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Full text of "Die kriegsgeschichtliche Überlieferung über Friedrich den Grossen kritisch geprüft an dem Beispiel der Kapitulation von Maxen"

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Die 

kriegsgeschi.. 



Uberlieferung 



über Friedrich 
den Grossen . 





Georg Winter 



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HERAUSGEGEBEN' vox J. JASTROW. 

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Die 

kriegsgeschichtliche Überlieferung 

über Friedrich den Grofsen 

kritisch geprüft 

an dem Beispiel der Kapitulation von Maxen. 



Von 

Georg Winter. 



• Berlin 1888. 

R. Gacrtners Verlagsbuchhandlung 
Hermann Heyfelder. 

*W. Schi'meberger Strafse 26. 




Historische Untersuchungen. 

In zwanglosen Heften 

herausgegeben von 

J. Jastrow. 



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/ 



Die „Historischen Untersnelwiifem" beabsichtigen, flfcr 
Monographieen aus dem Gesamt- Gebiete der Geschichtswissenschaft 
eine Saiumel statte zu bilden. 

Abhandlungen aus dein Altertum, aus den» Mittelalter und 

aus der Neuzeit wird diu Sammlung in gleichem Mafse geöffnet 
sein. Neben Beiträgen zur Quellenkritik und zur Geschichte der 
politischen oder kriegerischen Ereignisse sollen Untersuchungen über 
die Entwickelung der Zustände im staatlichen, im wirtschaftlichen 
und im sonstigen Kulturleben der Volker geboten werden. 

Soweit es mit wissenschaftlicher Gründlichkeit vereinbar ist, 
wird die Darstellung in einer Form erfolgen, welche Gang und Er- 
gebnisse der Untersuchung auch den Mit forschem benachbarter Ge- 
biete zugänglich macht. Um der letzteren Rücksicht auch äufserlich 
Rechnung zu tragen, wird jedem Hefte neben der sjsteinatiseheii 
Inhaltsübersicht ein alphabetische* Register ond ein 
bifelioffraphischesliitterstnrTerteichiils beigefügt werden. 

Die Herausgabe der Sammlung hat Herr Dr. J. Jastrow über- 
nommen. Beiträge werden an dessen direkte Adresse (Berlin NW.. 
Marienstrafse 8) oder durch Vermittlung der Verlagshandlung erbeten. 



Erschienen sind: 

1. .last l ow, J., Die Volkszahl deutscher . Städte zu 
Ende des Mittelalters und zn Beginn der Neuzeit. Ein Über- 
blick über Stand und Mittel der Forschung. Q JC 

2. Altmann, W., Die Wahl Albrechts II. zum römischen 
Könige. Nebst einem Anhange, enthaltend Urkunden und 
Aktenstücke. 8 Jt. 

3. Sultan . W., Prolegomena zu einer römischen 
Chronologie. 5 JC. 

4. Schöll haffc, K., Das Königslager vor Aachen und 

vor Frankfurt in seiner rechtsgeschichtlichen Bedeutung. QJC 

5. Friedensburi;, W., Der Reichstag zu Speier 1526 
im Znsammenhang der politischen und kirchlichen Entwicklung 
Deutschlands im Keformationszeitaltcr. 15 JU 

6. Lehmgrübuer, II., Benzo von Alba. Ein Verfechter 
der kaiserlichen Staatsidee unter Heinrich IV. Sein Leben und 
der sogenannte „Panegyrikus". 4 JL 

7. Winter. G., Die kriegsgeschichtliche Überliefe- 
rung über Friedrich den Grofsen. kritisch geprüft andern 
Beispiel der Kapitulation von Maxen. , 5 JL 

Unter der Presse: 

8. Masrhke, R., Der Freihei t sprozefs im klassischen 
Altertum, insbesondere der Prozefs um Verginia. 



R. Gaertners Verlar, H. Heyfeldcr, Berlin SW. 



lieft 

Heft 

Heft 
Heft 
Heft 

Heft 

Heft 

Heft 



J 



HISTORISCHE 

UNTERSUCHUNGEN. 



HERAUSGEGEBEN 

VON 

J. JASTROW. 



Heft VII. 

Die kriegsgescbiclitliclie Überlieferung über Friedrich den Grofsen 

kritisch geprüft 

an dem Beispiel der Kapitulation von Maxen. 

. Von 

Georg Winter. 



Berlin 1888. 

R. Gaertners Verlagsbuchhandlung 
Hermann Heyfelder. 



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Die 



kriegsgeschichtliche Überlieferung 

über Friedrich den Grofsen 

kritisch geprüft 

an dem Beispiel der Kapitulation von Maxen. 



Von 

Georg Winter. 



Berlin 1888. 
R. Gaertners Verlagsbuchhandlung 
Hermann Heyfelder. , 



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Vorwort. 



Die vorliegende Untersuchung verdankt ihre Entstehung einem 
kleinen archivalischen Funde, welchen ich vor einigen Jahren im 
Geheimen Staatsarchive zu Berlin gemacht habe. 

Seit dem Erscheinen des Schöningschen Werkes über den 
siebenjährigen Krieg ist von verschiedenen Forschern, welche sich 
mit der Geschichte dieses Krieges beschäftigen, wiederholt ver- 
geblich nach den von Schöning auszüglich mitgeteilten Akten des 
Kriegsgerichts nachgeforscht worden, welches im Jahre 1763 über 
Finck und seine Schicksalsgenossen wegen der verhängnisvollen Ka- 
pitulation von Maxen aburteilte. Je verworrener und dunkeler 
unsere chronikalisch-memoirenartige Überlieferung über jenes Er- 
eignis ist, um so mehr mufste das Bestreben der objektiven For- 
schung darauf gerichtet sein, eine Grundlage für die Beurteilung 
derselben an wirklich authentischem, gleichzeitigem Aktenmaterial 
zu gewinnen. Mit Recht aber durfte man hoffen, eine solche 
Grundlage vor allem an den Akten jenes Kriegsgerichts zu er- 
halten, zumal die Schöningschen Auszüge die Wifsbegierde des 
Forschers mehr anregen als befriedigen. Allein leider blieben 
bisher alle Nachforschungen nach den Originalprotokollen und den 
sonstigen Papieren jener kriegsgerichtlichen Untersuchung erfolg- 
los: weder im Geheimen Staatsarchive, noch in den Archiven des 
Kriegsministeriums, des Generalstabs oder des Gener al-Auditoriats 
hatten sich diese Akten auffinden lassen. 

Da gelang es mir, in der im Geheimen Staatsarchive aufbe- 
wahrten Immediat-Korrespondenz Zietens mit Friedrich dem Grofsen 
zwar nicht die Gesamtheit der kriegsgerichtlichen Untersuchungs- 
akten, aber doch einige Fragmente derselben aufzufinden, welche 
mir ein nicht Unwesentliches zur Aufhellung der dunklen Vor- 
gänge jener Katastrophe beizutragen schienen. Es waren das die 
Berichte, welche Zieten dem Könige über den Verlauf der kriegs- 
gerichtlichen Verhandlungen erstattet hat, und deren einem ein, 



wenn auch kurzer, „Extrakt derer Verhöre" beilag. Eine Ver- 
gleichung mit den von Schöning mitgeteilten Auszügen ergab als- 
bald, dafs der genannte Forscher die von mir aufgefundenen Pa- 
piere nicht gekannt hatte. Dieselben schienen mir aber der Ver- 
öffentlichung darum in besonders hohem Grade wert zu sein, weil 
sich aus ihnen in einigen nicht unerheblichen Punkten eine ganz 
andere Auffassung des Ereignisses von Maxen zu ergeben schien, 
als die, welcher wir in den militärischen Memoirenwerken des 
18. Jahrhunderts begegnen. Daher kam es auch, dafs ich bei der 
ursprünglich beabsichtigten blofsen Veröffentlichung der Akten- 
stücke nicht stehen bleiben wollte, sondern dieselben zugleich zu 
einer eingehenden kritischen Prüfung jener Memoirenwerke zu ver- 
werten beschlofs. Ich zog zu diesem Zwecke noch die übrigen, zum 
gröfsten Teil unbekannten Aktenstücke heran, welche sonst noch 
für das Ereignis von Maxen im Geheimen Staatsarchive vorhanden 
sind. Da nun, wie sich bald zeigte, fast unsere gesamte historio- 
graphische Uberlieferung über die Katastrophe in hohem Mafse 
mittelbar oder unmittelbar als von Finck beeinflufst erfunden 
wurde, so mufsten für eine kritische Sichtung derselben neben 
den Kriegsgerichts -Akten vor allem die Berichte herangezogen 
werden, welche Finck selbst während des Verlaufs der Ereignisse 
dem Könige erstattet hat. Sie waren der geeignetste Prüfstein, 
um zu einer klaren Erkenntnis über Wesen und Tendenz der spä- 
teren Überlieferung zu gelangen. Daneben wurde, was in der 
Kabinets-Korrespondenz und in der Kriegsrepositur des Geheimen 
Staatsarchivs an weiterem Material mir von hier aus erreichbar 
war, herangezogen. 

So wurde aus der ursprünglich beabsichtigten Veröffentlichung 
einiger von der Forschung seit lange vermifsten Aktenstücke die 
vorliegende Abhandlung, welche den Versuch wagt, auf Grund 
einer eingehenden Prüfung des Quellenmaterials zugleich eine ge- 
rechtere und richtigere Würdigung eines Ereignisses anzubahnen, 
welches in doppeltem Sinne zu den trübsten und dunkelsten der 
preufsischen Kriegsgeschichte gehört. 

Marburg, im September 1887. 

Georg Winter. 



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Inhalts-Verzeichnis. 



Vorwort S. V 

Erstes Kapitel. Charakter der historischen Tradition über 

Friedrich den Grofsen S. 1—18 

Methodischer Unterschied zwischen der Geschichtsforschung Uber Altertum und Mittelalter 
einerseits, Uber nenere Geschichte andrerseits. Mangel einer erschöpfenden kritischen Be- 
handlang des chronikalischen bei fast ausschließlicher Verwendung des arcbivalischen Ma- 
terials in der letzteren. 8. 1—3. Anwendung des Gesagten auf die Periode Friedrichs des 
Grofsen, Uber deren chronikalische Überlieferung nur wenige kritische Ansätze vorhanden 
sind. S. 4—6. Notwendigkeit und eigentumliche Schwierigkeiten der Lösung dieser Autgabe 
infolge des durchweg tendenziösen Charakters der gleichzeitigen und wenig späteren kriegs- 
geschichtHchen Memoiren, welcher durch den Gegensatz zwischen Friedrich dem Grofsen und 
seinem Bruder Heinrich bedingt ist. S. 7 — 9 Den Mittelpunkt der im Interesse des Prinzen 
Heinrich und in tendenziösem Gegensatz gegen den Kflnig verfafsten historischen Arbeiten 
bildet das Gaudjsche Journal. Übersichtliche Kritik seiner Quellen nnd seiner Tendenz 8. 10 
n. 11. Ableitungen und verwandte Quellen: Warnery, Retzow, Henckel von Donnersmarck, 
handschriftliche Quellen. S. 12 — 14. Eigentümliche, abweichende Haltung Tempelhoffs, 
Cogniazzos und Archenholz's. 8. 14—16. Umschwung in der historischen Auffassung durch 
das Bekanntwerden des authentischen Aktenmaterials, angebahnt durch Bänke, Droysen, 
Schafer, Bernhardi. Gegenwärtige Aufgabe der historischen Kritik im Allgemeinen, der vor- 
liegenden Untersuchung im Besonderen. S. 17/18. 

Zweites Kapitel. Urteile der Zeitgenossen über die Kata- 
strophe von Maxen S. 19—33 

Kurze Skizze des geschichtlichen Zusammenhangs. S. 19 — 22. Haltung der Umgebung des 
Prinzen Heinrich gegenüber dem unglücklichen Ausgang des Unternehmens von Maxen, an 
welchem von dieser Seite alle Schuld dem KOnig beigemessen wird. Kachweis dieser Tendenz 
in den Aufserungen Gaudys (S. 23—25), Retzows (S. 25 —28), Warnerys (S. 28/29)), deren Auf- 
fassung durch Finck im eigenen Interesse bestärkt wird durch die mittelbar oder unmittelbar 
von ihm ausgegangene „Relation der unglücklichen Aktion bei Maxen", welche dem «Journal 
von dem Finkischen Corps bey Maxen" in der „Sammlung ungedruckter Nachrichten" zu 
Grunde liegt. S. 29/30. Verteidigung Fincks gegen die ihm vom Kriegsgericht gemachten 
Vorwurfe in einer besonderen Denkschrift. S. 31. Selbständige Haltung Tempelhoffs. S. 32. 
Zu einer klaren Erkenntnis Uber Art nnd Wesen dieser Geschichtschreiber ist nur durch Ver- 
gleichung mit dem Aktenmaterial zu kommen. S. 32/33. 



Drittes Kapitel. Die Entsendung des Fiuckschen Korps nach 

Maxen S. 34—45 

Lage des preufsischen Heeres in Sachsen im Augenblick der Ankunft des Königs. S. 34 — 36. 
Änderung des strategischen Verhaltens nach dem Eintreffen des Königs. Offensive von Seiten 
der Hauptarmee, Vorschickung Fincks in den Rttcken der feindlichen Stellung. .Widerspruch 
Fincks in einer erregten Scene zwischen ihm und dem Konige. Kritik der Überlieferung 
hierüber. S. 36 — 42. Abmarsch Fincks nach Freiberg und Dippoldiswalde. Zusammenstoß 
mit einer Abteilang der Reichsarmee. S. 43 — 45. 

Viertes Kapitel. Gegenmafsregeln der Österreicher. Beider- 
seitige Bewegungen am 18. u. 19. November . S. 45—57 

Dauns Rückzug nach Dresden, Entsendung der Reichsarmee in den Süden Dresdens, des 
Sincereschen Korps nach Rippien. S. 45. VorrUcken Friedrichs nach Wilsdruff, Einrücken 
Fincks in die ihm angewiesene Stellung. S. 46/47. Seine ersten Berichte an den König und 
der Befehl des letzteren, das ganze Korps bei Maxen zusammenzuhalten, d. h. alle entsandten 
Korps an sich zu ziehen. S. 48/49. Sinn und Bedeutung dieses Befehls, von den Memoiren- 
schreibern völlig entstellt, wie Fincks eigene Berichte zeigen. S. 50/51. Dauns Mafsregeln, 
um das Fincksche Korps von allen Seiten einzuschliefsen. S. 52. Des KOnigs Befehl, in 
welchem er, nachdem er von dem Abmarsch des Sincereschen Korps nach Rippien Kunde er- 
halten hat, alles weitere Finck anheimstellt. 8. 53/54 Dauns Aufstellung bei Dippoldiswalde ; 

die Höhen bei Maxen mit dem 



Finck besetzt Reinhardsgrirnma mit dem Platenschen Korps, die 
Hauptkorps. S. 55/57. 



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Fünftes Kapitel. Kampf und Katastrophe . . . . S. 57 — 79 

Übereilte Aufgabe des Passes von >R«nhard8grimina durch Pinea*. 8. 57/58. Anmarsch der 
Österreicher gegen Reinhardsgrimma. 8. 59- Schwankende Haltung der österreichischen 
Heeresleitung, Durchmarsch durch den Pate und den dahinter liegenden Wald. Besetzung der 
Hausdorfer flöhen mit Artillerie. S. 00/61. Beginn des Angriffs, Vorrucken des Brentanoschen 
Korps. S. 62. Einnahme der Maxener Höhen und des Dorfes Maxen durch die Österreichi- 
schen Grenadiere. S. 62/63. Fincks vergebliche Versuche, das Treffen an dieser Stelle wieder- 
herzustellen. S. 63/64. Der gescheitert« Reiterangriff auf das Brentanosche Korps. S. 64. 
Allgemeiner Rückzug der Preufsen durch Schmorsdorf; Einrücken der Österreicher in die 
geräumte preußische Stellung von Haxen. 8. 65/66. Stellang der Preufsen bei Ploschwitz und 
Falkenhain. 8. 67. Beratung im Heerlager Fincks Uber einen Durchbruchsversuch. 8. 68—71. 
Wunsche Durchbrucbsversuoh. S. 72/73. Kapitulation des Finckachen Korps. 8. 74—79. 

Anhang I. Entstehungsgeschichte der Überlieferung S. 80 — 133 

A. Das „Journal von dem Finkischen Corps bey Maxen"" S. 80 — 99 

Zweck der nachfolgenden Untersuchung: Erklärung der entstellten Memoiren - Tradition aus 
Qurer Entstehung. Die früheste grOlsere Darstellung des Ereignisses, Grundlage der Tradition, 
ist das „Journal von dem Finkischen Corps bey Haxen"; dieses aber ist durchweg nichts 
anderes als eine Überarbeitung einer in Fincks Nachlaß befindlichen, von dessen Hand ge- 
schriebenen und wahrscheinlich auch von ihm verfalsten „Relation der unglücklichen Aktion 
bey Haxen.* 8. 81 — 83. Beweis dieser quellenkritischen Thateache, und zwar a) indirekter 
8. 83 — 97, b) direkter 8. 97 — 99. — Ebenso wie diese früheste darstellende Quelle hat 
aber auch 

B. Das Gandysche Journal S. 99—117 

seine Nachrichten, abgesehen von den officiellen, ihm zu Grunde liegenden Quellen (Armee- 
listen etc.), zum groben Teil aas der Umgebung Fincks geschöpft und zeigt in seiner ganzen 
Darstellung eine deutlich erkennbare gehässige Tendenz gegen den König, wie an seiner Ge- 
samtbeurteilung des Ereignisses nachgewiesen wird, 8.99 — 105; und zwar hat auch Gaudy in 
einem grofsen Teile seiner Darstellung ('/j — 9 /» des GesamtumfangB) die aus Fincks Um- 
gebung stammende „Relation * (Yergleichung und Analyse der betreff. Stellen & 106 — 113), 
aufserdem auch noch andere Nachrichten Finckscher Provenienz benutzt 8. 113 — 117. 

Aus der „Relation* bez. dem „Journal" und 

C J. Gr. Tielckes Beiträgen zur Kriegskunst und Geschichte 
des Krieges, 

über welche 8. 117 — 119 einige allgemeine kritische Bemerktingen gegeben werden, ist nun 
die umfassende Darstellung von 



D. G. F. v. Tempelhoff, Geschichte des siebenjährigen 

Krieges, Teil 3, S. 346—366 S. 119—130 



kombiniert. Dieser zeigt zwar im allgemeinen eine ziemlich unbefangene Haltung (S. 119), 
gleichwohl aber hat auch er zweifellos dss auf der „Relation* beruhende „Journal* ausgiebig 
benutzt d. h. ebenfalls aus Quellen Finckscher Provenienz geschöpft. Zusammenstellung der 
hierfür besonders bezeichnenden Stellen (S. 120—129). Daneben ist die unbefangene Dar- 
stellung Tielckes benutzt, namentlich an den Stellen, wo die Bewegungen der Österreicher ge- 
schildert werden. Nebeneiuanderstellung der Beweisstellen aus dem „Journal", Tielcke und 
Tempelhoff (S. 123 — 129). Aufserdem hat Tempelhoff noch andere Quellen Finckscher Pro- 
venienz benutzt. Zusammenfassende Kritik seiner Darstellung. S. 129/130. 

Gesamtresiittat der bisherigen Untersuchung: die ganze ursprüngliche Überlieferung von 
preußischer Seite geht mittelbar oder unmittelbar auf Finck und dessen Umgebung zurück. 
Darauf beruht dann auch die spätere Überlieferung, namentlich Retzow und Warnery. 8. 141/132. 
Die Darstellung in der Histoire de la guerre de sept ans des Königs ist ebenfalls nicht un- 
bedingt zuverlässig und jedenfalls zu kurz, um als Kontrollmittel dienen zu können, welches 
demgemafs nur in den in den weiteren Anhangen mitgeteilten authentischen Aktenstücken zu 
suchen ist. 

Anhang II. Korrespondenz Fincks mit dem Könige aus den 
Tagen vom 14. — 23. November 1759 und einige andere 
Aktenstücke S. 134—149 

Anhang III. Fragmente der Akten des Kriegsgerichts von 

1763 S. 150—156 

Anhang IV. Denkschrift Fincks über sein Verhör bei dem 

Kriegsgericht S. 157 — 169 

Bibliographie (Verzeichn. d. abgekürzt citierten Werke) S. 170 — 171 

öp . S. 172—175 



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Erstes Kapitel. 



Charakter <ler historischen Tradition über Friedrich den Grofsen. 



schichtsquellen im Fortgange der Arbeiten der Monumenta Germaniae 
historica eine ganz bestimmte, nach feststehenden Regeln gehand- 
habte historisch-kritische Methode ausgebildet hat, welche eine 
fast mathematisch sichere Behandlung des Materials ermöglicht, 
sind wir auf dem Gebiete der Quellen zur neueren Geschichte trotz 
der von Ranke in seiner Abhandlung „Zur Kritik neuerer Geschicht- 
schreiber" so klar vorgezeichneten Bahnen zu einem annähernd 
sicheren Verfahren noch nicht gelangt. In der Hauptsache mag 
das an der Verschiedenheit des Materials, mit dem auf beiden 
Seiten zu arbeiten ist, liegen. Man hat sich eben in der Behand- 
lung der neueren Geschichte immer mehr daran gewöhnt, aus- 
schliefslich das archivalische Aktenmaterial den Untersuchungen 
zu Grunde zu legen und die eigentlich historiographischen Quellen 
mehr oder weniger in den Hintergrund treten zu lassen. Aber 
nicht immer hat das den auf diesem Grunde aufgeführten Ge- 
schichtswerken zum Vorteil gedient. Ebenso wenig wie es möglich 
ist, eine Geschichte des Mittelalters allein aus den Urkunden zu 
gewinnen, ebenso wenig vermag man ein erschöpfendes Bild der 
geschichtlichen Vorgänge der neueren Zeit allein aus dem authen- 
tischen Aktenmaterial zu entwerfen. Die Folge davon, dafs man 
das doch nur zu oft versucht hat, ist es gewesen, dafs unsere Ge- 
schichtsclireibung über neuere Geschichte immer mehr einen vor- 
wiegend diplomatisch-politischen Charakter angenommen hat, wäh- 
rend die anderen, oft erheblich wichtigeren Seiten des geschicht- 
lichen Lebens, die man aus offiziellen Akten eben nicht zu erkennen 
vermag, über Gebühr in den Hintergrund gedrängt worden sind. 

Aber auch bei rein politischen und militärischen Ereignissen 
läuft man Gefahr nicht selten zu völlig irrigen Schlüssen zu kommen, 
wenn man sich ausschliefslich auf die offiziellen Aktenstücke stützt. 

USttorUclir l*nt.r»ucliutigr«Mi. 7. 1 




Kritik unserer mittelalterlichen Ge 



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Auch hier vielmehr mufs es als Aufgabe uud Pflicht einer er- 
schöpfenden Untersuchung bezeichnet werden, das vorhandene 
Material in möglichster Vollständigkeit heranzuziehen ; dazu gehört 
aber nicht blofs eine Verwertung der durch die Akten repräsen- 
tierten unmittelbaren Reste der Ereignisse, sondern auch eine 
kritische Analyse der Meinungen der Zeitgenossen über dieselben. 
Nicht selten werden wir durch die letztere auch zu einer unbe- 
fangeneren Würdigung der Ereignisse selbst gelangen. Eben hier 
aber scheint in der neueren Forschung ein empfindlicher Mangel 
vorzuliegen. 

Oder ist es nicht ein solcher, wenn bei geschichtlichen Vor- 
gängen von der Wichtigkeit der Kriege Friedrichs des Grofsen 
eine zusammenfassende Würdigung des erhaltenen zeitgenössischen 
Memoiren-Materials so gut wie noch gar nicht versucht worden 
ist? Ist doch selbst von den historischen Werken des Königs bisher 
nur die Histoire de mon temps zum Gegenstande einer eingehenden 
kritischen Untersuchung über die Art ihrer Entstehung gemacht 
worden 1 ), während die übrigen Teile der Memoiren des Königs noch 
einer erschöpfenden Bearbeitung nach der Richtung der inneren und 
äufseren Kritik harren. Ist es nicht in der That an der Zeit, die bei 
der Bearbeitung der mittelalterlichen Chroniken gewonnenen Grund- 
sätze der Kritik nunmehr auch auf diese und ähnliche wichtige 
Quellen der neueren Geschichte anzuwenden? Was würde man 
dazu sagen, wenn heute ein Forscher eine mittelalterliche Chronik 
für seine Untersuchungen verwerten wollte, ohne sich über Art 
und Zeit ihrer Entstehung klar geworden zu sein, ohne erforscht 
zu haben, ob er es mit einer primären oder abgeleiteten Quelle 
zu thun habe? oder wenn er mehrere Chroniken neben einander 
benutzen wollte, ohne sich darüber klar zu werden, ob etwa die 
eine mittelbar oder unmittelbar aus der andern hervorgegangen 
sei? Bei der Geschichte der Hohenstaufen z. ß. betrachten wir 
mit Recht den Standpunkt Raumers, der in seinem für seine Zeit 
hochbedeutsamen Werke seine Auffassung durch Citierung einer Anzahl 
von übereinstimmenden Quellen belegt glaubte, ohne zu bemerken, 
dals diese verschiedenen Quellen thatsächlich nur eine seien, für 
einen längst überwundenen. Wir sind uns vollkommen klar darüber, 

>) Vgl. Max Posners scharfsinnige Untersuchung : «Zur litterarischen 
Thätigkeit Friedrich des Grofsen. Erörterungen und Aktenstücke. 4 * In: „Mis- 
ccllaneen zur Geschichte König Friedrichs des (Irofsen 4 *, her. auf Veranlassg. 
u. in. Unterstiitzg. der Kgl. Preufs. Archivverwalig. Berlin 1878. S. 205— 4yo. 



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- 3 - 

dafs die Übereinstimmung mehrerer mittelalterlichen Chroniken und 
Annalen über ein Ereignis nur dann beweisend für dasselbe ist, 
wenn die Unabhängigkeit derselben von einander erwiesen ist. 
Auf dem Gebiete der neueren Geschichte aber handeln selbst ver- 
diente und bewährte Forscher ruhig nach jenen auf dem Gebiete 
des Mittelalters längst veralteten Grundsätzen. Man hält nach 
wie vor nicht selten ein Ereignis für hinreichend beglaubigt, wenn 
es in mehreren zeitgenössischen Quellen in übereinstimmender Weise 
berichtet wird. Die Frage, ob diese Übereinstimmung nicht im 
Grunde darauf beruht, dafs die eine Quelle die andere ausgeschrie- 
ben hat, wird in der Regel gar nicht aufgeworfen. Mit einem 
Worte: die kritische Behandlung chronikalischer Quellen be- 
findet sich auf dem Gebiete der neueren Geschichte auch nicht 
annähernd auf der Höhe, wie auf dem des Altertums und des 
Mittelalters. 

Diese Beobachtung zu machen, hat man ganz besonders reiche 
Gelegenheit, wenn man unsere neueren Darstellungen über die 
Geschichte der Kriege Friedrichs des Grofsen an irgend einem 
Punkte eingehender nachzuprüfen gezwungen ist. Ich fürchte nicht 
zu viel zu sagen, wenn ich behaupte, dafs gegenwärtig die Ge- 
schichte des siebenjährigen Krieges in der Regel nur da als ge- 
sichert zu betrachten ist, wo sie in der Hauptsache auf archivali- 
schem Material aufgebaut werden kann, dafs aber überall da, wo 
die chronikalisch-memoirenartigen Quellen unsere einzige Grund- 
lage bilden, eine völlige Unsicherheit herrscht, die einzig und allein 
daher rührt, dafs die unerläfsliche Vorbedingung einer zusammen- 
fassenden Darstellung, die kritische Sichtung des Materials, noch 
nie in erschöpfender Weise versucht worden ist. Vereinzelte, recht 
vortreffliche Ansätze sind dazu gemacht worden, auf die wir gleich 
noch zurückkommen; an eine Bearbeitung der zahlreichen Me- 
moirenwerke über den siebenjährigen Krieg mit der erschöpfenden 
Genauigkeit, die man den mittelalterlichen Chroniken, auch den 
minder wichtigen, angedeihen läfst, ist bisher noch nicht gedacht 
worden. Natürlich aber hat diese empfindliche Lücke in der 
Quellenkritik trotz aller grofsen Entdeckungen neuen archivalischen 
Materials auch ihren Einflufs auf die neueren Darstellungen des 
siebenjährigen Krieges geübt, und zwar natürlich vor allem an 
denjenigen Stellen, an denen wir ausschliefslich oder fast ausschliefs- 
lich auf jene chronikalischen Quellen angewiesen sind. Unsere 
verdientesten Forscher sind auf dem Gebiete der Geschichte des 

1* 



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siebenjährigen Krieges thätig gewesen, und dennoch war es mög- 
lich, dafs die elementarsten quellenkritischen Thatsachen unbemerkt 
blieben; dennoch war es möglich, dafs einer von jenen Forschern 
nach dem andern selbst bei erheblichen Ereignissen mehrere jener 
Chroniken neben einander als Quellen seiner Darstellung benutzte 
oder doch — citierte, ohne auch nur zu bemerken, dafs die citierten 
Quellen oft seitenlang wörtlich übereinstimmten, demgemäfs gar 
nicht als von einander unabhängige Quellen, sondern als verschie- 
dene Ableitungen einer und derselben Urquelle zu betrachten seien. 
Oft in der auffallendsten Weise ist diese Thatsache zu Tage ge- 
treten, ganz besonders auffallend z. B. bei der Schlacht von Breslau, 
über die wir eine von inneren Widersprüchen und Unmöglichkeiten 
vollkommen erfüllte Tradition besitzen, die man aber gleichwohl 
bisher fast allgemein angenommen hat, weil sie sich eben in einer 
ganzen Reihe von Quellen in der Hauptsache in derselben Form 
und Fassung wiederfindet. Die Übereinstimmung der Berichte 
wurde einfach als Beweis für das berichtete Ereignis betrachtet, 
ohne dafs man auch nur den Versuch machte, zu untersuchen, ob 
die Ubereinstimmung nicht vielmehr auf einer Abhängigkeit der 
Quellen unter einander beruhe, in welchem Falle sie eben aufhörte, 
Beweiskraft zu besitzen. Bei näherer Prüfung stellt sich dann 
in der That heraus, dafs unsere Berichte über die Schlacht bei 
Breslau in allen Hauptpunkten auf einen einzigen zurückgehen, und 
zwar auf einen, dessen Zuverlässigkeit sehr zweifelhaft ist, weil er 
von dem Hauptbeteiligten herrührt, der sich wegen der verlorenen 
Schlacht in demselben zu rechtfertigen suchte 1 ). 

Ganz ähnlich liegt die Sache bei anderen Ereignissen des sie- 
benjährigen Krieges. Überall zeigt sich dieselbe tappende Un- 
sicherheit bei Benutzung dieser chronikalischen Quellen, dieselbe 
Unklarheit über das Mafs der Beglaubigung, welches denselben 
zuzuerkennen sei, und daher auch dieselbe Unsicherheit in der 
Beurteilung der Ereignisse selbst. 

Um diesem Ubeistande abzuhelfen, können zwei verschiedene 
Wege eingeschlagen werden, und auf beiden ist in allerneuester Zeit 
ein erfolgreicher Anfang gemacht worden. Entweder kann man 
der Reihe nach die einzelnen Quellen des siebenjährigen Krieges, 

') Vgl. meine Abhandlung „Der Feldzug des Herzogs von Bevern und 
die Schlacht bei Breslau* in den „Jahrbüchern für die deutsche Armee und 
Marine", her. von Marees. August- und Septemberheft 1886. S. 158—182 
uud 262—299. 



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— 5 — 



eine jede in ihrer ganzen Ausdehnung, zum Gegenstande kritischer 
Untersuchung machen; das ist der Weg, auf dem bei den mittel- 
alterlichen Quellen die „Gesellschaft für ältere deutsche Geschichts- 
kunde" zu ihren grofsen, in den Monuraenta Germaniae historica 
niedergelegten Resultaten gelangt ist; oder man kann die gesamte 
über ein einzelnes Ereignis vorliegende Überlieferung auf ihren 
inneren Zusammenbang und ihre Abhängigkeit unter einander 
prüfen und sich so ein Urteil über die Glaubwürdigkeit jeder ein- 
zelnen Quelle bilden. Den ersten Weg hat neuerdings 0. Herrmann 
in seinerlnaugural-Dissertation über die Tempel hoff sehe Geschichte 
des siebenjährigen Krieges 1 ) eingeschlagen, den letzteren hat mit 
grofsem Erfolg namentlich Max Duncker in seiner Abhandlung 
über die Schlacht von Kolin 2 ) betreten, und auf der von ihm ge- 
brochenen Bahn hat der Verfasser dieser Untersuchung teils im 
zweiten Bande seiner Zieten- Biographie, teils in einer Reihe 
gröfserer und kleinerer Untersuchungen 3 ) weiter vorzuschreiten 
versucht. 

Aber auf beiden Wegen ist die Forschung noch immer nicht 
über die ersten Anfange hinausgekommen. Was will es im Grunde 
sagen, wenn von allen erhaltenen Quellen eine einzige, und auch 
diese nicht annähernd erschöpfend, und wenn von der Fülle der 
Ereignisse des grofsen Krieges das eine oder andere zum Gegen- 
stande eingehender Untersuchung gemacht worden ist! Auch hier 
ist eben nur auf dem Wege geregelter Arbeitsteilung zum Ziele 
zu kommen. Harrt doch selbst die umfangreichste und kritisch 
am meisten bestrittene Quelle, die Grundlage einer ganzen Reihe 
von anderen, das Gaudysche Journal, noch immer des kundigen 
Bearbeiters und Herausgebers. Sind doch über die zahlreichen 
anderen Quellen, Tielcke, Retzow, Warnery, Berenhorst, und 
wie sie alle heilseri, wohl vereinzelte, oft recht eindringende kri- 
tische Bemerkungen, aber noch keine einzige zusammenfassende 
Kritik erschienen! 

') 0. Herrmann, Über die Quellen zur Geschichte des siebenjährigen 
Krieges von Tempelhoff. Berliner Inaug.-Dissert. 1885, 78 S. vgl. dazu meine 
Besprechung in den Göttinger Gelehrten Anzeigen, 1886, No. 19, S. 708—779. 

*) Zuerst erschienen im Jahrgang 1870 der „Zeitschrift f. Preufs. Gesch. 
und Landeskunde", wieder abgedruckt in dem Buche „Aus der Zeit Friedrichs 
des Grofsen und Friedrich Wilhelm III.", 1876. 

3 ) Winter, H. J. v. Zieten. 2 Bde. Leipzig 1886 und die oben 
8. 4 Anmerkung 1 und in der Vorrede zum 1. Bande d. Zieten -Biographie 
citierten Abhandlungen. 



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Wenn dies nun schon von den zuletzt genannten, seit langer 
Zeit gedruckt vorliegenden Quellen gilt, so gilt es natürlich noch 
in weit höherem Mafse von den massenhaft erhaltenen handschrift- 
lichen Tagebüchern und Memoiren, deren allein das Generalstabs- 
archiv in Berlin eine fast unübersehbare Anzahl enthält. In Bezug 
auf diese, zum Teil aufserordentlich wichtigen Quellen, ist kaum 
noch ein Anfang kritischer Bearbeitung zu verzeichnen. Immer 
wieder versucht man den zweiten Schritt vor dem ersten zu thun, 
d. h. immer von neuem geht man an umfangreiche Gesamt- 
darstellungen des siebenjährigen Krieges, wie ja eben jetzt wieder 
eine solche von dem preufsischen Generalstabe geplant wird, bevor 
noch die unerläfsliche Vorbedingung einer solchen, die kritische 
Sichtung des Quellenmaterials, erfüllt ist. Offenbar geht man dabei 
von der Ansicht aus, dals das in den Archiven ruhende, zum Teil 
auch schon publizirte Aktenmaterial allein die Lösung der Aufgabe 
ermögliche und jene jetzt immer mehr als unzuverlässig erkannte 
chronikalische Ueberlieferuug überflüssig mache. Und in der That 
sind ja auf diesem Wege im höchsten Mafse anerkennenswerthe 
Leistungen zu Tage gefordert worden, wie namentlich das uni- 
fassende Werk Bernhardis über Friedrich den Grofsen als Feld- 
herrn, welches zum überwiegenden Teile auf der von Schöning 
veröffentlichen Korrespondenz zwischen dem Könige und dem 
Prinzen Heinrich beruht. Aber gleichwohl hat auch dieses Werk 
den Beweis erbracht, dafs zu einer vollkommenen und erschöpfenden 
Erkenntnis der Vorgänge die gleichzeitigen Memoiren nicht zu 
entbehren sind, und dieser Beweis ist noch erheblich durch die 
Resultate der Herrin annschen Abhandlung verstärkt worden, 
nach dessen Untersuchungen gewifs niemand mehr das Tempel- 
hoffsche Werk als entbehrlich bei einer Darstellung des sieben- 
jährigen Krieges betrachten wird. Was aber von Tempelhoff 
gilt, gilt in derselben Weise auch von den anderen Memoiren, 
namentlich von dem Gaudy scheu Journal, welches trotz seiner 
tendenziösen Färbung doch auch eine Fülle authentischer und 
wohlbegründeter Angaben enthält, auf welche zu verzichten nur 
unter gleichzeitigem Verzicht auf erschöpfende Behandlung möglich 
wäre. Darum gilt es, vor der Gröfse und Schwierigkeit der hier 
vorliegenden kritischen Aufgabe nicht zurückzuschrecken, sondern 
mit umfassenden Mitteln an dieselbe heranzugehen, bevor man an 
eine neue Darstellung der Thatsachen denken kann. 

Diese Schwierigkeiten sind nun allerdings sehr schwerwiegender 



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Art;. Sie hängen mit dem Gesamtcharakter der zu sichtenden 
Tradition zusammen, den wir hier, im Anschlüsse an das an an- 
derer Stelle Ausgeführte, mit einigen Strichen flüchtig skizzieren 
müssen, soweit er sich aus den bisherigen Resultaten der Forschimg 
erkennen lälst. 

Die vornehmste Schwierigkeit liegt darin, dafs wir es in den 
in Rede stehenden Quellen nicht wie bei der Mehrzahl der rein 
chronologisch fortschreitenden Annalen und Chroniken des Mittel- 
alters mit einfach referirenden, sondern mit stark und bewufst 
subjektiv und tendenziös gefärbten Quellen zu thun haben. Nun 
wird ja eine gewisse Subjektivität namentlich bei solchen ge- 
schichtlichen Aufzeichnungen, welche sich auf kriegerische Ereig- 
nisse beziehen, immer zu erkennen sein. Unwillkürlich bestimmt 
sich das Urteil des Autors darnach, welcher der beiden im Kampfe 
begriffenen Parteien er durch Abstammung oder persönliche Nei- 
gung angehört. Nur selten wird der Fall eintreten, dafs über 
eine bestimmte Schlacht die von beiden Parteien herstammenden 
Berichte überall oder auch nur in der Hauptsache übereinstimmen. 
Anders werden sich in jedem Falle die Ereignisse in dem Bericht 
eines Angehörigen der obsiegenden, anders in dem eines Ange- 
hörigen der unterliegenden Partei wiederspiegebi. Aus diesen 
verschieden reflektirten Bildern des Ereignisses dieses selbst fest- 
zustellen, ist in jedem Falle eine Aufgabe von nicht zu unterschätzen- 
der Schwierigkeit, deren Ueberwindung indes die unerläfsliche 
Grundbedingung einer wirklich objektiven Schlachtdarstellung ist. 

Selbstverständlich waltet dieser naturgemäfse Gegensatz zwi- 
schen den Berichten der beiden kriegführenden Parteien auch in 
Bezug auf die Schlachten des siebenjährigen Krieges ob. Er hat 
unmittelbar gleichzeitig seinen Niederschlag in den von den krieg- 
führenden Staateu veröffentlichten offiziellen Schlachtberichten ge- 
funden, die uns über alle Schlachten des siebenjährigen Krieges 
erhalten sind. Dieser Gegensatz tritt dann namentlich in den 
beiderseitigen Verlustlisten hervor, welche oft so stark von ein- 
ander abweichen, dafs zu einem endgiltigen Resultate gar nicht zu 
gelangen ist. 

Dieser naturgemäfse Gegensatz wird aber im vorliegenden Falle 
noch durch einen anderen durchsetzt, der innerhalb der einen der 
streitenden Parteien zuweilen in einer Schroffheit hervortritt, die 
der zwischen den beiden Parteien selbst vorherrschenden nur wenig 



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nachgiebt. Dieser Gegensatz beruht auf den Parteiungen, welche 
innerhalb des preufsischen Heerlagers vorwalteten, und ist für unsere 
historische Uberlieferung namentlich dadurch verhängnisvoll ge- 
worden, dafs die bei weitem meisten der uns erhaltenen Tage- 
bücher, Journale und Memoiren nur von einer dieser beiden Par- 
teien ausgegangen sind, während die andere, vornehmlich durch 
den König selbst repräsentierte Partei fast nur in dessen eigenen 
geschichtlichen Aufzeichnungen zu Worte gekommen ist. 

Über Art, Veranlassung und Tragweite dieses innerhalb des 
preufsischen Heeres vorherrschenden Gegensatzes sind wir erst 
durch die Veröffentlichung des Briefwechsels der Häupter der beiden 
Parteien, des Königs und des Prinzen Heinrich, zu voller Klarheit 
gekommen'). Dieser Briefwechsel ist für die gesamte Auffassung 
der Fridericianischen Epoche von der weittragendsten Bedeutung 
geworden. 

Denn nach diesem Briefwechsel kann es keinem Zweifel mehr 
unterliegen, dafs zwischen dem grofsen Könige und seinem Bruder 
Heinrich, nicht etwa blofs über diese oder jene einzelne militärische 
Operation, sondern über den gesamten Gang und die leitenden 
Motive der preufsischen Politik und Strategie eine tiefgreifende, 
wohl zuweilen verhüllte, aber niemals beseitigte, Meinungsverschie- 
denheit obwaltete, welche oft zu schroffen und leidenschaftlichen 
Erörterungen zwischen den beiden Brüdern gefuhrt hat. Dieser 
prinzipielle Gegensatz beruhte im letzten Grunde auf der Verschie- 
denartigkeit der Charaktere und der Beanlagung der Brüder. Der 
bedächtigere und langsamere Prinz Heinrich vermochte dem kühnen 
Fluge der Politik und Strategie seines gröfseren Bruders nicht 
immer zu folgen; er sah in dessen selbstvertrauender Kühnheit 
nicht selten frevelnde Verwegenheit, spöttelte über die Sucht des 
Königs „zu batailliren" und glaubte auf die ungestüme Art dessel- 
ben mit einer gewissen Überlegenheit herabblicken zu können. 
Prinz Heinrich war eben ein unbedingter Anhänger der alten 
Schule, die nicht in der Vernichtung der feindlichen Heeresmassen, 
sondern in einer vorsichtigen und wohlüberlegten Besetzung „stra- 
tegischer Punkte" unter möglichster Schonung der eigenen Streit- 
kräfte das oberste Ziel der Kriegführung sah, während der König, 
wiewohl auch er theoretisch noch zum Teil in den Anschauungen 

') Der siebenjährige Krieg . . . nach der Originalkorrespondenz Friedrichs 
d. Gr. mit dem Prinzen Heinrich n. seinen Generalen von K. W. v. Schöning. 
3 Bde. Potsdam 1851. 



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dieser Schule befangen war, praktisch doch sehr oft die Schranken 
derselben durchbrach und dadurch die grofse Reform, welche sich 
namentlich im Anfange unseres Jahrhunderts durch Napoleon I. 
in den strategischeu Grundanschauungen vollzog, teils vorbereitete, 
teils auch selbst schon zur Durchführung brachte. 

Gerade dieses kühne Durchbrechen der traditionellen strate- 
gischen Anschauungen aber war es, weiches dem Könige nicht 
nur bei seinem Bruder, sondern auch bei einer ganzen Reihe von 
Offizieren seines Heeres Neid und Eifersucht erweckte. Persönliche 
Motive aller Art kamen hinzu. Der König, der stets seinen Blick 
auf das Grofse, in Politik wie in Strategie, gerichtet - hatte , war 
nur selten geneigt, auf die Warnungen und Bedenken der An- 
hänger des Althergebrachten einzugehen, und er konnte, um den 
ihm von dieser Seite zuweilen entgegengestellten passiven Wider- 
stand zu brechen, oft bis zur Härte streng und schroff werden. 
Selbst gewöhnt, an seine eigene Leistungsfähigkeit die höchsten 
Anforderungen zu stellen, meinte er, auch von seinen Untergebenen 
dasselbe Mafs von Kraft und Energie verlangen zu dürfen. Täuschte 
er sich in dieser Erwartung, so kannte er keine Schonung, keine 
Rücksicht. Und da er manchem seiner Generale, in deren Wahl 
er meist, aber nicht immer, glücklich war, Aufgaben stellte, denen 
nur er selbst gewachsen war, so fehlte- es in dem furchtbaren 
Kampfe der sieben Jahre nicht an herben Enttäuschungen auf des 
Königs Seite, an harten Bestrafungen und vermeintlichen Zurück- 
setzungen sonst verdienter Generale. Die letzteren aber vermeinten, 
die Ursache ihrer Unfälle und ihrer Konflikte mit dem Könige 
nicht in der ungeheuren Überlegenheit der Begabung des letzteren, 
sondern in seinen verkehrten und überspannten strategischen Grund- 
anschauuugen, in seiner launenhaften Härte und Ungerechtigkeit tlvl 
erblicken. Alle diese Kreise aber fanden ihren naturgemäfsen 
Mittelpunkt an demjenigen, der sie alle an Bedeutung ebenso weit 
überragte, wie er an solcher hinter seinem gröfseren Bruder zu- 
rückstand: an dem Prinzen Heinrich. 

Da war es dann nur naturgemäfs, wenn diese Kreise auch 
den Versuch machten, ihre von denen des Königs schroff ab- 
weichenden Meinungen litterarisch zu fixieren und damit zugleich 
ihr vom Könige hart getadeltes Verhalten zu rechtfertigen. Der 
Vorleser des Königs, de Catt, hat uns in seinen Tagebüchern in 
anschaulicher Weise geschildert, eine wie fieberhafte litterarische 
Thätigkeit schon im Feldlager selbst in diesen Kreisen herrschte. 



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Damals enstand jene grofse Anzahl von Tagebüchern, Journalen 
über einzelne Regimenter und ganze Armeekorps, welche die Grund- 
lage späterer Memoireuwerke bilden und schon von TempelhofF 
in umfassender Weise benutzt worden sind. 

Den Mittelpunkt dieser litterarischen Bestrebungen bildet das 
Gaudy'sche Journal, welches in einer Reihe von Foliobändeu im 
Archiv des Grofsen Generalstabes aufbewahrt wird. Schon Duncker 
hat den tendenziösen Charakter desselben in den Hauptzügen fest- 
gestellt uud darauf hingewiesen, dafs dieses Journal den Sammel- 
punkt aller berechtigten oder unberechtigten Klagen und Be- 
schwerden gegen den König bildete, dafs der Verfasser desselbeu 
seine Informationen vorzugsweise von denjenigen Offizieren der 
Armee erhielt, welche sich in irgend einer Weise vom König für 
zurückgesetzt hielten. An eiuem besonders hervorstechenden Bei- 
spiele, dem Bericht des Journals über die Schlacht von Kolin, hat 
Duncker in überzeugender Weise dargethan, zu welchen Ent- 
stellungen und völligen Verdrehungen des Sachverhalts sich Gaudy 
hat hinreifsen lassen. Geradezu der Wahrheit entgegengesetzt ist 
seine Darstellung, und zwar in der deutlich erkennbaren Absicht, 
den Prinzen Moritz von Anhalt von dem dringend auf ihm haf- 
tenden Vorwurf eines Zuwiderhandelns gegen die königliche Dis- 
position zu befreien und dem Könige selbst die Schuld an dem 
Verluste der Schlacht in die Schuhe zu schieben. Ganz besonders 
klar vermögen wir das Verfahren und die Arbeitsweise Gaudys 
bei seiner Darstellung der Schlacht von Breslau zu erkennen, weil 
uns hier die Quelle, der er folgte, erhalten ist. Ich glaube nach- 
gewiesen zu haben, dafs Gaudy hier den Versuch, Beverns Haltung 
vor und während der Schlacht zu rechtfertigen, sehr einfach in 
der Weise gemacht hat, dafs er seiner Darstellung eine von Be- 
vern verfafste Rechtfertigungsschrift zu Grunde legte und dieselbe 
zum grofsen Teil wörtlich ausschrieb. Die nachfolgenden Unter- 
suchungen werden, hoffe ich, den Beweis erbringen, dafs die Sach- 
lage bei Gaudys Darstellung über die Katastrophe von Maxen 
eine ganz ähnliche ist. 

Und so scheint es überall gewesen zu sein. War bei irgend 
einem Ereignisse ein Konflikt oder auch nur eine Meinungsverschie- 
denheit zwischen! dem Könige und einem seiner Generale zu Tage 
getreten, so fand die Auffassung des letzteren bereitwillige Auf- 
nahme in das Gaudy'sche Journal. Natürlich wäre es nun von 
hohem Wert, wenn es in jedem dieser Fälle gelänge, die Quelle 



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der Gaudyschen Darstellung mit Bestimmtheit festzustellen. 
Damit wäre dauu ein sicherer Mafs&tab für die Beurteilung 
Gaudys selbst gewonneu. Vor allem wäre dann auch die Mög- 
lichkeit gegeben, die von jener Quelle unbeeiuflufsten Stücke der 
Gaudyscheu Darstellung herauszuschälen, die dann immer noch 
einen selbständigen Wert behalten würden, und zwar um so mehr, 
als es unbedingt feststeht, dafs Gaudy neben jeneu tendenziösen 
Berichten auch ganz unzweifelhaft authentische Quellen, Armee- 
listen, Ordres de bataille u. a. beuutzte. Nach dieser Richtung 
wäre gewils zu manchem sehr willkommenen Resultate zu gelangen, 
wenn man sich die Mühe machen wollte, das reiche in der 
Süfsen bachscheu Sammlung enthaltene derartige Material, wel- 
ches Herrmann sehr geschickt für seine Untersuchungen über 
Tempelhoff verwerthet hat, nun auch zur Kritik der Gaudyschen 
Darstellung heranzuziehen. Damit Hand in Hand gehen müfste 
dann eine Vergleichung des Gaudyschen Journals mit den andern 
gedruckten und ungedruckten ähnlicher Art, um nach der andern 
Seite hin festzustellen, inwiefern Gaudy seinerseits wieder anderen 
Memoiren und Tagebüchern zu Grunde liegt. Denn darüber kanu 
kein Zweifel sein, dafs wir es in dieser von der Umgebung des 
Prinzen Heinrich ausgehenden Litteratur mit einer festorganisierten 
historiographischen Arbeit zu thun haben. Bei meinen Studien im 
Generalstabsarchive habe ich bei einer ganzen Reihe derartiger 
Tagebücher die Überzeugimg gewonnen, dafs sie im Wesentlichen 
als Ableitungen aus Gaudy zu betrachten sind. Dafs Gaudy sehr 
bereit war, seine Aufzeichnungen litterarisch thätigeu Genossen zur 
Verfügung zu stellen, wissen wir ohnedies mit Bestimmtheit; denn 
eines der gedruckt vorliegenden Werke der Art, die Memoiren 
Retzows, gibt ausdrücklich an, dafs es das Gaudysche Journal be- 
nutzt hat. 

Im allgemeinen nun arbeiteten diese litterarischen Kräfte, so 
lange der König am Leben war, nur im Verborgenen. Mit ihren 
zum Teil sehr schroffen Ausfällen gegen Friedrich bei dessen Leb- 
zeiten an die Oeffentlichkeit zu treten, dazu fehlte es doch diesen 
begeisterten Verehrern des Feldherrngenius des Prinzen Heinrich 
an Mut. 

Schon zwei Jahre nach dem Tode des Königs aber trat das 
erste Produkt der litterarischen Thätigkeit dieser Clique an die 
Oeffentlichkeit. Warnery veröffentlichte seine „Campagnes de 
Frederic II. roi de Prusse de 175G— 1763", eine Schmähschrift des 



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von dem Könige persönlich sich gekränkt glaubenden Autors, voll 
der schimpflichsten Verleumdungen und Verdächtigungen, gegen 
welche schon der besonnenere und unbefangenere Tempelhoff nach- 
drückliche Verwahrung eingelegt hat 1 ). 

14 Jahre nach Warnerys Werk erschienen dann die Memoiren 
eines anderen Verehrers des Prinzen Heinrich (welchem das Werk 
auch gewidmet ist), die „Charakteristik der wichtigsten Ereignisse 
des siebenjährigen Krieges in Rücksicht auf Ursachen und Wir- 
kungen. Von einem Zeitgenossen." (J. A. von Retzow, auf dem 
Titel nicht genannt), in deutscher Ausgabe 1802, in französischer 
1803. Wir erwähnten schon, dafs dieses Werk für die freilich 
erst weit später in Angriff genommene Kritik dieser ganzen Gruppe 
von Memoiren vornehmlich dadurch von Bedeutuug geworden ist, 
dafs es das erste gedruckte Buch ist, welches sich ausdrücklich 
auf das Gaudysche Journal als Quelle beruft. Daneben aber lagen 
dem Verfasser auch schon die Werke von Tempelhoff und Archenholz 
vor, die einzigen, die sich, der eine völlig, der andere wenigstens 
in der Hauptsache und im Endurteil, unabhängig von der Gaudyschen 
Uberlieferung erhalten hatten. Retzow bespricht in seiner Vor- 
rede diese beiden Werke ausdrücklich und fügt dann hinzu, er 
wolle manches, was in deren Darstellungen noch unerklärlich und 
dunkel geblieben sei, weil dieselben die geheimen Ursachen und 
Beweggründe der Ereignisse nicht gekannt hätten, klar stellen. 
Was er damit sagen wollte, geht aus dem ganzen Charakter seines 
Werkes mit aller wünschenswerten Deutlichkeit hervor; er will 
eben jene Darstellungen, welche dem glänzenden Feldherrntalent 
Friedrichs des Grofsen, so weit sie es vermochten, gerecht geworden 
waren, durch die seinige verdrängen und an ihrer Stelle wieder 
die Gaudysche Auffassung des Krieges zur Geltung bringen, d. h. 
von neuem nachweisen, dass das Feldherrntalent des Königs im 
Grunde keineswegs ein so bedeutendes gewesen sei, wie man an- 
nehme, dafs vielmehr der Prinz Heinrich ein bei weitem einsichts- 
vollerer, weil vorsichtigerer Stratege gewesen sei. Und wie vor 
allem seinem grofsen Gönner, dem Prinzen Heinrich, so erweist 
er sich, den Spuren Gaudys folgend, auch allen denjenigen als wohl- 
wollender und freundlicher Beurteiler, welche jemals mit dem 
Könige in irgend einen Gegensatz geraten waren. 

Unter denen, welche in dieses Hom stiefsen, spielt dann weiter 

') Vgl. Herrinann a. a. 0. S. 61 u. 62. 



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eine hervorragende Rolle der Generaladjutaut des Prinzen Heinrich, 
Graf Viktor Amadeus Henckel von Donnersmarck , der auch eine 
Anzahl von Tagebüchern über die einzelnen Feldzüge hinterlassen 
hat, welche indes lange Zeit im Dunkel des Gräflichen Archivs 
verborgen blieben, bis sie im Jahre 1846 von Zabeler, freilich in 
völlig kritikloser Weise, herausgegeben wurden 1 ). Der Heraus- 
geber hat sich seine Aufgabe sehr leicht gemacht und nicht einmal 
den Versuch unternommen festzustellen, welche der von ihm her- 
ausgegebenen Tagebücher denn eigentlich wirklich von dem Ge- 
neraladjutanten des Prinzen herrühren, aus welcher Zeit die einzelnen 
Stücke stammen u. dgl. m. So konnte es dann geschehen, dafs die 
Forschung durch diese hier publizirten Materialien oft in der wun- 
derlichsten Weise in die Irre gefuhrt wurde. So hat man früher 
allgemein einen tagebuchartigen Bericht über den Feldzug von 
1761, den Zabeler aus dem Nachlasse des Grafen veröffentlichte, 
nicht allein für von dem Grafen herstammend, sondern auch für 
zweifellos gleichzeitig gehalten, bis ich dann bei einer eingehenden 
Prüfung desselben nachweisen konnte 2 ), dafs derselbe gar nicht 
gleichzeitig sein könne, demgemäfs die ihm früher zugeschriebene 
Autorität gar nicht besitze, ein Resultat, welches Herrmann 3 ) dann 
noch, freilich ohne besondere Begründung, dahin erweitert hat, 
dafs Graf Henckel auch gar nicht als Verfasser jenes „Berichts" 
zu betrachten sei. Unzweifelhaft aber ist, dafs auch die von 
Zabeler mitgeteilten Aufzeichnungen, gleichviel ob sie sämtlich 
von Henckel stammen oder nicht, in ihrer ganzen Haltung und 
Tendenz durchaus zu der eben näher charakterisirten Gruppe von 
Quellen gehören. Sie atmen Hafs und Geringschätzung gegen 
den König, unbedingte Anerkennung für seinen Bruder Heinrich. 

Wir erwähnten schon, dafs neben diesen und anderen minder 
wichtigen im Druck erschienenen litterarischen Erzeugnissen dieser 
Gruppe im Archive des Grofsen Generalstabs und in der von 
Herrmann benutzten sogenannten Süfsenbachschen Sammlung noch 
eine Fülle von Tagebüchern etc. handschriftlich erhalten sind, 
welche, in ihrer Tendenz mit den bisher geschilderten verwandt, 

*) „Militärischer Nachlafs des Grafen Henckel von Donnersmarck", her. 
von Karl Zabeler. Zerbst 1846. 2 Bde. 

a ) Vgl. meine Abhandlung „Zur Kritik Tempelhoffs u. des militärischen 
Nachlasses des Grafen V. A. Henckel v. Donnersmarck", Forsch, z. deutsch. 
Gesch. XXIV, 453-74. 

3 ) a. a. 0. s. S. 51. 



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doch in Bezog auf ihre Beurteilung im Einzelnen noch dringend 
einer eingehenden Bearbeitung bedürfen. 

Die durch diese Arbeiten und ihre Verfasser mit regem Eifer 
verbreitete Anschauung über die Ereignisse des grofsen Krieges ist 
lange Zeit die allein herrschende geblieben, neben der die unbe- 
fangenere Tempelhoffs und die des Königs selbst nicht zur Geltung 
zu gelangen vermochte. Namentlich wurde das Gaudysche Journal 
von den kriegsgeschichtlichen Forschern im ersten Drittel unseres 
Jahrhunderts in ausgiebigster Weise benutzt, weil es die genauesten 
und infolge der Bestimmtheit, mit der sie auftraten, scheinbar 
zuverlässigsten Angaben enthielt. An Umfang und Genauigkeit 
kann sich keine andere historiographische Arbeit mit dieser Quelle 
messen. Dafs die Genauigkeit keineswegs immer mit Zuverlässig- 
keit gepaart war, blieb lange Zeit so völlig verborgen, dafs die 
Vorlesungen von Offizieren des Grofsen Generalstabs, welche in 
den zwanziger Jahren als erste grofse zusammenfassende Darstellung 
des siebenjährigen Krieges veröffentlicht wurden, so gut wie aus- 
schlieMich dem Gaudyschen Journal entnommen wurden. 

Allerdings war nun auch aufser den Werken des Königs selbst, 
welche doch für die Beurteilung der Einzelheiten in Folge ihrer 
knappen Form nur selten verwertbar waren, noch ein anderes 
Werk als Gegengewicht gegen jene tendenziösen Memoiren-Litte- 
ratur vorhanden. Es ist das die umfangreiche, im Anschlüsse und 
Gegensatz zu dem Lloydschen Werke entstandene Geschichte des 
siebenjähriges Krieges von Tempelhoff, mit der sich, wie wir sahen, 
die neuerdings erschienene Abhandlung von Herrmann in eingehen- 
der und scharfsinniger, wenn auch nicht erschöpfender Weise be- 
schäftigt hat. So viel kann jedenfalls nach Herrmanns Unter- 
suchungen als feststehend betrachtet werden, dafs Tempelhoff eine 
grofse Reihe authentischer und zuverlässiger Vorlagen gehabt und 
in besonnener Auswahl benutzt und verarbeitet hat. Dafs sich 
Tempelhoff aber von der gegen den König gehässigen Grund- 
tendenz im grofsen und ganzen freigehalten hat, war schon vorher 
bekannt gewesen. Diese Haltung Tempelhoffs aber verdient um 
so mehr Anerkennung, als es auf der andern Seite zweifellos er- 
scheint, dafs derselbe doch nicht aufser jeder Verbindung mit jener 
nörgelnden und krittelnden Gruppe gestanden hat. Nur hat er 
es verstanden, mit besonnener Kritik die in den Werken jener 
enthaltenen rein thatsächlichen Angaben von den tendenziösen Zu- 
thaten zu sondern. Wie er dabei verfahren ist, dafür ist ganz be- 



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sonders lehrreich eine Vergleichung seiner Darstellung der Expe- 
dition Goltz -Zieten gegen die Russen im Jahre 1761. Tempelhoff 
hat hierfür, wie ich an anderer Stelle nachgewiesen habe, dieselbe 
Quelle benutzt wie ein im Henckelscheu Nachlais erhaltener Be- 
richt. Die von mir nur vermutete beiden gemeinsame Quelle ist 
dann von Herrmann in der Süfsenbachschen Sammlung aufgefunden 
worden. Hier sind wir also in der Lage, die Arbeitsmethode 
Tempelhoffs an einem besonders in die Augen springenden Beispiele 
zu beobachten. Da stellt sich nun heraus, dafs Tempelhoff und 
der im Henckelscheu Nachlafs befindliche Bericht natürlich, eben 
weil sie derselben Urquelle folgen, in weiten Strecken wörtlich 
mit einander übereinstimmen, dafs aber Tempelhoff die allgemeinen 
Urteile, welche natürlich wieder sehr abfällig über den König bez. 
seinen Beauftragten, Zieten, lauten, nicht in seine Darstellung auf- 
genommen hat, sondern nur in den thatsächlichen Angaben mit jenem 
„Bericht" übereinstimmt. Ein anderes ähnliches Beispiel, welches 
Herrmann entgangen ist, werden wir im Fortgang der gegen- 
wärtigen Untersuchung kennen lernen. Auch hier hat Tempelhoff 
eine Quelle benutzt, welche auch den Memoiren Gaudyscher Pro- 
venienz in mehr oder minder grofsem Umfange zur Grundlage 
gedient hat, gleichwohl aber ist er weit entfernt davon geblieben, 
nun auch in dasselbe Horn zu stofsen wie jene Memoirenschreiber. 
Vielmehr wird man sagen dürfen, dafs seine Beurteilung der Vor- 
gänge der objektiven Wahrheit noch immer am nächsten kommt. 
Mit einem Worte: in der Grundtendenz waltet ein wesentlicher 
Unterschied zwischen den Quellen Gaudyscher Provenienz und 
Tempelhoff ob, ein Gegensatz, in welchem das Recht und die 
Wahrheit ohne Zweifel mehr auf Seiten des letzteren zu finden ist. 

Eben so fern oder noch ferner stehen jener dem Könige feind- 
lichen Tendenz zwei andere memoirenartige Werke, welche noch 
vor dem Tempelhoffs erschienen sind, Cogniazos „Geständnisse eines 
österreichischen Veteranen" und die „Geschichte des siebenjährigen 
Krieges" von dem Hauptmann von Archenholz. Das erstere Werk 
nimmt eine ganz eigentümliche Stellung in unserer Memoiren- 
Litteratur ein. Von eiuem Österreicher verfafst, ist es doch er- 
füllt von einer rückhaltlosen Bewunderung für den grofsen König, 
dessen Genius der Verfasser mit aufrichtiger Freude anerkennt. 
Eben aus diesem Grunde erwähnen wir das Werk, obwohl wir es 
hier im Wesentlichen mit einer Prüfung der von Preufsischcr Seite 
vorliegenden Tradition zu thun haben. Seiner Grundanschauung 



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nach, kann dasselbe selbst mit gröfserem Rechte, als die Arbeiten 
der Umgebung des Prinzen Heinrich, zu der preufsischen Tradition 
über den Krieg gerechnet werden. Von preufsischer Seite kann 
ihm neben dem Tempelhoffschen eigentlich nur das Archenholzsche 
Werk an die Seite gesetzt werden, welches gewissermafsen die 
populäre patriotisch-preufsische Tradition repräsentirt, aber, wie 
Herrraann richtig bemerkt, im Grunde mehr eine belletristische 
als eine historische Leistung ist, zur Widerlegung der durch Gaudy 
und seine Nachbeter verbreiteten Auffassung aber schon aus dem 
Grunde wenig verwertbar ist, weil es auf die hier in Betracht 
kommenden Einzelheiten meist viel zu wenig eingeht. 

Für diese Einzelheiten und die mit demselben untrennbar ver- 
bundene Wertschätzung der Leistungen der einzelnen Mithandeln- 
den blieb vielmehr nach wie vor die Gaudysche Auffassung die 
herrschende. Daher das meist ins Mafslose übertriebene Lob, 
welches in den früheren Darstellungen selbst da dem Prinzen 
Heinrich gezollt wird, wo man Bedenken trug, die Gaudyschen 
Verdächtigungen gegen den König ohne weiteres zu wiederholen. 
An eine innere und äufsere Kritik der Gaudyschen Überlieferung 
selbst aber wurde lange Zeit gar nicht gedacht. 

Wenn gleichwohl im weiteren Fortgang der Forschung über 
den siebenjährigen Krieg eine allmähliche Umwandlung in der 
Grundauffassung vor sich ging, wenn man immer mehr der rich- 
tigen Wertschätzung der Verdienste des Königs sich näherte, so 
geschah das in erster Linie infolge des Bekanutwerdens des 
authentischen Aktenmaterials, aus welchem sich die überlegene, 
grofsartige Begabung des Königs mit unabweislicher Notwendigkeit 
ergab. Aus dem einen Extrem, in welchem man fast ausschliefs- 
lich der Gaudyschen Überlieferung folgte, verfiel man in das 
entgegengesetzte, diese nun völlig über Bord zu werfen und eine 
neue Darstellung des Krieges ausschliefslich auf Grund des Akten- 
materials zu versuchen, wie das namentlich Schöning gethan hat. 
So sehr nun auch diesem Extrem der Mangel der Einseitigkeit, 
der in dem Schöningschen Werke deutlich hervortritt, anhaftet, 
so wird man doch sagen dürfen, dafs mit dem Augenblick, in 
welchem zum erstenmal in umfassenderer Weise das archivalische 
Material herangezogen wurde, eine neue Epoche in der Geschicht- 
schreibung über Friedrich den Grofsen eröffnet war, ja dafs eine 
objektive Darstellung jener Epoche hiermit eigentlich erst begann. 
Eine grofse Fülle zusammenfassender Darstellungen und einzelner 



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Untersuchungen ist seitdem erschienen, und jede hat der Wissen- 
schaft erwünschte vielseitige Bereicherung und Förderung gebracht. 
Während nach dem Erscheinen der Biographie Friedrichs des 
Grofsen von Preufs, welche in einem besonderen Urkuudenbande 
eine Fülle archivalischen Materials brachte, namentlich die grofsen 
Arbeiten von Ranke, Droysen und Schäfer es unternahmen, 
eine zusammenfassende Würdigung des königlichen Genius zu geben, 
wurden gleichzeitig in einer Anzahl von Spezialuntersuchungen 
einzelne schwierigere Partieen der Kriegsgeschichte jener Epoche an 
der Hand des urkundlichen Materials klargestellt und hie und da 
— wie in der vortrefflichen Abhandlung Zimmermanns über den 
preufsischen Kriegsplan von 1757 — zugleich einige Bruchstücke 
der militärischen Korrespondenz ihrem Wortlaute nach veröffentlicht. 
Eine eigentümliche Schickung aber wollte es, dafs die aus den 
Kreisen des Prinzen Heinrich stammende Memoirentradition den 
stärksten Stöfs erlitt durch das Bekanntwerden des schon mehrfach 
erwähnten Briefwechsels eben jenes Prinzen mit seinem königlichen 
Bruder, wie derselbe in dem Schöningschen Werke über den sieben- 
jährigen Krieg der allgemeinen Kunde unterbreitet wurde. Um 
sich den ungeheuren Fortschritt, welchen die historische Forschung 
durch diese Benutzung des archivalischen Materials gemacht hat, 
klar zu vergegenwärtigen, braucht man nur das neueste umfassende 
kriegsgeschichtliche Werk Bernhardis über Friedrich den Grofsen 
als Feldherrn mit dem mehrfach erwähnten Generalstabswerke zu 
vergleichen. Hier erscheint der König, recht im Gegensatz zu der 
früheren Anschauung und zu dem strategischen Verhalten seines 
Bruders Heinrich, klar und evident als das, was er war: als einer 
der gröfsten Feldherrn, welche je gelebt, als der Vorbereiter und 
Vorkämpfer einer neuen Auffassung über Wesen und Mittel des 
Krieges, einer Auffassung, welche in den napoleonischen Kriegen 
des 19. Jahrhunderts zum erstenmal in voller Ausdehnung in 
Wirksamkeit trat. 

