Das antike
August
Engelbrecht
Das antike Theater.
Jcenische Anschauungsmittel
für den
Gymnasialunterricht.
Von
August Kngel brecht.
WIEN lhy7.
Druck und Verlag von Rudolf Brzezowsky & Söhne,
tV. Marg&rctlifiuiraßo 19.
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Das antike Theater.
Seenisehe Anschauungsmittel (ür den Gymnesialunterrieht.
um zweitenmal ist es Wilhelm Dorp fei d geluni^cn, in
einer viclumstrittenen Sache an Stelle des u. ikleii
Chaüs helles Licht zu setzen. Sclilicinanns Spaten-
arbeit auf Tcoja-Hissarlik hatte dort zwar uralten CuUurboden
aufgedeckt» aber für den Wissenden nur neue Rätiisel geschaffen:
die in der zweituntersten Schuttschicht aufgedeckte Stadt war
prähistorisch im strengsten Sinne des Wortes und Heß sich mit
dem Troja der homerischen Sage nicht in Einklang bringen. Erst
Dörpfeld hat das Dunkel ganz frelichtet und die sechste An-
siedlimt' auf dem schicksalsreichen Hügel als die homerische
Ilios erwiesen.^) Er hat damit wie Schliemann durch die Er-
schließung der Schätze von Mykenae und des Palastes von
Tiryns jenen Forschem neue Bahnen eröffnet, die das homnische
Epos nicht als blofies Phantasiegebilde genialer Dichter zu be-
trachten, ja als solches gar nicht vollkommen zu verstebefi v»-
mochten und durch jene Funde für Sage und dichterische Be-
arbeitung derselben mit Genugthuung eine reale Unterlage gegeben
sahen. Gleiche F'örderung, wie sie hier unsere Erkenntnis der
griechischen epischen Poesie erfahren hat, wird durch
das neueste Werk, das Dörpteld im Verein mit Emil Reisch
verülfentlicht hat,') dem Verständnis der dramatischen Poesie
der Griechen zutheil. Denn erst jetzt sind wir im Stande, uns
eine im großen und ganzen geniigende und zuverlässige Vor>
Stellung von der Bühne eines Aischylos oder Sophokles zu
madien, und, wenn es richtig ist, was Aristoteles in seiner
Poetik") sagt, dass der Dichter sich stets die seenisehe Auf-
•) Troja 1893 (Leipzig 1894) und Athenbohe MitfheUangen 18M S. 380 ff.
*) Das griechische Theater. Beiträge Sur Geschichte des Dionysostheaters
in Athen und anderer griecbischsr Theater von Wilhdffl DdrpMd und Emil
Keisch. Athen ism.
•) Poet 17, 1.
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fühning seiner Dichtung vor Augen halten müsse, um nicht
durch Nichtberücksichtigung der Bühnenverhältnisse V^erstöße zu
begehen, die dem Publicum sofort auffallen müssen und den
Krfolg des ganzen Stückes gefährden, so werden wir unsererseits
die für das Theater geschriebenen Stücke der alten Üraniaüker
in manchen Details jetzt richtiger und besser verstehen, wo wir
die antiken Bühnenverfalltnisse richtiger zu erfassen lernen.
Allerdings ist Dörpfelds Lehre über das griechische Theater
nichts Neues mehr, da Dörpfeld selbst die wesentlichsten Punkte
derselben in seinen gelehrten Vorträgen auf dem Katheder und
vor de". Monumenten bereits seit mehr als einem Jahrzehnt in
die Oflentlichkeit gebracht und Anderen die Erlaubnis ertheilt hat,
dieselben durch Wort und Schrift weiter zu verbreiten. Namentlich
dürfte in letzterer Hinsicht der vgn G. Kawerau im Sinne
Dörpfelds abgefasste Arükel »Theatergebäude" in Baumeisters
»Denkmälern des classischen Alterthums* die weiteten Kreise
mit' der neuen Lehre vertraut gemadit haben, so dass diese auch,
bereits hie und da der Schule vermittelt wurde.*) Aber erst jetzt
hat Dörpfeld die fast geschlossene Kette der Beweise vorgefegt
und Reisch die vollständige Harmonie der literarischen Über-
lieferung mit den Resultaten der Ausgrabungen erwiesen.
Wenn man bisher es mit einem gewissen Rechte ableiinen
konnte, liebgevvordene alte Ansichten zugimstcn einer revolu-
tionären und deshalb umso eingehender zu beweisenden, aber
eben noch nicht susammenhängend bewiesenen Hypothese auf-
sugeben, ist es jetzt unerlässlich, die Theaterfrage mit Berück-
sichtigung der neuen Resultate einem gründlichen Studium zu
unterziehen und die neuen Aufstetlungen entweder zu widerlegen
oder — anzunehmen. Und nur die letztere Möglichkeit scheint
dem, der die Sache gewissenhaft und ohne Voreingenommenheit
überprüft, offenzustehen. Oppositionelles oder indifferentes Ver-
halten ist einerseits durch die Evidenz der Sache, andererseits
durch ihre Wichtigkeit und die mühelose Art, auf die Richtiges
gegen Unrichtiges eingetauscht werden kann, allem Anscheine
nach ausgeschlossen. Ist dies aber der Fall, so darf auch die
Schule nicht länger mehr durch die als unrichtig erwiesenen
alten Theorien irregeführt werden, sondern soll sofort das neu-
gefundene Bessere, das des Guten Feind ist, haben.
') Vgl. die Einleitungen zu den dn2dn«n TMgödien d«8 Sophokles in der
Schulausgabe von Fr. Schubert (Verlag von Tempslör und Prsyta^.
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Die folgenden Zeilen bezwecken darzulegen, auf welche
Weise nach dem heutigen Stande der Wissenschaf t
im Gymnasialunterricht die Lehre über das grie-
chische Theater behandelt werden könnte. Denn dass
sie behandelt werden muss, wird niemand bestreiten, d«r die
Forderung erhebt, dass der Abiturient ein Drama des Sopholdes
nicht nur lese, sondern auch verstehe. Allerdings soll gleich hier
dem Verdachte begegnet werden, als ob die folgenden Seiten
ein iür die Schüler bestimmtes Colleg über die scenischen Alter-
thümer enthielten : sie sind vielmehr an den Lehrer gerichtet, der
die umfangreiche Publication von f^örpfeld und Rcisch unbedingt
studieren nuiss. hier aber den, u ie vielleicht gehofft werden darf,
schmaclvhallcn Extract daraus, wie er sich für die Schule eignet,
findet, wobei es selbstv^^tändlich ganz seiner Ansicht überlassen
bleibt, in welchem Maße überhaupt und in welchen einzelnen
Dosen er denselben der Jugend reicht Vor Beginn der Lectflre
des Sophokles pflegt ja doch gemeiniglich das Nöthigste über
die Entstehung des griechischen Dramas, das griechische Theater
u. a. besprochen zu werden, und ebenso ungezwungen ergibt
sich im Laufe der Leetüre Gelegenheit, hie und da zum besseren
Verständnis der jeweiligen Stelle eine scenische Zwischen-
bemerkung zu machen.
Im Folgenden ist der Versuch gemacht, in elementarer
Weise das Wichtigste über die Entstehung und Entudcklung des
griechischen Theaters zu besprechen und im Anschlüsse daran
die einzelnen Aufsteltungen an einer Auswahl der instructivsten
Anschauungsmittel zu eriäutem.
« «
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in der l Überlieferung vieler Völker findet sich der Gebrauch,
durch betäubendes Lärmen UQd tolles Springen die im Winter
abgestorbene Natur zu neuem Leben erwecken zu wollen, eine
Sitte, die aus dem Aberglauben hervorgegangen ist, dies eben
dadurch auch bewerkstelligen zu können: sie bietet eine treffe
liehe Analogie zu den verfeinerten Gesängen und Tänzen,
durch die die Griechen das geheimnisvolle Walten jener Vegetatiohs-
dänionen feierten, die in dem ewigen Wech^;el des Erwachens
und .Abstcrbens der Natur sich zu manifestieren schienen und
die an Dionysos ihren obersten göttlich en Repräsentanten
hatten. Als die Wiege jener Chöre hat man die dorische Pelo-
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ponnesos anzusehen, wo eine Schaar thierischer Gesellen, d. h.
Tänzer, welche in ihrer Costümierung die dem Dionysos unter-
stehenden Dämonen mit Bocksnatur (Satyrn) imitierten, sie sang
und tanzte. In Attika wurde jener Bockschor in der Weise reci-
piert, dass hier der Chor dem ionisch - nationalen Silenstypus
entsprechend costümiert wurde (mit Pierdcohren und Pferde-
schwänzen), während der beibehaltene Schurz aus Ziegenfeli
die Herkunft des attischen Silenschor aus dem dorischen Satyrn-
chor bezeugte. Diese Silenschöre haben sich lange in dem so-
genannten Satyrspiel erhalten.
Wie die Natur im Winter, so hatte auch ihre Personi-
ftcation Dionysos auf Erden vielfaches Leid durchzumachen, von
dem die vielen Sagen künden, die sich auf die Schicksale des
auf Erden wandehiden Gottes beziehen, und das demgemäß in
dem Cult des Gottes eine bedeutende KoUe spielt. Aus diesem
Trauercult des Dionysos ist schließlich die Tragö-
die als eine Schöpfung des attischen Geistes her-
vorgegangen,*) indem ein geschulter Chor die Leiden des
Gottes durch Gesang und Tanz, verbunden mit erzählenden Vor-
trägen eines einzelnen Schauspielers, feierte, aus denen sich die
zunächst aus Monologen, später aus Diatogen bestehende drama-
tische Handlung entwickelte. Daraus ergibt sich als erste wichtige
Folgerung, dass die Tragödie einen integrierenden
Bestandtheil des Cultes eines bestimmten Gottes,
und zwar ursprünglich des Dionysos, bildete und
deshalb auch nur in dem heiligen Bezirke diesesGottes
aufgeführt werden konnte. So liegt in Athen das Theater im
Bezirk des Dionysos Eleuthereus; deshalb hat man in Eretria
das Theater so unpraktisch in der Ebene angelegt, weil eben
unmittelbar daneben der Tempel des Dionysos stand, während
Damit steht nicht in unldsbnrem Widerspruch, dass Aristoteles (Poet 4,
17 — 19) betont, dass der heitere Charakter der Tragödie, als deren Urform er
das Satyrspiel erklärt, sich lange erhalten habe. Jene Bocks- oder Silenschörc
berührten die ernste und heitere Seite des Dionysoscultcs : aus ihnen entstanden
das heitere Satyrspiel ond die ernste Tragödie, jenes vidleicht frSher, diese
später. Hie TraRÖdie ist eben die jüngere Schwester, nicht die Tochter des
Satyrspiels. Aristoteles hätte also den thatsäclilich vorhandenen Zusammenhang
der Tragödie mit dem Satyrspiel nicht gerade mit Hinweis auf den heiteren
Charaicter der ersteren beweisen sollen. Der Charalcter der Tragödie ist nicht
heiter, sondern ernst, wohl aber finden sich hdtere Elemente in derselben.
