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Full text of "ABHANDLUNGEN, DERAUSGEGEBEN VON DER SENCKENBERGISCHEN NATURFORSCHENDEN GESSELLSCHAFT"

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ABHANDLUNGEN, 


HERAUSGEGEBEN 

■ 

VON  DER 

SENCKENBERGISCHEN  NATURFORSCHENDEN 

GESELLSCHAFT. 


ZEHNTER  BAND. 


Mit  XXXXI  Ttfelo. 


FRANKFURT  a.  M. 

CHRISTIAN  WINTER. 

1876.  2  ; 


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■ 


Inhalt. 


Kr.  He^n^,  Mb«**».  Xotisen.  No.  1*.  (Eüf*  Formung.)  Mit  drei  Tafeln  .  .  ,-26 
C  Chun,  üeber  den  Bau ,  die  Entwickeln«  and  physiologische  Bedeutung  der  Rectaldrtisen  bei 

den  Inseeten.    Mit  vier  Tafeln   27 — 66 

Fr.  ScKarff,  Ueber  den  inneren  Zusammenhang  der  Tcrsebiedenen  Krystallgettalten  de«  Kalkspath*. 

Mit  fünf  Tafeln   67-118 


und  F.  a  Xoity  Beitrage  iur  Anatomie  und  Systematik  der  Rfaisostomeen  Mit 

acht  Tafeln   11»— 180 

Z>.  IHpprt,  Die  neuere  Theorie  aber  die  feinere  Structur  der  Zellhülle,  betrachtet  an  der  Hand 

der  Thatsachen.    Mit  sechs  Tafeln   181-212 

O.  HUtfrAli,  Studien  Aber  die  ersten  Entwickelungsrorgange  der  Eizelle,  die  Zelhheilnng  und  die 

Conjogation  der  Infusorien.    Mit  fünfzehn  Tafeln   213-452 


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Am  10.  Juli  1874  ist 


Dr.  *Vicir^4i,  flessenberg, 


G4  Jahre  alt,  nach  kurzer  Krankheit  gestorben.  Unter  meinen  Papieren  fanden  rieb  die  hier 
folgenden  mineralogischen  Arbeiten  Ober  den  Ytlerspath  aus  Tavetsch,  den  ninnit  aus  dem  llmnen- 
thale,  Kalkspath  vom  Rödefiord  und  Kalkspath  von  Andreasberg.  Die  Senckenbergisehe  Natur- 
forschende  Oesellschaft  hat  «ich  mit  Liebe  der  Herausgabc  dieser  Arbeiten  unterzogen;  sie  sollten 
ein  letztes  Zeugnis*  geben  von  den  Bestrebungen  einos  ihrer  ausgezeichnetsten  Mitglieder.  Abge- 
sehen von  einem  kleineren,  früheren  Aufsatz»-  Ober  das  Qnecksilbirhoruerz.  bilden  sip  das  12.  Heft 
(11.  Fortsetzung)  der  »Mineralogischen  Notizen-  des  Verstorbenen.  Die  Beobachtungen  welche  in 
diesen  Schriften  niedergelegt  sind,  werden  in  der  Wissenschaft  für  alle  Zeiten  Geltung  behalten, 
wie  das  Andenken  an  den  Geschiedenen  in  den  Herzen  seiner  Freunde! 
Im  November  1874. 

Dr.  F.  Scharff. 


Mineralogische  Notizen 

von 

Friedrich  Nessenberg 

No.  12. 
<KMe  t*ort«<sunir.)  • 
Mit  S  Tafeln. 


Itternputh  uu*  Tavet*ch. 
Das  auf  Klüften  des  Feldspathgesteins  der  "Fibbia  am  Gotthard  als  Seltenheit  auf- 
tretende,  zirkonähnliche,  erat  seit  1866  als  Ytterspath  (Xenotiro)  entlarvte  Mineral  ist 
schon  seit  mehr  denn  30  Jahren  durch  Beobachtungen  einer  Reihe  von  Forschern  (Lardy, 
Wiser,  Sorot,  vom  Rath,  Kenngott,  Wartha)  bekannt  und  erst  kürzlich  wieder 
durch  treffliche  Arbeiten  von  Brezina  (Min.  Mitth.  gesammelt  v.  Tschermak  1872,  Heft  1) 
und  C.  Klein  (Jahrb.  f.  M.  1872.  S.  900  u.  f.)  in  frische  Erinnerung  gebracht  worden. 
Gegenwärtig  durch  eine  verwandte  neue  Beobachtung  abermals  auf  diesen  Gegenstand  geführt, 
werde  ich  zwar  eine  Mittheilung  darüber  nicht  zurückhalten,  die  Wiederholung  von  bereits 
Bekanntem  jedoch  möglichst  vermeiden,  soweit  es  der  übersichtliche  Zusammenhang  erlaubt. 

AblunilL  il.  fetukeiib.  naturf  Gin.  Bd.  X.  1 


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—    2  — 


Ich  kann  mich  dabei  um  so  kürzer  fassen,  als  Brezina  und  Klein  mit  directer  Hinweisung 
auf  die  Quellen  alles  Wünschbare  beigebracht  haben,  was  zur  Geschichte  und  Literatur  des 
Gotthardter  Ytterspath«  oder  sogenannten  Wiserins  gehört. 

Es  hat  sich  unter  Beziehung  auf  die  genannten  neuesten  Erörterungen  als  Endergeb- 
niss  herausgestellt,  dass  bis  jetzt  der  Ytterspath  in  der  Schweiz  nur  von  dem  einzigen  Fundort, 
der  Fibbia,  und  nur  in  der  einfachen  Combination  P.  »P  beobachtet  worden  ist.  Denn  die- 
jenigen flächenreichen  Binnenthaler  Krystalle,  welche  für  Wiserin  von  einer  besonderen  Aus- 
bildungsweise gehalten  worden  waren,  haben  sich  durch  Dr.  Carl  Klein's  scharfsinnigen  Nach- 
weis als  etwas  ganz  Anderes,  nämlich  als  Anatas,  zweifellos  herausgestellt. 

G.  vom  Rath's  Messungen  hatten  schon  früher  gezeigt  (Pogg.  Ann.  1864,  Bd.  123, 
S.  187),  dass  zwar  das  beobachtete  Mineral  nicht  blos  nach  der  Augenschätzung,  sondern  auch 
in  den  Kantenwerthcn  dem  Zirkon  wirklich  ziemlich  nahe  stehe,  immerhin  aber  nach  seinen  Grund- 
werthen  keineswegs  mit  ihm  identisch,  sondern  nicht  unerheblich  verschieden  sei.  Beim  Zirkon 
ist  die  Seitenkante  —  84°  20';  beim  Wiserin  fand  sie  vom  Rath  =  82°  22'.  Indessen  vermochte 
diese  Differenz  für  sich  allein  noch  keinen  genügenden  Fingerzeig  auf  die  eigentliche  Natur 
des  Minerals  zu  gewähren,  und  erst  V.  Wartha's  treffliche  chemische  Analyse  (Pogg.  Ann. 
1866,  S.  166)  bewies,  dass  der  durch  Kenngott  sogenannte  Wiserin  weder  einen  der  Bestand- 
theile  des  Zirkons  enthielt,  noch  eine  Spur  von  Titansäure  bot,  dagegen  in  Schwefelsäure 
löslich  und  identisch  sei  mit  dem  von  Berzelius  schon  1825  (Pogg.  Ann.  Band  3,  S.  203  und 
Bd.  60,  S.  591)  erforschten  und  benannten  Ytterspath,  der  phosphorsauren  Yttererde,  YSP, 
diesem  später  (1832)  durch  Beudant:  Xenotim  genannten  Minerale,  dessen  schönste  Varietät, 
wie  Naumann  sagt  (Eiern,  d.  Min.  1871,  S.  253),  der  Wiserin  repräsentirt. 

An  jenem  seit  1825  durch  Berzelius  bekannt  gewordenen  nordischen  Ytterspath  waren 
andere  als  sehr  ungefähre  Messungsergebnissc  nie  erhalten  worden,  weil  das  Mineral  sich  immer 
nur  halb  verwittert,  seine  Flächen  sich  imr  unvollkommen  gebildet  und  matt  vorfanden,  lieber 
seine  quadratische  Natur  war  nie  ein  Zweifel,  da  sich  in  diesem  Sinn  oft  modellgleichc  Kry- 
stalle herauslösen  Hessen,  aber  das  Beobachtungsmaterial  war  doch  während  längerer  Zeit  so 
mangelhaft,  dass  die  früheren  Beobachter,  bis  zum  Jahr  1850  hin,  für  die  Mittelkanten  von 
P  ca.  90°  fanden,  ein  starker  Fehlgriff!  Von  da  an  (cf.  Naumanns  Elem.  d.  Min.,  Aufl.  LI,  1850) 
findet  man  82°  dafür  angegeben,  hierauf  aber  von  E.  Zschau  dieses  Maass  wieder  auf  ca.  84° 
gesetzt  (Jahrb.  d.  Min.  1855.  S.  521).  Von  diesem  Forscher  wurde  ausser  P  und  »P  als 
Seltenheit,  eine  ditetragonale  Pyramide  beobachtet  (I.  c.  S.  525),  welche  aber  erst  in  neuester 
Zeit  durch  Brezina  als  3P3,  eine  auch  am  Zirkon  und  zwar  sehr  gewöhnlich  auftretende  Form 


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—    3  — 


bestimmt  worden  ist  (1.  c.  S.  15  und  16),  und  zwar  au  einem  Krystall  von  Hitteroe  von  der 
ungewöhnlichen  Grösse  eines  halben  Zolls.  Es  scheint  übrigens,  im  auch  dieser  Krystall  nicht 
zu  genauen  Messungen  geeignet  war,  nach  dem  Wenigen,  was  Brezina  darüber  mittheilt.  Kr 
erwähnt  zwei  stark  differirende  Messungen: 

3P3  :  P  =  150«  21',  Refl.  (Jon. 
i       150°,  Anlegegon 

In  welcher  Weise  er  daraus  die  Axe.  a  :  c  =  1  :  0,6201  und  die  Kante  3P3  :  P  -  150»  6' 
berechnete,  ist  mir  nicht  ersichtlich.  Die  Mittelkante  von  P  inüsste  sich  bei  jenen  Parametern 
=  82«  29'  56"  ergeben. 

Da  offenbar  das  nordische,  grösser,  aber  unvollkommen  krystallisirende  Material  zu 
feinen  Messungeu  untauglich  ist,  so  darf  man  um  so  grösseres  Gewicht  auf  die  Resultate  legen, 
welche  sich  an  den  Gotthardter  Ytterspath-  Krystallen  gewinnen  lassen,  an  deren  einem 
tJ.  vom  Rath  die  Polkante  =  124»  30'  maass,  woraus  folgt  Mittelkante     =    82«  22'. 

Die  weitere  Entdeckung  eines  schönen,  glänzend  krystallisirten,  vollkommen  gut  mess- 
baren Schweizer  Ytterspath-  (Wiseriu-)  Krystalls,  zugleich  von  reicherer  Combination  als 
die  bisherigen  uud  von  anderem,  neuem  Fundort  ist  unter  jenen  Umständen  willkommen  ge- 
wesen und  ich  komme  nun  zu  meiner  eigentlichen  Aufgabe,  über  diesen  seltenen  Fund  eint; 
kurze  Mittheilung  zu  geben,  indem  ich  zunächst  die  Gestalt  des  betreffenden  Krystalls  in  Fig.  1 
vorführe  als  Combination 

P.  »P.  3P3. 

Das  Stafetten  (in  meinem  Besitz)  wurde  vor  einigeu  Jahren  bei  dem  inzwischen  in 
Ausübung  seines  gefährlichen  Berufs  in  bedauernswerther  Weise  in  der  Yal  Gornera  verun- 
glückten bekannten  Mineraliensuchers  Caveng  in  Sedrun  erkauft,  wobei  derselbe  den  aufge- 
wachsenen kleinen  Krystall  für  Turnern  hielt.  Das  Stück  stammt  unzweifelhaft  aus  der  näheren 
Umgebung  von  Sedrun,  nach  der  mir  gütigst  mitgetheilten  Ansicht  des  Herrn  Dr.  Karl  von 
Fritsch,  eines  genauen  Kenners  der  dortigen  mineralogischen  Verhältnisse,  entweder  von  dorn 
bekannten  Mineralienfundort  bei  der  Sta.  Brida-Kapelle  an  der  Strasse  zwischen  Rueras  und 
Selva  (cf.  Excursionskarte  des  Schweizer  Alpenclubs  für  1871),  oder  möglicherweise  auch  aus 
der  Val  Cornera,  Beides  Oertlichkeiten,  welche  bekanntlich  in  das  Suchgebiet  Ca ve ng's  fielen: 
keinesfalls  aber  vou  der  Fibbia,  dem  Fundort  der  bisher  bekannten  Wiserinkrystalle,  eine  Ver- 
muthung,  welche  in  der  sofort  auffallenden  Verschiedenheit  des  Habitus,  der  Combination  und 
des  Muttergesteins  bei  Vergleichung  mit  dortigen  Krystallen  eine  Stütae  findet. 


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_    4  — 

Unser  Kr/stall  ist  nur  1  M-  gros,  aber  sehr  schöu  glänzend,  brauqgelb,  durchsichtig, 
einem  faserigschiofrigcn ,  scharf  auzufflhlenden,  fälschlich  oft  sogenannten  Talkgneis  auf- 
gewachsen, im  umgebenden  kleinen  Hohlraum  begleitet  von  kleinen  Adularen  und  einigen  kleinen 
Antheilen  eines  dem  Gneis  eingewachsenen  schwarzen  Minerals,  nach  allem  Anschein  Orthit, 
bekanntlich  auch  eiu  steter  Hegleiter  des  nordischen  Ytterspaths.  Es  glückte  mir,  ein 
Stückchen  des  (ineises  ohne  Abtrennung  des  Kr.»  Stallchens  loszulösen  und  da  dieses  ziemlich 
frei  auf  scharfer  Gesteinskante  aufsitzt,  es  in  dieser  Verfassung  conservirt  zu  messen. 

Die  drei  Theilgestalteu  P,  3P3  und  ocP  sind  so  im  Gleichgewicht,  dass  keine 
derselben  vorherrscht,  wodurch  der  schöne,  kugelartige  Habitus  erzeugt  wird,  welchen  Fig.  1 
erkennen  lässt.  Die  Form  3P3,  für  den  Zirkon  sehr  gewöhnlich,  für  den  Ytterspath  von 
Hitteroe  eine  Seltenheit  und  erst  kürzlich,  wie  oben  erwähnt,  von  Brezina  bestimmt,  ist  an 
jenen  anderen,  von  der  Fibbia  herstammenden  Krystalien  bisher  nie  beobachtet  worden,  daher 
für  die  Schweiz  neu  und  für  den  Ytterspath  des  neuen  auf  der  Ostseite  des  Gotthardt- 
Gebirges  im  Tavetsch  gelegenen  Fundorts  auszeichnend. 

Zwei  am  schönsten  spiegelnde  P  Flächen  des  Krystalls  sind  diagonal  zu  einander  ge- 
legen,  also,  dass  sie  sich  nicht  in  einer  Polkante,  sondern  nur  in  der  Polecke  berühren.  An 
ihnen  fand  ich  nach  mehrfacher  Einstellung: 

P  :  P  =  97°  51' 

und  habe  dieses  Resultat  als  Grundwerth  beibehalten.  G.  vom  Rath  fand  hierfür  97°  36'. 
Da  er  aber  anführt,  die  Flächen  des  von  ihm  beobachteten  Krystalls  hätten  »ziemlich  genaue« 
Messungen  erlaubt,  die  erwähnten  Flächen  des  unsrigen  hingegen  au  vortrefflicher  Spiegelung 
gar  nichts  zu  wünschen  lassen,  so  möchte  violleicht  die  Messung  an  letzterem  für  die  be- 
günstigtere  zu  halten  sein,  obgleich  unser  Krystall  nicht  mit  ganz  ungestörter  Regelmässigkeit 
gebildet  ist,  wie  die  nachstehenden  Messungen  der  4  Polkanten  beweisen.  Bei  genauer  Be- 
trachtung unter  der  Lupe  gewahrt  man  auch,  dass  der  Krystall  eigentlich  aus  zwei  ungefähren 
Hälften  besteht,  welche  nicht  ganz  vollkommen  parallel  an  einander  gewachsen  sind,  sich  daher 
zu  einem  etwas  verschobenen  Gesammtkörper  vereinigt  haben.  Die  untenstehenden  Messungen 
sind  zwar  ausschliesslich  der  einen,  besser  gebildeten  und  räumlich  etwas  Oberwiegenden  Hälfte 
entnommen,  bestätigen  aber  doch,  dass  dieser  Theil  des  Krystalls  auch  in  sich  selbst  nicht  völlig 
ungestört  symmetrisch  nus^Gfüllcn  ist 

Aus  der  Annahme  von  P  :  P  über  oP  —  97»  51'  folgen  weiter: 
Nebenaxe :  Hauptaxe  =  1  :  0,6168053 
oder  -  1,622572  :  1 


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_    5  — 

P  :  P  Polkante  =  124°  37'  52",  gem.  124°  46'  ») 

P  :  P  Mittelkante  =    82°  9' 

P  :  odP   —  131°    4'  30"     >     131"  21'  •) 

P  :  3P3  -  150°    6'  48"     •     150°    8';  150°  2' 

150°  17';  150°  0' 

3P3  :  3P3  primäre  Polkante  X   .  --  147°  19'    4"     »    147°  18';  147°  26' 
3P3  :  3P3  secundäre    >        Y  .  =  133 8   6'  24" 
3P3  :  3P3  Mittelcante  Z   .  =  125°  40'  30" 

3P3  :  3P3  über  a>P  =  105°  27'  31 " 

3P3  :  <x>P  —  142°  43'  45" 

3P3:  3P3  über  odPqo  (nicht  auftr.  =  115°  8'  32" 
3P3  :  ooPoo  =  147»  34'  16" 


Die  längst  erkannte,  so  lange  dauernde,  Täuschungen  über  die  Natur  des  Wiserin 
veranlassende  Thatsache  einer  angenäherten  Formenübereinstimmung  mit  dem  Zirkon  wird 
durch  obige  Messungen  natürlich,  nicht  erschüttert.  Ein  wirklicher,  verwandtschaftlicher  Iso- 
morphismus zwischen  ZrO».  SiO*  und  YO*.  P*  0J  ist  zwar  ein  kaum  zu  erklärendes  Ver- 
hiütniss,  dessen  Thatsächlichkeit  indess  doch  eine  bleibende  Stütze  besitzt  durch  die  Betrachtung 
jener  merkwürdigen,  auf  Hitteroe  von  Tschau  vielfach  beobachteten  a.  a.  0.  S.  521  von  ihm 
beschriebenen  und  abgebildeten,  von  da  auch  in  Dana's  Mineralogie  S.  529  aufgenommenen, 
parallelen  Verwachsung  des  Ytterspaths  mit  dem  Malakon,  diesem  Umwandlungsproduct  des 
Zirkons. 

V 

')  0MMMCB:   III  :  III  =  124»  »0* 
Iii  :  111  =  IM*  41« 
III  :  111  —  124''  66' 
lTl  :  III  =  124"  M' 
Mittel  =■  124*  <ti' 
G.  vom  Rath'i  MeHung  hatte  124*  80'  ergeben. 
»J  Vit  Flüche  odP  lieferte  kein  lehnte  Bild. 


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-    6  - 


Bin  nit  i'on  Im/'eld  im  Binnenthal. 


Literatur. 

A.  Damntir,  Annale*  de  chitnii'  <b  ilc  pkytiiuue,  XIV.  87». 

W.  Sartorins  toii  Waltershausen.  1856,  Pogg.  Ami.  94,  117. 

J.  C.  HeusHer,  1856,  Pogif.  Ann.  97.  117. 

A.  itl  Cluizoaux,  Auiiale»  de»  tninex.  VIII,  393. 

W.  Sartorius  von  Walterghausen,  1857,  Pogg.  Ann.  100,  5o7. 

A.  Kenngolt,  Ueber*.  d.  Resultat«  min.  Forwhgn.  in  1856  und  1857,  |».  178. 

A.  Kenngott,  Die  Minerale  der  Schweiz,  p.  378. 

0.  vom  Kath,  Pogg.  Ann.  122,  371.  397. 

A.  Schrauf,  Atlas  der  Krjr>«allfonm-n  d.  Mineralreich»,  Lief.  IV,  Artikel  Bhmtt. 


In  Gesellschaft  verschiedener  anderer  grauer,  aber  orthorhombisch  krystallisirender 
Schwefelerze  findet  sich  bekanntlich  die  dem  Eoargit  nahestehende  Verbindung  Gu3  As*2  in 
Formen  des  regulären  Systems  im  Dolomit  des  Binnenthals  als  ein  bis  jetzt  stets  sehr 
selten  gebliebenes  Mineral,  für  welches  Des  Cloizeaux,  vom  Rath,  Schrauf,  Dana  den 
Namen  Binnit,  dagegen  Sartorius  von  Waltershausen,  Heusser,  Kenngott,  Naumann 
den  Namen  Dufrenoysit  behauptet  haben,  beiderseits  mit  guten  Gründen,  zwischen  welchen  sich 
zu  entscheiden  schwierig  ist.  Damour  ist  der  erste  Entdecker,  da  er  das  Mineral 
zuerst  krystallographisch  erkannte,  welches  allerdings  erst  hernach  von  Waltershausen 
chemisch  feststellte.  Aber  eben  Damour  selbst  wünschte  hierauf  den  Namen  Dufrenoysit 
auf  das  von  ihm  analysirte,  orthorhombische  Mineral  bezogen  (vergl.  Pogg.  Ann.  100,  538), 
wonach  dem  isometrischen  der  Name  Binnit  verblieb.  Doch  vermeine  ich  durchaus  nicht  zu 
prajudiciren,  wenn  ich  mir  erlaube,  mich  im  Sinne  dieser  Entscheidung  für  das  isometrische 
Mineral  des,  auch  wegen  seiner  Kürze  bequemeren  Namens  Binnit  in  der  folgenden  Besprechung 
zu  bedienen. 

Mannigfaltige  schätzbare  Belehrungen  über  das  geognostische  Auftreten,  die  Vergesell- 
schaftung, die  physikalischen  Eigenschaften  des  Minerals  finden  sich  in  den  oben  angeführten 
Schriften.  Deshalb  beschränke  ich  mich  hier  darauf,  einige  eigentümliche  auszeichnende 
Eigenschaften  zu  besprechen,  welche  sich  bei  der  Untersuchung  eines  in  meinen  Besitz  ge- 
kommenen, besonders  reichgcstalteten  Krystalls  ergeben  haben.    Dieser,  wie  gewöhnlich  tief 


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schwarzgraue  Binnitkrystall  fand  sich  auch  hier  wieder  dem  bekannten  zuckerkörnigen  Dolomit 
aufsitzend,  aber  nicht  blos  wie  gewöhnlich  ganz  isolirt  im  Muttergestein,  wie  es  schon  ton 
Waltershausen  gewöhnlich  fand  (Pogg.  Ann.  94,  p.  119),  sondern  in  Berührung  mit  Zink- 
blende und  Bleiglanz,  letzteres  ein  überraschender  Umstand,  da  Bleiglanz  unter  den  Mineralien 
des  Binnenthals  bisher  nicht  beobachtet  gewesen  war,  wenigstens  nirgends  erwähnt  worden  ist. 

Ich  habe  die  an  der  Stufe  befindliche  Gruppe  der  erwähnten  Mineralien  vorher,  ehe 
ich  mich  entschloss,  den  zum  Theil  überdeckten  Binnitkrystall  wegen  der  Messung  zu  entblösseu 
und  abzulösen,  abgezeichnet  und  in  Figur  2  möglichst  natürlich  in  ungefähr  fünfmaliger  Ver- 
größerung wiedergegeben.  Zur  linken  Seite  unterscheidet  man  den  verhältnissmassig  grossen 
Bleiglanzkrystall  als  0.  »0»  deutlich.  Er  ist  in  Wirklichkeit  mit  abgerundeten  Kanten,  aber 
glatten,  spiegelnden  Flächen  gebildet  und  reichlich  0  Mm.  gross.  Er  setzt  sich  in  der  Fig.  2 
nach  rechts  fort  bis  über  die  Mitte  der  Zeichnung,  woselbst  dann  zunächst  rechts  der  Binnit- 
krystnll  unmittelbar  an  ihn  anstösst.  Von  seinen  Krystallcn  aus  sendet  der  Bleiglanz  noch 
einige  Ausläufer  in  das  unterliegende,  zuckerkörnige  Gestein,  überall  unterscheidbar  durch  seine 
leicht  zu  erhaltenden  glänzenden,  hexaädrischen  Spaltflächen.  Aufwärts  in  der  Mitte  der 
Zeichnung  befindet  sich  klcindrusig  auskrystallisirter  Dolomit,  in  Vertiefungen  des  Bleiglanz- 
krystalles  wie  eingesenkt,  den  Binnit  dagegen  zwar  zum  Theil  überdeckend,  aber  nicht  störend. 
Der  Bleiglanz  und  der  Binnit  verhinderten  sich  gegenseitig  an  ihrem  weiteren  Fortwachsen. 
In  Fig.  2  ganz  rechts  unterscheidet  man  einige  Zinkblendekrystalle,  Zwillinge  des  Octaeders. 

Der  Binnitkrystall,  2,5  Mm.  gross,  zeigt  sich  bedeckt  von  zahlreichen,  schön  spiegelnden, 
buntfarbigen  Flächen,  durchaus  scharfkantig,  nicht  so  wie  nach  Kenngott  andere  Binuitkrystalle 
beobachtet  wurden,  wie  abgeschmolzen,  gerundet.  Zumal  bei  seiner  nur  theilweisen  Entblössung 
erschien  er  für  die  blose  Augenschätzung  als  ein  unlösbares  Rätbsel,  ja  es  war  unmöglich,  sich 
auch  nur  über  seinen  tesseralen  Charakter  zo  vergewissern.  Er  ist  in  solchem  Grad  und  so 
eigentümlich  verzerrt,  dass  man  viel  lieber  auf  Jordanit  oder  eines  der  anderen  dortigen 
grauen  rhombischen  Erze  schliessen  mochte,  als  auf  isometrischen  Binnit.  Erst  nachdem  er 
herabgenommen  war  und  der  Zusammenhang  seiner  zahlreichen  Flächen  nach  allen  Seiten  hin 
messend  ermittelt,  war  es  möglich,  den  merkwürdigen  Krystall  zu  entziffern.  Unsere  Figuren 
3,  6,  7  werden  nun  die  Auffassung  des  gewonnenen  Resultats  wesentlich  erleichtern ;  Fig.  3  in 
natürlicher,  die  Figg.  G.  7  in  symmetrisch  idealisirter  Darstellung.  Aus  ersterer,  Fig.  8,  lässt 
sich  ersehen,  wie  sehr  der  Krystall  ausgeartet  erscheint  durch  Unvollzähligkeit  der  Flächen 
sowohl,  als  durch  regellose  Ungleichheit  ihrer  relativen  Ausdehnung.  Auf  die  Frage,  ob  bei 
diesen  Deformitäten  eine  Hemiedrie  mitspiele,  kommen  wir  weiterhin  zurück. 


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—    8  — 

Die  bisher  am  Binnit  beobachteten,  gemessenen  und  bestimmten  Flächen  sind  (vergl. 
Schrauf,  Atlas,  Lief.  IV,  Artikel  Binnit),  folgende: 

»0.  «Ood.  0.  202.  606.  30 V  »tO 

Die  ersten  Beobachtungen  im  Jahre  1854  von  Damour  und  v.  Waltershausen  hatten  nur 
die  Flächen  Ton  *0  und  202  erkennen  lassen.  Zwei  Jahre  später  brachte  Hcusser  dazu 
aoOco.  fand  dieses  sogar  an  allen  Krystnlleo,  meist  vorherrschend  über  aü.  Er  bestätigte 
202,  beobachtete  überdies  auch  0,  dieses  jedoch  viel  seltener,  an  25  Krystallen  nur  dreimal; 
sodann  das  Lcucitoid  606  an  einem  Krystall,  wo  er  es  durch  Messung  von  dessen  Neigung 
zu  ooOco  feststellte,  dagegen  an  eiuem  zweiten  Krystall  nicht  manss,  sondern  nur  wieder  zu 
erkennen  vermuthete.  Endlich  fand  Heus s* r  auch  noch  eine  Triakisoctaederfläche  sj'»0. ')  die 
I^eucitoe^lerkanten  von  202  abstumpfend  (vergl.  Naumann.  Lehrb.  d.  Kryst.  1832,  Fig.  75) 
Triakisoctaeder  sind  indess  am  Binnit  jedenfalls  die  seltensten  Gestalten  In  seiner  zweiten 
Mittheilung  (Pogg.  Ann.  100,  p.  539)  erwähnt  v.  Waltershausen  ausdrücklich,  dass  er  nie  ein 
solches  beobachtet  habe.  Dagegen  wurde  der  Achtundvierzigflächner  30 3 ,  als  Binnitfläche  durch 
desselben  Forschers  ebengenannte  zweite  Mittheilung,  p.  537,  in  der  Combination  ooO.  202.  303/i 
bekannt.  Ein  nicht  zu  bestimmendes  mOn  wurde  auch  durch  Kenngott  bestätigt,  ausserdem  in 
dessen  verdienstvollem  Werk  über  die  Minerale  der  Schweiz  S.  378,  ausser  202  und  606,  welche 
schon  Heusser  gefunden  hatte,  noch  zwei  nicht  gemessene  Leucitoide  mOra  erwähnt.  Vielleicht 
sind  es  dieselben,  welche  unser  Krystall  bietet  und  welche  wir  weiter  unten  besprechen  werden. 

In  A.  Schrauf  s  oben  ciürtem  Atlas  bringen  die  Figg.  3,  4,  5  aus  dessen  Beobachtungen 
an  Krystallen  des  Wiener  k.  k.  Min.  Cabinets  zu  den  genannten  Flächen  keinen  neuen  Zuwachs. 
Sie  bestätigen  als  die  reichsten  Combinationcti : 

jdO.  ooO«.  0.  202.  30»/i. 
ocO.  ooOoo.  202.  l/,0. 
qbO.  ocOx  .  202.  606.  0. 

So  erscheinen  denn  diese  reichsten  bisher  bekannt  gewordenen  Binnitkrystalle  nicht  über 
fünf  zählig  combinirt  und,  indem  dagegen  unser  Krystall  mit  acht  verschiedenen,  vollkommen 

')  Irrthumlich  hat  Schrauf  iui  Text  seines  schätzbaren  Alias  (cf.  Artikel  Binnit)  .statt  der  Form 
>0  =  882  «xo.  a  :*/•»,  eine  Leucitoidflache  *  =  322  =  */ta :  o :  a/ta  =  *  tO'A  eingeführt,  obgleich  in  Fig.  4. 
nbereinstimroend  mit  Heus«er,  als  '/»O  Bezeichnet. 

Die  Harte  winl  von  Heusser  (I.  c.  p.  IIP)  =  4,o  angegeben,  nämlirh  ausdrücklich  erwähnt,  der  binnit 
sei  entschieden  harter  als  Klüsserath,  lasse  sich  nicht  von  diesem  ritzen,  wohl  alter  von  Apatit.  Ks  ist  daher 
jedenfalls  ein  Irrthum,  vielleicht  auf  einer  Verwechselung  mit  dem  rhombisrhen  Dufrenoysil  beruhend,  wenn 
in  Naumann'!  Elementen  d.  Min.  die  Harle  für  das  retulÄre  Mineral  =-  2...3  angegeben  wird 


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—    9  — 


gut  messbaren  Theilgestalten  geziert  ist,  erlangt  or  mit  Recht  den  Anspruch  auf  die  genauere 
Betrachtung,  die  wir  ihm  nun  zuwenden  wollen.    Die  CombinaÜon  besteht  aus: 

»O.  aOoo.  0.  202.  404.  10  0  10.  40.  30»/« 
unter  welchen  Flächenzeichen  drei  für  den  Binnit  neu  sind:  404.  10 010.  40. 

Eine  solche  Combination  in  idealer  Flächenvollzähligkeit,  wie  in  Fig.  6  dargestellt,  ent- 
hält nicht  weniger  als  170  Flächen.  Wie  schon  die  Fig.  3  erkennen  läset,  gibt  es  in  der 
natürlichen  Ausbildung  dieses  Krystalls  bei  all  seiner  Unsymmetrie  doch  keine  Theilgestalt,  welche 
man  als  y  o  r  h  e  r  r  l  c  h  e  n  d  ,  als  die  Trägerin  der  Combination  anzusehen  berechtigt  wäre, 
denn  mit  Ausnahme  der  beiden,  nur  klein  und  spärlich  auftretenden  Glieder  30*  «  und  40  kommen 
alle  übrigen  meist  mehrfach  in  gleich  ansehnlicher  Grösse  vor,  ein  Gleichgewicht  darstellend, 
welches,  wie  es  in  Fig.  3  ersichtlich  ist,  so  auch  im  Habitus  der  idealen  Fig.  6  auszusprechen  war. 

Die  Unvollzähligkeit  der  Flächen  unseres  Krystalls  veranlasst  uns  aUbald  zu  der  Frage, 
ob  dieselbe  eine  tetraedrische  Hemiedrie  erkennen  lasse,  oder  vielmehr  nur  als  regel- 
los erscheine.  Diese  Frage  hat  insofern  eine  erhöhte  Bedeutung,  als  eine  hemiedrische  Anlage 
den  Binnit  den  Fahlcrzen  und  dem  Tennantit  um  so  näher  bringen  würde.  Kenngott  (Uebera. 
fflr  1856  u.  1857,  p.  174)  hatte  aus  seinen  Beobachtungen  an  Krystallen  der  Wiser  schen 
Sammlung  auf  eine  Hemiedrie  geschlossen,  letztere  gegen  v.  Waltershausen,  welcher  sie  in 
Abrede  gestellt  (Pogg.  Ann.  Bd.  100),  vertheidigt  und  allerdings  mit  Recht  angeführt,  es  könne 
dem  Mineral  die  Hemiedrie  zu  eigen  sein ,  ohne  dass  ein  jeder  Krystall  dies  auch  erkenneu 
lassen  müsse.  Indessen  haben  auch  die  von  Schrauf  in  seinem  Atlas  besprochenen  Binnit- 
krystalle  sich  nur  holoedrisch  entwickelt  gezeigt  und  es  erscheint  immerhin  rathsain,  die  fer- 
neren Studien  an  Binnitkrvstallen  auch  auf  diesen  Punkt  zu  richten.  Ein  so  flächenreicher 
Krystall  wie  der  unsrige  schien  sich  für  eine  solche  Untersuchung  besonders  zu  empfehlen. 
Ich  hübe  deshalb  die  Fig.  7  als  ein  nochmaliges  Bild  der  ideal  vollzähligen  Combination  hin- 
zugefügt und  ihr  eine  ungefähr  ähnliche  Stellung  gegeben  wie  die  der  natürlichen  Abbildung 
Fig.  3,  so  dass  man  die  mit  Buchstaben  des  Alphabets  bezeichneten  Flachen  beider  Figuren 
vergleichen  und  die  correspondirenden  leicht  auffinden  kann.  In  Fig.  7  finden  sich  nun  alle 
am  Krystall  wirklich  auftretenden,  also  in  Fig.  6  gegebenen  Flächen  schraffirt,  die  fehlenden 
weiss  gelassen.  Da  einige  in  ihren  Zonen  an  dem  Krystall  mitgemessenen  Flächen  bei  der 
Stellung,  welche  die  beiden  Figuren  erhalten  haben,  über  deren  Rand  fallen  und  also  nicht 
mehr  zu  deren  Vordersicht  gehören,  so  wurden  ihre  Symbole  und  Buchstaben  an  den  Rand- 
stellen der  Figuren,  wo  sie  zunächst  anliegen,  beigeschrieben.  Es  betrifft  dies  die  5  Flächen 
h  =  »Ooo,  ..  =  10  0  10,  t  =  »0,  q  =  202,  1  —  202.  Man  überzeugt  sich  nun  leicht,  dass  das 

AMuhkIL  <1-  Henrkrnh.  o»turf.  «««.  Bd.  X.  2 


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—    10  — 

Fehlen  der  nicht  vorhandenen  Fliehen  keiner  hemiedrischen  Regel  unterliegen  kann.  Die  Ent- 
scheidung findet  sich  nämlich  sofort  aus  der  Lage  der  Octaederfläcben,  von  welchen  zwar  in 
Fig.  3  allerdings  zwei  fehlen  nnd  zwei  vorhanden  sind.  Allein  die  zwei  vorhandenen  liegen 
nicht  tetraedrisch  zu  einander,  sondern  octa&irisch,  unter  109°  28'  zu  einander  geneigt,  womit 
die  Frage  wenigstens  für  diesen  K ry stall  zu  Gunsten  der  HoloPdrie  entschieden  ist.  Dem  ent- 
sprechend zeigt  sich  auch  die  Vertheilung  der  unvollzähligen,  in  der  Fig.  7  schraffirten  Flächen 
der  übrigen  Theilgestalten  als  eine  zufällige. 

Die  Erzeugung  einer  Reihe  von  Ikoäitetra&dern  '),  deren  bereits  vier  Arten  beobachtet 
sind,  scheint  eine  den  Binnit  auszeichnende  Eigentümlichkeit  zu  sein.  Beim  Fablerz  kennt 
man  zwar  auch  mehrere  mOm,  aber  doch  nur  hemi&drisch  als  Trigon :  Dodecagder  2^--  Die 
an  unserem  Krystall  vorhandenen  drei  IkositetraPder  nebst  dem  von  He uss er  beobachteten  606 
haben  folgende  Kantenwinkel: 

202,  tetragonale  Kante  =  131°  48'  37",  trigonale  Kante  =  146°  26'  34" 
404  •  »   =  152°  44'    2"         •  •    =  120»  0  0 

606  »  »   =161°19?42"         »  •    ™  110°  0  19" 

100 10        »  »  —  168°  38'    8"        »  »    =101°  52'  52" 

Bei  404  ist  die  Kante  von  genau  120°  0'  0"  recht  bemerkenswerth.  Nach  v.  Kobell 
(Berechnung  d.  Krystallformen,  1867,  p.  38)  wäre  diese  Gestalt  schon  früher  beobachtet  am 
Magnetit;  doch  habe  ich  Angaben  darüber  trotz  allen  Nachsuchens  nirgends  finden  können. 
Für  den  Binnit  ist  diese  Form  neu,  an  unserem  Krystall  sehr  breit  und  schön  gebildet  (i  in 
Fig.  3)  und  daher  durchaus  nichl  zu  verwechseln  mit  Heusser's  606,  welches  am  vorliegenden 
Krystall  ganz  fehlt 

')  Nach  der  merkwürdigen  Entdeckung  de»  tetragonalen  Systems  des  Leonis  darf  man  sich  leider 
fernerhin  nicht  mehr  der  so  anschaulichen  Bezeichnungen  Leucitoeder  und  Leucitoid  bedienen,  selbst  wenn 
man  mit  A.  Scacchi  (Conrribuzioni  mineralogiche  per  servire  alla  storia  dell'  ineeodio  Vesuviano  in  1879, 
p.  32)  die  Existenz  von  zweierlei  Leucitvarietaten,  einer  tetragonalen  und  einer  regulären,  für  wahrscheinlich 
halt.  Nachdem  das  Mineral  durch  tob  Rath's  Scharfsinn  zum  Ei  des  Colurebus  geworden,  ist  es  für  rnis 
Andere  allerdings  jetzt  nicht  mehr  schwierig,  Loucitkrystalle  auf  ihre  einaxige  Spitze  aufzustellen,  wenn  sie 
von  der  Art  sind,  bei  welcher  gewisse  charakteristische  Kanten,  die  man  vor  der  Entdeckung  vom  Rath's  für 
gleichwertig  nahm,  um  beinahe  4  Grade  (3»  66'  2")  differiren.  Dieser  Unterschied  ist  ja  so  bedeutend,  dass 
er  sofort,  sogar  bei  einer  Handgoniometer-Me&sung  in  die  Augen  fallt  nnd  über  sein  Vorbandensein  oder  sein 
Fehlen  gar  keinen  Zweifel  lasst.  Um  so  sicherer  kann  man  deshalb  aber  auch  annehmen,  dass,  wo  der 
Goniometer  nicht  einen  solchen  Unterschied,  sondern  im  Gegentheil  an  einem  an  sich  gut  ausgebildeten 
Krystall  eine  dem  isometrischen  System  entsprechende  Gleichheit  der  Kanten  nachweist,  der  Krystall  auch 
wirklich  ein  isometrischer  sei.  Solcher  Art  scheinen  aber  die  bekannten  grösseren,  der  alten  vesurischen  Lava 
lose  eingekneteten,  trüben  Leucitkrystalle  wirklich  zu  sein,  von  welchen  ich  einen  von  modellgleicher  Regel- 
massigkeit besitze,  an  welchen  alle  Kanten  mit  grossester  Genauigkeit  131°  49'  und  146*  27'  messen. 


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—  11  — 


Das  Iko  sit  et  nieder  10  0  10  ist  schon  vor  längerer  Zeit  am  Magnetit  beobachtet  worden 
von  Breithaupt,  cf.  dessen  Handbuch  der  Min.  S.  783  und  Fig.  376.  Obgleich  eine  Fläche  10  0  10 
sich  der  Hexaederfläche  ooOoo  bis  zu  dem  sehr  stumpfen  Winkel  voo  171°  57'  2"  annähert, 
so  ist  dies  doch  noch  lange  nicht  die  Grenze  der  Unterscheidbarkeit ;  findet  man  doch  sogar 
12012  für  den  Fluorit,  16016  für  neu  Magnetit  (Breithaupt  1.  c),  ja  40040  für  das  Würfel- 
Erz  als  beobachtet  angegeben  (Naumann,  Lehrt»,  d.  Kryst.  I.  p.  113  u.  151).  Zunächst  abwärts 
aber  kennen  wir  909  am  Pyrit  aus  dem  Binnentbal  (cf.  diese  Min.  Not.  1863  Nr.  5,  p.  29). 

a^&s  '1' k iso c t  ti ^ ist  i l 1 1  , 1  \  1 1 l  I  v 1 1  _  ^ > l  1 1  w w r  c  1  umäl  u 0^1  g ü     o r 1 1  c i  i ,   <  iS  s \ i r* 

schmale  Entkantung,  u  in  Fig.  3  zwischen  m  und  a,  von  sehr  schwachem  Reflex,  dessen  Mes- 
sung j»doch  mit  dem  Zeichen  gut  stimmt  Vielleicht  ist  das  von  Kenngott  erwähnte  Triakis- 
ocUCder  das  gleiche  gewesen.  Die  längere  Kante  von  40  ist  =  159°  57'  0",  die  kürzere 
—  136«  39'  30",  und  es  ist  diese  Form  am  Bleiglanz  beobachtet  worden;  vergl.  Naumann, 
Lehrb.  d.  Krystallogr.  v.  1832,  I.  p.  112;  auch  von  da  beiSchrauf,  Atlas  d.  Min.  Bleiglanz, 
Fig.  12. 

Das  Hexakisoctaeder  30*/i  gehört  zwar  zu  den  nicht  allzukleinen,  aber  doch  zu  den 
minder  gut  gebildeten  Flächen  unseres  Binnitkrystalls  und  lieferte  nicht  so  schön  spiegelnde 
Reflexe,  wie  sie  alle  übrigen  Flachenarten  für  die  Messung  gewährten.  Es  ist  30s/t,  der 
durch  sein  häufiges  Auftreten  am  Granat  so  allbekannte  Achtundvierzigflächner ,  tautogonal 
zwischen  «0  und  202  gelegen;  seine  Kanten  =  158°  12'  48";  148°  59'  50"  und  158°  12'  48". 

An  diese  Betrachtungen  über  die  einzelnen  Flächenarten  fügen  wir  nun  noch  nachstehen- 
des Verzeichnis«  der  gemachten  Messungen  und  Fl&chenneigungen. 

Die  nachstehende  Tabelle  gibt  die  an  dem  Krystall  gemachten  Messungen,  vorher  aber 
in  ihrer  vorderen  Verticalreihe  die  berechneten  Werthe  mit  den  Symbolen  des  tesseralen 
Systems.  Die  alphabetische  Flächenbezeichnung  in  den  rechts  folgenden  Colonnen  hat  dagegen 
keine  symbolische  Bedeutung,  dient  vielmehr  lediglich  zur  Unterscheidung  der  an  dem  Krystall 
wirklich  auftretenden  Flächen,  deren  jede  einzelne  einen  besonderen  Buchstaben  zugetheilt 
erhielt  Die  relative  Lage  aller  dieser  so  bezeichneten  Flächen  ersieht  man  dann  aus  den 
beiden  Figuren  6  u.  7,  welche  bei  ihrer  gegenseitigen  Vergleichung  vollständige  Auskunft  ge- 
gewähren dürften. 


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-    12  — 


Binnit:  Krystall  der  Combi uation :  cxO« .  »0.  0.  202.  404.  10010.  30»/,.  40. 


Berechnet. 


Gemessen. 


Gemessen. 


2u2  : 

U 

1  /*r.ll  iil  i  Min 

160" 31  44 

o  :  m 

_ 

160  36 

6 :  m 

"■ — 

160  30 

21)2  : 

4U 

1  UK    IT  IM 

lio  17  II 

0  :  M 

t  OK  11 

1.35  11 

2U2  : 

ODL) 

ine    ic  in 
125    16  0- 

0  :a 

126  80 

b :  v 

— 

c*.  126  12 

2U2  : 

U 

90  0 

o.f 

90  18 

202  : 

202 

70  31  44 

i  ■  g 

70  62 

202  : 

GCOOD 

— 

35  15  52 

oh 

___ 

36  32 

0  ! 

40 

_ 

164  45  38 

m :  n 

L54  35 

O  | 

«0 

144  44  8 

m:a 

= 

144  56 

m:v 

144  40 

0  : 

0 

— 

109  28  16 

m.f 

— - 

109  37 

0  : 

202 

— 

90  0 

m  :  g 

— 

90  16 

0  : 

ooOoo 

54  44  8 

m  :  h 

— 

55  0 

»0  : 

0 

-_ 

144  44  8 

a.f 

— 

144  50 

oo  0 

202 

— 

126  15  52 

a.g 

_ 

126  26 

»0  : 

aoOx 

90  0 

a:h 

90  6 

0  : 

202 

— 

160  31  44 

f-9 

160  32 

O  : 

odOod 

— 

125  16  52 

f:h 

125  17 

202  : 

ooO« 

= 

144  44  8 

9  h 

144  47 

b:* 

— 

145  21 

202  : 

404 

— 

164  12  25 

b:i 

164  14 

202  : 

xO 

—  — 

150  0 

l,:n 

150 

d.a 

150 

202  ! 

202 

120  0 

b:q 

ca.  120'> 

b:d 

— 

120  10 

202  ! 

aoO 

150 

fr!« 

150  6 

d:e 

149  58 

202  : 

30',» 



130   6  24 

h:c 

(c  ist  matt) 

202  : 

ooO 

90  0 

fr:« 

90  7 

*:  a 



cu.  90 

202  : 

SO'/t 

= 

70  53  36 

t,:r 

ra.  71  35 

202  : 

202 

SS 

60  0 

b:s 

ca.  60 

202  : 

xO 

30  0 

b:t 

ca.  29  > 

»0  : 

80% 

= 

160   6  24 

a :  c- 

bespiegelt  nicht) 

ooO  : 

asO 

m 

120  0 

ae 

120  2 

a:t 

ca.  60 

ocO 

30»,i 

-- 

100  63  36 

a:r 

0  : 

202 

.— . 

160  31  44 

m:  p 

160  1 1 

0  : 

xOoo 

125  15  62 

m:t 

124  68 

0  : 

10010 

117  12  64 

m:w 

116  56 

0 

404 

106  47  36 

m:x 

(x  Schimmer) 

ooOx  : 

10O1O 

171  57  2 

f.V 

171  65 

kl 

171  57 

»0*  : 

404 

IM)  31  43 

f.X 

(x  Schimmer) 

h: 

160  23 

x()x>  : 

202 

144  44  8 

f.p 

144  43 

h:t 

ca.  144  30 

aoOoo  : 

»0 

90  0 

h:y 

ca.  89  47 

odOoo  : 

aoO 

136  0 

h.e 

i  15  21 

t :  a 

136  10 

')202  : 

202 

— 

146  26  34 

gd 

146  44 

'JaoO  : 

404 

146  26  34 

a:  i 

146  28 

202  : 

10010 

143  66  42 

d:w 

144  2 

aoO  ; 

10O10 

140  22  4 

e  :ic 

140  15 

xOoo  : 

202 

114    5  42 

f:fr 

113  48 

odO  : 

ODO 

90  0 

ca.  90 

Gemessen. 


f  .d  B  160  41 


*  :  d  =■  ca.  145  20 


f.y  =  ca.  185 


')  Die  Gleichheit  bei  obiger  Angabe 
auf  einem  Schreibfehle,  oder  Irrthum, 
krystallographiaches  Problem. 


202 :  202  and  aoO  :  404  =  146°  26'  34"  beruht  nicht 
ist  der  thatsachlich  richtige  Ausdruck  für  ein 


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—    13  — 


Ein  durch  Herrn  Wilh.  Steeg,  Opticus  in  Homburg,  erhaltenes  Spaltstück  eines  gross 
angelegt  gewesenen  Krystalls  hat  mir  abermals  Gelegenheit  zu  einigen  Beobachtungen  an  dem 
so  formenreichen  Isländer  Kalkspath  gegeben,  welche  den  vorliegenden  Nachtrag  zu  früheren 
Mittheilungen  veranlassen.  Letztere  fanden  sich  in  diesen  Mineral.  Notizen  von  1866,  Heft  7 
und  von  1873,  Heft  11. 

Auch  an  unserem  neuesten  Krystallstück  sind  die  Flächen  nicht  blos  unvollzählig,  sondern 
auch  so  unregelmässig  situirt,  ihre  Lage  mehrmals  so  geradezu  versetzt  und  vertauscht,  dass 
man  ohne  genauere  Messungen  mit  einer  bestimmenden  Deutung  der  Combination  nicht  zu 
Stande  kommen  wurde.  Die  genauere  Betrachtung  der  möglichst  natürlichen,  auch  die  wirk- 
liche Grösse  wiedergebenden  Darstellung  des  Krystallfragnients  in  Fig.  4  wird  dies  bestätigen. 
Beim  ersten  Anschein  wenig  zahlreiche  Flächen  sieht  man  hier  doch  eine  neunzählige  Com- 
bination bilden,  deren  idealer  Gesammtcomplex  nicht  weniger  als  66  Flächen  bieten  würde  und 
in  Fig.  5  dargestellt  ist.   Es  treten  hier  zusammen: 

R.  R3.  «P2.  »)  4R.  10R.  ooR.  —  6R.  -l,tR.  -4R4/». 

A.  Des  Cloizeaux  hat  eine  damit  verwandte  Combination,  R.  R3.  4R.  10R.  x> R. 
-  4R»/s.  -  "fr  R  «/is  (V)  heobachtet  und  in  Fig.  268  seines  »Manuel  de  Mineralogie«  ein  frag- 
mentarisches Diagramm  derselben  skizzirt 

Die  Messungen  konnten  bei  der  meist  guten  Ausbildung  der  Flächen  mit  dem  besten 
Erfolg  gemacht  werden,  theils  mittelst  Papierwinkeln,  theils  an  Wachsabdrückeu  mit  dem 

Eine  Vergleichung  der  Fig.  5  mit  den  froheren,  Fig.  7  und  9  in  Heft  7  und  Fig.  20  in 
Heft  11,  zeigt  einiges  verwandtschaftlich  Gemeinsame  ebensowohl  als  das  andrerseits  die  neue 
Combination  besonders  Auszeichnende.  In  letzterer  Beziehung  fällt  die  ungemein  vollständige 
Reihe  in  der  verticalen  Hauptzone  auf,  mit  sechs,  sich  in  horizontalen  Kanten  begrenzenden, 
mit  Ausnahme  von  —  ViR  sämmtlich  prächtig  spiegelglatten  Gliedern:  R.  4R.  10R.  ooR. 
-6R  —  l,t& 

Neu  ist  bierunter  das  Rhomboöder  —  6R,  auf  welches  wir  alsbald  zurückkommen  wollen. 
10R  bestätigt  das  in  Heft  11,  S.  12  darüber  Gesagte.    Die  Anordnung  der  Glieder  der 
erwähnten  verticalen  Reihe  ist  seltsam  unordentlich,  wie  auch  Fig.  4  es  erkennen  lässt.  So 

■)  Man  sieht  « P2  nicht  in  Fig.  4.    Die  Flache  befindet  rieh  auf  der  Kockaeite  de»  KrynUlW. 


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—    14  — 

sieht  man  zu  rechter  Hand  ■  R  nicht  allein  Ober  —  6R,  sondern  auch,  sich  wiederholend,  unter 
demselben,  eine  einspringende  Kante  damit  bildend.  Einseitig  ferner,  nur  linker  Hand,  finden 
sich  4R  und  10R,  und  zwar  mit  ebenfalls  einspringender  Kante  unterhalb  — 6R,  wahrend  doch 
Beide  eigentlich  darüber  liegen  sollten:  Alles  Dislocirungen,  welche  das  Verstandniss  des  Kry- 
stalls  ungemein  erschweren. 

Das  Skaleno&ler  — 4R5/»  (vergl.  lieft  11,  S.  14  unten)  stellt  sich  auch  hier  wieder  ein. 
Wenn  auch  sp&t  entdeckt,  hat  es  doch  bereits  jetzt  schon  den  Anspruch  auf  Seltenheit  verloren, 
während  die  Schönheit  seiner  Flächenausbildung  sich  bei  jedem  Auftreten  immer  wieder  bestätigt 

Von  unvollkommener  Bildung,  eher  treppige  üeberginge  als  eigentliche  Flächen  dar- 
stellend, sind  an  unserem  Krystall  nur  o°P2  und  -'.Ii.  Das  Skalenoeder  R3  ist  zum  Theil 
feinstreifig  parallel  mit  R,  zum  Theil  aber  auch  ausgezeichnet  eben,  obgleich  glanzlos  und  wie 

Das  Rhomboeder  — 6R  scheint  seither  noch  nirgends  erwähnt  zu  sein.  Nur  sein  Gegen- 
rhomboeder  +6R  ist  von  Sella  beobachtet  worden  (cf.  dessen  Studi  sulla  mineralogia  sarda, 
p.  21  und  Fig.  32;  auch  desselben  Autors:  Quadro  delle  forme  cristalline  etc.,  p.  12).  UnBer 
— 6R  steht  in  naher  Beziehung  zu  dem  durch  seine  einfachen  verwandtschaftlichen  Verhältnisse 
interessanten  Skalenoeder  — 41!    ,  bei  welchem  sich  nämlich  findet: 

verhallt  in  den  kürzeren  Polkanten  X  liegend:    —  8R, 
€      »    »    längeren        »       Y     »     :  +12R, 
auf         »   kürzeren        »      X     »     :  +4R, 
>  »   längeren       »      Y     »        — 6R 

Ks  bildet  also  —GR  an  der  längeren  (stumpferen)  Polkante  Y  des  Skalcnoeders  — 4Rk/i 
die  gerade  Abstumpfung,  gleichwie  unter  sonst  begünstigenden  Verhältnissen  +4R  an  der 
anderen  Polkante,  X,  als  Entkantung  auftreten  könnte,  obgleich  es  an  unserem  Krystall  nicht 
der  Fall  ist.  In  Des  Cloizeaux's  oben  erwähnter  Fig.  268  findet  sich  die  Kante  Y  nicht 
abgestumpft,  sondern  zugeschärft  durch  ein  anderes  Skalenoeder :  dl/n  d>/is  b«/».,  =  -»'/*R»Vt».«) 
Anstatt  solcher  Zuschärfung  gewährt  unser  Isländer  Krystall  die  deich  interessante  Abstumpfung 
durch  -  6R,  obgleich  bei  der  Unsyminctrie  und  Unvollständigkeit  des  Krystallstücks  diese 

')  Vergl.  Mmoel  de  Mineralogie,  Tome  II,  p.  104  ganz  unten  und  p.  105  oben. 

Die  von  G.  vom  Rath  (Pogg.  Ann.  1888,  Bd  185,  p.  678,  Fig.  8,  Taf.  5)  an  Krystallen  too  der 
Nahe  beachriebene  und  abgebildete  Zuscharfung  durch  R5  coocurrirt  dagegen  hier  nicht,  da  tia  »ich  anf  die 
schärfere  Polkante  X  von  -4K\.  bezieht 


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—     15  — 


Zonenprojection  erkannt  wurde.    Am  Object  sieht  man,  wie  es  auch  Fig.  4  zeigt,  -  6R  iu 
Gestalt  einer  breit  in  die  Quere  gestreckten  Fläche,  gar  nicht  in  Berührung  mit  -4RV  in 
Wirklichkeit  «her  Ton  sehr  schönem  Spiegelglan*. 
Für  dies  Rhoroboeder  -  6R  berechnet  sich  die 

Polkaote     —    «2°  43'  5" 
Mittelkante  =  117   16  55 
Zu  unserer  Combination  und  ihrer  Abbildung  in  Fig.  5  mögen  nachstehend  noch  einige 
berechnete  Neigungswinkel  folgen,  mit  welchen  der  Krystall  überall  stimmt,  so  genau  als  es 
ohne  Reflexions-Goniometer,  mit  blossen  Anlegemaasen  eben  möglich  ist: 


R  :    4R  =  148°  29'  26" 

R  :  10R  =  140  28  62 

R  :  ooR  =  184  36  26 

R  :  -6R  =125  1  0 

R  :  —  ViR  =    70  52  29 

— 4R*/» :  — 4R>  über— 6R  =  158  80  88 

— 4R»/»  :  — 6R    .   ...   —  169  16  19 

-4R4>  :  — 4R»/»  über  oeP2  =  137  33  2 

-4RJI»  :  R  =  124  45  19 

R3:R   <=  150  58  13 

R3:R3  über  «P2      ■    ,    =  132  58  33 

RS :  —  4R*/s  mich  st  anliegend  =  148  54  51 


Die  Projection,  Tafel  3  Fig.  14  zeigt  folgende  Zonen: 

R.  4R,  10R.  ooR.  —  6R,  verticale  Hauptzone  in  der  Projection  durch  Parallelismus  der 
Sectionslinien  ausgesprochen. 

—  */iR.  R.  R3.  oo  P2,  Polkantenzone  des  I  irundrhomboeders,  Zonenpunkt  o. 

4R.  -  4R&/S.  »  P2.  —  4R1/s,  Abstumpfung  der  Kante  X  von  -  4R*/s  durch  4R,  Zonenpunkt  b. 
-6R.  -4R*/».  w  P2.  -4Ri;S,  Abstumpfung  der  Kante  Y  von  -4R5/j  durch  -6R, 

Zonenpunkt  c. 

4R.  R3.  R3.  4R.  <»  P2,  Zuschärfung  der  Polkante  von  4R  durch  R3,  da  in  der  Kante  X 
von  R3  das  Rhomboöder  4R  verhüllt  liegt,  Zonenpunkt  d. 

(In  dieselbe  Zone  würde  auch  —  2R  fallen,  welches  an  den  Isländer  Krystallen 
häufig  ist,  am  vorliegenden  Krystallbruchstück  vielleicht  nur  zufällig  fehlt.) 
R.  oo  R.  R3,  Zonenpunkt  e. 


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—    16  — 

Die  Protection  bietet  aber  auch  wieder  ein  Beispiel  eines  falschen,  trügerischen  Zonen- 
punkte», welcher  an  einer  Stelle  mit  Q  bemerklich  gemacht  ist.  Daselbst  glaubt  man  drei 
Sectionslinien  von  R3.  —  4R*/a.  —  6R  sich  kreuzen  zu  sehen,  wogegen  die  Rechnung  lehrt, 
dass  dies  nicht  der  Fall  ist,  eine  Zone  also  nicht  besteht. 

Herr  A.  Des  Cloizeaux  gibt  in  der  neuesten  Fortsetzung  seines  vortrefflichen  »Manuel 
de  Min6ralogie«,  Bd.  II,  p.  114  folgende  interessante  Auskunft  über  die  Lagerstätte  des  Isländer 
Doppelspaths :  >Der  zu  Polarisationsapparaten  verwendbare,  ganz  reine  und  durchsichtige  Kalk- 
spath  ist  bis  jetzt  nur  in  Island  gefunden  worden.  Seine  hauptsächlichste  Lagerstitte  liegt 
nahe  bei  einer  unter  dem  Namen  Helpastad  bekannten  Häusergruppe,  auf  dem  rechten  Ufer 
des  unmittelbar  ins  Meer  herabfallenden  Bächleins  Silfurloekir  (Silberbach),  auf  dem  nördlichen 
Abhang  des  Eskifjord-Busens.  Dieser  ist  der  nördlichere  der  beiden  Arme,  in  welchen  sich 
die  grosse  Rödefjord-Bai  ausgabelt,  deren  Mündung  ungefähr  die  Mitte  der  Ostküstc  Islands 
einnimmt.  Das  Kalkspathlager  erfüllt  109  Meter  hoch  über  dem  Meeresspiegel  eine  grosse 
Höhlung  von  4  bis  5  Meter  Höbe  auf  ungefähr  12  Meter  Breite,  in  einem  schwärzlichgrünen, 
feinkörnigen  Trappmandelstein.  Ein  Theil  der  Höhlung  ist  von  einem  braunen  Thon  erfüllt 
und  mitten  in  diesem  vertheilt  finden  sich  die  durchsichtigsten  Stücke,  von  mitunter  ansehn- 
licher Grösse,  da  man  deren  kennt  bis  zu  0,2  Meter  auf  0,35  Meter  Seitenlänge.  Der  übrige 
Theil  (der  Höhle)  umschliesst  fast  ausschliesslich  einen  mächtigen  krystallinischen  Stock,  dessen 
Kluftwände  mit  einer  dichtdrusigen  Rinde  von  Stilbitkrj stallen  überzogen  sind.  Letztere  haften 
fest  an  der  Oberfläche  des  Kalkspaths,  versenken  sich  wohl  auch  einige  Millimeter  tief  in  den- 
selben. Das  Grundrhomboeder  ist  die  vorherrschende  Gestalt  beim  Isländer  Kalkspath:  oft 
auch  erscheinen  natürlich  entstandene  Spaltuugsflachen  desselben.  Selten  sind  die  Com- 
binationen : 

R.  R3.  »jSR2.  Fig.  266,  Des  CL 

R3.  R.  4R.  10R.  oo R.  -4R»j».  —  "jbRMftt,  Fig.  268  Des  OL 
sowie  »,R.  R3.  »;»R2. 
R.  R3.  */7Rs/t. 
R.  oR. 


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—    17  — 


Kalk*pat?i  von  Andretutberg. 

Die  Senckenbergische  Sammlung  besitzt  ein  Kalkspathcxemplar,  mit  Nr.  1884  bezeichnet, 
mit  reichlicher  Uebcrdrusüng  durch  Krystalle,  wegen  deren  eigentümlicher  Gestaltung  sofort 
auf  unsere  Fig.  9  verwiesen  werdeu  möge.  Dieselben  sind  in  der  Mehrzahl  10  bis  15  Milli- 
meter gross,  blaulich-  bis  gelblichgrau,  bei  vollkommener  Durchsichtigkeit  nnd  schönem  Glanz. 
Jeder  Krystall  besteht  aus  drei  horizontal  geschiedenen  Abtheilungen,  zunächst  einer  gürtel- 
iir tij^cn  mittleren ,  mif  den  ersten  tf  ächti^on  Blick  uls  Würze  hex&^ouzüe  S&ulc  erscheinend, 
jedoch  mit  nur  am  Rand  ringsherum  wenig  freigelassener  basischer  Fläche  »R,  indem  der  mittlere 
Rcrpirli  von  oR  nitiffftnnmiiMMi  wird  ilur  h  pinpn  rhoinhrt(1Hrtsrh-«k!ilpiiftildrifu*h  atii/plpotpn  auf- 
strebenden  Krystalltheil.  Dasselbe  wiederholt  sich  auf  der  entgegengesetzten  Seite  nach  ab- 
wärts. Es  ist  dabei  recht  auffallend,  daas  der  mittlere,  äquatoriale  Theil,  der  doch  wohl  bei 
einem  vorausgehenden  Krystallisatiousact  entstand,  dennoch  nur  äusserlich,  nicht  aber  auch 
innerlich  von  dem  oberen  und  unteren  Hiniuwachs  geschieden  ist,  dass  Alles  vielmehr  in  Ge- 
füge, Färbung  und  Durchsichtigkeit  einen  ununterbrochenen  Uebergang  bietet  Kine  und  die- 
selbe rhombo(*drische  Spaltbarkeit  geht  aberall  durch  alle  drei  Theilc  eines  jeden  Krystalls, 
unter  welchen  man  demnach  nach  etwaigen  Hemitropien  um  die  Verticalaxe  vergebens 
suchen  wurde. 

Betrachtet  man  diese  eigentümliche  und  in  ihrer  Gcsammtheit  am  Handstück  einen 
schmucken  Anblick  bietende  Krystallisation  etwas  naher,  so  überzeugt  man  sich  zunächst,  dass 
der  Krystalle  mittlerer  Theil  nicht  ein«  Säule  »R  ist,  sondern  ein  sehr  steiles  negatives 
Rhomboöder.  Genauer  und  mit  weniger  Umständen  als  die  Kanten  liessen  sich  die  ebenen 
Winkel  messen,  und  =  86«  und  94°  gefunden,  berechnete  sich  hieraus  das  Rhombotkler  als 
—  25  R,  welches  für  denselben  Winkel  =  85«  59'  10"  erfordert.  Unter  den  bisher  genannten, 
zum  Theil  noch  viel  steileren  Rhombofidern  befindet  sich  -25R  nicht.  Seine  nicht  auftreten- 
den Polkanten  sind  —  60°  9'  46",  Randkanten  welche  in  Fig.  9  erscheinen  =119°  50'  14". 
Als  schmale  Entkantung  zwischen  — 25R  und  oR  findet  sich  ein  vertical  streifiges  RhomboCder, 
wahrscheinlich  —  '/iR. 

Für  die  basische  Fläche  oR  ist  das  Maass  der  Entblösung  und  die  Gestaltung  an  den 
vielen  Krystallen  sehr  verschieden,  je  nachdem  die  hinzutretende  zuckerhutförmige  Fortsetzung 
des  Krystalls  an  ihrer  Grenze  gegen  cR  mehr  oder  weniger  Umfang  annahm.  Oefters  siebt 
man  sogar  den  äussersten  Raud  von  «R  nicht  allein  erreicht,  sondern  sogar  überwuchert,  so 


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» 


-  1*  - 

dass  anstatt  eines  Absatzes  mit  freiem  oR,  im  Gegentheil  ein  Ueberhängen  des  Terminaltheils 
über  den  mittleren  entsteht.  Im  Allgemeinen  erscheinen  jene  terminalen  Krystalltheile  sehr 
verzerrt  und,  wie  in  Fig.  9  angedeutet  ist,  auf  den  Flächen  der  negativen  Rhomboäder  —  2R 
bauchig,  cy  Ii  Ddrisch  und  eigenUiflmlich  in  Furchen  modellirt. 

Eine  Auswahl  von  vier  Krystallen  unter  den  kleinsten  gewährte  indessen  Alles,  was  man 
in  Bezog  auf  Flächenausbildung  und  Messbarkeit  wünschen  konnte,  und  es  ergab  sich  folgende, 
in  Fig.  8  idealisirte  Combination : 

-2R.  -"/iR.  4R.  R.  R7.  R5.  — 8R5 
als  Ansatztheile  an  der  Combination:  —  25R.  oR.  —  >R  wie  ersichtlich  aus  Fig.  9. 
Nun  ist  hierbei  das  ungemein  steile  Skalenoeder 

—  8R5  =  Vi«  «'  :  l>*°  a'  :  V»«  a'  :  c. 

* 

Dessen  Kanten  berechnen  sich: 

X  =  106°  51'  10" 
Y  =  13.3    11  40 
Z  =  166   24  50 
Das  eingeschriebene  Rhomboeder  der  Kanten  X  ist  =  —  r>6R 
»  »  »  »       >      Y  »  =  64R 

Die  Neigung  der  Polkante  X  zur  Hauptaxe  =  2°   4'  24" 
»        »        »        »       Y   »        >        =  1   48  52 

Die  Flächen  dieses  Skalenoöders  sind  glänzend,  annähernd  eben,  genügende  Spiegelbilder 
liefernd;  die  Messungen  um  so  befriedigender,  als  sie  auf  die  dreierlei  Spaltflächen  hin  ge- 
richtet wurden.   Es  ergab  sich,  vergl.  Fig.  8: 

-8R5  (a)  :  R  (a)  =  126°   8',  ber.  =  125°  45'  27",  Diff.  =  0°  22'  33" 
:  R  (b)  =  128   24     »=  128    34    10       »     =  0    10  10 
:  R  (c)   =    83    38     »     =    84    11    24       »     =  0    33  24 

Die  Combination  bietet  ausserdem  noch  an  berechneten  und  zum  Theil  gemessenen 
Neigungen : 

R7  :  R7  Ober  4R   =  130°   9'  55";  gem.  =  130«  20' 

»    :  »      »    — 2R  =  111  38  48             =  111  20 

»   :  — 8R5  seitwärts  —  166  19  16       »     =  166  33 

»   :  »     abwärts    =  168  42  59 

»    :  4R                 =  154  49  0       »     =  154    17;  155  30 


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-    19  - 


R7 

*.  IV 

142«  53'  44" 

p 

R 

** 

138 

1 

12 

gem. 

138' 

10' 

Rri 

175 

55 

54 

V 

Rf» 

■MI 

R5  llhpr  AR 

134 

27 

38 

4R 

1S7 
x  o  t 

* 

K 

142 

5 

18 

» 

142 

10 

4R 

R 

148 

49 

26 

> 

148 

40 

-2R 

-»»/iR 

174 

8 

9 

-'»/iR 

» 

86 

36 

20 

» 

86 

51 

> 

R 

132 

56 

16 

1 

133 

0 

-2R 

:  -2R 

78 

60 

55 

» 

R 

129 

25 

27 

Die  beiden  Rhoiaboeder  -  2R  und  —  u/iR  setzen  an  den  Krystallen  nicht  mit  einer  Kante  gegen 
einander  ab  wie  in  Fig.  8,  sondern  gehen  in  einander  über  wie  in  Fig.  9.  Für  die  Messungen 
erhält  man  aber  ziemlich  Kenttiiende  Resultate,  weuu  mau  deu  Reflex  des  oberen  Theils  von 
-»VtB  und  des  unteren  von  -2R  benützt. 

Die  Projection  Fig.  13  unserer  Combination  lässt  uns  einige  interessante  Zonenverhältnisse 
bemerken.  Ausser  dem  Zonenpunkt  d,  woselbst  die  Kante  Y  von  R5  durch  4R  abgestumpft 
wird;  dem  Punkt  e,  woselbst  R  in  der  Kante  von  —  SR  liegt;  endlich  dem  Zonenpunkt  f  für 
die  Reihe  R.  R5.  R7;  ausser  diesen  Zonenpunkten  fallen  uns  noch  drei  andere,  in  einer  Reihe 
gelegene  auf,  in  Fig. -13  mit  abc  bezeichnet,  in  welchen  wir  vermeinen,  die  Sectionslinie  -8R5 
in  die  drei  nachbenannten  Zonen  eintreten  zu  sehen. 

-8R5.  R5.  4R.  R5,  Punkt  a 
— 8R5.  R5.  R7  >  b 

t  -8R5.  4R,  R7  »  c 

Eine  Controlirung  durch  die  Zonenglcichung  bestätigt  uns  auch  wirklich  die  Richtigkeit 
der  Zonen  für  die  beiden  Punkte  a  und  c,  belehrt  uns  aber,  dass  die  vermeintliche  dritte 
Zone  im  Pnnkt  b  eine  trügerische,  nicht  eiistirende  «rt,  und  dass  deshalb  auch  der  Schnitt- 
punkt  von  R5  und  R7  nicht  mathematisch  genau  in  die  gerade  Linie  ac,  welche  eben  die 
Sectionslinie  von  — 8R5  ist,  fällt,  sondern  um  ein  kaum  Merkliches  daneben. 

Die  Rücksicht  auf  dieses  Zonenverhältniss  ist  nicht  ohne  Einfluss  auf  meine  Bestimmung 
des  Skalenoeders  als  -*R5  geblieben.   Anfänglich  hatte  ich  -7R5  angenommen,  welches  in 


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-    20  - 

der  That  schärfer  mit  den  Messungen  stimmt,  als  —  8R5,  wie  aus  einer  Vergleichung  des  Folgen- 
den mit  dem  Obigen  ersichtlich  ist. 

Für  -7R5  ist  X  =  106°  52'  24 
Y  =  133    12  4 
Z  =  166    17  24 
-7Rö  :  R  (o)  =  125   57  43,  gem.  =  126°   8',  Diff.  =  0«  12'  17" 
»     :  R  (b)  —  128   20  51     »     =  128   24     .     =  0     3  9 
»     :  R  (<•)  =    84     1    14     »     =    83   38     »     =  0   23  14 
Bei  sehr  steilen  Formen,  wozu  unser  SkalcnoSder  gehört,  influiren  aber  Verschiedenheiten  in 
der  Länge  der  Hauptaxe  nur  sehr  wenig  auf  die  Kantenwinkel,  wie  die  soeben  gegebenen 
Zahlen  darlegen,  und  in  Rücksicht  auf  die  FlüchenbescbatTenheit,  welche  immerhin  keineswegs 
dem  höchsten  Grad  von  Ebenheit  entspricht,  glaubte  ich  dem  Zonenverhältniss  Rechnung  tragen 
zu  sollen,  welchem  —  7R5  nur  annähernd,  —  8R5  aber  völlig  entspricht,  und  habe  mich  des- 
halb für  die  grössere  Wahrscheinlichkeit  des  Letzteren  entschieden. 


Kalkapath  von  Ändreasbery, 

Fig.  11.  11 

Die  iu  der  ScnckenberKischen  Sammlung  mit  Nr.  291  bezeichnete  grosse  Gruppe  lohnt 
ebenfalls  durch  besondere  Eigentümlichkeiten  eine  nähere  Retrachtuug,  welche  wir  zunächst 
an  eine  annähernd  ähnliche,  in  der  halben  wirklichen  Grösse  skizzirte  Darstellung,  Fig.  11, 
anknüpfen  wollen. 

Die  Gruppe  ist  das  Erzeugniss  zweier  Generationen  und  verräth  dieses  deutlich  durch 
einen  älteren  Kern  und  eine  spätere  Umhüllung  desselben.  Der  Kern  besteht  aus.  einem 
grossen,  skalenoedrischeu  KrystaU  R3  von  blassvioletter  Farbe,  der,  in  Fig.  11  nicht  sichtbar, 
in  der  Wirklichkeit  auf  einer  anderen  Seit«  der  Stufe  an  einer  Stelle  drei  Zoll  lang  entblösst 
ist.  Die  Um  später  überwuchernden  und  fast  gänzlich  einhüllenden  KrjstoUe  sind  dagegen 
milchweiss,  durch  stark  entwickelte  basische  Flächen  oR  beinahe  dicktafelförniig.  Sie  haben 
ihre  Richtung,  nur  mit  Ausnahme  einiger  wenigen,  durch  den  violetten  Kernkrystall  erhalten, 
so  dass  alle  Haupt-  und  Nebenaxen  durch  die  ganze  Gruppe  hindurch  parallel  stehen  und  alle 


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I 


-    '21  — 

basischen  dächen  »R  gemeinschaftlich  spiegeln.  Dennoch  geht  nicht  eine,  sondern  eine  zwei- 
fache Richtung  der  Spaltbarkeit  durch  das  Ganze,  weil,  wie  au*  Fig.  11  zu  ersehen,  ein  Theil 
der  Krystalle  zwillingisch  entgegengesetzt  zu  den  übrigen  steht;  man  sieht  in  der  Fig.  11  von 
den  dreiseitig  gestalteten  basischen  Flächen  einige  ihre  Spitze  nach  oben,  andere  nach  unten 
kehren,  ein  System  von  Zwillingen  des  »Ersten  Gesetzes-,  mit  Drehung  —  60*  um  die  Haupt- 
axe.  Dass  diese  zwillingische  Anlage  schon  dem  Kernkrystalle  zukomme,  ist  wahrscheinlich, 
aber  nicht  ersichtlich.  Unsere  Fig.  1 1  zeigt  die  Gruppe  aus  der  Richtung  der  gemeinschaft- 
lichen Hauptaxe,  gerade  dadurch  aber  die  Krystalle  von  ihrer  unvollkommensten,  rauhen  Seite, 
überdies  aber  skizzenhaft,  mit  Vernachlässigung  jeglichen  krystallographischeu  Details  dar- 
gestellt. Auf  oR  milchig  trübe,  erscheinen  die  KrystaUe  in  Wirklichkeit  seitwärts,  nach  der 
Richtung  der  Nebcnaxen,  durchsichtig  und  zahlreich  mit  glatten,  glänzenden,  scharfkantig  be- 
grenzten Flächen  umgeben.  Zeigt  schon  unser  ungefähres  Bild  in  Fig.  11,  wie  ungleich  in 
der  Grösse  die  Krystalle  sind,  so  muss  hinzugefügt  werden,  dass  sich  an  dieser  zahlreichen 
Gemeinschaft  noch  ein  Heer  sehr  kleiner,  bis  zu  deu  allerkleinsten  als  Jüngste  Ansiedler  ao- 
schliesst,  welche  die  Gestalt  der  grössereu  oft  mit  noch  glänzenderen  Flächen  wiederholt  und 
daher  für  die  Messungen  zu  benützen  waren.  Als  Ergebniss  erhielt  ich  die  in  Fig.  12  krystallo- 
grapbisch  gezeichnete  und  in  Fig.  10  in  Linearprojectiou  entwickelte  Combination: 
coR.  R3.  R».  -'/»R15.  »/iRV  VsR'Vi.  — '/4R.  <oP2.  — 2R, 

Das  mitgenannte  Skalenoeder  1  .im  ist  neu;  wir  betrachten  es,  nachdem  wir  vorher 
einen  Feberblick  der  anderen  auftretenden  Flächen  genommen  haben. 

Die  Flächen  »Ii  sind  milchweiss,  perlmutterglänzend,  scheinbar  blätterig  sich  überlagernd, 
daher  im  Grossen  nur  unterbrochen  eben,  bei  genähertem  Auge  jedoch  trefflich  spiegelnd. 
Sind  sie  im  Spicgelglanz  daher  den  bekannten  Maderaver  basiseben  Flächen  vergleichbar,  so 
fehlt  ihnen  doch  jede  Spur  der  diesen  eigenen  dreiseitigen  Linirung,  wogegen  eine  andere 
zierliche  Erscheinung  an  den  vorliegenden  basischen  Flachen  sogleich  auffällt,  Es  zeigen 
nämlich  sämmtliche  Krystalle  jeder  Grösse  entlang  und  dicht  an  den  begrenzenden  drei  Kanten 
ihrer  Flächen  oR  bei  reflectirtem  Licht  einen  innerlich  silberglänzenden  Saum,  äusserlich  einen 
ganz  schmalen  Absatz  bildend,  in  Gestalt  einer  scharf  begrenzten,  feinen,  leuchtenden  Lim; 
eine  Erscheinung,  deren  eigentliche  Ursache  ich  indess  nicht  zu  erklären  wüsste. 

Als  ein  Glied  der  Combination  ist  das  Rhombo&ler  —  2R  mitgenannt  worden  und  es 
kann  hinzugefügt  werden,  dass  es  an  den  grossen  Krystallen  der  Gruppe  mit  oR  zusammen 
sogar  den  Habitus  beherrscht.  Dennoch  existirt  — 2R  an  unserem  Object  in  streng  krystallo- 
graphischem  Sinn  eigentlich  nicht,  da  es  gänzlich  rauh  und  uneben,  lediglich  aus  anderen 


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-    22  — 

kleinen  Flächen  aufgebaut  ist.  An  den  kleineren  Krystallen,  und  deshalb  auch  in  unserer 
Fig.  12  fehlt  es  ganz. 

Auch  das  flachere  Rhomboftder  —  '/tR  ist  nicht  mehr  recht  glatt,  sondern  nach  der 
schrägen  Diagonale  gefurcht,  nur  entstanden  aus  dem  Wechsel  der  mit  der  Endkante  von  R 
tautozonalen,  skalenoedrischen  Flächen  VU'  •  und  "sR'V- 

Die  übrigen  Flächen  sind  glänzend,  streifenlos  glatt,  doch  selten  im  strengsten  Sinne 
spiegeleben,  vielmehr  meistens  mit  Spuren  von  Krümmung  und  Ucbergängcn. 

Die  Combination  selbst  ist  in  durchgreifender  Weise  beherrscht  von  der  grossen  End- 
kantonzonc  des  Grundrhombocders,  obgleich  dieses  selbst  nicht  auftritt.  Mit  Ausnahme  des 
Skalenofiders  —  »/»R15  sehen  wir  alle  übrigen  Theilgestalten  eine  gemeinschaftliche  Reihe 
bilden,  welche  auch  in  Fig.  12  leicht  zu  verfolgen  ist:  -»/tR.  ^R*«fr.  »>»R*A.  Lage  von  R. 
R3.  R9.  »P2.  Die  beiden  SkalenoCder  */jR4/*  und  '/»R11/»  sind  sehr  gut  gebildet  und  liegen 
oberhalb  der  Spaltfläche  R,  die  beiden  R3  und  R9  abwärts.  Jene  ersteren  bestätigen  die 
früheren  Wahrnehmungen  zweier  ausgezeichneter  Forscher.  Das  Skalenoßder  ViR'V5  ist  1867  durch 
G.  vom  Rath  an  Kalkspathen  vom  Lake  superior  entdeckt  worden  (Pogg.  Ann.,  Bd.  132, 
S.  389.  399);  das  andere  ','sR4/»,  schon  vor  1856  von  Quintino  Sella,  an  einem  grossen 
Andreasberger  Krystall  (vergl.  dessen  Quadro  etc.,  S.  30,  unter  Nr.  122).  Dasselbe  -  ?.l;',s 
ist  auch  kürzlich  von  meinem  Freunde  vom  Rath  an  einem  Krystall  vom  Lake  superior 
wieder  gefunden  worden. 

Die  hier  tautogonal  verbundenen  Skalenoeder  berechnen,  wenn  R  =  105°  5',  folgende  Kanten 
•aR'Vs  =  «V:  "Vita:  >Va :  c;  X  =  140°  39'    4";  Y  =  157°  48'  57";  Z  =   63°  53'  4" 
*/sR*'s  =   9«  :  »/na  :  »7a  :  r;  »  =  1 18   26  56  ;  »  —  171    36  44  ;  »  ==  71    36  43 
R3    =    In  :   V  :        :  c;  >  =  104   37  50  ;  »  —  144   24   16  ;  »  =  132   58  33 
R9    =    '/4  :  >/*«    :  «;so  :c;  »  =  113    17  34  ;  »  =  127   48  44  ;  »  =  163   29  48 

Aus  den  Mittelkanten  Z  ergeben  sich  sodann  folgende  Neigungen  der  Zonenglieder  unter 
einander,  welchen  die  gemachten  Messungen  in  beigefügter  Art  entsprochen  haben. 


R 

:->/.R  = 

142«  32' 

30 

R 

:  »/»Ru>— 

162  12 

58,  gem. 

162»  23' 

R 

:     »;.R«/.  - 

173  19 

i 

» 

173  5 

R 

:       R3  = 

150  58 

13 

» 

150  30 

R 

:        R9  = 

135  42 

36 

» 

135  13 

R 

:     K)P2  = 

127  27 

30 

R3 

:       R3  = 

132  58 

33 

■ 

133  42 

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—    23  — 


R3 

*uR*/»  = 

144" 

17' 

15",5gem.= 

143«  53' 

R3 

133 

11 

11     -  =-- 

133  7 

K3 

R9  - 

164 

44 

22,5   *  = 

164  38 

K»is 

,  >E*>  = 

16H 

53 

55,6   »  = 

109  13 

»P2  : 

R9  =- 

171 

44 

54 

«P2 

R3  - 

156 

29 

lG.s 

ooP2 

R  - 

127 

27 

30 

• 

oo  P2 

*>R'>  - 

120 

46 

32 

«P2 

li»BM,|t— 

109 

40 

27,s 

oo  P2 

-  \,R  = 

90 

0 

0 

Während  nun  diese  ganze  durch  das  Grundrhombo*der  beherrschte  Zonenreihe,  aus 
bereits  bekannten  Gliedern  bestehend,  ein  beim  Kalkspath  überhaupt  sehr  häufiges  Verhältnis« 
darstellt,  zeigen  jedoch  unsere  Krystalle  daneben  noch  ein  neues,  formbildend  stark  entwickeltes 
eigenthQmliches  Skalenofder  negativer  Ordnung,  welches  bereits  oben  als  —  ViRl5  angekündigt, 
auch  mit  diesem  Zeichen  in  die  Figg.  10  und  12  eingeführt  worden  ist.  Dessen  sichere  Be- 
stimmung ist  indess  nicht  leicht,  weil  die  Flächen,  obgleich  glatt  und  glänzend,  doch  keines- 
wegs den  höchsten  Grad  von  Ebenheit  besitzen,  daher  mehrstreifige  Reflexbilder  liefern,  eine 
unliebsame  Eigenschaft  gar  vieler  negativer  SkalenoCdcr.  ücberdies  erzeugen  bei  sehr  steilen 
Skalenoädern  die  allerkleiusten ,  schwierig  zu  corrigirenden  Schwankungen  der  Flächenlage 
sofort  die  grossesten  Verschiebungen  der  Schnittpunkte  auf  den  Axen,  namentlich  auf  der 
Haaptaxe,  wodurch  aber  das  Flächenzeichen  sofort  eine  gänzlich  verschiedene  Form  erhält, 
welcher  man  prima  vüta  die  so  unmittelbare  Nachbarschaft  der  Flächenlagc  mit  einer 
•anderen  gar  nicht  ansieht,  deren  'Zeichen  so  ganz  verschieden  aussieht. 
Ich  hatte  an  dem  gesuchten  Skalenoeder  gemessen: 

Kante  X  -  116«  25*  bis  116»  40' 
.     Y  =  128   47    »    128  49 
.     Z  =  153     5    »    153  45 
Neigung  zu  oR  —  103  30    »   104  13 
und  berechnete  hieraus  mit  Wahrscheinlichkeit  ein 

-»/4R12,  wofür  X  =  116°  34'  24" 
Y  —  127   10  44 
Z  —  152     4  58 
Neigung  zu  oR  =  103  41  23 


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-    24  - 

Ich  trug  nun  dieses  Skalenoäder  in  die  Zouenprojectiou  Fig.  10  als  -'Vi  ui'  :  i;t»a' :  */ua' :  c 
ein  und  glaubte  seine  Sectionslinieu  in  zweierlei  Punkte,  z.  B.  a  und  c  (vergl.  Fig.  10)  als  Zonen- 
glied eintreten  zu  sehen.  Mit  dem  Punkt  a  hatte  es  auch  seine  Richtigkeit;  als  aber  auch 
der  vermeintliche  Zonenpunkt  c  rechnend  geprüft  wurde,  fand  sich,  dass  derselbe  zwar  beinahe, 
aber  nicht  wirklich  stimmte.  Ich  warf  mir  daher  die  Frage  auf,  welches  Zeichen  muss  ein 
Skalenoeder  haben,  dessen  Sectionslinie  die  beiden  Zonenpunkte  o  und  c  wirklich  berührt  und 
verbindet,  welche  also  Zonen  bildet  im  Punkt  a  mit  R.  R9,  im  Punkt  c  mit  R9.  ooR?  Ich 
betrachtete  hierbei  das  factischc  Nichtauftreten  von  Flachen  R  und  *R  gleichsam  als  einen 
mehr  unwesentlichen,  zufälligen  Umstand.  Die  Rechuung  ergab  in  Antwort  hierauf  für  das 
in  a  und  r  tautozunale  Skalenoeder: 

-\»R15 
=  '/ia'  :  'na'  's  W  :  c 

Nun  waren  zur  Probe  des  Grades  der  Uebereinstimmung  mit  den  Messungen  die  Kanten 
auch  dieses  Skaleno&ders  zu  berechnen: 

X  =  117°  28'  46" 
Y  -  125   59  26 
Z  =  153    18  24 
Neigung  zu  oR  =  103   10  0 

Man  sieht,  dass  die  Abweichungen  von  den  Messungen  zu  «R  und  bei  den  Kanten  für  X 
und  Y  für  —  \»R15  etwas  grösser  sind,  als  für  —  »>H12,  dass  dagegen  für  Z  die  Annahme  von 

—  V»R15  umgekehrt  eine  grössere  Näherung  bewirkt  hat.  Die  Flachenzeichen  sind  aber  in 
beiden  Fällen  sehr  einfach,  unter  Rücksichtnahme  auf  die  Unvollkommenheit  der  Flächenbildung 
auch  die  Differenzen  beiderseits  zu  gering  zur  Entscheidung.  Deshalb  legen  wir  die  letalere  in 
diesem  besonderen  Falle  nur  in  das  für  —  "/»R15  reichere  Zonenverhaltniss,  adoptiren  dieses  Skale- 
noeder  und  tragen  sein  Zeichen  in  die  Figg.  lo  und  12  ein.  In  einer  Zonenprojection  übrigens, 
so  genau  sie  auch  gezeichnet  sein  möge,  lässt  sich  eine  Sectionslinie  —  *.%R12  von  einer 

—  1,sRl5  nicht  unterscheiden ,  so  sehr  nahe  liegen  sich  beide  Formen,  trotz  des  auffallenden 
Unterschiedes  ihrer  secundären  Symbole  mRn.  Je  steiler  die  fraglichen  Formen  sind,  je  mehr 
also  ihre  Sectionslinien  sich  dem  Mittelpunkt  der  Projection  nähern,  desto  unbrauchbarer  wird 
letztere  als  messendes  Controlirungsmittel,  desto  unempfindlicher  als  graphisches  quantitatives 
Reagens-,  es  ist,  als  wolle  man  jjanz  feine  Gewichtsunterschiede  mit  einer  sehr  schweren  Waage 
ermitteln. 


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* 


—    25  — 

Es  Hegt  in  dieseu  Schwierigkeiten  eine  Art  von  Berechtigung  zur  Skepsis  und  eine 
Warnung  vor  Übereilter  Annahme  neuer  Skalenoeder-Flichenzeichcn  bei  dem  so  anendlich 
wcchselvollen  Kalkspnth.  Eine  völlige  Sicherheit  bietet  sich  nur  da,  wo  wenigstens  ein  Theil 
einer  Fläche  ein  völlig  einfaches,  ungestörtes  Spiegelbild  liefert.  Aber  die  Erfahrung  lehrt, 
dass  dies  im  Ganzen  doch  unter  den  vielen  Flächen  des  Kalkspaths  nur  bei  wenigen  der  Fnll 
ist*  Bei  unvollkommen  gebildeten,  daher  unsicher  messbarcii  Flächen,  wenn  solche  auf  hoch- 
ziffrigo  Symbole  führen ,  ist  es  gewiss  niihsam ,  durch  Einführung  kleiner  Kcincduren  in  den 
Kautenmaasscn  eine  Vereinfachung  der  Zeichen  oder  ein  Eiulretenmachen  in  /oneureihen  zu 
versuchen.  Doch  muas  man  sich  hüten,  darin  zu  weit  zu  gehen.  Die  Annahme  von  allzu 
grossen  Differenzen  zwischen  Messungs-  und  Rochnungsresultat  überschreitet  sonst  die  Greinte 
des  Wahrscheinlichen  nach  der  entgegengesetzten  Seite  hin,  auf  welcher  man  sich  doch  auch 
vor  Missgriffeu  zu  hüten  hat.  Eine  Fläche  bat  entweder  gar  keine  theoretische  Berechtigung 
oder  eine  solche,  welche  mit  ihrer  wirklichen  Erscheinung  nahe  übereinstimmt  Auch  haben 
wir  noch  keine  Entscheidung  der  wichtigen  Frage  gewonnen,  ob  im  System  der  Kalkspath- 
kryslallisation  mehr  durchgreifend  eine  Vereinfachung  der  rarameterschnitte  angestrebt  werde, 
oder  mehr  eine  Bereicherung  des  Zonenzusammenhangs,  welchem  der  beiden  Principien  in 
Collisionsfällen  also  der  Vorrang  beizulegen  sei.  Ob  das  innerste  Gesetz  der  Kalkspnth- 
krystallisation  der  Hoehzifferigkeit  der  Parameter  widerstrebt,  oder  sie  nicht  vielmehr  be- 
günstigt, wie  es  ja  auch  z.  B.  beim  Quarz  der  Fall  ist,  und  bis  zu  welchem  Grade,  ist  die 
Frage,  zu  deren  Beantwortung  es  gerade  auf  die  feinsten  und  zahlreichsten  factischen  Wahr- 
nehmungen und  Beobachtungen  ankommt,  welche  aber  nicht  durch  theoretische  Schluss- 
folgerung ;»  priori  entschieden  werden  kann.  Die  neueren  Untersuchungen  haben  bereits  an 
vielen  Beispielen  gezeigt,  dass  sich  die  Kalkspathfläehcn  oft  aufs  lusserste  dem  Parallel ismus 
mit  irgend  einer  Zoncnaxe  annähern,  diese  Lage  aber  dennoch  nicht  mathematisch  genau  er- 
reichen, eine  Divergenz,  so  gering,  dass  sie  kaum  unmittelbar  am  Reflexionsgoniometer,  noch 
weniger  aber  an  einer  Zonenprojecliou,  sondern  nur  durch  die  Berechnung  zu 
möglich  ist.  Da  anderenteils  gut  gebildete  und  dennoch  hochbezifferte  Flächen  zu  allen  Zeiten 
am  Kalkspath  beobachtet  und  bestimmt  worden  sind,  wie  sie  sich  denn  auch  z.  B.  in  Des 
Cloizeaux's bewunderungswürdiger  sphärischer  Zonen-Projection  zahlreich  nach  älteren  Forschern 
unbeanstandet  aufgenommen  finden,  so  würde  es  immerhin  gewagt  sein,  ohne  Autopsie  eine  neu  ent- 
deckte Fläche  deshalb  theoretisch  zu  verwerfen  und  durch  eine  andere  zu  substituireu,  weil  sie  sich 
einer  Zone  blos  annähert,  oder  weil  ihr  Zeichcu  mit  einer  gewissen  Aendcrung  der  Flächen- 
Inge  einfacher  gestaltet  werden  könute.    Wir  stehen  eben  hier  offenbar  nicht  mehr  innerhalb 

AMuni.il.  <1.  Hrnckenti  nnturf.  Um  IM.  V  4 


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des  Bereichs  der  rechnenden  strengen  Beweisführung.  Es  ist  klar,  dass  bei  einer  zweideutig 
unvollkommen  gebildeten  Fläche  der  Krystall  eine  erstrebte,  bestimmte,  krystallonomische 
Flächenlage  nur  unvollkommen,  mehr  oder  weniger  nahe  erreicht  hat,  und  dass  es  dann  die 
Aufgabe  der  Untersuchung  sein  rauss,  nicht  sowohl  die  entstandene  Pseudofläche  zu  bestimmen, 
sondern  ihr  eigentliches  Prototyp  zu  ermitteln.  Indem  man  in  dem  Tasten  nach  dem  Wahr- 
scheinlichen hierbei  einen  Spielraum  benöthigt  und  ein  Mehr  oder  Weniger  zulassen  muss,  ent- 
zieht sich  die  Entscheidung  theilweise  der  mathematischen  Pracision,  jener  eigentlichen  Grund- 
lage krystallographischer  Bestimmungen  und  gelangt  auf  das  Feld  der  Vermuthungen.  Man 
darf  solcher  Sachlage  gegenüber  wohl  die  Warnung  entnehmen,  bei  neuen,  isolirt  stehenden, 
an  sich  auffallenden  Flächenbestimmungen  am  Kalkspatb  weder  zu  bereitwillig  im  Glauben, 
noch  zu  geneigt  zum  Verwerfen  zu  sein,  dagegen  aber  nach  wiederholten  Beobachtungen  der- 
selben Thatsachen  zu  streben. 


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[«sssn^erq  V..?.  IkiunMM  i 


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"  ü  Sollen  HTaf.  3. 


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I 


Ueber  den  Bau,  die  Entwicklung  und  physiologische  Be- 
deutung der  Rectaldrüsen  bei  den  Insekten. 


Von 

Dr.  Carl 


Unter  die  mannichfachen  Organe  in  der  Insektcnwelt , 
noch  räthselhaft  erscheint,  zahlt  man  auch  die  sogenannt« 
Ihr  weitverbreitetes  Vorkommen  in  dem  Mastdarme  der  Imagines,  ihr  merkwürdiger  Bau  und 
ihre  Form  Verschiedenheiten  musston  Staunen  erregen  und,  wie  leicht  zu  denken,  zu  verschie- 
denen Vermuthangen  Ober  ihre  Function  Veranlassung  geben.  Bereits  Swaramerdam  (Bibel  der 
Natur,  Tu  18  Fig.  I)  hatte  diese  Organe  als  sechs  längliche  Wulste  bei  der  Honigbiene  wahr- 
genommen; Suckow  (Heusinger's  Zeitschrift  Bd.  III.)  bezeichnete  sie  bei  Vespa  crabro  und  Apis 
mellißca  als  callöse  Anschwellungen.  Andere  Zootomen,  wie  Brandt  und  Ratzeburg  (medic. 
Zoologie  Bd.  II.,  von  der  Houigbiene),  sowie  Burmeister  (Handbuch  Bd.  I  )  erwähnen  sie  nur 
obenhin,  wahrend  sie  Leon  Dufour  (Recherche«  sur  les  orthopteres)  von  verschiedenen  Ortho- 
pteren, Neoropteren  und  Hymenopteren  als  >boutons  charnus«  abbildet  und  mit  Defäcation  in  Be- 
ziehung setzt.  Lyonct  (Hern.  d.  mus.  Tom.  20)  und  Treviranus  (verm.  Schriften  Bd.  II.)  fanden 
sie  bei  Schmetterlingen  auf  und  denten  sie  als  Drüsen,  eine  Auffassung,  der  auch  Newport 
(Cyclop.  Vol.  II.  p.  170)  beitritt,  wenn  er  dieselben  .glandulär  protuberances«  nennt.  Lcuckat  t 
gebührt  das  Verdienst,  in  diesen  bisher  nur  einzeln  beobachteten  Gebilden 
Verbreitung  erkannt  und  das  Vorkommen,  wie  den  Bau  desselben  durch  di 
gruppen  hindurch  verfolgt  und  dargestellt  zu  haben  (Lehrbuch  der  Zootomie  von  Frey  u.  Lcuckart, 
Wirbellose  Thiere).  Er  bezeichnet  die  Wülste  als  taschenformige  Organe  und  mochte  sich  am 
ehesten  für  eine  drüsige  Natur  derselben  entscheiden.  Später  (Bergmann  und  Leuckart,  Ver- 

S.  112)  nennt  er  sie  geradezu  »Rectaldrüsen«. 


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v.  Siebold  (Vergl.  Anatomie,  Bd.  II.  S.  594)  macht  auf  die  weite  Verbreitung  jener  »proble- 
matischen Wulste«  aufmerksam. 

Die  erste  genauere  histologische  Beschreibung  der  Hectalpapillen  bei  Musca  comUoria 
rührt  von  Leydig  (Lehrbuch  der  Histologie  S.  337)  her.  Er  zog  auch  die  Hectalpapillen  anderer 
Insekten  mit  zur  Beobachtung  heran,  doch  entgingen  ihm  manche  wichtige  Momente,  die  sich 
zum  Theil  erst  bei  Anwendung  vou  zu  jener  Zeit  noch  nicht  gebräuchlichen  Reagentien  ent- 
scheiden lassen,  zum  Theil  nur  durch  Berücksichtigung  der  übrigen  Structur  des  Mastdarmes 
ihre  Erklärung  finden.  Geleitet  durch  die  Analogie  mit  den  Mastdarmkiemen  der  Libellen- 
larven  ist  er  geneigt,  die  Rcrtalpapillcn  mit  einer  Darmathmung  in  Verbindung  zu  setzen. 

Gegen  ihre  drüsige  Natur  spricht  sich  auch  Weismanu  (Entwicklung  der  Dipteren 
S.  216)  aus,  der  die  Entwicklung  derselben  bei  Musca  vomiioria  und  Sarcophaga  carnaria 
verfolgte,  ohne  jedoch,  wie  er  selbst  sagt,  im  Stande  zu  sein  anzugeben,  was  sonst  ihre 
Functionen  sind.  Gcgenbaur  endlich  (Vergl.  Anatomie)  deutet  sie  als  Rudimente  von 
Tracheenkiemen. 

Angesichts  so  weit  aus  einander  gehender  Ansichten  muss  es  auffallen,  das»  bis  jetzt  keine 
eingehenderen  Beobachtungen  Uber  die  fraglichen  Organe  vorliegen.  Eine  Entscheidung  Uber 
die  Bedeutung  derselben  kann  nur  durch  eine  vergleichend  histologische  Untersuchung  getroffen 
werden,  und  auf  Grund  derselben  hoffe  ich  dansuthun,  dass  man  es  in  diesen  Gebilden  mit 
eigentümlich  modificirten  Partiecn  des  Mastdannepithels  zu  thun  habe .  das»  ihnen  dieselbe 
'  Function  wie  letzterem  zukommt,  also  die  Bezeichnuug  von  »Rectaldrüscn«  gerechtfertigt  er- 

scheint. Um  Weitläufigkeiten  zu  vermeiden,  präsamire  ich  einstweilen  diesen  Namen  und  werde 
auf  dessen  Rechtfertigung  später  ausführlich  «urückkommen. 

So  soll  denn  zunächst  die  histologische  Structur  der  typischen  RectaldrUsen  bei  den  ein- 
zelnen Insektenclassen  speciell  geschildert  werden,  um  danu  hieraus  Folgerungen  über  die 
Natur  und  Function  der  fraglichen  Gebilde  zu  ziehen  und  einen  Bück  auf  die  morphologische 
Debereinstiramung  mit  den  Mastdarmkiemen  der  Litellenlarven  zu  werfen  und  schliesslich  die 
Entwicklung  erstcrer,  wie  ich  sie  bei  Apis  »ullifica  und  bei  Schmetterlingen,  speciell  bei  Liparis 
stüicü  und  Vanessa  urlicae,  verfolgte,  in  Zusammenhang  mit  den  Erscheinungen  der  Histolyse 
bei  denselben  darzustellen. 

In  ihrer  vollendetsten  Ausbildung  zeigen  sich  die  Reetaldrüsen  bei  den  Dipteren  (vergl. 
Taf.  I.  Fig.  1  vou  Musca  vomitoria).  Sie  scheinen  hier  ziemlich  allgemein  in  der  Vierzahl  vor- 
breitet zu  sein,  nur  1'uUx  weist  deren  sechs  auf.  Als  vier  conische  Zäpfchen  liegen  sie  in 
einem  sehr  dehnbaren  Abschnitte  des  Mastdarmes,  wo  sie,  so  lange  keine  Speisereste  vorhanden 


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sind,  mit  ihren  Spitzen  fast  zusammenstoßen.  Beachtet  man  zunächst  dir  übrige  Parumandung. 
so  fallt  auf,  dasB  derselben  die  Epithellage  fehlt  -  ein,  wie  sich  ergeben  wird,  sehr  wichtiger 
Umstand  für  die  Beurtheilung  der  fraglichen  Gebilde.  Um  so  machtiger  ist  dagegen  die 
liitima  (i)  und  Muskulatur  entwickelt.  Erstcrc  faltet  sich  bei  Contractjon  der  Kingmuskulatur 
in  eine  Unzahl  von  feinen  Fältchen  zusammen,  die  ein  verworrenes  Ansehen  darbieten.  Zunächst 
auf  der  Intima  liegt  die  Längsmuskulatur  (m.  1.),  deren  einzelne,  mit  zahlreichen  runden  Kernen 
versehenen  Stämme  sich  nicht  zu  compacten  Bündeln  vereinigen,  sondern  allseitig  längs  des 
Mastdarmes  hinlaufen.  Die  Längsmuskeln  umgibt  nach  Aussen  eine  ebenso  kräftige  Quer- 
müskulatur,  deren  einzelne  Muskeln  sich  nur  wenig  verästeln  und  sich  meist  an  den  Ring  der 
Rektaldruse  anheften.  Man  erkennt  an  diesem  Bau,  dass  die  »Rectaltasche«  (wie  man  bei  den 
Dipteren  den  die  Drüsen  bergenden  Abschnitt  des  Mastdarmes  nannte),  auf  weitgehende  Dch- 
nunpverhaltnisse  eingerichtet  ist  In  der  That  ist  sie  oft  dermaassen  mit  Speiseresten  ange- 
füllt, dass  sie  dem  Chylusmagen  an  Umfang  gleichkommt. 

Untersucht  man  die  Structurverhältnisse  der  Drüse  nach  Querschnitten,  so  erkennt  man, 
dass  kurz  vor  der  Stelle,  wo  sieb  die  Rectaldrüse  in  den  Darm  einstülpt,  die  Faltungen  der 
Intima  aufhören,  zugleich  auch,  dass  sie  sich  zur  Umgrenzung  der  ersteren  gewissermaßen  in 
zwei  Lamellen  theilt,  deren  eine  die  nach  dem  Darmlumen  gekehrte  Seite  der  Drüsenlage  um- 
gibt, während  die  andere  eine  innere  Grenzmembran  derselben  bildet.  Die  Muskulatur  erstreckt 
sich  nicht  über  die  Drüse  hinüber.  Die  erste  Lamelle  ist  auf  ihrer  gesammten  Oberfläche  mit 
Chitinborsten  (s)  besetzt  und  zwar  der  Art,  dass  die  Zahl  derselben,  sowie  die  Anzahl  der  von 
ihnen  ausgehenden  Häkchen  nach  der  Spitze  hin  zunimmt.  Den  wichtigsten  Theil  der  Druse 
bildet  eine  wohl  entwickelte  Epithellage  (c),  deren  Zellgrenzen  an  der  Aussenfläche  der  Drüse 
eine  unregelmässig  sechseckige  Form  haben  (vergl.  Fig.  IL),  ohne  Anwendung  von  Reagentien 
aber  nicht  sehr  deutlich  zu  erkennen  sind.  Die  mittlere  Länge  der  Zellen  beträgt  0,1  Mm.; 
an  der  Basis  sind  sie  am  breitesten,  während  sie  nach  der  Spitze  zu  allmälig  abuebmeu.  Im 
Zusammenhange  damit,  dass  sie  hier  dem  Andränge  des  Speisebreie«  am  meisten  ausgesetzt 
sind,  haben  sich  ihre  Wandungen  beträchtlicher  verdickt.  Die  Kerne  sind  rund  0,009  bis 
0,016  Mm.  gross  und  bergen  ein  oder  mehrere  Kernkörpcrchen. 

An  der  Basis  verdickt  sich  die  Intima  zu  einem  Ringe  (a),  dessen  Rand  gekerbt  erscheint. 
Er  dient  wahrscheinlich  dazu,  bei  deu  starken  Dehnungen  der  Rectaltasche  die  Rectaldrüse  vor 
Zerrungen  zu  bewahren.  Er  ist  das  Abscheidungsprodukt  einer  sehr  merkwürdig  gestalteten 
auf  ihm  liegenden  Matrix.  Ich  konnte  dieselbe  deutlich  nur  bei  Anwendung  vorsichtiger  Be- 
handlung mit  Goldchlorid  wahrnehmen,  und  dabei  stellt  sie  ein  sehr  zartes  Häutchen  dar,  in 


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dem  in  regelmässigen  Abstünden  in  der  Nähe  des  Randes  ovale  Kerne  liegen.  Um  diese 
gruppirt  sich  das  Plasma  dichter  und  zieht  sich  bis  an  den  inneren  Rand  des  Ringes.  Je  einer 
Kerbe  entspricht  ein  Kern  mit  einem  daran  anschliessenden  und  von  dem  übrigen  Plasma  sich 
abzeichnenden  Faden.  Deutliche  Zellgrenzen  kunnte  ich  nicht  wahrnehmen,  obwohl  aus  der 
regelmässigen  Uge  der  Kerne  zu  schliessen  ist,  dass  diese  früher  wenigstens  vorhanden  waren 
und  wahrscheinlich  verschwanden,  nachdem  jede  Zelle  ihren  Antheil  an  dem  Ringe  ge- 
bildet hatte. 

Die  Höhlung  dieses  Epithelzapfens  ist  innen  mit  einem  Bindegewebe  und  der  für  die 
Rectaldrüsen,  wie  schon  von  Leuckart  hervorgehoben  wurde,  so  charakteristischen  reichen 
Traeheenverästclung  ausgefällt  Was  zunächst  die  Tracheen  betrifft,  so  treten  an  jede  Papille 
gewöhnlich  zwei  grössere  Slämmcbcn  heran,  die  sich  bei  dem  Eintritt  in  den  Innenraum  dicho- 
tomisch  immer  feiner  verästeln  und  in  dem  Ende  derselben  in  ein  Capillaroetz  sich  auflösen, 
dessen  einzelne  Acstchen  umbiegen  und  wieder  in  grössere  Stämmchen  zurücklaufen.  Auf  diese 
Weise  entsteht  in  jeder  Papille  ein  vollständig  geschlossenes  System  von  Tracheen  mit  Stämmen 
und  Gapillarcn,  einem  Wumiernetze  vergleichbar.  Dazu  kommt  übrigens  noch  eine  Anzahl 
zarterer  Stunmichcn,  die  den  Ring  ungefähr  in  seiner  Mitte  durchbohren  und  dann  in  die  Epi- 
thellage eintreten,  um  die  einzelnen  Zellen  zu  umspinnen.  Von  der  innerhalb  des  Bindegewebes 
verlaufende»  Partie  der  Tracheen  treten  keine  zu  der  Epithellage. 

Das  Bindegewebe  ist  ein  xellig-blasigcs  Gewebe,  in  «lern  meist  die  Zell  grenzen  deutlich 
nachweisbar  sind.  Die  runden  Zellen  messen  o,OOM  Mm.,  ihre  Kerne  0,005  Mm.  Oft  sind 
edoch  die  Zellgrenzen  nicht  mehr  wahrzunehmen  und  die  Kerne  liegen  innerhalb  einer  proto- 
plasmatischen Schicht,  die  sich  namentlich  an  der  Seite,  wo  sie  an  die  Epitheliale  stösst,  in 
feine  von  einer  zarten  Membran  begrenzte  Eildcn  auszieht. 

Ganz  allgemein  tritt  ein  Nervenstämmchen  in  die  Drüsen  ein,  das  sich  innerhalb  des 
Bindegewebes  theilt  und  dessen  Aesle  gegen  die  Epithelzellcn  herantreten;  doch  gelang  es  nicht 
die  feineren  Kndigiingsweiscn  zu  verfolgen. 

Hei  den  Hy m c n o p te ren  treten  zumeist  sechs  längliche,  flache,  von  einem  Chitinring 
eingefasste  Rectaldrüsen  auf  Als  typisches  Heispiel  sei  hier  die  Organisation  desselben  bei 
Apis  Hicllißm  specialer  geschildert.  Die  sechs  Drüsen  sind  durchschnittlich  1 V»  bis  2  Mm. 
lang  und  etwa  Mm.  breit  und  rings  von  einem  Chitinring  umgeben  (Taf.  II.  Fig.  1.  a). 
Zunächst  fällt  wieder  die  reiche  Trachecnverästelung  in  denselben  in  das  Auge.  Ein  Tracheen- 
stämmchen  theilt  sich  in  einiger  Entfernung  von  der  Drüse  in  mehrere  Aeste,  die  dann  getrennt 
in  letztere  eintreten  und  durch  wiederholte  Verästelung  je  ein  capillares  Gellecht  bilden.  Ist 


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die  Luft  aus  denselben  ausgetrieben,  so  lassen  sich  bei  Zuhülfenahme  von  Reagentien  auf  der 
das  Lumen  des  Darmes  bildenden  Seite  der  Drüsen  mit  Bestimmtheit  die  Grenzen  der  ganz 
regelmassig  sechsseitigen  Epithelzellen  erkennen  (e),  die  auch  hier  die  Hauptmasse  der  Wülste 
bilden.  Die  Zellen  sind,  wie  diejenigen  der  Dipteren  mit  einem  feinkörnigen  Plasma  erfüllt 
und  zeigen  einen_deutlichen,  ovalen  0,025  Mm.  langen  Keru  mit  einer  grösseren,  jedoch  sehr 
wechselnden  Zahl  von  Kernkörperchen.  Die  peripherischen  Zellen  sind  ein  wenig  dunkel  pig- 
mentirt  Die  gegen  das  Darmlnuien  gekehrten  Köpfe  der  Zellen  bilden  eine  continuirlkh  zu- 
sammenhängende Membran,  die  durch  ihre  Verbindung  mit  der  Intima  als  deren  Fortsetzung 
erscheint,  und  zwar  als  innere,  da  dieselbe  sich,  wie  bei  Musca,  an  dem  Chitinring  in  zwei 
Lagen  theilt. 

An  den  übrigen  Stellen  des  Mastdarmes  lassen  sich  keine  Epithelzellen  nachweisen;  doch 
findet  man  bisweilen  unter  der  Intima  noch  einzelne  Kerne,  die  nicht  der  darunter  liegenden 
Muskelschicht  angehören.  Sie  sind  der  letzte  üeberrest  einer  früher  vorhandenen  sehr  zarten 
Matrix  (ma),  wie  sie  in  Fig.  1  von  einer  in  der  zweiten  Hälfte  des  Puppenstadiums  befindlichen 
Biene  gezeichnet  sind.   Zu  dieser  Zeit  lassen  sich,  namentlich  bei  Behandlung  mit  Goldchlorid 

ist  bei  dem  ausgebildeten  Insekt  keine  Spur  der  früheren  Zelllage  mehr  aufzufinden. 

Die  Intima  legt  sich  auch  hier  in  zahlreiche  Falten,  doch  nicht  in  dem  Grade,  wie  bei 
den  Dipteren.  Ein  Nervenstämmchen  (n)  tritt  in  die  Epithellage  ein  und  verzweigt  sich  gleich 
nach  dem  Eintritt.  —  Die  bei  den  Dipteren  so  charakteristisch  entwickelte  Bindegewebslage 
tritt  bei  den  Hymenopteren  auffallend  zurück.  Ein  weiterer  Unterschied  besteht  darin,  dass 
die  Längs-  und  Quermuskulatur  sich  meist  auch  unter  den  Drüsen  herzieht.  Die  letztere 
repi*äsentirt  ziemlich  solide,  parallel  verlaufende  Fasern,  die  seltener  durch  Verästelung  unter- 
einander communiciren ,  während  die  l^ängsmusknlatur  fast  durchweg  eine  mehr  oder  minder 
reiche  Verästelung  zeigt,  sehr  reich  z.  B.  bei  Sirex  ijigmtem.  Im  Ganzen  lassen  sich  im  aus- 
gebildeten Zustand  jedoch  immer  einige  Hauptstämme  erkennen,  ohne  dass  diese  jedoch,  wie 
bei  den  Orthopteren,  zu  sechs  zwischen  den  einzelnen  Drüsen  verlaufenden  Zügen  sich  vereinigen. 

Die  Gestalt  der  Rectaldrflsen  ist  bei  den  Hymenopteren  ziemlich  wechselnd;  bald  läng- 
lich (Apis,  Vespa),  bald  kreisrund  wie  bei  Formka,  aber  der  Bau  zeigt  trotzdem  nirgends  eine 
erhebliche  Abweichung. 

Auch  die  Zahl  kann  variiren.  Schon  Leuckart  beschreibt  bei  kleinen  Ichncnmoniden  die 
Rectaldrüsen  als  vier  tonisch«  nach  Innen  gestülpte  kleine  Blinddärinchen.  Bei  einet  anderen 
Iihneumouide,  dem  Öphio»  luteum,  fand  ich  zwölf  unregelmäßig  im  Mastdärme  verteilte  kreis- 


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runde  0,2  Mm.  breite  Drüsen,  die  auf  dem  Querschnitte  meist  5  bis  6  Epithelialen  zeigten, 
sonst  aber  den  oben  von  Apis  geschilderten  Bau  wiederholten. 

Die  Orthopteren  zeigen  in  der  Anordnung  und  Structur  ihrer  Bectaldrflsen  ziemlich 
ähnliche  Verhältnisse,  wie  die  Ilymenopteren.  Aach  hei  ihnen  findet  man  sechs  längliche  (bei 
Forficnla  runde)  Uect.ildru.sen,  die  (vergl.  Tof.  II.  Fig.  II.  Locusta  viridissitna)  jedoch  so  breit 
sind,  dass  sie  nur  schmale  Zwischenräume  frei  lassen,  in  denen  dann  die  zu  Handeln  vereinigten 
iAngsinuskeln  hinlaufen.  Hin  Chitinring  lässt  sich  meist  erkennen;  sehr  deutlich  z.  ß.  bei 
Forfictila.  Gewöhnlich  tritt  zu  jeder  Drüse  ein  Trarheeustamm,  dessen  Aestc  zuerst  am  Grunde 
derselben  hinziehen  und  von  hier  aus  immer  feiner  sich  zcrtluilende  and  die  einzelnen  Zellen 
umspinnende  Stämmchen  aussenden.  Dabei  konnte  ich  die  Matrix,  namentlich  bei  Carmiofiirbung 
oft  bis  zu  den  feinsten  Aestchen  zwischen  den  Kpithelzelh-n  verfolgen.  Letztere  zeigen  auf  der 
inneren  Drüscnfläche  wieder  jene  regelmässig  sechsseitigen  Zellgrenzen.  Die  0,0 lß  Mm.  grossen 
Kerne  sind  rund  und  liegen  meist  etwas  über  der  Mitte  der  Zellen  nach  dem  DarmJumen  zn. 
Sie  bergen  ebenfnlls  eine  grosse  Anzahl  von  Kernkörperchen.  Die.  namentlich  bei  OrpAtf 
mmpeatris  auf  der  Drüsenlage  sehr  dicke  Intim*  lüsst  sich  in  ihrer  Continuitäl  leicht  ver- 
folgen. An  den  von  den  Kectrldrüseo  freigelassenen  Stellen  erhält  sich  die  Matrix  meist  noch 
als  zarte  in  die  Epithelzellen  übergehende  Schicht  mit  deutlichen  Zollgrenzen.  -  Während 
das  Bindegewebe  bei  den  Ilymenopteren  fast  ganz  zurücktrat,  zeigt  v*  sich  bei  den  Orthopteren 
wieder  ausserordentlich  entwickelt*  Es  gehört  zum  zcllighlasigcn  Gewebe  mit  deutlichen,  bei 
Locusfn  t'iridissimtt  0.008  Mm.  grossen  Kernen  innerhalb  der  0,01-1  -  0,02."i  Mm.  breiten  Zelieu 
und  erfüllt  den  Zwischenraum  zwischen  der  iiuter  den  Drüsen  hinziehenden  Quennuskulatur 
und  der  Kpithellnge.  In  günstigen  Fällen  konnte  ich  eine,  wenn  auch  im  Verhältnis  zu  der 
GrOsse  der  Zellen,  nur  schwach  entwickelte  Interrellularsuhstanz  erkennen.  Itcgclmässig  ver- 
ästelt sich  ein  Nerv  in  der  Epithellage.  Innerhalb  seiner  Scheide  verlaufen  oft  Trachcenstämm- 
chen  (vergl.  Fig.  II.  n),  die,  wenn  noch  mit  Luft  erfüllt,  im  frischen  Zustand  die  Verbreitung 
der  grosseren  Nervenäste  innerhalb  der  Epithellage  erkennen  lassen.  Ist  die  Darmwandung 
durch  die  Bingmuskcln  contrahirt,  so  stülpen  sich  die  Drüsen  Icistenfürmig  in  das  Darmlumen 
vor,  so  dass  auf  dem  Querschnitt  Bilder  entstehen,  wie  bei  Musea  (Fig.  II.  B). 

Die  Neuropteren  zeigen  Verhältnisse,  die  denen  der  Orthopteren  analog  sind  Ge- 
wöhnlich finden  sich,  wie  bei  den  Libellen,  sechs  längliche  Kectaldrttsen ;  rund  sind  sie  bei 
Hemenüm.  Die  Zahl  kann  beträchtlich  variiren  -  so  fand  Leuckart  bei  Limuophilm  an 
30  40.  Auch  in  der  Organisation  wiederholen  die  betreffenden  Organe  mit  geringen  Abwei- 
chungen die  bei  den  Orthopteren  boHchriebennn  Verhältnisse. 


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Etwas  abweichender  gestaltet  Bich  der  Bau  bei  den  Lepidopteren. 

Der  kurze,  weite  Mastdarm  dieser  Thiere  ist  am  Anfang  bekanntlich  in  einen  blinddar- 
tnigen  Fortsatz  ausgezogen  und  diese  "beiden  Schläuche  aind  immer  mit  einer  beträchtlichen 
Zahl  (etwa  60-200)  von  Rectaldrüsen,  die  meist  einen  zarten  Chitinring  tragen,  dicht  besetzt. 
In  jeder  dieser  verästelt  sich  ein  Tracheenstämmchen,  auch  konnte  ich  manchmal  ein  zartes 
Nervenstämmchen  auffinden,  das  in  dieselben  einlief.  Auf  dem  Querschnitte  zeigen  die  ßectal- 
drüsen  sämratlicher  untersuchten  Lepidopteren  mit  Ausnahme  einiger  Motten  übereinstimmende 
Verhältnisse. 

Die  Epithelschicht  und  das  hier  stark  entwickelte  Bindegewebe  sind  in  zwei  fast  ganz  gleich 
grosse  Partien  geschieden.  Die  Intinia  (Fig.  III.  u.  IV.  auf  Taf.  I.)  theilt  sich,  wie  gewöhn- 
lich, in  zwei  Lamellen  zur  Begrenzung  der  Epithellage.  Ferner  lässt  sich  noch  eine  dritte 
Membran  unterscheiden,  die,  als  ein  Verschmelzungsprodukt  der  äussersten  Bindegewebselemente, 
die  untere  Begrenzung  der  Drüse  bildet  und  ebenfalls  in  die  Intima  übergeht 

In  der  Epithellage  lassen  sich  bald  wenige,  bald  eine  ansehnliche  Zahl  von  Kernen  in 
wechselnder  Grösse  und  Gestalt  erkennen.  Meist  sind  sie  rundlich,  am  grössten  bei  den  Motten, 
wo  sie  durchschnittlich  0,016  Mm.  messen.  Hier  treten  sie  auch  in  beträchtlicherer  Menge 
auf,  als  bei  den  übrigen  Schmetterlingen,  meist  20-30  an  Zahl  —  wie  überhaupt  die  Rectal- 
drüsen der  Motten  bei  geringerer  Anzahl  fast  doppelt  so  gross  als  die  übrigen  Schmetterlinge 
sind.  Sic  messen  durchschnittlich  0,26  Mm.,  während  z.  B.  bei  den  verschiedenen  Arten  von 
Sphinx  ihre  Grösse  0,175—0,12  Mm.  nicht  übersteigt.  Bei  Sphinx  populi  und  Sphinx  oleamiri 
fand  ich  in  einigen  wenigen  Fällen  einen  deutlich  verästelten  Kern  mit  einer  kleinen  Anzahl 
runder  daneben,  die  von  ihm  abgethcilt  schienen.  Ob  einer  Kerntheilung  immer  eine  Veräste- 
lung desselben  vorangeht,  finde  ich  nach  dem  vereinzelten  Vorkommen  nicht  für  wahrscheinlich, 
obwohl  man  bei  den  Drüsenapparaten  der  Raupen  kurz  vor  der  Kerntheilung,  namentlich  vor 
Beginn  der  histolytischen  Vorgänge,  die  Kerne  am  reichsten  verästelt  findet 

Was  die  Rectaldrüsen  der  Lepidopteren  jedoch  am  auffallendsten  vor  denen  der  Übrigen 
charakterisirt,  ist  der  Umstand,  dass,  trotz  der  Anwesenheit  mehrerer  Kerne,  Zellgrenzen  sich 
selbst  bei  Anwendung  von  Rcagentien  nicht  auffinden  liessen. 

Das  Plasma  ist  sehr  feinkörnig  und  bildet  meistens  um  die  Kerne  einen  helleren  Hof.  Bei 
Motten  ist  seine  obere  Partie  gewöhnlich  heller,  homogen  und  ohne  Kerne  (vcrgl.  Fig.  IV). 
Unter  der  Itima  an  den  von  Rectaldrüsen  freien  Stellen  des  Mastdarmes  lassen  sich  uamenüich 
bei  kurz  ausgeschlüpften  Schmetterlingen  noch  leicht  Kerne  von  unregelmässiger  Gestalt  nach- 
weisen.  Es  sind  dies  die  Ueberreste  einer  früheren  Epithellage. 


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-  u 


Das  Bindegewebe  ist  ziemlich  stark  entwickelt,  bei  Motten  tritt  es  dagegen  fast  ganz 
zurück.  Es  besteht  aus  zahlreichen  Zellen,  sehr  ähnlich  den  Bindegewebszellen  der  Dipteren, 
mit  Kernen,  die  bei  den  Arten  von  Sphinx  z.  B.  meist  O.0O4  Mm.  messen.  Die  Muskulatur 
zieht  auch  unter  den  Rectaldrüsen  her  und  ist  ausserordentlich  reich  verästelt,  ohne  dass  sich 
jedoch  die  einzelnen  Muskelfasern  zu  Rrflsseren  Bandeln  oder  zu  regelmässigen  Parallelzflgen 
vereinigten,  die  zu  intensiveren  Leistungen  befähigt  schienen,  was  wohl  mit  der  Ernährungsweise 
der  Schmetterlinge  im  Zusammenhang  steht. 

Bekanntlich  fehlen  die  Rectaldrüsen  den  Coleoideren,  Rhynchoten  und  sämmtlichen  Innren. 
Unter  ersteren  macht  nach  einer  von  Prof.  Leuckart  mir  gemachten  mündlichen  Mittheilung 
nur  Cyphon  eine  Ausnahme.  Auch  bei  Silpha  sollen  sie  nach  einer  Angabe  Leydig's  in 
grösster  Anzahl  vorkommen,  doch  stand  mir  kein  Material  davon  zu  Gebot.  Ich  bin  jedoch 
Uberzeugt,  dass  man  sie  bei  einfallender  Prüfung  auch  noch  bei  anderen  Arten  aus  obigen 
Classcn  auffinden  wird.  So  weit  ich  übrigens  die  Käfer,  Hemipteren  und  Larven  untersuchte, 
fand  ich  im  Mastdarm  nur  eine  typische,  ununterbrochene  Epithellape,  diese  aber  sehr  regel- 
mässig -  ein  Umstand,  der  über  die  physiologische  Deutung  der  Rectaldrüsen  einen  Finger- 
zeig darbietet 


Vergegenwärtigt  man  sich  noch  einmal  den  Bau  der  Rectaldrüsen  bei  den  verschiedenen 
Insektenclasseii,  so  erkennt  man  alsbald,  dass  sich  dieselben  im  Allgemeinen  auf  ein  einfaches 
Schema  zurückführen  lassen.  Ueber  sie  weg  läuft  die  Intinia,  die  mit  einer  zweiten  Lamelle 
unter  der  Epithellagc  herzieht.  Die  letztere  bildet  in  allen  Fällen  den  hervortretendsten  und 
wichtigen  Theil  der  in  Rede  stehenden  Gebilde.  Sie  erscheint  in  der  Kegel  unter  der  Form 
eines  Cylinderepithels  mit  regelmässig  sechskantigen  Zellen.  Darunter  findet  man  mehr  oder 
minder  mächtig  entwickelt  eine  Rindegewebslage,  unter  der  wiederum  zunächst  die  Laiursmus- 
keln  und  dann  die  Ringmuskeln  wegziehen.  In  den  Rectaldrüsen  treten  also  alle  Schichten 
auf,  die  überhaupt  im  Darracannl  der  Arthropoden  unterscheidbar  sind:  die  Intima,  die  sie  ab- 
scheidende Darmdrüsenlage,  die  bindegewebige  Tunica  propria  und  die  Muskelschichte.  Eine 
seröse  Hülle  fehlt  bekanntlich  im  Allgemeinen  den  Insekten  und  scheint  nur  am  Wnnzenmagen 
als  zarte  Haut  ausgebildet.*)  Berücksichtigt  man  nun  den  Umstand,  dass  in  allen  Fällen,  wo 
Rectaldrüsen  sich  vorfinden,  das  Mastdarmepithel  an  den  von  ihnen  freigelassenen  Stellen  ent- 
weder gänzlich  fehlt,  oder  nur  noch  als  zarte  leicht  zu  übersehende  Matrix  unter  der  Intima 

•)  Verfil.  Dun-  de»  feineres  Bau  .1«  Insekten.«..™.«.  Leurkart.  in  der  Zo.  ton.ie  reu.  Wagwer  II.  S  CI. 


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—    35  — 


heizitht,  berücksichtigt  man  ferner,  dni»  regelmässig,  wo  Rectaldrusrn  fehlen,  .-in  typisches 
Drüsenepitbel  im  Mastdan»  sich  vorfindet,  so  kann  kein  Zweifel  darüber 
k  bis  jetzt  noch  räthselhäften  Organe,  das  in 
pithel  selbst  repräsentiren.  Man  wird  gewiss  Nichts  dagegen  einzuwenden 
haben,  wenn  man  denselben  die  Fähigkeit  der  Secretion  zuschreibt,  die  dem  Mastdannepithel 
zukommt.  Bekanntlich  verauthete  Leydig  in  ihnen  Bespirationsorgane,  geleitet  durch  die 
Analogie  mit  den  Kiemeutrachccn  iin  Mastdärme  der  Libellenlarven ;  Weismann  spricht  sich 
ebenfalls  gegen  die  drüsige  Natur  derselben  aus,  ohne  jedoch  angeben  zu  können,  was  sonst  ihre 
Functionen  sind.  Leydig's  Ansicht,  widerlegt  sich  schon  dareb  den  Gesammthsbitus  und  Bau 
der  Gebilde. 

An  ein  Respirationswerkzeug  stellen  wir  mit  Recht  die  Anforderung,  dass  es  einen  mög- 


vermittelt  wird.    Auf  dies  Grundprincip  lassen  sich 
in  all'  ihren  Modincati 

als  einen  flächenhaften  Bau;  sie  repräsentiren  kuglige 
Bau.  Dass  sie  allerdings  durch 


werde  ich  später  an  den  Mastdarmkiemen  der  Libellenlarven 
morphologisch  dieselben  Gebilde  wie  die  Rectaldrüsen  sind.  Auch  die  ausserordentlich  reiche 
Tracheeuverästelnng  kanu  keine  Stutze  fttr  Annahme  einer  Mastdarmathmung  darbieten,  da 
z.  B.  um  die  Eierstockröhren  oder  um  die  Blinddärmchen  des  sogenannten  Wanzenmagens 
eine  mindestens  ebenso  reiche  Verzweigung  sich  findet.  Vielmehr  scheint  diese  typische  Tra- 
cheenverzweigung  bei  der  Concentration  des  Mostdarmepithcrs  auf  bestimmte  Stellen  und  ferner 
die  ganz  allgemein  verbreitete  Fndigung  der  Nerven  in  denselben  auf  eine  erhöhte  secretorische 
Thätigkeit  hinzuweisen.  Schliesslich  würde  schwer  zu  verstehen  sein,  auf  welche  Weise  eine 
Darmathmung  zu  Stande  kommen  sollte,  da  der  Darm  weder  jemals  mit  Luft  oder  Wasser, 
wohl  aber  häufig  prall  mit  Koth  erfüllt  ist,  und  dies  besonders  bei  den  Dipteren,  wo  die  Rectal- 

wie  sie  dem  sonstigen  Mastdarmepithel  zukommt,  würde  auch  schwer  denkbar  sein  -  ich  habe 
wenigstens  nie  z.  B.  kristallinische  Ablagerungen,  wie  die  Harnsäurekrystalle  in  den  Maleri- 
schen Gefässen  und  in  dem  Feltkörper,  in  den  Rectaldrusen  aufgefunden. 

Wenn  Gcgenbaur  in  den  Rectaldrusen  nur  die  Rudimente  von  Tracheenkiemen  sieht, 
so  gesteht  er  damit  wohl  zu,  dass  eine  eigentliche  Athmung  durch  sie  kaum  noch 


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wird.  Aber  andererseits  involvirt  diese  Auffassung  doch  di 
der  die  Rectaldrüsen  zugehörteo,  in  ihren  primitiven  und 
spiratorische  Function  habe.  Wären  die  Rectaldrüsen  aber  wirklich  blos  die  letzten  Ausläufer 
derartiger  Gebilde,  so  dürfte  man  doch  wohl  erwarten,  dasg  sie  sich  bei  den  Innren  in  allgemeiner 
Verbreitung  fänden  und  nicht  eret  bei  dein  ausgebildeten  Insekt.  Nur  in  diesem  Falle  bekäme 
die  Gege n bau r'sche  Hypothese  über  die  Priorität  des  geschlossenen  Trachecnsystems  und 
damit  verbundener  Tracheenkiemcnathmung  einen  erwünschten  Halt,  denn  mit  Auftreten  von 
Stigmen  konnten  die  Kiemen  nach  und  nach,  als  ihrer  Function  enthoben,  verkümmern.  Wäre 
es  also  wahr,  dass  sich  die  luftathmenden  Innren,  z.  B.  die  Schmetterlingsraupen,  aus  l'hicren 
mit  Tracheenkiemen  im  Mastdarm  entwickelt  hätten,  dann  stünde  doch  zu  erwarten,  dass  sie, 
!  Schmetterlinge,  als  Andeutung  ihrer  früheren  Lebensverhältnisse  die  rudi- 
ar  Schau  trügen.  Statt  letzterer  findet  man  bei  den  Larven  eim 
eine  Bildung,  die  freilich  nicht  ausschlieft,  dass  gelegentlich  auch  bei 
sich  entwickeln,  ja  dass  diese  sogar  unter  Umständen  zu  wirklichen 


sich  also  schliesslich  noch  um  eine  Rechtfertigung  des  Namens  »I 
Stellt  man  an  eine  Drüse  die  Anforderung,  dass  sie  durch  Einstülpung 
sei  oder  wenigstens,  wie  die  einzelligen  Drüsen,  einen  Ausfflhrungsgang  habe,  so 
die  Rectaldrüsen  als  ächte  Drüsen  nicht  gelten  lassen.  Ich  sehe  jedoch  nicht  ein,  warum 
Merkmale  charakteristisch  für  Drüsen  sein  sollen.  Gerade  die  einzelligen  Drüsen  zeigen  so 
viele  Uebergänge  zu  einfachen  Epithelzellen,  wie  umgekehrt  letztere  einzeln  oder  alle  den 
Charakter  einzelliger  Drüsen  annehmen,  dass  man  gewiss  Leydig  beistimmen  wird,  wenn  er 
sagt,  dass  jede  Epithelzelle,  insofern  ihr  die  Fähigkeit  der  Secretion  zukömmt,  als  einzellige 
aufgefasst  werden  kann.  So  wird  man  auch  von  einer  Drüsenlage  reden  können,  wenn 
wie  dem  Epithel  im  Mastdarm  die  Fähigkeit  der  Secretion  zukommt.  Und  schliesslich 
sind  die  ausgestülpten  Kiemen  ebenso  gut  Drüsen  wie  die  Lungen.   So  mag  es  denn  auch 

drücken,  dass  man  es  nicht  mit  typischen  Drüsen  zu  thun  hat, 
was  gewiss  unnöthig  ist. 

Jedenfalls  stellen  sie  sich  als  eine  interessante  Zwischenfori 
.  und  einer  ächten  Drüse  dar  -  der  Raum,  den  sie  beanspruchen  würden,  wenn  sie  durch  Ein- 
stülpung der  Darmwandung  entstanden  wären  und  der  z.  B.  bei  Dipteren  gar  nicht  unbeträcht- 


1 1 


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sie  sich  nls  Ausstülpungen  in  das  Darmlumen 


Ich  wende  mich  nun  zur  Beschreibung  der  Mastdarmkiemen  der  Libellcnlarven  und  zwar 
riell  derer  von  LibeUula  depressa,  jener  so  merkwürdigen  Gebilde,  die  nicht  blos  bei  ihren 
Entdeckern  das  höchste  Staunen  hervorriefen,  sondern  auch  späterhin,  sowohl  wegen  der  son- 
derbaren Realisation  der  Athmung,  als  auch  wegen  ihrer  reizenden  Tracheenverästelung  ein 
vielfach  untersuchtes  Object  bildeten.  Die  Anordnung  derselben  in  Länprcihen  und  ihre  äussere 
Gestalt  haben  bereits  Suckow  (Hcusinger's  Zeitschrift  Bd.  IL),  L6on  Dufour  (Annales  des 
sciences  nat.  III.  Serie,  Tome  XVII)  u.  A.  so  ausführlich  beschrieben,  dass  ich,  um  nicht  Be- 


Hierzu  bedarf  es  feiner  Querschnitte 
bei  der  Zartheit  des  Objcctcs  nicht  leicht  herzustellen  sind,  allein, 
Zweifel  an  der  Uebercinstimmung  im  Bau  lassen  Die 

,  * 

der  Darmwandung  und  sind 
Spitze  zusammenhangenden  Lamellen  gebildet  (vergl.  Taf.  IH,  Fig.  1.).  Ihre  äussere  Be- 
bildet die  Intima  (i),  die  sich  scharf  von  den  darunter  liegenden  Geweben  absetzt 
und  continuirlich  von  einer  Kieme  zu  der  andern  übergeht,  an  ihrer  Basis  sich  etwas  faltend. 
Im  Zusammenhang  mit  der  flächenhaften  Ausbreitung  tritt  die  Epithellage  ziemlich  zurück  und 
gelangt  nur  an  dem  unteren  Drittel  der  Kieme  bot  Ausbildung.  Die  Grenzen  derselben  sind 
meist  unregelmässig  (Fig.  II)  sechsseitig  und  lassen  sich  bei  Anwendung  von  Reagentien  leicht 
erkennen.  Die  einzelnen  Epithelzellen  im  Mittel  0,025  Mm.  lang,  ihre  Kerne  messen  0,0045  Mm. 
Nach  der  Mitte  der  Kiemen  zu  werden  sie  immer  dünner,  bis  die  Epithellage  als  solche  sich, 
nicht  mehr  erkennen  lässt,  sondern  in  eine  Matrix  übergeht,  in  der  einzelne  Kerne  noch  deut- 

zu  der  in  ihrer  Ausbildung  zurücktretenden  Epithellage  ist 
als  zellig-blasiges  Gewebe 
freigelassenen  Stellen.   Oft  tritt  es  an 
Theile  der  Kiemenbasis  in  dicker  Lage  auf.   Die  grösseren  zu  den  Kiemen  verlaufenden  Tra- 


,.  die  Mitte  der  Kiemen  zu  ein  äusserst  feines 
Luftcapillaren  entsteht,  die  dichtgedrängt  bis  zu  der  Spitze  der  Kieme 
hier  umbiegen  und  sich  später  wieder  zu  stärkeren  Stämmchen  vereinigend  ein  ge- 
schlossenes System  von  Luftröhren  bilden.   Von  ihrer  Mitte  an  messen  die  Kiemen  in  ihrer 
nur  0,008  Mm.,  so  dass  die  Tracheenästchen  also  fast  nur  durch  die  zarte  Intima  von 


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dem  umspülenden  Wasser  geschieden  sind.  Die  Muskulatur,  besouders  die  Quermuskulatur, 
ist  sehr  kräftig  entwickelt  und  zu  energischen  Contractionen  befähigt;  eine  Larve,  die  zufällig 
mit  ihrem  Hinterleibsende  au  die  Oberfläche  des  Wassers  geräth,  spritzt  das  Athemwasser  weit 
in  die  Höbe.  Die  Längsmuskeln  sind  zu  Bündeln  verengt,  die  unter  der  Quermuskulatur  an 
der  Aussenscitc  des  Darmes  verlaufen. 

Die  Analogie  zwischen  Mastdarmkiemen  und  Rectaldrttsen  liegt  demnach  auf  der  Hand, 
ein  principieller  Unterschied  ist  nicht  vorhanden.  Nur  mit  Bezug  auf  die  veränderte  physio- 
logische Leistung  sind  entsprechende  Modificationen  der  Structur  eingetreten:  die  Epithellagc 
ist  reducirt,  dafür  das  Bindegewebe  uro  so  stärker  entwitkelt  -  kurz,  die  geaammten  Gebilde 
in  ihrer  fllchenhaftcn  Gestaltung  den  veränderten  äusseren  Lebensbedingungen  und  der  physio- 
logischen Leistung  angepassL 

Zwischenformen  zwischeu  den  Mastdarmkiemen  der  Libellenlarven  und  den  Epischen 
Rcctaldrüsen  erwähnt  Leydig  bei  Phrgganea  grmulis.  Sie  sollen  umfängliche,  länglich  gc- 
,  staltete,  in  das  Innere  von  den  Seilen  her  vorspringende  regelmässig  gestellte  häutige  Septen 
vorstellen,  die  zum  Tragen  von  Tracheenansbrcitungcn  dienen  und  in  den  freien  Räumen  da- 
zwischen Anhäufungen  von  Blutkörperchen  zeigen.  Leider  stand  mir  kein  Material  zu  einer 
specielleren  Untersuchung  zn  Gebote. 

Bei  den  Larven  sind  bis  jetzt  weder  ächte  Rectaldrtlsen,  wie  oben  erwähnt,  noch  Zwischen- 
formen, wie  die  von  Leydig  bei  Phryganca  geschilderten,  aufgefunden  worden.  Ich  möchte 
indess  bei  dieser  Gelegenheit  auf  eigentümliche  Gebilde  bei  der  Larve  von  Ertskilix  tenax 
aufmerksam  machen,  die  zwar  ihrer  morphologischen  Gestaltung  nach  weder  mit  den  Mastdarm- 
kiemen,  noch  mit  den  Rcctaldrüsen  übereinstimmen,  jedoch  eine  interessante  Combiuatiun  der 
physiologischen  Leistung  beider  Organe  darbieten  dürften. 

Beobachtet  man  nämlich  die  in  faulem  Wasser  sich  hcrumtummelnden  Larven ,  so  hat 
man  manchmal  Gelegenheit  eine  grössere  Anzahl,  oft  bis  20  ein  bis  anderthalb  Linien  lange 
Schläuche  aus  dem  After  heraustreten  zu  sehen,  die  kranzförmig  um  denselben  gestellt  eine 
Zeit  lang  im  Wasser  flottiren. 

Von  froheren  Beobachtern  der  Larve  fand  ich  keine  Erwähnung  derselben  —  vielleicht, 
dass  man  nicht  allzuliäufig  Gelegenheit  bekommt,  dieselben  zu  sehen.  Zumeist  konnte  ich  sie 
bemerken,  wenn  die  Larven  in  reines  Wasser  gebracht  wurden.  Bei  näherer  Betrachtung  er- 
weisen sie  sieh  als  um  den  After  gestellte  Blindschläuche  (Taf.  Hl.  Fig.  HL),  ausgekleidet  von 
secliseckigeu,  grosse  Kerne  enthaltenden  Rpithelzellen,  die  einfache  Fortsetzungen  des  Mast- 
darmepithcls  repräsentiron.  An  ihre  Spitzen  heften  sich  ein  oder  zwei  sehr  contractile  Muskel- 


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sind  sie  von  starken,  sich  fein  - 

So  in  das  Innere  des  Leibes  zurückgezogen,  stellen  i 
und  leijrten  allen  Anforderungen,  die  man  an  den  Bau  einer  ächte« 
Druse  stellt,  Genüge.  Sie  erweisen  sich  als  einfache  lange  Einstülpungen  des  Mastdarmendes,  denen 
ich  dieselben  Functionen,  wie  dem  Mastdärme  selbst,  zuschreibe,  da  ich  sie  öfter  mit  dem  In- 
halte des  Dnrmes  angefüllt  fand.  Stülpt  nun  die  Larve,  jedenfalls  dadurch,  dass  sie  das  Blut 
nach  dem  After  prent,  die  Drüsen  aus,  etwa  wie  man  einen  I  landschuhfinger  umstülpt,  so 
kommen  die  Tracheen  und  die  Muskeln  in  ihr  Lumen  zu  liegen.  Dabei  findet  nicht  blos  eine 
Entleerung  der  Speisereste  statt,  falls  sie  mit  denselben  erfüllt  waren,  sondern  aller  Vermuthung 
nach  auch  ein  respiratorischer  Gasaustausrh,  wie  daraus  hervorgeht,  dass  die  Schläuche  längere 
Zeit  nach  dem  Hervorstülpen  im  Wasser  flottiren. 

Die  Beziehung,  welche  zwischen  den  bis  jetzt  betrachteten  Organen  und  den  Tracheen  ob- 
waltet, veranlasste  mich  auch  die  letzteren  in  dem  Kreis  meiner  Untersuchungen  zu  ziehen.  Zu 
meiner  Ucberraschung  fand  ich  an  denselben  Manches  anders  und  complicirter,  als  gewöhnlich 
angenommen  wird,  so  dass  ich  es  für  gerechtfertigt  halte,  die  Resultate  meiner  Beobachtungen 
hier  einzuschalten. 


Den  Bau  derselben  untersuchte  ich  zunächst  bei  der  I*arve  von  Eristalis  temu-  und  danu, 
auf  gewisse  Verhältnisse  aufmerksam  gemacht,  auch  bei  vielen  anderen  Insekten.  Das  merk- 
würdige Aussehen,  welches  diese  Luftgefasse  darbieteu,  hat  schon  früh  die  Aufmerksamkeit  der 
Zootomen  auf  sich  gezogen,  allein  die  Beobachter  weichen  in  ihren  Ansichten  über  den  Bau, 
namentlich  über  die  Lagerung» Verhältnisse  und  histologische  Structur  der  Häute,  welche  sie 
zusammensetzen,  so  auffallend  von  einander  ab,  dass  bis  jetzt  eine  Einigung  noch  nicht 
erzielt  ist. 

Ich  will  hier  nur  diejenigen  Ansichten  erwähnen,  die  entweder  längere  Zeit  hindurch 
Geltung  hatten,  oder  von  solchen  Autoritäten  herrühren,  dass  eine  Bestätigung,  resp.  Wider- 
legung unerläßlich  ist.  Die  meisten  älteren  Zootomen,  wie  Burmeister,  Lacordaire  und 
Newport,  Suckow,  Strauss,  Platner  nehmen  drei  Häute  an,  die  das  Tracheengerüst  bilden: 
eine  äussere  Peritoncalhaut,  eine  das  Lumen  der  Trachee  auskleidende  Schleimhaut  und  da- 
zwischen ih  n  dir  diese  Gebilde  so  charakteristischen  Spiralfaden.    Die  Annahme  eiuer  inneren 


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8chleimhant  beruht  offenbar  auf  dem  Bestreben,  eine  Analogie  mit  den  Rcapirationaorganen 
höherer  Thiere  darzustellen,  ein  Bestreben,  dem  Peters  (Müller*«  Archiv  1841,  p.  233) 
sogar  so  weit  nachgab,  dass  er  ein  das  Lumen  der  Trachee  auskleidendes  Flimmerepithelium 
annahm,  obwohl  er  dabei  gesteht,  Cilien  selbst  niemals  gesehen  zu  haben.  Noch  v.  Siebold 
sprach  die  Vermuthung  aus  (Vergl.  Anatomie  1.  Th.  8.  612),  dass  die  Höhle  der  Trachee  von 
einem  sehr  zarten  Pflasterepithelium  ausgekleidet  werde,  eine  Ansicht,  die  auch  Stein  (Vergl. 
Anat.  und  Physiologie  der  Insekten,  S.  105  Anin.)  theilt,  wenn  er  von  einer  Epithclialhaut  der 
Tracheen  spricht,  auf  der  Stachelborsten  vorkommet),  die  Peters  möglicherweise  für  Wimpern 
könnte  gehalten  haben.  Die  Unrichtigkeit  der  Angaben  von  einer  inneren  Schleimhaut  wurden 
ziemlich  gleichzeitig  von  Leuckart(Frey  und  Leuckart,  Zootomie  der  Wirbellosen  1847, 
S.  86)  und  Dujardin  (Compt.  rend,,  Tome  28,  1848)  nachgewiesen,  indem  sie  feststellten, 
dass  die  vermeintliche  Schleimhaut  eine  homogene  Chitinlamelle  sei.  Lenckart  sagt,  dass 
der  Spiralfnden  als  selbständiges  Gebilde  zwischen  der  äusseren  Peritonealhülle  und  der  inneren 
structurlosen  zarten  Membran  liege  —  eine  Angabe,  die  in  manchen  Fällen  der  Wahrheit  sehr 
nahe  kommt.  Dujardin,  der  Entdecker  der  Sarkode,  lässt  auch  die  Peritonealhülle  der 
Tracheen  aus  homogener  Sarkode  bestehen  und  nimmt  im  Gegensatz  zu  Leuckart  den 
Spiralfaden  als  das  Resultat  einer  Verdickung  der  Innenhaut  der  Tracheen  an.  Auch  H.  Meyer 
(Zeitschr.  f.  wissensch.  Zoologie,  1849,  S.  181)  glaubt,  dass  der  Spiralfadeu  nicht  als  solcher 
abgelagert  sei,  sondern  ursprünglich  eine  homogene  Membran  darstelle,  die  sich  erst  nach  ge- 
schehenem Lufteintritt  in  den  Spiralfadcn  spalte.  Seine  Ansicht  widerlegt  sich  einfach  dadurch, 
dass  bei  Embryonen  die  Spiraltouren  bereits  angelegt  sind,  che  Luft  eintritt.  Am  entschieden- 
sten spricht  sich  jedoch  Leydig  (Müller's  Archiv,  1855,  S.  458)  dagegen  aus,  dass  der 
Spiralfaden  nach  Leuckart 's  Meinung  als  sclbstständiges  Gebilde  zu  betrachten  sei,  da  er  nur 
eine  nach  Innen  vorspringende  Verdickung  der  homogenen  Chitinhaut  sei,  auch  keineswegs 
zwischen  der  äusseren  und  inneren  Haut  liege,  sondern  innere  Haut  selber  repräsentire.  An- 
langend die  Peritonealhülle,  so  sei  sie  eine  bindegewebige,  helle  und  gewöhnlich  farblose  Haut, 
die  durch  das  Verwachsen  von  denselben  Zellen  entstanden  sei,  welche  den  Fettkörper  bildeten 
und  mit  dem  sie  auch  in  innigem  Zusammenhang  blieben.  Nur  die  Zellkerne  seien  fortwährend 
in  dieser  Hülle  nachzuweisen.  Die  Ansicht  Leydig's  scheint  sich  eine  ziemlich  allgemeine 
Geltung  verschafft  zu  haben,  um  so  mehr,  als  sie  auch  durch  W  e  i  s  m  a  n  n 1  s  sorgfaltige  Unter- 
suchungen über  die  Entwickelung  der  Tracheen  (Enrwickelung  der  Dipteren,  S.  76)  in  den 
Hauptpunkten  bestätigt  wird. 

Die  bindegewebige  Natur  der  Peritonealhülle  glaubt  Weismann  freilich  nicht  unbedingt 


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annehmen  zu  können,  doch  vermochte  er  andererseits  mich  nicht  festzustellen,  zu  welcher  Gc- 
webeform  sie  sonst  zu  rechnen  sei. 

Eine  Continuität  der  Tracheen  und  des  Kettkörners,  directer  Zusammenhang  also  zwischen 
deu  Zellen  des  »Bindegewebes-  und  der  PeritonealhOlle  der  Tracheen  wird  mit  vollem  Recht 
in  Abrede  gestellt 

Uebcrblickt  mau  die  hier  nur  in  Kurze  angedeuteten  Ansichten,  so  wird  man  erstaunen, 
wie  über  ein  für  die  Arachnidcn,  Mvriapoden  und  Insekten  so  charakteristisches  und  wichtiges 
Organsystem  so  viele  widersprechende  Angaben  herrschen.  Vor  allen  Dingen  muss  es  darauf 
ankommen,  über  die  Lagerungsverhältnissc  und  Structur  der  Chitinschichte  und  des  Spiral- 
fadens Gewissheit  zu  gewinnen,  sowie  die  Natur  und  Gewebeform  der  Peritonealhülle  festzu- 
stellen, üeber  erstere  können  nur  zarte,  wenn  auch  schwierig  herzustellende  Längsschnitte 
durch  die  Tracheenstäinme  Aufschlug«  gebeu,  während  ich  über  die  reritonealhülJe  durch  An- 
wendung von  Keagentien,  namentlich  von  Uebcrosmiumsäure  und  Goldchlorid  ein  befriedigende« 
Resultat  erhielt. 

Anlangend  die  Peritonealhülle,  so  gibt  sowohl  Semper  (Zeitschr.  f.  wissensch.  Zoo!., 
Bd.  \lü.  S.  328)  wie  Weis  mann,  der  letzt«  genaue  Beobachter,  an,  dass  dio  kuglichen 

repräsentiren,  kurz  nach  Abscheidung  der  Intima  in  dem  (trade,  als  diese  sich  verdickt,  ihre 
Selbstständigkeit  verlieren,  eine  Resorption  der  Zellwandungen  erleiden  und  mit  einander  ver- 
schmelzen, so  dass  der  llohlcylinder  der  Intima  bald  von  einer  gleichmäßigen  Schicht  eines 
Gewebes  umgeben  sei,  dessen  Entstehung  aus  /eilen  sich  nur  noch  an  der  regelmässigen 
Stellung  der  kuglichen  Embryonalzcllenkerne  erkennen  lasse.  Diese  Angabe  beruht  auf  einem 
Irrthum,  indem  sich  sowohl  auf  den  früheren  Eiitwkkeluugsstadien ,  als  mich  in  dem  ausge- 
bildeten Insekt  die  Zellgrenzen  der  späteren  PeritonealhOlle  deutlich  erkennen  lassen ,  so  dass 
man  bald  die  Ueberzeugung  gewinnt,  dass  die  Tracheen  nicht  von  einer  Bindegewebslage  oder 
von  einer  Mogranulirten  kernhaltigen  Sarkodemassc ,  sondern  von  einer  oft  ausserordentlich 
regelmässigen  Epithellage  umgeben  sind.  Bei  sämmtlichen  untersuchten  Larven  und  ausge- 
bildeten Insekten  fand  ich  diese  Epithehichichte ,  namentlich  nach  Anwendung  der  oben  ange- 
gebenen Reagenlien,  in  unerwarteter  Klarheit.  Hat  man  sich  einmal  von  der  Kxisteuz  der 
regelmässigen  Zellgrenzen  überzeugt,  so  erkennt  mau  sie  in  günstigen  Fällen  und  bei  günstiger 
Beleuchtung  oft  schon  ohne  Zusatz  von  Reagentien  oder  bei  vorsichtiger  Carmintinktion. 

Figur  1  auf  Taf.  IV.  zeigt  diese  Epithellage  von  der  Larve  von  Eristaiis  tenaj-,  wo  ich 
sie  zuerst  anffnnd.    Die  Zellen  sind  hier  gross  und  ziemlich  regelmässig  sechseckig.    Auf  den 

Abhandl.  d.  SenckeBb.  nuturf  Gt*.  Bd.  X  ß 


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«rossen  Längsstäinmen  beträgt  ihre  Länge  0,11  bis  0,15  Mm.,  ihre  Breite  0,075  bis  0,1  Mm. 
Der  Kern  zeigt  meist  mehrere  Kernkörperchcn  und  ist  durchschnittlich  0,041  biB  0,05  Mm. 
breit  Während  bei  Erütalis  die  Epithelzelleu  verhältnis&roässig  gross  sind,  fand  ich  sie  da- 
gegen sehr  klein  bei  den  Libellenlarven,  z.  B.  Atsekm  grandis,  wo  sie  kaum  doppelt  so  breit 
als  der  Spiralfaden  erscheinen.  Die  Zellgrenzen  (Fig.  IV)  verlaufen  hier  nahe  den  Kernen,  die 
dadurch  dicht  gedrängt  erscheinen,  und  lassen  sich  schwieriger  erkennen,  obwohl  sie  bei  ge- 
lungenen Goldchloridpräparaten  sehr  prägnant  hervortreten.  Bei  den  Embryonalzellen  sind  die 
Zellengrenzen  meist  sogar  noch  deutlicher,  als  bei  dem  ausgebildeten  Insekte.  Fig.  VII  zeigt 
sie  von  Apis  mellißca  am  vierten  Tage  des  Puppenstadiums.  Für  die  Bienen  gibt  übrigens 
schon  Bätsehl)  (Zeitschr.  f.  wissensch.  Zoologie,  Bd.  XX.,  Zur  Entwickelungsgesck.  der  Bienen), 
der  zuerst  die  Bildung  der  Tracheen  durch  Einstülpung  von  dem  äusseren  Keimblatte  aus 
nachwies,  au,  dass  keine  so  innige  Verschmelzung  der  Embryonalzellen  stattzufinden  schiene, 
wie  dies  Weismann  von  Mnsca  beschrieben  hat,  wiewohl  er  andererseits  auch  Bilder  fand, 
die  ihm  für  einen  derartigen  Vorgang  zu  sprechen  schienen. 

Weismann  hat  darauf  aufmerksam  gemacht,  dass,  je  feiner  die  Tracbeenästchen  siud, 
desto  weiter  die  Kerne  der  Peritonealhülle  aus  einander  liegen,  oder  richtiger  gesagt,  dass  die 
Zellen  der  Epithellage  desto  grösser  sind.  Jedenfalls  beruht  dies  auf  der  von  ihm  ausführlich 
geschilderten  eigentümlichen  Bildung  der  feineren  Verzweigungen  der  Tracheenintima  in  spindel- 
förmig auswachsenden  und,  wie  ich  vermuthe,  sich  theilenden  Zellen,  —  doch  habe  ich  diese 
Vorgänge  nicht  näher  verfolgt,  wie  ich  mir  denn  auch  die  genauere  Prüfung  der  ebenfalls  mit 
einer  regelmässigen  Epithelschichte  bekleideten  -Arthropodenlungen,«  von  denen  Leuckart 
zuerst  nachwies,  dass  sie  modificirte  Tracheen  darstellen  (Zeitschrift  f.  wiss.  Zool.  I),  für 
eine  spätere  Zeit  vorbehalte.  Persistiren  die  eben  genannten  spindelförmigen  Zellen  und  verästeln 
sie  sich  noch  stärker,  so  resultirt  eine  Endigung  der  feinsten  Tracheinästchen  in  verästelten 
Epithelzellen,  wie  sie  z.  B.  von  Leydig  in  der  Larve  von  Corethra  plumicornis  aufgefunden 
wurde,  oder  wie  sie  Max  Schulze  in  dem  Leuchtorgan  von  Lampyris  beschreibt.  Leydig 
sagt  zwar,  das«  man  sich  nicht  versucht  fühlen  würde,  solche  verästelte,  weit  aus  einander 
liegende  Zellen,  in  deren  Innerem  die  Intima  sich  abscheide,  Epithelzellen  zu  nennen7.  Sobald 
jedoch  die  gesammte  übrige  spätere  Peritonealhülle  als  eine  Epithellage  erkannt  ist,  sind  auch 
diese  Zellen  als  Epithelzellen  anzusehen,  und  dies  um  so  mehr,  als  sich  auch  sonst  verästelte 
Epithelzellen  nicht  selten,  z.  B.  als  verastigte  Pigmeutzellen  in  der  Haut  aou  Wirbellosen  und 
Wirbelthieren  (sehr  prägnant  auch  im  Auge  der  Fische)  vorfinden. 

Ein  Zusammenhang  mit  dem  Gewebe  des  FeitkCrpeta  existirt  nicht  —  auch  die  feinsten 


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Endigungen  der  Tracheenäste  besitzen  ihre  eigene  Matrix.  Die  nach  Aussen  gekehrten  Seg- 
mente der  Zellhäute  verschmelzen  meist  zu  einer  homogenen  zarten  Lamelle,  wie  sie  z.  B. 
vor  der  Verpuppung  in  ihrer  Continuität  sich  leicht  verfolgen  lässt  Sobald  man  die  Peritoneal- 
hQlle  als  Epithellage  erkannt  hat,  wird  mau  es  auch  erklärlich  finden,  dass  dieselbe  ebenso 
etwa,  wie  das  Epithel  des  Darmes,  eine  Intima  abscheidet.  Dass  eine  »bindegewebige  Peri- 
tonealhülle«  ein  derartiges  Abscheidungsprodukt  lieferte ,  durfte  kaum  jemals  beobachtet  sein ; 
der  Charakter  des  Bindegewebes  liegt  ja  eben  darin,  dass  seine  Zellen  selbst  in  die  Skelett- 
bildungen eingehen  und  eine  feste  Iutercellularsubstanz  abscheiden.  Die  Tracbeenintima  rfickt 
damit  in  die  Reibe  der  ächten  Cuticularbildungen  und  gewinnt  als  solche  durch  ihren  merk- 
würdigen Bau  noch  an  Interesse. 

In  Betreff  des  Spiralfadens  ist  zunächst  zu  bemerken,  dass  derselbe  in  allen  Fällen  eine 
selbstständig  abgeschiedene  Chitinschicht  darstellt  und  nicht  als  einfaches  Verdickungsprodukt  der 
übrigen  Intima  zu  betrachten  ist.  Ja  selbst  die  letztere  ist  wenigstens  in  den  grösseren  Stämmen 
in  zwei  durch  ihre  physikalischen  Eigenschaften  verschiedene  Massen  getheilt,  so  dass  drei  ge- 
sonderte Cbitinschichten  sich  unterscheiden  lassen  und  die  Structur  der  Tracheen  sich  compü- 
rirter  herausstellt,  als  man  froher  vermuthete.  üeber  die  Lagerun gs Verhältnisse  des  Spiral- 
fadens lässt  sich  kein  allgemeines  Schema  aufstellen,  da  dieselben  fast  bei  jeder  Art  verschieden 
sind.  Daraus  mögen  sich  auch  die  widersprechenden  Angaben  erklären.  Bei  der  Larve  von 
Eristatis  tenax  (Fig.  D.  und  III.  sp.)  z.  B.  liegt  der  Spiralfaden  fast  ganz  von  den  beiden  anderen 
Chitinlamellen  eingeschlossen,  oft  nur  mit  einem  sehr  schmalen  Theil  seiner  Peripherie  das 
Lumen  der  Trachea  begrenzend;  in  anderen  Fällen  tritt  er  mehr  hervor,  z.  B.  bei  der  Larve 
von  Strttiiomys,  wo  er  halb  in  das  Innere  hervorragt  (Fig.  VI.).  Ebenso  wechselt  seine  Ge- 
stalt :  rund  ist  er  bei  der  letztgenannten  Larve,  wo  er  zugleich ,  wie  bei  den  Dytisciden- 
larven  dunkel  gefärbt  erscheint ;  fast  rechteckig  bei  den  Libellenlarven,  wo  die  innere  Tracheen- 
wandung ziemlich  gerade  verläuft  und  der  Spiralfaden  mit  der  kleineren  Seite  an  der  Be- 
grenzung Theil  nimmt.  Hier  bemerkt  man  auf  dem  Querschnitte  feine  Spalten  (Fig.  V.l,  die 
sich  bei  der  Aufsicht  als  zarte  Risse  verfolgen  lassen.  Complicirter  ist  seine  Structur  bei  der 
Larve  von  Eristalis  tenax;  er  ist  im  Ganzen  rund,  auf  den  grossen  Längsstämnien  0,003  bis 
0,005  Mm.  breit  und  zeigt  im  Querschnitte  eine  unregelmässig  concentrische  Schichtnng.  Auf 
seiner  dem  Tracheenlumen  zugekehrten  Seite  trägt  er  eine  Firste  (er.),  die  bald  mehr,  bald 
weniger  in  den  Luftraum  der  Trachee  vorspringt  und  von  Oben  gesehen  als  scharf  begrenzte 
Linie  deutlich  sich  abhebt.  Je  nachdem  nun  aber,  wie  es  namentlich  bei  den  grossen  Tracheen- 
stämmen häufig  geschieht,  die  Spiralwindungen  unter  dem  Deckglase  mehr  oder  weniger  schräg 


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zu  liegen  kommen,  d.  h.  als  breitere  oder  flachere  Ellipsen  erscheinen,  verlauft  nun  auch  diese 
Firste  entweder  zwischen  zwei  Spiralfäden  wie  ein  gesonderter  Faden,  oder  sie  rückt  einem 
derselben  näher,  bis  sie  in  langen  Wellenlinien  auf  ihm  sich  hinzieht.  Doch  das  Bild  kann 
sich  noch  complicirter  gestalten  durch  die  beiden  anderen  Chitinschichten.  Die  oberste  der- 
selben liegt  in  der  Kegel  zwischen  den  Touren  des  Sniralfadens ,  den  Zwischenraum  ausfüllend 
uud  den  Faden  bisweilen  in  seiner  Mitte  (s.  b.  titnUiomys)  umfassend. 

bisweilen  aber  trennt  sie  sich  von  demselben,  wie  z.  Ii.  an  gewissen  Stellen  bei  Eristalis 
(s.  Fig.  DL)  und  dann  bildet  sie  gewissermaassen  einen  zweiten  secundären  Spiralfaden,  der 
neben  dem  Hauptfaden  sich  hinwindet.  Die  dritte  und  tiefste,  also  zuletzt  abgesonderte  Chitin- 
schicht zeigt  eine  deutliche  Längsstreifung  (Schichtung)  und  erreicht  meist  auch  die  bedeutendste 
Dicke,  namentlich  kurz  vor  der  Häutung  des  Insektes  (ch.  I.). 

Was  das  physikalische  Verhalten  der  drei  Cliitinschichteu  betrifft,  so  bricht  der  Spiral- 
faden,  wenn  er  nicht  dunkel  gefärbt  ist,  stärker  als  die  beiden  übrigen  Schichten  das  Licht 
und  tritt  darum,  auch  wenn  er  fast  ganz  zwischen  dieselben  eingebettet  erscheint,  durch  seinen 
Glanz  leicht  als  solcher  hervor.  Auch  ist  er  von  allen  am  festesten  und  widerstandsfähigsten, 
so  dass  er  von  concentrirter  Kalilauge,  die  gewöhnlich  die  beiden  anderen  Lamellen  etwas 
angreift,  nicht  verändert  wird. 

Gegen  Carmiufärbung  verhalten  sich  die  drei  Schichten  verschieden :  und  zwar  der 
Spiralfaden  indifferent,  wahrend  eiue  der  beiden  übrigen,  bei  Eristalis  z.  B.  die  obere,  bei 
Aesehuu  die  untere,  sich  intensiv  roth  färbt  und  die  dritte  nur  blassröthlich  erscheint. 

Aus  diesen  Angaben  ergibt  sich  zur  Genüge,  dass  ein  allgemein  gültiges  Schema  Uber  den 
Bau  uud  die  Lagerungsverhältnisse  der  die  Tracheenintima  zusammensetzenden  Chitinschichten 
sich  nicht  aufstellen  lässt.  Vielmehr  wechseln  dieselben  bei  fast  allen  Arten,  oft  sogar  bei  dem- 
selben Thiere,  indem  meist  die  dritte  Schicht  an  den  feineren  Tracbeenstämmchen  in  Wegfall 
kommt  oder  überhaupt  an  dem  Tracheennetz  fehlt. 

Nach  dem  Nachweis,  dass  wir  es  bei  der  Peritonealhülle  der  Tracheen  nicht  mit  einer 
Bindegewebeschicht,  oder  kernhaltigen  Protoplasmalagc  zu  thun  haben,  sondern  mit  einer  Kpi- 
thellage,  die  gewissermaassen  eine  bis  iu  das  Minutiöseste  verästelte  Drüse  repräsentirt,  deren 
Secrct  in  eigentümlicher  Weise  erstarrt,  mag  hier  der  Ort  sein,  über  das  Vorkommen  von 
Bindegewebe  in  dein  Insektenkörper  überhaupt  einige  Worte  beizufügen. 

Leydig  ist,  hauptsächlich  geleitet  durch  die  Pcritoncalhülle  der  Tracheen  und  ihren  ver- 
meintlichen Uebergang  in  den  Fettkörper,  der  ein  unbestrittenes  Bindegewebe  sei,  zu  einer 
eigenthümlichen  Ansicht  über  die  Verbreitung  des  Bindegewebes  in  den  Insccten  gekommen, 


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wie  er  sie  in  Beinein  Handbuche  der  Anatomie  1864  (S.  38  ff.)  ausführlich  entwickelt  hat.  Er 
fasst  die  Cuticularbildungen  als  Abscheidungen  einer  Matrix  auf.  die  entweder  aus  diatineten 
•der  aus  verschmolzenen  Zellen  besteht  und  mit  achtem  Bindegewebe  des  Körpers  einen  un- 
zweifelhaften Zusammenhang  hat.  Während  die  älteren  Hcobachter  dem  Hautpanzer  der  Arthro- 
poden vielfach  einen  zelligen  Bau  zuschrieben  und  ihn  der  Epidermis  der  Wirbelthiere  ver- 
glichen, so  weist  er  nach,  dass  derselbe  einer  Matrix  aufliege  und  oft  Hohlräume  zeige,  die 
mit  ßindegewebskörpereben  der  Wirbelthiere  übereinstimmten. 

Abgesehen  davon,  dass  Leydig's  Auffassung,  wonach  fast  das  gesammte  oberste  Keim- 
blatt, das  ja  auch  die  Tracheen  durch  Einstülpung  liefert,  zu  Bindegewebe  wird,  den  sonstigen 
entwicklungsgeschichtlichen  Erfahrungen  widerspricht,  so  hat  bereits  Semper,  gestützt  auf 
seine  Untersuchungen  über  die  Entwicklung  der  Flügel.  Schuppen  und  Haare  bei  den  Lepi- 
doptereu  (Zeitachr.  f.  wissensch.  Zool.  Bd.  VIII.)  sich  dahin  ausgesprochen,  dass  die  Matrix 
des  Chitinskelettes  eiue  Epithellage  ist  und  letzteres  somit  ethe  einfache  Cuticularbildung 
reprasentirt.  Auch  Gegenbaur  Unat.  Unters,  eines  Limulus  •  mit  Berücksichtigung  der 
Gewebe.  1858)  will  kein  völliges  Aequivalent  des  Bindegewebes  in  den 
namentlich  nicht  die  Porenkanälchen  als  das  Hoinoloson  der 


Soweit  ich  dagegen,  namentlich  bei  Anwenduug  der  oben  genannten  Heagentien  die  Matrix 
deB  Hautpanzers  prüfte,  erkannte  ich  sie  stets  als  eine  typische  Epithellage,  die  sich  sogar 
noch  an  den  Mundwerkzeugen  (sehr  deutlich  z.  B.  an  dem  Saugrüssel  der  Üipteren)  nachweisen 
lässt.  Auch  das  Vorhandensein  von  Porenkanälen  findet  nicht  schwer  seine  Erklärung,  wenn 
man  ihre  Bildung  auf  ein  localisirtes  Diekenwachsthum  der  Zellmembranen  zurückfahrt,  analog 
der  Bildung  von  Tüpfelkanälen  bei  den  Pflanzenzellen. 

Angenommen  der  Zellinhalt  sei  nach  allen  Seiten  hin  gleichmassig  thätig  bei  der  Ab- 
Scheidung  einer  Zellenmembran,  so  wird  sich  diese  natürlich  als  durchaus  gleich  dick  erweisen. 
Findet  diese  Verdickung  dagegen  nur  an  der  freien  Oberfläche  der  Zelle  statt  (soweit  dieselbe 
nicht  in  Berührung  mit  anderen  Zellen  steht),  so  wir«!  sie  sich  als  Cuticula  erweisen.   Wie  wir 


anch  bei  den  EpiÜielzellen  nur  gewisse  Stellen  des  Protoplasma  bei  Abscheidung  der  Cnticula 
betheiligt  sein.  Die  unthätigen  Stellen  des  Protoplasma  werden  sich  dann  bei  längerer 
Dauer  der  Cuticularabscheidung  je  nach  dem  Querschnitt  als  feinere  oder  breitere  Poreu- 
kanäle  ausweisen.  Findet  diese  locale  Unthatigkeit  des  Zelleninhaltes  bei  Abscheidung  der 
gleich  von  Anfang  an  statt,  so  werden  natürlich  die  Porenkanäle  die  Cuticula 


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I 


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brechen,  und  es  ist  dann  leicht  erklärlich,  wie  m  den  äusserst  feinen  Kinälchen  durch  äussere 
Einflasse  der  Zellinhalt  zu  Grunde  geht  und  diese,  wie  auch  Leydig  beobachtete,  mit  Luft 
oder  Wasser  je  nach  der  Umgebung  der  Cuticula  erfüllt  scheinen. 

Nach  dem  Vorhergehenden  stehe  ich  nicht  an,  mit  Semper  das  gesammte  innere,  wie 
äussere  Chitinskelet  der  Insekten  als  das  Abscheidungsprodukt  einer  EpitheUage  aufzufassen 
und  nicht  als  ein  Bindegewebeskelett.  Ich  glaube,  dass  diese  Auffassung  sich  bei  den  übrigen 
Arthropoden  bestätigen  wird,  wenn  man  nur  die  Matrix  einer  sorgfältigen  Prüfung  unterwirft. 
In  welch'  eigentümliches  Dilemma  Leydig  bei  consequenter  Durchführung  seiner  Ansicht  über 
die  bindegewebige  Natur  des  Chitingerüstes  geräth,  zeigt  seine  Auffnssung  der  Intima  des 
Darmes  als  einer  Bindesubstanz,  obwohl  sie,  wie  er  selbst  gesteht,  in  den  meisten  Fällen  (wir 
können  wohl  sagen,  in  alk«n  Fällen)  das  Produkt  einer  typischen  Epithellage  repräsentirL  Dem 
zu  Liebe  möchte  er  den  Begriff  des  Epithels,  wie  er  sich  nach  und  nach  ausgebildet  hat,  fallen 
lassen  -  jedenfalls  der  Thateathc  Rechnung  tragen,  dass  bei  den  Arthropoden  das  Epithel 
der  äusseren  Haut  und  die  Bindesubstanz  des  Leibesraumes  im  Grunde  eines  und  dasselbe  sind 
und  nur  local  den  einen  oder  den  anderen  Charakter,  diesen  oder  jenen  Zug  ihres  Verhaltens 

Wenn  man  auch  zugeben  inuss,  dass  bei  niederen  Thieren,  je  tiefer  wir  herabsteigen, 
desto  weniger  eine  strenge  Sondernng  der  Gewebe  durchzufahren  ist  und  dass  auch  schliesslich 
bei  den  höchsten  Thieren  aus  nicht  untersch eidbaren  Erobryonalzellen  die  reiche  Mannigfaltig- 
keit streng  zu  sondernder  Gewebe  sich  ausbildet,  so  glaube  ich  doch,  dass  man  zu  weit  geht 
auch  bei  den  Arthropoden,  wo  die  Gewebe  im  ausgebildeten  Insekt  so  typisch  differenzirt  sind, 
die  Bindesubstanz  mit  den  Epithclien,  einer  theoretischen  Auffassung  zu  Liebe,  unter  eine 
Rubrik  zu  stellen.  Ich  denke,  nachdem  sich  die  PeritonealhQlle  der  Tracheen  und  der  Matrix 
des  Hauptpanzers  in  allen  Fällen  als  typische  Epithellage  herausgestellt  haben,  und  ein  Connex 
mit  der  Bindesnbstanz  des  Leibes  nicht  aufzufinden  ist,  dass  man,  wie  es  wohl  auch  von  den 
meisten  Forschern  angenommen  wird,  bei  der  früheren  Auffassung  des  Epithels  bleiben  soll, 
um  so  mehr,  als  sich  dadurch  eine  Conformität  in  dem  Aufbau  des  Tnsektenskelettes  darbietet, 
die  nicht  zu  Annahmen  fahrt,  welche  den  herkömmlichen  Ansichten  entgegenlaufen  Das  Binde- 
gewebe scheint  überhaupt  bei  den  Insekten  in  seinem  Vorkommen  sehr  beschränkt  zu  sein. 
Leydig  fasst  zwar  den  Fettkörper  als  unbestrittenes  Bindegewebe  auf,  doch  bedarf  dieses 
merkwürdige,  so  gestaltungsreiche,  nicht  blos  hei  den  einzelnen  Arten,  sondern  oft  auch  im 
Lebenslauf  des  Individuums  so  variable  Organ,  einer  erneuten  Untersuchang.  Bereits  Weis- 
mann  spricht  sich  gegen  Leydig'*  Auffassung  aus,  da  in  vielen  Fällen  bei  dem  gänzlichen 


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Mangel  einer  Intcrcellularsubst&nz  das  Fettkörnergewebe  dem  Begriff  des  Bindegewebes,  wie 
er  sich  bei  den  Wirbelthieren  ausgebildet  hat,  nicht  entspricht.  Was  ich  bei  den  Rectaldrusen 
als  Bindegewebe  bezeichnete,  ist  ein  zellig-blasiges  Gewebe  von  dem  Habitus  des  bekannten 
Gewebes  der  Chorda  dorsalis.  Bei  den  Orthopteren  lässt  sich  in  vielen  tüllen  eine,  wenn 
aoch  nur  unbedeutende.  Intercellularsubstanz  erkennen,  welche  die  von  den  kuglichen  Zellen 
freigelassenen  Räume  erfüllt.  Bei  den  Dipteren  sind  die  Zellen  des  Bindegewebes  klein  und 
oft  schwer  zu  erkennen,  und  es  scheinen  dann  nur  zahlreiche  Kerne  innerhalb  einer  schwammig 
verästelten  Grundsubstanz  zu  liegen.  Jedenfalls  glaube  ich  keineu  Missgriff  zu  thun,  wenn  ich 
dieses  Gewebe,  das  auch  physiologisch  die  Rolle  eines  Bindegewebes  spielt,  als  solches  so  lange 
in  Anspruch  nehme,  bis  Oberhaupt  eine  umfassende  Revision  aller  derjenigen  Gewebe  des  mitt- 
leren Keimblattes,  die  man  unter  dem  etwas  vagen  Begriff  der  »Bindesubstanzen *  zusammen- 
fasst,  durchgeführt  ist 

Entwicklung  der  ReeUldrüsen  mit  Bemerkungen  über  des  Procesu  der  Hlstolyse. 

Die  Entwicklung  der  Rectaldrüsen  habe  ich  bei  Liparis  Salicis  und  Vanessa  urtieae, 
ferner  noch  bei  Apis  meliifica  verfolgt.  Bei  ersteren  kam  es  mir  hauptsächlich  darauf  an, 
das  Schicksal  der  Epithelzellen  in  dein  Mastdarm  der  Raupen  mit  den  grossen  von 
Leuckart  beschriebenen  (Zootomie  v.  Wagner  IL  S.  61.  Anm.)  merkwürdigen  verästelten  Ker- 
nen kennen  zu  lernen,  was  dann  weiter  dahin  ftthrte,  die  durch  Weismann  bekannt  gewor- 
denen histolytischen  Vorgänge  vor  und  während  des  Puppenstadiums,  soweit  sie  den  Mastdarm 
anlangen,  zu  verfolgen.  Bei  den  Schmetterlingsraupen  scheinen  die  verästelten  Kerne  charak- 
teristisch für  die  Zellen  der  secernirenden  Organe  zu  sein  —  so  treten  sie  oft  in  überraschender 
Schönheit  an  den  Spinndrüsen  <H.  Meckel),  an  den  Malpighischen  Gelassen,  in  den  Hautdrüsen 
und,  wie  gesagt,  im  Mastdarm  auf.  (Vergl.  Fig.  V  auf  Taf.  I  und  Fig.  III  auf  Taf.  IL) 
Jedenfalls  scheint  dies  auf  eine  rege  Theilnahme  des  Kernes  bei  der  Secretion  hinzudeuten, 
denn  durch  die  Verästelung  findet  eine  betrachtliche  Flächenvergrösserung  statt. 

Ich  will  bei  dieser  Gelegenheit  nicht  versäumen,  auf  den  Nervenreichthum  der  Malpigbischen 
Gefässe  der  Schmetterlingsraupen  und  die  Nervenendigungen  an  denselben  aufmerksam  zu  machen 
(Fig.  III  Taf.  II  ).  Betrachtet  man  ein  frisches  Gefäss,  so  fallen  leicht  die  oft  zahlreich  nach  dem- 
selben abgehenden  blassen  Fäden  auf,  die  sich  bei  näherer  Untersuchung  als  ächte  sym- 
pathische Nerven  erweisen.»)  Es  fehlt  ihnen  die  Nervenscheide  und  damit  auch  die  Matrix,  wohl 

•)  Newport  hielt  dieselben  (Todd's  Cyclop.  Art.  Insecta  Vol.  II)  für  Geftase,  während  Leydig 
(Lehrb.  d.  Histologie)  »ich  eher  for  die  nerrose  Natur  derselben  aussprechen  mochte. 


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■ 

aber  treten  an  ihnen  oft  auf  lange  Strecken  stärkere  chitinige  Leisten  auf,  die  leicht  zu  der  Täu- 
schung Veranlassung  geben  können,  als  oh  man  es  mit  einer  starken  Scheide  zu  thun  habe.  Die 
Nerven  zeigen  im  luueni  zahlreiche  Kerne  mit  mehreren,  oft  bis  15  Kernkörperchen.  In  manchen 
Fällen  liess  sich  auch  eine  dichtere  Gruppirung  des  feinkörnigen  plasmatischen  Nerveniuhaltes 
um  die  Kerne  erkennen.  Oft  treten  sie  zu  der  Bildung  eines  kleinen  peripherischen  Ganglions 
zusammen,  wie  ich  solche  besonders  zahlreich  bei  der  Bärenraupe  an  den  betreffenden  Nerven 
antraf.  Vor  der  Endigung  theilen  sich  meist  die  Stränge  und  bilden  ein  reiches  Geflecht  um 
die  Gelasse.  Dabei  trennen  sich  bisweilen  die  stärkeren  Leisten,  um  sich  ebenfalls  an  die 
Gefässe  anzuheften  und  damit  den  Nerven  ciue  festere  Stutze  zu  bieten.  Was  nun  ihre  letzte 
Endiguugsweise  betrifft,  so  heften  sie  sich  an  den  Stellen,  wo  die  Malpighischen  Gefässe  ge- 
fiedert erscheinen,  meist,  obwohl  nicht  coustant,  an  deu  vorstehenden  Höckerchen  an  —  für 
die  Beobachtung  der  feineren  Verhältnisse  sind  jedoch  die  Stellen  am  geeignetsten,  wo  sie  auf 
der  glatten  Oberfläche  sich  ausbreiten.  Fast  regelmässig  verbreitert  hier  der  Nerv  sich  zu 
einer  mehr  oder  minder  breiten  mit  Kernen  angefüllten  Platte,  die  oft  sich  vor  dem  Kin- 
slrahleu  der  Fasern  in  die  Gefässzellen  theilt.  Was  das  Ausstrahlen  der  Nervenfasern  in  die 
Zellen  betrifft,  so  faud  ich  dies  in  einigen  für  die  Beobachtung  günstigen  Fällen  von  zweierlei 
Art.  Einmal  traten  die  Nerven  mit  ihrer  Membran  in  das  Lumen  der  Zelle  ein,  und  die  ein- 
zelnen Fasern  strahlten  nun  von  hier  aus  noch  mit  ihrer  Membran  umgeben  in  das  Gefäss 
aus  und  liessen  sich  hier  auf  lange  Strecken  hin  durch  mehrere  Zellen  verfolgen,  bis  sie  immer 
feiner  werdend  dem  Auge  entschwinden.  In  anderen  Fallen  geht  die  Membran  der  Nervcu- 
platte  continuirlich  in  diejenige  der  Gefässzellen  Uber  und  die  Nervensubstanz  strahlt,  wie  es 
die  Abbildung  nach  einem  besonders  günstigeu  Object  andeutet,  in  die  Zelle  aus. 

Die  Membran  der  Malpighischen  Gefässzellen  zeigt  besonders  an  den  mit  Nerven  ver- 
sehenen Partien  manchmal  eine  sehr  zierliche,  offenbar  auf  einem  beulen  Hickenwachsthuni 
beruhende  Structur  i.Vergl.  Taf.  11.  Fig.  IV.). 

Was  nun  die  histolyttscheu  Vorgänge  aubdangt,  so  ist  es  bei  der  Untersuchung  doppelt 
geboten,  die  Gewebe  in  indifferenten  Flüssigkeiten  (am  besten  in  Humor  aqueusi  zu  unter- 
suchen, um  leicht  eintretende  Verzerrungen  und  Gestaltveräuderungen  zu  vermeideu.  Beob- 
achtet man  die  verschiedenen  Gewebe  des  Harun  ohres  kurz  vor  der  Verpuppung  der  Raupe, 
so  fällt  an  säinmtlichen  Theilen  die  auffallende  Y'ergrösserung  der  Kerne  in  das  Auge.  Hicser 
Vorgang  bildet  die  Einleitung  zu  der  Histolyse.  Zu  keiner  Zeit  treten  so  prägnant  die  Kerue 
der  Muskeln,  Nervenscheiden  und  der  Tracheenmatrix  hervor.  Während  z.  B.  an  den  grösseren 
nach  dem  Darme  verlaufenden  Tracheenstämmchen  die  Kerne  durchschnittlich  0,012  Mm. 


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messen,  vergrössprn  sin  sich  bis  zu  0,025  Mm.,  also  um  das  Doppelte,  oft  noch  Mehrfache. 
Am  auffallendsten  tritt  dieses  Kernwachsthuui  an  den  Muskelkenicn  hervor,  die  sich,  nachdem 
sie  eine  mannichfach  wechselnde  Grösse  und  Gestalt  gewonneu  haben  (Taf.  III.  Fig.  IV  und  V), 
rasch  zu  theilen  anfangen  und  so  den  Anschein  einer  Kernwucherung  darbieten,  eines  Vor- 
ganges sehr  ähnlich  dem,  wie  ihn  Leuckart  bei  der  Trichiuose  beschrieben  hat.  Während 
nun  die  Kerne  der  Muskeln  und  auch  der  übrigen  Gewebe  diese  leicht  in  das  Auge  fallende 
Vergrösserung  und  darauffolgende  rasche  Iheilung  erleiden,  treiben  die  verästelten  Kerne  an 
den  Malpighischen  Gefässen  und  im  Mastdarmepithel  immer  neue  Zweige  und  weitere  Ver- 
ästelungen. Hand  in  Hand  mit  dieser  Veränderung  scheint  auch  eine  Vermehrung  der  Kern- 
körperchen  zu  gehen,  wenigstens  stimmen  die  zu  dieser  Zeit  in  grosser  Anzahl  in  den  Kernen 
sich  findenden  Körperchen  in  ihrem  optischen  Verhalten  mit  den  typischen  Kernkörperchcn 
überein  und  lassen  sich  leicht  vou  den  meist  grösseren  Fetttröpfchen  unterscheiden.  Der  fet- 
tigen Degeneration  fallen  nun  fast  sämmtlichc  Theile  anheim.  Bei  den  Malpighischen 
Gelassen  bildet  eine  Einleitung  hierzu  ein  Zerfall  des  Zellinhalt  es  in  eine  Masse  verschieden 
grosser  Bläschen  mit  zahlreichen  Körnchen  im  Innern  (Taf.  U.  Fig.  III j.  Hier  beobachtete 
ich  auch  deutlich  die  fettige  Entartuug  der  Kerne.  Anders  bei  den  Epithelzellen  des  Mast- 
darmes, die  sich  zu  rundlichen  Kugeln  von  durchschnittlich  0,035  Mm.  zusammenziehen  und 
bald  eine  rasche  Theilung  erleiden.  Während  die  Kerne  der  Muskeln  sich  zu  theilen  be- 
ginnen, faltet  Bich  das  Sarkolemma  oft  so  regelmässig,  dass  es  den  Anschein  eines  Tracheen- 
spiralfadena  darbietet  (Taf.  III  Fig.  4  und  5).  Zugleich  verfettet  die  contractile  Substanz  — 
die  Muskelkerne  dagegen  gelangen  durch  Auflösung  des  Sarkolemms  in  das  Freie.  Auch  die 
Blutkörperchen  (Taf.  III.  Fig.  VIU)  füllen  sich  mit  Fettkugeln,  die  jedoch,  besonders  bei 
längerem  Verweilen  auf  dem  übjeetträger,  auszutreten  pflegen,  worauf  die  ersteren  dann  ihre 
charakteristischen  amöboiden  Bewegungen  beginnen.  Der  Zerfall  des  gesammteu  Darmtractus 
verhält  Bich  ziemlich  analog  den  Vorgängen,  wie  sie  Weismann  bei  den  Dipteren  angibt; 
auch  hier  ist  bereits  am  zweiten  Tage  der  Verpuppung  von  Oesophagus  und  Mastdarm  keine 

%  Spur  mehr  aufzufinden  und  nur  die  zusammengeschrumpfte  Iutima  deutet  die  frühere  Lage  an. 
Dagegen  tritt  der  Chylusmagen,  wenigstens  in  seiner  mittleren  Abthcilung,  noch  deutlich  hervor; 
ich  konnte  sogar  um  diese  Zeit  sehr  schön  noch  seine  wellenförmigcu  Coutractiouen  beobuchten. 
Später  fallen  auch  seine  Gewebe  der  Histolysc  anheim.  Er  ist  mit  den  Trümmern  seiner 
Epithelzellen  erfüllt,  vielleicht  auch  mit  denen  des  Oesophagus,  und  mit  einer  Masse  ruthlich- 
gelben  Fettes,  das  dem  ganzen  Inhalt  diese  Farbe  verleiht.  Bereits  Herold  (Entwicklungsgesch. 

•      d.  Schmetterlinge  1815)  beschrieb  diesen  gelben  Körper,  hält  ihn  jedoch  irrthümlich  für  den 

Abh«nJI.  d.  Seoekenh.  n*tnrf.  (tat.  Mi  7 


♦ 


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-    50  - 


üeberrest  eines  Theiles  der  früher  aufgenommenen  Nahrung,  die  zurückbleibe  theils  wegen  der 
VerSchliessung  der  Aftcröffnung ,  theils  weil  die  wurmfönnigen  Contractionen  aufhörten. 
Weismann  hat  sich  mit  Hecht  dagegen  ausgesprochen,  da  er  nie  Speisereste  darin  auffand,  und 
glaubt,  dass  diese  sämmtlich  vor  der  Verpuppung  uusgestossen  werden.  Dass  dies  noch  kurz 
zuvor  möglich  ist,  erhellt  auch  aus  der  angegebeneu  Beobachtung,  dass  noch  am  zweiten  Tage 
der  Verpuppung  die  Dariucoutractioiien  zu  bemerken  waren.  Durchschnittlich  am  5.  Tage  der 
Verpuppung  fand  ich  die  ersten  deutlichen  Anlagen  des  neugebildcten  Darmrohres  im  Anschluss 
an  die  früheren  Zerfallprodukte,  die  bei  vorsichtiger  Präparation  immer  noch  die  Form  des 
Organes  erkennen  lassen,  weil  sie  sich  nicht  zerstreuen. 

Es  würde  nun  die  wichtige  Frage  nach  dem  Ursprung  und  der  Herkunft  jener  den  neuen 
Darmtractus  zusammensetzenden  Zellen  zu  beantworten  sein.  Ich  habe  oben  auf  die  merk- 
würdige Kernvergrösseruug  hingewiesen  und  auf  die  rasche  Theilung  derselben.  Da  ich  nun 
in  allen  späteren  Stadieu  die  unzweifelhaften  I  »escendenten  jener  Kerne  auffinden  konnte,  so 
dürfte  auf  die  Frage  des  Woher?  der  Zellen, einiges  Licht  fallen,  und  die  Vermuthung,  dass 
sie  es  sind,  die  zu  der  Bildung  neuer  histologischer  Elemente  und  Gewebe  den  Anstoss  geben, 
wird  wenigstens  nicht  unbegründet  erscheinen.*)  Auch  Weismann  erwähnt,  dass  bei  den 
Nervencentren  und  den  Malpighischen  Gefässen  die  Kerne  der  Zellen  zu  persistiren  schienen 
und  nicht  der  Verfettigung  anheim  fallen;  ob  es  sich  am  Nahrungsrohre  ebenso  verhalte  oder 
ob  dort  der  Zerfall  zuletzt  auch  die  Kerne  angreife,  müsse  er  unentschieden  lassen  —  jeden- 
falls dient-  aber  auch  hier  dieselbe  Masse,  welche  das  alte  Organ  zusammensetzte,  zum  Aufbau 
des  neuen.  Ich  bin  der  Ueberzeugung,  dass  sich  bei  genauerer  Prüfung  für  die  Dipteren  ähn- 
liche Verhaltnisse,  wie  die  von  den  Lepidoplereu  geschilderten ,  ergeben  werden.  Namentlich 
wäre  der  Ursprung  jener  »Körnchenkugeln«  Weismann's  zu  verfolgen,  die  ja  bei  dem  Aufbau 
der  meisteu  Organe  die  wesentlichsten  Factoren  bilden. 

Weismann  gibt  über  die  Herkunft  jener  Körnchenkugeln  keinen  Aufschluss,  sondern 
sagt  nur,  dass  man  schon  in  den  ersten  Tagen,  sobald  der  Fettkörper  in  Thorax  und  Kopf 
flüssig  geworden  ist,  ausser  isolirten  Körnchen  und  Fetttropfen  verschiedener  Grösse,  grössere 
dunkle  Maissen,  im  Ganzen  kuglich,  aber  von  höckeriger  unregelmässiger  Oberfläche  finde, 


*)  Auerbach,  der  mit  grosser  Sorgfalt  die  Veränderungen  der  Kerne  und  Kernkörnereben  siudirto 
(Organologiache  Studien),  S|  rieht  die  Vermuthung  uu»,  da?»  nur  die  KeniWpcrcheii  der  Histolyac  nicht  anheim 
fallen  und  den  Ausgangspunkt  za  neuen  Geweben  abgeben  möchten.  So  weit  ich  dieae  Vorginge  Terfolgt«, 
acheint  (ich  die.  nicht  zu  bestätigen,  indem  ich  nur  die  nicht  verfetteten  Theilungaproduktc  der  Kerne  mit 
oft  noch  deutlich  erkennbaren  Kernkörperchen  auffand. 


—    51  — 


zusammengesetzt  aus  Fetttropfen  und  körniger  Masse.  Später  sollen  sie  sich  mit  einer  feinen 
Membran  umgeben  und  etwa  0,03  Mm.  im  Durchmesser  haben.  Bald  treten  im  Innern  blasse 
Kugeln  auf,  das  Fett  verringert  sich  und  schliesslich  zeigen  sie  sich  ganz  erfüllt  mit  Kernen. 
Nach  der  genauen  Beschreibung  der  ersten  Formgestaltungen  jener  Körnchenkugeln  bin  ich  der 
Ueberzeugung,  dass  sie  sich,  die  Mittelglieder  zwischen  der  formlosen  Zellmasse  und  den  Ge- 
weben, als  die  Theilungsproduktc  der  früheren  Kerne  erweisen  werden.  Wirft  man  einen  Blick 
auf  die  unregelmässigen  Gestaltungen  und  Theilungen  der  Kerne  vor  und  während  des  Be- 
ginnes der  Histolyse,  so  wird  man  auch  die  Unregelmässigkeit  der  Körnchenkageln  bei  ihrem 
ersten  Auftreten  erklärlich  finden.  Eine  starke  Ansammlung  von  Fett  fand  ich  bei  fast  allen 
Kernen,  wie  auch  bei  den  Blutkörperchen.  Die  Abbildungen,  welche  Weismann  von  dem 
ersten  Aussehen  der  Körnchenkugeln  gibt,  ähneln  sehr  dem  Bild,  was  z.  B.  die  mit  Fett  er- 
füllten Blutkörperchen  darbieten.  Ieh  habe  leider,  als  ich  auf  diese  Verhältnisse  aufmerksam 
ward,  nicht  mehr  die  Gelegenheit  gefunden,  sie  specieller  zu  verfolgen  und  muss  mir  dies  für 
spätere  Zeit  vorbehalten,  doch  glaubte  ich,  dass  es  nach  dem  Vorhergehenden  nicht  ungerecht- 
fertigt sein  wird,  einstweilen  diese  Ansicht  auszusprechen.  Es  würden,  wenn  sie  sich  bestätigte, 
die  Vorgänge  der  Histolyse  viel  von  dem  räthselhaften  Dunkel  verlieren,  was  jetzt  noch  über 
ihnen  liegt 

Gehen  wir  nun  zu  der  Schilderung  der  Entwicklung  der  Rectaldrüsen  über.  In  seiner 
ersten  Anlage  zeigt  sich  der  Mastdarm  bei  den  genannton  Schmetterlingen  von  einer  gleich- 
massigen  Epithellage  gebildet,  während  die  Muskeln  und  Tracheen  entweder  noch  nicht  als 
solche  erkennbar  sind  oder  sich  in  ihren  ersten  Anlagen  kundgeben.  Bereits  am  fünften  oder 
Anfang  des  sechsten  Tages  gewahrt  man,  wie  einzelne  Zellen  sich  zu  vergrößern  beginnen 
und  zwar  zunächst  in  dem  blinddarmigen  Fortsatze  des  Mastdarms.  Die  übrigen  Epithdzellen 
sind  durchschnittlich  0,06  Mm.  lang,  ihre  Kerne  0.00S  Mm.  gross.  Manchmal  schien  es  mir, 
wie  wenn  zwei  oder  drei  neben  einander  liegende  Zellen  nach  Resorption  der  Zellwäude  diese 
Vergrösscrung  eingingen.  Der  Zellinhalt  zieht  sich  nach  der  das  Lumen  des  Darmes  begren- 
zenden Seite  hin  zusammen,  während  an  der  unteren  Seite  der  Zellen  zahlreiche  kleine  Körnchen 
sich  zu  dem  späteren  Bindegewebe  entwickeln,  in  das  auch  bald  die  Tracheen  eintreten  und 
sich  verästeln.  So  schreitet  die  Entwicklung  der  Rectalpapillcn  von  dem  oberen  Tbeile  des 
Mastdarmes  resp.  von  dem  Blinddarm  rasch  nach  dem  After  zu  vorwärts. 

Das  wichtigste  Factum  hierbei  ist,  dass  in  der  ersten  Anlage  sich  immer  eine  wohl  aus- 
gebildete Epithelschicht  vorfindet,  die  einpstheils  durch  Vergrösscrung  ihrer  Zellen  die  Rectal- 
drüsen liefert,  andererseits  die  Intima  des  Darmes  abscheidet.   Bald  tritt  jedoch  eine  Rück- 


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I 


-    52  - 

bildung  des  Epithels  ein,  <lic  Zellgrenzen  werden  undeutlicher,  der  Inhalt  verringert  sich  und 
zuletzt  bleiben,  wie  oben  angedeutet,  nur  noch  die  Zellkerne  als  letzter  Rest  übrig.  Aehnlich 
sind  die  Verhältnisse  bei  Apis  mriUjim,  nur  dass  hier  nicht  eine  oder  zwei  neben  einander 
liegende  Zellen  den  Ausgangspunkt  zur  Bildung  der  Rectaldrüscn  liefern,  sondern  eine  grössere 
Menge.  Bereits  am  ersten  und  zweiten  Tage  nach  der  Verwandlung  der  Larve  in  die  Puppe 
kann  man  an  dem  regelmässig  sechsseitigen  Mastdarmepithel  sechs  längliche  Zellgruppen  er- 
kenneu,  die  sich  durch  rascheres  Wachsthum  namentlich  in  die  flöhe  und  durch  ein  fein- 
körniges trüberes  Plasma  vor  den  übrigen  kennzeichnen.  Knde  des  zweiten  Tages  treten  die 
Gruppen  in  ihren  äusseren  Umrissen  als  die  späteren  Rectaldrüscn  entgegen,  ihre  Grenzzelleu 
scheiden  den  Chitinring  ab,  während  die  ührigen  Fpiflielzellen  des  Mastdarmes  die  Iutima 
bilden.  Auch  sie  gehen  in  demselben  Grade  einer  Resorption  entgegen,  als  die  Rectaldrüsen- 
zellcu  durch  mächtigeres  Wachsthum  und  Substanzvermehrung  in  die  Augen  lallen.  Bei  den 
dem  Ausschlüpfen  nahen  Bienen  lassen  sich  die  Zollgrenzen  noch  in  der  Art  erkennen,  wie  es 
auf  Taf.  II  gezeichnet  ist ;  später  sind  auch  diese  und  selbst  die  Kerne  kaum  nachweisbar. 
—  Bei  den  Dipteren  habe  ich  die  Entwicklung  nicht  verfolgt,  doch  geht  aus  Weismann's 
Abbildungen  Über  die  Entwicklung  der  Rectalpapillen  deutlich  der  für  uns  wichtigste  Umstand 
hervor,  dass  zu  der  Zeit  ihrer  Bildung  auch  hier  ein  Mastdarmepithel  existirte. 

Die  Beobachtung,  dass  eine  einheitliche  Epithelschicht  in  den  frühesten  Zuständen  auf- 
tritt, dass  ferner  bei  den  Insekten,  denen  Rectaldrüscn  fehlen,  das  Epithel  auch  noch  bei  dem 
ausgebildeten  Insekt  in  normaler  Weise  auftritt,  lässt  keinen  Zweifel  übrig,  dass  die  Rectal* 
drüsen  nur  eigenthüinlich  inodifleirte  Partien  des  Mastdarraepithels  repräsenttren.  Ihre  merk- 
würdige Couformation,  ihr  Tracheenreichthum  und  die  Nervenverbreitung  in  ihnen  deuten  gewiss 
auf  eine  regere  Secretion  hin,  die  den  Mangel  des  Epithels  an  den  übrigen  Theilen  des  Mast- 
darms compensirt,  zugleich  aber  auch  durch  die  Möglichkeit,  den  Mastdarm  ungleich  stärker 
auszudehnen,  als  es  bei  einer  gleichmäßigen  Epithellage  der  Eall  sein  würde,  eine  grössere 
Kothansammlung  und  ein  längeres  Verweilen  desselben  in.  den  betreffenden  Stellen  gestattet. 
Ich  habe  den  Namen  >  Rectaldrüscn  c  beibehalten  und  dies  oben  zu  rechtfertigen  gesucht,  und 
glaube  mit  der  Feststellung  der  physiologischen  Bedeutung  jener  bis  jetat  noch  unter  die  Ge- 
bilde von  ungewisser  Function  gerechneten  Organe  den  Hauptzweck  dieser  Untersuchung,  so 
weit  thunlich,  erreicht  zu  haben. 


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-  53 


Tafel  I. 


Fig.  I.    Rectaldruse  von  Mumm  nmUoria.  Querschnitt. 

a.  Kiog  mit  ds 
e.  Epitaellagc. 

b.  Bindegewebe- 
tr.  Tracheen. 

mt.    Matrix  derselben. 

n.  Nerv. 

s.  Chitinhakchen. 

L  .  Intima. 

m.  1.  Längsmoskulatur. 

m.  q.  Quermmkulator. 
Fig.  11.    Grenzen  der  Epitholxellen  au  der  Ausgetoflacb«  der 

ir.     Zwischen  den  Zellen  verlaufende  Tracheen. 

«.  Chitinhakchen. 
Fig.  HI.   Bectaldrüse  von  Sphinx  populi.  Querschnitt. 

u.      Chitinring  querdurehschnitten. 

c.  Ephhellage. 

n.      Kerne  derselben, 
b.  Bindegewebe, 
tr.  Tracheen, 
i.  Intima. 

ma.   Kerne  ihrer  ehemaligen  Matrix. 
Fig.  IV.    Reetaldrnse  von  Tinea.  Querschnitt, 
e.  Epithellage. 

e'.     Obere  hellere  und  kernlose  Schicht  derselben, 
tr.  Tracheen, 
m.     Stark  ren 

i. 

Fig.  V. 


Tafel  II. 


Fig.  I.   Theil  einer  Rectaldruse  von  Apü  mrttifica.  (Puppe  kurz  vor  dem  Ausschlüpfen.) 

a.  Chitinring. 

tr.    Tracheen,  mm  Theil  quergeschnitten, 
n.  Nerv, 
m.     Längs-  und 
L  Intim». 


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—    54  — 


Fig.  II,   Rectaldrusen  Ton  IjOciuUi  viridümma  querpeschnittcn. 

A.  Gestalt  derselben  bei  ausgedehnter  Darmwandung. 

B.  Gestalt  bei  Contraction  der  Quermuskulatur. 

a.  Chitinring  im  Querschnitt, 
e.  Epithelzellen. 

b.  Bindegewebe.  . 
tr.     Tracheen  mit  pigmentirter  Matrix. 

i.  Intima. 
ma.   Matrix  derselben, 
mq.  Quermuskiilatar. 
m.  1.  Langsmuskulatur. 

n.      Nerv  mit  innerhalb  seiner  Scheide  verlaufenden  Tracheens  timmchen 
Fig.  DL   Nervenendigung  an  den  Malpighi'schen  Gefassen  der  Raupen  von  Sphinx  ligtutri. 
K.  Kerne. 

g.     Dieselben  zu  einem  peripherischen  Ganglion  zusammentretend, 
n.      Theil  eines  verästelten  Kernes  in  den  Malpighi'schen  Gefassen. 
z.      Körnig-Bla»chenformiger  Zerfall  des  Zellinhaltc»  bei  Beginn  der  Histolyse. 
1.      Stärkere  (  hitinleisten  <ler  Nerven. 
Fig.  IV.   Struktur  der  Zellwand  eines  Malpighi'schen  Gefasses. 

Tafel  HI. 


Fig.  I.   Querschnitt  durch  3  Kiemen  im  Mastdärme  von  lAbdUda  deprtsta. 
i.  Intima. 
e.  Epilhellage. 
b.  Bindegewebe, 
tr.     Tracheen  mit  ihrer  Matrix, 
m.  q.  Quermuskulatur. 

m  l.  Längsmusknlatur  zu  Bändeln  vereinigt,  quergeschnitten. 
Fig.  II.   Mastdarmkicnic  derselben.   Epithellage  von  oben  gesehen. 
Fig.  III.   Analdrüse  iler  Larve  von  Eristali*  ttnax,  in  die  Leibeshöhle  zurückgezogen. 

e.  Epithelzellen. 

tr.  Tracheen. 

m.  Muskel. 

Fig.  IV  und  Fig.  V.  Munkeln  aus  dem  Darmtractus  von  Lipari»  $nheiii  bei  beginnender  Histolyse.  Die 
Kerne  sehr  gross  geworden  und  in  Theilung  begriffen.    Das  Sarkolemma  faltet  sich. 

Fig.  VI  und  VII.  Kpithelzellen  des  Mastdarmes  von  Lipari«  mKcu.  Die  Kerne  ballen  sich  bei  beginnender 
Histolyse  rundlich  zusammen,  wahrend  der  Zellinhalt  verfettet. 

Fig.  VUL    Blutkorperch.  n  mit  Fetttropfen  erfüllt,  nach  deren  Austreten  sie  sich  wieder  amöboid  bewegen. 

Tafel  IV. 


Struetur  der  Tracheen. 

Fig.  I.   Tracbee  einer  Larve  von  Eristati*  tena.t  nnch  Behandlung  mit  Os04  mit  aufliegendem  Epithel. 
Fig.  II.    Dieselbe  im  Querschnitt,  und  unten  im  Zusammenhange  mit  den  bei  der  Aufsicht  erscheinenden 
Liniensystemen  gezeichnet. 

a.      Aeusserc  Membran  der  Epithelzellen. 

n.      Kern  einer  Zelle. 


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—    55  — 


eh  I.  Zuletn  abgeschiedene 
ch  II.  Zweite  Chitinachicht. 

im 


Fig.  III.   Tracbee  von  einer  Larve  von  Eristalis  Unax,  in  der  die  »weite 

Spiralfaden  berührt.  Querschnitt. 
Fig.  IV.    Epithelialen  der  Tratht»en  von  Aetckna  grandi»,  Larve,  von  oben. 
Fig.  V.     Querschnitt  durch  ehren  TracheenaUmin  von  Aackna  grandi»,  Larve. 
Fig.  VI.    Querschnitt  durch  eine  Trachee  von  Stratiomyt,  Larve. 
Fig.  VII.  Epithellag«  der  Tracheen  aus  einer  Puppe  von  Apis  melUfic*  vom  4.  Tag. 


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Ueber  den  inneren  Zusammenhang  der  verschiedenen 
Krystallgestalten  des  Kalkspaths. 

VüB 

Dr.  Prtah-Ieh  Scharff. 


In  einer  Eröffnungsrede  zu  den  Vorlegungen  über  Experiuiental-Chetuie  bat  Lieb  ig  das 
Studium  der  Naturwissenschaften  besprochen,  insbesondere  die  Art  und  Weise  wie  man  sonst 
die  Naturerscheinungen  erklärte,  und  wie  man  jetzt  es  thue.  Die  Deutsche  Naturphilosophie 
habe  die  Wirkungen  die  man  wahrgenommen  verborgenen  Qualitäten  zugeschrieben,  der  Er- 
forschung der  eigentlichen  Ursache  damit  ein  Ziel  gesetzt;  statt  der  Erklärung  ein  Wort, 
statt' der  Wahrheit  ein  blinder  Glaube,  ein  gedankenloses  Nachbeten.  Die  Erklärungen  der 
heutigen  Naturforschung  seien  davon  verschieden ;  diese  lege  auf  scharfsinnige  Erfindungen  des 
Geistes  kein  Gewicht,  sie  betrachte  als  ihre  Aufgabe  eine  Erkenntniss  welche  nur  erworben 
werde  durch  unermüdliche  Arbeit  und  Anstrengung.  Die  Ermittelung  der  Bedingungen  einer 
Erscheinung  sei  das  erste  und  nächste  Erfordcrniss  zu  ihrer  Erklärung 

Wenn  wir  Mineralogen  diese  Aeusserungen,  welche  der  grosse  Chemiker  vor  mehr  als 
/wanzig  Jahren  über  die  Naturforschung  überhaupt  gethan  hat,  auf  die  Mineralogie  speciel 
anwenden  wollten,  müssten  wir  mit  einiger  Beschämung  eingestehen,  dass  für  diese  sie  nicht 
gnuz  zutreffend  seien.  Da  stehen  noch  Worte  genug  statt  der  Erklärung,  da  muss  noch  der 
Glaube  eintreten  statt  der  Wahrheit!  Auf  die  einzige  trage,  wie  der  Krysull  baue,  welche 
Erklärungen  werden  uns  geboten  V  Adhäsion,  Aggregaten,  geometrischer  Gruudcüarukter,  Gesetz 
der  Symmetrie,  Vorzerrung  durch  Treppenbildung,  Charakter  als  Treppenflache.    Ueberau"  ist  ' 

AMimkIL  <t.  SMck.Mil».  nalurf  <K*  Bd.  JL  8 


—    58  — 

die  Wirkung,  das  Resultat,  mit  der  Bedingung,  der  Veranlassung  verwechselt.  Bei  dem  ge- 
waltigen Fortschreiten  der  Wissenschaft  verlangen  die  gewonnenen  Resultate  immer  dringender 
Prüfung  der  Fragen,  was  denn  eigentlich  ein  Krystall  sei,  wie  er  baue,  welche  die  Bedingungen 
eines  vollendeten,  welche  die  Veranlassungen  eines  mangelhaften  Baues  seien,  wie  der  Krystall 
gegen  äussere  Störungen  sich  verhalte,  wie  er  nach  Beseitigung  oder  Ueberwindung  derselben 
fortbaue  und  sich  zu  ergänzen  suche. 

Solche  und  ähnliche  Fragen  hätte  man  anfangs  gern  als  phantastische  Auswüchse  von  der 
wissenschaftlichen  Behandlung  der  Mineralogie  geschieden,  ferne  gehalten,  —  haben  doch  selbst 
dickleibige  Handbücher  für  solche  Literatur  keinen  Raum,  —  allein  sie  treten  mehr  und  mehr 
in  den  Vordergrund,  und  die  physiologische  Behandlung,  die  Physiographie  der  Mineralien,  die 
Erforschung  der  Mineralien  in  ihrem  Werden  und  Wachsen  wird  allmälig  zu  einem  gleich- 
berechtigten wissenschaftlichen  Zweige  sich  ausbilden.  Auch  der  Krystallograph  spricht  bereits 
von  »Neigungen«  des  Krystalls  krumme  Flächen  zu  bilden,  oder  Flächen  durch  oscillatorische 
Wiederholung  anderer  Flächen  »hervorzubringen  und  auszubilden«,  selbst  von  »eigentümlichem 
Fortwachsen«  der  Krystalle. 

Als  die  Abhandlung  von  den  Uebcrgangsflächen  des  Quarzes  abgeschlossen  worden,  wandte 
ich  mich  wieder  dem  Kalkspathe  zu,  mit  aus  dem  einfachen  Grunde,  weil  im  Laufe  der  Zeit 
dazu  ein  ziemlich  reichhaltiges  Material  angesammelt  worden  aus  dem  Harze,  von  Matlock,  aus 
dem  Maderanerthale,  von  Traversella,  vou  Przibram,  aus  dem  Münsterthal,  von  Oberstein,  aus 
dem  Erzgebirge,  von  Island.  Die  physiographische  Behandlung  der  Krystalle  sucht  vor  allem 
verzerrte  und  missbildete  Krystalle  auf;  es  fehlte  noch  an  Krystallen,  welche  im  Berge  zer- 
brochen, an  Ort  und  Stelle  wieder  fortgebildet,  ergänzt  oder  zusammengewachsen  waren. 
Solche  von  Blciberg  zu  erhalten,  wurde  im  Frühjahr  1873  eine  Reise  dahin  unter- 
nommen ;  ich  erhielt  daselbst  nicht  einen  einzigen  Krystall ,  weder  auf  dem  Wege  des 
Tausches  noch  des  Kaufs ;  weniges  nur  in  den  benachbarten  Graut  und  in  Leoben.  Die  Minera- 
logie ist  eine  theure  Wissenschaft,  nicht  nur  durch  den  Luxus,  welcher  mit  schönen  und 
seltenen  Mineralien  getrieben  wird,  sondern  auch  in  der  Beschaffung  des  Materials,  welches 
zum  Studium  nöthig  ist. 

Auch  hier  sollte,  wie  bei  der  Untersuchung  des  Quarzes,  von  der  krystallographisch  un- 
bestimmbaren Gestalt  ausgegangen,  das  allmälige  Ausbilden  bestimmbarer  Flächen  und  scharfer 
Kanten  verfolgt,  und  bis  zur  vollendeten  Gestalt  vorgegangen  werden;  allein  je  weiter  die 


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Arbeit  vorrückte,  desto  mehr  stellte  sich  heraus  da»  eine  solche  Behandlungsweise  bei  dem 
Kalkspatbe  nicht  zweckmässig  oder  nicht  erschöpfend  sei,  da  erst  festzustellen  bleibt,  in  welchem 
Verhältniss  die  verschiedene  Geslaltung  desselben  unter  einander  steht.  Nicht  blos  Uebergangs- 
flächen  waren  aufzusuchen,  sondern  vor  allem  war  der  Uebergang  der  Gestalten  zu 
beachten.  Beim  Quarze  Riebt  es  nur  eine  bestimmte  Gestalt  welche  als  Resultat  seiner  Thätig- 
keit  oder  als  Ziel  derselben  aufgefasst  werden  kann.  Beim  Kalkspatli  scheinen  »sehr  viele  Grund- 
formen zu  existiren,  die  einander  völlig  unähnlich  sind  und  erst  durch  weitere  Beobachtung 
in  Zusammenbang  gebracht  werden.  * 

In  den  beiden  »organischen  Wissenschaftenc,  der  Botanik  und  der  Zoologie,  ist  längst 
erkannt  dass  die  Entwickelungsgeschichte,  die  vergleichende  Embryologie  jetzt  den  Schlüssel 
zu  den  Wahrheiten  trägt,  deren  die  Naturgeschichte  zu  ihrem  weiteren  Fortschreiten  bedarf. 
Man  .sucht  die  gros.se  Anzahl  neben  einander  stehender  Formen  in  der  Weise  zu  sichten,  zu 
gruppiren,  wie  sie  aus  einander  sich  entwickeln.  Dies  geschieht  in  der  Mineralogie  noch  nicht. 
In  der  Zeitschrift  der  deutsch,  geol.  Ges.  1872,  Band  24,  p.  397  ist  ein  Hemimorphismus  beim 
Kalkspatbe  beschrieben,  an  einem  Ende  sei  der  Kry  stall  begrenzt  nur  durch  oR,  am  andern 
aber  mache  sich  4K  bemerklich  mit  stärk  gekrümmten  Scalenoedern.  Hier  wäre  doch  die 
Missbildung  zu  deuten.  Wenn  vor  einigen  Jahrzehnten  die  Mineralogie  in  die  Chemie  auf- 
zugehen schien,  so  ist  das  Gleiche  jetzt  der  Fall  mit  der  Krystallograpbie.  Der  Mineralog  soll 
»seine  Resultate  in  die  Form  bestimmter  kryBtallographischer  Gesetze  kleidenc,  aber  alle  diese 
sogenannten  Gesetze,  sind  keine  Gesetze,  sind  nur  Erscheinungen,  sind  selbst  Resultate,  fuhren 
keine  zwingende  Nothwcndigkcit  mit  sich,  wie  dies  schon  Bcrnhardi  ganz  richtig  unter- 
scheidet.*) Dem  Mineralogen  ist  nicht  blos  die  Aufgabe  gestellt,  die  fertige  Gestalt  des 
Krystalls  geometrisch  zu  deuten,  sondern  auch  das  Werden  und  Ausbilden  dieser  Gestalt  zu 
erklären.     Was  hilft  ihm  dabei  das  Verbessern  der  Natur. 

Es  werden  die  Untersuchungen  über  den  Krystallbau  am  zweckmässigsten  an  missbildctcn, 
gerundeten  Krystallen  angestellt  werden,  an  solchen  welche  störende  Substanz  zu  überkleiden 
suchen,  au  Hüllenbauten  über  Kernkrystallcn.  Es  scheint  dabei  gcrathen  krystallographischc 
Bezeichnung  der  Flächen  nur  dann,  und  nur  soweit  anzuwenden,  als  die  Flächen  eben  sind 
und  messbar,  sonst  aber  schon  durch  die  Bezeichnung  anzudeuten  dass  die  Fläche  krystallo- 


•)  Vergl.  d.  AufwU:    Werner  und  Düliale  in  N.  Juhrb.  f.  Min.  1860.  p.  424.  425. 


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+  B     mit  Buchstaben  P  B5/s  mit  Buchstaben  n 

+  4R     »         >         m  B»  »  »  r 

B»  »  »  f 

-  VfB   •         »  ,j 

—  r',.B    >»rj>  —  R*  »  »  * 

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»/»R«  <  oR  »  »  o 

»/tR*  »  »         w  cd  R  »  »  c 

oo  Pi  »  »  u 

Wachst  Ii  um  der  Kry  stalle.  Alles  was  die  Wissenschaft  bis  jetzt  Uber  den  Bau 
des  Kalkspaths  aus^efunden  entbehrt  noch  des  nächsten  Erfordernisses  zur  Erklärung,  entbehrt 
der  Ermittelung  der  Bedingungen  der  beobachteten  Erscheinungen.  Wir  sehen  dass  an  cio 
grösseres  Octaedcr  in  der  Mutterlauge  kleinere  nach  gewissen  Richtungen  sich  anschliessen. 
Es  geschieht  allmalig,  wir  können  nicht  verfolgen  ob  dem  Anschliessen  eine  Ausbildung  der 
kleineren  Krystalle  vorausgegangen,  oder  ob  diese  aus  dem  grösseren  sich  entwickelt  und  ab- 
gezweigt haben.  Hat  das  erstere  stattgefunden,  wie  seit  Hauy  die  meisten  Forscher  annehmen, 
dann  muss  eine  bestimmbare  Krystallform,  eine  Grundform  oder  auch  mehrere  aufzufinden  sein, 
aus  welcher  die  mannigfaltigen  Gestalten  des  gleichen  Minerals  zusammengesetzt  werden. 
Gerade  beim  Kalkspathe  nun  stösst  dies  auf  die  grössten,  bis  jetzt  noch  nicht  besiegten  Schwierig- 
keilen. Die  Kineu  haben  desshalb  mit  der  Gestalt  der  Molccüle  oder  Elemente  sich  gar  nicht  weiter 
befasst,  sie  haben  denselben  nur  neue  Namen  gegeben.,  haben  > ursprüngliche  Individuen t  von 
»Congregationsindividocnc  geschieden;  andere  Forscher  aber  haben  verschiedene  Formen  der 
Kiemente  angenommen,  ohne  darüber  weitere  Rechenschaft  zu  geben.  Brczina,  >das  Wesen 
der  Krystalle«,  in  Jahrb.  d.  geolog.  B.  Aust.  XXIII.  1873.  1.  p.  141  sucht  ein  genaues  Bild 
vom  Bau  eines  Krystalla  zu  geben,  indem  er  gleichgeformte  und  gleichgrossc  Steine  auf 
solche  Weise  ordnet,  dass  er  sie  reihenweise  an  einander  legt,  gleichgerichtet,  gleichvertheilt ; 
wie  die  Steine,  so  auch  die  Reihen.  In  demselben  Krystalle  seien  drei  nach  verschiedenen 
Gesetzen  bestehende  Anordnungsweison  zu  bemerken,  die  der  Partikel  im  Krystall.  der  MolecOle 
in  den  Partikeln,  und  der  Atome  in  den  Molecülen.  Peters,  Min.  Not.  in  N.  Jahrb.  f. 
Min.  1861  p.  438  giebt  Beschreibung  einiger  Külkspathkrystallc,  welche  in  die  ersten  Anfänge 
der  Bildung  solcher  KrysUlle  einen  Blick  gewähren  sollen.     Die  Elemente  der  KrystÄllchen 


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werden  hier  als  R.»R  angegeben,  weiterhin  «iemlich  grobe  Elementec  als  —  VtR.tvR  be- 
schrieben, dann  aacb  Rbombocder-Aggregate  besprochen  und  Bcdrusung  durch  mikroskopische 
Kern  -  Rhomboeder.  Leydolt  suchte  durch  Aetzen  Vertiefungen  herzustellen  welche  den 
kleinsten  regelmässigen  Körpern  entsprechen  sollten,  andere  suchten  in  der  sphärischen  Form 
dieser  kleinsten  Tbeilc  einen  Ausweg  auf  welchem  alle  Schwierigkeiten  umgangen  werden 

Ich  halte  nicht  dafür  dass  die  Mineralogie  auf  ihrem  jetzigen  Standpunkte  mit  solchen 
Hypothesen  sich  begnügen  darf.  Kein  Mineral  widerspricht  denselben  so  entschieden  als  der 
Kalkspath.  an  welchem  unablässig  neue  Flachen  und  neue  Gestalten  aufgefunden  werden.  Es 
sind  nicht  verschiedene  Gestalten  von  Individueu  welche  durch  Aneinanderreihen  dieselbe  Gestalt 
in  grösserem  Umfange  wieder  darstellrn,  die  Typen  des  Kalkspaths  sind  der  Entwicklung 
fähig,  sie  ändern  sich  allmälig  um,  sie  können  iu  andere  Formen  übergehen.  Wir  haben  nur  • 
dunkle  Vennuthungen  Uber  die  Bedeulung  der  Zahlenreihen  welche  aus  den  verschiedenen 
Axenlüngen  zusammengestellt  worden  si.d,  über  sogenannte  Reihengesetze,  Uber  die  Zoncnfolge 
der  einzelnen  Flächen  wie  über  das  »Princip  der  Zonen«,  über  die  Bedingungen  welche  das 
Zusammenauftreteu  verschiedener  Flüchen  ermöglichen  oder  aber  ausschliessen,  wir  vergleichen 
die  Gestalten  des  Kalkspaths  mit  hohen  und  niederen  Tönen,  ohne  aus  solchem  Vergleiche 
irgend  ein  Resultat  ziehen  zu  können. 

Dr.  Klocke,  »Ucber  das  Wachsthum  der  Krystalie«  (N.  Jahrb.  f.  Min.  1S7I,  p.  3159. 
1872,  p.  481)  bat  iu  feiner  Weise  Beobachtungen  angestellt,  wie  die  Vergrößerung  der  Krystalle 
erfolge.  Er  gedenkt  der  drusigen  Ausbildung  vieler  Krystallhuchcu  welche  in  kleinem  Format 
die  grössere  üesammtfläche  wieder  zeigeu,  der  Streiiungeu,  ja  sogar  der  zerfaserten  Eudaus- 
bildung,  dor  convexen  Krümmungen  uod  der  Polyedric,  und  ist  geueigt  alles  dns  der  Aggre- 
gation auf  Rechnung  zu  schreibt».  Allein  dies  ist  eben  ganz  unmöglich,  weil  solche  Un- 
regelmässigkeiten heim  Kalkspath  fast  nie  dicselbeu  Formen  z«igen  wie  der  Gtsammtkn stall. 

Die  grosse  Schwierigkeit  über  das  Wachsthum  der  Krystallo  zn  festen  Resultaten  zu  ge- 
langen, wird  uns  gewiss  alle  zu  nachsichtiger  Beurthcilung  eines  jeden  derartigen  Versuchs 
bestimmen,  um  so  eher  wenn  Irrthflnier  eingestanden  und  berichtigt  werden.  Das  Werk 
»Krystall  und  Pflanzet  ist  bereits  an  andern  Orten  als  eine  bei  aller  gewissenhaften  Beobach- 
tung doch  ungonflgende  Arbeit  bezeichnet  worden.  Es  muss  hier  Einiges  über  den  Kalkspath 
speciel  darin  Gesagte  hervorgehoben  werden.  So  ist  nach  der  damals  noch  herschenden  Vor- 
stellungsweisc  das  Wachsen  desselben  aus  Bildungen  von  Schichten  und  Lamellen  gedeutet 


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worden;  die  Krümmung  einer  Fläche  aus  dem  allmäligcn  Vorrücken  der  Lamellen;  die  EaU 
Wickelung  des  Scalenoeders  aus  rhotnboedrisch  construirten  Lamellen  oder  Lagen,  welche  sich 
überdecken ;  das  Uroschaffen  des  Rhomboedcrs  -f  R  durch  allnialige  Verkürzung  der  Lamellen 
in  ein  stumpferes  Rhomboeder  —  '/■  R.  (p.  75,  99).  Es  bringen  die  folgenden  Seiteu  un- 
genügende Deutung  des  Gruppirens  kleiner  Krystalle,  so  wie  die  nicht  gehörig  begründete 
Vermuthung  dass  der  Kalkspath  eine  »höhere  Stufe  im  Reiche  der  Krystalle  einzunehmen« 
scheine,  und  dass  die  Mannigfaltigkeit  seiner  Gestaltung  auf  das  Streben  nach  selbständiger 
En t Wickelung  hinweise.  In  den  als  Nachtrag  jener  Arbeit  beigefügten  Bemerkungen  ist  bereits 
von  allen  derartigen  Schlussfolgeruugcn  abgesehen  worden. 

Intussusception.  In  dem  Aufsätze  »über  die  milchige  Trübung  auf  der  Endfläche  des 
säuligen  Kalkspathsc  (N.  Jahrb.  f.  Min.  lM.it.  p.  535  ff.)  ist  p.  1*2  eines  inneren  Zusammen- 
hanges unter  den  verschiedenen  Formen  des  Kalkspaths  gedacht,  das  Vortreten  des  Scaleno- 
eders bei  Störung  des  prismatischen  Baues,  und  der  mannigfaltigen  Ausbildung  des  letzteren. 
Daneben  ist  besprochen  dass  das  Innere  der  Kalkspathkrystalle  oft  nicht  homogen  sei,  im 
Tafelbau  ein  scalenoedrischer  Kern,  oder  auch  lockerer  gebaute  Theile  sich  zeigten.  Solche 
unvollständige  Erfüllung  des  Krystall-Innern  findet  sich  mannichfach  beim  Kalkspathc ;  G.  Rose 
hat  solche  selbst  vom  Isländer  Kalkspath  beschrieben.  Hohlräume  finden  Bich  ebensowohl 
gleichmässig  durch  den  ganzen  Krystallraum  vertheilt,  wie  nur  in  der  Krystallmitte,  oder  auch 
blos  zunächst  der  Oberfläche.  Es  ist  sehr  wahrscheinlich  dass  auch  die  unzähligen  von  der 
Oberfläche  der  Stalaktiten  von  Bcllamar  und  Hüttenberg  nur  wenig  tief  »eindringenden 
Sprüngec  (vom  Rath,  Min.  Mit.  Forts.  5,  p.  531)  solche  bei  mangelhafter  Krystallbildung  un- 
vollendet gebliebenen  Theile  des  Krystalls  bezeichnen.  Beim  Einlegen  gewisser  Kalkspathe, 
z.  B.  von  Katzis,  Graubünden,  in  Wasser,  zeigt  ein  Aufsteigen  zahlreicher  Luftbläschen  das 
Vorhandensein  feiner  Hohlräume  an.  Der  Krystall  ist  wohl  homogen,  was  die  Substanz  be- 
trifft, nicht  immer  auch  im  Gefüge.  Die  Einführung  der  zur  Fortbildung  nöthigen  Substanz 
in  das  Innere,  oder  auch  nur  iu  einen  äussern,  unvollendeten  Theil  des  Krystalls,  scheint 
wenigstens  bei  mangelhaft  gebildeten  Krystallen  sehr  wohl  möglich  zu  sein;  indess  ist  der 
Beweis  dass  das  Wachsen  der  Krystalle  wirklich  in  der  Weise  vor  sich  gehe,  sehr  schwierig. 
Unter  den  schönen  Beobachtungen  welche  Herr  Dr.  K locke  über  das  Wachsen  der  Krystalle 
angestellt,  betupfte  er  auch  eine  dcndriüsche  Salmiakbildung  mit  wenig  rothem  Lack  (N.  Jahrb. 
f.  Min.  1872,  p.  483).  Der  wachsende  Salmiak  erhob  sich  am  Rande  desselben  mehr  und 
mehr,  lagerte  sich  auf  die  fremde  Substanz  über,  wuchs  ganz  darüber  hin.    Daraus  ist  nun 


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geschlossen  worden  dass  die  Vergrößerung  durch  «äussere  Anlagerung«  neuer  Substanz  vor 
sich  gehe,  und  zwar  vermittelst  der  Adhäsion.  Man  könnte  aber  dasselbe  Ergebnis»  in  geradezu 
umgekehrter  Weise  deuten,  und  ohne  die  rätselhafte  Adhäsion.  Es  kann  die  neue  Substanz 
durch  das  Innere  des  lockeren  Dendritenbaues  aufgestiegen  sein ;  bei  dem  Lack  angelangt  war 
das  Weiterdringen  verwehrt.  Dasselbe  findet  bei  dem  Bergkrystall  statt,  welcher  durch  eine 
Kalkspathtafel  gehindert  ist;  kann  er  in  der  Hauptaxenrichtung  irgendwo  durch-  oder  vorüber- 
wachsen, so  breitet  er  sich  demnächst  vorzugsweise  in  der  Richtung  der  Seitenaxen  aus, 
uberkleidet  und  umschlicsst  die  Tafel,  ohne  damit  den  Beweis  zu  liefern  dass  alles  dies  durch 
Affinität.  Adhäsion  und  bloss  äusseres  Anlegen  von  Substanz  geschehen  sei,  oder  gar  durch 
»Ueherfliessen  der  Lauge«.  Das  Studium  des  Krystallbaues  mag  wohl  die  künstlichen  Krystalle 
zur  Vergleichung  beixjehen,  es  sollte  sich  aber  nicht  auf  dieselben  beschränken.  Blumenähnliche, 
aus  Lösungen  im  Glase  erwachsene  Gestalten  bilden  oft  auf  dem  Rande  des  Gefässes  feine 

■ 

Krystallnadeln  >dk  sich  unter  Winkeln  schneiden,  welche  zu  dem  Krystallsystem  der  betreffen- 
den Substanz  in  engster  Beziehung  stehen«.  In  solchen  verschieden  gerichteten  Krystallnadeln 
liegt  eine  verschieden  gerichtete  Thätigkeit  des  Krystallbaues,  ein  noch  gesondertes  Resultat 

Flächenbildung.  In  einem  weiteren  Aufsatz  über  den  kohlensauren  Kalk,  Rhomboeder 
und  Scalenoeder  (N.  Jahrb.  f.  Min.  1862)  ist  die  verschiedene  Ausbildung  der  positiven  und 
der  negativen  Kalkspathflächen  besprochen,  die  letzteren  seien  mangelhafter,  oft  convex  gerundet, 
abergehend  in  andere  Flächen;  in  dieser  Richtung  scheine  der  Kry stall  mit  Bevorzugung  zu 
bauen.  Die  positiven  Hachen  seien  besser  hergestellt  und  geebnet,  erschienen  als  weiteres 
Resultat  der  Thätigkeit  des  Krystalls.  Dies  ist  nicht  ganz  richtig.  Es  Iässt  sich  beim  Kalk- 
spatlie  wie  beim  Quarze  eine  allmälige  Herstellung  der  krystallographischen  Gestalt  verfolgen, 
das  Ebenen  der  gerundeten  Form,  das  Herrichten  der  Fläche  und  der  geraden  Kante.  Allein 
dieser  Vorgang  entwickelt  sich  keineswegs  bloss  aus  den  negativen  Flilchen  des  Kalkspaths, 
sondern  auch  auf  andern  Stellen,  z.  B.  bei  den  Mittelkanten,  aus  c  und  «.  Daun  auch  sind 
es  nicht  blos  negative  Flächen,  welche  zuerst  ausgebildet  werden,  sondern  auch  +  4  R  und 
+  R  erscheinen  sehr  häufig  auf  der  rauhen  Rundung  des  unvollendeten  Krystnlls,  ähnlich  wie 
2P2  und  x  an  den  gerundeten  positiven  Rhomboedern  des  Quarzes.  Bei  der  verschiedenen 
Gestaltung  des  Kalkspaths  scheinen  auch  verschiedene  Flächen  in  der  Ausbildung  bevorzugt; 
aus  den  eiförmigen  Rundungen  von  Freiberg  und  Schneeberg  bilden  sich  zuerst  Theilchen  einer 
Fläche  g  mit  dpn  Gipfelkantcn  aus  (Rhomb.  u.  Seal.  fig.  17),  bei  anderen  Vorkommen  ist  es/ 


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oder  auch  c  welches  zuerst  iu  Rundung  sich  glättet,  oder,  wie  bei  vielen  Stalaktiten,  sind 
dies  +  4  Ii  und  —  2  R. 

Es  ist  noch  nicht  geluugeu  die  ersten  Anfänge  der  KrysUillbUdung  aufzufinden,  zu  be- 
schreiben; nur  den  bereits  in  der  Entwickclung  befindlichen  Krystall  bemerken  wir  und  können 
deu  weiteren  Verlauf  derselben  verfolgen.  Es  sind  kegelförmige,  büschelartige  Gruppen  welche, 
ähulich  wie  beim  Quarze,  iu  manichfaltiger  Weise  zusammentreten,  sich  drangen,  oder  zu- 
sammen verwachsen  (vcrgl.  Uebcr  den  Quarz  II.  Taf.  1>.  Die  Art  der  Gruppirung  prägt  sich 
verschieden  aus  in  den  sogenannten  Kennzeichen  der  einzelnen  Flächen,  —  »/»R,  —  2R 
«lt,  U»,  iudem  entweder  die  (iipfel  der  Kegelgruppen  in  der  Flächeiunitte  gegen  einander 
Stessen,  sich  conceutriren,  ng.  14,  27,  33,  oder  aber  die  Oberfläche  der  Kegel  als  spiessige, 
gleichgerichtete  Gruppenbilduog  in  die  Flächenebene  fallt,  fig.  32.  49.  Wie  aber  das  Ver- 
wachsen, vielleicht  auch  das  Durchwachsen  der  Kegclbildungen  statt  habe,  das  wissen  wir  bis 
jetzt  nicht.  Je  grosser  die  Glcichmässigkcit  der  Krystall-Fügung  bis  ins  Kleinste,  desto  ebener 
und  glatter  die  Fläche;  Unregelmässigkeiten  offenbaren  sich  in  dem  Vortreteu  kleiner  ge- 
rundeter Köpfchen,  oder  Eckchen,  oder  Kegelsegmente,  in  der  Ausbildung  von  gleichgerichteten 
Furchen  und  Treppen,  oder  in  kreuzweiser  Gitterung. 

Rauhheiten  und  Hohl  formen.  Rauhe  Flächenbildung  ist  auf  ungeregelten  Bau  zu- 
rücktufuhren;  es  drangen  sich  kleine  Erhebungen  vor,  auf  denen  nllmälig  glänzende  Stellen 
sich  ebnen.  Diese,  entweder  auf  dem  Gipfel  der  Erhebung,  entsprechen  der  Richtung  der 
Gesanimtfläche,  in  welche  sie  auch  aufgehen,  oder  sie  hegen  am  Abhänge  der  Erhebungen, 
glänzen  mit  einer  anliegenden  Fläche  ein,  und  scheinen  bestimmt  allmälig  mit  dieser  sich  zu 
vereinigen.  So  kommt  es  dass  der  Spicgelrcflei  einer  gegitterten  Fläche  sehr  häufig  ein 
anderer  ist,  als  der  Gesammthabitus  derselben  vennuthen  lässt. 

Den  Rauhigkeiten  der  Flächeubildung,  mögen  sie  erkennbar  sein  in  sichtbaren  Erhebungen, 
oder  mag  die  Fläche  nur  als  >matt«  »wie  angehaucht«  zu  bezeichnen  sein,  entsprechen  in  der  Regel 
Vertiefungen  zur  Seite  der  Erhebungen,  lang  erstreckte  Furchen  oder  enger  begrenzte  Hohlformen. 
Diese  Vertiefungen  welche  oft  irrthüinlich  einem  Ausfressen,  einer  Corrosion  zugeschrieben 
werden,  zeigeu  wie  die  Erhebungen,  mehr  oder  weniger  glatte,  zum  Theil  krjstallographisch 
bestimmbare,  mit  Nachbarflächen  einschimmeriidc,  oder  auch  unebene,  gerundete,  umnessbare 
Formen.  Ihre  längere  oder  kürzere  Erstrcckung  ist  durch  den  Hau  der  Erhebungen  bedingt. 
Bei  sorgfältiger  Beachtung  findet  man  sie  ausserordentlich  häufig.  Selbst  der  Isländer  Kalk- 
spate welcher  als  »das  Urbild  einer  ungestörten  Kristallisation«  bezeichnet  worden  ist,  hat 


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nicht  nur  zahlreiche  Furchen  und  Hohlformon  ausgebildet,  sondern  auch  ganz  bestimmte  un- 
vollendete Erhebungen,  üebergangsflächeu  an  rauhen  Köpfchen,  > gleichsam  aus  ihm  heraus- 
getriebene Knospenkrystalle«  (Hessenberg  No.  7,  p.  2).  Und  ebenso  zeigt  der  stalaktitische 
Kalkspath  aus  der  Wichlerhöhlc  und  von  Bellamar,  ganz  bestimmte,  selten  aber  krystallo- 
graphisch  bestimmbare  Hohlformen,  »negative  Krystallflachen  gleichsam«. 

Diese  Hohlformen  ebensowohl  wie  die  über  die  Flache  vortretenden  Erhebungen,  Aufbauten 
vermögen  am  besten  uns  näheren  Aufschluss  zu  geben  über  die  Bildung  der  Krystallflachen. 

Treppen-  und  Gitterbildung.  Es  ist  sehr  bequem  die  Treppeubilduug  auf  den  Krystall- 
flachen als  Reihen  gleichgerichteter  Krystallchen  oder  Singularindividueu  zu  deuten,  allein  man 
stösst  überall  auf  Thatsachen  welche  eine  andere  Auffassung  verlangen.  Die  Treppenbildung 
hat  keinen  bestimmten  »Charakter«,  wenn  nicht  den  einer  Uebergangsbilduug,  und  zwar  ist  es 
entweder  die  eine  Fläche  welche  zur  Vollendung  des  Krvstallbaues  in  die  andere  übergehen 
muss,  oder  es  sind  beide  Treppenfläcben  nur  Üebergangsflächeu.  Solche  Treppenbildung  findet 
sich  zumeist  in  der  scaleno&lrischen  Hauptzone  als  R*  und  der  begleitenden  Uebergangsfläche 
R»,  dann  auch  in  der  Zone  der  positiven  Rhomboeder,  besonders  als  R  .  4R,  bei  dem 
Isländer  Kalkspath  auch  als  R  .  4R  .  lüR  weniger  bestimmt  und  seltener  in  der  Zone  der 
negativen  Rhomboeder  als  g,  /  oder  als  /;  dann  aber  wieder  unendlich  häufig  bei  mi&s- 
bildeten  Prismenbauten,  statt  der  Seitenkauten  mannigfaltige  Scaleno&ler  als  Üebergangsflächeu 
im  Treppenbau.  Auch  die  Furcbung  der  Flächen  ist  hier  zu  berühren;  sie  ist  meist,  wie  be- 
sonders auf  der  Fläche  g  nur  eine  gerundete,  nicht  ausgebildete  Treppenbildung,  nicht  selten 
geht  sie  aber  nach  dem  flacheren  Scaleuoeder  bin  in  eine  solche  über.  Auch  positive  Rhombo- 
eder kommen  vor  als  Üebergangsflächeu  im  Treppenbau  mit  dem  Scalenoftder.  So  -f~  4R 
als  schmaler,  glänzender  Streifen  entlang  K  •  des  Isländer  Kalkapaths  hinziehend.  Alle  solche 
unvollendete  Bildungen  sind  auf  Gruppen  der  erwähnten  Kegelformen  zurückzuführen,  wie  bei 
deu  einzelnen  Flächen  weiter  auszuführen  sein  wird. 
•  Treppenbildung  kann  auch  in  verschiedener  Richtung  sich  kreuzen,  gitterförmig.  Solche 

Gitterzeichnung  rindet  sich  nur  auf  bestimmten  Flächen  mangelhaft  ausgebildeter  Krystalle, 
hergestellt  durch  leistenartige  Erhöhungen,  oder  als  vertiefte  Furchung,  Fig.  90.  98,  oder  auch 
als  Treppenbildung  nach  der  einen  Richtung,  als  Vertiefung  nach  einer  andern.  Fig.  111.  159. 
Es  glänzen  in  derselben  benachbarte  Flächen  ein,  auf  gerundeten  Scalenoödern  r  von  Andreas- 
berg die  Fläche  +  4R,  »  R,  auch  n  und  g. 

Auf  Krystallen  von  Rossie  und  von  Raibl  ist  solche  GiUerung  auf  r  glänzend  erhaben, 
theilweise  auch  auf  y.  Diese  mangelhafte  Bildung  scheint  auf  unvollendetem  Zusammenwachsen 

AbhMdL  d.  »MKkenb.  nalurf.  BN,  Bd.  X.  9 


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oder  aber  Durchwachsen  zu  beruhen  (vgl.  Rbomb.  u.  Seal.  Fig.  36.  39.  40.  50);  sie 
die  sorgfältigste  Untersuchung,  weil  in  ihr  das  Resultat  verschiedener  Thätigkeitsrichtungen 
des  Krjstallbaus  angedeutet  ist.  Der  Kreuzungswinkel  ist  kein  constanter,  auf  r  wühl  meist 
zu  60"  und  120°;  die  eine  Furche  breiter,  gerundet  im  Uebergang  zu  y,  die  andere  schärfer, 
aber  schmal,  glänzend.  Zuweilen  wird  die  Gitterung  auf  r  durch  parquetartig  geordnete  Zitzen- 
formen  gebildet,  die  Seitenflächen  oder  der  Abfall  der  Erhöhungen  mit  m.c.u  einschiinmernd. 
Fig.  120.  128.  133.  —  Sehr  verschieden  von  der  Gitterzeichnung  auf  r  ist  die  auf  —  2R 
oder  /;  es  kann  daraus  auf  die  Verschiedenheit  der  Bildung  beider  Flachen  geschlossen  werden. 
—  2R  ist  an  Krystallen  von  Bottenberg  in  Kärnthen  horizontal  gefurcht  zunächst  des  Krystall- 
gipfels,  nach  der  Flächeumitte  hin  zeigen  sich  spiessige  Gruppen,  ebenfalls  horizontal  gelagert, 
von  einer  Polkante  ausgehend,  oder  von  beiden  Seiten  her  gegen  einander  gerichtet;  Fig.  28. 
82-34;  es  ist  damit  ein  Anschwellen  der  Fläche  verbunden.  Bei  anderen  Störungen  des 
Krystallbaus  ist  noch  eine  feine  verticale  Streifung  oder  Furchnng  zu  bemerken,  dies 
auch  bei  Krystallen  von  Matlock,  von  Bürgel  bei  Offenbach,  von 
Fig.  24.  31.  34.  Auf  verzerrten,  uach  /  erstreckten  Tafeln  vom  Harze  erheben  sich  zur  Gh> 
terzeichnung  kleine  Gipfelchen  in  der  Mitte  der  Fläche,  nach  den  Seiten  hin  verlaufen  sie  in 
horizontale  Furchen.  Fig.  29.  30.  Bei  Krystallen  von  Bergenhill  und  von  Oberstein  (Rhomb. 
u.  Seal.  Fig.  14)  ist  der  obere  Theil  der  Fläche  /  geebnet,  die  Mitte  drängt  polyedrisch  vor, 
und  auf  den  seitlich  abfallenden,  unteren  Flfichentheilen  allein  ist  die  verticale  Vertiefung  in 
spitze  Hohlräumchen  gesondert.    Fig.  6.  10. 