Wir sehen also, dals über die Ereignisse des siebenjährigen 
Krieges uns zwei neben einander herlaufende Überlieferungsreihen 
vorliegen, die eine rein urkundlich, die andere stark und bewufst 
subjektiv gefärbt und chronikalisch. Beide stehen zu einander in 
schroffem Gegensatz und fuhren zu einer diametral verschiedenen 
Auffassung der Ereignisse; wie die frühere Forschung fast aus- 
schüefslich der chronikalischen, so ist die spätere fast ebenso aus- 
schliefslich der urkundlichen Überlieferung gefolgt. Es liegt auf 

HUtorUch« Unter»uchjngen. 7 2 



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der Hand, dafs zu einer zugleich erschöpfenden und unbefangenen 
AufPassung der Ereignisse nur zu gelangen ist, wenn man beide 
Reihen mit einander zu vereinigen sucht, indem man Wert und 
Glaubwürdigkeit der einen an der anderen prüft. 

Ich habe schon darauf hingewiesen, dafs zur Lösung dieser 
Aufgabe zwei Wege möglich sind: entweder die Prüfung der chro- 
nikalischen Quellen der Reihe nach in voller Ausdehnung jeder 
einzelnen (der von Herrmann gewählte Weg) oder erschöpfende 
Kritik der chronikalischen Uberlieferung über ein bestimmtes Er- 
eignis durch Vergleichung mit der über dasselbe Ereignis er- 
haltenen urkundlichen Überlieferung (der von Duncker gewählte 
Weg). Zu einem weiteren Fortschreiten auf dem zuletzt bezeich- 
neten Wege scheint mir das Ereignis von Maxen in besonders 
hohem Grade geeignet zu sein. Einmal nämlich ist hierbei der 
besprochene Gegensatz zwischen dem Könige auf der einen, dem 
Prinzen Heinrich und dem in Frage kommenden Generale auf der 
andern Seite in besonders schroffer Weise in die Erscheinung ge- 
treten und hat auch in der chronikalischen Überlieferung einen 
besonders schroffen Ausdruck gefunden. Dann aber sind wir hier, 
in Bezug auf das urkundliche Kontrollmaterial, obwohl nicht un- 
erhebliche Teile desselben verloren gegangen sind, insofern in be- 
sonders günstiger Lage, als uns die gleichzeitigen offiziellen Rapporte 
desjenigen Hauptbeteiligten, den wir zugleich als den Haupt- 
urheber der chronikalischen Überlieferung kennen lernen werden, 
vorliegen, welche als Koutrollmittel der letzteren in hervorragen- 
dem Mafse geeignet sind. Denn wenn sich zeigen läfst, dafs die 
mit dem Ereignis völlig gleichzeitigen Berichte des Hauptbetei- 
Hgten die einzelnen Thatsachen sehr erheblich anders schildern als 
die von demselben Manne beeinflufsten späteren chronikalischen 
Darstellungen, so wird man in deren Entstehungsart und Tendenz 
einen besonders klaren Einblick gewinnen können. 

Darnach ergiebt sich der Weg, den unsere Untersuchung ein- 
zuschlagen hat. Wir beginnen mit einer Darlegung der Beurtei- 
lung, welche die chronikalischen Quellen dem Ereignisse gewidmet 
haben, und ergänzen diese Ausfuhrungen über die Grundanschauung 
der chronikalischen Überlieferung durch eine eingehende Unter- 
suchung ihrer äufseren Entstehung; alsdann suchen wir durch Ver- 
gleichung derselben mit den urkundlichen Nachrichten, und zwar 
in erster Linie mit den Berichten Fincks selbst, zu einer objek- 
tiven Erkenntnis des Ereignisses selbst vorzudringen. 



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- 19 — 



Zweites Kapitel. 
Urteile der Zeitgenossen über die Katastrophe von Maxen. 

Mehr als einmal ist es Friedrich dem Grofsen im Laufe des 
furchtbaren Krieges der sieben Jahre begegnet, dafs er eben in 
dem Augenblicke, in welchem er den Gipfel des kriegerischen 
Erfolges ersteigen zu könuen wähnte, durch einen jähen Wechsel 
des Geschicks in die dunkle Tiefe verzweifln ugsvoller Bedrängnis 
hinabgestürzt wurde. Dramatischer, packender und grofsartiger 
hat sich dieser Wechsel niemals vollzogen als in dem schlachten- 
reichen Kriegsjahre 1757. Prag und Kolin, Rofsbach, Breslau und 
Leuthen: eine ganze Welt von stolzer Siegesfreude und banger, 
sorgenvoller Bedrängnis ist in diesen Namen enthalten. Aber 
immer wieder erhob sich die Sonne des königlichen Genius in 
gleicher Helle und Klarheit, und gerade dann, wenn die Feinde 
am sichersten meinten, Friedrich endgiltig niedergeworfen zu haben, 
zeigte sich die ganze Kraft seiner eingeborenen Begabung in ihrem 
hellsten Lichte. Wie war es ihm doch so glänzend gelungen, 
durch den Einen Tag von Leuthen die furchtbare Niederlage, 
welche das Heer des Herzogs von Bevern bei Breslau erlitten 
hatte, nicht nur wett zu raachen, sondern dem siegesgewissen 
Feinde eine Niederlage zu bereiten, welche völliger Vernichtung 
seines Heeres fast gleich kam ! Wie hatte er doch selbst nach dem 
harten Schlage, den er bei Hochkirch erlitten (1758), seine ganze 
strategische Überlegenheit gewahrt: war es doch nach jenem ver- 
hängnisvollen Tage fast erschienen, als wenn bei Hochkirch nicht 
er, sondern Daun der Besiegte gewesen wäre. 

Dann aber folgte das Jahr 1 759 mit seinen furch tbaren Schlägen. 
Als die Schlacht von Kunersdorf verloren war, da schien es wirklich, 
als wenn dem Adler die Flügel für immer beschuitten wären, als wenn 
es ihm nicht mehr gelingen sollte, in kühnem Fluge sich emporzu- 
heben. Damals hat es in der That Momente gegeben, in denen 
Friedrich selbst an der Möglichkeit seiner Erhaltung und Rettung 
verzweifelte. Aber was ihm selbst vielleicht in jenen furchtbaren 
Tagen unmöglich gewesen wäre, das machte die Uneinigkeit und 
Unthätigkeit der Feinde möglich. Er selbst hat es als eine Art von 
Wunder bezeichnet, dafs er damals nicht einem tragischen Ge- 
schicke erlegen sei. Sobald er aber merkte, dafs der Feind den 
vernichtenden Schlag, den er gegen ihn führen konnte, nicht führte, 
da wich der Geist der Entmutigimg und Verzweiflung so schnell 

2* 



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— 20 — 



von ihm, wie er über ihn gekommen war. Gegen Ende des Ok- 
tober war die siegreiche russische Armee wieder aufserhalb des 
Bereiches, in dem sie ihm empfindlichen Schaden zufügen konnte. 
Der König vermochte, wenige Monate nach der vernichtendsten 
Niederlage, die er je erlitten, schon wieder daran zu denken, seinen 
Feinden die Vorteile, die sie infolge der Schlacht von Kuners- 
dorf auf sächsischem Gebiete errungen hatten, wieder zu entreifsen. 
Als er, selbst von einem furchtbaren Gichtanfalle geplagt und in 
Schlesien festgehalten, den General Hülsen mit dem gröfsten Teil 
des Heeres, welches gegen die Russen gekämpft 'hatte, nach 
Sachsen zur Verstärkung des Heeres seines Bruders Heinrich ent- 
sandte, da war sein Absehen schon wieder auf nichts Geringeres 
gerichtet, als darauf, die gesamte österreichische Heeresmacht 
zur Aufgabe Sachsens und zum Rückzüge nach Böhmen zu zwingen. 
Sobald sein Gesundheitszustand es nur irgend gestattete, eilte er 
selbst „auf den Fittichen der Vaterlandsliebe und der Pflicht ')" 
nach Sachsen. Am 13. November traf er bei dem Heere seines 
Bruders ein. 

Hier hatte sich inzwischen die Lage der Dinge so günstig 
gestaltet, dafs es schien, als werde Friedrich den grofsen Endzweck, 
zu dessen Durchführung er herbeigeeilt war, in der That erreichen. 
Daun hatte, sowie er die Nachricht von dem Eintreffen de3 
Hülsenschen Korps und von der bevorstehenden Ankunft des Königs 
in eigener Person vernommen hatte, trotz der Ueberlegenheit seines 
Heeres auf jeden Angriffsgedanken verzichten und sich in eine 
unangreifbare Verteidigungsstellung in der Nähe Dresdens zurück- 

>) Vgl. die eigenhändige Nachschrift zu dem Briefe des Königs an den 
Prinzen Heinrich d. d. Glogau, 'J. November 1759 bei v. Schöning, der sieben- 
jährige Krieg, Bd. II, S. 187: Je commence ä me remettre. je volerai ä vous 
sur les ailes de l'amour de la patrie et du devoir, mais vous ne verrez arriver 
qu un squelette renipli de bonne volonte^ mon äme fera aller mon corps ca- 
cochyme et faible; toute fois je ferai tout ce que le peu de forces, que j'ai r 
ine permettront deutreprendre. 

In ähnlicher Weise äufsert sich Friedrich in einem eigenhändigen P. S. 
zu einem Schreiben an den Minister Grafen von Finckenstein d. d. Glogau, 
4. November (Orig. G. St. A. Rep. 98, 77 G.): je pars le 7 pour la Saxse, 
je serai 1* 11 a Torgau, je suis tres faible, et quoi qu' estropie encore je ferai 
tout ce que ma debilite me permetera de Tent6r, und in einem weiteren 
eigenhändigen P. S. zu einem Schreiben an denselben, d. d. Elsterwerda, 
12. November (Origin. ebda,): je suis arive ici. bien loin davoir recoeuilli 
toute mes forces; je suis encore Infirme, mais avec im peil de bonne volonte 
Tarne fait aller le Corps quelque Cacochime qu'il soit. 



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ziehen zu müssen geglaubt. Prinz Heinrich, welcher diesen Erfolg, 
ohne eine entscheidende Waffentat zu wagen, erreicht hatte, mochte 
glauben, dafs auch die Räumung ganz Sachsens durch die Oester- 
reicher ohne Schwertstreich zu erreichen sein werde. 

Friedrich aber war anderer Meinung. Es konnte ihm nicht 
zweifelhaft sein, dafs Daun, so sehr er auch auf alle Angriffs- 
gedanken für den Rest des Feldzuges verzichtet hatte, doch der 
in der Hofburg gegen ihn herrschenden Stimmung gegenüber nie- 
mals wagen könne, ganz Sachsen ohne Kampf aufzugeben und so 
den einzigeu wirklichen Gewinn, den man in diesem Jahre errungen 
hatte, wieder aus den Händen zu lassen. Nur durch ein kühnes 
und energisches Vorgehen, nur dadurch, dafs man die Rückzugs- 
linie des österreichischen Heeres ernstlich zu bedrohen versuchte, 
war, darüber gab sich der König keiner Täuschung hin, der grofse 
Endzweck, den er sich gesteckt hatte, zu erreichen. Und dieser 
Endzweck sollte erreicht werden: der König wollte dazu alle 
Kräfte anspannen. Sowie er bei dem Heere angekommen war, 
war es vorbei mit den blofsen „Demonstrationen", durch welche 
sein Bruder Heinrich Daun hatte aus Sachsen „hinausmanövrieren" 
wollen. Wir können es dahingestellt sein lassen, ob der Prinz 
es wirklich, wie einer der Geschichtschreiber aus seinem Heerlager 
behauptet'), unternommen hat, den König vor seinem „übereilten" 
Vorgehen zu warnen. Sicher ist, dafs Friedrich sich an den Wi- 
derspruch, den er in diesen Kreisen fand, nicht kehrte, sondern 
sofort daran ging, durch eine kühne That den Dingen eine ent- 
scheidende Wendung zu geben. Es ist in der Hauptsache bekannt, 
auf welche Weise er das versuchte. Der Erfolg hat gegen ihn 
entschieden: die Folge der kühnen, fast verwegenen Entsendung 
Fincks in den Rücken der österreichischen Aufstellung war die 
Kapitulation von Maxen, einer der furchtbarsten Schläge, die 
Friedrich je betroffen haben und unzweifelhaft derjenige, welchen 
er am schwersten verwinden konnte. Denn nicht blofs der Ver- 
lust an Menschen und das Milslingen des grofs angelegten Planes 
war es, was den König niederdrückte, sondern vor allem das Un- 
erhörte der Thatsache, dafs ein ganzes preufsisches Armeekorps in 
offenem Felde das Gewehr vor dem Feinde gestreckt hatte. Es 

») Retzow in seiner „Charakteristik der wichtigsten Ereignisse des sie- 
benjährigen Krieges etc. Berlin 1802. 2. Teil. S. 169. Wir kommen auf 
die Stelle noch zurück; vgl. auch Bernhardi. Friedrich der (Irofse als Feld- 
herr, Bd. I, S. 457 ff. 



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war ein .Ereignifs, wie es in der Ruhinesgeschichte des preufsischen 
Heeres noch nicht dagewesen war. Die Nachricht hat einen völlig 
überwältigenden, niederschmetternden Eindruck auf den König 
hervorgebracht. Eine ganze Weile hat mau versucht sie ihm 
geheim zu halten. Als er dann doch das Ereignifs in seiner voller 
Ausdehnung erfuhr, war er wie zerschmettert. „Mein Gott", so 
rief er aus, „ist es denn möglich? Soll ich gekommen sein, um 
mein Unglück nach Sachsen zu bringen')?" Noch ein Jahr später 
hat er seinem Bruder Heinrich gegenüber die Ansicht ausgesprochen, 
dafs er, wenn er unterliege, seinen Untergang von dem Tage des 
unseligen Ereignisses von Maxen zu datieren habe. Er hat den 
21. November 1759 dem General Finck, auf den er bisher grofses 
Vertrauen gesetzt hatte, nie verziehen. Mit aller Strenge des 
Kriegsrechts ist er gegen ihn vorgegangen. 

Die Zweifler und Nörgler im Heerlager des Prinzen Heinrich 
aber schienen durch diesen traurigen Ausgang Recht behalten zu 
haben. Wohl waren auch sie über die Gröfse und Furchtbarkeit 
des unseligen Ereignisses betroffen und erschrocken, aber in ihre 
patriotische Trauer mischte sich doch eine Art von Genugthuung 
und Schadenfreude. War es nicht wirklich so gekommen, wie der 
Prinz Heinrich und seine Umgebung es vorhergesehen hatten? 
Hatten sie nicht buchstäblich vorhergesagt, was kommen werde 
und kommen müsse? Lag es nun nicht auf der Hand, dafs der 
König mit seiner fortwährenden Sucht „zu bataillieren" nur alles 
verdorben hatte, was der vorsichtige und weise Feldherr, Prinz 
Heinrich, so klug und vorsichtig und in Folge dessen so glücklich 

•) Vgl. die aufserordentlich anschauliche und interessante Schilderung, 
welche der Vorleser des Königs, de Catt. von den Vorgängen im Heerlager 
des Königs heim Eintreffen der Unglücksbotschaft in seinen „Tagebüchern' 1 
entworfen hat. Publikationen aus den preufsischen Staatsarchiven. Bd. 22, 
namentlich S. 408. Es ist kein Zufall, dafs de Catt gerade an dieser Stelle 
der gleichzeitig niedergeschriebenen Tagebücher von den Leuten spricht, 
welche sich ein Vergnügen daraus machen den König herabzusetzen und den 
Prinzen in die Höhe zu erheben (vgl. S. 405 unten!). De Catt war damals 
noch unbefangen genug, das Treiben dieser Kreise zu verurteilen ; „mais est — 
on raisonnable?" so fährt er fort. „Le Prince agit avec menageinent. mais il 
a ä rGpondre; l'armee n'est pas a lui. Et condamnera-t-on son frere. qni. maitre, 
peut entreprendre davantage? et ne pent-on pas hasarder un peu. pour es- 
perer de gagner beaucoup? Ganz anders als in den Tagebüchern werden diese 
Vorgänge von de Catt in den weit später entstandenen, sehr tendenziös ge- 
färbten Memoiren (a. a. 0. S. 262) geschildert. Vgl. hierüber Kosers Ein- 
leitung zu der Ausgabe S. XXV. 



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- 23 — 



begonnen hatte? In diesen Kreisen war man nicht einen Augen- 
blick zweifelhaft, dafs Finck an diesem traurigen Ereignisse voll- 
kommen unschuldig sei, dafs es gar nicht anders habe kommen 
können 1 ), nachdem der König einmal den übereilten Schritt der 
Entsendung Fincks in den unhaltbaren Posten von Maxen gethan 
habe. In letztem Grunde sei daher der König allein an dem ganzen 
Unglück schuld. Natürlich that Finck, dem viel daran liegen mufste, 
sein Verhalten zu rechtfertigen, alles, um diese Auffassung der 
Dinge zu bekräftigen und den Eindruck, welchen die Äufserungen 
des Königs und der Spruch des Kriegsgerichts hervorbrachten, 
abzuschwächen. In rührender Einmütigkeit stellen Finck und die 
sämtlichen Memoirenschreiber aus dem Heerlager des Prinzen 
Heinrich die Sache so dar, als wenn ersterer an dem Ausgange 
völlig unschuldig sei. Das ganze Verhalten des Königs wurde in 
das denkbar schwärzeste Licht gestellt, Finck erschien hier gleich- 
sam als ein Märtyrer der Ungerechtigkeit des Königs, der durch 
seine Unbesonnenheit und Tollkühnheit das ganze Unheil über das 
preufsische Heer herbeigezogen habe. Prinz Heinrich selbst ging 
mit gutem Beispiele voran, indem er es geradezu aussprach, dafs 
die Ankunft des Königs an dem ganzen Unglück schuld sei 2 ). 

Natürlich stimmte nun in diesen von dem Prinzen Heinrich 
gegen seinen Bruder eingeschlagenen Ton die ganze Clique ein, 
welche stets bereit war, die Handlungsweise des Königs in dem 
denkbar ungünstigsten Lichte erscheinen zu lassen. Während Finck 
vor allem darauf ausging, sich so weit als möglich zu rechtfertigen, 
war bei der schriftstellerisch ungemein rührigen Umgebung des 
Prinzen das entscheidende Motiv für ihre die Thatsachen auf den 
Kopf stellende Darstellungsweise die Sucht, den König herabzu- 
setzen und ihren hohen Gönner auf dem so gezeichneten Hinter- 
grunde als den eigentlichen Helden des Krieges erscheinen zu lassen. 

Allen voran ging hier natürlich wieder Gaudy, dessen Journal 
recht eigentlich den Sammelpunkt für alle gegen den König ge- 

J ) Begegnen wir doch dieser Anschauung selbst in einem Schreiben des 
königlichen Kabinetssekretärs Eichel an den Minister Finckenstein vom 
26. Xovember (aus Wilsdruff. Original im Ü. St. A. Rep. H8, 77, G. Die 
betr. Stelle ist chiffrirt, im Kabinet dechiffrirt), wo eine kurze Schilderung 
des Ereignisses mit den Worten anhebt: Le g6n6ral de Finck est malhenreux 
et apparemment innocent. Sa Situation a 6t6 des plus scabreuses etc. 
(Anhang II, Aktenstück 20). 

2 ) Vgl. die bei Bemhardi a. a. 0. S. 458 angeführte Randbemerkung 
des Prinzen zu einem Schreiben des Königs vom U. Dezember. 



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- 24: — 



hässigen Berichte bildete. Bei ihm tritt die Endabsicht dieser 
Clique am frühesten und am unverhülltesten hervor: in recht 
schroffem und beabsichtigtem Gegensatze stellt er die unbegreif- 
liche Handlungsweise des Königs dem ruhmreichen Verhalten des 
Prinzen in ausführlicher Erörterung gegenüber. Er wird gar nicht 
müde des letzteren Lob zu singen: „Er (nämlich der Prinz) hatte 
einen Feldzug gemacht, der ihn mit Ehre überhäufte und der 
allem dem, was jemals im Kriege grofses geschehen, zur Seite ge- 
setzt werden könnte !" Und nun folgt eine eingehende Schilderung 
der grofsen Verdienste, welche sich der Prinz eben in diesem 
Feldzuge erworben habe. Im letzten Grunde läuft dann seine 
ganze Erörterung ungefähr darauf hinaus wie die gleich zu er- 
wähnende Retzows, dafs Daun ganz gewifs den Rückzug nach 
Böhmen angetreten haben würde, wenn man nur von preufsischer 
Seite ja nichts gethan hätte, um ihn dazu zu zwingen'). Und 
dann heifst es weiter, die herrlichen Früchte seines weisen Ver- 
haltens seien dem Prinzen „aus den Händen gerissen" worden, na- 
türlich durch niemand anders als durch den König, der durch 
seinen „unglücklichen Gedanken", das Fincksche Korps nach Maxen 
in den Rücken des Feindes zu entsenden, alles verdorben habe. 
Der gänzliche Mifserfolg dieses Unternehmens sei von „gewissen 
Leuten", darunter auch von Finck selbst 2 ), mit aller Bestimmtheit 
vorausgesehen worden. Die Ursache dieser Entsendung aber sei 
„den meisten" verborgen geblieben. Die Ungereimtheit dieser 
ganzen Ausführungen Gandys liegt auf der Hand; sie erreicht ihren 
Gipfelpunkt in dem nachfolgenden Satze, von dem es nahezu un- 
begreiflich erscheint, wie ihn ein Stratege von Fach niederschreiben 
konnte. „Nach gewöhnlichen Begriffen", so sagt er, „war leicht 
zu ermessen, dafs, wenn der Feind auch willens war, sich nach 
Böhmen zurückzuziehen, er, da er gewifs noch über 70 000 Mann 

') Vgl. unten das. was wir über die verwandten Aeuf Gerungen Retzows 
bemerkt haben. Die ganze, sehr bezeichnende Stelle des Gaudy 'sehen Jour- 
nals ist von mir im Anhang I in dem Abschnitt „Gaudy" mitgeteilt worden. 

2 ) Ich werde unten auf Grund der Korrespondenz Fincks mit dem Könige 
nachzuweisen suchen, dafs es doch keineswegs so unzweifelhaft ist, als uns 
unsere Quellen glauben machen wollen, dafs Finck von Anfang an das 
Schicksal seines Korps vorausgesehen habe. Im Gegenteil enthalten seine 
Berichte an den König mehrere sehr bezeichnende Aeufserungen , in denen 
er der Ansicht desselben, dafs Daun sich durch die Gefährdung seiner Rtick- 
zugslinie zum Abzug auf dem rechten Elbufer veranlafst sehen werde, durch- 
aus beipflichtet. 



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— 25 — 



bey einander und alle Vortheile des Terrains in Händen hatte, sich 
nicht dahin mit Gewalt würde treiben lassen". Nach welcher 
Logik Gaudy nun annahm, dafs Daun den Rückzug, zu dem er sich 
durch Gewalt nicht würde treiben lassen, angetreten haben würde, wenn 
der Feind gar nichts unternommen hätte, um ihn dazu zu zwingen, 
ist nicht wohl abzusehen. Und in dem Tone geht es weiter. Der 
König erscheint als die Ursache alles Unglücks, an dem Finck na- 
türlich vollkommen unschuldig ist. Sehr merkwürdig ist es nun 
aber, dafs Gaudy, nachdem er alle Beredsamkeit aufgeboten hat, 
um diese Lage der Dinge zu erweisen, noch eine ausführliche Er- 
örterung darüber anstellt, durch welche Mafsregeln Finck den 
traurigen Ausgang seines Korps hätte vermeiden können. Wie 
denn? Wenn es wirklich solche Mafsregeln gab, dann trifft doch 
die Schuld, dieselben nicht angewandt zu haben, nicht den König, 
sondern Finck. Man sieht, zu welchen Ungereimtheiten und Wi- 
dersprüchen sich diese übereifrigen Anhänger des Prinzen hinreifsen 
liefsen, nur um ihren Endzweck zu erreichen und alle Schuld an 
dem ganzen Unheil dieses Unternehmens dem Könige in die Schuhe 
zu schieben. 

Aber Gaudy war keineswegs der einzige, der solchen Unsinn 
niederschrieb. Fast noch toller sind die Aufserungen, welche 
Retzow über das Ereignis zu Tage gefordert hat, und zwar dies- 
mal obue sie seiner sonst viel benutzten Quelle nachzuschreiben. 
Seine Darstellung hat vielmehr das zweifelhafte Verdienst, eine 
neue und bis zu einer gewissen Grenze selbständige Variation 
desselben Themas entdeckt zu haben, wenngleich natürlich der 
Grundzug und Endzweck der Erörterung derselbe ist wie bei seinem 
Gesinnungsgenossen Gaudy. 

Wir wiesen schon darauf hin, dafs Retzow erzählt, der Prinz 
habe bald nach der Ankunft des Königs diesem Vorstellungen ge- 
macht, die von ihm beabsichtigte schnelle Verfolgung des Feindes 
„werde zu nichts weiter dienen, als vielen braven Leuten das Leben 
zu rauben. Er sei überzeugt, Daun wünsche nichts angelegent- 
licher, als auf eine anständige Art Sachsen zu verlassen, um 
seine Winterquartiere in Böhmen zu beziehen. Wäre dieses — 
wie er aus gewissen erhaltenen geheimen Nachrichten schliefsen 
müsse — sein Plan, so würde die Räumung von Dresden eine 
Folge davon sein, indem es inkonsequent sein dürfte, eine starke 
Besatzung darin zu lassen, welche, durch die Gebirge abgeschnitten, 
auf keinen Beistand zu rechnen hätte, deren Loos folglich auf jeden 



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Fall eine sichere Gefangenschaft sein würde. Er bäte daher den 
König, mit etwas weniger Übereilung zn Werke zu gehen und 
blofs durch gut gewählte Demonstrationen der abgesonderten Korps 
den Feldmarschall Daun teils in die Notwendigkeit zu versetzen 
seinen Rückzug zu beschleunigen, teils durch ein passiveres Ver- 
halten ihm gewissermafsen einen Vorschub zu leisten, seinen be- 
absichtigten Rückzug zu beschönigen." Leider aber sei, so fährt 
Retzow fort, der König durch diese „auf sehr richtigen Voraus- 
setzungen beruhenden Vorstellungen" nicht zu überzeugen gewesen, 
und so sei es dann gekommen, wie es hätte kommen müssen. Das 
vollkommen Verkehrte, ja Unsinnige dieser Ausführungen Retzows 
ist von Bernhardi in so überzeugender und klarer Weise nachge- 
wiesen worden, dafs ich hierüber durchaus auf seine Ausführungen 
verweisen kann. Das, worauf es Retzow bei dieser schlecht er- 
fundenen Erzählung, die er uns da auftischt, ankommt, ist im 
Grunde nichts anderes, als dafs der Leser den Schlufs ziehe: also 
hat der König durch seine Ankunft und sein unüberlegtes Vor- 
gehen alles verdorben, was die Weisheit des Prinzen Heinrich 
geschaffen hatte. An anderer Stelle (a. a. 0. S. 167/68) hat er 
das mit aller wünschenwerten Deutlichkeit offen ausgesprochen. 
„Gleich am folgenden Tage", so berichtet er, „brach er (nämlich 
Daun) auf, um sich bis Wilsdruff zurückzuziehen, und Prinz Heinrich 
hatte den Ruhm, denselben blols durch ein geschicktes Manöver 
zu diesem Entschlüsse gebracht zu haben. Wie glücklich wäre 
die preufsische Armee gewesen, hätte dieser Prinz ferner 

freie Hand behalten, die Operationen nach seiner Einsicht einzu- 
richten! Allein das Verhängnis hatte ein anderes beschlossen" etc. 
Und gleich darauf folgt dann die Erzählung von der Ankunft des 
Königs und den von diesem ergriffenen kriegerischen Maisnahmen. 
Die ganze Erzählung Retzows trägt hier wie überall, wo es sich 
um Meinungsverschiedenheiten zwischen dem Könige und dem 
Prinzen Heinrich handelt, einen unverkennbar gegen erstereu ge- 
hässigen Charakter 1 ). Wenn nun schon das Verhalten des Königs 

Schiebt Retzow doch (S. 170) dem Könige als Motiv für seinen ganzen 
Plan den Wunsch unter, sich durch einen coup d'Sclat „an dem Feldmarschall 
Daun auf eine ausgezeichnete Weise zu rächen", d. h. im Grunde auf per- 
sönliche Eitelkeit des Königs. Dafs der König thatsächlich ganz andere, 
grofsartig sachliche Zwecke verfolgte, wufste Retzow sehr wohl und hat es 
immittelbar nachher selbst ausgeführt; aber die Gelegenheit mufste doch 
benutzt werden, um die Handlungsweise des Königs auf möglichst kleinliche 
Motive zurückzuführen. 



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— 27 — 

im allgemeinen scharf getadelt wird, so geschieht dies natürlich 
mit besonderem Nachdruck an der Stelle, wo von der Entsendung 
Fincks berichtet wird. Freilich mufs Retzow, widerwillig genug, 
anerkennen, dafs des Königs Plan „grofs angelegt" war, „allein", 
so fahrt er alsbald fort, „die Mittel zu diesem riesenmäfsigen Plane 
waren mit zu wenig Vorsicht gewählt, als dafs er den Wünschen 
des Königs hätte entsprechen können." Und damit wir ja nicht 
im Zweifel gelassen werden, wohin auch hier die ganze Beweis- 
führung hinauslaufe, schliefst er dieselbe mit folgendem sehr be- 
zeichnenden Satze: „Wir überlassen es jedem Sachkundigen, zu 
beurteilen, ob das ganze Projekt, von dessen sonderbarer Ausfüh- 
rung ich Augenzeuge war, zur Wirklichkeit gebracht werden konnte, 
ohne vorauszusetzen, dafs ein Feldherr an der Spitze einer so grofsen 
Armee gänzlich den Kopf verlohren hatte; und ob Prinz Heinrich 
durch die kluge Fortsetzung seiner bisherigen geschickten Manöver 
nicht eher den Zweck, Sachsen vom Feinde zu reinigen und alles 
wieder in das vorige Geleise zu bringen, würde bewirkt haben." 
Ob Daun nicht noch mehr den Kopf müfste verloren gehabt haben, 
wenn er, an der Spitze eines starken Heeres und in einer unan- 
greifbaren Position, Sachsen verlassen hätte, ohne dafs von preufsi- 
scher Seite etwas Ernsthaftes geschehen wäre, diese Frage hat 
Retzow ebenso wenig beantwortet wie die andere, welche Geheim- 
mittel denn der Prinz anwenden wollte, um diesen Zweck zu er- 
reichen. Dafs dem Prinzen „Geheimnisse" zu Gebote standen über 
„die Art, im gegenwärtigen Falle die Operationen klüglich einzu- 
leiten", und dafs Finck in diese Geheimnisse eingeweiht war, be- 
hauptet Retzow allerdings, aber leider hat er versäumt, sie uns 
mitzuteilen. Demnach sind wir ausschliefslich auf die thatsächlich 
von dem Prinzen vor der Ankunft des Königs ergriffenen Mafs- 
regeln angewiesen; und danach scheint es, als ob der Prinz mit 
seinen „Demonstrationen" im wesentlichen denselben Gedanken 
verfolgt hätte, den der König, nur in bei weitem kühnerer und 
grolsartigerer Weise, zur Ausfuhrung brachte. Hatte doch Prinz 
Heinrich schon mehrere Tage vor der Ankunft des Königs den- 
selben Generallieutenant Finck, dem dann auch der König die Aus- 
führung seines Planes anvertraute, mit einem besonderen Korps 
voraus entsandt, um die linke Flanke der österreichischen Auf- 
stellung zu beunruhigen. Finck war am 9. nach Rofswein an der 
Freiberger Mulde marschirt, dann noch weiter vorgerückt, hatte 
Brentanos Korps aus Nossen vertrieben und dann bei Siebenlehn 



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- 28 — 



Stellung genommen; ja wenn wir Tempelhoff 1 ) Glauben schenken 
dürfen, hatte der General Finck schon vom Prinzen Heinrich den 
Befehl erhalten, kleinere Trupps bis Dippoldiswalde und Dohna, 
d. h. im Rücken der feindlichen Aufstellung, streifen zu lassen. Es 
liegt also auf der Hand, dafs der Prinz Heinrich sehr wol einge- 
sehen hatte, dafs die Verdrängung der Österreicher nur durch eine 
Bedrohung ihrer Rückzugslinie zu erreichen sei; nur hatte er die 
Sache als eine blofse „Demonstration" aufgefafst, während der 
König in gewohnter Weise sie ernst und nachdrücklich in die 
Hand nahm. Ohne Zweifel hätte der Prinz Heinrich und seine 
Umgebung, wenn die Entsendung Fincks durch den König den 
beabsichtigten Erfolg gehabt hätte, mit überlegener Miene das 
Hauptverdienst für sich in Anspruch genommen unter Hinweis 
darauf, dafs ja auch er schon mit der Ausführung jenes Plans be- 
gonnen habe. Nun aber, da der Plan, fügen wir gleich hinzu, 
zum grofsen Teil durch Fincks Schuld, mit einer so furchtbaren 
Niederlage geendet hatte, war es ja so bequem zu erklären, der 
König habe durch sein übereiltes Vorgehen alles verdorben; sie 
selbst, der Prinz und seine Genossen, würden das alles natürlich 
viel vorsichtiger und besser gemacht haben. Dafs Finck sehr arge 
Versehen gemacht hatte, trat in diesen Kreisen vollkommen in den 
Hintergrund. Ganz verschliefsen freilich konnte sich selbst ein 
Retzow nicht dagegen, dafs Finck z. B. durch die widerstandslose 
Aufgabe des Passes von Reinhardsgrimma einen argen Fehler 
begangen habe; dafs alles anders gekommen wäre, wenn dieser 
Fehler nicht begangen wurde, geht aber aus seiner Schilderung in 
keiner Weise hervor. Vielmehr ist nach seiner Darstellung daran 
gar kein Zweifel, dafs den Köuig die Hauptschuld treffe, ja dafs 
es nach den verkehrten Maisnahmen, die derselbe getroffen, gar 
nicht anders habe kommen können. 

In dasselbe Horn stiefs natürlich die gesamte Umgebung des 
Prinzen Heinrich. Warnery 2 ) z. B. bezeichnet den Plan des Königs 
geradezu als eine „wahre Chimäre, welche ihm wenig Ehre machte." 
Dafs Finck an dem ganzen Unheil unschuldig sei, darüber herrscht 
auch in seiner Darstellung nicht der mindeste Zweifel. Daher wird 
auch das spätere Verhalten des Königs Finck gegenüber in den 



') III, 351. 

2 ) In seinem 1788 erschienenen Werke „Canipagnes de Frederic II, roi 
de Prusse ; de 1756 a 1762* namentlich S. 344. 



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— 29 — 



schwärzesten Farben als ungerechte Härte gegen diesen wackeren 
Mann (ce brave homme) bezeichnet. 

Natürlich war diese AufPassung, welche bei einem nicht un- 
bedeutenden Teile der Offiziere des preufsisehen Heeres die herr- 
schende war, niemandem erwünschter, als Finck. Er hat nicht 
gesäumt, nach Kräften für dieselbe einzutreten, und Warnery und 
Retzow werden einen grofsen Teil der Nachrichten, auf denen sie 
fufsen, aus seiner Umgebung oder von ihm selbst erhalten haben. 
Ja, als ihre Werke erschienen, lag bereits eine gewissermafsen 
offizielle Fincksche Darstellung des Ereignisses gedruckt vor. Denn 
wie ich mich durch eine eingehende Vergleichung zu meiner eigenen 
Überraschung überzeugt habe, beruht das im IT. Teil der soge- 
nannten „Sammlung ungedruckter Nachrichten 1 )" gedruckte, bisher 
für völlig objektiv gehaltene und vielfach benutzte „Journal von 
dem Finckschen Korps bey Maxen im Jahre 1759" durchweg und 
zumeist wörtlich auf einer handschriftlich im geheimen Staatsarchive 
verwahrten „Relation der unglücklichen Aktion bey Maxen", welche 
von Fincks Hand geschrieben und vielleicht von ihm selber ver- 
fallt, sicher aber in seiner unmittelbaren Umgebung entstanden ist 2 ). 

Dieses Journal aber hat auf die späteren Geschichtsschreiber 
einen um so nachhaltigeren Eindruck gemacht, als es sich über 
die Thatsachen selbst als sehr wohl unterrichtet erweist. Man kann 
sagen, dafs es, im Verein mit dem Gaudyschen Journal und seinen 
Ableitungen, die gesammte spätere Uberlieferung vollkommen be- 
herrscht hat. Selbst Tempelhoff, der, zum Teil als Augenzeuge, 
verhältnilsmäfsig am unbefangensten urteilt und die von Finck 
begangenen Fehler mit Nachdruck hervorhebt, hat sich in erster 
Linie und vornehmlich auf jenes Journal gestützt 3 ). 

Man sieht, die Auffassung, welche in der Umgebung Fincks 
und in den Kreisen des Prinzen Heinrich vorwaltete, beherrschte in 
gewissem Sinne die öffentliche Meinung, der Finck als eine Art 
von Märtyrer erschien. Nur zwei sehr unangenehme Thatsachen 
störten die Zirkel dieser Memoirenschreiber und liefsen manchen 
Unbefangenen doch stark daran zweifeln, ob deren Auffassuug 
wirklich die einzig mögliche, wahre sei : das war einmal die That- 

*) Der zweite Teil der „Sammlung", um den es sich hier handelt, ist 
Dresden 1782 erschienen. Das betr. Journal steht S. 591—608. 

a ) Ich habe den Nachweis hierfür im Anhang I erbracht, der überhaupt 
für die äufsere Geschichte der Entstehung unserer Quellen nachzulesen ist. 

*) Vgl. Anhang I den Abschnitt „ Tempelhoff. " 



- 30 — 



sache, dafs der König selbst, nicht blofs unmittelbar unter dem 
niederschmetternden Eindrucke der Ereignisse, sondern lange nach 
denselben, vor allem in seiner Geschichte des siebenjährigen Krieges 
an der Auffassung festhielt, dafs Finck selbst die Kapitulation von 
Maxen verschuldet habe, und demgemäfs seinen Groll gegen Finck 
nicht aufgab, denselben vielmehr seine Ungnade auch nach dem 
Kriege empfindlich fühlen liefs. So weit aber hatte es die ten- 
denziöse Auffassung der erwähnten Kreise doch noch nicht gebracht, 
dafs die Mehrzahl der Unbefangenen ihre gehässigen Erzählungen 
über des Königs Ungerechtigkeit und Neid nun wirklich für wahr 
gehalten hätten. Die meisten nahmen vielmehr mit Hecht an, dafs, 
wenn der König Finck nach wie vor ernst und nachhaltig zürne, 
er auch seine wohlerwogenen Gründe dazu haben müsse. Noch 
unangenehmer für jene dem König feindlich gesinnte „Clique" war 
die zweite Thatsache, dafs ein nach dem Kriege aus hochangesehenen 
und verdienten Generalen zusammengesetztes Kriegsgericht, an dessen 
Spitze kein Geringerer als Hans Joachim von Zieten stand, Finck 
in aller Form für schuldig erklärte und mit Kassation und ein- 
jährigem Festungsarrest bestrafte. Diese Thatsache war nicht aus 
der Welt zu schaffen. Die Behauptung aber, mit der man dem 
Urteil des Königs gegenübertreteu konnte, dafs er nämlich aus per- 
sönlicher Verstimmung und aus Ärger über das Scheitern seines 
Planes Finck mit ungerechter Ungnade verfolge, konnte dem 
Spruche des Kriegsgerichts gegenüber, der nach eingehendster 
Prüfung des Sachverhalts gefällt war, nicht verfangen'). Denn es 
war allgemein bekannt, dafs ein Charakter wie Zieten, der früher 
durch seine oft allzu grofse Selbständigkeit in Konflikt mit dem 



*) Die Akten dieses Kriegsgerichts, aus denen Schöning im 2. Bande 
seiner Geschichte des siebenjährigen Krieges. S. 195 ff., einige Auszüge mit- 
geteilt hat, waren seitdem trotz zahlreicher Nachforschungen, die von den 
verschiedensten Seiten unternommen wurden, vollkommen verschollen. Auch 
ich habe im Archiv des Grofsen Generalstabes, im Gcneral-Auditoriat und in 
der Geheimen Kriegskanzlei vergebens nach denselben geforscht. Dagegen 
ist es mir gelungen, in der im Geheimen Staatsarchive aufbewahrten Imnie- 
diat-Korrespondenz Zietens die Berichte zu finden, welche Zieten dem Könige 
über den Verlauf des Gerichts erstattet, und welche Schöning nicht gekannt 
zu haben scheint. Diese Berichte, deren einem ein leider nur kurzer „Ex- 
trakt derer Verhöre" beiliegt, habe ich im Anhang III zum Abdruck gebracht. 
Die eigentlichen Original-Protokolle aber, aus denen offenbar Schöning seine 
Mitteilungen schöpfte, siud auch im Geheimen Staatsarchive nicht aufzu- 
finden. 



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- 31 - 

König geraten war, seine Überzeugung gewifs nicht mit Rück- 
sicht auf die Stimmung des Königs änderte, dafs er so wenig wie 
die andern Generale zu einer Verurteilung Füicks sich verstanden 
haben würde, wenn sie nicht wirklich von seiner Schuld über- 
zeugt waren. 

Das Gefühl, dafs dieses kriegsgerichtliche Urteil doch in den 
Augen der meisten Besonnenen und Unparteiischen zu seinen Un- 
gunsten zeugte, hat Finck selbst sehr deutlich gehabt. Er hat 
sich daher nicht damit begnügt, durch jeue „Relation", welche 
überarbeitet als „Journal" dann im Druck erschien, auf die öffent- 
liche Meinung einzuwirken; auch das schien ihm nicht zu genügen, 
dafs viele der mit ihm gefangen genommenen Offiziere, in ihrem 
eigenen Interesse, seine Auffassung zu verbreiten suchten und z. ß. 
den sächsischen Artillerie-Hauptmann J. G. Tielcke«) in aus- 
giebigster Weise mit Nachrichten versahen, sondern er hat es auch 
für nöthig gefunden, sich in einer eigenen Denkschrift gerade 
gegen die Vorwürfe zu verteidigen, welche ihm vom Kriegsgerichte 
gemacht worden waren. Er sagt zwar in dieser Denkschrift, er 
habe dieselbe nur „zu seiner eigenen Beruhigung und Defension 
aufgesetzt-)", aber wir können mit Bestimmtheit annehmen, dals 
er den Inhalt derselben ebenso wenig geheim gehalten hat, wie 
die „Relation der unglücklichen Aktion bey Maxen." Wie er diese 



') Tielcke gibt, wie ich im Anhang I hervorgehoben habe, in dem „das 
Treffen bey Maxen" behandelnden ersten Stüek seiner „Bey träge zur Kriegs- 
Kunst und Geschichte des Krieges von 1756 bis 1768" (Freyberg 1775) selbst 
wiederholt an. dafs er Xachrichteu von den gefangenen preufsischen Offizieren 
erhalten habe. 

'-) Diese Denkschrift, welche im Generalsstabsarchive in mehreren Ko- 
pieen vorhanden ist, ist bereits mehrfach benutzt, Auszüge ans derselben sind 
im Generalstabswerk über den siebenjährigen Krieg und von v. Taysen („Znr 
Beurteilung des siebenjährigen Krieges", Berlin 1882, S. 67) mitgeteilt worden. 
Alle, welche sie bisher benutzt haben, bezeichnen sie als eine von Finck „ein- 
gereichte" Verteidigungsschrift, sodafs der Leser die Meinung fassen raufs, 
Finck habe sie offiziell, etwa bei Gelegenheit der Verhandlungen des Kriegs- 
gerichts, eingereicht. Thatsächlich ist sie erst bei weitem nach dem Kriegs- 
gericht verfafst worden, wie der Eingang unzweideutig erkennen läfst. Da 
ich im Geheimen Staatsarchiv das von Finck in ganzer Ausdehnung eigen- 
händig geschriebene Original des wichtigen Aktenstücks aufgefunden habe 
und bisher ein voller Abdruck desselben nicht vorliegt, so glaubte ich der 
kriegswissensehaftlichen Forschung eine nicht unwillkommene Bereicherung 
ihrer Kunde zu bringen, wenn ich dasselbe, wie im Anhang IV geschehen 
ist, in vollem Wortlaut mitteilte. 



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— 32 — 



dem Verfasser des in der ^Sammlung ungedruckter Nachrichten" ver- 
öffentlichen Journals zur Bearbeitung und Veröffentlichung überliefs, 
so liegen deutliche Anzeichen dafür vor, dafs auph diese Denkschrift 
nicht nur ihm selbst zur Beruhigung, sondern auch dem Publikum 
zu zweckdienlicher Aufklärung zu gereichen bestimmt war. 

Wir sehen also, wie das Bestreben Fincks und der Umgebung 
des Prinzen Heinrich im wesentlichen auf dasselbe Ziel hinauslief: 
Entschuldigung beziehungsweise vollkommene Reinwaschung Fincks, 
schroffe Anklagen gegen den König, Verherrlichung der weisen 
und vorsichtigen Kriegführung des dem Könige an Feldherrngenie 
weit überlegenen Prinzen Heinrich. Der einzige der preufsischen 
Geschichtsschreiber des siebenjährigen Krieges, der sich, trotzdem 
auch er Fincksche Quellen benutzte, eine gewisse Unabhängigkeit 
und Besonnenheit des Urteils auch hier bewahrt hat, ist Tempelhoff 1 ). 
Zu einer vollen und klaren Erkenntnis der Sachlage vermochte 
aber auch er nicht durchzudringen, weil er eben im wesentlichen 
auf Nachrichten aus der Umgebung Finck! angewiesen war. So 
konnte es trotz der sehr entgegengesetzten Darstellung, welche der 
König selbst in seiner Histoire de la guerre de sept ans über das 
Ereignis von Maxen entwarf, kommen, dafs die Auffassung der 
Kreise des Prinzen Heinrich und Fincks selbst lange Zeit die Ge- 
schichtsschreibung fast ausschliefslich beherrschte, und zwar um so 
mehr, als ihr trotz aller tendenziösen Entstellungen, die sie ent- 
hielt, doch ein Körnchen Wahrheit nicht fehlte; denn darüber sind 
auch heute die Meinungen aller Strategen einig, dafs die Art, wie 
der König seinen Plan durchzufuhren suchte, kühn, ja verwegen 
genannt werden mufs. Eine andere Frage aber, die jene Memoiren- 
schreiber gar nicht in dem Leser aufkommen lassen wollten, die 
sie vielmehr als zu Ungunsten des Königs und zu Gunsten Fincks 
von vornherein entschieden hinstellten, ist die, ob der kühne 
Plan nicht trotzdem durchfuhrbar war, ob zum wenigsten nicht in 
jedem Falle der schimpfliche Ausgang des Unternehmens vermieden 
werden konnte, wenn Finck die Fehler, welche er beging, vermieden 
hätte. Um hierüber zu einem abschliefsenden und völlig unab- 



*) Wie aufserordentlieh mächtig die in der Umgebung des Prinzen 
Heinrich herrschende Anschauung über das Ereignis auf die Zeitgenossen 
eingewirkt hat, sieht man am besten daraus, dafs selbst des Königs Kabinets- 
sekrctär Eichel sich von derselben nicht unbeeinflufst erhalten hat. Vgl. die 
oben S. 2:1 Anm. 1 citierte Stelle und den im Anhang II gedruckten Brief 
Eichels an Finckenstein vom 24. November. 



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- 33 — 

hängigen Urteil zu gelangen, ist es erforderlich, sich das Ereignis 
selbst in seinem ganzen Verlauf und in allen seinen Einzelheiten 
zu vergegenwärtigen, und es mufs fast wunderbar erscheinen, dafs 
das jetzt, da die Schätze der Archive jedermann zur Benutzung 
offen stehen, noch nicht in erschöpfender Weise versucht worden ist. 

Wenn ich es in den nachstehenden Untersuchungen wage diesen 
Versuch zu unternehmen, so ermutigt mich hierzu der Umstand, 
dafs ich neben den bisher von der Forschung fast ausschliefslich 
benutzten, oben kurz charakterisierten geschichtschreibenden Quellen 
in der Lage bin, noch die Reste der Korrespondenz zwischen 
Finck und dem Könige, welche uns erhalten, bisher aber noch 
niemals erschöpfend verwertet sind 1 ), zu benutzen, um an ihnen 
und an den bisher gleichfalls unbekannten Fragmenten der Akten 
des Kriegsgerichts die Berichte jener Geschichtschreiber zu kon- 
trollieren. Ich glaube, dafs es an der Hand dieser Aktenstücke 
möglich ist, das Bild, welches uns die bisherigen Darstellungen 
von dem Ereignis entwerfen, nicht unwesentlich zu vervollständigen 
und zu berichtigen und zu einem wenigstens annähernd abschliefsen- 
den Resultat zu gelangen, soweit das bei der Unvollständigkeit 
des bisher zugänglichen Materials möglich ist. Denn nicht nur 
eiu grofser Teil der Akten des Kriegsgerichts, sondern auch mehrere 
wesentliche Stücke der Korrespondenz des Königs mit Finck sind 
bisher noch immer verschollen geblieben, die letzteren wohl vor- 
nehmlich deshalb, weil mehrere Berichte Fincks und mehrere Ka- 
binetsordres des Königs während des Ereignisses selbst von Daun 
abgefangen wurden. Möglich, dafs sie sich dereinst, wie schon 
früher eine ganze Anzahl den preufsischen Feldakten entstammen- 
der Aktenstücke, noch im Wiener Kriegsarchive auffinden. Möglich 
auch, dafs selbst in den preufsischen Archiven an irgend einer 
entlegenen Stelle noch ein für die Beurteilung des Ereignisses nicht 
nn wesentliches Aktenstück verborgen liegt 2 ). Im grofseu und 
ganzen wird das mir zugäugliche Material zur Lösung der ob- 
schwebenden Schwierigkeiten ausreichen. 



1 ) Ich habe dieselben im Anhang II mitgeteilt. 

2 ) Auf meine an das Geheime Staatsarchiv gerichtete Anfrage sind mir 
nur die von mir benutzen Aktenstücke aus den Reposituren 63. 92, 96 und 98 
zugegangen. Ich darf daher wohl annehmen, dafs weitere Materialien vor- 
läufig von den Herren Beamten des Archivs nicht aufgefunden worden sind. 

UUcoruchc Liutr.uchungp» 7. •} 



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Drittes Kapitel. 
Die Entsendung des Finckschen Korps nach Maxen. 

Suchen wir uns zunächst einen Überblick über die Lage der 
Dinge zu verschaffen, wie sie sich gestaltet hatte, als der König 
am 13. November im Heerlager seines Bruders in der Gegend von 
Lommatsch eintraf. Daun war, wie wir erwähnten, schon durch 
die Schlappe, welche eines seiner entsandten Korps unter dem 
Herzoge von Ahremberg am 29. Oktober bei Pretsch erlitten hatte '), 
einigermafsen entmutigt. Sowie er dann erfuhr, dafs das von dem 
Könige vorausgesandte Hülsensche Korps herannahe, um sich mit 
der Armee des Prinzen Heinrich zu vereinigen, gab er sofort und 
definitiv alle Angriflfegedanken auf. Obwohl er auch nach dem 
Eintreffen dieser Verstärkung der preufsischen Armee nicht un- 
erheblich überlegen war — das Zahlenverhältnis stand, die Reichs- 
armee eingerechnet, etwa wie 75 000 zu 52 000 Mann — , so be- 
schlofs er doch alsbald sich in die Nähe der sächsischen Haupt- 
stadt zurückzuziehen und sich mit deren Deckung zu begnügen. 
Das nördliche Sachsen gegen den schwächeren Feind zu halten, 
wurde nicht einmal ein Versuch gemacht. Freilich mufste Daun 
sich sagen, dafs dieses Verhalten bei dem Kaiserlichen Hofe nicht 
auf Zustimmung rechnen dürfe; denn mit Recht war die Kaiserin, 
wie Daun sehr wohl wufste, der Meinung, dafs es dem letzteren 
mit seinem dem preufsischen erheblich überlegenen Heere doch 
zum wenigsten gelingen müsse, den augenblicklichen Besitzstand 
zu wahren. Dafs der soeben noch von den Russen empfindlich 
geschlagene Feind gleichwohl am Schlüsse des Feldzuges noch 

!) König Friedrich selbst inafs anfangs diesem Gefechte eine entschei- 
dende ßedeutuug hei. Am 2. November fügt er einem von Glogau aus an 
den Staatsminister Grafen von Finckenstein gerichteten chiffrierten Schreiben 
(Orig. im G. St. A. Rep. 98. 77 G.) folgende eigenhändige Nachschrift an : 
mon frere vient de remporter im avantage qui pent devenir decisif pour la 
Campagne. Und eine ähnliche Auffassung begegnet uns in einem Schreiben 
Eichels an Finckenstein, d. d. Torgau, 5. November (Orig. ebda.) r in welchem 
eine ziemlich eingehende Schilderung von Dauns Rückzug in den ersten No- 
vembertagen enthalten ist. Über die Frage, ob die Österreicher Dresden 
halten oder sich nach Böhmen zurückziehen werden, spricht Eichel eine ent- 
schiedene Ansicht nicht aus. An der einen Stelle des Briefes sagt er. es 
scheine, „als ob sie (seil, die Österreicher) Drefsden souteniren wollen", an 
einer späteren Stelle desselben Schreibens aber spricht er die Hoffnung aus, 
dafs in 8 Tagen „vielleicht" von den Österreichern kein Mann mehr in Sachsen, 
sein werde. 



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— 35 — 



wieder in den Besitz von Sachsen gelangen sollte, war der Kaiserin 
ein nahezn unerträglicher Gedanke. Selten ist man in Wien mit 
der Kriegführung des „grofsen Zanderers" unzufriedener gewesen 
als eben damals, und man hat dem Feldmarschall gegenüber kein 
Hehl daraus gemacht '). Daun sah ein, dafs er seinen sonderbaren 
Beschlufs, vor dem schwächeren Feinde den Rückzug anzutreten, 
vor dem Wiener Hofe rechtfertigen und die Verantwortung dafür 
sich dadurch erleichtern müsse, dafs er die Entscheidung in die 
Hände eines verstärkten Kriegsrates legte, auf dessen Beschlüsse 
er sich dann berufen könne. Natürlich sprach sich derselbe in 
seinem Sinne aus: am 4. wurde der Rückzug angetreten, der über 
Oschatz und Lommatsch zunächst am 6. bis Heinitz am Meifsner 
Grund fortgesetzt wurde. Prinz Heinrich folgte dem Feinde in 
langsamen Märschen und traf am 7. in Lommatsch ein. Hier 
vollzog sich die Verbindung seines Heeres mit dem Hülsenschen 
Korps. Doch machte er auch nach dieser Verstärkung mit dem 
Hauptheere keinen ernstlichen Versuch, den Rückzug der Oster- 
reicher zu beunruhigen. Er schien sich in der Tat der Hoffnung 
hinzugeben, dafs Daun sieb ohne weiteres bis Böhmen zurückziehen 
werde, während dessen Absehen doch gerade darauf gerichtet war, 
Dresden zu decken und im südlichen Sachsen die Winterquartiere 
zu beziehen. Um nun doch seinerseits etwas zur Bechleunigung 
des Rückzuges der Österreicher beizutragen, beschlofs Prinz Heinrich 
eine „Demonstration" gegen die linke Flanke ihrer Aufstellung zu 
unternehmen 2 ). Zu diesem Zwecke gab er dem Generallieutenant 
Finck, der am 7. November bis Döbeln marschiert war, den Befehl 
nach Rofswein an der Freiberger Mulde vorzurücken und ein festes 
Lager bei Etzdorf zu beziehen. Als sich Daun durch diese „De- 
monstration" zu keinerlei Veränderung in seiner Stellung veranlafst 
sah, beschlofs der Prinz noch ein übriges zu thun und Finck den 
Befehl zu geben, das bei Nossen stehende Brentanosche Korps aus 

*) Vgl. die Ausführungen Arneths (Maria Theresia und der siebenjährige 
Krieg, Bd. 2, S. 54/55 und namentlich die in Anm. 95 angeführte Stelle aus 
dem Kabinetsschreiben an Daun vom 18. November 1759). Dafs man auch 
preufsischerseits über Dauns Absicht, sich zurückzuziehen, ebenso wie über 
die Unzufriedenheit des Wiener Hofes und namentlich der Russen darüber 
informiert war. ergiebt sich ans der Kabinetskorrespondenz jener Tage. (G. 
St. A. Rep. 98, 77 G.). 

2 ) Am ausführlichsten sind diese ersten Bewegungen des Finckschen 
Korps vor dem Eintreffen des Königs bei Tempelhoff III, H50 ff. geschildert, 
dem wir in der Hauptsache folgen. 

;$* 



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seiner Stellung zu vertreiben und sich direkt in der linken Flanke 
der österreichischen Hauptstellung festzusetzen. Zu diesem Zweck 
wurde Fincks Korps auf 18 Bataillone und 35 Schwadronen ver- 
stärkt und dadurch wirklich in den Stand gesetzt, die ihm gestellte 
Aufgabe zu lösen. Das Brentanosche Korps wurde in der That aus 
Nossen zurückgeworfen, worauf Finck auf den Anhöhen zwischen 
Siebenlehn und Zelle, genau in der linken Flanke der Österreicher, 
Stellung nahm. 

An demselben Tage, an welchem Finck in dieser Weise die 
ihm gestellte Aufgabe löste, traf der König bei der Armee ein. 
Im grofsen und ganzen war er mit den Anordnungen, welche der 
Prinz getroffen hatte, einverstanden; nur meinte er, dals man 
gröfserer Kraftanstrengungen bedürfen werde, um das Endziel, den 
Rückzug Dauns nach Böhmen, zu erreichen. Er sah wohl ein, 
dafs es mit einer blofsen „Demonstration" gegen die feindliche 
linke Flanke nicht gethan sei, dafs man vielmehr einen Versuch 
machen müsse, die Rückzugslinie der Österreicher auf dem zugäng- 
licheren linken Elbufer ernstlich zu bedrohen und sie dadurch 
möglicherweise zu zwingen, auf das rechte Ufer des Flusses hin- 
überzugehen und auf diesem, dessen Pässe viel grÖfsere Schwierig- 
keiten bereiteten, den Rückzug zu bewerkstelligen. Eine, wenn 
auch vielleicht unklare und unsichere Vorstellung von dieser Lage 
der Dinge muTs auch dem Prinzen Heinrich wohl vorgeschwebt 
haben; denn er hatte Finck, als er ihm den Befehl zur Vertreibung 
Brentanos aus Nossen erteilte, zugleich angewiesen, von Nossen 
aus kleinere Streifereien bis Dippoldiswalde und Maxen zu unter- 
nehmen '). Dieser Gedanke war es, den der König mit Eifer ergriff 
und in energischerer und grofsartigerer Weise durchzuführen beschlofs. 
Zugleich aber war er nicht gemeint, mit dem Hauptkorps die ab- 
wartende Stellung beizubehalten, welche der Prinz beobachtet 
hatte; vielmehr beschlofs er alsbald auch von dieser Seite angriffs- 
weise vorzugehen. Die Beratung, die er über diese Veränderungen 



') Tempelhoff III. 351. Es ist wichtig, das ausdrücklich festzustellen 
denn danach ist es kein Zweifel, dafs Prinz Heinrich im wesentlichen den- 
selben Gedanken verfolgte, den der König später zur Ausführung brachte; 
nur wagte es der Prinz nicht, ihn mit Thatkraft zu betreiben. Wäre die Ent- 
sendung Fincks geglückt, das glaube ich hier noch einmal aussprechen zu 
sollen, so würde der Prinz wahrscheinlich das Hauptverdienst für sich in 
Anspruch genommen haben. Da sie mifsglttckte, schob er die Schuld des 
ganzen Plans auf den König. 



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des strategischen und taktischen Verhaltens mit seinem Bruder 
hielt, scheint ziemlich lebhafter Art gewesen zu sein; einer der 
Geschichtschreiber aus der Umgebung des Prinzen weifs uns wenig- 
stens von eindringlichen Vorstellungen zu berichten, welche der 
Prinz gegen die Gedanken des Königs entwickelt habe 1 ). Sei dem, 
wie ihm wolle: so viel steht fest, dafs der König sich durch etwaige 
Einwendungen nicht beirren liefs, sondern alsbald zur Ausfuhrung 
seines Plaues schritt. Er wurde darin noch dadurch bestärkt, dafs 
Daun alsbald nach seiner Ankunft seine rückläufige Bewegung in 
der Richtung auf Dresden fortsetzte. Gleich am Tage nach seiner 
Ankunft, noch bevor er selbst sich mit dem Hauptheere in Be- 
wegung setzte, erteilte der König Finck von Dörschnitz aus den 
schriftlichen Befehl, noch weiter bis Rabensberg und Neukirch 
vorzurücken und von dort aus aufs genaueste die Bewegungen der 
Feinde zu beobachten 2 ). Unmittelbar danach begann er mit der 
Vorwärtsbewegung des Hauptheeres. Er hielt Eile um so dringen- 
der für geboten, als er eben jetzt Kunde von dem weiteren Zu- 
rückweichen Dauns erhielt. Er selbst setzte sich an die Spitze 
der Avantgarde des aus 7 Bataillonen und 10 Schwadronen be- 
stehenden Wedellschen Korps, um den Rückzug des Feindes zu 
beunruhigen und zu erschweren. Wirklich gelang es ihm, in der 
Nähe von Korbitz die Nachhut des Sincereschen Korps einzu- 
holen und derselben empfindliche Verluste beizubringen. Er nahm 
alsdann Stellung bei Krögis, wo am Nachmittage die Hauptarmee 
ebenfalls eintraf; der General Schenkendorf wurde sogar bis Deutsch- 
Bohra vorgeschickt, und von der andern Seite her versuchte auch 
Finck durch ein entsandtes kleineres Korps unter Wunsch dem 
Feinde Abbruch zu thun. 

Nachdem man so in der Front mit dem Feinde energische 
Fühlung bekommen hatte, hielt der König den Augenblick für ge- 
kommen, auch seinen Gedanken einer ernstlichen Gefahrdung der 
feindlichen Rückzugslinie zur Ausfuhrung zu bringen. Er liefs 
daher von Krögis aus dem Generallieutenaut Finck den Befehl zu- 
gehen, mit seinem am weitesten vorgerückten Korps an der linken 
Flanke der österreichischen Aufstellung vorüber zunächst nach 
Freiberg und von dort nach Dippoldiswalde und Maxen, das will 

') Reteow II, 169; vgl. unsere Ausführungen oben S. 25/26. 

2 ) Vgl. No. 1 der im Anhange No. II mitgeteilten Korrespondenz 
zwischen dem Könige und Finck. Das betr. Schreiben scheint, wie die 
meisten der übrigen, der bisherigen Forschung unbekannt geblieben zu sein 



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sagen genau in den Rücken der Österreicher zu marschieren. Das 
Korps, über welches Finck zu diesem Zwecke verfugte, mochte an 
Infanterie und Kavallerie zusammen genommen etwa 14 000 Mann 
betragen. 

Wir sagten es schon: Das Unternehmen, welches der König 
auf diese Weise ins Werk setzte, war kühn, ja verwegen. Denn 
wenn er auch mit Sicherheit annehmen konnte, dafs Daun mit 
dem österreichischen Hauptheere nicht wagen werde, im Angesicht 
des von Friedrich persönlich geleiteten preufsischen Hauptheeres 
seine unangreifbare Stellung zu verlassen und sich mit gesamter 
Macht auf das unbequeme, in seinem Rücken stehende Fincksche 
Korps zu stürzen, so konnte ihm doch auf der andern Seite nicht 
unbekannt sein, dafs südlich Dresden die etwa 20 000 Mann zählende 
Reichsarmee stand, die, der Zahl nach allein dem Finckschen Korps 
schon beträchtlich überlegen, im Verein mit einem von der öster- 
reichischen Hauptarmee zu entsendenden Korps Finck mit er- 
drückender Übermacht entgegentreten konnte. Auf der andern 
Seite hatte der König indessen zu oft die Unschlüssigkeit Dauns 
erprobt, als dafs er trotz der Hochkirchener Lehre mit Sicherheit 
einen raschen Schritt desselben gegen Finck hätte erwarten sollen. 
Er hoffte vielmehr, dafs sich Daun durch das in seinem Rücken 
stehende Korps, dessen Stärke er nicht kannte, so beunruhigt fühlen 
würde, dafs er es vorzöge, auf das rechte Elbufer hinüberzugehen 
und von dort aus über Stolpen und Schluckenau den Rückzug nach 
Böhmen anzutreten 1 ). Thatsächlich wissen wir auch aus neuer- 

») Über den Endzweck der Entsendung Fincks und über den Erfolg, 
den er sich von derselben versprach, hat sich der König unmittelbar gleich- 
zeitig in einem Schreiben an Finckenstein vom 14. November 1759 geäufsert, 
in welchem (nicht eigenhändigen) Schreiben es u. A. heifst: „Jay deja un 
Corps ä Dippolswalde. oü le General Finck marche de nous avec 20 Ba- 
taillons et 35 Esquadrons. Je fais occuper le defil6 de Maxen et celui 
d'Oppendorff, ce qui precipitera necessairement la marche de Daun, II y a 
encore un Detachement, que j'envoye en Boheme, qui ruinera le Magasin 
d' Aussig et qui commettra des ravages considerabies dans la Province pour 
hater sa retraite, de sorte que Je puis Me flatter avec quelque apparence de 
probabilite qu'entre ci et huit jours il n'y aura plus d'Autrichien» en ce 
Pais ci. 

Nous avons chancelö et 6t6 prets ä tomber, mais cependant malgr6 toutes 
ces infortunes uous nous trouvons debout et a la fin d une Canipagne fcerissöe 
de dangers nous nous trouvons ä la fin de cette Campagne dans la position, 
oü nous avons 6t6 Tann6e passöe. Ce miracle n'est deu qu ä la malhabilete 
et ä toutes les fautes grossieres de nos Ennemis etc. 



