei Landschaften, in den Ecken oben zu den Seiten 
der Mittelfach-Bekrönung Vögel. Der Oberthcil des Schrünkchens ist dreitheilig. In 
der Mitte eine Muschelnische mit Sockel (für eine Figur), rechteckig umrahmt von 
Pilastern mit Kümpfcrgesinisen, welche ein hohes, wagerechtes Gebälk tragen mit dem 
Aufsatz eines Schildchens und Thiermaske darüber, zwischen S-förmig an jeder Seite 
ansteigenden Akanthusranken. Rechts und links sitzen etwas niedrigere Attiken, bis 
auf ihre Ecken verdeckt durch die akroterien-artig vor ihnen von den äusseren Ecken 
des Obertheil-Anfanges nach dem Gebälk des Mittelstückes ansteigenden, S-förmigen, 
schön geschwungenen Akanthusranken. 

Pultkommode, aus dem 18. Jahrhundert, Nussbaum mit Einlage- Arbeit, besonders 
an der Pultklappe, der Mittelthür des oberen Aufsatzes und den zehn Seitenschub-Fächern, 
Jagdstücke und chinesirende Jagdhumoresken mit verschiedenen, zum Theil gebrannten 
Hölzern und Elfenbein, zwischen den Rahmen filigranartig feine Rankenverzierungen. Die 
Kästen des Untcrtheils und der Seitentheile sind mit schönen Maserhölzern eingelegt. 

Spiegelrahmen, barock, in venetianischer Art: geschliffenes und aufgelegtes 
Glas; im Aufsatz oben eine Krone, zu den Seiten Blattranken und Blumen, in der 
Mitte eine Darstellung, Merkur bei Waarcn und Fässern sitzend, auf ein Schild mit: 
I.P.II, gestützt. An der Umrahmung seitlich Rosetten, Körbchen mit davon aus- 
gehenden Blumensträussen, unten Blätter und Blumen, Consolen bildend. Das Ganze 
sehr zierlich. 

Tasse Schillers, vergoldet. 

Im Besitz des Herrn Amtsgerichtsraths Weinberg: 

Kästchen, Renaissance, zierlich, auf schwarzem Gestell mit weissem Alabaster 
eingelegt. Pfeilerarcadcn an den Seiten und Säulen an den Ecken; auf dem Deckel 

Pul ver horn aus Cocosnuss, aus dem 18. Jahr- 
hundert; zwei Wappen und: W.V.E.; gut ge- 
arbeitete Reliefs von Jagdscenen; Friesverzierung; 
die beiden Seiten durch ein fein verziertes, sil- 
bernes Band zusammengehalten. 

Sponton, aus der Mitte des 18. Jahrhunderts. 
Gemälde von Frankenhausen, alt 

Stadtbefestigung. Den Hauptpunkt 
bildete der oberhalb der Stadt nach den Bergen zu 
auf einem Kegel gelegene Hausmannsthurm. 
Derselbe wurde wahrscheinlich als die älteste Be- 
festigung von den Franken zum Schutze der Saline 
erbaut. An ihn schloss sich die Oberstadt und 
im 12. Jahrhundert die Unterstadt an. Der Grund- 
riss der einfachen, kleinen Burganlage deutet 
auf hohes Alter, das Mauerwerk auf das 13. Jahr- 
hundert, doch traten natürlich mehrfache Ver- 
änderungen im Laufe der Jahrhunderte ein; zu- 
nächst Umbauten, Erweiterungen an Fenstern und 




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29 Frankelihausen. Fbankbnhacsen, Stadtbefestigung, Kreuzsteine, Kassenburg. 



29 



Thür. Im 16. Jahrhundert muss ein bedeutender Restaurationsbau stattgefunden haben, 
von dem die Rundbogen-Blenden an der heraustretenden Dachmansarde stammen. Das 
Dach hatte noch 1650 (auf der Zeichnung im Merian) einen Treppengiebel und mehrere 
solcher Mansarden, der Thurm eine mit Eckthürmchen umstellte Kuppel und darauf 
einen hohen Tabernakel-Aufsatz mit bekrönender Kuppel. Auf einem Bild im Rath- 
haus erscheint der Thurm im Aufbau ebenso, unten schon etwas ruinenhaft First im 
Laufe unseres Jahrhunderts verfiel das Gebäude besonders durch Schadhaftwerden 
des Daches und zeigt das Haus jetzt mächtige Risse und in den letzten Stadien des 
Verfalls begriffenes Dachwerk, während der Thurm, von dem namentlich um 1870 
ein mächtiges Stück herabstürzte, ebenso Gefahr drohend, wie malerisch in seinen 
Resten aufragt (4). 




OsUnsicht des Hauamannsthurmes zu Fratikeuhausen 



Von dem Hausmannsthurm zieht sich die Mauer bis zu ziemlicher Höhe (d. h. 
ohne Wehrgänge etc.) wohl erhalten zur Oberkirche herab, an deren Ostseite sie 
vorübergeht, um dann um die Stadt, und zwar ziemlich nahe um Schloss, Unter- 
kirche etc. herumzulaufen. Sie ist in ihrem Zuge überall zu verfolgen, an einzelnen 
Stellen sogar mit Resten von Zinnen, Strebepfeilern und Thürmen, wie im Garten des 
Burmann'schen Hauses in der Klosterstrasse. 

KreiiZStein an der Strasse nach Rottleben (Ä). 

KreUZStein zwischen Frankenhausen und Seega (jenseits des Berges), klee- 
blattförmig. 

Etwa 3 km westlich von Frankenhausen: 

Kassenburg (Katzenburg , Kattenberg ?), länglicher Hügel mit Plateau, 
nach Süden von Natur, nach Norden und Osten durch Kunst steil abfallend; daran 
schliesst sich ein kleineres Plateau ; an der Nordostecke Spuren eines Grabens. (Nach 
Müldeners Chronik und Mittheilungen des Pfarrers Schönau sollen sich dort Mauer- 
reste gefunden haben.) 



30 



GöLLINGKN 



FrankenhauseiL 30 



Göllingen, 7 km westlich von Frankenhausen. Im Jahr 800 besass dort das 
Kloster Hersfeld Besitzungen. Der Ort wurde 1324 von Friedrich von Heldrungen 
an Heinrich von Hohnstein verkauft, kam 1366 als Hohnstein'sches Erbe an die Grafen 
von Schwarzburg, wurde 1648 mit der Abtei Hersfeld dem Hause Hessen-Kassel über- 
wiesen und kam 1816 an seine jetzigen Besitzer. 

Kirche, 1722, der Thurm 1736 gebaut. 

Kanzelban, barock. Die in der Mitte des Altarraumes hinter dem Altar aufsteigende 
Oberwand ist von zwei auf sehr hohen Postamenten ruhenden, korinthischen Pilastern einge- 
fasst. Kanzel und Schalldeckel treten im Dreiviertelkreis, mit nochmaligem, rechteckigem Vor- 
sprung der Vorderflache vor ; erstere am Fussgesims mit Blattsträngen geschmückt, letzterer 
mit Blattranken und Palmetten am Gesims. Auf dem verkröpften, weit ausladenden Gebälk 
der Pilaster erhebt sich an den Ecken S-förmig gebogenes Rankenwerk mit Trauben, Wein- 
und Akanthus-Blättern, dazwischen ein in der Mitte durch ein Kreuz unterbrochener Flaoh- 
bogen-Giebel. Durchbrochen geschnitzte Einfassungsbretter mit schwerfälligem Bankenwerk 
sind an den äusseren Seiten der Pilaster angebracht. — Ueber dem Altar unter der Kanzel 
ein Oelgemälde des Abendmahls von handwerksmassiger Arbeit. 

2 Altarleuohter, inschriftlich 1617 von Hans Kalb und Caspar Stentzel gestiftet, 
einfach. Messing. 

Kelch. Der unterwärts mit der Inschrift: Pröbstei eu GoeUingen den 18 September 
1785 versehene Fuss ist mit S-förmig gewundenen Einkehlungen geziert, welche im Wulst 
und nach dem Schaft hin verlaufen. Der Knauf ist rund und glatt bis auf ein mittleres 
Perlband, der Schaft mit einer Perlschnur geschmückt, über welche ein Kranz von drei- 
eckigen Blättern herabfällt Silber, vergoldet 

Glocken. 1) 1837. — 2) 1848. — 3) 1791 von Job. Mayer in Rudolstadt mit 
dem Spruch: Verbum domini mattet in aeternum. 

i 

Auf dem Kirchhof: 

Grabmal an der Nordecke in Sarkophagform mit langer Inschrift für Pfarrer 
Nie. Müller, f 1680. An jeder der leicht ausgebauchten Langseiten sind zwei Spruch- 
schilder in Palmzweig- Umrahmung angebracht. Dazwischen, sowie ausserhalb der 
Schilder hängen Schleifen berab, in der Mitte Blumen. An den Ecken unten Akanthus, 
oben Engelsköpfe. Auf dem Deckel ein Relief des Gekreuzigten über gekreuztem Gebein. 
An der schmalen Kopfseite ein Rundschild mit dem Gottcslamm, in der Umrahmung 
der Spruch: Spes mea est Christus; darüber die Krone des Lebens und Lorbeer- 
kranz. Hübsche Arbeit, besonders die des Pflanzenschmucks, in Sandstein. 

Grabsteine auf dem Zeitz'schen Familienbegräbniss. Der der M. Cathar. Zeitz, 
f 1792, etwas besser, als die übrigen; an den Ecken des Sockels ein Genius mit auf- 
geschlagenem Buch (darauf: Alle meine Tage waren auf dem Buch gesehrieben) und 
eine weinende Frauengestalt. Ueber der Inschrift-Tafel des Haupttheils der Genius 
der Trauer, auf eine Sanduhr sich stützend, darüber das Dreifaltigkeits-Dreieck in 
Wolken. — Zwei kleinere, oben einfach rund abschliessend, der eine mit Lebeuskrone, 
der andere mit zwei Engelsköpfen unter der Lebenskrone. 



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31 Frankenhausen. 



GöLLIHGKN. 



31 



2 Grabsteine auf dem Kloster-Erbbograbnisa , an der nordwestlichen Wand des 
Giebels eines ehemaligen Klostergebäudes. Der linke für den Amtsverweser Elias Herbig 
aus Herleshausen in Hessen, t 1708; die Leichentext-Inschrift von zwei Engeln gehalten; 
darüber Spruch in einem Kranz. Der rechte für des Vorigen Gemahlin Gertr. Marg., geb. 
Herbig, f 1706, mit Inschrift, zwei Engeln, welche einen Spruch, und zwei anderen, welche 
ein brennendes Herz halten, und Gebeinen. 

(Die Inschriften und Sprüche der Grabmäler, von Herrn Pfarrer Bloss in Göllingen ab- 
geschrieben, auf dem Fragebogen im Kunstdeukmäler-Arohiv zu Jena). 

Ehemaliges Kloster der Benedictiner. Das Kloster kann mit Recht unter die 
ältesten in Thüringen gezählt werden. Da aber sowohl die Stiftungs-, wie die Be- 
stätigungs-Urkunde und andere sichere Zeugnisse fehlen, lässt sich nicht bestimmen, 
in welchem Jahre und von wem es erbaut worden sein mag. Mit der früheren Ge- 
schichte des Klosters ist die Geschichte Günther's des „Einsiedlers" (um 1006) eng 
verbunden. Die Schutzvogtei hatten im 12. und 13. Jahrhundert die Herren von 
Heldrungen, seit 1324 die Grafen von Hohnstein, nach diesen die Grafen von Schwarz- 
burg. 1525 wurde es im Bauernkriege geplündert und bis auf einige Theile zerstört. 

Von der spätromanischen Kirche stehen Reste der Apsismauer au der nord- 
östlichen Seite des Kirchhofes ; ferner wohlerhalten der Westthurm im Bezirk und 
Besitz des dort befindlichen fürstlichen K a m m e r y u t e s . Es ist ein prächtiger, 
in Verhältnissen und Einzelheiten wie in Ausführung gleich vollendeter Bau, in- 
teressant, wie wenige der Zeit (aus der 2. Hälfte des 12. Jahrhunderts) und Gegend. 
Die sogenannte Krypta öffnet sich an der Ostseite in zwei mächtigen, den Seiten- 
schiffen vorgesetzten Bögen, deren Pfeiler treffliche Bildung der Basen und Kämpfer- 
gesimse zeigen , in zwei Vorräume. Den Eingang bildet der südliche derselben , zu 
welchem eine Thür und 
einige Stufen an der Ost- 
seite herabführen; er 
zeigt in den Eckblättern 
der trefflich profilirten 
attischen Basen schon 
die Spätzeit; die Wür- 
felcapitelle mit ihren 
Aufsatzkämpfern ha- 
ben die mannigfachsten 
Muster ; eigentümlich 
ist die Hufeisenbildung 
der Gurtbögen, welche 
von dem durch die 
Kreuzzüge verursach- 
ten Einfluss der arabi- 
schen Baukunst zeugt, 
an etwas ältere Bauten 
des Stiles in Sicilien 

Innen-Anslcht der KrypU in der Kircha *u Göllingen. 




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32 



GöLLINOEH. 



Frankenhausen. 32 






Ctpitelle der Krypta in der Kirche zu Oöllingeo. 



Die Krypta empfangt der äusseren Erdboden-Verschiedenheit zufolge nur Licht von 
der Südseite durch zwei Fenster an den äusseren Jochen, während das mittlere eine 

Blende in Gestalt eines hoch- 
kantig gestellten Quadrates bat 
— Das Erdgeschoss und die 
zwei Obergeschosse des Thur- 
mes sind im Innern ebenso 
einfach, wie die Ueberführung 
vom quadratischen auf den 
achteckigen Grundriss innen 
durch Gewölbezwickel, aussen 
durch halbe Zeltdächer. Ein 
Portal, dessen der Leibung vor- 
gelegte Säulen reiche Voluten- 
bildung der Capitelle und schöne, 
mit dem Pfeiler gemeinschaft- 
liche Kämpfergliederung haben, 
öffnete das Thurm-Erdgeschoss 
nach dem über dem Vorraum 
der Krypta befindlichen Ver- 
bindungsraum. Dieser war mit 
den beiderseits angeordneten 
Treppenthünnen in Verbindung. 
Er war wohl mit Kreuzgewölben 
überspannt und zwar ruhten 
diese, wie es scheint, nur auf 
der Ostseite auf den mit Blät- 
tercapitellen gezierten Eck- 
säulen, an der Ostseite aber 
auf den Consolen, die sie mit 
den Schildbögen theilten, wäh- 
rend die (stärkeren) Ecksäulen 




/ 



^ j 



Durch&chnitt des Tliurmes der Kirche zu Qöllingen. 



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VU J. lluunu h in Jena. LichtJrutk vj<i Ilömmler A Jonas in Drtsden. 



Westansicht des Thurmes zu Göllingen. 



Yctttij cum Kiiilor Fitchrr m Jena. . 

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33 Frankenhausen. 



(jÖLLINGEN. 



33 




das in der Mitte auf einer Console zusammenkommende Bogenpaar oberhalb des Fortales 
trugen. Doch lassen sich diese Bautheile ebensowenig, wie das Doppelportal mit den 
der Leibung vorgelegten Säulen, welches sich einst nach dem Langhaus der Kirche 
öffnete, verfolgen, da die Seite durch ein um 1867 für den Klosterpächter errichtetes 
Wohnhaus nicht nur verdeckt, sondern wohl auch beschädigt worden ist (A). 

Die Aussenseiten des Thurmbaues (Lichtdruck) haben 
Ecklisenen, durch Rundbogen-Friese verbunden, wozu 
sich noch im quadratischen Erdgeschoss an jeder Seite 
zwei als schlanke Säulen mit feinen Capitellchen ge- 
staltete Mittellisenen gesellen; hier auch einige etwas 
unmotivirt eingeschobene Kleebögen des Frieses. Die 
an sich einfache Aussengliederung erhält kräftige Schlag- 
schatten durch die vortretenden Theile und eine ma- 
lerische Wirkung durch die Wiederholung im Wechsel. 
Wiederum wird durch den Wechsel der sich wieder- 
holenden Consolen unter den Friesbögen das Bild berei- 
chert; Consolen, welche nach antiken Vorbildern, doch 
in freiester Weise, Motive des dorischen Echinus, der 
ionischen Volute und des zur Palmette gewordenen, 
überfallenden Akanthusblattes zeigen (-4). Die ge- 
paarten Fenster im obersten Geschoss sind einfach, von 
schlanken Verhältnissen. Das Zeltdach bat ebenfalls, 
wenn auch mehrfach erneuert, seine alte Erscheinung 
bewahrt. 

W. G. Bleich r od t, Das Kloster GöUragen, 1838, mit 3 Ab- 
bildungen. — 0. t. Orot he, Lexicon deutscher Stifter, 180. — 
Hermann, Thflring. 8tifter, inThüring. Vereins-Zeitschr. Vm, 26. 

— H. L. Hesse, Das ehemal. KL Gollingen, in Thüringen u. d. 
Harz VII, 254, mit Abbildung. - Kugler, Gesch. d Bauk. H. 401. 

— Lötz, Kunsttopographie I. 244. — J. F. Mfildener, Antiqu. 
Gölling. oder histor.-diplom. Nachrichten vom Kl. Gollingen, 1766. 

— Otte, Handbuch der KnnstarchäoL 1886, II, 176. — Ortslexicon 
von Schwarzb.-Rudolst. 247. — Puttrich, MittelalterL Bauwerke 
in Sachsen, Heft Schwarzb.-Rudolst. 1843, 35 und Grundr. u. Innen- 
ansicht der Krypta Tat 18 19; Ansicht des Thurmes Tat 8 9. — 
Pattrich, Systemat DarstelL d EntwickL d Bank. L d. obers&chs. 
Ländern 1852, Grundr. u. Krypta-Ansicht Tat LH, 6; Säule Tat VH, 22. — Sehn aase, Gesch. <L 
bild. Künste V (1872), 231, Anm. — Seemann, Kunsthistor. Bilderbogen Tat 53, 12 

Wie bedeutungsvoll dem Mittelalter selbst dieser Kirchenbau ist, zeigt sich an 
der Freude, mit der derselbe auf den alten Siegeln dargestellt ist. — Pf Bloss, Mitth. 

— Nach Ob.-Pt Hesse stellt das untere Siegel die Unterwerfung des Klosters unter Walkenried dar. 

Insohrift-Tafel an der Ostseite des Wohngebäudes der Domäne, von: 1356; — an 
der Schafstall-Ecke, von: 1351. 

[Kapellen sollen früher auf dem hinter dem alten Klostergarten emporsteigenden 
Michelsborge, sowie auf dem nach Seega zu liegenden Jacobsberge (Joksberge) 
gestanden haben. — PtBlossnachMflldener, Antiqu. Gollingensea § 2.] 




Siegel in der Kirche 



II. 



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34 



GüHSEBODA. 



FrankenhauaeiL 34 



Günserode, 8'/, km südlich von Frankenhausen ; 1006 predium Guncisrod vom 
Eremiten Günther dem Kloster Göllingen geschenkt; 1265 kommt der Ort an das 
Kloster Kapelle (1344 Gonsrode, 1346 Günsrade, 1347 Gynesrode, 1352 Gunsrade, 
1444 Gunsseroda), 1399 durch Kauf an die Grafen von Schwarzburg. 

Pf. M i r u b, MittheiL, wonach auch von den verstorbenen Pfarrern Dinlcler und Stolberg Berichte 
Ober mehrere Kunst- und Geschichtedenkmäler des Ortes an die FflrstL Schwanburg-Rudolst&dtische 
Regierung gesendet worden sind. 

Kirche. Der Chor, auf welchem sich der Thurm 
erhebt, stammt seiner Anlage nach aus der Zeit des Ueber- 
gangsstils, aus welcher auch sein Ostfenster und der 
Triumphbogen erhalten sind ; sein Gewölbe und die übereck 
gestellten Strebepfeiler aus der Zeit der Gothik. 

Kirchenbank an der Langhaus-Nordwand, bemer- 
kenswerth wegen der Neigung zum Classicismus, mit canne- 
lirten Säulen und Zahnschnitt-Gesims (.4 i. 