Abermals  verschieden  gegittert  ist  eine  dritte  Fläche  des  Kalkspaths,  nämlich  so  R  oder  r. 
Die  Gitterung  ist  nicht  als  horizontal  und  vertical ,  sondern  als  diagonal  zu  bezeichnen, 
Fig.  93.  105;  sie  findet  sich  an  Krystallformen  «R.sR  als  erhöhte  Leisten-  oder  Wulstes- 
Bildung,  ebenso  aber  auch  an  Krystallen  «R.-  VtR,  z.  B.  auf  Krystallhüllen  von  Tharand.  ver- 
tieft in  Furchen.  Wo  sie  auftritt  ist  das  Prisma  oft  zu  ste 
gerundeten  Krystallgipfel  erheben  sich  aus  rauher  Rundung  spiessige  Fo 
gekreuzten  Furchen  glänzend  einschimmern.  Fig.  89.  93.  Auf 
Aiston  Moor  ooR.g./  scheint  die  zarte  Gitterong  des  Prisma  mit  der  scaleuoedrischen  Ab- 
rundung  von  /  einzuspiegeln.  Fig.  90.  Ueberall  wo  solch« 
ist  sie  nicht  durch  Auflagerung  gleichgeformtcr  Moleküle  entstanden, 
Bau  in  gerundeten,  unmessbaren  Formen;  sie  ist  so  wenig  wie 
dilatorischer  Cembination«  zu  erklären. 

Auch  auf  der  Endfläche  «R  ist  eine  sich  kreuzende,  aber  weniger  deutliche  Gitterzeich- 


i 


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_    «7  - 


m.  Von 


drei  andern  aber,  welche  dem  negativen  Ende  der  ] 
unbestimmbarem  Winkel  gegittert.   Fig.  136. 

Wie  der  Treppenbau  selten  Uber  eine  ganze  Fläche  hin  mit  derselben  Bestimmtheit  sich 
zeigt,  —  2K  ebenso  wie  R*  gewünlich  zunächst  des  Gipfels  besser  geebnet  ist  als  in  der  Flächen- 
Bitte  oder  zunächst  der  Mittelkante,  so  ist  auch  die  Vertiefung  des  Gitterbaus  meist  nur  auf 
Theilen  der  Flächen  zu  beobachten.  Die  Herstellung  der  Fläche  ist  noch  unvollendet,  bei  ge- 
störtem Bau  sind  die  Vertiefungen  oft  von  brauner  Substanz  erfüllt.  Man  hat  die  Einschnitt- 
Vertiefungen  auf  R.»  gewönlich  als  ausgeätzte  Stellen  aufgefasst  und  bezeichnet;  oft 
e  aber  durchaus  frische  Bildung.  An  Krystallen  von  Island  zeigen  sich  solche  Ver- 
in  Kreuzung  mit  den  gerundeten  Furchen  von  <x>P2  oder  m, 


wol  als  durch  Aetzung  geschädigt  bezeichnen  durfte,  Fig.  169, 

über  die  Flächen  R*  hinziehen.  Fig.  163. 
Wir  werden  auf  jedem  Schritt  aufmerksam  gemacht  dass  es  unmöglich  ist 
das  Fortbauen,  Wachsen,  Erganzen  des  Krystalls  durch  fertige,  krystallographisch  bestimm- 
zu  erklären.  Wir  finden  stets  wieder,  beim  Kalkspath  wie  beim  Quarze, 
die  büschelförmige ,  kegelähnliche  Gruppirung  unbestimmbarer  Krystalltheilchen ,  aus  welcher 
die  Fliehe  und  der  mesabare  Winkel  allmälig  erwächst,  sich  herstellt  Die  Verschiedenheit 
der  Flachenbildung  beruht  auf  der  mannigfaltigen  Weise  in  welcher  die  Büschelgruppen  sich 
lagern,  gegen  einander  stossen  und  zusammenwachsen.  Es  wird  nicht  ohne  Interesse  sein  in 
dieser  Beziehung  die  hauptsächlichsten  oder  die  wesentlichsten  Flächen  des  Kalkspaths  naher 
zu  untersuchen.    Am  besten  mag  man  dabei  von  dem  unvollkommenen  Bau  ausgehen,  die 

i,  die 

Der  Herstellung  von  Kanten  scheint  stets  ein  Widereinanderwach! 


Glänze  und 


wird  der 
Wie  bei  dem  Quarze  die 
Ebenung  gefunden  werden,  und  doch  nur  als  Uet 
viele  Flächen 


-    68  — 


tiven  Rhomboedern,  wie  —  SR  vom  Lake  superior,  —  *'»R  von  Agaete,  nur  als 
fliehen  Redeutet  werden  zu  dürfen.    Allein  beim  Kalkspath 
weit  grössere  Vorsicht  und  noch  sorgfältigere  Prüfung  als  beim  einfacher  gestalteten  Quarze. 
Stalaktitische  Kristallisation.   Wenn  bei 

Krystallbaus.  z.  B.  den  zersprengten  Krystallen  von  Bleiberg,  Fig.  149. 
die  Flache  -  V.K  oder  „  mit  I  sich  bemerklich  macht,  so  ist  bei  der  Entwicklung, 
dem  Uebergang  der  formlosen  Gestalt  des  Kalkspaths  zu  Krysiallflächen  ungemein  häufig  die 
Fliehe  /  zu  finden,  dies  namentlich  auch  bei  kugelförmigen  oder  stalaktitischen  Bil- 
In  hohlen  Räumen  des  Kalksteins  von  Cimies,  Nizza,  finden  sich  gerundete  Gestalten  des 
Kalkspaths,  blumig  oder  knospeuähnlich  ohne  jegliche  ebene,  messbare  Fliehe.  Fig.  52.  Dass 
die  glänzenderen,  mehr  geebneten  Stellen  als  /  aufzufassen  seien  ist  nur  aus  den  Hohlformen 
und  den  Spaltflächen  zu  schliessen.  Bei  andern  Gruppen  ist  diese  Fläche  auch  bestimmter 
ausgebildet,  geebnet,  glänzend  aber  ohne  feste  Gränzen,  statt  der  Krystallgipfel  und  Kanten 
eine  rauhe  Abrundung,  der  Kern  dichter,  dunkler,  die  Hülle  weisslich,  streifig  nach  der  Haupt- 
achsenrichtuug.  Aehnliche  stalagmitenarüge  Bildungen  kommen  bei  Matlock  vor  und  bei  Duf- 
ton,  Fig.  7,  strahlig  über  älterem  Kalkspath.  nierenförmig;  auch  kammartig  gruppirt  bei  Przi- 
bram.  Aus  dem  Languedoc  stammen  Cylinderbildungen  in  der  Längenaxe  hohl,  äusserlich  auf 
blumiger  Bildung  erkennbar  — 2R  oder  /',  zum  Theil  auch  -f-R.  Hohle  Röhren  von  Andreas- 
berg sind  von  Kalkspathgruppen  umlagert  der  Gestalt  I;  .4-  4  Ii  .  -(-Ii.  Auch  die  wunder- 
baren Bildungen  aus  der  Höhle  von  Bellamar,  bei  Matanzas,  Cuba,  sind  hier  zu  erwähnen, 
(vom  Rath  in  Min.  Mitth.  Forts.  V.  p.  530)  rein,  durchsichtig,  glänzend  wie  der  Isländer 
Doppelspath.  Sie  zeigen  äusserlich  und  auch  zum  Theil  im  Innern  der  hohlen  Röhre  /.  +  4R. 
R.mR»  .«.Fig.  95.  -  An  Stalaktiten  von  Niemtschiz  bei  Boskowiz  (Urba  in  Lotos  Zeit- 
1872)  werden  dieselben  Flächen  gefunden.  Auch  an  stalaktitischen  Säulen  oder  Sten- 
(so  besonders  in  der  auserlesenen  Sammlung  des  Herrn  Oberinspector 
Seeland  in  Klagenfurt)  sind  auf  dem  Gipfel  die  Flächen  /  und  +4R  mit  rauber,  drei- 
getheilter  Krystallspitzc  zu  erkennen,  ähnlich  Fig.  11. 

Es  ist  nicht  bestimmt  festzustellen  ob  bei  solchen  Krystallbildungen  die  Fläche  f  zuerst 
ob  zuerst  +4R  und  vielleicht  selbst  +R  erscheint.    Wie  +R  zu  +  4R 
gm/ 


abgetheilt. 
Fig.  107.   Man  kann 


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69 


sehr  bestimmt  diejenigen  erkennen  welche  an  oberen  Stellen  der  Ablagerung  gebildet,  und  die- 
jenigen welche  nach  unten  gewachsen  sind.  Auf  der  unteren  Seite  des  Handstücks  ist  der 
blumige  Gruppenbau  weit  mehr  vorhersehend,  die  Krystalle  kleiner,  aber  mannigfaltiger  grup- 
pirt  und  verbunden,  die  Fläche  -j-  R  erkennbar,  rauh,  löcherig,  die  Kanten  nicht  ausgebildet, 
+  4R  kaum  zu  bemerken.  Der  oberen  Seite  des  Stalagmits  sind  grössere  Krvstalle  aufge- 
wachsen, z.  Th.  über  erbsengross,  weiss,  von  sehr  lockerem  Bau,  +  R  glänzend  aber  von 
rauhen,  vertieften  Stellen  übersät;  die  Fläche  -f  4R  fast  noch  mangelhafter  hergestellt,  darauf 
in  vielen  Pünktchen  -f-R  einschimmemd  im  Treppenwechsel.  Mittelkanten  sind  weder  ohen 
noch  unten  ausgebildet,  auch  nicht  die  Fläche  /.  (Krysta.ll  und  Pflanze,  Fig.  10.)  Ganz  in 
ähnlicher  Weise  ist  bei  stalagmitischen  Bildungen  vou  Wiesloch  das  positive  RhomboeVler  -f-  R 
geebnet,  die  Flächen  mangelhaft  erfüllt,  aus  zahlreichen  glänzenden  Pünktchen  gebildet,  welche 
auf  dem  Gipfel  rauher  Pyramidchen  gleichgerichtet  siud.  Bei  diesem  Vorkommen  sind  die 
Stellen  zunächst  der  Polkan^en  am  besten  ausgefüllt;  auch  hier  ist  +4R  unvollendet,  nur  in 
Pünktchen  aus  gerundeten  Formen  vorschimmernd,  anscheinend  auf  stenglich  gruppirten  Kry- 
staUtbeilen.  Fig.  106.  Bei  den  erwähnten  Stalaktiten  oder  Stalagmiten  von  Bellamar  ist  der 
Gipfel  -f-  R  rauher,  gerundeter  als  +  4  R,  dieses  ebener,  glänzender,  wenn  auch  noch  mit  zahl- 
reichen Vertiefungen  versehen  aus  welchen  c  vorglänzt.  Auch  bei  stalagmitenähnlichen  Bild- 
ungen von  Matlock,  runzelig,  wie  abgeleckt,  scheint  zumeist  +  4R  aufzutreten,  in  geebneter 
Flächeubildung,  -f-R  glänzt  wol  auch  mit  Sp .  R  ein,  aber  weniger  eben,  gerundet.  Die  Kry- 
stalle aus  dem  Keuper  von  Sinzheim  (Leonhard.  Baden,  p.  94)  als  sehr  spitze  Rhomboeder 
beschrieben,  —  2R.  16K.  »R .  —  l/iR.  sind  öfter  zu  mannigfaltigen  Gebilden  gruppirt;  spies- 
sigen,  langgestreckten  Kr j stallen  fehlt  jede  Symmetrie,  die  Flächenmitten  sind  vertieft,  unvoll- 
ständig hergestellt.  Daneben  blumige,  moosähnUche  Gruppen,  unsymmetrisch  verzerrt,  in  der 
Aufsicht  vierseitig,  die  Flächen  treppig.  die  Kanten  zackig.  Fig.  1.  2.  8.  12.  13.  An  solchen 
l.  Th.  strahlig  gruppirten  Theilkrystallen  ist  öfters  —  11  in  kleinen  Pünktchen  auf  dem  Gipfel 
geebnet,  in  grosser  Menge,  aber  ohne  bestimmbare  Grenzen  glänzen  sie  über  den  Gruppenbau 
ein.    Fig.  2. 

Weit  häufiger  als  die  positiven  Rhomboeder  -f-R  und  -f  4  R  treten  die  negativen 
Rhomboeder  /  und  g  zuerst  geebnet  auf. 

Das  steilere  negative  Rhomboeder  /  —  —  2R  zeigt  in  allen  Missbildungen  das 
Aufschwellen  der  Fläche  in  der  Mitte,  die  Häufung  gerundeter  Gipfelchen  daselbst.  Dieses 
convexe  Runden  und  die  Formenhäufung  scheinen  so  charakteristisch  zu  sein  für  die  Fläche  /, 
dass  diese  Bezeichnung  hier  vielleicht  in  allzu  weiter  Ausdehnung  für  steilere,  negative  Rhoua- 


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boftlerbildungen  überhaupt  aufwendet  wird.  Es  wäre  zu  entschuldigen,  weil  gerade  f  sehr 
häufig  als  einzige  bestimmbare  Fläche  erkannt  werden  kann,  und  zwar  nur  gerundet;  so  z.  B. 
an  keulenförmigen  Gruppen  von  Schemnitz  und  Schweinheim,  Fig.  9,  15,  bei  Morgenstern- 
ähnlichen  Gruppen  Ton  Glocester  und  von  Sinzheim,  an  wurmförroigen  Gruppen  vom  Harze, 
und  an  stalagmitenartigen  Bauten  von  Dufton,  Fig.  7.  Bei  solchen  Gruppenbildungen  ist  es 
schwierig  zu  entscheiden  ob  ein  ungeregelter  Bau  eines  einzigen  Individuums,  ein  Abzweigen 
vorliege,  ob  das  Zusammentreten  verschiedener  Individuen.  Es  haben  dieselben  gemeinschaft- 
liche Spaltflächen,  und  zwar  krummschalige  oder  gewölbte,  (vergl.  vom  Rath,  Min.  M.  Forts.  V. 
pag.  537.  539).  Das  Abzweigen  findet  zwar  meist  statt  in  deutlich  erkennbarer  Zwillings- 
stellung nach  —  l;t  R,  wie  bei  den  Klba'schen  Krystallen ;  zuweilen  aber  auch  in  abweichender 
Axenrichtung.  Fig.  5.  12.  18.  36.  Bei  geweihähnlichen  Verzweigungen  aus  der  Wichler  Höhle, 
Fig.  3,  sind  zum  Theil  Gruppen  gehäuft,  zum  Theil  aber  auch  einzelne  Krystalle  in  geschlos- 
senen Kanten  ausgebildet,  in  Zwillingsstellung  vortretend. 

Bei  einem  der  vielen  vergeblichen  Versuche  die  Albite  von  Thusis  an  der  Stätte  ihrer 
Bildung  aufzufinden  erhielt  ich  Kalkspath  von  Katzis,  Zwillingsgruppen  der  Gestalt  /,  aus  Klüf- 
ten des  schieferigen  Gesteins.  Aus  einer  Stammbildung  treten  drei  Aeste  oder  Gruppen  in 
Zwillingsbildung  vor,  aus  denselben  wieder,  wie  es  scheint,  kleinere  Zweige  derselben  Gestalt. 
Fig.  4.  5.  Bei  der  Mannigfaltigkeit  der  Gruppirun^  und  Häufung  ist  eine  Sicherheit  kaum 
zu  gewinnen,  auch  sind  die  Krystallformen  meist  bedeutend  spitzer  als /.  Ganz  ähnliches  findet 
sich  au  den  Gruppen  von  Iberg,  von  Dufton,  von  Sinzheim.  Fig.  12.  13. 

Auch  bei  dem  Kalkspath  aus  Siedpfannen  bilden  sich  wohl  solche  Verzweigungen;  sie 
wachsen  aus  den  weissen  Tafeln  nach  allen  freien  Räumen  in  feine  Spitzen  /  aus,  zwillingisch 
die  zierlichsten  Knospen-  und  Blumenbildungen  darstellend. 

Die  charakteristische  Zeichnung  der  Fläche  —  2R  ist  bereits  in  früheren  Abhandlungen  be- 
schrieben und  dargestellt  als  flach  erhobene  Scheiben-  oder  Tellerform,  Fig.  20.  21.  23.  40—44. 
Sie  ist  zurückzuführen  auf  das  Zusammendräugen,  oder  auf  ein  Vordrängen  von  Krystalltheilen 
in  der  Flächenmitte.  Das  Hüttenberger,  besonders  auch  das  Harzer  Vorkommen  bieten  hierzu 
die  mannigfachsten  üebergänge  und  Abänderungen.  Fig.  14.  27.33.49.  50.  In  der  Flächenmitte 
zeigen  sich  die  vordrängenden  Krystallthcile  als  gerundete  Gipfelchen  etaer  dreiflächigen  polyedri- 
sehen  Erhebung  meist  parquetartig  gruppirt,  Fig.  29.  31.  Die  gegen  den  Krystallgipfel  gerichtete 
Theilfläche  ist  am  besten  geeint,  meist  wol  als  /zu  bezeichnen,  Fig.  6. 10. 14.  15.  39.  Die  beiden 
unteren  Theile  der  polyödrischen  Erhebungen  sind  in  der  Richtung  der  schiefen  Diagonale  gesondert, 
mehr  oder  weniger  stenglich  gruppirt,  als  Furchung  sich  wiederholend.  Fig.  6. 10. 42.  47.  50a.  Man 


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kann  dab«i  vielleicht  von  scalenoidischen  Formen  reden,  nicht  aber  von  bestimmbaren  Flächen. 
Es  liegt  in  diesen  polyedrischen  Erhebungen  der  Fläche  -  2R,  oder  eigentlich  /,  ein  Schlüssel 
rar  Deutung  der  Proteus-Natur  des  Kalkspaths.  Wir  sehen  die  oberste  der  drei  polyedrischen 
Flächen  mehr  oder  weniger  geneigt,  breiter  gerundet  oder  scharfer  zugespiUL  Fig.  6.  10.  14. 
21.  Je  mehr  das  Scalenoeder  an  solchen  Krystallen  sich  ausbildet,  der  scalenoedrische  Bau 
die  üeberhand  gewinnt,  desto  mehr  schwinden  auch  die  beiden  unteren  polyedrischen  Theile 
von  /.  Am  KrysUllgipfel  ist  zuweilen  noch  die  Scheibenbildung  der  obersten  polyedrischen 
Theilfläche  zu  bemerken,  diese  Fläche  steigt  in  gerundeter  Trcppenbildung  nach  der  Krystallmitte 
herab.  Fig.  40.  41.  Je  mehr  der  Krystall  prismatisch  sich  erstreckt,  desto  mehr  auch  die 
Scheibenform  nach  der  Hauptaxe  oval,  je  mehr  die  Endfläche  oR  sieb  geltend  macht ,  desto 
breiter  in  horizontaler  Richtung  die  Erhebung.    Fig.  39.  43.  44. 

Am  besten  kann  man  die  mancherlei  Wandeluugen  dieser  Flächenbildung  an  den  Andreas- 
berger  Krystallen  verfolgen,  besonders  an  solchen  welche  die  Eudfläcbe  «R  mehr  oder  weniger 
ausgeprägt  haben.  Gewönlich  ist  dann  die  oberste  der  polyedrischen  Flächen  flacher  als  —  2R. 
meist  als  —  a/t  R  oder  h  zu  bezeichnen,  oder  als  —  */»R  =  <f>.  Die  unteren  Flächentheile  sind 
gerundet  durch  Gruppenhäufung  spiessiger  Formen  welche  von  den  Polkanten  aus  gegen- 
einander vorzudringen  scheinen.  Fig.  42  —  44.  49.  50.  Solche  Bauten  zeigen  die  grössten 
Unregelmässigkeiten  und  Uebergänge  der  mannigfaltigsten  Art. 

Sind  die  Parquetformen  der  Fläche  nach  einer  Seite,  nach  rechts  oder  nach  links  ver- 
zerrt, so  sind  auch  meist  die  Krystallgestalten  selbst  dem  entsprechend  ausgebildet,  und  um- 
gekehrt;  doch  ist  dies  nicht  immer  der  Fall.  Bei  dem  Huttenberger  Vorkommen  ist  öfter  an 
gut  gebildeten  Krystallen  ein  einseitiges  Vordrängen  der  spiessigen  Gruppen  zu  bemerken, 
vielleicht  durch  das  Anwachsen  oder  Einwachsen  anderer  Krystalle  bedingt.  Fig.  28.  32—84. 
Im  Allgemeinen  ist  wol  aus  der  Form  der  äusserlich  sich  darstellenden  polyedrischen  Erhe- 
bungen auf  die  ungleich  wirkenden  inneren  Thätigkeitsrichtungen  des  bauenden  Krystalls  zu 
schlicssen.  Selbst  das  üeberbauen  der  Fläche  /  Ober  das  seitlich  anliegende  Prisma  hinaus 
mag  in  solcher  Unregelmässigkeit  eine  Deutung  finden.  Fig.  25.  26. 

Was  von  den  ungeregelten  Erhebungen  auf  den  Krystallflächen  gesagt  worden ,  dasselbe 
gilt  auch  von  den  Vertiefungen.  Wie  die  Erhebungen  auf  /  verschiedene  Ausbildung  erlangen, 
so  auch  die  Hohlformen,  welche  sich  auf  dieser  Fläche  finden.  Die  Veranlassungen  welche  der 
einen  wie  der  anderen  Bildung  zu  Grunde  liegen ,  sind  wol  dieselben.  Die  Hoblformen  auf  / 
stellen  sich  meist  als  feine  in  der  Richtung  der  schiefen  Diagonale  langgestreckte  Vertiefungen 
dar,  zum  Theil  scharf,  wie  eingeschnitten ,  wol  aber  auch  am  einen  Ende  breiter ,  die  Seiten 


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gerundet.  Mau  sollte  Hohlforinen  uiebt  geometrisch  messen,  daraus  Folgerungen  auf  die  Ge- 
stalt der  den  Krystall  zusammenstellenden  Moleküle  ziehen;  sie  sind  so  wenig  messbar  wie  die 
polyädrischen  Krhebungen,  das  Herausrechueu  eines  Mittelbetrags  ist  zwecklos.  Sind  einzelne 
oder  mehrere  Flachen  im  Innern  der  Hohlräume  geebnet  und  glänzend,,  dann  spiegeln  sie  stets 
mit  anliegenden  geebneten  Flächen  desselben  Krystalls  gemeinsam  ein.  Wo  Hohlformen  sind, 
ist  ein  mangelhafter  Bau,  die  Fläche  /  meist  in  die  Breite  verzerrt,  oder  nach  dem  Gipfel 
ausgefasert,  oder  die  Polkanten  gekerbt.  Fig.  16.  17.  19.  24.  Die  Hohlformen  sind  breiter 
wo  die  polyedrischen  Erhebungen  sich  in  gleicher  Weise  breit  ausbilden,  schmäler,  wo  auch  diese 
schmal  und  hinggestreckt  sind.  Am  i  egelmässigsten  scheinen  sie  auf  Krystallen  von  Island  aus- 
gebildet, die  Vertiefungen  dreiseitig,  fast  gleichschenklig.  Die  Hohlformen  auf  —  2R  sind  drei- 
seitig bei  vorhersehend  rhomboedrischer  oder  scalenoedrischer  Ausbildung  des  Krystalls;  bei 
grösseren  prismatisch  ausgebildeten  Krystallen  vom  Harz,  Samson,  der  Gestalt  oR.  xR ./.  g .  Br- 
änden sich  auf  /  wol  auch  Hohlräume,  welche  in  der  Richtung  von  oR  vertieft  und  erstreckt, 
einerseits  die  Furchung  g  zeigen,  andererseits  zwei  steile  Scalenoederflächen  mR1 

Suchen  wir  ein  Resultat  aus  dem  Hervorgehobenen,  so  finden  wir  zwei  bestimmte  Richt- 
ungen heraus,  in  Erhebungen  wie  in  Hohlformen,  Richtungen  nach  welchen  die  Thätigkeit  des 
bauenden  Krystalls  deutliche  Spuren  zurückgelassen  hat.  Einmal  die  Richtung  der  schiefen 
Diagonale,  welche  vielleicht  auch  als  rhomboedrische  aufgefassl,  (vergl.  Fig.  6.  17.  24.  31.  34. 
46),  dann  eine  zweite  welche  als  horizontale  bezeichnet  werden  könnte  (Fig.  22.  28.  29.  30. 
32—34).  Diese  letztere  welche  besonders  bei  dem  prismatischen  Tafelbau  zur  Geltung  gelangt, 
gewinnt  bei  dem  rhomboedrischen  Bau  mehr  in  der  Krystallmitte  einen  deutlichen  Ausdruck. 
Während  nach  dem  Gipfel  hin  nur  eine  feine  horizontale  Furchung  darauf  hinweist,  erhebt 
sich  die  Flächeninitte  in  gegen  einander  gerichteten  Kegelsegmenten.  Fig.  14.  29.  49  u.  50. 
Bei  verzerrten  Krystallen  sind  die  Seiten  der  Fläche  horizontal  gestreift,  in  der  Mitte  folgt 
der  Streifung  die  gerundete  Erhebung,  ähnlich  Fig.  29.  Eine  solche  Kreuzung  der  krystal- 
linischen  Thätigkeit  mag  zur  Vollendung  des  Krystallbaus  noth wendig  sein,  die  Spuren  der- 
selben verschwinden  mit  vollendeter  Ausbildung  des  Krystalls. 

Die  rbomboedrisebe  Thätigkeitsrichtung  kommt  besonders  bei  stalaktitischem,  oder  bei  über- 
eiltem Krystallbau  zur  Anschauung ;  man  glaubt  Kegelsegmente  zu  erblicken  welche  sich  über- 
einanderlagern  oder  zusammendrangen.  Am  deutlichsten  offenbart  sie  sich  in  den  Vertiefungen 
und  Streifen,  mehr  oder  weniger  nach  der  schiefen  Diagonale  gerichtet;  diese  sind  bis  in  die 
Polkanten  zu  verfolgen  wo  der  Krystall  nicht  selten  eingeschnitten  erscheint,  ja  selbst  aus- 
gezackt und  ausgefasert.   Fig.  16.  19.  46.  106—108.  HL  H5.  117. 


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-    73  - 

■ 

In  den  Untersuchungen  über  den  Bau  des  Quarzes  II.  ist  auf  p.  10.  11.  bemerkt  worden, 
dass  nicht  die  Kanten  der  Krystalle  zu  Flächen  sich  runden ,  sondern  dass  oft  mangelhaft  ge- 
bildete Krystailflächen  scharfe  Kauten  noch  nicht  ausgebildet  haben,  dass  durch  das  Zusammen- 
treten der  Flächen  die  Kante  sich  ausbildet.  Dasselbe  findet  sich  beim  Kalkspath.  Es  spricht  für 
verschiedenen  Bau  der  positiven  und  der  negativen  Rhomboeder,  dass  erstcre  meist  scharfkantig 
geschieden  sind,  wenn  auch  im  Treppenbau.  letztere  aber  häufig  gerundet  in  einander  übergehen. 
Die  negativen  Rhomboederflächen  des  Kalkspaths  sind  sich  ähnlich  in  den  polyedrischen  Er- 
hebungen,  allein  bald  der  obere  Theil  mehr  vortretend,  bald  der  untere  Bau  zur  Geltung  kommend. 

Steilere  negative  Rhomboeder  finden  sich  besonders  unter  den  verzerrten  Krystallen  von 
Andreasberg  in  grosser  Maunichfaltigkeit ,  meist  nur  theilweise  geebnet  oder  gar  nicht,  indem 
sie  nach  dem  Krvstallfusse  hin  in  die  poh  edrischen  Furchen  des  unteren  Theils  von  /  über- 
gehen. Fig.  27.  Rhomboeder  flacher  als  —  JR  bringen  nicht  selten  die  oberste  pohedrische 
Fläche  in  der  Weise  zur  Geltung,  dass  zugleich  in  feinem  Wechsel  oder  Treppenbau  die 
Furchung  der  Fläche  y  sioh  bemerklich  macht;  so  z.  B.  auf  —  siR  an  Krystallen  von  An- 
dreasberg.   Fig.  22. 

Unter  den  flacheren  negativen  Rhomboödern  ist  besonders  die  Fläche  <p  =  —  ;'n  II  als 
Uebergannsfiäehe  beachtenswert)] ,  in  feinen,  glänzenden  .Wülstchen  horizontal  gestreift,  auf 
diesen  die  Furchung  von  g  angedeutet;  nach  der  Mittelkante  hin  rundet  sich  <p'  zu  /',  die 
horizontalen  Streifen  zacken  sich  aus,  fallen  ab  in  der  unteren  polyedrischen  Flächenbildung. 
Fig.  42.  47.  Diese  Fläche  ?  zeigt  sich  fast  nur  wenn  und  so  weit  auch  die  anliegenden 
Flächen' mangelhaft  ausgebildet  sind,  z.  B.  auf  Krystallen  von  Matlock,  von  Bleiberg,  von  Pre- 
gratten.  Sie  tritt  an  Scalenoödern  im  Treppenwechsel  auf,  oder  in  Wulsteubildung,  im  Ueber- 
gang  zu  anderen  negativen  Rhomboedern;  und  meist  liegt  sie  in  einer  Vertiefung,  indem  die 
anliegenden  Flächen  höher  aufgebaut,  von  der  Fläche  <t>  durch  einen  rauhen  Rand  getrennt 
sind.  Fig.  45.  48.  Hei  dem  schärfer  ausgebildeten  Treppenbau  wechselt  <p  mit  /;  /  ist  die 
ebenere  Fläche,  *  meist  nach  dem  KrysUllgipfcl  gerundet.  Fig.  51.  Zuweilen  glänzt  die  Fläche 
<p  aus  dem  Kr) stall innern  vor,  einer  Spaltungsrichtung  ähnlich.  Es  hat  den  Anschein  als  ob 
der  Krystall  diese  Fläche  überwachsen  habe,  ohne  durch  inniges  Verwachsen  sie  verschwin- 
den zu  machen.  Hohlräumchen ,  unausgefüllte  Stellen  auf  t.  B.  an  Krystallen  von  Matlock, 
scheinen  mit  den  Furchen  von  t  einzuschimmern,  andererseits  mit  einer  Fläche  R »,  oder  auch 
mit  c  und  /. 

Es  ist  schwierig  über  den  Bau  der  untergeordneten  negativen  Rhomboeder  Untersuchungen 
anzustellen,  weil  dieselben  meist  klein  sind,  Beobachtungen  im  Wesentlichen  auf  das  Zusunimcn- 

AbhaiKlt.  «1.  Senckml».  n*t«rf.  SM  Bd.  X.  10 


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vorkommen  mit  anderen  Flächen  sich  beschränken.  Nur  eine  Fläche  tritt  an  Wichtigkeit  vor, 
ist  nicht  weniger  bedeutend  als  —  2R,  nämlich 

die  Fläche  —  1  ,R.  Sie  bietet  besonderes  Interesse  indem  sie  einestheils  so  ungemein  häufig 
auftritt  wie  kaum  eine  andere  Fläche  des  Kalkspaths,  anderenteils  aber  fast  immer  mangelhaft  aus- 
gebildet ist,  als  g  zu  bezeichnen.  Vor  allem  ist  die  überall  in  die  Augen  fallende  Furchung  genauer 
zu  untersuchen,  das  charakteristische  Kennzeichen  dieser  Fläche,  welches  dieselbe  auch  mitten  auf 
andern  Flächen  vortretend  nachweist,  z.  B.  auf  oR  und  -»tR.  Fig.  22.  136.  140. 

Wir  können  die  Furchung  der  Fläche  g  als  ein  Zusammendrängen  gleichgerichteter  Kn- 
stalltheile  bezeichnen,  allein  weder  die  Art  dieser  Krystalltheile  selbst  näher  bezeichnen,  noch 
die  Veranlassung  welche  die  parallele  Anordnung  derselben  hervorgerufen  und  bewerkstelligt 
hat.  Es  sind  nicht  blos  fasrige  Theilchen,  büschelförmig  zusammengefasst  und  gruppirt;  gegen 
eine  solche  Deutung  würden  nicht  wenige  Erscheinungen  sprechen.  Die  Furchung  von  g  ist 
keine  gleichmässige,  sie  zeigt  eine  bessere  oder  auch  eine  noch  mangelhaftere  Ausbildung  ent- 
weder zunächst  der  Combinationskante  mit  steileren  Rhomboedern.  oder  in  horizontaler  Rich- 
tung  gegen  das  flachere,  positive  Scalenoeder,  oder  endlich  an  den  Polkanten.  Die  Fluche  ist 
so  wandelbar,  wie  die  Flächentheile  aus  welchen  sie  zusammengesetzt  scheint. 

An  Krystallen  aus  dem  Erzgebirge,  besonders  von  Freiberg.  Himmelfahrt,  tritt  zu  den 
beiden  Flächen  der  langgestreckten  Furchenbildung  g  eine  kleinere  welche  steiler  abfällt  als 
diese  Gesammtfiache,  so  dass  die  Erhebungen  auf  g  als  dreiflächige,  nach  der  schiefen  Flächen- 
Diagonale  erstreckte  Pyramidchen ,  oder  auch  als  abgeplattete ,  ungeregelte  Kegelsegmente  sich 
darstellen.  Fig.  56.  Die  dritte,  kleinere  Fläche,  ist  sehr  verschieden  in  den  Porwinkeln. 
Es  sind  all  diese  Flächen  nicht  mathematisch  bestimmbar,  der  sogenannte  Treppenwechsel  der 
Furchung  glänzt  mehr  oder  weniger  genau  ein  mit  anliegenden  Flächen,  z.  B.  den  oberen 
Scalenoedern  'iR\,  oder  'sR">  an  Krystallen  vom  Harz,  mit  'jioR'ji  an  prächtigen 
Krystallen  vom  Lake  superior.  Auf  durchsichtigem  aber  sehr  gestörtem  Krystallbau  des  Kalk- 
spaths von  Agaete  (Hessenberg.  Min.  Notiz.  9  p.  11  und  Fig.  2)  glänzt  über  die  matte 
Furchung  g,  in  Streifen  spiegelnd,  die  Fläche  +  R  ein ;  gegen  die  Mittelkante  hin  aber  wer- 
den die  Giebel  der  Furchung  begrenzt  durch  glänzende  —  •/»  R.  Bei  seltenem  Vorkommen 
von  —  V*  R  oder  vielmehr  g  an  Krystallstücken  von  Island  fällt  die  besprochene  Furchung 
nach  -4R»/»  scalenoidisch  ab. 

Eine  bevorzugte  Bildung  der  Fläche  g  ist  meist  am  Gipfel  von  rhomboedrisch  ausgebildeten 
Krystallen  zu  finden,  an  Krystallen  aus  dem  Münsterthale ,  von  Freiberg  (Churprinz)  und  von 
Prribram;  je  mangelhafter  dabei  die   prismatischen  Flächen  hergestellt  sind,    desto  mehr 


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-    75  — 

gerundet  auch  g.  An  prismatischen  Krystalleu  au»  den.  Münsterthnle,  -  V«R.  cR,  bricht  die 


ein  gleichgefurchtes,  steüercs  Rhomboöder  übe. ,  -  3/5R  oder  -  •/»  R  Fig.  61.  74.  Aber  auch 
an  mehr  geregelten  Krystallbauten  dieses  Fundortes  R .  —  '  »R,  bricht  diese  letztere  Fläche  nach 
einer  tieigehölten  Furchung  ab.  Fig.  57,  vergl.  Fig.  71.  Auf  Krystallen  von  Tharand,  g  .  c, 
sind  es  einzelne  Erhebungen  oder  Gruppen  welche  aus  der  Furchung  gegen  die  .Mittelkante  in 
rauher  Bildung  abfallen,  nach  zwei  Seiten,  Fig.  76,  oder  auch  vorhersehend  nach  einer,  nach 
rechts  oder  aber  uach  links.  Fig.  77.  Kein  Vorkommen  zeigt  so  deutlich  als  das  Przibramer 
dass  sogenannte  Aggregation  von  Krystalltheiien  eben  nur  eine  mangelhafte  Bildung  des  Kry- 
e  tu  Iis  beurkunde,  oder  vor  Augen  lege.  Die  nageiförmigen  Gestalten  bilden  vorzugsweise  die 
Polkanten  aus,  neue  Krystalltheilchen  werden  au  den  drei  Enden  derselben  angesetzt,  der  mitt- 
lere Theil  der  Fläche  bleibt  mangelhaft  erfüllt,  fragmentarisch  gebildet  Fig.  54.  An  dem 
cylindrischen  Fusse  schimmert  hundertfältig  ein  R°  (anscheinend  R  V  =  o)  und  |  -tu.  Es 
entstehen  blumen-  und  sattelförmige  Gruppenkrystalle  indem  die  Fläche  g  zunächst  der  Polkante 
sich  höher  aufbaut,  und  zwar  au  den  Polkanten  oben  wie  auch  unten.  (Kryst  a  Pfl.  Fig.  6 
und  11.)  Meist  ist  dabei  nur  g  als  Flächenbildung  erkennbar,  zuweilen  tritt  auf  dem  Rande 
auch  das  prismatische  c  glänzend  gerundet  auf.   An  Krystallgruppen  von  Traversella,  Fig.  60, 


zeigen  sich  die  buckelartig  gerundeten  c  in  unendlicher  Häufung,  daraus  erheben  sich  beider- 
seits geebnete  Gipfel  -SR  Wo  am  Kalkspatb  von  Przibram  der  scalenoMrische  Hüllenbau 
in  Theilkrystallen  einen  Kern  überkleidet,  zieht  sich  die  glänzende  Ausbildung  des  stumpferen 
Rhomboöders  nach  dem  Krystallgipfel  zurück;  treppig  erscheint  es  auf  den  schärferen  Scalenoöder- 


bildung  der  Flache  -  >/iR  ist  die  bessere  Glättung  zunächst  des  Gipfels  sehr  häufig  sechs- 
seitig begrenzt,  sie  zeigt  einen  scalenoädrischen  Durchschnitt  normal  zur  Hauptaxe.  Fig.  68. 
69.  Bournon  hat  im  2.  Bande  p.  35  dieses  Vorkommen  besprochen,  in  Fig.  löO  abgebildet, 
etwas  mangelhaft  Seine  Deutung  dieser  eigentümlichen  Erscheinung  steht  natürlich  mit  der 
damaligen  Auffassung  von  Kr\. stallbau  ganz  im  Einklang.  Es  schien  das  Resultat  einer  nach- 
träglichen Auflagerung,  »Superpositiont,  krystallinischer  Substanz  vorzuliegen. 

Eine  mangelhaftere  Ausbildung  der  Fläche  g  zunächst  des  Krystallgipfels  findet  sich  zu- 
meist an  missbildeten  Scalenoödern  vom  Harz  und  von  Bleiberg.  Die  Fläche  ist  daselbst  oft 
rauh,  wie  getüpfelt,  etwas  flacher  abfallend  gefurcht.  Fig.  59.  62 *-b-  Zuweilen  ist  sie  zwar 
glänzend  und  eben,  sie  bat  aber  einen  mehr  oder  weniger  scharfen  Einschnitt  vom  Gipfel 


Furchung  zunächst  der 
an  anderen  mehr  gerun 


in  kleine  Eckchen  ab,  Fig.  65  (zu  vergl.  Fig.  66); 
i  c.  g.  E  geht  die  cylindrisch  gewölbte  Fläche  g  in 


Furchung.   Fig.  70.   Bei  solcher  Verschiedenheit  der  Aus- 


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7G  - 

abwärts  in  der  Richtung  der  schiefen  Diagonale,  oder  es  war  an  dieser  Stelle  früher  ein  hohler 
Raum  unerfüllt  geblieben,  fremde  Substanz  hatte  sich  danu  abgelagert,  war  allmälig  über- 
kleidet  worden ,  zeigt  sich  jetzt  als  dunkler  Strich  im  Innern  des  Krystalls.  Dies  besonders 
an  missbildeten,  gerundeten  Krvstallen,  an  Krvstallhüllen  von  Freiber«,  Schneeberg,  Tharand, 
Oberstein,  an  Keulenformen  von  Przibram.  Fig.  63.  73.  75.  El  wird  diese  Dreiteilung  noch 
an  anderer  Stelle  zu  besprechen  sein. 

Es  bleibt  noch  die  verschiedene  Ausbildung  der  Fläche  g  in  horizontaler  Richtung, 
oder  der  gerundete  Abfall  nach  einem  oberen  Scalenoeder  zu  beachten. 

Die  oberen  Scalenoeder.  Da  bei  dem  Quarze  es  erlaubt  ist  von  oberen  Trapez- 
flächen zu  reden,  wird  man  dieselbe  örtliche  Bezeichnung  auch  bei  dem  Kalkspatbe  anwenden 
dürfen.  Es  sind  diejenigen  positiven  Scalenoeder  welche  oberhalb  der  Flache  -f-  R  auftreten 
oder  liegen  würden,  wenn  diese  vorhanden  wäre;  sie  werden  wohl  auch  als  flachere  Scalenoeder 
aufgeführt.  Da  dieselben  sehr  selten  eben  und  bestimmt  begrenzt  ausgebildet  sind,  werden 
gerundete  oder  unmessbare  Flächen  der  Art  im  Nachfolgenden  mit  t  bezeichnet  werden,  als 
dem  Buchstaben  welcher  für  'tR*  gewählt  worden,  unter  diesen  oberen  Scaleiioedern  das 
häufigste.  Man  kann  wohl  sagen .  dass  das  Charakteristische  dieser  oberen  Scalenoeder  die 
Rundung  sei  und  die  Furchung  parallel  der  Kante  mit  —  'liR,  Am  allmäligsten  ist  der  Ueber- 
gang  von  g  nach  /  bei  linsenförmigen  Krvstallen,  z.  B.  von  der  Rongella  bei  Thusis;  es  sinkt 
die  Polkante  von  —  >'iR  als  längere  Scalenoederkante  ab.  Fig.  53.  55.  Der  Krystall  ist 
über  g  besser  geglättet,  als  auf  den  gefurchten  Stellen  /.  Zippe.  Fig.  1,  hat  solche  Krystalle 
von  Prag  als  VioR7  gedeutet,  in  bestimmter  Begrenzung  gezeichnet,  Hessenberg  auch  an 
Krvstallen  von  Agaete  diese  Fläche  messbar  gefunden,  aber  verzerrt. 

Beachtet  man  das  Auftreten  dieser  oberen  Scalenoeder  so  wird  man  sie  stets,  oder  doch 
sehr  häufig  als  Begleiter  eines  mangelhaften ,  ungeordneten  Baus  auffinden.  Am  auffallendsten 
ist  dies  bei  im  Berge  zerbrochenen  Krvstallen.  welche  zur  Ergänzung  ihrer  Gestalt  weiter  ge- 
wachsen  sind.  An  solchen  Bleibcrger  Scalenoedern  fehlt  nie  die  Fläche  t  gerundet  über  g. 
In  diesen  Formen,  nicht  aber  mit  Rhomboederchen  4-  R,  überzieht  der  Krystall  parquetartig 
die  ganze  Spaltfläche  -f-  R  des  geschädigten  scaleuoödrischen  Baues.  Die  grösstc  Mannigfaltig- 
keit dieser  oberen  Scalenoeder  findet  sich  auf  den  Krystallhüllen  des  Andreasbcrger  Vorkom- 
mens, besonders  solchen  welche  die  Fläche  oR  ausgebildet  haben.  Der  Abfall  von  oR  nach  g 
ist  gerundet,  und  diese  Fläche  geht  dann  stets  auch  in  t  über;  ebenso  ist  auch  c  meist  ge- 
rundet, das  zweite  Prisma  glänzend  aber  gewölbt,  4  R  in  zahlreichen  Pünktchen  sich  zeigend. 
(Vergl  z.  B.  Fig.  39,  Rhomb.  u.  Seal.  Fig.  30.)  Die  Krystalle  vom  oberen  See  und  von  Agaete 


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-     77  - 


sind  als  prachtige  Bildungen  gepriesen  worden  (vom  Rath.  Min.  Mitth.  V.  p.  38b.  Hes- 
senberg, Min.  Not.  VII.  p.  1).  sie  sind  aber  doch  mangelhafte  unvollendete  Bauten.  Der 
Gipfel  oft  sechsfach  getheilt  iu  der  Weise,  dass  je  zwei  Abtheilaugen  auf  der  längeren  Sca- 
lenoederkante  einen  langgestreckten  Wulst  bilden,  g  aber  in  Furcheubildung  eingesunken  er- 
scheint. Fig.  5Ö*-  b  Selbst  auf  den  Krystallen  von  Island  fiuden  sich  diese  oberen  Scalenoeder 
nur  auf  gestörten  oder  iu  Nachbesserung  begriffenen  Stellen,  z.  B.  +  *,»  R  -  gefurcht,  unsym- 
metrisch verzerrt,  von  breiteren  Wuisteu  überkleidet  welche  spiessig  ausgefranst  sind :  und  auf 
den  wunderbaren  Bildungen  aus  dem  Ahrnthal  zeigt  sich  dasselbe  Scalenoeder  in  glänzendem, 
breitem  Treppenbau  rings  um  den  ganzen  Gipfel.    ( Hessen  b  er  g,  Min.  Not.  IV.  Fig.  9.) 

Es  kann  kein  Zweifel  sein  dass  die  Herstellung  von  t  in  gleicher  Weise  vor  sich  geht 
wie  diejenige  \<>n  —  l}t  R.  Nicht  nur  die  Furchenbildung  ist  die  gleiche ,  auch  die  spiessige 
Begrenzung  der  aus  denselben  erhobenen  Firste.  (Vergl.  Fig.  64.  67.  71.  dazu  Fig.  58»- b- und 
Rhomb.  u.  Seal.  Fig.  28.)  —  Dass  die  Furchen  von  g  gleichmässiger  geordnet,  mehr  in  gere- 
geltem Treppenwechsel  sich  finden,  die  von  aber  meist  kürzer,  und  auch  weniger  gleich  ge- 
richtet sind,  das  mag  auf  verschiedene  Veranlassungen  zurückzuführen  sein.  Wichtiger  scheint 
die  Anordnung  der  Krystalltheile  selbst  zu  sein,  welche  unsere  Aufmerksamkeit  auf  die  Kanten- 
bildung richtet 

Wir  sehen  auf  der  Fläche  g,  in  der  Treppenbildung  wie  in  der  gerundeten  Furchung,  für 
das  Auge  sichtbare  Krystalltheile.  welche  besonders  im  Uebergang  zu  t  gegen  die  Polkante  in 
spitzem  Winkel  enden.  Fig.  64.  67.  Es  fehlt  dann  die  scharf  ausgebildete  Kante  wie  bei 
Fig.  58*- b-  Dies  führt  auf  die  Vermuthnng  da?s  die  Hersteilung  der  Kante  auf  dem  gleich- 
massig  Gegeueiuanderarbeiten  oder  Verschränken,  auf  den  unter  einem  spitzeren  oder  stumpferen 
Winkel  zusamroenstossenden  Thätigkeitsrichtungeu  des  Krystallbaus  beruht.  Wo  der  Kalkspath 
gleichmässig  den  Bau  fügt,  erstellt  er  die  scharfen  Polkanten,  wo  die  Gleichmässigkeit  mangelt 
greifen  die  Furchengruppen  nach  der  benachbarten  Fläche  Über,  oder  sie  erreichen  dieselbe 
nicht,  der  Krystall  rundet  sich  auf  der  Berührungsstelle,  die  Flachenbildung  fällt  ab  in  sca- 
lenoedrischen  oder  scalenoidischen  Bau. 

Es  ist  von  Zippe  bemerkt  worden  dass  '4  R»  sehr  häufig  in  Combination,  als  einfache 
Gestalt  aber  uicht  zuverlässig  nachgewiesen  worden.  Dies  gilt  auch  von  andern  oberen  Sca- 
lenoSdern,  und  spricht  ebenfalls  dafür  dass  diese  oberen  Scalenoeder  Zeichen  einer  mangelhaften 
Krystallbildung,  dass  sie  blosse  üebergangsflächen  sind.  Die  jedesmalige  Neigung  dieser  Flächen 
würde  nicht  nur  bedingt  sein  durch  die  Ausbildung  der  Fläche  g  oder  —  \t  R,  sondern  auch 
durch  den  KrystaUbau  wie  er  sich  rings  um  diese  oberen  Scalenoederfläcben  hergestellt  findet, 


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insbesondere  also  in  der  Ausbildung  der  steileren  Scalenoeder.  Es  ist  nicht  zufällig  dass  die 
oberen  Scalenoeder,  wie  *j5  R2  oder  '  .R^,  in  den  meisten  Fällen  übereinstimmend  mit  diesem 
oder  jenem  der  unteren  Scalenoeder  gesellt  sich  finden,  oder  mit  der  Endfläche  oR,  oder  mit 
c  und  m,  oder  neben  vorhersehenden,  negativen  Rhombofdern.  Die  Combinationen  welche 
Zippe  in  seiner  bewunderungswürdigen  Arbeit  p.  49  ff.  zusammenstellt  mögen  hierüber  weitere 
Andeutung  geben.  Als  Vorkommen  von  einfachen  Gestalten  solcher  oberen  Scalenoeder  ver- 
mag er  (p.  47.  48),  Bournon  hierbei  folgend,  nur  Zweifelhaftes  aufzustellen,  ganz  gewiss  nur 
gerundete  Formeu. 

Die  prismatische  Fläche  »K  =  c.  Von  den  gerundeten  negativen  Hhomboedern  finden 
wir  noch  in  einer  andern  Richtung  einen  Uebergang,  nämlich  in  der  Hauptaxenrichtung  nach 
ccR  oder  c;  es  zeigt  dabei  auch  diese  Fläche  dass  ihre  Ausbildung  keine  isolirte  ist,  dass  sie 
vielmehr  ebenfalls  in  Zusammenhang  und  Uebereinstimmung  steht  mit  der  Ausbildung  anderer, 
insbesondere  der  anliegenden  Kr) stallflächen.  Am  auffälligsten  ist  dies,  wenn  man  diese  Fläche 
c  vergleicht  wie  sie  auftritt  an  dem  prismatischen  Bau  mit  oR,  an  dem  rhomboedrischen  mit 
—  ':!:,  und  an  dem  scalenoMrischen  l;  \ 

Die  Gestalt  cdR.oR  wird  vorzugsweise  an  Krystallen  von  Andreasberg  gefunden,  und 
zwar  häufig  langsäulig  mit  beiden  oR  ausgebildet,  seitlich  ansitzend  an  den  Kanten  eines  sca- 
lenoedrischen  Kernkrystalls  oder  als  Hülle  eines  solchen,  cf.  Milch.  Trübung.  Fig.  11.  25.  26. 
Wo  auf  der  Fläche  xR  eine  polyedrische  Erhöhung  sich  bemerklich  macht,  hat  diese  eine 
dreieckige  gleichseitige  Gestalt  mit  etwas  gebogenen  Linien ,  etwa  wie  beim  Quarze  auf  ±  R. 
Fig.  78.  80.  83.  Die  Gestalt  der  Erhebung  ist  verschieden ,  sie  ist  länger  erstreckt  bei  lang- 
s&uligen,  kurzgedrungen  bei  mehr  tafeligen  Krystallen.  Auf  vollkommen  ausgebildeten  Prismen 
ist  wol  die  Fläche  »R  durchaus  gleichmässig  geebnet,  bei  gestörter  Kristallbildung  tritt  aber 
ein  Unterschied  ein  zwischen  dem  Flächentheil  welcher  einer  positiven  +  Kante  und  dem  welcher 
einer  negativen  -  Kante  anliegt.  Mit  dem  krystallographischen  Begriff  »R  muss  auch  die 
Bezeichnung  aufhören,  der  Buchstabe  c  an  ihre  Stelle  treten,  es  können  dann  die  anliegenden 
Combinationskanten  ganz  zweckmässig  mit  +  oder  mit  —  bezeichnet  werden.  Der  Theil  von 
e  welcher  der  positiven  Kante  anliegt  ist  in  der  Regel  weit  besser  hergestellt  und  ausgebildet 
als  der  negative  andrerseits;  er  ist  glänzend,  convex  gewölbt,  der  negative  mehr  scalenoidisch 
abfallend.   Fig.  79.  81.  82. 

Bei  seitlich  verzerrten  Flächen  wird  auch  die  Gestalt  der  polyädrischen  Erhebung  in  ähn- 
licher Richtung  sich  ausdehnen  und  erstrecken  wie  die  Gesammtfläche ,  einseitig  spiessig  nach 
rechts  oder  nach  links  verzogen,  die  Basis  der  polyedrischen  Parquetformen  treppig  sich  wie- 


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• 

derholend.  Fig.  92.  99.  100.  102.  Stets  wird  diese  Basis  die  Stelle  der  positiven  •  Combiuations- 
kante,  oder  des  positiven  Flächentheils  andeuten,  der  zugespiute  Gipfel  aber  auf  den  nega- 
tiven Theil  hinweisen.  Die  Erhebungen  erfüllen  bald  die  ganze  Prisraenfläcbe,  oder  sie  grup- 
piren  sich  neben  einander,  oder  es  treten  auch  kleinere  Formen  aus  grösseren  hervor,  ganz 
ebenso  wie  dies  beim  Quarze  auf  ±  R  bemerkt  worden  ist.  Fig.  80.  -  Aus  der  Stellung  der 
poly&drischen  Erhebungen  kann  man  stets  auf  die  Bedeutung  auch  manuelhaft  hergestellter, 
anliegender  Flächen  schliessen,  so  ist  an  Fig.  81  einem  verzerrten  Prisma  von  Andreasberg 
für  die  anliegende  scalenoidische  Gestalt  die  Kante,  als  eine  längere,  mit  Y  zu  bezeichnen,  au 
Fig.  82  aber,  einer  Darstellung  der  benachbarten  Fläche  c,  geht  diese  in  die  Kante  X  ge- 
über. In  ähnlicher  Weise  ist  die  Rundung  auf  verzerrten  Krystallen  von  CornwaU, 
von  Andreasberg  zu  deuten,  das  Prisina  zu  steilerem  Khomboeder  verzogen.  Fig.  M, 
Die  auf  der  Fläche  ccR  nicht  selten  vorkommenden  Vertiefungen  stehen  ohne  Zweifel 
mit  solchem  polyeVirischen ,  ungleichmässigen  Fortbauen  im  nächsten  Zusammenhange.  Wie  die 
Erhebungen  ausgebildet  sind,  so  auch  in  umgekehrter  Stellung  die  Vertiefungen.  Siud  die 
ersteren  langgestreckt,  so  sind  auch  die  Vertiefungen  schmal  eingezeichnet,  breit  aber  gerundet 
und  nach  der  Endfläche  erstreckt  auf  tafelförmigen  Krystallen.  Die  Spitze  der  Hohlräumchen 
ist  gegen  +  c  gerichtet ,  gegen  die  positive  Combinationskante  -,  die  Basis  der  gleichseitigen 
Figuren  gegen  die  negative  Kante.    Fig.  80.  ö8. 

Wie  solche  gewachsene  Hohlformen  so  sind  wol  auch  die  durch  Aetzung  entstandenen  zu 
deuten.  In  einer  Schrift  über  den  Asterismus  am  Calcit  hat  Herr  Dr.  Haus  hofer  in  zahl- 
reichen Abbildungen  sie  zur  Anschauung  gebracht  Die  Hypothese  über  den  Krystallbau  von 
welcher  dieser  Forscher  bei  der  Erklärung  ausging,  hat  ihn  vielleicht  zu  weit  geführt.  So 
lauge  wir  über  deu  Aufbau  der  Krystalle  nichts  Bestimmtes  wissen,  bleibt  uns  eine  verschie- 
dene Einwirkung  der  Säuren  ein  Räthsel,  wir  dürfen  nicht  sprechen  von  radialer  Wirkung  der 
trennenden  Kraft,  von  Lösung  der  Trennungswiderstände,  von  Zusammensetzungsflächen  im 
Innern  des  Krystalls.  Die  Vertiefungen  sind  nicht  aufzufassen  als  Flächen  von  Theilgestalten, 
durch  die  Säure  gleichsam  aus  dem  Gesammtaggregat  herausgespalten  worden  ;  wir 


boeder«  versuchen.   Das  Grundrhomboeder  hat  mit  den  polyedrischen  Erhebungen  und  Vertie- 
fungen auf  ooR  gar  nichts  zu  thun;  die  auf  Fig.  20  der  beigegebenen  Tafeln 
Zeichen  sind  wol  richtig  angegeben,  allein  die  polyedrischen  Erhebungen  Fig.  19 
möglich  in  gleicher  Weise  gerichtet  sein  wie  die  Vertiefungen  Fig.  20;  die  Zeichen  ± 


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Die  Fläche  xR  oder  r  wenn  sie  in  Corobination  mit  dem  stumpferen  -  Rhomboeder 
auftritt ,  zeigt  anscheinend  ganz  verschiedene  Kennzeichen.  Sie  findet  sich  «o  besonders  cha- 
rakteristisch ausgebildet  an  KrystallhtUlen  au*  dem  Erzgebirge,  von  Tharand,  von  Freiberg, 
Grube  Himmelfahrt,  meist  über  erkennbarem  scaleno&iriscbem  Kern.  Bereits  in  der  Abhand- 
lung: ühomboeder  und  Scalenofcier  p.  9  Note  *)  ist  aufmerksam  gemacht  dass  die  Erhe- 
bungen auf  diesen  prismatischen  Flächen  umgekehrt  zu  stehen  scheinen  wie  bei  den  Harzer  Kry- 
stallen  »R .  «R.  Fs  scheint  die  Basis  der  polyednscheu  Erhebungen  bei  den  rhombofdrisch 
gegipfelten  Krystallen  gegen  die  horizontale  Combinationskante  mit  —  VsR  gerichtet;  die  Spitze 
gegen  die  beiden  schrägen  Kanten  Fig.  98.  104.»  b-  *  Fs  tritt  diese  Spitze  schärfer  in  der 
Giebelung  aus  der  prismatischen  Fläche  vor;  während  sie  bei  den  Andreasberger  Krystallen 
allmälig  in  die  Fläche  sich  versenkt,  fällt  sie  hier  nach  beiden  Seiten  in  glänzenden,  scalenoi- 
dischen  Flächen  ab,  die  Firste  dieser  gehäuften  Erhebungen  bilden  entlang  der  schiefen  Com- 
binationskante einen  Treppenhau.  welcher  nach  beiden  Seiten  mit  den  scalenoidischen  Flächen 
gemeinsam  eiuglänzt.  Fig.  104. K '"•  Diese  Erhebungen  sind  mannigfaltig  gebrochen,  in  drei, 
fünf  oder  auch  sieben  glänzende  Flächen ,  deren  Gipfel  bald  mehr  nach  der  einen,  bald  nach 
der  andern  Seite  verschoben  ist  in  der  Richtung  der  Hauptaxe.  Auch  die  Gitterung  der  Fläche 
<xR  ist  mit  diesen  polyedrischen  Erhebungen  zusammenzustellen,  Fig.  90.  79.  Bei  verzerrten 
Krystallen  ist  dieselbe  zuweilen  nur  an  zwei  diagonal  gegenüberliegenden  Ecken  aufzufinden, 
dazwischen,  in  der  Flächenmitte  *R,  geebnet  und  glänzend,  die  Seitenkanten  schief  gestellt, 
kein  rechter  Winkel  ausgebildet. 

Wieder  in  anderer  Weise  tritt  e  an  dem  soalcnoedrischen  Krystallbau  auf;  wo  dieser 
vorherseht  ist  r  fast  immer  gerundet,  verschieden  gegen  die  längere,  stumpfere  Polkante  ge- 
bildet, und  gegen  die  kürzere.  Fig.  96.  132.  Auch  an  Hüllenbildungen,  z.  B.  an  Krystallen 
vom  Erzgebirg,  Hüllen  c .  g .  R»  über  einen  Kern  R',  ist  die  Erbebung  flach  kegelförmig,  con- 
centrisch  nach  der  Flächenmitte  gerichtet.  Fig.  85.  Bei  gestörter  Krystallbildung  findet  c  sich 
oft  in  grosser  Anzahl,  kleine  glänzende  Flächen,  convex  gewölbt  zunächst  der  kürzeren,  nega- 
tiven Polkante,  in  dreiflächig  abfallender  polyödrischer  Erhebung  zuuäehst  der  längeren,  posi- 
tiven. Fig.  88.  Diese  dreiflächigen  gerundeten  Erhebungen  glänzen  meist  gemeinsam 
ein,  und  zwar  die  oberste  Fläche  als  -f-niR,  die  beiden  seitlichen  scalenoidisch  als  -f-mR»; 
oder  es  ist  auch  -f-mR  bestimmter  als  +4R  ausgeprägt,  glänzt  dann  Uber  die  stumpfere  Pol- 
kante hin  wiederholt  ein,  Fig.  91 ;  es  schimmern  wol  auch  noch  kleine  Pünktchen  -f-  R  neben 
-f4R  in  Treppenbildung  vor. 

Sollte  c  auf  der  Aussenfläche  missbildeter  Scalenoeder  fehlen,  so  ist  es  ganz  gewiss  ein 


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-    81  — 

Huhlräumchcn  «1er  mangelhaft  aufgeführten  Stelle  zu  finden,  es  schimmert  oder  glänet  dann, 
zugleich  mit  -  -  i  K  aus  den  über  die  Scalenoederfläche  fi3  vertheilten  kleinen  Vertiefungen 
hervor.  Auf  Krystallen  von  Bleiberg  welche  im  Berge  «erbrochen,  in  verschobener  Stellung 
der  Theile  wieder  zusammengewachsen  sind,  zieht  meist  c  in  langen  glänzenden  Wülsten  oder 
Streifen  mit  +4R  zwischen  einem  älteren  und  einem  frisch  gebadeten  Rs  hin,  z.  Th.  wie  ein 
gerundetes  Band,  der  obere  TheU  gegen  die  längere  Polkante  Y  matt,  der  untere  gegen  die 
kürzere  Polkante  X  glänzend  gewölbt,  Fig.  149.  157. 

Die  Verschiedenheit  der  Ausbildung  einer  positiven  und  einer  negativen  Hälfte  der  Fläche 
c  ist  am  augenscheinlichsten  bei  Zwillingen  parallel  oft  zu  erkennen,  sie  zeigen  oben  wie  unten 
die  gleiche  Ausbildung.  Einigcrmassen  schwierig  ist  es  aber  die  Kennzeichen  der  beiden 
Hälften  bestimmter  anzugeben;  im  Ganzen  genommen  ist  wol  die  positive  Hälfte  matter,  die 
negative  aber  glänzender  gewölbt;  allein  es  tritt  meist  eine  Fnrchung  in  der  Richtung  der 
Hauptaxc  dazu ,  wol  auch  ein  mannigfaltiger  Wechsel  von  matt  und  glänzend ,  ähnlich  wie  in 
der  Landkartenbildung  des  Bergkrystalls ,  so  insbesondere  auf  durchsichtigen  Krystallen  von 
Hauschenberg,  Fig.  86.  87.  Diese  Furchung  in  der  Hauptaxenrichtung  lässt  sich  an  grösseren 
Krystallen  von  Bleiberg  cbensowo)  auf  der  positiven  Hälfte  von  c  auffinden,  wie  auf  der  nega- 
tiven,  auf  erstercr  feiner  und  schärfer  geschnitten,  bei  letzterer  breiter,  glänzender  gerundet. 
Bei  der  grossen  Mannigfaltigkeit  der  Ausbildung  dieser  Fläche  an  den  verschiedenen  Krystall- 
gestalten  des  Kalkspaths  ist  aber  doch  in  der  Bauweise  eine  gewisse  Übereinstimmung  nicht 
zu  verkennen,  wir  können  es  verfolgen  wie  mit  der  Abänderung  des  herschenden  Typus  eines 
Fundortes  in  eiue  andere  Gestaltung  oder  Missbildung,  auch  die  Fläche  c  in  ihrer  charak- 
teristischen Ausbildung  sieb  dieser  letzteren  anpasst;  so  z.  B.  bei  der  scalenoidischen  Rundung 
der  Krystallhflllen  vom  Mtlnsterthale,  Fig.  61.  02.  74,  und  den  keulenförmigen  Gruppenbauten 
von  Przibram,  Fig.  97.  Dnbei  sind  die  eigentümlichen  Kennzeichen  der  negativen,  steileren 
Rhomboeder  im  wesentlichen  übereinstimmend  mit  den  Kennzeichen  der  negativen  Hälfte  von  c. 
Untersuchen  wir  auch  den  Uebergang  zu  den  positiven  Rhomboödern. 

Die  positiven  Rhomboeder  +  4R.  +  R  Wie  unter  den  negativen  Rhomboedern 
die  Flächen  —  ■jbR  und  — 2R  vorzugsweise  von  Bedeutung  sind,  so  unter  den  positiven  Rhom- 
boedern die  Flächen  +R  und  +  4R.  Andere  wie  +  16  R  finden  sich  wol  ausschliesslich  nur 
an  missbildeten,  verzerrten  Krystallen,  sind  eher  ein  Gesammtbegriff  ungeregelter  Flächenhäuf- 
ung. S.  z.  B.  Fig.  84.  llü.  Auch  die  Fläche  +4R  zeigt  sich  meist  an  missbildcten  Gestalten, 
an  unvollendetem  Krystallban,  ist  aber  für  sich  von  vortrefflicher  Glätte  und  Glanz.  Seihst  an 

I o t~ |v t - 1"  ^C'fü^ t tj ITi  \ i^xw |  t ^ t . i  irV t-lclit-ifi    |  4 1 1 ] _ ^    ^ilIlIt^iiIil.ii  flollllilli ] 1 1 t , I \  nln. I4^^!..  iSa»  ^    1  cl \ i  £  III (^1) (i 

AbluiBdL  «L  S«!«*«.!.  n.lurf  Gr»,  iw.  x.  !  l 


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-    82  - 

der  Glanz  auf  den  hergestellten  Flächentheilen.  Diese  Fläche  stimmt  in  ihrem  Auftreten  cben- 
sowol,  wie  auch  in  der  meist  vollendeten  Ausbildung  durchaus  mit  der  Fläche  2P2  beim  Bcrg- 
krjstall.  Während  aber  dort  der  häufige  Begleiter  das  Trapezoeder  ist,  finden  sich  die  Be- 
gleiter für  -f  4R  in  der  rhomboedrischen  Hauptzone ,  sie  bildet  Treppenwechsel  entweder  mit 
-f-R,  oder  aber  mit  dem  gerundeten  c.  Auf  ungeregelt  vortretenden  Eckchen  und  Wulstbil- 
dungen spiegelt  +4R  sehr  oft  ein;  an  Erhöhungen  auf  oR  der  Maderanertafcln,  auf  welliger 
Rundung  von  c  (z.  B.  Fig.  103),  auf  rauhem  +R  wie  an  sealenoedriseben  Gestalten,  und  dies 
ebenso  an  der  längeren  Polkante,  wie  in  vertieften  Stellen  mangelhaft  erfüllter  Flächen.  Be- 
sonders an  Hüllen  über  KernkrysUllen  ist  -f  *H  ungemein  häufig  in  Punkten  oder  in  schmalen 
Streifen  zu  entdecken;  beim  Fortwachsen  des  Scalenoeder»  Rs  in  Ueberkleidung  fremdartiger 
Substanz  tritt  es  überall  vor  wo  das  Scalenoeder  gerundet  oder  in  einzelne  Krystalltheile  auf- 
gelöst erscheint,  es  schwindet  wo  R»  eben,  der  Krystall  geeinet  ist.  Vortrefflich  geeignet  zu 
derartigen  Untersuchungen  sind  gerundete,  fassähnliche,  scalenoidische  KrysUlle  von  Andreas- 
berg welche  entweder  in  schlankerer  Form  am  Gipfel  sich  büschelartig  ausfasern,  oder  auch 
breiter  und  kürzer  eine  rauhe  Fläche  oR  gebildet  haben;  Fig.  96.  108.  +4R  ist  meist  die 
einzige  Stelle  welche,  in  der  Flächenmitte  wenigstens,  glänzend  und  vollständig  eben  ist,  die 
Kanten  sind  gerundet  oder  ausgefasert,  c  bauchig  gerundet.  Eine  stengliche  Ausbildung  mit 
vorhersehender  rhomboedrischer  Thätigkeitsrichtung  des  Krystallbaues  zeigt  sich  häufig  auf  der 
geebneten  Flache  +  4R  in  dem  Auftreten  zahlreicher  Hohlfonncn,  Fig.  106.  107.  111.  Wie  früher 
die  parquetartigen  dreiflächigen  Erhöhungen  auf  dem  positiven  Theile  von  c  erwähnt  wurden,  so 
ist  derselben  polyPdrischen  Erhebungen  auch  auf  der  Rundung  von  »«,  auf  dorn  Abfall  nach  c 
zu  gedenken,  Fig.  91.  Auch  ein  Zusammenhang  mit  der  scaleno&lrischen  Krystallbildung  offen- 
bart sich,  denn  ebenso  wie  +  4  R  in  den  Hohlformen  von  Rs  sich  zeigt,  so  spiegelt  andererseits 
das  anliegende  Scalenoeder  mRu  in  den  Hohlräumchen  von  +4R  ein.  Nicht  weniger  Hessen 
sich  gewisse  Uebereinstimmungen  von  +  4R  und  —  2R  auffinden,  z.  B.  in  den  Formen  der 
Vertiefungen  oder  Hohlformen  eines  mangelhaft  vollendeten  Baus;  beide  in  der  Richtung  der 
Hauptaxe  oder  der  rhomboedrischen  Thätigkeitsrichtung  erstreckt,  aber  die  Zuspitzung  umge- 
kehrt, Fig.  16.  111. 

Unter  den  Kennzeichen  der  Fläche  +  4R  sind  gerade  die  Hohlformen  von  wesentlicher 
Bedeutung,  sie  sind  der  Grund  einer  gewissen  Mannigfaltigkeit  der  Flächenheschaffenheit. 
Gewönlich  ist  diese  Fläche  zwar  eben  und  vortrefflich  glänzend,  dies  besonders  bei  Krystallen 
von  Island,  vom  Lake  su]*rior,  von  Matlock,  von  Bleiberg,  von  Andreasberg;  allein  wenn  die 
Einung  der  Flächentheilchen  eine  mangelhafte  ist,  so  machen  sich  die  rauhen  oder  matten 


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-    83  — 

Steifen  in  der  Gesaramtwirkung  geltend,  so  bei  den  Krystallbauten  vom  Madcrancrthal ,  von 
Rossie,  von  Wiesloch,  von  Adclsberg.  Au  den  Stalaktiten  von  Bellamar  ist  die  Fläche  «mächst 
des  Gipfels  oder  +R,  glänzend  aber  getüpfelt  durch  matte  Stellen,  weiterhin  fällt  sie  nach  c 
in  stenglichen  Gruppen  ab,  auf  deren  Gipfel  stets  ein  +  4R  einglänzt,  Fig.  95.  In  ähnlicher 
Weise  finden  wir  es  an  den  verschiedensten  mangelhaften  Krystallbildungen ,  als  glänzende 
Pünktchen  auf  der  längeren  Sealenocderkante  in  Ergänzung  begriffener  Ery stalle  von  Bleiberg, 
auf  Krystallhüllen  gestörter  Bauten  von  Oberstem  und  von  Tbarand,  auf  gewölbten  Prismen 

bildangen  oder  Ausheilungen  ist  es  diese  Fläche  welche  unter  den  ersten  aus  der  rauhen 
Ruudung  hervorglänzt. 

Die  Gestalt  der  Vertiefungen  ist  meist  eine  dreiseitigo,  in  der  Richtung  der  Hauptaxe 
erstreckt;  die  Spitze  ist  gegen  e  gerichtet,  oft  meint  heilig  ausgespitzt,  die  Basis  bald  ein- 
springend, bald  ausspringend  gerundet,  Fig.  111.  Von  bestimmbaren  Flächen  sind  die  Hohl- 
räume nicht  umgeben,  doch  schimmern  sie  stellenweise  mit  anliegenden  Flächen,  besonders 
scalenoedrischen,  zusammen  ein. 

Die  Vertiefungen  auf  -|- 4 R  scheinen  auch  bei  dem ( Bleiberger  Vorkommen  welches  Hes- 
se n  b  e  r  g  Min.  Not.  Nr.  4.  p.  6  beschrieben,  bcachtenswerth  zu  sein ;  -f-  4R  nicht  so  rein  und 
glänzend  wie  —  f  Ii  »sondern  mit  einem  Anhauche  behaftet,  welcher  ihr  nur  ein  schimmerndes 
Spiegelbild  übrig  lasst.  Es  ist  eine  Gitterstreifung  zuweileti  auf  der  Flache  -4-  (Ii  zu  bemerken, 
z.  B.  an  grösseren,  etwas  bauchigten  Krystallen  von  Traversella  der  Gestalt  R1 .  c . —  V«R- 
f  4R  In  schuppenäh nlichen  Theiltiachcn  fällt  -f  4R  nach  der  gerundeten  c,  der  rauhe  trep- 
pige Abfall  nach  den  zwei  Seiten  scalenoidisch  einschimmernd,  Fig.  109.  Ganz  ähnlich«  s  findet 
sich  bei  elfenbeinweissen  in  Ergänzung  begriffenen  Scafenoödern  von  Bleiberg;  auf  dem  ge- 
rundeten Prisma  in  schuppenähnlicher  Bildung +4R,  nur  im  obersten  Winkel  zwischen  RS:R» 
geebnet.    (Vergl.  auch  Fig.  96.  Andreasberg,  und  Fig.  88.  91.) 

Auf  eine  gewisse  üebereinstimniung  des  Baues  der  positiven  Rhomboeder  deutet  die 
Treppenbildung  welche  unter  denselben  sehr  häufig  aufgefunden  wird  ,  am  bestimmtesten  wol 
an  Krystallen  von  Island,  als  +  4R  und  +  R,  Fig.  163,  auch  als  +  R .  +4R .  +  10R  Bei 
solchem  Treppenwechsel  ist  +4R  zuweilen  nach  einer  seitlichen  Richtung  in  spiessige  Wubt- 
häufungen  verzerrt,  welche  mit  der  Furchung  auf  R*  parallel  gerichtet  ist,  oder  in  dieselbe 
überzugehen  scheint,  Fig.  155.  An  solchen  Stellen  spiegelt  +10R  in  vielen  kleinen,  convex  ge- 
rundeten, dreiseitigen  Flächen  ein,  von  matter  Furchung  umgeben,  R»  aber  wechselt  ebenfalls 
matt  mit  Rs,  und  die  üebergangsfläche  -4R»,»  fehlt  nie,  Fig.  160. 


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—  84 


Eine  der  interessantesten  Flächen  des  Kalkspaths  ist  das  sogenannte  Grundrhomboeuer 
+  R;  krystallographisch  ist  sie  unbedingt  auch  die  wichtigste  Flache.  Da  die  Spaltbarkeit  des 
Minerals  hauptsächlich  in  der  Richtung  von  +R  sich  offenbart,  hat  man  geglaubt  auch  den 
kleinsten  Grundbestandteilen,  den  Molecülcn  des  Kalkspaths,  diese  Gestalt  beimessen  zu  dürfen 
oder  zu  müssen,  als  den  Grundtypus  dieses  Minerals. 

Wir  finden  im  Gänsen  genommen  die  Fläche  +R  als  eine  seltnere  Erscheinung,  und 
/war  entweder  vorhersehend,  dann  aber  unvollständig  erfüllt,  rauh,  in  tiefen  Furchen  gegittert, 
(milch.  Trübung,  Fig.  2.  4.  19)  oder  aber  an  scalenoeMrischem  Hau  untergeordnet,  meist 
zwischen  oberen  ScalenoCdern  oder  —  ,R,  und  unteren,  steileren  Scalenoedern.  Im  ersteren 
Falle  bildet  es  oft  Treppeiiwechsel  mit  -f-4R  und  im  letzteren  wol  auch  mit  den  anlie- 

genden Scalcuoedern.  An  Krystallhüllen  von  Tharand,  an  Krystallen  aus  dem  Maderaner  und 
aus  dem  Schächenthal  führt  der  Wechsel  einerseits  Uber  /  nach  g,  andererseits  über  n  nach 
R*.  In  der  Adelsbcrgcr  Grotte,  Wiesloch,  Sinzheim  ist  es  stets  die  gerundete  Form,  die  raube 
Fläche,  aus  welcher  sich  -f-R  herausbildet,  mehr  oder  weniger  scharf  begrenzt;  entweder  in 
Regleitung  von  -f-4R  oder  auch  allein  tritt  es  auf  au  rauheu,  scalenoidischen  Gipfelchen,  in 
Pünktchen  oder  in  kurzen  Streifchen.  In  den  Höhleu  der  rotben  Felsen  am  Meeresufer  bei 
Mentone  sind  die  gerundeten  Krystalle  mit  rauhen,  coniseben  Formen  überdeckt,  welche  in 
ihren  Gipfelchen  mit  einem  Funkte  -f-  K.  oder  -f  R  und  /  einglänzen.  Aehnlich  findet  sich  auf 
Maderatiertafeln  -f- Ii  rauh  vor-  oder  aufgewachsen,  iu  Vertiefungen  g  und  /  einglänzend,  und 
ein  steileres  Scalenoöder,  aus  der  rauhen  OI>erfiäche  an  kleinen  Gipfelchen  glänzende  Pünktchen 
-j-R  vortretend.  Auf  den  Krystallen  des  oberen  Sulzbachthaies,  fast  linsenförmigen  Gestalten, 
ist  g.t.f.c  und  u  gerundet  in  einander  übergehend;  über  die  ranne  Oberfläche  hin  schim- 
mern glänzende  Pünktchen  +R  gemeinsam  nach  den  verschiedenen  Richtungen  ein.  Auf  den 
Gruppenbauten  aus  dem  Münsterthale  ist  -f-R  rauh,  -  ViR  daneben  gewölbt  aber  glänzend, 
ebenso  auch  c.  Es  schimmert  hier  auf  der  rauhen  Fläche  +R  oder  P  beiderseitig  die  be- 
nachbarte g  ein,  oder  es  fällt  auch  die  geebnete  Fläche  +R  in  gerundeter  Treppenbildung 
nach  n  ab.  An  Krystallen  von  Rossie  ist  -f-R  tief  gefurcht,  und  gegittert  durch  g . «,  grosse 
Krystalle  von  Garns,  Steiermark,  mit  vorhersehendem  -f-R  sind  rauh,  nach  der  schiefen  Dia- 
gonale gestrichelt,  mit  der  gerundeten  u  einschimmernd;  von  Island  finden  sich  blassröthliche 
Krystalle  P .  r .  an  welchen  auf  der  rauhen ,  tief  gekerbten  Fläche  P  einerseits  die  glänzende 
Rundung  nach  h  oder  r  einspiegelt,  andererseits  das  gerundete  /.  Selten  nur  ist  die  Haupt- 
rhomboederfläche  vollkommen  geebnet  und  glänzend;  vom  Rath,  Min.  Not.  Nr.  5  erwähnt 
sie  auf  kleinen  Krystallen  von  Hausach  als  vollkommen  glänzend,  aber  unsymmetrisch  aus- 


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I 


von  Bleiberg,  von  Matlock  wird  diese  Fläche 

R» 

in  +  Ii  ein  Grumitypus  des  Kalkspaths  uns  ent- 


Fortbildung oder  «Entwicklung  des  Kry- 
Dic 


hegt  oämbch  im  Krcuzuncspunktc  der  beiden  Hauptzonen  des  Kalkspaths,  der  rhoinboedrischen 
und  der  scalenoedrischen;  und  dieser  Umstand  scheint  nicht  nur  vom  wesentlichsten  Einflasse 
zu  sein  auf  die  Ausbildung  der  Fläche  selbst,  sondern  auch  auf  deu  Zusammenhalt  des  Gefüges 
im  Innern  und  die  Spaltbarkeit.  Es  bezeichnen  diese  Zonen  Thätigkcitsrichtungen  des  bauenden 
Krystalls,  deren  Resultat  ebenso  durch  den  ganzen  Bau,  wie  in  einer  Fl&chenbüdung  auf  dem 
Kreuzungspunkte  sich  offenbart. 

Das  Auftreten  des  Zonenverbandes  und  auch  der  Reihenbildung  ist  ein  so  auffallendes, 
Überraschendes,  dass  die  Wissenschaft  sich  nicht  entschlagen  konnte  auf  die  Veranlassung  ein- 
zugehen. Ein  denkender  Forscher  (vom  Rath,  Min.  Mitth.  Forts.  5.  p.  397)  bemerkt  dass 
es  fast  den  Anschein  gewinne,  als  ob  in  gewissen  Couibinationen  benachbarte  Flächen  durch 
sich  kreuzende  Zonen  das  Auftreten  neuer  Flächen  bedingten  und  bewirkten.  Biese  Auffassung 
ist  gewiss  eine  ganz  berechtigte,  die  Lösung  des  Räthscls  werden  wir  finden,  wenn  wir  das 
innerliche  Schaffen  des  Krystalls  in  den  sich  kreuzenden  Bildungsrichtungen  Studiron.  Hes- 
senberg bemerkt  in  No.  11  p.  16  zum  Isländer  Kalkspat h,  wie  zwischen  *sP2  und  —  Iii  ■ 
die  Fläche  — J.»R-s  »gleichsam  störende  sich  einschiebe,  ebenso  zwischen  —  4R5u  und  4R 
die  Fläche  10R.  Aehnliche  Aeusserungeu  finden  sich  in  dem  trefflichen  Aufeatze:  Klein, 
p.  7.  8.  17.    Diese  störenden  Flächen  scheinen  aber  auch  blosse  Uebergangsflächen  zu 

Fläche  kaum  entsprechen,  wenigstens  nicht 


Das  Vorhersehen  der  geometrischen  Richtung  in  der  Mineralogie  hat  es  mit  sich  ge- 
bracht, dass  alles  was  in  der  Mathematik  als  »Gesetz«  bezeichnet  war,  auch  als 
die  Mineralogie  galt.   Ein  Gesetz  muss  eine  Notwendigkeit,  einen  Zwang  im  Gefolge 
wir  könuen  vorerst  ein  »Gesetz«  welches  dem  ZoneuverhälUiisse  zu  Grunde  liegt, 

ler  Zonen  nöthigt,  so  wenig  angeben  wie  cm  solches  für  das 
beim  Kalkspathe.  Es  ist  möglich  dass  bei  diesen  Ergebnissen  des  Kry- 
wie  deu  Reiben,  die  gleiche  Veranlassung  zu  Grunde  liegt,  wir 


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indess  bis  jetzt  nur  Thatsachen,  Resultate.  Wir  müssen  die  Gesetze  des  Krystallbaus ,  welche 
auch  üi  der  äusseren  Krystallbegreuzung  so  auffällige  Resultate  zu  Wege  bringen,  erst  auf- 
suchen. Es  tat  Selbsttäuschung  wenn  wir  veruichion  »die  Gesetze«  der  Reihen  sowie  der  Zonen- 
folge bereits  zu  besitzen.  Diese  Gesetze  werden  uns  einst  auch  nachweisen,  wie  das  Ebnen  der 
Krystallflächen  überhaupt  aus  der  gerundeten  Gestalt  statt  finde. 

Die  steileren  Scalenoeder.  In  der  scalenoedrischen  Hauptzone  sind  es  be- 
sonders drei  Flächen  mit  welchen  wir  uns  hier  beschäftigen  werden,  es  sind  die  Flächen  U'. 
l;  und  cdP2.  Andere  flachere  Scalenoeder  wie  R3/i  .  Rj/j  werden  hauptsächlich  deshalb  we- 
niger Berücksichtigung  finden  können,  weil  sich  weniger  Material  dazu  geboten,  diese  Flächen 
meist  nur  klein  vorkommen.  Es  wäre  aber  sehr  zu  wünschen,  dass  sie  als  Mittelglied  zwischen 
R  und  K  •  eine  sorgfaltige  Bearbeitung  noch  fänden.  Wenn  sie,  bei  der  häufigen  Treppen- 
bildung, vielleicht  als  Uebcrgaugsflachen  zu  bezeichnen  sein  möchten,  so  liegt  diese  Wahr- 
scheinlichkeit auch  für  R*  vor,  den  treuesten  Begleiter  von  RJ,  treppig  mit  diesem  oder  in 
gerundetem  Uebergang. 

Mau  kann  die  gleiche  polyedrische  Erhebung  auf  R8  =  y  finden,  wie  anf  R*  =  r;  dann  ist 
>i  stets  glänzend,  convex  gerundet,  R'  aber  mehr  geebnet  oder  auch  rauh,  in  Gitterstreifung, 
Fig.  125.  Gitterung  und  Hohlformeu  sind  wol  nur  auf  R3  zu  finden,  sie  brechen  ab,  wo 
die  Fläche  nach  dem  glänzenden  y  sich  rundet  Die  Vertiefungeil  sind  dreiseitig  aber  un- 
geordnet, mit  rauhen  Wänden,  nicht  bestimmbar,  Fig.  117.  120.  121.  123.  In  denselben 
erscheint  die  Rundung  über  R*  nach  «,  das  gerundete  c,  wol  auch  eine  Nachbarfläche  Rs  und  <p. 
Nicht  weniger  schwierig  ist  es  die  Erbcbungsgestalten  auf  R*  bestimmt  zu  bezeichnen  da 
unter  denselben  eine  sehr  grosse  Mannigfaltigkeit  aufzufinden  ist.  Es  sind  meist  zugespitzte 
Wulste  oder  ungeregelte  Kegelsegmente,  welche  mit  der  breiteren  Basis  auf  der  längeren  Scalc- 
noäderkante,  oder  auf  der  Combinationskante  zu  c,  oder  zu  +4R  stehen,  mit  der  Spitze  gegen 
die  schärfere  Scalenoederkantc  X  gerichtet  sind,  Fig.  118.  122.  Es  scheint  dass  eine  gedrängte 
Gruppenbildung  solcher  Erhebungen  auch  die  Veranlassung  der  so  häufigen  Treppenbildung 
auf  r  ist,  der  Furchung  parallel  der  Combinationskante  zu  +  R.  Auf  anscheinend  durch  Berg- 
krystall  zersprengten  Scalenoedern  von  Bourg  d'Oisans  ist  R»  häufig  in  Nachbüdung  von  dicht- 
gedrängten spiessigen  Gruppen  überdeckt,  welche  in  ihrer  Gesainmtheit  in  der  Richtung 
dieser  Furchung  erstreckt  sind,  und  zwar  am  besten  in  Furchen  geordnet  zunächst  der 
Combinationskante  mit  +  R  oder  zunächst  des  KrystaHgipfels,  gegen  die  Mittelkante  hin  aber 
in  mehr  untergeordneter  Wulstenhäufung.  Eine  solche  Verschiedenheit  der  Ausbildung  auf 
der  Fläche  Rs  findet  sich  sehr  häufig,  es  ist  der  obere  Flächentheil  des  steileren  Scalenoeders 


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besser  und  ebener  hergestellt  als  der  untere.  Dieses  ist  oft  in  Theilkrystalle  gleichsam  noch 
aufgelöst,  Fig.  121.  Wenn  die  fortbildende  Thätigkeit  des  Krystalls  auf  dieser  Fläche  von 
beiden  Polkanten  ausgeht,  so  wird  sie  in  der  Nähe  des  Gipfels  früher  zusammentreffen,  als 
zunächst  der  Mittelkanten,  wo  der  Flächenraum  weit  breiter  ist.  Scalenoeder  von  Matlock 
waren  von  einer  oberen  Richtung  her  durch  aufgefallene  Substanz  krustenartig  überdeckt,  der 
Krystall  suchte  die  störende  Substanz  von  den  Polkanten  aus  zu  überkleiden,  Fig.  128.  133. 
Zunächst  des  Gipfels,  d.  h.  da  wo  die  Polkantcn  am  nächsten  zusammen  stehen,  ist  die  Ueber- 
kleidung  der  oberen  Flächen,  Fig.  128  hergestellt,  mehr  oder  weniger  geglättet  und  geebnet;  weiter 
gegen  die  Mittelkante  liegt  die  störende  Substanz  noch  offen,  oder  die  deckende  Kruste  irt  noch 
gitterartig  gekreuzt,  wie  auch  die  unteren  Flächen,  Fig.  133.  Auch  solche  Gitterbildung  mag 
darauf  hinweisen  dass  der  Krystall  seine  Flächen  Rs  von  den  beiden  Polkanten  aus  herstellt, 
sie  findet  sich  bei  sorgfältiger  Untersuchung  gar  nicht  selten  auf  der  Rundung  nach  R5. 
Indess  ist  nuch  manches  zu  beachten,  was  bezweifeln  lässt  ob  der  Ausgang  der  bauenden 
Thätigkeit  des  Krystalls  stets  von  den  Kanten  ausgehe.  Es  findet  sich  an  Krystallen 
von  Mitlock  und  Bleiberg  sehr  häufig  die  negative,  kürzere  Scalcnoedcrkante  gerundet,  in  der 
Hauptaxenrichtung  vertieft,  auf  dem  Grunde  der  Vertiefung  f,  <p  treppig  wechselnd,  Fig.  48; 
hier  sind  die  Spitzen  der  kegelförmigen  Erhebungen  gegen  diese  negative  Kante  gerichtet,  der 
Hau  daselbst  zurückgeblieben.  Fast  hoi  jedem  Vorkommen  ist  das  Verhalten  der  polyedrischen 
Erhöhungen  auf  R3  ein  verschiedenes.  Bei  den  Auerbacher  Scalcnoikicrn  ist  die  Spitze  der 
Erlu-lungen  z.  Th.  nach  dem  Gipfel  gerichtet,  dabei  in  gerundeter,  geschwungener  Form  grup- 
pirt;  (vergl.  Rhomb.  u.  Seal.  Fig.  45).  Es  entspricht  dieser  Richtung  die  Erhobung  kleiner 
Spitzchen  auf  der  anliegenden  Fläche  -fR.  Bei  Krystallen  anderer  Fundorte,  z.  B.  von 
Bogsclian,  von  Nagybanya,  von  Saas  zertheilt  sich  der  ganze  Gipfel  in  Gruppen  von  Spitzchen 
auf  welchen  unzählige,  glänzende  Streifchen  +  4R  einglänzen,  Fig.  115.  Selbst  an  Krystallen 
von  Matlock  ist  ähnliches  zu  bemerken,  die  Furchung  von  R*  ist  nur  zunächst  der  längeren 
ScalenoCderkante  parallel  geordnet,  von  der  Flächenmitte  aus  sind  feine  SpiUchen  gegen  die 
negative  Scalenofederkante  und  gegen  <p  gerichtet,  Fig.  134. 

Wir  hätten  vielleicht  ein  Mittel  eine  Richtung  der  krystallbildcnden  Thätigkeit  auf  den 
einzelnen  Flächen  zu  verfolgen.  Bei  aufgelagerter  fremder  Substanz  müsste  der  fortschreitende 
Bau  gegen  diese  Substanz  widerstossen,  an  ihr  vorüberziehen,  uro  sich  hinter  derselben  wieder 
zusammenzuschliessen.  Dieses  finden  wir  in  der  That  zuweüen,  es  bleibt  eine  Vertiefung  da- 
selbst welche  allmälig  sich  schliesst  in  rauhen  Streifen  oder  sonst  mangelhafter  Vollendung. 
So  wäre  es  wol  möglich  über  diese  Thätigkeit  sich  weiteren  Aufschluss  zu  verschaffen,  wenn 


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sie  allein  auf  der  Oberfläche  des  Krystalls  sich  äusserte,  und  wenn  nicht  in  dem  Resultat,  wie 
es  sich  unseren  Augen  bietet,  bereits  eine  Vermittlung  oder  Vereinigung  verschiedener  Tba- 
tigkeiteäusserungen  vorläge.  Es  zeigt  sich  ja  gerade  die  mangelhafte  Bildung  in  dem  un- 
geregelten Ineinandergreifen  verschiedener  Thätigkeitsricbtungen.  Das  Auftreten  und  das 
Schwinden  gewisser  Flachen  scheint  davon  abzuhängen. 

Die  Fläche  Rs  des  Isländer  Kalkspaths  ist  gewönlich  matt,  wie  angehaucht,  aber  wol 
geebnet;  R*  daneben  weit  ungeregelter.  Auf  R3  hie  und  da  flache,  langgestreckte ,  «liptisrhe 
Erhebungen,  auf  R*  Vertiefungen  vorhersehend,  in  welchen  vorzugsweise  R*  einschimmert  mit 
der  anliegenden  Trcppenbildung  4R  und  R.  Die  Erhebungen  auf  R*  zeigen  sich  in  gleicher 
Weise  auf  — 4R4/s,  und  ebenso  stimmt  */s  1*2  mit  R*  in  dem  Einschimmera  der  üohlformen 
ganz  uberuin,  nur  sind  sie  weniger  tief,  mehr  gerundet.  Eine  weitere  Verwandtschaft  zeigt 
—  4Rs/s  mit  der  Nachbarfläche  —  7  aR5n,  es  zieht  glänzend  auf  dieses,  welches  rauh  ist,  hin- 
über, in  Streifen,  in  Punktchen,  so  dass  die  Grenze  nicht  genau  anzugeben  ist,  Fig.  159. 
(vergl.  Uessenberg,  Min.  Not.  XI.  Fig.  5.) 

Die  polyädrischen  Erhebungen  auf  den  Kr>  stallflachen ,  ebenso  die  Hohlformen,  die  im 
Krystallbau  zurückgebliebenen  Vertiefungen  weisen  aberall  ganz  entschieden  nach,  dass  sie  nicht 
entStauden  sind  bei  Aufschichtung  gleichgeformter  Molecüle.  Auf  den  wulstartigen  Erhebungen 
der  Isländer  Scalenoeder  R3  erglänzen  stets  feine  Streifchen  und  Pünktchen  R.4R  in  Trep- 
penbildung, lang  erstreckt  am  Rande  des  Aufbaus,  das  rauhe  +R  breit  gedehnt,  das  glänzende 
+  4R  schmal  absteigend,  Fig.  163.  In  den  Vertiefungen  aber  sind  zuweilen  spiessige  Gruppen 
zu  bemerken  welche,  sich  kreuzend,  gegen  einander  gerichtet  sind,  ähnlich  wie  dies  auch  an 
Krystallen  vom  Harze  zu  bemerken  ist,  Fig.  123.  Oder  es  sind  auch  beim  Isländer  Vor- 
kommen die  Vertiefungen  bestimmter  ausgebildet,  in  cigenthümlich  parquettirten  Formen,  welche 
Uessenberg  so  meisterhaft  in  ihrem  krystallograpbischen  Verhalten  beschrieben  hat.  (Min. 
Not.  No.  7.  No.  11.)  Er  bemerkt  dazu  dass  der  Isländer  Doppclspath  stellenweise  sich  nicht 
ganz  zusammengeschlossen,  innerhalb  seiner  stetig  gefügten  Masse  kleinere  hohle  Räume  übrig 
gelassen  und  in  ihnen  drusige  KrysUllformen  ausgebildet  habe.  In  solchen  Sammelgrtippen 
kleiner  parallel  verwachsener  »Krystallsegmente«  glaubt  er  das  Vorbild  zu  erkennen  »zu 
welchem  in  der  Raumbeengten  Krystallisation  eigentlich  der  Keim  vorbereitet«  sei.  Vielleicht 
der  Keim;  ob  aber  das  Vorbild?  Das  bleibt  in  Frage.  Der  Schlusstypus  des  Isländer  Kalk- 
spaths ist  doch  wol  das  Scalenoeder  E»j  die  drusigen  Krystallformen  in  den  hohlen  Räumen 
wären  nur  üebergangsgestalten  dazu.  Auf  grösseren  Spaltstücken  welche  das  Senckcnbergische 
Museum  aufbewahrt,  finden  sich  dreiseitige  Vertiefungen  in  der  Spaltfläche  R;  kleine  glänzende. 


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I 


» 


—    89  — 

aber  gerundete  +  10K  neigen  sich  nach  einer  scalenoidiachen  Furchen  bildung  ab,  welche  in 
der  Tiefe  im  spitzen  Winkel  mit  den  von  zwei  anderen  Seiten  herfuhrenden  Furchengruppen 
sich  kreuzen,  Fig.  iG6. 

Wir  finden  überall  ein  Bauen  nach  gemeinsamer  Regel,  nber  mit  grosser  Mannigfaltig- 
keit der  Herstellung;  ein  Fortbauen,  oft  in  anscheinend  ungeordneter  Rundung,  kein  blosses 
Festigen  nach  Gesetzen  der  Schwere  und  der  Adhäsion,  sondern  ein  gleichmäßiger  Hau  nach 
unten  wie  nach  oben.  Wir  bemerken  die  Erhebungen  auf  Rs  an  Zwülingskrj  stallen  nach  oR 
in  ganz  gleicher  oder  doch  ähnlicher  Weise  ausgeführt  an  den  vier  verschieden  gerichteten 
Scalenoederfläcbcn  R3,  Fig.  122. 

Die  Fläche  oo?2  findet  sich  auffallend  häufig,  oder  fast  ausschliesslich,  an  miss- 
bildeteu  Krystallen,  und  auch  selbst  mangelhaft  hergestellt.  Die  Stalaktiten  von  Bellamar  sind 
im  wesentlichen  durch  dies  sogenannte  zweite  Prisma  bestirnt,  dieses  aber  gebogen,  gefurcht, 
oder  in  gerundeter  Treppenbildung;  dazwischen  das  erste  Prisma  r  fast  noch  ungeregelter  aus- 
gebildet, in  stenglicher  Häufung  auf  welcher  in  Pünktchen  das  glänzeude  +4  Ii  einspiegelt, 
Fig.  95.  Eine  unendliche  Mannigfaltigkeit  der  Ausbildung  dieser  Fläche  findet  sich  an  den 
gerundeten  KrystallhQllen  von  Andreasberg,  man  kaun  daran  die  ullmäligstcn  Uebergange  aus 
ganz  unbestimbaren,  gerundeten  Formen  zur  Treppenbildung  stodiren,  Fig.  44.  96.  100.  103. 
113.  114.  125.  135.  Am  vorzüglichsten  hergestellt  zeigt  sie  sich  an  den  tafelförmigen  Kri- 
stallen des  Madcranerthales ,  (Hessenberg  Min.  Not.  p.  12.  Fig.  6.  7.)  aber  selbst  an 
diesem  Vorkommen  ist  sie  nicht  vollkommen  geebnet,  sie  ist  schwach  diagonal  gefurcht,  parallel 
der  Kante  zu  +R,  Fig.  112,  und  vertical  gestellte  Vertiefungen  finden  sich  in  sehr  grosser  Anzahl. 

Zeigt  siel»  die  Fläche  aoP2  an  prismatisch  erstreckten  Krystallen,  so  ist  fast  immer  eine 
Störung  auf  der  Fläche  coR  nachzuweisen,  eine  Verzerrung  oder  Missbildung;  es  tritt  meist 
dabei  ein  scalenoÄdrischer  Treppenbau  statt  der  prismatischen  Seitenkante  vor.  Das  Sca- 
lenoeder  ist  aber  keineswegs  stets  dasselbe,  die  Treppen  glänzen  mit  den  verschiedensten  Nei- 
gungen ein,  mit  -f-^R3,  -j-'iR',  +»/tRs  oder  auch  mit  steileren  Scalenoödern  wie  R»,  R* 
R«  et*,  in  den  allermeisten  Fällen  aber  sind  sie  so  unmessbar,  wie  die  gerundete  Fläche  m 
selbst. 

An  mangelhaft  gebauten  Krystallen  von  Andreasberg  sind  durch  die  Furcbung  u  scharfe, 
feine,  fast  rechtwinklig  hindurchziehende  Einschnitte  zu  bemerken;  bei  ausgefaserten  Kry- 
stallen desselben  Fundorts  findet  sich  wol  auch  die  Troppenbildung  m  getheilt,  entlang  der 
Kanten  zu  r  und  mR»  abfallend,  Fig.  1 1  l"~c;  die  zwei  Treppenbüduogen  ziehen  nach  dem 
anliegenden  Scalcnoäder  hinüber,  sind  auf  diesem  selbst  gegen  +4R  hin  zu  verfolgen,  Fig.  119. 

AbhMD.II.  ii.  sen<-k«nb.  nalurf  «ic»  M.  X.  12 


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Es  ist  dies  ein  ganz  ähnlicher  Vorgang  wie  wir  ihn  an  Bcrgkrystallen  von  Carrara  finden; 
auch  dort  zieht  sich  oft  zwischen  zwei  Prismenflächen  an  der  Stelle  der  Seitenkanten  eine 
mangelhaft  gebildete  Flüche  hinwendet  sich  oben  rechts,  unten  links  gegen  eine  Fläche  -R 
(3.  N.  Jahrb.  f.  Min.  1867.  p.  670-75,  Fig.  4.  5.) 

Bei  dem  Isländer  Kalkspath  ist  diese  Fläche  »P2  zum  Theil  sehr  gross,  aber  parallel  der 
Kante  zu  RSp.  wellig  gefurcht;  (vergl.  Hessenberg,  Min.  Not.  XI.  p.  13.  u.  Fig.  6)  eine  zweite 
Furchung.  scharfe  Einschnitte  sind  auch  hier  in  der  Richtung  einer  Spaltfläche  R  zu  bemerken, 
die  wellige  Furchung  unter  Winkeln  von  ungefähr  75°  und  105«  schneidend;  sodann  noch  un- 
zählige feine  Vertiefungen,  etwa  parallel  zur  Kante  mit  -f  10R  gerichtet,  oder  nach  der  rhom- 
boedrischcn  Hauptzone,  Fig-  159.  Die  unvollendete  Ausbildung  dieser  Stelle  ist  auch  zu 
erkennen  aus  dem  Verhalten  der  Uebergangsfläche  —  5  jR5's.  Die  Erhebungen  auf  derselben 
glänzen,  wie  bemerkt,  einestheils  mit  der  Nachlmrfläche  —  4R*/i  ein,  andererseits  mit  den 
Furchen  von  w.  Diese  Furchen  selbst  aber  sinken  tiefer  zurück  entlang  der  Kante  mit  —  '/sR5;,, 
die  mangelhafte  Fläche  m  ist  daselbst  noch  mehr  zurückgeblieben,  Fig.  159. 

An  dem  schonen,  wasserhellen  Krystall  aus  dem  Ahrnthale,  welchen  Hessenberg  Min. 
Not.  4.  p.  13  beschreibt,  Fig.  9  darstellt,  zeigt  schon  der  Gipfel,  in  breiter  Treppenbildung 
+  */b  R»,  den  unvollendeten  Bau  an.  Ks  ist  »P2  aberall  zu  finden,  stets  äusserst  fein  gefurcht 
in  doppelter  Treppenbildung ,  der  eine  Treppenbau  nach  oben  rechts  sich  fortsetzend,  gegen 
+  4R  hin,  der  andere  links  unten,  Fig.  119.  Die  Kanten  gegen  2R2  sind  unvollendet, 
etwas  vertieft.  Von  R5  ist  eigentlich  nur  der  mittlere  Flächentheil  geebnet  und  glänzend,  zu- 
nächst sämmtlicher  Kanten  die  Fläche  rauh,  etwas  abfallend. 

Dann  mögen  noch  die  zierlichen  Krystalle  von  Agaete,  Canaria  erwähnt  werden,  welche 
Hessenberg  Min.  Not.  9.  p.  13  u.  Fig.  4  beschreibt.  Die  glänzend  geebneten  Flächen  sind 
durchgängig  klein,  z.  Th.  nur  in  Pünktchen  vorhanden,  die  wellige  —  '/»R  und  die  fein  ge- 
furchte, convex  erhobene  u  bestimmen  den  Habitus  der  Krystalle.  Letztere  ist  cylindtiscli 
gerundet  in  der  Weise,  dass  die  feine  Treppenbildung  oben  und  unten  mit  dem  anliegenden 
Rs  einschimmert.  Hier  ist  die  ganze  Fläche  gloichmässig  gefurcht,  die  Kanten  aber  sind  ge- 
rundet welches  der  krystallographischcu  Bestimmung  grosse  Schwierigkeit  verursachte. 

Wie  haben  wir  uns  die  scharfen  Einschnitte  in  der  Furchung  von  «  zu  deuten?  und  die 
Theilung  der  Fläche  mit  verschiedener  Erstreckung  der  Treppenbildung?  Ein  Zerstören  und 
Ausfressen  ist  es  sicher  nicht,  dagegen  spricht  schon  das  frische  Ansehen  der  Krystalle  von 
Island  uud  der  andern  genannten  Orte,  ebenso  die  Schärfe  des  hohlen  Raumes,  und  das  Auf- 
treten bestimmter,  glänzender  kleiner  Flächen,  wie  z.  B.  -f  ioR,  entlang  der  Kanten  desselben. 


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Es  kann  diese  Scheidung  nur  im  Bau  selbst  gesucht  werden.  An  rauh  gebildeten  Scalenoedern 
von  Hogtooth,  auch  auf  Krystallbülleu  von  Oberstein  finden  sich  Andeutungen  einer  wechselnden 
Fügung  des  Krystalls  an  der  Stelle  der  Flächenmittc  von  m.  Fig.  127.  Es  riehen  sich  auf  der 
negativen  Scalcnocderkante  X  spiessige  Gruppen,  schuppeuähnlich  herab  bis  in  die  Hälfte  der 
Mittelkantcn,  wo  sie  wechseln  mit  den,  von  der  unteren  negativen  oder  kürzeren  Scalenoeder 
kante  aufsteigenden  Gruppen.  Es  ist  dies  eine  Dreitheilung  des  Kalkspathbaus,  welche  bereits  an 
anderen  Stellen  wir  zu  bemerken  Gelegenheit  hatten,  und  auf  welche  auch  die  erwähnten  Einschnitte, 
Vertiefungen  hinweisen.  Fig.  63.  75.  In  den  Einschnitten  von  «  ist  zuweilen  eine  geordnete  Reihe 
glcichgeformter  Hohlräumchen  zu  erkennen,  welche  wie  die  Vertiefungen  in  einem  Flechtwerk 
sich  darstellen.  Fig.  III",  110.   Vergl.  Leydolt,  Structur  d.  Quarzes,  Taf.  III.  fig.  1-6.  Taf.  V. 

Die  negativen  Scalenoeder  nehmen  im  ganzen  genommen  nur  eine  untergeordnete 
Stelle  unter  den  Flächen  des  Kalkspaths  ein;  es  scheint  dass  sie  sämmtlich  nur  als  Ueber- 
gaugsflächen  zu  betrachten  sind.  Zum  Theil  zwar  sind  sie  vollkommen  eben  und  glänzend, 
in  den  allermeisten  Fällen  aber  ist  eine  sichere  Bestimmung  nicht  leicht,  weil  sie  mehrstreifige 
Reflexbilder  liefern,  »eine  unliebsame  Eigenschaft  gar  vieler  negativer  Scalenoeder.«  (Hessen- 
berg XII.)  Sic  sind  characterisüsch  für  verschiedene  Fundorte,  so  —  2R2  für  die  Krystalle 
von  Alston  Moor  in  Cumberland,  —  1  .IV  für  die  vom  oberen  See  und  von  Island,  —  '  Jt' 
für  den  Kalkspath  vom  oberen  See.  Mit  der  Abrundung  der  kürzeren  Scalen  oederkante  von 
Matlock,  von  Blcibcrg,  vom  oberen  Wallis,  von  Oberstem  fehlen  die  negativen  Scalenoeder  fast 
nie ;  sie  sind  dann  gewöhnlich  auch  cylindrisch  gerundet,  wie  z.  B.  das  glänzende  —  1  i  K  von 
Matlock.  Der  Glanz  ist  glasartig  oder  ein  Fettglanz.  Es  ist  darauf  wohl  auch  eine  Streifung 
zu  bemerken,  eine  spiessige  Gruppirung  gegen  die  längeren  Scalenoederkanten  gerichtet,  Fig.  90, 
oder  gegen  die  Mittelkanten.  Fig.  62. 

Das  uegative  Rhomboeder  —  4R5/s  hat  in  der  letzten  Zeit  besondere  Beachtung  gefunden ; 
Hessenberg  bezeichnet  die  Fläche  als  eine  der  schönsten  und  constantesten  Flächen  am  Isländer 
Späth.  Sie  zeigt  aber  zuweilen,  besonders  in  der  Nachbarschaft  von  J/sR>  flach  erhobene  ge- 
rundete Formen,  welche  in  ihrem  Abfall  mit  dieser  letzgenannten  Fläche  einsebimmern.  Die 
kleinen  Erhöhungen  auf  -  W,»  spiegeln  wieder  mit  der  Fläche  -  4R>  und  mit  -f  ioR, 
in  den  Vertiefungen  danebeu  ist  aber  oeP2  zu  erkennen.  Alles  dieses  deutet  wohl  an,  dass 
allmälig  -  W,'»  in  die  Fläche  -  4R*,»  übergeführt  worden  wäre,  diese  vielleicht  wieder 
in  andere  Flächen  wie  R3.  Bei  andern  Vorkommen  erglänzen  andere  Flächen,  auch  positive 
Scalenoeder,  in  den  Vertiefungen  der  negativen  ScalenoHer,  oder  es  zeigen  sich  auf  den  Er- 
hebungen derselben  negative  Rhomboöder  wie  /  oder  g.  Fig.  62. 


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Die  Pyramide  ■  oder  die  hexagondodeca&irischen  Formen  des  Kalkspatbs  haben  wohl  nur 
krystallographisch  eine  besondere  Bedeutung,  in  der  Art  und  Weise  ihres  Auftretens  sind  sie 
den  negativen  Scalenocdern  beizuordnen.  Characteristisch  scheint  eine  gewisse  Unregelmässig- 
keit welche  entweder  in  ihrer  Ausbildung  zu  bemerken  ist,  oder  an  ihrem  Auftreten,  der  Un- 
vollzähligkeit  der  Hachen,  oder  auch  in  dem  Habitus  der  begleitenden  Flächen.  (Vergl.  Hcsscn- 
berg  Ho.  4.  p.  6.  7.  u.  p.  12.  vom  Rath,  Min.  Mit.  V.  p.  518—521.)  Wie  bei  den  Berg- 
krystallen  vom  Dauphine  das  Rhombcndodecaeder  meist  auftritt  wenn  die  Flachen  +  R  un- 
symmetrisch ausgebildet  sind,  so  hier,  bei  dem  unsymmetrischen  Auftreten  der  Rhomboeder- 
flächen  z.  B.  von  Hausach,  des  Hexagondodecatnler.  Auf  den  Maderancrtafcln  werden  die  P»ra- 


midenflächeu  nicht  an  einem  und  demselben  Knstall  neben  einander  gefunden,  sie  treten  ein- 
seitig auf,  nur  an  verschiedenen  Ecken,  und  zwar  zeigen  sie  sich,  wenn  das  zweite  Prisma  <»P2 
ausgebildet  ist,  stets  nur  über  der  breiteren  dieser  beider  Flächen.  Fig.  1 1 2.  Sic  sind  fast 
immer  uneben,  zum  Theil  wie  getüpfelt;  die  Furchung  t  darüber  ungleich  vorbauend,  in  die 
Pyramidenfläche  eingreifend. 

Auf  Krystallen  von  Agacte  treten  Pyramiden  wohl  auch  glänzend  auf,  meist  aber  sind  sie 
gerundet,  nicht  messbar.  Ist  auch  die  Pyramide  dP  von  Andreasberg  zuweilen  glatt  und  glän- 
zend, sie  geht  doch  meist  gerundet  in  die  Fläche  a>P2  über;  auch  bei  dem  Gumberlander  Vor- 
kommen zieht  das  negative  Scalenoi'der  zwar  glänzend  aber  gerundet  nach  dem  Rhombendodc- 
caödcr  ab,  oder  es  geht  dieses  auch  hier  in  ooP2  über.  An  den  Krystallen  von  Bleiberg  verrath 
sich  die  Pyramide  *»P2  durch  die  horizontale  Kante  mit  ihrem  entsprechenden  ocP2,  sonst 
wäre  sie  schwer  zu  bestimmen;  die  Unterscheidung  vom  nahe  liegenden  Scalenoöder  ist  »mit 
blossem  Auge  unmöglich.«  Bei  grösseren  Krystallen  ist  die  Wölbung  welche  diese  benachbarten 
Flächen  bilden  sehr  auffallend,  die  Spitze  der  kegelartigen  Erhebungen  ist  gegen  —  */&R  ge- 
richtet, welches  ebenfalls  polyedrischc  Anschwellung  zeigt.  Weitere  Unregelmässigkeit  ist  an 
solchen  Krystallen  auf  dem  Gipfel  zu  bemerken,  indem  die  Fläche  —  '  sit  zunächst  desselben 
meist  nach  der  schiefen  Diagonale  eingeschnitten  oder  vertieft  ist.  Fig.  73.  Auch  bei  dem 
Isländer  Vorkommen  ist  die  Fläche  l/sP2  rauh,  wie  die  anliegende  R*.  mit  Vertiefungen  über- 
sät, in  welchen  die  Flächen  R3 . ,R  .  R  Sp.  einschimmeru,  stärker  auf  R»,  schwächer  auf  */jP2. 
(Vergl.  Hessenberg  No.  11.  p.  14.) 

Noch  ist  einer  wichtigen  Fläche  zu  gedenken,  der  Endfläche  oR,  welche  gewönlirh 
als  ein  Abschluss,  ein  Ende  des  Krystallbaues  bezeichnet  wird,  diese  Auffassung  aber  nur  in 
krystallographischem  Sinne  verdient. 

Die  Abzeichen  der  Fläche  oR  sind  in  der  Abhandlung  »über  die  milchige  Trübung,« 


FiR.  15.  16.  dargestellt;  es  sind  keilförmige  Erhebungen,  glänzend  gerundet,  gleichseitig,  mit 
der  schmaleren  Basis  gluichinässig  geordnet  parallel  der  Combinationskante  zu  +  R,  mit  der 
Spitze  gegen  die  Flachenmitte  gerichtet.  Fig.  136.  137.  142.  Solche  Gruppen  nehmen  auf 
der  Flache  oR  je  drei  Auaschnitte  ein,  welche  auf  der  positiven  Kante  des  Prismti  stehen,  ihr 
anliegen;  die  ganz  ähnlich  ausgebildeten  polyedrischen Erhebungen  der  Flache  ocR  stehen  auch, 
in  ganz  gleicher  Weise  gegen  diese  Combinationskante,  so  dass  Basis  an  Basis  rückt.  (Milch. 
Trüb.  Fig.  16.)  Möglicher  Weise  ist  diese  Anordnung  des  Baues  die  Ursache  der  Rcchtwink- 
lichkeit  dieser  Combinationskante.  Es  liegt  hier  ein  Resultat  der  krystallbauenden  Thatigkeit 
uns  >or,  weicues  wir  noch  nicht  deuten  können.  Die  mit  den  positiven  Ausschnitten  wechselnden 
drei  negativen  Flächuntheile.  bieten  einen  ganz  veischiedenen  Anblick,  eine  gekreuzte  Furchung, 
in  schiefer  Richtung  gegittert,  meist  wirr  durcheinander  laufend,  rauh,  eine  bestimmte  Anord- 
nung nicht  erkennbar.  Fig.  136. 

Kaum  eine  andere  Fliehe  scheint  uns  so  sehr  einen  inneren  Znsammenhang  der  ver- 
schiedenen Gestaltung  des  Kalkspaths  vor  Augen  zu  legen,  als  diese  Fläche  oR.  Auf  schuh- 
grossen,  weissen,  schuppigen  Tafeln  des  Maderancrthales  finden  wir  glänzende,  durchsichtige 
dunklere  Stellen,  augenartig  ausgezeichnet;  diese  sind  abgegrenzt  als  scalcnocdrischc  Schnitte 
normal  auf  die  Hauptaxe  R*  oder  R*.  Fig.  145.  Es  ist  eine  verschiedene  Ausbildung  des  Krystalb 
an  verschiedenen  Stellen  der  Tafel,  die  durchsichtigen  Bezirke  ohne  Zweifel  besser  vollendet 
als  die  weissen,  blätterigen,  undurchsichtigen;  es  fehlen  noch  Thatsachen  welche  nachweisen  ob 
die  bessere  Ausbildung  eine  gleichzeitige,  odor  was  wahrscheinlicher  ist,  eine  allmälige,  später 
erlangte  ist,  eiu  Herausbilden  des  scalcncKklrischcn  Baues  aus  der  Tafclbildung,  oder  ein  Durch- 
wachsen derselben  zum  scaleuoedrischen  Bau. 

Es  sind  bestimmter  zwei  Richtungen  zu  scheiden  nach  welchen  der  Tafelbau  des  Kalk- 
spaths, besonders  der  Maderaner  sich  fortbildet:  nach  der  Fläche  oR,  und  nach  der  Haupt- 
axenrichtung.  Papierdünnc  braune  Tafeln,  angewachsen  an  Bergkrystall,  umsäumt  ein  rauhes 
Band;  nicht  nur  die  Gesammttafel  selbst,  sondern  auch  die  Krystalltheile  welche  in  zarter 
Treppenbildung  darauf  sich  erheben.  Fig.  139.  142.  144.  Der  innere,  glänzende  Raum  stellt  zu- 
weilen einen  scalenoedrischen  Querschnitt,  rechtwinklich  auf  die  Hauptaxe  dar,  mit  Winkeln  von 
etwa  134°  und  109°,  was  auf  das  Scalenoeder  Rs  hindeuten  würde.  Der  sealenoedrische  Abschnitt 
auf  oR  ist  ebenso  glänzend  als  die  rhomboedrisch  begrenzten  Tafclbildungen  welche  über  den- 
selben hinziehen.  Fig.  139.  Die  rauhe  Umwandlung  ist  stets  gerundet,  ausgefranst,  unmessbar; 
zunächst  des  glänzenden  Kerns  schimmern  darauf  kleine  Pünktchen  mit  demselben  ein. 

Das  Wachsen  des  Tafclbaues  in  der  Hauptaxenrichtung,  also  in  die  Dicke,  findet  sich  ebenso 


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in  der  Erhebung  kleiner  Theilgestaltcn,  meist  trcppcnförmig  ausgebildet,  nach  +  R  abfallend, 
wie  auch  in  kleinen  gerundeten  conischen  Gipfelchen,  welche  in  der  Gesauimtheit  als  rauhe 
Flächenbildung  bezeichnet  werden  könnten,  daneben  aber  in  Pünktchen  und  kleineu  Stellen 
mit  mehr  oder  weniger  bestimmbaren  Flächen  einglänzen  oder  einschimmern ,  mit  -f  R.R.t, 
vielleicht  auch  mit  <p.  Verbreitern  sich  solche  Gipfelchen,  waclisen  sie  zusammen,  so  bleiben 
iilluiülif,'  uur  Furchen  übrig,  dreifach  gekreuzt  unter  Winkeln  vou  60°,  und  dreiseitige  Hohl- 
räumchen.  Fig.  150.  Zuweilen  verlassen  die  Furcheu  die  gerade  Richtung,  sie  ziehen  in  ge- 
bogener Form  wirr  durcheinander;  auch  die  kleinen  Hohlformcn  sind  im  Innern  von  ver- 
schiedener Bildung,  bald  ist  diese  Fläche  darin  zu  ermitteln,  bald  eine  andere;  hei  Treppcn- 
bilduugen  ist  oR  stets  glänzend,  -f-  R  rauh  und  schmal,  so  dass  die  Erhebung  sich  kaum  als 
solche  auszeichnet ;  bei  scalcnoedrischcm  Ausschnitt  auf  o  R  ist  dieser  wohl  ebenso  glänzend  als 
der  rhomboedrisch  begrenzte  Kern  oR,  er  ist  aber  anders  gefurcht.  Fig.  139.  Es  scheint  überall 
die  gleiche  Anlage  des  Baues  und  die  gleiche  Fortbildung,  wenn  auch  in  verschieden  vor- 
hersehenden Richtungen,  der  bevorzugte  Tafclbau  mit  der  Glättung  oR,  der  zurückgebliebene 
Scalenoederbau ,  nur  als  Kern  sich  zeigend,  oder  an  Erhebungen  übergehend  in  die  rhombo- 
iklrische  Begrenzung  •  R,  oder  <j.  oder  /.  Bei  Zweigtafcln  welche  aus  geknickter  Platte 
zur  Ergänzung  vorwachsen,  zeigt  sich  auf  uR  die  rhomboedrische  l'urchung,  zugespitzt  gegen 
den  negativen  Rand  der  Fläche  hin.  Die  Zuspitzung  läuft  in  parallel  gerichtete  Firsten  aus, 
welche  nach  zweien  Flächen   ••  R  abfallen.  Fig.  140.  140". 

Wie  im  Madcranerthale  so  findeu  sich  auch  anderwärts,  z.  B.  in  Schneeberg,  dünne  Tafel- 
lauten  welche  dieselben  Merkmale  darbieten;  ebenso  von  Andreasberg  feine  Talelbildungen, 
zu  Zellen  zusammengewachsen,  die  Büschclgruppcn  der  Fläche  »R  auch  hier  in  Abteilungen 
parallel  der  Combinationskantc  zu  +  aoR,  oder  bei  mangelndem  Prisma  parallel  der  Stelle  wo 
diese  Kante  sich  ausgebildet  haben  würde,  wol  auch  glänzend  und  etwas  gewölbt  aus  der  sonst 
rauhen  und  lockeren  Tafeibildung  vortretend.  Es  erbauen  sich  solche  Tafeln  von  einer 
mittleren  Ansatzstelle  aus,  sei  es  um  den  Gipfel  eines  Scalenoöders ,  oder  um  einen  fremden 
Körper,  etwa  ein  Pyritkügelchen,  hg.  140.  141;  die  Richtung  des  Baues  geht  hier,  wie 
bei  dem  Mangel  jeder  ausgeprägten  Fläche  aus  den  Spaltflächen  zu  ersehen,  in  spiessigen 
Gruppen  nach  den  positiven  Polkanten  vor.  Die  Ausspitzung  der  spiessigen  Gruppen  hat 
fast  dasselbe  Ansehen,  wie  die  Furchung  des  stumpferen  Rhoinboäders ;  die  Firste  der 
Furchen  fallen  nach  Flächen  ab,  auf  welchen  die  Streifung  g  schwach  angedeutet  ist 
Fig.  136".  Wir  hätten  hier  wieder  einen  Uebergang  von  g  nach  t  wie  solcher  so 
häufig  sich  findet,  oder  auch  das  giebelförmige  Vortreten  welches  als  c .  t .  auf  den  rauhen 


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der  verschiedensten  Weise  treffen  wir  auf  diese  Furchung  g,  welche  bei  der  Bildung  oder  während 
einer  Missbildung  der  Flache  oR  entweder  auf,  oder  zur  Seite  dieser  Fläche  vortritt  Fig.  136.  140. 

In  Verbindung  mit  dem  Rhomboeder-  und  Scalenocderbau  zeigt  sich  die  Flache  oR  am 
mannigfaltigsten  ausgebildet  bei  den  Andreasberger  Vorkommen.  Hier  ist  die  Fläche  «R  fast 
nie  geebnet  und  glänzend,  sondern  rauh,  mit  zahlreichen  Erhöhungen  versehen,  oder  in  ähn- 
licher Weise  vertieft.  Bei  dem  Maderaner  Vorkommen  überwiegt  die  horizontale  Bildungs- 
richtung,  bei  dem  Andreasberger  tritt  diese  mehr  zurück;  das  erstere  ist  seitlich,  mit  der 
schmalen  Tafelseite  angewachsen,  das  letztere  aber  meist  an  Krystallhüllen,  über  Kernkrystallen 
zu  finden.  Auch  der  Ergänzungsbau  der  Maderancrtafeln  ist  mehr  in  der  Richtung  von  oR 
erstreckt,  bei  dem  Andreasberger  wie  bei  dem  Ahrner  Vorkommen  mehr  nach  der  Hauptaxen- 
riehtung,  oder  in  scalcnoedrischen  Formen  vordrängend. 

Auf  der  Flächenmitte  ist  die  ungleiche  Erhebung  gew«nlich  eine  parquetartige ;  kleinere 
dreiseitige  Stellen  «R,  welche  meist  nach  der  Furchung  g  abfallen,  wol  auch  nach  dem  ge- 
rundeten t\  Fig.  138.  143.  so  im  Erzgebirge,  in  Schneeberg,  auf  den  Krystallen  von  Liskeard 
und  auf  den  interessanten  ziegelrothen  Krystallhüllen  von  Andreasberg,  über  blassvioletten 
Kernen-,  (Rhomb.  u.  Seal.  Fig.  30.)  oder  es  sind  auch  nur  leistenartige  Erhöhungen  welche 
parallel  der  negativen  Kante  in  der  Furchung  g  sich  erheben^  dann  ist  gewönlich  der  scaleno- 
edrisclx:  Kern  noch  erkennbar  um  welchen  hin  die  Fortbildung  stattgefunden  hat.  Fig.  140. 
Die  ausgezeichneten  Krystalle  auf  den  Tafeln  des  Ahrnthale,  die  kreisförmigen  Wulste  auf 
Tafeln  von  liuanaxuato  gehören  ebenfalls  hierher;  (»Milch.  Trübung.c  p.  6.  Fig.  4—6.  Rhomb. 
und  Seal.  p.  36.  Fig.  48).  Diese  Erhebungen  sind  nicht  von  ihrer  Grundlage  zu  trennen,  sie 
sind  mit  der  Tafel  eins,  über  die  einspringende  Furchung  eines  flacheren  lthomboeders  daraus 
vortretend. 

Baut  zunächst  der  positiven  Comhinationskanten  der  Krystall  die  Fläche  »R  höher  auf, 
so  erhält  er  dadurch  ein  sattelförmiges  Ansehen.  Fig.  43,  44.  Es  scheint  solche  Unregel- 
mässigkeit besonders  bei  seitlich  mit  dem  Prisma  angewachsenen  Krystallen  sich  einzustellen ;  sie 
findet  sich  aber  auch  bei  kleinen  unregclmässig  krustenartig  zusammengewachsenen  Krystallen. 
Fig.  110. 

In  der  letzten  Arbeit  llessenberg's,  aln  9.  Heft  der  neuen  Folge  bezeichnet,  ist  Fig.  9 
ein  Krystall  von  Andreasberg  dargestellt;  aus  einer  kurzsäuligen,  verzerrten  Gestalt  vorge- 
wachsen nach  beiden  Richtungen  der  Hauptaxe  in  rhomboedrisch-scaleno&lrischer  Gestalt. 
Die  Fortbildung  hat  hier  aus  den  beiden  Endflächen  »R  des  Kernkrystalls  in  der  Hauptaxen- 


nicht  aber  einer  Endfläche.  Bei  solchen  Fortbildungen  schwindet  jeder  Gedanke  an  ein  Aggre- 
giren von  Subindividuen,  wir  finden  überall  die  allmäligsten  Uebergünge  und  Abänderungen  auf 
demselben  Haudstuck,  bald  mehr  das  Prisma  ausgebildet,  bald  das  Prisma  zu  steilem  Rhomboefler 
verzerrt,  oder  auch  Scalenoeder  vortretend,  meist  gewölbt,  mit  polyedrischen  Flächen. 


Wie  ein  Vordrängen  über  oK  in  der  Hauptaxenrichtung,  so  ist  auch  ein  Zurückbleiben  der 
Fläche  «R  zu  bemerken;  der  Krystall  zertheilt  sich  büschelförmig,  nach  dem  Innern  zeigen  sich 
steilabfallende  Vertiefungen.  Ks  fehlt  das  gleichmäßige  Zusammenwirken  der  verschiedenen 
Thätigkeiterichtongen  des  bauenden  Krystalls;  es  herscht  die  scalenoedrische  und  rhombo- 
ödrische  Bildungsrichtung  vor,  die  horizontale  tritt  zurück.  Fig.  III.  117. 


Richtungen  der  Thätigkelt«äumerungen  des  KrgstaUs. 

Wir  haben  eine  dreifache  Richtung  zu  bezeichnen  welche  bei  mangelhaftein  Bau  der 
Kalkspathkrystalle  sich  bemerklich  macht,  sowohl  in  der  Stellung  abgesonderter  Krystalltheile, 
wie  in  den  sich  zeigenden  Hohlräumcben  bei  mangelhafter  Erfüllung  der  Flächen  und  des 
Krystaüinnern.  Die  erste  Richtung  offenbart  sich  in  einer  stenglichen  Häufung  oder  Abson- 
derung von  Krystalltheilen  und  in  flohlformen  welche  mit  der  tlauptaxe  in  einer  Ebene  liegen. 
Sie  fällt  mit  der  rhomboödrischen  HaupUone  zusammen,  ist  deshalb  als  »rhomboedrische  Rich- 
tung« des  Kalkspathbaues  bezeichnet  worden,  Fig.  106.  107.  111.  116.  181.  15.  16.  Eine 
zweite  weniger  bestirnt  ausgesprochene  kreuzt  die  erstcre,  Fig.  113.  114.  119.  125;  sie  bietet 
keine  abgegrenzten  Krystalltheile  dar;  unvollkommene  Herstellung  offenbart  sich  in  einer 
Rundung  der  Flächen,  wie  der  Hohlräume.  Sie  entspricht  der  scalenoedrischen  Haupt- 
zonenrichtung, und  mag  als  »scalenoedrische  Richtung«  des  Kalkspathbaus  gelten.  Eine  dritte 
Ricbtuug  ist  in  horizontaler  Richtung  veifolgt  worden ;  sie  ist  charakterisirt  durch  die  blättrige 
BUdung  parallel  der  Endfläche  oR,  Fig.  139.  144.  145.  Sie  mag  hier  die  »Endhachenricn- 
tung«  oder  die  »horizontale  Richtung«  der  bauenden  Thätigkeit  des  Krystalb  heissen.  Ks 
bleibt  dahingestellt  ob  uicht,  und  inwiefern,  diese  gesondert  auf«,'efassten  Richtungen,  z.  B.  die 
scalenoedrische,  selbst  wieder  als  Resultat  verschiedener  Combinaüonen  sich  darstellen;  und 
ob  nicht  noch  andere  Richtungen  der  bauenden  Thätigkeit  aufgefunden  werden  können.  Wir 
wollen  hier  nur  Thatsacbcn  noch  aufsuchen  welche  uns  in  dem  Vortreten  der  einen  oder  der 
andern  dieser  drei  Richtungen  das  Vorhandensein  derselben  wahrscheinlich  machen  oder  be- 


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ind  Festigen  der  Krystall- 


als  Sub- 

In  dem  Aufsatze  »über  die  milchige  Trübung  auf  oR  des  säuligen  Kalkspaths«  ist  bereits 
dass  ein  unvollendeter  Bau  derselben  zu  Grunde  liege,  und  zwar  scheint  die 
rhomboedrischc  und  die  scalenoßdrische  Richtung  zurückgeblieben  zu  sein.  Es  ist  dabei  wol 
die  Art  des  Wachsens  zu  beachten.  Wie  beim  Quarze  ist  der  Bau  der  an-  und  aufgewach- 
senen Krystalle  verschieden  von  einer  nach  allen  Seiten  hin  ungehinderten  Bildung;  es  ist  der 
seitlich  angewachsene  Krystall  meist  anders  ausgebildet,  als  der  mit  der  Basis  oR  aufge- 
wachsene ;  zu  jenen  sind  die  Tafelbildungen  vom  Maderanerthale,  wie  von  Andreasberg  zu  rech- 
nen, zu  diesen  meist  die  Hüllenbildungen  und  auch  die  nach  oR  verbundenen  Zwillingskrystalle. 
Mao  muss  möglichst  auf  den  ersten  Ausgang  des  Baues  zurückgehen,  wenn  man  Bestätigung 
solcher  Regelt!  suchen  will.  Die  vortretende  Th&tigkeit  des  Krystalls  nach  der  Endflächen- 
richtung  zeigt  sich  in  der  blättrigen  Ausbildung,  in  den  dreiseitigen  Hohlräumcben  auf  der 
Sp.  R,  (milch.  Trübung,  Fig.  23)  in  der  leichten  Spaltbarkeit  nach  oR,  und  in  dem  Mangel 
der  Durchsichtigkeit.  Wir  finden  in  seitlich  angewachsenen  Kalkspathtafeln  Durchsichtigkeit 
überall  da,  wo  sich  der  scalenofidrische ,  sechsseitige  Kern  augenartig  herausgebildet  hat, 
Fig.  145.  148.  Bei  prismatisch  ausgebildeten  Krystalien  ist  wol  auch  die  milchige  Trübung 
in  der  Krystallmittc  zu  finden,  ein  kegelförmiger  Ausschnitt,  nach  der  Hauptaxe  des  Kry- 
stalls gerichtet,  Fig.  1 56."-  *•  Mit  überwiegendem  Vorhersehen  der  Endflächenrichtung  ist  der 
Schieferspath  gebildet.  Es  wird  von  Ihm  in  den  Lehrbüchern  nur  die  Farbe  und  die  blättrige 
schalige  Absonderung  hervorgehoben;  DesCloiseaux  in  dem  trefflichen  Manuel  II  p.  113 
geht  auf  die  Ursache  ein,  Andere  bezeichnen  ihn  als  »krystallinische  Masse.«  Er  kommt  gar  nicht 
selten  auch  in  ausgebildeten  Krystalien  vor,  so  in  den  Alpen,  im  Erzgebirg,  in  la  Frais  bei 
Vizille,  Oberstein,  Andreasberg  u.  a.  0.  m.;  häufig  mag  eine  Verunreinigung,  eine  Störung  des 
Baues  die  Veranlassung  sein,  ob  in  allen  Fällen  ist  fraglich. 

Bei  einer  verzerrten  Tafelbildung  von  Andreasberg  ist  oR  in  Treppenbildung  mit 
c  wechselnd,  dem  entsprechend  erstreckt  sich  ein  dunkler, 
Richtung,  Fig.  101,  zugleich  aber  ist  in  der  Richtung  der  Hauptaxe  eine  Reihe 

An  wasserhellen,  sehr 


Krystalien  von  Andreasberg  zieht  sich  der  weisshche  Streifen  nach  der  Hauptaxenrichtung,  wie 


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ausgefasert,  mit  schiefer  dreifacher  Gittemng,  Fig.  158;  an  Tafelbildungen  nach  f  erstreckt, 
rieht  die  Trübung  parallel  dieser  Flache,  Fig.  154. 

80  scheint  diese  mangelhafte  Bildung  nicht  dem  Tafelbau  oR.  a>R  ausschliesslich  zuzu- 
stehcn,  am  wenigsten  aber  doch  bei  dem  scalenoedrischen  Bau  aufgefunden  zu  werden. 

Die  scalenoödrischen  Polkanten.  Der  Bau  der  positiven  Polkanten  des  Sca- 
lenoeders  ist  von  dem  der  negativen  sehr  wesentlich  verschieden.  Ein  mangelhafter  Bau  beur- 
kundet sich  an  der  positiven  Polkante  durch  das  Auftreten  von  ebenen  Flächen  -|-  R  oder 
+  4R;  bei  der  negativen  aber  durch  glänzende  Abrundung,  durch  Ausbilden  von  negativen 
Scalenoi'dern  und  gerundeten  Rhomboed  er  n ,  oder  auch  durch  Einsinken  der  Kante  in  mangel- 
hafter Erfüllung  nach  der  treppigen  Bildung  f.  <f>  in  der  Tiefe  des  Hohlraums.  Bei  elfenbein- 
weissen,  Schieferspath  ähnlichen  Krystallen  von  Bleiberg,  welche  in  einer  durchsichtigen  Hülle 
fortgesetzt,  ist  dieser  auf  der  negativen  Scalenofiderkante  treppig  als  c.g;  die  positive  Kante  ist 
den  Bau  weit  mehr  geregelt,  besser  hergestellt. 

In  der  Universitätssammlung  von  Tübingen  befindet  sich  ein  handgrosser  KrvstaU  U\  an- 
geblich aus  England  (vielleicht  aus  Oberstein),  die  längere  Scalenoederkaate  Y  undurchsichtig 
weiss,  die  schärfere  Kante  X  aber  sammt  dem  Gipfel  g.i  gelblich  braun  und  durchsichtig, 
Fig.  132.  In  dem  Bereich  der  weissen  Stellen  ist  ein  lebhaftes  Farbenspiel  zu  bemerken, 
nicht  aber  in  dem  durchsichtigen  Krystalltheü.  Die  Bauweise  oder  die  Umstände  welche  beim 
Bauen  obgewaltet,  müssen  wol  verschieden  gewesen  sein.  Unter  den  Bleiberger  und  Raibier 
Krystallen  lassen  sich  ähnliche  Bildungen  auffinden.  Die  kürzere  Polkante  X  in  wulstiger 
Rundung  durchsichtig  braun,  die  Kante  Y  aber,  und  die  Stellen  zur  Seite  derselben  undurch- 
sichtig und  grau.  Mit  einem  blos  änsserlichen  Ansatz  von  Subindividuen  ist  ein  solcher  Vor- 
gang nicht  zu  deuten.  Wir  müssen  bei  dieser  Gelegenheit  nochmals  der  Einschnitte,  der  Hohl- 
räumchen auf  Krystallgipfein  gedenken,  der  Vertiefungen  welche  vom  Scheitel  aus  nach  der 
schiefen  Diagonale  herabziehen,  Fig.  63.  73.  75.  Es  werden  solche  am  häufigsten  auf  der 
Fläche  —  \<«R  oder  g  gerundeter  Krystalle  gefunden,  auf  rhomboedriscb-scalenoedriscben  Ge- 
stalten, von  Bleiberg,  vom  Münsterthale,  von  Oberstein.  Au  prismatischen  Krystallen  ist  die 
Narbe,  welche  sich  wol  allmäug  auch  mit  fremder  Substanz  angefüllt  haben  mochte,  häufig 
geebnet  ausgeglichen  statt  derselben  zeigt  sich  ein  dunkler  Streifen  in  gleicher  Richtung 
Eine  solche  dreitheilige  Sonderung  nach  der  schiefen  Diagonale  von  jg  entspricht  den  kürzeren 
Scalenoederkanten  eines  Krystallkerns,  den  mancherlei  Vertiefungen  und  Treppenbildungen  auf 
derselben,  welche  an  anderer  Stelle  bereits  hervorgehoben  worden  sind. 


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Krystallhüllen.   Uebergängc  aus  einer  Krystallgestalt  io  eine  andere  lasßen  sich 
Krystallen  welche  sich  auf  der  Lagerstätte  selbst  ergänzen,  vervollständigen,  wie 


und  in  sich  einschliessen.    An  solchen  Hüllenkrystallen 


zum  Rhomboeder;  und  zwar  solche  Uebergänge  cbensowol  ans  dem  Kerne  zur  Krystallhttlle, 
wie  auch  an  den  verzerrten  und  mangelhaft  hergestellten  Hollen  selbst.  In  den  zahl- 
reichen Hohlformen  oder  in  der  gekreuzten  Furchung  des  Prisma  glänzen  die  mangelhaft  aus- 
gebildeten, anliegenden  Scalenofider  und  Rhomboeder  ein,  die  polyftdrischen  Parquetzeicfanungen 
des  Prisma,  verzogen  und  verzerrt,  gehen  in  ein  steiles  Rhomboeder  oder  Scalenotfder  über, 
Fig.  89.  81.  82.  An  verschiedenen  8tellen  der  Rundung  können  verschiedene  Fliehen  herauB- 
gemessen  werden,  es  müssen  die  charakteristischen  Kennzeichen  der  jeweiligen  Flächen  maass- 
gebend  sein.  Man  ist  nicht  berechtigt  bei  solchen  abweichenden  Krystallgestaltcn  die  Hülle 
stets  als  eine  verschiedene  Species  vom  Kerne  zu  scheiden ;  es  ist  meist  derselbe  Krystall, 
unter  veränderten  äusseren  Verhältnissen  und  Bedingungen  anders  ausgeführt,  in  geringerer 
oder  grösserer  Vollendung.  Bei  gewissen  Krystallgestalten  scheint  eine  Abänderung  der 
Krystallgestalt  nach  eingetretener  Störung  nicht  einzutreten,  z.  B.  bei  negativen  Rhom- 
bo£dern-,  bei  anderen,  bei  den  meisten,  ist  dies  aber  der  Fall.  Eine  sehr  gewönliche  Abän- 
derung eines  sealenoPdrischen  Kerns  ist  die  Hüllenbildung  ooR.g  oder  aoR.g.oR;  so  beiden 
Vorkommen  von  Freiberg,  Maxen,  Schneeberg,  Gersdorf.  Theilkrystalle  setzen  Bich  prismatisch 
an,  oder  wachsen  prismatisch,  in  vorhersehender  Endfläcbenrichtong ,  ans,  verbinden  sich  zu 
Gestalten,  in  Stockwerken  oder  in  Treppenbilduug.  Eine  ganze  Reihe  soge- 
des  Kalkspaths  wäre  hier  aufzufahren;  fremde  Substanz  bedingt  eine  Störung 
Baus,  die  scalenofidrische  Richtung  der  bauenden  Thätigkeit  tritt  mehr  zurück,  die 
treten  vor,  der  Krystall  zeigt  sich  gerundet,  gewölbt;  unmessbare  Flächen 
wie  +16  R  machen  Bich  breit. 

Die  Umhüllung  der  Kalkspathkrystalle  ist  eine  so  häufige  Erscheinung  dass  sie  längst 
beobachtet  und  vielfach  beschrieben  worden  ist    8chon  Bournon  giebt  eine  ganze  Tafel 
Figuren.  (PI.  48.)   Es  l&sst  Bich  aus  solchen  Beobachtungen  wol  manch  .leitender  Ge- 


Ee  ist  schwer  nachzuweisen  ob 
rend  aufgelagert,  auch  verschiedene  Resultate  hervorgerufen,  und  wie  die  Auflagerung  auf  ver- 


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schiedenen  Flächen  auch  verschiedene  Ausbildung  veranlasst;  es  fehlen  uns  dazu  genügende 
Beobachtungen.  Meist  ist  nur  eine  obere  Seite  des  Krystalls  von  der  fremden  Substanz 
bedeckt,  kann  von  der  unteren  Seite,  auf  wekhe  kein  Zersetzungstaub  auffiel,  deutlich  ge- 
schieden werden.  Die  Fortbildung  der  Hülle  war  eine  verschiedene  auf  der  obern  und  auf  der 
unteren  Seite,  Fig.  126.  133.  Bei  einem  scalenoedrischen  Kernkrystall  von  Raibl  ist  auf  den 
freigcblicbenen  Scalenoederflächen  die  Neubildung  fast  3  Mm.  dick,  Uber  den  oberen  Flachen 
ist  sie  weit  geringer.  Es  hat  sich  die  Hülle  in  der  Richtung  einer  Nebenaxe  breit  erstreckt, 
die  schärfere  Scalenoederkante  X  tritt  wulstig  vor,  die  Mittelkante  gewölbt,  die  Flachen  sind 
vielfach  zertheilt,  der  Krystall  flächcnreichcr.  Bei  Krystallcn  von  Matlock  ist  die  störende  Sub- 
stanz kalkiger  Staub,  oder  Kupferkies,  oder  Bleiglanz;  sie  ist  durch  den  fortbauenden  Kern- 
krystall von  den  Seiten  her  entweder  theilweise  überkleidet,  oder  auch  gänzlich.  Bei  Kry- 
stallen  R*  aus  dem  oberen  Rhonethal  war  eine  störende,  staubige  Substanz  von  oben  aufge- 
fallen, das  Fortwachsen  ein  ungeregeltes,  nach  einer  Nebenaxe  vorhersehend,  die  Gipfelspitze 
meist  zu  breiter  Schneide,  oder  First  ausgebildet.  Auch  auf  Krystallen  von  Bleiberg  ist  die 
störende  Auflagerung  einer  fremden  Substanz  sehr  häufig  zu  bemerken,  darüber  ein  Hüllen- 
bau, den  Krystallkern  umscbliessend.  Diese  Substanz  ist  entweder  staubartiger  Bleiglanz, 
oder  eine  gelbliche  kalkige  Kruste.  Das  Fortbauen  über  dieselbe  erfolgt  in  der  Gegend  der 
scalenoedrischen  Mittelkanten  vorzugsweise  durch  den  ungeregelten ,  gewölbten  Frismcnbau  c, 
auf  dem  Krystallgipfel  aber  stets  vermittelst  des  gefurchten  und  gerundeten  g,  oder  g .  t, 
welche  Flächen  dann  oft  in  rauhen  Stellen  und  Streifen,  und  in  glänzenden  Pünktchen  nach 
einem  steileren  negativen  Rhomboöder  abfallen,  oder  in  Hohlformen  eines  solchen  cinschimtnero. 
Solche  steileren  Rhombocder  treten  bald  naher  an  —  >,',R,  bald  an  —  *mR,  ja  sie  sind  auch 
ab  — R  gemessen  worden  (Hess enberg).  In  Pünktchen  ziehen  sie  oft,  mit  rauheren  Stellen 
wechselnd,  der  ganzen  Kante  X  entlang.  Au  solchen  gestörten  scalenoedrischen  Krystallbauten 
von  Bleiberg  findet  Bich  nicht  selten  neben  den  glänzenden  Flächen  +  R  und  -f-  4R  eine  un- 
symmetrisch ausgebildete  Pyramide,  und  zwar  in  allen  Hohlformen  des  anliegenden  Scaleno- 
öders  in  der  Rundung  mit  -f-K.-f.4R  und  c  einglänzend  oder  einschimmernd.  Hier  ist  der 
beste  Fundort  für  solche  Pyramiden,  auch  die  diagonalen  Einschnitte  auf  —  \»R  sind  daneben 
nicht  selten,  Fig.  73;  auf  den  Wänden  dieser  Vertiefungen  glänzt  +R  ein. 

Das  Fortwachsen  auf,  durch  oder  über  fremdartiger  Substanz  ist  in  sehr  verschiedener 
Mächtigkeit  erfolgt;  wir  sehen  dass  auch  der  Kalkspath,  ähnlich  wie  bei  künstlichen  Kry- 
stallen, über  der  gebildeten  Spaltfläche  weit  mehr  Substanz  aufsetzt,  als  an  den  verbliebenen 
Scalenoederflächen  Rs;  über  ersterer  ist  wol  eine  15  Mm.  dicke  Hülle  r .  c .  g,  über  dem  Sca- 


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-  m  - 

leno&ler  in  derselben  Zeit  unr  1  Mm.  dicke  Neubildung,  aufgefegt,  oder  gar  nur  fetzenhafter 
üeberaug.  Auch  ist  der  Bau  der  HüUe  stets  ein  mangelhafter,  wie  es  scheint  ein  beeilter  oder 
übereilter,  wol  durchsichtig,  aber  gerundet,  reich  an  Hohlformen  und  polyedrischen  Erhebungen 
»eiche  oft  schwierig  zu  deuten  sind,  Fig.  160.  r-   ..-,•>  ■  >\  ■  i 

Die  Fortbildung  der  KrysUlle  nach  eingetretener  Störung  ist  so  wichtig  dass  es  wol  er- 
laubt sein  mag  einige  wenige  Vorkommen  noch  zu  besprechen. 

In  Fig.  162  ist  ein  Krystail  von  Geromany  abgebildet,  jetzt  »R.-  VtR.  Der  Kern 
weisst  nach  dass  die  Gestalt  früher  eine  andere  war;  der  Gipfel  desselben  zeichnet  sich  als 
—  l,»R.t  in  weisser  Streifung  ab,  und  zwar  ersteres  nur  in  wenigen,  schmalen  Linien,  den 
früheren  Furchen,  letzteres  aber  durchaus  weiss.  Die  frühere  Gestaltung  des  mittleren  Theils 
dieses  Krystalls  hat  keine  Spuren  hinterlassen.  Bei  anderen  Vorkommen,  z.  B.  vom  Harze, 
vom  Erzgebirge  hat  sich  über  dem  mittleren  Theil  von  R»  das  Prisma  »R .  .R  in  gemein- 
samer Hülle  oder  in  TheilkrystaUen  ausgebildet,  auf  dem  Gipfel  aber  «R.-^R.  (Milch.  Trüb. 
Fig.  25.  26).  Es  sind  offenbar  die  gesonderten  Thatigkeitarichtungen  des  Kalkspaths  welche 
hier  &  w  u\  Ausdruck,  ^ii  i  1.J  i\i  p,  u  ii  koiomcA  i  id  der  rlioiiiboctLnschäD  Ci  ostAltun^  des  ^JipfclSi 
wie  in  der  prismatischen  der  Mittelkanten,  und  auch  in  der  prismatisch-rhomboedrischen  »R . 
-,'/«R  oder  ooR.-  Ml.oR.  der  Gesamtuthülle.  Bei  dem  Erzgebirge*  Vorkommen  über, 
wiegt  meist  die  prismatische  Ausbildung,  sie  streckt  den  Krystail  oft  thurmartig,  in  Abthei- 
lungen, in  Stockwerken ;  (»Rhomb.  u.  Seal«  Fig.  L  4)  weit  seltener  wölbt  sich  eine  Gruppe 
flacherer  Scalenoeder  über  den  Kern,  mit  t.g.,  mit  «  und  c;*so  die  Hülleugruppen  von  Tha- 
rand,  Fig.  89.  93.  104.  üeber  den  sealenoedrischen  Bau  Rs  von  Oberstein  bauen  sich  Theür 
krysUlle  auf  welche  zunächst  der  Mittelkanten  das  Prisma  vorhersehen  lassen,  über  dem  Kry- 
stallgipfel  aber  das  eerundete  a.t  Es  hat  sich  die  eine  Hüllenbildun«  zum  Theil  mit  der 
andern  geeint,  an  anderer  Stelle  sind  sie  noch  gesondert,  Fig.  146. 

Wie  zunächst  der  Mittelkanten  die  vorhersehende  Thätiekeitsrichtung  des  Krystallbaus 
in  der  Endflächenrichtung  oder  in  vorhersehend  tafelförmigen  Vorbauten  sich  äussert,  so  noch 
weit  mehr  auffallend  die  rhomboedrische  an  den  Gipfelbauten.  8ie  tritt  in  scharf  gesonderten 
TheilkrystaUen  über  das  Scalenoeder  R3,  wie  über  das  Prisma  vor.  (»Krystail  u.  Pfl.«,  Fig.  9. 
»Rhomb,  u.  Seal.«  Fig.  49.)  Es  sind  dies  die  merkwürdigen  Kappenbauten,  wekhe  sich  gar 
nicht  selten  auf  dem  ScalenoSdergipfel  vorfinden,  von  Oberstein,  von  Loben,  aus  dem  Lavant- 
thale,  meist  der  Gestalt  g.c.  oder  g.t.c.  oder  steilere  gerundete  Formen.  Es  zeigt  sich 
darin  ein  üeberwiegen  der  rhomboedriseben  Thatigkeitsricbtuug,  ein  Zurückstehen  der  End- 
dächenrichtunff.  und  der  sealenoedrischen  Kichtunü  Wir  können  solche  Bildunsen  durchaus  den 


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Kappenquarzen  zur  Seite  stellen.  Auch  bei  diesen  wächst  der  Krystall  mit  Berorzugung  und 
zwar  einer  horizontalen  Richtung  von  dem  Gipfel  des  Kernkrystalla  aus.  (Zwüt  Bau  des  Quarzes 
in  N.  Jahrb.  f.  Min.  1864.  p.  550.  Fig.  47—49.  52.)  Die  Spaltungsverhältnisse  beweisen  dass 
bei  den  üüllenbauten  des  Kalkspaths  eine  Zwillingsverwachsung  in  der  Regel  nicht  stattfindet, 
auch  ist  genügender  Grund  nicht  vorhanden  dieselben  als  »älteren  und  jüngeren  Kalkspath«  zu 
scheiden;  es  ist  gewiss  derselbe  Krystall  welcher  bei  oder  nach  einer  8törung  seines  Wachs- 
thums seine  Gestalt  in  verschiedener  Weise  ausbildet.  Die  Axenstellung  bleibt  dabei  stets 
abereinstimmend,  wenn  nicht  eine  mehr  oder  weniger  erkennbare  Verzweigung  oder  Scheidung 
in  Theilkrystalle  im  Fortwachsen  sich  ausbildet  mit  straWenförmiger  Abweichung  der  Haupt- 
axon.  Dann  erscheint  auch  die  gemeinsame  Spaltfläche,  gekramt,  gefiKelt,  gebrochen  oder 
geknickt,  Fig.  129. 

Wenn  wir  Uebergänge  und  Zusammenhang  der  verschiedenen  Kalkspathtypen  unter  und 
in  einander  beobachten,  so  ist  es  doch  zumeist  das  Scaleneeder  welches  in  das  Rhomboöder 
und  in  das  Prisma  fibergeht,  nicht  umgekehrt  Das  Prisma  baut  die  Hülle  meist  wieder  in 
priBm&tischem  Gruppenbau,  das  Btumpfero  Rhomboöder  in  demselben  Rhomboöder,  vielleicht 
etwas  flacher  gewölbt,  mit  kurzem  Prisma.  Dürfen  wir  in  dem  Scalenoeder  R»  einen  vollen- 
deteren Bau  betrachten,  das  prismatische  und  das  rhomboSdrische  Umhüllen  und  Fortbauen 
als  das  Rückfällen  in  weniger  vollendeten  Bau?  Genügende  Thatsachen  fehlen  uns  noch  zu 
dieser  Annahme.  Das  Scalenoöder  R\  wenn  es  m  gestörter  Fortbildung  eine  Hülle  herstelR, 
bildet  diese  nicht  selten  in  einem  steileren,  ScalenoSder,  wie  R5  mit  g  oder  mit  t  aus,  es 
rundet  sich  über  u  oder  wölbt  auch  ein  glänzendes  e.  Auf  R&  treten  Streifeben  und  Eckchen 
vor,  welche  auf  einer  mittleren,  äusseren  Hülle  als  ooR .  »P2  eingläuzen.  Es  ist  offenbar 
der  gleiche  Bau,  an  der  Hülle  des  Gipfels  das  Scalenoöder  vorhersehend  ausgebildet,  an 
der  Hülle  der  Mittelkanten  aber  das  Prisraa.  Die  sehr  bemerkenswerthen  KryBtallhüllen 
von  Aodreasberg  über  violetten  Kern  +R,  deren  eine  als  Fig.  19  zu  »Milchige  Trübung« 
etwas  mangelhaft  dargestellt  ist,  zeigen  uns  gleichfalls  die  Entwicklung  um  die  Mittel- 
kanten  als  prismatische  Tafelbildung,  mannichfach  begrenzt,  z.  Th.  unbestimbar  gerundet, 
Fig.  114,  auf  dem  Kryitallgipfel  aber  ein  sehr  flaches  Scalenoedcr  nach  der  Endkanteu- 
richtung  hundertfältig  ausgefranst,  Fig.  147.  Man  könnte  fast  drei  Bildungsweiseo  hier 
scheide«,  den  scalenofedrischen  Gipfel,  die  prismatische  Tafelbildung  und  die  dazwischen 
Hegenden  gerundeten  Uebergangsformen.  Auf  allen  dreien  spiegeln  und  schimmern  dieselben 
Flächen  in  Pünktchen  und  Streifen  ein,  *  t,  c.eS.B  und  ein  steiler«  Scalenoöder,  auf  den 
grösseren  Krystalk»  auch  ein  steileres  negatives  Rhomboöder  etwa  —  */tR,  auf  dessen  rauhen 


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-    103  - 

fvüuni  fuöctito  Jucr  '  i uc  k.  nvzij^c  Fläche  nic-3st)*ir  st  in  ^  &bür  difl 
Heben  in  ihrer  Form.  Rundung  und  GruDDirunu  ziemliche  Gewißheit 


^fVio  im  H&fzc  so  IftfiSQD  Bich  wo!  äiif  jctlctn  bcticul^ncldrcn  Fundorte 
Uebergänge  der  verschiedenen  Flüchen  und  Gestalten  in  einander  auffinden.  Einer  der 
ist  Prnbram,  sorgfältig  bearbeitet,  die  Vorkommen  nach  der  Zeitfolge  geschieden, 
ist  daselbst  die  lnanichfaltiiie  und  zierliche  Gruinnrunu  von  a  Diese  ist  we- 
je  nachdem  sie  in  der  Richtung  der  Seitenaxen  erfolgt,  oder  aber 
Hauptaxe.  In  ersterem  FaUe  hersebt  stets  das  stumpfere  Rhom- 
boeder  entschieden  vor,  in  t  Obergebend,  c  in  Pünktchen  einsebimmernd.  Ganz  anders  bei 
Ueberkleidung  eines  scAlenoädriscben  Kerns ;  in  fragmentarisch  zerstuckten  Theukrystallen  zeigt 
sich  die  Furchung  g  in  allen  Vertiefungen ;  von  oben  gesehen  glaubt  man  das  stumpfere  Rhom- 
boeder  hersebe  vor,  aber  in  horizontaler  Richtung,  von  der  Seite  gesehen  verschwindet  das- 
selbe ganz  in  dem  scalenoedrischen  Treppenbau.  Bei  rothbestaubten  Krystallen  beginnt  die 
zierliche  Ueberkleidung  auf  den  Mittelkanten,  auch  auf  den  Folkanten  drangen  glänzende  Er- 
bebungen sich  vor.  An  den  keulenförmigen  Gruppenbildungen  von  Przibram  Fig.  97  ist  nicht 
nur  ein  flacheres  Scaleno&ler  hergestellt,  auch  steilere  Scalenoeder  neben  +  R  und  mR, 
fast  alle  Kanten  und  Flachen  gerundet,  die  beiden  Enden  verschieden  ausgebildet  Der  dickere, 
ausgezackte  Gipfel  zeigt  die  rhomboedrische  Ausbildung  vorhersehend,  aber  ans  den  Furchen  g 
einen  scalenoedrischen  Kern  geglättet  vortreten;  das  dünnere  prismatische  Ende  ist  zuge- 
spitzt zu  einem  unme&sbareu  Scalenoeder. 

Ein  reicheres  Material  zum  Studium  des  Hallenbaus  bot  der  Kalkspath  aus  den  Tunnel- 
bauten von  Oberstein.  Der  Haupttypus  desselben  ist  wol  das  Scalenoeder  R\  auf  mancherlei 
Weise  in  der  geregelten  Ausbildung  gestört,  in  Uebergingen  zu  R»  und  »P2.  Bei  grosseren 
Krystallen,  x.  Tb.  durch  Harmotom  überkrustet,  war  die  Fortbildung  ungleicbmässig  vor  sich  ge- 
gangen, die  weisse  Hülle  über  dem  blassölgronen ,  durchsichtigen  Kern  beträgt  etwa    Mm.  Dicke 

2  bis  4  Mm  aber  in  der  Nähe  des  Gipfels.    Dfr  Krystall  bat  im 
Scalenoeder  R5  oder  y  hergestellt.  An  anderen  Krystallen  ist  die 
mit  dem  Kern.  Auch  bei  diesem  Vorkommen  findet  sich  eine 
verschiedene  Ausbildung  der  positiven  und  der  negativen  Polkanten,  faustgrosse  Krystalle  habeu 

„iogähullt ,  der  WC13S6  Körn  ist  ^.schlössen  &uf  der 
),  er  ist  auf  der  kürzeren  Kante  zurt  heilt,  in  dttxchaich- 


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-    104  - 

Fig.  21  von  »Rhotnb.  u.  Scalen.«  es  anscheinlich  raachen  sollte.  Die  Durchsichtigkeit  des 
Krystallkeras  ist  an  sämrotlicben  kürzeren  Polkanten  (auch  bei  Zwillingen  parallel  «R)  und  an 
e  zu  bemerken.  Bei  Krystallen  welche  durch  rothbraune,  staubartige  Substanz  überdeckt  worden, 
geschah  das  Fortbauen  auf  den  Scalenoederflächen  in  gerundeten,  spiessig  gruppirten  Büscheln, 
nach  dem  Krvstallgfpfel  wie  ausgefasert  ,  Fig.  130.  181,  die  kürzere  ScalenoCderkante  gerundet, 
z.  Th.  treppig  als  f\  f.m  bezeichnen,  Fig.  126,  gegen  das  gewölbte  t  zugespitzt.  Auf  der 
längeren  Sealenoedcrkante  sind  die  Büschelgruppen  gegen  die  Krystallspitze  hin  ausgefasert. 
Beachtenswerth  sind  die  Formen  In  welchen  die  üeberkleidung  geschieht,  Fig.  130»,  es  sind 
dieselben  GruppenbiWungen  wie  sie  auf  der  Fläche  /uns  entgegentreten,  Fig.  1—15.  fig 
werden  auch  Krystalle  gefunden,  prismatische,  welche  im  Gipfel  übergebaut  mit  t;  Fig.  158; 
wahrscheinlich  ist  dabei  der  Vorgang  ein  ähnlicher  gewesen  wie  in  Fig.  146. 

Zersprengte  Krystalle.  Eine  andere  Fortbildung  eines  gestörten  Krystallbaus  be- 
merken wir  bei  dem  im  Berge  zersprengten,  an  Ort  und  Stelle  geheilten  oder  ergänzten  Kalk- 
spath.  Es  ist  ein  gleicher  Vorgang  wie  er  auch  beim  Bergkrystall  beobachtet  werden  kann.  Beim 
Kalkspath  ist  derselbe  kaum  irgendwo  so  auffallend,  als  unter  dem  Vorkommen  von  Bleiberg. 
Eine  langsam  wirkende  Gewalt  hatte  die  Scalcnoöder  zerbrochen,  die  einzelnen  Spaltstücke  aus 
einander  geschoben,  zur  Seite  gerückt.  So  waren  dieselben  später  wieder  fortgebildet  worden, 
zusammenwachsend  oder  die  einzelnen  Theile  sich  ergänzend  zu  selbständigen  Gestalten.  Es 
war  bei  diesem  Vorgange  stets  die  Fläche  /,  gerundet,  gefurcht,  im  Uebergange  zu  g  vorge- 
treten, ebenso  das  gewölbte  c  und  parquetartig ,  in  kleinen  Theilbildnngen  r  gerundet  über  « 
und  m.  Wenn  diese  Flächen  fast  nie  fehlen,  so  machen  sich  zuweilen  noch  andere  hemerklich 
wie  —  4  ,11  oder  <p ,  und  glänzende  Streifchen  von  •  4K.  Messbar  sind  unter  diesen  Flächen 
nur  -f  4R,  schmale  Streifchen  —  \-R,  dann  —  */5R,  endlich  kleine  Stückchen  R4. 

Finden  solche  Nachbildungen  auf  nur  einer  Spaltfläche  -f  R  statt,  so  sind  stete  zwei 
über  dieselbe  wenig  sich  erhebende  Scalenoederflächen  t  an  Grösse  sehr  überwiegend ;  die  vier 
anderen  ziehen  schmal  am  Spaltungsrande  zu  R'  hin,  treten  wol  auch  über  dies  R*  vor 
vermittelst  «  .  c.  Ist  ein  dreiflächiges,  einspringendes  Eck  ausgebrochen  worden,  so  müssen 
die  Ergänzungen  auf  den  drei  Spaltflächen  beim  Fortwachsen  «isammcnstossen,  entweder  Con- 
ti et  Hachen  bilden,  oder  als  einziges  Individuum  verwachsen.  Bei  einer  grossen  Anzahl  solcher 
in  Ergänzung  begriffenen  Krystalle  ist  stets  das  letztere  erfolgt.  Es  dräugen  sich  die  ^rund- 
eten Parquetforrocn  f.p.R»;  die  Fläche  R'  wächst  mehr  und  mehr  an,  auf  dem  durchsich- 
tigen Gipfel  ist  nur  hoch  eine  einzige  Gestalt  t.g  und  etwa  eine  schmale,  schief  begrenzte  + 
übrig,  Fig.  149.  164.  IM.'  ' 


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—    105  - 

• 

In  Pogg  Ann.  III.  (187.)  pag.  1:  Frankenheini  »lieber  die  Entstehung  und  das 
Wachsen  der  KrystaHe«  ist  versucht  worden  das  raschere  Wachsen  des  Kristalls  an  beschädigten 
Stellen  zu  erklaren:  jeder  Bruch  bestehe  aus  einem  Aggregat  mikroscopischer  Ebenen,  auch 
der  muschlige  Bruch  habe  Facetten  welche  den  Spaltun Rächen  parallel  seien,  habe  ein-  und 
ausspringende  Winkel.  In  den  einspringenden  Wiukeln  würden  die  Stofftheilchcn  von  mehreren 
Seiten  angezogen,  lagerten  sich  rascher  ab,  der  Krystall  wüchse  also  schneller  daselbst.  Auch 
diese  Deatung  reicht  nur  bis  zum  Zuwachsen  und  Ausgleichen,  dann  stehen  wir  wieder  rathlos 
wenn  wir  sehen  wie  der  vei*tümmelte  Krystall  sich  über  die  geebnete  Flache  erhebt,  in  be- 
stimmten Flächen  und  Gestaltungen,  wie  die  Flächen  sich  äudern  und  in  andere  übergehen 
wie  der  Krystall  sich  frische,  durchsichtige  Hüllen  und  Kappen  aufsetzt,  v.  flauer  -Krystallo- 
genetischo  Beobachtungen«  in  Sitzungsbericht.  30.  1860  scheidet  bei  der  Ergänzung  der  Krystalle 
ein  Ausgleichen  der  Unebenheiten,  eine  planirende  Thätigkeit  der  Krystalle  und  eine  regene- 
rirende  Thätigkeit  derselben.  Das  Resultat  einer  Thätigkeit  sehen  wir.  wir  können  dieselbe 
aber  noch  nicht  deuten  oder  erklären. 

Der  ältere  Rest  des  Kalkspaths  ist  von  dem  jüngeren  durchsichtigen  Neubau  stets  sehr 
wol  zu  unterscheiden.  Den  Uebcrgang  bildet  stets  das  gewölbte,  in  einem  positiven  und 
negativen  Theilo  bestimmt  charakterisirte  c,  zum  Theil  in  Gesellschaft  mit  w.  Das  Fort- 
wachsen des  Kristalls  auf  den  älteren  Flächentheilen  ist  ein  sehr  geringes,  eine  drusige 
Häufung  von  Thcilformcn  R3,  deren  Rand  mit  /  einschimmert  und  mit  r,  Fig.  157.  Gelangt 
die  Neubildung  in  gleiche  Ebene  mit  dem  älteren  Theilo  so  schwinden  die  Secundärflächcn, 
nur  R3  wird  ausgebildet. 

Ist  die  Fortbildung  nicht  auf  einer  Spaltfläche  R,  sondern  in  der  Richtung  der  Hauptaxc 
erfolgt,  sei  es  auf  einem  breiten  Gipfel  eines  überdeckten  Scalenoeders,  sei  es  auf  abgebrochenen 
Kalkstückchen,  so  wird  der  Neubau  vorhersehend  prismatisch  sich  gestalten,  mit  dem  gewölbten 
c,  mit  -(-4R  in  Treppenbildung,  mit  -{-Ii  als  glänzender  Streifen  zwischen  Rs  und  —  '»R. 

Auch  das  Isländer  Vorkommen  verdient  hier  besprochen  zu  werden.  Die  zahl- 
reichen Spaltflächen  nach  -f-R  und  auch  nach  —  1  «R.  matt  und  trübe,  deuten  auf  Verschie- 
bungen welche  im  Borge  selbst  stattgefunden :  um  die  aufgelagerten  Desminkrystalle  hat  ein 
Fortwachsen  des  Kalkspaths,  cino  Hülle  sich  gebildet,  lang  erstreckte  Wulste,  treppig  begrenzt 
durch  das  mattere  +R  das  glänzende  +  4R  oder  auch  +  10R,  welchem  ein  etwas  gerundetes 
Scalenoeder  -  4Rs/s  anliegt  Endlich  zeigt  die  häufig  eingeschlossene,  oder  in  Hohlräumen 
vorhandene  braune,  pulverige  Substanz,  verbunden  mit  der  krystallinischen  Ausbildung  dieser 
hohlen  Räume,  das»  auch  bei  diesem  Vorkommen  ein  Fort  wachsen  statt  gefunden  nach  Ent- 

AMmihII.  d.  mnekmk  n«tui-r  <i.  ..  It,!.  X.  14 


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—    106  — 

• 

fernuog  eines  Iraner  störenden  Gegenstandes,  vielleicht  eines  Bestandtheiles  des  umgebenden 
Gesteins.  Des  Cloiseaux,  Manuel  II  p.  107  bemerkt  dass  manche  Flächen  des  Isländer 
Späths  den  Zustand  böten  wie  der  Quarz  von  Guttannen,  mit  einer  Unzahl  kleiner  polyedrischcr 
Auswüchse  bedeckt.  Dieser  Vergleich  ist  vollkommen  richtig;  es  ist  auch  hier  kein  Anätzen, 
sondern  ein  Nachbilden,  Ergänzen  des  vorher  gehemten  Baues.  Die  dabei  auftretenden 
Flächen  und  Formen  sind  von  Hessenberg,  Min.  Not.  VII.  1 — 4.  Fig.  7—9  und  XI.  p.  9. 
Fig.  6.  7.  19.  20  dargestellt  und  beschrieben.  Vergl.  auch  Des  Cloiseaux,  Manuel  cit.  Fig.  268. 
Hessenberg  hat  dies  Vorkommen  zwar  als  Urbild  einer  ungestörten  Kristallisation  aufgefnsst, 
allein  bei  weitem  die  meisten  der  ausgebildeten  Flächen  desselben  machen  dies  sehr  zweifel- 
haft. Es  hat  eine  Fortbildung  stattgefunden,  deren  Endresultat  noch  ungeregelt  ist.  Die  Ar- 
muth  von  Zonenverwandschaften,  die  Täuschungen  in  Betreff  derselben,  der  .erstaunliche  Grad 
von  Verzerrung«  sind  wol  alle  auf  unvollendeten  Bau  zu  bezieben.  Die  Fläche  —  4R  */s  welche 
für  dies  Vorkommen  charakteristisch  ist,  scheint  eine  richtige  Uebergangsfiäche  zu  sein;  sie 
ist  wol  meist  eben,  aber  es  finden  sich  darauf  zahllose  Vertiefungen  in  welchen  4-  IOH .  -J-4R  • 
R3  einglänzen,  auch  wulstförmige  Erhöhungen  spiessiger  Bündel,  ebenfalls  mit  gerundetem  10R, 
und  mit  4R ;  und  dieses  -f  4R  wieder  spitzt  sich  seitlich  aus ,  gruppirt  sich  zu  unvollendeten 
Flächen  Rs.  Fig.  155.  160.  Es  ist  äusserst  schwierig  solche  Flächengruppen  im  Bilde  dar- 
zustellen, weil  bei  den  meist  gerundeten  oder  gewundenen  Flächen  und  den  einspringenden 
Hohlräumen  die  Angabc  von  Licht  und  Schatten  dazu  nöthig  wäre ,  und  Aufnahme  nach  ver- 
schiedeneu Richtungen.  Das  Studium  derselben  ist  aber  sehr  interessant  Bei  solchen 
Nachbildungen  finden  sich  auch  im  Innern  die  hohlen  Canäle,  welche  von  G.  Rose  krystallo- 
graphisch  so  trefflich  bestirnt  worden  sind;  ebenso  äusserlich  die  scharfen  Einschnitte  nach  +R, 
welche  wol  als  Zerfressungsresultate  bezeichnet  worden,  hier  aber  bei  dem  durchaus  frischen 
Neubau  nothwendig  in  anderer  Weise  zu  erklären  sind;  daneben  ganz  ähnliche  Einschnitte 
nach  —  \'iR,  endlich  die  mancherlei,  diesem  Vorkommen  cigenthümlichen  Flächen,  in  be- 
stirntem Treppeuwechsel ,  dreifach  zu  der  Hohlform  oder  in  der  Vertiefung  in  Flächen- 
gruppen zusammentretend,  Fig.  166.  Als  solche  Gruppen  sind  besonders  hervorzuheben 
+  «/»  R» .  g .  +  R .  +  4R,  dann  auch  +  10 R  mit  c,  -  4R  .  -  »fr  R  »/■  und  Rs.  Die  Fläche 
+  R  findet  sich  —  abgesehen  von  den  Spaltflächen  —  beim  Isländer  Späth  stets  nur  sehr  unter- 
geordnet. Der  Typus  dieses  Vorkommens  ist  wohl  das  Scalenoedcr  R*  wenn  es  auch  nur  als 
grosse  Seltenheit  im  Handel  unverletzt  vorkommt.  In  den  Hohlräumen  findet  sich  stets  die 
eine  oder  aber  die  andere  der  vorstehend  bezeichneten  Gruppen  vorhersehend  (vielleicht  dem 
Kryställgipfel  oder  der  Krystallmitte  entsprechend),  wol  auch  in  der  Weise,  dass  drei  Treppen- 


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—    107  - 

baiiten  R.  4R  die  Tiefe  derselben  bilden ,  sich  daselbst  verschränken ,  darum  weiterhin  drei 
V\ächengrupi»en  der  zweiten  Art  sich  reihen.  Es  erinnert  dies  Vorkommen  sehr  an  die  Quarze 
von  lavätsch,  an  welchen  in  ähnlicher  Weise  eine  Ergänzung  der  Kn  stalle  mittelst  dreifacher 
Gmppenhäufung  bestirnter  Flächen  zu  finden.  (Quarz  11  p.  24.  25.  Fig.  33.)  Die  Aufgabe 
welche  dort  der  Fläche  2P2  überwiesen  scheint,  würde  beim  Kalkspathc  der  Thätigkeit  in 
-f-4R  ziemlich  entsprechen. 

Ueberau  ist  hier  der  Uebergang  einer  Fläche  in  eine  andere  zu  verfolgen.  Die  Fläche 
10k  ist  nicht  gleichraässig  ausgebildet,  meist  fluch  erhoben,  polyedrisch  gebrochen,  die  eine 
Seite  glänzend,  etwas  gewölbt,  die  andere  streifig  gerundet.  Die  Grenze  nach  c  ist  in  der  Regel 
so  wenig  bestirnt,  wie  diejenige  von  c  nach  -  R  */».  Dieses  wieder  ist  stets  rauh,  auf  den 
kleinen  polyedrischen  Erhebungen  mit  —  4  R5>  einschimmernd.  Ebenso  sind  auch  Uebergänge 
aufzufinden  aus  10 R  nach  4R;  dieses  4R  wechselt  im  Treppenbau  glänzend  mit  dem  matten 
oder  rauhen  +  R,  und  glänzt  an  allen  streifigen  Wülsten  des  anliegenden  Scalcnoeders  R» 
Fig.  155.  163.  Dies  ScalenoPder  wieder  zieht  z.  Th.  schmal  dem  rhomboedrischen  Treppenbau 
entlang,  unvollendet  als  r,  concav,  übergehend  einerseits  in  rauhe  Stellen  R",  andererseits  in 
die  Rundung  R5  =  y.  Wo  beim  Isländer  Kalkspath  der  braune  Staub  eingeschlossen  sich  findet, 
ist  auch  die  Flächengruppirung,  die  Treppenbildung,  die  Verzerrung,  die  unsymmetrische  Aus- 
bildung zu  bemerken.  Die  scharfen  Einschnitte  welche  die  langerstreckten  Wulstbildungen 
auf  Ra  quer  durchschneiden,  ziehen  parallel  einer  Spaltfläche  R,  enden  wo  die  höher 
aufgebauten  Wulste  oder  polyedrischen  Erhebungen  in  die  geebnete  Flache  R3  übergehen; 
sie  sind  Resultate  einer  mangelhaften  Erfüllung  und  Fügung  des  Neubaus,  wie  die  schaumige, 
fransenartige  Umrandung  des  Tafelbaus  aus  dem  Maderanerthalc  und  von  Andreasberg; 
(s.  Einfluss  des  ZwiU.  Baus  auf  die  Gestaltung  des  Kafkspaths  in  N.  Jahrb.  f.  Min.  1870. 
p.  546.  Fig.  5).  Die  schmalen  Vertiefungen  sind  z.  Th.  oben  auf  der  Krystallfläche  Rs  zu- 
gewachsen, die  Fläche  geebnet,  die  Vertiefung  als  Hohlraum  ganz  umschlossen,  nur  im  Kry- 
stallinnern  als  Röhre  noch  sichtbar,  durch  zwei  parallele  Flächen  +  R  gebildet. 

Ue  b  er  gangsgest  alten.  Wir  haben  versucht  hier  eine  Reihe  von  Thatsachen 
zusammenzustellen,  welche  es  wahrscheinlich  machen,  dass  bei  dem  Kalkspath  den  verschiedenen 
Typen  die  gleiche  Anlage  zu  Grunde  liege,  dass  dieselben  auch  durch  manichfaltigstc  Ueber- 
gänge verbunden  seien.  Wenn  auch  vielleicht  dem  Scalenol'der  R3  die  höchste  Vollendung 
des  Kalkspathbaues  überhaupt  zuerkannt  werden  muss,  so  zeigen  doch  auch  rhombof'drische 
Gestalten  und  das  Prisma,  selbst  Tafelformen  nach  oR  vollendeten  Bau.  Wir  suchen  vergeb- 
lich nach  einer  Grundform  von  welcher  die  Gestaltung  des  R'alkspaths  ausgehen  könnte;  ob 


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ein  negatives,  ob  ein  positives  Rhomboeder  dies  sei;  ob  —  V»  R,  ob  +  4  R,  oder  gar  ob  -4-R. 
Nicht  die  geringste  Wahrscheinlichkeit  vermag  aufgefunden  zu  werden,  das*  der  Kalkspath  aus 
Theilchen  der  Gestalt  -4-R  sich  erbaue;  aus  Hohlräumchen  dieser  Fläche  glänzt  —  \»R  vor. 
Der  positive,  wie  der  negative  Rhomboederbau  muss  in  der  Anlage  eines  jeden  Kalkspaths 
vorhanden  sein.  Der  eine  oder  der  andere  tritt  bei  der  durch  äussere  Verhältnisse  bedingten 
Kntwickelung  des  Krystallbaus  vor.  Ebenso  wenig  wie  beim  Rhomboeder  kann  beim  pris- 
matischen Bau  eine  Grundform  aufgefunden  werden:  Bei  Störungen  tritt  auf  nR  das  negative 
Khomboedcr  vor ,  oder  es  zertheilt  sich  das  Prisma  in  viele  rhomboedrisch  -  scalenoedrische 
Spitzen,  auf  der  Seitenkante  erscheint  in  Treppenbildung  das  Scalenoeder,  an  den  Prismen- 
flächen !  Ii  und  das  gerundete/.  Beim  Scalcnoüder  endlich  ist  die  Manichfaltigkeit  der 
Wandelungen  eine  uoch  weit  bedeutendere.  Es  tritt  in  der  Richtung  der  Hauptaxe,  also  am 
oberen  Ende  des  Scalenoeduis  der  Rhomboederbau  vor,  im  Uebergang  zum  oberen  Scalenoeder. 
also  g :  t :  in  der  Richtung  der  Nebenaxen  aber  das  gerundete  c  mit  den  verwandten  Flächen. 
Nirgends  findet  sich  bei  gestörtem  Krystallbau  eine  unterbrochene  Reihe  gleichgestellter  Mole- 
Cfile,  ste:s  der  Uebergang  zu  andern  Flächen,  die  Rundung,  selbst  die  gewundene  Bildung. 

Wie  wir  vergeblich  suchen  nach  ürundgestalten  dc.>  Kalkspaths,  so  auch  nach  den  Flächen 
eines  beginnenden  Krystallbaus.  In  der  Adclsbergcr  Grotte,  in  W'iesloch  findet  man  lockere, 
blumige  oder  knospige  Gestalten,  wie  körnig  gruppirt,  an  welchen  stets  -f-R  und  -J-4R  zuerst 
geebnet  sind,  während  —  mR  streifig,  matt,  gerundet  ist  oder  auch  ganz  fehlt.  An  stalak- 
titischen Krystallen  von  Bellamar  sind  die  positiveu  Rhomboeder  glatt  und  eben,  die  negativen 
eingebrochen,  uneben,  unfertig,  scalenocdrischer  Bau  nur  durch  breite  u  repräsentirt.  Dagegen 
ist  an  blumenblättrigen  Gruppenbildungen  von  Przibnun  vorzugsweise  das  negative  Rhom- 
boeder g  zu  finden,  mit  wohlausgebildeten  Endkanten.  Stalagmitenähnliche,  gerundete  Ge- 
stalten von  Matlock,  von  Dufton,  von  Cimies  scheinen  als  negative  Rhomboeder  aufzutreten, 
doch  die  kleinen,  glänzend  geebneten  Flächen  sind  +  R  und  +  4R.  An  gerundeten  Gruppen 
auf  Bergleder  von  Traversella  erglänzen  ringsum  unzählige  gewölbte  c,  aber  an  den  Enden 
der  HaupUxc  ist  der  Gipfel  als  —  l/iB  ausgebildet,  Fig.  60. 

Wir  müssen  uns  vorerst  noch  an  Thatsachen  halten,  dürfen  nicht  eine  Hypothese  durch 
eine  andere  zu  verdrängen  suchen.  Thatsachen  welche  darlegen  das»  eine  Flache  in  eine 
andere  übergeht,  finden  wir  vorerst  nur  in  der  Rundung,  dem  Mangel  einer  bestirnten  Gräaze, 
dem  Einglänzcn  vorragender  Theile  mit  einer  Nachbartläche ,  der  verschiedenen  Ausbildung 
grösserer  und  kleinerer  Krystalle  an  demselben  Handstücke.  Auf  gestörten  Krystallen  von 
Andreasberg  wiederholen  sich  im  Treppenbau  kleine  Flächen  Rss  und  gewölbte  c  auf  der 


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längeren  Scalenoederkantc  R3.  Wir  sind  wol  berechtigt  daraus  zu  schliessen  dass  mit  grös- 
serer Vollendung  des  Krystallbaus  diese  Flächen  schwinden  würden ,  und  zwar  im  Uebergang 
zur  Gestalt  II3,  welche  die  Polkanten  auszugleichen  und  herzustellen  suchen  muss.  Bei  dem 
gerundeten  Treppenbau  R» .  R1 .  <xP2  sind  wir  wol  ebenso  berechtigt  in  R3  die  Vollendung  des 
Krvstallbaus  zu  sehen. 

In  andern  Fällen  können  wir  nicht  mit  derselben  Bestimthcit  vorgehen,  lieber  dem 
Gipfel  röthlicher  Kernkrystalle  -f  R  von  Andreasberg  haben  sich  graue,  flach  erhobene  Sca- 
lenocderhülleu  gebildet,  von  den  Mittelkanten  aus  ist  die  aberkleidende  Ilttlle  in  Wülsten  und 
zart  ausgefransten  Streifen  vorgewachsen  als  oR,  rauh,  /  desgleichen,  eingefasst  von  glänzender, 
aber  gerundeter  ScalenoCderbildung,  Fig.  114.  147.  Wir  sehen  bei  solchen,  krystallographisch 
unbestimbaren  Gestalten,  die  verschiedenen  Typen  des  Kalkspaths  aufs  manichfaltigste  in  ein- 
ander greifen,  die  eine  aus  der  anderen  vortretend,  es  sind  aber  keine  Zeichen  geboten  nach 
welchen  wir  mit  einigem  Grund  zu  schliessen  vermöchten,  welche  Krystallgestalt  aus  solchen 
Unregelmässigkeiten  sieh  herausbilden  werde.  Aehnliche  Uebergänge  finden  wir  an  Gruppen- 
krystallen  vom  Munster thale,  gerundete  Hüllen  über  weissem  Kerne.  Nicht  einmal  von  dem 
Uauptrhomboetler  -f-  R  können  wir  im  Allgemeinen  mit  Sicherheit  sagen,  ob  es  in  der  äusseren 
Gestaltung  der  Krystalle  eine  Ucbergangsbildung  sei,  und  zu  welchem  Resultate  es  in  diesem 
Falle  hinleite.  Wir  finden  es  in  glänzenden  Pünktchen  und  Streifen  an  Ueberkleidungen  und 
Ergänzungen  z.  B.  von  Bleibcrg;  andererseits  aber  als  rauhe  Fläche,  an  deren  conischen  Er- 
hebungen das  Scalenoflder  R»  einglänzt;  so  im  Münsterthal,  in  Auerbach,  auf  Island.  Der 
Glanz  einer  Fläche  gibt  an  und  für  sich  keinen  Nachweis  für  die  Vollendung  derselben ;  die 
meisten  der  gerundeten  negativen  RhomboSder-  und  Scalenoödcrflächcn  sind  glänzend;  auch 
bei  dem  stets  mangelhaften  Bau  der  Treppenbildung  fehlt  es  fast  nie  an  glänzenden  Flächen. 
Von  der  Oberfläche  des  stalaktitischen  Kalkspaths  von  Bellamar  wird  »fast  perlmutterartiger 
Glanz«  erwähnt  (vom  Rath,  M.  M.  Forts.  5.  p.  531). 

Spaltbarkeit  und  Bruch.  Bei  den  Krystallhüllen  ist  die  Absonderung  im  In-  ' 
nern,  die  Spaltbarkeit,  stets  eine  gleichgerichtete  mit  dem  Krystallkenie ,  und  stets  eine 
gleiche  für  die  verschiedensten  Kalkspathtypen.  (Credner,  Kalkspath  von  Andreasberg,  in 
Zeitschr.  d.  D.  geol.  Ges.  17.  p.  224.)  Es  muss  demnach  die  Fortbildung,  die  Entwickelung 
aus  dem  Krystallkern  in  Betreff  ihrer  Absonderungsfähigkeit  die  gleiche  geblieben  sein,  auch 
bei  veränderter  äusserer  Gestaltung.  Allein  die  Leichtigkeit  der  Absonderung  in  dieser  oder 
in  jener  Richtung  mag  sehr  wohl  eine  Veränderung  erfahren  haben;  es  bietet  dabei  das  In- 
nere des  Krystalls  einen  Maasstab  für  die  Vollendung  der  verschiedenen  Typen. 


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-    110  - 

Es  zeigen  sich  bekanntlich  hei  dem  Kalkspat  he  drei  bestirnte  Richtungen  der  Spaltbarkeit 
oder  der  ebenen  Absonderung:  nach  +  R,  nach  —  *i»R  und  nach  oR.  Wie  die  natürliche, 
die  äussere  Fläche  -f-  R  als  Resultat  der  Kreuzung  zweier  Thätigkeitsrichtungen  des  Kalkspaths 
angesehen  werden  kann,  oder  wie  dieselbe  in  der  Kreuzung  zweier  Zonen  liegt,  in  ähnlicher 
Weise  ist  wol  auch  die  Spaltbarkeit  nach  +  R  durch  den  ganzen  Krystall  aufzufassen.  Spalt- 
barkeit nach  oR  tritt  nur  auf  wo  die  Thätigkeitsrichtung  parallel  der  Endfläche  eine  vorher- 
sehende ist,  die  anderen  Thätigkeitsrichtungen  zurücktreten;  in  solchen  mangelhaften  Bauten 
sind  kleine  Ilohlräumchen,  nach  oR  geordnet,  im  Innern  zu  bemerken,  eine  lockere  Tafel-  oder 
Lamellenbildung  in  dieser  Richtung.  Die  Spaltbarkeit  nach  -j-  R  ist  aber  nicht  gänzlich  auf- 
gehoben, diese  wechselt  vielmehr  nicht  selten  in  Treppenbildung  oR .  -f-  R.  Die  weisse,  milchige 
Trübung  kommt  diesem  tafelig  nach  oR  erstreckten,  mangelhaften  Bau  vorzugsweise  zu. 

Die  Absonderung  nach  — '<*R  beruht  wol  ebenfalls  auf  einer  mangelhaften  Ausführung 
des  Krystallbaus.  Sie  ist  bereits  in  dem  Aufsatz  ȟber  den  Einfluss  des  Zwill.  Baus  auf  die 
Gestaltung  der  Krystallc  des  Kalkspaths«  (N.  Jahrb.  f.  Min.  1870)  p.  544  besprochen.  An 
rauhen  Flächen  -f-  R  vom  Harze  tritt  in  den  Vertiefungen  und  Rundungen  g  auf,  mit  / .  oR, 
zum  Theil  auch  mit  einem  steileren  Scalenoeder.  Das  Hauptrhomboeder  erscheint  dabei  ab 
unvollendetes  Resultat  der  bauenden  Thätigkeit.  In  ähnlicher  Weise  finden  sich  auf  Fortbil- 
dungen über  Sp.  R  anscheinend  regellose  Streifen  und  Erhöhungen  auf  welchen  —  R  nur 
stellenweise,  oder  in  Pünktchen  geebnet  und  glänzend  ist ;  und  auch  bei  der  Spaltfläche  nach 
—  '/»R,  hei  lockerem  Bau,  z.  B.  von  Wiesloch  oder  aus  der  Adelsberger  Grotte,  ist  die  Ab- 
sonderung nicht  eben,  sie  ist  gebrochen,  gebogen,  blättrig  ausgerissen  oder  gar  gekörnt  An 
durchsichtigen  Tafeln  vom  Maderanerthale  glänzen  z.  Th.  solche  blättrig  ausgerissene  Spalt- 
flächen einerseits  nach  4- U  andererseits  nach  — tytR  ein,  es  hat  sich  nach  beiden  Absonde- 
rungsflächen ein  Treppenwechsel  eingestellt,  einer  Zwillingsbildung  ähnlich. 

Der  muschlige  Bruch  findet  sich  beim  Kalkspathc  nicht  so  selten  als  man  gewönlich  glaubt. 
An  uugefähr  GO  grösseren  und  kleineren  Stücken  des  Isländer  Kalkspaths  sind  nicht  weniger  als 
24  bestirnt  ausgeprägte  Bruchflächen,  glasig  glänzend,  zu  zählen,  darunter  eine  an  ausgebildeter 
Gestalt  R\  Entweder  sind  sie  breit  über  das  ganze  Spaltstück  erstreckt,  oder  sie  runden  nur 
ein  Eck,  oder  sie  treten  auf  der  Zwillingsl'ügung  ein.  Ob  der  muschlige  Bruch  an  und  für 
sich  eine  höhere  Vollendung  des  Kalkspathbaues  anzeige,  das  ist  kaum  zu  bestimmen,  da  stets 
die  gewönlichc  Absonderung  nach  +  B  daneben  auftritt.  Es  ist  in  kleinen  Stellen  an  dem- 
selben auch  -+-  10R  zu  bemerken,  und  -f  4R  in  schmalen  Strcifcheu  neben  -4-R.  Die  musch- 
ligen  Stellen  selbst  bieten  Verschiedenheit  dar,  zackige  Blätterung  nach  —  \»R,  blättriges  Zer- 


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-  111  — 

reissen.  spicssigc  Gnippirung  gleichmässig  geordnet,  flach  oder  tiefer  ausgerundet,  dreiseitige 
Hohlformen  gleichmässig  gestaltet,  auf  muschlig  gerundeter  Treppenbildung  flache  Erhöhungen 
gereiht,  rauh,  gerippt  durch  aufragende  Gipfelchen,  oder  auch  uneben  beim  schönsten  Glasglanze. 
Wie  der  muschlige  Bruch  nicht  selten  beim  Isländer  Kalkspath  sich  findet,  so  aber  auch  die 
Absonderung  nach  —  »tR;  sie  ist  z  Th.  so  glänzend  wie  Sp.  R.  welche  in  Treppenbildung 
darauf  vortritt,  oder  auch  furchenartig  aufgerissen  ist.  (s.  Einfluss  d.  Zwill.  Baus  cit.  Fig.  4). 

Der  muschlige  Bruch  ist  nicht  auf  die  vollendeteren  Bildungen  des  Kalkspaths  beschränkt, 
er  findet  sich  auch  bei  Bildungen  welche  wir  wol  nicht  mit  Unrecht  als  eiue  mangelhaftere 
bezeichnen  dürfen,  so  an  den  stalaktitischen  Rühreu  von  Bellamar,  freilich  nur  in  kleinen  Stellen ; 
dann  auch  an  blumigen  Bildungen  von  Sinzheim ,  an  den  bräunlichen .  gedrängten  Krystallen 
der  Gestalt  /  von  Burgel  bei  Odenbach,  ja  selbst  an  der  Maderaner  Tafelbildung;  weiter  an 
verzerrten  Scalenoedern  vom  Harze,  von  Rauschenberg,  von  Oberstein,  und  an  Gruppenbauten 
vom  Münsterthale.  Es  ist  dabei  oft  schwierig  zu  scheiden  ob  krummschaliger  Bau  vorliege, 
bewirkt  durch  das  Zusammenwachsen  verschieden  gerichteter  Kryställchen ,  (Rhomb.  u.  Seal. 
Fig.  24.  25.  u.  p.  19.  vergl.  vom  Rath,  Min.  M.  5.  p.  537,  Elba)  oder  aber  ob  in  einem 
einzelnen  Individuum  krummschalige  Absonderung  auftritt.  In  Scalenoedern  von  Auerbach  ist 
durch  aufgewachsene  und  umhüllte  Substanz  ein  brauurother  Streifen  im  Innern  gebildet,  das 
Fortwachsen  muss  eine  gestörte  Bildung  gewesen  sein,  denn  die  Spaltfläche  ist  gefältelt,  die 
Falten  etwa  rechtwinklig  auf  H3  und  auf  R  stehend,  Fig.  129.  So  auch  an  Hüllcnkrystallcn 
vom  Plaucnschen  Grunde,  von  Bleiberg,  von  Matlock,  Schneeberg,  Arendal,  Rossie,  Schemnitz 
u.  a.  m.  Die  Madernncrtafeln  spalten  meist  eben  wo  sie  durchsichtig  grau  sind,  krummschalig 
aber  und  gefältelt  wo  sie  weiss,  undurchsichtig,  trübe  sind. 

So  zeigt  auch  die  Art  und  Weise  der  Absonderung  dass  nicht  eine  besondere  für  diesen 
oder  für  jenen  Typus  sei,  dass  aber  mangelhafter  Bau  des  Krystalls  darauf  einwirken  könne; 
sie  bestätigt  dass  ein  gleiches  Gesetz  den  verschiedenen  Bauweisen  des  Kalkspaths  zu 
Grunde  liege,  dass  aber  in  der  Entwickeluug  des  Baus  mehr  die  rhomboedrische ,  oder  die 
prismatische,  oder  die  scalenoödrische  Gestaltung  zum  Ausdruck  gelange. 

Der  Aragonit.  Stets  bestrebt  alles  Hypothetische  möglichst  wegzulassen  aus  dieser 
Arbeit,  ist  es  kaum  gelungen  bestirnte  Thatsacheu  über  den  Bau  des  Aragonitcs  auf- 
zufinden. Dazu  kommt  dass  die  ausgezeichnetsten  Forscher  bereits  über  diesen  Gegenstand 
das  Ergebniss  ihrer  Studien  vorgelegt  haben.  So  möge  es  nur  vergönnt  Sein  einige  Punkte 
hervorzuheben,  in  welchen  der  Aragonit  mit  dem  Kalkspathe  nicht  übereinstimt. 


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-    112  - 

Wenn  wir  beim  Kalkspathe  Spuren  und  Andeutungen  verschiedener  Thätigkeitsrichtungeu, 
deren  wenigstens  drei  bemerkt  habeu,  so  ist  uns  dieses  beim  Aragouit  keineswegs  in  gleicher 
Weise  gelungen.  Ks  scheint  nur  die  scalenck'drische  vorhauden  zu  sein.  Mit  dem  scalenocdri- 
schen  Hau  des  Kalkspates,  welcher  wahrscheinlich  selbst  wieder  das  Resultat  eine»  verschie- 
denen Zusammenwirkens  ist,  stimmt  der  Aragouit,  nicht  nur  in  den  fortbildenden,  polyedrischen 
Erhöhungen,  sondern  auch  in  der  Gitterung  und  den  zahlreich  zurückgebliebenen  Ilohlräumchen 
übercin.  (Ueber  die  Hildungsweise  des  Aragonits  in  N.  Jahrb.  f.  Min.  Isen.  Taf.  I.  Fi«.  1.  4. 
8.  9.  11.  12.  16.|  Die  gerundeten,  spielen,  polyedrischen  Erhebungen  kreuzen  sich  in  der 
Flächenmitte,  in  der  Richtung  der  Hauptaxe  zeigt  sich  bei  wasserhellen  pyramidalen  Arugo- 
niten  eine  milchige  Trübung,  und  bei  sehr  vielen  Krystallcn  auch  eine  grosse  Zahl  gleich- 
gebildeter  Vertiefungen.  Vergl.  Fig.  161.  162  und  117.  120.  121. 

Der  Aragouit  bietet  weit  weniger  Flächenzonen  als  der  Kaikapith,  und  eine  geringere 
Manichfaltigkeit  in  der  Kreuzung  derselben.  Ueber  die  Spnltbarkeit  der  aragonitischen  Krystal- 
lisation  sind  bereits  in  Volger,  Aragonit  und  Kalzit  p.  21  bcachtenswerthe  Reobachtungen 
niedergelegt;  nicht  nur  ist  die  Darstellung  einer  Spaltfläche  >stets  sehr  schwierige  der  (irad 
der  Spaltbarkeit  wechselt  auch  bei  verschiedenen  Individuen  und  nach  verschiedenen  Ebenen. 
Es  hat  die  Spaltbarkeit  des  Aragonits  »mehr  den  Charakter  einer  Zusammensetzung  lamellärer 
Individuen.«  Weitere  Reobachtungen  Uber  Spaltbarkeit  des  Aragonits  sind  in  dem  cit.  Auf- 
satze N.  Jahrb.  f.  Min.  1860  p.  20  zu  finden.*) 

Auch  der  muschlige  Rruch  des  Aragonits  ist  weit  mangelhafter  als  derjenige  des  Kalk- 
spaths,  zeigt  meist  nur  unebenes  Zerreissen,  seltener  geschwungene,  glänzende  Flächen. 

Sehr  verschieden  ist  die  Zwillingsbildung  beim  Kalkspathe  und  beim  Aragonit.  Sie  ist 
bei  letzterem  so  häufig  wie  beim  Albite,  und  wie  bei  diesem  ist  es  fraglich,  ob  nicht  auch 
in  der  Art  der  aragonitischen  Zwillingsbildung  eine  Mangelhaftigkeit  des  krystallinischen  Baus  sich 
offenbare,  eine  Theiluug  oder  Abänderung  der  Tliatigkeitsrichtungen  mehr,  als  ein  Zusammen- 
wachsen verschiedener  Individuen.  Für  eine  mangelhaftere  Bildung  des  Aragonits  finden  sich, 
wenigstens  bei  den  spiessigen  Gestalten,  Anzeichen  aller  Art.  Solche  Aragonite,  selbst  die 
glänzenden  und  durchsichtigen,  haben  sich  der  Kristallographie  noch  nicht  gefügt,  meist  sind 
nur  die  Gipfelflächcn  eben  und  messbar.    Hat  sich  eine  fremdartige  Substanz  über  solche 

•)  Es  waren  in  diesem  Aufsätze  verschiedene  Fehler  zn  berichtipen s 
)«g.  6  Zeile  1Z>  von  unten  lies:  und  I'ao  »tau  oder. 
.    »     »      (i    ■    oben     »     Flächen  ccP  statt  Fläche  nP. 
»  20     •      4    »       •       •    rhombisch  statt  rhoinl>o.drisch. 

8    »  Dotnenflächeo  statt  Bhombocdertiacben. 


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-    113  - 

KrysUlIe  z.  B.  von  Cleator  Moor,  Cumberland,  gelagert,  so  ist  auch  die  Ueberkleidung  eine 
sehr  angeregelt«,  allein  es  sind  schliesslich  dieselben  Formen  welche  in  der  Hülle  sich  aus- 
bilden, es  tritt  keine  Abänderung  ein  wie  beim  Kalkspath,  keine  Verschiedenheit  der  Gestalt 
von  Kern  und  Holle. 

Noch  eine  Thatsache  sei  hier  angedeutet,  wenn  sie  auch  nicht  auf  eigenen  Beobachtungen 
beruht,  üeber  das  Vorkommen  des  Aragonits  bemerkt  Herr  Ferd.  Seeland,  ein  praktischer 
Bergbeamter,  es  finde  sich  derselbe  meist  im  Erz,  an  oberen  Stellen  der  Berge ;  auch  der  sca- 
lenoödrischc  Kalkspath  finde  sich  nur  in  höchst  verwitterten  Erzen.  Blauerzen,  an  den  höchsten 
Bergspitzen,  oder  zu  Tage.  Der  rhomboedrische  Kalkspath  —  2R  komme  vor  im  Erz,  im 
mittleren  Horizont,  endlich  —  R  gehäuft  zu  rhomboödrischer  BisenbtOthe,  hangend  wie  lie- 
gend, im  Nebengestein.  (Vergl.  Jahrb.  des  naturhist.  Landesmus.  v.  Kärnthen  1852—71.  VII. 
163;  auch:  Senft,  Die  krystallinischen  Felsgemengtheile,  1868.)  Das  Zusammenvorkommen  des 
Aragonits  mit  dem  scaleeoiUlrischen  Kalkspath  bleibt  beachtungswerth,  wenn  auch  in  dem  Vor- 
kommen eines  Minerals  an  und  für  sich  nicht  die  geringste  Erklärung  seiner  Bildungsweise  liegt 

Wie  in  der  jüngsten  Arbeit  Uber  den  Quarz  so  war  auch  hier  versucht  worden  aus  der 
Fortbildung  des  Kalkspaths,  und  aus  den  dabei  vortretenden  Aeusserungen  einer  Thätigkeit, 
auf  die  Bildung,  den  Bau  selbst  Folgerungen  zu  ziehen.  Nicht  Uebergangs flieh en  allein 
waren  dabei  zu  beachten,  sondern  Uebergangs g  est  alten  waren  in  ihrem  inneren  Zusammen- 
hang zu  verfolgen.  Von  Hypothesen,  namentlich  von  der  Molecular-  und  Adhäsionstheorie 
möglichst  absehend,  musste  auf  die  formlose  Gestalt  zurückgegangen,  eine  Entwicklung  von 
Flächen  aus  derselben  aufgesucht  werden. 

Auch  beim  Kalkspath  sind  es  bestimmte  Flächen  welche  aus  der  Formlosigkeit  und  aus 
stalaktitischer  Bildung  zuerst  sich  ebenen  und  glitten;  negative  Rhomboeder,  dann  -|-R  und 
+  4R. 

Die  Fügung  des  Krystallbaus  prägt  sich  verschieden  aus,  auf  den  verschiedenen  Flächen 
desselben ;  und  zwar  bei  unregelmässigem,  anvollendetem  Bau  in  den  vortretenden  Erhebungen, 
Eckchen,  Furchen,  in  paralleler  Treppenbildung ,  und  kreuzweiser  Gitterung. 

Den  Erhebungen  entsprechen  Vertiefungen,  mehr  oder  weniger  bestirnt  gestaltete  Hohl- 
bleiben der  Flächenbildung,  bei  verschieden  gerichteter  Thätigkeit  des  Krystallbaus  veranlasst 
sein ;  die  so  entstandenen,  parquetartig  sich  wiederholenden  Zeichnungen  sind  von  angeätzten 
Stellen  sehr  leicht  zu  scheiden. 

AM.ui.dl.  U.  IllUrt  u.Kirt  U«L  Bd.  X.  15 


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-    114  - 


Das  steilere,  negative  RhomboPder.  -  2R  =/  ist  meist  an  blumigen  Gruppenbauten,  mit 
seitlichem,  zwilbugsnrtigem  Abzweigen,  als  die  zuerst  erkennbare  Fläche  aufzufinden. 

■ 

Die  charakteristischen  Kennzeichen  dieser  Fläche  sind  spiessige  oder  gerundete  Erhe- 
bungen gegen  die  Flächenmitte  gerichtet,  diese  aufblähend;  desgleichen  schmale,  nach  der 
schiefen  Diagonale  gerichtete  Vertiefungen  oder  Hohlräumchen,  oder  denselben  entsprechend 
eine  Ausfaserung  des  KrystallgipfeLs,  eine  Aussackung  dar  Polkanten. 

Die  Vertiefungen  sind  dreiseitig  bei  rhombo&lrischem  und  scalenofrlrischem  Bau,  vier- 
seitig und  mehrseitig,  horizontal  erstreckt  bei  vorhersehendem  Tafelbau. 

Die  Fläche  —  tyiR,  die  beim  Kalkspatb  am  häufigsten  vorkommende  Fläche,  ist  meist 
mangelhaft  gebildet;  nach  der  schiefun  Diagonale  fast  immer  gefurcht  ist  sie  zunächst  des 
Gipfels  oft  besser  geebuet,  fällt  ab  in  steilere  Rhouibo&ler,  rundet  sich  in  horizontaler  Rich- 
tung nach  den  oberen  Scalenogdern. 

Die  Furchenbildung  der  oberen  Scalcnoedcr  stimmt  mit  derjenigen  des  stumpferen  Rhom- 
boöders  in  ihren  Kennzeichen  und  Richtung  «berein  ;  beide  Flächen  können  linsenförmig  in 
einander  Ubergehen. 

Die  Ruitdung  der  Flächen  ebenso  wie  der  Kanten  ist  ein  Zeichen  mangelhafter,  unvoll- 
endeter Bildung,  selbst  bei  glänzenden,  durchsichtigen  Krystallen. 

Die  polyödriBchon  Erhebungen  auf  dem  ersten  Prisma  sind  dreiseitige,  in  ihrer  Er- 
streckung  stets  mit  dem  Habitue  der  Gesammtflache  übereinstimmend,  die  Spitze  ge*;en  eine 
negative  Kante  der  Endfläche  oR  gerichtet. 

Dieses  Prisma  ist  in  Combination  mit  Scalenoödern  meist  convex  gerundet  als  r,  in  zwei 
Hälften  geschieden,  deren  eine  als  Uebergang  zu  den  negativen,  die  andere  zu  den  positiven 
Rhoinboedern  erscheint ;  die  negative  Hälfte  breiter,  glänzend  gewölbt  als  -t»fi,  sealenoidisth 
in  zwei  Flächen  abfallend,  die  positive  Hälfte  schärfer  und  feiner  gefurcht  nach  der  Haupt- 
axenrichtung,  in  den  Kennzeichen  sonst  mit  -f  4  U  übereinstimmend. 

In  Combination  mit  dorn  Rhomboöder  -  R  erscheint  die  poh  Mrische  Erhebung  auf 
c  andere  gestaltet,  der  Gipfel  der  Erhebung  in  der  Richtung  der  Hauptaxe  verschoben. 

Von  den  positiven  Rhomboödern  sind  besonders  -f  4  R  und  +  R  zu  beachten.  Jenes 
glänzend  geebuet,  mit  unter  den  ersten  Flächen  auftretend  zeigt  bei  ungeregeltem  Bau  die 
Gitterung;  es  bildet  mancherlei  Uebergingc  zu  R",  an  wulstigen  Ueberbauten  ebenso  wie  in 
den,  nach  der  schiefen  Diagonale  gerichteten  Hohlrätimchen. 

Die  Fläche  +  R  in  lahlreiehon  Erhebungen  eine  Gitterung  auszeichnend ,  ist  das 
Resultat  einer  in  verschiedenen  Richtungen  bullenden  Thätigkeit  des  Krystnlls,  kein  Typus 


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—    U5    -  I 

desselben,  die  Stell«  der  beiden  sich  kreuzenden  Bauptzonen,  der  rhomboedrischen  and  der 

Unter  den  positiven,  steileren  Scalenoödern  nimmt  R*  die  bedeutendste  Steile  ein,  wäh- 
rend andere  wie  RJ.R«  deutliche  Spuren  von  Uebcrgwigsflädien  an  sich  tragen.  Die  Erhe- 
bungen auf  diesen  Scalenoederflicbcn  sind  spiessige  Gruppen  nach  der  Flächen  müte  gerichtet, 
s.  Th.  mit  Gitterung.  ,    , . 

Die  längere,  positive  Polkante  ist  in  anderer  Weise  ausgebildet  als  die  kürzere,  negative. 

Wie  dos  erste  Prisma  cell  als  Ucbergang  gefunden  wird  zwischen  dem  positiven  und 
dem  negativen  RhombotMlor,  so  das  zweite,  <xP2 ,  im  Zusammenhang  mit  einem  Scalenoeder 
rechts  oben  uud  links  unten  oder  umgekehrt.  Rundung  und  Treppenbtm  in  der  scalcnoödriscben 
Hauptaxenrichtung  ist  dieser  Flüche  ccP2  charakteristisch.  Bei  mangelhafter  Krytttallbildung 
herscht  sie  oft  vor.  Scharfe  Einschnitte  weiche  bei  der  Fortbildung  auf  R3  bemerkt  werden, 
kreuzen  auch  den  Treppenlmu  von  »P2. 

Die  negativeu  Scalenoeder,  meist  gerundet,  seltener  eben  und  glänzend,  scheinen  sämmt- 
lich  Uebergangsflächen  zu  sein.  Die  Pyramide,  bemerkenswert))  wegen  der  Unvollzähligkeit  der 
Flächen  und  des  unsymmetrischen  Auftretens  schliesst  sich  denselben  au. 

Die  Endfläche  pR  scheidet  in  ihren  Erhebungen  je  drei  positive  und  drei  negative  Theile 
ab;  oft  macht  sich  in  der  Mitte  derselben  ein  scalenoedri  scher  Kern  bemerkheh. 

Die  mancherlei  Erhebungen  und  Vertiefungen  auf  de»  verschiedenen  Flächen  dos  Kalk- 
>.  ] i <s tJ i s  deuten  &n  dflßs  ilirscll^t  i k  i  dt. t  I rstel 1 1111^  s^i w l i  K ' ( st^i  1t  in  vcrsthiedcodii  Iii  t  ti t  uu  ^  t>o 
thätig  ist,  ajs  welche  hervorgehoben  wurden  die  rhomhoedrische ,  die  scalenoedrische  und  die 
horizontale  oder  l^ndtfüchf?  nrn'  tit  mi  ^ 

Die  rhomboedrische  scheint  am  entschiedensten  vorzutreten  in  der  Furchang  des  stumpferen 
Rhomboeders  und  der  oberen  Scalenoeder. 

Dem  Bau  der  positiven  Rhomboedcr,  wie  dem  der  unteren  Scalenoeder  scheint  eine 
Kreuzung  verschiedener  Thätigkeitjjricktuugep  zu  Grunde  zu  liegen;,  eine  solche  spricht  sich 
in  der  Gitterung  aus.  .    ,1  .  •>  .- 

Die  horizontale  oder  Endflächenrichtung  tritt  besonders  deutlich;  vor  bei  seitlich  an- 
gewachsenen Tafeln,  welche  nach  «R  sich  erstrecken.  Ein  ungeregeltes  Vorhersehen  dieser  Rich- 
tung ist  in  der  Spaltbarkoit  nach  «R,  in  dem  silberglänzenden  Saum,  und  in  der  milchigen 
Trübung  des  Krystallinnern  zu  erkennen.  Mit  «"em  Auftreten  eines  scalenoedrischen  Kerts  ist 
stets  eine  grössere  Durchsichtigkeit  verbunden.  .  j.  . 

Ein  bestimmteres,  deutliches  Vortreten  der  verschiedenen  ThÄügkeitsrichtungen  beim 


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-    116  - 

Krystallbau  ist  an  Hüllenbauten  aufgesucht  worden  und  bei  dem  Fortwachsen  und  Ergänzen 
abgesprengter  Krystalltheile. 

Bei  eingetretenen  Störungen,  insbesondere  durch  fremde  Substanz  welche  von  oben  auf- 
gefallen ist,  findet  d&a  Fortbildet!  und  das  Ueberwachsen  dieser  Substanz  in  verschiedener 
Weise  auf  den  unteren  und  auf  den  oberen  Flächen  statt;  die  Wechselwirkung  der  Thätig- 
keitsrichtungen  wird  abgeändert,  damit  auch  die  Gestaltung  dos  Krystalls  selber.  Die  Krystall- 
hülle  wird  meist  verschieden  von  dem  Krystallkcrnc  ausgebildet 

An  zersprengten  Krystallen  wird  die  Ergänzung  in  anderer  Weise  bewerkstelligt  am 
Gipfel .  in  anderer  Weise  an  den  Mittelkantcn  des  Krystalls.  Am  Gipfel  herscht  die  rhom- 
boödrische  Thätigkeitsrichtnng  vor ,  mit  der  Ausbildung  vou  g  .t,  vielleicht  uueh  von  g  .t  va 
Gesellschaft  mit  K*  und  +  4R  :  in  der  Krvstallmitte  aber  die  Ausbildung  von  e. 

Bei  der  noch  herschendeu  Ungcwissheit  über  die  Anlage  des  Krystallbaues  überhaupt 
war  es  unmöglich  Bestirnteres  Uber  die  Ausbildung  der  Flächen,  aber  die  Verschiebung  der 
Flächenrichtung  und  die  Herstellung  der  Kanten  aufzustellen.  Es  wurde  nur  hingewiesen  auf 
die  Verwandschaft  der  Flüchen  einer  bestirnten  Zonenrichtung  in  dem  zugrundeliegenden 
ähnlichen  Bau,  auf  das  verschiedene  Ergebniss  der  Flächenrichtung  durch  verschiedene  Kreuzung 
der  Thätigkeiterichtungen  des  Krystalls  in  verschiedener  Stärke  und  Energie,  und  auf  das 
Ausprägen  von  Kanten  bei  geregeltem  Gegeneinanderarbeiten  verschiedener  Thätigkeitsrichtungen. 

Weiterer  Nachweis  hierüber  wurde  an  missbildeten  oder  jn  Ergänzung  begriffenen 
Krystallen  von  Andreasberg,  von  Bleiberg,  von  Przibram,  von  Oberstein,  von  Island  gesucht 

Bei  dem  Bau  des  Aragonits  wurden  Andeutungen  vorzugsweise  der  scalenoedrischen 
Thfttigkeitsrichtung  aufgefunden,  andere  aber  vermisst  wie  auch  die  Manichfaltigkeit  einer 
Kreuzung  der  Zonen,  und  vollendete  Spaltbarkeit 

Weder  eine  Grundform  des  Kalkspaths  ist  aufgefunden  worden,  noch  ein  bestirnter  An- 
fang and  Ausgang  der  krystallinischen  Thätigkeit  Wenn  auch  Manches  dafür  zu  sprechen 
scheint  da»  die  Gestalt  R»  mit  dem  vollendetsten  Bau  des  Kalkspaths  zusammentreffe,  so  kann 
dieselbe  doch  nicht  als  das  Endziel  dieses  Krystallbaues  aufgefasst  werden.  Auch  unter  den 
rhomboödrischen  und  prismatischen  Gestalten  sind  vollendete  Bildungen  zu  erkennen. 

Aus  bestirnten  Thatsachen  sind  die  verschiedensten  Uebergänge  gedeutet  worden,  nicht  nur 
der  Flächen  einer  Zone  unter  sich  wie  R* .  R' .  R&  »P  2,  sondern  auch  von  Rhomboeder  und 
Scalenoödcr  -f  4R  und  R5,  Scalenoider  und  Prisma,  Prisma  und  Rhomboeder.  Ein  gestörter 
Flächenbau  steht  selten  vereinzelt  da,  auch  die  Nachbarfläche  zeigt  mangelhafte  Ausbildung, 
soweit  die  Störung  reicht. 


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-    117  - 

Jeder  Tbeil  eine«  Kryslalls  wirkt  als  eia  Ganzes  für  sich,  doch  nur  wenn  er  vom  Gesamt- 
individuum  losgetrennt  worden;  sonst  bewirkt  die  Selbstthätigkeit  des  Krystalls  von  innen 
heraus,  eine  der  Anlage  seines  Baus  entsprechende  Fortbildung  sämmtlicher  Theile.  Die  Zu- 
sammensetzung der  nährenden  Flüssigkeit  ist  gewiss  von  grossem  Einfluss  auf  die  Ausbildung 
der  Flächen,  wie  des  Krystells  überhaupt;  sie  ist  aber  keineswegs  die  alleinige  Ursache  seiner 
Ausbildung. 

Die  wichtigste  Frage  welche  der  Mineralogie  gestellt  ist,  vielleicht  auch  die  schwerste, 
betriflt  das  Wesen  des  Kristalls:  Wie  baut  der  Krystall,  und  was  ist  ein  Krystall?  Wenn 
Jemand  es  unternimt  die  allmälige  Lösung  dieser  Aufgabe  zu  versuchen,  so  verdient  er  damit 
weder  Lob  noch  Tadel.  Allein  der  Ernst  des  Strebens  darf  wol  eine  sorgfältige  und  auch 
eine  nachsichtige  Prüfung  der  Arbeit  beanspruchen.  Vieles  ist  hier  zusammengestellt  damit 
die  einen  Thatsachen  die  Bedeutung  der  anderen  verstärken;  manches  ist  nur  angedeutet, 
was  noch  nicht  in  bestirnte  Worte  gefasst  worden  konnte.  Mögen  dies  Andere  mit  jüngeren 
Kräften  aufnehmen  und  zum  Abschluss  bringen. 

Am  8.  April  1875. 


i 

■ 

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Uebersieht, 


H4»itO 

Einleitung   57 

Wachsthum  der  Krystalle,  Intussusception,  Flächenbildung   60 

Rauhe  Fliehen  und  ITohlfonnen,  Treppen-  nnd  Gitterbildung   64 

Stalaktitische  Kristallisation   68 

Pas  steilere  negative  RhombotHler  —  2R   69 

Die  Fläche  — '/«R  und  die  oberen  Scalenoeder   74 

Die  Fläche  »R,  verschiedene  Ausbildung  t»ei  verschiedener  KrystAllgestnlt   78 

Die  positiven  Rbombofrler  +  R  .  -f  4R  .  — j-R  Krcuiungspnnkt  der  Haupteonrn.  Gesetze  des  KrTstallbaus  81 

Die  steileren  Scalenoüder  R'  und  R\    Herstellung  der  Flächen.    Erhebungen  und  Vertiefungen  ...  86 

Die  Fläche  o>P2  nn  mangelhaft  ausgebildeten  Kr)  stallen   89 

Negative  Scalenoi-der  und  Pyramiden   91 

Endfläche  oR    Erhebungen  und  Auszeichnungen.  Fortbildung  des  Tafelbaus   92 

Richtungen  der  Thfitigkeitsausserungen  des  Krystalls.    Milchige  Trübiuig  auf  »R.    Die  scalenoedriscben 

Polkanten   96 

Fortwachsen  über  störende  Substanz,  Krystallhüllen   .    .    >   99 

Fortbildung  zersprengter  Krystallr.    Isländer  Vorkommen   104 

Ucbergangsgestalten  deB  Kalkspaths   107 

Spaltbarkeit  und  Rruch   109 

Der  Arasonit   III 


v 


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Scharf f  Taf.II 


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Scharf f    Tal".  III. 


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Scharff  Taf  IV 


-iih  A»r.i  t  WtifwrtWintn.rrii&fWt!  W 


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Scharff   Tal  V 


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I  I 


I  ti 


1 1 


Beiträge  zur  Anatomie  und  Systematik  der  Rhizostomeen 


Dr.  H.  Orenacher, 


Dr.  P.  0.  Holl 


Mit  8  Tafeln. 


Einleitende  Bemerkungen. 


Im  19.  Bande  der  Zeitschrift  fllt  wissenschaftliche  Zoologie  (1869.  Pag.  509—537,  Taf. 
XXXVHI— XXXIX)  hat  E.  Hacket  eine  ausführliche  und  mit  bekannter  Meisterschaft  illu- 
strirte  Beschreibung  einer  neuen  Medusenform  gegeben,  welche  er  als  Repräsentantin  einer  neneu 
Familie  aus  der  Ordnung  der  Rhizostomoen  unter  dem  Namen  Onmbcsaa  Tagt*)  in 
die  Wissenschaft  einfuhrt.  Gefunden  wurde  das  Thier  in  dem  Brackwasser  des  Tejo  (Tajo)  bei 
Lissabon. 

Die  Umstände,  unter  denen  diese  Entdeckung  gemacht  wurde,  waren  nach  seiner  dra- 
stischen 8childcrung  keineswegs  beneidenswert!)  und  für  eine  eingehende  Untersuchung  so  un- 
günstig als  möglich.  Kr  sass  nämlich  mit  seinen  Reisegefährten  in  enger  Quarantaine-Haft  In 
dem  auf  dem  linken  Tejo-Ufer  gelegenen  Lazaretto,  von  wo  aus  er  die  Thiere  als  grosse,  milch- 
wehwe  Kugeln  im  Tejo  schwimmen  sah.  Mit  Muhe  nur  gelang  es,  ein  einziges  Exemplar  zur' 
Untersuchung  zu  erhalten ,  und  nach  diesem  wurde  die  veröffentlichte  Beschreibung  entworfen. 

Dass  eine  unter  solchen  Umständen  zu  Stande  gekommene  Untersuchung  noch  Vieles  für 
spätere  Forschung  ttbrifj  lassen  würde,  ist  sehr  natürlich.  Ganz  abgesehen  von  der  mikro- 
skopischen Analyse,  die  Häckel  vorzunehmen  nicht  in  der  Lage  war,  musstc  eine  genauere 
Prüfung  dts  so  ganz  eigenartigen  Verhaltens  der  Genitalorgane  zum  Gastrovascularsystem 

*)  Kfaußriltraa,  die  Kobläbnlirbe,  wegen  der  eigentümlichen,  an  Rosenkohl  erinnernden  Saug- 
knftpfe  der  Arme. 


-    120  - 


abweichend  sein  sollten.    In  der  That  sind  die  von  dem  genannten  Forscher 
Differenzen    zwischen    dem  Bau   der  Crambessa    und   dem   der  übrigen  näher 
Rhizostomeen  so  bedeutend,  dass  uns  für  die  Zurückführung  der  Eigentümlichkeiten  der 
auf  die  letzteren  im  Sinne  der  heutigen  Morphologie  jede  Basis  fehlt 

Unsere  nachfolgend  mitgetheilten  Untersuchungen  sind  dazu  bestimmt,  durch  Beseitigung 
der  Irrthümer,  welche  in  der  Häckerschen  Darstellung  enthalten  sind,  ein  Verständniss  jenes 
eigentümlichen  Thieres  herbeizuführen,  und  so  eine  Brücke  zwischen  ihm  und  seinen  Verwandten 
zu  schlagen.  Es  wird  sich  im  Verlaufe  unserer  Abhandlung  herausstellen ,  einmal ,  dass  die 
Crambessa  zwar  eine  eigentümlich  modifteirte  Rhizostomee  ist,  aber  ihre  Eigentümlichkeiten 
nicht  allein  besitzt,  sondern  sie  mit  wenigstens  einer  schon  längst,  und  genau  genug,  gekannten 
Art  teilt;  dann  aber,  dass  in  diesem  eigenartigen  Bau  kein  neuer  morphologischer  Factor  auf- 
tritt, der  sich  nicht  auch  bei  andern  Mitgliedern  derselben  Ordnung  wiederfinde,  sondern  dass 
die  Differenzen  zwischen  ihnen  sich  lediglich  auf  die  ungleiche  Ausbildung  der  Beiden  gemein- 
samen Elemente ,  womit  natürlich  auch  topographische  Verschiebungen  Hand  in  Hand  gehen, 
zurückführen  lassen.  Dies  wird  sich  besonders  ergeben  bei  Vergleichung  der  Crambessa 
mit  einer  ächten  Rhizostomide ,  welcher  die  zweite  Abteilung  der  vorliegenden  Arbeit  ge- 
widmet ist. 

Auch  unsere  Darstellung  ist  leider  nur  eine 

Lücke.    Wie  die  Häckel'sche,  ist  sie  auch  blos  das  Resultat  einer 
die  wir  während  einer  unfreiwilligen 
schaftlich  angetretenen  Reise  für  die  Rüppell-Süftung  im  Jahre  1871  angestellt  haben.  Wenn 
wir  auch  nicht  in  der  strengen  Haft  der 
heit  erfreuten,  so  war  doch  der  Umstand,  dass  wir  über  die 

It8  WIM 

,  der 


Unser  Aufenthalt  in  Lissabon,  das  wir  von  London  kommend  am  31.  August  1871 
sollte  blos  bis  zur  Ankunft,  resp.  Abfahrt  eines  Daropfers  dauern,  der  uns  nach  unserro  ersten 
Reiseziel  mit  längerem  Aufenthalte,  den  canarischen  Inseln,  bringen  sollte.  Da  nach  den  in 
London  eingezogenen  Erkundigungen  das  Intervall  zwischen  unserer  Ankunft  und  derje 
des  Dampfers  der  betreffenden  Linie  höchstens  eine  Woche  dauern  konnte,  so  Hessen  wir 


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-  lai  - 

Kisten  mit  Gläsern,  Faugappa  raten  etc.  in  Verwahrung  der  Dquane,  um  der  sonst  unvermeidlichen 
höchst  zeitraubenden  Uinpackuiig  behufs  der  Untersuchung  enthoben  zu  sein,  und  nahmen  in 
dem  durch  seine  prachtvolle  Lage  am  Ufer  des  Tejo  ausgezeichneten  »Hotel  Central«  unser 
Absteigequartier. 

In  Lissabon  selbst  konnten  wir  über  ansern  Dampfer  noch  weniger  erfahren  als  früher  in 
London.  Er  könne  jeden  Tau  eintreffen,  so  lautete  der  beständige  Refrain  auf  unsere  taglichen 
Anfragen.  DemgemAS»  trugen  unsere  Ausflüge  auf  und  an  dem  Tejo  nur  den  Charakter  provi- 
sorischer Orientirungsfabrteu,  um  die  uns  Beiden  noch  fremde  marine  Fauna,  soweit  sie  sich  bis 
nach  der  Hauptstadt  hiueinzieht,  oberflächlich  kennen  zu  lernen.  Iii  der  That  lässt  die  Thier- 
welt die  Illusion,  welche  man  nach  dem  sehr  bemerkbaren  Einfluss  von  Ebbe  und  Fluth  sich 
zu  bijden  geneigt  ist,  als  oh  man  nämlich  sich  nicht  an  einem  Strome,  sondern  an  einem  Meer- 
busen oder  Fjord  befinde,  nicht  zu  Schanden  werdet).  Delpbiue  durchziehen  in  Scharen, 
ebenso  neckisch  wie  auf  der  offenen  See,  die  Wogen;  die  Pfähle  der  Landungshrucken  sind  mit 
Austern  dicht  besetzt;  Krabben  huschen  behende,  wenn  sie  durch  Schritte  oder  den  Schatten 
eines  sich  Nahenden  aufgescheucht  werden .  in  die  Kitzen  des  Mauerwerks  am  Quai.  Einige 
Excursionen  auf  das  linke  Tejo-Ufer,  bei  dem  Dorfe  Cacilhas,  zeigten  uns  noch  mehr,  wie 
reich  verhältnissmässig  das  Meer  seinen  Formenreichthum  hier  tief  im  Lande  entfaltet  hatte. 
Wenn  auch  am  Strande  diejenigen  Formen  fehlten,  die  das  Auge  des  Neulings  anfänglich  am 
meisten  auf  sich  lenken,  wie  z.  B.  Echiuodermeh ,  Cephalopodcn  u.  dgl..  so  fanden  doch  eine 
Menge  andrer  thierischer  Formen  des  Seegestades  hier  ihre  Vertretung.  Ebenso  belehrte  uns 
eine  nächtliche  Fahrt  auf  dem  Tejo  über  das  Vorkommen  einer  nicht  zu  unterschätzenden 
Formenfülle  der  mikroskopischen  Thierwelt.  Durch  die  herrliche  Erscheinung  des  Leuchtens 
angelockt,  fischten  wir  mit  dem  feinem  Netze,  und  die  vorgenommene  Untersuchung  der  Beute 
zeigte  uns,  ausser  den  das  Leuchten  hauptsächlich  verursachenden  Noctiluken.  Wurm-  und  Cru- 
staceenlarven  in  nicht  unbeträchtlicher  Anzahl. 

Mehr  jedoch  als  alle  diese  Formen  nahm  die  herrliche  Meduse,  deren  Schilderung  haupt- 
sächlich  Gegenstand  unserer  Arbeit  ist,  unsere  Aufmerksamkeit  in  Anspruch.  Schon  am  5.  August 
erbeuteten  wir  zwei  FiXemplare  derselben,  die  wir  einer  näheren  Besichtigung  unterwarfen,  und 
einige  leise  Zweifel  an  der  Richtigkeit  der  Angaben  Häekel's  regten  sich  schon  damals, 
obechon  uns  diese  letzteren  nur  in  der  Erinnerung  vorschwebten.  Als  wir  aber  am  8.  August 
durch  den  Agenten  der  Dampfschiffahrtsgesellschaft  erfuhren,  dass  vor  dem  15.  August  kein 
Dampfer  nach  den  Canaren  gehen  werde,  beschlossen  wir  sogleich  eine  möglichst  genaue  Unter- 
suchung der  Meduse  vorzunehmen  und  eine  Anzahl  von  Exemplaren  nach  Hause  zu  senden. 

Abtaadt  d.  (fenrkeab.  n«*urf.  lle«.  IM.  X.  IG 


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Solange  das  Wetter  gut,  d.  b.  die  Luft  ruhig  oder  nur  wenig  bewegt  war,  fehlte  es  nicht 
an  Material.  Aber  gegen  Ende  unseres  Aufenthaltes,  gerade  als  die  zur  Verpackung  bestimmte 
Zinkkiste  fertig  war,  trat  heftiger  Nordwind  auf,  und  unsere  Bootsleute  gaben  sich  vergebliche 
Mühe,  uns  noch  weitere  Exemplare  zu  verschaffen.  8ie  waren  wie  weggeblasen,  und  die  letzten 
sahen  wir  erst  wieder  vom  Bord  unseres  Dampfers  aus,  der  uns  von  Lissabon  entführen  sollte, 
nachdem  wieder  Ruhe  in  der  Atmosphäre  eingetreten  war.  Durch  diesen  ungelegenen  Zufall 
mussten  wir  ebensowohl  auf  den  Abschluss  unserer  gemeinsamen  Untersuchung  als  auf  die 
Sammlung  und  Conscrvirung  von  Museumsobjccten  Verzicht  leisten.  Es  war  zwar  das  Pro- 
gramm unserer  Reise  so  entworfen,  dass  wenigstens  der  Eine  von  uns  noch  einmal  nach  Lissa- 
bon zurückkehren  sollte;  dann  konnte  das  noch  Fehlende  ergänzt,  das  Versäumte  nachgeholt 
werden.  Es  kam  aber  anders;  wir  nahmen  Abschied  von  Lissabon,  und  zwar  für  immer;  Keiner 
von  uns  hat  die  Stadt  wieder  gesehen. 

So  blieb  unsere  Arbeit  ein  Stückwerk.    Möge  sie  trotzdem  nicht  ganz  unwillkommen  sein. 

Zum  Schlüsse  dieser  Einleitung  erübrigt  noch,  unseren  Gefühlen  der  Dankbarkeit  gegen- 
über Herrn  J.  Finger,  Kaufmann  in  Lissabon,  Ausdruck  zu  geben,  der  uns  mit  Rath  und 
That  in  nicht  genug  anzuerkennender  Weise  an  die  Hand  ging.  Die  Uberaus  freundliche 
Aufnahme,  die  wir  bei  ihm  fanden;  die  stete  Bereitwilligkeit,  mit  der  er  unsere  Interessen 
theils  durch  seine  ausgedehnten  Verbindungen,  theils  persönlich  zu  fördern  sich  angelegen  sein 
Hess,  werden  uns  unvergesslich  bleiben,  und  wir  freuen  uns,  unseren  Dank  für  seine  vielfältigen 
Bemühungen  hier  öffentlich  aussprechen  zu  können. 


In  Bezug  auf  die  äussere  Einrichtuug  der  Arbeit  haben  wir  es  für  passend  erachtet,  die 
Schilderung  der  Organe  in  der  gleichen  Reihenfolge  zu  geben,  die  Häckcl  innegehalten  hat, 
um  die  Vergleichung  derjenigen  Punkte,  bezüglich  deren  wir  zu  andern  Resultaten  gekommen 
sind,  —  und  es  sind  deren  nicht  wenige  —  zu  erleichtem.  Dass  wir  uns  im  Wesentlichen  der- 
selben Terminologie  bedienen,  wie  Häckel,  wird  man  hoffentlich  billigen,  da  diese  sich 
wegen  ihrer  Einfachheit,  Uebersühtlichkeit  und  Eleganz  schon  in  die  Wissenschaft  einzubürgern 
begonnen  hat. 


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-    123  - 

A.  Ueber  den  Bau  der  Crambessa  Tagi  Hckl. 

Wie  schon  Häckel  angeführt  hat,  nennen  die  Fischer  und  Bootsleute  in  Lissabon 
unsere  Meduse  mit  dem  Namen  »Alforreca«.  Dieses  Wort  ist  indessen,  seiner  allgemeinen  Be- 
deutung nach,  nicht  ausschliesslich  auf  dieses  Thier  zu  besiehen;  es  ist  vielmehr  eine  Collectiv- 
bezeichnung,  unter  welcher  ebensowohl  Seegras  und  Tange,  als  niedere  Seethiere,  mit  deren 
Unterscheidung  sich  zu  befassen  der  gemeine  Mann  kein  Interesse  hat,  verstanden  werden. 
In  analoger  Weise  bezeichnen  die  Fischer  in  Gibraltar  fast  alle  Evertebraten,  die  nicht  zu  ihnen 
in  culinarischen  Beziehungen  stehen,  als  >Agua  viva«  oder  »Agua  mala«.  —  In  Lissabon 
selbst  treten  allerdings  die  andern  Formen,  welche  etwa  noch  unter  der  Rubrik  der  Alforrecas 
zusammcngefasst  werden  könnten,  so  in  den  Hintergrund,  dass  unsere  Crambesm  Tagi  die 
einzige  und  ausschliessliche  Trägerin  dieses  Namens  ist. 

1.   Allgemeine  Formverhaltnisse  der  CrambeBsa. 

Die  Crambessa  Tagi  zeigt  in  Bezug  auf  ihren  Totalhabitus  wenig  von  dem  der 
übrigen  Rhizostomeen  Abweichendes,  wie  am  Besten  aus  einem  Bücke  auf  die  Abbildung  Tai. 
XXXVIII  Fig.  1.  der  Hä  ekel 'sehen  Arbeit,  oder  auf  Fig.  I.  unserer  eigenen  Abhandlung 
erhellt.  Die  leztgennnntc  Abbildung  ist  nach  einem  frischen,  lebenden  Exemplare  mittlerer 
Grösse  an  Ort  und  Stelle  und  in  natürlicher  Grösse  entworfen. 

Der  Körper,  betrachtet  in  seiner  allgemeinen  Architcctur,  zeigt  dieselben  gröberen  Elemente 
wie  die  übrigen  naher  bekannten  Rhizostomeen.  Er  baut  sich  aus  zwei  Haupttheilen  auf,  dem 
grossen  Schirm,  und  dem  auf  dessen  coneaver  Unterseite  befindlichen  Fortsatee,  welcher  sich 
in  die  acht  Arme  thcilt  Dieser  Fortaatr,  der  sogenannte  Schirmstiel,  oder  Stiel  schlecht- 
hin  genannt  (ausser  einer  Menge  anderer  mehr  oder  weniger  passend  gewählten  Bezeichnungen, 
die  anzuführen  wir  hier  für  überflüssig  halten)  ist  es  hauptsächlich,  welcher  hier  durch  seine 
abweichende  Bildung  unser  Interesse  besonders  in  Anspruch  nimmt. 

Am  Stiele  unterscheiden  wir  wieder  drei  Theile,  und  zwar  von  der  Scheibe  abwärts, 
gegen  die  Spitzen  der  Arme  hingehend.  An  der  Scheibe  inseriren  sich  vier  kräftige  prisma- 
tische Pfeiler,  oder  Armwurzeln,  die  isolirt  entspringen  und  eine  kurze  Strecke  ebenso 
verlaufen.  Bald  aber  vereinigen  sie  sich  zu  der  Armscheibe,  einem  fast  viereckigen,  der 
Ilauptscheibe  der  Meduse  parallel  sich  erstreckenden,  aber  viel  kleineren  Gebilde;  die  Weiler 
treten  in  die  vier  Ecken  der  Armscheibe  ein.  Bei  Betrachtung  des  unverletzten  Thieres  von 
der  8eite  sind  weder  die  Pfeiler  noch  die  Armscheibe  sichtbar;  beide  werden  von  den  Randern 


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—    124  - 

der  glockenförmigen  Hauptschcibe  der  Meduse  verdeckt  —  Auf  der  Unterseite  der  Armscheibe 
entspringen  die  acht  Arme,  und  zwar  so,  dass  man  sie  als  aus  einer  dichotomischen 
Theilung  der  Pfeiler  hervorgegangen  betrachten  kann. 

Die  Arme  zerfallen  wieder  in  die  einfachen  Oberarme,  welche  relativ  kurz  sind,  und 
die  langen  Unterarme.  Jeder  Unterarm  ist  durch  drei  der  liänge  nach  verlaufende  Furchen, 
sowie  durch  eine  leichte  Knickung,  die  ihn  vom  Oberarm  atoetzt,  charakterisirt  und  damit  seine 
Dimension  bestimmt,  Durch  diese  drei  Längsfurchen  zerfällt  er  in  drei  Blätter,  wie  etwa  ein 
dreischneidiger  Dolch,  von  denen  das  eine  nach  innen,  die  beiden  andern  seitlich  nach  aussen 
gerichtet  sind.  Die  längs  verlaufenden  freien  Ränder  dieser  ftügelartig  sich  erhebenden  Blätter 
sind  aber  nicht  glatt  sondern  äusserst  mannigfach  getheilt,  gefältelt  und  gekräuselt,  und  tragen 
die  Mundoffhungen. 

An  dem  cölenterischen  Canalsvstcm  (oder  GastrovaBcuhirsystem),  das 
peripherisch  mit  den  Mundöffnungeu  beginnt,  unterscheiden  wir  wieder  drei  Hauptabtei- 
lungen. Die  von  den  Mundöffnungeu  ausgehenden  kleineren  Canüle  vereinigen  sich  zu  einer 
Köhre  für  jeileu  Arm,  welche  denselben  der  Länge  nach  durchzieht;  es  sind  demnach  8  solcher 
Armcanäle  vorhanden.  Diese  vereinigen  sich  paarweise  in  der  Annscheibe  und  reduciren 
sich  dadurch  anf  vier  Canäle,  die  in  den  Pfeilern  gegen  den  Schirm  der  Meduse  emporsteigen, 
auf  de»en  Unterseite  sich  gegen  das  Schirmcentrnm  hin  erstrecken  und  dort  mit  einander 
vereinigen.  Von  der  Vereinigungsstelle  der  acht  Armcanäle  zu  vieren  an,  bis  zum  Zusammen- 
fluss  im  Centrum  der  Schirmunterseite  werden  wir  dieses  complicirt  gestaltete  8>stem  tod 
Hohlräumen  als  Centraihöhle  bezeichnen. 

Den  dritten  Abschnitt  des  cölenterischen  Systems  bilden  die  peripherischen  Canäle,  die 
ihren  Inhalt  aus  dem  der  Centralhöhlc  schöpfen  und  dem  Medusenschirm  zuführen.  Dieses 
Canalsystem  verläuft  auf  der  Unterseite  des  Schirmes  und  besteht  aus  sechzehn  Radiärcanälen, 
die  unter  sich  vielfältig  Anastomosen  bilden  durch  maschenartige  Verbindungen,  besonders  aber 
durch  den  kreisrunden  Ringe  anal,  welcher  eine  Strecke  weit  innerhalb  des  Schinnrandes 
verläuft. 

Bekanntlich  stehen  bei  den  Medusen  die  Genitalorgane  im  innigsten  Connex  mit  dem 
cölenterischen  Oefässsystem,  namentlich  mit  dem  Theil,  der  sich  zwischen  die  vom  Munde 
her  zufuhrenden  und  die  nach  dem  Umfange  des  Schirmes  hin  abgehenden  Canäle  einschaltet  - 
also  mit  dem  hier,  in  unserra  Falle,  als  Ccntralhöhle  bezeichneten  Theile.  Die  hier  sich  fin- 
dende Complication  der  Centraihöhle  bedingt  dadurch  eine  entsprechende  Complication  in  der 
Anordnung  der  Genitalorgane,  die  in  der  Wandung  der  ersterert  eingelagert  sind,  da  das  von 


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-    ftj  - 

ihnen  eingenommene  Terrain  sich  soweit  erstreckt  nls  jene.  Die  fienitalregionen  ziehen  als 
bandförmige  8treiferi  seitlich  den  Aesten  der  Centralhöhlc  entlang  von  der  Ansalzstelle  der 
Pfeiler  an,  diesen  folgend,  nach  oben  gegen  den  Schirm  hin,  biegen  hier  auf  die  ünterflache 
des  Schirmes  um  und  erstrecken  sich  bis  gegen  das  Centrum  desselben.  Hier  biegen  sie  wieder  auf 
einen  benachbarten  Ast  der  Centralhöhlc  über,  gehen  nieder  gegen  die  Insertion  des  zugehörigen 
Pfeilers,  um  auf  diesem  herunterlaufend  an  seiner  Insertionsstelle  in  der  Armscheibe  zu  endigen.  Wir 
zählen  vier  solcher  Genitalbänder,  die,  wie  man  sieht,  im  Räume  eine  doppelte  Krümmung  aufweisen. 

Die  Genitalbänder  werden  auf  ihrem  Verlaufe  auf  der  Unterseite  des  Schirmes  begleitet  von 
stark  hervortretenden,  klappenartig  sich  aus  der  Schirmsuhstanz  erhebenden  Wülsten.  Auch 
diese  sind,  wie  aus  ihren  Beziehungen  zu  den  Genitalbändern  folgt,  nahe  dem  Schirmccntrum 
rechtwinkelig  geknickt .  so  dass  ihre  zwei  8chenkel  je  zwei  Aesten  der  Centraihöhle  zugehören. 
Es  sind  deren  ebenfalls  vier,  nnd  man  kann  sie  bezüglich  ihrer  Lage  etwa  vergleichen  mit  den 
4  F  des  bekannten  Wahrzeichens  der  Turner.  Wir  wollen  diese  für  den  ersten  Anblick 
sehr  befremdlich  aussehenden  Gebilde  als  Genitalk  läppen  bezeichnen. 

Bei  den  andern  Rhizostomeen,  sowie  bei  sehr  vielen  Discophoren  überhaupt,  pflegt  man  von 
Genital-  oder  Subgenitalhöhlenzu  sprechen,  Einbuchtungen  der  untern  Schirmseile,  oder 
vielmehr  der  Gullcrtsubstanz  des  Stieles,  in  deren  Tiefe  die  Genitalorgane  ihre  Produkte  reifen. 
Wir  sind,  wie  aus  der  weiteren  Darstellung  hervorgehen  wird,  ausser  Stande,  diesen  Begriff 
auf  unsere  vorhegende  Medusenform  zu  übertragen. 

Von  den  Organen  der  Beziehung  zur  Aussenwelt  haben  wir  nur  die  acht  rand- 
ständigen Sinnesorgane  zu  erwähnen,  die  sich  in  gteichmässigen  Abständen  von  einander  an 
dem  Schirmumfange  befinden.  Die  Bewcgungs-  und  Sinnesorgane  werden  wir,  soweit  sie  für 
uns  besprechbar  sind,  mit  dem  Schirme  zugleich  behandeln. 

Es  dürfte  nicht  völlig  überflüssig  sein,  der  Schilderung  der  verschiedenen  architectonischen 
Elemente,  die  wir  hier  aufgezählt  haben,  eine  Erläuterung  Ober  die  Terminologie  vorauszuschicken, 
deren  wir  uns  bedienen,  und  die,  wie  schon  vorhin  bemerkt,  vonHäckel  vorgeschlagen  wurde. 