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— 39 — 

dings bekannt gewordenen Äufserungen von österreichischer Seite, 
dafs Daun im ersten Augenblicke der Überraschung über das kühne 
Vorgehen des Königs an den Rückzug gedacht hat und „nur durch 
Lacys ernstliche Gegenvorstellung abgehalten worden ist, die un- 
angreifbare Stellung zu räumen, die er inzwischen hinter dem 
Plauenschen Grunde, den rechten Flügel an Dresden gelehnt, ein- 
genommen hatte ')". Aber auch für den Fall, dafs Daun sich zu 
einem schnellen Vorgehen entschliefsen sollte, mochte der König 
glauben, eine ernstliche Gefahr für Finck nicht befürchten zu 
müssen. Wilsdruff, wo sich in den nächsten Tagen das preufsische 
Hauptquartier befand, war von Dippoldiswalde nur etwa 2 Tage- 
märsche entfernt, und der König konnte mit Recht annehmen, 
dafs sich Finck wenigstens so lange werde behaupten können, bis 
er vom Hauptheere aus ausreichende Unterstützung empfange. 
Dafs das möglich war, sieht man am besten daraus, dafs das zu 
diesem Zwecke entsandte Hülsensche Korps nur wenige Stunden 
zu spät bei Dippoldiswalde ankam und sicher nicht zu spät ge- 
kommen wäre, wenn Finck nicht durch den unbegreiflichen Fehler 
der vorzeitigen Aufgabe des Passes von Reinhardsgrimma die Ent- 
scheidung gleichsam wider Willen beschleunigt hätte. Ja, nach 
den vorliegenden österreichischen Quellen mufs es, wie wir nach- 
weisen werden, als sehr wahrscheinlich bezeichnet werden, dafs 
der österreichische Angriff auf Maxen vielleicht überhaupt nicht 
stattgefunden hätte, sicher aber erheblich verzögert worden wäre, 
wenn Daun bei seinem Vorrücken von Dippoldiswalde her den 
Pafs von Reinhardsgrimma besetzt gefunden hätte. 

Im allerschlimmsten Falle konnte aufserdem der König selbst 
mit der Hauptarmee Finck zu Hilfe eilen. Dafs er auf dem Marsch 
von Daun angegriffen werden würde, war wenig wahrscheinlich. 
Daun hätte dann die Plauener Höhen verlassen und die Entschei- 
dung in offener Feldschlacht suchen müssen, und dafs er dazu 
wenig Neigung hatte, war dem König gewifs nicht unbekannt. 
Eben weil diese Gefahr im Falle eines Vorbeimarsches der ge- 
samten preußischen Armee an der linken Flanke der Österreicher 
so sehr gering war, hat man neuerdings von sehr berufener Stelle 
aus 2 ) die Ansicht ausgesprochen, dafs der König im vorliegenden 
Falle sicherer gegangen wäre, wenn er noch kühner vorgegangen, 

») Arneth a. a. 0. S. 55. Die Nachricht findet sich schon bei Retzow 
a. a. 0. S. 171 Anmerkung. 
J ) Bernhardi I, 464/65. 



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— 40 — 



unter Zurücklassung eines Beobachtungskorps in der Front der 
österreichischen Aufstellung selbst mit dem Hauptteil seiner Armee 
in die Stellung von Dippoldiswalde vorgegangen wäre, Finck danu 
von hier ans nach Maxen vorgeschickt und die Verbindung mit 
ihm durch Besetzung des Postens von Reinhardsgrimma hergestellt 
hätte. Annähernd dieselbe Auffassung hat übrigens, wie Taysen 1 ) 
mit Recht bemerkt, auch Finck selbst schon in der Denkschrift, 
welche er im Hinblick auf das Urteil des Kriegsgerichts aufge- 
zeichnet hat, ausgesprochen. Möglich, dafs der Zweck des Königs 
auf diesem Wege leichter erreichbar war als auf dem thatsächlich 
gewählten; erreicht werden konnte er aber auch auf dem letzteren. 

Die Umgebung des Prinzen Heinrich freilich, vor allem aber 
Finck selbst, war nicht dieser Meinung. Eis wird uns berichtet, 
dafs letzterer, als er den Befehl des Königs zum Abmarsch nach 
Dippoldiswalde erhielt, in grofse Aufregung geraten sei und be- 
schlossen habe, einen Versuch zu machen, den König von diesem 
Gedanken wieder abzubringen. Zu diesem Zwecke eilte Finck in 
das Hauptquartier nach Krögis, und hier scheint es 2 ) dann zwischen 

l ) v. Taysen, a. a. O. S. 67. 

'-) Sehr wahrscheinlich hat sich die bekannte Scene zwischen dein Könige 
und Finck ungefähr in der Weise abgespielt, wie sie uns überliefert ist. So 
ganz unzweifelhaft, wie man bisher angenommen hat-, ist das aber doch nicht. 
Denn die Übereinstimmung der Quellen, die allerdings vorliegt, will wenig 
besagen, da sie im Grunde alle auf denselben Ursprung zurückgehen. Retzow 
und seine Vorgänger und Nachfolger haben sie aus Tempelhoff (III, 353) ent- 
nommen; ihm sind auch die neueren Darsteller gefolgt. Woher aber hat sie 
Tempelhoff selbst geschöpft? Unzweifelhaft hat er sie von Finck selbst oder 
von jemand aus dessen unmittelbarerer Umgebung erfahren; wenigstens ist die 
Fassung der Worte des Königs ganz ebenso wie in der Finckschen Denk- 
schrift. Ja die Übereinstimmung zwischen dieser und der Darstellung 
Tempelhoffs ist an dieser Stelle so auffallend grofs, dafs es mir sehr wohl 
im Bereich der Möglichkeit zu liegen scheint, dafs Tempelhoff die Denkschrift 
selbst benutzt hat. Ich füge die beiden Stellen zur Ergänzung dessen, was 
ich im I. Anhang zur Kritik der Tempelhoffschen Darstellung bemerkt habe, 
hier neben einander: 



Fincks Denkschrift. Fol. I des Manu- 
skripts im Geheimen Staatsarchiv. 

Da nun Ihro Majestät der König . . . 
den General Wunsch antraf, so befahl 
Er denselben, mir mündlich zu sagen, 
ich sollte noch denselben Tag nach 
Dippoldswalde marchiren ; ich war in- 
defsen ausgeritten, um das terrain zu 



Tempelhoff III. 352/53. 

Als der General- Wunsch mit seinen 
Truppen zurück kam, begegnete er 
dem Könige, der die Stellung des 
Feindes in Augenschein nahm. Der 
König gab ihm den Auftrag, dem 
General Fink zu sagen, dafs er gleich 



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— 41 — 



ihm und dem Könige zu einer sehr erregten Scene gekommen zu 
sein. Als nämlich Finck auf die in ungnädigem Tone gestellte 



aufbrechen und nach Dippoldiswalde 
marschireu sollte, um dem Feinde 
den Rückzug nach Böhmen so be- 
schwerlich als möglich zu machen; 
denn der König glaubte, dafs er sich 
gewifs nach diesem Lande zurück- 
ziehen würde, um darin die Winter- 
quartiere zu nehmen. Es war 3 Uhr 
Nachmittags, als der General Fink 
diesen Befehl erhielt, und hierauf eilte 
er selbst zum König, den er in dem 
Dorfe Krögis antraf. Der König 
empfing ihn sehr ungnädig und fragte, 
ob er seine Befehle nicht erhalten 
hätte? Als dies der General Fink 
mit Ja beantwortete, sagte der König, 
er sollte gleich nach Maxen marschi- 
ren; und da er deswegen einige Vor- 
stellungen machen wollte, bekam er 
zur Antwort: Er weiss, dass ich keine 
Difficultäten leiden kann ; mache Er 
dafs Er fort kömmt. 



besehen, wo der Feind gestanden, da 
ich den General Wunsch begegnete, 
welcher mir sagte, was ihm der König 
befohlen, und dafs Ihro Majestät gantz 
in der Nähe wären; es war schon .i l*hr 
Nachmittag, die bagage des Corps und 
ein Theil der Artillerie war noch zu- 
rück, und konte selbiges vor Abend 
nicht herankommen; da ich nun so 
nahe bey den Könige war, so glaubte 
icH sehr gut zu thun, selbsteu hinzu- 
reiten und dieserhalb Vorstellungen 
zu thun und von Ihro Majestät wegen 
mein ferneres Verhalten selbsten Be- 
fehle einzuholen. Ich traft 7 Ihro Ma- 
jestät in den Dorffe Kroegis an, und 
hatten Selbige den General -Major 
von Lentu'us bey sich. Ihro Majestät 
empfiengen mich wieder Vennathen 
höchst ungnädig, mich fragend, was 
ich wollte und ob ich seine or- 
dres nicht bekommen hätte; da 
ich nun antwortete, dafs ich in dieser 
Absicht zu Ihro Majestät käme, um 
solche zu empfangen, befahlen Sie mir. 
ich sollte sogleich nach Maxen 
marchiren; da ich nun dieserwegen, 
und dafs es unmöglich wäre noch den- 
selben Tag zu marchiren, einige Vor- 
stellungen thun wollte, sagte mir der 
König: Er weifs, dafs Ich keine 
difficultäten leydon kan; ich 
konte also weiter nichts erhalten, als 
dafs ich nur erst den andern Tag als 
den 14. (mufs heifsen den 15.) mar- 
chiren und meinen March über Frey- 1 
berg nehmen durflfte. und waren die 
letzten Worthe Ihro Majestät: Herr, j 
mache er, dass er fort körnt." 

Ich gebe zu, dafs die Übereinstimmung nicht so grofs ist. dafs man 
damit eine Benutzung der Denkschrift durch Tempelhoff für erwiesen halten 
könnte. Immerhinreicht sie hin. es wahrscheinlich zu machen, dafs Tem- 
pelhoff seine Nachrichten direkt oder indirekt von Finck erhielt. 

Obwohl demgemäfs die ganze Erzählung im letzten Grunde von Finck 



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— 42 — 



Frage des Königs, was er denn wolle, ob er seine Befehle denn 
nicht erhalten habe, antwortete, er komme, um dieselben persön- 
lich einzuholen, soll der König ihm geantwortet haben, er solle 
sogleich nach Maxen marschieren. Und als dann Finck hiergegen 
einige Einwendungen machen wollte, soll ihm der König zugerufen 
haben: „Er weifs, dafs ich keine Diffikul täten leiden kann". „Herr, 
mache Er, dafs Er fortkommt", so sollen die letzten Worte des 
Königs an Finck gelautet haben. Dieser allerdings deutlichen 
Sprache habe dann Finck keinen Widerstand mehr entgegenzusetzen 
gewagt, sich vielmehr beeilt dem Befehle des Königs nachzukommen. 
Er scheint sich in der Folge wirklich beruhigt zu haben; denn 
seine Berichte der nächsten Tage sind keineswegs in so verzwei- 
felter, beunruhigter Stimmung gehalten, wie man nach den Er- 
zählungen der Geschichtschreiber annehmen sollte. Im Gegenteil 
scheint es nach diesen Berichten fast, als wenn Finck die Gefahr, 
in der er schwebte, anfangs weit weniger klar erkannt hätte, als 
der König selbst. Wir werden hierauf im Laufe unserer Er- 
zählung noch zurückkommen 1 ). 

Finck entsandte nunmehr sofort ein Regiment nach Freiberg, 



selbst herstammt, wird man sie doch in der Hauptsache für richtig halten 
dürfen ; denn dafs eine Scene ähnlicher Art vorgefallen ist, deutet, wenn auch 
in viel unbestimmterer Form, schon Tielcke, dessen erster in Betracht kommen- 
der „ Beitrag" schon 1775, also 12 Jahre vor dem ü. Bande Tempelhoffs. er- 
schienen ist, an (S. 9 Anmerkung), und auch die Fassung des unter No. 4 
im Anhang II mitgeteilten Berichtes Fincks vom 15. läfst auf eine vorange- 
gangene Auseinandersetzung mit dem Könige schliefsen. 

Schliefslich sei. was bisher übersehen worden ist. noch erwähnt, dafs der 
Befehl, nach Dippoldswalde und Maxen vorzurücken, Finck nicht nur, wie 
unsere Quellen angeben, durch Wunsch mündlich überbracht wurde, dafs 
Wunsch vielmehr auch eine schriftliche Ausfertigung desselben an Finck zu 
übergeben hatte. Dieselbe, welche ausdrücklich auf die Wunsch und Gersdorff 
mündlich erteilten Weisungen Bezug nimmt, ist von Krögis, 14. November, 
datiert und im Anhang II unter No. 2 von mir mitgeteilt worden. 

l ) Einstweilen sei schon hier auf eine Äufserung Fincks in einem Be- 
richte, den er noch auf dem Marsche am 15. dem König erstattete, hinge- 
wiesen. (Anhang II, No. 4). Finck schreibt hier: „Der feind ist in einer 
bredouille; wenn er aber von dieser Seythe nuiunehro so sehr eingeschrenkt 
wird, sollte Er sich nicht resolviren seine Bagage und einen Theil der Armee 
über der Elbe zu schicken und gegen Zittau nach Böhmen marchiren?" Diese 
Äufserung beweist doch zweifellos, dafs Finck in jenem Augenblick die 
Meinung des Königs, die Entsendung nach Maxen werde Daun zum Über- 
gang auf das rechte Elbufer veranlassen, vollkommen teilte und am aller- 
wenigsten an eine ihm selbst drohende ernstliche Gefahr dachte. 



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- 43 - 



um die in dieser Stadt stehenden 3 Bataillone an sich zu ziehen. 
Er selbst brach am frühen Morgen des 15. November von Augustus- 
berg bei Nossen auf und gelangte noch an demselben Tage bis 
nach Nieder-Bobritsch östlich von Freiberg. Gleichzeitig ging der 
Obriste Kleist, der in Freiberg stand, mit einem leichten Streif- 
korps über Augustusburg und Marienberg nach Böhmen ab, um 
die österreichischen Magazine in Saaz, Teplitz und Aulsig zu ver- 
nichten. 

Finck hatte seine Avantgarde unter Wunsch schon am 15. 
bis Küngenberg (östlich von Nieder-Bobritsch) vorrücken lassen; 
er selbst brach am 16. von letzterem Orte auf und marschierte 
bis Dippoldiswalde. Hier kam es dann zu dem ersten kleinen Zu- 
sammenstofs mit dem Feinde. Als nämlich Fincks Avantgarde bei 
Dippoldiswalde anlangte, entdeckte sie jenseit des Orts eine Feld- 
wache der Reichsarmee, die natürlich alsbald zurückgeworfen wurde. 
Von Gefangenen, die man bei dieser Gelegenheit machte, erfuhr 
man, dafs eine stärkere Abteilung der Reichsarmee — man sprach 
von 4 Bataillonen Baiern und Pfälzern und 4 Grenadier-Kom- 
pagnien und behauptete, dafs der Prinz von Stolberg und der Ge- 
neral Effern selbst sich bei dieser Abteilung befanden — auf den 
Anhöhen bei Ober-Häfslich nördlich Dippoldiswalde stände. Diese 
Aussage der Gefangenen war ganz korrekt: es war eine Abteilung 
der Reichsarraee, der Fincks Truppen hier begegneten. Aber Finck 
benutzte diese Gelegenheit zu schneller That nur wenig. Er selbst 
entschuldigt das damit 1 ), dafs ein starker Nebel, der an jenem wie 
an den folgenden Tagen herrschte, ihn an einer genauen Erkun- 
dung der Zahl und Stellung der Feinde verhindert habe. Genug, 
ein ernstlicher Angriff wurde nicht untemommeu. Finck begnügte 
sich damit, die Vorposten der Feinde, die ihn bei seinem Vorgehen 
in nicht eben energischer Weise mit Kanonen beschossen, zu ver- 
treiben und durch Gersdorff mit einiger Reiterei verfolgen zu lassen. 
Man uahm dem Feinde 2 Kanonen und eine Anzahl von Gefangeneu 
ab. Die Abteilung der Reichsarmee zog sich, ohne sehr erheblich 
behelligt zu werden, nach Dresden zurück, von wo sie am nächsten 
Tage mit dem übrigen Teile den Marsch über Pirna nach Giefs- 
hübel antrat. 

Finck klagt in dem Berichte, welchen er dem Könige noch 
an demselben Tage über den kleinen Zusammenstofs erstattete, 

l i Beriebt No. 0 im Anhang II, der den kleinen Zusammenstofs viel 
eingebender schildert als Teinpelhoff III, 353. 



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- 44 — 



dafs er bei weitem noch nicht sein ganzes Korps zusammen habe. 
Ein bedeutender Teil unter Lindstädts Führuug sei noch zurück, 
weil die Wege so abscheulich schlecht seien, dafs namentlich die 
schweren Kanonen, die „Brummer", nicht fortzubringen seien. 
Obwohl Finck übrigens jetzt schon durch Deserteure die allerdings 
verfrühte Nachricht erhielt, dafs Brentano mit einem besonderen 
Korps gegen ihn entsandt werden solle, um ihm die Verbindung 
mit dem Könige abzuschneiden, fafste er seine Lage doch keines- 
wegs als eine ungünstige oder gar verzweifelte auf, gibt vielmehr 
seiner Verwunderung darüber Ausdruck, dafs weder Daun noch die 
Reichsarmee ernstliche Anstalten zum Rückzüge nach Böhmen 
träfen. Er scheint also auch jetzt noch im grofsen und ganzen 
die Ansicht des Königs über die Lage geteilt zu haben. 

Nachdem Finck selbst in Dippoldiswalde angelangt war, ent- 
sandte er alsbald die aus 6 Bataillonen, G Schwadronen Husaren 
und den Dragonerregiraentern Plathen und Württemberg bestehende 
Avantgarde unter Kommando des Generals Wunsch nach Maxen. 
Die Infanterie bezog ein Lager auf den Höhen bei diesem Dorfe, 
Wunsch selbst ging mit einem Freibataillon und den Husaren noch 
bis Dohna vor, wo er einige Truppen der Reichsarmee antraf, die 
sich indessen bei seiner Annäherung auf Grofs-Sedlitz zurückzogen 1 ). 

Die Nachrichten, die man über die Bewegungen der Feinde 
erhielt, lauteten unbestimmt und widersprechend genug, doch 
waren die meisten derart, dafs sie Finck in seiner Annahme, Daun 
wolle den Rückzug nach Böhmen antreten, bestärkten; man wollte 
wissen, dafs Daun bereits die sämtliche Bagage über die Schiff- 
brücke bei Dresden auf das rechte Elbufer geschafft habe, und 
dafs dieselbe ihren Weg über Stolpen nehmen solle. 

Im wesentlichen war Finck nunmehr in den ihm vom Könige 
bezeichneten Stellungen angelangt. Er selbst wollte Wunsch nach 
Maxen folgen, sobald Lindstädt, der mit einem Teil der Truppen 
noch immer zurück war, angelangt sein würde. Die Frage war 
nun, welche Gegenmafsregeln die Österreicher ergreifen würden, 
ob sie, wie der König und auch Finck selbst annahmen, sich durch 
das in ihrem Rücken stehende Korps des letzteren so beunruhigt 
fühlen würden, dafs sie es vorzögen, sich nach Böhmen zurück- 
zuziehen, oder ob sie den energischen Entschiufs fassen würden, 



Vgl. No. 6 und 7 des Anhangs II mit der Darstellung Tempelhoffs 
III. 353. 



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— 45 — 



sich aus den Fängen des unbequemen Drängers zu befreien. Davon, 
wie ihr Entschlufs ausfiel, mufste das Schicksal der nächsten Tage 
abhängen. 

Viertes Kapitel. 

» 

Gegenmafsregeln der Österreicher. Beiderseitige Bewegungen 

am 18. und 19. November. 

Wir hoben schon hervor, dafs in der That eine Nachricht auf 
uns gekommen ist, nach welcher Daun nach der Entsendung des 
Finckschen Korps in den Rücken der österreichischen Aufstellung 
wirklich ernstlich daran gedacht habe, sich nach Böhmen zurück- 
zuziehen, d. h. eben das zu thun, was der König mit jener Mafs- 
regel bezweckt hatte. Schliefslich aber gewann doch in seiner 
Umgebung die ruhige Überlegung die Oberhand, Die Uberliefe- 
rung schreibt Lacy das Verdienst zu, daraufhingewiesen zu haben, 
dafs es doch möglich sein müsse, das schwache Fineksche Korps 
mit überlegener Macht aus seiner Stellung zu vertreiben oder gar 
von allen Seiten einzuschliefsen und auf die eine oder andere Weise 
zu vernichten. Man wird Daun zugestehen müssen, dafs er, nach- 
dem er sich einmal von dieser Möglichkeit hatte überzeugen lassen, 
mit Umsicht und Besonnenheit die erforderlichen Mafsregeln ergriff. 

Sobald er die Nachricht von der Entsendung Fincks erhalten 
hatte, beschlofs er, sich mit der Hauptarmee in die unangreifbare 
Stellung, welche ihm der Plauensche Grund westwärts von Dresden 
darbot, zurückzuziehen, die Reichsarmee weiter südlich zu entsen- 
den und mit ihr im Verein mit einem Teile der österreichischen 
Armee eine Aufhebung des Finckschen Korps zu versuchen. Dafs 
die Hauptarmee in der genannten Stellung vor einem Frontangriff 
des Königs sicher sei 1 ), konnte er mit Bestimmtheit annehmen. 
Mit um so gröfserer Ruhe und, wie er hoffen konnte, um so 
leichter unbemerkt von der Aufmerksamkeit des Königs konnte 
er die Mafsregeln gegen Finck ins Werk setzen. Zunächst galt 
es die Hauptarmee gegen Finck zu sichern. Zu diesem Zweck 
wurde der Heeresteil, der bisher unter Sincere die rechte Flanke 
der Armee gedeckt hatte, auf die Höhen von Rippgen im Rücken 
der Hauptaufstellung, mit der Front gegen das Fineksche Korps, 

») Die zeitgenössischen Ueschiehtsquellen schildern sämtlich die Unan- 
greifbarkeit der Stellung im Plauenschen Grunde mit beredten Worten 



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46 — 



aufgestellt. Ein zweites kleineres Korps unter Brentano wurde 
ebenfalls südwärts entsandt, und zwar sollte es zunächst auf der 
Strafse nach Pirna fortmarschieren, dann aber sich mehr westwärts 
halten, während gleichzeitig auf dem geraden Wege über Mügeln 
und Pirna die ganze Reichsarmee in die ihr bei Giefshübel ange- 
wiesene Stellung rücken sollte. So konnte man hoffen, Finck von 
drei Seiten zugleich entgegentreten zu können. 

An demselben 17. November, an welchem diese Vorkehrungen 
im österreichischen Heerlager teils angeordnet, teils schon zur Aus- 
führung gekommen waren, wurden auch in der preufsischen Stellung 
zwei wichtige Veränderungen vorgenommen. Auf der einen Seite 
folgte der König mit der preufsischen Hauptarmee der sich nach 
Plauen zurückziehenden österreichischen bis Wilsdruff, wo er der 
letzteren gegenüber ein Lager bezog, auf der andern Seite rückte 
Finck, nachdem nunmehr Lindstädt mit dem Rest des Korps in 
Dippoldiswalde angelangt war, mit dem Hauptteil seines Korps 
nach Maxen vor, während Wunsch mit der Avantgarde endgiltig 
in die Stellung von Dohna einrückte 1 ). Um sich eine Verbindung 
mit der Hauptarmee des Königs offen zu halten, liefs Finck in 
Dippoldiswalde Lindstädt mit 4 Bataillonen und dem Kürassier- 
regiment von Vasold stehen und stellte aul'serdem bei Ober-Häfslich 
den Major von Haugwitz mit 3 Schwadronen auf, um beständig 
nach der Gegend von Possendorf und Rabenau zu patrouillieren, 
damit man rechtzeitig von allen feindlichen Bewegungen Kunde 
erhalte. 

Während Finck sich so gegen etwaige Bewegungen der öster- 
reichischen Hauptarmee mit ausreichender Vorsicht zu decken 
suchte, scheint er dem Marsche der Reichsarmee nicht dieselbe 
Aufmerksamkeit gewidmet zu haben. Sonst hätte er sich unmÖg- 
ich die unvergleichliche Gelegenheit, dieselbe während ihres 
Marsches anzugreifen, unbenutzt entgehen lassen. Schon Bern- 
hardi 2 ) hat darauf hingewiesen, dafs das ein unbegreiflicher 
Fehler Fincks gewesen sei; denn unzweifelhaft konnte er sich doch 

') Die nächsten Ausführungen dürften dem Leser ohne Zuhilfenahme 
eines Planes nur schwer verständlich sein. Von den leicht zugänglichen ge- 
druckten Plänen, neben denen es noch eine ganze Reihe handschriftlicher 
giebt. zeichnen sich durch Deutlichkeit und Übersichtlichkeit die dem 1. „Beitrag 44 
Tielckes beigegebenen aus; von neueren Plänen erwähnen wir vor allem den 
ganz vortrefflichen in den „Beiträgen zur Geschichte der österreichischen 
Kavallerie. 44 

•0 I, 461. 



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— 47 - 



der bekanntlich nicht eben hervorragend disciplinierten, ihm auch 
an Zahl unterlegenen ') Reichsarmee für gewachsen erachten. Dafs 
dieselbe sich auf dem Marsche von Mügeln nach Pirna befinde, 
hatte er schon, als er noch in Dippoldiswalde stand, durch Wunsch 
erfahren 2 ) und fand es nach seiner Ankunft in Maxen durch eigene 
Beobachtung bestätigt. Unbegreiflicher Weise aber kam er gar 
nicht auf den Gedanken, dem gegenüber schleunigst seine Truppen 
zusammenzuziehen und die Reichsarmee im Marsche anzugreifen. 
Es ist in hohem Mafse wahrscheinlich, dafs dieser Versuch gelungen 
und die Reichsarmee durch einen energischen Angriff auf Dresden 
zurückgeworfen worden wäre; denn Brentano stand mit seinem 
Korps am 17. noch nicht nahe genug, um schnell eingreifen zu 
können. Dafs mufste Finck wissen, da eben am Morgen dieses 
Tiiges ein an Brentano vom Hauptkorps entsandter Adjutant in 
die Hände der Truppen Wunschs gefallen war 3 ) eben weil er dessen 
Korps noch nicht in der ihm bezeichneten Stellung angetroffen hatte. 
Seinerseits aber hätte Finck die Reichsarmee von Maxen und 
Dohna aus sehr schnell erreichen können; einzelne kleinere Kroa- 
tentrupps waren unmittelbar bei letzterem Orte vorbeimarschiert 
und hatten ihn sogar vorübergehend besetzt, wurden aber von 
Wunsch wieder vertrieben 4 ). Weiter geschah von preufsischer 
Seite nichts. Ein ernstlicher Angriff hätte das Netz, in welchem 
die Feinde Finck zu fangen gedachten, zerrissen, bevor es noch 
zugezogen war. Aber — der Angriff unterblieb. Der einzige 
Erklärungsgrund für diese Unthätigkeit Fincks bei dieser wichtigen 
Gelegenheit liegt darin, dafs er glaubte, die Reichsarmee wolle 
sich „Hals über Kopf" nach Böhmen zurückziehen 5 ). Er scheint 
also auch in diesem Momente noch keineswegs, wie er später immer 

») Denn ein grofser Teil derselben war in Dresden als Besatzung dieser 
Hauptstadt zurückgeblieben, so dafs der für den Marsch nach Griefshübel ver- 
fügbare Rest kaum mehr als 10 MO Hann betragen haben dürfte. 

') Vgl. Anhang II, Ber. No. 8. 

») Ebenda No.-8 und 9. 

4 ) Sammlung ungedr. Nachr. II, 594; vgl. unten im Anhang I. 

*) Anhang II, No. 8; „Wunsch läst mir melden, dafs man die Armee 
durch Mügeln delilireu sähe nach Pirna; ich weifs aber zuverlässig, dafs es 
nur die Reichs- Armee ist; alles, was von selbiger in Dresden gestanden, ist 
gestern ausmarchiret [das ist ein Irrthum Fincks, ein grofser Theil der 
Reichsarmee blieb in Dresden] und, wie es heist, gehet alles über Halfs und 
Kopf nach Böhmen; ob Daun diesen Weg folgen wird oder bey Dresden die 
Elbe passiren, weiss ich noch nicht; in Dresden soll kein Mensch mehr an 
einer Defension gedencken." 



- 48 — 



behauptet hat, an eine Gefahr, die ihm von diesen vorbeimar- 
schierenden Truppen drohe, geglaubt zu haben. Gerechtfertigt 
wird übrigens sein Verhalten auch dadurch nicht; denn gerade die 
Erschwerung und Beunruhigung des von dem Könige erwarteten 
Rückzugs der Österreicher war der Zweck, der mit Fincks Ent- 
sendung erreicht werden sollte. Jedenfalls haben wir in seinem 
Verhalten an diesem Tage den ersten der Fehler, die er begangen 
und durch die er seinen Untergang zum grofsen Teil selbst ver- 
schuldet hat, zu erkennen. 

Es kann hierbei nicht oft genug darauf hingewiesen werden, 
dafs Finck nicht, wie er später im Verein mit seinen litterarischen 
Genossen mit Bestimmtheit behauptet hat, die ihn bedrohende Ge- 
fahr von Anfang an vorausgesehen hat, dafs er vielmehr, wie wir 
sahen, auch jetzt noch durchaus die Meinung des Königs, dafs die 
Österreicher sich nach Böhmen zurückziehen würden, getheilt zu 
haben scheint. 

Noch am 17. hat Finck dem Könige in einem eingehenden Be- 
richte Nachricht über die von ihm bezogene Stellung gegeben '). 
Leider besitzen wir die Antwort, welche der König auf diesen 
Bericht erteilt hat, nicht. Wohin aber seine Ansicht neigte, er- 
giebt sich aus einer Dorsualbemerkung, die er den Kabinetssekretär 
Eichel auf die Rückseite des ersten der drei von Finck am 17. er- 
statteten Berichte (Anhang No. 7) schreiben liefs. Diese Bemer- 
kung enthält nur die kurze Weisung, dafs Finck mit seinem ganzen 
Korps nach Maxen gehen, d. h. doch alle erheblicheren Detaschie- 
rungen vermeiden solle. Der König sah sich zu diesem Befehle 
durch die Meldung Fincks, dafs er Lindstädt in Dippoldiswalde 
zurücklassen wolle, veranlafst. Von der Entsendung Wunschs nach 
Dohna wufste der König noch nichts. Aber die Fassung jener 
Dorsualbemerkung läfst erkennen, dafs er auch diese Entsendung 
nicht gebilligt haben würde. Er war der Ansicht, dafs Finck sein 
ganzes Korps zusammenhalten müsse, um einem unvorhergesehenen 
Angriffe nachdrücklichen Widerstand leisten zu können. Unsere 
chronikalischen Quellen, nach denen der König ausdrücklich nur 
die Heranziehung Lindstädts aus Dippoldiswalde befohlen hat 2 ) 

') Anhang II, No. 9. 

*) Den Befehl des Königs, dafs Lindstädt nach Maxen nachrücken 
solle, von dem wir sonst nur jene Andeutung in der Dorsualbemerkung be- 
sitzen, bringen alle Quellen bei; er findet sich schon bei Tielcke S. 0, ebenso 
bei Gaudy und in der „Sammlung ungedr. Nachr." II, 694, sowie an der betr. 



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— 49 — 



— wie natürlich, da er von der Entsendung Wunschs noch nichts 
wufste — , tadeln diesen Befehl des Königs mit schroffen Worten 
und sind geneigt, demselben das ganze Unglück Fincks zuzuschreiben; 
denn durch die Aufgabe Dippoldiswaldes sei die Verbindung mit 
der Hauptarmee des Königs aufgehoben worden. Und allerdings 
kann nicht geleugnet werden, dafs die Besetzung Dippoldiswaldes 
mit Rücksicht hierauf von Bedeutung war. Aber die Beobachtung 
der Österreichischen Hauptarmee, auf die es vornehmlich ankam, 
konnte auch durch eine kleinere Kavallerie- Abteilung, wie eine 
äolche dann thatsächlich in Dippoldiswalde verblieb, erreicht werden. 
Eine solche dort zurückzulassen war auch gewifs der Ansicht des 
Königs nicht entgegen. Er wollte nur die Entsendung erheblicherer 
Korps verhindern, die sich doch als zwecklos erwiesen haben würde. 
Denn zum Widerstand gegen einen ernstlichen Angriff würden die 
wenigen Bataillone Lindstädts doch nicht ausreichend gewesen 
sein. Zur Patrouillierung und Beobachtung der Stellung der öster- 
reichischen Hauptarmee aber waren auch einige Husaren-Schwadronen 
ausreichend. Der König hatte also so Unrecht doch nicht, wenn 
er Finck anbefahl, Lindstädt mit den Infanterie-Bataillonen an 
sich zu ziehen. Dafs er gegen die Zurücklassung der Husaren- 
Schwadronen Einwendungen gemacht habe, davon findet sich in 
keiner unserer Quellen eine Andeutung, die, als zur Entschuldigung 
Fincks dienend, doch gewifs nicht unterblieben wäre, wenn etwas 
derartiges wirklich erfolgt wäre. Wenn also Finck 1 ) und seine 
Anhänger in jenem Befehl des Königs geradezu die Ursache des 
ganzen Unheils zu erkennen behaupteten, so war das zum wenigsten 
eine arge Übertreibung. In dem Moment wenigstens, in welchem 
Finck jenen Befehl erhielt, scheint er keineswegs seine Lage durch 

Stelle der handschriftl. „Relation 4 *, anf der das Journal beruht; Tempelhoff III, 
:J55 hat ihn in etwas ausführlicherer Fassung, der Retzow II, S. 173 und die 
späteren folgen. Namentlich Retzow tadelt den Befehl mit schroffen Worten. 
Dafs derselbe übrigens thatsächlich erteilt wurde, ergibt sich nicht nur aus 
jener Dorsualbemerkung, sondern auch aus den Antworten Fincks. (Anhang II, 
No. 10 u. 11.) 

J ) Vgl. mit den auf vorg. Seite in der Anm. citierten Stellen die nach- 
folgende Äufserung Fincks in der im Anhang IV. mitgeteilten Denkschrift: 
„Dem Könige meldete ich, wie ich auf dessen Befehl die Generals Lindstaedt 
und Vasold an mich gezogen hätte, dafs nunmehro aber das Loch bey Dip- 
poldswalde völlig offen wäre, und machte Dim zugleich die Beschreibung von 
der gantzen feindlichen Position, worauf aber keine Antwort mehr erhalten 
habe." 

HlMori-h. Uat™.rh.n,.n. 7. 4 



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— 50 - 



dessen sofort erfolgte Ausführung für besonders gefährdet gehalten 
zu haben. In dem ersten Berichte, den er darauf hin dem Könige 
erstattete 1 ), meldete er nur ganz kurz, dafs er den Befehl ausge- 
führt habe, ohne eine direkte Meinungsäufserung daran zu schüefsen. 
Dafs er aber an eine dadurch entstehende Gefahr nicht dachte, 
geht deutlich aus der Nachschrift zu seinem Berichte hervor, in 
welcher er ausdrücklich seine Meinung dahin ausspricht, „er glaube 
schwerlich, dafs er eine affairo generale mit den Leuten bekommen 
werde." In einem zweiten Bericht von demselben Tage 2 ) deutet 
er allerdings an, dafs er die Räumung des Postens von Dippoldis- 
walde für bedenklich halte und deshalb zwar Lindstädt an sich 
gezogen, aber doch wenigstens drei Schwadronen Husaren dort 
stehen gelassen habe, aber so dringlich, wie man nach seinen 
und seiner Anhänger späteren Äufserungen glauben sollte, ist ihm 
die Gefahr keineswegs erschienen; im Gegenteil, er gibt unmittel- 
bar nachher nochmals seiner Ansicht Ausdruck, dafs in wenigen 
Tagen („zwischen morgen und übermorgen") Sachsen vom Feinde 
geräumt sein werde. Wenn also unsere Quellen 3 ) behaupten, Finck 
habe die in der Aufgabe von Dippoldiswalde liegende grofse Gefahr 
dem Könige mit eindringlichen Worten geschildert und dabei eine 
eingehende Darstellung der Stellung sämtlicher feindlicher Korps 
gegeben und erklärt, er würde bei Maxen und Dohna vom Feinde 
völlig umringt werden, so müfsten alle diese Äufserungen in einem 
verloren gegangenen Berichte Fincks gestanden haben. In den 
erhaltenen findet sich davon nicht das mindeste; im Gegenteil 
lassen sie deutlich erkennen, dafs Finck an eine ernstliche ihm 
drohende Gefahr damals noch gar nicht dachte und über die Be- 
wegungen des Brentanoschen und Sincereschen Korps gar keine 
zuverlässigen Nachrichten hatte. Aber auch das ist nicht einmal 
wahrscheinlich, dafs ein Bericht des von unseren Quellen und von 
Finck selbst später bezeichneten Inhalts verloren gegangen ist; 
denn sonst iniüste sich doch die darin bezeichnete geäncrstisrte und 
fast verzweifelnde Grundstimmung mit noch gröfserer Klarheit und 

*) Anhang II, No. 10. 
*) Anhang II, No. 11. 

3 ) Noch ausführlicher als die übrigen Quellen äufscrt sich über den 
Befehl des Königs und die von Finck dagegen erhobenen Einwendungen das 
Graudysche Journal, welches in dem Teile über den Feldzug von 17Ö9. 
S. 301—24 die Katastrophe von Maxen eingehend behandelt. Die betr. Stelle 
ist unten im Anhang 1 ausführlich besprochen. 



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- 51 - 



Schärfe in dem am folgenden Tage (19. November) erstatteten 
Berichte ') Fincks wiederspiegeln. Das ist aber keineswegs der 
Fall; im Gegenteil. Obgleich Finck, als er jenen Bericht nieder- 
schrieb, schon mit Bestimmtheit wufste, dafs ein österreichisches 
Korps gegen ihn im Anmarsch nnd schon bis Dippoldiswalde ge- 
langt sei, denkt er doch noch immer keineswegs daran, dafs ihm 
eine Gefahr der Umzingelnng drohe, ist vielmehr noch immer der 
Ansicht, dafs sich die Österreicher nur den Weg nach Böhmen 
frei machen wollten. Er sagt sogar ausdrücklich das Gegenteil 
von dem, was ihm die späteren Berichte zuschreiben. „In meinem 
Posten," so berichtet er dem Könige, „werden sie mich nicht at- 
taquieren; allen Abbruch von der Welt werde ich ihnen thun. 
Sollten sie aber wider Vermuten mich eiuschliefsen wollen, 
so bin versichert, E. K. M. werden mich degagiereu." 

Wir werden sehen, dafs der König selbst, noch bevor Finck 
diese Worte niederschrieb, schon eine viel bestimmtere und klarere 
Vorstellung von der wirklichen Sachlage hatte. Wir haben also 
die ganze Überlieferung, nach welcher Finck vom ersten Augen- 
blick an die ihm drohende Gefahr erkannt und den König immer 
und immer wieder vergeblich gewarnt habe, als eine unzweifel- 
hafte Entstellung der historischen Wahrheit zu betrachten. Die 
Berichte Fincks selber zeugen mit aller Deutlichkeit gegen das, 
was er später, um sich zu rechtfertigen, behauptet hat und was 
ihm dann eine ganze Reihe anderer nachgeschrieben haben. 

Wir sahen, dafs Finck, dem Befehle des Königs entsprechend, 
den bisher in Dippoldiswalde zurückgelassenen General Lindstädt 
nach Maxen an sich gezogen und bei Dippoldiswalde nur 3 Schwa- 
dronen Husaren stehen gelassen hatte. Der Hauptteil des Korps 
stand also jetzt bei Maxen, ein vorgeschobenes Korps unter 
Wunsch, welches nach dem Eintreffen Lindstädts in Maxen durch 
zwei weitere Bataillone verstärkt wurde, in Dohna. Die Bäckerei 
befand sich in Freiberg. Von dort brachten am 18. November 
zwei Bataillone (Zastrow und Grabow) einen Brottransport zu dem 
Finckschen Korps. Sie wurden bei Dippoldiswalde von den Spitzen 
des soeben anrückenden Sincereschen Korps ein wenig beschossen, 
vermochten aber mit sehr geringem Verlust an ihren Bestimmungs- 
ort zu gelangen. Für Finck aber hatte dieser kleine Angriff 
gegen den Brottransport die Bedeutung, dafs er dadurch von 



l , Anhang II, No. 13. 

4* 



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- 52 — 



dem Herannahen eines österreichischen Korps in Kenntnis gesetzt 
wurde. 

Inzwischen hatte nämlich Dann begonnen an dem Netze zu 
arbeiten, in welchem er das Fincksche Korps zu fangen gedachte. 
Am 18. November wurde mit dem Befehlshaber der Reichsarmee 
die Verabredung getroffen, dafs dieser von Giefshübe) und Dohna 
aus dem Finckschen Korps in den Rücken fallen sollte, während 
Daun selbst von Dippoldiswalde aus den Angriff gegen dessen Front 
unternehmen wollte. Während aufserdem das Brentanosche Korps 
bis Röhrsdorf vorgeschoben wurde, sollte der Hauptangriff von 
Dippoldiswalde her mit dem Sincereschen Korps unternommen 
werden. Zu diesem Zwecke wurde das letztere Korps, welches 
schon bisher allein dem Finckschen überlegen war 1 ), noch mit 
5 Grenadierbataillonen, 3 Infanterie-Regimentern, 1 Bataillon Kroa- 
ten und zwei Kürassierregimentern verstärkt und dem Kommando 
des im Range älteren Generals Odonnel unterstellt. Alsdann 
setzte es sich am 19. früh um 7 Uhr von Rippgen aus auf der 
geraden Strafse nach Dippoldiswalde in Marsen. Finck, der an 
demselben Morgen nach den Höhen von Gompsen und Röhrsdorf 
geritten war, konnte diese Bewegung des Sincereschen Korps 
deutlich wahrnehmen, aber wir sahen schon, dafs er ihr eine so 
sehr grofse Bedeutung nicht zuschrieb, vielmehr in seinem Bericht 
an den König, den er eben an diesem 19. niederschrieb, noch der 
Ansicht Ausdruck gab, dafs die Österreicher sich nur den Rück- 
zug freimachen wollten. 

Der König aber war in diesem Augenblicke bereits anderer 
Ansicht. Er hatte schon am 18. abends durch Zieten Kunde von 
dem bevorstehenden Marsche des Sincereschen Korps erhalten und 
daraus ganz richtig geschlossen, dafs es auf das Fincksche Korps 
abgesehen sei, dafs Daun also keine Rückzugsgedanken hege. Als- 
bald teilte er Finck den von Zieten erstatteten Bericht mit und 
stellte es ihm völlig anheim, welche Mafsregeln er demgegenüber er- 
greifen wolle 2 ). Noch wäre es ja Finck ein leichtes gewesen, den 



') Es bestand aus folgenden Regimentern: Hnsaren-Regiment Scezeni, 
Stabs- Dragoner- und Jnng-Modena-Dragoner-Regiment, den Kürassier-Regi- 
mentern Zerbelloni, .Pretlach, Schmerzing, Alt-Modena und 16 Bataillonen 
Infanterie. Tielcke S. 6 vgl. mit Tempelhoff III, 357. 

2 ) Vgl. das entscheidende Schreiben des Königs von 18. November im 
Anhang II No. 12. Es ist bekannt, welche Rolle dasselbe in den Darstel- 
lungen aller unserer Quellen spielt. Diese Rolle ist insofern sehr eigentüm- 



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— 53 — 



Österreichern mit Besetzung von Dippoldiswalde zuvorzukommen. 
Der König mag angenommen haben, dafs Finck das thun werde. 
Denn dafs die Besetzung Maxens nur Mittel zum Zweck, nicht 
Endziel der Entsendung Fincks gewesen sei, mufste er bei dem 
letzteren als bekannt voraussetzen. Nicht darauf kam es doch an, 
den Posten von Maxen unter allen Umständen, auch gegen 3- und 
4 fache Ubermacht zu halten, sondern darauf, Daun durch die Be- 
setzung dieses Postens zum Rückzüge nach Böhmen und zur Auf- 
gabe Dresdens zu bewegen. Das war Finck doch bekannt. Er 
mufste wissen, dafs jetzt die Erhaltung seines Korps die Haupt- 
sache war, nachdem der mit seiner Entsendung beabsichtigte 
Zweck verfehlt worden war. Was konnte dem Könige an Maxen 
Hegen, wenn dieser Endzweck nicht erreicht wurde ') ? Diese Auf- 
fassung hielt der König für so selbstverständlich, dafs er die Wahl 
der zu ergreifenden Mafsregeln getrost Finck anheimstellen zu 

lieh, als das Schreiben von beiden Parteien als für sie sprechend angesehen 
wnrde. Der König und mit ihm das Kriegsgericht legten mit Hecht eben 
daranf Nachdruck, dafs durch dieses Schreiben die Entscheidung völlig in 
Fincks Uände gelegt wurde, dafs daher gerade in Folge dieses Schreibens 
die Verantwortung allein diesen treffe. Von den zeitgenössischen Schrift- 
stellern hat allein Tielcke, dem es also auch bekannt gewesen sein mufs, 
klar erkannt, dafs dieses Schreiben entscheidend gegen Finck zeuge und im 
Kriegsgericht gegen ihn den Ausschlag gab (S. 9., Anm. **). Alle übrigen 
Schriftsteller, voran Finck selbst in seiner Denkschrift und die Umgebung 
des Prinzen Heinrich, legen den Nachdruck auf die eigenhändige Nachschrift 
des Königs, die sie als für Finck sprechend nur dadurch bezeichnen konnten, 
dafs sie ihr einen ganz anderen Sinn unterlegten, als sie thatsächlich ge- 
habt hat. 

') Diese in der Natur der Sache liegende Auffassung wird zudem noch 
ausdrücklich bestätigt durch das im Anhang II abgedruckte Schreiben Frie- 
drichs an den Minister Grafen von Finckenstein, welches unmittelbar unter 
dem Eindruck des Ereignisses, am 22. November, geschrieben ist. Hier heifst 
es: „Ce Corps ayant etg attaqu§ le 20 e - par un Ennemi fort superieur, au 
lieu de se replier sur Freyberg, comme il devoit le faire dans ce 
cas, a (sie!) malheureusement pris le parti de se retirer vers la petite ville 
de Dohna" etc. Und dem entsprechend heifst es in einem Anhang II No. 21 
auszttglich mitgeteilten Kabinets9chreiben an Schlaberndorf vom 27. November. 
„Der Gen.-Lieut. v. Fink hatt sich nach freyberg retiriren sollen, 
allein die umstände haben ihn ohne zweiffei genöthiget sich nach dem Städt- 
gen Dohna zu retiriren" etc. Man sieht, dafs der König keineswegs der Ansicht 
war, dafs Finck unter allen Umständen habe in Maxen stehen bleiben 
sollen, dafs er vielmehr als selbstverständlich ansah, dafs sich Finck im Falle 
eines allzu überlegenen Angriffs nicht nur nach Dippoldiswalde, sondern sogar 
nach Freiberg zurückziehen müsse. 



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- 54 — 



dürfen glaubte. Klarer konnte er das nicht thun, als indem er 
ihm schrieb, er überlasse „dies alles seinen Dispositionen und nö- 
tigen Anstalten." Der König glaubte indes, dafs auch im Falle 
der Aufgabe des Postens von Maxen ein Kampf mit einer der 
feindlichen Armeen nicht zu vermeiden sein werde. Nur diesen 
Sinn konnte seine eigenhändige Nachschrift haben: „Er wird ent- 
weder mit den Reichern oder mit Sincere einen Gang haben." 
Ganz unbegreiflicherweise ist von Finck und seinen Anhängern 
dieser einfachen Meinungsäufserung des Königs die Bedeutung 
eines Befehls untergeschoben worden. Wenigstens haben sie dies 
später behauptet '). Ob Finck diese Auffassung schon im Augen- 
blicke des Vorgangs selbst gehabt hat, ist sehr zweifelhaft. 
Möglich, dafs er jenes Schreiben des Königs vom 18. noch nicht 
erhalten hatte, als er den Bericht vom 19. abfafste; sicher aber ist, 
dafs er nach diesem schon näher besprochenen Briefe auch in 
jenem Momente noch keine klare Vorstellung von der ihm drohen- 
den Gefahr gehabt hat und deswegen in Maxen stehen geblieben 
ist. Darauf läfst sogar eine andere Stelle eben jener Denkschrift 
mit einiger Wahrscheinlichkeit schliefsen. Er sagt nämlich : „Dafs 
ich nicht früh genung erfahren 2 ), dafs der Feldmarschall Daun mit 
fast den gantzen zweyten Treffen in der Nacht aufgebrochen, sich 
mit Sincere conjungiret und nach Dippoldswalde marschiret ist, 
davon ist mir wohl nicht die Schuld beyzumessen" ; und weiter : 
„Man saget, warumb ich den Feldmarschall Daun nicht bey Dip- 
poldswalde attaquiret hätte; es ist wahr, dafs es mir, nach dem 
Evenemcnt zu judiciren, leid thut, dafs ich es nicht gethan habe" etc. 
Ohne Zweifel erkennt er doch damit die Berechtigung dieses Ein- 
wands an, d. h. er gibt zu, dafs ein Verlassen der Maxener 
Stellung und ein Angriff auf Dippoldiswalde mit jenem Befehl des 
Königs recht wohl vereinbar gewesen wäre. Finck ist also von 
der Schuld, der. richtigen Moment zur Aufgabe des Maxener 
Postens versäumt zu haben, in keinem Falle freizusprechen. Aber 
auch wenn er blieb, war ein anderer Ausgang, wie wir gleich 
sehen werden, keineswegs aufser dem Bereich der Möglichkeit. 



M Vgl. die betr. Stelle in der Denkschrift Fincks im Anhang IV. die 
schon wiederholt, zuletzt von v. Taysen a. a. 0. S. 68 wörtlich mitgeteilt ist. 

2 ) Wir haben oben gezeigt, dafs diese Angabe thatsächlich unrichtig 
ist, dafs Finck schon am Morgen des 19. über die Bewegung des Sin cereschen 
Korps durch eigene Beobachtung unterrichtet war. 



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— 55 — 



Wenden wir nunmehr unsere Aufmerksamkeit dem weiteren Fort- 
gange der beiderseitigen Bewegungen zu. 

Als das Sinceresche, nunmehr Odonnelsche Korps vor Dip- 
poldiswalde eingetroffen war, kam Daun selbst von der Hauptarmee 
herangeeilt, um die weiteren Mafsnahmen zu leiten. Das Korps 
bezog ein vorteilhaftes Lager nördlich von Dippoldiswalde, mit dem 
rechten Flügel an die Höhen von Maltern, mit dem linken an 
die von Ober-Häfslich gelehnt; 3 Bataillone wurden nach Dip- 
poldiswalde vorgeschoben. Dann begab sich Daun Zur Hauptarmee 
zurück, um zugegen zu sein, wenn der König etwa eine Bewegung 
gegen diese vornehme. 

Nunmehr konnte Finck nicht mehr im Unklaren darüber sein, 
dafs es auf einen ernstlichen Angriff gegen ihn abgesehn sei. Er 
erkannte sofort, dafs es, um sich gegen denselben zu decken, vor 
allem erforderlich sei, den Pafs von Reinhardsgrimma, der den 
einzigen Zugang von Dippoldiswalde nach seiner Stellung in Maxen 
darbot, zu besetzen. Zu diesem Zweck erhielt der General- Major 
von Platen, der soeben dem Brottransport entgegengesandt worden 
war und sich auf dem Rückwege befand, den Befehl, mit den 
Truppen, die er bei sich hatte (3 Grenadierbataillonen und einem 
Dragoner-Regiment) die Höhen bei Reinhardsgrimma und dieses 
Dorf selbst zu besetzen. Aufserdem blieb das Bataillon Zastrow 
bei Reinhardsgrimma stehen, während das Bataillon Grabow bei 
Hansdorf zwischen Reinhardsgrimma und Maxen aufgestellt wurde. 
Finck selbst besetzte mit dem Hauptkorps, da die Anzahl seiner 
Truppen für die ursprünglich in Aussicht genommene ausgedehn- 
tere Stellung auf den Höhen bei Hausdorf einerseits, bei Dronitz 
und Wittgendorf andererseits nicht ausreichte, nur die Höhen bei 
Maxen selbst. Und zwar wurden mit der Front gegen Hausdorf 
5 Bataillone aufgestellt, deren linke Flanke, gegen Mühlbach hin, 
das Fincksche Regiment deckte, während hinter ihnen ein Dra- 
goner- Regiment und 3 Schwadronen Husaren standen 1 ). 

') Alle diese Bewegungen und Mafsnahmen des Finckschen Korps werden 
von den hauptsächlichsten Quellen in derselben Weise geschildert ; es ist un- 
zweifelhaft, dafs die verschiedenen Darstellungen im Grunde nur eine sind; 
das Journal in der Sammlung ungedruckter Nachrichten ist, wie erwähnt, 
nur ein überarbeiteter Abdruck der in Fincks Nachlafs befindlichen Kelation ; 
aus ihm haben auch Gaudy und Tempelhoff geschöpft ; vgl. den Anhang I. 
Tielckes Nachrichten weichen von den genannten in Einzelheiten ab. sind 
aber kaum in Betracht zu ziehen, da Tielcke wirklich genau nur über die 
Bewegungen der Österreicher unterrichtet ist. 



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— 56 — 



An die rechte Flanke jener 5 Bataillone schlofs sich, mit der 
Front gegen Lungwitz, das Regiment Rebentisch an, welches zu- 
gleich die Verbindung mit dem Lindstadtschen Korps, welches 
mit der Front nach Dronitz und Wittgendorf aufgestellt war, her- 
stellte '). In dem Winkel zwischen den beiden Teilen des Korps 
marschierte die schwere Kavallerie auf, vor welcher ein Dragoner- 
Regiment und 6 Schwadronen Husaren standen. Platen verblieb 
in seiner Stellung bei Reinhardsgrimma, Wunsch bei Dohna, um 
das Hauptkorps gegen einen Angriff der Reichsarmee sicher zu 
stellen, von der man wufste, dafs ein Teil davon von Giefshübel 
in der Richtung auf Dohna entsandt worden war. Die Batterien 
standen auf den Maxener und Schmorsdorfer Anhöhen verteilt, 
die sämtliche Bagage war in der Niederung bei Maxen aufgefahren. 

In dieser Aufstellung, welche bei Anbruch der Dunkelheit 
beendet war, gedachte Finck den Angriff des Feindes zu erwarten, 
wenn derselbe wirklich erfolgen sollte, woran Finck noch am 
Morgen des 20. zweifelte 2 ). Für jeden Fall machte er, wie er 
wenigstens später behauptete — erhalten ist kein weiterer Be- 
richt vom 19. und 20. — den Versuch, den König noch einmal 
eingehend von seiner Lage zu unterrichten und ihn um Hilfe zu 
bitten, auf die er im Fall eines Angriffs sicher rechnen zu können 
glaubte. Der Bericht ist jedenfalls nicht in die Hände des Königs 
gekommen; ebenso hat Finck seit dem Abend des 19. keine Ordre 
des Königs mehr erhalten; die einzige, die vom 20. vorliegt, ist 
nur im Konzept erhalten, das Original ist unzweifelhaft in die 
Hände der Österreicher gefallen. 



•) In den Darstellungen des Journals in der Sammlung ungedr. Nach- 
richten (resp. der Relation in Fincks Nachlafs) und bei Tempelhoff III, 358/59 
wird die Lage dadurch einigermafsen verdunkelt, dafs die Höhen, auf denen 
Lindstädt aufgestellt war. als „Schmorsdorf er Höhen* bezeichnet werden, 
während sie thatsächlich ziemlich weit von diesem Ort entfernt waren. Der 
Zweck der Lindstadtschen Stellung war ja die Maxener Höhen gegen Bren- 
tano, der am Morgen des 20. noch bei Röhrsdorf stand, zu decken, und das 
konnte sicher nicht von den Schmorsdorfer Höhen aus geschehen. Eine rich- 
tige und vollkommen anschauliche Darstellung gibt der vortreffliche Plan 
in den „Beiträgen zur Geschichte der österreichischen Kavallerie." 

») Vgl. folgende Stelle des Gaudyachen Jonrnals : „Den 20. mit Anbruch 
des Tages begab sich der Generallieutenant Finck nach Reinhardsgrimma 
und fand, dafs die jenseits diesem Orte stehende feindliche Vorposten sich 
noch mehr zurückgezogen hatten; es war auch alles auf dieser Seite ruhig, 
welches glauben liefs, dafs heute nichts vorfallen würde.* 



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— 57 — 



Aber einer Benachrichtigung des Königs bedurfte es nicht 
mehr, derselbe war über die Sachlage ausreichend unterrichtet; 
in dem Moment, als der Kampf ausbrach, war die unter Hülsens 
Leitung entsandte Hilfe (7 Bataillone und 18 Schwadronen) schon 
unterwegs. Die Frage war, ob Finck den Angriffen des Feindes 
bis zu Hülsens Ankunft werde widerstehen können. 

Fünftes Kapitel. 
Kampf und Katastrophe. 

Finck hat selbst in seiner Denkschrift mit aller Bestimmtheit 
ausgesprochen, dafs er in dem Augenblick, in welchem er den 
Kampf als sicher bevorstehend ansah, mit voller Bestimmtheit darauf 
gerechnet habe, dafs er Hilfe von der Hauptarmee des Königs 
erhalten werde. Da er nun noch in seinem ersten Bericht vom 
19. — dem einzigen von diesem Tage, der erhalten ist — die 
Gefahr, in der er schwebte, noch keineswegs als eine sehr drohende 
und sicher bevorstehende bezeichnet hatte, da er, wie er selbst 
angibt, wufste, dafs die späteren Berichte, die er etwa noch er- 
stattet hat, nicht mehr in die Hände des Königs gelangt waren, 
so mufste er annehmen, dafs der letztere die ersehnte Hilfe erst 
absenden werde, wenn er durch den Schall der fallenden Schüsse 
davon unterrichtet wäre, dafs die Österreicher einen Angriff unter- 
nähmen. Dafs dann noch zum mindesten ein Tag vergehen ♦ 
werde, ehe die vom König entsandte Hilfe herankäme, wufste er 
gleichfalls. Sein vornehmstes Augenmerk mufste also ohne Zweifel 
darauf gerichtet sein, die endgütige Entscheidung so lange als 
möglich hinzuziehen. Dazu gab es nur Ein Mittel: starke Be- 
setzung der sehr starken und schwer angreifbaren fiöhen bei 
Reinhardsgrimma. Der Pafs bei diesem Orte war der einzige 
Zugang, der sich für einen Angriff von Dippoldiswalde her darbot; 
er war geradezu unpassierbar, so lange die benachbarten Höhen 
von preufsischen Truppen besetzt waren. Unzweifelhaft hätte also 
nach der Ansicht aller Fachleute, auch derer, welche sonst am 
eifrigsten für Finck Partei ergriffen haben der auf jenen Höhen 

*) Selbst Gaudy, dessen Darstellung mit einer beredten Verteidigung 
Fincks schliefst, gibt doch zu, dafs durch eine stärkere Besetzung der Rein- 
hardsgrimmaer Höhen die Katastrophe wahrscheinlich vermieden worden wäre. 
Nach seiner Ansicht hätte Finck sogar jene Höhen mit seinem ganzen Korps 
besetzen müssen. 



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— 58 — 



aufgestellte Generalmajor von Platen erheblich verstärkt werden 
müssen, damit es ihm gelinge, das Odonnelsche Korps an einem 
Angriff auf die Hauptstellung in Maxen zu verhindern. Gegen 
Brentano allein wäre die letztere zu halten gewesen, selbst wenn 
dieser, was nicht wahrscheinlich war, einen Angriff unternahm, 
bevor das Hauptkorps den Pafs von Reinhardsgrimma genommen 
hätte. Der Hauptangriff hätte dann, wenn er überhaupt zu stände 
gekommen wäre, sicher erst am 21. erfolgen können, d. h. in 
einem Augenblicke, wo das Hülsensche Korps schon bei Dippoldis- 
walde angelangt war und den Angreifern in den Rücken fallen 
konnte. Es ist daher gar kein Zweifel, dafs es ein verhängnifs- 
voller Fehler Fincks war, Platen nicht nur nicht zu verstärken, 
sondern ihm bei dem ersten Anrücken der Österreicher den Befehl 
zum Rückzug zu geben und damit den entscheidenden Pafs dem 
Feinde kampflos preiszugeben '). 

Wir sahen, dafs Daun am 19. Abends, nachdem das Odonnel- 
sche Korps die Stellung bei Dippoldiswalde bezogen hatte, zur 
Hauptarmee zurückging. In der Frühe des 20. kehrte er nach 
Dippoldiswalde zurück. Um dieselbe Zeit, jedenfalls noch bevor 



*) Dieser Schritt Fincks wird von allen prcufsischen Quellen einstimmig 
verurteilt. Die Äufserang Gandys führten wir schon an; ehenso bestimmt 
spricht sich Tempelhoff III, 360 aus, obwohl er sonst an dieser Stelle der 
Darstellung der Kelation in Fincks Nachlafs folgt. Ja selbst Retzow, der 
sonst mit so grofer Entschiedenheit für Finck gegen den König Partei er- 
greift, sieht sich doch an dieser Stelle veranlafst der Wahrheit die Ehre zu 
geben. „Hiernachst aber, u so sagt er auf S. 177, „ist es auffallend, dafs 
Fink, da er sich einmal vorgenommen hatte, seine Stellung zu behaupten, 
die Hohlwege in und bei Reinhartgrimma, durch welche der Feind zu ihm 
kommen mufste, nicht länger besetzt hielt. Die Schwierigkeiten, die in 
diesem Falle die Österreicher hier antreffen mufsteu. würden durch die mit 
Schnee und Eis bedeckten steilen Berge noch vermehrt worden sein; auch 
will man behaupten, Daun, der die Möglichkeit, dieselben zu erklettern, be- 
zweifelte, sey schon im Begriffe gewesen, die ganze Unternehmung aufzu- 
geben, und nur durch die Beharrlichkeit des Majors Fabri zur Fortsetzung 
derselben aufgemuntert worden, nachdem dieser die Berge verlassen fand." 
Die letztere Nachricht findet sich aufserdem nicht nur bei Tempelhoff, dem 
sie Retzow entnommen haben mag, sondern schon bei Tieicke (S. 12) und in 
ähnlicher Fassung sogar in der offiziellen, von Daun selbst abgefafsten öster- 
reichischen Relation (abgedr. bei Tieicke, S. 29); nur fehlt hier die Er- 
wähnung Fabris. Wenn also Daun schon das Erklettern der unbesetzten 
Höhen für fast unausführbar hielt, so hätte er einen Angriff auf dieselben» 
wenn sie ausreichend von preufsischen Truppen besetzt gewesen wären, sicher 
nicht unternommen. 



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- 59 — 

sich die österreichische Armee in Bewegung gesetzt hatte, war 
Finck ausgeritten, um zu rekognoszieren. Da er den Feind noch 
unbeweglich in seiner alten Stellung antraf, neigte er sich der 
Ansicht zu, dafs derselbe an diesem Tage noch keinen Angriff 
beabsichtigte 1 ). Er ritt von hier nach der Gegend von Röhrs- 
dorf hin, wo eben jetzt nach den Meldungen, die ihm zugegangen 
waren, die Vortruppen des Brentanoschen Korps zum Vorschein 
kamen. Platen und Mosel, welche bei Reinhardsgrimma stehen 
blieben, erhielten eingehende Verhaltangsnmfsregeln, die wir leider 
nicht kennen, für den Fall eines feindlichen Angriffs. 

Dieser liefs nunmehr auch nicht mehr lange auf sich warten. 
Sofort nach Dauns Rückkehr nach Dippoldiswalde hatte sich das 
dort stehende österreichische Korps in der Richtung auf Rein- 
hardsgrimma in Bewegung gesetzt. Der Marsch erfolgte in 4 Ko- 
lonnen, zwei von der Kavallerie und zwei von der Infanterie; die 
Avantgarde bestand aus einem Husaren- Regiment, mehreren 
Schwadronen Kürassieren, einigen Kroaten und 5 Grenadier- 
Bataillonen unter dem Befehl des Generalmajors Baron von Sis- 
kowitz. Ein kleineres Korps unter Seckendorf blieb auf der Höhe 
von Maltern stehen, um das vorrückende Hauptkorps vor einem 
etwaigen Angriffe von der preufsischen Hauptarmee her zu decken. 
Gleichzeitig setzte sich das Brentanosche Korps, welches bei Röhrs- 
dorf stand, in der Richtung auf Maxen in Bewegung, und ein 
Teil der Reichsarmee, die bei Giefshübel stand, marschierte gegen 
Dohna hin, um dem Finckschen Korps den Rückzug nach jener 
Seite hin abzuschneiden und das in und um Dohna aufgestellte 
Korps unter Wunsch zu beschäftigen 2 ). 

Die Avantgarde des von Daun selbst geleiteten Odonnelschen 
Korps gelangte in kurzer Zeit auf der von Dippoldiswalde nach 
Dresden führenden Hauptstrafse bis auf die nordwestlich von dem 
Reinhardsgrimmaer Pals gelegenen Höhen, welche von den von 
Platen besetzten südöstlich gelegenen vollkommen beherrscht 
werden. Wäre Platen in seiner Stellung verblieben, so hätten 
die österreichischen Truppen angesichts der preufsischen in den 
Grund hinabklettern und durch den Pafs marschieren oder die 
von den Preufsen besetzten Höhen erklettern müssen. Beides 

») Das berichtet, wie erwähnt, ausdrücklich das Gaudysche Journal. 

2 ) Über die Bewegungen der österreichischen Truppen werden wir na- 
türlich am ausführlichsten durch die österrreichische offizielle Relation unter- 
richtet. 



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wäre sicher nicht geschehen. Aber wir sahen schon, dafs Finck, 
einer etwas ängstlich und besorgt lautenden Meldung Platens zn 
grofsen Einflufs auf seine Entschlüsse einräumend, alsbald den Be- 
fehl erteilte, die Reinhardsgrimmaer Höhen zu verlassen und sich 
auf die von Hausdorf zurückzuziehen. Damit war dem Feinde 
der Hauptzugang zu der Maxener Stellung preisgegeben, ein Fehler, 
der durch nichts wieder gut gemacht werden konnte Während 
Platen und Mosel ebenso wie ein bisher in Hausdorf aufgestelltes 
Bataillon sich auf die hinter dem Dorfe liegenden Höhen zurück- 
zogen, wurde in letzterem Dorfe selbst Major Haugwitz mit 
3 Schwadronen Husaren stehen gelassen, um den weiteren Marsch 
des Feindes zu beobachten. 

Trotz des Abzuges der Platenschen Truppen schwankte dann 
die österreichische Heeresleitung einige Zeit, ehe sie sich zum 
weiteren Vormarsch entschlofs. Der Pafs, in welchem das Dorf 
Reinhardsgrimma liegt, ist sehr eng, die zu beiden Seiten an- 
steigenden Höhen sind sehr steil und schroff. Dazu kam, dafs es 
in den letzten Tagen geschneit und stark gefroren hatte, so dafs 
der Zugang noch beschwerlicher wurde. Einige der Offiziere, 
welche nach dem Abmarsch der preufsischen Truppen die Gegend 
rekognoszierten, erklärten es geradezu für unmöglich, mit dem Ge- 
schütz und der Reiterei durchzukommen, zumal da die Pferde der 
letzteren nicht scharf beschlagen waren. Eine schon sehr früh 
auftauchende Uberlieferung 2 ) schreibt dem Ingenieur-Major Fabri 
das Verdienst zu, Daun, der schon geneigt gewesen sei, das ganze 
Unternehmen aufzugeben, doch von der Möglichkeit eines weiteren 
Vormarsches überzeugt zu haben. Wenn Daun schon so ge- 
schwankt hat, trotzdem die das Dorf beherrschenden Höhen von 
den Preufsen verlassen waren, so ist es mehr als wahrscheinlich, 
dafs der weitere Vormarsch aufgegeben worden wäre, wenn Platen 
in seiner Stellung verblieben wäre. Nunmehr aber wurde der 
Wald hinter dem Dorfe mit Kroaten und Husaren besetzt, unter 
deren Schutz der Marsch durch Reinhardsgrimma und den da- 
hinter liegenden Wald ausgeführt wurde. Die dadurch der preu- 
fsischen Aufstellung auf den Maxener Höhen immer näher rückende 
Gefahr wurde noch dadurch erhöht, dafs man von der preufsischen 
Stellung aus den Anmarsch der Feinde nicht beobachten konnte, 



•) Vgl. meine Ausführungen oben S. 58. namentlich die Anmerkung. 
a ) Tielcke a. a. 0. S. 12 vgl. mit Tempelhoff III, 360. 



