DENKWÜRDIGKEITE
N AUS DEM
MÜNSTERISCHEN
HUMANISMUS: MIT
EINER ANLAGE...
Josef Bernhard Nordhoff
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Denkwürdigkeiten
I
aus dem
Münsterischen Humanismus.
Mit einer Anlage
über das frühere
Press- und Bücherwesen
Westfalens.
.Inter foli» fraetuj*.
Von Dr. J. B. Nordhoff.
Münster 1874.
Theissing'sche Buchhandlung.
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Denkwürdigkeiten
aus dem
Münsterischen Humanismus.
Münster,
Th e i 88in ? 'sehe Btichdruckerei.
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Denkwürdigkeiten
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aus dem
Jünsterisclien Humanismus.
Mit einer Anlage
über das frühere
Press- und Bücher wesen
Westfalens.
„TnttT folia fructui'.
Von Dr. J. B. Nordhoff.
Münstor 1874.
Theissing'sche Buchhandlung.
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Vorbemerkungen.
1. Der erste und Haupttheü dieser Schrift
bringt eine Vervollständigung der Gedichte und die
Bibliographie der Druckschriften des bekannten Hu-
manisten Rudolf von Langen; sodann ausser an-
derweitigen literarischen und biographischen Nach-
richten hinsichtlich des Münsterischen Humanismus
— besonders, als historische Schwerpunkte, dessen
Einfluss auf die Denk- und Dichtungsweise, auf die
spätere Historiographie, die Gründung von Pressen,
Schulen und Bibliotheken, dessen Eingreifen in die
verschiedenen Stände und Studien und Pflege bei
den Fraterherren.
2. Der zweite Theü behandelt als Anlage die
vom Haupttheüe eingeleitete Dr ucker ge schichte
Westfalens chronologisch nach den verschiedenen
Druckstätten, und zwar eingehender nur in den An-
fängen, nach Zeit, Bruckern, Werken und sonstigen
Eigenthünüichkeiten , von da bis 1800 gedrängt,
und deshalb in der Schrift untersclieidlich, nach der
Reihenfolge der Drucker, sofern sie sich aus dem
oft sehr fern liegenden QueUenmaterial ergab. Nach
Masgabe der geschichtlichen Bedeutung und der
Quellen wurde das Press- und Bücherwesen Münsters
ausführlicher in seinem äussern und innern Wesen
dargelegt. Die Frühdrucke Münsters und anderer
Pressen, zumal .jener, welche im Schalten neuer
Schulen errichtet wurden, greifen vervollständigend
und bestätigend in die Resultate des Ilaupttheiles
ein, so dass beide Theile sich gegenseitig ergänzen
und im WertJie heben.
3. Die Anmerkungen sind stellenweise zu förm-
lichen Excursen angeschwollen, um Stoffe, welche
von dem Texte bezeichnet, aber ihm sich nicU ein-
fügen Hessen, abzuthun: so die GescMcJUe der
Miimterischen Dombibliothek, die Studiengegenstände
der Tlieologen, biographische und literarische Mxt-
thcilungen, die zeitige Werthschätzung von Hand-
schriften gegenüber den Drucken, Titelkopien unbe-
kannter oder historisch denkwürdiger Druckschriften,
Auszüge aus humanistisclien Schriften, westfälische
DicMungen, profane und kircMiche, soweit sie gedruckt
worden, namentlich die (kircldichcn) Gesangbüclier,
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katholische wie evangelische bis 1800 und zwar jene,
die nicht bekannt waren, in genauer bibliographischer
Beschreibung,
4. Wichtige locäle Erscheinungen in dem Press-
wie im Literaturwesen wurden durchgehends an die
entsprechenden der allgemeinen Geschichte gelehnt
und damit füglich auch ihr eingereiht Ueberhaupt war
es das Bestreben des Verfassers, keine Anstrengungen
und Kosten zu scheuen, um die Schrift dem vor-
gesteckten Ziele in Inhalt und Form möglichst zu
nähern, und dafür das gelegenere und fernere
Quellenmaterial, handschriftliclies wie gedrucktes, was
nur irgendwelche Ausbeute versprach, heranzuziehen.
HJrJieischte die Bibliographie die Bewältigung einer
grossen Masse von Druckstücken, so gebot die Verarbei-
tung des Stoffes, oft ganze Schichten von Literatur
durchzustehen, um ein paar geeignete Körner zu
finden — und wie oft noch vergebens! Dennoch dürfte
des Lehrreichen, Neuen und Wichtigen nach ver-
schiedenen Seiten so vieles erzielt sein, dass die
Arbeit auch andern Zweigen der Geschichte, zumal
der Culturgeschichte, und dies in weiterm, als rein
landesgeschichtlichen Umfange, Bereicherungen zu-
führen möchte. Eine kurze Inhaltsangabe im An-
fange und ein alphabetisches Sach- und Namenre-
gister am Ende, welches andere Hände eingehend
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I — VIII —
vorgearbeitet haben, werden über das Ganze wie das
Einzelne leicht Auskunft geben.
5. Je nach dem Werthe sind die Druckstücke
genauer und vollständiger hinsichtlich der Bibliogra-
phie, Besonderheiten, Fundorte und Besitzer beschrie-
ben — bei den spätem deshalb auch nach diploma-
tischen Grundsätzen*) die römischen JähreszaUen in
arabischen wiedergegeben; wenn andere gleichwerthige
Stoffe eine mangelhaftere oder abweichende Behandlung
zeigen, so hat sie der Verfasser eben nicht nach dem
Augenschein, sondern nur so, wie sie in anderweiti-
gen Quellen, schriftlichen Mittheüungen, gedruckten
und ungedruckten Bücherkatalogen vorlagen, aufnehmen
und benutzen können. So lange zumal ältere Werke
nurdefect citirt oder in den Katalogen charakterisirt
werden, gelü leider ein Theil des reichen urkund-
lichen Gehalts, den jeder Büchertitel birgt,
für den Leser verloren, besonders wo die Originalien,
falls sie noch erübrigen, meistens Ephemeriden ge-
worden, oft kaum habbar und so leicht dem Vergange
ausgesetzt sind. Wo ferner ein deutsches Druckstück
in Antiqua gesetzt ist, liess die Quelle entweder dessen
Schriftcharakter unentscheiden, oder es kam an jener
*) 6. Waitz, in d. Historischen Zeitschrift heransgeg. von
H. y. Syhel (1860) IV, 442.
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Stelle auf das Bibliographische nicht an; sollten den-
noch ünglächmässigkeiten aufstossen, so dürften sie
entschuldigt werden mit der verschiedenen oft im
Manuscripte kaum genauer zu bezächienden Schrift
des Satzes, der sonst hoffentlich übersicMich und
stufenmässig die einzelnen Theile des Gesammttextes
je nach ihrer Competenz ausdrückt. Zuweilen war
auch die Unebenheit in der Orthographie der Namen
nicht zu umgehen, indem hier die moderne, dort die
Schreibweise der Quellen, die ja oft in einem und
demselben Worte variirt, BeacUung verlangte.
6. In der Anlage stützen sich die Nachrichten
über den Westfälischen Messverkehr auf den herr-
lichen : Codex Nundinarius Germaniae literatae bise-
cularis. Mcss- Jahrbücher des Deutschen Buchhandels
von dem Erscheinen des ersten Mess-Kataloges im
Jahre 1564 bis zur Gründung des ersten Buch-
händler-Vereins im Jahre 1765. Mit einer Einleitung
von Gustav Schwetschkc. Nebst drei Tafeln Fac-
similes. Halle. G. Schwetschkes Verlagshandlung und
Buchdruckerei 1850, in Fol., mehrere der nicht be-
legten Angaben über das Münsterische Druckerwesen
auf die statistischen Aufzählungen von J. Niesert :
Beiträge zur Buchdruckergeschichte Münsters. (Mit
einer Steintafel) Coesfeld, 1828 in Commission bei
Bernard Wiüneven, und auf dessen : Fortgesetzte Bei-
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träge zu einer Buchdruckergeschichte Münsters, da-
selbst, in Commission der Bieseschen Buchhandlung
1834 — beide Stücke in K 8°. Es lassen sich
auch die Nachrichten, welche diesen Schriften ent-
stammen, leicht gemäss der Jahreszahl auf dieselben
zurückführen, weil sie chronologisch geordnet sind
und die Messjahrbücher noch innerhalb der chrono-
logischen Haupttheilung die einzelnen Bruckorte, und
unter diesen wieder die Namen der Brucker und
Händler, alphabetMsch aufführen. Namentlich stützen-
sich die cursiv gedruckten Theüe der Anlage, sofern
sie eines andern Beleges entbehren, auf diese Arbeiten
und auf Bücher titel. Biese Quellen aber an jeder
betreffenden Stelle oder gar die gesammten Belege
aus denselben für das meist ganz kurze Besultat
im Texte anzuführen — würde den Baum und
die Kosten der Schrift bedeutend vermehrt und
die Citate der Titel, so gern auch der Verfasser die
Beiveise aufbewahrt hätte, zu einer Art von Biblio-
graphie Westphalens umgestaltet haben.
7. Wesentliche Beiträge Anderer, mündliche oder
schriftliche, habe ich mit deren Namen, wie gedruckte
Quellen, rechtorts bezeichnet; allen wackern um die Ar-
beit verdienten Männern meinen herzinnigsten Bank
und an dieser Stelle namentlich Sr. Excellenz, dem
Ober- Präsidenten von Westfalen und Curator der
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Königl Akademie zu Münster, Herrn von Kühl-
wetter, durch dessen an Iwher Stelle erwirkte Geld-
beihülfe die unverkürzte Durchführung des Druckes
gesichert wurde.
8. Nachzutragen wäre :
Zu S. 27 hinsichtlich der Schriften des Oliverius
die Angabe des Frid. Mathias Drivcr, Biblioth. Monaste-
riensis 1790 p. 115. : Diät de Olivetio Bernardus de
Mallincrott ejus de Orientalibus rebus Historiam hactenus
ineditam in pergam-eno ipsius Oliverii aevo vcl circiter, ut
characteres indicio sunt, scriptum extare apud Doctorem
medicinac Bottendorpium juniorem, qui editionem propediem
se adornaturum promisit. — S. 48 Z. 27 ist in dem
Worte Botticher us ein t eu streichen, Zeile 31 statt „ Welr
linghausen u Wellingholzhausen zu lesen. — S. 53 In-
schrift 2 , als Vers 4 einzuschieben : haid ons versmöUcn
alle gaer. — S. 65. Im 0}>us opus chron. et histor. Circuli
Westph. 1656 berichtet auch Stangefol IV p. 14 über Langen
nach Trittenheim uud Fantaleon, III, 538 über Langens
Humanistenschule nach Chyträus. — S. 73. Die Bocks
zu Werl erscheinen später als Erbsälzer. v. Steinen
Westf. Gesch. XXX, 1210. — S. 115. Der Dortmunder
Patrizier Caspar Schwarz , dessen Spuren einmal genau
zu verfolgen wären, besass angeblich auch Plinii XX Vo-
lumina de bellis Germanicis. Monunienta B aderbor nensia
Edit. Elsevir. 1672 p. 72 , und wird von Meibom SS.
rer. Germanic. I, 376 genannt vir nobilis et in omni an-
tiquitate praeclarissime versatus. — S. 130. Der Drucker
Joachim Westval stammte vielleicht durch seine Ahnen aus
Westfalen, er selbst mit Gewissheit aus Stendal. Goetzc,
Äelt. Gesch. der Buchdruckerkunst in Magdeburg I, 14.
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XII -
- S. 133, 149, 166. AU dritte Münsterische Presse der
Wiedertäuferzeit und zugleich als Beispiel einer Privatr
presse ist noch anzuführen jene des Prädicanten Rothman,
welche, verraten durch die Druckschriften des Besitzers,
1533 27\11 von der städtischen Obrigkeit in seinem Hause
entdeckt und zur Kanzlei abgeführt wurde. H. v. K ers-
te nbrock, Gesch. der Wiedertäufer. Deutsch 1771 S. 457.
— S. 150. Auf ein verwandschaftliches Yerhältniss der
Münsterischen Druckerfamilien Tzwivel und JRasfeldt deutet
vielleicht eine nachträglich von Dr. Sauer gefundene archir
valische Nachricht , wortiach 1553 ein Viear an der
Martinikirche sich nennt Phil. Racsfeldt alias Tzwivel;
auf die Verhältnisse die Beziehungen Lambert Basfeldfs
zu dem Münsterischen Weihbischof Nie. Arresdorff des
letzteren Testamentsklausel (bei Tibus, Weihbischöfe 1862
S. 162) von 1616 : Lamb. Raffelt (sie) , typographus
Monast. retineat ex mutuo reeeptis trecentis Imperialibus
centum. — S. 155. Nach alten Facturen ist die Coppen-
rathsche Druckerei zu Münster sclwn 1817 gegründet;
nach Angabe des Oberbürgermeisters Dr. Becker zu Dort-
mund und Brockhaus, Beal-Encyclopädie A 11 , XI, 29
erschien zuerst in Münster bei Philipp Heinrich Perren on
1784 auch das einzige grotesk -komische Heldengedicht.
K. A. Kortüm's: „Die Jobsiade" in 3 Thln mit Holz-
schnitten und der Ortsangabe „Sulzburg", die in den spä-
tem Auflagen „Schüdburg (( lautet; A*. bei Mallincrot in
Dortmund, A*\ Leipzig 1865. — S. 173. Der Herr
Gymnasialdirector Dr. Hölscher zu Becklinghausen schreibt
mir hinsichtlich des Münsterischen Breviers vom J. 1518
Genaueres nach einem ihm zugehörigen Exemplare, dass
Pars hyemalis schlösse: Explicit pars hyemalis breviarii
Monasteriensis Parisius (sie) per Desiderium mähen in
vico S. Jacobi commorantem sub intersignio divini Nicolai
impressa. Impensis honestorum virorum Godefridi hecto-
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ris et Ludovici hornhen sociorum. Anno Domini mülesimo
CCCCCXVIIL die XXVIII. Novembris. Laus deo;
dann folge das Kölnische Wappen mit der Inschrift: 0
Felix Colonia. Ludovicus Hornsen. Das Brevier war
demnach ein Kölner Verlagsartihcl und Paris'er Druck.
— S. 176. Bud. Nagel, welcher das Musikalische des
Münster. Gesangbuchs von 1677 bearbeitete, zeichnete
C. Z. A., was nach Jos. Annegarn, Kaihol. Kirchen-
gesänge 1833 S. II bedeutet: Gustos zu AlÜühnen. —
S. 228 sind die Druckorte Steinfurt und Siegen hinzu-
zufügen , so dass die GesammtzaM der westfälischen Of-
ficinen zum Jahre 1817 wenigstens 24 ausmacM.
Münster, im Juli 1874.
Der Verfasser.
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Inhalt.
Die Aufgabe 1
Rudolf von Langen 2 — 42
Sein Epitaphion auf Albertus M 2
Sein Hexaatichon auf die Vita Ludgeri a. 1515 16
Bibliographie seiner Druckschriften 18—30
Die Carmina 1486 18
Horae de s. cruce 31
In divos tres magos Ode Sapphica ... 33
In Prudentii Aur. versus hymnos et lyram . 33
Die Carmina in Ms 34
Urbis Hierosolymae . . . excidium .... 85
Rosarium 36
Biographisches 39
Herrn, v. Kerssenbrock und die Querela scholae
Osnaburgensi3 42—49
Der Mtinsterische Humanismus gegenüber der
Dichtung (Glockeninschriften) und .... 50—55
die spätere Historiographie 56—72
Der erBte Münsterische Druck 1485 und das hohe
Alter der Humanistenschule 73 — 94
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— XVI —
Salt«.
Des Humanismus Einfluss auf die Gründung
von Bibliotheken und Pressen, .... 95—110
auf die verschiedenen Stände und . . . 111—113
Studien 113-116
Der Humanismus und die Fraterherren .... 117—126
Anlage.
Verdienste der Westfalen um die Frühpresse . . 129
Mtinster 183—189
Druckerei und Handel 133—156
Privilegien und Censuren 156—164
Gegenstände nach Form und Inhalt . . . 164—178
Format, Type, Ausstattung 178—185
Der Einband 186
Soest 190
Lippstadt 192
Minden 135
Dortmund 197
Lemgo 201
Steinfurt 204
Siegen 206
Paderborn . . . . , . . 206
Neuhaus 211
Warburg 213
Osnabrück 214
Herford 217
Hamm 219
Bielefeld 220
Coesfeld 222
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— XVII -
Seite.
Spätere Druckorte 224—229
Warendorf 224
Berleburg 224
Detmold 225
Arnsberg 226
Rüthen 226
Hagen 227
Dorsten 227—228
Rückblick 229-239
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Der Haupttheil.
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Ich beabsichtige, nachstehend in ungezwungener Folge
eine Beihe, den Münsterischen Humanismus und zunächst
dessen Mittelpunkt, Rudolf von Langen, betreffender Bei-
träge zu liefern, die zwar vorzugsweise die Literatur und
Bibliographie, daneben jedoch biographische und sonstige
Mittheilungen umfassen werden. Die besondere Worth-
schätzung des Bibliographischen erscheint nicht nur natür-
lich und geboten, insofern gerade zu Münster der Huma-
nismus mit der Typographie aufkam oder vielmehr durch
sie die ersten Erzeugnisse in die Oeffentlichkeit brachte,
sondern hinsichtlich der Langenschen Druckschriften schon
längst um so mehr angezeigt, als sie solche Seltenheiten
geworden sind, dass sie sich auf den grössten Bibliotheken
kaum ausnahmsweise finden*). Um diese Aufgabe im
Gesammten zu lösen habe ich das Material aus hand-
schriftlichen und gedruckten , mehrfach abseits liegenden
Quellen zusammengebracht; das werthvollste bot jedoch,
besonders in Absicht auf die ältern Drucke, die Königliche
Paulinische Akademie- und Provinzialbibliothek zu Münster
in ihren reichen, seltenen oder einzigen Schätzen. So wird
hoffentlich vorliegende Schrift in dem seither erkannten
Bilde des Münsterschen Humanismus hier die Züge be-
•) A. Ruland im Bonner Theolog. Literatnrblatt (1870) V.