Verbinden  wir  den  Mittelpunkt  der  gewölbten  Schirmfläche,  sowie  den  imaginären  Mittel- 
punkt zwischen  den  Endpunkten  der  acht  Arme  durch  eine  gerade  Linie  als  Axe,  so  bezeichnen 
wir  jene  beiden  Endpunkte  als  Pole  der  Axe,  und  zwar  den  ersteren  als  aboralcn,  den 
letzteren  als  oralen  Pol.  Durch  diese  Axe,  und  gleichzeitig  durch  die  verschiedenen  Organe, 
welche  sich  symmetrisch  um  dieselbe  lagern ,  lassen  sich  nun  Meridianebenen  legen.  Ein  System 
von  Ebenen,  bestehend  aus  zwei  auf  einander  senkrecht  stehenden,  legen  wir  durch  die  vier 
Aestc  der  Centraihöhle,  damit  auch  zugleich  durch  die  vier  Pfeiler,  welche  die  Armscheibe  an 


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I 


—    126  — 

dem  Schirme  befestigen.  Diese  Ebenen  bezeichnen  wir  als  per  radiale.  Ein  zweites  System 
von  Meridianebenen,  ebenfalls  aus  zwei  Ebenen  bestehend,  legen  wir  unter  einem  Winkel  von 
45°  zu  den  vorigen  in  gleicher  Weise  durch  die  Axe,  und  bezeichnen  dasselbe  als  int  er  radiales 
System.  Zwischen  je  einer  perradialen  und  einer  interradialen  Ebene  können  wir  noch  Ebenen 
eines  dritten  Systems  einfügen ;  von  diesen  gibt  es  natürlich  dann  vier,  die  mit  einer  jeden  der 
vorigen  einen  Winkel  von  22 lit°  bilden.  Wir  bezeichnen  diese  Ebenen  nach  Häckel's  Vor- 
gange als  adradiale. 

Vorläufig  lassen  wir  noch  die  Thatsache,  dass  nicht  alle  Theile  unserer  Meduse  die  streng 
radiäre  Anordnung  zeigen,  sondern  dass  wir  auf  Andeutungen  einer  Bilateralsymmetrie 
stossen,  ausser  Betracht. 

Für  die  Beschreibung  der  Arme  werden  wir  noch  einige  Ausdrücke  zu  verwenden  haben 
behufs  näherer  Präcisirung  der  Lagerungsverhältnisse.  Wir  werden  nämlich  diejenige  Seite  der 
Arme,  die  beim  ruhigen  Herabhängen  derselben  nach  innen,  gegen  die  oben  besprochene  ima- 
ginäre Axe  zugerichtet  ist,  als  axiale  bezeichnen,  die  entgegengesetzte  aber  alB  ab  axiale. 
Häckel,  der  die  Bezeichnung  axiale  Seite  auch  gebraucht,  nimmt  ausserdem  noch  die  Aus- 
drücke orale  und  aborale  Seite  für  die  innere,  resp.  äussere  Seite  an.  Hier  dürften  sich 
aber  diese  Ausdrücke  weniger  empfehlen  als  die  andern.  So  gut  sie  sich  verwerthen  lassen, 
um  die  relative  Lage  der  einzelnen  Organe  in  Bezug  auf  die  beiden  Pole  zu  bestimmen,  so 
wenig  präcisiren  sie  an  den  Armen  die  einzelnen  Seiten  oder  Kanten  derselben,  zumal  diese 
sämmtlich  Mundölfuiingen  tragen,  und  man  immer  denken  muss,  dass  die  Bezeichnung  oral 
sich  eigentlich  auf  den  hier  blos  im  Jugendzustandc  vorhandenen  einfachen  Mund  zwischen  den 
Insertionsstcllcn  der  acht  Arme  bezieht. 

Bestimmen  wir  nun  nach  der  hier  gegebenen  Weise  die  Lage  der  hauptsächlichsten  Or- 
gane des  Körpers  unserer  Meduse  zur  vorläufigen  Oricntirung,  so  erhalten  wir  folgende  Ver- 
theilung  derselben. 

Die  vier  Pfeiler  zwischen  Armscheibe  und  Schirm  liegen  natürlich  (da  wir  von  ihnen  aus- 
gegangen sind)  per  radial.  Die  acht  Arme,  in  welche  die  Pfeiler  nach  Durchsetzung  der  Arm- 
scheibe zerfallen,  fallen  in  die  ad  radialen  Ebenen.  Per  radial,  weil  in  der  Fortsetzung 
der  Pfeiler  gelegen,  sind  wieder  die  vier  im  Centrum  der  oralen  Schirmseite  sich  treffenden 
Aestc  der  Centraihöhle.  Als  inter radial  gelegen  betrachten  wir  die  Geschlechtsorgane,  sowie 
die  Geuitalklappen,  trotzdem  beide  der  perradialen  Centraihöhle  sehr  genähert  liegen.  Bestimmend 
ist  für  uns  die  interradiale  Lage  des  Mittelpunktes,  in  welchem  die  Schenkel  beider  Gebilde 
auf  einander  treffen. 


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t 

I 

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Die  von  der  Centralhöhle  ausgehenden  Rndiärcanäle  fallen  nach  bestimmten  Cntegorieen 
in  alle  drei  Ebenensysteme,  die  wir  angenommen  haben.  Die  vier  Radiärcanäle,  die  in  der 
Verlängerung  der  Aeste  des  CentralhöhJenkrenzes  liegen,  also  per  radial,  bezeichnen  wir  als 
Radiärcanäle  1«"  Ordnung;  zwischen  ihnen,  und  mit  ihnen  alternircnd,  liegen  vier 
interradiale,  Radiärcanäle  2U*  Ordnung.  Zwischen  diesen  und  den  perradialen  liegen 
noch  weitere  acht  ad  radiale  Canäle:  Radiärcanäle  3»"  Ordnung.  Von  diesen  letzteren 
ist  jedoch  zu  bemerken,  dass  sie  weder  die  genaue  Winkeldistanz,  noch  den  streng  radiären 
Verlauf  innehalten. 

Die  acht  Sinnesorgane  am  Schirmrande  stehen  je  um  einen  Achtelkreis  von  einander  ab. 
Vier  davon  sind  perradial,  die  vier  andern  interradial  gelegen. 

2.  Schirm  der  Crambossa. 

Unsere  Meduse  gehört  zu  den  stattlichsten  Repräsentanten  ihrer  Classe,  die  man  bis  jetzt 
in  den  europäischen  Meeren  aufgefunden  hat.  Häckel  hat  in  seiner  Arbeit  die  Dimensionen ' 
fast  aller  Theile  angegeben;  wir  haben  leider  versäumt,  an  den  uns  zu  Gebote  stehenden 
Exemplaren  genauere  GrOssenbestimmungen  der  einzelnen  Theile  vorzunehmen,  um  etwa  dar- 
nach die  Schwankungen  taxiren  zu  können.  Wir  haben  nur  von  einem  einzigen  grösseren 
Exemplare  einige  Maasse  genommen,  und  diese  stimmen  zufällig  mit  denen  Oberein,  die  Häckel 
anführt.  Er  fand  nämlich  den  Durchmesser  des  von  ihm  untersuchten  Thieres,  Ober  die  Wölbung 
des  Schirmes  gemessen,  420  Mm,  die  Länge  der  Arme  315  Mm.  Bei  dem  von  uns  gemessenen 
Exemplare  waren  diese  Dimensionen  430  Mm.,  resp.  330  Mm. 

Die  Dicke  des  Schirmes  ist  ebenfalls  sehr  beträchtlich,  zolldick  und  darQber.  Häckel 
gibt  für  die  Schirmmitte  25  Mm.,  2  Zoll  vom  Centrum  entfernt  31  Mm.,  am  Ringcanal  20  Mm.,  und 
25  Mm.  weiter  nach  aussen  noch  10  Mm.  Dicke  an. 

Diese  Messungen  können  selbstverständlich  keine  besondere  Bedeutung  in  Anspruch  nehmen. 
Sowohl  Häckel  als  wir  haben  Thierc  von  der  verschiedensten  Grösse  gesehen;  Häckel  taxirt 
einzelne,  die  er  aus  dem  Schwarme  hervorstechen  sah,  auf  ca.  2'  Sehirmdurchmesser.  Uns  sind 
nun  allerdings  solche  Dimensionen  nicht  vorgekommen,  aber  immerhin  haben  wir  Thiere  zu 
Gesicht  bekommen,  theilweise  selbst  unter  den  Händen  gehabt,  die  dasjenige,  von  welchem  die 
Maasse  stammen,  nicht  unbeträchtlich  an  Grösse  übertrafen. 

Die  Mehrzahl  der  untersuchten  Exemplare  blieb  aber  hinter  diesen  Dimensionen  zurück. 
Wir  haben  solche  gesammelt,  deren  Schirm  nicht  viel  über  Faustgrössc  aufzuweisen  hatte,  und 
ein  Theil  der  von  uns  gegebenen  Abbildungen  einzelner  Orgaue  ist  von  solchen  entnommen. 


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Ob  die  auffälligen  Differenzen  in  Grösse  und .  wie  wir  gleich  hinzufügen  Winnen,  in  tfärhuns 
sich  auf  sexuelle  Unlerschiede  zurückführen  lassen,  oder  in  der  Variabilität  ihre  Erklärung  finden, 
das  müssen  wir  unentschieden  lassen.  Unsere  Exemplare  waren  noch  nicht  geschlecbtareif. 
Sicher  dürfen  wohl  aber  alle  gleichzeitig  beobachteten  Individuen  auf  eine  Generatioiysperiode 
zurückgeführt  werden:  möglich  ist  es,  das»  im  weitern  Verlaufe  ihres  Leben»  bis  zum  Eintritt 
der  Geschlechtsreife  die  Gegensätze  sich  wieder  etwas  ausgleichen. 

Wie  eben  angedeutet  und  auch  von  H  ä  c  k  e  I  auseinandergesetzt  wurde .  ist  auch  die 
Färbung  ähnlichen  Schwankungen  unterworfen,  die  auf  bestimmte  Abhängigkeitsverhältnisse 
zurückzuführen  vorläufig  noch  nicht  möglich  ist.  Sehen  wir  einstweilen  noch  ab  von  der  Pig- 
mentirung  der  Schirmoberfläche,  die  namentlich  am  Räude  stark  hervortritt,  uud  berücksichtige« 
blos  die  Färbung  der  gallertartigen  Grundsubstanz.  Diese  war  in  den  meisten  Fällen  blaulilh 
oder  gelblich  durchscheinend,  opalisireud ;  einige  zeigten  einen  ausgesprochenen  gelblichen  Ton. 
andere  aber  waren  hell  sepiafarben  oder  kaffeebraun.  Diese  letzteren,  gebräunte!),  oder  wenigstens 
ähnliche  Modificatiouen  im  Grundton  zeigenden,  hat  auch  H  ä  c  k  e  I  gesehen ;  es  waren  nach  ihm 
besonders  grosse  Exemplare,  die  derartige  Anomalieon  in  der  Färbung  darboten,  während  wir 
mehr  bei  den  kleineren  diese  Neigung  hervortretend  fanden.  Diese  Färbung  ist  aber  nicht 
auf  den  Schirm  beschränkt,  sondern  sie  erstreckt  sich  soweit,  als  sich  die  GallerUubstanz  aus- 
dehnt, also  namentlich  auch  auf  die  Arme.  An  dem  axialen  und  abaxialen  Fransenbesatz, 
welcher  die  Mundöffnungen  charakterisirt,  tritt  freilich  die  gelbliche  Färbung  allgemein  in  den 
Vordergrund. 

Durch  den  Schirm  schimmert  nun  bei  der  Betrachtung  desselben  von  oben  der  unter  ihm 
gelegen«  Theil  der  Genitalien  in  Gestalt  eines  Kreuze«  durch,  nach  Häckel's  treffenden  Ver- 
gleich wie  die  Flamme  einer  Astrallampe  durch  die  Glaskuppel.  Im  Allgemeinen  markiren 
sich  die  Geschlechtsorgane  durch  eine  gelblichweisse  oder  gelbe  Färbung;  wir  haben  aber  auch 
einen  Stich  ins  Grünliche  daran  wahrgenommen. 

Sehr  beträchtliche  Schwankungen  scheinen  noch  vorzukommen  bezüglich  der  An- 
wesenheit oder  des  Fehleus  eiues  Pigmentes,  welches  der  gewölbten  Oberfläche  des  Schirmes 
aufgelagert  ist.  Einzelne  Exemplare  scheinen  dasselbe  völlig  zu  entbehren;  Häckel  erwähnt 
wenigstens  das  Pigment  von  seinem  Exemplare  nicht,  obschon  er  sonst  gerade  in  Bezug  auf 
die  Schirmwölbung  besonders  ausführlich  berichtot.  Andere  aber  zeigen  es  in  der  auffallenden 
und  nicht  zu  übersehenden  Weise,  wie  wir  es  in  unserer  Fig.  I.  finden. 

Besonders  stark  entwickelt  zeigt  sich,  wenigstens  nach  unsere  Erfahrungen,  das  Pjgmeqt 
am  Schirmrande,  da,  wo  derselbe  sich  in  die  nachher  noch  zu  besprechenden  Bandlappeu  theilt. 


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-    129  - 

Dies*«  zungenförmigen  Lappen  besitzen  in  der  Mitte  eine  nicht  unbeträchtliche  Dicke ,  während 
ihr  Ratul  sich  schneidenartig  zuschärft.  Die  dickere  Mitte  ist  durch  die  Pigmentstreifen  aus- 
gezeichnet, die  unweit  der  Lappenspitze  schwach  colorirt  beginnen,  geschlängelt  gegen  das  Centruin 
des  Schirmes  verlaufen,  und  dabei  sich  dichotomisch  theilen  unter  steter  Zunahme  der  Färbungs- 
intensität.  Gegen  die  Basis  der  Randlappen  hin  nimmt  die  Färbung  wieder  etwas  ab,  die 
Streifen  werden  schmaler,  und  der  Grundton,  welcher  der  Schirmsubstanz  eigen  ist,  kommt 
wieder  mehr  zur  Geltung.  Die  aus  den  einzelnen  Ramllappen  stammenden  Acste  breiten  sich 
nun  seitlich  aus  und  setzen  sich  geschlangelt  gegen  das  Centrum  hin  fort.  Dabei  verliert  sich 
aber  allmälig  die  Regclmässigkeit;  die  Aestc  setzen  aus,  es  treten  neue  auf  etc.,  wie  es  die 
Fig.  II  zeigt,  die  ein  kleines  Stück  der  aboralen  Schirmoberfläche  bei  schwacher  (Loupen-)  Ver- 
größerung wiedergibt.  Die  Färbung  des  Pigments  ist  eine  unrein  purpurne,  mit  einem 
leichten  Stiche  ins  Bräunliche. 

Mit  dieser  Pigmentvertheilung  steht  eine  eigentümliche  Sculptur  der  Schirmoberflache  in 
inuh;em  Zusammenhang,  der  Iläckel  eine  ausführliche  Darstellung  widmet.  Nach  ihm  ist 
nämlich  die  aborale  Schirmfläche  »in  äusserst  zierlicher  Weise  mit  dendritischen  Ramificatiouen 
gezeichnet,  die  mit  ihrer  Bifurcation  radial  von  der  Peripherie  des  Schirmes  gegen  dessen  Mitte  ge- 
richtet sind«.  Diese  Sculptur  ist  »durch  sehr  zahlreiche  feinere  Wülste  oder  Rippen  der  Gallertsub- 
stauz  des  Schirmes  bedingt,  welche  durch  entsprechende  Furchen  oder  Thälchen  getrennt  sind.  So- 
wohl die  Furchen  als  die  Rippen  sind  von  halbcylindriscbem  Querschnitt.  —  Im  Centrum  der  Aboral- 
wölbuug  des  Thieres  ist  eine  kleine  punktförmige  Grube,  um  welche  herum  acht  einfache  kurze 
Radialrippen  und  acht  damit  altcrnircnde  nach  aussen  gabelspultige,  kurze  interradiale  Rippen 
eine  Rosette  bilden.  Diese  ist  von  einer  weiteren  Furchenrosette  umgeben,  welche  von  acht 
dreispitzigen,  mit  den  drei  Spitzen  gegen  das  Centrum  gerichteten  Zickzacklinien  gebildet  wird. 
Zwischen  diesen  laufen  die  centralen  Enden  von  acht  radialen  Hauptfurchen  aus,  die  centri- 
petal  von  den  acht  Augen  gegen  die  Schirinmitte  verlaufen.  Die  Bifurcationen  sämmtlicher 
baumflirmig  verästelter  Radialrippen  «iud  ceutripetal  gerichtet,  so  dass  die  Wurzeln  der  Rippen- 
bäumchen  gegen  diu  Peripherie,  die  Zweigwipfel  gegen  das  Centrum  laufen«.  (1.  c.  p.  515). 
Ferner:  »Die  oben  beschriebenen  dendritischen  Rippen  der  aboralen  Schirmfläche  beginnen 
meistens  in  der  äussern  Spitze  eines  jeden  Gallertzipfels  (d.  h.  des  verdickten  Mitteltheiles  der 
Randlappen)  mit  einem  einfachen  Stämmchen,  welches  sich  alsbald  durch  wiederholte  Bifurcationen 
zu  einem  vielverzweigten  Bäumchen  entwickelt,  dessen  Zweige  sich  über  das  Riuggefäss  hinaus 
centripetal  nach  der  Mitte  der  aboralen  Schirmflächc  fortpflanzen». 

Wir  haben  hier  das  Wesentliche  der  Schilderung  Häckels  wörtlich  wiedergegeben, 


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-    130  — 

weil  wir  nicht  in  der  glücklichen  Lage  gewesen  sind,  ein  Exemplar  aufzufinden,  das  eine  solche 
Regelmäßigkeit  in  der  Oberflächensculptur  aufzuweisen  gehabt  hatte.  Die  eigentümliche 
Cannelirung  des  Schirmes  fiel  uns  ebenfalls  auf,  aber  wir  vermissteu,  soweit  wir  sie  beachteten, 
diese  zierlich«  Anordnung;  was  wir  davon  zu  Gesicht  bekamen,  ist  wiedergegeben  auf  den  Figg. 
L  u.  IL,  wo  die  Pigmentstreifen  den  Verlauf  der  Rippen  andeuten,  auf  deren  Kämmen  sie  ge- 
legen sind. 

Da  Häckel  von  den  Lissabouer  Bootsleuten  in  Erfahrung  gebracht  hatte,  dass  die  Meduse 
selbst  weit  über  Lissabon  hinauf  in  völlig  süssem  Flusswasser  vorkommen  solle,  so  ist  er  nicht 
abgeneigt,  die  so  eigentümliche  Oberflächensculptur  als  eine  Anpassungserscheinung  an  das 
veränderte  Medium  aufzufassen.  Nach  unserer  Ansicht  dürfte  es  rathsam  sein,  für  solche 
Erklärungsversuche  zunächst  eine  sichere  Grundlage  des  Thatbestandes  zu  schaffen,  zunächst 
also  zu  bestimmen,  wo  die  Meduse  eigentlich  heimisch  ist,  ob  in  der  See,  oder  im  Brackwasser. 
Wir  halten  vorläufig  die  ersten;  für  ihre  Ileimatb. 

Wie  schon  aus  den  oben  angeführten  Messungen  Micke  Ts  hervorgeht,  ist  der  Schirm 
in  verschiedenen  Entfernungen  vom  Mittelpunkt  von  ungleicher  Dicke;  er  wird  gegen  den  Rand 
hin  dünner,  und  schärft  sich  hier  ganz  aus.  Ein  Blick  auf  unsere  Fig.  III,  welche  einen  Schnitt 
durch  eine  der  Ebenen  des  Perradius  darstellt,  zeigt,  dass  diese  Differenzen  hauptsächlich  durch 
die  unsleichmässige  Wölbung  der  unteren,  oralen  Scbirmfläche  verursacht  werden,  da  die  aborale 
Schirmfläche  ihre  gleichmäßige  Wölbung  iu  ihrer  ganzen  Erstreck™ u  beibehält.  Durch  die 
Ansatzpunkte  der  vier  Annpfeiler  an  den  Schirm  ist  auf  der  Oralseite  desselben  eine  Kreis- 

kungen  unterworfen  sind.  Nach  aussen  von  den  Pfcilerinsertioncn  markirt  sich  ein  ringförmiger, 
gewölbter  Wulst,  (Fig.  III,  VIII.)  der  sich  auch  durch  das  Aussehen  seiner  Oberfläche  von  den 
mehr  central  gelegenen  Theilen  der  Schirmunterseite  scharf  abhebt  Er  ist  nämlich  durch 
weissliche,  leistenarüg  erscheinende,  coucentrische  Streifen  ausgezeichnet,  die  sich  nicht  ununter- 
brochen um  den  ganzen  Umfang  hinziehen,  sondern  in  der  Richtung  der  Periadien  und  Interradien 
(also  im  Ganzen  an  acht  Stellen)  von  schmalen,  glatthleibenden  Brücken  durchsetzt  werden.  -  Jen- 
seits des  Wulstes  liegen  die  Randlappen;  die  Einschnitte,  welche  je  ein  Paar  derselben  von  den 
benachbarten  trennen,  dringen  bis  an  den  peripherischen  Rand  des  Wulstes  vor.  Auch  bis  auf 
die  Lappen,  wenigstens  auf  die  innere  Hälfte  derselben,  dehnen  sich  jene  couccntrischen  Leisten 
aus  (Fig.  VII;  m.).  Diese  Leisten  sind  die  Muskeln,  durch  deren  sphygmische  Contractionen, 
welche  eine  Verkleinerung  des  Lumens  der  Schirmhöhle  im  Gefolge  haben,  die  Meduse  ihren 
Ortswechsel  vollzieht. 


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-    191  - 


Lappen  sind  übrigens  noch  durch  ein  anderes  Gebilde  von 

nämlich  durch  den  Ringcanal,  der  an  der  äusseren  Grenze 
verläuft  Häckel 
als  extracirculären  ßchirmsaum. 
Durch  die  acht  Sinnesorgane,  von  denen  vier  perradial, 
sxtradrculare  Schirmsaum  in  ebensoviel  Abschnitte  getheilt,  Häckel's  Hauptlappen. 
Durch  je  drei  tiefere,  und  vier  altcrnirend  mit  diesen  gelegene  weniger  tief 
werden  die  Hauptlappenränder  wieder  in  je  acht  Rand  läppen  zerfallt, 

aufgefasst  werden.  —  Die  Sinnesorgane  liegen  etwas 


Randlappen  zweier  Hauptlappen  grösser  ist,  als  zwischen  den  Randlappcn  eines  un< 
Hauptlappens;  dies  wird  durch  das  Einschieben  eines  schmalen,  unpaaren,  an  seinem  peri- 
pherischen Ende  aber  get heilten  Sinneslappen  erzeugt.  Den  Einschnitt,  in  welchem  dieser 
8ioneslappen  liegt,  nennt  Häckel  Augenbucht;  nach  ihm  soll  sie  tiefer  Bein,  als  die  Ein- 
schnitte, welche  die  einzelnen  Paare  der  Randlappen  von  einander  trennen,  was  uns  nicht  auf- 
gefallen ist  Ferner  lässt  Häckel  die  in  der  Mitte  der  Hauptlappen  gelegenen  Randlappen  be- 
trächtlich hervortreten,  die  jcderseiU  davon  gelegenen  aber  successive  nach  der  Augenbucht  hin  an 
Grösse  abnehmen,  so  dass  jeder  Octant  des  Schirmumfanges  eine  Convexität  für  sich  nach  aussen 
besitzt  (vgl.  Fig.l,  2,  3,  5  seiner  Abbildungen),  was  wir  ebenfalls  nicht  constatiren  können. 

Die  Gestalt  der  einzelnen  Randlappen,  welchen  Häckel  eine  ausführliche  Beschreibung 
widmet,  erhält  zur  Genüge  aus  unserer  Fig.  I.  Sie  sind  im  Allgemeinen  zungenförmig,  mit 
mehr  oder  weniger  abgerundeter  Spitze.  Die  Randpartie  eines  jeden  Lappens  ist  dünn,  und 
wird  von  Häckel  mit  einer  schlaffen  Schwimmhaut  verslichen;  der  mittlere  Thetl,  der  durch 
die  pigmentirten,  sich  theilenden  Rippen  charakterisirt  ist,  hat  eine  grössere  Dicke,  da  in  den- 
selben die  Gallertsubstanz  des  Schirmes  sich  unmittelbar  fortsetzt 

Von  den  Sinnesorganen  können  wir  leider  keine  erschöpfende  und  allseitig  genügende 
geben;  indessen  mögen  unsere  Mittheilungen  darüber  doch  vielleicht  nicht  unwill- 
Beobachtungen,  wie  wir  weiter  unten  darlegen  werden,  mit  älteren,  an 

Da  wo  die  Perradien  und  Interradien  den  Schirmumfang  schneiden,  treffen  wir  besondere 
zur  Aufnahme  der  Sinnesorgane  (Randkörper).    Häckel  bezeichnet  diese 
ohne  Umstände  als  »Augen«;  wir  glauben  jedoch  Gründe  zu  haben,  jene  indifferente 

festhalten  zu  dürfen.  -  Zwischen  den  letzten  Rand- 


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läppen  zweier  Huuptlappcn  schiebt  sich  ein  schmaler,  nach  aussen  sich  etwas  verbreiternder, 
leicht  vorragender  Fortsatz  der  Gallertmasse  des  Schirmes  ein,  der  das  Sinnesorgan  auf  seiner 
Mittellinie  trägt,  und  unterhalb  desselben  sich  in  zwei  kleine  Zipfel  (Uäckela  Augcnlappeo) 
theilt.  Diese  Zipfel  bleiben  an  Grösse  um  ein  Beträchtliches  hinter  den  Randlnppen  zurück, 
und  sind  auch  in  Bezug  auf  ihre  Gestalt  von  ihnen  unterschieden.  (Vgl.  die  Figg.  IV,  V,  VI  A; 
S.  I.).  Während  nämlich  ihre  äusseren  Ränder  einen  verhält  nissmäasig  einfachen,  geraden  oder 
wenig  geschweiften  Verlauf  zeigen,  sind  die  einander  zugewandten  inneren  Ränder  mehrfach  ge- 
buchtet, und  namentlich  an  der  Basis  macht  sich  eine  ohrförmige  Vorragung  bemerklich. 
Zwischen  diesen  Zipfeln  endet  der  vorspringende  Theil  des  Sinneslappens  bogenförmig  abge- 
schnitten (Hacke Ks  Halbkreisbogen  an  der  Augenperipherie).  , 

Dicht  hinter  diesem  Ende  befindet  sieb  nun  auf  der  nborulcu  Schirmseite  eine  im  Umriss 
birnförmige,  oder  annähernd  dreieckige  Grube,  deren  spitzes  Ende  gegen  das  Schinncentrum 
zu  gerichtet  ist,  während  das  stumpfe,  abgerundete,  blind  unter  eiuer  halbmondförmigen  Brücke 
der  Schirmsubstanz,  die  sich  quer  darüber  hinzieht,  verborgeu  üpgt.  (Fig.  IV,  V,  VIA;/.). 
Diese  Einziehung  ist  am  centralen  Ende  seicht,  und  vertieft  sich  immer  mehr  gegen  das  peri- 
pherische hin;  umgeben  wird  sie  von  einem  erhabenen  Wulst  (Fig.  IV,  V,  VI  A;  w  ),  der  be- 
sonders an  den  beiden  Langseiten  deutlich  hervortritt. 

Da,  wo  diese  Einziehung  am  weitesten  gegen  die  Peripherie  mit  ihrem  blinden  Ende  vor- 
gerückt ist,  sitzt  das  eigentliche  Sinnesorgan,  an  welchem  sieb  zwei  Abtbeilungen  unterscheiden 
lassen.  Die  erste  derselben  (Fig.  V,  VI  A ;  &".)  bildet  einen  ovoiden,  an  beiden  Enden  ausge- 
schnittenen, anscheinend  soliden  Körper,  der  für  die  zweite  Abtheilung  als  Stiel  fungirt.  Diese 
letztere  (Fig.  V,  VIA;  S")  besteht  aus  eiuer  etwa»  ovalen  oder  kugeligeu  Blase,  die  ganz  mit 
kleinen  Krystallen  angefüllt  ist,  die  in  Essigsäure  unlöslich  sind,  wie  man  es  von  andern  Disco- 
phoren  schon  kennt  (Fig.  VI  B). 

Ein  besonders  zierliches  Aussehen  erhält  die  Hohlfläche  der  Grube  durch  ein  System 
radiär  von  einem  gemeinsamen  Mittelpunkt  ausstrahlender  Furchen,  die  sich  baumartig 
verästeln,  und  von  erhabenen  schmalen  Leisten  eingefasst  werden,  die  wieder  zweigartige 
Ausläufer  nach  den  Seiten  ausschicken.  Der  Puukt,  von  dem  aus  dieses  Fui  chensystera  ausstrahlt, 
scheiut  die  Ansatzstelle  des  Sinnesorganes  zu  sein.  Von  hier  aus  treten  die  Furchen  aus- 
einander; ein  Theil  derselben  zieht  sich  in  der  Tiefe  der  Grubo  gegen  das  Schinncentrum  hin, 
ohne  indessen  das  spitze  Ende  der  Grube  zu  erreichen;  andere  ziehen  sich  seitlich  hinauf,  und 
wieder  andere  schlagen  sich  bogenförmig  über  die  halbmondförmige  Falte  hinüber,  welche  das 
blinde  Ende  der  Grube  von  oben  bedeckt,  und  strahlen  dann  auseinander  (s.  Fig.  V,  VI  A;  p.  p.). 


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< 


-   181  - 

Von  der  oralen  Schirmseite  uesehen.  ist  der  Anblick  des  Sinnesorgan  ein  ungleich  ein- 
facherer  (Fig.  Vn).   Zwischen  den  beiden  Zipfeln  des  Sinneslappens  gewahren  wir  dasselbe, 
jn  stiucr  A ns<i Lzj>t c  11c  bedeckt  von  einer  \oisj)iin^t-ndci]1  l]nllniiontifuriiti^,i.n  }  iiif.t  (f  t^.  Vü» 
deren  Concavitfit  nach  der  Schinnperipherie  gerichtet  ist.    Die  querverlaufenden  Leisten  jeder- 
seils  «Fig.  VU,  m)  sind  die  Muskclelemcnte,  die  sich  auf  der  oralen  Flache  der  Lappen  finden. 

Was  die  Gonsi Stent  des  Schirmes  unserer  Meduse  anbelangt,  ao  ist  für  sie  von 
Häckel,  wie  für  die  übrigen  Rhtzostoraeen  von  andern  Autoren  schon  hervorgehoben  worden, 
dass  dieselbe  eine  relativ  feste  ist,  so  dass  der  Vergleich  mit  einem  weichen  Knorpel  bei  gani 
frischen,  lebenskräftigen  Exemplaren  keine  Uebertreibung  enthalt.  —  Die  mikroskopische 
Analyse  des  Schirmes  zeigt  uns  nur  die  bekannten  Elemente.  In  einer  durchsichtigen  Grund- 
subütanz  ziehen  nach  allen  Richtungen  des  Raumes  blasse  schwach  contourirte  Fasern,  wie  solche 
von  M.  Schultze*)  und  Virchow**)  beschrieben  wurden;  dazwischen  hegen  kleine  Zellen 
eingestreut,  die,  an  Eiterkörperchen  erinnernd,  eine  sehr  verschiedene  Gestalt,  einen  Kern,  meist 
Vacuolen  und  ausserdem  zahlreiche  dunkle  Körnchen  haben.  Bald  kugelig,  bald  länglich,  bald 
sternförmig  mit  Ausläufern  von  verschiedener  Länge,  machen  sie  den  Eindruck  von  amöboiden 
Zellen ;  eine  Bewegung  an  ihnen  konnte  aber  nicht  zur  Beobachtung  gebracht  werden ,  trotz- 
dem die  Aufmerksamkeit  spcciell  und  längere  Zeit  hindurch  darauf  gerichtet  war. 

3.  Die  Centraihöhle  und  die  Genitalorgane  der  CrambeBsa. 

» 

Wie  Häckel  mit  Recht  hervorhebt,  ist  die  Bildung  und  Anordnung  der  Geschlechtsorgane 
das  Eigentümlichste  und  Merkwürdigste  im  Bau  unserer  Meduse.  Dieselben  lassen  sich  aber 
nicht  wohl  für  sich  allein  behandeln,  sondern  müssen  nothwendig  wegen  ihrer  topographischen 
Beziehungen  zu  der  Centraihöhle,  in  deren  Wandungen  sie  liegen,  mit  dieser  zugleich  geschildert 
werden. 

Diese  beiden  Theile,  Centraihöhle  und  Genitalapparat,  hat  Häckel  durchaus  verkannt, 
und  wir  werden  seiner  Beschreibung  fast  in  allen  Punkten  entgegentreten  müssen.  Auch  unsere 
Darstellung  kann  und  will  nicht  den  Anspruch  erheben,  den  Gegenstaud  zu  erschöpfen,  und 
namentlich  sind  wir  nicht  in  der  Lage,  den  feineren  Bau  der  Genitalien,  die  Entstehung  und 
Entwickelung  der  Geschlechtsproducte  etc.  behandeln  zu  können.  Da  die  Thiere  zur  Zeit, 
als  wir  sie  der  Untersuchung  unterwarfen,  überhaupt  noch  nicht  geschlechtsreif  waren ,  so  sind 

.'     •)  In:  Müller'B  Arch.  f.  Anat.  a.  Phy«.  1856.  p.  811  u.  ff. 

~)  1«:  Arch.  f.  path.  Aiut.  1855.  VII.  p.  658  u.  ff.  .... 


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-   134  - 

es  vorwiegend  Änalogieen  mit  andern  Medusen,  die  uns  bezüglich  der  Deutung  der  Genitalregion 
als  solcher  leiten  mussten.  Doch  glauben  wir  uns  nicht  der  Gefahr  ausgesetzt,  Fehlschlüsse 
zu  tbun,  da  wir  uns,  ausser  dieser  an  und  für  sich  erlaubten,  weil  fast  selbstverständlichen 
Voraussetzung  streng  an  das  von  uns  Beobachtete  halten  werden. 

Die  Configuration  der  Centraihöhle  ist,  wie  schon  aus  der  allgemeinen  Schilderung 
hervorgeht,  eine  ziemlich  complicirte;  jedenfalls  ubertrifft  unsere  Meduse  darin  alle  bisher  näher 
bekannten  Verwandten  (mit  Ausnahme  einer  einzigen)  bedeutend.  Um  dieselbe  zu  verstehen, 
wird  es  ntttbig  sein,  unsere  Fig.  VIII,  welche  den  Schirm  mit  einem  Tbeüe  der  Centralböhlc 
von  der  oralen  Seite  aus,  nach  Wegnahme  der  Pfeiler  mit  der  Armscheibe  und  den  Armen, 
darstellt;  ferner  die  Fig.  Iii,  welche  einen  Durchschnitt  durch  die  Meduse  in  einer  der  per- 
radialen Ebenen  wiedergibt,  auf  welchem  die  Centraihöhle  in  ihrer  ganzen  Erstrcckung  getroffen 
ist,  mit  einander  zu  vergleichen. 

Die  Centraihöhle  setzt  sich,  wie  schon  oben  angeführt,  aus  vier  Aesten  zusammen,  die  von 
dem  Centram  der  oralen  Schirmseite  aus  nach  der  Richtung  der  Perradien  auseinandertreten, 
bis  sie  auf  die  Insertionen  der  Pfeiler  am  Schirme  treffen.  Dort  biegen  sie  aus  der  Ebene  des 
Schirmes  heraus ,  and  verlaufen  auf  der  axialen  Seite  der  Pfeiler  gegen  die  Armscheibe,  treten 
in  diese  hinein,  theilen  sich  darin  in  je  2  Canäle,  die  sich  dann  direct  in  die  Arm- 
canäle  fortsetzen. 

Nur  im  Centrum  der  oralen  Schirmfläche  treten  diese  Canäle  in  volle  Vereinigung;  in 
ihrem  sonstigen  Verlaufe  sind  sie  durchaus  von  einander  getrennt. 

Ihr  Lumen  bietet  in  Bezug  auf  seine  Configuration  ebenfalls  Complicationen  dar,  die  das 
Verständniss  etwas  erschweren.  '  Wir  wollen  mit  der  Schilderung  der  Pfeiler  beginnen,  da  die 
Verhältnisse  der  Centraihöhle  hier  im  Wesentlichen  dieselben  sind,  wie  an  der  oralen  Schirm- 
fläche, nur  etwas  übersichtlicher. 

Die  Pfeiler  sind  im  Allgemeinen  Gebilde  von  parallelopipedischer  Gestalt,  welche  nach 
der  Aboraiseite  hin  mit  verbreiterten  Enden  in  die  Schirmsubstanz,  nach  der  Oralseite  hin  eben- 
falls, aber  viel  weniger  verbreitert,  in  die  Substanz  der  Armscheibe,  und  mittelbar  in  die  Anne 
sich  fortsetzen. 

Die  Breite  der  Pfeiler,  senkrecht  auf  den  Radius  gemessen,  übertrifft  die  Dicke  selbst  an 
den  schmälsten  Stellen  fast  um  das  Doppelte;  noch  beträchtlicher  natürlich  an  dem  Schirm- 
ende, da  hier  die  Dicke  dieselbe  bleibt. 

Dass  der  Pfeiler  durchweg  aus  derselben  Substanz  besteht,  wie  der  Schirm,  brauchen 
wir  wohl  nicht  besonders  hervorzuheben. 


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-    13»  - 


Der  Pfeiler  besteht  nun  aus  zwei  Platten  von  ungleicher  Marne  und  Gestalt,  die  gegen- 
einander gekrümmt  sich  zu  einer  Röhre  schliessen,  die  ein  eigenthümlicbes,  fast  T-förmiges 
Lumen  hat  Die  mächtigere  der  Platten  ist  die  abaxiale;  sie  lfisst  sich  als  eine  zweimal  unter 
fast  rechten  Winkeln  der  Längt  nach  gebogene  Lamelle  auffassen,  deren  nach  innen  (axial- 
wärts)  gerichtete  Seitenränder  eine  breite  und  tiefe  Rinne  begrenzen  (vergl.  den  Qnersehnitt 
durch  einen  Pfeiler,  Fig.  IX.).  In  dieser  Rinne  ist  nun  die  zweite,  weit  weniger  starke,  axiale 
Platte  aufgenommen,  deren  Ränder  sich  an  der  Innenseite  der  axialwärts  gerichteten  Ränder 
der  ersteren  inseriren,  so  dass  dadurch  ein  Theil  des  Lumens  der  Rinne  zum  Rohre  abgeschnürt 
wird.  Die  Gestalt  der  Axialplatte  des  Pfeilers  ist  aber  ebenfalls  eine  complicirte;  sie  lässt  sich 
am  besten  vergleichen  mit  einer  der  Länge  nach  aufgeschlitzten  Röhre,  deren  Wand  an  der 
offenen  Seite  jederseits  nach  aussen  sich  umschlägt,  so  dass  ein  ö  förmiger  Querschnitt  resul- 
tirt  (vgl.  Fig.  VIII,  IX. )  Meist  ist  die  uus  der  axialen  Platte  gebildete  Röhre  völlig  in  die 
Rinne  eingesenkt,  welche  die  abaxiale  Platte  bildet,  zuweilen  jedoch  sahen  wir  Bie  mehr  oder 
weniger  über  die  Ränder  derselben  hervorragen.  Der  cylindriscbe  Theil  derselben  ist  noch 
relativ  dick  und  fest,  die  Oberfläche  beiderseits  glatt ;  von  den  Umschlagstellen  an  ist  aber  die 
Platte  ganz  dünn,  membranös,  und  in  sehr  zahlreiche  Querfalteu  gelegt.  Da  in  diesen  gefalteten 
Streifen  sich  die  Genitalprodukte  entwickeln,  so  wollen  wir  sie  mit  dem  Namen  Gastro- 
genitalmembran« bezeichnen  (M .  gg.  der  Figg.) ,  wodurch  wir  ibre  doppelten  Beziehungen 
zwar  nicht  gerade  sehr  kurz,  aber  doch  wohl  verständlich  genug  auszudrücken  glauben. 

Die  Fig.  VII  l  zeigt  das  Verhalten  der  uns  beschäftigenden  Gebilde  auf  der  oralen 
Schinuseite.  In  den  Perradien  (P.  R)  sehen  wir  die  Insertionen  der  Pfeiler  am  Schirm ,  die 
abaxiale  Pfeilerlamelle  (ab.  P.)  ist  stark  verbreitert  und  gebt  direct  in  die  Gallertmasse  des 
Schirmes  über.  Dabei  weichen  die  gegen  die  Axe  zu  gerichteten  Bänder  der  Platte,  je 
näher  am  Schirm,  desto  weiter  auseinander.  Die  axiale  Platte  (o.  F.)  aber,  die  wir  mit  einem 
aufgeschlitzten  Rohre  verglichen  haben,  biegt  plötzlich  gegen  das  Schirmcentruin  hin  um,  und 
vereinigt  sich,  dort  angelangt,  mit  den  von  den  andern  Pfeilern  auagehenden  zu  dem  regel- 

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mässigen  Kreuze,  das  dieser  Scbirmseite  ein  so  auffälliges  Aussehen  verleiht. 

Auch  die  Gastrogenitalmembran  (M.  gg.)  setzen  sich  auf  diese  Schirmseite  fort.  Der 
jeweils  selten  den  Perradius  Berichtete  Rand  derselben  bleibt  immer  in  Continuität  mit  der 
Röhre,  die  von  der  axialen  Pfeilerplatte  sich  herleitet,  der  andre  aber  geht,  nachdem  die  ub- 

Auaser  einer  nicht  unbeträchtUchen  Verbreiterung  derselben  geht  in  dem  sonstigen  Verhalten 
der  Gastrogenitalmembran  keinerlei  Aenderung  vor;  sie  bleibt  ebenso  duun  und  zeiyt  noch  die- 


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-  iU  - 

selben  Falten.  Mit  ihr  verbreitert  sich  natürlich  auch  die  Höhlung  der  CentralcävitSt  (Fig.  VIII, 
O.  c*.),  die  nun  zwischen  ihr  und  der  Schirmmasse  eingeschlossen  ist. 

Befremdend  treten  beim  ersten  Anblick  die  Gen  i Ulklappen  aof,  mächtige,  massive 
Gallertlameltcn,  welche  für  gewöhnlich  fast  den  ganzen ,  der  Schirmfläche  Angehörigen  Theil 
der  Centraihöhle  auf  der  oralen  8eite  Oberdecken  (vgl.  Fig.  VIII ;  V.  g.).  Man  könnte  sie  bei- 
nahe für  Fortsetzungen  der  nach  innen  gerichteten  freien  Rander  der  abaxialen  PfeRerplatte 
halten,  sie  sind  jedoch  von  diesen  durch  einen  tieferen  Einschnitt  »ehr  scharf  abgesetzt;  überdies 
beweist,  wie  wir  spater  sehen  werden,  die  Vcrgleichung  mit  der  Gattung  Rküostoma,  dass 
wir  es  hier  mit  dem  Homologon  eines  dort  sich  vorfindenden  Gebildes  zu  thun  haben,  das  hier 
eine  extessivc  Entwicklung  erreicht,  dort  aber  nichts  mit  den  Pfeilern  gemein  hat.  Wir 
glauben  demnach  berechtigt  zu  sein,  die  Genitalklappen  als  selbständige  Gebilde  auffassen  und 
behandeln  zu  dürfen. 

Die  Genitalklappen  entspringen  aus  der  Schinnmasse  seitlich  längs  der  Linie,  in  welcher 
die  Gastrogenitalmembran  in  den  Schirm  Ubergeht.  Jede  der  vier  Klappen  besteht  aus  zwei 
Hälften,  welche  sich  unter  einem  beinahe  rechten  Winkel  unweit  den  Schirmcentrums  mit  ein- 
ander vereinigen,  und  vun  denen  jede  einem  andern  Aste  der  Centralböhle  angehört.  Die  Vit- 
schmelzungssteile  beider  Hälften,  der  Schwerpunkt  sozusagen,  Kegt  im  Interradius,  so  dass  wir 
trotz  der  stark  an  den  Perradius  angenäherten  Lage  berechtigt  sind,  ihnen  eine  interradhtle 
Lage  zuzuweisen.  Wir  wollen  hier  schon  hinzufügen,  dass  auch  bei  llhitostoma  das  von  uns 
als  mit  den  Genitalklappen  morphologisch  gleichwertig  atigesehene  Gebilde  interradi&l  gelegen  ist. 
Die  sämmtlichen  Klappen  bilden,  wenn  zusammengelegt,  eine  Figur,  die  man  füglich  mit 

hin  sich  verbreitern.  In  Fig.  VIII  sind  links  diu  beiden  zu  einem  Aste  der  CentraJhöhle  gehörigen 

an  ihrer  Basis  zu  zeigen;  zugleich  ist  hier  ersichtlich ,  wie  die  abaxiale  Pfeilcrplatte  endigt, 
resp.  in  wiefern  Bie  mit  den  Genitalklappen  zusammenhängt.  Das  Verhalten  der  Genitalklappen 
zu  der  Insertionsstelle  der  Gastrogenitalmembran  ist  dargestellt  auf  einem  Durchschnitt  durch 
den  Schirm  in  Fig.  X,  der  senkrocht  auf  einen  Perradius  geführt  ist  Wir  wollen  aber  hier 
schon  bemerken,  dass  das  Lumen  der  Ceutralhöhle  (C.  <f.)  hier  uicht  völlig  beschaffen  ist,  wie 
es  der  Fig.  VIII  entsprechen  wurde,  da  wir  in  diesen  Theilen  einigen  Variationen  begegnet 
sind,  die  wir  nachher  noch  zu  besprechen  haben  werden. 

lieber  die  Gestalt  der  Genitalklappen  gibt  unsere  Fig.  VIII  genügenden  Aufscnluss.  Ihre 
Höhe,  a.  Ii.  die  Entfernung  ihres  freien,  scharfen  Randes  von  der  Ausatzstelle  am  Schirm  ist 


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schwankend,  3  -4  Cm.  dürften  vielleicht  die  Norm  bezeichnen.  An  der  Umlegungsstelle  der 
beiden  Hälfteu  ist  sie  jedoch  geringer.  Ebenso  ist  ihre  Dicke  eine  recht  ansehnliche,  bis  1  Cm. 
und  darüber.  Wenn  der  Querschnitt  Fig.  X,  der  in  natürlicher  Grösse  gezeichnet  ist,  eine 
geringere  Dicke  aufzuweisen  hat,  so  ist  dabei  zu  bemerken,  dass  er 


Um  aber  die  Beschreibung  der  Contralhöhle  noch  völlig  zu  K.nde  zu  führen,  wird  es  not- 
wendig, unsere  Aufmerksamkeit  nach  der  Armscheibe  (Fig.  III,  A.  Seit.;  Fig.  XI  A.), 
besonders  der  aboralen  Sejte  derselben,  zuzuwenden. 

Wie  schon  oben  bemerkt,  bildet  die  Armscheibe  eine  Art  von  kleinerer  Glocke,  die  dem 
Hauptschirm  der  Meduse  in  einer  geringen  Entfernung  parallel  sich  erstreckt  (Fig.  III,  A.  Seh.). 
Ihr  viereckiger  Umriss  auf  der  nhoralen  Seite,  die  uns  hier  zunächst  nur  intercssirt,  wird  be- 
dingt durch  die  Insertionen  der  oralen  Enden  der  Pfeiler  an  ihr,  die  in  die  vier  Ecken  des 
Quadrats  eintreten  (vgl.  Fig.  XI  A.,  welche  die  Armscheibe  eines  ansehnlichen  Eiempl ares  in 
natürlicher  Grösse  und  von  oben  gesehen  darstellt).  Diese  Fläche  ist,  abgesehen  von  ihrem 
complicirten  Relief,  im  Allgemeinen  abgeflacht,  während  die  untere  tief  ausgehöhlt  erscheint. 

Durch  die  Pfeilerinsertionen  sind  uns  die  Richtungen  der  Perradien  gegeben ,  die  also 
nach  den  Diagonalen  des  Quadrates  verlaufen.  Zunächst  fällt  uns  ein  interradiales,  stark  ent- 
wickeltes Gallertkreuz  in  die  Augen,  dessen  vier  Aeste  je  in  den  Halbirungspunkten  der  Seiten 
endigen.  (Fig  XI  A ;  r,  t.)  Die  dem  Beschauer  zugewnndte  Fläche  des  Kreuzes  ist  bei  ver- 
schiedenen Exemplaren  \  erschieden  gewölbt ;  zuweilen  einfach  halbcylindrisch ,  oder  aus  zwei 
dachförmig  gegeneinandergensigten  fast  ebnen  Flächen  gebildet,  die  in  eiuer  abgerundeten  Kante 
zusammenstossen,  oder  endlich,  wie  in  unserer  Fig.  XIV,  .  mit  rundlichen  Seitenflächen,  auf 
welchen  eine  besonders  abgerundete  Firste  ruht.    Das  Gallertkreuz  ist  durch  und  durch  solide. 

Die  an  den  Ecken  des  Quadrates  auftretenden  Pfeilerquerschnitte  sind  uns  schon  bekannt. 
Das  Verhalten  der  beiden  Platten,  aus  welchen  sie  sich  zusammensetzen,  ist  ganz  dem  an  der 
oralen  Schirmscite  analog.  Die  dicke  abaxiale  Platte  geht  gleich  in  der  Masse  der  Armscheibe 
auf,  wie  oben  in  der  des  Schirmes,  während  die  axiale  noch  selbständig  gegen  das  Centrum 
der  Armscheibc  hinstrebt,  ohne  jedoch  dasselbe  zu  erreichen  Sie  trifft  hier  vielmehr  auf 
den  Zusammenfluss  der  Arme  des  Gallertkreuzes  und  verschmilzt  mit  ihnen.  Die  Rinne  der 
abaxialen  Pfeilerplatte  setzt  sich  auch  nach  dem  Aufgehen  dieser  in  der  Gallertmasse  der  Arm- 
scheibe noch  auf  dieser  letzteren  fort  und  zieht  in  der  einmal  innegehaltenen  Richtnng  bis  zum 

Zwischen  der  Fortsetzung  der  axialen  Pfeilerlamelle  und 


der  Annscheibe  besteht  die  nämliche  Verbindung  wie  vorher  zwischen  der  ersteren  und  der 

N.  Bd.  X.  18 


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-    138  - 

abaxialen  Platte;  die  dünne  gefaltete  Gastrogenitalmembran  findet  sich  auch  hier.  Ihr  genaueres 
Verhalten  an  ihrem  dortigen  Ende  haben  wir  nicht  vorfolgt. 

Der  Hohlraum  der  Centralcavität  senkt  sich  unweit  des  Centrums  der  Armscheibe  in  die 
Tiefe  der  letzteren  ein.  Aus  dem  Schnitt  durch  die  ganxe  Meduse  Fig.  III  ergibt  sich,  dass 
eine  Communication  der  in  ein  und  derselben  Perradialebene  gelegenen  Aeste  der  Centralhöhlc 
im  Innern  der  Armscheibe  sicher  nicht  in  dieser  Ebene,  wahrscheinlich  überhaupt  nicht,  existirt; 
es  ist  vielmehr  anzunehmen,  dass  jeder  der  vier  Aeste  in  der  Armscheibe  sich  einfach  dicho- 
tomisch  in  je  zwei  Canäle  thcilt,  von  deueu  jeder  in  den  entsprechenden  Arm  sich  fortsetzt. 

Wir  haben  nun  noch  einiger  Abweichungen,  denen  wir  begegnet  sind,  von  den  hier  be- 
sprochenen Verhältnissen  kurz  zu  gedenken.  Es  versteht  sich  von  selbst,  dass  wir  keineswegs 
die  Möglichkeit  bestreiten  wollen  und  können,  dass  das,  was  wir  hier  als  Variation  bezeichnen, 
vielleicht  bei  Untersuchung  einer  grösseren  Anzahl  von  Individuen  sich  als  Regel  herausstellt, 
und  unsere  als  normal  hingestellten  Befunde  sich  als  Ausnahmen  erweisen.  Um  darin  ganz 
sicher  zu  gehen,  muss  man  mehr  Exemplare  untersuchen,  als  uns  während  der  kurzen  Zeit  zu 
Gebote  Btanden  und  als  wir  verarbeiten  konnten.  Wir  haben  im  Allgemeinen  die  Befunde  als 
Norm  zu  Grunde  gelegt,  welche  uns  die  anscheinend  kräftigsten  Individuen,  mit  plastischem 
Kelief  etc.  zeigten. 

Kommen  wir  zunächst  auf  das  Gallertkreuz  auf  der  oralen  Schirmseite  zurück,  so  haben 
wir  nicht  bei  allen  Exemplaren  das  Verhalten  so  gefunden,  wie  es  unsere  Fig.  VIII  darstellt 
Hier  setzt  sich  die  axiale  Pfeilerlamelle  rinnenförniig  zusammengerollt  auf  den  Schirm  fort; 
audere  Individuen  zeigten  aber,  dass  diese  Rinne  auf  dem  Schirm  sehr  seicht  werden,  dagegen 
die  Lamelle  sich  stark  verdicken  kann,  so  dass  sie  kammartig  vorspringt.  Dies  ist  in  Fig.  X 
dargestellt,  die  einen  Schnitt  senkrecht  auf  eiueu  Ast  der  Centraihöhle  darstellt.  Die  Stelle, 
an  welcher  die  Aeste  des  Gallertkreuzes  zusammentreffen,  wird  durch  successive  Verbreiterung 
derselben  je  näher  dem  Mittelpunkt,  häufig  quadratisch,  wobei  die  Diagonalen  des  Quadrates 
in  die  Richtung  der  Perradien  fallen.  Dies  stimmt  mit  dem  Befunde  Qberein,  den  uns  Hfickel 
in  seiner  Fig.  2  Taf.  XXXVHI  mittheilL  —  Eine  fernere  Abweichung  von  dem,  was  wir  ab 
Norm  ansehen,  zeigt  die  Fig.  XI.  H,  die  in  natürlicher  Grösse  von  der  Aboralseftc  der  Arm- 
scheibe eines  kleinen  Exemplare«  entnommen  ist.  Hier  weichen  die  Ränder  der  Furchen,  die 
sich  vun  den  axinlwärls  «eho^enen  Kunderti  der  Abaxiilplatten  <!er  PleiU-r  auf  die  Scheibe 
fortM-LziMi.  um  so  mehr  aus  einander,  je  näher  sie  dem  Cent  nun  kommen,  so  das«  die  Halb- 
röhreii  der  axialen  Platten  wie  in  weite  Buchten  eingesenkt  erscheinen.  —  Endlich  haben  wir 
noch  itt  eigenthümlichen  Divertikel  zu  erwähnen ,  die  in  unserer  Fig.  XI.  A  der  Rinne  über 


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der  Armschcibe  ansitzen,  die  sich  auch  nicht  Überall  fanden,  also  wohl  nicht  als  normales  Vor- 
kommen anzusehen  sein  dürften. 

Die  Geschlechtsorgane,  zu  denen  wir  uns  nun  wenden,  liegen  in  der  Gastrogenital- 
membran,  wie  bei  HJu-o.stoma,  Pdagia,  Aurdia  etc.  auch.  Da  wir,  wie  schon  bemerkt,  keine 
Geschlechtsreifen  Exemplare  getroffen  haben,  so  sind  wir  nicht  in  der  Lage,  mit  Sicherheit  an- 
zugeben, ob  die  Geschlechtsprodukte  überall  zur  Entwkkehmg  kommen,  so  weit  diese  Membran 
sich  hinerstreckt.  Wir  haben  indessen  in  gewissen  Analogieen  mit  dem  Verhalten  bei 
andern  phanerocarpeu  Medusen  einige  Anhaltspunkte,  diese  Frage  in  bejahendem  Sinne  zu 
beantworten. 

Unter  dein  Namen  »Genitalwülste«  sind  bei  diesen  Medusen  hufeisenförmig  gebogene 
Verdickungen  in  der  Gastrogenitalmembran  bekunnt,  die  meist  in  der  Vierzahl  und  interradial 
gelegen  auftreten.  Diese  Wülste  sind,  weun  die  Geschlechtsprodukte  sich  entwickeln,  stark 
krauseimrtig  gefaltet,  dick,  undurchsichtig,  und  hängen  dann  oft  aus  den  sogenannten  Genital- 
höhlen oder  Subgenitalhöhlen  (den  Respirationshühlen  älterer  Autt.)  heraus.  In  die  Magen-  oder 
Centraihöhle  hinein  ragen  Zahlreiche,  bewegliche,  tasterartige  (Jebilde,  die  den  Genitalwülsten 
meist  aufsitzen,  oder  die  doch  wenigstens  in  der  Nahe  derselben  gelegen  sind.*) 

Solche  Wülste  mit  den  tasterartigen  Fortsetzungen  der  Gastrogenitalmembran  nach  innen 
finden  sich  auch  bei  der  6'™»/*™«  wieder,  und  wir  haben  vielleicht  das  Recht,  daraus  den 
Schluss  zu  ziehen ,  dass  hier  die  topographischen  Beziehungen  beider  zu  der  Region ,  wo  die 
Genitalprodukte  reifen,  dieselben  sein  mögeu,  wie  etwa  bei  Rhuostwiia.  Ks  finden  sich  eben- 
falls vier  solcher  Wülste,  aber  ihr  Verlauf  ist  ein  etwas  complicirterer,  als  es  sonst  meist  der 
Fall  ist,  obsebon  die  Reduction  auf  das  Grundschema  keine  Schwierigkeit  darbietet.  Ihre 
grössere  ComplicaÜon  Ut  bedingt  durch  die  der  Centraihöhle,  die  sie  überall  begleiten.  Sie 
beginnen  demnach  auf  der  Aboralscite  der  Armscheibe  und  nehmen  jederzeit«  die  Mitte  der 
quergefaltet«  n  Gastrogenitalmembran  ein,  so  dass  jeweils  die  axiale  Pfeilerlamelle  von  den  An- 
fingen zweier  Genitalwülste  gesäumt  erscheint  (Fig.  XI  A,  Hi.  laufen  am  Pfeiler  hinauf,  dann 
unter  den  Schirm  bis  gegen  das  Centrum.  In  der  Nähe  des  Kruuzmittelpunktes  biegen  sie 
rechtwinklig  und  nach  entgegengesetzten  Seiten  um,  und  wenden  sich  wieder  der  Schirm- 
peripheric  zu  (Fig.  VIII),  um  dann  wieder  auf  dem  andern  Pfeiler  gegen  die  Armscheibe 
herabzusteigen,  wo  sie  enden.   Theilt  man  deshalb  auf  der  aboralen  Seite  der  Armscheibe 


♦)  Vergl.  über  diese  Gebilde  Friti  Müller,  Die  MaRenfaden  der  Quallen  in:  ZeiUchr.  f.  wiss.  Zool. 
Bd.  IX.  1858  p.  542,  wo  der  Verf.  eine  functionelle  neziehunR  derselben  *u  den  Genitalien  in  Abrede  stellt, 
da  sie  bei  der  Gattung  Tamoya  weit  tou  den  letiteren  entfernt  Wegen. 


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—    140  - 

diese  durch  die  Perradien  in  vier  Dreiecke,  so  gehören  immer  diejenigen  beiden  Stücke  der 
Genitalwtilste,  die  in  ein  und  dasselbe  Dreieck  fallen,  als  Anfang  nnd  Ende  zu  einander.  Wie 
wir  die  Lage  der  Genitalklappen  gewissermaassen  nach  der  Lage  ihres  Schwerpunktes  als 
interradial  bestimmten,  so  müssen  wir  den  GenitalwUlsten  aus  denselben  Gründen  die  gleiche 
läge  anweisen,  wie  es  auch  mit  den  analogen  Verhältnissen  bei  den  verwandten  Rhizostomecn, 
femer  bei  Aurelia,  Pelagia  etc.  •  übereinstimmt. 

Auf  den  ersten  Anblick  scheinen  die  GcnitalwQlste  aus  länglichen,  Spindel-  oder  bafer- 
kornähnlichen  Kapseln  zu  bestehen,  die  zwischen  den  Qucrfalten  der  Gastrogenitalmembran, 
parallel  mit  den  Falten,  bis  zur  Berührung  dicht  neben  einander  eingelagert  sind.  In  der  That 
hat  sich  Dackel  durch  diesen  Anschein  verfuhren  lusseu,  von  »Genitalkapseln«  zu  sprechen, 
obgleich  sicher  auch  in  der  Jahreszeit,  in  welche  seine  Beobachtungen  fallen,  dieser  Ausdruck 
ebenso  unberechtigt  war,  wie  in  unserer.  Schneidet  man  nämlich  die  Gastrogenitalmembran 
eine  Strecke  weit  von  ihren  beiderseitigen  Insertionen  los,  und  breitet  die  Falten  so  gut  es 
gehen  will  aus,  so  erkennt  man  leicht,  dass  von  besonderen  Kapseln  nicht  die  Rede  sein  kann, 
sondern  dass  es  nur  locale  Verdickungen  sind,  welche  die  Falten  an  einer  Stelle  stark  bauchig 
in  Gestalt  von  Kapseln  vortreten  lassen.  Auf  der  Innenseite  der  Gastrogenitalmembran 
zieht  sich  nämlich  ein  streifenartiges  Feld  in  der  ganzen  Erstreckung  der  Membran  hin,  welches 
mit  den  schon  besprochenen  Magenfäden  dicht  besetzt  ist.  Diese  sitzen  auch  in  den  Ver- 
tiefungen der  Falten  und  treiben  diese  durch  ihre  massenhafte  Anhäufung  so  stark  hervor, 
dass  sie  kapselartig  erscheinen.  Dazu  kommt  noch,  dass  sie  durch  ihre  gelblichweisse,  Färbung 
sich  von  der  opulisirenden  Grundsubstanz  der  Umgebung  scharf  abheben,  was  die  Täuschung 
noch  erleichtert    Eine  nähere  Betrachtung  klärt  aber  über  den  wahren  Sachverhalt  bald  auf. 

Im  Allgemeinen  haben  wir  nun  gefunden,  dass  diese  Magenfäden  der  Gastrogenital- 
membran über  deren  ganze  Erstreckung  hin  folgen;  nur  in  einem  einzigen  Falle,  bei  einem 
intensiv  gebräunten  Exemplare,  das  in  Bezug  auf  Grösse  zu  den  kleinsten  beobachteten  gehörte, 
beschrankten  sie  sich  auf  die  Oralseite  des  Schfrines  bis  zur  Insertion  der  Pfeiler  -  es 
war  dies  das  Thier,  an  welchem  diese  Gegend  den  oben  schon  angeführten  grünlichen  Ton 
aufwies. 

Auf  der  Aboralscite  der  Armscheibe  treten  die  Falten  der  Gastrogenitalmembran  häufig 
aus  den  Rinnen,  in  welche  sie  eingesenkt  erscheinen,  hervor  wie  gewulstete  Krausen.  Wo  diese 
Rinnen  aber  zu  weiten  klaffenden  Spalten  werden ,  wie  in  Fig.  XI  B,  sind  sie  mehr  gespannt 
und  liegen  in  der  Tiefe. 

Von  der  Innenseite  aus  betrachtet  bietet  der  mit  Magenfäden  besetzte  Streif  ein  zottiges 


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• 


—    141  - 

Aussehen,  etwa  mit  einem  Dünndanustück  vergleichbar.  —  Wir  konnten  die  Magenfaden  keiner 
sehr  eingehenden  Untersuchung  unterwerfen;  sie  sind  äusserst  beweglich,  dehnen  und  con- 
trahiren  sich,  wenden  sich  bald  hier,  bald  dorthin,  und  behalten,  wie  schon  0.  Fr.  Müller 
bei  Aurdia  gefunden,  ihre  Beweglichkeit  noch  eine  Weile  nachdem  sie  abgerissen  worden  sind. 
Mit  der  Contraction  werden  sie  spindelförmig,  sonst  sind  sie  cylindrisch  mit  dünner  An- 
heftungsstelle.  Ob  sie  hohl  sind,  wie  ältere  Forscher  wollen,  oder  solid,  wie  Fr.  Müller  (L  c.) 
und  Andere  meinen,  wagen  wir  nicht  zu  entscheiden.  Aeusserlich  sind  sie  mit  einem  leicht 
körnigen,  Cilien  tragenden  Epithel  überzogen,  zwischen  dessen  Zellen  einzelne  Nessel- 
kapseln eingestreut  sind;  an  dem  freien  Ende  häufen  sich  diese  zu  einer  Art  von  Nesselknopf 
(vgl.  Fig.  XII). 

Gesetzt,  die  Genitalprodukte  reifen  überall  da,  wo  diese  Magenfäden  sich  finden  —  was 
bei  dem  Fehlen  anderer  als  der  gewöhnlichen  topographischen  Beziehungen  schwer  zu  be- 
haupten ist  —  so  erreicht  die  Genitalregion  hier  eine  ungewöhnlich  beträchtliche  Grösse.  Bei 
ansehnlicheren  Exemplaren  beträgt  die  Länge  eines  einzelnen  Genitalbandes,  selbst  abgesehen 
von  den  Kräuselungen,  mindestens  1  Fuss  Länge,  alle  vier  zusammen  aber  4  Fuss,  eher  darüber 

■ 

als  darunter.     •  t 

Wenn  wir  nnn  zur  Vergleichung  unserer  Befunde  über  die  Centralhöhlc  und  ihre  Ap- 
pendiecs,  als  Genitalien  etc.,  mit  dem  von  Häckel  darüber  Berichteten  übergehen,  so  treffen 
wir  auf  so  wesentliche  Differenzen,  dass  man  denken  könnte,  es  handelte  »ich  um  himmelweit 
verschiedene  Thiere  —  ein  Gedanke,  der  aber  nach  der  Sachlage  nicht  aufkommen  kann.  ' 

Nach  Häckel  findet  sich  bei  Crambcssa  nur  eine  einzige,  kreuzförmige  Genitaldrüse,  die 
sich  in  der  Mitte  des  Schirmes,  auf  der  ab  oralen  Seite  des  Magens  (unserer  Centraihöhle) 
befindet.  Zwischen  der  Membran,  welche  die  »Geschlechtskapseln«  trägt,  und  der  Schirmgallerte 
soll  sich  eine  einfache,  kreuzförmige  »Gesehlechtstasche«  befinden;  darunter,  oralwärts  von  ihr, 
nur  durch  die  ebengenannte  Membran  von  ihr  getrennt,  folgt  die  Magenhöhle,  als  flache,  in 
Form  und  Grösse  wenig  von  der  Geschlechtstasche  verschiedene  Tasche,  die  wieder  auf  ihrer 
Oralseite  abgeschlossen  wird  durch  die  Armscheibe.  Vier  durch  diese  führende  Oeffnungen 
sollen  in  die  Ganäle  der  Arme  leiten.  -  Zwischen  die  Pfeiler  hinein  sollen  sich  in  die  Magen- 
höhle vier  interradiale  sog.  »Subgenitalhöhlen«  vorwölben  als  »geräumige,  gewölbte  Taschen, 
deren  Umriss  die  Form  eines  gleichseitigen  Dreieckes  von  50  Mm.  Seitenlänge«  hat,  »der 
äussere  Eingang  in  jede  Subgenitalhöhle  ist  ein  zweischenkliger  Spalt  von  10-15  Mm.  Breite, 
der  unmittelbar  in  dem  Winkel  zwischen  zwei  benachbarten  Krcuzschenkeln  liegt,  und  in 
peripherischer  Richtung  durch  die  centripctal  vorspringende  Subgenitalklappc  begrenzt  und  ver- 


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engt  wird.  Die  letztere  ist  ein  dickes  Gallertstück  von  30  Mm.  Länge  und  Breite,  beinahe 
von  der  Form  einer  dreiseitigen  Pyramide  mit  abgerundeter  Spitze.  Die  eine  Kante  derselben 
verläuft  radial  in  der  Mitte  der  Klappe.« 

Wir  haben  hier  das  Wesentlichste  der  Darstellung  Häckel's  theilweise  mit  seinen  eigenen 
Worten  wiedergegeben,  und  wollen  nun  sehen,  wie  sie  sich  zu  unserer  verhält 

Zunächst  ist  das,  was  Häckel  als  »Geschlechtetasche«  bezeichnet,  ein  Theil  der  Magen- 
höhle oder  Outraihöhle,  und  zwar  derjeuige,  der  sich  unter  dem  Schirm  ausbreitet  in  Form 
eines  Kreuzes.  Dass  diese  Höhle  sich  in  die  vier  Pfeiler  fortsetzt,  hat  Hacke!  übersehen. 
Auch  in  seiuer  schön  gezeichneten  Mg.  2  sind  an  den  Enden  des  Kreuzes  die  Pfetlerinsertionen 
ausgeblieben;  er  führt  die  von  uns  als  Gastrogenitalmembran  aufgeführte  faltige  Haut  um  das 
peripherische  Ende  des  »Gallertstabes«  herum  continuirlich  fort,  statt  sie  beiderseits  sich  auf  den 
Pfeiler  fortsetzen  zu  lassen,  so  dass  allerdings  eine  einfache,  kreuzförmige  Genitaldrüse  rcsultirt, 
was  aber  dem  Sachverhalt  in  keiner  Weise  mitspricht.  Eine  Vergleichung  unserer  beiderseitigen 
Abbildungen  zeigt  den  Irrthum  Häckel's  besser,  als  eine  lange  Darstellung  mit  Worten. 

Dass  eine  »Magenhöhle*,  wie  sie  Häckel  beschreibt,  zwischen  unserer  Gastrogeuital- 
membran  der  Schirmseite  nach  der  einen,  und  der  Armscheibe  nach  der  andern  Seite  hin  nicht 
existirt,  ist  ebenfalls  sicher.  Dieser  Raum  ist  blos  partiell  begrenzt  und  abgeschlossen  durch 
die  vier  Pfeiler;  zwischen  diesen  kann  das  Wasser  frei  hindurchströmeu.  Man  könnte  höchstens 
hier  von  einer  einzigen,  kreuzförmigen,  nach  vier  Richtungen  hin  offenen  Subgenitalhöhle 
sprechet],  doch  deckt  sich  dieser  Begriff  wieder  nicht  wohl  mit  dem  an  einen  Kreuzgang 
erinuernden  Raum  »wischen  Schirm  und  Armsebeibc.  Es  fohlt,  um  das  Wort  .Subgenitalhöhle« 
hier  mit  Fug  und  Recht  auf  unsere  OranAcssa  anzuwenden,  die  eingestülpte  Membran 
zwischen  den  einzelnen  Pfeilern.  Wir  wollen  übrigens  mit  Niemand  rechten,  der  trotz  diesef 
Bedenken  unsererseits  diesen  Auadruck  anwenden  will;  sicher  ist  nur,  das«  Subgenitalhöblen 
der  Art,  wie  sie  Häckel  von  unserer  Meduse  beschreibt,  zeichnet  und  misst,  hier  gar  nicht 

Ferner  existirt  auf  der  Unterseite  des  Schirmes  von  Crambesm  kein  solches  Gebilde,  wie 
die  von  Hfl  ekel  beschriebene  und  abgebildete  pyramidenförmige  »Subgenitalklappe« .  Wohl 
finden  sich  solche  Höcker,  iuterradiul  gelogen,  bei  Rhizosio,m,  und  wenn  wir  später  auch 
zeigen  werden,  dass  das,  was  wir  »Genitalklnppen«  genannt  haben,  sich  auf  jene  Bildung  leicht 
zurückführen  lässt,  so  müssen  wir  doch  die  Anwesenheit  voh  GeniUlklappen  oder  Subgenital- 
klappcn  —  nenne  man  sie  wie  man  will  -  in  der  von  Häckel  angegebenen  Form  ent- 
schieden in  Abrede  Btellen. 


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Ebenso  fehlen  auf  der  Aboraiseite  der  Armscheibe  die  vier  Oeffnungen,  die  nach  Häckel 
aas  seiner  vermeintlichen  Magenhöhle  in  die  Arme  führen  sollen. 

Eine  Erklärung  dieser,  wie  man  sieht,  Bich  sehr  entschieden  gegenüberstehenden  und  für 
die  Art  der  Auffassung  des  Thieres  sehr  wesentlichen  Befunde  können  wir  m  geben  nicht 
versuchen.  Wir  wollen  nur  wiederholen,  dass  unsere  Untersuchungen  nicht  an  einem  Tage, 
und  nicht  an  einem  Exemplare  angestellt,  sondern  längere  Zeit  und  über  zahlreiche  Exemplare 
ausgedehnt  wurden;  ferner,  dass  unsere  Zeichnungen  an  Ort  und  Stelle  entworfen,  und  grösten- 
thetls  auch  völlig  ausgeführt  worden.  Einiges  andere,  was  sicher  nicht  gegen  unsere  Darstellung 
zeugen  kann,  wird  weiter  unten,  bei  Besprechung  der  Stellung  der  Crambessa  im  System,  zur 
Sprache  kommen. 

4.  Das  peripherische  Canalsystem  der  Crambessa. 

Das  peripherische  Canalsystem  unserer  Meduse  besteht  aus  den  lß  Radiärcanälcn,  die 
wieder  in  verschiedene  Categorieen  zerfallen;  aus  einem  Ringcanal  und  einem  weitmaschigen 
Netz  von  Gefässen,  welches  die  erstcren  unter  sich,  sowie  mit  dem  letzteren  verbinden.  — 
Wir  lassen  vorläufig  die  Canäle  in  den  Armen,  die  in  Bezug  auf  die  Centralhöhle  auch  als 
peripherisch  aufgefasst  werden  können,  ausser  Betracht,  um  sie  bei  Gelegenheit  der  Schilderung 
der  Anne  zu  berücksichtigen. 

Die  peripherischen  Canäle  der  Medusen  sind  bei  Anwendung  der  einfachsten  Injections- 
technik  ein  durchaus  nicht  schwierig  zu  untersuchendes  Röhrensystem ;  vielfach  ist  selbst  eine 
[njection  überflüssig,  da  häufig  die  Canäle  durch  die  durchsichtige  orale  Decke  des  Gallert- 
Schirmes,  die  ihnen  unmittelbar  aufliegt,  als  mehr  oder  weniger  opake  Streifen  durchschimmern. 
Zuweilen  ist  es  das  etwas  trübe  Epithel  (Endoderm)  der  Canäle,  welches  diese  geringe  Durch- 
sichtigkeit veranlasst,  andere  Male  der  Canalinhalt,  der  Chymus,  der  durch  zahlreiche  auf- 

Was  bis  jetzt  sowohl  durch  Häckel,  als  durch  uns  von  dem  Verlaufe,  der  Art  und 
Weise  der  Verästelung  etc.  dieser  Canäle  bei  Crambesm  Tagi  untersucht  worden  ist,  verdankt 
der  letztgenannten  Methode  der  einfachen  Beobachtung  seiuen  Ursprung  und  nicht  der  Injection. 
Soweit  es  die  hier  za  besprechenden  Verhältnisse  betrifft,  gestehen  wir  gerne  zu,  dass  die 
Beobachtungen  Häckel's  vollständiger  sein,  und  eher  den  typischen  Zuständen  entsprechen 
mögen,  als  die  unserigen.  Nicht  alle  Exemplare  nämlich  zeigen  ohne  Injection  des  Canal- 
systemes  dasselbe  deutlich,  wir  haben  ini  Gegentheil  unter  sämmtlichen  von  uns  untersuchten, 


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* 


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nur  ein  einziges  gefunden,  an  welchem  namentlich  das  peripherische  Netz  bis  zu  einem  gewissen 
Grade  deutlich  war,  und  dieses  müssen  wir  unserer  Darstellung  zu  Grunde  legen.  Die  Be- 
schaffenheit gerade  dieses  Exemplare»  legt  aber  den  Gedanken  nahe,  dasa  bezüglich  der  Ab- 
weichungen von  den  Befunden  Häckel's  wir  insofern  im  Nachtheil  sind,  als  dasselbe  kein 
normal  ausgebildetes  war ;  es  war  nämlich  das  schon  mehrfach  erwähnte  kleine,  braune,  mit 
der  nur  auf  den  Schirm  beschränkten  grünlich  durchscheinenden  Genitalregion.  Auf  dem 
dunkeln  Hintergründe  des  Schirmes  hoben  sich  die  Gefässe  deutlich  ab,  wenn  auch  uicht  bis 
in  alle  Verzweigungen  des  Randmaschennetzes  hinein,  und  darnach  wurde  unsere  Fig  XIII 
entworfen.  -Häckel  rühmt  seinerseits  die  Deutlichkeit,  mit  welcher  bei  seinem  Exemplare 
diese  Canäle  hervortraten. 

Wie  schon  früher  bemerkt,  unterscheiden  wir  vier  perradiale,  vier  interradiale  und  acht 
adradiale  Canäle,  die  von  dem  Schirmtlieil  der  Centralhöhlc  aus  nach  der  Schirmperipherie 
hinziehen. 

Diese  Canäle  sind  ungleich  lang;  die  kürzesten  sind  die  perradialen  (Fig.  XTH ;  C.  p.),  die 
an  der  Insertion  der  Pfeiler  am  Schirme  die  Centraihöhle  verlassen,  und  in  der  directen  Ver- 
längerung des  Mittelkreuzes  gegen  die  Peripherie,  und  zwar  auf  die  perradialen  Sinnesorgane 
zu,  hinziehen.  Die  vier  iuterradialen  Canäle  (Fig.  XIII.;  C.  int.)  sind  die  längsten.  Sic  ent- 
springen an  der  Stelle,  wo  die  beiden  Hälften  der  Genitalklnppen  unter  einem  rechten  Winkel 
zusammentreffen,  und  verlaufen  auf  die  interradialen  Sinnesorgane  zu.  —  Die  acht  adradialen 
Canäle  (Fig.  XIII;  C.  ad.)  stehen  in  Bezug  auf  ihre  Längenentwickelung  zwischen  den  beiden 
vorigen.  Wie  schon  früher  bemerkt,  verlaufen  sie  nicht  genau  in  der  Richtung  eines  Radius; 
bei  Verlängerung  nach  rückwärts,  gegen  das  Centrum  des  Schirmes  hin,  würden  sie  dieses 
nicht  treffen,  sondern  den  zugehörigen  Perradius  in  einiger  Entfernung  diesseits  vom  Centrum 
schneiden.  Ihr  Verlauf  zeigt  also  eine  Annäherung  zum  Parallclismus  mit  den  interradialen 
Canälen.  Sie  entspringen  aus  der  Centralhöhle  ungefähr  an  der  Stelle,  wo  die  abaxiale 
Lamelle  des  Pfeilers  beim  Eintritt  in  die  Gallertmasse  des  Schirmes  durch  einen  tiefen  Ein- 
schnitt von  den  Enden  der  Genitalklappen  abgesetzt  erscheint.  In  den  Hack  ersehen  Zeich- 
nungen (1.  cit.  Taf.  XXXVIII  Fig.  2;  Taf.  XXXIX  Fig.  3)  ist  die  Richtung  dieser  Canäle 
irrigerweise  als  gerade  auf  das  Centrum  zustrebend  wiedergegeben;  ferner  ist  ihre  Insertion 
an  den  Stamm  der  Centralhöhle  etwas  zu  weit  central wärts  gezeichnet,  während  sie  in  der 
That  unter  die  Ecken  der  querabgestutzten  Enden  des  Kreuzes  (die  freilich  Häckel  auch  als 
gerundet  abbildet)  sich  verlieren. 

Alle  diese  Canäle  haben,  wenigstens  weiter  gegen  die  Peripherie  zu,  ein  flaches  und  un- 


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regelmässiges  Lumen.  Im  Allgemeinen  scheinen  sie  nicht  Aber  das  Niveau  der  oralen  Schirm- 

■ 

fläche  vorzutreten,  doch  ist  uns  in  dem  Exemplare,  welchem  die  Fig.  VIII  entnommen  ist, 
eine  leistenartige  Vorragung  des  centralen  Theiles  der  Interradialcanäle,  die  nur  daran  kenntlich 
waren,  aufgefallen. 

Da  wo  die  dicke  centrale  Schirmmasse  fast  plötzlich  in  die  dünne  Randpartie  Obergeht, 
münden  alle  Riidiärcanäle  in  den  Ringcanal  (Hg.  XIII;  C.  ci).  Dieser  ist  durchaus  unregel- 
mässig uud  eigentlich  bezüglich  seiner  Erscheinung  nur  als  eine  kreisförmig  verlaufende  Er- 
weiterung des  gleich  zu  erwähnenden  Gelassnefzes  zwischen  den  einzelnen  Radiärcanälen  auf- 
zufassen. Uebcr  den  Ringcanal  hinaus  erstrecken  sich  die  Radiären näle  unter  Verschmälerung 
und  beträchtlicher  Einbussc  an  Regelmassigkeit  der  Conturen  bis  gegen  die  Peripherie.  Dort 
theilen  sie  sich  gabelförmig,  wieHäckel  berichtet;  wir  können  dies  wenigstens  für  die  zu  den 
Sinnesorganen  sich  erstreckenden  bestätigen. 

Unter  sich  stehen  nun  die  Radiärcauäle  sowohl  innerhalb  als  ausserhalb  des  Ringcanales 
in  Conncx  durch  ein  reiches  Maschennetz.  An  den  intcrradialcn  Canälen  sehen  wir  in  unserm 
Falle  (vgl.  Fig.  XIII)  bald  nach  dessen  Ursprung  zuerst  kurze,  dann  längere,  sich  mehrfach 
theilende  Ausläufer;  endlich  treten  von  beiden  Seiten  zahlreiche  Canäle  von  sehr  ungleicher 
Weite  ab,  die  sich  unter  Bildung  von  sehr  zahlreichen  Anastomosen  mit  entsprechenden  Aus- 
läufern der  uächstgelcgenen  adtadialen  Cauäle,  sowie  mit  solchen,  die  vom  Ringcauale  her- 
stammen, in  Verbindung  setzen.  Aehnlich  ist  es  bei  den  perradialen  und  adradialcn  Canälen, 
nur  waren  in  unserem  Falle  an  solchen  keine  blind  endenden  Ausbuchtungen  an  diesen  vor- 
handen, sondern  die  Aestc  bildeten  gleich  Anastomosen.  Die  von  dem  Canalnetze  umschlossenen 
Maschenräume  sind  mehr  oder  weniger  abgerundet,  aber  äusserst  mannigfaltig  in  Form  und 
Grösse;  das  ganze  Möschenfeld  war  in  unserem  Falle  gegen  das  Schiimceutrum  zu  concav 
(Fig.  XIII:  P.  ic.),  während  nach  Häckel  die  Mitte  des  Feldes  gegen  das  Scbirracentrum 
convex  vorspringt.  Dies  letztere  Verhalten  dürfte,  wenn  man  die  Analogie  mit  den  übrigen 
näher  bekannteu  Rhizostomcen  hereinziehen  darf,  wohl  mehr  Aussicht  haben,  als  normales  an- 
gesehen zu  werden.  -  Auch  ausserhalb  des  Ringcanales  befindet  sich  ein  solches  Maschennetz 
zwischen  diesem  und  den  Fortsetzungen  der  Radiärcanäle  (Fig.  XIII;  P.  «.).  Wir  haben  davon 
nur  sehr  wenig  gesehen,  da  dasselbe  viel  weniger  deutlich  sich  hervorhob,  als  innerhalb  des 
Ringcanales.  Nach  Häckel  sind  hier  die  Maschen  viel  zahlreicher  und  kleiner,  und  an  den 
Schirmzipfeln  bildet  ein  sehr  feiner  Saumcanal  den  Abschluss  des  Canalsystemes.  —  Ausserdem 
beschreibt  Häckel  in  den  extracirculären  Gefassfeldern  zwischen  den  verlängerten  Radiär- 
canälen noch  je  drei  radiale  kurze  Canäle,  die  unter  sich  glcichwcit  cutfernt  auf  die  Ein- 

Abh«n.ll.  <L  Bencketih  oaturf.         Bd.  X.  19 


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schnitte  de»  Scheibenrandes  zulaufen  und  sich  sowohl  hier  nls  an  ihren»  centralen  Ende  gabelig 
theilen.  —  Uns  fehlen  über  diese  Canäle  die  Beobachtungen. 

5.  Die  Arme  der  Crambessa. 

Bevor  wir  uns  zur  Beschreibung  der  Arme  selbst  wenden,  müsseu  wir  noch  einmal  auf 
die  Armscheibe  zurückkommen ,  deren  aborale  Seile  wir  schon  oben,  bei  Besprechung  der 
Ccntralhöhlc  und  ücnitalorgane,  zu  schildern  nicht  umgehen  konnten. 

Die  Form  der  Armscheibe  von  der  oralen  und  aboralen  Seite  her  ist  schon  geschildert, 
ebenso  schon  früher  bemerkt  worden,  dnss  sie,  durch  die  Aushöhlung  von  der  oralen  Seite  her, 
einen  Rand  besitzt,  der  dicker  ist,  als  ihr  Centrum. 

Fig.  XIV  stellt  die  Armscheibe  von  der  Seite  dar,  und  zwar  würde  die  Ebene,  welche 
diu  Figur  senkrecht  auf  die  Papierfläche  in  eine  rechte  und  linke  Hälfte  theilen  würde, 
einen  Interradius  in  sich  aufnehmen.  Nach  obeD  sind  zwei  der  zum  Schirm  gehenden  Pfeiler 
gezeichnet,  nach  unten  die  Basen  von  vier  Armen. 

Zwischen  den  beiden  Pfeilern  tritt  an  der  Armscheibe  in  unserer  Zeichnung  ein  Gebilde 
von  dreilappigem  Umriss,  etwa  mit  einem  Kleeblatt  vergleichbar,  stark  vorragend  hervor.  Wie 
ein  Blick  auf  die  Fig.  XI  A,  die  eine  Ansicht,  der  aboralen  Fläche  der  Armscheihe  gibt,  lehrt, 
entspricht  der  mittlere  Vorsprnng  einem  Arme  des  interradialen  Gallertkreuzes  z.  bietet  also 
ein  Bild  seiner  Endfläche  •.  die  beiden  seitlichen,  ohrartig  geformten  Flächen  y  aber  sind  die  Profil- 
ansichten von  höckerartigen  Erhabenheiten,  die  bei  grosseren  Kxemplaren  meist  gilt  ausgebildet 
zwischen  der  Pfeilerinsertion  und  dem  Gallertkreuz  liegen  und  die  häufig  von  einer  Art  von 
kantig  vorragendem  Saume  cingefasst  sind  (Fig.  XI  A,  y.).  Unter  der  Endflärhe  des  Kreuzes 
ist  zuweilen  eine  gnibenartige  Vertiefung  bemerklich. 

Die  Arme  gehören  nun  im  Ursprünge  paarweise  zusammen,  und  jedes  Paar  zu  einem 
Pfeiler.  Wenn  auch  die  Hauptmasse  des  Armes  eine  directe  Fortsetzung  der  Armscheibe  ist, 
so  tritt  doch  von  den  Pfeilern  nach  jedem  der  zugehörigen  Arme  auf  der  abaxialcn  Seite  eine 
wulstartig  vorspringende  Strebe,  die  mit  der  Armbasis  verschmilzt  (Fig.  XIV;  }.).  Sonst  sind, 
soviel  wir  uns  erinnern,  keinerlei  weitere  Anzeichen  der  Zusammengehörigkeit  des  betreffenden 
Paares  vorhanden,  namentlich  sind  nicht,  wie  bei  der  nachher  zu  besprechenden  Khizostomidc 
hervorzuheben  sein  wird,  die  Arme  paarweis  etwas  enger  mit  einander  verwachsen,  als  die  be- 
nachbarten Arme  zweier  verschiedenen  Paare. 

Die  Arme  zeigen  eine  sehr  kräftige  Entwickclung,  sowohl  was  ihre  Dicke,  als  ihre  Länge 


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anbelangt.  Nahe  an  der  Basis  haben  sie  eiuen  ovalen  Querschnitt,  der  mit  der  längeren  Axe 
radial  gestellt  ist;  deu  so  beschaffeneu  kürzeren  Abschnitt  wollen  wir  mit  II ä ekel  Oberarm 
nennen  (Fig.  III,  XIV,  XV;  Br.  *).  Die  ürenzc  desselben  gegen  den  Unterarm  wird  bestimmt 
durch  das  Auftreten  zweier  flugclartigcr  Lappen  (Fig.  XIV,  XV;  F.  ab.)  auf  der  abaiialen 
Seite  des  Armes,  welche  eine  tiefe  Furche  begrenzen,  so  dass  nun  der  Querschnitt  etwa  einem 
dreischneidigen  Dolche  ähnlich  wird.    Der  Unterarn)  spitzt  sich  pyramidal  zu  (vgl.  Fig.  I). 

Wie  die  beiden  abaxialen  FlQgel  des  Unterarmes  trägt  auch  die  axiale  Seite  des  Armes 
in  seiner  ganzen  Länge  die  charakteristischen  Krausen  der  Rhizostomeen,  an  deren  freien  Rändern 
sich  die  vielbesprochenen  Mundöffnungen  befinden.  Den  äussersten  Säumen  namentlich  ist  die 
schon  erwähnte  gelbliche  Färbung  eigen. 

Der  Oberarm  verläuft  leicht  gebogen  und  nimmt  gegen  den  Beginn  des  Unterarmes  hin 
an  Breite  etwas  ab,  gewinnt  aber  dafür  an  Dicke.  Auf  seiner  axialen  Seite  trägt  er  einen 
vorspringenden  Kamm  mit  abgerundeter,  höckeriger  Kante,  welchem  seitlich  die  schon  erwähnten 
utundtragenden  Lappen  alternirend  aufsitzen.  Diese  Lappen  treten  schon  auf  der  oralen  Seite 
der  Armscheibe  auf,  von  wo  aus  der  Kamm  sich  auf  den  Arm  fortsetzt;  dort  süid  sie  aber 
uoch  klein,  und  sie  entwickeln  sich  uro  so  mehr,  je  weiter  abwärts  um  Anne  sie  gelegen  sind, 
und  entsprechend  cornplicirt  sich  auch  die  Kräuselung  ihres  freicu  Bandes  (Fig.  XV  A.). 

Die  von  den  Annen,  resp.  deren  Axialsoite  auf  die  Armscheibe  sich  fortsetzenden  Kämme 
treten  dort  zu  einer  charakteristischen  Figur  zusammen.  Sic  vereinigen  sich  Je  paarweise,  und 
zwar  sind  es  höchst  wahrscheinlich  (wir  können  es  nicht  mehr  constatiren)  die  zwei  je  einem 
Pfeiler  ungehörigen  Arme,  deren  Kämme  so  unter  einem  spitzen  Winkel  in  einen  einzigen 
Kamm  zusammenflicken,  der  in  der  Richtung  der  Resultante  eine  kurze  Strecke  sich  fortsetzt, 
um  dann  mit  einem  entsprechenden  Stamm  des  einen  der  benachbarten  Paare  unter  einem 
stumpfen  Winkel  zusammenzutreffen.  Die  Kämme  der  andern  beiden  Paare  haben  sich  in  der 
gleichen  Weise  vereinigt,  und  die  Scheitel  dieser  beiden  Systeme  stehen  nun  noch  durch  ein 
kurzes  Verbindungsstück  iu  Zusammenhang.  Breitet  man  demnach  die  Annscheibc  von  ihrer 
oralen  Seite  her  aus  (Fig.  XV  A.),  so  wird  ihre  achteckige  Flüche  durch  die  erwähnten  vor- 
springenden Leisten  in  acht  Felder  gcthcilt;  zunächst  zwei  diametral  gegenüberstehende,  die 
im  Centruin  mit  ihren  abgestutzten  Eude  zusammentreffen  {},  I);  dauu  zwei  andere,  ebenfalls 
diametral  einander  entgegengesetzte,  die  um  die  Breite  der  Enden  der  erstereu  von  einander 
getrennt  bleiben  und  in  ciue  stumpfwinklige  Ecke  auslaufen  (II,  II) ;  und  endlich  in  vier  kleine, 
die  von  je  einem  Feld  aus  den  beiden  ersten  Categorieen  seitlich  begrenzt  werden  und  die  nach 
innen  in  einem  spitzen  Winkel  enden  (III,  III,  III,  III). 


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Wir  haben  es  hier  mit  einer  Andeutung  bilateraler  Symmetrie  zu  thun,  wie  sie  sonst  die 
übrige  Organisation  unserer  Meduse  nicht  aufweist.  Um  den  ganzen  Medusenköi per  auf  Grund 
der  Andeutungen,  welche  uns  die  Oralseite  der  Armscheibe  an  die  Hand  gibt,  in  zwei  seitlich 
symmetrische  Hälften  zu  zerlegen,  haben  wir  die  Wahl  zwischen  zwei  auf  einander  senkrechten 
Ebenen.  Die  eine  wflrdc  durch  die  Axe  und  durch  die  Mittellinie  der  Felder  I,  I,  die  andre 
durch  die  Axe,  und  durch  die  Mittellinie  der  Felder  II,  II  zu  legen  sein.  Dies  ist  nun,  streng 
genommen,  keine  bilaterale  Symmetrie  mehr,  welche  noch  überdies  die  Ausbildung  von  Bauch- 
und  Rückenseite,  und  zwar  iu  der  Richtuuj?  des  Verlaufes  der  Axe,  voraussetzt;  es  ist  viel- 
mehr jene  Symmetrie,  die  wir  bei  den  Cteuophoren  realisirt  finden ,  den  sogenannten  zwei- 
strahligen Strahlthiereu  {Hderosfaurcn,  Häckel). 

Dass  die  beiden  Kbenen,  durch  welche  eine  solche  Theilung  möglich  ist,  nicht  mit  den 
Perradien  zusammenfallen  sondern  mit  den  Interradicn,  wird  schon  durch  den  Verlauf  der  Leisten 
wahrscheinlich  gemacht.  Die  dircete  Constatirung  haben  wir  leider  versäumt ;  durch  die  später 
noch  anzufahrenden  Untersuchungen  von  AI.  Brandt*)  an  Hhkostomu  wird  es  aber  fast  zur 
Gewissheit  erhoben. 

Kehren  wir  aber  wieder  zu  den  Annen  zurück,  und  zwar  zu  dem  Unterarm.  —  Von  den 
drei  lougitudinal  mit  einander  zusammenhängenden  Blättern,  welche  denselben  bilden ,  ist  das 
axiale  als  eigentliche  Fortsetzung  des  Oberarmes  aufzufassen;  die  beiden  abaxialen  sind  flügel- 
förmige  Verbreiterungen  desselben.  Die  freien  Ränder  aller  sind  nun  mit  diesen  eigentümlichen, 
hahuenkainmförmigen  Lappen  besetzt,  deren  einfache,  noch  unentwickeltere  Formen  wir  längs 
der  Naht  auf  der  oralen  Seite  der  Armscheibe,  und  deren  Fortsetzung  auf  dem  Oberarm  kennen 
gelernt  haben. 

Line  gute  Beschreibung  und  eine  richtige  Wiedergabe  dieser  Lappen  im  Bilde  ist  eine 
schwierige  Aufgabe  wegen  der  anscheinenden  Unregelmässigkeit,  in  welcher  sie  sich  dem  Auge 
darbieten.  Ihre  freien  Ränder  sind  so  überaus  mannigfach  gefaltet  und  gekräuselt,  die  einzelnen  ' 
Krausen  der  benachbarten  Lappen  so  in  einander  gedrängt,  dass  die  ganze  Gesammtobcrfläche 
des  Unterarms  als  eine  sehr  unregelmässig  zerklüftete  und  gefurchte,  von  fast  wolligem  Aus- 
sehen, erscheint.  Die  einzelnen  Lappen,  die  wir  vorhin  als  ungefähr  hahnenkammförmig  be- 
zeichnet haben,  tragen  auf  ihren  Seiten  wieder  secundure  I^mchen,  die  sich  aus  der  Fläche  heraus- 
heben ;  um  den  Habitus  gut  iu  der  Zeichnung  wiederzugeben,  muss  man  im  Baumschlagzeichnen 
geübt  sein.  -  Gegen  das  orale  Ende  der  Arme  hin  werden  die  Lappen  wieder  kleiner  und 

•)  AI.  Brandt,  üeber  Rhizostoma  Cucieri  Link,  in  Mem.  Acad.  St-Ptftersbnurg,  VII.  S<*r.  Tome  XVI 
No.  6.  1870. 


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schwächer,  an  der  Spitzt-  treten  sie  bisweilen  ganz  zurück,  so  dass  dieselbe  eine  spitz  zulaufende 
Pyramide  darstellt,  von  deren  drei  Kanten  die  eine  axial  die  beiden  andern  abaxial  verlaufen.*) 

Dem  Canalsystem  im  Innern  der  Arme  haben  wir  leider  nur  wenig  Aufmerksamkeit  zu- 
wenden können,  uud  was  wir  darüber  beibringen  können,  ist  nur  geringfügig. 

Aus  den  Querschnitten,  die  wir  durch  den  Oberarm  gemacht  haben,  ergibt  sich,  dass 
derselbe  nur  von  einem  einfachen  Canale  durchsetzt  wird,  welcher  anfänglich  mehr  an  der  axialen 
Seite  des  Armes  verläuft.  Sein  Lumens  Fig.  XV  B;  c.  br.)  ist  etwas  complicirt  gestaltet;  zwei 
Köhren,  von  denen  die  engere  axial  von  der  weiteren  gelegen  Ist,  werden  durch  einen  spalt- 
förmigen  Hohlraum  mit  einander  verbunden.  Da,  wo  die  abaxialen  Flügel  des  Unterannes  sich 
zu  erheben  beginnen  (Fig.  XV  C),  wird  das  Lumen  des  Canals  kreuzförmig,  indem  zwei  seit- 
liche Kinnen  an  dem  Kohre  auftreten.  Ob  dies  der  Anfang  der  Bildung  neuer  sich  in  die 
Flügel  abzweigender  Canäle  ist.  haben  wir  leider  zu  untersuchen  versäumt,  und  wir  können  zur 
Ergänzung  dieser  Lücke  kaum  die  Darstellung  Häckel's  heranziehen,  da  diese  auch  nur  unter 
Reserve  gegeben  ist.  Häckel  lässt  den  in  den  Oberarm  eintretenden  Canal  sich  gleich  in  zwei 
Röhren  theilen,  die  sich  beim  Eintritt  in  den  Unterarm  wieder  in  Aestc  spalten  und  zu  den 
»Saugknöpfenc  Zweige  abzuschicken  scheinen.  —  Was  das  Zerfallen  in  zwei  Röhren  im  Ober- 
arm anbelangt ,  so  dürfte  wohl  unser  Querschnitt  Fig.  XV  B.  genügende  Auskunft  über  diese 
Auffassung  geben,  da  bei  einer  Betrachtung  von  der  Seite  der  verbindende  Hohlraum  leicht 
übersehen  werden  kann.  Ueber  die  Richtigkeit  der  andern  Angaben  Häckel's  sind  wir  ausser 
Stande  zu  urtheilen. 

Die  Frage  über  die  Beschaffenheit  der  Mundöffnungen,  ganz  besonders  aber  die  über  die 
Zurückfuhrung  der  sich  hier  findenden  Anomalicen  auf  den  allgemeinen  Typus  der  Acalephcn, 
ist  bekanntlich  schon  seit  langer  Zeit  Gegenstand  vielfacher  Gontroverscn  gewesen  und  hat 
die  verschiedenartigsten  Ansichten  darüber  zu  Tage  gefördert.  Ein  nicht  geringer  Theil  des 
Interesses,  das  man  den  Rhizostomeen  überhaupt  schenkte,  findet  darin  seine  Erklärung. 

Eine  einheitliche  Auffassung  ist  erst  in  der  letzten  Zeit  durch  die  Beobachtungen  von 
L.  A  ..'  .issiz**)  angebahnt  worden  und  hat  durch  die  späteren  Untersuchungen  von  A.  Brandt***) 
eine  Bestätigung  erfahren.  Beide  Forscher  erklären  die  Polystomie  der  Rhizostomeen  als  eine 
secundäre  Erscheinung,  welche  durch  partielles  Auswachsen  der  Ränder  der  ursprünglich  cin- 

•)  Hackel  beschreibt  die«  Verhalten  wenigstens;  ans  selbst  ist  kein  Fall  derart  vorkommen 
VergL  weiter  unten,  wo  wir  daxanf  mirurkkommen. 

••)  Contributiooi  to  tue  Natura)  llistorv  of  North  America  etc.   Vol.  IV  p.  181  u.  ff.  1862. 
— )  1.  8.  cit. 


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-    150  - 

facheir,  centralen  Mundöffnung,  und  darauf  folgendes  Verwachsen  jener  IUnder  unter  fort- 
schreitenden! Weiterwnchsthmn  zu  Stande  kommt.  -  Bekanntlich  ist  diese  Anweht  schon  früher 
von  verschiedenen  Forschern  geäussert  worden,  (man  vergleiche  über  das  Geschichtliche  nament- 
lich die  genannte  Arbeit  von  A.  Brandt,  welche  eine  sehr  sorgfältige  Zusammenstellung  gibt), 
aber  die  an  Jugendzuständen  von  Rhizostonieen  beobachteten  Thatsachen,  welche  dieser  Er- 
klärung die  volle  Berechtigung  sichern,  sind  erst  von  den  genannten  Forschern  beigebracht 
worden. 

Da  uns  keine  Beobachtungen  zu  Gebote  stehen,  welche  auf  diese  Frage  Bezug  haben,  so 
halten  wir  diesen  Hinweis  für  genügend.  Wir  haben  es  hier  blos  mit  dem  fertigen  Thierc 
zu  thuu,  und  wollen  unsere  Befunde  an  diesem  in  Kürze  mittheilen. 

lieber  das  Wesen  der  Mundöffnungeu ,  namentlich  über  ihre  Begrenzung,  ihre  Grösscn- 
verhältnisse,  und  damit  über  ihre  Anzahl  in»  Klare  zu  kommen,  ist  durchaus  keine  so  einfache 
Sache,  wie  es  vielleicht  Manchem  scheinen  möchte,  und  wir  haben,  da  wir  bei  der  Unter- 
suchung an  Ort  und  Stelle  über  etwaige  Vorarbeiten  im  Unklaren  waren,  ziemlich  lange  Zeit 
gebraucht,  um  uns  wenigstens  einigermaassen  zutreffende  Begriffe  darüber  zu  erwerben.  Ganz 
damit  zu  Hude  zu  kommen,  ist  uns  freilich  auch  nicht  geglückt.  —  Die  Beobachtung  wird  sehr 
erschwert  durch  die  relative  Grösse  der  Oeffnungen,  so  sonderbar  dies  auch  klingen  mag; 
ferner  durch  die  starke  Faltcnbildung  der  Membran,  welche  dieselben  umgibt,  und  die  möglicher- 
weise noch  durch  Contraction  beim  Alischneiden  und  l'räpariren  verstärkt  wird.  So  ergibt 
sich  eine  nicht  unbeträchtliche  Schwierigkeit,  dem  Umfang  einer  Einzelöffnung  zu  folgen,  und 
die  Grenzen  und  Grösse  derselben  zu  bestimmen. 

Betrachtet  man  den  freien  Rand  eines  mundtragenden  Lappens  mit  blossem  Auge,  oder 
mit  der  Loupe,  so  sieht  man,  dass  der  wollige  Besatz  des  Randes  sich  auf  alle  die  zahlreichen 

* 

Ausbuchtungen,  secundären  u.  s.  w.  Läppchen  hinerstreckt.  Schneidet  man  mit  der  Scheerc 
einen  kleinen  Theil  davon  ab  und  betrachtet  ihn  von  der  Seite  bei  schwacher  Vergrösserung 
(vergl.  Fig.  XVL,  die  nach  einer  schwachen  Vergrößerung  eines  Zeiss'schen  Simplex  gezeichnet 
ist),  so  erkennt  man,  dass  man  es  hier  mit  einem  Theil  eines  vielfach  gefalteten  Trichters  zu 
thuu  hat,  dessen  freier  Rand  mit  äusserst  zahlreichen  kleinen  contractilen  Tentakeln  besetzt  ist. 
Die  Wände  des  Trichters  sind  einander  sehr  genähert,  der  Hohlraum  desselben  also  ziemlich 
eng;  erstcre  sind  mit  Ausnahme  der  Stelle,  die  der  Oeffuuug' entgegengesetzt  liegt,  und  wo 
sie  in  einander  übergehen,  ziemlich  dünn,  Sie  bestehen  aus  einer  durchsichtigen  Gallertmasse 
wie  die  des  Schirmes;  diese  hebt  sich  scharf  ab  von  dem  trüben  Fpitheltalbcleg  (Endoderm), 
welcher  den  Hohlraum  des  Trichters  auskleidet. 


> 


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-  151 


Einen  kleinen  Theil  davon,  eine  einzelne  Falte,  stellt  bei  massiger  Vergrösserung  die 
Fig.  XVII  dar.  Die  abnehmende  Dicke  der  Wandung  gegen  den  freien,  gefransten  Rand  hin  lässt 
sich  erkennen,  ebenso  sind  die  zahlreichen  Zellen,  welche  der  gallertigen  Grundsubstanz  der 
Wandung  eingestreut  sind,  angedeutet.  Die  Randtentakel  (t)  in  einfacher  Reihe  ganz  dicht 
neben  einander  inserirt,  sind  einfache  Fortsetzungen  der  Gallertmasse ,  auf  welchen  sich  eine 
besondere  (Exoderm-)  Epithellage  deutlich  markirt.  Bei  frisch  abgeschnittenen  Stücken  sind 
die  Contractionen  und  Formveranderungen  dieser  Tentakel  ganz  in  ähnlicher  Weise  zu  be- 
merken, wie  bei  den  entsprechenden  Fäden  in  der  Region  der  Genitalien.  Wie  diese  letzteren 
tragen  sie  an  ihrem  freien,  etwas  kolbig  oder  kugelig  angeschwollenen  Ende  zahlreiche  Nessel- 
kapseln. (Die  nesselnde  Wirkung  dieser  Nesselkapseln,  um  das  hier  gelegentlich  anzuführen, 
ist  eine  sehr  unbedeutende;  wir  haben  bei  längerem  Manipuliren  mit  diesen  Medusen  nur 
sehr  wenig  Empfindung  zwischen  den  Fingern  oder  am  Handgelenke  verspürt.) 

Wie  gross  ist  nun  ein  solcher  Trichter,  der  den  Eingang  in  das  Canalsystem  der  Arme 
bildet?  Das  ist  eine  sehr  schwierig  zu  beantwortende  Frage,  da  es  nur  möglich  ist,  darüber 
zu  entscheiden,  wenn  es  gelingt,  dem  ganzen  Umfang  einer  solchen  Oeffnung  über  alle  die 
ausserordentlich  zahlreichen,  aus-  und  einspringenden  Falten  zu  folgen.  Mikroskopische  Oeff- 
nungen,  soviel  wissen  wir  sicher,  sind  es  keinesfalls;  ihr  Umfang  misst  gewiss  nach  Centimetern; 
wie  gross  aber,  das  können  wir  nicht  mit  Bestimmtheit  angeben.  Bekanntlich  pflegt  man  viel- 
fach von  >Saugmundöffnuugenc  zu  reden,  wenn  man  von  Rhizostomcen  spricht,  und  verbindet 
doch  wohl  damit  die  Vorstellung,  dass  diese  Öffnungen  zur  Aufnahme  von  festen  Substanzen 
von  einiger  Dimension  nicht  geeignet  sein  dürften.  Nun  wollen  wir  dem  gegenüber  blos  die  That- 
sache  anführen,  dass  wir  einmal  aus  einer  dieser  trichterförmigen  Mundöffuungen  einen  kleinen 
halbverdautcn  Fisch  von  etwa  Zolllänge  herausgezogen  haben  -  ein  Beweis,  dass-  es  sich 
hier  weniger  um  ein  blosses  Saugen,  als  vielmehr  um  eine  Verdauung  handelt,  zu  der  Objecte 
von  nicht  gerade  mikroskopischer  Grösse  in  jene  Trichter  aufgenommen  werden,  und  zu  welcher 
wohl  die  Endodermzellen  die  Secrete  liefern  dürften. 

Mögen  nun  nuf  einem  der  Uppen  mehrere,  oder,  was  wir  nicht,  für  absolut  zu  verwerfen 
halten,  nur  eine  einxign,  vielfältig  ausgebuchtete  Mundöffnung  vorkommen  —  jedenfalls  ist  die 
Zahl  derselben  nicht  eine  so  ungeheure,  wie  man  es  häufig  darzustellen  liebt,  immerhin  freilich 
noch  eine  ansehnliche. 

Eine  in  den  wesentlichsten  Punkten  ähnliche  Darstellung  des  Baues  der  Mundöffnungcn, 
namentlich  ihrer  trichterartigen  Gestalt,  hat  übrigens  schon  T.  II.  Huxlev  in  seiner  Ab- 


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hundlung:  »On  the  Anatomy  and  the  Affinities  of  the  familj  of  the  Medusae*)«  von  einer  Rhizo- 
Btomee  gegeben.  In  dieser  berühmten  Arbeit  hat  der  Verfasser  bekanntlich  die  Lehre  vom 
Endoderm  und  Exoderm  bei  den  Coelenteraten  —  er  benennt  die  beiden  Schichten  vorläufig 
noch  »foundation  membinnes«  —  begründet;  weniger  glücklich  war  er  aber  mit  der  Inter- 
pretation der  Erscheinung  der  Polystomie  bei  den  Rhizostomeen,  die  ebenfalls  darin  nieder- 
gelegt ist.  Da  seine  Erklärung  derselben  gegenüber  den  neueren  Untersuchungen  nur  uoch 
historisches  Interesse  erwecken  kann,  so  wollen  wir  hier  nicht  länger  dabei  verweilen.  —  Die 
Darstellung  der  Mundöffnungen  nach  Huxley  hat  auch  Eingang  gefunden  in  die  bekannten: 
»Lecons  sur  la  plnsiologie  et  l'anatomie  comparee  de  l'hotnme  et  des  animaux«  von  Milne- 
Edwards.  **)  Eine  ebenfalls  der  unserigen  ziemlich  entsprechende  Darstellung  dieser  Ver- 
hältnisse (wenigstens  iu  den  Grundzügen)  gab  L  Agassiz***  von  Volyclonia,  so  dass  man 
wohl  berechtigt  ist,  Acbnliches  von  den  andern,  darauf  noch  nicht  spcciell  untersuchten  Rhizo- 
stomeen zu  erwarten. 

Kehren  wir  nber  zu  den  Angaben  Häckel's  über  unser  Meduse  zuiück,  und  sehen  wir. 
wie  sie  sich  zu  den  unserigen  bezüglich  der  zuletzt  geschilderten  Organe  verhalten. 

Zunächst  haben  wir  einen  kleinen  Irrthum  zu  berichtigen,  den  Häckel  in  seiner  Dar- 
stellung der  Verwachsungsnähte  der  primären  Mundränder  auf  der  oralen  Seite  der  Armscheibe 
begangen  hat.  Häckel  bezeichnet  dieselben  mit  dem  Namen  >Mundkreuz«  (vgl.  seine  Fig.  7 
Taf.  XXXIX,  1.  c):  es  »besteht  aus  einer  wulstigen,  krausen  Naht,  deren  vier  Schenkel,  von 
15  Mm.  Länge,  unter  rechten  Winkeln  im  Centrum  der  oralen  Fläche  des  Schirmstieles  zu- 
sammentreffen« (l.  c.  p.  527).  Diese  Schenkel  treffen  nun,  wie  aus  unserer  Darstellung  her- 
vorgeht, nicht  im  Centrurn  zusammen,  und  seine  Zeichnung  ist  insofern  richtiger,  als  seine 
Beschreibung,  als  der  Arm,  den  wir  in  unserer  Fig.  XV  A.  die  beiden  Felder  I,  I  von  einander 
scheidend  gezeichnet  haben,  wenigstens  andeutungsweise  zwischen  den  Feldern  i1  und  i*  seiner 
Figur  7  auftritt,  wenn  er  auch  viel  zu  kurz  gerathen  ist.  In  seiner  Figur  tritt  deshalb  diese 
eigenthümlich  seitlich  symmetrische  Zeichnung,  die  sich  so  deutlich  markirt,  nicht  hervor.  Da- 
gegen steht  unsere  Figur  in  voller  Uebereinstimmung ,  soweit  es  auf  den  Verlauf  der  Wülste 
ankommt,  mit  der  Zeichnung,  die  Brandt  (1.  c.  Fig.  8;  von  Rhizostoma  Cuvieri  gibt. 

Ein  fernerer  Punkt,  in  welchem  wir  uns  der  Beschreibung  Häckel's  nicht  anschliessen 
können,  betrifft  die  Configuration  der  Lappen,  auf  welchen  sich  die  Mundöffnungen  befinden. 

•)  Philos.  Transactions  1849.  I»t.  II.  p.  413-434.  Taf.  37-39. 
?*)  Vol.  V.  1AG9,  p.  303. 
••»)  I.  B.  c  Vol.  IV.  p.  139  u.  ff. ;  Taf.  XIII,  flg.  16,  16. 


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Häckel,  der  die  Gattungscharakt  ere  auf  sie  gründet,  beschreibt  sie  als  abweichend  gebaut  von 
den  entsprechenden  Gebilden  bei  sämmtüchen  übrigen  Ilhizostomeen ;   nach  ihm  sind  sie  »auf- 
zufassen als  Differemrirungsproducte  der  kamroförmigon  Saugkrau  ;cn  oder  Saugwülste,  welche 
bei  Rhizostoma  die  Arme  in  Form  dicker  vielfach  gefalteter  Fleischkämrae  oder  Krausen  be- 
decken« etc.  (I.  c.  p.  530).  -  »Die  am  meisten  entwickelten  uud  grössten  Saugknöpfe,  welche 
sich  am  Proxi malende  des  Vorderarmes  befinden  und  welche  15  Mm.  Durchmesser  erreichen, 
haben  einen  beinahe  kugeligen  Umfang  und  das  Aussehen  eines  krausen  Kohlkopfes.  Die 
parallelen  Reihen  von  alternirendcn  Knöpfen  erinnern  an  ein  regelmässig  mit  Krauskohl  be- 
pflanztes Gartenbeet.«       »Die  kleineren  Köpfe,  am  distalen  Armende,  sind  mehr  zusammen- 
gedrückt, fast  blattförmig.    Auf  der  krauseu.  von  unregelmässigen  Wülsten,  und  Furchen  be- 
deckten Oberfläche  eines  jeden  Kopfes  oder  Saugknopfcs  befindet  sich  eine  grosse  Anzahl  von 
sehr  feinen  Oeffnungeu,  Saugmündchen  oder  üscula,  welche  in  sehr  feine  Saugröhrchcn  hinein 
führen«  etc.  etc.  (I.  c).    Die  Anzahl  von  Oeffnungeu  auf  einem  Knopfe  schätzt  Häckel  auf 
durchschnittlich  zehn,  die  Zahl  der  Knöpfe  an  Jedem  Arme  auf  etwas  über  hundert,  die  Ge- 
summtzahl der  Saugmündchen  demnach  auf  mindestens  8000. 

Häckel  hat  wohl  ein  an  den  Armen  stark  verstümmeltes  Exemplar  vor  sich  gehabt, 
anders  lassen  sich  seine  Worte  und  Zeichnungen  kaum  erklären.  In  den  »Saugkrausen«  finden 
sich,  wie  wir  bestimmt  sagen  dürfen,  keine  derartigen  Unterschiede  zwischen  Crambessa  und 
den  andern  Ilhizostomeen,  wie  sie  Häckel  statuiren  will;  sie  sind  nach  demselben  Modelle 
gebaut,  wie  auch  aus  der  nachfolgenden  Schilderung  eines  ächten  Rhizostoma  hervorgehen 
wird,  and  wie  der  Eine  von  uns  in  Gibraltar  an  einem  allerdings  stark  verstümmelten  Exem- 
plare von  Rh.  Cuvieri  sich  zu  überzeugen  Gelegenheit  hatte.  —  Wahrscheinlich  hatte  das 
Exemplar,  au  dem  Häckel  seine  Beobachtungen  machte,  die  ihn  zur  Bezeichnung  der  neuen 
Gattung  den  Namen  Crambessa  wählen  liessen,  durch  eine  Art  von  Abschmelzungsprocess  die 
peripherischen  Theile  sciuer  Krausen  und  Lappen  eingehüsst;  wenigstens  berichtet  Brandt 
(1.  c.  p.  11)  von  derartigen  Vorgängen,  die  er  an  Exemplaren  von  Rhizostoma  Cuvieri,  welche 
er  in  Glasgefassen  hielt,  zu  beobachten  Gelegenheit  hatte. 

Genau  genommen  passt  also  der  Name  Crambessa,  die  Kohlähnliche,  welchen  Häckel 
der  Meduse  gab,  auf  sie  ebensogut  oder  ebenso  schlecht,  wie  auf  alle  andern  Ilhizostomeen; 
ihn  aber  deshalb  abzuändern  liegt  für  uns  natürlich  kein  Grund  vor.  -  Wohl  aber  wird  die 
Beschaffenheit  der  Mundlappen  in  der  Familien-  und  Gattungsdiagnose  eine  Rolle  zu  spielen 
aufhören  müssen. 

Abhandl.  J.  Svnckenb.  aaturf  Oos.  Bd.  X.  20 


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6.  Stellung  der  Crambessa  Tagi  zu  verwandten  Rhizostomeen. 


Häckel  hat  (I.  c.  p.  531)  nach  seinen  Resultaten  die  Stellung  der  Crambessa  Tagi  im 
System  einer  Erörterung  unterzogen  und  ist  dabei  zu  dem  Schlüsse  gelangt,  dass  für  sie  eine 
besondere  Familie  der  Crambcssidae.  errichtet  werden  müsse.  Er  charakterisirt  diese  Familie 
folgendermaassen  (p.  533): 

»6.  Farn.  Crambcssidae  (Genus:  Crambessa). 
»Familiencharakter:    Eine  einzige,  centrale,   kreuzförmige  Genitaltasche  über  dein 
Magen,  und  vier  Subgenitalhöhlen.    Arme  lang,  einfach,  unvcrzwcigt,  ohne  Faden,  mit 
mehreren  Längsreihen  von  vielen  isolirteu,  krausen,   kopfförmigen  Saugknöpfen.  Acht 
Augen  (vier  perradiale  und  vier  interradial c).t 

Dass  Dackel  die  Crambessa  Tagi  für  eine  in  ihrer  Organisation  ganz  alleinstehende 
Meduse  hielt,  darf  nach  seinen  Befunden  allerdings  nicht  befremden.  Bei  näherer  Kenntniss 
des  Baues  derselben,  zu  welcher  unsere  Untersuchung  Einiges  beigetragen  zu  haben  hofft, 
hat  sich  aber  herausgestellt,  dass  in  der  Literatur  wenigstens  eine  Rhizostomec,  vor  Allem 
ihrer  Organisation  nach,  so  dargestellt  ist,  dass  man  mit  Sicherheit  beide  Formen  in  eine  Familie 
zusammenziehen  darf.  Leider  sind  einige  Verhältnisse,  wie.  namentlich  die  Beschaffenheit 
des  Schirmrandes,  in  den  uns  zu  Gebote  stehenden  Angaben  nur  ganz  im  Allgemeinen,  aber 
nicht  speciell  genug  charakterisirt  und  beschrieben,  wir  wären  sonst  möglicherweise  sogar  in 
der  Lage,  wenn  sich  derselbe  bei  jener  Form  als  analog  wie  bei  der  Crambessa  gebaut  heraus- 
stellen sollte,  den  HäckeTschen  Gattungsnamen  einziehen  und  dafür  einen  älteren  substituiren 
zu  müssen;  so  gross  ist  die  Uebcreinstimmung  im  ganzen  übrigen  Bau. 

Die  Medase,  von  welcher  wir  sprechen,  ist  die  Crphea  mosaica  Quoy  &  Gaimard.*) 
Da  wohl  uicht  jeder  Leser  das  unten  citirte  kostbare  Kupferwerk  zur  Hand  haben  dürfte, 
so  wollen  wir  hier  die  betreffende  kurze  Diagnose,  sowie  die  Bemerkungen  folgen  lassen, 
welche  sie  begleiten.    Sie  lauten: 

»Cöphäc  mosaKque.  Ccphea  mosaiea  Quoy  et  Gaimard.  -  Cephea  sm> 
hemisphaerica,  glauea.  verrucosa;  margiie  eiliato;  brachiis  conigeris,  punetatis.  -  Cctte 
medn.se  est  quelquefois  tres-commune  en  decembre.  pendant  le  cahne,  dam  la  rade  de 
Sydney  au  IWt-.Iarkson.   Tonte  blanche  ou  plutöt  »Innque.  son  nmhrelle  pnnetuee.  sans 

•)  Voyage  autoiir  du  Mmulr  etc.  de  l'Uranie  el  la  Physinenne,  \>»r  Freyciaet;  Zoologie,  par  Quoy 
et  (iain.ard.    Paris  1824.  ]..  D<59.    Planche  86,  tig.  3. 


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155  - 


etre  franse  dans  so»  pourtour,  est  eilige  commc  les  proce«  eiliaires  de  l'ooil  de  lliomme. 
Huit  bras  coniqites  et  pleins,  portes  sur  autant  de  pedicules  plus  petits,  müssant  en 
dessous  de  romhrellc.  Iis  «out  recouverts  de  petites  plaques  blanchätrcs  polygonales,  ae 
touchant  entre  elles,  comme  des  mosaiques,  disposition,  d'oü  nous  avons  tire  le  nom  du 
curactere  specitique». 

We«ler  aus  dieser  Beschreibung,  noch  aus  der  höchst  ungenügenden  Abbildung  lässt  sich 
etwas  entnehmen,  was  auf  die  Verwandtschaft  dieses  Thicres  mit  dem  uns  hier  beschäftigenden 
hindeutet,  (bezüglich  der  Abbildung  ist  noch  zu  bemerken,  dass  auf  der  Tafel  selbst  an- 
gegeben ist,  sie  sei  in  't  der  natürlichen  Grösse  entworfen;  im  Texte  ist  jedoch  der  Maass- 
stab als  =  1  j  natürlicher  Grösse  bezeichnet,  so  dass,  je  nach  dem  Gewichte,  das  man  der 
einen  oder  der  andern  Angabe  beilegt,  der  Durchmesser  des  Thieres  entweder  ca.  3  Zoll  oder 
ca.  6  Zoll  betragen  würde.)  Wir  haben  aber  glücklicherweise  nachher  einen  besseren  Gewährs- 
mann dafür  anzuführen. 

Eschscholtz»)  führt  diese  Art  unter  dem  Namen  Rhu»stoma  masaicum  auf;  Neues 
bringt  er  natürlich,  da  er  die  Koroo  nicht  selbst  beobachtet  hatte,  nicht  bei;  doch  macht  er 
auf  das  Kreuz  aufmerksam,  welches  aus  dem  Innern  durchschimm-'rt  und  das  die  von  Quoy 
und  Gaimard  gelieferte  Abbildung  auch  deutlich  erkennen  lässt. 

Eessou**)  copirt  in  seiner  bekannten  Compilation  einfach  die  Diagnosen,  sowohl  die 
von  Quoy  und  Gaimard,  als  auch  die  von  Kschscholtz  etwas  inoditicirtc,  und  setzt  die 
vorhin  reproducirteu  Bemerkungen  der  Ersteren  hinzu.  Er  adoptirt  übrigens  den  von 
Eschscholtz  vorgeschlagenen  Namen. 

Huxley  ist  es,  der  in  seiner  schon  oben  citirten  Abhandlung:  >On  the  Anatomy  and 
the  Affinities  of  the  family  of  the  Medusac«  eine  treffliche  Anatomie  dieses  Thieres  gab  und 
durch  sehr  übersichtliche  Zeichnungen  dieselbe  erläuterte.  Wir  werden  sogleich  auf  einige 
Punkte  seiner  Arbeit  zurückkommen. 

L.  Agassis  hat  in  seinen  prachtvollen  »Contributions  etc.«  Vol.  IV.  p.  149  u.  ff.  eine  Zu- 
sammenstellung sänimtlicher  bekannten  Acalephen  gegeben.  Die  Art  figurirt  darin  als  Repräsentant 
einer  neuen  Gattung  Catmtyhis  Ag.  (1.  c.  p.  152);  dazu  ist  eine  neue  Art  (C.  Wilkcsii  Ag.), 
gekommen,  die  auf  der  grossen  United  States  Exploring  Expedition  zur  Beobachtung  gelangte, 
und  welche  aus  dem  Illiware  Lake  stammt.  Weitere  Augaben  von  Belang  sind  aber  über  diese 
nicht  geliefert. 

*)  Kschscholtz,  System  der  Acalephen.    R<rlin  1829.  p.  53. 

")  Lcsson,  Histoirc  naturelle  d.«  Zoophytcs.  AcAlephes.    Paris  1843.  (Suites  a  Buffon)  p.  4M 


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Agassi«,  der  doch  sonnt  von  »ich  rühmen  durfte  (1.  c.  p.  130).  dass  er  durch  genaues 
Abwägen  der  Beschreibungen  Wort  für  Wort,  und  eingehende  Vergleichung  der  Abbildungen 
die  Rhijiostomcen  besser  kennen  gelernt  habe,  als  die  ürhober  der  Beschreibungen  etc.  selber,— 
Agassi  z  scheint  die  Schilderung  Huxley's  überscheu  oder  doch  nicht  gewürdigt  zu  haben, 
sonst  hätte  er  die  Gattung  Catostt/lus  unmöglich  unter  die  erste  Familie  Misostomidae  der 
Unter-Ordnung  der  Bkieostomeae  bringen  können. 

In  der  That  ergibt  sich  für  diese  Form  die  Notwendigkeit  der  Aufstellung  einer  be- 
sonderen, neuen  Familie,  und  wir  können  ihr  vorläufig  mit  Sicherheit  blos  unsere  Crambessa 
beigesellen. 

Damit  soll  natürlich  keineswegs  gesagt  sein,  dass  unter  den  in  unseren  Verzeichnissen 
mit  Namen  aufgeführten  Uhizostomeen  sich  nicht  noch  die  eine  oder  die  andere  fände,  welche 
die  Zahl  der  Mitglieder  der  Familie  zu  vermehren  im  Stande  wäre.  Dazu  bedarf  es  aber  noch 
näherer  Kenntniss  des  anatomischen  Baues  derselbeu,  und  in  der  überwiegenden  Mehrzahl  der 
Fälle  fehlen  uns  nach  dieser  Seite  hin  die  Momente  zur  Feststellung  der  Faniilienverwandtschaft 
in  bedauerlicher  Weise.  Mit  solchen  nichtssagenden  Diagnosen,  wie  wir  beispielsweise  oben  die 
von  Quo y  und  Gaimard  angeführt  haben,  kommen  wir  nicht  weit.  Fs  ist  häufig  reiner  Zufall, 
wenn  man  später  das  Thier  nach  solchen  wioder  mit  leidlicher  Sicherheit  bestimmen  kann. 

Wenn  wir  nun  die  von  Iluxlev  gegebeue  Schilderung  des  Baues  von  Ith.  {Catostylus)  nw- 
saiettm  mit  der  von  uns  gelieferten  Darstellung  der  Cratnbessa  Tagt  vergleichen,  so  springt  die 
nahe  Verwandtschaft  beider  Thiere  ohne  Weiteres  in  die  Augeu.  Totalansichten  des  Thieres  gibt 
Huxley  nicht;  man  halte  aber  die  Fig.  26  seiner  Taf.  XXX VIII  neben  unsere  Fig.  VIII,  so 
ergibt  sich  die  auffallendste  Ucbcreinstimmung.  Wir  finden  hier  dieselbe  merkwürdige  Ge- 
staltung der  Centraihöhle,  die  sich  in  Kreuzesform  unter  dem  Gallertschirm  hinzieht  (c,  »central 
crurac) ;  ganz  ähnliche,  wenn  auch  nicht  so  stark  ausgebildete,  Genitalklappen,  welche  die  von 
uns  Gastrogenitalmembran  genannte  faltige  Lamelle  «teilweise  verdecken  (J,  »lateral  crurac), 
sowie  ebenjene  Membran  (e,  »generative  folds«).  Ganz  in  derselben  Weise  inseriren  sich  die 
Pfeiler  am  Schirm,  wie  bei  Crambessa;  und  ebenso  uneigentlich,  wie  bei  letzterer,  lässt  sich 
hier  von  Genital-  oder  Subgenitalhöhlen  reden,  da  der  Baum  zwischen  den  rfeilcrn,  dem 
Schirm  und  der  Armscheibe  nach  der  Kichtung  der  Interradien  durchgehend  ist,  wie  der 
verticale  Durchschnitt  (1.  c.  Fig.  26  a),  sowie  die  Seitenansicht  der  Armscheibe  (Fig.  27)  lehren. 
Nur  scheinen  hier  die  Falten  der  Gastrogenitalmembran  sich  nicht  auf  die  Pfeiler  und  auf  die 
aborale  Seite  der  Armscheibc  zu  erstrecken,  sondern  auf  den  Schirmtheil  der  Centraihöhle 
beschränkt  zu  sein. 


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-    167  - 

Diese  Uebereinstimmung  erstreckt  sich  aber  auch  auf  die  Sinnesorgan«,  wie  eine  Ver- 
gleichung  namentlich  der  Fig.  38  (1.  c.  Taf.  XXXIX)  mit  unsern  Abbildungen  iu  überzeugender 
Weise  darthut.  Es  findeu  sich  die  nämlichen  Einseukungcn  über  denselben  in  der  Schirm- 
oberflache,  und  aus  der  Tiefe  dieser  »cordate  depressions«  steigen  ähnliche  »arborescent  iolds« 
empor.  Kun,  die  Uebercinstimranng  ist  eiue  so  vollständige,  wie  man  sie  nur  wünschen  mag, 
und  wäre  die  Beschaffenheit  des  Schirmrandes  in  der  Zeichnung  Huxley's  eine  andere  (er 
gibt  leider  im  Texte  keine  näheren  ergänzenden  Angaben  über  denselben),  die  sich  in  Bezug 
auf  die  Anzahl  der  Randlappen  mit  den  bei  Crambessa  besprochenen  Bildungen  in  Ueberein- 
stimmung  befände,  so  läge  gar  kein  Grund  vor,  die  Gattung  Crambessa  als  solche  aufrecht  zu 
erhalten,  sondern  man  würde  sie  in  der  Gattung  Catostylus  aufgehen  zu  lassen  genöthigt  sein. 
Nach  der  Zeichnung  Duxley's  nber,  welcher  in  der  oben  wiedergegebenen  Diagnose  der  beiden 
Entdecker  des  Thier  es  eine  Stütze  erwächst,  ist  die  Anzahl  der  Randlappen  hier  eine  viel 
ansehnlichere  (Huxley  zeichnet  einige  zwanzig  in  jedem  OcUnten),  so  dass  also  hierdurch 
(aber  auch  nur  hierdurch)  die  Existenz  der  Gattung  Crambessa  als  eines  selbständigen  Genus 
vorläufig  gesichert  erscheinen  mag. 

Da  uns  die  weit  zerstreute  Originalliteratur  über  Acalephen,  namentlich  die  kostspieligen 
grossen  Reisewerke,  nur  in  sehr  dürftiger  Weise  zu  Gebote  steht,  so  haben  wir  keine  Anhalts- 
punkte von  entsprechender  Sicherheit  wie  die  Huxlcy'sche  Abhandlung  sie  bietet,  Uber  das 
Vorkommen  und  die  Ausbildung  derjenigen  Charaktere,  auf  welche  wir  bei  der  eben  durch- 
geführten Parallele  Gewicht  legen  zu  müssen  glaubten,  auffinden  können.  Doch  scheint,  wie  aus 
einzelnen  Andeutungen  hervorgeht,  die  Eigentümlichkeit  der  Crambessa  und  des  Catostylus 
nicht  ganz  und  gar  auf  diese  beschränkt  zu  sein,  nämlich  die  Durchbohrung  des  sogenannten 
Schirrnstieles,  und  damit  die  Bildung  der  isolirten  Pfeiler.  Ob  freilich  damit  die  übrigen,  in 
unsenn  Falle  damit  verbundenen,  Charaktere  damit  vergesellschaftet  sind,  das  sind  wir  ausser 
Stande  anzugeben. 

In  einer  Note  zu  seiner  Arbeit :  »Ueber  die  systematische  Stellung  der  Charybdeiden*)< 
bespricht  Fritz  Müller  in  Desterro  auf  Sta.  Catharina  auch  die  Polystomie  der  Rhizostomeen, 
und  erwähnt  dabei  einer  südbrasilianischen  Ccphea,  von  welcher  er  eine  »Durchbrechung  des  Arm- 
stieles« oder  ein  »Entspringen  mit  vier  Wurzeln«  desselben  anführt ;  ein  gleiches  Verhalten 
soll  nach  Forskai  bei  Ccphea  odosiyla  des  rothen  Meeres  vorkommen.  —  Damit  haben  wir 
den  einen  wichtigen  Charakter  so  deutlich  als  möglich  bezeichnet;  wie  es  sich  aber  mit  der 

♦)  Arch.  f.  Natorgeschfchto.   27.  Jahrg.    1861.  Bd.  I,  p.  803. 


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Anordnung  and  Krstreckung  der  GeuitalAilten  verhält,  ferner,  ob  ähnliche  Gebilde,  wie  dieGc- 
nitalklappeu  hier  vorkommen,  ist  leider  aus  der  kurzen  Notiz  nicht  ersichtlich.  —  Dagegen  geht 
aus  ihr  etwas  Anderes  hcrvbr,  das  nicht  ohne  Bedeutung  ist;  Fritz  Müller  spricht  nämlich 
davon,  dass  bei  der  fraglichen  Ccjiitea  »die  Öffnungen  der  Arme  die  Form  langer  Spalten 
haben,  die  sich  oft  in  riciuenförmigc  Tentakel  fortsetzen«,  d.  h.  dass  also  diese  Meduse  diejenigen 
Charaktere  der  Arme  aufweist,  die  mau  zur  Coustituirubg  der  Familie  der  (Jepheidae  •)  benutzt  hat.  ' 

Nun  hat  Lesson**)  unter  dem  Namen  Rkbmtoma  cruciata  (sie!)  eine  Meduse  von 
Sta.  Catharina  beschrieben,  die,  wie  aus  seiner  nachstehend  reproducirten  Diagnose  und 
Beschreibung  hervorgeht,  dieselbe  Form  sein  kann  und  vermutlich  sein  wird,  von  welcher 
Fritz  Müller  spricht,  auch  wenn  Kr. stirer  des  auf  die  Cepheideu  hinführenden  Charakters 
der  Armbildung  nicht  erwähnt. 

Lesson  charakterisirt  in  seiner  vorhin  cituten  Compilation  seine  Rhizostome  croisee 
oder  Rh.  cruciata  folgendermassen : 

•ümbrelle  fortement  dente  au  pourtour;  ovaire  en  croix  grecque;  quatres  ouvertures; 
laut  brHs  aplatis;  coloratiou  blauche-jaunätre,  avec  des  lignes  roses  sur  lc  pourtour  et  sur 
les  ovaires.  —  Hubitc  la  cöte  du  Bresil.    Les  habitants  la  nomment  -»inouge««.  — 

»Cette  espece  est  decrite  aiusi  dans  la  Zoologie  de  la  Coquille  (p.  121  No.  70):  Gesten 
üctobre  lhjj  que  nous  trouvnmes  cette  iiiiilu.se  echouee  sur  les  rivages  de  File  Sainte- 
Cathcrine,  sur  la  cöte  du  Uresil.  Son  ombrelle  est  rej-ulierument  hemispherique,  et  son 
pourtour  est  forme  pur  une  sorle  de  rubau  de  den  teile  ä  mailles  excessivemeut  tines  el 
reguliere«,  et  garni  des  dents  aigues,  obtrianguLires  et  nombreuses.  La  voüte  de  l'ombrelle 
est  palfaiteiueut  lisse;  sa  oouleur  est  uuilormemeiit  blanc-iäde,  legeremeut  lave  de  jaune- 
päle.  Une  large  croix  greeque,  ä  bords  roses.  occupe  toute  la  surface  supericure.  Chacune 
des  extremiles,  au  lieu  d'etre  arretee  en  ligue  droitc,  se  trouve  etre  cordiforme.  Un  cercle 
rose  fait  aussi  le  tour  de  iombrelk  a  la  naissaucc  de  la  partie  areolee  du  pourtour;  le 
i-orps  est  cpais,  court,  perfore  au  milieu,  ayant  sur  la  circonfereuce  quatre  larges 
ouvertures,  dout  les  parois  sont  renforeees  par  les  piliers  charnus.  I*e  Corps  se  termiue 
en  huit  bras  foliolaires,  assez  allouges  et  eouverts,  dans  toute  1'etendue  de  leurs  limbes, 
de  stries  vasculaires  di>pusecs  en  cercle,  et  qui,  par  leur  ensemble,  douuent  aus  bras  une 
disposition  imbriquee.« 

•)  Vgl.  Agassi/,  Contritmtions  etc.    Vol.  IV.  p.  155. 

•»I  Lesgon.  in  Voyage  .lc  la  Coquille.  Zoologie,  p.  121,  Taf.  11,  lig.  1.  (Von  uns  nicht  eingesehen); 
terner  desselben;  llist.  nat.  Zooj>hytes  etc.  p.  419. 


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159 


Agassiz*)  führt  diese  Form,  nebst  einer  neuen,  ebenfalls  süd-amcrikanischen  Art,  unter 
den  Gattungsnamen  IihaeopOn$  erwiatus  auf,  und  zwar  unter  der  Familie  der  mizostomhlae. 

Wenn  wir  dennoch  die  Vermuthung  vorläufig  aufrecht  erhalten,  dass  die  von  Fritz  Müller 
erwähnte  Form  identisch  sein  möge  mit  der  Lesson'schen,  so  sind  uns  zunächst  der  Fundort 
und  die  Worte  »perfori  au  milieu«,  die  letzterer  vom  Schirmstiel  braucht,  Gründe  dafür,  die  nicht 
zu  unterschätzen  sind,  selbst  gegenüber  der  Nichterwähnung  des  Ceph eiden Charakters,  der 
möglicherweise  an  Exemplaren,  die  auf  den  Strand  geworfen  wurden,  verschwinden,  oder  doch  bei 
flüchtiger  Betrachtung,  wenn  er  nicht  sehr  ausgebildet  auftritt,  leicht  übersehen  werden  kann. 

Was  nun  die  von  Fritz  Müller  weiter  erwähnte  Medusa  octosti/la  Forskai  (Optica 
octostyla  L.  Ag.)  anbelangt,  so  lautet  die  betreffende  Stelle  bei  Forskai**)  folyendermaassen : 

» —  —  Subtus  ad  basin  pilei  quatuor  columnac  sesquipollicares,  quae  uuiuntur  in 

unam  molcm  eubiti  crassitie,  teretem,  quadripollicarem,  apice  fissam  in  8  cyündros  digiti 

crassiores  etc.  etc.  — « 

was  allerdings  auf  eine  Durchbohrung  des  Schh-mstieles  deutlieh  genug  hinweist.  —  Diese  Art 
brachte  Agassiz  bei  den  ächten  Cepheiden  unter  (1.  c.  pag.  15G). 

Wie  es  sich  nun  auch  mit  den  beiden  zuletzt  besprochenen  Formen  verhalten  mag  — 
soviel  scheint  daraus  hervorzugehen,  dass  nicht  blos  Ca.stos(ylus  mosaicus  und  CromidM  Tayi 
einen  durchbrochenen  sogenannten  Schirinstiel  besitzen .  sondern  dass  sie  diese  Eigenthütnlich- 
keit  mit  noch  andern  theilen  —  sogar  mit  solchen,  die,  wenn  man  auf  die  bisher  benutzten 
Charaktere  Gewicht  legt,  sich  wieder  von  ihnen  um  ein  Beträchtliches  durch  diese  Charaktere 
entfernen.  Leider  ist  unsere  ganze  Kenntniss  dieser  fraglichen  Formen  zu  gering,  um  darauf 
hin  die  Verkeilung  der  Ithizoatomeen  von  den  neueren  Gesichtspunkten,  die  dann  in  ihre  Reckte 
eintreten  könnten,  zu  versuchen,  und  es  muss  der  Folgezeit  Uberlassen  bleiben,  das  Fehlende 
zunächst  an  Thatbestand  zu  liefern.  Das  aber  ist  ausser  Zweifel,  dass,  wenn  jene  Khizostomecn, 
neben  ihrem  Cepheenhabitus ,  bezüglich  ihres  sonstigen  Baues  Analogieen  mit  Catostylus  und 
Crambessa  zeigen  sollten,  diese  Charaktere  gegenüber  denjenigen,  welche  aus  der  Modification 
der  Mundbildung  hervorgehen,  den  Vorrang  behaupten  müssten  und  eiue  nähere  Vereinigung 
der  sie  aufweisenden  Gattungen  und  Arten  In  eine  besondere  Gruppe  erheischten. 

•)  I.  c,  p.  152,  158.  (Vol.  IV.) 

Dcwriptiones  auinialium,  avium  etc.,  quae  in  itinere  oritiitali  ohservavit  ett.  Ilaiintao  1776.  p.  10«.  — 
kooes  rerum  naturalituu  qua*  in  itinere  orientali  Oppin«!  curavit  I'.  ForeVül.  Kdidit  Carsten  Niebuhr. 
Hannia*  1776.  Tab.  XXIX.  Bei  der  betr.  Tafel  ist  der  Irrthum,  den  Niebiihr  begangen  hat,  nml  welchen 
erst  Agassis  [L  c.  p.  lööj  aufklarte,  zu  beachten;  wie  aus  der  Verpleichimg  de*  Tnttn  rar  Evideux  her- 
vorgeht, bezieht  sie  *tch  auf  M  octostyla,  und  nicht  auf  Mnl  Ccpha,  wie  die  Tufelerklärang  l*>sagt. 


—    160  — 

B.  lieber  den  Bau  yoh  Rhizoctonia  luteum  Eschsen. 

{Orythia  l.  Quoy  et  Gaim.) 

Die  Khizostoma- Art,  die  wir  unter  diesem  Namen  hier  besprechen  wollen,  wurde  von 
dem  Kineii  von  uns  wahrend  eiues  längeren  Aufenthaltes  in  Gibraltar  (Ende  October  und  An- 
fangs November  Ks"l)  in  einigen  Exemplaren  gefischt  und  untersucht.  Da  die  Spärlichkeit  des 
Materials,  sowie  der  Wunsch.  Einiges  davon  für  die  Sammlung  zu  couserviren,  eine  gewisse 
Schonung  geboten,  so  wurde  die  Untersuchung  nur  auf  die  für  eine  Vergleichung  mit  den 
andern  Arten  der  Gattung,  sowie  mit  der  Cratnbcssa  Ttuji  belangreichen  Punkte  ausgedehnt. 

Die  Meduse  wurde  von  Quoy  und  Gaimard  entdeckt,  und  zwar  ebenfalls  in  der  Nähe 
von  Gibraltar,  bei  A  lgec  iras  und  Ce  u  ta.  Sie  sammelten  dort  im  Monat  Mai  kleine,  auf- 
fällig gestaltete  Medusen,  die  sie  für  ausgebildete  Exemplare  hielten  und  beschrieben  sie  unter 
dem  Namen  Orythia  lutea*)  wie  folgt: 

»Ombrellc  convexe,  arrondie,  plus  que  demi-hemispherique,  ä  limbe  mince,  tres-legcre- 
ment  denticulee,  les  denticules  tendant  ä  s'accoupler.  Elle  est  piquetee  tout-ä-fait  dans  le 
genre  de  ce  qu'on  appclle  pointille  dans  le  dessin.  —  Pedoncule  quadrilaterc,  epais,  divise 
en  quatre  bras,  lesqucls  se  subdivisent  bientöt  pour  eu  former  huil ;  l'extremite  de  chacun 
d'eux  est  legerement  bifurquee.  C'est  entre  chacune  de  ccs  deux  divisions  que  partent 
huit  appendices  assez  courts.  augmentant  de  volurae,  et  triangulaires  ä  leur  extremite, 
qui  est  un  peu  elargie.  —  Ce  pedoncule  est  muui  de  cotyles  ä  sa  partic  superieure  ainsi 
qu'ä  l'origine  de  ses  huit  derniercs  divisions,  ce  qui  le  rend  retreci  au  milicu  et  evase  ä 
ses  deux  extremites:  II  existe  de  plus,  ä  la  partie  superieure  de  l'ombrelle,  ce  qu'on  est 
convenu  d'appeler  des  ovaires;  en  les  examinant  en  dessus  on  voit  qu'ils  forment  quatre 
segmens  de  cercle  qui,  rennte,  ont  la  forme  d'une  croix.  Du  reste,  le  pedoncule  ä  sa  sortie 
de  l'ombrelle  forme,  par  ses  divisions,  quatres  ouvertures  improprement  nommees  bouches, 
ayant  chacune  un  petit  tubercule  mamelonne.  La  vraie  bouche  existe  lout-ä-fait  ä  l'extrömite 

du  p&ioncule,  entre  les  appendices.  

La  brievete  de  l'apparail  pedonculaire  läit  qu'elle  tend  toujoure,  meme  dans  l'6tat 
vivant,  ä  ctre  renversee  l'ombrelle  en  bas ;  et  lorsqu'elle  est  morte  les  rebords  de  l'ombrelle 
se  renversent  en  dehors.« 

»)  Antillen  des  scienecs  naturelles.   Tome  X.  1P27.  p.  176.  PI.  4.  B.  fig.  1. 


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I 


-    161  - 

Eschscholtz*)  bezeichnet  die  Meduse  als  lihizostoma  /n/m;  in  der  Diagnose,  die  nur 
ein  lateinischer  Auszug  aus  der  Beschreibung  von  Quoy  und  Gaimard  ist,  erwähnt  er  der 
auffälligen  Anhänge  nicht,  wohl  aber  in  der  nachfolgenden  deutschen  Beschreibung. 

Lcsson**)  repruducirt,  wie  zu  erwarten,  nur  die  Diagnose  yon  Eschscholtz  und  die 
Beschreibung  von  Quoy  und  Gaimard  wörtlich. 

Agassi/.*'*)  äussert  einige  Bedenken  über  die  Selbstständigkeit  der  fraglicheil  Form, 
indem  er  an  das  Beispiel  der  Ephyra  erinnert;  es  könnte  auch  hier  möglicherweise  eine  Jugend- 
form von  Rhizoctonia  pulmo  f)  vorliegen.  Vorsorglich  aber  bezeichnet  er  das  Thier,  fall*  es 
sich  doch  als  ein  selbstständiges  herausstellen  sollte,  mit  einem  neuen  Namen,  Stylwectc*. 
(»  —  But,  if  it  is  au  adult  Medusa,  then  its  peculiar  actinostome,  with  cight  connate 
arms,  each  ending  in  a  long  tricuspidate  stylet,  and  the  small  bunch  of  marginal  fringes 
at  their  base,  show  it  to  constitute  a  distinet  genug  «j  Die  Stellung  bezüglich  der  Familie 
weist  er  ihr  bei  den  ächten  genuinen  Rhizostomiden  an.  —  Unter  dem  A  g  assiz 'sehen 
Namen  Slylonechs  bat  die  Meduse  dann  auch  theilweise  Eingang  in  unsere  Lehrbücher 
gefunden,  ft) 

Weitere  Mittbeilungen  in  der  Fachliteratur  über  unser  Thier  sind  uns  nicht  bekannt  ge- 
worden. —  Bei  der  nachfolgenden  Darlegung  der  Resultate  unserer  eigeueu  Untersuchung 
werden  wir  uns  der  Esc h sc  h  ol  tz  'sehen  Gnttungsbezeichnnng  bedienen,  und  hoffen,  dass  aus 
der  Darstellung  die  Berechtigung  dazu  sich  zur  Genüge  ergeben  wird. 

Bezüglich  der  Abbildung  des  ganzen  Thicres  Fig.  XVTU,  auf  welche  wir  vielfach  recurriren 
müssen,  ist  noch  hervorzuheben,  dass  sie  nach  einem  bald  nach  dem  Fang  in  Spiritus  gelegten 
Exemplare,  nach  nur  gauz  kurzer  Einwirkung  desselben,  entworfen  wurde.  Die  Abweichungen 
von  ganz  frischen  Exemplaren  beziehen  sich  fast  ausschliesslich  auf  eine  merkliche  Schrumpfung 
der  Fiedertheile  der  Arme,  welche  die  Mundöffnungen  tragen.  Was  diese  an  Naturtreue  ver- 
missen lassen,  wurde  zu  ergänzen  und  zu  ersetzen  gesucht  durch  die  Fig.  XX,  die  einen  ein- 
zelneu Arm  eines  grössereu  Excinplares  frisch  und  noch  prall  von  der  Seite  gesehen  darstellt. 
Diese  beiden  sowohl,  wie  auch  die  Fig.  XIX,  die  Armscheibe  eben  dieses  grösseren  Exemplare« 
darstellend,  sind  in  natürlicher  Grösse  gezeichnet. 


•)  L  b.  e.  pa*.  61. 
W)U  c  pag.  413. 
•*•)  L  8.  c.  pag.  151. 
+)  Rh.  Ouvieri  der  Au«,  (s.  nnton  ) 
tt)  x  B  in  (  arus  n.  Orrstiirkrr.  Handburli  der  Zoologi.«.    2.  Bd.  p.  T.49. 
Abluuidl.  d.  Hcnckenb.  n.turf.  IJ«  M  X.  21 


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-    162  — 

1.  Allgemeine  Formverhältnisse  des  Rhizostoma  luteum. 

Die  Besprechung  der  allgemeinen  Formverhältnissc  des  uns  hier  beschäftigenden  Thieres 
können  wir  um  so  kürzer  fassen,  als  Anklänge  an  die  oben  geschilderten  der  Crantbessa  Tagt 
zur  Genüge  vorhanden  sind;  in  noch  höherem  Grade  aber  stimmt  der  Grundplun  ihres  Baues 
mit  dem  des  Rhizostoma  Cuvieri  Lam.  überein,  auf  dessen  bekannteste  uud  wohl  am  leichtesten 
zugängliche  Schilderungen  wir  der  Vergleichung  wegen  verweisen  wollen*).  —  Die  Orientirung 
nach  der  von  Häckel  vorgeschlagenen,  von  uns  adoptirteu  Methode;  die  Bestimmung  der 
Radialebenen  der  verschiedenen  Cutegorieen,  sowie  die  Anwendung  der  sonst  noch  von  uns  ge- 
brauchten Ausdrücke  ergibt  sich  von  gelber,  so  das»  wir  hier  einfach  darüber  hinweggehen 
können. 

Von  den  beiden  Hauptbestandteilen  des  Körpers,  dem  Schirme  auf  der  einen,  dem  arm- 
tragenden Schirmstiele  auf  der  andern  Seite,  weicht  nun  namentlich  der  letztere  hinsichtlich 
seiner  Architectur  in  sehr  wesentlichen  Punkten  von  dem  bei  Crantbessa  beschriebenen  ab,  und 
bedingt  dadurch  auch  eine  Reihe  von  nicht  unbedeutenden  Modificationen  der  auf  der  Unter- 
seite des  Schirmes  befindlichen  Organe,  und  ganz  besonders  der  Gestaltung  der  Centraihöhle 
und  ihrer  Appcrtincnzien. 

Bei  der  Craml>essa  haben  wir  gesehen,  dass  die  Pfeiler,  vermittelst  deren  die  Armscheibe 
am  Meduseoscbirm  suspendirt  ist,  völlig  isolirt  an  dem  letzteren  entspringen,  so  dass  ein  nach 
zwei  auf  einander  senkrechten  Richtungen  durchgängiger,  nicht  durch  Tlie  GastrogenitÄlmem- 
branen  abgeschlossener  Raum  von  ihnen  zwischen  Schirm  und  Armscheibe  unvollständig  ab- 
gegrenzt wird.  Dies  findet  hier  nicht  statt.  Die  Pfeiler  (oder  Füsschcn  der  Autt.)  (Fig.  XVIII;  P.) 
sind  zwar  hier  ebenfalls  relativ  stark  vortretende  Gallertgcbilde,  aber  sie  sind  unter  sich  durch 
die  Gastrogenitalmembran  verbunden,  die  sich  auf  ihrer  axialen  Seit:*  von  ihnen  erhebt  und  die 
zwischen  je  zwei  Pfeilern  befindlichen  Lücken  abschließt.  Dieser  Abschluss  ist  ein  vollkommener, 
da  diese  Membran  sich  mit  ihrem  aboralcn  Rande  auch  auf  die  Unterseite  des  Schirmes,  mit 
ihrer  oralen  Endigung  auf  die  Oberseite  der  Armscheibe  fortsetzt.  Hier  treten  also  die 
sogenannten  Genital-  (Subgenital-)  Höhlen  oder  -Taschen  auf.  die  wir  bei  Crantbessa 
verniissten.    Von  der  Unterseite  des  Schirmes  her  wird  der  Eingang  in  dieselben  verengert 

•)  Besonders:  F.  W.  Eysenhardt.  Zur  Anatomie  und  TMw|IHIlllll1lll  der  Quallen.  L  Von  dem 
Uhumsioma  Curirri  Lara,  in  No».  Act  Aca-'.  Caes.  Uop.-C'aro).  etc.  Vol.  X.  P.  2.  1821.  p.  .ri76.  Taf  XXXIV. 
—  Ferner  die  trefflichen  Abbildungen  ton  Milne  Edward«  in  Ouvier's  Retfnc  animal ,  Ed.  ill.  Zoophytes 
pl.  49.  60.  —  A.  Brandt,  Leber  Misostonta  Ctnieri  etc.  in:  Mcm.  Ai\ad.  imp.  St-Peiersbourg.  VII.  Se>. 
Tome  XVI.  Ko.  (i. 


• 

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—    163  — 

durch  entsprechende  höckerartig  nach  unten  vortretende  Vorspränge  des  Gallertschirmes,  Genital- 
klappen (Subgenitalklappen,  Nierenförmigc  Platten,  Decken  der  Genitaltaschen  der  Autt.). 

Die  Annscheibe,  zu  deren  Bildung  auch  hier  die  Fortsetzungen  der  Pfeiler  oder  Fttsschen 
zusammentreten,  zeigt  bei  unserer  Form  auch  eine  von  derjenigen  der  C>  ambessa  abweichende 
Gestalt.  Sie  ist  weniger  scheibenförmig,  als  vielmehr  prismatisch  in  der  Richtung  der  Körperaxe 
verlängert,  was  allerdings  in  sofern  auf  Rechnung  der  Arme  zu  schieben  ist,  als  diese  weiter 
als  bei  Crambessa  mit  einander  verwachsen  siud  und  deutlicher  als  dort  ihre  paarweise  Zu- 
sammengehörigkeit aufweisen.  An  dem  aboraleu  Ende  jedes  Armes  sitzen  demselben  abaxial 
noch  Je  ein  Paar  sogenannter  »oberer  blattförmiger  Anhängec  auf,  die  wir  bei  Crambessa  ver- 
missen (Figg.  XVTII,  XX ;  Ap.  s.y 

Die  Gliederung  des  Armes  gestattet  uns  auch  hier  eine  Eintheilung  in  Ober-  und  Unter- 
ann, wie  bei  Crambessa,  obgleich  hier  eigentlich  drei  Abtheilungen  des  Armes  vorkommen. 
Der  Oberarm  ist  hier  beträchtlich  langer  als  der  Unterarm;  wir  rechnen  seine  Erstreckung 
von  seinem  aboraleu  Eudu  bis  zum  Auftreten  zweier  unterer  abaxialer  Blätter,  die  sich  mor- 
phologisch ganz  übereinstimmend  verhalten,  wie  bei  Crambessa,  nur  dass  sie  viel  kürzer,  da- 
für aber  um  so  steiler  und  mehr  hervortretend  sind,  und  welche  den  Beginn  des  Unterarms 
bezeichnen.  Hierzu  kommt  noch  ein  axiales  Blatt,  welches  sich  vom  Oberarm  herab  fortsetzt 
Der  Unterarm  verlängert  sich  in  ein  auffallendes  Gebilde,  einen  den  ganzen  übrigen  Arm  um 
zuweilen  mehr  als  das  Doppelte  an  Länge  übertreffenden  Fortsatz  von  prismatischer  oder  mehr 
rundlicher  Gestalt,  der  am  Ende  sich  mehr  oder  weniger  kolbenförmig  verdickt  und  eine  Fort- 
setzung des  Canalsystems  des  Armes  enthält  (Figg.  WIN.  XX;  T.). 

Von  den  bei  der  Crambessa  unterschiedenen  drei  Abtheilungen  des  cölenterischen  Canal- 
systems oder  des  Gaslrovascularapparates  verhalten  sich  die  beiden  peripherischen,  nämlich  die 
Anncanäle  und  das  System  der  Radiär-  und  Ringcanäle,  von  geringeren  Modificationen  abgesehen, 
ähnlich  wie  bei  jener.  Abweichend,  und  zwar  recht  beträchtlich,  ist  der  mittlere  Abschnitt, 
die  Centraihöhle,  gebaut;  ungleich  einfacher  als  bei  Crambessa  besteht  sie  aus  einem  im  All- 
gemeinen pyramidal  geformten  Hohlraum,  dessen  Spitze  nach  der  Armscheibe,  dessen  Basis 
nach  dem  Schirm  gerichtet  ist,  und  an  welchem  die  Pfeiler  uud  die  zwischen  diesen  ausge- 
spannten Gastrogenitalmembranen  die  seitlichen  Begrenzungen  (Kanten  und  Seitenflächen)  bilden. 

Mit  der  Vereinfachung  der  Configuration  der  Centraihöhle  geht  eine  entsprechende  ein- 
fachere Ausbildung  der  Genitalorgane,  verglichen  mit  denen  der  Crambessa,  Hand  in  Hand. 
Wir  finden  hier  den  einfacheren  Typus  der  bekannteren  Acalephen  wieder ,  wo  die  Genital- 
produete  in  der  Tiefe  der  Genitalhöhlen  in  halbmond-  oder  hufeisenförmigen  Wülsten  der 

» 


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Gastrogenitalmcmbranen  reifen,  die  bei  zunehmender  Ausbildung  mehr  oder  weniger  zwischen  den 
Pfeilern  hervortreten.  Da  hier  die  Gastrogenitalmembran  weder  zu  den  Pfeilern,  noch  zu  deni 
Schirm  so  intime  Beziehungen  eingeht,  wie  bei  Crambessa,  so  fällt  mit  der  bei  dieser  be- 
schriebenen Complication  auch  der  dadurch  bedingte  Verlauf  der  Genitalorgane  fort. 

Die  Organe  der  Beziehung  (Sinnes-  und  Bewegungsorgane)  sind  nach  unseren  geringen 
Erfahrungen  mit  deojenigen  der  Crambessa  in  der  Hauptsache  fast  identisch. 


Unsere  Meduse  kann  nach  unseren  Erfahrungen,  die  allerdings  nur  auf  eine  geringe  An- 
zahl von  Exemplaren  gestützt,  und  in  einer  vielleicht  noch  nicht  die  völlige  Entfaltung  der 
Form  aufweisenden  Jahreszeit  gemacht  sind,  nur  zu  den  kleineren  Vertretern  ihrer  Gattung, 
und  zu  den  mittelgrossen  ihrer  Classe  überhaupt  gerechnet  werden.  Von  den  beobachteten 
Exemplaren  waren  die  meisten  von  der  Statur,  wie  das  in  Fig.  XVIII  in  natürlicher  Grösse 
gezeichnete;  ein  einziges,  von  welchem  die  beiden  andern  Figuren  stammen,  ging  nicht  un- 
beträchtlich über  die  Dimensionen  des  ersteren  hinaus.  Unter  den  dadurch  gebotenen  Reserven 
kann  man  also  den  Durchmesser  des  schön  halbkugelig  gewölbten  Schirmes,  über  seine  Convexität 
gemessen,  etwa  von  15—30  Cm.,  die  Totallänge  der  Arme,  mit  Einschluss  der  Anhänge, 
zwischen  22  —  32  Cm.  bestimmen,  wobei  auf  diese  Anhänge  im  ersteren  Falle  ca.  16  Cm.,  im 
letzteren  ca.  20  Cm.  fallen. 

Wenn  man  von  dem  Artnamen,  welchen  die  Entdecker  des  Thienes  demselben  gegeben 
haben,  auf  eine  gelbe  Färbung  desselben  —  wenigstens  in  dem  von  uns  beobachteten,  von 
der  Reife  sicher  nicht  allzuweit  entfernten  Stadium  —  schliessen  wollte,  so  würde  man  sehr 
irren.  Seine  allgemeine  Färbung  ist  das  bekannte  bläuliche,  oder  auch  leicht  gelbliche  Opali- 
siren  der  Mcdusengallerte ;  nur  die  Armlappcn  haben  einen  ausgeprägteren  gelblichen  Ton. 
Die  Schirmoberfläche  zeigt,  namentlich  bei  seitlich  reflectirtetn  Licht,  einen  leichten  Rosaschimmer, 
der  reifartig  erscheint.  Bei  näherer  Besichtigung  stellt  sich  heraus,  dass  dieser  Farbenton 
von  einer  Menge  länglicher  oder  fast  leistchenartiger,  ziemlich  dicht  und  radiär  gestellter 
Wärzchen  herrührt,  die  eine  braunrothe  Färbung  tragen.  Die  oben  besprochenen  pigmentirten 
und  baumartig  verzweigten  Leisten  auf  der  gewölbten  Schirmflache  der  Crambessa  sind  augen- 
scheinlich nur  eine  weiter  entwickelte  Form  derselben  Gebilde. 

Eine  besonders  auffällige  Färbung  besitzen  aber  die  endständigen  Anhänge  der  Arme 
Ihr  erstes  Drittel  ungefähr  ist  allerdings  noch  von  der  allgemeinen  Farbe  der  Medusengallerte; 


2.  Schirm  des  Rhizostoma  luteum. 


-    165  - 


an  der  Grenze  des  zweiten  Drittels  etwa  tritt  aber  eine  anfangs  gelblichbraune,  rasch  an 
Intensität  zunehmende  Färbung  auf,  die  schliesslich  in  ein  sehr  schönes,  tief  purpui  braunes 
Colorit  übergeht,  das  dem  Anhange  bis  zu  Ende  eigen  bleibt  An  Weingeistexemplaren  geht 
diese  Färbong  fast  völlig  verloren. 

Der  Schirmsaum  wird  durch  acht  Sinnesorgane  in  ebensoviel  Hauptlappen  getheilt,  die 
ihrerseits  wieder  durch  alternirend  tiefer  und  weniger  tief  eindringende  Einschnitte  in  je  acht 
Randlappen,  oder  besser,  in  je  vier  Randlappenpaare  zerfallt  werden.  Die  Gestalt  dieser 
zungenförmigen  Randgebilde,  die  in  eine  massige,  leicht  abgerundete  Spitze  ausgehen,  dürfte 
aus  der  gegebenen  Abbildung  Fig.  XV11I.  zur  Genüge  hervorgehen,  und  eine  weitere  detaillirte 

Die  an  den  Enden  der  Perradien  und  Interradien  gelegenen  Sinnesorgane  werden  ebenfalls 
getragen  von  einem  kleinen,  nach  der  Peripherie  hin  in  zwei  Zipfel  geseilten  Sinneslappen. 


3.  Die  Centraihöhle  und  die  Genitalorgane  des  Rhizostoma  luteum. 

Auch  hier  sind  die  Genitalorgane  topographisch  in  so  enger  Beziehung  zu  der  CentraJ- 
höhle,  dass  eine  gemeinsame  Schilderung  der  beiden  sonst  so  heterogenen  Apparate  sich  durch 
{.[jtn  fliest  liPzitMiuntion  rtu  fiui  ru^rn  uissi. 

Wenn  wir  die  schon  vorhin  als  im  Allgemeinen  pyramidal  bezeichnete  Gestalt  der  Centrai- 
höhle hier  einer  näheren  Bestimmung  der  Form  unterwerfen,  so  können  wir  dies  dahin  ergänzen: 
Die  Grundfläche  der  vierseitigen  Pyramide  wird  begrenzt  von  dem  Centrum  der  oralen  Schinn- 
fläche, ihre  Kanten  fallen  in  die  Ebenen  der  Perradien,  und  zwar  in  die  Mittellinie  der  Pfeiler, 
und  treffen  im  Centrum  der  Armscheibe,  als  in  ihrer  Spitze,  zusammen.  Die  nach  aussen 
coneaven  Seitenflächen  werden  gebildet  durch  die  Gastrogenitalmembranen. 

Die  Pfeiler  (Fig.  XVIII;  P.)  sind  zwar  noch  ziemlich  massige  Gallertgcbilde,  erreichen 
jedoch  auch  nur  relativ  nicht  annähernd  die  Entwickelung,  namentlich  nach  der  Dickendimension, 
wie  diejenigen  der  Cramhessa.  Sie  inseriren  sich  an  den  Schirm  in  einer  Distanz  vom  Centrum, 
die  etwa  der  Hälfte  des  Schirmradius  gleichkommen  mag.  Ihre  Breite  an  der  Ansatzstelle  ist 
ziemlich  beträchtlich,  und  sie  überragen  mit  ihren  Seitenrändern  den  benachbarten  Adradius, 
der  durch  einen  Radiär«  a  al  markirt  ist,  noch  eine  Strecke  weit  Nach  der  Annscheibe  zu, 
in  welcher  sie  aufgehen,  verschmälern  sie  sich  fast  auf  die  Hälfte  ihrer  Breite  am  Schinnende, 
verdicken  sich  aber  dabei  etwas,  so  dass  die  plattenartige  Form  des  Schirmendes  nach  unten 
in  eine  comprimirt  cylindriache  übergeht  (Fig.  XIX;  P). 


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-    166  - 

Ihre  abaxiale  Fläche  ist  völlig  glatt;  auf  der  Mittellinie  ihrer  axialen  Seite  tragen  sie 
eine  halbcylindrische  schmale  Längsrinne  (Fig.  XVIII,  XIX;  *.).  deren  Ränder  leiatenartig  her- 
vortreten, und  an  deren  Aussenseitu  jederseits  eine«  Gastrogenitalmembran  mit  gefälteltem  Rande 
sich  inserirt  (Fig.  XIX;  M.  gg.). 

Diese  Rinnen  setzen  sich  auf  die  aborale  Seite  der  Armscheibe  fort  (vcrgl.  Fig.  XIX); 
gegen  das  Centrum  derselben  vertiefen  sie  sich  mehr  und  mehr,  und  treffen  dort  mit  den 
Ecken  einer  viereckigen  Oeffnuug,  deren  Seiten  nach  innen  convex  geschweift  sind,  zusammen 
(Fig.  XIX;  0.),  so  dass  diese  Kinnen  als  die  Verlängerungen  derselben  betrachtet  werden 
können.  Die  leisteiiförmigeu  Einfassungen  der  Rinnen  verbreitern  sich  um  so  mehr,  je  näher 
sie  dem  Gentrum  der  Armscheibe  kommen,  und  je  zwei  benachbarte  gehen  in  einem  para- 
bolischen Bogen  in  einander  Aber;  die  Oeffnung  erscheint  so  von  einem  vierseitigen  Trichter  mit 
ausgezogenen  Ecken  eingefasst.  Die  Gastrogenitalmembran  folgt  mit  ihrer  Insertion  den  Leisten. 

Wenn  so  die  Pfeiler  zur  Begrenzung  der  Gentraihöhle  nicht  viel  beitragen,  da  sie  blos 
ihre  äussersten  Kauten  bilden  helfen,  so  ist  dafür  der  Aulheil  der  Gastrogeuitalmembrancn  an 
dem  völligen  Abschluss  des  Hohlraumes  ein  um  so  grösserer.  Ucbcr  die  Pfeiler  und  die  Arm- 
scheibe hin  haben  wir  sie  bereits  verfolgt;  es  erübrigt  nun  nur  noch,  ihre  Ansätze  an  der 
unteren  Schirmseite  zu  behandeln. 

Da,  wo  die  Rinne  auf  der  axialen  Seite  des  Pfeilers  am  Schirme  endigt,  geht  die  Gastro- 
genitalmembran auf  den  letzteren  über,  und  zieht  in  einem  nach  innen  convexen  Bogen  zum 
nächsten  Pfeiler  der  entsprechenden  Seite.  Bei  der  Betrachtung  der  unverletzten  Meduse  von 
unten,  wie  etwa  in  Fig.  XVIII,  sieht  man  nur  einen  ganz  kleinen  Theil  der  Membran,  da  die 
Pfeiler  sie  grösstenteils  verdecken.  Gewöhnlich  ist  Mos  der  Theil  ihres  Randes  sichtbar, 
unter  welchem  der  interradiale  Radiärcanal  entspringt,  und  welcher  durch  die  von  ihm  aus- 
strahlenden Falten  in  die  Augen  fällt. 

Die  Geschlechtsorgane  hatten  zur  Zeit,  als  die  Thiere  zur  Beobachtung  kamen,  wohl  auch 
noch  nicht  ihre  völlige  Ausbildung  erreicht,  wenigsten«  traten  sie  nicht  so  massig  hervor,  wie 
man  es  sonst  bei  Acalephen  nach  erlangter  Reife  zu  sehen  gewöhnt  ist.  Sie  verlaufen  in  der 
Gastrogenitalmembran.  von  den  Pfeilern  verdeckt,  in  einem  nach  innen  convexen  Bogen,  diesen 
letzteren  in  ihrer  gauzen  Länge  folgend. 

In  Fig.  XVIII  sind  sie  bei  G.  durch  die  Pfeiler  hindurchschimmernd  gezeichnet.  — 
Ihre  Innenseite  ist  mit  ähnlichen  tontakelartigcn  (iebilden  besetzt,  wie  wir  sie  bei  der  Cram- 
besm  beschrieben  haben;  auch  die  vielfache  krausenartige  Faltung  haben  sie  mit  dieser  und 
den  anderen  Classenrepräsentanten  in  völlig  gleicher  Weise  gemein. 


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Wir  haben  nun  schliesslich  hier  noch  ein  Organ  zu  besprechen,  das  bei  unserem  Thiere 
allerdings  in  keinerlei  näherer,  fuuctioueller  Beziehung  zu  der  Centraihöhle  und  auch  wohl 
kaum  zu  den  Genitalien  steht,  dessen  Homologem  wir  aber  bei  der  Cramlmsa,  wo  es  eine  un- 
gleich beträchtlichere  Entwickelung  erreicht,  an  entsprechender  Stelle  abgehandelt  haben.  Es 
ist  dies  die  Genitalklappe  (Subgenitalklappe  Hckl.),  welchen  Namen  wir  auch  beibehalten 
wollen,  obschon  die  Form  des  Organes  zur  Anwendung  der  Bezeichnung  »Klappet  wenig  be- 
rechtigt. 

Auf  der  Unterseite  des  Schirmes,  zwischen  den  Pfeilei  Insertionen  in  den  Interradien  ge- 
legen (Fig.  XVIII;  V.  </.),  befinden  sich  vier  Vorsprünge  der  Schirmgallerte  von  höckerartiger 
Gestalt  und  eiförmigem  Umrisse.  Das  abgerundete  breitere  Aussenende  liegt  ungefähr  in 
gleicher  Entfernung  vom  Schirracentrum  wie  die  Pfeilerinsertionen,  d.  h.  etwa  in  der  Mitte  des 
Schirmradius;  das  schmälere  Innenende  rückt  bis  auf  einigt-  Millimeter  Abstand  an  den  Ver- 
wachsungsrand der  Ga8trogenitalmembran  mit  dem  Schirme  heran.  Der  Höcker  ragt  nicht 
sehr  Uber  das  Niveau  des  Schirmes  hervor,  namentlich  wenig  an  seinem  breiteren  Aussenende, 
wo  er  sich  allmälig  in  denselben  abflacht.  An  diesem  Bande  befindet  sich  ein  leichter,  oft 
kaum  bemerkbarer  Ausschnitt  als  einzige  Andeutung  der  tiefgehenden  Theilung  in  zwei  Hälften, 
die  wir  bei  der  Genitalklappe  der  Crambessa  gefunden  haben.  Unter  der  Genitalklappe  zieht 
der  interradiale  Kadiärcanal,  den  man  durch  sie  hindurchschimmern  sieht. 

Die  Uebereinstimmung  der  hier  beschriebenen  Form  der  Genitalklappe  mit  der  bei 
Rh.  Curieri  erhellt  bei  einem  Blicke  auf  die  oben  citirten  Abbildungen  des  letzteren,  wenn 
auch  hier  das  Organ  wohl  nicht  immer  so  deutlich  differenzirt  sein  mag,  wie  in  unserem 
Falle. 

4.  Das  peripherische  Canalsystem  des  Rhizostoma  luteum. 

Das  System  der  Radiärcanäle,  des  Ringcanales  und  des  dazwischen  gelegenen  Maschen- 
netzes stimmt  bei  unserer  Meduse  in  allen  wesentlichen  Punkten  mit  dem  der  Crambessa, 
ferner  bis  in  das  Einzelne  mit  dem  des  Bh.  Curieri.  wie  es  uns  durch  die  speciellen  Dar- 
stellungen von  Eysenhardt,  Milnc  Edwards  und  A.  Brandt  bekannt  geworden  ist, 
überein.  Ausserdem  ist  es,  wie  wir  glauben,  in  unserer  Fig.  XVIII  in  so  übersichtlicher  Weise 
dargestellt,  dass  wir  uns  einer  eingehenden  Besprechung  enthalten  und  uns  auf  einige  Bemer- 
kungen beschranken  können. 

Die  hier  ebenfalls  vorhandenen  lf.  Radiärcanäle  vertheilen  sich  wieder  in  vier  erster, 
vier  zweiter  und  acht  dritter  Ordnung,  die  den  resp.  Perradien,  Interradien  und  Ailradien  zu- 


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gehören.  —  Die  Ersteren,  die  in  der  Verlängerung  der  Rinne  der  axialen  Pfeilerseite 
verlaufen,  sind  wieder  die  kürzesten,  die  interradialen  die  längsten,  wie  bei  der  Crambessa; 
der  Beginn  der  letzteres,  da,  wo  die  Falten  des  Gastrogenitalmembrati  ausstrahlen,  zeichnet  sich 
durch  eine  eigentümliche  Verengerung  aus.  Die  adradialeu  Canäle  stehen  bezüglich  ihrer 
Längeuentwickelung  zwischen  den  beiden  andereu  ;  ihr  Winkelabstand  zu  ihuen  ist  nicht  iu 
einer  so  auffälligen  Weise  alterirt,  wie  bei  Crambessa,  wie  auch  iure  Verlängerung  rückwärts 
gegen  das  Schirmcentrum  hin  dieses  nicht  so  bedeutend  verfehlt,  wie  bei  jener. 

Der  Kingcanal  (Fig.  XVIII;  C.  ct.),  iu  welchen  alle  diese  Canäle  einmünden,  und  über 
welchen  hinaus  sie  sich  gegen  die  Schirmperipherie  fortsetzen,  ist  wie  hei  Crambessa  kein 
glatt  begrenztes  Rohr,  sondern  ebenfalls  mit  vielerlei  Unregelmässigkeiten,  Erweiterungen  uud 
Ausbuchtungen  versehen,  wie  es  durch  die  Configuratiou  des  beiderseits  von  ihm  gelegenen 
Müschenuetzes  bedingt  ist 

Das  iunerhalb  des  Ringcanales  gelegene  Maschennetz  (Fig.  XVIII;  P.  ic.)  enthält  iu  jedem 
seiner  lfi  Felder  nur  wenige  Maschen,  die  im  Allgemeinen  grösser  sind,  als  diejenigen  des 
äusseren  Netzwerkes.  Von  demjenigen  der  Crambessa  unterscheidet  es  sich  dadurch,  dass 
es  uur  mit  dem  Ringcanal  in  Communication  steht,  und  nicht  auch  mit  den  Radiärcanälen,  die 
sich  bis  zum  Eintritt  in  den  lüngcanal  als  einfache  flache  Röhren  ohne  Ausläufer  darstellen. 

Das  extracirculäre  Maschennetz  (Fig.  XVIII;  P.  ec.)  wird  durch  die  Verlängerungen  der 
Radiärcanäle  über  den  Ringcanal  hinaus  ebenfalls  in  16  Felder  getbeilt,  die  von  zahlreichen 
unregelmässigen,  gegen  den  Rand  zu  allmälig  an  Grösse  abnehmenden  Gefassinaschen  gebildet 
werden.  Die  letalen  und  kleinsten  dieser  Maschen  erstrecken  sich  bis  auf  die  Mitte  der 
Randlappen  hinaus.  -  Dies  Alles  hat  unsere  Art  mit  dem  JZft.  Cuvieri  gemein. 

5.  Die  Arme  des  Rhizostoma  luteum. 

Die  Armscheibe  (Fig.  XVIII;  A  seh,  Fig.  XIX)  ist  bei  unserer  Form  ein  Gebilde,  .las 
eine  geringere  Differenzirung  als  bei  der  Crambessa  aufweist;  namentlich  würde  der  dort 
gebraucht**  und  ganz  passende  Vergleich  mit  dem  Schirme  hier  wenig  anwendbar  sein.  Sie 
bildet  vielmehr  ein  prismatisches,  oben,  wenn  wir  von  den  Pfeilerenden  absehen,  abgerundet- 
vierkantiges,  unten  in  die  8  Arme  sich  theilendes  Gallertstück,  das  von  unten  her  tief  aus- 
gehöhlt erscheint.  —  Die  aboralc  Seite  derselben  wurde  schon  oben  gelegentlich  der  Centrai- 
höhle besprochen. 

Die  Arme  sind  in  vier  Paare  vereinigt,  von  denen  je  eines  zu  einem  Pfeiler  gehört  Die 


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I 


—    169  - 

•  paarweise  Zusammengehörigkeit  lässt  sich  mehr  aus  der  Stellung  zu  den  Kanten  des  »Schirm- 
Stieles«  entnehmen,  als  etwa  aus  einer  weiteren  Verwachsung  je  zweier  zusammengehöriger 
Arme,  obgleich  diese  Differenz  nicht  zu  übersehen  ist;  der  einspringende  Winkel  zwischen  je 
zwei  benachbarten  Armen  zweier  Paare  ist  viel  tiefer,  als  zwischen  den  Armen  eines  und 
desselben  Paares. 

Auffallend  in  der  Bildung  der  Arme  ist  das  Missverhältniss  zwischen  Ober-  und  Unter- 
arm —  wobei  wir  vorläufig  noch  von  dem  endständigen  Anhang  absehen  —  verglichen  mit 
den  analogen  Theilen  sowohl  bei  Crambessa  als  bei  Rh.  Cuvieri.  Bei  frischen,  noch  recht 
prallen  Exemplaren  kommt  fast  die  ganze  Länge  des  Armes  bis  auf  den  Anhang  auf  Rechnung 
des  Oberarmes,  indem  der  Unterarm  sich  annähernd  senkrecht  zu  ihm,  und  damit  zur  Axe 
des  Tbieres  stellt,  demnach  zur  Verlängerung  in  der  Richtung  der  Axe  wenig  bei- 
zutragen vermag  (vergl.  Fig.  XX).  Bei  der  in  Fig.  XVIII  gegebenen  Totalansicht  fällt 
dies  weniger  auf,  weil  hier  die  Arme  durch  die  Einwirkung  des  Weingeistes  schon  erschlafft 
und  collabirt  waren. 

Die  Arme  nehmen  in  der  Richtung  senkrecht  auf  die  Axe  von  oben  nach  unten  an  Breite 
zu,  was  aber  nur  auf  Rechnung  des  axialen  Blattes  zu  schreiben  ist,  das  sich  nach  unten  er- 
weitert. Der  ganze  Armcomplex  erhält  dadurch  die  Gesainmtform  einer  Pyramide,  von  deren 
Basis  die  Endanhänge  als  ein  Büschel  von  dicken  Fäden  herunterfallen.  Bei  Crambessa  und 
Rh.  Cuvieri  bilden  die  Arme,  wenn  sie  freihängen,  eine  Doppelpyratuide,  von  welchen  die  obere 
kürzere  dem  Oberarm,  die  untere  längere  dem  Unterarm  angehört. 

Ziemlich  weit  oberhalb  der  Thrilung  in  die  Einzelarme  sitzen  die  sogenannten  »oberen 
blattförmigen  Anhänge«  (vergl.  die  Figg.  XVIII,  XX;  Ap.  s.).  Zu  jedem  der  Arme,  die  sich  in 
dieser  Gegend  mehr  als  abgerundete,  vorspringende  Kanten  des  »Stieles«  roarkiren,  gehören  deren 
zwei,  im  Ganzeu  sind  es  also  16.  Sie  sitzen  mit  breiter  Basis  dem  Arme  vertical  an,  treten 
senkrecht  nach  aussen,  und  biegen  sich  dabei  nach  unten.  Bar  unterer  coneaver  Rand  ist  völlig 
glatt;  au  ihrem  convexeu  oberen  Rande  tragen  sie  jederseits  wieder  eine  Anzahl  (6—10)  secundäre 
Blätter  von  im  Ganzen  ähnlicher  Form.  In  Fig.  XX,  wo  sie  frisch  und  prall  dargestellt  sind, 
zeigen  sie  ihre  natürliche  Lage  mit  der  Spitz«:  uach  aussen;  in  Fig.  XVIII  sind  sie  schlaff 
und  nach  innen  umgeschlagen.  Auf  ihrem  oberen  Rande  tragen  sie  wieder  die  bekannten, 
zahlreiche  Aus-  und  Einbuchtungen  aufweisenden  kleinsten  Läppchen,  an  welchem  die  Mund- 
öffnungen sich  befinden. 

Am  unteren  Ende  des  Oberarmes  erheben  sich  auf  der  abaxialen  Seite  desselben  zwei 

Abbandl.  d.  Sraeknb.  »Wurf.  O«.  Bd.  X.  22 


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steil  aufgerichtete  Fortsätze«  die  durch  eine  tiefe  Einbuchtung  von  einander  getrennt  sind. 
Ihr  oberer,  gebogener  Rand  ist  glatt,  der  uutere  zeigt  wieder  die  Zertheilung  in  secundäre  etc. 
Lappen  mit  Mundüfinungen. 

Dies  sind  die  stark  verkürzten  abaxialen  Blätter  des  Unterarms,  wie  wir  sie  bei  Crambessa 
beschrieben  haben,  und  wie  sie  sich  auch  bei  W>.  Cuvieri  wiederfinden.  Durch  die  starke 
EntWickelung  des  Endanhanges  auf  Kosten  der  Hauptmasse  dos  Arnies  lasst  sich  diese  Ver- 
kürzung in  der  Richtung  der  Axe,  sowie  die  Erhebung  in  der  darauf  senkrechten  Richtuug 
morphologisch  erklären. 

Auch  die  axiale  Lamelle,  die  dem  Ober-  und  Unterarm  gemeinsam  ist,  ist  in  ihrem 
unteren  Theile  stark  verkürzt,  dafür  aber  um  so  mehr  verbreitet  Sie  bildet  eine  durch  quere, 
vom  Armstamme  entspringende  Streben  gestützte  Membran,  deren  freier  Rand  wieder  die 
charakteristische  Lappcnbildung  aufweist.  Wie  bei  Crambessa  und  Ith.  Cuvieri  setzen  sich  die 
Lamellen  in  Gestalt  von  niedrigen,  leisteuartigen  Kämmen  auf  die  Oralseitc  der  Armscheibe 
fort,  und  bilden  dort  jene  eigentümliche  Figur  mit  seitlicher  Symmetrie,  die  aber  nicht  so  deut- 
lich ausgeprägt  ist,  wie  bei  Crambessa. 

An  der  Stelle,  wo  das  vertical  abwärts  steigende  axiale,  und  die  horizontal  verlaufenden 
abaxialen  Blätter  mit  einander  zusammentreffen,  tritt  aus  dem  Gewirre  der  Lappen  die  directe 
Verlängerung  des  Armes  in  Gestalt  des  Endanhanges  hervor.  —  Bei  kleineren  Exemplaren 
(vergl.  Fig.  XVIII;  T.)  wurdeu  diese  regelmässig  dreikantig  prismatisch  gefunden,  von  Strecke 
zu  Strecke  mit  Einkerbungen  an  den  Kanten;  bei  dem  einzigen  erbeuteten  grosseren  Thiere 
waren  dieselben  fast  rund,  mit  sehr  zahlreichen  Querrunzeln  (Fig.  XX;  T.).  Das  Fndc  ist  kolbig 
verdickt,  weniger  auffällig  bei  den  kleineren  als  bei  den  grösseren  Exemplaren,  wo  nach  vor- 
heriger Verschmächtigung  des  Anhanges  die  Eudanschwellung  sich  fast  eiförmig  herausstellt. 
An  den  kleineren  waren  die  Kanten  besonders  deutlich  auf  dem  verdickten  Eude;  sie  liesseil 
sich  bis  auf  die  abgestutzte  Endfläche  verfolgen 

An  den  untersuchten  Exemplaren  waren  übrigens  meist  nur  einer  oder  ein  paar  dieser 
Anhange  erhalten,  die  andern  mehr  oder  weniger  weit  abgerissen.  Die  auffallende  Form  und 
Färbung  dieser  Gebilde  macht  sie  wohl  zu  einem  verlockenden  Object  für  Fische  und  andere 
Räuber  der  See,  die  sie  mit  ihren  Angriffen  beschädigen. 

Diese  Anhänge  finden  sich,  wenn  auch  nur  in  geringer  Ausbildung,  bei  Iih.  Curieri  wieder 
als  kurze,  massige,  dreikantige  Endkolben  der  Arme,  auf  welche  sich  die  Lappen  mit  den  Mund 
Öffnungen  nicht  erstrecken  (vergl.  besonders  die  oben  citirten  Abbildungen  von  M.  Edwards).— 


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- 


-  171 


Auch  das  von  Häckcl  untersuchte  Exemplar  der  Cmmhrss«  hat  nach  s.  iner  Abbildung  und 
Beschreibung  einen  solchen  besondere  differenzirten  terminalen  Thuil  besessen;  wenn  wir  aber 
hierauf  nur  geringes  Gewicht  legen,  so  geschieht  dies,  weil  dies  Vorkommen  nach  unseren  eigenen 
Beobachtungen  höchstens  ein  individuelle*  ist,  wenn  es  nicht  gar  seine  Erklärung  in 
dem  AbschiuelzungsprocesM-  finden  sollte,  den  wir  schon  oben  als  mttthmasslichen  Grund 
der  Verschiedenheit  in  unseren  beiderseitigen  Darstellungen  der  mundtragenden  Lappen  auf- 
geführt haben. 

Das  Canalsy  stein  der  Anne  ist  einfach.  Ein  Haupt  canal  (Fig.  XX;  c.  hr.)  durchzieht 
jeden  derselben  seiner  ganzen  Länge  nach,  und  nimmt  sowohl  den  einzelnen  Streben  entspre- 
chende Canälc  von  dem  axialen,  als  je  einen  solchen  von  jedem  der  beiden  abaxialcn  Blätter 
auf.  Ausserdem  führt  von  den  »obern  blattförmigen  Anhangen«  je  ein  Hohr  in  den  Haupt- 
canal.  —  Dieser  letztere  durchzieht  den  Endanhang  einfach  und  ungctheilt  bis  zu  seiner 
terminalen  Anschwellung  (Fig.  XX;  c'  hr.');  hier  theilt  er  sich  in  mehrere  Aesfc,  die  ihrerseits 
wieder  in  kleinere  Zweige  sich  auflösen,  welche  auf  der  Oberfläche  münden.  —  Das  nähere 
Verhalten  der  Mündungen  konnte  leider  nicht  untersucht  werden. 

Damit  wollen  wir  die  Schilderung  des  Baues  unserer  Meduse  abschliessen.  Es  dürfte 
überflüssig  sein,  noch  besonders  auszuführen,  inwiefern  die  beschriebenen  Structurverhältnissc 
für  die  Stellung  massgebend  gewesen  sind,  die  wir  unserem  Thiere  im  Systeme  angewiesen 
haben.  Eine  so  durchgreifende  Utbercinstimmung  im  Bau,  die  allein  in  der  starken  Ausbildung 
eines  einzelnen  Theilcs  (des  Knd  tnhanges)  abweicht,  mit  welcher  eine  entsprechende  Reduction 
eines  andern  Theilcs  (des  tlügeltragendcn  Unterarmes)  Hand  in  Hand  geht,  scheint  uns 
wenigstens  die  Aufstellung  einer  besonderen  Gattung,  wenn  auch  nicht  zu  verbieten,  so  doch 
überflüssig  au  machen.  Theilt  man  unsere  Auffassung,  so  hätten  wir  demnach  künftig  in  den 
europäischen  Meeren  zwei  Arten  der  Gattung  RJiitoatoma  zu  verzeichnen:  Rh.  Curieri  und 
Rh.  Infam  —  wenn  mau  nicht  der  Auffassung  von  Agassiz  huldigt,  der  die  Mittelmcerform 
von  TUi.  Cuvieri  als  Rh.  pulmo  abtrennt,  wodurch  dann  die  Zahl  der  Arten  auf  drei  sich  er- 
höhte. Wir  selbst  sind  aus  Mangel  an  Autopsie  uicht  couipetent,  über  die  Berechtigung  der 
Trennung  der  alten  Art  ein  eigenes  Urtheil  abzugeben:  wir  wollen  hier  nur  noch  aufügen,  dass 
die  oben  citirten  Arbeiten  von  Eyscnhardt,  A.  Brandt  und  die  Zeichnungen  von 
M.  Edwards  sich  auf  die  Mittelmeerform  beziehen,  also  auf  Rh.  pulmo  Ag. 


—    172  — 

C  Vergleichung  der  Organisation  der  CrambeHsa  Tagi  mit 
derjenigen  der  übrigen  KhizoHtomeen. 

Wir  haben  in  der  Cramlwssa  Tagi  (und  in  Catostylm  mosaicus)  eine  eigentümliche  Form 
von  Rhizostomeen  kennen  gelernt,  die  uns,  trotzdem  wir  im  Wesentlichen  dieselben  Organe 
wiederfanden,  wie  sie  bei  anderen  Vertretern  der  Ordnung  bekannt  sind,  noch  immer  etwas 
fremdartig  und  der  Erklärung  bedürftig  erscheint.  Wenn  wir  nun  es  unternehmen,  aus  den 
vorliegenden  Daten  den  Versuch  einer  solchen  Erklärung  zu  bieten,  so  sind  wir  uns  wohl 
bewusst,  dass  dieser  Versuch  eben  nichts  mehr  und  nichts  weniger  sein  kann,  als  ein  provi- 
sorischer, der  allenfalls  vorhält,  bis  die  Entwickelungsgeschichte  eine  bessere  Erklärung  zu 
liefern  im  Stande  ist  Als  Ausgangspunkt  für  die  Vergleichung  wählen  wir  eine  Art  der 
Gattung  Bhisostowa,  gleichgültig  welche,  und  sehen  diese  als  Vertreter  der  Ordnung  Uberhaupt 
an,  da  die  zwischen  dieser  Gattung  und  den  übrigen  (mit  Ausnahme  der  oben  genannten) 
eristirenden  Structurdifferenzen  verhältnissmässig  untergeordneter  Natur  sind,  und  für  unseren 
nächsten  Zweck  ignorirt  werden  können.  Wir  haben  es  hier  ja  nur  mit  den  Eigentümlich- 
keiten zu  thun,  welche  die  Centraihöhle,  die  Gastrogenitalmembran,  die  Genitalien,  Genital- 
klappen  und  Pfeiler  aufweisen. 

Die  höhere  Differenzirung,  die  grössere  Coinplication  der  betreffenden  Organe  bei  Cram- 
bessa  und  Catostylm  gegenüber  den  anderen  Rhizostomeen  lässt  es  von  vorn  herein  als  wahr- 
scheinlich annehmen,  dass  die  ersteren  aus  den  letzteren  hervorgegangen,  und  als  Weiterbildungen 
dieser  aufzufassen  sind.  Damit  ist  auch  für  unseren  Erklärungsversuch  der  Weg  bezeichnet; 
es  ist  uns,  wenn  wir  jene  Annahme  machen,  nicht  gestattet,  mit  Zugrundelegung  der  Organi- 
sation der  Crambessa  etc.,  die  unseres  likuostonut  auf  diese  zurückzuführen,  sondern  umgekehrt. 

Um  unseren  Erklärungsversuch  deutlicher  zu  machen,  haben  wir  eine  schematische  Figur 
(Fig.  XXI)  entworfen,  welche  sowohl  die  idealen  Organisationsverhältnisse  einer  Art  RhUostoma, 
als  auch  die  Entwickelung  derjenigen  von  Crantbcssa  aus  ihneu  versinnlichen  soll.  In  dieser 
Skizze  ist  ein  idealer  Schnitt  parallel  der  oralen  Schirmseitc  durch  die  Pfeiler  (P),  die  Gastro- 
genitalmembran {M.  gg.)  und  die  Ccntralhöhlc  gezeichnet.  Die  Pfeiler  tragen  innen  die  axiale 
Rinne,  von  deren  Händern  sich  die  Gastrogenitalinembranen  erheben,  um  die  Centraihöhle  ab- 
zuschlies8cn.  Die  hufeisenförmig  gebogen  in  diesen  Membranen  liegenden  Genitalien  (G)  werden 
je  zweimal  vom  Schnitte  getroffeu. 


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173 


Um  nun  die  Organisation  der  Orambessa  davon  abzuleiten,  lassen  wir  die  nach  innen 
convex  vorspringenden Gastrogenitalmembranen  sich  immer  mehr  nach  innen  vorwölben  (M'.gg'.), 
bis  sie  sich  in  den  Punkten  a,  o,  o,  a,  des  Querschnittes  berühren;  d.  h.  wir  lassei  die  bis 
dahin  nur  seichten  Genitaltaschen  oder  -höhlen  sich  stark  vertiefen,  und  in  die  Centralcavität 
einsenken.*)  Denkt  man  sich  nun  die  am  meisten  vorgetriebenen  Theile  der  Gastrogenital- 
membranen, die  zwischen  den  Berührungspunkten  a,  a,  o,  a,  gelegen  sind,  als  zu  Grunde 
gehend,  die  seitlichen  Theile  aber,  die  zwischen  den  Punkten  a,  a,  a,  a  und  den  Pfeilern  sich 
befinden,  mit  einander  zu  einein  Rohr  über  der  Pfeilerrinne  sich  schliesscnd,  so  erhält  man  in 


den  wesentlichsten  Grundzflgen  das  bei  Crambessa  und  Catoslylus  beobachtete  Verhältnis. 
Aus  der  Verschmelzung  dieser  Seitenwände  mit  einander  ginge  dann  die  axiale  Pfeilerplatte 
(a.  /'.)  hervor;  durch  die  Gommunication  der  Genitaltaschen  mit  einander  nach  Beseitigung 
der  trennenden  Scheidewände  würde  der  nach  zwei  Richtungen  durchlässige  Raum  zwischen 
Schirm  und  Armscheibe  zu  Stande  kommen.  —  Die  Buchstaben  M."  gg."  der  Figur  bezeichnen 
denjenigen  Theil  der  ursprünglichen  Gastrogeuitalmembran  M.  gg.,  der  nach  der  supponirten 
Einstülpung  bei  Crambessa  etc.  noch  als  solche  persistirt. 

Es  ist  klar,  und  ohne  besondere  Zeichnung  verständlich ,  dass  auch  oben,  unter  dem 
Schirme,  und  unten,  auf  der  Armscheibe,  der  angenommene  Vorgang  in  sofern  ein  gleiches 
Resultat  hat,  als  es  zu  den  factisch  bestehenden  Structurverhältnissen  jener  beiden  genannten 
Gattungen  hinfuhrt.  Die  dem  Schirm  genäherten  Wandungstheile  werden  wieder  sich  mit  ein- 
ander vereinigen  zu  der  oralen  Begrenzung  des  kreuzförmigen  Theils  der  Gentraihöhle,  und 
auf  der  Armscbeibe  werden  die  Rinnen  zu  eben  so  vielen  Canälen  geschlossen. 

Freilich  wird  dadurch  nicht  erklärt,  wie  die  Verschiedenheit  in  dem  Zusammentreten 
der  Armcanäle  (der  Bämmtlichcu  bei  Rhieostoma  in  ein  centrales  Rohr,  gegenüber  der  paar- 
weisen Vereinigung  bei  Crambessa)  zu  Stande  kommt. 

Einfacher  verhalt  es  sich  mit  der  Zurückführung  der  Genitalklappen  der  Crambessa  auf 
die  der  Rhizostomen,  deren  Homologie  wir  schon  betont  haben.  Aus  dem  unscheinbaren 
Höcker,  den  diese  bei  den  letztgenannten  Thieren  darstellt,  und  der  höchstens  an  seiner  Außen- 
seite eine  leise' Impression  als  Andeutung  einer  Theilung  zeigt,  können  wir  leicht  durch  be- 
trächtliche Grössenzunahroe  nach  allen  Richtungen,  mit  Ausnahme  der  des  Interradius,  die  so 


•)  Für  diese  Ftction  haben  wir  einen  Anhaltspunkt  an  dem  Bau  der  Polyclonia  frondota  Ag.  (1.  c. 
Vol.  IU.  Taf.  HU  flg.  4),  wo  die  Genitaluwchen  tief  in  die  Centraihöhle  eingebettet  liegen,  und  nur  durch 


—    174  — 

auffallend  entwickelten  Deckappanite  herleiten,  wie  sie  uns  bei  Crambessa  und  Catosttflus  anfangs 
so  befremdlich  entgegentreten. 

Ebenso  würde  uns  dieser  Vorgang  der  Einstülpung  die  Lage  der  Geschlechtsorgane  er- 
klären, wonach  je  zwei  zu  verschiedenen  Quadranten  gehörige  Enden  den  Pfeilern  entlang 
laufen,  und  unterhalb  des  Schirmes  hinziehen. 

Wir  sehen  also  insofern  in  den  anatomischen  Thatsachcn  kein  Hinderniss.  vorläufig  die 
von  uns  aufgestellte  hypothetische  Entstehungsweise  jener  ciucnthümliehen  Organisation  anzu- 
nehmen. Es  wird  weiteren  Forschungen,  die  wohl  auch  im  Laufe  der  Zeit  den  iberischen 
Theil  des  atlantischen  Oceans,  mehr  als  bisher  geschehen,  in  Bezug  auf  seine  niederen  Be- 
wohner in  ihren  Bereich  ziehen  wird,  überlassen  bleiben,  endgültig  ihr  Urtheil  darüber  zu  fällen. 

D.  Uebersieht  der  Familie  der  Uli  izost  omeon. 

Wenn  wir  nun  zum  Schlüsse  unserer  Darstellung  den  Versuch  machen,  die  Resultate 
unserer  Untersuchung  für  das  System  zu  verwerthen,  so  wird  die  vou  uns  vorgeschlagene  Modi- 
fikation desselben  wesentlich  in  einer  Umstellung  einiger  Gattungen  aus  einer  Famiii«  in  eine 
andere,  Verbesserung  des  Charakters  einer  Familie  und  dergl.  bestehet!  —  eine  weitere  Reform 
liegt  ausserhalb  uuserer  Macht.  Wir  stützen  uns  dabei  auf  die  Uebersieht  der  Rhizostoineen, 
die  Agassis  (L  c.)  gegeben  hat,  wie  es  auch  Häckel  gethan;  dem  letzteren  schliesscn 
wir  uns  auch  darin  an,  dass  wir  die  höchst  zweifelhafte  Familie  der  Fatotiidae  kg.  (mit  den 
Gattungen  Favonia  Per.  &  Le  S.  und  Lymnorea  Per.  &  Lc  S.)  hier  ganz  ausser  Betracht 

Häckel  hat  in  seiner  systematischen  Uebersieht  der  Rhizostomeen  sich  nicht  begnügt, 
die  von  Agassi z  aufgestellten  Charaktere  der  Familien  einfach  zu  adoptiren,  sondern  er 
glaubte  sie  auch  zu  verbessern,  indem  er  von  »Geschlechtatascheiu  und  (vermeintlich  von  diesen 
verschiedenen)  darunter  gelegenen  »Subgeuitalhöhleu«  spricht;  beide  führt  er  wiederholt  neben 
einander  an.  Veranlasst  wurde  er  dazu  wohl  durch  seine,  oben  von  uns  kritisirte,  irrige  Auf- 
fassung vom  Bau  der  Cramhessa;  indessen  ergiebt  sich  weder  für  diese,  noch  für  andere  An- 
gehörige der  Ordnung  (soweit  wir  aus  der  Literatur  darüber  ersehen  können)  die  leiseste  Be- 
rechtigung dafür.    Beide  Bezeichnungen  sind  nur  Synonyma  für  die  gleichen  Gebilde. 

Wir  behalten  liier  die  Familienbezeichnung  »Cratnbessülae«  bei,  um  uicht  die  Zahl  der 
Namen  zu  vermehren;  bemerken  aber  noch  einmal  ausdrücklich,  dass  unsere  Charakterisirung 


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-    175  - 

derselben  mit  der  von  H 4 ekel  gegebenen  fast  gar  nichts  gemein  hat  Es  hätte  sich  vielleicht 
empfohlen,  die  Farailienbezeichnung  nach  dem  Namen  des  schon  länger  bekannten  Genas 
Catostylus  in .»Catostylidac*  abzuändern;  dazu  dürfte  aber  noch  Zeit  sein,  wenn  sich  bei 
genauerer  Untersuchung  dieser  Gattung  ihre  Identität  mit  Crambcssa  auch  bezüglich  der  Rand- 
lappen  herausstellen  sollte,  und  demzufolge  diese  letztere  Gattung  eingezogen  werden  müsste*). 

Die  beiden  Unterabtheilungen,  in  welche  wir  die  Ordnung  der  Rhizostomcen  hier  trennen, 
glauben  wir  durch  die  zu  Grunde  gelegten  Verhältnisse  der  Organisation  wohl  rechtfertigen 
zu  können.  Sie  bieten  zugleich  den  Vortheil,  Formen,  die  bei  eingehenderem  Studium  sich  als 
Träger  analoger  Organisation  herausstellen  sollten  (wie  dies  z.  B.  oben  von  lihüosloma  cruciata 
Lcsson  [Rhacopilus  crucintus  Ag.  gen.]  und  Cephca  octoslyla  Ag.  wahrscheinlich  gemacht  wurde) 
leicht  an  ihrem  Platz  bei  Verwandten  einreihen  zu  können.  Wir  haben  in  Ermangelung  ge- 
nügender Kenntnisse  der  fraglichen  Thiere  dies  noch  unterlassen  zu  müssen  geglaubt. 

Die  synoptische  Uebersicht  der  Familien  der  Ordnung  Ehieosiomeae  würde  nach  unserer 
Auffassung  demnach  folgende  Gestalt  annehmen: 

L  Gruppe.    Rhizostomeae  perviaa 
Rhizostomeen  mit  durchbohrtem  Stiel. 

Arme  mit  vier  isolirt  entspringenden  Pfeilern  am  Schirm  befestigt,  die  keine 
Genital-  (Subgcnital-)höhlen  bilden  (oder,  wenn  man  lieber  will,  nur  eine  einzige  mit  vier 
interradialen  Oefihungen).  Centraihöhle  in  vier  Aeste  getheilt,  die  an  den  Pfeilern 
in  die  Höhe  steigen,  und  unter  dem  Schirme  hinlaufend  sich  in  dessen  Centrum  vereinigen. 
Vier  Genitalbänder,  die  in  je  zwei  Schenkel  zerfallen,  welche  paarweise  die  Aeste  der  Centrai- 
höhle jederseits  begleiten. 

1.  Fam.  Crambessidae  Häckel  (Char.  ref.)  Mit  einfachen,  langen,  unverzweigten  Armen 
ohne  Cirrhen,  die  im  grössten  Theil  ihrer  Unge  mit  Mundkrausen  von  gewöhnlichem  Bau  ver- 
sehen Bind;  mit  vier  perradialen  und  vier  interradialen  Sinnesorganen  (Randkörpern).  Vier 
stark  entwickelte,  aus  zwei  rechtwinklig  zusammenstoßenden  Schenkeln  gebildete  Genitnl- 
(Subgcnital-)KIappen  bedecken  den  Schirmtheil  der  Centralhöhle  und  der  Genitalien  fast  voll- 
ständig. 

*)  Wie  wenig  exaet  oft  die  Lappenbildung  bei  Medusen  wiedergegeben  wird,  beweisen  u.  A.  die  sonst  so 
trefflichen ,  oft  von  uns  citirten  Abbildungen  ton  Milne  Kdward*.  Auf  Taf.  4»  zeigt  Jfh.  Cuvieri  eorrect  8, 
auf  Tat  öl'  dagegen  10  Labien  auf  jeden  Ortanten.    Die»  mag  uuier  Mißtrauen  rechtfertigen. 


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II.  Gruppe.    RhizoHtomeae  imperviae. 
Rhizostomeen   mit  nicht  durchbohrtem  Stiel. 

Armtiagende  Pfeiler  nicht  isolirt,  sondern  durch  die  Gastrogen italmem- 
branen  verbunden,  welche  gegen  die  Centralhühle  mehr  oder  weniger  tief  eingestülpte 
Höhlen,  die  Genital-  oder  S ubg  en i tal h öh len,  begrenzen;  in  ihnen  liegen  die  (4  oder  8) 
Genitalbänder.    Centralhühle  einfach,  ungetheilt. 

A.  Mit  vier  «enlUlhöhlea. 

a.  Mit  einfachen,  nngetheilten  Armen,  ohneCirrhen;  mit  acht  Sinnesorganen. 

2.  Farn.  Rhizostomidtic.  Arme  am  Ursprung  mit  je  zwei  sog.  »oberen  blattförmigen  An- 
hangen* (ob  allgemein  vorkommend?),  unten  dreiflflgelig ;  Endtheil  derselben  oft  mehr  oder 
weuiger  kolben-  oder  fadenartig  verlängert,  und  dann  ohne  Mundkrausen  ;  auch  ganz  mit  ein- 
ander verwachsen. 

Rhizostoma.     Stomolophiis.     MtutijfUu,     Himautostoma.     Toxoclytus.  Melitaea. 
Thysanostoma.  Evagora. 
{Rhacopilus  ?  ?  S.  oben.) 

3.  Fam.  Leptobrachidae.  Arme  fadenartig  verlängert,  nur  ganz  oben  am  Trsprunge  und 
unten  vor  dem  Ende  mit  Mundkrausen. 

Leptobrachia. 

b.  Mit  getheilten  Armen. 
<*)  Mit  acht  Sinnesorganen. 

4.  Fam.  Cepftddae.  Die  kurzen  Anne  sehr  verwickelt,  vielthcilig,  mit  langen  Cirrhen 
und  gestielten  nesselnden  Knöpfen. 

Cephea.    Polyrrhiza.    Diplopilua.    Hkiroticus.    Cotylorhiza.  Phyllorhiza. 
(Cephea  octostyla??  S.  oben.) 
ß)  Mit  zwölf  Sinnesorganen. 

5.  Fam.  Polyrlmidac.  Die  langen  Arme  sind  wiederholt  dichotomisch  getheilt,  ohne  ge- 
stielte Nesselknöpfe  und  ohne  Cirrhen;  vier  perradiale  und  acht  interradiale  Sinnesorgane. 

Pol;/  Salamis.  Uomopneusis. 

B.  Mit  seht  GenlUJhShlen. 

6.  Fam.  Cassiopejidae.  Die  baumförmig  verzweigten  Arme  bilden  eine  achtstrahlige,  ein- 
fache oder  doppelte  Rosette,  ohne  Cirrhen ;  mit  acht  Sinnesorganen. 

Cassiopeja.    CrossosUma.    Sfomasier.  Iloligocladodes. 


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—    177  — 


Erklärung  der  Abbildungen. 

1.  Bedeutung  einiger  mehrfach  wiederkehrender  Buchstaben. 


U.  = 

Br.  t. 
Br.  i 
A  Kft 

P.  = 
ab.  P. 
a.  P. 
C.  c.  -- 
C.  &. 
M.  gg 
G.  = 
V.  g. 
C.p.  -. 
C.  int. 
C.  ad. 
C.  ei.  : 
P.  IC. 

P.  tc. 


Arm. 


Medusenschirm. 
=  Obcr- 
=  Unter- 
=  Armscheibe. 
Pfeiler. 

=  abaxiale  Pfeilerplatte. 
— -  axiale  I'feilerplatte. 
sä  Pfcilertheil  der  Central  höhle, 
----  Schinntheil  der  Ccntralh..hle. 
;  St.  gg'.  etc.  — 
Genitalregion. 
=  Genitalklappe. 

—  Perradialer 
=  Interradialer 
=  Adradialer 

=  Hing.  anal. 

—  Intracirculärcs 
=  Extracirculärea 


Radiärcanal. 


Ap.  *   —  Sog.  »obere  blattförmige  Anhänge«  (bei 

Rh.  luteum). 
F.  ab.  ss  Ahaxiale  BUttCT  des  ITnterarms. 
F.  a.  s=  Axiales  Blatt  des  Armes. 
T.  =  Endauhang. 
c  br.  ss  Armcanal. 

c'.  br'.  —  Fortsetzung  desselben  im  En 
g.  =  Gnllcrtkreuz  der  Armscheibe. 
y.  =  Vorragender  Hocker 
«>.  =  Wulst  um  die  Grube  des 
/.  —  Grube  des  Sinnesorganes. 
p.  —  Baumartige  Falten  derselben. 
S.  I  —  Zipfel  des 
S.  =  Erste 
„S".  ss  Zweite 
P.  II.  bss  Perradius. 
J.  R.  -  -  Interradius. 
A.  R.  =  Adradius. 


j  Abteilung  des 


2.  Erklärung  der  Figuren. 

Fig.  1.    Cramhe*sa  Jogi  Ilckl. ;  mittelgroßes  Exemplar  in  natürlicher  Grösse. 

Fig.  IL  Ein  Stock  der  Oberseite  des  Schirme* ,  um  die  Piguientvertbcilaog  zu  erläutern.  Schwache 
I  .oupenvergrosserung. 

Fig.  III.    Mittelgrosses  Exemplar,  in  der  Ebei  ines  Perradius  durchschnitten.    Die  schraftirten  Stellen 

(Schirm,  Pfeiler,  Armscheibe)  sind  vom  Schnitt«-  getroffen;  die  bloss  mit  Umrissen  angedeuteten  liegen  auaser- 
balb  der  Schnittebene.  Atu  Schirmrande  bedeutet  M  die  Kingmuski  llagc.  Der  gelbe  Streif  ileutct  den  Verlauf 
der  Genitalregion  an. 

Fig.  IV.  Zwei  Randlappen,  zwischen  denen  ein  Sinneslappen  (S.  ].)  mit  einem  Sinnesorgan  (Itand- 
koq>er)  liegt.    Schwache  Loupeuvc  rgt össerung ;  von  der  aboralen  Seile  gezeichnet. 

Fig.  V.    Ein  Sinnesorgan  (Kandkörper)  mit  Umgebung,  ca.  50  fach  vergrössert,  von  derselben  Seite. 
Fig.  VI  A.    Ebeuso,  bei  120facher  Vcrgrosserung. 

Fig.  VI  B.    Krystalle  aus  der  2.  Abtheilung  (S')  des  Randkörpers. ;  schwache  Vergrösserung. 
Fig.  VII.    Sinnesorgan  von  der  oralen  Seite;  a  halbmondförmige  Falte,  die  dasselbe  theilweise  verdeckt; 
m.  Mnskelelemente. 

Fig  VIU  Mittlerer  Theil  des  Schinne»  eines  grossen  Exemplaren,  in  natürlicher  Grosse,  v«.n  der  Oralseite 
gesehen,  nach  Entfernung  der  Armscheibe.  Die  Pfeiler  sind  dicht  an  ihrem  Ursprünge  aus  dem  Schirme  ab- 
geschnitten. Der  convexe,  wtilstförmig  vortretende  Kreis  un^  das  Kreuz  trägt  die  hier  nicht  wiedergegebene 
Muskellage  (vgl.  Fig.  III;  M  )  Links  sind  die  Genitalklapi en  (V.  g.)  auspinnndergeschlagen,  um  die  darunter 
gelegenen  Theile  (Gastrogcnitalmcmhrau,  Gcnilalfalten  (die  letzteren  nicht  ganz  gut  gezeichnet j|  zu  zeigen. 

Fig.  IX.    Querschnitt  durch  einen  Pfeiler  (von  dem  Exemplar  Fig.  III.),  um  das  Verhalten  der  axialen 


abaxialen  Pfeilerplatte  zu  zeigeti. 

Atihundl.  ct.  Henrkmli.  nuturf.  Ue».  Bit.  X. 


23 


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—    178  — 


Fig.  X.  Schnitt  durch  den  Schirm  desselben  Exemplare»,  parallel  einer  Tangente,  und  senkrecht  auf 
einen  Perradius.  Der  Vergleichung  mit  voriger  Figur  wegen  umgekehrt,  mit  dem  Schirm  nach  unten,  gezeichnet. 
In  beiden  Figuren  der  Streifen,  welchen  die  Geniulfalten  bilden,  gelb  angedeutet. 

Fig.  XI  A-  ArmscheiUe  eines  grossen  Exemplares,  von  der  aboralen  Seite  gesehen.  Die  Pfeiler  an  der 
Eintrittsstelle  in  dieselbe  abgeschnitten.  Die  aus  den  Rinnen  längs  der  Fortsetzangen  der  axialen  Pfeilerplatten 
hervorquellenden  Geniuilfalten  sind  nur  an  einer  Seite  wiedergegeben.   Natürliche  Grösse. 

Fig.  XI  B.  Dasselbe  von  einem  sehr  kleinen  Exemplare;  Relief  weniger  ausgeprägt  als  bei  voriger 
Figur.    Die  Rinnen,  in  welchen  die  Genitalfalten  liegen,  sind  hier  weite  Buchten.   Natürliche  Grosse. 

Fig.  XII.    Ein  Tentakel  von  den  Genitalfalten,  contrahirt,  bei  massiger  Vcrgrösserung. 

Fig.  XIII.  Ein  Theil  der  Unterseite  des  Schirmes  eines  kleinen  Exemplare«,  in  Vi  natürlicher  Grösse. 
Zur  Erläuterung  des  Verhaltens  des  peripherischen  Gefassnetzcs,  von  welchem  ein  Quadrant  dargestellt  ist,  als 
ob  er  injicirt  wäre.   Das  extracirculare  Maschennctz  ist  nur  zum  kleineren  Thcile  dargestellt 

Fig.  XIV.  Gegend  der  ArmscheiUe  eines  grossen  Exemplare»  in  naturlicher  Grösse  von  der  Seite.  Oben 
die  oralen  Enden  zweier  Pfeiler;  unten  entspringen  vier  Anne,  ?on  denen  zwei  stark  nach  aussen  gelegt  sind. 
q.  Streben,  welche  von  den  Pfeilern  zu  den  Armen  laufen. 

Fig.  XV  A.  Oralseite  der  Armscheibe  eines  grossen  Exemplares,  in  natürlicher  Grösse.  Die  Arme  sind 
auseinander  gelegt,  nur  ein  Theil  eines  einzigen  ausgeführt.  Uebcr  die  Bedeutung  der  mit  I,  II,  III  bezeichneten 
Felder  s.  d.  Text 

Fig.  XV  B  und  C.  Durchschnitte  durch  einen  Arm,  B  in  der  Gegend  a—a  der  Fig.  XV  A. ;  C  in  der 
Gegend  b—b  derselben  Figur.  In  Fig.  XV  C  sind  auf  der  axialen  Seite  des  Querschnittes  Lappen  und  Crista 
nicht  berücksichtigt 

Fig.  XVI.  Ein  kleiner  Theil  eines  Läppchens  der  Arme,  bei  schwacher  Vergrösserung  unter  dem  ein- 
fachen Mikroskop.  Die  zahlreichen  Tentakel,  die  den  Rand  des  vielfach  gefalteten  Trichters  einfassen,  sind 
stark  contrahirt. 

Fig.  XVII.  Ein  Theil  einer  solchen  Trichterfalte,  bei  stärkerer  Vergrössernng,  die  Tentakel  (t)  mit 
Nesselknöpfen  an  ihrem  Ende  gestreckt  In  dieser  und  der  vorigen  Figur  bezeichnen  die  dunkler  schattirten 
I'artbieen  den  Hohlraum,  auf  der  der  Oeffnung  abgewandten  Seite  sieht  man  die  dickere  Gallertwand. 

Fig.  XVIII.  Ein  Exemplar  von  Rhizostoma  luteum,  in  natürlicher  Grösse,  nach  kurzer  Immersioo  in 
Weingeist.  Der  Schirm  ist  nach  obeu  geschlagen,  so  dass  man  die  darunter  gelegenen  Theile  zu  Gesicht  be- 
kömmt; die  Geuitalzonen  schimmern  durch  die  Pfeiler  (P)  hindurch.  Gefässsystem  ohne  Weiteres  deutlich.  — 
Von  den  8  Endanhangen  der  Arme  (T)  nur  einer  ganz  erhalten. 

Fig.  XIX.  Armscheibe  eines  grösseren  Exemplare»  derselben  Art,  von  der  Aboraiseite  gesehen.  In- 
sertionen der  Pfeiler  bei  P  abgeschnitten,  ebenso  von  den  Gastrogenitalmembranen  CM.  gg.)  nur  geringe 
schmale  Ränder  übrig.  Bei  $  die  Rinnen,  die  von  der  axialen  Seite  der  Pfeiler  sich  anf  die  Armscheibe  fort- 
setzen, und,  eingefasst  von  erhabenen  leisten,  sich  in  der  Oeffnung  0  treffen,  welche  zu  den  Armcan&len 
führt.   Natürliche  Grösse. 

Fig.  XX.  Ein  Arm  desselben  Exemplare*,  frisch  von  der  Seite  gezeichnet,  in  natürlicher  Grösse.  Die 
Stellung  der  sog.  »oberen  blattförmigen  Anhänge«  (Ap.  *.),  sowie  der  abaxialeu  Blätter  des  Unterarms  (F.  ab) 
ist  hieT  die  natürliche,  nicht  jene  der  Fig.  XVII I.    Die  schraffirte  Fläche  ist  Schnittfläche. 

Fig.  XXI.  Schematische  Figur,  zur  Erläuterung  der  Art  und  Weise,  wie  man  sich  die  Organisation 
der  Crambetsa  aus  derjenigen  der  andern  Rbizostoineen  abgeleitet  denken  kann.    Vgl.  darüber  den  Text 

(Figg.  I,  II,  IV— VH  XI  B,  XVII  von  F.  C.  Noll;    Figg.  III,  VIII -XI  A,  XI1-XVI.  XV111-XX1  von 

H.  Greuacher  nach  der  Nalur  gezeichnet.) 


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—    179  - 


Inhaltsübersicht, 


A.  Bau  ron  Crambtssa  Tagi  Hckl   128 

1.  Allgemeine  ForniTerhaltniase  "...  128 

2.  Schirm  der  Crambcua   127 

3.  Centraihöhle  und  Genitalorgane   133 

4.  Das  peripherische  Canalsystem   U3 

6.  Anne  der  Orambtssa   146 

•             6.  Stellung  derselben  xu  Verwandten   154 

B.  Bau  von  BhitostovM  luteum  Kschgch   160 

1.  Allgemeine  ForuiTerhaltaiue   162 

2.  Schirm  des  Oh.  luteum   164 

8.  Centraihöhle  und  Geuitalorgane   166 

4.  Da»  peripherische  CanalsTrtem   167 

5.  Arme  von  Rh.  luteum   168 

C.  Vergleichung  der  Organisation  der  Orambma  mit  derjenigen  der  übrigen  Rhixostomeen  ....  172 

D.  Uebenicht  der  Familien  der  Rhixostomeen   174 

Erklärung  der  Abbildungen   177 


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T»ffl  TT. 


Tafe!  V 


Fig.  Vm. 
M  SS  CY 


Die  neuere  Theorie  über  die  feinere  Structur  der  Zellhülle, 
betrachtet  an  der  Hand  der  Thatsachen 

von 

Professor  Dr.  Leopold  Dlppel. 

Mit  6  Tafeln. 


Zur  Begründung  der  Nägeli'schcn  Theorie  über  die  feinere  Structur  der  Zellhülle,  ina- 
besondere Ober  die  Entstehungsweise  der  Schichtung  und  spiraligen  Streifung  der  Fascrzellen 
haben  der  genannte  Forscher  sowohl,  als  diejenigen  Botaniker,  welche  demselben  ihre  unbedingte 

Zustimmung  entgegenbrachten,  so  namentlich  Hofmeister,  Sachs  u.  A.  eine  Reihe  von  That- 
i 

Sachen  aufgeführt,  die,  wenn  sie  mit  dem  wirklichen  Sachverhalte  übereinstimmend  gefunden 
würden,  entschiedene  Beweiskraft  besitzen  müssten.  Nun  standen  dieselben  aber  zum  Theil 
von  vornherein  mit  von  anderer,  nicht  minder  glaubwürdiger  Seite  (Schacht  u.  A.)  veröffent- 
lichten Beobachtungsresultaten  z.  B.  über  die  Structur  der  sogenannten  »Mittellamellec  in 
Widerspruch  und  später  habe  auch  ich,  ohne  überall  tiefer  auf  die  Sache  selbst  einzugehen, 
mehrfach,  namentlich  in  dem  zweiten  Dande  meines  Mikroskope»,  darauf  hingewiesen,  wie  die  von 
den  genannten  Autoren  vorgeführten  Beweise  nicht  überall  mit  der  Natur  im  Einklänge  stehen. 
Es  wäre  somit  Grund  genug  vorhanden  gewesen,  in  die  Prüfung  der  Beweise  für  die  neuere 
Theorie  einzutreten.  Trotzdem  aber  hat  sich  —  und  die  Ursache  dafür  dürfte  wol  nicht  allzu 
schwer  aufzufinden  sein  —  bis  jetzt  Niemand  gefunden,  der  sich  einer  gründlichen  Revision 
der  in  den  Werken  von  Nägeli,  Hofmeister,  Sachs  u.  A.  niedergelegten  Beobachtungen 


Dieser  Umstand  veranlasst  mich,  meine  dahin  zielenden,  seit  einer  Reihe  von  Jahren 
ind  mehrfach  revidirten  Untersuchungen,  für  welche  ich  ursprünglich  eine  andere 
Weise  der  Voröffenüiehung  bestimmt  hatte,  nunmehr  stückweise  und  in  Form  von  einzelnen  in 
sich  abgeschlossenen  Abhandlungen  darzulegen.  Ich  kann  dabei  nicht 
(Flora  1874,  Nr.  17)  ausgesprochenen  Wunsch  zu  wiederholen,  das 
zu  weiterer  Bearbeitung  der  betreffenden  Fragen  geben  möchte.  Ebenso  stehe  ich 
nicht  an,  und  zwar  unter  entschiedener  Verwahrung  gegen  das  neuerer  Zeit  so  sehr  in 


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—    182    —  ' 

gekommene  Verschweigen  anderer  Ansichten  und  Bcobachtungsresultate,  die  Erklärung  abzugeben, 
wie  ich  im  Interesse  unserer  Wissenschaft  erwarten  muss,  dasa  man  mit  Ernst  und  Aufrich- 
tigkeit, ohne  Voreingenommenheit  und  Rücksichtnahme  auf  Persönlichkeiten,  an  die  nicht  gerade 
leichte,  sichere  Hand  und  geübtes  Auge,  wie  Zeit  und  Geduld  in  Anspruch  nehmende  Arbeit 
gehe.  Nicht  aber,  dass  klaren  und  beweisenden  —  Jedermann  zur  Einsicht  bereit  stehenden  — 
Präparaten  uod  den  aus  denselben  sich  ergebenden  Thatsachen  gegenüber,  die  Sache  mit  einigen, 
auf  die  oberflächliche  Betrachtung  ungenügender  Präparate  sich  stützenden,  namentlich  bei 
jüngeren  Leuten  landläufig  gewordenen  Redensarten  abgethan  werde. 

Ich  werde  mich  bei  den  verschiedenen  in  Betracht  kommenden  Punkten  an  keine 
bestimmte  Reihenfolge  binden,  sondern  dieselben  in  durch  die  Umstände  bedingten  Zwischen- 
räumen je  nach  freier  Wahl  einzeln  behandeln. 

» 

L  Die  Structur  der  Zellhttlle  und  der  in  sie  einmündenden  Zellstoff- 

faaern  der  Caulerpa-Arten, 

Die  Zellhülle  sowohl,  als  die  von  dem  im  Hohlraum  der  Zelle  ausgespannten  Netzgerüste 
her  in  jene  sich  einsenkenden  Zellstofffasern  der  verschiedenen  Caulerpa-Arten  besitzen,  wie 
zuerst  von  Nägeli  und  dann  von  Schacht  nachgewiesen  wurde,  eine  bald  gröbere,  bald 
feinere,  immer  aber  deutlich  erkennbare  Schichtung. 

Der  Verlauf  dieser  Schichtung  in  den  beiden  genannten  Zelltheilen  ist  nun  von  Nägeli, 
wie  von  Hofmeister  in  hervorragender  Weise  und  zwar  in  Wort  und  Bild  als  entscheidender 
Beweis  dafür  angeführt  worden,  dass 

1.  das  Wachsthum  der  geschichteten  Zellhüllen  als  Ganzes  lediglich  auf  Einlagerung 
neuer  Zellstoflmoleküle  zwischen  die  Molekttlarinterstiüen  bereits  gebildeter  Hülltheile,  also 
auf  Intussusception  beruhe, 

2.  die  später  sichtbare  Schichtung  der  ursprünglich  homogenen  Zellhülle  als  der  Ausdruck 
des  Wechsels  von  aus  nachträglicher  Scheidung  hervorgegangenen  wasserarmen  und  wasserreichen 
Schichten  aufzufassen,  und  daher 

3.  die  ältere  Ansicht  von  einem  nebenher  gehenden  Wachsthum  durch  Anlagerung  (Appo- 
sition) resp.  von  einer  in  periodischer  Folge  stattfindenden  Neubildung  von  Zellhüllgenerationen 
von  der  Hand  zu  weisen  sei. 


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-    183  - 

N&geli  sagt  in  dem  «weiten  Tneile  des  Werkes  »Das  Mikroskop,  von  Nageli  und 
Schwendner«  auf  Seite  543  unter  Nr.  3: 

»In  manchen  Fällen  geht  schon  aus  der  Anordnung  der  Schichtcncpmplexe  und 
namentlich  aus  der  Vergleichung  jüngerer  Zustände  mit  älteren  ganz  sicher  hervor,  dass 
die  Vermehrung  der  Schichten  auf  der  Spaltung  schon  vorhandener,  nicht  auf  der  Anlagerung 
neuer  Substanz  auf  der  Oberfläche  beruht.  Dies  ist  z.  B.  bei  zusammengesetzten  Stärke- 
körnern der  Fall  u.  s.  w.  Ebenso  ist  auch  der  Schichtenverlauf  in  Fig.  219  A, 
welche  einen  Durchschnitt  durch  die  Membran  von  Caulerpa  prqlifera  au 
der  Ansatzstelle  einer  Cellulosefaser  darstellt,  mit  der  Annahme  einer 
Auflagerung  unvereinbar;  die  letztere  würde,  da  der  jugendliche  Zustand 
die  Verhältnisse  von  Fig.  219  C  zeigt  (die  Faser  als  einfache  Linie)  einen 
Verlauf  der  Schichten  bedingen,  wie  er  in  Fig.  219  B  abgebildet  ist«  (Siehe 
unsere  Fig.  25). 

Hofmeister  spricht  sich  auf  Seite  193  des  ersten  Bandes  der  physiologischen  Botanik: 
•Die  Lehre  von  der  Pflanzenzelle«  folgendennassen  aus: 

»Die  Zusammensetzung  aus  Lamellen  verschiedenen  Lichtbrechungsvermögens  besteht 
bei  den  Caulerpen  nicht  allein  innerhalb  der  dicken  Zellmembran,  sondern  auch 
innerhalb  der  balkenförmigen ,  verästelten  Fasern,  welche  frei  durch  den  Zellraum  von 
Wandfläche  zu  Wandfläche  verlaufen.  Die  Schichten  dieser  Fasern  sind  zur  Achse  der  in 
der  Regel  cylindrischen  Faser  concentrisch  geordnet.  Die  Fasern  treten  in  den  jüngsten 
Theilen  des  Stammes  und  der  Blätter  als  äusserst  dünne  Fäden  auf,  nehmen  mit  der 
Ausbildung  des  Pflanzentheils  und  während  des  Dickenwachsthums  der  Membran  desselben 
allmälig  an  Dicke  zu,  und  lassen  eine  Schichtung  erst  dann  erkennen,  wenn 
sie  nahezu  ihren  definitiven  Querdurchnitt  erreicht  haben.  Verlauf  und 
Schichtung  der  Faser  ist  dann  durch  alle  Lamellen  der  geschichteten 
Zcllwaud  hindurch,  bis  an  die  äusserste  dieser  Lamellen,  kenntlich 
(Fig.  53).  Es  ist  klar,  dass  das  Dickenwachsthu m  der  Fasern  soweit  sie  in 
die  sich  verdickende  Wand  eingeschlossen  ist,  gleichzeitig  mit  demDicken- 
wachsthum  der  Wand,  aber  in  zu  diesem  senkrechter  Richtung  erfolgen 
muss  und  dass  die  Schichtung  des  in  die  Wand  eingeschlossenen  Theiles 
der  Faser  nicht  durch  Auflagerung  verschieden  beschaffener  Lamellen  auf 
die  Aussenfläche  des  bereits  vorhandenen  Theiles  der  Faser,  sondern  nur 


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—    184  - 

durch  Differenzirung  der  darch  Intussuseeption  an  Dicke  zunehmenden 

Fasersubstanz  selbst  entstanden  sein  kann.c 

Die  angezogene  und  in  unserer  Fig.  25  A  wiedergegebene  Fig.  219  A  Nägel  i's  ist, 
soweit  ich  ermessen  kann,  eine  Copie  der  Fig.  2,  Tafel  III  der  Zeitschrift  für  wissenschaftliche 
Botanik  von  Schleiden  und  Nägeli  (Zürich  1844).  Neuere  Beobachtungen  über  die  Structur 
der  Zellhülle  von  Caulerpn  scheint  also  Nägel i,  obgleich  man  dies  aus  seiner  Aeusserung 
auf  Seite  285  der  »Stärkekörner«  schliessen  müsste,  nicht  unternommen  zu  haben.  Die 
in  der  Fig.  24  copirte  Figur  53  Uofmeister's  dagegen  scheint  für  das  oben  genannte 
Werk  neu  gezeichnet  zu  sein  und  gibt  ein  von  der  vorhergehenden,  wie  von  den  wohl  allgemein 
bekannten  Zeichnungen  Schacht's  entschieden  abweichendes,  für  die  neuere  Anschauungs- 
weise allerdings  recht  scharf  eintretendes  Bild. 

Um  festzustellen,  wie  diese  Darstellungen,  welche,  da  man  ihnen  von  Seiten  der  genannten 
Forscher  eine  so  entschieden  beweisende  Kraft  beilegte,  doch  nur  aus  einer  recht  gründlichen 
und  eingehenden  Untersuchung  der  Thatsachcn  hätten  abgeleitet  werden  dürfen,  sich  der  Natur 
gegenüber  verhalten  und  inwieweit  sie  mich  veranlassen  müssten,  meine  Ansichten  über  die  Ent- 
wicklung der  Schichten  zu  ändern,  sind  von  mir  zunächst  ältere  Stammstücke  einer  grösseren 
Anzahl  vou  Caulerpa-Arten  untersucht  worden  und  ist  der  Sachverhalt,  wie  ich  ihn  an  sehr 
instruetiven  und  gelungenen  Präparaten  gefunden  habe,  in  den  Figuren  1  —  15  niedergelegt. 

Diese  durch  die  entsprechenden  Originalpräparate  gedeckten  Figuren,  denen  meine  schon 
in  dem  zweiten  Bande  meineB  Mikroskopcs  Seite  340  veröffentlichte  Figur  195  an  die  Seite  zu 
stellen  ist,  gewähren  eine  so  klar  ersichtliche  Darlegung  des  Verhältnisses  zwischen  den  Schichten 
der  Zellhülle  und  denjenigen  der  in  sie  einmündenden  Zellstofffasern,  dass  sie  nur  weniger 
erklärender  Worte  bedürfen. 

Durchmustert  man  zunächst  die  Figuren  1-G,  bei  denen  die  in  die  Zellholle  ein- 
gesenkten Fasern  ziemlich  genau  in  der  Mitte  durchschnitten  sind,  so  ergibt  sich  daraus: 

1.  die  von  der  ExtracelliUarsubstan«  überlagerte  primäre  Zellbüllc  und  ein  innerer,  messbar 
dicker,  doppelt  coutourirter,  über  die  inuere  Grenze  der  Zellhfllb)  hinaus  in  die  Faser  zu  ver- 
folgender Zellstofffodcn  der  Faser,  heile  stärker  lichtbrcchend  als  die  übrigen  Schichten  und 
daher  auch  an  dem  fertigen  Zustande  nicht  leicht  zu  übersehen,  stehen  mit  einander  in  un- 
unterbrochener Verbindung  und  erweisen  sich  somit  als  gleichzeitig  entstanden. 

2.  Nirgends  werden  die  Schichten  der  Zellhülle  in  ihrer  Qesammtheit  und  bis  zur  Grenze 
der  primären  Hüllgchicht  von  einer  ausgewachsenen  Zelfatofffäser  in  ihrer  ganzen  Mächtigkeit 


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-    185  - 

3.  Die  einzelnen  Verdickungsschicbtcu,  welche  innerhalb  der  primären  Zellhülle  auftreten, 
biegen  in  der  Nähe  des  Kernfadens  der  Zellstofffascrn  um  und  setzen  sich  ohne  Unterbrechung 
in  die  den  letzteren  angohörigen  Schichten  fort,  indem  sie  sich  in  mehr  oder  minder  hohen  und 
nicht  bei  allen  Schichten  gleichem  Mnasse  auskeilcn.  Jede  einzelne  von  der  Zellhülle  ausgehende 
Schichte  umfasst  den  Kernfaden  der  Faser  wie  die  nächst  älteren  Schichten  derselben  trichter- 
artig. Das  mikroskopische  Bild  ist  hier  ein  solches,  dass,  wollte  man  die  Schichten  bis  zu  den 
Umlegungsstellen  einerseits  zu  der  Zcllhülle,  andrerseits  zu  den  Zellstofffascrn  rechnen,  man 
allerdings  sagen  könnte,  letztere,  spitzten  sich  von  ihrer  Eintrittsstelle  in  die  Zellhülle  an,  nach 
Aussen  hin  zu. 

Dass  dieses  Structarverhältniss  trichterartiger  Einschachtelung  mit  nach  allen  Seiten  hin 
ausstrahlenden  Umbienungen  in  die  Zcllhüllschichtcn  in  sich  die  Ursache  trugt,  dass  bei  dickeren 
Schnitten  dasselbe  nicht  gauz  klar  zu  Tage  tritt,  braucht  wohl  kaum  besonders  erwähnt  zu 
werden.  Es  bedarf  hier  eben  neben  recht  feinen  Durchschnitten  des  sorgfältigsten  Gebrauchs 
der  feinen  Einstellung  und  der  vollsten  Unbefangenheit,  um  den  wahren  Sachverhalt  heraus 
zu  linden.  Daher  mag  es  denn  auch  kommen,  dass  die  Zeichnungen  des  sonst  so  exaet  beobach- 
tenden Schacht  so  beträchtlich  von  der  Natur  abweichen  und  dass  die  bildlichen  Darstellungen 
von  Nägel i  und  Hofmeister  so  ganz  widerspruchslos  von  der  jüngeren  Generation  der 
Pflanzenhistologcn  hingenommen  wurden. 

Schnitte,  welche  die  Zcllst offfasern  nicht  mitten  treffen,  sondern  nach  einer  Seite  des 
Schnittes  hin  nur  einen  Theil  davon  abheben,  während  der  andere  Theil  nicht  oder  fast,  nicht 
getroffen  wird,  können  das  Bild  ebenfalls  trüben,  geben  aber  auf  der  anderen  Seite  wieder  recht 
instruetive  Präparate  (Figg.  7  —  9). 

Besonders  instruetive  Präparate  gewahren  solche  Schnitte,  welche  die  ZelIstoflTasern  ciner- 
oder  beiderseits  noch  etwas  woiter  ausserhalb  der  Mitt«-  treffen  (Figg.  10  und  11)  oder  bei 
denen  dieselben  schief  durchschnitten  wurden  und  wo  -  wie  dies  in  manchen  Fällen  vor- 
kommt -  die  Schichten  durch  den  Schnitt  mehr  oder  minder  auseinander  gezogen  werden 
(Figg.  12  und  13). 

In  beiden  Fällen  tritt  namentlich  die  trichterförmige  Tneinanderschachtclung  der  Schichten 
deutlich  hervor  und  lässt  gar  keinen  Zweifel  an  dem  wahren  Sachverhalte  aufkommen. 

Quellungsniittel,  namentlich  Kalilauge  wirken  sehr  energisch  auf  die  Schichten  und  liefern 
nur  in  den  ersten  Stadien  gute  Bilder.  Aber  auch  derart  bebandelte,  sonst  Rcnügende  Schnitte 
können  nur  dazu  dienen  das  oben  dargestellte  zu  bestätigen  (Figg.  14  und  15). 

Bliebe  aber  nach  all  dem  Beobachteten  noch  ein  Zweifel  über  das  Umbiegen  und  Ueber- 

AMmndJ.  d.  B«»ek«mb.  imtau-f  dat.  Bd.  X.  24 


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-    186  — 

gehen  der  Schichten  der  Zellhttllc  in  jene  der  Zellstofffasern,  so  ist  die  Beobachtung  in  polari- 
sirtem  Lichte,  wenn  dieselbe  an  recht  gelungenen,  feinen,  die  Zellstofffasern  in  der  Mitte 
treffenden  Schnitten  ausgeführt  wird,  im  Stande  denselben  vollständig  zu  beseitigen. 

Schaltet  man  zwischen  den  gekreuzten  Nicol's,  also  bei  verdunkeltem  Gesichtsfelde  den 
Querschnitt  so  ein,  dass  die  Schichten  der  Zellhttllc  wie  der  Fasern  je  den  Schwingungs- 
ebenen parallel  verlaufen,  so  erscheinen  die  sämmtlichen  in  diesen  Richtungen  gelegenen  Theile 
der  Schichten  von  Hülle  und  Fasern  dunkel.  Dagegen  treten  die  ümbiegungs-  resp.  Ein- 
mündungsstcllen  von  Zellhttllc  in  Faserschichten,  welche  eine  mehr  oder  minder  genau 
um  45°  gegen  die  Schwingungsebenen  geneigte  Lage  haben,  in  intensivem  Glänze  hervor 
(Fig.  23). 

Umgekehrt  gestalten  sich  die  Lichtverhältnisse,  wenn  man  den  Querschnitt  so  einschaltet, 
dass  die  Zellhalle  wie  die  Zellstofffaser  um  45°  gegen  die  Schwingungsebenen  geneigt  erscheinen. 
Die  in  dieser  Richtung  mehr  oder  minder  genau  dahin  gehenden  Schichten  in  Halle  und  Fasern 
erscheinen  hell  aufleuchtend,  die  Umbiegungsstelien,  welche  dabei  annähernd  den  Richtungen 
der  Schwingungsebenen  gleichlaufen,  erscheinen  dunkel  (Fig.  22). 

Besonders  charakteristisch  ist  die  Form  der  leuchtenden  oder  dunkeln  Partiecn  an  den 
Umbiegungsstelien,  indem  sich  dieselbe  genau  der  Grösse  der  betreffenden  Bogentheile  anschmiegt, 
die  natürlich  um  so  kleiner  werden,  je  näher  die  Umbiegungsstelien  der  primären  Zellhalle  und 
dem  Kernfaden  der  Zellstofffasern  anliegen. 

Dass  ein  derartiges  Verhalten  der  Schichten  in  polarisirtem  Lichte,  wobei  das  Bild  der 
sich  von  dem  Eintritte  in  die  Zcllhülle  an  nach  Aussen  allmälig  zuspitzenden  Zellstofffasern 
entschieden  deutlich  hervortritt  mit  den  Näge  Ii-  H  of  mc  is  t  er' sehen  Darstellungen  nicht 
vereinbar  sein  würde,  leuchtet  sofort  ein. 

Wenden  wir  uns  jetzt,  nachdem  dargethan  ist,  dass  in  den  fertigen  Zuständen  der  Caulerpa- 
zellc  das  Verhältnis»  in  dem  Schichtenverlaufe  zwischen  Zellhalle  und  Zellstofffasern  gerade  so 
erscheint,  wie  es  gemäss  der  von  Näge  Ii  aufgestellten  Theorie  der  Schichtcnbildung  nicht 
erscheinen  dürfte,  zu  der  Entwicklungsgeschichte,  so  lässt  sich  an  dieser,  soweit  es  bei  dem  mir 
7.u  Gebote  stehenden  Materiale  zu  entscheiden  möglich  ist,  Folgendes  beobachten : 

In  der  Nähe  der  Spitze  der  feinsten  Wurzclfasern  (wenn  man  mir  diesen  Ausdruck  ge- 
statten will)  erscheint  die  erste  Anlage  der  Zellstofffäden.  Es  bilden  dieselben  dort  meist  quer 
durch  das  Zelleninncrc  verlaufende,  nach  den  Ansatzpunkten  hin  sich  wenig  und  allmälig  ver- 
dickende Fäden,  welche  mit  der  von  einer  nicht  sehr  stark  entwickelten  Extracellularsubstanz 
überlagerten  primären  Zellstoffhülle  in  vollständiger  Verbindung  stehen,  mit  ihr  ein  untrennbares 


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I 


—    187  — 

Ganzes  bilden  und  so  das  Bild  wiederholen,  welches  Kernfaden  und  primäre  Zcllhülle  in  den 
fertigen  Zuständen  gewähren  (Fig.  lfi  A).  Die  Zellstofffaden,  anfangs  noch  sehr  zart  aber 
doppelt  contourirt  verdicken  sich  in  der  Folge  noch  etwas  durch  Intussusception  und  zwar  bei 
verschiedenen  Arteu  in  verschiedenem  Maasse,  bei  Caidrrjxi  preiifera  z.  B.  manchmal  ziemlich 
stark.  Das»  dieselben  zugleich  mit  der  primären  Zcllhülle  aus  dem  Protoplasma  entstanden 
sind,  nicht  später  erst  entstehen  und  dann  an  die  letzteren  festwachsen,  glaube  ich  mit  ziemlicher 
Sicherheit  annehmen  zu  dürfen.  Auf  der  Flächenansicht  erscheinen  die  Kernfaden  als  helle 
homogene  Kreise  von  einem,  der  oberen  Fädendicke  entsprechenden  Umfange  (Fig.  16  B). 

Bei  schrittweisem  Verfolge  je  älterer  Wurzelstacke  treten  dann  zunächst  nur  eine  und 
im  weiteren  Fortschreiten  der  Entwicklung  zwei  und  mehr  Schichten  auf  (Figg.  17—20), 
welche  in  Bezug  auf  ihren  Verlauf  innerhalb  Zcllhülle  und  Zellfascr  ganz  das  gleiche  Vcrhältniss 
erkennen  lassen,  wie  es  oben  von  den  vollständig  ausgebildeten  Zuständen  geschildert  wurde. 
Nirgends  findet  man  bei  hinreichend  genauer  Beobachtung  Kutwicklungszustände,  welche  den 
Scbluss  gestatteten,  als  habe  sich  der  Kernfaden  der  Zellstofffasern  selbstständig  und  unab- 
hängig von  der  Zellhülle  verdickt 

Auf  der  Flächenansicht  erscheinen  jetzt  die  einfachen,  homogenen,  stärker  lichtbrechende 
Kreise  von  der  entsprechenden  Anzahl  concentrischer  Schichtenkreise  umgeben,  deren  Umfange 
je  nach  höherer  oder  tieferer  Einstellung  mehr  oder  minder  deutlich  erscheinen  (Figg.  18  B, 
20  B  und  21).    Es  bilden  dieselben  eben  die  optischen  Durchschnitte  der  höher  oder  tiefer 

in  die  Zcllhüllschichteu  stattfindet.  Flächendurchschnitte  verzweigter  Zellstofffasern,  wie  eine 
solche  in  Fig.  1 4  dargestellt  ist,  zeigen  dabei  die  bis  zu  einem  gewissen  Punkte  der  Entwicklung 
entstandenen  Schichten  von  einem  gemeinschaftlichen  Schichtencomplexe  umgeben  (Fig.  21  C). 

So  zeigt  uns  denn  auch  die  Entwicklungsgeschichte  einerseits,  dass  der  Schichtenverlauf, 
von  dem  ersten  Auftreten  der  Verdickung  an,  der  gleiche  ist,  wie  er  an  vollständig  ausgebildeten 
Zuständen  beobachtet  wird  und  dass  eine  unabhängige  Verdickung  von  Zellhülle  und  Zellstoff- 
fasern nicht  stattfindet,  während  sie  andrerseits  auch  gar  keine  Anhaltspunkte  dafür  bietet,  dass 

oder  Zellstofffaser  eine  nachträgliche  Scheidung  in  wasserärmere  oder  wasserreichere  Lamellen 
stattfinde. 

Darin  freilich  hat  Nägel  i  Recht,  dass  bei  der  ZellhüUe  der  Caulerpa-Arten,  wie  bei 
anderen  geschichteten  Zellhullen  jede  einzelne  Schichte  aus  einer  äusseren,  weniger  dichten, 


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-    188  - 


uüudcr  stark  lichtbiechenden  uud  einer  auf  jeder  Entwicklungsstufe  nach  innen  abschliessenden 
dichteren,  stärker  liebtbrechenden  Lamelle  besteht. 