Tau fste in- Becken [Fuss und Schaft fehlen und ist 
statt, bezw. mit Benutzung derselben ein kurzer, achteckiger, 
verjüngter Sockel untergeschoben], mit oberer Umschrift: 
H . VON MARC 1667.J.N. R.I.; in steiler Pokalform , mit 
langen, vortieften, von vortretenden Platten umrahmten Eierstab-Riefelungen von ungenauer 
Arbeit und mit einem tau-verzierteu Wulst als Halsglied über dem Schaft (A). 




Chor-Grundrist der Kirrhe 
zu Günseroda 1 ! 300. 




Kirchbank in der Kirche zu Uünseroda. 



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35 Frankelihausen. 



Gü KSKRODA. 



35 



Kanzelbau dicht hinter dem Altar aufsteigend, barock, von Pilastern ein- 
gefasst, so dass noch neben der auf einer Console in fünf Seiten vortretenden Kanzel 
zwei Felder übrig bleiben. Diese tragen die Oel gern aide des Matthäus und 
Johannes, die Felder der Kanzel die des Aaron, Lucas, des Gekreuzigten, Marcus 
und Moses, alle von gleich geringer Bedeutung, wie das des Abendmahls unter der 
Kanzel. Die Ecken haben aufgerichtetes Akanthus-Blattwerk. Am oberen Gebälk 
tritt der Schalldeckel vor, einfach mit Blattwerk-Bekrönung über der Mitte vorn. 
Ganz originell sind die neben den Pilastern angebrachten Verzierungen in Form von 
mehrfach geschweiften, eckig gebrochenen und gekerbten Gittern, von Akanthus um- 
rankt, im obersten Theile auch von Blumen und Früchten. 

Taufkanne, von: 1726 und Weinkanne, von: 17.98. Zinn. 

Kelch. Der Secbspass-Fuss, unten mit einem Wulst, an welchem Engelsköpfe und 
Laubgewinde eingetrieben sind, sowie der unten und oben mit Blättern roh verzierte Knauf 
sind von Kupfer, die wohl neuere Kuppe von Silber, alles vergoldet. 

Hostienbflchse, von: 1728. Zinn. 

Glocken. 1) 1774 von Johann Georg und Johann Gottfried Ulrich in Apolda. 
Barock-Fries. - 2) KV€ MKRIK GRÄ€IÄ PLGIIÄ DOMIHVS (A). - 3) 1857. 

Kirchhof: 

Grabstein an der Ostmauer der Kirche aussen, von 1728, mit ovaler, von 
Akanthus umrahmter Inschrift-Tafel, als Krönung die Sanduhr. 

Grabstein an der nördlichen Kirchhof-Mauer neben dem Eingang zum Pfarr- 
haus vermauert; Inschrift-Tafel für: Michael Brandt, f 1611, zwischen zwei kurzen, 
gedrehten Säulchen mit plumpen, viereckigen, mit Andreas-Kreuz an der Vorderfläche 
versehenen Würfeln als Capitellen, auf denen Kugeln ; zwischen ihnen ein Rundbogen- 
Feld, das im unteren Theil mit einem schildartigen Ornament besetzt ist. 

Nahe von Günseroda, an dem Communicationsweg nach Seega: 

Kapellmühle, jetzt Besitz des Herrn Müldener, an der Stelle eines ehe- 
maligen Benedictinerinnen- Kl osters der Heiligen Maria, Gertrud und Georg. Dieses 
wurde 1193 von Burggraf Godebold von Neuenburg und seiner Gemahlin Bertradis ge- 
gründet, im Bauernkriege geplündert, 15;i7 aufgehoben. Sein Umfang an dem erwähnten 
Wege und darüber hinaus nach dem Walde zu lässt sich noch erkennen. Ein ober- 
irdisches, zum Theil überwachsenes Gewölbe, jetzt Wirthschaftszwecken dienend, steht 
oberhalb des Weges nach dem Walde zu ; geringe Reste von Pfeilern und Kämpfer- 
gesimsen sind ebenfalls vorhanden, zum Theil wieder verwendet bei neueren Bauten. 
Bei dem Bau des Comraunicationsweges um 1870 und später wurden viele Steine ge- 
funden, darunter mehrere Grabsteine in der Nähe eines verfallenen Grabgewölbes. 
Einige Grabsteine, Umschriften um eine Mittel-Darstellung enthaltend, sind zer- 
schlagen worden. Ein gut erhaltener Grabstein, jetzt auf dem Mühlengrundstück 
nahe dem Eingang aufgestellt, enthält die Figur eines Geistlichen in kirchlicher 
Tracht (Abbild, auf folg. S.), mit der Stola, den Kelch in der Hand, unter einem 
geschweiften Kleeblattbogen, dessen Zwickel Wappen enthalten. Die Umschrift lautet: 
Anno domini MCCCXXXII obiit dominus keinrieus de burns prior praepositus hujus 
ecclesiae , idibus apriiis . requiescat in pace . amen . (Das Denkmal muss dem 

3* 



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36 



frt flrmoi-.-JöMini ,m 




(irnbütohi in der Klostermülile zu Uüuseroda 



Stile nach lange nach dem Tode gesetzt 
worden sein.) Ein Grabstein-Rest, 
1884 nach dem Pfarrhof gebracht, zeigt 

von der Umschrift : ff HO &.O.I. 

SVO. 

Frhr. v. Grothe, Leneon deutscher Stifter 
I, 74. — Hermann, Thanng.-sächa. Klarier, in 
Thflring. Voreins-Zeitechr. VIII, 15. — Hesse, 
Das ehemalige Kloster Capelle, in den Mitth. d 
Thonng.-sÄcha. Ver. IX, 182—205. — Mi che Isen. 
Diplom, d. KL Capelle, in den Cod. Thnr. diplom. 
I, 1853. — Moldener, Antiquitates monasterii 
capellte inter Seegam et Günzrodarn, Manuseript 
im Archiv tn Rudolstadt - Molden er, Chronik 
Ton Frankenhausen. — PC Miras, Mittheilunpen, 
anter Hinweis aaf Frankenbaasoner Intel! ie;eni- 
blatt, leUte Jahrgänge. 

[Eine Feldkapelle „alte Kirche' 
soll in der Nähe der Wipper am bitzings- 
lebener Fusswege, jetzt Separationswege 
und des Giebich'schen Hofes, bezw. der 
Wüstung Giebendorf (Gicbichendorf) 
(1303 Gevendorp, 1304 Gebindorph) ge- 
staudeu haben. Zahlreiche, grosse, behauene 
Steine sind am Wege und in der Gottfried 
Ziegenhorn'schen Flur gefunden worden, 
die aber auch zu einem Gehöfte gehört 
haben können, nach dem dort vorkommen- 
den Flurnamen : „Höfchen" zu schliessen, 
wahrend wiederum etwas abseits von der 
Wüstung sich Spuren eines länglichen 
Gebäudes gefunden haben sollen. — Der 
unfern davon in der Nähe des alten Stein- 
bruchs Furmire (d. h. Feuermauer oder 
| Schornstein) befindliche Hügel mit Spuren 
eines Grabens ringsum könnte ebenfalls 
die Stelle eines alten Gebäudes sein. — 
P£ Miras, Mitth.] 




[Heimburg, Name einer Flur in der Nähe von Giebendorf, ohne jegliche Spur 
einer etwa dort gestandenen Burg, vielleicht die Stelle einer alten Viehberge im 
Kriegsfall. — P£ Miras, Mitth.] 

Kohn8tein, im Günseroder Flurbezirk, felsiges Plateau mit schroffem Ab- 
hänge nach der Wipper zu, einer Ueberlieferung nach eine „Schwedenschanze" 
aus dem dreissigjährigen Kriege (etwa gegen die gleich hohe, gegenüber, jetzt in 
Trümmern liegende Arensburg gerichtet), nach einer anderen eine ümwallung als 



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I 



I 




37 Frankenhausen. 



37 



Viehberge aus germanischer Zeit; eine, wie es scheint, in mehrere Abtheilungen ge- 
gliedert gewesene Anlage, deren mittelste von Dämmen bis zu 3 m Höhe umzogen 
ist (Ä). [Ketten aus Bronze oder Kupfer, von Herrn Gutspächter Keil in Brett- 
leben, früher Domänenpachter in Seega gefunden, sollen nach Rudolstadt gekommen 

sein. — Pt Miros, Mitth, mit Hinweisung auf Landr. v. Hogke in der Beschreibung de« preoss. 
Weissenseer Kreises.] 



• 

ICtlStedt, 8 km nordöstlich von Frankenhausen; 874 fuldaischer Besitz, 932 . 
Istadt, 1112 Ichstetin, 1231 Icsteden, kam 1230 an die Grafen von Beichlingen auf 
Rotenburg und wurde von diesen 1377 an Schwarzburg verkauft, 1463 von letzterem 
an die Herren von Gehofen als Lehen gegeben. Die Gerichtsbarkeit hatte früher 
der Besitzer des dortigen Schlosses inne, seit 1768 die Landesherrschaft. Nach 1820 
wurde das Amt Ichstedt mit dem zu Frankenhausen vereinigt 

Kirche, von 1719, laut Inschrift an der Nordthür. Der Chor mit dem Thurm 
darauf ist älter, mit einem Kreuzgewölbe versehen ; der Triumphbogen ruht auf einem 
Pfeiler, dessen romanisches Kämpfergesims über Platte und Viertelstab noch ein 
eigentümliches, verkehrt birnförmiges Glied (durch Nacharbeiten ?), darüber Platte und 
stark vortretenden Rundstab hat (A). — üeber der Südthür das Ebra'sche Wappen. — 
PC Schönau, Mitth. 

Herrsohaftstuhl, wohl von 1719, mit vertäfelter Holzdecke; mit dem Ebra'sohen 
und einem andern Wappen (Ä). 

Kanzelbau, barock. Korinthische Pilaster zur Seite der in fünf Seiten vortretenden 
Kanzel, deren Felder mit Blumenstr&ngen geziert sind; unter ihr hängen Troddeln an kleinen 
Bögen und Muscheln. Am Schalldeckel das Wappen der Familie von Ebra ; auf dem Rund- 
bogen-Qiebel seines Gesimses das Jehova-Zeichen in der Sonne. 

Grabmal an der Chor-Südostecke, des Herrn von Hacken (? Unterschrift durch 
Bretter verdeckt), in schöner Renaissance, aus der 2. Hälfte des 16. Jahrhunderts 
(Lichtdruck). Die Ausführung ist ganz vortrefflich und die Figuren und Wappen so gut, 
dass wir gern über den Fehler der zu gedrängten Composition und manche weniger 
geschmackvolle Einzelheiten hinwegsehen. Der Ritter selbst ist in schlichter Treue 
dargestellt. Die Blumenconsolen der beiden Figuren am Rahmen sind fast modern 
gedacht Der Prudentia und der auf der andern Seite befindlichen Puritas mit dem 
Lamm entsprechen auf dem Gesims die beiden andern Haupttugenden (Fortitudo und 
Caritas). Das Ganze ist Stuckarbeit. 

Kronleuchter, von: 1729, mit dem Ebra'schen Wappen. Messing. 

Taufschale (Lichtdruck), Beckenschläger- Arbeit des 17. Jahrhunderts mit den 
bekannten gewundenen Eiern im Boden und Schriftzeichen am inneren Rand, bezw. 
Blümchen und Bogenfriesen am äusseren. Was diese Schale vor anderen auszeichnet, 
ist das Muster von Phantasie-Ciborien zwischen Blättern am mittleren Rand, welches 
durch sein starkes Relief und seine nur fünffache Wiederkehr dieser Schale eine 
wechselvollere Gestalt giebt, als viele andere haben. Messing. 



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Ichstedt. Ringleb es. Frankenhausen. 38 



Weinkanne, von: 1712. Zinn. — Eeloh, von: 1759. Silber, vergoldet — Kelch 
für Kranke und Patene, von: 1712. Silber, vergoldet. — Hostienbüchse, von: 1701. 
Silber. — Hoetienbüchse, von: 175.9. Silber, vergoldet — pfc Schönau, Mitth. 

Glocken. 1) m& von Johann Georg und Johann Gottfried Ulrich in Apolda. — 
2) 1810. - 3) 1864. 

Armenhaus, der „alte Thurm", ursprünglich eine romanische Kapelle, 
um 1452 verlassen, bestehend aus rechteckigem Chorscbluss und grösserem, höherem, 
jetzt durch eine Mauer getrenntem Chor-Rechteck. [Auf demselben erhob sich wohl 
einst ein höherer Thurm. Dieser, wie das Langhaus fehlen] (4). An der Ost- und 
Süd-Seite des Chorschlusses noch die alten Fenster mit stark geschrägter Leibung. 
Beide Räume haben Holzdecken, dagegen ist in der jetzigen Westmauer noch der 
Umriss des Triumphbogens erkennbar; ebenso eine Thür an der Südseite des Chor- 
Rechtecks in der Vermauerung (A). 

Kreuzstein in der Flur, in dessen oberem, abgerundetem Arm ein Kreuz 
eingehauen ist, während der untere, sehr lange, nach oben verjüngte Arm eine ein- 
gehauene Axt (oder Hacke, als Grenzzeichen der Hacken?) zeigt. 

[Ein SohloBs zu Ichstedt 1347 vorhanden, diente 1366 der Grafin von Beichlingen 
als Wittwensite und kam 1377 an die Grafen von Schwariburg.] 



38 



Ringleben, 10 km ostnordöstlich von Frankenhausen; 786 Rinkelebo, wo Hers- 
feld Besitz hatte, 1227 Rinkeleibiu, 1291 zum Theil Eigenthum der Grafen von Stoll- 
berg-Volkstedt, 1313 in einer Fehde niedergebrannt, gehörte bis 1417 den Herren 
von Heldrungen, dann den Grafen von Hohnstein-Heldrungen, seit 1428 den Grafen 
von Schwarzburg; litt oft durch Brände. — Bleichrodt, in Thüringen n. d. Hm H, 182, 
Aber das Dort namentlich aber den in seiner Feldflur vormals befindlich gewesenen KönigBtuhL 

Kirche, 1334 Eigenthum der „Thumpfaffen" von Nordhausen. Der alte Theil 
reicht vom Chor bis zur jetzigen Mitte der Kirche, wo sich der an den Chor an- 
schliessende Thurm jetzt auf zwei starken, rundbogigen Tragebögen erhebt. Dieser 
Theil entstammt selbst wiederum zwei verschiedenen Bauzeiten. Der Thurm gehört 
dem Uebergangstil von etwa 1200 an. Seine oberen Fenster sind durch eine eigen- 
tümliche Mittelsäule getheilt, deren Basis die hier und da in Deutschland auftretende 
Form des verkehrten Würfelcapitells hat. Der vierfach gebündelte Schaft ist stark 
geschwellt, das Capitell mit den breiten, umgebogenen, glatten (doch aus der Akanthns- 
form entstandenen) Blättern trägt den einfachen, oben volutirten Kämpfer zur Aus- 
gleichung der grösseren Mauerdicke. Den Thurm deckt ein Walmdach mit vier 
inmitten jeder Fläche heraustretenden Dachthürmchen und einem auf dem First — 
Der Chor ist spätgothisch , dreiseitig geschlossen, mit zwei grossen Spitzbogen- 



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39 Frankenhausen. 



RlHOLEBKK. 



39 



Fenstern, deren eines noch 
sein Fisch-Maasswerk be- 
wahrt hat (Ä). — Der 
Westtheil der Kirche vom 
Thurm ab ist Neubau von 
1720, gelegentlich dessen 
die ganze Kirche restau- 
rirt wurde. Eine Schranke 
mit gedrehten Balustern 
schliesst den Chor gegen 
das Langhaus ab. 

Taufstein, barock, 
1751 von Maria Magdalena 
von Bötticber gestiftet, acht- 
eckig, pokalförmig, nur mit 
einigen Gliederungen an 




Tbarmfenster iu der Kirche zu Ringleben. 



Marmor. 

Tanf-Engel hinter 
dem Kanzelbau, um 1720, 
barock, verstümmelt, unbe- 
deutend. Holz. 

Altar- und Kanzel- 
bau, barock. An der Rück- 
wand eine Inschrift, durch 
Balken verdeckt; darunter 
eine jüngere : Diesen Altar 
hat Gott zu Ehren Georg 
Adam Noezel von Carls- 
cron Erbherr auf Ichstedt 
Reinüssdorf Cannewurff 

weil ihm Gott einen Sohn Adam Friedrick Gottlieb genand den 6 Sep. 1720 geschencket 
auf seine kosten mahlen lassen; darunter eine auf Brand 1813 und Restauration 1816 
bezügliche Inschrift Die Bchmacklose Wand trennt Chor-Schluss vom Rechteck. Die aus 
einzelnen Voluten mit Akanthusblättern gebildete Console, welche unten in einen Rosetten- 
knoten und herauswachsende Ananas zwischen Akanthus als Zapfen endet, tragt, von vor- 
hangsartigen und mit Quasten verzierten Bändern umschlungen, das Fussgesims der in vier 
Seiten vortretenden Kanzel, welches ebenfalls Volutenranken und dazwischen Vorhangs- 
bildungen mit Troddelwerk zeigt. Die Felder der Kanzelbrüstung haben rechteckige Füllungen ; 
das mittlere, breitere ein bira-förmiges Inschrift-Schild in einer Gartouche mit Akanthus (darin: 
Das Wort Gottes bleibet in Ewigkeit), unter einem hübschen Engelskopf, der das Lese- 
pult unterstützt; die seitlichen Felder haben Blumengewinde, die von einer Muschel-Palmette 
herabhangen. Die Kanzel fassen korinthische, auf Consolen und verkröpften Gesimsen auf- 
steigende Pfeiler und Säulen ein, von denen die letzteren weiter vortreten. Ueber der 
rnndbogigen Kanzelthür und einem von Palmzweigen umrahmten, nicht sehr grossen, hand- 
werksmässigen Oelbild des Abendmahls ruhen auf den Wandstützen das verkröpfte Gesims 



40 Sirolkbkk. Fraukenhausen. 40 

und auf dessen Ecken Ober den Säulen geschweifte, oben als Knospen gestaltete Aufsätze, 
dazwischen ein rechteckiger Aufbau mit dem sehr umfangreichen Gemälde der Kreuzigung, 
eingefasst von Pilastorn, mit AkanthusToluten und daran herabhängenden Blütheneträngea. 
Auf dem Gesims ruht ein folgender, gegen den vorigen eingerückter Aufsatz mit dem mittel- 
grossen Oelgemälde der Grablegung. Seine, wie die vorigen verzierten Pilaster tragen ein 
Gesims und einen abschliessenden Flachbogen-Giebel mit Engelskopf und der krönenden 
Figur des Heilandes; an den Ecken liegen Engel mit Palmzweigen. Seitlich sind noch 
alle Aussengliederungen von Akanthusranken eingefasst, mit welchen sich Gitterwerke und 
Voluten verbinden, zum Theil auch aufwärts, bezw. abwärts gerichtete Blüthen. 