434, 436.
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- 2 -
reichern und ergänzen, dort um neue, nicht unwesentliche,
vermehren.
Zunächst soll das „Epit aphion" Rudolfs von
Langen auf Albertus Magnus vollständig beigebracht
werden; das Gedicht war, trotzdem es zu den grössern
und nicht zu den ältern Producten Langens gehört, seither
nur zweifelhaft oder vielmehr nur fragmentarisch bekannt;
denn wahrscheinlich ging es , weil einem Heiligen Kölns
gewidmet, zunächst in die dortige Literatur über, um in
der Heimat des Dichters immer mehr in Vergessenheit zu
geraten. Parmet bemerkt in seiner fleissigen Arbeit:
Rudolf von Langen, Münster 1869 S. 115 f., Trittenheim
beende die Einzelaufzählung der Langenschen Schriften „mit
der merkwürdigen Angabe, derselbe habe einen Panegyri-
kus auf Albertus Magnus verfasst, eine Schrift, welche
von Hamelmann nicht erwähnt wird. Ob wirklich ein
solches Gedicht von Langen handschriftlich bestanden habe
und von Trittenheim gekannt war, oder ob das Werk ir-
gend eines andern Humanisten unter Langens Namen ge-
golten habe, wie es dann zu allen Zeiten Brauch (?) ge-
wesen, Gedichte und Compositionen auf den Namen grosser
Männer zu übertragen, darüber konnte um so eher Zweifel
entstehen, als ein Gedicht unter diesem Titel sonst nicht
erwähnt war. Es lag daher die Vermutung sehr nahe,
dass die Elegie des Murmellius : in Albertum Magnum auf
Langen übertragen sei, vorzüglich da es Sitte der Zeit
war, in Sammlungen Gedichte verschiedener • Verfasser zu-
sammenzustellen, ein Umstand, der dann leicht eine Ver-
wechselung des Namens des Verfassers zuliess. Und doch
gibt es ein Gedicht Langens auf Albertus Magnus, welches
zwar nicht nach dem Titel, den Trittenheim ihm beilegt,
de laudibus Alberti magni aufgeführt wird, sondern von
Petrus Drolshagius: Epitaphium in magnum Albertum ge-
nannt wird*. Parmet macht weiter auf S. 15 die Bemer-
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kung 2. »auch Buschius und Murmellius kennen das Ge-
dicht nicht und das ist bei dem letzteren um so auffallen-
der, als derselbe ein Gedicht gleichen Inhalts verfasste*.
A. Ruland nimmt in seiner ausführlichen Besprechung
der Parmetschen Arbeit im Bonner Theologischen Litera-
turblatt V, 436 von dem Gedichte bloss Act mit den Wor-
ten: „ Anlangend da8 von Tritheim erwähnte de laudibus
Alberti Magni Carmen, so spricht sich, trotz bestehen-
der Zweifel, Parmet S. 115 für die Existenz desselben
aus", entscheidet sich also weder für, noch gegen. Lud-
wig Geiger, der die Arbeit in den Göttingischen gelehrten
Anzeigen 1870 , Stück 33 S. 1295 ft. beurtheilt, und der
Referent in Zarncke's Literarisch. Centralblatt 1871 S. 99 f.
übergehen die Frage nach dem Vorhandensein einer solchen
Dichtung ganz.
Parmet entnahm den Beweis für das Vorhandensein
und das Stück des Gedichtes, wie erwähnt, einer Drols-
hagenschen Schrift und das letztere deswegen eben fragmen-
tarisch , weil ihm nur ein defectes Exemplar derselben zu
Gebote stand. „ Leider*, so schreibt er S. 11G, „ist das
Exemplar der Paulinischen Bibliothek, welches mir zu Ge-
bote stand, nicht vollständig, jedoch scheint, wie die Para-
phrase des Petrus Drolshagius ausweist, nicht viel, vielleicht
ein oder zwei Distichen zu fehlen". Sodann gibt er S. 116
und 239 nach jenem Text die vier ersten Distichen, frei-
lich nicht genau: so im ersten Verse Hactenus statt ( )
actenus, ae statt der mittelalterlichen Endung e, grosse
Anfangsbuchstaben statt der kleinen an den Wörtern pha-
rio und babilone.
„Es fehlt/ fahrt er fort, „der Schluss, welcher jedoch,
wie das Einleitungsgedicht, worin das Epitaphion ein breve
Rodolphi opus genannt wird und wie die Erklärung zeigt,
höchstens einige Distichen umfassen konnte".
1*
— 4 —
Jedoch war auch eine andere Schlussfolgerung mög-
lich und nahe gelegt: wenn man statt des brere das opos
betonte, dann kam wohl ein Gedicht von mehr, als fünf
bis sieben Distichen heraus. Die Paraphrase schliesst auch
nkht ab, sondern sie ist wie das Gedicht, in jenem Exem-
plar, unterbrochen , liegt also nur unvollständig vor. Sie
ist mit vielen, doch unschwer aufzulösenden Abbreviaturen
gedruckt und verdiente von Neuem veröffentlicht zu wer-
den , nicht bloss um den Inhalt eines so gut wie völlig-
verklungenen Druckes zu achten, sondern um damit eine
Probe zu geben, einmal wie nahe sich bei den Neulateinern
gebundene und ungebundene Rede berührten, sondern mit
wie leeren, äusserlichen Phrasen damals die Erklärung
eines Dichters abgethan wurde*).
Die Drolshagensche Schrift liegt mir vor in
dem von Parmet benutzten, defecten Exemplare der Pau-
linischen Bibliothek und vollständig in einem seit 1842
dem Pfarrer Schmüliing zu Münster gehörigen Drucke, der
die sechste Stelle eines sieben Stücke umfassenden Sam-
melbandes einnimmt; eine genauere Beschreibung derselben
dürfte um so gebotener erscheinen, als ihr Druck zu den
grössten Raritäten der Humanistenliteratur**) Westfalens
zählt. Sie hat 4° Format und 22 Blätter.
Fol. la. In Horas dnicas Iluftris | Rodolphi Langij poete Lau-
reat i oraatiffimi expla | natio Petri. n. Drolfhagij [ C|| In eiufdem
Rodolphi Elegiam ad fcam crncem | effufam atq? Carmen 9stringgs
fepte" capitalia cri | mina et eo? remedia In Carme" de noctna. J
dl In Epitaphifi diui Alberti Magni Ratifpoü (sie) | pontificis a
*) Dr. A. Döring, Programm des Gymnasiums und der Beal-
schule zu Dortmund 1872, S. 22 bringt davon einzelne treffende
Beispiele.
**) Leben und Wirksamkeit Drolshagens bei Dr. A. D örin g ,
a. a. 0. S. 16 ft, Seibertz, Westf. Beitr. 1819-23. II, 38 ff.
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Langio elegantiffime Oflatü. Petri. n. f Drolfhagij |
Quifquis amas christi : gemitus lamßtaqi noffe
Innumeras poenas fuppliciumq; dei
Que tulit atque crucem qua foluit tartara ditis
Huc ades et Langi cerne Pijq? lyram.
Dieser Titel bedeckt die obere Hälfte der ersten Seite,
die untere ist frei.
Fol. Ib. C|| Petrus. N. Drolfhagius Joäni Murmellio fuo | inge-
nuay artiü magiftro Salutem dicit | ;
es folgt dann die Dedication*), die Fol. 2a schliesst
*) Da Parraet a. a. 0. S. 11G nur den das Epitaphium magni
Alberti betreffenden Theil hat drucken lassen, geben wir die Dedi-
cation hier unverkürzt und zwar mit Auflösung der Abbreviaturen
wieder :
C\\ Petrus N. Drolfhagius Joanni Murmellio fuo ingenuay
artiü magiftro Salutem dicit.
(D) Edi superioribus diebus ad te litteras, amantissime Joannes,
quas an acceperis, an ne , mecum tacitus reputo. Solent (ut probe
nosti) tabellariis pluribus littere dari, quas aut ignavia, negligentia
aut furore quodam invidie reddere curant minime itidera mihi fac-
tum esse arbitror. Vidi intcrira et legi opuscula tua de verborum
compositione inscripta quam utilissima, qae nuper in lucem edide-
ras, et plura alia tum oratione, tum carmine contexta. Quamobrem
non possum tibi non gratulari, te tantum apicem ascendisse et
utroque genere scripsisse , quod nemini adhuc Grecorum (Cicerone
auctore primo officiorum) contigisse videmus. Sed solum Ciceroni
et Demetrio inter priscos saltem attribuimus ; opinor equidem, te (ut
loco absim) non labra tantum proluisse in Helicone et fönte cabal-
lino, sed totum caput corpusque, quandoquidem qui tantis curis,
negotiis et occupationibus quottidie conficeris, adhuc lectu dignis-
sima in medium affers posterisque communicas. Ne igitur pluribus
(qui omnibus omnia invident preter invidiam) adulari magis (quod
procul absit) , quam verum dicere videar, silentio transeo preclaras
tuas laudes, ingenuos mores, benevolum animum et communia stu-
dia, quibus me pulcherrime, quum apud vos auditor essem, et alueris
et ornaveris. Nunc ad institutum nostrum veniamus. Ego hac
tempestate (Deum Optimum maximumque testor) non minoribus mo-
lestljs et laboribus (quamquam impari emolumento) conficior atque
Vale me ama. atq* nostro Rodolpho weftphaliae | glorie comincnda.
Ex Zwollis. Anno natalis dfiL MCCCCCV. | quinto calendas Apriles. |
Fol 22a. Hermän9 bufchi9 nobil'vates Rodolpho Lägio the | ologo,
ph'o oratori et poete ornatiffiö Eucharifticö j q| Finls per me
Richardum pafraet. Anno dni. M. | CCCCC. V : decima fexta Aprilis. |
Die Gedichte und die Signaturen zeigen eine grosse (go-
thische) Type, die Widmungsbriefe im Anfange, die Para^
tui i sie) motus et exhortatus tuo exemplo licet impar doctrinae tanimi
dotibus elueubravi et in unum collegi commentariolos, quos pullos
gallinaceos placuit appellare in horas Dominice passionis Rodolphi
Langij equestris ordinis viri ac poete celeberrimi, atqnc in elegiam
einsdem in sanete crucis virtutes et laudes effusam, que non minus
elegans est, quam salubris. Hos itaque pallos t quos demum licet im-
plumes et quasi abortivos peperiin, cui potissimum dedicarem, nemo
alias mihi cbarior, tua humanitate, occurrebat. Tibi igitar amico et
fautori integerrimo illos dieavi. non quasi tuus stomachus illis de*
lectetur, quum lautioribus et delicatioiibus (non dubito) vescatur,
sed quum illos patentibus domibus in patricinium sinumque tuum
benigno vultu suspicias ac ab importunis vulturibus, milvis et bar-
pijs tuearis defendasque. Quod si a te factum iri intellexero, dabis
mihi calcar ad maiora conscribenda ; sin minus dabis frenum arcendi
ingenij mei imbecillitatem et animi temeritatem ac audaciam. Ad-
junximus demum explanatiunculum perbrevem in epitaphinm magni
Alberti nostri doctoris profundissimi ab eodem Rodolpho Langio, rate
insigni, non minus lepide, quam eleganter lusum ; quod si aliquando
tuorum auribus preberes non parvo honore laudeque nostrum il-
lnm Albertum omnium recte philosophantium prineipem afficeres.
CJ| Vale, me ama atque nostro Rodolpho, Westphalie glorie, commenda.
Ex Zwolüs, anno natalis Domini 1505, quinto calendas Apriles. —
Murmullins »erwiderte die Artigkeit* in einem Briefe an Petrus
Nehemius Drolshagius praeclar. bon. art. Prof. d. ex urbc Monaste-
riensi, VIII Calend. Februar. 1509 auf dem Titelblatte der zweiten
Auflage Antonii MancineUi versilogns, jam multis in locis recog-
nitus et auetus per Josephum Horlenium adjectis . . . commentariis
. . . . Joannis Murmellii Ruremondensis. H. A. Erhard, Geschichte
des Wiederaufblühens wissenschaftlicher Bildung, vornemlich in
Teutschland (1832) III, 133 und Döring a. a. 0. S. 23, die in-
dess in der Titelangabe nicht übereinstimmen.
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phrasen, die theils zwischen den Gedichten theils unter
denselben hinlaufen, eine kleinere und theilweise stark ab-
breviirte Schrift. Das defecte Exemplar der Paulinischen
Bibliothek bricht ab in dem Epitaphion Langens und zwar
mit Fol. 18b, so dass der grösste Theil dieses Gedichts
und Drolshagens Tetrastichon ad pios lectores fehlen; es
zeigt ferner auf den meisten Seiten Interlinear- und Rand-
glossen und , die beiden ersten Seiten ausgenommen, alle
von einer Hand. Leider hat man später, wahrscheinlich
als das Exemplar mit anderen in einem unverzierten
Schweinslederbande verbunden wurde, die breiten Ränder
oben und an den Seiten so stark beschnitten , dass
auch die Randglossen verstümmelt und nunmehr un-
verständlich sind. Das vollständige Schmüllingsche Exem-
plar hat dagegen die breiten Ränder und mit den übrigen
Stücken den mit Zierstempeln versehenen alten Einband,
sowie die Inschriften über seine früheren Besitzer. Dar-
nach kam es 1612 in den Besitz des Geistlichen Joannes
Heggeman, der zuerst Kaplan in Lüdinghausen, von 1614
— 1654 Kaplan der Lambertikirche, dann Domvicar zu
Münster war , und von diesem durch Schenkung an die
Bibliothek der Kreuzherren zu Bentlage bei Rheine : An-
no 1648 Joan. Hegeman vicarius summi templi Monaste-
riensis donavit hunc librum R.R. D.D. F.F. coenobii Bent-
lagen incinnerati *), ut ipsius (praesertim demortui) memi-
nerint in sacririciis quotidianis*.
*) Von den drei im Viereck nördlich an die jetzt verschwun-
dene Kirche des 1437 an Stelle einer über 400 Jahre bestehenden
Kapelle (Tross Westphalia 1826. S. 302) gegründeten Kreuzherren-
Convents (Chron. Bentlag. ap. Schaten, Annal. Paderb. ed. alt. II,
436) zeigt der Westflügel in einem Schilde über dem Portale fol-
gende Inschrift des 17. Jahrhunderts: Ad majorem Dei gloriam et
s. crucis honorem aedificium huius raonasterü ad orientem situm
exstrnctum est ab anno 1463r usque 1466, ecclesia cum appendice
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Was nun das Langensche Epitaphion angeht, so bemerkt
Parmet a. a. 0. S. 117 mit allem Fug, Albertus Magnus
»müsse Gegenstand der Bewunderung und des Stolzes des
neu erwachten deutschen Humanismus gewesen sein, da ihn
ausser Langen auch Murmellius in Gedichten feiere und
Drolshagius führe noch ein Epigramm in drei Distichen
eines Henricus Gebelius an, welches denselben Gegenstand
behandele". Letzterer ist aber, wie schon die verschiedenen
Typen G und B des Drolshagenschen Druckes erweisen,
als Bebelius zu lesen und kein anderer, als der bekannte
schwäbische Humanist Heinrich Bebel*).
Welchen besonderen Anlass Langen hatte, in einem
Epitaph den Ruhm des grossen Albertus zu verkünden,
lässt sich nur mit Wahrscheinlichkeit angeben : wäre es
das auch andere Humanisten beselende Streben gewesen,
einen grossen deutschen Mann, dessen segensreiche Or-
densthätigkeit sich auch nach Westfalen erstreckte**), zu
laterali ab anno 1468 usqne 1484 , aedificium ad aquilonem situm
ab a. 1499 usque 1504 inclusive. Hoc vero coepit aedificari
1645 postridie SS. Petri et Pauli , perfectum 1657, cum omnia
Ao. 47 a Suecis incinnerata jam reparata essen t. (Vgl. M. G. Q. I,
321, III, 316). Die gleichzeitige Einäscherung der Stadt Rheine
und den Zusammenstoss der Kaiserlichen und Schweden erzählen
Erhard, Geschichte Münsters 1837 S. 469. Johan Hobbeling,
Beschreibung des ganzen Stifts Münster herausgegeben von J. D.
v. Steinen 1742 S. 74.
*) Dessen Leben bei Conz, in Ersch und Grubers Encyclopä-
die (1822) VIII, 274 ff. K. Hagen, Deutschlands liter. u. religiöse
Verhältnisse im Reformationszeitalter 2. wohlf. Ausgabe (1868) I,
381—408. Erhard, Geschichte des Wiederaufblühens wissenschaft-
licher Bildung, vornehmlich in Deutschland (1832) III, 141.
**) Albertus richtete 1252 das Frauenkloster Paradies bei Soest
ein. Vgl. Quellen der Westfälischen Geschichte. Herausg. von Joh.
Suib. Seibertz I, 1-13, Se ibertz, in der Zeitschrift für westf. Gesch.
u. Alterthumskunde XVII, 267 ff. Vgl. auch die Urk. d. J. 1275
im Westf. Urkunden-Buche III. 965.
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ehren, so hätten sich ähnliche Vorwürfe unzählige finden
lassen; war es 1480 die zweihundertjährige Säcularfeier
seines Todes, so begreift man nicht, wie das Epitaph in
der 1486 zu Münster gedruckten Sammlung der Langen-
schen Gedichte fehlen konnte, die der Dichter doch wohl
selbst veranstaltet hatte. Und dennoch muss man auf die
genannte Säcularfeier zurückgehen; denn war Albertus
schon dem Dante und dann dem italiänischen Humanismus
eine so hehre, gefeierte Persönlichkeit, dass selbst der Car-
dinal Bembo seiner in Versen gedachte*), so hatten die
Deutschen und besonders die Humanisten) bald näherlie-
gende Ursachen, einen Albertuscult in allseitiger Weise zu
begehen und zu befördern. Nachdem die Presse und na-
mentlich die Kölnische seit 1472**) eine Reihe von Wer-
ken des h. Albertus wiedergegeben und damit plötzlich
aller Welt immer grössere und anziehendere Beweise seines
Wissens vor Augen gestellt hatte, steigerten sich die alten
Traditionen der Stadt Köln nach 1480 zu einer weiteren
mit frommen Uebungen verbundenen Säcularfeier, „und als
dann 1482 in Folge der wachsenden Devotion die Eröff-
nung des Grabes geschehen war, als man die Leiche im
Ganzen noch wohlerhalten gefunden hatte und als mehrere
Heilungen am Grabe des Seligen geschehen waren, wurde
mit Erlaubniss des Papstes Innocens VIII. ein Officium zu
Ehren des Albertus verfasst, ein Altar errichtet und sein
Sterbetag alljährlich in den Klöstern zu Köln und Kegens-
burg feierlich begangen" ***). Fortab bemächtigt sich die
Literatur und namentlich die Kölner Presse des Anden-
kens und der Feier des Mannes : 1486 erscheinen die
*) Joach. Sighart, Albertus Magnus. 1857, S. 274.