Wie  dieses  Structurverhältniss  sich  auch  mit  einer  anderen  Entwicklungsweise  der  Schichten, 
als  der  Nage  Ii 'sehen,  vereinbaren  lässt,  das  will  ich  heute  noch  nicht  erörtern;  ich  niuss 
diese  Frage  vielmehr  späterer  Entscheidung  vorbehalten. 

Für  heute  gilt  es  nur  festzustellen,  dass  das  eine  der  Beweismittel,  welche  Nägeli  und 
Hofmeister  als  Stütze  für  die  im  Eingang  skizzirte  Theorie  der  Schichtenbildung  angeführt 
haben,  in  den  von  ihnen  gebrachten  Darstellungen  mit  dem  wirklichen  Sachverhalte  nicht  in 
Einklang  steht;  also  die  Prüfung  vor  der  Natur  nicht  besteht,  dass  im  Gegentheil  der  Schichten- 
verlauf in  Zcllhülle  und  Zellstofffasern  der  Caulerpa-Arten  für  die  periodische  Neubildung 
innerhalb  der  primären  Zollhülle  sich  anlagernder  Zeilhüllgeuerationen  spricht,  von  denen  jede 
einzelne  ihre  volle  Stärke  mittelst  Wachsthums  durch  Intussusception  erreicht 

Darmstadt,  im  Februar  1875. 


-    1b»  - 


Erklärung  der  Abbildungen. 

Fig.  1.  Querschnitt  ilurch  dir  Zellhülle  und  zwei  Zellstofffasern  von  Cauierpa  prvlifera  mit  diu  letzteren 
zu  ;u lieh  nahe  in  der  Mitte  treffenden  Schnittebeueu.    Vergrösserung  —  1  :300. 

Fig.  2.  Desgleichen  von  Cauierpa  Latnourcxii  mit  einer  Zellstofffascr.    Vergrösserung  -  1:600 

Fig.  3.  Begleichen  tod  Cauierpa  papillom  mit  einer,  nahe  der  Eiutrittstelle  in  die  Zellhülle  sich 
(heilenden  und  einer  tod  der  nnteren  Seite  des  Schnitte*  her  eintretenden  Zellstofffaser.  Vergrösserung  =  1 :360. 

Fig.  4.  Desgleichen  von  Cauierpa  turbinata  mit  einer  —  hei  dieser  Art  an  manchen  Stellen  auf- 
tretenden —  dicken  Zellstofffaser  mit  zwei  in  deren  Mitte  von  nnten  her  eintretenden  dünneren  Fasern.  Ver- 
grösserung  =  1 : 360. 

Fig.  5.  Querschnitt  von  Cauierpa  papulosa.  Die  primäre  Zellhullo  ist  von  dem  Kernfaden  der 
Zcllstofffaser  abgerissen  un<l  einzelne  Schichtencouii'lcxe  haben  sich  von  einander  getrennt,  wobei  das 
Umbiegen  der  Schichten  von  der  Zellholle  aus  in  die  Zellstofffaser  sehr  deutlich  erkennbar  wird.  Ver- 
grösserung =  1 : 600. 

Fig.  6.  Desgleichen  von  Cauierpa  termlala,  mit  eigentümlich  gedrehter  Zcllstofffaser  und  dadurch 
bedingtem  Schichtenverlauf  heim  Uebergange  ans  Zellhülle  in  Zellstofffa-er.    Vergrösserung  —  1 : 520. 

F'g-  7.  Querschnitt  durch  ein  «ltes  Stammstuck  von  Cauierpa  prolifera  mit  schief  durchschnittener,  im 
unteren  Theile  über  der  Mitte  getroffener  Faser.  An  letzterer  Stelle  sind  deshalb  die  nach  obeu  schirmarlig 
umbiegenden  Fasern  durchschnitten  und  zwar  in  ziemlicher  Dicke,  weiter  nach  oben  gehen  die  so  durch- 
schnittenen Fasern  allmälig  in  das  Bild  über,  wie  es  den  vorhergehenden  Figuren  entspricht.  Ver- 
grösserung =  1 :360. 

Fig.  8.  Desgleichen.  Hier  ist  oben  «lie  Faser  in  ihrem  ganzen  Verlaufe  von  dem  Schnitte  getroffen 
und  der  dem  Beobachter  zugewandte  Theil  durch  denselben  abgehoben,  während  nach  der  anderen  Seite  die 
Faser  nicht  oder  fast  nicht  getroffen  wurde.  Die  Schichten  sind  daher  da,  wo  sie  nach  oben  umbiegen,  durch- 
schnitten, wahrend  sie  nach  der  unteren  Seite  in  ihrem  ganzen  Verlaufe  erscheinen  und  nach  dem  Zellstofffaden 
hin  einbiegen.    Vergrösserung  =  1 : 600. 

Fig.  9.  Querschnitt  von  Cauierpa  Ixtmourtxii.  Die  Zellstofffaser  ist  nach  der  dem  Beobachter  zugewandten 
Seite  des  Schnittes  schief  gerichtet  und  daher  etwas  oberhalb  der  Hälfte  ihres  Verlaufes  in  der  Zellhülle  im 
Kernfaden  durchschnitten,  während  die  übrigen  Schichten  tbeilweise  an  der  Umbiegungsstellc  getroffen  wurden 
und  durch  den  Zug  des  Messers  auseinander  gezogen  sind.    Vergrößerung  -  1:600. 

Fig.  10.  Querschnitt  von  Cauktpa  perimmlla.  Die  schief  verlaufende  Faser  ist  in  verschiedener  Ent- 
fernung von  dem  Kernfaden  getroffen  und  sind  daher  die  Schichten  theilweise  so  durchschnitten,  daas  sie  die 
triehtcrartige  Ineinandcrschachtelung  deutlich  erkennen  lassen.    Vergrösserung  —  1:360. 

Fig.  11.  Ein  ähnlich««  Präparat  von  CauUrpa  clartfrra.    Vergrößerung  ^  1:600. 

Fig.  12.  Querschnitt  von  Cauierpa  perputiüa  mit  einer  schief  durchschnittenen,  verzweigten  Zellstofffaser 
und  auseinander  gezogeneu  Schichten  des  mittleren  Thciles.  Die  Faser  hatte  hier  offenbar  einen  etwas  gekrümmten 
Verlauf  innerhalb  der  Zellhülle,  so  dnas  sie  bei  der  Eintrittsstelle  durch  die  obere  Schnittfläche  unter  einem 
kleinen  Winkel  znr  Krümmung,  nach  Aussen  hin  von  beiden  Schnittflächen  parallel  zum  Kernfaden  getroffen 
in  dem  mittleren  Verlaufe  aber  in  ihrer  inneren  Partie  völlig  durchschnitten  wurde.    Vergrößerung  —  1:360. 

Figg.  13.    Ein  ähnlicher  Schnitt  aus  einem  Wurzelfaden  von  Cauierpa  clavifera.  Vergrösserung  =  l:«iOO. 

Figg.  14  und  15.  Zwei  mit  Kalilauge  I>ehande1te  Querschnitte  von  Cauierpa  ptrpusilla.  Bei  15  ist  der 
obere  Theil  der  Zellhülle  und  der  Zellstofffaser  durch  den  Schnitt  weggenommen.   Vergröeacrung  =  1:360. 


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Fig.  16  A.  Querschnitt  einer  der  feinsten  Wurzelfasern  von  Caukrpa  pralifera.  B.  Flächenansicht  der 
Vereinigungsstellen  der  Zellstofffasern  mit  der  primären  Zellhülle.    Vergrößerung  —  1:600. 

Fig.  17.  Desgleichen  mit  Kalilauge  behandelt,  wodurch  die  erste  nun  entwickelte  Vcrdickungsschicht 
deutlicher  hervortritt.    Vergrößerung  --  1:360. 

Fig.  18  A.  Querschnitt  durch  eine  etwas  altere  Wnrzelfaser  von  (kmlerpa  prolifera  mit  zwei  Ver- 
diclnmgsschichten.  B.  Flächenansicht  einer  Zellstofffaser  an  der  Kinmündungsstelle,  von  der  unteren  Seite  des 
Flachenschnittcs  betrachtet.    Vcrgrosserung  -  1:600. 

Fig.  10.    Querschnitt  durch  eine  noch  etwas  altere  und  stärkere  Faser  von  derselben  Art. 

Fig.  20  A.  Querschnitt  eines  dünnen  Zweiges  von  Caukrpa  turbinata.  B.  Flächenansicht  der 
Zcllstofffascr  nahe  der  EinmüudungÄStelle  in  die  Zellhüllc,  von  der  unteren  Seite  betrachtet  Ver- 
grösserung  =  1:360. 

Fig.  21  A— C.  Querschnitte  ausgebildeter  Zellstofffasern  von  Catderpa  pmlifera  wie  in  der  vorigen 
Figur.  In  B  ist  eine  stärkere  Scheidung  zweier  Scliichtcncomplexe  ersichtlich.  C  ist  der  Durchschnitt  einer 
verzweigten  Faser  (Figur  III  entsprechend)  nahe  an  der  Eintrittsstelle.    Vergrößerung  ---  1  :360. 

Figg.  22  und  2X  Diesellx)  Stelle  aus  einem  Querschnitte  von  Caulerpa  prolifera  in  polarisirtem  Lichte 
betrachtet.  B»-i  Fig.  22  lagen  die  Schichten  der  Zellhüllc  und  der  Kernfaden  der  Zellstofffaseni  um  15*  gegen 
die  Schwingungselienen  der  gekreuzten  Nicol's  geneigt;  bei  23  verliefen  dieselben  in  gleicher  Richtung  wie 
diese.  Hei  der  letzten  Figur  sind  die  Begrenzungen  der  Zellhiillc  und  der  ZelNtoftTasero,  ebenso  die  Lage  der 
Zcllhüllschichten  durch  schwächere  Linien  angedeutet  und  dürfen  dieselben  nicht  als  durch  das  polarisirte 
Licht  hervorgebracht  angesehen  werden. 

Fig.  24.  Copie  der  Figur  53  von  Hofmeister. 

Fig.  25.  Desgleichen  der  Figur  219  A,  B  und  C  von  Nägeli. 


191  - 


II.  Das  Waclisthum  der  Zell  hülle  (Zcllwand)  und  die  Entwicklung 

der  Yerdickungsschichten. 

Die  Begründer  der  neueren  vegetabilischen  Gewebelehre,  Meyen,  v.  Mohl,  Unger, 
Schleiden  u.  A.  nahmen  bekanntlich  ein  Dickenwachsthum  der  Zellhülle  (Zellmembran,  Zell- 
wand d.  Aut.)  vorzugsweise  durch  Apposition,  d.  h.  durch  Anlagemng  sich  nach  innen  folgender 
gleichartiger,  homogener  Schichten  an.  Die  einzelnen  Schichten  betrachtete  man  dabei  als  durch 
leere  Zwischenräume  von  einander  getrennt,  welche  sich  unter  dem  Mikroskope  als  dunkle, 
mehr  oder  minder  breite  Ringstreifen  darstellten.  Dem  gegenüber  wies  Nägcli,  wenn  wir 
nicht  irren,  zuerst  1858-  in  den  »Pflanzenphysiologischen  Untersuchungen,  Heft  II,  die  Stärkc- 
körnerc  nach,  dass  eine  Anzahl  von  Wachsthums-  nsp.  Verdickungserscheinungen  sich  aus 
dieser  Annahme  nicht  erklären  lasse  und  dass  die  Sichtbarkeit  der  Schichtung  lediglich  zum 
Ausdruck  gelange  durch  den  Wechsel  von  weichen,  wasserreicheren  und  dichten,  wasserärmeren 
Lamellen  der  ZcllhüIIe,  welche  sich  im  Laufe  der  Entwicklung  aus  der  fortdauernd  wachsenden 
homogenen  Zellstoffmasse  differenzirten.  Er  erklärte  in  Folge  dieser  Beobachtungen  das  Wachs- 
thum der  Zellhülle  (und  zwar  Längswachsthum  sowohl,  wie  Verdickung)  durch  Einlagerung, 
Intussusception,  für  das  wahrscheinlichere,  ohne  aber  damals,  da  ihm  ausgedehntere  Beobachtungen 
über  das  Zellenwachsthum  nicht  zu  Gebote  standen,  die  Frage  zum  Abschluss  gebracht  haben 
zu  wollen. 

In  den  neueren  Schriften  von  Nägeli,  wie  in  denen  von  Hofmeister,  Sachs  u.  A. 
wird  dagegen  die  Entstehung  der  Verdickungsschichten,  lediglich  und  allerwegen,  als  durch 
Einlagerung,  Intussusception,  und  nachträgliche  Diffcrenzirung  zu  Stande  gekommen,  dargestellt. 
Selbst  die  primäre  Zellhülle  soll  ihr  Erscheinen  diesem  Vorgange  verdanken  und  es  wird  die  An- 
lagerung neuer  Zellhülltbeile,  Apposition,  vollständig  von  dem  Verdickungsprozesse  ausgeschlossen. 

Schon  in  meinem  Mikroskope  Bd.  2,  Seite  67.  u.  f.,  habe  ich  darauf  hingedeutet,  dass 
mir  das  Zustandekommen  der  verschiedenen  Theile  und  Schichten  verdickter  Zellhüllen 
allein  durch  ununterbrochene  Einlagerung  und  nachträgliche  Differenzirung  der  homogenen 
Zellhülle  in  weiche  und  dichte  Lamellen  auf  Grund  meiner  einschlägigen  Beobachtungen  als 
zweifelhaft  erscheine.    Dort  schon  habe  ich  an  der  Entwicklung  der  Verdickung  von  Clemaiis 


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-    192  - 

vitalbu  nachzuweisen  versucht,  diu»  die  sccundöre  Verdickung  erst  nach  vollständiger  Ausbil- 
dung der  primären  Zellhalle  und  zwar  durch  periodische  Kinschachtelung  in  sich  diffcrenter 
Schichten  entstehe,  ohne  dass  ich  al>cr  entscheiden  wollte,  wie  dies  letztere  Verhältnis«  zu 
Stande  komme.  In  der  Folge  gelangte  ich  mehr  und  mehr  zu  der  Ueberzeugung,  dass  die 
Verdickung  der  Zellhüllcn  durch  Verbindung  der  beiden  Vorgänge:  periodischer  Neubildung 
secundärer  Zellhüllgcnerationen  und  weiterer  Ausbildung  dieser  durch  Einlagerung  bewirkt 
werde,  dass  also  bei  dem  Dickcnwachsthum  zwei  Processe:  ein  der  Apposition  der  älteren 
Autoren  entsprechender  und  die  Intussusception  wesentlich  betheiligt  seien.  In  dieser  Ueber- 
zeugung wurde  ich  umsomehr  bestärkt,  als  sich  mir  einer  der  Uauptbeweise  für  die  Nägel  i- 
Hofmeis  t  er 'sehe  WuchsUiuinslheorie,  wie  in  Nr.  1.  dargethan,  als  nichtig  erwiesen  hatte. 

Meine  Bcobachtungsrcsultate  über  die  Verdickung  zunächst  an  einigen  für  die  Entwick- 
lungsgeschichte besonders  günstigen,  thcils  nur  einv  mehr  oder  minder  massig  entwickelte, 
theils  mehrere  secundäre  Zellhüllgenerationen  aufweisenden  Objecten  darzulegen  und  die  daraus 
abzuleitenden  Schlüsse  zu  ziehen,  ist  der  Zweck  der  nachfolgenden  Zeilen 

Zum  Ausgangspunkt  für  das  Studium  der  Verdickungsvorgänge  eignet  sich  am  besten 
die  Entwicklung  der  Verdickung  bei  den  Holzfasern  von  Pitius  tilvestris,  deren  Zellhülle  be- 
kanntlich aus  nur  drei  optisch  unterscheidbaren  Schichten :  der  äusseren  »primären«,  stark 
liehtbreehenden,  der  mittleren,  sogen.  >secundäron«,  minder  lichtbrechenden  und  der  inneren, 
sogen.  » tertiären c  wieder  stärker  lichtbrechenden  Schicht,  besteht.  In  diesem  Ohjecte  liegt 
nämlich  zunächst  ein  Typus  vor  für  die  gleichen  Entwicklungsvorgänue  hei  anderen  Nadel-  und 
bei  vielen  Laubhölzern;  dann  ist  an  demselben  die  Beobachtung  am  leichtesten  und  schärfsten  zu 
führen,  die  einzelnen  Momente  der  Entwicklung  lassen  sich  am  klarsten  auseinanderhalten  und 
et!  vollzieht  sich  endlich  von  ihm  aus  die  Eebertragung  der  cntwicklungsgeschichtlichen  Einzel- 
heiten auf  die  Entstehung  der  mehrfach  geschichteten  Zellhüllen  möglichst  ungezwungen. 

Ein  Querschnitt  durch  die  Cambiumregion  eines  alten  Stammes  von  Pirna  mhtstrii  zur 
Zeit  der  lebhaften  Bildung  des  Krühlingshoizes  zeigt,  abgesehen  von  dem  Verhalten  der  cam- 
bialen  Tochterzellhflllen,  welches  in  einem  späteren  Aufsatze  erörtert  werden  wird  und  auch 
bei  den  vorliegenden  Figuren  nicht  berücksichtigt  worden  ist,  folgende  Verhältnisse: 

Das  eigentliche,  eine  oder  wenige  erst  getheilte  Zellen  umfassende  Cnmbium  nimmt  eine 
verhältnissmässig  nur  schmale  Zone  ein  (Fig.  2fic).  Die  radialen  Hflllstflcke  seiner  Zellen, 
sind  in  der  bekannten  Weise  durch  eine  meist  ganz  strncturlose,  bald  in  geringerer,  bald  in 
grösserer  Masse  vorhandene  Zwischensubstanz  (Fig.  ->r»  .r.)  von  einander  getrennt  und  zeigen 
eine  um  nur  weniges  erheblichere  Dicke,  als  die  in  de:  Peripherie  verlaufenden.    Zwischen  den 


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I 


—    193  — 

zu  Bast  und  Holz  übergetretenen  jungen  Zellen  vermindert  sich,  während  dieselben  in  radialer 
Richtung  sich  strecken,  die  genannte  Substanz  mehr  und  mehr,  um  endlich  ganz  zu  verschwinden 
und  die  benachbarteu  Zellhüllen  sich  vollständig  berühren  zu  lassen.  So  erscheinen  diese 
cleichsam  zu  einer  zwischen  den  benachbarten  Zellhohlräumen  verlaufenden  einzigen  homccnen 
Scheidewand  ausgebildet,  in  der  man  nur  in  einzelnen  Fällen  eine  Trcnnungslinio  wahrnehmen 
kann,  welche  das  Entstehen  ans  zwei  Zellhüllen  ohne  weiteres  documentirh  Die  Vergrößerung 
des  radialen  Zelldurchmessers  schreitet  nun  noch  eiue  Weile  fort  und  die  radialen  Hüllstücke 
werden  dabei  an  Dicke  den  peripherischen  mehr  und  mehr  gleich.  Ich  wenigstens  konnte  auf 
dieser  Stufe  an  den  mir  vorliegenden  Präparaten  einen  nennenswerth  ins  Gewicht  fallenden 
Unterschied  nicht  feststellen.  Die  jungen  Bast-  und  Holzzellen  haben  jetzt  ohngefähr  einen 
quadratischen  Querschnitt  und  sind  allseitig  von  anscheinend  homogenen,  einfachen,  das  Licht 
stark  brechenden,  namentlich  in  dem  jungen  Holze  (mit  Ausnolime  des,  in  einer  späteren 
Nummer  näher  zu  besprechenden,  mittleren  dunklen  Netzwerkes  der  Intercellularsubstanz)  in  dem 
Polarisationsmikroskope  hell  aufleuchtenden  Hüllen  umgeben.  Sobald  dieselben  ihr  normales 
Ausmaass  erreicht  haben,  was  im  Baste  viel  früher  als  im  Holze  eintritt  (Fig.  26  u.  28),  wo  es 
häufig  erst  iu  der  7.  bis  8.,  oft  sogar  in  noch  weiter  rückwärts  vor  dem  noch  in  Theilung 
begriffenen  Gewebe  gelegenen  Zcllenreihen  bemerkbar  wird,  beginnt  die  Verdickung  innerhalb 
des  Umfanges  der  vollständig  individnalisirten  primären  Zellhülle.  Hier  sieht  man  bei  den 
jüngsten  von  den  in  den  Verdickungsprocess  eingegangenen  Zellen  des  Holzes  eine,  zunächst 
in  den  Ecken  am  deutlichsten  erkennbare,  an  anderen  Stellen  häufig,  indessen  nicht  immer  an 
der  primären  Zellhülle  dicht  anliegende,  in  einzelnen  Fällen  diese  scheinbar  verdickende  Hüll- 
schiebt  (Fig.  26  —  32  .vi.),  welche  sich  in  einzelnen  Fällen  beim  Präpariren  ganz  oder  theilweisc  los- 
lösst  (Fig.  30).  Diese  Schicht  iiat  eine,  der  einfachen  primiären  Zellhüllc  etwa  gleiche  Dicke 
und  besitzt  ein  Lichtbrechungsvermögen,  welches  dasjenige  der  letzteren  im  unverholzten  Zu- 
stande nahezu,  aber  nicht  ganz  erreicht.  Dies  geht  daraus  hervor,  dass  sie  bei  ihrem  Entstehen 
in  polarisirteni  Lichte  kaum  aufleuchtet,  lässt  sich  aber  auch  aus  der  Ansicht  etwas  dickerer, 
immerhin  aber  für  die  Aufhellung  des  Structurverhältnisses  noch  hinlänglich  düuner,  Quer- 
schnitte erschliessen.  in  denen  die  primäre  Zellhülle  glänzend  weiss  mit  einem  Stich  ins  Gelbe 
erscheint,  während  diese  Schicht  einen  mehr  bläulichen  Schimmer  zeigt.  In  chemischer  Be- 
ziehung scheint  zwischen  den  beiden  Zellhülltheileu  ein  wesentlicher  Unterschied  nicht  zu  be- 
steben ;  denn  beide  färben  sich  unter  Chlorziukjodlösung  kell  bläulich-violett  (Fig  30,  unter 
Jod  und  Schwefelsäure  hellblau  (Fig.  31).  Schon  auf  diesem  Entwicklungszustande  be- 
findet sich  zwischen  der  primären  Zellhülle  und  der  neugebildeten  innersten  Schicht,  welche 


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-    194  — 


unzweifelhaft  hier  schon  dem  entspricht,  was  man  als  tertiäre  Membran  »InneuhauU  u.  s.  w. 
unterschieden  hat,  eine,  wenn  auch  nur  in  höchst  geringer  Masse  vorhandene,  minder  stark  licht- 
brechende,  weichere  Schicht  ausgebildet.  Diese  wird  namentlich  nach  der  Anwendung  von 
Aetzkalilösung  (Fig.  27  u.  29)  ton  Chlorzinkjodlösung  (Fig.  30  o.  32)  oder  von  Jod  und  Schwefel- 
säure (Fig.  31)  leicht  erkennbar.  Voraugsweise  ist  hier  die  Anwendung  des  erstgenannten 
Reagenzes  (auch  vor  der  Behandlung  mittelst  eines  der  anderen)  von  grossem  Nutzen,  indem 
es  die  mittlere  Schicht  sofort  und  Oberall,  wo  sie  bereits  vorhanden  ist,  durch  Quellung  der- 
selben auf  das  entschiedenste  hervortreten  macht. 

Verfolgt  man  jetzt  die  Zellenreihe  weiter  nach  innen,  so  findet  man  überall  und  ohne 
Ausnahme  die  innerste  Schicht  von  dem  gleichen  -  natürlich  je  nach  Individualitat  in  geringem 
unwesentlichen  Umfange  schwankendem  —  Ausinaasse.  Ihre  optische  Eigenschaft  ändert  sich 
dagegen  insofern,  als  dieselbe  nach  uud  nach,  d.  h.  in  dem  Mausse,  als  sie  älter  wird,  stärker 
auf  das  polarisirte  Licht  wirkt.  Der  Grund  für  dieses  Verhaltcu  durfte  wohl  darin  zu  suchen 
sein,  dass  sie  mehr  und  mehr  an  Organisatitionswasser  verliert.  Die  mittlere,  weiche  Schicht 
nimmt  von  aussen  nach  innen  stetig  an  Dicke  zu.  bis  sie  das  bei  den  Zellen  des  Friihhngs- 
holzes  gewöhnlich  zu  beobachtende  Ausmaass  erreicht  hat. 

In  dem  Haste  läuft  der  geschilderte  Verdickungsvorgang  in  gleicher  Weise  ab,  nur  dass 
die  mittlere  Schicht  gleich  von  vornherein  in  bedeutender  Breite  auftritt  und  weit  rascher  zu 
ihrer  endlichen  Stärke  heranwächst  (Fig.  26  B). 

Noch  weit  schärfer,  als  in  dem  inneren  Tbeile  des  Jahresringes  treten  die  geschilderten 
Entwicklungsvorgänge  in  dem  mittleren  Theile,  wo  der  Uebergang  des  Frühlingsholzes  in  das 
Herbatholz  stattfindet,  namentlich  aber  in  dem  äusseren  Theile,  also  bei  der  Herbst  holzbildung, 
hervor  (Fig.  28  u.  32).  Hier  kann  man  sich  auf  das  allcrentschiedenste  davon  überzeugen,  dass 
die  innerste  (»tertiäre«)  die  erste  Verdickungsschicht  bildet,  dass  sie  viel  früher  vorhanden  ist. 
als  dieselbe  in  den  Figuren  3,  Taf.  VII  und  1,  Taf.  VIII  der  Sanio'schen  Arbeit  (I'rins- 
heimer  Jahrbücher  IX,  Heft  1)  Über  Pinus  silvesiria  sichtbar  gemacht  wird.  Das  geschil- 
derte Structurverhältniss  finde  ich  hier,  wie  auch  in  dem  Früblingsholze,  besonders  auch  nach 
Anwendung  von  Aetzkalilösung  überall  so  scharf  und  deuüich  ausgesprochen,  dass  es  eigentlich 
Wunder  nehmen  raass,  wie  man  dasselbe,  wenn  man  anders  gute,  genau  senkrecht  zur  Längs- 
achse der  Zelle  geführte  Querschnitte  zur  Hand  hat,  nicht  erkennen  kann,  wie  das,  seinen 
wiederholten  Behauptungen  gemäss,  bei  Dr.  Sanio  der  Kall  ist.  Auch  das  Anwachsen  der 
mittleren,  weichen  Schicht  wird  hier  so  zu  sagen  greifbar.  Dieselbe  nimmt  z.  B.  nach  meinen, 
an  acht  auf  einanderfolgenden  Zellenreihen,  in  der  Mitte  der  peripherischen  Hüllstücken  aus- 


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geführten  Messungen,  in  folgenden  Verhält  nissen  zu:  1.  Zelle:  unmessbar  feine  Linie,  2.  Zelle 
0,8  Mikr.,  3.  Zelle:  1,4  Mikr.,  4.  Zelle:  2,36  Mikr..  5.  Zelle:  4,0  Mikr.,  6.  Zelle:  5,4  Mikr., 
7.  Zelle:  6,07  Mikr.,  8.  Zelle:  7,57  Mikr. 

Bei  der  nun  in  dem  Holze  eintretenden  chemischen  Umbildung  resp.  der  Verholzung  der 
einzelnen  Hüllschichten,  halten  diese  verschiedenen  Schritt.  Durchgängig  verfällt,  wie  das 
natürlich  ist,  die  primäre  Zellhülle  zuerst  diesem  Vorgange,  dessen  Eintreten  sich  schon  an 
dem  optischen  Verhalteu  frischer,  d.  b.  nicht  mittelst  Reagenzien  behandelter  Schnitte  durch 
das  stärker  werdende  Lichtbrechungsvermögen  erkennen,  besonders  aber  durch  die  Anwenduug 
von  Chlorzinkjodlösung  oder  von  Jod  und  Schwefelsäure  nachweisen  lässt.  Im  Frühlingsholze 
zeigt  sich  die  beginnende  Verholzung  etwa  in  der*  dritten  bis  vierten,  hie  und  da  auch  in 
noch  weiter  nach  innen  gelegenen  Zellen  der  in  Verdickung  begriffenen  radialen  Zellreihen 
(Fig.  29).  In  dem  mittleren  Tbeile  der  Jahresringe  beginnt,  nach  meinen  Erfahrungen, 
dieser  I>rozess  in  seltenem  Fällen  schon  mit,  meistens  erst  kurze  Zeit  nach  der  Anlage  der 
secundären  Zellhülle  und  dann  immer  in  der  nächstalteren  oder  zweiten  Zelle  derselben 
radinlen  Reihe  (Fi*.  30).  Verschiedener  noch  gestaltet  sich  die  Folge  der  Verholzung  in  dem 
Herbßtholzc.  Während  ich  in  einer  Reihe  aus  diesem  entnommener  Präparate  die  Verholzung  der 
primären  Zellhülle  mit  Beginn,  in  einzelnen  Fällen  sogar  erst  nach  Beginn  der  Verdickung  ein- 
treten sah,  sah  ich  sie  bei  anderen,  dann  auch  in  den  äussern  Schichten  rasch  verholzenden,  schon, 
wie  auch  Dr.  Sanio  angibt,  an  kurz  vorher  zu  dem  Holze  übergetretenen  jungen  Zellen 
(Fig.  32).  Der  Umbildungsproccss  verläuft  dabei  ganz  in  der  von  Dr.  Sanio  a.  0.  ge- 
schilderten Weise,  in  den  Ecken  beginnend  und  sich  von  da  aus  zunächst  auf  die  radiale,  dann 
auf  die  peripherischen  Hüllstücke  verbreitend.  In  Bezug  auf  die  letzteren  fand  ich  sogar,  dass, 
wenn  die  beiden  Hüllstücke  der  Nacbbarzellen  durch  die  aus  dem  Cambium  herübergetretene 
Zwischenraasse  noch  getrennt  waren  —  was  hio  und  da  vorkommt  —  dasjenige  der  älteren 
Zelle  schon  verholzt  war,  während  jenes  der  jüngeren  noch  keine  nachweisbare  Umbildung 
erlitten  hatte.  Für  das  Studium  der  allmäligen  Verholzung  der  mittleren  weichen  Schicht 
der  secundären  Zellhülle  sind  namentlich  Querschnitte  aus  dem  mittleren  und  äusseren  Theüe 
des  Jahresringes  recht  geeignet.  Selten  nimmt  man,  wie  dies  bei  sehr  rasch  verholzendem 
Herbstbolzc  so  schön  zu  beobachten  ist  (Fig.  32),  und  zwar  in  Folge  des  verschiedenen 
Lichtbrechungsvermögens  den  Fortschritt  der  Verholzung  in  den  verschiedenen  Theilen  dieser 
Schicht  schon  an  frischen  Querschnitten  wahr.  Aber  die  Kaüwirkung  lässt  hier,  wie  in  dem 
Frühlingsholze,  sofort  erkennen,  dass  die  Verholzung  etwa  von  der  zweiten  oder  dritten  der  in 
Verdickung  begriffenen  Zellen  an  beginnt  und  bei  weiterem  Dickenwachsthum  der  betreffenden 


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Schicht  ganz  ollmälig  von  den  äusseren  Theilen  nach  den  inneren  vorschreitet  (Fig.  29). 
Bei  der  ziemlich  starken  Qucllung,  durch  welche  die  innerste,  stärker  lichtbrechendc  Schicht 
zur  Einfaltung  gebracht  wird,  werden  nämlich  die  an  diese  grenzenden  Theile  der  mittleren 
8chicht  stärker  ergriffen  and  nehmen  ein  dunkleres  Aussehen  an,  als  die  äusseren,  welche  in 
Folge  der  eingetretenen  Verholzung  eine  geringere  Menge  der  die  Quellung  hervorrufenden 
Flüssigkeit  zwischen  ihre  Moleküle  aufgenommen  haben.  Noch  überzeugender  werden  die  durch 
Actzkalilösung  erlangten  Resultate,  wenn  man  auf  derart  behaudelte  Präparate  Chlorzinkjod- 
lögung  oder  Jod  und  Schwefelsäure  wirken  lässt  (Fig.  30  u.  31).  Rei  Anwendung  der  ersteren 
färben  sich  die  im  Anfange  der  Verholzung  begriffenen  äusseren  Hüll  theile  kaum  merkbar  hell- 
violett, während  die  inneren,  gleichwie  die  in  der  KnLstehung  begriffene  Schicht,  röthüch 
violett  werden.  Später,  d.  h.  bei  älteren  Zellen  tritt  in  den  äusseren  Theilen  eine  röthlich- 
gelbe  Färbung  ein  (Fig.  30  unten),  welche  sich  je  nach  dem  Fortschreiten  der  Verholzung 
nach  und  nach  über  die  ganze  Mittelschicht  ausbreitet. 

Unter  Jod  und  Schwefelsäure  färben  sich  die  in  Verholzung  begriffenen  äusseren  Theile 
zuerst,  d.  h.  bei  jüngeren  Zellen  blassblau  bis  weisslichblau,  dann  je  nach  dem  Alter  der  peri- 
pherischen Zellenreihen  fortschreitend  grünlich,  grünlichgelb  und  gelb,  während  die  unverholzten 
Theile  tief  blau  erscheinen  (Fig.  31). 

Die  innerste  Schicht  der  secundären  Zellhülle  widersteht  der  Verholzung  am  längsten. 
Erst  dann,  wenn  das  Wachsthuin  der  mittleren  Schicht  vollendet  und  deren  Verholzung  nahezu 
durch  deren  ganze  Masse  fortgeschritten  ist,  beginnt  sich  jene,  nach  Rehandlung  mit  den 
genannten  Reagenzien,  etwa  in  demselben  Tone  gelb  zu  färben,  wie  die  primäre  Zellhülle 
(Fig.  31). 

Ich  will  hier  noch  auf  ein  Verhältnis«  aufmerksam  machen,  welches  namentlich  nach  dem 
tfeginn  der  Verholzung  oit  senr  schart  nervorintt.  in  einzelnen  l neuen  des  uoizge^eDes  sient 
man,  oft  bei  allen,  oft  bei  einzelnen  Zellen,  die  mittlere  Schicht  der  secundären  Zellhalle,  ent- 
weder vorzugsweise  in  den  Ecken,  wo  sie  sich  abgerundet  hat,  oder  auch  in  dem  ganzen  Um- 
fange deutlich  von  der  primären  Zellhülle  getrennt,  während  ihr  Zusammenhang  mit  der  inner- 
sten Schicht  durchaus  unberührt  bleibt  (Fig.  28,  30  u.  32).  Es  mag  in  diesem  Verhalten  im 
Zusammenhalte  mit  der  Entstehungsweise  ein  neuer  Beweis  dafür  gefunden  werden,  dass  die 
secundäre  Zcllhulle  nicht  einen  differenzirten,  sondern  einen  neu  gebildeten,  in  sich  individua- 
lisirten  Theil  der  Gesammtzellhulle  bildet. 

An  die  Entwicklung  der  secundären  Verdickung  von  Pinus  sihestris  schliesst  sich  un- 
mittelbar diejenige  von  schwach  verdickten  Parenchymzclicn  an,  welche  nur  ttof  secundäre  ZeH- 


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hüllgeneration  bilden.  Bei  dem  Blüthenschafte  der  Irisartcn  z.  B.  beobachtet  man  in  ganz 
jungem  Zustande  in  dem  Grundparenchym  nur  unverdickte,  von  der  primären  Zellhülle  umkleidete 
Zellen  (Fig.  33).  In  älteren  Blüthenschaften  dagegen  besteht  das  gesammte  Grundparenchym 
aus  Zellen  mit  einer  secundären  Zellhfllle,  deren  weiche,  wasserreiche  Schicht  zwar  nur  eine 
sehr  geringe  Breite  besitzt,  dennoch  aber  mit  Sicherheit  erkannt  werden  kann  (Mg.  34).  Nach 
Einwirkung  von  Actzkalilösung  quillt  diese  Schicht  bedeutend  (Fig.  35)  und  es  wird  auf  diese 
Weise  der  Bau  der  Gesammthülle  auf  das  Klarste  zur  Anschauung  gebracht.  Aehnlich  verhalten 
sich  die  Parenchymzellen  in  den  Blattstielen  der  Cycaden  und  in  dem  Marke  mancher  I  nub- 
hölzer.  Ein  schönes  Beispiel  liefern  z.  B.  die  Markzclleu  des  Gummi-Guttistrauches,  Xanto- 
ehymus  titidorius  (Ron  In  ganz  jungen  Stengeltrieben  sind  dieselben  nur  von  der  primären 
Zellhalle  umschlossen  (Fig.  ö6),  wahrend  in  älteren  und  ganz  alten  Intcruodieu  inuerhalb  dieser 
durchgängig  (sehr  selten  finden  Ausnahmen  statt)  noch  eine  secundäre  Zellhüllgeneration  auf- 
tritt (Fig.  37).  Diese  besitzt  hier  anfänglich  eine  nur  geringe  Breite,  wächst  aber  zu  einer 
etwas  grösseren  Breite  heran,  so  dass  sie  einen  uicssbaren  dunklen  Ringstreifen  bildet. 

Einwirkung  von  Actzkalilösung  bringt  auch  hier  die  fragliche  Schicht  zu  ansehnlicher 
Quellung,  wahrend  primäre  Hülle  und  innerste  secundäre  Schicht  ihr  Dickcuau&m.iass,  nicht  oder 
wenigstens  doch  nicht  in  messbarera  Umfange,  ändern  (Fig.  38). 

Für  den  Verfolg  der  Entwicklungsgeschichte  der  secundfiren  Verdickung  mehrfach  ge- 
schichteter Zellhüllcn  bieten  namentlich  die  holzigen  Clematisarten  in  ihrem  Markgewebe  und 
den  primären  Bastfaserbundeln  ein  sehr  günstiges  Material,  da  sich  -  soweit  meine  augenblick- 
liche Erfahrung  reicht  -  an  ihnen,  wie  bei  keinem  anderen  Objecte,  die  einzelnen  aufeinander- 
folgenden Vorgänge  auseinanderlegen. 

In  dem  Marke  des  Stengels  von  Clemaiis  vitalba  lassen  sich  an  recht  gelungenen  Quer- 
schnitten —  und  hier  sind  eben  nur  die  zartesten  Stellen  feiner  und  senkrecht  zur  Längsachse 
geführter  Schnitte  für  den  Sachverhalt  völlig  entscheidend  folgende  Thatsachen  der  Ent- 
wicklungsgeschichte feststellen. 

So  lange  die  Stcngelglicder  noch  im  Längenwachsthum,  sonach  in  der  Streckung  der  Zellen 
begriffen  sind,  findet  man  auf  Querschnitten  durch  das  Markgewebe,  dessen  Zellen  nur  von 
der  primären  Zellhttlle  umgeben  (Fig.  39).  In  jüngeren  Stcngelgliedern  lässt  dieselbe  noch 
reiue  Zellstoffrcaction  beobachten,  während  sie  sich  in  älteren,  in  denen  das  Längenwachsthum  eben 
vollendet  wurde  uud  welche  dem  Beginne  der  Verdickung  nahe  stehen,  als  schon  verholzt  zu 
erkennen  gibt.  Greift  man  nun  mit  den  Querschnitten  um  ein  Stengelglied  tiefer,  gleichviel, 
ob  dieselben  an  dem  oberen  oder  unteren  Ende  entnommen  werden,  so  giebt  sich  die  beginnende 


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Verdickung  darin  kund,  dass  auf  durchschnittenen  Querscheidewänden  zwar  flache,  aber  doch 
leicht  erkennbare  runde  bis  länglichrunde  Poren  auftreten  und  sich  innerhalb  der  primären 
Zellhalle  eine  weitere  HüUschicht  gebildet  hat,  welche  von  ihr  durch  eine  äusserst  zarte,  oft 
kaum  erkennbare  dunkle  Linie  getrennt  erscheint  und  mit  ihr  etwa  gleiches  Lichtbrechungs- 
vermögen theilt  (Fig.  40).  In  diesem  jüngsten  Zustande  lässt  sich  von  vornherein  nicht  mit 
Bestimmtheit  entscheiden,  ob  die  mittlere  Schicht  schon  vorhanden  ist.  Wendet  man  aber 
Actzkalilösung  an,  so  beweist  dieses  durch  ein  jetzt  schon  an  deren  Stelle  eintretendes,  wenn 
auch  geringes  Quellen  deren  Vorhandensein.  An  anderen  Präparaten  tritt  die  anfänglich  un- 
messbar  feine  dunkle  Trennungslinie  in  Gestalt  eines  minder  lichtbrechenden  Bingstreifens  auf. 
Untersucht  man  nun  eine  grossere  Anzahl  von  Querschnitten  aus  verschiedenen,  aber  derselben 
Entwicklungsperiode  Angehörigen  Steugelgliedern,  so  gewahrt  man,  dass  der  weniger  licht- 
brechende RingBtreifeu  bald  eine  geringere,  bald  eine  grössere,  niemals  aber  diejenige  der  inner- 
sten stärker  lichtbrechenden  Schicht  überschreitende  Breite  besitzt.  Unter  Einwirkung  von  Aetz- 
kaliiösung quillt  der  Hingstreifeu,  und  zwar  etwa  in  dem  Verhältnisse,  als  er  an  frischen  Schuitten 
schmäler  oder  breiter  beobachtet  wurde  (Fig.  41).  Er  wird  somit  leicht  als  die  weichere, 
wasserreichere  secundäre  Hüllschicht  kenntlich,  welche  wie  bei  der  Kiefer,  wenn  auch  im 
Ganzen  nur  um  weniges,  in  die  Dicke  gewachsen  ist. 

Damit  erscheint  die  erste  Entwicklungsperiode  in  der  Verdickung  der  Zellhülle  abgeschlossen 
und  es  ist  die  erste  seenndäre  Zellhüllgeueration  ausgebildet. 

Bezüglich  des  chemischen  Verhaltens  zeigt  die  Anwendung  von  Chlorzinkjodlösung,  dass 
sowohl  die  äussere  weiche,  wie  die  innere  dichte  Schicht  der  secundären  Zcllhülle  rasch  ver- 
holzen. Ueber  die  Folge  der  Verholzung  in  der  mittleren  Schicht  gibt  dieses  Reagenz,  obgleich 
dieselbe  nach  mehrtägiger  Behandlung  damit  ziemlich  stark  und  dauernd  aufquillt,  keine  ganz 
genügende  Aufschlüsse.  Die  Färbung  erscheint  hier  nämlich  an  Querschnitten  aus  verschiedenen 
Stengelgliedern,  während  sich  die  primäre  Zelle  hellgelb,  die  innerste  Schicht  (»tertiäre  Mem- 
bran«), je  nachdem  sie  noch  nicht  oder  bereits  verholzt  ist,  hellblauviolctt  oder  hellgelb  färbt, 
ziemlich  gleichmässig  schmutzig  braun-  bis  rothviolett.  Dagegen  erhält  man  in  dieser  Richtung 
durch  Anwenduug  conceutrirter  Schwefelsäure  gute  Aufschlüsse.  Diese  bewirkt  nämlich  in  der 
weicheren  Schicht,  vor  deren  Lösung  ein  äusserst  starkes,  die  inneren  Theile  mehr,  als  die 
äusseren  ergreifendes  Quellen.  Lässt  man  dieses  nun  bis  zu  einem  gewissen  Punkte  fort- 
schreiten und  senkt  dann  das  Präparat  rasch  in  eine  grosse  Menge  destillirten  Wassers,  so 
zeigen  sich  Verhältnisse,  wie  sie  in  der  Figur  42  dargestellt  sind.  Die  äussere  Schicht  der 
secundären  Zellhülle  zieht  sich  nämlich  unter  gleichzeitiger  scharfer  Abgrenzung  von  der  inneren 


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wieder  auf  einen  etwas  kleineren  Raum  zusammen  und  erscheint  in  ihren  äusseren  Theileu 
stärker  lichtbrechend,  als  in  ihren  an  die  innere  Schicht  angrenzenden.  Färbung  derartig  be- 
handelten 8chnitt  mit  Jodjodkalmmlüsung,  oder  hinreichende  Durchtränkung  frischer  Schnitte 
mit  diesem  Reagenz  und  darauf  folgende  Anwendung  wenig  verdünnter  Schwefelsäure  lässt, 
wenn  man  die  Concentration  der  Säure  richtig  getroffen  hat,  die  primäre  Zellhülle  hochgelb, 
die  äusseren  Theile  der  weichen  Schicht  grünlich,  die  inneren  sattblau,  die  innerste  secundäre 
Schicht  (sog.  »tertiäre  Membran«)  hellblau  gefärbt  erscheinen.  Ein  Vergleich  verschiedener 
Querschnitte  gibt  zu  erkennen,  dass  bei  vollständig  abgelaufenem  Verholzungsprocesse  der  be- 
schriebene Unterschied  in  der  Quellungsfäbigkeit  in  den  verschiedenen  Thailen  der  mittleren 
weichen  Schicht  nicht  mehr  besteht.  Diese  färbt  sich  jetzt  durch  ihre  ganze  Masse  geJbgrün, 
die  innerste  Schicht  hellgelb 

Rückt  man  jetzt  mit  den  Querschnitten  um  ein  weiteres  Stengelglied  abwärts,  so  zeigt 
sich  in  den  äusseren  und  mittleren  Zonen  des  Markes  (der  innere,  später  der  Auflösung  anheim- 
fallende Theil  bleibt  in  der  Regel  auf  der  vorigen  Entwicklungsstufe  stehen)  die  Anlage  der 
zweiten  secundüren  Hüllgeneration.  Die  einzelnen  Stufen  dieser  Entwicklungsperiode  kann  MI 
leicht  an  Querschnitten  von  verschiedeneu  Stengelgliedern,  oft  aber  auch  auf  demselben  Quer- 
schnitte verfolgen.  Das  Entstehen  dieser  zweiten  Generation  gibt  sich  in  dem  Auftreten  einer 
schmalen,  durch  eine  zarte  dunkle  Linie  von  der  vorigen  Generation  getrennte,  stärker  licht- 
brechende  Schicht  zu  erkennen  (Fig.  43  i).  Oft  ist  hierbei  die  weiche,  schwächer  licht- 
brechende  Schicht  so  wenig  entwickelt,  dass  die  innersten  Schichten  der  ersten  und  zweiten 
secundären  Hullgencration,  an  etwas  gröberen  Schnitten  und  bei  schwächerer  Vergrösserung. 
scheinbar  ein  einziges  Ganzes  ausmachen  und  somit  ein  in  die  Breite  wachsen,  jener  vorzuliegen 
scheint.  Scharfe  Objective  zeigen  aber  immer  die  Trennung  und  es  lässt  »ich  diese  namentlich 
auch  dann  leicht  erkennen,  wenn  in  Folge  der  Präp»ratiou  die  zweite  secundäre  Hülle  von 
der  ersten  auf  eine  Strecke  weit  losgetrennt  erscheint  (Fig.  43  j-).  Aetxkalilösung  bewirkt  in 
der  weicheren  Schicht  wiederum  ein  mehr  oder  minder  starkes  Quelleu  und  läsat  auf  diese 
Weise  die  Trennung  ganz  unzweifelhaft  erscheinen.  Weiter  fortgeschrittene  Entwicklungszostände 
zeigen  die  weichere  Schicht  als  minder  lichtbrcchcnden  Ringstreifen  (Fig.  43i)  und  die  Anwen 
dung  Von  Aetzkalilösung  liefert  jetzt  so  instruetive  Bilder,  wie  das  in  der  Figur  44  dargestellte. 

Hinreichend  dünnen  Querschnitte  mit  Jodjodkaliumlösung  durchtränkt  und  hierauf,  wie 
oben  geschildert,  mit  wenig  verdünnter  Schwefelsäure  behandelt,  zeigen  die  weichen  Schichten 
der  beiden  secundären  ZellhtMgenerationen  stark  gequollen  und  diejenige  der  jüngsten  in  gleicher 
Weise  gefärbt,  wie  oben  schon  von  jener  der  ersten  angegeben  wurde  (Fig.  4:>).  Während 


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also  die  erste  Generation  in  allen  ihren  Bestandteilen  vollständig  verholzt  erscheint,  schreilet 
die  chemische  Umhildung  in  der  aweiten  in  der  bekannten  Weise  fort 

In  ganz  gleicher  Weise  wie  in  dem  Vorangehenden  dargestellt,  verläuft  in  je  älteren 
Stcngelgliedern  die  Entwicklung  der  dritten,  vierten,  fünften  secundären  Zellhüllgeneratiun 
(Fig.  46-48).  Hier  treten  über  insofern  Unregelmässigkeiten  ein,  als  einmal  in  den  inneren 
Theilen  der  mittleren  Zone  des  Markes  eine  meist  nicht  grosse  Zahl  von  Zellen  in  der  Ent- 
wicklung stehen  bleiht,  zum  anderen  sich  aber  hie  und  da  einmal  eine  Zelle  findet,  die  eine 
Zellhüllgeniration  mehr  gebildet  hat,  als  die  übriyun.  Von  der  sechsten  Generation  ab  treten 
diese  Erscheinungen  häufiger  auf,  indem  »ich  die  Zellen  oft  ungleichmäßig  verdicken,  so  dass 
in  älteren  Stengelgliedern  dann  neben  Zellen  mit  8—10  Hüllgenerationcn  solche  mit  nur  4  — C 
auftreten. 

Aehnlich  wie  in  dem  Marke  geht  auch  die  Verdickung  in  den  Zellen  der  primären  Bast- 
faserbündel vor  sich.  Indessen  schreitet  hier  die  Entwicklung,  welche  in  demselben  Stengel- 
gliede  beginnt,  wie  diejenige  der  Markzellen,  nicht  in  der  raschen  Folge  fort  wie  bei  diesen, 
denn  häufig  findet  man  in  Internodien,  deren  Markzelleu  schon  2  und  3  secundare  Zellhüllen 
gebildet  haben,  uoch  sämmthehe  Bastfasern  mit  nur  einer  secundären  Zellhülle.  Ein  weiterer 
Unterschied  besteht  darin,  dass  sich  in  den  Zellen  des  primären  Bastbündels  die  äussere  weichere 
Schicht  der  secundären  Zellhüllu  schon  von  vornherein  in  bedeutenderer  Mächtigkeit  entwickelt 
und  später  stärker  verdickt,  als  in  den  Markzellen  (Fig.  50).  Ich  habe  die  Entwicklung  hier 
bis  zur  zweiten  Generation  der  secundären  Zellhüllen,  die,  weil  sich  schon  frühzeitig  die  primären 
Korkplatten  einschieben,  wohl  nur  selten  überschritten  wird,  verfolgt,  und  begnüge  mich  damit 
die  betreffenden  Eutwicklungsfolgcu  u.  s.  w.  in  den  Figuren  49  —52  wiederzugeben. 

Den  eben  betrachteten  mehrschichtigen  Verdickungsfoimen  von  Parenchym-  und  Bastzelleu, 
schliessen  sich  auch  manche  Holzfasern  an.  Da  aber  in  dem  betreffenden  Gewebe  die  Zell- 
bildung in  anderer  Folge  vor  sich  geht,  als  in  dem  Marke  und  dem  primären  Bastfaserbündel 
und  demgemä&s  die  Zellen  von  dem  Cambium  aus  nach  innen  hin  stetig  au  Alter  zunehmen, 
so  muss  die  Entwicklungsweise  der  Verdickung  natürlich  auch  eine  andere,  der  von  P»n»« 
silrestris  in  gewissem  Sinuc  sich  anschliessende,  sein. 

Bei  Cttmaii*  ti/a/A«,  deren  Holzfasern  in  älterem  Holze  in  der  Regel  drei  secundäre 
Hüllgenerationen  zeigen,  vollzieht  sich  die  Entstehung  dieser  folgendermassen :  Nach  innen  von 
dem  Cambium  treten  auf  dem  Querschnitt  in  der  Kegel  ein  oder  zwei,  hie  und  da  wohl  auch 
mehr  in  radialer  Dehnung  begriffene,  blos  von  der  primären  Zellhüllc  eingeschlossene,  juuge 
HakaicUeii  auf.    Daun  folgt  die  Anlagerung  der  ersten  secundären  Zellhülle  in  der  Weise, 


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wie  es  bei  Pinus  süt^stris,  bei  den  Markzellen  von  Clematis  vitalba  u.  8.  w.  fesgestellt 
wurde. 

In  den  nächsten  zwei  bis  drei,  weiter  nach  innen  gelegenen,  peripherischen  Zellrcihen 
erhält  sich  dieses  Verhältniss  bei  gleichzeitig  fortschreitendem,  nur  sehr  geringem  Dickenwachs- 
thum  der  weichen  Schicht  (Fig.  53  b).  Dann  treten  in  den  folgenden  2-4  Zellenreihen  zwei 
und  noch  weiter  nach  innen  drei  deutlich  sichtbare  secund&re  Zellhallen  auf,  womit  die  Ge- 
samnitverdickung  mit  wenigen  Ausnahmen  vollendet  erscheint  (Fig.  53  c  u.  d). 

Ein  gleicher  Entwicklungsgang  lässt  sich  bei  den  Holzfasern  von  Xatitochyms  tinetorius 
erkennen,  wobei  auch  die  allmälige  Verholzung  in  den  weichen  Schichten  der  secundären  Zell- 
hüllen, die  hier  in  etwas  grösserer  Breite  auftreten  als  bei  Cletmtis,  leicht  zu  verfolgen  ist. 
(Fig.  54). 

Suchen  wir  nun  aus  den  an  mehreren  Zellformen  dargelegten  entwicklungs-geschichtlichen 
Thatsachen  die  Schlüsse  zu  ziehen,  welche  f  ür  das  Wachsthum  der  Zellhalle  und  die  Entstehung 
der  Schichtung  eine  zutreffende  Erklärung  zu  gewahren  im  Stande  sind,  so  wird  sich  diese 
Aufgabe  am  leichtesten  bei  l'mus  lösen  lassen,  da  hier  die  Structur-Verhältnisse  am  einfachsten 
und  klarsten  zu  Tage  treten. 

Wir  beobachteten  hier  drei  in  ihrem  Lichtbrechungsvermögen  von  einander  unterschiedene 
Schichten  der  Gesanimtzellhülle:  eine  äussere,  stärker,  eine  mittlere,  schwächer  und  endlich 
eine  innerste  wiederum  stärker  brechende.  Dieses  verschiedene  Lichtbrechungsvermögen  der 
drei  bezeichneten  Schichten  ist,  wie  von  Nägeli  erkannt  wurde,  in  dem  verschiedenen  Wasser- 
gehalte derselben  begrüudet.  Wir  haben  sonach  in  der  ersten  und  der  dritten  je  die  wasserärmere 
oder  dichtere,  in  der  zweiten  die  wasserreichere,  weichere  Schicht  zu  erkennen.  Es  fraßt  sich 
nun  ob  die  Entstehung  dieser  drei  Schichten  aus  dem  ununterbrochenen  Wachsthum  der  erst- 
entstandenen und  einer  iu  dieser  sich  nachträglich  vollziehenden  Spaltung  in  einen  mittleren 

Streifen  erklärt  werden  kann,  oder  ob  eine  andere  Entstchungsweise  aus  der  Entwicklungsgeschichte 

■ 

abgeleitet  werden  musa? 

Wir  fanden  nun,  dass  die  zuerst  in  den  jungen  Holz-  und  Bastzcllcn  auftretende,  homogene 
und  stark  Uchtbrechende  Halle  während  ihrer  in  Folge  des  Zellenwachsthumcs  im  ganzen  Umfange 
erfolgenden  Ausdehnung  an  Dicke  um  weniges  zunimmt,  oder  sich  doch  mindestens  gleich  bleibt. 
In  beiden  Fällen  muss  sie  ein  Dickenwachsthura  geäussert  haben  und  wir  dürfen  unbedenklich 
schliefen,  dass  sich  dieses  durch  Kinlagerung  neuer,  ähnlicher  Zcllstoffmolekülc  zwischen  die  bereits 
vorhandenen,  also  durch  Intussuception  vollzogen  hat.  Sie  erreicht  aber  endlich  ein  Ausmaass, 

Abtaiuidl.  d.  Henckenb.  nattirf.  Ott,  IW.  X.  '26 


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—    202  — 

welches  im  Laufe  der  weiteren  Zellhallentwicklung  nicht  mehr  überschritten  wird,  wie  dies 
durch  Messungen  sofort  constatirt  werden  kann.  Später  treffen  wir  innerhalb  derselben  eine, 
anfänglich  durch  eine  höchst  zarte  Linie,  nur  in  den  Ecken  der  Zellen  durch  etwas  ausgedehn- 
tere, leichter  sichtbare  Zwischenräume  von  ihr  getrennte,  zarte,  gleichfalls  stark  lichtbrechende 
Hallschicht  entstanden  und  erkennen  zugleich,  namentlich  aus  der  Wirkung  der  Aetzkalilösung, 
dass  der  Zwischenraum  zwischen  den  beiden  Schichten  nicht  etwa  leer,  sondern  jetzt  schon  mit 
einer  weichen  auf  Zellstoff  reagirenden  Masse  erfüllt  ist.  Wäre  nun  die  innerste  stärker  licht- 
brechende, also  dichte  Schicht  durch  Spaltung  der  ersten  entsanden,  so  müsste  diese  erstlich 
im  Laufe  der  Entwicklung  einmal,  eine  der  Breite  der  beiden  Schichten  wenigstens  nahezu 
gleiche  Breite  erlangt  haben  und  dann,  müsste  die  innere  dichte  Schicht  ein  ihr  gleiches  opti- 
sches und  chemisches  Verhalten  zeigen.  Beides  ist  aber  nicht  der  Fall.  Auf  keiner  Entwick- 
lungsstufe der  zahlreichen  Präparate,  welche  mir  vorgelegen  haben  und  von  denen  mir  heute 
noch  manche  aufbewahrten  zum  Vergleiche  zur  Verfügung  stehen,  hat  die  primäre  Zellhulle 
vor  dem  Auftreten  der  inneren  secundaren  Schicht  eine  messbar  grössere  Breite  erreicht,  als 
sie  in  ausgebildeten  Holzfasern  besitzt.  Die  Innenschicht  äussert  ferner  bei  ihrem  ersten  Auf- 
treten kaum  einen  sichtbaren  Kmriuss  auf  das  polarisirn  Licht,  während  die  primäre  Zellhülle 
schon  zu  dieser  Zeit  stark  aufglänzt.  Erst  etwa  in  der  dritten  bis  vierten  Zellenreihe  weiter  nach 
innen  beginnt  jene  sichtbar  aufzuleuchten  und  es  verstärkt  sich  dieses  Verhalten  nach  und  nach 
in  dem  Maasse,  als  man  zu  älteren  Zellen  übergeht.  Chemisch  ist  das  Verhalten  zwar  in  dem 
Frühlingsholze  und  in  dem  mittleren  Theile  des  Jahresringes,  anfänglich  dem  der  primären 
Zellhülle  annähernd  gleich,  ändert  sich  aber  mit  dem  Auftreten  der  Verholzung  wesentlich.  In 
dem  äusseren  Theile  des  Jahresringes  tritt  jedoch  ein  wesentlicher  Unterschied  ein,  indem  die 
primäre  Zellhalle  schon  vollständig  verholzt  erscheint,  che  oder  wenn  die  innere  Schicht  zur 
Entwicklung  gelangt  Wir  dürfen  demgemäss  annehmen,  dass  die  erst  beobachtete  Hüllschicht 
vollständig  ausgebildet  und  individualisirt  ist,  ehe  die  andere  entsteht,  dass  dieselbe  daher  als 
gesonderter  Theil  der  Gesammtzellhülle  betrachtet  werden  muss,  dem  mit  Recht  die  Bezeichnung 
primäre  Zellhülle  gebührt.  Dafür  spricht  auch  noch  weiter  der  Umstand,  dass  die  mittlere 
weiche  Schiebt  da,  wo  sie  an  die  erste  angrenzt,  sich  leicht  und  oft  schon  während  des  Ent- 
wicklungsganges von  selbst  von  dieser  trennt,  während  sie  mit  der  dritten  Schicht  in  Zu- 
sammenhang bleibt  Diese  mittlere  weiche  Schicht  und  die  mit  ihr  in  organischer  Verbindung 
stehende  innere  Schicht  haben  wir  zusammen  als  secundäre  Zellhulle  zu  betrachten. 

Die  mittlere  weiche,  d.  h.  die  äussere  Schicht  der  secundaren  Zellhülle  anfänglich  in 
äusserst  geringer  Mächtigkeit  vorhanden,  nimmt  wie  wir  weiter  oben  gesehen  haben,  bis  zu  ihrer 


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Vollendung  im  Frühlingsholzc  allerdings  nicht  sehr  erheblich,  im  Herbstbolze  aber  in  hohem 
Maasse  an  Dicke  zu  und  das  bezügliche  Wachsthum  kann  ebenso  wie  deren  Entstehung,  da  sie 
von  dem  lebendigen  Zellenleib  durch  die  innere  dichte  Schicht  gerrennt  ist,  nur  in  zweierlei 
Weise  erklärt  werden.  Entweder  es  entsteht  dieselbe  nach  Anlage  der  innersten  Schicht  durch 
ninscmebung  von,  durch  die  letztere  hindurch  gegangenen,  wasserreu  Deren  AeilstonmoieKuie 
zwischen  die  beiden  stärker  uchtbrechenden  Schichten  and  es  erfolgt  deren  Wachsthum  durch 
fernere  Einlagerung  von  gleichartigen  Zellstoffmolckülc  zwischen  die  bereits  vorhandenen.  Oder  es 
spalten  sieb,  da  eine  periodische  wiederholte  Spaltung  durch  die  Beobachtung  ausgeschlossen  wird, 
von  der  innersten  dichten  Schicht  ununterbrochen  und  in  dem  Maasse,  als  von 
dem  Protoplosma  aus  wasserarmere  Zellstoffmoleküle  in  sie  eingelagert 
werden,  nach  Aussen  hin  wasserreichere  Zellstoffmolekule  ab,  welche  Entstehen  und  Wachsen 
der  mittleren  weichen  Schicht  bedingen.  In  beiden  Fällen  aber  haben  wir  die  innere  dichte 
Schicht  als  die  zuerst  entstandene,  die  weichere  als  die  später  gebildete  zu  betrachten. 

Gegen  die  von  mir  angegebene  Entstehungsfolge  der  beiden  difTerenten  Schichten  der 
secundären  ZellhüUe  hat  Dr.  Sanio  einige  Einwände  erhoben  (Flora  1874,  Nr.  35  und  1875 
Nr.  20).  Der  eine  ist,  da  er  eben  nur  constatirt,  dass  Sanio  das  in  Wirklichkeit  vorhandene 
Structurverhältniss  bis  jetzt  noch  nicht  erkannt  hat,  also  eine  einfache  Negation  meiner  durch 
Präparate  hinlänglich  zu  beweisenden  und  von  anderer  Seite  mehrfach  controlirten  Beobachtungen 
bildet,  von  keiner  weiteren  Bedeutung  und  brauche  ich  mich  mit  demselben  nicht  ferner  zu 
befassen.  Der  andere  gipfelt  einestheils  in  der  »niederschlagenden«  Beobachtung  von  der  Bpiraligen 
Streifung  stark  verdickter  Holzzellen,  anderntheils  in  dem  endlichen  Ausmaasse  der  sogenannten 
»tertiären  Innenauskleidung«. 

Was  die  spi  raiige  Streifung  angeht,  auf  welche  ich  demnächst  in  einer  weiteren  Nummer 
ausführlicher  zu  sprechen  komme,  so  zeigt  jeder  gute  Längsschnitt  durch  die  stark  verdickten 
Herbstholzzellen  namentlich  von  der  Fichte,  aber  auch  von  der  Kiefer  (auch  bei  sogenannten 
differenzirt  verholzten  Zellen),  dass  jene  auf  ungleichmässigem  Wachsthum  der  mittleren  weichen 
Schicht  beruht,  die  innere  dichte  Schicht  (tertiäre  Membran)  aber  nirgends  eine  Verdickung 
erfährt,-  sondern  in  ihrem  Verlaufe  nur  den  Structurverhältnissen  der  ersteren  folgt.  Dass  also 
die  spiralige  Streifung  in  früheren  Entwicklungszuständen  noch  nicht  zu  beobachten  ist,  hat 
zunächst  mit  der  Entstehungsweise  der  inneren  Schicht  gar  nichts  zu  tbun.  Hätte  Sanio 
hier  richtig  beobachtet,  so  hätte  er  gefunden,  dass  sein  Reagenz  zwar  keinen  Niederschlag  er- 
zeugen kann,  dass  es  aber  seiner  weiteren  Bemerkung  theilweise  die  Spitze  abbricht.  Die  Ver- 
kleinerung der  Oberfläche  der  inneren  Schicht  der  secundären  Zellhülle  ist  so  bedeutend  nicht, 


i 


—    204  - 

wie  dies  Sanio  glauben  machen  möchte.  Bekanntlich  steht  dieselbe  (wenn  wir  der  Eiufachheit 
halber  die  »Innenauskleidung«  als  Hohlcylinder  betrachten),  da  die  Höhe  als  annähernd  gleich 
angenommen  werden  darf;  im  Verhältnisse  der  Radien  oder  der  Durchmesser.  Nun  finde  ich 
dieses  Verhältnis  bei  einer  ziemlich  gleichmäßig  sechsseitigen,  stark  verdickten  Herbsthotezelle 
der  Kiefer  -  5:3,  bei  einer  sehr  stark  verdickten  Buchenholzzelle  =  3:1.  Die  Oberfläche  der 
inneren  Schicht  würde  also  in  dem  einen  Falle  si&,  in  dem  andern  >  des  ursprünglichen 
Inhaltes  betragen.  Das  scheint  allerdings  so  geradehin  betrachtet  eine  ansehnliche  Differenz. 
Nun  wird  die  Innenschicht  im  Laufe  der  Entwicklung  zum  ersten,  wie  die  Wirkung  auf  das 
polarisirtc  Licht  zeigt,  ziemlich  dichter  und  zum  anderen  hat  sie  sich  den  Verdickungsformen 
anzuschmiegen ;  sie  folgt  dei  der  Fichte,  Kiefer  u,  s.  w.  den  spiraligen  Streifen  und  erscheint 
dabei  mehr  oder  minder  tief  gefaltet,  sie  zieht  sich  in  die  Porenkanäle  hinein  u.  s.  f.  Das 
erste  Verhalten  bedingt  nun  ganz  unzweifelhaft  eine  nach  und  nach  erfolgende  Verringerung 
des  ursprünglichen  Oberflächeninhaltes.  Die  innere  Schicht  wird  dadurch  geschickt  gemacht, 
einen  in  Folge  des  Anwachsens  der  mittleren  Schicht  kleiner  gewordenen  Hohlraum  auszukleiden. 
Das  andere  Verhältniss  verlangt  ein  grösseres  Oberfläch  enausraaass,  als  das  ist,  welches  man 
einfach  aus  dem  Durchmesser  des  Hohlraumes  berechnet,  d.  h.  die  Oberfläche  der  inneren 
Schicht  verkleinert  sich  bei  spiralig  gestreiften,  bei  porösen  Zellen  (und  eine  oder  beide 
Verdickungsformen  finden  sich  bei  allen  verdickten  Zellen)  nicht  in  dem  Maasse,  als  man 
es  einfach  aus  dem  sich  verkleinernden  Durchmesser  desselben  erschliesst.  Man  ersieht  hieraus, 
dass  unter  dem  Einflüsse  der  beiden  erwähnten  Umstände  die  Verkleinerung  der  Innenschicht 
keineswegs  den  oben  mitgetheilten  Verhältnisszahlen  gemäss  erfolgt  und  dass  bei  derselben  das 
Maass  der  Möglichkeit  nicht  überschritten  zu  werden  braucht. 

Die  gleiche  Erklärung  wie  für  die  Entstehung  der  Verdickung  von  J'inus  silvestris  lässt 
sich  auf  diejenige  der  Grundparenchymzellen  der  Irisarten,  der  Markzellen  von  Xantochymus 
und  anderer  verdickter  Parenchymzellen  mit  nur  einer  secundären  Zellhülle  anwenden  und  von 
ihnen  aus  ist  dann  der  üebergang  zu  den  mehrfach  geschichteten  Markzellen  von  Climatis 
vitalba  u.  s.  w.  leicht  und  ungezwungen  vollziehbar. 

Die  ganze  von  letzteren  vorhegende  Entwicklungsreihe  lässt  es  als  unzweifelhaft  erscheinen, 
dass  die  einzelnen  sich  nach  innen  folgenden  Doppelschichten  nichts  anderes  sind,  als  nach  der 
Individualisirung  der  primären  Zellhülle  entstandene  secundäre  Zellhüllgenerationen .  von  denen 
jede  einzelne  der  bei  Pinus,  Iris  etc.  vorhandenen  einzigen  entspricht,  und  ganz  in  der  Weise 
sich  entwickelt  hat,  wie  es  für  die  genannten  aus  den  Thatsachen  erschlossen  worden  ist. 


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Der  Vorgang,  wie  er  bei  Pinus  stattfindet,  wiederholt  «eh  öfter.  An  die  Stelle  des  un- 
unterbrochen fortdauernden  Wachsthuius  der  einmal  angelegten  secundaren  ZellhuUe  durch  Ein- 
lagerung, tritt  hier  eine  Unterbrechung  des  nur  kurze  Zeit  dauernde»  Dickenwachsthums  der 
einzelnen  Generation  und  es  wird  die  weitere  Verdickung  der  Gesamratzellhüllc  durch  wieder- 
holte Neubildung  mit  folgendem  beschränktem  Dickenwachsthum  vollzogen. 

Wir  ersehen  aus  alledem,  dass  sowohl  die  ältere  Appositionstheorie,  als  auch  die  neuere 
Intussusceptionstheorie  einer  Abänderung  und  Beschränkung  bedürftig  sind,  und  gelangen 
kurz  zusammenfassend  zu  folgender  Erklärung  der  Schichtung  und  des  Wachsthums  der 
Zellhülle: 

1.  Die  primäre  Zellhülle  entsteht  selbststündig  und  bildet  sich  zu  einem  organisch  ab- 
geschlossenen Theil  der  Gesammtzellhülle  aus. 

2.  Die  Verdickung  erfolgt  durch  gleichfalls  selbstständige  Entwicklung,  d.  h.  durch  Neu- 
bildung secundärer  Zellhollgenerationen,  welche  aus  einer  äusseren  weichen  und  einer  inneren 
dichten  Schicht  bestehen  und  von  denen  jede  einzelne  durch  Einlagerung  zu  ihrer  endlichen 
Stärke  heranwächst.  Es  sind  bei  derselben  sonach  zwei  Vorgänge:  Appostion  (wenn  man 
die  Neubildung  so  nennen  will)  und  Intussusception  betheiligt 

3.  Je  nachdem  diese  Neubildung  nur  einmal  stattfindet  (Pmus  u.  s.  w.)  oder  sich  in 
periodischer  Folge  öfter  wiederholt  {Clcmatis  u.  s.  w.)  lassen  sich  in  der  Verdickungsmasse 
der  betreffenden  Zellen  nur  zwei  durch  ihr  Lichtbrechungsvermögen  unterschiedene  Schichten, 
eine  äussere  weichere,  die  früher  als  »secundäret  Zcllhüllc  bezeichnete,  und  eine  innere,  die 
sogenannte  »tertiäret  Zcllhüllc,  unterscheiden,  oder  es  besteht  dieselbe  aus  einer  mehr  oder 
minder  grossen  Anzahl  von  Doppclschichten,  sie  ist  mehrschichtig. 

Es  erübrigt  nun  zum  Schlüsse  noch  die  zur  Zeit  allgemein  als  durchschlagend  anerkannten 
Einwürfe  zu  prüfen,  welche  von  Hofmeister  (die  Lehre  von  der  Pflanzenzelle  Seite  192  u.  f.) 
gegen  die  Appositionstheorie  erhoben  worden  sind  und  die  in  gewissem  Umfiinge  auch  der 

Die  geschichteten  Parenchymzellen  von  Hoya  carnosa,  welche  übrigens  für  die  Ent- 
scheidung der  vorliegenden  Fragen  kein  günstiges  Objeet  bilden,  da  ihre  Flächen  nahezu 
sphärisch  sind  und  man  es  nicht  in  der  Gewalt  hat,  wie  das  so  durchaus  notwendig  ist, 
gerade  Durchschnitte  der  Zellen  mit  Ausschluss  der  Deckwände  zu  erhalten,  habe  ich  sowohl  in 
dem  Marke,  als  in  der  Rinde  junger  Triebe  untersucht.  Ich  fand  da  auch  das  eine  von  Hof- 
meister angegebene  Verhalten  bestätigt,  dass  neben  Zellen  mit  mehrfach  geschichteten,  solche 


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-    206  - 

mit  einfacher,  denjenigen  der  Holzzellen  von  Pinus  ähnlich  gebauten  Hüllen  vorkommen.  An 
diesen  Zellhüllen  unterscheidet  man  aber  immer  drei  Lagen,  je  eine  äussere  und  innere  sich 
in  die  Porencanäle  hineinziehende  (Fig.  55  g,  A),  stärker  lichtbrechende,  dichtere  und  eine 
mittlere,  minder  lichtbrechende,  mithin  weichere.  Dieses  Structurverbältniss  zeigen  Zellen  mit 
verschiedener  Dicke  der  Zellhttlle  in  jüngeren,  wie  in  älteren  8tengelgliedeni ;  und  daraus 
scheint  mir  hervorzugehen,  dass  dasselbe,  wo  es  einmal  in  einer  Zelle  vorhanden  ist,  auch 
ferner  so  verbleibt.  Wollte  man  nun  annehmen,  es  hätten  sich  aus  diesen  Zellen  junger 
Stengelglieder  später  mehrfach  geschichtete  Zellen  durch  Spaltung  der  mittleren  Schicht  ent- 
wickelt, so  müssten  sich  in  diesem  Falle  in  der  wasserreichen  Zellstoffmodification  wasser- 
ärmere Schichten  durch  nachträgliche  Differenzirung  herausgebildet  haben.  Nun  wird  aber 
von  Hofmeister  in  Uebereinstimmung  mit  Nägeli  überall  angenommen,  dass  sich  aus 
den  wasserärmeren  Schichten  durch  Differenzirung  wasserreiche  Schichten  ausspalten.  Das 
vorliegende  Object  lässt  sich  also  unter  der  gemachten  Voraussetzung  nicht  wohl  für  die 
Nägeli'sche  Theorie  des  Wachsthums  verwerthen.  Die  andere  Angabe,  dass  wo  Schichten 
auftreten,  sofort  fünf  und  nicht  weniger  vorhanden  seien,  fand  ich  dagegen  keineswegs  bestätigt. 
An  guten  Quer-  und  Längsschnitten  durch  die  betreffenden  Zellen  des  Markes,  die  hier  aller- 
dings schwer  zu  erhalten  sind,  aber  keineswegs  durch  >optische  Querschnittec  der  Zellen 
dicker  Schnitte  ersetzt  werden  können,  finde  ich  Zellen  mit  nur  einer,  mit  2,  3  und  4 
secundären  Zellhüllgenerationen  (Fig.  55  a— /),  nach  der  Hof  meist  er 'sehen  Auffassung  also 
mit  3,  5,  7  und  9  Schichten.  Diese  markiren  sich  allerdings  nicht  so  scharf,  wie  bei  Clematis, 
allein  sie  sind  doch  zu  erkennen  und  namentlich  leicht  durch  die  Quellung  in  Aetzkalilösung 
nachzuweisen.  Ein  ganz  gleiches  Verhalten  zeigen  auch  andere  geschichtete  Parenchymzellen, 
wo  dieselben  in  verschieden  weit  fortgeschrittenen  Entwicklungszuständen  der  Verdickung 
dicht  neben  einander  vorkommen.  Nur  dass  hier  in  Folge  eines  grösseren  Unterschiedes  in 
dem  Wassergehalte  der  beiden  Schichten  diese  weit  deutlicher  hervortreten  (Fig.  56  u.  57).  Hier 
mag  noch  erwähnt  werden,  dass  die  dichte  Schicht  der  jüngsten  Zellhüllgeneration  meist  etwas 
oreiter  und  stärker  glänzend  erscheint,  als  diejenigen  der  älteren.  Dies  ist  aber  offenbar  eine 
in  optischen  Verhältnissen  und  nicht  in  der  Structur  begründete  Erscheinung.  Denn  wenn  die 
Schichten  durch  die  Präparation  von  einander  getrennt  und  aus  einander  gezerrt  werden,  so 
zeigt  sich  das  gleiche  Verhältnis»  bei  jeder  an  grossere,  freie  Räume  angrenzenden  Schichten- 
gruppe. 

Was  die  Ausmaasse  verschieden,  stark  verdickter  derartiger  Parenchymzellen  betrifft,  so 
fand  ich  für  dieselben  in  der  Mitte  der  Seitenwäude  und  von  der  Mitte  der  sogenannten  Mittel- 


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lamelle,  d.  h.  der  scheinbar,  homogenen,  gemeinschaftlichen  primären  Zellhülle  ans  gemessen, 
folgende  Grössen: 

1)  Hoya  carnosa  Mark: 

a.  mit  1  sec.  Hülle    1,66  Mikr. 

b.  »    2    »      »      2,70  » 

c.  »    3    >       »      3,50  » 

d.  »    4    »       »      5,00  » 
•    e.   »    5    »       »      6,20  » 

2)  Urania  guyanensis.   Orundparencbym  des  8tammes. 

a.  mit  1  sec  Halle    1,90  Mikr. 

b.  »    2    »       »       3,75  » 

c.  »    3    >       »      5,40  » 

d.  »    4    »       »      7,90  > 

e.  »    8    »       »       16,6  » 

3)  Lyccpodium  sp.  mex.  verdickte  Scheidezellen. 

&.  mit  1  sec.  Halle    1,85  Mikr. 

b.  »    1    »      >      3,43  > 

c.  »    3    »      »      4,70  » 

d.  >    4    >       »      6,25  » 

e.  >    6    »       »       7,55  » 

An  Dasydodos  ekaae/ormis  konnte  ich  wegen  Mangel  an  Material  die  Hof m  eist er'schen 
Angaben  nicht  controliren.  Bei  Pinm  Larioio  aber  ist  die  Dicke  der  äussersten,  stark  licht- 
brechenden Schicht,  d.  h.  der  primären  ZellhttUe  bei  den  Oberhautzellen  in  höherem  Alter  noch 
ebenso  gross,  wie  in  jüngerem.  Hätte  Hofmeister  hier  die  Entwicklang  verfolgt,  so  würde 
er  gefunden  haben,  das«  sich  die  6  oder  6  Doppelschichten,  resp.  secundäre  Httllgenerationen  hier 
ebenso  nach  und  nach  einfinden,  wie  in  anderen  Fällen.  Der  Dickendorchmesser  der  primären 
Zellhülle  (1,21  Mikr.)  macht  hier  keine  irgend  bemerkenswerte  Ausnahme.  Ausserdem  lehrt 
die  Beobachtung,  dass  die  primäre  Aussenwand  der  Oberhautaellen  vielfach  stärker  Ist,  als  die 
primäre  Zellhülle  innerer  Gewebezellen. 

Die  Angabe  bezüglich  der  Haarzellen  von  Lmaiera  trimestris  konnte  ich  weder  früher 
noch  bei  einer  neuerlichst  von  mir  selbst  und  von  anderer  Seite  mittelst  der  Systeme  F  (ein  vor- 
zügliches neueste«  CorrectioDSsystem),  wie  1  und  3  zum  Eintauchen  von  Zeiss  vorgenommenen 
Revision  meiner  Präparate  bestätigen.  Die  stärksten  Haare  fand  ich  mit  13,5  Mikr.  dicken  Hüllen 


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und  es  erscheinen  dieselben,  wie  dies  in  den  durch  die  Gestaltung  des  Objectes  bedingten  optischen 
Verhältnissen  (Brechung  und  Zurückwerfung)  begründet  ist,  bis  etwa  zu  »/»  nach  dem  Rande 
hin  sehr  deutlich,  weiter  nach  aussen  weniger  deutlich  geschichtet  Die  Anzahl  der  Doppel- 
schichten betrug  hier  8  bis  9.  Ebenso  deutlich  wie  diese  und  in  dem  eben  angedeuteten  Ver- 
hältnisse fand  ich  aber  auch  Zellhüllen  geschichtet,  weiche  nur  5  bis  5,7  Mikr.  maassen;  und 
an  Haarzellen  mit  einer  Wandstärke  von  3,57  Mikr.  konnte  ich  ohne  Mühe  2-3  Doppel- 
schichten unterscheiden.  An  ganz  jungen  Haaren  beobachtete  ich  bei  einer  Dicke  der  Zell- 
hülle von  2,18  bis  3,60  Mikr.  immer  eine  Doppelschicht  innerhalb  der  primären  Zellhülle 
und  hatte  dabei  die  mittlere  weiche  Schicht  eine  um  so  grössere  Breite,  je  grösser  das  ganze 
Ausmaass  war.  Also  auch  bei  den  noch  dünnen  Zellhüllen  sind  bei  diesem  Objecte  immerhin 
schon  drei  Schichten  im  Sinne  Nägeli's  und  Hofmeister' s,  d.  h.  eine  mittlere  weiche 
und  je  eine  äussere  und  innere  dichtere  Schicht  vorhanden. 

lieber  das  auf  Seite  194  besprochene  Verhältniss  bei  Cladophora  glomerata  kann  ich 
nicht  urtheilen,  da  mir  so  starkwandige  Exemplare  nicht  zur  Hand  waren.  Bei  Cladophora 
fr  acta  aber  fand  ich  Folgendes: 

In  der  Endzelle  eines  dickwandigen  Fadens,  in  dem  sich  diese  eben  getheilt  hatte,  sah 
ich  den  Intercellularraum  von  4  Zellhullgenerationen  überspannt.  Die  Gesammtumhüllung  zeigte 
somit  5  (homogene  nicht  differenzirte)  Hüllen,  und  diese  fand  ich  sowohl  am  Grunde,  wie  an 
den  Spitzen  deutlich  ausgesprochen,  (das  Präparat  hierzu  ist  bewahrt).  Einen  Ast,  der  eben 
aus  einer  fünffach  eingeschachtelten  Zelle  hervorwuchs  und  etwa  deren  Länge  erreicht  hatte,  also 
noch  verhältnissmässig  kurz  war,  zeigte  an  seinem  Grunde,  also  bei  seinem  Austritt  aus  der 
Mutterzelle  eine  Wanddicke  von  15,4  Mikr.  (die  grosse  Dicke  kommt  hier  von  der  Lockerung 
der  Hüllen  und  zwar  in  Folge  der  Aufbewahrung),  welche  sich  nach,  der  Spitze  hin  rasch  auf 
5,8  Mikr.  verjüngte,  ohne  dass  aber  auch  nur  eine  Schicht  weniger  sichtbar  geworden  wäre. 
Ein  anderer  Ast,  welcher  aus  einer  dünnwandigen  Zelle  hervorwuchs,  hatte  sich  einmal  getheilt 
und  seine  Tochterzellen  liesscn  in  ihrem  ganzen  Umfange  -  also  auch  die  Endzelle  an  ihrer 
Spitze  —  zwei  Hüllgenerationen  erkennen.  Im  übrigen  fand  ich  die  Zahl  der  Schichten, 
resp.  der  ineinandergeschachtelten  Zellhüllen  (und  bei  der  Einschachtclungstheorie  muss  ich 
heute  noch  auf  Grund  vielfach  beobachteter  Thatsachen  und  trotz  des  Einspruchs  von  Strass- 
burger  stehen  bleiben)  immer  im  Verhältniss  stehend  zu  den  entsprechenden  Theilungsvorgängen. 
Demgemäss  findet  bei  Cladophora  fracta  und  wohl  ebenso  bei  Cl.  glomerata  überall  keine 
SchichtenbUdung  im  Sinne  Hofmeisters  statt  Was  scheinbar  als  solche  auftritt  ist  nichts 
anderes,  als  die  Summe  einer  Reihe  von  Zellhüllgenerationen,  welche  verschieden  alten 


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—    209  - 

Mutter-  und  Tochterzellen  angehören  und  die  Producte  der  aufeinanderfolgenden  Theilungsvor- 
gänge  sind.  Der  Fall  gehört  also  eigentlich  gar  nicht  hierher  und  ich  habe  ihn  nur  deshalb 
nicht  unbeobachtet  lassen  wollen,  weil  Hofmeister  ein  besonderes  Gewicht  darauf  zu  legen 


Die  Seite  195  stehende  Angabe,  dass  die  Schichten  bei  vielen  verdickten  Zellen  ohne 
Ablenkung  bis  an  die  Porencanäle  reichen,  findet  an  feinen  Schnitten  (wie  ich  schon  oben  bei 
Hoya  eamosa  vorübergehend  erwähnt  habe)  keine  Bestätigung.  Im  Gegentheil  zieht  sich  die 
innere  dichte  Schicht  jeder  Zellhüllgeneration  überall  in  die  Porencanäle  hinein  und  schliesst 
sich  an  jene  der  vorhergehenden  an  (Fig.  55  g  u.  h  u.  57).  üebrigens  kann  das  eine  wie  das 
andere  Verhalten,  welches  in  einer  späteren  Nummer  näher  besprochen  werden  soll,  weder 
etwas  für  noch  gegen  die  eine  oder  die  andere  Theorie  beweisen. 

Darmstadt,  im  August  1875. 


AbhMdL  d.  Honckrob  n«turf.  Ol».  Bd.  X.  27 


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» 


Erklärung  der  Abbildungen. 

Bemerkung.    Es  bezeichnet  in  allen  Figuren: 

B.  Bast. 

C.  Cambiumregion. 

H.  Hol«. 

pr.  primäre  Zellhalle. 

sa.  äussere  Schicht  der  secundären  Zellhfille, 

si.  innere  Schicht  der  secundären  Zellhalle  (»tertiäre  Membran«), 

I.  ZwischensubsUnx  «wischen  den  radialen  llallstücken  der  cambialen,  jungen  Bast-  und  Holxzelleo, 
p.  Pore. 

i.  Intercellularraum. 
Sämmtliche  Figuren  sind  600  Mal  vergrössert 

Pinns  silvestris. 

Fig.  26.  Querschnitt  durch  das  Cambium,  den  jungen  Bast  und  das  junge  Holz  eines  alten  Stammes  zur 
Zeit  der  Entwicklung  des  Frahlingsholzes. 

Fig.  27.  Aehnliches  Präparat  (ohne  Bastzellen)  nach  der  Behandlung  mit  Aeukalilosung  (links)  und 
dann  mit  Chlorzinkjodlosung  (rechts). 

Fig.  28.  Querschnitt  durch  Cambium,  Holz  und  Bast  eines  alten  Stammes  in  der  Periode  genommen, 
in  welcher  der  Uebergaug  des  Frühlingsholzes  in  das  Herbstholz  begonnen  hat.  Die  weiche  Schicht  der 
secundären  Zellhalle  hat  sich  bei  einer  Anzahl  von  Zellen  von  der  primären  Zellhalle  getrennt  bei  xx. 

Fig.  29.   Gleiches  Präparat  nach  der  Behandlung  mit  Aetxkalilösung.    M.  M.  Markstral. 

Fig.  30.  Mit  Chlorzinkjodlösung  behandelter  Querschnitt  nach  mehrtägigem  Liegen  in  derselben 
gezeichnet. 

Fig.  31.  Mit  Jodjodkaliumlösung  und  rerdannter  Schwefelsaure  behandelter  Querschnitt,  karte  Zeit 
nach  dem  Einliegen  gezeichnet. 

Fig.  32.  Querschnitt  durch  das  in  der  Entwicklang  begriffene  Herbsthols  eines  alten  Stammes.  Die 
Verholzung  lieginnt  sehr  früh  und  schreitet  rasch  fort.  Links  die  Reaction  von  Chlorxinkjodlösung  nach  etwa 
24  ständiger  Einwirkung. 

Bemerkung.    Bei  sämmtlichen  Figuren,  wo  sie  vorkommt,  ist  die  Lostrennung  der  weicheren  secoi  Jaren 
HolUchicht  von  der  primären  Zellhalle  durch  dunklere  Schattirung  angedeutet 

Iris  spec. 

Fig.  33.  Querschnitt  aus  dem  Grundgewebe  eines  noch  jungen  BlUthenschaftes.  Die  Zellen  sin«  blo* 
von  der  primären  Zellhalle  umkleidet  und  die  Querwände  zeigen  keine  Poren. 

Fig.  34.  Querschnittpartie  aus  einem  Blathenschaft  während  des  Blübens.  Innerhalb  der  pri  Urea 
Zellhälle  hat  sich  eine  secundäre  Zellhalle  entwickelt.   Bei  a  eine  Querscheidewand  mit  flachen  Poren. 

Fig.  35.    Ein  ähnliches  Präparat  nach  der  Einwirkung  von  AetzkalUösnng. 

Xantochymus  tinetorius. 

Fig.  36—38.  Den  drei  vorhergehenden  entsprechende  Querschnitte  aus  dem  Mark  und  zwar  34  einet 
jungen,  87  und  38  eines  alten  Stengelgliedes. 


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—    211  — 
Clematis  vitalba. 

Fig.  39.    Querschnitt  durch  das  Mark  eine»  Stengelgliedes , 
hat.    Bs  ist  blo«  die  primäre  Zcllhüllc  ausgebildet 

Fig.  40.    Aehnliehes  Präparat  aus  dem  nächstfolgenden  Internodium  mit 
secundarer  Zellhttllp.    Bei  aa  Quersc heidewand  mit  flachen  Poren. 

Fig.  41.   Ein  Querschnitt  nach  mehrtägigem  Liegen  in  Aetzkalilösung  ausgewaschen  und  in  ülycerin 


Fig.  42.  Gleiches  Präparat  nach  dem  Quellen  in  concentrirter  Schwefelsaure  rasch  in  deatillirtes  Wasser 
gesenkt  Im  unteren  Theile  der  Figur  die  nach  Durchtrftnkung  mit  Jodjodkalium] 6sung  auftretende  Färbung 
der  primären  und  secundaren  Zellhalle. 

Fig.  48—46.  Den  Fig.  40 — 12  entsprechende  Querschnitte  aus  einem  nächst  alteren  Stengelgliede  mit  2 
secundaren  Hullgenerationen ;  bei  a  Fig.  43  die  jüngste  Generation  von  den  übrigen  getrennt.  Die  Partien 
A  o.  B  Fig.  46  entsprechen  je  dem  oberen  und  unteren  Theile  der  Fig.  42. 

Fig.  46—48.  Querschnitte  durch  das  Mark  einander  folgender  je  Älterer  Stengelglieder,  mit  je  3,  4  und  6 
secundaren  Zellhallgenerationen. 

Fig.  49. 

Fig.  50. 
entwickelt  war. 

Fig.  61. 

Fig.  52.   Querschnitt  durch  denselben  Oev 
primären  Korkplatten  einzuschieben  beginnen. 

fasern.   Bei  b  solche  mit  1,  bei  e  mit  2,  bei  d  mit  8  secundaren  Zellhüllen. 

Fig.  64.  Querschnitt  durch  das  junge  Holz  von  Xantochymut  tmetorius.  a,  b,  c  wie  in  voriger 
An  einzelnen  Fasern  ist  die  Verholzung  noch  im  Gange,  bei  andern  schon  vollendet  Bei  enteren  ist  die 
weichere  Schicht  der  resp.  secundaren  Zellbüllgeneratiou  daher  ungleichmassig  lichtbreebend.  In  den  mittleren 
der  jungst-verdickten  Fasern  hat  sich  die  secundare  Zellhalle  theilweise  von  der  primären  getrennt 

Fig.  55.  Querschnitt  durch  eine  Gruppe  der  sog.  Steinzellen  in  dem  Marke  von  Hoya  earnota,  a—e 
bezeichnen  die  Folgezustande  der  Verdickung  mit  entsprechender  Zahl  secundarer  Zellhüllen,  f  ist  eine  schon 
■ehr  stark  verdickte  Zelle.  Bei  g  und  h  zwei  verschieden  stark  verdickte  Zellen  ohne  mehrfache  Schichtung 
mit  bloe  einer  secundaren  Zellbulle.  Die  Porencanale  sind  ausser  bei  g  and  /,  angedeutet,  aber  nicht  ihrer 
wirklichen  Struetar  gemäss  ausgeführt 

Fig.  66.  Durch  Salpetersaure  und  chlorsaares  Kali  isolirte  Zellen  eines  feinen  Querschnittes  durch  das 
Grundgewebe  des  Schaftes  von  Urania  gugantntü,  a  r  wie  oben.  Die  weichen  Schichten  der  secundaren 
Zellhüllgeuerationen  sind  in  Folge  der  Mazeration  etwas  gequollen.   Porencanale  wie  in  Fig.  66. 

Fig.  67.  Querschnitt  durch  die  aus  stark  verdickten  gestreckten,  faserahnlichen  Zellen  bestehende 
Scheide  von  Lyeopodium  spec.  mex.  Die  Buchstaben  a—g  bezeichnen  die  Entwicklungswege  bezüglich  der 
Anzahl  secundarer  Zellhttllen.   Bei  B  einige  Zellen  einer  Blattspur.   Die  Porencanale  sind  hier  ihrer  wirk- 


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V. 


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Studien  über  die  ersten  Entwicklungsvorgänge  der  Eizelle,  die 
Zelltheilung  und  die  Conjugation  der  Infusorien 


0.  BUtsehll. 

Mit  15  Tafeln. 


Vorwort. 

Der  grossartige  Aufschwung,  welchen  die  Wissenschaften  von  der  Organismenwelt  seit  der 
Darwinschen  Begründung  der  Entwicklungstheorie  genommen  haben,  fand  seine  Basis  vor- 
wiegend in  'der  strengeren  Betonung  der  Morphologie,  die  allmälig  von  ihrer  früheren,  breiteren 
Auffassung,  als  eines  Versuchs  des  Verständnisses  der  Gestalten  organischer  Körper  Oberhaupt, 
zu  der  Wissenschaft  von  der  Herleitung  der  mannigfaltigen  Gestalten  organischer  Körper  aus 
einander  und  ihren  Beziehungen  unter  einander  wurde.  Diese  schärfere  Fassung  der  Morphologie 
konnte  nur  von  fruchtbarem  Einfluss  auf  die  Entwicklung  der  Wissenschaft  überhaupt  sein.  Dennoch 
begreift  dieselbe  nur  eine  Seite  des  gesammten  Wesens  organischer  Gestalten,  da  diese  auch,  jede 
einzeln  für  sich,  aus  den  gegebenen  Grundlagen  und  Bedingungen  ihres  Hervorgehens  sich 
erklären  lassen,  müssen.  Nur  diese  Auffassung  der  Morphologie  der  organischen  Wesen,  jetzt 
noch  ein  nebelhafter  Traum  der  fernsten  Zukunft,  würde  das  leisten  können,  was  sich  die  heutige 
Morphologie,  meiner  Ansicht  nach,  mit  Unrecht  «uschreibt:  nämlich  die 
Erklärung  der  organischen  Gestalten.  Denn  wenn  auch  gezeigt  worden  ist,  d 
Form  sich  aus  einer  anderen  herleitet  und  wenn  selbst,  was  heute  kaum  in  einem  Falle  möglich 
ist,  die  Bedingungen  des  Eintretens  dieser  Umwandlung  dargelegt  worden  wären,  so 


sich  künftig  zu  versuchen  hätte;  gerade  wie  Jemand,  der,  ohne 
der  wirksamen  Kräfte  in  einer  abgefeuerten  Kanone,  durch  vielfache  Beobachtung  zu  der 
Ueberaeugung  gelangt  wäre,  dass  die  Thätigkeit  des  Kanoniers  die  Ursache  des 
des  Geschosses  sei,  nun  auch  damit  eine  causal-mechanische  Erklärung  der  wirklichen 
gefunden  zu  haben  glaubte. 

.  aaiurf.  Gm  Bd.  X.  28 


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—    214  — 

Die  notwendige  Grundlage  der  heutigen  Morphologie  war  jedoch  die  Zellenlehre, 
deren  Ausarbeitung  und  Bestätigung  innerhalb  der  grossen  Reihe  der  thierischen  Organismen 
die  wesentliche  Frucht  der  sogen,  empirischen  und  unphilosophischen  Periode  unserer  Wissen- 
schaft in  dem  19.  Jahrhundert  war.  Die  heutige  Morphologie  baut  auf  der  bedeutsamen  und 
für  sie  ausreichenden  Grundlage  des  Hervorgehens  aller  complicirteren  thierischeu  Gestalten 
aus  Zellen  und  der  Ableitung  aller  Zellen  von  Zellen.  Dabei  ist  es  für  sie  nur  von  unter- 
geordneter Bedeutuug,  wie  sich  das  Leben  in  der  Zelle  selbst  gestalte,  die  Thatsache  des 
Hervorgehens  der  Zelle  aus  der  Zelle  genügt  ihr  für  die  weitreichendsten  Schlüsse. 

Anders  dagegen,  wenn  wir  in  das  Verständnisa  des  Elementarorganismus,  des  Bausteins 
der  Morphologie  in  dem  Sinne,  welchen  wir  ihr  oben  gaben  und  der  meiner  Ansicht  nach  der 
jetzt  gewöhnliche  ist,  also  auch  in  das  Verständniss  der  Gestalten  der  Elcmentarorganismen 
eindringen  wollen.  Hier  hat  die  Art  der  morphologischen  Betrachtung  /eiliger  Organismen  ihre 
Berechtigung  verloren  uud  dafür  tritt  die  physiologische  Auffassungsweise  in  den  Vordergrund.  Nur 
durch  die  Erkenntnis»  der  physikalisch-chemischen  Bedingungen  ihres  Entstehens  und  Vergehens 
werden  sich  die  Erscheinungen  an  und  in  dem  Elementarorganismus  -zuerst  begrifflich  fester 
gestalten.  Der  Verfasser  gibt  sich  der  Hoffnung  hin,  dass  durch  die  in  dieser  Abhandlung  zu 
schildernden  Beobachtungen  unsere  Kenntnisse  von  dem  thatsächlichen  Verhalten  des  Elementar- 
organismus während  wichtiger  Epochen  seines  Lebens  einen  Schritt  vorwärts  gethan  haben  und 
wir  dadurch  dem  oben  gesteckten  Ziel,  wenn  auch  nur  um  Weniges,  näher  gerückt  sind. 

Meine  Beobachtungen  führten  mich  in  mancher  Hinsicht  zu  Vorstellungen  über  die  Be- 
deutung gewisser  Vorgänge  und  Erscheinungen,  welche  von  denen  der  früheren  Forscher  sehr 
abweichen.  Eine  eingehende  Kritik  der  frühereu  Beobachtungen  wurde  daher  zur  Nothwendigkeit. 
Sollte  es  mir,  wie  ja  nur  zu  wahrscheinlich,  nicht  gelungen  sein,  in  allen  Stücken  den  Arbeiten 
meiner  Vorgänger  gerecht  zu  werden,  so  bitte  ich  dafür,  im  Bewusstsein  aufrichtigen  Strebens 
um  freundliche  Nachsicht. 

Frankfurt  a.  M.,  November  1875. 

0.  BQtechli. 


: 


I 


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I.  Capitel.    Beobachtungen  über  die  ersten  Entwicklungsvorgänge  an  befruchteten 

Bern  von  Würmern  und  Schnecken. 

Die  hier  zu  beschreibenden  Beobachtungen  habe  ich  im  Sommer  dos  Jahres  1874  mit 
Untersuchung  der  Eier  verschiedener  freilebender  Nematoden  begonnen.  Anfänglich  noch  durch 
mannigfache  falsche  Auffassungen  und  Voraussetzungen,  wie  auch  durch  den  Einfluss  der  zur 
Untersuchung  gewählten  Objectc.  irre  geführt,  schritten  dieselben  dennoch  allmälig  und  in 
gewissem  Grade  stetig  vorwärts,  so  dass  ich  bei  dem  zuletzt  beobachteten  Object  wohl  auch 
die  vollkommenste  Einsicht  in  die  sich  abspielenden  Vorgänge  erlangt  haben  mag.  Ich  gehe 
daher  bei  der  Beschreibung  meiner  Beobachtungen  den  umgekehrten  Weg,  indem  ich 
mit  der  Schilderung  der  ersten  Entwicklungsstadien  der  Eier  von  Nephtlift  vulgaris  den 
Anfang  mache. 

A.  Die  Vorgänge  bei  Nephell*  vulgaris  Moqu.-Tand. 

Taf.  I.  u.  II. 

Die  Eier  von  Nephdis  sind  Objecte.  welche  in  geeigneter  Zeit  leicht  zu  erhalten  und  zu 
studiren  sind.  Sie  haben  daher  die  Aufmerksamkeit  der  Forscher  schon  oft  in  Anspruch 
genommen,  ohne  dass  jedoch  hiedurch  bis  jetzt  eine  befriedigende  Einsicht  in  die  ersten  Ent- 
wicklungsvorgänge erzielt  worden  wäre. 

Die  jüngsten  Cocons  von  Ncphdis,  über  deren  Bildung  wir  von  Robin  (19)  werthvollc 
Mittheilungen  erhalten  haben,  besitzen  eine  sehr*  weiche  und  noch  nicht  gelb  gefärbte,  sondern 
weisslich  durchscheinende  Hülle.    Sie  lassen  sich  daher  leicht  erkennen  und  zur  Untersuchung 

tlUnWaiiicii. 

Die  Jüngsten  Eier,  die  ich  zu  Gesicht  bekam,  zeigten  einen  von  der  zarten  Dotterhaut 
ziemlich  zurückgezogenen  Dotter,  in  dessen  Umgebuug  sich  zahlreiche  Spermatozoen  in  der 
Eifhissigkeit  schwimmend  fanden.  Der  Dotter  hat  zu  dieser  Zeit  keine  völlig  sphärische 
Gestalt,  wie  dies  schon  von  Hob  in  (l.  c.)  ausführlich  erläutert  wird,  sondern  ist  in  einem 
Durchmesser  deprimirt.  Die  Dottermasse  zeigt  nach  Behandlung  mit  1>  Essigsäure  eine 
eigentümlich  alveoläre  Structur.  In  dem  Maschcnnetz  der  Alveolen  finden  sich  zahlreiche, 
das  Licht  stärker- brechende,  feine  Körnchen  und  auf  der  Oberfläche  des  Dotters  eine  ziemlich 
ansehnliche  und  stark  lichtbrechende  (dichte)  Hautschicht. 


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-    216  — 

• 

In  der  Nähe  eines  der  abgeplatteten  Pole  des  Dotters  bemerkte  ich  in  diesem  Stadium 
mehrmals  ein,  der  Oberfläche  des  Dotters  aufsitzendes,  helles,  protoplasmatisches  Hügelchen 
(Fig.  1.  Tat.  I).  Nach  meinem  Dafürhalten  kann  dasselbe  nichts  weiter  sein,  als  ein  mit  dem 
Dotter  zur  Vereinigung  gelangtes  Spermatozoon,  welches  in  Folge  dieser  Vereinigung  den  Um- 
wandlungsprocess  zu  dem  geschilderten  Hügelchen  erlitten  hat  und  hierbei  vielleicht  auch  durch 
Quellung  etwas  vergrössert  wurde. 

In  einiger  Entfernung  von  dem  geschilderten  hellen  Hugelchen  bemerkt  man  innerhalb 
des  Dotters,  excentrisch  liegend  und  dem  abgeplatteten  Fol  genähert,  einen  spindelförmig 
gestalteten  Körper  von  eigentümlicher  Beschaffenheit.  Derselbe  wird  von  einer  Anzahl  feiner, 
seine  Länge  durchziehender  Fasern  gebildet,  die  in  der  Aequatorialzone  des  Körpers  zu 
einem  dickeren,  glänzenden,  etwas  körnelig  erscheinenden  Abschnitt  angeschwollen  sind.  Mit 
seiner  Längsaxe  ist  dieser  Körper  stets  nahezu  in  die  Axe  des  abgeplatteten  Dotters  gerichtet 

Um  die  Enden  des  Körpers  bemerkt  man  je  einen  hellen,  durch  seine  homogene  Be- 
schaffenheit von  der  übrigen  Dottermasse  sich  abzeichnenden  Hof,  von  welchem  aus  sich  nach 
allen  Richtungen  hin  die  Dotterkörnchen  in  radiärer  Anordnung  durch  den  Dotter  erstrecken; 
so  dass  also  um  jedes  Ende  des  spindelförmigen  Körpers  sich  ein  derartiges  Strahlensystem 
oder  eine  Sonne  findet.  Die  obenerwähnten  hellen  Höfe  um  die  Enden  dea  spindelförmigen 
Körpers  besitzen  gegen  den  körnigen  Dotter  hin  keine  bestimmte  Gremie,  sie  gehen  vielmehr 
allraälig  in  die  Strahlensysteme  und  den  eigentlichen,  körnigen  Dotter  über. 

Dieser  spindelförmige  Körper  nun  ist  der  metamorphosirte  Eikern,  das  Keimbläschen, 
wofür  ich  den  näheren  Nachweis  jedoch  erst  später  beibringen  kann  und  den  Leser  bitten  muss, 
mir  bis  dahin  Glauben  zu  schenken. 

Etwas  spätere  Stadien  zeigen  nun,  dass  die  um  das  eine  Ende  des  spindelförmigen  Körpers 
befindliche  Dotterstrahlung  bis  in  die  Oberfläche  des  Dotters  gerückt  ist  .und  der  spindelförmig 
metamorphosirte  Kern  sich  durch  diese  Strahlung  aus  der  Oberfläche  des  Dotters  hervorzuschieben 
beginnt  (Fig.  2).  Dabei  bemerkt  man,  dass,  während  der  noch  innerhalb  des  Dotters  befind- 
liche Thcil  des  Kernes  seine  langgestreckte,  spindelförmige  Gestalt  beibehält,  der  schon 
hervorgeschobene  Theil  sich  abgerundet  und  augenscheinlich  durch  Quellung  vergrössert  hat. 
Innerhalb  des  hervorgeschobenen  Tbeils,  an  dem  man  sich  von  dem  Vorhandensein  einer 
deutlichen  Membran  überzeugt,  sieht  man  eine  Anzahl  dunkler  Körnchen,  die  durch  feine 
Fasern  mit  den  Fasern  des  noch  im  Dotter  eingeschlossenen  Theils  des  Kernes  in  Verbindung 
stehen,  so  wie  man  auch  ferner  bemerkt,  dass  sich  eine  Zone  ähnlicher  dunkler  Körnchen  am 
entgegengesetzten,  noch  im  Dotter  befindlichen  Kernende  findet    Der  im  Austreten  begriffene 


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4 


—    217  — 

Eikern,  da*  Richtungsbläschen,  wird  nun,  wie  bekannt,  nicht  einheitlich  hervorgeschoben,  sondern 
in  mehreren  bläschenförmigen  Abschnitten,  die  durch  eingeschnürte  Verbindungsstrecken  in 
Zusammenhang  stehen. 

Ich  halte  diese  Erscheinung  für  einen  activen  Theilungsprocess  des  Zellkernes,  nicht  etwa 
nur  für  eine  durch  blos  äussere  Einwirkungen  hervorgerufene  Erscheinung;  doch  muss  ich  die 
Angabe  meiner  Gründe  auf  später  verschieben. 

Gewöhnlich  (heilt  sich  bei  Nephelis  der  austretende  Kern  in  dieser  Weise  in  drei  nahezu 
kuglige  Abschnitte  von  meist  verschiedener  Grösse  und  zwar  ist  die  zuerst  hervorgeschobene 
Portion  die  kleinste  und  die  zuletzt  austretende  die  gröaste  (Fig.  3  a). 

Nach  seinem  vollständigen  Austreten  zeigt  das  so  dreigetheilte  Richtungsbläschen,  wie 
gesagt,  eine  deutliche,  zarte  Membran  und  in  seinem  Innern  zahlreiche  dunkle,  stark  lichtbrechende 
Körnchen;  die  feinen  Fasern  der  beiden  zuerst  ausgestossenen  Abschnitte  sind  nicht  mehr  recht 
deutlich,  dagegen  ist  der  zuletzt  ausgetretene  hinterste  Abschnitt  meist  deuüich  von  einer  Menge 
zarter  Fasern  durchzogen,  die  von  einer  Körneranhäufung  in  der  Nähe  des  Verbindungssüanges 
mit  dem  mittelsten  Bläschen  ihren  Ursprung  nehmen. 

Schon  auf  dem  Stadium  der  Figur  2,  wo  der  Eikern  noch  nicht  völlig  ausgetreten  ist, 
bemerkt  man  jedoch,  ausser  den  beiden  oben  erwähnten  Strahlungssystemen  um  die  Enden  des 
spindelförmigen  Körpers,  noch  eio  drittes  im  Dotter,  das  von  der  Austrittsstelle  des  Eikernes 
etwa  um  einen  Quadranten  entfernt  ist  und  gleichfalls  der  Oberfläche  des  Dotters  genähert 
liegt.  Die  Körnchenstrahlen  laufen  auch  hier  von  einem,  in  ihrem  Centrum  sich  findenden, 
hellen  Hof  aus.  Dieser  Hof  nun,  sammt  seiner  Strahlung,  vergrößert  sich  wahrend  der  völligen 
Ausstossung  des  Eikernes  und  rückt  nach  dem  Centrum  des  Dotters.  Jetzt  —  nachdem  die 
Ausstossung  des  Keimbläschens  vollendet  ist  und  die  Strahlungen  des  Dotters,  die  mit  dem 
metamorphosirten  Eikern  früher  im  Zusammenhang  standen,  völlig  geschwunden  sind,  wobei  der 
Dutter  auch  wiedor  eine  völlig  sphärische  Gestalt  erlangt  hat  —  jetzt  erscheinen  die  ersten 
zwei  minutiösen  Korne  in  dem  Dotter  und  zwar,  wie  ich  mehrfach  zu  beobachten  Gelegenheit 
hatte,  nahezu  in  dem  durch  die  Austrittsstelle  des  RichtungsbläschenB  bezeichneten  Durchmesser 
des  Eies  (Fig.  3).  Der  eine  Kern  lag  immer  nahezu  in  der  Peripherie  des  centralen,  hellen 
Hofes,  der  andere  hingegen  zwischen  diesem  und  der  Austhttsstelle  des  Eikernes,  näher  der 
Oberfläche  des  Dotters  als  dem  Centrum. 

Meine  Bemühungen,  zwischen  diesen  Kernen  eine  irgendwie  gestaltete  Verbindung  aus- 
findig zu  machen,  waren  nicht  von  Erfolg  gekrönt.  Schon  in  ihren  minutiösesten  Anfängen 
besitzen  sie  die  Structur  ausgebildeter  Kerne,  nämlich  nach  Behandlung  mit  l°/t  Essigsäure 


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I 

—    218  - 


eine  deutliche  dunkle  Hülle  and  einen  flüssigen  Inhalt,  in  dem  sich  einige  dunkle  Körn- 
chen finden. 

Die  oben  beschriebene  Lagerung  der  beiden  Kernchen  ist  jedoch  nicht  von  langer  Dauer ; 
bald  nachdem  sie  nur  wenig  mehr  gewachsen  sind,  trifft  man  sie  entweder  dicht  zusammen- 
gelagert in  der  Peripherie  des  centralen,  hellen  Hofes  oder  in  diesem  selbst  liegend  und  von 
der  Dottcrstrahluiig  umgeben,  an.  Einige  Male  traf  ich  auch  statt  zweier,  im  Centrum  des 
Dotters  liegender  Kerne,  drei  an.  Es  lässt  sich  bei  einem  Object,  das  eine  fortlaufende  Unter- 
suchung nicht  gestattet,  natürlich  schwer  entscheiden,  ob  die  Bildung  dreier  Kerne  nur  ein 
Ausnahmefall  ist  oder  die  Regel ;  da  ich  jedoch  drei  Kerne  im  Ganzen  selten  sah  und  wir  bei 
anderen  Objecten  finden  werden,  dass  die  Zahl  der  sich  neubildendcn  Kerne  Schwankungen 
unterworfen  sein  kaun,  so  glaube  ich  annehmen  zu  dürfen,  dass  sich  bei  unserem  Object  in  der 
Regel  nur  zwei  neue  Kerne  bilden. 

Wie  gesagt,  wachsen  diese  Kerne  nun  mehr  und  mehr  an,  indem  sie  sich  hierbei  mit  ihren 
aneinander  liegenden  Flächen  gegenseitig  abplatten.  Schliesslich  verschmelzen  «e  mit  einander, 

zelnen  Kernen  noch  deutlich  ansieht  (Fig.  8). 

Das  Wachsthum  der  Kerne  geschieht  nun  ohne  Zweifel  auf  Kosteu  des  hellen  Ccntral- 
hofes,  denn  in  dem  Maasse  als  die  Kerne  anwachsen,  nimmt  dieser  ab,  indem  allmälig  seine 
Stelle  von  den  Kerneu  geradezu  eingenommen  wird.  Haben  die  Kerne  ihr  definitives  Wachs- 
thum erreicht,  so  ist  der  Hof  völlig  geschwunden  und  mit  ihm  auch  die  Dotterstrahlung. 

Der  Bau  dieser  Kerue  verdient  nun  einige  Aufmerksamkeit.  Wie  schon  bemerkt,  sind 
sie  von  einer  deutlichen,  starken,  dunkeln  Hülle  umschlossen  und  enthalten  kein  Kernkörperchen, 
sondern  die  helle  Flüssigkeit,  welche  in  der  Hülle  eingeschlossen  ist,  wird  von  einer  Anzahl, 
von  der  Hülle  entspringender,  häufig  netzartig  mit  einander  vereinigter,  jedenfalls  protoplas- 
matischer  Strange  durchzogen,  in  die  hie  und  da  auch  dunkle,  stärker  brechende  Körnchen 
eingeschaltet  sind  (s.  Figg.  6,  7  und  8). 

Wahrend  diese  Vorgänge  im  Innern  des  Dotters  verlaufen,  haben  sich  gewöhnlich  die  beiden 
zuerst  ausgetretenen  Richtungsbläschen  wieder  mit  einander  vereinigt  (s.  Figg.  5  und  9).  In  Fig.  9 
sieht  man  deutlich  die  fasrige  Strahlung  der  beiden  Körperchen  und  in  dem  einen  bemerkt  man 
ein  rundes,  helles  Bläschen,  das  ich  in  gleicher  Weise  auf  diesem  Stadium  mehrfach  fand. 

Wir  kommen  nun  zu  den  Vorgängen  während  der  ersten  Furchung.  Dieselbe  wird  durch 
eine  Streckung  des  Dotters  in  der  zu  dem  Richtungsbläschen-Durchmesser  senkrechten  Richtung 
eingeleitet  und  zugleich  beginnt  eine  Umwandlung  des  Kernes. 


» 


Das  Stadium  der  Figg.  10  und  la  Taf.  II.  scheint  in  Bezug  auf  die  ersten  Anfange  dieser 
Kernmetamorphose  Wichtiges  zu  verrathen,  wobei  ich  mir  jedoch  erlauben  muss  Einiges  einstweilen 
ergänzend  beizufügen,  was  sich  aus  den  Betrachtungen  anderer  Objecte  ergeben  hat.  An  zwei 
in  der  Streckuugsaxe  des  Dotters  sich  gegenüberliegenden  Stellen  des  Kernes  entsteht  in  den 
benachbarten  Dotterpartien  eine  Strahlung  und  zugleich  beginnt  sich  im  Centrum  derselben  ein 
heller  Hof  von  der  früher  schon  beschriebenen  Art  zu  bilden.  Zwischen  diesen  beiden  Punkten 
beginnt  nun  der  Kern  sich  längsfasrig  zu  differenziren;  diese  Differenzimng  schreitet  allmälig 
vorwärts,  während  der  noch  nicht  veränderte  Rest  des  Kernes  noch  immer  die  früher  beschriebene 
Slmctur,  wenn  auch  nicht  mehr  so  deutlich  zeigt  (s.  Fig.  10),  bis  er  schliesslich  völlig  ver- 
schwindet Der  auf  diese  Weise  aus  dem  Kern  entstandene  spindelförmige  Körper  hat  ganz 
den,  schon  oben  von  dem  metamorphosirten  Keimbläschen  geschilderten  Bau.  Zarte  Fasern 
ziehen  in  massiger  Anzahl  von  eiuem  Ende  der  Spindel  zum  andern  und  schwellen  in  der 
Mittelzone  zu  eiuem  dickeren  und  dunkleren  Theil  aa  Die  Gesammtheit  dieser  aus  dunkleren 
Stäbchen  gebildeten  Aequatorialzone  nenne  ich  nach  dem  Vorgange  Strasburger's  die 
Kernplattc.  Die  Länge  des  so  gebildeten,  spindelförmigen  Körpers  ist  kaum  etwas  bedeutender 
als  der  Durchmesser  des  ursprünglichen  Kernes,  jedoch  ist  es  natürlich  schwer  dieselbe  genau 
festzustellen,  da  die  sich  zuspitzenden  Enden  nur  schwierig  wahrnehmbar  sind.  Vergleicht  man 
das  Volumen  eines  spindelförmig  metamorphosirten  Kernes  mit  dem  des  ursprünglichen  Kernes 
der  ersten  Furchungskugel,  so  erhellt,  dass  letzteres  bei  der  Metamorphose  beträchtlich 
abgenommen  haben  muss,  eine  Erscheinung,  die  nur  dadurch  zu  erklären  ist,  dnss  ein  Theil  der 
Flüssigkeit,  die  den  Kern  erfüllte,  während  der  Metamorphose  austrat. 

Die  weiteren  Fortschritte  der  Theilung  sind  nun  folgende.  Die  sogen.  Kernplatte»,  die 
verdickten,  äquatorialen  Theile  der  Fasern,  theilen  sich  in  dem  Aequator  des  spindelförmigen 
Körpers  und  die  auf  diese  Weise  enstandenen  beiden  Platten  rücken  nun  nach  den  spitzen 
Enden  der  Kernapindel  zu,  bis  sie  schliesslich  in  diesen  selbst  angelangt  sind,  so  dass  nun  die 
dunklen  Stäbchen  oder  Fäden  der  getheilteu  Kernplatte  die  Enden  der  Kernspindcl  bilden, 
welche  nun  auch  ihre  zugespitzte  Gestalt  verloren  und  dafür  eine  abgerundete  erlangt  haben 
(Fig.  12).    Mittlerweile  hat  auch  die  Einfurchung  des  Dotters  ihren  Anfang  genommen. 

Nun  erscheinen  die  Fasern  der  Kernspindel  im  Aequator  von  neuem  etwas  verdickt  und 
dunkler  und  bilden  die  sogenannte  Zcllplatte  nach  Strasburges s  Bezeichnung  bei  vege- 
tabilischen Zellen  (Fig.  12). 

Nachdem  die  Dotterfurchung  etwa  bis  zur  Hälfte  vollendet  ist,  beginnt  die  Neubildung  der 
Kerne  der  zweiten  Generation  der  Furchungskugeln  aus  den  Enden  der  Kernspindel.  Dieser 


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1 


—    220  - 


Vorgang  selbst  wird  sich  durch  Beobachtung  kaum  jemals  ganz  klarstellen  lassen,  ich  bemerke 
vorerst  nicht  mehr,  als  dass  die,  hier  je  in  Zweizahl  auftretenden,  neuen  Kernchen  sich  aus  den, 
an  die  Enden  der  Kernspindel  gerückten  Hälften  der  Kernplatte  hervorbilden  müssen.  Sie 
erscheinen  auch  hier  als  zwei  dicht  zusammenstehende,  von  dunkler  Hülle  umschlossene,  mit 
heller  Flüssigkeit  und  einigen  kleinen  Körnchen  erfüllte  Bläschen  (Fig.  13  und  14).  Die  Ver- 
schmelzung derselben  (Fig.  14)  geschieht  jedoch  hier  noch  auf  einem  sehr  Jugendlichen  Stadium. 
Auch  liier  steht  das  Wachsthum  dieser  jungen  Kerne  wesentlich  mit  den  hellen  Höfen,  die  sich 
um  die  Enden  des  spindelförmigen  Körpers  gebildet  hatten,  im  Zusammenhang;  denn  beide 


stehen  in  Bezug  auf  ihre  Ausbildung  im  umgekehrten  Verhältniss.  Haben  schliesslich  die  Kerne 
ihr  definitives  Wachsthum  erreicht,  so  sind  Centraihöfe  und  Strahlung  verschwunden. 


Kerne  (Fig.  13)  mit  einander  verbinden,  liess  sich  bei  diesem  Object  nicht  sicher  entscheiden, 
so  dass  ich  hinsichtlich  dieser  Frage  auf  das  Folgende  verweisen  muss. 

Haben  die  Kerne  der  Furchungskugel  zweiter  Generation  ihre  völlige  Ausbildung  erreicht, 
die  in  nichts  von  der  der  ersten  Generation  abweicht,  so  «eigen  die  am  Ende  der  Furchung 
nahezu  abgerundeten  beiden  Dotterkugeln  die  bekannte  Erscheinung  des  Zusammenfallens 
(saffaiser.  E.  v.  Ben  e den),  so  dass  sie  nun  zusammen  nahezu  wieder  eine  Kugel  bilden  (Fig.  17). 

Ungefähr  um  diese  Zeit  ist  gewöhnlich  die  völlige  Wiedervereinigung  der  Hichtungsbliischen 
eingetreten  (Fig.  16).  Nun  zeigt  sich  in  dem  einen  Richtungsbläschen  eine,  von  zwei  sich 
gegenüberstehenden  Körneranhäufungen  ausgehende,  sehr  interessante,  strahlige  Faserung. 

Die  nächstfolgenden  Theilungsvorgänge  der  Furchungskugeln  zweiter  Generation  verlaufen 
völlig  in  gleicher  Weise,  wie  dies  schon  für  die  erste  Generation  geschildert  wurde  und  wie  die 
Figg.  18  und  19  beweisen.  Die  Theilung  der  Furchungskugeln  zweiter  Generation  geschieht 
schon  nicht  mehr  gleichzeitig. 

Die  Entdeckung  der  Richtungsbläschen  bei  Nephelis  machte  Frey  1845  (1).  Eine  aus- 
führliche Schilderung  der  Formation  der  Richtungsbläschen  gab  Robin  (19).  Man  findet  bei 
ihm  auch  eine  eingehende  Schilderung  der  Formveränderungen  des  Dotters  während  der  ersten 
Entwicklungszeit,  sowie  Angaben  über  die  Zeitdauer  zwischen  den  einzelnen  Prozessen,  die  ich, 
weil  ich  nicht  an  frischen  Eiern  untersuchte,  ausser  Acht  liess. 

Robin  lässt  bekanntlich  die  Richtungshläschen  durch  eine  Knospung  des  Protoplasma's 
der  Dotteroberfläche  selbst  entstehen.  Auch  bei  Nephclis  soll  die  Formation  der  Richtungs- 
bläschen von  einer  hellen,  körnerlosen,  peripherischen  Dotterpartie  aus  stattfinden,  wovon  ich  bei 
den  mit  Essigsäure  behandelten  Eiern  nichts  Deutliches  sah.    Die  Wiedervereinigung  der  bald 


Was 


der  ursprünglichen  Kernspindel  wird,  welche  noch  die  jungen 


-  221 


zu  zweien,  bnld  zu  dreien  auftretenden  Richtungsbläscben  hat  Robin  zuerst  beobachtet. 
Bei  Clepsine  *) ,  wo  sich  regelmassig  drei ,  zuweilen  jedoch  auch  vier  Bläschen  bilden 
sollen,  sollen  dieselben  in  dem  letzteren  Fall  zu  zweien  sich  wieder  vereinigen.  Nicht 
uninteressant  ist  auch  die  Beobachtung,  dass  das  Richtungsbläscben  bei  NepMis  zuweilen 
als  ein  einfacher,  wurstförmiger  Körper  auftritt,  der  erst  nachträglich  in  zwei  oder  drei  Bläs- 
chen sich  theilt. 

Bei  Nephdis  hat  R.  auch  schon  den  Kern  der  ersten  Furchungskugel  gesehen,  er  schildert 
dessen  Theilung  durch  Streckung  etc.;  doch  soll  sich  zuweilen  der  Fall  ereignen.  dasB  die 
Furchungsebene  neben  dem  Kern  hinläuft  und  derselbe  gänzlich  in  einer  der  beiden  Furchungs- 
Kugeln  verbleibt. 

Bekanntlich  hat  Ratzel  (4)  vor  nicht  langer  Zeit  sehr  merkwürdige,  auch  mir  unerklär- 
liche Mittbeilungen  Ober  die  ersten  EntwickJungsvorgänge  von  Nephelis  und  Lumbrkus  gegeben, 
nach  welchen  sich  bei  dieseu  Würmern  gar  keine  regelrechte  Furchung  finden  sollte.  Diese 
sonderbaren  Ansichten  sind  durch  die  Beobachtungen  Kowalewsky's  (6;  p.  2  etc.)  schon  hin- 
reichend widerlegt,  worden.  Dennoch  will  ich  hier  noch  einmal  kurz  die  nächsten  Fortschritte 
der  Furchung  angeben,  soweit  ich  dies  verfolgt  habe,  da  die  Rathke'scbe  Schilderung  sich 
nicht  ganz  den  thatsächlich  vorhandenen  Verhältnissen  anschliesst. 

Nach  der  Theilung  zu  zweien,  theilt  sich  zuerst  die  grössere  Furchungskugel  (Figg.  la  u.  12a 
Taf.  II.)  noch  einmal  und  hierauf  erst  die  nur  um  weniges  kleinere  zweite.  Alsdann  sieht  man  gleich- 
zeitig von  zweien  der  Kugeln  (wahrscheinlich  den  Abkömmlingen  der  ersten  grösseren  Furchungs- 
kugel) in  einer  zu  den  seitherigen  Theilungen  senkrechten  Richtung  zwei  kleine  Zellen  sich  ab- 
theilen, welche  den  in  einer  Ebene  zusammengedrängten  4  grossen  Kugeln  mitten  aufliegen. 
NachRathke  (3),  dessen  Schilderung  Kowalewsky's  bestätigen  zu  können  angibt,  gehen  diese 
zwei  kleinen  Kugeln  aus  einer  der  4  grossen  hervor  und  zwar  zerfällt  diese  grosse  Kugel  schliess- 
lich völlig  zu  kleinen.  Dies  ist  jedoch  sicher  nicht  der  Fall,  sondern  zunächst  erfolgt  eine  Ver- 
mehrung der  kleinen  Kugeln  zu  vieren  durch  ungleichmässige  Theilung  der  beiden  anderen 

•)  Der  sogenannte  Polarring  Grnbe's  (2;  pa«.  15)  ist  wohl  das  Richtungsbl  lachen,  was  sich  einmal 
aas  seiner  Lage,  dicht  bei  oder  in  der  ersten  Tlieilungsfurcbe,  sowie  der  Möglichkeit,  ihn  vom  Dotter  abzu- 
prapariren,  ergibt.  Die  sogenannten  Wandungsliallcn  (pag.  18  ff.)  sind  die  sirh  bildenden  Ectoderazellen  am 
formativen  Pol.  Grabe  lasst  sie  sich  in  den  FnrchungRkageln  bilden  und  hernach  ausgestoßen  werden.  Diese 
Ansicht  baairte  wohl  darauf,  das«  er  die  Kerne  der  Fnrchangskugeln  för  in  der  Entwicklung  begriffene  Wandungs- 
liallcn  genommen  hat  Interessant  ist  es,  das«  er  schon  um  diese  Kerne  der  Furchungskngeln  eine  strahligc 
Zeichnung  andeutet  (Vergt.  1.  c  Taf.  III.  flg.  II  u.  12).  Rathke  (8)  hat  bei  Oeptine  gar  keine  Richtungs- 
bläscben gefunden.  Die  von  Rathke  geschilderte  sehr  eigentümliche  Bildung  der  sogenannten  Keimscheibe 
bei  dieser  Gattung  macht  eine  wiederholt«  Untersuchung  des  Objectes  sehr  wünschenswerte 

Abhandl.  d.  8«w>kaab.  natorf  CK*.  Bd.  X.  29 


I 


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-    222  — 


grossen  Furchungskugeln,  worauf  diese  4  kleinen  Kugeln,  die  Anlage  des  Ectoderms,  sich  sclbst- 
ständig  weiter  vermehren. 

Ratzel  macht  auch  einige  Mittheilungen  (5;  p.  276,  T.  XXIII,  Figg.  29-34)  ober  die 
Kerne  der  4  grossen  Furchungskugeln.  Er  bat  an  ihnen  schon  ziemlich  deutlich  den  eigen- 
tümlichen, oben  näher  geschilderten  Bau  and  ihre  häufig  sehr  unregelmäs';ge,  gelappte  und 
ausgebuchtete  Form  beobachtet.  Dies,  gibt  ihm  Veranlassung  hier  einen  Knospungsprocess  der 
Kerne  anzunehmen,  durch  welchen  namentlich  die  Kerne  der  geschilderten  kleinen  Furchungs- 
kugeln ihren  Ursprung  nehmen  sollten.  Dass  dem  nicht  so  ist,  dürfte  nach  meiner  Schilderung 
der  Theilungsvorgänge  der  Kerne,  die  sich  in  gleicher  Weise  auch  bei  der  Bildung  der 
kleinen  Furchungskugeln  wiederholen,  nicht  mehr  zweifelhaft  sein.  Die  unregelmäßige,  gelappte 
Gestalt  der  Kerue  ist  zum  Theil  wenigstens  Folge  ihres  Hervorgehens  aus  zwei,  vielleicht  auch 
mehr  kleinen  Kernchen,  wobei  sie  trotz  des  raschen  Wachsthums  die  Verschmelzungsform  häufig 
noch  ziemlich  deutlich  bewahren.*) 

Die  Schilderung,  welche  K  a  t  h  k  e  von  der  Neubildung  des  Kernes  der  ersten  Furchuugs- 
kugel  gibt,  beweist,  dass  er  den  sich  bildeudeu  hellen  Centralhof  gesehen  hat.  Seine  Angaben 
über  die  der  Furchung  vorausgehende  Kerntheilung  erklären  sich  dadurch,  dass  er  die,  bei  der 
Umformung  des  Kernes  zur  Theilung  sich  bildenden  Centraihöfe  gesehen  und  für  durch 
Theilung  hervorgegangene  Kerne  genommen  hat,  ein  Missgriff,  der  häufig  geschah,  wie  dies 
später  bei  Betrachtung  der  Nematodeneier  noch  eingehender  hervorgehoben  werden  wird. 

B.  Die  Vorgänge  bei  Vucullanu*  elegant  Zed. 

Taf.  m. 

Das  hier  zu  besprechende  Object  war  eines  der  ersten,  dessen  Untersuchung  ich  vornahm, 
und  ich  verdanke  es  vielleicht,  zum  Theil  seiner,  in  mancher  Hinsicht  werthvollen  Beschaffenheit, 
dass  es  mir  gelang  etwas  tiefer  in  die  hier  in  Frage  stehenden  Vorgänge  einzudringen. 

Die  Methode  meiner  Untersuchung  habe  ich  schon  anderwärts«)  genau  geschildert,  ich 

*)  Balfour  macht  gelegentlich  der  späterhin  tu  besprechenden,  eigentaamlicben  Korne  in  Dotter  und 
Blastoderm  der  Klaamobranchier  einige  Bemerkungen  aber  ähnliche,  xusaramcnsesetute  Kerne  im  Ei  Ton  A'tphtii*. 
Da  mir  die  Stelle  nicht  ganz  verständlich  ist,  so  erlaube  ich  mir  sie  hier  in  extenso  beizufügen : 

„Suchnuclei  as  i  have  described  are  rare;  they  have  Uowewer  been  observed  in  the  egg  of  2fepheU* 
(on  of  the  Leecbes),  and  have  in  (hat  rase  been  snid  too  diride.  Dr.  Klei  neu  barg,  howewer. 
by  following  a  tmgk  *gg  throogh  the  »hole  course  of  the  dcvelopment,  has  satistied  himself 
that  this  is  not  the  caae,  and  that,  further,  that  trndei  in  A'qiMw  never  form  the  uudri  of 
newly  devehping  ceßs."  Quart,  journ.  of  micr.  science.  T.  XJV.  1874,  p.  829. 
••)  Zur  Entwicklungsgeschichte  des  OuadUumu  eiegani.  Zehachr.  f.  wiss.  Zoologie.  Bd.  XXV.  1876. 


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-    223  - 

bemerke  hier  nur,  dass  ich  mich  einer  2«/b  Essigsäure,  der  etwa  %•>  Kochsalz  zugesetzt  war, 
als  Untersuchuugsflüssigkeit  bediente. 

Die  Entwicklung  der  Eier  Ton  Cuc.  elegans  ist  ziemlich  häufig  untersucht  worden,  jedoch 
sind  die  hier  stattfindenden  Vorgänge  nur  zum  kleinen  Theil  richtig  aufgefasst  worden,  wie  sich 
aus  den  nachstehenden  Mittheilungen  ergeben  wird. 

Das  die  Ovarien  verlassende  Ei  ist  hüllenlos,  von  einem  sehr  durchsichtigen,  klaren 
Protoplasma  gebildet,  welche»  jedoch  zuweilen  einige  zerstreute,  dunkel  -  glänzende ,  den 
Dotterkörnchen  anderer  Nematoden  entsprechende  Körnchen  enthält  (s.  Fig.  3),  wie  schon 
Claparcde  beobachtet  hat  (7;  p.  41,  T.  XV). 

Eine  Dotterhaut  existirt  noch  nicht,  das,  was  sich  nach  Behandlung  der  Eier  in  der  an- 
gegebenen Weise  vielleicht  so  deuten  liesse,  ist  eine  verdichtete  Hautschicht,  die  sich  nach  der 
Gerinnung  durch  die  Essigsäure  durch  Diffusionsprocesse  in  derselben  Weise,  wie  die  Haut  bei 
der  Bildung  sogenannter  anorganischer  Zellen,  abhebt. 

Innerhalb  des  Dotters  bemerkt  man  noch  sehr  deutlich  das  grosse,  runde  Keimbläschen 
mit  deutlicher,  dunkler  Hülle,  körnelichem  Inhalt  und  einem  gegen  früher  schon  sehr  reducirten, 
jedoch  immerhin  noch  ziemlich  bemerkbaren  Keimfleck  (Fig.  2). 

Die  Umrisse  des  Dotters  sind  stets  sehr  unrcgelmässig,  was  es  mir  wahrscheinlich  macht, 
dass  derselbe  um  diese  Zeit  auch  hier,  wie  bei  anderen  Nematoden,  in  lebhafter  amöboider 
Bewegung  begriffen  ist 

Untersucht  man  Eier,  welche  die  Samentasche  passiren,  oder  eben  aus  ihr  hervorgetreten 
sind,  näher,  so  bemerkt  man,  dass  an  einer  Stelle  ein  helles  Körperchen,  welches  ein  Körner- 
häufchen einscblieast,  in  die  Oberfläche  des  Dotters  gleichsam  eingedrückt  ist  (Fig.  1).  Seiner 
Grösse  und  Beschaffenheit  nach  und  des  Umstandes  wegen,  dass  die  reifen,  jedoch  noch  nicht 
durch  die  Samentasche  getretenen  Eier  dieses  Körperchen  nie  zeigen,  ergibt  sich  dasselbe 
unzweifelhaft  als  das  mit  dem  Dotter  zur  Vereinigung  gelangte  Spermatozoon. 

Der  weitere  Fortschritt  der  Entwicklung  besteht  nun  zunächst  in  der  Bildung  einer 
Dotterhaut  um  den  befruchteten  Dotter  (Figg.  2,  4)  und  dem  Verschwinden  des  Keimflecks. 
Statt  dessen  sah  ich  mehrfach  eiu  aus  sehr  feinen  Körnchen  gebildetes  Kreischen  im  Centrum 
des  Keimbläschens  und  in  seiner  Umgebung  eine  Anzahl  aus  dunklen  Körnchen  aufgebauter, 
feiner  Stäbchen  (Fig.  3). 

Das  Keimbläschen  selbst  liegt  zu  dieser  Zeit  häufig  excentrisch,  dicht  unter  der  Ober- 
fläche des  Dotters  (Fig.  4).  rf>8  iah 


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—    224  — 


Gehen  wir  nun  einen  Schritt  weiter,  so  finden  wir  das  Keimbläschen  nicht  mehr  im  Dotter, 
statt  seiner  aber  einen  langgestreckten,  spindelförmig  gestalteten  Körper  von  derselben  oder 
doch  sehr  ähnlicher  Beschaffenheit,  wie  der  oben  schon  aus  dem  Ei  von  Nepheiis  beschriebene 
(vergl.  die  Figg.  6,  7,  8  u.  9).  In  seiner  Aequatorialzone  bemerken  wir  auch  hier  wieder  die 
aus  einer  Anzahl  (sicher  bis  ca.  9)  dunkler  Stäbchen  gebildete  Kernplatte.  Jedes  der  Stäbchen 
-verräth  selbst  wieder  eine  Zusammensetzung  aus*  kleinen  Körnern.  Nach  den  Enden  des 
spindelförmigen  Körpers  zu,  setzen  sich  die  Stäbchen  der  Kcrnplatte  als  zarte  Fasern  bis  in 
die  Enden  der  Spindel  fort.  Erblickt  man  eine  derartige  Spindel  im  optischen  Querschnitt,  so 
sieht  man  (Figg.  7,  11),  dass  die  Stäbchen  der  Kernplatte  innerhalb  eines  bestimmt 
umgränzten  Körpers  liegen,  also  nicht  etwa  nur  Differcnzirungen  im  Dotter  sein  können. 

Durch  den  Einfluss  der  angewandten  Reagentien  zieht  sich  die  umgebende  Dottermasse 


von  dem  spindelförmigen  Körper  gewöhnlich  weit  zurück,  so  dass  derselbe  scheinbar  in  einen 
weiten  hellen  Raum  zu  hegen  kommt  (s.  Figg.  9  u.  6). 

Die  Deutung  des  spindelförmigen  Körpers  fällt  uns  nun  nicht  mehr  schwer,  nachdem  wir 
schon  bei  Nepheiis  gesehen  haben,  dass  der  Theilungsprocess  des  Kernes  mit  der  Metamorphose 
zu  einer  ganz  entsprechenden  Kernspindel  anhebt;  der  spindelförmige  Körper  ist  also  auch 
hier  nichts  anderes  als  der  metamorphosirte  Kern,  wiewohl  es  mir  leider  bei  diesem  Object  nicht 
möglich  war,  etwas  über  die  Art  der  Umwandlung  zu  ermitteln. 

Schon  die  Figur  6  zeigt  ums  die  Kernspindel  in  einer  sehr  eigenthümüchen  Stellung 
innerhalb  des  Dotters;  sie  ragt  nämlich  mit  ihrem  einen  Ende  in  dessen  Oberfläche  hinein  oder 
wohl  schon  etwas  auf  dieselbe  hinaus.  Weitere  Stadien  (Figg.  11  und  12)  zeigen  aber,  dass 
sie  sich  schliesslich  völlig  ausserhalb  des  Dotters,  dessen  Oberfläche  aufgelagert  findet,  ohne 
sich  jedoch  in  ihrer  früheren  Beschaffenheit  verändert  zu  haben. 

Es  macht  mir  nun,  wie  ich  schon  in  meiner  vorläufigen  Mittheilung  (15)  bemerkt  habe,  einige 
Schwierigkeit  von  dem  Zustand  der  Fig.  12  zu  den  Stadien  der  Figg.  13  u.  14,  die  sich 
unzweifelhaft  hier  anschliesscn,  den  vermittelnden  Uebergang  zu  finden. 

In  Figg.  13  u.  14  sehen  wir  nämlich  die  Bildung  der  Richtungsbläschen,  von  denen  es 
nach  den  Erfahrungen  an  Nepheiis  'nicht  zweifelhaft  sein  kann,  dass  sie  aus  der  Kernspindel 
hervorgehen.  Betrachten  wir  uns  diese  Formation  der  Richtungsbläschen  in  Figg.  13  u.  14 
etwas  genauer,  so  sehen  wir  sie,  wie  bei  den  später  zu  beschreibenden  Schnecken,  die  Bildung 
einer  sich  theilenden  Kernspindel  wiederholen.  Wir  finden  nämlich  zwei  auseinandergerückte 
Kernplatten,  die  aus  dunklen  Körnern  gebildet  sind,  welche  durch  feine  Fasern  sich  mit  den  Körnern 
der  gegenüber  liegenden  Platte  verbinden.    Die  Kntstehung  des  Riclitungsbläschens  aus  der, 


—    225  — 

der  Oberfläche  des  Eies  aufliegenden  Kcrnspindel  muss  daher  in  der  Weise  vor  sich  gehen, 
dass  dieselbe  in  dem  einmal  eingeleiteten  Theilungsprocess  weiter  (ortschreitet,  wobei  jedoch 
ihr  Volumen  sich  beträchtlich  vermindern  muss,  denn  das  Volumen  des  Richtungsbläschens  ist 
viel  kleiner  als  das  der  ursprunglichen  Kernspindel. 

Wenn  die  Kernspindel  noch  deutlich  auf  der  Oberfläche  des  Dotters  zu  beobachten  ist, 
bemerkt  man  häufig  an  ihrem  einen  Eude  ein  bläschenförmiges  Gebilde  (Fig.  12),  das  einige 
Körnchen  einschliesst.  Die  Möglichkeit  liegt  vor,  dass  dieses  Bläschen  die  beginnende  Um- 
wandlung der  Kernspindel  zu  den  Richtungsbläscben  darstellt.  Es  schien  mir,  dass  z.  B.  in 
der  Figur  14  das  eine  Richtungsbläschen  noch  in  den  Dotter  eingesenkt  sei,  doch  kann  man 
sich  unschwer  vorstellen,  dass  bei  der  Umwandlung  der  Kcrnspindel,  die  ja  doch  theilweise  in 
den  Dotter  eingedrückt  ist  (vergl.  Fig.  11),  sich  ein  derartiges  Bild  leicht  ergeben  kann. 

Obwohl  der  üebergang  der  Kernspindel  in  die  beiden  Richtungsbläschen  hier  nicht  mit 
derselben  Evidenz  demonstrirt  werden  konnte  wie  bei  Nephelis,  so  scheint  mir  doch  ein  Zweifel, 
namentlich  wenn  noch  die  später  zu  besprechenden  Beobachtungen  bei  Schnecken  zum  Vergleich 
herangezogen  werden,  nicht  möglich. 

Ich  will  hier  einschalten,  dass  ich  das  Spermatozoon  noch  auf  dem  Stadium  der  Fig.  12 
(sp.)  mit  Deutlichkeit  auf  der  Oberfläche  des  Dotters  beobachtete. 

An  der  Stelle,  wo  das  Richtungsbläschen  der  Dotteroberfläche  aufliegt,  zeigt  der  Dotter 
eine  etwas  abweichende  Beschaffenheit;  es  ist  hier  ein  helleres  und  etwas  grobkörnigen-s  Proto- 
plasma der  Dotteroberfläche  bis  zu  einer  gewissen  Tiefe  rcingescnkt  und  grenzt  sich  unregel- 
mässig,  jedoch  ziemlich  scharf  gegen  die  feinkörnigere  und  dunklere  Dottersubstanz  ab. 

Dieses  helle  Protoplasma  an  der  Oberfläche  des  Dotters,  welches  sich  wahrscheinlich  nach 
Vollendung  der  Richtungsbläschen  mehr  über  die  Dotteroberfläche  ausbreitet  —  wofür  eine 
Anzahl  Bilder  sprechen  —  ist  nun  ohne  Zweifel  der  Herd  der  Kernneubildung,  denn  die  neuen 
Kerne  entstehen  immer  dicht  unter  der  Oberfläche  des  Dotters  und  an  weit  von  einander 
entfernten  Stellen.  Bevor  die  Keruneubildung  beginnt,  ist  das  Spermatozoon  verschwunden. 
Die  Zahl  der  bei  Cuculhnus  sich  neubildenden  Kerne  der  ersten  Furchungskugel  beträgt 
wohl  4—5.  Von  Beginn  ihrer  ersten  Bemerkbarkeit  sind  sie  deutlich  bläschenförmig, 
mit  dunkler  Hülle  und  körnigem  Inhalt,  ohne  jemals  ein  besonderes  Kernkörperchen  zu 
enthalten. 

Nachdem  die  Kerne  zu  einer  ansehnlichen  Grösse  herangewachsen  sind  und  ihre 
peripherische  mit  einer  mehr  centralen  Lage  vertauscht  haben,  beginnen  sie  zu  verschmelzen, 
wobei  die  theilweise  zur  Vereinigung  gelangten  (Fig.  12)  Formen  bilden,  welche  man 


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-    326  — 

frflherhin  unbedingt  für  knospende  Kerne  in  Anspruch  genommen  haben  würde  und  ?*- 

Schliesslich  erfolgt  ihre  Verschmelzung  zu  einem  gemeinsamen  Kern,  so  dass  das  auf 
diesem  Stadium  befindliche  Ei  sich  nur  durch  die  der  Dotteroberfläche  aufsitzenden 
Richtungsbläschen  von  dem  Zustande  vor  der  Metamorphose  des  Keimbläschens  mit  Sicherheit 
unterscheiden  lässt. 

Die  beiden  Richtungsbläschen  trennen  sich  bei  unserem  Object  bald  nach  ihrer  Bildung 
meist  gänzlich  von  einander,  wie  sich  daraus  ergibt,  dass  sie  häufig  sehr  weit  ausein- 
ander liegen. 

Das  nächste  Stadium  zeigt  uns  nun  den  in  der  Theilung  begriffenen  Dotter  (Fig.  21),  in 
dessen  Ungsaxe  wir  die  langgestreckte,  durch  Metamorphose  des  Kernes  hervorgegangene 
Kernspindel  wieder  auffinden.  Ucbcr  den  Modus  der  Kcrnumwandlung  liess  sich  hier  bei  CtowJ- 
lantm  nichts  mit  Sicherheit  ermitteln,  dennoch  wäre  es  möglich,  dass  der  in  Fig.  20  wieder- 
gegebene Zustand  mit  dieser  Kernumwandlung  in  Zusammenhang  stünde.  Statt  des  Kernes 
zeigt  sich  hier  nur  eine  undeutlich  umschriebne,  helle  Stelle  im  Dottercentrum,  in  deren  Inneren 
eine  Anzahl  dunkler,  körniger  Stäbchen  unregelmässig  durcheinanderliegen.  Doch  die  Hicrher- 
gehörigkeit  dieses  Zustande«  ist  nur  eine  Vermuthung,  auch  habe  ich  derartige  Stadien  nur 
einige  wenige  Male  beobachtet. 

Die  aus  der  Metamorphose  des  ersten  Furchungskernes  hervorgegangene  Kernspindel 
und  mit  ihr  die,  bei  den  ferneren  Theilungen  auftretenden,  unterscheiden  sich  in  ihrem  Bau 
etwas  von  der  früher  beschriebenen,  durch  Metamorphose  des  Kernbläschens  entstandenen  Spindel. 
Die  den  Aequator  eiunehmende  Körnerpl&tte  wird  nämlich  hier  nur  von  einem  Kreis  dunkler 
Körnchen  gebildet,  wie  die  Ansichten  im  optischen  Durchschnitt  (Fig.  23)  im  Verein  mit  seit- 
lichen Ansichten  lehren. 

Das  weitere  Verhalten  des  metamorphosirten  Kernes  während  der  Theilung  ist  genau  das- 
selbe, wie  das  schon  früherhin  von  Nephdis  geschilderte.  Die  äquatoriale  Körnerplatte 
•  (S  t  ras  bürg  er'  s  Kcmplatte)  theilt  sich  zu  zweien,  die  nach  den  Enden  der  Kernspindel 
auseinanderrücken ,  bis  sie  schliesslich  die  Knden  selbst  erreichen,  womit  dann  die  spindel- 
förmige Gestalt  des  metamorphosirten  Kernes  sich  wie  bei  Nephdis  in  eine  mehr  bandförmige 
umgewandelt  hat.  Mittlerweile  ist  die  Durchfurchung  des  Dotters  senkrecht  zu  den  die  beiden 
Kernplatten  verbindenden  Fasern  vollendet.  Mit  dem  Auftreten  der  jungen  Kernchen  in  den 
Furchungskugeln  zweiter  Generation,  an  Stelle  der  beiden  Kernplatten,  habe  ich  bei  Cucuüanus 


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nichU  Deutliches  mehr  von  den  Kerüfaseru  gesehen.  Fig.  24  zeigt  je  2  eben  erst  entstandene 
kleine  Kerne;  Fig.  25  jedoch  beweist,  dass  sich  zuweilen  auch  bis  4  anlegen  können.  Nach- 
dem dieselben  hinreichend  herangewachsen  sind,  verschmelzen  sie  mit  einander  wie  die  Kerne 
der  ersten  Furchungskugel  und  man  hat  häufig  Gelegenheit  die  in  solcher  Weise  entstandenen, 
sogenannten  knospenden  Kerne  zu  beobachten. 

Die  Erscheinung  der  Dotterstrahlung  zeigt  sich  während  der  Theilung  bei  CueuOmwi  in 
der  gleichen  Weise  wie  in  den  übrigen  zur  Untersuchung  gelangten  Eiern,  jedoch  ist  sie  hier 
relativ  schwer  zu  beobachten  wegen  der  so  ungemein  feinkörnigen  Beschaffenheit  des  Dotters. 

Die  Richtungsbläschen,  die,  wie  oben  schon  erwähnt,  gewöhnlich  weit  von  einander  ge- 
trennt sind,  haften  meist  je  einer  der  beiden  Furchungskugeln  zweiter  Generation  an  (Fig.  25 
und  27). 

Sind  diu  Kerne  der  Kugeln  völlig  ausgebildet,  so  sind  die  letzteren  auch  in  der  gewöhn- 
lichen Weise  zusammengefallen.  Darauf  beginnt  zuerst  die  grössere  der  Kugeln  in  der  be- 
kannten Weise  sich  zu  t heilen  und  so  fort  So  weit  sich  die  Theilungsvorgänge  verfolgen 
liessen,  geschahen  sie  hier  stets  in  der  beschriebenen  Weise.  Ein  deutliches  Kernkörpereben 
tritt  in  den  Kernen  der  Furchungszellen  erst  auf,  wenn  die  Bildung  der  zweischichtigen  Zellen- 
platte, die,  wie  ich  anderwärts  beschrieben  habe,*)  das  Resultat  der  Furchung  darstellt,  voll- 
endet ist 


Die  Eier  der  Nematoden  haben  vielfach  zu  Untersuchungen  über  die  ersten  Kntwicklungs- 
vorgänge  gedient.  In  vergangener,  wie  jüngster  Zeit,  seitdem  v.  Siebold  1837  zuerst  ihren 
Furchungsprocess  entdeckte,  waren  es  gerade  die  Beobachtungen  an  den  Eiern  dieser  Würmer- 
klasse, welche  wesentlich  dazu  beitrugen,  die  mannigfachen  Wandlungen,  welche  die  Auffassung 
des  Furchungsproccsses  im  Laufe  der  Zeiten  erfuhr,  zu  begründen. 

v.  Siebold,  Bagge,  Kölliker,  Reichert,  J.  v.  Beueden,  Gabriel,  Claparede, 
Schneider,  Leuckart,  Pagenstecher,  E.  van  Beneden,  meine  Wenigkeit  und  ueuerdings 
Auerbach  haben  sich  an  diesen  Objecten  versucht  und  zum  Theil  auch  dem  CucuUanus  elegans 
ihre  besondere  Aufmerksamkeit  geschenkt  Um  so  mehr  muss  es  auffalten,  dass  auch  die  Be- 
obachter der  letztvergangenen  Jahre,  welche  sich  mit  der  Erforschung  der  Entwicklung  der 

•j  Vgl.  Zeitachr.  f.  wigg.  Zoologie,  Bd.  26.  p.  103. 


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Cucullanosoiern  beschäftigt  haben,  gar  nichts  von  den  so  interessanten  Vorgängen  berichten,  die 
sich  in  denselben  abspielen. 

Kölliker  hat  zuerst  1843  (8)  die  Entwicklung  unseres  Thieres  eingehend  studirt.  Der 
von  ihm  beschriebene  Vorgang  der  Embr  onalzellenbildung,  —  dass  nämlich  in  dem  Dotter  zuerst, 
ähnlich  wie  bei  Ascaris  dentata  Embryonalzellen  auftreten,  die  denselben  völlig  erfüllten,  oder 
absorbirt  haben,  wenn  man  so  will  —  beruhte  weniger  auf  Beobachtung,  als  auf  theoretischen 
Vorstellungen  aber  Zcllbildung  Oberhaupt  und  einer  unstatthaften  Verallgemeinerung  der  bei 
Ascaris  dentata  erhaltenen  Hesultate.  Ich  brauche  hier  um  so  weniger  auf  eine  Widerlegung 
der  Kölliker'schen  Auffassung  einzugehen,  als  schon  Claparede  (7;  p.  87  und  nach  ihm 
schon  früher  Gabriel)*)  die  völlige  Uebereinstinunung  des  Furchungsproceases  unseres  Thieres 
mit  dem  gleichen  Vorgang  der  meisten  übrigen  Nematoden  trefflich  nachwies. 

Aus  Kölliker's  Fig.  32,  Taf.  VII  glaube  ich  jedoch  auch  ziemlich  deutlich  zu  erkennen, 
was  ihn  hauptsächlich  in  der  falschen  Auffassung  bestärkt  hat;  diese  Figur  stellt  nämlich  ein 
Ei  dar,  das  4  Furchungskugeln,  jede  mit  2  in  der  Entwicklung  begriffenen  Embryonalzcllen,  ent- 
hält Diese  Embryonalzellen  können  nun  nichts  anderes  als  Kerne  sein,  während  die  dunklen, 
kleinen  Körperchen,  die  Kölliker  als  die  Kerne  auffasste,  verschrumpfter  Kerninhalt  sein  müssen; 
Kölliker  hat  also  die  eigentlichen  Kerne  meist  nicht  gesehen  (was  bei  der  Untersuchung  der 
Eier  in  Wasser  auch  natürlich  ist),  und  da  er  sie  einige  Male  dennoch  in  mehrfacher  Anzahl 
in  einer  Furchungskugel  sah,  hielt  er  sie  für  sich  entwickelnde  Embryonalzellen. 

Die  Richtungsbläschen  des  Nematodeneies  sind  wohl  zum  ersten  Mal  von  Reichert 
bei  Strongylus  aurietdaris  (9;  Taf.  IX.  Fig.  5—11)  gesehen  worden;  bei  demselben  Object 
erwähnt  sie  auch  neuerdings  wieder  Auerbach,  indem  er  hervorhebt,  dass  sie  stets  im 
schmäleren  Eipol  liegen  (18;  p.  196).  Sie  hatten  seit  Reichert's  Entdeckung  nicht  viel  Be- 
achtung gefunden.  Claparede  (7;  p.  78)  will  ein  Richtungskörpcrchen  bei  Ascaris  suilla 
(lumbrieoides)  gefunden  haben,  jedoch  nicht  regelmässig  und  nur  bei  unbefruchteten 
Eiern.  Schneider  (10;  p.  285)  macht  die  Bemerkung:  »in  dieser  Flüssigkeit«  -  Liijuor 
viUUi  -  »findet  man,  namentlich  leicht  an  dünnschaligen  Eiern  ein  scharf  contourirtes  Körperchen, 
welches  gewiss  zu  den  vor  und  bei  dem  Furchungsprocess  so  vieler  Thiere  auftretenden  Rich- 
tungsbläschen gehören  wird.«  Neuerdings  hat  Vi  Hot  (105)  das  Richtungsbläschen  bei  Gordius 
beobachtet 

Was  sich  nach  dem  Verschwinden  des  Keimbläschens  ereigne,  ja  über  dessen  Verschwinden 
oder  Persistenz  waren  die  verschiedenen  Beobachter  bekanntlich  sehr  verschiedener  Meinung. 

•)  Gabriel,  De  cucullani  elegantis  evolutione,  Bcrolini  1863,  Ut  mir  un*ug*nglicb  geblieben. 


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Pagen  Stecher  lässt  es  bei  Trkhina  dircct  durch  Theilung  in  die  Kerne  der  Furehungs- 
kugeln  übergehen,  auch  Leuckait  (11)  glaubt  sich  davon  überzeugt  zu  haben,  dass  es  bei 
Urynns-Arten,  deren  lichte  Eier  eine  gute  Beobachtung  gestatten,  persistire. 

Ich  glaube  kaum  nöthig  zu  haben,  besondi-rs  hervorzuheben,  dass  bei  derartigen,  funda- 
mentalen Vorgängen  ein  so  verschiedenes  Verhalten  nach  allen  unseren  Erfahrungen  den  höchsten 
Grad  von  Un Wahrscheinlichkeit  besitzt.  Wird  das  Keimbläschen,  wie  jetzt  bei  .Mollusken, 
Würmern  und  Wirbelthieren  nachgewiesen  ist,  ausgegossen,  so  gesthieht  ähnliches  wohl  aller- 
wärts.  wenn  sich  auch  im  Einzelnen  bedeutsame  Modificationen  dieses  Vorgangs  zeigen  mögen. 

Das  Keimbliischen  wird  also  auch  bei  den  Nematode  n  entfernt  und  diejenigen  Forscher, 
welche  das  Gegentheil  hievon  gesehen  haben  wollen,  wurden  höchst  wahrscheinlich  dadurch 
getauscht  dass  sie  zwischen  Keimbläschen  Und  dem  Kern  der  ersten  Furchungskugel  nicht  scharf 
unterschieden*).  Bei  Filaria  papulosa  fand  Schneider  (10;  ]>.  284)  nachdem  Verschwinden 
des  Keimbläschens  in  dem  Dotter  eine  Gruppe  scharf  eontourirter  Kügelchen  und  fragt,  ob  dies 
vielleicht  Reste  des  Keimbläschens  oder  Samens  seien.  Wahrscheinlich  sah  er  die  aus  dunklen 
Stäbchen  bestehende  Kernplattc  des,  vor  seiner  Ausstossung  zu  einer  Kernspindel  modificirten 
Keimbläschens. 

Ueber  die  Neubildung  der  Kerne  der  ersten  Furchungskugel  liegt  eine  sehr  wichtige 
Beobachtung  Schneider's  vor,  die  ich  beim  Niederschreiben  meiner  vorläufigen  Mittheilung 
leider  übersah.  Derselbe  sagt  (10;  p.  290):  »Wie  die  ersten  Kerne  entstehen,  ob  das  Keim- 
bläschen wieder  erscheint  und  sich  thcilt,  oder  ob  die  zwei  Kerne  sich  neu  bilden,  liess  sich 
nie  entscheiden.  Die  Furchung  kann  auch  erst  dann  eintreten,  wenn  sich  bereits  vier  bis  acht, 
ja  wohl  auch  noch  mehr  Kerne  gebildet  haben,  wie  ich  dies  bei  CucuUaHUt  elegatis,  Filaria 
pajrilhsu  und  einer  Enoplus-ArU  —  wahrscheinlich  ein  Dorylaimus  —  »des  Susswasscrs 
beobachtete.«  Er  glaubt,  dass  sich  dadurch  die  Erscheinung,  dass  der  Dotter  zuerst  in  zwei 
ungleiche  Segmente  zerfalle,  erkläre.  Ferner  spricht  er  auch  schon  (p.  2h9(  die  Meinung  aus, 
dass  die  K ö  1 1  ik er' sehe  Schilderung  (8)  der  ersten  Entwicklungsvorgänge  von  Asraris  dnitata 
(und  Oj-yuris  ambig» w  sich  wahrscheinlich  durch  das  erwähnte  Auftreten  mehrerer  Kerne  in 
der  ersten  Furchungskugel  erkläre,  welche  Kerne  Kölliker,  zum  Theilc  verleitet  durch  die 
fälschlich  angenommene  Homologie  derselben  und   der   Theilungsproducte    des  sogenannten 

•)  Auf  diese  Weise  erklärt  sich  ohne  Zweifel  auch  die  Angabe  GrceffV  (106;  p.  rU),  dass  Nich  das 
Keimbläschen  bei  gewissen  frei  lebenden  Nematoden  ohne  lb  theilignuß  de»  I>ntters  iheile.    Kr  hat  das  Ver-  t 
sehwinden,  resp.  die  Ausstossung  des  Keimbläschens  übersehen  und  die  beiden  neu  entstandenen  Kerne  für 
Thciluro^iicte  de»  Keimbläschens  gehalten. 


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Keimbläschens  der  Cestoden  und  Treroatodcn,  für  Embryonalzellcn  erklärte,  die  sich  schliesslich 
innerhalb  des  Dotters  so  vennehren  sollten.  dass  sie  denselben  am  Ende  ganz  verdrängten. 

Auch  ich  hatte  schon  in  meiner  vorläufigen  Mittheilung  darauf  hingewiesen,  dass  ich  diese 
Kölliker'sche  Darstellung  der  Verhältnisse  bei  Ascaris  dentata  am  liebsten  in  der  angegeben 
Weise  erklären  möchte,  jedoch  war  ich  dadurch  zweifelhaft  geworden,  dass  Willemocs-Suhm 
(12)  einen  ganz  entsprechenden  Vorgang  von  den  Eiern  der  lchthyonema  ylobiceps  beschrieb. 

Bei  nochmaliger  Ueberlegung  stiess  ich  jedoch  auf  einen  Umstand,  der  es  mir  sehr  wahr- 
scheinlich machte,  dass  sowohl  Schneider  wie  ich  bei  dieser  Deutung  ganz  im  Recht  waren. 
Kölliker  beschreibt  nämlich  sehr  bestimmt  das  Schwinden  des  ursprünglichen  Keimbläschens 
im  Ei  von  Asc.  dentata ;  wäre  nun  dieses  Keimbläschen  wirklich  ein  Homologon  der  Eizelle  der 
Cestoden  und  Trematoden,  wie  Willemoes-Suhm  will,  so  bliebe  sein  Verschwinden  ganz 
unverständlich.  Uebrigens  ist  auch  zwischen  der  Köllikcr'schen  Figur  10,  Taf.  VI,  die  ein  Ei 
mit  8  kleinen  Embryonalzellen  (Kernen?)  innerhalb  des  Dotters  darstellt,  und  der  folgenden 
Figur  11,  die  innerhalb  der  Dotterhaut  einen  Haufen  kleiner  Furchungskugeln  zeigt,  ein  so 
grosser  Abstand,  dass  ich  an  eine  hier  vorliegende  Bcobachtungslücke  glauben  inuss,  die 
Kölliker,  da  er  die  Entwicklungsstadien  der  Kerne  innerhalb  der  ersten  Furchungskugel 
fälschlich  in  verkehrter  Reihe  aufeinander  folgen  liess,  durch  eine  unrichtige  Annahme  ausfüllte  *) 

Obgleich  nun  Schneider,  wie  erwähnt,  das  Vorkommen  mehrerer  Kerne  in  der  ersten 
Furchungskugel  bekannt  war,  so  war  dies  doch  keineswegs  der  Fall  hinsichtlich  des  Schicksals 
derselben,  nämlich  ihrer  Verschmelzung  zu  einem  einzigen,  sondern  er  glaubte,  dass  diese 
Kerne  direct  in  die  Furchungskugeln  übergingen.  Ebensowenig  war  seither  etwas  von  der 
Metamorphose  des  Kernes  während  der  Theilung  und  der  Neubildung  der  Kerne  in  den 
Furchungskugeln  zweiter  und  späterer  Generation  bekannt. 

Auf  die  seitherigen  Deutungen  des  Kerntheilungsprocesses  bei  den  Nematoden  komme  ich 
jedoch  später  bei  Gelegenheit  einer  allgemeinen  Betrachtung  zurück. 

Ueber  die  äusserlichen  Verhältnisse  der  Furchung  bei  Cucullanus  elegans  macht 
E.  van  Beneden  noch  folgende  Bemerkung  (13;  p.  107): 

»D'un  autre  cöte,  on  n'observe  guere,  dans  la  disposition  des  premicres  cellules 
embryonaires  du  cucullanus,  cette  regularite  si  remarquable,  qui  se  manifeste  dans  la 
disposition  des  globes  vitellins,  quand  un  vrai  fractionnement  se  produit.« 

•)  Immerhin  bleibt  zu  wünschen,  dass  diese  nun  schon  seit  1843  durch  alle  einschlagigen  Schriften  ge- 
schleppte besondere  Art  der  Entwicklung  il<  *  .t*c.  dentata  endlich  einmal  durch  eine  Nachuntersuchung  aufgeklärt 
wltrde.  Die  den  Asc  dentata  beherliergenden  Aeschen  (Salnw  thyntallwi)  sollen  in  Zürich  so  leicht  tu  beschaffen 
sein,  dass  for  einen  an  Ort  und  Stelle  befindlichen  Zoologen  die  Untersuchung  keiuo  Schwierigkeit  haben  kann. 


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Hiergegen  muss  ich  bemerken,  dass  die  Furchung  der  Eier  von  CucuUanus  ganz  ebenso 
regelmässig  vor  sich  geht  als  bei  anderen  Nematoden,  so  dass  eine  ganz  regelmässige,  gesetz- 
mässige  Anordnung  der  Furchungskugeln  sich  noch  dann  erkennen  lässt,  wenn  die  Furchung 
schon  weit  fortgeschritten  ist,  wie  ich  dies  schon  anderwärts  gezeigt  habe  (I.  c). 

E.  van  Beneden  wurde  zu  dem  oben  citirten  Ausspruch  wahrscheinlich  durch  schlechte 
Präparate  (vergL  seiue  Abbildungen  Taf.  VI.)  und  dann  durch  das  Bestreben,  in  der  Theilung 
der  Eizelle  von  Cuculianus  etwas  anderes  zu  sehen  als  die  wahre  Furchung,  die  er  auf  die 
mit  Nahrungsdotter  versehenen  Eier  beschränkt,  verleitet.  Dieser  von  v.  Beneden  gemachte 
Unterschied  zwischen  der  eigentlichen  Furchung  der  Eier  mit  Nahrungsdotter  (Dentoplasma) 
und  der  ohne  solchen,  wie  z.  B.  Cuculianus,  ist  jedoch  völlig  unhaltbar,  da  er  sich  auf  keinen 
einzigen  Unterschied  in  dem  Wesen  der  Vorgänge  selbst  gründet,  sondern  nur  auf  materielle 
Unterschiede  des  ursprünglichen  Protoplasmas  der  Eizelle  und  allenfalls  noch  auf  eine  früher 
oder  später  im  Laufe  der  Entwicklung  eintretende  Scheidung  zwischen  sogenanntem  Bildungs- 
und Nahrungsdotter.  Es  ist  hier  nicht  der  Ort  auf  die  Vorstellung,  die  man  sich  von  der 
Furchung  der  sogenannten  meroblastischen  Eier  und  namentlich  ihrem  Anschluss  an  die  ent- 
sprechenden Vorgänge  der  holoblastischen  Eier  machen  kann,  näher  einzugehen;  doch  werde 
ich  an  geeigneter  Stelle  hierauf  zurückkommen. 

C.  Vorgänge  bei  Tyleiwhu«  imperfecta*  Btoehli.,  AnguUlula  rigida  Schnd., 

JEt^^^fl  f 1 1 1 1 1 ^  1  ■  und  1 1 1 ^  1 1 E  J*C D  . V  I  1 1  1 1  tili   ^ m t\W  II  II ^       ^'^^ Ä ^^^JP^I 

Taf.  IL 

Die  auffallende  Thatsache,  welche  mir  während  meiner  Arbeiten  über  die  freilebenden 
Nematoden  1871—1872  bei  der  Untersuchung  der  ersten  Entwicklung  der  Eier  von  Rhabditvi 
dolichura  aufstiess  (14;  p.  101),  bildete  eigentlich  den  Ausgangspunkt  der  hier  besprochenen 
Untersuchungen,  die  ich  im  Sommer  1874  wieder  aufnahm. 

Das  Enste,  was  mir  nun  bei  erneuter  Untersuchung  zu  constatiren  gelang,  war  das  nähere 
Verhalten,  resp.  der  Untergang  des  Keimbläschens  nach  der  Befruchtung.  Die  erste  entschei- 
dende Beobachtung  hinsichtlich  dieser  Frage  machte  ich  an  der  neu  gefundenen,  faulende  Pilze 
bewohnenden  Art  Tylenchus  imjjerfedtis.  *)  Die  Befruchtung  Hess  sich  hier  leider  nicht  näher 
beobachten.  Die  reifen  Eier  sind  von  recht  ansehnlicher  Grösse  und  bestehen  aus  einem  gleich- 
mässig  feinkörnigen  Dotter,  der  ein  ziemlich  grosses  Keimbläschen,  mit  dunklem,  ansehnlichem 

•)  Vergl.  das  Nähere  Ober  diese  Art  in  meiner  Abhandlung:  .Untersuchungen  über  freilebende  Nemato- 
den und  die  Gattung  Chaetonotus,'  Zeitachr.  f.  wisa.  Zoologie  1W.  26,  p.  363. 


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4 


-    232  - 

Keimfleck  einschliesst.  Kurz  nach  dem  Uebcrtritt.  der  Eier  in  den  Uterus  werden  die  Umrisse  . 
des  Keimbläschens  undeutlich  und  der  Keimfleck  verschwindet.  Gleichzeitig  sieht  man  das 
Keimbläschen,  das  sich  nur  uoch  als  heller  Klcck  mnrkirt,  sich  nach  der  Oberfläche  des  Dotters 
im  Aequator  langsam  hinschieben,  während  di  r  Dotter  selbst  amöboide  Bewegungen  ausführt. 
Plötzlich  bemerkt  man,  dass  sich  die  Überfläche  des  Dotters  an  der  Stelle,  wo  der  Keim- 
blaschenfleck sich  derselben  nähert,  grubenförmig  etwas  einsenkt  (Fig.  1 ).  In  dieser  Grube  tritt 
der  Keimbläschenfleck  schliesslich  in  die  Oberfläche  des  Dotters  ein  und  in  diesem  Moment 
(Fig.  2)  sieht  man  wie.  gewissermassen  aus  dem  Keimbläschenfleck  heraus,  ein  mattes,  dunkles 
Körperchen  in  die  Grube  des  Dotters  eintritt.  Nachdem  der  helle  Fleck  des  Keimbläschens 
so  eine  kurze  Zeit  an  der  Oberflache  des  Dotters  verweilt  hat.  sinkt  er  wieder  in  denselben 
zurück  und  wird  sehr  undeutlich*).  Nach  Verlauf  kurzer  Zeit  taucht  nun  im  Centrum  des 
Dotters  der  erste  Furchungskern  auf,  erhält  jedoch  keinen  Keimfleck.  Die  Theiluug  tritt  jetzt 
sehr  rasch  ein  und  der  Kern  wird  hierbei  so  undeutlich ,  dass  es  mir  nicht  gelang,  sein 
Verhalten  näher  zu  ermitteln. 

Bei  diesem  Vorgang  scheint  mir  nun  noch  von  Bedeutung,  dnss  hier  der  Kern  der  ersten 
Furchungskugel  nicht  aus  der  Verschmelzung  zweier  gesondert  entstehender  Kerne  hervorgeht, 
insoweit  eben  am  lebenden  Ei  ein  Einblick  in  diese  Verhältnisse  gestattet  war.  Bei  den  übrigen 
von  mir  jedoch  untersuchten  Arten  findet  sich  überall  die  früherhiu  schon  von  BhMitis  doli- 
ciiura  beschriebene  Art  der  Kernncubildung. 

Ich  schildere  hier  zunächst  den  Vorgang  der  Befruchtung,  wie  ich  denselbeu  bei  AnguilMa 
(IspMrra  Sehn. ,  Ctphalolnts  mh.)  rigide  Sehn,  mit  sehr  grosser  Deutlichkeit  zu  beobachten 
Gelegenheit  hatte.  Die  reifen  Eierstockseier  sind  ziemlich  gleichmäßig  und  dicht  feinkörnig 
und  von  den  sonst  bei  verwandten  Arten  zu  beobachtenden,  hellen  Dotterbläschen  findet  sich  hier 
nichts.  Der  Keimfleck  ist  in  den  noch  nicht  reifen  Eiern  sehr  deutlich,  in  den  reifen  schwindet 
er  hingegen  und  das  Keimbläschen  erscheint  ganz  gleichmässig  hell.  Der  Austritt  eines  reifen 
Eies  in  die  Ausführwcge  erfolgt  bei  auf  der  Höhe  ihrer  Entwicklung  stehenden  Thieren  etwa 
in  jeder  viertel  bis  halben  Stunde  einmal.    Das  Ei  schiebt  sich,  durch  die  Enge  der  Röhre 

*)  Die  schon  aus  dem  Jahr  im  herrührende  Schilderung  Lovi'n'a  vom  Austreten  des  Keimlle.ks  ans 
dem  Dotter  mehrerer  Muscheln,  namentlich  Modiolarin  (Creuella.i  marmnrata  und  ähnliche  später  von  Koren 
und  Da  nie  läsen  an  den  Kiern  von  Scpm hnerken  angestellte  Beobachtungen,  stimmen  in  allen  wesentlichen 
Punkten  mit  den  ol>eu  geschilderten  Befunden  bei  Tylenchus  «herein.  Die  genannten  Forscher  wurden  in 
gleicherweise  und  durch  diesellien  Cmsttnde,  wie  auch  ich  anfänglich,  verleitet,  den  austretenden  Körner  für 
den  Koimlieck  zu  halten.  Vergl.  Loren,  Die  Entwicklung  der  kopflosen  Mollusken,  l'ehersetzt  v.  Peters 
im  Arth.  f.  Anat.  u.  Physiol.  184s,  p.  631  und  Koren  u.  Danielsgen,  Heitr.  *.  Entwicklungsgesch.  der 
Kammkiemer.    Heber»,  v.  Troschel  im  Arch.  f.  Naturgeschichte.  1*53.  Bd.  L 


I 


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-  233 


lang  ausgezogen,  uach  der  Sameublase  hin,  die  dicht  mit  den  hier  sehr  ansehnlichen  Spermato- 
zoon erfüllt  ist. 

Sobald  das  Ei  bei  seinem  Kintritt  in  die  Samenblasc  das  erste  Spermatozoon  berührt, 
schmilzt  es  mit  diesem  zusammen  und,  weiter  vorbeirückend,  zieht  es  das  Samcnkörperchcn 
mit  sich,  das  nun  mit  der  Oberfläche  des  Eies  successive  verschmilzt.  Eine  kurze  Zeit  nach 
dieser  Vereinigung  bleibt  die  Verschmelzungsstelle  noch  dadurch  deutlich  sichtbar,  dnss  die 
dunkeln  Körnchen  des  Spermatozoon  sich  durch  ein  stärkeres  Lichtbrechungsvermögen  aus- 
zeichnen. Nach  dem  Eintritt  des  Eies  in  den  Uterus  ist  Jedoch  keine  Spur  des  Spermatozoon 
mehr  zu  entdecken. 

Um  diesen  Befruchtungsprocees  zu  sehen,  ist  es  nothwendig,  dass  man  das  dem  Ovar  zu- 
nächst befindliche  Spermatozoon,  auf  welches  das  Ei  auf  seinem  Wege  zunächst  treffen  muss, 
bestimmt  ins  Auge  fasst  und  nun  den  Durchtritt  eines  Eies  abwartet.  Verfährt  man  umgekehrt 
und  fasst  das  Ei  ins  Auge,  so  wird  man  die  Vereinigung  schwerlich  sehen.  Nie  habe  ich  die 
Vereinigung  mit  noch  einem  zweiten  Spermatozoon  wahrgenommen. 

Nach  dem  Uebertritt  des  Eies  in  den  Uterus,  in  dem  sogleich  die  Bildung  einer  Schale 
beginnt,  werden  die  Grenzen  des  Keimbläschens  undeutlich  und  dasselbe  rückt  auch  hier  sehr 
bald  gegen  die  Oberfläche  des  Dotters  im  Aequator  an,  die  sich  ihm  entgegen  zuweilen  auch 
etwas  einbuchtet.  Schliesslich  tritt  es  in  die  Oberfläche  des  Dotters  ein.  Jedenfalls  wird  nun 
auch  hier  in  diesem  Moment  der  Richtungskörper  ausgetrieben,  wenngleich  ich  dies  bei  dieser 
Art  nicht  beobachtete,  indem  wohl  die  Kleinheit  des  Objectes  und  andere  Hindernisse  die  Be- 
obachtung stören  mögen.  Dagegen  sah  ich  etwas  später  ein  kleines  Richtungskörpercheu  der 
Dotteroberfläche  im  schmaleren  Eipol,  der  der  Vagina  zugewendet  ist,  ankleben.  Der  nun  in 
der  Dotteroberfläche  liegende  Keimbläschenfleck  wird  manchmal  auf  derselben  deutlich  ver- 
schoben, bald  jedoch  scheint  er  sich  mehr  und  mehr  auf  derselben  auszubreiten,  vom  körnigen 
Dotter  von  innen  her  verdrängt  werdend.  Gleichzeitig  sammelt  sich  an  verschiedenen  Stellen 
der  Dotteroberfläche  mehr  oder  weniger  eines  sehr  hellen,  körnerfreien  Protoplasmas  an  und 
es  schien  mir,  als  wenn  der  Keimbläschenfieck  sich  mit  diesem  Protoplasma  vereinigte.  Ganz 
besonders  reichlich  tritt  solch  helles  Protoplasma  an  den  beiden  Polen  des  Dotters  auf 
(Fig.  5).  Gleichzeitig  ist  der  Dotter  amöboid  beweglich,  womit  die  queren  Runzeln  in  Zusammen- 
hang stehen,  die  man  den  Dotter  überziehend  zu  dieser  Zeit  gewöhnlich  bemerkt. 

Die  Neubildung  der  Kerne  beginnt  nun  in  dem  hellen  Protoplasma  der  Dotterpole 
und  zwar  bildet  sich  zuerst  in  einem  der  Pole  ein  Kern  und  hierauf  erst  der  des  andern, 
jedoch  scheint  bald  der  eine,  bald  der  andere  Pol  in  Bezug  hierauf  den  Anfang  zu  machen 


—    234  - 

Diese  Kernneilbildung  macht  den  Eindruck,  als  wenn  sich  an  einer  Stelle  das  helle  Protoplasma 
etwas  mehr  ansammelte  und  einen  Vorsprung  in  dem  angrenzenden  körnigen  Dotter  bildete, 
welcher  schliesslich  von  dem  letzteren  ganz  umhüllt  und  von  seiner  Ureprungsstätte  abgedrängt 
wird  (Figg.  6  u.  7).  Ist  so  der  eine  Kern  gebildet,  so  rückt  er  durch  den  körnigen  Dotter 
dem  Centrum  zu,  ändert  seine  Lage  jedoch  häufig  noch  vielfach,  und  geht  auch  nicht  selten 
über  das  Centrum  hinaus,  in  den  andern  Pol  hinein.  Während  dessen  hat  sich  in  derselben 
Weise  die  Bildung  eines  zweiten  Kernes  im  entgegengesetzten  Pol  vollzogen.  Sind  nun  in  dieser 
Weise  die  beiden  neuen  Kerne  gebildet,  so  rücken  sie  meist  in  gerader  Richtung  auf  einander 
zu  und  vereinigen  sich  im  Centrum  des  Dotters,  indem  sie  sich  dicht  zusammenlegen.  Lagen 
sie  sich  jedoch,  wie  in  Fig.  7,  schon  früher  in  einem  der  Pole  näher,  so  werden  sie  von  da 
gemeinsam  nach  dem  Dottercentrum  geschoben.  Sie  verweilen  hier  nun  einige  Zeit  im  Dotter- 
centrum nebeneinander,  wobei  ihre  Contouren  sehr  scharf  werden;  schliesslich  schieben  sie  sich 
über  einander,  so  daas  sie  sich  genau  decken  und  verschmelzen. 

Das  helle  Protoplasma  an  der  Dotteroberfläche  ist  nun  gänzbeb  geschwunden.  Auf  die 
Theilung  gehe  ich  hier  nicht  weiter  ein,  da  mir  das  Object  in  dieser  Beziehung  nichts  Neues 
darbot  und  auch  nicht  sehr  günstig  zu  sein  schien. 

Die  von  mir  schon  früher  beobachtete  Rhabditis  dolichura  Schnd.  habe  ich  neuerdings 
■  wieder  einige  Male  untersucht.  Nach  dem  schon  früher  geschilderten  Ausstossen  der  hellen 
Bli&chen  des  Dotters,  wonach  derselbe  ein  feinkörniges,  gleichmässiges  Aussehen  erlangt  hat, 
sieht  man  auch  hier  noch  den,  an  die  Oberfläche  des  Dotters  im  Aequator  herangerückten 
Keimbläscheofleck.  Während  nun  helle  protoplasmatische  Masse  an  die  Oberfläche  des  Dotters 
tritt,  verschwindet  dieser  Fleck;  jedoch  sah  ich  mehrfach  an  der  Stelle,  wo  er  in  der  Dotter- 
oberfläche verschwand,  das  Richtungsbläschen  liegen,  welches  jedoch  hierauf,  wahrscheinlich  in 
Folge  der  zu  dieser  Zeit  sehr  lebhaften  amöboiden  Dotterbewegungen,  nach  dem  Vaginalpol 
verschobeu  wurde.  Nach  kurzer  Zeit  verschwindet  nun  die  helle  protoplasmatischc  Masse 
von  der  Oberfläche  des  Dotters  und  derselbe  wird  wieder  mehr  oder  weniger  gleichmässig 
körnig.  Nun  entstehen  die  neuen  Kerne  und  zwar  der  eine  immer  in  dem  der  Vagina  zu- 
gewendeten Dotterpol,  der  andere  wurde  mehrfach  zuerst  im  Aequator  deutlich.  Einmal  sah  ich 
sie  beide  gleichzeitig  und  dicht  neben  einander  im  Vaginapol  entstehen;  nach  ihrem  Entstehen 
trennten  sie  sich  dann  auf  kurzer  Zeit  wieder,  um  sich  schliesslich  zu  vereinigen  und  nach 
dem  Centrum  des  Dotters  zu  rücken.  Fernerhin  stiess  ich  bei  dieser  Gelegenheit  einmal  auf 
ein  Ei,  in  dem  sich  nicht  wie  gewöhnlich  nur  zwei,  sondern  drei  neue  Kerue  bildeten,  welche 
sich  in  derselbtu  Weise  wie  die  beiden  gewöhnlichen  im  Centrum  des  Dotters  vereinigten. 


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-    235  - 

Bei  mehreren  Arten  der  Gattung  Dipkgmtttr,  die  ich  zu  untersuchen  Gelegenheit  hatte, 
fielen  mir  namentlich  die  ganz  exquisiten  amöboiden  Bewegungen  des  Dotters  während  der  Kern- 
bildung  und  bis  zur  Theilung  hin  auf.  Manchmal  glaubte  man,  ein  schon  in  der  Furchung  weit 
vorgerücktes  Stadium  vor  sich  zu  haben,  denn  der  Dotter  hatte  ein  völlig  maulbeerförmiges, 
von  tiefen  Furchen  auf  seiner  Oberfläche  herrühendes  Aussehen ;  dennoch  zeigte  sich  bei  näherer 
Betrachtung,  dass  man  es  nur  mit  sehr  energischen,  amöboiden  Formveränderungen  eines  ein- 
fachen Dotters  zu  thun  hatte  (s.  Figg.  10—12).  Natürlich  sieht  man  diese  lebhaften  Bewegungen 
des  Dotters  nur  an  nicht  gepressten  Eiern  deutlich. 

Auch  hier  bilden  sich  nach  dem  Austritt  des  Keimbläschens  zwei  neue  Kerne,  jedoch 
auch  hier  nicht  in  den  entgegengesetzten  Polen,  sondern  entweder  beide  in  einem  Pol  oder 
der  eine  an  der  langen  Seite  des  Dotters,  der  andere  im  Pol.  Ihre  Vereinigung  sah  ich  mehrfach 
weit  vom  Centrum  des  Dotters  vor  sich  gehen.  Nachdem  sich  die  beiden  Kerne  vereinigt  haben, 
erlischt  die  lebhafte  Bewegung  des  Dotters  allmälig,  dagegen  dauern  hin-  und  herwogende  Ström- 
ungen in  demselben  noch  an,  ja  dieselben  scheinen  selbst  während  der  Theilung  nicht  zu  erlöschen. 

Fig.  12  zeigt  die  schon  verschmolzenen  Kerne,  welche  schon  eine  Streckung  erfahren 
haben,  jedoch  eigenthümlicher  Weise  sich  noch  nicht  im  Centrum  des  Dotters  befinden  und 
auch  mit  ihrer  verlängerten  Axe  quer  zur  Lanpaxe  des  Dotters  stehen.  Bald  jedoch  wurde 
diese  Abnormität  ausgeglichen  und  der  Kern  ins  Centrum  des  Dotters  geschoben,  sowie  auch 
seine  Längsaxe  in  die  des  Dotters  eingerichtet. 

Auch  bei  Bhabdilis  ddichwra  habe  ich  beobachtet,  daas  selbst  während  der  Theilung, 
wenn  die  beiden  Strahlensysteme  entStenden  sind,  dennoch  die  Strömungen  im  Dotter  nicht 
völlig  sistiren,  soudern  ich  sah  längs  der  Peripherie  der  sogar  schon  zum  Theil  abgeschnürten  Fur- 
chungskugeln  ziemlich  lebhafte  Strömungen  nach  der  Trennungsfurche  hineilen. 

Als  Beispiele  einer  rapiden  amöboiden  Beweglichkeit  des  Dotters  nach  dem  Verschwinden 
des  Keimbläschens  will  ich  hier  noch  die  Eier  des  grossen  Tyhnchus  peüvädus  Bast,  erwähnen. 
In  welcher  Weise  hier  das  Keimbläschen  sich  den  Blicken  des  Beobachters  entzieht,  habe  ich 
nicht  mit  Sicherheit  feststellen  können.  In  Figg.  16  21  habe  ich  6  Formen,  die  der  Dotter 
nach  einander  in  dem  kurzen  Zeiträume  von  5  Minuten  angenommen  hatte,  wiedergegeben. 
Der  Dotter  ist  während  dieser  Periode  der  lebhaften  Beweglichkeit  ganz  gleichmassig  feinkörnig, 
ohne  Spur  einer  hyalinen  Zone;  auch  die  Fortsätze  sind  in  gleicher  Weise  nur  von  körnigem 
Protoplasma  gebildet.  Diese  lebhaften  amöboiden  Bewegungen  erloschen  und  dafür  entsprangen 
der  Dotteroberfläche  eine  grosse  Anzahl  kleiner,  stumpfer  Fortsätze,  wolche  ihr  ein  ganz  trau- 
biges Ansehen  verliehen.  Einige  Stunden  später  war  ein  centraler  Kern  sichtbar  und  erst  nach 


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Verlauf  6  weiterer  Stunde«  fand  ich  den  Dotter  zu  zwei  Kugeln  zerfallen.  Bei  dieser  Art 
beträgt  die  Zeit  von  der  Eiablage  bis  zum  Eintritt  der  ersten  Furchung  ungefähr  24  Stunden, 
während  die  gleichen  Processe  bei  den  vorhergenannten  kleinen  Nematoden  höchstens  V*— V« 
Stunde  iu  Anspruch  nehmen. 

In  Kigg.  22-24  habe  ich  einige  Eier  des  Oxyuris  Diesmgü  (aus  Blatta  orientalis)  ab- 
gebildet. Der  ganz  contrahirte  Dotter  (Fig.  22)  zeigt  nämlich  gleichfalls  amöboide  Bewegungen, 
jedoch  von  viel  langsamerer  und  plumperer  Art,  als  das  vorhin  beschriebene  Object.  Dagegen 
verhält  sich  der  Dotter  hier  völlig  wie  eine  Amöbe,  die  stumpfen,  breiten  Fortsätze,  welche  er 
aussendet,  werden  nämlich  von  völlig  hellem,  körnerfreiem  Protoplasma  gebildet  (Fig.  22).  Ist 
der  Dotter  dieser  Eier  etwa  bis  zur  Hälfte  seiner  Condension  gelangt,  so  häuft  sich  an  einem 
seiner  Pole  helles  Protoplasma  in  ziemlicher  Menge  an  und  in  diesem  sieht  man  das  Keim- 
bläschen erscheinen,  das  auch  zuweilen  noch  einen  deutlichen  Rest  des  Keimfleckes  erkennen 
liess.  Seine  weiteren  Schicksale  Hessen  sich  an  diesen  zur  Untersuchung  derartiger  Vorgänge  sehr 
ungeeigneten  Eiern  nicht  entziffern. 


Bekanntlich  entbrannte  in  den  fünfziger  Jahren  ein  sehr  lebhafter  Streit  über  die  Befruch- 
tung der  Nematoden,  dem  wir  es  vornehmlich  zu  verdanken  haben,  dass  unsere  Kenntnisse  der 
Geschlechtsorgane  dieser  Thiere  sich  so  befriedigend  klärten.  Dieser  Streit,  welcher  namentlich 
zwischen  Nelson,  Meissner,  liischoff,  Thompson  und  späterhin  noch  Claparede  und 
Münk  geführt  wurde,  endete  schliesslich  ziemlich  unbefriedigend.  Claparede  hat  eine  sehr 
lichtvolle  Darstellung  dieses  wissenschaftlichen  Tourniers  in  seiner  bekannten  Arbeit  »Sur  la 
formation  et  la  fecondation  des  oeufs  chez  les  vers  n6mntodest  (7)  gegeben.  Das  schliesslichc 
Resultat  seiner  Untersuchungen,  sowie  derjenigen  Münk 's,  war  die  Nichtbestätigung  des  von 
Nelson  und  Meissner  behaupteten  Eindringens  der  Spermatozoon  in  den  Dotter.  Schneider 
(10;  p.  282)  und  Leuckart  (11;  p.  85)  haben  hingegen  später  wieder  das  Eindringen  bestä- 
tigen zu  müssen  geglaubt,  obgleich  es  mir  zweifelhaft  erscheint,  ob  ihre  einschlägigen  Deutungen 
die  richtigen  sind. 

Ihre  Beobachtungen  beziehen  sich  auf  Ascariden  {megaloccphfda  und  lumbriemlcs) ,  wo 
die  Spcrmatozoeu  bekanntlich  in  den  weiblichen  Geschlechtsorganen  sehr  eigenthümliche  kegel- 
artige Bildungen  darstellen.  Derartige  Kegelchen  nun  sind  es,  welche  die  genannten 
beiden  Forscher  innerhalb  des  Dotters  beobachtet  haben  wollen.  Ich  kann  jedoch  kaum 
glauben,  dass  diese  Formation  der  Spermatozoon  sich  nach  der  wohl  sehr  rasch  verlaufen- 
den Vereinigung   mit  der  Eizelle  noch   erhalte   und   deshalb   erscheint  mir  die  Deutung 


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Dotter  aufritzenden  oder  sdieiabar  in 


Es  dürfte  also  der  oben  von  mir  erbrachte  Nachweis  der  Tülligen 
von  Anguiüula  rigida  mit  je  einem  Spermatozoon  und  der  Vereinigung  des 
CueuUanus  mit  dem  Dotter,  nicht  ganz  ungeeignet  sein,  den  immer  noch  von 
Seite  bezweifelten  Vorgang  der  Befruchtung  zu  klären. 

Mit  dem  Nachweis  des  Eindringens  der  Spermatozoon  in  die  den  Dotter  umgebende  Ei- 
flüssigkeit ,  der  ja  fast  durch  das  ganze  Thierreich  hindurch  geführt  ist,  ist  ja  noch  keines- 
wegs die  Frage  nach  der  wirklichen  Vereinigung  der  Spermatozoon  mit  der  Eizelle  entschieden, 
und  wenn  sich  die,  bei  Anauilluki  und  CueuUanus  gefundne  Thatsache:  dass  die  Vereinigung 
mit  einem  einzigen  Spermatozoon  die  Regel  ist,  noch  weiter  verbreitet  finden  sollte,  so  wurde 
dieser  Umstand  die  Schwierigkeit  der  Beobachtung  dieser  Verschmelzung  bei  Eiern  von  einiger 
Grösse  hinreichend  erläutern. 

Es  fragt  sich  nun,  welche  Deutung  ich  den  Beobachtungen  über  das  Verschwinden  des 
Keimbläschen»  bei  den  Eiern  der  untersuchten  kleinen,  freilebenden  Nematoden  geben  muss. 
Die  Untersuchungsobjecte  sind  sehr  klein,  was  seine  Vortheile,  aber  auch  seine  Nachtbeile  mit 
sich  führt.  Das  Aussehen  des  aus  dem  Dotter  an  der  Stelle,  wo  der  helle,  durch  Veränderung 
des  Keimbläschens  hervorgegangene  Fleck  an  dessen  Oberfläche  tritt,  hervorgeschobnen  Körper- 
chens veranlasste  mich  in  meiner  vorläufigen  Mittheilung  (15)  in  ihm  den  Keimfieck  zu 


Seine  Kleinheit  macht  hier  eine  nähere  Erkenntniss  seines  Baues  im  Moment  des  Aus- 
unmöglich, ebensowenig  liess  sich  die  etwa  in  dem  Keimbläschen  beim  Undeutlich- 
seiner Ränder  vor  sich  gehende  Umwandlung  erfassen.  Nach  den  Erfahrungen,  die  wir 
jedoch  bei  Nephelis  und  CueuUanus  machten,  dürfte  es  keinem  Zweifel  unterliegen,  dass  wir 
in  dem,  von  mir  oben  als  Keimbläschenfleck  bezeichneten  Umwandlungsproduct  des  Keim- 
bläschens, dasselbe  Gebilde  vor  uns  haben,  welches  wir  in  dem  spindelförmig  modificirten 
Eikern  des  Nephelis-Eies  fanden,  zusammen  mit  den  beiden  Ccntralhöfen  der  sich  um  dessen 
Enden  findenden  Strahlungen,  welche  sich  auch  hier  bei  genaueren  Beobachtungen  wohl  noch 
auffinden  lassen  werden.  Tritt  nun  der  Keimbläschenfleck  in  die  Oberfläche  des  Eies  ein,  so 
wird  das  in  ihm  liegende,  raetainorphosirte  Keimbläschen  als  Richtungsbläschen  eliminirt,  die 


•)  Es  wird  aus  meiner  ganzen  Darstellung  schon  ersiohtlirh  sein,  dass  irh  mit  Münk,  Claparede 
and  Lenckart  an  den  Ton  mir  beobachteten  unbefruchteten  Eiern  keine  Dotterhaut  und  daher  auch 
Mikropyle  finde. 

d.  8«nckenb.  naturf  Oes.  Bd.  X.  31 


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hellen  Centralhüfe  dagegen  persiatiren  noch  einige  Zeit  an  der  Dotteroberfläche,  indem  sie  zu 
der  irrigen  Ansicht,  als  bleibe  das  Keimbläschen  selbst  erhalten  und  es  trete  nur  ein  Körper 
aus  ihm  und  dem  Dotter  hinaus,  Veranlassung  gaben.  Bei  dieser  Deutung,  die  ich  für  die 
einzig  mögliche  halte,  wodurch  meine  sämmtlichen  Beobachtungen  Uber  die  Ausstossung  des 
Keimbläschens  bei  Würmern  und  Schnecken  in  Einklang  gebracht  werden,  darf  uns  die  be- 
trächtliche Reduction,  welche  das  Volumen  des  Keimbläschens  bei  der  Metamorphose  zum 
Richtungskörper  erfährt,  nicht  stören.  Wir  finden  das  Gleiche  bei  allen  bisher  untersuchten 
Eiern  und  werden  uns  späterhin,  namentlich  bei  den  Infusorien,  aberzeugen,  dass  Voluroens- 
änderungen  der  Kerne  in  dem  grössten  Masstab  und  der  verschiedensten  Richtung  statt- 
finden können. 

Auf  einen  Vergleich  der  von  mir  gemachten  Beobachtungen  aber  die  ersten  Entwicklungs- 
prozesse in  den  Eiern  der  Nematoden  mit  den  Auerbach 'sehen  Befunden  werde  ich  bei  Gelegen- 
heit einer  allgemeinen  Besprechung  der  von  mir  and  Änderen  erhaltenen  Resultate  zurückkommen. 

D.  Die  Vorginge  bei  Gastropoden  (Llmnaeua  mtrUnOaris  Drp.  und  Succinea 

iffetjierl  jusmsir.) 

Tat  IV. 

Die  Eier  der  genannten  beiden  Schnecken  untersuchte  ich  zuerst  nach  den  wiederholten 
Beobachtungen  der  kleinen  freilebenden  Nematoden.*)  Da  mir  damals  die  Kernmetamorphose 
noch  nicht  bekannt  war  und  es  mir  auch  bei  diesen  Objccten  nur  t  heil  weise  gelang,  derselben  an- 
sichtig zu  werden,  so  sind  diese  Beobachtungen  hinsichtlich  des  Theilungsprocesses  der  Furchungs- 
kerne  und  einiger  anderer  Punkte  etwas  mangelhaft  geblieben.  An  der  Hand  der  Beobachtungen 
bei  Nephelis  und  Cucullanus  wird  es  jedoch  gelingen,  für  die  gesehenen  Bilder  die  richtigen 
Deutungen  zu  finden  und  dadurch  die  nahezu  völlige  Uebereinstimmung  der  Vorgänge  mit  den 
früher  geschilderten  festzustellen. 

Untersucht  man  die  Eier  von  Limnaeus  und  Succinea  gleich  nachdem  sie  gelegt  wurden, 
so  findet  man,  dass  der  Dotter  auch  hier  wie  bei  Nephelis  nicht  ganz  sphärisch  ist,  sondern  in 
einem  Durchmesser  abgeplattet  erscheint  (Fig.  1).  Der  eine  der  auf  diese  Weise  bestimmten 
Dotterpolc  zeichnet  sich  fernerhin  noch  dadurch  aus,  dass  er  spitzer  emporgewölbt  ist  und  von 
hellem,  körnerfreiem  Protoplasma  gebildet  wird.    In  der  kürzeren  Axe  des  Dotters  trifft  man 

nun,  einmal  etwa  in  dem  Centrum  desselben,  dann  ferner,  etwa  in  der  Mitte  zwischen  diesem 

  • 


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und  dem  hellen  Pol,  je  ein  Strahlungssystem  mit  centralen  Hof.  Ferner  sah  ich,  dass  sich 
von  einein  zu  dem  andern  Hof  feine  Fasern  hinzogen.  Vergleicht  man  nun  dieses  Stadium 
(Fig.  1)  mit  dem  früher  geschilderten  ersten  Stadium  von  Ncphelis  (Taf.  I.  Fig.  1),  so  wird 
die  völlige  üebereiustimmung  derselben  hinreichend  klar  werden.  Es  unterliegt  keinem  Zweifel, 
dass  auch  hier  zwischen  den  Centraihöfen  der  beiden  Strahlungssystemo  sich  der  spindelförmig 
metamorphosirte  und  gestreifte  Eikern  befindet,  dessen  Streifung  ich  gesehen  hatte,  ohne  dass 
mir  die  Bedeutung  derselben  völlig  klar  geworden  war.  Dass  sich  dies  nun  so  verhält,  folgt 
auch  aus  den  ferneren  Fortschritten.  Auch  hier  rücken  die  beiden  Strahlensysteme,  sammt  der 
zwischen  ihnen  sich  hinziehenden  Streifung,  dem  vorgewölbten  Pole  des  Dotters  näher,  bis 
schliesslich  das  demselben  nähere  in  die  Oberfläche  des  Dotters  an  diesem  Pole  selbst  hinein- 
rückt (Fig.  2).  Bald  hierauf  beginnt  denn  anch  ein  Richtungsbläschen  zwischen  dieser  polaren 
Strahlung  wie  bei  Nephelis  hervorzutreten  (Fig.  3,  4  u.  5).  Man  bemerkt  au  ihm  nun  fol- 
gende, uns  schon  von  anderwärts  her  bekannte  Structur.  —  Innerhalb  des,  mittels  eines  Stiel- 
chena  gewöhnlich  scheinbar  der  Dotteroberfläche  aufsitzenden  Bläschens  liegt  eine  Scheibe 
dunkler,  glänzender  Körner,  die  sich  gewöhnlich,  da  man  meist  auf  ihren  Rand  sieht,  als  eine 
Körnerlinie  darstellt.  Von  diesen  Körnern  entspringen  zarte  Fasern,  welche  sich  durch  das 
Stielchen  hindurch  ein  Stuck  weit  in  den  Dotter  hinein  verfolgen  lassen  und  bei  günstigen 
Objecten  gelingt  es,  dieselben  bis  zu  einer  zweiten,  im  Dotter  noch  eingeschlossenen  Köroer- 
scheibe  zu  verfolgen.  Mehrfach  sah  ich  jedoch  deutlich  auch  das  Stielchen  des  schon 
bervorgeschobenen  Richtungsbläschens  selbst,  sich  noch  in  den  Dotter  hinein  fortsetzen  und  um 
die  innere  Körnerscheibe  ein  ähnliches  Bläschen  formiren,  wie  das  schon  ausgestossene.  Es 
hess  sich  also  das  noch  auszustossende  zweite  Richtungsbläschen  mit  hinreichender  Sicherheit 
inncrh&lb  des  Oottcrs  constätirco . 

Um  diese«  noch  innerhalb  des  Dotters  befindliche  Richtungsbläschen  bemerkt  man  auch 
noch  mit  Deutlichkeit  die  radiäre  Strahlung,  doch  muss  ich  gestehen,  dass  ich  in  Bezug  auf 
das  Verbleiben  der  beiden  ursprünglichen  Strahlungssysteme  bei  diesen  Eiern  nicht  gänzlich 
ins  Klare  kam,  weil  ich  die  sich  hier  abspielenden  Vorgänge  noch  nicht  völlig  begriff.  Mehr- 
fach beobachtete  ich  zu  einer  Zeit,  da  das  erste  Richtungsbläschen  schon  ausgestossen  war,  noch 
ein  zweites  Strahlnngssystem  im  Centrum  des  Dotters  (Fig.  4),  ohne  mir  jedoch  darüber  völlig 
Rechenschaft  geben  zu  können,  ob  dies  wie  bei  Nephelis  ein  neugebildetes  oder  ob  es  eines 
der  beiden  früheren  Systeme  sei,  was  mir  sehr  unwahrscheinlich  dünkt. 

An  dem  Dotterpol,  der  das  Richtungsbläschen  hat  austreten  lassen,  zeigte  sich,  wie 
bemerkt,  auch  in  früherer  Zeit  schon  eine  Ansammlung  hellen,  körnerfreien  Protoplasmas,  jetzt, 


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-    240  - 

nach  dem  Austritt  des  ersten  Richtungsbläschens,  sehe  ich  mit  vieler  Deutlichkeit  und  bei  fast 
samratlicben  Eiern,  die  ich  in  dieser  Hinsicht  untersuchte,  in  diesen  Pol  eine  hellere  und  sehr 
feinkörnige  Protoplasroamassc  eingesenkt,  welche  sich  mit  einer  scharfen,  aber  sehr  schwach 
markirten  Grenze  gegen  den  übrigen  Dotter  absetzte.  Auf  die  Constatirung  dieses  Verhältnisses 
habe  ich  sehr  viele  Mühe  verwandt,  da  ich,  wie  schon  erwähnt,  ursprünglich  an  dem  Gedanken 
festhielt,  dass  die  Richtungsbläschen  den  Keimfleck  repräsentirten  und  in  dieser  hellen  Masse 
die  Reste  des  an  die  Oberfläche  getretenen  Keimbläschens  vermuthete.  Hierauf  gründete  sich 
denn  auch  die  in  der  vorläufigen  Mittheilung  (15)  ausgesprochene  Ansicht,  dass  sich  ein  Rest 
des  Keimbläschens  in  erkennbarer  Form  erhalte.  Manchmal  sah  ich  die  schon  erwähnte  Strah- 
lung um  das  noch  im  Dotter  eingeschlossene  zweite  Richtungsbläschen  an  der  Grenze  dieses 
hellen  Protoplasmas  endigen  (Fig.  3,  6,  17).  — 

Ein  weiteres  Stadium  (Fig.  6)  zeigt  uns  nun  auch  das  zweite  Richtungsbläschen  aus  dem 
Dotter  hinausgeschoben,  wo  es  in  einer  Einsenkung  der  Dotteroberfläche  sitzen  bleibt. 

Dicht  unterhalb  dieser  Stelle  zeigen  sich  jedoch  nun  bei  Limtiaeus  eine  ganze  Anzahl,  bis 
zn  9  und  vielleicht  manchmal  noch  mehr  neu  gebildeter,  kleiner  Kernchen,  dicht  zusammenliegend 
Jedes  derselben  besitzt  eine  deutliche,  dunkle  Hülle,  einen  hellen,  jedenfalls  flüssigen  Inhalt  und 
innerlich  einige  wenige,  dunkle  Körperchen  oder  Kreischen  mit  hellerer  Mitte.  Diese  Körper- 
chen hängen  jedenfalls  der  Hülle  dicht  an.  Ausserdem  bemerkt  man  noch  ein  eigenthümliches 
Verhalten  der  Richtungskörperchen ;  dieselben  zeigen  häufig  noch  sehr  deutlich  die  schon  er- 
wähnte Structur,  nämlich  die  beiden  Körnerscheiben,  sammt  den  sie  verbindenden  Fasern  und 
dann  sieht  man,  dass  sich  von  dem  dem  Dotter  aufsitzenden  Bläschen  einige  feine  Fasern  in 
den  Dotter  hinein,  zwischen  die  dort  liegenden,  neugebildeteu  Kernchen  begeben  (Fig.  6  u.  8). 
Eine  Erklärung  letzterer  sehr  eigenthümlichen  Einrichtung  vermag  ich  nicht  zu  geben. 

Mit  der  Bildung  der  Kernchen  steht  nun  gewiss  unzweifelhaft  das  an  ihrer  Stelle  befind- 
liche helle  Protoplasma  in  Verbindung,  in  welcher  Weise  jedoch,  dies  lässt  sich  vorerst  nicht 
näher  angeben. 

Weitere  Stadien  zeigen  nun  ein  successives  Verschmelzen  der  Kernchen  mit  einander,  so 
dass  man  später  an  ihrer  Stelle  grössere  Kerne  in  einer  geringeren  Anzahl  trifft,  welche  jedoch 
ganz  genau  den  Bau  der  früheren  kleinen  Kerne  wiederholen,  mit  der  Ausnahme,  dass  je 
grösser  die  Kernchen  werden,  desto  grösser  auch  die  Zahl  der  in  ihnen  sich  findenden,  dunklen 
Körperchen  ist.  Schliesslich  finden  sich  nur  zwei  grosse  Kerne,  die  endlich  auch  zu  einem 
grossen  Kern  mit  einander  verschmelzen,  an  welchem  man  häufig  die  Spuren  des  Hervorgehens 
aus  zweien  noch  zu  sehen  Gelegenheit  hat. 


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-    241  - 

Bei  Succinea  F/eifferi  scheint  sich  der  Vorgang  der  Kernneubildung  etwas  anders  zu  ver- 
halten ;  auch  hier  findet  sich  unterhalb  des  ausgegossenen  Richtungsbläschens  die  helle  proto- 
plasmatische Masse,  in  der  ich  auch  im  lebenden  Ei  zwei  neue  Kerne  dicht  neben  einander 
aus  kleinen  Anfangen  hervorwachsen  sah.  Andrerseits  traf  ich  jedoch  bei  diesem  Object  auch 
auf  Zustände,  wo  die  beiden  Kerne  in  weiter  Entfernung  von  einander  lagen  (Fig.  15).  Ob 
nun  in  solchen  Fällen  auch  die  Neubildung  derselben  an  so  weit  von  einander  getrennten  Stellen 
begann,  wie  ja  an  und  für  sich  nicht  unwahrscheinlich  ist,  oder  ob  sie  nachträglich  nur  ver- 
schoben wurden,  scheint  mir  fraglich.  Uebrigens  haben  die  Kerne  hier  ganz  denselben  Hau 
wie  bei  Limnaetus,  doch  beobachtete  ich  mehrfach,  dass  die  Inhaltskörpcrchen  sich  im  ('entmin 
der  Kerne  zu  einem  Haufen  zusammengedrängt  hatten.  Schliesslich  erfolgt  denn  auch  bei 
Succinca  die  Vereinigung  zu  einem  Kern,  wie  für  Limnaeus  schon  ausführlicher  beschrieben 
wurde. 

Die  Theilung  des  so  entstandenen  Kernes  der  Furchungskugel  erster  Generation  und 
damit  auch  die  Theilung  des  Dotters,  hebt  nun  in  der  Weise  an,  dass  an  zwei,  sich  diametral 
gegenüberliegenden  Stellen  des  Kernes,  welche  die  Axe  der  späteren  Theilung  bezeichnen,  zwei 
ursprünglich  noch  kleine  Strahlungssysteme  in  dem  anfänglich  noch  sphärischen  Dotter  ent- 
stehen (Fig.  10).  Jedes  Strahlungssystem  hat  wiederum  in  seinem  Centrum  den  bekannten  hellen 
und  homogenen  IM.  Ein  folgendes  Stadium  Fig.  1 1  zeigt  uns  nun  auch  den  Kern  schon  sehr 
wesentlich  verändert;  er  ist  gänzlich  streifig-faserig  geworden  und  zwar  laufen  die  Fasern  in  dem 
schon  etwas  spindelförmig  gestalteten  Kern  in  der  bekannten  Weise  von  dem  einen  Ende  der 
Spindel  zu  dem  amiern.  Anfänglich  bemerkt  man  zwischen  den  Streifen  des  Kernes  noch  deut- 
lich die  duuklen  Binnenkörperehen  desselben  (Fig.  11),  bald  jedoch  verschwinden  dieselben 
vöUig  (Fig.  12)  und  der  Kern  stellt  nun  eine  längsgestreifte,  zwischen  den  beiden  Strahlen- 
systemen  liegende  Spindel  dar.  — 

Auf  einem  Stadium  (Fig.  13),  wo  die  Furchung  Benkrecht  zu  der  Kernspindel  unterhalb 
des  Richtungsbläschens  schon  begonnen  hatte,  fand  ich  an  der  Kernspindel  auch  deutlich  die 
äquatoriale  Kcrnplatte,  von  schwachen  dunkleren  Verdickungen  der  Mitten  der  Spindelfasern 
gebildet.  Die  Kernspindel  wird  übrigens  im  weiteren  Verlauf  der  Theilung  sehr  schwer  sicht- 
bar, obgleich  ich  nicht  zweifle,  dass  sich  jetzt,  nachdem  diese  Vorgänge  bei  andern  Objecten 
ganz  sicher  gestellt  sind,  auch  hier  bei  erneuter  Untersuchung  dasselbe  Verhalten  mit  Sicher- 
heit ergeben  wird. 

Ich  habe  das  Auseinanderrücken  der  beiden  Kernplattenhälften  hier  nicht  beobachtet  und 
wende  mich  daher  gleich  zu  einem  Zustand,  wo  sich  schon  die  ersten  Anfänge  der  Kerne  der 


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Furchungskugcln  zweiter  Generation  finden,  die  sich  ohne  Zweifel  auch  hier  durch  Differenzirung 
der  in  die  Enden  der  Kernspindel  gerückten  Hälften  der  Kernplatten  bilden. 

Hier  sieht  man  nämlich  mit  grosser  Deutlichkeit,  dass  die  die  beiden  Tochterkerne  ver- 
bindenden Fasern  in  der  Mitte  zwischen  beiden  zum  Theil  wieder  zn  dunkel  -  glänzenden,  ver- 
dickten Partien  angeschwollen  sind,  eine  Eigentümlichkeit,  der  wir  in  geringerem  Mnasse  schon 
bei  Nephdis  begegneten  und  in  welcher  wir  die  S t ras b u  rger 'sehe  Zellplatte  wiederfinden 
müssen  (Fig.  14  u.  19).  Ich  kenne  bis  jetzt  unter  den  thierischen  Objecten  keines,  welches 
dieso  Zollplatte  so  deutlich  ausgeprägt  zeigte,  wie  die  beiden  Schnecken.  Gehen  wir  einen 
Schritt  weiter,  so  finden  wir  die  Tochterkerne  schon  mehr  angewachsen,  jedoch  durch  die  Kern- 
fasern noch  in  deutlicher  Verbindung  (Fig.  20),  obgleich  die  Durchforchung  des  Dotters  schon 
völlig  vollzogen  zu  sein  scheint  Was  aus  der  sogenannten  Zellplatte  geworden  ist,  Hess  sich 
nicht  ermitteln,  von  ihr  ist  nichts  mehr  zu  sehen. 

In  ihrem  Bau  stimmen  die  Kerne  der  Furchungskugeln  zweiter  Generation  völlig  mit 

Wenn,  wie  sich  aus  der  voranstehenden  Beschreibung  ergibt,  meine  Untersuchungen 
der  Vorgänge  im  Schneckenci,  als  die  anfänglichen,  auch  nicht  den  Grad  von  Vollständigkeit 
und  Sicherheit  besitzen  wie  die  späteren,  so  glaube  ich  doch,  dass  sich  aus  ihnen  zweifellos  die 
wesentlichste  üebereinstimmung  der  Vorgänge  der  Ausstossung  des  Eikerns  und  der  Kern- 
theilung  mit  denen  der  früher  beschriebnen  Objecte  ergeben.  Es  war  daher  auch  gewiss  nicht 
ungerechtfertigt,  wenn  ich  zur  Ergänzung  der  Lücken  auf  die  Beobachtungen  an  anderen  Objecten 

Eine  ganz  vorzügliche  Arbeit  über  den  Furchungsprocess  von  Limnaeus  verdanken  wir 
Warn  eck  (110),  aufweiche  ich  leider  erst  aufmerksam  wurde,  als  meine  Untersuchungen 
schon  beendigt  waren.  Fol  hat  (35;  p.  26)  die  Beobachtungen  dieses  Forschers  auch  schon 
gebührend  gewürdigt,  jedoch  meiner  Ansicht  nach  zum  Theil  nicht  richtig  aufgefasst.  Warneck 
hat  noch  frühere  Entwicklungsstufen  der  Eier  von  IAmnmus  und  IAmax  beobachtet  als  ich; 
da  fand  sich  im  Centrum  des  Dotters  ein  ansehnlicher  heller  Fleck  an  Stelle  des  Keimbläschens, 
der  jedoch  keine  Hülle  besass,  überhaupt  auch  in  continuirlichem  Zusammenhang  mit  der  um- 
gebenden Dottermasse  stand.  Dieser  Fleck  nun  t heilt  sich  in  der  Richtung  des  einen  Dotter- 
durchmessers zu  zweien,  >es  zeigt  sich  hier  ein  Furchnngs-  oder  Thcilungsprocess«  (1.  c.  p.  117). 
Hierauf  zieht  sich  der  Fleck  mit  seinem  Inhalt  nach  der  Dotteroberfläche  hin  und  erscheint 
dann  dieser  ein-  oder  angelagert  in  Gestalt  eines  mit  seiner  Spitze  nach  dem  Dottercentrum 
schauenden  Kegels.    Es  ist  unrichtig  referirt,  wenn  Fol  angibt  (1.  c.  p.  25):  die  eine  Hälfte 


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des  Flecks  werde  nach  der  Dotterobern  äche  geschoben  und  trete  als  Richtungsbläschen  aus, 
die  andere  dagegen  bleibe  im  Ceutrum  des  Dotters.  Wir  sehen  also,  dass  Warneck  das  ver- 
änderte in  der  Metamorphose  begriffene  Keimbläschen  als  hellen  Fleck  sah,  dass  er  von  ihm 
selbst  nichts  bemerkte,  kann  uns  nicht  erstaunen,  wenn  wir  berücksichtigen,  dass  er  auch  bei  jeder 
Theilung  die  Furchungskerne  in  eben  solche  helle  Flecke  fibergeben  lässt,  also  auch  hier  die 
Metamorphose  des  Kernes  als  einen  Art  Lösungsprocess  desselben,  wie  später  Auerbach  auffasste. 

In  dem  erwähnten  hellen  Fleck  fand  nun  W  a  r  n  c  c  k  aber,  nachdem  derselbe,  wie  geschildert, 
an  die  Oberfläche  des  Eies  gerockt  war,  zwei  kugelförmige,  zusammenhängende  Körper  (vergl. 
Taf.  II.  Fig.  6a),  so  dass  es  mir  sehr  wahrscheinlich  dankt,  dass  es  diesem  trefflichen 
Beobachter  gelang,  das  metamorphosirte  Keimbläschen  kurz  vor  seinem  Austritte  zu  isoliren. 
Warneck  betrachtet  die  erwähnten  Körper  als  die  durch  eine  Art  Verdichtung  neu  ent- 
standenen  Kerne.    Erst  nachdem  diese  Körper  in  dem  hellen  Fleck  sich  gezeigt  haben,  tritt 


über  dem  Fleck  an  der  Oberfläche  des  Dotters  sehr  helle  Masse  auf,  die  im  optischen  Durch- 
schnitt eine  Art  sichelförmigen  Streifens  an  der  Oberfläche  des  Dotters  bildet,  und  aus  dieser 
Masse  lässt  Warneck  die  Richtungsbläschen  (zuweilen  3)  sich  formiren,  nicht  jedoch  durch 
Austritt  einer  Hälfte  des  hellen  Flecks.  Er  spricht  sich  daher  auch  sehr  entschieden  dagegen 
aus:  dass  diese  Bläschen  »als  VesietUa  Purkinji  oder  als  üeberbleibsel  derselben  zu  betrachten 
seien«.  Der  helle  Fleck  jedoch  wird  nach  ihm  wieder  ganz  zu  dem  Kern  der  ersten  Furchungs- 
kugel  und  zwar  sah  er  bei  Limax  sehr  deutlich  zwei  Kerne  entstehen  (p.  125,  Taf.  IV.  Figg.  10* 
und  10"),  die,  wenn  der  Dotter  sich  zur  Theilung  anschickt  und  die  Kerne  undeutlich  werden, 
indem  sie  ihre  1  lulle  verlieren,  zu  einem  gemeinsamem  hellen  Fleck  sich  vereinigen.  Die 
Theilung  der  Kerne  der  Furchungskugeln  ist  jedenfalls  so  genau  geschildert,  als  dies  sich  am 
lebenden  Ei  und  mit  schwächereu  Vergrösserungen  erreichen  liess.  Zunächst  schwindet  die 
Hülle,  der  Kern  nimmt  an  Grösse  ab  und  wird  zu  einem  hellen  Fleck  |  darauf  streckt  derselbe 
sich  in  die  Lange  und  zerfällt  schliesslich  in  zwei  Theile;  bei  Limax  hingegen  auch  in  3  (I), 
von  welchen  der  mittlere  in  der  Theilungsfurche  der  Dotterkugel  bleibt,  die  äusseren  hingegen 
in  die  Dotterkugeln  selbst  rücken  (Taf.  IV.  Fig.  29a).  Durch  Verdichtung  in  diesen  hellen 
Kerken  entstehen  alsdann  die  eigentlichen  Kerne,  die  zuerst  sehr  klein  auftreten  und 
allmälig,  wahrscheinlich  auf  Kosten  des  hellen  Flecks,  heranwachsen. 

Ich  hübe  kaum  nöthig  besonders  hervorzuheben,  wie  sehr  diese  wichtigen  Untersuchungen 
von  Warneck  in  vielen  Punkten  mit  den  meinigen  Ubereinstimmen,  obgleich  ich  hinsichtlich 
der  Frage  nach  den  Richtungsbläschen  sehr  von  ihm  abweiche;  aber  gerade  in  seinen  Be- 
obachtungen finde  ich  neue  Belege  für  die  von  mir  oben  vorgetragenen  Anschauungen. 


—    244  - 

Eine  sehr  eingehende  Schilderunu  .ler  RirtUungsbläschenbildung  bei  Limnacus  hat  nach 
Untersuchungen  am  lebenden  Ei  Robin  gegeben  (19).  Er  glaubt  jedoch  bei  den  Gastropoden 
zwei,  ihrer  Natur  nach  ganz  verschiedene  Bläschen  zu  finden.  Nach  Bildung  des  ersten  Bläs- 
chens —  das  selbst  wieder  in  zwei  Abschnitten  sich  bilden  soll  und  zwar,  wie  die  Richtungs- 
bläschen (globules  polaires)  nach  Robin  überhaupt,  durch  Sprossung  von  der  Oberfläche  des 
Dotters  —  eutsteht  das  zweite,  welches  ganz  andrer  Natur  sein  soll,  da  es  wirklich  aus 
dem  Dotter  hervorgeschoben  werde,  was  man  daran  erkenne,  dass  es  bei  seinem  Hervortreten 
die  den  Dotter  überziehende,  zarte  Membran  abhebe.  Letzterwähnte  Beobachtung  muss  ich 
bestätigen ;  mau  sieht  wirklich  wie  das  zweite  Richtungsblästhen  eine  zarte  Membran  auf  eine 
kurze  Strecke  von  der  Dotteroberfläche  abgehoben  hat.  Ich  glaube  mich  jedoch  mehrfach  über- 
zeugt zu  haben,  dass  dies  auch  für  das  zuerst  ausgetretene  Richtungsbläschen  der  Fall  ist, 
welchem  nur  diese  zarte  Membran  gewöhnlich  dicht  aufliegt  (Fig.  4  u.  7).  Was  aber  diese 
Membran  selbst  anlangt,  so  kann  ich  in  ihr  nichts  weiter  sehen,  als  eine  verdichtete  Hautschicht  des 
Dotters,  die  das  austretende  Keimbläschen  nicht  zu  durchbohren  vermag,  sondern  in  die  Höhe  stülpt. 

Ganz  dieselbe  Erscheinung  zeigt  sich  nach  J  her  in  -  (109)  Untersuchungen  bei  Ilelix. 
Seine  Abbildungen  (Taf.  XVII.  Figg.  2  u.  5)  beweisen,  obgleich  er  es  nicht  ausdrücklich  bemerkt, 
dass  nur  das  zweite  Richtungsbläschen  wie  bei  Limnacus  die  Membran  deutlich  in  die  Höhe 
stülpt.  Jhering  erklärt  diese  Membran  für  eine  sehr  feine  Dotterhaut,  ich  glaube  jedoch,  dass 
es  sich  auch  hier  nur  um  eine  stark  verdichtete  Hautschicht  handelt.  Vielleicht  findet  sich 
bei  Modiohria  (Crenella)  etwas  Aehnliches,  da  Lovtfn  (1.  c.)  auch  von  einem  conischen  Fort- 
satz der  Dotterhülle  spricht,  in  welchem  der  ausgetriebene  Richtungskörper  eingebettet  sein  soll. 

In  Bezug  auf  die  Kernneubildung  in  der  ersten  Furchungskugel  von  Limtuteus  ist  jedoch 
Robin  (21)  völlig  im  Irrthum,  denn  bei  dieser  und  einer  Reihe  andrer  Schueckengattungen 
sollen  nach  ihm  die  ersten  Kerne  zuerst  in  den  4  kleinen  Furchungskugeln  erscheinen,  die 
diesen  vorhergehenden  jedoch  kernlos  sein. 

In  demselben  Jahr,  in  welchem  die  Robin'schen  Arbeiten  erschienen,  publicirte  auch 
Lcreboullet  eine  sehr  ausgedehnte  Abhandlung  (23)  über  die  Entwicklung  von  Limtuteus 
sUtgnalis,  worin  er  sich  sehr  eingehend  über  die  ersten  Entwicklungsvorgänge  ausspricht  und 
auch  ohne  Zweifel  mancherlei  über  die  Kernbildung  etc.  beobachtet  hat,  ohne  jedoch  den  Faden 
zu  finden,  welcher  die  verschiedenen,  von  ihm  gesehenen  Bilder  zu  einem  richtigen  Ganzen 
vereinigt  hätte.  Es  ist  sehr  schwer  die  Anschauungen  Lere b o u II ct's  in  Kürze  wieder- 
zugeben, ich  erlaube  mir  daher  eine  Anzahl  Punkte  seiues  eigenen  Resumc's  (I.e.  p.  111  u.  f.) 
wörtlich  hier  folgen  zu  lassen. 


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—    245  - 

'5.  Le  germe  ou  Vitalins,  au  moment  de  1«  ponte,  ne  posaede  pa*  de  membrane  vitelline. 
A.  II  se  compose  alors  il'elements  granuleax  (granules  plastiques)  et  de  deux  vesicules  (vesicules  cyto- 
blastiques) plus  oo  moins  remplies  de  granulea  fing  et  palea. 

7.  Lea  vesicules  cytoblastiques  grotaiaent  peu  ä  peu  et  leurs  granulea  se  multiplient,  puis  cea  vesicules 
disparaissent. 

8.  La  disparition   des  vesicules  cytoblastiques  s'aecompagne  de  l'apparition  de  vesicules  particnlieres 
(vesicules  plaatiques;  qui  deviennent  tri*  nombreuaes  et  aa  melent  aux  granulea  dans  taute  la  masse  du  vitollus. 

9.  Bientdt  apres  la  produetion  des  vesicules  plastiques,  on  trouve  dang  le  germe  quatre  vesicules  cyta- 


10.  Celles-«  disraraissent  comme  le»  preYedeute»,  au  bout  de  peu  de 

11.  La  segnientation  en  deux  commence  quatre  heures  environ  apres  la  ponte. 

12.  Elle  est  preetfdee  de  l'appaxition  en  dehors  du  genne  de  l'une  ou  deux  vesicules  hyalines  qui  prorien- 

la.  Des  que  la  ligne  de  diriaion  est  etablie,  lea  deux  hdmispheres  ae  separent  et  s'arrondissent  en 
cbevauchant  Tun  sur  l'antre. 

de  vesicules  plaatiques. 

la  Pendant  leur  rapprochemeut  Im  spheres  s'aplatiaseut  par  leurs  surfaces  en  contact. 

19.  Lea  vesicules  plastiques  reparaissent  pendant  la  duree  de  eeUe  Periode  de  concentratton. 

20.  Une  demi-beure  apres  leur  reunioii  les  spberes  se  separent  de  iwinveau. 

21.  Lp»  vesicules  cytoblastiques  deviennent  alors  plua  grosses,  plus  rapprochees  de  la  surface  et,  des  lurs, 


22.  Deux  autres  cy toblaste«  apparaiasent  a  cot«  de»  precedentes.    Ces  cytoblastes  deviennent  de  i  Ins 
M  plua  gros,  et  leurs  Clement»  granuleux  se  multiplient. 

23.  La  presenee  de  deux  vesicules  cytoblaatiques  et  de  nombreux  vesicules  plaatiques  daos  cbacune  des 
deux  spheres  annonce  la  prochaine  division  du  germe  en  quatre. 

26.  Les  cytoblaataa  nouveaux  paraiaaent  se  fonner  au  centre  du  germe  par  division  d'un  cytoblaste 
primitif.   Ces  noavclles  vesicules  cytoblaatiques  se  melent  a  la  substance  du  germe  pendaut  la  periode  de  con- 


Die  Bedeutung  der  beiden  vesicules  cytoblaatiques  (6  u.  7)  oder  centrales  (p.  90), 
wie  er  sie  auch  nennt,  die  sich  in  dem  frisch  gelegten  Dotter  finden  sollen,  ist  mir  nicht  klar, 
vielleicht  sind  sie  doch  das  metamorphosirtc  Keimbläschen.  Dagegen  sind  die  4  vesicules 
cytoblastiques  (9),  die  sich  bald  nach  dem  Verschwinden  der  beiden  erstgenannten  entwickeln 
sollen,  jedenfalls  die  sich  neubildenden  Kerne  gewesen,  deren  spätere  Vereinigung  zu 
einem  Kern  nicht  beobachtet  wurde.  Die  Beobachtungen  über  die  Zeit  des  Erscheinens  der 
Richtungsbläschen,  die  als  Eiweisstropfeu  bezeichnet  werden  (p.  92)  oder  auch  schon  im  Dotter 
präexistirende  Bläschen  sein  sollen,  scheinen  sehr  unzureichend  zu  sein.  Von  dem  eigentlichen 
Verhalten  des  Kernes  während  der  Theilung  wurde  nichts  beobachtet. 

Welche  Bewandtniss  es  mit  den  sogenannten  vesicules  plastiques  hat,  die  wahrscheinlich 
aus  den  Cy  toblasten  hervorgehen  sollen,  vermag  ich  nicht  anzugeben.   Die  Ansicht,  dass  die 


durch  Theilung  entstandnen  Furchungskugeln  sich  spater  wieder  völlig  vereinigen  sollen,  brauche 

AbhuiüL  d.  Henekenb.  muurf.  <)<■*.  BU.  I.  32 


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ich  nicht  besonders  zu  widerlegen.  Bevor  die  Thailing  der  ersten  Furchungskugel  stattfindet, 
soll  die  Trennungsebene  sich  schon  als  helle,  durchschimmernde  Linie  markiren  (Taf.  11.  Fig.  6). 
Ich  habe  leider  nur  sehr  wenig  Beobachtungen  an  frischen  Eiern  angestellt,  möchte  aber  dies 
Verhalten  dennoch  bezweifeln. 

Wodurch  Lercboullct  zu  der  Ansicht  veranlasst  wurde,  dass  neben  dem  Kern  der  Furchungs- 
kugeln  zweiter  Generation  sich  später  noch  ein  zweiter  bilde,  bleibt  mir  unklar.  Nach  den  auf  dieses 
oder  spätere  Stadien  sich  beziehenden  Abbildungen  zu  urtheilen,  scheint  es  mir  das  Wahrschein- 
lichste, dass  er  die  hellen  Centraihöfe  an  den  Enden  der  spindelförmig  modificirten  Kerne  für 
Cytoblasten  genommen  hat,  wie  dies  ja  auch  von  andern  Beobachtern  mehrfach  geschehen  ist. 

Aus  den  Beobachtungen  Lereboullct's,  sowie  aus  denen  Warneck's,  geht  hervor, 
dass  auch  bei  Limnaeus  die  Kerne  mit  einfachem  Nucleolus  erst  in  verhäJtnissmässig  späten 
Zeiten  des  Entwicklungslcbcns  auftreten*). 

Taf.  XIII.  Fig.  14-17. 

Wegen  der  Schwierigkeit,  welche  die  Herbeischaffung  geeigneten  Materials  bot,  konnte 
ich  bis  jetzt  nur  wenige  Räderthiere  in  den  Kreis  meiner  Untersuchungen  ziehen ;  dennoch  ge- 
nügten die  wenigen  Beobachtungen  um  zu  constatiren,  dass  auch  hier  die  Proccsse  der  Kern- 
theilung  und  der  Furchung  ganz  in  derselben  Weise  verlaufen,  wie  bei  den  seither  beschrie- 
benen Eiern. 

Zur  Untersuchung  lagen  mir  vor  die  Sommereier  von  Notommata  (Asplanckna)  Sieboldii, 
einiger  .BracÄioHits-Arten  und  einer  TriarÜura  (wahrscheinlich  Tr.  platyptera  Ehrbg.). 

An  den  Eiern  aller  dieser  Thiere  lässt  sich  constatiren,  dass,  wie  auch  schon  früher  be- 
kannt, das  Keimbläschen  des  reifen  Eies  den  früher  so  grossen  Keimfleck  fast  völlig  verloren 
hat.  Gleichzeitig  ist  das  gesammte  Keimbläschen  viel  kleiner  geworden,  als  die  Eikerne  des 
Ovars,  ja,  das  Volumen  des  früheren  Keimflecks  übertrifft  z.  B.  bei  Triarthra  «las  des  Keim- 

•)  Die  beiden  neuesten  Beobachter  der  Embryologie  von  IAmnaeut,  Ray-Lankester  (vergl.  »Obser- 
vation! on  tbe  Development  of  the  Pondsnail  etc.*  in  Quarter  L  jouro.  of  microscop.  icience-  n.  s.  T.  XIV 
p.  365)  und  C.  Babl  (»die  Ontogenie  der  Süss wasserpulmoniiten«  in  Jenaist'he  Zeitschrift  f.  Meli,  in  u.  Natur- 
wissenschaft. Bd.  IX,  p.  19')).  haben  den  ersten  Entwicklungsvorgangcn  keine  besondere  Aufmerksamkeit  ge- 
schenkt. Ich  erwähne  hier  nur  die  sehr  eigentümliche  Ansicht  Kahl  's.  der  die  Kichtungsblaschen,  als 
»darch  Anpassung  an  dl«  ungleiche  Dotterf archung  erworbne  Schutsorgane  des  Embryo,« 
auffassen  zu  dürfen  glaubt.  Man  sieht,  was  die  Anpassung  mit  gutem  Willen  nicht  alles  au  leisten  im  Sunde 
iat.  Ich  kann  um  so  mehr  von  einer  eingehenderen  Würdigung  der  Rabl 'sehen  Meinung  abstehen,  als  dessen 
wirkliche  Beobachtungen  hinsichtlich  der  Kichtungsblaschen  sehr  oberflächlich  sind. 


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» 

Müschens  wohl  am  das  Doppelte.  Im  lebenden  Zustand  ist  das  Keimbläschen  ganz  hell  und 
homogen,  nach  dem  Absterben  jedoch  oder  nach  Behandlung  mit  1  °'o  Essigsäure  treten  darin 
einige  dunkle  Granulationen  auf. 

Noch  vor  der  Ablage  dos  Eies,  oder  bei  Notommata  vor  der  weiteren  Entwicklung,  ver- 
schwindet das  Keimbläschen,  ohne  dasB  es  mir  jedoch  bis  jetzt  geglückt  wäre  bei  einem  der  • 
Eier  diesen  Vorgang  direct  zu  beobachten.   Es  blieb  jedoch  auch  jede  Bemühung  ein  Richtungs- 
körperchen  ausfindig  zu  machen  vergeblich,  wie  es  denn  bis  jetzt  auch  noch  keinem  Beobachter 
gelungen  ist  ein  solches  in  den  Eiern  der  Rädert  liiere  zu  sehen. 

Dass  auch  das  Keimbläschen  der  reifen  Eier  der  Räderthicre  verschwinde  und  nicht,  wie 
Leydig  (25)  glaubte,  direct  in  die  beiden  Kerne  der  ersten  Furchungskugel  übergehe,  hat 
neuerdings  Flemming  für  LadnuUxria  socialis  wieder  gezeigt  (27),  eine  Beobachtung,  welche 
jedoch  von  Huxley,  dem  englischen  Monographisten  dieses  Thiers,  schon  1852  gemacht 
wurde  (26). 

Bei  Triarthra  sah  ich  nach  der  Ablage  des  Eies  die  Neubildung  eines  Kernes  in  der 
kürzesten  Zeit  eintreten;  es  bildete  sich  nur  ein  excentrisch  gelegener  Kern,  der  zuerst  als 
eine  sehr  kleine,  helle  Stelle  erschien,  rasch  zu  einem  scharf  begränzten,  sehr  hellen  Bläschen 
heranwuchs,  sodann  plötzlich  undeutlich  wurde,  worauf  die  Theilung  begann.  Es  bildet  sich 
also  auch  hier  vor  der  ersten  Theilung  ein  völlig  deutlicher  Kern,  während  Flemming  bei 
Lacimdaria  nur  eine  matte  helle  Stelle  im  Centrum  des  Dotters  gesehen  haben  will 

Bei  Brachionus  und  Notommata  Hess  sich  nun  die  Metamorphose  des  Kerns  zu  der  Kern- 
spindel  sicher  stellen  und  es  ist  von  Interesse,  dass  ich  bei  Brachionus  die  Entstehung  der 
Kernspindel  aus  dem  Kern  ganz  in  derselben  Weise  beobachtet  habe  wie  bei  Nephdis. 

An  dem  scharf  begränzten,  völlig  hellen  und  runden  Kern  grosser  Furchungskugeln  von 
Brachionus  sieht  man  nämlich,  wenn  die  Theilung  vor  sich  gehen  soll,  plötzlich  an  zwei  sich 
gegenüberliegenden  Stellen  die  Strahlensysteme  im  Dotter  auftreten  (Fig.  14)  and  nun  bildet 
sich  an  jeder  dieser  Stellen  eine  concav  nach  dem  Innern  des  Kernes  einspringende  Fläche. 
Diese  Flächen  rücken  mehr  und  mehr  aul  einander  zu,  der  sichtbare  Kernrest  wird  also  immer 
kleiner,  bis  sie  schliesslich  zusammentreffen  und  der  Kern  in  dieser  Weise  scheinbar  ganz  ver- 
schwunden ist  Behandelt  man  jedoch,  wenn  diese  scheinbare  Zerstörung  des  Kernes  sich  noch 
nicht  vollendet  hat,  das  Ei  mit  Essigsäure,  so  bemerkt  man,  dass  dieser  Vorgang  eben  nur 
die  von  den  beiden  entgegenstehenden  Stellen  ausgehende  Kernmetamorphose  darstellt;  die 
beiden  Enden  sind  wie  bei  Nephdis  schon  völlig  spindelförmig  faserig  modificirt  and  lassen  sich 
im  lebenden  Zustand  des  Eies  vom  umgebenden  Protoplasma  nicht  unterscheiden;  je  mehr  diese 


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Umformung  furtschreitet,  desto  mehr  schwindet  der  scheinbare  Kernrest,  bis  schlicssl  ch  der 
gesammte  Kern  in  die  Spindel  übergeführt  ist,  von  welcher  sich  bei  Brachimus  im  lebenden 
Ei  kaum  etwas  wahrnehmen  lässt.  Der  Kern  ist  daher  scheinbar  verschwunden  und  dieses 
Verschwinden  sieht  zu  gleicher  Zeit  einer  von  den  genannten  Punkten  ausgehenden  Auflösung 
sehr  ähnlich.  Die  ausgebildete  Kernspindcl  lässt  bei  Brachimus  wieder  ganz  den  schon  ge- 
schilderten Bau  erkennen,  sie  besiüt  eine  deutliche,  aus  dunklen  Körnern  gebildete  Kern- 
platte.  (Fig.  15). 

Die  Theilung  der  Kernplatte  und  das  Auseinanderrücken  ihrer  Hälften  in  die  Enden  der 
Spindel  liess  sich  bei  Nolommaia  (Fig  16)  feststellen.  Bei  Brachiottus  und  Notominala  bildet 
sich  nur  je  ein  neuer  Kern  in  jeder  Furchungskugel  (Fig.  17).  Die  Abbildung  Taf.  III.  Fig.  2 
bei  Flemmiug  (27)  macht  es  mir  sehr  wahrscheinlich,  dass  sich  auch  die  sogenannte  Zell- 
platte bei  unseren  Thicren  finden  wird,  wenigstens  lässt  sich  die  in  der  Mitte  zwischen  den 
beiden  neugebildetcn  Kernen  befindliche,  mit  Karmin  stark  färbbare  Partie  wohl  in  dieser  Weise 
deuten.  In  dieser  Abbildung  sind  die  jungen  Kerne  in  die  Centra  der  Ccntralhöfe  der  Strahlung 
gezeichnet,  dies  habe'  ich  auch  bei  den  Käderthieren  nie  gesehen,  auch  hier,  wie  bei  Nephelis 
und  den  Nematoden,  liegen  die  sich  bildenden  Kerne  an  dem  dem  Dottercentrum  zugewendeten 
Hände  der  Centraihöfe. 

F.  Vorgänge  Im  Pseudovum  der  Aphlden. 

Taf.  15.  Fig.  1-S. 

Aus  gewissen  Gründen,  auf  die  ich  späterhin  noch  zu  sprechen  kommeu  werde,  wendete 
ich  mich  auch  zur  Untersuchung  der  ersten  Entwicklungserscheinungen  der  Aphidcn*).  Mez- 
nikoff  (28;  p.  438)  glaubte  gefunden  zu  haben,  dass  der  ursprüngliche  Kern  des  Pseudovums 
durch  einfache  Theilung  den  Kernen  des  sich  entwickelnden  Blastoderms  den  Ursprung  gäbe. 
Er  hat  übrigens  selbst  keinen  Theilungszustand  gesehen,  sondern  schliesst  aus  der  allmäligen 
Vermehrung  der  Kerne  und  daraus,  dass  die  beiden  ersten  Kerne  zuweilen  dicht  bei  einander 
liegen,  auf  ihre  Entstehung  durch  Theilung. 

Zuuächst  muss  ich  Meznikoff  bestätigend  erwähnen,  dass  auch  bei  diesen  Objecten  die 
ursprünglich  grossen  Keimflecke  der  Zellen  des  Keimfaches  (Fig.  1)  bei  der  Umbildung  zu  dem 
Pseudovura  verschwinden.  Behandelt  man  mit  Essigsäure,  so  zeigen  sich  jedoch  innerhalb  der 
dunkelglänzenden  Hülle  des  Kernes  des  Pseudovums  immer  noch  eine  Anzahl  stai kglänzender 


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I 


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■» 

Granulationen.  Es  findet  also  hier  ganz  die  gleiche  Veränderung  innerhalb  des  Keimbläschens 
statt,  wie  bei  den  Rotatorien  und  wahrscheinlich  noch  vielen  anderen  Thieren. 

Nach  der  Bildung  des  körnigen  Binnendotters  uud  nachdem  das  Keimbläschen  eine  sehr 
excentrisebe  Lage  eingenommen  hat,  trifft  man  jedoch  immer  auf  Pseudova,  die  keine  Spur 
eines  Kernes  mehr  erkennen  lassen,  und  es  unterliegt  keiner  Frage,  dass  derselbe  auch  hier 
verschwindet.  Es  fragt  sich  nun  aber:  wird  er  ausgestoßen,  aufgelöst  oder  etwanurzu 
einer  schwer  bemerkbaren  Kernspindel  metamorphosirt.  Von  einer  Aus- 
stoßung habe  ich  keine  Andeutung  gesehen,  auch  nicht  ausserhalb  des  Pseudovums  etwas  ent- 
deckt, was  sich  einem  Richtungskörperchen  hätte  vergleichen  lassen.  Das  Auffinden  einer  Kern- 
spindel  ist  jedoch  der  Kleinheit  des  Objects  wegen  kaum  zu  ermöglichen.  Ich  habe  häufig 
geglaubt  in  den  kernlosen  Pseudovas  etwas  Derartiges  vor  Augen  zu  haben,  konnte  jedoch  nicht 
zu  einer  sicheren  Entscheidung  hinsichtlich  dieser  Frage  gelangen.  Dagcgeu  glückte  es  mir 
den  Nachweis  zu  führen,  dass  die  Blastodcrmkerne  des  Pseudovums  wirklich  durch  die  Theilung 
eines  einzigen  Kernes  hervorgehen,  für  welchen  es  aber,  wie  oben  bemerkt,  fraglich  bleiben 
muss,  ob  er  mit  dem  ursprünglichen  Keimbläseben  identisch  sei.  Ich  fand  nämlich  einmal  ein 
P&eudovum  mit  zwei  kleinen  Kernen,  die  durch  einen  sehr  deutlichen  Strang  zarter  Fasern 
noch  in  Verbindung  gehalten  wurden  (Figg.  1  u.  2).  Es  geht  aus  dieser,  leider  nur  einmal,  jedoch 
mit  aller  Sicherheit  gemachten  Beobachtung  gleichzeitig  hervor,  dass  auch  hier  der  Modus  der 
Kerntheilung  der  nämliche  ist,  wie  der  seither  geschilderte  und  fernerhin  noch  genauer  zu  beschrei- 
bende. Bis  zur  Bildung  der  Blastodermzellen  bewahren  die  Kerne  alle  noch  die  Beschaffenheit 
des  reifen  Keimbläschens;  sie  enthalten  nämlich  kein  discretes  Kernkörperchen ,  sondern  nur 
einige  dunkle  Granula  im  Innern.  Mehrfach  sah  ich  ein  sehr  eigentümliches  Verhalten  dieser 
Körperchen,  sie  waren  nämlich  sämmtlich  durch  einen  gcschlängelten,  blossen  Faden  mit  ein- 
ander verbunden  (Fig.  3). 

II.  Kapitel.   Untersuchungen  über  die  Zelltheilung. 

Nachdem  ich  mich  durch  die  Untersuchung  der  ersten  Kntwicklungsvorgänge  in  den  Eiern 
von  Cwullanus  überzeugt  hatte,  dass  hier  während  der  Theilung  höchst  eigentümliche,  damals 
noch  auf  das  Kernkörperchen  bezogene  Bildungen  auftreten,  war  es  meine  nächste  Bemühung, 
nachzuforschen,  ob  Derartiges  sich  auch  bei  andern  Theilungsprozessen  finde  und  ob  diese  Er- 
scheinungen nicht  etwa  ausschliesslich  den  sich  furchenden  Eiern,  denen  man  ja  von  manchen 
Seiten  die  Natur  echter  Zellen  absprach,  sondern  auch  unzweifelhaften  Zellen  zukäme. 


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Durch  frühere  Untersuchungen  geleitet,  glaubte  ich  in  den  Keimzellen  der  Spermatozoon 
der  Insecten  vielleicht  günstiges  Material  zu  Beobachtungen  über  Zelltheilung  zu  finden  und 
hatte  mich  hierin  auch  nicht  getauscht.  Als  leicht  zu  beschaffendes  Object  wählte  ich  die  kleine 
Schabe  (Blatta  germanica).  Zur  Schilderung  der  hierbei  erhaltenen  Resultate  gehe  ich  daher 
zunächst  über. 

A.  Thellung  der  grossen  Keimzellen  der  Spermatozoon  von  Blatta  germanica. 

Taf.  V. 