Altarwerk in einer Ecke der Kirche, spätgothisch, um 1500, dreiflügelig (Ä). 
Im Mittelschrein und den Innenseiten der Flügel sind Einzel-Figuren, in der Mitte, 
von den übrigen durch Fialen getrennt, der auf dem Throne sitzende Christus, rechts 
und links die stehenden 14 Nothhelfer. Christus hat Wundenmale an Händen und 
Füssen und ist mit dem Mantel bekleidet, der, am Mittelkörper auseinandergeschlagen, 
auch die Seitenwunde sichtbar werden lässt. [In den Händen hielt er nach Mitthei- 
lung des Herrn Schulzen Weinreich Scepter und Reichsapfel, welche jetzt fehlen.] 
Neben ihm stehen links (vom Beschauer gerechnet) Aegidius, Erasmus, Katharina, 
rechts Barbara, Blasius und Christopherus; in dem linken Flügel: Georg, Dionysius, 
Achatius, Margaretha [Kopf fehlt], im rechten : Eustachius, Cyriacus, Pantaleon, Vitus. 
Die Figuren sind von verschiedenem Werthe, Christus zu hart geschnitzt, die Frauen- 
gestalten zu oberflächlich; einzelne der männlichen sind trefflich, von individueller 
Bildung, dem Charakter entsprechend, so Christophorus mit kräftiger Gesichtsbildung 
und langem Bart, Eustachius als ehrenfester Ritter, Cyriacus als ächter Diakon, mild- 
jugendlich mit Lockenfülle, Vitus knabenhaft weich mit langem Haar, die Hand be- 
theuernd auf die Brust gelegt. Die Figuren sind, ausgenommen Hände und Attribute, 
verhältnissmässig wohl erhalten, auch die, zum Theil in edlen Linien gefalteten, Ge- 
wänder. Ebenso sind es die Baldachine [bis auf denjenigen über Christus], welche 
mit Schweifbögen architektonisch strenger, als sonst üblich, und mit zierlichem Schnitz- 
werk dazwischen gegliedert sind, sowie die Sockelfriese [bis auf den des linken 
Flügels] mit Blend-Maasswerken von auf- und abwärts von einer Mittellinie aus- 
gehenden Kleeblattbogen-Friesen (A). — An den Aussenflügeln befinden sich Ge- 
mälde in Oel, links die Geisselung, rechts die Dornenkrönung Christi, jedesmal nur 
drei Figuren. Die Malereien sind die gewöhnlichen jener Zeit und Gegend mit leid- 
licher Körperkenntniss und mit Verständniss der freilich eckigen Bewegungen, doch 
von zu mangelhafter perspektivischer Kenntniss; die Farben gedämpft bei vorherr- 
schenden warmen Tönen. Ganz interessant sind die beiden durch die Fenster sicht- 
baren Landschaften, welche der Ortsumgebung Einzelheiten entnommen zu haben 
scheinen, eine befestigte Stadt und Gewässer zwischen Bergen. — Nach Herrn Ob.-P£ 
Hesse ist das Altarwerk jetzt rectaurirt and gemalt 

Gitterwerk an den Communionbänken, um 1720, mit Akanthus und Sternen. 
Schmiedeeisen. 

Kronleuchter über dem Taufstein, von: 1735, mit einer Kugel unten endend; 
an den Armranken aufgerichtete Spitzen. 
Taufschale, von: 1751. Zinn. 

Kelch oder Ciboriura mit Akanthusranken, die sich an gebrochene Gitter 
anschliessen, dazwischen Akroterien und Rosetten. Auf dem Flachkuppel-Deckel eine 



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41 Frankenhausen. 



Ringleb bn. 



41 



grosse Rosette von Akanthusranken, ans denen rechts und links Blüthen in hübscher 
Weise herauswachsen. Silber. — Weinlöffel, dazugehörig, zierlich, mit durch- 
brochener Rosette. Silber. 

Kelch, aus dem 18. Jahrhundert, inschriftlieh von Maria Elisabeth Bötticher, geb. 
Schreiber, gestiftet Seohspass-Fuss; am Knauf Rautenwflrfelchen mit: IEHSVS zwischen 
Eiern; an der Kappe unten ein Blattkranz. Silber, vergoldet — Paten e mit gleichem 
Stifternamen. 

Kelch. Sechspass-FuBs; am Knauf flach vortretende Rauten Würfel mit: IESVS f; 
wohl von gleicher Stiftung wie die Patene, welche die Stifter-Inschrift: Conrad Teckerd 
1715 tragt Silber, vergoldet. 

HostienbOcbse, mit Inschrift: Johann Georg Speisebecher 1716. Silber, vergoldet. 

Glocken. 1) Ohne Inschrift, alt, lang, unten mit zwei glatten Reifen. — 2) ffiV€ 
I1ÄRI2S GRÄ.-PL6HÄ DÖHS T€€V. (^1). Zwei Stempel mit Crucifix und Um- 
schrift: MCCCCXXXI (?). — 8) 1787 von J. C und J. H. Ulrich in Apolda Spruch: 
Die Glocke rufft zur Kirche und zum Grabe. Sie klingt mir immer schön, wenn ich 
Dich Jesu habe. 

Kirchhof: 

G rabmal der Familie Rüdiger, von 1782, in gutem Zopfstil (A). Auf dem Sockel 
erhebt sich der geschweifte Mitteltheil mit einem umrahmten Spruch unten und der 
Doppel-Inschrift oben. Einfacher als sonst und dabei schöner geschwungen und zu- 
sammenhängend ist das einrahmende und trennende Volutenwerk. In den Ecken 
sitzen oben Engelsköpfe; darüber ein an den Seiten wagereebtes, in der Mitte flach- 
bogiges Gesims. Vor dem Mitteltheil liegt ein Knäbchen, auf einen Schädel gestützt 
und mit einer Sanduhr in der Hand, zu den Seiten stehen Frauengestalten [mit ver- 
stümmelten Nasen und Händen], ebenfalls in recht guter, schon classicistischer Haltung 
und Gewandung. Aufsatz nach oben verjüngt, mit zwei geflügelten Knäbchen mit 
Lamm und Anker zu den Seiten und der schönen, schlanken, heraufschwebenden 
Gestalt eines Engels mit Spruchschild oben. Das Ganze ist ganz stattlich und 
malerisch im Aufbau bei verhältnissmässig massvollen Einzelheiten. 

Grabmal südlich neben dem vorigen, der Familie Heinrich (?), aus dem 18. Jahr- 
hundert An der einen Seite die Figur des Glaubens [die andere fehlt]; als Krönung das 
Dreüaltigkeits-Dreieek im Strahlenkranz, unter der Lebenskrone. 

Grabmal, aus dem 18. Jahrhundert, Obelisk [der Krönung beraubt], mit Sinnbildern : 
Baum des Lebens, von der Sonne beschienen; Schiff; Tod, Laute spielend; Gestalt nach 
oben weisend, eine Harfe zu Füssen. 

Im Besitz des Herrn Schnlthelss Weinreich: 

Funde vorgeschichtlicher Cultur: Urne, länglich, im Galgenberg (von Steinen 
umsetzt und bedeckt) gefunden, etwa 38 cm hoch, 89 cm im Umfang an der Bauch- 
mitte, mit geradem, kurzem Hals und vier Schnurloch-Henkeln darunter, von mittlerer 
Wanddicke und ziemlich hart gebrannt (La Tene-Form nach Klopfleisch). — Keil, 
ebendaher, der auf der Brust eines Gerippes lag; Serpentin. — Kügelchen und 
Schaber, in der Nähe der vorigen Stelle gefunden; von Stein. — Scherben, auf 
demselben Hügel gefunden, von Thongefässen. — An Einzelfundcn : Axt; Hammer, 
von Stein; Webegewicht, von Thon, in Topfscherben gefunden; Stein mit Loch. 



42 



Ringleben. Rottleuen. 



Frankenhanaen. 42 



Schenkthor, einziger Rest der mittelalterlichen Bef esti gung (A). Der 
gothische Thorthurm hat im Erdgeschoss ein spitzbogiges Tonnengewölbe als Durch- 
fahrt und zu jeder Seite ein einfaches Spitzbogen-Thor auf zwei nur durch Sockel 
und Kämpfergesimse ausgezeichneten Pfeilern. Dann zwei Geschosse mit wenigen, 
aber schon massig grossen Rechteck-Fenstern und Walmdach. Quaderbau. 



Rottleben, 4 km westlich von Frankenhausen; 1125 erwähnt, gehörte den Grafen 
von Rotenburg, seit Anfang des 13. Jahrhunderts den Grafen von Beichlingen, ward 
1276 an die Grafen von Schwarzburg verkauft. 1300 Ratheleyben, 1319 Rotteleyben, 
1435 Rotteloiben. 

Kirche [dem Johannes geweiht, gehörte 1319 dem Kloster zu Frankenhaasen], an- 
bedeutend. 

Kanzel bau, von: 1694. Die Kanzel mit Saulchen au den Ecken, den in Holz ge- 
schnitzten, steifen Figuren der Evangelisten an den Flächen. 

Keloh. Sechspass-Fuss; am Schaft Blattkranz; am Knauf Warfelchen mit: l€S3S 
zwischen Eiern. Silber, vergoldet 

Hostienbflohse, von: 1717, oval An den Seiten Palmetten- und Rankenwerk. 
Der Deckel hat Verzierung von schrägen Oannelirungen mit Blättern, oben geschweige 
Netzwerk-Verzierung mit Rosetten in den Kreuzungen. 

3 Glooken, 1882. 

Grab st ein -Rest auf dem Kirchhof, mit leidlicher Verzierung. 
Pfarrhaus. Inschrift : 1588, renovirt 1 788. 

Der „grüne Hügel" nahe Rottleben, ehemalige Gerichtsstelle, nicht Hünen- 
grab. — MMttldener, Mitthea nach einer von denen Vater 1858 angestellten ünterrachung. 

Falkenburg - Ruine , nördlich von Rottieben über der 1865 entdeckten , so- 
genannten Barbarossahöhle ; um die Mitte des 14. Jahrhunderts von Heinrich von der 
Valkenborg erbaut, wahrscheinlich um 1458 zerstört. Nur wenige Trümmer von 
Umwallungen und Bauten, u. A. des runden Bergfrieds, erhalten. 

Bleichert, ThOring. Magazin. — Herthum, Die BarbaroRsahflhle bei Frankenhaasen etc. 
Leipzig 1868. - K. Meyer, Nordhftuwr Zeitung 187a — F. Mal den er, Histor. Nachrichten roa 
einigen zerrt. ßorgschlOnern. Leipzig 1752, S. 27 (Antiqu. Falkenberg.). — Richter, Kyffhäuacrsa^e, 
8. 139 ff - Thüringen u. d. Harz VIII, 875. 

0ch8enburg, auf dem Gipfel nördlich oberhalb der Falkenburg, Osen 
(= Asenburg?), altheidnische Cultstätte und Fundort von Gegenständen vorgeschicht- 
licher Cultur. 



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43 Frankenhausen. 



Sebqa. 



43 



Seega, 7 km südwestlich von Frankenhausen; 1278 Syga, kam 1356 an die 
Grafen von Schwarzburg, ward 1711 durch Brand stark beschädigt. 

Kirche. Der viereckige Chor, auf dem ein Thurm sich erhebt, stammt aus der 
Uebergangszeit, wie ein freilich erneuertes Fenster zeigt, im Uebrigen 1699, als das 
Langhaus und der Westthurm neu gebaut wurden, dann 1781 (Jahreszahlen am Thurm) 
und 1854 wesentlich wiederhergestellt. An der nördlichen Empore einige Holzpfeiler 
von hübscher Form (A). 

Weinkanne, von: 1712. Zinn. 

Kelch. Sechspass-Fuss mit Blattverzierungen; Knauf gedrückt rund, in seiner Mittel- 
linie mit einem Kranz von in einander gesteckten Blattkelchen verziert; darunter und darüber 
herabfallende, dreifach gelappte Blätter mit stark vortretenden Mittelrippen und dazwischen 
Rosetten; nach dem Kranz hin noch eine Perlenreihe; unter der Kuppe Blattverrierungen. 
Silber, vergoldet. 

Kirchhof: 

Grabmal an der Kirchthür, barock, in Obeliskeaform, mit zierlichem, bemaltem Ornament 
l 1 /g km westlich von Seega: 

Arens bürg, Burgruine auf einem bewaldeten Vorsprung der Hainleite. Die 
Burg war 1116 vorhanden, von 1229 bis 1311 Wohnsitz eines Rittergeschlechtes als 




Grundriss der Arensborg bei Seeg». 



44 Seeoa. Skkhadbkn. Frankenhausen. 44 



Lehn von den Landgrafen von Thüringen, 1319 Lehn der Grafen von Hohnstein ; von 
diesen kam sie 1356 an die Grafen von Schwarzburg, 1498 als Pfand an den Ritter 
Hans von Vippach und wurde 1525 von den Bauern zerstört. 1547 wurde das Amt 
Arensburg wieder eingelöst. Nachdem dasselbe mit Frankenhausen vereinigt war, 
verfiel das Schloss. Die elliptische Anlage und die Anordnung des nur noch in der 
Erhöhung erkennbaren, runden Bergfrieds auf der einen Seite, der Wohngebäude auf 
der andern Seite des Bezirkes sind Zeichen eines hohen Alters der Anlage. Erhalten 
ist ausser geringem Mauerwerk, wie auch einigen tonnengewölbten Kellern, noch in 
grösserer Höhe eine von Osten nach Westen laufende Mauer etwa aus dem 14. Jahr- 
hundert mit drei [früher vier] mächtigen, 3,1 m breiten Spitzbogen-Oeffhungen auf 
einfachen Pfeilern. 

Bleichrodt, Die Ruinen der Arensburg. — Gottichalk'B Ritterburgen, 4. Bd — Hempel, 
Europäisches Staatsleiicon. -- Lndloff, Gemeinnützige Blatter für Schwarzburg, Jahrgang 1819. — 
A. F. Thieroo, Handb. £ d. Fürstenth. Schwarzh-Rudolstadt Leipzig 1882, S. 256. — Zeichnung ?on 
E. v. Brieeen 1863, wohl in Rudolstadt befindlich (?). 



Seehausen, 4 km ostsüdostlich von Frankenhausen; 1101 Seehusen, zur Graf- 
schaft Beichlingen gehörig, bis 1208 zur Grafschaft Rothenburg, kam 1340 durch 
Kauf an die Grafen von Schwarzburg, wurde durch Brände 1712 und 1833 fast ganz 
zerstört. 

Kirche, nach dem Brand der alten 1713 auf Kosten des Kaufherrn Kutzleb 
in Gotha erbaut, 18G0 im Innern, 1886 unter Leitung des Bauraths Junot aussen und 
innen restaurirt. Doch sind noch einige geringe Reste älterer Bautheile sichtbar; 
von einem romanischen Bau stammen der Chorbogen [welcher sich einst nach einer 
Halbkreis- Apsis hin öffnete] und der Triumphbogen nach dem Langhaus, von einem 
spätgothischen Bau al>er die Dienstconsolcn an der Ostscite jenes Chorbogens [welche 
zeigen, dass an Stelle der Apsis damals ein kreuzgewölbtes Chor-Schlussjoch angebaut 
wurde] und an der inneren Mauer der Westseite ein besonders reicher und recht gut 
erhaltener Sacramentschrein. Zeigt derselbe auch schon die späteste Zeit in 
den Formen des sehr flachen Schweifbugens mit willkürlicher Füllung des Bogen- 
feldes und in der eingebogen giebelförmigen Ueberdcckung der beiden seitlichen 
Nischen, so geben die Gesammtcomposition, eben diese originelle Nischenbildung zur 
Belebung der Fialenpfeiler und schliesslich die technisch saubere Ausführung mit 
noch gutem Blumenwerk doch der kleinen Arbeit ihren Werth. 

Emporen laufen in zwei Reiben übereinander an beiden Langseiten und 'an der 
Westseite, hier in flachem Bogen zurücktretend, herum. Ucber dem Chor und dem 
Langhaus hat die Kirche gebogene Holzdecken. Zu den Emporen tritt der Schmuck 
mehrerer hölzerner Kirchstühle, welche sich zum Theil über das künstlerische Maass 
derartiger Einbauten erheben. 

K i r c h s t u h 1 an der Chor-Nordseite, wohl aus der Erbauungszeit der Kirche von 
1712, von sehr hübschen Profilirungen (4). Zwei toscanische Pilaster auf attischen 



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45 Frankonhausen. 



Seehausex. 



45 



Basen und Sockeln fassen im Erdgeschoss den Stuhl ein, während die einfache, ver- 
tafelte Brüstung noch durch einen in der Mitte vortretenden, auf gleicher Gliederung, 
wie die Eckpilaster, ruhenden, kurzen Pilaster in zwei Abtheilungen getheilt ist. So 
ist auch das ganze Obergeschoss dreigetheilt, indem die mittlere Stützenstellung auf 
einer den äusseren 



Pilaster-Capitell en 
des Erdgeschosses 
entsprechenden Con- 
sole ruht Diese ist 
an der Vorderfläche 
mit den Capitellen 
durch hübsch durch- 
brochen geschnitztes 
Akanthus - Ranken- 
werk, freilich etwas 
unorganisch , ver- 
bunden. Auf den tos- 
canischen Eckpila- 
stern und derMittel- 
console sitzt zu- 
nächst ein verkröpf- 
tes Gebälk mit 
durchlaufendem Ge- 
sims, dann ein durch- 
laufendes , durch- 
brochen geschnitztes 
Fussgesiins (Nach- 
klang der Gothik), 
das an den Ecken 
und in der Mitte 
Muschel- und Blatt- 
werk hat. liier er- 
heben sich die drei 
Stützen des Ober- 
geschosses, erst 
Sockel mit laubver- 
zierten Füllungen, 
darauf schlanke, ko- 
rinthische Pilaster 

mit verjüngten 
Schäften, aber weit 

ausladenden Capitellen und Kämpf ergebälken darauf, welche das Abschlussgesims 
tragen. Hinter den Pilastern werden die Umrahmungsbretter sichtbar, welche sowohl 
die glatten, nur durch Medaillons mit vergoldeten Monogrammen geschmückten 
Brüstungsfelder einfassen, sowie, durch das Abschlussgesims der Brüstung (das hinter 
den Pilasterschaften verschwindet) unterbrochen, oben die rechteckigen Oeffuungen 




46 



Sekhavsen. 



Frankenhausen. 46 



umschliesseD, in ihrem obersten Stück wiederum durch fein durchbrochen geschlitztes 
Akanthus-Rankenwerk verbunden. (Auch hier ein Nachklang gothischer Altar- 
baldacbine). 

Kirchstuhl an der Chor-Südseite, von: 1151. 

2 Kirchstühle an der Langhaus-Westseite, rechts und links unter der Orgel- 
Empore, um 1712, einfacher, aber durch geschmackvolle Arbeit die meisten Werke 
jener Zeit und Gegend überragend. Der erstere (Lichtdruck) hat ebenfalls zwei Ab- 
theilungen. Die Basen, Capitelle und Verkröpfungen zeigen ein sehr reines Stilgefühl 
und maassvolle Profilirungen, die obere Flacbbogen-Füllung mit ihrer feingeschwungenen 
und meisterhaft ausgeführten, durchbrochenen Schnitzerei ist hier in organischer Weise 
durch Umrahmung von den Rahmenhölzern getrennt, bezw. an sie geschlossen. Der 
nördliche Stuhl ist der bessere, der südliche, nach dem Vorbild jenes wohl später 
ausgeführt, etwas schwerfälliger in dem oberen Rankenwerk. 

Kanzelbau, barock. Erdgesohoss mit zwei Seitendurchgängen neben dem Altar 
zum Chor hin, von einfachen, dorischen PUastern eingefasst, deren Capitellprofile, verkrfipft, 
sich als wagorechtee Gesims über den Durchgängen fortsetzen, in der Mitte durch die 
Kanzelconsole unterbrochen. Die Oberwand erhebt sich nur in der mittleren Abtheilung 
über dem Altar, eingefasst von Pilastern und davor gestellten, korinthischen Säulen, welche 
das verkröpfte Gebälk mit droitheiligem Architrav und dem mit Akanthus verzierten Gesims 
tragen. An den Aussenseiten der Pilaster laufen nochmals Einfassungsbretter herab, mit 
Frucht- und Blumensträngen geziert und in Rankenrolnten nach den Seitentheilen unten 
auslaufend. An der Oberwand sitzt unten dicht Ober dem Altar ein gebrochen umrabmtes. 
handwerklich ausgeführtes Oelgemälde des Abendmahls. Darüber tritt auf verkehrt 
kronenartig entwickelten Akanthus-Consolen die Kanzel fünfseitig vor, mit Lorbeerblätter- 
Strängen im Fussgesims, mit Eckpfosten, Akanthusblättern an den unteren Ecken, wie im Ab- 
deckungsgesims und in den Flächen, deren einfache, viereckige, an den Ecken etwas gekröpfte 
Umrahmungen Füllungen umschliesseu. In diesen ist an der Vorderseite der Spruch : Das 
Wort Gottes bleibet bis in Ewigkeit angebracht, an den nächsten, seitüchen Flächen aber 
Verzierung von Blattrosetten in Kreuzform. Der fünfeckig gebrochene Schalldeckel tritt am 
Fries des oberen Säulengebälkes vor, unten mit Quasten verziert an seinen Bogenaussohnitten, 
oben mit einer von Akanthusvoluten gebildeten Krone. Auf dem Säulengebälk erhebt sich 
ein Rundbogen-Giebel, in der Mitte unterbrochen durch ein Cruoifix. Die dreiviertel 
lebensgrosse, ganz vergoldete Figur des Gekreuzigten ist von bemerkenswertb schöner 
Durchbildung des Hauptes. 