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in nächster Nähe der AkropoUshügel eine bequemere Anlage
des Zuschauerraumes gestattet und die später nothvvendig ge-
wordene TieferletrunET des Theaters überflüssig gemacht hätte;
deshalb gebürte im athenischen Theater der erste und prächtigste
Ehrenplatz dem Priester des Dionysos und aus gleichem Grunde
waren die Schauspieler bei den Griechen als Menschen nie ver-
achtet» wie bei den Römern oder anderen Völkern alter und
neuer Zeit, da sie sich stets als Gottesdiener fühlten.
Bei einer Cutthondlung durfte der Altar (dt»(ftiXiq) nicht
fehlen, er war vielmehr dasjenige Requisit, um das sich alles
drehte, was in diesem Falle ganz wörtlich genommen werden
darf, da thatsächlich die Festtheilnehmer denselben singend und
tanzend umkreisten. Zu solchen im Kreise aufgeführten Tänzen
gehörte aber ein 1< r e i s r u n d e r T a n z p 1 a t z (Orchestra), der
für die Chortänzer und Sänger bestimmt war, die sich als Diener
des Dionysos xav's^ox^v betrachteten und deshalb im Costtlm
des Gefolges des Gottes, der Satyrn, also mit Boeksfellen
bekleidet — vergleiche den Namen tpvfiftbx (Bocksgesang) —
auftraten, während die übrigen Anwesenden als Zuschauer den
Tanzplatz umstanden.
Die zur Aufführung gelangenden getanzten Lieder waren
zuerst, wie erwähnt, chorisch-lyrischer Art, stammten aus
der dorischen Peloponnesos und hießen Dithyramben. Sie
wurden im Verlaule der Zeit in dem ionischen Attika durch eine
Art episch er Einlage erweitert, indem ein Schauspieler auf die
Trittstufe des Altares trat und, so über die Mitglieder des Chores
herausragend, während der Gesangspausen eine Erzählung Tortrug,
die ach ursprünglich auf die Schicksale des zu feiernden Gottes
bezog, dann verwandte Schicksale anderer Götter und Heroen
besang, bis schließlich ohne Rücksicht auf den Zusammenhang
solcher Erzählungen mit dem Lose des Dionysos jedweder Stoff,
wofern er nur vom Leide eines fühlenden Wesens handelte, ver-
wendet wurde. Auch dieser Schauspieler trug, wie die
Choreuten, ein Costüm, wohl zunädist das des Dionysos, der
seine Ldden, oder das eines Dionysospriesters, der die Leiden
seines Gottes besang; bei anderen Stoffen stellte der Schauspieler
in seiner Kleidung den Meld der jeweiligen Erzählung dar.
Wie leicht nun in einer epischen Erzählung bereits der
Keim der dramatischen Poesie enthalten sein könne,
beweisen die homerischen Gesänge, wo die Handlung so oft
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durch Rede und Gegenrede, die Elemente des Dramas, fort-
geführt wird, während der verbindende erzählende Text auf ein
Minimum beschränkt ist: man denke nur an den ersten Gesang
der Ilias mit den dramatischen Reden des Achilleus, Agamemnon
und Nestor. Da war es demnach nur ein kleiner Schritt des
Schauspielers, bezw, Dichters, wenn er, um die dramatischen
Elemente seiner epischen Erzählung noch drastischer hervorzu-
heben, dieselbe mit vertheilten, allerdings von ihm
allein gesprochenen, aberin verschiedenem Costüm
dargestellten Rollen in zeitlichem Nacheinander seinen Zu-
hörern vorführte. Hicbci möchte ich an die Art und Weise erinnern,
wie die katholische Kirche die Leidensgeschichte Christi nach der
allerdings in Prosa geschriebenen Überlieferung der vier Evan-
gelisten beim Gottesdienst in der Charwoche zum Vortrage bringt,
indem der betreffende Evangeliumtext mit verüieilten RoHen (der
Evangdist, Christus, Petrus, das Volk u. a.) gesungen wird. Auch
hier wird eine Erzählung (in epischer Prosa) dramenartig gestaltet,
indem mehrere Personen sich in den Vortrag derselben theilen,
sowie der eine griechische Schauspieler durch Wechsel des Costüms
und Ändern der Stimme denselben Effect hervorbrachte. Da die
Lieder, die der Chor sang, die Hauptsache waren und die Er-
zählung des Schauspielers nur für die Pausen des Chores be-
rechnet war, konnte der Costümwechscl während des üesanges
des Chores ohne Schwierigkeit vor sich gehen, und es war für
solche epische Recitationen ein zweiter Schauspieler thatsächlich
nicht nöthig.
Eine eigentliche dramatische Handlung wurde
aus der dramatischen Erzählung allerdings erst dann, als durch
das Hinzutreten eines zweiten Schauspielers ein Dialog zustande
kam. Auf ähnliche Weise entstanden aus dem obenerwähnten
Vortrag der Passionsgeschichte Christi die dramatischen
Passions s p i e 1 e des Mittelalters oder der Neuzeit.
Der Umstand, dass sowohl die Choreuten als die Schau-
spieler costQmiert waren, bedingte in der Nähe des Tanz-(Spiel*)
Platzes ein Kleiderzelt, das insbesondere seit der Zeit noth-
wendig war, als der Schauspieler mehrere ^Rollen, die einen
öfteren Costümwechsel erforderten, spielte.
Erst als seit der Einführung eines zweiten Schauspielers
veritable dramatische Stücke aufgeführt werden konnten, war
aus den dionysischen Aufführungen das geworden, was wir
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unter antiken Tragödien verstehen, also Dramen, wie sie uns
von Aischylos, Sophokles und Euripides noch erhalten sind und
die sich von den modernen Tiaiierspiclen zunächst dadurch
unterscheiden, dass neben den dialogischen Partien, die in Metrum
und Sprache ihren attischen Ursprung verrathen, den vom Chor
gesungenen Liedern, die von den attischen Dichtem in zähem
Festhalten an der durch den peloponnesisch-dorischen Ursprung
jener Liedergattung gerechtfertigten Tradition in dorisch gefärbter
Sprache gedichtet wurden, ein breiter Raum gelassen ist, was in
Hinblick auf die Entstehung der Tragödie aus ähnlichen Liedern,
zu denen sich epische Einlagen gesellten, begreiflich ist. Nament-
lich die Stücke des Aischylos lassen den eigentlichen dramatischen
Dialog gegenüber jenen Chorliedern noch so im Hintergrund,
dass man sie nicht unpassend Oratorien genannt hat. Sie erlordern
aber bereits eine nicht in allen Stücken sich gleichbleibende
Scenerie, welche wir auf die BQhne verlegen als den Platz,
wo die Schauspieler handelnd auftreten.
Wo traten nun im antiken Drama die Schau-
spielerauf? Wie wir bisher gesehen haben, i n derOrchestra,
wo sie von der Trittstufc des Altars aus zum Chore sprachen.
Bald wurde aber auch die i'iction festgehalten, dass der eine
bestimmte Person darstellende Schauspieler auch in der zu dieser
Person gehörigen Localität spiele, und demgemäß die Ürchestra
durch Ausstattung mit charakteristischen Setzstücken für das
jeweilige Stück adaptiert. £s war dies umso leichter zu bewerte-
stelligen, als ja bekanntiich sämmtliche antiken Stücke sich im
Freien, theils in einem geweihten Hain mit einem Altar oder
Grabmal, theils vor einem Lagerzelt oder Fels, theils vor einem
Tempel oder Palaste, abspielten, so dass also thatsächlich jener
Hain, jenes Grabmal oder jene PalasUront u. a. in der Orchestra
durch nichts anderes als durch einzelne Setzstücke angedeutet
zu werden brauchte.
Zu Zeiten der dithyrambischen Dionysoschöre umstand das
zuschauende Volk den Tanzplatz im Kreise ; als aber Schauspieler
längere Reden zum Chore sprachen, da gruppierten sich natur-
gemäß die Zuschauer so, dass sie dem Sprecher ganz oder
wenigstens theiiweise ins Antlitz sahen und dadurch die Seite,
der dcrSchauspieler den Rücken kehrte, freigelassen
v\'urde. Da weiter nur die ersten Reihen eines in gleicher Ebene
mit der Orchestra stehenden Zuschauerkreises das Spiel in der-
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selben gesehen hätten, wurde diesem Übelstande durch Auf-
stellung von araphithefttralisch aufsteigenden Holz-
gerüsten abgeholfen, welche ebenfalls die eine Seite der
Orchestra, der der Schauspieler den Rücken zukehrte, freiließen
und an deren beiden I'nden die Zugänge zur Orchestra
(Parodoi) waren. Die vorn Zuschauer abgewendete Seite der
Orchestra wurde der natürliche Standpunkt für die nunmehr
den Spielhintergrund abgebenden Setzstücke und
zwar in der Weise, dass jene an dieser Stelle tangential zum
Orchestrakreise» der für die Chorevolutionen ungeschmälert belassen
werden musste» aufgestellt wurden. Da standen in den älteren
Stücken des Aischylos noch ziemlich einfache Decorationsstücke,
so in den Schutzflehenden ein Hain mit //r.voßcou.'tot (Altar für
eine Mehrzahl von Göttern), in den Persern das Grabmal des
Dareios, im Prometheus der Fels, an dem der Unglückliche an-
geschmiedet war. Ersi in der Orestes -Trilugie kommt unseres
Wissens zum erstenmal ein dreithüriger Palast als Decoration
vor; da aber in der Folge ein derartiger Hausbau ßir die große
Mehrzahl der Stücke benöthigt wurde, musste man sehr bald
auf den Gedanken kommen, dieses Decorationsstück zu
einem körperlichen Bau (aus Holz und Zeug mit
festem Dachl auszugestalten. Denn erstens wurde durch
diesen Hausbau das Klciderzelt ühcrnüssig, da jetzt Schauspieler
und Chor sich hier umkleiden konnten ; dann wurde dadurch
auf der freien Seite der Orchestra ein ausgiebigerer Abschluss,
als es durch bloße Versetzstücke geschehen konnte, geschaffen,
der insbesondere auch in akustischer Beziehung sehr bald als
höchst vortheilhafl wird eiicannt worden sein ; endlich wurde es
dem abtretenden Schauspieler md^lch, im Bedarfsfalle, nachdem
er sich für eine andere Rolle umgekleidet hatte, sich ungesehen
hinter diesem Bau zum anderen Eingang der Orchestra, falls er
im Sinne dieser anderen Rolle von anderer Seite den Spielplatz
betreten musste, zu begeben. Dieser zuerst von Aischylos ver-
wendete Hausbau hieß axr^vri „Zelt", weil er aus vergänglichem
Material, wie Holz und Zeug, hergestellt, nach jeder Aufführung
ebenso abgebrochen wurde, wie früher das an seiner statt in
der Nähe der Orchestraparodoi befindliche Kleiderzelt. Er wird
richtiger Schauspielerhaus als Bühnengebäude genannt, weil in,
auf oder an ihm sich keinesv\ci;s eine Bühne (erhöhtes, ab-*
gegrenztes Podium) beüand, da die Schauspieler in der Orchestra
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spielten und jenes Gebäude mit seiner der Orchestra zugewendeten
Front nur den Spielhintergrund abgab, in seinem Innern aber
als Garderobe, Requisitendepot u. dgl. diente.