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— 61 — 



weil die nicht besetzten Höhen zwischen Reinhardsgrimma und 
Hausdorf den Blick hemmten 

Sobald die Grenadier-Bataillone der österreichischen Avant- 
garde aus dem Walde herauskamen, wurde schnell eine der das 
ganze Terrain beherrschenden Höhen zur Rechten des Weges nach 
Hausdorf besetzt; es gelang auch, eine Batterie von 8 Zwölf- 
pfundern auf diese Höhe hinaufzuschaffen 2 ), auf welche sich auch 
Daun selbst begab, um die Stellung des Finckschen Korps zu re- 
kognoszieren. 

Schon bevor die Österreicher diese Höhe besetzt hatten, waren 
auf Fincks Befehl zwei der auf den Hausdorfer Höhen aufgestellten 
Platenschen Bataillone in die Hauptlinie auf die Maxener Höhen 
zurückgezogen worden, so dafs bei Hausdorf nur noch die beiden 
Bataillone Grabow und Zastrow und die 3 Husaren-Schwadronen 
unter Haugwitz standen. Jetzt zogen auch diese Truppen sich in 
die Hauptlinie zurück, auf deren rechtem Flügel sie sich aufstellten. 

Nunmehr wurde von dem Daun-Odonnelschen Korps der 
Hauptangriff eröffnet, während sich das Brentanosche Korps bisher 
im grofsen und ganzen noch ruhig verhalten hatte. Daun wufste 
von Anfang an seine grofse Überlegenheit an Artillerie zu voller 
Geltung zu bringen. Während die bereits erwähnte Batterie 
rechter Hand Hausdorf die linke Flanke der preufsischen Stellung 
beschofs, wurden unmittelbar darauf auch nach den linker Hand, 
dem Centrum und rechten Flügel der Preufsen gegenüber, liegen- 
den Höhen Batterien geschafft; auf zwei Anhöhen verteilt standen 
hier 40 Geschütze, während Finck, da 4 Kanonen sich bei dem 
Wunschschen Korps befanden, kaum über die Hälfte dieser Ge- 
schützzahl (ausschliefslich der Bataillons-Geschütze) verfugte 3 ). Dazu 



') Über diese Terrainschwierigkeiten hat sich Tielcke a. a. O. S. 13 
ausführlich geäufsert. 

a ) Nach Tielcke S. 14, dem Tempelhoff III. 360 folgt, war es ein Haupt- 
mann Schröder, dem das Hauptverdienst hierbei gebührt. 

3 ) Die Zahl der österreichischen Geschütze ergibt sich aus der Dar- 
stellung Tielckes, der der ofnciellen österreichischen Relation folgt; die der 
preufsischen wird verschieden angegeben, am niedrigsten bei Gaudy, der die 
bei Haxen aufgestellten schweren Geschütze (die Bataillons-Geschütze nicht 
mitgerechnet) nur auf 11 beziffert und anfserdem nur noch 9 Haubitzen an- 
führt, und in der „Sammlung ungedr. Nachrichten tt II 597 ; eine etwas höhere 
Zahl ergibt sich, wenn man die verschiedenen Angaben Tielckes mit ein- 
ander kombiniert, doch kommt man sicher über eine Gesamtzahl von einigen 
zwanzig nicht hinaus. 



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kam noch, dafs nunmehr, nachdem auf dieser Seite sich ein 
aufserordentlich starkes Geschützfeuer entwickelt hatte, welches 
von preufsischer Seite mir schwach erwidert werden konnte, 
auch das Brentanosche Korps zum Angriff vorging und denselben 
ebenfalls mit einem Geschützfeuer aus 8 achtpfundigen Feld- 
schlangen eröffnete. Die österreichischen Kanonen waren an- 
fangs etwas zu hoch gerichtet, so dafs sie der preufsischen 
Gefechtslinie selbst wenig Schaden zufügten; aber um so gröfsere 
Verwirrung richteten sie dadurch an, dafs die Kugeln von 
beiden Seiten her in die hinter der Linie aufgefahrene Bagage 
einschlugen. Die Knechte wollten sich aus diesem Kreuzfeuer in 
Sicherheit bringen und jagten links und rechts hinter den Truppen 
umher. Finck gab zwar sogleich den Befehl, die Bagage solle 
nach Schmorsdorf abfahren, aber die Unordnung war so grofs, 
dafs dieser Befehl nicht recht zur Ausfuhrung kam'). 

Inzwischen hatte sich unter dem Schutze dieses Geschütz- 
feuers die Angriffskolonne der österreichischen Infanterie zu beiden 
Seiten der Strafse nach Maxen gebildet. Sie bestand im ersten 
Treffen aus 8 Grenadier-Bataillonen, während die übrige Infanterie 
das zweite Treffen bildete, die gesamte Kavallerie aber die linke 
Flanke der Angriffskolonne deckte. Die Angreifenden waren den 
Verteidigern fast um das Doppelte überlegen; denn für die Maxener 
Höhen, mit der Front gegen das Odonnelsche Korps, hatte Finck 
anfangs nur 5 Bataillone zur Verfugung, zu denen dann noch die 
beiden Bataillone Grabow und Zastrow hinzukamen. Schon das 
erste Treffen der Österreicher war also der gesamten hier verfüg- 
baren preufsischen Streitmacht um ein Bataillon überlegen. Den 
Angriff gegen den rechten preufsischen Flügel leitete General 
Siskovitz, dem der Marquis d'Ainse zur Unterstützung beigegeben 
war. General Dombasle befehligte die Truppen, welche gegen die 
linke Flanke der Preufsen vorgingen. Als die letzteren von der 
Hausdorfer Höhe, die sie besetzt hatten, zum Angriff herabmar- 
schierten, um auf der andern Seite der Thalsenkung die von den 
Preufsen besetzten Maxener Höhen Zu ersteigen, rückten aus der 
preufsischen Aufstellung zwei Bataillone vom linken Flügel (Kleist 
und Schenkendorf) von ihrer Anhöhe herab, um den angreifenden 
österreichischen Grenadieren in die Flanke zu fallen; aber sie 
wurden von der auf der Hausdorfer Höhe verbliebenen Batterie 



») Tielcke S. 15 ; Sammlung ungedr. Nachr. II, 601 und Gaudy. 



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so furchtbar beschossen, dafs sie zum Rückzug in die Liuie ge- 
nötigt und dann ebenso wie die Bataillone Grabow und Zastrow 
von den österreichischen Grenadieren geworfen wurden. Die 
Tapferkeit und Todesverachtung, mit der die letzteren bei dem 
ausserordentlich schwierigen Angriff die Maxener Höhen hinauf 
vorgingen, wird von Freund und Feind rühmend anerkannt. Durch 
diesen erfolgreichen Angriff hatten die Österreicher an dieser Stelle 
eine Bresche in die preufsische Aufstellung gelegt, welche sie als- 
bald benutzten, um in das Dorf Maxen vorzudringen und von hier 
ans die in der preufsischen durchbrochenen Linie noch stehenden 
Bataillone im Rücken zu beschiefsen. 

Man kann Finck die Anerkennung nicht versagen, dafs er in 
diesem Augenblicke das Menschenmögliche geleistet hat, um das 
Treffen an dieser Stelle wieder herzustellen. Er entsandte vom 
rechten Flügel das Regiment von Rebentisch und die zwischen 
diesem und dem Lindstädtschen Korps aufgestellten Dragoner vom 
Regiment Württemberg; ja, obwohl sich inzwischen auch das 
Treffen zwischen dem Lindstädtschen und dem Brentanoschen 
Korps zu entwickeln begonnen hatte, zog er doch das zur Deckung 
dem ersteren beigegebene Grenadierbataillon von Willemay nach 
diesem gefahrdetsten Punkte der Maxener Aufstellung. Allein alle 
diese Versuche scheiterten. Die Dragoner gerieten in das feind- 
liche Artilleriefeuer und verloren ihren Kommandeur, den Obristen 
von Münchow, welcher schwer verwundet wurde. Das Bataillon 
Willemay, welches eben in dem Moment eintraf, als die Öster- 
reicher iu das Dorf Maxen einrückten, brachte zwar anfangs den 
am meisten bedrängten Bataillonen Finck und Kleist einige Er- 
leichterung und suchte die Österreicher wieder aus Maxen zu ver- 
drängen; allein das letztere gelang nicht, einen dauernden Erfolg 
vermochte weder dieses Bataillon noch das Regiment Rebentisch 
zu erringen; das letztere wurde vielmehr alsbald über den Haufen 
geworfen. Vergeblich versuchten Rebentisch und Mosel die Ba- 
taillone wieder einigermafsen in Ordnung zu bringen. Unaufhalt- 
sam wichen die Truppen aus der Stellung auf den Maxener Höhen 
zurück. Diese rückläufige Bewegung konnte um so weniger zum 
Stillstand gebracht werden, als es inzwischen auch der österreichi- 
schen Kavallerie, freilich unter unsäglichen Schwierigkeiten, ge- 
lungen war, die Maxener Anhöhen zu erklimmen und den hier 
kämpfenden preufsischen Bataillonen in die rechte Flaake zu 



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fallen. Es war kein Zweifel, dafs die Entscheidung an diesem 
Punkte endgiltig zu Ungunsten der Preufsen gefallen war 1 ). 

Inzwischen aber war auch auf der andern Seite des Schlacht- 
feldes, wo das Lindstädtsche Korps gegen das Brentanosche 
kämpfte, die Entscheidung gefallen. Finck hatte nämlich, als das 
Brentanosche Korps von Rohrsdorf her gegen Dronitz und Witt- 
gendorf vorrückte und Miene machte, den auf den Maxener An- 
höhen kämpfenden Preufsen in den Rücken zu fallen, beschlossen, 
seinerseits mit der in dem Winkel zwischen dem Lindstädtschen 
und dem Hauptkorps aufgestellten schweren und leichten Kavallerie 
einen Angriff gegen Brentano zu machen, um, falls dieser den 
erwarteten Erfolg habe, noch einige Infanterie von dem Lind- 
städtschen Korps nach den am meisten bedrohten Maxener An- 
höhen herüber zu entsenden. Das Brentanosche Korps war kaum 
ein Drittel so stark als das Daun-Odonnelsche; Finck mochte also 
hoffen, dasselbe durch einen energischen durch Artilleriefeaer unter- 
stützten Reiter-Angriff am weiteren Vorrücken zu verhindern. 
Dann hätten in der That von den 4 zum Lindstädtschen Korps 
gehörigen Bataillonen noch einige gegen Daun verwendet werden 
können. Allein der von sämtlichen Kürassieren und Husaren un- 
ternommene Angriff, der anfangs in der That einen glücklichen 
Ausgang zu nehmen schien, schlug schliefslich völlig fehl. Aus 
welchen Gründen, wird aus den preufsischen Quellen wenig ver- 
ständlich. Dieselben berichten nur, die Reiterei hätte sich zu 
weit rechts gezogen, sei in sumpfiges Terrain geraten und dann 



') In der Hauptsache stimmen die preufsischen Quellen in der Schilde- 
rung dieses Kampfes mit den österreichischen überein ; die ersteren sind auch 
hier im wesentlichen auf denselben Ursprung zurückzuführen; einige origi- 
nale Notizen enthält das Gaudysche Journal, doch sind die Abweichungen 
in den Einzelheiten so geringfügig, dafs ich mir ein näheres Eingehen auf 
dieselben ersparen kann. Die „Relation" in Fincks Nachlafs weicht hier in- 
sofern auch sachlich von dem sonst aus derselben geschöpften „Journal* in 
der „Sammlung ungedr. Nachrichten" ab, als sie das Scheitern der Attacke 
der Württemberg. Dragoner dem (ieneral von Gersdorff Schuld gibt. Vgl. 
dagegen des letzteren Aussage vor dem Kriegsgericht im „Extract derer Ver- 
höre" im Anhang II. Noch schärferen Tadel spricht Finck in der im An- 
hang IV mitgeteilten „Denkschrift" über die Bataillone Grabow und Zastrow 
und das Regiment Rebentisch aus. Dem letzteren macht er geradezu den 
Vorwurf, dafs „die mehresten" von demselben zum Feinde übergegangen 
seien, weil es „ungemein viel Österreicher und Russen in Reih und Glieder 
hatte." 



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durch das feindliche Kanonenfeuer zurückgetrieben worden, ehe 
sie ihren Angriff recht begonnen habe >)• Auch Finck selbst ver- 
mag über den Verlauf dieses Augriffs keine Rechenschaft zu geben 2 ). 
Etwas mehr Licht kommt in die Sache durch die österreichischen 
Berichte, obwohl auch in ihnen ein dicht ans Fabelhafte grenzen- 
des Element enthalten ist. Immerhin wird doch der Mifserfolg 
des preufsischen Angriffs einigermafsen erklärlich, wenn wir hören, 
dafs den anrückenden preufsischen Reiterschwadronen die öster- 
reichischen energisch entgegentraten und dafs es hier zu einem 
heftigen Reitergefecht kam, bei welchem sich nach österreichischer 
Angabe namentlich eine Schwadron der Schmerzing-Kürassiere in 
hervorragender Weise ausgezeichnet hat. Wenn freilich in dem 
ihr deshalb von Brentano ausgestellten Tapferkeits-Zeugnis 3 ) be- 
hauptet wird, dafs diese eine Schwadron zwei preufsische Regi- 
menter in die Flucht geschlagen habe, so werden wir keinen 
Augenblick zweifeln, das für eine Übertreibung zu erklären. Aber 
so viel scheint festzustehen, dafs der Mifserfolg der preufsischen 
Reiterei doch keineswegs so unerklärlich war, wie es nach den 
preufsischen Berichten scheinen könnte, dafs er vielmehr durch 
einen regelrechten Sieg der österreichischen Kavallerie herbeige- 
führt wurde. Unzweifelhaft haben dazu die Terrain-Schwierigkeiten 
das Ihrige beigetragen, und jedenfalls ist es nur durch diese zu 
erklären, dafs die geschlagenen Schwadronen nicht in ihre frühere 
Stellung bei dem Lindstädtschen Korps zurückwichen, sondern sich so 
weit im Bogen rechts herumzogen, dafs sie schüefslich bei dem 
Wunschschen Korps in der Gegend von Ploschwitz 4 ) anlangten. 
Wunsch versuchte sie noch einmal zum Angriff zu fuhren, jedoch 
ohne erheblichen Erfolg. 

Dadurch war nun die Stellung des Lindstädtschen Korps um- 



*) Im grofsen und ganzen haben die preufsischen Quellen hier alle die- 
selbe dunkle Wendung: anfangs habe es geschienen, als werde der Angriff 
gelingen, dann aber habe sich die Kavallerie zu weit rechts gezogen und 
dadurch .das nötige Terrain* 4 verloren (so das „Journal" in der Sammlung 
ungedr. Nachr. II, 604, das hier mit der Relation in Fincks Nachlafs nicht 
ganz übereinstimmt; so Tempelhoff III, 362, der aufserdem aber noch das 
feindliche Kanonenfeuer mitwirken läfst). 

a ) Er sagt in der „Denkschrift" nur ganz kurz, jener Angriff sei „rc- 
pous8irt tt worden. 

s ) Mitgeteilt in den „Beiträgen zur Geschichte der österreichischen 
Kavallerie" 8. 408. 

4 ) Vgl. den Brief Wunschs an seine Frau im Anhang II. 



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somehr unhaltbar geworden, als inzwischen die Entscheidung auf 
den Maxener Höhen gefallen war, die preufsischen Truppen sich 
von dort nach Schmorsdorf zurückgezogen hatten. Dorthin wich 
nunmehr auch die Infanterie des Lindstädtschen Korps zurück. 
Brentano rückte infolge dessen seinerseits vor und vereinigte sich 
mit dem Daunschen Korps, an dessen linken Flügel er sich an- 
schlofs. Im wesentlichen hatten jetzt die österreichischen Truppen 
dieselbe Stellung inne, welche bei Beginn des Kampfes die preu- 
fsischen besetzt hatten, während die letzteren nunmehr die Reste 
ihrer geschlagenen Bataillone auf den Schmorsdorfer Höhen 
sammelten. Schon nahte der Abend heran, aber die Österreicher 
waren noch nicht gemeint, mit der Ausnutzung der errungenen 
Vorteile innezuhalten. Sie gingen aufs neue zum Angriff vor und 
trieben die preufsischen Truppen auch von den Schmorsdorfer 
Anhöhen herunter. Mit Mühe gelang es Finck, die zersprengten 
Reste seiner Truppen bei Anbruch des Abends auf den Anhöhen 
hinter Ploschwitz und Falkenhain, d. h. in unmittelbarer Nähe der 
Stellung des Wunschschen Korps zu sammeln. 

Wunsch stand nämlich im wesentlichen noch in derselben 
Stellung wie am Morgen des verhängnisvollen Tages. Obwohl 
sein Korps nur 5 Bataillone und einige Schwadronen Husaren 
zählte, hatte doch der in die Gegend von Dohna entsandte Teil 
der Reichsarmee, der Wunsch gegenüberstand, keinen ernstlichen 
Angriff unternommen, wenngleich es zu einigen kleineren Schar- 
mützeln gekommen war. Ihre Hauptaufgabe sahen die Truppen 
der Reichsarmee vielmehr darin, die Einschliefsung des Finckschen 
Korps vollenden zu helfen und demselben, wenn es durch die An- 
griffe der Österreicher geschlagen wäre, den Rückzug abzuschneiden. 
Zu diesem Zwecke waren am Morgen des 20. zwei Husaren-Regi- 
menter unter dem General-Feldmarschall-Lieutenant Grafen v. Palffy 
und eine gröfsere Abteilung Kroaten und Husaren unter General- 
Feld Wachtmeister von Kleefeld in die Gegend von Dohna entsandt 
worden. Ihr Herannahen war Finck von Wunsch in dem Augen- 
blick gemeldet worden, als der Angriff des Daunschen Korps be- 
gann. Aufserdem waren zur Unterstützung Palffys und Kleefelds 
noch 5 Bataillone Infanterie und ein Dragoner-Regiment unter 
dem Prinzen von Stolberg, den Generalen Grafen von Effern und 
Fugger und dem Feldwachtmeister Marquis von Voghera von Giefs- 
hübel entsandt worden. Während die letzteren in Burkhardswalde 
Stellung nahmen, rückten Palffy und Kleefeld bis Dohna und dar- 



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über hinaus vor und nötigten Wunsch dadurch, die schwache Be- 
satzung, welche er nach Dohna selbst gelegt hatte, zurückzuziehen 
und mit seinem ganzen Korps auf den Höhen von Ploschwitz 
Stellung zu nehmen, wo er in der Hauptsache unbehelligt blieb. 
Dagegen konnte er es nicht verhindern, dafs Palffy sich weiter 
nordwestlich nach Gamig zog und dadurch mit dem Brentanoschen 
Korps Fühlung bekam. Ein Teil der Truppen des letzteren unter 
Führung des General-Feldwachtmeisters von Uyhazy vermochte sich 
infolgedessen an der Verfolgung der von den Österreichern geschla- 
genen Truppen des Finckschen Korps in erfolgreicher Weise zu betei- 
ligen und denselben zwei Fahnen und zwei Standarten abzunehmen '). 

Als nach Einbruch der Dunkelheit der Kampf abgebrochen 
wurde, war das Netz um das Fincksche Korps vollkommen zuge- 
zogen. Die geschlagenen Reste desselben standen, mit dem 
Wunschschen Korps vereinigt, im Bogen auf den Anhöhen von 
Ploschwitz und Falkenhain zusammengedrängt, welche sich nach 
Nordosten und Osten hin in ziemlich steilem Abfall nach dem tief 
eingeschnittenen Thal der roten Müglitz hinabsenken. Die Haupt- 
masse des preufsischen Korps stand mit der Front gegen die 
Schmorsdorfer Höhen, welche jetzt von dem Daunschen und Bren- 
tanoschen Truppen besetzt waren. Nach Süden hin war jeder 
Ausweg durch die bei Burkhardswalde und Hälslich aufgestellte 
Reichsarmee, nach Dohna und Sürssen-Gamig hin durch die ent- 
sandten Korps derselben unter Palffy und Kleefeld versperrt. Die 
Frage war nun nur noch, ob es den geschlagenen Trümmern des 
preufsischen Korps gelingen werde, durch einen konzentrierten 
Angriff gegen irgend einen Punkt der feindlichen Aufstellung dieses 
Netz zu durchreifsen, d. h. sich durchzuschlagen. Diese Frage 
war es dann in der That, welche in der angst- und sorgenvollen 
Nacht vom 20. auf den 21. November im preufsischen Heerlager 
erwogen wurde. 

l ) Über die Bewegungen der Reichsarmee werden wir am eingehendsten 
unterrichtet durch den „Bericht von dem den 20. und 21. November 1759 
durch ein von der combinirten Reichs-Armee detaschirtes Corps auf die 
feindlichen Posten zu Dohna und dasiger Gegend gemachten Angriff,** abgedr. 
bei Tielcke a. a. O. S. 34—38. Wir glaubten dieser offiziellen Relation in 
diesem kleinen Abschnitt ohne Bedenken folgen zu dürfen, da ihre Dar- 
stellung in allem wesentlichen mit den, freilich nur dürftigen Berichten, 
welche von preufsischer Seite vorliegen, übereinstimmt. Zu den bisher be- 
kannten letzteren bietet der im Anhang II mitgeteilte Brief Wunschs an 
seine Frau eine willkommene Ergänzung. 

5* 



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Uber die Einzelheiten dieser Beratungen vollkommene Klarheit 
zu gewinnen, wird wohl für immer eine Unmöglichkeit bleiben. 
Die Aussagen, welche die einzelnen Generale, Finck, Rebentisch, 
Wunsch, Gersdorf vor dem Kriegsgericht machten, widersprechen 
einander so schroff, dafs jeder Versuch einer Vereinigung dieser 
Berichte scheitern mufs. Aber an der Hauptsache kann darum 
doch kein Zweifel sein: die Ereignisse selbst sind der beste Prüf- 
stein der Beschlüsse, aus denen sie hervorgegangen sind. 

Zunächst steht so viel fest, dafs die verschiedenen Möglich- 
keiten sich der Umstrickung der Österreicher zu entwinden, in 
dem Kriegsrate ernstlich in Erwägung gezogen worden sind, und 
dafs der Entschlufs zur Kapitulation erst gefafst wurde, als man 
sich von der Unmöglichkeit eines Durchbruchs überzeugt zu haben 
glaubte. 

Überblickt man die Karte der Gegend, welche in Betracht 
kommt, und sucht man sich durch die gleichzeitigen und späteren 
Schlachtpläne ein klares Bild von der Stellung beider Parteien zu 
verschaffen, so erkennt man leicht, dafs ein Durchbruch nur an 
drei Stellen versucht werden konnte. Entweder mufste man im 
Thal der roten Muglitz aufwärts marschieren und über Weesenstein, 
Luchau, Lauenstein nach dem Erzgebirge zu entkommen suchen. 
Dieser Plan hatte insofern viel für sich, als Finck wufste, dafs 
Kleist mit seinem nach Böhmen entsandten Streifkorps auf dem 
Rückmarsch begriffen war, so dafs man hoffen konnte, sich mit 
ihm zu vereinigen und dann, allerdings auf weitem Umwege über 
Frauensteiu und Freiberg zur Hauptarmee zurückzukehren. Einen 
nicht viel geringeren Umweg mufste man machen, wenn man 
nordwärts über Sürssen durchzubrechen und dann in weitem Bogen 
nach Westen über Possendorf zur Armee des Königs zu gelangen 
suchte. Am kürzesten, aber auch am gefährlichsten, ja nach Lage 
der Dinge fast unmöglich wäre natürlich der Durchbruch nach 
Dippoldiswalde gewesen. Hier hätte man nichts geringeres leisten 
müssen, als mit den geschlagenen Truppen dem überlegenen Feinde 
die Stellungen wieder abnehmen, die man ihm am Tage vorher 
preisgegeben hatte. Stellt man freilich die Frage nur so: „wo 
wäre es am ehesten möglich geweseu, die Reihen der Feinde zu 
durchbrechen?" ohne auf die allgemeine Lage Rücksicht zu nehmen, 
so würde die Antwort unbedingt lauten müssen: am schwächsten 
war die feindliche Umzingelung nach Dohna, Mügeln und dem 
Elbthal hin; hier hätte man nur den schwachen Teil der Reichs - 



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armee unter Kleefeld zurückzuschlagen gehabt. Thatsächlich aber 
wäre mit einem Durchbruch nach dem Elbthale hin nichts ge- 
wonnen worden, da es von hier aus schlechthin unmöglich war, 
zur Armee des Königs zu gelangen, ohne der bei Dresden-Plauen 
aufgestellten österreichischen Hauptarmee geradewegs in die Arme . 
zu laufen. War doch die Absicht Dauns am 20. gerade darauf 
gerichtet gewesen, das Fincksche Korps in die Elbebene zu drängen, 
wo er es sicher zersprengen zu können hoffte. In dem Bericht, 
welchen er über das Ereignis nach Wien erstattete und der dann 
der offiziellen österreichischen Zeitungsrelation zu Grunde gelegt 
wurde '), behauptet er, „wann die Nacht nicht bereits einzubrechen 
angefangen hätte, wäre das gesammte feindliche Corps zweifeis ohne 
in die Elbe gesprenget worden." Zieht man dies in Betracht, so 
wird man anerkennen müssen, dafs dieser Ausweg nicht ernstlich 
in Betracht kommen konnte. Die drei andern Möglichkeiten aber 
wurden in der That erwogen. 

Zuerst scheint man au einen Durchbruch nach Süden hin 
über Weesenstein und Burkhardswalde gedacht zu haben. Finck 
schickte einige Offiziere aus, um zu erkunden, ob der Feind den 
Weg durch das Müglitz-Thal offen gelassen oder nur schwach be- 
setzt habe. Allein man fand, dafs der enge Pafs, durch den man 
hier hätte marschieren müssen, sehr stark vom Feinde besetzt 
war. In der That stand hier der gröfsere Teil der Reichsarmee 
unter dem Prinzen von Stolberg, welcher in der Nacht noch durch 
drei weitere Bataillone und einige Geschütze verstärkt wurde 2 ), 
da man österreicherseits erfahren hatte, dafs Finck auf dieser Seite 
durchzubrechen versuchen wolle. 

Nunmehr dachte man in der That daran, den Ausweg der 
Verzweiflung zu ergreifen und einen Durchbruch nach Maxen zu 
versuchen, indem man einen Angriff gegen die Schmorsdorfer 
Höhen, von denen man am Tage vorher vertrieben worden war, 
unternehme. Wenn wir den, allerdings sämtlich direkt oder in- 
direkt aus der Umgebung Fincks herstammenden Nachrichten 
unserer Quellen 3 ) Glauben schenken dürfen, so hätte Finck in der 



0 Tielcke a. a. 0. S. 31. 

*) Das wird ausdrücklich in dem offiziellen Bericht von der Reichsarmee 
(Tielcke S. 36/37) erwähnt. 

3 ) „Journal" in der Sammlung ungedr. Nachrichten S. 605/6, welches 
hier vollkommen mit der Relation im Finckschen Nachlafs übereinstimmt. 
Aus dem „Journal" hat wieder Tempelhoff III. 362 geschöpft. Auch in der 
„Denkschrift" (Anhang No. IV) hat sich Finck in ähnlicher Weise geäufsert. 



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That den Generalen bereits die für diesen Angriff erforderlichen 
Befehle erteilt gehabt. Man wollte versuchen, die Truppen wieder 
zu formieren, dabei aber stellte sich heraus, dafs die Bataillone des 
Finckschen Korps — das Wunschsche hatte wenig gelitten — 
außerordentlich schwach waren. Wenn aber unsere Quellen an- 
geben, die Zahl der kampffähigen Infanterie hätte nur noch 2836 
Mann betragen, so ist diese Zahl sicher zu gering ') ; sie läfst sich 
weder mit der von Finck selbst angegebenen Gesamtzahl der 
Truppen einschliefslich des Wunschschen Korps noch damit ver- 
einigen, dafs bei der Kapitulation nach allen übereinstimmenden 
Angaben zum wenigsten 12 000 Mann in Gefangenschaft gerieten. 
Eine genaue Zählung mag auch im Dunkel der Nacht und bei 
der im Lager herrschenden Verwirrung nicht möglich gewesen 
sein. Dagegen darf mau der Versicherung Fincks 2 ), die Truppen 
seien in dem Mafse entmutigt gewesen, dafs man einen ernstlichen 
erneuten Angriff gegen Daun nicht habe wagen können, Glauben 
schenken. Jedenfalls steht fest, dafs von dem Angriff auf die 
Schmorsdorfer Höhen Abstand genommen wurde. Nach Fincks 
Versicherung hätten dann alle Generale ratlos still geschwiegen, 
nur Rebentisch sei offen mit der Ansicht hervorgetreten, dafs nun- 
mehr nichts anderes übrig bleibe als die Kapitulation 3 ). Rebentisch 

') Dafs diese genaue Zahl sich in allen Quellen, welche überhaupt eine 
Anzahl feststellen, findet, hat nichts Auffallendes: sie geben eben alle auf 
die Relation im Nachlasse Fincks zurück. Dafs sie sich auch bei Tielcke 
(S. 21) findet, wird darauf zurückzufuhren sein, dafs derselbe nach seiner 
eigenen Angabe vielfach Nachrichten aus Fincks Umgebung erhielt. Dadurch, 
dafs immer eine Quelle die andere ausschreibt, ist es gekommen, dafs sie 
alle das Versehen begangen haben, die Zahl 2836 gar für die Gesamtzahl 
der Infanterie zu halten und anzugeben. Die Relation in Fincks Nach- 
lafs hatte ausdrücklich bemerkt, dafs in dieser Zahl das Wunschsche Korps 
nicht inbegriffen sei, dafs das ganze Korps nicht viel über 7000 Mann aus- 
machte. Das „Journal" in der „Sammig. ungedr. Nachr." hatte diesen Zusatz 
weggelassen, und aus ihm ging die nunmehr ganz unsinnige Zahl in die 
Tempelhoffsche Darstellung Über. In der „Denkschrift" beziffert Finck selbst 
den Rest seiner Truppen auf „7000 etliche hundert Mann." 

a ) Vgl. die „Denkschrift" im Anhang IV unter No. 2. 

3 ) Dies ist einer der Punkte, über den es schwer, ja unmöglich ist zu 
einem endgiltigen Resultate zu gelangen. Wie man aus den im Anhang III 
mitgeteilten Kriegsgerichts-Akten (a, b und d) ersieht, hat Rebentisch nicht 
nur geleugnet, dafs er den Rat zur Kapitulation gegeben habe, sondern sogar 
behauptet, „dafs er sich zur Schliefsung der capitulation gebrauchen zu 
lassen, geweigert, solches aber ihm von dem General von Finck ausdrücklich 
anbefohlen worden" (Aktenstück a). Das Kriegsgericht war indes der 



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hat das freilich in dem Verhör, welches 4 Jahre später stattfand, 
mit Bestimmtheit in Abrede gestellt, ohne indessen die Mitglieder 
des Kriegsgerichts überzeugen zu können. 

Unstreitig 1 ) aber ist, dafs der einzige, welcher wirklich den 
ernstlichen Vorschlag machte, in jedem Falle einen Durchbruchs- 
versuch, zum wenigsten mit der gesamten Kavallerie, welche wenig 
gelitten hatte, zu machen, der General-Major von Wunsch war. 



Meinung, dafs er dessen (nämlich den Rat zur Kapitulation gegeben zu 
haben) „sowohl aus des General von Wunsch als des General von Finck 
Aussage verdächtig" bleibe (Aktenstück b). Der endgiltige Spruch des Ge- 
richts gegen ihn lautete: „dafs der General-Major von Rebentisch mit Ein 
Jahr Vestungs- Arrest zu bestrafen, weil, wenn gleich nicht erwiesen, dafs 
er dem General-Lieutenant von Finck den Rath gegeben, die Capitulation 
bey Maxen zu schliefsen, er jedoch durch seine hin und wieder gemachte 
Einwürfe die bereits genommene gute Resolutiones auf und zurückgehalten." 
Finck hält auch in seiner „Denkschrift** daran fest, dafs Rebentisch sich für 
die Kapitulation ausgesprochen habe. Merkwürdig ist es, wie warm Finck 
hier Rebentisch verteidigt obwohl derselbe doch im Verhör, freilich um sich 
selbst zu verteidigen, gegen ihn ausgesagt hatte. 

Auffallender Weise hat allerdings nach den bei Schöning a. a. 0. 
S. 196 f. mitgeteilten Auszügen aus jetzt nicht mehr vorhandenen Kriegs- 
gerichts-Akten (vgl. unten Anhang III) Fincks Adjutant von Pfau im Verhör 
ausgesagt, „der General von Wunsch habe keineswegs aus eigenen Stücken, 
sondern auf Befehl des Finck den Versuch gemacht, sich mit der leichten Ca- 
vallerie am 21. durchzuschlagen, und zwar habe dies der General von Finck selbst 
thnn wollen, der Wunsch habe aber bemerkt: dafs, wenn Finck wegginge, gleich 
alles verloren sein würde, worauf der Commandirende geblieben wäre;* und auch 
der Adjutant Lieutenant von Winterfeldt äufserte sich nach diesen Auszügen 
in demselben Sinne. Allein trotz dieses bestimmten Zeugnisses glaube ich 
unbedingt daran festhalten zu müssen, dafs der Vorschlag eines Durchbruchs- 
versuchs von Wunsch und nicht von Finck ausgegangen ist. Ich sehe den 
zwingenden Grund hierzu in den Äufserungen, welche Finck selbst in 
seiner Denkschrift über diese Frage niedergeschrieben hat. Finck wufste mit 
Bestimmtheit, wie hoch es der König Wunsch anrechnete, dafs er einen 
Durchbruchsversuch gemacht hatte. Ist es auch nur denkbar, dafs er bei 
dieser Sachlage selbst in seiner zu seiner Verteidigung bestimmten Dar- 
stellung zugegeben hätte, dafs der Vorschlag von Wunsch ausgegangen sei, 
wenn es nicht wirklich so war? Man sieht aus der Fassung deutlich, dafs. 
Finck sich entschuldigen will, weil er nicht seinerseits den Befehl zum 
Durchbruch gegeben habe. Deswegen behauptet er, von vornherein die Ver- 
geblichkeit dieses Versuchs erkannt und Wunschs Vorschlag gewissermafsen 
nur widerwillig gutgeheifsen zu haben. Auch Tempelhoff III, 363 schreibt 
den Vorschlag Wunsch zu. Die Adjutanten Fincks müssen sich also geirrt 
haben, was bei nur mittelbar Beteiligten nach einem Zeitraum von fast 
4 Jahren nicht wunderbar erscheinen kann. Fincks eigene Aussage ist hier, 



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— 72 



Nachdem die Beratungen zu dem Resultat geführt hatten, dafs 
ein offener Durchbruchsversuch als voraussichtlich vergeblich auf- 
gegeben wurde, gab Wunsch der Ansicht Ausdruck 1 ), dafs man 
dann zum wenigsten mit der Kavallerie, welche noch ziemlich 
unversehrt war, unter dem Schutze der Nacht durch den Pafs von 
Sürssen zu entweichen suchen müsse. Es sei immerhin möglich, 
dafs diese Bewegung sich der Aufmerksamkeit des Feindes entziehe. 
Habe man aber den Pafs von Sürssen, bei dem nur wenige Reichs- 
truppen unter Palffy standen, die man eintretenden Falls zurück- 
werfen zu können hoffen durfte, hinter sich, so werde es auch 
möglich sein, in weitem Bogen westwärts Possendorf zu erreichen 
und von dort zur Hauptarmee des König3 zu gelangen. 

Finck ging auf diesen Vorschlag ein, obwohl er, wie er später 
behauptete, die Unmöglichkeit seiner Durchfuhrung einsah. Dem 
Kriegsgericht leuchtete diese Unmöglichkeit nicht ein, und in der 
That ist nicht abzusehen, warum der Versuch des Durchbruchs 
an dieser schwächsten Stelle der feindlichen Aufstellung nicht hätte 
gelingen sollen, wenn er rechtzeitig unternommen wurde, vor allem 
aber, wenn Finck, eben mit Rücksicht auf dieses Unternehmen, 
nur noch eine Stunde gewartet hätte, ehe er Rebentisch au Daun 
absandte, um mit diesem über die Kapitulation zu verhandeln. 
Ein anderer Vorwurf, der Finck mit Bezug hierauf nicht ohne 
Berechtigung vom Kriegsgericht gemacht wurde, ist der, dafs er 
sich nicht selbst, an die Spitze dieser zum Durchbruch bestimmten 



wo sie gegen ihn selbst zeugt, entscheidend. Dafs Wunsch im Verhör das 
Verdienst des Dnrchbruchsversuchs für sich allein in Anspruch nimmt, würde 
zwar an sich kein Beweis sein, unterstützt aber doch in diesem Falle die 
durch Fincks eigene Äufserungen gewonnene Anschauung. Vgl. auch das 
Schreiben Wunschs an seine Frau im Anhang II. 

») Ich folge hier im wesentlichen der Darstellung Fincks in seiner 
Denkschrift (aus den in vorg. Aninerkg. angegebenen Gründen). Wenn Pfau 
im Verhör behauptete, dafs Finck* selbst sich an die Spitze der Kavallerie 
habe setzen wollen, so ist diese Angabe noch unmöglicher als seine übrige 
Aussage. Gerade der Vorwurf wurde Finck vom Kriegsgericht gemacht, 
dafs er das nicht gethan habe. Gegen diesen Vorwurf aber hat Finck kein 
Wort der Verteidigung vorgebracht. Im Gegenteil, er führt, wie gesagt, in 
der Denkschrift nur aus, aus welchen Gründen er den Vorschlag Wunschs 
von vornherein für undurchführbar gehalten habe. Dagegen giebt das Kriegs- 
gericht der Ansicht Ausdruck, dafs es doch nicht unmöglich gewesen sein 
würde, sich mit der ganzen Kavallerie durchzuschlagen, „wenn es nur zei- 
tiger und beym Anfange der Nacht wäre entamiret worden." (Anhang III, 
Aktenst. b.) 



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- 73 — 



Truppen gestellte habe. Wenn zu seiner Verteidigung angeführt 
worden ist, dafs die zurückbleibenden Truppen nach des Ober- 
befehlshabers Abmarsch völlig verloren gewesen wären l ), so ist 
dieser Einwand völlig unstichhaltig, wenn man erwägt, dafs Finck 
schon in dem Augenblick, da Wunsch mit der Kavallerie abmar- 
schierte, zur Kapitulation entschlossen war. Diese abzuschliefsen 
war gewüs seine Anwesenheit nicht erforderlich. Noch „völliger" 
als durch eine Kapitulation hätten die Truppen auch in Fincks 
Abwesenheit nicht verloren 3ein können. 

Wunsch trat mit der gesamten Reiterei morgens 3 Uhr seinen 
Abmarsch von den Ploschwitzer Höhen in der Richtung auf Sürssen 
an. Die Feinde scheinen ihn anfangs wenig oder garnicht be- 
helligt zu haben, dagegen verlangsamte sich der Marsch dadurch, 
dafs man bei der völligen Finsternis unausgesetzt mit größter 
Vorsicht vorgehen mufste. Erst mit Anbruch des Tages langte 
die Reiterei bei dem schwer gangbaren Pafs von Sürssen an. In 
dem Augenblick aber, wo sie sich anschickte, diesen schwersten 
Teil ihrer Aufgabe zu lösen und den Pafs zu überwinden, waren 
im Heerlager der Infanterie die Kapitulations- Verhandlungen be- 
reits so weit gediehen, dafs sie einen verhängnisvollen Einfluss auf 
den Durchbruchsversuch gewannen. 

Noch vor Anbruch des Tages und bevor von feindlicher Seite 
irgend ein Versuch zur Erneuerung des Angriffs gemacht war, 
hatte Finck den General Rebentisch in das feindliche Heerlager 
entsandt, um mit Daun über eine Kapitulation zu verhandeln. 
Ausdrücklich wird in dem österreichischen Schlachtbericht 2 ) ge- 
sagt, dafs Rebentisch noch vor Tagesanbruch bei den äufsersten 
Feldwachen angekommen sei. Unwillkürlich fragt man sich, 
warum Finck die Eröffnung der Verhandlungen so sehr beschleunigt 
hat, während er doch genau wufste, dafs eine glückliche Durch- 
führung des Wunschschen Versuches nur möglich sei, wenn es 



*) Vgl. die angeführte Aussage Pfaus im Verhör. Schöning II. 196. 

2 ) Bei Tielke S. 32. Auch Tempelhof III, 363 gibt an, dafs Reben- 
tisch „eine Stunde vor Anbruch des Tages" abgesandt worden sei. In dem 
österreichischen Bericht heifst es dann ausdrücklich weiter, dafs die erneuten 
Angriffe der Grenadiere auf die preufsischen Truppen erst begannen, als 
Lacy schon abgefertigt war. mit Rebentisch sich ins preufsische Lager zu 
begeben, und dafs sie dann auf Dauns Befehl sofort eingestellt wurden. 
Dem widerspricht auch die Darstellung in der Finckschen „Denkschrift" 
(Anhang IV, Punkt 4 am Anfang) nicht. 



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— 74 — 



gelinge, Zeit zu gewinnen? Konnte er nicht zum wenigstens warten, 
bis die Feindseligkeiten wieder eröffnet wurden, und konnte er 
nicht dann wenigstens so lange stand zu halten suchen, bis Wunsch 
den Sürssener Pafs glücklich überwunden hatte? Das sind Fragen, 
deren Beurteilung wir den Strategen Ton Fach überlassen müssen. 
So viel aber wird auch der Historiker mit Bestimmtheit sagen 
dürfen, dafs Finck mit den Kapitulations-Verhandlungen sicher 
länger gezögert hätte, dafs er vor allem den unseligen Entschlufs, 
Wunsch in die Kapitulation einzubegreifen, nicht gefafst haben 
würde, wenn er gewufst hätte, dafs eben jetzt das Kleistsche De- 
tachement auf seinem Rückmärsche aus Böhmen in Reichstädt 
bei Dippoldiswalde angelangt ') und gleichzeitig auch das von dem 
Könige unter Hülsen entsandte Entsatz-Korps im Anmarsch nach 
Dippoldiswalde begriffen sei. 2 ) Dann hätte er es wahrscheinlich 
sogar auf einen Verteidigungskampf ankommen lassen, da er die 
begründete Hoffnung hätte hegen dürfen, dafs ein grofser Teil der 
feindlichen Streitkräfte nach entgegengesetzter Richtung verwandt 
werden müsse. Noch weniger konnte er natürlich wissen, dafs 
der letztere Fall bereits eingetreten war, dafs Daun bereits wäh- 
rend der Nacht 6 Bataillone Infanterie und zwei Kavallerie-Regi- 
menter gegen Maxen und Reinhardsgrimma entsandt hatte, weil 
von dem bei Dippoldiswalde zurückgelassenen General Seckendorf 
der Bericht eingegangen war, dafs seine vor Dippoldiswalde auf- 
gestellten Husaren und Dragoner von den Vortruppen eines an- 
rückenden preüfsischen Korps zurückgetrieben worden seien und 
dafs man in gröfserer Entfernung dieses Korps selbst wahrge- 
nommen habe. Daun war dadurch in solche Besorgnis versetzt 
worden, dafs er zugleich auch an das Hauptheer den Befehl gehen 
liefs, unverzüglich Verstärkung nach Rippgen zu schicken. 3 ) 

Es kann wohl, wie erwähnt, keinem Zweifel unterliegen, dafs 
Finck sich mit der Eröffnung der Kapitulations-Verhandlungen 
weniger beeilt hätte und dafs diese Verhandlungen einen ganz an- 
dern Gang genommen hätten, wenn diese Tatsache der Ankunft 
eines Entsatz-Korps auch im Heerlager Fincks bekannt gewesen 

') Das Eintreffen des Kleistschen Detachements während der Nacht 
wird nur von Gaudy erwähnt. 

2 ) Über den Marsch des Htilsenschen Korps berichtet am ausführlichsten 
Tempelhoff III. 365/66, der selbst zu diesem Korps gehörte und den Marsch 
mitgemacht hat. 

3 ) Vgl. die offizielle Österreich. Relation bei Tielcke a. a. 0. S. 31/32. 



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wäre. Zum allerwenigsten wäre dann die Reiterei unter Wunsch 
gerettet worden, welche nunmehr gleich der Infanterie dem Schick- 
sale der Gefangenschaft anheimfiel. 

Als die österreichische Feldwache, bei welcher Rebentisch an- 
gekommen war, hierüber bei Daun Bericht erstattete, entsandte 
dieser den General-Feldmarschall-Lieutenant Grafen Lacy mit der 
ausdrücklichen Weisung, die Verhandlungen nur auf der Grund- 
lage einer unbedingten Übergabe in Kriegsgefangenschaft zu 
fuhren. 

Lacy ritt mit einer Anzahl österreichischer Offiziere in Be- 
gleitung Rebentischs in das Hauptquartier der Preulsen hinüber. 
Finck, der keinen Ausweg der Rettung mehr zu erblicken glaubte, 
ging ohne Schwierigkeiten auf die Bedingung völliger Gefangen- 
nahme seines Corps ein. Die Kavallerie, welche unter Wunsch, 
wie wir sahen, am Pafs von Sürssen angekommen war, wurde zu- 
nächst nicht besonders erwähnt. Da gewahrte Lacy von dem 
Orte aus, wo die Verhandlung geführt wurde, jene im Abzug be- 
griffene Kavallerie und verlangte alsbald, dafs dieselbe in die Ka- 
pitulation mit einbegriffen werden müsse. Finck müsse sogleich 
an Wunsch den Befehl zur Rückkehr erlassen. Es scheint nicht, 
dafs Finck diesem Ansinnen erheblichen Widerstand entgegen- 
gesetzt hat. Sicher ist, dafs er seinen Adjutanten von Pfau ent- 
sandte, um Wunsch die Lage der Dinge mitzuteilen und ihn zu 
bedeuten, dafs sein Versuch zu entkommen wahrscheinlich nicht 
gelingen werde. Sehr wahrscheinlich aber ist es, dafs er ihm 
aufserdem auch den Befehl zurückzukehren geschickt hat '). 

') Die Aussagen, welche von Finck, Wunsch und Fincks Adjutanten 
von Pfau im Verhör gemacht wurden, weichen im einzelnen sehr von ein- 
ander ab, kommen aber in der Hauptsache auf dasselbe hinaus. Pfau gab 
au, er sei von Finck zu Wunsch entsandt worden, um ihm, falls er den 
Grund von Sürssen noch nicht passiert habe, zu sagen, dafs er dann 
allerdings als zum Korps gehörig betrachtet und in die Kapitulation ein- 
begriffen werden müsse (Schöning II, 197). Finck selbst scheint sich in 
seinen Aussagen widersprochen zu haben. Das eine Mal behauptete er, dafs 

er „den General von Wunsch nicht befehlsweise habe zurückrufen lassen, 

sondern nur demselben, indem der Feind darauf bestanden, dafs solche sich 
ebenfals zu Krieges-Gefangenen ergeben sollen, nur habe sagen lassen, wie er 
es als unmöglich ansehe, dafs er durchkommen könnte, er demnach ebenfalls 
gezwungen seyn würde, sich zum Krieges-Gefangenen zu ergeben." Thatsäch- 
lich freüich kommt das ziemlich auf dasselbe heraus, wie ein direkter Befehl 
(Anhang III, Aktenstück b). Nach den Schöningschen Auszügen (II, 196) 
scheint Finck von vornherein zugegeben zu haben, dafs er den Befehl zur 



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Noch vor dem Adjutanten Fincks war übrigens auch Lacy 
selbst bei Wunsch angelangt; man sieht, wie viel den Öster- 
reichern daran gelegen war, Wunsch mit in die Kapitulation ein- 
zubegreifen. Das spricht nicht gerade dafür, dafs Wunschs 
Unternehmen von vornherein aussichtslos gewesen ist. Zum 
wenigsten hätte seine Verhinderung den Österreichern noch Ver- 
luste an Mannschaft gekostet. Vor allem aber hätte sich Finck 
nicht dahin bringen lassen sollen, darauf einzugehen, dafs Wunsch 
in die Kapitulation einbegriffen werde. Mit Recht hat man von 
sachkundiger, sonst Finck keineswegs abgeneigter Seite die Frage 
aufgeworfen, was Finck denn Schlimmeres als die Kapitulation 
hätte begegnen können, wenn er sich dem Ansinnen der Zurück- 
beruftmg Wunschs widersetzt hätte 1 ). Dafs Daun alsdann gegen 
die preufsische Infanterie alsbald wieder die Kanonade eröffnet 
hätte, ist wenig wahrscheinlich. Ja man kann sagen, dafs das 
sicher nicht geschehen wäre, weil Daun eine Erneuerung des 
Kampfes nach dem Eintreffen preufsischer Truppen in Dippoldis- 
walde, von dem Finck freilich nichts wusste, gar nicht wünschen 
konnte. Auf der andern Seite aber kann mau mit Recht auch 
fragen, weshalb Wunsch, wenn er noch an eine Möglichkeit des 
Gelingens seines Versuchs glaubte, sich an den Befehl Fincks ge- 
kehrt hat. Dafs derselbe nur erzwungenerweise gegeben worden 
war, wusste er ja. Nicht minder wusste er mit Bestimmtheit, 
dafs in diesem Falle ein Ungehorsam gegen seinen Vorgesetzten 
ihm nur zum Verdienst angerechnet werden würde. Daraus, dafs 
er dem Befehl Folge leistete, scheint doch hervorzugehen, dafs 
sein Unternehmen in diesem Augenblicke von ihm selbst als aus- 
sichtslos angesehen wurde, freilich nur deswegen, weil eben Finck 
die Kapitulationsverhandlungen zu früh eröffnet hatte. Wunsch 



Umkehr an Wunsch erlassen habe. Nur fügte er hinzu, dafs dieser Befehl 
ja für Wunsch nicht verbindlich gewesen sei, „da er von einem kriegs- 
gefangenen General nicht nöthig gehabt hätte, eine Ordre anzunehmen." 
Wunsch seinerseits hat auf das Bestimmteste behauptet, nicht nur einmal, 
sondern mehrere Male den Befehl zur Umkehr von Finck erhalten zu haben 
(vgl. Anhang III, Aktenstück b und den Brief Wunschs an seine Frau Anhg. II). 
In seiner später niedergeschriebenen „Denkschrift" hat übrigens auch Finck 
selbst nochmals ausdrücklich zugegeben, dafs er auf das Ansinnen Lacys 
eingegangen sei, „wohl wissend," wie er hinzufügt, „dafs sich der General 
Wunsch an meine ordres nicht mehr kehren würde, wenn er eine Möglichkeit 
eingesehen hätte, fortzukommen." 

') Vgl. das Generalstabswerk über den 7jährigen Krieg. Teil 3, S. 217. 



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selbst hat sich in dem Verhör in diesem Sinne geäufsert. Er gab 
an, er „würde sich an die vielfach an ihn geschickten Ordres zum 
Umkehren nicht gekehrt haben, wenn er nicht gleichzeitig ver- 
nommen: dafs das ganze übrige Corps sich bereits ergeben habe, 
und dafs er also die ganze Macht des Feindes allein auf seinen 
Schultern haben würde" '). 

Für den Gang der Dinge selbst hat demgemäfs die Frage, 
ob Finck den ausdrücklichen Befehl an Wunsch wirklich ergehen 
liefs, keine entscheidende Bedeutung. Wunsch würde sich haben 
ergeben müssen, auch wenn er den Befehl hierzu nicht erhalten 
hätte. Wie die Dinge einmal lagen, war sein Unternehmen als 
gescheitert anzusehen. Finck aber wird dadurch von der morali- 
schen Verantwortlichkeit für jenen Befehl nicht befreit. Es war 
ganz berechtigt, dafs es der König Wunsch hoch anrechnete, dafs 
er wenigstens einen Versuch des Durchbruchs gemacht hatte, und 
ihn demgemäfs nicht wie die andern Generale vor ein Kriegs- 
gericht stellte. Denn dafür, dafs sein Versuch mifslang, war er 
sicher nicht verantwortlich. Er wäre wahrscheinlich gelungen, 
wenn Finck auch nur eine Stunde länger Widerstand zu leisten 
versucht hätte. 

Thatsächlich war nunmehr das Geschick des ganzen Finckschen 
Korps einschliefslich der Wunschschen Reiterei entschieden. Die 
Kapitulation wurde abgeschlossen. Das einzige kleine Zugeständ- 
nis, welches erreicht wurde, war, dafs den gefangenen Truppen 
ihre Bagage belassen wurde. Das ganze Korps zählte im Augen- 
blick des Abschlusses der Kapitulation sicher nicht erheblich mehr 
als 7000 Mann, doch scheinen schon am Tage vorher eine grofse 
Anzahl von Gefangenen in die Hände der Österreicher gefallen 
zu sein 2 ). Aber nicht die Höhe dieses Verlustes allein war es, 

J ) Schöning a. a. 0. S. 197. 

2 ) Die Frage, wie stark das Fincksche Korps überhaupt von vornherein 
gewesen sei, ist sehr schwer zu Deantworten. Wir wissen aus unseren 
Quellen, dafs dasselbe aus 18 Bataillonen, 3 Kürassier-, 2 Dragoner- und 
einem Husaren-Regiment bestand, aber über die Stärke derselben wissen wir 
wenig. Viele derselben hatten gegen die Hussen mitgekämpft und dort 
einen grofsen Teil ihrer Mannschaft eingebüfst. Gaudy schätzt deshalb das 
gesamte Korps nur auf 10000 Mann. In der Anzahl der Bataillone und 
Schwadronen stimmt Tempelhoff III, 347/48, 351 mit Gaudy überein. Er be- 
ziffert das Fincksche Korps bei dessen Entsendung durch den Prinzen Heinrich 
auf 13 Bataillone und 35 Schwadronen und läfst es am 11. durch 4 Bataillone, 
am 12. durch 1 Freibataillon und zwei Kavallerie -Regimenter verstärkt 



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welche dem König mit Recht diesen Schlag als einen furchtbaren 
und kaum wieder gut zu machenden erscheinen liefs: schwerer 
wog materiell der Verlust der Kadres, unwiederbringlich aber war 
vor allem der Verlust, den der preufsische Waffenruhm durch 
diese bisher in den Annalen der preufsischen Kriegsgeschichte un- 
erhörte Kapitulation erlitten hatte 1 ). 

Was auch Finck damals und später zu seiner Verteidigung 
anführen mochte, der König hat ihm diesen Schimpf, den er den 
preufsischen Waffen angethan hatte, nie verziehen. 

Gewifs wird man Finck wegen der unglücklichen Lage, in die 
er geriet, sein Mitgefühl nicht versagen können, wenngleich bei 
einer gewissenhaften Prüfung des vorliegenden Quellenmaterials 
daran kein Zweifel sein kann, dafs er durch eine Reihe verhängnis- 
voller Irrtümer und Versehen diese Lage selbst zum grofsen Teil 
herbeigeführt und den Untergang seines Korps verschuldet hat. 

werden. Über die Angaben Fincks in Betreff der Stärke seines Korps im 
Augenblick der Kapitulation (wenig mehr als 7000 Mann) habe ich schon 
oben S. 70 Anm. 1 gesprochen. Dagegen gaben die österreichischen Listen, 
welche hierüber ausgegeben wurden, nach Tielckes Angaben (S. 25) die 
Gesamtzahl der Gefangenen auf 14 922 Mann an. Von Generalen gerieten 
aufser Finck selbst die Generalmajore Rebentisch, Mosel, Lindstädt, Wunsch, 
Platen, Gersdorf, Bredow und Vasold in Gefangenschaft. Die Summe aller 
Oberoffiziere betrug nach den österreichischen Listen 549. Diesen Listen 
folgen die „Beiträge zur Geschichte der österreichischen Kavallerie 14 S. 409, 
welche den Gesamtverlust der Preufsen auf 9 Generale, 549 Offiziere und 
ca. 14 000 Mann beziffern. Die neueren Darstellungen von preufsischer Seite 
beziffern ihn niedriger, das Generalstabs werk S. 204 auf 10—12 000 Mann, 
Schäfer II, 1. 339 auf 12 000, ebenso hoch Bernhardi (1, 463). Sicher sind in allen 
diesen Zahlenangaben die Gefangenen, welche am 20. während des Kampfes 
und in der Nacht auf den 21. in die Hände der Österreicher fielen, mit ein- 
begriffen. 

l ) Der letztere Punkt ist es vornehmlich, der den König zu seiner 
dauernden Ungnade gegen Finck und seine Genossen veranlafste. Er hat 
dem schon unmittelbar unter dem Eindruck des Ereignisses Ausdruck ge- 
geben in dem kurzen Antwortschreiben, welches er Finck auf dessen Meldung 
über das traurige Ereignis erteilte. (Anhang II, Aktenstück 15 und 16). 
Ebenso hat später das Kriegsgericht auf diese moralische Seite der Sache 
grofsen Nachdruck gelegt, indem es erklärte: „Allein es ist hierbey zu 
erwegen, dafs bey einem ferneren Angriff auf den Feind, wenn solcher auch 
mifslungen wäre, der gröfste Theil des corps ein härteres Schicksahl nicht 
als die Krieges-Gefangenschaft hätte haben können: wobey statt dessen, dafs 
ein gantzes corps im freyen Felde das Gewehr auf eine deshonorirende Weyse 
niedergelegt, die Ehre deren Waffen couserviret und ein exempel zur Übeln 
Nachfolge vermieden worden seyn würde" etc. 



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Gewifs wird man auch dem von ihm selbst geltend gemachten 
Argumente, dafs er der Sache des Königs durch Erhaltung seines 
Korps einen gröfseren Nutzen zu verschaffen gehofft habe, als 
durch dessen völlige Aufopferung, ein gewisses Mafs von Berechti- 
gung nicht versagen können, auf der andern Seite aber mufs doch 
mit Nachdruck betont werden, dafs in einem Kriege, in welchem 
es sich um Existenz und Ehre eines Staatswesens handelt, die 
Rücksicht auf den vermeintlichen Nutzen nicht die allein mafs- 
gebende oder auch nur ausschlaggebende sein darf. An kein Bei- 
spiel aus der Weltgeschichte ist mit bezug hierauf mit gröfserem 
Rechte erinnert worden 1 ), als an das von Thermopylä. In wie 
ganz anderem Lichte würde uns die gesamte Geschichte Spartas 
erscheinen, wenn Leonidas bei Thermopylä — kapituliert hätte! 
Ganz gewifs ist auch der König nicht von jedem Vorwurf frei- 
zusprechen. Die Entsendung des Finckschen Corps in den Rücken 
der feindlichen Aufstellung war, das sagten wir schon, mehr als 
kühn, sie war verwegen bis zum äufsersten. Dafs aber der 
traurige Ausgang keineswegs als notwendige Folge derselben an- 
gesehen werden kann, glauben wir durch unsere vorstehenden 
Untersuchungen nachgewiesen zu haben. 



l ) Bernhardi I, 464. 



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Anhang 



I 



Entstehungsgeschichte der Überlieferung. 

A. Das „Journal von dem Finkischen Corps bey Maxen." 

Die vorstehende Darstellung hat den Versuch unternommen, 
die bisherige Auffassung über das Ereignis von Maxen in mehreren 
nicht unerheblichen Punkten abzuändern und eine neue Grundlage 
für die Beurteilung der einzelnen handelnden Personen zu schaffen. 
Diese Abweichungen von der bisher so gut wie alleinherrschenden 
Anschauung beruhen vornehmlich darauf, dafs die früheren 
Forscher, vereinzelte Ansätze einer grundsätzliehen Quellenkritik 
abgerechnet, allzusehr unter dem Banne der Memoiren-Überliefe- 
rung gestanden und derselben eine Glaubwürdigkeit beigemessen 
haben, welche ihr nicht zukommt. Wohl hat namentlich Bern- 
hardi auf die Ungereimtheiten der Retzowschen Darstellung auf- 
merksam gemacht, aber an eine umfassende und erschöpfende 
Untersuchung darüber, wie denn nun eigentlich unsere Quellen 
zu jener von ihm als irrig erkannten Beurteilung der Ereignisse 
gekommen sind, ist er doch nicht gegangen. Wäre ihm die Tat- 
sache bekannt gewesen, dafs fast unsere sämtlichen geschicht- 
schreibenden Quellen im letzten Grunde mittelbar oder unmittelbar 
auf Finck und seine Umgebung zurückgehen, so würde er damit 
den Schlüssel zu dem sonderbaren Verhalten der zeitgenössischen 
Geschichtschreiber gefunden haben. Diesen Schlüssel durch Klar- 
legung der Entstehungsgeschichte dieser Überlieferung aufzufinden, 
ist die Aufgabe der nachfolgenden Untersuchungen. 

Es wird dabei nicht zu vermeiden sein, den Leser in die 
Einzelheiten der Untersuchung einzuführen, da das Resultat wichtig 
genug ist, um es bis ins kleinste zu begründen. Denn wenn die 
bisherigen Darstellungen ihre vornehmste Grundlage eben in der 
Tatsache gefunden haben, dafs der Verlauf der Katastrophe in 



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allen unseren Quellen im wesentlichen in derselben Weise erzählt 
wird, so mufs diese ganze Grundlage naturgemäfs in sich zu- 
sammenbrechen, wenn es gelingt, nachzuweisen, dafs diese Quellen 
nicht von einander unabhängige, selbständige Berichte sind, sondern 
mehr oder weniger direkt auf dieselbe Urquelle, den Bericht des 
unmittelbar Beteiligten, zurückgehen, also nicht als durchaus 
objektiv, sondern als parteiisch gefärbt zu betrachten sind. 

Uberblickt man das gesamte Quellenmaterial, welches uns 
über die Gefangennahme Fincks bei Maxen erhalten ist, so ist 
bisher, wenn man von den von preufsischer und österreichischer 
Seite in den Zeitungen veröffentlichten „officiellen Bulletins" ') ab- 
sieht, als eine unserer vornehmsten und objektivsten Quellen das 
in der „Sammlung ungedruckter Nachrichten" Teil 2, S. 591 — 608 
abgedruckte „Journal von dem Finkischen Corps bey Maxen im 
Jahre 1759" betrachtet worden. Man meinte annehmen zu können, 
dafs das Journal unmittelbar nach den Ereignissen niedergeschrieben, 
d. h. in der Weise anderer Tagebücher der Art aus Notizen in 
gleichzeitigen Parolebüchern entstanden sei 2 ). Diese Ansicht war 
schon unmittelbar nach dem Erscheinen des zweiten Teils jener 
Sammlung verbreitet und ist die Ursache gewesen, dafs jenes 
Journal, wie wir sehen werden, von den militärischen Memoiren- 
schreibern, vor allem von Tempelhoff, in ausgiebigster Weise be- 
nutzt wurde, während andere Aufzeichnungen verwandter Art, wie 



') Solcher Relationen enthält die „Heldengeschichte Friedrich des An- 
dern 44 , 5. Teil (Frankfurt und Leipzig 1760) S. 1003-1017 von preufsischer 
Seite zwei, deren zweite („Schreiben eines prenfs. Offiziers aus dem Lager bei 
Wilsdruf, 10. Dezember*) jedoch nichts weiter enthält als eine Widerlegung 
der übertriebenen Angaben der österreichischen Relationen über die Anzahl 
der Gefangenen. An derselben Stelle findet sich auch die österreichische 
offizielle Relation, die außerdem noch bei Tielcke und in den „Danziger 
Beiträgen" gedruckt ist. Alle drei Relationen nebst Verlustlisten finden 
sich auch bei Seyfart. 3. Tl. 2. Abtlg. S. 437 ff. 

2 ) Eine ziemlich allgemein gehaltene, zusammenfassende Schilderung 
der Entstehungsart dieser Tagebücher und Journale giebt O. Herrmann in 
der Berliner Inaugural-Dissertation : „Über die Quellen der Geschichte des 
siebenjährigen Krieges von Tempelhoff" 1885; doch ist die Untersuchung weit 
entfernt davon, erschöpfend und vollständig zu sein; so hat Herrmann voll- 
kommen übersehen, dafs Tempelhoff, wie wir sehen werden, bei der Dar- 
stellung des Ereignisses von Maxen das „ Journal" in der „Sammlung nngedr. 
Nachrichten 44 sehr ausgiebig benutzt hat. Vgl. im übrigen meine Besprechung 
der Herrmannschen Dissertation in den „Göttinger Gelehrten Anzeigen" 1886 
No. 19, S. 768 ff. 

HUtoritche Untersuchungen. 7. o 



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— 82 - 



die zwei Jahre später (1784) in der Bellona erschienenen, fast 
unbeachtet blieben. 

Es mnfste daher von der höchsten Bedeutung sein, über 
Wesen und Entstehung dieser, wie es schien, frühesten darstellen- 
den Quelle zu einem klaren Resultate zu kommen. Da fand ich 
nun in dem im Geheimen Staatsarchive beruhenden Nachlasse 
Fincks eine eigenhändig von Finck niedergeschriebene „Relation 
der unglücklichen Action bey Maxen", die ich alsbald durch ein- 
gehende Vergleichung als Grundlage jenes Journals erkannte. Sie 
ist von Finck ungefähr gleichzeitig mit einer Denkschrift nieder- 
geschrieben worden, welche er im Hinblick auf das Verhör, 
welches in der kriegsgerichtlichen Untersuchung gegen ihn vor- 
genommen worden war, aufgezeichnet hat (mitgeteilt im An- 
hang IV). Als Entstehungszeit haben wir also etwa die Jahre 
1763 — 64 anzusehen. Ob die Relation von Finck, wie eigen- 
händig geschrieben, so auch verfafst ist, läfst sich nicht fest- 
stellen, doch spricht die Wahrscheinlichkeit dafür. Das in der 
„Sammlung ungedruckter Nachrichten" veröffentlichte „Journal" 
ist nun zweifellos nichts anderes, als eine Überarbeitung jener 
Relation im Finckschen Nachlafs. Und zwar hat es sich der 
Herausgeber des „Journals" sehr bequem gemacht; er hat ganze 
Seiten lang die Relation wörtlich abgeschrieben, an einigen an- 
dern Stellen hat er einige nicht erhebliche Kürzungen vor- 
genommen. Namentlich hat er den Schlufs der „Relation", 
welcher doch eine gar zu einseitige Verherrlichung von Fincks 
Verhalten in sich schlofs, ganz weggelassen. Der Anfang ist ein 
wenig gekürzt. Sonst sind die Abweichungen wenig erheblich. 

Am leichtesten und bequemsten würde es ja nun sein, den 
Beweis dafür, dafs das „Journal" im wesentlichen nur eine Über- 
arbeitung der „Relation" ist 1 ), direkt anzutreten, d. h. die in 

*) Dieselbe Relation findet sich aufser im Nachlasse Fincks noch in 
einem zweiten, dem „Journal" in der „Sammlung ungedruckter Nachrichten" 
noch näher stehenden, von Schreibers Hand stammenden Exemplar in der 
Rep. 63, 85 des G. St. A. Doch lege ich der Vergleichung mit dem „Journal" 
naturgemäfs die von Finck selbst niedergeschriebene Fassung (A) zu Grunde. 
Die andere Fassung (B) könnte geradehin als eine Abschrift des „Journals" 
betrachtet werden. Möglich wäre es indes auch, dafs die letztere die un- 
mittelbare Grundlage des „Journals" gewesen wäre; damit würde aber 
unsere Beweisführung in der Hauptsache nicht abgeändert, sondern nur 
um eine Instanz verschoben werden. Beruht das „Journal" auf der Fassung B. 
sind diese beiden als identisch aufzufassen, so beweise ich mit der Ver- 



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- 83 — 



beiden vollkommen wörtlich übereinstimmenden, oft Seiten langen 
Stellen nebeneinander zn setzen. Um aber jedem Einwände 
gegen meine Beweisführang von vornherein zn begegnen, ziehe 
ich es vor, den Beweis indirekt zu führen, d. h. erst alle Ab- 
weichungen ohne Ausnahme zusammenzustellen und zu zeigen, 
dafs auch die stärksten derselben immer noch des Uberein- 
stimmenden so viel haben, dafs man selbst auf Grund dieser 
nicht wörtlich übereinstimmenden Stellen auf eine innere Ver- 
wandtschaft der beiden Quellen schliefsen könnte, dafs aber sicher 
keine derselben geeignet ist, gegen eine solche Verwandtschaft 
zu zeugen. Alle unter den Abweichungen nicht angeführten 
Stellen stimmen absolut wörtlich überein. Am Schlüsse stelle 
ich dann zur Ergänzung noch zwei längere Stellen dieser Art zu- 
sammen und ergänze so die indirekte Beweisführung durch die 
direkte. 