Weinkanne, von: 1745. Zinn. 

Kelch, von: 1724. Sechspass-Fuss ; Knauf mit Perlband zwischen den oben und unten 
vortretenden Eiern; Kuppe im unteren Theil mit aufgerichteten Blättern. Silber, vergoldet 

Kelch, von : 1740. Seohspass-Fuss ; Knauf flach, mit sechs sich kreuzenden Bändern 
und Würfeln, darauf: IESVS, dazwischen Kehlen und Wulst Silber, vergoldet 

Hostienbüchse, von: 1745. An der Büchse abwechselnd Vorhangsverzierungen 
und Rankenwerk. In der Mitte des in mehreren Gliederungen geschweift gebogenen Deckels 
ein ovales Medaillon mit hübschen Ranken und Rosetten. 

— 

Malereien an der Decke, in etwas verzierten Umrahmungen, wohl von dem Künstler 
des Abendmahl sbildee unter der Kanzel ausgeführt Im Chor: das himmlische Jerusalem mit 



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47 



der Anbetung des Lammes in der Glorie; im Langhaus-Mittelraum: die Taufe Christi mit 
grosser Volksmenge zu den Seiten und im Hintergrunde und die Himmelfahrt Christi. Die 
Zeichnung ist sohlecht, die Farbenwirkung ganz gut 
Glocken. 1) 1855. — 2) 1824. — 8) 1840. 

KreUZStein an der Strasse nach Oldisleben. 



Thalleben, auch Steinthalleben genannt, 7 km nordwestlich von Franken- 
hausen, sehr alten Ursprungs. 1205 Dalehem, 1258 Thalheim (der eigentliche Name), 
1390 Dalhem, dann auch Thalleuben. Die Kirche, bezw. ein Kloster, soll 917 dem 
h. Dionysius zu Ehren gestiftet worden sein, dessen Güter (also wohl auch die Kirche 
selbst, wie der ganze Ort) nach und nach an das Kloster Walkenried kamen, theils 
durch Schenkungen des Papstes Innocenz U. 1205, Markgraf Theodor von Osterland 
und Meissen 1215, Landgraf Albert von Thüringen* 1272, theils durch Kauf von 
Friedrich von Ebeleben 1211 und Hermann von Sondershausen 1317, von dem letz- 
teren auch das Patronatsrecht. Um 1534, als Graf Günther von Schwarzburg von 
dem Abt Paullus durch Kauf die Einkünfte von Thalleben (zunächst widerruflich) er- 
hielt, mag die Reformation ihren Anfang genommen haben. 

PC Reinhard zu Thallebon, Mitth. nach den Notizen von Pf. Franz 1792 im Kirchenbach, 
welche wiederum nach de« Pf. M. Kahne (1723-69 Pfarrer) gesammelten Nachrichten gemacht «ind. 

Kirchs. Der jetzt als Sacristei dienende Chor, auf dem sich der Thurm erhebt, 
ist der Rest eines romanischen Baues (angeblich aus der Zeit der ersten Gründung), 
von dem an der Südseite ein kleines, jetzt zur Blende vermauertes Fenster vorhanden 
ist, ferner der (nach Abbruch der Apsis) zugemauerte Chorbogen und der Triumph- 
bogen, bezw. das Tonnengewölbe (?) dieses Raumes. (Der romanische Bau scheint 
ursprünglich kleiner gewesen, später nach Süden zu erweitert und in den Mauern 
erhöht worden zu sein.) Das Uebrige ist Neubau von 1735. Im Jahre 1879 wurde 
der Thurm restaurirt 

Kirchstuhl an der Chor-Nordseite, im Zopfstil, mit hübschen Rankenvoluten 
am Sockelglied und mit aufgelegten Verzierungen an der Brüstungsfülluug in Form 
von Blättern und Früchten, die seitlich in eiu durch zwei Ringe geschlungenes 
Tuch ausgehen. Holz. 

Ki roh stuhl an der Langhaus-Nordseite, zopfig, mit Akanthusranken zwischen Füll- 
hörnern an der Brllstuugsfullung. Holz. 

Opferstook hinter dem Altar, von: 1580, achteckig, mit Sockel- und Deckplatte. 
Stein, 60 cm hoch. 

Kanzelbau hinter dem Altar, laut Inschrift an den Rahmenbrettern 1771 gemacht, 
1836 renovirt Auf einem durchgehenden Sockelgesims erhebt sich die Oberwand, eingefasst 
von Pilaßtorn und vorgestellten, auf Postomenten ruhenden Säulen mit korinthisirenden 



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48 



Frankenhausen. 48 



Capitellen. Auf den Capitellen sitzen Kämpfergesimse, welche den hintergestellten Pilastern 
als Capitelle dienen, darüber folgen nochmals Kämpfergebalke, dann der verkröpfte Architrav, 
der jedoch von beiden Seiten nur bis zu dem mit der äussern Kante auf ihm ruhenden 
Schalldeckel geht Dieser tritt, wie die Kanzel, in fünf Seiten vor. Die letztere, auf einer 
Console mit traubenförmigen Zapfen, hat an den Ecken auf Sockeln gedrehte Säulchen mit 
korinthisirenden Capitellen und an den Flächen Füllungen in vielfach gebrochenen Rahmen; 
der Schalldeckel zeigt von den Ecken ausgehende S- Voluten als Krone, darauf ein Kreuz mit 
dem Dreifaltigkeits-Dreieck im Strahlenkranz. Die aussen an den Pilastern herablaufenden 
Rahmenbretter sind plump geschnitzt. 

Tafel hinter dem Altar, vermauert, mit: 1752 und Anfangsbuchstaben von Stifter- 
Namen über einem Kopf (A). 

2 Leuchter. Die Form ist einfach, aber 
von guter Bildung des Ganzen und der Schale 
insbesondere, und interessant, weil die Form 
auf verhältnissmässig alte Motive zurückweist 
Bronze. 

Taufkanne, von: 1650. Zinn. 
Weinbehälter, von: 1701, mit Schraub- 
deckel ; Griff mit doppelter Schlange. Zinn. 
Weinkannen, von: 1650 und: 1715. Zinn. 
Kelch, von: 1687. Sechspass-Fuss mit drei 
Wappen: A. S.V.K., G.G.V.V. und G.G. V.B. 
Am Knauf sind Rautenwürfel, abwechselnd mit 
Facetten und den Zeichen: IHS zwischen flach 
vortretenden Eiern angebracht Silber, vergoldet 
Kelch, spätgothisch, klein. Sechspass-Fuss 
mit aufgelöthetem Crucifix. Am Knauf Rauten- 
Würfel mit: IGSVS + zwischen S-förmig gestellten, 
erhabenen, nach oben und unten schmaler werden- 
den Verzierungen. Am Schaft darüber, bezw. da- 
runter: IhGSVS, bezw. MKRIK . h (hilf). Kupfer, 
vergoldet; das Crucifix von Silber. 

Patene, 1717. Silber, vergoldet — Löffel 
mit Sieb-Verzierung. Silber. 

Hostienbüohse, 1701. Silber. 

Klingelbeutel, von: 1702, von Messing; mit älterem, silbernem Glöckchen, an 
dem ein Hund, der ein Thier verfolgt, daneben vier Lilien. 

Deoke, um 1700, Atlas mit Blumen und Ranken in grüner und rother Seide und 
Goldfäden in Plattstich; Silberfransen. 

Decke, aus späterer Zeit, blaue Seide, Blumen und Ranken, bunt und mit 
Metallfaden in Plattstich aufgestickt. 

Glocken. 1) Gothisch, ohne Inschrift — Zwei Tau-Verzierungen, dazwischen 
acht runde und lanzettförmige Medaillons mit frühgothischen Reliefs (Ä), u. a. Christus 




in der Kirche zu 



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49 



Thallkbbn. 



auf dem Thron, mit einem Buch in der Linken und segnender Rechten, Simson, 
kämpfende Reiter. Oben auf dem Rand abwechselnd kleine Crucifixe und Rosetten. 
— 2) 1664 von Hiob Brittinger in Nordhausen. — 3) Ohne Inschrift, in Kuhschellen- 
Form (der Sage nach aus einer verschwundenen Hüflerkapelle stammend) (A). 



Pfarrhaus, zu Anfang des 18. Jahr- 
hunderte erbaut, auf einem alteren Bau. Tafel 
neben der Hausthür mit Inschrift: HAEC NONA 

IOHANNI EST EXTRVCTA RIM HVIVS 

CVM FIE STOB IN AEDE .. L WIL- 

HELMVS PA OMES ET TVLIT .... DA 

PABTEM .... SVMTVS TV . SA . . . QVAESO 
TVERE , und Umschrift: AS .. EN HERN CASPAR 

WINTEB KLOTZ BAVMEIST . . . Unter der 

Tafel eine Kellerthflr, an deren Rundbogen: 1511. 

Brunnentrog im Hofe, wohl Becken eines 
ehemaligen Taufsteines, zwölfeckig, pokalförmig, 
unten gerundet, mit einem Kreuz und der Jahres- 
zahl: 1522 (A). 




Relief au der 1. Glocke tu Thalleben. 



Wohnhaus des Rittergutsbesitzers Herrn Engelin (Abbild, auf folg. S.), von 
1548 laut Inschrift an einem Schornstein Uber dem ersten Geschoss. Der steinerne 
Bau, welcher einfach, aber immerhin durch die Verzierung des Giebels mit Pilastern 
und Gesimsen im Stil der deutschen Renaissance den meisten neueren Häusern über- 
legen ist, soll abge- 



werden. Im 
Keller sind noch Rund- 
bogen, im Erdgeschoss 
Kreuzgewölbe erhal- 
ten; im Obergeschoss 
in einer Stube die 
Jahreszahl einer Er- 
1744. 



Wohnhaus von 

Herrn Gust. Schumann. 
Keller mit Spitzbogen- 
Eingang, daran Namen 
und Jahreszahl : A 1541 
W., interessant wegen 
der kräftigen 
führung. 




Inschrift am Keller dea Wohnhauses von Herrn Hchamann tu Thalleben. 




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50 



•Frankenhansen. 50 




Wohnhaus von Herrn Engelin in Tballeben. 



Rothenburg-Ruine, 8 km nordwestlich von Frankenhausen, weithin sichtbar, 
auf einer nordwestlichen Berghöhe des Kyffhausergebirges gelegen. . Die Burg wurde 
um das Jahr 1100 vom Grafen Christian von Kothenburg erbaut, 1212 von Kaiser 
Otto IV. belagert und genommen ; bis 1377 dann im Besitz der Grafen von Beichlingen 
und der Landgrafen von Thüringen, ward sie 1378 an die Herren von Arnstadt und 
Sondershausen verpfändet, von 1434 bis 157G an die Herren von Pütcherode, seitdem 



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51 Frankenhausen. Thallkbks, Rothenburg. 51 



im Besitz der Grafen von Schwarzburg. Seit dem 16. Jahrhundert verödete und 
verfiel das Schloss immer mehr. 

Die annähernd elliptische Anlage gehört wohl noch der frühmittelalterlichen Zeit 
an, wenn auch die Vertiefung des Wallgrabens auf der Südseite, um auch von 
hier aus die Burg unzugänglich zu machen, erst im Lauf der Jahrhunderte erfolgt 
sein mag. 




Es lassen sich hauptsächlich drei Gebäude unterscheiden. Der Bergfried im 
Süden , rund , auf ebenfalls frühmittelalterlichem Unterbau , gehört jedoch in seinem 
Hauptbau mit weniger sorgfältiger Schichtung der mächtigen Steine erst der gothischen 
Zeit an. Die Höhe des erhaltenen Theiles ist daher auch sehr verschieden, etwa 
zwischen 10 und 12 m schwankend (A). Nördlich an den Bergfried schliesst sich 
der innere Hof an, eingeschlossen von einer West- und einer Nordmauer, während 
zwei Wohngebäude die östliche Seite, bezw. Nordostecke einnclunen (A). Der Ost- 
bau, der sogenannte Rittersaal, ist der interessanteste Theil der Burg. Der von 
Norden nach Süden länglich rechteckige Bau, mit seiner Osthälfte aus dem Bezirk 
der ältesten Anlage heraustretend, gehört seinen Formen nach in die Zeit des Ueber- 
gangstiles und muss prachtvoll bezüglich seiner Verhältnisse, wie seiner Einzelausbildung 
gewesen sein. Ein niedriges Erdgeschoss war durch eine Längs-Scheidemauer in einen 

4* 



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52 



Thallzbks, Rothenbarg. Frankenhausen. 52 





S Iii» 



westlichen Vorraum und ein östliches Ge- 
mach getrennt. In den Vorraum führten 
eine Thür von Westen (dem Hof) und eine 
von Süden (aussen) her in Form eines 
nach aussen hin spitzbogig, nach innen 
hin flachgiebelig überdeckten Theres. Eine 
Verbindungsthür ging durch die Mitte der 
Längs-Scheidewand nach dem Gemach, 
welches nach Osten drei, nach Norden 
und Süden je ein Fenster hat. Diese 
Fenster zeigen die originelle Form einer 
im inneren Theil der Wandstärke recht- 
eckig überdeckten Oeffnung, während die 
nach innen zu belegene (schrägere) Lei- 
bungsnische noch über dem Fensterlicht eine 
etwas eingeschränkte Blende mit Giebel- 
Ueberdeckung als Entlastung der Mauer- 
masse hat, aussen aber die Spitzbogen- 
Umrahmung zur Anwendung gekommen 
ist. Aussen steigen an der Ostseite zwi- 
schen den Fenstern Strebepfeiler auf, ein- 
mal abgesetzt etwas unterhalb der Fenster- 
bank-Höhe und in steinernen, flachen Zelt- 
dach-Abschlüssen (Motiv der frühestgothi- 
schen Fiale) etwas unterhalb der Fenster- 
scheitel endend (A). — Ueber der ehemaligen Zwischendecke erhob sich das den 
gesammten Bau einnehmende Obergeschoss (Rittersaal), dessen drei weitgeöffhet« 
Ostfenster und ein südliches in dem inneren Theil der Mauerdicke die ungemein 
zierliche Bildung dreier mit Höherführung des mittleren angeordneten Kleebögen auf 
schlanken Pfosten hatten, während von den beiden geraden Leibungen die innere im 




Fenster vom Erdgeschoss des Oitbunes in der 
Rothenburg. 




OsUn&icbt der Rothenburg 



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53 Frank enhausen. 



Thalleben, Rothenburg. 



53 



Flachbogen überdeckt war, die äussere 
mit einem Spitzbogen auf eingelegten 
Eck säulchen mit attischen Basen und 
Kelchcapitellen. Die Kleebögen selbst 
waren kehlprofilirt und mit kleinen, an die 
Kehlen angearbeiteten Rosetten verziert. 
In der Mitte der Westseite ist ein breites 
Portal [vielleicht vermittelst einer Frei- 
treppe zum Hofe herabführend] spitz- 
bogig, nach aussen zweimal abgestuft. 
Die im Bogen einfach rechteckig profilir- 
ten Abstufungen ruhten auf Säulen mit 
attischen Eckblatt -Basen (Abbild, auf 
folg. S.) und Kelchcapitellen. — Ueber 
diesem Geschoss ruhte der Dachboden des 
vielleicht oben abgetreppten Giebeldaches, 
nach den Giebel-Dreiecken der Nord- und 
Südseite durch Fenster 
erhellt. — Weiter nach 
Norden zu zeigen sich 
einfassende Consolen 
oder Säulencapitelle 
einer zweiten Oeffnung 
(wohl eher eines Fen- 
sters), doch ist gerade 
hier das Stück der 
Mauer von oben nach 
unten vollständig her- 
ausgestürzt (so dass 
auch die Ueberdeckung 
der hier befindlichen 
Erdgeschossthür nicht 
mehr zu bestimmen ist). 
— Der Ostbau ist in 
seinen Mauern leidlich 
gut, an der Nordseite 
sogar mit einem Stück 
des Giebeldreiecks er- 
halten , ebenso die 
Längs-Scheidemauer 
des Erdgeschosses, in 
den Wänden die Balken- 
löcher der ehemaligen 
Zwischendecke sicht- 
bar. Von den Fenstern 
sind die Einzelheiten 




Bogenschluss vom Fenster de» Rittersaales in der 
Rothenburg. 




Rück in den Rittersaal der Rothenburg. 



54 



Rothenburg. 



54 




Basi» vom Portal des Rittersaales in 



und Zwischentheilungen zum grossen 
Thcil zerstört, eines neuerdings restau- 
rirt unter Beseitigung der Zier-Rosetten ; 
das Portal, trotz zerstörter Säulenscharte 
etc. in seiner einstigen, kraftig schönen 
Gliederung erkennbar. 

Der Nordostbau, welcher sich 
als ungefähres Rechteck schräg (von 
Südost nach Nordwest gestreckt) zwi- 
schen Ost- und Nordseite des Bezirkes 
einschiebt, war ebenfalls mehrgeschossig 
und zeigt in seinem unregelmässig 
zerstörten Mauerwerk mehrfache Spuren 
früherer Raumeintheilung und Oeffhun- 
gen. In seinem Erdgeschoss, welches 
vielleicht als Kapelle diente, ist die architektonische Ausbildung seiner (Nord-) 
Westhälfte erst eine spätere Einfügung, nämlich zwei rippenlose Kreuzgewölbe (für 
eine Empore?), deren rechteckig profilirtc Gurtbögen an den Mauern auf Viertelstab- 
Consolen ruhen, während sie nach (Süd-)Osten zu in der Mitte auf einem stämmigen 
Pfeiler mit flachkehlig abgewässertem Sockel und mit einem aus Viertelkehle und Platte 
bestehenden Kämpfergesims zusammenkommen. Von dem südlichen der beiden so 
gebildeten Joche führt eine Ruudbogenthür nach dem Hofe. In Höhe des Ober- 
geschosses wie des Dachgiebel-Geschosses sind in den Aussenmauern des Nordost- 
Baues ehemalige Rundbogen-Fenster erkennbar, an der Süd-(Ost-)Seitc im Ober- 

geschoss auch eine solche Thür, welche 
also mit anderen Gebäuden, vielleicht 
durch eine Zugbrücke vermittelt, in 
Verbindung stand. 

An den Nordost-Bau schliesst sich 
die Mauer an, welche im Allgemeinen 
den Nordabschluss des Burghofes bildet, 
nur dass sie etwas in Nordost-Süd- 
west-Richtung läuft, daher gegen den 
Nordost-Bau einen Winkel bildet Die 
Mauer steht jetzt zwar allein da, bildete 
aber die eine Mauer eines sich hier 
nordwärts anschliessenden Gebäudes 
(also eines Nordbaues) und hat da- 
her im Erdgeschoss (von dem Nordost- 
bau an gerechnet) zunächst ein kleines 
Rechteck-Fenster, dann eine Spitzbogen - 
Thür (hier also ein Wachtraum zu 
suchen), weiterhin eine weit tiefer an- 
gelegte Rundbogen -Thür, welche zu 
einem abwärts gehenden, einst wohl 

Innen-An»icl.t der Rothenburg. gewölbten lind in 




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55 



zu verfolgenden Gang führte. In diesen Theilen lässt sich also die ehemalige, den 
Vertheidigungszwecken dienende Bestimmung erkennen. Im Obergeschoss befindet 
sich in der Mauer oberhalb des Rechteck-Fensters ein grösseres, rundbogiges Fenster- 
paar, auf [zerstörter] Mittelsäule zusammenkommend (4). Ob dieser Nordbau bis 
zur äussersten Grenze nach Norden, wo sich noch starkes Mauerwerk befindet, 
reichte, oder vorher endete [hier also alte Mauern zerstört wären], so dass noch 
Platz für einen schmalen Nordzwinger blieb (was wahrscheinlicher ist), lässt sich bei 
dem jetzigen Zustande nicht bestimmen. 

Nach Westen zu bildet jedenfalls die lange Ringmauer, welche von dem Bergfried 
aus zum Nordbau lief, den Abschluss der Burg, so dass wir ausserhalb derselben nur 
einen grossen West-Zwinger zu suchen haben. 