Es hat demnach das griechische Theater große Ähnlichkeit
mit der Innenanlage eines modernen ('ircus, in dem heut7.utage
die kreisrunde Manege in gleicher Weise den mit einzelnen
Setzatüok«! ausgestattetMi Spielplate fSr Ausstattungsstflclce (Pan-
tomimen) mit oft mehr minder bühnengerechter Handlung abgibt,
wie die Orchestra fQr die Schauspiele der Griechen, ohne dass hier
wie dort eine eigentliche eriiöhte, abgeschlossene Bühne vorhanden
wäre. Auch der amphitheatralisch angelegte Zuschauerraum, der
im Circus ehcnfalls die Kreislinie nicht vollstündig ausfüllt, ist
beiden in vollkommen übereinstimmender W'eise eigen, während
die antike i^-v^, das Schauspieleihaus, infolge der Dachlosigkeit
des antiken Theaters als selbständiger Bau mehr in die Augen
springt, als in dem überdachten Circus, obwohl die Localität
auch hier im Grundriss des Baues als Garderobe und für andere
Zwecke bestimmte Räume, von der Manege durch die Zugangs-
thüre getrennt, vorhanden ist Bemerkenswert ist femer, dass,
sowie die griechischen Stücke im Freien spielen, auch jene
Circuspantomimen in richtiger Erwägung des Auflührungsplatzes
ins Freie verlegt werden.
War in einem Stücke der Hausbau der 'jxy^v/^ als Hinter-
grund nicht verwendbar, so wurde von der Zeit an, als die t/.tvt^
allgemein recipiert war, die den Zuschauern zugekehrte Haus-
front durch eine vorgestellte, dem Stücke entsprechende Sc h muck-
wand (npooiKffwit) verkleidet, als deren Abschluss und Stütze su
beiden Seiten der Skene rechtwinkelig vorspringende
Flügel (Kapaoxrjvta) angebaut sein konnten. An der schmalen
Vorderseite derselben dürften später die Periakten, drehbare
Schmiickwände in der Form von Holztafeln oder dreiseitigen
Prismen, ihren Platz gehabt haben.
Die vor das .Skenengcbäude gestellte Schmuckvvand (;ipo-
oxT^viov) gestattete auch leicht den Skenenwechsel, der aller-
dings so selten stattfand, dass in den uns erhaltenen Stücken
ein solcher nur zweimal vorkommt, .nämlich in den Eumeniden
des Aischylos und im Aias des Sophokles. Dort bildet zuerst
der Tempel in Delphi den Hintergrund, dann der in Athen,
während im sophokleischen Stücke zuerst das Lagerzelt des Aias,
dann eine waidige Gegend den Spielplatz marldert Im ersten
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Falle brauchte eine Vwanderang des Schauplatzes durch nichts
anderes als eine vorgestellte Athenastatue angedeutet zu werden,
und im zweiten Falle konnten die Bäume und Sträucher der
Waldgegend bereits hinler der das I.agcrzclt darstellenden
Schmuckwand aufgestellt sein und durch Beseitigung der Schmuck-
wand, die vielleicht in der Mitte getheilt war und nach beiden
Seiten auseinandergezogen werden konnte, sichtbar gemacht
werden. Diese leicht verschiebbaren Schmuckwfinde aus bemaltem
Zeug, das in einen Rahmen aus Holz gespannt war, hießen bei
den Römern scaenae ducHles.
Manchmal gestattete der Dichter Einbliclc in das Innere
eine- Hauses, was durch eine Vorrichtung geschah, die
£xxtjxXr^[).7. hieß. Man hat sich darunter nicht etwa eine kleine
Rollbühne, auf der ein Innenraum „herausbewegl" wurde, vor-
zustellen, sondern eine Vorrichtung, durch deren Drehung das
Innere eines Hauses sichtbar wurde, indem entweder ein Theil
der Haus-(,Proskenion-)Wand zur Seite gezogen oder Theile der
Wand wie die Flügel einer Thüre in Angeln nach außen ge-
dreht und aufgeschlagen wurden. Versenicungsm aschinen
brauchen für die Stücke der großen griechischen Tragilcer nidit
angenommen zu werden; der Gebraudi des Vorhanges ist
zweifelhaft.
Als die Dichter die Nothwcndigkeit fühlten, Götter in
ihren Stücken nicht auf gleichem Boden mit den andern handelnden
Personen auftreten zu lassen, sondern dieselben in der Höhe
zeigen wollten, geschah dies in der Weise, dass in einem
über der Skene als Oberstock errichteten Holz»
gerüst ein beweglicher Balken mit einem Krahn an>
gebracht wurde, an den der GötterdarsteUo' mittete Stricken
befestigt, gegen das Pniskenion zu durch eine große Thüröffnung,
über welcher sich ein den Krahnbalken verdeckendes Vordach
befinden konnte, vorgeschoben und so in der Luft schwebend
gezeigt zu werden vermochte (vgl. das Sprichwort ^soc a-ö )xf^fJrti^!;).
Hatte der Gott den Zuschauern länger sichtbar zu bleiben und
auch an der Handlung theilzunehmen, so konnte er sich, von
dem Krahne leicht losmachen und stand nun auf der die Höhe
des Proskenion mit der oxt^viq verbindenden Bretterlage, dem
Proskeniondoch, welches deshalb auch dtoXor^^v (GötterspteU
platz) hieß. In Ermanglung eines Oberstockes und von Maschinen
spielten die Schauspieler die in der Höhe zu spielenden Rollen
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auf dem Dache der Skene, auf das sie von der Seite oder von
rückwärts durch angclcf^e Leitern stiegen.
Während im f). Jahrhundert das Material für die Sitzreihen,
Skene und IVoskenion hauptsächlich Holz war, gieng man im
4. Jahriiundeit daran, steinerne Theater an Stelle der
hölzernen zu bauen: die Sitze, Gftnge und Treppen des Zu-
schauerraumes, sowie das Skenengebäude nebst d«i Paraskoilen
wurden aus Stein hergestellt, und nur die bewegliche Schmuck-
wand, das Proskenion, wurde nach wie voraus Holz gefertigt. Erst
in hellenistischer Zeit (3. — 2. Jahrhundert vor Christ.) nahm man
ah dem hölzernen Proskenion Anstoß und ersetzte es durch eine
festeWand. die aus steinernen Silulcn bestand, deren
Zwischenräume durcii bemalte Holztafeln (^Ttivaxs?) geschlossen
werden konnteou Dadurch wurden die das bewe^^liche Prodcenion
abschliefienden FIQgelbauten (icapaoxr^via) überflüssig und fielen
meistens weg. Ein Holzdach verband dieSftulenwand des Proskenion
mit der Skene, die zu gleicher Zeit einen steinernen
Oberstockerhiclt. Auch jetzt noch wurde in der Orchestra vor
dem Proskenion. das stets Spielhintcrgrund blieb und durch die be-
malten Pinakes verschiedenartig gestaltet werden konnte, gespielt.
Eine einschneidende Umgestaltung des griechischen Theaters
bedeutet das römische Theater, welches seine Grundidee,
die 1 — l'5m hohe Bühne (pulpitum), von jenen unteritalischen
Volkstheatem hernahm, in welchen eine in Groflgriechenland
hämische Possengattung, das sogenannte Phlyakendrama, gepflegt
«nirde. Da es in diesen Possen keinen Chor gab und deshalb
die Zuschauer auch im Orchestraraume, also auf ebener Fläche
reihenweise hintereinander saßen, konnten die Schauspieler nicht
auf demselben Niveau spielen, da sie sonst von den nicht in den
ersten Reihen der (jrchcstranächc sitzenden Zuschauern nicht
gesehen worden wären, sondern mussten auf einer erhöhten
Bühne auftreten. Die gleiche Nolhwcndigkeit ergab sich bei den
primitiven Aufführungen der itatischen Volkspossen und Atellanen,
wo das gesammtc Publicum auf ebener Fläche saO und der
Gesammteindruck des Theaterschauplatzes ungeföhr derselbe war,
den heute noch Bühne und Zuschauerraum der im Freien spielen-
den wandernden Komödiantengesellschaften machen. Jene niedrige
Bühne wurde dann auch bei den steinernen Bauten des römischen
Theaters festgehalten, die im übrigen vollkommen vom grie-
chischen Thealertypus abhängig sind.
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Es wurde nämlich jenes vor dem Proskenion gelegene
Kreissegment der Orchestra, auf welchem die Schauspieler der
griechischen Theater spielten, sammt den anliegenden, von den
beiden Parodoi und dem Proskenion begrenzten Flächen zu einer
1 — l'5w hohen, oblongen Bühne erhöht, so dass die Parodoi
nunmehr seitwärts auf diese Bühne führten und deshalb für die
Zuschauer, wenn sie nicht ihren Weg Ober die Bühne nehmen
wollten, neue Eingänge geschaffen werden mussten. Diese wurden
dadurch gewonnen, dass die beiderseitigen äufiersten Enden der
unteren Sitzreihen des Zuschauerraumes abgeschnitten und an
ihrer statt zu beiden Seiten Zugangsthore erbaut wurden, die
von der (bei den Römern auch conistra genannten) Orchestra
durch einen unter den äußersten l'^nden der oberen Sitzreihen
sich erstreckenden, gewölbten Gang aus dem Theater führten.