**) Vgl. Graesse, Tresor de livres rares et precieux 1, 54 ff.
***) Sighart a. a. 0. 8. 285 f, das Jahr der Grabeseröffnung
S. 262.
— 10 —
Vita des Petrus de Prussia und seit 1484 bis 1492 meh-
rere Legendae b. Alberti*) in gebundener und ungebun-
dener Rede ; die deutschen Humanisten, Murmellius, Bebel,
Treutier, Ortwin Gratius widmen dem Helden kürzere oder
längere Dichtungen**). Indens nun die Presse mit diesen
vielseitigen Lobeserhebungen das Andenken und den Na-
men des h. Albertus immer weiter verbreitet und zugleich
immer mehr von seinen Werken ausgehen lasst, stimmt
Rudolf von Langen mit seinem Epitaph, das umfangreicher
ist, als irgend ein anderes der erwähnten Lobgedichte, in
die Ruhmesposaune des h. Albertus, und das um so eher,
als er, wie seine Beziehungen und Gedichte bezeugen, mit
Köln, wo jener Cult eigentlich seinen Heerd hatte, in en-
germ Verbände stand. Das Langensche Epitaph kann hier-
nach , da es in der Gesammtausgabe der Gedichte von
1486 fehlt, wohl nur nach dieser Zeit, vielleicht erst spät
in den neunziger Jahren geschaffen sein, zumal nun die
Verehrung des Helden in der Presse und Literatur im
Zenit stand.
Es wurde auch nachweislich zuerst 1499 in Köln ge-
druckt und zwar mit Albertus' Liber de muliere forti.
Eine Beschreibung dieses Buches bringen, wie zu erwarten,
L. Ennen, Katalog der Inkunabeln in der Stadtbibliothek
*) Sighart a. a. 0. S. IX, X, 274 ergänzt nach Potthast,
Bibliotheca Historica medii aevi p. 589.
**) Bei Sighart S. 275, 276; offenbar entstammen anch das
Epigramm nnd Finalgedicht des Buches de muliere forti, die beide
unten abgedruckt werden, humanistischen Kreisen. Das Finalgedicht :
Cedite fallaces, proeul o proeul este prophane . . . hat in der Form
und Idee sogar Aehnlichkeit mit dem Bebeischen Epigramm auf
Albertus : Cedite , Philosophi, quos Graecia jactat alumnos ....
bei Sighart a. a. 0. S. 275, dem indess das Epitaph Langens und
die Elegie des Murmellius vgl. Parmet S. 115) nicht bekannt ge-
worden sind.
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— 11
zu Köln I, 116 No. 317 und Hain, Repertorium Biblio-
graphicum I, No. 465 (eine oberflächliche Panzer, An-
nales Typographici I, 321); — eine eingehendere wird hier
deshalb am Platze sein, weil damit die Stelle des Epitaphs
deutlicher hervortritt und der Druck Ebert und selbst
Graesse entgangen, also wohl sehr selten ist. Sie soll
hier nach einem in einem Sammelbande befindlichen Exem-
plare der Königlichen Paulinischen Bibliothek zn Münster
erfolgen :
Fol. la. Liber de mulicre | forti veuerabilis domini Alberti
magni. ordinis fratrfl pre | dicatoy quödä epifcopi Batifponeil. ma-
terias 9tinös frugi | feras. varijs racre feripture documentis ful-
citas predicato | ribus verbi dei ac ranct-- contemplationis arcem
diligenti | bus maxime proficuas. (gotische Type.)
Epigramma ad librum (von einem Humanisten?)
Sis licet ethereas liber emittendus in auras
Forfan & ad doctos fepe habiturus iter
Fac precor ; ipfe viros verfaris ubi inter honestos
Leta verecüdus ne rubor ora notet
Forte quis auritus fi te ceciniffet : ocellos
Jam merito poteras occuluiffe tuos.
Nüc conftet magnü cum te ceciniffe : recondis
Et tegis oppofita turpius ora mann
Te liquet AlbertQ manibus cudiffe difcrtis
Quo vis in terris doctior alter erat.
Te decet obfcuris minime latitare locellis :
Nomen habens forti de rauhere tuum.
Vade foras multis mulier rocianda maritis :
Quid recubas gelido fola relicta toro.
FoL lb. Manuductio in tabulft |
Diese reicht von Pol. 2a— 23a. — Fol. 23b:
(Jj In magna Albertum venerabile rareqt virtutis ponti | ficem . . .
(|| Epitaphion (Langens),
welches reicht bis 24b.
Fol. 25a. Incipit liber domini Alber | ti magni ordinis predig
torü. de muliere forti ....
Fol. 149b. (J| Explicit liber venerabilis dfli Alberti magni
ordinis | predicatoy. de mulieri forti intitulatus. iam primQ in lu-
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- 12 —
ccm | prodiens. in quo 9tinenf alique metaphore foleniffime omni |
bua verbi dei feminatorib$ accommodatiffime Cui9 fi q*is pra | cticam
habuerit. quäte virtutis fit cognofcet. quia ad divide | dum uni
auctoritat€ nö eft in aliquo opere alicuius doctoris | modus nobilior-
Impressus Colonie opa atq? impensis ho | nefti viri Henrici Quentell
ciuia eiufdem. Nonis maij. An | no domin i Millecimo quadringen-
tefimo nonagefimo nono. |
Fol. 150a. Incipiunt orationes uenerabilis doctoris Alberti magni
or | dinis fratrü pdicatoy . .
Fol. 160a. Finis
Cedite fallacos procul o procul eftc prophane
Circe, Pafiphe, Penthefilea Venus
Fortis adeft mulier : Iftvis fit mollis ut aer
Mollis amore pio : fortis amore dei
Casta Sufanna : Judith fortis : prudens Abigaijl
Quicquid laudis habent hec cumulata tenet
En mulier fortis vincla obtruncans tibi mortis.
Fortia : Fortis eas victor ut aftra petas
Fortior ut valeas fortem hanc pro cöiuge pofcas
Ut pulcre hinc prolis efficiare* pater.
160 Blätter in 4° mit Signaturen, (auf Blatt 2 aa 11)
doch ohne Blatt- und Seitenzahlen, die Seite zu 40 Linien.
Auf dem Titelblatt, Bl. 23 und 24 grössere, sonst kleinere
lateinische Typen. Das Papierzeichen ist ein Krug, das
Papier weiss, die Schrift reine Antiqua. Der betreffende
Sammelband umfasst acht Stücke, darunter mehrere im
Anfange des 16. Jahrhunderts geschriebene, und zählte
früher zu den Schätzen der Franziskaner in Hamm.
Ich gebe nun Langens Gedicht nach diesem ältern
Drucke und bringe die unbedeutenden Varianten des jün-
gern Drolshagenschen Textes, wo es mit der breiten Para-
phrase die Seiten 18a bis 21b füllt, in die Anmerkungen.
Die Abkürzungen und die Note & sind aufgelöst, die
schwachen Endungen wie bei Langen und den meisten
Humanisten beibehalten; die Interpunction ist durch eine
sinnentsprechende ersetzt.
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In magnum Albertum venerabilem rareque virtutis
pontificem, qui vivendi regulam in sacro predicatorem or-
dine professus apud Parisios, sumpta infula magistrali, in
omni humana philosophia litterisque divinis eminentissi-
mus evasit quemque eximia vite mundicia fulgenteui sua-
que etate omnes ingenio doctrinaque superantem hoc loco
Germanie totius clarissima Agrippinensis Colonia optimo
jure sepultum seruat.
q| EPITAPHION.
<\\ Illustris ac magnificus dominus Rodolphus Langius
ecclesie Monasteriensis canonicus nulli hac terapestate in
humanitatis arte secundus , qui vel Demostheni preripuit
ne solus orator esset, scripsit.
(H) Actenus ingressus sacra hec subsiste viator
Ad tumulum, magni qui tegit ossa viri.
Grecia iaetabat magnum qui vicerat orbem
Clara ducem : virus quem babilone necat.
Pompeio tumuit magno pulcerrima rhoma,
Abcidit phario cui puer ense caput.
Sustulit hos bello seva & formidine magnos
Mors dedit infernis volvier (sie) hosque focis 1 ).
Hie magni Alberti celato marmore cernis
Ossa viri, cuius Spiritus astra tenet,
Astra, sed et solis superat quoque luce choruscum s )
Et iubar et flammas igneus ille pater.
1) foris. — 2) coruscum.
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- 14 —
0 quantum ingenio magne telluris obivit
Et maris, etherea vel ditione potens
Viscera perdomuit terrai montibus aumm
Cetera nascantur quove l ) tnetalla docens.
Nubibus inclusum patefecit fulminis ignem
Quidque 2 ) cometa rubens grando sit atque nives,
Aggressus magni hinc rutilantia sidera celi
Septeno Stellas vicit et orbe vagas.
Sed varium liquit nature rounus opusque,
Quo peripateo principe maior erat.
Sustulit hinc animi vires, iuvat acris olimpo 8 )
Ingenii dotes explicuisse suas,
Quoque aperit novies ardentis in ordine celi
Distinctus sedeat spiritus ante Deum;
Laudibus invigilat summe genitricis et orbis.
Dum celi Domine 4 ) virginis edit opus,
Que sese oranti iuveni tarn clara videndam
Obtulit; hinc monstrans relligionis iter,
Majestas, que sacra tenet, secreta resolvit
Tota evangelij, defluit unde salus.
Tutus ab insidijs lectus Salomonis ut e3set,
Perfidie gladiurn strinxit in ora minai.
Ut bellator erat fidei, consurgit in ensem
Victor : ut hereticum pellat ab orbe nephas 6 ),
Ore tonat, quanto precelsa ad pulpita doctor
Emicat et quanto fulmine parisijs 6 ),
Dum mutum mugire bovem, quo yastus et orbis
Ceu tonitru docuit concutiendus erat.
Huius in excelso quantum consistere phas 7 ) est
Pectore : se totam theologia locat.
Hunc yirtus doctrina potens sustollit in altum,
1) quo ne. — 2) quid ve. — 3) Olympo. — 4) Domino —
5) nefas. — 6) parrhisijs. — 7) fas.
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- 15
Quoque ratispona presule digna fuit.
Hoc decus eternum maiores suevaque tellus
Milicie cuius signa tulere dedit.
Magnus erat ; forma celsus ; virtute choruscus ;
Doctrina exundans : binc trimegistus erat.
Terra premit lybies 1 ), asie tegit utraque magnos;
Hic magni, celo spiritus, ossa manent.
Ad urbem Agrip-
pinensem *).
Aurea que retines felix diademata regum,
Agrippina rubens sanguine Gerionis,
Virgineos ostri calathos et lilia servans,
Magnum hunc presulibus iungito clara tuis.
TELOS.
1) libijes.
*) Dieser SchluBS fehlt ira Drolahagenschen Texte.
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16 —
Ein anderes, jüngeres Gedicht Doctissimi viri, domini
Eodolphi Langii, canonici Monasteriensis in opus sub-
sequens (vita divi Ludgeri) Hexastichon theilt Parmet
a. a. 0. S. 247, 93 vollständig aus der 1515 gedruckten
Vita divi Ludgeri Mimigardevordensis ecclesiae*) mit; ich
komme darauf zurück, weil dieser Druck selbst einige
merkwürdige Einzelheiten erfahren hat. Das Druckstück, von
dem die Paulinische Bibliothek zu Münster ein Exemplar
besitzt , zählt 38 Quartblätter mit ungebrochenen Zeilen
und Signaturen und hat Fol. la folgenden Titel mit Gedicht:
Vita diui Lud | geri Miraigardeuordenfis ec \ clefie : que est
Monafteriöfiü Weftphalie Protho | epifcopi Saxonüq? & Phrisonü
Apostoli. cuius | facrü ac venerandü corpus in infigni monafterio
werthinenfi apud fluviü Rurhe venera!) iliter re j quiefcit. multis mi-
raculoR & fignoR fdigijs cho | ruscans : Ibidem ex diuerfis eiufdom
vite preclaris | fcriptoribus iam in iuftam hiftoriam comporta | ta
& illuftrata |
Doctissimi viri dni Rhodolphi Lägij Canoni | ci Monafterien in
opns fubfequgs Hexastichon |
Quam tibi pontificis Ludgeri gefta coegit
Cui patriam fluuius Luppia clara dedit
Cincinnus**) ftudio vigili. cultuq? decoro
*) Vgl. Pott ha st, Bibliotheca Historica p. 785, 78G.
**) Cincinnius, sonst Krnijshaer aus Lippstadt, begegnet uns
später als Freund humanistischer Schriften, bei Parmet S. 79 als
Kenner des Griechischen, bei B. Wittius, Historia Westphaliae
Mon. 1778 p. 657, als poeta zum J. 1517. Andere Lebensdata gibt
Parmet S. 93, 94, die Immatriculation zu Köln 1502 K rafft,
Zeitsch. für Preussische Geschichte V, 478. Ein altes Exemplar von
Hartm. SchedeVs Uber cronicarum. Norimb. 1493 führte die In-
schrift : 1521 hic Uber III aureis emtus et rubricis etc. illustratus
est a Cincinnio de Lippia, monacho Werthinensi, cuius nomen ger-
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- 17 -
Concinnat sparfa, que iacuere prius.
Ludgeri innuraeras virtutes optime lector
Perlege. Sed meritas redde vel ipfe grates.
Fol. lb enthält: q| Jofephi Horlennij*) Segenöfis ad caftü
j | pudicQ lectorem Decastichon | ....
q| Eiufdem ad Joänem — , Cincinniü Lippienfem | prefbyterum Di-
stichon ....
(J| Ortwini Gratij*). oh prima a parnnlo educatio | nem Dauentrien-
fis cognominati. natöe tn Monafterienfis 1 Agrippinenfis phi Epi-
gräraa.
Auf Blatt 38a macht den Schluss:
In CacratiffimI diui Lud | geri Confefforis ac pontificis natalem
Hymnus | Saphicus 2 Adonius Joannis Cincinnij,
10 Strophen lang, in 2 Columnen gedruckt, schliessend
mit | Exest | .
Fol. 37a bringt hinter der Conclusio totius operis
und vor dem mit 7 Versen auf Blatt 38a reichenden Uf-
fingi monachi werthinefis . . . Carmen die Angabe:
C|j Explicit Liber de vita. conuerfatöne. z miracu ] Iis fanctif-
fimi Cöfefforis atq? pötificis diui Lud | geri. Monafterienfis ecclefie
prothoepl. in infigni | Monasterio werthinSfi ex c0plurib9 ei$ scripto-
ribg | iam in iustam Historiam deducta. In anno dni | M.CCCCC.V.
Colonie in officina lräria inge | nuoy liberov Quentell. |
Niesert, der frühere Besitzer des Exemplars (seit 1808)
bezeichnet dessen Werth inschriftlich mit den Worten:
„Inter rarissimos".
manice Kruyshair , Kraushaar sonat, ut ex inscriptione videre licet.
Verzeichniss einer bedeut. Sammlung werthvoller und seltener Werke
aus allen wissenschaftlichen Fächern . . . welche am 22. Januar
1824 .... zu Münster .... verkauft werden. Münster im Au-
gust 1823 S. 8. Nr. 203. Seine vita 8. Jdae nennt Erhard Zeitschr.
VI, 285.
*) Ueber Horlenius vgl. Hamelmann, Opera geneal. histo-
rica p. 190, 194. Hölscher, Herforder Gymnasial-Programm 1872.
S. 4. Niesert, Beiträge zur Buchdruckergeschichte Münsters 1828.
8. 9. Erhard a. a. 0. III. 306.
**) Sein Leben bei L. Ennen, Geschichte der Stadt Köln.
IV, 87-92.
2
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— IS —
Ein anderes mir vorliegendes Exemplar desselben
Jahres und Druckers weicht von dem beschriebenen darin
ab , dass es am Ende, nach dem | Exest | des Cincinniani-
schen Gedichts noch ein Verzeichniss der Druckfehler
aufweist :
(Colnnine 2) Sequütur errats I
und zwar in 11 ungebrochenen Zeilen, die zweifellos nach-
träglich hinzugesetzt sind. Gleich in der ersten Zeile
heisst es:
C]| In fronte libri in p w carmle Rhodolphi. Quä tibi, corrige fic
Quä bfi*).
Diese Correctur ist auch in dem andern Exemplare von
späterer Hand vorgenommen und ebenso in der Parmet-
schen Ausgabe vorhanden, doch wird hier die Ursache
dieser Lesart nicht erwähnt. Dem Exemplar mit den errata
fehlt leider das erste Blatt, welches das Gedicht enthält.
Nun das Bibliographische Langenscher Schriften.
Dass dies trotz aller bibliographischen Bücher und einschlä-
gigen Bearbeitungen noch angezeigt ist, versichert A. Ruland
a. a. 0. mehr , als einmal. Die Beschreibung der Lan-
genschen Carmina von 1486, des ersten**) Druckes einer
Münsterischen Officin, gebe ich nach drei in Münster
vorhandenen Exemplaren, wovon zwei die Paulinische
Bibliothek, eins der Buchhändler Regensberg besitzt.
Fol. la enthält bloss (den Titel)
(C||) Rhodolphi Langij. Ca. MonafterienC* j (C||) Carmina |
Fol. Ib. Die prosaische Widmung, wovon fünf Zeilen
auf Fol. 2a kommen.