Die Ruine ist durch gute Erhaltung einzelner Theile und durch den ungewöhn- 
lichen Reichthum ihrer Gliederungen aus einer Zeit, von welcher sich wenig künst- 
lerische Ausbildung von nichtkirchlichen Bauten erhalten hat, höchst anziehend. 

Dio Literatur aber die Rothenbarg ist gewöhnlich mit der Aber den Kyflh&user and seine Sage 
verbanden and daher sehr reichhaltig. Hesse, Oesch. d. Rothenbarg in HitthoiL a. d. Gebiet 
hist-ant Forsch, vom thfir.-s&cha. Yer. III, 1823, mit Grundriss, Ansicht and Fenster der Raine; 
in Anin. 2 eine sorgfältige Zusammenstellung der bis dahin erschienenen Werke, welche sich aber 
gerade vorzugsweise auf den Kyffhäuser beziehen. Deshalb ist sie lieber dort angeführt — Ferner: 
J. H. Falkenstein, Thüring. Chronik*. Erfurt 1738, Buch U, Abth. DU, KL IV, c. 22. — B. Leuber, 
Catalogus regum etc. Umring, in Henken, rer. Gorman. III (8. 1809), cataL comitum c 23. — 
Melissantes, Das erneuerte Alterth, od. Beschr. einiger leret BergschL in Deutsch! 1721, S. 644. 
— J. F. Mlllden er, Hist-dipL Nachr. v. einigen serst BergschL in Thor. 1752, 8. 134. — J. Chr. 
Olearius, Rer. Thor, syntagma 1704, J, 177. 186. - Adelung, 8. 272 erwähnt die Abbildung 
von Schwarz. 

KyffhäuSör, Burgruine, auf einem hohen, von Ost nach West gestreckten 
Bergrücken, dessen Südseite über der goldenen Aue emporragt. Nach Nord, Süd und 
West steigt die Höhe steil auf, leichter ist sie von der Ostseite her zugänglich. Die 
Gründung der Burg geschah der Ueberlieferung nach 1116 durch den sächsischen 
Pfalzgrafen Friedrich von Tutelendorf zum Schutze der kaiserlichen Pfalz Tilleda 
(jetzt in der preussischen Provinz Sachseu). Die Construction des Bergfriedes spricht 
für weit höheres Alter. Im Jahre 1118 von den Sachsen erobert und zerstört, wurde 
die Burg wohl um 1152 von Kaiser Friedrich Barbarossa stärker wiederhergestellt 
(und tritt seitdem in Urkunden auf)- Zuerst Burgvögten übergeben, kam sie später 
als Reichslehn in den Besitz der Grafen von Rothenburg, ward von diesen aber 1377 
den Landgrafen von Thüringen Uberlassen, im folgenden Jahre nebst der Rothenburg 
pfandweise, 1407 als Lehn dem Grafeu von Schwurzburg übergeben und blieb seit- 
dem Besitz des gräflichen, jetzt fürstlichen Hauses Schwarzburg-Rudolstadt. Im Jahre 
1433 wurde die Kapelle der Burg auf Geheiss des Kurfürsten von Mainz zu einer 
Wallfahrtskapelle (mit zwei Altären der Heiligen Maria, bezw. Petrus und Paulus) 
geweiht, und so ward der Kyffhäuser ein hoch gefeierter Wallfahrtsort. Mit der 
Reformation hörte dies auf und die Kapelle verfiel. Wohl schon früher hatte der 
Verfall der Burg begonnen, da derselbe schon zu Anfang des 16. Jahrhunderts uns 
geschildert wird. 

Weithin sichtbar und die Lande beherrschend, ist die Burg durch ehrwürdiges 
Alter und einstige Grösse, durch ihre Bedeutung in Geschichte und Sage eine der 



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Th alliben, Kyffbäaser. 



Frankenhausen. 56 




Süd : Ansicht de» Kyffiittuser. 

hervorragendsten, nicht allein Thüringens, sondern ganz Deutschlands. Auch dadurch 
ist die Ruine vor vielen im Lande ausgezeichnet, dass die vorhandenen Trümmer 
dem Beschauer selbst ohne den Anhalt geschichtlicher Nachweise die frühe Erbauungs- 
zeit und die einstige Wichtigkeit verrathen. 

Die Burg ist von sehr langgestreckter Anlage und riesiger Ausdehnung (dem 
Berg entsprechend) von West nach Ost (genauer genommen von Nordwest nach Südost), 
von geringerer Ausdehnung von Nord (Nordost) nach Süd (Südost). Man erkennt 
noch das allmälige Anwachsen des ganzen Bezirkes. — Am westlichsten Ende auf 
dem höchsten Punkte, einem noch über dem ganzen Rücken aufragenden Bergkegel, 
ist der älteste Theil, die Oberburg mit dem hochragenden Bergfried; weiter östlich, 
nahe dem Bergfried, die Hauptburg; in bedeutender Entfernung, nach Osten zu und 
tiefer gelegen, die Unterburg, der Theil der Burganlage mit der Kapelle. 

Der Bergfried ist etwas schräg gegen den Zug der übrigen Burganlage ge- 
richtet, so dass er genau mit seinen vier Ecken den Himmelsrichtungen entspricht. 
Nicht nur die, trotz der Zerstörung, sofort erkennbare, ungewöhnlich sorgfältige Fügung 
der bis 80 cm langen Steine mit sehr geraden Lagerfugen, die Schichtung von zwei 
oder drei niedrigen zwischen höheren Lagen und das absolute Vermeiden des Aufein- 
andertreffens von Stossfugen, sondern auch die Art der Eckquaderung und die starke 
Bossirung der einzelnen Steine weisen den Bau noch der 2. Hälfte des 10. Jahr- 
hunderts (oder früherer Zeit gar?) und der Maurerkunst unter römischer Schulung 
zu (Ä). Die Oeffnungen waren rundbogig, der Eingang ziemlich an der Südwestseite 
des ersten Obergeschosses, von aussen nur durch Leiter oder Zugbrücke zugänglich. 



57 Frankenhausen. Thallkbim, Kyffhauser. 57 



Eine innere, runde Wendeltreppe führt von diesem Geschoss nach dem Erdgeschoss 
herab, an der Südostseite zur Hälfte in die Mauerdicke eingelegt, zur Hälfte in 
einem runden, hier vor den Thurm vortretenden Anbau; da dieser, wie die Treppe 
selbst, zerstört ist, blickt man in* die Nische der Mauerdicke hinein. Der Thurm ist 




bis etwa 8 m Höhe in seinem vollen Umfange (einzelne Risse ausgenommen) erhalten, 
dann in sehr ungleichen Stücken, mit starken Lücken (so dass vor einigen Jahren 
eine kühne Eisenverankerung durch Herrn Baurath Junot in Frankenhausen vorge- 
nommen und glücklich ausgeführt wurde), an den höchsten Stelleu auf der Nordost- 
seite etwa 20 m hoch. Von der östlich vom Bergfried belegenen Hauptburg ist 
hauptsächlich die Ringmauer erhalten , auf der Burgfläche aber die Zerstörung eine 
so bedeutende, dass sich nur ehemalige Wohugebäudc in der Nähe der heutigen 
Gastwirthschaft und am nordöstlichen Ende vermuthen lassen. 

Der ziemlich weite Raum 
zwischen der Hauptburg und 
der östlichen (zweiten oder 
Vor-?) Burg birgt, nahe einem 
alten Steinbruch, Trümmer von 
Gebäuden. 

Ebenso ist an der öst- 
lichen Anlage durch fort- 
geschrittene Zerstörung, hier 
auch durch Ueberwacbsen der 
durch ihre Ausdehnung und 
Grossartigkeit imponirenden 
Trümmerhaufen , nicht mehr 
die Bedeutung der einzelnen 

Bauten festzustellen. Was Ver- Grundriss der Knalle des Kyffh.uscr. 




58 



Thalleben, Kyffhäuser. 



Frankenhausen. 58 



muthlich Ringmauer, Wohngebäude und Brunnen war, ergiebt sich aus dem Grund- 
riss; nur eine, an die von Norden nach Süden gehende Quer-Scheidemauer und an 
die nördliche Ringmauer gelehnte, romanische Kapelle zum heiligen Kreuz ist 
verhältnissmässig besser erhalten. Von der Apsis steht ein Stück der Ostmauer, 





ferner das Weststück des Chor-Rechtecks mit den Anfangen des rippenlosen Kreuz- 
gewölbes, der Triumphbogen mit der einfachen Profilirung der Kämpfergesimse seiner 
Pfeiler und Mauerwerk und Oeffnungen vom Langhaus, wie es die hier gegebene 
Zeichnung zeigt ; alles einfach in den Formen, aber von gutem Verhältniss und sorg- 
samer Ausführung. — Ein vor einiger Zeit im Schutt der Ruine gefundenes Säulen- 
Untertheil, Schaftstück auf attischer Basis, deren Eckblatt durch Abrundung gleich 

mit dem Sockel zusammengearbeitet ist, wäre man 
versucht, für ein Bruchstück aus der Kapelle zu 
halten, wenn man derselben nach ihren Formen 
nicht ein etwas höheres Alter zusprechen würde, 
als die Form der Basis aus dem Ende des 13. Jahr- 
hunderts bedingt (A). 

Hier, wie an anderen Stellen würde eine Auf- 
grabung, besonders aber das Beseitigen von Schutt 
und Dickicht, gewiss manches Interessante zu 
Tage fördern. In ganz besonderem Masse wäre 
der Kyffhäuser solcher Fürsorge würdig. Denn, 
wie die Ruine ersieh tlich eines der ältesten, wenn 
nicht das älteste Baudenkmal Thüringens in dem 
Bergfried enthält, so lässt sich aus allen An- 
zeichen schliessen, dass in der späteren Bautätig- 
keit, der sonstigen Gediegenheit des Baues ent- 
sprechend, auch die künstlerische Ausbildung in 
besonderem Masse berücksichtigt gewesen sein mag. Auf das Auffinden von 
formen aber wäre bei der Seltenheit solcher Funde sehr zu achten. 



Sfculenbasis aus den Trümmern der 
Kyffhau*er-Buine. 



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59 Frankenhausen. 



Thallebbm, KyffbäuBcr, Eathsfeld. 



59 



H H o s s e in seinor Gesch. <L Rothenburg, in den Forschungen des thür.-sächß. Alterthumsyereins 
m, Naumburg 1826, nennt in Anm. (2) die bis dahin erschienenen Veröffentlichungen: Alsuna III, 
123 £ — Ch. A Braun, becw. KaroL v. Kamiensky, Der Traum der Winternacht Leipzig 
1806, S.72£-J. R Gleim, Reisen durch Ober- u. Niedewachsen. Halle 1787, 8. 148 £ — J. A 
P. Qötie, Nützl. Allerlei a. d. Nat u. d gem. Leben, neue Aufl. Leipzig 1788, III (Wahrheiten u. 
Fabeln d, Kyffh.), S. 210 £ — Gottschalck, Ritterburgen etc. KL, 217 £ 244. — Ganther und 
Schlenkert, Maler. Skizzen v. Teutacbl Leipzig 1794 foL, Heft L 21 £ mit Ans. — Hellbach, 
Archiv v. u. £ Schwarzb. S. 269. — C. G. Horstig, TagebL einer Reise in u. um A Harz. Dresden 
1803, S. 129 f., nebst 2 Ans. der Ruine u. d. Eingangs z Kyffh.; die eine wiederholt in: Ho seh, 
Bäder u. Heilbr. Teutschl. etc. Leipzig 1820. — A Junghans, in Dolz, R. Zeitung 1 d. Jugend. 
Leipzig 1823. — Mflldener, Histor.-dipL Nachr. t. Bergschi, in Thür. Leipzig 1752, 8. 134 £; S. 148 
Urk. aus d. 2 Hälfte d. 12. Jahrh. — Thuring. Erholungen, 1812, St 28, S. 96 £ u. 1818, 53 £ — 
Wersabe, Ueber die niederL Colonien in Teutschl. IL 878 f., und bezüglich der Behandlung der 
Kyffhäusersage: Clugius Fridericus, Progr. Frankenhausen 1727. — Jenaische Literaturzeitung, 
Ergünzungablatter, 1818, S. 285. - Ludloff, in VatorL Unterhalt, 1821, 8. 2 £ — Ludloff, in 
Thür. Sagen u. Volksmärchen. Sondershausen 1822, S. 801 f., mit Titelvign. 4 Kyffh. von Martini gest 
nach Bleichrodt*). — v. Rokole, Gesch. merkw. Betrager. Halle 1767, S. 273 £, Anm. 244. — 
Schminke, in Gerstenberger, Hess. Chron. II, 431, unter 1286 (nach den Chroniken von Didr. 
v. Engelhussin u. Jon. Nyteasel). 

Ferner: L. Bechstein, Der Sagenschatz und die Sagenkreise des Thüringerlandes 1838, IV, 
Nr. 432—538. — Bechstein, Thüringen (in: Das maier. u. romant Deutschi. HI). Leipzig, 2. Aufl, 
8. 124 mit Ans. — Bleiöhrodt.in: NordthOringen. Nordhausen 1808, 1, Lie£ HI: Ruine der Kapelle. 

— C. Duval, Die Bergvesten Kyffh. u. Rothenb. Nordhausen bei FOrstemann (S. 21, Urk. v. 1407). 

— W. Girschner, Nordhausen u. Umgeg, 1866. — H Hesse, in: Thüringen u. d Harz II, 20a — 
Hesse, Kyffhauser u. Schlotheün in d. Schw.-Rud Landeskalender 1828—1832. Rudolstadt 4». 

— Melissautes, Das erneuerte Alterth., oder cur. Begehr, e. zerst BergschL, 1721, S. 537. — 
K. Meyer, Die ehemsl Reichsburg Kiffhausen, ein Beitr. z. urk. Gesch. i gold. Aue, 1877. — A. L. 
J. Michelsen, in Thuring. Vereins-Zeitschr. 1852, 1854, 131 ff. — J. C. Olearius, Rer. Thür, 
syntagma, 1704, 1, 177. 186. — Raum er 's Histor. Taschenbuch, Jahrg. 183a — W. Richter, Deutschee 
Kyffhäuserbuch. Eisleben 1876. — Rothe, Thüringer Chronik S. 508 (Angabe der Verfallszeit). — 
Thieme, Statist-univ. Handb. £ Schwarzb.-Rudolst 1881, 8. 257 ff. - Thüringen u. i Harz IV, 195 £ 

— Zur Sage: Bronner, Der Gast im Kyffhluser, ein Märchen. Münster 1816. — Haussner, Die 
deutsche Kaiseraage. Bruchsal 1882 — Hirsch, Ueber die Kyffhansersago, im „Salon", Zeitschrift für 
Literatur, Kunst etc., herausgeg v. Dohm und Rodenberg, IV. Jahrg, V1IL B4, 10. Heft — Koch, Die 
Sage v. Kaiger Friedrich im Kyffhauser in ihrer mytL, poet u. nationalen Bedeutung. Grimma 1886, 4°. 

— Massmann, Kaiser Friedrich im Kyffhauser. Quedlinburg 1800. — Müller, Die goldone Aue 
und der Kyffhauser. Leipzig 1848 — Schmidt, Der Kaiser Friedrich und die Kyffh&usersage. Neue 
Mittheilungen aus dem Gebiete histor.-antiquar. Forschungen, herausgeg. v. Opel, Band XHL — Voigt, 
Die Kyffhansersago, Vortrag geh. 1871 im Gewandhaussaale. Leipzig 1871. 



Rathsfeld (6 km nördlich von Frankenhausen), fürstliches Jagdschloss. Das 
alte Schloss Rathsfeld lag weiter nördlicher; seine Fundamente sind noch theilweise 
erhalten. 1268 wurde das wüste Dorf Rathvelde vom Kloster Walkenried zum Thoil 
gekauft Von der Kirche dieses Dorfes sind, nordwestlich vom heutigen Rathsfelde, 
Grundmauern gefunden worden. Ein anderer Theil vom Rathsfeld kam um 1341 vom 
Grafen von Beichlingen an die Grafen von Schwarzburg. 1434 Rotisfelt. 

Die heutigen Gebäude sind 1698 gebaut laut Jahreszahl auf einer Ofenplatte, 
aussen sehr einfach, nur durch die Erdgeschoss-Arcaden des langen Flügels aus- 



*) OriglnftlaefchniiDgea von Baanth Bleichrodt sind Im Besits des Herrn Finanzrath» von Bamberg 
in Frankenhau*en. 



60 



Thallibkm, Rathsfeld. 



Frankenhausen. 60 



gezeichnet, welche durch einen wohl später aufgerichteten, vorspringenden Bau in 
zwei Theile getheilt werden. 

Der bemerkenswertheste Theil im Innern ist die Kapelle in der Art der von 
Palladio und Mansard beeinflussten Nach-Renaissance, in ihrer Stuck-Architektur den 
gleichzeitigen Bauten von Eisenberg und Allstedt verwandt, wenn auch weniger fein 
und weniger gut erhalten. Ihr Grundriss ist rechteckig (von Norden nach Süden 
gestreckt, so dass auch Altar und Kanzel an der Nordseite stehen) und durch eine 
innere Stützenstellung von 11 Pfeilern (der zwölfte der Nordachse ist um des Altar- 
Kanzelbaues willen ausgelassen) in einen zwölfeckigen Mittelraum, welcher jedoch den 
Eindruck einer Ellipse macht, und einen Seitenumgang getheilt (A). Die Einzel- 
ausbildung ist reich, römisch-antikisirend (A). Die Pfeiler steigen auf hohen Posta- 
menten und nochmaligen Sockeln mit korinthischen Basen und Capitellen auf, in 
der Weise gerade durchgehend, dass die Brüstungen einer ringsumlaufenden Seiten- 
empore hinter ihnen vorbeilaufen. Diese sind mit ebenfalls antikisirenden Gliederungen 
gebildet, mit einem durchgehenden Lorbeerstrang im Wulst des Fussgesimses, vier- 
eckigen Füllungs-Vertäfelungen und Eierstab im reichprofilirten Deckgesims. Jeder 
Pfeiler hat über dem Capitell ein Kämpfergebälk mit Rosette im Friesstück ; auf diesem 
ruht das von Consolen getragene, mit Zahnschnitten gezierte Gesims, welches zwar 
weit in den Mittelraum hineintritt, sich aber doch nicht völlig zur Decke zusammen- 
schliesst. Um des Effektes willen bleibt vielmehr in der Mitte ein elliptischer Raum 
übrig, welcher, von einer hier aufsteigenden Attika, bezw. Gallerie mit sehr hübschen, 
blattverzierten Balustern umschlossen, ein noch höher angebrachtes Deckenfeld von 
unten aus sichtbar werden lässt. Dieses, mit grösseren und kleineren i 
Rundstäben, Platten und Kehlen reich umrahmt, zeigt (statt einer sonst E 
bei diesem Barock-Motiv geme gewählten Kuppel mit einem Gemälde) v 
ein wagerechtes Mittelfeld mit einem durch die Buchstaben des Namens: g 
gebildeten Kreuz im Strahlenkranz und ringsum den Spruch: GLORIA IN EXCELSIS 
etc. Die Decke sitzt so hoch über der Attika (um das hohe Seitenlicht für die 
Wirkung zu erzielen), dass noch ein niedriger, oberer Emporenuragang entsteht, dem 
die Attika als Brüstung dient. Der obere Umgang ist übrigens in seiner Höhe noch 
dadurch verkürzt, dass die Umrahmungs-Gliederungen des Mittelfeldes, um dieses 
kräftiger einzufassen und um der Dachconstruction willen nach aussen zu tiefer 
liegen, also auch die sich au sie anschliessende Decke des Umganges. Von diesem 
aus nach unten gesehen wirkt übrigens die Innenerscheinung der Kapelle stattlicher 
und künstlerischer, als umgekehrt. 