Die Thürbauten der tVüheren griechischen Parodoi bildeten, wie
erwähnt, den sdtlichen Abschtuss der Bühne, wurden bis zur
gleichen Höhe mit dem Skenengebäude, an dessen Vorderwand
das Säulenproslcenion Imapp herangerückt wurde, aufgeführt,
um das Bütmendach tragen zu helfen, und reichten seitlich
einerseits bis zur Skenenfront, anderseits bis zu den seitlichen
Abschlusswänden des Zuschauerraumes. Es stimmt somit das
römische Theater im wesentlichen, abgesehen von der Uber-
dachung, mit unserem modernen Theater überein, das ja auch
aus geschlossener, etwas erhöhter Bühne, Amphitheater und
Parquet besteht, welch letzteres ausnahmsweise auch heute noch
nicht ausschließlich als Sitzraum verwendet wird (man denke
an die in den Theatern abgehalt^ien Redouten, bei denen die
Sitzplätze des Parquets cassiert sind), wahrend andererseits auch
schon bei den Römern die Orchestra (Konistra) vielfach zur
Aufetellung von Sitzen verwendet wurde
Nach diesen allgemeinen Ausführungen dürften zur Ver-
deutlichung derselben und zur Erörterung einiger anderer sccni-
scher Objecte die folgenden bildlichen Darstellungen genügen,
sie sind mit kurzen Randbemerkungen versehen, die das als
Erläuterung des Bildes Nothwendige mit einigen Schlagwörtern
zusammenfassen sollen:
1. Altar der Aphrodite in Athen mit Trittstein (Dörpfeld-
Reisch S. 34 Fig. 8; vgl. das Bcma der Pnyx bei Curtius-
Kaupert, Atlas von Athen, Taf. V). Dient zur Veranschau-
lichung der dt){jiX-q mit dem für den Schauspieler oder den die
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Chorsänger begleitendeii Flötenspieler bestimmten Bema in der
Orchestra.
NB. In keinem Theater ist die ^t>piX>j erhalten, höchstens
Standspuren im Dionysostiheater zu Athen Qa dem mit Marmor*
platten belegten Orchestraboden aus römischer Zeit bildet die
Mitte ein Rhombenmuster aus Ideineren Steinen, welches einen
größeren Stein mit runder Vertiefung [für einen Altar?] ein-
schließt, vgl. unten Abb. 19, 20) und in Epidauros (in der Mitte
de<^ Erdfußbodens der Orchestra liegt ein runder Stein von 71 cm
im Durchmesser mit Sem weitem, rundem Loch [Fundament eines
runden Altars.-j, vk! unten Abb. 11. 12).
2. Schematische Zeichnung eines Theaters im 5. Jahr-
hundert mit Weglassung des größeren Theiles des Zuschauer-
raumes (Dörpfeld-Reisch S. 373 Fig. 93). Veranschaulicht die
untersten Reihen des ursprünglich ganz aus Holzgerüsten, dann
aus Stein und Erde aufgeführten, aber noch mit Sitzen aus
Holz versehenen Zuschauerraumes, die kreisrunde Orchestra
mit d'UiiiX'»], den um die Orchestra gehenden als Weg für die
Zuschauer und als Canal lür das Kegenwasser dienenden Umgang
(vgl. die Theater von Eretria und Epidauros, unten Abb. 13
und 11, 12) und den Holzbau einer einstöckigen, aus Hauptbau
mit Vorhalle und zv^'ei Nebcntracten bestehenden oiojvy^, vor der
die Schauspieler spielten, sammt den bis zu den beiden Parodoi
führenden Abschlussmauem*
NB. Im Anschlüsse an dieses Bild werde die Vorstellung
geweckt, dftss im Bedarfsfalle, d. h. wenn die Palastdecoration
für das Stück nicht passte, vor diese oxnjvi^ eine besondere für
das Stück passende Schmuckwand (TrpoixTjv.ov) mit bis zur Skene
reichendem Dach und zwei Flügelbauten (;taoa^xY;v■.'z) als seit-
lichem Abschluss in solchem Abstände von derselben aulgestellt
wurde, dass die Schauspieler zwischen beiden, also gleichsam
hinter den Coulissen, sich bewegen konnten und die Thür-
Öffnungen von einander unabhängig waren.
3. Theater und Bezirk des Dionjnsos in Athen im 6. und
5. Jahrhundert (Dörpfeld - Heisch Taf. I; die Überreste sind in
violetter Farbe wiedergegeben). Der alte Tempel bew eist, dass
das Theater im Cultbezirkc des Gottes stand. Von dem Theater
selbst sind bezeichnenderweise nur Spuren der Orchestra erhalten,
denn der Zuschauerraum war aus provisorischen Holzgerüslen,
die, wie wir wissen, einmal in der ersten Hälfte des 5. Jahr-
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Hunderts eingestürzt sind, und dürftigen Stützmauern hergestellt;
ebenso war das Schauspielhaus ( Klcidcrzclt) ein provisorischer
Holzbau, da die dem Zuschauerraum (I^urf^abhang) abgewendete
Seite der Orchestra, der eventuelle Standplai/ der 'ly.Trjvi^, wie in
Thorikos (s. unten Abb. 5) tenassentörniig aulgcmaucrt, daher
höchstens für ein tangential stehendes Holzgerüst (Spielhinter-
gnind) geeignet war, und für ein festes Skenengebäude zwischen
Orchestra und Tempel auch gar nicht Platz gewesen wäre.
4. Gnindriss des Theaters in Thorikos an der Ostküste
Attikas in der Nähe von Laurion (Dörpfeld-Reisch S. HO Fig. 43).
Trotz der unregelmäßigen Form des Zuschauerraumes und der
nicht kreistTitmitrcn Anlage der Orchestra bietet dieses 'l'heater
ein lehrreiches Seitenstiick zu der ältesten Epoche des athenischen
Theateis. Denn obwohl es in jüngerer Zeit (5. — 4. Jahrh.) erbaut
wurde, macht es doch einen ganz alterthümlichen Eindruck,
was nicht Wunder nehmen darf, da es ein ländliches Theata*
war für ein ländlicties, Neuerungen abholdes Publicum,, das bei
den Aufführungen den altväterlichen Rahmen zäh beibehielt.
So ist das Thealer unmittelbar neben dem Dionysostempel erbaut»
die Orchestra bildet eine Terrasse, wie im ältesten athenischen
Thealer, ist im Süden aulgemauerl und durch eine gera^ic Stütz-
mauer begrenzt, ohne hier die geringhte Spur eines Skenen-
gebäudes aufzuweisen. Vielmehr liegt das Schauspielerhaus rechts
von der östlichen Parodos, da es eben nur als Theaterrequisiten-
depot (ax-»ivoiWjXT^, vgl. den seitlich gelegenen Bau bmm Theater
in Megalopolis, dessen Name und Bestimmung inschrifUich be-
zeugt sind» s. unten Abb. 10) diente und ein BQhnengebäude im
modernen Sinne des Wortes nicht existierte. Der Spielhintergrund
wurde nur durch einzelne Decorationsstücke aus Zeug' und Holz
hergestellt.
5. Theater des Dionysos in Athen im 4. Jahrhundert
(Dörpfeld-Reisch Taf. I [die Überreste dieser Baupenode sind in
grauer Farbe wicdergegebenj und II). Die Orchestra ersciieint
um ibm nach Nordm verschoben, um zwischen Ordi^tra und
Tempel Raum für ein Skenengebäude zu gewinnen und den
Burgabhang steiler, also zur Aufnahme der Sitzreihen geeigneter
zu machen. Sonst ist im großen und ganzen die Anlage das
in Stein umgesetzte hölzerne Theater des 5. Jahr-
hunderts und bietet besten Anlass zur Veranschaulichung der
einzelnen Theile des antiken griechischen Theaters: 1. Der Zu-
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schaiicriaum mit seinen Umfassungsmauern. Umgängen, Treppen,
Keilen, Sitzstulen (zu verdeutlichen mit Zuhilfenahme einer flüch-
tigen Zeichnung auf der Tafel nach Dörpfeld-Reisch S. 42 Fig. 12)
und Marmorthronen. 2. Die ungepflasterte Orchestra mit dem
Umgang, dem offenen, durch einzelne Brückensteine überdeckten
Regenwassercanal und der (nicht erhaltenen) drj{ji.4XYj. 3. Das
steinerne Skenengebäude, umfassend a) den Hauptsaal (10 Innen-
säulen, Fundament für einen hölzernen übcrstockaufbau, eine
Treppe oder Tlieatennaschine, endlich nischenarUge Löcher an der
Rückwand für l^'fostcn des Oberstockes aus Hol/J, an dessen dem
'i'heater zugekehrter, durch drei Thürcn unterbrochener AuUen-
wand Säulen standen; h) die weitvorspringenden Seitmflügel
(xaf^a'iXTiVia), welche von dorischen Säulen umgebene Hallen mit
Holzbalkendach waren und Stütze und seitlichen Abschluss der
(nicht eingezeichneten) beweglichen Holzschmuckwand (Kpo(ixi||yuiv)
bildeten, die möglicherweise als zvveithcilige, nach links und
rechts auseinanderschiebbare scacna ductilis vorhanden war; c) die
als Chorzimmer u. dgl. dienenden Seiteiu"äunic. 4. Die vielleicht
als Thnrbaulen zu denkenden, sicher mit W'eihgeschcnken und
Bildwerken ausgestatteten Parodoi. Mit einem Wort mag auch
auf die an die Hinterwand der Skene angebaute Säulenhalle,
welche bei plötzlich eintretendem Regenwetter den Theater-
besuchen) willkommenen Schutz gewährte, und den neuen
Tempel aufmerksam gemacht werden.
G. Thron des Dionysospriesters im Theater zu Athen
(Ziller in Lützows Z'^itschrifl für bildende Kunst XIII, 1878 S. 196).
Bietet Anlass. der 07 Throne aus pcntclischcni Marmor über-
haupt zu gedenken und den Standort (genau vis-ä-vis der Bühne
in der ersten Reihe). Inschrift ('.sos«>c Ai^v')'ioM'KXs'>T)'*f/iwc, stammt
erst aus hellenistischer oder römischer Zeit, wtihrend der Thron
selbst im 4. Jahrh. angefertigt wurde), Reliefschmuck (an der
Rücklehne zwei eine Traube tragende Satyrn, an den äußeren
Armlehnenflächen knieende, zwei Hähne gegeneinander los-
lassende Eroten [seit den Persersiegen der AÜiener waren Hahnen-
kämpfe im Theater üblich], an der Vorderseite unter dem Sitze
zwei medisch *;ekleidctc Fi.q:uren. welche pre^ren Löwenj^reifen
kämpfen) und andere Details ( FuLibodenlöcher für einen Baldachin
und Fußbitnki dieses Thr«.)nes zu erklären. •
7. Schematische Zeichnung eines griechischen Iheaters
aus hellenistischer Zeit (Dürpfeld-Reisch S. 384 Fig. 94 j. Ist
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mit Nr. 2 7Aisammenzustellen, wobei sich als wesentlichster
Unterschied das Vorhandensein eines Oberstockes und einer
festen steinerneii Proskenionwand vor der Skene gegenüber dem
(in Nr. 2 nicht gezeichneten) beweglichen, hölzernen Proskenion
ergibt Auf dem Bilde ist zu sehen : 1. Die steinernen Sitze des
Zuschauerraumes (theilweise). 2. Die kreisrunde Orchestra mit
Altar. 3. Das steinerne Skenengebäude (nach Analogie der sicher
reconstruierbaren Skene in Oropus [s. unten Abb. 8] darp:cstcllt)
mit Oberstock, aus welchem eine Thüre (lür die #sot ölt^q p.ri/avr^g)
auf das Proskeniondach führt. 4. Das leste steinerne Proskenion,
der Nacliiolger der früheren beweglichen Holzschmuckwand,
welches wie in Delos (s. unten Abb. 14) als rings um die Skene
herumlaufend angenommen ist und dessen Vorderfront die
Paraden dreier Häuser mit ihren Thoren der Nachbar spielte
namentlich in den Stücken der neuen Komödie, wie wir auch aus
den Stücken der römischen Komiker sehen, dne große Rolle —
darstellt. 5. Die Proskenion und Zuschauerraum verbindenden
Thorbauten der ripoooi.