*) Niesert, Beiträge S. 20 konnte sich diese handschrift-
liche Correctnr in einem Exemplar ohne die „Errata" nicht er-
klären.
**) Niesert, a. a. 0. S. 3. Jedoch sei anf den Anhang ver-
wiesen.
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— 19 —
Fol. 2b:
C|| Auetor ad librum 1 C|| I nunc parne (sie) Uber tremenfq? na-
suin I etc
Schluss Fol. 36a Zeile 3:
Cjl Rho. Lan. Ca. Monofterienf?. Carmina | | <|| | Finiunt; |
< 1 1 Johannes Liniburgus. Monasterij wefFalie, (sie) impreffit |
(q|) fejiciter M°. CCCC 0 . LXXXVI 0 . | ((j|) Julij. XXIX. \
(qj) Regnantc gloriofifrimo Maximiliane pio fiflice. |
(q|) Augusto; |
q| Eiusdem Rhodolphi Langij In arte? imprimendi et im |
prefforis laudem epigramma : quo h$c cunetis et fculpto | ribus et
pictoribus ars : longe anteferenda censetur ; ] q| Tinxerat h$c for-
mis. fculptores*) arte Johannes | Liniburgus fuperans : nee poly-
clete negas; | Hoc sibi pellei iuuenis tribuiffet apelles | Pictor**) :
*) Dies Wort sculptores fehlt bei Niesert a. a. 0. S. 3 und
daher schliesst Hain 1. c. II No. 9894 den dadurch unvollstän-
dig gewordenen Text ganz richtig mit einem ?.
**) Wie sehr Langen an einem opulenten Druck hing, das
äussert sein poetischer Glückwunsch bei Parmet S. 187 an den seit
1852 wieder recht zu Ehren gekommenen Strassburgcr Drucker
Adolf Rischius oder Rausch wegen eines gegen 1470 ausgeführten
Bibel Werkes, „immensum bibliae opus .... cum ordinaria glossa
sub triplici charactere tt . Vgl. Strampf im Serapeum XIII, 135 ff.
Heibig daselbst XXVII, 273—280. Jlausch hatte übrigens schon
bei B. a Mallincrodt , De ortu et progressu artis typographicae
1639 p. 81 Beachtung gefunden. Langens Bibliothek, deren das-
sischen Schätze Harn el mann 1. c. p. 286 zum Theil aufzählt,
wurde schon 1534 24/2 mit der Dombibliothek, deren Werth 10,000
Gulden überstieg (M. G. Q. II, 342) von den Wiedertäufern ver-
wüstet. Nachdem Kerssenbrock, Geschichte der Wiedertäufer deutsch
1771 S. 510, 511, die zerstörten Bild- und Kunstwerke des Domes
aufgezählt hat, fährt er fort: „Ja was noch mehr zu bedauern ist,
jenes kostbare und ansehnliche Geschenk des Bischofs Erich, eine
fürtreffliche Anzahl Bücher nämlich, beschmierten sie inwendig mit
Menschenkoth und verbrannten sie miteinander. Die Büchersamm-
lung des gelehrten Mannes und grossen Dichters, Rudolph (von)
Langen, die vortreffliche noch nie gedruckte Handschriften ent-
hielte, zerrissen und zerstreuten sie* ... — der zweite beweinens-
2*
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0
- 20 —
et ex auro qui dedit ora ducis ; | Laus tibi et gloria Jefu chrifte
bndicte. optime. maxime; |
werthe Schlag, welcher die eben wieder angesammelte Dombibliothek %
traf; denn 1527 7/9 war durch die Nachlässigkeit der Handwerker,
welche das bleierne Dach des Paradieses ausbesserten, diese Vorhalle
des Domes, die die Bibliothek barg, in Brand geraten und es ging
in Rauch auf „die ganze auserlesene Eücheraammlung, dieser un-
ersetzliche Schatz von Westfalen, der nicht nur viele auf
Baumrinde geschriebene Bücher, sondern auch viele Handschriften
gelehrter Männer , ja selbst verschiedene Denkmäler von Carl dem
Grossen enthielte (Kerssenbrock S. 144). Den Grund hatte gewiss
der h. Ludgerus selbst gelegt; denn wie sollte er die Bibliothek
seiner neubegründeten Bisthums- und Domkirche leer ausgehen
lassen, indess er jene seines neu gegründeten Klosters Werden, wie
die uralten unschätzbaren Bücher ergeben (Serapeum XVI II, 98) so
wohl bedachte — er, der schon als Kind sagen konnte, se per totum
diem aut componere libros aut scribere aut etiam legere, der in
scripturis sacris non medioeriter eruditus, sicut et in libro ab eo
composito de vita venerabilium eins doctorum Gregorii scilicet et
Albrici aperte probatur sed et primordia saneti Bonifatii adventus
atque adorationis , quae fuerant in alio opusculo (seil. Willibaldi)
praetermissa , pulchro sennone ipse conscripsit ... et quiequid in
sacris codieibus faciendum invenit, illud instantissime studuit obser-
vare . . . (Altfrid. Vita s. Ludgeri 1, 8, II 6 in Mon. Germ. Histor.
II, 406, 413) Früher, denn aus Bischof Erich's Schenkung, war die
Bibliothek und zwar über dem Capitclsaale wieder restaurirt
aus den Gaben des Domdechanten Rotger Schmising (Kerssenbrock
a. a. 0. S. 39) oder vielmehr dieser erwarb zum Zwecke der öf-
fentlichen Benutzung die reiche Bibliothek des berühmten
Humanisten Herman's von dem Busche aus Dülmen : Bibliothecam
Buschii libris in ltalia passim editis splendidissimam, cum cuperet
ejus cognatus vir doctus et nobilis R. S. . . . transferri ad usum
publicum autorque esset suo capitulo, ut emeretur ab ipsis, scripsit
ad fratrem Herrn. B , Dn. Burchardum Buschium, cathedralis eccle-
siae decanum in urbe Minda, verum is in honorem x^atriae, illam
bibliothecam liberaliter donavit capitulo cathedrali Monasteriensi.
(Hamelmann L c. p. 312, 1G7). Die schönen Bücher (meist huma-
nistischer Natur) zeigen noch heute auf der Paulina den Namen
des vormaligen Besitzers von gleichzeitiger Hand geschrieben. Später
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Dann füllt das q( Regiftrum huius libelli | noch
5 Linien.
nach der Wiedertäuferzeit, hat, wie der Zeitgenosse Melchior Rocheil
so einfach angibt (Münst. G. Q. III, 92 vgl. S. 249) der Domdechant
Godfried von Raesfeld, uf den paradise gestifftet ein sehr schone
und kostliche liberie von allerhande boecheren, so man haedt be-
kommen können bei seinen tzeiden, und haedt auch darbei gegeben
jaerlix dreitzig goldtgulden , dar man jaerlix mehr neu wer boeche
midt sal zu kauften ; auch hat err jaerlix darzu gegeven, einen dar-
midt zu Ionen , die uff die boeche sali uffsicht haben. Godfrieds
schönes Porträt oben links mit dem Wappen Raesfeld und der Un-
terschrift Nosce te ipsum , oben rechts mit dem Wappen Merveld
und der Unterschrift Deum time, und unten mit der Inschrift
Anno Domini 1566. aetatis suae 44, Renovatum 1661—1834, offen-
bar ein Meisterwerk von einem (Herman) Zum Ring, so wie eine
Tafel mit den Worten : Clausula testamenti Fundatoris. Alle die-
jenige, so dieser bibliothec geniessen und gebrauchen sollen ein
Pater noster und Ave Maria oder sonst collectam pro defuncto vor
die säligkeit meiner seel zu Gott den almächtigen (sie). Zum besten
gedenken Godef. S Raesfeld obiit 1586, 23 8bris, sind wahrscheinlich
mit der Dombibliothek nach der Säcularisation an die Universitäts-
und Gymnasial- (jetzt Paulinische Akademiebibliothek) gekommen,
— eine Combination , welche schon Decennien früher der scharf-
sinnige Minister Franz von Fürstenberg beabsichtigte, um die Stu-
dien durch umfangreichere und zugängliche Bildungsmittel zu
heben. (Esser, Franz von Fürstenberg 1842 II, 136). Im Jahre
1805 war die Dorabibliothek mit den Bibliotheken der reichen
Klöster, wie historische Aufzeichnungen beweisen, in der Paulina
aufgestellt. Schon 1362 hatte das Domcapitel an seiner Bibliothek
einen besonderen Custos angestellt und die Bedingungen der Be-
nutzung geregelt laut einer Urkunde bei Niesert, Münst. Urkun-
densammlung VII, 465 ff. — Einige Nachrichten über die ältere
Dombibliothek sind gesammelt von Kindlinger und wieder abgedruckt
im Intelligenzblatt des Serapeum's (1866) XXVII, 138 ff; — es
entging ihm auch das älteste und rühmliche Zeugniss des Kölner
Juden und spätem Prämonstratensers Hermap, der während seines
Aufenthaltes zu Münster gegen 1132 Folgendes erlebte : Clericorum
saepe Scholas ingrediens, libros ab eis aeeepi, in quibus singulorum
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36 Blätter in 4° ohne Custoden, Signaturen, Seiten-
und Blattzahlen; die Seiten mit prosaischem Text ent-
halten 36, jene mit poetischem genau die Hälfte, also 18
Zeilen. Das Papier ist stark und hell, und unter den ver-
schiedenen Wasserzeichen fällt in einem Exemplar das
Einhorn auf.
Ein freies , nicht mit andern Stücken verbundenes
Exemplar zeigt insofern eine reichere Ausstattung, als ein
einfacher, rother Verticalstrich mit der Feder die Initialen
jeder Verszeile und häufig auch das regelmässig vorgesetzte
<\\ durchzieht; dies Zeichen selbst ist namentlich am Schlüsse
in rother Farbe mit der Feder (darum in der Beschreibung
eingeklammert), ebenso wie die wenigen Initialen der grössern
Abschnitte nachgetragen. Ein anderes in einem Sammel-
bande entbehrt dieser Zuthaten; nur dass im Anfange die
Initialen der grösseren Abschnitte in blassem Roth mit
magern Zügen hergestellt sind, während man die folgenden
gar nicht, oder später mit Dinte nachgeschrieben hat.
Das dritte mir vorliegende Exemplar besitzt Herr
Verlagsbuchhändler Fr. Regensberg zu Münster, der Inhaber
der altmünsterischen Druckerei, welcher die Limburgsche
voraufging. Den schwarzen Zügen der kleinen Anfangsbuch-
staben ist auch hier mit einem rothen Federstrich nachgehol-
fen, die grössern Initialen, wie das <]| stellenweise, sind durch-
gehends entweder in reinen blauen oder rein rothen Zügen
eingeschrieben ; das C in Claro (Fol. 3a) zeigt einen blauen
Kern, den innerlich und äusserlich ein Gewebe feiner, rother
Linien besetzt ; das Vorsetzblatt trägt eine handschriftliche
elementorum proprietates diligentcr conaiderans, et vocabula saga-
citer investigans, coepi subito cum ingenti audientium stupore lit-
tcras syllabis et syllabas dictionibus, nullo dooente, copulare sicque
in brevi scientiam legendi scripturas assecutus sum. Hermannus
quondam Judaeus, de sua conversione cap. II bei von Steinen, Be-
schreibung, der Gotteshauser Cappenberg und Scheda 1741.
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Notiz des früheren Inhabers Niesert, betreffend die Seltenheit
und den Werth des ältesten Münsterischen Druckes. Der
Pappeinband ist modern, jedoch auf dem Rücken belegt mit
dem No. 15523 der reichen Niesertschen Bibliothek. Das
Curiosum , dass Langen Fol. lb in der Dedication dem
Domdechanten Stephan, Herzog von ßaiern zu Köln, irrig
den Vornamen seines Bruders Rupert gibt, ist in allen drei
Exemplaren dahin verändert, dass eine gleichzeitige Hand
Rupert gestrichen und Stephano darüber geschrieben hat.
Auch das freie , reichere Exemplar der Paulina hat
einen spätem Einband und nur eine unwichtige Marginal-
glosse, daher sich über den frühern Besitzer und den Preis
Nichts beibringen lässt.
Das andere Exemplar bildet das erste Stück, wie er-
wähnt , eines Sammelbandes , der auch den mangelhaften
Drolshagenschen Druck begreift und seiner äussern Beschaf-
fenheit nach oben bereits berücksichtigt ist. Von den In-
schriften geben zum Glücke über die früheren Eigentü-
mer die älteren Fol. la unter dem Titel nähere Aus-
kunft: So schreibt ein und dieselbe Hand:
„Ex hereditate q. domini Jo(ann)is Hobbelings a Vre-
den canonici et thesaurarii collegiatae ecclesiae s. Cassij
et Florentij Bonnens. me habet Jo. Hobbelinck, secretarius
Monasteriensis. Obiit dominus canonicus 31. Julij anno
1G1Ü r. i. p. Alexander Hegius Westphalus rector scholae
Daventriensis de Rudolpho Langio, canonico Monasteriensi (:)
Primus Mclpomenem qui (rura) in Westphala duxit* *).
*) Das ganze Gedicht: Alexander Hegius Rodolpho Langio
Hennanno Buschio poetis Westphalis cquestris ordinis lautet in
moderner Abschrift:
Nil est, quod fieri nequeat : jam ferre poetas
Barbaria in media Westphalis ora potest.
Langius hanc decorat, maiorum sanguine clarus
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darunter schreibt die Hand des folgenden Besitzers „Bern-
hardi Rottendorphi D. ei donatione domini Johannis Hob-
belinck secretarii".
Der Name des letzten Besitzers ist über diesen In-
schriften auf derselben Seite hinzugefügt mit den Worten :
Bibliothecae J. Niesert , parochi in Velen 1822, dessen
Hand auf der Innenseite des ersten Vorsetzblattes fort-
fährt: Liber rarissimus et primus, qui Monasterii impres-
sus est. — Ei auctione librorum J. J. de Znrmühlen,
Monasterii habita 25. Febr. 1822, stetit 10 imperialibus
J. N". Wie Vieles dem Bücherkenner Niesert an diesem
Werke lag , beweist die Thatsache , dass er es in drei
Exemplaren sich zu verschaffen gewusst hat : aus seinem
Nachlass stammt dieser Sammelband der Paulina , das
Exemplar Friedrich Hegensbergs und ein drittes, welches
der Kammergerichts-Präsident von Strampff zu Berlin, als
er noch in Münster angestellt war, erworben hat*). Und
Et Monasteriaci lausque decusque soli,
Primus, Melpomenen qui rura in Westphala duxit,
Cum caneret laudes, maxime Paule, tuas.
Buschius hanc modulis et stemmate clarus honestat,
Cum te virgo parens, numine foeta, canit.
Vatum terra altrix tantorum Westphala gaude
Luniine te dextro docta Thalia videt.
So auf dem Schlussblatte der Hermanni Bufchii Mo | nafterien.
Carolina, Ausgabe, s. 1. et. a (Vgl- Holtrop, Catal. I, 309) in
den Typen Richard's Paffraet zu Deventer c. 140597 sowie auf Bl.
EVb der 1503 aus derselben Officin hervorgegangenen Hegii Car-
olina, bei Hamelmann und später mehrfach.
*) Vgl. v. Strampff im Serapeum XIII, 137. Das Regens-
bergsche Exemplar entspricht dem im Niesertschen Auctionskatalog
p. 583 No. 15523 aufgeführten und wurde laut den Aufzeichnungen
des Geh. B. R. Winiewski im Kataloga-Exemplare der Paulina für
8 Thlr. 15 Sgr. erstanden. Da das Strampflfsche Exemplar im Nie-
sertschen Katalog nicht zu finden, so muss es als Adnex eines Sam-
melbandes behandelt und nur dessen erstes Stück verzeichnet sein.
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in wievielen Exemplaren waren Langen's Cannina wohl in
die Oeffentlichkeit gebracht?
Niesert bemerkt hinsichtlich des Sammelbandes in den
„Beiträgen zur Buchdruckergeschichte Münsters* S. 4 zur
Literatur der Langenschen Gedichte:
„Panzer, Annales Typogr. T. II, p. 145. Driver, Bib-
liotheca Monast. p. 85. Biblioth. iZurmühl. p. 118. No.
758, wo aber die Jahreszahl 1487 ein Druckfehler ist"
und fahrt fort : „Aus dieser i. J. 1822 öffentlich verkauf-
ten (Zurmühlenschen) Bibliothek erstand ich dieses äusserst
seltene Buch , welches beinah alle übrigen Schriften des
K. v. Langen enthält, zu 10 Thlr. Es ist dieses das erste
zu Münster gedruckte Buch. Wahrscheinlich hatte Johann
Limburg auf Betrieb des verdienten Domherrn R. v. Lan-
gen eine Buchdruckerei zu Münster angelegt*.
Auf der seit dem 14. März 1843 stattgefundenen
Auction*) der grossen und an literarischen wie an biblio-
thekarischen Schätzen reichhaltigen Niesertschen Bibliothek
erstand sodann die Paulinische diesen werthvollen Samrael-
band für 15 Thlr. 5 Sgr.
Welch ein Kleinod! Es birgt die seltensten Stücke
ehrwürdigen Alters, es trägt seit Jahrhunderten die Namen
*) Vgl. Catalog der vom verstorbenen Pastor Niesert zu Ve-
len nachgelassenen ansehnlichen Bibliothek, welche zu Münster in
Westfalen am Dienstag den 14. März 1843 und den folgenden Ta-
gen durch den Commissionair B. Dieckhoff versteigert wird. Borken
1842 gedruckt hei Emil Brunn mit gleichlautendem lateinischen
Titel. (Octavband von 646 Seiten 8°. S. 602 der Niesertschen Bi-
bliothek No. 16033 (mit dem bescheidenen Titel): Rudolphi Langii
cannina et alia opuscula rariora. Monasterii 1486 Schwldr. In der-
selben Druckerei erschien 1843: Anhang zum Catalog der Niesert-
schen Bibliothek. Verzeichniss der vom verstorbenen Pfarrern Niesert
zu Velen ^unterlassenen alten Manuscripte, Urkunden .... und
deutschen Alterthümer; etc. ... 8°. 176 S. stark.