Altar und Kanzel bau sind in das Gesammtbild der Kirche hineincomponirt 
Der Altar ist von Volutenwerk mit Fruchtgehängen besäumt und auf, bezw. hinter dem 
Altar steigt die Wand des Kanzelbaues auf, von korinthischen Pilastern eingefasst 
Diese tragen nebst anderen, ausserhalb auf Volutenconsolen stehenden Pilastern das 
Gebälk. An der Fläche ist über dem Altar ein Relief des Abendmahls in Rechteck- 
Umrahmung eingefügt, nach italienischen Motiyen, übrigens sehr schön bewegt in der 
Compositum und lebendig in den Figuren, doch in den Einzelheiten bis zur Unkennt- 
lichkeit im Laufe der Zeiten überweisst. Darüber tritt auf einer Muschelconsole die 
Kanzel in fünf Seiten vor, durch Schlankheit vor vielen derartigen Anordnungen aus- 
gezeichnet, dabei einfach, mit Vertäfelungen und einem Engelskopf am Deckgesims, 
welches (höher als sonst angebracht) gleiche Höhe mit dem Pilastergesims und dem 



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61 Frankenhausen. Thalleben, Rathsfeld. 61 



Deckgesims der ersten Emporenbrüstung hat. Darüber, bezw. dahinter erblickt man 
die rechteckige Thür, welche im Rahmen Eichenblatt-Stränge und als seitliche Aussen- 
Einfassuogen schwungvoll nach unten hin ausgebogenes Schnörkelwerk mit heraus- 
tretenden Palmblattern, als Giebelkrönung aber eine Flammenurne zwischen zwei den 
antiken Stelen-Akroterien nachgebildeten S-förmigen Voluten hat. Oberhalb dieses 
Baues war die zweite Emporenbrüstung überragt von einer Tafel, welche rechteckige 
Umrahmung, dann eine zweite Einfassung von einigen oberwärts einen Flachbogen 
bildenden, an den Seiten nach unten sich ausbiegenden Laubsträngen, zuletzt an den 
Seiten freigearbeiteten Verzierungen, oben einen in seitlichen Voluten endenden Flach- 
bogen hat. Diese ganze, gut ausgeführte Umrahmung ist, da ihre Standfestigkeit 
gefährdet erschien, jetzt oben auf der Empore bei Seite gestellt. 

Eine Restauration des gesammten Inneren der Kapelle unter Beseitigung der 
rohen Ueberweissung, welche besonders zu Anfang unseres Jahrhunderts mehrfach 
die Profilirungen überzogen und verdorben hat, würde die prächtige Architektur wieder 
recht zur Geltung bringen. 

Der Plüsch -Bezug auf den Emporenbrüstungen hat ein hübsches, gepresstes 
Blumenmuster, doch ziemlich verschlissen. 

Im Uebrigen enthalt das Scbloss nur weniges Bemerkenswerthe. Besonders ist dies ein 
Ofen im südöstlichen Eckzimmer und (durch die Wand gehend) im Nebenzimmer des Haupt- 
geschosses. Von seinen zwei unteren Eisenplatten zeigt die eine (wie die Platten im Allstedter 
Schioes) das Braunschweigische Wappen, die Namen der Herzöge Budolph August und Anton 
Ulrich, sowie den Spruch : Remigio altissimi uni, die andere das Braunsohweigische Pferd 
über einer Stadt, gleiche Ueberechrift und die Jahressahl: 16.91. Der schwarze Thonkachel- 
Obertheil enthält über einem BundBtab mit gewundener Blattverzierung einen Sockel mit 
Maske zwischen Greifen. Darüber in der Mitte, als grössere Kachelfüllung, eine Platte mit 
Pal motten; an der einen Ecke eine gewundene Säule mit Weinlaub am Schaft und Composit- 
Capitell, an der anderen eine mit Akanthus-Ornament. Oben ein Rundbogen mit Frucht- 
gewinden, darüber Tulpe und Lilie, in der Mitte eine Muschelpalmette; zu oberst 
Akanthuswerk. 

Die Glocke ans der Kapelle, jetzt in einen Nebenraum gestellt, hat die Inschrift: 
ALBBECHT ANTON GRAFF ZV S .V. H . S . E .T (?) ; — ANNO 1700 GOSS MICH HANS 
BOSE IN VOLKSTEDT . und einen Ornamentfries. 

Der Speisesaal bat aus etwas späterer Zeit Stuckverzierung an den Wänden mit 
Pilastern und Lorbeerstrang- Verzierungen an den antikisirend mit Ohren gebildeten, oben 
mehrfach gegliederten Thören und an der Mittelumrahmung der Decke, welche in Holz ein 
Spiegelgewölbe nachahmt, doch so, dass statt der Vouten nur schräg ansteigendes Bretter- 
werk mit Leistenverzierimg angebracht ist 



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62 



Udkbslebkk. 



Frankenhausen. 62 



Udersleben, 5 km nordöstlich von Frankenhausen; 1245 Odersslehin, 1252 
Odersleyhiu, im 13. Jahrhundert Sitz eiues gleichnamigen Rittergeschlechts, gehörte 
früher zum Amte Ichstedt, 1377 wurde es mit diesem an die Grafen von Beichlingen 
verkauft. 

Kirche. Der Chor, aus einem Rechteckraum mit dem Thurm darauf und der 

schmaleren, jetzt aher rechteckig gehildeten Nische bestehend, sowie das breiter als 
der Chor angelegte, einschiffige Langhaus sind romanischer Anlage, in letzterem auch 
an der Nord- und Südseite nach Westen zu je ein altes Rundbogenfenster erhalten. 
Der Triumphbogen existirt in späterer Erhöhung. In spätgothischer Zeit wurde die 
Kirche verändert, wovon die Thurmfenster und ein Portalrest [von einem wieder 
abgebrochenen Nordvorbau des Langhauses] zeugen. Nach dem Mittelalter bekam die 
Kirche die Holzdecken (die des Langhauses gebogen), die übrigen Fenster und die 
Thür, die hässlichen Dächer auf dem Langhaus und dem erniedrigten Thurm etc. 
Einige Emporeustützen gut gedreht. — Büd von C. Rilsing, noch Tor Abbrach des Vorbaue« 
gemalt, im Ort befindlich ( A). 

Grabstein an der Chor-Südwand, mit Umschrift: anno t>m mccccrc (?) 

obyt bn (obüt dominus: starb der Herr) . . 1 . . . ecclte (ecclesiae: der Kirche) arcb?pc 
. . . plboij (plebanus: Priester) . c . «t« reqc . . i . pace (cujus anima requiescat in pace: 
dessen Seele ruhe in Frieden). Steife Figur des Plebans in geistlicher Tracht mit Kelch 
und Buch. 

Kelch, von: 17M. Sechspass-Fuss mit verschlungenen Bandverzierungen und er- 
habenem Crucifii; Knauf mit Eiern und erhabenem Monogramm des Stifters. Silber, ver- 
goldet. 

Hostienbüchse, vom Ende des 18. Jahrhunderts, etwas verziert Silber. 
3 Glocken. 1832, 1854, 1877. 

Kirchhof: 

Portal- Rest (vom abgebrochenen Vorbau) spätgothisch. Das Portal hatte in den 
Gewänden Stabwerk zwischen Kehlen, welches unten auf gedrehten Sockeln ruhte und 
im Scheitel sich kreuzte. Ein Stück Sockel und das Scheitelstück sind erhalten (.4). 

Taufstein-Becken. Halbkugelform; am Bauch eingearbeiteter Eierstab; am Band 
ein vorgearbeitetes Band mit runden Ausbauchungen der Kanten oben und unten, sowie 
mit ovalen Vertiefungen der Flache (.4). 




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Der Amtsgerichtsbezirk Schlotheim. 



s Gebiet des heutigen Atntsgerichtsbezirks Schlotheim wurde in der ersten 
Hälfte des 14. Jahrhunderts von den Grafen von Hohnstein, Herren zu 
Sonderehauseu , zusammengebracht, iudem dieselben im Jahre 1312 
Straussberg nebst Kirchberg und Immenroda von den Kämmerern von 
Mühlhausen, 1330 Schlotheim von den Truchsessen der Landgrafen von Thüringen, 
um 1340 Mehrstedt von den letzteren erwarben. Nicht lange Zeit nach diesen Er- 
werbungen schloss Graf Heinrich V. einen Erbvertrag mit seinen Schwiegersöhnen 
Günther XXI. und Heinrich, Grafen von Schwarzburg, welchem im Jahre 1356 nach 
dem Tode jenes Grafen das vom heutigen Amtsgerichtsbezirk Schlotheim gebildete 
Gebiet als Erbe zufiel. Bei der Erbtheilung von 1599 fiel dasselbe an Albert, den 
Stifter der Budolstädter Linie und ist bis heute bei derselben verblieben. 

Betreffs der ortsgeschichtlichen Erläuterungen sei auf die bei den einzelnen Orten an- 
geführten Bücher verwiesen. Hauptsächlich wurden benutzt das „Statistische Univeraal- 
handbuch für das Fürstenthum Sohwarzburg-Rudolstadt (Leipzig, F. Thieme, 1881)", sowie 
die reichhaltigen, handschriftlichen Collectaneon des Herrn Pfarrers £. Schönau zu Ichstedt, 
der mit grosser Liebenswürdigkeit uns Bein Material zur Verfügung stellte und uns durch 
Bath unterstützte. 




Immenroda, 14 km nordnordöstlich von Schlotheim; gehörte seit ungefähr 1150 
den Grafen von Kirchberg; diesen kauften es 1289 die Kämmerer von Mühlhausen 
ab und vereinigten es mit ihrer Burg Straussberg. Mit derselben kam der Ort 1312 
an die Grafen von Hohnstein, von denen ihn 135G die Grafen von Schwarzburg erbten. 

[Wüstungen in der Nähe von Immenroda sind: Wangen, nordwestlich Neu- 
seesen, südlich Rossungen und Wülferode.] 



64 



Immenboda. 



Schlotheim. 64 



Kirche, 1778, nach Brand 1874 wieder aufgebaut; am Thurm Reste eines 
älteren Baues. 

Sohränkchen für die heiligen Geräthe, aus dem 16. Jahrhundert, mit knorrig ge- 
bogenen Felder-Umrahmungen in Holz. 

2 Leuchter älterer Zeit, mit rundem Fuss, Knäufen am Schaft und breitem Teller 
mit Dorn. Bronze, klein. 

Weinkanne, von: 1745. Zinn. 

Kelch, von: Elis. Rath. Dante 1695. Zinn. — Kelch, von: E. C. v. Ende 1746. 
Messing, vergoldet. — Kelch, von: J. C. W. Minsching 17.99; am Sechspass-Fuss 
herausgetriebene Rippen. Messing, vergoldet 

Glocken, neu. 




PorUl dea Wohnhaus«« von Herrn Erhwrdt tu Immenrod*. 



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Immknboda. Mehrstedt. 



WohnhaU8 von Herrn Erhardt, mit geschmackvoll verziertem Rundbogen- 
Portal, von 1573. 

♦ 

WohnhaUS von Frau Hocke. Rechteckige Thür mit: 1746. Daneben ein Rund- 
bogen-Thor mit S-förmigem Schlussstein ; zu jeder Seite desselben eine kleine, mit Decksims 
verzierte, Tafel, auf der je ein Engelskopf und ECCE, bezw. VIATOR 



Wehrstedt, 4 km nördlich von Schlotheim; praedium Maerstidi wird schon 1130 
in der Stiftungsurkunde des Klosters Völkenrode genannt. 1205 Mechstedt, wo 
Walkenried Besitz hatte, 1218 Megestede etc. 1255 waren die Truchsessen von 
Schlotheim dort begütert, 1324 kam das halbe Dorf an die Grafen von Hohnstein- 
Sondershausen, 134S das ganze. Von ihnen erbten es 1356 die Grafen von Schwarz- 
burg. — Bruckner, Goth. Kirchen- u. Schuhrtaat I, 230 £ 

[In der Nähe die Wüstung Obermehr Stedt] 

Kirche, laut Inschrift-Tafel an der Sacristei von 1690, aber spätgothischer 
Anlage, mit dreiseitigem Chorschluss, einem dem Chor gleichbreiten Langhaus und 
ebensolchem Thurm, der sich an der Westseite breit rechteckig erhebt. Die drei 
Fenster des Chorschlusses und die beiden nächsten der Langseiten sind spitzbogig 
und haben ganz bemerkenswerthe Muster der Verbleiungen, wenn auch aus nach- 
mittelalterlicher Zeit (s. folg. S.). Die beiden andern Fenster der Langhaus-Seiten 
und das der Westseite (am Thurm) zeigen spätere Erweiterung nach unten ; im Thurm 
befindet sich an der Südseite ein kleineres Fenster, an der Nordseite eine nachmittel- 
alterliche Rundbogen-Thür. — Die Decke ist von Holz, rund gebogen, am Chor- 
schluss kappen förmig. 

Eine Emporenreihe, bezw. die Orgelempore, ruhen auf etwas verziert gedrehten 
Holzsäulen mit profilirten Kopfbändern (Ä). 

Kirchstuhl in der Sacristei, vom Ende des 17. Jahrhunderts, nüchtern antikisirend, die 
Vorderseite eingeteilt durch drei vorgestellte, korinthische Säulen, welche ein verkröpftes 
Gebälk tragen. Gitterschiebefenster. Oben in den Zwischenweiten, auch nach der Wand 
hin, sind Bekrönungsbretter, etwas ausgeschnitten, angebracht. Holz. 

Kirchstuhl der Herrschaft, an der Südseite angebracht, aus dem 18. Jahr- 
hundert, mit Consolenge8ims ; Schiebegitter, darunter, sowie darüber als Bekrönung, 
durchbrochenes Schnitzwerk von Blättern und Ranken (A). Holz. 

[Weihwasserbecken, nach Schlotheim in Privatbeslti gekommen.] 

Taufbecken-Träger, barock, in Gestalt eines knieenden Engels, mit leidlich ge- 
arbeitetem Kopf. Holz. 

Kanzelbau, Roccoco. 

Bau. mui KoiMUkakm. Thttrinfao». Schw.rib.-Ruiol.Udt 11. 5 



66 



Mehesttot. 



Schlotheim. 66 



Figuren. Auf dem Kanzelbau Johannes und Maria, stehend, von einem 
Triumphkreuz herrührend, aus der 2. Hälfte des 15. Jahrhunderts, spätgothisch, steif, 
aber von ganz guter Empfindung und Gewandung. — Auf dem Herrschaftsstuhl die, 
auf Sockel gesetzten, Halbfiguren des heiligen Nikolaus und zweier gekrönter, weib- 
licher Heiligen (etwa Katharina und Barbara), mittelmässige , spätgothische Arbeit 
thüringischer Schule, um 1510 (A). Holz. 




Feastorrubleiungen in der Kirch« >a Mahnt« dt (i. ror. S.). 



W e i n b e h ä 1 1 e r , mit Schraubdeckel. Zinn. 

Kelch, mit Stifter-Initialen, Sechspass-Fuss (jünger, als das üebrige?), mit aufwärts- 
gerichteten Blumen-Palmetten und aufgelegtem Crucifii; am Knauf Rautenwürfel mit gra- 
virten Blattern und Früchten zwischen fünfeckigen Platten. Silber mit Vergoldung. 

Kelch für Kranke, von: 1765. Kupfer. 

Kanzelbekleidungen (.-Ii. 1) Aus dem 17. Jahrhundert, Atlasweberei; auf 
Lila-Grund kreuzen sich weissgraue Rankenlinien diagonal rechteckig; in den so ent- 
stehenden Feldern sind kleinere, gemusterte, weissgraue Quadrate oder Blumen sträusse 
in drei grünlichen Farben und roth angeordnet. Silberspitze. — 2) Inschriftlich von 
1706, Atlasweberei, roth mit orientalisircndem Palmettenmuster, hübsch. — 3) In- 
schriftlich von 1736; grüne Seide; Spitze hübsch, nach irischer Art gemustert, mit 
Schmelzperlen zwischen dem Fadenmuster. — 4) Blaue Seide, mit hübschem Muster. 



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67 Schlotheim. 



Schlotheim, Stadtkirche. 



G7 



Schlotheim, 75 km nordwestlich von Rudolstadt; 874 Sletheim (hatte an das 
Kloster Fulda Zehnten zu entrichten). 977 als Bürgerschaft genannt (Scbannat, Tradit 
Faidens. p. 240), gelangte 1170 an das Geschlecht der Herren von Schlotheim, Erb- 
truchsessen der Landgrafen von Thüringen, von denselben 1330 durch Verkauf an die 
Grafen von Hohnstein-Sondershausen und weiter an die Grafen von Schwarzburg 1356. 
Im Bauernkriego 1525 hatte Schlotheim viel zu leiden, ebenso 1547, wo eine grosse 
Feuersbrunst den Ort nebst Kirche, Schloss und Rathhaus in Asche legte. 

Apfelstädt, Ueber Wappen der Herren ron Schlothein), in ThOring. Vereins-Zeitachr. HI 224. 
— Aae, üeber die Herren ron Schi, ebenda III, 203. — J. H. v. Falkenstein, Thür. Chronik*. 
Erfurt 173a Buch II, Abth. HI, KL IV. — 0. H. Franko, Nene Beitrage zur Geschichte der Lande 
des Hauses Sachsen. 1767. 8. 113 -146: Diplomat» Schlothemensia (30 Urkunden). — Funkhaenel, 
üeber die Herren von 8chL, in ThOring. Vereins-Zeitschr. HL 1 f., 187 t, 863; IV, 184. — L F. Hesse, 
Schlotheims Vorzeit, in Mittheü. d. tMring.-sachs. Vereins zu Halle I (1834), Heft 3, 1-12. — 0. Chr. 
Ol earius, Berum Thuringicarum Syntagma, Bd. L 313. — F. v. Sydow, Schlotheim, in Thüringen 
u. AHarz VIH, 128 ff. - Statist Handbuch t. Schwarzb.-Rudolst (1881), 8. 268 £ - 0. Wallenhauer, 
Heimathskunde der Ffirstf nthüraor Schwanburg, 8. 61 f. — üeber Schlotheim und seine Denkmäler 
hat Herr Lungershausen (der inzwischen verstorben ist) ein so vortreffliches Manuscript eingesendet, 
dass dasselbe hier (mit Fortlassung einiger, unser Ziel aberschreitender Angaben) tum Abdruck gebracht 
werden möge. (Mit der Angabe: L.) Diese Angaben sind nach den mir vorliegenden Abbildungen und 
den Aufzeichnungen des Herrn Prot Elopfleisch ergänzt, bezw. modifirirt 

Stadtkirche (S. Servatoris), war bis 1547, in welchem Jahre sie durch 
Feuer zerstört wurde, eine im romanischen Stile erbaute Pfeilerbasilika (Ä) mit zwei 
niedrigen Seitenschiffen und durchweg ungewölbten Decken. Nach dem erwähnten 
Brande, von dem jetzt noch Spuren am Mauerwerk sichtbar sind, ist sie 1550—55 
beinahe vollständig, doch mit Benutzung stehen gebliebener Mauerreste, umgebaut 
worden. Die Seitenschiffe sind damals in Wegfall gekommen, die im Spitzbogen 
verbundenen Pfeiler, welche die Seitenwände des Mittelschiffes trugen, sind aus- 
gemauert, und das Mittelschiff selbst ist um die Hälfte seiner früheren Länge ver- 




Gruadri« der SUdtkirche zu Schlotheim 1 : «00. 



5* 



68 



Schlottikim, Stadtkirche. 



Schlotheim. 68 



längert worden, so dass aus dem ursprünglich unverhältnissmässig breiten Bau ein Bau 
von kastenartiger Länge geworden ist, wie er noch jetzt besteht. Der ältere Theil 
ist flach gedeckt geblieben, den Neubau aber hat man, wie es damals Sitte war, mit 
einer hölzernen Tonne überdeckt. Der Neubau von 1555 ist ähnlich, wie es der vor- 
hergehende war, ein unschöner Bau geblieben, nur an den Fenstern des Chores ist ein 
kleiner Anlauf zu architektonischer Gliederung bemerkbar; die übrigen Fenster sind 
je nach Bedürfuiss unsymmetrisch in die Wandfläche eingebrochen. — L. 





Süd-Ansicht der Sudtkirche «u Schlotheim 



Zusätze und Berichtigungen: 

Von romanischen Resten sind die drei Fenster der Ostseite zu erwähnen, welche, 
schlank und unter Höherführung des mittelsten, gepaart, gekehlte Kanten der äusseren, 
schrägen Leibungen haben (.4). 