Meine  Untersuchungsmethode  bestand  darin,  dass  ich  die  Hoden  präparirte  und  einen  oder 
mehrere  der  Hodensäckchen  entweder  io  der  schon  früher  von  mir  empfohlenen  Zusatzflüssig- 
keit (30;  p.  402)*),  oder  in  l°,o  Essigsäure,  der  zuweilen  mit  Vortheil  einige  Promille  Koch- 
salz beigemischt  waren,  mit  feinen  Nadeln  zerlegte  und  ihren  Inhalt  der  Untersuchung  unter- 
warf. Im  ersten  Fall  bekommt  man  Bilder,  die  dem  lebendigen,  unveränderten  Zustand 
gewiss  fast  völlig  entsprechen,  im  zweiten  Fall  Gerinnungsbilder. 

Zunächst  fallen  einem  uun  bei  Eröffnung  eines  Hodenfollikels  Protoplasmaklumpen  der 
verschiedensten  Grösse  und  Gestalt  auf,  die  entsprechend  ihrer  Grösse  eine  sehr  verschiedene 
Anzahl  nahezu  gleich  grosser  Kerne  enthalten.  Es  sind  dies  wohl  die  vielkernigen  Zellen, 
welche  so  vielfach  aus  den  Hoden  der  verschiedensten  Thiere  beschrieben  worden  sind. 
Früherhin  hatte  ich  (1.  c.  p.  409)  die  Bemerkung  gemacht,  dass  ich  »Zellen  mit  mehr  ab  3 
und  4  Kernen  für  Kunstproducte  erklären  möchte,  da  sich  das  Protoplasma  der  Keimzellen 
der  Samenfäden  durch  eine  so  grosse  Empfiodlichheit  auszeichne.«  De  Lavalette  hat  sich 
hiegegen  schon  ausgesprochen  (31;  p.  499),  nur  hatte  ich,  wie  aus  der  oben  citirten  Stehe 
hervorgeht,  nicht  säuimtliche  mehrkernigen  Zellen  für  Kunstproducte  erklärt  Ich  muss  jedoch 
jetzt  noch  weiter  gehen  und  auch  so  kernreiche  Protoplasmapartien  wie  Fig.  1  für  ganz  un- 
veränderte, nichts  künstliches  bietende  Bilder  erklären.  Die  Erklärung  derselben  giebt  sich 
jedoch  ziemlich  einfach.    Der  anfängliche  Inhalt  jedes  der  Fächer  der  Hodensackchen  ist 

*)  1  Vol.  Hühnerei»  ciss  in  8  Vol.  Wasser  gelöst  unter  Zusatz  von  1  Vol.  5*/«  Kochsalzlösung. 

Lavalette  hat  sich  ron  der  Brauchbarkeit  dieser  Flüssigkeit  überzeugt,  die  ich  überhaupt  sehr  em- 
pfehlen kann,  ah  leicht  zu  beschaffende,  indifferente  ZusatzHussigkeit.  Dieselbe  bietet  noch  den  Vortheil,  das» 
sie  sich  unter  Zusatz  einiger  Stücke  Kampher  lange  Zeit  halt  und  eigentlich  nur  dadurch  allmal  ig  unbrauch- 
bar wird,  dass  das  Albumin  zum  Theil  als  unlösliche  Modincation  mit  der  Zeit  niederfaUt.  Meyer  hat 
(Arth.  f.  A.  und  Pbys  1971,)  bei  Pyrothoris  apttius  keine  glinstigen  Resultate  bei  der  Untersuchung 
des  HodeninhAlts  mittelst  der  von  mir  angegebnen  Mischung  erzielt.  —  Doch  Eines  schickt  sich  nicht  für 
Alle;  ein  Vorzug  derselben  besteht  gerade  darin,  dass  sich  das  Mischungsverhältnis»  des  colloiden  and 
krystalloideu  Körper*  in  derselben  leicht  andern  lasst 


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ebenso,  wie  dies  für  die  Keimstätte  der  Eirr  ?o  vieler  Thiere  jetzt  nachgewiesen  ist  (vergl 
namentlich  E.  van  Beneden,  13),  ein  viele  Kerne  einschliessendes Protoplasma,  welches  erst 
allmälig  in  einzelne  Zellen  zerfällt,  wodurch  die  Erscheinung  sich  erklärt,  dass  man  solche 
Protoplasmapartien  in  der  verschiedensten  Orösse  und  dieser  entsprechend  mit  der  verschie- 
densten Anzahl  von  Kernen  findet.  Der  Zerfall  selbst  geht  in  einer  Weise  vor  sich,  die  häufig 
lebhaft  an  die  Rhachisbildung  in  den  Keimstätten  der  Nematoden  erinnert.  Man  trifft  vielfach 
auf  solche  Protoplasmamassen ,  welche  durch  feine  Verbindungsfiiden  noch  in  Zusammenhang 
stehen  oder  von  welchen  sich  schon  eine  Anzahl  einzelner  Zellen  abgeschnürt  haben,  die  noch 
durch  feine  Stiele  mit  der  gemeinsamen  Muttermasse  in  Verbindung  stehen.  Auch  vielkernige 
Zellen  siebt  man  häufig  durch  zarte  protoplasmatische  Stränge  noch  im  Zusammenhang. 
Schliesslich  zerfällt  jedoch  die  gemeinsame  protoplasmatische  Masse  entsprechend  ihrer  Kern- 
zahl mehr  oder  weniger  vollständig  in  einzelne  Zellen  (Fig.  3  und  4),  welche  ich  früherhin  die 
grossen  Keimzellen  genannt  habe. 

Die  Kerne  der  ursprünglichen  Protoplasmamassen  sowohl,  als  auch  die  unverändert  in 
die  grossen  oder  Ur-Keimzdlen  übergehenden  sind  nun  von  recht  charakteristischem  Bau.  Im 
lebenden  Zustand  sind  sie  hell,  stechen  jedoch  nur  weuig  von  dem  gleichfalls  sehr  homogen  er- 
scheinenden Protoplasma  ab  (Figg.  3,  4).  Die  Lage  des  Kerns  in  den  Keimzellen  ist  gewöhnlich 
etwas  excentrisch.  Innerhalb  desselben  bemerkt  man  auch  im  lebenden  Zustand  matte  Zeich- 
nungen und  dicht  an  dem  Band  wenigstens  sehr  häufig  ein  längliches,  sehr  dunkles  Körperchen, 
das  jedoch  keineswegs  den  Eindruck  eines  Kernkörperchens  macht  und  nach  Behandlung  mit 
Essigsäure  nicht  mehr  nachweisbar  ist.  Das  sonst  sehr  gleichmäßige  und  fein  granulirte,  den 
Kern  einschliessende  Protoplasma  enthält  doch  in  der  nächsten  Umgebung  der  Kerne  An- 
häufungen feiner  dunkler  Körnchen.  Dieselben  beschreiben  gewissermassen  eine  Zone  um  den 
Kern,  die  jedoch  stets  nur  die  eine  Hälfte  desselben  umgreift  und  bei  excentrisch  liegenden 
Kernen  regelmassig  dem  Innern  der  ZeUe  zugewendet  ist  Die  Behandlung  mit  Essigsäure 
lässt  an  diesen  Kernen  noch  eine  ganze  Reihe  eigenthümlicher  Structurverhältnisse  hervortreten, 
die  im  lebenden  Zustand  nur  in  Andeutungen  sichtbar  wurden. 

Ich  bespreche  zuerst  ein  Structurverhältniss  derselben,  das  nicht  immer,  jedoch  recht 
häufig  mit  grosser  Deutlichkeit  zur  Anschauung  kommt.  Eine  dunkle  KernhQlle  wird  nach 
Essigsäurebehandlung  deutlich;  im  Innern  derselben  sieht  man  nicht  etwa  einen  einheitlichen 
Kernkörper,  sondern  zahlreiche  dunkle  Granulationen,  die  bei  genauerem  Zusehen  erkennen 
lassen,  dass  sie  unter  einander  durch  Fasern  zusammenhängen,  denen  sie  gewissermassen  auf- 
gereiht sind.    Manchmal  ist  der  gesammte  Kern  von  solchen  Pasern  und  Granulationen  un- 


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regelmässig  erfüllt,  häufig  jedoch  haben  dieselben  eine  recht  regelmässige  Anordnung,  indem 
sämmtliche  Fasern  wie  ein  Busch  geineinsam  von  einer  Stelle  der  Kernhalle  entspringen  (Figg.  5, 
6  und  7).  Zuweilen  sind  die  Granulationen  zu  einem  körnigen,  das  Cent  mm  des  Kernes  ein- 
nehmenden Haufen  verschmolzen  (Fig.  5),  jedoch  sah  ich  diesen  Fall  nicht  sehr  häufig. 
Interessant  ist  nun,  dass  die  Stelle,  wo  dieser  Busch  von  Kernfasern  sich  der  Kernliülle  an- 
heftet, stets  die  von  der  körnigen  Protoplasinazone  umgebene  Randpartie  des  Kernes  darstellt. 

Ein  zweites  eigentümliches  Verhalten  besteht  fernerhin  darin,  dass  in  den  vielkernigen 
Protoplasinapartien  meist  sämmtliche  Kerne  so  geordnet  sind ,  dass  alle  die  Anheftungsstellen 
der  Kernfasern  an  die  Hülle  mehr  oder  weniger  einander  zugewandt  sind  (s.  die  Fig.  2). 

Die  erwähnten  grossen  oder  Urkeimzellen  erfahren  nun  eine  Theilung,  welche  es  in  so 
ziemlich  allen  ihren  Stadien  zu  verfolgen  gelang.  Zuvor  inuss  ich  jedoch  bemerken,  dass  sich 
in  denselben  noch  nichts  von  dem  eigentümlichen  sogenannten  Beikern  findet,  der  nach 
Meznikoff's  und  meinen  Untersuchungen,  die  neuerdings  von  de  Lavalette  (31)  völlig 
bestätigt  worden  sind,  einen  s<>  wesentlichen  Antheil  an  dem  Aufbau  des  Sameufadens  nimmt. 
Dieser  Körper  tritt  erst  in  den  eigentlichen  Entwicklungszellen  der  Spermatozoon  (von  mir 
froher  kleine  Keimzellen  genannt)  auf.  Leider  habe  ich  Ober  seine  Entstehung  nichts  finden 
können,  wodurch  doch  erst  Aufschluss  über  seine  eigentliche  Natur  gegeben  würde. 

Die  Vorbereitungen  zur  Theilung  der  Urkeimzellen  bestehe  nun  zunächst  in  einer  eigen- 
tümlichen Umformung  des  Kernes.  Die  zahlreichen  Granulationen  desselben  werden  nämlich 
zu  einigen  wenigen,  jedoch  grösseren  und  unregelmässig  durch  deu  Kern  zerstreuten  reducirt 
(Figg.  8  und  9),  während  gleichzeitig  die  sonst  so  deutliche  KernhüUe  undeutlicher  wird.  Dieser 
Zustand  des  Kernes  geht  ohne  Zweifel  der  Metamorphose  zu  der  uns  bekannten  Kernspindel 
voraus,  die  wir  nun  als  nächstes  Stadium  der  Theilung  antreffen.  Untersueben  wir  solche  Zu- 
stände in  den  lebenden  Zellen,  so  finden  wir  einen  etwas  länger  gestreckten,  ovalen,  jedoch 
recht  deutlich  umschriebenen  Kern,  an  dem  sich  eine  recht  kenntliche,  blasse  Längsstreifung 
wahrnehmen  lässt  (Figg.  19  und  11).  Zuweilen  bemerkt  man  auch  schon  am  lebenden  Kern, 
dass  die  einzelnen  Streifen  oder  Fasern  in  der  Aequatorialzone  etwas  dicker  und  dunkler  sind. 
Bemerkenswert)!  erscheint  ferner  noch,  dass  die  früher  erwähnte  Kömerzone  des  umgebenden 
Protoplasmas  jetzt  in  zwei  Hälften  zerfallen  ist,  von  welchen  je  eine  die  Enden  des  länglichen 
Kernes  umhüllt.  Derartige  Zustände  zeigen  mit  Essigsäure  behandelt  die  Kernspindel  auf  das 
allerdeutlichstc  (Fig.  12).  In  der  Aequatorialzone  findet  sich  eine  aus  dunklen  Stäbchen  ge- 
bildete, deutliche  Kernplatte,  die  nach  den  Enden  der  Spindel  hin  in  feine  Fasern  ausläuft. 
Die  in  Fig.  12  angedeuteten,  knopfartigen  Enden  dieser  Stäbchen  der  Kernplatte  stehen  wahr- 


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scheinlich  schon  im  Zusammenhang  mit  der  bald  erfolgenden  Theilung  derselben  zu  zweien. 
Vergleicht  man  den  Umfang  der  in  Efisigsäurepräparaten  zur  Ansicht  kommenden  Spindeln 
mit  dem  der  im  lebenden  Zustand  sichtbaren,  so  geht  daraus  jedenfalls  hervor,  dass  die  Ein- 
wirkung des  Iteagenzes  eine  sehr  jbcträchtliche  Schrumpfung  hervorgerufen  hat  und  dass  auch 
die  scharfe  Zuspitzung  der  Spindelenden,  wie  man  sie  in  solchen  Präparaten  zu  sehen  be- 
kommt, hauptsächlich  der  Einwirkung  der  Zusatztlussigkeit  zuzuschreiben  ist.  Froherhin  habe 
ich  nicht  so  auf  diesen  Punkt  geachtet  und  kam  dadurch  in  meiner  vorläufigen  Mittheilung  (79) 
xu  dem  Ausspruche,  dass  der  Kern  bei  seiner  Metamorphose  seinen  Saft  fast  völlig  verliere, 
was  jedenfalls  nicht  in  dem  Maasse  der  Fall  ist,  wie  ich  dies  früher  annahm. 

Der  nächste  Fortschritt  in  der  Theilung  ist  also  auch  hier  wieder  der  Zerfall  der  Kern- 
platte in  zwei  Hälften  (Fig.  13)  und  deren  allmäliges  Auseinanderrücken,  bis  sie  schliesslich 
in  den  Enden  der  Kernspindel  angelangt  sind.  Hierbei  zeigt  sich  nun  die  hei  den  vege- 
tabilischen Zellen  gewöhnliche  Erscheinung,  dass  die  früher  getrennten  Elemente  der  Kernplatte 
zu  einem  gemeinsamen,  dunkelu  und  homogenen  Körper  verschmelzen,  dessen  Sitz  also  die 
Spindelenden  sind  (Figg.  14,  15).  Mittlerweile  hat  denn  auch  die  Theilung  der  Zelle  selbst 
begonnen,  indem  dieselbe,  nachdem  sie  sich  vorher  in  demselben  Sinne  wie  der  Kern  längs- 
gestreckt hatte,  sich  nun  in  dem  Aequator,  senkrecht  zur  Axe  des  Kernes,  einzuschnüren  bc- 
ginnt.  Nicht  sehr  deutlich,  jedoch  unzweifelhaft  lässt  sich  nun  auch  hier  die  strahlige  An- 
ordnung des  Protoplasma's  um  die  Kernenden  wahrnehmen  (Fig.  14),  dagegen  ist  von  dem  hellen 
Centraihof  der,  Strahlung  nur  wenig  zu  sehen  (Fig.  15  ?)  Im  weiteren  Verlauf  der  Theiluug 
verliert  sich  jedoch  demnächst  die  spindelförmige  Gestalt  des  Kernes ;  die  Fasern,  welche  die 
beiden  dunkeln,  homogenen  Körper  der  Kernenden  verbinden,  drängen  sich  mehr  und  mehr 
um  die  Axe  zusammen  (Fig.  15),  so  dass  sie  schliesslich  ein  einfaches  paralleles  Band  bilden 
und  nun  gehen  durch  eine  Art  Differenzirung  aus  den  homogenen,  dunklen  Kernplattenkörpera 
die  neuen  Tochterkerne  hervor  (Fig.  16).  Diese  Differenzirung  muss  mit  höchster  Wahrschein- 
lichkeit so  aufgefasst  werden,  dass  sich  eine  äussere  Schicht  des  homogenen,  dunklen  Körpers 
von  der  Innenpartie,  indem  sich  Flüssigkeit  zwischen  beiden  ansammelt,  abhebt,  wodurch  die 
Anlage  eines  rudimentären  Kernes  gegeben  ist.  Die  abgehobene  Schicht  bildet  die  Halle,  die 
Innenmasse  den  Inhalt,  den  man  in  seiner  Gesammtheit  als  Kernkörper  bezeichnen  kann. 
Sobald  sich  die  ersten  Zeichen  dieser  Differenzirung  bemerken  lassen,  ist  auch  die  Theilung 
des  Zellprotoplasmas  vollendet;  dennoch  lassen  sich  die  Kernfasern  zwischen  beiden  Tochter- 
kernen «och  verfolgen.  Je  mehr  nun  durch  Ansammlung  von  Flüssigkeit  die  Tochterkerne 
anwachsen  (Fig.  17,  18,  lfl,  20  und  2ß),  desto  mehr  wird  der  sie  noch  verbindende  Faserstrang 

A  ba 


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-    254  - 

reducirt;  seine  Mittelregion  wird  danner  und  dttnner  und  zu  gleicher  Zeit  erfährt  auch  die 
Zahl  der  Fasern  allinälig  eine  Reduction,  bis  sich  schliesslich  die  wenigen  noch  deutlichen 
Fasern  in  einem  Punkt,  der  geuau  in  der  Trcnuungsebne  der  Zellen  liegt,  kreuzen.  Mehrfach 
sah  ich  sehr  deutlich,  dass  junge  Zellen  mit  in  der  Bildung  begriffenen  Tochterkernen  am  ein 
nicht  unbeträchtliches  Stück  von  einander  abgerückt  waren  und  nur  durch  den  die  beiden 
Kerne  verbindenden  Faserstrang  noch  zusammen  gehalteu  wurden  (Fig.  18);  auch  traf 
ich  mehrfach  auf  Zustände,  bei  welchen  sich  die  Fasern  mit  Deutlichkeit  bis  zu  den  Kern- 
körpern der  jungen  Kerne  verfolgen  Hessen.  Der  ursprünglich  einfache  Binnenkörper  der  jungen 
Kerne  zerfällt  nämlich  allmälig  in  eine  Anzahl  Stücke. 

Die  Theilung  ist  vollendet,  wenn  die  jungen  Kerne  ihre  definitive  Grösse  erreicht  haben 
und  der  letzte  Best. der  sie  verbindenden  Fasern  geschwunden  ist.  Nach  allem,  was  ich  von 
den  späteren  Stadien  der  Theilung  gesehen  habe,  muss  ich  an  der  Meinung  festhalten,  dass 
die  letzten  Beste  der  Kernfasern  schliesslich  in  die  jungen  Kerne  aufgenommen  werden.  Eine 
nähere  Begründung  wird  diese  Ansicht  späterhin  durch  die  Schilderung  der  Theilungsvorgänge 
der  sogenannten  Infusoricnnucleoli  erfahren.  Eine  Bildung,  welche  sich  der  Zellplatte  ver- 
gleichen liesse,  habe  ich  bei  diesen  Objecten  nie  gesehen. 

Die  Theilung  tritt  nun  aber  nicht  nur  in  eiufachen  Urkeimzcllcn  ein,  sondern  auch  zwei- 
kernige Protoplasmamassen  sah  ich  schon  Theilungsprocesse  eingehen  und  zwar  in  verschie- 
dener Weise.  Entweder  geht  dieselbe  in  einer  ganz  regelrechten  Weise  vor  sich,  indem  sich 
beide  Keine  zu  gleicher  Zeit  theilen  und  schliesslich  eine  Trennung  in  zwei  zweikernige  Zellen 
stattfindet  (Fig.  24),  oder  aber  es  schnürt  sich  um  je  einen  neuen  Tochterkern  eine  Zelle  ab, 
während  eine  grössere  Zelle  mit  zwei  Kernen  auf  der  andern  Seite  restirt  (Fig.  25). 

Auch  drei  in  der  Theilung  begriffene  Kerne  sah  ich  in  gemeinsamer  Protoplasmamasse 
eingebettet,  konnte  jedoch  nicht  cnträtuseln,  wie  das  Protoplasma  sich  zu  dieser  dreifachen 
Kemtheilung  späterhin  gruppiren  würde.  Es  scheint  aber,  als  wenn  aus  dieser  gleichzeitigen 
Theilung  mehrerer  Kerne  einer  Protoplasmapartie  wohl  der  Schluss  gezogen  werdeu  dürfte, 
dass  hier  auch  eine  gemeinsame  Ursache  die  Theilung  hervorrufe,  welche  Ursache  also  nur  in 
dem  sie  gemeinsam  umgebenden  Protoplasma  gesucht  werden  dürfte.  Dabei  bliebe  es  natürlich 
nicht  ausgeschlossen,  dass  bei  sehr  ausgedehnten,  viele  Kerne  anschliessenden  Protoplasma- 
massen auch  locale  Veränderungen  im  l*rotoplasina  nur  die  Theilung  einzelner  Kerne  hervorrufen 
könnten.  Dass  nämlich  auch  in  den  vieUcernigen  Protoplasmapartien,  die  den  Urkeimzellen  nach 
der  früheren  Schilderung  den  Ursprung  geben,  Kernvermehrung  in  ähnlicher  Weise  sich  finde, 


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ich  daraus  schliessen  zu  dürfen,  dass  ich  einmal  zwei  Kerne  einer  solchen  Masse  durch 
ehr  deutlichen  Faserstrang  noch  in  Zusammenhang  sah. 

orstehendeu  Schilderung  der  Theilungsvorgänge  an  den  Keimzellen  der  Sper- 
Insects  dürfte  hervorgehen,  dass  diese  Objecte  für  derartige  ün 
seiu  mögen,  noch  mehr  Aufschlüsse  über  diese 


B.  Die  Thetlung  der  embryonalen  Blutkörperchen  des  Hahnchens. 

Taf.  VI  Fig.  28  —29. 

Ihrer  Kleinheit  wegen  sind  die  embryonalen  Blutkörperchen  dieses  Thieres  kein  sehr 
günstiges  Object  zur  Ergründung  der  hier  stattfindenden  Theilungsvorgänge.  Immerhin  gelang 
es  ohne  Schwierigkeit  festzustellen,  dass  der  jetzt  schon  vielfach  besprochene  Modus  der  Kern- 
tbeilung  sich  auch  hier  in  völliger  Reinheit  wiederfinde.  Leider  funetionirte  die  mir  zu  Gebot 
stehende  Bratmaschine  nicht  in  gewünschter  Weise,  so  dass  ich  nur  wenige  gute  Embryonen 
erziehen  konnte.  *  i  Meine  Beobachtungen  beschränken  sich  daher  bei  diesem  Object  im 
Wesentlichen  auf  eine  Bestätigung  des  uns  aus  früheren  Schilderungen  näher  bekannten 
Theilungsvorgangs.  Die  Untersuchung  des  embryonalen  Blutes  geschah  am  4.  oder  5.  Tag  und 
nach  Verdünnung  desselben  mit  1  >  Essigsäure.  Es  zeigten  sich  denn  auch  hier  wieder  eine 
Anzahl  Zellen  mit  ausgebildeter  Kernspindel  und  sehr  deutlicher  Kernplatte,  die  theils  aus 
deutlichen  Stäbchen  (Fig.  23)  bestand,  theils  jedoch  sich  auch  als  wirkliche,  zusammenhängende 
Platte  repräsenürte  (Fig.  24).  Die  Fasern  waren  theilweise  recht  deutlich,  manchmal  jedoch 
auch  nur  schlecht  zu  unterscheiden.  Die  Spindel  erschien  hier  so  gross,  dass  man  an  eine 
Volumvermehrung  des  ursprünglichen  Kernes  denken  rauss;  ich  habe  jedoch,  da  ich  zu  sehr 
mit  der  Aufsuchung  von  Theilungszuständen  beschäftigt  war,  ein  genaueres  Studium  des 
Kernes  unterlassen.  Fig.  25  führt  uns  das  Stadium  mit  getheilter  Kernplatte  vor, 
beide  Hälften  im  Begriffe  stehen  aus  einauder  zu  rücken.  Fig.  26  ein  solches,  wo  die 
chon  in  den  Enden  des  Kernes  angekommen  sind;  die  verbindenden  Kernfasorn 
hier  sehr  deutlich  und  im  Aequator  zeigte  sich  auch  eine  schwache  Verdickung,  die  wohl 

Fig.  27  zeigt  ein  häufig  gesehenes  Stadium ;  die  beiden  Kernplatten  haben  sich  zu  dunkeln, 
glänzenden  Körpern  Concentrin  und  der  sie  verbindende  Faserstrang  hat  sich  schon  sehr  reducirt 


ich  Herrn  Prof.  Lnc»e 


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» 


—    256  — 

und  in  der  Mittelregiou  etwas  eingeschnürt.  In  Fig.  28  zeigt  »ich  schon  die  Dtfferenzirung  der 
Tochterkerne  aus  den  homogenen  Kernplatten  des  Stadiums  Fig.  27  in  der  gleichen  Weise,  wie 
wir  das  bei  Blatta  sahen,  und  der  verbindende  Kernstrang  ist  noch  mehr  reducirt,  sowie  in 
seiner  Mitte  schon  fast  völlig  durchgeschnürt.  Die  Theilung  des  Zcllprotoplasmaa  ist  etwa 
zur  Hälfte  vollzogen.  In  Fig.  29  erblicken  wir  schliesslich  ein  sehr  häufiges  Stadium;  die 
Kemfascrn  sind  völlig  geschwunden,  die  jungen  Kerne  jedoch  noch  nicht  völlig  ausgebildet; 
dagegen  ist  die  Theilung  des  Protoplasma's  fast  vollendet.  Bei  der  Behandlung  mit  Essig- 
säure hebt  sich  eine  Hautschicht  ab,  welche  die  beiden  fast  völlig  getrennten  Zellen  noch 
zusammenhält,  deren  inneres  Protoplasma  sich  in  die  entgegengesetzten  Enden  dieser  Haut- 
schicht, schon  völlig  getrennt,  znsammenzieht. 

Die  Lehre  von  der  Theilung  der  embryonalen  rothen  Blutkörperchen  der  Wirbelthiere 
wurde  bekanntlich  von  Remak  durch  Untersuchungen,  die  gleichfalls  hauptsächlich  am  Hühn- 
chen angestellt  wurden,  begründet  (32).  Ii  e  m  a  k  fand  vielfach  Blutkörperchen  mit  mehreren 
Kernen  und  wollte  sich  ferner  von  der  einfachen  Theilung  des  Kernes  durch  Einschnürung, 
nach  vorhergehender  Verdoppelung  de»  Kernkörperchens,  überzeugt  haben.  Die  Zelltbeilung 
selbst  sollte  dann  nach  der  Verdoppelung  und  dem  Auseinanderrücken  der  Kerne  durch  Em- 
und  Durchschnflrung  des  Zellenleibes  zwischen  diesen  beiden  erfolgen.  Wie  schon  oben  hervor- 
gehoben wurde,  sind  meine  Untersuchungen  über  die  hier  vorliegenden  Verhältnisse  bei  weitem 
nicht  so  vollständig  und  ausreichend,  dass  ich  alle  die  von  Remak  abgebildeten  Zustände 
nach  ihrer  Herkunft  und  Bedeutung  zu  erklären  vermöchte.  Das  jedoch  geht  aus  meinen 
Beobachtungen  mit  Sicherheit  hervor,  dass  Remak  den  Vorgang  der  Kernvermehrung  nicht 
erkannt  hat  ,  was  sich  nm  so  mehr  daraus  ergibt,  dass  er  einige  wirkliche  Theilungsbilder 
(s  Fig.  6y  und  z),  die  etwa  meinen  Figg.  26  und  27  entsprechen,  wiedergibt.  Er  hat  hier  die  in 
die  Enden  des  Kernes  gerückten  Kernplatten  und  die  sich  neu  bildenden  Kerne  gesehen,  jedoch 
für  verschrumpfte  Kerne  erklärt. 

Die  gewöhnlichen  von  Remak  gesehenen  und  abgebildeten  Theilungszuständc  entsprechen 
meiner  Fig.  28,  wo  die  neugebildeten  Tochterkerne  schon  sehr  herangewachsen,  jedoch  die  Zellen 
noch  nicht  völlig  getheilt  sind. 

Fraglich  muss  ich  es  jedoch  vorerst  lassen,  welche  Deutung  die  vielkernigen  Körperchen 
Remak's  erhalten  sollen  und  wie  sich  die  eingeschnürten  Kerne  erklären,  auf  die  Remak 
seine  \nsicht  von  der  Kei  »Vermehrung  stützte.  Sind  dies  nur  Trugbilder  gewesen,  da  ja  un- 
regelmässig gestaltete,  gelappte  Kerne  etc.  nicht  so  selten  vorkommen,  oder  liegen  hier  ähnliche 
Verhältnisse  vor,  wie  sie  bei  den  weissen  Blutkörperchen  vorkommen?    Diese  Fragen  werden 


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sich  wohl  durch  ein  spezielles  Studium  des  Objectes  unschwer  lösen  lassen,  für  mich  lag  der 
Schwerpunkt  nur  in  der  Feststellung  des  Modus  der  Kernthcilung,  der  sich  denn  auch  ganz 
als  derselbe  wie  bei  den  froher  beschriebenen  Objecten  herausgestellt  hat. 

C.  Bemerkungen  Uber  die  Kerne  und  die  Theilung  der  weissen  Blutkörperchen  ron 
Raum  esculetUa  und  Triton  taeniatti*,  sowie  über  die  rothen  Blutkörperchen 

derselben  Thiere. 

Taf.  VI.  Fig.  1-22. 

In  meiner  vorläufigen  Mittheilung  erlaubte  ich  mir  die  Bemerkung :  dass  die  von  mir 
nachgewiesene  Kernverschmelzung  in  der  Furchungskugel  erster  Generation  verschiedener  Thiere 
vielleicht  eine  weiter  verbreitete  Erscheinung  sei,  indem  die  Möglichkeit  nicht  von  der  Hand  zu 
weisen  sei,  dass  manche  der  seither  von  den  Histiologen  beschriebenen ,  mehrkernigen  Zellen 
solche  Zustände  darstellten,  welche  durch  eine  Kernverschmelzung  späterhin  zur  Einkernigkeit 
gelangten.  Speciell  erinnerte  ich  hierbei  an  die  vielfach  beobachteten  mehrkernigen  Zellen 
des  HodeninhalLs  und  an  die  weissen  Blutkörperchen.  Dass  für  die  ersteren  meine  Ver- 
muthung  nicht  zutrifft,  glaube  ich  eben  ausreichend  bewiesen  zu  haben.  Ein  zweiter  Grund 
lag  jedoch  noch  vor,  um  gerade  die  weissen  Blutkörperchen  einer  Inspektion  zu  unterziehen. 
Gerade  diese  Objecte  hatten  nämlich  hauptsächlich  dazu  beigetragen,  die  Lehre  von  den  durch 
Einschnürung  sich  theilenden  Kernen  zu  begründet!.  Hatte  sich  doch  Auerbach  noch  neuer- 
dings nach  eigenen  Untersuchungen  der  weissen  Blutkörperchen  für  diese  Ansicht  ausgesprochen 
(17).  Sollten  nun  wirklich  zwei  so  verschiedene  Modi  der  Kernthcilung  existiren:  der  eine 
mittels  der  eigentümlichen  Metamorphose  des  Kernes,  bei  Thiercn  und  Pflanzen  allgemein 
verbreitet ,  der  zweite  eine  einfache  Theilung  oder  Durchschnürung  des  völlig  unveränderten 
Kernes?   Eines  der  hierhergehörigen  Objecte  näher  zu  studiren  wurde  mir  daher  zur  Pflicht. 

I.  Weisse  Blutkörperchen. 
Die  Untersuchung  geschah  auch  hier  wiederum  m  1>  Essigsäure.  Die  grosse  Mehrzahl 
der  weissen  Blutkörperchen*)  der  beiden  Untersuchungsthiere  ist  mehrkernig.  Bei  R.  esculenta 
fand  ich  als  höchste  Zahl  der  Kerne  5  (Fig.  4),  bei  Triton  bis  7  Kerne  (Fig.  5).  Die  in 
Mehrzahl  in  der  Zelle  enthaltenen  Kernchen  sind  stets  die  kleinsten,  jedoch  lässt  sich  nicht 
etwa  die' Kegel  aufteilen,  dass  die  Grösse  der  Kerne  mit  ihrer  Zahl  in  umgekehrtem  Verhältniss 

•)  Da.  Ton  Lieberkühn  entdeckte  Vorkommen  contractiler  Vacoolen  in  den  weiwen  Blutkörperrhen 
unterer  Thiere  (Tergl.  r.  B.  •  lieber  Bewegungsemheinungen  der  Zellen«  p.  367)  Yerraag  auch  ich  xu  bestätigen 


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* 


—    258  - 


stünde  Manchmal  finden  sich  Körperchen,  die  nur  zwei  Kernchen  von  sehr  geringer  Grösse 
enthalten.  Dagegen  ist  die  Regel  wohl  durchfahrbar,  dass  in  grösserer  Zahl  vorhandene 
Kerne  stets  von  geringer  Grösse  sind;  doch  Ja- st  sich  diese  Regelmäßigkeit  ebenso  wohl  mit 
der  Ansicht,  dass  die  in  Mehrzahl  vorhandenen  Kerne  durch  fortgesetzte  Theilung  der  grossen, 
als  auch  mit  der  entgegengesetzten,  dass  die  grossen  durch  die  Verschmelzung  der  kleinen  ent- 
stünden, vereinigen. 

Die  kleinen  Kernchen  besitzen  denselben  Bau  wie  die  grösseren;  ihre  Hülle  ist  sehr 
deutlich,  dunkel  und  glänzend  und  in  ihrem  Innern  finden  sich  ein  oder  zwei  Binnenkörperchon 
von  ebenso  dunklem  Ausseben  wie  die  Mulle,  jedoch  von  sehr  verschwommenen  Umrissen. 
Häufig  sind  sie  faserig  ausgezogen,  so  dass  man  bald  auf  den  Gedanken  kommt,  dass  es  sich 
hier  gar  nicht  um  ein  frei  im  Innern  liegendes  scharf  umschriebenes  Kernkörperchen  handle, 
sondern  dass  dasselbe  durch  faserige  Ausläufer  mit  der  Hülle  in  Verbindung  stehe,  woher  sich 
denn  auch  das  unregel massige  Aussehen  schreibe.  Zuweilen  mögen  auch  diese  Kernkörperchen 
nur  als  locale  Verdickungen  der  HüÜe  selbst  aufzufassen  sein.  Unter  Umstanden  finden  sich 
auch  einzelne  Kernchen,  die  gar  kein  Kernkörperchen  oder  doch  nur  undeutliche  Spuren  eines 
solchen  enthalten. 

Eine  eigen  thümliche  Erscheinung  ist  es  fernerhin,  dass,  wenn  auch  nicht  immer,  so  doch  sehr 
gewöhnlich  die  in  Mehrzahl  vorhandenen  Kernchen  zu  einem  Häufchen  dicht  zusamtncngelagert  sind, 
das  excentrisch,  nahe  am  Rande  des  Körpercheus  seine  Lage  findet.  Damit  scheint  auch  noch 
ein  anderes  Verhalten  in  Zusammenhang  zu  stehen;  von  den  mit  l°/o  A.  behandelten  Kör- 
perchen  hebt  sich  nämlich  durch  Diffussion  stets  eine  Hautschicht  ab,  so  dass  das  Körperchen 
kugelförmig  aufgebläht  erscheint  (Figg.  4,  a).  Diese  Abhebuug  erfolgt  jedoch  nicht  an  der  dem 
Kernhäufchen  benachbarten  Stelle,  so  dass  also  letzteres,  umschlossen  von  dem  Protoplasma, 
der  Hautschicht  an  einer  Stelle  innerlich  anzukleben  scheint 

Die  grösseren  Kerne  erreichen  etwa  das  Volumen  der  Kerne  der  rothen  Blutkörperchen 
(Figg.  8,  12,  13,  14).  Ihr  Bau  entspricht,  wie  erwähnt,  ganz  dem  der  kleinen,  nur  ist  die  Zahl 
ihrer  Kernkörperchen  im  Allgemeinen  vermehrt.  Es  lässt  sich  jedoch  auch  bei  ihnen  die  Be- 
zeichnung Kernkörperchen  nicht  recht  anwenden,  indem  wir  es,  wie  sich  bei  den  grösseren 
Kernen  noch  besser  sehen  lässt,  in  den  meiston  Rillen  gar  nicht  mit  scharf  umschriebenen 
Körperchen  zu  thun  haben,  sondern  mit  sehr  uurcgelmassig  gestalteten,  fadenartigen  und  knotig 
verdickten  Bildungen,  die  mit  der  Halle  in  directer  Verbindung  stehen.  Sonderbar  sind  z.  H. 
auch  solche  Formen  wie  Fig.  14,  wo  dunkler  und  schärfer  umschriebene  Körperchen  durch 
zwischen  ihnen  verlaufende  Fasern  in  Verbindung  stehen. 


259  - 

Die  Gestalten,  welche  uns  nun  die  grösseren  Kerne  bieten,  sind  höchst  unregelmässig: 
längliche,  eckige,  rundliche,  bisquitförmige,  regelmassiger  und  unregelmässiger  gelappte  und 
eingebuchtete  finden  sich  in  wechselnder  Mannigfaltigkeit. 

Es  gelang  mir  nun  keineswegs,  durch  directe  Betrachtung  solcher  Formen  (Figg.  8—11) 
die  Frage  zu  entscheiden,  ob  hier  blosse  Unregelmässigkeiten,  ob  Thcilung  und  Sprossung  oder 
Verschmelzung  vorliege.  Doch  lässt  sich  dieser  Frage  vielleicht  auf  indirectcm  Wege  näher 
kommen,  nämlich  durch  sicheren  Nachweis  eines  Theilungsprocesses  der  Kerne,  der  sich  in 
andrer  Weise  vollzieht  und  daher  das  Stattfinden  einer  solchen  Kernsprossung  unwahrschein- 
lich macht. 

Bei  Triton  und  auch  einmal,  jedoch  weniger  deutlich  beim  Frosch,  sticss  ich  auf  Körper- 
chen, deren  Kerne  spindelförmig  längsgestreckt  und  von  wenigen  Längsfasern  durchzogen  waren 
(Fig.  19).  Ob  diese  Formen  sich  mit  Recht  den  durch  Kernmetamorphose  hervorgegangnen 
Kernspindeln  an  die  Seite  stelleu  lassen,  scheint  mir  wegen  der  fehlenden  Kernplatte  und  der 
starken  Hülle  zweifelhaft.  Andrerseits  habe  ich  jedoch  beim  Frosch  ziemlich  häufig  Zustände 
gesehen,  die  ich  nur  als  wirkliche  Theilungsformen  weisser  Blutkörperchen  betrachten  kann  und 
zwar  waren  dies  in  Theilung  begriffene  mehrkernige  Körpereben.  Einerseits  fanden  sich  näm- 
lich Körperchen,  deren  dicht  zusammenliegende  Kerne  sämmtlich  in  einer  Richtung  sehr  lang- 
gestreckt waren  (Fig.  17),  dann  jedoch  auch  schon  in  der  Mitte  tief  eingeschnürte  weisse  Blut- 
zellen ;  hier  waren  die  Kerne  noch  viel  länger  gestreckt,  ihre  Enden  angeschwollen  und  je  eine 
Hälfte  lag  in  der  einen,  die  andere  in  der  andern  Partie  des  schon  nahezu  halbirten  Körper- 
chens (Fig.  18).  Die  ausgezogenen  Kernmitten  waren  schon  sehr  verdünnt.  Die  Deutung 
dieser  Zustände  als  Theiluugen  wird  dadurch  bedeutend  befestigt,  dass  sich  daneben  auch  solche 
Körperchen  fanden,  die  sich  ungezwungen,  als  durch  völlige  Durchschnürung  der  erstcren  ent- 
standen, erklären  lassen  (Fig.  20). 

Auf  etwas  andere  Bilder,  die  sich  jedoch  gleichfalls  nur  als  Kerntheilungszustände  auffassen 
lassen,  stiess  ich  beim  Triton.  Hier  fanden  sich  weisse  Körperchen  mit  weit  aus  einander 
liegenden  Kernen,  deren  Hülle  jedoch  in  einen  dunklen  Faden  auslief,  mittelst  welchen  je  zwei 
Kerne  unter  einander  zusammenhingen.  In  dem  einen  dieser  Fälle  (Fig.  21)  schien  auch  das 
Körperchen  selbst  in  Theilung  zu  sein,  tan  zweiten  jedoch  (Fig.  22)  zeigte  sich  keine  An- 
deutuug  von  Theilung  am  Körperchen  selbst. 

Diese  beiden  Beobachtungen  über  Kerntheilung  der  weissen  Blutkörperchen  sind  als 
principiell  übereinstimmend  aufzufassen;  in  beiden  Fällen  handelt  es  sich  um  eine  einfache 
Längsstreckung  der  Kerne,  allinälige  Anschwellung  ihrer   Endeu,  während  gleichzeitig  das 


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I 


—    2G0  — 

Verbindungsstück  derselben  mehr  und  mehr,  schliesslich  zu  einem  feinen  Faden  ausgezogen 
wird,  durch  dessen  muthmassliches  Durchreissen  und  Aufgenommeuwerden  von  den  beiden  neuen 
Kernen  die  Theilung  sich  vollendet. 

Auf  die  schon  vielfach  besprochene  Art  der  Kerntheilung  lässt  sich  dieser  Modus  Jedoch  ■ 
nur  mit  grossen  Modifikationen  zurückfahren.  Dass  jedoch  derartige  Modifikationen  existiren, 
zeigt  die  Kerntheilung  der  Kuorpelzellen  und  die  späterhin  ausfuhrlicher  zu  besprechende  Thei- 
lung des  Infusorien-Nucleus.  Immerhin  durfte  eine  eindringlichere  Untersuchung  des  liier  be- 
sprochenen Objectes  doch  vielleicht  noch  Thatsachen  ans  Licht  fördern,  welche  deu  Anschluss 
dieses  Modus  der  Kerntheilung  an  den  seither  erörterten  vervollständigten. 

2.  Einige  Bemerkungen  über  die  rothen  Blutkörperchen  des  Frosches 

und  Tritons. 

Untersucht  man  die  rothen  Blutkörperchen  der  genannten  Thiere  mit  1  >  Essigsäure, 
so  überzeugt  man  sich,  dass  die  Bauweise  ihrer  Kerne  auf  das  lebhafteste  an  die  der  grösseren 
Kerne  der  weissen  Körperchen  erinnert.  Wir  finden  nämlich  auch  hier  keineswegs,  wie  z.  B.  von 
Auerbach  (17)  beschrieben  wurde,  discrete  Kerukörperchen,  sondern  Fasern,  die  an  manchen 
Stellen  knotig  verdickt  sind,  durchziehen  den  Kern  und  setzen  sich  mit  dessen  dunkler  Hülle 
in  Verbindung.  Diese  Faserbildungen  sind  bald  regelmässiger,  bald  unregelmässiger  durch  den 
Kern  vertheilt  und  ziehen  bald  mehr  in  seiner  Längs-  bald  mehr  nach  der  Qucr-Richtung.  Auch 
die  dunkle  Hülle  ist  mehrfach  knotig  angeschwollen,  so  dass  sie  häufig  das  Bild  einer  Perlen- 
schnur bietet,  eine  Erscheinung,  die  sich  bei  vielen  Kernen  andrer  Objecte  noch  findet.  Von 
hohem  Interesse  ist  jedoch  fernerhin  ein  heller  Hof,  der  sich  stets  als  Umrandung  des  Kernes 
findet  (Fig.  2)  und  der  gegen  die  Masse  des  Blutkörperchens  selbst  durch  eine  zarte  dunkle 
Linie  begrenzt  wird.  Nicht  selten  hat  man  Gelegenheit  in  derartigen  Präparaten  auch  isolirte 
Kerne  zu  studiren,  die  einmal  die  oben  geschilderte  innere  Structur  am  besten  zeigeu  und  dann 
jedoch  auch  äusserlich  den  hellen  Hof  mit  der  ihn  umschliessenden  zarten  Hülle  deutlich  wahr- 
nehmen lassen  (Fig.  1).  Bei  der  Kleinheit  derartiger  Objecte  ist  es  schwer  sich  darüber 
Rechenschaft  zu  geben,  ob  in  dem  hellen  Hof  sammt  seiner  dunklen  Umgrenzung  ein  wirkliches 
Structurverhältniss  und  nicht  nur  ein  durch  Beugung  erzeugtes,  optisches  Phänomen  vorliege. 
Nach  häufig  wiederholter  Untersuchung  derartiger  Bilder  kam  ich  jedoch  zu  dem  Schiusa,  dass 
es  sich  hier  wirklich  um  eine  besondere,  zarte  Hülle  handle,  die  das  seither  allein  als  Kern 
angesprochene  Gebilde  umschliesst.  Aehnliche  Bauverhältnisse  andrer  Kerne  und  ihre  Bedeu- 
tung werde  ich  späterhin  bei  andrer  Gelegenheit  norh  zu  besprechen  haben. 


•- 


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Heitzuiauo  (33;  1.  p.  106)  hat  vor  kurzer  Zeit  eine  sehr  ähnliche  Schilderung  von 
dein  Bau  der  Kerne  der  rothen  Blutkörperchen  des  Trilon  entworfen. 

Bei  der  erwähnten  Behandlunj:sweise  mit  l°o  Essigsäure  erscheint  die  eigentliche  Masse 
der  rolhen  Blutkörperchen  nur  sehr  schwach  granulirt  (Fig.  2),  am  meisten  noch  in  dem  cen- 
tralen Theil;  behandelt  man  jedoch  mit  einer  Lösung,  die  240  A  u.  2°,(>  Na  Cht  enthält,  so 
erscheint  die  gesummte  Masse  des  Körperchens  durchaus  und  dicht  ^ranulirt  und  häufig  zeigen 

sich  die  dunkclglänzeuden  Granulationen  in  der  exquisitesten  radiären  Anordnung  um  den  Kern, 

i 

wie  dies  ja  auch  schon  früher  von  verschiedenen  Seiten  beschrieben  worden  ist  (Fig.  3).  Der 
Kern  schrumpft  bei  dieser  Behandlungsweise  sehr,  erlangt  ein  glänzendes  Aussehen  und  lässt 
von  den  früher  geschilderten  Structurvcrhältuissen  wenig  mehr  sehen. 

Auffallend  war  mir,  das»  ich  in  den  rothen  Blutkörperchen  des  Frosches  (Januar)  nicht 
gar  selten  einen  eigenthümlichen  Körper  neben  dem  Kern  autraf  (Fig.  2  u.  3).  Derselbe  lag 
immer  dem  einen  Brennpunkt  des  elliptischen  Körperchens  nahe,  war  stets  langgestreckt, 
bohuen-  bis  lang-spindelförmig  und  aus  protoplasmatischer,  schwach  granulirter  Masse  gebildet. 
Ebensowenig,  wie  ich  über  diesen  eigenthümlichen  Körper,  der  sich  vielleicht  auf  ca.  200  Kör- 
perchen einmal  wahrnehmen  liess,  etwas  in  der  Literatur  auffinden  kann,  ebensowenig  wüsste  ich 
ein  Urtheil  über  seine  Bedeutung  zu  fällen. 

D.  Bemerkungen  über  die  Thellung  der  BlastodermieUen  der  Insecten. 

Taf.  VI.  Fig.  30  u.  31. 

Ich  hätte  die  wenigen  Beobachtungen,  welche  mir  bis  jetzt  über  die  Theilung  der  Blasto- 
dermzelleu  der  hisecten  zu  Gebote  stehen,  auch  im  Kapitel  über  die  Furchung  bringen  können, 
du  mancher  vielleicht  diesen  Theiluugsprocess  den  Vorgängen  der  wahren  Furchung  näher  an- 
schliessen  möchte.  Doch  dürften  wir  hier  mit  demselben  Recht  auch  die  Elemente  des  Blasto- 
dcrm's  als  ächte,  den  die  Gewebe  coustituirenden  an  die  Seite  zu  setzende  Zellen  iu  Anspruch 
nehmen. 

Meine  Beobachtungen  beschränken  sich  auf  die  Gonstatirung  des  Vorhandenseins  der 
Metamorphose  des  Kerns  zu  der  gestreiften  Spindel  bei  Musca  votnitoria  und  einem  Schmetter- 
ling. Bei  letzterem  liess  sich  die  äquatoriale,  aus  dunkelu  Körnchen  bestehende  Kcrnplatte  mit 
Sicherheit  nachweisen.  Bei  Musca  zeigten  die  Fasern  der  Kernspiudel  unregelmässiger  ver- 
teilte, localc  Verdickungen,  jedoch  sah  ich  eine  scharf  ausgeprägte  Kcrnplatte  nicht  (Fig.  31). 
Hingegen  liess  sich  hier  die  Strahlung  des  Protoplasmas  um  die  Spindelenden  mit  grosser 
Deutlichkeit  wahrnehmen. 


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Eine  vortreffliche  Schilderung  der  Kern-  und  Zellentheilung  de«  Blastoderms  des  Spinnen- 
eies hat  vor  einiger  Zeit  Balbiani  gegeben  (29).  Seine  Schilderung  bezieht  sich  zwar  nur 
auf  die  am  lebenden  Ei  zu  constatirenden  Vorgänge,  daher  hat  er  auch  nichts  von  Bau  und 
Structur  der  Kernspindel  gesehen  und  das  allmäligc  Hervorwnchsen  der  Tochterkernc  aus 
den  Enden  der  Kernspindel  nicht  bemerkt.  Seine  Abbildungen  liefern  uns  genaue  Seitenstücke 
zu  den  Erscheinungen,  wie  sie  sich  am  lebenden  Nematodenei  constatiren  lassen,  so  dass  die 
völlige  Uebereinstimmung  in  beiden  Fällen  nicht  fraglich  erscheinen  kann. 

Die  von  früheren  Bearbeitern  der  Arthropodcn-Erobryologie  vielfach  erwähnte  Vermehrung 
der  Kerne  durch  einfache  Theilung  mittels  Einschnürung,  nach  vorhergehender  Verdopplung 
des  Kernkörperchens,  darf  daher  zum  grössten  Theil,  als  auf  falschen  Deutungen  beruhend, 
!»etrachtet  werden,  da  eine  Vermehrung  der  Kerne  in  dieser  Weise  durch  unsere  jetzt  gewonnenen 
Erfahrungen,  wenn  auch  nicht  widerlegt,  so  doch  nls  einer  neuen  Untersuchung  und  Begründung 
bedürftig,  erachtet  werden  muss. 

III.  Kapitel.   Ueber  die  Conjugation  der  Infusorien. 

1.  Abschnitt.   Kurze  historische  Uebersicht  der  Entwicklung  unsrer 
Kenntnisse  von  der  Conjugation  der  Infusorien. 

Conjugationszustände  clor  ciliaten  Infusorien  wurden  ohne  Zweifel  schon  seit  den  Zeiten 
beobachtet,  da  es  möglich  geworden  war,  diese  kleinen  Organismen  überhaupt  genauer  zu  ver- 
folgen und  die  Durchstöberung  der  Natur  mit  Hülfe  des  Mikroskopes  zu  einer  nützlichen  und 
vergnüglichen  Unterhaltung  für  viele  Berufene  und  Unberufene  wurde. 

Schon  Lceuwenhoek  beobachtete  Ende  des  17.  Jahrhunderts  mehrfach  Verbindungen 
zweier  Infusionsthiere  und  deutete  dies  als  Paarung.*)  Aehnliche  Beobachtungen  wurden  von 
Joblot  1718  und  Baker  1742  gemacht  und  in  derselben  Weise  erklärt.  Erst  durch  die 
rühmlichen  Untersuchungen  Trembley's  über  die  Theilung  der  Stentoren  und  Vorticellinen 
wurde  die  Ansicht  der  früheren  Forscher  in  Zweifel  gezogen.  Die  Beobachtungen  über  die 
Fortpflanzung  durch  Theilung  wurden  dann  hauptsächlich  fortgesetzt  und  vervollkommnet  durch 
Rösel,  Saussure,  Ellis,  0.  Fr.  Müller  und  Spallanzani.    Gleichen  hingegen  hielt  daran 

*)  Leouwenhook's  Beobachtungen  lassen  aus  nar  die  Möglichkeit  erkennen,  dass  der  berühmte 
Mikroskopiker  schon  Conjugationszustiinde  gesehen  hat.  Man  rergl.  die  Stellen  in  »Arcana  natnrae  detecta  ab 
Ant.  *,  Letuwenboek.  Delphis  Batavornm  1Ö85.«  p.  23  (Brief  an  R«b.  H  o  o  k  c),  p.  277  (an  die  König!. 

Gesellschaft  zu  London;;  auch  Coutin.  Amin  nat   1797;  p.  22  u.  36. 


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fest,  das»  sich  auch  Vereinigungen  zweier  Infusionsthiere  fändon.*)  Auch  der  berühmt«  0.  Fr. 
Malier  glaubte  sich  von  der  Paarung  bei  einer  Anzahl  Infusionsthiere  mit  Sicherheit  Ober- 
zeugt zu  haben  und  fahrt  dafür  auch  recht  triftige  Gründe  an.**) 

Ehren b er g,  der  in  den  Infusorien  hochentwickelte,  geschlechtlich  wohl  differenzirte 
Formen  sah,  war  trotzdem  nicht  im  Zweifel  Ober  die  Auffassung  der  S.viigien  als  Längstbeilungs- 
zustände,  wiewohl  es  doch  bei  seinen  sonstigen  Anschauungen  recht  nahe  gelegen  hätte,  hier 
Paarungen  zu  vermuthen.  Diese  Betrachtungsweise  blieb  denn  auch  in  der  Folgezeit  die  herr- 
schende, weder  Dujardin  noch  Stein  und  die  mannichfachen  Beobachter,  die  sich  mehr 
gelegentlich  mit  der  Untersuchung  unserer  Organismen  beschäftigten,  hatten  Zweifel  über  die 
Deutung  der  sogenannten  Lfingstheilungazustände.  Auch  Claparcde  und  Lach  mann  hielten 
in  ihren  »Etudes  sur  les  infusoiress  diesen  Standpunkt  noch  fest.  Dennoch  waren  mittlerweile 
auch  Conjugationszustände  der  Infusorien  mit  Sicherheit  nachgewiesen  worden.  Stein,  der 
schon  1848  die  Coojugation  der  üregarinen  richtig  erkannt  hatte,  entdeckte  1849  die  Conju- 
gation  der  Acineten,  Claparede  und  Lachmanu  aber  bewiesen  ihr  Vorkommen  bei  den  Vor- 
ticellinen,  doch  blieb  diese  Erkenntniss  zunächst  noch  ohne  Einfluss  auf  die  Auffassung  der 
sogenannten  Längstheilungszustände. 

Erst  Balbiani  erwarb  sich  das  grosse  Verdienst  in  einer  der  Pariser  Akademie  1868 
vorgelegten  Mittheilung,  die  sogenannten  Längstheilungszustände  von  Paramaecium  Bursaria  als 
Vereinigungen  zweier  Individueu  zum  Zwecke  gegenseitiger  Begattung,  wie  er  glaubte,  nach- 

*)  So  berichtet  s.  B.  Gleichen  (Auserlesne  mikrosk.  Entdeckungen  de«  Grafen  Von  Gleichen 
gen.  Kussworm  1777;  p.  48)  sehr  Aii*fuhrlich  Otter  die  Vereinigungen  der  sogen.  Pendeloquenthierchen 
(nach  !  II  t  e  n  b  e  r  g  —  Pummaectum  Aurelia),  bei  dem  er  sieh  durch  mühsame  nnd  recht  plaabwnrdige  Unter- 
suchungen nberteugt  haben  will  und  ausführlich  beschreibt,  wie  zwei  Thiercheu  »ich  mit  einander  vereinigen. 
Kr  kommt  schliesslich  zu  der  Ansicht:  dass  dies  Kampfe  seien,  welche  sich  die  Thierchen  unter  einander 
lieferten  und  sich  dabei  wohl  so  fest  in  einander  verhissen,  dass  sie  stundenlang  zusammen  blieben.  In  seiner 
Abhandlung  Uber  die  Saamen-  und  Infnsionsthierchen  (.Kurnlwrg  1778)  hingegen  fasst  er  die  beschriebenen 
Vereinigungen  zweier  Infusionsthierchen  als  Paarungen  auf  (vergl.  p.  87  u.  160,  sowie  Taf.  X  Will.  Fig.  8 — 9). 

••)  MQllcr  hat  nämlich  schon  solche, ,  in  vermeintlicher  Längstheilung  begriffene  Zustande  von 
I'aramatcium  AwrHia  12  Stunden  lang,  ohne  daas  sie  sich  trennten,  beobachtet;  ein  ander  Mal  sah  er  in  zwei 
Stunden  keine  Veränderung.  Da  ihm  nun  die  Qnertheilung  und  ihr  rascher  Verlauf  wohl  bekannt  war,  so 
hatte  er  gewiss  mit  Grund  an  der  richtigen  Auffassung  dieser  Zustande  festgehalten,  die  erst  70  Jahre  später 
zur  Geltung  kommen  sollte.  Uie  Widersprüche  I  ei  Muller  erklären  sieh  vielleicht  dadurch,  da«  er  Ober 
die  Deutung  der  von  ihm  beobachteten  sogen,  seitlichen  Cohäsionen  verschiedener  Infusionsthiere,  in  paralleler 
Stellung,  keineswegs  immer  sicher  war.  So  deutet  er  einen  entschiedenen  Conjugationszuatand  eines  jedenfalls 
zn  den  Oxytrkkmen  gehörigen  Infusors  (seiner  Kmma  Upus,  p.  243.  T.  84,  Fig.  6—8)  als  Langstheilung. 

Eine  genaue  Zusammenstellung  und  Besprechung' der  älteren  Literatur  findet  sich  bei  Ehren  b  erg 
(108;  p.  882  -883),  welcher  auch  der  grosste  Theil  der  oben  gemachten  Angaben  entnommen  ist,  da  mir  nur 
der  kleinste  Theil  der  alteren  Literatur  direet  zugänglich  ist. 


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zuweisen.  Diese  bahnbrechenden  Beobachtungen  Balbiani's  fanden  zuerst  bei  dem  competen- 
testen  Forscher  Deutschlands,  Stein,  keinen  Beifall;  in  dem  1860  erschienenen  ersten  Band 
seines  »Organismus  der  Infusionsthiere«  hält  er  noch,  wiewohl  mit  einiger  lteserve,  an  der 
früheren  Auffassung  fest,  die  er  sonderbarerweise  mit  der,  von  Balbiani  in  seiner  erwähnten 
Arbeit  entwickelten  Lehre  der  geschlechtlichen  Fortpflanzung  der  Infusionsthiere  in  Einklang  zu 
bringen  sucht,  woraus  denn  die  merkwürdige  Erscheinung  sich  ergeben  haben  wurde,  dass  die 
eiliaten  Infusorien  ihre  Geschlechtsproductc  nur  während  der  Längstheilung  entwickelten. 

Doch  die  Tage  der  alten,  falschen  Ansicht  waren  gezählt;  die  weiteren  Arbeiten  Balbiani's 
und  die  schönen  Untersuchungen  Enge  Im  nun 's  (66;  110)  stellten  es  ganz  sicher,  dass  die 
Gonjugation  eine  allgemein  verbreitete  Erscheinung  bei  den  Infusorien  sei  und  Stein  schloss 
sich  in  dem  II.  Band  seines  grosseu  Werkes  diesen  Anschauungen  völlig  an. 

In  der  geschichtlichen  Entwickclung  unserer  Kenntnisse  von  der  einfachen  Thatsache  der 
Conjugation  der  Infusionsthiere  schon  wir  wiederum  ein  sprechendes  Beispiel,  wie  schwer  es 
fällt,  sich  von  einer  lange  herrschenden  Ansicht,  wenngleich  dieselbe  sich  nur  auf  sehr  unvoll- 
standige  Beobachtungen  stützte,  zu  befreien.  Es  ist  keineswegs  sehr  schwierig  Infusorien  in 
Vorbereitung  und  im  Moment  der  Conjugation  anzutreffen,  wodurch  ja,  wie  Balbiani  gezeigt 
hat,  die  ganze  Frage  in  zweifelloser  Weise  gelöst  wird;  aber  die  feste  Ueberzeugung  von  der 
richtigen  Deutung  der  Längstheilungszustände  verhinderte  es,  dass  man  solche  Vorgänge 
beachtete  oder  sie  aufzufinden  sich  bestrebte. 

Die  durch  die  Arbeiten  von  Dujardin,  Mcycn,  Siebold  und  Köllicker  ziemlich 
verbreitete  Auffassuug  der  Infusionsthiere  als  mehrzellige,  resp.  einzellige  Organismen,  fand  iu 
den  Verfassern  der  >Etudes  sur  les  infusoirest ,  Claparede  und  Lach  mann,  energische 

i 

Gegner,  deren  Ansichten  um  so  mehr  grosse  Beachtung  zu.  verdienen  schienen,  als  sio  durch 
ihre,  fast  über  das  gesammte  Gebiet  der  Protozoen  ausgedehnten  Untersuchungen  zu  einem 
Urthcil  besonders  berufen  waren.  Sie  entschieden  die  Frage  jedoch  im  entgegengesetzten 
Sinne  und  glaubten  in  den  Infusorien  verhältnissmiissig  hoch  entwickelte,  verstecktzellige,  den 
Coelenteraten  und  Turbellarien  etwa  sich  anschliessende  Organismen  zu  erkennen  (61 ;  p.58-63). 
Diese  allmälig  hervortretende,  veränderte  Auffassung  unserer  Thiere,  in  Zusammenhang  mit 
der  schon  1856  von  Job.  Müller  mitgeteilten  Beobachtung  über  das  Vorkommen  eigen- 
tümlicher, spcrinatozoenähnlicher  Gebilde  im  Nucleus  von  Paramaccium  Aurelia,  einer  Wahr- 
nehmung, die  durch  ähnliche  Beobachtungen  von  Claparede,  Lacbmann  uud  Lieberkühn 
auch  bei  andern  Infusorien  bestätigt  wurde,  legten  es  wohl  nahe,  mit  erneutem  Eifer  nach 
einer  geschlechtlichen  Fortpflanzung  der  Infusorien  zu  fahnden.    Es  war  dies  um  so  ver- 


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lockender,  als  ja  in  der  Embryonenbildung  verschiedener  Infusorien,  die  durch  die  Beobach- 
tungen von  Focke,  Cohn,  Eckhard,  0.  Schmidt,  Stein,  Claparede  und 
Lachmann  festgestellt  worden  war,  eine  Fortpflansungsweisc  vorlag,  die  sich  mit  einem 
geschlechtlichen  Act  leicht  und  angenehm  in  Einklang  hätte  bringen  lassen.») 

Wir  sehen  daher  auch  S t  e i  n  gleichzeitig  mit  Balbiani  bemüht,  die  geschlechtliche 
Fortpflanzung  der  ciüaten  Infusorien,  die  während  der  Conjugation  vor  sich  gehen  sollte,  zu 
ergründen.  Als  allgemeine  sErgebniss  tritt  nun  hierbei  zu  Tage,  dass  wir  in  dem  sog.  Nucleus, 
dem  Homologon  des  Zellkerns  der  Anhänger  der  Einzelligkeitslehre,  das  weibliche  Geschlechts- 
organ, in  dem  Nucleolus  oder  den  mehrfach  vorhandenen  Nucleoli  hingegen  die  männlichen 
Organe  zu  erkennen  hätten. 

Wie  sehr  beide  Forscher  nun  auch  in  diesem  Punkt  harmonirten,  so  ungemein  wichen 
sie  jedoch  in  der  Auffassung  der  einzelnen  Vorgänge  während  der  Conjugation  und  den  schliess- 
lichen  Resultaten  derselben  von  einander  ab. 

•  * 

Stein  sah  bei  allen  Infusionsthieren,  bei  welchen  eine  Fortpflanzung  durch  Embryonen 
beobachtet  worden  war,  diese  Embryonen  als  das  schliesslichc  Product  der  geschlechtlichen 
Fortpflanzung  an,  und  licss  dieselben  durch  manuiyfache  Umwandlungen,  in  Bezug  auf  welche 
er  seine  Ansichten  im  Laufe  der  Zuit  sehr  änderte,  aus  dem  Nucleus  hervorgehen.  Balbiani, 
der  ursprünglich  noch  für  l'aramaecium  Bursariu  der  gleichen  Ansicht  gehuldigt  hatte,  eman- 
eipirte  sich  jedoch  bald  von  derselben  und  glaubte  in  den  vermeintlichen  Embryonen  zu  den 
Acinetinen  gehörige  parasitische  Eindringlinge  zu  erkennen,  während  die  mit  der  Conjugation 
eintretende  Fortpflanzung  nach  seinen  Angaben  nur  durch  nach  Aussen  abgelegte,  befruchtete 
Hier  bewerkstelligt  wird. 

Die  Balbiani 'scli.  Deutung  der  Embryonen  fand  bei  Stein  keine  Anerkennung,  er  be- 
kämpfte dieselbe  trotz  einer  bestätigenden  Angabc  Mecznikoff's  (70)  in  dem  II.  Bande 
seines  Werkes  mit  Lebhaftigkeit  und  auch  Engelmann  hielt  an  der  ursprünglichen  Auf- 
fassung der  Embryonen  fest.  K  ö  1 1  i  k  e  r  (92)  schloss  sich  nach  eigeuen  Untersuchungen  an 
Piaram.  Aurelia  mehr  den  Balbi ani'schen  Ansichten  über  die  geschlechtliche  Fortpflanzung 
dieses  Infusors  an. 

Seit  dem  F.rscheincn  des  II.  Bandes  des  St  ein 'sehen  Werkes  im  Jahre  186(>  ist  nur 
sehr  wenig  thatsächliches  Material  zur  Lösung  der  hier  vorliegenden  Fragen  beigebracht 

*)  Ich  »ehe  hier  natürlich  von  den  «f>j!*n.  Embryonen  der  Acinetinen  ab,  wie  sich  denn  alle  folpen.len 
Bemerkungen  nur  auf  die  ciüaten  lnlusorii'u  beziehen. 


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worden*).  Dagegen  hat  sich  in  der  neuesten  Zeit  ein  Umschlag  in  der  Auffassung  unserer 
Tbiere  ausgebildet,  indem  man  sich  wieder  der  alteren  Anschauung  von  der  Einzelligkeit  der 
Infusorien  allgemeiner  «wandte,  wiewohl  diese  Ansicht  von  einer  bedeutenden  Zahl  der  nam- 
haftesten Forscher  immer  aufrecht  gehalten  worden  war.  Indem  jedoch  dieser  Umschwung 
lediglich  durch  theoretische  Betrachtungen  und  Wünsche  geleitet  wurde  und  sich  zur  Begrün- 
dung seiner  Anschauungen  nur  einer  lang  versäumten,  vorurtheilsfreien  Kritik  der  früheren 
Beobachtungen  bedienen  konnte,  so  war  es  ihm  auch  nicht  vergönnt  eine  Lösung  des 
Problemes  anzubahnen,  sondern  wesentlich  nur  dessen  Nichtgelöstsein  zu  constatiren. 

Ich  habe  mich  in  einer  im  Anfange  des  Jahres  1373  erschienenen  kleinen  Arbeit  (78) 
gegen  die  Wahrscheinlichkeit  einer  geschlechtlichen  Fortpflanzung  der  Infusorien  im  Sinne  von 
Balbiani  und  Stein  ausgesprochen;  in  demselben  Jahre  hat  Häckel  (81)  in  seinem  Aufsatz 
Uber  die  Morphologie  der  Infusorien  die  auf  diesen  Funkt  bezüglichen  Thatsachen  in  Zweifel 
gezogen  und  Claus  sich  späterhin  1874  sowohl  in  einer  besonderen  Abhandlung  (82), 
als  auch  in  der  dritten  Auflage  seines  Lehrbuchs  in  verneinendem  Sinne  hinsichtlich  dieser 
Frage  geäussert  So  sehr  nun  aber  auch  diese,  an  der  Lehre  von  der  geschlechtlichen  Fort- 
pflanzung der  Infusorien  mit  Recht  geübte  Kritik  wohl  im  Stande  war  dieselbe  zu  erschüttern, 
so  war  hiermit  doch  nur  ein  Hinweis  auf  erneute  Untersuchung  der  hiebei  in  Frage  kommenden 
tatsächlichen  Verhältnisse  gegeben,  denu  eine  sichere  Widerlegung  der  von  Balbiani  und 
Stein  ausgesprochen  Ansichten  liess  sich  nur  dadurch  liefern,  dass  man  die  ihnen  zu  Grunde 
liegenden,  thatsächlichen  Verhältnisse  in  geeigneterer  Weise  erklärte  oder  widerlegte. 

Gleichzeitig  liess  sich  dabei  auch  die  Lösung  der  in  allgemein  morphologischer  Hinsicht 
so  wichtigen  Frage,  nach  dem  Werthe  des  Infusorienorganismus  überhaupt,  erwarten.  Dieses 
mir  gesteckte  Ziel,  glaube  ich  nun,  wird  durch  die  nachstehend  mitzuteilenden  Untersuchungen 
seine  vorläufige  Lösung  gefunden  haben. 

2.  Abschnitt.   Einige  Bemerkungen  über  das  Auftreten  der  Conjugation 

bei  den  eiliaten  Infusorien. 

Jeden  Forscher,  welcher  sich  mit  der  Conjugation  der  Infusorien  beschäftigt,  überrascht 
die  höchst  merkwürdige  Thatsache,  dass  diese  (mit  Ausnahme  der  Vorticelliueu)  meist  vorüber- 
gehenden Vereinigungen  verschiedener  Individuen  sich  gewöhnlich  nicht  vereinzelt  vorfinden, 

*)  Die  Abhandlung  ton  Leon  Marchand  (De  la  reprodnetion  des  animaux  infutoira 
Purin  l».i9)  enthalt  niir  eine,  z.  Th.  recht  unvollständige,  Zusammenstellung  der  von  Stein,  Balbiani, 
Claparede  and  Lachmann  entielwn  Resitttite  (Iber  die  KortrflanrnnR  der  Infusorien.  Stein'«  II.  Bd. 
des  Organismus  der  Infusionsthiere  ist  darin  z.  B.  gar  nicht  berücksichtigt. 


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sondern  d&ss  meist  gleichzeitig  eine  grössere  Menge  von  Individuen  in  der  Conjugation  be- 
griffen sind,  ja,  dass  nicht  selten  die  Conjugaüon  gleich  einer  Epidemie  die  vorhandenen  Thiore 
überfallt,  so  dass  die  Zahl  der  conjugirten  Paare  die  der  Einzelindividucn  übertreffen  kanu. 

Diese  merkwürdige  Thatsache  haben  s&mmtliche  früheren  Forscher  bestätigt  gesehen, 
ohne  dass  sich  jedoch  bis  jetzt  für  dieselbe  eine  ausreichende  Erklärung  gefunden  hätte. 

Zwei  fundamental  verschiedene  Betrachtungsweisen  stehen  sich  hier  gegenüber.  Auf  der 
einen  Seite  scheint  dieses  plötzliche  und  gleichzeitige  Auftreten  zahlreicher  Conjugutionszustände 
dafür  zu  sprechen,  dass  äussere  Ursachen,  welche  gleichzeitig  sämmtliche  Thiere  einer  Infusion 
beeinflussen,  zunächst  bestimmend  auf  den  Eintritt  der  Conjugation  einwirken.  Eine  zweite 
Frage  wäre  dann  die  nach  der  Natur  dieser  Ursachen.  Andrerseits  könnten  es  aber  immerhin 
auch  innerliche  Ursachen  sein,  welche  das  so  plötzlich  und  gleichzeitig  eintretende  Bedürfniss 
der  Conjugation  hervorriefen.  Diese  letztere  Auffassung  ist  jedoch  nur  dann  verständlich,  wenn 
man  berücksichtigt,  dass  in  den  meisten  Fällen  die  Bewohner  einer  Iufusion  sich  nur  von  ver- 
hältnissmässig  sehr  wenigen  Urahnen  durch  einfache  Theilung  herleiten,  dass  sich  daher  immer 
in  jeder  reichlich  bevölkerten  Infusion  eine  grosse  Anzahl  Thiere  finden  müssen,  welche 
genealogisch  auf  entsprechender  Stufe  stehen,  in  welchen  daher  innerliche  Eigentümlichkeiten, 
die  sie  von  ihren  Ahnen  geerbt  haben  mögen,  gleichzeitig  zur  Geltung  kommen  müssen  und 
worunter  man  dann  auch  die  Ursachen  der  plötzlich  zwischen  vielen  Individuen  auftretenden 
Conjugation  suchen  könnte. 

Letztere  Ansicht  hat  Balbiani  (65a;  p.  1191—95)  zu  der  seinigen  gemacht.  Nach  ihm 
bildet  nämlich  der  Eintritt  der  Conjugation  den  Abschluss  einer  Epoche  in  dem  Leben  der  zu 
einem  Cyclus  gehörigen  Summe  von  Individuen,  in  welcher  die  Theilung  die  allein  herrschende 
Form  der  Vermehrung  bildete.  Es  fände  also,  wie  er  auch  ausdrücklich  bemerkt  (66;  p.  479 
Anmerkung),  im  Leben  der  Infusorienspecies  regelmässige  Abwechslung  ungeschlechtlich  durch 
Theilung  sich  fortpflanzender  und  einer  geschlechtlichen  Generation  statt,  die  gleichsam  den 
Abschluss  der  ungeschlechtlichen  Fortpflanzung  bildete.  Es  seien  demnach  auch  die  sich  con-' 
jugirenden,  meist  sehr  kleinen  Thiere  nicht  etwa  als  die  jüngsten,  sondern  umgekehrt  als  die 
ältesten  zu  betrachten.  Der  Abschluss  der  Entwicklungscyclcn  einer  Infusorienspecies  könne 
jedoch  auch  noch  durch  natürlichen  und  gleichzeitig  eintretenden  Tod  oder  durch  Encystirung 
herbeigeführt  werden. 

Stein  (68;  p.  48-49)  bekämpft  diese  Anschauungen  nnd  bemerkt:  »Was  die  Infusions- 
thiere  zur  geschlechtlichen  Fortpflanzung«  —  Conjugation  —  »bestimmt,  das  wissen  wir  nicht  ; 
sicher  aber  ist,  dass  die  geschlecht'iche  Fortpflanzung  auf  den  allerverachiedensten  Entwicklungs- 


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stufen  eintreten  kann  und  dass  sie  stet«  gleichzeitig  an  vielen  Individuen  derselben  LocaliÜU 
beobachtet  wird,<  und  ferner:  »die  geschlechtliche  Fortpflanzung  bildet  daher  bei  den  meisten 
Infusorien  nicht  das  Endziel  der  Entwicklung,  wie  dies  bei  allen  höheren  Thieren  der  Fall 
ist,  sondern  sie  fällt  zu  den  verschiedensten  Zeiten  mitten  in  ihre  Entwicklungsgeschichte  hinein 
und  unterbricht  dieselbe  eine  Zeit  langte 

Diese  hier  wiedergegeben*  Ansicht  Stein's,  der  gleichzeitig  bemerkt,  dass  wahrend  der 
Conjugationsepoche  Theilungszustände  sehr  selten  seien  und  umgekehrt,  lässt  sich  jedoch  ganz 
gut  mit  der  cyclischen  Abwechslung  Balbiani's  vereinigen,  da  auch  dieser  Forscher  der 
Ansicht  ist  (66;  p.  403),  dass  die  Thiere  nach  stattgefundener  geschlechtlicher  Fortpflanzung 
nicht  abstürben,  sondern  nach  Reconstituirung  der  Geschlechtsorgane  (Nucleus  und  Nucleolus) 
ihr  Leben  weiter  fortsetzten,  also  wohl  in  eine  Epoche  der  ungeschlechtlichen  Vermehrung 
einträten.  Seine  Beobachtungen  geben  ihm  jedoch  hierüber  keine  sicheren  Resultate;  er  be- 
merkt :  »Ccpcndant,  dans  les  conditions  urtiticielles  qui  resultent  de  leur  sejour  dans  les  vases 
de  verre  ou  autres  oü  l'on  eleve  ces  animalcules  pour  pouvoir  les  observer,  on  rem&rquc 
presque  toujours  qu'apres  s'etre  reproduits  ils  disparaissent  beaueoup  plus  rapidenient  dans 
l'interieur  du  liquide  que  dans  les  cireonstances  ordinaires,  soit  parce  qu'ils  n'y  trouvent  plus 
qu'une  nouriture  insufflsantc,  soit  pour  tout  autre  motif.c 

Dass  sich  nun  ein  derartiger  Entwicklungsgang  bei  einigen  Infusorienarten  leicht  experi- 
mentell nachweisen  lässt,  werde  ich  weiter  unten  näher  ausführen. 

Die  oben  zuerst  hervorgehobene  Betrachtungsweise,  dass  nämlich  der  Eintritt  einer  Con- 
jugationsepoche  von  blos  äusserlicheu  Ursachen  bestimmt  weide,  wurde  neuerdings  für  Vortkdla 
nebulifera  von  E verts  *),  auf  experimentelle  Gründe  gestützt,  hervorgehoben  (74;  p.  CIO).  Hier 
soll  es  nämlich  der  durch  Verdunstung  hervorgerufene  Wassermaugel  seiu,  der  den  Eintritt 
der  Conjugation  im  Gefolge  habe.  Da  es  nun  für  die  Untersuchung  vou  dem  allerhöchsten 
Werttie  wäre,  die  Infusorien  zur  Conjugation  zwingen  zu  können,  um  so  das  höchst  mühsame 
und  zeitraubende  Aufsuchen  von  Gonjugationszuständeu  zu  erleichtern,  so  habe  ich  es  nicht  ver- 

*)  Man  wird  es  mir  nicht  verargen,  wenn  ich  im  Laufe  meiner  Mitteilungen  die  Ansichten  Kvcrts 
Uber  die  Coujngation,  »i  eciell  von  Vorticdla  nebulifera,  hier  nicht  weiter  berücksichtige  K.  spricht  der  knospeu- 
fönnigen  Conjugation  dieser  Vortieeile  jede  tiefere  Bedeutung  ab  und  sieht  in  ihr  nur  eine  vor  .lern  Wasser- 
mangel schützende  Volumverinehrung  (eine  Vorstellung,  die  doch  nur  bei  einem  in  der  Luft  lebenden  Thier 
zulässig  seiu  konnte).  Daraus  geht  jedoch  hervor,  das«  er  weder  durch  eigene,  noch  durch  Stein's  Unter- 
suchungen die  höchst  interessanten  Vorgänge  im  Innern  der  conjugirten  Thiere  kennt.  Aber  auch  in  Bezug 
auf  die  allgemeine  Kenntniss  der  Bauweise  dieses  Thiere«,  sowie  seine  Fortjiflauzung  durch  Tlieilung,  bietet 
diese  Arbeit  in  Überwiegwider  Weise  offenbare  Rückschritte. 


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säumt  diese  Frage  meinerseits  wiederholt  zu  prüfen.  Es  ist  mir  jedoch  nie  gelungen  durch 
allmäliges  Eintrocknenl&ssen  einer  vieie  Infusorien  enthaltenden  Wassermenge  Gonjugation 
hervorzurufen;  nur  wenn  schon  zahlreiche  Conjugationzustände  vorhanden  waren,  schien  es  mir, 
als  wenn  ihre  Zahl  durch  Eintrocknung  noch  bedeutend  vennehrt  würde.  Doch  haben  auch 
diese  Versuche  keine  entscheidende  Bedeutung,  da  die  Conjugationszustände  in  einer  Infusion 
sich  allmälig  vermehrend  bis  zu  einem  gewissen  Maximum  fortschreiten,  um  hierauf  wieder  allmälig 
abzunehmen;  hat  man  nun  gerade  in  der  Zeit  der  Zunahme  den  Versuch  angestellt,  so  erhält 
man  wohl  eine  Vermehrung  der  Conjugationszustände,  die  jedoch  sicherlich  nicht  dem  eintretenden 
Wassermangel,  sondern  der  schon  vorhandenen  Tendenz  zur  Conjugation  zuzuschreiben  ist. 

Auch  andere  äusserliche  Ursachen,  an  welche  ich  dachte,  erwiesen  sich  nicht  von  Einfluss. 
So  glaubte  ich  eine  Zeit  lang,  dass  vielleicht  starke  Beleuchtung  einen  Einfluss  auf  den  Ein- 
tritt der  Conjugation  auszuüben  im  Stande  sei,  jedoch  ergaben  die  Experimente  auch  hier  kein 
bejahendes  Resultat.  Auf  diesen  Gedanken  kam  ich  übrigens  durch  folgende  Beobachtung. 
Mehrfach  machte  ich  die  Wahrnehmung,  dass  sich  in  Gewässern,  die  ich  mit  nach  Hause  brachte, 
ursprünglich  gar  keine  Conjugationszustände  zeigten,  dass  jedoch,  sehr  bald  nachdem  sie  zu 
Hause  in  kleinen  flachen  Glasschalen  aufgestellt  worden  waren,  zahlreiche  Syzigien  auftraten. 

Ueberhaupt  konnte  ich  mir  die  Conjugationszustände  einer  Reihe  von  Infusorien  in  dieser 
Weise  mit  einiger  Sicherheit  verschaffen.  Wie  dies  nun  sich  erklärt,  ist  vorerst  fraglich;  ich 
glaubte  einige  Zeit,  dass  die  verstärkte  Einwirkung  des  Lichtes  in  den  demselben  allseitig 
zugänglichen  kleinen  Glasschalen  vielleicht  die  Ursache  sein  könnte ;  direct  in  dieser  Hinsieht 
angestellte  Versuche  ergaben  jedoch,  wie  gesagt,  kein  Resultat.  Ursprünglich  hegte  ich  hin- 
sichtlich dieser  Frage  nach  dem  Eintritt  der  Conjugation  eine  andere  Ansicht;  da  es  nämlich 
keinem  Zweifel  unterliegt,  dass  wir  in  der  theilweisen  oder  gänzlichen  Vermischung  der  Leibes- 
masse zweier  conjugirtcr  Infusorien  den  Hauptzweck  der  ganzen  Einrichtung  und  die  Ursache 
der  im  Verlaufe  derselben  sich  ereignenden,  merkwürdigen  Processe  zu  sehen  haben  und  ferner- 
hin eine  derartige  Vermischung  immerhin  von  vornherein  gewisse  Analogien  mit  dem  Befruch- 
tangsprocess  bietet,  so  glaubte  ich  vermuthen  zu  dürfen,  dass  vielleicht  namentlich  solche 
Individuen  zur  Conjugation  geneigt  seien,  die  wegen  einer  relativ  verschiedenen  Lebensweise  auch 
kleine  innere  Verschiedenheiten  voraussetzen  liessen.  Um  diese  Vermuthung  einer  Prüfung  zu 
unterwerfen,  vermischte  ich  Wasser  verschiedener  Herkunft,  welche  dieselbe  Infusorienspccies 
zahlreich  enthielten,  in  der  Hoffnung,  dass  diese  an  verschiedenen  Orten  hervorgegangenen 
Individuen  vielleicht  besonders  geneigt  seien  sich  zu  conjugiren.  Aber  auch  diese  mehrfach 
wiederholten  Versuche  blieben  ganz  resultatlos. 

AbhMKU.  d  *mck.»»b  Miurf,  am.  Bd.  X  85 


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Hingegen  sprachen  aber  einige  Beobachtungen ,  die  ich  im  Laufe  meiner  Unter- 
suchungen machte,  für  eine  cyclische  Abwechslung,  wie  sie  Balbiani  annehmen  zu  dürfen 
glaubte.  Namentlich  interessant  sind  in  dieser  Hinsicht  die  mit  Paramaecium  putrinum  Clp.  &  L. 
erhaltnen  Resultate.  Dieses  kleine  Infusor  eignet  sich  überhaupt  sehr  zu  Züchtungsversuchen, 
da  es  selbst  in  sehr  kleinen  Uhrschälchen,  in  einer  ganz  geriugen  Menge  Wassers  und  bei 
Zusatz  einiger  Muskelfäserchen  als  Nahrung,  sich  reichlich  entwickelt  und  ungestört  lebt. 

Einige  conjugirte  Paare  dieser  Art  nun  wurden  am  9.  Nov.  1874  in  der  angegebnen 
Weise  isolirt.  Nachdem  sie  sich  am  10.  Nov.  getrennt  hatten,  begannen  die  früher  sehr  kleinen 
Thiere  ein  rapides  Wachsthum,  so  dass  schon  am  Morgen  des  11.  Nov.  viele  Individuen 
das  Maximum  der  Grösse,  das  ich  je  bei  dieser  Art  beobachtet  habe,  erreicht  hatten  und  nun 
begann  auch  die  Vermehrung  durch  Theilung  in  ganz  rapider  Weise.  Schon  nach  wenigen 
Tagen  wimmelte  die  geringe  Wassermenge,  in  welcher  sich  die  Thiere  befanden,  buchstäblich 
von  ihnen.  Am  14.  Nov.  traf  ich  sie  nun  ganz  massenhaft  in  Conjugation  begriffen.  Säiumt- 
liche  conjugirten  Thiere  waren  wieder  von  der  kleinen  Form,  wie  ihre  ursprünglichen  Ahnen. 
Von  diesen  in  der  Conjugation  befindlichen  Thieren  wurden  uuu  wiederum  4  Paare  in  gleicher 
Weise  isolirt;  dieselben  verhielten  sich  ganz  ebenso  wie  die  früheren,  sie  vermehrten  sich  nach 
ihrer  Trennung  so  sehr,  dass  am  24.  Nov.,  wo  ich  zuerst  wieder,  jedoch  auf  vereinzeltere 
Conjugatioaszustände  stiess,  Hunderte  von  Thieren  vorhanden  waren.  Auch  jetzt  waren  die  in 
Conjugation  begriffenen  Thiere  alle  verhältnissmässig  sehr  klein. 

Wir  sahen  also  bei  diesem  Paramaecium  drei  Conjugationsepochen  mit  dazwischen  hegenden 
Epochen  rascher  Fortpflanzung  durch  Theilung  abwechseln ;  halten  wir  diese  Erfahrung  zusammen 
mit  der  fernerhin  noch  bei  Paramaecium  Aurelia,  StyUmithia  pustulata  und  Euplotes  Oharon 
gemachten  Beobachtung,  dass  auch  diese  Infusorien  nach  vollendeter  Conjugation  eine  sehr 
rapide  Vermehrung  durch  Theilung  erfahren,  so  scheint  es  nicht  ungerechtfertigt,  einen  der- 
artigen Wechsel  von  Epochen  der  Theilung  und  der  Conjugation  als  eine  regelmassige  Er- 
scheinung zu  betrachten. 

Die  Zeit,  welche  zwischen  je  zwei  auf  einander  folgenden  Conjugationsepochen  verstreicht, 
wird  in  Zusammenhang  stehen  mit  der  Reichlichkeit  der  Ernährung,  die  sich  den  aus  der 
Conjugation  hervorgegangnen  Thieren  bietet,  denn  jedenfalls  scheint  eine  bedeutende  Ver- 
mehrung der  aus  der  Conjugation  hervorgegangnen  Thiere  erst  stattfinden  zu  müssen,  bevor 
zu  einer  zweiten  Conjugationsepoche  geschritten  werden  wird. 

Als  eine  eigenthümliche  Erscheinung  tritt  uns  nun  hier  die  Thatsache  entgegen,  dass  die 
gegen  Ende  der  Theilungsepoche  zur  Conjugation  schreitenden  Thiere  sich  durch  eine  auffallende 


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Kleinheit  auszeichnen*).  Es  möchte  daher  fast  scheinen,  als  wenn  nach  einer  gewissen  Zeit 
die  Fähigkeit  der  ausreichenden  Ernährung  und  des  damit  zusammenhängenden  Wachsthums 
eine  Einbusse  erlitte,  wahrend  dennoch  die  Theilung  ihren  Weg  in  ziemlich  glcicbmässigem 
Tempo  weiter  fortsetze,  denn  ein  Gesetz,  dass  die  Theilung  erst  dann  eintrete,  wenn  ein 
gewisses  Maximum  des  Wachsthums  Überschritten  werde,  existirt  bei  den  Infusorien  nicht,  worauf 
ich  späterhin  noch  zurückkommen  werde.  Die  aus  der  Conjugation  hervorgehenden  Thiere, 
von  welchen  schon  Stein  hervorhebt,  dass  sie  ein  erhöhtes  Nahrungsbedürfniss  haben,  hätten 
hingegen  wieder  die  volle  Kraft  der  Assimilation  und  die  Fähigkeit  ruschen  Wachsthums  erlangt, 
eine  Auffassung  der  allgemeinen  biologischen  Bedeutung  der  Conjugation,  die  mit  der  von 
Cinkowski  gelegentlich  geäusserten  Ansicht  über  die  Bedeutung  dieses  Vorgangs  sich  in 
gewisser  Uebereinstimmung  befände,  wiewohl  ich  Cinkowski  nicht  vollständig  beipflichten 
kann,  wie  dies  späterhin  noch  näher  zu  besprechen  sein  wird. 

Wie  sich  nun  mit  dieser  Auffassung  die  mehrfach  gemachte  und  oben  erwähnte  Beobach- 
tung, dass  sich  Conjugationsznstände  gewöhnlich  bald  nach  dem  Einsammeln  eines  viele  Infusorien 
enthaltenden  Wassers  einstellen,  vereinigen  lässt,  muss  ich  leider  vorerst  noch  unbeantwortet 
lassen.  Möglicher  Weise  hängt  diese  Erscheinung  damit  zusammen,  dass  durch  das  Absterben 
einer  Menge  kleiner  Thiere  in  einem  solchen  Wasser  gewöhnlich  eine  reichliche  Menge  von 
Nahrung  geschaffen  wird,  die  eine  rasche  Vermehrung  gewisser  Infusorienarten  hervorruft  und 
so  das  Eintreten  einer  Conjugationsepoche  beschleunigt. 

3.  Abschnitt    Methode  der  Untersuchung. 

Stein  bemerkt  (68;  p.  79):  » Die Conjugationszustände  gehören  aber  bei  allen  Infusions- 
thieren  zu  den  seltnen  Erscheinungen  und  wenn  es  schon  schwer  hält  Theilungszustände  auf- 
zufinden, so  gehört  noch  unendlich  viel  mehr  Glück  dazu,  Conjugationsformen  kennen  zu  lernen.« 

Diese  Sätze  wird  Jeder  unterschreiben,  der  sich  einmal  mit  dem  mühsamen  Aufsuchen 
von  Conjugationsznständen  beschäftigt  hat.  Ich  habe  dieses  Citat  Stein's  noch  besonders 
deshalb  hier  augeführt,  um  damit  der  Lückenhaftigkeit  meiner  Untersuchungen  an  mancher 
der  später  im  Speciellen  vorzuführenden  Arten  von  vornherein  ein  entschuldigendes  Wort  zu 
widmen* 

•)  0.  F.  Maller  hat  (worauf  auch  schon  i  a  n  i  «6;  p.  480,  Anmerkung,  hinwies)  bei  Paranwdum 

Aurtlia  schon  beobachtet,  daas  es  voraoglieh  klriue  Thiere  sind,  die  sieh  der  Lange  nach  vereinigt  finden. 
Die  bezüglichen  Stellen  finden  sich  in  »Animalcula  infusoria«  p.  88  und  lauten:  >IIaec  cohaesio  tm  potrst  esse 
gene.alio  per  dirisionem,  cum  nondum  ad  magnitudinetn  adultorum  provecta  essent«  und  >7era  debinc  copula 


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auf  die  bei  meinen  Untersuchungen  angewendeten,  sehr 
Methoden  halte  ich  für  um  so  mehr  gerechtfertigt,  da,  wie  mir  scheint,  Stein  die  von  Balbiani 
bei  seinen  Untersuchungen  befolgte  Methode  gar  nicht  verstauden  und  daher  bei  seinen  eignen 
Beobachtungen  auch  nicht  angewandt  hat,  wodurch  es  sich  namentlich  erklart,  dass  er,  trotz 
vielfach  wiederholter  Untersuchung  der  Conjugationsproccsse,  dennoch  zu  den  irrthümlichsten 


Bekanntlich  ist  an  den  lebenden  Infusionsthicren  eine  genaue  Beobachtung  des  Nucleus 
häufig  schon  sehr  schwer,  die  des  Nucleolus  dagegen  meist  unmöglich.  Genauere  Structurverhält- 
nisse  jedoch  sind  nur  am  isolirten  Nucleus,  beziehentlich  Nucleolus  zu  erkennen  oder  doch  erst 
nach  Anwendung  von  Reagenticn. 

Wenn  sich  aber  im  Verlaufe  der  Conjugation  bei  einigen  der  zu  besprechenden  Arten 
Nucleus  und  Nucleolus  vielfach  getheilt  baben  uud  die  Theilproducte  durch  das  gesammte 
Endoplasma  zerstreut  sind,  dann  sind  von  diesen  am  lebenden  Thier  häufig  nur  bei  der  aller- 
stärksten  Abplattung  Spuren  wahrnehmbar,  geschweige  ein  scharfes  Auseinanderhalten  der  ver- 
schiedenen Producte  und  eine  genaue  Erkenntnis  ihrer  Structur. 

Es  ist  daher  absolut  notbwendig  eine  grosse  Zahl  einzelner  Paare  und  ihrer  Descendenten 
zu  untersuchen,  um  aus  den  so  erhaltenen  Resultaten,  mit  Hülfe  der  an  lebendigen  Thieren  zu 
beobachtenden  Veränderungen,  die  thatsächlich  statthabenden  Processe  zu  construiren.  Vor 
allen  Dingen  ist  es  jedoch  hierbei  notbwendig  sich  zu  versichern,  dass  man  es  wirklich  mit  auf 
einander  folgenden  Stadien  zu  thun  hat,  d.  h.  man  darf  nicht  beliebig  cingefangene  Conjugations- 
zustände  untersuchen,  sondern  man  muss,  was  namentlich  das  Wichtigste  ist  und  wobei  die 
Täuschungen  möglich  sind,  die  nach  der  Trennung  der  Thiere  statthabenden  Ver- 
lur  an  solchen  Individuen  studiren,  die  man  aus  isolirten  Paaren  erhalten  hat  und 
an  welchen  man  häufig  auf  viele  Tage  auszudehnende,  fortlaufende  Untersuchungen  anstellen 
muss.  Diesen  einzig  richtigen  Weg  der  Untersuchung  hat  nun  ohne  Zweifel  Balbiani  ein- 
geschlagen, obgleich  er  von  seiner  Züchtungsmethode  der  Infusionsthiere  nicht  viel  spricht ; 
er  hielt  dies  Verfahren  jedenfalls  für  zu  natürlich  um  darüber  viele  Worte  zu  machen. 

Stein  ist  er  jedoch  in  dieser  Hinsicht  ganz  unverständlich  geblieben;  Stein  scheint  gar 
nicht  daran  gedacht  zu  haben  conjugirte  Infusorien  zu  isoliren  und  die  weiteren  Veränderungen 
an  ihnen  durch  allmälige  und  fortlaufende  Untersuchungen  zu  constatiren.  Dies  geht  ohne 
Zweifel  aus  den  Bemerkungen  hervor,  mit  welchen  er  die  Angaben  Balbiani's  über  die 
Zeitdauer  der  Conjugationen  und  die  Zeit,  in  welcher  die  verschiedenen  Veränderungen  während 
und  nach  Aufhebung  der  Conjugation  eintreten,  begleitet.    So  bemerkt  er  zu  der  Angabc 


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Balbiani's,  dass  die  Dauer  der  Conjngation  bei  den  verschiedenen  Infusorien  zwischen 
24  Stunden  und  5—6  Tagen  schwanke,  »was  ich  ihm  zu  vertreten  überlassen  muss,  da 
es  mir  an  jedem  Anhaltspunkt  zu  einer  solchen  Zeitbestimmung  fehlt«  (68;  p.  77).  Ein 
ähnlicher  Gedanke  liegt  wohl  auch  jener  Stelle  zu  Grund,  wo  er  bei  Besprechung  der 
Balbiani'schen  Schilderung  der  Conjugation  von  Parum.  Aurelia  sagt:  »Diesen  Angaben 
gegenüber,  die  im  Original  dadurch  einen  noch  gewaltigeren  Kindruck  von  Zuverlässigkeit 
machen,  dass  die  Veränderungen  der  Fortpflanzungsorgane  genau  nach  Tag  and  Stunde 
beschrieben  werden  — «.  Derartige  Zeitangaben  sind  jedoch  nicht  so  schwierig  festzustellen 
und  Stein  lagen  ja  doch  auch  schon  die  Untersuchungen  Engelmann's  vor,  der  an Thieren, 
welche  auf  dem  Objectträger  gezüchtet  wurden,  seine  Beobachtungen  machte,  welche  er 
gleichfalls  durch  ganz  genaue  Zeitangaben  bereicherte. 

Will  man  die  Dauer  der  Conjugation  bestimmen,  so  muss  man  entweder  zwei  sich  eben 
conjugirende  Thiere  abfangen,  isoliren  und  sie  bis  zur  Trennung  verfolgen,  oder,  da  man  nicht 
gar  häufig  auf  solche  Paare  stösst,  so  lässt  sich  eine  ungefähre  Schätzung  der  Conjugations- 
dauer  auch  wohl  in  der  Weise  erreichen,  dass  man  eine  grössere  Anzahl  conjugirter  Paare 
isolirt  und  nun  die  Zeit  feststellt,  wenn  sich  das  letzte  Paar  wieder  trennt,  denn  es  darf  als 
wahrscheinlich  vorausgesetzt  werden,  dass  sich  unter  einer  grösseren  Anzahl  von  Paaren  ein 
oder  das  andere  befinde,  das  erst  vor  kurzer  Zeit  zur  Conjugation  geschritten  ist 

Um  fortlaufende  Untersuchungen  an  lebenden  Thieren  zu  machen,  isolirte  ich  dieselben 
unter  dem  Deckgläschen  auf  dem  Objectträger  in  wenig  Wasser;  um  jedoch  von  den  inneren 
Verhältnissen  etwas  zu  sehen,  müssen  sie  in  gewissem  Grade  gepresst  werden,  was  nur  wenige 
Arten  auf  längere  Zeit  ertragen;  hierher  gehören  die  Paramäcien,  Stylonichien  und  Euplotcs. 
Ich  versah  das  Deckgläschen  mit  Wachsfüssehen  und  presste  dann  so  lange,  bis  gerade  der 
hinreichende  Druck  auf  das  Infusor  erreicht  war.  Um  das  Präparat  aufzuheben,  wurde  es  in 
die  feuchte  Kammer  gesetzt,  nachdem  in  den  meisten  Fällen  durch  Einführen  von  etwas  Wasser 
unter  das  Deckgläschen  der  Druck  auf  das  Thier  aufgehoben  worden  war.  Um  es  von  neuem  zu 
untersuchen,  saugt  man  das  überschüssige  Wasser  mit  Löschpapier  ab  und  bringt  so  den  ge- 
eigneten Druck  wieder  hervor.  Dennoch  missglückt  die  längere  Untersuchung  eines  Infusors 
oder  conjugirten  Paares  in  dieser  Weise  häufig  genug,  nur  bei  Paratnaecittm  putrinum  ent- 
wickelten sich  auch  die  sehr  gepressten  Thiere  ohne  Störung. 

Zu  den  fortlaufenden  Untersuchungen  mit  Reagentien  etc.  isolirte  ich  gewöhnlich  eine 
möglichst  grosse  Zahl  conjugirter  Paare  in  einem  kleinen  Uhrschälchen  mit  wenig  Wasser, 
das  Ganze  wurde   in  einer  kleinen  feuchten  Kammer  aufbewahrt.    Leider  gelang  es  nur  bei 


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einer  beschränkten  Zahl  von  Arten,  die  aus  der  Conjugation  hervorgegangenen  Thiere  längere 
Zeit  am  Leben  zu  erhalten;  hierher  gehören  hauptsächlich  die  Arten,  welche  in  verdorbenem 

j  •  .'  t' ' .  i  ^fßirdyüa  |  ^  1  j  •  i '  i  f  4*Tw  (_s . '  t  ^js  i ' .  ( \  i  y  i  j  iL  ^l*Li*t^fii  so  1 1  o  1 1  * ( 1 1  r*  i .  it  1 '  1  t  -  [\  ^  - 1  der  ix  fli  ebu  d  d  er 
jugation  ab:  £sr.«ana  truncateUa,  Cotidylostoma  Vorticeüa,  Biepharisma  lateriUa,  Cyrtostomum 
leucas  und  G  faucoma  scintülans,  hauptsächlich  aus  Mangel  an  geeigneter  Nahrung,  wie  ich  ver- 
muthe.  Bei  den  erstgenannten  Infusorien  lässt  sich  die  Nahrung  leicht  durch  ein  wenig  zu- 
gefügte Muskelfaser  ersetzen ;  die  letzgenannten  Thiere  jedoch  ertragen  eine  solche  Nahrung  und 
ein  in  dieser  Weise  verdorbenes  Wasser  nicht. 

Im  hängenden  Tropfen  untersuchte  ich  nicht,  da  diese  Methode  unter  den  vorliegenden 
Verbältnissen  jedenfalls  keine  guten  Resultate  geliefert  hätte. 

Häufig  ereignet  es  sich,  dass  die  aus  der  Conjugation  hervorgegangenen  Thiere  ihren 
Leib  so  voll  Nahrungsballen  pfropfen,  dass  die  Nuclei  etc.  nur  schwer  sichtbar  sind,  zumal 
eine  Verwechselung  der  Nahrungsballen  mit  NucleusbruchstQcken  leicht  möglich  ist;  unter  diesen 
Umständen  empfiehlt  es  sich,  die  zu  untersuchenden  Thiere  erst  einige  Zeit  vor  der  Unter- 
suchung in  reinem  Wasser  hungern  zu  lassen,  wo  sie  sich  dann  bald  der  Speiseballen  völlig 
entledigen.  Auch  die  Färbung  mit  ammoniakalischer  Carminlösung  kann  zur  Unterscheidung  der 
Speiseballen  von  den  Nucleusbruchstücken  etc.  sehr  wesentliche  Dienste  leisten,  da  sich  nämlich 
die  ersteren  meist  nicht,  die  letstereu  hingegen  intensiv  färben. 

•  Wo  es  irgend  möglich  ist,  muss  man  die  Nucleusproducte  etc.  auch  isolirt  untersuchen, 
indem  man  das  Thier  zerstört,  zerfliessen  lässt,  wie  der  Kunstausdruck  sagt.  Ich  bewerkstelligte 
dies  meist  am  besten  so,  dass  ich  in  der  erwähnten  Weise  das  Infusur  unter  dem  Deckgläschen 
durch  einen  gelinden  Druck  festlegte  und  dann  unter  dem  Mikroskop  mit  der  Nadel  auf  das 
Deckgläschen  einige  Male  drückte,  bis  die  bekannten  Sarcodetropfen  am  Rande  des  Thiere« 
auftraten,  worauf  dann  das  Zerfliessen,  bei  hiezu  überhaupt  geneigten  Infusorien,  bald  vollständig 
erfolgt.  Häufig  ist  es  dann  Doch  von  Vortbeil  durch  vorsichtiges  Zufliessenlassen  von  etwas 
Wasser  unter  das  Deckgläschen  dessen  starke  Pression  aufzuheben. 

Das  hauptsächlichste  Reagenz  bleibt  auch  hier  die  Essigsäure,  von  der  ich  gewöhnlich 
eine  zu  1>  verdünnte  anwandte;  unter  Umständen  empfiehlt  es  sich  jedoch  auch  die  Wirkung 
viel  concentrirterer  Säuren  zu  studiren.  Die  Behandlung  mit  diesem  Reagenz  geschah  immer 
vor  den  Augen  des  Beobachters  anter  dem  Mikroskop,  nachdem  das  zu  untersuchende  In- 
fusur mögliehst  comprimirt  worden  war.  Der  Hauptkunstgriff  hierbei  besteht  darin,  den  Zusatz 
vou  Essigsäure  durch  gieiclueitigcs  Wegnehmen  von  Wasser  auf  der  anderen  Seite  des  Deck- 


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gläschens  so  «u  regulären,  dass  die  Compression  des  Infusors  hierbei  nicht  aufgehoben  wird. 
Nur  in  dem  letztem  Fall  zeigen  sich  feinere  Verhältnisse,  namentlich  bei  den  etwas  grösseren 
Infusorien  deutlich,  hat  man  jedoch  einmal  mit  Essigsäure  behandelt,  so  lässt  sich  eine  weitere 
Compression  nicht  mehr  vornehmen,  da  hierbei  alle  feineren  Structurverhältnisse  ruinirt  werden. 

4.  Abschnitt.  Bemerkungen  über  das  Vorkommen  und  den  Bau  der 
Nucleoli  und  des  Nucleus,  sowie  über  deren  Verhalten  während  der 

Theilung. 

Der  Nucleus  der  Infusorien  —  Ehrenberg's  männliche  Geschlechtsdrüse,  der  Zellkern 
der  Anhänger  der  Einzelligkeitslehre,  BalbiauTs  Ovnrium  und  auch  für  Stein*)  dasjenige 
Organ,  aus  welchem  sich  die  Keime  neuer  Thiere  im  Laufe  der  Gonjugation  hervorbilden,  daher 
nach  Claus  ein  Keimstock  vom  Werthe  einer  endogenen  Zelle  —  dieser  Nucleus  ist  seiner 
Bauweise  nach  ein  im  Grossen  und  Ganzen  sehr  einfaches  Gebilde.  Er  lässt  sich  wohl  aus- 
reichend und  mit  wenigen  Worten,  als  ein  von  einer  zarten  Membran  umschlossener,  vor  dem 
Loibcsprotoplasma  des  Minors  durch  seine  grössere  Dichte  sich  auszeichnender  Protoplasma- 
körper, charakterisiren.  Er  macht  daher  im  lebenden  Infusor  nicht  etwa  den  Eindruck  eines 
helleren  Flecks,  sondern  umgekehrt  den  eines  matteren  und  etwas  dunkleren. 

Diese  Eigenthümlichkeit  des  sogenannten  Nucleus  der  Infusorien  ist  deshalb  nicht  un- 
wichtig, weil  die  Kerne  der  thierischen  Zellen  in  der  Form,  in  welcher  sie  gewöhnlich  zur 
Anschauung  kommen,  ein  sehr  verschiedenes  Verhalten  zeigen.  Diese  Körper  zeichnen  sich 
bekanntlich  durch  grosse  Helligkeit  gegen  ihre  Umgebung  aus,  was  daher  rührt,  dass  man  sie 
im  Allgemeinen  als  weniger  dicht,  als  das  sie  umgebende  Protoplasma  auffassen  muss,  eine 
Erscheinung,  die  jedoch  nicht  etwa  so  verstanden  werden  darf,  dass  etwa  diese  Gebilde  durch 
eine  reichliche  'Wnsseraufiinhme  sehr  gequollen  seien,  sondern  Flüssigkeit  und  Kernmateric 
sind  in  den  Kernen  der  Gewebezellen  von  einander  geschieden.  Die  eigentliche  Kernmaterie 
(Hülle  und  Inhaltskörper)  besteht  aus  einem  verhältnissmässig  sehr  dichten  Protoplasma;  der 
Eindruck  der  grossen  Helligkeit  des  tbierischen  Zellkerns  beruht  darauf,  dass  zwischen  Hülle 
und  Binnenkörper  reichliche  Mengen  von  Flüssigkeit  angesammelt  sind. 

Diese  bemerkenawerthe  Differenzirung  der  Kerne  thierischer  Gewebezellen  ist  nun  eine 
Erscheinung,  die  den  sogenannten  Nuclci  der  Infusorien  fast  durchgängig  fehlt  oder  doch  nur 
in  wenig  hervortretender  Weise  angedeutet  ist. 

•)  Noch  1869  bezeichnete  St  ein  (67;  p.  54)  ihn  als  »ein  drasena rtigeg  Organ  ohne  Aus- 
führungggange« 


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In  den  weitaus  meisten  Fallen  bestehen  dieselben  aus  einer  gleichmäßigen,  schon  im 
Leben  deutlich  feiner  oder  gröber  granulirten  bis  faserigen  Masse,  deren  feinere  Structur  nach 
der  Gerinnung  durch  Einwirkung  von  Wasser  oder  verdünnten  Säuren  noch  viel  deutlicher 

I  iibiImIü 

Hervortritt. 

Wie  gesagt  ist  dieser  Protoplasmakörper  von  einer  Membran  umschlossen,  die  sich  am 
lebenden  Nucleus  jedoch  nur  selten  mit  einiger  Deutlichkeit  wahrnehmen  lässt;  dennoch  sah 
ich  sie  recht  gut  bei  Stylmichia  Mytilus.  Sie  liegt  dem  eigentlichen  Nucleuskörper  dicht  auf, 
doch  liess  sich  bei  Sfylonichia  und  den  Vorticellen  nachweisen,  dass  sie  von  demselben  im 
lebenden  Znstand  schon  durch  einen  hellen,  sehr  schmalen  Hof  (ohne  Zweifel  Flüssigkeit)  ge- 
trennt wird.  Nach  der  Isolation  des  Nucleus  im  Wasser  oder  bei  der  Application  verdünnter 
Essigsäure  hebt  sie  sich  leicht  und  gleichmässig  ab  und  wird  dann  sehr  gut  sichtbar.  Diese 
Membran  macht  den  Eindruck  eines  sehr  zarten,  homogenen  Häutchens,  welches  sich  durch 
längere  Einwirkung  von  Wasser  oder  verdünnter  Säure  allmälig  löst.  Sie  lässt  sich  nun 
aber  nicht  mit  der  sogenannten  Hülle  der  thierischen  Zellkerne  vergleichen,  wie  schon 
R.  Her twig  sehr  richtig  bemerkte  (75;  p.  73).  Diese  letztere  verhält  sich  immer  nach  Zu- 
Batz  von  Essigsäure  wie  ein  deutliches  Üerinnungsproduct ,  von  sehr  dichtem  uud  dunkel- 
glänzendem, dem  der  Binnenkörper  völlig  gleichenden  Aussehen,  auch  macht  sie  raeist  nicht 
den  Eindruck  einer  gleichmässigen  zarten  Haut,  sondern  ist  knotig,  ja  zuweilen  erinnert  ihr 
Aussehen  sehr  an  das  einer  Perlenschnur.  Dagegeu  lässt  sich  die  Hülle  des  Infusoriennucleus, 
wie  ich  hier  vorgreifend  bemerken  will,  mit  der  zarten  Hülle  vergleichen,  die  ich  noch  um  die 
sogenannte  Kernmembran  bei  den  Kernen  der  rotlien  Blutkörperchen  des  Frosches  auffand  und 
auf  welche  ich  bei  andern  Kernen  späterhin  noch  zurückkommen  werde. 

Nicht  immer  wird  jedoch  der  Protoplasmakörpcr  des  Nucleus  von  einer  so  gleichmässig 
feingranulirten  Masse  gebildet,  wie  z.  B.  stets  bei  Param.  Aurdia,  sondern  es  bilden  sich  häufig 
oder  bei  manchen  Arten  nahezu  regelmässig,  in  seinem  Innern  Differenzirungen  verschiedener 
Art.  Ich  sagte,  dass  diese  Bildungen  durch  Differenzirung  hervorgehen,  da  man,  wenn  man 
die  I,ebensgeschichte  eines  Infusors  näher  verfolgt,  zu  beobachten  Gelegenheit  hat,  wie  dieselben 
in  einem  ursprünglich  gleichartigen  Nucleus  entstehen  und  dass  andererseits  der  Nucleus  zu 
gewissen  Zeiten  auch  wieder  aus  diesem  differenzirten  Zustand  in  einen  durch  seine  ganze  Masse 
gleichartigen  übergeht. 

Schon  der  durch  seine  ganze  Masse  gleichartige  Nucleus  zeigt  hie  und  da  eigentümliche 
Differenzirungen.  Bei  Cyrtostomum  leucas  wird  er  von  lauter  kleinen  matten  Kügelchen,  die  in 
eine  helle  Masse  eingebettet  sind,  zusammengesetzt,  wodurch  er  ein  nahezu  wabenartiges  Aus- 


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sehen  erhält  (Taf.  IX  Fig.  18);  bei  liursariu  truncatella  fand  ich  ihn  im  lebenden  Thier  durch- 
aus eigentümlich  faserig-knolig  (Taf.  XI  Fig.  6),  nach  Behandlung  mit  1%  Essigsäure  erschien 
er  grob  granulirt.  Ungemein  häufig  trifft  man  ihn  durchaus  feinfaserig  bei  Epistylis  flavicans, 
ohne  dass  ein  Theilungsprocess  im  Gange  wäre,  wobei  er,  wie  sogleich  zu  beschreiben  sein 
wird,  diese  Structur  regelmässig  annimmt. 

Die  gewöhnlichsten  Differenzirungsvorgünge  im  Xucleus  bestehen  nun  darin,  dass  sich 
locale  Verdichtungen  seiner  Masse  bilden.  Dadurch  entstehen  dunkle  Körperchen,  die  ganz 
regelmässig  durch  den  Xucleus  vertheilt  sein  können  und  um  welche  man  häufig  noch  je  eine 
schmale  helle  Zone  beobachtet.  In  dieser  Weise  entsteht  dann  der  Bau  des  Xucleus,  welchen 
Wrzesniowski  und  ich  (78)  früherhin  schon  etwas  eingehender  geschildert  haben*).  Solche 
Nuclci  trifft  man  bei  vielen  Ozgtrichincn,  Stcntor,  Spimslomtm  etc..  jedoch  nicht  immer.  Bei 
vielen  Infusionsthicren  werden  jedoch  diese  verdichteten  Xucleuspartien  viel  grösser,  so  dass 
dann  der  Xucleus  das  Aussehen  einer  gleichmäßig  granulirten  Masse  bietet,  in  der  zahlreiche 
duuklere  und  mannigfaltig  gestaltete,  bruchstückartit-'e  Körper  unregelmäßig  vertheilt  sind. 
Dieser  früherhin  schon  häufig  beschriebene  Bau  des  Nucleus  findet  sich  fast  immer  bei  Tara- 
maecium  Bursaria  und  Trorodon  leres,  häufig  auch  bei  Porom,  pvtrinum,  vielen  Vorticellineu 
und  anderen  Infusorien. 

Einige  nicht  uninteressante  Erscheinungen  zeigen  sich  in  Bezug  auf  diese  Xucleuseinschlüssc 
bei  Tamm.  Bursaria;  während  nändich  hier  die  Einschlüsse  gewöhnlich  durch  den  ganzen 
Xucleus  vertheilt  sind  (Taf.  IX.  Fig.  4),  trifft  man  sie  auch  manchmal  zu  einem  Haufen  im 
Centrum  des  Xucleus  zusammengehäuft  und  andrerseits  stösst  mau  auch  auf  Thierc,  die  gar 
keine  einzelnen  Bruchstücke  mehr  enthalten,  statt  deren  jedoch  einen  grossen,  dunkeln  Körper 
von  nahezu  homogener  Beschaffenheit  (Taf.  IX.  Fig.  5).  tianz  ähnliche  Verhältnisse  finden  sich 
auch  im  Nucleus  von  Epistylis  flat  icans  nach  Grecff  (73),  was  ich  nach  eigenen  Erfahrungen 
bestätigen  kann.  Es  scheint  mir  aber  wahrscheinlicher,  dass  der  grosse  dunkle  Körper  im 
Xucleus  aus  der  Verschmelzung  der  vielen  kleinen  hervorgeht,  nicht  umgekehrt,  wie  Greeff 
will  und  es  steht  diese  Erscheinung  wohl  im  Zusammenhang  mit  später  zu  besprechenden  Um- 
wandlungen des  Nucleus  während  der  Theilung.    Häufig  zeigen  jedoch  die,  durch  Verdichtung 

•)  Ich  mos«  ee  als  ein  auffallendes Miasterst&ndniss  bezeichnen,  wenn  Pagenstecher  (»ergl.  Allgemeine 
Zoologie.  1.  Theil,  p.  70)  mir  zuschreibt,  dass  ich  selbst  die  Kerne  der  Infusorien  für  mehrzellig 
erklärt  habe.  In  derselben  kleinen  Abhandlung,  wo  ich  die  oben  erwähnte  Structur  der  Kerne  naher 
lieschrieb,  welche  diesen  sonderbaren  Ausspruch  l'ugeu stccher's  veranlasste,  bekannte  ich  mich  zum  Schluss 
in  nicht  nÜBSzudeutcnder  Weise  als  Anhänger  der  EitizelligkeiUlehre  der  Infusorien. 

AbhandL  <1.  Stacken!),  uatart.  <>«.  IM.  X.  SO 


und  wohl  auch  Ausscheidung  in  der  Nucleusmasse  entstandenen,  dunklen  Körperchen  selbst  noch 
eine  weitere  Differenzirung.  Dieselbe  besteht  gewöhnlich  darin,  dass  sich  in  ihnen  eine  Vacuole 
bildet,  die  schliesslich  sich  so  ausdehnet)  kann,  dass  statt  des  früheren  dunklen  Körperchens 
jetzt  ein  helles  Bläschens  mit  dunkler  Hülle  vorhanden  ist.  In  solcher  Weise  sind  häufig  die 
Einschlüsse  in  den  Nuclei  der  Oxytrichinen  und  Vorticcllinen  beschaffen,  welche  Veranlassung 
zu  so  mannigfachen  falschen  Deutungen  gegeben  haben.  Balbiani  fasst  alle  diese  Bläschen 
als  Keimbläschen  in  der  als  Dotter  gedeuteten  Substanz  des  Nucleus  auf;  Claparede  und 
Lachmann,  sowie  En  gel  mann  vermutheten  in  diesen  Einschlüssen  sich  entwickelnde 
Embryonalkugeln  und  Grceff  glaubt  gleichfalls  noch  an  der  Ansicht  festhalten  zu  dürfen,  dass 
sie  mit  der  Fortpflanzung  in  Beziehung  ständen. 

Zuweilen  diflerenziren  sich  die  Nucleuseinschlüsse  auch  in  der  Weise,  dass  sie  in  einen 
centralen  Theil  und  eine  Hülle  zerfallen,  zwischen  welchen  sich  nun  Flüssigkeit  ansammelt,  so 
dass  also  ein  Bläschen  entsteht  welches  ein  dunkles  Binnenkörperchcn  enthält.  Auch  diese  Art 
der  Einschlüsse  sah  ich  bei  Vorticellinen ;  so  scheint  mir  aber  auch  das  helle  Bläschen  mit 
dem  dunklen  Binnenkörper chen  im  Nucleus  von  Chilodon  und  seiner  Verwandten  entstanden 
zu  sein,  welches  Balbiani  als  Zellkern  betrachtet  uud  daher  den  Nucleus  dieses  Infusore  als 
eine  Eizelle  aufzufassen  dürfen  glaubt.  Neben  diesem  Bläschen  bemerkt  man  jedoch  im  Nucleus 
von  Chilodon  cuctdMus  meist  noch  ein  kleines  Bläschen  mit  dunklen  Wandungen  und  ausser- 
dem liegen  in  der  Ausscnschicht  des  Nucleus  gewöhnlich  eine  Anzahl  nach  Innen  halbkuglich 
vorspringender,  dunkler  Verdichtungen,  die  man  jedoch  auch  zuweilen  als  allseitig  abgerundete, 
isolirte  Körper  in  der  Aussenzone  des  Nucleus  antrifft*). 

In  ähnlicher  Weise  wie  die  Bildung  der  bläschenförmigen  Einschlüsse,  erklärt  sich  auch 
die  Entstehung  der  so  häufig  beschriebenen,  spaltfönnigcn  Höhle  in  den  Nuclei  der  Oxytrichinen. 
Nach  der  Tbttüttng  oder  bei  der  Neubildung  des  Nucleus  (nach  der  Conjugation)  hat  man  Ge- 
legenheit ihre  Entstehung  zu  beobachten.  Es  bildet  sich  zuerst  eine  quere  Verdichtung,  eine 
Art  dichterer  Scheidewand,  in  der  dann  später  eine  spaltförmige,  mit  heller  Flüssigkeit  erfüllte 
Höhle  entsteht,  die  demnach  von  dunklen  Rändern  eingeschlossen  wird.  Gegenüber  Balbiani, 
der  es  leugnet,  dass  hier  ein  Spalt  vorliege  und  die  Erscheinung  als  eine  Vorbereitung  zu  dem 
später  statthabenden  Zerfall  des  Nucleus  in  zwei  vermeintliche  Eier  betrachtet,  muss  ich  mich 
mit  En  gel  mann  der  von  St  ein  gegebenen  Schilderung  dieser  Einrichtung  anschliessen,  indem 
ich  noch  die  interessante  Eigenthnmlichkait  hervorhebe,  dass  die  Nuclcusmcmbran  mit  dieser 

*)  Schon  von  Dujardin  und  »nater  Claparede  und  Lachroann  beobachtet  (Tgl.  61;  p.  ^-36). 


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Verdichtung  des  Nucleus  in  festem  Zusammenhang  steht,  sich  daher  am  isolirten  Nucleus  nicht 
allseitig  abhebt  (Taf.  XV.  Fig.  4).  Mit  dem  Zerfall  der  Nuclci  wahrend  der  Conjugation  hat 
jedoch  diese  Einrichtung,  die  auch  bei  jeder  Thcilung  verschwindet,  nichts  zu  thun. 

Eine  besonders  interessante  Beschaffenheit  haben  die  Nuclei  von  Loxotks  Rostrum,  die 
sich  vielleicht  noch  am  meisten  mit  den  Kernen  ächter  Zellen  vergleichen  lassen.  Der  Bau  der 
Kerne  dieses  Infusor's  ist  neuerdings  von  Wrzcsniowski  geschildert  worden  (99),  ich  kann 
jedoch  mit  ihm  nicht  in  allen  Puukteu  übereinstimmen.  Er  fand  an  den  zahlreichen  Kernen 
keine  Membran,  dagegen  beobachtete  ich  eiue  solche  nach  Isolation  der  Kerne  und  Wasser- 
einwirkung stets  sehr  deutlich  (Taf.  XIV.  Fig.  10)  als  ein  zartes  Häutchen.  Innerhalb  desselben 
folgt  zunächst  eine  körnige  Schicht  oder  Zone  von  grösserer  oder  geringerer  Dicke,  zuweilen 
auch  einseitig  mehr  verdickt.  Innerhalb  dieser  Zone  liegt  in  einer  mit  Flüssigkeit  erfüllten 
Höhle  ein  dunklerer  und  homogener  Binnenkörper,  der  dieselbe  fast  völlig  erfüllt.  Manchmal, 
namentlich  nach  Färbung,  sah  ich  mit  ziemlicher  Deutlichkeit  viele  zarte  Fasern  von  dem  Binnen- 
körper entspringen  und  sich  in  der  äussern,  körnigen  Zone  verlieren  (Taf.  XIV.  Fig.  10). 
Nach  Behandlung  mit  Essigsäure  verdichtet  sich  diese  äussere  Zone  beträchtlich  und  nimmt 
häufig  sehr  deutlich  das  perlschnurartige,  gekörnte  Aussehen  der  Kcrnluillc  vieler  ächter  Zell- 
kerne an*). 


•)  Irh  füge  hier  einige  Bemerkungen  liber  den  Bau  der  Kerne  von  Actinosphatrium  Kichhorni  nnd  der 
Amoclia  prineepa  bei,  von  welchen  die  enteren  sehr  interessante  Beziehungen  au  den  oben  beschriebenen 
Kerneu  des  Loxodt*  und  gewissen  Zustunden  der  Umbildung  der  Nucleoli  mancher  Infusorien  während  der 
Conjugation  zeigen. 

Die  Kerne  de»  Actinotph.  zeigen  nach  Behandlung  mit  1  Essigsäure  immer  eine  ziemlich  dicke,  dunkel 
glänzende  Hollo  von  derselben  materiellen  Beschaffenheit  wie  dio  Binnenkörper.  Häufig  zeigt  diese  Hülle 
das  schon  früher  für  dio  Kerne  der  rotlien  Blutkörperchen  etc.  geschilderte,  knotige  Aussehen.  Die  Binnen- 
körpor,  welche  gewöhnlich  als  Kernkfirner  bezeichnet  werden,  reprasentiren  sich  nach  Behandlung  mit  Essig- 
saure in  sehr  verschiedner  Weise.  Ililnfig  findet  sich  nur  eine  centrale  Masse  von  unrcgelmassigen  Umrissen 
nnd  fein-  bis  grobgranulirter  Beschaffenheit  oder  diese  Masse  ist  mehr  verdichtet  nnd  ziemlich  homogen ; 
andrerseits  zerfällt  sie  häufig  in  eine  mehr  oder  weniger  bedeutende  Zahl  kleinerer  Massen  oder  Körper, 
welche  die  schon  früher  häufig  gesehenen  Zustände  mit  multiplen  Nudeoti  reprasentiren.  Einige  Male  stiess 
ich  auch  auf  Thiere,  bei  welchen  die  Biunoukörpcr  die  Kemhülle  nahezu  völlig  ausfällten.  (Verg).  Taf.  XIV. 
Fig.  11— H).  Bei  genauem  Zusehen  lasst  sich  fast  immer  constttiren,  das»  von  der  Binnenmasse  der  Kerne  eine 
grosse  Menge  zarter  Fäden  entspringen,  die  allseitig  radial  nach  der  dunklen  Ilftlle  ausstrahlen  und  sich  mit  dieser 
verbinden  (vcrgl.  dio  ähnlichen  Entwicklungsstände  der  XudeoH  Ton  Styltmichia  Mytilu*  und  Bursaria  trunca- 
W/a,  sowie  dio  interessanten  Kernformen,  die  Eimer  bei  Bcroe  beschrieb,  Zool.  Stnd.  auf  Capri  I.  T.  VIII, 
flg.  82  b,  c).  Mehrfach  glaubte  ich  mich  mit  Sicherheit  noch  von  einer  besonderen,  sehr  zarten  Kernmembran  über- 
zeugt iu  haben,  welche  die  dunkle  Hülle  äusserlich  umgibt  (lieber  die  früheren  Beobachtungen  der  Kerne  von 
Actinosph.  Eichhorni  vergl.  namentlich  Greeff,  Arch.  f.  mikr.  Anatomie  Bd.  III.  p.  396;  Hcrtwig  und 
Lesser  [76],  sowie  F.  E.  8chultzc  (MJ). 


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Ein  zweiter  Punkt,  bezüglich  dessen  ich  mich  mit  Wrzcs'niowski  nicht  in  üeberein- 
stimmung  befinde,  ist  der  Zusammenhang  der  zahlreichen  Kerne  des  Loxodes  untereinander.  Er 
beschreibt  einen  feinen  Verbindungsstraug  zwischen  den  eiuzeluen  Kernen,  der  sich  mittels 
ammoniakalischer  Carminlösung  nicht,  dagegen  durch  Jodlüsung  färben  lasse.  Stein  (68)  und 
selbst  Balbiani  (66),  welch'  letzterer  doch  sonst  überall  die  verbindenden  Stränge  zwischen 
den  Kernen  gesehen  haben  will,  geben  an:  dass  sie  bei  Loxodes  Rostrum  vergeblich  darnach 
gesucht  haben.  Ich  gab  mir  viele  Mühe  bei  unserem  Thier  etwas  von  dieser  Verbindung  der 
Kerne  nachzuweisen,  doch  ist  mir  dies  weder  durch  Zerrliessenlasscn  des  Thicres,  noch  durch 
Färbung  geglückt;  die  Kerne  sind  immer  ganz  isolirt  von  einander. 

Hingegen  habe  ich  bei  den  Stylonichicn,  wo  Balbiani  die  beiden  .Kerne  in  einem  ge- 
meinsamen Schlauch  eingeschlossen  sein  lässt,  vielfach  mit  Deutlichkeit  einen  sehr  zarten,  ver- 
bindenden Strang  zwischen  den  Kernen  gesehen,  der  in  einer  Fortsetzung  ihrer  Kernhüllen 
bestand  (Taf.  XV.  Fig.  4).  Obgleich  sich  nun  dieser  Verbindungsstrang  nicht  in  allen  Fällen 
wahrnehmen  lOsst,  so  zweifle  ich  dennoch  nicht,  trotz  der  entgegenstehenden  Angaben  Stein 's, 
dass  derselbe  eine  regelmässige  Erscheinung  ist,  welche  uns  eine  Erklärung  für  die  Ver- 
schmelzung der  beiden  Kerne  vor  der  Theilung  gibt. 

Balbiani  (64)  hat  zuerst  eingehender  gezeigt,  dass  die  beiden  Nuclei  der  Oxytrichinen 
mit  dem  Eintreten  der  Theilung  zu  einem  einzigen  Nucleus  verschmelzen,  ebenso  wie  sich  die 
mannigfaltig  gestalteten,  langgestreckt  band-  oder  rosenkranzförmigen  Nucleusformen  der  Vorticel- 
linen,  Kuplotinen,  Spirostomen,  Stcntoren  etc.  in  Vorbereitung  zu  der  Theilung  zu  einem  mehr  oder 
weuiger  abgerundeten  Körper  concentriren.  Stein  zieht  die  Regelmässigkeit  dieses  Vorgangs  bei 

Die  Kerne  der  Amoeba  pritueps  Ehrbg.  repräsentiren  uns  einen  anderen  Typus ;  dieselben  zeigen,  wie 
schon  durch  die  Untersuchungen  von  Wallich  und  Carter  bekannt  ist  (89  n.  90),  eine  sehr  zarte,  jedoch 
ungemein  deutliche  Halle,  von  dernelben  gleichmässigen  nud  zarten  Beschaffenheit  wie  die  Halle  der  Xuclei 
und  Xuckoli  vieler  Infusorien.  Nach  laolirung  der  Kerne  in  Wasser  hebt  sich  diese,  schon  im  lebenden 
Organismus  «ehr  bemerkliche  Hülle  ab  und  ist  ungemein  leicht  sichtbar.  Dicht  unterhalb  dieser  Hülle 
findet  sich  eine  Zone  eigentlicher  KcrnsubaUiiz,  welche  nach  Zusatz  von  Essigsaure  |1"  }  tief  dunkel  und 
glänzend  wird;  sie  ist  zu  unregelmässigen  Knötchen  und  Fädeben  verdichtet  und  local  angeschwollen. 
Dan  eigentliche  Kerninnere  wird  von  Flüssigkeit  erfüllt.  (Vergl.  die  Taf.  XII,  Fig.  19—20).  Nur  einmal 
traf  ich  ein  Thier,  dessen  mittclgrosse  Kerne  noch  einen  centralen,  sehr  ansehnlichen  dunklen  und  fein 
granulirten  Binnenkörper  enthielten.  Ihrem  Bau  nach  arhlieascn  sich  diese  Kerne  wohl  zunächst  an  die  der 
Amoeba  terricola  und  violacea  lireeffs  an  (vergl.  Arch.  f.  wikrosk.  Anatomie.  Bd.  III.  p.  299.  Taf.  XVII 
und  XVIII);  man  vergleiche  jedoch  auch  die  später  zu  schildernden  XitdcoU  von  Xamda  onwto  Ehrbg.  und 
Trachditu  ocum.  sowie  die  früher  gegebene  Schilderung  der  Kerne  der  rothen  Blutkörperchen  von  Kana  und 
Triton.  Die  dunkle  Keruhülle  dieser  letzteren  entspricht  ohne  Zweifel  der  Zone  der  eiK'eutlichen  Kero- 
subetanz  der  beschriebnen  Amoebenkeruc,  was  mich  in  der  früher  ausgesprochenen  Ansicht  bestärkt,  dass  auch 
ein  Homologen  der  zarten  äussern  Hülle  der  Kerne  von  Amoeba prittcejis  bei  denen  der  Blutkörperchen  sich  finde. 


v 


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den  Oxytrichincn  mit  Unrecht  in  Zweifel  (68).  Er  hat  selbst  zuerst  (67)  diese  Verschmelzung 
der  beiden  Nuclei  bei  Styloniciiia  Mytilus  nachgewiesen,  glaubte  aber,  dass  dieser  Process  die 
Einleitung  zu  der  Bildung  einer  besonderen  Varietät  einkerniger  Thiere,  einer  Gcschlechts- 
generation,  sei.  Er  habe  nämlich  daneben  auch  eine  Art  der  Theilung  beobachtet,  wo  sich 
jeder  Nucleus  besonders  theile  Das  von  Stein  jedoch  abgebildete  Thier  (67 ;  Taf.  VI.  Fig.  4) 
mit  zwei  sich  theilenden  Nuclei  scheint  mir  keineswegs  beweisend  zu  sein,  denn  gewöhnlich  findet 
die  Verschmelzung  der  Nuclei  schon  zu  einer  Zeit  statt,  wo  äusserlich  von  einer  Einschnürung 
des  Leibes  der  Stylonichia  noch  gar  nichts  zu  sehen  ist,  so  dass  also  die  in  Fig.  4  abgebildeten 
in  Theilung  begriffenen  Nuclei  eines  Thieres,  das  schon  eine  deutliche,  wiewohl  schwache  Ein- 
schnürung zeigt,  wohl  erst  durch  Theilung  des  verschmolzenen,  einfachen  Nucleus  entstanden 
sein  können.  Abnorm  hingegen  ist  die  Fig.  3  Taf.  VI  bei  Stein  (67),  denn  ich  fand  regel- 
mässig bei  so  weit  fortgeschrittener  Theilung  nie  mehr  einen  einfachen  verschmolzenen  Nucleus, 
wie  ihn  diese  Abbildung  zeigt,  sondern  immer  schon  die  vier  Nuclei  der  beiden  Theilsprösslinge. 
Diese  Auslegung  der  S  t  e  i  n  'sehen  Beobachtungen  ist  mir  um  so  wahrscheinlicher,  da  Stein, 
als  er  seine  Untersuchungen  anstellte,  sich  über  die  Bedeutung  des  Verschinelzungsprocesses 
der  Nuclei  nicht  klar  war.  Alle  von  mir  gesehenen  Theilungszustände  von  Stylonickia  bestä- 
tigten hinsichtlich  des  Verhaltens  des  Nucleus  die  Bai  biani 'sehe  Darstellung  dieses  Vor- 
ganges; dagegen  sah  ich  nie  eine  Form,  welche  die  Annahme  unabweisbar  gemacht  hätte,  dass, 
wie  Stein  will,  die  beiden  Nuclei  sich  auch  ohne  vorherige  Vereinigung  zu  theilen  vermöchten. 

Eine  höchst  interessante,  bislang  kaum  betonte  Erscheinung  zeigt  sich  jedoch  bezüglich 
der  feinen  Structur  der  in  Theilung  begriffenen  Nuclei  einer  Reihe  von  Infusorien.  Wie  schon 
seit  früher  bekannt,  ist  der  Nucleus  der  Stylonichicn  während  seiner  Theilung  durch  seine 
ganze  Masse  hin  gleichmässig ;  schon  Stein  bemerkt  (67;  pag.  154),  dass  die  queren  Höhlen 
den  in  der  Theilung  begriffenen  Nuclei  fehlten;  auch  zeigen  seine  sämmtlichen  Abbildungen 
von  in  Theilung  begriffenen  Stylonichicn,  dass  sich  während  dieses  Vorgangs  keine  Einschlüsse 
irgend  welcher  Art  im  Kern  finden.  Dagegen  ist  nun  aber  der  durch  die  Verschmelzung  der 
beiden  früheren  Nuclei  hervorgegangene,  zur  Theilung  sich  anschickende  Nucleus  auch  nicht 
gleichmässig  feinkörnig,  sondern  er  besitzt  eine  sehr  feinfaserige,  jedoch  recht  deutliche 
Structur,  welche  von  der,  nach  Zusatz  von  Essigsäure,  grobkörnigen  Structur  der  gewöhnlichen 
Nuclei  sehr  auffallend  abweicht.  Diese  sehr  eigenthümlichc  Structur  der  Nucleussubstanz  erhält 
sich  in  gleicher  Deutlichkeit  bis  die  Theilung  des  einfachen  Nucleus  zu  den  vieren  der  beiden 
zukünftigen  Thiere  vollzogen  ist  (Taf.  XV.  Figg.  5—6).  Wenn  der  Zerfall  in  zwei  Thcilstücke 
schon  vor  sich  gegangen  ist,  sah  ich  dieselben  mehrfach  noch  sehr  deutlich  durch  einige  solcher 


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-    282  — 

Nucleusfasern  in  Zusammenhang  stehen  (Taf.  XI.  Fig.  1—2).  Die  einzelnen  Theilstückc  gleichen 
in  ihrem  Aussehen  häufig  völlig  einem  verworrenen  Knäuel  Bindfaden.  Nach  vollendeter  Thei- 
lung  verschwindet  diese  Structur  wieder  und  macht  der  gewöhnlichen  Plate. 

Ganz  dasselbe  zeigt  nun  auch  der  Kern  von  Param.  Bursaria  während  seiner  Theilung. 
Von  den  früheren  Einschlüssen  ist  gar  nichts  mehr  sichtbar,  der  ganze  Kern  ist  gleich  massig  und 
sehr  fein  längsfaserig  (Taf.  EX.  Fig.  6).  Das  gleiche  Verhalten  zeigt  dann  ebenso  der  Kern  des 
Param.  putrinum  während  seines  im  Gefolge  der  Conjugation  eintretenden  Zerfalles.  Vortrefflich 
uud  auch  am  lebenden  Thier  ist  die  faserige  Structur  des  Nucleus  der  Vorticellen  während  der 
Theilung  zu  beobachten  (z.  B.  bei  Vorticclla  nebuli/cra  und  Carcfosium  polypinum).  Doch 
deuten  auch  einige  frühere  Beobachtungen  darauf  hin,  dass  diese  Structur  den  in  Theilung 
begriffenen  Nuclci  der  Infusorien  allgemeiner  zukommt.  So  bemerkt  Balbiani  (66),  dass 
der  Nucleus  von  Urostyla  grandis  während  der  Theilung  ein  eigentümliches  längsgestreiftes 
Aussehen  habe,  welches  er  auf  Faltungen  seiner  Membren  zurückführt;  ebenso  bemerkt  auch 
Stein,  dass  er  bei  Urostyla  grandis  mehrmals  bei  einem  in  der  Querthcilung  begriffenen  In- 
dividuum einen  Nucleus  beobachtet  habe,  »der  aus  einer  sehr  hellten,  fein  und  dicht  wellenförmig 
gestreiften  und  gekräuselten  Substanz  bestand«  (67;  pag.  199,  Taf.  XIII.  Fig.  10).  Von  Di- 
dinium  nasuhtm  berichtet  Engelmann:  >bei  der  Quertheilung  von  Didinium  nimmt  der 
Kern  eine  langgestreckte  Gestalt  an,  rückt  in  die  Längsaxe  des  Thieres  und  erhält  ein  ganz 
längsstreifiges  Aussehen,  etwa  wie  die  Nucleolus  der  Oxytrichinen  und  der  Nucleus  von  Urostyla 
grandis  während  der  Quertheilung.  Nach  der  Querthcilung  verschwinden  die  Streifen  wieder.« 
(110,  pag.  376.)*) 

Dass  nun  hier  ein  ganz  allgemein  verbreitetes  Verhalten  vorliegt,  ergibt  sich  mit  Sicher- 
heit daraus,  dass  ich  ganz  dieselbe  Umwandlung  der  körnigen  Nuclcussubstanz  in  eine  verworren 
fasrige  auch  bei  der  Bildung  des  Schwärmsprösslings  der  Podophrya  quadripartita  Cl.  und  L. 
beobachtet  habe,  wo  ein  Theil  des  faserigen  Nucleus  sieh  abschnürt  und  zum  Nucleus  des 
Sehwarmsprösslings  wird,  liier  liess  sich  der  Umwandlungsprocess  des  Nucleus  am  lebenden 
Thier  genau  verfolgen  und  constatiren,  dass  die  feinen  Nucleuskürner  in  die  Fasern  aus- 
waehsen.**)  Nur  bei  dem  ganz  glcichmässig  feinkörnigen  Nucleus  von  Param.  Aurclia  habe  ich 
bis  jetzt  die  faserige  Structur  während  der  Theilung  nicht  finden  können. 

»)  Balbiani  gibt  in  »einer  neuen  Arbeit  ober  Bidinium  nasutum  (101)  nichts  tob  einer  derartigen 
Structur  de*  Nurlena  an;  jetloch  hat  er  wohl  seine  Aufmerksamkeit  nicht  speciell  auf  diesen  Punkt  gerichtet. 

*•)  Vergleiche  die  nähere  Darstellung  dieser  Vorgange  in  der  Jenaisrhen  Zeitschr.  für  Med.  u.  Natur- 
wissenschaften. 187G.  .(Jeher  die  Entstehung  des  Schwürrassprfiäslings  der  Podophrya  quadripartUo*  Auch  bei 
Arinetamystacina  Ehrbg.  habe  ich  die  gleiche  Metamorphose  der  Nucleussubstans  während  der  Theilung  beobachtet. 


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Diese  Umwandlung  der  Nuclcusstructur  während  der  Theilung  ist  um  so  interessanter, 
als  sich  ja  eine  faserige  Differenzirung  auch  bei  der  Theilung  der  sogenannten  Nucleoli  der 
Infusorien  zeigt  und  wir  fernerhin  eine  Faserbildung  bei  der  Theilung  ächter  Zellkerne  eine  so 
merkwürdige  Rolle  haben  spielen  sehen. 

Die  sogenannten  Nucleoli  der  Infusorien,  die  mönulichen  Geschlechtszellen  Balbiani's  und 
auch  nach  Stein  die  Organe  für  die  Entwicklung  der  Spermatozoon,  sind  bei  den  Infusorien 
bei  weitem  nicht  so  allgemein  nachgewiesen,  als  dies  für  die  Nuclei  der  Fall  ist.  Diese  That- 
sachc  hat  Übrigens  von  vornherein  nichts  so  Auffallendes,  wenn  man  die  grossen  Hindernisse 
in  Betracht  zieht,  welche  sich  der  Auftindung  so  kleiner,  durch  keine  besonders  auffallenden 
Characterc  ausgezeichneter  und  mit  sonstigen  Iuhnltstheilcn  des  Iufusorienplasmas  leicht  zu 
verwechselnder  Körperchen  entgegenstellen.  Erleichtert  wird  ihre  Auffindung  meist  durch  den 
Umstand,  dass  sie  dem  oder  den  Nuclei  gewöhnlich  dicht  anliegen  oder  sogar  etwas  in  dieselben 
eingesenkt  sind.  Sollte  es  jedoch  bei  gewissen  Infusorien  der  Fall  sein,  dass  sie  in  dem  Plasma 
zerstreut  sind  und  dies  ist  in  der  That  so,  so  muss  es  sehr  schwer  sein,  diese  unscheinbaren 
Körperchen  aufzufinden  und  sie  von  anderen  zufälligen  Einschlüssen  des  Plasmas  zu  unterscheiden. 

Ueber  das  Vorkommen  der  Nucleoli  sind  daher  die  verschiedenen  Beobachter  auch 
keineswegs  einig.  Stein  führt  eine  sehr  stattliche  Reihe  von  Infusorien  auf,  bei  denen  es  ihm 
nicht  geglückt  ist  einen  Nuclcolus  zu  finden,  bei  welchen  jedoch  zum  Theil  Balbiani  und 
Engelmann  die  Nucleoli  beobachtet  haben. 

In  erster  Reihe  fungiren  hier  die  Vorticellen ;  unter  diesen  hat  Balbiani  bei  Epistylis 
grandis  und  digitalis,  Operctdaria  nuiatis,  Carchesium  polypitium  und  Cothumia  im!>erbis  den 
Nuclcolus  erkannt  (66).  Stein  (68)  glaubt  aus  verschiedeneu  Gründen  die  Existenz  eines 
Nucleolus  bei  den  Vorticellen  in  Abrede  stellen  zu  müssen ;  bei  Carchesium  polypitmm,  Epistylis 
digitalis  und  Operctäaria  uutans  konnte  er  keinen  Nucleolus  finden.  Dem  entgegen  stehen 
jedoch  die  Angaben  eines  so  vortrefflichen  Beobachters  wie  Engclmann  (110;  p.  368),  der 
bei  Carckcsium  polypitium,  EpMylis  jhuicans  und  digitalis,  sowie  Varticdla  Comallarin  dm 
Nucleolus  mit  Sicherheit  auffinden  konnte.  Auch  Külliker  hat  den  Nucleolus  einer  Vorlicelle 
beschrieben  und  abgebildet  (92;  p.  18.  Taf.  I.  Fig.  21). 

In  den  neueren  Arbeiten  von  Qreeff  (73)  und  Everts  (74)  über  Vorticellen  wird  eines 
Nucleolus  mit  keinem  Wort  erwähnt.*)    Ich  habe  den  Nucleolus  mit  völliger  Sicherheit  bei 

*)  In  seiner  Mittbciluni?  in  den  Sitzungsberichten  der  niederrheinischen  fioRellschaft 
zu  Bonn  1H70,  p.  107  bebt  Greeff  Ranz  besonders  hervor,  dass  sich  bei  KyUifyh»  flaritwis  kein  Nucleolus 
finde;  derselbe  ist  jedoch  bei  dieser  Vorticelline  am  allerleichtestrn  nachweisbar. 


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allen  Vorticellen,  die  ich  bis  jetzt  näher  zu  untersuchen  Gelegenheit  hatte,  zu  constatircn  ver- 
mocht, so  hei  Vorticelfo  nebulifera,  CarcJiesium  jwfrpwwm,  Epittyi»  pUeatilis,  flaticans  und 
digitalis,  sowie  Ojyercularia  articuMa*) 

Bei  Spirostomum  ambiguum  und  Trachclius  omni,  bei  welchen  Infusorien  nach  Balbiani 
die  Nucleoli  erst  in  Folge  der  Conjugation  sich  entwickeln  sollen,  habe  ich  ihre  Gegenwart  auch 
in  den  nicht  conjugirten  Thiercn  erkannt.  Ich  fand  sie  ferner  bei  Bursaria  tnmcateÜa,  Loxo- 
phyllum  meleagris  und  einem  grossen  Dikptus  mit  rosenkranzförmigem  Nucfcus,  den  ich  für 
eine  Varietät  des  Dikptus  gigas  Clap.  und  Lachin.  halte.  Für  Loxodcs,  wo  Stein  die 
Nuclei  gleichfalls  vermisste,  kann  ich  den  durch  Wrzesniowski  gelieferten  Nachweis 
bestätigen. 

Balbiani  sieht  eine  Rcgelmässigkcit  darin,  dass  jedem  einfachen  Nucleus  oder  jedem 
Glied  eines  rosenkranzförmigen  Nucleus  ein  besonderer  Nuclcolus  entspreche,  wie  er  denn  über- 
haupt von  der  Gleichmässigkcit  der  Ausbildung  der  beiden  Gcschlechtsapparatc  überzeugt  ist 
und  auf  diese  Voraussetzung  hin  auch  annimmt,  dass  die  sämmtlichen  Nucleoli  eines  Infusors 
in  einem  gemeinsamen  Schlauch  eingeschlossen  seien. 

Eine  solche  Regelmässigkeit  im  Sinne  Balbiani's  existirt  aber  keineswegs,  worauf  schon 
einige  Beobachtungen  Engelmann 's  deutlich  hinweisen.  Dieser  Forscher  fand  dem  einfachen 
Nucleus  von  Ggrlostomum  leucas  constant  drei  Nucleoli  anliegen.  Ich  kanu  das  Vorkommen 
mehrfacher  Nucleoli  bei  diesem  Infusor  bestätigen,  jedoch  herrscht  hinsichtlich  der  Zahl  derselben 


•)  Nach  Leydig  sollen  sich  in  der  Ulndenschicht  des  Vorticellenleibe«  eine  grosse  Anzahl  sehr  kleiner 
Nuclei  finden  (Vergl.  »Vom  Bau  des  thicrischen  Körpers.«  Tübingen  lfilM,  p.  17  u.  f.)   Diese  Körperrhen  sind 

mir  wohlbekannt,  sie  finden  sich  in  einer  einfachen  Schicht  in  dem  dünnen  Ectoplaama,  dessen  Haapthestaiul- 
theil  sie  bilden.  Dass  sie  jedoch  ganz  und  gar  nichts  mit  Kernen  zu  thun  haben,  kann  keiner  Frage  unter- 
liegen, wie  dies  auch  schon  die  Ansicht  Grceff's  ist  (78).  Unter  sich  sind  diese  Körperchen  nämlich  nicht 
isulirt,  sondern  stehen  durch  zarte  Fädeben  in  Verbindung,  so  dass  eine  Einrichtung  erzielt  wird,  die  sehr 
an  den  Ton  Heitzmann  beschriebenen  Bau  des  Protoplasma'*  erinnert.  Dazwischen  sieht  man  noch  hie  und 
da  derartige  Fadehen  auf  längere  Strecken  isolirt  verlaufen,  die  Muskelfasern  G  reeff's.  Soweit  ich  mir  bis 
jetzt  durch  eigene  Untersuchungen  ein  Urtheil  zu  bilden  verrauchte,  stehen  sowohl  diese  Körperchen  als  auch 
die  Fädchen  mit  der  Contractionsfahigkeit  des  Ectoplasma's  in  Zusammenhang. 

Leydig  hat  übrigens  noch  ganz  neuerdings  (Vergl.  Arch.  für  mikrosk.  Anatomie,  Bd.  12  p.  230)  seine 

früheren  Ansichten  hinsichtlich  dieser  Ectoplasmakörperchen  der  Vorticellen  wiederholt  und  zu  einigen  sehr 

bedenklichen  Vergleichen  der  Kindenschicht  des   Infusorienkörpers  und  des  Ectoderms  der  adligen  Thier* 

Terwerthet. 

Viel  eher  könnte  man  das  Vorkommen  von  echten  Kernen  im  Kctoplasma  der  Vorticellen  desshalb  ver- 
muthen,  weil  sich  darin  bei  Epütt/Iis  fiaricans,  wie  ich  bestätigen  kann,  echte  >. isselkapseln  linden,  wenn  man 
nämlich  ein  Anhänger  der  Ansicht  ist,  dass  die  Nesselkapseln  sich  aus  Kernen  entwickeln,  was  mir  jedoch 
nach  den  bis  jetzt  vorliegenden  Beobachtungen  sehr  unwahrscheinlich  dünkt. 


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keine  UcgeJmussigke;t ;  bei  grossen  Thicren  fand  ich  drei,  vier,  ja  einmal  sogar  acht  sehr 
deutliche  Nucleoli.   (Taf.  IX.  Fig.  18.) 

Bei  Xasstdu  oruata  Ehrbg.  finden  sich  drei  bis  vier  Nucleoli,  dem  einfachen  Kern  an- 
liegend (Taf.  IX.  Fig.  19).  Die  gröbste  Zahl  von  Nucleoli  bei  einem  einfach  bandförmigen  Nucleus 
zeigten  jedoch  Tradicliiis  ortm  und  Bursaria  (runrakUa;  bei  erstercro  Thier  fand  ich 
zweimal  9  sehr  deutliche  Nucleoli  in  der  nächsten  Umgebung  des  Kernes ;  bei  letzterem 
hingegen  konnte  ich  bis  15  auffinden. 

Die  von  Engel  mann  gemachte  Beobachtung,  dass  den  beiden  Keruen  von  Tracheh- 
phyllum  appindatum  Clap.  und  Lachm.  je  zwei  Nucleoli  anliegen,  kann  ich  bestätigen. 

Wie  veränderlich  die  Zahl  der  Nucleoli  bei  den  Stylonichien  ist.  geht  schon  aus 
Engcimannn's  Untersuchungen  hervor;  bald  trifft  man  nur  einen  Nucleolus  zwischen 
den  beiden  Kerngliedern,  bald  je  einen  an  jedem  Nucleusglied,  bald  zwei;  zuweilen  an  dem 
einen  Nucleus  zwei,  am  anderen  einen.  Einmal  fand  ich  riesige  Exemplare  von  Stylonichia 
Mylilus,  von  welchen  mehrere  Thiere  je  drei  Nucleoli  neben  jedem  Nucleus  zeigten,  ein  sehr 
grosses  Thier  enthielt  dagegen  drei  Nucleusstückc  und  nicht  weniger  als  zehn  Nucleoli. 
Engelmann  gibt  an.  bei  Urostyta  Weissei  zwischen  zwei  bis  acht  Nucleoli  gefunden  zu  haben, 
ich  sah  ein  Thier  mit  sechs  Nucleoli.  Wir  sehen  also,  dass  die  sogenannten  Nucleoli  hinsichtlich 
ihrer  Zahl  keine  durchgreifende  Regelmässigkeit  zeigen,  wie  sehr  auch  eine  solche  bis  zu  einem 
gewissen  (irad  herrschend  ist 

Bei  Spirostomutn  ambiguum  sind  die  Nucleoli  kleine,  dunkle,  etwa  bohnenförmige,  den 
Kerngliedern  dicht  anliegende  Körpereben;  ihre  Zahl  lässt  sich  schwer  feststellen,  jedoch  scheint 
dieselbe  bedeutend  geringer,  als  die  der  Glieder  der  Nuclcuskette  zu  sein;  einmal  zählte  ich 
auf  27  solcher  Glieder  fünf  bis  sechs  Nucleoli,  ein  anderes  Mal  fand  ich  im  Ganzen  acht  Aehnlich 
verhalten  sich  die  Nucleoli  von  Loxophyüum  Mdragris  zu  dem  rosenkranzförmigen  Nucleus. 
Bei  dem  grossen  Dilcptus  gigas  (?)  hingegen  mit  rosenkranzformigem  Nucleus,  der  einige  30 
Glieder  zählte,  war  fast  jedes  der  Glieder  mit  zwei  Nucleoli  ausgestattet. 

Bei  Stentor  cocrideus  habe  ich  mich  jedoch  bis  jetzt  vergeblich  bemüht  einen  Nucleolus 
zu  finden. 

In  Betreff  des  Baues  der  Nucleoli  habe  ich  nun  noch  einiges  hervorzuheben.  Die  meisten 
Nucleoli  zeigen  nach  ihrer  Isolation  in  Wasser  sehr  deutlich  eine  sich  abhebende  Membran,  von 
derselben  Beschaffenheit  wie  die  des  Nucleus;  andere  hingegen,  so  namentlich  die  von  Stylonichia, 
lassen  von  einer  solchen  Membran  nichts  unterscheiden.  Diese  letzteren  sind  auch  gleichzeitig 
die  am  meisten  verdichteten;  schon  am  lebenden  Thier  erscheinen  sie  dunkel  und  homogen, 

Abhandl.  d.  K.mok«nl.  maurf.  «w.  IM.  X.  37 


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nach  ihrer  Isolation  nehmen  sie  ein  dunkel-glänzendes  Aussehen  an  und  widerstehet»  selbst 
der  Einwirkung  concentrirter  Essigsäure  in  hohem  Grade,  was  ihre  Auffindung  häufig  sehr 
erleichtert 

Die  mit  Membran  versehenen  Nucleoli  lassen  zuweilen  schon  im  lebenden  Thier  erkennen, 
dass  diese  von  der  eigentlichen  Nucleolusmasse  durch  einen  schmäleren  oder  breiteren,  sehr  lichten 
Hof  getrennt  ist.  Sehr  ausgezeichnet  sah  ich  dies  z.  B.  bei  Vorticella  ttebtdifera,  (Tsd.  X.  Fig.  32) 
weniger  deutlich  bei  Paramaecium  Bursaria  und  Pleuronema  Chryttalis:  Die  von  dieser  Membran 
umschlossene  Nucleolusmasse  ist  nun  gewöhnlich  ein  dichter,  granulirter  oder  längsstreifiger  und 
meist  etwas  langgestreckter  Körper  der,  wie  sich  mehrfach  sehr  deutlich  bemerken  Hess,  dieser 
Membran  an  einer  Stelle  angeheftet  ist.  Am  schönsten  sali  ich  dieses  Verhalten  bei  den  ver- 
hältnissmässig  so  grossen  Nucleoli  von  l'aram.  Aurelia  und  Bursaria,  ausserdem  jedoch  noch 
bei  Colpidium  Colpoda  und  Pleuronema  Chrysalis-,  es  mag  wohl  verbreiteter  sein,  jedoch  ist  es 
natürlich  bei  sehr  kleinen  Nucleoli  nicht  leicht  festzustellen.  Der  an  der  Membran  anhängende 
eigentliche  Nuclcoluskörper  von  Param.  Aurdia  und  Bursaria  (Taf.  IX.  Fig.  3)  zeigt  nun  nach 
Wasscreinwirkung  eine  körnige  und  namentlich  bei  Param.  Bursaria  zugleich  eine  höchst 
deutliche,  streifig-faserige  Beschaffenheit ;  *)  auch  lässt  sich  nachweisen,  dass  ein  kleiner  Theil 
seiuer  Masse,  nämlich  diejenige  Partie,  mittels  welcher  er  der  Membran  augeheftet  ist,  sich 
durch  seine  helle,  körnerfreie  Beschaffenheit  von  dem  übrigen  Körper  des  Nucleolus  unter- 
scheidet (s.  Taf.  XV.  Fig.  7). 

Diejenigen  Nucleoli,  bei  welchen  ich  eine  Anheftung  des  eigentlichen  Körpers  an  die  Membran 
nicht  habe  beobachten  können,  besitzen  nun  entweder  gleichfalls  einen  nahezu  homogenen,  dichten 
und  dunklen  bis  schwach  granulirten  Nucleoluskörpcr  oder  aber  derselbe  hat  seine  dichte 
Beschaffenheit  gegen  eine  viel  lockerere,  leicht  granulirte  vertauscht,  so  z.  B.  bei  Trachelophyllum 
appiculatum.  Bei  Tracfielius  MMN  und  Nassula  omata  hingegen  hat  er  die  Gestalt  eines  hohlen, 
von  einigen  Körperchen  und  Granula  durchzogenen  Bläschens  angenommen  (Taf.IX.  Figg.  21 — 22). 
Die  abweichendste  Formation  der  Nucleoli  traf  ich  bei  /iursariu  truncateUa;  dieselben  haben 
hier  nahezu  den  Bau  der  früher  geschilderten  Kerne  von  Jx>xodes  Itostrum.  Es  besteht  nämlich 
ein  jeder  aus  einer  etwas  helleren  Aussenzone  und   einem  darin  cxccntrisch  gelegenen, 

•)  Schon  Balbiani  (CS)  hat  diese  streifige  Beschaffenheit  beobachtet  und  gut  abgebildet.  Er  bemerkt 
(p.  349),  das«  diese  Streifung  in  dem  Nuoleolns  faxt  zu  allen  Kpnrhen  seines  Leben«  existire  i».  Taf.  IV 
fig.  2  u.  3).  In  seiner  Hauptarbeit  (W>)  erwähnt  er  hiervon  nichts,  wohl  desshalb,  weil  es  ihm  darauf  ankam, 
die  im  Verlauf  der  Conjugation  auftretende  streifige  Differenairung  der  Nucleolussubstanx,  als  etwa«  ganz 


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dunklen  Binnenkörper,  der  nach  Wassereinwirkung  wenigstens  in  einer  besonderen  Höhle  lieprt ; 
die  äussere  Zone  wird  durch  die  Wirkung  des  Wassers  gewöhnlich  sehr  weit  vom  Binnenkörper 
abgehoben  und  membranartig  verdünnt.  Eine  besondere  umhüllende  Membran  fand  ich  jedoch  nicht, 
sonst  wäre  die  Uebereinstimmung  mit  den  Kernen  von  Loxodes  vollständig  (Taf.  XL  Fig.  20—21). 

Es  bleibt  uns  nun  noch  eine  Betrachtung  der  Theilungsvorgänge  der  Nudeoli  übrig.  Durch 
die  Untersuchungen  von  Balbiani  und  Stein  ist  es  bekannt,  dass  die  Qnertheilung  der 
Nuclei  und  Nucleoli  nahezu  gleichen  Schritt  hält.  Die  Untersuchung  dieses  Theilungsvorganges, 
namentlich  bei  den  Stylonichien  und  Paramaecien,  hat  ergeben:  dass  sich  jeder  Nucleolus  vor 
seiner  Theilung  vergrössert  und  ein  streifiges  Aussehen  erlangt.  Nach  den,  auch  in  dieser 
Hinsicht  bahnbrechenden  Untersuchungen  B  a  1  b  i  a n  i ' s  zerfällt  hierauf  der  so  veränderte  Nucleolos 
durch  eiufache  Theilung  in  zwei,  die,  durch  das  Auswachsen  der  sie  noch  gemeinsam  umhüllenden 
Membran  zu  einem  langen  Schlauch,  allmälig  von  einander  getrennt  werden.  Schliesslich 
gehen  die  Membran  und  die  eigentliche  Nucleolusmasse  eine  Rückbildung  ein,  worauf  die 
völlige  Tronnung  der  jungen  Nucleoli  und  die  Rückkehr  in  ihre  frühere  Formation  stattfindet 
(vergl.  64). 

Stein  hat  die  streifige  Beschaffenheit  der  Nucleoli  von  Stylonichia  vor  ihrer  Theilung  zuerst 
beobachtet,  jedoch  von  den  weiteren  Theilungsstadien  nichts  gesehen  (67) ;  späterhin  gab  er  eine 
gute  Abbildung  eines  in  Theilung  begrifTeuen  Nucleolus  von  Baiantidium  entosoon  (68;  Taf.  XIV. 
Fig.  2).  Auch  Köllicker  hat  schon  1864  (92;  Taf.  H.  Figg.  I,  2  und  3)  eine  Anzahl 
Abbildungen  von  Theilungszuständen  des  Param.  Äurclia  gegeben,  welche  die  Balbian  i'sche 
Darstellung  bestätigten.  Ich  habe  die  Theilung  der  Nucleoü  bis  jetzt  hauptsächlich  bei 
Stylonkhia  Mytilus  verfolgt  und  muss  auch  die  Angaben  Balbiani 's  im  Allgemeinen  völlig 
bestätigen;  bei  Param.  Aurelia  gelang  es  mir  jedoch  bis  jetzt  trotz  vieler  Mühe  nicht  diesen 
Vorgang  genauer  zu  studiren.  Im  Princip  stimmt  die  Vermehrung  der  Nucleoli  durch  Theilung 
während  der  gewöhnlichen  Querthcilung  der  Infusorien  vollständig  mit  der  späterhin  näher 
zu  beschreibenden  Vermehrung  dieser  Körper  während  der  Conjugation  überein.  Diese  Ueber- 
einstimmung aber  war  es,  die  Balbiani  sehr  ungelegen  kam,  da  ja  die  Umwandlungsprocesse 
der  Nucleoli  während  der  Conjugation  zur  Bildung  von  Samenkapseln  führen  sollten;  er  sucht 

f 

daher  auch  der  streifig-faserigen  Differenzirung  der  Nucleoli  während  der  gewöhnlichen  Quer- 
theiluug  eine  Deutung  unterzulegen,  welche  sie  sicherlich  nicht  hat.  Diese  Streifung  soll  nämlich 
von  »cötes  ou  de  parties  plus  epaissies  de  la  membrane  d'enveloppe«  herrühren,  welche  durch 
die  Volumvermebrung  des  Nucleolus  sichtbarer  würden  (66;  pag.  129). 

Betrachten  wir  uns  jedoch  die  in  Theilung  begriffenen  Nucleoli  von  Stylonkhia  Mytilus 


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(Tab.  XL  Fig.  1  u.  Tab.  XV.  Figg.  5-6)  und  den  in  Vorbereitung  zur  Thcilung  meta- 
inorphosirten  Nucleolus  von  Carehesium  polypinum  (Tab.  X.  Figg.  20—30),  so  werden  wir  die 
Ueberzeugung  gewinnen,  dass  die  gesainmte  Nuclcolussubstiinz  in  streifiger  Differenzirung  be- 
griffen ist,  und  dass,  wie  gesagt,  diese  Theilungsvorgänge  der  sogenannten  Nucleoli  sich  völlig 
an  die  während  der  Conjugation  statthabenden  und  wie  späterhin  noch  näher  zu  besprechen  sein 
wird,  auch  an  die  Theilungsprocesse  ächter  Zellkerne  anschliesseo.  Bd  den  Paramiiecien  seheu 
wir  die  Nucleolustnasse  ja  schon  im  gewöhnlichen  Zustande  streifig  differeuzirt,  was  noch  als 
Stütze  der  oben  ausgesprochenen  Ansicht  herangezogen  werden  kann. 

An  diesem  Ort  schliessen  sich  vielleicht  am  besten  einige  Bemerkungen  über  die  Theilung 
des  merkwürdigen  Loxodes  Rostrum  an,  welches  Infusor  in  dieser  Hinsicht  ganz  abweichende 
und  sehr  eigenthüm liehe  Verhältnisse  zeigt.  Diu  grossen,  bmungefärblen  Exemplare  dieser  Art 
enthalten  bekanntlich  zahlreiche  Kerne,  ich  zählte  bis  26;  gewöhnlich  findet  man  jedoch  Thiere 
der  verschiedensten  Grösse  neben  einander,  von  welchen  die  ganz  kleinen  hellen,  welche 
Engelmanuals  eine  besondere  Art,  Drepanostoma  striatum,  beschrieben  hatte  (110),  nur  sehr 
wenige  Nuclei  eiuschliessen.  Das  merkwürdigste  ist  jedoch,  dass  man  die  Thiere  auf  jeder 
Grössenstufe  in  Theilung  trifft.  Je  kleiner  die  Thiere  sind,  desto  geringer  ist  die  Zahl  ihrer 
Nuclei  und  Engel  mann  hat  ganz  richtig  bei  seinem  Drepanostoma  nur  zwei  Nuclei  und 
Nucleoli  angegeben.  Die  Nuclei  und  Nucleoli  entsprechen  sich  in  ihrer  Zahl  durchschnittlich. 
Während  der  Theilung  zeigt  sich  nie  eine  Veränderung  an  den  Nuclei  und  Nucleoli,  weder 
eine  Spur  von  Verschmelzung  noch  Theilung.  Die  eine  Hälfte  der  Nuclei  und  Nucleoli  wird 
einfach  in  das  eiue,  die  andere  in  das  andere  Thier  hinüber  genommen.  Es  fragt  sich  nun 
aber:  wie  geschieht  eigentlich  die  Vermehrung  der  Nuclei,  da  ich  auch  in  gewöhnlichen  Thieren 
auf  Zustände,  welche  eine  allmälige  Zunahme  derselben  durch  Theilung  verrathen  hätten,  nie 
stiess.  Hinsichtlich  dieser  Frage  bin  ich  nun  zu  einer  etwas  eigenthümlichen  Vcrmuthung 
gekommen,  die  ich  keineswegs  ganz  sicher  zu  begründen  vermag,  welche  ich  aber  dennoch 
mittheilen  will,  weil  sie  mit  anderen  später  zu  besprechenden  Resultaten  in  sehr  naher  Beziehung 
steht,  ich  aber  ganz  vorurtheilsfrei  und  nicht  durch  diese  späteren  Erfahrungen  becinflusst,  zu 
jener  Vermuthung  über  die  Vermehrung  der  Kerne  von  Loxodes  kam. 

Ich  traf  selbst  sehr  kleine  Individuen  von  Loxodes  mit  nur  einem  Kern  und  Nucleolus 
an,  wie  diese  ja  ans  den  Theilungszuständen  der  Zweikernigen,  die  man  häufig  zu  beobachten 
Gelegenheit  hat,  direct  hervorgehen.  Ausserdem  trifft  man  jedoch  auch  Individuen  mit  einem 
Kern  und  zwei  dicht  daneben  liegenden  Nucleoli;  ferner  sieht  man  häufig  solche,  die  zwei 
dicht  zusammenliegende  Nuclei  enthalten,  zwischen  welchen  ein  Nucleolus  eingepresst  liegt. 


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Dies«  beiden  Kerne  nun  sind  häufig  nicht  von  gleicher  Grösse,  der  eine  bleibt  hinter  der 
gewöhnlichen  Grösse  der  Kerne  bedeutend  zurück.  Meine  Vermuthung  geht  nun  dahin,  dass 
sich  aus  den  Formen  mit  einem  Kern  und  zwei  daneben  liegenden  Nucleoli  durch  Wachsthum 
und  weitere  Differenzirung  des  einen  Nucleolus  die  Formen  mit  zwei  ungleich  grossen  Kernen 
und  dazwischen  hegendem  Nucleolus  hervorbilden;  dass  also  die  Kerne  bei  unserem  Loxodes 
sich  aus  den  Nucleoli  hervorbiklen,  die  sich  ihrerseits  wohl  durch  Theilung  vermehreu.  Hierdurch 
wurde  sich  denn  auch  die  Erscheinung  erklären,  dass  die  Kerne  unseres  Thiercs  noch  eine 
sehr  auffallende  Aehnljchkeit  mit  den  oben  geschilderten  Nucleoli  von  Bursaria  truncatelia 
besitzen. 

Ob  ich  ganz  richtig  geschlossen  habe,  muss  eine  erneute  Untersuchung  entscheiden. 

5.  Abschnitt.  Spezielle  Beschreibung  des  Verhaltens  der  Nuclei  nnd 
Nucleoli  der  beobachteten  Infusorien  während  und  nach  der  Conjugation. 

A.  Untersuchungen  an  Paramaecium  Burmria  Ehrbg. 

Taf.  Vn.  Fi«?.  1-19. 

Diese  Art  war  es,  an  welcher  Balbiani  im  Jahre  1858*)  die  ersten  Beobachtungen 
über  die  Conjugation  anstellte,  gestützt  auf  welche  er  sofort  die  Lehre  von  der  geschlechtlichen 
Fortpflanzung  entwickelte;  späterhin  scheint  er  Param.  Bursaria  nicht  wieder  eingehend  studirt 
zu  haben,  was  sehr  zu  bedauern  ist,  da  dieses  Infusor  am  geeignetsten  erscheint,  um  jene 
Lehre  gründlich  zu  widerlegen.  Es  hätte  unserer  Wissenschaft  eine  ziemlich  lang  herrschende, 
falsche  Ansicht  erspart  werden  können,  wenn  diese  Art  von  Balbiani  in  der  späteren  Zeit 
seiner  Untersuchungen,  wo  er  sich  jedenfalls  eine  sehr  grosse  Geschicklichkeit  in  der  Anstellung 
derartiger  Beobachtungen  erworben  hatte,  von  neuem  berücksichtigt  worden  wäre.  Ausser 
Stein  hat  dann  fernerhin  auch  En  gel  mann  (110)  einige  Beobachtungen  Uber  die  Conjugation 
von  Param.  Bursaria  mitgetheilt. 

Unsere  Art  eignet  sich  denn  auch  vorzüglich  zur  Untersuchung  der  hier  in  Frage 
kommenden  Verhältnisse;  hätte  ich  das  Glück  gehabt  Conjugationszustände  derselben  schon 
zu  Anfang  meiner  Untersuchungen  aufzufinden,  so  wäre  auch  ich  von  vielen  irrthümlichen 
Anschauungen  bewahrt  geblieben;  so  jedoch  traf  ich  erst  gegen  Ende  meiner  Untersuchungen 
eine  Fundstätte,  welche  mir  das  Thier  in  reichlicher  Menge,  sowie  zahlreiche  Conjugations- 
zustände lieferte. 


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Schon  Stein  bebt  Ivrvor,  das?  Bich  unsere  Art  wegen  der  Leichtigkeit,  mit  welcher  man 
sie  zum  Zerfliessen  bringen  kann,  eur  Untersuchung  der  Veränderungen  am  Nucleus  und 
Nucleolus  sehr  empfiehlt;  ausserdem  hat  sie  jedoch  noch  den  Vorzug,  dass  sie  sich  sehr  leicht 
züchten  läset  und  selbst  unter  dem  Deckgläschen  in  der  feuchten  Kammer  sich  häufig  Tage 
lang  erhält,  was  fortlaufende  Untersuchungen  am  lebenden  Thier  ohne  Schwierigkeit  und  besser 
als  bei  irgend  einem  von  mir  beobachteten  Infusor  gestattet,  da  sich  Nucleus  und  Nuclcolus 
schon  bei  einiger  Pression  mit  ziemlicher  Deutlichkeit  studiren  lassen.  Fernerhin  sind  aber  die 
Veränderungen  des  Nucleus  und  Nucleolus  hier  verhältnissmässig  so  einfacher  Natur,  dass  sie 
sich  leicht  und  sicher  Ubersehen  lassen. 

Balbiani  und  Stein  aber  befanden  sich  in  einem  fundamentalen  Irrthum  hinsichtlich 
des  Schicksals  des  Nucleus  und  der  Nuclcoli,  der  sie  verhinderte,  die  wahre  Bedeutung  der  sich 
abspielenden  Vorgänge  zu  erfassen. 

Nach  Balbiani  soll  die  Dauer  der  Conjugation  bei  unserer  Art  fünf  bis  sechs  Tage  betragen, 
welche  Angabe  ich  mir  nicht  recht  erklären  kann,  da  ich  bei  den  von  mir  im  Mai  beobachteten 
Conjugationszuständeu  mit  Sicherheit  nur  auf  eine  Dauer  von  24—48  Stunden  schliessen  konnte, 
da  sich  die  an  einem  Tage  isolirten  Paare,  welche  sicher  erst  vor  kurzer  Frist  sich  vereinigt 
hatten,  schon  im  I>aufe  des  folgenden  Tages  fast  sämmtlich  wieder  getrennt  hatten.  Auch  bei 
Param.  Annita  fand  ich  die  Conjugationsdaucr  viel  kürzer,  als  Balbiani  angibt. 

Vorerst  muss  ich  nun  hervorheben,  dass  sich  bei  unserer  Art  der  Nucleus  während  der 
gesammten  Conjugationsdaucr  nicht  verändert;  nur  seine  feinere  Structur  zeigt  darin  eine  Um- 
änderung, dass  <lic  früheren  Einschlüsse  sich  zum  grössten  Theil  allinälig  zu  verlieren  scheinen, 
so  dass  derselbe  gewöhnlich  ein  glcichmässig  feinkörniges  Wesen  annimmt  und  nur  hie  und 
da  loealc.  schwache  Verdichtungen  und  Anhäufungen  dunkler  Körnchen  zeigt.  Aber  auch  nach 
aufgehobener  Conjugation  findet  kein  Zerfall  des  Nucleus  statt,  keine  von  demselben  ausgehende 
Ei-  oder  Keimkugelbildung.  wie  die  früheren  Forscher  behaupteten;  er  verharrt,  wie  er  war 
und  sein  schliessliches  Schicksal  wird  späterhin  noch  erörtert  werden. 

In  der  Annahme,  dass  der  Nucleus  unserer  Thiere  nach  aufgehobener  Conjugation  in 
eine  Anzahl  Bruchstücke  zerfalle,  lag  der  wesentlichste  Irrthum  der  früheren  Beobachter. 
Balbiani  bemerkt  hierüber  (GG;  p.  403):  »la  masse  ovulaire«  —  der  Nucleus  —  »nc  subit 
quim fractionuement  incomplet.  Deux,  quelquefois quatre ovules larges  de 0,0072  se  ddtachent  de 
la  masse  commune,  laquelle  conserve  sa  forme  arrondie  primitive,  et  sc  transforment  en  autant 
d'oeufs  complets  d'un  diametre  de  0,0144« 

Stein  sagt  (68;  p.  91):  »Aus  diesem«  —  dem  Nucleus  —  »entwickeln  sich  nach  auf- 


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gehobener  Conjugation  in  den  allermeisten  Fällen  nicht  mehr  als  drei  rundliche  Körper,  die  bald 
gleich  gross  sind,  bald  sind  zwei  mehr  oder  weniger  beträchtlich  kleiner  als  der  Dritte.  Im  ersteren 
Fall  zerfiel  der  Nattens  ohne  Zweifel  unmittelbar  in  drei  Segmente,  im  letzteren  Falle  theilte 
er  sich  aber  wahrscheinlich  zuerst  in  zwei  Segmente  und  dann  wurde  eins  derselben  noch  ein 
Mal  gethcilt.  Ich  schlicsse  dies  daraus,  dass  ich  nicht  selten  Iudividuen  mit  nur  zwei,  nahezu 
gleich  grossen  Nucleussegmenten  beobachtete.  Beim  Vorhandensein  von  drei  Nucleusseginenten 
zeigt  das  eine,  zumal  wenn  es  grösser  ist,  als  die  beiden  andern,  oftmals  eine  etwas  andere 
Zusammensetzung  als  diese;  es  enthält  nämlich  in  seiner  Grundsubstanz  mehrere,  bisweilen 
zahlreiche  kleine  Kerne  eingebettet,  während  die  beiden  anderen  Segmente  gewöhnlich  nur  mit 
einem  einzigen  centralen,  bläschenförmigen  Kern  versehen  sind.  Hieraus  läset  sich  wohl  mit 
ziemlicher  Sicherheit  folgern,  dass  nur  die  beiden  gleichartigen  Nucleussegmente,  die  auch  sonst 
mit  den  eiähnlichen  Kugeln  von  P.  Aurelia  .vollkommen  Ubereinstimmen,  die  Bedeutung  von 
Keimkugelu  haben,  das  dritte  Segment  aber  die  Anlage  eines  neuen  Nucleus  darstellt  und  somit 
der  Summe  von  opaken  Körperchen  von  Paramaeeium  Aurelia  entspricht.  In  mehreren 
Fällen  ist  freilich  gar  kein  Unterschied  zwischen  den  drei  Nucleussegmenten  wahrzunehmen, 
indem  jedes  derselben  bald  nur  einen  einzigen  centralen  Kern,  bald  zwei  oder  drei  weit  von 
einander  abstehende  Kerne  besitzt.« 

Aus  diesen  Mittheilungen  geht  mit  Sicherheit  hervor,  dass  ein  wirklicher  Zerfall  des 
Nucleus  nach  der  Conjugation  weder  von  dem  einen,  noch  dem  anderen  Forscher  wirklich 
beobachtet,  sondern  nur  erschlossen  wurde  und  zwar  falsch,  wie  sich  weiter  unten  zeigen  wird. 

Während  nun  der  Nucleus  sich  im  Verlaufe  der  Conjugation  nahezu  unverändert  erhält, 
so  ist  doch  gerade  das  Umgekehrte  der  Fall  bei  dem  Nucleolus,  der  bekanntlich  bei  allen 
bis  jetzt  beobachteten  Infusionsthieren  im  Laufe  der  Conjugation  höchst  merkwürdige  Um- 
bildungen erleidet,  da  nämlich  aus  ihm  die,  die  männlichen  Geschlechtsproducte  einscbliessenden 
Samenkapseln  hervorgehen  sollen. 

Diese  Veränderungen  des  Nucleolus  verlaufen  nun  nach  meinen  Untersuchungen  bei  den 
drei  von  mir  beobachtelen  Parainaeciumarteu  in  einer  nahezu  übereinstimmenden  Weise,  nur 
ihr  Endziel  ist  etwas  verschieden,  indem  nämlich  aus  dem  Nucleolus  bei  P.  Bursaria  vier,  bei 
P.  Aurelia  und  putrimm  hingegen  acht  sogenannter  Samenkapseln  hervorgehen.  Ich  werde 
daher  hier  gleichzeitig  die  Umwandlungen  des  Nucleolus  bei  den  drei  genannten,  von  mir  genauer 
untersuchten  Arten  schildern,  um  nicht  durch  Wiederholungen  zu  sehr  zu  langweilen. 

Zunächst  erinnere  ich  an  den  früher  geschilderten  Bau  der  Nucleoli  von  Partmaecium 
Bursuria  und  Aurelia  und  namentlich  daran,  dass  man  au  dem  eigentlichen  Nucleoluskörper 


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deutlich  zwei  Abschnitte  unterscheiden  kann,  den  eigentlichen  streifig-körnigen,  dunklen  Nucleolus 
und  den  hellen  kleinen  Abschnitt,  mittelst  welchen  derselbe  an  die  Nncleolustnembran  angeheftet 
ist.  Die  nächste  Veränderung  des  Nucleolus  besteht  nun  in  einer  allmäligen  Vergrößerung 
und  einem  gleichzeitigen  Auswachsen  des  hellen  Abschnittes,  der  nun  die  deutlichste 
Differenzirung  in  ziemlich  zarte  Fasern  eiugeht.  Eiue  solche  Form  gibt  Fig.  1.  Taf.  VII.  wieder, 
die  den  streifig-körnigen,  dunklen  Nucleoluskörper  an  einem  langen  BQndcl  feiner  Fasern,  das 
an  einer  Stelle  der  Hüllmembran  befestigt  ist,  gewissermassen  aufgehängt  zeigt.  Aus  diesen 
Xustäuden  nun  bilden  sich  zunächst  die  sehr  merkwürdigen,  in  Taf.  VII.  Fig.  2  u.  Taf.  XV.  Fig.  8—10 
wiedergegebenen,  in  einer  Weise  hervor,  die  näher  zu  verfolgen  mir  nicht  möglich  war.  Die 
aus  dem  dunklen  Nucleoluskörper  hervorgewachsenen  Fasern  haben  sich  verlängert,  die  beiden 
Enden  des  sehr  vergrößerten  Nucleolus  erscheinen  immer  zugespitzt,  was  damit  zusammenhängt, 
da»  sich  die  Meinbrau  nur  einseitig  abheben  lässt.  Der  gesäumte  Nucleolus  zeigt  auf  diesem 
Stadium  immer  eiac  mehr  oder  weniger  beträchtliche,  spiralige  Zusammenkrümmuug.  Diese 
Formen  traf  ich  namentlich  bei  P.  Aurelia  ganz  constant  auf  einem  gewissen,  jedenfalls  ver- 
hältnissmässig  sehr  frühen  Stadium  der  Conjugntion  an  und  ich  schliesse  mich  der  Balbiani'schen 
Ansicht  an,  das»  die  ganz  stark  spiralig  zusammengekrümniten  Formen  (Taf.  XV.  Fig.  9)  die  zu- 
nächst entstehenden  seien,  dass  sich  dieselben  im  Laufe  der  Entwicklung  allmälig  aufkrümniten 
(Taf.  XV.  Fig.  8)  und  schlie»lich  in  einen  nahezu  gestreckten  Zustand  ubergehen  (Taf.  XV.  Fig.  10). 

Diese  Formen  nun  gehen  aber  nicht,  wie  Balbiani  will,  direct  in  Theilungszustände 
über,  sondern  sie  metemorphosiren  sich  zunächst  in  den  Zustand,  welchen  er  als  eine  reife 
Samenkapsel  auffasst,  d.  h.  sie  ziehen  sich  allseitig  zusammen,  verkleinern  sich  nicht  unbeträcht- 
lich und  werden  so  schliesslich  zu  einer  ovalen,  allseitig  abgerundeten  Kapsel  (Taf.  VII.  Fig.  3), 
die  nun  in  ihrem  Bau  zunächst  wieder  an  den  ursprünglichen  Nucleolus  erinnert.  Ihr  völlig 
faserig-streifig  differenzirter  Inhalt  besteht  seiner  Hauptmasse  nach  aus  dunkeln,  körnigen  Fasern, 
die  durch  eine  kleine  hellere,  durch  Essigsäure  (1  %)  bis  zur  Unkenntlichkeit  aufquellende 
Faserstrecke  mit  der  Hullmembran  in  Verbindung  stehen.  Conjugirtc  Paare,  von  welchen  jedes 
Thier  eine  solche  Kapsel  wahrnehmen  lässt,  gehören  zu  den  häufigsten,  welche  man  antrifft. 
Nicht  immer  ist  jedoch  der  Abschnitt  der  dunklen  Fasern  so  gross  wie  in  der  Taf.  VII.  Fig.  3, 
manchmal  trifft  man  die  helle  Faserstrecke  viel  ansehnlicher,  ja  sie  kann  selbst  die  HälAe  des 
ganzen  Faserkörpers  betragen. 

Zunächst  findet  nun  eine  Umänderung  in  dem  Bau  der  Kapseln  statt,  welche  als  eine 
Vorbereitung  zur  Theilung  aufgefasst  werden  inuss.  Es  erscheint  nämlich  nun  auch  am  ent- 
gegengesetzten Ende  des  dunklen  Faserkörpers  ein  heller  Fasern  Iwchnitt,  so  dass  also  nun  die 


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dunkle  Faserzone  den  eigentlichen  grösseren  Körper  der  Kapsel  bildet  und  nach  beiden  Seiten 
hin  in  helle,  durch  1%  Essigsäure  verschwindende  Fasern  ausläuft  (Tai.  VII.  Fig.  8).  Solche 
Stadien  hat  Balbiani  vielfach  gesehen  und  als  völlig  reife  Samenkapseln  gedeutet.  Der 
weitere  Fortschritt  in  dem  Thcilungsprocess  geschieht  nun  folgendermaassen :  Die  Mittelzone 
der  dunklen  Fasern  theilt  sich  im  Aequator  der  Kapsel  und  die  beiden  Hälften  rücken  in  die 
beiden  Kapselenden  (Taf.  VIII.  Fig.  2),  durch  helle  Fasern  unter  einander  verbunden.  Ist  dieser 
Zustand  erreicht,  so  beginnt  auch  der  Theilungsprocess  äusserlich  sichtbar  zu  werden.  Die 
ursprünglich  ovale  Kapsel  beginnt  sich  zu  strecken,  wird  länger  und  bald  bemerkt  man,  dass  die 
beiden  Enden,  welche  die  Hälften  des  dunklen  Faserkörpers  enthalten,  sich  kugelich  gegen  den 
Verbindungsstrang  der  hellen  Fasern  absetzen.  Dieser  Strang  zieht  sich  nun ,  indem  er  sich 
mehr  und  mehr  verschmälert,  noch  weiter  aus,  die  Enden  schwellen  noch  mehr  an,  bis  schliesslich, 
wenn  die  so  lang  ausgezogene  Kapsel  wohl  zwei  Drittel  der  Länge  des  gesammten  Thieres 
erreicht  hat  (vergl.  Taf.  VHI.  Figg.  3 — 8;  Tat  VII.  Fig.  i)  der  Verbindungsstrang  in  der  Mitte 
durchreiset  und  die  Theilung  ist  vollendet  Jede  der  so  neugebildeten  beiden  Kapseln  hat  nun 
natürlich  noch  einen  Schwanz,  der  von  dem  durchgeschnürten  Verbindungsstrang  herrührt  (Taf.  VII. 
Figg.  5,  6  u.  7) ;  dieser  Schwanz  wird  jedoch  jedenfalls  sehr  rasch  eingezogen  und  die  Kapsel 
wieder  gleichm&ssig  oval  abgerundet,  da  man  nur  sehr  selten  derartige  geschwänzte  Kapseln 
trifft,  welche  den  deutlichen  Beweis  liefern,  dass  wirklich  eine  Trennung  des  Verbinduugsstrangs 
in  seiner  Mitte  stattfindet,  nicht  eine  Resorbtion  desselben,  wie  Balbiani  annimmt,  der  jedoch 
dabei  jedenfalls  von  der  Vorstellung,  dass  alle  Kapseln  in  einem  gemeinsamen  Schlauch  ein- 

Nachdem  also  dieser  Schwanzanhang  der  Tochterkapseln  völlig  eingezogen  worden  ist, 
repräsentiren  dieselben  wieder  gauz  das  Bild  der  ursprünglich  zur  Theilung  sich  anschickenden, 
einfachen  Kapsel.  Sie  erscheinen  wieder  als  ein  dunkler  Faserkörper,  der  durch  einen  hellen 
Faserstiel  an  die  ihn  umschliessende  Membran  angeheftet  ist.  Jede  weitere  Theilung  geschieht 
nun  senau  nach  denselben  Reeein,  die  wir  soeben  bei  der  Theilung  der  ersten  Kapsel  kennen 
gelernt  haben,  nur  geht,  wie  schon  oben  gesagt,  die  Theilung  bei  P.  Aurelia  und  putrinum 
einmal  mehr  vor  sich  als  bei  P.  Bursaria,  so  dass  bei  den  beiden  erstgenannten  Arten  jedes 
aus  der  Conjugation  hervorgegangene  Thier  schliesslich  acht,  bei  der  letzgenannten  hingegen  nur 
vier  Kapseln  erhält. 

Als  eine  Regel  darf  es,  wie  auch  schon  Balbiani  hervorhob,  betrachtet  werden,  dass 
die  Nucleoluskapseln  jedes  Thieres  immer  genau  auf  der  gleichen  Stufe  der  Ausbildung  stehen, 
wie  denn  nuch  ihre  Theilung  stets  gemeinschaftlich  geschieht;  auch  die  Kapseln  der  beiden 


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conjugirten  Thierc  zeigen  sich  fast  stets  genau  auf  derselben  Stufe  der  Entwicklung,  doch  traf 
ich  bei  P.  Bursaria  einige  wenige  Male  auf  Paare,  bei  welchen  die  Kapseln  des  einen  Thiercs 
zwar  genau  dieselbe  Ausbildung  zeigten  wie  die  des  anderen,  jedoch  in  ihrer  Grosse  sich  von 
diesen  sehr  unterschieden.  Eines  dieser  Paare  zeigte  einen  nicht  uninteressanten  Bau  seiner 
beiden  Kapseln,  der  sich  wohl  besser  durch  Betrachtung  der  Fig.  10.  Taf.  VII.  als  durch 
Beschreibung  verstehen  lässt. 

Stein  und  Balbiani  befinden  sich  in  einer  grossen  Unsicherheit  hinsichtlich  der 
Zahl  der  aus  dem  Nucleolus  hervorgehenden  Kapseln,  wobei  sie  jedenfalls  durch  ihre  Auf- 
fassung derselben,  als  Spermatozoon  einschliessende  Organe,  sehr  beeinfluast  wurdeu.  Denn  das» 
eine  solche,  nach  ihrer  Ansicht  völlig  gereifte  Kapsel  sich  noch  weiter  theile,  musste  ihnen, 
trotzdem  dass  Balbiani  einen  derartigen  Vorgang  constatirte,  in  den  meisten  Fällen  sehr 
unwahrscheinlich  dünken. 

Balbiani  findet  bei  P.  Bursaria  gewöhnlich  zwei,  selten  vier  Kapseln,  Stein  hingegen 
sehr  häufig  die  letztere  Zahl.  Bei  P.  Aurelia  hingegegen,  wo  Balbiani  gewöhnlich  vier, 
selten  acht  Kapseln  sich  entwickeln  sah,  musste  Stein  die  Entwicklung  von  vier  Kapseln  zu 
den  seltnen  Fällen  rechnen. 

Bei  P.  Aurelia  fand  Balbiani  ausserdem  zwei  ganz  verschiedene  Arten  der  Entwicklung 
der  Kapseln  aus  dem  Nucleolus.  In  dem  einen  Fall  bilden  sich  zucret  die  oben  beschriebenen 
gekrümmten  Kapseln  aus,  deren  Enden  hierauf  ampullär  anschwellen  und  die  so  direct  in  Thei- 
lung  übergehen  sollen;  hier  hat  also  Balbiani  die  in  TheUung  begriffenen  Kapseln  für 
eine  directe  Weiterbildung  dieses  eigentümlichen  Entwicklungszustandes  des  ursprünglichen 
Nucleolus  gehalten,  was  gewiss  unrichtig  ist;  andererseits  hat  er  aber  auch  die  :ius  diesem  Zu- 
stand hervorgehenden  gewöhnlichen  Kapseln  (Taf.  VII.  Fig.  3;  Taf.  VIII.  Fig.  2)  gesehen,  welche 
er  nun  durch  ein  directes,  einfaches  Auswachsen  des  Nucleolus  sich  bilden  und  zur  Heile  gelungen 
lässt.  Diese  Kapseln  sollen  sich  nicht  mehr  theilen,  so  dass  also  iu  diesem  Fall  nur  die  Aus- 
bildung einer  einzigen  Kapsel  stattfände. 

Stein  hält  diesen  letzteren  Entwiekelungsgang  für  die  Hegel,  hat  jedoch  auch  die  growen 
gekrümmten  Kapseln  beobachtet,  aber  ihr  regelmässiges  Auftreten  iu  dem  Entwickelungsproces* 
des  Nucleolus  auch  nicht  erkannt.  Uebrigens  sind  die  Stein 'sehen  Beschreibungen  leider 
wegen  der  mangelnden  Abbildungen  nicht  recht  verständlich,  auch  hat  er  keine  richtigt-n 
Vorstellungen  von  dem  Zusammenhang  der  verschiedenen,  von  ihm  gesehenen  Stadien  erlaugt. 

Wie  oben  schon  hervorgehoben  worden,  ist  die  Zahl  der  aus  dem  Nuch  olus  hervorgehenden 
Kapseln  bei  jeder  der  drei  Arten  ganz  constant.  man  muss  aber  nur  die  Thiere  in  dem  rieh- 


-    29Ö  - 

tigen  Stadium  während  oder  nmh  der  Conjugation  untersuchen,  um  sich  von  dieser  Thatsachc 
zu  überzeugen.  Derartige  Schwankungen,  wie.  sie  l'.albiani  und  Stein  annehmen,  existiren 
nicht.  Ich  sah  auch  nie  solche  Unregelmässigkeiten,  wie  sie  Stein  (68;  pag.  92)  anfahrt,  wo 
das  eine  Thier  einer  Syzigic  von  P.  Bursaria  eine  grosse,  das  andere  zwei  kleine  Kapseln  ent- 
hielt, oder  bei  einem /«deren  Paar  das  eine  Thier  mit  vier,  das  andere  mit  fünf  ungleich  grossen 
Kapseln  versehen  gewesen  sei;  diesen  letzten  Fall  halte  ich  für  sehr  unwahrscheinlich  und 
glaube,  dass  hier  grata  eine  Tauschung  vorlag. 

Dennoch  traf  ich  bei  P.  Bursaria  einmal  eine  Unregelmässigkeit,  die  jedoch  im  Verein 
mit  einer  früher  von  mir  gemachten  Beobachtung  von  grossem  Interesse  ist.  In  einer  Syzigie 
enthielt  nämlich  das  eine  Thier  drei,  das  andere  hingegen  nur  eine  Kapsel,  sämmtliche  Kapseln 
waren  unter  einander  gleich  und  von  der  Grösse  der  Kapseln  zweiter  Generation.  Ein  solcher 
Zustand  lässt  sich  nun  meiner  Ansicht  nach  nur  in  der  Weise  erklären,  dass  man  die  dritte 
Kapsel  des  einen  Thieres  als  aus  dem  anderen  herübergewandert  betrachtet.  Ich  hatte  früher 
schon  bei  I'aram.  putrimtm  eine  ähnliche  Beobachtung  gemacht  (vergl.  78 ;  Taf.  XXV.  Fig.  2), 
wo  sogar  die  beiden  Kapseln  des  einen  Thieres  der  Syzigie  zu  denen  des  anderen  hinüber- 
gewandert waren  und  »ich  vermag  diesen  Fall  noch  heute  nicht  in  anderer  Weise  zu  erklären. 
Dies«;  Beobachtungen  legen  es  daher  sehr  nahe,  an  einen  Austausch  der  Kapseln  der  con- 
jugirten  Thiere  zu  denken  und  ich  hatte  diese  Vermuthung  auch  schon  früher  (I.  c.)  aus- 
gesprochen. Die  Vorstellung  eines  derartigen  Austausches  lässt  sich  um  so  leichter  gewinnen, 
wean  man  die  bei  P.  Bursaria  und  puirinum  häutig  von  mir  gemachte  Beobachtung  berück- 
sichtigt, dass  sowohl  die  Nncleoluskapscln  wie  der  Nucleus  (oder  die  aus  ihm  hervorgehenden 
Umwandlungsproducte)  keinen  festen  Ort  in  den  conjuyirten  Thicren  bewahren,  sondern  vom 
Strome  des  Endoplnsma's  wie  sonstige  Inhaltskörper  umhergcfflhrt  werden. 

Da  ich  die  oben  erwähnte  Vermuthung  schon  früher  gehegt  hatte,  so  habe  ich  bei 
andauernd  beobachteten  Svzigten  von  Parow,  putriuum  mehrfach  nach  einem  solchen  Austausch 
gesucht,  ohne  jedoch  hiervon  etwas  zu  finden.  Wenn  auch  die  Nuc'.eoluskapseln  während  ihrer 
Hin-  und  Herbewegung  der  Verciniguugsstelle  beider  Thiere  häufig  sehr  nahe  kommen,  so  sah 
ich  dennoch  nie  den  wirklichen  Uebertritt  einer  Kapsel  in  das  andere  Thier  eintreten.  Dennoch 
möchte  ich  nicht  in  Abrede  stellen,  dass  sich  ein  solcher  Uebertritt  zuweilen  ereigne,  wenn 
auch  die  beiden  angeführten  Fälle  von  Param.  Bursaria  und  putriwm  die  einzigen  sind, 
welche  mir  in  dieser  Hinsicht  bis  jetzt  aufstiessen.  Bei  anderen  Infusorien  habe  ich  gar  nichts 
dieser  Art  gesehen,  wiewohl  dieselben  auch  sammtlich  nicht  so  geeignet  ta  derartigen  Be- 
obachtungen erscheinen  wie  die  beiden  genannten. 


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Balbiani  schildert  die  vermeintlichen  Spermatozoon  innerhalb  der  Samenkapseln  als 
sehr  «arte,  in  ihrer  Mitte  angeschwollene  Fäden,  die  sich  häufig  zu  dicken  und  dunkleren 
Bändeln  zusammenlegten.  Diese  Bündel  sind  nun  jedenfalls  nichts  weiter  als  die  dickeren  und 
dunkleren  Faserpartien,  die  ich  oben  ausführlicher  beschrieb;  die  eigentlichen  Spermatozoon 
dagegen  sind  die  helleren,  zarter  gestreiften  Partien,  in  welche  die  ereteren  sich  fortsetzen. 

Nach  dieser  allgemeinen  Schilderung  der  Umbildung  der  Nucleoli  der  drei  Arten  Ton 
Paramaecium  kehre  ich  nun  wieder  zu  der  speciellen  Erörterung  der  Verhältnisse  bei  Porom. 
Bursaria  zurück. 

Die  aus  der  Conjugation  hervorgehenden  Thicre  enthalten  also,  wie  schon  früher  erwähnt, 
einen  unveränderten  Nucleus  und  vier  feingestreifte  Samenkapseln  von  gleicher  Grösse  und  Be- 
schaffenheit (Fig.  9).  Die  Streifung  derselben  ist  schon,  wie  bei  F.  Bursaria  überhaupt,  am 
lebenden  Thier  recht  deutlich  wahrzunehmen.  Auch  sie  zeigen  noch  deutlich  die  schon  früher 
geschilderte  Bauweise;  der  kleine  hellere  und  zartgestreifte  Abschnitt  ihres  gestreiften  Inhalts- 
körpers, mittels  welchen  sie  der  Membran  angeheftet  sind,  wird  auch  hier  durch  Essigsäure  bis 
zum  Verschwinden  aufgequcllt.  Der  grössere,  aus  dunkleren  Fasern  bestehende  Abschnitt  zeigt 
häufig  schon  am  entgegengesetzten  Ende  der  Kapsel  ein  theilweises  Verschmelzen  dieser  Fasern. 

Einige  Zeit  lang  verharren  nun  die  Thicre  ohne  weitere  Veränderung  in  diesem  Zustand, 
erst  nach  Verlauf  von  etwa  zehn  Stunden  beginnt  eine  sehr  bemerkenswerthe  Umwand- 
lung. Zwei  der  vier  Nucleoluskapseln  nämlich  verlieren  ihre  längliche  Gestalt  und  werden  zu 
runden,  im  Leben  licht  und  homogen  erscheinenden  Kugeln;  die  beiden  anderen  Kapseln  hin- 
gegen verkleinern  sich  bemerklich  und  werden  im  Gegentheil  dunkler,  indem  sie  ihre  streifige 
Beschaffenheit  noch  bewahren  (Fig.  10).  Die  Substanz  der  beiden  lichten  Kugeln,  welche 
aus  zwei  der  Kapseln  hervorgingen,  erscheint  nach  Behandlung  mit  Essigsäure  (l°/o)  anfänglich 
ziemlich  stark,  jedoch  gleichmässig  granulirt.  Einen  derartigen  Zustand  hat  Balbiani 
gesehen  (63)  und  auf  Taf.  VI.  Fig.  15  sehr  kenntlich  abgebildet;  er  deutete  die  kleinen 
granulirten  Kugeln  natürlich  als  aus  dem  Nucleus  hervorgegangene  Keime  oder  später  als  in 
Entwicklung  begriffene  Eier. 

Dieser  so  eingetretene  Unterschied  zwischen  den  ursprünglich  ganz  gleichen  vier  Nucleolus- 
kapseln, wird  nun  in  dem  weiteren  Verlaufe  immer  deutlicher;  die  beiden  lichten  Kugeln 
wachsen  mehr  und  mehr  heran  und  nach  einigen  Stunden  schon  tritt  in  ihnen  sehr  regelmässig 
ein  dichteres,  dunkles  Kernchen  mit  einer  hellen  Vacuole  in  seinem  Innern  anf  (Fig.  11).  Im 
Gegensatz  hierzu  werden  die  beiden  anderen  Nucleoluskapseln  noch  kleiner  wie  früher  und 
verlieren  hiermit  allmälig  auch  ihre  streifige  Beschaffenheit,  so  dass  sie  am  zweiten  Tag  nach  auf- 


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-    297  - 

Hallmembran  innerlich  an  einer  Stelle  ansitzen  (Figg.  13  u.  14).  Etwa  im  Laufe  des  dritten  Tages 
nach  der  Trennung  der  conjungirten  Thiere  nun,  verschwinden  plötzlich  diese,  aus  den  sich 

derselben  mehr  auffinden  läset.  Trotz  vielfacher  MQhe  gelang  es  mir  nicht  mit!  Sicherheit  zu 
ermitteln,  in  welcher  Weise  dieses  Verschwinden  vor  sich  geht;  es  stehen  sich  hier  zwei 
Möglichkeiten  gegenüber,  entweder  werden  sie  aufgelöst,  oder  von  dem  Thier  ausgeworfen.  Aus 
verschiedenen  Gründen,  deren  nähere  Erörterung  ich  auf  später  verschieben  muss,  entscheide  ich 
mich  für  die  zweit«  Möglichkeit  und  nehme  daher  als  wahrscheinlich  an,  dass  sie  wirklich  von 
dem  Thier  ausgeworfen  werden. 

Mittlerweile  sind  die,  aus  den  beiden  anderen  Kapseln  hervorgegangenen,  lichten  Körper 
etwa  bis  zu  zwei  Drittel  der  Grösse  des  Nucleus  herangewachsen  und  Btimmen  nun  in  Betren* 
der  Beschaffenheit  ihrer  Substanz  in  ganz  auffallender  Weise  mit  dem  Nucleus  überein,  so  dass 
man  sie,  wie  dies  ja  auch  von  Balbiaui  und  Stein  geschehen  ist,  leicht  für  Theibtücke  des 
Nucleus  nehmen  könnte,  wenn  ihre  Abstammung  von  den  gestreiften  Nucleoluskapseln  nicht  durch 
fortlaufende  Untersuchungen  über  allen  Zweifel  festgestellt  wäre  (Fig.  15).  Ihre  Gestalt  ist 
jetzt  eine  länglich-ovale  geworden,  ähnlich  der  des  Nucleus. 

Kurze  Zeit  nach  der  Entfernung  der  zwei  rückgebildeten  Kapseln,  also  etwa  zwischen  dem 
dritten  und  vierten  Tag  nach  aufgehobener  Conjugation,  beginnt  jedoch  auch  einer  der  erwähnten 
nur  leusartigen  Körper  sich  zu  verändern;  in  seiner  Masse  treten  dunkle  Längsstreifen  auf,  die 
namentlich  am  einen  Ende  des  ovalen  Körpers  stärker  verdickt  hervortreten,  während  sie  nach 
dem  anderen  Ende  zu  in  feinere,  zartere  Streifen  auslaufen,  welcher  Theil  daher  sehr  hell  bleibt 
(Taf.  VH.  Fig.  16).  Die  Differenzirung  in  der  Masse  dieses  Körpers  schreitet  allmälig  immer 
vfeiter  fortf  bis  er  schliesslich  föst  jjiinzlich  von  dunklen^  ^lim^cudGD  Strciftn  durchzogen  ist  ^ 
gleichzeitig  sieht  man  ihn  sich  allmälig  verkleinern,  was  mit  der  Verdichtung  seiner  Masse 
gewiss  in  causalem  Zusammenhang  steht  (Taf.  VII.  Fig.  18).  Diese  Verkleinerung  schreitet 
nun  langsam  weiter  fort,  bis  schliesslich  etwa  10-12  Tage  nach  aufgehobener  Conjugation 
dieser  Körper  wieder  Grösse  und  Beschaffenheit  eines  gewöhnlichen  Nucleolus  angenommen  hat 
(Taf.  VU.  Fig.  17). 

Während  dieser  ganzen  Zeit  haben  sich  sowohl  der  ursprüngliche  Nucleus,  als  auch  der  zweite, 

verändert;  nur  hat  sich  der  Nucleus  allmälig  etwas  verkleinert,  so  dass  die  beiden  erwähnten 
Körper  jetzt  nahezu  von  gleicher  Grösse  sind  (Fig.  17). 


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—    298  - 

Ein  Thier  dieses  Stadiums  zeigt  demnach  al.su  scheinbar  zwei  ganz  gleich  beschaffene 
Nuclei  und  einen  ansehnlichen  Nucleolus.  Häufig  trifft  man  die  beiden  Kerne  ganz  «licht 
zusammengepreßt  und  gegeneinander  abgeplattet-,  schliesslich  verschmelzen  sie  mit  einander 
und  wir  haben  also  nun  wieiler  den  normalen  Zustand  des  F.  Bursaria,  wie  es  in  die  Conjugation 
einging,  vor  uns.  Hinsichtlich  dieses  Verschmelzens  muss  ich  jedoch  einige  Worte  bemerken; 
ich  habe  diesen  Vorgang  nicht  direct  beobachtet,  erschüesse  ihn  jedoch  daraus,  das»  ich  unter 
einigen  aus  der  Conjugatkm  hervorgegangenen  Thicren,  am  elften  Tage  nach  Losung  der 
Syzigjen,  theils  Thiere  mit  einfachen  Nucleus  und  Nucleolus,  theils  solche  mit  einem  Nucleolus 
und  den  beiden  oben  beschriebejjeii  Kernen,  jedoch  auch  eines  mit  einfachem  Nucleus  traf,  der 
noch  sehr  deutlich  seine  Zusammensetzung  aus  zwei  Stücken  erkennen  liess  (Fig.  19).  Ich  konnte 
diese  Frage  deshalb  nicht  ganz  sicher  entscheiden,  weil  ich  nicht  erwartet  hatte,  dass  sich  die 
Rückbildung  zu  der  normalen  Beschaffenheit  bei  unserer  Art  so  ungemein  lang  verzögerte  und 
ich  daher  anfänglich  mit  dem  Verarbeiten  des  noch  vorhandenen  Materials  etwas  zu  rasch  vor- 
ging, so  dass  ich  spater  sehr  sparsam  damit  sein  musste.  Ich  wüsste  jedoch  der  in  Fig.  19 
abgebildeten  Beschaffenheit  des  Nucleus  keine  befriedigendere  Deutung  zu  geben;  auch  Balbiani 
hat  bei  F.  Bursaria  derartige  Nucleusformen  schon  gesehen,  jedoch  keine  Erklärung  derselben 
gegeben;  er  schreibt  (66;  p.  202):  »Dans  quelques  cas,  la  masse  granuleuse  interieur  de  l'ovaire 
etait  divusee  transversalemeut  par  uue  section  treu-nette  en  deux  portions  qui  demeuraient  en 
contact  ou  n'etaieut  separees  que  par  un  intervallo  tres  faiblo.« 

Man  könnte  allenfalls  noch  die  Ansicht  aufstellen,  dass  die  beideu  Kerne  bei  einer  er- 
folgenden Theilung  je  zu  einem  Kern  der  TheilunKssprösslinge  würden,  dem  muss  ich  aber,  wie 
späterhin  uoch  erörtert  werden  soll,  aus  theoretischen  Gründen  widersprechen. 

Nach  dieser  Schilderung  der  Veränderungen  des  Nucleus  und  Nucleolus  während  der 
Conjugation  von  F.  Bursaria,  habe  ich  nun  kaum  nöthig,  auf  die  von  meinen  Vorgängern 
gemachten  Angaben  naher  einzugehen,  da  sich  die  von  ihnen  falsch  gedeuteten  Bilder  schon  durch 
meine  Schilderung  ihrem  wahren  Werttie  nach  erkennen  lassen.  Die  Umbildung  zweier 
Nucleoluskapseln  sahen  sie  nicht,  sondern  nahmen  an,  dass  die  auf  diese,  Weise  hervorgehenden 
Körper  Tbeilproducte  des  Nucleus  seien,  aus  welchen  nun  je  nach  ihrer  specielleu  Auffassung 
entweder  Eier  oder  Embryonalkugeln  hervorgehen  sollten.  Ueber  den  Verbleib  der  Samen- 
kapseln theilen  sie  wenig  mit;  dies  war  ja  auch  nicht  nöthig,  da  dieselben  ja  bei  der  Befruchtung 
gewöhnlich  aufgebraucht  werden  sollten ;  nur  Balbiani  muss  etwas  davon  gesehen  haben, 
dass  dies  nicht  der  Fall  ist,  denn  er  gibt  an  (66;  pag.  508),  dass  dieselben  nach  der  Be- 
fruchtung nicht  schwinden,  sondern  allmälig  wieder  ihr  rudimentäres  Aussehen  annähmen  und 


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.-    299  - 

schliesslich  durch  Verschmelzung  wieder  m  einem  Nucleolus  sich  vereinigten.  Dass  diese 
Angaben  nicht  auf  Beobachtungen  beruhen,  sondern  nur  Annahmen  sind,  brauche  ich  wohl 
uach  der  oben  gegebenen  Schilderung  des  Wahren  Verhaltens  nicht  besonders  auseinander 

Die  merkwürdigen  Umformungen,  welche  die  sogenannten  Samenkapseln  des  P.  Bursaria 
nach  aufgehobener  Conjugation  erfahren,  werden  uns  für  das  Verständnis»  der  viel  verwickeiteren 
Vorgange  bei  P.  Aurelia  und  putrinum  als  Richtschnur  dieuen  müssen. 

B.  Untersuchungen  an  Paruinaecium  Aurrtia  0.  F.  Müller  nud  putrinum 

Claparede  nnd  Lachuiann. 

Taf.  V1U  u.  Taf.  XV.  Figg.  8—10. 

Ueber  die  Conjugationserscheinungen  von  P.  Aurdia  liegen  Mittheilungen  von  Balbiani, 
Stein  und  Kolliker,  sowie  einige  Bemerkungen  von  mir  vor.  Ich  bemerke  jedoch  hier 
sogleich,  dass  ich  bei  meinen  froheren  Untersuchungen  (78)  einen  Irrthum  begangen  habe,  indem 
ich  P.  putrinum  und  Aurelia  zusammenwarf  und  ersteres  für  eine  kleinere  Generation  des 
letzteren  hielt,  welche  zur  Conjugation  besonders  geneigt  sei.  Auf  diese  Weise  gelangte  ich 
dazu,  dem  P.  Aurelia  eine  ziemliche  Variabilität  hinsichtlich  seiner  Conjugationserscheinungen 
zuzuschreiben  und  glaubte  daher  die  sich  widersprechenden  Angaben  Stein's  und  Balbiani's 
vereinigen  zu  können.  Die  Kölliker'schen  Untersuchungen  hatte  ich  früher  leider  übersehen, 
was  um  so  eher  möglich  war.  da  auch  Stein  in  seinem  1866  erschienenen  zweiten  Band  der 
1864  herausgegebenen  Icones  histiologicae  gar  nicht,  selbst  nicht  in  der  1866  erst  geschriebenen 
Vorrede  gedenkt.  Ich  hebe  daher  hier  zunächst  hervor,  dass  die  Abbildungen  auf  Taf.  XXV 
meiner  kleinen  Abhandluug  sich  auf  P.  putrinum  beziehen,  dass  hingegen  die  beiden  Figuren 
8  und  9  auf  Taf.  XXVI  Zustände  von  P.  Aurelia  darstellen.  P.  putrinum  ist  zuerst  von 
Claparede  und  Lach  mann  beschrieben  worden  (61;  pag.  266  und  62;  Taf.  X. 
Fig.  11-12);  es  zeichnet  sich  dadurch  ans,  dass  es  mit  der  Gestalt  de«  P.  Bursaria  das  Fehlen 
der  Trichocysten  und  Chlorophyllkörner  verbindet;  auch  soll  dasselbe  nur  eine  contractile 
Vacuole  in  der  vorderen  Leibeshfilfte  besitzen.  Der  Nucleus  mit  dem  dicht  anliegenden  Nucleolus 
zeigt  kein*  bemerkenswerthen  Abweichungen  von  dem  der  übrigen  Paramaecien  und  enthält  im 
normalen  Zustand  häufig  ähnliche  verdichtete  Körper  wie  der  des  P.  liursnria  Die  von  mir 
gesehenen  Thiere  besassen  jedoch  stets  zwei  contractile  Vacnolen,  von  derselben  Lage  wie  die 
des  P.  Aurelia  und  Bursaria',  dennoch  möchte  ich  an  der  Identität  derselben  mit  dem  P.  putrinum 


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-    300  - 

Claparede  und  Lachmann's  nicht  zweifeln.  An  conjugirtcn  Exemplaren  traf  ich  sogar  häufig 
eine  dritte  Vacuole,  welche  dicht  am  hinteren  Rande  lag,  ohne  dass  ich  mich  jedoch  von  ihrer 
regelmässigen  Gegenwart  Überzeugt  hätte.  CharacteriBtisch  für  unsere  Art  ist  die  Entstehungs- 
weise der  Vacuolen,  die  nicht  wie  bei  P.  Bursaria  und  Aurdia  durch  rosettenförmig  angeord- 
nete Kanäle  gespeist  werden,  sondern  durch  Zusammenfliesen  kleiner  Vacuolen  entstehen,  welche 
sich  schon  während  der  Systole  am  Rand  der  Vacuole  hervorbilden,  ähnlich  wie  dies  bei  sehr 
vielen  Infusionsthieren  der  Fall  ist.  Das  Fehlen  der  Trichoc\sten  ist  bei  unserer  Art  die 
Regel,  dennoch  besassen  die  früher  von  mir  gesehenen  Thiere  sämmtlich  Trichocysten  und  auch 
während  der  in  neuerer  Zeit  angestellten  Untersuchungen  traf  ich  auf  trieboeystenführende  Thiere, 
die  sich  in  allen  übrigen  Stacken  wie  die  gewöhnlichen  verhielten  und  sich  denselben  nament- 
lich auch  in  ihren  Conjugationserseheinongen  so  völlig  anschlössen,  dass  an  ihrer  Zugehörigkeit 
zu  unserer  Art  nicht  gezweifelt  werden  kann.  Chlorophyll  traf  ich  hingegen  nie  bei  unseren 
Thier  cd  an.  Wie  Claparede  sohon  mit  Recht  hervorhebt,  scheint  P.  putrimm  mit  Vorliebe 
sehr  putrescirende  Gewässer  zu  bewohnen,  es  eignet  sich  daher  auch  gut  zu  Zflchtungsver- 
suchen,  da  es  noch  im  verdorbensten  Wasser  aushält. 

Bezuglich  der  Umbildungen  des  Nucleus  und  Nucleolus  schliessen  sich  P.  Aurelia  und 
putrinum  eng  aneinander  an  und  weichen  in  gewisser  Hinsicht  von  dem  P.  Bursaria  sehr  ab, 
was  recht  eigentümlich  erscheint,  da  sich  ja  P.  putrinum  in  Bezug  auf  seine  allgemeine  Bau- 
verbältnissc  inniger  an  P.  Bursaria  als  Aurdia  anzuschliessen  scheiut. 

Da  ich  die  Entwicklung  des  Nucleolus  der  Paramaecien  in  ihren  allgemeinen  Zügen  schon 
bei  P.  Bursaria  geschildert  habe,  so  gehe  ich  hier  nicht  näher  auf  dieses  Verhalten  ein  und 
hebe  nur  hervor,  dass  sich  ein  Unterschied  zwischen  beiden  Arten  hinsichtlich  der  Ausbildung 
findet,  welche  die  Producte  des  Nucleolus  (und  auch  die  des  Nucleus,  wie  später  zu  erörtern 
sein  wird)  heim  Eintritt  der  Lösung  der  Syzigie  erreicht  haben.  Bei  P.  putrinum  ist  nämlich 
der  Nucleolus  schon  zu  acht  streifigen  Kapseln  zerfallen,  bei  P.  Aurelia  hingegen  gehen  die 
Thiere  nur  mit  vier  Kapseln  versehen  aus  der  Conjugation  hervor;  erst  einige  Stunden  nachher 
(heilen  sich  diese  Kapseln  nochmals,  so  dass  auch  hier  doch  schliesslich  constant  acht  Kapseln 
gebildet  werden.  Bezüglich  der  Zahl  der  aus  dem  Nucleolus  hervorgehenden  Kapseln  befanden 
sich  die  frühereren  Beobachter,  wie  schon  hervorgehoben  wurde,  bei  P.  Aurelia  in  einiger 
Verwirrung.  Balbiani  hatte  jedoch  schon  einmal  beobachtet,  dass  die  vier  Kapseln,  mit  welchen 
die  Thiere  (nach  ihm  jedoch  nur  zuweilen)  aus  der  Conjugation  hervorgehen,  sich  noch  einmal 
theilen  können  (s.  Taf.VlI.  Fig.  8;  66).  Stein  (68;  pag.  92)  glaubt  die  Entwicklung  von  vier 


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Kapseln  bei  P.  Aurelia  schon  zu  den  seltnereu  Fällen  rechnen  zu  dürfen.  Kölliker  hat  sich 
eine  ganz  irrige  Vorstellung  von  der  Entwicklung  der  Nucleoluskapseln  bei  J\  Aurelia  gebildet, 
indem  er,  wie  späterhiu  noch  uaher  zu  besprechen  sein  wird,  glaubt,  dass  dieselben  sich  schliess- 
lich zu  einer  grossen  Zahl  kleiner  Körperchen  theilten ;  es  sind  dies  aber  gerade  unigekehrt  die 
durch  Zerfall  des  Nuclens  hervorgehenden  Körperchen.  Dem  gegenüber  muss  ich  bemerken,  dass 
bei  den  beiden  Arten  von  Paramaecium  die  Zahl  der,  durch  wiederholte  Theilung  schliesslich 
aus  dem  Nucleolus  hervorgehenden  Kapseln  ganz  constant  acht  beträgt,  dass  es  jedoch  bei 
P.  Aurelia  nicht  immer  ganz  leicht  ist,  sich  hiervon  mit  Sicherheit  zu  überzeugen.  Es  ist  mir 
früher  auch  nicht  gelungen,  die  Kapseln  neben  dem  Nucleus  der  aus  der  Conjugntion  hervor- 
gegangenen Thiere  zu  sehen;  es  ist  zu  diesem  Zweck  nicht  hinreichend,  die  Thiere  nur  mit 
Essigsäure  zu  behandeln,  sondern  man  muss  die  früher  erwähnte  Methode  des  allmäligen  Zer- 
quetschens in  Anwendung  bringen. 

Auch  die  Umbildung  des  Nucleus  hat  bei  P.  putrinmn  schon  viel  weitere  Fortschritte 
gemacht  bei  Lösung  der  Syzigie,  dann  ist  derselbe  nämlich  hier  schon  völlig  in  eine  bedeutende 
Anzahl  kleiner  Bruchstücke  zerfallen. 

Der  nähere  Vorgang  dieses  Zerfalls  ist  Jedoch  hier  folgender:  Schon  während  der  Aus- 
bildung der  ersten  Nucleoluskapsel  beginnt  der  Nucleus  zu  einem  Band  auszuwachsen  (Taf.  VIII. 
Fig.  !)),  dasselbe  verlängert  sich  mehr  und  mehr  und  beginut  gleichzeitig  sich  vielfach  zu 
verzweigen  (Fig.  10).  Auf  diese  Weise  erhalten  wir  Nuclcusformen ,  die  lebhaft  an  die  ver- 
ästelten Nuclei  gewisser  Acineten  erinnern.  Die  feinere  Structur  des  Nucleus  zeigt  sich  nun  deut- 
lich fein  längsfaserig,  wie  während  des  gewöhnlichen  Qucrtheilungsprocesscs.  Dieses  Auswachsen 
und  die  Verzweigung  schreiten  immer  mehr  fort,  so  dass  sich  eine  Totalansicht  des  nun  so 
vielfach  verschlungenen  und  verästelten  Nucleus  kaum  mehr  gewinnen  lässt.  Einzelne  Stelleu 
und  Zweige  sind  mehr  angeschwollen,  die  zwischcnliegenden  Partien  zu  feinen  Fädchen 
ausgezogen  (Taf.  VIII.  Fig.  11);  schliesslich  reissen  letztere  ein,  so  dass  sich  der  Nucleus 
allmälig  zu  einem  Hautwerk  von  Zweigstückchen  und  kleinen  Kugeln  auflöst;  erstere  setzen 
den  Zerfall  noch  weiter  fort,  bis  sie  sich  endlich,  einige  Zeit  nach  aufgehobener  Conjugation, 
alle  zu  kloinen,  annähernd  gleichgroßen  Kügelchen  abrunden,  deren  Zahl  100  und  mehr  be- 
tragen kann.  Zuweilen  ereignet  es  sich,  dass  der  Zerfall  der  Nuclei  in  den  beiden  conjugirten 
Thieren  nicht  ganz  synchronisch  vor  sich  geht 

Principiell  ganz  in  derselben  Weise  erfolgt  der  Zerfall  des  Nucleus  bei  P.  Aurelia  und 
ich  muss,  wie  schon  früher,  die  Balbiani'srhe  Schilderung  und  Abbildung  dieses  Vorganges 
völlig  bestätigen,  gegenüber  den  entgegenstehenden  Angaben  Stein'»  und  Kölliker 's.  Auch 


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302  - 


liier  beginnt  der  ursprünglich  ovale  und  allseitig  abgerundete  Nucleus  einige  Zeit  nach  ein- 
getretener Conjugation  suszuwaebsen ;  indem  jedoch  die  hierdurch  hervorgehenden  Verlängerungen 
und  Windungen  immer  dicht  aneinandergedrückt  bleiben,  behält  derselbe  zunächst  seinen 
früheren  Umriss  bei  und  sein  Auswachsen  zeigt  sich  nur  durch  die  Bildung  vielfacher,  mäandrisch 
vei°schlungener  Furchen  auf  seiner  Oberdäche,  so  dass  diese  mit  der  Hirnoberdäche  eines  Säuge- 
t  Iii  eres  Aehnlichkeit  erhält,  wie  dies  Lalbiani  Taf.  VII.  Fig.  6  schon  trefflich  abbildet.  Gegen 
Ende  der  Conjugation  ist  dieses  Auswachsen  des  Nucleus  gewöhnlich  so  weit  fortgeschritten, 
da&5  er  iu  ein  dicht  zusammengeknäueltes  Nucleusbaud  übergegangen  ist  (vcrgl.  Taf.  XV.  Fig.  12 
auch  78;  Taf.  XXVI.  Fig.  8).  Erst  nach  erfolgter  Lösung  der  Syzigie  trennen  sich  auch  die  ein- 
zelnen Windungen  des  Nuclcusbandes  mehr  von  einander,  so  dass  dasselbe  sich  nun  mehr  oder 
weniger  durch  den  gesummten  Leib  des  Thiercs  ausbreitet.  Schliesslich  zerfällt  auch  hier  dieses 
verzweigte  Hand  in  eine  grosse  Anzahl  einzelner  Bruchstücke  von  nahezu  gleicher  Grösse,  wie 
bei  P.  putrinwm,  nur  bleibt  die  Zahl  derselben  hier  geringer.  Der  nähere  Vorgang  des  Zerfalls 
ist  gleichfalls  ganz  derselbe  wie  bei  P.  pufrmum;  er  ist  gerade  in  vollem  Gang,  wenn  die  acht 
Nucleoluskapseln  schon  eine  Umbildung  erfahren  haben,  von  welcher  sogleich  die  Hede  sein  wird. 

Wie  gesagt  liefern  meine  Untersuchungen  eine  völlige  Bestätigung  der  Schilderung,  welche 
uns  Balbiani  von  dem  Zerfall  des  Nucleus  gegeben  hat.  Stein  hält  diese  Balbiani'schc 
Schilderung  für  unrichtig,  er  hat  an  den  Nuclci  der  conjugirten  P.  Aurelia  ausser  einer  geringen 
Längsstreckung  keine  Veränderungen  wahrnehmen  können;  dagegen  hat  er  in  Gesellschaft  (!) 
der  Conjugationszustände  nicht  selten  Individuen  getroffen,  die  in  der  orderen  Körperhafte 
statt  des  Nucleus  zwei  bis  sieben  kleinere,  aber  gleich  grosse,  ovale  oder  runde  nuclcusartigc 
Körper  enthielten;  er  glaubt  daher,  dass  der  Nucleus  zuerst  in  vier  bis  sieben  rundliche  Seg- 
mente zerfalle,  die  sich  dann  erst  zu  mehr  oder  weniger  langen,  gewundenen  Strängen  entwickelten. 
Duss  diese  Einwendungen  Stein's  gegen  die  B  al  bia  ni  'sehe  Schilderung  ganz  ohne  Bedeutung 
siud,  ist  wohl  klar,  da  ja  nicht  einmal  irgend  ciu  Beweis  dafür  vorliegt,  dass  diese  von 
Stein  gesehenen  Thiere  mit  vier  bis  sieben  Nucleussegmenten  mit  Conjugationszuständen  iu 
Zusammenhang  stehen. 

Was  die  Ursache  war,  dass  ein  so  genauer  Beobachter ,  wie  K  ö  1 1  i  k  e  r ,  gar  nichts  von 
dem  bandartigen  Auswachsen  und  dem  Zerfall  des  Nucleus  von  P.  Aurdüi  sah,  ist  mir  nicht 
recht  erklärlich;  er  bemerkt,  dass  er  unter  vielen  Hunderten  untersuchter  Paramaecien  nur 
einmal  Andeutungen  eines  bandartigen  Zerfalls  sehr  undeutlich  gesehen  habe.  Da  ihm  also  der 
wirkliche  Prozess  des  Nucleuszerfalls  vollständig  verschlossen  blieb,  so  ist  es  erklärlich,  wie  er 
auf  den   Gedanken   kommen  konnte,  die,  aus  dem  Zerfall  des  Nucleus  hervorgehenden 

t 


i 


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-    303  - 

Bruchstücke  durch  fortgesetzte  Theilung  der  Nucleoluskapscln  entstehen  zu  lassen,  wodurch  die 
Ursächlichen  Verhältnisse  völlig  auf  den  Kopf  gestellt  wurden. 

Wir  kommen,  nun  zu  einem  sehr  wichtigen  Punkt,  nämlich  dem  weiteren  Verhalten  der 
acht  NucleoluBkapseln  nach  aufgehobener  Conjugation,  ein  Punkt,  durch  dessen  Nichtbeachtung 
die  irrigen  Vorstellungen  der  früheren  Beobachter  hinsichtlich  der  Bedeutuug  der  Conjugation 
hauptsächlich  hervorgerufen  worden  sind. 

Schon  wenn  das  Nuclcusband  von  P.  Aurdia  in  den  letzten  Stadien  des  Zerfalls  begriffen 
ist,  zeigen  sich  die  vorher  noch  schön  zartstroifigen  acht  Nucleoluskapscln  sehr  wesentlich 
verändert;  sie  haben  sich  abgerundet  und  ihr  früher  streifig  differenzirter Inhalt  hat  sich  zu 
einer,  nach  Behandlung  mit  Essigsäure  (1  •••)  gleichmassig  feingranulirten ,  ziemlich  dunklen 
Masse  umgebildet  (Taf.  XV.  Fig.  13).  So  verharren  die  Kapseln  einige  Zeit  nach  dem  voll- 
ständigen Zerfall  des  Nudeus  und  solche  Stadien  sind  auch  von  Balbiani  gesehen  worden, 
wie  seine  Taf.  VII.  Fig.  9  beweist;  die  acht  abgerundeten  Kapseln,  die  sich  auf  dieser  Ab- 
bildung dargestellt  finden,  zeigen  eine  verschiedene  Beschaffenheit;  vier  derselben  haben  noch 
einen  etwas  streifig  differenzirten  Inhalt,  bei  den  vier  anderen  hingegen  ist  derselbe  gleichmäßig 
körnig.  Balbiani  hielt  nun  irriger  Weise  die  vier  letztgenannten  Kapseln  für  in  der  Ent- 
wicklung begriffene,  aus  Nucleusbruchstückcn  hervorgegangene  Eier,  die  vier  anderen  hingegen 
deutete  er,  als  reducirtc  und  im  Schwinden  begriffene  Samenkapseln.  Ich  vermuthe  sogar,  dass 
die  Balbiani  'sehe  Fig.  9  vollkommen  richtig  ist,  dass  sich  wirklich  ein  derartiger  Unterschied 
zwischen  je  vier  und  vier  der  Nucleoluskapseln  wird  constatiren  lassen,  denn  wir  werden  weiter 
sehen,  dass  ganz  wie  bei  P.  Bursaria  auch  hier  die  eine  Hälfte  der  Kapseln  eine  ganz  andere 
Bestimmung  hat  wie  die  andere. 

Schon  den  zweiten  Tag  nach  aufgehobener  Conjugation  nämlich,  sehen  wir  vier  dieser 
körnigen  Nucleoluskapseln,  in  dcreell •  n  Weise  wie  bei  P.  Bursariu,  zu  grossen,  sehr  lichten  Kugeln 
herangewachsen  (Taf.  XV.  Fig.  14),  welche  nichts  anderes  darstellen,  als  die  vermeintlichen  Eier 
lialbiani's  und  Kölliker's  oder  die  Keimkugeln  St  ein' s(?).  Diese  vier  kugeiförmigen  oder 
zuweilen  auch  etwas  unregelmässig  gestalteten,  im  lebenden  Thier  ganz  lichten,  homogenen  Körper 
zeigen  ein  sehr  charakteristisches  Verhalten.  Nach  Tödtung  des  Thieres  durch  Zerfliessen  und 
nach  Einwirkung  des  Wassers  zeichnen  sie  sich  immer  noch  durch  ihre  lichte  und  sehr  homogene 
Masse  aus,  während  sich  gleichzeitig  eine  sehr  deutliche  Hülle  von  ihnen  abhebt.  Nach  der 
Wassercinwirkung  tritt  in  ihnen  gewöhnlich  auch  ein  centraler,  heller  Fleck,  jedoch  erst  sehr 
allmälig  hervor.  Dieser  Fleck  ropräsentirt  das  sogenannte  Keimbläschen  Balbiani 's; 
ich  bemerkte  in  ihm  niemals  ein  dunkleres  Körperchen,  wie  es  Balbiani  undKölliker 


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beschreiben  und  abbilden,  will  jedoch  an  dessen  zeitweiligem  Vorkommen  nicht  zweifeln.  Färbt 
man  die  Kugeln  mit  Carrain  oder  Fuchsin,  so  bleibt  das  helle  Bläschen  ungefärbt,  eine 
Erscheinung,  welche  auch  schon  Balbiani  auffiel  und  die  mit  der  Deutung  desselben  als  ein 
kernartiges  Gebilde  ganr.  unvereinbar  ist.  Ich  fasse  daher  den  hellen  Fleck  als  nichts  mehr 
oder  weniger  als  eine  Vacuole  auf,  welche  sich  innerhalb  der  lichten  Körper  gebildet  hat.  Schon 
bei  P.  Bursaria  sahen  wir  in  den  lichten,  aus  zwei  der  Nucleoluskapselo  hervorgehenden  Körpern 
je  eiu  kleines  kernartiges  Gebilde  zeitweilig  entstehen.  Oasselbe  wird  sich  auch  wohl  auf  einem 
gewissen  Stadium  bei  P.  Aurdia  finden,  wie  es  ähnlich  auch  bei  putrinum  vorkommt  und  damit 
mag  auch  die  Bildung  des  hellen  Fleckes,  wahrscheinlich  auf  einem  späteren  Stadium,  im  Zu- 
sammenhang stehen.  Dadurch  erklären  sich  denn  auch  die  Kölliker 'sehen  Beobachtungen, 
der  zuweilen  an  Stelle  dieses  lichten  Bläschens  ein  dunkles  Körperchen  oder  auch  ein  mit 
starken,  dunklen  Wandungen  versehenes,  helles  Bläschen  fand.  (VergL  92;  Taf.  II.  Figg.  12  u.  14). 
Auch  bei  Blepharisma  laUritia  werden  wir  ähnliche  dunkle  Körperchen  oder  Bläschen  in  den 
entsprechenden  lichten  Körpern  sich  entwickeln  sehen. 

Die  eigentliche  Substanz  der  hellen  Kugeln  zeichnet  sich  dadurch  aus,  dass  sie  durch 
1%  Essigsäure  bis  zur  Unkenntlichkeit  aufgequellt  wird;  diese  Erscheinung  ist  eine  ganz  regel- 
mässige, so  dass  ich  mich  wundere,  dass  kein  früherer  Beobachter  ihrer  gedenkt.  Erst  späterhin, 
weun  eine  weitere  Umbildung  dieser  hellen  Kugeln  eintritt,  verliert  sich  diese  starke  Quell- 
barkeit  durch  verdünnte  Essigsäure.  Neben  diesen  vier  lichten  Körpern  fand  ich  nun  mehrfach 
noch  die  vier  anderen  Nucleoluskapseln  als  kleine,  von  den  Nucleusbruch stücken  nur  sehr  schwierig 
zu  unterscheidende,  sehr  feingranulirte  und  dunkle  Kugeln  vor.  Häufiger  jedoch  traf  ich  nur 
noch  drei  oder  zwei  dieser  rückgcbildeten  Nucleoluskapseln  und  schliesslich  fanden  sich  auch 
Exemplare,  bei  welchen  sich  mit  aller  Aufmerksamkeit  keine  derartige  Kapsel  mehr  finden  liess. 
Ich  muss  daher  auch  hier,  gestützt  auf  die  analogen  Erscheinungen  bei  P.  Bursaria,  ein  völliges 
Schwinden  dieser  vier  rückgebildeten  Nucleoluskapseln  behaupten  und  zwar  werden  dieselben 
wahrscheinlich  ausgeworfen. 

Gegenüber  Stein  muss  ich  mit  Balbiani  und  Kölliker  das  «instante  Auftreten  von 
vier  der  oben  beschriebenen,  lichten  Körper  lyehaupteu,  ich  suh  nie  mehr  oder  weniger.  Eine 
ungenaue  Kenntniss  der  statthabenden  Vorgänge  kann  jedoch  den  Anschein  erwecken,  dass  sich 
zuweilen  weniger  von  denselben  finden,  indem  ein  Theil  derselben  später  gewisse  Umbildungen 
erfährt,  welche  ihnen  ihr  lichtes  Aussehen  rauben.  Stein  will  jedoch  nicht  weniger  als  vier 
bis  zwölf  derartiger  Kugeln  gesehen  haben,  welche  ganz  allmälig  in  die  kleinen  Nucleus- 
bruchstückc  übergingen.    Hieraus  und  aus  der  Schilderung,  welche  Stein  von  diesen  Kugeln 


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gibt,  möchte  ich  den  Schluss  ziehen,  dass  er  die  vier  lichten  Körper,  die  Eier  BalbiaHi's, 
gar  nicht  gesehen,  sondern  die  Grösseren  der  Nucleusbruchstücke,  da  dieselben  in  ihrem  Volum 
häufig  ziemlich  differiron,  für  die  Eier  Balbiani's  gehalten  hat  Denselben  Irrthum  habe 
ich  früher  auch  begangen,  indem  das  Thier,  welches  ich  Taf.  XXVI.  Fig.  9  (78)  abbildete, 
wahrscheinlich  die  vier  lichten  Kugeln  noch  gar  nicht  entwickelt  hatte. 

Kö  Iii  leer  ist  hinsichtlich  dieser  vier  lichten  Körper,  welche  er  sehr  gut  abbildet, 
namentlich  auch  bezüglich  ihrer  Grösse  (bei  Balbiani  sind  sie  nämlich  gegenüber  dem 
gesammten  Thier  relativ  zu  klein  dargestellt),  von  einem  bedeutsamen  Irrthum  befangen.  Er  lässt 
sie  durch  eine  zweimalige  Theilung  des  Nucleus  hervorgehen,  welche  Ansicht  er  hauptsächlich 
auf  die  in  Figg.  8—11  (1.  c)  abgebildeten  Zustände  stützt,  die  er  gleichzeitig  in  der  Infusion, 
welche  ihm  die  Thiere  mit  vier  Körpern  lieferte,  vorfand.  Gegen  die  Bedeutsamkeit  dieser 
Formen  hätte  sich  aber  von  vornherein  der  Einwand  erheben  lassen,  dass  ihre  Einreibung 
in  den  Entwicklungsgang  eine  ganz  willkürliche  ist;  sie  gehören  denn  auch  entschieden  nicht 
hierher,  wiewohl  es  schwer  fällt,  jedes  der  von  K  ö  1 1  i  k  e  r  abgebildeten  Stadien  zu  deuten.  —  Fig.  9 
stellt  wohl  unzweifelhaft  ein  eben  aus  der  Conjugation  hervorgegangenes  Thier  mit  vier  Samen- 
kapseln und  einem  Nucleusbandknäuel  dar,  dessen  nähere  Beschaffenheit  nicht  erkannt  wurde 
und  das  daher  als  einfacher  Nucleus  gezeichnet  wurde.  Figg.  8,  10  u.  11  sind  wahrscheinlich 
Studien,  wo  die  Beconstituirung  des  Nucleus  schon  wieder  eingetreten  ist;  die,  neben  dem 
Nucleus  gezeichneten  Körperchen  sind  keine  Nucleoluskapseln,  sondern  kleine  Nucleusbruchstücke, 
welchen  Kölliker  überhaupt  immer  ein  gestreiftes  Aussehen  gibt,  was  vielleicht  durch  seine 
Untersuchungsmethode  hervorgerufen  wurde.  Er  untersuchte  nämlich  die  Thiere  in  verdünnter 
Sublimatlösung. 

Am  dritten  bis  vierten  Tag  nach  aufgehobener  Conjugation  beginnt  nun  eine  sehr 
bemerkenswerthe  Umbildung  eines  ThciJea  und  sehr  wahrscheinlich  gewöhnlich  zweier  der  lichten 
Körper,  ganz  entsprechend  der,  welche  wir  schou  hei  P.  Bursaria  fanden.  Ihre  Masse  diffe- 
'  renzirt  sich  entweder  mohr  grobkörnig  oder  meist  deutlich  längsstreifig,  welche  verdichteten 
Partien  nach  Behandlung  mit  Essigsäure  (1 »  dunkel  und  glänzend  erscheinen.  Gleichzeitig 
wird  ihre  Gestalt  wieder  länglich  spindelförmig  wie  die  der  früheren  Samenkapseln.  Zuweilen 
trifft  man  solche  Körper,  die  gleichmäßig  durch  ihre  ganze  Masse  längsstreifig  differenzirt  sind 
(Taf.  XV.  Fig.  11);  meist  jedoch  differenzirt  sich  ihre  Masse  in  den  beiden  Enden  der  Spindel  zu 
dickeren,  dunkleren  Fasern,  während  die  Mittelregion  noch  homogen  erscheint  oder  sich  in 
feinere  Fasern  auflöst  (Fig.  15).  Auf  diese  Weise  gehen  diese,  zu  ächten  Nuclcoli  wie  bei 
P.  Bursaria  sich  rückbildenden  beiden  lichten  Körper,  wie  es  scheint,  direct  in  Theilungs- 


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zustände  aber,  wie  man  Bio  in  vorzüglichster  Ausbildung  neben  den  beiden  erhaltenen,  noch 
mehr  herangewachsenen,  lichten  Körpern  antrifft  (Fig.  16).  In  der  Masse  dieser,  sowie  der  der 
Nucleusbruchstücke,  bemerkt  man  jetzt  vielfach  das  Auftreten  dunkler  Granulationen  (Fig.  16). 
Das  weitere  Schicksal  dieser,  in  der  genannten  Weise  zu  in  Theilung  begriffenen  Nucleoli  rück- 
gebildctcn,  beiden  lichten  Körper  völlig  klar  zu  stellen,  gelang  mir  nun  bis  jetzt  noch  nicht ;  ich 
zweifle  nicht,  dass  die  Theilung  wirklich  geschieht,  so  dass  also  nun  vier  neue  Nucleoli  neben 
den  beiden  lichten  Körpern  vorhanden  sind.  Es  ist  jedoch,  wie  leicht  begreiflich,  ungemein 
schwierig  solche  zwischen  den  NucleusbruchstQcken  zerstreute,  von  ihnen  in  Grösse  nnd  Ausseben 
sehr  weuig  differirende  Nucleoli  mit  Sicherheit  zu  erkennen.  Wir  haben  also  nun  Thicre 
vor  uns,  welche  zwei  lichte  Körper  und  eine  Anzahl  (wahrscheinlich  4)  neugebildeter  Nucleoli, 
vermischt  mit  den  Bruchstücken  des  alten  Nucleus,  enthalten.  Die  nächste  Fulgc  ist  nun, 
dass  diese  Formen  mit  nur  zwei  lichten  Körpern,  die  sich  jedoch  nun  durch  ein  granulirtcres 
Wesen  mehr  an  die  Nudeussubstanz  des  gewöhnlichen  Thicres  anschliessen,  sich  theilen.  Diese 
Theilung  geschieht  ohne  irgend  welche  Veränderung  der  beiden  lichten  Körper  und  der 
Nucleusbruchstücke,  weder  Vereinigung  noch  Theilung  derselben.  Jeder  der  Theilsprösslinge 
erhält  einen  der  aus  den  lichten  Körpern  hervorgegangenen,  nucleusnrtigen  Körper  und  etwa 
die  Hälfte  der  früheren  Nucleusbruchstücke,  sowie  eine  Anzahl,  wahrscheinlich  meist  zwei  der 
rückgebildeten  Nucleoli,  welche  nachzuweisen  auf  diesen  Stadien  mit  einiger  Sicherheit  gelang 
(Taf.  XV.  Fig.  17a-b).  Der  frühere  lichte  Körper  jedes  dieser  Theilungssprösslinge 
setzt  nun  sein  Wachsthum  immer  noch  weiter  fort  und  indem  sich  seine  Substanz  allmälig 
ganz  feingranulirt  differenzirt,  erhält  er  bald  völlig  das  Aussehen  eines  ächten  Nucleus,  hinter 
welchem  er  nur  in  der  Grösse  noch  zurücksteht  Verfolgt  man  nun  diese  Thierc  weiter,  so 
bemerkt  man,  dass  unter  Heranwachsen  des  nuclcusartigcn  Körpers  die  Zahl  der  Nucleus- 
bruchstücke sich  mehr  und  mehr  verringert,  so  dass  man  sich  alle  möglichen  Stadien  bis  zu 
der  Gegenwart  von  nur  noch  einem  derartigen  ursprünglichen  Nucleusbruchstück  vor  Augen 
führen  kann.  Diese  Abnahme  der  Nucleusbruchstücke  hat  darin  einen  ersichtlichen  Grund,  dass 
die  Fortpflanzung  der  Thierc  durch  Theilung  weitergeht,  wobei  natürlich,  wie  ich  dies  auch  bei 
P.  putrinum  ziemlich  sicher  beobachtet  habe,  der,  aus  der  ursprünglichen  Nucleoluskapsel  hervor- 
gegangene, nucleosartige  Körper  sich  ähnlich  wie  ein  normaler  Nucleus  theilen  wird;  leider 
konnte  ich  jedoch  einen  derartigen  Thcilungszustand  nicht  direct  beobachten.  Dieser  nucleus- 
artige  Körper  wird,  wie  aus  meiner  Darstellung  schon  ersichtlich,  zu  dem  Stamm  des  Nucleus 
der  aus  der  Coujugation  hervorgegangenen  T liiere;  nicht  ganz  sicher  bin  ich  jedoch  hin- 
sichtlich des  Schicksals  der  noch  vorhandenen  Bruchstücke  des  alten  Nucleus.  Ursprünglich 


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Welt  ich  die  Ansicht,  dass  dieselben  sich  schliesslich  alhnälig  sämmtlich  mit  dem,  als  Stamm 
des  neuen  Nucleus  fungirenden  Körper  vereinigen,  für  zweifellos  begründet,  um  so  mehr  als  ja 
auch  Balbiani  und  Stein  die  Nucleusbruchstücke  allmälig  wieder  zu  einem  neuen  Nucleus 
zusammentreten  lassen.  Ich  hatte  jedoch  für  diese  Ansicht  auch  in  der  Beobachtung  selbst 
Anhaltspunkte  gefundeu.  Man  trifft  nämlich  nicht  selten  Formen,  wo  eines  oder  mehrere  der 
NucleusbruchstQcke  dem  neugcbildcteti  Nucleus  dicht  augeschmiegt,  ja  häufig  sogar  tief  in  den- 
selben eingesenkt  sind  (Taf.  IX.  Figg.  15  und  16),  ein  Zustand,  von  dem  nur  noch  ein  kleiner 
Schritt  bis  zur  definitiven  Verschmelzung  der  Bruchstücke  mit  dem  neugebildeten  Nucleus  ist. 
Andererseits  bin  ich  jedoch  im  Laufe  meiner  Untersuchungen  immer  vorsichtiger  in  der  Deu- 
tung der  verlockendsten  Bilder  gewordeu  und  muss  mir  daher  selbst  entgegen  halten,  dass  die 
definitive  Verschmelzung  der  Bruchstücke  des  alten  Nucleus  mit  dem  neugcbildeten,  wenn  auch 
sehr  wahrscheinlich  gemacht,  so  doch  nicht  definitiv  bewiesen  worden  ist.  Die  Analogie  mit 
P,  Bursaria  dürfte  zwar  gleichfalls  als  Stütze  angeführt  werden,  jedoch  wird  hierdurch  immer- 
hin die  Möglichkeit,  dass  die  Bruchstflcke  des  alten  Nucleus  schliesslich  durch  Ausstossung 
entfernt  werden,  nicht  gänzlich  widerlegt.  Dieser  Punkt  bedarf  daher  noch  künftiger  Aufklärung. 