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der Besitzer, meistens von deren eigener Hand bis auf
unsere Tage und diese glücklichen Besitzer sind fast alle
Männer , welchen die Literatur und die Geschichtsmonu-
mente des Vaterlandes ans Herz gewachsen waren. Die
darin enthaltenen Abschriften der Langenschen Gedichte
fertigte noch zu Lebzeiten des Dichters als eine westfä-
lische Ehrengabe für den Ordensgenossen P. Ambrosius zu
Bursfeld der Liesborner Benedictiner Bernard Witte, ein
begeisterter Humanist und der erste, welcher eine allge-
meine Geschichte Westfalens schrieb*). Der Secretarius
Johannes Hobbelinck, welcher den gleichnamigen
Vredener Canonicus beerbte, hat 1655 die 1742 von Diet-
rich von Steinen zu Dortmund herausgegebene Beschrei-
bung des Stifts Münster verfasst **) ; der genannte Bern-
hard Rottendorf ist wohl kein anderer, als der Leibarzt
des Fürstbischofs Bernhard von Galen , welchem seine
Praxis, seine fürs Fürstenthum erlassenen sanitätischen Re-
glements ***) , seine allseitigen- Studien , seine Schriften
und Büchersammlungen f) einen Namen nicht nur beim
*) Nordhoff, Chronisten des Klosters Liesborn 1866 S. 42 ff,
58 f, 97 f.
**) Driver, Bibliotheca Monaster. 1799 p. 58. Ungenau sind
seine Angaben über Münzsorten und über Statistik. Samnil ung der
Gesetze und Verordnungen , welche in dem Königl. Preussischen
Erbfürstenthum Münster . . . vom Jahre 1359 . . . bis . . . 1806
und resp. 1811 ergangen sind. (1842) I, 321.
***) Tücking, Gesch. des Stifts Münster unter Christoph
Bernard von Galen 1865 S. 29, 148, Driver p. 123—125. Niesert,
Beiträge S. 69, 70. Fortges. Beiträge S. 20, 47.
f) Schätzbare Stücke seines Besitzes erwähnt Schönemann im
Serapeum XVIII, 98, 99 AA. SS. Mart. III. p. 659. 629. über seine
schriftstellerische Thätigkeit vgl. Driver L c. Niesert, Beiträge
ß. 69, 70, 133. Rottendorf nimmt als praktischer und theoretischer
Vertreter der Heilkunde eine sehr denkwürdige, als Gelehrter und
Schriftsteller mit dem Münsterischen Domdechanten Bernhard von
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Bischöfe tu Osnabrück und bei Gelehrten, wie dem Bisehofe
Ferdinand von Fürstenberg zu Paderborn, sondern auch
Mallinkrodt gewiss, wenn auch nicht bei Erhard, Münst. Ge-
schichte S. 545 f, die rühmlichste Stelle ein unter seinen westfä-
lischen Strebensgenossen und bildet mit diesen ein wohlthätiges,
anregendes Gegengewicht iu dem um Ferdinand von Fürstenberg
zu Paderborn geschaarten Kreis (Vgl. B essen, Geschichte des
Bisthums Paderborn II, -401 ff). In der von Münster 1671 datirten
Praefatio zu Fürstenbergs Monum. Paderborn, ed. Elzevir. 1072 und
in der Widmung seines Hugonis Floriacensis Chronicon . . . Mo-
nasteri . . . Typis . . . Bernh. Raesfeldij . . . 1638, 4° an Mallin-
krodt, literarum et literatorum Moecenati, offenbart er ebenso sehr
die innigste Verehrung gegen diese Gelehrten, wie die eigene hohe
Bildung und weittragende Quellen- und Geschichtskenntniss. Mal-
linkrodts gelehrte Schrift „ingenuosum hoece scriptum" De natura
& usu Literarum diseeptatio philologica .... Monasteri Westpha-
liae .... Bern. Raesfelt- Anno 1638, 4° schliesst er mit einem
herzlichen Lobgedicht für den Verfasser, magno suo patrono, als
wenn er diesem namentlich seine historischen Kenntnisse verdanke.
In zwei Distichen feierte er den Osnabrücker Bischof Franz
Wilhelm 1648—61 unter dessen in Kupfer gestochenem Brustbilde
in Acta Synodalia Osnabr. ecclesiae ab an. Christi 1628 Coloniae
Agr. ap. Jod. Kalcovium Anno 1653. Dem grossen Chronicon Ma-
ricnfeldense, abschriftlich in Kindlingers Handschriften-Sammlung
B. 87 Königl. Staats-Archiv zu Münster II, 87 einverleibt er eine
Reihe merkwürdiger, politischer Nachrichten und einige der hiesigen
Geschichte angehörige , jedoch den hiesigen Quellen fremde Ereig-
nisse, die er nur aus fernliegenden Quellen oder Handschriften na-
mentlich der westfälischen Klöster entlehnt hat, was er z. B. p. 316
auch wohl andeutet, Vgl. Westf. U. B. herausg. von Ii. Wilinans
II, p. 84, Note 2. So entnahm er die Notiz über die Kreuzerschei-
nungen 1217 im W. U. B. III, p. 63 N. 1 den damals noch nicht
gedruckten (Vgl. Potthast 1. c. p. 472) Schriften des Scholastikers
Oliverius, (Vgl. die Stellen in Lersch' Niederrhein. Jahrbuch I, '
98, 99; über Oliver und seine Schriften Rosenmeyer in Tross'
Westphaiia 1825 St. 45, 85 ff. Junckraann in der Münst. ka-
thol. Zeitschrift 1851 I, 99 ff. 205 ff.) die allerdings heute hand-
schriftlich zu Nordkirchen beruhen. Die EY9ANAZU des 1655 15/9
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ausserhalb Westfalens erworben haben; Zurmühlen ent-
stammte einer alten durch mehrere Gelehrte und Histo-
riker ausgezeichneten Erbmännerfamilie; Pfarrer Niesert*)
gestorbenen Wilbrand Weischer, Propstes der Münsterischen Frater-
herren, erschien ex mnsaeo Rottendorfi mit Einleitung u. Schluss-
gedicht in 8 U ex officina Plantiniana Balthasar. Moreti zu Antwerpen
1666. Zu den Leuchten der münsterischen Wissenschaft zählt Rot-
tendorf auch bei Jod. Herrn. Nunningh et Joan. Henr. Cohausen,
Commercii litter. curiosi Disscrtationes epistolicae. Francofurti a/M
(1750) II, 17 : Habuit Monasteriensis patria quamplures multifariae
eruditionis viros consummatos, quales aliquando veluti e cineribus in
lucem producet Mimigardia docta sive elenchus meus virorum eru-
ditione editisque libris illustrium; Langios nempe, Hövelios, Bu-
schios, Rolevincios, Mallincrottios, Rottendorpios, Alpenos,
ex quibus innotescet, Mimigaidiae gentem plures in quocunque scien-
tiarum genere viros eximios produxisse. cf. III, 47. — Sonstige Le-
bens- und Familiennachrichten geben die gleichzeitige Handschrift
über die Belagerung Münsters 1G61 mitgetheilt von E. Wiens in
der Zeitschrift X, 180, 181, Niesert, Beiträge S. 161 und die In-
schrift eines viereckigen Steines an dem mittleren Strebepfeiler der
Südseite der Lambertikirche zu Münster : Bernh. Rottendorff med.
doctor, comes palatinus caesareus ac diveisor. principum medicus
filiis suis heu quondam suis ab eruditione solida clariss. Bernh.
Eustachio med. D. aet. XXVI, MDCLX , X Sept. Romae denato
ac Maur. Ernesto LL. Cand. aet. XXV , MDCLXII II Sept. hic
sepulto hanc lugubrem epigraphen justi doloris monimentum parens
maestissimus posuit. — C. v. Rottendorf hat (Parmet S. 144) an-
gelegt die Collectanea ad Historiam litcrariam Westphalicara prae-
cipue Monasteriensem. 8 Handschrift des 17. Jahrhunderts. Vgl.
Katalog der Bücher, Handschriften, Karten und Pläne des Vereins
für Geschichte und Alterthumskunde Westfalens, Abtheilung Münster,
1861 S. 90.
*) Driver 1. c. p. 163. f. Rassmann, Münsterische Schrift-
steller 1866, S. 387 ff, 238 f. Seine reiche einzige Büchersammlung
enthält der Seite 25 angeführte Katalog, deren Werth auch aner-
kennt Strampff im Serapeum XIII, 137. Andeutungen darüber, wio
Niesert seine reiche Bibliothek ansammelte, gibt er Beiträge S. VI.
Die wissenschaftliche Thätigkeit dieses Mannes , die in ihrer Art
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in Velen war seiner Zeit ohne Widerrede der eifrigste
und kenntnissreichste Alterthumsforscher seiner Heimat,
ein Büchersammler, der wohl auf weite Fernen seines Glei-
chen nicht hatte und finden wird , wie dann auch von
seinen allseitigen Forschungen und Sammlungen eine Reihe
diplomatischer, geschichtlicher und bibliographischer Schrif-
ten Zeugniss ablegen, denen freilich Flüchtigkeit anklebt
Niesert zählt kurz die einzelnen Stücke des Sammel-
bandes auf der Innenseite des freien Umschlagsblattes
auf: „Contenta
1. Rudolphi Langii Carmina. Monast(erii) 148G.
2. Ejusd. Tetrametrum dactilicum hypercathalec etc.
3. Ejusd. Horae de-s. cruce s. 1. et a.
4. Ejusd. In divos tres Magos *) ode Sapphica . . .
noch jene Kindlingent übertrifft, verdiente wohl eine besondere Be-
arbeitung ; diese wird indess nur ausreichend von demjenigen gelie-
fert werden, der so allseitig, wie er, die Zweige der Alterthums-
wis^enschaft (zumal der westfälischen) beherrscht.
*) Göthe fand 1818 ein altes Manuscript, klein 4°, stark 84
Blätter mit Abbreviaturen, betreffend die Legende der h. drei Kö-
nige und ihres Sternes, beginnend ; Reverendissimo in Christo patri
domino Florencio de Wevelkaven, divina Providentia Mo-
nasteriensis ecclesiae episcopo dignissimo und schließend:
Tandem felix Colonia, quae ex speciali gratia et Providentia divina
tarn nobilissirais tribus regibus primieiis gentium et virginum col-
legio ipsorum ministris ornatus , de quibus plus quam de cunetis
opibus tua gloria. Sulpiz Boisseree, welchem er diesen Fund mit-
theilte, stellte eine genauere Untersuchung über den Inhalt und die
äussere Geschichte der Dreikönigslegende an, (vgl. den Briefwechsel
in der Biographie: Sulpiz Boisseree [1802] II, 254— 264) und erwies
namentlich aus Cas. Oudinus, Commentarius de scriptoribus ecclesiae
antiquis (ed. Lips.) III, 1275, dass dieselbe dem Bischof Florenz
von Münster gewidmet vom Carmeliter Johan von Hildesheim, zu-
benannt Glevel, gegen 1370 verfasst und 1477 in Mainz gedruckt
sei. Diese letztere Angabe ist irrig, denn obwohl die Schrift nach
Oudins Ausdrucke ein opus fabulosum, Carmelitis nugamenta anilium
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5. Ejusd. In Prudentii Aurelii Clementis versus, hym-
nos et lvrara.
6. Ejusd. In divos tres Magos ode Sapphica.
7. J. Drolshagen in R. Langii Loras de cruce com-
mentarii.
8. Kud. Langii Carmina etc. Mss.
9. Rud. Langii canonici Urbis Hierosolyma terapli-
que in ea origo etc. edit. 2da. Coloniae 1517.
Omnia rara et cara*.
Nr. 1 und 7 sind schon vorstehend genauer beschrie-
ben, wie diese haben auch alle übrigen Stücke 4° Format.
Nr. 2 ist ein 4 Blätter starkes Gedicht Fol. la betitelt:
C|| Tetraraetrum dactilicum hypörca | thalecticü monocolon
tetrastrophö Ad ceuä Ymng fe | liciter |
schliesst Fol. 4b ... .
quas rei ramme tibi dicimus o rei.
Ola qui refie: siT et consistere prestas
Gla famma tibi d's optle 1 ola secla.
In der Regel wechseln 19 und 20 Verszeilen auf den
verschiedenen Seiten; Signaturen, Custoden, Blatt- und Sei-
tenzahlen fehlen. Niesert und eine Hand des vorigen
Jahrhunderts halten auch dies Stück für ein Product
„Rudolph! Langij* ; jedoch wie Parmet S. 125 darthut,
wahrscheinlich mit Unrecht.
ac fabulas mnliercalarnm et somnia amantibus dignissimum war,
so erlebte sie doch grade in der altem Presse eine Reihe Auflagen
von 1477 ab, Uebereetzungen ins Deutsche, Französische und Wäl-
sche, und trat lateinisch meistens als Liber de gestis ac trina bea-
tissimorum trium regum translatione, seltener als Historia de trans-
latione beat. tr. reg. oder als Legenda s. tr. regum ans Licht.
Der Irrthum, Mainz statt Köln als Druckort anzusehen, erklärt sich
leicht, indem die Notiz über den Druck lautet: per me Johannera
Guldenschaff de Moguncia. Die Ausgaben und Beschreibungen bei
Hain, Rep. bibl. No. 9395—9403. Graesse, Tresor IV, 197, En-
nen, Katalog der Inkunabeln I. No. 150, 243, 244.
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Nr. 3 bildet eine eigene, wichtige Ausgabe mehrerer
kleiner Gedichte Langens von 6 Blättern. Col. 1 enthält
bloss den Titel:
Höre de fancta cruee pinda | ricis verfibus ac Elegia de eadem
Rhodolphi Langij | canonici Monafterienfis | , Fol. lb Johanni Rinco
Ciui AgrippineTi Senatorij | Ordinis viro : de doctis per quä optime
merito. | Hermänus Bufchius Monasterien | Salutem : . . . 5 Disti-
chen mit dem | TELOS *) | jederseits im Rothdruck. Fol. 2a. Rho-
dolphua Langius Canon icus. Monafterienfis. | S. P. D. Joanni Rinco
Egregio Agrippinefi. Colonie ciui et fautori Studiorum. Diese De-
dication schliesst mit : Ex monafterio Anno M. CCCC. LXXXXVL
in der Mitte Fol. 2b und es folgt : Langius in verfus de fancta
cmce | Joanni Rinco dicatos, davon kommen noch 5 Verse mit dem
TELOS. EST | Soli Deo. Gloria auf Fol. 3a und Zeile 7 fährt fort
mit Sacra tiffime ac faluberrime paffionis domin i et dei nostri |
*) Respice quid possit, yirtus, quid gignat honestas
Quid studiis animum composuisse bonis.
Langius ecce mens donat tibi plectra Rhodolphus
Quis canit ille sacri summa trophea Dei
Qualiter et nostram miseranda morte salutem
Emerit et stygie fregerit arma necis.
Hoc probitas ingens et nunquam digna taceri
Hoc parit ingenii Candida fama tui;
Hoc moniere fides gravitas constantia mores
In der epistola (dedicatoria) seines triplex Hecatostichon de
. . . . Marie psalterio ed. s. 1. et a. in 4° Joani Rinco patricio Co-
loniensi fol. 1 b, sagt Busch, nachdem er den Charakter, die Kennt-
nisse und die um die Stadt erworbenen Verdienste des Vaters be-
lobt hat, . . . sed quam ob rem hanc ego materiam suscepi, potis-
simum me hec una causa incitavit, quod multos poetas (nec inerudite)
hec eadem factitasse videram, inter quos tarnen preceptor imo mens
Apollo Rodolphus Langius omnium primus hunc ludum aperuit.
Libitum est igitur in eodem flumine remos experire, sed orones fere
sententias a Langio mutuavi ; ad illum omnia referenda sunt preter
errores .... Ueber den äusserlichen Werth der Dichtung vgl. Cor-
nelius, Die Münster. Humanisten und ihr Verhältniss zur Reforma-
tion 1851 S. 23 über die Richtung Joh. Rinkes K. Hagen a. a. 0.
I. 158.
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— 32 —
Jefu Chrifti in fepte" horas de fancta cruce meditädas ptite J Verfi-
culi | Rhodolphi Langij Canonici Monafterienfis | . Ad. | Prestan-
siffimü Johannem Rincnm Agrippinenfis | . . . . welche mit zwei
Versen und dann mit dem T. E. L. OS. E. S. T. | Soli. . . . Deo.
Gloria | auf Fol. 5a reicht. Dort schliesst sich an die Elegia auc-
toris ad fanctä Crucem | von welcher wiederum zwei Verse auf
Fol. 6a kommon, abgeschlossen mit TELOS | Soli. Deo. Gloria | .
Nun folgen Adverfus capitalia raortiferaq? crimina | fepte peftilen-
tifflos | aime (!) noftre morbos Ei fepte" bndcl et facratiffimi
fanguinis | Jefu chrifti domini noftri effufionibus depromta reme-
dia | Ad | Doctiffimü probatiffimüq; virü Ma. gerardu? Harderwic |
cen philosophQ acutQ Et theologü eminetem Lauretiani a | pud Co-
loniam gymnafy rectorem et principem | Rhodolphus langius Canoni-
cus Monafterien. | Carmine Lufit | . . . . mit welchem die ganze
Schrift unten auf Fol. 6a abschliesst: . . . Sopiat ardorem quem
parit ira furens | T. e. 1. o. s j Soli Deo Gloria:: |
Das q| vor mehreren Anfangsbuchstaben zumal jenen
der Rubriken, vor Rhodolphus, T. e. 1. o. s ist mit der
Feder gemacht, vor andern Initialen gedruckt, die letzteren
ziert ein rother Verticalstrich, indess unter den Zeilen der
Rubriken und üebersichten ein rother Querstrich geführt
ist — beides mit der Feder. — Jahr, Drucker und Druck-
ort, Signaturen, Custoden und Blattzahlen fehlen; doch
erweist sich der Druck namentlich wegen der charakter-
istischen Form der gothischen Typen M, a, o, d ganz
sicher als ein Product der Quentelschen Officin zu Köln,
wahrscheinlich aus den neunziger Jahren, vielleicht als ein
solches des Jahres (1496) der Dedication (Fol. 2b) und
weiterhin wohl als ein Nachtrag der vor 10 Jahren zu
Münster erschienenen Producte unseres Dichters — das
letztere um so mehr, als sie sonst nur in der spätem von
•
uns besprochenen Drolshagenschen Explanatio, also repro-
ducirt, vorzuliegen scheinen. Parmet, der S. 121 die
Drolshagensche Reproduction hervorhebt, scheint die in
Rede stehenden Gedichte allerdings nach einer andern
Ausgabe S. 230, 231, 235, 245 wiedergegeben zu haben;
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ob indess nach imserm Originaldruck, ist nicht ganz sicher
da er z. B. S. 231 in der Uebersicht des Leidensgedichtes
das Wort „ptite* Fol. 3a nicht bringt, dagegen ebendort
wieder Zusätze wie „cet. B macht, die im Drucke fehlen.