Der Leser wolle sich die Mühe nicht verdriefsen lassen, nun- 
mehr mit mir in die Einzelheiten der Untersuchung einzutreten. 

Ich erwähnte schon, dafs die erste Abweichung sich gleich 
am Anfang findet, der in der „Relation" ein klein wenig aus- 
fuhrlicher ist als im Journal. 

Der Anfang lautet in der „Relation": „Der General Lieute- 
nant von Finck hatte die ordre vom Könige, mit seinen Corps 
hinter der feindlichen Armee vorzurücken und den Posten bey 
Maxen zu occnpiren. 

Nachdem er nun den 15t. Novembre 1759 bey Dippolds- 
widda angekommen, daselbst ein Corps derer Reichs-Trouppen 
unter den Printz von Stolberg gezwungen sich zurückzuziehen, 
defsen arriere garde 2 Canons abgenommen und unterschiedene 
Gefangene gemacht , so detachirte Er den 16ten den General 
Wunsch mit der Avantgarde nach Maxen; selbige bestand aus 
3 Grenadier-Battaillons, Benckendorff, Willemey und Kleist, dem 



gleichung mit der von Finck niedergeschriebenen, dafs Fassung B aus 
Fassung A geschöpft ist; da nun Fassung B mit dem „Journal* identisch 
ist, so beruht alsdann auch das Journal indirekt auf der Fassung A. Das 
Verhältnis ist also entweder: 

Fassung A 

Fassung A _ ~ T 

— oder Fassu ng B 

Fassung B. Journal. ■• '. 

Journal. 

In beiden Fallen steht der Zusammenhang des „Journals" mit Fassung A 
fest, und nur auf diesen kommt es an. 

6* 



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Regiment von Cassel, denen Dragonern von Platen und Würten- 
berg, 7 Esquadrons Hussaren von Gersdorff, und den Frey-Ba- 
taillon von Salenmon; unsere Hussaren bekamen hierbey einen 
Adjutanten des General Brentanow und etliche Gemeine gefangen." 
(S. 1 des Mscr.). Das „Journal" hat hierfür (S. 591/92) folgende 
kürzere Fassung: „Den 15. November stand das Finkische Corps 
bey Dippoldswalde, die Armee des Königs aber bey Wilsdruf und 
Neustadt, ohnweit Meifsen. Da nun dieses Corps noch weiter 
hinter die feindliche Armee vorrücken sollte, so wurde der Gene- 
ral-Major von Wunsch den 16ten mit den 3 Grenadier-Bataillons 
von Benekendorf, Willemai und Kleist, mit dem Regiment von 
Cassel, den Dragoner -Regimentern v. Platen und Würtemberg, 
7 Escadrons Husaren von Gersdorf und dem Freybataillon 
v. Salenmon als eine Avantgarde nach Maxen geschickt. Unsere 
Husaren bekamen hierbey einen Adjudanten vom Gen. Brentano 
und etliche Gemeine gefangen." Mit dem letzten, wörtlich über- 
einstimmenden Satz gehen die beiden Darstellungen ineinander 
über. 

Diese Ubereinstimmung ist dann 1 '/ a Seiten lang eine absolut 
wörtliche mit folgenden winzigen, rein stilistischen Ausnahmen: 



Journal S. 592. 

Der Feind verliefs Dohna nach 
einigem Widerstand. 

Ebda. 

viele Cavallerie und Seiten- Pa- 
trouillen. 

Ebda. 

aus der Stadt Dohna das Frey- 
bataillon wieder herauszog. 

Ebda, 
v. Horn und Bredow. 

S. 593. 

mit dem Grenad.-Bat. v. Billerbeck. 



Relation, Mscr. fol. la. 

Der Feind verliefs nach einigen 
Wiederstand die Stadt. 

Ebda. fol. la u. b. 

viel Cavallerie mit starcken Sey- 
then-Patrouillen. 

Ib. 

das Frey-Bataillon aus der Stadt 
wieder herauszog. 

Ebda. 

von Bredow und Horn. 

Ebda. 

mit dem Grenadier-Battaillon von 
Homboldt (welches hernach Biller- 
beck genannt wurde). 

Dann folgt eine ganz kleine, unwesentliche sachliche Ab- 
weichung. Es heifst: 



Journal S. 593. 
2. Bat. v. Rebentisch und 1. Bat. 
von Schenkendorf von Dippolds- 



Relation lb. 

2 Batt. Rebentisch von Dippolds- 
walda nach Maxen. Das BattaiUon 



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— 85 — 



walde nach Maxen; den Gen.-Major 
v. Landstadt aber liefs er mit 3 
Bataillons v. Lehwald, Hülsen, v. 
Knobloch nnd mit dem Kürassier- 
Regiment von Vasold in Dippolds- 
walde stehen, damit die Strafse 
von Freyberg offen erhalten würde 
und die Proviantwagen zum Corps 
nach Maxen sicher gehen konnten; 
wobey er den Major v. Haugwitz, 
welcher in dem Dorfe Ober-Häfslich 
mit 3 Escadrons postiret war, die 
Ordre ertheilte, beständig mit ver- 
schiedenen Patrouillen gegen Pos- 
sendorf u. Rabenau zu patrouilliren, 
um bey Zeiten von allen feind- 
lichen Bewegungen Nachricht zu 
erhalten. n 



von Schenckendorff und die Cui- 
rassiers von Vasold aber musten 
unter Commando des General Va- 
sold in Dippoldswalda stehen blei- 
ben, zu welchen der General-Major 
von Lindstädt mit denen 3 Bat- 
taillons von Lehwald, Hülsen und 
Knobloch diesen Tag nach Dip- 
poldswalde kommen sollten. Der 
General-Lieutenant liefs in der Ab- 
sicht diese Trouppen zurück, damit 
die Strafse von Freyberg offen er- 
halten würde und Er die Commu- 
nication mit dem Könige behielte, 
auch die Proviant- Wagens zu dem 
Corps nach Maxen sicher gehen 
konten; wobey Er den Major von 
Hauckwitz, welcher in den Dorffe 
Ober-Haeselich mit 3 Esquadrons 
Hussaren postiret war, die ordre 
ertheilte, beständig viele Patrouillen 
gegen Possendorff und Rabenaw 
zu schicken, um bey Zeiten von 
allen feindlichen Bewegungen Nach- 
richt zu bekommen." 

Man ersieht, dafs der Schlufspassus schon wieder die wört- 
liche Übereinstimmung zeigt; die einzige kleine Differenz betrifft 
die Postierung des Bataillons Schenckendorf. Es liegt indessen 
auf der Hand, dafs es sehr wohl möglich ist, dafs der Heraus- 
geber des „Journals" im stände sein konnte, seine Vorlage nach 
eigener Kenntnis zu verbessern. 

Sofort folgt dann (S. 594 des „Journals") wieder wörtliche 
Übereinstimmung; nur hat die „Relation" zwischen „sähe man" 
und „in der Feme" noch die Worte „von der Maxener Höhe", 
welche im „Journal" fehlen; statt „heran rücken" „hervor 
kommen", zwischen „Battaillons und Escadrons" und „rückten bey 
Maxen ins Lager" hat die „Relation" noch die Worte „con- 
jungirten sich mit der Avantgarde." Im nächstfolgenden Satz ist 
die Abweichung wieder ein wenig gröfser. 



Journal S. 594. 

„Das Regiment von Cassel, das 
Freybataillon und 3 Escadrons Hu- 
saren aber marschirten noch den- 



selben Nachmittag mit dem Gen.- quadrons Hussaren abermahl de- 



Relation S. 2 a. 

Der General Wunsch wurde mit 
das Regiment von Cassel, das Frey- 
Battaillon von Salenmon und 3 Es- 



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— 86 — 



Maj. von Wunsch nach Dohna, 
welches der Feind mit Croaten 
wieder besetzt hatte, die man aber- 
mals heraus jagte und Dohna da- 
gegen mit den 3 Bataillons besetzte. 

Den 18. Nov. erhielt der Gen.- 
Lieutenant Befehl, die in Dippolds- 
walde stehende Bataillons und das 
Regiment von Vasold an sich zu 
ziehen. 

Er gab dem General v. Lind- 
städt hiervon sogleich Nachricht, 
welcher auch noch denselben Tag 
mit den Bataillons und Escadrons 
im Maxner Lager ankam" etc. 



tachiret, noch denselben Nachmit- 
tag nach Dohna zu marchiren, 
welches der Feind mit Croaten 
wieder besetzt hatte, die es aber 
auf dessen Annäherung verliefsen, 
der General Wunsch besetzte hier- 
auf die Stadt und die Schantze 
hinter derselben, die 3 Esquadrons 
Hussaren wurden gegen Mügeln, 
Gamich und Grofs-Sedlitz postiret. 

Den 18. erhielte der General- 
Lieutenant von Finck vom Könige 
Befehl, die in Dippoldswalda 
stehende Battaillons und Esqua- 
drons an sich zu ziehen. 

Er gab dieserwegen den Ge- 
neral Lindstädt und Vasold sogleich 
ordre aufzubrechen, welche auch 
noch selbigen Tages mit denen 
I 4 Battaillons und dem Vasoldschen 
Cuirassier-Regimente im Lager bey 
I Maxen ankamen. 

Daun folgen nur noch ganz geringe Abweichungen. „Da- 
gegen dem General v. Wunsch die 2 Bataillons" etc. (Journal), 
„dagegen den General Wunsch auf sein Verlangen die 2 Batt." 
(Relation), „unterschiedliche Angriffe" (Journ.), „unterschiedene 
Angriffe" (Relation) etc. 



Journal 594/595. 

Der General von Wunsch liefs 
das Regiment v. Münchow auf der 
Anhöhe bey Ploschwitz aufmarschi- 
ren und daselbst die Nacht über 
bleiben. 



Relation fol. 2 a. 

Das Regiment von Münchow 
marchirte auf der Ploschwitzer 
Anhöhe auf und blieb die Nacht 
über bey den Gewehre stehen. 



Dagegen fehlt S. 595 des Journals ein ganzer Satz, welcher 
in der „Relation" steht. 



Journal 595. 

„Dippoldswalde ward diesen 
Abend durch die 2 Bataillons 
v. Grabow und v. Zastrow, so die 
Proviantwagen vom ganzen Corps, 
mit Brod beladen, von Freyberg 
escortiret hatten, wieder besetzt." 



Relation f. 2 a. 

Dippoldswalde war diesen 
Abend durch die 2 Battaillons von 
Grabow und Zastrow, so die Pro- 
viant-Wagens mit Brodt beladen 
von Freyberg escortirten, wieder 
besetzt worden, auch hatte der Ge- 
neral-Lieutenant den Major Hauck- 
witz mit 3 Esquadrons Hussaren 



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- 87 — 



in Ober-Häselich stehen lassen, um, 
wie schon gemeldet, die gehörige 
Patrouillen zu thun und auf alle 
feindliche mouvements ein auf- 
merksames Auge zu haben." 

Doch ist die Auslassung nicht so auffallend, weil dieselbe 
Nachricht schon früher berichtet war, so dafs die Wiederholung 
vom Herausgeber des „Journals" als überflüssig ausgelassen werden 
konnte. 



S. 595 hat das „Journa 



statt des in der „Relation' 



an- 



gegebenen falschen Ortsnamens Ringelshayn den richtigen Rein- 
holzhain substituiert; kurz darauf lälst das Journal die in der 
Relation stehenden Worte „gar wohl" aus; dagegen zeigt sich 
wieder eine gröfsere Abweichung bei der Angabe der Regimenter, 
welche den Proviantwagen entgegenmarschieren sollten. 



Journal 595. 

so befahl der Gen.-Lieutenant, dafs 
zu derselben mehrerer Sicherheit 
der Gen.-Major v. Platen mit den 
Dragonern v. Würtembcrg und den 
3 Grenadier -Bataillons von Kleist , 
v. Billerbeck, v. Bcnekendorf ohne 
Anstand den Proviantwagen auf der 
Strafse nach Reinholzhain entgegen 
marschiren sollte; dem Major 
v. Haugwitz aber wurde die Ordre 
geschickt, die feindliche Vor- 
truppen so lange als möglich durch 
ein und andere Bewegung aufzu- 
halten, und sich hierbey mit dem 
Transport der Brodwagen gegen 
Reinhardsgrimme zurück zu ziehen. 



Relation 2 b. 

so befahl der General-Lieutenant, 
dafs zu derselben mehrerer Sicher- 
heit der General-Major von Platen 
mit denen Dragoner von Würten- 
berg und dem Cürassir-Regimente 
von Horn, desgleichen der General 
von Mosel mit denen Grcnadier- 
Battaillons von Billerbeck und 
Benckcndorff ohne Anstand denen 
Proviant -Wagens auf der Strafse 
nach Ringelshayn entgegen mar- 
chiren sollte; dem Major v. Hauck- 
witz aber wurde die ordre ge- 
schickt, die feindliche Vor Trouppen 
so lange als möglich aufzuhalten 
und sich nächstdem mit der Es- 
corte derer Proviants-Wagens zu 
conjungiren." 



Am Schlufs von S. 595 hat das Journal die Worte „nach 
einigen gehabten kleinen Attaken" eingeschoben, welche die Re- 
lation nicht hat. 

Dann aber folgt eine Stelle, an welcher die Abweichungen 
beider Darstellungen in der Ausdehnung fast einer Seite ziemlich 
starke sind, wenngleich sich noch immer zahlreiche wörtliche 
Anklänge finden. Das Journal ist meist kürzer und stellt sich 
im allgemeinen als ein Exzerpt aus der Relation dar, hat aber 



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auch einige kleine, aber ganz unerhebliche Zusätze, die der Her- 
ausgeber desselben sehr wohl aus eigener Erinnerung hinzugefügt 
haben kann. 



Journal 596. 

Der General-Lieutenant v. Fink 
beobachtete unterdessen von der 
Anhöhe bey Hausdorf, dafs das 
über Wendisch-Carsdorf heran mar- 
schirende feindliche Corps ver- 
schiedene Bewegungengegen 
Dippoldswalde machte und 
starke Vorposten gegen Rein- 
hardsgrimme anrücken liefs; 
dahero dem General-Major 
von Platen die Ordre zuge- 
schickt wurde, disseits Rein- i 
hartsgrimme mit den Ba- 
taillons undDragonern stehen 
zu bleiben und das Dorf be- 
setzt zu halten. 

DieSpions und Deserteurs 
meldeten, dafs sich der Feld- 
marschall Daun bey diesem 
feindlichen Corps befände, 
dafs dieses Corps gegen 
30 000 Mann stark sey, viele 
Artillerie bey sich führe und 
die Preufsen auf der Seite bey 
Hausdorf angreifen wollte, 
sobald die Reichsarmee bey 
Dohna und der General von 
Brentano zwischen Dronitz 
und Wittgendorf attakiren 
würden. Der Gen eral-Lieute- 
nant v. Fink kehrte also alle 
mögliche Anstalten vor und 
wollte anfänglich die bey- 
den Anhöhen gegen Drohnitz 
und Wittgendorf oecupiren, 
weil diese Höhen alle das 
übrige Terrain zu bestreichen 
schienen; allein, solches zu 
bewerkstelligen, fehlte es an 
hinlänglichen Truppen etc. 



Relation fol. 2 b und 3 a. 

Da nun das feindliche 
Corps gegen Dippoldswalda 
seinen march fortsetzte und 
gegen Reinhardsgrim starcke 
Vorposten vorrücken liefs, so 
befahl der General-Lieutenant 
denen Generals von Platen und 
Mosel mit denen bey sich 
habenden Battaillons und Es- 
quadrons diesseith Reinhards- 
grim stehen zu bleiben und 
das Dorff vor sich wohl be- 
setzt zu behalten; sie behielten 
zu dem Ende noch das Bataillon 
von Zastrow bey sich, das Bat- 
taillon von Grabow mustc Haus- 
dorff besetzen, ingleichen den Berg 
hinter diesen Dorffe gegen die 
Teuffels-Mühle und die Proviant- 
wagens nach dem Lager fahren; 
der General-Lieutenant hatte hier- 
bey die Absicht, im Fall ihm der 
Feind attaquiren wollte, so viel als 
möglich selbigen aufzuhalten, seinen 
march beschwerlich zu machen und 
Zeit zu gewinnen, damit der König 
von diesen gefährlichen mouvement 
des feindes noch zu rechter Zeit 
Nachricht bekommen könte. Die 
Espions und Deserteurs mel- 
deten, dafs sich der Fcld- 
marschall Daun bey diesen 
feindlichen Corps selbst be- 
finde, dafs, nachdem das 
gantze zweyte Treffen sich 
in der Nacht mit dem Corps 
de reserve von Sincere con- 
jungiret hätte, dieses Corps 
gewiss 30000 Mann starck 
sey, vile Artillerie bey sich 
führe und die Preufsen auf 
der Seythe von Hausdorff an- 



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— 89 - 



greiffen wollte, so bald die 
Reichs-Armee bey Dohna und 
der General Brentanow zwi- 
schen Dronitz und Wittgen- 
dorff attaquiren würden. 

Nachdem nun durch dieses 
feindliche mouvement dem Corps 
des General-Lieutenants die Retraite 
nach Freyberg und des Königs 
Arm6e abgeschnitten war, so re- 
solvirte der General-Lieutenant von 
Finck den Feind in seinen Posten 
zu erwarten, in Hoffnung, der 
König würde en faveur seiner 
mit der gantzen Macht gegen der 
Weiseritz vorrücken, wodurch Er 
unfehlbahr würde Lufft bekommen 
haben. Er kehrte dahero alle 
mögliche Anstallten vor und 
wollte anfänglich die beyden 
Anhöhen bey Hausdorff oc- 
cupiren, den rechten Flügel 
aber vor Maxen auf die An- 
höhen gegen Dronitz und 
Wittgendorff postiren; allein 
solches zu bewerkstelligen 
fehlte es an hinlänglichen 
Trouppen. 



Das Folgende stimmt wieder vollkommen wörtlich überein, 
nur dafs bei der Aufzählung der 5 Bataillone (Journal 596 gegen 
Ende) die beiden Bataillone Kleist und Benekendorf ihre Stellen 
getauscht haben. Hinter „die linke Flanke" etc. (Journal 596, 
Z. 4/5 von unten) hat die Relation „von diesen 5 Battaillons", 
statt „Finksche Regiment" hat die Relation „das Battaillon von 
Finck", statt „bedeckte" „besetzte"; dann heifst es weiter: 



Journal 596/97. 

„Gegen die rechte Flanke dieser 
5 Bataillons sollte sich das Regi- 
ment v. Rebentisch postiren, der- 
gestalt, dafs es die Anhöhe gegen 
Lungwitz einnehme; an den 
rechten Flügel von Rebentisch 
sollte das Bataillon v. Schenken- 
dorf, ferner, nach der Schmors- 
dorfer Anhöhe, die schwere Ka- 



Relation fol. 3 a. 

Gegen die rechte Flanque dieser 
5 Battaillons sollten sich die 2 Bat- 
taillons von Rebentisch und 1 Bat- 
taillon Schenckendorff postiren, der- 
gestallt, dafs sie die Anhöhen gegen 
Lungwitz einnehmen, um von der 
Seythe denen feindlichen entreprisen 
t£te zu biethen oder auch ä porte 
zu seyn die vorbemeldcte 5 Bat- 



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— 90 — 



vallerie aufmarschiren, vor welcher 
Linie die Platenschen Dragoner 
und 6 Escad. Husaren sich 
setzen sollten. Zur Bedeckung der 
Kavallerie und des rechten Flügels 
war der General - Major von 
Lindstädt mit den Bataillons 
von Lehwald, Hülsen und 
Knobloch auf den Anhöhen 
von Schmorsdorf postiret, 
welchen allen das Bataillon 
von Willemai den Rücken 
deckte, falls sich durch die 
Gründe von Wesenstein und 
Häselich etwas Feindliches 
heran nahen wollte. Der Ge- 
neral von Wunsch sollte sich mit 
den Regimentern von Münchow 
und Cassel, 1 Escad. Husaren, 
dem Freybataillon von Salenmon 
und 4 1 2 pfündigen Kanons bey 
Dohna gegen die Reichs -Armee 
setzen' 1 . 



taillons zu souteniren. An den 
rechten Flügel von Schenckendorff 
gegen die Schmorsdorffer Anhöhen 
zu, als den eintzigen Orth, wo die 
Cavallerie terrain hatte zu agiren, 
sollten die 15 Esquadrons schwerer 
Cavallerie aufmarchiren und hinter 
selbige im zweyten Treffen das Re- 
giment jung Plathen Dragoner und 
4 Esquadrons Hussaren von Gers- 
dorff. Ueber der Cavallerie be- 
setzte der General-Major von 
Lindstädt die Schmorsdorffer 
Anhöhen mit die 3 Battaillons 
von Knobloch, Hülsen und 
Lehwald, das Grenadier-Bat- 
taillon von Willemay wurde 
so postiret, dafs es den Rücken 
deckte, fals sich durch die 
Gründe gegen Wesenstein und 
Häselich etwas feindliches 
heran nahen wollte, auch dafs 
man es gebrauchen konte, wo es 
der General-Lieutenant in der Action 
vor nöthig befinden würde. Der 
General von Wunsch sollte mit 
2 Battaillons von Cassel, 2 Bat- 
taillons Münchow, ein frey Bat- 
taillon von Salenmon und 3 Esqua- 
drons Hussaren bey Ploschwitz 
stehen bleiben, um der Reichs- 
Armee die Passage bey Dohna zu 
verhindern und den General-Lieute- 
nante wenigstens von dieser Seythe 
sicher zu stellen; es wurden ihm 
zu dem Ende aufser denen Regi- 
ments-Canons noch 4 Zwölffpfünder 
mitgegeben. tt 

Auch an dieser längeren Stelle, diö wir hier aus der Relation 
und dem Journal zusammengestellt haben, ist des Übereinstimmen- 
den so viel, dafs man schon auf Grund derselben eine innere Ver- 
wandtschaft beider Quellen annehmen könnte. Diese Stelle ist 
aber ohne allen Zweifel diejenige, welche noch die meisten Ab- 
weichungen zeigt. Im folgenden wird die Ubereinstimmung schon 
wieder bedeutend gröfser, wenn auch nicht so absolut wörtlich, 
wie dies am Anfang beider zuweilen Seiten lang der Fall war. 



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- 91 - 



Im nächsten Absatz des Journals hat die Relation statt „bey der 
Redoute" „bey der alten Fleche" und auch sonst hier und da 
ähnliche Abweichungen, darunter eine kleine sachliche, indem das 
„Journal" die 2 nach der „Relation" auf der Anhöhe vor dem 
Schenckendorfschen Bataillon aufgestellten Batterien nicht er- 
wähnt. Sonst ist die Ubereinstimmung wörtlich. Merkwürdig 
ist, dafs die beiden letzten kleinen Absätze auf S. 597 des 
Journals in der „Relation" fehlen. Dann aber wird die Uberein- 
stimmung wieder eine bis auf unwesentliche stilistische Ab- 
weichungen wörtliche. Man vergleiche: 



Journal 598. 

Gegen Abend sähe man das 
Oesterreichische Corps gegen Dip- 
poldswalde ein Lager beziehen, 
wobey sich verschiedene seiner Vor- 
posten zurücke zogen. 

Der General -Lieutenant be- 
mühete sich inzwischen durch Hu- 
saren und abgeschickte Landleute 
Sr. Königl. Majestät von allem die 
gehörige Nachricht zu ertheilcn. 
Allein die mehresten von diesen 
kamen die Nacht wieder zurück 
mit dem Vermelden, dafs die Wege 
überall durch die feindlichen Vor- 
posten besetzt wären. Ein ge- 
meiner Husar aber kam den Abend 
noch mit Briefen von dem Husaren- 
Obristen von Kleist an, worinnen 
er berichtete, dafs er seine Expe- 
dition in Böhmen glücklich ausge- 
führt habe. Weil nun dieser 
Husar der Gegend sehr kundig 
war, so wurde solcher an Se. Königl. 
Majestät in der Nacht mit Briefen 
gleich wieder zurück geschickt. 



Relation 3 b u. 4 a. 

Man sähe das Oesterreichische 
Corps ein Lager in den festen 
Posten bey Dippoldswalde be- 
ziehen, wobey sich verschiedene 
Vorposten zurück zogen. 

Der General-Lieutenant ver- 
säumte bey diese Umstände keinen 
Augenblick und wendete alle Mühe 
an, um dem Könige durch Hussa- 
ren, sichere abgeschickte Land 
Leuthe und Espions von allen 
Nachricht zu geben, sehr viele aber 
kamen in der Nacht zurück mit 
dem Vermelden, dafs, weil alle 
Wege und Stege von den feind- 
lichen Vorposten besetzt wären, sie 
nicht hätten durchkommen können. 
Ein grüner Hussard kam aber den 
Abend noch mit Briefife von den 
Obristen von Kleist an, worin der- 
selbe berichtete, dafs er seine in 
Böhmen gehabte Expedition eines 
Theils glücklich ausgeführet hätte; 
weil nun dieser Hussard der Gegend 
sehr kundig war, so wurde solcher 
am Könige in der Nacht mit 
Briefe gleich wieder zurück ge- 
schickt. 



Die beiden nächsten Seiten, Journal S. 598 Absatz 3 bis 
S. 600 Absatz 2 incl. und die entsprechenden Stellen der Re- 
lation zeigen absolut wörtliche Ubereinstimmung mit wenigen (im 
ganzen 5 — 6 einzelne Worte oder Umstellungen) nicht erwähnens- 



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— 92 — 



werten Abweichungen. Hinter Absatz 2 auf S. 600 folgt in der 
Relation noch der Satz: „Alle diese Hindernifse, da man den 
feind das terrain Fufs vor Fufs disputirte, machten, dafs er seine 
Haupt- Attaque nicht ehr als zu Mittage anfangen konte." Der 
ganze nächste Absatz stimmt wieder wörtlich, das dann Folgende 
in der Hauptsache überein; nur sagt das Journal, die Kanonade 
habe „bereits eine Stunde" gedauert, während die Relation von 
einer „starken halben Stunde" spricht. Sonst geht die Uberein- 
stimmung die ganze Seite 601 des „Journals", Seite 5 a der „Re- 
lation" durch. Nur auf der letzten Zeile von S. 601 des „Jour- 
nals", S. 5 a der Relation zeigt sich eine bemerkenswerte Ab- 
weichung. Hier macht die Relation dem General Gersdorff einen 
Vorwurf, den der die Relation benutzende Herausgeber des Jour- 
nals wohl für ungerechtfertigt hielt und deshalb wegliefs. Die 
ersten Worte des Satzes „Die Dragoner von Würtemberg" sind 
noch beiden gemeinsam, dann aber heifst es in der Relation 
weiter: „und die 3 Esquadrons Hussaren, welche hinter diese 
Battaillons postiret waren, um, wenn was vom Feinde durch- 
kommen sollte, solchen gleich zu repoussiren, waren aus einer 
übelen Beurtheilung des Generals von Gersdorff, um sie vor der 
hefftigen Canonade in etwas sicher zu stellen, ohne des General 
Lieutenants Wifsen von dorten weggezogen und mehr rückwerts 
postiret worden, dafs sie also zu späthe kamen, wie sie auf den 
eindringenden Feind einbauen sollten; zum Unglück wurde der 
Obriste von Münchow, Commandeur dieses Regiments, hart 
blessiret, wodurch die Esquadrons in Unordnung geriethen und 
diese Attaque, so alles gleich wieder hätte herstellen können, 
lief fruchtlofs ab." Der letzte Satz über Münchows Verwundung 
steht dann wieder im „Journal" S. 602, dessen Herausgeber also 
der Verwundung Münchows die alleinige Schuld am Mifsglücken 
der Attaque zuschreiben wollte. 

Dann folgt wieder wörtliche Ubereinstimmung; nur nennt 
das Journal S. 602 Abs. 3 statt des von der Relation angeführten 
Benekendorfschen das Kleistsche Bataillon neben dem Finckschen, 
und ebenso auf S. 603 Abs. 2 und 604 Abs. 3. Diese wörtliche 
Übereinstimmung erstreckt sich wiederum auf fast volle drei Seiten, 
in denen kaum hier und da eine einzelne Redewendung abweicht. 
Nur das Fehlschlagen der Kavallerie-Attaque (Journal S. 604, 
Relation Fol. 6a) wird in der Relation ausführlicher als im Jour- 
nal geschildert, jedoch so, dafs man unzweifelhaft erkennt, dafs 



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— 93 — 



auch hier die erstere dem letzteren zu Grunde liegt. Man ver- 
gleiche: 



Journal S. 604. 

Anfänglich schien sie (seil, die 
Attake) nach Wunsch auszuschla- 
gen ; da sich aber unsere Kavallerie 
rechts weg zog, verlor sie hierdurch 
das nöthige Terrain und wurde 
vom Feind über den Haufen ge- 
worfen, ehe sie ihre Attake recht 
angefangen hatte. Die Husaren 
und Kürassiers zogen sich bey den 
Teichen durch den kleinen Grund 
auf die dasige Anhöhe zurück, wo- 
selbst sie sich wieder setzten. 



Relation Fol. 6 a. 

Anfänglich schien auch die 
Attaque der Cavallerie nach Wunsch 
auszuschlagen; da sie sich aber 
zu weit rechts zog, verlohr sie das 
gehörige Terrain und ward vom 
Feinde über den Hauffen geworfen; 
der General von Bredow raillirte 
sie zwar wieder und versuchte et- 
liche mahl einen neuen Angriff, 
welches aber allezeit fruchtloss ab- 
lief; sie giengen endlich bey denen 
Teichen vorbey durch den Grund 
auf die dasige Anhöhe zurück, 
woselbst sie sich wieder setzten, 
sie hatten aber dadurch so viel 
Terrain verlohren, dafs sie während 
der gantzen Action zu nichts mehr 
zu bringen und gebraucht werden 
konten. 

Der ganze nächste Absatz zeigt wieder vollkommene Über- 
einstimmung; dagegen werden die Mafsregeln, welche Finck nun- 
mehr ergriff, in der Relation wieder ein wenig ausführlicher in 
apologetischer Weise geschildert, während das Journal hier ein 
wenig kürzt. 



Journal 604/605. 

Dem Generallieutenant v. Fink 
blieb also nichts mehr hierbey 
übrig, als auf eine geschickte Re- 
traite bedacht zu seyn. Er liefs 
dahero alles, was man von Kano- 
nen noch hatte, auf die Schraors- 
dorfer Anhöhe auffahren und brachte 
unter deren beständigen Feuer den 
Rest der Bataillons zurück. 

Der Feldmarschall Daun bekam 
hierdurch Gelegenheit sich mit dem 
Brentanoschen Corps zu vereinigen. 
Er erneuerte seinen Angriff gegen 
die Bataillons des Generals von 
Lindstädt und jagte solche von den 
Schmorsdorfer Anhöhen herunter, 



Relation 6 b und 7 a. 

Der General-Lieutenant v. Finck 
resolvirte also sich auf die Schmors- 
dorffer Höhen zu setzen und da- 
selbst sich biss auf den letzten 
Mann zu wehren. Er Hesse da- 
hero alles, was man noch von Ca- 
nons hatte, auf und bey diese 
Höhen auffahren und brachte unter 
deren beständigen Feuer den Rest 
derer Battaillons zurück; und da 
dieses des General-Lieutenants letzte 
ressource war, so wendete Er auch 
doppelte Kräffte an, um alles in 
Ordnung zu bringen und den Feind 
bey einen neuen Angriff gehörig 
zu empfangen. 



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— 94 — 



worauf sich mit der einfallenden Der Feldmarschall Daun bekam 
Nacht die Action endigte. hierdurch Gelegenheit sich mit dem 

Der Generallieutenant v. Fink Brentanowschcn Corps zu ver- 
suchte die Bataillons einigermafsen einigen. Er erneuerte seine An- 
wieder zu formiren. griffe von allen Seythen gegen die 

Schmorsdorffer Anhöhen, da denn 
nach einer hartnäckigen Gegen- 
wehr die Brigade des General von 
Lindstädt leider auch zum weichen 
gebracht wurde. Der Obrist Lieute- 
nant von Petersdorff warf sich 
zuletzt noch mit das Battaillon 
von Lehwald in das Dorff Schmors- 
dorff und that aus selbigen die 
tapfferste Gegenwehr, wodurch auch 
die feindliche Cavallerie abgehalten 
wurde in die in Unordnung ge- 
rathene Bataillons einzuhauen, da 
sonsten noch denselben Abend alles 
zerstreut und gefangen würde ge- 
nommen seyn; endlich aber sähe 
dieses Battaillon sich auch ge- 
zwungen das Dorff zu verlassen, 
worauf sich mit der einfallenden 
Nacht die Action endigte. 

Der Feind occupirtc nunmehro 
das Dorff Schmorsdorff und die 
Höhen dabey; der General-Lieute- 
nant von Finck hingegen suchte 
sein unglückliches Corps bey 
Falckenhayn und Ploschwitz, wo 
der General Wunsch stand, wieder 
zu samlen und einigermafsen zu 
formiren; seine Flanquen waren 
zwar durch Gründe gedeckt, vor 
seine Fronte war aber alles offen, 
und die Höhen, welche der Feind 
vor ihm occupirte, waren nur einen 
halben Canonen-Schufs von Ihm ent- 
fernet; einen andern Posten zu 
nehmen war nicht möglich, weil 
der Feind alles besetzt hatte. 

Im folgendem herrscht wieder vollkommene Ubereinstimmung. 
Nur folgender Satz zeigt einige, wenngleich nicht erhebliche Ab- 
weichungen: 



Journal 605. 

Der Generalmajor von Wunsch 
hatte mit den 4 Bataillons ein 



Relation 7 a. 

Der General Wunsch hatte in- 
dessen bey Ploschwitz eine hefftige 



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— 95 — 



besseres Glück gehabt: die Reichs- 
armee, welche ihn von 10 Uhr des 
Morgens bis in die Nacht auf ver- 
schiedene Weise attakirt, war nicht 
diesseits dem Dohnaschen Grund 
gekommen. 



Canonade von der Reichs-Armee 
ausgestanden, welche Er bestmög- 
lichst beantwortete, solche auch in 
solchen Respcct erhielte, dafs sie 
sich nicht getraueten den Grund 
von Dohna zu passiren. 



Der Rest von S. 605 und die ersten Absätze von 606 des 
Journals stimmen wieder genau mit der Relation (Fol. 7 b) über- 
ein, nur steht bei der Angabe der Stärke des Restes des Finck- 
schen Korps in der Relation noch, dafs in der bei beiden an- 
gegebenen Zahl (2836) die Truppen des Generals Wunsch nicht 
mit einbegriffen seien, dafs das Korps im ganzen genommen aber 
nicht viel über 7000 Mann gezählt habe. Sehr merkwürdig, 
wenn nicht auf einem Abschreibe- Versehen oder einem Druck- 
fehler beruhend, ist es, dafs das Journal (sonst mit denselben 
Worten wie die Relation) den Feind als 18 mal so stark bezeich- 
net, während die Relation, immer noch zu hoch, von einer 7 mal 
stärkeren Ubermacht spricht. Im übrigen geht die Uberein- 
stimmung bis zum Schlufs von S. 606 des Journals weiter; dann 
aber und zwar die ganze Seite bis zum Schlufs stellt sich das 
Journal wieder als ein etwas abkürzendes Exzerpt aus der Re- 
lation heraus. Um dies zu veranschaulichen, lassen wir einen 
Teil dieses Schlusses folgen: 



Journal 607. 

Der Entschlufs des General- 
lieutenants lief endlich darauf hin- 
aus, dafs der Generalmajor von 
Wunsch sogleich unter dem Vor- 
theil der Nacht mit den Drago- 
nern und Husaren abgehen und 
sich in der Gegend von Lungwitz 
und Lockwitz zu des Königs Armee 
durch den Feind durchschlagen 
sollte. 

Der Generalmajor von Wunsch 
setzte sich sogleich vor dieser Ka- 
vallerie; er war aber wenig avan- 
cirt, als der Tag mit einer neuen 
Kanonade des Feindes anzubrechen 
anfieng. 

Nun blieb für die Infanterie 
das letzte Mittel übrig mit dem 
Feinde in der Geschwindigkeit, so 



Relation 8 a. 

Der Entschlufs des General- 
Lieutenants von Finck lief endlich 
dahin aus, wenigstens zu suchen 
etwas zu retten; dahero Er den 
Vorschlag des General Wunsch 
approbirte, dafs selbiger nemlich 
suchen sollte, ob es möglich wäre, 
sich mit den Dragoner und Hus- 
saren in der Nacht bey dem 
Feinde, ohne dafs er es gewahr 
würde, vorbey zu ziehen und her- 
nach in der Gegend von Luck, 
Lockowitz und Leibnitz hinter der 
feindlichen Armee weg über Pos- 
sendorff zum Könige zu stossen. 
Der General Wunsch marchirte so- 
gleich ab; da aber den ersten 
Grund nur Mann vor Mann pas- 
siren konte und die Pferde dazu 



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— 96 — 



gut als möglich, zu kapituliren, ehe 
die Schwäche des Corps durch den 
ganz anbrechenden Tag vollkommen 
entdecket würde etc. 



noch musten geführet werden, so 
hielte dieses so lange auf, dafs der 
Tag schon an zu grauen anfieng, 
als er noch nichts avanciret war 
und der Feind auch zugleich mit 
einer neuen Canonade den Anfang 
machte. Die Trouppen waren be- 
reits von der Action des vorheri- 
gen Tages ungemein intimidiret 
und fiengen schon wieder an unter 
der Bagage sich zu verlauffen; es 
blieb also dem General Lieute- 
nante nichts als das betrübte Mittel 
übrig, mit dem Feinde in der Ge- 
schwindigkeit so gut als möglich 
einen accord zu treffen etc. 



Man sieht, in der Hauptsache kann auch hier an der Iden- 
tität der beiden Darstellungen kein Zweifel sein, nur hat die 
(vielleicht von Finck selbst herstammende) Relation naturgemäfs 
das Bestreben eingehender Motivierung, während der Heraus- 
geber des Journals sich im grofsen und ganzen auf eine kurze 
Schilderung der Thatsachen beschränken zu dürfen glaubte und 
aus diesem Grunde den ganzen auf Fol. 8 b und 9 a der Relation 
nach Schlufs der eigentlichen Darstellung folgenden Schlufspassus 
ganz wegliefs. Wir lassen denselben zur Ergänzung unserer Unter- 
suchung hier folgen. 

„Dieses war leider das Ende dieser unglücklichen Action, 
welche, ob sie gleich verlohren gegangen und das gantze Corps 
in das gröste Unglück gestürtzet hat, demselben und denen 
preufsischen Waffen dennoch zur grösten Ehre gereichet, da sel- 
biges neinlich kaum 12 000 Mann starck war, dennoch einer feind- 
lichen Armee von 50 000 Mann tete gebothen, selbiger Fufs vor 
Fufs das Terrain disputiret, (wodurch denn der Feind einen sehr 
grofsen Verlust erlitten) und sich bifs den andern Morgen ge- 
halten, ehe es sich zu Kriegs-Gefangen ergeben hat, weil ihm 
kein eintziges Rettungs-Mittel mehr übrig blieb. Der Feind selbsten 
hat nicht unterlalsen die Bravour der Preufsischen Trouppen bey 
dieser Gelegenheit zu rühmen, und wunderte sich dahero bey der 
Uebergabe nicht wenig, dafs das Corps nur so schwach sey, da 
sie es fiir weit stärcker gehalten hatten, in Ansehung des starcken 
Verlustes, welchen sie Tages vorhero in der Action erlitten hatten. 
Zum Beweise auch des Egards, welchen Sie für solche brave 



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— 97 — 



Trouppen hegten, accordirte der Feldmarschall Daun bereits nach 
der Ergebung zu Kriegs Gefangen auf Vorstellung des General- 
Lieutenants von Finck dem gantzen Corps ihre völlige Equipage, 
mit der Erlaubnifs, solche nach unsern Landen abzuschicken." 

Wir haben im vorstehenden sämtliche Abweichungen, auch 
die unbedeutendsten, zwischen dem „Journal" und der „Relation" 
zusammengestellt; sie sind nirgends so stark, dafs sie gegen die 
Identität beider sprächen. Man wird vielmehr das Verhältnis 
sich etwa so zu denken haben, dafs die „Relation" entweder in 
Fincks eigener oder in einer andern Handschrift dem Herausgeber 
des „Journals" vorgelegen hat, dafs er sie und sie allein dem Ab- 
druck zu Grunde legte, ohne sich gerade allenthalben sklavisch 
an seine Vorlage zu binden. An einigen Stellen hat er nicht un- 
erheblich gekürzt, den Schlufs, welcher ausschliefslich der Ver- 
herrlichung Fincks gewidmet ist, ganz fortgelassen, ebenso jene 
Stelle, an welcher der Verfasser der „Relation" einen grofsen 
Teil der Schuld des unglücklichen Ausgangs Gersdorff in die Schuhe 
schieben wollte. Sonst aber zeigen selbst die von uns als ab- 
weichend zusammengestellten Stellen auffallende Übereinstimmung. 
Ungleich leichter wäre, wie bereits erwähnt, der Beweis zu er- 
bringen gewesen, hätte ich mich damit begnügt, die unbedingt 
und wörtlich übereinstimmenden Stellen zusammenzustellen. Freilich 
hätte ich dann Journal und Relation in mehr als zwei Dritteln 
ihrer Ausdehnung nebeneinanderstellen können. Vielleicht aber 
dient es, nachdem die Abweichungen als nicht sehr erheblich 
nachgewiesen sind, zu willkommener Ergänzung des Beweises, 
wenn ich irgend zwei längere von den Stellen, welche ich als 
vollkommen übereinstimmend bezeichnet habe, nebeneinanderstelle. 
Der Leser wird dann sofort erkennen, dafs ein Zweifel an dem 
Verhältnis der beiden Quellen zu einander vollkommen ausge- 
schlossen ist. Man vergleiche: 



Journal S. 592. 
Der General-Major v. Wunsch 
Hess diese Bataillons und Esca- 
drons bey dem Dorfe Maxen ein 
Lager beziehen; er selbst aber 
gieng mit 5 Escadrons Husaren 
und dem Freybataillon noch gegen 
Dohna. Es war derselbe Vor- 
mittag sehr nebelicht, dafs man 
wenig um sich sehen konnte. Die 



Relation fol. la. 
Der General-Major Wunsch liefs 
diese Battaillons und Esquadrons 
bey dem Dorffe Maxen ein Lager 
beziehen; er selbst aber gieng mit 
5 Esquadrons Hussaren und mit 
dem frey-Battaillon noch gegen 
Dohna. 

Es war denselben Vormittag 
sehr nebelicht, dafs man wenig um 



ni»torleche Untenuchungen. 7. 7 



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- 98 — 



Husaren-Patrouillen meldeten in- 
dessen, dafs Dohna vom Feinde 
besetzet sey, auch bey Mügeln 
feindliche Infanterie und Cavallerie 
vorbey marschire. Der General 
Wunsch blieb also ohnweit Plosch- 
witz auf der Anhöhe gegen den 
Wasserthurm mit den Husaren 
stehen, durch das Freybataillon 
von Salenmon aber Hess er die 
Stadt Dohna attakiren. Der Feind 
verliefs Dohna nach einigem Wi- 
derstand und zog sich gegen Grofs- 
Sedlitz zurück. Dagegen das Frey- 
bataillon die Stadt und die Schanze 
von Dohna besetzte. 

Als der Nebel sich verlohren 
hatte, sähe man die Reichs-Armee 
durch Mügeln nach Pirna defiliren 
und viele Cavallerie und Seiten- 
Patrouillen solchen Marsch gegen 
Dohna bedecken. Dahero der Ge- 
neral von Wunsch, weil er hiebey 
dem Feinde nichts anhaben konnte, 
aus der Stadt Dohna das Frey- 
bataillon wieder heraus zog und 
mit allen nach Maxen ins Lager 
zurück gieng. 



sich sehen konte, die Hussaren- 
Patrouillen meldeten indessen, dafs 
Dohna von den Feinde besetzet sey, 
auch bey Mügeln feindliche Infan- 
terie und Cavallerie vorbey mar- 
chire: der General Wunsch blieb 
also ohnweit Ploschwitz auf der 
Anhohe gegen den Wasser-Thurm 
mit denen Hussaren stehen, durch 
das Frey-Battaillon von Salenmon 
aber Hess Er die Stadt Dohna 
attaquiren : Der Feind verliess nach 
einigen Wiederstand die Stadt und 
zog sich gegen Grofs-Sedlitz zurück, 
dagegen das Frey-Battaillon die 
Stadt und die Schantze von Dohna 
besetzte. 

Als der Nebel sich verlohren 
hatte, sähe man die Reichs-Armee 
durch Mügeln nach Pirna defiliren 
und viel Cavallerie mit starcken 
Seythen-Patrouillen solchen March 
gegen Dohna bedecken ; dahero der 
General Wunsch, weil er hiebey 
dem Feinde nichts anhaben konte, 
das Frey-Battaillon aus der Stadt 
wieder herauszog und mit allen 
nach Maxen ins Lager zurück gieng. 



Dafs eine solche, vollkommen wörtliche Übereinstimmung 
nicht auf Zufall beruhen kann, liegt auf der Hand. Nach dieser 
und einer ganzen Reihe anderer, ebenso wörtlich übereinstimmen- 
der Stellen kann auch für den besonnensten Forscher kein Zweifel 
mehr obwalten, dafs das Journal im wesentlichen nichts anderes 
ist, als ein in Einzelheiten gekürzter und überarbeiteter Abdruck 
der im Finckschen Nachlasse erhaltenen Relation. Diese bisher 
unbekannte Thatsache ist aber für die Geschichte der Überliefe- 
rung darum von so grofser Bedeutung, weil das Journal seit 
seinem Erscheinen als eine der wichtigsten Quellen über die 
Katastrophe von Maxen betrachtet und, wie wir weiter unten 
nachweisen werden, schon von TempelhofF in ausgiebiger Weise 
benutzt worden ist. Da ist es dann aber doch von der aller- 
gröfsten Bedeutung zu wissen, dafs diese Quelle aus der Um- 
gebung Fincks herstammt und daher zweifellos in dessen Sinne 
gefärbt ist. Wenn man dann noch hinzunimmt, dafs aufser dieser 



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— 99 — 



„Relation" höchst wahrscheinlich auch die im Anhang IV mit- 
geteilte , von Finck ansgesprochenermafsen zu seiner eigenen 
Rechtfertigung niedergeschriebene Denkschrift den Memoiren- 
schreibern der späteren Jahre mittelbar oder unmittelbar zur 
Verfügung stand, so wird es vollkommen klar, dafs der Ursprung 
unserer gesamten Überlieferung in Fincks unmittelbarer Um- 
gebung und bei ihm selbst zu suchen ist. 

Das ist auch bei denjenigen Quellen der Fall, welche nicht 
in erster Linie der Rechtfertigung Fincks dienen, vielmehr vor 
allem die Absicht verfolgen, das Verhalten des Königs in ein 
möglichst ungünstiges Licht zu stellen, was dann freilich im vor- 
liegenden Falle ziemlich auf dasselbe herauskommt. Als den 
Mittelpunkt dieser letzteren Quellengruppe haben wir das früheste 
und umfassendste der Memoirenwerke aus der Umgebung des 
Prinzen Heinrich zu betrachten, 

B) das Gaudysche Journal. 

Unzweifelhaft haben dem Verfasser dieses Journals wie sonst, 
so auch hier, die mannigfachsten Quellen zur Verfugung gestanden. 
Die genaue Fassung seines Berichts über die Zusammensetzung 
des Finckschen Corps und die Verteilung der Truppenteile an 
den einzelnen Tagen, welche oft weit genauer ist als in der „Re- 
lation" und im „Journal", ja selbst als in den Berichten Fincks 
an den König, läfst erkennen, dafs Gaudy genaue Armeelisten 
und ähnliches Material offiziellen Ursprungs benutzt hat. Diese 
seine Grundlagen im einzelnen nachzuweisen, ist natürlioh hier 
nicht möglich, da man zur Vergleichung samtliche erhaltenen 
Armeelisten und Campagne-Journale heranziehen müfste. Diese 
Arbeit aber wäre nur bei einer zusammenhängenden Bearbeitung 
des ganzen Journals, d. h. bei einer Herausgabe desselben, möglich. 
Für den vorliegenden Fall aber wäre die Lösung dieser Aufgabe 
nicht einmal erforderlich. Denn nicht darauf kommt es uns au, 
woher Gaudy seine unzweifelhaft authentischen Angaben dieser 
Art entnommen hat, sondern darauf, welches Material ihm zur 
Grundlage für seine Gesamtauffassung und Beurteilung der Vor- 
gänge gedient hat. Man mag über das Gaudysche Journal in 
seiner Tendenz urteilen, wie man will, — und es wird kaum 
möglich sein, in dieser Beziehung in der uugünstigen Beurteilung 
zu weit zu gehen — jedenfalls würde jede Kritik weit über das 
Ziel hinausschielsen, welche behaupten wollte, man könne das 

7* 



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— 100 — 

Gaudysche Journal nun einfach über Bord werfen. Es kann gar 
keinem Zweifel unterliegen, dafs Gaudy zum Teil auf höchst 
wertvollem, zuverlässigem Material beruht; nur niufs in jedem 
einzelnen Falle untersucht werden, inwieweit er auf der andern 
Seite tendenziös gefärbte Berichte zu Grunde legte und inwieweit 
er dem authentischen Material eigene tendenziöse Zusätze hinzu- 
fügte. 1 ) 

Diese Vorsicht ist aber vor allen Dingen in allen den Fällen 
unerläfsüch, wo er motivierte ungünstige Urteile über den König 
abgiebt, beziehungsweise wo er einen im Gegensatz zu dem Könige 
stehenden General gegen den König in Schutz nimmt. Es ist ja 
zur Genüge bekannt, dafs ( Gaudy in nahen Beziehungen zu dem 
Prinzen Heinrich stand und überall da ungünstig über den König 
urteilt, wo dadurch ein günstiges Licht auf die Handlungsweise 
des Prinzen fällt. Da aber der Prinz in seinen ganzen militärischen 
Anschauungen in einem ausgesprochenen Gegensatz zum Könige 
stand, so wurde sein Heerlager naturgemäfs der Mittelpunkt aller 
derer, welche sich vom Könige mit Recht oder Unrecht zurück- 
gesetzt glaubten. Die Stimmung dieser Kreise spiegelt das 
Gaudysche Journal ab; denn aus diesen Kreisen schöpfte es seine 
hauptsächlichsten Informationen. Neben den authentischen Quellen, 
die er benutzte, standen Gaudy in jedem einzelnen Falle die Be- 
richte der unmittelbar Beteiligten und Interessierten zu Gebote, 
und zwar vorzugsweise derer, die selbst in einen ausgesprochenen 
Gegensatz zum Könige geraten waren. 

Die Annahme liegt also von vornherein nahe, dafs Gaudy im 
vorliegenden Falle ebenso verfahren ist, d. h. im Grunde seine 
Nachrichten hauptsächlich aus der Umgebung Fincks oder von 
diesem selbst bezogen hat. Er konnte, wenn er den Angaben 
des bei dem Könige in dauernde Ungnade Gefallenen folgte, den 
doppelten, seinen Bestrebungen entsprechenden Zweck erreichen,, 
einmal den „unschuldig" vom Könige Verfolgten gegen die ihm 
gemachten Vorwürfe zu verteidigen, zugleich aber das Verhalten 
des Prinzen Heinrich in das denkbar günstigste Licht zu setzen, 



») Vgl. meine Ausführungen über Gaudy im II. Bande meines Zieten 
nach dem Register, namentlich die Stelle über die Schlacht von Kolin, 
S. 232 ff. und meine Abhandlung „Zieten bei Kolin u im 8. Beiheft zum Jahr- 
gang 1884 des „Militär-Wochen-Blattes", endlich meinen Aufsatz Über die 
Schlacht bei Breslau im August- und September-Heft des Jahrgangs 1886 
der Jahrbücher für die deutsche Armee und Marine, her. v. G. v. Marpes. 



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— 101 — 



indem er es zu den unglücklichen Unternehmungen des Königs, 
deren „Opfer" Finck wurde, in einen wirkungsvollen Gegensatz 
stellte. 

Dafs dieser Grundgedanke seine ganze Darstellung beherrscht, 
dafs seine Darstellung als durchaus im Sinne Pincks gehalten zu 
betrachten ist, hoben wir schon im 1. und 2. Kapitel der Darstellung 
hervor; zum weiteren Beweise dafür mag hier zunächst die ganze 
Stelle im Wortlaute folgen, in welcher er seine Beurteilung des 
Vorgangs zusammenfallt. Er sagt am Schlüsse seiner die Seiten 
301 — 324 ! ) des Foliobandes, welcher die Campagne von 1759 be- 
handelt, umfassenden Darstellung: 

„Alles in der Armee des Königs bedauerte den General- 
lieutenant Finck, der beständig die Achtung der Kenner seiner 
Geschicklichkeit wegen sich zu erwerben gewufst und ihren Bey- 
fall in allen Gelegenheiten verdienet hatte. Er hatte das ihm 
wiederfahrne Unglück deutlich vorher gesehen 2 ), allein selbiges 
auch durch die kräftigsten Vorstellungen nicht abwenden können, 
vielmehr erhielt er ausdrückliche und unwiedersprechliche Befehle 
bifs Maxen vorzurücken und sogar auch die Trouppen, die er zur 
Unterhaltung der Gemeinschaft mit der Armee des Königs in und 
bey Dippoldiswalda hatte stehen lassen, an sich zu ziehen; von 
diesem Augenblicke an glaubte er sich in einer verzweifelten Ver- 
fassung zu befinden, und aus dem vorhergegangenen Detail er- 
hellet hinlänglich, wie sehr sie es gewesen. Gewisse Leute, denen 
die Befehle, die dieser General erhalten hatte, bekannt geworden 
waren, sahen das bevorstehende Unglück seines Corps mit Augen 
und rechneten schon den Tag von defsen Niederlage aus; der 
Prinz Heinrich aber war es ohnfehlbar, dem dieser Vorfall am meisten 
nahe gehen mufste. Er hatte einen Feldzug gemacht, der ihn 
mit Ehre überhäufte, und der allem dem, was jemahls im Kriege 
großes geschehen, zur Seite gesetzt werden könnte; er hatte im 
Frühjahr durch seineu Einfall in Böhmen des Feindes so ansehn- 

') Ich vermag hier und an den folgenden Stellen nicht die einzelnen 
Seiten zu citieren, die sich der Leser zum Zweck der Nachprüfung daher 
selbst aufsuchen mufs; denn ich benutze nicht das Journal selbst, sondern 
eine auf meine Bitte von einem Beamten des General Stabsarchivs für mich 
angefertigte Abschrift, welche nur am Anfang die Angabe enthält, dafs das 
Abgeschriebene die Seiten 301—324 des Journals enthalte. 

2 ) Zur Sache mufs ich hier wie im folgenden auf die Untersuchungen 
des 3. und 1 Kapitels verweisen; hier kommt es mir nur darauf an, die 
Tendenz des Journals zu kennzeichnen. 



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— 102 - 

liehe Magazine ruiniret und über 2400 Gefangene gemacht; hier- 
auf die Reichsarmee und die bey ihr befindliche österreichische 
Trouppen bifs Nürnberg zurückgetrieben, das grofse Magazin zu 
Bamberg und viele andere verderben lafsen und einen grofsen 
Teil von Francken in Contribution gesetzt; er hatte, nachdem er 
das Commando der Armee in Schlesien übernehmen müfseu, nach 
der unglücklichen Schlacht von Cunnersdorf durch geschickte und 
abgemessene Bewegungen den Feldmarschall Daun gezwungen sich 
von den Rufsen zu entfernen und die Niederlaufsnitz zu verlafsen, 
um Böhmen und Dresden zu decken; er hatte, nachdem er seinem 
Gegner die Meynung beygebracht, dafs er sich mit seiner Armee 
nach Schlesien zurückziehen würde, ihn durch einen mit der 
gröfsten Kunst gemachten forcirten Marsch zu seiner Linken 
tourniret, dadurch das Ufer der Elbe gewonnen und den Schau- 
platz des Krieges wieder Willen des Feindes auf die linke Seite 
dieses Flufses gezogen; er hatte mit einer Armee, der die feind- 
liche, die Reichstrouppen mitgerechnet, fast dreymal (!) überlegen 
war, sich in seiner Stellung bey Torgau erhalten, den Herzog 
von Ahremberg, der mit einem so starken Corps sich ihm im 
Rücken setzte, gezwungen sich wieder zurück zu ziehen und seine 
Arrieregarde geschlagen; er hatte, als endlich der Feldmarschall 
Daun die Hoffnung aufgab, Meister von der linken Seite der Elbe 
zu werden, und sich gegen Dresden zurückzog, durch die Jalousie, 
die er durch das Fincksche Corps ihm beständig auf seiner 
linken Flanque geben liefs, und da er mit der Armee ihm auf 
dem Fufse folgte, ihn aus einer Stellung in die andere gedrängt, 
und nichts war gewifser, so wie alle darüber in der Folge ein- 
gezogenen Nachrichten es einmüthig versicherten, als das des 
feindlichen Generals Absicht dahin ging, sich nach Böhmen zu- 
rück zu ziehen und daselbst in die Winterquartiere zu rücken, 
welches, wenn das Fincksche Corps nicht weiter wie bifs Dippol- 
diswalda vorgerückt wäre, auch würcklich und um so eher ge- 
schähen wäre, da der Obrister Kleist mit einem Detachement in 
Böhmen eingedrungen war, und der Feldmarschall Daun besorgen 
mufste, dafs mehrere Trouppen ihm folgen und er dadurch die 
Gemeinschaft mit seinen Magazinen verlieren würde; auf den 
Fall eines Rückmarsches aber mufste er entweder Dresden ver- 
lafsen oder zugeben, dafs es samt der Besatzung wäre genommen 
worden, und auf diese Art hätte er alle Vortheile seines difs- 
jährigen Feldzuges wieder fahren lafsen müfsen. 



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— 103 — 



Difs waren die Früchte, die Prinz Heinrich durch seine 
weise Mafsregeln und durch die grofse Geschicklichkeit, mit der 
er sie auszufuhren wüste, gesammlet und zu sammlen verdienet 
hatte; allein sie wurden ihm aus den Händen gerifsen; denn der 
unglückliche Gedanke, das Fincksche Corps nach Maxen ganz im 
Rücken des Feindes zu schicken, ohne einmahl die Gemeinschaft 
zwischen demselben und der Armee zu erhalten, und die ganz 
natürlicher weise darauf erfolgte Niederlage dieses Corps, welche 
so zu sagen dem Feinde recht abgenöthiget wurde, änderten die 
ganze Lage der Sachen; dann der Feldmarschall Daun, nachdem 
er einen so grofsen Coup gemacht, dachte nunmehr an keinen 
Rückzug nach Böhmen, sondern beschlofs den Winter über in 
Sachsen stehen zu bleiben, weil er wohl einsähe, dafs die Armee 
des Königs, nachdem sie jetzo einen so grofsen Verlust erlitten 
hatte, ihn daran nicht verhindern konnte. 

Die eigentliche Ursach, warum der Generallieutenant Finck 
sich mit seinem Corps so weit hatte wagen müfsen, blieb denen 
meisten verborgen; denn nach gewöhnlichen Begriffen war leicht 
zu ermefsen, dafs, wenn der Feind auch willens war sich nach 
Böhmen zurückzuziehen, er, da er gewifs noch über 70 000 Mann 
bey einander und alle Vortheile des Terrains in Händen hatte, 
sich nicht dahin mit Gewalt würde treiben lafsen; es würde auch 
wohl der Feldmarschall Daun das Fincksche Corps nicht bey 
Maxen haben stehen lafsen, wenn er seinen Marsch nach Böhmen 
auf der linken Seite der Elbe über Zehista und Giefshübel ge- 
nommen hätte; dafs er aber in Rücksicht auf dieses Corps die 
Elbe pafsiren und über Zittau seine Retraite machen würde, war 
auf keine Weise zu vermuthen, denn seine Macht war zu grofs, 
um sich dergleichen Gesetze vorschreiben zu lafsen, und man 
durfte sich dergleichen vielleicht nur alsdenn versprechen, wenn 
er aufs Haupt geschlagen gewesen wäre; es ist und bleibt also 
schwer zu begreifen, was das Fincksche Corps bey Maxen habe 
ausrichten sollen. Indefsen ist noch etwas anzumerken: Der Zu- 
fall hatte gewollt, dafs, als der König den 13ten bey der Armee 
des Prinzen Heinrich angekommen war und das Commando der- 
selben übernommen hatte, der Feldmarschall Daun in der folgen- 
den Nacht, ohne vielleicht von vorgedachter Ankunft Nachrichten 
zu haben, sein Lager bey Katzenhäuser verliefs und sich zurück- 
zog; difs geschähe eigentlich, wie es auch oben gesagt worden, 
weil in seinem Rücken das Corps des Generallieutenant Finck bis 



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— 104 — 

Nofsen vorgedrungen war, der Obrister Kleist aber sich mit seinem 
Detachement nach Freyberg gewendet hatte, welches dem Feld- 
marschall Daun die ßesorgnifs, die Gemeinschaft mit seinen Ma- 
gazinen in Böhmen oder diese selbst zu verlieren gegeben hatte; 
allein man hatte diesen Rückzug der Ankunft des Königs bey- 
zumefsen für gut gefunden, und dieser mit der Verachtung, die 
ein jeder Anschein zu einer glücklichen Begebenheit bey ihm 
gegen seine Feinde erweckte, glaubte nunmehr den Feldmarschall 
Daun bald zwingen zu können, Sachsen ohngesänmt zu verlafsen, 
welches eigentlich die geheime Triebfeder war, die das Fincksche 
Corps bifs Maxen brachte. 

Es wäre indefsen doch ein Mittel vorhanden gewesen selbiges 
zu retten, allein es mußte den 19ten, als den Tag vor der Action, 
und sobald der Feind gegen Dippoldiswalda anrückte, ausgeführet 
werden, nehmlich dafs anstatt den Generalmajor Platen mit einigen 
Trouppen hinter dem Defile von Reinhardsgrimma zu setzen, der 
Generallieutenant Finck sein ganzes Corps diesen Posten hätte 
einnehmen lafsen; er ist sehr stark, und die Höhen, welche auf 
dieser Seite das lange Dorf bordiren, sind beträchtlicher, als die 
jenseitigen, und commandiren sie; folglich konnte der Feind als- 
dann unmöglich difs Defile pafsiren, auch nicht einmal wagen 
es zu unternehmen. Es ist wahr, dafs das Brentanosche Corps 
und die hinter Dohna stehende feindliche leichte Trouppeu denen 
Unsrigen würden nachgerückt seyn, allein sie konnten nur an die 
rechte Flanque gelangen, und diese war durch Verhacke im Rein- 
hardsgrimmer Walde hinlänglich zu decken. In dieser Stellung 
konnte der Feldmarschall Daun abgehalten werden einen förm- 
lichen Angriff zu thun, und wenn sie auch dem Generallieutenant 
Finck nicht stark genug geschienen hätte, so blieb ihm frey in 
der folgenden Nacht, nemlich in der vom 19ten zum 20ten nach 
Schmiedeberg zu marschiren und sich daselbst hinter der Weilsritz 
zu setzen, alsdenn war ihm noch weniger etwas anzuhaben; es 
ist bekannt, dafs von denen Höhen von Reinhardsgrimma dahin 
nur eine Strafse führet, und dafs er wohl von seiner Bagage oder 
Artillerie hätte etwas im Stiche lafsen müfsen; allein dergleichen 
Unglück wäre doch mit dem, welches seinem Corps begegnete, 
nicht zu vergleichen gewesen; in der Stellung bey Maxen hin- 
gegen durfte er gleich sich nichts gutes versprechen, nachdem er 
«die Höhen von Haufsdorff wegen der Schwäche seines Corps nicht 
einnehmen und von selbigen den Feind verhindern konnte, durch 



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— 105 — 



den Reinhardsgrimmer Wald zu dringen; so bald difs nicht ge- 
schehen konnte, war die Action verlohren, weil gedachte Höhen 
die von Maxen völlig commandiren und des Feindes so sehr zahl- 
reiche Artillerie fast allein die Sache entscheiden konnte." 

Auf den schroffen Widerspruch, der zwischen diesem letzten 
Absatz und den vorhergehenden Teilen der Darstellung Gaudys 
obwaltet, sowie auf die sonstigen zahlreichen Widersprüche und 
Verdrehungen der Wahrheit in dessen Erzählung habe ich schon 
im Laufe der Untersuchung selbst wiederholt hingewiesen. Der 
wörtliche Abdruck dieser ganzen Stelle sollte nur den Nachweis 
vervollständigen, dafs dem Gaudyschen Journal auch hier in aus- 
geprägtester Weise die Tendenz zu Grunde liegt, das ganze Ver- 
halten des Königs möglichst ungünstig, das des Prinzen Heinrich 
in ausgesprochenem Gegensatz dazu möglichst günstig zu schildern, 
Finck aber als das Opferlamm einer unbegreiflichen königlichen 
Laune hinzustellen. In letzterer Beziehung ist Gaudy freilich im 
letzten Abschnitt seiner Darstellung ein wenig aus der Rolle ge- 
fallen, aber im grofsen und ganzen kann an der Tendenz der 
mitgeteilten Stelle kaum ein Zweifel obwalten. Es ist ungefähr 
derselbe Gedankengang, den Bernhardi in der Darstellung von 
Gaudys Nachbeter Retzow nachgewiesen und nach Gebühr als 
unsinnig erwiesen hat. 

Woher aber hat Gaudy das Material zur Aufbauung dieser 
Darstellung genommen? Sollte er eine Rechtfertigung Fincks 
versucht haben, ohne sich bei diesem selbst oder in seiner un- 
mittelbaren Nähe Rats erholt zu haben? Sicher nicht! Nicht 
überall vermögen wir seine Quelle nachzuweisen, aber soviel hat 
mir eine eingehende Vergleichung als feststehend erwiesen, dafs 
Gaudy die sicher in Fincks unmittelbarer Umgebung entstandene, 
vielleicht von ihm selber verfafste „Relation" in ausgiebiger Weise 
entweder in der Fassung, wie sie Finck selbst niedergeschrieben, 
oder in einer andern, nahe verwandten benutzt hat. Da ich 
keineswegs behaupten will, dafs die „Relation" Gaudys alleinige 
Quelle gewesen sei, so ist es hier nicht nötig, dem Leser die ge- 
samte Vergleichung, wie ich sie aufs genaueste durchgeführt habe, 
vorzulegen, sondern ich brauche nur deren Resultat mitzuteilen 
und durch eine Nebeneinanderstelluug einiger längerer Stellen 
darzuthun, dafs die Übereinstimmung nicht etwa auf einem Zufall 
beruhen kann, sondern nur erklärlich ist, wenn man die Benutzung 
der einen Quelle durch die andere annimmt. 