Was  nun  aber  die  Beobachtung,  abgesehen  von  dem  Schicksal  der  Bruchstücke  des  alten 
Nucleus,  unwiderleglich  beweist,  ist,  dass  schliesslich  die  aus  der  Conjugatiou  hervorgehenden 
Thiere  wieder  einen  einfachen  Nucleus  und  Nucleolus  erhalten  und  sich  der  neugebildete 
Nucleus  dadurch  auszeichnet,  dass  ein  beträchtlicher  Antheil  desselben  (möglicherweise  jedoch 
auch  der  ganze  Nucleus)  durch  Auswachsen  einer  der  ursprünglichen  acht  Nucleoluskapselu  hervor- 
gegangen ist.  Das  gänzliche  Verschwinden  der  Bruchstücke  des  alten  Nucleus  nimmt  eine  sehr 
verschieden  lange  Zeit  in  Anspruch.  So  fand  ich  unter  einer  Anzahl,  am  '20.  October  1874  isolirter 
Thicrc,  noch  am  1.  November  ein  Thier,  das  neben  dem  neuen  Nucleus  sechs  Nuclcusbruchstücke 
enthielt,  während  schon  am  26.  October  das  erste  Thier  mit  einfachem  Nucleus  ohne  Nuclcus- 
bruchstücke gefunden  worden  war. 

Von  einer  Entwicklung  von  Embryonalkugeln  und  Embryonen  ist  natürlich  ebensowenig 
die  Rede,  als  von  einer  Eibildung  und  Ablage,  da  wir  die  wahre  Bedeutung  der  Balbiani'schen 
Eier  als  eine  ganz  andere  gefunden  haben. 

Schaafhausen  (72)  will  übrigens  das  Eierlegen  von  P.  Aurelia  wirklich  gesehen 
und  diesen  Vorgang  stundenlang  beobachtet  haben.  Ob  dies  an  wirklich  aus  der  Conjngation 
hervorgegangenen  Thiercn  geschah,  wird  nicht  angegeben.  »Das  mit  Ei  kugeln,  die  von  heller 
Flüssigkeit  umgeben  sind,  strotzend  gefüllte  Thierchen  lässt  in  einer  Stunde  mehrmals  ein 
solches  Ei  austreten  und  zwar  an  verschiedenen  Stellen  des  Hinterleibes«  —  »die  von  l'urttmaecium 


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-    808  — 

gelegten  Kugeln  bleiben  stundenlang  unbewegt  liegen  und  alimalig  bildet  sich  ein  Vorsprung 
an  der  Kugel  mit  einem  Wimpersaum,  mittelst  dessen  das  Thierchen  dann  fortschwimmt. c  Ich 
kann  mich  des  Gedankens  nicht  erwehren,  dass  diese  vermeint licheu  Eier  nichts  weiter  wie 

I 

Speiseballen  waren,  welche  nach  stattgefundener  Verdauung  ausgeschieden  wurden;  oder  ha 
Schaafhausen  nur  die  parasitischen  Sphaerophryen  von  P.  Aurelia  beobachtet,  die  ihn 
ganz  unbekannt  zu  sein  scheinen,  womit  jedoch  nicht  in  Uebereinstinmiung  zu  bringen  wäre, 
dass  die  ausgeschiedenen  Kugeln  ruhig  liegen  bleiben  sollten.    Jedenfalls  können  aber  die 
Beobachtungen  von  Sc  ha  äff  hausen  das  Eierlegen  von  P.  Auretia  nicht  beweisen. 

Der  Vollständigkeit  wegen  führe  ich  noch  an,  dass  Balbiani  nach  Ablage  seiner 
vermeintlichen  Eier  die  Nucleusbruchstücke  wieder  zu  einem  Nucleus  zusammentreten,  den 
Nuclcolus  aber  sich  völlig  neu  bilden  lässt.  Eine  Widerlegung  der  Stcin'schen  Ansichten  über 
die  ferneren  Vorgänge  in  den  aus  der  Conjugation  hervorgegangenen  Thiere  halte  ich  nicht 
für  nötliig,  da  ihnen  jede  ^tatsächliche  Grundlage  fehlt. 

Ich  wende  mich  daher  sogleich  zur  Besprechung  der  bei  P.  pufrinum  nach  aufgehobener 
Conjugation  statthabenden  Vorgänge. 

Diese  Art  war  zwar  die  erste,  bei  welcher  ich  auf  die  wichtige  Thatsache  aufmerksam 
wurde,  dass  die  acht  streifigen  Nucleoluskapseln  nach  aufgehobener  Conjugation  nicht  schwinden; 
ich  war  jedoch  bei  ihrer  Untersuchung  noch  zu  weit  von  der  richtigen  Spur  entfernt,  um  zu 
einem  völligen  Verständniss  der  Vorgänge  zu  gelangen. 

Schon  sehr  kurze  Zeit  nach  aufgehobener  Conjugation  bilden  sich  auch  hier  die  acht 
ovalen,  streifigen  Nucleoluskapseln  (Taf.  VIII.  Fig.  II)  zu  feingranulirten  Kugeln  um  (Fig.  13); 
meist  sah  ich  sie  alle  in  dieser  Weise  umgebildet,  wobei  jedoch  vier  bis  sechs  sich  durch  ihre 
bedeutendere  Grösse  vor  den  anderen  auszeichneten.  Solche  Zustände  hatte  ich  schon  früher 
gesehen  und  abgebildet  (78;  Taf.  XXV.  Fig.  5),  jedoch  im  Anschluss  an  Balbiani  falsch 
gedeutet,  indem  ich  die  granulirten  Nucleoluskapseln  für  aus  den  Nuclcolusbruchstücken  hervor- 
gegangene Eianlageu  hielt.  Ganz  gegen  Ende  meiner  Untersuchungen  an  P.  jnäriuum  machte 
ich  noch  eine  Beobachtung,  die  es  mir  nun  sehr  wahrscheinlich  macht,  dass  auch  hier  die- 
selbe Kegelmässigkcit  in  der  Weiterbildung  der  Nucleoluskapselu  herrscht,  die  wir  bei 
P.  Aurelia  fanden.  Ein  eben  aus  der  Conjugation  hervorgegangenes  Thier  wurde  isolirt  und 
hatte  sich  schon  nach  Ablauf  von  24  Stunden  getheilt;  jeder  der  Theilsprösslinge  (Figg.  12a  n.  b) 
enthielt  zwei  ansehnliche  Nucleoluskapseln  mit  granulirtcin  Inhalt,  daneben  das  eine  noch 
eiue,  das  andere  hingegen  drei  geschrumpfte,  jedoch  noch  sehr  deutliche  kleine  Kapseln. 
Hiernach  scheint  es  mir  wahrscheinlich,  dass  sich  auch  hier  bei  weiterer  Untersuchung  dieselbe 


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Hcgelraässigkeit  bezüglich  der  Umbildung  der  Nucleoluskapseln  ergeben  wird,  wie  bei 
P.  Aurelia. 

In  meiner  vorläufigen  Mittheilung  (79)  schrieb  ich  die  Verminderung  der  Zahl  der  körnigen 
Nucleoluskapseln,  welche  man  schon  am  ersten  oder  zweiten  Tag  nach  aufgehobener  Conjngation 
eintreten  sieht,  nur  der,  wie  wir  oben  sahen,  schon  am  zweiten  Tag  nach  Losung  der  Syzigie 
eintretenden  Theilung  zu;  jetzt  muss  ich  es  für  sicher  halten,  dass  diese  erste  Verminderung 
dadurch  geschieht,  dass  sich  nur  ein  Theil  (wahrscheinlich  meist  die  eine  Hälfte  derselben)  wie 
bei  P.  Aurdia  weiter  entwickelt,  die  anderen  hingegen  sich  mehr  und  mehr  rflckbilden,  um 
schliesslich  wahrscheinlich  ganz  zu  schwinden,  wie  bei  den  übrigen  Paramaccien.*) 

Man  triflt  also  am  zweiten  Tag  nach  aufgehobener  Conjugation  gewöhnlich  vier  bis 
sechs  solcher,  an  Grösse  etwas  ungleicher  Nucleoluskapseln  (Figg.  13—16).  Im  lebenden 
Thier  erscheinen  sie  hell,  jedoch  erkennt  man  bei  hinreichender  Pressung  schon  ihre 
granulirte  Beschaffenheit.  Die  Fig.  15  abgebildete  Form  ist  sehr  interessant  wegen  ihrer 
Aehnlichkeit  mit  den  Entwickelungszuständen  der  Nuclcoli  gewisser  Infusorien  (Euplotes, 
Stylomchia)  wahrend  der  Conjugation.  AUmälig  ändert  sich  jedoch  die  Beschaffenheit  der  Substanz 
der  Kapseln,  dieselbe  wird  mehr  und  mehr  homogen  und  in  ihrem  Innern  treten  eine  Anzahl 
dunklerer  Körperchen  auf  (Taf.  VIII.  Figg.  17—20).  Nach  der  Analogie  mit  P.  Bursaria 
und  Aurelia  ist  nun  zu  schliessen,  dsss  sich  ein  Theil  der  so  entstandenen  lichten  Körper 
wieder  zu  ächten  Nucleoli  zurückbildet,  jedoch  hat  mir  die  Untersuchung  keine  sicheren  Beweise 
hierfür  an  die  Hand  gegeben.  Durch  Theilung  vermindert  sich  in  den  einzelnen  Individuen  die 
Zahl  der  lichten  Nucleoluskörper;  so  zerfiel  z.  15.  ein  mit  drei  solchen  Körpern  versehenes  Thier 
in  zwei,  von  welchen  das  eine  zwei,  das  andere  nur  einen  dieser  Körper  mit  sich  nahm.  Neben 
diesen  lichten  Körpern  liessen  sich  zwischen  den  Nucleusbrucbstücken  meist  noch  ein  bis  drei 
kleine  dunkle  und  feingranulirte  Körper  auffinden,  welche  ich  für  die  durch  Rückbildung  der 
Nucleoluskapseln  entstandenen  Nucleoli  zu  halten  geneigt  bin.  **) 

Wir  sehen  also  schliesslich  Thicre  hervorgehen,  welche  (Taf.  VIII.  Fig.  21)  nur  einen 
lichten  Körper  und  daneben  viele  Nuclcusbruchstücke,  nebst  einem  oder  mehreren  Nucleoli 
enthalten. 

•)  Ganz  «icher  icheint  mir  teUteres  Verhalten  hier  doch  nicht,  ei  w&rc  nämlich  aiich  möglich,  dass 
diese  rockgebildeten  Kapseln  (Fig.  Vi)  direct  wieder  die  Nucleoli  der  aus  der  Conjugation  hervorgehenden  Thiers 
lieferten  -,  bei  dieser  Voraussetzung  würden  sich  meine  Beobachtungen  an  P.  putrinum  Tiel  einfacher  erklären. 
•*)  Der  Leacr  wird  akh  wohl  leicht  selbst  die  Modificationen  de»  Entwicklungsganges  »ergegenwartigen, 

begründet  erwiese. 


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—    310  - 

Die  weitere  Entwiekelung  dieser  Formen  ist  nun  ganz  dieselbe  wie  bei  P.  Aurdia  und 
leider  blieben  auch  hier  die  nämlichen  Zweifel  hinsichtlich  des  definitiven  Schicksals  der 
Nucleusbruc)i8tQcke.  Der  Bau  dieser  NucleushruchstQcke  ist  anfänglich,  in  der  ersten  Zeit  nach 
aufgehobener  Üonjugation,  ein  gleichmässig  feinkörniger,  verbunden  mit  einem  mässig  dunklen 
Aussehen.  Bei  einer  Untersuchungsreihe  traf  ich  sie  jedoch  auf  vorgerückteren  Stadien,  wenn  sich 
nur  noch  eine  lichte  Kugel  in  den  Thiercn  fand,  sämmtlich  von  sehr  interessanter  Beschaffenheit 
(Figg.  21,  22  und  23).  Nach  Behandlung  mit  Essigsäure  hatte  sich  n&mlich  ihre  Masse  in 
einen  Innenkörner  und  eine  Aussenzone  gesondert,  ersterer  mehr  homogen,  die  letztere  von 
granulirter  Beschaffenheit.  Der  neupebildetc.  aus  dem  lichten  Körper  (Fig.  21)  hervorgegangene, 
junge  Nucleus  (Figg.  24  und  25)  zeitf  nun  stets  eine  Menge  solcher  homogenen  Binnenkörper  in 
seiner  Masse ;  er  hat  nämlich  ganz  dieselbe  Structur,  welche  der  Nucleus  von  P.  Bursaria 
gewöhnlich  besitzt  Ich  war  daher  natürlich  anfänglich  sehr  geneigt,  diesen  Bau  davon  herzuleiten, 
dass  die  Nucleusbruchstücke  sich  mit  dem  lichten  Körper  vereinigten,  doch  liegt  hierfür  kein 
sicherer  Beweis  vor,  da  ja  die  ähnliche  Structur  des  Nucleus  von  P.  Bursaria  gewiss  nicht 
in  dieser  Weise  entsteht  sondern  durch  Differenzirung  in  der  Nucleusmasse. 

Auch  hier  theilen  sich  die,  mit  in  der  Reconstitution  begriffenem  Nucleus  versehenen  Thiere, 
wobei  dieser  selbst  getheilt  wird. 

Unter  den  aus  der  Conjugation  hervorgegangenen  Thieren,  mit  schon  theilweise  neu- 
gebildetem Nucleus,  fanden  sich  jedoch  auch  eine  Anzahl  Individuen,  in  welchen  von  einem  in 
der  beschriebenen  Weise  neugebildeten  Nucleus  gar  nichts  zu  entdecken  war,  sondern  in  ihnen 
waren  die  Nucleusbruchstücke  allem  Anscheine  nach  zu  einer  grösseren  oder  kleineren  Zahl 
gleichmässig  granulirter,  ziemlich  dunkler  Kugeln  zusammen  getreten  (Taf.  IX.  Fig.  1).  in 
solchen  Zuständen  kann  ich  nur  abnorme  Bildungen  erkennen,  die  sich  wahrscheinlich  dadurch 
erklären,  dass  sie  aus  Thieren  hervorgegangen  sind,  welche  bei  der  fortgesetzten  Theilung  gar 
keinen  lichten  Nucleoluskörper,  also  keine  Anlage  zu  eiuem  neuen  Nucleus  erhalten  haben. 
Das  merkwürdigste  war  mir,  dass  ich  ein  derartiges  Thier  mit  einem  normalen  in  Conjugation 
antraf  (Taf.  IX.  Fig.  2),  wobei  sich  in  jedem  der  Thiere  eine  völlig  normale  Nucleoluskapsel 
entwickelt  hatte. 

Hieran  schliesst  sich  denn  auch  der  merkwürdigste  Conjugationszustand  von  P.  putrinum, 
welcher  mir  zu  Gesicht  kam.  Jedes  der  conjugirten  Thiere  enthielt  einen  in  der  Entwicklung 
zu  einer  Kapsel  begriffenen  Nucleolus,  jedoch  nur  das  eine  einen  noch  unveränderten  Kern, 
das  andere  hingegen  entbehrte  jedes  Rudimentes  eines  Nucleus. 


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-    311  - 


C.  Untersuchungen  au  Cyrtostomum  (FroiUoMa)  leticas  Ehrbg. 

Taf.  XIU.  Figg.  9-11. 

Balbiani  gibt  an  (60;  p.  490):  dass  sich  bei  Cyrtostomum  leucas  und  Panophrys 
(Bursaria  Ehrbg.)  flava  ganz  die  gleiche  Art  der  Eientwickelung  finde,  wie  bei  Paramaecium 
Aurelia.  Stein  dagegen  hat  bei  den  Coujugationszuständen  der  erstgenannten  Art  immer 
einen  noch  unveränderten  Nucleus  und  meist  eine  unentwickelte  Samenkapsel  angetroffen 
(68;  p.  92). 

Ich  hatte  nur  einmal  Gelegenheit  Cyrtostomum  leucas  in  grösserer  Mcngo  conjugirt  an- 
zutreffen; da  ich  nun  schon  wusste,  dass  der  Schwerpunkt  der  Untersuchung  in  der 
Ermittelung  des  Verhaltens  nach  beendigter  Conjugation  liege,  so  untersuchte  ich  nur  wenige 
Syzigien  und  sparte  den  grösseren  Theil  der  Thiere  für  spätere  Beobachtungen  auf.  Leider 
trat  jedoch  bald  ein  allgemeines  Sterben  ein,  so  dass  ich  nur  wenige  Stadien  zur  Ansicht 
bekam. 

Während  der  eigentlichen  Conjugation  bleibt  der  Kern  wohl  wie  bei  P.  Aurelia  ziemlich 
unverändert  Bedeutend  vergrösserte  Nucleoluskapselu  sah  ich  nicht,  dagegen  fand  ich  in  jedem 
Thier  einer  Syzigie  (Fig.  ü)  nicht  weniger  wie  sechs  spindelförmige  Kapseln  mit  deutlicher 
Hülle  und  streifigem  Inhalt ;  einige  Anzeichen  sprechen  jedoch  dafür,  dass  ihre  Zahl  noch  mehr, 
wahrscheinlich  acht  betrug. 

Einige  Zeit  nach  aufgehobener  Conjugation  fand  ich  den  Nucleus  zu  einem  langen,  fast 
durch  den  gesammten  Leib  des  Thicres  sich  ausdehnenden,  mehrfach  verästelten  Band  aus- 
gewachsen (Fig.  10).  Vier  kleine  Nudeoluskapselu  von  derselben  Beschaffenheit  wie  früher 
Hessen  sich  deutlich  erkennen. 

Den  zweiten  Tag  nach  aufgehobener  Conjugation  ergab  die  Untersuchung  eines  Thieres, 
dass  der  Nucleus  schon  völlig  in  Bruchstücke  von  etwas  verschiedener  Grösse  zerfallen  war 
(Fig.  11).  Zwischen  einigen  zwanzig  derartigen,  nach  Behandlung  mit  Essigsäure  (1°;.)  gleich- 
massig und  ziemlich  dunkel  granulirt  erscheinenden  Bruchstücken,  fanden  sich  einige  kleine,  nach 
Essigsäurcbchandluug  dunkle,  sehr  feinkörnige  Körperchen  mit  abstehender  Hülle,  eine  genaue 
Feststellung  ihrer  Zahl  war  nicht  möglich.  Es  sind  dies  ohne  Zweifel  durch  Umwandlung  der 
Nucleoluskapseln  hervorgegangene  Gebilde,  die,  wio  bei  den  Paramaecien,  sicherlich  noch  eine 
bedeutende  Rolle  zu  spielen  berufen  sind.  Diese  zu  ermitteln,  gelang  jedoch  nicht,  da  bis  zum 
folgenden  Tag  sämmüiche  Thiere  abgestorben  waren. 


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-    312  - 

D.  Untersuchungen  an  CutpUUutn  Colpodti  and  Gkiucottia  ncltUUlati*. 

Taf.  IX.  Figg.  7-13. 

Die  auffallende  Uebereinstimmung,  welche  diese  beiden  Arten  in  den  Verhältnissen,  wie 
sie  im  Laufe  der  Conjugation  eintreten,  so  weit  sich  dies  erforschen  liess,  zeigen,  bestimmen 
mich,  sie  hier  der  Kürze  wegen  gleichzeitig  zu  besprechen.  Uebcr  Colpidium  (Paramaccium) 
Colpoda  habe  ich  früher  einige  Bemerkungen  gemacht,  die  sich  auf  die  Constatirung  einer  Nucleolus- 
kapsel  und  die  NichtVeränderung  des  Kernes  während  der  Conjugation  beschrankten  (78;  p.  667). 

Ueber  Glaucoma  sciutillans  liegen  einige  Mittheilungen  Balbiani's  vor  (66;  p.  519; 
Taf.  IX.  Figg.  21—22). 

Aus  Versehen  hatte  ich  froher  angegeben,  bei  Colpidium  keinen  Nucleolus  gefunden  zu 
haben,  ich  hatte  jedoch  nur  die  betreffende  Notiz  in  meinem  Tagebuch  übersehen. 

Bei  den  Conjugationszuständen  von  Colpidium  trifft  man  gewöhnlich  vor  dem  rundlichen 
Nucleus  eine  sehr  langgestreckte,  im  lebenden  Thier  sich  als  ein  heller  Streif  markirende 
Nucleoluskapsel  (Fig.  9),  über  deren  Bau  man  durch  Behandlung  des  Thieres  mit  Essigsaure 
nur  wenig  Aufschluss  erhält.  Sucht  man  dieselbe  jedoch  durch  Zerdrücken  des  Thieres  zu 
isoliren,  so  schnurrt  sie  beim  Heraustreten  zusammen ;  ihre  Membran  bläht  sich  hierbei  zu  einer 
ovalen  Blase  auf,  in  der  man  ein  geschlängeltes  Fadenbündel  liegen  sieht,  welches  sich  mit  zwei 
Körnerpartien  an  die  Membran  ansetzt.  Zuweilen  bleibt  jedoch  auch  noch  ein  Theil  des  Faser- 
stranges in  seinem  ursprünglichen,  gestreckten  Zustand  und  hängt  dann  dem  zusammengeschnürten 
und  aufgeblähten  Theil  wie  ein  Schwanz  an  (Taf.  X.  Figg.  26-28).  Dieses  Stadium  der  Nucleolus- 
kapsel ist  wohl  mit  dem  früher  beschriebenen,  direct  aus  dem  Nucleolus  von  P.  Bursaria  und 
Aurelia  hervorgehenden  Stadium  der  grossen  und  gekrümmten  Kapsel  zn  vergleichen.  Leider 
gelang  es  mir  nicht,  die  weiteren  Schicksale  dieser  Nucleoluskapsel  zu  verfolgen.  Beobachtet 
man  lebende  Thiere,  so  sieht  man  die  Kapsel  immer,  nicht  allzulange  Zeit  vor  der  Lösung  der 
Syzigie,  sich  etwas  verkleinern  und  undeutlicher  werden  und  schliesslich  scheint  sie  gänzlich  zu 
verschwinden.  Meine  Uebung  in  der  Untersuchung  derartiger  Dinge  war  jedoch,  als  ich  diese  Be- 
obachtungen anstellte,  noch  nicht  gross  und  ich  war  fernerhin  auch  noch  in  der  Vorstellung 
befangen,  dass  ein  Verschwinden  der  Nucleoluskapseln  das  normale  Verhältniss  sei.  Nach  allen 
•  vollständigeren  Untersuchungen,  die  ich  seit  dieser  Zeit  bei  anderen  Infusorien  anzustellen  Ge- 
legenheit hatte,  ist  dies  Verschwinden  der  Nucleoluskapseln  jedoch  keineswegs  der  Fall,  so  dass 
ich  auch  bei  unserer  Art  wohl  mit  Hecht  vermuthen  zu  dürfen  glaube,  dass  die  Nucleoluskapsel 
sich  noch  weiter  theile  und  aus  Gründen,  welche  ich  sogleich  näher  erörtern  werde,  scheint  es  mir 
wahrscheinlich,  dass  hier  vier  Nucleoluskapseln  durch  Theilung  der  grossen  Kapsel  hervorgehen. 


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—    313  - 

Die  genauere  Feststellung  dieser  Verhältnisse  muss  ich  jedoch  einer  erneuten  Untersuchung 

Gegen  Ende  der  Conjugation  trifft  man  nun  neben  dem  etwas  verkleinerten  Kern  zwei 
kleine,  sehr  Uchte  Kugeln  (Fig.  10).  Ursprünglich  glaubte  ich,  dass  diese  beiden  Kugeln 
einem  Theilungsprocess  des  Nucleus  ihren  Ursprung  verdankten  und  habe  diese  Ansicht  auch 
noch  in  meiner  vorläufigen  Mitteilung  (79)  vertreten ;  nach  den  Erfahrungen  bei  P.  Bursaria 
und  Slylonkhia  Myiüas  muss  ich  dies  jedoch  nun  für  sehr  unwahrscheinlich  erklären,  um 
so  mehr  als  ich  bei  Colpidium,  sowie  dem  in  dieser  Hinsicht  sich  ganz  gleich  verhaltenden 
Glaucoma  seintUlam,  keine  directen  Anzeichen  eines  Zerfalls  des  Nucleus  auffinden  konnte.  Ich 
muss  es  daher  jetzt  für  höchst  wahrscheinlich  halten,  dass  diese  beiden  kleineren  lichten 
Kugeln,  in  ähnlicher  Weise  wie  bei  P.  Bursaria,  aus  Nacleoluskapscln  hervorwachsen.  Ver- 
folgt man  nun  die  eben  aus  der  Conjugation  hervorgegangenen  Thiere  weiter,  so  sieht  man 
sehr  bald,  dass  der  schon  verkleinerte  Kern  allmälig  an  Grösse  mehr  und  mehr  abnimmt  und 
gleichzeitig  dunkler  wird,  bis  er  sich  schliesslich  zu  einer  kleinen  dunkelen,  etwas  glänzenden  Kugel 
verdichtet  hat,  welche  nach  dem  Hinterende  des  Thieres  verschoben  wird.  Nach  einiger  Zeit 
sieht  man  diese  Kugel  dann  manchmal  wieder  etwas  lichter  werden,  ohne  dass  sie  jedoch  an  Grösse 
zunähme.  Das  fernere  Schicksal  dieses  so  rückgebildeten  Kernes  zu  ermitteln,  wollte  mir  lange 
Zeit  nicht  glücken,  er  war  immer  ganz  plötzlich  verschwunden.  Dies  brachte  mich  zunächst 
auf  den  Gedanken,  dass  hier  doch  wirklich  eine  Ausstossung  stattfände,  von  welcher  Balbiaui 
zwar  viel  erzählt,  sie  jedoch  in  keinem  FaU  nachgewiesen  hatte.  Ich  beobachtete  daher  ein 
solches  Thier  anhaltend  und  hatte  das  Glück  mich  mit  vollständiger  Sicherheit  davon  zu  über- 
zeugen,  dass  der  rückgebildete  Kern  wirklich  aus  dem  Hinterende  des  Thieres,  wahrscheinlich 
dem  After,  ausgestossen  wird.  Ich  verfolgte  ihn  einige  Zeit  im  umgebenden  Wasser,  verlor  ihn 
jedoch  aus  den  Augen,  da  er  von  einer  zufällig  eintretenden  Strömung  weggerissen  wurde.  Es 
gehört  etwas  Glück  dazu,  diese  Ausstossung  zu  beobachten,  da  sie  in  einem  Moment  vollzogen 
ist;  gewöhnlich  erfolgt  sie  etwa  zwei  bis  drei  Stunden  nach  aufgehobener  Conjugation,  einmal  sah 
ich  den  rückgebildeten  Kern  erst  am  zweiten  Tage  nach  aufgehobener  Conjugation  verschwinden. 

Mittlerweile  sind  jedoch  die  beiden  kleinen  lichten  Kugeln  beträchtlich  herangewachsen 
und  ihre  Masse  zeigt  sich  nach  Behandlung  mit  1  °,o  Essigsäure  gleichmässig  granulirt.  Sie 
erlangen  bald  das  Aussehen  zweier  Kerne,  welche  dicht  aneinander  gepresst  sind,  ohne  data 
sich  jedoch  eine  Vereinigung  beider  herstellte.  So  verharren  denn  die  Thiere  in  diesem  Zustand 
einige  Tage  lang  ohne  Nahrung  zu  sich  zu  nehmen,  da  sie  keinen  Mund  besitzen,  der  während 
der  Conjugation  seinen  Untergang  fand.  Erst  am  siebenten  Tage  nach  aufgehobener  Conjugation 


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fand  ich  einen  neuen  Mund  und  wieder  Speiseballen  im  Endoplasma.  Am  achten  Tage  hatte 
sich  das  betreffende  Thier,  das  noch  den  vorhergehenden  Tag  die  zwei  Kerne  enthielt,  getheilt 
und  jeder  der  Theilsprösslinge  zeigte  nun  wieder  einen  einfachen  Nucleus. 

Leider  vermag  ich  über  die  Entstehung  eines  Nuclcolos  nichts  beizubringen;  ich  war  zu  der 
Zeit,  als  ich  diese  Untersuchungen  anstellte,  noch  der  Meinung,  dass  derselbe  sich  völlig  neubilde. 
Wahrscheinlich  geht  er  jedoch  auch  hier  durch  Rückbildung  einer  Nucleoluskapsel  wieder  hervor. 

Glaucoma  scmtülans  stand  mir  nur  in  sehr  geringer  Menge  zur  Verfügung,  auch  gelang 
es  mir  nicht,  die  aus  der  Conjugation  hervorgegangenen  Thiere  länger  wie  zwei  bis  drei  Tage 
am  Leben  zu  erhalten. 

Bei  conjugirten  Paaren  traf  ich  neben  dem  Kern  zwei  deutliche  Nucleoluskapscln  mit 
streifig  differenzirtem  Inhalt,  jedoch  bemerkte  ich  nicht  die  von  Balbiani  angegebene Thcilung 
dos  Kernes  zu  zwei  vermeintlichen  Eiern,  üben  aus  der  Conjugation  hervorgegangene  Thiere 
zeigen  nun,  wie  die  von  Golpidium  Colpoda,  eiuen  grösseren  rundlichen,  nach  Essigsäurebehand- 
lung dunkelfeinkörnigen  Körper,  den  schon  etwas  verkleinerten  und  verdichteteu  Kern  und 
daneben  zwei  lichte,  kleine,  nach  Essigsäurezusatz  feinstreifig -körnig  erscheinende  Körper 
(Taf.  IX.  Fig.  12).  Letztere  zwei  Körper  deute  ich  als  im  Her  vorwachsen  begriffene  Nucleolus- 
kapseln.  Der  Kern  fährt  nun  in  seiner  Verdichtung  und  Verkleinerung  stetig  fort  und  wird 
bald  zu  einer  kleinen  duukelglänzenden,  homogenen  Kugel ;  die  beiden  lichten  Körper  hingegen 
wachsen  allmälig  etwa  zur  halben  Grösse  des  ursprunglichen  Kernes  heran  (Taf.  IX.  Fig.  13). 
In  diesem  Zustand  verweilen  die  Thiere  einige  Tage  nach  der  Lösung  der  Syzigie,  indem 
die  drei  Körper  in  ihrem  Innern  vielfach  verschoben  werden.  Wahrscheinlich  ist  nun  der 
weitere  Entwickclungsgang  hier  sehr  ähnlich  wie  bei  Colpidium  Colpoda,  jedoch  machte  das 
regelmässige  Absterben  der  Thiere  der  Untersuchung  an  dieser  Stelle  immer  ein  Ende. 


E.  Untersuchungen  an  BiephuHsma  laterUUt  Ehrbg. 

Taf.  XIII.  Figg.  1—5. 

Dieses  so  interessante,  durch  seine  nieist  rosenrothe  Färbung  ausgezeichnete,  heterotriche 
Infusionsthier  wurde  schon  vor  langer  Zeit  von  O.  F.  Müller  in  Conjugation  beobachtet*). 
Auch  Stein  beschreibt  (68;  p.  83—84)  eine  Anzahl  Formen,  welche  er  als  aus  der  Conjugation 

•)  Vergl.  0.  F.  Müller,  Animalcula  infusoria  p.  185.  Trichoda  aurantiaca  u.  Taf.  XXVI.  Fig.  16. 
Müller  deutet  die  vnn  ihm  gesehene  Vereinigung  zweier  Individuen  schon  sehr  richtig  als  Paarung  und 
nicht  als  Längalbeilung.  auch  ist  sowohl  seine  Schilderung  als  Abbildung  dieser  Vereinigung  aweier  Thiere 


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hervorgegangene  und  in  der  geschlechtlichen  Fortpflanzung  begriffeue  betrachtet ;  ihre  Beurthei- 
lung  wird  weiter  unten  versucht  werden. 

Unsere  Art  enthält  einen  ovalen  einfachen  Nuclensj  so  leicht  dieser  jedoch  auch  bemerkbar 
ist,  so  schwierig  ist  hingegen  die  Frage  nach  dem  Vorhandensein  von  Nucleoli  zu  lösen. 
Balbiani  will  bei  unserem  Thier  einen  Nucleolus  gefunden  haben  (64);  Engclmann  (110) 
kam  darüber  zn  keiner  Sicherheit  und  Stein  (68)  gibt  an,  dass  alle  seine  Bemühungen,  einen 
Nucleolus  zu  finden,  vergeblich  waren. 

Diese  Frage  ist  jedoch  auch  bei  BlepharistHa  lateritia  sehr  schwierig  zu  entscheiden, 
da  es  zu  denjenigen  Infusorien  gehört,  welche  sich  kaum  oder  doch  nur  sehr  schwierig 
zum  Zerfliessen  bringen  lassen  und  nur  durch  diese  Pr.-ccdur  lassen  sich  kleine  Nucleoli 
mit  Sicherheit  erkennen;  Behandlung  mit  Essigsäure  gibt  selten  entscheidende  Bilder.  Auch 
mir  glückte  es  nicht,  in  den  gewöhnlichen  Thieren  einen  Nucleolus  mit  Sicherheit  nachzuweisen, 
dennoch  zweifle  ich  kaum  an  der  Anwesenheit  von  nicht  einem,  sondern  mehreren  Nucleoli 
hei  unserem  Thier,  da  nämlich  im  Laufe  der  Conjugation  deutliche  Nucleoluskapscln  auftreten. 

Die  Conjugation  geschieht,  wie  bei  den  verwandten  Infusorien  und  wie  Stein  schon 
richtig  vermuthete,  nur  mittelst  der  Peristomc,  jedoch  nicht,  wie  er  glaubte,  nur  mit  einem  der 
Ränder  des  Peristomfeldes,  sondern  dnreh  Verschmelzen  der  Peristomfeldcr  längs  ihrer  ganzen 
Mittellinie,  von  dem  Vorderende  der  Thiere  bis  dicht  vor  die  Mundöffnung.  Die  Peristomränder 
selbst  bleiben  demnach  ganz  frei,  ähnlich  wie  bei  den  späterhin  noch  zu  besprechenden 

■ 

Conjugationszuständen  der  Condylostoma  VotiiccUa  Ehrbg. 

Während  der  gesummten  Dauer  der  Conjugation  zeigt  der,  nach  Behandlung  mit  Essig- 
säure gleichmässig  und  ziemlich  feingranulirte  Nucleus  keine  Veränderungen  und  geht  in  seiner 
ursprünglichen  Gestalt  in  die  sich  trennenden  Thiere  hinüber.  Dagegen  bemerkt  man  an  stark 
gepressten  und  dann  mit  1  °l0  Essigsäure  behandelten,  conjugirten  Thieren  stets  sehr  deutlich 
eine  Anzahl  kleiner  nucleolusartiger  Körperchen  (Fig.  1  ).  Dieselben  machen  etwa  den  Ein- 
druck kleiner  Zellkerne,  indem  sie  als  von  einer  dunklen  nulle  umschlossene  Bläschen  erscheinen, 
in  welchen  ein  dunkles,  centrales  oder  excentrisches  Körperchen  liegt.  Einige  Male  sah  ich 
von  diesem  Körperchen  feine  Fasern  nach  der  Hülle  laufen,  auch  finden  sich  zuweilen  solche 
Bläschen,  welche  nur  einige  dunkle  Granula,  jedoch  keinen  deutlichen,  grösseren  Binnenkörper 
enthalten.  Die  Zahl  der,  in  jedem  der  conjugirten  Thiere  enthaltenen  Körperchen  dieser  Art 
fand  ich  sehr  verschieden;  einmal  traf  ich  nur  zwei,  dann  wieder  drei,  einmal  in  dem  einen 
Thier  sieben,  in  dem  anderen  acht,  das  in  Fig.  1  abgebildete  Paar  zeigte  sogar  elf  in  dem 
linken  und  ungefähr  sechs  in  dem  rechten  Individuum.    Es  ist  jedoch  begreiflich,  dass  eine 


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genauere  Feststellung  der  Zahl  dieser  kleinen  ,  durch  die  verhältnissmassig  grossen  Thiere 
zerstreuten  Körperchen  auf  grosse  Schwierigkeiten  stösst.  Die  aus  der  Conjugation  hervor- 
gegangenen Thiere  zeigten  von  den  beschriebenen  Körperchen  nichts  mehr;  hingegen  traf  ich 
bei  einem  ganz  kurz  nach  aufgehobener  Conjugation  untersuchten  Thiere  vor  und  hinter  dem 
Kprne  je  eine  sehr  deutliche,  ovale,  kleine  Nucleoluskapael.  Diese  Kapseln  waren  sehr  hübsch 
längsfaserig  ünd  die  Mitten  der  Fasern  zu  je  zwei  dunkelen  Knötchen  angeschwollen,  welche 
zusammen  eine  doppelte  Körnerzone  im  Aequator  der  Kapsel  bildeten  (Fig.  2). 

Statt  dieser  beiden  unzweifelhaften  Nucleoluskapseln,  trifft  man  nun  bei  den,  kurz  nach  auf- 
gehobener Conjugation  untersuchten  Thieren  zwei  kleine,  sehr  lichte  Körperchen  von  ursprüng- 
lich gleichfalls  noch  ovaler  Gestalt  neben  dem  Kerne.  Nach  Behandlung  mit  Essigsäure  (1%) 
zeigen  dieselben  einen  ziemlich  grob-  und  dunkelgranulirten  Inhalt.  Diese  kleinen  lichten 
Körper  wachsen  nun  rasch  zu  runden,  hellen  Kugeln  heran,  in  welchen  regelmässig  ein  excentrisch 
liegendes,  dunkles  Körperchen  erscheint  (Taf.  XIII.  Fig.  3).  Im  Gegensatz  hierzu  verkleinert 
und  verdichtet  sich  der  Kern  beträchtlich,  so  dnss  er,  den  zweiten  Tag  nach  aufgehobener  Con- 
jugation, sich  als  ein  ziemlich  unregelmässiger,  häufig  ganz  runzlig  verschrumpfter  Körper 
(Fig.  5)  schon  im  lebenden  Thier  präsent irt.  welchen  die  beiden  hellen  Kugeln  zusammengenommen 
an  Volumen  übertreffen.  Zu  einer  so  homogenen  und  dunkelen  Kugel,  wie  wir  sie  bei  Colpi- 
dium  und  Glawxma  fanden,  verdichtet  sich  jedoch  der  Kern  hier  nicht. 

Am  dritten  Tage  nach  aufgehobener  Conjugation  traf  ich  zuerst  auf  Thiere,  welche  den 
Kern  ganz  verloren  hatten  und  ich  kann  daher  nicht  zweifeln,  dass  der  schon  vorher  sehr 
reducirte  und  verschrumpfte  Kern  auch  hier  ausgeworfen  wird  (Taf.  XIII.  Fig.  4).  Die  lichten 
Kugeln  sind  noch  mehr  vergrössert  wie  früher,  nach  Behandlung  mit  Essigsäure  erscheinen  sie 
schwach  granulirt;  das  dunkele  Körperchen  in  ihnen  scheint  um  diese  Zeit  wieder  zu  schwinden. 

Länger  gelang  es  mir  nun  nicht,  die  aus  der  Conjugation  hervorgegangenen  Thiere  lebend 
zu  erhalten;  schon  am  zweiten  Tage  nach  LöBung  der  Syzigie  starben  viele  ab,  der  Rest  am 
dritten  Tage. 

Die  Thiere.  welche  Stein  als  aus  der  Conjugation  hervorgegangene  und  in  der  geschlecht- 
lichen Fortpflanzung  begriffene  betrachtet,  enthielten  statt  des  Nucleus  zwei  bis  acht  kleinere, 
ganz  homogene  Kugeln  von  verschiedener  Grösse  und  in  mannigfach  wechselnder  Lagerung. 
Er  leitet  diese  Kugeln  von  einem  Zerfall  des  Nucleus  her  und  ergeht  sich  in  längeren  Betrach- 
tungen über  die  Modalitäten  dieses  hypothetischen  Theilungsprocesses.  Mit  den  von  mir 
gesehenen  Zuständen  kann  ich  nur  das,  von  Stein  auf  Taf.  I.  Fig.  8  (68)  abgebildete  Thier  mit 
zwei  grossen,  nebeneinanderliegenden  Kugeln  in  Zusammenhang  bringen.    Wollte  man  auch  die 


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von  Stein  und  Engel  mann  gesehenen  Thiere  mit  mehr  wie  zwei  Kugeln,  als  aus  der  Con- 
jugation  hervorgegangene  betrachten,  so  müsste  man  entweder  annehmen,  dass  die  beiden  hellen, 
aus  den  Nucleoluskapseln  hervorgehenden  Kugeln  (Fig.  4)  sieh  späterhin  noch  mehrfach  theilten 
oder  aber,  dass  die  Conjugation  bei  unserer  Art  iu  ganz  verschiedener  Weise  verlaufen  könnte. 
Beide  Eventualitäten  halte  ich  für  mehr  wie  unwahrscheinlich.  Die  erstere  deshalb,  weil  die 
Vorgänge  bei  Blepharisma  uns  die  grösste  Analogie  mit  denen  von  Cdpodimm  Cdpoda  bieten, 
ja  ihrerseits  die  Entstehung  der  lichten  Kugeln  bei  diesem  Infusor  noch  aufzuklären  im  Stande 
sind.  Es  darf  daher  wohl  auch  geschlossen  werden,  dass  das  Schicksal  der  beiden  hellen 
Kugeln  dasselbe  ist  wie  bei  Colpulium,  dass  sie  also  dazu  bestimmt  sind  neue  Nuclei  zu 
werden.  Die  zweite  der  oben  ausgesprochenen  Eventualitäten  scheint  mir  aber  deshalb  nicht 
zulässig,  weil  ich  die  Vorgänge  während  der  Conjugation  zwei  Mal,  zu  verschiedenen  Zeiten, 
ganz  in  der  von  mir  geschilderten  Weise  verlaufen  sah.  Ich  bin  daher  geneigt,  die,  von  Stein 
und  Engelmann  gesehenen  Thiere,  mit  vielen  Kugeln  an  Stelle  des  Nucleus,  als  abnorme, 
mit  der  Conjugation  nicht  im  Zusammenhang  stehende,  zu  betrachten. 

F.  Untersuchungen  an  ChUodon  Cucullulua  Ehrbg. 

Taf.  VII.  Figg.  20—23. 

Leider  standen  mir  von  diesem,  zur  Untersuchung  sehr  geeigneten  Thierchen  uur  ganz 
vereinzelte  Conjugationszustände  zur  Verfügung,  so  dass  ich  nur  einzelne  Stadien  zu  Gesicht 
bekam,  welche  jedoch  die  früheren  Beobachtungen  von  Stein  und  ßalbiani  wesentlich 
ergänzen  und  immerhin  einen  Schluss  auf  das  wahrscheinliche  Ziel  des  ganzen  Conjugations- 
processes  gestatten. 

Die  von  mir  gesehenen  Conjugationszustände  waren  sämmtlich  in  der  schon  von  Engel- 
mann (110;  pag.  350)  beschriebenen  Weise  gebildet;  die  beiden  zusammengetretenen  Thiere 
hatten  nämlich  ihre  Muudöffnuugen  dicht  aufeinandergepreßt  (Taf.  VII.  Fig.  20). 

Nach  erfolgter  Conjugation  entwickelt  sich  der  kleine  Nucleus  zuerst  durch  einfaches 
Auswachsen  zu  einer  langgestreckten,  schmalen  Kapsel,  welche  nach  Behandlung  mit  Essigsaure 
einen  körnigen,  geschrumpften  Inhalt  zeigt  (Fig.  20).  Diese  langgestreckte  Kapsel  wandelt  sich 
später,  wie  wir  das  ja  auch  in  ähnlicher  Weise  bei  den  Paramaecien  trafen,  in  eine  ovale, 
eigentliche  Samenkapsel  um,  wie  Taf.  VII.  Fig.  23  zeigt.  Der  Bau  derselben  ist  recht  eigen- 
tümlich; iu  ihrer  Mittelregion  enthält  sie  nämlich  eine  Anzahl  parallel  nebeneinander  liegender, 
dunkler  Stäbchen,  von  welchen  jedes  nach  den  F.nden  zu  in  ein  Büschel  feiner  Fasern  ausläuft. 
Diese  Kapsel  theilt  sich  nun  in  ganz  derselben  Weise  wie  die  der  Paramaecien,  wobei  die 


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beiden  Thcilhälften  mit  ihrem  Verbindungsfade.,  (Taf.  VII.  Fig.  22)  sich  fast  bis  zur  Unge 
des  sie  einschließenden  Thieres  ausziehen.  Ks  ist  daher  nicht  richtig,  wenn  Balbiani  von 
ChiiotloH  CucuUulus  behauptet,  dass  er  nur  eine  Samenkapsel  producire  (G6;  pag.  499).  Das 
Paar,  welches  die  in  Theilung  begriffene  Kapsel  in  dem  einen  Thier  zeigte,  enthielt  in  dem 
anderen  eine  noch  nicht  in  Theilun«  begriffene  Kapsel  (Fig.  23),  es  finden  sich  also  hier 
zuweilen  Unregelmässigkeiten  in  dem  Kntwicklungsprocess  der  Nucleoli  der  beiden  conjugirten 
Thiere. 

Die,  direct  aus  der  Conjugation  hei  vorgegangenen  Thiere  zeigen  einen  noch  gänzlich 
unveränderten  Nucleus  und  hinter  diesem  einen,  den  Nucleus  an  Grösse  übertreffenden,  lichten 
Körper,  der  nach  Behandlung  mit  Kssigsäure  sehr  schwach  granulirt  erscheint  (Taf.  VI.  Fig.  21); 
dicht  neben  diesem  liegt  schon  wieder  ein  deutlicher  Nucleolus,  der  nach  Behandlung  mit  Essig- 
säure als  ein  dunkles,  schwnchkörniges  Kflgclchcn  mit  abstehender  Hülle"  erscheint.  Der  lichte 
Körper  ist  in  raschem  Wachsthum  begriffen  und  erreicht  am  zweiten  Tage  nach  aufgehobener 
Conjugation  eine  Grösse,  welche  drei-  bis  viermal  die  des  Kernes  übertrifft ;  der  Nucleolus  liegt 
ihm  nun  dicht  an. 

Diese  letzteren  Formen,  mit  dem  grossen  lichten  Körper  und  dem  noch  unveränderten 
Nucleus,  sind  schon  vor  längerer  Zeit  von  Stein  beobachtet  worden  (vergl.  67;  Taf.  I.  Figg.  13 
und  18),  später  (08;  pag.  GO --Gl)  nahm  er  auch  an,  dass  dieselben  aus  der  Conjugation 
hervorgegangen  seion,  wiewohl  dies  nirgends  direct  bewiesen  worden  ist.  Ursprünglich  liess  er 
den  lichten  Körper  aus  einem  Theilstück  des  Nucleus  hervorgehen,  nach  neueren  Untersuchungen 
vermuthete  er  in  demselben  hingegen  den  vergrösserten,  Spermatozoon  entwickelnden  Nucleolus. 
da  er  ihn  nämlich  mehrmals  mit  kurzen  Stäbchen  erfüllt  sah.  Solche  Stäbchen  sah  ich  niemals 
in  diesem  Körper. 

Es  unterliegt  nun  auch  keiner  Frage,  dass  nach  allen  unseren  Erfahrungen  bei  anderen 
Infusionsthieren  dieser  lichte  Körper  aus  einer  der  Nucleuskapseln  hervorgeht,  während  eine 
zweite  Kapsel  durch  Reduction  wieder  zu  der  Form  eines  einfachen  Nucleolus  zurückkehrt.  Un- 
entschieden bleibt  es  jedoch  noch,  wieviel  Nuclcoluskapseln  sich  bei  der  Conjugation  durch 
TMlODg  des  Nucleolus  entwickeln.  Ich  habe  die  Theilung  zu  zwrien  beobachtet,  möglicher 
Weise  können  sich  jedoch  auch  diese  nochmals  zu  vieren  theilen,  von  welchen  dann,  in  ähn- 
licher Weise  wie  bei  P.  Burnaria,  die  Hälfte  entfernt  würde,  die  zwei  anderen  hingegen  zu 
einem  neuen  Nucleus  und  Nucleolus  sich  umbildeten. 

Unentschieden  bleibt  auch  vorerst  das  Schicksal  des  ursprünglichen  Nucleus.    Nach  Bai-  i 
biani  wird  derselbe  einfach  einige  Zeit  nach  aufgehobener  Conjugation  als  Ei  ausgeschieden; 


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es  ist  jedoch  bei  der  Art  der  Bai biani 'sehen  Darstellung  unmöglich  zu  entscheiden,  was 
Beobachtung,  was  Annahme  ist.  Stein  will  statt  des  gewöhnlichen  Nucleus  in  manchen 
Fällen  zwei,  auch  drei  kleinere  rundliche  Körper  neben  dem  lichten  Körper  beobachtet  haben, 
welche  sich  durch  ihr  centrales,  helles  Bläschen,  als  Abkömmlinge  des  Nucleus  verriethen.  Dies 
liesse  vermuthen,  dass  der  Nucleus  sich  später  noch  theile;  da  jedoch  in  diesen  Fällen  der  lichte 
Körper  häufig  nur  eben  so  gross  sein  soll  als  die  TheilstQcke  des  Nucleus,  so  macht  mich  dies 
in  der  Beurtheilung  dieser  Formen  sehr  zweifelhaft.  Ich  halte  es  für  das  Wahrscheinlichste, 
dass  der  alte  Nucleus  schliesslich  ausgeworfen  wird  und  der  lichte  Körper  sich  zu  einem  neuen 
Nucleus  verdichtet,  worauf  dann  wieder  normale  Thiere  hergestellt  wären. 

Wem  Conjugationszustände  unseres  Thieres  in  grösserer  Anzahl  zu  Gebote  stehen,  der 
wird  die  aufgeworfeneu  Fragen  leicht  aufklären  können,  da  die  Untersuchung  dieser  Formen 
wenig  Schwierigkeiten  bietet 

0.  Untersuchungen  an  Condylostoma  (Bursaria)  VorOceUu  Ehrbg. 

Taf.  XIII.  Figg.  12  n.  18. 

Dieses  sehr  interessante  Infusor  wurde  von  Stein  bei  Prag  1867/68  wiedergefunden  und 
als  eine  Condylostoma  erkannt  (69).  W  r z es  u  i o  wski  hat  dasselbe  1865  bei  Krakau  aufgefunden 
und  1867  in  den  Jahrbüchern  der  wissenschaftlichen  Gesellschaft  zu  Krakau  unter  dem  Nameu 
C.  stagtxUe  beschrieben;  diese  Abhandlung  wurde  später  in  deutscher  Sprache  in  der  Zeit- 
schrift für  wissenschaftliche  Zoologie  1870,  p.  467  wieder  abgedruckt,  wo  sich  p.  487  die 
Beschreibung  des  Thieres  nach  einem  einzigen  Eiemplar  findet. 

Unser  Thierchen  scheint  in  hiesiger  Gegend  ziemlich  häufig  zu  sein.  Zuerst  erhielt  ich  es 
in  sehr  reichlicher  Menge  durch  Uebergiessen  gefroruen  Schlammes  aus  dem  sogenauuten 
Kechneigraben  in  den  Promenaden  Frankfurts ,  hier  entwickelte  es  sich  sehr  rasch  in  Gesellschaft 
von  Brachiouen  uud  Xotomtnuta  SicboUlii.  Später  traf  ich  es  jedoch  nicht  selten  in  ver- 
schiedeneu .stehenden  Gewässern  hiesiger  Gegend.  Einige  Male  fand  ich  auch  Conjugations- 
zustände, jedoch  nicht  reichlich  und  konnte  sie,  wie  dies  bei  verhältnissmässig  so  grossen 
Infusorien  gewöhnlich  der  Fall  ist,  nur  wenige  Tage  am  Leben  erhalten. 

Meine  Beobachtungen  über  die  Vorgänge  während  der  Conjugation  sind  daher  auch  sehr 
unzulänglich;  ich  will  sie  aber  dennoch  hier  mittheilcn,  weil  sie  sich  auf  ein  so  interessantes 
Thierchen  beziehen.  Die  Conjugation  erfolgt  auch  hier,  wie  bei  den  heterotrichen  Infusorien 
sehr  allgemein,  nur  mittels  der  Peristomfelder ;  die  Thierchen  kehren  diese  gegen  einander  und 
dieselben  verschmelzen  etwa  in  ihrer  Mitte;  so  bildet  sich  zwischen  den  Mitten  der  beiden 


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Peristomfelder,  dicht  oberhalb  des  Mundes,  eine  breite  Plasmabrücke,  welche  die  beiden  Thicre 
verbindet.  Die  adoralen  Wimpern  bleiben  also  bei  beiden  Thieren  völlig  intact  erhalten. 
Gewöhnlich  zeichnen  sich  die  conjugirten  Thiere  noch  dadurch  aus,  das»  ihre  Hintcrcnden  dicht 
von  dunklen  Körperchen  angefüllt  sind,  welche  sich  bei  den  einfachen  Thieren  spärlicher  im 
Endoplasma  zerstreut  vorfinden  (Fig.  12). 

Die  einfachen  Thiere  enthalten  einen,  längs  des  rechten  Seitenrandes  sich  hinziehenden, 
rosenkranzförmigen  Nucleus  von  ziemlich  dichter,  dunkler  Beschaffenheit.  Die  Zahl  seiner 
Glieder  ist,  wie  bei  einem  derartigen  Hau  gewöhnlich,  recht  wechselnd;  ich  zählte  in  einer 
Anzahl  Fällen  etwa  sechs  bis  zwölf  vou  sehr  verschiedener  Grösse  und  Gestalt.  Es  gelang 
mir  nicht,  mit  Sicherheit  etwas  von  Nucleoli  aufzufinden,  ebensowenig  wie  ich  bei  den  wenigen 
von  mir  untersuchten  Conjugationszuständeu  Nucleoluskapscln  aufzufinden  vermochte.  Der  Nucleus 
zeigte  sich,  während  der  Conjugationsdauer  selbst,  noch  in  seiner  ursprünglichen  Gestalt. 

In  den  aus  der  Conjugation  hervorgegangenen  Thieren  hingegen  findet  man  statt  seiner 
eine  verschiedene  Anzahl  dankler,  mehr  verdichteter  Kugeln,  die  ihrer  Grösse  nach  etwa  einem 
Nucleusglied  entsprechen  (Fig.  13)  und  unter  einander  in  keinem  Zusammenhang  mehr  stehen. 
Ihre  Zahl  schwankte  zwischen  vier  und  sieben ;  in  ihrer  Grösse  blieben  sie  sich  so  ziemlich 
gleich.  Einmal  glaubte  ich,  bei  einem  Thiere  den  Verlust  einer  derartigen  Kugel  von  einem 
zum  anderen  Tage  constatiren  zu  können.  In  dieser  Beschaffenheit  traf  ich  noch  das  letzte 
der  mir  zur  Verfügung  stehenden  Thiere  am  fünften  Tag  nach  aufgehobener  Conjugation  an. 
Diese  unzureichenden  Beobachtungen  gestatten  es  nicht,  sich  auch  nur  ein  ungefähres  Dilti  des 
wahrscheinlichen  Verlaufs  der  weiteren  Entwicklung  der  aus  der  Conjugation  hervorgegangenen 
Thiere  zu  machen.  Auch  die  bis  jetzt  vorliegenden  Beobachtungen  an  nahe  verwandten 
Thieren  mit  rosenkranzförmigen  Nucleus,  welche  Stein  und  B  a  I  b  i  a  n  i  bei  Slcnior  und 
Spirostomum  gemacht  haben,  lassen,  hinsichtlich  der  Deutung  des  oben  geschilderten  Nucleus- 
zerfalls,  kaum  mit  Sicherheit  etwas  schliessen. 

Bei  Sientor  eoerulms  beobachtete  Balbiani  (66),  bei  St.  pdymorphus  Stein  (69),  den 
Zerfall  des  rosenkranzförmigen  Nucleus  in  seine  einzelnen,  sich  abrundenden  Gliedern.  Nach 
Balbiani  sind  dies  die  Eier,  welche  später  nach  Aussen  abgelegt  werden;  nach  Stein's, 
nicht  ausführlicher  publicirten  Mittheilungen  sollen  sich  jedoch  die  Nuclenskugcln  der  beiden 
conjugirten  Thiere  wechselseitig  zu  lichten  Körpern  vereinigen,  aus  welchen  dann  später  die 
Embryonalkugeln  hervorgingen.  Ich  werde  späterhin,  bei  der  Besprechung  der  sogenannten 
Embryonen  der  eiliaten  Infusorien,  wieder  auf  diesen  sehr  unwahrscheinlichen  Entwicklungsgang 


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Wir  sehen  also,  dass  diese  sieb  sehr  widersprechenden  Beobachtungen  leider  nicht»  zur 
Aufklärung  des  Schicksals  der  dunklen  Kugeln,  in  welche  der  Nucleus  bei  Condylostottut  Vortkella 
in  Folge  der  Conjugatiou  zerfällt,  beitragen  können. 

H.  Untersuchungen  an  HurnaHa  truncatella  Ehrbg. 

Taf.  XL  Figg.  11-90. 

Conjugationszustände  von  Bumaria  truncatella  scheint  nur  Balbiani  gesehen  zu  haben, 
obgleich  er  sie  nirgends  beschreibt  oder  überhaupt  nur  specieller  erwähnt,  sondern  sich  auf  die 
Angabe  beschränkt,  dass  in  Folge  der  Conjugation  der  Nucleus  unsrer  Thierc  in  vier  Eier 
zerfalle  (66;  pag.  475). 

Im  ersten  Frühlinge  des  Jahres  1875  traf  ich  auf  eine  Anzahl  Conjugationszustände 
dieses  grössten  aller  Infusionsthiere,  die  mir  zwar  keinen  vollständigen,  so  doch  immerhin  einen 
notdürftigen  Einblick  in  die  hier  stattfindenden  Processc  gestatteten. 

Die  in  Conjugation  begriffenen  Hursarien  haben  immer  ihr  Pcristom  nebst  Mund  völlig 
verloren,  von  allen  den  hiermit  in  Zusammenhang  stehenden  Einrichtungen  (s.  Taf.  XI.  Fig.  17), 
liess  sich  bei  den  conjngirtcn  Thieren  gar  nichts  mehr  wahrnehmen,  höchstens  ist  eine  schwache, 
auf  der  Bauchseite  verlaufende  Einbuchtung  vorhanden,  welche  das  ehemalige,  tief  eingesenkte 
Peristom  andeutet.  Die  beiden  in  Conjugation  befindlichen  Thiere  sind  mit  den  Bauch- 
flächen ihrer  vorderen,  rechten  Seitenecken  übereinander  geschoben  und  hier  auf  eine 
kleine  Strecke  hin  verschmolzen  (Figg.  11  u.  12).  Es  fanden  sich  sowohl  gleich  grosse,  als 
auch  in  ihrer  Grösse  sehr  verschiedene  Thiere  mit  einander  in  Vereinigung.  Im  Laufe  der 
Conjugation  Verden  die  Thiere  durch  Anhäufung  einer  Menge  sehr  feiner,  dunkler  Körnchen 
in  ihrem  Endoplasma  viel  dunkler,  so  dass  die  aus  der  Conjugation  hervorgehenden  Thierc  sich 
im  durchfallenden  Licht  durch  eine  intensiv  bräunlichgelbc  Färbung  auszeichnen. 

Die  nähere  Untersuchung  conjugirter  Paare  ergab  nun  stets  einen  Zerfall  des  band- 
förmigen Nucleus  (Fig.  17)  in  eine  beträchtliche  Anzahl  einzelner  Segmente.  So  zählte  ich 
in  dem,  in  Fig.  12  abgebildeten  Paar  in  dem  einen  Thier  zwölf,  in  dem  anderen  hingegen  nur 
sechs  Segmente.  Diese  Nuclcusbruchstücke  besitzen  nach  Behandlung  mit  Essigsäure  (1  »/o) 
theils  eine  rundliche  bis  längliche,  theils  eine  mehr  unregelmässige  bis  eckige  Gestalt  (Figg.  13—15). 
Sie  zeigen  eine  deutliche  Hülle,  einen  grobkörnigen  Inhalt  und  einen  oder  mehrere  dunklere, 
gelbliche,  ziemlich  homogene  Binnenkörper  von  meist  abgerundeter,  zuweilen  jedoch  auch  läng- 
licher Gestalt  (Fig.  13).  Sehr  häufig  finden  sich  drei  solcher  runder,  zu  einem  kleeblattartigen 


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Gebilde  thcilweis  vereinigter  Körper  (Figg.  12  u.  14),  zuweilen  liegen  sie  jedoch  auch  isolirt 
innerhalb  des  Segmentes  (Fig.  15). 

Beim  Zerdrücken  eines  Paares  traf  ich  nun  aber  deutliche,  durch  Umbildung  der  Nu- 
cleoli  hervorgegangene  Kapseln;  dieselben  erinnerten  in  ihrem  Bau  auffallend  an  ein  gewisses 
Stadium  der  Kapseln  von  Stylonichia  Mytüus  ;  sie  zeigen  nämlich  (Taf.  XI.  Fig.  18)  einen  fein- 
körnigen, centralen  Kern  und  von  diesem  ausstrahlend,  eine  grosse  Zahl  feiner  Fasern,  welche 
sich  nach  der  Hülle  und  einer,  längs  dieser  auf  eine  gewisse  Strecke  hin  sich  findenden  Köroer- 
masse  begeben.  Das  Entstehen  dieses  interessanten  Baues  der  Nucleoluskapseln  aus  der  For- 
mation des  ursprünglichen  Nucleolus  (Figg.  19  u.  20),  die  oben  pag.  286  beschrieben  wurde, 
ist  nicht  schwer  verstandlich ;  der  centrale  Kern  der  Kapsel  entspricht  dem  Binnenkörper  des 
.Nucleolus,  die  Körnermasse  dem  Rest  der  Umhüllungszone.  Das  conjugirte  Paar  Hess  etwa  ein 
Dutzend  solcher  Kapseln  mit  Sicherheit  erkennen,  welche  zum  grösseren  Theil  dem  einen  der 
Thiere  anzugehören  schienen. 

In  den  aus  der  Conjugation  hervorgegangenen  Thieren  fand  ich  von  Nucleoluskapseln  oder 
Nuclcoli  nichts,  doch  will  dies  nicht  viel  sagen,  da  ich  die  Nucleoli  der  Bursaria  erst  durch 
spätere  Untersuchungen  erkannte. 

Die  Beschaffenheit  der  Nucleussegmente  ist  bei  den  aus  der  Conjugation  hervorgegangenen 
Thieren  noch  die  früher  beschriebene.  Ihre  Zahl  ist  sehr  verschieden  und  hängt  ohne  Zweifel 
von  der  Grösse  des  ursprünglichen  Nucleus  ab.  In  einem  sehr  kleineu  Thier  traf  ich  einmal 
nur  vier,  in  grösseren  hingegen  sechs  bis  elf  Segmente. 

Vier  Syzigien,  welche  ich  in  einer  grossen  Wassermenge  isolirt  hatte,  starben  schon  den 
ersten  Tag  nach  aufgehobener  Conjugation  sämmtlich  ab.  Da  jedoch  die  aus  der  Conjugatiou 
hervorgegangenen  Thiere  durch  den  Mangel  des  Peristoms  etc.  leicht  kenntlich  sind,  so  suchte 
ich  nach  solchen  in  dem  Wasser,  welches  mir  die  Conjugationszustände  geliefert  hatte;  es 
fanden  sich  denn  auch  darin  noch  eine  ziemliche  Zahl  solcher  Thiere,  worunter  denn  auch  nun 
solche  Formen,  die  nebeu  den  gewöhnlichen  Nucleussegmenten  eine  Anzahl  dunkler,  glänzender 
und  bedeutend  kleinerer  Kugeln  zeigten  (Taf.  XI.  Fig.  16).  Aber  auch  in  den  Segmenten  war 
die  gesammte  Inhaltstnasse  schon  zu  einem  gemeinsamen  Körper  verdichtet.  Hieraus  lässt  sich 
nun  ohne  Zweifel  der  Schluss  ziehen,  dass  die  dunkeln  Kugeln  durch  eiue  bedeutende  Ver- 
dichtung der  Nucleussegmente  entstehen,  in  ähnlicher  Weise,  wie  wir  derartige  Kugeln  bei 
gewissen  anderen  Infusorien  aus  den  Thcilstücken  des  Nucleus  hervorgehen  sehen  werden.  Die 
später  gefundenen  Zustände  zeigten  nun  nur  noch  dunkele  Kugelu,  so  dass  also  sehr  wahr- 
scheinlich schliesslich  alle  Nucleussegmente  sich  in  solche  umwandeln. 


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Weiter  brachten  mich  meine  Untersuchungen  in  der  Erkenntnis«  des  Conjugationsprocesses 
nicht.  Immerhin  lässt  sich  daraus  doch  schon,  bezüglich  der  früheren  Angaben  von  Balbiani 
und  Stein,  einiges  schliessen.  Dass  erstcrer  der  Bursaria  truneaktta  die  Bildung  von  nur  vier 
Kiern  zuschreibt,  erklärt  sich  wohl  daiaus.  daus  er  ein  Thier  mit  vier  dunklen  Kugeln  angetroffen 
hat,  wie  denn  auch  ich  ein  solches  von  nur  geringer  Grösse  traf;  meist  finden  sich  aber  mehr 
solcher  Kugeln. 

Stein  (G8;  pag.  307)  hat  mehrere  Thierc  mit  ganz  geschlossenem  Peristom  beobachtet, 
welche  vier  oder  fünf  lichte,  homogene  Kugeln  enthielten;  ich  glaube  mit  Recht  vermuthen  zu 
dürfen,  dass  dies  wirklich  aus  der  Conjugation  hervorgegangene  Thiere  waren,  welche  noch 
nicht  verdichtete  Nucleussegmente  enthielten.  Früher  (07)  hatte  Stein  diese  Thiere  in  den 
Kul  wicklutigskreis  von  Tradtdius  Ovum  gezogen.  Er  bringt  diese  helle  Kugeln  natürlich  in 
Verbindung  mit  den  von  ihm  bei  Bursaria  truncatetta  beobachteten  Embryonen ;  die  Kugeln 
sollen  sich  zunächst  in  Embryonen  umwandeln,  welche  sich  dann  so  vermehrten,  dass  sie  schliess- 
lich das  gesummte  Plasma  des  Mutterthieres  erfüllten. 

Ich  muss  nun  zuerst  bemerken,  dass  ich  in  dem  Wasser,  das  mir  die  Conjugationszustände 
geliefert  hatte,  ganz  vergeblich  nach  Thieren  mit  Embryonen  sucht«;  ich  fand  bei  keinem  Thier 
das  geringste  Anzeichen  einer  Embryoncnbildung. 

Hinsichtlich  dieser  Embryonen  von  Bursaria  iruticalclla  liegen  jedoch  sehr  widerspruchs- 
volle Angaben  vor.  Steiu  erkannte  in  demselben  kleine  ovale,  ganz- bewimperte  und  an  einem 
Eude  mit  einem  Saugnäpfchen  (?)  versehene  Thierchen.  Dr.  Eberhard  in  Coburg  will 
dagegen  Bursaria  truncatdla  ganz  mit  Kugeln  vollgepropft  angetroffen  haben,  welche  sich  nach 
dem  Zerfliesseu  des  Thieres  durch  Sprossung  von  Tentakeln  sehr  bald  in  echte  Acineten  ver- 
wandelten. Kurze  Zeit  hernach  sprosste  ein  Wimpernkleid  hervor,  die  Tentakeln  verloren  sich 
gemach  und  das  eiliate  Infusor  war  fertig  (71).  Sowohl  Stein  wie  Eberhard  fanden  diese 
Embryonen  stets  in  Bursarien  mit  völlig  geschlossenem  Peristom. 

A»  eine  Vereinigung  dieser  beiden,  so  bestimmt  gemachteu  Angaben,  hinsichtlich  der 
Embryonen  von  Bursaria  truncatelh,  lässt  sich  nicht  denken.  Es  mögen  wohl  beide  Forscher  richtig 
gesehen  haben,  aber  beide  haben  sicherlich  keine  Embryonen,  sondern  Parasiten  beobachtet. 
Für  die  acinetenartigen  Embryonen  Eberhard 's  dürfte  dies  nicht  zweifelhaft  sein,  wenn  man 
berücksichtigt,  dass  ich  später  den  absolut  sicheren  Nachweis  führen  werde,  dass  die  acineten- 
artigen Embryonen  der  Stylonichien  und  Paramaecien  Parasiten  sind.  Schwieriger  stellt  sich  die 
Frage  bei  den  Steinschen  Embryonen.  Dass  sie  Embryonen  seien,  ist,  wie  ich  voraus  bemerken 
will,  eine  weder  durch  Erkenntnis«  ihrer  Abstammung,  noch  ihrer  späteren  Entwicklung  gestützte 


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Vermuthung,  der  man  mit  gleichem  Recht  diejenige,  dass  sie  Parasiten  seien,  gegenüber  stellen 
kann.  Stein  leitet  sie  von  den  lichten  Kugeln  der  aus  der  Conjugation  hervorgegangenen 
Thiere  ab;  dies  ist  jedoch  unrichtig,  denn,  wie  oben  geschildert  wurde,  verdichten  sich  diese 
zu  dunklen  kleinen  Kugeln,  deren  üebergang  zu  Embryonen  sehr  unwahrscheinlich  ist.  Wir 
sahen  schon  mehrfach  solche  dunkle  Kugeln  aus  dem  Nucleus  conjugirter  Infusorien  hervorgehen 
und  werden  namentlich  bei  den  Stylonichien  diesen  Vorgang  noch  näher  verfolgen ;  das  schliess- 
liche  Schicksal  derselben  ist  jedoch  ein  ganz  anderes,  sie  werden  nämlich  ausgeworfen.  Fernerhin 
scheint  mir  die  Thatsache,  dass  die,  zahlreiche  Embryonen  enthaltenden  Thiere,  einen  völlig 
ausgebildeten  Nucleus  aufweisen,  es  gewiss  sehr  unwahrscheinlich  zu  machen,  dass  die  Stein'sche 
Deutung  richtig  sei;  denn  da  der  Nucleus  in  irgend  einer  Weise  bei  der  Embryonenbildung 
betheiligt  sein  muss,  so  müsste  ohne  Zweifel  eine  bedeutsame  Reduction  desselben  eintreten. 
Dies  müsste  auch  der  Fall  sein,  wenn  etwa  die  Embryonen  sich  in  ähnlicher  Weise,  wie 
die  inneren  Schwänusprösslinge  der  Acineten,  in  gewöhnlichen,  nicht  conjugirten  Thiercn 
bildeten,  eine  Möglichkeit,  die  ja  nicht  unbedingt  von  der  Hand  zu  weisen  ist  Die  Stein'sche 
Annahme,  dass  der  Nucleus  sich  während  der  Embryonenentwicklung  ganz  neugebildet  hätte, 
macht  seine  Deutung  durch  Zufügung  einer  neuen  Hypothese  nur  weniger  wahrscheinlich. 
Auf  alle  Fälle  aber  ist  es  unzulässig,  auf  so  zweifelhafte  Dinge,  wie  die  vermeintlichen 
Embryonen  der  Bursariß  truneateUa,  irgend  welche  weitergehende  Schlüsse  bauen  zu  wollen. 

L  Untersuchung«!»  au  Stylonichia  MytUu*  0.  F.  Müller  und  puMulata  Elirbg. 

T»f.  KL  Figg.  8-10  und  Taf.  XII. 

Die  Conjugationsformen  dieser  hypotrichen  Infusionsthiere  sind  zuerst  von  Stein,  zwar 
noch  als  Längstheilungszuständc,  so  doch  sehr  genau  geschildert  worden  (67).  Die  Conjugation 
der  Stylonichien  verläuft  nach  diesen  und  Engelmann's  Untersuchungen  (110)  nicht  immer 
in  derselben  Weise,  so  dass  Stein  drei  Arten  derselben  unterscheidet  (68).  Die  erstere,  für 
uns  allein  in  Betracht  kommmende,  besteht  in  einer  Verschmelzung  der  in  gleicher  Stellung 
zusammentretenden  beiden  Thiere  mit  ihren  ungleichnamigen  vorderen  Partien  der  Seitenränder. 
Bei  der  zweiten  Art  geschieht  die  Verschmelzung  fast  in  der  ganzen  Längsausdehnung  der 
Thiere  und  bei  der  driften  schliesslich  findet  eine  völlige  Fusion  der  beiden  in  Verbindung 
getretenen  Thiere  statt.  Bei  den  zwei  zuerst  genannten  Arten  der  Vereinigung  hat  Stein 
auch  den  interessanten  Vorgang  der  Trennung  genauer  beobachtet.  Derselbe  zeichnet  sich 
dadurch  aus,  dass  sich  die  Wimpersysteme  der  Thiere  nahezu  vollständig  neu  bilden,  womit  im 
Zusammenhang  steht,  dass  die  aus  der  Conjugation  hervorgehenden  Thiere  sich  durch  eine  viel 


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kürzere  und  breilere  Gestalt  von  den  ursprünglich  in  die  Conjugation  eingetretenen  unter- 
scheiden. Engel  mann  hat  diese  Angaben  späterhin  noch  durch  den  Nachweis  vervollständigt, 
dass  denselben  sowohl  der  Mund,  als  der  innere  IVri^tomrand  fehlt.  Ich  will  hier  noch  hervor- 
heben, .l.i-.-  sich  bei  unseren  Thiereti  im  Laufe  der  Conjugation  auch  eine  sehr  interessante 
Veränderung  des  Endoplasma's  ausbildet.  Dies  füllt  sich  nämlich  allmälig  mehr  und  mehr 
mit  feinen,  dunkelet!  Körnchen  dicht  an,  so  dass  die  aus  der  Conjugation  hervorgehenden  Thiere 
sich  durch  ein  sehr  dunkele»,  körniges  Aussehen  auszeichnen  (Taf.  XI.  Fig.  f>). 

Da  mein  Bestreben  hauptsächlich  auf  die  Erforschung  des  Verhaltens  des  Nucleus  und 
Nucleolus  gerichtet  war,  so  habe  ich  auf  die,  von  Stein  und  Engelmann  dargestellten 
Neubildungen  der  Wimpersysteme  nicht  besonders  geachtet,  was  ich  jedoch  davon  gelegentlich 
sah,  konnte  den  früheren  Beobachtungen  nur  zur  Bestätigung  dienen. 

Balhiani  (GG)  hat  hingegen  sehr  werthvolle  Mittheilungen  (Iber  das  Verhalten  des 
Nucleus  und  Nucleolus  bei  St.  Mytihis  gegeben,  welche  wir  weiter  unteu  noch  näher  zu 
betrachten  haben  werden. 

Stylonichia  Mytihis  eignet  sich  ihrer  Grösse  und  Beschaffenheit  wegen  viel  besser  zu 
unseren  Untersuchungen,  ich  bin  deshalb  auch  bei  dieser  Art  viel  weiter  iu  der  Erkenntniss 
der  sich  abspielenden  Vorgänge  gelangt,  so  dass  ich  dieselbe  zunächst  näher  betrachten  will, 
um  dann  später  das  wesentlich  gleiche  Verhalten  der  anderen  Art  zu  zeigen. 

Die  Stylonichien  enthalten  bekanntlich  zwei  hinlereinanderliegende,  ovale  bis  längliche 
Nuclei,  welche,  wie  wir  oben  sahen,  durch  einen  sehr  zarten  Faden  in  Verbindung  stehen.  An 
der  linken  Seite  jedes  Nucleus  liegen  gewöhnlich  ein  oder  zwei  Nucleoli,  in  Gestalt  kleiner, 
dunkeler,  fast  homogener  Körpcrchen,  welche  von  einer  Hülle  nichts  Deutliches  unterscheiden 
lussen.  Wie  früher  schon  hervorgehoben  wurde,  ist  die  Zahl  der  Nucleoli  bei  St.  Mytihis  sehr 
schwankend,  gerade  bei  den  von  mir  gesehenen  Conjug.ttionsxuständcn  fand  ich  mehrfach  nur 
einen  Nucleolus,  welcher  dann  mitten  zwischend  en  beiden  Kirnen  lag.  *) 

Die  ersten  Veränderungen  der  Nuclei  nach  eingegangener  Conjugation  bestehen  in  einer 

Umwandlung  ihrer  Masse;  einmal  verlieren  sich  die  queren,  spaltförmigen  Höhlen,  wenn  solche 

anwesend  waren  und  dieStructur  der  NucIeussuliMtanz  wird  undeutlich  läiigsfascrig-körnig.  Dabei 

zeigen  die  Nuclei  nun  schon  eine  Längsstreckung,  ihre  Mitte  (Taf.  XII.  Fig.  9)  schnürt  sich  sodann 
 ■ 

*)  All-  die  von  mir  zu  beschreibenden  Conjupatlooszustandc  von  St.  Mytilu*  leiten  sich  von  Formen 
mit  nur  einem  Nurleolu«  oder  zweien  ab;  Tbieie  mit  vier  Nucleoli,  die  sonst  sehr  gewöhnlich  sind,  traf  ich  nicht 
in  Conjugation.  Pilgeren  waren  es  Thicre  der  letzteren  Form,  welche  Itnlbiani  in  ('onjuRMion  untersuchte, 
was  ich  hei  dein  Vergleich  unserer  Reolinchtuiigen  eii  beuchten  hitte. 

AliHandl.  d.  Henckenb.  oatorf.  Uet.  114.  X.  I  J 


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ein  und  zieht  sich  schliesslich  zu  einem  deutlich  langfaserigen  Strang  aus,  der  sich,  mit  der 
Entfernung  der  beiden  Theilhälften  von  einander,  in  einen  feinen  Faden  ausspinnt,  sich  jedoch, 
wie  ich  aus  mehrfachen  Beobachtungen  schliessen  muss,  noch  bis  gegen  Ende  der  Con- 
jugation erhält  (Taf.  XII.  Fig.  11). 

Auf  diese  Weise  gehen  also  einige  Zeit  nach  eingetretener  Conjugation  vier  Nucleusbruch- 
Btücke  hervor,  welche  bis  gegen  Eude  der  Conjugation  keine  weiteren  Veränderungen  zeigen,  sondern 
nach  Behandlung  mit  Essigsäure  (1°>)  immer  ein  gleichmässig  grobkörniges  Aussehen  bewahren. 

Viel  mehr  Schwierigkeit  macht  die  Feststellung  der  Umwandlungen  der  Nucleoli,  da  man 
ihre  Entwicklung  am  lebenden  Thier  nicht  mit  Sicherheit  verfolgen  kann,  sondern  genöthigt 
ist,  dieselbe  aus  den  einzelnen,  zur  Beobachtung  gelangenden  Bildern  zu  combiniren,  wobei  dann 
leicht  Zweifel  Aber  die  wahre  Aufeinanderfolge  derselben  sich  einstellen.  Einige  Hälfe  glaube 
ich  hierbei  in  der,  mir  auch  bei  anderen  Infusorien  aufgestossenen  Thatsache  gefunden  zu  haben, 
dass  nämlich  die  zu  gleicher  Zeit  eingefangenen  Conjugationszustände  zum  grösseren  Theil  auf 
einer  ähnlichen  Stufe  der  Entwicklung  stehen.  Hieraus  dürfte  sich  mit  Recht  der  Schluss  ziehen 
lassen,  dass  gewisse  Zustände,  die  man  mit  einiger  Regel  mässigkeit  und  in  grösserer  Anzahl  sich 
folgen  sieht,  auch  wirklich  auseinander  hervorgehen. 

Die  ersten  Eutwicklungsvorgänge,  welche  die  Xucleoli  nach  Eititritt  der  Conjugation  zeigen, 
besteheu  in  einer  Vergrösserung,  wodurch  ihre  Masse  an  Dichtigkeit  mehr  und  mehr  verliert, 
indem  sie  gleichzeitig  ihr  früher  homogenes  Aussehen  mit  einem  schwachgranulirten  vertauscht 
Damit  verbunden  ist  die  Differenzirung  einer  deutlichen  Hülle.  Mit  dem  weiteren  Fortschreiten 
dieses  Wachsthums  geht  auch  die  Differenzirung  der  Nucleolusmasse  weiter;  dieselbe  löst  sich 
zu  einer  grossen  Anzahl  feiner  Fasern  auf,  die  von  einer  Gegend  der  Hülle  nach  allen  Seiten 
hin  ausstrahlen  (Taf.  XII.  Fig.  1).  Solche  Zustände  trifft  man  "gewöhnlich  neben  den  in  der 
Theilung  begriffenen  Kernen  an.  Schwieriger  verständlich  sind  nun  in  ihren  gegenseitigen 
Beziehungen  die  grossen,  im  lebenden  Thier  als  ganz  helle  Kugeln  erscheinenden  Kapseln,  welche 
man  gewöhnlich  neben  den  schon  getheilten  Nuclei  findet.  Sehr  häufig  zeigen  dieselben  den 
Bau  der  Figg.  1  und  10;  von  einem  körnigen,  im  Centrum  der  Kapsel  gelegenen  Körper 
strahlen  nach  allen  Seiten  feine  Fasern  nach  der  Hülle  aus,  wie  die  Strahlen  einer  Sonne. 
Bei  anderen  Formen,  die  sich  gewöhnlich  durch  bedeutendere  Grösse  auszeichnen,  sieht  man 
die  Fasern  von  zwei  sich  entgegenstehenden  Stellen  der  Hülle  entspringen  und  in  einer  Zone 
zusammentreffen,  die  verworren  dunkelkörnig  erscheint  (Taf.  XII.  Figg.  3  und  4).  Gewöhnlich 
liegt  diese  Zone  dem  einen  Faserpol  der  Kapsel  näher,  manchmal  jedoch  auch  dichter  am 
Aequator  derselben.    Es  scheint  mir  nun  sehr  wahrscheinlich,  dass  diese  Formen  in  der  Ord- 


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Dong,  wie  ich  sie  beschrieb,  auf  einander  folgen,  obgleich  ich  nicht  im  Stande  bin,  ihren 
Entwicklungsgang  Tüllig  verständlich  zu  machen. 

Es  liegen  nun  gewisse  Beobachtungen  vor,  welche  dafür  zu  sprechen  scheinen,  dass 
im  Laufe  der  weiteren  Entwicklung  diese  soeben  beschriebenen,  grossin  und  hellen  Kapseln 
eine  sehr  bedeutende  Iteduction  erfahren,  so  dass  sie  wieder  zu  kleinen  längsstreifigen ,  im 
lebenden  Thier  gar  nicht  sichtbaren  Kapseln  herabsinken  (Taf.  XII.  Fig.  12).    Auf  diese 
in  Fig.  12  wicdergegcbcncn  Zustände  stiess  ich  nämlich  meist  einige  Stunden  später;  die 
beiden  reducirten  Nucleoluskapseln  liegen  gewöhnlich  dicht  hintereinander  und  um  sie  deutlich 
zu  sehen,  muss  man  sich  concentrirter  Essigsäure  bedienen,  welche  das  Plasma  sehr  aufhellt, 
die  Kapseln  hingegen  nur  wenig  angreift    Gleichzeitig  mit  den  eben  geschilderten  Formen 
trifft  man  aber,  gewöhnlich  in  tiefer  Nachtzeit  (da  wie  mir  schien  die  Conjugation  mit  Anfang 
des  Tages  gewöhnlich  eintritt),  Thiere  mit  grossen  hellen,  ovalen  Kapseln,  welche  den  Bau  der 
sogenannten  reifen   Samenkapseln  Balbiani's  prächtig  zeigen.     Schon  in   dem  lebenden 
Thier  zeigten  diese  Kapseln  sehr  deutliche,  matte  Längsstreifen,  welche  im  Aequator  zu  einer 
Zone  stärkerer,  dunkeler  Stäbchen  anschwollen  (Taf.  XII.  Fig.  5);  nach  Behandlung  mit  Essig- 
säure hat  sich  die  Inhaltsmasse  zu  eiuer  Spindel  contrahirt,  deren  Enden  mit  der  Halle  in 
Zusammenhang  stehen  und  die  Structur  ist  jetzt  viel  deutlicher  geworden  (Fig.  C).  Andere 
Stadien  zeigen  die  deutlichsten  Theilungsformen  dieser  Kapseln  (Fig.  11);  die  Zone  der  dunkelet) 
8täbchen  hat  sich  getbeilt  und  indem  sich  die  gesammte  Kapsel  in  die  Länge  streckt,  rücken 
die  beiden  Hälften  der  Stäbchenzone  mehr  und  mehr  nach  den  Enden  der  Innggudehntcn 
Kapsel  (Figg.  7  und  8).    Die  Uebereinstimmung  dieser  Formen  mit  den  früher  von  mir 
geschilderten  Theilungszuständen  von  ächten  Zellkernen   ist  so  auffallend,   dass  ich,  obgleich 
ich  später  noch  darauf  zurückkommen  werde,  dennoch  an  dieser  Stelle  die  Aufmerksamkeit 
besonders  auf  diesen  Punkt  lenken  möchte.    Diese  Analogie,  zusammen  mit  der  Achnlichkeit 
der  entsprechenden  Thcilungszustände  der  Nucleoluskapseln  der  Paramaccicn,  macht  es  auch 
unabweislich,  in  diesen  Formen  mit  Sicherheit  Thcilungszustände  zu  erkennen.    Letzteres  ergibt 
sich  denn  auch  daraus,  dass  sich  mit  diesen,  solche  Theilungszustände  zeigenden  Stadien  auch 
andere  vorfanden,  welche  in  jedem  der  Thiere  vier  Kapseln  enthielten.    Diese  vier  Kapseln 
warei  jedoch  schon  wieder  zusammengeschrumpft  und  verkleinert,  zeigten  jedoch  durch  ihre 
Längsstreifung  auf  das  deutlichste  ihre  Herkunft  (Fig.  13). 

Oben  schon  habe  ich  erwähnt,  dass  sich  auch  conjagirte  Paare  fanden,  welche  je  zwei 
dicht  zusammenliegende,  geschrumpfte  Kapseln  ganz  von  der  Beschaffenheit  der  eben  geschilderten, 
durch  dieTheilung  hervorgegangenen  vier  Kapseln  zeigten  (Fig.  12);  hinsichtlich  der  Entstehung 


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dieser  zwei  Kapseln  wies  ich  auch  schon  vorhin  auf  eine  Ansicht  hin,  welche  ich  sehr  lange 
hegte,  die  ich  jedoch  jetzt  für  irrig  halte.  Ich  glaubte  nämlich  annehmen  zu  müssen,  dass  die 
Kapseln  vou  der  Forin  Figg.  3  und  4  wieder  zu  den  geschrumpften  Formen  der  Fig.  12  zurück- 
sänken und  hierauf  erst  in  die  Tbcilungszustände  Figg.  1 1  etc.  übergingen.  Wie  gesagt,  halte 
ich  jetzt  einen  so  cotnplieirten  Entwicklungsgang  für  irrthttmlich  und  leite  nun  die  Theilungs- 
zustände  direct  aus  den  Formen  Figg.  3  und  4  ab,  was  sich  auch  sehr  ungezwungen  bewerk- 
stelligen lässt.  Diese  ganze  Verwirrung  war  dadurch  hervorgerufen  worden,  dass,  wie  früher 
schon  hervorgehoben  wurde  und  z.  B.  auch  die  Fig.  1 1  zeigt,  die  sich  conjugirenden  Stylonichien 
bezüglich  der  Zahl  ihrer  N'ucleoli  keine  Uebereinstimmung  zeigten,  sondern  bald  einen,  bald 
zwei  dieser  Körper  enthielten.  Diese  Thatsache  erklärt  nun  viel  einfacher  die  Formen  wie 
Fig.  12,  sie  leiten  sich  nämlich  von  zwei  coujugirten  Thieren  her,  die  ursprünglich  nur  je  einen 
Nucleolus  entbalteu  hatten  und  welche  nun,  uachdem  sie  einmal  getheilt  worden,  in  den 
geschrumpften  Zustand  übergegangen  waren.  Die  Fig.  12  repräsentirte  demnach  denselben 
EntwicklungszusUnd  wie  Fig.  13  mit  dem  einzigen  Unterschied  der  Zahl  der  Nuclcoluskapscln, 
welche  durch  die  Anzahl  der  ursprünglich  vorhandenen  Nucleoli  bedingt  ist.  Fraglich  bleibt 
jedoch  dann  die  Weiterentwicklung  solcher  Formen  wie  Fig.  12,  da  ich  dieselbe  nur  von  solchen 
mit  vier  Kapseln  erkannte  und  ich  nicht  glaube,  dass  die  Kapseln  der  Fig.  12  sich  noch  einmal 
durch  Theilung  vermehrten.  Es  ist  nicht  schwierig  aus  dem  weiter  mitzutheilenden  Ent- 
wicklungsgang der  vicrkapscligen  Formen  einen  Wahrscheinlichkeitsschluss  hinsichtlich  der 
zweikapscligen  zu  ziehen,  jedoch  fehlt  noch  dessen  Bestätigung  durch  die  Beobachtung. 
Der  weitere  Entwicklungsgang  der  vierkapscligeu  Formen  Fig.  13  ist  nun  folgender.  Gegen 
das  Ende  der  Conjugation  zeigen  die  vier,  meist  in  einer  Reihe  hintereinander  liegenden  Kapseln 
eine  sehr  merkwürdige  Verschiedenheit  in  ihrer  Weiterbildung.  Die  zweithinterstc  fängt  an 
zu  wachsen  (Taf.  XII.  Fig.  14),  wird  lichter  und  ihr  ursprünglich  nach  Behandlung  mit  1  •/• 
Essigsäure  noch  feinfaseriger  Inhalt  geht  allmälig  verloren  und  macht  einem  feingrauulirten 
Platz.  Die  beiden  vor  und  hinter  dieser  gelegenen  Kapseln  verdichten  sich  zu  kleinen,  duukelen 
Kugeln,  die  vorderste  dagegen  erhält  sich  noch  eine  Zeit  lang  unverändert;  später  wird  jedoch 
auch  sie  umgebildet  (Fig.  15)  und  nimmt  nach  Behandlung  mit  Essigsäure  ein  <1  unkelkörniges 
Wesen  an.  Jetzt  beginnen  jedoch  auch  die  früberhin  noch  unveränderten  vier  Kucleusbruch- 
stücke  sich  zu  verdichten  und  werden  zu  nahezu  homugeneu,  dunkelen,  glänzenden  Kugeln 
(Fig.  15).  Wenn  die  Thierc  dicht  vor  der  Trennung  stehen,  markiren  sich  schon  die  beiden 
ausgewachsenen  Nuclcoluskapscln  als  helle,  lichte  Körper  in  den  lebenden  Thieren  sehr  deutlich. 
Die  beiden  ihnen  jetzt  sehr  nahe  gerückten,  benachbarten  und  reducirten  Kapseln  haben  schon 


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wieder  ganz  das  Aassehen  der  früheren  Nuclcoli  erlangt;  die  vorderste  Kapsel  schliesslich  ver- 
dichtet sich  noch  mehr  und  wird  zu  einer  kleinen  glänzenden  Kugel,  ähnlich  den  Nncleuskugeln. 

Nun  erfolgt  die  Trennung.  In  den  getrennten  Thiercn  setzt  nun  zunächst  der  lichte 
Körper  sein  Wachsthuni  anhaltend  fort  und  wird  zu  dem  grossen,  hellen,  die  ganze  Mitte  des 
Thiercs  ausfüllenden  Körper,  welchen  schon  Stein,  Balbiani  und  Engclmnnn  beschrieben 
haben. 

Einige  Stunden  nach  aufgehobener  Conjugation  erfolgt  nun  aber  die  Ausstossung  der 
dunkelen  Nucleuskugeln,  der  vermeintlichen  Eier  Balbiani's.  Auf  die  sichere  Constatirung 
dieses  Punktes  habe  ich  natürlich  die  grösste  Mühe  verwandt  und  es  kann  auch  kein  Zweifel 
mehr  iu  dieser  Hinsicht  obwalten.  Legt  man  ein  Thier,  welches  die  Kugeln  noch  enthält,  durch 
Druck  des  Deckgläschens  fest  oder  isolirt  man  es  in  einem  kleinen  Tröpfchen  Wasser,  das  man 
vorher  genau  unter  dem  Mikroskop  durchsucht  hat,  um  sich  von  der  Abwesenheit  irgend  welcher, 
vielleicht  Täuschung  erzeugender  Dinge  zu  versichern,  so  wird  man  etwa  sechs  bis  acht  Stunden 
nach  aufgehobener  Conjugation  sämmtliche  oder  zunächst  einen  Theil  der  Kugeln  ausserhalb 
des  Thieres  mit  Sicherheit  auffinden.  Zuweilen  ereignet  sich  der  Fall,  dass  sich  die  Kugeln 
iunerhalb  des  Thieres  einige  Zeit  nach  Lösung  der  Syzigie  entweder  paarweise  (Fig.  16)  oder 
sämmtlich,  wie  in  Fig.  17,  vereinigen.  In  diesem  Fall  lässt  sich  mit  noch  grösserer  Sicherheit 
die  Identität  der  ausgestossenen  Kugeln  mit  den  früher  in  dem  Thierc  befindlichen  demonstriren. 

Es  fragt  sich  nun  auch,  was  aus  der,  wie  früher  erwähnt,  gleichfalls  sehr  verdichteten 
vordersten  Nuclcoluskapsel  (Fig.  16)  wird;  ich  muss  es  für  sehr  wahrscheinlich  halten,  dass 
dieselbe  gleichfalls  mit  den  Nucleuskugeln  entfernt  wird.  Die  in  Fig.  17  wiedergegebenen, 
zusammengebackenen  und  ausgestosseucn  Kugeln  eines  Thieres  sind  in  der  That  fünf  an  Zahl. 

Nach  einiger  Zeit  also  lassen  die  aus  der  Conjugation  hervorgegangenen  Thiere  in  ihrem 
Innern  nur  noch  den  hellen,  lichten  Körper  und  die,  diesem  anliegenden  beiden  neugebildetcn 
Nucleoli  erkennen. 

Am  zweiten  Tage  nach  der  Lösung  der  Syzigie  hat  der  lichte  Körper  sein  Wachsthum 
vollendet,  er  ist  jetzt  schon  etwas  länglich  oval  und  zeigt  nach  Einwirkung  verdünnter  Essig- 
säure oder  noch  besser  nur  von  Wasser  nicht  mehr  einen  gleichmässig  feingranulirten  Bau, 
sondern  einen  verworren  -  faserigen  (Taf.  XI.  Fig.  6);  die  einzelnen  Fasern  sind  jedoch  von 
massig  dunkcler,  wenig  verdichteter  Beschaffenheit. 

Im  Laufe  des  folgendeu  Tages  zeigte  sich  keine  wesentliche  Veränderung;  am  vierten 
Tage  nach  aufgehobener  Conjugation  jedoch  hatte  sich  der  lichte  Körper  bedeutend  verdichtet 
und  verschmälert,  so  dass  er  jetzt  ein  bandförmig  langgestrecktes  Aussehen  zeigte  und  nach 


0 


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Behandlung  mit  Essigsäure  (P/o)  war  die  Beschaffenheit  seiner  Substanz  gleichmässig  grobkörnig 
wie  die  der  wahren  Nuclei  der  Stylonichien.  An  diesem  Tage  besassen  auch  die  Thiere  zuerst 
wieder  einen  neugcbildeten  Mund.  Den  fünften  Tag  hatte  der  neugebildete  Kern  (Fig.  18) 
noch  die  beschriebene  Gestalt,  jedoch  hatte  sich  in  einem  Ende  schon  eine  verdichtete 
Querscheibc  gebildet,  in  welcher  sich  später  die  spaltförmigc  Höhle  anlegt  Einer  der  Nucleoli 
zeigte  Bich  mehrfach  cigcnthQmlich  vergrössert  und  nach  Behandlung  mit  Essigsäure  grobkörnig, 
ich  vermuthe,  dass  er  sich  zur  Theilung  anschickte  (Fig.  18). 

Hier  schlössen  meine  Untersuchungen  an  St.  Mytilus,  weil  mein  Material  vollständig 
aufgebraucht  war ;  nach  den  Untersuchungen  an  St.  pustulata  können  wir  jedoch  das  noch 
Fehlende  mit  Leichtigkeit  ergänzen,  es  erfolgt  nämlich  nur  noch  eine  Theilung  des  neugebildeten 
Kernes  und  dann  sind  wieder  normale  Thiere  von  St.  Mytilus  vorhanden.  Auch  ßalbiani 
und  Stein  haben  schon  den  Ucbergang  des  grossen  lichten  Körpers  in  die  beiden  Nuclei  der 
aus  der  Conjugation  hervorgehenden  Stvlonichien  verfolgt,  so  dass  hierüber  ein  Zweifel  nicht 
mehr  möglich  ist 

Nachdem  ich  im  Vorstehenden  meine  Erfahrungen  Ober  die  Umwandlungen  der  Nucleoli 
und  Nuclei  von  St.  Mytilus  ausführlich  dargelegt  habe,  will  ich  zu  einer  kurzen  Betrachtung 
der  von  Balbiani  (06)  und  Stein  (68)  an  diesem  Thier  angestellten  Untersuchungen,  sowie 
der  hieraus  gezogenen  Schlüsse  übergehen. 

Balbiani 's  Beobachtungen  sind  ganz  correct  jedoch  keineswegs  vollständig,  indem  er 
nämlich  (wie  Oberhaupt  mit  einziger  Ausnahme  des  P.  Bursaria)  den  vollständigen  Schwund 
der  Nucleoluskapseln  annehmen  zu  dürfen  glaubt.  Die  Entstehung  des  neuen  Nucleus  aus  einer 
dieser  Kapseln  blieb  ihm  daher  natürlich  verborgen,  ebenso  wie  die  wichtige  Thatsache,  dass 
die  Nucleoli  der  aus  der  Conjugation  hervorgegangenen  Thiere  gleichfalls  directe  Descendenten 
der  früheren  sind.  Die  verdichteten  Nuclcuskugcln  hält  er  für  Eier,  jedoch  ist  es  ihm  nicht 
gelungen  an  ihnen  eine  Membran  nachzuweisen  und  auch  hinsichtlich  der  Hauptfrage,  nach 
der  Anwesenheit  eines  Kernes  oder  Keimbläschens,  hat  er  keineswegs  irgend  welche  Sicherheit 
erlangt  Er  bemerkt  hierüber  (66;  pag.  479):  >La  vesicule  germinative  est  ordinairement 
completcment  masquee  par  les  granulations  vitellines,  et  ne  peut  plus  etre  reconnue«.  Jedoch 
soll  man  zuweilen  etwas  von  ihr  bemerken,  wenn  man  die  Eier  zuerst  mit  schwacher  Kalilösung 
behandelt  und  hierauf  mit  Jod  färbt  Wenn  man  Karminfärbung  anwende,  so  soll  das  Keim- 
bläschen in  dem  starkgefärbten  Dotter  als  ein  heller  centraler  Fleck  erscheinen;  hieraus  geht 
doch  mit  Sicherheit  hervor,  dass  es  sich  hier  keineswegs  um  einen  Kern  gehandelt  hat  son- 
dern um  eine  Vacuole.    Ich  sah  nie  etwas  von  einem  hellen  Bläschen  in  den  Nucleuskugeln. 


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—    331  — 

• 

Aber  auch  das  schon  oben  hervorgehobene,  häufige  Zusammenbacken  der  Nudeuakugeln, 
ihr  manchmal  ganz  corrodirtes  Aussehen  und  schliesslich  ihr  völliges  Zugrundegehen  nach  ihrer 
Ablage  im  umgebenden  Wasser,  ohne  dass  sich  eine  Brut  entwickelte,  lassen  mit  Sicherheit 
schliessen,  dass  es  sich  hier  nicht  um  eine  Ablage  von  Eiern,  sondern  um  die  Ausstossung 
überflüssiger  und  abgestorbener  Theile  handelt.  Ich  beobachtete  einen  Fall,  wo  ich  drei  der 
ausgestossenen  Kugeln  mit  Sicherheit  in  dem  umgebenden  Wasser  nachweisen  konnte ;  nach  zwei 
Tagen  war  schon  jede  Spur  dieser  Kugeln  verschwunden.  Bei  keinem  der  von  mir  mit  Sorg- 
falt gezüchteten  Infusionsthicre  fand  ich  in  dem  Wasser,  in  welches  die  vermeintlichen  Eier 
doch  in  Menge  abgelegt  worden  waren,  auch  nur  einmal  etwas,  was  sich  als  junge  Brut  hätte 
deuten  lassen,  so  dass  man  mir  zugeben  wird,  dass  alles  gegen  und  nichts  für  die  Einatur  der 
ausgestossenen  Nucleuskugeln  spricht. 

Gänzlich  verfehlt  ist  jedoch  die  von  Stein  gegebene  Auffassung  der  Vorgänge  bei  St. 
Mytilus.  Er  glaubt  die  dunkelen  Kugeln  unmöglich  aus  den  Nucleussegmenten  herleiten  zu 
dürfen  und  nimmt  daher  an,  dass  diese  nach  der  Lösung  der  Syzigic  zu  dem  lichten  Körper, 
welchen  er  Piacent a  nennt,  sich  vereinigten.  Dieser  soll  nun  die  dunkelen  Kugeln  in  verschiedener 
Zahl  ausscheiden.  Diese  letzteren,  Stein's  Keimkugeln,  sollen  sich  bei  St.  Mytilus  zu  den 
Embryonalkugeln  entwickeln,  bei  St.  Histrio  und  pustulata  hingegen  wahrscheinlich  abgelegt 
werden.  Schliesslich  soll  die  Placenta  sich  wieder  zu  den  Nuclet  umbilden.  Ich  muss  gestehen, 
dass  ich  es  für  werthvollcr  gehalten  hätte,  die  ünkenntniss  der  wirklichen  Vorgänge  offen  ein- 
zugestehen, als  eine  derartige,  völlig  errathene  Deutung  eines,  für  die  gesammte  Auffassung 
der  Infusorien  so  wichtigen  Processes  zu  entwerfen  —  eine  Deutung,  welche,  gestützt  auf  die 
Autorität  eines  Namens  wie  Stein,  nur  dazu  dienen  konnte,  den  Fortschritt  in  der  Erkenntnis« 
dieser  Vorgänge  hinzuhalten,  indem  sie  an  ein  Verständniss  derselben  glauben  machte,  das  in 
der  That  gar  nicht  vorhanden  war. 

In  Betreff  der  vermeinüichen  Embryonen  von  St.  Mytilus  verweise  ich  auf  den  späteren, 
dieser  Frage  speciell  gewidmeten  Abschnitt 

Meine  Beobachtungen  an  St.  pustuiata  habe  ich  vor  denen  an  St.  Mytilus  angestellt.  Als 
Untersuchung8object  ist  diese  Art  wegen  ihrer  Kleinheit  und  dem  Umstand,  dass  sich  die 
Nucleoluskapseln  nur  sehr  schwierig  verfolgen  lassen,  viel  ungünstiger.  Da  mir  die  genaue 
Verfolgung  dieser  Kapseln  hier  weder  durch  Zerquetschen  des  Thieres,  noch  auch  durch 
Anwendung  von  Essigsäure  gelang,  so  blieben  meine  Untersuchungen  an  dieser  Art  natürlich 
unvollständig.  Alles  Beobachtete  bietet  jedoch  eine  so  völlige  Analogie  mit  St.  Mytilus,  dass 
das  dort  Gefundene  zur  Erklärung  sicherlich  herangezogen  werden  darf. 


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I 


—    332  - 

Es  war  mir  von  Interesse,  bei  dieser  Art  eine  Anzahl  Conjugationszustände  aufzufinden, 
bei  welchen  die  beiden  Nuclei  jedes  Thieres  zu  einem  strangförmigen,  gemeinsamen  Körper 
verschmolzen  waren,  so  dass  ich  die  Verum Üiung  nicht  ganz  von  der  Hand  weisen  kann,  dass 
diese  Vereinigung  der  beiden  Nuclei  hier  vielleicht  regelmässig  nach  der  Conjugation  eintrete. 
Jedenfalls  erfolgt  jedoch  sehr  bald  wieder  ein  Zerfall  zu  zweien,  zwischen  welchen  ich  zuweilen 
noch  eine  recht  deutliche,  fadenförmige  Commissur  fand.  Auf  der  linken  Seife  dieser  Nuclei  trifft 
man  nun  gewöhnlich  zwei  helle,  ovale,  aus  den  Nucleoli,  die  ja  bei  dieser  Art  sich  gewöhnlich 
nur  in  der  Einzahl  neben  jedem  Nucleus  finden,  hervorgegangene  Kapseln,  über  deren  feinere 
Bauverhältnisse  nach  Behandlung  mit  Essigsäure  (l°.o)  die  Inf.  X.  Figg.  10— 24  einigen 
Aufschluss  gewährt. 

Eine  Theilung  dieser  Kapseln  zu  vieren  liess  sich  nicht  constatiren;  ich  beobachtete  mehr- 
fach lebende  Thicre  mit  zwei  solcher  Kapseln  fortdauernd  und  fand,  dass  dieselben  sich  nach 
Verlauf  einer  gewissen  Zeit  dem  Auge  völlig  cutziehen. 

Eine  weitere  Theilung  der  Nuclei  unterbleibt  bei  unserer  Art ;  gegen  Ende  der  Conjugalion 
verdichten  sich  die  beiden  Nuclei  auch  hier  zu  dunkelen,  glanzenden,  runden  Kugeln  (Taf.  XT. 
Fig.  4).  Noch  bevor  jedoch  diese  Verdichtung  sich  geltend  macht,  erscheiut  auch  hier  auf  der 
Seite,  wo  früher  die  Nucleoluskapseln  sich  fanden,  ein  zuerst  ganz  kleiner,  lichter  Körper  mit 
feinkörnig-streifigem  Inhalt  (nach  Behandlung  mit  Essigsäure.  Taf.  XI.  Fig.  3).  Schon  bei  der 
Untersuchung  dieser  Art  trat  der  Gedanke  an  mich  heran,  dass  dieser  lichte  Körper  viel- 
leicht von  einer  der  Nucleoluskapseln  abzuleiten  sei.  «la  diese  früher  ungefähr  die  Stelle  des  lichten 
Körpers  einnahmen;  ich  gab  diese  Idee  jedoch  wieder  auf,  da  sich  ein  sicherer  Ucbcrgang  nicht 
constatiren  liess.  Jetzt  hingegen  bleibt  es  mir  nicht  mehr  fraglich,  dass  ich  wirklich  richtig 
vermuthet  hatte  und  dass  eine  erneute  Untersuchung  auch  hier  die  sehr  verkleinerte  Kapsel, 
aus  welcher  der  lichte  Körper  hervorwächst,  wird  finden  lassen 

Nach  der  Lösung  der  Syzigie  enthält  also  jedes  der  Thiere  einen  lichten  Körper  und  nur 
zwei  dunkele  Kugeln,  welche  auch  hier  manchmal  nach  einiger  Zeit  zusammenbacken.  Schliesslich 
werden  sie  auch  hier  entfernt,  jedoch  sind  sie  meist  noch  am  dritten  Tag  nach  aufgehobener 
Conjugation  vorhanden.  Häufig  sah  ich  sie  dann  allmälig  wieder  etwas  lichter  werden,  ähnlich 
wie  wir  dies  schon  bei  Colpidium  Colpoda  fanden  und  nach  Behandlung  mit  Essigsäure  traten 
dann  einige  dunkele  Körnchen  in  ihnen  auf  (Taf.  XI.  Figg.  9  und  10).  Schliesslich  gehen  sie 
jedoch  auch  hier  gänzlich  verloren,  d.  h.  sie  werden  ausgestossen ,  woran  nach  den  Beobach- 
tungen an  Colpidium  Colpoda  und  .SV.  Mytilus  nicht  mehr  zu  zweifeln  ist. 

Hat  der  lichte  Körper  seine  bedeutendste  Grösse  erreicht,  etwa  zwei  bis  drei  Tage  nach 


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—    333  - 


aufgehobener  Conjugation,  so  besitzt  derselbe  anch  hier  die  eigentümliche,  faserige  Structur 
(Taf.  XI.  Fig.  G),  welche  sich  schon  am  lebenden  Thier  deutlich  beobachten  lässt.  Alsdann 
verkleinert  und  verdichtet  er  sich  anch  hier  allmalig  und  nun  sah  ich  zum  ersten  Mal 
zwei  Nucleoli  neben  ihm  (Taf.  XI.  Fig.  7),  welche  jedoch  jedenfalls  schon  früher  vor- 
handen waren  um!  des  gleichen  Ursprunges  sind  wie  bei  St  Myiilus.  Der  etwas  reducirte 
Körper  (Fig.  7)  wuchst  dann  zu  einem  kurzen  Strang  aus  und  es  treten  die  queren,  vor» 
dichteten  Stellen  in  seinen  Enden  auf  (Taf.  XI.  Fig.  8),  welche  sich  später  zu  den  spalt  förmigen 
Höhlen  ausbilden.  Nun  thcilt  er  sich,  worauf  die  Thierc  wieder  ihre  normale  Beschaffenheit 
erhalten  haben.  Während  diese  Vorgänge  sich  abspielen,  hat  auch  das  Plasma  der  Thiere 
allniälig,  durch  Verschwindcu  der  es  früherhin  verdunkelnden  Körncheu.  seine  lichte  Be- 
schaffenheit wieder  erlangt  und  die  früher  sehr  breite  und  plumpe  Gestalt  der  aus  der  Syzigie 
hervorgegangenen  Thiere  macht  wieder  einer  langgestreckten,  schlanken  I'latz.  Bald  nach- 
dem die  Thiere  ihre  normale  Beschaffenheit  wieder  erlangt  haben,  beginnen  sie  sich  durch 
Theilung  rasch  und  anhaltend  zu  vermehren. 

Balbiani  gibt  an,  dass  sich  bei  St.  jmstulata  gleichfalls  vier  Eier  entwickeln  sollen;  ich 
muss  dies  jedoch  nach  der  obigen  Schilderung  verneinen.  Uebrigens  kann  auch  nur  die  directe 
Verfolgung  der  alliusiligen  Umbildung  der  ursprünglichen  Nuclei,  aber  die  Zahl  der  dunkelen 
Kugeln  sicheren  Aufschluss  geben ,  da  sich  bei  den  aus  der  Conjugatioii  hervorgegangenen 
Thieren  leicht  grössere  der  im  Plasma  vorhandenen ,  dunkelen  Körner  mit  solchen  Kugeln 
verwechseln  lassen. 

Bei  St.  pustulata  hat  schon  E  n  g  e  1  m  a  n  n  (HO)  die  Umbildung  eines  aus  der  Conjti- 
gation  hervorgegangenen  Thieres  zu  eiuem  normalen,  sich  bald  durch  Theilung  vermehrenden, 
verfolgt. 


An  dieser  häufig  zu  erhaltenden  Art  hat  namentlich  Engelmann  Mo.  eine  Keihe  von 
Beobachtungen  über  die  Conjugation  angestellt,  durch  die  schon  einige  wichtige  Punkte  ihre 
Aufklärung  fanden. 

Der  Nucleus  von  Euplrtes  Üluirmi  bildet  bekanntlich  einen  hufeisenförmig  gekrümmten 
Strang,  welcher  meist  in  symmetrischer  Lagerung  die.  vonlere  Hälfte  des  Thieres  durchzieht. 
Bei  den  eonjugirten  Thieren  hingegen  ist  er  immer  mehr  nach  dem  linken  Seitenrand  geschoben 
und  längs  dieses  gelagert     Ein  Nucleotus  findet  sich  dem  Kern  an  seiner,  der  linken  Vorder- 

AbhmadL  d.  trockenb.  tialurf.  (Um.  IUL  X.  43 


K.  Untersuchungen  au  Muplote*  Charon  Elirbg. 


T»f.  X.  Kig«.  1—19. 


I 


—  334 


ecke  des  Thieres  zugewendeten  Umlegungsstelle  dicht  angelagert;  er  stellt  ein  kleines,  dunkeles 
Körperchen  dar,  an  welchem  ich  eine  Hallmeuibran  nicht  mehr  deutlich  unterscheiden  konnte. 

Die  Conjugation  der  Euploten  erfolgt,  wie  bekannt,  immer  in  der  Weise,  dass  sie  sich 
mit  den  Bauchhackeu  ihrer  linken  Vorderecken  auf  eine  kleine  Strecke  hin  übereinander  schieben 
und  verschmelzen.  In  Bezug  auf  die  so  wichtigen  Umbildungen  der  Nuclcoli  stösst  man  auch 
hier  leider  auf  das  Ilinderuiss,  dass  sich  ein  sicherer  Anhaltspunkt  für  die  zeitliche  Aufeinander- 
folge der  mannigfachen,  beobachteten  Bilder  kaum  finden  lässt.  Ich  bin  daher  in  dieser  Hin- 
sicht auch  hier  nicht  zu  der  so  wünschenswerten,  völligen  Klarheit  durchgedrungen. 

Zuvor  will  ich  bemerken,  dass  der,  nach  Zusatz  von  Essigsäure  (l'/o)  grobgranuliite  und 
dunkelglänzend  erscheinende  Nucleus  sich  bis  gegen  das  Ende  der  Conjugation  unverändert 
erhält;  dann  beginnt  er  jedoch,  wie  dies  schon  Engelmaun  und  Balbiani  (für  Euplotes 
PaieUa;  66)  sehr  richtig  dargestellt  haben,  sich  etwas  hinter  seiner  Mitte  zu  verdünnen  (Fig.  12), 
diese  verdünnte  Strecke  zieht  sich  zwischen  den  beiden  etwas  ungleichen  Theilen  des  so  zer- 
fallenden Nucleus  immer  mehr,  endlich  zu  einem  zarten  Faden  aus  (Fig.  13),  der  schliesslich 
zerreisst,  worauf  die  beiden  Theilstücke  des  Nucleus  sich  mehr  abrunden  (Fig.  14).  Kurz  vor 
der  Lösung  der  Syzigie  enthält  also  jedes  der  Thiere  eio  vorderes,  fast  immer  grösseres  Nucleus- 
segment  und  ein  hinteres,  kleineres. 

Ich  begiune  die  Schilderung  der  Umwandlungen  des  Nucleolus  an  einem  Punkt,  von 
welchem  es  nicht  ganz  sicher  ist,  ob  er  als  ein  ursprünglicher  betrachtet  werden  darf.  Man 
findet  nämlich  nicht  selten  Zustände,  die  meist  auf  der  linken  Seite  des  Nucleusbandes  zwei 
nahezu  unveränderte  Nucleoli  zeigen  (Fig.  5).  Man  erkenut  jedoch  an  denselben  nach  geeigneter 
Behandlung  die  Differenzirung  einer  deutlichen  Ilttlle.  Bald  liegen  diese  Nucleoli  weit  von 
einander  entfernt,  bald  dichter  beisammen.  Statt  dieser  findet  man  nun  auch  stärker 
angewachsene,  im  lebenden  Zustand  ganz  helle  Kapseln,  die  nach  Behandlung  mit  Essigsäure 
(1 "/»)  einen  granulirten,  dunkelen  Kern  zeigen  (Fig.  6).  Fernere  Stadien  lassen  diese  Kapseln 
in  noch  mehr  herangewachsenem  Zustand  und  von  ovaler  Gestalt  wiederfinden ;  von  ihrem  central 
gelegenen,  körnigen  Kern  geht  ein  Bündel  zarter  Fasern  nach  dem  einen  Ende  der  Kapsel 
und  heftet  sich  hier  an  die  Uülle  an  (Figg.  7  und  6).  Auch  gewisse  Variationen  dieses  Ver- 
haltens zeigen  sich,  wie  ein  solches  in  der  Fig.  9  wiedergegeben  ist.  Scbliesshch  reihen  sich 
hieran  auch  die  in  Fig.  10  abgebildeten  Zustände;  die  iu  ihrer  Gestalt  noch  unveränderte 
Kapsel  zeigt  nach  Behandlung  mit  Essigsäure  eine  Anzahl  isolirter,  dunkeler  Körner.  Das  Ende 
dieser  Formenreihe  bilden  dann  die  in  Figg.  11  und  12  abgebildeten,  lang  spindelförmigen 
Kapseln,  welche  nach  Balbiani  und  Stein  die  Bezeichnung  reifer  Samenkapseln  verdienen 


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würden.  Dieselben  zeigen  sieh  sehr  deutlich  längsfascrig,  ohne  dass  sich  jedoch  besonders  ver- 
dickte Faserstellen  auffinden  Hessen.  Die  letzterwähnte  Umbildung  der  Kabeln  findet  sich 
immer  erst  gegen  Knde  der  Conjugation,  wenn  der  Kern  schon  eine  deutliche  F.inschnürung 
zeigt  (Fig.  12).  Ich  glaube  nun  diese  Formen  mit  Sicherheit  als  Thcilungszustande  auffassen 
zu  dürfen,  obgleich  ich  die  ferneren  Stadien  des  wahrscheinlich  sehr  rasch  sich  abspielenden 
Theilungsprocesses  nicht  auffand.  Ist  die  Theilung  des  Nucleus  noch  weiter  vorgeschritten, 
so  trifft  man  links  neben  ihm  an  Stelle  der  Kapseln  stets  eine  Anzahl  kleiner,  den  früheren 
Nuclcoli  ähnlicher  Körperchen,  die  von  einem  dunkclen,  centralen,  manchmal  noch  recht  deutlich 
streifigen  Kernchen  und  einer  Hülle  gebildet  werden.  Schwierigkeit  macht  cjie  genaue  Fest- 
stellung ihrer  Zahl,  jedoch  zählte  ich  mehrfach  mit  Sicherheit  vier  in  jedem  Thier,  manchmal 
jedoch  auch  in  dem  einen  Thier  vier,  in  dem  anderen  hingegen  nur  zwei.  Diese  Körperchen 
moss  ich  nun  in  derselben  Weise  wie  bei  Stylonichia  für  die  durch  Theilung  vermehrten  und 
hierauf  sehr  geschrumpften  Nucleoluskapseln  halten,  deren  weiteres  Schicksal  ich  späterhin 
betrachten  werde. 

Nun  trifft  man  aber  auch  auf  Conjugationszustände,  die  mir  einen  in  der  Entwicklung 
begriffenen  Nucleolus  enthalten,  von  den  Formen,  die  ich  auf  Figg.  1  und  2  abgebildet  habe. 
Es  fragt  sich  nun,  gehen  die  Formen  mit  zwei  in  der  Entwicklung  begriffenen  Nucleoluskapseln 
aus  denen  mit  nur  einer  hervor*,  indem  sich  diese  durch  eine  erstmalige  Theilung  vermehrt 
und  die  Kapseln  hierauf  wieder  in  den  rudimentären  Zustand  der  Fig.  5  zurücksinken?  Vor 
dieser  complicirten  Betrachtungsweise,  die  uns  ähnlich  schon  bei  St.  Alylilus  begegnete,  scheint 
mir  jedoch  eine  andere  den  Vorzug  zu  verdienen.  Ich  habe  zwar  bei  den  einfachen  Thieren  von 
EujAotcs  Charon  nur  einen  Nuclcolus  angetroffen,  jedoch  auch  keine  sehr  ausgedehnten  Unter- 
suchungen hinsichtlich  dieses  Punktes  angestellt ,  da  mich  die  Uebereinstimmung  mit  den 
Befunden  der  früheren  Beobachter  beruhigte.  Wir  wissen  jedoch,  dass  bei  verwandten  Infusions- 
thieren  die  Zahl  der  Nuclcoli  sehr  schwankend  ist,  so  dass  ich  die  Wahrscheinlichkeit,  dass 
sich  zuweilen  und  namentlich  bei  den  von  mir  conjugirt  getroffenen  Thiereu  zwei  Nuclcoli 
fanden,  für  recht  gross  erachte.  Durch  diese  Annahme  würde  sich  dann  der  Process  der 
Nucleoluscntwicklung  sehr  einfach  erklären.  Es  würde  dann  das  Stadium  mit  den  zwei  interessant 
gebauten  Kapseln  Fig.  3,  welche  ich  ursprünglich  als  aus  der  Theilung  des  einfneben  Nucleolus 
hervorgegangen  aufzufassen  müssen  glaubte,  seine  ungezwungene  Einreihung  zwischen  Figg.  10 
nnd  11  finden,  wohin  es  wegen  der  Analogie  mit  den  Kapseln  anderer  Infusionsthierc  auch 
viel  besser  pnsst.  Einige  besondere  Zustände,  welche  ich  sah,  fanden  dann  auch  eine  befriedigende 
Erklärung;  so  traf  ich  einmal  eine  Syzigic,  bei  welcher  das  eine  Thier  zwei,  das  andere 


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hingegen  nur  eine  in  Theilung  begriffene  Kapsel  der  Form  Fig.  11  enthielt,  ferner  sah  ich, 
wie  oben  schon  erwähnt,  einige  Male  neben  dem  schon  zerfallenen  Nur.leus  in  beiden  Thieren 
einer  Syzigie  nur  zwei  kleine,  längsstreifige  Kapseln  und  ebendadurch  würde  auch  der  in  Fig.  13 
ahgebildete  Zustand  sich  erklären,  wo  das  eine  Thier  vier,  das  andere  nur  zwei  kleine,  reducirte 
Kapseln  enthält.  Als  Resultat  dieser  Erörterung  würde  sich  demnach  ergeben,  dass  bald  Thiere  mit 
nur  einem  Nucleolus,  bald  solche  mit  zweien  sich  conjugiren,  dass  sich  die  Nuclcoli  einmal  durch 
Theilung  vermehren  und  also  die  Thiere  gegen  Ende  der  Conjugation  entweder  zwei  oder  Tier 
kleine,  reducirto  Nucleoluskapseln  enthalten. 

Kurz  vor  Lösung  der  Syzigie  trifft  man  nun  unter  diesen  reducirten  Kapseln  eine  sehr 
lichte,  sich  durch  ihre  bedeutendere  Grösse  auszeichnende,  die,  wie  die  weitere  Erfahrung  lehrt, 
in  energischem  Wachsthum  begriffen  ist.  Nach  Essigsäurezusatz  erkennt  man  an  ihr  eine  deut- 
liche Hülle  und  einen  feingranulirten.  noch  etwas  längsfaserigen  Inhalt.  Die  Schwierigkeit,  sich 
bei  so  kleinen  Objccten  eine  genaue  Rechenschaft  ihrer  Zahl  zu  geben  und  die  kleinen  Kapseln 
nicht  mit  anderen  Inhaltskörpern  des  Plasma's  zu  verwechseln,  liess  mich  hier  nicht  mit  derselben 
Sicherheit  wie  bei».  Mytilus  entscheiden,  dass  dieser  hervorwachsende,  lichte  Körper  ein  directer 
Descendent  einer  der  vier  oder  zwei  reducirten  Nucleoluskapseln  sei,  obgleich  ich  gerade  bei 
der  Untersuchung  dieser  Art  zuerst  zu  dieser  wichtigen  Vermuthung  kam,  sie  jedoch  wieder 
fallen  Hess,  da  es  nicht  gelang  sie  mit  völliger  Sicherheit  zu  begründen.  Jetzt  scheint  mir 
diese  Frage  durch  die  Beobachtungen  an  67.  Mytilus  auch  für  Euplotes  entschieden  zu  sein. 
Einmal  machte  ich  jedoch  auch  bei  unserem  Thier  eine  Beobachtung,  welche  mir  in  dieser 
Beziehung  entscheidend  zu  sein  scheint;  ein  erst  vor  kurzer  Zeit  aus  der  Conjugation  hervor- 
gegangenes Thier  zeigte  nämlich  nicht  einen  derartigen  lichten  Körper,  sondern  vier  dicht 
zusammenliegende ;  es  hatten  sich  demnach  hier  in  abnormer  Weise  sämmtliche  vier  Nucleolus- 
kapseln weiter  entwickelt  (Fig.  Iß).  Diese  Beobachtung  scheint  mir  auch  die  von  Stein 
gemachte  Angabe  zu  erklären,  dass  er  zuweilen  Thiere  mit  zwei  kleineren,  lichten  Körpern 
beobachtet  hahe.  Bei  St.  pustulaia  habe  auch  ich  einmal  die  Kntwicklung  zweier  lichter  Körper 
statt  des  gewöhnlich  nur  vorhandenen  einen  beobachtet. 

Die  aus  der  Conjugation  hervorgegangenen  Thiere  zeigten  mit  Ausnahme  des  einzigen 
erwähnten  Falles  nur  einen,  schon  bedeutend  vergrößerten ,  lichten  Körper  und  diesem  dicht 
anliegend,  ein  kleines,  dunkeles  Körperchen  mit  Hülle  (zuweilen  auch  zwei  Fig.  15),  welches  ich 
seiner  Constanz  wegen  für  eine  noch  mehr  rückgebildete  und  wieder  zu  einem  gewöhnlichen 
Nucleolus  werdende  Kapsel,  ähnlich  wie  bei  St.  Mytilus,  erklären  muss.  Enthielten  die  Thiere 
bei  der  Lösung  der  Syzigie  nur  zwei  Nucleoluskapseln,  so  ist  deren  ferneres  Schicksal  hiermit 


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also  völlig  entschieden,  waren  deren  jedoch  vier  vorhanden,  so  fragt  sich,  was  aus  den  zwei 
anderen  wird ;  eine  davon  wird  wie  bei  SL  Mytilus  jedenfalls  entfernt,  vielleicht  wird  jedoch  in 
diesem  Falle  die  andere  zu  einem  aweiten  Nucleolus,  wie  es  bei  St.  Mytilus  die  Regel  ist. 

Kurze  Zeit  nach  aufgehobener  Conjugation  bemerkt  mau,  dasB  das  vordere,  grössere 
Nucleussegment  einen  nochmaligen  Zerfall  in  zwei  Bruclistücke  erleidet  (Figg.  16  und  17); 
gleichzeitig  sieht  man  in  seiner  Masse  verdichtete ,  dunkele  Partien  auftreten.  Während  nun 
der  lichte  Körper  immer  ansehnlicher  heranwächst,  so  dass  er  bald  die  gesammte  Mitte  des 
Thieres  ausfüllt,  verdichten  sich  die  beiden  vorderen  Nucleusbruckstücke  zu  zwei  dunkelen, 
glänzenden  Kugeln,  die  man  ursprünglich  noch  an  ihrem  anfänglichen  Platz,  später  gewöhnlich 
rechts  von  dem  lichtcu  Korper  antrifft  Möglicherweise  zerfällt  das  vordere  Nucleussegment 
zuweilen  auch  in  noch  mehr  Bruchstücke,  da  die  Zahl  der  dunkelen  Kugeln  nicht  ganz  regel- 
mässig ist,  denn  manchmal  fanden  sich  noch  ein  bis  zwei  kleinere  neben  den  beiden  grösseren  vor. 

Die  Bildung  dieser  Kugeln  erfolgt  etwa  vier  bis  fünf  Stunden  nach  aufgehobener  Con- 
jugation und  meist  schon  am  zweiten  Tag  nach  der  Lösung  der  S\zigie  sind  sie  spurlos  ver- 
schwunden. Dass  sie  auch  hier  ausgestossen  werden,  durfte  keinem  Zweifel  unterliegen.  Am 
zweiten  Tag  hat  der  lichte  Körper,  der  nach  Behandlung  mit  Fssigsäure  (l°/o)  eine  fein- 
granulirte  Beschaffenheit  annimmt,  sein  Wachst hom  vollendet;  das  hintere  Nucleussegment, 
welches  sich  ganz  unverändert  erhält,  ist  ihm  meist  dicht  angelagert  (Fig.  18).  Am  vierten 
Tage  jedoch  findet  sich  an  Stelle  des  lichten  Körpers  ein  bandförmiges  Nucleusstück,  das  dem 
früheren  vorderen  Nucleussegiiient  sehr  ähnlich  sieht;  der  lichte  Körper  hat  sich  also  ganz 
entsprechend  den  Vorgäugen  bei  den  Stylonichien  zu  einem  echten  Nucleus  verdichtet.  Diese 
Umwandlung  scheint  sehr  rasch  vor  sich  zu  gehen  ;  so  zeigte  ein  isolirtes  Thier  z.  B.  noch 
um  acht  Uhr  Abends  den  lichten  Körper  sehr  deutlich  uud  gross,  um  zwölf  Uhr  Nachts  dagegen 
war  derselbe  schon  zu  einem  echten  Nucleus  umgewandelt.  Am  fünften  Tage  fand  ich  wieder 
einen  einfachen,  zweifellos  aus  der  Vereinigung  der  beiden  Nucleusstücke  hervorgegangenen 
Nucleus  mit  deutlichein  Nucleolus.  Nach  Wiederherstellung  des  normalen  Zustandes  liesa  sich 
eine  sehr  lebhafte  Vermehrung  der  Thiere  durch  Theilung  constatiren. 

Die  früheren  Beobachtungen  über  die  Veränderungen  des  Nucleus  und  Nucleolus  der 
Euploten  während  der  Conjugation  sind  sehr  lückenhaft,  Balbiani  lässt  bei  EnploUs  Fatella 
zwei  Eier  von  dem  Nucleus  sich  abschnüren  uud  diesen  letzteren  wieder  zu  einem  normalen 
Nucleus  heranwachsen;  dass  jedoch  bei  dieser  Art  die  Entwicklung  ganz  in  gleicher  Weise 
verläuft  wie  bei  Eupkies  Charon  geht  aus  den  Untersuchungen  Stein's  hervor,  der  die  Thiere 
mit  grossem,  lichtem  Körper  bei  Euploi«s  Patella  sehr  häufig  gesehen  hat.  Engelmann, 


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der  Euplotts  Cliaron  untersuchte,  ist  ganz  zweifelhaft  (Iber  die  Abstammung  des  lichten  Körpers, 
glaubt  ihn  jedoch  in  irgend  einer  Weise  von  dem  Nucleus  herleiten  zu  müssen ;  er  kann  ferner 
auch  das  Schicksal  desselben  nicht  angeben,  er  soll  nach  ihm  schliesslich  in  zwei  bis  drei 
kuglichc  Segmente  zerfallen,  wovon  ich  nie  etwas  beobachtet  habe.  Stein  schliesslich  (68) 
ist  in  gänzlicher  Verwirrung  hinsichtlich  der  Beziehungen  der  einzelnen  Theile  zu  einander. 
Der  lichte  Körper  soll  sich  aus  dem  ganzen  Nucleus  nach  Einwirkung  der  Befruchtung 
entwickeln,  dann  sollen  sich  aus  ihm  als  Placenta  zwei  bis  vier  kleine  runde  Körper  hervor- 
bilden, welchen  er,  wenigstens  bei  Euplotes  Patcßa,  die  Bedeutung  von  Kcimkugeln  beilegt. 
Das  hintere  sich  erhaltende  Segment  des  Nucleus  hält  er  für  einen  in  der  Neubildung  begriffenen 
Kern  und  was  schliesslich  aus  dem  lichten  Körper  wird,  findet  sich  bei  ihm  nicht  angedeutet. 
Man  erkennt  Hieraus  nur  das  Bestreben,  die  höchst  mangelhaften  Beobachtungen  an  Euplotes 
in  das  für  Stt/lonichia  aufgestellte,  ganz  irrthümlichc  Schema  einzuzwängen. 


Gerade  die  Ordnung  der  peritrichen  Infusorien  war  es.  welche  Stein  mit  Vorliebe  zu 
seinen  Untersuchungen  über  die  Fortpflanzungsverhältnisse  sich  auserlas ;  sie  haben  zuerst  der, 
jetzt  schon  lange  zur  Ruhe  gekommenen  Acinetentheorie  den  Ursprung  gegeben  und  wurden 
dann  in  zweiter  Linie  auch  zu  einer  mächtigen  Stütze  für  die  Lehre  von  der  Embryonen- 
entwicklung, welche  im  Gefolge  der  Conju^ation  auftreten  sollte.  Ich  habe  absichtlich  die 
Vorticellen  vorerst  nicht  zu  eingehenden  Untersuchungen  über  die  Conjugationserscheinungcn 
gewählt,  weil  ich  die  Ueberzeugung  hatte,  dass  sich  diese  Processc  nur  durch  fortlaufende 
Untersuchungen  an  isolirten  Syzigien  mit  einiger  Sicherheit  aufklären  lassen  würden  und  die 
grossen  Widersprüche  zwischen  den  Resultaten  der  seitherigen  Forscher  sich  hauptsächlich  dadurch 
erklärten,  dass  dieselben  zum  Theil  diese  Rcpel  vernachlässigt  und  die  verschiedensten  Entwicklungs- 
stadien, ja,  auch  solche,  die  gar  nicht  in  den  Entwicklungskreis  gehörten,  in  ziemlich  willkür- 
licher Weise  untereinander  verknüpft  lütten.  Zu  solchen  Isolations-  und  Züchtungsversuchen, 
wie  sie  diese  Untersuchungen  erforderten,  hielt  ich  aber  die  festsitzenden  Vorticellen  sehr 
angeeignet  und  suchte  deshalb  zuerst  bei  den  leichter  zu  bearbeitenden  und  zum  Theil  auch 
zu  beschaffenden,  freischwimmenden  Infusorien  die  Conjugationserscheinungcn  aufzuklären.  Hatte 
man  erst  ein  wirkliches  Verständniss  der  bei  diesen  sich  findenden  Erscheinungen  erreicht,  so 
Hess  sich  eine  Aufklärung  der  bei  den  Vorticellen  vorhandenen  Verhältnisse  wohl  auch  nach 


L.  Untersuchungen  an  Vortlcella  Campamtla  Ehrbg. 


Taf.  XIV.  Figg.  1—3. 


—    339  — 

Beobachtung  vereinzelterer  Stadien  hoffen,  da  ja  eine  principielle  Ucbereinsüinmuag  der  hier 
in  Frage  stehenden  Vorgänge  sich  mit  Sicherheit  voraussetzen  lässt. 

Da  ich  nun  zu  einer  eingehenden  Beobachtungsrcihe  bei  den  VorticeUen  noch  nicht 
gelangt  bin,  so  bin  ich  recht  erfreut,  dass  sich  mir  gerade  Gelegenheit  geboten  hat,  ein  hierher- 
gehöriges Thier,  welches  auch  Stein  zu  einer  Reihe  von  Untersuchungen,  deren  Ergebnisse  er 
selbst  als  glanzende  bezeichnet,  gedient  hatte,  in  gewisser  Hinsicht  zu  erforschen.*) 

Die  Conjugationserscheinungen  der  Vortkcllincn  gehen  bekanntlich  in  zweierlei  Weise  vor  sich. 
Kinmal  indem  sich  Individuen  von  gleicher  oder  nahezu  gleicher  Grösse  mit  einander  vereinigen 
und  nach  Lösung  von  ihren  Stielet!  wahrscheinlich  einen  völligen  Verschmelzungsprocess  erfahren ;  **j 
diese  Form  der  Conjugation  wurde  schon  von  Claparödc  und  Lachmann  entdeckt  Die 
zweite  Art  der  Conjugation  wurde  zuerst  von  Stein  sichergestellt;  es  ist  dies  die  sogenannte 
knospenförmige  Conjugation,  bei  welcher  sich  nämlich  ein  durch  wiederholte  Theilungcn  hervor- 
gegangenes, viel  kleineres,  freischwimmendes  Thier  mit  einem  festsitzenden  grossen  vereinigt 
und  schliesslich  mit  diesem  völlig  verschmilzt.  Grccff  (73)  hat  diese  Forin  der  Conjugatiou 
in  neuerer  Zeit  bestätigt,  ohne  jedoch  die  Kenntniss  der  inneren  Vorgänge,  welche  die  Folge 
dieses  Conjugationsactes  sind,  irgendwie  gefördert  zu  haben. 

Unsere  Vorticella  Catnpanuia  traf  ich  im  October  1Ö74  unter  ganz  ähnlichen  Verhältnissen 
wie  Stein  (6tt;  pag.  112)  in  einer  grösseren  Wasserlache  im  Waide  an;  leider  war  der  Fund- 
ort über  eine  Stunde  von  meiner  Wohnung  entfernt,  so  dass  ich  eine  regelmassige  Beschaffung 
von  Material  kaum  bewerkstelligen  konnte.  Das  Thier  fand  sich  in  diesem  Wasser  in  ganz 
ungeheuerer  Menge  im  freischwimmenden  Zustaude  und  zum  Theil  von  sehr  bedeutender  Grösse. 
Bei  der  näheren  Untersuchung  stellte  es  sich  nun  heraus,  dass  sich  durunter  einzelne  Individuen 
vorfanden,  die  sicherlich  aus  der  Conjugation  hervorgegangen  waren.  Bevor  ich  jedoch  über 
die  wenigen  Beobachtungen  berichte,  welche  ich  an  denselben  anstellen  konnte,  muss  ich  einige 
Worte  über  die  Conjugation  dieser  Vorticelle  selbst  hinzufügen.  Stein  schreibt  (68;  pag.  113): 
-Die  auffallendste  Erscheinung,  welche  mir  an  ineinen  VorticeUen  entgegentrat,  war,  dass  sie 
häutig  in  lateralen  Syzigien  vorkamen  und  diese  sahen  fast  genau  so  aus  wie  die 
gewöhnlichen  Längstheilungszustände  der  VorticeUen.«  Nachdem  er  nun  diese 
in  lateraler  Conjugation  befindlichen  Thier«  näher  geschildert  hat,  kommt  er  endlich  zu  dem 


*)  Eine  kurze  Schilderung  meiner  neuenlings  bei  den  Vorticellincn  erlangten  Resultate  habe  ich  in  einein 
Anhang  zu  dieser  Arbeit  gegeben,  welche«  ich  zu  vergleichen  bitte  und  wo  sich  auch  die  nähere  Aufklärung 
über  die  einzelnen  von  mir  bei  VorticdUi  Campanida  l>cobachteten  Stadien  findet. 
**)  Vergl.  auch  hierüber  den  Anhang  zu  dieser  Abhandlung. 


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r 


—    340  — 

Schluss:  »Die  eben  geschilderten  Syzigien  konnten  offenbar  eben  so  gut  in  der  Reihenfolge, 
wie  ich  sie  beschrieben  habe,  als  Längstlieilungsformen,  wie  in  der  umgekehrten  Aufeinanderfolge 
als  Conjugationszustände  gedeutet  werden.«  Zur  Entscheidung  dieser  Frage  führt  er  nun  auf, 
dass  er  nicht  selten  Syzigien  von  sehr  ungleich  grossen  Individuen  gesehen  habt-,  welche  sich 
absolut  nicht  durch  Theilung  erklären  liessen.  Feiner  hat  er  auch  häufig  Syzigien  beobachtet, 
wo  die  beiden  ungleich  grossen  Thiere  sich  mit  ihren  Ilinterrenden  so  vereinigt  hatten,  dass 
ihre  Axen  zusammenfielen. 

Ich  fand  nun  trotz  grosser  Aufmerksamkeit  auch  nicht  einen  einzigen  Coiijugationszustaud, 
dagegen  massenhaft  Längstheilungszustände.  die  nun  ihrerseits  wieder  auf  das  geuaueste  mit 
den  von  Stein  geschilderten,  lateralen  Syzigien  übereinstimmten.  Die  Theilung  erfolgt  genau 
so,  wie  dies  von  den  Vorticcllcu  längst  bekaunt  ist  und  verläuft  sehr  rasch.  Der  Nucleus 
verhält  sich  dabei  wie  die  straugformigen  Nuclei  überhaupt,  er  contrahirt  sich  zuerst  zu  einem 
kurzen,  senkrecht  auf  der  Thcilungsebene  stehenden  Strang,  welcher  sich  in  dem  Maasse, 
wie  die  Theilung  fortschreitet,  wieder  in  die  beiden  Theilungssprösslinge  durch  Auswachsen 
verlängert. 

Isolirte  ich  in  der  Theilung  begriffene  Thiere,  so  waren  dieselben  gewöhnlich  schon 
10  Minuten  später  in  die  beiden  Theilungsprösslinge  zerfallen.  Diesen  so  einfachen  Versuch  hat 
nun  Stein  nie  gemacht,  er  hat  nur  gesehen  und  gedeutet  und  meiner  Meinung  nach  ent- 
schieden irrig,  denn  die  vermeintlichen  lateralen  Syzigien  waren  sicher  nur  Längstheiluugs- 
zostäude.  Was  mich  in  dieser  Hinsicht  zu  einem  so  bestimmten  Ausspruch  veranlasst,  ist  das 
Verhalten,  welches  Stein  dem  Nucleus  in  seinen  vermeintlichen  lateralen  Syzigien  zuschreibt. 
Dieselben  besassen  nümlich  stets  einen  gemeinschaftlich  durch  beide  Individuen  hinziehenden  Kern, 
daher  schloss  er,  dass  die  Kerne  der  beiden  Individuen  mit  eiuander  verschmelzen.  Ein  derartiges 
Verschmelzen  der  Kerne  ist  jedoch  mit  Ausnahme  der  von  En  gel  mann  beschriebenen  völligen 
Verschmelzung  zweier  coujugtrter  Stylonkhia  pmtulaia,  wobei  die  Nuclei  gleichfalls  zu  einen 
einzigen  verschmelzen  sollen,  bi»  jetzt  bei  keinem  andern  Infusor  bekannt.*)  Bei  der  knospeu- 
förmigen  Coujugation  der  Vorticellen  zerfällt  jeder  der  Nuclei  für  sich  in  eine  grosse  Anzahl 
von  Bruchstücken  und  die  aus  der  Conjugation  hervorgegangenen  Thiere  der  Vort.  Campumla 
stimmen,  hinsichtlich  der  aus  dem  Nucleus  hervorgegangenen  Producte,  völlig  aberein  mit 
solchen,  welche  die  knospenförmige  Conjugation  vollzogen  haben.  Stein  nimmt  nun  weiter  au, 

*)  Späterer  Zusatz:  I)a.<w  solrh<>  Vereinigung  Her  Nuclei  zweier  auf  ihren  Stielen  conjugirten 
Exemplare  von  Yorticella  nrtmhfera  wirklich  vorkommt,  davon  habe  ich  mich  spater  überzeugt  (vergl. 
den  Anhang). 


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-    341  - 

dass  die  beiden  in  der  lateralen  Syzigie  vereinigten  Individuen  schliesslich  völlig  zu  einem 
grossen,  einfachen  Thier  verschmölzen,  an  dessen  Nucleus  sich  dann  erst  die  weiteren  Wirkungen 
der  Conjugation  zeigen  sollen. 

Es  ist  sehr  zu  bedauern,  dass  Stein  es  nicht  versucht  hat,  sich  durch  wirkliche  Be- 
obachtung von  der  Richtigkeit  seiner  Annahmen  zu  überzeugen.  Nach  dem  oben  bemerkten  muss 
ich  mich  für  berechtigt  halten,  die  Stcin'sche  Deutung  zurückzuweisen  uud  seine  vermeint- 
lichen lateralen  Syzigien  für  weiter  nichts  als  Längsthcilungsformcn  zu  erklären.  Auch  die 
angeblichen  Syzigien  zwischen  sehr  ungleich  grossen  Individuen  halte  ich  für  Theilungszustände, 
da  ich  selbst  einen  solchen  antraf,  wo  der  eine  Theilsprössling  uur  ein  Viertel  bis  ein  Drittel 
des  Volum's  des  anderen  besass. 

Dagegen  vermag  ich  mir  natürlich  die  eigenthümlichen  Vereinigungen  zweier  Individuen 
mit  ihren  Hintercnden  vorerst  auch  nicht  anders  als  durch  Conjugation  zu  erklären-,  dies  mögen 
die  eigentlichen,  der  knospenförmigen  Conjugation  entsprechenden  Zustände  gewesen  sein,  welche 
ich  leider  bis  jetzt  noch  nicht  auffand. 

Wie  gesagt,  fanden  sich  jedoch  unter  den  vielen  von  mir  untersuchten  Thicren  einige 
sicherlich  aus  der  Conjugation  hervorgegangene,  welche  das  Verhalten  zeigten,  das  auch  schon 
Stein  beschrieb.  Ihr  Nucleus  war  in  eine  sehr  grosse  Zahl  kleiner  Bruchstücke  zerfallen,  die 
nach  Behandlung  mit  1  °;0  Kssigsäure  das  Aussehen  sehr  kleiner,  dunkeler,  granulirtcr  Körperchen 
/.«  igten,  die  sich  in  ihrer  Hülle  durch  Gerinnung  etwas  zusammengezogen  haben,  so  dass  sie  in  einer 
von  Flüssigkeit  erfüllten  Höhle  liegen  (Taf.  XIV.  Fig.  I).  Unter  diesen  kleinen  Körperchen 
fanden  sich  mehrfach  drei  kugelige  und  grössere,  welche  nach  Behandlung  mit  Essigsäure  eine  stark 
glänzende,  dunkele  Hülle  und  einen  sehr  coutrahirten  Inhalt  zeigten,  der  also  von  einem  weiten, 
hellen  Hof  umgeben  ist,  da  ihre  Masse  vor  der  Gerinnung  viel  lichter  und  weniger  dicht  war, 
als  die  der  gewöhnlichen  Nucleusbruchstücke.  Stein  hat  diese  grösseren  Körper  auch  gesehen 
uud  gibt  an,  dass  er  zuweilen  sogar  fünf  bis  acht  fand ;  dieselben  sollen  von  einem  .schmalen, 
lichten  Hof  umgeben  sein,  der  als  erste  Anlage  der  lichten  Substanz  der  späteren  Embnonal- 
kugeln  betrachtet  wird,  welche  aus  diesen  Körpern  hervorgehen  sollen.  Es  wird  nicht  be- 
richtet, wie  Stein  diese  Beobachtung  angestellt  hat,  höchst  wahrscheinlich  hat  er  sich  jedoch 
dabei  auch  der  Essigsäure  bedient  und  war  dies  der  Fall,  so  möchte  die  Bedeutung  des  lichten 
Hofes  doch  wohl  nur  die  einer  mit  Flüssigkeit  erfüllten  Höhle  gewesen  sein,  welche  durch  die 
Gerinnung  zu  Stande  kam. 

Ich  setzte  nun  die  Beobachtungen  »1er  Vnrticellen  mehrere  Tage  fort,  indem  ich  täglich  etwa 
30 — 50  Thiere  mitersuchte.  Die  nächsten  Tage  fand  ich  noch  einige  Kxemplare  mit  zerfallenem 

At.hur.-il.  d.  s..u,i,  „I.  ..«turl  U.M.  Ikt  X.  44 


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Hadem,  jedoch  waren  die  Bruchstücke  meist  weniger  zahlreich  und  grösser;  darunter  fand  sich 
auch  das  in  Fig.  2  abgebildete  Thier,  welches  neben  einer  grossen  Zahl  kleiner  Bruchstücke  ein 
grosses,  kciuartiges  Gebilde  enthielt.  Letzteres  hatte  im  lebenden  Thier  ganz  das  blasse  Aus- 
sehen des  Kernes,  mich  Behandlung  mit  1  °o  Essigsäure  erschien  es  dunkelkörnig  und  glänzend 
wie  die  kleinen  Bruchstücke.  Ich  vermuthe  in  diesem  letzten  Körper  einen  in  Neubildung 
begriffenen cu  Nucleus  und  nicht  etwa  umgekehrt  einen  Zustand  des  Zerfalls,  da  der  Zerfall  des 
Nucleus  bei  anderen  Infusorien,  z.  B.  PuranuH-cium  und  ( 't/rto.stt>mum,  wie  wir  sahen,  nie  so 
iinregelmassig  vor  sich  geht.  Schon  den  dritten  Tag  nach  dem,  au  welchem  ich  zuerst  die  Thiere 
mit  zerfallenem  Nucleus  beobachtet  hatte,  fand  ich  kein  einziges  mehr  in  diesem  Zustand,  dagegen 
z.  B.  eines  mit  ganz  kugelförmig  abgerundetem  Nucleus.  Die  Untersuchung  wurde  fortgesetzt 
bis  zum  sechsten  Tag,  ohne  dass  ich  noch  einen  Zustand  mit  zerfallenem  Nucleus  traf;  die  einzige 
Form  von  Bedeutung  habe  ich  iu  Fig.  3  abgebildet,  sie  enthält  zwei  abgerundete,  nucleusarüge, 
grosse  Körper  und  drei  kleine  dunkele  Kugeln,  die  sich  mit  einiger  Wahrscheinlichkeit  als  Nucleus- 
bruchstdeke  in  Anspruch  nehmen  liessen. 

Das  einzige  Resultat  von  Erheblichkeit,  welches  ich  bei  dieser  Untersuchung  erhielt,  scheint 
mir  jedoch  zu  sein,  dass  ich  auf  kein  Thier  stiess,  welches  die  Andeutung  einer  Embryonal- 
kngel,  geschweige  von  Embryonen  enthalten  hätte.  Dies  Resultat  ist  uin  so  wichtiger,  als 
Stein  aus  den  Thieren  mit  zerfallenem  Nucleus  direct  solche  herleitet,  die  Embryonalkugeln 
neben  einem  gewöhnlichen,  strangförmigen  Nucleus  enthalten.  Jedermann  wird  sich  nun  natür- 
lich sogleich  fragen,  wie  dieser  strangfönnige  Nucleus  wieder  entsteht.  Stein  legt  sich  diese  Frage 
auch  vor  und  beantwortet  sie  folgendermaassen :  .Offenbar  wnr  der  Nucleus  dieser  zweiten 
Form  aus  jenen  Theilstücken  des  Nucleus  der  ersten  Form,  welche  nicht  zu  Kcimkugeln  ver- 
wendet wurden,  durch  Reconstitution  entstanden«  (f>8;  pag.  114).  Dieses  -Offenbar«  scheint 
mir  jedoch  nicht  geeignet,  den  Mangel  einer  einzigen  Beobachtung  hinsichtlich  dieses  Recon- 
stitutionsprocesses  zu  ersetzen.  Dass  dieser  reconstituirte  Nucleus  kleine,  scharfumschriebeite 
Kerne  enthält,  beweist  ganz,  und  gar  nicht,  dass  er  aus  den  kleinen  Bruchstücken  hervorging, 
denn  derartige  Kernchen  sind  in  den  Nuclei  der  Vorticellen  jederzeit  häufig.-  Erscheinungen 
und  kommen  auch  in  denen  anderer  Infusorien  oft  genug  vor.  wo  sie  mit  einem  derartigen 
Bildungsprocess  des  Nucleus  gar  nichts  zu  thun  haben.  Es  ist  also  meiner  Ansicht  nach  für 
die  Vorttcdla  Camjxinula  nicht  im  geringsten  bewiesen,  dass  die  Formen  mit  F.mbryonalkugeln 
sich  von  den  aus  der  Conjugntion  hervorgegangenen  Thieren  mit  zerfallenem  Nucleus  herleiten, 
ja,  es  scheint  mir  dies  nach  meinen  Untersuchungen  sehr  unwahrscheinlich. 


—    343  — 


Ich  (iehe  hier  nicht  naher  auf  die  Krage  nach  der  Bedeutung  der  angeblichen  Embryonen 
der  Vorticellen  dB,  d  t  ich  m  tiem  folgenden  Abschnitt  die  sogenannte  Embryouenbildung  hei 
den  Infusurien  überhaupt  im  Zusammenhang  betrachten  wurde. 

6.  Abschnitt.  Ueber  die  Bedeutung  der  sogenannten  Infusorienembryonen. 

Kur  die  eigentümliche  Gruppe  der  Achteten,  deren  nähere  Verbindung  mit  den  eiliaten 
Infusorien  ich  anerkennen  muss,  obgleich  sie  eine  in  sich  ganz  abgeschlossene  und  in  gewisser 
Hinsicht  mit  den  Rhizopoden  vermittelnde  Abtheilung  bilden  —  bei  diesen  Achteten  steht  es 
durch  die  schonen  und  zum  i  heil  sehr  eingehenden  Untersuchungen  von  Stein,  Claparede 
und  Lach  mann,  Enge!  mann  und  neuerdings  auch  K.  Hertwig  völlig  fest,  dass  tie  sich 
durch  an  der  Oberfläche  oder  innerhalb  des  mütterlichen  Plasmas  erzeugte  Sprosslinge  furtpflanzen. 
Man  kann  diese  Schwarinsprüsslinge  der  Aciueteu  immerhin  mit  dem  Naintu  Embryonen 
belegen,  da  ihre  Organisation  von  der  ihrer  Kitern  bedeutsam  abweicht.  Stets  siud  sie  in 
gewissem  Grade  bewimpert;  bald  ist  ihre  Oberfläche  völlig  glcklimassig  vou  zarten  Wimpern 
bedeckt  (Äcnitta  litujuifcru*)  Gl.  u.  Lachm.  vergl.  Stein  CO;  Taf.  II.  Kig.  13;  Poilophrya 
SteinU**)  Cl.  u.  Lachm.  vergl.  Stein  60;  Taf.  Ii.  Kig.  Kig.  9j  Äcimtu  solaris  Stein  07; 
p.  105  ;  Fodophiya  cotJuumita  CL  u.  Lachm.  02 ;  Taf.  IV.  Kig.  3)  oder  sie  sind  nur  auf  einem 
Thcil  ihrer  Oberfläche  bewimpert  {Pvie&hrga  Astaa  Cl.  u.  Lachm.  vergl.  Stein  SO;  Taf.  VI. 
Kigg.  36  —  39  und  l'<xk>phnja  t/vinmijiaru  IL  Hertwig  75).  Sehr  hautig  ist  diese  theilweisc 
Uewimpcning  in  der  Weise  ausgebildet,  dass  sie  einen  oder  mehrere  acquatorialc  Wimperreifeii 
besitzen  {l'&fophnja  Vydoi>um  Cl.  IL  Lachm.  Mehc  bei  Steiu  60;  Taf.  III.  Kigg.  33  u.  40; 
l'odinihryu  tii/itsionum  Stein  00;  Taf.  IV.  Kigg.  33  0,  34;  l'oUojthri/ti  l'tjntm  Cl.  u.  l.achm. 
62;  Taf.  II.  Kig.  1;  l'otlo]>hrya  quadrijHirtitu  CL  u.  I-achui.  62;  Taf.  Hl.  Kigg.  3  und  4; 
Podophya  Carchesü  Cl.  u.  Lachm.  Taf.  IV.  Kigg.  0  u.  10;  Acinda  tubvntsa  Ehrbg.  Stein  G7; 
p.  106;  Acinda  <%to6>  Stein  67;  p.  105;  Acineta  Üttadlus  Cl.  u.  Lachm.  Taf.  Ii  Kig.  13; 
Dendrosoma  Ästaci  Stein  67;  p.  105;  auch  die  Embryonen  von  Ihwlrocomctts  iwratloTU* Stein 
gehören  wahrscheinlich  zu  diesem  sehr  verbreiteten  Typus). 

Hie  Kntstehuug  dieser  Embryonen  ist  noch  nicht  in  allen  lallen  aufgeklart.  Stein 
bemerkt  hierüber  iu  seiner  letzten  Publikation,  dass  dieselben  entschieden  auf  ungeschlecht- 
lichem Weg  entweder  aus  einer  sich  um  einen  zapfen l'ürmigeu  Kortsaiz  des  Nuciciis  einwickelnden 
Knospe  (innere !)  oder  aus  einer  sich  vergrüssei  ndun  und  nach  und  nach  abschnürenden  I'ortion 

*)      Ugvlata  Stein  (67). 

Anneta  opercutariae  Stein  («57  ;  i>.  105). 


des  Nucleus.  entstünden  (Gs;  p.  13!)).  Was  die  mehr  äusserlichen  Verhältnisse  der  Formation 
dieser  Schwärmsprösslinge  anlangt,  so  haben  wir  einmal  ächte  Theilung,  wobei  einer  der  Theil- 
sprösslinge  als  Schwärmer  forteilt  (Acmeia  mystaeina  nach  Claparede  und  Lach  mann  [62] 
und  Podophya  Jixa  nach  Cienkowski,  aucli  die  später  zu  besprechende  parasitische  Gattung 
Sphacrophrya  nach  Stein)  —  ferner  Knospenbildung  mit  gleichzeitiger  Erzeugung  einer 
grösseren  Zahl  von  Schwärmsprösslingcn  (nach  R.  Hertwig  bei  Podophrya  getnmipara,  vielleicht 
auch  unter  Umständen  bei  Acimta  mystaeina ,  vergl.  Stein  60;  Taf.  1.  Figg.  l7—>'2)  — 
schliesslich  Bildung  der  Schwärmsprösslinge  innerhalb  des  mütterlichen  Körpers.  Dieser  letzt- 
erwähnte  Vorgang  scheint  sehr  sonderbar  und  unvermittelt  dazustehen,  in  der  That  ist  dies 
jedoch  nach  den  Untersuchungen,  welche  ich  an  Podophrya  qnadripar(Ha  anstellte,  nicht  der 
Fall.  Indem  ich  die  genauere  Mittheilung  dieser  Untersuchungen  dieser  Abhandlung  nicht  mehr 
anfügen  kann,  beschränke  ich  mich  darauf  zu  constatiren,  dass  diu  Anlage  des  einzigen,  grossen 
Schwärmsprösslings  bei  dieser  Acinete  mit  der  Bildung  der  Geburtsöffnung  beginnt  Die  Folge 
dieses  Vorgangs  ist,  dass  der  werdende  Embryo  durch  diese  Geburtsöffnung  seit  seines  ersten 
Entstehens  mit  der  Ausseuwelt  in  Verbindung  steht  und  dass  daher  der  ganze  Vorgang  bei 
Podophrya  qtMdripartila  wenigstens  nur  scheinbar  eine  innere,  in  der  That  aber  nur  eine 
sehr  modificirte,  äussere  Kuospuug  darstellt.  Aehnlich  bilden  sich  ohne  Zweifel  noch  eine  grosse 
Zahl  der  vermeintlich  endogenen  Schwärmsprösslinge  anderer  Acineten,  jedoch  könnten  sich 
immerhin  auch  noch  ganz  innerlich  entstehende  bei  gewissen  Arten  vorfinden.  Was  nuu  aber 
die  Ansicht  anlangt,  dass  in  einer  grossen  Zahl  von  Fällen  diese  Schwärmsprösslinge  sich  durch 
Umwandlung  eines  Theiles  des  Nucleus  ihres  Mutterthicres  hervorbildeten,  so  muss  ich  diese 
mit  It.  Hertwig  (75)  für  ganz  gewiss  unrichtig  erachten.  Ich  bin  hierzu  um  so  mehr  ver- 
anlasst, als  ich  bei  der  Podophrya  tjuadripartita,  von  welcher  Acinete  gerade  Claparede 
und  Lach  mann  die  Kmbi yonenbildung  aus  dem  Nucleus  mit  Bestimmtheit  behaupteten,  mich 
völlig  sicher  am  lebenden  Thier  über  den  gesamnitcn  Verlauf  der  Kmbryobildung  instruirt  habe. 
Der  Schwarmsprössling  entsteht  auch  hier  aus  dem  mütterlichen  Plasma  und  erhält  nur  einen 
Tbeil  des  Nucleus  seiner  Mutter  mit;  die  eigentümliche  Ansicht  aber,  dass  derselbe  direet 
aus  dem  Nucleus  hervorgehe,  hatte  ihren  Grund  in  ganz  besonderen  Gcstalts-  und  Lage- 
verhältnissen des  Nucleus  der  Mutter  und  ihres  Schwärmsprösslings,  wie  ich  an  einem  anderen 
Orte  ausführlich  zeigen  werde.*) 

So  sicher  nun  auch  diese  Fortpflanzungsweise  durch  Schwärmsprösslinge,  welche  sich,  wie 
aus  der  obigen  Darstellung  hervorgeht,  ganz  direct  aus  einfacher  Theilung  ableiten  lässt,  bei  den 

•)  Vergl.  Jen  Zntv'ir.  f.  M.  u.  Naturwiswnwch.  BU  X. 


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—  846 


Acineten  nachgewiesen  ist,  so  unsicher  ist  hingegen  das,  was  man  bei  den  cilinten  Infusorien 
als  Embryonenbildung  in  Anspruch  genommen  hat.  Diese  vermeintliche  Embryonenbildunß 
wurde  bei  einer  grossen  Reihe  von  Infusorien  nachgewiesen  und  von  Focke,  Cohn,  Stein, 
Engclmann  und  Anderen  zum  Theil  sehr  genau  geschildert.»)  Am  besten  bekannt  ist 
sie  von  Paramaecium  Awrelia  und  Bursaria,  Stylmkhia  Mytitus,  Urostylu  yrandis,  Staitor 
Roesclii  und  einer  bedeutenden  Zahl  von  Vorticellinen.  Nach  Stein  soll  diese  Fortpflaneungs- 
weise  überall  das  Resultat  der  durch  die  Conjugation  vermittelten,  geschlechtlichen  Vermischung 
sein.  Unter  den  oben  genannten  Infusorien  befinden  sich  nun  drei  -  und  sie  gehören  in  dieser 
Hinsicht  zu  den  am  genauesten  studirten  —  bei  welchen  ich  den  Conjugationsproccss  von  Anfang 
bis  Ende  verfolgt  habe;  bei  keinem  derselben  zeigte  sieh  aber  Embryoncnbildung.  Hieraus 
kann  denn  schon  mit  völliger  Sicherheit  der  Schluss  gezogen  werden,  dass,  wenn  wirklich  eine 
solche  Art  der  Fortpflanzung  bei  den  eiliaten  Infusorien  existirf,  dieselbe  doch  nicht  im  Gefolge 
der  Conjugation  eintritt. 

Gegen  die  Ansicht  Stcin's  hat  sich  aber  schon  früher  Balbiani  (65;  66)**)  erhoben 

0 

und  die  Meinung  ausgesprochen,  dass  diese  vermeintlichen  Embryonen  nichts  weiter  als  para- 
sitische Geschöpfe  und  zwar  kleine  Acinetinen  der  i  Sattang  Spliaerophrya  Cl.  u.  Lachm.  seien, 
welche  sich  speciell  den  Paraniaecien,  Stylonichien  und  Urostylen  anhefteten,  sich  schliesslich 
in  deren  Leibesmasse  einsenkten,  vermehrten  und  wieder  ausschwärmten.  Die  Embryonen  der 
Vorticellen,  welche  sich  von  denen  der  übrigen  Infusorien  wesentlich  dadurch  unterscheiden, 
dass  sie  keine  acinetenartigen  Tentakel  besitzen,  hat  er  nicht  besonders  berücksichtigt.  Diese 
Balb  iani 'sehe  Anschauung  bekämpften  sowohl  Engclmann  (110)  wie  Stein  (68)  hart- 
näckig, ohne  jedoch  dabei  hinreichend  zu  berücksichtigen,  dass  Halb  iani  schon  1860  (65) 

*)  Die  erste  Beobachtung  solcher  vermeintlicher  Embryonen  eines  Iufiuiousthicre«  ist  vielleicht, 
worauf  zuerst  wieder  R.  Leuckart  aufmerksam  machte  (vergl.  Berichte  über  d.  I^iMnrigen  in  der  N.iturgesch. 
d.  niederen  Thiere  w.  d.  J.  1854— 55,  p.  433),  schon  vor  sehr  langer  Zeit  von  dem  Pastor  Göre  gemacht 
worden.  Derselbe  beschreibt  sogen.  InfusioDsthiermUtter,  welche  eins  bis  acht  und  zwölf  bewegliche  Junge  in  sich 
beherbergten,  deren  Geburt  er  auch  beobachtete;  sie  traten  nämlich  an  den  Seiten  der  Mutterthiere  heraus. 
Ferner  glaubt  er  auch  diese  Jungen,  welche  bald  die  Mütter  in  der  Infusion  ganz  verdrängt  hatten,  in  der 
Fortpflanzung  durch  Tbeilung  beobachtet  zu  haben,  leider  liisst  »ich  nicht  feststellen,  welches  Infusionsthier 
Goae  zu  seinen  Beobachtungen  gedient  hat  und  so  bleibt  für  uns  nur  die  Wahrscheinlichkeit,  dass  die  ver- 
meintliche Embryonenbildung  der  liliaten  Infusorien,  welche  so  viele  Jahre  später  erst  eingehender  erkannt 
wurde,  von  einem  so  talentvollen  und  gewissenhaften  Beobachter  wie  Göxe  schon  im  J.  1773  beobachtet  worden  war. 

(Vergl.  Herrn  Carl  Bonnet's  wie  auch  einiger  anderen  benihmten  Naturforscher  auserlesene  Abhand- 
lungen aus  d.  tnsectologie;  aus  d.  franz.  übersetzt  und  mit  einigen  Zusätzen  herausgegeben  v.  J.  A.  l'.phr.  Goze. 


**)  Auch  Carter  sprach  sich  in  ahnlichem  Siune  aus,  ohne  jedoch  Beweise  beizubringen.  Vergl. 


Notes  and  corrections  on  the  Org.  of  Infusoria.  Ann.  a  mag.  of  nat  hist.  III.  ser.  Bd.  VIII.  p.  288.  1861. 


Halle  1774.  f.  417-452) 


-    346  - 

einen,  wiewohl  nicht  ganz  vorwurfsfreien  Versuch  gemacht  hatte,  der  diese  Frage  ihrer  Ent- 
scheidung sehr  nahe  rückte.  Kr  brachte  nämlich  zu  einer  Anzahl  embryonenfreier  Thiere  von 
P.  Aurelia  einige  andere,  die  solche  in  sich  trugen  und  fand  schon  nach  vier  Tagen  fast  sammt- 
liche  Paramaecien  mit  den  vermeintlichen  Embryonen  behaftet. 

1864  theilte  auch  Meznikoff  (70)  einige  Beobachtungen  über  die  vermeintlichen 
Embryonen  mit,  welche  Stein  nicht  anführt;  Meznikoff  sah  einen  Embryo  von  P.  Aurelia 
ausschwärmen,  sich  an  ein  anderes  Paraniatxium  anheften,  seine  Tentakel  verlieren  und  schliess- 
lich sich  in  dasselbe  einsenken.  Seine  Beobachtungen  sind  jedoch  nicht  eingehend  genug,  um 
überzeugend  zu  wirken;  man  hätte  nach  ihnen  immerhin  noch  an  ein  blos  äusserliclies  An- 
heften denken  können,  um  so  mehr  als  ja  auch  Steiu  schon  angibt,  dass  er  gesehen  habe,  wie  die 
Embryonen  der  Paramaecien  sich  an  vorüberschwimmende  Infusorien  festsaugtet]  uud  eine  Zeit 
laug  von  diesen  herumgeschleppt  wurden. 

Ich  suchte  daher  unter  allen  Umständen  über  die  vermeintlichen  Embryonen  ins  Klare 
zu  kommen  und  es  ist  mir  denn  auch  geglückt,  die  parasitische  Natur  derselben  bei  P.  Bursana 
und  Aurdia,  sowie  bei  St.  Mytdus  mit  aller  wünschenswertheu  Sicherheit  festzustellen. 

Schon  die  erste  Bekanntschaft,  welche  ich  mit  diesen  Embryonen  bei  St.  Mytilus  machte, 
lieferte  mir  den  überzeugenden  Beweis  ihrer  parasitischen  Natur.  Den  29.  April  1875,  4  Uhr 
Nachmittags,  traf  ich  ein  conjugirtes  Paar  von  St.  Mytilus,  dessen  eines  Thier  auf  seinem 
vorderen,  linken  Peristomrand  einen  hellen,  ansehnlichen,  runden  Körper  mit  dunkelein  Kern 
aufsitzen  hatte;  sein  helles  Protoplasma  enthielt  nur  einige  zerstreute,  dunkele  Körnchen  und 
eine  lebhaft  pubirendc  Vacuole.  Das  sorgfältig  unter  dem  Deckgläschen  isolirte  Paar  wurde 
nun  weiter  untersucht;  um  8  Uhr  Abends  war  der  beschriebene  Körper  schon  fast  völlig  in 
das  Thier  (das  Paar  hatto  sich  mittlerweile  getrennt)  eingesenkt ;  er  ragte  nur  noch  am  linken 
Scitenrand,  etwas  hinter  der  Stelle,  wo  die  adoralc  Wimperzone  diesen  trifft,  aus  dein  Leibe 
des  Thieres  hervor.  Den  nächsten  Morgen  um  8  Uhr  fanden  sich  an  Stelle  dieser  grossen 
Embryonalkugel  vier  Embryonen  im  Innern  des  Thieres  vor,  von  welchen  soeben  einer  durch 
die  Geburtsöffnung  austrat.  An  das  zweite  aus  der  Conjugation  hervorgegangene  Thier  hatten 
sich  jedoch  an  seinem  vorderen  Band,  dicht  nebeneinander  zwei  Embryonen,  die  ohne  Zweifel 
in  der  Nacht  von  dem  ersten  Thier  geboren  worden  waren,  festgeheftet  und  sowohl  Wimpern 

wie  Tentakel  verloren.    Um  1 1  Uhr  fanden  sich  nur  noch  zwei  Embryonen  in  dem  erstcren 

i 

Thiere  vor,  die  während  der  Beobachtung  hervorbrachen,  so  dass  nun  dieses  Thier  wieder 
parasitenfrei  geworden  war. 


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—    347  — 


So  aberzeugend  nun  auch  diese  Beohachtungsrdhe  schon  ist,  so  will  ich  doch  der  Wichtig- 
keit der  Sache  wegen  noch  eine  zweite  mitlheilen,  deren  Resultate  in  gleicher  Weise  überzeugend 
wirken.  Am  2.  Mai,  Morgens  10  Uhr,  sperrt«  ich  unter  dem  Deckgläschen  eine  kleine,  voll- 
kommen embryonenfreie  Styhniichta  und  ein  grosses,  viele  kleine  Kmbryoncn  enthaltendes  Thier 
zusammen.  Schon  um  1  Uhr  Mittags  hatte  sich  eine  Sphacruphrya  auf  dem  Pcristomfcld  der 
kleinen  Stylonichia  festgeheftet  und  wurde  durch  die  adoralen  Wimpern  beständig  hin  und  her 
geschleudert.  Um  5  Uhr  Nachmittags  hatte  sich  noch  eine  zweite  eingestellt,  welche  sich  die 
lfauchfliclic  dicht  neben  der  Mitte  des  linken  Seitenrandes  zum  Angriffspunkt  auserwiihlt  hatte. 
Wimpern  und  Tentakel  hatten  sie  schon  beide  verloren.  Um  9Hi  Uhr  Abends  ist  die  Sphavrophryu 
der  Mitte  schon  fast  völlig  eingesenkt;  den  nächsten  Morgen  um  10  Uhr  besitzt  das  Thier 
eine  sehr  deutliche,  dicht  am  linken  Seitenrand  gelegene  Geburtsüffnung,  genau  an  der  Stelle, 
wo  die  Sphmrophya  eindrang  und  dicht  bei  dieser  liegen  innerhalb  des  Thicres  eine  grosse 
und  zwei  kleine  Emitnonalkugcln.  Wahrscheinlich  war  nur  die  Sphaerophrya  des  linken  Seiteu- 
randes eingedrungen  und  hatte  sich  in  dieser  Weise  vermehrt.  Um  1  Uhr  Mittags  ist  auch 
eine  zweite  Kugel  sehr  herangewachsen,  so  dass  sich  nun  zwei  grosse  und  eine  kleine  finden; 
um  7  Uhr  Abends  hat  sich  eine  der  grossen  Kugeln  gctheilt ;  um  1 1  Uhr  Nachts  auch  die 
zweite,  so  dass  nun  fünf  Embryonalkugcln,  resp.  Kmbryoncn,  dicht  bei  einander  innerhalb  des 
Thieres  liegen.    Hiermit  wurde  die  Beobachtung  abgeschlossen. 

Bei  Farantaecium  Jiursat  ia  begnügte  ich  mich  mit  der  Anstellung  folgenden  Versuchs. 
Kin  mit  Embryonen  reichlich  versehenes  Thier  wurde  mit  einem  conjugirten  Paar,  das  genau 
auf  die  Abwesenheit  jeder  Spur  einer  Einbryoualkugci  untersucht  worden  war,  unter  dem  Deck- 
gläschen zusainmeiigHsperrt.  Dies  geschah  im  Laufe  des  Morgens  am  24.  Mai  1875.  Schon 
um  5  Uhr  Nachmittags  ist  das  eine  der  conjugirten  Thicrc  von  zwei  kleinen  Embryonen  attakirt, 
dieselben  haben  schon  Wimpern  und  Tentakel  verloren  und  sitzen,  etwas  in  die  Oberflüche 
eingedruckt,  der  ciue  dicht  vor  dem  liiuterrand  etwas  auf  der  Kückcnscite,  der  andere  etwas 
vor  dem  Mund  um  Aussenrand  des  conjugirten  Thieres.  Um  99/4  Uhr  Abends  sind  die  beiden 
Eindringlinge  tief  in  das  Thier  eingesenkt  und  zu  sehr  ansehnlichen,  dicht  nebencinder  liegenden 
Embnonalkugelu  herangewachsen;  da,  wo  das  hintere  Thier  sich  eingesenkt  hatte,  fand  sich 
eine  (ieburtsöffnung.  ob  sich,  wie  zu  vermuthen,  eine  besondere  für  das  vorn  eingedrungene 
Thier  fand,  liess  sich  nicht  genau  entscheiden  Am  folgenden  Tag,  2. "3.  Mai,  Morgens  8— 9  Uhr, 
waren  die  beiden  Embryonalkugeln  nocli  bedeutend  mehr  herangewachsen,  so  dass  sie  die  ganze 
Mitte  des  Thieres  ausfüllten.  Abends  61)*  Uhr  fand  sich  nur  noch  eine  Embryonalkugel  vor, 
die  andere  war  jedenfalls  durch  Theilung  zerfallen  und  die  Embryonen  waren  ausgeschwärmt ; 


—  34. S  — 

dagegen  batlc  sich  nun  in  dem  zweiten  der  conjugirten  Thicrc  eine  ansehnliche  Embryonal- 
kugel  eingestellt.    Hier  fand  die  Beobachtung  ihren  Abschluss/) 

An  Faramaeckm  Autelia  gelang  mir  folgende  Beobachtungsreihe.  Am  Morgen  des 
20.  Juni  1875  wurde  um  10  Uhr  ein  kleines,  ganz  parasitenfreies  Thier  mit  einem  von  Para- 
siten inficirten  unter  dem  Deckgut!  zusammengesperrt.  Schon  um  3  Uhr  Nachmittags  hatte 
sich  ein  Parasit  eine  kleine  Strecke  hinter  dem  Vorderende  auf  der  Bauchseite  des  kleinen 
Thieres  festgeheftet.  Abends  um  8  Uhr  war  derselbe  schon  so  tief  eingesenkt,  dass  er  nur 
mit  einem  kleinen  Tbeil  aus  der  Einsenkunnsstclle  hervorragte,  dazu  hatte  sich  noch  eine  zweite, 
schon  sehr  ansehnliche  Embryoualkugel  gesellt,  welche  sich  dicht  vor  der  Mundöffnung  auf  der 
Bauchseite  eingesenkt  hatte.  Schon  den  nächsten  Morgen  waren  die  Parasiten  aus  dem  Thier 
völlig  verschwunden,  dagegen  hing  an  dessen  Ilinterende  jederseits  eine  Tentakel  tragende, 
kleine  Hpluurophtii'  ohue  Wimpern. 

Durch  die  vorstehend  mitgetheilten  Beobachtungen  dürfte  es  wohl  ül>er  allen  Zweifel 
feststehen,  dass  Balbiani  mit  dem  grössten  Recht  die  vermeintlichen  Embryonen  dieser  drei 
Arten  für  Parasiten  in  Anspruch  nahm.  Es  unterliegt  daher  auch  keiner  Frage,  dass  die  bei 
nahe  verwandten  Tbieren  gefundenen  Embryonen  sich  in  gleicher  Weise  durch  Parasitismus 
erklären.  Hierher  gehören  die  Emhryonaikuueln  bei  Kuphtes  l'atella,  l'lcurtfricfia  luncculata 
und  namentlich  die  durch  Bau  und  Beschaffenheit  sich  völlig  an  die  der  $ti/lomc)iiu  anschliessenden 
Embnoualku^eln  und  Embryonen  von  Lrrostyh  grandis  (vergL  Stein  67;  Taf.  XIV>.  Auch 
die  Embryonen,  welche  Cohn**)  bei  Nnasulu  vlrguns  fand,  gehören  sicherlich  hierher. 

Etwas  zweifelhafter  könnte  möglicher  Weise  die  parasitische  Natur  der  ariuetenartigen 
Embryonen  der  Stentoren  erscheinen,  da  diese  sich  durch  Bau  und  Entwicklung  etwas  von  den 
Embryoneu  der  früher  genannten  Infusorien  unterscheiden.  Am  genauesten  hat  Stein  dieselben 
bei  Mentor  Höselii  verfolgt,  sie  finden  sich  jedoch  nach  ihm  auch  bei  iS7.  pohjmorphus  und 
cocrithus;  von  dem  nahe  verwandten  Climacostomum  rireus  Stein  fand  ich  ein  Thier  mit  zahl- 
reichen Embryonalkiigeln  neben  dem  völlig  intaeten  Nuclcus,  die  Embryonen  schienen  ähnlich 
gebaut  zu  sein  wie  die  der  Stentoren. 

In  ihrer  Bauweise  stimmen  die  Emhryonalkugeln  der  Stentoren  völlig  mit  denen  der  Paramaecien 
und  Stylonichien  überein,  dagegen  entwickelt  sich  der  Embryo  aus  ihnen  nach  Stein  durch  eine 

•J  Auch  mir  paatirte  es  tiei  einer  tTntuanchungiroihc,  dass  die  ans  der  ('onjufaüoa  hervorROftanneiuM! 
Thiere  von      Jiurturüt  fast  sammtlich  von  I'arasiien  inlicirt  waren;  man  erhalt  dann  tauschende  Bilder,  wo 
neben  den  Pröda  etM  des  Nncloolai  »i» I»  Kmbryonalt,ujHii  linden,  wie  sie  Kull.iani  (0.3)  in  Taf.  IV.  Fig.  16 
abbildete,  und  die  ihn  auch  nr*|.rutitflich  veranlasst  hatten,  sieh  der  N t  e in' scheu  Kinbryoneiilehre  anzti9chlie»sen 
»*)  Zeitschr.  f.  whw.  Zoologie.  Bd.  IX.  f.  UX  Taf.  VIII  B. 


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—    349  — 

Combination  von  Knospung  und  Theilung,  d.  h.  ähnlich  wie  die  durch  innere  Knospung  ent- 
stehenden Schwärrusprösslinge  der  Acineten ;  gerade  letzterer  Umstand,  der  sich  ähnlich  auch 
bei  den  Vorticellinen  findet,  ist  für  mich  ein  Beweis,  dass  wir  es  hier  sicherlich  mit  parasi- 
tischen Acineten  zu  thun  haben.  Die  etwas  abweichende  Bauweise  der  Embryonen  der  Sten- 
toren,  die  nur  mit  einem  mittleren  Wimperreif  versehen  sind,  kann  gleichfalls  nicht  von 
Bedeutung  erscheinen,  da  wir  ja  zahlreiche  Acinetenschwärmsprösslinge  von  ähnlicher  Bildung 
kennen. 

Bei  Beurtheilung  dieser  Frage  scheint  es  mir  von  Interesse,  dass  ich  im  October  vergan- 
genen Jahres,  beim  Durchsuchen  einer  grossen  Menge  von  Stentor  coendeus,  auf  zwei  Thiere 
stiess,  von  welchen  jedes  in  seinem  Innern  sehr  eigenthflmliche,  in  voller  Lebensthätigkeit 
befindliche  Infusorien  einschloss.  Ihrer  Bauweise  nach  konnten  diese  viel  eher  als  Embryonen 
des  Stentor  in  Anspruch  genommen  werden,  als  die  sogenannten  acinetetiförmigen  Embryonen. 
Der  grosse  Stentor,  an  welchem  ich  zuerst  diese  Beobachtung  machte,  zeigte  ein  etwas  eigen- 
thQmliches  Verhalten  ;  er  liess  nämlich  nichts  von  einem  Mund  erkennen.  Der  nach  diesem 
hinlcitende  Theil  der  adoralcn  Wimpcrspirale  schien  völlig  unterdrückt  zu  sein  und  an  der 
Stelle,  wo  die  Wimperspirale  den  linken  Seitenrand  erreicht,  sass  ein  kleines  knoapenartiges, 
mit  Wimpern  bedecktes  Zäpfchen  dem  Thiere  auf.  Die  Nucleuskette  schien,  nach  der  Betrach- 
tung im  lebenden  Thier  zu  urtheilen,  in  ihre  einzelnen  Glieder  zerfallen  zu  sein.  Im  Innern 
des  Thicres  fanden  sich  nun  zwei  sehr  ansehnliche,  starkkörnige  Kugeln,  von  welchen  jede  in 
einer  sie  dicht  umschliessenden,  mit  Flüssigkeit  gefüllten  Höhle  des  Endoplasma's  sich  befand. 
Die  Oberfläche  dieser  Kugeln  zeigte  eine  sehr  deutliche,  in  zwei  Polen  zusammenlaufende 
Körperstreifung,  ähnlich  der  manches  holotrichen  Infusors  und  femer  ein  zartes,  in  beständiger 
Bewegung  befindliches  Wimperkleid.  In  ihrem  Centrum  schimmerte  der  Kern  als  ein  heller 
Fleck  durch,  nahe  ihrer  Oberfläche  fand  sich  eine  contractile  Vacuole.  Dns  Plasma  der  Kugeln 
war, 

beständige  Thätigkeit  der  Wimpern  wurden  die  Kugeln  in  Rotation  erhalten.  Der  so  beschaffene 
Stentor  wurde  um  4'/t  Uhr  Nachmittags  in  einem  Uhrechälchen  isolirt;  sjhon  um  5  Uhr  hatte 
sich  ein  deutlicher  Mund  neugebildet  und  der  zapfenförmige  Fortsatz  war  völlig  verschwunden. 
Dif  grössere  der  dunkelen  Kugeln  aber  wurde  in  Theilung  angetroffen  (Taf.  XIV.  Fig.  5);  ihr 
Kern  liess  »ich  noch  durch  beide  Thcilhälften  verfolgen.  Um  7  Uhr  Abends  war  jeder  der 
Theilsprösslinge  nochmals  zerfallen,  so  dass  sich  jetzt  vier  fanden  (Fig.  6),  deren  Plasma  sich 
sehr  aufgehellt  hatte  und  nur  noch  wenige  zerstreute  Körnchen  einschloss.  Der  Kern  dieser 
Sprösslinge  war  gleichfalls  sehr  hell  und  durchsichtig,  so  dass  er  sich  nun  nicht  mehr  deutlich 


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-    350  - 

unterscheiden  Hess;  dagegen  war  die  contractile  Vacuole  eines  jeden  sehr  gut  sichtbar.  Um 
B*ft  l'lir  Abends  war  die  Theilung  bis  zu  acht  weitergeschritten,  zwei  fanden  sich  in  dem 
sticlförmig  ausgezogenen  Hinterende  des  Staiior,  die  sechs  anderen  hingegen  ganz  vorn,  dicht 
am  Penstom,  woraus  hervorgeht,  dass  sie  ihren  Ort  innerhalb  des  Stmtor  äuderten,  d.  h.  durch 
die  Piasinaströmung  in  demselben  verschoben  wurden.  Um  10  Uhr  Nachts  zählte  ich  zehn 
Sprößlinge,  die  Theilung  war  demnach  nicht  mehr  gleichmässig  weitergeschritten,  sondern  es 
hatten  sich  nur  zwei  Sprösslinge  getheilt.  Bis  1 1 Uhr  Nachts  waren  keine  weiteren  Ver- 
änderungen eingetreten  und  den  folgenden  Morgen  das  Thier  leider  abgestorben.  Die  zweite 
und  kleinere,  körnige  Kugel  hatte  wahrend  der  gesammten  Beobachtungszeit  nicht  die  geringste 
Veränderung  gezeigt. 

In  den  nächsten  Tagen  fand  ich  noch  einen  Slcnlor  coerulrtts,  der  eine  grosse  derartige 
Kugel  einschLss;  derselbe  war  völlig  normal  gebaut,  nur  der  Nuclcus  schien  in  zwei  Hälften 
zerfallen,  von  welchen  die  vordere  aus  drei,  die  hintere  hingegen  aus  vier  Gliedern  bestand. 
Dies  Thier  wurde  10  Uhr  Morgens  isolirt;  um  C  Uhr  Abends  war  die  körnige  Kugel  in  vier 
Sprösslinge  zerfallen,  um  91»  Uhr  die  Zahl  derselben  schon  so  gross,  dass  ich.  da  das  Thier  eine 

sehr  ungünstige  Lage  hatte,  eine  genaue  Zählung  nicht  bewerkstelligen  könnt«,  jedoch  In  

ich  zwölf  mit  Sicherheit  gezählt.  Den  nächsten  Morgen  war  leider  auch  dieses  Thier  ab- 
gestorben und  die  Sprösslinge  fanden  sich  in  seiner  Umgebung  zerstreut  und  todt  vor;  die 
Kerne  derselben  wareu  nun  sehr  deutlich  und  durch  die  Einwirkung  des  Wassers  dunkel  und 
körnig  geworden.  Ich  erwähne  noch,  dass  die  Sprösslinge  der  ursprünglichen,  körnigen  Kugel 
stets  sehr  deutlich  ein  allseitiges  Wimperklcid  zeigten,  daher  nichts  mit  den  acinetenartigen 
Embryonen  und  Embrvonalkugeln  zu  thun  haben. 

In  Anbetracht  dieses  zweimal  so  gleichmässig  beobachteten  Entwicklungsganges  der 
ursprünglichen  grossen,  körnigen,  bewimperteu  Kugeln  von  Stetttor  coentlms  kann  es  keiner 
Fraise  mehr  unterliegen,  dass  hier  nicht  etwa  ein  von  Stcntor  gefressenes  Infusor  vorlag,  son- 
dern ein  für  die  Vermehrung  der  eingeschlossenen,  infusorienartigen  Kugel  sehr  günstiger,  nor- 
maler Vorgang.  Leider  liess  sich  das  schlicssliche  Schicksal  der  Sprösslinge  nicht  ermitteln, 
jedoch  kann  es  gewiss  nicht  zweifelhaft  sein,  dass  dieselben  in  irgend  einer  Weise  einmal  Wieder- 
aus dem  Stfiüor  hinausgelangen. 

Hält  man  aber  an  der  Erzeugung  von  Embryonen  bei  den  Stentoren  fest,  so  lässt  sich 
nun  gewiss  mit  Rerbt  die  Frage  aufwerfen,  welches  denn  eigentlich  diese  F.mbryonen  sind, 
jene  mit  völligem  ITimmerkleid  und  Körperstreifung  versehenen  kleinen  Sprösslinge  oder  die 
acinetenartigen  Sehwärmer?    Andererseits  jedoch  fragt  es  sich,  ob  nicht  beiderlei  Gebilde 


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parasitischer  Natur  sind?  Ich  muss  sagen,  dass  mir  diese  letztere  Ansticht  weitaus  die  grösste 
Wahrscheinlichkeit  zu  haben  scheint.  Hinsichtlich  der  achteten» rtigen  Embryonen  habe  ich  meine 
Gründe  schon  oben  ausgesprochen;  was  die  bewimperten  Kugeln  und  ihre  Sprösslinge  betrifft, 
so  scheint  mir,  dass  der  geschilderte  Vermehrmigsprocess  derselben  innerhalb  des  Stcutors  bei 
Annahme  ihrer  parasitischen  Natur  sehr  verständlich  ist,  nicht  hiugegen,  wenn  mau  in  ihnen 
Sprösslinge  des  Stentors  selbst  sehen  will;  denn,  Um  mich  einer  etwas  trivialen  Ausdrucksweise 
zu  bedieueu,  ich  möchte  nicht  glauben  ein  Anbetracht  unserer  jetzigen  Kenntnisse  von  der  Fort- 
Pflanzung  verwandter  Organismen),  dass  die  Natur  sich  solcher  Umwege  bediente,  um  die  Fort- 
pflanzung eines  Infusors  zu  bewerkstelligen.  Ganz  derselbe  Vorwurf  trifft  jedoch  die  vermeint- 
liche Fortpflanzung  der  eiliatcu  Infusorien  durch  Embryonen  im  Allgemeinen.  Der  nächste 
Forscher,  welcher  sich  mit  der  Untersuchung  der  Stcntoren  genauer  beschäftigt,  wird  die  para- 
sitische Natur  ihrer  aeinetcuartigen  Embryoneu  sicherlich  uachweisen. 

Claparede  und  Lachmanu  haben  schon  Embryoneu  der  Stcntoren  beschrieben  und 
abgebildet  (62;  pag.  186.  Taf.  IX,  Figg.  2  uud  5);  dieselben  stimmten  uach  ihrer  Beschreibung 
darin  mit  den  von  mir  gesehenen  Gebilden  überein,  dass  sie  ein  allseitiges  Wimpernkleid 
besitzen  sollen;  ich  glaube  jedoch,  dass  Stein  Recht  hat,  wenn  er  die  von  den  genannten 
Forschern  beschriebenen  Embryonen  für  identisch  mit  seinen  Embryonalkugcln  und  den  aciueten- 
artigen  Abkömmlingen  derselben  hält.  Welcher  Natur  die  von  Ekhard  1846  (71)  beschriebenen 
Einbnoncn  des  Stentvr  cueruhus  waren,  kann  ich  aus  der  Beschreibung  und  Abbildung  nicht 
erkennen;  Stein  hält  auch  sie  für  identisch  mit  den  Embryonalkugelu  uud  ihren  Sprösslingeu. 

Ich  wende  mich  nun  zu  einer  Betrachtung  der  sogenannten  Embryonen  der  Vorticellinen, 
welche  Stein  ja  hauptsächlich  als  Stütze  seiuer  Lehre  von  der  Fortpflanzung  der  eiliaten  Infu- 
sorien durch  Embryoneu  anführt.  Da  mir  hinsichtlich  dieser  keine  eigenen  Untersuchungen  zu 
Gebote  stehen,  so  werde  ich  mich  genau  an  die  uns  von  Stein  gegebene  Schilderuug  der 
Vorgänge  bei  diesen  Thieren  halten  und  mich  womöglich  auf  seine  eigenen  Worte  stutzen. 

Die  Embryonen  der  Vorticellinen  entwickeln  sich  wie  die  vermeintlichen  der  Paramaecien 
uud  Oxytrichinen  aus  Euibry onalkugeln.  Hinsichtlich  dieses  Vorganges  bemerkt  Stein  (G8; 
pag.  137):  »Nun  sind  bei  verschiedenen  Oxytrichinen,  EupUAvs,  St<ntar  und  Furamaccium 
genau  ebensolche  Embryonalkugeln  wie  bei  den  Vorticellinen  beobarhtet,  dieselben  bringen 
auch  auf  gauz  ähnliche  Weise  lebendige  Junge  hervor.«  Es  existirt  also  nach  seinen  eigenen 
Worten  kein  Unterschied  zwischen  den  Embryonalkugelu  der  Paramaecien  und  Stylonichien 
einerseits  uud  deu  gleichen  Gebilden  der  Vorticellinen  auf  der  anderen  Seite.  Auch  die 
Art  uu.l  Weise  wie  diese  Embryonalkugcln  die  Embryonen  entweder  durch  äussere  oder 


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-    352  - 

innere  Knospung  und  Theilung  erzeugen,  ist  in  beiden  Fällen  nahezu  identisch  und  stimmt 
bemerkenswerther  Weise  auch  völlig  mit  der  Entwicklung  der  Schwärnisprössiinge  der  Acineten 
ttbercin,  wie  sie  Stein  6chon  1654  von  Acineta  (Podophrya)  m/usiomm  Stein  (vgl. 60; Taf.  IV. 
Figg.  47  und  48)  und  Acineta  tuberosa  Ehrbg*)  geschildert  hatte.  Er  hob  diese  Ueber- 
einstiinmung  in  der  Entwicklung  des  Embryos  aus  der  Embryonalkugel  von  Vorticeüa  Cam- 
jtanttla  mit  der  Entwicklung  der  Schwärmsprösslinge  der  genannten  Acineten  auch  ganz 
besonders  hervor,  indem  er  sagt  (68;  pag.  115):  >Die  Entwicklung  des  Embryo  im  Innern 
der  Embryonalkugel  und  vom  Kern«  —  der  Embrvonalkugel  —  »aus  erfolgt  ganz  auf 
dieselbe  Weise,  wie  die  Entwicklung  der  Schwärmsprösslinge  im  Innern  des  Acineten- 
körpers  von  dessen  Nucleus  aus.« 

In  Beziehung  auf  ihre  Fortpflanzung  ist  demnach  eine  Embryonalkugel  der  Vorticellinen 
einer  ächten  Acinete  völlig  gleich  zu  setzen. 

Man  könnte  nun  vielleicht  behaupten  wollen  und  Stein  thut  dies  auch  an  der  Stelle, 
wo  er  die  Balbiani'sche  Ansicht  der  parasitischen  Natur  der  Embryonen  zu  widerlegen  sucht, 
dass  die  Embryonen  der  Vorticellen  ganz  anderer  Natur  seien,  wie  die  sogenannten  acineten- 
artigen  der  Stylonichien,  Paramaccien  etc.,  dass  daher,  wenn  auch  letztere  Parasiten  wären, 
doch  die  Embryonen  der  Vorticellinen  nicht  auch  solche  zu  sein  brauchten.  Aber  dieser  Ein- 
wand ist  ohne  jegliche  Bedeutung,  denn  die  Embryonen  der  Vorticellinen  zeigen  völlig  den 
Bau  vieler  Schwärmsprösslinge  echter  Acineten.  Stein  spricht  sich  in  dieser  Hinsicht 
folgemlermassen  aus:    »Die  Embryonen  der  Vorticellinen  zeigen  die  frappanteste  Aehnlichkcit 

UntHarum,  in/usotiium  und  cyclopum.* 

Aus  dem  bis  jetzt  Gesagten  geht  also  mit  absoluter  Sicherheit  hervor,  dass  der  Auffassung 
der  Embryonalkugeln  der  Vorticellinen  als  parasitischer  Acinctinen  hinsichtlich  ihrer  Beschaffen- 
heit und  Fortpflanzung  nicht  das  Geringste  im  Wege  steht,  ja  dass  die  Uebereinstimmung 
derselben  mit  echten  Acineten  so  gross  ist,  dass  sich  eine  solche  Auffassung  jedem  un- 
befangenen Beurtheiler  geradezu  aufdrängt. 

Suchen  wir  nun  aber  auch  nur  nach  einer  sicheren  Beobachtung  über  die  Entstehung 
dieser  vermeintlichen  Embryonalkugeln  innerhalb  der  Vorticellinen  im  Gefolge  der  Conjugaüon, 
so  werden  wir  unter  den  zahlreichen  Mittheilungen  St  ein 's  nichts  finden,  sondern  nur  auf 


*)  Hertwig  (76)  bemerkt,  dass  Stein  diese  Acineie  fälschlich  tuberosa  Ehrbg.  bezeichne;  dies  ist 
unrichtig,  dieselbe  i>t  gewiss  die  achte  A.  tuberosa  Khrbg.,  wie  auch  Cl.  und  Lach  m.  anerkannten. 


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—    353  — 


Annahmen  und  durch  eine  vorgefassto  Meinung  becinflusste  Zusammenstellungen  verschiedener 
Zustände  stossen.  Bei  den  eigentlichen  Vorticcllcn  sollen  sich  einzelne  der  Bruchstücke,  in 
welche  der  Nucleus  wahrend  der  Conjugation  zerfällt,  direct  zu  Embryonalkunem  entwickeln, 
was  hauptsächlich  aus  den  Beobachtungen  an  Vorticclla  Campanulu  geschlossen  wird.  Glücklicher 
Weise  haben  wir  diese  Art  zu  heobachten  Gelegenheit  gehabt  und  uns  wenigstens  überzeugt, 
dass  sich  unter  den  Thieren,  von  welchen  eine  ziemliche  Menge  aus  der  Conjugation  hervor- 
gegangen waren,  auch  nicht  ein  einziges  mit  einer  Embryonalkugel  auffinden  Hess. 

Der  zweite  Entwicklungsmodus  der  Embryonalkugclu,  der  sich  bei  den  stockbildeuden 
Vorticellinen  und  den  Trichodinen  finden  soll,  ist  jeduch  viel  merkwürdiger.  Hier  sollen  sich 
alle  NucleuäScKiucntc  erst  wieder  zu  einem  einzigen  schcibenforuiigeu  Körper  vereinigen,  der 
sogenannten  Placenta.  die  dann  die  Keimkugeln  ausscheidet  und  sich  zu  einem  gewöhnlichen 
Nucleus  zurückbildct. 

In  dieser  Darstellung  des  Entwicklungsganges  bei  den  stockbildenden  Vorticellinen  sind 
jedoch  zwei  sehr  bedenkliche  Lücken.  Kimnal  liegt  hinsichtlich  der  Annahme,  dass  die  Nucleus- 
hruchBtücke  sich  wieder  zu  einer  Placenta  vereinigen,  nicht  eine  einzige  Beobachtung  vor, 
sondern  dieselbe  gründet  sich  nur  auf  den  Bau  der  Placenta,  welche  gewöhnlich  aus  einer  lichten 
Substanz  mit  vielen  kleinen,  dunkclen  Kcrnchcn  besteht,  wodurch  eben  das  Hervorgehen  aus 
dcD  Bruchstücken  des  Nucleus  bewiesen  sein  soll.  Zweitens  fehlt  jegliche  Beobachtung  hin- 
sichtlich des  Entstehens  der  sogenannten  Kcimkugeln  aus  dieser  Placenta,  ja.  es  sind  nicht  einmal 
derartige  Kcimkugeln  (die  dunkelen  Kernchen  der  Placenta)  neben  derselben  aufgefunden  worden, 
sondern  nur  einmal  bei  ZooCkamnhm  arbtiscula  Embryonalkugeln  neben  der  Placenta.  Wir 
können  hieraus  ersehen,  dass  die  Abstammung  der  Embryonalkugeln  vom  Nucleus  der  aus  der 
Conjugation  hervorgegangenen  Vorticellinen  auch  nicht  in  einem  einzigen  Fall  mit  einem 
Anschein  von  Sicherheit  beobachtet  wurde. 

Fragt  man  nun  aber  andererseits  nach  dem  Schicksal  der  von  dieseu  Hmbryonalkugeln 
erzeugten  Embryoneu,  ihrer  etwaigen  Umbildung  zu  Vorticelliueu,  so  liegt  hierüber  natürlich 
gar  keine  Beobachtung  vor,  ihr  Schicksal  ist  völlig  unbekannt. 

Kassen  wir  das  oben  Gesagte  noch  einmal  zusammen,  so  finden  wir  also:  dass  sowohl  die 
Abstammung  der  Embryonalkugeln  der  Vorticellinen,  als  auch  das  Schicksal  der  auB  ihnen 
hervorgehenden  Embryonen  gänzlich  in  Dunkel  gehüllt  ist,  dass  sie  hingegen  eine  frappante 
Aehnlichkeit  mit  den  parasitischen  Kmbryonalkuuoln  der  Stvlonichien  und  Paramaccien,  sowie 
in  der  Art  ihrer  Fortpflanzung  und  der  Heschaffenhcit  ihrer  Sprösslinge  mit  den  Acineten  haben 


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und  dies  ist  der  thatsächliche  Boden,  auf  welchem  die  Lehre  von  der  Fortpflanzung  der  Vorti- 

Ich  brauche  also  kaum  noch  besonders  hervorzuheben,  dass  ich  die  feste  Uebcrzeugung 
habe,  dass  die  Embryonalkugeln  der  Vorücellinen  in  gleicher  Weise  wie  die  der  Stylonichien 
und  Paramaecien  nichts  weiter  als  parasitische  Acinetinen  sind  und  ich  hoffe  auch,  dass  es  mir 
gelungen  ist,  diese  Ueberzeugung  bei  jedem  unbefangenen  Leser  dieser  Zeilen  in  gleicher  Weise 
hervorgerufen  zu  haben.  Die  dircete  Beobachtung  muss  später  entscheiden,  ob  sich  diese  Auf- 
fassung, wie  so  sehr  wahrscheinlich,  vollkommen  den  thntsächlicheu  Verhältnissen  anschliesst. 
Auf  alle  Fälle  jedoch  geht  aus  den  dieser  Frage  gewidmeten  Betrachtungen  mit  unabweisbarer 
Sicherheit  hervor,  dass  nichts  mit  weniger  Zuverlässigkeit  constatirt  ist,  als  eine  vom  Nucleus 
ausgehende  Fortpflanzung  der  eiliaten  Infusorien  durch  Embryonen,  sondern  dass  die  seither 
hierfür  angesprochenen  Erscheinungen  sich  viel  leichter,  sicherer  und  überzeugender  durch  den 
für  eine  Anzahl  Fälle  mit  Gewissbcit  constatirten  Parasitismus  kleiner  Achteten  erklären  lasseu. 

Es  würde  mich  hier  viel  zu  weit  führen,  wenn  ich  alle  die  Einwände,  welche  Stein 
(68;  p.  50— 55)  gegen  die  zuerst  von  Balbiani  ausgesprochene  Ansicht  vou  der  parasitischen 
Natur  der  vermeintlichen  Embryoneu  erhob,  zu  widerlegen  versuchte.  Angesichts  des  that- 
sächlicheu Nachweises  der  Itichtigkeil  dieser  Auffassung  für  l'aramaecium  und  Stylonichia  hatte 
eine  solche  Besprechung  auch  gar  keine  Bedeutung  mehr;  ich  begnüge  mich  daher  mit  dem 
Hinweis  auf  einige  Punkte.  Balbiani  (Gti)  iässt  die  parasitischen  Acineten  nicht  in  das  Innere 
des  inficirten  Thiercs  selbst  eindringen,  sondern  dieselben  werden  nach  ihm  nur  in  einen  sich  band- 
sciiuhtingerartig  einstülpenden  Schlauch  der  Uautschicht  des  Iufusors  eingeschlossen,  welcher 
Schlauch  durch  die  Gcburtsöffoung  nach  aussen  mündet.  Für  die  Paramaecien  vermag  ich 
diese  Auffassung  völlig  zu  bestätigen,  weniger  sicher  bin  ich  in  dieser  Hinsicht  bei  den 
Stylonichien,  da  ich  auf  diesen  Punkt  nicht  viel  achtete.  Dagegen  dringen  dieselben,  wie  aus 
meinen  Beobachtungen  hervorgeht,  keineswegs  durch  die  Mundöffuung  ein,  eine  Möglichkeit 
die  Stein  plausibler  scheint  als  die  vou  Balbiani  ausgesprochene  Ansicht. 

Dass  die  verschiedenen  Arten  und  wohl  auch  Gattungen  parasitischer  Acineten, 
die  wir  als  die  Erzeuger  der  Embryonalkugeln  betrachten  müssen,  sich  uur  bestimmte  Infusorien 
als  Wohnthiere  aussuchen,  ist  eine  Erscheiuung,  über  deren  Erklärung  man  verschiedener 
Meinung  sein  kauu,  jedoch  keineswegs  irgend  welcher  Beweis  gegen  ihre  parasitische 
Natur,  wie  Stein  anzunehmen  geneigt  ist  Ebensowenig  ist  jedoch  darin,  dass  wir  eine  ganze 
Anzahl  verschiedener  parasitischer  Acinetinen  coustatireu  müssen,  ein  Grund  gegen  meine  Aus- 
legung dieser  Erscheinungen  zu  suchen.   Stein  hebt  auch  hervor,  dass  sich  ein  Einbohren  der 


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tentakellosen  Vorticellenembryonen  durch  die  Cuticula  ihrer  Wohnthiere  gar  nicht  denken  lasse ; 
dieser  Einwand  ist  jedoch  aus  verschiedenen  Gründen  ohne  Bedeutung.  Einmal  habe  ich  oben 
gezeigt,  dass  die  Spbaerophryen  der  Stylouichien  und  Paramaecien  sich  gar  nicht  mittelst  ihrer 
Tentakel  einbohren,  sondern  dieselben  völlig  verlieren,  sobald  sie  sich  dem  Wohnthicr  augeheftet 
haben.  Zweitens  ist  es  jedoch  auch  gar  nicht  ausgemacht,  ob  die  Embryonen  der  Vorticellen 
gleich  selbst  wieder  zum  parasitischen  Leben  zurückkehren,  sie  können  ebenso  gut,  wie  dies 
die  Schwärmsprösslinge  der  Acineten  thun,  erst  nach  einiger  Zeit  ihre  Tentakel  ausbilden  und 
dann  vielleicht  einige  Zeit  als  Acineteu  leben,  bis  es  ihnen  oder  ihren  Nachkommen  gelingt, 
wieder  in  eine  Vorticelle  einzudringen. 

Ich  halte  daher  die  Annahme,  dass  die  Embryonalkugeln  und  Embryonen  der  Vorticellinen 
Parasi.en  seien,  nicht  für  »geradezu  lächerliche,  wie  Stein  behauptet  und  bin  bereit 
den  Fluch  der  Lächerlichkeit,  welcher  demnach  die  Folge  einer  derartigen  Annahme  sein  soll, 
auf  mich  zu  nehmen. 

Bekanntlich  findet  sich  bei  den  Acineten  nach  den  Untersuchungen  Claparede's 
(62;  p.  120-121.  Taf.  III.  Figg.  10,  11  u.  12),  die  hauptsächlich  an  Podophrya  quadripartita 
angestellt  worden  sind,  eine  besondere  Art  von  kleineren  Embryonen,  die  sich  durch  ihre 
ganz  eigenthümliche  Entwicklung  auszeichnen,  indem  sie  nämlich  im  Innern  von  Kugeln  ihren 
Ursprung  nehmeu,  welche  sich  ihrer  Bauweise  nach  völlig  an  die  sogenannten  Embryonal- 
kugcln  der  Vorticelliuen  etc.  anschliessen.  Diese  Embryonalkugeln  der  Podophrya  quadripartita 
sollen  nun  aus  dem  Nucleus  hervorgehen,  was  jedoch  keineswegs  erwiesen  ist  So  hätten  wir 
denn  bei  den  Acineten  noch  eine  zweite  Fortpflanzungsweise,  die  sich  sehr  innig  an  die 
vermeintliche  Fortpflanzung  der  Vorticellen  durch  Etnbryonenbildung  anschlösse  und  die 
Stein  (68;  p.  140)  daher  auch  als  eine  geschlechtliche  mit  vorausgehender  Coujugation  auf- 
fasst,  ohne  dass  jedoch  bewiesen  wäre,  dass  die  Coujugation  diesen  Fortpflanzungsprocess  über- 
haupt einleite.  Es  ist  aber  bis  jetzt  noch  nicht  einmal  gezeigt  worden,  dass  diese  Bildung 
kleiner  Embryonen  bei  Podophrya  quadripartita  wirklich  eine  Fortpflanzungserscheinung  dieser 
Acinctc  ist,  du  weder  das  Schicksal  der  kleinen  Embryonen,  noch  die  Herkunft  ihres  Mutter- 
körpers (Einbrvonalkugel)  ermittelt  ist.  Ich  kann  die  Vcrmuthung  nicht  unterdrücken,  dass  es 
sich  hier  um  einen  Fall  von  Parasitismus  einer  Acinctine  in  einer  anderen  handle  wie  bei  den 
Ciliatcn,  denn  es  ist  kein  ausreichender  Grund  vorhanden,  welcher  gegen  die  Möglichkeit,  dass 
die  Acineten  zuweilen  selbst  die  Opfer  ihrer  parasitirenden  Verwandten  würden,  angeführt 
werden  könnte. 


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-  356 


7.  Abschnitt.  Ucber  die  Bedeutung  der  sogen.  Nueleoli  und  Widerlegung 
der  Lehre  von  der  geschlechtlichen  Portpflanzung  der  Infusorien. 

Schon  der  Name,  mit  welchem  v.  Siebold  1848  das  zuerst  bei  P.  Bursaria  von  ihm 
entdeckte,  dunkele  Körperchen,  welches  der  Oberfläche  des  Nucleus  dicht  angedrückt  oder  sogar 
etwas  in  dieselbe  eingesenkt  war,  bezeichnete,  gibt  uns  Aufschlug  über  die  Vorstellung,  welche 
der  Hauptverfechter  der  Einzelligkeitslehre  sich  von  der  Wesenheit  des  von  ihm  gefundenen 
Körnerchens  mochte.  Kr  verglich  dasselbe  mit  dem  in  ächten  Zellkernen  sich  findenden  Binnen- 
körperchen.  dem  sogenannten  Nucleolus  «ler  Kerne.  Ks  war  dies  natürlich  ein  sehr  gewagter 
Vergleich,  den  zu  unternehmen  nur  zu  einer  Zeit  erlaubt  war,  wo  die  Zellentheorie  sich  noch 
in  ihren  Jugendtagen  befand. 

Nachdem  dieser  Name  den  fraglichen  Körperchen  nun  einmal  gegeben  war,  blieb  die 
Auffassung  derselben  wohl  auch  für  einige  Zeit  durch  ihn  bezeichnet.  So  bemerkt  Stein  (C7;  p.  95), 
nachdem  er  das  bei  Chihrton  e(c.  innerhalb  des  hellen  Bläschens  des  Nucleus  sich  findende, 
dunkele,  scharf  hegranzte  Körperrhen  als  einen  Nucleolus  beschrieben  hat,  weiter:  >Ein  besonderer 
Nucleolus  kommt  noch  bei  einer  massigen  Anzahl  anderer  Infusorien  vor;  bei  diesen  liegt  er 
jedoch  nicht  im  Nucleus  eingeschlossen,  sondern  entweder  an  der  äusseren  Oberfläche  desselben 
in  einer  seichten  Vertiefung  oder  ganz  frei  dicht  neben  dem  Nucleus.«  Hieraus  geht  doch 
wohl  hervor,  dass  er  den  innerhalb  des  Nucleus  liegenden  Nucleolus  von  Chilodon  und  die 
ausserhalb  desselben  im  Pnrcnchym  anderer  Infusorien  gelegenen  sogenannten  Nueleoli  als 
gleichwertige  Gebilde  auffasste. 

Ol*  pari!  de  und  Lach  mann  haben  sich  meines  Wissens  an  keiuer  Stelle  ihres  so 
umfangreichen  Werkes  über  die  Bedeutung  der  Nueleoli  ausgesprochen;  aus  ihrer  bekannten 
Auffassung  der  lufusorienorganisatio«  überhaupt,  geht  jedoch  mit  Sicherheit  hervor,  dnss  sie  an 
einen  Vergleich  dieser  Gebilde  mit  den  sogenannten  Nueleoli  ächter  Zellkerne  nicht  im  ent- 
ferntesten denken  konnten. 

Zu  einer  ungeahnten  Bedeutung  gelangten  jedoch  dies«  Nueleoli  durch  die  denkwürdigen 
Untersuchungen  Balbiani's,  ausweichen  sichergab,  dass  dieselben  in  Folge  der  Conjugation 
zweier  Infusorien  so  merkwürdige  Umbildungen  erfuhren,  dass  er  sich  für  berechtigt  hielt,  den 
überraschenden  Schluss  zu  ziehen:  diese  Entwicklung  der  Nueleoli  führe  zu  der  Ausbildung  einer 
oder  zahlreicher,  mit  vielen  reifen  Samenfäden  gefüllter  Kapseln  und  der  sogenannte  Nucleolus 
sei  daher  in  seiuem  gewöhnlichen,  eiufachen  und  rudimentären  Zustand,  als  das  männliche 


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1 


—    357  — 

Ei,  die  Entwicklungszelle  <lt>r  Spermatozoon  *u  betrachten.  Diese  Auffassung  des  Nucleolus 
wurde  von  Stein  völlig  adoptirt,  denn,  da  er  die  Entwicklungsproducte  der  Nucleoli  mit 
Balbiani  als  mit  reifen  Samenfäden  erfüllte  Koppeln  in  Anspruch  nimmt,  hätte  er  sich 
auch  nicht  der  einfachen  Consequcnz  dieser  Anschauung  entziehen  und  die  Nucleoli  als  die 
Entwicklungszel  1 8  dieser  Samenfaden  betrachten  müssen;  er  spricht  sich  jedoch  nie  entschieden 
in  diesem  Sinne  aus.  Nach  diesen,  ohne  Zweifel  höchst  bedeutenden  Fortschritten  in  der 
Erforschung  der  Infusorien,  hatten  sich  also  die  Nucleoli,  in  gleicher  Weise  wie  die  Nuclei, 
als  echte,  wiewohl  in  einem  rudimentären  Zustand  befindliche  Zellen  ergeben,  um  so  mehr  nls 
das  Vorhandensein  eines  Zellkernes  in  dieser  Hinsicht  nicht  absolut  erforderlich  erscheint. 

Es  fragt  sich  daher  nur,  ob  die  von  Balbiani  und  Stein  beliebte  Auffassung  der, 
während  der  Conjugation  an  den  Nucleoli  sich  abspielenden  Vorgänge  auch  eine  richtige  ist 
und  dies  ist  nun  keineswegs  der  Fall.  Schon  im  Jahre  1873  (78)  habe  ich  darauf  aufmerksam 
gemacht,  dass  sich  ja  ganz  ähnliche  Umwandlungen  der  Nucleoli,  wie  sie  im  Gefolge  der 
Conjugation  eintreten,  auch  bei  der  gewöhnlichen  Theilung  derselben  verfolgen  lassen  und  zog 

hieraus,  sowie  daraus,  dass  der  Nachweis  der  Entwicklung  der  vermeintlichen  Spermatozoon  aus 

• 

echten  Zellen  keineswegs  geführt  sei  und  Niemand  mit  Sicherheit  gesehen  habe,  dass  die 
Spermatozoon  der  Samenkapseln  entweder  den  Nuclcus  selbst,  wie  Stein  will,  oder  die 
Eier  nach  Balbiani -befruchteten,  den  Schluss:  dass  die  Balbiani-Stein'scho  Lehre  von 
der  geschlechtlichen  Fortpflanzung  der  Infusorien  auf  sehr  schwachen  Füssen  stehe.  Ungefähr 
um  dieselbe  Zeit  hat  auch  Häckel  sich  in  manchen  Beziehungen  in  ähnlichem  Sinne  aus- 
gesprochen Er  sagt  (81;  p.  552):  »Jedenfalls  hat  noch  Niemand  bisher  den  Nachweis  führen 
können,  dass  diese  angeblichen  Zoospermien  wirkliche  Zellen  sind  oder  sich  aus  Zellen 
entwickeln.«  Dass  die  Zoospermien  der  höhereu  Thiere  jedoch  wirklich  Zellen  seien,  ist  ein 
von  verschiedenen  Forschern,  wie  Schweigger-Seidel,  la  Valette,  Meznikoff  und 
mir,  für  die  verschiedensten  Abteilungen  überzeugend  nachgewiesen  worden ;  bei  den  Spongien 
hat  Häckel  dasselbe  zu  zeigen  vermocht.  Der  Umstand,  welchen  Häckel  gleichfalls  anführt, 
dass  nämlich  die  geschlechtliche  Fortpflanzung  erst  bei  einer  kleinen  Zahl  von  Ciliaten  nach- 
gewiesen sei,  ist  einmal  desshalb  ohne  Bedeutung,  weil  eben  überhaupt  seither  nur  eine  kleine 
Anzahl  von  Ciliaten  hinsichtlich  ihres  Conjugationsprocesses  untersucht  worden  ist  und  ferner 
ein  derartiges  Verhalten,  selbst  wenn  es  wirklich  existirtc,  doch  keine  Bedeutung  beanspruchte, 
wenn  auch  nur  in  einem  Fall  die  geschlechtliche  Fortpflanzung  sicher  nachgewiesen  wäre. 

Es  scheint  mir  jedoch,  dass  Häckel  sich  der  grossen  Bedeutung,  welche  die  von 
Balbiani   und   Stein   geschilderten   und   auf   geschlechtliche    Fortpflanzung  bezogenen 


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V 

-    358  - 

Vorgänge  haben,  nicht  hinreichend  bewusst  war.  Wie  wäre  sonst  der  folgende  Satz  erklärlich: 
»haben  doch  sogar  Balbiani  und  Andere  die  angeblichen  Zoospcrinicn  für  eingedrungene 
parasitische  Vibrioniden  erklärt.«  Dieser  Satz  bezieht  sich  nämlich  auf  die  in  den  Nucleoli  während 
der  Conjugation  sich  bildenden,  haarfürniigeu  Fädchcn  oder  Stäbchen  und  Balbiani's  ganze 
Arbeit  sucht  den  Nachweis  zu  führen,  dass  gerade  diese,  bei  jeder  Conjugation  ganz  regel- 
mässig durch  Umwandlung  des  Nucleolus  sich  erzeugenden  Gebilde,  die  ächten  Zoospermien  seien. 

Im  Jahre  1874  hat  Claus  (82)  sich  gleichfalls  gegen  die  Bedeutung  des  Nucleolus 
als  Samendrüse  ausgesprochen,  ohne  jedoch  meiner  1S73  erschienenen  Arbeit  zu  gedenken. 
Ich  kann  mir  daher  auch  nicht  erklären,  welche  Untersuchungen  oder  Arbeiten  es  sind,  die 
ihn  zu  dem  folgenden  Ausspruch  veranlassen:  »Leider  sind  freilich  die  über  alle  Zweifel  fest- 
gestellten Thatsachen ,  welche  die  Keimbildung  aus  dem  Nucleus  betreffen,  auf  eine  relativ 
spärliche  Zahl  beschränkt,  seitdem  nicht  nur  die  von  Forschern  wie  Lieberkühn  stets 
bezweifelte  Bedeutung  des  Nucleolus  als  Samendrüse  so  gut  als  zurückgewiesen  und  daher  die 
geschlechtliche  Fortpflanzung  überhaupt  in  Frage  gestellt,  sondern  auch  die  Beziehung  der 
ocineteuartigen  Sprösslingc  auf  parasitische  Acincten  sehr  wahrscheinlich  gewordeu  ist.«  Ich 
muss  mir  nur  die  Anfrage  erlauben,  von  wein  ist  die  Bedeutung  des  Nucleolus  als  Samendrüse 
so  gut  als  zurückgewiesen  worden,  indem  die  einzige  auf  Selbstbeobachtung  gestützte  Arbeit, 
die  nach  Stein 's  1806  erschienenen  II.  Band  über  diesen  Gegenstand  publicirt  wurde, 
meine  1873  erschienene  kleine  Abhandlung  ist,  welche  Claus  doch  unbekannt  blieb? 

So  haben  denn  sowohl  Iläckcl  wie  Claus,  da  sie  natürlich  über  die  Bedeutung  der 
so  höchst  merkwürdigen  Entwicklung  und  Umbildungen  der  Nucleoli  ganz  im  Unklaren  waren, 
sich  mit  keinem  Wort  über  deren  morphologische  Bedeutung  geäussert,  sondern  sie  bei  den 
Schlüssen,  welche  sie  hinsichtlich  der  morphologischen  Bedeutung  der  Infusorien  zogen,  voll- 
ständig ignorirt 

Ein  Verständniss  der  Bedeutung  der  Nucleoli  der  Infusorien  konnte  aber  auch  erst 
angebahnt  werden,  als  man  auf  die  merkwürdigen  Umbildungen  aufmerksam  wurde,  welche  die 
echten  Kerne  vieler  Zellen  während  der  Theilung  erleiden.  Ich  brauche  hier  nicht  nochmals 
auf  eine  Schilderung  dieser  Vorgänge  einzugehen,  welche  ich  im  spcciellen  Thcil  schon  näher 
beschrieben  habe ;  ein  Blick  auf  die  verschiedenen  Tafeln  wird  lehren,  dass  die  Ucbcreinstimmung 
zwischen  den  in  Theilung  befindlichen  Kernspindeln  uud  den  aus  den  Nucleoli  hervorgehenden, 
vermeintlichen  Samenkapseln  der  Infusorien  in  manchen  Fällen  eine  völlige  ist  (vergl.  namentl. 
Taf.  XII.  Figg.  7  u.  8  etc.),  dass  jedoch  in  allen  Fällen  die  Bauweise  dieser  Gebilde  nach  einem  und 
demselben  Princip  mit  verschiedenen  quantitativen  Variationen  durchgeführt  ist.  Vergleichen  wir 


* 


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I 


-    359  — 

ferner  die  Art  und  Weise  des  eigentlichen  Thcilungsvorganges  der  Kernspindel  und  der  Samen- 
kapsel, so  finden  wir  völlige  Uebercinstimmung  mit  dem  einzigen  Unterschied,  dass  die  aus  der 
Theilung  hervorgehende  Samenkapsel  der  Infusorien  den  Bau  der  mütterlichen  Kapsel  beibehält, 
während  bei  der  Tluuung  der  Kernspindel  die  Tochterkerne  sich  sogleich  wieder  in  die,  dem 
Mutterkern  vor  seiner  Umwandlung  eigenthUmliche  Form  rückbilden  oder  umwandeln,  wie  man 
will.  Da  ich  späterhin  auf  eine  Besprechung  der  Theilungsvorgänge  der  Kerne  im  Allgemeinen 
zurückkommen  werde,  so  führe  ich  den  Vergleich  hier  nicht  näher  aus,  da  ich  auch  die 
Versicherung  habe,  dass  sich  dem  Leser  die  Ueberzeugung  von  der  Identität  der  Nucleoli  der 
Infusorien  mit  ächten  Zellkernen  schon  bei  der  Durchsicht  der  Ergebnisse  der  Beobachtungen 
eingeprägt  hat. 

Eine  nothwendige  Folge  dieser  Erkenntnis  ist  nun  einmal,  dass  die  sinnlos  gewordene 
Bezeichnung  der  kleinen  Kerne  der  Infusorien  als  Nucleoli  nicht  beibehalten  werden  kann;  ich 
schlage  daher  vor,  die  ehemaligen  Nucleoli  künftighin  als  primäre,  die  seitherigen  Nuclei  hin- 
gegen als  secundäre  Kerne  zu  bezeichnen.  Es  liesse  sich  auch  die  einfachere  Bezeichnung 
Neben-  und  Hauptkerne  anwenden,  doch  scheint  mir  diese  mehr  wie  die  zuerst  vorgeschlagene 
eine  Meinung  hinsichtlich  der  Bedeutung  beider  Kernformen  auszusprechen,  was  ich  vorerst 
vermeiden  möchte. 

Mit  dieser  Erkcnntniss  des  Wesens  der  sogenannten  Nucleoli  ist  jedoch  auch  die,  von 
Balbiani  und  Stein  mit  so  vieler  Beredsamkeit  entwickelte  Lehre  von  der  geschlechtlichen 
Fortpflanzung  definitiv  zu  Grabe  getragen  worden.  Dass  der  faserig  differenzirte  Inhalt  der 
sogenannten  Samenkapseln  nicht  zur  Befruchtung  von  irgend  etwas  verwandt  wird,  folgt  aus 
der  bei  einigen  Infusorien  mit  Sicherheit  ermittelten  feineren  Um-  resp.  Rückbildung  derselben. 

Ich  brauche  daher  auch  nicht  auf  eine  nähere  Erörterung  der  von  Balbiaui  und  Stein 
entwickelten  Anschauungen  über  dasjenige,  was  durch  die  vermeintlichen  Spermatozoon  liefruehtet 
wird  und  wann  diese  Befruchtung  stattfindet,  einzugehen.  Ich  habe  bei  den  zahlreichen  Infu- 
sorien, welche  ich  während  und  nach  der  Conjugation  untersuchte,  nie  weder  im  secundärem 
Nuclcus,  noch  im  Plasma  des  Thicres  selbst,  etwas  gesehen,  was  sich  von  den  Faserbildungen  der 
sogenannten  Samenkapseln  hätte  herleiten  lassen.  Auch  habe  ich  in  den  conj ugirten  Thieren 
bis  jetzt  zu  keiner  Zeit  etwas  von  den  Fädchen  und  Stabchen  wahrgenommen,  die  zuerst  1856 
bei  .loh.  Müller  den  Gedanken  an  eine  geschlechtliche  Fortpflanzung  unserer  Thiere  erweckten. 

Diese  mit  Stäbchen  erfüllten  Nuclei  habe  ich  aber  bei  P.  Aurdia  dennoch  angetroffen 
und  mich  mit  Balbiani  (06;  pag.  509)  von  ihrer  parasitischen,  pflanzlichen  Natur  überzeugt. 


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—    360  — 

Ich  fand  solche  Thiere  mit  einem  von  Stäbchen  dicht  erfüllten  Nucleus  in  einem  stark 
riechenden,  sehr  verdorbenen  Wasser.  Auch  die  Thiere  seihst  hatten  ein  krankhaftes  Aussehen, 
da  sich  in  ihrem  Endoplasma  grosse,  schon  mit  der  Loupe  sichtbare  Vacuolen  gebildet  hatten, 
die  den  Kern  selbst  häufig  ganz  zur  Seite  drängten.  Der  isolirte,  voll  feiner  dunkeler  Stäbchen  > 
steckende  Kern,  platzte  schon  durch  sehr  leichten  Druck  und  ergoss  seinen  zum  grössten  Theil 
flüssigen  Inhalt  in  das  umgebende  Wasser.  Die  Grösse  der  Stäbchen  ist  sehr  verschieden ,  es 
finden  sich  sehr  kurze  bis  sechsmal  längere  (Taf.  XIV.  Fig.  9).  Die  kleineren  erscheinen 
homogen,  blass  und  matt,  an  den  grösseren  hingegen  ist  häufig  das  eine  Ende  ganz  dunkel 
und  glänzend.  Diese  Umwandlung  scheint  allmälig  fortzuschreiten,  bis  schliesslich  das  ganze 
Stäbchen  dunkel  uud  glänzend  geworden  ist.  Ich  muss  Balbiani  darin  beistimmen,  dass  die 
Stäbchen  sich  dtircii  Theilung  vermehren,  indem  ich  eine  ganze  Anzahl  Bilder  sah,  die 
unzweifelhaft  auf  einen  solchen  Verinehrungsprocess  hindeuteten  und  zwar  sowohl  an  blassen, 
als  auch  an  gänzlich  dunkelglänzenden  Stäbchen.  Unter  diesen  zerstreut  fanden  sich  auch 
zahlreiche  sehr  feine,  geschlängelte  Fäden,  von  deren  etwaigem  Zusammenbang  mit  den  Stäbchen 
ich  nichts  finden  konnte.  Letztere  zeigten  eine  schwache,  wackelnde  Bewegung,  über  deren 
Natur  ich  nicht  zu  einem  sicheren  Schluss  gelangte. 

Als  eine  Erläuterung  zu  diesen  parasitischen  Bildungen  im  Nucleus  von  P.  Aurelia,  will 
ich  noch  ähnliche  Gebilde,  welche  sich  massenhaft  in  einer  Anzahl  Exemplare  eines  grossen  frei- 
lebenden Nematoden,  des  Tyhnchus  pellueidus  Bast.,  fanden,  kurz  beschreiben.  Diese  parasitischen 
Organismen  füllten  die  Leibeshöhle  unserer  Thiere  in  dichten  Massen  an;  der  eigentliche  Sitz 
ihrer  Entwicklung  schien  jedoch  die  sogenannte  Markschicht  der  Muskclzellen  zu  sein,  in  welcher 
sie  sich  gleichfalls  in  grossen  Mengen  vorfanden.  Die  Formen  dieser  Körperchen  sind  etwas 
verschieden  (Taf.  XIV.  Fig.  8).  Einmal  finden  sich  sehr  kleine,  gewöhnlich  längliche  bis  spindel- 
förmige, selten  rundliche,  von  blassem,  homogenem  Aussehen,  innerhalb  welcher  gewöhnlich  einige 
dunkelglänzende  Körner  neben  oder  hintereinander  liegen.  Die  grösseren  dieser  Körperchen  sah 
ich  häufig  in  Vermehrung  durch  Theilung  oder  vielmehr  eine  Art  Sprossung,  ähnlich  der  der 
Hefczcllen  begriffen,  indem  sich  gleichzeitig  zwei  Sprößlinge  von  einem  Körperchen  entwickelten. 
Diese  kleinen  Körperchen  gehen  allmälig  in  grössere  über,  welche  sich  durch  eine  langgestreckte, 
nagelförmigc  Gestalt  auszeichnen,  da  sie  gewöhnlich  von  einem  Ende  nach  dem  anderen  allmälig 
anschwellen.  Innerhalb  dieser  noch  blassen,  nagelfönnigen  Körperchen  tritt  nun  allmälig  immer 
deutlicher  ein  ihre  gesammte  Länge  durchziehendes,  dunkeles  Stäbchen  auf,  zu  dessen  Bildung 
die  früheren  dunkelcn  Körner  verwendet  zu  werden  scheinen.  Um  dieses  Stäbchen  bemerkt 
man  noch  die  Umrisse  des  eigentlichen  Körperchens  als  schwache  Schatten. 


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-    361  - 

Diese  unzweifelhaft  parasitischen,  zu  den  Schizotm  ceten  gehörigen  Bildungen  des  Trilobus 
•scheinen  mir  eine  so  grosse  Analogie  mit  denen  des  P.  Aurdia  zu  besitzen,  dass  schon  deshalb 
die  parasitische  Natur  dieser  letzteren  nicht  zweifelhaft  erscheinen  kann ;  auch  letztere  gehören 
sonder  Zweifel  zu  den  Schizomyceten.  Aehnliche  Parasiten  finden  sich  zuweilen  auch  in  dem 
Nucleolus  mancher  Infusorien,  der  hierdurch  gewöhnlich  sehr  vergrössert  wird.  Man  vergleiche 
hierüber  die  Mittheilungen  LieberkQhn's,*)  Balbiani's  (66)  und  namentlich  Kölliker's 
(92),  der  bei  P.  Aurdia  solche  inficirte  und  sehr  vergrösserte  Nucleoli  beobachtete,  welche 
sich  dennoch  in  ziemlich  normaler  Weise  theilten. 

In  neuerer  Zeit  hat  Oreeff  (73;  pag.  215)  bei  Epistylis  flavicans  Khrbg.  häufig  den 
Nucleus  sehr  verdickt  und  verkürzt  und  ganz  erfüllt  mit  haarförmigen ,  etwas  sichelförmig 
gekrümmten  Stäbchen  angetroffen.**)  Eine  kleine  Unrichtigkeit  ist  es  auch  hier  wieder,  wenn 
er  weiterhin  sagt,  dass  derartige  Stäbchen  im  Nucleus  und  Nucleolus  mancher  Infusorien 
gefunden  und  von  Stein  und  B  a  1  b  i  a  n  i  für  Spermatozoidien  erklart  worden  seien.  Sowohl 
Balbiani  wie  Stein  waren  sich  des  Unterschiedes  zwischen  den  Pasern  der  im  Laufe  der 
Conjugation  sich  metamorphosirenden  Nucleoli  und  den  parasitischen  Stäbchen  des  Nucleus 
wohl  bewusst  und  keiner  von  ihnen«  hat  jemals  vermuthet,  dass  die  regelmässige  Entwicklung 
des  Nucleolus  das  Product  parasitischer  Bildungen  sein  könnte.  Greeff  wagt  es  nicht,  diese 
Stäbchen  des  Nucleus  von  Epistylis  flaviems  mit  Sicherheit  als  Zoospennien  anzusprechen, 
kann  jedoch  auch  andererseits  nicht  der  Vermuthung  Raum  geben,  dass  dieselben  parasitischer 
Natur  seien.  Er  bat  nun  ferner  auch  Tbiere  gefunden,  deren  Nucleus  zwar  die  gewöhn- 
liche Hufeisenform,  jedoch  cino  Menge  kleiner,  kernartiger  Einschlüsse  besass;  er  glaubt  daher, 
dass  es  sehr  verlockend  sei  »die  Ansicht  auszusprechen  und  sie  würde  sich  durch  manche 
Analogien  mit  anderen  Beobachtungen  stützen  lassen,  dass  die  oben  beschriebenen  Erscheinungen 
im  Nucleus  mit  den  spermatozoiden-ähnlichen  Gebilden  im  Nucleus  anderer  Individuen  desselben 
Stockes  in  Verbindung  ständen,  mit  anderen  Worten,  dass  wir  hier  einer  geschlechtlichen  Fort- 
pflanzung der  Infusorien  gegenüberstehen.«  Die  Analogien  mit  anderen  Beobachtungen,  welche 
Greeff  hier  im  Auge  hat,  sind  nun  ohne  Zweifel  die  von  Carter  und  späterhin  auch  ihm 
selbst  angestellten  Beobachtungen  über  die  Fortpflanzung  der  Amöben.  Auf  wie  lückenhafter  Grund- 
lage jedoch  diese  vermeintliche,  vom  Nucleus  ausgehende  Fortpflanzung  der  Amöben  und  anderer 


•)  Monatsberichte  der  König),  preusg.  Akad.  d.  Wissensch,  zu  Berlin.  1856. 

•*)  Ich  fand  bei  Efitiyh*  flavicans  die  Nucleusmasse  recht  hanfig  sehr  schön  faserig  differennrt ,  ein 
Verhalten,  wie  es  steh  bei  anderen  Vorticellinen  nur  wahrend  der  Heilung  findet.  Ich  glaube  jedoch  kaum, 
daüä  <•»  ähnliche  Bildungen  waren,  die  Oreeff  Torlagen. 


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—    362  — 

Rhizopoden  (Difflugia  nach  Carter)  beruht,  ist  vor  kurzer  Zeit  sehr  richtig  von  R.  Hertwig 
(77;  pag.  17)  gezeigt  worden.  Gegenüber  diesen  Beobachtungen,  die  ihrerseits  zum  Theil  wohl 
auch  durch  die  vermeintliche  Fortpflanzung  der  Infusorien  durch  vom  Nucleus  gebildete  Em- 
bryonen becinflusst  worden  waren,  gründete  sich  die  jetzt  definitiv  widerlegte  Theorie  von  der 
•  geschlechtlichen  Fortpflanzung  der  Ciliaten  doch  auf  eine  viel  sicherere  Basis,  wozu  noch  kam, 

dass  die  Fortpflanzung  der  Ciliaten  durch  Embryonen  so  bestimmt  nachgewiesen  schien. 

Ohne  hier  leugnen  zu  wollen,  dass  bei  Amöben  und  Khizopoden  nicht  möglicherweise  eine 
Fortpflanzung  durch  endogen  erzeugte  Sprösslinge  vorkommen  könne,  so  dürfte  doch  mit  grosser 
Sicherheit  zu  vermuthen  sein,  dass  eine  Fortpflanzung  durch  aus  dem  Nucleus  hervorgegangenen 
Brut  nicht  statt  hat,  da  hierdurch,  bei  der  nachweislichen  Identität  der  Nuclei  der  Rhizopoden 
mit  denen  echter  Zellen,  unsere  gesammten  Erfahrungen  über  das  Wesen  der  Zelle  auf  den 
Kopf  gestellt  würden ;  jedenfalls  raüsste  aber  ein  derartiger  Vorgang  in  einer  absolut  sicheren 
Form  nachgewiesen  sein,  um  Vertrauen  zu  verdienen. 

Greeff  (83)  hat  in  neuester  Zeit  auch  bei  der  von  ihm  entdeckten  Telomyrn palustris  eine 
von  den  Kernen  ausgehende  Fortpflanzungsweise  beschrieben.  In  den  zahlreichen  Kernen  dieses 
Rhizopoden  sollen  sich  dunkele  Körner  erzeugen,  die  schliesslich  durch  Platzen  der  Kerne  ent- 
leert werden  und  nun  die  Anfänge  der  sogenannten  Glanzkörper  darstellen.  Letztere  wachsen 
später  sehr  an,  vermehren  sich  durch  Thcilung  und  gehen  schliesslich  in  die  Zoosporen  der 
/  luKRMmfSVfl  über» 

Im  Laufe  des  Frühjahrs  1875  war  es  mir  vergönnt,  einige  ExcmpUrc  der  Pelomyra  in 
einer  Torfgrube  hiesiger  Gegend  aufzufinden  und  zu  studiren.  Die  erhaltenen  Resultate  sprechen 
in  gewisser  Hinsicht  für,  in  anderer  gegen  die  Grceff'sche  Auffassung.  Einmal  habe  ich 
mich  durch  nichts  davon  zu  überzeugen  vermocht,  dass  die  sogenannten  Glanzkörper  *)  aus  den 
dunkelen  Körnern  der  Kerne  hervorgehen.  Dagegen  machte  ich  eine  Beobachtung,  welche  es 
sehr  wahrscheinlich  erscheinen  lässt,  dass  die  Glanzkörper  wirklich  die  Sporen  der  Fvhmyxa 
sind,  oder  dass  diese  letzteren  vielmehr  durch  Differcnzirung  derselben  hervorgehen. 

In  einigen  Thicrcn  fand  ich  nämlich  die  Glanzkörper  zum  Theil  ganz  blass,  nicht  mehr 
dunkelglänzend  und  von  einer  derben,  ziemlich  weit  abstehenden  Hülle  umgeben.  Innerhalb 
der  blassen  und  etwas  körnigen  Masse  des  Glanzkörpers  war  ein  deutlicher,  sehr  heller  Kern 
sichtbar.  Ein  anderes  Thier  zeigte  gar  keine  grösseren  Glanzkörper,  sondern  zahlreiche  der- 
artige Sporen,  die  hier  zum  Theil  noch  ein  merkwürdiges  Verhalten  aufwiesen.  Ihre  derbe  Hülle 

♦)  Vergl.  hierüber  auch  F.  E.  Schulze  (85). 


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-    363  — 

•  »  • 

war  nämlich  nicht  abgerundet,  sondern  ziemlich  regelmässig  polygonal,  häufig  ganz  regulär 
hexagonal  gestaltet.  Innerhalb  der  Hülle  lag  auch  hier  ein,  den  Hinnenraum  derselben  nicht 
ausfüllender  Protoplasmakörper  mit  häufig  sehr  deutlichem,  hellem  Kern. 

Ich  hoffte  die  weitere  Entwicklung  solcher  Sporen  vielleicht  verfolgen  zu  können  und 
beobachtete  daher  eine  Anzahl  isolirter  mehrere  Tage  lang,  ohne  jedoch  ein  Ausschlüpfen  aus 
der  Hülle  oder  sonst  eine  bemerkenswerthe  Veränderung  constatiren  zu  können. 

Wenn  ich  es  daher  auch  für  sehr  wahrscheinlich  halte,  dass  die  Glanzkörper  der  l'elomyxa 
wirklich  deren  Eortpflanzungskörper  sind,  so  kann  ich  es  doch  keineswegs  für  erwiesen,  noch 
für  annehmbar  erachten,  dass  dieselben  aus  den  Kernen  hervorgehen,  sondern  sie  entstehen 
sehr  wahrscheinlich  frei  im  Protoplasma  des  Thicre«. 

8.  Abschnitt.  Ueber  die  morphologische  Auffassung  der  Infusorien.  *) 

Es  wäre  eine  überflüssige  Mühe,  wollte  ich  hier  noch  einmal  die  gesammten  Wandlungen, 
welche  die  Auffassung  des  Infusorienorganismus  im  Laufe  unseres  Jahrhunderts  widerfahren  hat, 
darlegen,  ich  kann  dies  um  so  mehr  unterlassen,  als  sowohl  H  ä  c  k  e  1  wie  Claus,  in  den 
einleitenden  Worten  zu  ihren  Betrachtungen  über  die  morphologische  Wcrthigkeit  unserer 
Thicre,  die  früheren  Ansichten  ziemlich  eingehend  besprachen. 

Balbiani  steht  ungefähr  auf  demselben  Standpunkt  wie  Claparcdc  und  Lachmann, 
d.  h.  er  hält  die  Infusorien  für  hochentwickelte  coelenteratcn-  oder  wurmähnliche  Organismen. 
Stein's  Standpunkt  hingegen,  der  sich  nicht  durch  besondere  Klarheit  auszeichnet,  wird  am 
besten  durch  seine  schon  mehrfach  citirten  Worte  bezeichnet  (C8;  pag.  22):  »Die  Infusorien 
sind  in  Bezug  auf  ihren  Ursprung  entschieden  einzellige  Thiere**)  und  wenn  man  diese  Bezeich- 
nung nur  in  diesem  Sinne  gebrauchte,  so  würde  ich  dieselbe  durchaus  gerechtfertigt  finden,  ja  sie 

I 

würde  sich  sogar  ungemein  empfehlen,  weil  sie  den  fundamentalsten  Unterschied  der  Infusions- 
thiere  von  den  ausserhalb  des  Protozoenkreises  stehenden  Thieren,  die  ihrer  ersten  Anlage 
nach  mehrzellige  Organismen  sind,  sehr  prägnaut  ausdrückt.  Die  ausgebildeten  Infusionsthiere 
aber  wird  mau  immer  Anstand  nehmen  müssen  als  einzellige  Organismen  zu  bezeichnen,  denn 
sie  sind  nicht  bles  einfach  fortgewachsene  Zellen,  sondern  der  ursprüngliche  Zelleubau  hat 
einer  wesentlich  anderen  Organisation  Platz  gemacht,  die  der  Zelle  als  solcher  durchaus  fremd 
ist.«  Dieser  letete  Satz  ist  nun  nicht  recht  klar,  soll  dadurch  gesagt  sein,  dass  der  Bau 
der  ausgebildeten  Infusionsthiere  mit  dem  Begriff  der  Zelle  überhaupt  unvereinbar  sei,  oder 

•)  Die  unter  dieser  Aufschrift  annurtellemlen  Betrachtungen  beziehen  «ich  nur  auf  die  cHiaten  Infusorien. 
Dasselbe  Hesse  «ich  zwar  heutzutage  wohl  ohne  ernstlichen  Widerspruch  ron  allen  Thieren  behaupten 


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364 


nur,  dass  sich  bei  diesen  enteren  solche  Diffei eiuirungen  eingestellt  haben,  wie  wie  sie  bei 
gewöhnlichen  Zellen  sonst  nicht  kennen.  Jedenfalls  hätte  S  t  e  i  n  seinen  Standpunkt  dadurch 
genauer  feststellen  sollen,  dass  er  angegeben  hätte,  welchen  morphologischen  Werth  er  dem 
Infusorienorganismus  denn  beilege,  wenn  er  Anstand  nehme,  ihn  als  einen  Einzelligen  aufzufassen. 

Häckel,  welcher  schon  in  seiner  Monographie  der  Uadiolarien  die  Viclzelligkeit  der 
eiliaten  Infusorien  vertheidigte,  späterhin  1866*)  dieselben  als  Ausgangspunkt  seines  Stammes 
der  Gliederthiere  bezeichnete  und  in  näherer  Ausführung  bemerkt,  dass  aus  denselben  sich 
wohl  zunächst  die  Turbellarien  entwickelt  zu  haben  schienen,  fernerhin  jedoch  noch  die  Angabe 
macht,**)  dass  die  Rotatorien  durch  ihre  tiefsten  Formen  selbst  noch  mit  den  Infusorien  verbunden 
seien,  wurde  dann  1873  zu  einem  energischen  Anhänger  der  Einzclligkeitslehre  (81). 

Dass  die  Infusorien  jedoch  im  Verein  mit  den  verwandten  nichtzelligen  Organismen,  die 
nach  ihrem  Oesammt verhalten  sich  dem  physiologischen  Begriff  der  Thierheit  anschliessen, 
im  Gegensatz  zu  allen  übrigen  zeitigen  Thieren  eine  besondere  Abtheilung  der  Protozoen  zu 
bilden  hätten,  war  trotz  den  Anstrengungen,  welche  Cl  aparede,  Lachmann  und  Andere 
machten,  um  diese  Ansicht  umzustossen,  von  einer  nicht  kleinen  Zahl  der  namhaftesten  Forscher 
anerkannt  worden,  wie  ein  Blick  in  die  zoologischen  Lehrbücher  des  letzen  Deceniums  beweisst. 
Forscher  wie  Siebold,  Kölliker,  Leuckart,  Gegenbauer,  Glaus  und  im  Grunde 
genommen  auch  Stein  hatten  sich  stets  in  dieser  Hinsicht  ausgesprochen. 