No. 4. Fol. la.
llluftris ac magnifici viri düi Rodlpho (sie) | Langij eclesie (sie)
Monafterlefis Canonici in | diuos tres Magos Ode Sapphica *)
Fol. Ga. Telos |
Impreffum Suollis per honeftü virum | Petrum os de breda :
Anno natalis chriftia | ni. M. CCCCC. VI poftridie lucie Virginia |
6 Blätter mit Signaturen ohne Seiten- und Blattzahlen.
No. 5. Bloss ein Blatt beginnt:
C|| Khodolphi Langij Ca. Monafteriöfis In Pru | dentij Aurelij
dementia verfus hymnos et Lyram**) und schliesst c|| Ex libro
illuftrium virorura be | ati Gßnadij MaffilieTis prefbijteri. |
Prudentius vir sqcularia , litterature. eruditus : cöpofuit Chi |
roeleum. de toto veteri i nouo teftanienro perfonis excerptis | Cö-
raentatO est : in morem grecoy Hexameron de müdi fabrifca nfq?
ad coditionem primi hominia : et preuaricationem eius | Cöpofuit
libellos, quo8 gr«jca appellatione ptitulavit Apo | theofis. Pficho-
machia Amartigenia. id est de diuinitate. De | compugnantia an im»}
Et de origine peccatoy. Fecit i in laude | martyy. fub aliquoy. no-
minibD inuitatorium ad martyrium Ii | brum vnura : et hymnoy
alterum Speciali tarnen conditione | aduerfua Symmachum idolatriam
defendentem : ex quorum | lectione agnofeitur palatinus miles fuiffe |
Die Type ist gothisch.
Wenn schon die Umstände , dass Rudolf von Langen
einer gegen 141)5 bei Paffraet zu Deventer veranstalteten
Ausgabe des Prudentius ein Weihgedich t beifügte ***),
und ein einzelnes Gedicht schwerlich für sich wieder auf-
gelegt wurde, es nahe legt, dies Gedicht No. 5 nur nach
jener holländischen Officin zu versetzen, so wird diese An-
nahme vollkommen bestätigt durch die Form der Typen,
*) Bei Parmet, S. 23<J vgl. S. 114, 115.
**) Bei Parmet, S. 243.
***) Parmet L c. p. 122-125.
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welche ich mit einer Reihe Paffraetscher Drucke von
1490—1500 vergleichen konnte. Entweder ist bei dem
Drucke des Prudentius das Blatt mit dem Weihgedichte
auch gesondert abgezogen oder was wahrscheinlicher, das
vorliegende Blatt ist aus der beregten Prudentiusausgabe
herausgenommen : es stimmt mit Fol. 2 derselben, wie sie
in der Bibliothek zu Oldenburg und zu Haag noch vor-
liegt, auch bibliographisch genau überein*).
No. 6 in tres Magos Ode Sapphica bildet die Dou-
blette zu No. 4, merkwürdiger Weise in demselben Sam-
melbande.
No. 8 enthält die Gedichte Langens in Hand-
schrift, das erste Blatt zunächst ein von mir schon
früher edirtes**) Widmungsgedicht des Liesborner Bene-
dict iners Bernard Wittius an seinen Ordensgenossen,
P. Ambrosius zu Bursfeld und am Schlüsse von späterer
Hand die Notiz : „Hec carmina Bodolphi Langij inve-
nies***; alibi impressa, codice cuius titulus est Boetius
de consolatione philosophie, Seneca de quatuor virtutibus
cardinalibus*. Von Wittius' Hand stammt, wie das Wid-
mungsgedicht und die dem Ende des 15. Jahrhunderts
entsprechenden Schriftzüge klar darthun, die ganze Hand-
schrift, mit derem Inhalt er seinem fernen Ordensbruder
das würdigste Geschenk zu machen vermeinte. Die Gedichte
schli essen sich an in der Reihenfolge des ältesten Druckes
von 1486 und füllen 18 Blätter, so dass also die Hand-
«
*) Merzdorf, im Serapeum XIII, 142; nach Holtrop, Ca-
taL bibl. reg. Hag. I, 320 c. 1497.
•*) Chronisten S. 97.
***) Ob eine solche Ausgabe noch eiistirt, oder ob in der An-
gabe eine Verwechselung vorliegt, vermag ich nicht zu bestimmen.
VgL Parmet 8. 127 ff. „Jedoch scheint es. als seien die Gedichte
Langens mit den beiden genannten Schriften zusammengebunden
gewesen" daselbst S. 112.
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schrift im Ganzen 19 Quartblätter zählt. Sie bringen
aber Fol. IIa nächst dem Epigramma XVI (bei Parmet
S. 193) das Carmen I (bei Parmet S. 239) und nach dem
Epigramma XVII (bei Parmet S. 193) die Ueberschrift
des Carmen II. (bei Parmet S. 239 vgl. S. 109) welche
der Druck nicht hat, sie geben die prosaischen Wid-
mungen und üeberschriften , wie jene an Conrad Polman
(bei Parmet S. 181) gar nicht oder nur mangelhaft,
zeigen eine vielfach abweichende Schreibweise und entbeh-
ren vieler Zeilen des Schlusses. Da sie jedoch das Epi-
gramm des (Münsterischen) Druckers Johannes Limburg
enthalten, so können sie schon deshalb nicht eher, als nach
dem Erscheinen des Druckes, 1486, abgeschrieben sein, wie
das auch die oben hergesetzte Notiz von späterer Hand
anzudeuten scheint.
No. 9. Dieser Handschrift folgen 21 unbeschriebene
Blätter und dann als Schluss der Druck :
V | RBIS HIEROSOLY | me Templiq; in ea origo, & ho | rum
rurfus excidium profana j tio, aliaeq; variae fortunae p Ro | dolphum
Langium Canonicü | MonasterieTem fideliffime ex | optimis qbusq;
autoribus tarn j ecclefiafticis , ethnicis, collecta. & iam denoo di-
li | gentiffime recognita. atq; ex archetijpo emendata | . . . Fol. 2a.
(j| Tabula capitura feu tituloy totius operis , ea fe | rie qua expli-
cabuntur i Die Tabula füllt 2 Blätter. Fol 4a. (]| Sequuntur au-
tores, ex quibus Langius fubfe | quentem collegit historiam |
Fol. 4b. Cjj Errata , quae tarnen inter imprimendum, in mul | tis
eiemplaribus expuncta sunt | ... Fol. 5a. L1BER I. . . . Schluss
TiXog I "Jiyeaig tw S-eio iig atövag x aitavmv \ Cjj Coloniae apud
Eucharium Cervi | cornum. Anno M. D. XVII. | Mense Januario. j
Mit Fol. 5a. Lib. 1 beginnen Blattzahlen, für beide
Bücher 53. Das Ganze zählt also 57 Blätter und hat von
Fol. I an Signaturen*). Die grössern Initialen sind xylo-
*) Diese Schrift ursprünglich in Versen abgefasst erschien, pro-
saisch umgearbeitet, nach J. Burckhard, Vita Buschii p. 69—1474,
nach Parmet S. 38, 104, Winiewski, Ind. lect. Acad. Mon.
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graphisch hergestellt und theilweise mit rother Farbe über-
zogen ; der erste Theil des Druckes zeigt viele Interlinear-
und Randglossen , letztere (beim Einbände des Buches)
stark beschnitten.
Ein zweites Exemplar des Urbis Hierosolymae . . -
origo, gleichfalls Eigenthum der Paulinischen Bibliothek,
bildet zu dem beschriebenen des Sammelbandes eine Dou-
blette, ist jedoch schlechter erhalten, und die xylographi-
schen Initialen entbehren des Farbenüberzuges. Eine In-
schrift am oberri Rande Fol. la lautet:
Ad Joanne CincinniQ Lippicnfem in Werthina Anno. 1517,
eine andere am untern Kande:
Emptus est mihi is liber XXI halen. roti.
Langens Rosarium virginis beatissime . . . wurde
von Parmet*) nach einem Drucke des bischöflichen Prie-
sterseminars zu Münster edirt ; ein anderes, von diesem
dem Umfange und dem Inhalte nach ganz verschiedenes
Exemplar befindet sich auf der Paulina. Es enthält vier
eng in kleiner gothischer Type gedruckte 4° Blätter jeder-
seits mit 32 ungebrochenen Linien und Signaturen, ohne
Blattzeichen und Angabe des Jahres, Druckers und Ortes.
Fol. la. (R-quad ratischer Holzschnitt mit Thierdarstellungen
im Hintergrunde) Ofariura virginis | Beatiffiine, gloriofiffimeq? dei |
matris Marie, ad virü egregiü. M. | Petrü Rincü utriufq? iuris do |
ctorem. Per Rodolphü Lan, | giü Canonicü Monaftc' | rienfcm |
C|| Authoris de pfalterio : florib9 | ad virginem Epigramma |
Hoc tibi pfalterium virgo dans murmure puo .... (bei Parmet
p. 226)
C| Eiufdem Diftichon.
(] Quod mahumethea rabie tibi virgoq? nato
Deperit. hocq> rofis reddis et ipfa luis.
1868/69 p. 6—1476 s. 1., nach Graesse Tresor IV, 99— c. 1480;
nach Holtrop Catal, I, 337 c. 1486 zu Deventer.
*) Vgl. S. 119, 251.
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q| Gerhardi Cotij Alenfis*) ludi mo | deratoria ad lectorö Hende-
cafyllabi |
Post hanc. fi cupiaa teuere, vitam
Stellatas nitidi doraos olympi
Cur parcis precio benigne lector:
Hic emptus faciet pij Rodulphi
Paruo limina te quidem libellus
Surami tangere poffe tuta regia.
Fol. Ib. C|| Magnifico urbia Agrippinßfis Civi pftätiffimo Pe |
tro Rinco .... (bei Parmet p. 218 f.) Dieae Widmung reicht
noch mit den 10 Schlusszeilen auf Fol. 2a, und unmittelbar daran
8chliesat sich : (]| Süme dfie nfe diuo Marie dei mr*is optime mariae
co | ronamäta florea q appellät Kofariü fub triplici lyrici car | minis
gne conferta. C|| Soli deo gloria.
C|| Pro lilijs ad virginem . . . (bei Parmet p. 221).
Ea folgt da8 Gedteht, welche8 4b unten achlieast:
Vindicem noftrae petimus falutia. |
Sentiat hoftis Aue C|| Finia. |
Die Schrift befindet sich in einem Sammelbande von
4° Format und zwar als das zweite Stück; das erste bil-
det des Gerardus Cotius Alensis Carmen Ad sacrosan-
ctam veri dei genetricem* . . . gedruckt**) zu Münster
bei Theod. Tzwyvel 1521 , das dritte der Epilogus Psal-
morum, gedruckt***) zu Münster bei Theod. Tzwyvel 1516,
das vierte desMacarius Mutius Carmen „de triumpho Christi*,
herausgegeben von Joh. Murmellius, gedruckt bei Laurenz
Born man zu Münster 1510. Der ganze Band ist wiederum
aus dem werthvollen Nachlasse Niesert's als No. 14841 des
Auctions-Catalogs für 2 Thlr. angekauft und das Titelblatt
*) Ueber Gerhard Coete de Minda vgl. Hamelmann, 1. c
p. 196, 1303, Nieaerta Beiträge S. 27; S. 36, 79—84, über seine
Immatriculation in Köln 1510, Kr äfft a. a. 0. V, 486.
**) Nieaert Beitrage S. 27 aetzt den undatirten Druck in
die Zeit von 1520—1524, der Titelholzschnitt zeigt daa Jahr 1521.
***) VgL Niese rt a. a. 0. S. 23.
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des ersten Stückes von dessen Hand mit folgender Notiz
beschrieben : Bibliothecae J. Niesert , pastoris in Velen
1824. Donura D. L. Tross, conrectoris gymnasii Hammon.
Ein Vergleich unsers Rosarium's mit dem letztgenann-
ten Drucke Bornman's erweist , was Niesert entgangen,
gar bald, dass aus des letzteren Officin dies Rosarium her-
vorgegangen ist. Nicht nur haben beide eine spitze go-
thische Type gemein, sondern insbesondere dieselben grossen
Lettern — eine Uebereinstimmung, die namentlich bei den
eigenthümlich gestalteten Buchstaben A. M, P. T u. s. w.
sofort in die Augen fällt. Das Rosarium ging also aus
der Bornmanschen Officin zu Münster hervor, jedoch un-
zweifelhaft später , als des Macarius Mutius 1 Gedicht von
1510 ; denn formal hat es einige reine Antiqua-Typen*
und wie schon das angeführte Authoris de psalterio . . .
ad virginem Epigramma ergibt, vereinzelt die vollen
Flexionsendungen violae neben viole, was beides im Maca-
rius noch fehlt.
Das von Parin et benutzte und wiedergegebene Exem-
plar der Seminarbibliothek dagegen enthält einen breiten
Haupttitel (bei Parmet S. 218) und darauf das Distichon
Quod Mahumethea . . . sodann die Widmung an Rink,
demnächst einen Titulus operis, übereinstimmend mit dem
Titel unseres Exemplars, jedoch unterschrieben mit Feliciter,
es bringt des Authoris de psalterio .... Epigramma,
welches im Paulinischen Exemplar gleich dem Titel folgt,
am Schlüsse, und entbehrt des Gerhardi Cotij Alensis . . .
Hendecasyllabi und der
Sümo dne nre dive Marie . . .coronamenta florea . . . . ,
des Ave und Finis am Ende ganz.
Das Exemplar der Seminarbibliothek inschriftlich »an-
gekauft am 20. December 1852" bildet ein Octav von
8 Papierblättern mit der bis a V laufenden Signatur und
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einer gothischen Type, ohne Angabe des Druekortes und
Jahres, ohne Seiten- und Blattzahlen.
Fol. la. Rofariü tripli' | ciü flo? varietate liliov sc* :
rofa | . . . und das Distichon Quod muhamethea (bei Parraet S. 217).
Pol. Ib. Magnifico urbis AgrippineTfis civi . . . Rhodolphg
LangiÖ cänonicg Wörter .... mit der Dedication (bei Parmet
S. 218—230), welche Fol. 2, 3a und 8 Zeilen von 3b füllt, wo sich
unmittelbar anschliesst: Titulus operis (bei Parmet S. 220).
FoL 4— 8a enthalten das Gedicht bei Parmet S. 221—226 und
schliessen mit Auctoris de pfalte | rio et floribus ad virginem |
Epigramma | das letztere (bei Parmet S. 220) mit Feliciter, so dass
Fol. 8b frei bleibt.
Das Exemplar ist leider beim Binden in den heutigen
Pappband zu sehr beschnitten, als dass sich in eine gleich-
zeitige liandnotiz auf Fol. la unten ein zusammenhängen-
der Sinn bringen Hesse. Im eigentlichen Gedichte mit
Fol. 3a beginnend sind in Koth einzelne klein vorgedruckte
Initialen und das t)| mit der Feder nachgetragen und
ebenso die Anfangsbuchstaben der Verse der Länge nach
durchstrichen. Der Druck erscheint dadurch merkwürdig,
dass viererlei Typen verwendet sind ; für die erste Zeile
des Titels Fol. la eine Missaltype, für die Titel und das
Distichon Quod muhamethea und die Ueberschrift der De-
dication eine fette fast antikisirende , für die sonstigen
Ueberschriften eine grosse, für den Text eine kleine scharfe,
welche an die Officinen zu Deventer und Münster er-
innert.
Fügen wir noch einige unbenutzte biographische Nach- *
richten über Langen bei:
Rodolph van Langen, Doemherr und besytter des Seij-
ken-Ampts zu Münster wechselt laut Urkunde eines frei-
herrlichen Archivs (v. B. Langen No. 190) mit Walter
von Letmate (zu Langen an der Ems nordwestlich von
Telgte) hörige Leute. 1517 3/4 (Freitag nach Judica).
Das mangelhaft aufgedrückte Siegel ist erhalten.
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In einem ohne Zweifel im Stifte Freckenhorst ange-
legten, nun der Paulinischen Bibliothek zu Münster gehö-
rigen Formelbuche*), dessen mit Namen oder Datum ge-
nauer bestimmten Stücke bis 1509 reichen, findet sich
Bl. 27b auch ein undatirtes Formular einer Schuldver-
schreibung folgenden Inhalts: »Maria, Tochter zu Teken-
borch , Aebtissin zu Freckenhorst stellt dem erbern hern
Roleft* van Laugen, domheren inden (sie) deme dorne to
Munster, provest inden olden dorne darsulvest einen Schuld-
schein von N. Gulden aus und verspricht ihm dies Geld
bis Assumptio Marie zurückzuzahlen und zur Beglaubigung
ihr Siegel anzuhängen*. Die Aebtissin Maria von Tecklen-
burg regierte laut Urkunden des Staatsarchivs zu Münster
von 1473 bis 1522, wahrscheinlich sogar bis 1527, Langen
war seit 1462 Probst am alten Dome und schon früher
Domherr geworden***).