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— 106 — 



Die mir vorliegende Abschrift aus dem Gaudyschen Journal 
umfafst, soweit sie die Fincksche Expedition ausschliefslich be- 
trifft, 31 Folioseiten; davon entfallen reichlich 4 auf die eben 
mitgeteilte Stelle, welche eine von Gaudy selbst hinzugefugte Be- 
urteilung des ganzen Ereignisses darstellt. Von den verbleibenden 
27 Folioseiten habe ich bei 13V 2 , d. h. genau bei der Hälfte der 
ganzen Darstellung, eine mehr oder weniger starke Übereinstim- 
mung mit der Relation gefunden, und zwar habe ich eine solche 
nur als feststehend angenommen, wenn ganze Sätze bez. längere 
Abschnitte wörtlich übereinstimmten. Die sachliche Überein- 
stimmung wird man, ohne zu hoch zu greifen, auf 2 / 3 der ge- 
samten Ausdehnung ansetzen dürfen. Die wörtliche Überein- 
stimmung findet sich oft eine ganze Seite ununterbrochen. Um 
ganz sicher zu gehen, zog ich jedesmal nicht nur die „Relation", 
sondern auch das „Journal", dessen Fassung ja, wie wir sahen, 
zuweilen von der der „Relation" abweicht, zur Vergleichung 
heran , um festzustellen , ob das dem „Journal" zu Grunde 
liegende Manuskript etwa der Gaudyschen Fassung näher stehe. 
Von wesentlicher Bedeutung konnte das natürlich nicht sein, da 
„Journal" und „Relation", wie wir sahen, in der Hauptsache 
identisch sind. Die Heranziehung des „Journals" erwies sich so- 
gar als völlig belanglos; eine Regel war nicht zu entdecken; bald 
näherte sich, wo „Journal" und „Relation" von einander ab- 
weichen, Gaudy mehr dem einen, bald mehr dem andern. Wahr- 
scheinlich ist eben die „Relation" in mehreren Fassungen im 
Heerlager verbreitet gewesen, von denen eine von Gaudy benutzt 
wurde. Es liegt daher am nächsten, die von Fincks Hand ge- 
schriebene „Relation" der Vergleichung zu Grunde zu legen, wo- 
mit indes nicht gesagt sein soll, dafs gerade sie Gaudy vor- 
gelegen hat. Es genügt, die genaue Verwandtschaft im all- 
gemeinen festzustellen. Zu diesem Zwecke stelle ich mehrere 
beliebige der übereinstimmenden Stellen aus der „Relation" und 
Gaudy nebeneinander; wir wählen zunächst eine Stelle, welche 
gleich am Anfange der „Relation" steht, um zu zeigen, dafs die 
Übereinstimmung alsbald beginnt, sowie die „Relation" einsetzt. 
Man vergleiche: 

Relation fol. la. Gaudy. 

„Unsere Hussaren beka- Unsere Husaren machten 
men hicbcy (nämlich bei dem auf diesem Marsch einen Ad- 
Vormarsch der Avantgarde gegen jutanten des Generals Bren- 



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— 107 — 



Maxen) einen Adjutanten des 
General Brentanow und et- > 
liehe Gemeine gefangen. Der 
General-Major Wunsch liefs 
diese Battaillons und Esqua- 
drons bey dem Dorffe Maxen 
ein Lager beziehen; er selbst 
aber gieng mit 5 Esquadrons 
Hussaren u. mit dem Freybat- 
taillon (der Name Salenmon ist vor- 
her genannt) noch gegen Dohna. 

Es war denselben Vor- 
mittag sehr nebelicht, dafs 
man wenig um sich sehen 
konte, die Hussaren - Pa- 
trouillen meldeten indefsen, 
dass Dohna von dem Feinde 
besetzet scy, auch bey Mügeln 
feindliche Infanterie und Ca- 
vallerie vorbey marchire. Der 
General Wunsch blieb also 
ohnweit Ploschwitz auf der 
• Anhöhe gegen den Wasser- 
Thurm mit denen Hussaren 
stehen, durch das Frey-Bat- 
taillon von Salenmon aber 
liefs Er die Stadt Dohna at- 
taquiren: der Feind verliefs 
nach einigen Wiederstand 
die Stadt und zog sich gegen 
Grofs-Sedlitz zurück, da- 
gegen das Frey-Battaillon die 
Stadt und die Schantze vor 
Dohna besetzte. 

Als der Nebel sich ver- 
lohren hatte, sähe man die 
Reichs-Armee durch Mügeln 
nach Pirna defiliren und 
viel Cavallerie mit starcken 
Seythcn - Patrouillen solchen 
March gegen Dohna bedecken; 
dahero der General Wunsch, 
weil er hiebey dem Feinde 
nichts anhaben konte, das 
Frey-Bataillon aus der Stadt 
wieder heraus zog und mit 
allen nach Maxen ins Lager 
zurück gieng. 



tano und 43 Mann gefangen. 
Der Generalmajor Wunsch 
liefs sein Corps bey dem Dorfe 
Maxen mit dem linken Flügel an 
demselben und Fronte gegen Klein- 
Röhrsdorff machend ein Lager 
beziehen; er selbst aber ging 
mit 5 Eskadrons Gersdorff 
unddem Freybataillon Salen- 
mon bifs gegen Dohna vor, 
um zu rckognosciren. 

Es war diesen Vormittag 
ein solcher Nebel, dafs man 
wenig um sich sehen konnte; 
die Patrouillen meldeten in- 
defsen, dafs das Städtchen 
Dohna vom Feinde besetzt 
wäre, auch bey Mügeln feind- 
liche Infanterie und Cavalle- 
rie defilirte; es war difs die 
Rcichs-Armee, die heute aus der 
Gegend von Dresden aufgebrochen 
war und ihren Zug nach Gieshübel 
richtete; man schmeichelte sich 
unserer Seits, dafs ihre Absicht 
wäre durch Böhmen in die Win- 
terquartiere zu gehen, allein die 
Folge lehrete es anders. Der 
Generalmajor Wunsch blieb 
ohnweit Bioschwitz auf einer 
Höhe gegenüber dem bey 
Dohna liegenden Wasser- 
thurm mit denen Husaren 
stehen und liefs letzteren 
Ort durch das Frey bataillon 
attaquiren; es stand, wie gesagt, 
seit gestern in selbigem ein De- 
tachement Croaten, die sich aber 
gleich nach einigem Wider- 
stande gegen Grofs-Sedlitz 
zurückzogen, dagegen das 
Freybataillon die Stadt und 
eine nahe jenseits derselben 
auf der Höhe aufgeworfene 
Schanze besetzte. Als der 
Nebel gefallen war, sähe man 
deutlich die Reichs-Armee 
durch Mügeln gegen Pirna 



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108 — 



defiliren und viele Cavallerie, 
welche starke Seiten-Pa- 
trouillen detachirt hatte, die- 
sen Marsch nach der Seite 
von Dohna decken, daher der 
Generalmajor Wunsch, da er 
dem Feinde hiebey nichts an- 
haben konnte, das Frey-Ba- 
taillon wieder aus diesem 
Orte herauszog, es mit einem 
Detachement Husaren in 
Falckenhayn einrücken liefs 
und mit dem Rest der letzteren 
in sein Lager bey Maxen zu- 
rückkehrete. 

Schon diese eine Stelle ist sehr bezeichnend für das Ver- 
hältnis der beiden Quellen zu einander. Man sieht, das Gaudysche 
Journal ist ausführlicher und hat einige Zusätze, die in der „Re- 
lation" fehlen. Wenn wir von beiden Quellen weiter nichts kennen 
würden, als diese beiden Stellen, so würde die Annahme nahe 
liegen, dafs Gaudy die ursprüngliche Quelle, die „Relation" ein 
Auszug aus derselben sei. Aber es liegt auf der Hand, dafs 
dieses Verhältnis unmöglich ist. Dafs Finck mit eigener Hand 
sich über ein Ereignis, dessen Hauptheld er selbst war, einen 
Auszug aus der Aufzeichnung eines Dritten, unmittelbar gar 
nicht Beteiligten gemacht haben sollte, ist an sich so unwahr- 
scheinlich wie möglich, während es auf der andern Seite Gaudjs 
immerwiederkehrende Praxis ist, Berichte der Beteiligten seiner 
Darstellung zu Grunde zu legen. Aufserdem zeigt die Handschrift 
deutlich, dafs dieselbe ungefähr gleichzeitig mit der im Anhang IV 
veröffentlichten Denkschrift, d. h. also kurz nach dem Kriegs- 
gericht entstanden ist, also zu einem Zeitpunkte, wo die erst 1778 
abgeschlossene Darstellung des Gaudyschen Journals sicher noch 
nicht bis zum Feldzug von 1759 vollendet war. Finck ist schon 
1766 in Kopenhagen gestorben und hat daher das Gaudysche 
Journal in seiner heutigen Gestalt sicher gar nicht zu Gesicht be- 
kommen. Das Verhältnis der Quellen kann also nur das um- 
gekehrte sein: Gaudy hat die „Relation" für seine Darstellung be- 
nutzt. Denn die wörtlichen Ubereinstimmungen sind so stark, 
dafs an einen Zufall dabei gar nicht zu denken ist. Möglich 
bleibt indessen, dafs er die „Relation" nicht in der im Finckscheri 
Nachlasse vorliegenden, sondern in einer andern Fassung benutzt 



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— 109 — 



hat. An der Benutzung dieser oder einer ganz nahe verwandten 
Quelle kann schon nach dieser Stelle kein Zweifel sein. Die 
kleinen erklärenden Zusätze Gaudys beweisen nicht das mindeste 
dagegen; er schreibt eben aus voller Kenntnis der Sachlage, über 
die er aus authentischen Quellen genau unterrichtet ist; aufserdem 
aber hatte er in seiner Stellung beim Prinzen Heinrich genügende 
Gelegenheit, sich näher zu erkundigen. So war er keineswegs ge- 
zwungen, sich sklavisch an die ihm vorliegende Quelle zu binden. 
Wenn er in derselben die Nachricht von dem Vorbeimarsch feind- 
licher Truppen bei Mügeln vorfand, so konnte er leicht aus 
eigener Kenntnis hinzusetzen, dafs dies Teile der Reichsarmee 
waren. Das Verhältnis ist also hier in der Hauptsache so, dafs 
Gaudy die ihm vorliegende Fassung der Relation wörtlich kopierte, 
au den Stellen aber, wo ihm das die Deutlichkeit wünschenswert 
erscheinen liefs, selbständige Zusätze aus andern Quellen oder aus 
eigener Kenntnis hinzufügte. Die Hauptsache bleibt immer, dafs 
die vornehmste Grundlage seiner Darstellung hier wie an vielen 
andern Stellen die aus Fincks unmittelbarer Umgebung stammende 
„Relation" war. Auch im nächstfolgenden bleibt dieses Grund- 
verhältnis in der Hauptsache bestehen; nur mehren sich die selb- 
ständigen Zusätze, namentlich bei der Schilderung der österreichi- 
schen Bewegungen, bei der Gaudy u. a. die österreichische offi- 
cielle Relation zu Rate gezogen zu haben scheint, die ihm hierfür 
ausreichendes Material darbot; doch läfst sich eine direkte wört- 
liche Benutzung nicht nachweisen. Wohl aber kehren nach 
kurzen Zwischenräumen immer wieder Stellen wieder, welche 
wörtlich aus der „Relation" herübergenommen sind, ohne dafs 
sich indes der Verfasser ganz so sklavisch wie die meisten andern 
der Memoirenschreiber seiner Zeit an seine Vorlage gehalten 
hätte. Immer aber genügt die Übereinstimmung vollauf, um die 
innere Verwandtschaft zweifellos klar zu stellen. Man ver- 
gleiche z. B.: 

Relation 2 b und 3 a. 

Die Espions und Deserteurs 
meldeten, dafs sich der Feldmar- 
schall Daun bey diesen feindlichen 
Corps selbst befinde, dafs, nach- 
dem das gantze zweyte Treffen 
sich in der Nacht mit dem Corps 
de reserve von Sincere conjungiret 
hätte, dieses Corps gewifs 30 000 



Gaudy. 

Die Kundschafter und einige 
ankommende Deserteurs versicher- 
ten, dafs der Feldmarschall Daun 
selbst sich bei dem feindlichen 
Corps befände, dafs es gegen 
30 000 Mann stark wäre, viele 
Artillerie mit sich führte, und dafs 
es hiefse, der Generallieutenant 



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— 110 — 



Mann starck sey, viele Artillerie 
bey sich führe und die Preufsen 
auf der Seythe von Hausdorff an- 
grciffen wollte, sobald die Reichs- 
Armee bey Dohna und der General 
Brentanow zwischen Dronitz und 
Wittgendorff attaquiren würden . . . 
Er kehrte dahero alle mögliche 
Anstauten vor und wollte anfäng- 
lich die beyden Anhöhen bey Haus- 
dorff occupiren, den rechten Flügel 
aber vor Maxen auf die Anhöhen 
gegen Dronitz und Wittgendorff 
postiren, allein solches zu bewerk- 
stelligen, fehlte es an hinlänglichen 
Trouppen, wefshalben der General- 
Lieutenant sich genöthiget sähe, 
nur die Anhöhen um Maxen zu 
besetzen. 



Finck würde von drey Seiten an- 
gegriffen werden; er kehrte also 
alle mögliche Anstalten vor dem 
Feinde zu begegnen. Sein Vor- 
satz war anfanglich, die beyde 
neben Haufsdorff liegende starke 
Anhöhen mit seinem linken Flügel 
zu besetzen, um den Feind zu 
verhindern aus dem Reinhards- 
grimmer Wald zu debouchiren, den 
rechten aber auf denen Höhen von 
Maxen gegen über Drohnitz und 
Wittchendorff zu postiren, weil von 
selbigen alles vorliegende Terrain 
bestrichen werden konnte; allein 
difs ins Werk zu richten fehlte es 
ihm an hinlänglichen Trouppen, 
und die Schwäche seines Corps 
erlaubte ihm nicht sich so weit 
auszubreiten, es blieb ihm also 
nach seiner Meinung nur übrig, 
auf den Fall der Feind gegen ihn 
anrückte, die Höhen nahe um 
Maxen allein zu vertheidigen, wozu 
er dann auch vorläufig eine Dis- 
position entwarf und bekannt 
machte. 



In der „Relation" folgt dann sogleich eine genaue Be- 
schreibung der Aufstellung des Finckschen Corps, während Gaudy 
zunächst den Anmarsch der Österreicher beschreibt. Bezeugt 
diese Abänderung in der Anordnung der Anlage der Darstellung 
die schriftstellerische Selbständigkeit Gaudys gegenüber seinen 
Quellen, so zeigt er doch wieder nach der andern Seite wieder 
dieselbe Abhängigkeit von denselben wie die andern Memoiren- 
schreiber. Er ändert die Anordnung der Abschnitte, die Abschnitte 
selbst nimmt er fast wörtlich herüber. Nachdom er seine QueUe 
eine ganze Weile verlassen, kehrt er wieder zu ihr zurück; die 
Aufstellung selbst wird, obwohl an einen ganz andern Punkt der 
Gesamtdarstellung verlegt, dann doch wieder im wesentlichen 
mit denselben Worten geschildert wie in der Relation, in die er 
mit den Worten „der Generallieutenant Finck stellte hierauf die 
Ordre, dafs die Trouppen das Lager abbrechen und nach der be- 
kanntgemachten Disposition ihre verschiedenen Posten einnehmen 
sollten", wieder einlenkt und zwar mit unmittelbarer Anknüpfung 



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— 111 - 

an die oben mitgeteilten Worte, die in seiner Darstellung 3 '/ 2 Seite 
vorher stehen. Und zwischen diese beiden Stellen schaltet er dann 
wieder andere ein, die in der „Relation" erst nach der Schilderung 
der Aufstellung folgen, und zwar wieder in der Hauptsache wörtlich. 
Man gewinnt dadurch einen ziemlich klaren Einblick in die Ar- 
beitsmethode Gaudys. In der Anordnuug des Stoffes steht er 
seiner Quelle sehr selbständig gegenüber, an ihrem Wortlaut selbst 
ändert er nur wenig und Unerhebliches. Ich stelle zum Beweise 
noch eine weitere Stelle aus beiden Quellen nebeneinander, die 
Gaudy an einen andern Ort (vor die Schilderung der Aufstellung) 
gestellt hat, während sie in der „Relation" hinter dieser Schilde- 
rung steht; die Übereinstimmung ist trotz dieser Umstellung eine 
nahezu vollkommen wörtliche: 



Relation 4 a. 

Den 20. mit Anbruch des Tages 
ritte der General-Lieutenant von 
Finck nach Reinhartsgrim und 
fand daselbst die Oesterreichische 
Vorposten in etwas zurück ge- 
zogen : Nachdem er denen Generals 
von Platen und Mosel weitere Ver- 
haltungsbefehle ertheilet hatte, so 
ritte der General-Lieutenant nach 
der Gegend von Röhrsdorf zurück, 
wo sich etwas feindliches sollte 
sehen lafsen. Nicht lange hierauf 
liefs der General von Platen mel- 
den, dafs sich das feindliche Corps 
zu bewegen anfange, welches sein 
abgeschickter Adjutant gleich dar- 
nach mit der Nachricht bestattigte, 
dafs der Feind in zwey Colonnen 
gegen Reinhardsgrim anraarchire. 



Gaudy. 

Den 20. mit Anbruch des 
Tages begab sich der General- 
lieutcnant Finck nach Reinhards- 
grimma und fand, dafs die jenseits 
diesem Orte stehende feindliche 
Vorposten sich noch mehr zurück- 
gezogen hatten ; es war auch alles 
auf dieser Seite ruhig, welches 
glauben liefs, dafs heute nichts 
vorfallen würde. Nachdem er nun 
denen Generalmajors Mosel und 
Platen weitere Vcrhaltungsbefehle 
ertheilt hatte, so ritt er nach der 
Gegend von Klein-Röhrsdorff zu- 
rück, wo, wie man ihm angezeigt 
hatte, sich von neuem etwas vom 
Feinde sollte haben sehen lafsen; 
kurz darauf, und als er noch auf 
dem Wege dahin war, liefs ihm 
der Generalmajor Platen melden, 
dafs das bey Dippoldiswalda cam- 
pirendc feindliche Corps anfienge, 
sich in Bewegung zu setzen, wel- 
ches dieser General gleich darauf 
durch seinen Adjutanten mit dem 
Zusatz bestätigen liefs, dafs es in 
vier Colonnen gegen Reinhards- 
grimma anmarschirte. 



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- 112 — 



Ähnliche Übereinstimmungen finden sich dann auch bei der 
Schilderung des eigentlichen Kampfes; z. B. 



Relation 5 a. 

Während der Zeit, dafs der 
General-Lieutenant von Finck auf 
diese beyde attaquen seine Auf- 
mercksamkeit richtete, entstand 
unter der Bagage ein entsetzlicher 
Lerm und die gröste Unordnung; 
die zu hochgerichtete feindliche 
Canonen-Kugeln und Haubitz-Gra- 
naden fielen unter selbiger, die 
Knechte wollten sich aus solchen 
Feuer in Sicherheit bringen und 
jagten lincks und rechts hinter die 
Regimenter herum: der General- 
Lieutenant wollte diese Unordnung 
gerne abhclffen und befahl, dafs 
der gantze train vom Corps nach 
Schmorsdorf fahren sollte, allein 
die Unordnung und Furcht unter 
den Knechten war zu grofs, als 
dafs dieser Befehl gehörig befolget 
würde. 



Gaudy. 

Aufser der gefährlichen Ver- 
fafsung, in der er sich befand, und 
währender Zeit er auf beyde An- 
griffe alle seine Aufmerksamkeit 
richtete, um ihnen nach Möglich- 
keit zu begegnen, entstand unter 
der hinter denen Trouppen im 
Grunde aufgefahrenen Bagage eine 
entsetzliche Unordnung und Ler- 
men; die zu hoch gerichtete feind- 
liche Canonen und Haubitzen 
schofsen ihre Kugeln nnd Granaten 
im Bogenschufs in die Wagenburg 
und unter die Packpferde; die 
Knechte wollten sich aus diesem 
Feuer in Sicherheit bringen und 
jagten links und rechts hinter 
denen Trouppen herum, welches 
den Muth derselben und ihre Con- 
tenance eben nicht vermehrte; der 
Generallieutenant Finck stcllete 
zwar augenblicklich die Ordre, 
dafs alle Bagage bey Schmorsdorff 
wieder zusammen gefahren werden 
und daselbst verbleiben sollte ; allein 
die Zerstreuung derselben war zu 
grofs, als dafs solches hätte be- 
folgt werden können, und die Angst 
der Knechte erlaubte ihnen nicht 
zu gehorsamen; folglich blieb alles 
zerstreuet und in Bewegung. 

Endlich lassen wir noch eine Stelle über die letzten Momente 
vor dem Entschlufs zur Kapitulation folgen. Beide Quellen be- 
richten gemeinsam, dafs sich bei Einreichung der Listen die Zahl 
der Kampffähigen, das Wunschsche Corps nicht mitgerechnet, nur 
noch auf 2836 Köpfe belaufen habe; dann heifst es weiter: 



Relation 7 b und 8 a. 

Dieser Umstand setzte den Ge- 
neral-Lieutenant in eine neue 
grofse Verlegenheit. Eine neue 
Attaque mit 8 Canons, die ihm 



Gaudy. 

Dieser Umstand setzte den Ge- 
nerallieutenant Finck in eine neue 
Verlegenheit; die mehreste Artille- 
rie war verlohren; einen neuen 



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— 113 — 



noch übrig geblieben waren, und 
so wenig Leuthen gegen einen nun 
mehr als 7 mahl stärckern Feind, 
der in der vortheilhafftesten Posi- 
tion stand, und delsen zahlreichen 
Artillerie zu unternehmen, schien 
unüberlegt und unverantwortlich 
zu seyn : Sich durch die vom Feinde 
besetzte Defilees weg zu ziehen, 
war nicht möglich, ohne Mann für 
Mann aufzuopffern ; sich gefangen 
nehmen zu lafsen blieb also das 
letzte Mittel; allein hierzu wollte 
der General-Lieutenant sich keines- 
wegs entschliefsen , obgleich nie- 
mand eine Mittel-Strafse zwischen 
den Gefangennehmen und der vor- 
setzliehen Aufopfferung des gantzen 
Corps entdecken konte etc. 



Angriff mit einer solchen Handvoll 
Leute und 8 Canonen, denn so 
viele waren nur übrig geblieben, 
auf einen so ungemein überlegenen 
Feind, und der eine so zahlreiche 
Artillerie bey sich hatte, zu machen, 
hielt er für unüberlegt und unver- 
antwortlich, weil ein guter Erfolg 
gar nicht zu hoffen war; durch 
die vom Feinde besetzte Defiles zu 
dringen war nicht möglich, ohne 
vorsetzlich Mann für Mann aufzu- 
opfern; sich ohne weiteren Angriff 
gefangen zu geben, schien also das 
letzte Mittel zu seyn; allein hierzu 
wollte er sich keines weges ent- 
schliefsen, obgleich kein Mittelweg 
zwischen der Ergebung und der 
vorsetzliehen Aufopferung des Corps 
zu finden war. 

Dafs Gaudy n. a. gerade diese Stelle, in welcher alle Finck 
entschuldigenden Momente kurz zusammengefafst werden, fast wört- 
lich herübergenommen hat, ist für die Endabsicht seiner Dar- 
stellung sehr bezeichnend. 

Wir können uns mit diesen Stellen begnügen; sie erweisen 
zur Genüge, dafs Gaudy die „Relation" selbst oder eine ihrer Ab- 
leitungen — denn ohne Zweifel liefen deren mehrere am — be- 
nutzt hat. Mehr wollen wir nicht beweisen; im Gegenteil, wir 
geben unbedingt zu, dafs ihm aufserdem noch andere Quellen vor- 
lagen. Für uns entscheidend ist, dafs er als eine der hauptsäch- 
lichsten Grundlagen, der er mehr als die Hälfte seiner ganzen 
Darstellung, und zwar weitaus die wichtigsten Partieen entnahm, 
eine Quelle benutzte, deren Ursprung aus Fincks Umgebung über 
allen Zweifel erhaben ist. Seine Darstellung ist nicht objektiv, 
sie mifst in dem Streite zwischen dem Könige und Finck nicht 
mit gleichem Mafse, sondern sie ist eine Tendenzdarstellung zu 
Gunsten des letzteren. 

Diese Sachlage erhellt nicht nur aus den Stellen, welche, wie 
wir sahen, der „Relation" entnommen sind; sie tritt auch in den 
Teilen seiner Darstellung hervor, in denen sich eine Ubereinstimmung 
mit jener „Relation" nicht erkennen läfst. Das zeigt sich gleich 
am Anfang seiner Darstellung bei den Bewegungen des Finckschen 
Korps am 15. und 16. November, die in der „Relation" noch 

HiatorUche Untrr»uchung«n. 7. g 



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— 114 — 



nicht eingehender behandelt werden. Hier zeigt sich Gaudy so 
genau unterrichtet, seine Angaben stimmen mit denen der Berichte 
Fincks an den König in allen Punkten so genau überein, dafs die 
Vermutung, Gaudy fufse auch hier auf mündlichen oder schrift- 
lichen Mitteilungen Fincks, sehr nahe liegt. Vielleicht lief aulser 
der uns erhaltenen „Relation" noch eine andere in diesen Kreisen 
um, welche auch die vorhergehenden Tage behandelte; vielleicht 
aber hat Gaudy auch nur mündliche Erkundigungen bei Finck 
selbst oder den Offizieren seiner Umgebung mit den Angaben der 
Armeelisten kombiniert: dazwischen sind dann auch immer wieder 
Nachrichten über die Vorgänge bei der preufsischen Hauptarmee, 
so namentlich über das mit einigen kleinen Scharmützeln ver- 
bundene Vorrücken der Avantgarde unter Zieten nach Kesselsdorf '), 
eingeschaltet, die offenbar einem aus der Hauptarmee stammenden 
Tagebuche entnommen sind. 

Ganz unzweifelhaft auf mittelbaren oder unmittelbaren Mit- 
teilungen Fincks beruht die Stelle, an welcher Gaudy über den 
Befehl des Königs, Lindstädt aus Dippoldiswalde nach Maxen nach- 
rücken zu lassen, und über die damit im Zusammenhange stehen- 
den Rapporte Fincks berichtet. Wir wiesen schon im 3. Kapitel 
unserer Darstellung darauf hin, dafs in den uns erhaltenen Be- 
richten Fincks von Äulserungen einer ernstlichen, durch jenen 
Befehl bei Finck hervorgerufenen Besorgnis nichts zu entdecken 
ist, dafs er sich vielmehr gerade in deu Berichten, in welchen er 
auf jenen Befehl des Königs zu sprechen kommt, noch ziemlich 
zuversichtlich über seine Lage ausspricht. Möglich, dafs der Brief, 
in welchem er seine Besorgnisse näher begründet, verloren ge- 
gangen ist; dann konnte ihn aber auch Gaudy nicht kennen, kann 
vielmehr über seinen Inhalt nur durch Finck unterrichtet worden 
sein. Man höre, wie sich Gaudy hierüber äufsert: „Der General- 
lieutenant Finck hatte dem Könige gemeldet, dafs bey seiner Vor- 
rückung von Dippoldiswalda nach Maxen er einige Trouppen bei 
ersterem Orte würde stehen lafsen, und er hatte sich erdreistet 
dazu zu setzen, dafs aufser dieser Vorsicht er in eine sehr übele 
Verfafsung gerathen und ausgesetzt werden könnte die Gemeinschaft 
mit seiner Beckerey zu Freyberg und mit der Armee selbst zu 
verlieren; er hatte zugleich angezeigt, dafs er bey Maxen und 
Dohna vom Feinde fast umringet seyn würde, weil die Reichs- 



*) Vgl. hierüber meinen „Zieten", Bd. I. S. 325, Bd. II, S. 374/75 u. 379 



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- 115 — 



Armee nach Gieshübel marschiret wäre, der Feldmarschall Daun 
aber schon Gestern durch seine ganze Reserve unter dem General 
Sincere die Höhen bei Rüppgen, welche auf der Strafse, die von 
Dresden nach Dippoldiswalda führet, liegen, hätte einnehmen und 
das Brentanosche Corps bifs an das Defile von Lockwitz vorrücken 
lafseu, dafs überhaupt der Posten von Maxen nur gegen die 
böhmische Seite, wo er von der Muglitz gedeckt ist, keineswegs 
aber nach der von Dresden stark wäre, und er, waun keine 
Trouppen bey Dippoldiswalda ständen, grofse Gefahr laufen würde." 

Halten wir hier zunächst einen Augenblick inne, um diese Dar- 
stellung zu prüfen. Der Bericht, in welchem Finck meldet, dafs 
er Lindstadt in Dippoldiswalde zurückgelassen habe, ist uns zum 
Glück erhalten ; wir können also kontrollieren, inwiefern sein Inhalt 
dieser Inhaltsangabe Gaudys entspricht. Er ist im Anhang II 
unter Nr. 9 mitgeteilt. Es heifst da nur ganz kurz „der General 
Lindstädt bleibet zwar noch morgen hier stehen; da es aber nicht 
weit nach Maxen, kan ich ihm auf alle Fälle gleich an mich ziehen." 
Das ist geschrieben noch von Dippoldiswalde aus, bevor Finck 
selbst nach Maxen aufbrach, also sicher auch bevor der Befehl 
des Königs, Lindstädt nach Maxen folgen zu lassen, ausgefertigt 
war. Von der bei Gaudy stehenden Motivierung der Zurücklassung 
Lindstädts und von der Schilderung der Finck drohenden Gefahr 
ist da nicht mit einem Worte die Rede; der nächste aus Maxen, 
18. November, datierte Brief (Anhang II, Nr. 10) aber nimmt 
schon auf jenen Befehl Bezug. Vor dem Eintreffen dieses Befehls 
also enthält keiner der uns erhaltenen Briefe etwas von dem, was 
Gaudy berichtet. Es könnte sich also wiederum nur um einen 
verloren gegangenen Brief, von dem Gaudy eben nur durch Finck 
selbst Kenntnis erhalten haben kann, handeln. Aber es ist nicht 
einmal wahrscheinlich, dafs ein solcher Bericht, wie ihn Gaudy 
schildert, jemals geschrieben und abgegangen ist. Sonst würde 
Finck den Befehl des Königs, Lindstädt an sich zu ziehen, nicht 
so ruhig aufgenommen haben, wie er das in dem Bericht vom 18. 
(Nr. 10) thut. Er meldete da nur: „dafs ich mit meinem Corps 
hier angekommen bin, auch den General Lindstädt noch an mich 
ziehe, welcher diesen Abend hier eintreffen wird." Erst in einem 
zweiten Berichte von demselben Tage fügt er eine, wenn auch 
nur ganz nebensächlich hingeworfene, gar nicht sehr betonte 
Aufserung der Besorgnis hinzu, indem er (Bericht Nr. 11) sagt: 
„Der General Lindstädt ist schon zu mir gestolsen, 3 Esquadrons 

8* 



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- 116 - 



Hussaren habe aber noch bey Dippoldswalde stehen lafsen, nm 
zn patrouilliren , und damit der feind nicht gewahr wird, 
dafs dieses Loch nicht besetzt ist." Von eindringlichen 
Vorstellungen, zn denen sich Finck wegen der Besetzung Dippoldis- 
waldes dem Könige gegenüber in seinen Berichten „erdreistet" 
habe, ist also in diesen, soweit sie uns erhaltsn sind, vor dem 
Eintreffen des königlichen Befehls gar nicht, nachher aber nur 
in diesem kleinen Sätzchen die Rede. Danach ist dann auch das, 
was Gaudy weiter berichtet, zum wenigsten sehr übertrieben, er 
fährt nämlich fort: 

„allein diese Vorstellungen wurden in ungnädigen Aasdrücken ver- 
worfen und ihm die Ordre erteilt, die bei Dippoldiswalda stehen 
gebliebenen Trouppen gleich an sich zu ziehend 

Leider liegt uns der Befehl de* Königs selbst nur in einem 
ganz kurzen Entwurf vor (vgl. hierüber oben S. 48 der Dar- 
stellung). Dafs aber von eindringlichen Vorstellungen, welche 
der König „in ungnädigen Ausdrücken" hätte zurückweisen können, 
in den uns erhaltenen Berichten Fincks nicht die Rede ist, sahen 
wir schon. Die Frage, ob solche in einem etwa verloren ge- 
gangenen Berichte enthalten waren, ist in diesem Falle unerheblich. 
In jedem Falle kann Gaudy die Nachricht von dem Inhalte dieses 
angeblichen oder vielleicht auch wirklich vorhanden gewesenen 
Briefes nur von Finck selbst erhalten haben; denn ein verlorener 
Brief war eben auch für Gaudy verloren. Möglicherweise hat 
Gaudy hier die Denkschrift Fincks (Anhang TV) vor sich gehabt, 
in welcher Finck ebenfalls behauptet, er habe dem Könige Vor- 
stellungen wegen jenes Befehls gemacht; sicher aber stammt seine 
Darstellung hier aus Mitteilungen irgend welcher Art von seiten 
Fincks. Über die Art, wie Tempelhoff sich über diesen Bericht 
Fincks und den Befehl des Königs äufsert, werde ich unten in 
dem Abschnitt über Tempelhoff kurz berichten. Auch seiue An- 
gabe kann nur aus Fincks Umgebung stammen, doch vermeidet dieser 
viel unbefangenere und ruhigere Schriftsteller, näher auf die ihm 
nicht im Original vorliegenden „Vorstellungen" Fincks einzugehen. 

Nach dem Gesagten wird man jedenfalls soviel mit voller 
Bestimmtheit sagen können, dafs das Gaudy sehe Journal sich nicht 
nur im allgemeinen als durchaus im Sinne Fincks gefärbt erweist, 
dafs es vielmehr in weiten und zwar in den entscheidenden Teilen, 
auf Quellen rufst, deren Ursprung zweifellos auf Finck und seine 
Umgebung hinweist. 



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— 117 — 



Bevor wir uns nun der dritten grofsen, von preufsischer Seite 
vorliegenden Darstellung, der Tenipelhoffs, zuwenden, müssen wir 
noch einen Augenblick bei einer von gegnerischer Seite veröffent- 
lichten Quelle verweilen, welche 2 Jahre vor dem betreffenden 
(III.) Bande des Tempelhoffschen Werkes erschienen und ohne alle 
Frage vou Tempelhoff an mehreren Stellen benutzt ist; es ist das 
die Darstellung, welche der kursächsische Artillerie-Hauptmann 

J. G. Tielcke 

im ersten Stück seiner „Beyträge zur Kriegs-Kunst und Geschichte 
des Krieges von 1756—1763" (Freyberg 1775 4°) vou der Maxener 
Katastrophe entworfen hat. 

Im allgemeinen kann darüber kein Zweifel sein, dafs Tielckes 
Darstellung in allem Wesentlichen auf der österreichischen offiziellen 
Relation, die er selbst als Anhang mitgeteilt hat, beruht. In 
grofsen Partieen zeigt sich wörtliche Ubereinstimmung mit derselben, 
wie jeder Leser durch eine Vergleichung mühelos erkeunen wird. 
Auf der andern Seite aber ist es ebenso zweifellos, dafs er, wie 
er selbst angiebt, auch zahlreiche Mitteilungen von preufsischer 
Seite erhielt. So iührt er in einer Anmerkung (zu S. 9) die be- 
kannte Erzählung an, dafs Finck dem Könige Gegenvorstellungen 
gegen seine Entsendung nach Maxen gemacht habe. Selbst über 
das entscheidende Schreiben des Königs, in welchem er Finck die 
weiteren Mafsregeln und damit auch vorkommenden Falls den 
Rückzug aus seiuer Stellung in Maxen anheimstellt, ist Tielcke 
(ebenfalls S. 0) seinem Hauptinhalte nach unterrichtet; nur er- 
kennt er, abweichend von den preufsischen, Finck blindlings fol- 
genden Berichterstattern, an, dafs jenes Schreiben des Königs au 
Finck gegen den letzteren zeuge. Er will sogar wissen, dafs 
dasselbe eine entscheidende Rolle bei den Verhandlungen des 
Kriegsgerichts gespielt habe; durch die Vorlegung desselben sei 
der für Finck ungünstige Ausgang des Gerichts herbeigeführt 
worden. Er fügt hinzu; „S. M. der König waren so gnädig ge- 
wesen, von diesem Briefe im Processe wider den General Fink 
nichts zu erwähnen. Der General Fink zog sich also sein Un- 
glück selbst durch Bekanntmachung dieses Briefes zu." Mau sieht 
also, dafs Tielcke, obwohl auch er Nachrichten aus der Umgebung 
Fincks erhielt, obwohl er durch gefangene preufsische Offiziere 
auch über den Hauptinhalt der Finckschen Berichte an den König 
unterrichtet war, doch weit entferut war, aus diesem Material die 



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— 118 — 



Folgerungen zu ziehen, welche Gaudy u. a. daraus zogen, dafs 
er in den gehässigen Ton gegen den König gar nicht einstimmt, 
vielmehr ausdrücklich ein Zeichen der Milde des Königs Finck 
gegenüber hervorhebt. Auch sonst ist er keineswegs gemeint, 
Finck dem Könige gegenüber als unschuldiges Opferlamm hinzu- 
stellen und die Schuld an der Katastrophe des ersteren dem letzteren 
aufzubürden; er hebt im Gegenteil hervor, dafs Finck nach Empfang 
jenes entscheidenden Schreibens vom Könige sich sehr wohl hätte 
retten können und dafs er es nur „vielleicht aus zu grofseni Zu- 
trauen zu seinem Muthe und dem ihm bisher stets folgenden Glücke, 
welchen Fehler man besonders bey seinem Hinmarsch nach Maxen 
an ihm bemerket haben will" (S. 9), nicht gethan habe. Und wie 
er anerkennt, dafs Finck sich im richtigen Augenblick dem ihm 
gelegten Netze noch hätte entziehen können, so hebt er auch im 
Folgenden bei der Darstellung des Kampfes selbst die Fehler 
hervor, durch welche Finck seinen Untergang beschleunigt, wenn 
nicht herbeigeführt habe. Namentlich weist er mit Nachdruck 
darauf hin, dafs die Entsendung des Wunschschen Korps nach 
Dohna zwecklos und daher, da das Hauptkorps dadurch zu sehr 
geschwächt wurde, verderblich gewesen sei (S. 13). Finck scheint 
das selbst gefühlt zu haben, denn Tielcke behauptet, von gefangenen 
preufsischen Offizieren erfahren zu haben, „dafs der General Fink 
beym Angriff der Kayserlichen zwey bis drey Officiers an den Ge- 
neral Wunsch geschickt und die 2 Bataillons Münchow zum Soutien 
des Maxner Berges verlangt, aber allemahl zur Antwort erhalten, 
er könnte diese Bataillons nicht missen" (S. 13). 

Den mifsglückten Kavallerie-Angriff, der in den preufsischen 
Berichten völlig dunkel bleibt, fuhrt Tielcke darauf zurück, dafs 
sich die Kavallerie „durch Teiche, sumpfigte Wiesen und Gebüsche" 
durchziehen mufste, „dahero weder sich formiren noch mit ge- 
hörigem Choc attaquiren" konnte, sondern zurückgeschlagen wurde 
(S. 17). Diese seine Angabe ist neuerdings durch das in den „Bei- 
trägen zur Geschichte der österreichischen Kavallerie", verf. in der 
Abtlg. für Kriegsgeschichte des k. k. Kriegs- Archivs (Wien 1881) 
S. 408 abgedruckte Tapferkeitszeugnis bestätigt worden, welches 
General Brentano am 24. November 1759 der seinem Corps bei- 
gegebenen Schwadron Schmerzing-Kürassiere ausgestellt hat. 

Der Rest von Tielckes Darstellung ist zum überwiegenden 
Teile aus der österreichischen offiziellen Relation und der ebenfalls 
von ihm mitgeteilten Relation über die Bewegungen der Reichs- 



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- 119 - 



armee kombiniert. Daneben zeigt sich auch hier, dafs dem Ver- 
fasser, wie er auch selbst (S. 21 Anmerkung) angiebt, Berichte 
von preufsischer Seite vorlagen. So wird er namentlich die An- 
gabe, dafs sich bei der Zählung der noch vorhandenen preufsischen 
Truppen nur noch 2836 Mann kampffähig vorgefunden hätten, von 
Offizieren des Finckschen Corps erhalten haben. (Vgl. über diese 
Zahl und den in Bezug auf dieselbe in mehreren Quellen vor- 
waltenden Irrtum oben S. 70 Anmerkung 1.) 

In jedem Falle hat sich nach dem, was ich soeben angeführt 
habe, Tielcke trotz der aus Fincks UmgebuDg bezogenen Nach- 
richten in dem Zwiespalt zwischen dem Könige einer- und Finck 
und seinen Anhängern andererseits eine unparteische Haltung be- 
wahrt; deswegen mag auch der nach unabhängiger Haltung stre- 
bende Geschichtschreiber, zu dem wir uns jetzt wenden, Tielckes 
Darstellung für ein willkommenes Gegengewicht gegen die Berichte 
der Anhänger Fincks gehalten und aus diesem Grunde benutzt 
haben. 

G. F. von Tempelhoff 

behandelt die Katastrophe bei Maxen in dem 1787 erschienenen 
dritten Teile seiner „Geschichte des siebenjährigen Krieges in 
Deutschland", S. 346 — 366. Über die Quellen, welchen dieser 
ohne Zweifel objektivste der zeitgenössischen Geschichtschreiber 
des siebenjährigen Krieges (die Werke des Königs selbst aus- 
genommen) in seinen Werken gefolgt ist, hat neuerdings Herrmann, 
wie erwähnt, in seiner Inaugural-Dissertation eingehend, aber bei 
weitem nicht erschöpfend, gehandelt. Dafs Tempelhoff an der für 
uns in Betracht kommenden Stelle das in der „Sammlung ungedr. 
Nachr." vorliegende „Journal" '), aufserdem aber Tielckes Dar- 
stellung benutzt hat, ist Herrmann entgangen. Beides aber ist für 
die Beurteilung des Wertes seiner Aufzeichnungen von hervor- 
ragender Bedeutung. Gelingt es uns z. B., den Nachweis zu 
führen, dafs Tempelhoff jenes Journal benutzt hat, so ist damit 
der Beweis erbracht, dafs auch er einen Teil seiner Darstellung 
mittelbar oder unmittelbar aus der Umgebung Fincks schöpfte. 
Unzweifelhaft zeigt er das redliche Streben, sich von der diesen 
Quellen zu Grunde liegenden Tendenz freizuhalten, immerhin ist 
es doch von grofser Bedeutung, zu wissen, dafs sie auch für ihn 
den Grundstock seiner Darstellung bildeten. 

') bez. die demselben zu Grunde liegende „Relation". 



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— 120 — 



Dieser Nachweis aber ist zu erbringen und soll in den nach- 
folgenden Untersuchungen erbracht werden; ja es scheint, dafs 
Tempelhoff ähnlich wie Gaudy, aufser dem „Journal" bez. der 
„Relation" noch andere Quellen Finckscher Provenienz zu Gebote 
standen, so dafs auch seine Darstellung, unbeschadet ihres gröl'seren 
Strebens nach Unparteilichkeit, als eine Ableitung der von Finck 
beeinflulsten Überlieferung zu betrachten ist. 

Bleiben wir zunächst bei dem „Journal" bez. der „Relation" 
stehen. Wir legen hier der Vergleichung, abweichend von dem 
Gaudy gegenüber eingeschlagenen Verfahren, das „Journal" in der 
„Sammlung üngedruckter Nachrichten" zu Grunde, da dasselbe 
bei dem Erscheinen des Tempelhoffschen Bandes schon gedruckt 
vorlag und die Annahme, dafs er die handschriftliche Fassung be- 
nutzt habe, zum wenigsten nicht notwendig ist; dann aber schien 
eine Vergleichung derjenigen Stellen, an denen eine merkliche 
Abweichung zwischen „Journal" und „Relation" vorlag, eine 
gröfsere Annäherung Tempelhoffs an das erstere zu ergeben. So 
viel kommt auf die Frage nicht au, da an der sachlichen Über- 
einstimmung zwischen „Relation" und „Journal" nach dem oben 
Gesagten nicht zu zweifeln ist. 

Die Ähnlichkeit der Tempelhoffschen Darstellung mit dem 
Journal beginnt gleich da, wo das letztere einsetzt, doch ist die 
Übereinstimmung anfangs nirgends eine wörtliche; Tempelhoff er- 
scheint stellenweise als ein kurzer Auszug aus dem „Journal", an 
anderen Stellen zeigt es sich wieder deutlich, dafs er noch andere 
Quellen neben dem „Journal" benutzt hat. Beweisend für das 
Verhältnis der beiden Quellen zu einander wird diese Überein- 
stimmung natürlich erst, wo sie in längereu Abschnitten eine 
mehr oder weniger wörtliche ist. Die erste Stelle, an der dies 
der Fall ist, ist die folgende: 



Sammlung üngedruckter Nach- 
richten II, 595. 

Den 19. in der Frühe reco- 
gnoscirtc der General-Lieutenant 
gegen Gompsen und Röhrsdorf. 
Als der Nebel herunter gefallen 
war, sähe der General-Lieutenant, 
dafs aus dem Daunschen Lager 
auf der Strafse von Dresden nach 
Dippoldswalde ein starkes Corps 
marschirte, welches ihm nicht lange 



Tempelhoff III 357/58. 

General Fink war unterdessen 
ausgeritten, um in der Gegend von 
Röhrsdorf und Gompsen den Feind 
zu rekognosciren. Ein starker 
Nebel und das trübe Wetter ver- 
hinderte die Bewegungen des 
Feindes zu entdecken; als es aber 
heller wurde, ward er gewahr, dafs 
ein starkes Korps aus dem Daun- 



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I 



— 121 — 



hernach von dem Major v. Haugwitz 
von Ober-Häselich ebenfalls ge- 
meldet wurde. 

Weil nun die letzte Proviant- 
wagen ohngefahr um diese Zeit 
erstlich Reinholzhain pafsiren 
konnten, folglich von dem Feind 
noch hätten eingeholet werden 
mögen, so befahl der General- 
Lieutenant, dafs zu derselben 
mehrerer Sicherheit der General- 
Major von Platen mit den Dra- 
gonern von WUrtcmbcrg und den 
3 Grenadier-Bataillons von Kleist, 
von Billcrbeck, von Benekendorf ') 
ohne Anstand den Proviantwagen 
auf der Strafse nach Reinholzhain 
entgegen inarschiren sollte; dem 
Major v. Haugwitz aber wurde die 
Ordre geschickt, die feindliche 
Vortruppen so lange als möglich 
durch ein und andere Bewegung 
aufzuhalten und sich hierbey mit 
dem Transport der Brod wagen gegen 
Reinhardsgrimme zurück zu zie- 
hen' 2 ). Inzwischen hatte das Feuer 
der beyderseitigen Blänkers und 
die Nachricht von dem anmarschi- 
renden Feind den Transport der 
Brodwagen dergestalt beschleuniget, 
dafs selbiger nach einigen gehabten 
kleinen Attaken mit dem General- 
Major von Platen in Reinhardts- 
grimme zugleich eintraf. 



sehen Lager auf der Strafse nach 
Dippoldiswalde marschirte. Wie- 
wohl nun der General Fink noch 
Zeit hatte, sich zurüekzuziehn und 
dem Feinde bei Dippoldiswalde 
zuvor zu kommen, so beschlofs er 
doch, stehen zu bleiben und ihn 
zu erwarten 3 ); weil er aber be- 
sorgte, der Feind möchte den 
Transport mit Brod aufheben, so 
detaschirte er den General Jung- 
Platen mit den Grenadierbataillonen 
Kleist, Billerbeck und Benkendorf 
und den Dragonern von Wttrten- 
berg nach Reinholzhain und schickte 
dem Major Hauchwitz, der mit 
3 Schwadronen Husaren bei Häselich 
stand, den Befehl, den Feind so 
lange als möglich aufzuhalten und 
sich hernach mit der Bedeckung 
der Brodwagen nach Reinhards- 
grimmc zurückzuziehen. Der Feind 
unternahm indessen nichts und be- 
gnügte sich blofs den Transport 
von einer grofsen Entfernung mit 
Kanonenschüssen zu beunruhigen, 
die keine andre Wirkung thaten, 
als dafs sie den Marsch desselben 
beschleunigten, so dafs er den 
Nachmittag glücklich im Lager 
eintraf. 



') Die sonst wörtlich mit dem Journal übereinstimmende Relation zeigt 
hier eine kleine sachliche Abweichung von demselben. Einmal erwähnt sie 
neben den Württemberg-Dragonern noch das Kürassier-Regiment von Horn, 
dann giebt sie an. dafs die Grenadierhataillone von Mosel geführt worden 
seien, endlich läfst sie bei der Nennung dieser Bataillone das Bataillon 
v. Kleist aus. Man sieht, dafs Tempelhoff in allen drei Punkten dem „Journal" 
und nicht der „Relation" folgt. 

2 ) Dieser letzte Satz ist in der Relation stilistisch anders gefafst: „und 
sich nächstdein mit der Escorte derer Proviant wagens zu conjungiren." Wieder 
steht die Tempelhoffsche Fassung der des Journals näher als der der Relation. 

3 ) Diesen einzigen selbständigen Zusatz zum Journal könnte Tempelhoff 
recht wohl der. wie wir gleich sehen werden, neben dem Journal am meisten 
benutzten Darstellung Tielckes (S. 9) entnommen haben. 



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— 122 — 



Und in derselben Weise geht die Übereinstimmung weiter; 
sie ist sachlich eine vollständige; in der stilistischen Anordnung 
aber bindet sich Tempelhoff nicht sklavisch an seine Vorlage; 
z. B.: 



Journal S. 596. 

Die Spions und Deserteurs mel- 
deten, dafs sich der Feldmarschall i 
Daun bey diesem feindlichen Corps 
befände; dafs dieses Corps gegen 
30 000 Mann stark sey, viele Ar- 
tillerie bey sich fübre und die 
Preufsen auf der Seite bey Haus- 
dorf angreifen wollte, sobald die 
Reichsarmee bey Dohna und der 
General von Brentano zwischen 
Dronitz und Wittgendorf attakiren 
würden. 

und weiter: 

Journal S. 596. 

nach welcher letztern Disposition 
auf der Maxner Anhöhe gegen 
Hausdorf die 5 Bataillons v. Kleist, 
Grabow, Zastrow, Benekendorf und 
Billerbeck, hinter denenselben aber 
die Dragoner von Würtemberg und 
3 Escadrons Husaren v. Gersdorf 
zu stehen kamen. Die linke Flanke 
gegen Mühlbach deckte das Fink- 
sche Regiment und bedeckte mit 
50 Mann die alte Redoute. Gegen 
die rechte Flanke dieser 5 Ba- 
taillons sollte sich das Regiment 
v. Rebentisch ') postiren, dergestalt, 
dafs es die Anhöhe gegen Lung- 
witz einnehme; an den rechten 
Flügel von Rebentisch sollte das 
Bataillon von Schenkendorf, ferner 
nach der Schmorsdorfer Anhöhe 



Tempclhoff 358. 

Der General Fink erfuhr durch 
i seine Spione und verschiedene an- 
kommende Ueberläufer, dafs der 
Feldmarschall Daun beschlossen 
hätte ihn auf der Seite von Haus- 
dorf mit einem Korps von 30 000 
Mann anzugreifen, und dafs es die 
Reichsarmee bei Dohna und der 
General Brentano zwischen Dronitz 
und Witgendorf zu gleicher Zeit 
thun sollten. 



Tempelhoff 358. 

Nach diesen (seil. Anstalten) 
sollten die Bataillone Kleist, Ben- 
kendorf, Billerbeck, Grabow und 
Zastrow die Höhe bei Maxen gegen 
Hausdorf besetzen und hinter ihnen 
die Dragoner von Würtenberg und 
3 Schwadronen Husaren von Gers- 
dorf zu stehen kommen ; die linke 
Flanke gegen Mühlbach das Regi- 
ment Fink und die rechte Flanke 
das Regiment Rebentisch decken 
und zu dem Ende die Höhe gegen 
Lungwitz besetzen. Das Bataillon 
von Schenkendorf sollte sich an 
den rechten Flügel von Rebentisch 
schliefsen, bei der Schmorsdorfer 
Höhe 6 Schwadronen Husaren und 
die Dragoner von Platen in der 
ersten und die schwere Kavallerie 



') Hier zeigen sich trotz sonstiger wörtlicher Übereinstimmung einige 
kleine sachliche Differenzen zwischen „Journal 1 * und „Relation" (s. oben S. 89). 
So erwähnt die letztere das Bataillon von Schenkendorf schon hier in un- 
mittelbarer Verbindung mit dem Regiment Rebentisch, während dasselbe im 
„Journal" erst ein wenig später genannt wird. Wieder folgt Tempelhoff 
der Fassung des „Journals." 



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— 123 - 



die schwere Kavallerie aufmarschi- 
ren, vor welcher Linie ') die Pla- 
tcnschcn Dragoner und 6 Esca- 
drons Husaren sich setzen sollten. 
Zur Bedeckung der Kavallerie und 
des rechten Flügels war der Ge- 
neral-Major von Lindstädt mit den 
Bataillons v. Lehwald, Hülsen und 
Knobloch auf den Anhöhen von 
Schmorsdorf postiret, welchen allen 
das Bataillon von Willemai den 
Rücken deckte, falls sich durch 
die Gründe von Wesenstein und 
Häselich etwas Feindliches heran 
nahen wollte. Der General von 
Wunsch sollte sich mit den Regi- 
mentern von Münchow und Cassel, 
1 Escad. Husaren 2 ), dem Frey- 
bataillon von Salenmon und 4 zwölf- 
pfündigen Kanons bey Dohna gegen 
die Reichs- Armee setzen. 

Die dann folgende Darstellung des Angriffs der Österreicher 
bei Teinpelhoff scheint aus der offiziellen österreichischen Relation 
(abgedruckt in den „Dauziger Beiträgen" Teil 9, S. 52 — 66 und 
bei Tielcke, Stück 1, S. 26 ff.) entnommen zu sein, doch ist sie 
sehr abgekürzt; zuweilen zeigen sich deutlichere Anlehnungen an 
Tielckes Darstellung als an die österreichische Relation 4 ); die 
einzelnen Kolonnen sind im allgemeinen ebenso augeführt, nur 
dals an Stelle der Namen der einzelnen Regimenter zusammen- 
fassendere Bezeichnungen treten; Anlehnung an Tielcke mitten in 
der Darstellung zeigt z. B. folgende Stelle: 



in der zweiten Linie zu stehen 
kommen, und der General Lind- 
städt mit den Bataillonen Lehwald. 
Hülsen und Knobloch die Höhen 
bei Schmorsdorf besetzen, um die 
Kavallerie und den rechten Flügel 
zu decken und dem über Witgen- 
dorf kommenden Feinde die Spitze 
zu bieten; und alle diese dem 3 ) 
Bataillon Willemay den Rücken 
decken, wofern sich durch den 
Grund von Wefsenstein und Höse- 
lich feindliche Truppen herauf- 
schleichen wollten. Der General 
Wunsch aber sollte mit 2 Ba- 
taillonen Münchow, 2 Kassel, dem 
Frcibataillon Salenmon und 1 Schwa- 
dron Husaren bei Dohna gegeiudie 
Reichsarmec stehen bleiben. 



Tielcke S. 11. 

Auf der Höhe von Maltern blieb 
der General-Feldwachtmeister Ba- 
ron von Seckendorf mit den Regi- 



Tempelhoff 359. 

Auf der Höhe bei Maltern blieb 
der General Seckendorf mit 2 In- 
fanterieregimentern und etwas Ka- 



l ) Also stehen nach dein „Journal" die Platen-Dragoner und die Husaren 
in der ersten Linie, wie das Tempelhoff. dem „Journal" folgend, ganz korrekt 
ausdrückt. Die „Relation" läfst beide im zweiten Treffen stehen. 

a ) Die Relation hat hier „3 Esquadrons Hussaren", Tempelhoff, dem 
„Journal" folgend, eine. 

3 ) soll wohl heifsen: allen diesen das Bataillon. 

4 ) Die Danziger Beiträge hat Tempelhoff, wie Herrmann a. a. O. S. 29 
behauptet, nicht benutzt. Die offizielle österreichische Relation hat ihm also 
wohl nur in dem Tielckeschen Abdruck vorgelegen. 



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— 124 - 



mentern Botta und Jung-Collo- 

redo etc , um den Kayser- 

lichen den Rücken frey zu halten, 
wenn etwan ein Preufsisches 
Corps von Freyberg überDip- 
poldiswalda anrückte. 



vallerie stehen, um dem Feld- 
marschall Daun den Rücken zu 
decken, wenn etwa ein preufsi- 
sches Korps über Dippoldis- 
walde anrücken sollte. 



Die offizielle österreichische Relation (Tielcke S. 28) hat hier 
eine etwas andere Wendung: „Baron von Seckendorf . . . [ist] 
auf der Anhöhe bey Maltern, wo der rechte Flügel gestanden, 
zurückgelassen worden, um sich der Passage von Freyberg 
auf Dippoldiswalda zu versichern'). 

Sowie nun aber Tempelhoff wieder auf die Schilderung der 
preufsischen Stellungen und Operationen kommt, offenbart sich 
sofort wieder die Verwandtschaft mit dem „Journal"; z. B. : 



Journal S. 598. 

Den 20. ritt der General-Lieu- 
tenant v. Fink mit dem Anbruch 
des Tages nach Reinhartsgrimme 
und fand die Österreichischen Vor- 
posten in etwas zurückgezogen. 
Nachdem er den Generals v. Platen 
und v. Mosell weitere Vcrhaltungs- 
befehle ertheilet hatte, so ritte der 
General-Lieutenant nach der Ge- 
gend von Röhrsdorf zurück, wo 
sich etwas Feindliches sollte sehen 
lassen. 



Tcmpelhoff 359. 

General Fink rekognoscirte 
gleich mit Tages - Anbruch den 
Feind und fand dessen Vorposten 
bei Reinhardsgrimme etwas zurück- 
gezogen. Er gab hierauf dem Ge- 
neral Plathen die nöthigen Ver- 
haltungsbefehlc und ritt nach der 
Gegend von Röhrsdorf, um die 
feindlichen Bewegungen zu beob- 
achten. 



Auch ir dem Folgenden ist die Übereinstimmung noch grofs, 
zuweilen wörtlich, doch hat hier Tempelhoff die Erzählung des 
Journals vielfach durch taktische Erörterungen unterbrochen. 
Sehr bezeichnend für sein Streben, sich von der Tendenz der ihm 
vorliegenden Finckschen Überlieferung frei zu halten, ist da 
namentlich der Tadel, "den er darüber ausspricht, dals Finck den 
Pafs von Reinhardsgrimma zu früh aufgegeben habe. Er mag 
hierzu auch durch die Schilderung Tielckes (S. 12) angeregt 
worden sein, den er im Folgenden neben dem Journal fortwährend 



J ) Nebenbei sei hier darauf hingewiesen, dafs die offizielle österreichische 
Relation durchweg wörtlich auf dem Bericht Dauns nach Wien (mutat. 
mutand.) beruht, soweit sich das wenigstens aus den in den «Beiträgen zur 
Gesch. der österreichischen Kavallerie" mitgeteilten Teilen des letzteren er- 
sehen läfst. 



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— 125 — 



benutzt. Ihm hat er wahrscheinlich auch das entnommen, was 
er über die Rolle, welche Fabri bei dem Vormarsch der Öster- 
reicher nach Reiiihardsgrimma spielte, und über den Anteil des 
Hauptmanns Schröder an der Besetzung der rechts vor dem 
Walde gelegenen Anhöhe mit eiuer Batterie beibringt. Hier zeigt 
sich überhaupt ziemlich grofse Übereinstimmung mit Tielcke, 
z. B.: 



enge 



Tielcke S. 12. 

Man fand die Passage 
und wegen des starken Frostes 
und etwas wenig Schnees beschwer- 
lich und die Anhöhen steil und 
glatt, und viele hielten es für 
unmöglich mit dem Geschütz 
und Reuterey durchzukom- 
men, da zumahl die Pferde nicht 
scharf beschlagen waren. Allein 
der damahlige Major Fabri vom 
grofsen Staabe (oder Feld-In- 
genieur-Corps) versicherte 
dem Feldmarschall, dafs es 
zwar beschwerlich, aber dem- 
ohngeachtet möglich zu 
machen sey, welches er bey 
genauer Untersuchung gefunden 
und dafür stehe. (Davon steht in 
der Offiziellen Oesterreichischen 
Relation nichts.) 



Tempelhoff 360. 

Das Defilee in diesem Dorfe 
ist sehr enge, und der Durchgang 
konnte dem Feinde durch ein gut 
angebrachtes Artilleriefeucr sehr 
beschwerlich gemacht werden. Es 
hatte die Tage vorher etwas gefroren 
und geschneiet ; dadurch waren die 
Berge sehr schlüpfrig geworden, 
und verschiedene feindliche 
Officiere hielten es für un- 
möglich sie zu ersteigen. Feld- 
marschall Daun ward dadurch 
selbst schon wankend gemacht, als 
der Major Fabris vom Feld- 
Ingenieurkorps ihn durch die 
Versicherung, dafs es zwar 
Mühe kosten, aber doch mög- 
lich sein würde, zur Fortsetzung 
seiner Unternehmung bewog. 



Diese Übereinstimmung mit Tielcke 



zeigt 



sich auch im 



ganzen folgenden Abschnitte, während die Verwandtschaft mit 
dem „Journal u hier völlig zurücktritt. Es scheint, als habe 
TempelhofF hier Tielcke einfach exzerpiert. Man vergl. : 



Tielcke S. 14/15. 

So bald die Bataillons des Gre- 
nadier-Corps von der Avantgarde 
aus dem Wald heraus kamen, er- 
stiegen sie die Höhe rechter 
Hand, wohin sich auch der 
Feldmarschall begab, um des 
General Finks seine Stellung, 
und wie ihme beyzukommen, zu 
besehen. Die Grenadier-Bataillons 
aber liefs er, so wie sie ankamen, 



Tempelhoff 360. 

Die österreichischen Grenadiere 
erstiegen mit vieler Mühe 
eine von diesen Höhen, die 
rechter Hand des "Weges von 
Reinhardsgrimme nach Hausdorf 
liegt, und der Hauptmann 
Schröder brachte in der Ge- 
schwindgkeit eine Batterie 
von acht- bis zwölfpfündigen 
(soll wohl heifsen 8 zwölfpfündigen) 



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— 126 - 



am Abhänge der Bergo verdeckt, 
bis zum Angriffe Halt machen. 
Der Hauptmann Schröder von 
der Kayserlichen Artillerie 
brachte auch in der Geschwin- 
digkeit acht zwölfpfündige 
Canonen auf diese Anhöhe. 
Dieses kostete zwar nicht 
wenig Mühe, da das ziemlich 
jäh angehende Terrain wegen des 
starken Frost es und wenigen Schnees 
oder vielmehr Glatteises sehr 
schlüpfrig war, allein es wurde in 
kurzer Zeit durch geschickte An- 
legung der Leute möglich gemacht. 
Diese Batterie traf in die 
Preufsische linke Flanque 
und that ihnen grofsen Ab- 
bruch. Ueberhaupt war das 
Stückfeuer von beyden Theilen sehr 
lebhaft, das Kayserliche aber we- 
gen Vortheil des Terrains von 
mehrerer Würkung. So bald diese 
Batterie zu spielen anfieng, zog 
sich der General riaten mit 
seinen 2 Bataillons in die 
Linie zurück Die Kay- 

serlichen Grenadiers, denen die In- 
fanterie folgte, rückten indefs in 
Colonnen, und die Cavallerie ihnen 
links immer mehr aus dem Walde 
hervor und fiengen an sich zu 
formiren, wobey ihnen die Reute- 
rey die linke Flanque deckte. Die 
Kayserlichen brachten darauf auf 
die rechts vorwärts liegende Höhe 
Nr. 24 acht Haubitzen und 6 sechs- 
pfündige Canonen und nach Nr. 64 
26 Canonen von verschiedenen Ca- 
libre, worauf das Feuer aufser- 
ordentlich lebhaft wurde. 

Auch in dem nächstfolgenden Abschnitt zeigt sich noch 
grofse Verwandtschaft zwischen Tielcke und Tempelhoff; z. B.: 



Kanonen hinauf, indefs der 
Feldmarschall Daun auf der- 
selben die Stellung des Fink- 
schen Korps bei Maxen reko- 
gnoscirte und den Entwurf zum 
Angrif machte. Diese Batterie 
nahm die Bataillone Grabow 
und Zastrow in die linke 
Flanke und nöthigte sie, sich 
nach den Höhen bei Maxen in die 
aufmarschirtc Linie zurückzuzie- 
hen . Die österreichi- 
schen Grenadiere zogen sich links 
nach den Höhen, wo die Bataillone 
Grabow und Zastrow gestanden 
hatten, und brachten 26 Kanonen 
von verschiedenem Kaliber auf eine 
noch vor dieser, näher gegen 
Maxen, liegende Höhe, und auf 
einen andern vor dem rechten 
Flügel des Feindes liegenden Berg 
liefs der Feldmarschall Daun 
8 Haubitzen und 6 sechspfündige 
Kanonen auffahren, um den linken 
Flügel des Finkschen Korps zu 
beschiefsen. 



Tielcke S. 15. 

Nachdem die Canonade 3 4 Stun- 
den gedauert hatte, liefs der Feld- 



Tempelhoff 361. 

Nachdem das Feuer von dieser 
Batterie ohngefähr drei Viertel- 



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— 127 — 



marschall den Angriff thun und 
zwar auf den rechten Flügel durch 
die Grenadiers unter dein General 
Siskowitz, welche der Marq. d'Ainse 
mit seiner Brigade Infanterie unter- 
stützte, und auf dein linken Flügel 
durch die Brigade des General 
Pombasle. Die Cavallerie gieng 
in der Vertiefung und durch Haus- 
dorf durch, um dem feindlichen 
Feuer nicht so sehr ausgesetzt zu 
seyn. 



1 stunden gedauert hatte, rückten 
die feindlichen Grenadiere unter 
dem General Zischkowitz gegen 
den rechten Flügel des Finkschen 
Korps an und wurden bei diesem 
Angrif durch die Brigaden des 
Markis d'Ainse und des General 
Dombasle unterstützt. Die öster- 
reichische Kavallerie ging durch 
Hausdorf, um den Grenadieren die 
linke Flanke zu decken und den 
preufsischen Bataillonen auf den 
Maxener Höhen in die rechte Flanke 
zu kommen. 

Während Tempelhoff also hier bei der Schilderung der öster- 
reichischen Angriffsbewegungen vorzugsweise Tielcke folgt, kehrt 
er alsbald zu seiner preufsischen Quelle, dem „Journal** zurück, 
sowie er auf die Gegenmalsregeln Fincks zu sprechen kommt; 
z. B.: 



Journal S. 603/4. 

Ehe es aber noch so weit bey 
Maxen kam, liefs der General- 
lieutenant durch die Kürafsier- 
regimenter und Husaren das feind- 
liche Corps des Generals Brentano 
attakiren und unterstützte diese 
Attake auf »las lebhafteste durch 
unsere Artillerie auf beyden Seiten, 
in Hofnung, wenn solche glücklich 
ablaufe, von den 4 Bataillons von 
Lehwald, Hülsen, Schenkendorf und 
Knobloch noch etliche gegen die 
Attake des Feldmarschalls Daun 
gebrauchen zu können. 

Anfanglich schien sie nach 
Wunsch auszuschlagen; da sich 
aber unsere Kavallerie rechts weg 
zog, verlor sie hierdurch das 
nöthige Terrain und wurde vom 
Feind über den Haufen geworfen, 
ehe sie ihre Attake recht ange- 
fangen hatte. Die Husaren und Kü- 
rafsiers zogen sich bey den Teichen 
durch den kleinen Grund auf die 
dasige Anhöhe zurück, woselbst 
sie sich wieder setzten. 