Dass  sämmtlichc  Organisatiouseigenth'ünilichkeiten  der  ciiialen  Infusorien  (mit  Ausnahme 
des  Nucleus),  wie  sie  uns  in  mannigfaltigster  Entwicklung  in  der  grossen  Reihe  verschiedener 
Formen  entgegentreten,  mit  den  Attributen  einfacher  Zellen  vereinbar  seien,  wie  vor  langer 
Zeit  schon  Siebold»**)  zeigte,  haben  in  neuerer  Zeit  wieder  Kölliktr.f )  Claustf)  und 
M.  Schul tzeftt)  anerkannt. *f) 

•)  Generelle  Morphologie.  Bd.  H.  jag.  LXXVIH. 
")  L  c  pag.  LXXXV. 
•**)  Uhrbuch  der  vergl.  Anatomie.  IM.  I  Ifilö.  Zeitechr.  f.  wiss.  Zoologie.  Bd.  Ii 

t)  Icones  histiologicae.  Bd.  1.  1964. 
t+)  Urber  die  Grenzen  de»  thierischen  und  pflanzlichen  Lebens.    Leii-zi«  1S<;'J. 
fft)  Uelier  die  Gattung  Cornmpira  unter  den  Mutwtitaiamicn.  Archiv  für  Naturgeich.  18«;i.  I.  i<ac.  3oG. 
*f)  Ieh  hatte  für  mich  schoo  im  Voraua  die  Möglichkeit  erörtert,  das»  sich  liei  einem  Infusor  sogar  ein 
Darmkanal,  d.  h.  eine  mit  zwei  Mündungen  in  die  Außenwelt  führende,  verdichtete  Kolirc  de*  KuJoplasma's, 
finden  könnte,  ohne  das«  hierdurch  die  einfache  Zellennatur  der  Infusorien  in  Frage  gestellt  würde.    Ich  war 
daher  auch  nicht  überrascht,  als  ich  nachträglich  Gelegenheit  fand,  die  Batbiani'sche  Arbeit  über  Z>i<KiM«ni 
nasutum  (101 ;  pag.  376)  zu  studiren,  bei  welchem  interessanten  Infusor,  da«  ich  in  letztrrer  Zeit  auch  in  hiesiger 
Gegend  fand,  wirklich  ein  derartig  IttftchatTeuer  Zellendarm  vorhanden  sein  soll.    Für  gewöhnlich  erscheint 
derselbe  nach  Balbiani  ganz  ooUahirt  and  öffnet  sich  nur  beim  Eintritt  der  Nahrung. 


—    365  - 

Es  unterliegt  daher  keinem  Zweifel,  doss  die  Infusorien  Ten  einer  Reihe  von  Zoologen 
stets  als  nicht  mehrzellige  Thierc  in  einen  scharfen  Gegensatz  zu  den  höherstehenden  Tbieren 
gebracht  wurden. 

Etwas  anders  stellte  sich  die  Frage,  ob  man  unsere  Organismen  einer  Zelle  völlig 
gleichwertig  zu  erachten  habe.  Vorerst  übte  einen  nicht  unbedeutenden  Kinfluss  auf  die 
Unsicherheit  hinsichtlich  der  Entscheidung  dieses  Punktes  die  Schwierigkeit,  flbor  den  Begriff 
einer  Zelle  überhaupt  in's  Klare  zu  kommen.  Die  Form,  in  welcher  die  Zelle  entwickelter 
Gewebe  sich  gewöhnlich  prösentirt,  ist  eine  sehr  charakteristische,  wiewohl  keineswegs  constante. 
Der  innerhalb  der  Zelle  so  coustant  vorhandene,  als  Zellenkern  bezeichnete  Körper,  schien  von 
so  hoher  Bedeutung  für  das  Wesen  der  Zelle  zu  sein,  dass  die  meisten  Forscher  sein  Vorhanden- 
festzuhalten müssen  glaubten,  ja,  den  Begriff  der  Einzelligkeit  so  einzuschränken  rar  nöthig 
hielten,  dass  er  sich  mit  dem  der  Einkernigkeit  deckte. 

Andererseits  fehlte  es  jedoch  auch  nicht  an  solchen,  die  eine  weitere  Fassung  des  Zellen- 
begriffs  für  einen  naturgemäßeren  Ausdruck  der  tbataachlichen  Verhältnisse  hielten  und  daher 
auch  kernlose  ElemeDtarorganismcn  unter  den  Begriff  der  Zelle  aufnahmen.  Es  hängt  diese 
Unsicherheit  wie  ich  in  dem  dieser  Arbeit  vorausgeschickten  Vorwort  anzudeuten  versucht 
habe,  zum  grossen  Theil  damit  zusammen,  dass  man  die  rein  morphologische  Betrachtungs- 
weise auch  da  anwenden  zu  dürfen  glaubte,  wo  sie  zur  Aufstellung  klarer  Begriffe  nicht  mehr 
.    dienen  konnte. 

Eine  besondere  Schwierigkeit  für  die  Beurtheilung  des  Infusorienorganismus  lag  nun  aber 
darin,  dass  derselbe  wirklich  gewisse  Inhaltskürper  enthielt,  welche  sehr  zu  einer  Verglrichung 
mit  den  Kernen  echter  Zellen  verlockten,  ohne  jedoch  auf  der  anderen  Seite  sich  dem  Bogriff 
des  Zellenkern's,  wie  er  von  den  Gewebezellen  höherer  Thiere  abstrahirt  worden  war,  in  allen 
Stücken  unterordnen  zu  wollen.  Laidcr  war  nun  dieser  Begriff  des  Zellenkerns  ein  noch  viel 
vagerer  als  der  der  Zelle  selbst,  er  beschränkte  sich  auf  das  Vorhandensein  gewisser,  sehr 
schwankender  Structureigenthümlichkeiten  und  die  Rolle,  welche  demselben,  wiewohl  nicht  von 
allen  Seiten  in  gleicher  Weise,  bei  der  Vermehrung  der  Zelle  zugeschrieben  wurde.  Dagegen 
hatte  sich  bei  keiner  echten  Zelle  jemals  nur  eine  Thatsache  ermitteln  lassen,  welche  es  wahr- 
scheinlich gemacht  hätte,  dass  dieser  Zellkern  die  Bedeutung  eines  Fortpflanzungsorgans  habe, 
welches  aus  sich  selbst  echte  Zellen  zu  erzeugen  im  Stande  gewesen  wäre. 

Gerade  diese  Eigentümlichkeit  musste  jedoch  als  die  bezeichnendste  Eigenschaft  des 
sogenannten  Nucleus  der  Infusorien  betrachtet  werden,  wie  dies  z.  B.  höchst  klar  aus  den. 


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-    366  - 

nachfolgenden  Worten  Stein  's  hervorgebt:  »Wie  sehr  Auch  augenblicklich  die  Ansichten  über 
die  geschlechtlicht!  Fortpflanzung  der  Infusionsthiere  auseinander  gehen  mögen,  darüber  sind 
doch  alle  Forscher,  welche  sich  mit  diesem  Gegenstand  speciell  beschäftigt  haben,  einig,  dass 
die  erste  Anlage  zu  einem  neuen  Individuum  von  einem  TheilstUck  des  Nucleus  gebildet  wird, 
welches  entweder  sogleich  in  Form  einer  Zelle  aus  dem  Nucleus  hervorgeht,  oder  doch  bald 
nachher  diese  Form  annimmt,  indem  es  sich  zu  einer  lichten,  von  einer  Btructurlosen  Membran 
begrenzten  Protoplasmakusel  gestaltet,  welche  einen  opakeren,  centralen  Kern  einschliesst« 
(68;  p.  21).*)  Wie  war  nun,  wenn  man  an  einer  Vergleichung  des  Zellkerns  mit  dem  Kern 
der  Infusorien  festhielt,  dieser  Zwiespalt  zu  lösen?  Entweder  musste  man  den  Begriff  des  Zell- 
kerns erweitern,  indem  man  ihm  eben  die  Eigenschaft,  unter  gewissen  Umständen  völlige  Zellen 
za  erzeugen,  zuschrieb,  wie  dies  denn  auch  in  der  That  von  Kölliker(92)  und  neuerdings 
Auerbach  (17)  geschah;  andererseits  konnte  man  jedoch  auch  die  Beobachtungen,  aufweiche 
sich  die  Ansichten  aber  die  Fortpflanzung  der  Infusorien  durch  aus  dem  Nucleus  hervorgehende 
Sprösslingc  stützten,  als  unrichtig  betrachten  und  dies  letztere  geschah  von  Hacke  1.  Er  geht 
jedoch  auf  diese  fundamentale  Frage  nur  mit  drei  Worten  ein,  indem  er  sagt  (81 ;  p.  551):  »Eine 
zweite  Reihe  von  Fortpflanzungserscheinungen  der  Ciliaten  möchte  ich  als  Sporenbildung 
bezeichnen.  Ich  fasse  unter  dem  Begriff  jene  Fälle  zusammen,  in  denen  (ohne  vorhergehende 
»Befruchtung«)  der  Nucleus  ganz  oder  theilweise  in  zahlreiche  Stücke  zerfällt  und  jedes  dieser 
Stücke  (wahrscheinlich  durch  Umhüllung  mit  einem  entsprechenden  Stück 
des  Protoplasma's  des  Huttert»hieres)  sich  zu  einer  selbsLständigen  Zelle,  einer 
sogenannten  Keimkugel  gestaltet.t    leb  habe  schon  in  meiner  vorläufigen  MiUheilung  (79) 


*)  v.  Siebold,  einer  der  Hanptbegrunder  und  Vertheidiger  der  Einzelligkeitslchre  der  Infusorien  und 
Khüopoden,  hat  doch  wohl  wich  sru  der  Auffassung  des  Nucleu<>  i's  Fortpflanzungsorgan  den  Grund  gelegt  Am 
Schlüsse  der  Beschreibung  des  Infusorienbaues  bemerkt  er  in  seinem  Lehrbuch  der  vergl.  Anatomie, 
anschliessend  an  den  Encystirungsprocess  bei  Kuglena  viridis,  in  einer  Anmerkung  pag.  25:  »Vielleicht  ent- 
wickelt sich  dieser  Kern,  dem  der  Infusorienleib  nur  als  einstweilige  Halle  gedient  hat,  späterhin  zn  einem 
besonder«  Thier  und  es  sind  am  Ende  alle  Individuen  der  EugUna  viridis  und  noch  vieler  anderer  lnfusiona- 
thiere,  nur  die  Larven  von  anderen  Thieren,  deren  vollständige  Metamorphose  bis  jetzt  noch  nicht  erkannt 
wurde.  Man  mochte  fast  in  Versuchung  kommen  zu  fragen,  ob  nicht  der  Kern  der  Infusorien  zn 
dem  Körper,  der  ihn  einschliesst,  dieselbe  Beziehung  und  Bedeutung  habe,  wia 
die  schlaucbartigen  Larven  tu  den  sie  umhüllenden  infusorienartigen  Eui- 
bryonenleibern  des  Monnstomu  m  mutabile?*  Schon  im  folgenden  Jahre  nach  dem  Erscheinen 
des  v.  Sieboldscben  Lehrbuchs  glaubte  denn  auch  Stein  dieses  Verhältnis*  des  Nucleus  zu  dem  Infusorien- 
leib bei  den  Acineten  gefunden  zu  halten  und  dass  der  oben  citirte  Ausspruch  v.  Siebold 's  seine  Wirkung 
auf  Stein  nicht  verfehlte,  geht  mit  Sicherheit  ans  der  Art  und  Weise  hervor,  wie  er  denselben  in  seiner 


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I 


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mir  die  Bemerkung  erlaubt,  das*  icli  in  der  von  Häckel  eingeschlagenen  Art  der  Behand- 
lung dieser  Frage,  nicht  eine  Lösung  sondern  eine  Verwirrung  erkennen  muss.  Jeder  an  diesem 
Punkt  angelangte  Kritiker  musste  sich  sagen,  dass  bei  so  grosser  Uebereinstimmung  der  ver- 
schiedenen Forscher  hinsichtlich  der  Entstehung  der  Sporen  oder  Keimkugcln  aus  dem  Nucleus 
uod  zwar  allein  aus  diesem,  nur  erneute  Beobachtung  die  Stützen  für  eine  derartige  Beiseite- 
setzung der  früheren  Ergebnisse  hätte  liefern  können,  am  allerwenigsten  aber  eine  derartige 
Annahme  zur  Grundlage  von  Betrachtungen  aber  die  Morphologie  der  Infusorien  gemacht  zu 
werden  verdiene.  Es  kann  daher  auch  nicht  zweifelhaft  erscheinen,  dass  Häckel  in  keiner 
Weise  die  Uebereinstimmung  des  Nucleus  der  Infusorien  mit  einem  ächten  Zellkern  nach- 
zuweisen vermochte  und  hiermit  allein  schon  erscheint  das  Resultat  seiner  Betrachtungen, 
nämlich  der  Nachweis  der  Einzelligkeit  der  Infusorien,  als  keineswegs  begründet. 

Eine  dritte  Betrachtungsweise,  die  den  Beobachtungen  gleichzeitig  gerechter  wurde,  wäre 
jedoch  die  gewesen,  dem  Nucleus  der  Infusorien  die  Eigenschaften  eines  Zellkerns  überhaupt 
abzusprechen  uud  diesen  Weg  hat  Claus  eingeschlagen.*)  Er  sagt:  »Entweder  ist  der 
sogenannte  Nucleus  der  ursprüngliche  Kern  nebst  einer  Partie  Protoplasma,  also  ein  Theil  der 
Zelle,  oder  er  ist  eine  endogen  erzeugte  Zelle  und  verhält  sich  zum  Infnsor  ähnlich  wie  das 
sogenannte  Keimbläschen,  worüber  spätere  Untersuchungen  Aufschluss  geben  werden ;  jedenfalls 
kann  er  nach  dem  bisher  bekannten  nicht  im  Sinne  v.  Siebold's  einfach  als  Zellkern 
betrachtet  werden«  (82 ;  p.  35).  Unter  dem  Keimbläschen  ist  hier  das  Ei  im  Embryosack 
der  Phanerogamen  gemeint  In  der  dritten  Auflage  seines  Lehrbuchs  bemerkt  er  p.  174 
»dennoch  ist  es  unrichtig  die  Infusorien  als  einzellig  zu  bezeichnen ,  da  die  als  Nuclei 
bezeichneten  und  zur  Fortpflanzung  dienenden  Gebilde  weder  überall  in  einfacher  Zahl  auf- 
treten, noch  auch  genau  dem  Kern  eiuer  Zeile  entsprechen,  vielmehr  als  Erzeuger  von 
Keimkugeln  und  Schwärrasprösslingen ,  selbst  die  Bedeutung  einer  Tochtereelle  haben.« 
Wenn  aber  die  Nnclei  selbst  die  Bedeutung  einer  Tochterzelle  haben,  so  entsprechen  sie 
eben  auch  nicht  nur  nicht  genau  einem  Zellkern,  sondern  sie  entsprechen  dann  einem  solchen 

*)  H  u  x  1  e  j  hat  neuerdings  vorgeschlagen,  den  Nucleus  der  Infusorien  den  Ewloplast  und  den  Nucleolu» 
Endoplastula  zu  nennen,  ein  Vorschlag,  der  nach  erlangter  besserer  Einsicht  in  die  Bedeutung  dieser  Tbeile 
des  Infusorienkörper»  natürlich  hinfallig  wird.  Hinsichtlich  der  Bedeutung  seines  Endoplast's  und  Endoplastulas 
ist  er  natürlich  ebenfalls  ganz  unsicher.  Er  sagt  pag.  204 :  »That  the  endoplast  itaelf  is  a  reproduetive  organ 
ig  clear;  but  the  development  of  embrjo«  by  its  haaion  is  an  argument  rather  against,  than  in  farour  of 
identifying  it  with  the  nucleus  of  a  cell.«  Oleich  darauf  aber  scheint  «r  doch  wieder  sehr  geneigt  zu  seiu, 
den  Endoplast  mit  einem  Zellkern  zu  identificiren.  Vergl.  »On  the  classific.  of  the  animal  kingdom«.  Journ. 
of  Ua.  MC  Zool.  Vol.  XII.  p.  19'J. 


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ganz  und  gar  nicht.  Diese  Consequenz  vollkommen  durchzuführen  war  jedoch  Claus,  wie 
es  scheint,  nicht  recht  geneigt 

Cm  dies  zu  zeigen,  müssen  wir  jedoch  den  anderen  Weg,  welchen  sowohl  Häckel  wie 
Claus  eingeschlagen  haben,  um  zur  richtigen  Beurtheilung  des  Infusorienorganismus  zu  gelangen, 
etwas  näher  betrachten.  Sie  gehen  dabei  nämlich  von  der  Entwicklungsgeschichte  aus.  Diese 
sollte  aber  nach  den  Beobachtungen  Balbiani'sundStein's  entweder  durch  Ablage  von 
Eiern  (Keimkugeln  Stein's)  oder  nach  Stein  durch  Embryonalkugeln,  die  sich  aus  den  Keim- 
kugeln entwickelten  und  ihrerseits  wieder  Embryonen  erzeugten,  geschehen.  Diese  Keim-  und 
Embryonalkugeln  sollen  nun  nach  Häckel  und  Claus  alle  Attribute  einer  echten  Zelle 
besitzen.  Letzteres  galt  jedoch  nur  in  sehr  beschränktem  Sinne  von  den  sogenannten  Eiern 
Balbiani's  und  den  Keimkugeln  Stein's,  wie  sich  aus  dem  Studium  der  betreifenden 
Arbeiten  hätte  ergeben  müssen  und  worauf  ich  frQherhin  schon  mehrfach  aufmerksam  gemacht 
habe.  Wus  nun  ferner  die  Entwicklung  dieser  vermeintlichen  Eier  oder  Keimkugeln  nach  ihrer 
Ablage  betraf,  so  war  darüber  auch  nicht  das  Geringste  bekannt. 

Es  blieben  als«  mit  Sicherheit  als  zellenartige  Fortpflanzungskörper  nur  die  sogenannten 
Emhryonalkugeln  übrig,  und  auf  diese  beziehen  sich  denn  auch  die  Angaben  von  Häckcl  und 
Claus  ausschliesslich.  Aus  diesen  gehen  nun  nach  Stein  durch  Theilung  und  äussere  oder 
innere  8prossung  die  Embryonen  der  Infusorien  hervor.  Der  Bau  dieser  Embryonen  nun  sollte 
entschieden  einzellig  sein  und  da  sich  aus  ihnen  die  ausgebildeten  Infusorien  ohne  Furchung 
entwickelten,  so  hätten  also  diese  nach  II ä ekel  auch  nur  den  Formwerth  der  Embryonen, 
d.  h.  einfacher  Zellen, 

Diesem  anfänglich  sehr  einleuchtenden  Schluss  standen  jedoch  bei  näherer  Betrachtung 
sehr  gewichtige  Bedenken  gegenüber.  Einmal  hatte  Balbiani  sich  sehr  entschieden  dagegen 
ausgesprochen,  das«  die  vermeintlichen  Embryonen  in  den  Fortpflanzungskreis  der  Infusorien 
gehörten  und  es  auch  schon  für  einige  Fälle  sehr  wahrscheinlich  gemacht,  dass  dieselben 
parasitische  Acinetcn  seien.  Die  Natur  dieser  aeinetenartigen  Embryonen  musste  daher  sehr 
zweifelhaft  erscheinen;  das  Studium  der  Schriften  Stein's  musste  es  jedoch  darlegen,  dass 
auch  die  Embryonen  der  Vorticellinen  sich  in  vielen  Beziehungen  den  erstgenannten  so  innig 
anschließen,  dass  bei  ihrer  Beurtheilung  jedenfalls  Vorsicht  geboten  war. 

Nur  finden  wir  bei  Häckel  nicht  die  geringste  Andeutung,  dass  die  Natur  dieser 

Claus  hingegen  hatte  die  Ueberzeugung,  dass  die  Beziehung  der  aeinetenartigen Spröss- 
linge  auf  parasitische  Acincteu  sehr  wahrscheinlich  sei.   Dennoch  scheint  es  ihm  auch  voü- 


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kommen  berechtigt,  bei  der  Deutung  des  Infusorienbaues  von  dem  sogenannten  Ei,  Embryo 
oder  schwärmenden  Sprössüng  auszugehen  und  mit  Stein  die  Infusorien  in  Bezug  auf  ihren 
Ursprung  entschieden  einzellige  Thiere  zu  nennen  (1.  c.  p.  30).  Weiter  unten  bemerkt  er, 
das»  der  echte  Kern  des  jugendlichen  Stadiums  morphologisch  dem  sogenannten  Nucleus  des 
fertigen  Infusors  nicht  vollständig  entspreche.  Nun  wird  man  aber  fragen,  warum  nicht?  denn 
in  seinem  Hau  ist  nicht  der  geringste  Unterschied  zwischen  diesem  Kern  der  Embryonen  und 
dem  vieler  erwachsenen  Infusorien  zu  finden.  Es  kann  dies  also  nur  deshalb  der  Fall  sein, 
weil  eben  der  Kern  des  ausgebildeten  Infusors,  wegen  der  von  ihm  ausgehenden  Fortpflanzung, 
den  Werth  einer  Tochterzclle  haben  soll,  der  des  Embryo  hingegen  den  eines  Zellkerns.  Die 
natürliche  Consequcnz  wäre  nun  gewesen,  auch  dem  Nucleus  des  Embryo  die  Bedeutung  einer 
Tochterzelle  beizulegen ;  da  Claus  dies  jedoch  nicht  thut,  so  kommt  er  zu  der  etwas  unklaren 
Vorstellung,  bei  der  Entwicklung  des  Infusors  eine  allmälige  Umbildung  des  ursprünglichen, 
echten  Zellkerns  zu  einer  Tochterzelle  anzunehmen  und  befand  sich  hiermit  doch  eigentlich 
wieder  sehr  nahe  dem  Standpunkt  Kölliker's,  gegen  den  er  polemisirt.  Letzterer  hatte 
nämlich  gesagt,  dass  der  ursprüngliche  Kern  des  Embryo  oder  der  weiblichen  Geschlechtszelle 
(Nucleus)  des  Mutterthieres  sich  schliesslich  selbst  wieder  zu  einer  weiblichen  Geschlechtszelle 
umbilde. 

Hier  bot  sich  eben  wieder  eine  grosse  Lücke  in  den  Beobachtungen,  welche  Clans  leicht 
durch  eine  Annahme:  dass  der  ursprüngliche  Kern  des  Embryo  sich  mit  Protoplasma  umhülle, 
von  welchem  man  jedoch  am  Nucleus  der  Infusorien  kaum  jemals  etwas  zu  bemerken  im  Stande 
ist,  ausfüllen  konnte.  Nach  der  Claus 'sehen  Auffassung  des  Infusorienbaues  stellte  sich  dann 
fernerhin  die  merkwürdige  Erscheinung  heraus,  dass  sich  Zellkerne  in  den  reifen  Formen  dieser 
Organismen  gar  nicht  finden. 

Für  Häckel  bestand  die  letztbesprochene  Schwierigkeit  nicht,  da  er  den  Nucleus  des 
Embryo  und  des  ausgebildeten  Infusors  glattweg  für  identisch  erklärt;  er  sagt  in  dieser 
Beziehung:  •  Wir  gehen  von  der  feststehenden  Tbatsachc  aus,  dass  sich  dieser  Nucleus  in  den 
Sporen  (Keimkugeln)  und  den  daraus  unmittelbar  entstandenen  jungen  CUiaten  durchaus  wie 
ein  gewöhnlicher  Zellkern  verhält  und  auch  bei  der  später  eintretenden  Difierenzirung  keinerlei 
Veränderungen  erfährt,  welche  der  Auffassung  des  ganzen  Organismus  als  einfacher  Zelle  wider- 
sprechen« (p.  549). 

Da  nun  aber  noch  Niemand  die  Entwicklung  dieser  vermeintlichen  Embryonen  der  Ciliaten 
auch  nur  um  einen  kleinen  Schritt  weiter  verfolgt  hatte,  so  scheint  mir,  war  die  obige  Folgerung 

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Hackers  ganz  unbegründet,  jo,  «las  vollkommene  Dunkel,  welches  hinsichtlich  der  Weiter- 
entwicklung der  Embryonen  der  Ciliaten  herrschte,  hätte  meiner  Ansicht  nach  von  jeder  auf 
ihre  vermeintliche  Entwicklungsgeschichte  gegründeten  Schlussfolgerung  zurückschrecken  müssen. 
Niemand  wusste,  ob  diese  Embryonen,  welche  als  eine  Art  Schwärmsprösslinge  in  einer  von  dem 
Mutterthier  völlig  abweichende»  Gestalt  erschienen,  sich  unter  Beibehaltung  ihrer  >  in  fachen 
Zellennatur  direct  in  die  Form  ihrer  Muttcrtliicrc  umwandelten.  So  sagt  z.  B.  Stein:  »Eine 
dircete  Metamorphose  des  Erobryo's  der  Vorticcllinen  in  die  Gestalt  des  Mutterthiercs  musste 
bei  der  winzigen  Grösse  des  Embryo  ganz  unzulässig  erscheinen«  (68;  p.  139).  Der  Embryo 
hätte  die  verschiedensten  Umwandlungen  erleiden  können,  bevor  er  sich  zum  Mutterthicr  heran- 
bildete, und  was  das  Wichtigste  ist,  seinen  ursprünglichen,  einfachen  Zellenbau  hierbei  völlig  ein- 
büssen  können  durch  Verschmelzung  von  Schwärmern  oder  durch  Zellvermehrung  während 
eines  ruhenden  Zustands  etc. 

So  wenig  ich  nun  auch  derartige  Vorkommnisse  für  wahrscheinlich  gehalten  hätte,  so 
habe  ich  sie  dennoch  angeführt,  um  zu  zeigen,  dass  die  vermeintliche  Lösung  des  Problems 
des  Infusorienorganismus  mittels  der  Ontogenese  auch  wieder  nur  durch  eine  Annahme  möglich 
war,  welche  die  unausgcfülltc  Kluft  zwischen  den  vermeintlichen  Embryonen  der  Ciliaten  und 
den  ausgebildeten  Thicren  überbrückte.  Der  Schluss  aber,  welchen  ich  aus  den  vorstehenden 
Betrachtungen  ziehen  muss,  ist,  dass  es  weder  Häckel  noch  Claus  gelungen  ist,  die  Frage 
nach  der  morphologischen  Deutung  des  Infusorienorganismus  ihrer  Lösung  näher  zu  rücken, 
sondern  dass  sie  dieselbe  auf  dem  nämlichen  Stadium  der  Unklarheit  liessen,  die  sie  seit  der 
letzten  Publikation  Stein 's  hatte.  Die  Lösung  dieses  Problems  konnte  eben  nicht  mit  dem 
thatsächlieh  vorhandenen  Material  versucht  werden,  sondern  Hess  sich  nur  durch  neue  Beobach- 


tungen erwarten.  Es  handelte  siel»  hierbei  ziemlich  einfach  um  die  Bedeutung  der  Nudei  und 
Nucleoli  und  es  war  die  Hoffnung  vorhanden,  hierüber  durch  die  Untersuchung  der  Fortpflanzungs- 


In  Anbetracht  des  so  eigentümlichen  Baues  des  Nucleus  der  Infusionsthiere,  der  von 
dem  der  meisten  Zellkerne  so  bedeutend  abweicht,  konnte  aus  der  Beschaffenheit  des  normalen 
Nucleus  kaum  irgend  ein  sicherer  Beweis  für  seine  Natur  gezogen  werden,  denn  dass  er  sich 
z.  B.  stärker  als  das  umgebende  Plasma  tingirt,  dürfte  doch  nur  wenig  bedeuten,  da  sich  dies 
zum  Theil  wenigstens  schon  durch  seine  grössere  Dichte  erklärt. 

Dass  er  sich  bei  derTheilung  deslnfusors  ebenfalls,  nicht  vorher,  wie  Häckel  will, 
theilr;  ist  gleichfalls  ohne  Belang,  da  die  Beziehungen  des  Zellkernes  zur  Theilung  bis  in  die 


erscheinungen  ins  Klare  zu  kommen. 


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■ 

neueste  Zeit  so  wenig  aufgeklärt  waren,  das»  viele  Beobachter  jegliche  Beziehungen  dieser  Art 

Aus  den  Beobachtungen  über  die  Conjugation  der  Ciliaten  folgt  nun  aber  die  Bedeutung 
des  Nucleus  einfach  und  sicher.  Wir  haben  oben  die  Nucleoli  als  echte  Zellkerne  erkannt, 
an  deren  morphologischem  Werth  sich  nicht  zweifeln  lässt,  und  haben  nun,  um  die  Bedeutung 
des  Nucleus  zu  finden,  uns  nur  daran  zu  erinnern,  dass  sich  in  den  beiden  am  vollständigsten 
untersuchten  Fällen,  bei  P.  Bursaria  und  Stylonichia  Mytilus  nämlich,  durch  Auswachsen  eines 
Nucleolus,  eines  echten  Zellkernes,  der  Nucleus  bildet.  Wir  haben  also  hier  den  sicheren 
Beweis  zu  liefern  vermocht,  dass  der  Nucleus  nichts  weiter  als  ein  zu  einer  ansehnlichen  Grösse 
herangewachsener  urtd  dabei  in  seineY  Masse  bestimmt  modificirter  Nucleolus,  also  gleichfalls 
ein  echter  Zellkern  ist. 

Eine  weitere  Bestätigung  hat  dieser  Befund  noch  dadurch  erfahren,  dass  sich  die  vermeint- 
liche vom  Nucleus  ausgehende  Fortpflanzung,  die  im  Verlaufe  der  Conjugation  eintreten  sollte, 
bei  keinem  der  näher  hierauf  untersuchten  Infusionsthiere  constatiren  licss,  dass  hingegen  bei 
drei  Arten  der  sichere  Nachweis  der  parasitischen  Natur  der  Embryonen  gelang. 

Ich  glaube  hier  noch  einmal  besonders  darauf  aufmerksam  machen  zu  müssen,  dass  man 
nicht  die,  nachweislich  bei  verschiedenen  Infusorien  nach  stattgefundener  Conjugation  ausgeschiedenen 
Nucleuskugeln  als  Fortpflanzungskörper  betrachten  darf,  da,  wie  ich  bei  Stylonichia  Mytilus 
zeigte,  dieselben  sehr  bald  vergehen  und  mit  Sicherheit  sowohl  bei  Stylonichien  wie  Paramaecien 
constatirt  werden  konnte,  dass  sich  keine  junge  Brut  in  dem  Wasser  entwickelt,  in  welches 
eine  grosse  Zahl  von  Tbieren  ihre  vermeintlichen  Eier  abgelegt  hatten*.  Es  wäre  jedenfalls 
auch  eine  sehr  sonderbare  Fortpflanzungsart,  durch  welche  z.  B.  bei  Colpidium  Colpoda  und 
Glaucoma  scintMans  je  nur  ein  Ei  bei  jedem  Fortpflanzungsact  zur  Entwicklung  käme. 

Iu  neuester  Zeit  will  jedoch  Everts  (74)  einen  vom  Nucleus  ausgehenden  Fortpflanzungs- 
process  bei  Vorlmlla  nebulifera  gefunden  haben,  der  während  der  Encystirung  vor  sich  gehe. 
Der  Nucleus  der  encystirten  Thiere  soll  durch  Abschnüruag  in  sechs  bis  zehn  Kugeln 
zerfallen,  welche  alsbald  frei  im  Innern  der  Cystenhülle  umhertreiben.  Schliesslich  sollen 
diese  Kugeln  aus  der  Cystenhüllc  hervorgehen  und  sich  nach  einiger  Zeit  in  ein  der 
Trichodina  yramlineUa  Ehrbg  entsprechendes  Thier  verwandeln,  welches  sich  durch  Theilung 
vermehrt,  endlich  festheftet,  einen  Stiel  ausscheidet  und  in  eine  echte  VorticcUa  nebulifera 
übergeht.  Everts  gibt  an,  diesen  Proze>s  an  einem  und  demselben  aus  der  Cyste  hervor- 
gegangenen Kflgclchen  verfolgt  zu  haben,  so  dass  vorerst  kein  Zweifel  an  der  Richtigkeit 
der  Beobachtung  gestattet  ist.  Hingegen  scheint  es  mir  nicht  erwiesen,  dass  die  aus  den  Cysten 


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hervorgehenden  Kögelchcn  wirklich  die  Theüstücke  des  Nucleus  sind,  wenigstens  kann  ich  mir 
nicht  erklären,  wie  sie  sich  dann  frei  in  der  Cystenhülle  herumtreiben  sollen;  auch  erhalten 
wir  keine  Mittheilung  darüber,  was  mit  dem  Leib  der  encystirten  Vorticelle  geschieht,  bleibt 
dieser  noch  in  der  Cyste  bestehen  oder  geht  er  völlig  zu  Grunde.  Mir  scheint  nach  der 
Beschreibung  Everts  das  Letztere  der  Fall  zu  sein,  so  dass  ich  deshalb  sehr  geneigt  bin, 
seine  Betheiligung  an  der  Bildung  der  aus  der  Cyste  austretenden  Kugeln  anzunehmen.  Everts 
sagt  hierüber:  »Ks  ist  nicht  unwahrscheinlich,  dass  die  aus  dem  Nucleus  hervorgehenden 
Kugeln  durch  Aufnahme  von  Stoffen  aus  dem  Plasma  wachsen,  doch  bin  ich  durch  Messungen 
zu  keinem  bestimmten  Resultat  hierüber  gekommen.«  Ich  glaube  also  auch  durch  diese  Beob- 
achtung Everts  wird  eine  Fortpflanzung  der  Infusorän  durch  Theüstücke  des  Nucleus  nicht 
erwiesen. 

Eine  vom  Nucleus  ausgehende  Fortpflanzung  cigenthümlicher  Art  will  auch  Stein  (68; 
pag.  56)  bei  Euglena  viridis  beobachtet  haben;  es  sollen  hier  aus  dem  Nucleus  eines  und 
desselben  Thieres  eiförmige  Körper  und  dann  auch  dünnhäutige,  mit  einer  körnigen  Brut  erfüllte 
Säckchen  hervorgehen.  Die  kurzen  Bemerkungen,  welche  Stein  jedoch  über  diesen  Fortptian- 
zungsprocess  macht,  entziehen  sich  einer  eingehenden  Kritik;  dennoch  dürften  diese  an  einem 
so  kleinen  Thier  geraachten  Beobachtungen  noch  mit  viel  grösserer  Vorsicht  aufzunehmen  sein, 
als  die  Beobachtungen  Stein 's  Über  die  Fortpflanzung  der  eiliaten  Infusorien,  zumal  über  dus 
Schicksal  dieser  vermeintlichen,  aus  dem  Nucleus  hervorgehenden  Fortpflanzungskörper  gar  nichts 
mitgctheilt  wird. 

Ich  kann  also  durch  diese  Beobachtungen  nicht  in  meiner  ausgesprochenen  Ansicht 
wankend  gemacht  werden,  dass  nämlich  eine  vom  Nucleus  ausgehende  Fortpflanzung  der  Infu- 
sorien und  Protozoen  überhaupt,  nicht  erwiesen  ist  und,  nach  der  jetzt  sicher  bekannten  mor- 
phologischen Bedeutung  des  Nucleus  zu  urtheilen,  auch  mehr  wie  unwahrscheinlich  ist. 

Welche  Auffassung  soll  nun  der  Infusorienorganismus  in  seiner  Gesammtheit  erhalten, 
den  Werth  einer  oder  mehrerer  Zellen?  Dies  hängt  einfach  davon  ab,  welchen  Werth 
man  hinsichtlich  des  Zcllenbegriffes  dem  Nucleus  beilegt.  Nimmt  man  mit  Häckel  an,  dass 
nur  der  Nucleus  die  Individualität  der  Zelle  bestimme,  dass  also  ein  Protoplasmakörper  mit 
mehreren  Kernen  so  vielen  Zellen  entspreche,  als  Kerne  vorhanden  sind,  so  würde  die  grosse 
Mehrzahl  der  Infusorien  als  mehrzellig  zu  bezeichnen  sein;  denn  dass  die  meisten  mchrkernig 
sind,  folgt  ans  der  Anwesenheit  der  primären  Kerne  (Nucleoli)  neben  dem  Kern  und  dass  sich 
solche  primäre  Kerne  bei  den  meisten  Infusionsthieren  finden  werden,  wenn  man  nur  anhaltend 


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-    373  - 

genug  darnach  sacht,  ist  wegen  <ler  beständigen  Zunahme  unserer  Kenntuisse  über  die  Verbrei- 
tung  dieser  Körper  wohl  gewiss. 

Dass  es  sich  hier  nur  um  einen  Streit  über  Begriffe  und  Worte  handelt,  in  welchem 
Jeder  in  seiner  Weise  Recht  behält,  wie  Claus  sagt,  ist  richtig;  dennoch  dürfte  derselbe  vielleicht 
nicht  ein  ganz  müssiger  sein,  da,  wie  schon  Göthe  meinte,  Begriffe  und  Worte  häufig  mit  einander 
in  Feindschaft  liegen.  Wenn  man  den  Schwerpunkt  der  Individualität  in  den  Kern  verlegt,  so 
hat  man  eben  statt  der  thatsächlichen  Individualität  der  Zelle,  welche  in  ihrer  Gesammtheit 
liegt,  die  eines  Theiles  gesetzt  und  statt  eines  Ausdruckes  der  natürlichen  Verhältnisse  sich  ein 
Schema  geschaffen,  in  welches  die  Thatsachen  eingereiht  werden.  Nur  wenn  man  den  Zellen- 
begriff in  dieser  Weise  schematisch  festgesetzt  hat,  kann  man  mit  Häckel  .sagen:  >Der  viel- 
gebrauchte Ausdruck  vielkernige  Zelle  ist  eine  contradictio  in  adjecto«  (pag.  529). 

Gerade  die  Infusorien  sind  jedoch  geeignet,  die  vermeintliche  Bestimmung  der  Individualität 
der  Zelle  durch  ihren  Nucleus  zu  widerlegen. 

Die  vielkernigen  Infusorien,  —  man  denke  z.  B.  an  einen  grossen  Loxodes  Roslrum  mit 
vielleicht  26  primären  (Nucleoli)  und  ebcnsovielen  secundären  (N'uclei),  also  im  Ganzen  52 
Kernen  —  betragen  sich  in  absolut  gleicher  Weise  wie  eine  einkernige,  also  allein  echte  Zelle. 
Der  Loxodes  theilt  sich  wie  ein  einkerniges  Protozoon,  gleichgültig  wie  hoch  die  Zahl  seiner 
Kerne  sich  beläuft.  Wollte  man  mit  der  individualisirenden  Thätigkeit  der  Kerne  dieses  Thieres 
einen  Sinn  verbinden,  so  raüsstc  man  entweder  zu  zeigen  vermögen,  dass  der  vielkernige 
Loxodes  das  Resultat  der  Vereinigung  vieler  eiukerntg«r  Zellen  sei  oder,  dass  unter  Umständen  der 
Loxodes  sich  in  einzelne  Individuen  mit  je  einem  Kern  auflösen  könne.  Beides  ist  nicht  der  Fall. 
Nehmen  wir  ein  »o  einfaches  Infusor  wie  P.  Aurelia,  so  enthält  dies  doch  zu  jeder  Zeit  zwei 
Kerne,  einen  primären  und  einen  secundären;  geht  dieses  Thier  aus  der  Conjugation  hervor, 
so  sind  sowohl  der  primäre  als  der  secundäre  Kern  in  eine  grosse  Zahl  von  Theilkernen  zer- 
fallen. Während  dieses  Zustandes  theilt  sich  jedoch  das  Thier  wie  eine  einfache  Zelle  und 
später  gehen  ans  ihm  wieder  zweikernige  Zustände  hervor. 

Betrachtet  man  nun  ferner  noch  die  Mehrkernigkeit  der  ersten  Furchungskugel  so  mannig- 
facher Thiere  —  man  denke  an  die  bis  fünf  Kerne  enthaltende  des  Cticullanus  degans  —  und 
dass  diese  Kerne  schliesslich  miteinander  zu  einem  einzigen  verschmelzen,  so  glaube  ich, 
dass  dadurch  hinreichend  bewiesen  ist,  dass  nicht  die  Kerne  die  Individualität  der  Zelle 
bestimmen,  sondern  diese,  worin  auch  der  Begriff  der  Individualität  eigentlich  besteht,  durch 
die  gesammte  Lebensthätigkeit  derselben,  als  gegen  die  Umgebung  ganz  oder  relativ  abgeschlossene 
Einheit  bezeichnet  wird;  fügen  wir  dieser  Bestimmung  noch  die  hinzu,  dass  die  lebendige 


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Bildungsmasse  der  Zelle  ein  ursprünglich  gleichmässigcr  Stoff  ist,  der  zwar 
jedoch  nicht  Individualitäten  zweiter  Ordnung  in  sich  enthalten  darf,  so  haben  wir  ungefähr 
alles,  was  wir  zur  Bestimmung  des  Begriffes  der  Zelle  vorbringen  können,  um  demselben  einen, 
den  natürlichen  Verhältnissen  entsprechenden  Ausdruck  zu  verleihen. 

Natürlich  fällt  auch  hierdurch  die  scharfe  Trennung  zwischen  der  Cytode  und*  Zelle  weg. 
Die  Cytode  wird  hiernach  nur  eine  weniger  differenzirte  Form  der  Zelle.  Die  eiliaten  Infusorien 

i 

werden  also  nach  dieser  Begriffsbestimmung  der  Zelle  zu  mehrkernigen  und  zuweilen  sogar 
vielkernigen  Zellen,  die  wahrscheinlich  ganz  allgemein  eine  sehr  eigenthümlichc  und  constantc 
Verschiedenheit  der  Ausbildung  ihrer  Kerne  zeigen ,  von  welchem  die  einen  in  sehr  rudimen- 
tärem, die  anderen  in  sehr  hochentwickeltem  Zustand    unter  normalen  Verhältnissen  des 

0 

Thieres  sich  befinden. 

9.  Abschnitt.  Einige  Bemerkungen  über  die  Möglichkeit  eines  häufigeren 
Vorkommens  von  Kornverschmelzungen. 


Es  ist  hier  nicht  meine  Absicht,  die  gesammte  Literatur  nach  Beobachtungen  durchzustöbern, 
welche  möglicherweise  als  Belege  für  das  verbreitere  Vorkommen  der  Kernvcrschmelzung 
herangezogen  werden  könnten;  eine  solche  Arbeit  überschreitet  einerseits  meine  Kräfte,  anderer- 
seits würde  jedoch  auch  das  mühevolle  Resultat  dieses  Unternehmens  höchst  wahrscheinlich 
nicht  der  aufgewendeten  Zeit  entsprechen.  Ich  will  daher  nur  einzelnes,  mir  nahe  liegendes, 
hier  vergleichen. 

Der  Gedanke  an  das  Vorkommen  der  Verschmelzung  mehrerer  Keine  zu  einem  einzigen 
lag  der  bisherigen  Ilistiologie  fern;  nachdem  jedoch  jetzt  die  Aufmerksamkeit  auf  das  Vor- 
kommen eines  derartigen  Vorganges  gelenkt  worden  ist,  dürften  sich  vielleicht  die  Beobachtungen 
über  das  häufigere  Auftreten  dieses  Processcs  bald  vermehren.  Es  sind  mir  jedoch  einige  Angaben 
bekannt,  welche  eine  Kernvcrschmelzung  nachzuweisen  sich  bemühten.  Einmal  hat  Schneider 
das  Vorkommen  eines  solchen  Vorganges  bei  der  Entwicklung  der  Keimkugeln  von  Aäimsphurmm 
Eiciritorni  zwar  nicht  direct  behauptet,  jedoch  nach  seinen  Wahrnehmungen  für  die  einfachste 
Erklärung  des  Dmstandes  genommen,  dass  die  ursprünglich  eine  grössere  Zahl  kleiner  Kerne 
cinschliessenden  Keimkugeln  nach  einiger  Zeit  nur  einen  grösseren,  centralen  Kern  besitzen 
(87).  Aus  einer  solchen  Keimkugel  (Ei  Sehne ider's)  sollte  nach  einiger  Zeit  dann  wieder  ein 
mehrkerniges  Actinoxpluitriutn  hervorgehen.  Greeff  bestätigt  diese  Beobachtung  Schneider"*, 
scheint  jedoch,  indem  er  sagt,  dass  die  ursprünglichen  Kerne  schwinden  und  an  ihre  Stelle  ein 


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centraler,  heller  Körper  (Kern)»)  erscheint,  sich  nicht  der  Schneider'schen  Ansicht  von  der 
Verschmelzung  der  Kerne  anschliessen  zu  wollen  (107).  F.  E.  Schultze  hat  gleichfalls  die 
KeimkugelbUdung  dieses  Thieres  untersucht  und  die  Schncider'schc  Beobachtung  insofern 
nicht  zu  bestätigen  vermocht,  als  er  in  jeder  Keimkugel  immer  nur  einen  Kern  fand ;  dennoch 
bat  auch  er  eine  sehr  bedeutende  Reduction  der  Kernzahl  des  sich  zur  Keimkugelbildung 
anschickenden  Adinosphaerium  beobachtet  (84).  Schneider  hebt  wohl  mit  Recht  in 
einer  spateren  Bemerkung  hervor,  dass  diese  von  Schultze  beobachtete  Reduction  der 
Kernzahl  principiell  mit  seinen  Beobachtungen  harmonire  (88).  Da  jedoch  eine  einfache  Ver- 
ringerung der  Zahl  der  Kerne  noch  nicht  auf  einen  Verschmclzungsp'rocess  schliessen,  son- 
dern sich  auch  eben  so  einfach  durch  die  Annahme  des  Unterganges  einer  Anzahl  Kerne  erklären 
lüsst,  so  sehen  wir  denn  auch,  dass  F.  E.  Schultze  sich  der  letzteren  Auffassung  zuneigt 

Weder  für  die  eine,  noch  für  die  andere  Betrachtungsweise  sind  jedoch  Gründe  angeführt 
worden,  so  dass  also  bis  jetzt  nur  die  Thatsache  der  Abnahme  der  Kernzahl  bei  der  Fort- 
pflanzung des  Artinosphaeriwn  Eichhomi  durch  Keimkugeln  feststeht. 

Dagegen  gibt  Cienkowski  an,  dass  bei  der  Copulation  der  NoctRuca  miliaris  die 
Nuclei  der  copnlirenden  Thiere  entweder  g?sondert  bleiben  oder  sich  vereinigen  (91; 
pag.  56).  Schon  früher  wurde  der  Verschmelzung  der  Kerne  von  Stylonichia  bei  ihrer  von 
Engelmann  beobachteten  Copulation  gedacht. 

Auf  einem  ganz  anderen  Felde  wurde  neuerdings  eine  Kernverschmelzung  behauptet. 
Gölte  (49)  glaubt  nämlich  beobachtet  zu  haben,  dass  die  Eier  des  Bombmator  igneus  sich 
in  der  Weise  bilden,  dass  eine  grössere  Anzahl  der  in  dem  Follikel  eingeschlossenen  Keimzellen 
sich  vereinigen  und  ihre  Kerne  zu  dem  künftigen  Keimbläschen  verschmelzen,  um  welches  sich 
dann  der  Dotter  ablagert.  Ich  habe  keinen  Beruf,  mich  hier  als  Kritiker  dieser  Beobachtung 
aufzuwerfen,  muss  jedoch  gestehen,  dass  ich  den  beschriebenen  Vorgang  für  sehr  unwahrschein- 
lich halte  und  mich  daher  nicht  entschliessen  kann,  ihn  als  Beleg  für  eine  weitere  Verbreitung» 
der  Kernverschmelzung  zu  verwerthen. 

In  meiner  vorläufigen  Mittheilung  habt  ich  die  Frage  aufgeworfen,  ob  nicht,  im  Gegensatz 
zu  der  heutzutage  geläufigen  Ansicht,  der  mehrkernige  Zustand  eines  Protoplasmakörpers  der 
ursprüngliche,  der  einkernige  dagegen  erst  aus  diesem  hervorgegangen  sei. 

Diese  Frage  muss  um  so  viel  näher  liegen ,  als  uns  ja  die  Protozoen  eine  grosse  Zahl 

")  Die  nonderbarc  Greeff'sche  Ansicht,  dieser  grosse  centrale  Körper  sei  wahrscheinlich  g»r  kein 
•  Kern,  «oudern  Welleicht  das  jtuiKe  Actinosphaerium,  scheint  durch  die  lleohachtunRen  ton  F.  E.  Schal  tie 
mit  Sicherheit  widerlegt  ru  sein. 


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mebrkernigcr  Formen,  ja  darunter  solche  mit  einer  sehr  grossen  Zahl  von  Kernen  zeigen.  Die 
gewöhnliche  Auffassung  dieser  Formen  ist,  dass  man  sich  die  vielen  Kerne  als  die  Deecen- 
deaten  eines  oder  weniger  ursprünglicher  Kerne  vorstellt.  Ob  jedoch  diese  Anschauung  auch 
in  allen  Fällen  begründet  ist,  ist  eine  zweite  Frage,  die  mir  keineswegs  entschieden  zu  sein 
scheint. 

Ich  erinnere  z.  B.  an  das  obengenannte  Aciitiosphaerium  Eichhorni;  durch  F.  E.  Sc  hu  Uze 
wissen  wir,  dass  die  aus  den  Keimkugeln  hervorgehenden,  einkernigen  Formen  wachsen  und 
mehrkernig  werden,  ob  jedoch  hieraus  auf  eine  Vermehrung  der  Kerne  durch  Theilung  geschlossen 
werden  darf,  wie  dies 'S  chu  Uze  will,  scheint  mir  sehr  fraglich.  Stein  bemerkt  schon,  dass 
er  nie  auf  einen  in  Theilung  begriffenen  Kern  bei  diesem  Rhizopoden  stiess ,  auch  U  r  eef  f , 
S  c  h  u  1 1  z  e  und  Hertwig-Lesser  haben  nichts  von  einer  Theilung  derselben  beschrieben. 
Ich  habe  eine  bedeutende  Zahl  von  Thieren  der  verschiedensten  Grösse  untersucht,  ohne  irgend 
einen  sicheren  KernÜieilungszustand  zu  beobachten ;  ich  traf  zwar  häufig  dicht  zusammenliegende 
oder  wirklich  aneinandergepresste  Kerne,  ohne  jedoch  hinreichende  Gründe  zur  Annahme  einer 
Theilung  finden  zu  können.  Ich  muss  jedoch  bemerken,  dass  ich  auch  nichts  beobachtete,  was 
mit  Sicherheit  auf  eine  freie  Entstehung  der  Kerne  im  Protoplasma  hätte  schliessen  lassen. 
Theilungszustände  von  Khizopodcukernen  sind  überhaupt  nur  höchst  selten  beobachtet  worden, 
die  meisten  Angaben  in  dieser  Hinsicht  beruhen  auf  Annahmen,  nicht  jedoch  auf  Beobachtung.*) 

Es  war  mir  vergönnt,  im  Laufe  meiner  Untersuchungen  mit  einem  sehr  interessanten 
Rhizopoden  näher  bekannt  zu  werden,  der  vielleicht  berufen  sein  mag,  auf  die  Bedeutung  der 
Vielkcrnigkeit  unserer  Thierc  einmal  ein  helleres  Licht  zu  werfen.  Es  ist  dies  die  schon  von 
Ehrenberg  beschriebene,  grosse  Amoeba  prineeps,  die  auch  seither,  namentlich  den  englichen 
Forschern  Wallich>und  Carter,  vielfach  als  ünterauchungsobject  gedient  hat  Diese  grösstc 
aller  bekannten  Amoeben  fand  ich,  als  ich  erst  einmal  auf  sie  aufmerksam  geworden  war,  in 
•hiesiger  Gegend  ungemein  verbreitet,  fast  jedes  stehende  Gewässer  lieferte  mir  davon  mehr 
oder  weniger  zahlreiche  Exemplare. 

*)  In  »einer  neuesten  Mitlhcilung  (»Ueber  einige  Rhizopoden  und  verwandte  Organismen. «  Archiv  für 
mikruskop.  Anatomie  Bd.  12,  pag.  15)  bespricht  Cienkowiki  auch  die  gelegentliche  Vielkernigkeit  eines 
der  von  ihm  geschilderten  Rhizopoden,  ohne  jedoch  ebenfalls  die  Bedeutung  dieser  interessanten  Erscheinung 
angeben  zu  können  (vergl.  pag.  43).  Von  Wichtigkeit  erscheint  es  aber,  dass  es  Cienkowski  schien,  als 
wenn  die  Vennehrung  dieser  Kerne  unabhängig  von  dem  Matterkern  sich  vollziehe,  womit  in  Uel>ert-in- 
stimmung  wäre,  dass  nach  Cienkowski  auch  bei  der  Theilung  dieser  und  verwandter  Organinmen  (Chlamy- 
rfojifcry*  ttercorta,  Cicnk.  pag.  41,  ItcyÜuum  hyalinum,  Ilertw.  u.  L.  pag.  39  und  Microgromta  »oaalu,  Hertw. 
pag.  36)  ein  zweiter  Zellkern  unabhängig  von  dem  alten  auftritt  Dasscll*  findet  sich  ohne  Zweifel  auch  bei 
der  von  mir  geschilderten  Kortpflanzungsweise  der  Aredia  vulgaris  (Tergl.  80). 


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Was  mich  zuerst  auf  dieses  interessante  Geschöpf  näher  aufmerksam  machte,  war,  dass 
ich  bei  der  Untersuchung  eines  derselben  nicht  einen,  sondern  eine  Unzahl  kleiner  Kerne  traf. 
Dies  brachte  mich  zuerst  auf  die  Vermuthung,  dass  ich  eine  zweite  Art  des  Grce  ff 'sehen  Genus 
PeUmyxa  gefunden  hätte;  als  ich  jedoch  meine  Beobachtungen  weiter  fortsetzte,  so  fand 
ich  bald,  dass  das  Vorkommen  so  zahlreicher  (100-200)  kleiner  Kerne  keineswegs  eine 
regelmässige  Erscheinung  bei  diesen  Organismen  ist,  sondern  dass  sich  alle  Uebergangs- 
stufen  von  diesem  Zustand  bis  zu  dem  einkernigen  nicht  selten  in  einem  und  demselben 
Gewässer  nebeneinander  finden.  Dabei  zeigte  sich  die  interessante  Thatsache,  dass  die  Zahl 
der  Kerne  zu  ihrer  Grösse  im  umgekehrten  Verhältniss  steht.   Ich  habe  nun,  um  mich  über 

Zahl  und  Grösse  der  Kerne  zu  Orientiren,  eine  Anzahl  Zählungen 
nd  aus  denselben  schliesslich  die  Gesammtvoluniina  der  resp.  Kern- 
ich die  kleinen,  gewöhnlich  völlig  runden  Kerne  als  Kugeln  berech- 
nete, bei  den  in  geringerer  Zahl  vorhandenen,  grösseren  hingegen,  die  fast  immer  elliptische 
Umrisse  haben,  das  Volumen  gleich  einer  Kugel  von  ihrem  mittleren  Durchmesser  setzte. 
Diese  Messungen  und  Rechnungen  lieferten  mir  nachstehende,  kleine  Tabelle: 

Durchmesser.  Kera»olum. 

L  108  Kerne     .   .    .    0,0085  Mm.  0,345  Cb.  Mm. 

II.    25      »        .  0,014      >  0,350  »  » 

ID.      9      >         ...    0,021      »  0,436  »  » 


IV.  4  »  ...  0,035  »  0,032  Mm.  0,756  »  » 

V.  3  »  ...  0,037  »        —      >  0,795  >  » 
VI.  2  »  ...  0,046  »  0,039    >  0,776  »  » 

VII.  1  ...  d|096  >  0,046    »  1,874  »  » 

Die  für  die  Kernvolumina  erhaltenen  Werthe  gelten  naturlich  nur  im  Grossen  und  Ganzen 
und  was  sich  aus  dieser  Tabelle  scheinbar  sogleich  schliessen  lässt,  ist  eine  Zunahme  des  abso- 
luten Kernvolumens,  Hand  in  Hand  gehend  mit  der  Grössenzunahme  derselben,  trotz  der  Ver- 1 
minderung  ihrer  Zahl.  Gerade  dieser  Schluss  scheint  jedoch  bei  näherer  Berücksichtigung  der 
Verhältnisse  sehr  unsicher.  Die  Untersuchung  der  grösseren  Kerne  zeigt  nämlich,  dass  die- 
selben nie  die  Gestalt  von  Rotationskörpern  besitzen,  sondern  sehr  stark  abgeplattet  sind,  wie 
dies  ja  auch  bei  der  meist  so  flachen  Ausbreitung  der  Amoebe  und  unter  den  Bedingungen 
der  Untersuchung  natürlich  erscheint. 

Die  Kerne  zeigen  sich  daher  dem  Beobachter  fast  immer  von  der  flachen  Seite  und  die 
hierauf  basirten  Rechnungen  müssen  demnach  stets  viel  zu  hoch  ausfallen,  so  dass  ich  der 


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Meinung  bin,  dass  die  in  IV- VI  erhaltenen,  doppelt  so  grossen  Volumina  als  in  I-IIT,  sich 
wohl  allein  durch  die  so  beträchtliche  Abplattung  der  Kerne  erklären  können.  Das  grosse  Volum 
des  einfachen  Kernes  VII  scheint  jedoch  kaum  allein  durch  diesen  Umstand  erklärlich.  Viel 
wichtiger  erscheint  mir  daher  die  nahe  Uebereinstimmung  der  Volumina  der  Kerne  in  I-III,  wo 
ihre  Zahl  zwischen  9  und  108  schwankte  und  ihre  Gestalt  gewiss  noch  annähernd  kugelförmig  ist. 
Interessant  bleibt  fernerhin  doch  noch  die  gleichfalls  sehr  nahe  Uebereinstimmung  der  Volumina  in 
IV— VI,  wo  die  Kernzahl  zwischen  zwei  bis  vier  schwankte.  Immerhin  mag  es  der  Fall  sein,  dass  das 
gesammte  Kernvolum  sich  entsprechend  der  Abnahme  der  Kcruzahl  noch  etwas  vergrössere.  Hin- 
sichtlich der  Frage  jedoch,  ob  die  kleinen  Kerne  durch  einen  Zerfall  der  grossen  oder  umgekehrt 
diese  durch  Vereinigung  der  kleinen  hervorgehen,  gestatten  uns  die  erörterten  Beziehungen  zwischen 
Grösse,  Zahl  und  Volum  der  Kerne  bis  jetzt  keine  sicheren  Schlüsse  zu  ziehen,  nur  das  eine  lässt  sich 
wohl  behaupten,  dass  nämlich  ein  derartiger  Zusammenhang  existiren  muss.  Theilungszustände 
der  Kerne  habe  ich  nicht  nachzuweisen  vermocht;  zwar  kleben  die  kleinen  Kerne  nach  ihrer 
Isolation  oft  in  zweifacher  oder  vielfacher  Zahl  zusammen,  jedoch  schien  mir  die«  nur  eine 
künstlich  hervorgerufene  Erscheinung  zu  sein.  Die  grossen  Kerne  zeigen  häufig  sehr  unregel- 
uiässi^e  Faltungen  im  lebenden  Thier,  welche  jedoch  nach  Austritt  der  Kerne  in  das  umgebende 
Wasser  völlig  schwinden.  Dagegen  muss  ich  hervorheben,  dass  der  Fundort,  von  welchem  ich 
die  A.  princejts  hauptsächlich  bezog,  mir  ursprünglich  nur  Thiere  mit  vielen  kleinen 
lieferte,  späterhin  jedoch  eine  grössere  Zahl  solcher  mit  wenigen  grossen  Kernen. 

Ehrenberg  und  Dujardin  hatten  die  Kerne  der  A.  prineeps  nicht 
Auerbach*)  hat  Thiere  mit  ein  bis  zwei  Kernen  gesehen  und  beschrieb  auch  einen  bis- 
quitförmigen  Kern  (I.  c.  Taf.  XXII.  Fig.  9.  d),  welchen  er  als  in  Theilung  begriffen  betrachtet; 
dass  jedoch  derartige  Kernformen,  wie  sie  bei  der  Unregelmässigkeit  der  Gestalt  der  grösseren 
Kerne  leicht  einmal  vorkommen  können,  ganz  und  gar  kerne  Sicherheit  hinsichtlich  eines  Tbcilungs- 
vorganges  verleihen,  brauche  ich  kaum  besonders  zu  bemerken,  um  so  mehr,  als  es  nach  unseren 
jetzigen  Kenntnissen  des  Theilungsprocesses  der  Kerne  sehr  unwahrscheinlich  ist,  dass  die  Kerne 
der  Amoeben  so  glattweg  zerfallen  werden. 

Wallich  (89)  beschrieb  18G3  eine  vermeintlich  neue  Art  ab  A.  vükm,  die  jedoch, 
wie  Carter  später  sehr  richtig  bemerkte,  gewiss  nichts  weiter  als  die  A.  prineeps  war.  Er 
fand  bei  ihr  gewöhnlich  nur  einen  Nucleus,  jedoch  unter  gewissen  Bedingungen,  wie  er  glaubt, 
auch  zwei  und  drei,  die  durch  eine  Theilung  des  einfachen  Kerns  hervorgegangen  sein  sollten, 
ohne  dass  jedoch  hierfür  genügende  Beweise  beigebracht  worden  wären  (1.  c.  p.  438).  Dennoch 


')  Ueber  die  EinMllipkfit  der  Amoeben.   Zeitachr.  f.  wiss.  ZooL  Bd.  VII.  pag>  407 


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hat  er  jedenfalls  auch  Zustände  mit  vielen  kleinen  Nuclei  gesehen,  denn  zuweilen  sollte  der 
Nucleus  in  eine  grosse  Zahl  körniger  Kugeln  ohne  Hülle  zerfallen  (p.  365),  welche  Kugeln 
gewiss  nichts  Anderes  als  die  kleinen  Nuclei  waren. 

Carter  hat  etwa  gleichseitig  (90)  auch  die  A.  prineeps  untersucht  und  glaubte  bei  ihr 
einen  Fortpflanzungsprocess  gefunden  zu  haben,  ähnlich  wie  er  ihn  früher  schon  für  A.  verrucosa 
nachgewiesen  haben  wollte.  Aus  dem  Nucleus  der  jungen  Amoebe  soll  durch  allrnälige  Theilung 
eine  grosse  Zahl,  bis  mehr  als  70  kleiner  Fortpflanzungszellen  hervorgehen,  an  welchen  sich  jedoch 
nie  >a  nucleus  or  anything  like  a  germinal  vessicle*  sichtbar  machen  ücbs.  Der  Durchmesser 
dieser  vermeintlichen  Zellen  betrug  0,014  Mm.,  war  also  übereinstimmend  mit  den  Verbältnissen 
der  von  mir  gesehenen,  kleinen  Kerne.  Zuweilen  soll  jedoch  diese  Theilung  des  ursprünglichen 
Nucleus  nicht  eiutreten,  sondern  derselbe  sich  vergrössern  und  deutlicher  granulirt  werden,  bis 
er  schliesslich  in  der  ausgewachsenen  Amoebe  eine  ovale  und  abgeplattete  Gestalt  und  eine  Länge 
von  0,0507  Mm.  erreiche.  Carter  vermuthet,  dass  hier  die  Nucleusmembran  schliesslich  zerstört 
würde  und  die  eingeschlossenen  Granula  des  Nucleolus  als  Fortpflanzungskörper  hervorträten. 

Wir  sehen  also,  dass  Carter  schon  vereinzelte  Zustände  der  A.  prineeps  gc-  jedoch 
ihre  Nuclei  in  der  von  ihm  so  häufig  beliebten  Weise  mit  der  Fortpflanzung  in  Zusammenhang 
gebracht,  sowie  ihnen  ihre  wahre  Natur  streitig  gemacht  hat.*) 

Auch  Stein  giebt  schon  an  (68;  p.  10),  dass  er  bei  A.  prineeps  sechs  bis  zehn  grosse, 
ovale  Kerne  gefunden  habe. 

Die  Kernverschmelzungen  gewisser  mehrkerniger  Infusorien  (Oxytrichiuen)  vor  der 
Theilung  haben  keine  Bedeutung  hinsichtlich  der  uns  hier  beschäftigenden  Frage,  da  ja,  wie  oben 

» 

im  Anschluss  an  Balbiani  gezeigt  wurde,  diese  vermeintlich  isolirten  Kerne  durch  sehr  feine 
Verbindungsstränge  noch  in  Zusammenhang  stehen.  Dagegen  glaube  ich  das  Vorkommen  von 
Kcrnverschmclzungen  bei  den  aus  der  Conjugation  hervorgegangenen  Individuen  von  P.  Bursaria 
und  Euplotes  Charon  nahezu  gewiss  gemacht  zu  haben,  weniger  sicher  bin  ich  in  dieser 
Beziehung  bei  P.  Aurelia  und  puirinum. 

So  mangelhaft  auch  die  uns  bis  jetzt  vorliegenden  Thataachen  noch  erscheinen,  so  dürfte 
doch  wohl  zu  vermuthen  sein,  dass  Kernverschmelzungcn  bei  den  Protozoon  nicht  zu  den 
ungewöhnlichen  Erscheinungen  gehören  und  vielleicht  eine  wichtige  Rolle  im  Leben  dieser 
Organismen  spielen. 

•)  Auf  die  Streitigkeiten,  die  »ich  hinsichtlich  der  A.  prineeps  hierauf  «wischen  Wallich  und  Carter 
erhoben  (Ann.  and  magax.  of  nnl\  hiatory  S  »er,  T.  12.  p.  111  j  829  u.  198),  gehe  ich  hier  nicht  näher  ein, 
da  durch  »ie  kein  neuer  Punkt  von  Bedeutung  zu  Tage  gefordert  wurde. 


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IV.  Kapitel.   Allgemeine  Betrachtungen  und  Rückblicke. 

L  Abschnitt.  Entwicklungsvorgänge  in  der  befruchteten  Eizelle  bis  zur 
Ausbildung  der  Purchungskugel  erster  Generation. 

ücber  die  allerersten  Entwicklungsvorgänge  der  befruchteten  Eizelle  war  bis  vor  kurzer  Zeit 
relativ  wenig  bekannt.  Als  das  Wichtigste  darunter  erschien  das  Verschwinden  des  Keimbläschens, 
des  ursprünglichen  Eikern's,  wiewohl  auch  dieser  Vorgang  keineswegs  allseitig  verbreitet  und 
der  verschiedensten  Deutung  fähig  zu  sein  schien,  so  dass  noch  im  Jahre  1870  E.  van  Bencdcn 
in  sehr  eingehender  Weise,  jedoch  ohne  hinreichende  Beweise,  die  These  vertheidigen  konnte : 
dass  die  Kerne  der  Furchungskügeln  directe  Descendenten  des  Keimbläschens  seien  (13). 

Diejenigen  Forscher  aber,  welche  das  völlige  Verschwinden  des  Eikerns  behaupteten, 
wichen  dennoch  sehr  von  einander  ab,  wenn  es  sich  darum  handelte,  die  Bedeutung  dieses 
Vorgangs  festzustellen.  Die  einen  verlegten  ihn  vor  die  Befruchtung  und  betrachteten  den- 
selben etwa  als  das  letzte  Stadium  der  Reifung  des  Eies;  die  anderen  hingegen  sahen  in  dem 
Verschwinden  des  Keimbläschens  eine  Wirkung  der  Befruchtung,  rechneten  dasselbe  daher  schon 
zu  den  ersten  Entwicklungsvorgängen  und  deuteten  zum  Theile  mit  Häckel  diesen  Vorgang 
als  einen  Rückschlag  in  das  ehemalige  Cytodenstadium  der  ersten  Organismen.  Jede  dieser 
Ansichten  hatte  ihre  besonderen,  auf  Beobachtungen  sich  stützenden  Gründe  für  sich,  eine 
Eiuigung  liess  sich  daher  schwerlich  erzielen,  ohne  dass  neue,  thats&chhche  Einblicke  in  das 
Wesen  der  stattfindenden  Vorgänge  gethan  worden  waren.  Nach  meinen  Erfahrungen  nun, 
die  ich  in  mehreren  Stücken  durch  die  Beobachtungen  anderer  Forscher  zu  ergänzen  im  Stande 
bin,  werden  sich,  wie  ich  glaube,  wenigstens  ein  Theil  der  Widersprüche  befriedigend  lösen, 
wenn  wir  auch  natürlich  noch  nicht  bis  zu  einem  völlig  klaren  Durchschauen  aller  der  hier 
in  Frage  tretenden  Verhältnisse  durchgedrungen  sind. 

Ich  erinnere  hier  zunächst  an  eine  Beobachtung  von  Fr.  Ratzel,  der  1869  fand,  dass 
in  den  zum  Ablegen  reifen  Eiern  von  Tubifex  das  Keimbläschen  sehr  wesentliche  Ver- 
änderungen erfahren  hat  (34;  p.  565;  Taf.  XLII.  Fig.  5).  Er  bemerkt  hierüber:  >Die  Ver- 
änderungen des  Keimbläschens  erstrecken  sich  nur  insofern  auf  die  äussere  Form,  als  in  den 
Eiern,  welche  zur  Ablage  reif  sind  und  durchschnittlich  0,4—0,5  Mm.  im  Durchmesser  haben, 
es  seine  bisher  innegehabte  und  durch  die  membranöse  Hülle  gegen  den  Dotter  scharf 
abgegrenzte  Kugelform  aufgiebt  und  zu  einem  länglichen  Körper  wird,  der  in  seiner  grössten 


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Axe  bis  0,1  Mm.  Durchmesser  erreicht.  Dieser  Körper  hat  eine  bedeutende  Cohärenz  und  ist 
von  sehr  elastischer  Beschaffenheit,  indem  er  bei  Ausfliesscn  lassen  des  Eiinbaltes  durch 
Anwendung  gelinden  Druckes  unter  vollständiger  Beibehaltung  seiner  Form  und  Grösse  aus  der 
Eihaut  hervortritt;  in  Bezug  auf  seine  Zusammensetzung  zeigt  er  die  eigenthümliche  Erscheinung, 
dass  sein  mittlerer  Theil  im  Vergleich  mit  den  Polen  kugelförmig  angeschwollen  ist  und  eine 
meridionale  Streifung  zeigt,  die  bei  näherer  Betrachtung  sich  als  das  Resultat  des 
Vorhandenseins  einer  häutigen  Hülle  an  dieser  Stelle  erweist.  Da  der  übrige  Theil  dieses 
Körpers,  des  modificirten  Keimbläschens,  keine  Spur  von  Hülle  aufweist,  die  mediane  Anschwellung 

■ 

aber  auch  in  ihren  Grössenverhältnissen  sehr  gut  mit  dem  Keimbläschen  stimmt,  so  möchte 
die  ganze  Bildung  zu  betrachten  sein  als  entstanden  durch  Anlegung  von  Plasmamassen  an 
zwei  entgegengesetzten  Polen  des  Keimbläschens.« 

Ratzel  selbst  deutet  also  schon  nur  die  mediane  Anschwellung,  die  deutlich  gestreift  — 
faserig  erscheint,  als  das  metamorphosirte  Keimbläschen.  Was  die  helle  Masse  vorstellt,  die 
sich  demselben  beiderseits  angelagert  hat,  scheint  bis  jetzt  nicht  recht  klar.  Wir  sehen  jedoch 
aus  dieser  Beobachtung,  dass  schon  vor  der  Befruchtung  und  Eiablage  das  Keimbläschen  von 
Tubifex  sich  in  die,  von  mir  aus  den  Eiern  von  Nephelis  näher  beschriebene  Kernspindel 
metamorphosirt.  Zugleich  bietet  uns  die  Ratzel'sche  Beobachtung  eine  sehr  willkommene, 
fernere  Bestätigung,  dass  diese  Kcrnspindel  wirklich  das  metamorphosirte  Keimbläschen  sei, 
obgleich  dies  auch  durch  meine  Beobachtungen  am  Ei  des  CucuUanus  eUgatis,  wo  sich  das 
Keimbläseben  nach  der  Befruchtung  noch  einige  Zeit  in  seiner  früheren  Beschaffenheit  erhält, 
ausreichend  bewiesen  worden  ist.  Die  gleiche  Umbildung  erfährt  das  Keimbläschen  auch  im 
Ei  der  Schnecken.  Mit  dieser  Metamorphose  des  Eikerns,  welche  absolut  mit  derjenigen  überein- 
stimmt, welche  jeder  Furchungskern  im  Beginne  seiner  Theilung  erfährt,  bildet  sich  jedoch  auch  um 
jedes  Ende  der  Keimbläschenspindel  eine  strahlenförmige  Anordnung  der  Dotterkörncr  aus,  welche 
sich  durch  einen  grossen  Theil  des  Dotters  erstreckt,  so  dass  es  ganz  das  Aussehen  erhält,  als 
wolle  derselbe  sich  thcilen.  Das  Centrum  einer  jeden  Strahlung  wird  auch  hier  durch  einen 
hellen  Hof  eingenommen. 

Die  so  getroffenen  Vorbereitungen  zur  Theilung  des  Keimbläschens  und,  wenn  man  will, 
auch  des  Dotters,  kommen  jedoch  nicht  zu  ihrem  Ziel,  indem  nun  das  Keimbläschen  rasch  zur 
Oberfläche  des  Dotters  geschoben  wird.  Bei  NepMüt  und  den  Schnecken  tritt  es  mit  mehr 
oder  weniger  senkrecht  zur  Dotteroberfläche  gerichteter  Längsaxe  aus  dieser  heraus  und  formirt 
sich  sogleich  durch  Abrundung  und  bei  Nephelis  sicherlich  auch  Quellung  zu  den  sogenannten 

AbbMdL  <L  Sttwkeab.  turtorf.  Gm.  Bd.  X.  49 


-    382  - 

Richtungsbläschen.  Bei  Cucullanus  hingegen  bleibt  die  an  die Dotteroberfliche  getretene 
Keimbläschenspindel  wohl  noch  eine  Zeit  lang  unverändert  auf  dieser  hegen,  um  sich  hierauf 
erst  in  die  beiden  Richtungsbläschen  umzubilden.  Hier  geschieht  diese  Umbildung,  umgekehrt 
wie  bei  Nephelis,  unter  beträchtlicher  Abnahme  des  ursprünglichen  Volum's.  Der  einmal  durch 
Bildung  der  Kernspindel  eingetretene  Theilungsprocess  des  Keimbläschens  schreitet  aber  bei 
den  Schnecken  und  Nephelis  schon  innerhalb  des  Dotters  weiter  fort,  so  dass  es  bei  den 
ersteren  als  ein  durch  einen  feinen  Stiel  zusammenhängendes  Doppelbläschen ,'  bei  Nephelis 
hingegen  in  einer,  nach  den  seitherigen  Erfahrungen  nicht  ganz  verständlichen  Weise  in  Gestalt 
dreier,  durch  kurze  Verbindungsstielchen  zusammenhängender  Bläschen  ausgestossen  wird.  Auch 
bei  CucuUanus  degans  ist  mit  der  Bildung  der  Richtungsbläschen  durch  Umformung  der  Keim- 
bläschenspindel  eine  Theilung  verknüpft,  so  dass  auch  hier  die  Richtungsbläschen  im  frühesten 
Stadium  ihrer  Bildung  ganz  genau  denselben  Bau  wie  die  der  Schnecken  besitzen,  nämlich  die 
Formation  eines  schon  in  der  Theilung  weit  fortgeschrittenen  Furchungskernes. 

Durch  diese  Beobachtungen  halte  ich  es  für  sicher  erwiesen,  dass  die  sogenannten 
Richtungsbläschen  des  Schnecken-,  Nematoden-  und  Hirudineen-Eies  das  ausgestossene  Keim- 
bläschen darstellen  und  zwar,  wie  ich  nochmals  besonders  betonen  will,  höchst  wahrscheinlich  das 
gesummte  Keimbläschen,  denn  keine  meiner  Beobachtungen  deutet  darauf  hin,  dass  irgend  ein  Rest 
desselben  zurückbleibe,  ausgenommen  allein  flüssige  Bestandteile,  die  während  der  Metamorphose 
zur  Spindelform  ausgetreten  sind.  Die  Gründe,  welche  mich  früher  veranlassten,  für  einige 
Zeit  der  Ansicht  zu  huldigen,  dass  die  Richtungsbläschen  den  ausgestossenen  Keimfleck  dar- 
stellten, habe  ich  schon  im  speziellen  Theil  hinreichend  auseinandergesetzt,  es  waren  dies  zum 
Theil  die  Wahrnehmungen  am  lebenden  Ei,  welche  auch  schon  frühere  Beobachter  der  Richtungs- 
bläschen zu  dieser  irrigen  Ansicht  verleitet  hatten  und  dann  meine  ursprünglich  falsche  Auf- 
fassung der  streifigen  Kcrnspindel  als  umgewandelter  Kemkörper. 

Die  Frage  nach  der  Bedeutung  der  Richtungskörper  hat  in  letzterer  Zeit  durch  die 
vorzüglichen  Beobachtungen  von  Oellacher  zuerst  wieder  ein  erhöhtes  Interesse  erhalten 
und  ist  daher  auch  mehrfach  einer  ziemlich  eingehenden  Erörterung  unterzogen  worden, 
wobei  denn  auch  die  historische  Entwicklung  unserer  Kenntnisse  von  diesen  Gebilden  zum  Theil 
ausführlich  besprochen  wurde  (vergl.  z.  B.  Flomming  27  und  hinsichtlich  der  Mollusken 
namentlich  Fol  35).  Ich  halte  es  daher  nicht  für  angezeigt,  nochmals  eine  Recapitulation  aller 
der  älteren  Arbeiten  über  diesen  Gegenstand  hier  zu  geben,  sondern  beschränke  mich  auf  einen 
kurzen  Ueberblick. 


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1 


-    383  - 

Der  Entdecker  dieser  Körperchen  ist  bekanntlich  Carus,*)  er  fand  sie  1824  bei  Um- 
tiaeus;  bei  den  Mollasken  wurden  sie  hierauf  weiterhin  beschrieben  von  Dumortier,  J.  van 
Beneden  und  Windischmann  {Umax  u.  Aplysia),—)  K  ö  11  i k  e r  (Doris),  Nordmann? 
(Tergipcs)  ***),  Fr.  Müller  (Pontolimax),  Quatrefages  (Teredo) ,  J.  R  e  i  d  (verschiedene 
Oymnobranchcn),  Warneck  (Limnacus  und  Umax),  Karsch,  Rathke,  Lovön  (hei 
Crmella ,  Cardium,  Solen,  PateUa),  Koren  und  Danielssen  (Buccinum  und  Purpura), 
L  e  y  d  i  g  (Paludim.tf)  Lacaze-Duthiers  (DeniaKum  und  Vermetus).  Die  erste  Kennt- 
niss  der  Richtungsbläschen  der  Pteropoden  verdanken  wir  Gegenbauer  (Hyalaea  gibbosa) ; 
hinsichtlich  der  Heteropoden  hat  wohl  zuerst  R.  L  c  u  c  k  a  r  t  auf  ihr  Vorkommen  bei  Firoloides 
aufmerksam  gemacht  (vergl.  38 ;  pag.  65,  Anmerkung).  Im  Ei  der  Hirudineen  fand  sie  wohl  zuerst 
Frey  bei  Nephelis,  spater  Rathke  undLeuckart  ebendaselbst,  Robin  bei  Ckpsine. 
Bei  den  Oligochaeten  fanden  sie  Ratzel  undWarschawsky,  später  auch  Kowalewsky 
bei  Lumbrieus.  Unter  den  Polychaetcn  beobachteto  sie  Quatrefages  bei  SabeUaria, 
ClaparedcundMeznikoffbei  verschiedenen  Gattungen. 

Bei  Phascolosoma  hat  sie  neuerdings  Selcnka  aufgefunden  (39). 

Bei  den  Nematoden  wurden  sie  zuerst  von  Reichert  entdeckt,  späterhin  auch  von 
Claparede  (?)  und  Schneider  beschrieben. 


*)  Da  mir  die  Abhandlung  von  Carus  leider  unzugänglich  blieb,  so  berufe  ich  mich  auf  Lovön,  der 
Carus  die  erste  Entdeckung  der  Hichtungsb Laschen  bei  den  Mollasken  anschreibt  (vergl.  Loven,  1.  c.  Aich.  f. 
Anatomie  u.  PhysioL  1848.  pag.  538). 

**)  Poachet's  Beobachtungen  an  Umnaeus  betrafen  abnorme  Erscheinungen. 
***}  Eine  sichere-  Beurtheilung  der  Beobachtungen  Nord  mann'*  an  Tergipa  Edwardm  (vergl.  den 
Aussog  von  C.  Vogt  Ann.  d.  sc.  nat.  III  ser.  T.  V.  pag.  109)  ist  vorerst  nicht  möglich.  Ein  Theil  der 
N  o  rd  m  an  n 'sehen  Angaben  hinsichtlich  der  ans  dem  Dotter  in  Mehmhl  entspringenden  Bläschen  erbalt, 
wie  auch  schon  Fol  bemerkt  (85;  pag.  24),  durch  die  8  e  1  e  n  k  a  'sehen  Beobachtungen  an  Tergipes  elaviger 
(Entwicklung  des  T.  dadger  1»  part.  Niederl.  Arch.  f.  ZooL  Vol.  L  pag.  1—10,  1871,  siehe  auch  99)  eine 
erwünschte  Aufklarung.  Welcher  Natur  das  Bläschen  ist,  du  nach  Nordmann  (I.  c,  pag.  147)  erst  nach 
vollendeter  Furchung  aus  dem  maulbeerforaigen  Dotter  austritt,  ist  kaum  in  sagen;  jedenfalls  ist  es  dem 
Kichtungsblaschen  der  übrigen  Mollusken  nicht  vergleichbar,  denn  ich  kann  mich  unmöglich  der  Semper'- 
sehen  Ansicht  (44;  pag.  12)  anschliessen,  dass  das  Riehtuogsblaschen  auch  wohl  einmal  erst  nach  abgelaufener 
Furchung  austreten  könne.  Bezüglich  dieses  Bläschens  findet  sich  bei  Selenka  keine  Bemerkung.  Dagegen 
sagt  tr  (1.  c.  pag.  2):  »Zwei  oder  auch  ein,  zuweilen  auch  drei  Richtungsbläschen  wurden  fast  ausnahmslos 
schou  sehr  frühe  bemerkt,  schon,  wenn  erst  sechs  Kogeln  (Furchungskugeln)  gebildet  waren.«  Dieselben  sollen 
durch  Abschnürung  aus  den  ersten  Fnrchnngskugeln  entstehen  und  echte  Zellen  sein.  Ich  kann  daher  die 
Frage  nach  den  Kichtungsblascbcn  von  Tergipa  nicht  als  gelöst  betrachten. 

t)  Zeitschrift  f.  wiss.  Zoologie  Bd.  II.  pag.  128.  Hier  tollen  die  Richtnngtbläschen  dieselbe  violette 
Farbe  haben  wie  der  Dotter;  die  Bedeutung  der  von  Leydig  gesehenen  Körpereben  scheint  mir  daher  noch 


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Desor  (41)  hat  sie  bei  Nemertts  gesehen.  Was  neuerdings  G.  Dieck  (42)*)  bei  einer 
parasitischen  Nemertine  der  Gattung  Cephaloihrix  beschrieben  hat,  Rchört  sicher  nicht  hierher, 
sondern  zu  den  abnormen  Ablösungen  von  Furchungszelleu,  wie  sie  von  Selenka  (I.  c.)  näher 
beschrieben  worden  sind. 

Bei  Cucumaria  hat  Selenka  (40)  die  Ausstossung  eines  Richtungsbläschens  beobachtet. 

Von  den  Coelenteraten  ist  hinsichtlich  der  Ausstossung  eines  Richtungsbläschens  fast  nichts 
bekannt;  Kleinenberg  (43;  pag.  46)  will  jedoch  bei  Hydra  vor  der  Befruchtung  die  Aus- 
pressung einiger  PlasmakQgelchen  aus  dem  Dotter  beobachtet  haben,  die  er  als  bedeutungslos 
für  die  fernere  Entwicklung  der  Eier  betrichtet  und  mit  den  sogenannten  Richtungsbläschcn 
der  ftbrigen  Thiere  identificirt  Der  Umstand  jedoch,  dass  in  diesen  Plasmakügelchen  raeist 
eine  Pseudozellc  (Dotterkorn)  eingebettet  ist,  macht  es  mehr  wie  wahrscheinlich,  dass  dieselben 
nichts  mit  den  eigentlichen  Richtungsbläschen  verwandtes  haben.  **) 

Bei  den  Tnnicaten  ist  meines  Wissens  bis  jetzt  nichts  von  Richtungsbläschen  beobachtet 
worden,  doch  hat  Semper  neuerdings  versucht  (44),  die  von  der  Oberfläche  des  Dotters  der 
Ascidieneier  im  Augenblick  der  Furchung  oder  schon  vorher  sich  ablösenden  sogen.  Testazellen***) 
mit  den  Richtungsbläschen,  namentlich  denen  des  Schneckeneies,  zu  identificiren.  Ein  solcher 
Vergleich  muss  jedoch  jetzt,  wenigstens  in  morphologischer  Hinsicht,  ganz  unmöglich  erscheinen, 
wie  auch  Semper  für  den  Fall,  dass  die  Ricbtungskörper  des  Schneckcneics  wirklich  das 
Keimbläschen  seien,  zugesteht.  Doch  möchte  er  die  Vcrgleichung  dieser  Gebilde  auch  dann 
noch  nicht  aufgeben  und  zwar  wegen  ihrer  physiologisch  gleichen  Bedeutung,  indem  das 

•)  Diock  schreibt  Joh.  Müller  die  erste  Entdeckung  der  Kirbtungsblischen  bei  Euloconeha  mirabüu 
zu.  Moller  bat  jedoch  bei  diesem  Thier  gar  keine  Richtangsbläschen  beobachtet.  Die  Bezeichnung 
„RichtungsbUschcn"  stammt  von  Fritz  Möller  her.   (Vergl.  Arch.  f.  Naturgesch.  1848.  L  p.  1.) 

**)  Ganz  eigentümlich  lauten  die  Beobachtungen  eines  gleichfalls  sehr  genauen  Körnchens,  P.  K.  Moller, 
(117)  in  Besag  auf  das  Schicksal  des  Keimbläschens  einer  Siphonophore  (Iiippopodius  litten*,  C.  Vogt).  Hier 
soll  da»  Keimbläschen  schliesslich  schwinden,  der  Keimfleck  jedoch  am  Rande  des  sogenannten  Mikropylhofea 
zurückbleiben,  d.  b,  an  der  Stelle,  wo  die  Spermatozoon  wahrscheinlich  zu  den  Eiern  gelangen.  Der  Zutritt 
dieser  letzteren  wurde  nicht  direct  beobachtet,  man  findet  jedoch  in  der  Flüssigkeit  des  Mikropylbofes  häufig 
zwei  bis  drei  amoebenähnliche  Korpereben,  die  Maller  als  umgewandelte  Spermatozoen  deutet.  Diese  sollen 
schliesslich  mit  dem  Keimfleck  in  Verbindung  treten,  jedoch  nicht  mit  ihm  verschmelzen  and  so  die 
Befruchtung  vollziehen. 

Diese  Schilderung  steht  so  isolirt  gegenüber  allen  seitherigen  und  auch  den  Ergebnissen  meiner  For- 
schungen, dass  ich  nicht  im  Stande  bin,  sie  für  oder  wider  die  hier  besprochenen  Fragen  zu  verwerthen  oder 
sie  mit  anderweitig  bekannten  Verhaltnissen  vergleichen  zu  können. 

.  *••)  Uebrigens  halt  Kowalewsky  in  seiner  neuesten  Arbeit  (»üeber  die  Entwicklungsgeschichte  der 
Pyrosoma,«  Arch.  f.  mikrosk.  Anatomie  Bd.  U.  pag.  «06)  an  seiner  froheren  Ansicht  fest,  dass  die  Testazellen 
nicht  von  dem  Dotter,  sondern  vom  Follikelepithel  herstammten. 


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Wesentliche  dieses  Vorganges  in  beiden  Fällen  eine  Def&cation,  eine  Befreiung  der  Eizelle  von 
unbrauchbar  gewordenen  Stoffen  sei.  Bei  dieser  Betrachtungsweise  ist  jedoch  nur  die  That- 
sache  des  Äusstossens  richtig,  die  Deutung  der  Vorgänge  als  eine  Entfernung  unbrauchbar 
gewordener  Theile  hingegen  Annahme,  die  Bich  um  so  weniger  rechtfertigen  lässt,  als  ßemper 
selbst  nachweist,  dass  die  sogenannten  Tcstazellen  (tropfen)  sich  künstlich  durch  Einwirkung 
des  Seewassers  auf  Eierstockaeier  hervorrufen  lassen.  Der  Grund  ihrer  Entstehung  wäre  also 
hiernach  ein  ganz  äusserlicher,  der  sich  mit  einer  für  die  Eizelle  wichtigen  Dcfäcation  kaum 
vergleichen  liesse.  Andererseits  ist  jedoch  auch  durch  nichts  bewiesen,  dass  das  Keimbläschen 
gewissermaassen  eine  Kloake  zur  Ablagerung  des  Unraths  der  Eizelle  darstelle.  Weder  Aus- 
sehen, noch  irgend  etwas  anderes  spricht  dafür,  ebensowenig  wie  man  die  Ausstossung  eines 
so  wichtigen  und  wesentlichen  Bestandteiles  der  Zelle  überhaupt  dem  Begriffe  der  Defacation 
unterordnen  köunte,  bei  dem  es  sich  um  die  Ausstossung  von  Nahrungsresten  oder  Secreten, 
nie  jedoch  um  die  Entfernung  eines  wichtigen  Körpertheils  handelt.  Auch  Selcnka  bespricht  die 
Ausstossung  des  Richtungsbläschens  in  ähnlichem  Sinne,  indem  er  es  mehrfach  den  K'oth  der 
Zelle  nennt.  Weil  der  Kern  der  Eizelle  selbst  seine  Rolle  ausgespielt  hat  und  durch  einen 
neuen  ersetzt  wird,  kann  man  ihn  doch  unmöglich  als  Koth  der  Zelle  bezeichnen.  Auch  F  o  1 
spricht  sich  neuerdings  in  ganz  ähnlicher  Weise  aus  (35;  pag.  27),  er  sagt:  »U  peut  d'etre 
important  pour  lc  vitellus  de  se  debarasser  de  certaines  matteres  devenues  superflues;  et  la 
sortie  de  ces  matieres  peut  avoir  lieu  en  un  point  determini  et  constant,  sans  que  nous  soyons 
obliges  d'y  voir  d'autre  chose,  qu'une  simple  excretion.c 

Gar  keine  Kenntniss  haben  wir  von  dem  Vorkommen  der  Richtungsbläschen  bei  Räderthieren 
und  Arthropoden;*)  hinsichtlich  letzterer  gibt  jedoch  Di  eck  (1.  c.  pag.  512)  an,  dieselben 
bei  Maja  und  Carcinus  gesehen  zu  haben,  ich  kann  aber  dieser  Angabe  aus  den  oben 
besprochenen  Gründen  kein  völliges  Vertrauen  schenken. 

Bei  den  Wirbelthieren  hingegen  sind  sie  jedenfalls  sehr  verbreitet,  oder  vielmehr  ganz  all- 
gemein, da  hier  ohne  Zweifel  ein  fundamentaler  Vorgang  vorliegt 

Die  ersten  sicheren  Beobachtungen  hierüber  rühren  von  Bisch  off  her,  der  sie  beim 
Hund,  Meerschweinchen,  Kaninchen  und  Reh  auffand;  in  neuerer  Zeit  hat  sie  E.  v.  Beneden 


*)  Dass  die  sogen.  Pökelten  des  In&ecteneies  gar  nichts  mit  den  Richtungshläschen  zu  thun  haben, 
erwähne  ich  hier  nur  desshalb,  weil  Flcmming  (27)  dieses  noch  für  eine  offene  Frage  halt  Mein ikoff 's 

werden,  halte  ich  für  »öllig  richtig. 


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auch  bei  Vespertilio  nachgewiesen.*)  Bei  den  Fischen  hat  Oellacher  sie  uns  von  der  Forelle 
kennen  gelehrt  und  für  das  Hühnchen  ihr  Auftreten  wenigstens  sehr  wahrscheinlich  gemacht. 

Schon  früher  jedoch,  im  Jahre  1864,  wurde  das  Austreten  eines  oder  zweier  Richtungs- 
bläschen aus  dem  befruchteten  Dotter  von  Peiromyson  Planen  und  fluviatüis  von 
A.  Müller  (113)  ziemlich  eingehend  beschrieben  und  in  directe  Parallele  gebracht  mit  dem 
Hervortreten  entsprechender  Gebilde  aus  dem  Dotter  der  Wirbellosen  und  der  Säugethiere. 
Direct  unterhalb  der  Stelle  der  Dotteroberflache,  aus  welcher  diese  Richtungsblaschen  hervortreten, 
hegt  im  befruchtungsfähigen  Ei  das  Keimbläschen.  Eine  bestimmte  Ansicht  über  die  Bedeutung 
der  ausgestossenen  Tröpfchen  oder  Bläschen  äussert  Müller  nicht ;  er  hat  folgende 
Deutung  für  die  von  ihm  beobachteten  Vorgänge.  Nach  der  Befruchtnng  tritt  das  Keim- 
bläschen durch  die  Oeffnung  eines  eigentümlichen  Gebildes,  das  ihm  wie  ein  Deckel  aufsitzt 
und  in  die  Dotteroberfläche  hineinragt,  hinaus  auf  die  Dotteroberfläche  in  Gestalt  eines  Cylin- 
ders,  von  dem  sich  nun  ein  oder  auch  zwei  Richtungsbläschen  abschnüren;  später  sinkt  es 
zurück  und  tritt  durch  die  Oeffnung  des  Deckels  wieder  in  den  Dotter  ein,  um  zum  Kern  der 
ersten  Furch ungskugel  zu  werden  (Ist  diese  Oeffnung  des  sogenannten  Deckels  vielleicht  das- 
selbe wie  das  sogenannte  Dotterloch  des  Amphibieneies?). 

Hinsichtlich  ihres  Auftretens  bei  den  Amphibien  scheinen  mir  die  älteren  Beobachtungen 
von  B  ä  r  **)  und  die  späteren  von  M.  Schultze  und  B  a  m  b  &k  e  doch  nicht  einen 
so  hohen  Grad  von  Sicherheit  zu  gewähren,  dass  sich  hierauf  bestimmte  Schlüsse  auf- 

*)  Die  Richtungsblaschen  eines  Wirbelthiercies  worden  zuerst  von  M.  Barr y  1840  bei  dem  Kaninchen 
beobachtet,  ohne  dass  er  jedoch  bezüglich  ihrer  Entstehung  zu  einer  richtigen  Vorstellung  gelangt  wäre. 
Seine  Erklärung  der  Entstehung  dieser  Körpereben  steht  im  innigsten  Zusammenhang  mit  Beinen  wunderlichen, 

Dotter,  auf  die  näher  einzugchen  hier  zu  weit  fahren  würde  (vergl.  M.  Barry:  Researches  in  Embryology. 
Third  series.  Philosoph.  Transact-  of  the  Roy.  soc  of  London.  1840.  p.  529.  T.  XXIV.  Figg.  185-187, 
193  etc.). 

Bischoff  will  die  Richtungsblaschen  auch  beim  Schaaf  und  Schwein  beobachtet  haben  (114);  der 
besonderen  Umstände  halber,  unter  welchen  diese  Reobaehtunpeii  angestellt  wurden,  werde  ich  erst  weiter 
unten  auf  dieselben  näher  eingehen.  In  den  Lccons  sur  la  physiologic  T.  VIII.  pag.  896  gibt  M  i  1  n  e  - 
Rdwtrdi  an,  dass  Vogt  die  Richtungsblaschen  bei  der  Forelle  beobachtet  habe,  er  citirt  Embryologie  des 
Toissons.  Wahrscheinlich  ist  hier  die  Embryologie  des  Salmones  gemeint,  worin  sich  jedoch  nichts  Ton  einer 
derartigen  Beobachtung  findet  An  gleicher  Stelle  findet  sich  auch  die  Angabe,  dass  Cos te  das  Bichtungs- 
bläschen  von  (liutterosteux  wahrgenommen  halte ;  das  betreffende  Werk  »Developpement  des  Aires  organisese  ist 
mir  leider  nicht  zuganglich. 

Vergl.  C.  F.  von  Bär  „Ueber  Entwicklungsgeschichte  der  Thlcre«.  2.  Theil  p.  27,  p.  27,  p.  158, 
p.  292 ;  ferner  die  Schrift  Biir's  „Die  Metamorphose  der  Eier  der  Batrachier  vor  dem  Erscheinen  des  Embryo 
und  Kolgerungen  ans  ihr  für  die  Theorie  der  Erzeugung'  in  Arch.  f.  Anatomie  u.  Physiologie  1834.  p.  481. 


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bauen  liessen.  So  sehr  ich  auch  mit  dur  0  e  1 1  ac h  e  r 'sehen  Beobachtung  (45)  über  den 
Austritt  des  Eikernea  aus  dem  Ei  harmonire,  so  bleibt  doch  ein  Punkt,  in  welchem  ich  mit  ihm 
nicht  ganz  übereinstimme  und  der  mir  auch  aus  seinen  Beobachtungen  nicht  zu  folgen  scheint. 
Ich  meine  nämlich  die  Angabc,  dass  das  Keimbläschen  des  Forelleneies  schon  vor  der  Befruchtung 
austrete.  Unter  den  Abbildungen  Oellacher's  findet  sich  nur  ein  Durchschnitt  durch  ein 
unbefruchtetes  Ei  (Fig.  5)  und  dieser  zeigt  das  Keimbläschen  zwar  dicht  unter  der  Oberfläche 
des  Keimes,  jedoch  noch  völlig  in  ihm  eingeschlossen.  Ich  muss  dies  letztere  um  so  mehr 
annehmen,  als  ich  mich  der  Oe  Mach  er 'sehen  Ansicht  bezüglich  der  dicken,  radiärgestreiften 
Membran  des  Keimbläschens,  die  von  Porenkanälen  durchsetzt  sein  soll,  nicht  ansehliessen 
kann.  Nach  der  Oellacher'schen  Auffassung  soll  sich  diese  Membran  in  der  Fig.  5  schon 
da,  wo  sie  in  der  Oberfläche  des  Dotters  liegt,  geöffnet  haben  und  sich  bei  weiterem  Heraus- 
treten des  Keimbläschens  auf  der  Dotteroberfläche  ausbreiten.  Hinsichtlich  der  Bedeutung 
dieser  Membran  erweckt  0  eil  acher  schon  selbst  Zweifel,  indem  er  pag.  15  darauf  auf- 
merksam macht,  dass  wegen  ihrer  innigen  Vereinigung  mit  dem  Keim  fast  die  Vermuthung 
entstehen  könne,  dass  sie  ein  Product  des  letzteren  sei  und  das  Keimbläschen  durch  sie  nur 
abgekapselt  werde.  Dies  ist  nun  auch  meine  Ansicht,  diese  Membran  ist  nur  eine  homogenere, 
radiärstreifige  Partie  des  eigentlichen  Bildungsdotters,  die  das  Keimbläschen  umschliesst.  Ich 
werde  in  dieser  Ansicht  noch  mehr  bestärkt  durch  das  Vorkommen  ähnlicher  Umhüllungen  des 
Keimbläschens  in  den  Eiern  anderer  Wirbelthiere ;  so  beschreibt  Eimer  um  das  Keimbläschen 
des  Ringelnattcreies  auf  gewissen  Stadien  eine  dicke,  helle  Hülle,  die  schön  radiär  gestreift 
erschien,  doch  liessen  sich  diese  Streifen  bis  in  den  umgebenden  Dotter  verfolgen.  Die  hierzu 
gehörige  Abbildung  (46;  Taf.  XI.  Fig.  3)  zeigt,  dass  sich  keine  scharfe  Grenze  zwischen  dieser 
Hülle  und  dem  Dotter  finde.  Die  Streifung  glaubt  auch  Eimer  auf  Porenkanäle  zurückführen 
zu  dürfen;  ich  möchte  es  hingegen  für  wahrscheinlicher  halten,  dass  es  sich  hier  nur  um 
die  uns  bekannte,  radiäre  Anordnung  feinster  Dotterkörnchen  handelt.  In  älteren  Eiern  war 
diese  radiär  gestreifte  Hülle  wieder  geschwunden  und  nur  eine  einfache  Haut  um  das  Keim- 
bläschen zu  sehen.  Eine  strahlige  Beschaffenheit  des  Dotters  scheint  in  Wirbelthiereiern  noch 
häufiger  vorzukommen;  so  entnehme  ich  Eimer  (I.  c,  pag.  427—28),  dass  schon  Reichert 
einen  radiärröhrigen  Bau  des  Nahrungsdotters  im  Hechtei  beschrieb,  Pf  lüg  er  eine  solche  im 
inneren  Dotter  des  Katzeneies  beobachtete.*)  Da  nun  nach  meiner  Ansicht  die  streifige  Keim- 
bläschenmembran des  Forelleneies  ein  Dotterbestandtheil  ist,  so  kann  ich  auch  nicht  zugeben, 

•)  Vergl.  auch  die  radiiren  Protoplasnastränge,  die  A.  Schult*  im  Eierstock«!  toü  Baja  oculata 
beschreibt    Zur  Entwicklungsgeschichte  des  Salachiereies.   Arch.  f.  mikrosk.  Anat.  1876.  Bd.  11.  pag.  669. 


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dass  auf  dem  Stadium  der  obenerwähnten  Oc  11  ach  er 'sehen  Fig.  5  das  Keimbläschen  schon 
im  Begriff  ist  aus  dem  Dotter  auszutreten,  sondern  es  liegt  nur  dicht  unter  dessen  Oberfläche. 
Die  übrigen  von  Oellacher  untersuchten  Eier,  bei  welchen  man  das  Keimbläschen  schon 
deutlich  aus  dem  Dotter  herausgetreten  findet,  sind  sämmtlicb  befruchtet  gewesen. 

Auch  aus  den  Beobachtungen  Oellacber's  am  Hühnerei  (1.  c.  pag.  17  und  Striekels 
Laboratoriumshcfto  1870*)  scheint  mir  nicht  zu  folgen,  dass  das  Keimbläschen  schon  vor  der 
Befruchtung  völlig  aus  dem  Dotter  eliminirt  wird,  sondern  es  tritt  nur  an  dessen  Oberfläche, 
bleibt  jedoch  noch  in  den  Keim  selbst  eingesenkt. 

Aus  den  Beobachtungen  von  Bischoff  und  van  Beneden  geht  nicht  hervor,  dass  die 
Ausstossung  der  Richtungsbläschen  bei  den  Säugethieren  vor  der  Befruchtung  stattfindet, 
sondern  man  könnte  aus  Bischoff's  Beobachtungen  am  Hundeei  den  umgekehrten  Schluss 
ziehen.  Taf.  I.  Fig.  10  (47)  bildet  er  ein  Ei  ab,  welches  einen  halben  Zoll  von  dem  Uterus- 
ende im  Eileiter  gefunden  wurde;  dasselbe  ist  jedenfalls  befruchtet,  da  es  auf  seiner  Zona  von 
Spermatozoon  wimmelt ;  dennoch  ist  der  Dotter  sehr  wenig  contrahirt  und  von  Richtungsbläschen 
nichts  sichtbar.  Ebensowenig  an  den  Eiern  Figg.  7  u.  8  ganz  aus  dem  Anfang  des  Eileiters. 
Das  in  Fig.  6  abgebildete  Eierstocksei  einer  brünstigen  Hündin  zeigte  an  einer  Stelle  eine 
sehr  regelmässige,  coneave  Einscnkung  des  dunkelen  Dotters  und  ans  dieser  schaut  zur  Hälfte 
das  Keimbläschen  hervor;  dies  Ei  wäre  nun  ein  überzeugender  Beweis  für  den  Austritt  des 
Keimbläschens  vor  der  Befruchtung,  wenn  die  Deutung,  die  Bischoff  dem  gesehenen  Bild 
gibt,  eine  richtige  wäre.  Dies,  glaube  ich,  ist  jedoch  nicht  der  Fall;  die  coneave  Einscnkung 
des  Dotters  scheint  mir  sehr  verdächtig,  ich  glaube  vielmehr,  dass  dieselbe  sich  durch  die 
Ansammlung  von  hellem  Protoplasma  an  der  Stelle,  wo  das  Keimbläschen  der  Dottcroberfläche 
zunächst  liegt,  erklärt,  eine  Erscheinung  wie  sie  im  Ei  der  Schnecken  und  gewisser  Würmer 
gleichfalls  früher  oder  später  eintritt. 

Diese  Frage  nach  dem  Austritt  des  Keimbläschens  vor  oder  nach  der  Befruchtung  ist 
jedenfalls  der  Mühe  werth,  näher  erörtert  zu  werden,  denn  es  stimmen  alle  vertrauenswürdigen 
Untersuchungen  an  wirbellosen  Thieren  darin  überein,  dass  die  Ausstossung  erst  nach  der 
Befruchtung  stattfindet  (der  Fall  bei  Hydra  ist  schon  oben  näher  besprochen  worden,  wobei 
sich  zeigte,  dass  es  sich  hier  sehr  wahrscheinlich  gar  nicht  um  Richtungsbläschen  handelt).  Eine 
sichere  Beantwortung  dieser  Frage  jedoch  im  Allgemeinen  zu  versuchen,  ist  natürlich  heutzutage 
noch  nicht  möglich,  nur  lässt  sich  mit  Bestimmtheit  behaupten,  dass  die  Ausstossung  vor  der 

•)  War  mir  nicht  »uginglich. 


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J 


-    389  - 

IMruchtung  gewiss  nicht  die  Regel  ist,  wie  Oellacher  und  späterhin  auch  F  lern  min  g 
(27;  pag.  35)  anzunehmen  geneigt  sind.») 

Für  eine  Reihe  von  Eiern  verschiedener  Thiere  ist  jedoch  auch  das  Verschwinden  des 
Keimbläschens  vor  der  Befruchtung,  sogar  schon  im  Eierstock,  angegeben  worden.  So  hat  z.  B. 
neuerdings  Meznikoff  (48;  pag.  65)  die  Abwesenheit  eiues  Keimbläschens  in  dem  reifeu 
Ei  der  Siphonophoren  mit  sehr  grosser  Bestimmtheit  gegenüber  II  ä  c  k  e  1  und  (iegeubauer 
hervorgehoben  und  dieser  Umstand  war  für  ihn  sogar  ein  sicheres  Zeichen  des  Gelingens  der  künst- 
lichen Befruchtung.  Für  die  Fier  von  Bombiuator  igneus  beschreibt  G  ö  1 1  c  (49)  das  Zugrunde« 
gehen  des  Keimbläschens  innerhalb  des  reifen,  unbefruchteten  Eies,  für  die  Reptilien  Eimer 
(46),  bei  einigen  Fischen  Ransom.**)  Diese  Beobachtungen  sind  jedoch  nach  unseren  jetzigeu 
Erfahrungen  mit  einem  ziemlichen  Grad  von  Misstrauen  aufzufassen.  Wir  haben  gesehen,  dass 
die  Metamorphose  des  Keimbläschens  zu  der  Kernspindel  schon  vor  der  Befruchtung  im  reifen 
Ei  anheben  kann  und  wissen,  mit  wie  grosser  Schwierigkeit  die  Wahrnehmung  des  spindelförmigen 
Zustande*  des  Kernes  zuweilen  verknüpft  ist,  was  ja  am  besten  daraus  erhellt,  dass  bis  auf 
Strasburger's  und  meine  Untersuchungen  nur  ganz  vereinzelte  Andeutungen  dieses 
Zustandes  gesehen  worden  sind.  Für  die  Theilung  der  Furcbungskugvln  lautete  der  überein- 
stimmende Ausspruch  vieler  Forscher  an  nicht  jranz  Künstigen  Objecten  meist  so:  der  Kern 
streckt  sich  in  die  Länge,  wird  undeutlicher  und  entzieht  sich  schliesslich  den  Blicken  ganz, 
d.  h.  er  ist  jetzt  in  den  spindelförmigen  Zustand  übergegangen.  Ich  kann  also  vorerst  auch 
die  Beobachtungen  über  das  angeblich  völlige  Schwinden  des  Keimbläschens  innerhalb  des 
Dotters  vor  der  Befruchtung  nicht  für  sicher  halten,  da  sie  ohne  Kenntniss  des  eigentümlichen 
Zustandes,  in  welchen  das  Keimbläschen  übergeht,  angestellt  worden  sind  und  sich  dieser  zarte 
Köri>er  bei  schwierigen  Objecten  sehr  leicht  übersehen  lassen  muss. 

Dass  bei  den  Arthropoden  mit  Sicherheit  noch  gar  nichts  von  Richtungsbläschen  bekannt 
ist,  mag  vielleicht  mit  der  Schwierigkeit,  welche  die  verhältnismässig  grossen  Eier  dieser 
Thiere  der  Untersuchung  entgegenstellen,  zusammenhängen.  Treten  sie  nicht  gerade  am  Rande 
hervor,  sondern  in  der  Fläche,  so  ist  an  eine  Wahrnehmung  derselben  kaum  zu  denken. 
Genauere  Aufschlüsse  hierüber  können  wohl  nur  mittels  der  Schnittmethode  erlangt  werden. 

Von  den  radiären  Dotterstrahlungen  um  die  Enden  des  spindelförmig  metamorphosirten 

*)  Bm  andere  Frage  ist  es  natürlich,  ob  die  Austreilmng  ron  Richtunggbl&grhcn  «ich  nicht  mit  der 
Zeit  wie.  andere  EntwicklungserHcheinungen  auch  beim  iinbrfrarhtetco  Ei  einstellen  können.  Weiter  unten 
»oll  diese  Frage  naher  erörtert  werden 

••)  Observation«  on  the  omni  of  oüscom  tlshes.   Transact.  of  philos.  soc.  1867.  p.  431. 

AbbudL  d.  8-n«keob.  n»turf.  g*  Bd.  X.  60 


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Keimbläschens  hat  meines  Wissel»  bis  jetzt  nur  Fol  (35)*)  bei  den  Eiern  der  Pteropodeu 
einiges  gesehen.  Die  Kcimbläschcnspindel  selbst  ist  ihm  entgangen,  wesshiilb  er  auch  über  die 
Natur  der  Richtungsbliischen  nicht  ins  Klare  kam.  Sehr  richtig  hingegen  ist  seilte  Beobachtung, 
dass  die  Ilichtungsbläschen  aus  dem  Centruni  der  oberflächlichen  Dotterstrahlung  hervortreten  und 
wir  dürfen  hiernach  mit  Gewissheit  anuehmen,  dass  auch  bei  den  I'leropodeu  der  Vorgang  der  Keim- 
bläschenausstossung  in  ganz  ahnlicher  Weise  verläuft,  wie  bei  den  von  mir  untersuchten  Schnecken. 

Es  sei  mir  gestattet,  noch  für  einen  Augenblick  die  mannigfachen  Deutungen  zu  betrachten, 
welche  die  sogenannten  Richtungsbläschen  oder  (Holmles  polttircs  (.1.  v.  Beneden)  im  Laufe 
der  Zeilen  erfahren  haben.  In  dieser  Beziehung  gehören  sie  jedenfalls  zu  den  interessantesten 
Objecteu  auf  dem  Gebiet  der  Entwicklungsgeschichte.  Die  ältereu  Forscher  bis  zu  Loven 
(1848)  und  noch  Koren  und  Danielssen  ( 1 8">  1 )  schwankten  zwischen  Keimbläschen  und 
Keimfleck,  sie  befanden  sich  daher  doch  der  Wahrheit  sehr  nahe,  wenn  auch  keine  Sicherheit 
erreicht  worden  war.  Da  trat  1848  Kathke**)  auf  und  erklärte  die  fraglichen  Körperchen  für 
ganz  bedeutunnslose  Tröpfchen  Liquor  nfeU«,  weiche  bei  der  Contraction  des  Dotters  ausgegossen 
wurden.  Diese  Kathke'schc  Ansicht,  welche  bei  näherer  Uebcrlcgung.  namentlich  wegen 
der  Constanz  ihres  Auftretens  und  ebenso  ihrer  Austrittsstelle  (hauptsächlich  von  Fr.  Müller 
1.  c.  betont),  doch  wohl  etwas  zweifelhaft  hätte  erscheinen  dürfen,  errang  sich  nun  für  die 
nächsten  25  Jahre  fast  allgemeine  Geltung,  bis  1872  zuerst  wieder  Oellacher  von  ihr 
zurückkam.  In  der  Zwischenzeit  hatte  sich  hauptsächlich  II  ob  in  (19)  eingebender  mit  den 
fraglichen  Gebildet!  bei  Schnecken  und  Hirudineen  beschäftigt.  D.is  Resultat  seiner  Untersuchungen 
bezeichnet  er  selbst  mit  folgenden  Worten :  »Fn  resume.  c"est  par  la  mode  d'individualisation  des 
Clements  aiiatomiqucs.  appelee  gemmdion  et  s'operaut  ä  l'aide  et  aux  depens  de  la  substance 
hyaline  du  vitellus,  que  naissent  les  globules  polaires«.  Er  geht  soweit,  dass  er  die  Entstehung 
der  Blastodermzellen  des  Insecteneies  der  Bildung  der  Richtungskörper  an  die  Seite  stellt  (22). 

Seit  dem  Erscheinen  von  Oellacher's  Arbeit  haben  sich  verschiedene  Beobachter  in 
ähnlichem  Sinuc  ausgesprochen,  jedoch  scheint  mir  ein  sicherer  Beweis  nicht  geliefert  worden 
zusein.  So  sagt  H73  Kay  Lunkesiitr  van  Aplysi*  (51;  p.  85)  »The  gerininal  vessi-U- 
escapes  previously  to  yelk-cleavage  ;is  the  Rlchtaflgab  Hachen.«  Flemming  (52 >  bemerkt 
1874  über  die  Kichlurigskörperehen  von  Attoiionta,  dass  die  Annahme  wohl  am  nächsten  läye, 
dass  das  Eliminirtc  hier,  bei  den  Mollusken,  ein  Uiiiwandlungspioduct  des  Kerninhalts  und  des 

•)  Doch  hMchreiht  schon  Meissner  (i.  J.  1S66)  eine  strahlipr  Unijipininz  der  I)<.tterk6rnch«-ii  um 
ein  helle«,  isolirbarcs  Centrnra  in  den  reifen  Kiern  von  Echinux  t.n-ukntu»  n.irh  Schwinden  des  Keimbläschens  (1 
")  Zur  Keiiutni&s  des  Furrhungs|  rorcr*iB  im  Schnee kenei.    Anh.  f.  KatnrRCtdi.  184».  pag.  157. 


—    391  — 

Kernkörpers  sei.  Als  beweisend  führt  er  namentlich  die  starke  Tinctionsfähigkeit  der  Körper 
an.  Bei  derselben  Gattung  kam  von  Ihering  (53)  zu  dem  Resultat,  dass  die  Ric.htungs- 
körperchen  von  dem  Keimbläschen  abzuleiten  seien.  Schenk  hat  Mittheilungen  über  die 
ersten  Entwicklungsvorsänge  von  Serjutla  uncinata  Grube  gegeben  (54).  Kr  findet  (nach  dem 
Bericht  von  Nitscho  1^74;  p.  367),  dass  die  ersten  Entwicklungsvorgänge  in  einem  Zackig- 
werden des  Keimbläschens  bestehen,  letzteres  rückt  hierauf  an  die  Peripherie  des  Kies  vor. 
darauf  findet  die  Elimination  des  Keimbläschens  und  das  Austreten  des  Keimflecks  statt,  welch 
letzterer  alsdann  zwischen  Dotterhaut  und  Dotter  liegt  und  schliesslich  ganz  schwindet. 

Eol's  Ansicht  in  Betreff  der  Richtungsbläschen  des  Pteropodeneies  wurde  schon  oben 
erwähnt. 

Ich  komme  uun  zur  Betrachtung  der  Neubildung  des  Kernes  der  ersten  Furchungskugel. 
Die  Neubildung  dieses  Kernes  war  bis  vor  kurzer  Zeit  so  wenig  bekannt,  dass  noch  1870 
E.  van  Beneden  (13;  p.  214)  bezüglich  desselben  bemerken  kounte:  »ce  noyau  appnrnit 
tout  a  coup  avec  les  diniensions  que  prtWentait  la  vessicule  germinative«,  und  diese  vermeint- 
liche Thatsache  als  einen  Beweis  gegen  die  Neubildung  dieses  Kernes  aufstellte.  Wie 
wir  gesehen  haben,  ist  es  jedoch  in  allen  Fällen  Regel,  dass  die  neuen  Kerne  der  ersten 
Furchungxkugel  aus  ganz  minutiösen,  eben  noch  bemerkbaren  Anfängen  hervorwachsen. 

Soweit  wir  es  zu  ermitteln  vermochten,  steht  die  Neubildung  der  Kerne  immer  mit  einem 
sehr  hellen,  nahezu  homogen  erscheinenden  Protoplasma  in  Zusammenhang,  welches  sich  unter- 
halb der  Austrittsstcllc  der  Richtungsbläschen  an  der  Oberfläche  des  Dotters  anhäuft  (vergl. 
Limnneus,  Surr i um ,  Cwullanm  und  wahrscheinlich  auch  Hialliusia  nach  Strasburger's 
schönen  Untersuchungen  [55])  oder  aber  dieses  Protoplasma  ist  weit  entfernt  von  der  Austritts- 
stelle der  Richtungsbläschen,  so  bei  Kephdis  und  scheint  sich  auch  in  diesem  Fall  nicht  ur- 
sprünglich auf  der  Oberfläche  des  Dotters  zu  sammeln,  sondern  im  körnigen  Dotter  selbst.  In 
gewissen  Fällen  ist  es  auch  über  die  Oberfläche  des  Dotters  auf  weitere  Strecke  hin  verbreitet 
(vergl.  die  kleinen  freilebenden  Nematoden,  sowie  CuaiUunm). 

Dieses  Protoplasma  bildet,  wie  namentlich  bei  den  Schnecken,  XcptidLs  und  l'haUusia 
sehr  deutlich  zu  beobachten  ist,  das  Centrum  einer  Dottcrstrahlung,  die  je  nach  der  Lage 
desselben  sich  einseitig  oder  allseitiger  durch  den  Dotter  erstreckt.  Innerhalb  dieses  Proto- 
plasmas bilden  sich  nun  die  neuen  Kerne,  je  nach  der  Lagerung  desselben,  entweder  an  sehr 
verschiedenen  Stellen  der  Doitcrobei  fläche  (kleine  Nematoden  und  auch  Cucullanus)  oder 
dicht  beieinander  (Limmeus,  wahrscheinlich  auch  Succinca,  sowie  Phallusia  nach  Strasburger 
[55],  Gvumaria  nach  Selenka  [40]  und  die  Pteropodcn  nach  Fol  [35]).    Bei  Nepitclis 


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zeigteu  sich  die  ersten  Kerne  in  grösserer  Entfernung  von  einander  und  nur  der  eine  von 
ihnen  stand  mit  dem  centralen,  homogenen  Protoplasma  (Keimhof  Selenka's)  in  Verbindung. 

Diese  kleinen  neuentstandenen  Kerne  besitzen,  wie  dies  oben  iu  allen  Fällen  schon  näher 
auseinander  gesetzt  wurde,  genau  den  Bau  des  durch  ihre,  Vereinigung  hervorgehenden  Kernes 
der  ersten  Furch ungskugel.   Ich  kann  daher  keinen  Grund  einsehen,  denselben,  da  sie  auch 
nach  den  Beobachtungen  am  Ei  der  kleinen  Nematoden  sicherlich  in  keiner  Verbindung  mit 
•  einander  stehen,  die  Bezeichnung  Kerne  zu  versagen.   Ich  habe  sie  schon,  als  ich  sie  zuerst 

bei  Rhabtlitis  dolichura  beobachtete,  Kerne  genannt  und  Auerbach  hat  sich  dem  völlig 
angeschlossen.  Da  sie  durch  ihre  spätere  Vereinigung  den  Kern  der  ersten  Furchungskugel 
erzeugen,  so  mag  man  sie  als  die  primären,  diesen  als  den  secundären  bezeichnen,  sie  jedoch 
mit  Selenka  [40]  als  Kernkeime  zu  betrachten,  halte  ich  nicht  für  gerechtfertigt,  da  ein 
Keim  Bich  von  dem  aus  ihm  hervorgehenden  Product  wesenüich  unterscheiden  muss.  diese 
jungen  Kerne  jedoch  nur  durch  ihre  Grösse  von  dem  späteren  einfachen  Kern  differiren.  Ich 
kann  daher  auch  Strasburger  nicht  zustimmen,  wenn  er  sagt:  »Wichtig  ist  die  Beobachtung 
von  Bütschli,  dass  ihre  Zahl  Schwankungen  unterworfen  sein  kann,  dadurch  geben  sie  sich 
eben  zunächst  nur  als  Material  zur  Bildung  des  Kernes  und  nicht  als  eben  so  viele  selbst- 
ständige Kerne  zu  erkennen.«  Einmal  sehe  ich  die  Logik  dieses  Schlusses  nicht  ein  und  daun 
kann  ich,  wie  gesagt,  einen  Unterschied  nicht  machen,  wo  eben  ein  solcher  nicht  vorhanden 
ist.  Dass  die  Bestimmung  dieser  jungen  Kerne  eine  andere  ist,  wie  die  vieler  anderer  Kerne, 
nämlich  die,  mit  einander  zu  verschmelzen,  darf  uns  allein  nicht  bestimmen,  sie  als  etwas 
ganz  besonderes  zu  betrachten.  Hätte  sie  ein  Histiologe  in  der  Eizelle  gesehen  und  ihre 
Bestimmung  nicht  gekannt,  so  würde  er,  ohne  einen  Augenblick  zu  zögern,  sie  für  ebensoviel 
echte  Kerne  erklärt  haben.  letzterer  Fall  hat  sich  nun  auch  oft  genug  ereignet.  Wir  wissen, 
dass  schon  Schneider  die  Mehrkernigkeit  der  ersten  Furchungskugel  mehrerer  Nematodcn- 
cier,  erkannte  und  er  hatte  keinen  Zweifel  darüber,  dass  hier  wirkliche  Kerne  vorlagen.  Dann 
aber  erklären  sich  jetzt  eine  Reihe  älterer  Beobachtungen  über  das  Vorkommen  mehrerer  Kerne 
in  der  ersten  Furchungskugel,  die  früherhin  im  verschiedensten  Sinne,  jedoch  immer  falsch 
verwerthet  wurden. 

Es  machte  einstmals  viel  Aufsehen,  dass  Joh.  Müller,  auf  Grund  seiner  Beobachtungen 
an  Entoconcha  mirabilis,  das  Nichtverschwinden  des  Keimbläschens  und  dessen  dircete  Theilung 
behauptete.  Müller  sah  zwei,  ja  einmal  auch  sogar  drei  Kerne  in  der  ersten  Furchungs- 
kugel dicht  nebeneinander  (56;  Taf.  V.  Figg.  6  und  7).  Zwei  dieser  letzteren  lagen  so  dicht 
zusammen,  dnss  er  sie  als  einen  Thcilungszustand  auffasste.   Da  wir  aber  jetzt  wissen,  wie  und 


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—    393  — 

wann  sich  der  Kern  der  ersten  Furthungskugel  wirklich  theilt,  so  ergibt  sich  hieraus  mit 
Sicherheit  die  Erklärung  für  die  Möller' sehen  Beobachtungen.  Er  sah  nicht  das  getheilte 
Keimbläschen,  sondern  die  nenentstandeiien  und  zur  Verschmelzung  bestimmten  Kerne;  der 
vermeintliche  Theilungszustand  Fig.  7  ist  ein  solcher  Verschinehrnngsvorgang. 

* 

In  gleicher  Weise  erklären  sich  ohne  Zweifel  auch  die  Angaben  Gegenbauer's,  dass 
bei  Pteropoden  (wohl  hauptsächlich  Cleodora  pyramidata)  das  befruchtete  Ei  eine  halbe  Stunde 
nach  dem  Legen  meist  zwei  Keimbläschen  zeige,  die  er  als  die  Theilsprössiinge  des  ursprünglichen 
auffasst.  Dass  unsere  Erklärung  dieser  Erscheinung  grössere  Wahrscheinlichkeit  für  sich  hat, 
geht  wohl  schon  daraus  hervor,  dass  der  eigentliche  Furcbungsprocess  erst  acht  bis  zehn  Stunden 
nach  dem  Eierlegen  beginnt.  Bei  Uctcropoden  (l'terotrachea)  soll  sich  das  Keimbläschen 
gleichfalls  theilen,  zuweilen  sogar  zu  vier  Kernen ;  letztere  Beobachtung,  zusammengehalten  mit 
dem  Vorkommen  der  Richtungsbläschen  bei  diesen  Eiern,  macht  es  fast  gewiss,  dass  es  sich 
auch  hier  uur  um  neugebildete,  zur  Verschmelzung  bestimmte  Kerne,  jedoch  nicht  um  Theil- 
sprössiinge des  Keimbläschens  handelte  (vcrgl.  37;  p.  30  und  180). 

Keferstcin's*)  Beobachtung,  dass  bei  gewissen  Turbellaricn  (Leptoplana  ircmeUaris) 
das  Keimbläschen  sich  theile,  wird  sich  wahrscheinlich  in  ähnlicher  Weise  erklären,  da  wir  durch 
Schneider  wissen,  dass  bei  der  Furchung  der  Turbellarieneier  der  Kern  gauz  entsprechende 
Umbildungen  erfährt,  wie  bei  den  von  uns  beschriebenen  Eiern  (58). 

Dass  die  Beobachtungen  E.  van  Beneden's  (13)  über  die  Theilung  des  Keimbläschens 
von  DisUmum  cygi\oi<ks  nicht  zuverlässig  sind,  wissen  wir  gleichfalls  durch  Schnei  der's 
Untersuchungen,  der  auch  bei  diesem  Trematodcn  Bilder  gesehen  hat  (1.  c.  Taf.  V.  Fig.  7), 
welche  es  beweisen,  dass  hier  die  Kerne  sich  in  der  Weise  theilen,  welche  wir  allgemein  fanden. 
Desshalb  erklären  sich  die  van  Beneden 'scheu  Bilder  wohl  gleichfalls  durch  Bildung  mehrerer 
neuer  Kerne  uud  deren  Verschmelzen,  woraus  es  dann  wieder  sehr  wahrscheinlich  würde, 
dass  auch  hier  eine  Elimination  des  Keimbläschens  vorausgehen  muss.  * 

Auch  bei  den  Säugethieren  halte  ich  diesen  Neubildungsproccss  der  Kerne  fUr  erwiesen, 
er  folgt  nämlich  ganz  sicher  aus  den  beiden  Abbildungen  Taf.  XII.  Figg.  1  und  4  bei  van 
Bcne'den  (13).  Hier  zeigt,  der  Dotter  noch  nicht  die  geringsten  Anzeichen  von  Theilung, 
die  RicMungakörperchen  sind  ausgeschieden  und  im  Centrum  des  Dotters  liegen  zwei  gleich 
grosse,  helle  Kerne  dicht  bei  einander.    Da  nun  hier  der  Modus  der  Kcrnthcilung  gewiss 


*)  Die  hier  erwähnten  Beobachtungen  Keferstein's  waren  mir  leider  nicht  direct  jtugänglich;  ich 
kenne  sie  hauptsächlich  aus  v.  Beneden's  Arbeit  (13). 


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derselbe  ist,  wie  er  in  so  übereinstimmender  Weise  bei  Pflanzen  und  Thieren  nachgewiesen 
wurde,  so  ergibt  sich  für  diese  beiden  Kerne  nur  die  Bedeutung  neugebildeter  und  zur 
Verschmelzung  bestimmter.  *>  Dass  übrigens  hier  der  eigentliche  Theilungsvorgang  der  Kerne 
sich  in  gleicher  Weise  wie  anderwärts  vollzieht,  folgt  aus  der  Abbildung  Taf.  XII.  Fig.  6  bei 
van  Bcncden,  welche  jedenfalls  das  letzte  Stadium  der  ersten  Theilung  darstellt  und  wo  in 
beiden  Furchungskugeln  von  Kerneu  noch  gar  nichts  zu  schon  gewesen  ist,  wie  dies  unsere 
Voraussetzung  auch  erforderte. 

Jedenfalls  geht  jedoch  aus  den  obigen  Betrachtungen  hervor,  dass  der  beschriebene 
Proccss  der  Kerniieubildung  der  ersten  Furchuugskugel  ein  in  der  Thierwelt  sehr  verbreiteter, 
möglicherweise  an  befruchteten  Kiern  ganz  allgemeiner  ist. 


Strasburger  hat  bei  PhaBma  nuimillata  den  Kernhof,  das  helle  Protoplasma,  in  welchem 
die  jungen  Kernchen  entstehen,  für  den  eigentlichen  Kern  gehalten,  die  jungeu  Kerne  selbst 
jedoch  für  Vacuolen  innerhalb  des  vermeintlichen  Kernes  erklärt,  die  schliesslich  den  letzteren 
ganz  ausfüllten.  Dieser  Kernhof  aber,  der  ohne  bestimmte  Gränzcn  in  das  umgebende  Proto- 
plasma übergeht,  kann  unmöglich  als  Kern  betrachtet  werden. 

2.  Abschnitt.  Die  Kern-  und  Zellentheilung. 

Ks  i.st  jedenfalls  überraschend,  dass  zu  gleicher  Zeit  sowohl  bei  Pflanzen  als  Thieren  ein 
Modus  der  Kern-  und  Zellentlieilung  gcfuuden  wurde,  der  sich  principiell  als  völlig  überein- 
stimmend erwies,  nachdem  so  lange  Zeit  eine  fundamentale  Verschiedenheit,  hinsichtlich  der  Kcrn- 
verroehrung.  in  beiden  organischen  Reichen  als  die  Regel  betrachtet  worden  war. 

Die  gewöhnliche  Vorstellung  von  der  Vermehrung  der  Kerne  thierischer  Zellen  war  die 
einfacher  Theilung  durch  Zerfall  in  zwei  Hälften,  nachdem  meist  eine  Vermehrung  der 
Kernkörperchen  vorausgegangen  sein  sollte,  der  mau,  wenu  man  es  auch  nicht  direct  aussprach, 
wohl  einen  Einfluss  auf  die  Theilung  des  Zellkernes  zuschrieb,  wie  seinerseits  dieser  wieder  die 

•  I  Neuerdings  hat  Weil  die  Beobachtung  E.  vaii  Benedcn's  von  dem  Vorhandensein  zweier  Kerne 
im  Dotter  des  Kanincheneics  vor  Beginn  der  Furchung  bestätigt.  (C.  Weil.  Ueber  die  Befruchtung  und 
KntwicUung  dts  Kaninchoucies.  Wiener  meilicin.  Jahrbücher  ls7:i.  Nach  dem  Bericht  von  W.  Maller  im 
Jahr,  sberirhtc  über  d.  Kortschr.  d.  Anat  u.  Phjg.  von  Hoff  mann  u.  Schwalbe.    Bd.  III.  pag.  441). 

Spaterer  Zusatz:  Seit  ich  das  Obige  niederschrieb,  sind  die  von  mir  ausgesprochenen  Vermuthungen 
bezüglich  des  Kaninchrneies  durch  die  erneuten  nntersuchungen  E.  van  Benedcn's  völlig  bestätigt  worden 
(Vergl.  Bulletins  de  l'Acad.  roy.  de  Belgique,  2™  ser.,  t.  XL,  n".  12;  1876). 


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< 

Thciluug  der  Zelle  selbst  beeinflussen  sollte.  Entweder  sollte  der  Kern  durch  Einschnürung 
in  seiner  Aequatorialzone  schliesslich  in  zwei  Hälften  zerfallen,  oder  durch  Ausbildung  einer 
mittleren  Scheidewand,  in  der  später  eine  Spaltung  eintrete,  in  zwei  Hälften  auseinandergehen. 
Andererseits  wurde  Jedoch  noch  von  mehreren  Seiten  eine  simultane  und  vielfache  Vermehrung 
eines  einzigen  Kernes  durch  einen  Knospungs-  oder  Sprossungsprocess,  als  eine  zweite  Art  der 
Kernfortpflanzung  beschrieben.  Schliesslich  gesellte  sich  dazu  die.  zuerst  von  Reichert  1846 
(9)  ausgesprochene,  jedoch  hauptsächlich  erst  in  neuerer  Zeit,  beeinflusst  durch  die  Erfahrungen 
auf  botanischem  Gebiet,  mehr  zur  Geltung  gekommene  dritte  Ansicht,  welche  besagte,  dass  die 
Vermehrung  des  Kernes  wenigstens  in  vielen  Fällen  durch  den  völligen  Untergang  des  alten 
und  die  Neubildung  junger  Kerne  sich  vollziehe.  Diese  Art  der  Kernvermehrung  hat  denn 
neuerdings  Auerbach  die  palingenctische  getauft. 

Ob  sich  die  Theüung  eines  Kernes  in  der  früher  geschilderten  Weise  durch  einfachen 
Zerfall  wirklich  findet,  scheint  jetzt  sehr  zweifelhaft.  Immerhin  existirt  ohne  Zweifel  ein  Modus 
der  Kernthcilung,  der  von  dem  in  dieser  Abhandlung  hauptsächlich  geschilderten  sehr  abweicht, 
oder  sich  doch  nur  durch  die  Annahme  sehr  wesentlicher  Modifikationen  auf  diesen  zurück- 
führen lässt.  Dieser  Modus  war  es  jedenfalls,  der  zu  der  so  verbreiteten  Ansicht  von  der 
einfachen  Theiluug  der  Kerne  die  Grundlage  gab.  Ich  muss  dies  um  so  mehr  glauben,  da 
sich  ein  so  genauer  Beobachter,  wie  Auerbach,  neuerdings  sehr  bestimmt  für  diesen  Vorgang 
ausgesprochen  hat.  Er  sagt  (17;  pag.  179):  »Unter  den  Vermehrungsarten  der  Kerne  tritt 
zunächst  eine  echte,  unantastbare  Selbs  1 1  b  ei  1  u  n  g  in  den  Vordergrund,  ein  Vorgang, 
welchem  ich  nicht  nur  Realität,  sondern  für  die  thierischen  Organismen  eine  hervorragende 
Rolle  zuerkennen  muss.«  Dass  er  sich  hierbei  auf  eigene  Untersuchungen  stützt,  geht  aus  den 
Schlußworten  seiner  Abhandlung  hervor,  wo  er  Heiträge  zur  Kenntniss  dieses  Processes  in 
nahe  Aussicht  stellt. 

Ich  selbst  habe  mich  bis  jetzt  mit  der  hier  in  Frage  stehenden  Vermehrungsweise  der 
Kerne  nur  wenig  beschäftigen  können,  doch  muss  ich  nach  den  Studien,  die  Strasburger 
und  ich  neuerdings  an  Knorpclzellen  machten,  den  Schluss  ziehen,  dass  hier  ein  Modus  der 
Kerntheilung  vorliege,  der  sich  bis  jetzt  nicht  mit  dem  von  uns  beiden  besehriebenen,  in 
directen  Zusammenhang  bringen  lässt.  Ich  habe  an  den  Knorpeln  des  Schultergürtels  kleiner 
Tritonen  zwar  auch  Bilder  gesehen ,  welche  einen  gewissen  Anschluss  an  die  beschriebenen, 
typischen  Vorgänge  der  Kerntheilung  gestatten,  ohne  jedoch  zu  einem  sicheren  Entscheid  zu  • 
gelangen.  Auch  die  von  mir  oben  beschriebene,  sehr  wahrscheinliche  Vermehrungsweise  der  Kerne 
der  weissen  Blutkörperchen  von  Rana  und  Triton,  lässt  sich  nur  als  eine  sehr  starke  Modi- 


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♦ 


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fication  de»  typischen  Vorgang«  betrachten,  ebenso  haben  wir  eine  solche  in  den  Tbeilungs- 
vorgiingen  der  secundären  Nuclei  der  Infusorien  vor  uns  und  zwar  hier  eine  sicher  constatirte. 

Der  Process  dir  Kcmvermehrung,  welchen  ich  mit  Strasbnrger  als  den  urspfünglichen 
und  typischen  auffasse,  womit  ja  auch  im  Einklang  steht,  dass  er  in  der  embryonalen  Zelle 
der  gewöhnliche  ist,  winde  seither  bei  thielischen  Zellen  nur  bruehst  tick  weise  erkannt  und  da, 
wo  er  vollständiger  beobachtet  wurde,  wie  bei  den  Infusorien,  «einer  Bedeutung  nach  gänzlich 
verkannt,  da  ja  ein  Vergleich  mit  entsprechenden  Vorgängen  echter  Zellen  ganz  unmöglich  War. 

Was  hinsichtlich  dieses  Vorganges  seither  beobachtet  worden  war,  beschränkte  sich  im 
wesentlichen  auf  die  mannigfaltigen  Wahrnehmungen,  welrhe  sich  bei  der  Dotterfurchung 
verschiedener  Thiore  halten  machen  lassen.  Ks  waren  hier  namentlich  die  Strahlungscrscheinungen 
in  dem  Dotter  wahrend  der  Furchung,  welche  zunächst  die  Aufmerksamkeit  der  Beobachter  in 
Anspruch  nahmen.  Oben  wurde  erwähnt ,  dass  Grube  ohne  Zweifel  schon  Andeutungen  der 
strahlten  Figuren  in  den  Doftcrkugeln  von  Ckpsiiw  wahrgenommen  hatte.  Mit  Bestimmtheit 
beschreibt  sie  Derbes  aus  dem  Ki  des  l'samnurhitius  rscultvitts  und  gibt,  auch  recht  kennt- 
liche Abbildungen  dieses  Phänomen  s  (112:  pag.  90,  PI.  V.  Figg.  4  u.  6);  spater  (1856)  wurde 
dann  dieselbe  Erscheinung  von  Meissner  bei  dem  gleichen  Object  wieder  beobachtet  und  in 
ihrem  Zusammenhang  mit  der  Theilung  des  Furchungskernes  (helles  Centram  des  Dotters) 
etwas  näher  ergrflndet  (vergl.  1  IM).  Bei  Sagitta  bemerkte  Gegen  hau  er*)  die  strahlen- 
förmige Anordnung  der  Dotterkörnrhen  um  die  Kerne  der  ersten  Furchungskugeln  einige  Zeil 
nach  geschehener  Theilung. 

Leuckart  (11;  p.  90)  bemerkte,  dass  in  den  F.icra  der  Nematoden  die  Dottcrkörnchen 
eine  strahlige  Gruppirang  um  die  Enden  der  in  Theilung  begriffenen  Kerne  eingehen.  Sehr 
frühe  wurden  solche  strahlige  Gruppirang  der  Plasmakörnchen  um  die  Kerne  auch  in  den  Keim- 
zellen der  Nematodenspennatozoen  wahrgenommen,  wovon  viele  Abbildungen  bei  Claparedc 
und  Münk  (7,  16)  Zcugniss  geben.  Kowalewsky  und  Kupffcr  haben  diese  Bildungen 
in  den  Eiern  der  Ascidien  gesehen,  ohne  jedoch  näher  auf  sie  einzugehen.  Bei  Nematoden  habe 
ich  später  wieder  auf  dieselben  aufmerksam  gemacht  (14)  und  ihr  Auftreten  und  Verschwinden, 
sowie  ihr  Verhältniss  zu  dem  in  Theilung  begriffenen  Kern  genauer  ermittelt.    Fol**)  hatte 

•)  Gegenbauer,  „UeLer  die  Entwicklung  der  Sagitta"  Abhandl.  der  natarf.  Gesellschaft  in  Halle 
Bd.  4  (p.  7  des  Sep.-Abdr.). 

**)  Ich  ergreife  die  Gelegenheit,  um  ein  MissTerstAndniss  zn  herichtigen,  welches  sich,  hinsichtlich  der 
Priorität  der  Entdeckung  der  Strahlensystenie  im  Untier  während  seiner  Theilung,  l>ei  einer  Anzahl  Autoren, 
die  in  letzterer  Zeit  über  diesen  Gegenstand  schrieben,  findet.  Die  erste  genane  Beschreibung  dipser  Er- 
scheinung lieferte  II.  Fol  in  seiner  Arbeit  über  die  Entwicklung  des  Geryonideneies ,  die  im  NoTember  1873 


-  397 


sie  schon  einige  Zeit  vor  dem  Erscheinen  meiner  PublicaÜon  im  Ei  der  Geryoniden  gefunden 
und  auch  darauf  aufmerksam  gemacht,  dass  hier  eine  sehr  verbreitete  Erscheinung  vorliege, 
die  er  ausserdem  noch  bei  Rippenquallen,  Doliolmi,  bei  Gavolmia  unter  den  Mollusken  und 
Akiope  unter  den  Anneliden  nachgewiesen  habe  (57).  Nach  F  o  1  entstehen  diese  Strahlen- 
sonnen zu  jeder  Seite  des  verschwindenden  Kernes.  Die««  Beobachtung  war  richtig  bis  auf 
das  Verschwinden  des  Kernes,  dessen  Metamorphose  ubersehen  wurde,  obgleich  die  Angabe 
Fol's,  dass  vom  einen  zum  andern  dieser  Anziehungscentren  mehrere  solcher  Strahlen 
bogenförmig  verlaufen,  darauf  hinweist,  dass  er  einiges  von  den  Fasern  der  eigentlichen  Kern- 
spindel gesehen  hat.  Auch  in  seiner  neueren  Arbeit  über  die  Entwicklung  der  Pteropoden 
(37)  hält  er  an  dieser  Auslegung  des  Gesehenen  fest  und  lasst  auch  hier  bei  jeder  Thcilung 
den  Kern  regelmässig  schwinden.  Jedoch  ist  es  ihm  nun  gelungen,  den  Heginn  der  eigentlichen 
Kerumetamorphosc  zu  sehen;  er  fand  nämlich  (Taf.  VIII.  Fig.  4),  dass  von  zwei  gegenüber- 
liegenden Stellen  seiner  Oberfläche  aus,  sich  Strahlensysteme  innerhalb  des  Kernes  selbst 
erzeugen.  Er  sah  also  das  erste  Stadium  der  sich  bildenden  Kernspindel,  deutete  jedoch  diese 
Erscheinung  falsch,  indem  er  sie  für  eine  Auflösung  des  Kernes  in  die  Strahlensonncn  hält. 
Es  scheint  mir  dnher  auch  aus  seiner  jetzigen  Darstellung  hervorzugehen,  dass  er  die 
Strahlensystemc  selbst  für  die  aufgelösten  Kerne  hält,  eine  Ansicht,  wie  sie  ähnlich  auch 
Kowalewsky  zu  haben  scheint. 

Auerbach  hat  gleichfalls  (17)  die  strahhgcn  Figuren  gesehen,  ist  jedoch,  wie  dies  bei 
Untersuchungen  am  lebenden  Ei  natürlich  erscheint,  nicht  zu  einer  Erkenntniss  der  Kern- 
umbildung und  Theilung  gelangt.  Nach  seiner  Beschreibung  geht  der  Kern  bei  der  Bildung 
der  karyolitischen  Figur  völlig  zu  Grunde  und  es  bleibt  nur  der  mit  dem  Protoplasma  dieser  Figur 
vermischte  Kernsaft  übrig.  Anerbach  war  bei  seinen  Untersuchungen  in  einem  Punkt  ent- 
schieden weiter  gekommen  wie  ich  früherhin  (14),  indem  er  fand,  dass  nicht  die  angeschwollenen 
Enden  der  karyolitischen  Figur  selbst,  wie  ich  unrichtig  angenommen  hatte,  die  neuen  Kerne 


erschien  und  welche  Herr  Dr.  Fol  nach  seiner  freundlichen  Milthnlung  srhon  im  Frühjahr  und  Sommer 
de»  Jahres  1871  vollendet  hatU\  Meine  Beobachtung  dieser  Erscheinungen  im  Nematodonei  wurde  Ende  1K71 
angestellt  nnd  gelangte  erst  im  Mai  1S74,  wegen  der  langen  Zögerang  des  Lithographen,  /.ur  Veröffentlichung. 
Herrn  Dr.  Fol  gebührt  also  bezüglich  der  Entdeckung  der  Dottel  Strahlungen,  wie  auch  der  Entstehung  der 
Tochterkerne  nach  der  Theilung  au»  mehreren,  später  verschmelzenden,  kleinen  Kernen  (die  er  «war 
nur  al»  Vacuolen  bezeichnete)  die  Priorität  Meine  Beobachtung  der  Strahlungen  wahrem]  der  Theilung  des 
XematodendoUcrs  wurden  nahezu  in  dersellien  Zeit  and  ganz  unabhängig  von  den  »einigen  angestellt.  Hiernach 
sind  also  die  Angaben  bei  Auerbach  und  Strasburges  welche  mir  fachlich  die  erste  genauere  Schilderung 
der  Strahlungen  im  Dotter  zuschreiben,  zu  berichtigen.  ,  "- 


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sind,  sondern  dass  diese  Tochterkerne  sich  da  allmälig  hervorbildcn .  wo  die  angeschwollenen 
Enden  der  karyolitischen  Figur  (die  Centralhöfc  der  Strahlung)  in  den  Stiel  derselben  über- 
gehen. Dass  dem  so  sei,  davon  habe  ich  mich  nun  auch  am  lebenden  Nematoden-  und  Rädcr- 
thierei  hinreichend  überzeugt  und  dies  stimmt  auch  völlig  mit  den  an  präpnrirten  Eiern  über 
die  Kerntheilung  jetzt  erhaltenen  Resultaten  überein. 

Die  karyolitische  Figur  Auerbachs  erklärt  sich  also  in  der  Weise,  dass  der  sogen. 
Stiel  derselben  den  spindelförmigen,  in  der  Theilung  begriffenen  Kern  vorstellt,  die  angeschwollenen 
Enden  hingegen  die  sogenannten  Centraihöfe  der  Strahlungen,  woraus  sich  alsdann  der  Ort 
der  Neuentstehung  der  Tochterkerne  von  selbst  ergibt. 

Flemming's  Untersuchungen  (52,  27)  an  Anodonta  und  Ixicittularia  führten  gleichfalls 
nicht  zur  Entdeckung  der  Kernmetamorphosc,  wesshalb  auch  er  an  dem  völligen  Verschwinden 
des  Mutterkernes  festhalten  zu  müssen  glaubt  und  die  Strahlensysteme  sich  ohne  dessen 
Betheiligung  anlegen  lässt.  Dass  er  bei  Laeinularia  den  Stiel  der  karyolitischen  Figur  gar  nicht 
wahrnahm,  ist  mir  erklärlich,  da  sich  in  den  lebenden  Räderthiereiern  der  spindelförmig  modi- 
ficirte  Kern,  dieser  Stiel,  dem  Auge  fast  oder  ganz  entzieht.  Auch  durch  diese,  wohl  durch 
die  Ungunst  der  Objecte  sehr  heeintlussten  Untersuchungen  wurden  daher  nur  Rruchstücke  des 
eigentlichen  Vorganges  ermittelt,  dieser  selbst  jedoch  ganz  falsch  gedeutet. 

Von  der  eigentlichen  Metamorphose  des  Kernes  bei  der  Theilung  haben  meines  Wissens 
seither  nur  zwei  Forscher  bei  thierischen  Objectcn  etwas  gesehen.  Einmal,  wie  ich  schon  in 
meiner  vorläufigen  Mittheilung  erwähnte,  Kowalcwsky  bei  Eunxes  (6).  Er  sah  hier  (Taf.  IV. 
Fig.  24)  den  in  Theilung  begriffenen  Kern,  nämlich  die  auseinandergerückten  Kernplattenhälften 
samrat  den  sie  verbindenden  Fäden.  Er  deutet  das  Gesehene  als  das  in  Theilung  begriffene 
Kernkörperchen.  Natürlicher  Weise  konnte  er  so,  nicht  über  das  wirkliche  Verhalten  des 
Kernes  während  der  Theilung  ins  Klare  kommen,  wie  sich  z.  B.  sehr  deutlich  durch  die  Aus- 
legung, welche  er  seiner  Fig.  26  gibt,  hervorgeht.  Hier  finden  sich  in  e  schon  zwei,  nahezu 
völlig  neugebildete  Tochterkerne,  zwischen  welchen  von  Kernfäden  nichts  mehr  zu  sehen  ist. 
Seine  Erklärung  hierzu  sagt  jedoch,  dass  die  Kerne  der  beiden  Zellen  noch  nicht  völlig  von 
einander  geschieden  seien,  woraus  hervorgeht,  dass  er  die  hellen  Centralhöfc,  die  um  die  jungen  Kerne 
gezeichnet  sind  und  die  deutlich  strahligen  Bau  besitzen,  als  die  eigentlichen  Kerne  auffasst.  *) 


•)  I>ms  Knwalewsky  keine  Klaren  Vorstellungen  über  du*  Verhalten  dir  Kerne  bei  der  Theiliing 
hat,  ergibt  sich  nnrh  an«  seiner  neuesten  l'nblicution  ftl«er  dir  Ktitwirklung  von  }')  rosnnia,  wo  er  i>*g.  BW  mit- 
theilt, dass  er  während  der  Fiiri-hnng  in  jeder  Furrhungskugel  einen  *  t  r.ililen  form  igen  Kern  beobachtete. 
Vergl.  Anh.  f.  mikr.  Anatomie.  Ud.  11.  142&  pag.  SM. 


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H9Ü 


Mehr  von  den  Umwandlungen  des  Kernes  während  der  Theilung  hat  hingegen  Schneider 
(58;  p.  69)  bei  Mesustomum  Ehrcnl>eryii  wahrgenommen,  was  ich  früher  leider  übersah.  Es 
ist  mir  nicht  möglich  darüber  ganz  klar  zu  weiden,  wie  sich  Schneider  die  Thcilung  des 
Kernes  hier  eigentlich  vorstellt.  Kr  beschreibt  von  dem  Kern  des  befruchteten  Sommercies, 
den  er  als  das  ursprüngliche  Keimbläschen  betrachtet  (was  ich  für  unerwiesen  halte),  dass  zuerst 
seine  Umrisse  verschwinden  und  nur  der  Kerukörper  erkeunbar  bleibt;  auf  Zusatz  von  Essigsäure 
waren  aber  auch  die  Umrisse  des  Kernes  sichtbar  und  zwar  erschienen  sie  vielfach  gefaltet 
und  verbogen.  »Endlich  schwindet  auch  der  Nucleolus  und  der  ganze  Kern  hat  sich  in  einen 
Haufen  feinlockig  gekrümmter,  aufZusaU  von  Essigsäure  sichtbar  werdender  Fäden  verwandelt. 
An  Stelle  dieser  dünnen  Fäden  traten  endlich  dicke  Stränge  auf,  zuerst  unregelmässig,  dann  zu 
einer  Rosette  angeorduet,  welche  in  einer,  durch  deu  Mittelpunkt  der  Kugel  gehenden  Ebne 
(Aequatorialebne)  liegt.  Dem  Anschein  nach  bilden  diese  Stränge  den  Umriss  einer  flachen, 
vielfach  eingebuchteten  Blase ;  indess  überzeugt  man  sich  bei  genauerer  Ansicht,  dass  ihre  Contour 
an  dem  inneren  Winkel  der  Zipfel  vielfach  unterbrochen  ist.    Die  in  dem  Ei  befindlichen 

I 

Körnchen  haben  sich  in  Ebnen  gruppirt,  welche  »ich  in  einer  senkrecht  auf  die  Aequatorial- 
ebne und  in  deren  Mittelpunkt  stehenden  Linie  schneiden.  An  dem  frischen  Ei  ist  von  dieser 
Anordnung  wenig  zu  sehen  —  durch  Zusatz  von  Essigsäure  heben  sie  sich  aber  kräftig  ab. 
Wenn  die  Zweitheilung  beginnt,  haben  sich  die  Stränge  vermehrt  und  so  geordnet,  dass  ein 
Theil  nach  dem  einen  Pol,  der  andere  nach  dem  anderen  sich  richtet.  Endlich  schnürt  sich  das 
Ei  ein  und  die  Stränge  treteu  in  die  Tochterzellen.  Die  Reihen  der  Körnchen  strecken  sich 
in  die  Läuge  und  lassen  sich  aus  der  einen  Zelle  in  die  andere  verfolgen«  (1.  c.  p.  113  u.  114). 
Die  Hauptsache  ist,  dass  sich  aus  den  Sehn  ei  der' sehen  Figuren  5d  u.  e.  Taf.  V.  ergibt, 
dass  die  Kerntheilung  hier  nach  demselben  Modus  verlauft,  den  Strasburger  und  ich 
vielfach  beschrieben.  Remerkenswerth  erscheint,  dass  bei  diesem  Object  die  Elemente  der  Kern- 
platte  eine  sehr  bedeutende  Ausbildung  erreichen,  es  sind  dies  eben  die  von  Schneider 
beschriebenen  Stränge.  Letzteres'  geht  namentlich  aus  der  Fig.  5e.  hervor,  die  ein  Stadium 
darstellt,  wo  die  Kernplattenhälflen  schon  auseinander  gerückt  sind  und  auf  welchem  auch  die 
sie  noch  verbindenden  Kernfäden  sich  angedeutet  finden.  Weiter  bemerkt  Schneider:  »Nach 
Vollendung  der  Zweitheilung  löst  sich  der  strangförmige  Kern  auf  und  ein  bläschenförmiger 
mit  feinen  Granulationen  erfüllter  tritt  an  seine  Stelle.« 

Dieselbe  Art  der  Keruvermehruug  fand  er  auch  bei  Distomum  cygnoidis,  ferner  an  den 
eigentümlichen  Zellen ,  welche  mittelst  eines  dünnen  Stiels  dem  Darm  von  J  >■  »tum 
angeheftet  sind.    Auch  die  Kerne  der  Keimzellen  der  Spermatozoon,  sowie  einzelne  Korne  des 


-    400  — 


Keimlagera  der  weiblichen  Geschlechtsorgane  und  der  jungen  Uotterstöcke  dieses  Thicres  zeigten 
ähnliche  Umformungen. 

Nachdem  wir  durch  die  nahezu  vollkommene  Uebereinstimmung  der  Theilungsvorgänge  der 
echten  Zellkerne  und  der  sogenannten  Nucleoli  der  Infusorien  uns  die  Gewissheit  verschafft 
haben,  dass  die  letzteren  echten  Zellkernen  gleichwertig  sind,  haben  wir  damit  ein  Object 
erhalten,  an  welchem  gewisse  Vorgänge  bei  der  Kerntheilung  sich  in  einer  Weise  studiren 
lassen,  wie  dies  bei  der  Gewebezcllc  oder  dem  Ei  kaum  der  Kall  »ein  kann.  Ee  dürfte  daher 
nicht  ungerechtfertigt  erscheinen,  von  einigen,  bei  der  Theilung  dieser  primären  Infusorienkernc 
erhaltenen  Resultate  Uückschlüsse  auf  den  Theilungsvorgang  anderer  Kerne  zu  entnehmen. 
Die  Möglichkeit,  in  Theilung  begriffene  primäre  Nuclei  der  Infusorien  zu  isoliren,  gibt  uns 
ein  Mittel  in  die  Hand,  ihren  feineren  Bau  sicherer  zu  erforschen,  als  dies  z.  B.  für  die,  in 
so  bedeutende  Protoplasmamassen  eingeschlossenen  Kerne  der  Eier  sich  bewerkstelligen 
lässt  So  erkannten  wir  an  den  in  Theilung  befindlichen  Nucleoli  der  Infusorien  eine,  die 
Fasern  der  Kernspindel  umhüllende,  sehr  zarte,  jedoch  höchst  deutliche  Membran.  Unter- 

• 

sucht  man  den  noch  in  dem  Infusor  eingeschlossenen  Kern  auf  diesem  Stadium  nach  Behandlung 
mit  Essigsäure,  so  erhält  man  natürlich  hinsichtlich  dieser  Membran  keinen  sehr  sichereu  Auhalt, 
man  sieht  dann  die  geschrumpfte  Kcrnspindel  in  einem  hellen  Raum  liegen  und  es  ist  schwer 
oder  nicht  möglich  die  Membran  von  dem  umgebenden  Protoplasma  zu  unterscheiden.  In 
letzterer  Weise  präsentirtc  sich  uns  auch  die  Kernspindel  in  den  Eiern  oder  Zellen,  die  wir  zu 
untersuchen  Gelegenheit  hatten.  Auch  hier  ist  der  helle  Hof  um  die  Spindel,  der  manchmal 
von  sehr  scharfen  Umrissen  begränzt  wird,  zuweilen  sehr  deutlich.  Auch  folgt  hieraus, 
dass  die  Kcrnspindel,  wie  wir  sie  nach  Behandlung  mit  Essigsäure  zu  Gesicht  bekommen,  nicht 
mehr  ganz  dem  natürlichen  Zustand  entspricht,  sondern  dass  dieser  eigentlich  mehr  abgerundet 
oval  ist  und  namentlich  die  so  spitz  und  scharf  auslaufenden  Enden  der- Spindel  nicht  dem 
natürlichen  Zustand  entsprechen,  sondern  dass  die  Fasern  in  den  Kernenden  zwar  sämmtlich 
nach  einem  Punkt  convergiren,  aber  im  lebendigen  Zustand  nicht  als  ganz  grad  gestreckte 
Linien  von  der  Kernplatte  nach  den  Kernenden  laufen,  sondern  sich  allmäliger  bogenförmig 
dort  zusammenkrümmen.  (Vergl.  namentlich  die  Abbildung  der  Nucleoli  von  Stylonichia  im 
natürlichen  Zustand  und  nach  Behandlung  mit  Essigsäure  Taf.  XII.  Figg.  5  u.  6,  7  u.  8). 

Nach  Analogie  der  Infusoricnnuclei  muss  ich  nun  auch  an  den  Spindeln  der  übrigen 
Zellkerne  eine  sie  gegen  das  umgebende  Protoplasma  scharf  abgränzende,  zarte  Ilülle  annehmen. 
Ich  bin  hierzu  um  so  mehr  veranlasst,  als  auch  Strasburger  zuweilen,  namentlich  bei 
Betrachtung  der  Kernplatte  von  der  Fläche,  einen  sehr  deutlichen,  dieselbe  umkreisenden 


i 


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—    401  — 

Contour  wahrgenommen  hat  (vergl.  namentlich  Taf.  VI.  Fig.  5i>,  Pollenmutterzclle  von  Allium 
narciesiflorum  and  Fig.  78,  Sporenmuttefzelle  von  P^ilotum  triquetrum). 

Wenn  sich  daher  auch  eine  Umhüllung,  sowohl  bei  thierischen  wie  pflanzlichen  Objccten, 
namentlich  um  die  überhaupt  sehr  schwierig  sichtbaren  Enden  der  Spindel,  kaum  wahrnehmen 
lässt,  so  ist  die  Existenz  derselben  doch  aus  den  angeführten  Gründeu  kaum  zu  bezweifeln. 

Im  Aequator  der  Spindel  sind,  wie  bekannt,  die  Fasern  zu  dunkeleu  Kürnern  oder 
Stäbchen  angeschwollen,  deren  Ucsammtheit  ich  nach  dem  Vorgange  Strasburgor's  als 
Kernplattc  bezeichnete.  Namentlich  bei  den  primären  Nuclei  der  Infusorien  treten  uns  die 
Elemente  dieser  Kernplatte  mehrfach  in  sehr  bedeutender  Entwicklung  entgegen,  so  dass  sie 
bei  den  Paramaecien  nahezu  zwei  Drittel  der  gesummten  Kernlänge  erreichen  (vergl.  Taf.  VI. 
Fig.  8),  die  zarten  Spindclfasern  daher  nur  auf  kurze  Strecken  an  den  Kernenden  beschrankt 
sind.  Bei  Slylmichia  hingegen  sind  die  Elemente  der  Kernplatte  gleichfalls  noch  recht 
ansehnlich  entwickelt,  jedoch  finden  sich  ähnliche  Zustände  auch  noch  bei  echten  thierischen 
und  pflanzlichen  Kernen.  Ich  habe  schon  früher  darauf  aufmerksam  gemacht,  dass  sich  bei 
den  primären  Kernen  der  Paramaecien  ein  stricter  Gegensatz  zwischen  den  Elementen  der 
Kernplatte  und  den  Fasern  findet ;  während  nämlich  die  ersteren  durch  1  %  Essigsäure  sehr 
dunkel  und  scharf  werden,  verschwinden  die  letzteren  durch  Quellung  ganz.  Bei  anderen 
Infusorien  zeigte  sich  eine  derartige  Differenzirung  nicht. 

Sowohl  bei  thierischen  wie  pflanzlichen  Kernen  scheint  es  zuweilen  vorzukommen,  dass 
die  Elemente  der  Kernplatte  zu  einer  zusammenhängenden  Scheibe  verschmelzen;  ich  traf  solche 
Bilder  bei  den  embryonalen  Blutkörperchen  des  Hühnchens,  Strasburger  bei  den  Pollen- 
mutterzellen von  AUium  narcissiflonm  (s.  s.  Taf.  VI.  Fig.  53). 

Ich  muss  nun  noch  für  einen  Augenblick  bei  der  interessanten  Erscheinung  verweilen, 
dass  der  Kern  der  Furchungskugeln  bei  seinem  Uebergang  in  die  spindelförmige  Modifikation 
im  lebenden  Ei  gewöhnlich  so  undeutlich  wird,  dass  er  sich  dem  Auge  zuweilen  gänzlich 
entzieht.  Diese  Erscheinung  hat,  soweit  ich  dies  zu  beurtheilen  vermag,  dreierlei  Ursachen. 
Einmal  schwindet,  wie  bekannt,  die  sogenannte  Kernhülle,  der  Kern  verliert  daher  die  früher 
so  scharfe*  G  ranze  gegen  das  Protoplasma;  zweiteus  tritt  eine  gleichmässigere  Vertheilung 
der  sonst  hier  und  da,  sowohl  in  der  Kernhülle  als  in  den  einzelnen  Binnenkörperchcn 
localisirten,  dichten  Kernmasse  ein,  indem  dieselbe  sich  in  so  regelmässiger  Weise  durch  den 
gesammten  Kern  anordnet  und  drittens  verliert  der  Kern  überhaupt  an  Helligkeit  und  hebt 
sich  dcsshalb  nicht  mehr  so  scharf  gegen  das  umgebende  Protoplasma  ab.  Letzterer  Umstand 
beruht  aber  darauf,  dass  der  ursprünglich  so  flflssigkeitsreiche  Kern  einen  Verlust  an  Flüssigkeit 


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erleidet.  Dies  manifestirt  sich  dadurch ,  dass  das  Gcsammtvolumen  des  Kernes  bei  seinem 
Ucbcrgang  iu  den  spindelförmigen  Zustand  beträchtlich  abnimmt,  wie  ich  wenigstens  für  Xephelis 
Cucullanus  und  die  Keimzelleu  der  Spermatozoon  der  Blatla  germanica  mit  Sicherheit  glaube 
nachweisen  zu  können.  Zum  Theil  geht  dies  schon  durch  einen  Vergleich  der  Abbildungen 
hervor;  da  ich  jedoch  diesen  Punkt  für  einen  sehr  wichtigen  halte,  so  will  ich  diese  Verhält- 
nisse etwas  eingehender  zu  beleuchten  versuchen. 

Von  Neplidis  stehen  mir  eine  Anzahl  Messungen  zu  Gebote,  welche  ein  solches  Ver- 
halten ausser  Frage  stellen.  Eine  Furchungskugel  erster  Generation  enthielt  zwei  Kerne,  die 
noch  nicht  zu  ihrer  vollen  Grösse  herangewachsen  waren.  Eine  Kugel  vom  Volum  dieser 
Kerne  hatte  einen  Durchmesser  von  26,  eine  Kernspindel  der  ersten  Furchungskugel  hat  nur 
ein  Volum,  welches  einer  Kugel  vom  Durchmesser  18  entspricht,  das  Volumen  der  beiden 
Kerne  der  eisten  Furchungskugel  betrug  demnach  das  dreifache  des  Volums  der  Kernspindel.  *) 

Bei  Cucullanus  habe  ich  keine  Messungen  angestellt,  jedoch  lässt  sich  aus  den  mit 
C.cnauigkcit  verfertigten  Abbildungen  wohl  ein  Schluss  hinsichtlich  der  Volumfragc  gewinnen. 
So  repräsentirten  die  Volumina  von  vier,  noch  nicht  vereinigten  Kernen  der  ersten  Furchungs- 
kugel  zusammen  eine  Kugel  vom  Durchmesser  26;  die  Kernspindel  der  ersten  Furchungskugel 
hingegen  eine  solche  vom  Durchmesser  18  bis  19;  wir  haben  demnach  auch  hier  eine  Volum- 
abnahme bis  zu  zwei  Drittel  beim  Ucbergang  in  die  Kernspindel. 

In  der  grösseren  Furchungskugel  zweiter  Generation  von  Cucullanus  hatte  der  einfache 
Kern  das  Volumen  einer  Kugel  vom  Durchmesser  23,  die  entsprechende  Kernspindel  kam  hin- 
gegen nur  dem  Volum  einer  Kugel  vom  Durchmesser  16  gleich,  was  wiederum  nahezu  das 
Vcrhältniss  3 : 1  zwischen  den  Volumina  des  ursprünglichen  Kernes  und  der  Kcrnspindcl  ergibt. 

Bei  pflanzlichen  Zellen  scheint  der  Kern  bei  seinem  Ucbergang  in  die  Ktrnspindel  meist 
keine  wesentliche  Volumänderung  zu  erfahren.  Dennoch  ist  eine  solche  bei  Picea  vulgaris  während 
der  Theilung  der  vier  Kerne  in  dem  Scheitel  des  Eies  sehr  deutlich  (vergl.  Taf.  III.  Figg.  23a, 
27  und  28  bei  Strasburger).  Es  fällt  uns  hierbei  auf,  dass  diese  Kerne  sich  auch  in 
ihrer  ursprünglichen,  normalen  Beschaffenheit  denen  thierischcr  Eier  durch  sehr  hellen,  jeden- 
falls flüssigkeitsreichen  Inhalt  mehr  anschliessen. 

Es  fragt  sich  uun,  was  geschieht  mit  der  Flüssigkeit  (wässeriger  Kernsaft),  welche  den 

*i  Bei  diesen  Volumvergleichungen  habe  ich  mich  der  Methode  bedient,  dass  ich  die  zu  vergleichenden 
Objecte  in  entsprechenden  Grlisseuverhikltnissen  möglichst  genau  in  Wachs  nachbildete  und  hierauf  zu  Kugeln 
umarbeitete,  deren  Durchmesser  gemessen  wurde.  So  roh  dieses  Verfahren  auch  ist,  dürfte  es  in  diesen  und 
ähnlichen  Fallen  dennoch  ein.'  genügend.«  Schätzung  erlauben. 


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Kern  verlässt ;  wird  dieselbe  glcichmässig  vom  umgebenden  Protoplasma  aufgenommen  oder  ist 
ein  anderes  Verhalten  wahrscheinlich.  Ich  vermuthe  nun  das  letztere  und  zwar  aus  folgenden 
Gründen.  Die  Umwandlung  des  Kernes  beginnt  zuerst  an  zwei  sich  gegenüberliegenden 
Punkten  desselben,  durch  welche  die  zukünftige  Theilungsaie  festgestellt  wird.  Dies  geschieht 
in  der  Weise,  dass  hier  im  Dotter  zwei,  anfänglich  nur  wenig  ausgedehnte  Strahlcnsystcme 
auftreten,  die  je  einen  ursprünglich  kleinen,  späterhin.  Je  weiter  die  Umwandlung  des  Kernes 
fortschreitet,  mehr  und  mehr  wachsenden,  hellen  und  homogenen  Hof  einschliessen.  Da  die  Um- 
wandlung des  Kernes  von  diesen  beiden  Punkten  ihren  Ausgang  nimmt  und  mit  einer  Flüssigkeits- 
abgabe des  ursprünglichen  Kernes  verbunden  ist,  so  liegt  die  Yermuthung  nahe,  dass  es,  wie  auch 
Auerbach  schon  wollte,  diese  beiden  Punkte  sind,  wo  auch  fernerhin  der  Austritt  des  Kern- 
saftes in  das  umgebende  Protoplasma  stattfindet.  Sehen  wir  andererseits  das  Kernvolumen 
sammt  Kernsaft  mehr  und  mehr  schwinden  und  in  entsprechendem  Maasse  die  beiden  Ccntral- 
höfe  der  Strahlensysteme  wachsen,  so  scheint  es  nahe  zu  liegen,  zwischen  diesen  beiden  That- 
sachen  ein  Wechselverhältniss  zu  vermuthen,  so,  dass  nämlich  der  aus  dem  Kern  ausgetretene 
Kernsaft  (Wasser  plus  vielleicht  sehr  wichtigen  Stoffen)  sich  in  den  Ccntralhöfcn  der  beiden 
Strahlensysteme  anhäufe. 

Natürlicher  Weist;  kann  ich  eine  so  grobe  Vorstellung,  wie  sie  Auerbach  (18;  p.  221) 
von  der  Entstehung  der  Strahlensysteme  hat,  dass  dieselben  nämlich  der  Ausdruck  der  Bahnen 
seien,  in  welchen  sich  feine  Strömchen  in  das  Protoplasma  ergiessen,  nicht  für  richtig  halten. 
Andererseits  aber  auch  nicht  mit  Flemming  dies  Radienphänomcu  auf  ein  gegebenes  Structur- 
verhältniss  des  Protoplasmas  beziehen,  wenn  man  eben  darunter  nicht  nur  die  Thatsache  ver- 
steht, dass  unter  gewissen  Einflüssen  eine  derartige  Anordnung  entstehen  kann.  Im  Plasma, 
dessen  Theilchen  ihre  gegenseitige  Lage  beständig  zu  wechseln  fähig  sind,  kann  man  von 
Structurverhältnissen  im  gewöhnlichen  Sinn  nicht  sprechen.  Ohne  jedoch  hier  vorerst  näher 
auf  eine  eventuelle  Erklärung  des  Strahlungsphänomens  einzugehen,  rauss  ich  doch  hervor- 
heben, dass  ich  den  Sitz  von  dessen  Ursache  im  Centralhof  suche,  zu  welchem  allein  auch  eine 
centrische  Anordnung  vorhanden  ist,  nicht  aber  zu  den  Kernenden. 

Diese  Thatsache.  dass  das  Centrum  der  Radiensysteme  nicht  mit  den  Kernenden  zusammen- 
fällt, sondern  letztere,  wie  es  aus  meinen  Abbildungen  für  Nephelis  hervorgeht,  nur  den  Rand  der 
Ccntralhöfe  berühren,  scheint  auch  die  Annahme  unmöglich  zu  machen,  dass  die  Ursache  der 
Strahlensysteme  eine  von  den  Kernenden  auf  das  umgebende  Protoplasma  ausgeübte  Attraction 
sei,  wie  Strasburger  will,  welcher  übrigens,  wie  schon  erwähnt,  die  Centraihöfe  mit  den 
Kernen  selbst  verwechselt  hat.    Auch  köunen  die  Ctntralhöfe  nicht  etwa  von  den  Kernenden 


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attrahirte  Masse  sein,  da,  in  diesem  Falle  dieselbe  sich  gleichfalls  am  die  Kernenden  als  Ccntra 
anhäufen  müsste.  Dagegen  glaube  ich,  dass  die  von  mir  entwickelte  Vorstellung  aber  die 
Entstehung  dieser  Centraihöfe  ihre  Beziehungen  zu  den  Kernenden  erklärt,  wenn  man  daran 
festhält,  dass  die  Ausscheidung  des  Kernsaftes  nur  an  einem  Punkt  stattfindet  und  ersterer  mit 
dem  umgebenden  Protoplasma  sogleich  iu  eine  Wechselwirkung  tritt,  auf  die  ich  weiter  unten 
noch  zurückkommen  werde.  *  . 

Welcher  Natur  die  Veränderungen  sind,  die  der  hervorgetretene  Kernsaft  in  dem  von 
ihm  unmittelbar  durchtränkten  Protoplasma  der  Ccntralhöfe  hervorruft,  ist  natürlich  nicht  zn 
sagen,  möglicher  Weise  nur  eine  einfache  Quellung  und  Lösung,  als  deren  Folge  das  homogene 
und  lichte  Aussehen  der  Centraihöfe  betrachtet  werden  könnte. 

Gehen  wir  nun  zunächst  zur  Betrachtung  der  weiteren  Fortschritte  der  Kernthcilung  selbst 
(Iber.  Die  nächste  Folge  ist,  wie  bekannt,  der  Zerfall  der  Kernplatte  in  zwei  Hälften,  welche 
von  einauder  weg  und  nach  den  Enden  des  Kernes  zu  rücken.  Strasburger  deutet  diesen 
Vorgang  in  der  Weise,  dass,  nachdem  der  Zerfall  der  Kcrnplatte  stattgefunden  hat,  die  Ele- 
mente derselben,  die  Körner  oder  Stäbchen,  nun  auseinanderrücken  and  zwischen  sich  Fäden 
ausziehen,  seine  sogenannten  Kernfäden.  Letztcrc  sind  also  Productc  der  Kernplatten,  während 
die  früheren,  nach  den  Kernenden  laufenden  Fasern  allmälig  mit  den  nach  den  Enden  rückenden 
Elementen  der  Kernplatten  verschmelzen.  Ich  habe  in  moinen  vorläufigen  Mittheilungen  einfach 
gesagt,  dass  die  beiden  Hälften  der  Kernplatten  in  die  Kernenden  rücken  und  auch  bis  zum 
Studium  des  Strasburger'schen  Buches  die  Ansicht  gehegt,  dass  die  die  Kernplatten  bildenden 
verdickten  Stellen  der  Fäden,  einfach  in  diesen  hinrückend,  schliesslich  in  die  Kernenden 
gelangten.  Anfänglich  hat  mich  daher  die  Str  asbu  rgcr'sche  Auffassung  etwas  frappirt;  bei 
näherer  Ueberlegung  ergibt  sich  aber,  dass  beide  Auffassungen,  im  Grunde  genommen,  wesent- 
lich auf  dasselbe  hinauslaufen  und  was  mich  Btutzig  machte,  war  eigentlich  nur  der  Umstand, 
dass  Strasburgor  die  die  auseinandergerückten  Kernplatten  verbindenden  Fäden  besonders 
als  Kernfäden  aufzeichnete.  Wenn  man  aber  die  Kernplattenelemente  einfach  als  Substanz- 
anhäufungen an  gewissen  Stellen  der  Fäden  auffasst,  so  ergibt  sich,  dass  unsere  beiden  Ansichten 
eigentlich  nicht  differiren,  ebensowenig  wie  die  Kernfäden  Strasburger's  sich  von  den  früheren 
Spindelfasern  unterscheiden.*) 

Schliesslich  sind  also  die  Hälften  der  Kcrnplatten  in  die  Enden  der  Kernspindel  gerückt  und 

•)  Diese  AuffassunR  magst*  atwr  doch  vielleicht  eine  KinKrhrankuDß  erfahren,  wenn  sich  oio  ahnlicher 
Unterschied  iu  der  Beschaffenheit  der  Kernidstte  und  der  S,,indclfagern,  wie  wir  hei  J'aramaenHm  fanden,  noch 
häufiger  *eigt*\ 


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bei  thierischen  Objecten  dieses  Stadiums  meist  noch  sehr  deutlich  in  ihren  einzelnen  Elementen 
zu  erkennen  (vergl.  Cucuilanus,  Nepkelis,  Brachionus).  Bei  pflanzlichen  Objecten  hingegen, 
ebenso  wie  gewissen  thierischen  (Keimzellen  der  Spermatozoon,  embryon.  Blutkörperchen), 
scheinen  diese  Elemente,  schon  bevor  sie  die  Enden  des  Kernes  erreichen,  meist  völlig  mit 
einander  zu  verschmelzen.  Dennoch  findet  sich  auch  zuweilen  bei  pflanzlichen  Objecten  das 
erstgenannte  Verhalten,  wie  die  Figg.  82  u.  83  Taf.  VI.  bei  Strasburger  zeigen. 

Etwas  anders  ist  das  Verhalten  der  primären  Nuclei  der  Infusorien,  da  bei  ihnen  die 
Kernplattcnhälften  nicht  nur  innerhalb  der  Kernspindel  selbst  auseinanderrücken,  sondern  sich 
zugleich,  durch  Auswachsen  der  zwischen  ihnen  verlaufenden  Kernfäden,  mehr  und  mehr  von 
einander  entfernen,  so  dass  schliesslich,  wenn  sie  in  den  Kernenden  angelangt  sind,  die  Kerne  sich 
schon  sehr  beträchtlich  verlängert  haben  und  endlich  auf  ihre  vier-  bis  sechsfache  Länge  an- 
wachsen können.  Bei  der  gewöhnlichen  Theilung  der  primären  Nuclei  (während  der  Quer- 
theilung  des  Infusors)  erfolgt  nun  auch  die  Verschmelzung,  der  Elemente  der  Kernplatten  zu 
einem  mehr  oder  weniger  homogenen  Körper,  schliesslich  (wie  dies  nach  der  Analogie  mit  den 
Theilungszuständen  der  primären  Nuclei  während  der  Conjugation  wohl  geschlossen  werden 
darf)  die  Trennung  der  Verbindungsfäden  in  der  Mitte  zwischen  den  neuen  Kernen  und  ihr 
allmäliges  Verschmelzen  mit  ileri  schon  iMMBOgSB  (Wordenen  Ki  riiplaUen.  worauf  alsdann  die 
Form  des  ursprünglichen  Nucleolus  wiederhergestellt  ist. 

Nicht  so  jedoch  bei  den  während  der  Conjugation  stattfindenden  Theilungen  der  primären 
Nuclei.  Hier  behalten  die  Kernplatten  (wenigstens  bei  den  Paramaecien,  wo  diese  Verhältnisse 
sich  bis  jetzt  allein  näher  erforschen  Hessen)  ihre  differenzirte  Beschaffenheit  bei,  so  dass  der 
spindelförmig  modificirte  Kern  in  zwei  ähnlich  beschaffene  zerfällt 

Bis  hierher  lässt  sich  das  Verhalten  der  pflanzlichen  Zellkerne  mit  den  thierischen  völlig 
parallelisiren ;  in  den  ferneren  Erscheinungen  jedoch  zeigt  sich,  soweit  es  heutzutage  möglich  ist 
die  Verhältnisse  zu  überschauen,  ein  sehr  bedeutsamer  Unterschied.  Es  tritt  nämlich  bei  den 
pflanzlichen  Zellen  sehr  gewöhnlich  eine  Anschwellung  in  den  Mitten  der  Kernfäden  ein, 
welche  zur  Bildung  der  sogenannteu  Zellplatte  führt  und  diese  Zcllplattc  bildet  nun  ein  sehr 
wesentliches  Moment  nicht  nur  bei  der  TreTmuug  der  beiden  Kernhälften  selbst,  sondern  auch 
bei  der  Theilung  der  gesammten  Zelle.  Indem  sich  die  Kernfäden  in  der  Mittelebene  zwischen 
den  beiden  verschmolzenen  Kernplattcn  mehr  und  mehr  ausbreiten,  erreichen  sie  häufig  fast 
die  Wände  der  Zelle.  Die  Elemente  der  Zcllplatte  verschmelzen  hierauf  mit  einander  und 
bilden  eine  Hautschicht  zwischen  den  beiden  zu  trennenden  Zellen,  die,  wenn  nöthig,  von  dem 
ausserhalb  der  Kernfaden  liegenden  Protoplasma  ergänzt  wird.   Sodann  tritt  in  dieser  Haut- 


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Schicht  eine  Spaltung  ein  und  es  wird  Cellulose  zwischen  ihren  beiden  Platten  ab-' 
gelagert,  wodurch  schliesslich  eine  völlige  Trennung  der  beiden  neugebildetcn  Zellen  sich 
herstellt.  Die  noch  vorhandenen  Kernfäden  aber,  werden  allm&lig  in  die  neugebildele  Haut- 
schicht der  jungen  Zellen  aufgenommen. 

Strasburger  bemerkt  schon  (pag.  213)  mit  Recht,  zum  Theil  auf  meine  Untersuchungen 
an  thierischen  Zellen  gestützt,  das»  diese  Verwerthung  der  Kernfäden  zur  Bildung  der  Flautachicht 
eine  speciell  pflanzliche  Anpassung  zu  sein  scheine,  vielleicht  durch  den  Umstand  veranlasst, 
dass  die  beiden,  von  einer  eng  anschliessenden  Cellulosemembran  umgebenen  Zellen,  sich  nicht 
direct  unter  dem  Einfluss  ihrer  Zellkerne  von  einander  trennen  könnten.  Dies  ist  richtig  mit 
der  kleinen  Einschränkung,  dass  sich  die  Andeutung  einer  Zeliplatte  bei  NepheU*  und  den 
Schnecken  sehr  deutlich  beobachten  lies«.  Dagegen  zeigte  sich  bis  jetzt  bei  keinem  Object  ein 
Verhalten,  ähnlich  dem  der  Pflanzen,  bezüglich  der  grossen  Ausbreitung  der  Kernfäden  und 
einer  etwaigen  Betheiligung  derselben  an  der  Herstellung  einer  Hautschicht. 

An  den  sich  theilenden  Eurchungskugeln  liess  sich  das  Schicksal  der  Kernfäden  bis  jetzt 
nur  bruchstückweise  verfolgen,  jedoch  deuten  einige  Bilder  darauf  hin,  dass  sich  hier  vielleicht 
etwas  Aehnliches  wie  bei  pflanzlichen  Zellen,  wiewohl  in  sehr  reducirtem  Maassstabe 
findet  (vergl.  Succinca  Taf.  IV.  Fig.  20).  Dagegen  liess  sich  bei  den  Keimzellen  der  Blutta  ger- 
manica, welches  Object  die  sicherste  Verfolgung  der  Kernfäden  gestattete,  ein  Verhalten  con- 
statiren,  welches  dem  der  Pflamenzellen  völlig  entgegengesetzt  ist.  Je  weiter  hier  die  Theilung 
fortschreitet,  desto  mehr  scbuürt  sich  auch  der  Kernfädenstrang  in  seiner  Mitte  ein  und  wird 
ohne  Zweifel  schliesslich  in  der  Theilungsebene  zerrissen,  worauf  seine  beiden  Hälften  von  den 
Tochterkernen  aufgenommen  werden.  Dieser  Vorgang  erscheint  um  so  plausibler,  als  wir  für 
ihn  in  der  Theilung  der  primären  Nuclei  der  Infusorien  ein  völliges  Pendant  besitzen. 
Bemerkenswerther  Weise  habe  ich  bei  diesen  Objecten  nichts  von  einer  Zeliplatte  beobachtet, 
dennoch  mache  ich  künftige  Beobachter  darauf  aufmerksam,  dass,  wie  schon  die  Abbildungen 
Balbiani's  zum  Theil  sehr  deutlich  angeben  und  auch  ich  mehrfach  gesehen  habe,  der 
Verbindungsstrang  (Kernfädeustrang)  der  sich  theilenden,  primären  Infusoricnnuclei  in  seiner  Mitte 
häufig  etwas  angeschwollen  ist,  eine  Erscheinung,  welche  mit  der  Ausbildung  einer  Art  von 
Zullulatte  in  Zusammenhaue  stehen  könnte 

Ohne  daher  völlig  in  Abrede  stellen  zu  wollen,  dass  bei  thierischen  Objecten  zuweilen 
ein  ähnliches  Verhalten  wie  bei  den  pflanzlichen  Zellen  vorkomme  —  wobei  also  das  Bemerkens- 
wertheste wäre,  dass  bei  der  Theilung  eine  gewisse  Menge  von  Kernmasse  wieder  zu  Zell- 
protoplasma werde,  die  neuen  Kerne  sich  daher  je  aus  weniger  als  der  Hälfte  der  ursprünglichen 


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-    407  - 

Masse  de»  Mutterkernes  aufbauten  —  halte  ich  dennoch  dieses  Verhalten  nicht  für  die  Regel, 
sondern  muss  ein  völliges  Zerfallen  der  Mutterkerne  in  zwei  Tochterkerne,  ohne  Verluste  wie 
bei  den  Infusorien,  als  das  gewöhnliche  betrachten. 

Eine  Betheiligung  der  Kernladen  an  der  Bildung  einer,  die  Tochtcrzcllcn  scheidende  Haut- 
schicht, kann  bei  sämmtlichen,  bis  jetzt  näher  untersuchten  thierischen  Objecten  nur  in  sehr 
geringem  Maasse,  wenn  überhaupt  stattfinden. 

Die  Neubildung  der  Tochterkerne  sehen  wir  von  den,  zu  je  einer  homogenen  Masse  ver- 
einigten .beiden  Kernplattenhälften  ausgehen,  in  gleicher  Weise  wie  bei  den  Pflanzenzellen. 
Bei  den  Kernen  der  Furchungskugeln  Hess  sich  bis  jetzt  diese  Verschmelzung  nicht  mit  Sicher- 
heit constatiren.  Dennoch  dürfte,  wegen  der  grossen  Uebercinstimmung ,  die  sich  in  dieser 
Beziehung  zwischen  den  pflanzlichen  Objecten  und  gewissen,  für  die  Untersuchung  günstigen 
thierischen,  wie  den  Keimzellen  der  Blatt«  germanica  und  den  embryonalen  Blutkörperchen, 
zeigte,  nicht  daran  zu  zweifeln  sein,  dass  sich  auch  in  den  ersterwähnten  Fällen  die  minutiösen 
Kernplatten  schliesslich  vereinigen. 

Es  ist  nun  gewiss  von  Interesse,  dass  uns  die  primären  Nuclei  (Nucleoli)  der  Infusorien 
diesen  homogenen,  dichten  Zustand  der  Kerne  in  ihrem  normalen  Zustand  gewöhnlich  präseu- 
tiren.  Sie  bestehen,  wie  bekannt,  aus  einer  dichten,  dunkelen,  zuweilen  sogar  etwas  glänzenden 
Masse,  die  häufig  von  einer  zarten  Hallhaut  umschlossen  wird,  manchmal  fehlt  jedoch  auch 
diese  Differenzirung  einer  Membran.  Diesen  primitiven  Zustand  verlassen  sie  nur  während 
der  Quertheilung  und  bei  der  Conjugation.  Wichtig  erscheint  es  nun,  dass  wir  auch  endogen 
sich  neubildende  Kerne  bei  pflanzlichen  Objecten  zuerst  in  einem  solchen  homogenen  und  dichten 
Zustand  auftreten  sehen.  Am  besten  lässt  sich  nach  Strasburger  diese  Entstehung  der  Kerne 
im  Endosperm  vou  Phaseolux  mtUiiflorus  verfolgen.  Hier  tritt  in  dem  ursprünglich  homogenen 
und  dichten  Kern  erst  später  eine  Differenzirung  durch  Ausbildung  von  Vacuolen  auf.  Die 
erste  Verdichtung  zur  Bildung  eines  Zellkernes  lässt  sich  in  fast  punktförmiger 
Grösse  bemerken. 

Aus  dieser  Neucntstchung  der  Kerne  und  der  ähnlichen  Hervorbildung  der  Tochterkerne 
bei  der  Theilung,  dürfen  wir  auch  wohl  den  Schluss  ziehen,  dass  der  homogene  und  dichte 
Zustand  überhaupt  die  ursprünglichste  und  einfachste  Form  des  Auftretens  der  Kerne  sei,  dass 
es  sich  also  bei  der  Kernbildung  um  nichts  weniger  als  die  Bildung  einer  Flüssigkeitshöhle  im 
Protoplasma  der  Zelle  handle,  wie  Auerbach  will,  sondern  ein  gerade  umgekehrtes  Verhalten 
sich  finde. 


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—    408  — 

Wir  dürfen  hieraus  auch  wohl  den  Schluss  ziehen,  dass  die  Neubildung  der  Kerne  in  der 
ersten  Furchungskugel  der  Eier  von  solchen  zuerst  auftretenden,  homogenen  und  dichten 
Körperchen  anhebt,  die  sich  durch  Differenzirung  sehr  rasch  zu  kleinen  Bläschen  gestalten  und 
in  dieser  Form  ihr  Wachsthum  fortsetzen.  Demnach  erscheint  es  uns  auch  sehr  unwahrschein- 
lich, dass  ein  Theil  der  Hautschicht  der  Eier  selbst,  wie  Strasburger  bei  PhaUusia  annimmt, 
zu  dem  Kern  sich  umbildet,  sondern  die  ersten  Anlagen  der  Kerne  sind  kleine,  verdichtete 
Körperchen  in  dieser  Hautschicht  oder  vielmehr  des  hellen,  homogenen  Protoplasmas,  welches 
sich  an  gewissen  Stellen  der  Dotteroberflache  oder  vielleicht  auch  zuweilen  im  Dotterinnern 
ansammelt.*) 

I 

•)  Die  völlige  Neubildung,  endogene  Erzeugung,  eines  Kernes  wurde  bei  thierischen  Zellen  seither  kaum 
genauer  beobachtet.  Es  sind  mir  nur  die  interessanten  Untersuchungen  E.  van  Beneden's  über  die  Ent- 
stehung des  Kernes  in  den  sogen.  Pseudofilarien  der  Grtganna  gigantta  bekannt,  welche  hierüber  einigen 
Aufschluss  geben  (102).  Es  scheint  mir  nun,' dass  die  Entstehung  dieses  Kernes  sich  an  den  oben  naher  erörterten 
Modus  der  KernenUtehung  nahe  anschliesse.  Zuerst  bildet  sich  nach  van  Beneden  ein  Nucleolus,  d.  h. 
es  entsteht  ein  stark  lichtbrechender,  verdichteter  Körper,  der  auch  zuweilen  deutlich  von  einem  hellen,  nicht 
scharf  begr&nzten  Hof  umgeben  ist.  Um  diesen  sogen.  Nucleolus  lasst  van  Beneden  die  eigentliche ' helle 
Kemmasse  sich  ablagern,  indem  er  sich  jedenfalls  vorstellt,  dass  der  vorerwähnte,  helle  Hof  sich  alluiälig 
scharfer  gegen  das  umgebende  Plasma  abgranze,  schliesslich  eine  deutliche  Membran  erhalte  und  so  in  die 
eigentliche  Kernmasse  übergehe.  Ich  muss  jedoch  auch  hier  die  oben  vorgetragene  Anschauung  geltend  machen. 
Meiner  Ansicht  nach  reprasentirt  der  sogen.  Nucleolus  van  Beneden's  den  jugendlichen ,  homogenen 
Zustand  des  Kernes,  an  welchem  sich  späterhin  eine  äussere  Schicht  als  Hülle  differenzirt,  die  Bich  durch 
Ansammlung  von  Kernsaft  von  dem  eigentlichen  Kernleib,  dem  Nucleolus,  abhebt  Der  helle  Hof  nui  den 
jungen  Kern  hat  meiner  Ansicht  nach  die  Bedeutung  dt»  hellen  Protoplasmas,  in  welchem  sich  die  jungen 
Kerne  der  ersten  Furchungskugel  henrorbilden. 

van  Beneden  versucht  an  demselben  Ort  eine  Unterscheidung  der  lebenden  Substanz  der  Moneren 
oder  Cytoden  und  der  der  kernhaltigen  Zellen  durchzuführen.  Ausgehend  von  der  Vorstellung,  dass  in  dem 
Plasma  der  Cytode  die  Substanz  des  Nurleus  und  Nucleolus  aufgelöst  vorhanden  sei  und  sich  durch  «-inen,  der 
Krystallisatioo  vergleichbaren  Process  bei  der  Bildung  des  Nuclcus  an  einem  Punkj  der  Cytode  lokalisire,  gelangt 
er  dazu,  die  Masse  der  Cytode  als  Protoplasma  plus  Nucleussnlmtanz  aufzufassen.  Dieselbe  müsse  daher  auch 
durch  einen  besonderen  Namen,  als  Plasson,  von  dem  Protoplasma  der  eigentlichen  Zelle  unterschieden  werden. 

Diese  Anschauungsweise  wurde  von  Hacke  1  völlig  adoptirt  und  als  ein  bedeutsamer  Fortschritt 
hingestellt  (103;  pag.  105);  dieselbe  ist  jedoch  ebenso  unhaltbar  wie  die  Häckel'sche  Unterscheidung  der 
Zelle  und  Cytode  und  zwar  nur  die  potenzirte  Form  dieser  letzteren. 

Einmal  ist  die  Vorstellung,  dass  die  Substanz  des  Nucleus  in  der  Masse  der  Cytode  einfach  aufgelöst 
zu  betrachten  sei,  eine  völlige  Annahme,  die  sich  auf  keinen  thatsachlirhen  Grund  stützt.  Doch  wenn  wir 
dieselbe  auch  adoptiren,  so  sind  wir,  nm  die  künstliche  Unterscheidung  v.  Beneden's  durchzuführen, 
sogleich  genöthigt,  eine  zweite  hinzuzufügen,  nämlich  die,  dass  die  Nucleussulietanz  ganz  und  gar  bei  der 
Bildung  des  Nucleus  in  der  Cytode  heranskrystallisire.  Denn  bleibt  noch  etwas  zurück,  so  wird  ja  die  ganze 
Unterscheidung  hinfallig.  Schliessen  wir  uns  aber  der  van  B c  n  edc  n  'sehen  Anschauung  an,  dass  die  Ent- 
stehung des  Nucleus  als  eine  Art  Kristallisation  der  gelösten  Nucleussubstanz  zu  betrachten  sei,  so  sind  wir 
gezwungen  uns  vorzustellen,  dass  bei  der  Bildung  des  Nucleus  das  Cvtodenplasma  mit  gelöster  Nucleussubstanz 
ubersättigt  sei,  welcher  Uebcrschuss  sich  nun  ausscheide.  Die  nothwendige  Folge  einer  derartigen  Vorstellung 


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_    409  — 

Eine  weitere  Folge  ist  jedoch  auch  die  Zusammengehörigkeit  der  sogenannten  Membran 
der  thierischen  Kerne  und  deren  Binnenkörper ;  beide  sind  Differenzirungsproducte  eines  ursprüng- 
lich homogenen  Körperchens  und  es  ist  daher  ganz  verfehlt,  wenn  Auerbach  die  Membran 
der  Kerne  als  eine  vom  umgebendem  Protoplasma  erzeugte  Umhüllung  auffasst.  Bei  der  Neu- 
bildung der  Tochterkerne  durch  üifferenzirung  der  homogen  gewordenen  Kernplatten,  ereignet 
sich  aber  in  den  Eiern  verschiedener  Thiere  ein  sehr  bemerkenswerther  Vorgang.  Es  differen- 
ziren  sich  nämlich  ursprünglich  nicht  einer,  sondern  mehrere  kleine  Kerne,  so  namentlich  bei 
Cuctdbmus  degans,  ursprünglich  auch  bei  Nephdis  und  vielleicht  auch  den  Schnecken.  Eine 
genaue  Feststellung  der  ersten  Momente  dieses  Vorganges  liess  sich  bis  jetzt  durch  Beobachtung 
nicht  gewinnen.  Man  kann  sich  die  Sache  so  vorstellen,  dass  die  Elemente  der  Kernplatte 
sich  nicht  zu  einem  gemeinsamen  Körper,  sondern  zu  mehreren  vereinigen,  von  welchen  dann 
jeder  für  sich  zu  einem  bläschenförmigen  Kern  6ich  dilferenzirt.  Bei  Nephelis  haben  diese 
Kernchen  nur  sehr  kurze  Zeit  eine  gesonderte  Existenz,  indem  sie  sehr  bald  verschmelzen; 
bei  Cucullamts  hingegen  vereinigen  sie  sich  erst  relativ  Bpät  und  nachdem  sie  bedeutend  heran- 
gewachsen sind,  zu  einem  Kern.  Es  fragt  sich,  ob  diese  Kernchen  wirklich  als  völlig  von 
einander  gesondert  zu  betrachten  sind  oder  ob  sie  von  Anfang  an  in  näherem  Zusammenhang 
unter  einander  stehen.  Ich  habe  früherhin  das  Vorhandensein  einer  zarten  Ilttlle  um  die  ursprüng- 
liche Kernspindcl  betont;  existirt  sie  auf  diesem  Stadium  noch,  so  müssten  diese  Kernchcu 
zusammen,  als  von  einer  zarten  Hülle  umschlossen  betrachtet  werden.  Es  scheint  mir  jedoch 
wahrscheinlicher,  dass,  wenn  diese  Hülle  auch  um  die  ursprüngliche  Kernspindel  existirtc,  sie 
doch  bei  der  Verschmelzung  der  Elemente  der  Kernplattenhälften  mit  in  diesen  untergeht. 

Es  liegen  eine  Reihe  von  Beobachtungen  vor,  nach  welchen  ein  ähnlicher  Process  der  Bildung 
der  Tochterkerne  sich  auch  bei  einer  ziemlichen  Zahl  anderer  Thiere  in  den  Furchungskugeln  findet. 


ist  aber,  dass  im  Plasma  eine  Lösung  von  Nuclcu&substanz  zurück  bleibt,  die  nicht  zur  Ausscheidung  kam, 
dasselbe  bleibt  also  P  I  a  s  s  o  n. 

Andererseits  aber  wissen  wir,  dass  dai  Protoplasma  gewisser  Zellen  (z.  B.  im  Embrjosack  der  Phanc- 
rogaraen)  die  Fähigkeit  bewahrt  hat,  neue  Kerne  endogen  zu  erzeugen,  dieses  Protoplasma  wirc  daher  eigent- 
lich Plasson. 

Ich  kann  mich  nicht  der  Uebcrzeugung  versch Hessen,  dass  Begriffe,  die  wie  die  des  Plasmons  und  Proto- 
plasmas im  Tan  Beneden  'sehen  Sinne,  einfach  durch  das  plus  oder  minus  eines  Bestandteiles  bestimmt 
werden,  dessen  Eigenschaften ,  Entstehung  und  Bedeutung  Tüllig  unbekannt  sind,  sicherlich  nur  eine  Schein- 
bedeutung  besitzen. 

Der  Begriff  des  Kernes  and  damit  seine  Bedeutung  für  das  gosatnmte  Zellenlebeii,  sowie  seine  Beziehungen 
zum  Zellenbegriff  Oberhaupt,  wird  erst  dann  eine  sichere  und  feste  Gestalt  annehmen,  wenn  es  gelingt,  die 
phTsicalisch-chemtschen  Bedingungen  seiner  Entstehung  und  damit  auch  seine  Natur  genau  festzustellen.  Rein 
morphologische  Betrachtungsweise  ist  hier  nicht  mehr  zulassig  und  wird  nichts  neues  zu  Tage  fördern. 


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—    410  — 

So  hat  Oollacher  (59)  1872  in  den  Furchungskugeln  der  früheren  Stadien  des  Forcllenkcimes 
nicht  einen  Kern,  sondern  Häufchen,  welche  aus  fünf  bis  zwölf  kleinen  Kernchen  bestunden, 
gefunden.  Es  gelang  ihm  jedoch  auch  einmal,  den  Nachweis  eines  einfachen,  grossen  Kernes  vor 
Beginn  der  Furchung  in  dem  Keime,  nach  Ausstossung  des  Keimbläschens,  zu  fuhren.  Ausser 
solchen  Häufchen  grösserer  und  kleinerer,  einfach  rundlicher  Kernchen,  glaubt  er  jedoch  auch 
die  Existenz  gewisser,  meist  grösserer  Kerne  nachweisen  zu  können,  deren  Rand  mehrfach  gekerbt 
erschien  oder  die  mehr  oder  weniger  tiefe  Einschnitte  besassen.  Letztere  Kerne  hält  er  für 
Theilungszustände  und  lässt  die  Kernhäufcheu  daher  durch  vielfache  Theilung  des  ursprünglich 
einfachen  Kernes  hervorgehet!,  hierauf  bei  der  Furchung  sich  in  die  einzelnen  Furchungs- 
absebnitte  vertheilen,  bis  schliesslich  einkernige  Elemente  entstehen.  Es  kann  keinem  Zweifel 
unterliegen,  dass  0  eil  acher  einen  falschen  Weg  zur  Erklärung  seiner  interessanten  Beobach- 
tungen  eingeschlagen  hat;  die  grösseren,  gelappten  Kerne  sind  nicht  in  Theilung  begriffen, 
sondern  durch  Verschmelzung  der  kleineren  hervorgegangen.  Auch  hier  verlauft  jedenfalls  die 
Theilung  wie  z.  B  bei  Cucuiianus.  nur  ist  die  Zahl  der  sich  neubildenden  Kernchen  eine 
viel  grössere. 

Balf  o  ur  beschreibt  in  seiner  vorläufigen  Mittbeilung  über  die  Entwicklung  der  Elasmo- 
branchier  (pag.  326)  eigenthümliche,  zusammengesetzte  Kerne  aus  dem  Dotter  unterhalb  der 
Furchuugshöhle.  Auch  die  Kerne  der  Blastodermzellen  selbst  sollen  die  gleiche  Structur  ziemlich 
lang  noch  zeigen.  Es  dürfte  gewiss  zu  vermuthen  sein,  dass  auch  in  diesem  Falle  die  eigen- 
tümliche Structur  der  Kerne  von  ihrer  Verschmelzung  aus  mehreren  sich  herleitet.*) 

Auch  die  Beobachtungen  Oötte's  (49)  über  die  Furchung  von  Bombinator  igneus  lassen 
sich,  wenn  auch  bis  jetzt  nicht  in  allen  ihren  Einzelheiten,  mit  dem  von  mir  beschriebenen 
Modus  der  Kerntheilung  bei  wirbellosen  Thieren  in  Einklang  bringen.  Welche  Bedeutung 
dem  sogenannten  ersten  Lebenskeim  zukomme,  der  im  Dotterkern  der  ersten  Furchungs- 


*)  V.-trl  F.  M.  Balfour,  A  preliminary  aecount  of  tbe  derelopement  of  tbe  Elasmohranrh  Fi&hea. 
Quart,  jouni.  of  mikr.  science.  N.  s.  T.  XIV.  1874.  p.  823.  T.  XIII.  Fig.  1  u.  ä.  Dan  diese  Dotterkerne  neu 
entstehen,  glaube  ich  nicht,  möchte  dagegen  die  Vermuthang  aufrechen,  dass  dieselben  bei  der  Abtrennung 
der  Blastodermzellen,  die  ja  ursprünglich  mit  der  Dottermasse  noch  durchaus  zusammenhangen,  eine  bedeutsame 
Rolle  spielen,  indem  nämlich  eine  Theilung  des  Kernes  der  Blastodermzellen  in  der  Richtung  nach  dem 

Der  eine  Tochterkern  bliebe  dann  in  dem  Dotter  und  so  entstanden  diese  sogenannten  Dotterkerne.  Auch  die 
Abschnflrung  der  Blastodermzellen  der  inaecten  gegen  den  Dotter  dürfte  wohl  in  ahnlicher  Weise  vor  »ich 
gehen,  da  Kowalewsky  gleichfalls  Kerne  in  dem  Dotter  nach  Bildung  des  Blastodern»  und  in  späteren 
Perioden  der  Entwicklung  nachwies  (verpl.  t» ;  .pag.  46 — 19).  Kowalewsky  scheint  dieselbe  Ansicht 
in  Bezug  auf  diese  Kerne  au  haben,  obgleich  mir  dies  nach  Beiner  Ausdrucksweisc  nicht  recht  klar  ist. 


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kugel  auftritt,  möchte  ich  nicht  unbedingt  entscheiden.  Wahrscheinlich  ist  er  nicht  etwa  der 
Kern  der  ersten  Furchungskugel  selbst,  sondern  er  entspricht  einem  Centraihof,  in  welchem 
sich  dieser  Kern  erst  hervorbildet.  Der  Theilungsvorgang  dieses  ersten  Ijebenskeimes  entspricht 
vollständig  dem  Verhalten  eines  sich  theilenden  Kernes  mit  Einschluss  der  sogenannten  Central- 
höfe  um  die  Kernenden.  Es  ist  daher  zu  vermuthen,  dass  wirklich  in  diesem  Lebenskeim  der 
Kern  der  ersten  Farchnngskugel  sith  verbarg  oder  noch  nicht  zur  Ausbildung  gekommen  war 
und  desshalb  nicht  wahrgenommen  wurde.  Von  der  zweiten  Theilung  ab,  Hessen  sich  in  diesen 
Lebenskeimen  der  Furchungskugeln  kleino  kernartige  Gebilde  wahrnehmen,  die  Göttc' sehen 
Kernkeimc.  In  diesen  Häufchen  von  Kernkeimen  kann  ich  nun,  ebenso  wie  in  den  entsprechenden 
Kernhäufchen  Oellacher's,  nichts  anderes  als  die  jongen  Tochterkerne  erkennen,  die  in 
bekannter  Weise  nach  der  Theilung  des  Mutterkernes,  durch  von  verschiedenen  Punkten  der 
homogenen  Kernplatten  gleichzeitig  anhebende  Differenzirung,  in  mehrfacher  Anzahl  sich  hervor- 
bilden, schliesslich  jedoch  vor  jeder  weiteren  Theilung  zur  Verschmelzung  gelangen.  Diesen 
Verschmelzung8process  seiner  Kernkeime  lässt  jedoch  Götto  erst  auf  einem  sehr  vorgerückten 
Stadium  der  Furchung  eintreten,  womit  denn  zuerst  wirkliche  Kerne  sich  hcrvorgebildet  hätten, 
die  sich  nun  in  ganz  anderer  Weise  vermehrten  als  die  Lebenskeimc  etc.  Ich  halte,  wie 
gesagt,  auch  die  Götte'schen  Beobachtungen  derselben  Deutung  fähig,  wie  die  meinigen, 
kann  jedoch  nicht  unerwähnt  lassen,  dass  die  genaue  Untersuchung  des  Kerntheilungsprocesses 
in  den  Eiern  der  Batrachier  ohne  Zweifel  eine  höchst  schwierige  ist,  wie  dies  sich  ja  einmal 
aus  der  Ungunst  des  Objectes  und  dann  auch  der  Beschwerlichkeit  der  Untersuchungsmethode 
ergibt.  Ich  habe  selbst  eine  ziemliche  Anzahl  sehr  feiner  Schnitte  durch  frühe  Furchungs- 
stadien  der  Eier  von  Bana  temporaria  angefertigt,  ohne  jedoch  über  die  in  Frage  stehenden 
Verhältnisse  in's  Klare  kommen  zu  können.  Was  ich  sah,  ist  wesentlich  eine  Bestätigung  des 
Theilungsvorganges  der  Götte'schen  Lebenskeime,  aroserdera  jedoch  auch  noch  die  höchst 
deutliche,  radiäre  Structur  des  Protoplasmas  um  die,  schon  in  die  Tochterzellen  gerückten 
Hälften  der  Lebenskeime  (Centralhöfe  lichten  Protoplasmas).  Eine  in  Theilnng  begriffene  Kern- 
spindel etc.  liess  sich  jedoch  nicht  auffinden,  das  Object  ist  jedoch  auch  sehr  ungünstig.  Hin- 
gegen sah  ich  in  den  kleineren,  pigmentlosen  Furchungszellen  der  Eier  von  Kam  esrtdaita 
bei  Untersuchung  von  Essigsflurepräparaten  mehrfach  ziemlich  deutliche,  feingestreifte,  in  Theilung 
begriffene  Kernspindeln,  ohne  jedoch  so  klare  Bilder  davoo  erlangen  zu  können,  dass  ich  ein 
näheres  Eingehen  auf  diese  Beobachtungen,  welchen  ich  bis  Jetzt  leider  nur  sehr  wenig  Zeit 
schenken  konnte,  für  gerechtfertigt  halten  sollte.  Immerhin  habe  ich  die  feste  Ueberzeugung, 
dass  auch  das  Ei  der  Batrachier,  hinsichtlich  der  näheren  Vorgänge  während  der  Furchung 


■ 

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-    412  - 

und  specicll  der  Kerntheilung ,  keine  Ausnahme  macht,  und  dass  namentlich  auch  die  erste 
Furchungskugel  schon  ihren  wahren  Kern  erhält.*) 

Schliesslich  liegen  noch  die  Beobachtungen  Pol's  Aber  die  Entstehung  der  Kerne  in  den 
Furchungskugeln  des  Geryonideneies  und  neuerdings  ganz  ähnliche  über  den  gleichen  Vorgang 
im  Ei  der  Pteropoden  vor.  Hier  entstehen  succesive  in  den  Centren  der  auseinander  gerückten 
Strahlensysteme  ein  bis  zehn  kleine  Vacuolen,  die  schliesslich  zu  einer  grossen  verschmelzen, 
dem  Tochterkernc.  Dass  diese  Vacuolen  ebenfalls  kleine  Kerne  sind,  ist  nicht  zu  bezweifeln, 
so  dass  uns  also  auch  hier  der  gleiche  Modus  der  Formation  der  Tochterkerne  entgegentritt, 
den  wir  so  vielfach  fanden. 

Die  Differcnzirung  der  homogenen  Kcrnplattenhälften  manifestirt  sich  durch  Aushöhlung 
derselben  durch  eine  Vacuole  zu  einem  Bläschen ,  in  welchem  eine  gleichmässig  granulirte 
Innenmasse  oder  einzelne  grössere  Binnenkörpercben  sich  erhalten.  Dass  die  letzteren  häufig 
durch  Fäden  in  Verbindung  mit  der  Bläschenwand  stehen,  darf  uns  nicht  wundern,  wie  denn 
überhaupt  durch  diese  Art  ihrer  Enstehung  die  mannigfachen  Formen,  in  welchen  sich  die 
thierischen  Zellkerne  repräsentiren,  zuerst  verständlicher  werden. 

Je  mehr  ein  Tochterkern  wächst,  desto  mehr  wird  der  Centraihof  des  ihm  anliegenden 
Radiensystemes  verkleinert  und  der  erstere  rückt  mehr  und  mehr  an  die  Stelle  des  letzteren 
selbst  Hieraus  dürfte  sich  denn  die  gegründete  Vcrmuthung  ergeben,  dass  die  Centraihöfe 
das  Material  zu  dem  Wachsthum  der  Kerne  hergeben;  dies  besteht  in  Flüssigkeit  und  jeden- 
falls auch  eigentlicher  Kenimasse,  die  jedoch  zum  Theile  auch  noch  durch  die  Einziehung  der 
Kernfäden  vermehrt  wird,  welche  in  einigen  Fällen  sicherlich  stattfindet  Je  mehr  der  Central- 
hof  aufgezehrt  wird,  desto  mehr  muss  natürlich  der  Kern  in  seine  Stelle  rücken,  um  die  ver- 
schwundene Masse  zu  remplaciren.  Hat  schliesslich  der  Tochterkern  sein  Wachsthum  vollendet 
so  ist  der  Centraihof  völlig  und  mit  ihm  auch  die  Strahlung  geschwunden. 

Das  erste  Auftreten  der  Theilung  des  Zellenleibes  selbst  fallt  etwa  in  die  Zeit  der 
Theilung  der  Kernplatte  und  des  Auseinanderrückens  ihrer  Hälften.  Die  Strahlcnsystemc  haben 
dann  ihre  grösste  Ausdehnung  erlangt  und  reichen  durch  den  gesammten  Dotter  hindurch. 
In  der  zukünftigen  Theilungsebne  Stessen  sie  auf  einander,  ohne  dass  ich  hier  schon  eine 

•)  Ohne  das»  ich  nölhig  hätte,  es  besonders  hervorzuheben,  wird  »ich  sowohl  aus  den,  von  mir  im  Ver- 
laufe dieser  Abhandlung  mitgetheUten  Beobachtungen,  alt  auch  den  daran  geknüpften  Betrachtungen  ergeben, 
dass  ich  mich  den  Ansichten  meines  werthen  Freundes  Gotte  bezüglich  der  Bedeutung  des  Eies  und  der 
Dotterfurchung  nicht  anschliessen  kann,  sondern  dass  die  in  dieser  Arbeit  niedergelegten  Beobachtungen,  meiner 
Ansicht  nach,  jeden  Gedanken  an  eine  derartige  Anffaacnng  des  Eies,  der  Dotterfnrchnng  und  der  Bedeutung 
der  Befruchtung  völlig  auaschliessen. 


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deutlich  unterscheidbare  Hautschicht  wahrgenommen  hätte,  deren  Ausbildung  in  anderen  Fällen 

ich  jedoch  nicht  läugnen  wilL 

Es  fragt  sich  nun  vorerst,  hat  überhaupt  der  Kern  und  seine  Umbildung  einen  Einfluss 

auf  die    Theilung    der   Zelle   selbst   oder  ist  dieser  Vorgang    davon   unabhängig.  Das 

letztere  ist  mehrfach  behauptet  und  zum  Thcil  darauf  gestutzt  worden  (Hydra),  dass  sich  in 

gewissen  Fällen  während  der  Theilung  gar  keine  Kerne  fänden.    Bei  der  Dotterfurchung  halte 

ich  jedoch  dieses  Fehlen  der  Kerne  für  sehr  unwahrscheinlich  und  bin  der  festen  Ueberzeugung, 

i 

dass  dieselben  sich  bei  gUMttrer  Untersuchung  finden  werden.  Ich  stimme  mit  StrtBbarg6t 
darin  (iberein,  dass  ich  dem  Zellkern  eine  wichtige  Rolle  bei  der  Theilung  zuschreibe,  ja  in 
ihm  in  vielen  Fällen  die  nächste  Ursache  des  eigentlichen  Zerfalles  der  Zelle  sehe.  Dem  steht 
nicht  gegenüber,  dass  auch  Kerntheilung  ohne  Zellentheilung  vor  sich  gehen  kann,  denn  die 
Wirkung  des  Kernes  hat  jedenfalls  ihre  Gränzen;  sehr  grosse  Protoplasmamassen  können  daher 
nicht  durch  die  Wirkung  eines  Kernes  zur  Theilung  veranlasst  werden,  überhaupt  aber  wird  die 
Wirksamkeit  eines  solchen  in  jedem  einzelnen  Falle  von  gewissen  Bedingungen  abhängen,  die 
zu  kennen  heute  noch  nicht  möglich  ist. 

Dass  jedoch  der  Kern  in  einer  ursächlichen  Beziehung  zu  der  Theilung  der  Zelle  steht, 
scheint  mir  aus  allen  den  Fällen  mit  Sicherheit  zu  folgen,  wo  derselbe  während  der  Theilung 
excentrisch  liegt.  Iiier  entsteht  regelmässig  die  Einfurchung  an  dem  dem  Kern  zunächst  gelegenen 
Theil  der  Dotteroberfläche,  ja  diese  Erscheinung  kann,  wie  z.  B.  bei  der  Dotterfurchung  der 
Coclenteraten,  so  weit  geheu.  dass  die  Einfurchung  überhaupt  ganz  einseitig  verläuft.  Hier 
liegt  dann  aber  auch  der  Kern  ganz  ungemein  weit  vom  Centrum  entfernt,  ganz  oberflächlich. 

Es  kann  nun  nicht  meine  Absicht  sein,  hier  eine  Erklärung  für  alle  die  verschiedenen 
Modi  der  Zelltheilung  zu  versuchen,  wie  sie  namentlich  auf  pflanzlichem  Gebiet  dadurch  hervor- 
gerufen werden,  dass  das  Protoplasma  der  Zelle  auf  einen  ganz  dünnen  Wandbelag  beschränkt 
ist,  die  Hauptinasse  derselben  hingegen  von  einem  Flüssigkeitsraum  gebildet  wird;  ich  will 
nur  versuchen ,  eine  Erklärung  für  das  Einschnürungsphänomen  der  in  Theilung  begriffenen 
thierischen,  durchaus  protoplasmatischen  Zellen  zu  finden.  Ich  flaute  auch  nicht,  dass  man, 
wie  Hoffmeister  meiut,  alle  hierhergehörigen  Erscheinungen  zugleich  erklären  müsse,  denn 
hierzu  wäre  es  nothwendig,  dass  auch  die  Bedingungen,  welche  in  den  einzelnen  Fällen  vorliegen, 
genau  bekannt  wären  und  dies  ist  keineswegs  so. 

Zuerst  muss  ich  jedoch  die  Strahlens) teme  noch  einmal  in's  Auge  fassen,  um  ihre 
Bedeutung,  wenn  auch  nicht  sicher  zu  stellen,  so  doch  wahrscheinlich  zu  machen.  Fol, 
Strasburger  und  früher  auch  ich  haben  sie  als  Attractionscentrcn  angesprochen,  Auerbach 


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—    414  — 

als  durch  Ausströmung  des  Kernsaftes  hervorgerufene  Erscheinungen.  Wären  sie  nun  auch  in 
der  That  Attractionscentren  irgend  einer  hypothetischen  Kraft,  die  auf  die  polaren  Dotter- 
moleküle einen  richtenden  Kiufluss  ausübt,  so  bliebe  dadurch  das  Phänomen  der  Zellentheilung 
und  speciell  der  Dotterfurchung  dennoch  gerade  so  unverständlich  wie  früher;  auch  hat  noch 
Niemand  versucht,  mittelst  dieser  beiden  hypothetischen  Anziehungsmittelpunkte  den  Zerfall 
einer  Zelle  in  zwei  Massen  wirklich  zu  erklären. 

Vor  einigen  Jahren  machte  ich,  bei  Untersuchung  der  interessanten  Amoeba  terricola 
G  ree  ff's,  die  damals  nicht  weiter  beachtete  Beobachtung,  dass  Um  jede  in  der  Bildung  begriffene 
Vucuole  dieses  Rhizopoden  das  umgebende  Protoplasma  «  ine  zum  Centrum  der  Vacuole  gerichtete, 
radiäre  Strahlung  annahm  (78;  Taf.  XXVI.  Fig.  21).  Wie  ist  nun  diese  Erscheinung  zu 
erklären?  Etwa  dadurch,  dass  die  sich  bildende  Vacuole  als  Attractionscentrum  auf  das  umgebende 
Protoplasma  wirke,  oder  bietet  sich  nicht  etwa  eine  einfachere  Vorstellung  darin:  dass  bei  dem 
Wachsthum  der  Vacuole,  wobei  also  mit  Wasser  überladenes  Protoplasma  der  nächsten  Um- 
gebung dieses  in  die  Vacuole  ausscheidet,  neues  aus  der  Umgebung  heranzieht  und  so  fort, 
dieser  Process,  den  ich  nicht  mit  Strömungen  zu  verwechseln  bitte,  zur  Ursache  der  strahligen 
Erscheinung  oder,  wenn  man  lieber  will,  die  Strablenbildung  zum  optischen  Ausdruck  dieses 
Processes  würde.  Ich  sehe  hierin  natürlich  keine  Erklärung,  sondern  nur  eine  Vorstellung  des 
Zusammenhanges  beider  Erscheinungen. 

Schlicssen  wir  uns  dieser  Auslegung  der  strahligen  Anordnung  des  Protoplasmas  um  die 
werdende  Vacuole  an,  so  müssen  wir  auch  zugeben,  dass  die  hier  statthabenden  Erscheinungen 
in  umgekehrter  Reihenfolge  verlaufen  können  und  dabei  doch  gleichfalls  die  strahlige  An- 
ordnung des  Protoplasmas  sich  einstellen  muss.  Das  heisst,  dass  wenn  umgekehrt,  nicht  an 
einem  Punkt  des  Protoplasmas  eine  Flüssigkeitsausscheidung ,  sondern  an  einer  begränzten 
Stelle  ein  Eindringen  von  Flüssigkeit  stattfindet,  diese  radiäre  Strahlung  gleichfalls  um  den 
betreffenden  Punkt  zur  Ausbildung  gelangen  muss.  Letzteren  Fall,  glaube  ich  nun,  sehen  wir 
bei  der  Kerntheilung  der  Furchungskugeln  realisiri.  Wir  haben  an  den  beiden  Enden  der 
Kernspindel  in  den  Centraihöfen  Anhäufungen  von  Flüssigkeit  und  vielleicht  noch  gewissen 
sehr  wichtigen  Stoffen,  die  vorher  im  Kern  concentrirt  waren.  Von  diesen,  von  dem  umgebenden 
Protoplasma  chemisch  stark  differenten  Centraihöfen  aus,  muss  daher  eine  allmälige  Wechsel- 
wirkung, ein  allmäliges  Eindringen  der  Stoffe  der  Centralhöfc  in  das  Protoplasma  stattfinden, 
in  Folge  dessen  die  Strahlenerscheinung  zur  Ausbildung  kommt. 

Die  Annahme  lautet  daher:  dass  die  strahlige  Anordnung  des  Plasmas  um  die  Central- 
is der  Ausdruck  einer  von  diesen  ausgehenden,  physicalisch-chemischen  Aenderung  des  Plasmas 


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—    415  - 

.  I 

sei,  wobei  eine  allmälige  Abnahme  dieser  Aenderung  von  den  Centraihöfen  nach  der  Peripherie 
hin  statt  hat,  welche  von  ereteren  aas  unterhalten  wird. 

Nehmen  wir  nun  an  —  und  dazu  liegen  trotz  der  Einwendungen,  welche  dagegen  erhoben 
worden  sind,  die  dringendsten  Gründe  vor  —  dass  das  Plasma  den  Grundgesetzen  einer  flüssigen 
Masse  gehorcht.  Betrachten  wir  nun  die  Wirkungen,  welche  eine  derartige  Aenderung  der  Be- 
schaffenheit desselben  auf  die,  als  nahezu  kugelförmig  vorausgesetzte  Plasmamasse  haben  muss. 
Indem  die  Aenderung  von  den  beiden  Centraihöfen  a.  und  b.  (Vergl.  die  nebenst.  Fig.  Ä)  gleichzeitig 
ausgeht,  ergibt  es  sich  als  eine  not h wendige  Folge,*)  dass  dieselbe  in  der  Thcilongscbnc,  deren  Durch- 
schnitt die  Linie  cd  darstellt,  am  bedeutendsten  ist ;  dass  daher 
auch  im  Aequator  der  Kugel  die  Wirkung  sich  anhäufen  und 
nach  den  Polen  /  und  ■  hin  abnehmen  muss.  Nun  wissen 
wir  aber  andererseits  auch,  dass  schon  kleine  chemische 
Aenderungen,  im  Plasma  jedenfalls  allein  schon  Differenzen 
im  Wassergehalt,  die  Oberflächenspannung  verändern.  Dieser 
Fall  muss  daher  bei  unserer  Kugel  eintreten.  Geschieht 
die  besprochene  Zusammensetzungsänderung  des  Protoplasmas 
der  Kugel  in  dem  Sinne  der  Vermehrung  der  Oberflächen- 
spannung, so  erhalten  wir  also  eine  Kugel  mit  ungleicher 
Oberflächenspannung,  indem  letztere  vom  Aequator  nach  den 
Polen  hin  abnimmt.  Die  Folge  hiervon  ist  aber  natürlich,  * 
dass  die  Protoplasmakugel  ihre  Gestalt  aufgibt  und  ent- 
sprechend dem  Gesetz,  dass  die  Oberhachenspannung  dem 
Krümmungshalbmesser  umgekehrt  proportional  ist,  wird  sich 
erst  ein  Gleichgewichtszustand  herstellen,  wenn  die  aequatoriale  Krümmung  sich  vermindert,  die 
polare  hingegen  sich  vermehrt  hat  Die  Kugel  streckt  sich  daher  in  die  Länge  und  nähert  sich 
dem  Ellipsoid.  Die  Veranlassung  zu  dieser  Gestaltsveränderung  dauert  jedoch  weiter  fort  und  zwar, 
da  jetzt  die  Pole  sich  von  den  Ccntralhöfcn  a  und  b  noch  mehr  entfernen,  dagegen  der  Aequator 
denselben  näher  gerückt  ist,  in  erhöhtem  Maasc.  Es  findet  also  zunächst  eine  weitere  Abflachung 
in  dem  Aequator  und  Zunahme  der  Krümmung  an  den  Polen  statt.  Eine  beständige  Vermehrung 
des  Moments  der  Oberflächenspannung  im  Aequator  wird  aber  schliesslich  zu  einer  Einfurdmng 

•)  Es  ist  dies  «war  nnr  unter  gewissen  Bedingungen  Ober  die  Geschwindigkeit,  mit  der  »ich  die  voraus- 


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4 

im  Aequator  führen  müssen  (Fig.  B),  da  hierdurch  der  Cohäsionsdruck  in  der  Furche  durch 
die  nach  Aussen  gerichtete,  negative  Corupouente  bedeutsam  vermindert  wird.  Die  jetzt  durch 
die  Einfurchung  entstandene  Form  und  namentlich  die  spätere,  wenn  die  Durchfurchung  etwa 
bis  zur  Hälfte  geschehen  ist,  macht  eine  genaue  Erörterung  der  Vertheilung  des  Cohäsionsdruckes 
über  die  verschiedenen  Partien  der  Oberfläche  des  Thcilungskörpers  sehr  schwierig,  mir  speciell 
unmöglich.  Sollte  meine  Erklärung  ausreichen,  so  wäre  ein  Haupterforderniss,  dass  kein  Theil  der 
Oberfläche  des  Theilungsköpers  je  eine  allseitig  coneave  Einsenkung  bilde,  denn  da  in  einer  solchen 
der  Cohäsionsdruck  nach  Aussen  gerichtet  ist,  so  könnte  sie  nur  durch  einseitig  von  "aussen  her 
wirkende  Kräfte,  die  dem  Cohäsionsdruck  entgegenarbeiteten,  zu  Stande  kommen.  Die  optischen 
Durchschnitte  des  Theilungskörpers  lassen  sich  jedoch  mit  dieser  Forderung,  wie  mir  scheint, 
vereinigen.  *J 

So  wenig  ich  auch  überzeugt  bin,  dass  der  von  mir  versuchte  Weg  der  Erklärung  sich 
als  richtig  erweisen  dürfte,  so  glaube  ich  dennoch,  dass  durch  die  eingeschlagene  Art  der 
Betrachtung  des  fraglichen  Phänomens  vielleicht  mit  der  Zeit  die  richtige  Erklärung  gefunden 
werden  könnte  und  dies  veranlasste  mich  diesen  Versuch  auch  in  der  rohen  Gestalt,  welche  er 
jetzt  noch  besitzt,  hier  vorzulegen  und  der  eventuellen  Prüfung  von,  mit  physikalischen  Kennt- 
nissen besser  ausgerüsteten  Forschern  anvertrauen  zu  sollen. 

Dass  der  seither  beschriebene  Modus  der  Kerntheilung  nicht  in  allen  Fällen  der  herrschende 
ist,  lehren  uns  die  Theilungserscheinungen  der  secundären  Nuclci  der  Infusorien  (der  eigent- 
lichen Nuclci  der  früheren  Autoren).  Wir  haben  Oben  die  Art  dieser  Theilung,  die  von  dem 
einfach  rundlichen  oder  wenig  längsgestreckten  Nucleus  ausgehend,  in  einem  ziemlich  einfachen 

»)  Man  ist  vielleicht  geneigt,  diesen  Versuch  einer  Erklärung  des  Phänomens  der  eigentlichen  Furcbung 
als  einen  ganz  hypothetischen  zu  betrachten.  Dm  zu  zeigen,  dass  er  das  nicht  ist,  sondern  dass  vielleicht 
durch  das  Experiment  die  Möglichkeit  einer  derartigen  Auffassung  zu  prüfen  sein  dürfte,  erlaube  ich  mir  hier 
auf  einige  physikalische  Thataacben  hinzuweisen. 

Dass  die  Oberflächenspannung  der  Flüssigkeiten  schon  durch  sehr  geringe  Beimischungen  anderer  Stoffe 
sehr  wesentlich  geändert  wird,  ist  bewiesen  durch  die  so  merkwürdigen  Erscheinungen,  welche  die  Annäherung 
verschiedener  flüchtiger  Körper,  unter  welchen  sich  namentlich  der  Kampher  auszeichnet,  auf  eine  Wasserfläche 
ausüben.  En  gehört  hierher  das  rhänomen  des  auf  dem  Wasser  schwimmenden  und  sich  lebhaft  bewegenden 
Kampberstttckchens  und  namentlich  die  Möglichkeit,  dünne,  auf  einer  reinen  Glasplatte  ausgebreitete  Wasser- 
schichten durch  Annäherung  eines  Kaniphcretüekchens  geradem  zu  spalten.  Man  kann  in  dieser  Weise 
Erscheinungen  hervorrufen,  welche  der  Theilung  eines  Protoplasmakörpers  nicht  unähnlich  sehen.  Die  Zurück- 
leitung  dieser  und  einer  grossen  Anzahl  sehr  ähnlicher  Erscheinungen  auf  eine,  durch  geringe  Mengen  auf- 
genommener Dämpfe  veränderte  Oberflächenspannung  ist  von  G.  van  der  Menshrugghe  durchgeführt  worden 

gelöst  sind,  die  Erscheinungen  nicht  mehr  zeigt  (vergL  Sur  la  tension  superticielle  des  Liquides.  Mera.  conr. 
et  m.  d.  sv.  etr.  de  l'Acad.  roy.  de  Belgique.  Tab.  84). 


* 


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Zerfall  in  zwei,  sich  allmälig  von  einander  abschnürenden  Hälften  besteht,  uäher  betrachtet. 
Als  besonders  interessant  und  zur  VergleichuDg  mit  der  typischen  Nucleustheilung  auffordernd, 
muss  ich  noch  besonders  hervorheben,  dass  die  Theilung  des  Infusorieunucleus  mit  einer  so 
bemerkenswerthen  Umbildung  seiner  Masse  verbunden  ist,  die  hierbei  eine  durchaus  faserige, 
jedoch  ganz  gleichmassige  Beschaffenheit  erhält.  Wir  müssen  ungeachtet  aller  Abweichung  in 
dieser  Faserbildung  einen  Anschluss  an  den  typischen  Kerntheilungsprocess  erkennen. 

Schon  Strasburger  hat  ausgesprochen,  dass  bei  den  Protozoen  und  insbesondere  den 
Infusorien  Abweichungen  von  dem  gewöhnlichen  Modus  der  Kerntheilung  zu  erwarten  sein 
dürften,  da  wir  ja  bei  diesen  Organismen  den  höchsten  Gipfel  der  Zellendifferenzirung  als  erreicht 
zu  betrachten  hätten.  Dies  ist  nun  auch  in  der  That  der  Fall,  wie  die  Verhältnisse  zeigen 
und  was  noch  viel  eigentümlicher  durch  den  Zerfall  des  secundären  Nucleus  bei  der  Conjugation 
illustrirt  wird.  Dieser  merkwürdige  Theilungsprocess  tritt,  wie  bekannt,  in  Folge  der  Conjugation 
bei  P.'  Aurelia  und  putrinum,  Cyrtostomum  leueas  und  den  Vorticellinen  ein.  Hier  zerfällt 
der  secundäre  Nucleus,  nachdem  er  wenigstens  bei  den  drei  erstgenannten  Arten  in  ein  vielfach 
verzweigtes  Band  ausgewachsen  ist  (ähnlich  dem  normalen  Nucleus  mancher  Acinctinen)  in  eine 
grosse  Zahl  sehr  kleiner  Theilstücke,  für  die  sich  uns  keine  andere  Auffassung  als  die  ebenso- 
vieler  kleiner  Nuclei  bietet.  Principicll  hiervon  nicht  verschieden  ist  das  Verhalten  des  Nucleus 
der  H  er  tw  ig 'sehen  Podophrya  gemmipara  bei  der  Knospenbildung ,  indem  sich  hier 
einzelne   angeschwollene  Zweige  des  Nucleus  als  Nuclei   der  sich  entwickelnden  Knospen 

Gesicherte  Beobachtungen  über  Kerntheilung  der  übrigen  Trotozoen  liegen  fast  nicht  vor, 
ich  führe  hier  nur  die  vor  kurzer  Zeit  von  F.  E.  S  c  h  u  1 1  z  e  beobachtete  Theilung  eines 
Amoebenkernes  (A.  polypodia  M.  Sch.)  an.*)  Der  Kern  schnürte  sich  zuerst  bisquitförmig  ein, 
dann  wurde  die  Kinschnürungsstellc  zu  einem  fadenförmigen  Verbindungsstück  und  riss  schliess- 
lich durch.  Nach  der  Kerntheilung  erfolgte  die  der  Amoeba  selbst.  Ueber  feinere  Structur- 
verhältnisse  des  sich  theilenden  Nucleus  ist  nichts  angegeben,  obgleich  solche  wohl  sicherlich  vor- 
handen waren,  sich  jedoch  dem  Auge  am  lebenden  Kerne  verbargen.  Es  scheint,  als  wenn  sich 
dieser  Theilungsprocess  dem  der  secundären  Nuclei  der  Infusorien  zunächst  anschlösse,  soweit 
eben  die  vorliegende  Beobachtung  ein  Urtheil  gestattet. 

Mit  wenigen  Worten  möchte  ich  noch  auf  eine  Frage  zurückkommen,  welche  nicht  ohne 
Interesse  ist.  Wo  sind  nämlich  die  Ursachen  zu  suchen,  welche  in  dem  Kern  die  merkwürdigen 

•)  Zuerst  niilgetheik  bei  Klcmming  (27),  spater  ausführlich  geschildert  im  Arch.  f.  inikrosk.  Anatomie 
Bd.  XI.  pag.  592. 


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Umgestaltungen  veranlassen,  die  schliesslich  zur  Theilung  führen.  Man  könnte  sich  etwa  vor- 
stellen, dass  auch  die  Ursachen  dieser  Vorgänge  zunächst  in  dem  Kerne  selbst  lägeu  und  nicht 
nur  die  Bedingungen  hierzu.  Andererseits  hingegen  wäre  es  auch  erlaubt,  die  nächste  Ursache 
der  Kernmetainorphose  in  einer  Wirkung  des  umgebenden  Protoplasmas  zu  suchen.  So  hat 
Auerbach  die  Sache  aufgefasst,  wenn  er,  nach  Beschreibung  der  Veränderung  und  schliess- 
lichcn  Lösung  des  Kernes,  bemerkt:  »Wenn  ich  übrigens  soeben  der  Anschaulichkeit  wegen 
alle  Bewegungen  als  vom  Kern  ausgehend  darstellte,  so  werden  wir  doch  auch  hier,  wie  bei 
früheren  Gelegenheiten,  nicht  zweifeln  können,  dass  das  Active  das  Protoplasma  selbst  ist« 
(17;  pag.  221).  Hierfür  ist  jedoch  irgend  ein  dem  thatsächlichen  Verhalten  entnommener 
Beweis  nothwendig.  Ich  hege  auch  dieselbe  Vorstellung  und  sehe  eine  Begründung  derselben 
darin,  dass,  wie  wir  dies  namentlich  bei  der  Conjugation,  aber  auch  der  gewöhnlichen 
Theilung  der  Infusorien  hervortreten  sahen,  die  primären  Kuclei  eines  Thieres  stets  auf  dem- 
selben Stadium  der  Kntwicklung  und  namentlich  der  Theilung  angetroffen  werden.  Ein  so  gleich- 
massiges  Fortschreiten  des  Theilungsprocesses  von  z.  B.  vier  getrennten  Kernen  drängt  uns  natürlich 
dazu,  die  nächste  Ursache  in  dem  umgebenden  Protoplasma  zu  suchen,  das  auf  die  sämmtlichen 
Kerne  in  gleicher  Weise  wirkt.  Eine  weitere  Illustration  dieser  Wirkung,  dürfen  wir  vielleicht 
auch,  in  den  von  mir  früher  beschriebenen,  mehrkernigen  Spermatozoenketmzcllen  finden,  in 
welchen  ebenfalls  die  zwei  bis  drei  Kerne  immer  auf  gleicher  Theilungsstufe  gesehen  wurden. 
Achnliches  sahen  wir  denn  auch  bei  den  Theilungsvorgängen  weisser  Blutkörperchen. 

.  Schliesslich  seien  mir  noch  einige  Bemerkungen,  bezüglich  der  schon  von  Strasburger 
aufgeworfenen  Frage,  gestattoU,  ob  sich,  aus  der  fundamentalen  Uebereinsümmung  der  Kern- 
theilung  der  thierischen  und  pflanzlichen  Zelle,  auf  eine  gemeinsame  Abstammung,  eine  Homo- 
logie beider  schliessen  lasse.  Eine  bestimmte  Antwort  auf  diese  Frage  ist  derzeit  nicht  möglich,  wie 
ich  mit  Strasburger  und  aus  den  gleichen  Gründen  schliessen  muss.  Dagegen  mussich  andererseits 
wieder,  anschliessend  an  ihn,  hervorheben,  dass  die  interessanten  Modificationen  des  Theilungsmodus, 
die  wir  bei  pflanzlichen,  namentlich  aber  auch  thierischen  Zellkernen  finden,  uns  die  übrigens  von  vorn- 
herein schon  sehr  begründete  Vorstellung  erwecken,  dass  wir  es  bei  der  mit  der  Theilung  im 
Zusammenhang  stehenden  Kernmetamorphose  keineswegs  mit  einem  Vorgang  von  einfach  physi- 
kalischer Natur  zu  thun  haben,  der  sich  etwa  wie  die  Bildung  eines  Kryst  alles  nothwendig  in  gleicher 
Weise  ereignen  müsste,  wenn  nur  die  stoftliche  Grundlage  unter  gewissen  physikalischen  Bedingungen 
gegeben  sei.  Schliesslich  muss  ja  die  Vererbung  auf  den  in  den  einzelnen  Zellen  bewirkton 
Veränderungen  beruhen,  die  sich  auch  auf  die  Nuclci  erstrecken,  deren  Eigentümlichkeiten  in 
gleicher  Weise  vererbt  werden,  wie  uns  die  Infusorien  in  der  mannigfachsten  Weise  zeigen. 


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Scheint  es  nun,  da  erwiesenermaassen  der  Theilungsprocess  des  Nucleus  sehr  stark  modificirt 
werden  kann  und  dieser  abweichende  Modus  erblich  ist,  wahrscheinlich,  dass  die  unter  so 
verschiedenen  Lebensbedingungen  stehenden,  thierischen  und  pflanzlichen  Zellen  eine  so  grosse 
Uebcreinstimmung  in  dem  Process  der  Nucleustheilung  zeigen  sollten,  wenn  dieser  Vorgang 
nicht  einmal  in  gleicher  Weise  für  beide  fixirt  worden  wäre? 

Aus  diesen  Gründen  möchte  es  mir  daher  wahrscheinlich  dflnken,  dass  die  grosse  Uebcrein- 
stimmung, welche  hinsichtlich  der  Kerntheilung  in  der  Thier-  und  Pflanzenzellc  herrscht,  eine  Folge 
gemeinsamer  Abstammung  sei.  Die  Hauptschwierigkeit,  welche  die  Beantwortung  dieser  Frage 
bietet,  liegt  wohl  darin,  dass  uns  in  den  Zellkernen  Gebilde  entgegentreten,  die  nicht  wie  die 
Zollen  nachweislich  stets  von  ihresgleichen  abstammen,  sondern  welche  sich  in  vielen  Fällen  als 
etwas  völlig  neues  bilden. 

Die  ganze  Frage  selbst  jedoch  hat  vielleicht  bei  näherer  Betrachtung  gar  nicht  die 
Bedeutung,  welche  man  ihr  anfanglich  unterzulegen  geneigt  ist.  Ob  die  grosse  Uebcrein- 
stimmung im  Verhalten  des  thierischen  und  pflanzlichen  Zellkernes  auf  gemeinsamer  Abstammung 
oder  darauf  beruht,  dass  ein  derartiges  Verhalten  in  ihrer  Natur  Oberhaupt  und  unabhängig 
von  geineinsamer  Abstammung  begründet,  ist,  ist  schliesslich  ziemlich  gleichgültig.  Das  Wesent- 
liche hierbei  ist  die  dadurch  bewiesene  völlige  Identität,  des  pflanzlichen  und  thierischen 
Nucleus  und  eben  dadurch  auch  desjenigen  Substrates,  in  und  aus  welchem  derselbe  sich  bildet, 
des  sogenannten  Protoplasmas.  Ob  hier  Abstammung  im  Spiele  ist  oder  nicht,  das  Resultat 
bleibt  sich  darin  gleich:  dass  nämlich  die  einfachste  Pflanze  und  das  einfachste  Thier  schliesslich 

.  und  Thiere  einen  ganz  gesonderten,  zeitlich  und  örtlich  weit  von  einander  geschiedenen  Ursprung 
'  genommen  hätten,  in  gewissem  Sinne  doch  von  einer  gemeinsamen  Abstammung  beider  reden 
könnte,  da  die  Grundlage,  aus  der  sie  sich  entwickelten,  in  allen  wesentlichen  Punkten  dieselbe  war. 

3.  Abschnitt.  Ueber  das  Wesen  und  die  Bedeutung  der  Conjugation  der 
Infusorien,  nebst  Bemerkungen  über  Conjugation  und  Befruchtung  im 

Allgemeinen. 

Durch  die  vorliegenden  Untersuchungen  glaube  ich  gezeigt  zu  haben,  dass  die  Conjugation 
der  Infusorien  in  keiner  Weise  als  die  Einleitung  einer  besonderen  Fortpflanzunsisart  auftrefasst 
werden  darf,  dass  die  aus  ihr  hervorgehenden  Thiere  wieder  den  Bau  der  normalen  besitzen 
und  weder  im  Verlaufe,  noch  nach  der  Conjugation  eine  besondere  Art  von  Fortpflanzungs- 
körpern  produetren.    Ich  muss  daher  auch  jetzt  eine  Fortpflanzung  der  Infusorien  auf  anderem 

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Wege  als  durch  einfache  Theilung  oder  Knospenbildung  (die  nur  als  eine  Modification  der 
Theilung  aufzufassen  ist),  für  nicht  erwiesen  halten. 

Was  hat  nun  aber,  wird  man  fragen,  die  mit  so  complicirtcn  Erscheinungen  verbundene 
Conjugation  unserer  Thiere  für  eine  Bedeutung,  denn  dass  sie  eine  hohe  Bedeutung  für 
die  gesammtcn  Lebensverhältnisse  eines  Infusors  besitze,  bedarf  keines  Nachweises. 

Allgemein  mich  ausdrückend,  möchte  ich  sagen :  Die  Bedeutung  des  Conjugations- 
actes  ist  eine  Verjüngung  der  ihn  begehenden  Thiere. 

Die  Wahrheit  dieses  Ausspruches  lässt  sich  schon  zum  Theil  in  den  äussor  liehen  Ver- 
änderungen, welche  eine  Reihe  von  Infusorien  während  und  nach  der  Conjugation  erfahren, 
erkennen.  So  sehen  wir  bei  den  Euploten  und  Oxytrichincn,  soweit  dies  uns  durch  die  schönen 
Untersuchungen  von  Stein  und  Engel  mann  bekannt  ist,  einen  grossen  Theil  des  Wimpern- 
systems  der  conjugirten  Thiere  zu  Grunde  gehen  und  gegen  Ende  der  Conjugation,  sowie  nach 
Aufhebung  derselben,  sich  neu  anlegen.  Das  gleiche  gilt  für  den  Mund  dieser  Infusorien,  der 
ebenso  eine  völlige  Neubildimg  erfahrt.  So  sahen  wir  auch  bei  Cdpidium  Colpoda  den  Verlust 
und  die  spätere  Neubildung  des  Mundes  eintreten.  Bei  Burscuria  truncaUUa  verlieren  die 
conjugirten  Thiere  die  complicirtcn  Einrichtungen  ihres  Peristom's  vollständig,  die  also  späterhin 
wieder  durch  eine  Neubildung  ersetzt  werden  müssen.  Bei  den  meisten  Infusorien  sind  jedoch 
derartige  Verjüngungen  äusserer  Theile  bis  jetzt  nicht  gefunden  worden  und  finden  daher  auch 
wohl  nicht  statt.  Dagegen  erweisen  nun  meine  Untersuchungen  eine  Verjüngung  innerer 
Theile,  nämlich  des  Nucleus,  oder,  wie  ich  ihn  nun  bezeichnen  möchte,  des  secundären  Nucleus. 

Wir  sahen,  dass  derselbe  bei  einigen  Infusorien,  so  namentlich  Stylonichia  Mytilus  und 
pustulata,  sowie  BUpharisma  lateritia  und  dann  mit  aller  Wahrscheinlichkeit  auch  bei  Colpi- 
dium  Crfvotki  und  Glauroma  scintillans  vollständig  eliminirt  wird  und  sich  dafür  aus  den  k 
Producten  des  Nucleolus  (des  primären  Nucleus)  ein  neuer  bildet  Bei  anderen  Infusions- 
'  thieren  hingegen,  so  Euplotes  Cluu-m,  fanden  wir,  daBS  nur  ein  Theil  des  Nucleus  ausgestossen 
wird,  ein  anderer  hingegen  zurückbleibt,  um  sich  mit  einem  später  neugebildeten  Theil  m 
vereinigen. 

Bei  Param.  Bursaria  konnten  wir  uns  überhaupt  nicht  auch  nur  von  dem  Verlust  eines 
Theiles  des  alten  Nucleus  überzeugen,  sondern  sahen  neben  diesem  einen  neuen  hervor- 
wachsen, der  schliesslich  zur  Vereinigung  mit  dem  alten  gelangte.  Bei  P.  Aurelia  und 
putrinum  hingegen  schlössen  wir,  dass  sich,  in  ähnlicher  Weise  wie  bei  P.  Bursaria,  die  Nucleus- 
bruchstücke  mit  einem,  während  der  Conjugation  neugebildeten  Nucleus  vereinigen;  sollte  es 
jedoch  vielleicht  dennoch  der  Fall  sein,  dass  das  allmälige  Verschwinden  dieser  Bruchstücke 


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des  alten  Nucleus  auf  ihre  Ausstossung  zurückzuführen  sei,  so  würde  ja  das  von  mir  betonte 
Verhalten  nur  um  so  scharfer  zur  Geltung  gelangen. 