Die Beziehungen Agr i co 1 a s zu Langen, welche Parmet
a. a. 0. S. 58, 50 auf die Aussage Haraelman's stützt,
ergeben sich thatsächlich daraus, dass er ihm nicht nur
1482 die Uebersetzung des Platonischen Axiochus vorlegte,
wie Fol. 2a 22a dieser Schrift deutlich besagt, sondern
seiner auch in den Nonnulla opuscula Fol. Ia (der spätem
Ausgabe von 1511) mit besondern
Carolina ad Rodolphü Langiü, JodocQ Besselium
bedacht hat**). Auch die Biographie Rudolf Agricolas,
welche Johan von Pleningen verfasste und den mit seinem
*) Genauer wegen der darin enthaltenen Minnelieder beschrie-
ben von Nordhoff in Pfeiffer-Bartsch Germania, 1873 S. 281 fL
•*) tfgl. Drei Ausgaben des Rudolf Ägricola, worunter zwei
verschollene von Dr. Moser im Serapeum [1845] VI, 238-240.
*♦*) Erhard, in der Zeitschrift für Geschichte und Alter-
thumskunde Westfalens (1838) I, 54.
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Bruder Dietrich gesammelten Schriften Agricolas zufügte,
verfehlt nicht, hervorzuheben*):
Atque (R. Agricola) post paulo illic quoque e Greco
in Latinum Axiochum vel de morte contemnenda Piatonis
philosophi traduxit, quem Rodolpho Langio dedicavit.
*) Nach der Stuttgarter Handschrift edirt von Franz Pfeiffer
im Serapeum (1849) X, 98 ff, 102.
— 42 —
Früher ein Schüler, später als die Musen meistens
andere Wohnstätten im Norden bezogen, noch ein letzter
Vertreter des Münsterischen Humanismus war
Herman von Ker ssenbrock , jene wunderliche Natur,
die, nachdem sie sich an einem Orte meistens durch ein
anstössiges Verhalten unmöglich gemacht, zum Schulhalten
wieder nach einem andern wandern musste, bis sie am
Ende zu Osnabrück in einem dankbaren Schülerkreise ein
gesegnetes Arbeitsfeld und 1585 5/7 die Ruhe des Grabes
fand*). Seine Anabaptistici furoris Monasteriensium in-
*) Ueber sein Leben und seine Schriften vgl. ausser Hamel-
mann opera p. 173, 194, Joh. Dietr. von Steinen, die Quellen der
Westfälischen .... Historie, Dortmund 1741 S. 64 ff. Joh. Christ-
Strodtmann's, Rector's des Rathsgymnasiums 1749—1756 „Historie
des Schulwesens und der Akademie zu Osnabrück", veröffentlicht
von Dr. Stüve im Programm des Rathsgymnasiums zu Osnabrück
1869 § 35—37, Driver in Weddigens und Mallincrodts Magazin für
Westphalen 1799 S. 484 ff, wo, wie in einem Briefe bei Tross,
Westphalia 1826 S. 85, namentlich die Münsterischen Händel be-
rührt werden , Driver Bibliotheca Monasteriensis p. 73—74 [diese
drei Autoren arbeiteten unabhängig von einander], Deneke's -Le-
bensskizze" in der Zeitschrift für Geschichte und Alterthumskunde
XV, 241 — 260, Bade daselbst X, 57 ff., besonders Seibertz, Beitr. II,
306 f. S. 39 Cornelius, Münst. Gesch. Q. II, XXIX, XXXVIII— IX
Döring trifft ihn a. a. 0. S. 66, 67 auch 1545 als Conrector des
Gymnasiums zu Dortmund und 1550 — 75 seine Schule zu Münster
als eine blühende an. — Wir müssen gewiss Cornelius' Urtheile
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clitam Westphaliae metropolim evertentis *) historica nar-
ratio .... beweist Satz für Satz , wie viel er auf clas-
zustinimen, es sei sein Hauptwerk über den Münsterischen Aufruhr
seit fast drei Jahrhunderten, obgleich fast allerwärts bekannt und
benutzt, doch der vollen Öffentlichkeit entzogen geblieben, „bis
heutzutage wo durch die Liberalität der Staatsbehörde die von
Kerssenbrock übersetzten und seinem Werke einverleibten Origina-
lien der wissenschaftlichen Benutzung gern anheimgegeben werden,
der grösste Theil des Buches überflüssig geworden ist". Aber
der kleinere Theil, die Einleitung, der Kähmen der Documente und
die für das Titelthema anscheinend unwichtigen Einschläge bergen
noch so viele, so wichtige und die allgemeine Geschichte Münsters
erhellende Bestandtheile, dass man, wo allein die fehlerhafte Uebcr-
setzung gedruckt und nunmehr auch selten geworden ist, eine zweck-
mäsige Ausgabe immer noch wünschen muss, und sollte
man auch die sonst publicirten Documente in grösserem oder gerin.
gerem Umfange hinzubekommen.
*) Hingewiesen sei bei dieser Gelegenheit auf die kleine Mün-
sterische , anscheinend ganz unbekannte, in einem Exemplare der
Pauli nischen aus der Jesuitenbibliothek überkommene Druckschrift
von 6 Papierblättern in kl. 8° Festum Li | berationis No ! strae
ab impijffimo Cathabap | tiftarü impetu & tumultu. | Den weitern
grössern Raum des Titelblattes füllt ein Holzschnitt darstellend
jene in der Münsterischen Kunstgeschichte öfter wiederkehrende
Idee, nämlich den auf einem bereits zu Boden gefallenen Ross
sitzenden Paulus im Kriegergewande, auf der Reise nach Damaskus,
der schüchtern umsehend , mit seiner aufgehobenen Rechten sein
Haupt deckt, weil sich oben einerseits eine Wolke von Blitzen und
Steinen über ihn entladet, indess eine Erscheinung an der entgegen-
gesetzten Seite (rechts vom Beschauer) ihn die Stimme der War-
nung vernehmen lässt. Unten (rechts) steht ein dreieckiges Schild
mit einer Rosette in den obern Ecken beschrieben mit T Z, das
Buchdruckerzeichen Theodor Zwyvel's, das mit dem Holzschnitte
zuerst 1522 in der Quart-Schrift Epistolae tres beati Pauli und 1571
noch, indess mit anderm Bildwerk und mit dem vollen Namen er-
läutert, in der Landgerichts-Ordnung auftritt (Niesert Fortg. Beit.
S. 8, Beiträge S. 98). Blattzahlen fehlen, die Signaturen laufen bis
Av. Die Type ist rein antiqua, die sonst erst vom J. 1554 bekannt
war. [Vgl. Niesert, Fortgesetzte Beiträge 1834 S. 9], eine Initiale
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sischen Gedankenbau, künstliche Redeweise und Form gab;
wo es der Gegenstand erlaubt, ergeht er sich in wort-
reichen Schilderungen, zuweilen in poetischem Schwünge,
meist mit den Mitteln der Rhetorik die er seinen classi-
schen Studien entlehnt, mit Ausrufen, Apostrophen, nach-
drücklichen Wiederholungen. „Wer nichts anderes im Sinne
hat, als die nackte Wahrheit, der dichtet vollends nicht
nach dem Muster der seitenlangen Reden oder lässt die
Schaaren der Verhungernden beredsame Betrachtungen an-
stellen 11 . Dass er diese Grundsätze auch der Jugend ein-
prägte, versteht sich von selbst und ergibt sich insbesondere
aus einer Schrift, in welche ein Lehrer und mehrere
Schüler neun mit ihrem Namen unterschriebene Trauer-
lieder niedergelegt haben , um damit das Andenken des
Collegen und Lehrers über dessen Grab hinweg zu feiern.
Dieses heute verklungene Druckstück hat sich noch in
einem Exemplare auf der Paulinischen Bibliothek erhalten
und mag hier in soweit eine Berücksichtigung finden, als
hinreicht, um seine bibliographische Seite nicht weniger,
wie seinen ästhetischen und historischen Werth zu kenn-
zeichnen, zumal ein unverkürzter Abdruck, der immerhin
C in Holzschnitt figural verziert, Bl 6b schliesst : In fecula fecu-
lorum Amen. | Monasterij, Anno M, D, XLX. — Nachdem in einer
historischen Einleitung die Schrecken und die Bewältigung des
Wiedertäufer-Aufstandes skizzirt sind, wird das Programm des noch
heute bestehenden Dankfestes für die Vertreibung der Wiedertäufer
bis ins Einzelne entworfen und Fol. a z. B. festgesetzt : . . . .
quotannis festum hunc diem et solennem, nempe eum, qui natalem
sanctissimi Joannis Baptistae proxime sequitur, a tota d vi täte, pre-
cipue ab ecclesiasticis viris et clericis magna cum pietate unani-
miter peragendum celebrandumque .... Fol. 4b . . . . Caeterum
postridie eius diei, quem diximus celebriter peragendum pro illis,
qui partim extra urbem, dum semel atque iterum oppugnata, partim
intra et extra eam, dum capta atque eipugnata est, pro Christiana
fide strenue pugnantes ceciderunt et occisi sunt.
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noch erwünscht bleibt, an einem andern Orte thunlich sein
wird. Die Dichtungen bieten, genau genommen, nur eine
gleichwol sehr willkommene Notiz (im Titelgedichte) über
das Alter des Verblichenen, sonst, so lang sie auch sind,
mehr allgemeine Lobeserhebungen hinsichtlich des Cha-
rakters, der Kenntnisse, schul raännischen Leistungen und
Verdienste — und dies Alles in dem hohlen Geleise clas-
sischer Redewendungen und Mittel, formel in allerhand
Versmaassen; ja das Titelgedicht präsentirt sich als eine
Stilübung der Keimkünstelei und macht gegenüber dem
Ernst der Sache einen widerlichen Eindruck. Doch selbst
das Ceremonielle und Kalte der ganzen Todtenklage bildet
einen wahren Ton jener Zeit; denn wie wir an den Na-
men der aus der Mark und von der Weser stammenden
Dichter den weitreichenden Ruf der Schule abnehmen, so
zeugen die Dichtungen mit ihren Schwächen am klarsten
von der Empfindungsweise, von dem Bildungsgrade einer
damaligen Gelehrten schule und von der Methode, wie man
die Jugend mit den classischen Wissenschaften bekannt
machte. Denn ohne Zweifel wollten die jungen Poeten
mit solchen Nachrufen auf das Grab des Lehrers einen
Blüthenstrauss niederlegen, so duftig und anmuthig, wie sie
ihn nur aus seinen Unterweisungen zu winden vermochten.
Die Schrift umfasst 8 Quartblätter, jede Seite ein
viereckiger aus Linien und Blattwerk gemusterter, dem
Inhalte gemäss schwarzer Rahmen, der nur Fol. lb an den
Langseiten um die Hälfte verengt ist, weil hier ausnahms-
weise zwei Columnen einen breiten Raum einnehmen, Blatt-
und Seitenzahlen fehlen, die Signaturen beginnen Fol. 2a
mit A2, Fol. 4a mit B. Fol. 8b bringt noch 6 Verse des
Schlussgedichts, darunter den Namen des Dichters und in
der freien Unterfläche eine Art Rosette. Der Text zeigt
eine feine Antiqua-Type, die Ueberschriften, Unterschriften,
die Anfangsworte oder oft nur der erste Buchstabe der
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Gedichte und die betonten Worte wieder grössere Versa-
lien Die Querela ist offenbar wie manche „Zeitung* ohne
Angabe des Jahres und Druckorts veröffentlicht. Da Os-
nabrück damals noch keine Presse hatte, so wäre der letz-
tere zuerst in Münster zu suchen; allein die Type und
namentlich das Ornament weisen auf die Lemgo er Officin
Schlotten's deutlich hin.
Am untern Rande der ersten Seite schreibt eine gleich-
zeitige Hand:
V[enerabili] Dno Biderwant, majoris [sie] vicario detur.
Biderwant, der 1571 Vicar an der Servatiikirche *), und
schon 1579 nach einer Privaturkunde Domelemosinar und
1588 nach einer Urkunde des Pfarrarchivs zu Lüdinghau-
sen Domvicar und Executor des Nachlasses vom Domde-
chanten Goddert von Raesfeld ist, hat also die Schrift als
Widmungsexemplar erhalten und demgemäss dem Ver-
storbenen nahe gestanden. Die Schrift befindet sich in
einem Collectivbande, dessen letztes Stück am Ende die
Inschrift trägt: Collegij societatis Jesu Monasterij 1606,
und ging später in die Paulina über.
*] Tibus, Gesch. Nachrichten über die Münst. Weihbischöfe
1862 S. 94. Sökeland, Müiwt. Gymn.-Programm 1825/26. S. 41.
Fol. la.
Querela
Scholae Osnaburgensis.
Scripta
A
Quibusdam
Secundanis in obi-
tum clarissimi riri M.
Hermann! a Karssenbroch,
ibidem Rectoris ; qui anno 1585. & 3. Non.
Julii yitam cum morte pi6 com-
mutavit.
Hermannus senior
Eximiam ad superos
Ros ubi graminoi8
Morte sua Christi
Annis cum binis
Natum caelestem
Nos quod ab aeterna
Titus cognoscens,
Spiritui pax sit,
At celebri8 famae
Kar8sbroich de corpore
Animam dimisit
Rorarat lilia
Sublatus ad aurea
Suppl'evit lustra bis
Belle quoq? pectore
Revocavit morte
Occumbens novit
Corpus requiescat in
Haec sua sit per secla
Rector
Euntem
Campis
Templa
Octo :
Recto
Peremptos
Idipsum.
Urna,
Superstes.
G. M. F.
Aliud
KarfjbroChll factls sors qVInto Cefflt IVLI
NoCte Vbl Vas pVLsat pensILe slgna deCeM.
— 48 -
Fol. Ib.
Kpigramma
Johannis Boticheri*)
Collegae scholae Osnaburgen-
sis, de obita clarissimi viri M. Herrn anni a Karssen-
broch pie* defnncti etc.
MVSarum emeritus piusq? miles
Hermannus, senio gravi premöte
Karssenbrochius hinc, quiete molli
Dum languentia recreavit ossa
Exhalans animam polo profectam
Aeterno placide Deo remisit.
0 praeclaram animam viri, o
beatas
Virtutes animae, Minerva nutrix
Olim quam gremio suo fovebat
Artes Pierias & universas
Et linguas docuit, gravesq? mores
Et juris studio instruebat aequi.
Post Heroa grave" hunc pie eruditü,
Ducem militiae suae Minerva
Dignum proposuit, stupescit, atq?
Palmam militiae sacrae coactus,
En, Phoebus sibi praeripi fatetur.
Heros hic alias novasq; Musas,
Musas innumerabiles stupendae.
Virtutis genuit suae Lycaeo :
Musarum innumeros simul nepotes
Claris artibus imbuit Minervae.
Morum barbariem impie furentö
Hic conatibns et labore magno,
Prüdes, magnanimus, Severus,
aequus
A castris repulit piae Minervae :
Terra ut Westphaüs universa
clamat
Cujus sie aliquot Lycea reiit.
Hinc est fama parem tulisse
nunquä
Oras Westphalicas ducera juventae
Luget cuneta senem pium juventa,
Ductoremq? suum Lycea lugent,
Lugent Pierides, Minerva luget :
Illam non tarnen invident perennö
Quam caelo capit aureo, quietem,
DumChristi meritis ovat redemptus
Musarum emeritus, piusq* miles.
Johannes Botticherns collega scholae
Osnaburgensis.
*) Die Namensüberschrift des Dichters kömmt nur bei diesem
Epigramm vor; ist dieser Boticherus identisch mit dem eifrigen
Pastor Joannes Bodekerus zu Wellinghausen, der sich dem Refor-
mator Bonnus widersetzte? Hamelm. Opera p. 1138, 1134.
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- 49 -
Die folgenden Gedichte sind der Reihe nach unter-
schrieben von Johannes a Karssenbroch Osnaburgensis*),
— Arnoldus Kenningus, Osnaburgensis, — Georgius Coc-
cius, Osnaburgensis, — Kothgerus Bermannus, — Michael
Pitycormatius, Marchita, — Johannes Heidtmans, Rintelen-
sis, — Hermannus Everingus, Hagensis.
Das Distichon Aliud des Titels war den altera Bio-
graphen bekannt als Erzeugniss des genannten Schülers
Georgius Geccius Osnaburgensis, dagegen fehlt ein ähn-
liches vom Studiosen Hugo Lenthenus aus Dinklage **)
in unserer Sammlung:
HerMannVs KerssbroCh neCe qVInto Cesslt IVLI noCte
Vbl qVlnqe nigra bis Cllt hora Sonis.
*) Bei Hamelmann, opera p. 222, 225, 239 zählen unter
die Gelehrten Osnabrücks 1564 : ein Arnoldus Kenningus Osnabur-
gensis, est ablas in Frisia occidentali celebris , ein Ludolphus Coc-
cius, Bileveldianus und ein Gerhardus Coccius Pastor zu Horn.
**) Christ. Strodtmann bei Stüve, S. 16.
4
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— 50
I
Die Thatsache , dass der Humanismus allgemein
der vaterländischen Sprache, besonders in der Poesie,
bedauerlichen Eiubruch*) that, bestätigt sich in Westfalen
ganz auffallend in den Glockeninschriften, mag man
nun auf die Sprache, auf die Form der Inschriften oder auf
die örtliche Ausdehnung sehen. Die Inschriften der altern
Zeit : fromme Sprüche , Invocationen , Namen von Hei-
ligen**) und Patronen***), oder längere hymnusähnliche
Anmutungen meist in lateinischer Sprache und, wenn in
gebundener Form, entweder in Reimen oder in leoninischen
*) Mehr das Ueberwuchern des Lateinischen als das Zurück-
treten des Volksidionis betont K Hagen a. a. 0, I, 280—288;
die Verachtung der mittelalterlichen Versmaasse zeigt im Besondern
Nordhoff, Chronisten S. 44., das Verschwinden des histor. Volks-
liedes bemerkt Nitsch in Sybels Zeitschrift II, 7. Als erster
nahmhafter Dichter ging erst vor hundert Jahren wieder wie eine
„gefüllte Rose auf einem wilden Stock" der geniale A. Matthias
Sprickmann dem Münsterlande auf, „das sich, wie K. Wein hold
sagt, seit der Reformation — und setzen wir hinzu: seit dem Hu-
manismus — von der Poesie zurückgezogen hatte". Zeitschrift für
deutsche Culturgeschichte (1872) I, 263, 288.
**) Eine alte Glocke zu Südlohn : f Jehsus, Maria. Ano s(alu-
tis) re(nate) MCCCLXXXX. Vitus , Japar (sie) Melchior , Baltazar.