Tempelhoff 361/62. 

Auf der andern Seite kam der 
General Brentano immer näher in 
den Rücken des Finkschen Korps. 
Der Geueral Fink liefs hierauf, 
che noch die österreichischen Gre- 
nadiere die Höhen bei Maxen er- 
stiegen hatten, dies Korps durch 
die Kürassierregimenter und Hu- 
saren angreifen, die er mit einem 
lebhaften Feuer aus seiner Artille- 
rie unterstützte. Er unternahm 
diesen Angrif, damit, wenn er 
glücklich abliefe, er von den Ba- 
taillonen Knobloch, Lehwald, Hau- 
sen (soll wohl Hülsen heifsen) und 
Schenkendorf einige dem Feldmar- 
schall Daun entgegen setzen könnte. 
Allein die Kavallerie verlor dadurch, 
dafs sie sich zu weit rechts zog, 
das Terrain und ward durch das 
feindliche Kauonenfeuer zurückge- 
trieben, ehe sie einmal den Angrif 
recht angefangen hatte. 



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— 128 — 



und weiter: 



Journal 605. 

Der General -Lieutenant von 
Fink .... liefs sofort durch einige 
Offiziers die Wege nach Wesen- 
stein und Burghardswalde reco- 
gnosciren, des Vorhabens, in der 
Nacht dahin und jenseits dem 
rothen Wasser weiter fort zu mar- 
schiren. Diese engen Passagen 
aber waren von der Reichsarmee 
und den Panduren schon stark be- 
setzet; weshalben dieser Vorsatz, 
so sehr man ihn auszuführen suchte, 
nicht angehen wollte. 



Tempelhoff 362. 

In dieser traurigen Lage liefs 
er (seil. Finck) durch einige Offi- 
ciere die engen Wege nach Wessen- 
stein und Burkartswaldc rekognos- 
ciren und war entschlossen, sich 
in der Nacht mit dem Korps durch 
sie jenseits des rothen Wassers 
fortzuziehen. Allein sie waren 
schon alle durch die leichten Trup- 
pen unter den Generalen Palfy 
und Kleefeld von der Reichs- 
armee so gut besetzt, dafs keine 
Ilofnung übrig blieb durchzu- 
kommen. 



Und so geht es weiter; manchmal stellt sich Tempelhoff als 
ein kurzer Auszug aus dem „Journal" dar, hier und da aber ist 
die Übereinstimmung wieder völlig wörtlich. Die wenigen Zu- 
sätze (wie oben die Namen der feindlicheu Generale) kann Tempel- 
hoff recht wohl aus eigener Kenntnis hinzugefügt haben. So gut 
wie wörtliche Übereinstimmung herrscht z. B. wieder au folgender 
Stelle: 



Journal 606. 

Als man hierbey die Bataillons 
mit Patronen versah und in Pelo- 
tons einzutheilen suchte, so fand 
sich, dafs die mehresten Bataillons 
ganz aufserordentlich schwach 
waren. 

Die Generalmajors rapportirten 
solches, und da sich der General- 
lieutcnant eben eine Liste von 
sämmtlichen Bataillons eingeben 
liefs, so fand sich, dafs die ganze 
Infanterie nicht mehr als 2836 
Köpfe stark war. 



Tempelhoff 362. 

Zu dem Ende wurden die Ba- 
taillone mit frischen Patronen ver- 
sehen, dabei aber fand mau, dafs 
die mehresten aufserordentlich 
schwach waren. Die Generale 
meldeten dies, und als sich hierauf 
der General Fink eine Liste von 
der Stärke der Bataillone eingeben 
liefs, so fand er, dafs die ganze 
Infanterie nur noch aus 2836 Mann 
bestand. 



uud gleich dahinter sehr bezeichnend: 

Ebda. Tempelhoff 363. 

Aber hierzu wollte der Ge- j Indessen konnte er sich doch 
nerallieutenant von Fink sich , nicht cntschliefsen, sich auf freiem 
keineswegs entschlicfsen, obgleich Felde gefangen zu geben, wie- 
niemand eine Mittelstrafse | wohl keine Mittelstrafse zwi- 



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— 129 — 



zwischen dem Gefangenneh- 
men und der vorsetzlichen 
Aufopferung des ganzen Corps 
entdecken konnte. 

und weiter: 

Journal 607. 

Nun blieb für die Infanterie 
das letzte Mittel übrig, mit dem 
Feinde in der Geschwindigkeit so 
gut als möglich zu kapituliren, 
ehe die Schwäche des Corps durch 
den ganz anbrechenden Tag voll- 
kommen entdecket würde. 



sehen dem Gefangengeben 
und dem Aufopfern des ganzen 
Korps zu finden war. 



Tempelhoff 363. 

Dem General Fink blieb nun- 
mehr nichts übrig, als mit dem 
Feinde in der Geschwindigkeit so 
gut als möglich zu kapituliren, ehe 
er die Schwäche seines Korps ent- 
deckte. 



Das übrige ist im „Journal" nur sehr summarisch geschildert, 
daher findet sich dann keine weitere Übereinstimmung; eher 
scheint eine Benutzung der Darstellung Tielckes vorzuliegen, doch 
ist die Übereinstimmung nirgends eine so vollkommene, dafs sich 
diese Frage endgiltig entscheiden liefse. Die Schilderung des 
Vormarsches des Hülsenschen Korps beruht auf eigenen Er- 
innerungen oder Aufzeichnungen Tempelhoffs, der zu diesem Korps 
gehörte. 

Fassen wir das Resultat unserer bisherigen Untersuchungen 
über Tempelhoff zusammen, so werden wir sagen müssen: er hat 
seine Darstellung der Kämpfe um Maxen aus dem „Journal" in 
der „Sammlung ungedruckter Nachrichten" und Tielcke in der 
Weise kombiniert, dafs er bei der Schilderung der preuisischen 
Bewegungen und der Vorgänge in der Umgebung Fincks dem 
ersteren, in der der österreichischen Bewegungen dem letzteren 
folgte. So sehr wir also sein Streben nach Wahrheit und Un- 
Parteilichkeit sowohl in seinen eigenen Aufserungen (z. B. über 
die zu frühe Räumung des Passes von Reinhardsgrimma) als auch 
darin, dafs er zur Kontrolle auch die im ganzen unbefangene 
Darstellung Tielckes heranzog, anerkennen müssen, so bleibt doch 
die Thatsache bestehen, dafs er die Nachrichten über die Vor- 
gänge in Fincks Heerlager ebenso wie Gaudy einer Quelle ent- 
nahm, die aus Fincks unmittelbarer Umgebung stammt und die 
Grundlage der in dessen Sinn gefärbten Tradition bildet. 

Aber das „Journal" war bei ihm wie bei Gaudy nicht die 
einzige Fincksche Quelle, die er benutzte; er hat vielmehr auch 
sonst mittelbar oder unmittelbar von Finck selbst Mitteilungen 

HUtorUehe Unter»uchun*en. 7. Q 



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130 — 



aller Art erhalten. Ich habe schon in der Darstellung der Er- 
eignisse daranf hingewiesen, dafs die Erzählung von der heftigen 
Scene zwischen dem Könige [und Finck so stark an des letzteren 
eigenen Bericht in dessen Denkschrift anklingt, dafs die Ver- 
mutung nahe liegt, er habe diese Denkschrift selbst eingesehen. 
Ebenso kann er die Kenntnis von dem Inhalt des Finckschen Be- 
richts über die Zurücklassung Lindstädts in Dippoldiswalde nur 
aus Fincks Umgebung erhalten haben. Er hat voraussichtlich 
auch hier dieselbe Quelle wie Gaudy oder diesen selbst (wovon 
sich freilich an dieser Stelle sonst keine Spur findet) benutzt. 
Sehr bemerkenswert für seine viel ruhigere Auffassung aber ist 
doch die Art, wie er dies thut. Während Gaudy, wie wir sahen, 
sehr ausführlich über den Inhalt dieses gar nicht vorhandenen 
Briefes berichtet, giebt Tempelhoff nur kurz an, dafs Finck dem 
Konige die Zurücklassung Lindstädts bei Dippoldiswalde gemeldet 
habe; während Gaudy dann genau über die Vorstellungen spricht, 
welche Finck dem Könige dieserhalb gemacht habe, giebt Tempel- 
hoff (III, 354) nur kurz das Motiv Fincks zur Zurücklassung Lind- 
städts an, ohne direkt zu sagen, dafs Finck dasselbe in seinem 
Berichte an den König angeführt habe; er sagt nur, Finck habe 
Lindstädt und Vasold in Dippoldiswalde zurückgelassen, „nicht 
allein um die Gemeinschaft mit Freiberg frei zu haben, woher er 
seinen Unterhalt nehmen mufste, sondern auch um sich zurück- 
ziehen zu können, dafern er durch die Ubermacht des Feindes 
dazu genöthigt werden sollte." Woher Tempelhoff dann die nähere 
Fassung des königlichen Befehls, Lindstädt nach Maxen nach- 
kommen zu lassen (S. 355) entnommen hat, läfst sich nicht mehr 
feststellen. Ebenfalls Finck selbst verdankt Tempelhoff unzweifel- 
haft die Kenntnis des entscheidenden Schreibens des Königs vom 
18. November, welches er allein in vollem Wortlaut mitteilt, 
während es sonst weder im Original noch im Concept ent- 
halten ist. 

Auch er folgte also Quellen Finckschen Ursprungs, aber die 
Anerkennung wird man ihm nicht versagen dürfen, dafs er sich 
von der Tendenz derselben in viel höherem Mafse unabhängig er- 
halten hat als Gaudy, dem gerade diese Tendenz die ihm vor- 
liegenden Quellen als besonders willkommen erscheinen liefs, wäh- 
rend Tempelhoff überall das Bestreben zeigt, sie durch eine andere, 
in dem Streit zwischen dem Könige und Finck völlig unparteiische 
Quelle zu kontrollieren. Daher auch die sehr unabhängige, der 



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— 131 



geschichtlichen Wahrheit sehr nahe kommende Gesamtbeurteilung, 
welche er S. 364/65 dem ganzen Ereignis zu Teil werden läfst und 
in der er bewufst dem Streben derer, die das Verfahren des 
Königs gegen Fiuck als hart und ungerecht hinstellen wollen, 
entgegentritt, indem er es geradezu ausspricht, man dürfe den 
König keiner unbilligen Härte beschuldigen, dafs er nach geen- 
digtem Kriege Finck vor ein Kriegsgericht gestellt habe. 

Fassen wir das Resultat der gesamten vorstehenden Unter- 
suchung kurz zusammen, so geht es dahin, dafs die ganze 
ursprüngliche Überlieferung von preufsischer Seite (natürlich den 
entsprechenden Teil der Darstellung des Königs ausgenommen) 
mittelbar oder unmittelbar auf Finck und dessen Umgebung 
zurückgeht. Unmittelbar aus dieser Quelle ist die im Nachlasse 
Fincks handschriftlich aufbewahrte „Relation" geflossen, die sogar 
wahrscheinlich von Finck selbst verfafst ist und in mehreren 
Fassungen in den litterarisch thätigen Offizierskreisen des Heer- 
lagers des Prinzen umlief. Eine dieser im grofsen und ganzen 
mit der „Relation" identischen, in Einzelheiten aber abweichenden 
Fassungen haben wir in dem in der „Sammlung ungedruckter 
Nachrichten" abgedruckten „Journal vom Finkischen Corps" vor 
uns. Wir haben uns den Hergang, wie Herrmann in allgemeiner 
Ausdehnung ausfuhrt, wahrscheinlich ähnlich zu denken, wie bei 
den mittelalterlichen Annalen und Chroniken. Die „Relation" 
lief im Heerlager um und wurde den meisten dort niedergeschrie- 
benen Tagebüchern und Journalen zu Grunde gelegt, deren Ver- 
fasser dann entweder aus eigener Kenntnis oder aus ihnen vor- 
liegenden officiellen Quellen selbständige Zusätze hinzufügten. In 
dieser Weise ist z. B. das hervorragendste dieser Journale, das 
Gaudysche, aus der „Relation" entstanden. Eine Kombination 
aus der letzteren bez. dem „Journal" und dem vorwiegend auf 
österreichischen Quellen fufsenden, aber daneben ebenfalls von 
Finckscher Seite mit Nachrichten versehenen Werke Tielckes 
haben wir in Tempelhoffs Darstellung vor uns, in der noch am 
meisten Streben nach selbständigem und unabhängigem Urteil zu 
erkennen ist. 

Diese Quellen aber sind die Grundlage der späteren Über- 
lieferung gewesen. Retzow (Charakteristik der wichtigsten Er- 
eignisse des 7jährigen Krieges. Deutsche Ausgabe. 2. Teil. 
168 — 177), der sonst meist auf Gaudy beruht, scheint hier in 
seinen sehr dürftigen ^tatsächlichen Angaben eher Tempelhoff 

9* 



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— 132 



und dem „Journal vom Pinkischen Corps" gefolgt zu sein. That- 
sächlich Neues bringt er gegenüber den schon zergliederten 
Quellen nicht bei; den gröfsten Teil seiner Darstellung füllen die 
schon in der Darstellung näher charakterisierten taktisch-strate- 
gischen Erörterungen aus, die in ihrer Tendenz durchaus mit 
denen Gaudys übereinstimmen, in der Fassung aber an dieser 
Stelle nirgends eine unmittelbare Anlehnung an diesen erkennen 
lassen. Vielmehr beruft er sich (S. 171) ausdrücklich darauf, dafs 
er selbst den Ereignissen als Augenzeuge beigewohnt habe, was. 
indessen nur in beschränktem Mafse richtig ist; denn zu dem 
Finckschen Korps gehörte er nicht, und von dem Hauptheere aus, 
bei dem er sich in der Begleitung des Prinzen Heinrich befand, 
konnte er allzu genaue eigene Beobachtungen nicht machen. In 
der That sind dann auch die mit grofsem Pathos (S. 168) ange- 
kündigten thatsächlichen Angaben so dürftig, dafs aus ihnen ein 
klares Bild von dem Verlauf der Sache nicht zu gewinnen ist. 
Der Verfasser begnügt sich damit, das Verfahren des Königs in 
der schroffsten Weise zu tadeln und geradezu zu verdächtigen, 
doch kann auch er nicht leugnen, dafs doch auch Finck nicht 
tadelfrei aus der Sache hervorgegangen ist; nur betont er wieder- 
holt ausdrücklich, dafs die Hauptschuld den König treffe. „Man 
kann nicht leugnen", so sagt er auf S. 175, „dafs der König so- 
wohl wie Finck hier fehlten, obgleich ein gröfserer Anteil auf 
ersteren zurückfällt, wenn letzterer, aus zu grofser Peinlichkeit, 
seinem Schicksale eigenmächtig vorzubeugen, nicht Entschlossen- 
heit genug hatte". Die Tendenz, die Retzow verfolgt, liegt 
überall so offen zu Tage, dafs sie eines Beweises gar nicht be- 
darf. In Bezug auf die Thatsachen kann weder er noch Warnery, 
der in der Tendenz durchaus mit ihm übereinstimmt, als originale 
Quelle betrachtet werden. 

Wir sehen also, dafs in dieser gesamten Memoiren-Uber- 
lieferung über die Katastrophe von Maxen eine ausgesprochen für 
Finck und gegen den König voreingenommene Tendenz vorwaltet, 
der gegenüber, wie erwähnt, eine objektive Auffassung der Er- 
eignisse in den neueren Darstellungen um so schwerer zur Gel- 
tung kommen konnte, als die vom Könige selbst (Histoire de la 
guerre de sept ans, Oeuvres V, 28 — 30) entworfene Darstellung viel 
zu kurz ist, um eine Kontrolle der übrigen Überlieferung zu er- 
möglichen. Aufserdem aber darf nicht verkannt werden, dafs auch 
der König an dieser Stelle nicht ganz unbefangen urteilt, sondern. 



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— 133 — 



seinem au sich berechtigten Unwillen gegen Finck doch allzuviel 
Eiuflufs auf seine Darstellung des Ereignisses eingeräumt hat. 
Wohl vermag man aus seiner Darstellung mit voller Klarheit die 
von seinen Gegnern so arg mifsdeutete oder verkannte Absicht zu 
erkennen, die er bei der Entsendung Fincks nach Maxen ver- 
folgte (vergl. die oft citierte Stelle auf S. 28: „Lea malheurs, 
qu'avait essuyes le Roi dans cette campagne, auraient ete repares 
en partie s'il avait pu reprendre Dresde), aber die Darstellung des 
Verlaufs selbst kann nicht als imbedingt zuverlässig anerkannt 
werden. Ist es nach dem vorhandenen Material schon einiger- 
mafsen zweifelhaft, ob Finck, wie der König angiebt, wirklich von 
vornherein den Befehl hatte, sich bei Annäherung eines überlegenen 
feindlichen Heerteils sofort zurückzuziehen, so ist es selbst nach den 
Akten des Kriegsgerichts sicher nicht korrekt, wenn der König 
behauptet (S. 30), Finck habe Wunsch, als er mit der Kavallerie 
durchbrechen wollte, jede Feindseligkeit verboten (M. de Finck 
et ses collegues lui interdirent toute hostilite). Für die Beurteilung 
der Vorgänge im einzelnen kann die Schilderung des Königs wegen 
ihrer Kürze ohnehin nur in zweiter Linie in Betracht kommen. 

Bei dieser Beschaffenheit des chronikalischen Quellenmaterials, 
über die man sich im einzelnen bisher noch nie völlig klar ge- 
worden ist, liegt es auf der Hand, dafs der Versuch einer völlig 
objektiven Darstellung des Ereignisses gar nicht auf Grund des- 
selben allein unternommen werden kann, dafs derselbe vielmehr 
nur unter Zugrundelegung der erhaltenen Reste der Feldakten 
und der officiellen Akten des Kriegsgerichts zu einem endgiltigen 
Resultat fuhren kann. Auf dieser Grundlage vornehmlich habe 
ich daher die Darstellung der Vorgänge aufzubauen versucht. 
Mag dabei noch manche Frage, über die uns das Material im 
Stich läfst, ungelöst bleiben, an der Hauptsache selbst scheint mir 
bei einer unbefangenen inneren und äufseren Kritik der Quellen 
und der Thatsachen kaum noch ein erheblicher Zweifel obwalten 
zu können. 



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Anhang II. 



Korrespondenz Fincks mit dem Könige aus den 
Tagen vom 14. bis 23. November 1759 1 ) und einige andere Aktenstücke. 

1. Der König an Finck, d. d. Dormitz (DörscJmite), 14. November. 

Original mit Friedrich» eigenhändiger Vntertchrift im 0. St. Ä. (Rep. 96). 

Mein lieber General-Lieutenant von Finck. Da der Feind 
marchirt ist und sich aller apparence nach bey die Sieben Eichen 
und Nieder Polentz setzen würd, so müfset Ihr so gleich auf- 
brechen und Euch auf die Höhen yon Rabensberg, Neuckirch 
und den Schlofs-Berg setzen und Mir so gleich einen Rapport 
schiken, was Ihr dorthen vor Nachrichten habet; Ich breche mit 
der Armee auf, und wen sich kein empechement findet, werde Ich 
das lager gegen Lotheim, Leutwitz, Porsnitz und der Gegend nehmen. 
Ich bin Euer wohl aflfectionirter König Eighdg. Utschr. 



x ) Leider ist diese Korrespondenz, welche, vollständig erhalten, unsere 
vornehmste Quelle sein würde, nur sehr fragmentarisch auf uns gekommen. 
Die von mir hier, teils aus der Kabinetts-Registratur des Königs, teils aus 
dem Nachlasse Fincks mitgeteilten Stücke sind, wie es scheint, die einzigen 
erhaltenen. Mehrere Berichte Fincks sind, wie erwähnt, wohl in Dauns 
Hände gefallen und deswegen nicht in die preufsischen Archive gelangt. 
Von den Kabinetts-Ordres des Königs aber sind weit mehrere, als wir hier 
mitteilen, in Fincks Besitz gekommen. Er citiert deren in seiner unten im 
Anhang IV mitgeteilten Denkschrift eine ganze Anzahl, die nicht mehr vor- 
handen sind. Wahrscheinlich hat er sie dem Kriegsgericht vorgelegt, und 
mit den verschwundenen Akten dieses Gerichts sind auch diese Ordres ver- 
loren gegangen. Einigen Aufschlufs gewähren indes auch die hier mitge- 
teilten Stücke, welche bisher der Beachtung der Forschung zumeist entgangen 
sind. Ich gebe sämtliche Originale in ihrer Schreibweise; nur bei der unter 
Nr. 22 abgedruckten Kopie habe ich von dieser diplomatischen Genauigkeit 
absehen zu dürfen geglaubt. 



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— 135 — 

2. Der Kimig an Finck, d. d. Krögis, 14. November 1759. 

Original im Xachlatse Pinckt im Oeh. St 1. (Rep. 92). 

Mein lieber General-Lieutenant v. Finck. Wegen dem jetzigen 
March des Feindes mufs Ich Euch berichten, das gegen Käbschütz 
und dortiger Gegend Selbige Ihr lager genommen haben. Meisen 
ist von uns genommen, und dabey sind 150 Gefangene gemacht 
worden. Wedeil stehet mit einen Corps daselbst. Meine Avant 
Garde von der Armee stehet in Miltitz, und Ich habe mein Quar- 
tier in Krögis. Anstadt dafs Ich Euch geschrieben habe, gegen 
Danneberg zu marchiren, So werdet Ihr befser thun, nach Die- 
poldswalde zu marchiren und stark nach Maxen detachiren, damit, 
wen der Feind von seiner Bagage zurüke was schiket, Ihr solche 
in Empfang nehmen könnet. Auch habe Ich Nachricht, dafs in 
Ausig ein starkes Magazin seyn soll; wen es möglich, so mufs der 
Obrist von Kleist zusehen solches im Brand zu steken oder zu 
ruiniren, auch eine 8 bifs 10 Dörffer in Böhmen ansteken, so eine 
kl(eine) revange vor Laudon ist. Ich habe den General Wunsch 
und Gerstorff gesprochen und en gros dieses gesaget, Ich fuge also 
dieses alles auch noch schrifftlich bey. Ich bin Euer wohlaffectio- 

^ Kön ^- Eighdg. Utrschr. 

Eigenhändige Nachschrift: „und mihr offte von allen, was 
passiret, nachricht gegeben.« Eighdg 

3. Finck an den König, d. d. Augnstusberg bei Nossen. 15. November. 

Original im Oeh. St. A. (Rep. 96). 

Auf E. K. M. allergnädigsten Befehl marchire mit den aller- 
frühesten von hier ab und werde so weit als möglich gehen, die 
Avantgarde aber unfehlbahr bifs Dippoldswalde poussiren, auch so 
offte als möglich von allen, was vorfallt, E. K. M. allerunterthänigst 
rapportiren. Den Obristen Kleist habe bereits die ordre E. K. M. 
zugeschickt, und wird Er heute früh schon von Freyberg abmar- 
chiret seyn. 

4. Finck an den König, d. d. Auf dem Marsch bei Freiberg. 

15. November. 

Original im 0. St. A. [Rep. 96). 

Auf Euer Königlichen Majestät allergnädigstes Schreiben melde 
allerunterthänigst, dafs ich gewifs nicht einen Augenblick ruhen 
werde, um den feind allen Abbruch von der Welt zu thun. Kleist 



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13(5 - 



wird suchen das grofse Project auszuführen, wenn es möglich; er 
wird aber ein oder zwey Tage aus meiner Connexion kommen, 
indefsen sind Ihm alle Wege und Stege bekant, dafs Er sich alle- 
zeit gut aus der Affaire ziehn wird; was gegen Maxen, Ottendorf 
und der Gegend werde ich indefsen besorgen, wenn E. K. M. nur 
die eintzige Gnade vor mich haben und glaube, dafs ich wie bifshero 
mit allen Eyffer und Fleifs agiren werde; der feind ist in einer 
bredouille; wenn er aber von dieser Seythe nunmehro so sehr ein- 
geschrenckt wird, sollte Er sich nicht resolviren seine Bagage und 
eine Theil der Armee über der Elbe zu schicken und gegen Zittau 
nach Böhmen marchiren? 

Bleistiftbemerkg. in dorso aus des Königs Kanzlei: „Ich 
dank ihm und sehr gut." 

o. Finde an den König, d. d. Nieder-Bobritsch, d. 16. November 1759. 

Original im 0. St. A. (Rep. 96). 

E. K. M. melde allerunterthänigst, dafs ich gestern nicht weiter 
als Nieder Bobritsch habe kommen können; der General Wunsch 
ist mit der Avantgarde bifs Klingenberg gegangen; vom feinde 
haben wir nichts angetroffen, aufser dafs im Tharanter Wald sich 
einige Hussaren aufhalten; ein Deserteur ist angekommen, welcher 
gestern früh von Kesselsdorff weggegangen, selbiger saget, dafs 
die Armee dahmahls schon ordre gehabt hätte zu marchiren; ich 
breche heute mit den frühesten wieder auf und werde noch heute 
E. K. M. ferneren allerunterthänigsten Rapport abstatten. 

Bleistift-Dorsalbemerkung aus des Königs Kanzlei: „sehr 
gut." 

6. Finch an den König, d. d. Dippoldiswalde, d. 16. November. 

Original im G. St. A. (Rep. 96). 

E. K. M. melde allerunterthänigst, dafs wie ich heute mit der 
Avantgarde bey Dippoldswalde ankam, wir jenseyth erst eine feld- 
wache antraffen, welche gleich poussiret wurde ; wegen den starcken 
Nebel konte man aber nichts weiter gewahr werden, einige Ge- 
fangene aber sagten aus, dafs der Printz von Stolberg und der General 
Effern mit 2 Battaillons Bayern und 2 Battaillons Pfältzer nebst 
4 Grenadier Compagnieen nebst etwas Cavallerie jenseyth Hälslich 
auf der Höhe stünde; alle ihre Vorposten wurden durch dieses 
Dorff zurück getrieben; ob zwar der feind aufieng etwas zu cano- 



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— 137 — 

niren, retirirte er sich doch bald, da Ihm der General Gersdorft 
verfolget und den feind 2 Canons abgenommen hat; wie viel Ge- 
fangene wir haben, weifs noch nicht eigentlich, 30 bifs 40 sind 
nur noch zu dato eingebracht worden. 

Ich bin hier nur mit 11 Battaillons und der Cavallerie ange- 
kommen, der General Lindstädt ist mit das übrige noch zurück 
und kan vor morgen wegen des abscheulichen Weges nicht hier 
seyn; alle Artillerie und Brodtwagens sind noch bey Ihm, die 
grofsen Brummers kan ich gar nicht fortbringen, sie sind noch 
nicht in Freyberg angekommen; ich habe befohlen, dafs sie dort 
sollen stehen bleiben. 

Vom feinde habe weiter keine Nachrichten, als dafs die Reichs 
Armee noch bey Dresden stehet und Daun vermuthlich noch bey 
Kesselsdorff; ein forster, welcher gestern in das kleine Lager von 
den Printz von Stolberg gewesen, hat daselbst gehöret, als wenn 
Brentanow mit einen Corps über Hertzogswalde marchiren sollte, 
um mir die Communication mit Ihro Majestät zu benehmen; bifs 
dato aber habe ich weder durch Patrouillen noch sonsten von 
diesen march was erfahren können; morgen bleibe ich hier stehen, 
werde mich aber nach denen Nachrichten richten, ob ich noch 
was detachire, um den feind Abbruch zu thun. Mich wundert, 
dafs weder von Daun noch der Reichs Armee bifs dato noch nichts 
rechtes nach Böhmen detachiret ist, auch sehr wenig Bagage zu- 
rück gegangen; wenigstens wollen die Leuthe hier herum nichts 
davon wifsen; ungefehr 3 Esquadrons Hussaren sind gestern gegen 
Lauenstein marchiret. 

(Nachschrift): Der feind ist bifs Possendorff verfolget 
worden und hat sich vermuthlich gegen Dresden zurück- 
gezogen. 

7. Finck an den König, d. d. Dippoldiswalde, 17. November. 

Original im 0. St. Ä. (Rtp. 96). 

E. K. M. melde allerunterthänigst, dafs ich den General Wunsch 
mit 5 Battaillons, ein frey Battaillon, 6 Esquadron Hussaren und 
die Dragoner von Plathen und Würtenberg nach Maxen detachiret 
habe, um daselbst sich zu setzen; wenn der Generai Lindstädt 
heute mit der Artillerie und die Brodtwagens noch ankörnt, so 
werde ich Ihm mit einige Battaillons und ein Regiment Cavallerie 
hier stehen lafsen wegen der Communication, ich aber werde mit 
den übrigen auch morgen nach Maxen marchiren; den General 



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— 138 — 



Wunsch habe die ordre gegeben, wenn Er einen Conp zwischen 
der Zeit machen kan, solchen ohne weitere Anfrage zn unter- 
nehmen; ein fuhrmann, welcher von Pirna gekommen, saget, 
dafs sich vieles von der Reichs Armee nach Böhmen zöge; den 
Augenblick körnt einer von meinen Ausgeschickten von Dresden 
zurück; derselbe versichert, dafs die Sämbtliche Bagage von Daun 
über der Schiffbrücke, auch durch der Stadt über der Elbe defi- 
lirte und ihren Weg gegen Stolpen nähme. Die Reichs-Armee 
sollte bifs gegen Lockewitz stehen, und ein grofser Theil von Daun 
seiner Armee wäre auch schon bey Dresden angekommen. Er 
will sogar versichern, dafs Daun gestern in der Muschinska Garten 
angekommen wäre, und heute hätte man Ihm in Dresden ver- 
muthen; von allen werde bald nähere Nachrichten erhalten. Alten- 
berg, Lauenstein und Gifshübel ist bereits vorgestern vom feinde 
mit Croaten und Hussaren besetzt Wörden. Ich avertire den 
Obristen Kleist davon, welcher bey Rechenberg hat herein gehen 
wollen; gehet es an, so mufs Er seinen Coup heute machen. 

E. K. M. frage allerunterfchänigst an, ob ich den Hussaren die 
beyde erbeuthete Canons jede mit 50 Rthl., imgleichen die 5 Pferde, 
die davor sind und wir bey der Artillerie höchstnöthig haben, 
bezahlen kan. 

Bleistift-Dorsalbemerkung aus des Königs Kanzlei: „Er 
müfse mit d. gantzen Corps nach Maxen gehn." (Eichels 
Hand.) 

8. Finck an den König, d. d. Dippoldiswalde, 17. November. 

Origin. im G. St. A. (Rtp. 96.) 

E. K. M. melde allerunterthänigst, dafs der General Wunsch 
bey Maxen heute den Adjutant von Brentanow nebst einige Mann 
gefangen bekommen. Brentanow hat heute wollen in Maxen ein- 
treffen, er körnt aber zu späthe; nach meinen Nachrichten will 
Daun heute sein Haubtquartier in Nettnitz haben. Wunsch läst 
mir melden, dafs man die Armee durch Mügeln defiliren sähe 
nach Pirna, ich weifs aber zuverläfsig, dafs es nur die Reichs 
Armee ist; alles, was von selbiger in Dresden gestanden, ist gestern 
ausmarchiret, und wie es heist, gehet alles über Halfs und Kopff 
nach Böhmen ; ob Daun diesen Weg folgen wird oder bey Dresden 
die Elbe passiren, weifs ich noch nicht; in Dresden soll kein 
Mensch mehr an einer Dcfension gedencken; nach allen Ansehen 



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— 139 — 



ist alles in Confusion, und bekommen wir gewifs noch was ab; 
von Kleist habe Nachricht, dafs Er heute in Böhmen ist, heute 
raufs Er den Coup machen oder er reussiret Dicht; ich habe Ihm 
von allen avertiret, Lindstaedt körnt endlich mit die Brodtwagens 
an, ich marchire morgen nach Maxen, lafse aber Lindstaedt hier 
stehen." 

Der Brief war dreifach zusammengefaltet; auf den von diesen 
Brüchen gebildeten 6 Flächen der Rückseite finden sich, kreuz 
und quer geschrieben, eine grofse Fülle von Bleistiftbemerkungen 
aus der Kanzlei des Königs (von Eichels Hand), die ich aber leider 
nur noch zum Teil zu entziffern vermochte. Mit Bestimmtheit zu 
entziffern ist vor allem, dafs der König die Absicht ausspricht, 
sich selbst mit der Armee in Marsch zu setzen und vorzurücken, 
offenbar um Finck zu Hilfe zu kommen. Deutlich erkennbar sind 
u. a. die Worte: „Ich setze mich sogleich mit der Armee in 
March, um bifs . . . vorzurücken. 

9. Finck an den König, d. d. Dippoldiswalde, 17. November. 

Origi,t. im Q. St. Ä. (R«p. 96). 

Auf E. K. M. allergnädigstes Schreiben aus Limbach melde 
allerunterthänigst, dafs ich morgen nach Maxen marchire und zu 
Wunsch stofsen werde ; selbiger hat die Cavallerie von der Reichs 
Armee etwas canoniret, weiter ist aber noch nichts vorgefallen. 
Der General Lindstaedt bleibet zwar noch morgen hier stehen; 
da es aber nicht weit nach Maxen, kan ich ihm auf alle fälle 
gleich an mich ziehen; in der Schreibtaffel von den Adjutanten 
von Brentanow habe ich gefunden, dafs ihm Daun dictiret, dafs 
Er über Plauen nach Nöttnitz marchiren würde. Es haben bey 
Brentanow die Croaten angefangen zu rebelliren, dieserwegen ist 
er von Brentanow zu den Feldmarschall Daun geschickt geworden, 
selbiger hätte Ihm gesagt, Er könte nur gerade nach Maxen gehen, 
da würde Er Brentanow antreffen, auf dieser Arth wäre Er ge- 
fangen worden. Er sagt, Daun wäre sehr mifsvergnügt und hätte 
in zwey Tagen fast keinen Menschen gesprochen. Er saget, Ihre 
Intention wäre gewesen von Dresden über Nossen, Freyberg, 
Chemnitz und Zwickau einen Cordon zu ziehen und die Winter 
Quartiere zu nehmen; nunmehro glaubte Er aber, dafs sie wohl 
nach Böhmen gehen würden. 



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— 140 — 



10. Finch an den König, d. d. Maxen, 18. November. 

Orig. im 0. St. A. (Bep. 96). 

Auf E. K. M. drey gnädige Schreiben melde allerunter- 
thänigst, dafs ich mit meinen Corps hier angekommen bin, auch 
den General Lindstaedt noch an mich ziehe, welcher diesen Abend 
hier eintreffen wird. Brentano oder Sincere stünde bey Possen- 
dorff; ich glaube, dal's es erster gewesen ist, es kan sein, dafs Er 
von meinen march nichts gewust hat, den er wollte von die 
Berge herunter marchiren und den Grund bey Gompsen passiren, 
ich schickte ihm gleich was entgegen, da er wieder zurück muste 
und durch meine Canonen viel mufs verlohren haben. Die Reichs 
Armee ist in Sicherheit und hat schon gestern bey Cotta ge- 
standen; ich habe Wunsch gegen Dohna geschickt, woselbst ich 
abermahl canoniren hören; er wird diejenigen, die da durch wollen, 
noch wohl etwas ängstigen. 

(Nachschrift.) Ich glaube schwerlich, dafs ich eine Affaire 
Generale mit die Leuthe bekommen werde." 

Auf der Rückseite wieder einige Bleistift -Bemerkungen, 
welche ich nicht entziffern konnte. 

11. Finch an den König, d. d. Maxen, 18. November. 

Origin. im G. St. A. fliep. 96). 

E. K. M. melde allernnterthänigst, dafs ich Dohna besetzt 
habe; der feind hat sich alle Mühe gegeben, um uns dieses zu 
verwehren, hat es aber nicht verhindern können; das Corps, 
welches heute tentirte bey Gompsen über das defilee zu gehen, 
hat sich auf die Höhen ungefehr bey Soebringen wieder gesetzt, 
sie haben aber keine Zelter aufgeschlagen ; nach allen Nachrichten 
heifst es, dafs sie diese Nacht abmarchiren werden; bey Cotta 
siehet man wenig oder fast gar keine feuer mehr, daher es zu 
vermuthen, dafs die Reichs Armee ihren Weg schon nach Böhmen 
genommen hat; ich glaube, dafs Daun Ihnen diese Nacht folgen 
wird; in Dresden sollen sie vor ein Comifs Brodt schon 6 gr. be- 
zahlen. Der General Lindstaedt ist schon zu mir gestolsen, 3 Es- 
quadrons Hussaren habe aber noch bey Dippoldswalde stehen 
lafsen, um zu patrouilliren, und damit der feind nicht gewahr 
wird, dafs dieses Loch nicht besetzt ist. Zastrow und Grabow 
sind mit einen Transport Brodt unterwegens und werden vermuth- 
lich diesen Abend damit in Dippoldswalde eintreffen; von Kleist 



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— 141 — 



habe ich noch keine weitere Nachricht, ich hoffe aber, dafs Er 
morgen schon zurück seyn wird, ich hoffe, dafs zwischen morgen 
und übermorgen Sachsen vom feinde wird geräumet seyn." 

12. 

Am Abend dieses Tages wurde dann die nachstehende, für 
die Beurteilung der Haltung Fincks entscheidende Kabinettsordre 
des Königs an Finck ausgefertigt, welche in dessen Besitz ge- 
langte, aber im Original nicht mehr erhalten zu sein scheint. 
Wir sind daher auf den Abdruck bei Tempelhoff ITT, 356 ange- 
wiesen, nach welchem ich den der Ordre beigegebenen Bericht 
Zietens im 2. Bande meines „Zieten", S. 376, abgedruckt habe. 

Die Kabinetts-Ordre lautet: 

Mein Heber General Lieutenant yon Finck! Ich überschicke 
Euch hierdurch in Einlage den Rapport des General Zieten, aus 
welchem ihr alles ersehen werdet, und überlasse dieses alles 
Euren Dispositionen und nöthigen Anstalten. Ich bin etc. 

Wilsdruf, deu 18. November 1759. 

Eigenhändige Nachschrift: Er wird entweder mit den 
Reichem oder mit Sinceren einen Gang haben. 

Der der Ordre eingelegte Bericht Zietens lautet: 

E. K. M. überschicke anbei einen von den Oesterreichern de- 
sertirten Korporal. Dieser sagt aus, dafs Sincere mit dem Korps 
de Reserve zwar mit der Armee marschirt, aber eine Stunde 
hinter derselben bis gegen Dippoldiswalde sich gewendet. Der 
General Brentano, welcher mit seinem Korps, so wie er gestern 
im Daunschen Hauptquartiere, welches in der Dresdner Vorstadt 
in der Gräfin Moschinska Garten sei, erfahren, hätte gestern in 
Döhlen sein sollen, sei aber, wie er dahin gekommen, nicht mehr 
dort gewesen, und habe es geheifsen, dafs er schon Nachmittags 
um 3 Uhr gegen Maxen zu marschirt sei. 

Kesseldorf, den 18. Novbr. 1750. „. 

Zieten. 

13. Finde an den König, d. d. Maxen, 19. November. 

Chiffrierte», in der königlichen Kamtei dechiffriertes Origin. im 0. St. Ä. (mit der Beieichnung: Duplicat) 

[Rep. 96]. 

Ein Corps vom Feinde hat sich nach Dippoldswalde gezogen. 
Die Escorte vom Brodt ist attaquiret worden. Ich habe ihr ein 
Soutien gegen geschicket und alles bis ohngefehr 6 Wagens sau- 



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viret. Ich habe brodt bis den 23ten, von Dresden komt ein 
Corps gegen Dohne anmarchiret. Die communication mit E. K. M. 
ist unterbrochen ; ich weifs noch nicht, ob es zn einer affaire 
kommen wird; ich glaube, sie wollen sich die passage nach Böhmen 
frey machen. In meinen Posten werden sie mich nicht attaquiren; 
allen Abbruch von der Welt werde ich ihnen thun. Sölten sie 
aber wieder Vermuthen mich einschliefsen wollen, so bin ver- 
sichert, E. K. M. werden mich degagiren. Zwey Deserteurs von 
die Pionniers sagen aus, dafs Daun selbst bey dem Corps heute 
früh gewesen, welches gegen Dippolswalde marchiret ist. Daun 
hätte sie um Gottes willen gebethen bald zu machen, dafs die 
Laufbrücken fertig werden, das Dorff wufsten sie aber nicht zu 
nennen. Sie sagen, Beck und Sincere wären bey diesem Corps, 
imgleichen die Russische Canons. 

(En clair.) Den Augenblick schreibt mir Kleist, sein Coup 
ist gelungen, die Gen. Braun und Bülow hat er in Toeplitz über- 
dem gefangen bekommen, Haddick seine Equipage, Haddick selbst 
ist nur eine Stunde vorher fortgewesen. 

(En chiffres.) Nun siehet man, warum Daun in der bredouille 
ist, indefsen ist der March des Feindes gegen Dippolswalde mir 
sehr unangenehm, haubtsächlich wegen der Communication mit 
E. M. und wegen der Fourage. Lange kan es aber doch nicht 
währen. Kleist schreibt mir, dafs er heute noch ein Magasin ver- 
brennen will, und morgen will er zurück seyn." 

Auf der Rückseite befindet sich folgender Entwurf von Eichels 
Hand zur 

14. Antwort des Königs an Finde, d. d. 20. November 

(ohne Ort). 

Ich hätte gestern erfahren, dafs was nach Dippolswalde ge- 
kommen, ohne gewust zu haben, was es gewesen, und dafs dort 
geschofsen worden, ohne dafs ich gewust auf wen. Da ich aber 
diese Nacht durch Deserteurs und Patrouillen alles klar bekommen 
hatte, So hätte ich (en chiffres) den General Hülsen mit 7 Bat- 
taillons und 18 Esquadrons gegen Dippolswalde marchiren lafsen 
und befohlen, sich Eine halbe Meile davon zu setzen, damit, wenn 
das feindtliche Corps auf ihn marchiren wolte, Er solchen gleich 
im rücken gehen könte oder, wo der Feind das Corps bey Dippols- 
walde attaquiren wolte, er von der andern seyte gleich dazu 
kommen könne. Die Armee stehe noch hier, aufser was davon 



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detachiret sey. Es wäre nur Brentano und Sincere dorten, von 
Beck aber sey gar nichts da. Heuthe müste Kleist bei ihn seyn, 
also machte er und Hülsen 25 Battaillons aus, und Cavallerie 
hätten sie mehr, als wie er gebrauchte, wenn nehmlich Kleist 
wieder zurück wäre. Meine patrouillen hätten mir rapportiret, 
der Feind nähme seinen March von Dippolswalde auf Frauenstein, 
und dieses machte mir glauben, dafs er über Frauenstein nach 
Böhmen gehen werde, um über Nöllendorff zurückzukommen, um 
von hinten Lufft zu machen, davor er sich denn in acht zu nehmen 
wifsen werde, und wenn das geschähe, so müste der Posten von 
Dohna weg. 

15. Finck an den König, d. d. Dresden, 21. November. 

Orig. im 0. St A. {Rep. 96). 

Allerdurchlauchtigster etc. 

Es ist mit den gröfsesten Chagrin, dafs ich E. K. M. aller- 
unterthänigst melden mufs, dafs, nachdem ich gestern von drey 
Seythen bin attaquiret worden, ich endlich nach einer hartnäckigen 
Gegenwehr bin geschlagen worden; der Rest des Corps samlete 
sich in der Nacht bey Ploschwitz, ich tentirte zwar, um in der 
Nacht die Cavallerie noch suchen durchzubringen; es war aber 
alles vergeblich; nachdem ich nun fast die vollige Artillerie schon 
verlohren hatte, es mir auch an Munition gebrach, so bin ich 
leider gezwuugen worden, mich mit den Rest heute morgen zu 
Krieges Gefange zu ergeben. E. K. M. sind viel zu gerecht, als 
dafs Höchstdieselben wegen diesen betrübten Vorfall mir einiger 
Ungnade zuwerffen werden, da ich mir denn der allerstrengsten 
Untersuchung unterwerffe und ersterbe in der tieffsten Devo- 
tion etc. 

Mit Bleistift-Dorsalbemerkungen. 

16. Der König an Finck, d. d. Wiledruf, 23. November 1759. 

Undatiertes Concept von Schreibers Hand mit Korrekturen Eichels in der Kabinetts- Registratur 
des Königs, Original im Nachlasse Finck* im 0. St. A. (Rep. 92). 
Oedruckt bei v. Schöning, a. a. 0. II, 200. 

Mein lieber General Lieutenant von Finck! Euer Schreiben 
vom 21ten dieses ist Mir eingeliefert worden. Es ist bis dato 
ein gantz unerhörtes Exempel, dafs ein Preufsisches Corps das 
Gewehr vor seinem Feindt niedergeleget, von dergleichen Vorfall 
man vorhin gar keine Idee gehabt. Von der Sache selbst mufs 



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- 144 — 



Ich annoch Mein judicium suspendiren, weil Ich die eigentlichen 
Umstände, so dabey vorgegangen, noch gar nicht weils. Ich bin 
Ener wohlaffectionirter König. ^. ^ jj 8C h 



Aufser dieser Korrespondenz zwischen dem Könige und Finck, 
welche die Hauptgrundlage für unsere Beurteilung der chronika- 
lischen Quellen und für die Kritik der Thatsachen gebildet hat, 
enthält das G. St. A. namentlich in der Kabinetts-Registratur noch 
eine Reihe von Aktenstücken, in denen sich gelegentliche Bemer- 
kungen über das militärische Ereignis neben den den Hauptinhalt 
bildenden politischen Erörterungen eingestreut finden. Diese No- 
tizen sind von mir für die Darstellung verwertet, die hauptsäch- 
lichsten auch in den Anmerkungen wörtlich angeführt worden. 
In gleichem Grade wichtig für die Beurteilung der strategisch- 
taktischen Einzelheiten, wie die Berichte Fincks, konnten diese 
Aktenstücke naturgemäfs nicht sein. Für die Beurteilung des 
Ereignisses im allgemeinen aber sind einige derselben doch nicht 
ohne Bedeutung. Diese mögen zur Ergänzung der vorstehend 
veröffentlichten Korrespondenz des Königs mit Finck hier noch 
ihre Stelle finden. 



17. Der König an den Minister Grafen 
von Finckenstein, d. d. Wilsdruff, 22. November 1769 (praes. 
[von Fimlcensteins Hand] 24. November). 

Original im 0. St. Ä. (fiep. 98, 77 0 ) 

Mon eher Comte de Finckenstein. C'est avec le dernier cha- 
grin, que Je Me vois oblige de Vous informer d'un desastre, qui 
contre tous, que j'aurois jamais pu attendre, vient de nous arriver 
et qui m'est d'autant plus sensible, que Je n'en connois gueres 
d'exemple. J'avois detache le Lieutenant General Finck et les 
Generaux Majors Rebentisch et Wunsch avec 16 Bataillons et 
35 Esquadrons pour occuper le Poste de Maxen. Ce Corps ayant 
ete attaque le 20 e - par un Ennemi fort superieur, au Heu de se 
replier sur Freyberg, comme il devoit le faire dans ce cas, ä (sie!) 
malheureusement pris le parti de se retirer vers la petite ville de 
Dohna, ou ayant ete enveloppe de tous cotes par l'armee ennemie, 
ü se vit oblige, apres s'etre defendu au possible, de mettre bas 
les armes et de se rendre prisonniers de guerre. Voila du malheur, 
dont Thazard n'en fait essuyer qu'ä moy seul. J'ignore encore le 



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vrai detail de cette malheureuse affaire, mais c'est au moins ce 
que j'en ai appris par les bruits, qui en courent. Vous tacherez 
de pallier au Public ce desastre le inieux que Vous pourrez. 
Oepeudaut tous les avis uous disent, que nonobstant cela le Ma- 
rechal Daun faute de vivres et de subsistance marchera encore au 
premier jour en Boheme; Ton croit meme qu'il abandonnera 
Dresden ce qu'il faut que j'attende ici, car dans le cas qu'il ne 
voudroit pas la quitter de son propre gre, il faut que (Je) la 
prenne de force avant que de finir cette Campagne. Et sur ce 
Je prie Dieu, qu'il Vous ait en sa sainte et digne garde. 

Eigenhändige Nachschrift: tout ce que je Vous ai predit 
L'annee passee a dressden, ne s'acomplit malheureusement 
que de reste. Je lutte cependant toujours Contre ma 
mauvaise fortune. Le Malheur ne m'abat pas, mais 
il m'impasiente a la fin, car en verite c'en est trop; 
peut etre que La Demarche pressipitee de la Cour de 
Londres poura nous devenir favorable dans ces Circon- 
stances. adieu. 

Federic. 

18. Aus einem Schreiben Eicltels an Finckenstein, d. d. 23. Nov. 
(ohne Ort, „in höchster eyl"), praes. 25. November 1759. 

Orig. 0. St. Ä. (lUp. 98, 77 G.) 

„Ew. Excell. werden von der grofse meines Chagrins 

über ein desastre, dergleichen bey denen Preufsischen Trouppen 
ohne Exempel ist, selbst urtheilen, wovon ich mir noch bis diese 
stunde keinen rechten begriff machen kan, zumahlen der G. L. 
von Finck sich sonst in allen gelegenheiten sich so wohl und so 
vorsichtig betragen, auch die Gen. Majors Wunsch und Rebentisch 
bey sich gehabt, die beyde und sonderlich der erste sich sonst in 
allen gelegenheiten sehr distinguiret haben, dafs ich also vermuthe, 
es müfse der fehler an den terrain und der Situation von Maxen 
liegen, welches aber doch besonders die Herren Generals Finck 
und Wunsch kennen müfsen, da sie in denen vorigen Campagnen 
unter Commando des Printz Heinrich Höh. der orthen verschie- 
dentlich campiret haben. Es bleibet mir also ohnbegreiflich, dafs 
ein starcker feind in 3 Corps den finckschen sich so näheren und 
ankommen können, um selbigen einen so grofsen echec anzu- 
bringen. 

HHlorUche UnUnuchu»«e.,. 7. 10 



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19. Aus einem Schreiben Eichels an FincJcenstein, d. d. Wilsdruff, 
24. November (praes. von Finckensteins Hand 26. November). 

Original im 0. St. A. (Rep. 98, 77 0). 

Den Augenblick kommet die sämbtliche Bagage von den ver- 
unglückten finckischen Corps zurück, als die, wie icb nun höre, 
denen Officiers des Corps in der getroffenen Capitulation gantz frey 
reserviret worden, so dafs man von solcher auch nicht einmahl die 
verpflegungs-Gelder derer Regimenter und Compagnien, die sich 
doch wohl an 50 000 Rthl. betragen mögen, abgefordert hat. Es 
ist niemand von Leuthen dabey, die jemanden eine rechte Idee 
dieses unglücklichen vorfals geben könte; so viel ich aber von 
einigen mit solcher Bagage zurück gekommenen Regiments Quartier 
Meisters begreiffen können, so ist der Posten von Maxen wohl 
dergestalt beschaffen, dafs, wer sich einmahl darin als in einen 
Kefsel von anhöhen fouriret hat, so bald er einige der anhöhen 
verlieret, verlohren ist. Dieses ist hier. Das Corps hat im gründe 
bey den Dorfe gestanden, die tiefen defilees daherum haben den 
feind favorisiret, dafs er sich sehr starck auf beyde flanquen des 
Corps und sonderlich hinter das Corps ziehen können, ohne dafs 
es dafselbe sonderlich gewahr geworden, bifs dafs der würckliche 
angriff geschehen ; bey solchen ist gleich die Haubtanhöhe, so mit 
einen schwachen Regiment, unter welchen viele Sächfsische Re- 
cruten gewesen, nebst der darauf Batterie (sie!), ehe der secours 
den Berg heran kommen können, mithin auch die einige retraite 
nach freyberg verlohren worden, die andere anhöhen seynd auch 
bald wegen schlechter defension des gemeinen Manns verlohren 
worden; der feind hat darauf das Dorf Maxen mit Haubitzen im 
Brand gestecket und von 4 Batteries das im gründe gestandene 
Corps gekreutzet; alles ist unter einander gelauffen, die Cavallerie 
hat wegen des Terrains gar nicht agiren können, ein theil davon 
auch nicht gewolt, man hat also nicht hinterwärts ziehen und re- 
tiriren können, ohne den starcken feind auf denen höhen zu de- 
logiren, wozu wenig Lust und keine apparence gewesen; in solcher 
confusion hat man sich bis an die höhenprecices von Dohna ge- 
zogen, wo das non plus ultra gewesen. Die nacht ist dazu ge- 
kommen und den folgenden morgen, als den 21. dieses, die Capi- 
tulation geschlofsen gewesen. Die G. M. Wunsch und Putkammer 
haben solche nicht mit zeichnen, noch annehmen wollen, sich aber 
endtlich, da, was ihnen eigentlich von diesen Corps gehöret, zu 
schwach gewesen, um durch den feind penetriren zu können. Das 



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Haubtwerck scheinet mir also zu seyn, dafs man sich in der- 
gleichen gefährlichen Posten fouriret, und dafs man demnechst 
von der ankunfft und daseyn eines so starcken feindes, und dafs 
solcher sich hinterwärts nnd von beyden seyten herum gezogen i 
wenig oder nichts gewust hat etc. 

20. Aus einem Schreiben Eichels an FincJcenstein, d. d. Wilsdruff, 
26. November (praes. von Finckensteins Hand 28. Novbr.) 

Oriff. im O. St. A. Rep. 98. 77 0. (die betr. Stellt chiffriert und im Kabinett dechiffriert). 

Le Gen. de Finck est malhenrenx et apparemment innocent. 
Sa Situation a ete des plus scabreuses. Pas plus eloigne de 
l'ennemi, qu'a une mile et demie du camp de toute 1' Armee 
ennemic, il en a pu s'en approcher en tres peu de tems par des 
bois et par des defiles tres profonds sans presque en etre appercu. 
L'orsqu'on a tu marcher un corps ennemi du cote de Pirna, c'a 
ete justement ce gros Corps, qui s'est mis au dos de Finck. On 
l'a pris, comme s'ü se retireroit en Boheme. Quoique le poste 
de Maxen soit fort, tandis qu'il est defendu par les hauteurs, il 
n'y a cependant nulle retraite, des que l'ennemi s'est reudü 
Maitre des hauteurs. Voila ce qui est malheureusement arrive 
lä. Nos trouppes se voyant surprises de 3 cotes ä dos et en 
flanc perdirent la contenance, abandonnerent apres une foible re- 
sistance contre l'ennemi, qui les pressa, une hauteur apres l'autre, 
se trouverent dans un cul de sac, ou la confusion la plus affreuse 
s'est mise, qu'aucun des Generaux ni d'autres braves officiers n'a 
pü redresser. Le digne Gen. Wunsch, qui avoit son poste aupres 
de Dohna, ou il avoit repousse L'ennemi avec beaucoup de perte, 
qui l'avoit attaque en merae tems que Finck füt entrepris et qui 
ne voulüt entendre parier d'aucun accord, mt cependant entraine 
et oblige ä se rendre egalement. 

21. Aus einem Kabinetts- Schreiben an Schlaberndorff, d. d. Berlin, 

27. November. 

Concept, „im Xanten de» Herrn Ora/en ron Ftnckenstein Excell.*, geteichnet ton Podewils und 

Mnckewtein im G. St. A. 
Bep. 68. 85 (Krieg mit Oederreich A). 

Von dem Zustande der Sachen in Sachsen kan ich Ew. Ex- 
cellentz nicht anders denn sehr betrübte nachrichten melden, wie 
wohl ich nicht zweiffle, dafs Sie von dem unglück, so mit dem 
Finkischen Corps vorgefallen, bereits informiret seyn werden. 
Es war selbiges bekantermafsen detachiret, um den posten von 

10* 



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Maxen zu besetzen. Daselbst wurde es den 20ten von einer sehr 
überlegenen macht des feindes an dreyen orthen zugleich ange- 
griffen und nach einer gethanen guten Gegenwehr geschlagen. 
Der Gen. Lieut. v. Fink hatt sich nach freyberg reti- 
riren sollen, allein die umstände haben ihn ohne zweiffei ge- 
nöthiget, sich nach dem Städtgen Dohna zu retiriren, woselbst er 
sich den 21ten dergestalt eingeschlofsen und von munition ent- 
blöfset gesehen, dafs er sich mit dem gantzen Überrest seines 
Corps zu Kriegesgefangenen ergeben müfsen. Dieses Unglück, 
wovon die Preufsische Historie kein Exempel darbiethet, ist so 
grofs, dafs es nicht zu verwundern wäre, wenn das blatt sich in 
Sachsen gäntzüch umwendete etc. 

22. Aus einem Schreiben von Wunsch an seine Frau in Berlin, 

Kopie, von Eichel mit Schreiben vom 11. Detember 1759 an Finckensttin übersandt, im 0. St. A. 

Rep- 98. 77 6. 

Du wirst Dich wundern, dafs ich aus Dresden schreibe. 
Leider ist das ganze Fincksche Corps gestern kriegesgefangen ge- 
macht worden. Kann das wohl die Welt glauben? Leider aber 
ist es an dem. Die Oesterreicher attaquirten uns an drei Orten 
zugleich, wobei der Feldmarschall von Daun selbsten dabei in 
Person gewesen. Der General Finck stunde bei Maxen, ich aber 
stunde mit 4 Bataillonen vor Dohna auf der Anhöhe von Plosch- 
witz; ich hatte vor meiner die Reichsarmee und den General 
Ried und Kleefeld mit 10 Bataillons Croaten und 5 Cavallerie- 
Regimentern. Ich blieb auf meinem Platz stehen, sowohl in 
währender Action, als auch die ganze Nacht. Allein die andern 
C ... bei Maxen sind gelaufen, als wenn sie der Teufel wollte 
holen, und nahmen in gröfster Confusion ihre Retirade zu mir. 
In der Zeit, da ich hörte, dafs es oben bei Maxen schlecht ginge, 
so ritte ich von meinem Posten weg und gab indessen das Com- 
mando dem Obristen von Wolffersdorf. Wie ich an unsere Ca- 
vallerie, so bei Maxen gestanden hatte, hinkam, fände ich solche 
in der gröfsesten Confusion; ich raffte solche zusammen und atta- 
quirte die Oesterreichische Cavallerie, jagte sie auch ziemlich weit 
zurück hart unter die feindlichen Kanonen, allein das verfluchte 
Gut von uns verliefs mich und war auch nicht mehr zum Auf- 
halten, in Summa es waren C . . . Die Hälfte von der Infanterie 
ist während der Action desertiret. Gestern früh aber, ehe es Tag 
wurde, hatte mich resolviret mit die Husaren und mit die zwei 



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Dragoner-Regimenter, nämlich Jung-Platen nnd Württemberg, 
mich durchzuschlagen. Ich war auch schon durch das Defile* bei 
Zehren, allein der General-Lieutenant von Finck, welcher den 
General von Rebentisch mit einem Trompeter zum Daun ab- 
geschickt, liefse mich zurück rufen und dabei sagen, dafs ich nicht 
marschieren solle, weilen sonsten das ganze Corps ins gröfste Un- 
glück kommen würde und über die Klingen springen würde. Mit- 
hin haben wir uns als s. v. schlechte Kerls ergeben müssen; ich 
würde zwar Unrecht thun, wenn ich sagen thäte, der Herr General 
Finck ist daran Schuld. 

Morgen marschieren wir nach Böhmen über Prag. Einige 
wollen sagen, dafs wir nach Linz kommen würden. Ich denke 
aber, der König wird mich bald ranzioniren. Grüfse mir Alle 
insgesammt, Grofse und Kleine; sie werden sich sehr wundern, 
dafs ich auf eine so infame Manier habe müssen gefangen werden. 
Geduld aber; ich werde doch wohl Gelegenheit haben den König 
zu sprechen. 

Dresden, 22. November 1759. 

(Bei dieser von Schreibers Hand stammenden Kopie glaubte 
ich bei der Wiedergabe von diplomatischer Genauigkeit in Bezug 
auf die Orthographie absehen zu dürfen.) 



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Anhang III. 



Fragmente der Akten des Kriegsgerichts über Finck. 

a. Bericht Zietens an dm König, d. d. Berlin 2. Mai 1763. 

Original ton Schreibers Hand mit eigenhändiger Unttrtckrift im Geheimen Staate-Archiv ru Berlin 

Im media t- Korrespondenz H. J. v. Zielens. 

Allerdurchlauchtigster, Grofsmächtigster König, 
Allergnädigster König und Herr. 

E. K. M. berichte ich in AUerunterthänigkeit, wie dafs bey 
dem Verhör, welches E. K. M. mir und dem General-Lieutenant 
von Wedel über die Generals von Finck, Gersdorff und v. Reben- 
tisch aufgetragen haben, vorgekommen ist, dafs sich der General 
von Rebentisch auf das Zeugnifs derer übrigen Generals von dem 
corps, welches sich bey Maxen dem Feind als Krieges-Gefangene 
ergeben, über den punct berufen hat: dafs er sich zur Schliefsung 
der capitulation gebrauchen zu lafsen geweigert, solches aber ihm 
von dem General von Finck ausdrücklich anbefohlen worden. Weil 
nun erforderlich seyn möchte, defswegen die Generals von Mosel, 
von Bredow und Vasold zu verhören, so wird auf E. K. M. höchsten 
Ordre beruhen, ob solche sich zum Verhör alhier einfinden sollen, 
und ob E. K. M. das nöthige defswegen an genannte Generals 
Höchst-Selbst ergehen zu lafsen geruhen möchten, oder ob ich 
solches thun soll. 

Da auch nöthig ist, dafs der vormahlige Adjudant des Ge- 
neral- Lieutenant von Finck, Nahmens von Pfau, welcher sich in 
Potsdam befindet, darüber verhöret werde, ob er von wegen des 
General von Finck dem General von Wunsch die ordre gebracht, 
dafs derselbe mit der Cavallerie, mit der er sich bey Maxen durch- 
zuschlagen versucht, zurück kommen sollen ; so stelle in Allerunter- 
thänigkeit anbeim, ob E. K. M. Allerhöchst zu befehlen geruhen 
möchten, dafs solcher sich zu dem Ende alhier einfinde. 



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— 151 — 

Und diesem habe ich einen Auszug von denen Verhören, 
welche über anfangs gedachte Generals gehalten worden, aller- 
unterthänigst beyfugen wollen und verharre dabey in der allersub- 
missesten Treu und Devotion 
Berlin, den 7. May 1763. 

| E. K. M. 

eigenhändig AUerunterthänigst treu gehorsamster Knecht 
l H. J. v. Zieten. 

Diesem Berichte liegt bei: 

b) Extract Derer Verliöre y welclie über die Generals 
von Finck, von Oersdorff und von Rebentisch auf die allerhöchst 
vorgeschriebene Fragen gehalten worden. 
Der General von Finck vermeinet: 

1. Dafs er bey Maxen keine andere position, als welche er da- 
selbst genommen, hätte nehmen können, indem er auf der flöhe bey 
Maxen 5 Battaillons, hinter diesen Battaillons das Regiment Wür- 
tenberg Dragoner und 3 Escadrons Husahren: Auf der andern 
Seythe der Höhe 3 Battaillons: An diese 3 Bataillons die übrige 
Cavallerie: Ueber der Cavallerie auf den Höhen bey Schmorsdorff 
4 Bataillons postiret: Den General von Wunsch aber mit 4 Ba- 
taillons, 1 Frey-Bataillon und 3 Escadrons Husahren nach Dohna 
zu detachirt gehabt, um gegen die Reichs-Truppen Tete zu machen, 
um die rechte Flanque zu decken. 

Und dafs das mouvement des Feindes nach Dippoldswalde zu, 
wodurch er mit dem corps von der armee abgeschnitten worden, 
in der Nacht geschehen, er also solches nicht eher als den 19. No- 
vember des Morgens, wie er recognosciret, entdecken können, 
wefswegen er, und da der Feind sich auf 30 000 Mann starck nach 
Dippoldswalde hingezogen gehabt, in der position, worinn er ge- 
wesen, hätte bleiben müfsen. 

Dem Verhör kann nun zwar eigentlich nicht bekannt seyn, 
ob die position, welche der General von Finck bey Maxen ge- 
nommen, nicht befser hätte genommen werden können. Weilen 
ihm aber, wenn er mit einiger vigilance hätte agieren wollen, 
und er sich nach der Anweisung, welche er von Sr. M. dem König 
erhalten, gute spions angeschafft hätte, der March des Feindes 
nach Dippoldswalde zu nicht verborgen bleiben können, er auch 
sein Augenmerck vorzüglich auf die Gegend von Dippoldswalde 



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- 152 — 



haben sollen, da Ihro M. der König ihm den Tag vorher Nachricht 
gegeben, dafs der Feind mit einen corpa nach Dippoldawalde nnd 
der Feldmarschall Daun mit einen andern corps nach Maxen 
marchire, er anch selbst eingesehen, dafs, wenn der Feind die 
Gegend von Dippoldswalde occupire, er mit seinem corps abge- 
schnitten seyn würde, so wird er dafür, dafs er den Feind in der 
position erwartet, allezeit responsable bleiben. 

2. Will er nicht eher bemerckt haben, dafs er sich mit der 
Infanterie nicht mehr retten können, als da solche vom Feinde 
geschlagen und von die Anhöhen herunter getrieben gewesen, zu 
welcher Zeit es nicht mehr möglich gewesen, mit der cavailerie, 
welche, indem er mit derselben das Brentanosche Corps attaquiret, 
vom Feinde geworffen und bifs in der Gegeud, wo der General 
Wunsch gestanden, zurückgetrieben worden, sich durchzuschlagen, 
weil schon alles vom Feinde besetzt, auch damahls die Cavailerie 
nur noch 2195 Pferde starck gewesen. Weil nun der General 
von Finck vorher schon eingesehen, dafs wegen der grofsen Macht, 
welche er wieder sich gehabt, die Infanterie nicht zu retten ge- 
wesen, so läfset man dahin gestellet seyn, ob in solchen Umständen 
nicht die prudence erfordert hätte, die Resolution zu ergreiffen, 
sich mit der Cavailerie durch Hülfle der Nacht, ohngeachtet sie 
nur noch so starck gewesen, durchzuschlagen und durchzuschleichen; 
wie es denn nicht gerade unmöglich zu seyn scheinet, dafs solches, 
wo nicht gantz, doch zum Theil auch noch nachher, da die In- 
fanterie schon geschlagen gewesen, hätte reussiren können, wenn 
es nur zeitiger und beym Anfange der Nacht wäre entanuret 
worden. 

3. Will er den General von Wunsch aus der Ursach nicht an 
sich gezogen haben, weil dadurch seine rechte flanque offen ge- 
worden seyn und die Reichstruppen so dann durch Dohna eine 
ungehinderte passage gehabt haben würden. 

Aus Mangel genungsahmer Kenntnifs des Terrains mufs zwar 
das Verhör dahin gestellet seyn lafsen, ob dadurch die lincke 
flanque offen geworden seyn würde. Es kommt aber hierbey und 
gegen defsen Anführen zu erwegen, dafs S. M. der König ihm 
den Tag vorher angewiesen haben, sein corps in einen Klumpen 
zu haben, und dafs, weil Dohna von Maxen auf eine halbe Meile 
entlegen, ob nicht der Feind, ohne Dohna berühren zu dürfen, 
ihm nichts desto weniger in die lincke flanque kommen können. 



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— 153 — 



4. Ist zwar die capitulation nicht schrifftlich, sondern nur 
mündlich abgehandelt worden, und führet der General von Finck 
zur Ursach an, dafs er solche mit dem Feind geschlofsen, damit 
die Lenthe, welches grösten Theiis Landes-Kinder gewesen, zum 
Dienst ins künfftige conserviret bleiben möchten, weil ein fernerer 
Angriff, indem das gantze corps, aufser dem corps, so der General 
von Wunsch bey sich gehabt, welches aus 1800 Mann bestanden, 
nach der defaite der Infanterie nur noch 5071 Mann starck ge- 
wesen, nichts helffen würden: und weil einmahl capituliret worden, 
so wäre dann der Bagage nur beyläufig mit erwehnet. 