8. Aufriss der Skene mit Proskenion des Theaters in
Oropus im heiligen Bezirk des Amphiaraos an der Nordostküste
Attikas (Dörpfeld-Reisch S. 108 Fig. 42). Wichtig, weil das Skenen-
gebäude gut erhalten is^ 8 dorische, zur Anbringung der die
Säulenzwischenräume ausfüllenden, g^alten Holztafeln (xlvtmc)
geeignete Halbsäulen und 2 Eckpfeiler des steinernen Proskenion
noch bis vor wenigen Jahren aufrecht standen und Gebälkstücke
mit interessanten, deutlich lesbaren Inschriftfragmenten, welche die
BcdcLitunt^ der Wörter rpouxfjV.ov, irfvxr.s;;, ■3XTj|Vt^. -f^opwjj.ata ad
oculos demonstrieren, eine sichere Restaurierung edaubtcn.
9. Theater des Dionysos in Athen in hellenistischer Zeit
(Dörpfeld-Reisch Taf. I; die Überreste dieser Epoclie sind in
blauer Farbe wiedergegeben). Zeigt an Stelle der beweglichen
Holzschmuckwand das charakteristische feste Proskenion mit
Steinemen Säulen, deren Zwischenräume Üieils als Thüröffnungen
dienten, theils durch dazwischengestellte Holztafeln geschlossen
werden konnten. Die Paraskenien erscheinen weiter zurückgezogen
und die Parodoi dadurch verbreitert. Sicher fehlte der Skene auch
der steinerne Oberstock nicht.
10. Grundriss des Theaters von Megalopoiis \ Dörpfeld-
Reisch S. 134 Fig. 54). Liefen den Beweis, dass das dein Zu-
schauerraum gegenübergelegene Skenengebäude des griechischen
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Theaters stets nur den Spie!hinterß:run J abf^ab und deshalb
ohneweiters auch durch einen für andere als Theaterxwecke
bestimmten Bau ersetzt werden konnte, wie hi«r durch den vier-
eckigen, mit zahlreichen Innensäulen geschmückten Colossal-
Saalbau, das ThersUion, den Versammlungsraum der Zehn-
tausend, mit nach dem Theater gerichteter Vorhalle, die sich
zuerst auf zwei, als die Orchestra tiefer gelegt wurde, auf fünf
Stufen über dieselbe erhob. Die Säulen der Vorhalle gaben den
Spiclhintergnind ab, wenn ein Stück vor einem Tempel oder
Königspalast spielte: in anderen Fällen wurde eine bev\egliche
Schniuckwand als itf/ooxY^v.ov vor die Säulen gestellt, eine scaena
ducttlis, deren Auft>ewahrungs- und Standort im Nichtbedarfsfi^ie
noch in dem grofien Gebäude vor der Westparodos erkennbar
ist, das durch mehrere darin gefundene Ziegel mit Stempel als
Theatorrequisitendepot (axavodr^xY)) sichergestellt ist. Man weise
schließlich auf das hellenistische Proskenion (3. — 2. Jahrh.)t
welches zuerst aus hölzernen, dann aus steinernen Säulen her-
gestellt war, hin; CS erscheint deshalb so weit (7m) vorgerückt,
weil die enormen Dimensionen des Theaters (OrchestraJurch-
messer 30»«, Säulen der Thersilionvorhalle ohne Giebel über
8m hoch!) für die zur Kieinstadt herabgesunkene hU^diXr^ 7c6Xt;
eingeschränkt werden sollten.
11. Gruadriss des Theaters in Epidauros an der OstkOste
von Argolis (Dörpfeld-Iteisch S. 122 Fig. 50, vgl. auch Abb. 12).
Das schönste und besterhaltene griechische Theater, an d«n
sich noch einmal die verschiedenen Theile des Zuschauerraumes
demonstrieren lassen; außerdem ist bemerkenswert : 1. Der tieler
liegende Umgang um die t)rchestra (zugleich Weg und Wasser-
canal, s. oben Abb. 2). 2. Die 38 o« breite Kalksteinschwelle,
welche, ohne über den Erdfußboden sich zu erheben, den
Orchestrakreis einfasste, und der runde Stein mit Loch (Altar-
fündament? s. Abb. 12) in der OrchesU-amitte. 3. Das Skenen-
gebäude. 4. Das hellenistische, aus ionischen Säulen bestehende,
feste Proskenion. .'. Die Paraskenien sammt den an diese sich
anschließenden Mauerstücken mit je einer Thür. 6. Die zweiseitigen
Periakten. die als vorderer .Xbschluss der Paraskenien dienten und
später durch Standbilder ersetzt wurden. 7. Die beiden Rampen,
die neben den Parodoi durch eigene verschließbare Thürbauten
zum i^roskeniondach lührten und zum Hinaufschaffen von Ma-
schinen verwendet wurden. 8. Die Thorbauten der Parodoi.
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12. Das Theater von Epidauros in seinem jetzigen Zu-
stande (Dörpfeld - Reisch Taf. IX), Ks zeii^t den Zuschauerraum
mit dem 5idC«>(xot, Treppen und Ix'cilcn. den vertieften Umgang
um die Orchestra, die krci^.ruade Kalksieinschvvelle der Orchestra
mit dem runden Stein mit Loch in der Mitte, die Steinschwellc
des Proskenion mit den Paraskenienschwellen, in deren Mitte je
eine Basis für eine Statue steht (früher standen hier die Periakten),
und den Fundamenten der angrenzenden MauerstOcke und Rampen,
die Mauemreste des Skenengetöudes, endlich drei Pfeiler, welche
das Thor der einen Parados und das Rampenthor umschlossen.
1 Das Theater von Eretria in seinem jetzigen Zu.stande
(Uürpleld-Keisch Taf. XII). Das halbe Hundert Menschen in der
Orchestra beweist, dass die Choieuten die Schauspieler keines-
wegs verdeckten und es daher vollständig genügte, die letzteren
nicht durch ein erhöhtes Podium, auf welchem sie nach
der Ansicht mancher Gelehrter aufgetreten sein sollen, sondern
höchstens durch den Kothurn über die Personen des Chores
herausragen zu lassen. Auf dem Bilde ist sichtbar: 1. Die Ober-
reste der alten Skene und der bei Tieferlegung des ganzen
Theaters unter Belassung der alten Skene um mehr als 3fM
tiefer angelegten Vordcruand der neuen Skene, deren Saal aber
sich im Niveau des alten Gebäudes beland. 2. Der übcr\v(ilbtc
Gang unter diesen Sälen, der die Orchestra mit dem iunern
der Skene und dem dahinter liegenden Heiligthum des Dionysos
verband, mit einer Steintreppe am Ende. 3. Die steinerne Schwelle
der hellenistischen Proskenionwand. 4. Die Orchestra. 5. Der ver-
tiefte Umgang nach Art des Theaters in Epidauros. 6. Die untersten
Sitzreihen.
14, Grundriss des Theaters von Delos (Dörpfeld - Reisch
S. 144 Fig. 58). VVichtii,^ als Erläuterung zu oben Nr. 7 wegen
des auf allen vier Seiten von Säulenhallen umgebenen, an der
Vordciwand mit drei, an der Rückwand mit einer Thür ver-
sehenen vSkenengebäudes, dessen vordere Säulenhalle (Proskenion)
mit Pinakes geschlossen war und als blofie Schmuckwand wie
die drei andern Seiten diente. Durch diesen Bau allein ist die
Ansicht des römischen Architekten Vitruvius widerlegt, dass die
griechischen Schauspieler gewöhnlich auf dem Dach des Pro-
skenion gespielt hätten oder, um Vitruvs Worte zu gebrauchen,
auf 10—12 Fuß hoher Bühne standen. Aber auch vor dem
Proskenion konnte kein Podium als Bühne sich befunden haben,
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wie ein solches manche Gelehrle für jedes griechische Theater
annehmen. Denn da dicht vor dem Proskenion Basen von Statuen
und Weihgeschenken erhalten sind, konnte klavor kein Podium
aufgeschlagen sein, da sonst über diesem Podium nur die Köpfe
der Statuen sichtbar gew««i M^en. Das steinerne Theater ohne
Paraskenlen, während früher solche vorhanden waren, stammt
aus hellenistischer Zeit (2, Jahrh.)>
15. Reoonttruction des römischen Theaters von Orange
in Südfrankreich (Baumeister, Denkmäler III Taf. LXVIII zum
Artikel „Theatcrgcbäude" nach Caristie). Zeigt, obwohl nicht
einwand.sfrei in allen Details, die römische überdachte, lange und
schmale Bühne von etwa 1'ö>« Höhe, deren Seitenwände vorne
bis an die Abschlussmauern des Zuschauerraumes heranreichen
und mit Thüren versehen sind, die den griechischen Parodoi
entsprechen. Die Säulenstelltmg des Proskenion ist eng an die
mehrstöckige Skenenwand angerQckt, die in der Mitte eine
charakteristische Nische für den prächtigen Hauptthorbau bildet
Zwischen den Proskenionsäulen bemerke man die Statuen statt
der griechischen Pinakes. Die beiden übervvrilbten Zugänge zur
Orchestra sind auf dem Bilde nur unvollkommen sichtbar. Die
Bühne dürfte mit der Orchestra durch eine in der Mitte gelegene
Treppe verbunden gewesen sem.
NB. Die treffliche Reconstruction der Bühnenwand des
Theaters in Aspendos von George Niemann (s. Lanckoronski,
Die Städte Pamphyliens und Pisidiens I Taf. 27) eignet Sich
leider wegen des Umstandes, dass das Logeion nur undeutlich
hervortritt, weniger gut, um den Schülern den Gesammteindruck,
den ein römisches reconstruiertes Theater macht, zu demonstrieren.