Zwischen dem romanischen und dem Renaissance-Bau liegt ein gothischer, um 
1300 ausgeführter, in welchem die Erweiterung des wahrscheinlich bis dahin ein- 
schiffigen Langhauses zu einem dreischiffigen stattfand. Dafür zeugen die Spitzbogen 
der Scheidebögen. Derselben Bauzeit entstammt das hier dargestellte Fenster der 
Chor-Südseite, von bemerken s werther Schönheit der Profilirung seiner Knospencapitelle 
und der an den Kehlen aneinandergereihten Kantenblumen. Der Thurm ist Anbau 
des 16. Jahrhunderts (Ä); ebendaher die schlanke, glatte Spitzbogenthür, die in ihn 



69 Schlotheim. 



Schlothkim, Stadtkireh«. 



69 




■•^•iijij'.i;' 



führt (4), sowie die Chor-Südthür und das 
dem Thurm nächste Fenster der Südseite. 

Aussen am Chor ist ein Eckstein ver- 
mauert, darin eingehauen ein schlankes 
Kreuz zwischen den Buchstaben B K. (A). 

2 Holzemporen (auf der Westseite 
unten die Zahl: 16.97), die untere auf Pfei- 
lern, welche abgekantete, mit Wülsten und 
Kehlen verzierte Ecken nnd mit Rundstäbon 
profilirte Kopfbänder haben (A). 

PrivatstOhle und HerrschaftB- 
s t Q h 1 e an der Nord- und Südseite, barock, 
aus dem 17. Jahrhundert Der Ostlichste Stuhl 
der Nordseite ist mit Stuck verziert, besonders 
mit einem reichen, gebrochenen Dreieck- 
Giebel, worin das Hopffgarten'sche Wappen, 
von frei herausgearbeiteten Knäbchen gehalten. 
An den Emporenbrflstungen desselben sechs 
zum Theil verletzte Wappen. — Der mittlere 
Stuhl der Nordseite ist schlicht, mit auf- 
gemaltem Wappen derer von Hopffgarten und 
derer von Schorprande und von Heyllincken 
(1782 ausgestorben — L.) und mit durch- 
brochen geschnitzter Bekrönung. — Der west- 
lichste Stuhl der Nordseite hat gedrehte 
Säulen, Lorbeerkränze in den Feldern etc. 
— Einer auf der Südseite hat aussen die 
gemalten Wappen derer vou Seebach, von 

Hacken, von Knigen, von Tümpling, von Hopffgarten, von Sinsingen, von Zeresen, von Wind 
zu Krahenstein; im Innern 16 meist undeutliche Wappen. — Auf der Westempore zeigt 
der „Schinderstuhl" oder „Bütteletuhl" eingeschnitten: Simon Böhm. Anno 1661. — 
Ebenda eine Bank aus gleicher Zeit, einfach, doch mit hübsch geschnitzter Rücken- 
lehne (A). 

Orgel, aus dem 17. Jahrhundert, mit durchbrochenem Schnitzwerk. 
.Tauf stein, mit: 1550, einfach, rund, pokalförmlg. 

Kanzel an der Südwand des östlichen Langhaus-Raumes, barock, auf einer 
Mittelstütze und einer mit Zahnschnitten verzierten Vorkragung in fünf Seiten vor- 
tretend, mit ganz hübschen Einzelheiten (A). Fussgesims mit vorgekröpften Eck- 
Postamenten; auf diesen ruhen im Haupttheil Ecksäulen, in vielen, zum Theil sehr 
schlanken, Gliedern, im Ganzen candelaberartig aufsteigend; in den Feldern zwischen 
ihnen ein auf vorgearbeiteter Brüstung ruhendes, als Blendfenster mit Ohren gestaltetes, 
Rahmenwerk, gefüllt mit einer Muschel über einer Palmette und bekröDt mit auf- 
gelegtem Schnörkelwerk. Das Deckgesims hat an den Ecken frei herausgearbeitete 
Consolen, an den Flächen unter dem Gesims Zahnschnitt- und Tau- Verzierung. Der 
Schalldeckel ist als ein in fünf Seiten vortretendes Gebälk mit Zahnschnitten unter 




in d«r SUdlkirche zu Schlotheim. 



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70 



Schlotkbih, Stadtkirche. 



Schlotheim. 70 



dem Gesims gestaltet; an den Ecken Consolen, welche am Gesims vortretende Köpfe 
von Engeln und abwechselnd damit Löwen tragen. Darüber an den Ecken gedrehte 
Knöpfe, dazwischen -durchbrochenes Rankenwerk, kronenartig gestaltet, mit einer 
BlUthe an der Spitze, ilolz. 

Altar bau hinter dem Altartisch, um 1670 (laut Stadtrechnung) gefertigt, barock, 
bis auf die zwei später zu besprechenden, gothischen Apostelfiguren und das in den 
Sockel eingelassene, der Zeit um 1510 angehörende Relief mit der Darstellung: 

Lasset die Kindlein zu mir kommen. Der Heiland sitzt auf 
einer Bank in der Mitte und reicht ein Kind der vor ihm 
stehenden (uns im Profil sichtbaren), kleineren, weibUchen 
Figur zurück. Links von Christus sitzt eine Frau mit zwei 
Kindern in den Armen, links, etwas tiefer, eine mit einem 
Kind. Ebenso sitzt eine Frau rechts von Christus mit 
ihrem Kind im Arm, die folgende an der Ecke hält knieend 
ihr stehendes Kind. Die Figuren im Stil der Thüringi- 
schen Schule sind ziemlich handwerksmässig, plump, be- 
sonders die Kinder puppenhaft, die Darstellung aber doch 
von gewissem Werth durch einzelne ganz gute Beobach- 
tungen und Naturstudien des Bildners; sie würde noch 
besser wirken, wenn sie nicht durch Beschädigungen und 
den Anstrich so arg entstellt wäre. 

Der Altar selbst ist eine recht gediegene Arbeit 
der Barockzeit. Neben dem Sockelrelief treten Postamente 
vor, neben denen wieder zurückliegend akanthus-ver- 
zierte Consolen seitwärts in S-förmiger Biegung heraus- 

Theil eines AlUrwerke» za er, 

Schiotbeim. treten. So ist der auf dem Sockelgesims ruhende Haupt- 

theil in drei Felder getheilt. Denn auf den Postamenten 
steigen gewundene, von Weinlaub umrankte, korinthische Säulen und über den Ecken 
der Consolen korinthische, mit rechteckigen Füllungen im Schaft gezierte Pfeiler auf, 
welche gemeinschaftlich ein verkröpftes, kräftig, aber gut ausladendes Gebälk tragen. 
In dem Mittelfeld ist das mittelmässige (nach L. ganz brav gemalte) Gemälde des 
Abendmahls, dessen Rahmen, ein mit Akanthus geschnitzter Rundbogen, den Architrav des 
Gebälkes überragt. In den Seitenfeldern ist die Vertäfclung zwischen den korinthischen 
Stützencapitellen mit geflügelten Engelsköpfen verziert und darunter eine solche mit 
einer Muschel, von welcher eine Traube herabhängt. Der so darunter übrigbleibende 
Rechteck-Raum der Seitenfelder ist thürartig offen gelassen, und hinein sind die spät- 
gothischen, aber durch Malerei dem Uebrigen gleichgemachten (nach L. weniger guten) 
Holzfiguren der Apostel Petrus und Paulus gestellt, wodurch eine ganz originelle 
Wirkung entsteht. An den Aussenseiten der Pilaster sind die durchbrochen als 
Akanthuswerk geschnitzten und vergoldeten Arabesken durch schwungvollere Linien- 
führung vor vielen ähnlichen (meist brettartigen) Einfassungen ausgezeichnet. Auf 
dem Gebälk des Haupttheiles erheben sich an den Ecken Stücke eines gebrochenen 
Rundbogen-Giebels, über dem Mitteltheil ein Aufsatz. Säulen, ganz wie die unteren 
gestaltet, nur kleiner, werden durch ein Sockelgebälk (in Höhe ihrer Postamente) 
verbunden, an dessen Fries ein Engelskopf angebracht ist; ebenso über den Capitellen 
durch ein Gebälk, dessen Architrav in der Mitte durch einen kleinen Absatz etwas 




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71 Schlothoim. 



Schlothem, Stadtkirche. 



71 



in die Höhe geführt ist In dem so umschlossenen Feld ist ein Crucifix angeordnet, 
von hübschem Akanthus mit Palmetten und Voluten in den Ecken umgehen. Das 
Gesims des vorher erwähnten Gebälkes ist in der Mitte rund hochgeführt, so dass 
hier im Fries ein mit einem Engelskopf belebtes Bogenfeld entsteht. Auf der Spitze 
des Giebels steht eine Figur des Heilandes mit der Fahne. Gut durchbrochenes 
Akanthuswerk , wie das vorher geschilderte, dient auch als Bekrönung der Gesimse 
und als äussere Seiten-Einfassung. Holzbau mit Stuck. 

Crucifix in der Thurm-Sacristei, gothisch, plump. (L.: Das Werk eines dörf- 
lichen Holzplastikers.) Holz. 

Grabstein an der Nord wand, des Rudolf von Hopffgarten, mit Umschrift: 
ANNO DOMINI 1558 DEN DORNSTAGK NACH LIECHEMESSE IST IN GOTT VEE- 
SCHEEQEN DER EDLE ERNVHESTE VND GESTRENGE RVDOLFF VON HOPFF- 
GARTTENN IN CHRISTO LIEGT BEGRABEN DASELB LEIBE IN [ARNSTADT DIE 
SEELE ABER IM HEIMELREICH DOHIN WD3 KOMMEN ALLE ZVGLEDECH. Der 
Verstorbene steht, uns zugewendet, ungelenk da, gerüstet, doch den Helm am Fuss, 
mit der Rechten den Kommandostab gegen die Hüfte stützend, die Linke an den 
Schwertgriff legend, in einer auf Pilastern ruhenden, etwas verschnörkelten Kleebogen- 
Blende, an deren beiden Zwickeln Wappen angebracht sind. 

L. bemerkt: Da Rudolf von Hopffgarten in Arnstadt verstorben und auch dort 
begraben worden ist, so haben wir es hier mit einem Kenotaphium zu thun. 

Der Fussboden der Kirche, unter dem bis zum Jahre 1708 alle Glieder der Familie 
von Hopffgarten begraben worden sind, ist ganz mit Grabsteinen bedeckt Dieselben 
sind jedoch so abgelaufen, dass sich die Inschriften nicht mehr entziffern lassen. — L. 

Gedenktafel des Jost Christoph von Hopffgarten, | 16*2, barock, mit Rankon und 
Schnörkeln an dem hängenden Ornament und dem Giebel, und mit Wappen an den Seiten 
der Inschrift-Tafel. Weisser Alabaster auf grauem Grunde 

Gitter am von Hopffgarten'schen Familienbegräbniss „noch nicht 100 Jahre alt". 
Eisen. — L. 

Weinkanne, der Ueberlieferung nach von den Herren von Hopffgarten gestiftet, 
barock, vom Ende des 17. Jahrhunderts, in geschmackvoll gebauchter Form. Orna- 
ment-Streifen von Band- und Blatt- Voluten mit gitterverzierten Quasten, Palmetten 
und Rosetten sind in ruhigerem Zug am Fuss und Deckel, in breiterer, kräftigerer 
und bewegter Form um die Bauchung, mit stärkerer Betonung der Richtung am Hals 
(auch um den Ausguss herumgeführt) geschlagen. Der Henkel ist zierlich S-förmig 
gebogen, mit aufgelegtem Akanthusblatt [die Deckelknopf- Verzierung abgebrochen] 
(Ä). Silber, mit Vergoldung der Verzierungen. 

Kelch, Sechspass-Fuss mit gravirter Blattverzierung am Rand und auf den 
Tassen; am Knauf Rautenwürfel, mit Kreuzen geziert, zwischen Eiern. (L. berichtet 
nach dem Kirchenbuch, dass ein Major Jac. Frosch, aus Thann im Elsass gebürtig, 
der in Schlotheim 20 Jahre gelebt habe und 1635 gestorben sei, einen „übergulten" 
Becher — diesen? — in die Kirchen verehrt habe.) 

Kelch, laut Inschrift und zwei Wappen 1640 von der Wittwe von Jost Knigen ge- 
stiftet Am Knauf vier wenig vortretende Rautenwürfel zwischen glatten, mit umgeschlagenen 
Spitzen gedachten Blättern. Silber mit Vergoldung. — Paten e, von: 1640, mit Vierpass- 
Unirandernng des Bodens. 



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72 



Schlotheim. 72 



Kelch, von: G. v. H(oj>ff garten), 1706 gestiftet. Sechspass-Fuss ; Schaft mit ihm 
durch Blattkranz verbunden; Knauf apfelförmig mit senkrechten Bippen. Silber mit Ver- 
goldung. 

[Malereien an der Decke des alteren Theiles, biblischen Inhalts, schlecht, 1848 
übertüncht — L.] 

Glocken. 1) 1677 von Hans Heinrich Bausch und Hans Wolf Geyer in Erfurt 
Oben zwei einfache Barock-Friese. An der einen Seite des Mantels das Wappen derer von 
Hopffgarten, an der andern das der Stadt (Drudenfuss). — 2) 1712 von Mich. Andr. Gott. 
Kesler (Kessler?) in Mühlhausen. — 3) 1757 von Sorber in Erfurt. — Wappen derer von 
Hopffgarten und der Stadt 

[Die Hospitalkirche, «um heiligen Kreuz, 1896 von der Familie von Hopffgarten 
gestiftet um das Jahr 1865 wegen zu grosser Baufalligkeit abgerissen, war ein roher, un- 
schöner Bau. Das Innere war aber noch leidlich erhalten, so dass bis 1850 darin Gottes- 
dienst gehalten werden konnte. — Ueber dem Altar befand aioh ein ziemlich gut geschnitzter 
Orucifixus, neben dem Altar standen 2 Apostel -Figuren von Holz, auch der Weih- 
kessel war noch vorhanden. — L.] 

Fürstliche D 0 fll ä n 6 , das ehemalige K I 0 8 1 6 F der Augustinerinnen (poeni- 
tentium B. Mariae Magdalenae), ist 1285 von der Familie der Truchsesse von Sladheim 
gestiftet, 1525 geplündert, 1543 säcularisirt und vom Herzog Moritz an die Grafen 
von Schwarzburg verkauft worden. Die Kirche ist, soweit man es jetzt noch er- 
kennen kann, eine getreue Nachahmung der Ortskirche gewesen. Von der inneren 
Architektur derselben ist keine Spur mehr vorhanden, auch die südliche Aussenseite 
ist umgebaut oder wohl richtiger neu gebaut worden. Nur an der nördlichen Wand 
sind noch die durch Spitzbögen verbundenen Pfeiler — jetzt die Fläche des Pferde- 
stalles — und die Kragsteine, worauf das Dach der Seitenschiffe ruhte, sichtbar. — L. 

Zusatz: Säcularisirung und Verkauf fanden 1544 statt. Durch den Vertrag von 
1599 fiel das Klostergut der rudolstadter Linie zu. 

G. H. Franke, Nene Beiträge sor Geschichte der Lande dea HauseB Sachsen, 1767, 113 £: 
DipL Schlothemensia. — Herrmann, in Thflring. Vereins-Zeitachr. VM, 52. 

[Im Klostergute, woselbst die alten Truchsesse, wie aus den Urkunden hervorgeht ihr 
Erbbegräbniss hatten, sind bis 1880 noch grosse, mit Figuren und Inschriften versehene 
Grabsteine vorhanden gewesen. Dieselben sind aber bei den zahlreichen Umbauten, 
wodurch das Oberste zu unterst gekehrt wurde, verschüttet worden. — L.] 

Rath haU8, ein Holzbau aus dem Jahre 1721. Früher waren daran einige 
Holzschnitzereien sichtbar, sind aber im Jahre 1858 durch den Kaikabputz verkleistert 
worden. — L. 

[Waffen, Stossdegen und Pallasche, mit denen in der Zeit von 1650 — 1768 
innerhalb des Rathhauses gefrevelt worden war, darunter interessante Stücke, waren 
an der Südfront angenagelt, wurden 1858 fortgenommen und sind seitdem bis auf 
einige unwesentliche Stücke verloren gegangen. — L.] 

Sc hl 08 8 der Familie von Hopffgarten. Von der alten Burg der Truchsesse 
von Sladheim ist kaum noch eine Spur vorhanden. Das Wohngebäude, eine grosse, 
steinerne Kemnat e, ist 1768 bis auf die Grundmauern abgerissen und zur Erbauung 



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73 Schlotheim. 



Schlotheim, Schloss. 



73 



des jetzigen von Hopffgarten'schen Schlosses verwendet worden. Nur der ausgemauerte 
Graben scheint theilweise uralt zu sein und lässt hier und da etwas von den Bau- 
verbältnissen der alten Truchsessen-Burg ahnen. In dem erwähnten Graben befindet 
sich auch das „Verliess", in dem Thomas Münzer (von Heldrungen hergebracht) kurz 
vor seiner Hinrichtung 1525 gesessen hat. 

Die Familie der Truchsesse, früher ein „semperfreies" Dynastengeschlecht, ge- 
rieth, nachdem sie durch Stiftung des Klosters zurückgekommen war, in ein abhängiges 
Verhältniss zu dem Grafen von Hohnstein-Sondershausen (1324) und musste dem- 
selben 1529 und 1q30 sogar ihren ganzen Besitz Schlotheim, Mehler und Almenhausen 
verkaufen. Von dem Grafen von Hohnstein, der ohne männliche Erben starb, ging 
der Besitz 1356 auf die Grafen von Schwarzburg über, die die schlotheimer Parzelle 
1424 nebst Wahrung ihrer Hoheitsrechte an die Familie, von Hopffgarten ab- 
traten. — L. 

Das Schloss, 1773 erbaut, hat an der Front (A) in zwei Geschossen in dem 
in 7 Fenstern Breite etwas vorspringenden Mittelbau flachbogige, sonst rechteckige 
Fenster mit einfachen Gewänden. Einige flach vortretende Verzierungen sind in den 
Brüstungen der oberen Fenster angebracht (in Gestalt von Draperieen mit angehefteten 
Trophäen, bezw. einem Knäbchen mit Blumenkorb); ebenso im Obergeschoss als Be- 
krönung des mittelsten Fensters (ein Inschrift-Schild des Maximilian Ernst unter dem 
Schild mit dem Erbauungsjahr) und der beiden Fenster daneben (Blumenkorb) ; ferner 
voll vortretende Verzierungen in den beiden (am zurücktretenden Theil rechts und 
links befindlichen) Eingangsthüren, welche ein in der Mitte aufgebogenes Gesims und 
darauf eine Urne zwischen zwei liegenden Knäbchen zeigen. Hübsche Thürklopfer 
mit Löwenkopf und Engel, von Messing. Eine stattliche Wirkung erhält die Gesammt- 
ansicht durch einen über dem ganzen Mittelrisalit aufsteigenden, an den Ecken ein- 
gebogenen, in der Mitte aber umgekehrt rund ausgebogenen Giebel, welcher in seinem 
Bogenfeld noch ein Geschoss von drei Fenstern enthält. Dazwischen sitzen stark vor- 
tretende Verzierungen, etwas zusammenhanglos, aber gut gemacht; rechts und links 
vom mittelsten Fenster sind es Schleifen mit herabhängenden Fruchtbündeln; rechts 
und links von den seitlichen Fenstern Trophäen und darunter liegende Füllhörner 
mit herausquellenden Früchten ; oberhalb der Fenster zwei durch Vorhangswerk mit 
Schleifen verbundene, grosse Schilder mit den Wappen. Den Giebel krönt ein Adler 
mit gespreizten Flügeln. — Im Schloss befindet sich, nach Osten zu, an dem Wirth- 
schaftshofe, eine Thür, laut Inschrift innen von 1785, in guten Verhältnissen, mit Urnen- 
Krönung und je zwei Wappen-Löwen auf den Pfeilern und mit schweren Laubgewinden 
an den Vorderseiten der Pfeiler, die auch an der Wand als Gliederung sich wieder- 
holen; ferner zwei Flachbogen-Thüren mit Masken als Schlusssteinen. — Rampen- 
brüstung, geschmückt im Zeitgeschmack mit Urnen und Knabenfiguren. — Figuren 
ganz tüchtiger, italienischer Arbeit (der Ueberlieferung nach im vorigen Jahrhundert 
von Herrn von Hopffgarten dem ursprünglichen, in Bankerott gerathenen Besteller 
abgekauft) sind nördlich, östlich und westlich vom Schloss aufgestellt, 13 antike Gott- 
heiten, sowie zwei Musikanten, besonders letztere flott und lebendig (A). 