Allein es ist hierbey zu erwegen, dafs bey einen ferneren 
Angriff auf den Feind, wenn solcher auch mifslungen wäre, der 
gröste Theil des corps ein härteres Schicksahl nicht, als die Krieges- 
Gefangenschafft hätte haben können: wobey statt defsen, dafs ein 
gantzes corps im freyen Felde das Gewehr auf eine deshonorirende 
Weyse niedergelegt, die Ehre derer Waffen conserviret und ein 
exempel zur Übeln Nachfolge vermieden worden seyn würde, wie 
denn auch bey einen ferneren Angriff die Bagage mit Nutzen 
employret werden können, wenn solche dem Feind eiponirt und 
defsen Truppen darauf gezogen worden wären. 

5. Will zwar der General von Finck den General v. Wunsch, 
wie derselbe entrepreniret hat, sich mit die Dragoner und Husahren 
durchzuschlagen, nicht befehlsweise haben zurückrufen lafsen, son- 
dern nur demselben, indem der Feind darauf bestanden, dafs solche 
sich ebenfals zu Krieges-Gefangenen ergeben sollen, nur haben 
sagen lafsen, wie er es als unmöglich ansehe, dafs er durchkommen 
könnte, er demnach ebenfals gezwungen seyn würde, sich zum 
Krieges-Gefangenen zu ergeben. Wogegen aber der General 
von Wunsch 4 Officiers benennet, welche ihm der General v. Finck 
nachgeschickt, um ihn zurück zu rufen, wovon aber jedoch nur 
erst einer abgehöret werden können, weil die andern nicht zu- 
gegen. Und wenn denn auch eben damahls, wie der General 
von Finck denselben zurück rufen lafsen, gantz und gar unmöglich 
gewesen, dafs der General von Wunsch in der entreprise sich 
durchzuschlagen hätte reussiren können, so würde doch solches, 
wie auch der General von Wunsch angefuhret hat, daraus ent- 
standen seyn, weil, nachdem die bey den General von Finck zurück 
gebliebene Truppen das Gewehr gestreckt, die gantze attention 
des Feindes und defsen gantze Macht auf ihm allein hätten fallen 
müfsen. 



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- 154 — 



Der General-Major yon Gersdorff aber hat angefiihret: 

1. Wie dafs er die Anhöhe, auf welche er von dem General 
von Finck placirt gewesen, eher nicht verlafsen, als die Infanterie, 
so eben daselbst placirt gewesen, solche schon verlafsen gehabt, 
woranf dann die cavallerie, nachdem sie von der feindlichen In- 
fanterie bey einer attaque, welche er anf solche gemacht, eine 
salve bekommen, wobey der Obriste des Würtenbergischen Regi- 
ments geblieben, sich ebenfals zurückgezogen. Wobey er, der 
General-Major von Gersdorff, behaupten wollen, dafs daselbst kein 
Terrain vorhanden gewesen, auf die feindliche Infanterie in dem 
moment einzuhauen und zu attaquiren, wie selbige die Anhöhen 
erstiegen. Es ist dieses aber irrig, und mufs also derselbe sich 
nicht a portee gehalten haben, auf den Feind, wie solcher die 
Anhöhe herauf gekommen, und eher selbiger sich railliren können, 
mit der cavallerie einzuhauen und solchen zurück zu werfen. 

2. Wird hingegen von dem General von Wunsch attestiret, 
dafs derselbe mit bey der cavallerie gewesen, mit welcher er sich 
durchzuschlagen gesucht, solcher auch hiebey, so wie er, der Ge- 
neral von Wunsch, bereits ein defilee passirt gehabt. 

Der General-Major von Rebentisch hingegen hat angefiihret: 

1. Dafs er dem General von Finck den Rath nicht gegeben 
zu capituliren. Jedoch bleibt er defsen sowohl aus des General 
von Wunsch als des General von Finck Aufsagen verdächtig. 

2. Und dafs er sich zu der Unterhandlung, die capitulation 
mit dem Feind zu schliefsen, gebrauchen lafsen, hätte er auf aas- 
drücklichen Befehl des General von Finck thun müfsen, der, als 
er die commission nicht übernehmen wollen, sich derer Wori\\e 
bedienet: ich befehle es ihnen, mein Kopf stehet darauf, dafs ich 
dem König die Lenthe conservire. Zum Beweifs defsen beziehet 
sich der General von Rebentisch auf das Zeugnifs derer übrigen 
Generals von dem corps. Die alhier sich gegenwärtig befindende 
Generals von Wunsch und von Lindstedt aber entsinnen sich nicht 
solches gehört zu haben. 

Berlin, den 2. May 1763. gez. J. L. Reinecken, 

Ober-Auditeur von der Armee. 

c) Bericht Zielens an den König, d. d. Berlin, 18. Mai 1763. 

Origin. im Oth. Staato-Archiv wu Berlin, tbda. 

E. K. M. haben mir allerhöchst befohlen, dafs ich demnechst 
berichten solen: was für Generals und Officiers zu einen Krieges- 



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— 155 — 



Recht über die Generals Ton Finck, von Gersdorff nnd von Reben- 
tisch erfordert werden. 

Da nun dieses Krieges-Recht wird gehalten werden können, 
so bald die in der Sache nnter andern noch erforderlich gewesene 
Nachricht von dem General-Major von Bredow wird eingekommen 
seyn, welche nnnmehro in einigen Tagen ankommen mufs, so habe 
ich in tieffster Submission berichten sollen, dafs zn dem Krieges- 
Recht 

Zwey Generals von der Infanterie oder cavallerie, deren 
Stellen auch allenfals durch General-Lieutenants ersetzt 
werden können. So dann noch besonders 

zwey General-Lieutenants 

zwey General-Majors 

zwey Obristen 

zwey Obrist-Lieutenants und 
zwey Majors 

sonst gewöhnlicher mafsen erfordert werden, wiewohl darüber 
dafs ein dergleichen Krieges-Recht aus so viel Persohnen von der- 
gleichen Chargen bestehen soll, von E. K. M. kein Gesetz vor- 
handen ist, dafs es also um so viel mehr lediglich auf E. K. M. 
allerhöchste ordre beruhet, ob solches aus so viel Persohnen von 
denen erwehnten Chargen bestehen soll, und welche Generals und 
Officiers es eigentlich seyn sollen, die dazu genommen werden 
sollen. 

Der ich etc. Eigenhändige Unterschrift Zietens. 

Als Antwort auf dieses Schreiben Zietens erging eine Ka- 
binetts-Ordre des Königs an Zieten vom 19. Mai, in welcher be- 
stimmt wird, dafs die General-Lieutenants von Wedell, von Czette- 
ritz, von Wylich und von Forcade dem Kriegsgerichte beiwohnen 
sollten '). Die Kabinetts-Ordre ist abgedruckt in der Zieten-Bio- 
graphie der Frau von Blumenthai Bd. II, S. 345/46 2 ). 



a ) Auf Grand der in den Zeitungen erschienenen kurzen amtlichen Be- 
richte teilt Rödenbeck in seinem „Tagebuch oder Geschichtskalender aus 
Friedrichs des Grofsen Regenteoleben" Bd. 2, S. 215 sowohl diese Ordre als 
die Nachricht mit, dafs das Kriegsgericht am 17. Mai in Zietens Wohnhause 
stattfand. Letztere Nachricht mufs wohl irrtümlich sein, da das Gericht 
doch erst nach jener Ordre stattgefunden haben kann. 

2 ) Die sehr unglaubwürdige Verfasserin spricht im Anschlufs an diese 
Ordre von verschiedenen Zwistigkeiten, welche bei Gelegenheit dieses Kriegs- 



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— 15« — 



d) Bericht Zietens an den Kimig, d. d. Berlin, 26 Mai 1763. 

Origin. im Geh. Staatt-Airhiv tu Berlin, ebda. 

Allerdurchlauchtigster etc. 

E. K. M. habe ich die wieder deu General -Lieutenant 
yon Finck, die General-Majors von Gersdorff und von Rebentisch 
durch das auf E. K. M. allerhöchste Ordre veranlafste Krieges- 
Recht solcher gestallt gesprochene Sententz: 

1. dafs der General-Lieutenant von Finck zu cassiren und 
mit Ein Jahr Vestungs-Arrest zu bestrafen, weil derselbe mit der 
seinen Character gebührenden prudence und Resolution bey dem 
Corps, so er bey Maxen unter seinen Commando gehabt, nicht 
agiret, ob ihm gleich hierbey etwas malitieuses und eine lächete 
nicht beygemefsen werden kann. 

2. dafs der General-Major von Gersdorff ebenfalls zu cassiren 
und mit zwey Jahr Vestungs-Arrest zu bestrafen, weil er bey der 
feindlichen attaque bey Maxen die unter sich gehabte cavallerie 
nicht so disponiret, dafs sie nicht in den erforderlichen Moment 
auf die feindliche Infanterie attaquiren können, hierdurch aber 
Gelegenheit gegeben, dafs der Feind die Infanterie von der An- 
höhe bey Maxen vertrieben und sich auf die Anhöhe festgesetzt, 
mithin das gautze Corps aus seiner Position vertrieben und in 
eine Enge gebracht worden. 

3. dafs der General -Major von Rebentisch mit Ein Jahr 
Vestungs-Arrest zu bestrafen, weil, wenn gleich nicht erwiesen, 
dafs er den General-Lieutenant von Finck den Rath gegeben, die 
Capitulation bey Maxen zu schliefsen, er jedoch durch seine hin 
und wieder gemachte Einwürfe die bereits genommene gute Re- 
solutiones auf und zurück gehalten 

in allertiefster Submission einsenden sollen. 

Der ich etc. Eigenhändige Unterschrift Zietens. 



gerichts zwischen Zieten und Ramin vorgekommen sein sollen; doch trage 
ich um so mehr Bedenken dieser Erzählung Glauhcn beizumessen, als sich 
durch andere Quellen irgend eine Beziehung Ramins zu diesem Kriegsgerichte 
nicht feststellen lilfst. Auf dem oben mitgeteilten Berichte Zietens hat 
Eichel mit Bleistift die Namen der Offiziere verzeichnet, welche nach 
Befehl des Königs an dem Kriegsgericht teilnehmen sollten. 



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Anhang IV. 



Denkschrift Fincks über sein Verhör vor dem Kriegsgericht. 

Eigenhändig» Niedtrtchrift Fincks in denen Xachlaa« im Q.8t.Ä. (Rep. 92). 

In dem Verhör, welches angestellet wurde, meine Conduite 
wegen der unglücklichen Affaire bey Maxen zu untersuchen, wurden 
mir folgende Fragen gethan: 

1. Warumb ich in der schlechten Position bey Maxen 
wäre stehen geblieben. 

2. Warumb ich mich nicht mit die Generals vor der Ca- 
vallerie gesetzt hätte, und gesucht durchzuschlagen. 

3. Warumb ich den General Wunsch nicht an mich ge- 
zogen hätte. 

4. Warumb ich den General Wunsch hätte zurückberuffen, 
da er mit die Hussaren und Dragoner hätte wollen 
suchen durchzukommen. 

5. Warumb ich, um die Bagage zu retten, eine Capitula- 
tion unterschrieben hätte. 

6. Warumb ich mich mit den gantzen Corps nicht hätte 
massacriren lafsen. 

Meine Antwort auf alle diese fragen ist so gewesen, dafs ich 
geglaubet habe, ich würde mir genungsam gerechtfertiget haben; 
da aber das Gegen theil geschehen, so habe dieses zu meiner 
eigenen Beruhigung und Defension aufgesetzt. 

1. Warum ich in der schlechten Position bei Maxen wäre stehen 

geblieben. 

Nachdem ich mit meinen unterhabenden Corps auf Befehl 
Ihro Königlichen Hoheit des Printzen Heinrichs den 12. Novemb. 
1759 den glücklichen march von meinen Lager bey EtsdorfF und 
Roswein nach Nossen thate, den feind daselbst delogirte und den 



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lincken flügel der feindlichen Armee in ihren Lager canonirte, 
auch nachdem ich mich in des feindes lincken flanque setzte, den 
Feldmarschall Daun zwang in der Nacht vom 12. auf den 13. 
sein vortheilhafftes Lager zu verlafsen, so detachirte ich den 13. 
in aller frühe den General Wunsch und Gersdorff den feind zu 
folgen, um von seinen march und ferneren position Nachricht ein- 
zuziehen. Da nun Ihro Majestät der König wieder bey der Armee 
angekommen waren und mit der Avantgarde den Feind folgete, 
auch den General Wunsch antraf, so befahl Er denselben mir 
mündlich zu sagen, ich sollte noch denselben Tag nach Dippoldis- 
walde marchiren; ich war indefsen ausgeritten, um das terrain zu 
besehen, wo der Feind gestanden, da ich den General Wunsch 
begegnete, welcher mir sagte, was ihm der König befohlen, und 
dafs Ihro Majestät gantz in der Nähe wären; es war schon 3 Uhr 
Nachmittag, die bagage des Corps und ein Theil der Artillerie 
war noch zurück, und konte selbiges vor Abend nicht heran- 
kommen; da ich nun so nahe bey dem Könige war, so glaubte ich 
sehr gut zu thun, selbsten hinzureiten und dieserhalb Vorstellungen 
zu thun und von Ihro Majestät wegen mein ferneres Verhalten 
selbsten Befehle einzuholen. Ich traff Ihro Majestät in den Dorffe 
Kroegis an; und hatten Selbige den General Major von Lentulus 
bey sich. Ihro Majestät empfiengen mich wieder vermuthen höchst 
ungnädig, mich fragend, was ich wollte und ob ich seine 
ordres nicht bekommen hätte; da ich nun antwortete, dafs 
ich in dieser Absicht zu Ihro Majestät käme, um solche zu 
empfangen, befohlen Sie mir, ich sollte sogleich nach Maxen 
marchiren; da ich nun dieserwegen, und dafs es unmöglich 
wäre noch denselben Tag zu marchiren, einige Vorstellungen thun 
wollte, sagte mir der König: Er weifs, dafs Ich keine diffi- 
cultäten leyden kan; ich konte also weiter nichts erhalten, als 
dafs ich nur erst den andern Tag, als den 14., marchiren und 
meinen March über Freyberg nehmen durffte, und waren die 
letzten Worthe Ihro Majestät: „Herr, mache er, dafs er fort 
kömt." Dieses war meine gantze Abfertigung, die angeführten 
Brieffe und ordres des Königes zeigen genung, wie sehr ich bin 
pressiret worden, den Posten bey Maxen zu nehmen. Ich kam 
den 15. mit meinen Corps bey Dippoldswalde an, den 16. schickte 
ich den General Wunsch mit der Avant Garde nach Maxen, ich 
blieb aber stehen, in Hoffnung, der König würde seine Meynung 
ändern und mich mit den Corps nicht so sehr exponiren; da aber 



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— 159 — 



die Brieffe das Gegentheil beweisen, so marchirte ich endlich den 
17. selbst nach Maxen, nm mich wegen längerer Zögerung keine 
Verantwortung zuzuziehen, ich liefse aber zu mehrerer Vorsicht 
den GeDeral Lindstädt mit 3 Battaillons und den General Vasold 
mit 5 Esquadrons Cavallerie und 3 Esquadrons Hussaren bey Dip- 
poldswalda stehen. Auf den Rapport, den ich dem Könige von 
meiner Position machte, erhielte ich*die]Antwort Nr. 7; auf selbige 
zog ich sogleich die Generals Linstädt und Vasold an mir und liefs 
nur die drej Esquadrons Hussaren stehen, um Patrouillen zu thun 
und mir Nachrichten von des feindes Bewegungen zu geben: dem 
Könige meldete ich, wie ich auf defsen Befehl die Generals Lindstädt 
und Vasold an mich gezogen hätte, dafs nunmehro aber das Loch 
bey Dippoldswalde völlig offen wäre, und machte Ihm zugleich 
die Beschreibung von der gantzen feindlichen Position, worauf aber 
keine Antwort mehr erhalten habe. Es ist vor mich ein Unglück, 
dafs ich keine Copeyen von meine Rapports behalten habe, selbige 
würden mich gewifs noch mehr gerechtfertiget |haben; der Feld- 
marschall Daun sagte mir bey der Gefangennehmung, wie er aus 
einen meiner Rapports am Könige und aus einen Schreiben des 
Königes an mir, welche beyde er aufgefangen, ersehen hätte, 
dafs ich sehr gute Vorstellungen müste gemacht haben. 

Ich kau nicht läugnen, dafs ich mich ungemein wunderte, 
wie man in dem Verhör laut der ersten Frage den Posten bey 
Maxen zu einer schlechten Position machen wollte, da der König 
selbigen in allen seinen Briefen einen sichern, guten und sehr 
vortheilhafften Posten nennet; wie konte ich ihm also verlafsen, 
da ich keine ordre dazu hatte, ohne der grösten Verantwortung 
ausgesetzt zu seyn? Man giebt mir schuld, der König hätte mir 
ja in seiner letzten ordre Nr. 9 die freye Disposition überlafsen, 
auf welcher ordre ich mich hätte zurück ziehen können, man hat 
aber nicht darauf reflectirt, dafs der König in eben derselben ordre 
mit höchst eigener Hand geschrieben: Er wird entweder mit 
die Reichers oder mit Sincere einen Gang haben. Hätte 
der König an mir geschrieben: vermöge den Rapport des General 
Ziethen überlafse ich es seiner Disposition, den Posten zu be- 
haubten,, oder, wenn er es nöthig findet, sich gegen Dippolds- 
walda zurück zu ziehen, so hätte ich mich legitimiren können, 
wenn ich diese Parthie ergriffen hätte; da der König aber nur in 
generalen terminis schreibet, so will ich den fall setzen, ich hätte 
mich zurück gezogen, so würde der feind sich gewifs begnüget 



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— 160 — 



haben, nur den Posten bey Maxen zu besetzen und übrigens gantz 
stille zu stehen: Womit hätte ich mich alsdenn rechtfertige(n) 
wollen; würde es nicht geheifsen haben, er hat aus einer Furcht 
und als ein schlechter Mensch seinen Posten verlafsen? hätte ich 
alsdenn die ordre Nr. 9 vorschützen wollen, so würde man mich 
gewifs auf das, was Ihro Majestät dieser ordre mit eigener Hand 
angehänget, verdammet haben, und ich hätte risquiret, als ein 
schlechter Mann meinen Kopff zu verlihren; wie konte ich auch 
mit die Reichs-Armee und Sincere eine Action haben, da die eine 
bey Cotta, der andere bey Possendorff stunde, wenn ich nicht in 
meiner Position bey Maxen stehen blieb? Dafs ich nicht früh 
genung erfahren, dafs der Feldmarschall Daun mit fast den gantzen 
zweyten Treffen in der Nacht aufgebrochen, sich mit Sincere con- 
jungiret und nach Dippoldswalde marchiret ist, davon ist mir wohl 
nicht die Schuld beyzumefsen; man sehe nur die gantze Position 
von beyden Seythen auf der Charte an, so wird man mich hier- 
innen nichts zur Last legen können, ja ich kan mit Wahrheit 
sagen, dafs ich in den gantzen Corps der erste gewesen bin, 
welcher das mouvement des feindes gewahr worden ist, wovon die 
Generals Bredow und Mosel Zeugen sind. Man saget, warumb ich 
den Feldmarschall Daun nicht bey Dippoldswalde attaquiret hätte ; 
es ist wahr, dafs es mir, nach den Evenement zu judiciren, leid 
thut, dafs ich es nicht gethan habe; wer aber diesen Posten 
kennet, weifs, dafs es sehr schwer würde gewesen seyn, wo nicht 
unmöglich, zu reüssiren, und da ich fast gewifs voraussähe, dafs 
diese entreprise fehl schlagen würde, so würde man es mir für 
temerair ausgeleget haben, wenn ich mit einen Corps von noch 
nicht 12000 Mann einen feind, der 30 000 Mann starck war, in 
seinen vortheilhafften Posten attaquiret hätte; ich hätte hierzu 
nicht einmahl mein gantzes Corps employren können, weil ich 
noch was gegen der Reichs Armee und Brentanow hätte müssen 
stehen lafsen, damit selbige mir während der Action nicht im 
Rüken attaquiren könten. 

Ich urtheilte also folgender gestallt. 

Da der Feldmarschall Daun in der Nacht vom 18. zum 19. 
aufgebrochen ist, den 19. bey Dippoldswalde stehen gebliebe(n), 
und wenn er mich attaquiren will, solches vor den 20. des Mittags 
nicht geschehen kan, ich mich auch alle Mühe gab, um Ihro Ma- 
jestät von allen Umständen, in welchen ich war, Nachricht zu 
geben, so schiene es mir fast unmöglich und unglaublich zu seyn, 



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— 161 - 

dafs Iliro Majestät nicht bey Zeiten von allen hätten Nachricht 
bekommen sollen; das Aufsenbleiben meiner Rapports hätte allein 
Argwohn verursachen können, dafs nemlich die Communication 
zwischen dem Könige und mir durch ein starckes feindliches 
Corps müsse unterbrochen seyn; die natürliche Lage brachte es 
auch mit sich, dafs dieses nicht änderst, als durch einen march 
des Feindes nach Dippoldswalda geschehen konte. Ich urtheilte 
dahero, Ihro Majestät würden laut dem Versprechen, welches Sie 
mir in die Brieffe Nr. 7 und besonders Nr. 8 gethan, nicht so 
bald Nachricht von Daun seinen mouvement erhalten haben, als 
Sie sich in march gesetzet haben würden, bey Bennerich, Pester- 
witz und gegen der Weiseritz vorzurücken, ein Posten, in welchen 
ich das Jahr vorhero mit einen sehr kleinen Corps d' Armee den 
Feld-Marschall Daun 2 gantzer Tage tete gebothen hatte; wäre 
dieses geschehen, so hätte ich in der That nicht viel risquirt; Daun 
wäre gewifs gleich umgekehrt und würde vielleicht zu späthe ge- 
kommen seyn, sein zurück gelafsenes erstes Treffen noch zu sou- 
teniren, da denn hieraus die gröste confusion bey den Feinde 
hätte entstehen können; Daun ist hiervor auch bange uud schon 
auf den point gewesen zurück zu marchiren, wenn ihm ein ge- 
wifser Major Fabri, nunmehriger General Major, nicht zur attaque 
determinirt hätte. Von der Seythe über Freyberg konte ich mir 
wohl keinen Succurs vermuthen, indem selbiger 2 Märsche zu 
thun hatte. Leider habe ich mich aber in meinen Beurtheilungen 
und Schlüfsen geirret, und ist aus meiner bülige(n) und gerechte(n) 
Hoffnung nichts geworden; bin ich aber defsentwegen straf bahr? 
Dieses zu beurtheilen überlafse ich allen, die das terrain kennen 
und eine genuugsahme Einsicht vom metie haben. Dafs aber ein 
Corps von kaum 12 000 Mann von einen Feinde, der 50 000 Mann 
starck ist, geschlagen wird und sich den andern Tag mit den 
Rest von 7000 etliche hundert Mann ergeben mufs, nachdem ihm 
kein eintziger Winckel durchzukommen übrig bleibet, dieses ist was 
gantz natürliches und gereichet mir zu keiner Schande, noch 
weniger hätte geglaubet darum bestraflft zu werden. Selbst bey 
der Action sind Sachen vorgefallen, wovor kein General respon- 
sable seyn kan, nemlich die bey den Battaillons von Zastrow und 
Grabow thateu ihr Devoir nicht, das Regiment von Rebentisch, 
welches diese hätte souteniren sollen, thate sehr schlecht; die 
Ursache war wohl, dafs es ungemein viel Oesterreicher und Rufsen 
in Reih uud Glieder hatte. Dieses Regiment, welches fast völlig 

HUtvrUche UnMriachungvn. 7. 11 



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— 162 — 

complet war, war den Abend nach der Action nur noch. 200 Mann 
starck ; die todten nnd blessirten waren von diesen Regimente nach 
proportion des Verlustes sehr geringe, folglich dafs wohl die meh- 
reste zum feinde übergegangen waren. 5 Esquadrons Dragoner 
und 3 Hussaren, die ich postiret hatte, wenn der feind einbrechen 
sollte, solchen zu repoussiren, wurden aus einer übelen Beurtheilung 
von den General von Gersdorff ohne mein Wifsen von da weg- 
gezogen und an einen andern Orth, wo sie zu agiren nicht ä portee 
waren, postiret. Die Cavallerie, durch welche ich die feindliche 
von Brentano attaquiren liefs, um bey diesen verworrenen Um- 
standen mich an einen Orth Lufft zu schaffen, wurde repoussirt 
und setzte sich nicht ehr als ungefehr in der Gegend, wo der Ge- 
neral Wunsch bey Ploschwitz stund, da ich denn während der 
gantzen Action mit ihr nichts mehr anfangen konte. Dieses sind 
die wahren Ursachen, welche mir die Action haben verliehren 
machen, da ich vielleicht, wenn alles sein Devoir gethan, ohnge- 
achtet der grofsen force, mit welcher man mich attaquirte, meinen 
Posten dennoch würde behaubtet haben; ein solches Exempel hatte 
ich nicht lange vorhero den 21. Septembr. bey Meyfsen gegeben T 
welcher Vorgang einen jeden bekant ist und also unnütze hier 
anzuführen. 

2. Worumb ich mich mit die Generals nicht vor der CavaUe)'ie 
geseteet hätte und gesucht durchzusclüagen. 

Die Action endigte sich mit der Nacht, ich versäumte keinen 
Augenblick, um nur alle Wege und Fufs Stege zu recognosciren, 
wo ich glaubte den feind entgehen zu können, fand aber alles 
sehr gut von selbigen besetzt, ich hätte nur Mann vor Mann 
aufgeopffert und dennoch nichts ausgerichtet; hiervon kan nur 
derjenige judiciren, der das terrain genungsam kennet. Bey diese 
desperate Umstände resolvirte ich, noch vor Anbruch des Tages 
den feind selbst zu attaquiren und mich durchzuschlagen; hierzu 
hatte ich auch alles disponiret und die Generals abgefertiget; 
nachdem mir aber gemeldet wurde, wie das Corps so sehr ge- 
schmoltzen, die Lenthe auch so intimidirt waren, dafs ich den 
Abend alle Mühe hatte, das wenige, was mir noch übrig geblieben 
war, zu erhalten, weil auf einigen kleinen Gewehr-Schüfsen alles 
schon wieder lieffe, auch des Morgens, da der feind einige Ca- 
nonen-Schüfse that, schon wieder zu lauffen aufiengen, so stellte 
mir der General Rebentisch vor, dafs dieses ein Unternehmen 



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- 163 - 



■wäre, welches unmöglich auszuführen sey, alle übrige Generals 
schwiegen stille und wüsten nichts zu sagen, der General Wunsch 
meinte, man müste doch suchen mit die Hussaren und Dragoner 
durchzukommen, dieses monvement würde der Feind vielleicht 
nicht gewahr werden, weil es nur so wenig trouppen wären; er 
meinte, er wollte, weil es noch dunckel, suchen bey den Feinde 
vorbey zu kommen, hernach hinter der feindlichen Armee, die bey 
den Plauenschen Grund stund, sich wegziehen und über Possen- 
dorff, welches jedoch der feind auch besetzt hatte, zu des Königs 
Armee stofsen. Ich sähe die Unmöglichkeit von diesen Project 
vollkommen ein; um aber mich nichts reprochiren zu können, gab 
ich ihm alles, was er verlangte, mit, wohl einsehend, dafs sein 
Vorschlag nur in Worthen, aber nicht in der That bestand, 
welches denn auch der Ausgang dieser entreprise vollkommen 
zeigte; dieser beweiset auch die Unmöglichkeit mich mit der Ca- 
vallerie durchzuschlagen; eine Cavallerie, die den Tag von der 
Action zu nichts zu bringen war, die das eintzige Mittel durch- 
zukommen versäumet hatte, nemlich wie ich sie auf das Corps 
von Brentano attaquiren liefs, und die auch wahrhafftig keine 
Lust zum ferneren schlagen bezeugte, mit dieser Cavallerie hätte 
ich müfsen in des feindes Gegenwarth viele Defilees passiren, wo 
nur Mann vor Mann durchkommen konte, und vor mich stund 
der Feld Marschall Daun mit der grösten force auf die Anhöhen 
von Schmorsdorff, welches keinen halben Canon Schufs von mir 
entfernet war. Wer dieses alles ohne einiges Vorurtheil be- 
trachtet und das terrain hinlänglich kennet, kan auch hierinnen 
mir nicht die geringste Schuld beymefsen; es hat wohl niemand 
mehr Lust bezeuget sich durchzuschlagen als ich, wenn ich nur 
die geringste Möglichkeit dazu gesehen hätte. 

3. Warumb ich den General Wunsch nicht an mich gezogen hätte. 

Ich war anfänglich Willens, den General Wunsch an mich 
zu ziehen und sagte es ihm, derselbe stellete mir aber vor, wie 
sehr mir daran gelegen, dafs der feind das defile" bey Ploschwitz 
nicht passirte; ich resolvirte also ihm stehen zu lafsen, damit ich 
wenigstens auf meiner rechten Flanque gedeckt wäre; ich lafse 
auch einen jeden urtheilen, der das metie verstehet, ob es zu 
wenig, 5 schwache battaillons und 3 Esquadrons Hussaren zu ge- 
brauchen, der gantzen Reichs-Armee, welche mit allen Croaten 
und dabey stehenden regulairen Oesterreichischen Trouppeu ge- 
ll* 



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— 164 — 



wifs weit über 20 000 Mann starck war, tete zu biethen; wenn 
ich Wunsch an mich gezogen hätte, so würde die Action nicht 
so lauge gewehrt haben und ich mit den gantzen Corps noch 
denselben Abend theils massacrirt, theils gefangen worden seyn; 
man hätte mich aber alsdenn gewifs zur Verantwortung gezogen, 
wenn der General Wunsch declariret hätte, wie er mir vor- 
geschlagen das defile bey Ploschwitz zu defendiren, welches ich 
aber nicht hätte thuu wollen, ja man würde dieses gewifs als ein 
Ursache des Verlustes der Action angegeben haben; in allen 
Sachen, aber besonders im Kriege läfset es sich nach dem evene- 
ment am besten urtheilen. 

4. Waramb ich den General Wunsch hätte zurück beruffen, da 
er mit die Hussaren und Dragoner Mtte tvotten suchen durch- 
zukommen. 

Der General Wunsch war von mir den 21t. des Morgens um 
3 Uhr völlig abgefertiget und wüste, dafs, nachdem mir kein 
Mittel zu entkommen mehr übrig blieb, ich mich am Feinde er- 
geben würde und zu dem Ende den General Rebentisch mit einen 
trompeter herüber schickte, die Conditiones so gut als möglich 
zu treffen. So wie ich es aber vorhergesehen, so geschähe es; 
wie der Generai von Rebentisch nebst den General Lascy und 
mehrere Oesterreichische Generals gegen 8 Uhr zurück kam und 
es schon lange heller Tag war, hatte der General Wunsch nur 
das erste defile passiret und war in der gantzen Zeit nicht 
1000 Schritte avanciret; er hatte noch viele defiles zu passiren 
und dieses in Gegenwart des Brentanoschen Corps, welches vor 
ihm stund, die Reichs-Armee und alle Croaten und Panduren, die 
ihm im Rücken und zur Seythen stunden, nicht zu rechnen, da 
er mir denn selber gestanden, dafs er von diesen trouppen noch 
niemahlen so viele beysammen gesehen hätte; ich konte dieses 
alles von dem Orth, da ich stand, bey dem bereits hellen Tage 
am besten gewahr werden. Bey der Abfertigung hatte ich den 
General Wunsch gesaget, ich würde, wenn es angienge, den 
Feind mit pour parles suchen aufzuhalten, damit er Zeit gewönne 
fortzukommen; der General Lascy aber, da er den General Wunsch 
vermifste und sein mouvement gewahr wurde, weil er noch so 
nahe bey uns stund, verlangte von mir ihm ordre zu schicken 
halt zu machen und sich gleichfals zu ergeben; ich trug dieser_ 
halb kein Bedencken, wohl wifsend, dafs sich der General Wunsch 



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- 165 — 



an meine ordres nicht mehr kehren würde, wenn er eine Mög- 
lichkeit eingesehen hätte fortzukommen. Anf vielfältiges Be- 
drohen vom feinde schickte ich den zweyten Officier an den Gen. 
Wunsch ab ; er giebet zwar vor, ich hätte ihm wohl 5 bifs 8 Offi- 
ciers geschickt, ob er gleich keinen zu benennen weifs, ich es 
mir auch nicht erinnere, so wollte ich doch wünschen, ich hätte 
ihm können 20 und noch mehrere officiere schicken, er hätte sie 
alle mitnehmen können, immer mehr Zeit gewonnen und von 
ihnen erfahren können, wie es bey mir stünde und was der feind 
für mouvements gegen ihm machte, wornach er sich hätte richten 
können; denn das wüste er doch sehr wohl, dafs ein Kriegs- 
gefangener General ihm keine ordres mehr zuschicken konte, und 
da er wüste, dafs ich in feindes Händen war, so konte er sich 
wohl vorstelleu, dafs ich in Gegenwart der feindlichen] Generals, 
von welchen ich so zu sagen entourirt war, ihm wegen seinen 
weitern march und Verhalten unmöglich mehr was sagen lafsen 
konte; er muste also selbst zum besten wifsen, wie er sein Pro- 
ject ausführen wollte, da ich ihm nicht mehr helffen konte. Statt 
aber von diesen allen zu profitiren, so kam der General Wunsch 
an und ergab sich mit seinen Corps. Der General Lascy konte 
bey dieser Gelegenheit nicht unterlafsen ihm gerade ins Gesicht 
zu sagen, dafs seine gantze entreprise eine blofse fanfaronade 
wäre; er würde geglaubet haben sich dadurch beym Könige zu 
recommendiren, da er doch Selbsten die Unmöglichkeit durchzu- 
kommen einsähe; hierauf schwieg er stille und konte auch mit 
recht nichts darauf sagen, weil es die Wahrheit war. Hierdurch 
wird nun der altonaische Zeitungs Schreiber auch wiederlegt, als 
welcher in seinen Mercur No. 94 unter dem Articul aus den 
Brandenburgschen vom 12. Junii 1763 vorgiebt, der General 
Wunsch wäre der Meynung gewesen, das Corps müste sich durch- 
schlagen, und hätte er sich erbothen an der Spitze des Regiments 
Jung Plathen der erste zu seyn, um alles, was sich dem Durch- 
marche wiedersetzen würde, aufzuräumen; allein dieses Gutachten 
wäre nicht befolget, weil 8 andere Generals Persohnen dasselbe 
gar zu wagsam befunden. Wer den Zeitungs Schreiber dieses be- 
richtet hat, ist von der Sache sehr schlecht informiret gewesen, 
und ersiehet man aus der Wahrheit, die ich hier schreibe, genug- 
sam das Gegentheil; ja ich wiederhole es noch einmahl, dafs ich 
wohl vor allen die mehreste Lust zum Durchschlagen bezeuget 
habe; alle, die um mich gewesen, sind Zeuge, wie schwer es 



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— 16G — 



mir gefallen, in einer Gefangennehmung zu willigen; selbst der 
General Wunsch, wenn er nach seinen Gewifsen und der Wahr- 
heit gemäfs sprechen will, weifs dieses zum besten, weil er die 
gantze Nacht mir jederzeit zur Seythe gewesen ist. 

5. Warumb ich, um die Bagage zu retten^ eine CapiMation 

unterschieben hätte. 

Ich war nicht in die Umstände, um von dem feinde eine 
grofse Capitulation zu verlangen, es ist auch von mir niemahlen 
dergleichen unterschrieben worden, sondern ich war leider ge- 
zwungen, mich schlecht weg gefangen nehmen zu lafsen; dafs uns 
der feind die Bagage gelafsen hat, geschähe lediglich auf meine 
nachherige mündliche Vorstellung. Und da wir doch einmahl ge- 
fangen waren, so war es wohl meine Schuldigkeit vor die armen 
officiers und gemeine so viel als möglich zu sorgen und zu ihrem 
besten beym feinde was auszuwürcken. 

6. Warumb ich mich mit den gantzen Corps nicht hätte 

massacriren lafsen. 

Dafs dieses nicht geschehen ist, hat die einbrechende Nacht 
verhindert, sonsten würde es mir nicht befser als den General 
Fouquet gegangen seyn; ich habe schon vorhero genuug gezeiget, 
dafs mir kein Mittel übrig blieb zu entkommen; so viele Lenthe 
aber aufzuopfern, ohne dem Könige nur den geringsten Dienst 
dadurch zu erzeigen, dieses hätte ich wohl vor Gott, dem Könige 
selbst und der gantzen Welt nicht verantworten können, zumahlen 
ich wüste, dafs in unserer Gewalt noch so viel Kriegsgefangene 
waren, mit welchen wir gleich hätteD können ausgewechselt 
werden; ich konte aber nicht vorher sehen, dafs die dieserwegen 
errichtete Verträge vom feinde würden aufgehoben werden und 
wir dadurch leider bifs zum frieden in der Gefangenschafft bleiben. 
Nachdem ich nun alles gethan hatte, was man menschlicherweise 
von mir verlangeu konte, die mehreste artillerie verlohren ge- 
gangen war, die Infanterie wenig munition mehr hatte, die Pferde 
der Cavallerie auch iu schlechte Umstände waren und zum agiren 
kein terrain hatte, mir auch kein Loch in der Nacht heimlich 
zu entgehen offen gelafsen war, und der gemeine Mann so intimi- 



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— 1G7 — 



dirt war, dafs mau ihm nicht mehr am feinde heranbringen konte, 
so blieb mir leider wohl nichts mehr übrig als ^eine unglückliche 
Gefangenschafft zu erwehlen. 

Der General Vasold giebt fälschlich vor, er hätte gegen die 
Ergebung am feinde protestiret; wer ihm kennet, der weifs, dafs 
er zu allen ehr ja saget, als dafs es ihm einfiele zu protestireu; 
dafs ihm auch dieses uiemahlen eingefallen ist, davon sind alle 
Generals Zeuge, besonders der General Wunsch; er giebt auch 
vor, ich hätte die ordre zur attaque der Cavallerie au ihm ge- 
schickt; ich wüste wohl nicht, was mich dazu hätte bewegen 
können, da der General Bredow älter war als er und die gantze 
Cavallerie commendirte, er auch wüste, wie sehr ich diesen wür- 
digen Mann Ihm preferirte; hat er geglaubet, durch dieses Vor- 
geben mir tort zu thun, weil er wohl gemerckt hat, dafs ich in 
Ihm eben kein grofses Vertrauen setzte, so kau hierauf weiter 
nichts sagen, als: Herr vergieb Ihm, denn er weifs nicht, was 
er thut. 

Ich lafse nunmehro einen jeden beurtheilen, der das metie 
verstehet, ob 'ich so straf bahr gewesen bin, als man mich ver- 
urtheilet hat; das Kriegsrecht selbst gestehet in der Sentenz, dafs 
man mir nicht die geringste lachete beschuldigen könte, Worth, 
welches mir jedoch sehr choquirte, als wenn man mich, solches 
zu begehen, hätte capable geglaubet, da doch alle meine Richters 
vom ersten bifs zum letzten von meiner bezeigten Fermete in 
vielen fällen Zeugen abgegeben haben. Diese meine Richter 
haben in ihren Spruch blofs auf der Anklage, aber nicht auf 
meiner defension gesehen, es sind viele Worthe in der Sentenz, 
durch welche man mir aber keiner Schuld überführet; die Gegend 
selbst war ihnen, um von allen gehörig zu urtheilen, wenig oder 
gar nicht bekant: Ich wollte wünschen, ich hätte von den 
gautzen Verhör und der Sentenz eine Abschrifft, so könte ich 
meine defension noch befser ausfuhren; denn es kan seyn, dafs 
mir unterschiedene Kleinigkeiten, die dabey vorgefallen, aus dem 
Sinne gefallen sind. Meine Situation bey Maxen war leider so, 
dafs, wenn mir nicht ein besonderes Glück wiederfuhre, so muste 
ich allezeit unglücklich seyn, ich hätte eine Parthey ergreiffen 
mögen, welche ich wollte, und kan ich mit recht sagen, ich bin 
gestrafft, weil ich unglücklich gewesen bin. Hier mufs ich noch 
des General von Rebentisch gedencken, welcher auch wegen dieser 
Action zur Verantwortung gezogen und unglücklich geworden 



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— 168 - 



ist, indem man ihm schuld gegeben, er hätte mir zu der Ergebung 
am feinde gerathen und sich zu dieser Unterhandlung von mir 
gebrauchen lafsen. Meine defension ist hierinuen die seinige; ich 
mufs aber dabey gestehen und ihm zum Ruhm nachsagen, dafs 
er während der gantzen Actiou sich als ein rechtschaffener, braver 
und vernünfftiger General aufgefuhret hat; hiervon bin ich nicht 
allein, sondern das gantze Corps ein Augen Zeuge gewesen, da- 
hero mir sein Unglück um desto mehr nahe gegangen; denn er 
hat gegen mir aufrichtig gesprochen, da hingegen die übrigen 
Generals zu alles still geschwiegen haben oder auch dergleichen 
Vorschläge gethan, die sie nachhero auszufuhren nicht im Stande 
gewesen sind. 

Ich fuge diesen noch meine Meinung hinzu, was ich nemlich 
glaube, dafs da hätte geschehen können: Ich hätte nemlich mit 
meinen Corps nicht weiter als bifs Dippoldswalde marchiren müfsen; 
hätte ich aber nach Maxen gehen sollen, so muste mir der groste 
Theil der Armee folgen, oder auf der Nachricht, dafs ich mich 
bey Maxen etabliret hätte, gleich mit der gantzen Macht bey 
Pesterwitz und der Weiseritz vorrücken, wobey ich dennoch ris- 
quirte; wäre mir aber der gröfste Theil der Armee gefolget, so 
hätte man befser profitiren können eine ravage in Böhmen zu 
machen, man hätte Kleist können Infanterie mitgeben, so würde 
er befser reussiret haben die feindliche Magazins zu ruiniren, und 
dieses wäre hinreichend gewesen Daun zu zwingen, Dresden und 
gantz Sachsen zu verlafsen; die Umstände, welche ich davon in 
meiner Gefangenschafft erfahren habe, sind davon für mich über- 
zeugende Beweifsthümer. Will man mir einwenden, zu diesen 
Project würde es schwer gefallen seyn der Armee die Subsistentz 
zu verschaffen, so gebe darauf zur Antwort: hätte man hierzu 
nicht Rath schaffen können, so wäre es befser gewesen, das gantze 
Project zu abandoniren, oder man hätte mir nicht weiter als bifs 
Dippoldswalde sollen vorrücken lafsen; dabei wäre es nöthig ge- 
wesen den Posten bey Klingenberg auch noch hinlänglich zu be- 
setzen. Der jetzige General Major von Kleist von die Hussaren 
weifs zum besten, was ich hierüber mit Ihm in Freyberg ge- 
sprochen, und mit was vor einen Wieder willen ich nach Maxen 
marchiret bin. Es ist wahr, man mufs im Kriege öffters was 
auf den Hazard ankommen lafsen; da nun aber nicht alle Hazards 
reussiren, so ist auch derjenige General nicht straffbahr, welcher 



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— 169 — 



unglücklich ist, zumahlen wenn er dergleichen entreprisen nicht 
vor seinen Kopff unternommen hat, sondern dazu beordert ist, 
man ihm auch in seiner conduite mit recht nichts zur Last 
legen kan. 

Ich schliefse dieses und wünsche alle meine Richters, dafs 
keiner von ihnen jehmahls in der critischen Situation kommen 
möge, in welcher ich gewesen bin; ich bin fast versichert, dafs 
es keiner würde befser gemacht haben als ich. 

v. Finck. 



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Bibliographie. 



(Verzeichnis der abgekürzt citierten Werke.) 



Archen holz, J. W. v.. Geschichte des siebenjährigen Krieges in Deutsch- 
land. 2 Teile. Berlin 1789—93. 8°. 

Arneth, Freiherr v., Maria Theresia und der siebenjährige Krieg. Band 2. 
Wien 1875. 8*. 

Beihefte zum Militär-Wochenblatt, herausgeg. von v. Löbell. 1882, 1. Heft. 
1884, 1. 2. und 8. Heft. Berlin. Mittler u. Sohn. 8°. 

Beiträge zur Geschichte der österreichischen Kavallerie, verf. in der Ab- 
teilung für Kriegsgeschichte des k. k. Kriegs- Archivs. 2. Lieferung. 
Wien 1881. 8°. 

Bellona, Ein militärisches Journal. 3. Band. Dresden 1784. 8°. 

Bernhard], Friedrich der Grofse als Feldherr. 2 Bände. Berlin 1881. 8°. 

Blumenthal, Zieten-Biographie. 1. Auflage. Berlin 1797, 2. 1800, 3. 1805, 
ins Französische übersetzt in 2 Bänden. Berlin 1803. 8°. 

de Catt, Unterhaltungen mit Friedrich dem Grofsen. Memoiren und Tage- 
bücher; herausgeg. von Reinhold Koser. Band XXII. der „Publika- 
tionen aus den kgl. preufs. Staatsarchiven." Leipzig 1884. 8°. 

(Cogniazzo), Geständnisse eines österreichischen Veterans in politischer 
u. militärischer Hinsicht auf die interessantesten Verhältnisse zwischen 
Österreich und Preufsen während der Regierung des grofsen Königs 
der Preufsen, Friedrichs des zweyten etc. Breslau 1794. 8°. 

Danziger Beiträge. „Beyträge zur neueren Staats- u. Krieges -Geschichte.* 
Zweyte Auflage. Danzig 1757—1764. 190 Stücke in 19 Teilen. 8°. 

Duncker, Max., Aus d. Zeit Friedrichs des Grofsen u. Friedrich Wilhelms III. 
Leipzig 1876. 8°. 

Oeuvres de Fr6deric le Grand. 
Bd. Il-V. Berlin 1846-1847 
(Akademische Ausgabe.) 8°. 
Geschichte des siebenjährigen Krieges. Mit Benutzung authentischer Quellen 
bearbeitet von den Offizieren des grofsen Generalstabs. 6 Teile in 
8 Bänden. Berlin 1827—1847. 8°. 
Helden-, Staats- und Lebensgeschichte Friedrichs des Andern. 5. Teil. 

Frankfurt und Leipzig. 1760. 8°. 
Henckel von Donnersmarck, Militärischer Nachlafs, herausgeg. von Karl 

Zabeler. 2 Bände. Zerbst 1846. 8°. 
Herrmann, 0., Über die Quellen der Geschichte des siebenjährigen Krieges 
von TempelhofF. Inaugur. Dissert. Berlin 1885. 8°. 



Frßderic IL, Histoire de mon temps 
— , Histoire de la guerre de sept ans 



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- 171 — 



Jahrbücher für die deutsche Armee u. Marine, herausg. von Cf. v. Marees. 
Bd. LVI1I. Berlin 1886. 8°. 

Posner, Max. Zur litterarischen Thätigkeit 'Friedrichs des Grofsen in: 
„Miscellaneen zur Geschichte König Friedrichs des Grofsen", her. von 
der preufs. Archivverwaltung. Berlin 1878. 8°. 

(Retzow, F. A. v.), Charakeristik der wichtigsten Ereignisse des sieben- 
jährigen Krieges. 2 Teile. Deutsche Ausgabe 1802, französische 
1803. Berlin. 8°. 

Rödenbeck, Tagebuch oder Geschicht8kalender aus Friedrichs des Grofsen 
Regentcnleben. Bd. II. Berlin 1841. 8°. 

Sammlung ungedruckter Nachrichten, so die Geschichte der Feldzüge der 
Preufsen von 1740-1779 erläutern. Teil 2. Dresden 1782. 

Schäfer, Arnold, Geschichte des siebenjährigen Krieges. 2 Bände in 
3 Bden. Berlin 1867—1874. 8°. 

Schöning, K. W. v., Der siebenjährige Krieg nach der Originalkorrespon- 
denz Friedrichs des Grofsen mit dem Prinzen Heinrich und seinen 
Generalen. 3 Bände. Potsdam 1851. 8°. 

Seyfart, Geschichte des seit 1756 in Deutschland geführten Krieges. Frank- 
furt und Leipzig. 1759-1765. 14 Teile. 4°. 

Taysen, von, Zur Beurteilung des siebenjährigen Krieges. Berlin 1882. 8°. 

Tempelhoff, G. F. v., Geschichte des siebenjährigen Krieges in Deutsch- 
land zwischen dem Könige von Preufsen und der Kaiserin Königin 
mit ihren Alliirten. 3. Teil. Berlin 1787. 4°. 

Tielcke, J. G., Bey träge zur Kriegskunst und Geschichte des Krieges von 
1756 bis 1763 mit Plans u. Charten. I. Stück. Freyberg 1775. 4°. 

Warnery, Campagnes de Frederic II. roi de Prufse de 1756 ä 1763. 1788 
s. 1. 8°. 

Winter, Georg, Hans Joachim von Zieten. Eine Biographie. 2 Bände. 
Leipzig 1886. 8°. 

— , Zieten bei Kolin. 8. Beiheft zum Jahrgang 1884 des Militär-Wochen- 
blattes. 

— , Der Feldzug des Herzogs von Bevern in Schlesien und die Schlacht 
bei Breslau. August- und Septemberheft 1886 der „Jahrbücher für 
die deutsche Armee und Marine", herausgeg. von v. Marees. 

— , Zur Kritik Tempelhoffs und des militärischen Nachlasses des Grafen 
V. A. Henckel v. Donnersmarck in den „Forschungen zur deutschen 
Geschichte". Bd. 25. 453 - 474. 

Zimmermann, A., Aus dem Briefwechsel Friedrichs des Grofsen; die Ent- 
stehung des preufsischen Planes für den Feldzug von 1757. 1. Beiheft 
zum Jahrgang 18b2, 1. u. 2. Beiheft zum Jahrgang 1884 des Militär- 
Wochenblattes. 



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R e g i s t e r. 1 ) 

Die kleinen Zahlen rerweisen auf die Anmerkungen und auf den zugehörigen Text» 



Ahremberg, Herzog von, 'iL 102. 
Ainse, Marquis de, 02. 12L 
Altenberg (Altenburg) im Erzgebirge 

iftR. 

Altonaische Zeitung 105. 

Archenbolz, W. von. Geschichte des 
siebenjährigen Krieges in Teutsch- 
land 12. 15. 10. 

Augustusberg bei Nossen 43. 135. 

Augustnsburg iLL 

Auisig 38. 43. 135. 

Bamberg 102. 

Beck, Österreich. General 112. 143. 

Bellona (militärische Zeitschrift) 82. 

Benekendorf, preufsisches Grenadier- 
Bataillon 83. 84. 82. 89. 92. 121 
122. 

Bennerich s. Pennerich. 
Berenhorst 5, 

Berlin 142. 148. 150. 151. 154. 150. 
Bevern, Herzog von, 4. 10. 19. 
Billberbeck (fiüher von Humboldt), 

preufs. Grenadier-Bataillon 84. 82. 

12L 122. 
Bioschwitz s. Ploschwitz. 
Blumenthal, Frau von, Zieten-Bio- 

graphie 155 2 . 
Bobritsch. Nieder-, 43. 13fi. 
Bohra, Deutsch-, 32. 
Botta, Österreich. Regiment 124-, 
Braun, Österreich. General 142. 
Bredow, v., preufs. General-Major 77 2 . 

flim iii 160. 102. 
— , preufs. Regiment 84. 



Brentano, Österreich. General 22. 35* 

30.4L40.42.50.52.5fi.58.59. 

Gl— 67. 84. 88. 89. 93. 24. 104. 102. 

Hfl. 115. 118. 122. 122. 1817—141. 

143. 152. lfiü. 162—164. 
Breslau, Schlacht bei 4. 10. 19. 
Bülow, v. 142. 

Eurkhardswalde 00. 62. 69. 128. 

Carsdorf, Wendisch-, 88. 
Cassel, v., preufs. Regiment 84. 85. 
90. 123. 

Catt, de, Vorleser des Königs 9. 22 1 . 
Chemnitz 13 ( .>. 

Cogniazzo, Geständnisse eines österr. 
Yeterans IS. 

Colloredo, Jung-, Österreich. Regi- 
ment 124. 

Cotta 14a im 

Czetteritz, v., General-Lt. 155, 

Danneberg, s. Tanneberg. 

Danziger Beiträge 81 1 . 1231 

Daun, österreichischer Feldmarschall 

19-21. 24». 25. 2fil 22. 33. 34. 35». 

36—38», 39^ 42. 44. 45. 47 5 . 52—55. 

58 1 59. 60 2 . 61-. 64. 00. 62. ßfi. 20. 

22. 73 2 . 74*. 25. 20. 84. 88. 93. 94. 

92. 109-KU m 115. 120. 122. 

124 1 . 125-127. 134». 137—142. 145. 

148. 149. 152. 1tW— 161- 103. 108. 
Dippoldiswalde 28. 30. 32. 38 1 . SSL 

40-. 43. 44. 46—55. 57—59. 68. 24. 

20. m-Rfl. 88, 91. 102L 104. 111. 

114-116. 120. 12L 124. 13fL 

135—143. 151. 152. 158—161. Ifl8. 



»1 Die Ortsnamen sind, auch wenn sie nur in Aktenstücken in alter 
oder enstellter Form vorkommen, im Register in der modernen Schreibweise 
gegeben. Die alte oder entstellte Form ist entweder in Klammern daneben- 
gestellt oder durch Verweise kenntlich gemacht. 



Döbeln 35. 

Döhlen bei Mügeln ML 
Dörschnitz (Dörsnitz) 32. 134. 
Dohna 28, 44. 46— ix. 50-58', 56. 59. 

66. 67 1 . 88. HL 86, 88—90, 25, ÖL 

98. 104. 107. 10S. lltL 114. 118. 

122, 123. 140. 14l>-144. 14() -148. 

15L 152, 

Dombasle, Österreich. General 62. 12L 
Dresden 20, 25, 341 35, 32=39. 43 4k 
47i- V 53. 59. 69. 102. 1QL im 121L 
133. 137. - 14: J . 145. 118. 141L 168. 
Dronitz 8. Tronitz. 

Effern. Graf von. Österreich. General 

43. 66. 13fL 
Eichel, Kabinettssekretär Friedrichs 

des Grofsen 231 32». 34». 48. 138. 

133. 142. 143. 145-148. 155*. 
Elsterwerda 20 1 . 
Etzdorf 35. lüL 

Fabri, Österreich. Major 58. 60 3 . 125. 
lfil. 

Falkenhain 66. 67». 91 108, 

Finck, y. preufs. General, s. Inhalts- 
verzeichnis. 

Finck. v., Regiment 63. 89. 92. 122. 

Finckenstein, Graf von, preufsischer 
Minister 20». 23». 32». 34». 38». 53». 
144-148. 

Forcade, von, preufs. General-Lieute- 
nant 155. 

Fouqu6, preufs. General lfiß. 

Frauenstein 68. 14:1 

Freiberg 32. 40*. 42. 43. 5L 53 l . 68, 
85.8189.104.114,112. 124. 130, 
135. 131. 139. 144. 146. 148. m 
101. 168. 

Friedrich der Grofse, s. Inhaltsver- 
zeichnis. 

— Histoire de mon temps 2. 

— Histoire de la guerre de sept ans 
30, 32. 132. 133. 

Friedrich Wilhelm III 51 

Fugger, Graf v., österr. General 66. 

Gamig 67_ 86. 

Gaudy 5. Ü KL 11 12, 14—16. 23-25. 

29. 48 3 . 50». 55». 56 2 . 57». 58». 59». 

61*. 62». 64». 74». 77*. 99-117. 

(Kritik), 118. 120. 12a— 132. 
Gersdorf, von, preufs. General-Major 

40 2 . 43. 64. 68. 77*. 92. 97. 135. 137. 

150. 15L 15L 155, 158. 162. 

— Husaren-Regiment 84. 90, 1QL 122. 
156. 

Giefshübel 43. 46. 47». 52. 56.59, 66. 

103, 102. 115, 138, 
Glogau 20». 34». 



Goltz, Freiherr von der, 15. 

Gompsen 52. 120. 140. 

Grabow, preufs. Grenadier-Bataillon 

5L 61-64». 86, 88, 122, 126. 140, 

16L 

Haddik, Österreich. General der Ka- 
vallerie 142. 

Häselich ÖL 90, 123. 

Häfslich, Ober- 43. 46, 55. 85. 8L 
12L 136. 

Haugwitz, von, preufs. Major 46. üü. 

6L 85-87. 121 
Hausdorf 55, 60 -62. 88. 89. 101 110. 

122. 125, 122, 
Heinitz 35, 

Heinrich. Prinz v. Preufsen fi, 8! 9. 
11-13. 16 — IS. 20-22». 23—29. 
32». 34-36». 32. 40. 52 s . 77'. ÖS. 
im 1ÜL 103, 105. 11)9. 132, 145, 

1 07. 

Horn, v., Kürassier-Regiment 84. 82. 
121 

Heldengeschichte Friedrichs des An- 
dern 81». 

Henckel v. Donnersmark, Graf von 

13»- 2 . 15, 
Herzogswalde 13L 
Hochkirch, Überfall bei 19. 38, 
Hülsen, von, preufs. General 20. 34, 

35. 39, 52. 5k 74»-». 142, 143. 

— Bataillon 85, ÜLL 123. 122. 
Humboldt, v., Grenadier-Bataillon. 8. 

Billerbeck. 

Katzenhäuser 103. 
Keaselsdorf 114. 136. 137_ L4L 
Kleefeld, von, Österreich. General- 
Feldwachtmeister 66. 62. 69 12a 
148. 

Kleist, von, preufs. Husaren-Obrist 
43. 91 102. 101 135. 138-140. 142. 
143. 16H. 

— Grenadier-Bataillon 62. 63. 68. 74». 
83. 81 82. 89. 92, 121». 122. 

Klingenberg 43, 136, 168, 
Knobloch, von, Bataillon 85. 90. 123. 
127. 

Kolin, Schlacht bei 5, 10, 19. 
Kopenhagen 108. 
Korbitz 32. 

Krögis 3L 40, 42*. 135, 158, 
Kunersdorf, Schlacht bei 19, 20, 102. 

Lacy 39. 45, 73 2 . 251 26. lfil 165. 
Laudon 135. 
Lauenstein 68. 137. 138. 
Lehwald, v.. preufs. Bataillon 85. 90. 

94. 123. Iii 
Leibnitz s. Leubnitz. 



— 174 — 



Leitwitz bei Bautzen 134. 
Lentulus, von, preufs. General-Major 

40 2 . 158. 
Leubnitz 05. 

Leuthen, Schlacht bei 19. 
Leutwitz s. Leitwitz. 
Limbach bei Wilsdruff 139. 
Lindstädt, preufs. General-Major 44. 

46. 48 2 . 49-51. 56 1 . 63-66. 77 3 . 

8a. 86. 90. Ü3. 94. 114. 115. 123. 

130. 13L 139. 140. 151. IM. 
Linz 149. 
Lloyd LL 

Lockwitz bei Dresden 95. 113. 138. 
Lommatsch M. 35. 
London, Hof von 145. 
Lotheim (Löthain?) IM. 
Luchau 68. 

Lungwitz 56. 89. 95. 122. 

Maltern 55. 59. 123. 124. 
Maria Theresia 35. 
Marienberg 43. 
Maxen s. Inhaltsverzeichnis. 
Meilsen 84. LSfl 1f»?. 
Miltitz 135. 

Modena, Jung- 1 Österreich. Kürassier- 
— , Alt- | Regimenter 52 1 . 

Moritz von Anhalt 10. 

Moschinska, Gräfiu 138. 14L 

Mosel, v., preufs. General-Major 59. 
ÜLL ß3. 77 2 . 87. 88. 111. 121. U>4. 
150. 160. 

Mügeln 46. 47 5 . 08. 86. 98. 107. 109. 138. 
Mühlbach 56. 122. 
Münchow, Obrist von 63. 92. 
— , Regiment 86. 90. lia 123. 

Napoleon L 9. 12. 

Nettnitz s. Nöttnitz. 
Neukirch 3Z 134. 
Neustadt 84. 
Nöttnitz 138. 139. 
Nollendorf 143. 

Nossen 22. 35. 36. 43. 104. 132» 157. 
Nürnberg 102. 

Odonnel, Österreich. General 52. 55. 

58. 59. ÖL 62. 04. 
Oppendorf 38. 
Oschatz 35. 
Ottendorf 136. 

Falffy, Feldmarschall-Lieutenant 61L 

62. 22. 128. 
Pennerich 161. 
Pesterwitz ML 168. 
Petersdorf, v., Obrist-Lieutenant 94. 
Pfau, von.' Fincks Adjutant IL 72 l . 

73». 75». 150. 



Pirna 43. 46. 47\ 98. 107. 138. 147. 
Platen, v., preufs. General-Major 55. 

56. 58-61. 77 2 . 87. 88. 104. III. 

12L 124. 126. 

— , Dragoner-Regiment 44. 84. 90. 
122. 123 1 . 13L 149. 

Plauen 39. 45. 46. 69. 139. 103. 
Ploschwitz 65—67. 23. 86. 90. 94. 98. 

1QL 143. 148. 162—164. 
Podewils, preufs. Minister 147. 
Polenz, Nieder- 1.34. 
Porschnitz (Porsnitz) 134. 
Possendorf 46. 68. 22. 85. 95. 13L 

140. 160. 163. 
Potsdam 150. 

Prag, Schlacht bei 19. 149. 
Pretlach, Österreich. Kürassier-Regi- 
ment 52 1 . 
Pretsch, Gefecht bei 34 1 . 102. 
Puttkammer, v., General-Major 146. 

Rabenau 46. 85. 

Rabenberg (Rabensberg) 32. 134. 
Rabschütz 13"). 
Ramin, v., 155*. 

Rebentisch, v.. preufs. General-Major 
63. 68. 70* 22. 73 2 . 25. 77*. 84. 8JL 
122 1 . 144. 145. 149-151, 154—156. 
1Ü2. 164. 162. 

— , Regiment 56. 63. 64 1 . 16L 162. 
Rechenberg 138. 

Reichstädt 24. 

Reinecken, Ober-Auditeur 154. 
Reinhardsgrimma 28. 29. iß. 55. 56 2 . 

521. 58 1 . 59-61. 24. 82. 88. 104, 

105. HO. HL 12L 124. 125. 129. 
Reinholzhain 87. 1*21. 
Retzow, v., 5. IL 12. 21». 24L 25-28. 

29. 37 1 . 39 l . 40 2 . 48 2 . 58L 80. 105. 

13L 132. 
Ried, Österreich. General 148. 
Rippien (Rippgen) 45. 52. 24. 115. 
Rödenbeck 155 1 . 

Röhrsdorf 52. 56'. 59. 64. 102. HL 

190. 124. 
Rofsbach. Schacht bei 19. 
Rofswein 22. 35. 1 57. 

Saaz 43. 

Salenmon, preufs. Freibataillon 84. 85. 

90. 92. 98. 10Z. 108. 123. 
Sammlung ungedruckter Nachrichten 

29». 32. 47*. 48 2 . 55 1 . 56. 61 3 . 621 

64L 65 1 . Ö9 3 . 70 1 . 81 2 . 82». 119. 120 ff. 

129. 13L 

Scezeni, Österreich. Husaren-Regiment 
52». 

Schencke ndorf. von 32 

— , Bataillon 62. 84. 85. 89. 90. 91. 
122. 122. 



— 175 — 



Schlaberndorf, v., preufs Minister 53 l . 

ML 
Schluckeau 38. 

Schmerzing, Österreich. Kürassier- 
Regiment 52 1 . 65. 11a 
Schmiedeberg 1Q4, 

Schmorsdorf 56 l . 62. fifi. 67 1 . 69. 7JL 
89.90.93.91.112.122. 123. 15L 163. 

Schöning, K. W. v., 6. 8». 16. 12. 20 l . 
30». 71». 23L 75*. 77 l . 143. 

Schröder. Österreich. Hauptmann 61 2 . 
125. 126. 

Seckendorf, Baron, Österreich. General- 
Feldwachtmeister 59. 24. 123. 
Sedlitz, Grofs- 44, 86. 98. 102. 
Seyfart 81 1 . 
Siebeneichen 1H4. 
Siebenlehn 22. 3fL 

Sincere. Österreich. General 32. 45. 50. 

5L 52, 54». 55. 88. 109. 115. 140. 

Hl Iii 159. 1(K). 
Siskowitz, v., Österreich. General 5JL 

62. 122. 
Soebrigen 110. 

Stolberg. Prinz von, 43. fiß. 69. 83. 

lüfi. L3L 
Stolpen 38. 44. 138. 
Sürssen fiL öS. 22. 13. 24. 75 1 . 
Süfsenbachsche Sammlung IL 13. 15. 

Tanneberg 135. 

Tempelhoff, Geschichte des sieben- 
jährigen Krieges 5. 6» IQ. - 13 a . 
14-16. 28 l . 29*. 32. 352. 36 i. 402. 
43». 44'. 48 2 . 52». 55 1 . 56 l . 5&L 60 3 . 
Ol 2 . 62 1 . 65 l . 69*. 2ÜL 71». 73 3 . 74 2 . 
77 J . 81 2 . 98. 116. 112. 119-131 
(Kritik), 14L 

Teplitz 43. 142. 

Teufelsmühle 88. 

Tharandt 136. 

Tielcke, Beyträge 5. 31 1 . 40 a . 46 l . 
48 2 . S2» a . 55». 581 60 3 . 61 67». 
fifl 1 ' 2 - 70». 73*. 74 3 . 77 3 . 81». 117—119 
(Kritik), 121» 128«. 124 ff., 131. 

Torgau 20». 34». 102. 

Tronitz 55. 56. 64. 88. 89. HÜ 122. 

Uyhazy, Österreich. General - Feld- 
wachtmeister 62. 



Vasold, preufs. General -Major 49». 

77 2 . 8JL 8JL 130. 162. 
— preufs. Kürassier-Regiment 46. 85. 

Voghera, Marquis von, Österreich. 
Feldwachtmeister 66. 



Warnery, Campagnes de Frdd6ric II. 

5. IL 12. 28*. 29. 132. 
Wedell, v., preufs. General 32. 135. 

150. 155. 
Weesenstein ÖS. 69. 90. 123. 128. 
Wien 35. 69. 124». 

Willemay, preufs. Regiment 63. 83. 
84. 90. 123. 

Wilsdruff 23. 20. 39. 46. SIL 84, 
14L 143. 144. 146. 142. 

Winterfeldt, v., Fincks Adjutant 71» 

Wittgensdorf (Wittgendorf) 55. 56. 
OL 88. 89. 11£L 122. 123. 

Wolfersdorf, Obrist von, 148. 

Württemberg, preufs. Dragoner-Regi- 
ment 44. 03. 64». 84. 8L 121». 122. 
132. 149. 15L 154, 

Wunsch, v., preufs. General-Major 37, 
40 2 . 43. 44. 46. 47*. 48. 4JL 5L 56. 
59. 6L 65*. 66. 67». 68. 70 3 . HL 
72». 23 75». Zfi. 77 2 . 83-86. 90. 
9L95.92.9S.102.mU2.118.12i 
m 135-140. 1 44- 1 48, 150-154. 
15L 158. 162-167. 

Wylich, v, preufs. Gen.-Lt. 155. 



Zastrow, Grenadier-Bataillon 5L 55. 

61. 62, 63. 64». 86. 88. 122. 12JL 
140. Ifll. 

Zehista 103» 
Zehren 149. 
Zelle 36. 

Zerbelloni, Österreich. Kürassier-Re- 
giment 52». 

Zieten, Hans Joachim von 15. 30». 
52. 114. 129. 140. 150, 151. 154-156. 
159, 

Zittau 42L 139. 
Zwickau 139. 



Druck tob Leonhard Slraton, Berlin 8W. 



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Einzelne nicht alles auf dem Gebiete der Geschichte Erscheinende durch- 
sehen . geschweige denn durcharbeiten kann, den Lehrern und Freunden 
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