16. Das Theater von Orange in jetzt erhaltenem Zustande.
Nur in den römischen Pheatern von Orange und Aspendos (s.
unten Abb. 17) ist die .Skenenwand fast ganz erhalten. Auf
dem Bilde ist bemerkenswert: 1, Ein Theil der Bühnen wand
mit der großen Nische in der Mitte für den Hauptthorbau und
einer NebenthQröfTnung (KB. die fensterartigen Oflhungen sind
Nischen für Statuen). 2. Eine Seitenwand der BQhne mit Thür*
Öffnung. 3. Die Trümmerlinie der Vorderwand der Bühnenpodium-
fundamente. 4. Ein Zugang zur Orchestra. 5. Die Überreste des
Säulenganges, welcher die Sitzreihen krönte.
17. Das Theater von Aspendos in Pamphylien ( Baumeister,
Denkmäler Iii Fig. Bemerkenswert ist: 1. Die Skenenwand
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in undecorierkem Zustande mit den das schräge Pultdach, dessen
Spuren an der Seitenwand noch sichtbar sind, übem^enden
Pfeilern, den im 1. und 2. Stockwerk für die Proskenionsäulen
bestimmten Rasen und Jarüberliegcndcn Giebeln, den Nischen
(nicht Fenstern), den 2 (von Thüren des ersten und einer
Thüre (von 3) des zweiten Stockwerkes. 2. Die auch im ursprüng-
lichen Zii.^iLand schmucklose Scitcnwand der Bühne mit Thür-
Öffnung und zwei darüberliegenden Fenstern. 3. Die erhöhte Bühne.
4. Der Orchestrazugang. 5. Der Säulengang Über den Sitereihen.
NB. Man vergleiche dazu Lanckoronski, Die Städte Pam-
phyliens und Pisidiens I Taf. 20, wo eine Ansicht des ganzen
Theaters, von der Akropolis aufgenommen, geboten ist, und die
bereits oben erwähnte Reconstruction der Bühnenwand von
George Nie mann.
18. Das kleine Theater in Pompeji (Baumeister, Denk-
mäler III 1757 Fig. 1837). Bietet das einzige Beispiel eines voll-
ständig überdeckten antiken Theaters und Anlass, auf die Art
Proskenionloge über dem Eingang zur Konistra, die nur von der
Bühne aus zugänglichen tribunalia, hinzuweisen.
19. Das Theater des Dionysos In Athen in früh- und
spätrömischer Zeit (Dörpfeld - Reisch Taf. I ; die Mauemreste
sind in rother Farbe dargestellt). Zeigt die römische Bühne,
deren Vorderwand (Reliefplatten mit auf die Geburt und Verehrung
des l)ion\'sos bezüglichen Darstellungen) mit Treppe erhalten ist.
Sie- war nicht wie bei reinr< »mischen Tlieatem seillich mit den
äußersten Sitzreihen verbunden, weshalb auch nicht eigene
Parodoiöfihungen für den Zuschauerraum nöthig waren. Der
Fußboden der Orchestra war mit Marmorplatten belegt und
zeigte ein Rhombenmuster aus kleineren Steinen in der Mitte,
die einen größeren Stein mit runder Vertiefung (für einen Altar?)
einschlössen. Der offene Wassercanal mit den Brückensteinen
wurde unter Belassung dersolbt n mit Marmorplatten, deren einige
mit rosettenförmigen Löchern zum Wasserablauf versehen sind,
eingedeckt und schließlich, als die OrchcsLra für Naumachien
adaptiert wurde und eigene Rohre für den Zulauf und Ablauf
des Wassers gelegt werden mussten, verschüttet Jetzt schloss
auch eine Schranke aus Marmorplatten die Orchestra ab. Im Zu-
schauerraum wurde eine kaiserliche Loge angelegt und in der
Mitte eines jeden Keiles ein Standbild Hadrians aufgestellt Die
Weihinschrift eines erhaltenen Architravblockes des römischen
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Proskenion schreibt die Erbauun^^ desselben dem Kaiser Nero
zu, eine Inschrift auf der obersten Stufe der Logcionlrcppe einen
späteren Umbau des Theaters dem Archon Phaidros (3. bis
4. Jahrb.).
20. Das Ditmysostheater in Athen im jetzigen Zustande
(Ansicht der Orchestra und des unteren Theiles des Zuschauer-
raumes nach Dörpfeld-Reisch Taf. X). Auf dem Bilde ist sicht-
bar: ein Theil der Reliefplatten der römischen Logeionvorder-
wand, der Marmorboden der Orchestra, der Wasscrcanal mit
den alten Rriickensteinen und den römischen Marmorplatten,
darunter eine mit den rosettenl')rmigen Löchern zum Wasscr-
ablauf, die Schranke aus Marmorplalten, der Umgang, die erste
Sitzreihe mit den Tlironen und die Überreste der kaiserlichen
Loge.
21. Das Dionysostheater in Athen im jetzigen Zustande
(Blick auf Orchestra mit l^ene und Hintergrund nach Dörpfeld-
Reisch Taf. XI). Im Hintergrund siebt man den nach rückwärts
bis zur modernen Straße reichenden hdligen Bezirk des Dionysos
mit den Mauerresten des jüngeren und alten Tempels und der
an die Skenenhinterwand angebauten Säulenhalle. Weiler vorne
erscheinen Reste desSkenengebäudes, die Schwelle des Proskenion,
die Fundamente der Paraskenien, die eine Hälfte der römischen
Logeionvorderwand mit den Reliefplatten und der Treppe in der
Mitte, so wie die auf dem vorher beschriebenen Bilde sichtbaren
Partien.
22. DuTchsehnitt durch ein griechicbes Theater (Dörpfeld-
Reisch Taf. VIII 1). Rechts liegt der nicht bis zur ganzen Höhe
gezeichnete Zuschauerraum, dann die durch den pimktierten
Halbkreis hervorgehobene < »rchestra mit Thymele, links das
einen Oberstock tragende Skenengebäude (die durch das Fehlen
der schwarzen Farbe als nicht fest angedeuteten Wändetheile
sind Thüröffnungen, die rückwärtige nach Analogie des Skencn-
gebäudes von Delos), vor demselben die einstöckige Schmuck-
wand (Proskenion)} zwischen Proskenion und Zuschauerraum im
Hintergrund die Parodos. Das Bild zeigt, dass alle Theile des
griechischen Theaters fast gleiches Niveau haben, da das Pro-
skenion mit Skene sich nur um einen Stufen, wie dies hei einem
Hausbau natürlich ist, erhebt, während die Niveauvertiefung
zwischen Orchestra und Zuschauerraum bloU den als Weg und
Hegenwassercanal verwendeten Umgang betrifft
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23. Schematiscber Durchschnitt durch ein rdmisches
Theater (Dörpfeld - Rcisch Taf. VIII 2 und 3). Gestattet, in sehr
instructiver Weise den IJntcrscliieJ 7Avischen einem griechischen
und römischen 'i'lieatcr zu zeigen. Rechts ist der Zuschauerraum
mit dem vertieiten Theil derOrchestra (Konistra), von deren Boden
entweder die Zuschauersitze ansteigen oder Treppen zu den im
Niveau der alten griechischen Orchestra beginnenden Sitzreihen
sovde zu dem nicht vertieften Theil der griechischen Orch^tra
führen. Dieser Orchestratheil ersdieint neben dm* tiefer gelegenen
Konistra nunmehr als eihöhte Bühne Qjvfwxw, pulpitum), während
die griechische Parodos dadurch zum Seiteneingang der Bühne
wird und ihr bis an den Zuschauerraum reichender Bau auf die
Höhe des Skcnengebäudes gebracht ist, um die auf dem Bilde
nicht siclnbare Dachdecliung der Bühne tragen zu helfen. Die
Konistra hatte jetzt ihren eigenen Zugang, der als übervvrilbter
Gang unter Wegtall eines Theiles des Endes der Sitzreihen
dorthin führte.
NB. Durch AusfQllung der Konistra mit Erde, besw. Hebung
derselben bis zur Höhe des durch eine markierende Linie be<
zeichneten alten griechischen Orchestrabodens erhält man sofort
den Typus eines griechischen Theaters, wenn der überwölbte
Konistrazugang als überflüssig — denn jetzt gelangt man durch
die frühere Bühnenparodos bereits in die Orchestra — gestrichen
und durch Sitzreihen ersetzt wird.
Es iolgen einige I heaierdarslellungen auf antiken Bildwerken ;
24. Marmorsculptur im Museum der Diocletianstiiermen zu
Rom (Inv. Nr. 247 ; DÖrpfeld-Reisch S. 333 Fig. 84). Ein kasten>
artiger Marmorblock, der auf seiner Vorderwand eine Skenen-
front aus Quadern mit der großen Nische des Hauptthores zeigt,
wie sie römischen Bühn^a9aden eigen ist, während die seit-
lichen Säulenreihen, in deren Zwischenräumen sich auÜer den
Seitenthüren viereckige Nischen oder 'Öffnungen {zur Aufnahme
kleiner Pinakes?) hefindcn, an das i'roskenion des hellenistischen
Theaters erinnern. Der Spielplatz ist durcii die untere vorsteilende
Leiste bezeichnet; auch die vorspringende obere Wand, deren
untere Seite mit Cassetten geziert ist und die das nach hinten
abfallende Bühnendach darstellt, sowie die beiden Seitenwände,
die allerdings keine Thüren aufweisen, lehren, dass wir es hier
mit der Wiedergabe der Skenenwand einer römischen, über-
deckten Bühne zu thun haben.
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25. Marmorrelief aus dem Museum in Neapel (HH87 ; Dörp-
feld-Reisch S. 327 Fig. 81). Veranschaulicht eine Sccne aus einem
Stück der jüngeren Komödie, da bühnenmäßige, instructive Tra-
gödiemdarstellungen leider fehlen. Auf der einen Seite stehen der
erxümte Vater im Fransenmantel mit dem der Komödie eigenen
Krummstab und sein Nachbar, der ihn zurückhält und zu be>
sänftigen sucht, auf der andern Seite der vom Gelage beimkdhrende,
trunkenoSohn mit einem Frauenhalsband in der erhobenen Rechten,
den eine Flötensptelerin mit um die Hüften geknoteteai l^allium
begleitet und ein Sciave im Chiton derart stützt, dass er sich
dadurch zugleich selbst deckt. Man mache aul die Masken
aufmerksam sowie auf den Bühnenliintergrund, Thorbau und
Vorhang, welcher häufig dazu verwendet wurde, um Theile des
E^x>$kenion, die in ihren Formen für das Stück nicht passten,
zu verdecken.