In  allen  diesen  verschiedenen  Modifikationen  des  Verhaltens  leuchtet  uns  eines  entgegen, 
nämlich  die  Verjüngung  des  alten,  secundären  Nucleus,  die  entweder  so  weit  geht,  dass  er 
völlig  neugebildet  oder  aber  durch  Hinzutritt  eines  neugebildeten  zu  dem  alten  vollzogen  wird. 
Ich  glaube  daher  nicht  Unrecht  zu  haben,  wenn  ich  das  Wesen  der  Conjugation  der  Infusorien 
in  einer  Verjüngung  der  beiden  vereinigten  Individuen  sehe,  einer  Verjüngung,  welche  sich 
hauptsächlich  auf  den  secundären  Nucleus  erstreckt  und  wodurch  dessen  grosse  Bedeutung  für  die 
Lebensprocessc  unserer  Thiere  ohne  Zweifel  hinreichend  beleuchtet  wird,  ohne  dass  sich  jedoch 
auch  schon  genau  bestimmen  Hesse,  worin  sich  der  Schwerpunkt  seines  Wirkens  hauptsächlich 
concentrire. 

Dass  auch  im  eigentlichen  Plasma  der  conjugirten  Thiere  ein  reger  Stoffumlausch  statt- 
finde, erläutert  wohl  am  ehesten  die,  nicht  nur  allein  bei  den  Oxytrichinen,  sondern  auch  noch 
bei  anderen  Infusorien  eintretende,  sehr  reichliche  Bildung  feiner,  dunkeler  Körnchen  im  Plasma, 
welche  die  aus  der  Conjugation  hervorgehenden  Thiere  häufig  relativ  sehr  undurchsichtig  machen. 

Durch  diese  Verjüngung  während  der  Conjugation,  erscheinen  uns  die  aus  ihr  hervor- 
gehenden Individuen,  eo  ipso  schon  sehr  geeignet,  zu  den  Stammvätern  einer  Reihe  von  durch 
Theilung  sich  fortpflanzenden  Generationen  zu  werden,  im  Laufe  welcher  allmälig  ein  Sinken 
der  Lebensenergie  sich  einstellt.  Letzterer  Umstand  findet  seinen  Ausdruck  darin,  dass  die 
Grösse  der  Individuen  mehr  und  mehr  sinkt,  so  dass  schliesslich  eine  gewisse  Minimalgrösse, 
welche  jedoch  keineswegs  bei  einer  Art  immer  dieselbe  ist,  erreicht  wird,  worauf  eine  neue 
Conjugationsepoche  mit  Verjüngung  eintritt. 

Dieser  Entwicklungsgang,  der  sich  bei  P.  pufrmum  in  zweimaliger  Wiederholung  shat 
nachweisen  lassen,  erklärt  daher  auch  die  eigenthümliche  Erscheinung,  dass  es  in  den  meisten 
Fällen  sehr  kleine  Thiere  sind,  welche  man  in  Conjugation  trifft,  eine  Erscheinung,  die  gewiss 
sehr  seltsam  wäre,  wollte  man  mit  Balbiani  gerade  diese  kleinsten  Individuen  zur  Ge- 
schlechtsgeneration  machen. 

Den  Ausspruch  aber,  welchen  ich  1873  (78)  nur  vermutungsweise  wagte:  »Dass  das 
Phänomen  der  Infusorienconjugation  sich  den  in  der  Organismenwclt  anderweitig  bekannten 
Conjugationscrscheinungen  wohl  näher  anschliesse,  als  dies  seither  verrauthet  wurde,«  glaube 
ich  nun  wirklich  nachweisen  zu  können. 

Was  wir  in  dem  Rereich  der  übrigen  Protozoon  von  Conjugationsei-scheinungen  kennen, 
ist  relativ  wenig.    Wh-  wissen,  dass  dieselbe  bei  den  Gregarinen  sicher  eine  wichtige  Rolle 

▲bhull.  d.  mmekenb.  naturf.  Ue«.  Bd.  X.  54 


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spielt,  obgleich  ihr  Eintreten  im  Verlaufe  der  Fortpflanzungscrschcinungen  nur  als  ein  facul- 
tatives  bezeichnet  werden  muss.  Ebenso  haben  wir  Kenntniss  von  ihrem  vereinzelten  Vorkommen 
bei  den  Hhizopoden,  doch  wurde  den  hierhergehörigen  Erscheinungen  bei  dieser  Abtheilung 
noch  keineswegs  hinreichende  Aufmerksamkeit  geschenkt,  um  uns  in  einzelnen  Fällen  Sicherheit 
über  die  Existenz  der  Conjugation  an  und  für  sich,  geschweige  die  durch  sie  hervorgerufenen 
Erscheinungen  zu  geben. 

Als  erwiesen  ist  die  Conjugation  zu  betrachten  bei  Nocliluca  miliaris  durch  die  Unter- 
suchungen Cicukowski's  (91),  durch  meine  Untersuchungen  bei  Aredia  vulgaris  (80), 
wobei  ich  noch  bemerke,  das»  schon  Carter*)  bei  Euglypha  und  Aredia  die  Vereinigung 
von  drei  bis  vier  Individuen  auffand,  wiewohl  ihn  gerade  dieser  Umstaud  zweifelhaft  machte, 
ob  jene  Vereinigung  mit  der  Fortpflanzung  in  Beziehung  stehe;  er  dachte  aber  hierbei 
jedenfalls  zu  sehr  an  wirkliche  Begattung.  Gerade  die  Vereinigung  mehrerer  Individuen  spricht 
für  Conjugation  und  schliefst  die  Deutung  des  Piocesscs  als  eine  Art  Häutung  aus,  wie  ich 
schon  früher  bemerkte,  Bei  Difflugia  will  Carter  gleichfalls  Conjugation  gefunden  haben.  Bei 
Cyphoderia  margarHaccn  und  l'ltmrophrys  fuha  hat  F.  E.  Schultze  (85)  wieder  neuerdings,  wie 
schon  früher  Archer,  auf  das  häufige  Vorkommen  zweier,  mit  ihren  Schalenmündungen  -vereinigter 
Individuen  aufmerksam  gemacht.  Bei  den  Foraminiferen  (Triloculiiia)  liegen  Beobachtungen  von 
Gervais  über  paarweise  Vereinigung  mit  nachfolgender  Production  lebendiger  Jungen  vor.**) 

Vereinigung  vieler  Individuen  von  Acfinophrys  Sol  ist  schon  lange  bekannt,  dieselben 
verschmelzen  völlig,  trennen  sich  jedoch  häufig  wieder.  Bei  Adinosphacrium  Eichhorni  führt 
die  Conjugation  nach  den  Untersuchungen  Cicnkowski's***)  und  Schneider' s  (87)  wahr- 
scheinlich zu  der  Fortpflanzung  durch  Encystirung ;  dem  widerspricht  jedoch  F.  E.  Schultz»- 
(84),  dagegen  erkennt  G  r  e  c  f  f  das  facultative  Auftreten  der  Conjugation  vor  dem  Encystirungs- 
process  an  (107;  pag.  62).  Bei  den  Radiolarien  scheinen  Conjugationserscheinungen  bis  jetzt 
noch  nicht  beobachtet  worden  zu  sein. 

In  reichster  und  mannigfaltigster  Ausbildung  hingegen  treffen  wir  die  Conjugations- 
erscheinungen in  der  niederen  Pflanzenwelt  an,  wo  sie  bei  den  Tallophyten  eine  hervorragende 
Rolle  im  Gebiete  der  Fortpflanzungscrschcinungen  zu  spielen  berufen  sind.  Wenn  wir  jedoch 
die  Conjugationserscheinungen  der  Tallophyten  und  hauptsächlich  die  der  Zygosporeen  und  Zygo- 
myceten,  mit  den  bei  den  Infusorien  sich  findenden  Verhältnissen  vergleichen,  so  fällt  uns 

■ 

•)  Ann.  a.  magax.  nat.  historv.    185«.    II.  ser.  Vol.  XVIII.  p.  230.  n.  1863.    III.  ser.  p.  2.r»7. 
•♦)  Compt.  rencl.  de  l'Academ.  1847,  p  469. 
**•)  Beiträgt'  zur  Kenntnis*  der  Monaden.    Aren.  f.  mikrosk.  Anatomie  Bd.  I.  pag.  227. 


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sofort  ein  gewichtiger  Unterschied  auf;  es  ist  dies  nämlich  die  Tbatsatfhe,  dass  bei  jenen  Algen 
und  Pilzen,  wie  überhaupt  im  Pflanzenreich  fast  durchgängig,  eine  völlige  Verschmelzung 
(Copulation)  der  in  Conjugation  tretenden  beiden  Zellen  stattfindet,  wobei  sich  das  Verschmelzungs- 
produet  meist  zu  einer  ruhenden  Spore  gestaltet  Nun  finden  wir  zwar  auc  h  in  der  Infusorien- 
welt Coujugationen,  die  bis  zur  völligen  Vereinigung  der  zusammentretenden,  gleichen  Individuen 
führen,  doch  habe  ich  schon  früher  betont,  dass  mir  dieser,  von  Engelmann  bei  Stylottichia 
gefundene  Process  ein  sehr  ungewöhnlicher  zu  sein  scheint.  Andererseits  haben  wir  aber  auch 
bei  den  Vorticellincn  eine"  Form  der  Conjugation,  welche  zur  völligen  Verschmelzung  des  einen, 
hier  viel  kleineren  Individuums  mit  dem  anderen,  grösseren  führt.  Die  während  dieser  Art  der 
Conjugation  an  den  Nuclei  und,  wie  ich  nach  neueren  Untersuchungen  auch  behaupten  darf, 
den  sogenannten  Nucleoli  auftretenden  Entwicklungserscheinungen  machen  es  gewiss,  dass  die 
im  Gefolge  dieser  Coujugationsform  stattfindenden  Vorgänge  sich  denen  der  übrigen  Infusorien 
nahe  nnschliessen.  Da  ich  jedoch  in  einer  anderen  Hinsicht  diesen  höchst  interessanten 
Conjugationsprocess  der  Vorticellinen  später  noch  einmal  zu  betrachten  haben  werde,  so  gehe 
ich  vorerst  nicht  näher  auf  denselben  ein. 

Ueberschauen  wir  aber  die  Conjugationserscheinungen  auf  pflanzlichem  Gebiete  näher, 
so  treten  uns  doch  eine  Reihe  von  höchst  interessanten  Thatsachen  entgegen,  die  eiuen  Anschluss 
an  die  bei  den  Infusorien  sich  findenden  Verhältnisse  gestatten  und  zwar  sind  dies  die  Con- 
jugations-  oder  Copulationsprocessc  der  Diatomeen  (Bacülariaceen). 

Durch  die  neueren  Forschungen  auf  diesem  Gebiete,  namentlich  die  Arbeiten  einiger  eng- 
lischen Forscher  und  die  zusammenfassenden  Untersuchungen  von  P  f  i  t  z  e  r  (93)  und  später 
Bors  co  w*)  und  Schmitz,  scheint  es  sichergestellt,  dass  die  eiuzige  Forlpflanzungsweise 
der  Diatomeen  die  Thcilung  ist  Die  sogenannten  Conjugationserscheinungen  führen  in  ver- 
schiedener  Weise  zur  Bildung  einer  von  ihren  alten  Schalen  befreiten,  sogeuannten  Atixospore, 
die  sich  eine  neue,  viel  grössere  Schale  baut,  hierauf  durch  Theilung  fortpflanzt  und  so  znr 
Stammform  einer  gewissen  Reihe  von  Generationen  wird,  die  sich  mehr  und  mehr  verkleinern, 
bis  schliesslich,  wenn  eine  Minimalgrösse  erreicht  ist,  eine  neue  Verjüngungsepoche  mit  Auxo- 
sporenbiidung  eintritt  und  so  fort*«) 

♦)  Boricow,  Die  ttawaaserbacülariaceen  des  südwestlichen  Russlamis ,  insbesondere  da»  Gouver- 
nements Kiew,  Cernigow  und  Poltawa.  L  Lief.  Kiew  1873  (mir  nur  (furch  das  Referat  von  r fit* er  [94; 
pag.  26]  bekannt). 

"•)  Diese  Auffassung  der  Conjugation  der  Diatnmeen  wurde  schon  von  A.  Braun  1661  ausgesprochen, 
indem  er  sich  auf  die  Untersuchungen  von  Thwaitea  attttete  (vergl.  Betrachtungen  über  die  Erscheinung 
der  Verjüngung  in  der  Natur.   Leipiig  1851.  pag.  141,  Anmerkung). 


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von  welchen  uns  hier  hauptsächlich  drei,  die  auch  allein  ganz  sicher  gestellt  scheinen,  iute- 
ressiren.  Einmal  kann  sich  eine  Mutterzelle  direct,  ohne  Eintritt  irgend  welcher  Conjugations- 
erscheinung,  zu  einer  Auxospore  verjüngen  (so  Mclosira,  Orthosira,  Achnanthcs),  aber  auch  zu 
zweien  (Rfutbdonema) ;  oder  aber  es  treten  zwei  Mutterzellen  zusammen  und  bilden  zwei  Auxo- 
sporen,  ohne  jedoch  wirklich  zu  verschmelzen,  sondern  nur  durch  Berührung  oder  kurze  theil- 
weise  Vereinigung  der  Plasmakörper  beider  Zellen  (so  bei  den  Navicuiaceae  und  Gomplumemae). 
Schliesslich  finden  wir  auch  ßildung  einer  Auxospore  aus  zwei  Mutterzellen  durch  directe 
Copulation  (Verschmelzung)  ihrer  beiden  Piasinakörper. 

Wir  sehen  also  bei  den  Diatomeen  eine  nahezu  vollständige  Reihe  der'  verschiedensten 
Modiiicationen  der  Gopulationserscheinuugen.  Einmal  wird  das  gewöhnliche  Resultat  der 
Copulation  erreicht  ohne  jeglicheu  Zusammentritt  zweier  Individuen,  dann  ebenso  durch  völlige 
Verschmelzung  und  schliesslich  durch  blossen  Stoffaustausch  mittelst  Diffusion  oder  während 
einer  kurzen  und  localen  Vereinigung  der  Plasmakörper  zweier  Individuen.  Letzterer  Fall 
schliefst  sich  direct  an  den  gewöhnlichen  Conjugationsprocess  der  Infusorien  an.  Bei  den 
Diatomeen  wie  den  Infusorien  sind  es  die  kleineren  Generationen,  die  sich  zur  Conjugation 
anschicken,  bei  beiden  ist  der  Erfolg  der  Conjugation  eine  Verjüngung  der  zusammengetreteneu 
Individuen,  wodurch  sie  zu  den  Stammeltern  einer  Reihe  von  durch  Thcilung  sich  fortpflanzenden 
und  allmälig  herabsinkenden  Generationen  werden,  welche  ihren  schliesslichen  Abschluss  durch 
Eintritt  einer  neuen  Conjugationsepoche  finden. 

Von  höchstem  Interesse  erscheint  uns  hierbei  der  von  den  Diatomeen  gelieferte  Beweis, 
dass  eine  derartige  Verjüngung  gar  nicht  nothwendig  eine  vorhergehende  Conjugation  erfordert, 
so  dass  also  die  Conjugation  nur  als  eine  später  zur  Unterstützung  herangezogene  Einrichtung 
aufgefasst  werden  dürfte. 

Ueberblicken  .wir  die  gesammte  Reihe  der  Conjugationserscheinungen  auf  pflanzlichem 
Gebiet,  so  sehen  wir  als  einen  gemeinsamen  Character  stets  die  Erscheinung  wiederkehren, 
dass  das  Conjugationsproduct  sich  einer  erhöhten  Fortpflanzungsthätigkeit  durch  Theilung  erfreut, 
möge  sich  dieselbe  nun  durch  die  nach  einer  Ruhepause  eintretende  Keimung  und  Bildung 
einer  neuen  Pflanze  oder  durch  Zerfall  in  Schwärmsporen,  durch  complicirte  Sporenbildungs- 
processe  wie  bei  den  Myxomyceten  oder  durch  eine  erhöhte  Theilungsfähigkeit  des,  den  zur 
Conjugation  sich  Vereinigten  Thieren  gleichwertigen  Conjugationsproductes  äussern,  wie  bei 
den  Diatomeen. 

Dasselbe  finden  wir  auch  bei  den  thierischen  Conjugaüonsprocessen.  Denen  mancher  Pflanzen 


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scbliessen  sieb  wohl  zunächst  die  Copulatiutiserscheinungeii  der  Gregarinen  an.*)  Die  Infusorien 
hingegen  nähern  sich,  wie  gesagt,  in  Uezug  auf  ihre  Conjugationsvorgiuige  zum  Theile 
wenigstens  den  Diatomeen.    Die  Conjugaüonserschciuungcn  der  Rhizopodcn  und  tbieriseben 

•)  In  neuester  Zeit  hat  A.  C.  J.  Schneider  (104)  eine  sehr  merkwürdige  FortpflanzungBweise  bei 
Grtgarina  orata  des  Ohrwurm»  und  Gr.  cuiKata  des  Mehlwurms  beschrieben.  Der  Inhalt  der  grossen  und 
kleüien  Cysten  treibt  nämlich,  nachdem  sie  in  Wasser  gelegt  worden  sind,  lange  Schlauche,  die  an  verschiedenen 
Stellen  die  dicke  Cystenhülle  durchbrechen  und  nachdem  sich  ihre  Endcu  geöffnet  haben,  eine  grosse  Anzahl 
kleiner,  kern-  und  bewegungsloser,  ru  Kotten  vereinigter  Sporen  entleeren,  über  deren  zukünftiges  Schicksal 
nicht«  mit  Sicherheit  ermittelt  werde.  Bei  Gr.  cvneata  halte  schon  Stein  1848,  wie  auch  Schneider  angibt, 
diese  FortpflanzungHweise,  jedoch  nicht  ganz  vollkommen  ermittelt  In  den  1857  erschienenen  Icona  tootomicac 
von  V.  Carus  findet  sich  jedoch  eine  von  Stein  herrührende  AM.il.luug  einer  Cyste  der  Gr.  blaUarum  au* 
dem  Koth  von  Blatta  orimtali*  (Tuf.  I.  Fig.  5),  wo  Ste  in  die  Sporoducte  Schneiders  mit  den  durchtretenden 
Sporen  schon  völlig  wie  Lctztrer  wiedergebt  Schneider  halt  eine  derartige  Fortpflauzuugaweise  für  ohue 
allen  Vergleich  mit  sonstigen  bekannten  Erscheinungen  auf  thierischem,  wie  pflanzlichem  Gebiet,  er:  glaubt 
höchstens  an  eine  sehr  entfernte  Aehnlichkeit  seiner  Sporenkauale  mit  den  PollenschlAuchen  denken  tu  dürfen. 
So  fem  liegt  aber  ein  viel  treffenderer  Vergleich  dieser  Schlauche  mit  Erscheinungen  bei  der  Fortpflanzung 
vegetabilischer  Organismen  nicht 

Bekanntlich  bilden  die  Angehörigen  der  zuerst  von  A.  Brann  entdeckten,  »ehr  merkwürdigen  Gruppe 
einzelliger,  schmarotzender  Pilze,  diu  sogenannten  Chytridieen  (Näheres  Uber  die  Literatur  vergl.  bei  de  Ba r  J 
[<J8;  pag.  226])  ganz  ähnliche  Schlauche  in  Ein-  oder  Mehrzahl  zur  Entleerung  der  zahlreichen  kleinen  Schwarm- 
sporen,  in  welche  das  gesammte  Protoplasma  des  Pilzes  bei  der  Fruclification  zerfallt.  Der  wesentlichste 
Unterschied  bei  der  von  Schneider  beschriebenen  Fortpflanzung  der  Gregarinen  bestände  darin,  dass  die 
Sporcu  cilienlos  sind  und  daher  nicht  schwärmen  nnd  dass  das  Protoplasma  der  encystirten  Gregarinen  nur 
zum  kleinsten  Theil  bei  dieser  Fortpflanzung  verbraucht  wird.  Die  Chytridieen  sind  jedoch  ausserliche  und 
innerliche  Schmarotzer,  die  meist  Pflanzen,  jedoch  auch  niedere  Thierc  bewohnen.  Finden  sie  sich  im  Innern 
,  von  Algenzellen,  so  treiben  sie  die  Sporenscblauche  durch  die  Zellhaut  in's  Freie  und  ebenso  verhallen  sie 
■ich  auch  dann,  wenn  sie  Thiere,  z.  B.  encystirte  Infusorien  inficirt  haben.  Stein  beschrieb  schon  1850 
I  Zeit  sehr.  f.  wias.  Zoologie  III.  pag.  475)  eine  eigcnthümliche  Fortpflanzung  encyitirter  Vortkella  microstoma, 
wo  sich  eine  Anzahl  Fortsätze  von  dem  encystirten  Vorticellenkörper  erhoben,  die  Cystonwand  durchbrechen, 
sich  öffneten  und  eine  grosse  Zahl  Schwftrmsporen  entleerten  (vergl.  auch  60;  Taf.  IV.  Figg.  52  und  BS).  Die- 
selbe Erscheinung  hat  spater  Cienkowski  bei  encystirten  Nassula  (ZciUchr.  f.  wiss.  Zoologie.  Bd.  VI,  pag.  301 ) 
und  Stein  bei  StyUmichia  pmtvUla  und  Oxytricka  myttacta  beobachtet  (67;  Taf.  IX.  Fig.  16  u.  pag.  105—106), 
zugleich  aber  darauf  aufmerksam  gemacht,  das5  hier  sicherlich  keine  Fortpflanzung  des  Iufusors,  sondern  die 
Entwicklung  eines  parasitischen  Pilzes  vorliege.  Dieser  Pilz  gehört  ohne  Zweifel  zu  den  Chytridieen;  schon 
Cohn  (Zeitschr.  f.  wiss.  Zoologie.  Bd.  IX,  pag.  143)  wies  auf  die  völlige  Aehnlichkeit,  welche  diese  Erscheinungen 
an  Infusoriencysten  mit  den  Fortpflanzungsvorgangen  des  Chytridium  endogenum  A.  Br.,  das  im  Innern  von 
Pflanzeuzellen  schmarotzt,  haben. 

Unter  Berücksichtigung  dieser  Thatsachcn  ist  es  nun  vorerst  kaum  möglich,  den  Verdacht  völlig  zu 
beseitigen,  dass  die  von  Schi. eider  beschriebene  Fortpttanzungsweise  der  Gregarinen  nicht  auch  in  das 
Gebiet  der  parasitischen  Bildungen  gehöre,  die  der  Reihe  nach  als  Fortpflauzungscrscheinungcn  der  Protozoen 
aufgeführt  worden  sind.  Sollte  aber  hier  wirklich  ein  Fortpflanzungsprocess  der  Gregarinen  vorliegen,  10 
blieb»?  nichtsdestoweniger  seine  grosse  Uebereinstiimnung  mit  der  Sporenbildung  der  Chytridieen  sehr  bemerkens- 
werth.  Ein  zweiter  Punkt,  nämlich  die  Entstehung  der  S|>oren  der  übrigen  Gregarinen,  der  echten  Pseudo- 
navieellen,  scheint  mir  jedoch  in  gleicherweise  für  den  nahen  Anschluss  der  Fortpflanzangserscheinungen  dieser 
Protozoen  an  ähnliche  Processe  auf  pflanzlichem  Gebiet  zu  sprechen.  Es  ist  nämlich  gewiss  nicht  zutreffend,  den 


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Flagellaten  harren  noch  einer  näheren  Untersuchung,  dennoch  scheint  es  mir  sehr  wahr- 
scheinlich, dass  die  Zoosporenbildung  der  Noctiluca,  die  Bildung  der  Amoebenbrut  bei  Aredia 
und  der  Keimkugeln  von  Actinosphacrium  mit  Conjugation  in  Zusammenhang  steht,  obgleich 
es  uns  keineswegs  unbegreiflich  erscheinen  wurde,  wenn  diese  Fortpflanzungsprocesse  auch 
zuweilen  ohne  vorherige  Conjugationsprocesse  eintreten  würden,  üeber  die  Encystirung  des 
Artinosphaerium  hat  neuerdings  Greeff  (107)  eine  sehr  interessante  Mittheilung  gegeben 
nach  welcher  das  Actinosphaerium  innerhalb  seiner  Cyste  zuerst  durch  Theilung  in  zehn  bis 
zwölf  Kugeln  zerfalle,  die  sich  nun  ihrerseits  durch  paarweise  Verschmelzung  zur  Hälfte  redu- 
cirten.  Diese  Vorgänge  bieten  uns  bemerkenswerthe  Beziehungen  zu  gewissen,  mehrfach  be- 
haupteten, wenn  auch,  wie  es  scheint,  noch  nicht  mit  völliger  Sicherheit  erwiesenen  Erscheinungen 
bei  der  Conjugation  der  Diatomeen.  So  wurde  von  Borscow  neuerdings,  wie  früher  schon 
von  Johanna  Loders,  angegeben,  dass  jede  Mutterzelle  der  zusammengetretenen  Cocconemen 
sich  zu  zwei  Tochterzellen  theile,  die  sich  später  wieder  zur  Bildung  der  Auxospore  vereinigten. 
Dem  widerspricht  jedoch  Schmitz.  Ebenso  nach  Lüders  auch  bei  Acknanthes  sttbsessilis, 
wo  jedoch  gar  kein  wirklicher  Conjugationsact  stattfindet  und  nur  eine  Mutterzelle  den  erwähnten 
Process  durchmacht  (Bot  Zeitung.  1662.  p.  66).  « 

Auf  botanischem  Gebiete  ist  es  seit  langer  Zeit  anerkannt,  dass  von  der  einfachen  Copulation 
zweier,  soweit  sichtbar,  gleichwerthiger  Individuen  ein  ganz  allmäliger  Uebergang  zur  wirklichen 
Befruchtung,  der  Verschmelzung  von  sehr  ungleichwerthigen  Individuen,  der  Oospore  und  des 
Spermatozoids  oder  doch  dem  diffusioncllen  Austausche*)  der  männlichen  und  weiblichen 
Geschlcchtsproductc,  wie  namentlich  bei  den  höheren  Pflanzen,  hinüberführt.  Diese  schon  in 
den  fünfziger  Jahren  von  de  Bary  (95)  ausgesprochene  Ansicht  hat   neuerdings  durch 

Entstehungsprocesa  der  P&eudonavicellen  einfach  mit  einem  Furchungsprocess  zu  vergleichen,  wie  dies  schon 
mehrfach  geschah  (vergl.  Kölliker  [92]  und  Clans,  I<ehrbuch  der  Zoologie,  3.  Aufl.  pag.  146).  Es  scheint 
vielmehr,  dass  es  sich  hierbei,  in  ähnlicher  Weise  wie  z.  B.  bei  der  Sporenbildung  der  Chytridieen  und  mancher 
anderen  Pilse,  nm  eine  endogene  Erzeugung  handelt,  der  wahrscheinlicher  Weise,  ebenfalls  wieder  ganz  wie 
bei  gewissen  Chytridieen  (Tergl.  de  Bary  und  Woronin,  Beitrage  zur  Kenntniss  der  Chytridieen.  Bericht 
der  naturf.  Gesellsch.  z.  Freiburg.  Bd.  III.  3.  Heft,  pag.  22),  eine  Theilung  der  encystirten  Gregarine  in  eine 
Anzahl  Kugeln  vorausgeht  (vergl.  Lieberkuhn  fttr  die  Monocystis  des  Regenwurms).  Immerhin  erfordert 
jedoch  dieser  Punkt  in  der  Fortpflanzungsgeschichte  der  Gregarinen  noch  weitere  Aufklarung. 

In  einer  mir  erst  nachträglich  bekannt  gewordenen,  neuen  Mittheiluug  (Compt.  rend.  1376,  pag.  432)  hat 
Schneider  die  Aehnlichkeit  zwischen  der  von  Stein  nnd  ihm  beschriebenen  Fortpflanzungsweise  gewisser 
Gregarinen  mit  der  der  Chytridieen  anerkannt,  glaubt*  dieselbe  jedoch  nur  für  eine  äusserliche  Analogie  halten 
«u  dürfen. 

*)  Auch  eigentliche  Conjugationsprocesse  scheinen  sich  ja  zuweilen  durch  blossen  Diffusionsaustauscb 
zwischen  den  zusammentretenden  Individuen  zu  vollziehen,  wie  die  Diatomeen  nnd  Peronotporeen  lehren. 


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—    427  - 

• 

die  Pringsheim'schc  Entdeckung  der  Conjugaüon  der  Schwärmsporen  bei  Volvocineen  (Pandora 
morum)  und  die  hieran  geknüpfte,  morphologische  Vergleichung  der  beiderlei  Geschlechts- 
produete  bei  höheren  Pflanzen  eine  wesentliche  Stütze  erhalten.  Dagegen  hat  jedoch  kürzlich 
Cienkowski  bemerkt,  dass  man  in  den  einfachen  Verschmelzungserscheinungen,  so  namentlich 
bei  Actinosphaerium,  den  Mvxomyceten,  Zoosporen  und  Noctiluccn  keine  wirkliche  Befruchtung, 
sondern  nur  eine  beschleunigte  Ernährung  oder,  wie  er  auch  sagt,  Assimilation  zu  erkennen 
habe  (91).  Dieselbe  Ansicht  ist  später  von  II  er  tw  ig  und  Lesser  hinsichtlich  der  so 
häufigen  Verschmelzung  vom  Actinophrys  Sol  geäussert  worden  (76). 

Selbst  wenn  man  die  keineswegs  klare  Vorstellung  der  erhöhten  Ernährungsfähigkeit  der 
durch  Verschmelzung  entstandenen  Individuen  zugibt,  so  kann  es  doch  andererseits  keinem 
Zweifel  Unterliegen,  dass  Verschmelzungen  ganz  derselben  Art  auch  direct  zu  der  Einleitung 
eines  Fortpflanzungsprocesscs  führen,  der  sich  auf  das  innigste  an  den  durch  wirkliche 
Befruchtung  hervorgerufenen  Vermehrungsprocess  anschliesst,  wo  von  einer  erhöhten  Assimilations- 
fähigkeit meist  keine  Rede  sein  kann.  Es  ist  daher  gewiss  gerechtfertigt  anzunehmen,  dass 
auch  in  diesen  einfachsten  Verschmelzungsproccsscn ,   selbst  wenn  '  sie  zunächst  nur  eine 

Wirkung  kommen,  die  jenen  entsprechen,  welche  wir  bei  der  wahren  Befruchtung  als  wirksam 
voraussetzen  müssen.  Je  mehr  diese  Letzteren  in  erhöhtem  Maasse  zur  Geltung  kommen,  desto 
mehr  wird  sich  der  ganze  Vorgang  einer  wirklichen  Befruchtung  nähern.  Eine  Potenzirung 
der  Wirkung  ist  ja  an  und  für  sich  gewiss,  wenn  wir  das  männliche  Conjugationsindividuum 

* 

mehr  und  mehr  an  Grösse  gegen  das  weibliche  abnehmen  sehen. 

Ich  glaube  daher  sicher,  dass  nichts  im  Wege  steht,  die  Verschmelzungsprocessc  der 
einzelligen,  niederen  Organismen  mit  dem  Befruchtungsact  za  vergleichen  *)  und  in  diesen  Vor- 
gängen die  ersten  Anfänge  zur  Ausbildung  der  Geschlechtsverhältnissc  zu  erkennen,  von  denen 
es  sicher  ist,  dass  sie  schon  auf  den  niedersten  Stufen  der  Organisation  zu  einer  relativ  hohen 
Ausbüdung  und  Bedeutung  gelangt  sein  müssen,  da  sie  in  so  übereinstimmender  Weise  schon 
an  den  tiefsten  Grenzen  der  beideu  organischen  Reihen  angetroffen  werden. 

Auf  dem  Gebiete  der  Thierwelt  ist  es  seither  nicht  in  der  Weise  wie  in  dem  Pflanzen- 
reich versucht  worden,  Conjugaüon  und  Befruchtung  als  zwei  wesentlich  gleiche  Vorgänge  zu 
betrachten.  Einmal  war  der  Befruchtungsact  trotz  aller  Untersuchungen  in  mancher  Hinsicht 
immer  noch  etwas  zweifelhaft  und  dann  fehlte  es  an  hinreichenden  Untersuchungen  über 

•)  Schon  Job.  Müller  verglich  183R  in  seinem  Lehrbuch  der  Physiologie  die  Coiyug»tion  der  Algen 
mit  der  Befrachtung  (Bd.  2.  pag.  666). 


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—    428  - 

Conjugationserscheinungen  auf  thicrischem  Gebiete  Oberhaupt,  denn  die  Conjugation  der  Infusorien 
war  völlig  missverstanden  worden. 

Jetzt  aber  ist  es,  wie  ich  glaube,  gestattet,  die  Conjugationserscheinungen  der  Infusorien  r 
mit  dem  Befruchtungsvorgang  seihst  zu  vergleichen  uud  der  nähere  Verlauf  beider  Processe 
wird  uns  sogar  einige  Anhaltspunkte  liefern,  welche  die  Berechtigung  dieses  Vergleiches  bedeutsam 
zu  erhöhen  im  Stande  sind. 

Der  Befruchtnngsact  läuft  bei  den  höheren  Thieren,  so  weit  bekannt,  auf  eine  völlige 
Verschmelzung  von  Spermatozoon  und  Eizelle  hinaus.  Die  gewöhnliche  Art  der  Conjugation 
der  Infusorien  unterscheidet  sich  hiervon,  da  eine  völlige  Verschmelzung  nicht  stattfindet.  Bei 
den  Vorticellinen  hingegen  sehen  wir  in  der  That,  wie  die  aus  mehrfacher  Theilung  hervor- 
gegangenen, kleinen  Knospcnsprösslinge ,  die  männlichen  Individuen,  einen  völligen  Ver- 
schmolz ungsprocess  mit  den  grösseren  weiblichen  Individuen  eingehen.  Hier  haben  wir  also  schon 
eine  völlige  Drfferenzirung  der  zur  Conjugation  gelangenden  ludividuen  und  damit  verbunden  eine 
totale  Verschmelzung  derselben.  In  ihrem  Wesen  unterscheiden  sich  jedoch  die  Conjugations- 
vorg&nge  der  Vorticellinen  nicht  von  jenen  der  anderen  Infusorien,  wie  ich  auf  neuere  Unter- 
suchungen derselben  gestützt,  mit  Bestimmtheit  behaupten  kann.  Bei  der  Mehrzahl  der  Infusorien 
hingegen,  wo  eine  Verschmelzung  nicht  stattfindet  und  die  sich  conjugirenden  Individuen 
völlig  gleichwerthig,  auch  bezüglich  der  in  Folge  der  Conjugation  eintretenden,  eigenthümlichen 
Umbildungsprocesse ,  erscheinen,  müssen  wir  jedes  Individuum  gegenüber  dem  anderen  als  das 
männliche  betrachten  und  umgekehrt.  Man  kann  daher  hier  wirklich  von  hermaphroditischen 
Piasüden  im  Häck ersehen  Sinne  reden  (vergl.  Häckel,  Generelle  Morphologie.  Bd.  II.  pag.61). 

Betrachten  wir  uns  aber  die  in  Folge  der  Befruchtung  oder  Conjugation  statthabenden 
Processe,  so  fällt  uns  sogleich  ein  Umstand  nuf,  dessen  Bedeutung  zwar  leider  bis  jetzt  wegen 
mangelnder  Unteisuchungeh  nicht  ganz  zu  würdigen  ist,  der  jedoch  so  wichtig  erscheint, 
dass  er  eine  nähere  Besprechung  verdient.  , 

Wir  sahen  bei  einer  Anzahl  Infusorien  in  Folge  der  Conjugation  eine  völlige  Ausstossung 
des  seeuudären  Nucleus  stattfinden  und  haben  andererseits  beobachtet,  dass  nach  der  Befruchtung 
der  Keru  der  Eizelle  elimiuirt  wird.  Wir  würdeu  nicht  anstehen,  diese  beiden  Erscheinungen 
in  näheren  Zusammenhang  zu  bringen,  wenn  eben  bis  jetzt  eine  grössere  Uebereinstimmung 
darüber  erreicht  wäre,  ob  die  Kernausstossung  der  Eizelle  thatsächlich  eine  Folge  der 
Befruchtung  sei.  Ich  glaube  nicht,  dass  bis  jetzt  bei  einem  Thier  mit  völliger  Sicherheit  der 
Nachweis  erbracht  ist,  dass  diese  Ausstossung  wirklich  vor  der  Befruchtung  sich  ereignen  kann: 


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—    429  — 


aber  es  ist  natürlich,  bei  den  sich  entgegenstehenden  Ausichten  der  Forscher,  in  dieser  Frage 
vorerst  keine  Sicherheit  zu  erreichen.  *) 

Hine  zweite  Art,  sicli  der  Losung  derselben  zu  nähern,  wäre  die  Untersuchung  der 
Entwicklung  unbefruchteter  Euer.  Iiis  jetzt  ist  bei  keinem  unbefruchtet  sich  entwickelnden 
Ei,  namentlich  den  zu  diesen  Beobachtungen  geeigneten  Sommereiern  der  Rlderthiere,  ein 
Kichtungsblitschcn  gesehen  worden,  es  haben  aber  die  Untersuchungen  nicht  den  ftrad  von 
Sicherheit,  um  die  Nichtausstossuug  des  Kikernes  im  unbefruchteten  Eie  zu  erweisen. 

Eine  weitere  Frage  erhebt  sich,  wenn  wir  die  Neubildung  des  Kernes  der  ersten 
Furchungskugel  bei  den  thierischeu  Eieru  betrachten.  Bei  der  Neubildung  des  seeuudüreu 
Kernes  der  lufusorieu,  in  Folge  der  Oonjugutiou,  sahen  wir,  dass  dieselbe  von  den  in  rudimen- 
tärem Zustand  vorhaudeneu,  primären  Kernen  (den  sogeu.  Nuclcoli)  ausgeht.  Nun  lässt  sich 
aber  mit  Uecbt  die  Frage  aufwei  fen,  ob  denn  die  in  der  ersten  Furchungskugel  sich  bildenden 
Kerne  wirklich  völlige  Neubildungen  darstellen  ?  Durch  die  Verschmelzung  mit  dem  Spermatozoon 

•)  Ich  muis  hier  daran  erinoern,  dass  es  nach  den  Untersuchungen  von  Selenka  aber  die  Entwicklung 
von  IStrpura  lapillu»  den  Anschein  hat,  als  wenn  bd  dieser  Srhnecke,  hm  Eierka|«cln  l>ekanntlich  mehrere 
hundert  Dotier  enthalten,  von  welchen  -..Ii  jedoch  nur  ganz  wenige  zu  Embryonen  entwickeln,  ehen  nur  diese 
letzteren  Dotter  wirklich  befruchtet  worden  seien.  Aus  den  Mittheilungen  Seleuka's  scheint  sich  fermer 
zu  ergehen,  dass  nur  aus  den  sich  entwickelnden  Dottern  die  Kirhtung'hliUeheii  austreten,  obgleich  auch  die 
unfruchtbaren  Dotter  einen  unrcgelmassigcu  ZcrkltiftungsproceHs  zeigen.  Möglicherweise  liegt  hier  ein  sehr 
geeignetes  Ohject  zur  Entscheidung  der  oben  aufgeworfenen  Frage  vor  ivergl.  Selenka,  Dir  Anlage  der 
Keimblätter  bei  l'urjiura  laiiiUu*.  Niederl.  Archiv  f.  Zoologie.  Dd.  I.  1-7  "i  Ich  darf  hingegen  auch  nicht 
verschweigen,  da- .  nach  Lacaze- Duthiers  bei  Deutalium  die  KichtungHblaschcu  auch  aus  nicht  befruchteten 
Dottern  austreten  sollen  ivurgl.  Lacaze- Duth  iers,  histoire  de  l'nrganisation  et  da  developpem.  du  Dentale. 
2.  part.  Ann.  des.  seionces  nat.  /nolog.  4  »er.  T.  VII.)  U-D.  bemerkt  n  2<i-j:  ,.Je  puis  en  tonte  certitud« 
affiruiir  qu'elle  n'est  pas  la  runsequen«!  de  la  fecondation.  pninquc  je  l'ai  reueontrue  dans  la  coqiie 
d  "t  uf -  pnndiN  par  une  femelle  isolee.  et  n'ayaul  pas  M|  en  raport  avec  les  males,  Cest  une  Observation  im- 
portante  qu'il  m'.i  jte  donne  de  repdusr  plusieurs  fois.  II  fnut  ctpendant  ujouUr  que  Ui  sortU  dt  la  guititelctu 
(Kichtuiigskörpercucn  Utf.)  est  moins  con.stunte  dans  tc  ctu  de  non/hondation.  et  qu'elle  est  aiuui  moina 
rä/uhire.  J'ajoute  pour  ue  laisser  aueun  doute  sur  le  valeur  des  observatfuus,  que  les  oeufs  e'Uient  Ions 
trop  frais  pour  qu'ou  put  sujq-oser  une  alteration  semhlable  a  relle  dont  j'ai  parlü  plus  haut"  (rtass  sich  nämlich 
unter  pathologischen  Verhältnissen  von  der  I>otterol>erflache  Sarkotietropfcheu  ablösen,  s.  p.  207).  Ich  Mtariastt 
es,  die  Tragweite  dieser  wichtigen  Beobachtung  von  Lae.nze-Duthiers  etwa  iladurch  in  Zweifel  ziehen  zu 
wollen,  dass  (Harke  (Ann.  a.  nugaz.  of.  nat  historr.  2  s.  vol.  IV.  1841)  p.  323)  in  dem  Uvarium  zuweilen 
spermatozoonartigfl  Kaden  gesehen  haben  will.  Erinnern  wir  uns  noch  der  früher  augefnhrten  Untersuchungen 
von  llischoff  (114),  der  bei  unzweifelhaft  unbefruchtet  gebliebenen  Ke  rn  vnui  Schaf  und  Schwein  Kir.htnngs- 
blasehen  gefunden  haben  will,  so  scheint  die  Wage  sich  mehr  der  Ansicht  zuzuneigen,  welche  die  Ansstossung 
des  Keimbläschens  als  unabhängig  vnn  der  Kefruchtung  Itetrachtel.  Dagegen  muss  ich  wieder  die  Beobachtungen 
A.  Müller' l  (113)  hervorheben,  der  Sei  l'ctromyzon  die  eigentümlichen  Prozesse,  welche  zur  Ansstossung 
der  Kichtungsblaiichen  führten,  nur  in  befruchteten  Eiern  wahrgenommen  hat.  Auch  Quatrefage«  »ah  bei 
Tertdo  in  den  unbefruchteten  Kiern  die  Rirhtuiigsbläschcn  nicht  erscheinen,  scheint  dieselben  jedoch  nicht 
laufe  genug  verfolgt  zu  haben,  uiu  ihr  Nitbtauttrelcn  mit  Sicherheit  zu  entscheiden. 

at  Laie  Ii  <!.  Kemkt'iib.  nalurf  Uti.  Uü.  X.  65 


I 


-    430  - 

wird  der  Eizelle  auch  noch  ein  zweiter  Kern,  nämlich  der  des  Samenkörperthens,  zugeführt,  der 
in  den  reifen  Samenfaden  meist  in  einem  ahnlich  verdichteten  Zustand  sich  findet,  wie  ihn  die 
primären  Nuclei  der  Infusorien  gewöhnlich  zeigen.  Was  geschieht  nun  mit  diesem  Ken»,  geht 
er  zu  Grunde  oder  liefert  er  durch  Theilung  die  Anlagen,  aus  welchen  die  Kerne  der  ersten 
Furchungskugel  hervorwachsen.  Obgleich  die  Lösung  dieser  Frage  durch  Beobachtung  vorerst 
auf  vielleicht  unüberwindliche  Schwierigkeiten  stossen  dürfte,  glaube  ich  dennoch,  dass  die 
Analogien  mit  dem  Conjugationsvorgang  der  Infusorien  ihre  Knischeidung  in  dem  letztgenannten 
Sinne  sehr  viel  wahrscheinlicher  machen.  *) 

Das  Verhalten  des  oder  der  Zellkerne  bei  den  Coujugationserschcinungcn  anderer 
Organismen  lässt,  so  weit  darüber  bis  jetzt  etwas  bekannt  is>t,  keine  Analogien  mit  dem  bei 
den  Infusorien  gefundenen  Verhalten  erkennen,  hti  Koctilucu  miliaris  solleu  nach  Cienkowski 
die  Nuclei  der  conjugirten  Thiere  entweder  gesondert  bleiben  oder  verschmelzen  ('Jl); 
ebenso  sollen  bei  der  Copulation  der  Arinetincn  die  Nuclei  verschmelzen  (vergl.  Clap.  und 
Lachm.  [621);  bei  ActiHosphacrium  Eichhorn*  findet  sich  vielleicht  gleichfalls  eine  Vereinigung 
der  Nuclei  nach  den  Untersuchungen  S  ch n  ei d e r  's.  Eine  derartige  Nucleusvereinigung  darf  viel- 
leicht auch  als  ein  Verjüngungsprocess  aufgefasst  werden,  sie  jedoch  einen  Conjugatiotisprocft» 
mit  Schneider  zu  bezeichnen,  halte  ich  nicht  für  angezeigt,  da  hierdurch  der  Begriff  der 
Conjugation,  der  sich  auf  die  Zelle  als  solche  bezieht,  auf  einen  Thetl  derselben  übertragen 
wird,  wodurch  vorerst  nur  Verwirrung  hervorgerufen  werden  dürfte. 


•jHäckcl's  erste  ontogenetisebe  Entwicklungsstufe,  das  sogenannte  Monerulasudium,  den  1'ylodenzBstJJHl 
der  Eizelle,  nach  Verschwinden  Jen  Keimbläschen»,  kann  ich  vorerst  nicht  anerkennen  (vergl.  btuptsicblitk 
„die  Gastrula  u.  die  Eifurchung  der  Thiere".  Jenaitche  Zeitschrift.  Bd.  IX.  p.  137).  Bei  sehr  rielen  Thier»!! 
wird,  wie  hervorgeholten,  das  Keimbläschen  erst  nach  der  Befruchtung;,  Concresceoz  mit  einem  Spennatorooo. 
eliminirt  In  diesem  Kall  ist  es  daher  voreilig,  von  einem  Cytodinxustand  der  Eizelle  zu  sprechen,  bew 
irgend  ein  Nachweis  darüber  erbracht  ist.  was  mit  dem  Spermatozoon  und  specicll  dessen  Kern  geschieht  Dm 
durch  die  Vereinigung  mit  dem  Spermatozoon  erhält  die  Kizelle  einen  Kern  zugeführt,  ist  also  auch  n»ci 
Ausstossting  des  Kikenies  nicht  kernlos.  Ich  muss  um  so  mehr  auch  die  theoretisch  nothweudige  Voran- 
scUnng  eines  MonerulasUdinms  verneinen,  als  wir  ja  bei  Protozoen  (specicll  Infusorien)  jetzt  mit  »ehr  grmtr 
Wahrscheinlichkeit  das  Vorkommen  eines  Cytndenstadiums  bezweifeln  müssen  und  dennoch  wird  man  »olil 
keinen  Anstand  nehmen,  die»ell«en  phylogenetisch  von,  einem  ursprünglichen  CyiodcnxusUnde  herzuleiten,  fcs 
darf  als  eine  Eigcnthnmlichkcit  der  Zelle  betrachtet  werden,  dass  sie  ihre  Organisation,  lici  ihrer  jcdeanJl« 
ursprünglichsten  und  einfachsten  Fortpflanzungswciso  durch  Theilung,  auf  ihre  Sprösslinge  Oberträgt  j  ei  i« 
daher  auch  theoretisch  vorerst  nicht  einzusehen,  däss  eine  zur  Bilduug  eines  Kernes  gelangte  Zelle  im  iMk 
ihrer  Entwicklung  nnthwendig  wieder  einmal  zum  Cytodenzustaud  zurückkehren  müsse.  Der  Cvtodenre«iMl 
der  Eizellen  wird  auch  Non  Hacke I  als  ein  Rücksrhlag  in  Ans|ruch  gruommeu,  ein  Rückschlag  aber  ktm 
wohl  einmal  oder  häufiger  vorkommen,  ist  jedoch  an  und  für  sich  keine  Forderung  des  biogeneustk« 
Grundgesetzes. 


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-    431  - 

Bei  den  Myxomycetenschwärmcrn  sollen  nach  de  Bary  die  Kerne  und  die  contractilen 
Vacuolen  im  Moment  des  Verschmelzens  verschwinden,  ein  Verhalten,  welches,  wenn  richtig, 
doch  ctwaB  gegen  die  Assimilationshypothese  Cienkowski's  spricht  (98;  p.  304.)  Sachs 
hingegen  gibt  in  der  4.  Auflage  seines  Handbuches  (p.  267)  eine  etwas  andere  Darstellung,  es 
bebst  da:  „späterhin  verschwindet  der  Zellkern  der  Amoeben,  ihre  Bewegung  wird  träger  und 
i'ie  Conjugation  beginnt."  Hiernach  scheint  also  der  Kern  auch  schon  vor  der  Gonjugation 
schwinden  zu  können.  Andere  Beobachtungen  sind  mir  hinsichtlich  des  Verhaltens  der  Zell- 
kerne bei  der  Copulation  nicht  bekannt. 

Halten  wir  an  dem  Vergleich  der  sich  conjugirenden  Infusorien  und  der  Befruchtung  fest, 
und  ich  glaube  gezeigt  zu  haben,  dass  die  Berechtigung  hierzu  nicht  fehlt,  so  folgt  hieraus 
auch  die  Möglichkeit,  das  fernere  Verhalten  der  Conjugationsproducte,  also  in  dem  einen  Falle 
das  des  verjüngten  Infusors,  in  dem  anderen  das  der  befruchteten  Eizelle,  zu  vergleichen.  In 
beiden  I  allen  sehen  wir  eine  energische  Vermehrung  durch  Thcilung  eintreten,  die  in  dem  letzteren 
Falle  zur  Bildung  eines  vielzelligen  Organismus,  in  dem  ersteren  hingegen  zur  Entstehung  einer 
Reihe  von  Generationen  führt,  von  welchen  man  annehmeu  mag,  dass  sie  ihren  Abschluss 
gefunden  haben,  wenn  die  ersten  zwei  Thicre  sich  wiederum  zur  Conjugation  anschicken. 
Morphologisch  müsste  man  daher  die  Summe  aller  der  Einzelindividuen  dieser  Generationen, 
mit  einem,  aas  der  Eizelle  hervorgegangenen  und  sich  selbst  wieder  zur  Eibildung  anschickenden, 
vielzelligen,  höheren  Organismus  vergleichen.  Denken  wir  uns  die  aus  einem  conjugirten 
Iufusor,  z.  B.  einer  Vortkelle*)  mit  knospenförmiger  Conjugation,  hervorgegangenen  Individuen 
sämmtlich  zu  einer  Colonie  vereinigt  (z.  B.  ähnlich  wie  die  Flagellaten-Colonien  und  die 
Häckcl'schen  Cattalactcn)  und  lassen  wir  die  Fähigkeit  zur  Conjugation,  allmälig  auf 
gewisse  Zellen  der  Colonie  (vielleicht  ursprünglich  nur  die  in  der  Theilung  am  weitesten 
fortgeschrittenen)  durch  Eintritt  von  Arbeitsteilung  sich  localisiron,  welche  Zellen  dann  zu  den 
Stammälteru  neuer  Colonicn  würden,  so  erhalten  wir  das  Bild  eines  einfachsten  thierischen 
Organismus  mit  geschlechtlicher  Fortpflanzung. 

•)  Ich  brauche  wohl  hier  kaum  besonders  zu  bemerken,  dass  ich  nicht  etwa  die  Vorticellen  zum 
Ausgangspunkt  mclir/olliger  Thiero  machen  möchte.  Ks  ist  jedoch  vielleicht  uicht  uninteressant  hinsichtlich 
eines  solchen  Kntwicklungsganges ,  dass  ich  hei  meinen  Untersuchungen  auf  Flagellalen-Colonicn  sticss,  welche 
den  ersten  Schritt  zur  Bildung  einer  physiologischen  Individualität  getban  zu  haben  schienen,  indem  mir  ihre 
Fortpflanzung  durch  spontane  Theilung  der  gesanunten  Colonien  fast  unzweifelhaft  wurde. 


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Anhang. 

Nachdem  ich  das  Manuscript  der  vorliegenden  Abhandlung  schon  im  Uufe  des  Octobers 
1875  vollstäudig  bis  auf  einige  litemr- historische  Zusätze  abgeschlossen  hatte  -  die  beschriebenen 
Beobachtungen  hatten  ihren  Abschluss  schon  in  der  Mittes  dieses  Jahres  gefunden*)  —  wurde 
ich  durch  das  Erscheinen  zweier  Arbeiten  überrascht,  die  zu  innig  mit  dem  Gegenstande  meiner 
Untersuchungen  zusammenhängen,  als  dass  ich  dieselben  nicht  noch  einer  näheren  Besprechung 
unterziehen  sollte,  der  ich,  diesen  Anhang  zu  widmen,  für  gerathen .  erachte. 

Die  uns  zunächst  berührende  Abhandlung  verdanken  wir  den  Bemühungen  0.  Hertwig's 
und  sie  betrifft  die  Vorgänge  der  Befruchtung  und  Kurchuug  des  Eies  von  Toxopneustes  liviim 
(118).  Obgleich  die  Wissenschaft  im  Allgemeinen  und  ich  im  Speciellen  0.  Hcrtwig  für  seine 
schönen  Untersuchungen,  die  hinsichtlich  der  thatsächlichen  Vorgänge  während  der  Theilung 
des  Dotters  nahezu  völlig  mit  den  vou  mir  schon  früherhin  und  ausführlich  in  dieser  Arbeit 
mitgetheilten  Untersuchungen  übereinstimmen,  zu  grossem  Danke  verpflichtet  sind,  so  kann  ich 
mich  dennoch  keineswegs  in  sehr  wesentlichen  Punkten  den,  von  H  e  r  t  w  i  g  in  Bezug  auf  die 
Befruchtungsvorgänge  entwickelten  Anschauungen  anschliessen,  ohne  jedoch  hierdurch  das  That- 
sächliche  seiner  betreffenden  Untersuchungen  in  Frage  stellen  zu  wollen. 

Vorerst  fragt  es  sich,  welche  Beschaffenheit  zeigt  uns  das  reife,  befruchtungsfähige  Ei. 
Hierauf  lautet  die  Antwort  TIertwig's:  »Zur  Reifezeit  des  Eies  erleidet  das  Keimbläschen 
eine  regressive  Metamorphose  und  wird  durch  Contractionen  des  Protoplasmas  an  die  Dotier- 
oberfläche getrieben.  Seine  Membran  löst  sich  auf,  sein  Inhalt  zerfällt  und  wird  zuletzt  vom 
Dotter  wieder  resorbirt,  der  Keimfleck  aber  scheint  unverändert  erhalten  zu  bleiben,  in  die 

Dottermasse  selbst  hineinzugelangen  und  zum  bleibenden  Kern  des  reifen,  befruchtungsfähigen 
 i 

•)  Ich  glanhe  es  nochmals  besonders  hervorheben  sra  müssen,  dass  meine  Arbeiten  Ober  die  ersten 
Entwicxlungserscheimingcn,  die  Zelllhoflung  etc.  ganr  unabhängig  von  denen  Auerbach's  begonnen  worden 
sind  und  dass  ich  auch  namentlich,  wie  aus  meiner  ersten  vorläufigen  Mittheilung  hervorgeht,  schon  vor  dem 
Erscheinen  der  »Orgiinologisrhen  Studien«  die  Entdeckung  der  sich  theilenden  Kemspindcl  gemacht  hatte, 
wodurch  die  weitere  Hichtuni»  meiner  Arheit  wesentlich  bestimmt  wurde.  Ich  mnss  mich  daher  ganz  bestimmt 
dagegen  aussprechen,  dass  die  Auerbach'  sehen  Publicationen ,  wie  der  Verfasser  anzunehmen  scheint 
(vergl.  Zur  Lehre  von  der  Vermehrung  der  Zellkerne.  Centralbl.  f.  d.  niedic.  Wissensch.  1«76.  Xo.  1),  meine 
Arbeiten  in  irgend  einem  wesentlichen  Punkte  beeintiusst  oder  hervorgerufen  hätten,  wie  sehr  ich  auf  der  anderen 
Seite  einem  Jeden  das  *uum  cuüjue,  auch  bis  anf  die  Anregung  und  Leitung  des  forschenden  Geistes  auf 


« 


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Eies  zu  werden«  (vergl.  pag.  11  d.  Sep.-Abdrs.).  Ich  will  an  dieser  Stelle  keine  Bedenken  gegen 
die  Deutung  des  Kernes  des  reifen  Kies  als  erhalten  gebliebener  Keimfleck  erbeben,  wiewohl  mir 
dies  nicht  so  schwer  erscheint,  da  der  Keiniflcck  des  Seeigeleies  wie  der  anderer  Kier,  sich  als 
ein  homogener,  dichter  und  daher  dunkeler  Protoplaamakürpcr  darstellt,  der  spätere  Eikern 
hingegen  als  ein  ganz  lichter,  heller  Körper.  Eine  blosse  Wirkung  des  Contrastes,  bezüglich 
der  verschiedenen  Lagerung  des  Kcirofleckcs  und  des  Eikern««,  hierin  zu  erkennen,  wie  Hertwig  • 
will,  scheint  mir  nicht  statthaft,  denn  wenn  auch  der  Keimfleck  bei  seinem  Uebertritt  in  den 
Dotter  im  nicht  compriroirten  Ei  relativ  hell  gegen  die  Umgebung  erscheinen  wird  —  ähnlich  wie 
dies  z.  B.  bei  sehr  körnerreichen  Infusorien  hinsichtlich  des  Nucleus  häufig  der  Fall  ist  —  so 
musste  derselbe  doch,  bei  hinreichender  Pressung  des  Eies  oder  bei  der  lsolirung,  sich  gegenüber 
dem  Protoplasma  des  Dotters,  als  dichter  leicht  erkennen  lassen.  Doch  ich  lasse  diese 
Angelegenheit,  wie  gesagt,  dahin  gestellt  und  bemerke  nur  noch,  dass  Derbes,  der  die  Eier 
von  PmmmechiHm  extdenUts  untersucht  hat  (112),  sich  nicht  ganz  in  der  Weise  ausdrückt,  wie 
es  H et  t  w  i  g  (pag.  2 1 )  darstellt.  Derbes  lässt  nicht  das  Keimbläschen  schwinden  und  den 
Keimfleck  restiren,  sondern  er  deutet  das,  was  wir  Keimfleck  nennen,  als  das  Keimbläschen, 
welches  also  im  reifen  Ei  zurückbleibt,  während  eine  es  umgebende,  helle  Zone  schwindet.  Natur- 
lich änderte  diese  Auffassung  Der  bös'  nichts  an  dem  thatsächlichen  Vorgang,  ich  wollte  hier- 
durch nur  hervorheben,  wie  er  sich  zur  Frage  nach  dem  Verbleib  des  Keimbläschens  stellt. 

Es  erhebt  sich  aber  nun  die  Frage,  ob  eine  derartige  Beziehung  des  Kernes  des  reifen 
Eies  zu  dem  Keimfleck  des  früheren  Keimbläschens  sich  in  d<«m  Thierreiche,  nach  Maassgabe 
der  bis  jetzt  vorliegenden  Beobachtungen,  noch  anderwärts  finden  dürfte  oder  ob  wir  gar  mit 
Hertwig  schliessen  dürfen  (pag.  32),  dass  es  im  hohen  Grade  wahrscheinlich  zu  sein  scheine, 
»dass  im  ganzen  Thierreiche  der  Eikern  des  reifen,  befruchtuugsfähigen  Eies  vom  Keimfleck  des 
sich  auflösenden  Keimbläschens  abstamme.«  Die  älteren  Beobachtungen  von  Leydig  an 
Piscina  und  Bisch  off  am  Kaninchenei,  die  Hertwig  zur  Stütze  seines  eitirten  Aus- 
spruches anführt,  sind  kaum  als  beweiskräftig  zu  erachten.  Dagegen  ist  derselbe  Vorgang  der 
Auflösung  des  Keimbläschens  und  des  Zurückbleibens  des  Keimfleckes  vor  einigen  Jahren,  wie 
oben  schon  mitgetheilt  wurde,  durch  P.  E.  Müller  (117)  von  den  Eiern  des  Hippopodius  luteus 
(einer  Siphonophore)  beschrieben  worden.  M  ü  1 1  e  r  ist,  soweit  ich  davon  Kenntniss  habe,  der 
einzige  Forscher,  der  sich  gleichfalls  mit  Bestimmtheit  für  das  Stattfinden  eines  derartigen 
Proccsses  ausgesprochen  hat. 

•)  LcydiK,  Zur  Anatomie  voo  Pi$deda  geomttriea.  Zeitschr.  f.  wis».  Zonl.  Bd.  I.  \\  125;  Bischoff, 
Entwicklungsgesch.  d.  Kanincheneie».  1842. 


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-    434  — 

lassen  sich  nun  eine  ziemliche  Zahl  von  Beobachtungen  anführen,  die  umgekehrt 
lass  im  reifen  Ei  nicht  das  Keimbläschen  schwindet  und  der  Kcimfieck  erhalten 
bleibt,  sondern  dass  der  Kcimfieck  einem  alknäligeu  Zerfall  unterliegt,  der  ihn  schliesslich  ganz 
zum  Verschwinden  bringt,  so  dass  an  seiner  Stelle  nur  einige  durch  das  Keimbläschen  zerstreute 
Körnchen  restiren.    Hertwig  fuhrt  nur  eine  derartige  Beobachtung  an,  nämlich  die 
Kleinenberg's,  der  den  Zerfall  und  die  allmähge  Auflösung  des  Keimfleckes  in  den 
Eiern  von  Hydra  beschreibt  (43;  pag.  42).    Der  Einwand,  welchen  Hertwig 
Richtigkeit  dieser  Beobachtung  Kleinenberg's  erhebt,  dass  dieselben  nicht  di 
Untersuchung  desselben  Objectes  gewonnen  sei,  dürfte  wohl  ohne  Bedeutung  sein  und  liesse 
sich  in  gleicher  Weise  gegen  Hertwig's  Beobachtung  über  die  Vorgänge  in 
Eiern  von  Toxopticustcs  erheben.  Meine,  im  Laufe  dieser  Abhandlung  dargelegten 
an  Würmern  und  Mollusken  geben  nicht  den  geringsten  Anhaltspunkt  zu  einer  Deutung  im 
Hertwig'schcn  Sinne,  Bondern  stimmen  särnmtiieh  darin  überein,  dass  der  Keimfleck  in  dem 
Keimbläschen  des  reifen  Eies  als  solcher,  schon  vor  oder  erst  nach  der  Befruchtung,  zu  Grunde 
geht  und  dieser  Vorgang  tritt  nur  in  gewissen  Fällen  nicht  so  deutlich  hervor,  weil  die  eigen- 
tümliche Metamorphose  des  Keimbläschens  zu  der  Kernspindcl  damit  Hand  in  Hand  läuft. 
Nach  den  von  mir  oben  geschilderten  Beobachtungen  an  den  Eiern  der  kleinen  freilebenden 
Nematoden,  sowie  des  CucuHanus,  verschwindet  der  Keimfleck  einige  Zeit  vor  oder  nach  der 
Dg,  während  das  Keimbläschen  selbst  noch  in  völliger  Deutlichkeit  und  ohne  weitere 
larrt.   Hiermit  beiluden  sich  die  Beobachtungen  von  Quatrefages  (116; 
pag.  206)  an  den  Eiern  von  Teredo  in  völliger  üebereinstimmung ;   derselbe  sah  in  den 
befruchtungsflhigen  Eiern  Keimbläschen  sammt  Keimfleck  noch  völlig  deutlich;  einige  Augen- 
blicke jedoch  nach  geschehener  Befruchtung  fand  sich  der  Keimfleck  nicht  mehr,  ,on  dirait  qu'elle 
se  dissout  «ans  la  substance  de  la  vesicule.«    Am  interessantesten  sind  jedoch  wohl  in  dieser 
Hinsicht  die  schon  früher  besprochenen  Eier  der  Räderthiere,  deren  ungeheuerer  Keimfleck  bei 
der  Keifung  des  Eies  allmälig  schwindet,  wie  dies  schon  Leydig*)  beobachtet  hatte;  an 
seiner  Stelle  bleiben  einige  Granula  und  das  Keimbläschen  selbst  nimmt  ebenfalls  an  Umfang 
so  beträchtlich  ab,  dass  es,  wie  oben  erwähnt,  hinter  dem  Volum  des  ursprünglichen  Keimflecks 
zurückbleibt.  An  eine  Ableitung  des  Keimbläschens  des  reifen  Eies  dieser  Thiere  von  dem  Keimfleck 
wird  Niemand  denken,  der  diese  Objcctc  einmal  genauer  betrachtet  hat.  Ich  schalte  hier  ein,  dass 
ich  bei  einer  grösseren  Anzahl  reifer  Ovarialeier  von  Lmnaeus  aurkularis  vergeblich  nach  einem 


•)  Leydig.   Ueber  den  Bau  und  die  systematische  Stellung  der  Räderthiere    Zeittchr  f 
Zoologie.  Bd.  fl  pag.  38  u.  102. 


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t 

—   435  — 

Keimfleck  suchte,  während  das  Keimbläschen  selbst  ohne  weitere  Veränderungen  sich  repräsen- 
tirte.  Game  in  ähnlicher  Weise  wie  bei  den  Räderthieren  sehen  wir  auch  in  dem  Keimbläschen 
des  Pseudovums  der  Aphiden,  den  früher  nicht  unansehnlichen  Keimfleck  schwinden  und  an 
seiner  Stelle  nur  einige  Granula  restiren.  Bezüglich  der  Arthropoden  erlaube  ich  mir,  noch 
eineBeobachtungLeydig's*)  hier  anzuführen,  wonach  bei  Argulua foliaceus  die  ursprünglich  in 
grösserer  Anzahl  vorhandenen  Keimflecke  noch  vor  dem  Schwinden  des  Keimbläschens 
nicht  mehr  zu  finden  sind:  auch  aus  den  neueren  Untersuchungen  von  Claus  scheint  nervor- 
zugehen,  dass  sich  in  den  Eiern  dieses  Thieres  zu  keiner  Zeit  ein  eigentlicher  Keimfleck  findet, 
sondern  stete  eine  grossere  Anzahl  dunkeler  Körner.**) 

Bekanntlich  finden  sich  in  dem  Keimbläschen  vieler  Hier  nicht  ein,  sondern  mehrere 
Keimflecke;  am  auffallendsten  sind  in  dieser  Hinsicht  die  Eier  der  Fische  (und  Amphibien),  in 
welchen  die  Zahl  der  Keimflecke  mit  dem  Wachsthnm  des  Eies  zunimmt  und  eine  ganz  betracht- 
liche Höhe  erreicht.  Wie  sich  mit  diesen  Verhältnissen  in  den  Keimbläschen  der  Fische  die 
Hertwig'sche  Ansicht  vou  der  Bedeutung  des  Keimfleckes  in  Zusammenhang  bringen  lässt, 
ist  keineswegs  recht  ersichtlich,  dagegen  lässt  sich  dieser  Zerfall  der  Keimflecke  sehr  gut  als 
ein  Vorläufer  ihres  schliesslichen  Unterganges  betrachten.***) 

Ohne  dass  ich  mir  daher  anmasse,  die  Hertwig'schen  Beobachtungen  an  den  Eiern 
der  Toxojmeustes  lividus,  ohne  eigene  Kenntniss  dieses  Objcctea,  in  bestimmtem  Sinne  auslegen 
zu  wollen,  scheint  es  mir  nicht  unmöglich,  daas  der  sogenannte  Eikern  des  reifen  Seeigeleies 
nicht  den  Keimfleck,  sondern  das  gesammte  reducirte  Keimbläschen  (nach  Schwinden  des  Keim- 
fleckes), oder  aber  einen  Theil  desselben  repräsentire. 

Aus  meinen  Untersuchungen  hat  sich  ergeben,  dass  bei  Würmern  und  Mollusken  das 
Keimbläschen  im  reifen  Ei,  kurz  vor  oder  erst  nach  der  Befruchtung,  eine  Metamorphose 
erleidet,  indem  dasselbe  in  die  Kernspindel  übergeht,  ein  ZusUnd,  der  sonst  die  Theiluug 
des  Kernes  einleitet.  Vou  einem  Keimfleck  ist  natürlich  in  diesem  Falle  keine  Rede  mehr,  wie 
aus  der  bekannten  Beschaffenheit  dieser  Kernspindel  folgt.  Es  ist  nun  von  höchstem  Interesse, 
dass  dieselbe  Metamorphose  des  Eikernes,  die  ich  beim  thierischen  Ei  fand  und  auch  schon 
in  meiner  ersten  vorläufigen  Mittheilung  vou  Cucullauus  geschildert  hatte  (15;  pag.  208)  - 
und  welche  ich  das  Vergnügen  hatte,  Herrn  Prof.  St  ras  bürg  er  während  seines  Besuches 
in  Frankfurt  a.  M.  auch  in  meinen  Abbildungen  vou  Nephclis,  sammt  dem  späteren  Austritt 


»)  Zeitschr.  f.  wiw.  Zoologie  Bd,  II.  pag.  840. 
»•)  ZoiUchr.  f.  wiw.  Zoologie  Bd.  XXV. 

•••)  Vergl.  namentlich  Auerbach  (17;  pag.  166-161)  und  fiele  frühere  Arbeiten. 


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des  Eikenies,  auseinandersetzen  zu  dürfen  —  hierauf  von  Strasburg  er  auch  im  Ki  der 
Conifereu  nachgewiesen  worden  ist,  wie  ich  nach  brieflichen  Mittheilungen  desselben  hier  her- 
vorheben muss. 

Sollte  sich  nun  ein  entsprechender  Vorgang  iui  Kie  der  Seeigel  wirklich  uicht  fiudeu,  da 
wir  doch  am  dem  Vorkommen  bei  Coniferen  und  Würmern  sicherlich  auf  ein  sehr  allgemeines 
Phänomen  sehliessen  dürfen?  Hertwig  hat  meine  Mittheilungen  über  die  Metamorphose 
des  Keimbläschens  im  Eie  des  CucuUauus  uicht  weiter  berücksichtigt  und  ebenso  die 
Mittheilungen,  welche  von  anderer  Seite  schon  über  die  Austreibung  eiues  Thciles  des  Eikernes 
oder  dieses  in  seiner  Gesammtheit  vorlagen,  keiner  Erwähnung  gewürdigt.  Ich  muss  gestehen, 
dass  dieser  Umstand  den  Schlüssen,  welche  er  aus  den  iJeobachtungeu  au  Toxopncusks  IfeMtf  zu 
ziehen  geneigt  ist,  ihre  allgemeine  Tragweite  völlig  entzieht.  Weun  ich  auch  zugebe,  dass  die 
älteren  Beobachtungen  über  das  Richtungsbläschen  ihn  in  seinen  Schlüssen  nicht  hätten  wankend 
machen  können,  so  waren  doch  auf  der  einen  Seite  die  Beobachtungen  Oel lache r 's,  dass  das 
Keimbläschen  des  Forolleneies  vor  der  Befruchtung  ausgestossen  würde,  auf  der  anderen  Seite 
diejenigen  von  Plein  m  i  ng  uud  mir,  dass  eiu  Theil  des  Keimbläschens  ausgestossen  werde,  zu 
berücksichtigen.  Ausserdem  hatte  ich  schon  in  meiner  zweiten  vorläufigen  Mittheilung  (79)  bemerkt, 
dass  die  früher  von  mir  ausgesprochene  Ansicht,  es  werde  der  Keimfleck  ausgestossen,  nicht  stich- 
haltig sei,  sondern  dass  es  sich  nun  um  die  Ausstossung  des  Kernes  in  seiner  Gesammtheit  handle. 

Nach  den,  von  mir  in  der  vorliegenden  Abhaudlung  mitgjtheilteu  Beobachtungen,  kann  es 
nun  nicht  mehr  im  geringsten  zweifelliaft  sein,  dass  ihm  deu  uutersuchteu  Objecten  der 
Eikern  nach  seiner  spindelförmigen  Metamorphose  (ob  in  Folge  der  Befruchtung  oder  nicht, 
dies  muss  vorerst  noch  unentschieden  bleibeu)  aus  dem  Dotter  hiuausgetriebeu  wird.  Aus 
meinen  Beobachtungen  muss  ich  diesen  Schluss  ziehen  und  zwar  finde  ich  in  denselben  keinen 
Anhaltspunkt  zur  Annahme,  dass  diese  Ausstossung  keine  vollständige  sei  and  dass  ein  Theil 
des  Kernes  im  Dotter  zurückbleibe.  Ich  weiss,  dass  ich  mich  in  dieser  Hinsicht  mit  den 
Resultaten,  zu  welchen  Strasburger  bei  den  Coniferen  gelangte,  uicht  in  Uebereinstiminuug 
befinde.  Nach  ihm  bleibt  ein  Theil  des  Eikernes  im  Dotter  zurück,  während  nur  ein  anderer 
Theil  zur  Ausstossung  gelangt.  Meine  Beobachtungen  haben  mir  keine  positive  Handhabt! 
gegeben,  um  einen  derartigen  Vorgang  bei  den  von  mir  untersuchten  Objecten  als  wahrschein- 
lich zu  betrachten ;  dennoch  kann  ich  es  auch  nicht  mit  absoluter  Gewissheit  in  Abrede  stellen, 
dass  nicht  vielleicht  ein  Theil  einer  der  Kernplatten  des  spindelförmig  metamorphosirten  Ei- 
kernes, während  des  Austrittes  desselben,  sich  ablöse  und  zur  Grundlage  eines  oder  mehrerer 
der  späterhin  in  dem  Dotter  hervortretenden  Kernchen  werde.    Die  subtile  Nntur  dieses  Vor- 


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gaugs  würde  es  begreiflich  genug  erscheinen  lassen,  wenn  ich  denselben  bis  jetzt  übersehen 
hätte.  Es  sind  zwei  Punkte  in  meinen  Beobachtungen,  die  sich  allenfalls  zu  Gunsten  einer 
derartigen  Auffassung  verwertben  Hessen ;  einmal  die  Entstehung  des  einen  der  neuen  Kernchen 
bei  Nephelis  (Tai.  I  Fig.  3)  ausserhalb  des  sogenannten  Centralhofcs  und  in  gewisser 
Beziehung  zur  Austrittssteüe  des  Eikernes  und  dann  die  gleichen  Beziehungen  der  neuentstehen- 
den Keruchen  zu  dieser  Austrittsstclle  bei  Limnoeus  und  Succinea,  sowie  der  Umstand,  dass 
bei  erstgenanntem  Objcct  der  ausgetretene  Eikern  durch  feine  Fädchen  mit  einigen  der  neu- 
gebildeten  Kernchen  in  Verbindung  zu  stehen  scheint.*) 

Ich  komme  nun  zu  dem  wichtigsten  Abschnitt  der  Her  twig1  sehen  Arbeit,  nämlich 
dem  eigentlichen  Act  der  Befruchtung.  —  Wie  mau  uus  dein  betreffenden  Kapitel 
meiner  Abhandlung,  das  ohue  Kcnntniss  der  bezüglichen  Arbeiteu  Strasburges s  und 
Hertwig's  geschrieben  worden  ist,  ersehen  haben  wird,  hatte  icii  mir  auch  schon  die  Frage 
aufgeworfen,  ob  nicht  die  sich  neubildenden  Kerne  der  ersteu  Furchungskugel  von  dem  Kern 
des  Spermatozoon  abzuleiten  seien  und  die  Vergleiche,  welche  sich  in  dieser  Hinsicht  zwischen  dem 
Befriichtiingsvorgang  und  dem  Conjugationsprocess  der  Infusorien  ziehen  Hessen,  waren  nicht 
ungeeignet,  diese  Frage  in  bejahendem  Sinne  zQ  entscheiden.  Ich  war  hierzu  um  so  mehr 
veranlasst,  als  ich  schon  in  meiner  ersteu  vorläufigen  Mittheilung  (15;  p.  210)  den  Gedanken 
aussprach,  dass  Bestandteile  des  Spermatozoon  iu  dem,  nach  Ausstossung  der  Kirhtungskörpcrchcn 
bleibenden  Best  dos  Keimbläschens  (wie  ich  damals  anzunehmen  glauben  durfte)  eingingen. 

Es  fehlte  jedoch  meiner,  in  dieser  Arbeit  vermutungsweise  ausgesprochenen  Ansicht  über 
die  Schicksale  des  oder  der  Spermatozoon  die  tatsächliche  Begründung,  welche  nun  durch  die 
Hertwig'sche  Untersuchung  in  einer  Weise  gegeben  wurde,  die.  wenn  auch  noch  nicht  voll- 
kommene Sicherheit,  so  doch  sehr  grosse  Wahrscheinlichkeit  besitzt  Ich  halte  es  daher  für 
nahezu  sicher  erwiesen,  dass,  nach  dein  Verschmelzen  des  oder  der  Spermatozoon  mit  der  Eizelle, 
der  Spermakern  eine  Weiterbildung  erfährt  und  zu  der  Bildung  des  ersten  Furchungskernes 
beiträgt;  in  welcher  Weise  dies  geschieht,  wird  nun  der  Gegenstand  unserer  weiteren  Betrachtung 
sein  müssen.  Hertwi«  fällt  hinsichtlich  des  Nachweises  dieses  Vorganges  alles  Verdienst  zu,  welches 
dem  allein  gebührt,  der  einen  Vorgang  zum  ersten  Male  wirklich  nachweist,  gegenüber  denjenigen, 
die  ihn  vermutungsweise,  als  wahrscheinliches  Product  blosser  Ueberlegung,  erschlossen  haben. 

Wir  wissen,  dass  Hertwig  den  Kern  des  eingedrungenen  Spermatozoon  mit  dem 
*im  Dotter  vorhandenen  Eikern  sich  vereinigen  und  in  dieser  Weise  den  ersten  Furchuugskern 

♦)  Vergl.  T»f.  IV.  Figg.  6  und  9. 


—    438  — 

sich  bilden  läast.  Es  fragt  sich  nun  vorzüglich,  was  ist  dieser  Eikern  und  wir  haben  uub  daher 
diese  Frage  schon  oben  vorgelegt,  wobei  ich  mich  dabin  aussprechen  musste,  dass  ich  die  Ansicht, 
es  repräsentire  derselbe  den  Eeimfleck,  für  sehr  unwahrscheinlich  halte ;  wahrscheinlicher  dünkte 
mir,  dass  er  entweder  das  gesammte,  sehr  reducirte  Eeimbläschen  sei,  oder  aber  ein  Theil 
desselben.  In  beiden  Fällen  jedoch  wäre  der  Keimfleck  der  Zerstörung  anheimgefallen.  Es 
erhebt  sich  auch  hier  wieder  die  Frage :  sollte  denn  in  den  Eiern  der  Ecbinodcrmen  der  durch 
die  Thierreihe  so  verbreitete  Vorgang  der  gänzlichen  oder  fhcilwcisco  Ausstossung  des  Keim- 
bläschens (um  mich  mit  aller  Reserve  auszudrücken)  wirklich  ganz  fehlen,  da  doch  ein  ent- 
sprechender Vorgang  nach  Strasburger  sich  selbst  im  Ei  der  Pflanzen  nachweisen  lässt? 
Auf  alle  Falle  muss  ich  jedoch  zugestehen,  dass  im  Ei  das  Toxopncustes  ein  Theil  des  Keim- 
bläschens als  der  sogenannte  Eikern  zurückbleibt  und  dass  dieser  Theil,  durch  seine  Ver- 
einigung mit  dem  Kern  des  Spermatozoon,  nach  der  Befruchtung  sich  zum  ersten  Furchungs- 
kern  umbildet*)  Wiewohl  meine  Beobachtungen,  wie  ich  schon  oben  nochmals  hervorgehoben 
habe,  mich  zu  dem  Schluss  führten ,  dass  das  Keimbläschen  in  den  von  mir  untersuchten 
Eiern  gänzlich  eliminirt  wird,  so  habe  ich  dennoch  kein  Bedenken  auch  die  Möglichkeit 
zuzugestehen,  dass  in  gewissen  Fällen  nur  ein  Theil  desselben  diesem  Schicksal  unterliege,  der 
im  Dotter  bleibende  Rest  hingegen  als  Kern  weiter  fungire.  Es  sind  die  Vergleichungen, 
welche  ich  zwischen  dem  Vorgang  der  Befruchtung  und  der  Conjugation  der  Infusorien  zog. 
die  mich  schon  vor  einiger  Zeit,  gegenüber  meinen  eigenen  Beobachtungen,  nöthigten,  diese 
Reserve  zu  ergreifen.  In  meiner  kleinen  Abhandlung  »zur  Entwicklungsgeschichte  des  Cucullanus 
cUgans***)  wandte  ich  mich  (Anmerkung  paß.  109)  gegen  die  von  E.  van  Beneden  neuer- 
dings aufgestellte  Befruchtungstheoric  und  sprach  mich  schliesslich  in  folgender  Weise  ans : 
»Das  Wesen  der  Befruchtung  ist  in  einer  ganz  anderen  Richtung  zu  suchen  und  meine,  in  stetem 
Hinblick  auf  diese  Frage,  ausgeführten  Untersuchungen  jüngster  Zeit,  sind  wesentlich  dazu 
geeignet,  meine  schon  vertnuthungsweise  geäusserte  Ansicht,  dass  es  sich  dabei  um  eine  gänz- 
liche oder  theil  weise  Erneuerung  des  Kernes  der  Eizelle  handle,  mehr  zu  befestigen,  c 

Meine  Untersuchungen  über  die  Conjugation  der  Infusorien  führten  mich,  wie  aus  vor- 
liegender Abhandlung  sich  ergibt,  zu  der  Ueberzeugung,  dass  bei  diesen  Organismen  der  Kern 

*)  Spaterer  Zusatz:  Während  der  Correctur  diese»  Bogen*  erhielt  ich  eine  Abhandlg.  von  K 
t.  Beneden  (Contrili.  a  l'hir.  de  la  vfaicule  gertninative  etc.;  Bull.  d.  l'ac  roy.  de  Belgique,  2».  Serie,  t.  LXI. 
No.  I ;  1876V,  worin  fftr  Asttraeanihion  ruben»  du  völlige  Schwinden  de»  Keimbläschens  geschildert  wird ; 
später  treten  auch  die  Richtnngübläschen  auf  Ich  kann  hier  natürlich  nicht  naher  auf  die  v.  Benedcn'sche  * 
Arbeit  eingehen,  muss  jedoch  hervorheben ,  dass  dieselbe  die  Tragweite  der  II ertwig 'sehen  Mittheilungcn 
bedenklich  erschüttert. 

**)  Zeitachr.  f.  wias.  Zoologie.  Bd.  2C.  pag.  103—110. 


a 


—    439  - 

im  Laufe  der  Conjogation  entweder  gänzlich  oder  theilweise  erneuert  oder  auch  nur  durch 
Zuführung  eines  neuen  Thciles  materiell  aufgefrischt  werde.  Halten  wir  daher  an  der  Ver- 
gleich h  der  Conjugationsvorgänge  dieser  Protisten  mit  dem  Befruchtungsact  fest,  so  müssen  wir 
auch  zugesteheu,  dass  sich  ähnliche,  Modifikationen  wie  bei  den  ersteren,  bo  auch  bei  letzterem 
finden  können.    Diese  Ueberlegung  bestimmte  mich  schon  zu  der  früher  gemachten  Reserve. 

Ich  halte  es  für  gerechtfertigt,  hier  einige  historische  Thatsachen  hinsichtlich  der  Befruch- 
tung beizufügen,  um  zu  zeigen,  wie  sich  schon  manchmal  dem  Nachdenken  verschiedener  Forscher 
eine  ähnliche  Auffassung  des  Befruchtungsactes,  als  eine  Erklärung  für  die  von  ihnen  beobachteten 
Paten  ergeben  hat,  ohne  dass  ich  jedoch  auf  diese  letzteren  selbst,  die  zum  Theil  ganz  unhalt- 
bar sind,  hier  eingehen  möchte. 

Schon  Barry,*)  der  bekanntlich  zuerst  1843  im  Kaninchenei  Spcrmatozocn  beobachtete, 
war  der  Ansicht,  dass  das  Spermatozoon  mit  dem  an  die  Oberfläche  des  Dotters  getretenen  » 
Keimbläschen,  speciell  dem  Keimfleck,  in  Verbindung  trete  und  Stoffe  an  den  letzteren  abgebe. 
Keber's  Ansicht  über  die  Befruchtung  des  Najadeneies  ging  dahin,**)  dass  der  Kern  des  in 
den  Dotter  gedrungenen  Spermatozoon  sich  theile  und  so  eine  Anzahl  Kerne  erzeugte,  die  sich 
mit  den  von  dem  Ei  selbst  abstammenden  Kernen  vermischten  (nicht  materiell).  Er  sah  in 
dieser  seiner  Auffassung  des  Befruchtungsactes  eine  gute  Erklärung  der  üebertragung  väter- 
licher und  müiterlicher  Eigenschaften  auf  das  erzeugte  Wesen.***)  Oben  wurde  ferner  schon 
die  Vorstellung,  welche  A.  Müller  (113)  von  dem  Befruchtungsvorgang  bei  Petromyzon  sich 
bildete,  erwähnt  und  die  darin  gipfelte,  dass  er  eine  directe  Aufnahme  von  Stoffen  des  Spermatozoon 
in  das  Aber  die  Dotteroberfläche  emporgehobene  Keimbläschen  annahm.  Ganz  ähnlich  fasste 
denn  schliesslich  P.  E.  Müller  (117)  den  Act  der  Befruchtung  bei  Hippopodws  auf;  seine 
Anschauung  nähert  sich  der'  H e r t w i g ' 8  sehr,  da  er,  wie  erwähnt ,  gleichfalls  nur  den  Krim- 
fleck restiren  läset,  mit  dem  sich  einige  Spermatozoon,  von  sehr  zweifelhafter  Natur  in 
Verbindung  setzen  und  den  Befruchtungsact  vollziehen,  ohne  jedoch  mit  ihm  zu  verschmelzen. 

Aus  dieser  kurzen  Zusammenstellung  ergibt  sich,  dass  eine  derartige  Auffassungsweise 
des  Wesens  der  Befruchtung  schon  eine  Reihe  von  Forschern  so  angesprochen  hatte,  dass  sie 

*)  Neue  Untersuchungen  über  die  sehraubenftrmigo  Beschaffenheit  der  Klemeutarfasern  der  Muskeln  etc 
Arch.  f.  Anat.  und  Physiologie.  1860.  pag  629—69«. 

**)  Keber,  >Dcber  den  Eintritt  der  Samenzellen  in  da»  EL«  Königsberg.  1863.  nag.  44. 
•••)  Vergl.  L  c  pag.  65.  Anmerkung:  »Die  Aehnlichkeit  der  Kinder  mit  den  Eltern  mnss  vorzugsweite, 
wenn  nicht  ausschliesslich,  materiell  erklärt  werden ,  weil  in  dem  kindlichen  Organismus  nachweislich  eine 
innige  Vermischuui?  der  von  beiden  Eltern  herstammenden  Zellenkerne  stattgefunden  hat  •  Ich  brauche  hier 
wohl  kein  Wort  über  den  Werth  der  Keber* sehen  Beobachtungen  biniuxufügeu,  da  dieser  Punkt  ja  allgemein 
bekannt  ist 


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derselben  in  der  Erklärung  der  von  ihnen  beobachteten  Thatsachen  einen  deutlichen  Ausdruck 
gaben,  ohne  jedoch  das  Stattfinden  eines  derartigen  Processes  auch  wirklich  erwieset]  zu  haben. 

Ich  um.-.-  nun  noch  einen  Augenblick  bei  der  Frage  verweilen :  wie  sich  die  so  verbreitete 
Erscheinung,  des  Entstehens  mehrerer,  zuweilen  zahlreicher  Kerne  in  der  ersten  Furchungskugel. 
erklären  lasse.  Hertwig's  Ansicht  bezüglich  dieses  Punktes  ist  (pag.  42),  dass  dies  leicht 
durch  das  Eindringen  mehrerer  Spermatozoon  verständlich  werde;  er  selbst  hat  (pag.  37)  bei 
den  Eiern  von  Toxopneusies  zuweilen  mehrere  (zwei  bis  vier)  helle  Stellen,  wie  sie  zuerst  von 
dem  eingedrungenen  Spermatozoon  hervorgerufen  werden,  an  der  Dotteroberfläche  entstehen 
sehen,  und  es  vereinigten  sich  auch  diese  mehrfach  vorhandenen,  hellen  Stelleu  mit  dem  Eikern, 
aber  die  betreffenden  Eier  starben  sämmtlich  bald  ab.  Ich  muss  nun  nochmals  hervorheben,  dass 
sich  in  allen  den  von  mir  untersuchten  Eiern  nichts  findet,  was  sich  dem  Eikern  des  Seeigcl- 
eies  vergleichen  liesse;  bei  allen  den  von  mir  beobachteten  Eiern  findet  sich  ein  Stadium,  in 
welchem  sich  von  einem  Kern  nichts  wahrnehmen  lässt,  gewisslich  aber  nichts  von  einem  so  hellen 
und  charakteristischen  Körper,  wie  es  der  Eikern  des  Secigeleies  ist.  Die  Kernrudimente,  welche, 
wie  wir  voraussetzen,  in  Gestalt  kleiner,  dichter  Körperchen  zu  dieser  Zeit  in  dem  Dotter 
vorhanden  sein  möchten  und  sich  von  dem  Spermatozoon  und  eventuell  von  dem  früheren 
Keimbläschen  ableiten,  können  unter  der  grossen  Masse  vou  Dotter  kaum  einer  Beobachtung 
zugänglich  sein.  Die  beiden  Kerne,  welche  ich  zuerst  in  dem  Ei  kleiner  freilebender  Nematoden 
entstehen  sah,  zeigen,  wie  auch  Auerbach  bestätigte,  nicht  die  geringste  Differenz  und 
entstehen,  wie  ich  in  vorliegender  Arbeit  nachzuweisen  versucht  habe,  in  ganz  gleicher  Weise. 
Es  liegt  also  vorerst  gar  keine  Berechtigung  vor,  im  Sinne  Hertwig's  den  einen  derselben 
als  Eikern,  den  anderen  als  Kern  des  Spermatozoon  zu  deuten.  Bei  CucuUanua  sah  ich  immer 
nur  ein  Spermatozoon  der  Oberfläche  des  Dotters  eingesenkt,  andererseits  aber  immer  eine 
bedeutende  Zahl,  bis  fünf  und  sechs  Kerne  in  der  ersten  Furchungskugel  entstehen. 

Dies  besümmt  mich,  in  der  Mehrzahl  der  neuentstehenden  Kerne  der  ersten  Furchungs- 
kugel viel  eher  ein,  durch  den  vorhergehenden  Zerfall  des  eingedrungenen  Spermatozoidenkerncs 
hervorgerufenes  Phänomen  zu  erkenueu,  um  so  mehr,  als  wir  auch  während  des  Conjugationsactes 
der  Infusorien  Kernthcilungcn  in  reichstem  Maasse  eintreten  sehen.  Damit  schlicsse  ich  natür- 
lich keineswegs  aus,  dass  nicht  zuweilen  mehrere  Spermatozoon  in  den  Dotter  eindringen  und 
die  Zahl  der  sich  bildenden  Kerne  vermehren.*) 


*)  Hertwig  hebt  (pag.  42)  hervor,  dass  ich  geneigt  sei,  den  mehrkeniigen  Zustand  der  ersten  Furchungs- 
kugel, als  hinterlassen*«  Erbstück  eines  ehemaligen  Vorfahren  der  höheren  Organismen  zu  beurtbeileu.  Ich 
habe  dies  keineswegs  in  der  Weise  behauptet  (vergl.  1&;  pag.JlS),  sondern  nur  darauf  hingewiesen,  dass,  wenn 


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* 


-    441  — 

* 

Hinsichtlich  der  Frage:  ob  die  theilwcisc  oder  gänzliche  Ausstossung  des  Eikern«*  in 
ichtungskörperchen  eine  Folge  der  Befruchtung  oder  aber  eine,  der  letzteu  Aus- 
bildung der  Eizelle  als  solcher  zukommende  Erscheinung  sei,  glaube  ich  mich  jetzt  bestimmter 
aussprechen  zu  Mirfat.  Oben  habe  ich  dasjenige  zusammenzutragen  versucht,  was  zur  Ent- 
scheidung dieser  Frage  angeführt  werden  konnte,  ohne  dass  es  jedoch  nach  dem  bis  jetzt 
vorliegenden  Material  gelungen  wäre,  eine  bestimmte  Stellung  für  oder  wider  zu  nehmen. 
Seit  dieser  Zeit  ist  eine  neue  Arbeit  E.  V.  Beneden's  erschienen  (La  Matur.  de  l'oeuf ,  la 
fecondation  et  les  pretn.  phases  du  d6veloppcment  embryog.  des  mammiferes.  Bullet  de 
l'Acad.  roy.  de  ßelgique  2m,<*  ser.,  T.  XL.,  No.  12;  1875),  worin  er  sich  bezüglich  des  Kanin- 
cheneies  mit  aller  Bestimmtheit  dahin  ausspricht,  dass  die  Ausstossung  der  Kichtungsbläschen 
ganz  unabhängig  von  der  Befruchtung  vor  sich  gehe,  ein  Schluss,  zu  dem  ja  auch  die  Bisch  off  - 
sehen  Untersuchungen  an  nicht  begatteten  Säugethieren  mit  Bestimmtheit  drängten.  Auf  der 
anderen  Seite  ist  mir  bekannt,  dass  Prof.  Strasburger  bei  der  Eizelle  der  Coniferen  die 
Ausstossung  eines  Theiles  des  Eikerncs,  welcher  die  schon  lange  bekannte,  sogenannte  Canal- 
zelle  foruürt,  vor  der  eigentlichen  Befruchtung  eintreten  sah. 

Nach  mehrfachen  vergeblichen  Versuchen  mich  über  das  Verhalten  unbefruchteter  Eier 
su  instruiren,  wandte  ich  mich  schliesslich  zu  den  mir  so  nahe  liegenden,  kleinen,  freilebenden 
Zu  diesen  Untersuchungen  bediente  ich  mich  zweier  Bhabditisarten,  die  sich  Jeder- 
leicht  zu  beschaffen  im  Stande  ist,  der  MaMitis  leres  Schnd.,  welche  sich  in  mit 
Substanzen  versetzter  Gartenerde  fast  immer  reichlich  einstellt  und  der  JüuUxUiis  jiellio 
Sehn.,  deren  Larven  in  Hegenwttrmern  leben  und  beim  Faulen  derselben  sich  zur  Geschlechts- 
reife entwickeln.  Von  diesen  Thicren  züchtete  ieff  eine  Anzahl  in  Kiwciss  und  isolirte  weibliche 

I 

Larven  in  grösserer  Menge,  jede  für  sich  in  einem  Tröpfchen  Eiweiss,  so  dass  eine  Befruchtung 
völlig  ausgeschlossen  war.  Die  Resultate  dieser  Untersuchungen  waren  nun,  dass  in  beiden 
Fällen  sich  der  Uterus  der  jungfräulichen  Thicre  auf  das  reichlichste  mit  reifen,  von  den 
Ovarien  losgelösten  Eizellen  anfüllte ,  jedoch  auch  nicht  in  einem  Fall  und  bei  mehrere  Tage 
fortgesetzter  Beobachtung,  die  Weiterentwicklung  auch  nur  einer  einzigen  Eizelle  eintrat. 
Keimbläschen  und  bei  Rhabditis  tercs  namentlich  auch  der  Keimfleck,  erhalten  sich  ohne 
irgend  welche  Veränderung  in  den  unbefruchteten  Eiern  dieser  Nematoden  und  fangen 
eret  an  undeutlich  zu  werden,  wenn  die  Dottermassc  selbst  deutliche  Zeichen  des  Zugrunde- 


man  den  Cytodenznatand  der  Eizelle  in  dieser  Weise  betrachtet,  man  die  gleiche  Betrachtungsweise  auch  auf 
diesen  mehrkantigen  Zustand  ausdehnen  müsse.    Ich  war  jedoch  weit  davon  entfernt,  diese  Anschaoungsweiae 


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-    442  - 

gehens  durch  fettige  Degeneration  aufweist  Es  bilden  sich  dann  bei  Rhabditis  petto  zahlreiche 
helle  Tröpfchen  in  der  früher  gleichmassig  körnigen  Dottermasse  und  zwischen  diesen  verdichtet 
sich  die  eigentliche  Dottcrsubstanz  zu  einer  mehr  oder  weniger  glänzenden  Masse;  die  Eier 
gehen  zu  Grunde.  Bei  Rhabditis  leres  konnte  ich  an  diesen  unbefruchteten  Eiern  keine  Spur 
einer  Dotterhaut  auffinden,  beim  Ucbcrtritt  in  Wasser  zerflossen  sie,  ohne  dass  sich  irgend 
etwas  von  einer  Hülle  zeigte.  Bei  Rhabditis  petita  hingegen  wurde  ein  zartes,  den  Dotter  aber- 
ziehendes Häutchen  deutlich.  In  keinem  Falle  aber  zeigte  der  Dotter  eine  Spur  der,  als  erste 
Entwicklungscrschcinung  bekannten  Condensation  innerhalb  dieser  Httlle. 

Diese  Beobachtungen  Ober  das  Verhalten  der  unbefruchteten  Eier  kleiner  Nematoden 
bieten  eigentlich  nichts  Neues,  denn  schon  Schneider  gelangte  zu  einem  ganz  ähnlichen 
Resultat  (10;  pag.  285).  Bei  Ascaris  mcgalocephalo,  mystax  und  limbrieoides ,  bei  FUaria 
papillosa  und  Lcptodera  appendictUata  gehen  nach  seinen  Beobachtungen  die  unbefruchteten 
Eier  ohne  irgendwelche  Veränderung  zu  Grunde.  Nur  bei  Cucullauus  elegaits  soll  sich  die 
Dotterhaut  abheben  und  sogar  eine  unregelmassige  Furchung  eintreten;  alleiu  die  Furchungs- 
kugeln  soUen  sich  bald  trennen  und  zu  Grunde  gehen. 

Was  ist  nun  aber  aus  diesem  völlig  unveränderten  Verhalten  der  unbefruchteten  Eier 
unserer  Würmer  zu  schliesscn?  Einmal  müssen  wir  zugeben,  dass  beide  Ansichten  über  das 
Auftreten  der  Richtungsbiäschen,  einmal  in  Folge  der  Befruchtung,  das  andere  Mal  unabhängig 
von  dieser,  ihre  Berechtigung  haben. 

Um  aber  dieses  verschiedene  Verhalten  mit  unseren  sonstigen  Anschauungen  in  Einklang 
zu  setzen,  müssen  wir  anerkennen,  dass  die  Austreibung  der  Uichtungskörperchen  keineswegs 
ein  Phänomen  ist,  welches  dem  Ei  als  solchem  in  seinem  höchsten  Reifezustand  zukommt, 
sondern  wir  müssen  darin,  eine  der  ersten  Entwicklungserscheinungen  erkennen,  die  in  gewissen 
Fällen  nur  am  befruchteten  Ei  sich  vollzieht,  in  anderen  Fällen  hingegen  auch  parthenogenetisch 
stattfinden  und  der  Befruchtung  vorausgehen  kaun. 

Unter  diesen  Umständen  glaube  ich  nun,  um  so  fester  an  der  oben  versuchten  Vergleichung 
der  Gonjugationserscheinungen  der  Infusorien  und  der  Befruchtung  festhalten  zu  dürfen.  Hin- 
sichtlich des  parthenogenetischen  Auftretens  der  Austreibung  der  Richtungsbläschen  (eines 
Theiles  oder  des  ganzen  Eikernes),  glaube  ich,  nochmals  besonders  an  die  höchst  merkwürdigen 
Verhältnisse  bei  den  Diatomeen  erinnern  zu  müssen,  die  uns  ja  sehr  auffallende  Analogien 
bezüglich  ihrer  Copulationserscheinungen  mit  den  Infusorien  zeigten.  Ich  betonte  oben 
besonders,  dass  der  Verjüngunfjsprocess  der  Diatomeen,  die  Auxosporenbildung,  in  einer  Reihe 
von  Fällen  nachweislich,  auch  ohne  Zusammentreten  zweier  Individuen,  von  einem  einzigen 


-    443  - 

vollzogen  werden  kann.  Dürften  wir  etwas  derartiges  auch  bei  einem  Infusor  ftlr  möglich  halten, 
so  hätten  wir  einen  Fall,  der  als  Pendant  des  parthenogenetiscben  Austretens  der  Richtungsbläschen 
dienen  könnte.  Immerhin  scheint  es  mir  auch  mehr  wie  wahrscheinlich,  daas  sich  bei  den 
Diatomeen,  in  Anbetracht  der  Debereinstimmung  ihrer  Conjugationserscheinnngcn  mit  denen  der 
Infusorien,  auch  ähnliche  Vorgänge  bezüglich  einer  Verjüngung  der  Kerne  finden  möchten. 

Eine  Betrachtung,  die  Hertwig  hinsichtlich  der  Infusorien  anstellt,  ist  geeignet,  unser 
Interesse  an  dieser  Stelle  noch  besonders  in  Anspruch  zu  nehmen.  In  einer  Anmerkung  zu 
pag.  40  bemerkt  er,  dass  sich  der  sogenannte  Nucleus  und  Nucleolus  dieser  Thiere,  wegen  der 
Veränderungen,  die  sie  bei  der  Portpflanzung  (?)  eingehen  sollten,  recht  gut  mit  dem  Ei-  und 
Spermakcm  der  befruchteten  Eizelle  vergleichen  lassen;  dass  daher  die  Infusorien  als  herma- 
phroditische Zellen  betrachtet  werden  müssten.  Ich  bin  aber  zu  demselben  Schluss,  jedoch 
auf  Grund  eines  sehr  verschiedenen  Gedankenganges  gelangt  Zuerst  gestehe  ich  offen,  dass 
es  mich  überrascht,  dass  Hertwig  bei  dieser  Gelegenheit  mit  keinem  Worte  des  erst  von  mir 
erbrachten  Nachweises,  dass  die  sogenannten  Nucleoli  der  Infusorien  echte  Zellkerne  seien, 
gedenkt,  auch  nicht  der  Rolle,  welche  .Nucleus  und  Nucleolus  bei  der  Conjugation  (nicht  Fort- 
pflanzung) spielen,  die  ich  in  meiner  vorläufigen  Mittheilung  (79)  von  Stylonichia  MytQus  schon 
genau  darstellte.  Welche  Art  der  Veränderungen  während  der  Fortpflanzung  es  sind,  die 
Hertwig  dafür  anführen  zu  dürfen  glaubt,  dass  Nucleus  und  Nucleolus  der  Infusorien  dieselbe 
Bedeutung  hätten  wie  Ei-  und  Spermakern  der  höheren  Thiere,  ist  mir  nicht  ersichtlich.  Nach 
meinen  Beobachtungen  über  die  Conjugation  der  Infusorien  ist  die  Rolle  des  Nucleolus  in 
gewissem  Sinne  vergleichbar  der  eines  befruchtenden  Spermakernes,  da  derselbe  den  Hauptkem 
während  der  Conjugation  ganz  oder  theilweise  ersetzt.  Eine  wirkliche  Gleichstellung  des 
Nucleolus  und  eines  Spermakernes  wäre  jedoch,  meiner  Ansicht  nach,  nur  dann  festzuhalten, 
wenn  Bich  nachweisen  liesse,  dass  die  Nucleoli  der  in  gewöhnlicher  Weise  conjugirten  Infusorien 
während  der  Conjugation  ausgetauscht  würden,  denn  das  wesentlichste  Kriterium,  das  wir  bis 
jetzt  für  einen  Spermakern  haben,  ist  doch  das,  dass  er  in  einer  anderen  Zelle  (der  Eizelle) 
zur  Weiterbildung  gelangt.  Ich  habe  es  daher  auch  nicht  versäumt,  genauer  auf  die  wenigen 
Fälle  bei  P.  Bursaria  und  puirinum  hinzuweisen ,  wo  ich  einen  derartigen  Austausch  der 
Nucleoli  mit  Sicherheit  glaube  annehmen  zu  dürfen;  dennoch  haben  sich  diese  Fälle  bis  jetzt 
so  selten  gezeigt,  dass  ich  sie  nicht  für  regelmässig  halten  darf. 

Es  kann  keinem  Zweifel  unterliegen,  dass  sich,  unter  den  uns  bekannt  gewordenen 
Conjugatiohserscheinungen  der  Iufusorien,  die  sogenannte  knospenförmige  Conjugation  der 
Vorticellen  am  nächsten  dem  BefruchtungsvorganRe  bei  höheren  Thieren  anschliesst,  da  hier,  wie 


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schon  des  Näheren  auseinandergesetzt  worden  ist,  das  kleine  knotenförmige  Individuum 
vollständig  mit  dem  grösseren  verschmilzt,  also  sich  diesem  gegenüber  verhält,  wie  das  Sper- 
matozoon zur  Eizelle.  Nun  verhält  sich  aber  dieses  kleine,  das  Spermatozoon  repräsentirende 
Thier  hinsichtlich  seines  Nuclcus  und  Nucleolus  völlig  wie  ein  gewöhnliches  Individuum;  es  besitzt 
auch  einen  Eikern  im  II  e  r  t  w  i  g 1  sehen  Sinne,  man  sollte  vermuthen,  dass  es  nur  einen  Nucleo- 
lus (Spermakern)  besässe.  Ich  kann  daher  auch  nur  der  Ansicht  sein,  dass  die  eigenthämliche 
Diffcrcnzirung  der  Kerne,  welche  uns  die  Infusorien  zeigen,  nicht  in  dem  Sinne  aufgefasst 
werden  kann,  dass  die  einen  sich  den  Eikerncn,  die  anderen  den  Spermakernen  entsprechend 
verhielten,  denn  die  mit  Ei,  beziehungsweise  Sjiermatozoon,  vergleichbaren  Individuen  der  Infu- 
sorien besitzen  iu  gleicher  Weise  beide  Kernarten. 

Ich  habe  schon  iu  meiner  vorstehenden  Arbeit  ausdrücklich  darauf  hingewiesen,  wie  aber 
gerade,  aus  den  schon  hervorgehobenen  Gründen,  die  genaue  Verfolgung  der  sogenannten 
knospenfürmigen  Gonjugatiou  der  Vorticellen,  für  die  Vcrgleichung  mit  dem  Befruchtungsvorgang 
der  höheren  Thiere  vom  höchsten  Interesse  zu  sein,  verspreche.  Es  war  daher  auch  nach 
Vollendung  des  Manuscriptes  dieser  Arbeit  mein  nächstes  Bestreben,  die  genaue  Untersuchung 
dieser  Frage  in  Angriff  zu  nehmen.  Die  Schwierigkeit  der  Material-Beschaffung,  die  schliess- 
lich durch  den  Eintritt  der  scharfen  Kälte  ganz  unterbrochen  wurde,  machte  es  mir  jedoch  bis 
jetzt  unmöglich,  zu  völliger  Klarheit  hinsichtlich  des,  hier  aus  verschiedenen  Gründen  besonders 
schwierig  zu  untersuchenden  Vorganges  zu  gelangen.  Ich  hätte  es  daher  auch  unterlassen,  meine 
Resultate  in  ihrer  jetzigen,  unvollständigen  Gestalt  mitzutheilcu,  wenn  nicht  in  neuester  Zeit 
eine  Abhandlung  von  Balbiani  (65b)  über  diesen  Gegenstand  erschienen  wäre,  die  es  mir 
zur  Pflicht  macht,  in  Hinblick  auf  meiue  in  dieser  Arbeit  dargelegte,  ganz  abweichende 
Auffassung  der  Conjugation,  hier  noch  einen  kurzen  Abriss  meiner  Erfahrungen  bei  den 
Vorticellinen  beizufügen,  damit  nicht  diese  neuere  Mitthciluug  Ualbiani's  ab  ein  Einwurf  gegen 
meine  Darstellung  der  Conjugation  betrachtet  werden  könnte.  Ich  glaube  kaum  hervorheben 
zu  müssen,  dass  raeine  Beobachtungen  über  die  Coujugalionserscheinungcn  der  Vorticellen  ganz 
ohiv  Kenntniss  der  Bai bi aufsehen  angestellt  worden  sind,  die  erst  in  den  letzten  Tilgen 
des  Deccmbcre  1875  in  meine  Hände  gelangten. 

Balbiani  scheint  seine  Beobachtungen  an  Carbium  poiypimm  angestellt  zu  haben; 
es  ist  eben  dieses  Tlüer  und  die  VorticcUa  ndndifera,  welche  mir  die  sogleich  zu  berichtenden 
Ergebnisse  geliefert  haben.  Balbiani  hebt  zunächst  hervor,  dass  einige  Zeit  nach  eingetretener 
Conjugation  die  Nuclei  der  beiden  ronjugirten  Thiere  zu  kleinen  Segmenten  zerfallen,"  wie  dies 
zuerst  Stein  dargestellt  hat.    Gleichzeitig  aber  vergrössere  sich  der  Nucleolus  des  kleinen 


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Conjugationsthieres  (Mikrogonidie  nach  Stein)  und  theile  sich  hierauf  zu  zweien,  von  welchen 
jeder  sich  zu  einer  ovalen,  mit  parallel  geordneten  Fäden  erfüllten  Samenkapsel  (Kernspindel) 
entwickele,  während  der  Nucleolus  des  grösseren  Thieres  während  der  ganzen  Conjugatiou 
überhaupt  «ar  keine  Veränderung  erfahre.  Nachdem  das  kleine  Thier  gänzlich  mit  dem 
grösseren  verschmolzen  ist,  finden  sich  diese  beiden  Samenkapseln  in  letzterem ;  was  nun  mit 
ihnen  geschieht,  wird  nicht  weiter  angegeben.  Aus  den  mit  einander  vermischten  Nucleus- 
bruchstocken  der  beiden  Thiere  sollen  sich  nun  aber  fünf  bis  sieben  Eier  entwickeln,  die  (nach- 
dem sie  von  den  Spermatozoon  der  Kapseln  befruchtet  worden  sind)  nach  aussen  abgelegt 
werden.  Die  übrigen  Nucleusbruchstücke  hingegen  vereinigen  sich  dann  schliesslich  wieder 
zu  einem  Nucleus.  Man  sieht,  Balbiaui  hält  noch  iu  jeder  Beziehung  an  der  von  ihm  früher 
entwickelten  Lehre  von  der  geschlechtlichen  Fortpflanzung  der  Infusorien  fest  und  obgleich  er 
in  dieser  Mittheilung  meine  Erfahrungen  hinsichtlich  der  Bedeutung  der  Stcin'schen  Embryonen 
der  Infusionsthiere,  als  Bestätigung  seiner  früher  ausgesprochenen  Ansicht  bezüglich  derselben, 
verwerthet,  unterlässt  er  es  doch  völlig,  den  von  mir  in  der  gleichen  Abhandlung  gelieferten 
Nachweis  der  Irrigkeit  seiner  Lehre  von  der  geschlechtlichen  Fortpflanzung  der  Infusions- 
thiere mit  einem  Worte  zu  erwähnen. 

Ich  hoffe  nun,  durch  die  jetzt  mitzuteilenden  Ergebnisse  über  die  Conjugation  der 
Vorticcllcn  zu  zeigen,  dass  dieselbe  keineswegs  in  der  Weise  verlauft,  wie  dies  Balbiani 
neuerdings  darstellt,  natürlicher  Weise  aber  noch  weniger  mit  den  Ansichten  Stein'»  im 
Einklang  ist 

Ich  bemerke  im  Voraus,  dass  ich  unter  den  zahlreichen  von  mir  gesehenen,  aus  der 
Conjugation  hervorgegangenen  Thicren  von  Vorticeüa  uebHlifcra  und  Varchesium  polyirinum 
auch  nicht  ein  einziges  fand,  das  Embryonen  enthalten  oder  eine  Andeutung  zur  Bildung  solcher 
verrathen  hätte.  Ich  sehe  hierin  den  Beweis  dafür,  wie  gerechtfertigt  die  im  Laufe  dieser 
Arbeit  von  mir  ausgesprochene  Ansicht  über  die  Bedeutung  dieser  vermeintlichen  Embryonen 
ist  und  befinde  mich  in  dieser  Hinsicht  in  völliger  üebereinstimmung  mit  Balbiani.*) 

•  * 

*)  Spaterer  Zusatz:  Durch  die  Gate  de*  Herrn  Prof.  Engelruann  erhielt  ich  wahrend  des  Druckes 
dieser  Abhandlung  einen  von  ihm  verfaulen  Aufsatz,  »üeber  Entwicklung  und  Fortpflanzung  von  Infusorien« 
(Morpholog.  Jahrbücher,  herausgegeben  von  Gegenbauer,  Bd.  L  pag.  573—634),  der  ursprünglich  in 
holländischer  Sprache  in  dem  3.  Bande  der  3.  Reihe  der  Onderioekingen  gedaan  in  bot  physio- 
logisch laboratorinm  der  TJtrechtschc  Hoogeschool  veröffentlicht  worden  war.  Ich  bedauere  es 
sehr,  dass  ich  nicht  mehr  in  der  Idge  bin,  diesen  interessanten  Aufsatz  in  meiner  Arbeit  völlig  tu  verwerthen, 
indem  Engelmann  in  einer  Reihe  von  Punkten  zu  ganz  denselben  Ansichten  gelangte  wie  ich.  So  hat  ersieh 
»peciell  von  seiner  früheren  Auffassung  der  vermeintlichen  Embryonen  völlig  zu  der  Balbiani 's  bekehrt  und 

Abhu  vll  <\.  *twkenti.  naliirf  Ii«..  HI  X.  67 


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-    446    -  . 

ErkUrung  de»  Holischnittes  i  Figg.  o,  6  und  m  Vortictlla  ntbulifera;  die  übrigen  Figuren  »on  Carchetiam 
polypinum.  Fig.  d:  a,  3  der  Nucleoluskugeln  in  ihrem  Aussehen  im  lebenden  Zustand,  alle  übrigen  Dar- 
stellungen sind  nach  Essigsaurenraparaten  entworfen.   Figg.  h,  i  und  l:x  od.  a  der  Nueloolus. 


Zunächst  zerfallt  also,  wie  die  übereinstimmenden  Beobachtungen  von  Stein,  Greeff, 
nalbiani,  Kn  gel  mann  und  mir  ergeben  haben,  der  Nucleus  der  coujugirten  Thiere,  in 
ähnlicher  Weise  wie  z.  B.  bei  l'aram.  Aurdia  oder  ptärimim,  in  einzelne  Stücke  (Fig.  «),  die  sich 
noch  weiter  theilen,  so  dass  sich  also  schliesslich  die  Nuclei  beider  Thiere  in  eine  sehr  grosse 

liefert  auch  hinsichtlich  der  Embryonen  der  Vorticellen  den  thatsachlichen  Nachweis,  dass  sie  sich  bei 
Vortiretta  mirrottoma  von  aussen  in  die  sie  lieberbprgenden  Thiere  einbohren,  in  derselben  Weise,  wie  ich 
diesen  Nachweis  fDr  die  acinetenartigen  Embryonen  der  Paramaecien  und  Stylonirhien  n  gcl*n  vermochte. 
Ich  liin  sehr  erfreut,  meine  ol.pn  ausgesprochenen  Betrachtungen  über  die  Embryonen  der  Vorticellen  in  dieser 
Weise  durch  die  Beol»achtung  heat&tigt  zu  finden;  mir  selbst  war  es  seither  noch  nicht  möglich,  diesen 
Fall  eigenen  Untersuchungen  xu  unterwerfen,  da  es  mir  bis  jetzt  leider  nicht  glückte,  embryonenhaltige 
Vorticellinen  in  einiger  Menge  aufzufinden  (»crgl.  Engel  mann  I.  c.  jiag.  692  (f.). 


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Anzahl  kleiner,  jedoch  keineswegs  immer  gleich  grosser  Segmente  auflösen.  Um  die  Umbildungen 
der  Nucleoli*)  hinreichend  zu  verfolgen,  fehlte  mir  bis  jetzt  leider  das  genügende  Material 
an  Conjugationszustäuden  aus  früherer  Zeit,  ich  habe  jedoch  mit  einiger  Deutlichkeit  in  dem 
kleinen  Conjugationsthier  von  Carchesium  txdypinutn,  in  ähnlicher  Weise  wie  Balbiani, 
zwischen  den  Nucleusbruchstücken  zwei  ansehnliche  Kernspiudeln  (Samenkapseln)  beobachtet; 
bei  Vortieelta  ucbnlifcra  hingegen  in  einem  Thier,  mit  dem  der  kleine  Sprössling  schon  nahezu 
verschmolzen  war,  eine  Kernspindcl  mit  sehr  deutlicher  Kernplatte  mit  vollkommener  Sicherheit 
beobachtet,  eine  danebenliegende  zweite,  weniger  deutlich  gesehen  (Fig.  !>,).  Schliesslich  habe 
ich  bei  (Jatcftesium  polypinum  ein  aus  der  Conjugation  hervorgegangenes  Thier  (Fig.  c) 
beobachtet,  bei  dem  die  Verschmelzung  der  beiden  Thiere  schon  völlig  vollzogen  war  und 
welches  zwei  ganz  deutliche  Kcrnspindeln  (ohne  Kernplatte)  neben  zahlreichen  Nucleusbruchstücken 
enthielt.  Ob  sich  thatsächlich  der  Nucleolus  des  grossen  Thieres  während  der  Conjugation  gar 
nicht  weiter  entwickelt,  wie  Balbiani  angibt,  vermag  ich  nicht  zu  sagen,  ich  halte  es  aber 
dann  kaum  für  möglich,  ihn  mit  Sicherheit  von  den  Nucleusbruchstücken  zu  unterscheiden. 

Die  weiteren  Zustände,  welche  ich  sah,  zeigen  nun  neben  den  Nucleusbruchstücken  eine 
sehr  verschiedene  Zahl  eigentümlicher,  runder,  kernartiger  Körper.  Dieselben  zeichnen  sich 
im  lebenden  Zustand  durch  ihre  lichte  Beschaffenheit  aus,  die  gegen  die  matten  und  dunkleren, 
dichteren  Nucleusbruchstücke  deutlich  absücht.  Häufig  erkannte  ich  in  ihrem  Centrum  ein 
recht  deutliches,  ganz  helles  Bläschen,  welches  seinerseits  wieder  ein  dunkleres,  kleiues  Körperchen 
einschloss.  Nach  Zusatz  von  Essigsäure  soudert  sich  an  ihnen  eine  sehr  dunkle  Hülle  von 
einem  ebenso  beschaffenen  Kern  (Figg.  d,  er,  f,  g),  in  welchem  letzteren  noch  das  lichte  Bläschen 
mit  dem  Körperchen  häufig  sehr  kenntlich  ist.  An  günstigen  Objecten  liessen  sich  zarte  Fäden 
wahrnehmen,  die  strahlend  vom  Kern  uach  der  Hülle  verliefen,  ein  Verhalten,  das  wir  im  Vor- 
stehenden von  Kernen  mehrfach  erwähnt  haben.  Um  die  Hülle  Hess  sich  bei  günstigen 
Objecten  ausserdem,  noch  ein  sehr  zartes  Häutchen  nachweisen,  wie  dies  ja  an  ähnlich  beschaffenen 
Kernen  uns  mehrfach  aui'stiess  (es  ist  dies  das  Homologon  der  Nucleusmcmbran  der  Infusorien). 


*)  Spaterer  Zusatz:  Kngelroann  hat  sich  in  «einer  neuen  Arbeit  (1.  c.)  durch  die  so  bestimmten 

frtthervu  Erfahrungen  (110),  das  regelmässige  Vorkommen  eines  Nucleolus  bei  den  Vorticellinen  zn  bezweifeln. 
Kr  sagt  in  der  Anmerkung  zu  p.  031  j  »Kr  (der  Nucleolus)  kommt  alao  jedenfalls  nur  sehr  selten  vor.«  Ich 
kann  dagegen  versichern,  das«  da«  Vorkommen  eines  Nucleolus  bei  den  von  mir  hierauf  genau  untersuchten 
und  oben  naher  bezeichneten  Vortieellinen  ein  ebenso  regelmassiges  ist,  als  etwa  bei  P.  Buritaria  und  Aurdia. 
Ks  gehört  auch  kaum  mehr  Geschicklichkeit  dazu,  diesen  Nucleolus  bei  den  Vorticellinen  aufzufinden,  als  bei 
den  letztgenannten,  holotrhhen  Infusorien. 


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—    448  — 


Die  Zahl  dieser  Kugeln  ist,  wie  gesagt,  sehr  verschieden;  bei  Carchesium  polyjyiimm  fand  ich 
einmal  15  (Fig.  d),  sehr  häufig  sieben  (fraglich  blieb  bis  jetzt  die  Zahl  acht),  vier,  drei,  zwei 
und  eine;  bei  VorticeUa  nebtdifera  fand  ich  die  gleichen  Zahlen,  nur  nicht  15.  Was  die 
Bedeutung  dieser  Körper  anlangt,  so  sind  sie  einmal  identisch  mit  den  Eiern  Balbiaui's, 
dann  aber  auch  mit  den  Keimkugeln  Stein'«  bei  den  nicht  stockbildendeu  Vorticellen.  Es 
fragt  sich  aber  nun,  wo  sie  eigentlich  herstammen  und  da  kann  ich  nicht  anstehen,  sie  von 
den  Nucleoli  (oder  dem  Nucleolus  des  einen  Thieres,  wenn  sich  die  Balbiani' sehe  Beobachtung 
bestätigt)  herzuleiten.  Man  vergleiche  nur  zum  Beispiel  das  von  mir  eruirte  Verhalten  der 
Nucleoli  der  Paramaecien  nach  der  Conjugation  und  ihren  Uebergang  in  lichte  Körper,  die 
Balbiani  gleichfalls  für  Eier  hielt.  Man  wird  mir  zugestehen,  dass  diese  Annahme  die  einzig 
mögüche  ist,  wenn  man  sich  über  das  gleich  zu  beschreibende,  zukünftige  Schicksal  dieser 
Körper  orientirt  haben  wird.  Um  diesem  näher  zu  treten,  fragt  es  sich  zunächst,  wie  erklärt 
sich  die  so  verschiedene  Zahl,  in  welcher  sich  die  Körper  in  den  einzelnen,  aus  der  Conjugation 
hervorgegangenen  Thieren  vorfinden.  Balbiani  würde  hierauf  ohne  Zweifel  antworten :  einmal 
dadurch,  dass  sich  nicht  immer  die  gleiche  Zahl  Eier  entwickelt  und  danu  durch  die  allmälig 
statthabende  Ausstossung  dieser  Eier.  Zur  Entscheidung  dieser  Frage  muss  ich  zunächst  hervor- 
heben, dass  die  Zahl  der  Körper  mit  ihrer  Grösse  im  umgekehrten  Verhältniss  steht,  dass 
dieselben  alBO  in  dem  Maasse,  als  sie  sich  an  Zahl  vermindern,  allmälig  mehr  heranwachsen 
woraus  der  Schluss  zu  ziehen  ist,  dass  diejenigen  Thiere,  welche  die  kleinere  Zahl  jedoch 
grösserer  Kugeln  enthalten ,  die  in  der  Entwicklung  weiter  fortgeschrittenen  sind.  Bei  der 
solitären  Vorticella  nebuiifera  wäre  es  nun  kaum  mit  einiger  Sicherheit  zu  bewerkstelligen, 
hinter  das  Geheimniss  von  der  allmäligen  Abnahme  dieser  Körper  in  den  einzelnen  Thieren  zu 
kommen,  dagegen  lässt  sich  dies  mit  Sicherheit  bei  dem  Carchesium  polypinum  erreichen  und 
zwar  ergibt  sich,  dass  die  alünälige  Abnahme  der  Zahl  dieser  Körper  in  den  einzelnen  Thieren 
eine  Folge  fortwährender  Thcilung  der  aus  der  Conjugation  hervorgegangenen  Individuen  ist. 
Bei  Carchesium  nämlich,  wo  die  Theilsprösslinge  zu  einem  Stock  vereinigt  bleiben,  lässt  sich 
ja  die  Genealogie  der  einzelnen  Individuen  des  Stockes  mit  Sicherheit  bis  zu  einem  gewissen 
Punkte  zurück  verfolgen.  So  findet  man  denn,  dass  die  Thiere  mit  sieben  Körpern  gewöhnlich 
einen,  demselben  Stiel  entspringenden  Gefährten  mit  gleichfalls  sieben  Körpern  neben  sich  haben 
(Fig.  c).  Die  absolut  gleiche  Beschaffenheit  beider  Thiere,  die  Kürze  ihrer  Stiele  und  die 
häufige  Wiederkehr  dieses  Verhältnisses  macht  das  Hervorgehen  dieser  Formen  aus  solchen, 
wie  Fig.  d  mit  15  Kugeln,  durch  einfache  Theilung  unabweisbar.  Noch  characteristischer  jedoch 
gestaltet  sich  das  Verhältniss  der  mit  vier  und  drei  Kugeln  verseheuen  Tbiere,  welches  keinen 


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Zweifel  übrig  lägst,  dass  dieselben  durch  Theilung  der  mit  sieben  Kugeln  versehenen  Individuen 
hervorgegangen  sind.  Das  in  Fig.  g  abgebildete  Zusammenstehen  von  einem  mit  vier  und  einem 
mit  drei  Kugeln  versehenen  Thier  auf  gemeinsamem  Ast  und  manchmal  gerade  erst  angelegten 
Stielchen,  ist  so  häufig,  dass  für  mich  kein  Zweifel  Ober  die  Richtigkeit  der  von  mir  gegebenen 
Deutung  mehr  vorhanden  bleibt.  Ferner  sah  ich  jedoch  auch  drei  kleine  Thiere  mit  je  zwei  Kugeln 
von  gemeinsamem  Ast  entspringen;  die  Anordnung  derselben  ergab,  dass  zuerst  eine  Theilung 
eine«,  sechs  Kugeln  enthaltenden  Thieres  zu  zweien  stattgefunden  hatte,  von  welchen  das  eine 
vier,  das  andere  zwei  Kugeln  enthielt,  hierauf  t heilte  sich  das  entere  nochmals,  so  dass  nun 
jedes  Thier  mit  zwei  Kugeln  versehen  war.  Diese  Theilungcn  der  aus  der  Conjugation  hervor- 
gegangenen Thiere  können  uns  nicht  besonders  auffallen,  da  wir  ja  dieselbe  Erscheinung  schon 
bei  /'  Aurelia  und  noch  charakteristischer  bei  P.  putrinum  gefunden  haben.  Für  die  Richtig- 
keit meiner  Auffassung  spricht  fernerhin,  dass  auch  die  Zahl  der  Nucleusbruchstücke  sich  mit 
der  Abnahme  der  Zahl  der  Kugeln  stets  vermindert.*) 

Nachdem  nun  aber  durch  fortgesetzte  Theilung  die  Zahl  der  Kugeln  der  verschiedenen 
Individuen  bis  auf  drei  oder  vier  herabgesunken  ist,  macht  sich  allmalig  eine  characteristische 
Veränderung  ihrer  Beschaffenheit  geltend.  Indem  sie  nämlich  noch  immer  an  Grösse  zunehmen, 
verliert  sich  jetzt  allmälig  der  früher  nach  Zusatz  von  Essigsaure  so  characteristische  Binnen- 
körper, nebst  dem  in  ihm  enthaltenen  hellen  Bläschen  etc.,  indem  derselbe  sich  in  eine  granu- 
lirte  Masse  auflöst,  die  mit  der  dunkelen  Hülle  in  continuirlichen  Zusammenhang  tritt  (Fig.  A), 
so  dass  wir  schliesslich,  als  Resultat  dieses  Umwandiungsprocesses,  einen  durch  Essigsäurezusatz 
feingranulirten  Körper  erhalten,  der  von  einer  zarten  Hülle  umschlossen  wird.  Die  Kugeln, 
welche  früher  den  Bau  von  Kernen  gewisser  Rhizopoden  oder  Gewcbezcllen  höherer  Thiere 
hatten,  sind  demnach  durch  diese  Metamorphose  in  den  charakteristischen  Zustand  der  Nuclei 
der  Infusorien  übergeführt  worden  (Figg.  A  u.  i).  Nicht  immer  erfolgt  diese  Umwandlung 
jedoch  bei  Gegenwart  von  drei  oder  vier  Kugeln,  wiewohl  dies  der  normale  Fall  zu  sein 
scheint;  zuweilen  scheint  die  Vorticclle  sich  zuvor  noch  weiter  zu  theilen,  wodurch  sich  das 


*)  Späterer  Zusatz:  Nachträglich  finde  ich  nun  anch  in  der  neuen  Arbeit  von  Engel  mann 
die  direct«  Bestätigung  meiner  Auffassung  durch  Beobachtung.  En  gel  mann  hat  nämlich  ein  am  der 
Conjugation  hervorgegangen™  Individuum  von  Vartiorüa  miarottoma  in  der  Theilung  beobachtet  (1.  c  pag.  696 
und  Tat'.  XXI.  Fig.  21).  Jedes  dor  durch  Theilung  oeuenUtandenen  Individuen  enthalt  zwei  ansehnliche  der 
oben  beschriebenen  Nucleoluskugeln  nnd  eine  Anzahl  kleiner  Nucleosdiruchstocke.  In  gleicher  Weise  beobachtet« 
Engelmann  auch  knoapenförmige  Theilung  (Fig.  22)  kurz  nach  vollzogener  Conjugation.  In  der  Darstellung, 
die  E  n  g  e  I  m  a  ■  n  jedoch  von  dem  Verlaufe  der  knospenformigeo  Conjugation  bei  Vortkttta  microxtoma  und 
EpUtyli»  pKcatQu  gibt,  verwerthet  er  diese  Beobachtung  nicht,  weicht  überhaupt  von  meiner  Auffassung  sehr  ab. 


Vorkommen  von  Individuen  erklärt,  welche  nur  zwei  oder  eine  Kugel,  jedoch  noch  von  der  ur- 
sprünglichen  Beschaffenheit,  enthalten. 

Diese  so  umgewandelten  Kugeln  setzeu  nuu  ihr  Wachsthum  weiter  fort  und  gleichzeitig 
vermindert  sich  ihre  Zahl  durch  weitere  Thcilungen  der  betreffenden  Vorticellcn,  bis  schliesslich 
Zustände  erreicht  werden,  wo  sich  nur  eine  solche  nucleusartige,  ansehnliche  Kugel  neben  einer 
sehr  reducirten  Anzahl  von  Bruchstücken  der  ehemaligen  Nuclei  vorfindet  (Fig.  Jfc). 

Neben  diesem  so  sehr  herangewachsenen  Körper  trifft  man  uuu  immer  weniger  Nuclcus- 
bruchstücke  an,  bis  schliesslich  gar  keine  mehr  zu  linden  sind.  Dagegeu  traf  ich  schon  auf 
den  Stadien  der  Figg.  A,  »  und  schliesslich  neben  dem  mächtig  herangewachsenen  Körper,  von 
dem  es  nun  nicht  mehr  zweifelhaft  sein  kann,  dass  er  deu  neugebildeten  Nucleus  der  aus  der 
Conjugation  hervorgegangenen  Vorticellc  darstellt  ,  einen  characteristischen  Nucleolus  (Figg.  A, 
i  und  /,  *  od.  «).  Ueber  die  Herkunft  dieses  Nucleolus  wage  ich  vorerst  keine  Ansicht  auszusprechen, 
ich  glaube  jedoch,  dass  es  meinen  jetzigen  Erfahrungen  am  meisten  entsprechen  würde,  wenn 
sich  die  B  a  I  b  i  a  n  i  'sehe  Ansicht  bestätigen  sollte,  dass  dieser  Nucleolus  der  unverändert  erhalten 
gebliebene  des  grossen  Conjugationsthieres  sei.  Leider  muss  ich  aber  vorerst  auch  hier  noch 
das  Schicksal  der  Bruchstücke  der  ehemaligen  Nuclei  der  sich  conjugirenden  Thiere  zweifelhaft 
lassen ;  ich  habe  bis  jetzt  kein  Anzeichen  dafür  zu  finden  vermocht,  dass  dieselben  sich  mit 
dem  neugebildeten  Nucleus  vereinigten,  ich  kann  sogar  von  Vorticella  nebulifera  einige,  wiewohl 
nicht  ganz  vorwurfsfreie  Beobachtungen  anführen ,  die  mir  die  schliessliche  Vereinigung  der 
Nucleusbruchstückc  mit  dem  neugcbildeteu  Nucleus  sehr  unwahrscheinlich  machen.  Unter  den 
aus  der  Conjugation  hervorgegangenen  Thicrcn  tfaf  ich  nämlich  hier  auch  auf  einige,  die  schon 
wieder  einen  bandförmigen,  gewöhnlichen  Nucleus  enthielten,  daneben  jedoch  noch  eine  geringe 
Anzahl  von  kleinen  Körpern,  die  vollständig  den  Nucleusbruchstücken  der  aus  der  Conjugation 
hervorgegangenen  Individuen  entsprachen.  Hätte  ich  es  in  diesem  Falle  nicht  versäumt,  mich 
durch  Färbungsversuche  über  die  Natur  jener  Körperchen  noch  mehr  zu  versichern,  so  würde 
ich  nicht  anstehen,  diesen  Beobachtungen  eine  grössere  Tragweite  in  dem  Sinne  zuzuschreiben, 
dass  das  Vorkommen  von  ehemaligen  Bruchstücken  der  alten  Nuclei  neben  einem  neuen,  der 
schon  i  wieder  die  cbaracteristischc  Formation  des  Nucleus  der  Vorticellen  angenommen  hat 
dafür  spreche,  dass  die  Bruchstücke  des  alten  Nucleus  bei  der  Ueconstitution  des  neuen  keine 
Verwendung  finden,  sondern  wahrscheinlich  ausgeworfen  werden. 

Unter  den  oben  erwähnten  Formen  von  Vorticella  nebulifera  traf  ich  nun  auch  auf  die 
eigentümliche,  welche  ich  mir  erlaubt  habe,  in  Fig.  m  wiederzugeben.  Hier  fanden  sich  zwei 
bandförmige  Nuclei  von  massiger  Un«e  im  Vordertheil  des  Körpers,  zwischen  welchen  es 


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mir  ganz  unmöglich  war  einen  Zusammenhang  zu  entdecken.  Daneben  fanden  sich  noch  eine 
Anzahl  characteristischer  Nucleusbrucbstücke  im  Leibe  des  Thieres  zerstreut  Eine  Er- 
klärung für  diese  cigenthümliche  Form  kann  ich  nur  darin  finden,  dass  in  diesem  Falle  aus- 
nahmsweise zwei  der  neugebildeten  Nuclei  (vergl.  z.  B.  Fig.  i)  frühzeitig  bandartig  aus- 
gewachsen  seien. 

Die  hier  vorgetragene  Auffassung  der  Conjugationserscheinungen  der  Vorticellen')  scheint 
mir  am  besten  meinen,  bis  jetzt  leider  nur  sehr  lückenhaften  Beobachtungen  zu  entsprechen 
und  gleichzeitig  allein  einen  Anschluss  an  die,  von  mir  bei  anderen  Infusorien  ermittelten  Ver- 
hältnisse zu  gestatten.  Hoffentlich  wird  sich  mir  Gelegenheit  bieten,  die  noch  vorhandenen 
Locken  auszufüllen,  sobald  eine  Beschaffung  des  nöthigen  Materiales  wieder  möglich  ist. 

Bekanntlich  findet  sich  jedoch  bei  den  Vorticellen,  wie  zuerst  die  Untersuchungen  von 
Claparede  und  Lachmann  zeigten ,  auch  Conjugation  von  zwei  Individuen  gleicher 
Beschaffenheit  auf  ihren  Stielen.  Ich  habe  diese  Form  der  Conjugation  bis  jetzt  ein  einziges 
Mal  bei  Yorticctta  nctwlifera  beobachtet.  Die  betreffenden  Thiere  wurden  zwei  Tage  in  dem 
conjugirten  Zustande  verfolgt ;  die  genauere  Untersuchung  nach  Ablauf  dieser  Frist  ergab  mit 
Sicherheit,  dass  dieselben  einen  zusammenhängenden,  bandförmigen  Nucleus  besassen ;  die  jedem 
einzelnen  Individuum  angehörige  Hälfte  war  etwas  kurzer  als  der  Nucleus  eines  gewöhnlichen 
Thieres,  die  feinere  Beschaffenheit  war  dieselbe  wie  im  normalen  Zustand.  Die  Beobachtung 
von  Nucleoli  gelang  nicht.  Es  scheint  demnach,  als  wenn  sich  diese  eigenthümlichc  und  seltene 
Form  der  Conjugation  der  Vorticellen  jenen  von  Engelroann  bei  Stylonichia  beobachteten 
Conjugationserscheinungen  anschlösse,  in  Folge  deren  die  zwei  zusammengetretenen  Thiere 
völlig  miteinander  verschmelzen  und  auch  ihre  Nuclei  (und  Nucleoli  ?)  sich  gänzlich  miteinander 
vereinigen,  worauf  ohne  weitere  Absonderlichkeiten  aus  dem  Verschmelzungsproduct  wieder  ein 
normales,  sich  durch  Theilung  fortpflanzendes  Thier  hervorgeht 

Noch  muss  ich  mit  einigen  Worten  eines  Werkes  gedenken,  dass  erst  einige  Zeit  nach 
Vollendung  des  Manuscriptes  in  meine  Hände  gelangte.  Ich  meine  die  »Etudes  sur  les  micro- 
zoaires.  von  E.  de  Fromentel  (116).  Es  wäre  ein  zu  billiges  Vergnügen,  wenn  ich  es 
mir  hier  zur  Aufgabe  machte,  dem  Verfasser  dieser  Studien,  der  ohne  Zweifel  viel  Zeit  und 
Mühe  auf  die  Beobachtung  der  Infusorien  verwandt  hat,  im  Einzelnen  nachweisen  zu  wollen, 
wie  wenig  seine  Ansichten  über  Bau  und  Fortpflanzung  der  Infusorien  mit  den  Ergebnissen 


*)  Die  wenigm,  früher  von  mir  gnelu>ncn  und  im  Laufo  dir  vorstehenden  Abhandlung  hrnrhriebenen 
Stadien  der  Vortkrtla  Campanuia  wird  »ich  der  Wr  leicht  den  jeixigen  KrfahrungRn  gemau  deuten  können. 


-    452  - 

» 

der  Forschungen  der  Neuzeit  harmoniren.  Fromentel  befindet  sich,  bezüglich  der  neueren 
Untersuchungen  seit  C 1  a p  a  r  e  d e  und  L  a  c  h  in  an  n,  in  der  naivsten  Unkenntniss;  so  ist  ihm 
nicht  nur  das  grosse  Werk  S  t  e  i  n  '  s  »der  Organismus  der  Infusionsthierec  gänzlich  unbekannt, 
sondern  es  sind  dies  auch  die  wichtigsten  Arbeiten  B  a  1  b  i  a  n  i '  s ,  seines  Landsmannes.  Ich 
glaube  daher  kein  Unrecht  zu  begehen,  wenn  ich  ein  näheres  Eingehen  auf  dieses  Werk,  iiier 
unterlasse.*) 

• 

*)  Einige  während  des  Druckes  dieser  Arbeit  erschienene  Schriften  Ober  die  Vermehrung  der  Zellkerne  etc. 
konnten  nicht  mehr  eingehender  berücksichtigt  werden ,  da  einmal  dnreh  dieselben  die  Auffassung  meiner 
Beobachtungen  nicht  beeinträchtigt  wurde,  anderseits  ein  näheres  Eingehen  auf  dieselben  eine  wesentliche 
Umgestaltung  des  schon  vor  der  Abfassung  dieser  Arbeiten  vollendeten  Manuscriptes  erfordert  hatte,  was 
nicht  in  meiner  Absicht  lag.   Die  betreffenden  Arbeiten  sind: 

May  sei,  W.  Ueber  eigentümliche  Vorgange  bei  der  Theilung  der  Kerne  in  den  Epithelialzellcn 
*  (Central«,  t  d.  med.  Wissensch.  1875.  No.  50.) 

Auerbach,  L.  Zur  Lehre  ron  der  Vermehrnng  der  Zellkerne  (Central«,  f.  d.  raedic.  Wiaseusch. 
1876.  No.  1). 

Auerbach,  L.  Zelle  und  Zellkern,  Bemerk,  zu  Strasburger's  Schrift:  Ueber  Zellbilduitg  und 
Zelltheilung  (Beitrage  xur  Biologie  der  Pftanxen,  herausgeg.  ».  F.  Cohn,  Bd.  II  Heft  I). 

Auch  die  Mittheilungen  aber  die  Kerntheilung  in  den  Eiern  der  Seeigel,  welche  0.  Hertwig  in  seiner 
mehrfach  citirten  Arbeit  (118)  gibt,  sowie  diejenigen  E.  t.  Beneden's  hinsichtlich  der  Blastodcrouellen 
des  Kanincheneies  (L  c  Tergl.  oben  p.  441),  konnten  leider  nicht  naher  besprochen  werden  ! 


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I 


Verzeich n iss  der  benützten  Literatur 

(insofern  diekelle  nicht  kIioii  im  Text  angeführt  worden  ist}  ' 


u. 

1.  Frey,  H.,  Zur  Entwicklungsgeschichte  de»  gemeinen  Blutegels,  llirwlo  vulgaris,  Ncphetis  rulgaria  Sav. 

Froriep's  Neue  Notizen  1840  p.  228 

2.  Grube,  A.  E.,  Untersuchungen  über  die  Entwicklung  der  Ciepsinen.    Königsberg,  JW4, 

3.  Rathke,  II.,  Beiträge  zur  Kntwickluugsges«  hichte  der  llirudine.en.  Herausgegeben  von  R,  I.eurknrt. 

Leipzig,  16112. 

4.  Ratzel,  Fr.,  Vorläufige  Nachricht  über  die  Entwicklungsgeschichte  von  J.umbriatH  und  NrjMis.  Zeil  Fr  hr. 

f.  wisienschuftl.  Zoologie,  Bd.  XIX.  p.  281. 
6.  —  Histologische  Untersuchungen  an  niederen  Tliieren.  Zeitschr.  f.  wissenschaftl.  Zoologie.  Bd.  XIX.  p.  2M). 

6.  Kowatetrtky,  A.,  Kinbryologische  Studien  au  Würmern  und  Arthropoden.    Men  i  de  l'Acnilemie 

imp.  de  St.  lVtcrshourg.   T.  XVI.  Ib7l.   No.  12. 

7.  VUip<trede,  E.,  Üti  In  formatioa  et  de  la  fecondation  de»  oeufs  ehe*  le»  vers  neiuatodes.  Mejnoires 

de  la  societe  de  phy  sique  de  (ienc-ve.  1850. 

8.  KöUikrr,  A.,  BeilrAgc  zur  Entwicklungsgeschichte  wirbelloser  Thiere.    Arth,  f.  Anat.  II,  Physiologie. 

1H43.  p.  66. 

9.  Reichert.  Der  Furchunirsprocess  und  die  sogenannte  Zellbildung  um  Inhaltsportionen.  Arch.  f  Annt.  n. 

Physiologie.    Hl'    p.  106. 

10.  SCÜUtMtH'f  A.,  Monographie  der  Xeuiatoden.    Berlin  1861!. 

11.  Leuck/irt,  It.,  Die  menschlichen  Parasiten.    Bd.  II.    Leipzig,  1HIJ7 — 75. 

12.  ron  \\  Uli  Ulm  «-Stthin .  It.,  l'eber  einige  Trcinatodtn  und  Xematlielminthen.   Zeitschr.  f.  wissensch. 

Zoologie.    Bd.  XXI.  p.  177—203. 
1».  vttn  Beneden,  Ed.,  llecherches  sur  la  c-ompoMtion  et  la  nignitiration  de  l'oeuf.    Meni.  rnnr.  et  niem. 

de»  sav.  etrang.  de  l'Academie  roy.  de  Helgique.   T.  :u.  1870. 
14.  BUtwekli,  O.,  Beitrage  itm  Ivenutniss  der  freilebenden  Nematoden.  Nov.  Acta  Ar.  Cr.  Leop.  C.  Bd.  3i». 

No.  5.  187J. 

IG.  —  Vorläufige  MittheiUini:  (Iber  Untersuchungen,  betreffend  die  ersten  F.nlwicklungsvorgauge  im  befruchteten 
Ei  von  Nematoden  und  Schnecken.    Zeitschr.  f.  wissenscb  Zoologie.    l!d.  XXV.  p.  2H1 —  IS. 

10.  Münk,  Ueber  Ki-  und  Sanw-nhildung  und  Befrurhiung  der  Nematoden.  Zeitschr.  f.  wissensch.  Zoologie, 
Bd.  IX. 

17.  Auerbarh,  /..,  Orgamdogiselie  Studien,  1.  Heft    Breslau,  1874. 

16.  —  Organologtsche  Studien.  2.  Heft.    Breslau,  1874.  . 

19.  Robin,  t'h.,  Memoire  MUT  les  globales  polatrc*  de  l'ovule.  Journal  de  la  physiol  et  de  l'anatom.  de 
l'homroe  et  des  auimaux.    1862.   T.  V.  p.  149. 


•I  Kiaitv  kleine  llnrairclmdwtilftktllen  In  der  Numimrirunic,  .Ii«  I ••  i  li-r  »iclil  mulir  lu  iii.l.Tn  ».in  u.  bitte  Ich  tu 

rataebwHllfea. 

AI  »»..  ii  iL  8»nekeul>  ualurl  U*  IM.  X  58 


454 


20.  Robin,  Ch.,  Memoire  «ur  les  phenomeues  qui  se  passem  dans  lonile  avant  la  aegmentation  da  Titellua. 

ibid.  p.  66. 

21.  —  Note  snr  la  production  da  noyeau  vitellioe.  ibid.  p.  309. 

22.  —  Memoire  sur  la  -produetion  du  blastoderme  chez  les  Articule*.  ibid.  p.  348. 

23.  Lereboullet,  A.,  Kech.  d'cmbryol.  comparee,  3.  part.,  Embryol.  da  Lymnaeua  siagnalit.  Ann.  d.  selences 

imt.  Zoolog  4.  »er    T.  XVIII.  p.  87—211. 

24.  Ttatzl,  Fr.  und  W'arsehawaky,  J/.,  Zur  Eiitwickluni,*>geschich:r  des  Reginwurros  (Lumbriau  agri- 

cola  Hoffm  ).   Zeitschr.  f.  wisB.  Zoologie.    Bd.  XVIII-  p.  547-  62. 
•  25.  J^rydiy,  F.,  Zur  Anatomie  und  Entwicklungsgeschichte  der  Ladnularia  socialit.  Zeitschr.  f.  wissenach. 
Zoologie.    Bd.  III.  1851.  ]>.  4'2-74. 
2«.  Huxley,  'iMcinularia  *octalis*    A  Conlribution  to  tlie  Anatomy  and  Physiology  of  the  Rotatoria.  — 
Traniact  of  the  microsc.  society  of  London.    1M5U.    p.  1. 

27.  Flein  ming,  »f.,  Studien  in  der  Entwicklungsgeschichte  der  Nnjaden.  Siuungi.l>er.  der  k.  Akademie  d. 

Wissenschaften  *u  Wien.    Bd.  LXXI.  III.  Abth.  IR76.    p.  1-132. 

28.  Meznikoff,  E.,  Embryologische  Studien  an  Insecleu.    Zeitschr.  f.  wissensch.  Zoologie,  Bd.  XVI. 

29.  RnUtlani,  Memoire  sur  Ic  d<S»eloppement  des  uraneid«.  Ann.  des  seien«*  nat.  Zoolog.  6  eer.  T.  XVIII. 

1873.    p.  1—91. 

30.  BtUtrhli,  O.,  Vorläufige  Mitteilung  Ober  Kau  und  Entwicklung  der  Samenfaden  bei  Insecten  und 

Crustaceen.    Zeitschr.  f.  wi&sensch.  Zoologie.    IM.  XXI.  p.  402 — 414.  > 

31.  von  jAiralette  St.  George*    1.»  lieber  die  Genese  der  Sunenkörper.    Dritte  Mittheilung.  Arch. 

f.  mikrosk.  Anatomie.   Bd.  X.  p.  495—504. 

32.  Remak,  lt.,  I  eher  die  Theilung  der  Blutaellen  beim  Embryo.   Aren.  f.  Anatomie  u.  Physiologie.  1868. 

p.  178—88. 

33.  Heitzmann,  Untersuchungen  über  da»  Protoplasma  I— III.    Sitzungaber.  der  k.  Akademie  d.  Wissen- 

schaften zu  Wien.    Physik.-mathera.  Klasse.    1873.    III.  AUb. 
U.  Ratzel,  Fr.,  Beiträge  zur  anatomischen  and  systematischen  KenntnisK  dir  Oligochaeten.    ZeiUihr  für 

wias.  Zoologie.    Bil.  XVIII.  p.  56ü— 91. 
35.  Fol,  /f.,  Etudes  sur  le  developpement  des  mollasques.    1.  mem.   Sur  le  devcloppement  des  pteropodes. 

Arebües  de  Zoologie  experimeut.    Bd.  IV  p.  1  —  144. 

37.  Gegenbauer,  C,  Untersuchungen  ül>er  Pteropoden  uml  Iii  ternpoden.  Leipzig,  1855. 

38.  f^ettckart,  It.,  Zoologische  Untersuchungen.  3.  Heft.    Beiträge  zt:r  Naturgeschichte  der  Cephahiphoren. 

Glessen,  1864. 

39.  Seienka,  F.,  Eifurchung  und  Larvenidldung  ron  HuMrolutoma  dongalum  Keferst   ZeiUchr.  f.  wissenseb. 

Zoologie    Bd.  XXV.  p.  442-50. 

40.  —  Embryologie  von  CWCMMtit  d»l>alum.   Sitzunpberirhte  der  physik  medkin.  G eselisch,  au  Erlangen. 

1*75,  Juni. 

41.  Desor,  E.,  Embryologie  vun  Semertes.   Arch.  f.  Anal.  u.  Physiologie.  184s.  p.  511-26. 

42  l>U<k,        Beiträge  zur  Entwicklungsgeschichte  der  Nemertiuen.  Jenaische  Zeitschrift  f.  Medic  n.  Natur- 
wiasensch.    Bd.  VIII.  1874.  p.  500—520. 

43.  Klünenberg,  -V.,  Hydra,  eine  anatomiech-entwicklungsgeschichtliche  Studie.    Leipzig,  1872. 

44.  Semper,  C,  lieber  die  Entstehung  der  geschichteten  Ccllulou -Epidermis  der  Ascidien.    Vcrbandl  der 

physik.medic.  Gesellschaft  wi  Wtiraburg,  N.  F.  Bd.  VIII. 
15.  Ocliarhrr,  «7.,  Beiträge  zur  Geschichte  des  Keimbläschens  im  Wirbelthierei.  Arch.  f.  mikrosk.  Anatomie. 
Bd.  VUJ.  p.  2-27. 

46.  Eimer,  TA.,  Untersuchungen  über  die  Eier  der  Reptilien.  Arch.  f.  mikrosk.  Anat.  Bd.  VIII.  p.  216—43. 

u.  p,  397—434. 

47.  Rlwhoff,  Th.  L.  W\,  Entwicklung  des  Hundeeies.    R  rannten  wein,  1-  ir. 

48  Meznikoff,  E.,  Studien  Ober  die  Entwicklung  der  Medusen  und  Siphonophoren.  Zeitschr.  f.  wis&enscli. 
Zoologie.    Bd.  XXIV.  P.  16-83. 


4».  Götte,  JL,  EntwickliuwgeM-hichte  der  Unke.  Leiprig,  1875. 

öl.  KayLankenter,  Bummary  of  /oologiral  Observation*  made  at  Naples  in  thc  winter  1871—72   Ann.  a. 
magaz.  of  nat.  history;  IV.  ser.  T.  XI.  1873.  p.  82— 117. 

52.  Flemming,  W.,  Ueber  die  or*teu  Entwicklungserscbeinungin  im  Ei  der  Teichinuschel.    Area.  f.  mi- 

kro»k.  Anatomie.  Bd.  X.  p.  257—92. 

53.  von  Jhering,  IT.,  Ueber  die  Entwicklungsgeschichte  der  Najadcn.  Sitzungsberichte  d.  naturf.  Gesellschaft 

xu  Leipiig.    I.  Jahrgang.  1874.   p.  3  8. 
64.  Schenk,  8.        Entwieklungsvorgingc  im  Eichen  von  Serpula  nach  der  künstlichen  Befruchtung.  SiUnngs- 

berichte  d.  Wiener  Akad.  Mathern  -uatunris*.  Klasse.  1874.    Bd.  70.  3.  Abth.  p.  387—3  0. 
5ö.  Stratburger,  l.  ,  Ueber  Zellbildung  und  Zclltheilung.   Jena,  1875. 

56.  UüUer,  Jon.,    Ueber  Sywapta  digitata  und  aber  die  Ereengung  von  Schnecken  in  Holothurien. 

Berlin,  1852. 

57.  Fol,         Die  erste  Entwicklnng  des  fieryonideneiw.   Jenaische  Zeitschr.  f.  Med.  n.  Naturw    Bd.  VII. 

p.  471-92. 

58.  Schneider,  An  Untersuchungen  Ober  Platheltninthen.    14.  Jahresbericht  der  oberhesaisohen  Gesellschaft 

f.  Natur-  u.  Heilkunde.  1873. 

59.  Oeüacher,  .7.,  Heitrage  xur  Entwicklungsgeschichte  der  Knochenfische  nach  Beobachtungen  am  Bach- 

forellenei.   Zeitschr.  f.  wissenseh.  Zoologie.    Bd.  XXII.  p.  373—421. 

60.  Stein,  Fr.,  Die  Infusionathieie  auf  ihre  Entwicklungsgeschichte  nntersneht.    Leipiig,  1854. 

61.  Viaparedr  et  Lac/imann,  Etudes  nur  \e*  infusoires  et  les  rhixopodes.  1.  et  2.  parties.   Anatomie  et 

Classification.    Üeneve  et  Bale,  1868. 

62.  —  Etüde»  »ur  les  infusoires  3  part    De  la  reprodnetion  den  infusoire«. 

63.  Batbiani,  G^  Note  »ur  1'exUtence  d'une  generation  sexuelle  che»  les  infusoirea.   Joura.  de  l'anat.  et 

de  la  Physiologie  etc.   T.  I.  p.  847. 
64..  —  Du  role  des  organe»  generateur«  dans  la  dirision  spontanee  des  Infusoires  cilices.  Journ.  de  l'anat.  etc. 
T.  HI.  1860.  p.  71-87. 

66.  —  Note  »ur  un  cas  de  parasitisme  improprement  pris  pour  un  mode  de  reproduetion  des  infusoires  ciüees. 

Compt  rend.  de  l'Acau.  1860.  T.  51.  p.  319. 
65a.  —  Observation«  et  experience»  sur  lea  phenomencs  de  la  reproduetion  nasipare  che«  les  infusoires  eiliees, 

Cmpt  rend.  T.  60  1860.  p.  1191  96. 
65h.  —  Sur  la  generation  sexuelle  des  Vorticelliens.   Uompt  rend.  de  l'Acad.  de  sciences.  T.  81.  p.  676—79. 
66  -  Recherche«  sur  les  pbenoueues  sexuelle»  des  infuaoires.  Journ.  de  l'anat.  et  de  pbysiol.  de  Thomme  etc. 

T.  IV.  1861.  p.  102-130;  194  —220  u.  465—520.  • 

67.  Stein,  Fr^  Der  Organismus  der  Infusionsthierc.    Bd.  I.    Leipxig,  1859. 

68.  -  Der  Organismus  der  Infusionsthiere.    Bd.  II.    Leipxig,  1867. 

69.  Ueber  einige  neuere  Resultate  seiner  Infusorienforschungen.  Tageblatt  der  42.  Versammlung  deutscher 

Naturforscher  und  Aerste  xu  Dresden.  1868.  p.  82. 

70.  MeznUeoff,  K-,  Ueber  die  Gattung  Sphaerophtya    Arch.  f.  Anatomie  u.  Physiologie.  1864.  p.  258-  61. 

71.  Eberhard,  E^  Beilrag  zur  Lehre  der  geschlechtlichen  Fortpflanxung  der  Infusorien.   Zeitschr.  f.  wiss. 

Zoologie.    Bd.  XVIII.    p.  120-29. 
Eckhard,  C.  Die  Organisation  der  |>oly  gastrischen  Infusorien  mit  besonderer  Kocksicht  auf  die  kürzlich 
durch  v.  Siebold  ausgesprochenen  Ansichten  über  diesen  (iegenswnd.    Archiv  für  Natur- 
geschichte.   1846.  L  p.  209  -  35. 

72.  Schaa/Ptausen,  Ueber  die  Organisation  der  Infusorien.   Verband!  d.  naturhist.  Verein«  der  preuss. 

Rheinlande  und  Westphalens.   3.  Folge.   5.  Jahrg.    1868.    Correspondenxbl.  p.  52—56. 

73.  Grteff,  /f.,  Untersuchungen  Über  den  Bau  und  die  Naturgeschichte  der  Vorticellen.    Archiv  f.  Natur- 

geschichte.   1870.  Bd.  I,  p.  363  -84  n.  1871.  Bd.  I.  p.  185—221. 

74.  Everts,  E.,  Untersuchungen  an  VorUctila  nebuüfera.  Zeitschr.  f.  wiss.  Zoologie.  Bd.  XXIII.  p.  592-622. 


-    456  — 

T.k  Hertleif/,  It..  Ueber  J'iidophtya  gtmmipara,  liebst  Bemerkungen  zum  Bau  und  zur  systematischen 
Stellung  der  Acineteu.    Morpholog.  Jahrbücher,  herausgegeben  von  Gegenbauer.   Bd.  I. 

p.  20-H2. 

76.  HertuHg,  It.  und  Ia-iuwv,  E,  t'eber  Rhizopodcn  und  denselben  nahestehende  Organismen.    Archiv  für 

mikrosk.  Anatomie.   IW.  X.  Supplementhrft,  p.  35 — 243. 

77.  Hertteig,  It.,  ruber  Mikrogrtmia  sociali*,  eine  Colouie  bildende  Mouothalamie  des  süssen  Wassers. 

Arcb.  f.  mikrosk.  Anatomie;  H>l.  X.  Supplementheft,  p.  1—34. 
7«.  Hfdttehli,  (>.,  Einiges  aber  Infusorien.    Arth.  f.  mikrosk.  Anatomie     Itil  IX.  p.  657  -TO. 
79.       Vorläufige  Mitteilung  einiger  Resultate  von  Studien  Ober  die  (onjugation  der  Infusorien  und  die 

Zelltheilung.    Zeitarhr.  f.  wisneiisrh.  Zoologie.    Bd.  XXV.    p.  4% — 41. 
«0.       Zur  Kenntnis*  der  Fortpilanzung  bei  .4reeffa  vulgaris.  Arch.  f.  mikrosk.  Anatomie.  Bd.  XI.  p.  459—67. 

81.  Häekel,  E.,  Zur  Morphologie  der  Infusorien.   Jenaische  Zeitschrift  für  Medirin  u.  Naturwissenschaften. 

Bd.  VII.  p.  516. 

82.  Clan»,  C,  Bemerkungen  aur  l«ehre  von  der  Kinzelligkcit  der  Infusorien.    Verhandl.  der  k  k.  aoolog.- 

botin.  Gesellschaft  zu  Wien,  1874. 
8.!.  Oreeff,  lt.,  l'domyxa  palustris  (Ptlobius),  ein  amubonartiger  Organismus  den  süssen  Wassers.    Arch.  f. 

mikrosk.  Anatomie     Bd.  iX.    p.  51 — 78, 
81.  Schnitze,  F.  /-.'.,  Ilbisopoduuatudien  I    Arcli.  f.  mikrosk.  Anatomie.    Bd.  X  p.  328-  50. 
85.  —  Rhizopodciistudien  IV.    Arch.  f.  mikrosk.  Anatomie.    Bd.  XI.  p.  329  -68. 

87.  Schneider,        Zur  Kenntnis»  der  Kadiolarien.   Zeitsrhr.  f.  vrias.  Zoologie.    Bd.  XXI.  p.  505-12. 

88.  —  Bemerkungen  zur  Entwicklungsgeschichte  der  Radiolarien.   Zeitsrhr.  f.  wi«s.  Zoologie.   Bd.  XXIV. 

p.  57!l  -W. 

8t».  Wallich,  O.  r.,  On  an  undescriln-d  indigenous  form  of  Amocba.  Ann.  a.  magaz.  of  uat.  history,  8.  «er. 

T.  11.  p.  287—91  und  Further  Observation  on  an  undescribed  indigenous  Amoeba.  Ebendaselbst 

p.  365  -71  u.  4:14-53. 

90.  Carter,  II.  ./.,  On  Amoeba  prineeps  and  its  reproduetive  t  eils,  cnmpared  with  Aethahum,  Pylhwm 

Mucor  and  Arhlya.  Ann.  a.  magaz.  of  nat.  history.  3.  ser.  T.  12.  p.  30—52. 

91.  Cirithounki,  L.,  tTeber  StKtiluca  miliaris.    Arch  f.  mikrosk.  Anatomie    Bd.  IX.  p.  47—61. 

92.  KMllker,   l.,  Icont*  hittMogieae.    1.  Abtbpilnng.    Der  feinere  Bau  der  Protozoen.    Leipzig.  1864. 
Ifitzer,  /*'.,  Untersuchungen  über  Bau  nnd  Entwicklung  der  Bacillariiuerti  (Diatomeen),  in  Joh.  Haustein. 

Bot.  Abhandlungen  aas  dem  Gebiete  der  Morphologie  und  Physiologie.    2.  Heft.    Bonn  1871. 
91.  Botanischer  Jahresbericht,  herausgegeben  von  Leop.  Just    Bd.  I. 

95.  de  Hary,  A.%  Ueber  die  Copulationsprocesse  im  Pflanzenreiche.   Berichte  der  naturf.  Gesellschaft  zu 

Freiburg  im  Breisgan.    1856.    Sitzung  v.  3.  Novbr. 
9H.  Sachit,  ./.,  Lehrbuch  der  Botanik.  4.  Auflage.  Leipaig,  1874. 

97.  l'rnnjsU.  im.  2f. ,  Ueber  Paarung  von  Schwärmsporen ,  die  morpholog.  Grundform  der  Zeugung  im 

Pflanzenreiche.    Monatsberichte  der  Berliner  Akademiiv^l869. 

98.  de  Bari/,  A..  Morphologie  Bod  Physiologie  der  Pilze,  Flechten  und  Myxomyceten.    Leipzig.  1866. 

99.  M  rzeaniotcnkl,  A.,  Beobachtungen  über  Infusorien  aus  der  Umgebung  von  Warschau.   Zeitschrift  für 

wiss  Zoologie.    Bd.  XX.  p.  467—511. 

101.  Ilaibianl,  iL,  Observations  sur  le  Didinium  nasutum  Stein.    Archive«  de  «oologie  exper.   T.  HL  1873. 

p.  363  -94. 

102.  ran  Beneden,  Ed.,  Recherches  sur  Involution  des  Gregarines.   Bullet,  de  l'Acad.  roy.  de  Belgique, 

1871.  T.  XXXI.  Xo.  5. 

103.  Wirket,  E.,  Monographie  der  Kalkschwtmme.   Bd.  L    Berlin,  1873. 

104.  Schnei 'ler,  A.  C.  Jn  Sur  quelques  point«  de  l'hiatoire  du  genre  Greganna.    Archive*  do  xoolog.  expe- 

rimeiit.    T.  II.  1878.  p.  516-38. 

105.  Vittot,  .f.,  Monographie  des  Dragonnoaux.  2.  partie.  Archive»  de  zoolog.  expcrimonUle.  Vol.  III.  1874- 

p.  181-238.    (Mir  nur  durch  den  Bericht  Ni  lache 's,  1874.  p.  865  bekannt). 


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—    457  — 

106.  Greeff,        ("rl.fr  freilebende  Nematoden.    Sitzungsberichte  der  niedcrrheio.  Gesellschaft  für  Natur-  und 

Heilkunde  zu  Bonn.  1R70. 

107.  —  Ueber  Radiolaricn  und  radiularirnartige  Ithizopoden  des  süssen  Wassers,  Sitzungsberichte  der  Gesell  - 

schaft  z.  Beförderung  d.  geg.  Naturwiasensch.  «.  Marburg,  1873.  No.  5,  p.  47  04. 

108.  Khrettberg,  Die  Infusionsthiere  als  vollkommene  Organismen.    Leipzig,  18J8. 

109.  ron  JHering,  iL,  lieber  die  Entwicklungsgeschichte  von  lldix.    Jouaische  Zeitschrift  f.  Medicin  und 

Naturwisscusch.  Bd.  IX.  1875.  p.  299—838. 
UO.  Kngelmann,  Th.  IT.,  Zur  Naturgeschichte  der  Infusionsthiore.    Zeitschrift  f.  wiss.  Zoologie.  Bd.  XI. 
p.  847—93. 

111.  Waruerk,  v.  a.,  Ueber  die  Bildung  und  Entwicklung  den  Embryos  bei  Gastro|>odcn.   Bullet,  de  la 

societe  des  naturalistes  de  Muscou.  T.  XXIII.  p.  00— 184. 

112.  Derbe»,  Observation*  sur  le  mecanisme  et  les  phönomines  qui  aecompagneut  la  forination  de  l'embryon 

che«  l'oursin  comestible.    Ann.  d.  scieuces  nat.  Zoologie.  III.  ser.  T.  VIII.  p.  80- -99. 

113.  Müller,  A.,  Ueber  die  Befruchtungsersehcinungen  im  ES  der  Neunaugen.  Schriften  der  konigl.  physik- 

okonom.  Gesellschaft  zu  Königsberg,  5.  Jahrg.  1861.  p.  10»— 19. 

114.  Binrhoff,  Th.  L.  W.,  Mein,  sur  la  maturation  et  la  cbtile  päriodiquo  de  l'oeuf  de  l'homme  et  des 

mammiferes,  independamment  de  la  fecondation,  Ann.  d.  sc,  nat.  Zoolog.  3.  ser.  T.  2.  p.  101  itSJ, 

115.  de  (jiKttrrf  ugrx,  A.,  Etudes  embryogeniques,  Memoire  sur  l'embryogcnie  des  tarets.  Ann.  des  sciences 

nat.  Zool.  3.  ser.  T.  IL  p.  202—28. 

116.  de  FrtnnettM,  K.,  Etodes  sur  les  microzoaires  ou  infnsoires  proprement  dits.  Fascic.  1  u.  2.  Paris,  1874. 

117.  Müller,  P.  1     JagtUgelser  over  nogle  Siphonophorer.  Schioedte's  Natur historisk  Tidakrift  Sit.  Bd.  7. 

1871.    p.  261—382. 

1 18.  Meissner,  Ueber  die  Befruchtung  der  Eier  von  Uchinu«  escuknlux.   Verhandl.  d.  naturf.  Gesellsch.  in 

Basel,  1856.   3.  lieft,  p.  374. 
Herttvig,  <>.,  Beiträge  zur  Kenntnis«  der  Bildung,  Befruchtung  und  Theilung  des  thieriseben  Kies. 
Morphologische  Jahrbücher,  herausgegeben  von  Gegenbauer.    Bd.  I.    p.  347—434.  (Auch 
separat.) 


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Alphabetisches  Namen-  und  Sachregister. 

(Nur  du  Wichtigere  iit  berücksichtigt.) 


i. 

Abwechslung  ▼.  Conjugation  a.  Quertheilung 

bei  Parum,  putrimm  270. 
Acineten,  Schwärwsprosslinge  848. 
Aeühtta  myitacina,  Tbeilang  282. 
AcUnaphryi  Sol,  Verschmelzung  422. 
AeUnosphatTium  EiehKomi,    Bau  der  Nuclei  279; 

Kerntheilung   376;    Kernverschmelaung  874; 

Conjugation  422. 
Amuba  pdypodia,  Kerntheilung  417. 

—  pr\ncfps,  Kerne  280,  376. 

—  eiilota  878. 

Amöboide  Bewegung  des  Dotter«  bei  Diplogankr  286; 

bei  Tylenchw,  prUuadu»  285;  bei  Üxy»r»  236. 
Anguillulangida,  Ente  Entwicklungserscheinungen231. 
Anodonta,  Richtungsblaschen  390. 
Aphiden,   Erste   Entwicklungsvorgingo    im  Pseu- 

dovum  248. 
Aplysia,  Au« tossang  des  Eikerns  390. 
Aredia,  Conjugation  422. 

Arguhu  /ohactu»,  Schwinden  der  Keimfiecke  435. 
Ascarit  dcntata  228. 

Ausstossung  des  Eikerns:  bei  Nephelit  216 
bei  Cuadlanw  224,  bei  Limnanu  240,  bei  den 
Cosiferen  441,  im  Allgemeinen  381,  Zeit  der- 
selben 429  Anmerk.,  441. 
vollständig  oder  nicht?  436. 

Ausstossung  des  Richtungsblasrhens 
bei  Tyltnchus  231. 

Austausch    von    Nucleoluskapseln  bei 

B. 

Balantidium  entoinon,  Thfiluug  des  Nucleolus  287. 
Beikern  der  Spennatozoenkennzellen  v.  Blatta  ger- 
manica 252. 


Blatta  germanica,  Theilung  der  Keimzellen  der  Sper- 
ma tozoen  250 ;  Crkcimsellen  der  Spermatozoon  1 . 

Blepharüma  lateritia,  Conjugation  314. 

Blastodermsellen  der  Insecten,  Theilung  261. 

Blutkörperchen,  embryonale,  rothe,  des  Hähn- 
chens, Theilung  256. 

Blutkörperchen,  weisse  von  Rana  u.  Triton  207. 

Botnfnnator  igneu»,  Keimbläschen  375 ;  Untergang  des 
Keimbläschens  389  ;  Kern  verhalten  bei  der 
Furchung  410. 

Brachionu»,  Furchung  246. 

Bunaria  truncateUa,  Bau  des  Nucleus  277,  Nucleoli 
286,  286,  Conjugation  321. 

•  C. 

Carchrrium  pnlypinum ,  Theilung  des  Xnrlens  282, 
Theilung  des  Nucleolus  284.  Conjugation  414.  . 

Centralhöfe  der  Dotterstrablung  bei  der  Kern- 
theilung; Entstehung  derselben  403. 

Chüodon  CucuUulus,  Nurleus  278,  Conjugation  317. 

Clepttne,  KichtuDgsbluachcn  221. 

Colpidium  Colpoda,  Nucleolus  2SC,  Conjugation  312. 

Cvndylostoma  Vorticdia.  Conjngation  319. 

Coniferen.  Metamorphose  des  Eikerns  436;  Ans- 
stosaung  des  Eikerns  441. 

Conjugation  der  Infusorien,  Auftreten  derselben 
266,  Historisches  262,  Bedeutung  derselben  420. 

Conjugation  der  Protozoen  Oberhaupt  422, 
der  niederen  Pflanzen  422,  der  Diatomeen  423, 
Conjugation  und  Befruchtung  bei  Pflanzen  42C. 
Conjugation  und  Befruchtung  bei  Thicren  427. 

Cueuttanu»  elegant.  Erste  Entw Icklungsvorgauge  222, 
Befruchtung  223,  Metamorphose  des  Eikerns  224, 
Ausstossung  des  Eikerns  224,  Bildung  des  ersten 
Furchungskernes  225,  Theilung  desselben  226. 

Cyphodtria,  Conjugation  422. 


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-    460  - 


Didiniuvi  namtmm,  Tbeilung  282. 
Difftugia,  Conjugation  422. 
Dileptu*  giga»,  Nucleoli  2&6. 

Diplogastrr ,  erste  Entwieklungserscheinungen  231. 
Bildung  des  ersten  Furehungskernes  285. 

DiHtnmum  cygnoidts ,  Termeintl.  Tbeilung  des  Keim- 
bläschens 393,  Kerntheilung  l»ei  der  Füre  Ining899. 

Dotterstrahlung  bei  der  Tbeilung,  frühere  Be- 
obachtungen 306,  Bedeutung  414. 

Dotterkerne.  Bedeutung  bei  der  partiellen  Furchung 
410  Anmerk. 

L. 

Ecioderm,  Bildung  bei  Nrplieli*  221. 
Etnselligkeit  der  Infusorien  378. 
Elasmobranchier,  Kerne  im  Dotter  410. 
Embryonen  der  Infusorien  348. 
Etilflconcha  mirabilis,  vcrmeintl.  Tbeilung  des  Keim- 
bläschens 892. 
Epistyli*  flarieans,  Nurleu«  277.  361,  Nucleolus  284 

-  plieatilit,  Nucleolus  2-4. 

-  digitalin,  Nurlenhis  284. 

Euaxes.  Kerntbrilung  l>ei  der  Furchung  398. 
Eugkna  viridis,  Termeintl.  Fortpflsuzung  372. 
EuploU»  Charon,  Conjugation  83.1. 

-  Palella,  Embryonen  348. 
Euglypka,  Conjugation  422. 


Filaria papulosa,  Mehrkernigkeil  der  ersten  Fnrchungs- 
kngel  229. 

Fische.  Zngrnndegehen  des  Keimbläschens  3f*;t. 
Forelle,   Riclitungsbliscben    38G-87.     Kerne  der 

Furclmugskngeln  410. 
fturebungskern.  erster,  Ah*taminung429,Bildung391. 
Furcbungspbanomen,  Erklärungsversuch  414. 


flcrynniden,  Kernthi-ilung  bei  der  Furrhung  397. 
—  Entstehung  der  TuthterkttM  bei  der  Furchung  412. 
fieschlechtlicbe  Fortpflanzung,  mögliche  Ent- 
stehung derselben  431. 
Glatcoma  santillana.  Orijugation  314. 
Gordiu*.  Riehtnngsblüschen  228. 
fircgarinen,  Corijugatiou  421,  425. 
Fortpflanzung  425,  Anmerkung. 


IJelix,  Richtungsblasehen  244. 

Hcteropoden,  vermeintliche  Theilnng  des  Keim- 
bläschens 393. 
Hippopodiu*  luteu»,  Befruchtung  384  Anmerk..  433. 
Hülle  der  Kernspindel  400. 
Hydra,  Zugrundegehen  des  Keimbläschens  434. 
-  vermeintliche  Richtungsbläschen  384. 


lchthyonema  globwept, 


Karyoli  tische  Figur  898. 

Kernbildung  im  Kndosperm  von  Phaitohu  407. 

Kernmetamorphose   bei  der  Theilnng;  frühere 

Beobachtungen  398. 
Kern spindel.  Austritt  von  Flüssigkeit  402. 

-  Bau  401. 

-  Volumen  gegenüber  dem  ursprünglichen  Kern  4<>2. 

-  bei  Hana  411. 

-  Tbeilung  derselben  404. 

-  -  bei  den  Pflanzen  405 
Kerntheilung,  Frohere  Auffassung  394. 

-  Erste  Ursachen  418. 

-  Bedeutung  der  Uebereinstimmung  bei  I 
Thieren  418. 


Istrinularia,  Sehwinden  des  Keimbläschens  247. 

—  Zellplatte  248. 

Umax,  Erste  Entwicklungavorgange  242. 

Lmmaeui  auricularii.  Erste  EntwieklungsTorgiinge  238. 

—  Metamorphose  des  Eikerns  239. 

—  Ausstossung  des  Eikerns  240. 

—  Bildung  des  ersten  Furchungskerns  240. 

—  Tbeilung  dersellien  241. 

Limnaru*  Hlagnalus,  Erste  EntwickluugsTorgange  244. 
löMtru»,  N'uelei  279. 
Xucleoli  284. 
Tbeilung  288. 


Mehrkernigkeit  der  ersten  Fnrchungskugel, 

Bedeutung  derselben  140. 
M  e  t  hode  der  Untersuchung  conjugirter  Infusorien 271. 


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ModioUtria,  RichUitigsliliiidien  232. 
Me*o*U>mumKhrenb*rgu,  Kern  theilung  im  SominerciaiEL 
Munca  vtMmitoria,  Tin  :1m..'  der  lUaätodermzL.'llcn  2fil. 
M yxomyceten -Schwärmer,  Conjugatiou  L1L 

,Ä. 

Jfamtula  elegant.  Embryonen  318. 

—  ornata,  Nurleoli  2^  2äL 
Nematoden,  Verhallen  unbefruchteter  E««r  441. 
Kephelis  vulgari».  Erste  Entwicklungsvorgnnge  21j5, 
 Befrachtung  21fi 

—  —  Metamorphose  des  Eikern«  ?lfl 
 Ausstossnng  des  Eikern»  21Ü. 

—  —  Bildung  des  ersten  Furchung*kernes  212. 
 Theilung  desselben  212. 

Jioctüuca  miliaris.  l'onjugation  375.  1311 
XoUimmata  Sieboldn,  Theilung  der  Kurt  hun^ku;»  IniUi. 
Nurleoli  der  Infusorien,  Bau  283—287. 

—  Vorhalten  hei  der  Theilnng  2fiL 
Nuclei  der  Infusorien,  Bau  375 

—  Theilung  2&L 

0. 

Opercularia  articulata.  Nuilenlus  284. 

—  —  nulam,  Nu<  leolm  2h3. 

r 

l'aramamum  Aurelia,  t'nojugation  ?mu. 

—  —  Embryonen  348. 

—  Bunaria,  Nnrlen»  277. 
—  Theilnng  282. 

 Nucleoli  2ML 

—  —  Conjugation  28Ü. 

 Embryonen  312. 

Puramaecium  pulrmum,  Conjugatinn  wi 
J'aratitumuH  vou  Acineten  in  Arineten  ül 
Peiomyxa  palustris.  Fortpflanzung  ::i!2. 
l'etromyto«,  Rit-htungshlaschon 

Pkallusia.  Bildung  d«*  ersten  Furchungakero«  891 , 3M. 
Pieurtmena  Chrysali*.  Nuek-olim  28ii. 
PUurojthryi.  ('»iijugation  ili 
l'leurotrieha  lanveulala.  Emhrynncn  31Ü. 
I'ödophrya  quadripartila,  Itilduiig  des  Srhwannsprii!!<<- 

lings  282,  311. 
Podftphrya  gemmipara,  Verhalten  des  Kernes  bei  der 

Fortpflanzung  112. 
Pol zrllen  der  In »orten  Anmerkung. 
pHimmechinns  eseuhntu*.  Dntterslrahlung  .l'H'i, 

Abhan.ll.  d.  R*nck«nb.  naturf.  (!.•»  Dd.  X 


I'namuiechinus  «•..  uleulu*.  Keimbläschen  4a;l. 
Pteropoden,  Strahlung  im    Dotter  nueh  der  Be- 
fruchtung :W> 

—  vermeintliche  Theilung  du*  h>hnb]a*clicus  3(13 

«■ 

Kader thiere.  Ente  Entwicklung>vnr?ängp  2 Iii. 
i  Reptilien,  l'ntergang  des  Keimbläschen*  3sH 

Hhabiiiti*  diiichura.  Erste  Ent*irkliinisv>r.'ango  231. 
'  —  peüio  und  »erci»,   Verhalten   des  imbcfniehteten 
Kies  111. 

Kh-htungsblaschon  im  Allgemeinen  382. 

—  der  Mollusken  und  Würmer  3ri.i. 

—  der  Echinodennen  t.^4. 

—  ron  Hydra  384. 

—  der  Radctthierc  und  Arthropoden  3ft&. 
der  Wirhelthiere  386  -88«. 

—  frohere  Auffassung  3ÜIL 
Ringelnatter,  Keimbläschen  387. 

8. 

Samenkapseln,  sogenannte,  der  Infusorien: 

—  von  Blejiharitma  lateritia  316. 

—  von  Bursaria  trumeateüa  321. 

—  Ton  ChiUxion  CucuBulu»  317. 

—  von  f'olpidium  (Jalpoda  fll'i 

—  von  Ku}iloU*  Charon  ■,i-i4 

—  -  von  J'aramaecium  'M'i 

—  von  Styioniehin  32C,  231. 

—  der  Vorticellen  447. 
Saugethiere,  Hichtungsldaschen  3S&. 

—  Neubildung  des  ersten  Fnrebiingskernes  .HI3 
Scbyzoiny  ceten    im  Nuclens   von  I\tramaeeium 

Aurelia  3.r»9 
-  im  Tylcmhuf  pelhu-idtu  flfif) 
Serpuia,  erste  Entwit-lilungi>vorgänge  3fH. 
Sperraakern  in  der  Eizelle  137. 
Sphaerophrya  344 — 48. 

S  hin  neu,  '(heilung  der  Blastodermxellen  2U2. 
.S/irrttttomiiiN  amfai^uuin,  Nucleoli  234.  'i8fi 
Stentor  coerulsus,  vermeint!.  Embryonen  H4rv 
Strunaylu-,  aaricutari»,  Kithtungsldascheu  2'28, 
Styhmichia  Mytilu»,  Nucleoli  286, 
 Theilung  derselben  287. 

—  —  Conjugation  321. 

—  —  Embryonen  34«. 

—  puMulata,  Conjugation  ;  ii 

Su> einen  Pfeijfferi,  Erste  Entwickluntsvorgange  2ftH. 

58 


T 

Teredo,  Erste  Entwieklungsvorgange  434. 
Testazellen  der  Tunicalcn  3HL 
Theilung  der  Kerne  im  Ei  von  tfephelu  213. 
 im  Ki  von  CucuUanu*  22fL 

—  —  —  im  Ei  von  Limnaeus  und  Suecinea  Ü-L 
 im  Ei  der  Radcrthiere  'ALL 

—  —  —  im  Pteudovum  der  Aphiden  243. 
 in  den  Urkeimzellon  der  Spermatozoon  ton 

Blatte  germanica  252. 

—  —  —  in   den   embryonalen  Blutkörperchen  des 

Hühnchen»  :>fi-r>. 

—  —  —  in  den  weissen  Blutkörperchen  "in'.). 

—  --  —  in  den  ßlastodermzclleji  der  insecten  2&L 
TheLiung    der   Nucleoii    der  Paraniaecien 

wahrend  der  Conjugation 
Tochterkerne.  Differenxirung  derselben  ML 
Taxopneu»te*  lividu».  Erste  Entwicklungsvorgange  122. 
Trnrhtliu»  Ovum,  Nucleoii  284,  2äfi. 
TradielophyUum  apptculatum,  Nucleoii  283,  286. 
Tritt« im,  vermeintliche Theilung  des  Keimbläschens  £*L 
lrtthuJmu  grandinetta  371. 
/"'  •/' i    Metamorphose  des  Keimbläschens  3SU. 
TurlrfUarie,  >enneintL  Theilung  des  Keimbläschens  3t)B. 
TgUndiun  imperfectui,    Ausstoesung   des  Richtungs- 

Maschen*  üi. 


D. 

Urottyla  grandit,  Embryonen  318. 

—  WrUsei,  Nucleoii  2S2L 

T. 

Verhaltniss  zwischen  Nuclei  und  N  u  c  1  e 

der  Infusorien  2&L 
Verjüngung  in  Folge  der  Conjugation  420. 
Verschwinden   des   K ei m b 1 I s ch e n s 

Raderthierei  212. 

 im  Pseudovnm  der  Aphiden  213. 

 im  Allgemeinen  .jHtL  ^33. 

Vorticellen,  Embryonen  derselben  351. 

—  Nucleoii  283. 

Vortictüa  nebulifera.  Theilung  des  Nurleus  281> 

 Nucleolus  2&L. 

 vermeintliche  Fortpflanzung  371. 

—  Conjugation  Ufi. 

—  CampaHfda,  Conjugation  2S&. 

Z. 

Zellplatte  bei  XrphelU  213. 

—  bei  Limnaeus  und  Suecinea  212. 

—  bei  Raderthicren  2A& 

—  bei  embryonalen  Blutkörperchen  Ä. 
Zelltheilung  213. 

I  —  Beziehnngen  des  Kerns  zu  derselben  AIX 


Berichtigungen. 

p.  242.  LL  Zeile  von  unten,  lies  ULI  statt  Hfl. 

p.  250.  10.  Zeile  von  oben,  lies  401  statt  402. 

p.        iL  Zeile  von  oben,  lies  Fig.  IS  statt  Fig.  10. 

".  321,  lies  Burtaria  truncattUa  0.  F.  Müller  statt  B.  truncaklla  Ehrbg. 

p.  897,  10.  Zeile  von  oben,  lies  3S  statt  37. 

p.  427,  L  Zeile  von  oben,  lies  Pandorina  statt  Pandora. 

Statt  Syzigie,  wie  mehrfach  geschrieben  ist,  lies  Syzygie. 


Inhaltsverzeichniss. 

 ■  ■ 

Vorwort   21 S 

und  Schnecken   215 

A.  Die  Vorginge  hei  NepMts  ntlgaru   215 

B.  Die  Vorginge  bei  CucuUanu»  rltgan*   222 

C   Vorginge  bei  TyUnchus  impeffeettu,  AnguiBula  rigida  und  mehreren  Arten  der  Gattung  Dipiogasttr  231 

D.  Die  Vorginge  bei  Gastropoden   288 

E.  Vorgange  bei  einigen  Rädert hirren   246 

F.  Vorginge  im  Pseudomm  der  Aphiden   248 

H  Kapitel.    Untersuchungen  üb* r  die  Zelltheilung   249 

A.  Theilung  der  grossen  Keimzellen  der  Spermatozoon  von  Blatta  grrmanica   250 

B.  Die  Theflung  der  embryonalen  Blutkörperchen  de»  Hühnchen*   256 

C   Bemerkungen  Ober  die  Kerne  und  die  Theilung  der  «einen  Blutkörperrhen  von  Bona  e*c*lenta 

und  Triton  latmatu»,  sowie  aber  die  rothen  Blutkörperchen  derselben  Thiere   257 

1.  Weisse  Blutkörperchen   267 

2.  Rothe  Blutkörperchen   280 

D.   Bemerkungen  über  die  Theilang  der  Blastodermzellen  der  Insecten   J61 

III.  Kapitel.   Ueber  die  Conjugation  der  Infusorien   262 

1.  Abschnitt.    Kurze  historische  Ueberatcht  der  Entwicklang  unserer  Kenntnisse  ron  der 

■  Conjugation  der  Infusorien   262 

2.  Abschnitt.  Einige  Bemerkungen  Ober  da»  Auftreten  der  Conjugation  bei  den  eiliaten  Infusorien  266 

3.  Abschnitt  Methode  der  Untersuchung   271 

4.  Abschnitt  Bemerkungen  Ober  das  Vorkommen  und  den  Bau  der  Nucieoli  und  des  Nucleus, 

sowie  Ober  deren  Verhalten  wahrend  der  Tbeilung   275 

5.  Abschnitt.    Specielle  Beschreibung  des  Verhaltens  der  Nudel  und  Nucleoli  der  beobachteten 

Infusorien  wahrend  und  nach  der  Conjugation   289 

B.  Untersuchungen  an  Paramaedum  Aurdia  und  putrinwn   299 

C.  Untersuchungen  an  Cyrtottomvm  leucas   311 

D.  Untersuchungen  an  Calpidium  Colpoda  und  Qlaucoma  *cintäUuu   812 

E.  Untersuchungen  an  Blepharuma  laleritta   314 

F.  Untersuchungen  an  Chäodon  CueuUulwi   317 

G.  Untersuchungen  an  Condyioxtoma  Vortiutta   319 

H.  Untersuchungen  an  Bursaria  truncatdla    321 

I.  Untersuchungen  an  Styltmiehia  Mytiltu  und  puttulata   324 

K.   Untersuchungen  an  Euplotet  Charon   833 


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-    464  — 


G.  Abschnitt.    Urbar  die  Bedeutung  der  sni-omimiien  liifusoriencmlirrouen   343 

7.  Abschnitt.    1'cber  die  Bedeutung  der  sogenannten  Nucleoli  und  Widerlegung  der  Lehre  von 

der  geschlechtlichen  Fortpflanzung  der  Infusorien   356 

8.  Abschnitt,    ITelrcr  die-  morphologische  Auffassung  dir  Infusorien   363 

9.  Abschnitt.    Einige  Bemerkungen  über  die  Moglichkeil  eines  häufigeren  Vorkommens  von 

Kernvergchmelzungen   374 

IV.  Kapitel.    Allgemeine  Betrachtungen  und  Rückblicke   380 

1.  Abschnitt.  Kutwicklungsvorgängn  in  der  befruchteten  Kizelle  bis  «ur  Ausbildung  der  Kurchungs- 

kugel  erster  Grneration   38<i 

2.  Abschnitt.    Die  Kern-  und  Zellen  theilung   394 

3.  Abschnitt.     Heber  das  Wesen  und  die  Bedeutung  der  Conjugation  der  Infusorien,  nebst 

Bemerkungen  über  Conjugation  und  Befruchtung  im  Allgemeinen  .41«» 

AnhMgr     432 

Literaturverzeichnis»   453 


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Tafel  I. 


Die  ersten  Entwiukluugsvorgiiiige  im  Ei  von  Nephells  vulyarla,  Moqu  Tand. 


Flg.    1.    Dotter  mit  aufsitzendem  Spermatozoon  und  zur  Kernspindel  umgewandeltem  Eikern. 
Flg.    2.   Austritt  de»  Eikerns,  ein  exceutriseh,  ziemlich  nahe  der  DotteroberfUche  gelegener  Centralhof  mit 
Strahlung  ist  entstanden.  • 

Flg.    3.    Die  Ausstossung  des  Eikerns  i§t  vollendet,  der  nruentatandene  Centralhof,  sammt  der  Strahlung,  ist 

in  das  Centrum  des  Dotters  muckt  und  zwei  junge  Kernchen  h;il  en  sich  gebildet. 
Flg.    4.    Die  drei  ltichtnngsbluachen,  starker  vergrößert,  kurz  nach  ihrem  Austritt, 

Flg.    5.    Drei  junge  Kerurhcn  im  Centralhof  der  Strahlung;  die  beiden  zuerst  ausgetretenen  Kichtungshlisclien 

hal«n  Bich  wieder  vereinigt. 
Flg.    6.    Dotter  mit  zwei  neuen,  »ehr  ansehnlich  herangewachsenen  Kernen. 

Flg.   7.   Aehnlichos  Stadium,  die  beiden  Kerne  jedoch  noch  nicht  so  sehr  gewachsen,  daher  noch  Reste  des 

Centralhofc»  und  der  Strahlung  sichtbar. 
Flg.    S.    Erster  Furchuuggkern,  noch  das  Hervorgehen  aus  der  Verschmelzung  zweier  Kerne  zeigend. 
Flg.    9.    Richtuugsbläscbcn  um  diese  Zeit. 

Fig.  10.    Der  erste  Furcbungskeru  in  der  Mctamorplmse  zur  Kern&pindel. 

Flg.  11.    Ausgebildete  Kcrnsjiiodcl ,  schon  mit  getbeilter  Kempluttc,  deren  Hälften  in  die  Spindelenden 
gerückt  sind. 

Plg.  12.  Weitere  Umformung  des  Kernes  im  Verlaufe  der  Theilung  Die  gngenannte  Kernplatte  ist  gebildet. 
Flg.  13.    Entstehung  zweier  neuer  Ker  neben  aus  den  Kern  platten. 

Flg.  14.    Ein  Kern  desselben  Stadiums  mehr  Tergrössert,  die  beiden  Kernrhen  des  einen  Endes  sind  schon 


Flg.  15.  Die  erste  Furchuug  ist  nahem  vollendet,  die  beiden  neuen  Kerne  sind  bedeutend  gewachsen. 
Flg.  16.    Die  um  diese  Zeit  wieder  vereinigten  Kiehtungsblaschen. 

Flg.  17.    Die  zusammengefallenen  beiden  ersten  1-urchungskugeln  mit  vollständig  ausgebildeten  Kernen. 


*  Siimmtlic.be  Figuren  nach  Easigsuurcpr&paritcn. 


zum  Theil  verschmolzen. 


II  I  i. 


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I 


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Tafel  IL 


Figg.  lo  und  2  a  von  Nephdis  vulgaris. 
Flg.    la.   Der  Kern  der  grösseren  Furchungskugel  in  der  Umwandlung  zur  Kernspindel  begriffen. 
Flg.   2  a.    Die  grössere  Fnrchungskugel  direct  nach  ihrem  Zerfall  zu  zweien ;  der  Kern  der  kleineren  Furehungs- 
kugel  zur  Spindel  umgewandelt. 

Figg.  1 — 4.    Erste  Entwicklungsvorgänge  von  Tylenrhus  imperfectus  Btschli. 
I  ii,'.    1.   Der  Keimblaschenfleck  drangt  nach  der  Peripherie  des  Dotters,  die  sich  ihm  entgegen  grulienartig 

Fla;.  8.  Der  KeimbLasehenfleck  hat  die  l>otterobcrfliehc  erreicht  und  das  Richtungskörperchen  austreten  lassen. 
Flg.    8.    Der  KeimbläHehcnlleck  sinkt  wieder  in  den  Dotter  zurück.' 

Flg.   4.    Der  Dotter  nach  dem  Zerfall  in  zwei  Furchungskugeln,  die  Lage  des  Richtungskörperrhens  beweist, 
dass  auch  hier  dessen  Airstrittsstelle  in  die  erste  Tbeilungsebne  füllt. 
Figg.  5—8.   Erste  Entwicklungsvorgänge  von  Anguülula  riyida  Sclindr. 

Flg.   0.   Im  hellen  Protoplasma,  am  oberen  und  unteren  Pol,  bildet  sich  je  ein  Kern. 
Flg.   7.   Der  Kern  des  unteren  Pols  hat  sich  gebildet  and  ist  schon  weit  nach  dem  oberen  Pol  hingerflekt. 
Flg.   8.   Der  Kern  des  oberen  Pols  hat  sieh  fast  völlig  ausgebildet,  der  des  unteren  ist  dicht  an  ihn 
herangerfiekt 

Figg.  10—15.   Erste  Entwicklungsvorgänge  von  Diplogaster  iimffl*  Btachli. 
Bewegung. 

Flg.  IL   Die  beiden  Kerne  dicht  zusammengetreten. 

Flg.  12.   Die  Kerne  verschmolzen  und  langgestreckt  (schon  im  Uebergang  zur  Kernspindel  begriffen);  die 

Bewegung  des  Dotters  erlischt  allmälig. 
Flg.  18.   Die  TheUung  im  Gange,  die  Bewegung  des  Dotters  ist  nahezu  erloschen. 
Flg.  14.   Die  beiden  Furchungskugeln  kurz  nach  der  Theilung. 

Flg.  15.   Durch  energische,  amöboide  Bewegungen  haben  sich  die  beiden  Furchungskugeln  verschoben  und 
theilen  sich  von  neuem. 

Figg.  16—81.   Verschiedene  Formen,  welche  der  in  lebhafter  amöboider  Bewegung  begriffene  Dotter  vou 

Trilulnu  peOueidu»  Bastian  im  Verlaufe  von  5  Minuten  annahm. 
Fig.  22.   Ei  von  Oxjfurig  Diuingü  nach  dem  Verschwinden  des  Keimbläschens  im  Maximum  der  Condenaation 

des  Dotters,  derselbe  schickt  nach  unten  ein  hyalines  Pseudopodium  aus. 
Kigg.  83  u.  24.  Zwei  Eier  desselben  Nematoden  im  Beginne  der  Dottercondeusatioo ;  man  bemerkt  das  in  dem 

einen  Dotterpol  dicht  unter  die  Oberfläche  getretene  Keimbläschen. 


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bulzcftli    Tal'  I  K 


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Tafel  III. 

Erat«  EntwIcklungfiTorgänge  von  CucuUanus  tlegan*  Zed. 

Alle  Figuren  nach  Essigsäurepräparaten  gezeichnet. 


Kltr.    I.    Kin  Ei  aus  der  Samentagehe  mit  einem  der  Dotteroberäache  eingesenkten  Spermatozoon. 
Flg.    2.    Ein  Ei  nach  Bildung  drr  Itotterhaut 

Flg.   3.   Aehnliches  8tadium;  der  Keimfleck  ist  nicht  mehr  sichtbar,  dagegen  sind  einige  eigentümliche 

Gebilde  an  Stelle  desselben  wahrzunehmen. 
Flg.   4.    Ei  mit  «ehr  excentrisch  liegendem  Keimbläschen. 

Flg.  5.  Ei  mit  spindelförmig  inutauiorphosiriein  Keimbläschen;  dasselbe  ist  jedenfalls  im  optischen  Quer- 
schnitt gesehen. 

Fig.  6.  Ei  mit  spindelförmig  metaroorphosirtem  Keimbläschen.  Um  dasselbe  hat  sich  die  DottcrroaKse  sehr 
contrahirt.    Es  scheint,  als  wenn  die  Kcrtijpindrl  schon  in  die  Dotternberflä«  he  hineinrage. 

Flg.  7.  I>assell>e  Ki  um  einen  rechten  Winkel  gedreht,  so  daas  die  Kernspiudel  jetzt  im  optischen  Quer- 
schnitt zu  sehen  ist   Spermatozoon  noch  sichtbar. 

Flg.   8.   Eine  Kernspindel  etwas  starker  vergrössert. 

Flg.  8.  Ei  mit  Keimblaachenspindel.  Der  Dotter  hat  sich  sehr  stark  von  der  Kernspindel  zurückgezogen.  In 
den  beiden  Enden  des  hierdurch  erzeugten  Raumes  je  ein  Dotterballen,  wie  es  scheint. 

Flg.  10.    Ei  mit  Kernspindel,  letztere  im  optischen  Durchschnitt.    Der  Dotter  von  der  Spindel  sehr 
gezogen,  doch  noch  mit  einer  Menge  feiner  Strahlen  mit  derselben  in  Zusammenhang. 

Flg.  11.    Ei  mit  an  die  OlwriUche  des  Dotters  getretener  Keimblftscheuspindel,  letztere  ist  im 


Plg.  12.   Ein  Ei  desselben  Stadiums.    Am  einen  Ende  der  auf  der  Dotteroberflächo 

Spindel  ist  ein  bl aachenartiges  Gebilde  sichtbar.    Am  entgegengesetzten  Ende  des  Dotters  bemerkt 


Flg.  18.    Ei  mit  noch  nicht  völlig  formirten  Richtungshlaschen. 
Fig.  14.    Ei  mit  in  Bildnng  iiegriftVnen  Richtungshlaschen. 

Flg.  15.    Die  beiden  Richtungsbläschen  Kind  gebildet.    Zwei  oder  drei  neue  Kerne  sind  dicht  unter  der 

I  Mteroberflache  entstanden. 
Flg.  16.   Ei  mit  drei  neugebildeten,  grossen  Kernen ;  dabei  die  beiden  Richtungsbläschen. 
Flg.  17.    Dotter  mit  Tier  neilgebildeten  Kernen;  ein  Richtungsbläsrhen  sichtbar. 
Flg.  18.   Aehnliches  Stadium  mit  fünf  Kernen;  ein  Richtungsbläschen  wahrnehmbar. 
Flg.  19.    Ei  mit  zwei  Kernen,  von  welchen  der  eine  seine  Entstehung  aus  mehreren  noch  durch 

deutlich  verräth.    Die  l*idcn  Richtungsbläschen  sichtbar. 
Flg.  20.    Ei  mit  den  beiden  Richtungsbläschen ;  vom  Kern  sehr  wenig  sichtbar  (vergl.  d.  Text  p.  226). 
Flg.  21.   In  Theilnng  begriffener  Dptter;  die  Keruplatte  der  Kcrnspindel  getheilt  und  die  Hälften 


Flg.  22.  Dasselbe  Ei  um  einen  rechten  Winkel  gedreht,  so  dass  man  die  Kcrnspindel  im  optischen  Durch- 
schnitt sieht;  um  dieselbe  deuüichc  Strahlung  des  Protoplasmas. 

Flg.  23.   Weiter  in  der  Theilung  fortgeschrittenes  Ei.    Die  beiden  Richtungsbläschen  sichtbar. 

Flg.  24.  Die  ersten  Spuren  der  Tochterkerne  sind  in  den  beiden  Kurchungskugeln  sichtbar;  der  kleineren 
derselben  haften  die  beiden  Richtnngskörperchen  an. 

Flg.  25.  Weiter  vorgerücktes  Stadium;  in  der  kleinen  Furchungskugel  vier  kleine  Tochterkerne,  in  der 
grosseren  vier  grössere. 

Fig.  26.    Aehnliches  Stadium. 

Fig.  27.   Dio  beiden  ersten  Furchungskugeln  mit  den  durch  Verschmolz 

beide  zeigen  noch  die  Spuren  dieser  Entstchungswcise. 
Flg.  28.   Der  Kern  der  grosseren  Furchungskagel  in  Torbereitung  xi 

phoüirt.  deren  Kernplatte  gerade  getheilt  ist. 
Flg.  29.    Die  grossere  Furchungskugel  schon  getheilt  und  in  ihren  Sprösslingen  die 

entstanden.   Die  kleinere  Furchungskugel  noch  in  der  Theilung  begriffen. 


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I 


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Tafel  IV. 


he  Abbildungen ,  mit  Ausnahme  der  Figg.  21  und  22,  sind  n»ch  Präparaten  entworfen,  die  durch 
längeres  Verweilen  (mehrere  Stunden)  der  Eier  in  2*/.  Essigsaure  erhalten  worden  waren. 


Figg.  1—16  von  Limnaeus  auricularis  Drpn. 
Fl».   L   Ein  Dotter  direet  nach  der  Eiablage.    Der  Eikern  zur  Spindel  metamorphoiirt,  um  seine  Enden 
die  Strahlcnsysteme. 

Fi».   2.    Dotter  fünfviertel  Standen  nach  der  Eiablage.   Die  Kernspindel  ist  mit  ihrem  einen  Ende  bis  in 

die  Dotteroberflache  hinein  gerückt 
Flg.   8.    An  der  Stelle,  wo  die  Kernspindel  die  Oberflache  des  Dotters  berührt  hatte,  ist  ein  Richtungsbläschen 

hervorgetreten,  von  welchem  aus  man  sehr  deutliche  Fasern  zu  einem  zweiten,  noch  im  Dotter 

eingeschlossenen  Bläschen  verfolgt.    Etwa  drei  Stunden  nach  der  Eiablage. 
Flg.   4    Aehnliches  Stadium.   Im  Centrum  des  Dotters  ist  noch  eine  Strahlung  wahrzunehmen,  über  deren 

Bedeutung  ich  keinen  rechten  Aufschluss  erhielt. 
Flg.   5.   Theil  eines  Dotters  des  Stadiums  Fig.  8  starker  vergrößert ,  um  die  Richtungsbläschen  und  ihr 

Verhältnis*  zum  Dotter  besser  zu  zeigen.  , 

Kernchen  neu  entstanden. 
Flg.   7.    Aehnliches  Stadium;  die  Kerneben  zum  Theil  mehr  herangewachsen. 

Flg.   8.   Die  nenentstandenen  Kernchen  haben  sieh  zu  drei  ansehnlichen  Kernen  vereinigt.  Das  eine  Richtung»- 

Maschen  ist  bei  der  Präparation  abgerissen  worden.* 
Flg.    9.    Aehnliches  Stadium.    Die  neuen  Kemchen  sind  zn  zweien  zusammengetreten. 

Flg.  10.  Durch  Verschmelzung  der  Kerne  hat  sich  ein  grosser,  einfacher  gebildet,  der  soeben  die  Metamorphose 
zur  Theilung  eingeht.  Es  sind  nämlich  an  zwei  entgegengesetzten  Stellen  desselben  vorerst  noch 
kleine  .Strahlungssysteme  im  Dotter  entstanden. 

Fig.  11.  Weiter  fortgeschrittene  Umwandlung  des  Kernes  zur  Theilung;  derselbe  ist  schon  läng&fa&erig 
differenzirt,  jedoch  sind  die  eigentümlichen,  früheren  Binnenkorperchen  zum  Theile  noch  erhalten. 

Flg.  12.  Aehnliches  Stadium:  die  in  Fig.  11  noch  sichtbaren  Binnenkorperchen  sind  jetzt  vollständig  ver- 
schwunden, der  Kern  ist  rein  längsfaserig. 

Fig.  13.  Die  Theilung  des  Dotters  hat  begonnen.  Kernspindel  sehr  deutlich;  in  ihrem  Aequator  eine  Zone 
verdickter  Faserstellen.  Nach  Vergleirhung  ähnlicher  Stadien  anderer  Objecte  dürfte  zu  schliessen 
sein,  das»  diese  Zone  verdickter  Stellen  nicht  eine  Kern-  sondern  eine  Zellplatte  repräsentirt 

Fig.  14.  Weiter  fortgeschrittener  Theilungszustand.  Nach  Behandlung  mit  conccntxirtcr  Essigsäure  tritt  die 
belle  Figur  hervor,  deren  Besiehungen  zu  dem  in  Theilung  begriffenen  Kern  durch  die  Figg.  19 — 20 
illustrirt  wird. 

Flg.  15.    Einige  Zeit  nach  vollzogener  Zweitheilung. 


Figg.  16—23  von  Succinea  P/eifferi  Rssmsl. 
Flg.  16.   Nach  der  Zweitheilung  des  Dotters;  etwas  spätere*  Stadium  als  Fig.  15;  die  beiden  Dotterkugeln 


Flg.  17.    Stadium  entsprechend  der  Fig.  5. 

Fig.  18.    Nach  Ausstos^ung  der  Richtungsbläschen.    Zwei  neue,  sehr  ansehnliche  Kerne  sind  entstanden. 
Flg.  19.    Theilungszustand.    Aus  deu  Enden  der  Kernspindel  hat  sich,  in  bis  jetzt  noch  nicht  näher  zu 

erforschender  Weise,  je  ein  kleiner  Kern  hervorgebildet.    Im  Aequator  der  Kernspindel  ist  eine 
,        Zellplatte  sichtbar,  die  jedoch  nur  einen  Theil  derselben  durchzieht.   Verg).  Fig.  14. 
Flg.  20.    Weiter  fortgeschrittener  Theilungszustand ,  die  Durchfurchung  ist  jedenfalls  schon  nahezu  völlig 

vollzogen.   Tochterkerne  mehr  herangewachsen,  durch  einen  sehr  deutlichen  Kernfaserstrang 

noch  verbunden. 

Flg.  21.   Theil  eines  lebenden  Dotters.    In  dem  hellen  Protoplasma,  unterhalb  der  Richtungsbläschen,  ist  ein 

kleiner  Kern  aufgetaucht,  der  in  lebhaftem  Wachsthum  begriffen  ist. 
Fig.  22.   Dasselbe  Objcct  einige  Zeit  später.   Der  Kern  ist  sehr  herangewachsen  und  hinter  ihm  noch  ein 

zweiter  hervorgetaucht. 

Fig.  28.   Dasselbe  Object  einige  Zeit  spater  nach  Behandlung  mit  Essigsäure.    Die  beiden  Kerne  dicht 
zusammengeprewt,  jedenfalls  kurz  vor  ihrem  Verschmelzen. 


sind  zusammengefallen. 


f.' 


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■ 


Tafel  V. 

Theilung  der  Urkeimzellen  der  Spermatozoon  von  Blattei  germanica. 


Flg.    L   Protoplasmamasse  eine»  Hodenfollikels  mit  zahlreichen  Kernen;  an  beiden 
mit  einer  Partie  des  Protoplasmas  als  Keimzellen  sich 
Zustand). 

Vitt    8.    Aebnliche  PrDtoplasmapartje  mit  fadenartigem  Fortsatz,  der  ihre  Ablösung  T°n  einer  grösseren 

Kigg  3  11.  4.  Zwei  grosse  oder  Urkeimzellen  in  indifferenter 
Flg    S.   Eine  solche  nach  Behandlung  mit  Essigsäure. 
Flgf .  8  o.  7.   Zwei  Kerne  solcher  Zellen  nach  Behandlung  mit 
Fig.   h.    Eine  Urkeimzelle;  der  Kern  in  Vorbereitung  cur  Theilung 
Flg.   9.   Der  Kern  einer  ahnlichen  Zelle  (Essigsäurepräparat). 
Figg.  10  u.  11.  Zwei  Zellen  mit  zur  Spindel 

Fig-  12.   Zelle  mit  ausgebildeter  Kernspindel  (KssigsMurepraparat). 
Flg.  IS.    Theilung  der  Kernplatte  (Essigsäurepräparat). 
Flg.  14.   Die  Kernplattenhälften  sind  in  die  Enden  der  Kernspind 

hat  begonnen  (Essigsäurepräparat). 
Flg.  15.   Weiterer  Fortschritt  der  Theilung  (Essigsäurepräparat). 

Fig.  18.    Erste  Differenzirnng  der  Torbterkerne  aus  den  Kernplattenhalften  (F.ssigsaurepra|iarat). 

Flg.  17.   Weiterer  Fortschritt  (Essigsäurepraparat). 

Flg.  18.   Ebenso  (Essigsäurepräparat). 

Flg.  19.   Etwas  abweichender  Vorgang  der  Theilung. 

Flg.  SO.   Zwei  Tochtenellcn  mit  schon  ziemlich  ausgebildeten  Kernen,  welche  nur  durch  wenige  Fasern  noch 

zusammenhängen  (in  indifferenter  Flüssigkeit). 
Fig.  21.    Theilungszustand ;  es  scheint  hier  fast,  als  wenn  die  Tochterkerne  sich,  ahnlich  wie  dies  in  den 

Furchangskugeln  von  Nephdü  und  CucuUattus  beobachtet  wurde,  ursprunglich  ia  mehrfacher 

Anzahl  differenxirten  (Essigsäurepräparat). 
Flg.  22.   Zwei  Tochterzellen,  deren  vollständig  ausgebildetem  Kerne  in  etwas  abweichender  Weise 

einige  Fasern  zusammenhängen  (Essigsäurepräparat). 


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Tafel  VI. 


Sammtlicbe  Abbildungen,  mit  Ausnahme  von  Fig.  8,  nach  Essigsaurepraparaten  (!"/«)  entworfen. 


Flg.   1.   Kern  eines  rothen  Blutkörperchens  von  Rana  esadenta. 

Fig.   2.   Rothes  Blutkörperchen  wn  Ä«»<»  esci&nia  mit  einem  eigenthämlichen  Körper  neben  dem  Kern. 

Fig.    S.    Rothes  Blutkörperchen  desselben  Thieres  mit  einem  ahnlichen  Körper  (2%  Kss.  +  2 7»  NaCli). 

Flg.   4.    Weisses  Blutkörperchen  von  Rana  acuUnta. 

Flg.   5.    Weisses  Blutkörperchen  von  TVitos  taeniatu». 

Flg.   6.   Ein  Körperchen  eines  solchen  mit  vier  kleinen  Kernen. 

Flg.    7.    Weisses  Körperchen  von  Triton  taeniatus. 

Flgg.  8— 12.   Verschiedene  einfache  Kerne  weisser  Körperchen  von  Rana  aadenta. 

Fig.  18.   Weisses  Körpereben  mit  einem  Kern  von  Triton- 

Flg.  14-   Zwei  Kerne  einkerniger  Körperchen  von  Triton. 

Flg.  15.   Aehnlicher  Kern  von  Rana  eseuienta. 

Flg.  16.   Weisses  Körperchen  von  Rana  txulenta. 

Fig.  17.   Kerne  eines  weissen  Kürpcrchens  von  Rana  eseuknta. 

Flg.  18.    Theilungszustand  eines  mehrkernigen  Körperchens  von  Rana  aeuknta. 

Flg.  19.  Weisses  Körperchen  von  Triton  taeniatut  mit  zwei  eigentümlich  spindelförmig  gestalteten  Kernen. 
Flg.  20.  Körperchen  von  Rana  cscutenta,  wahrscheinlich  aus  dem  Theilungszustand  Fig.  18  hervorgegangen. 
Flgg.  21  u.  22.  Zwei  weisse,  mehrkernige  Körperchen  von  Triton  tatniatus  mit  in  Theilung  begriffenen  Kernen, 
Flgg-  23—29.    Theilungsxustände  embryonaler  rother  Blutkörperchen  des  Hühnchens. 

Flgg.  30  u  31.  Zwei  in  Theilung  begriffene  Blastodcrmzellcn  von  Mutca  vomitoria  mit  spindelförmig  metamor- 
phosirtem  Kern. 


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Tafel  VIL 

■ 


Flgg.  1—19.    Zur  Conjugation  von  Faramaecium 

(S*mmtliche  Figuren,  mit  Ausnahme  ron  Fig.  10,  i 

de»  Wassers  durch  Zerniesxenla&sen  ausgesetzt  waren,  entworfen). 
Flg.    L   Nucleolus  im  Beginn  des  Auswachsens  in  Folge 
Flg.    ü    0 rosse  gekrümmte,  aus  dei 
Flg.   8.  Folgendes  Stadium. 

Flg.   4.  Tbeilnngizustand  einer  solchen  Kapsel.   Der  Verbind  im  gsetrang  wird  zwischen  x  u.  x  durch  Essig- 
saure (1*/*)  bis  zum  Verschwinden  anfgequellt 
Fl«.   S.    Eine  Hälfte  einer  soeben  zerfallenen  Kapsel.  Die 


Flfrg.  6  u.  7.    Kapseln  kurz  nach  der  ThcHung, 
Flg.  8.   Eine  Kapsel  «weiter  Generation. 

Flg.  10.   Ein  Thier  etwa  eine  Stunde  nach  aufgehobener  Conjugation ; 
lichten  Kugeln  herangewachsen  (lebender  Zustand). 

kapseln  haben  sich  ruckgebildet. 
Flg.  12.   Nucleoluskapsel  zweiter  Generation  too  etwas  abweichendem  Bau  aus  einer  Srzygie  (rergl.  pag.  394). 
Flgrg.  13  u.  14.   In  Ruckbildung  begriffene  Nucleoluskapseln  (»ergl.  Fig.  11). 

Flg.  15.  Ein  Thier  am  fünften  Tag  etwa  nach  aufgehobener  Conjugation.  Die  aus  den  beiden  Nucleolus- 
kapseln herrorgegangenen,  lichten  Kugeln  sind  zu  ansehnlichen,  nurlensartigen  Körpern  heran- 
gewachsen. 

Flg.  16.   Ein  Thier  etwa  rom  siebenten  Tag  nach  aufgehobener  Conjugation.  Der  eine  der  aas  den  Nucleolus- 
kapseln hervorgegangenen,  nucleusartigen  Körper  ist  in  Umbildung  zu  einem  Nucleolda  begriffen. 
Fl»  17.   Ein  Thier  am  elften  Tag  nach  aufgehobener  Conjugation;  der  neue  Nucleolus  gebildet. 
Fl».  18.   Ein  in  Rückbildung  zu  einem  Nucleolus  begriffener  Körper  (vergl.  Fig.  15). 

Flg.  19.   Thier  am  elften  Tage  nach  aufgehobener  Conjugation;  der  neue  Nudeus  hat  sich  durch  Vereinigung 
der  beiden  Ton  Fig.  17  gebildet. 
Figg.  20—23.    Zur  Conjugation  von  Chilodon  Cucullulus  Ehrbg.  (Essigsäurepraparate). 
Flg.  80.   Ein  conjugirtes  Paar  mit  im  Aaswachsen  begriffenen  Nucleoli. 
Flg.  81.   Thier  am  zweiten  Tage  nach  aufgehobener  Conjugation  (rergl.  pag.  318). 
Flg.  88.   Eine  in  Theilung  begriffene  Nucleoluskapsel  eines  conjugirten  Paare«. 
Klg  83   Die  Kapsel  des 


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t 


Tafel  Vni. 

Zur  Conjugation  von  Paranutecium  putrinum  CL  u.  Lehm. 


Flg.    1.   Frühestes,  beobachtete!  Entwicklungsstadium  de«  Nucleolas  nach 
Fl».   8.   Ausgebildete  Nurleolus-  (Samen-)  Kapsel  (ernte  Generation). 
Fisj.    3.   Theilung  einer  Nucleoluskapsel  in  fünf  aufeinander  folgenden  Zuständen  (a  -  e). 

am  lebenden  Thier. 
Flg.   4.   Eine  in  Theilung  begriffene  Nucleoloskapsel  (vergl.  Fig.  3d). 
flg.    5-    Ein  weiter  fortgeschrittenes  Stadium. 

Fig;.    6.    Eine  in  Theilung  begriffene  Kapsel,  ungefähr  von  Stadium  der  Fig.  4  j  durch 

der  Hullmembran  bei  der  Isolation  sehr  verkürzt. 
Flg.    7.    In  Theilung  begriffene  Kapsel  erster  Generation,  die  Hullmembran  bei  der  Isolal 

und  aufgebläht.   Eigenthumlicbe  dunkle  Endspitzen. 
Flg.   8.    Die  entsprechende  Kapsel  de«  anderen  Thieres;  ihre  natürliche  Gestalt  ziemlich  gut 
Fif .   ».    Ausgewachsener  Kern  eines  Thieres  einer  Syzygie,  jedes  der  ronjngirten  Thiere  mit  zwei : 

kapseln  zweiter  Generation. 
Flg  10.    Ausgewachsener  und  verzweigter  Kern  eines  Thieres  einer  Syzygie.    Jede«  der  Thiere  enthalt 

In  Theilung  begriffene  Xurleoluskapsel  erster  Generation. 
Flg.  11.    Eine  Syzygie  gegen  Ende  der  Conjugation    Jedes  Thier  enthalt  acht  Nncleoluskapaeln  vierter 

Generation  und  einen  in  völligem  Zerfall  begriffenen  Nueleus. 
Flgg  18  a  n.  b.    Die  beiden  Thcilsprosslinge  eines  Thieres,  das  sich  den  folgenden  Tag  nach  aufgehobener 

Conjugation  getheilt  hatte.  Jeder  der  Sprösslinge  enthalt  zwei  weiter  entwickelte  Nucleoluskapaelu; 

die  vier  anderen  Nucleoluskapseln  sind  geschrumpft  und  sehr  reducirt;  der  eine  Sprossling  (a> 

enthalt  nur  eine,  der  andere  (6)  drei  derselben. 
Flgg.  13—80.    Umwandlungsznständc  der  in  Weiterentwicklung  begriffenen  Nucleoluskapseln,  wie  sie  in  zeit- 
licher Aufeinanderfolge  in  ans  der  Conjugation  hervorgegangenen  Thieren  beobachtet  wurden 

(Fig.  13— 15  vom  ersten  Tag  nach  aufgehol»ener  Conjugation;  16  vom  zweiten  Tag,  17—19  vom 

dritten  Tag  and  20  vom  fünften  Tag  nach  aufgehobener  Conjugation). 
Fla;.  81.    Sprössling  eines  aus  der  Conjugation  hervorgegangenen  Thieres  am  vierten  Tag  nach  aufgehobener 

Conjugation.    Die  weitergebildete  Nucleoluskapsel,  der  Stamm  eines  neuen  Nueleus,  ist  neben 

zahlreichen  Bruchstücken  des  ehemaligen  Nueleus  zu  sehen. 
Flgg.  28  u.  8Ü.    Zwei  dieser  Nucleusbruchstucke  starker  vergrüssert. 

Fl».  84.    In  Neubildung  begriffener  Nueleus  eines  Thieres  am  sechsten  Tage  nach  aufgehobener  Conjugation 
(starker  vergrössert). 

Flg.  85.   Sprössling  eines  ans  der  Conjugation  hervorgegangenen  Thieres  am  sechsten  Tage  nach  aufgehobener 
Conjugation.    Der  neue  Nueleus  schon  sehr  herangewachsen;  die  Rrochstttcke  des  ehemaligen 


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Tafel  EL 


Flg  1.  Aus  der  Conjngation  hervorgegangenes  Exemplar  von  Paramaeeium  putrinum  (vierter  Tag  nach 
dunkler  Kugeln. 

Kig  2  f'onjngirtes  Paar  ron  P.  putrinum,  das  eine  Thier  mit  reconstituirtem  Nucleus,  da»  ander*  hingegen 
nur  mit  einer  Anzahl  dunkler  Kugeln,  entsprechend  Fig.  1.  Beide  mit  je  einer  normal  entwickelten 
Nucleol  uskspsel. 

Flg.   8.   Ein  Nucleolus  von  P.  Bunaria  nach  Waase  rein  Wirkung. 

Flg.  4.  Nucleus  mit  anliegendem  Nucleolus  von  P.  JSumana,  der  entere  taWreiche  dunkle  Verdichtungen 
einachlienend. 

Flg:.    5.   Nucleu«  von  P.  Burtaria  mit  einer  ansehnlichen,  centralen  Verdichtung. 

Flg.  «.  Ein  faserig-differenairter,  in  Theilung  begriffener  Nucleua  von  P.  Bursaria  mit  den  schon  Retheilten 
Nucleoli. 

Flg.   7.    Nucleus  mit  anliegendem  Nucleolus  von  Colpidiu»  Colpoda. 
Flg.   8.   Zwei  isolirte,  stärker  vergrößerte  Nucleoli  desselben  Thieres. 

Flg.   9.    Conjugirtes  Paar  von  Colpidium  Colpoda  im  lebenden  Zustand;  jedes  der  Thiere  enthält  eine  sehr 

ansehnliche  Nucleoluskapsel,  die  hellen  Kreise  hinter  den  Nuclei  sind  die  contractilen  Vacuolen. 
Fl«;.  10.   Colpidium  Colpoda  direct  nach  Lösung  der  Syzigie  (lebender  Zustand)  Nucleus  schon  sehr  reducirt, 

zwei  lichte  Nucleoluskugeln  im  Auswachsen  begriffen. 
Flg.  11.   Einige  Stunden  nach  aufgehobener  Conjugation;  der  Nucleus,  tu  einer  dunklen  Kugel  verdichtet, 

nach  dem  Hinterrande  des  Thieres  geschoben,  die  lichten  Nucleoluskugeln  sehr  herangewachsen 

(Essigsäurepräparat). 

Flgr  12.  Glaucoma  »emtittan*  direct  nach  aufgehobener  Conjugation;  neben  dem  schon  reducirten  Nucleus 
sind  zwei  im  Leben  sehr  lichte  Nucleuskugeln  herangewachsen  (Nucleus  und  Nucleoluskugeln 
sind  nach  Essigsäureeinwirkung  gezeichnet). 

Flg.  18.  Glaucoma  scintülaru;  zweiter  Tag  nach  aufgehobener  Conjugation;  Nucleus  zu  einer  dunkeln  Kugel 
verdichtet,  die  beiden  lichten  Nucleuskflrper  sehr  herangewachsen  (Essigsäurepräparat). 

Flg.  14.   P.  Aurtlia  am  siebenten  Tag  nach  aufgehobener  Conjugation  (Essigsäurepräparat). 

Flg.  IS.  Kern  mit  swei  dicht  eingepreßten  Nucleusbruchstucken,  von  P.  Aurtlia,  siebenter  Tag  nach  auf- 
gehobener Conjugation  (Essigsiurepräparat). 

Flg.  16.  Neugebildeter  Kern  von  P.  Aurelia  (fünfter  Tag  nach  aufgehobener  Conjugation).  Ein  Bruchstück 
des  alten  Nucleus  dem  ueuen  dicht  cingepresst,  daneben  ein  neuer  Nucleolus.  Noch  ein  zweites 
Bruchstück  des  alten  Kernes  fand  sich  in  bedeutender  Entfernung  vom  neuen  Nocleus  (Essig- 
säurepräparat). 

Flg.  17.   Nucleolus  von  Pleuronema  Chrysalis  (Essigsäurepräparat). 

Flg.  18.   Nucleus  mit  anliegenden  Nucleoli  von  Cyrtostomum  leuca»  (Essigsäurepräparat). 

Flg.  19.    Ein  Theil  des  Kernes  von  Nanula  ornata  mit  vier  anliegenden  Nucleoli  ( Essigsäurepräparate ). 

Flgg.  20  -22.   Drei  verschiedene  Nucleoli  von  TraekeUus  Ovum  (Essigsäurepräparat). 


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Tafel  X. 


Flgs:.  1-19.   Zur  Conjugation  von  Euplotes  Choren  Ehrb«. 
I  |gg.  1 — II.    Verschiedene  Zustande  der  Entwicklung  der  Nucleoli  wahrend  des  Conjugationsactes  (über  die 

näheren  Besiehungen  der  verschiedenen  Formen  zu  einander  vergl.  den  Text). 
Flg.  18.    Ein  Paar  conjugirter  Thiere  gegen  Ende  der  Conjugation. 

Fig.  18.    Weiter  fortgeschrittene*  Paar;  in  dem  einen  Individuum  lind  die  grossen  Nucleolnskapseln  der 

Fig.  12  zu  vier  kleinen,  geschrumpften  Kapseln  zerfallen;  im  anderen  Individuum  finden  sich 

nur  zwei  derartige  Kapseln. 
Flg.  14.    Rin  Paar  kurz  vor  der  Trennung.   Die  Nuclei  sind  in  zwei  Theile  zerfallen.    Ton  den  vier  kleinen 

Nucleoluskapseln  dea  einen  Thieres  ist  eine  im  Heranwachsen  zu  dem  lichten  Körper  begriffen. 
Flg.  15.   Ein  Thier  kurz  nach  der  Lösung  der  Syaygi«.   Eine  Nucleoluskapsel  ist  su  einem  lichten  Körper 

herangewachsen,  zwei  andere  finden  sich  daneben  noch  unverändert. 
Flg.  16.    Das  vordere  Nucleusstuck  ist  nochmal.«  zerfallen ;  die  vier  Nucleoluskapseln  sind  in  abnormer  Weise 

sammtlirh  zu  lichten  Kugeln  ausgewachsen. 
Fig.  17    Thier  einige  Stunden  nach  aufgehobener  Conjugation.    Der  lichte  Körper  ist  sehr  herangewachsen 

and  ihm  liegt  eine  zum  Nocleolus  ruckgebildete  Kapsel  an.    Gewöhnliches  Torkommen. 
Flg.  18.    Ein  Thier  etwa  24  Standen  nach  aufgehobener  Conjugation;  der  liebte  Körper  hat  das  Maximum 

seines  Wachsthums  erreicht.   Eine  verdichtete,  zur  Ausscheidung  bestimmte  Nudeuskugel  noch 

vorhanden,   c.  contraetfle  Vacuole. 
Flg.  19.   Thier  vom  dritten  Tag  nach  aufgehobener  Conjugation.    Der  licht«  Körper  ist  zu  einem  sehr 

ansehnlichen  Nucleusstnck  umgewandelt,  dessen  Vereinigung  mit  dem  hintern,  erhalten  gebliebenen 

Stück  des  alten  Nucleus  bevorsteht. 
Figg.  20  -23    Verschiedene  Zustande  von  Nucleoluskapseln  aas  conjugirt.n  Stykmichia  pustulata  (Essig- 

saurepräparate). 

Flgg.  28-28.  Durch  Zerquetschen  isolirte  Nucleoluskapseln  aus  Conjugationszustfnden  von  (tolpidium  Colpoda 
(vergl.  Taf.  IX.  Fig.  9).  Dieselben  sind  sehr  zusammengesr.bnurrt  durch  die  Zusammeuziehung 
und  Aufblähung  der  liQllmembran. 

Flgg.  29  ii.  80.  In  Tbeilung  begriffener  Nncleolus  von  Carcke*ium  polypinum  (wahrend  der  gewöhnlichen 
Theilung  des  lnfusors).    Fig.  29  im  lebenden  Zustand ;  Fig.  30  nach  Behandlung  mit  Essigsaure. 

Flg.  81.    Weiter  fortgeschrittener  Theilongszustand  des  Nucleolu»  von*  r.ViirfteMMfi»  po/ypiwum. 

Flg.  82.    Nucleolus  von  VorticeUa  nebuUfera  im  lebenden  Zustand. 


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Tafel  XI. 


Flg.    1.   NucleJ  und  Nucleoli  von  einem  in  Theilung  begriffenen  Stylanirhia  My 
Stadium  der  Theilung  der  Nuclcoli  siehe  auf  Taf.  XV.  Fig.  5)  (Ea 

Fig.  2.  Nuelei  und  Nuclaoli  ton  einem  in  Theilung  begriffenen  St.  pustutata.  Die  Theilung  der  Nucleoli 
Ut  schon  Tollzogen,  jedoch  sind  ihre  Sprösslinge  noch  streifig  differenrirt  (Essigsäurepräparat). 

Kig,    t.    Conjugationszustand  von  St.  pustutata  gegen  Ende  der  Conjugation.   c,  contractfle  Vacuolen.  Ein 
lichter  Körper  ist  in  jedem  der  Thiere  hervorgcwachsen  (K.ssigsäurepräparat  i. 

Fig.  4.  ( 'onjugatiouazustand  von  St.  pustutata  kurz  vor  Lösung  der  Syzygie.  Die  beiden  Nuelei  haben  sich 
zu  dunkeln  Kugeln  verdichtet  (Essigsäurepräparat). 

Fig.  5.  Kin  aus  der  Conjugation  hervorgegangenes  Thier  von  St.  pustutata,  etwa  24—48  Stunden  nach 
aufgehobener  Conjugation,  in  lebendem  Zustand.  Der  lichte  Körper  hat  das  Maximum  seines 
Wachsthums  erreicht,  daneben  Hegen  die  beiden  «ehr  reducirten  N'ucleoluskugeln. 

Flg.  6.  Der  lichte  Körper  eines  aus  der  Conjugation  hervorgegangenen  St.  puttulata  bereitet  sich  zur  Um- 
wandlung in  den  neuen  Nucleus  vor,  indem  er  sich  faserig  differenzirt 

Flg.   7.    A<  unlieber,  schon  ziemlich  geschrumpfter,  lichter  Körper  mit  den  ihm  anliegenden  beiden  Nucleoli. 

Fig.  8.  Derselbe  hat  sich  in  einen  längsgestreckten  Nucleus  verwandelt,  in  dessen  beiden  Enden  verdichtete 
Querscbeiben  aufgetreten  sind,  die  Vorlaufer  der  spaltfönnigen  Höhlen;  daneben  die  Nuclcoli. 

Flgg.  9  il  10    Zwei  aus  denkten  NucleMiervorgegangene  Kugeln    dieselben  sind  allmälig  wieder 

Flg.  11    Conjugirtes  Paar  von  Bunaria  truncaidla.  Die 
(lebender  Zustand). 

Flg.  11t.   Conjugationszustand  von  Bunaria  truneatttta  mit  zerfallenem  Nucleus  (Es 

Flgg.  13  -15.    Einige  Nucleusbruchstücke  starker  vergrüssert  ( Esaigsäurepräparate ). 

Flg.  16.    Kin  aus  der  Conjugation  hervorgegangenes  Thier  von  Bursarin  truncatdla  (Essigsäurepräparat). 

Flg.  17.  Bunaria  truncaUUa,  gewöhnliches  Thier.  Meine  Beobachtungen  Ober  die  Organisation  der  Bunaria 
sind  keineswegs  in  Uchereinstimtnung  mit  denen  St  ein 's  (vergl.  68;  p.  300),  weshalb  ich  mir 
.  diese  Abbildung  der  Bunaria  zu  geben  erlaube*  Der  Hauptunterschied  unserer  Auffassungen 
betrifft  den  von  Stein  beschriebenen  Längskanal  mi.  seiner  vorderen  Erweiterung.  Stein  hält 
diese  Einrichtung  für  das  Analogon  der  contractilen  Behälter  anderer  Infusorien  und  fasst  nament- 
lich die  \ordere  Erweiterung  als  contractu  auf.  Ich  finde  nun,  dass  dieser  vermeintliche  Längs- 
kanal  nichts  weiter  ist,  als  der  optische  Durchschnitt  der  rechten  und  hintern  Seitenwand  der  so 
tiefen  und  weiten  Peristomhöhle,  wie  die  Abbildung  zeigt.  Hiermit  stimmt  auch  uberein,  daas 
man  auf  den  Stein'schen  Figuren  vergeblich  nach  einer  Begrenzung  der  Peristomhöhle  in  den 
angegebenen  Richtungen  suchen  durfte.  Die  contractilen  Vacuolen  hingegen  finde  ich,  wie  es 
Claparede  und  Lachmann  angegeben  haben,  durch  das  gesamtste  Parenchym  der  Thiere 
zerstreut  Bei  conjugirten  Thieren  oder  solchen,  die  aus  der  Conjugation  hervorgrgs 
konnte  ich  mich  auf  das  bestimmteste  von  der  Contractilität  dieser  zahlreichen  klein 
uberzeugen.  Höchst  interessant  ist  auch  der  Bau  der  verhältnissmässig  so  dicken 
Schicht  unserer  Thiere,  indem  dieselbe  durchaus  faserig  differenzirt  erscheint  und  die 
senkrecht  zur  Oberfläche  de«  Thiere«  stehen;  in  der  That  sind  es  jedoch ,  wie  die  genauere 
Betrachtung  der  Oberfläche  der  Thiere  lehrt,  nicht  Fasern,  die  das  Entoplaaroa  durchsetzen, 
sondern  dasselbe  besitzt  einen  wabenartigen  Bau,  die  verdichteten  Wände  der  Waben  repräsentiren 
sich  im  optischen  Schnitt  als  Fasern.  Eine  derartige  Structur  des  Zelleuprotoplasma's  er- 
kannte ich  früher  schon  an  den  Epidermiszellcn  des  Pilidium's  -(vergl.  Arch.  f.  Xaturgesch. 
1873.  L  pag.  276),  neuerdings  sehr  schön  an  den  Epidermiazellen  einer,  wie  mir  scheint,  bis 
jetzt  noch  nicht  beschriebenen  Mesostotnum-Art.  Dieselbe  zeichnet  sich  durch  die  ganz  auffallende 
Dicke  der  Epidermis  aus,  deren  grosse  Zellen  sich  schon  im  lebenden  Zustand  deutlich  erkennen 
lassen  und  die  geschilderte  Structur  vortrefflich  zeigen. 

Flg.  18.    Eine  Nucleoluskapsel  aus  dem  Paar  Fig.  11.   Durchmesser  —  OjOlS  Mm.  (Essigsäurepräparat). 

Flgg.  Mb  80.   Zwei  Nuclcoli  gewöhnlicher  Beschaffenheit  von  Burmria  truncaUUa  (nach  Wassereinwirkung). 


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Tafel  XII. 


Figg.  1—18.   Zur  Conjugation  von  StylonicJtia  Mytilus  0.  F.  Müller. 
Flgg.  1_ Verschiedene  Zustande  «1er  Umbildung  der  Nucleoli  iu  conjugirteu  Tliieren.    1  -4  nach  Essig- 

saurebchandlung,  6  und  7  im  lebenden  Zustand.  6  und  8  dieselben  nach  Einwirkung  vou  Essig 

säure  (über  den  Zusammenhang  dieser  Formen  vergl.  im  Text). 
Fig.   ».    Im  Zerfall  begriffener  Nukleus  wahrend  der  Conju^atiou  (Kssigsaurepraparat). 
Figg.  10-13.    Verschiedene  Coujugatiorozustande  Ton  Stykmichia  MyUlu*  (Essigsäureprij^araU').  Das  Nähere 

vergleiche  im  Text 

Flg.  14.   Oonjugatioiuzustand  gegen  Ende  der  Conjugation.    Eine  der  rier  reducirten  Nu 

Tlüere  ist  im  Hervorwachsen  zu  dem  liebten  Körper  begriffen.    Die  vor  und 
liegenden  beiden  Kapseln  bilden  sich  zu  Nucleoli  zurück  (Essiggaurepräparat). 

Flg.  15.  Paar  kurz  vor  der  Lösung  der  Syzygie.  Die  rier  Nuclcuabruchstncke  liaben  sich  zu  dunkeln  Kugeln 
verdichtet ;  der  Uchte  Körper  ist  mehr  herangewachsen  (Essigsiiurepräparat). 

Fig.  16  Ein  Tider  kurze  Zeit  nach  Losung  der  Syzygie;  lichter  Körper  noch  mehr  ausgewachsen,  daneben 
die  Nucleoli  und  die  rier  Nucleuskugeln,  die  paarweise  zusammengebacken  sind.  Daneben  noch 
kleine,  dunkle,  wahrscheinlich  aus  der  vierten  Nucleoluskapsel  hervorgegangene  Kugel. 

Fla;.  17.  Ausgeworfene,  zusammengebackene  N'uclcuskugeln  eines  Thieres,  damit  noch  eine  fünfte  Kugel 
(Nucleoluskapsel?)  vereinigt. 

Flg.  1 s  Ein  Thier  am  sechsten  Tage  nach  aufgehobener  Conjugation.  Der  lichte  Korper  hat  sich  zu  einem 
Nucleiis  umgebildet,  der  eine  Nucleolus  eigentümlich  vergrössert,  vielleicht  in  Vorbereitung  zur 


Flg.  19.  Ein  kleiner  Nurleus  einer  zahlreiche  Nuciei  enthaltenden  Amtba  prineep* 
Fig.  HO.   Ein  grosser  Nucleus  eine  Amocba  prineep»  inach  Wassereuiwirkung). 


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Tafel 


Fig.    1.   Conjugirtes  Paar  von  Blepkarisma  lateritia  mit  Nucleoluskapsel-artigen  Gebilden.    Letztere  und  die 


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1 

Fl* 

». 

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3. 

fi* 

4. 

fi*. 

8. 

Flg. 

9. 

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10. 

Fl*. 

IL 

Fl*. 

12. 

«* 

18. 

Fl*. 

14 

Fl* 

16. 

Fl* 

16. 

Fi*. 

17. 

Thier  von  Blephatima  lateritia  ganz  kurze  Zeit  nach  aufgehobener  Conjugation  mit  zwei 
Nudooluskapseln. 

ihrere  Standen  nach  Losung  der  Syzygie.   Neben  dem  verkleinerten  Nucleus  sia 
Uchte  Kugeln,  welche  je  ein  dunkles  Körpereben  enthalten,  hervorgewachsen. 
Ein  Thier  am  dritten  Tag  nach  aufgehobener  Conjugation,  die  lichten  Kugeln  &ehr  herangewachsen ; 


vom  «weiten  Tag 


ConjugationszustanJ  von 

Ein  aus  der  Conjugation  hervorgegangen  Thier  von 
förmig  ausgewachsen  (Essigsäurcpriiparat).  . 
Ein  aus  der  Conjugation  hervorgegangenes  Thier  von  Cyrtottomum  leuea»  (etwa  sehi 

aufgehobener  Conjugation).   Der  Nucleus  ist  völlig  in  Bruchstücke  serfallen. 
Conjugationszustand  von  Condyhttoma  VortiaUa  Ehrbg.  (lebender  Zustand). 
Ein  aus  der  Conjugation  hervorgegangenes  Thier  von  Condylwtoma  Vortictüa  mit  in 
zerfallenem  Nucleos  (lebender  Zustand). 

eines  frühen  Etitwicklungsstadiuras  eines  Eies  von  BraAUmtu.   Der  Kern 
grossen  Entodermzellen  in  Metamorphose  zur  Kernspindel  begriffen  (lebender  Zustand). 

eines  vorgerückteren  Entwicklungsstadiums  von  BradUomu  mit  zur  Kernspindel 
inorphosirtem  Kern  (EssigsAurepr Aparat). 

Tlieil  eines  Eies  von  Brachionus,  sehr  frohes  Stadium ;  eine  Furchungskugel  in  der  Theilung 
fortgeschritten,  die  Kernplattenhalften  sind  in  die  Kernenden  genickt  (KseigsAnrepraparau ). 

kerne  hat  begonnen,  dieselben  sind 
verknüpft  (Essigsanrepraparat). 


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Tafel  XIV. 


Flgg.  I  -8.    Drei  verschiedene  Zustände  ton  am  der  Conjugaticm  herTon;eiianpenon  Vorticdla  CampanuUi  Ehrtip. 

(▼ergl.  hierzu  den  Text  pag.  838  and  den  Anhang  nebst  dem  Holzschnitt  pag.  446) ;  (Essigsaure- 

Klgg.  4—7.  Stentor  coeruleus,  eigentümliche  eiliate,  bolotrichc  Infusorien  (als  Parasiten) 
in  sich  beherbergend,  n  Die  Glieder  der  Nucleuskette,  die  sich  hier  aus  ihrem 
Zusammenhang  gelöst  zu  haben  scheinen. 

Flg.   4.    Dm  Thier  zu  Beginn  dar  Beobachtung,  zwei  ansehnliche  Parasiten  einschliessend. 

Fig.   5.    Eine  halbe  Stunde  später:  der  groaste  Parasit  in  Theilung. 

Flg.    «.    1  '/»  Stauden  nachher;  jeder  der  Spröatlinge  des  Parasiten  hat  sich  nochmals  getheilt. 

Fig.   8.   Parasitische  Schizomyceten  aus  THMmt  ptlUicidus  Bast,  (rergl.  pag.  3*0  des  Textes). 

Fig.   0.    Parasitische  Schizomyceten  (vermein tliche  Spermatozoon  Job.  Mfiller's)  aas  dem  Nueleus  von 

l'aranaecium  Aurrlia 
Flg.  10.   Nueleus  »on  Loxo&u  Eottrum  (Essigsaurcprftparat  l. 

Figg.  11-14.    Verschiedene  Nuclei  ron  Actinosphacnum  Eichhorn»  (Esaigiaurepraparate). 


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I 


Tafel  XV. 


,  mit  Ausnahme  der  Fig.  14,  nach  Essigsaurepraparaten 
durch  Zerflies  senlaa&en  dargestellten  Waaserpraparat.) 


flg.   1.   Vordere«  Ende  einer  Keimrohre  Ton  Apha  rosae.   1  >as  Pseudorum  enthalt  einen  in  der  Tbeilung 
weit  fortgeschrittenen  Kern.    Von  dem  nach  unten  folgenden,  schon  weiter  entwickelten 

gekommene  Blastoderm  and  den  Ton  ihm  umhüllten  Nahrungidotter.  In  Letzterem  tritt  ein  Kern 
deutlich  herror.  Ich  fand  mehrfach  drei  in  einer  Reihe  hintereinander  liegende  Kerne  in  dem 
Nahrungsdotter. 

flg.   2.    Der  in  Theilung  begriffene  erste  Kern  des  Pseudovums,  Fig.  1  stärker  vergrössert, 
Fig.   t.   Kern  einer  Blastodennzelle  des  PseudoTnms  von  Aphit  rosae. 
Piff.   4.   Kerne  von  Stykmichia  Mytiius  mit  anliegenden  Norleoli. 

Fi*    5.   Nucleos  und  Nncleoli  aus  einem  in  Theilung  begriffenen  St  MyUhu.   An  dem  Leibe  des  Thieres 

p 1 1  - 1  w tir  nur  6inc  £ft&s  sc ichfcc  Einschnürung  io  der  ^^Jttelrc^ion  2 
Flg.   6.   Nuclei  und  Nncleoli  von  St  Mytilm,  aus  einem  in  der  Theilung  weiter  for 
Der  Leib  des  Thieres  selbst  war  etwa  schon  rar  Hälfte  durebgeschnurt 

Zar  Conjugation  von  Parmaeeium  AureOa  0.  F.  Maller. 

Fi».   7.   Nucleolus  in  normalem  Zustand. 
Flgff.  8—10.  Grosse,  gekrümmte  Nuclenskapseln. 

Flg.  11.   Eine  in  der  Rückbildung  zu  einem  Nucleolus  begriffene  Ralbiani'sche  Eikugel. 
Flg.  12.   Ein  Thier  kurz  nach  Aufhebung  der  Conjugation. 

Flg.  18.  Ein  Thier  einige  Zeit  nach  aufgehobener  Conjugation ;  Nuclens  im  Zerfall  begriffen ;  die  acht  Nucleolus- 
kapseln  haben  sich  su  eigenthumlieben,  körnigen  Kugeln  umgewandelt. 

Fig.  14.  Ein  Thier  am  dritten  Tag  nach  aufgehobener  Conjugation;  vier  Nucleoluskapseln  sind  zu  ansehn- 
lichen, lichten  Kugeln  herangewachsen;  drei  Andere  finden  sich  daneben  noch  als  kleine,  sehr 
reducirte  Bläschen  mit  dunkelkörnigem  Inhalt 

Flg.  15.    Ein  Thier  am  dritten  Tag  nach  aufgehobener  Conjugation;  von  den  vier  aus  den  Nucleolusk 
hervorgegangenen,  lichten  Kugeln  ist  ein«  in  Umwandlung  zu  einem  Nucleolus  begriffen. 

Flg.  16.   Ein  Thier  tob  dritten  Tag  nach  aufgehobener  Conjugation.  Zwei  der  lichten  Kugeln  (Fig.  14) 
sich  zu  in  Theilung  begriffenen  Nucleoli  rOckgebildet,  die  beiden  ande 
artigen  Körpern  herangewachen. 

Flg.  17  a  n,  6.   Die  beiden  Theilsprössliuge  eines  aus  der  Conjugation  hervorgegangene« 

der  Theilung  am  dritten  Tage.  Jedes  der  Thier«  enthalt  die  Anlage  eines  neuen  Nucleus 
(vergl.  Fig.  16)  und  zwei  durch  Theilung  der  in  Fig.  16  gebildeten,  neuen  Nncleoli  hervor- 


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