Wallgraben mit Mauern und Bastionen. 

Zwischen Schloss und Kirche das Mausoleum derer von Hopffgarten, mit 
Eisen-Gitterwerk in Roccoco. 



74 Schlotheim. Schlotheim. 74 



Wohnhäuser. 

Wohnhaas des Scilerwaarenfabrikanten Herrn Thilo Staff in der Mehlgasse. 
Dasselbe ist halb massiv erbaut, und ist in dessen Giebelseite eine grosse Sandstein- 
Platte eingelassen, worauf in Flachrelief zwei roh gearbeitete Löwen angebracht 
sind. Zwischen den Löwen befindet sieb folgende Inschrift: Im Unglück hob eines 
Löwen Math, trau auf Gott, es wird wohl werden gut. 1626. Erwähnte Inschrift 
bezieht sich auf die furchtbare Pestepidemie des Jahres 1626. — L. 

Wohnhaus des 

Stadtmusikanten Herrn 
Blass, ein Holzbau, der 
an der Strassen sei te 
die Jahreszahl 1567 
trägt. — L. 

Wohnhaas des 

Herrn Hoffmann. Ueber 
der Hofthür befindet 
sich die bekannte In- 
schrift: Fax infanti- 
bus, salus exeuntibus. 
— L. 

Das Haus hat eine 
Rundbogen - Thorfahrt, 
in deren Bogen ab- 
wechselnd die Quadern 
vor- und zurücktreten ; 
die zurücktretenden 
sind mannigfach ver- 
ziert mit Rosetten, Fa- 
cetten und Beschlags- 
Ornamenten (A). 

Ausser den von L. angeführten Häusern: 

Wohnhans von Herrn Böttchermeister Papst, dem von Herrn Blass ähnlich, 
einfacher. 

Im Besitz des Herrn Pfarrers Senftieben: 

Altarwerk (aus der Kirche zu Marolterode), gemalt, mit den Figuren der 
Heiligen Petrus, Paulus und der 14 Nothhelfer. 

Im Besitz des Herrn Maurermeisters K. Grahn : 

Weihwasserbecken, aus der Kirche zu Mehrstedt. 

Befestigung. [Schlothcim hatte im Mittelalter zwei Stadtthore, die thunn- 
artig überbaut waren. Eines davon, das sogenannte Erfurter Thor, wird schon 
länger als 150 Jahre nicht mehr erwähnt; das andere, das sogenannte Mühlhäuser 
Thor, ist 1780 theilweise und 1829 gänzlich abgerissen worden]. Die Stadtmauer, 




Wohnhaus des Herrn Dias* zu Schlotbeim. 



75 Schlotheim. Schlothkih. 75 



welche gegenwärtig nur auf der Nordseite leidlich erhalten ist, hat keinen Thurm 
mehr, wohl aber drei thunnartige Ausbauten. — Auch von den Erdwällen und 
Schanzen vor der Mauer sind noch Spuren vorbanden. Im Jahre 1626 muss 
Schlotheim's Befestigung noch ziemlich im Stande gewesen sein, dehn man hat damals, 
wie das Kirchenbuch erzählt, versucht, den räuberischen Soldaten Merodo's, wiewohl 
vergebens, Widerstand zu leisten. — L. 

KreilZ8tein auf dem Almensteiner Berge. 

Heidnische U m W a 1 1 U n g von ziemlicher Ausdehnung, auf dem sogenannten 
Kirchberge, 10 Minuten südlich von Schlotheim. Da innerhalb derselben bis 1560 
eine christliche Kapelle gestanden hat, so ist sie wahrscheinlich früher ein umwalltes, 
heidnisches „Fanum" gewesen. [Innerhalb des umwallten Raumes sind mehrere Feuer- 
steinwaffen: Lanzen- und Pfeilspitzen, sowie auch verschiedene, römische Münzen 
(Kaiserdenare) gefunden worden. — Von der erwähnten, christlichen Kapelle waren 
noch 1850 Spuren, z. B. riesige Dachziegeln, zu sehen.] — L. 

Einzelgräber sind, in der Flur zerstreut, mehrfach aufgefunden und eröffnet 
worden. [Eines davon, welches wahrscheinlich einen alten Germanen, der im römischen 
Sold gestanden, barg, ergab ausser Skelettresten noch ein stark verrostetes Eis en- 
schwert, eine Anzahl bunter Thon Scherben und mehrere römische Denare. 
— Ein anderes Grab, das wahrscheinlich aus der fränkischen Zeit stammte, enthielt 
stark verrostete Waffen.] — L. 

Per „Harzhügel", einst weithin sichtbares Merkzeichen der Flur, ein sehr 
grosser, künstlich aufgeschütteter Erdhaufen aus vorgeschichtlicher Zeit, ist 1883 der 
Landwirtschaft zum Opfer gefallen und abgetragen worden (durch etwa 1000 zwei- 
spännige Fuhren Erde). Da sich im Innern nur Aschenreste und eine unschöne 
Streitaxt vorfanden, so ist er wahrscheinlich nur ein Opferaltar gewesen und hat 
früher vielleicht „ Herthashügel " geheissen. — L.] 

[„Weiden h Of Name eines Feldstückes dicht vor Schlotheim, nach Lungers- 
hausen eine einstige, durch den Gottesfrieden gesicherte Bergungsstelle der Habe von 
Einwohnern bei Fehden. — L.] 

[Wohl 6 Crucifixe von Stein standen bis zur Separation 1861 in der Flur 
umher, sind jedoch jetzt sämmtlich verschwunden. — L.] 

[Funde vorgeschichtlicher Alterthümer und römischer Münzen 
sind in der Gegend häufig, doch kommen die gefundenen Gegenstände meist fort, wie 
die von Herrn Picard sen. an den regierenden Fürsten von Schwarzburg-Rudolstadt 
verkauften und die von Herrn Lungershausen an das Museum zu Gotha geschenkten 
Sammlungen. Nach L. sind die römischen Münzen nur silberne und Sestertien, oft 
mit dem Bildniss von Marc Aurel und Faustina n., also wohl von des Ersteren 
Tributzahlungen an die Germanen, lediglich durch den Handelsverkehr nach dem 
Norden gekommen. — Eine fränkische Goldmünze, 1878 gefunden, kam in 
das Berliner Museum. — Bracteatcn werden sehr häufig gefunden, meist „Mühl- 
häuser", mit der Mühlhaue gestempelt. Die Truchsesse prägten auch in Schlotheim 
Bracteaten, was ihnen 1290 untersagt wurde. — L.] 



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76 



^ TT & 8 B K *^ ■ 



Schlothelm. 76 



Straussberg, 16 km nördlich von Schlotheim. Als früheste Besitzer werden die 

Grafen von Kirchberg genannt, deren Burg in der Nahe lag. 1289 von dem Kammerer 

Dietrich von Mühlhausen erbaut, kam es 1312 an die Grafen von Hohnstein (Castrum 

Strutzberch; Graf Dietrich schreibt sich daher 1324 Herr von Sondershausen und 

Straussberg) und wurde nach dem Tode des letzten derselben 1356 von den Grafen 

von Schwarzburg ererbt. Von 1465 — 1548 war der Ort an die Herren von Tütche- 

roda verpfändet. 1552 — 1598 residirte daselbst Graf Wilhelm von Schwarzburg. Seit 

diesem Jahre wohnte kein Besitzer von Straussberg wieder dort. Jetzt ist es Domäne 

des Fürsten von Schwarzburg-Rudolstadt. 

J. Fr. Maiden er, Historisch-diplomatische Nachrichten von einigen serstOrten Bergschlössern in 
Thüringen, 1752, S.43ff — Thiome, Statistische« Handbuch £ Schwanburg-Rodoht (1881), 8. 367. 
— 0. Wallenhaaer, Heimathskunde der Faretentbomer Schwarzbarg, 8. 62. 

Sc hl 088. Der grosse Bezirk birgt wohl in dem runden Bergfried den 
ältesten Theil, der in den Mauern noch romanisch sein mag und einen hoch ge- 
legenen Eingang hat. Im Ucbrigen sieht man von schmuckvolleren Theilen aus mittel- 
alterlicher Zeit nur einige spätgothische Fenster und Thüren, so ein Vorhangbogen- 
Fenster und an anderer Stelle ein ehemals auf einer Mittelstütze gepaartes, mit 
Giebellinien gedecktes Fenster, das aber zugemauert und seiner Mittelstütze beraubt ist 
Ferner gehören jener Zeit, abgesehen von den Theilen der spater zu besprechenden 




-4 1 I 1 



GrundriM des 8*hlosses Straussberg. 



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77 Schlotheim. 



Stbaussbeeg. 



77 




Seblo» Strausberg. 

Kapelle, noch einige Strebepfeiler und die Schmiede an, die sogenannte alte 
Küche mit altem Schlot, hinter dem eine Spitzbogenöffnung vermauert ist. Eine 
durchgreifende Restauration fand 1581 statt, welche Jahreszahl nebst dem Monogramm 
des Fürsten W.E aussen an der Mitte der Südmauer angebracht ist 

Der interessanteste Theil ist die Kapelle, welche westlich vom Bergfried liegt. 
Sie zeigt noch mittelalterliche und spätere Bauthätigkeit und wurde 1870 renovirt, bei 
dieser Gelegenheit aber das Langhaus mit Einbauten versehen und zu einem Frucht- 
magazin umgewandelt So ist nur der ehemalige Chor jetzt Kirchenraum, und zwar 
das Chor-Rechteck, welches wohl mit seinem rippenlosen Kreuzgewölbe dem Bau von 
1581 angehört (.4). Denn es ist ohne Bindung an den schmaleren, rechteckigen Chor- 
schluss angeschlossen, nach ihm hin durch einen mächtigen, spitzbogigen Gurtbogen 
geöffnet. Dieser Schlussraum selbst ist durch eine schlechte Nothwand, mit Fiach- 
bogen-Fenster darin, gegen Osten geschlossen, also früher weiter gegangen. Er hat 
die auffallende Ueberdeckung eines halben Kreuzgewölbes, dessen spätes tgothisch 
kehlprofilirte Rippen, von den östlichen Ecken auf hölzernen Diensten aufsteigend, an 
dem Gurtbogen ihren Scheitel mit zapfenartig herabhängendem Schlussstein haben. 
(So wäre der Gurtbogen an Stelle des fehlenden halben Gewölbes getreten und hat 
das gebliebene halbe zu tragen, wenn nicht etwa, wie es der mir vorliegenden Photo- 



78 



Straubsbebo. 



Schlotheim. 78 



graphie nach fast scheint, das sehr schlechte Gewölbe selbst auch von Holz ist, wie 
die Dienste.) Im grösseren Rechteck-Raum öffnet sich nach Süden über der Empore 
ein grosser Rundbogen, hinter welchem die jetzige, äussere Kirchenwand sich befindet. 
In dem so gebildeten Gange führt in östlicher Richtung eine Thür zu einer alten 
Wendeltreppe ; sie bildete einst den Zugang zu einer jetzt vermauerten Rundbogen- 
Oeffnung in der Aussenwand, welche mittelbar mit dem Bergfried-Eingang in Ver- 
bindung stand. Neben grossen, rundbogigen haben sich an der Kirche auch einige 
spitzbogige Fenster erhalten, ebenso neben der jetzigen Thür östlich eine Spitzbogen- 
Thür mit Stabwerk, das sich im Scheitel kreuzt. 

Im Innern ist manches hübsche Holzwerk. So die Empore der Süd- und West- 
Seite auf toscanischen Säulen. 




Chorstühle an der südlichen Gurtbogen-Vorderfläche , in einfach schöner 
Renaissance, wohl von 1581. Die viersitzige Bank selbst hat nur im ümriss ge- 
schmackvoll profilirte End- und Zwischen-Wangen. Auf ihnen erheben sich aber, an 
die Wand gelehnt, viereckige, mit Lorbeerblättern verzierte Postamente und darauf 
toscanische Säulen, welche Felder mit den gemalten Gestalten der Evangelisten ein- 



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79 Schlotheim. Straumbebg. 



fassen. Auf den Säulen ruhen verkröpfte Gebälke mit den betreffenden Evangelisten- 
Namen im Fries zwischen Triglyphen, dann, auf einer Reihe von Zahnschnitt-Consolen 
und geschweift geschnittenen, aufsteigenden Eckbrettern vortretend, der Baldachin, 
welcher selbst wieder ebenso, aber als sehr hohes Gebälk mit Sprüchen zwischen 
Triglyphen im Fries und mit Zahnschnitt-Consolen im Gesims ausgebildet ist. Die 
Unterflächen des Baldachins sind mit hübscheu Ornamenten bemalt 

Kirchstuhl an der Südwand westlich von dem vorigen, im Gebälk demselben 
gleich, doch geschlossen, mit einfacher Vergitterung der Fenster und einer durch 
Säulen in Felder getheilten Brüstung. Jedes Feld ist als auf Pilastern ruhende 
Rundbogen-Blende und darin befindliche, auf Pilastern ruhende, giebelgedeckte Blende 
entwickelt. 

Kirchstuhl an der Westseite, Renaissance, mit hübscher Malerei an der Decke: 
Cartouchenwerk , das im Innern des Schildes Löwenköpfe, aussen Rosenzweige und 
Engelsköpfe zeigt (A). (Die figürlichen Malereien an diesem Kirchstuhl etc. siehe 
unten.) 

Kanzel, ebenfalls in guter, einfacher Renaissance, auf einem gegliederten Holz- 
pfeiler in vier Seiten des Achtecks vortretend, mit Vcrtäfelungen der Felder in Gestalt 
von Rundbögen in Quaderwerk, hergestellt durch verschiedenfarbige, geschmackvoll 
ausgesuchte Holzarten und mit Zahnschnitten im Deckgesims. Kanzeltreppe mit Ver- 
gitterung. 

Altarwerk, ursprünglich spätgothisch, um 1500, von welchem der Mittelflügel 
mit den bemalten Schnitz-Figuren der Maria mit dem Kind zwischen den Heiligen 
Katharina und Barbara erhalten ist, die in der gewöhnlichen, im Faltenwurf etwas 
besseren Durchschnittsweise der thüringischen Schule gehatteu sind (Lichtdruck). Be- 
merkenswerth ist die Baldachin-Schnitzerei mit einheimischem Blattwerk (.4). — An 
den Seitenflügeln sind statt der alten, wohl schadhaft gewordenen Ausschmückung 
schlechte Gemälde im Anfang des 17. Jahrhunderts angebracht. (An der Inschrift 
der Rückwand steht: MDCX..). Auf dem linken Flügel ist innen die Prophetenweihe 
des Jeremias (unter Einführung eines vermittelnden Engels in Jer. 1, 9), aussen Johannes 
der Täufer, auf dem rechten innen das Christkind, Ober Hölle und Tod triumphirend (dies 
am besten), aussen der leidende Christus in der Kelter, in welche sein Blut fliesst, dar- 
gestellt. — Ans der Zeit dieser Gemäldo stammt auch das Sockolgemälde mit ganz gutem 
Moses-Kopf, sodann das auf den Mittelschrein aufgesetzte Gesims mit dem Rundbogen-Giebel 
darüber, an welchem rechts und links ein Pelikan, oben ein Crucifix angeordnet ist. — 
Inschrift hinter dorn Altar in dem Werke: Thüringen and dar Harz. 

3 Steine im Vorraum der Kirche haben zu mancherlei Deutungen Anlass gegeben. 
Man hat sie für alte Weihwasserbecken, Prof. Kl. die zwei mit den vier Höhlungen 
für Geräthe zur Aufnahme von Oel und Salzwasser, das dritte für ein Kohlen- oder 
Weihrauch-Becken gehalten. Gegen die kirchliche Bestimmung lässt sich die unge- 
wöhnliche, für eine Schlosskapelle besonders unnöthige Häufung einwenden, gegen die 
Annahme der längeren Aufbewahrung solcher Flüssigkeiten aber die Schärfe, mit der 
die sonst schmucklosen Gefässe in ihrem Rauminhalt ausgearbeitet sind, sowie die 
verhältnissmässig geringen und doch in ihrer Verschiedenheit von einander bestimmt 
abgewogenen Maasse. Dies und besonders die offenbare Absicht, das dritte Gefäss mit 
beiden Höhlungen , die sich im Inhalt wie 2:3 verhalten , doch nicht gleichzeitig zu 




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80 



Straüssberq, Kirchberg. 



Schlotheim. 80 




Steine in der Kapelle de* Schlosses Strausberg. 



benutzen, führt mich dazu, die Gefässe 
für alte Normal-Einheitsmaasse zu hal- 
ten, wie sie in früheren Jahrhunderten 
häufig von Gemeinde oder Herrschafts 
wegen augefertigt, an und bei Kirchen 
zur öffentlichen Eenntniss bewahrt 
wurden. 

Taufkanne, von: 1678. Zinn. 

Altardecke (von 1689 nach 
Herrn Gutsbez.-Vertreter E. Papst in 
Straussberg), gothisirend, gross, Kreise 
mit Füllung von Wappen und Buch- 
staben, in viereckigen Feldern ange- 
ordnet, mit nach den Ecken gehenden 
Blattzweigen. Plattstich-Stickerei mit 
Hell- und Dunkel-Gelb, Grün und 
Orange auf dunkelviolettem Grunde. 

Malereien an der Decke, an den 
Kirchstühlen (siehe auch oben Chorstühle) 
und den Brüstungen und Wänden der 
Emporen, vom Ende des 16. Jahrhunderts. 
An den Emporen Darstellungen aus der 
Geschichte Christi von der Verkündigung 
bis zur Auferstehung, (an der westlichen 
Empore :) die 12 Apostel, (an den Decken 
unter den Emporen :) Bilder aus dem alten 
Testament und Ornamente. Wasserfarben, 
sehr verblichen (A). 



Im Besitz des Berrn Lieutenants Schneidewind: 

Waffen, sowohl vorgeschichtliche von Stein, als auch solche des 16. Jahrhunderts 
von Eisen (A). 



Kirchberg, Vorwerk, 3 km westlich von Straussberg. Von dem ehemaligen 
Dorfe ist nur noch ein Graben, der Standort der Kirche (alte Kirche) und der 
Dorfteich vorhanden. Spuren von Gebäuden und Befestigung (A). Nordtheil mit 
einem rechteckigen Bau (A) ; Südtheil mit einem Bundbau auf einem Hügel ; zwischen 
beiden die Grabenspur. Steinerne Heerdplatte mit drei Kreislöchern (A). 

Nördlich davon im Walde die „alte Burg". Sie wurde in der Mitte des 
12. Jahrhunderts von den Grafen zu Kirchberg erbaut. Dieselben verkauften ihre 
Antheile an der Burg an die Grafen von Hohnstein, welche sie bereits 1250 inne 
hatten und 1356 den Grafen von Schwarzburg hin terli essen. Nur Spuren sind er- 



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81 Schlotheim. 



Strausbbkbg, Kirchberg. 



81 



kennbar, ein runder Bergfried in einer kreisförmigen, nach Norden durch ein drei- 
viertelkreis-förniiges Bollwerk gedeckten Mauer; ausserhalb dieser Mauer südlich ein 
zweiter Rundbau. Das Ganze ist in einem rechteckigen Bezirk eingefasst, dessen 
Ostmauer zum Theil mit der runden Mauer zusammenläuft. (Hier ist ein Stück ein- 
gebrochen, wo man falschlich ein Gewölbe vermuthete; daher die Oeffhung.) Jenseits 
dieses Zuges, nach Osten, zeigt sich doppelte Grabenspur. 

Gottichalk, Di« Bitterburgen und Bergschlöster Deutschland* etc. — Gregorii, Daa jetit 
florirendc Thüringen etc. — Kober, Geographia Schwanburgica (Manuscript im Budolst Archiv). — 
Lesse r, Nachricht von dem bei Strausberg entdeckten Muschelmarmor etc. — J. Fr. Müldener, 
Historisch-diplom. Nachrichten von einigen zerstörten Bergschlössern in Thüringen, 1752, S. 43 ff. 
— Thieme, Statist Handbuch für Schwarzburg-Rudolstadt, 1881, S. 267 f. — Thüringen ond der 



Um, Bd. L 




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