26. Braehstfick einer Terraoottaplatte Im Museo Kircheriano
in Rom (Dörpfeld-Reisch S. 330 Fig. 83), zu deren Ergänzung die
in vielen Details, wie sich aus jenem Bruchstücke ergibt, un-
richtige, aber im ganzen vollständigere Reproduction einer jetzt
verschollenen Reliefplatte (Dörpfeld-Reisch S. 329 Fig. 82) heran-
zuziehen ist. Aus letzterer ergibt sich der Gegenstand der Dar-
stellung, der mit der Schlussscene der plaulinischen Mostellaria
nahe verwandt ist, wo der zugunsten des Sohnes seines Herrn
Ränke schmiedende Sciave Tranio sich an den Altar geflüchtet
hat, um der von seinem greisen Herrn Theuropides drohenden
Strafe zu entgehen, während Callidamates, ein Freund des leicht-
sinnigen Sohnes, um Gnade für den Sclaven bittet. Das Bruch-
stück illustriert den Bühnenhintergrund, der dem griechischen
Proskenion ähnelt. Die Säulen und Thüren sind im Verhältnis
zu den Personen aus perspectivischen Gründen so klein wieder-
gegeben, weil sie als weiter zurückliegend dargestellt werueii
sollten und thatsächlich auch das hellenistische Proskenion im
Verhältnis zum römischen niedrig war.
Im Anschlüsse daran mögen einige Bühnendarstellungen
auf den sogenannten Phly aken vasen vorgeführt werden, auf
welchen wir Scenen aus den Phlyakendramen (siehe oben) der
Wirklichkeit entsprechend gemalt finden. Dass bei diesen Possen-
aufführungen eine erhöhte Bühne nothwcndi«; war, ohne dass
man daraus einen Scliluss für das griechische Theater ziehen
dari, wurde bereits oben erörtert.
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27. KelchfSrmiger I&ater des Malers Assteas aus Nola in
Berlin 3044 (Dörpfeld-Reisch S. 317 Fig. 75). Die Bühne wird
von 5 weißgemalten Stützen in Form von dorischen Säulen ge-
tragen. Zwei Gauner (E^)[j.v7]-5':o-. nicht TuM.va'jr/c, Kojt.Xo;. nicht
AtäT-po;) haben aus dem Hause einen Geldschranii herausgcschlcppt.
Der EigenthOmer desselben, der Greis XafÄvo?, kommt dazu und
wirft sich schützend aul ihn. Während die beiden Diebe den Alten
herunterzuzerren versuchen, steht dessen schadenfroher Sclave
Kap'lcDv (nicht Kiv/a;) in beabsichtigter Rathlosigkeit daneben.
28. Kelchförmiger Krater aus Bari im Britischen Museum
(Cat IV P 269; Dörpfeld-Reisch S. 322 Fig. 78). Zeigt eine ein-
fache Bühne auf HolzfQfien mit kränzengeschmückter Vorderwand
und siebenstufiger Treppe. Daidalos (Hephaistos) und Eneyalios
(Ares) kämpfen vor der Hera, welche Hephaistos auf den goldenen
Thron gebannt hat. Hier ist keine Skcncnwand gemalt, doch die
in der Luft hangenden Bukranien (Ochsenschridel), der Spiegel
und die beiden andern unkenntlichen Gegensiände markieren
den Schauplatz als Wohnung der Hera.
Zum Schlüsse mögen im Bilde vorgezeigt werden:
29. Raum mit Schauspielern, die sich zu einem Satyr-
spiel vorbereiten (Baumeister, Denkmäler Taf. V Fig. 424).
Man mache auf die beiden als Satyrn gekleideten Choreuten
aufmerksam, die eine Vorstellung von den Chorsiingern geben,
welche in den vor der Entstehung der 'i'ragödie liegenden Zeiten,
in Pjocksfelle gekleidet, Hithyramben sangen und, als aus diesen
Liedern die Tragödie hervorgieng, dieser den Namen gaben
(xpctfi^^ZiT., Bocksgesang). Unter Hinweis auf die tragischen Masken
des Bildes erörtere man den Zusammenhang des Satyrdramas,
das Laien der Komödie am nächsten zu stehen schdnt, mit der
Tragödie.
30. Polychrome Elfenbeinstatuette eines tragischen Schau-
spielers, unter den Ruinen einer römischen Villa bei Ricti t^e-
funden (Baumeister, Denkmäler III Taf. LVHl zum Artikel „Schau-
spieler imd Schauspielkunst"). Obuolü aus der späten Zeit der
Antonine stammend, ist sie sehr beachtenswert. Die bartlose
Maske mit den ältlichen, Erregung ausdrückenden Zügen lässt
Mund und Augen sammt Brauen des Spielers infolge der weiten
Ausschnitte ganz sehen; Onkos und die hohen, viereckigen
Kothurne sind sehr deutlich ; die Gewandung besteht aus einem
bis auf die Füfie reichenden, reichgesticlcten Chiton (itoixfXov) mit
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langen Ärmeln (^stf^iS?;), aus einem dicht unter der Brust ange-
legten Gürte! und einem reciUs unter dem EUenbogen und links
am Schenkel hervorsehenden Überwurf.
31. Masken der Tragödie, u. zw. a) Jünglingsmaske
(der ooXo« vsavCixog, der Krauskopf, bei PoUux IV 136 gov^c
ctSoc)« Heroinenmaske (die mpMvoc x«a«oti,ci$ ^XP^«
der blasse Lockenkopf, bei Pollux IV 140 {jbiXatvaT^v x6}M2v, ßXi|i|i.«
X'jjTTfjpiv. oi /po)[J.^ ^/. 'oO övöjj.ato:), t j M a n n es m as k e, welche
sich in der rechten Hand der Mcipomenc auf einer Marmorstatue
befindet iHaumeister, Denkmäler III 1849 Fig. 1944. 1945. 1943).
Hiebei wird man bemerken, dass die Masken nicht für eine be-
stimmte Rolle gefertigt wurden, sondern typisch waren, indem
sie durch gewisse conventioneile IMerkmale (Farbe des Gesichtes,
Grö0e und Form des Mundes und der Nase, Lage der Augen-
brauen, Beschaffenheit der Stime, Farbe und Tracht der Haare)
die physische und psychische Individualität der dargestellten
Person zum Ausdruck brachten.
32. Theatermarken (nach Wieseler, Theatergebäude und
Denkmäler des Hühnenwesens, Tat'. IV 17. 15. 16 und Benndorf,
Beiträge zur Kenntnis des attischen Theaters, Abb. H. Der Schüler
weiß bereits aus der Leetüre des Üemosthenes, dass das t^soofdxdv
sogar eine Rolle in 'der Politik spielte. Man weise zuerst auf die
als Freibillets verwendeten Bleimarken, die sog. Piombi, die der
Staat an die Büi^er vertheilte und nach ihrer Verwendung vom
Theaterp&chter mit 2 Obolen für je eine Marke einlöste, hin und
bespreche dann die für Ehrengäste des Theaters bestimmten,
allerdings erst aus der römischen Kaiserzeit stammenden Marken
aus Knochen oder I^lfenbein, welclie auf der einen Seite das
Reliefbild eines ( nntertypHis oder eine andere Darstellung enthalten,
während auf der Rückseite eine Zahl \\\ lateinischen und griechischen
Ziffern, sowie ein gewöhnlich auf die bildliche Darstellung der
anderen Seite bezügliches griechisches Wort steht. Die nicht höher
als bis 15 reichenden Zahlen bezeichnen den Keil oder dne größere
Abtheilung des Zuschauerraumes, für welche die Marke gilt, das
Bild ist gewöhnlich das Emblem dieser Abtheilung.
Auf die dartrelegte Weise wird dei- Schüler in den Stand
gesetzt, sich klare VorstcIIuncs'en über den Ursprung der grie-
chischen Tragödie, über den Bau des griechischen Theaters und
die Art, wie in demselben gespielt wurde, zu machen. Auch der
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Unterschied zwischen der Anlage eines griechischen und dem
Bau eines römischen Theaters prägt sich seinem Gedächtnis
mühelos ein, so dass er beispielsweise ohneweiters jene restau-
rierte Ansicht des Theaters von Segesta (nach Strack), die auf
für die Sclmle besimmiten Wandtaleln und in Büchern, die dem
gleichen Zwecke dienen (z. B. Opitz, Schauspiel und Theater-
wesen der Griechen und Römer, Leipzig 1889, Fig. 21 zu S. 114)
als Musterbeispiel für das Aussehen eines griechischen Theaters
hingestellt wird, als Zwitterding zwischen einem griechischen und
römischen Theater erklären wird.
Wer ein übriges thun will, mag auch die Bühnenfrage
noch ein wenig streifen. Bekanntlich hat der unter Cäsar und
Augustus lebende römische Architekt Vitruvius im 5. Buche seines
Werkes de architectura eine genaue fachmännische Anweisung
zur Erbauung eines römischen Theaters gegeben und im An-
schlüsse daran die lur das griechische Theater geltenden Vor-
schriften, soweit sie von den römischen Theaterbauregeln ab-
weichen, aufgeführt Er veriangt für die römische Bühne eine
Höhe von nicht mehr als 5 Fuß {eius pulpiH aUitudo sit ne plus
peäum qninque, tUi qui in orchesira sederint, spedare possinf
omni um agentium gestus), für die griechische Bühne eine solche
von 10 — 12 Fuß (eins logei altitiido von minus dchd esse pedum
decem. non plus dttodecim). Dem gelehrten Baumeister standen
sicher Theaterplane zuyebote, so dass seinen Maßangaben un-
bedingter Glaube zu schenken ist. Die Höhe der römischen Buiinc
ist richtig angegeben, und auch die obigen Zahlen für das grie-
chische Theater sind an und für sich richtig, nur b^iehen sie
sich auf die Höhe des Proskeniondaches, nicht auf die der Bühne,
die als erhöhter Bau gar nicht existierte. Vitruv glaubte nämlich,
dass die griechischen Schauspieler auf dem Dache des Proskenion
auft^etreten seien (statt vor demselben in der Orchestra), weil er,
der von seinem, dem nknischen Theater, welches eine Bühne
hatte, ausgicng, eine solche auch im griechischen suchte und in
dem Proskeniondach umso eher vermuthen konnte, als das grie-
chische Proskenion mit Dach in gleicher Weise den Vorbau der
Skene zu bilden schien, wie die römische Bühne im römischen
Theater, dessen Proskenionwand dicht an die Skene angerückt
war und mit dieser gleichsam ein einziges Bauglied bildete. Ob
Vitruv einer Aufführung in einem griechischen Theater beigewohnt
hat, ist unbeicannt und mit Rücksicht auf seinen Irrlhum nicht
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-~. ezrjiijzsr. TaLsrr. ^c^.iusCTftler am: si-i^.s ob^r. , ^Änler;:l:J^- i;e
xr: ar/xv-c. we^hi."? es d?*Ji.r^Ä> hieß. Dieser P>%:2 kAr.n
aber :jr.3£rtL::: w Ü£t ^^cs. i-'-TsH,-* gmar.r*: worden i-ön. w.e X'itrviY
CS äiio, we=a wir bedenken, dass bei VoQB5v«iSWiim2un£erH die
im Tbeaaer ätgeiiMiica wurden, die Redoer ganz gut v«j diesem
bC'faemi. dai::: passend «03»» genannten Somdplane aus ge>
^«ocben haben k&nneo. Ob Mow audt wie viele naieie
Gciehne. durcb den Au&Jniek i» 3x^c zur Amahme einer
grie:h;5cher. Bül""» h?.! vere'te^ Is^ssen, ist nich: zu enischeijen
Jeienr'fillä i>: derselbe r:cr.t zu übers^etzen durch »auf der Bühne*
'>jc3" ,au: dem Scta-LiSvi&'jnaMst'' , sondern .bei. &n dem is:hau-
^i fcj iau&e* ; vi eri -JXTvf r sind njchi die auf der "^vt. sondern
die an. bei der ^»j^ij sich aufhaltenden Schauspieler, d^^
genröhnücher Standen der an der Skeoe gelegene TheQ der
Orcfaestra war. Bwnso sind die von den Schauspielern vor-
gesragenea Lieder äso jaj^ iK r^ ; so benannt, weü sie v<xm Schau«
spieihause her, vor wdcbem der betreffende Siqger stand, er-
tönten.
Der ge-»Hichtigste Zeuge des Altertums hai also überliefert,
dass die gnechischen Schauspieler auf dem Proskenion dach
sr'e'!ei. urd damii eine Bühne antycnomTier. d'e zu hoch und
zu s<,iiJiJÄi nacri den erhaltenen Bauicn und \ itruvs Maben
2*5—3«») isL Sie ist zu bodi, als dass man an ein rationelles
Zusammeospiel von Schauspielern oben und Chor unten in der
Orcfaestra, vrie es das antike Drama erfordert, denken könnte:
auch fehlt ia den Baurecten jegliche Spur einer Verbindung
zwischen der vermein'Hch^ BQhne und der Orchestra, die
als et'.va zwzr.z'.znuüge Treppe vorhanden eewe<e". sein müssie.
und am schiechtesien wären die auf den Ehrenihronen der
untersten Reihe sitzenden Zuschauer weggekommen, die die auf
der hohen Bühne spielenden Schauspieler nie in ihrer ganzen
GcsiaJt gesehen hätten. Sie ist zu schmal, als dass man sich
auf dem \'b—2m breiten Streifen, denn l «1 der ganzen Breite
des Dadies muss IQr die Spielhinteqgrund-DecoTationen in Abzug
gebracht werden, ein Auftreten von Schauspielem, zahlrndien
Statisten und oft auch Choreuten denken könnte^ zumal da
diese geringe Breite nicht einmal vollständig :ius£rer;ützt werden
konnte, weil die Spieler mit Masken sich nicht an den geländer-
iosen £>actiraad vorwagen konnten, ohne Gefahr zu laufen.
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wie auf einem brOstungslosen Balkon vom Schwindel erfasst zu
werden und gegen 4 m tief hinabzusttttzen.
Auch dadurch kann die Autorität des Vitruv nicht geret(;pt
werden, dass neuere Gelehrte die Behauptung aufstellten, dass
der Chor nicht auf dem Orchestraboden, sondern auf einem vor
dem Proskenion bis zur halben Hohe desselben reichenden
Holzgerüst aufgetreten sei, das den Namen Ö^uixfeXifj geführt habe.
Denn die 1 änze des Chores können nicht auf dem Boden eines
hohlen Brettergerüstes, ganz abgesehen von dessen viereckiger
Fläche und relativ geringem Ausmaß, aufgeführt worden sein,
und dann wäre auch hier wieder eine Verbindungstreppe mit
dem Proskeniondach nöthig gewesen, das jetzt zwar weniger
hoch, aber ebenso schmal wie früher erscheint. Dazu kommt
noch, dass dieses Brettergerüst die Vorderwand des Proskenion
in arger Weise verdeckt und daher entstellt hätte; man denke
nur an die oben berührte Thatsache, dass vor dem Proskenion
in Delos Statuen standen, die bei Annaninc einer derartigen
Zwiscbenbühne fär den Chor blofi mit ihren Köpfen über diese
hinausgeragt hätten.
Die Annahme endlich einer niedrigen Bühne, sei es
für die Schauspieler allein oder auch für den Chor in einem
größeren oder kleineren Theil der Orchestra als Spielplatz der
classischcn Dramen will einen Mittelweg 7Avischen Vitruvs zu
hoher Bühne und der von Dörpfeld verfochtenen Bühnenlosii^kcit
des griechischen Theaters einschlagen, wird aber ziniäclisl
durch die Thatsache widerlegt, dass keinerlei Fundament einer
griechischen Bühne aufgefunden wurde, die doch sidier, wenn sie
ein integrierender Bestandtheil gewesen wäre, schon infolge der
Art ihrer Benützung einen steinernen Unterbau, der nicht überall
spurlos verschwunden sein könnte, gehabt hätte. Man beachte
ferner, dass der Innenboden der Skene nur um die Höhe einer
niederen Stufe höher liegt als der Erdboden der Orchestra; eine
dazwischen gelegene erhöhte Bühne würde also nicht nur ein
Hinaufsteigen von der Orchestra, sondern auch von der Skene
erfordert haben, was sinnlos gewesen wäre, da folgerichtig die
Bühne im beiläufigen Niveau des Skenenfußbodens hätte liegen
sollen, wie dies auch in den römischen Theatern der Fall ist
Außerdem wären durch die Bühne die Säulen und Thüren der
Skenenwand und Paraskenien unten abgeschnitten und dadurch
zum mindesten in ihren Proportionen arg beeinträchtigt worden.
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Endlich zeucht das steinerne 4 m hohe Proskenion, dem ein
hölzernes Säulenproskcnion vorausgicng (s. oben beim Theater
in Megalopolis), das seinersciLs die erstarrte Form der alten
beweglichen Holzsciimuckwand ist, gegen eine niedere Hüiine,
da es unerkUrlich wäre, wie an der Stelle, wo früher eine niedere
Btthne gewesen sein soll, plötzlich ein so hoher Bau Reget ge-
worden sein konnte. So kommt man wieder zu der Annahme des
Vitruv, dass, wenn es im griechischen Theater eine Bühnen-
eiiidhung gegeben hat, dies nur die Höhe des Proskeniondaches
gewesen sein kann. Da dies aber, wie oben gezeigt ist, sachlich un-
möp:Hchist, so scheint mit Rucksicht darauf, dass das hellenistische
Proskenion, welches Vitruv oflenbar in alten seinen Plänen vor-
fand, sich in succesbiver und logischer Weise aus seinen hölzernen
Vorstufen entwickelt hat, der Schluss zwingend, dass auch das
ältere griechische Theater gar keine erhöhte Bühne hatte.
• *
»
Durch die vorstehenden Darlegungen und Anschauungs-
mittel scheint das in Rede stehende Thema in ausreichender
Weise behandelt zu sein; es mag jedoch gestattet sein, noch in
Kurze zu zeigen, wie das obige bildliche Material mit dauerndem
Nutzen beim Classenunterricht verwendet werden kann und an
dem Gymnasium der k. k. Theresianischen Akademie in Wien
verwendet wird.
Die Anstalt besitzt sämmtliche aufgezählte Bilder als Dia-
positive für das Skioptikon: diese wurden von dem
Zögling der Akademie und Abiturient des Gymnasiums Akos
von Nemegyey mit großem Geschick und bedeutendem Opfer
an Zeit und Mühe herf^estellt. Dadurch ist die Möglichkeit ge-
boten, in Form eines mit Demonstrationen verbundenen
V o r t r a g e s, der bequem in einer Stunde gehalten werden kann, das
griechische Theater in der oben dargestellten Weise zu bespreclien
und zu veranschaulichen. Was hiebei als Projecttonsbild nur
flüchtig gezeigt werden kann und infolge der oberflächlichen, weil
nur einmaligen Betrachtung im Gedächtnisse des Schülers nicht
sicher haftet, soll, wenn auch als beschränktere Reihe von Bildern,
einem wiederholten Beschauen vonseiten des Schülers zugänglich
sein, und deshalb wurden 8 der oben angeführten Rilder
von dem Verfasser dieser Zeilen in einem Maßstäbe, der
auch die gleichzeitige Betrachtung derselben durch
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alle Schüler einer Classe ermöglicht, gezeichnet.
Es sind folgende Nummern: 1. Der Altar der Aphrodite in Athen,
2. Schematische Zeichnung einer Skene im 5. Jahrhundert. 3. Scliema- 1
tische Zeichnung einer Skene aus hellenistischer Zeit mit festem Pro- I
skenion. 4. Aufriss der Skene mit Prüskeninn des Iheaters in \
Oropus. 5. Gruiuiriss des Theaters in Thorikos. >> Grundriss des i
Theaters von Megalopoiis. 7. Durchschnitt durch ein griechisches
Theater. 8. Durchschnitt durch ein römisches Theater des Idein- i
asiatischen Typus (hiezu zwei Versetzstücke, nlmlich der Durch« i
schnitt der Konistra und des Zuschauerraumes bis zur Höhe des 'i
Logeion, sowie die Scäutengeschmückte Wand des seitlichen Ober- ^
Stockes, um durch Einsetzung derselben den italischen Typus des
römischen Theaters zu demonstrierend. Dazu kommen die Tafeln I I
(Karte des Hezirkes und Theaters des Dionysos in Athen in
seinem jetzigen Zustande, mit Angabe der verschiedenen Bau-
perioden; und II i^Krgänzler Grundriss des Beziikes und i heaters '
des Dionysos in Athen im 4. Jahrhundert) bei Dörpfeld-Reisch,
die genügend groß sind, um als Wandtafeln in der Schule ver-
wendet werden zu können. Außerdem sind die beiden auf das
antike Theater bezügliphen Bilderbogen (XII. XIII) von Stephan
Cybulski (Tabulae quibus antiquitates Graecae et Romanae
illustrantur) im Lchrzimmer angebracht, wodurch nebst anderen
auch die (»bigen f^ildcr des Grundrisses des Theaters von Epi-
dauros, dc^ Tnronsessels des athenischen Dionysospriesters, der
Schauspielercostüme, der Masken, der Theatennarken, einer
Lustspielscene (s. oben Nr. 27) ins Gedächtnis zurückgerufen
werden, während auf die darauf befindliche Reconstruction des
Theaters von Segesta passend hingewiesen werden kann als
Beispiel, wie ein grie^isches Theater — nicht ausgesehen hat.
Zu jedem Stücke der Sammltmg wurde vom Schreiber
dieser Zeilen eine knappe, aber für alle Fälle aus-
reichende Erläuterung verfasst, welche dadurch, dass sie
die Mühe weiteren Studiums und Nachschiagens zu ersparen
beabsichtigt, die \erwendung der Diapositive und sonstigen
Bilder wesentlich vereinfacht.
Aitgusi EngelbrecM.
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f
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