***) Die grösste Glocke der Nicolaikirche zu Lippstadt, un-
zweifelhaft in der Mitte des 13. Jahrhundeets gegossen : f Arcte
trahe nos ad Christum Nicolae.
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— 51 —
Hexametern *), hatten den deutschen inhaltlich verwandten
und formel gleichfalls meist gereimten Gedanken **) immer
mehr Kaum gestatten müssen, so dass das Deutsche im
15. Jahrhundert auf den Glocken, wenn nicht die einzige,
so doch eine beträchtliche Herrschaft namentlich in Reim-
form errungen hatte ***). Während es diese in den west-
lichen und südlichen Gegenden Westfalens noch tapfer be-
hauptet f), nehmen die Glocken gegen 1500 in und um
•) Die schwere, sonore Petersglocke des*Domcs nach allen
Anzeichen noch ein Rest der Schenkung des Bischofs Gerhard von
der Mark f 1272 M. G. Q I, 35
t Me resonante chorus exultet laude sonorus,
Me resonante Deus sit huic populo jubileus.
Dass das Ave Maria — Alpha Omega — 0 rei Christe (glorie) veni
cum pace also bis ins 14. Jahrhundert nicht vorherrschten, wie
Zehe, Histor. Notizen über die Glockengiesserkunst des Mittel-
alters 1857 S. 7, 8 will, ergeben schon diese wenigen Beispiele.
♦*] Vgl. auch die Inschriften von 1408 bis 1583 bei Lüh ke,
Mittelalterliche Kunst in Westfalen 1853 S. 416, 417.
***] Eine Glocke zu Alstätte 1485 von Johannes Volker ge-
gossen:
Ic hete J. H. S. van Nazareijn,
Gebaren van Maria reyn,
Ic behodet kerspel mit Christus macht
Vor hagel blizen ind Jonreschlag.
t] So namentlich bei den Dortmunder Kunstgiessern [vgl. die
Inschriften bei Lübke a. a. 0. S. 418, 419] unter welchen Hen-
ricus de Tremonja der grossen Glocke zu Schöppingen im Mün-
sterischen noch 1517 folgenden Spruch gab :
Salvator is min namen
Min gheluit si Gade bequeme,
De levendighen roep ick,
De doden beschrein ick,
Hagel un donder verschuir ick.
Als seltenes [älteres] Beispiel lateinischer Sprache mag dienen die
Inschrift dor dritten nun umgegossenen Glocke der Nikolaikirche
zu Lippstadt:
4*
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— 52 -
Münster, dem Hauptsitze des Humanismus, mehr und mehr
lateinische Inschriften , vielfach in kunstlich-classisehen
Versmaassen an. Standen doch die beiden grossen Glocken-
meister jener Zeit mit Münster in so naher Beziehung,
dass der eine Gerhard de Wou hier und in der Umgegend
längere Zeit seine Hütte aufgeschlagen, der andere Wolter
Westerhues *) hier seinen Wohnsitz hatte! Es scheint
fast, als hätten hiesige Humanisten — Langen machte
sogar auf einen misslungenen Glockenguss ein Carmen **) —
oder deren als Kirchendiener aufs Land geschickten Schüler
ihnen die Inschriften dictirt, zumal da der Humanismus
sich ja schnell bis in die Ascese der Klöster verbreitete.
So viel ich weiss, tragen die Schöpfungen de Wou's mit
ganz geringen Ausnahmen ***), jene Wolters bis auf kleine
A Johanne nato de Dortmunt artifice rato [?]
M. C. quadrata L. cum bis X qninqne prolata.
Sic fusa pie laudes denotare Marie.
*) Näheres über diese Meister und die Inschriften ihrer
Glocken in St. Lamberti und Ludgeri zu Münster und zu Albers-
loh bei Nordhoff, Kunstgeschichtl. Beziehungen zwischen dem
Rheinlande und Westfalen 1873 : Separatabdruck aus H. LIII der
Jahrbücher des Vereins von Alterthumsfreunden im Rheinlande.
S. 25, 56 ff. v. Tettau, Meister und Kosten des Gusses der grossen
Domglocke zu Erfurt (Abdruck der dort. Vereinszeitschrift 1866.)
10 ff. Ueber Westerhues und Volker vgl. Organ f. christl. Kunst
XVIII, 40. XIX, 16 ff.
**) Das dort für Glocke gebrauchte Wort Tuba Parmet
S. 207 kehrt 1493 auf der grossen Glocke der Lambertikirche zu
Münster : Sum tuba magna Dei . . . und sonst noch wieder.
***) Z. B. Wechsel voll genug an dem herrlichen, formschönen
[vgl. Nordhoff, Kunstg. Beziehungen S. 56] Geläute zu Reck-
linghausen :
1. Ite per hanc miseri mortales plangite culpas
Ad templum excelsum reddite vota Deo
In laudem Petri. pplüs [sie] quam condidit iste;
Poscimus alme tuä respice Petre gregem.
Anno domini XVc. Gerhardus de Wou fecit.
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*
— 53 —
deutsche Bestandteile *) durchgehend^ Inschriften in mehr
oder weniger classischer Versform, und verhielt dieser
Gebrauch bis weit über die Wiedertäuferzeit hinweg. Das
barockste und schlagendste Beispiel dieser Art geben die
Inschriften zweier Glocken von Wolter Westerhues zu
Rheine, wahrscheinlich angefertigt vom dortigen Pfarrer
Drunthen, der wohl der gleichnamigen Familie zu Mün-
ster**) entstammt und hier in den Humanismus eingeweiht
war. Die grosse Dionysius-Glocke:
f Salvator tuba sum ego soter inquit Jesus.
Drunthius ac pastor populus sat terque beatus.
Mudux. Me resonante viamque a(d)vertat Olympo.
Man sieht, des Versmaasses wegen ist der letzte Vers
vom ersten , worin sein Subject liegt, gesondert, es para-
dirt das sat terque beatus, Olympus, das Mudux musste
des Maasses wegen in Sylben gesprochen werden , obwohl
2. Ick hiet Johannes, en hillich kint;
Too gadcs loef bin ick geluit
Geweltlick fuir int gülden iar
Gerhardus de Wou me fecit, anno domini
M. C.C.C.C.C
3. Jhesus Maria Johannes ijs mtjn
Mijn gheluet sij gade bequaem.
Gerhardus de Won me fecit anno domini M. C.C.C.C.C.
Hier wie bei den andern Inschriften sind die Anfangsbach-
staben der Verse und Eigennamen gegenüber den Originalien in
grosse verwandelt und die lnterpunctionen hergestellt.
*) Z. B. an der grossen Glocke zu Epe . . . Wolter Wester-
hues goet mich MCCCCXCIX.
**) M. G. Q. I, 268. Aus Rheine stammten, auch die Huma-
nisten und Schriftsteller Gerhardus Listrius, Bernh. Dreijers,
Joannes de Kenis und Joh. Haramaker Hamelmann.l. c, p. 177,
207, 211, 312.
j
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- 54 -
es — ein sehr merkwürdiges und frühes Chronogramm *)
— die Jahreszahl 1520 bedeutet wie die Inschrift der
mittleren Paulusglocke beweist: .
t Me Rhenis egregio patroni nomine donat,
Drunthen, tutatur Dionysius, atra retorquet
Fulmina; Wolterus finiit; canat omnia. Mudux
tempus signat.
Eine kleine Glocke in Nortwalde bei Greven inschrift-
lich 1514 und wie die beiden andern genauer bezeichneten
von Wolter trägt folgende Inschrift:
t Est Catharine michi nomen procul omnia pello
Noiia; mortales ad sacra templa cito.
Als später die Glockeninschriften, sofern sie nicht aus
Scbrifttexten, Gebeten und Hymnen gewählt wurden, wieder
mehr zur Landessprache zurückkehrten**) ergingen sich
*)Otte, Handbuch der kirchl. Kunstarchäologie. 4. Aufl.
1866. S. -822 verzeichnet als ältestes, sicheres Beispiel jenes auf
einem Kelche der Marienkirche zu Danzig, das Jahr 1426 aus-
drückend. Vgl. die auf die Vertreibung der Wiedertäufer gemachten
etzlich carmina, daraus man den datum der eroberunge krigen kan =
1535, Münst. G. Q. III, 233 und den Vers bei Kochel, M. G.
Q. III. 209:
Ut pateat nullum tempus famis ecce CVCVLLVM — 1315.
**) Eine kleine Glocke zu Welbergen bei Burgsteinfurt :
Anno Domini MCCCCCLXV do goed mi to gades loef pris un er
Hans Undemann.
eine andere der Schlosscapelle zu Bladenhorst bei Castrop:
Van hiet modt ick fleiten,
Philips Tan Viermund heft mi engeten im jar 1567;
eine mittelgrosse Glocke zu Lüdinghausen:
S. Vit is mein namen
Ropet Godt an alle tosamen;
Peter Uetman Tan Soest goth mich ihm jar MDLXXXXVüL
eine andere von ähnlicher Grösse zu Einen bei Warendorf:
1618 bin ick gegosen,
durch fuhr bin ick geflosen.
M. Johann Sweppe und Barthold Hileb [?]
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- 55 -
die Epitaphien, Dedicationen, Weihgedichte, Todtenzettel,
Büchertitel u. s. w. noch lange, ja bis ins Ende des
18. Jahrhunderts in einem Latein, das aufgebauscht mit
mythologischen Elementen, mit Eiclamationen und sonstigen
classischen Redefiguren und Redensartep die Spätzeit des
Humanismus barock, fast lächerlich *) erscheinen lässt, wie
die Frühzeit unpopulär war. Lange Zeit galt ein Citat
oder eine Sentenz des Classikers für schwerwiegend genug,
eine beliebig ernste, selbst historische, Sache zu beweisen,
wenn sie dieser nur irgendwie angepasst werden konnte.
Man würde das Ueberwuchern des Lateinischen namentlich
in der Poesie schon leichter verschmerzen, hätte sie nur
in ihrer Art mehr Lebenswahres und Mustergültiges her-
angefördert, hätte sich die fremde Sprache nicht am Ende
zu Tändeleien hergegeben, wie sie sich z. B. in den chro-
nogrammatischen Inschriften an Häusern und Monumenten
bis zum Langweilen wiederholen.
*) Ueber die Ureachen, weshalb der deutsche Humanismus mit
dem IG. Jahrhundert hinsiechte, vgl. F. W. Kampschulte in den
Forschungen zur Deutschen Geschichte (1864) IV, 65, J. Voigt,
in Raumers Histor. Taschenbuch 1838. S. 326 ff, Vgl. G. Voigt in
Sybel's Zeitschrift für Geschichte XXII, 37 ff. Die Blüthezeit des
Humanismus reicht überhaupt nur von 1450—1520. Geiger, in den
Gotting. Gelehrt. Anzeigen 1872, Mai. Dennoch galt deutsche
Wissenschaft so hoch, dass die Schweden bis in den dreissigjährigen
Krieg die deutschen Universitäten besuchten. Raumer, im Histor.
Taschenbuch 1832 S. 106. — Erwähnt sei hier eine das spätere
Dunkel der Münsterischen Schule erhellende (ungedruckte j Nach-
richt, wornach „der Rector der Domschule zu Münster Jakob von
Trost" 1585 9/11 an Bauern Geld ausleiht und ein Trost 1602 27,3
den Schuldschein an die Familie Modersohn cedirt.
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Dem gesammten Humanismus darf man nach-
rühmen , dass er für die formale Bildung, für die „ Ele-
ganz* des Ausdrucks, für eine frische, objective Auffassung
der Gegenwart, wie der classischen und vaterländischen
Vergangenheit neue Saaten in die Furche der Zeit gestreut,
weitgreitVnde Beziehungen nach aussen und die Studien in
den Schlössern hergestellt hat ; dagegen griff er wieder viel-
fach störend in die volksthümliche Culturentwickelung,
missachtete das Alte, setzte fremde nur dem Einge-
weihten zusprechende Keime an die Stelle des Heimischen,
bot überhaupt in seinen Mitteln mehr Schale als Kern
und musste desshalb auf die Dauer von der auf Realität
ausgehenden Welt an Berechtigung verlieren oder von
dieser neue Lebenskräfte erborgen — und das*) sowol
*) Es wird der Münst. Humanismus im Verhältniss zur Reforma-
tion dargestellt von Cornelius a. a. 0. inCantus 1 Allgem. Weltgeschichte
bearb. von M. Brühl VIII, 923 ff, von C. F.Krabbe in d. kathol-
Zeitschrift Münster 1851 I, 413 ff. — Freilich geriet der Huma-
nismus allmälig insofern in ein ungünstiges Verhältniss zum Katho-
licismus , als über seinen Studien die theologischen vernachlässigt
und die Glaubenslehren den Geistlichen mehr und mehr entfremdet,
die reformatorischen dagegen mit Mond und Schrift geschickt vor-
getragen und gefällig aufgenommen wurden — ein Verhältniss, das
um so verhängnissvoller sich gestalten musste, als einerseits der
alte Boden durch die Wiedertäufer total durchlöchert war, und
anderseits in den reformatorischen Kämpfen, so weit sie nicht mit
Gewalt geschlichtet wurden, nicht die humanistischen sondern die
theologischen Wissenschaften auf beiden Seiten die schneidigsten
Waffen abgaben. Bischof Wilhelm von Kettler 1557, empfand diesen
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- 57 -
in der protestantischen , wie in der katholischen Welt,
diesseits wie jenseits der Berge. Immerhin bildet der
Uebelstand und suchte ihn durch eine neue, merkwürdige, von dem
Ansehen des Humanismus zeugende Examinationsordnung zu heben.
Ehr war auch ubel damidt zufridde, sagt ein Zeitgenosse, der Dom-
cantor Rocheil (M. G. Q. III, 9) das die geistliche Personen so un-
geschicket und ungelerth zu den geistlichen stände worden zuge-
messen. Das examineren und zulaessen plach öffentlichen in den
paradise . . . zu geschein und war anders nicht, als eine spiegel -
fechtunge, dan jederman der dar quam, wordt zugelaessen, ehr were
gelert oder nicht*. Darum wohnte er zum Abschrecken der Un-
fähigen zunächst selbst dem Examen bei. Aliam quoque examinis
ordinandorum formam instituit hic Wilhelmus ; nam cum antea
8olus scholae rector etsuccentorin consistorio paradisi, hic
in cantu, ille vero in litteris ordinandos examinaret et mo-
nachi ab examine ex consuetudine essent immunes, sua praesentia
hoc effecit, ut non solum rector scholae, succentor, sigillifer
et fiscalis in paradiso, verum etiam quatuor alii doctiores ur-
bis ecclesias tici examini ordinandorum in sacello divae Catha-
rinae (sub turri australi cathedralis ecclesiae) interessent; ut non
tantum inhumanioribus 1 itt eris, sed et theo log i < :is studiig
periculum fieret ac tarn saeculares, quam religiosi seu mo-
nachi examinis censuram subirent. [Kerssenbroick in Catalog. epis-
copor. Monaster. apud Kock. 1. c. III, 101]. Sodann ward Gropper's u.
Canisius' Catechismus gefragt. [Hamelm. p. 1297.] Früher, wo die Sy-
noden den Geistlichen die nöthigsten Unterweisungen gaben, wurde, wie
der Bericht und die Urkunden [vgl. Urk. d. J. 1275, W. U. B. III, 960
cf. 672] besagen, einfach de literatura et de cantu*] examinirt, der
:
•) Selbst die Küster und Lauteküster (campanarii) sollten literati «ein.
ut cum plebano cantare valeant tempore oportnno (Urk. d. J. 1315 bei Nie-
eert. Beitr. z. U. B. I, I, 38) also den Text zu lesen verstanden ; nnd als mit dem
Ausgange de» Mittelalters die Orgel (Vgl. Nord hoff im Organ f. cbristl. Kunst
XVII, 181, XVIII. 53; Wiens, Beitr. zur Gesch. des Münsteriacben Schulwesen«
[18391 I, HO, 120) und mit ihr das (deutsche) Kirchenlied (Vgl. Hölscher, das
deutsche Kirchenlied vor der Reformation 1848, Ii offmann, Gesch. des deutschen
Kirchenliedes A.'., 1854) offenbar auf Kosten des cantns choralis immer mehr Bo-
den gewannen, sollten, so laut Statut d. J. 1713, Küster wie Geistliche nicht eher
tu der Abhaltung dos Gottesdienstes mitwirken, als bis sie sich über ihre Fähig-
keiten hinsichtlich des Chorgesanges ausgewiesen hätten, Küster und Lehrer aber,
so Jaut Statut des J. 1769, keine Art Musik machen in conviviis nuptialibus aliis-
ve hilaritatibus (statuta synodalia diocesiB Monaateriensis ... ed. C. F. K r a b b •
1849. p. 22, 23, 248.)
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- 58 -
Münsterische Humanismus mit seinem gefeierten Mit-
telpunkte, Rudolf von Langen, eine Erscheinung, die auf
Unterricht vom Scholaster und seinen Nebenconrectoren besorgt, und
wenn dabei schon im Hochmittelalter auf Kenntnisse so wenig ge-
sehen wurde, dass ein Küster Bilo zu Herzfeld zum Priester geweiht
werden konnte [Vita s. Idae in Mon. Germ. Hist. II , 557], bo
wurde die Unwissenheit des Curat- und Ordensklerus im Spätmittel«
alter, wie anderwärts [Hoff mann, a. a. 0. S, 151] so auch hier
Gegenstand der Klage [Urk. Bischof Otto's d. J. 1393 bei Niese rt
U. S. IV, 10, 11; P arm et S. 47] und ein wankendes Fundament
für die religiösen Erschütterungen der Neuzeit. — Die Aspiranten
des Domcapitels hatten höhere Studien zu machen und genossen
den Unterricht der Domschule nur so weit, dass sie mit Nutzen die
auswärtigen Universitäten besuchen konnten. [Kindlinger, im
Intelligenzblatte des Serapeums 1866 S. 137]. Nachdem diese Ge-
wohnheit wieder in Verfall geraten, erliessen Dechant und Kapitel
1303 das Statut, wornach Keiner ins Kapitel aufzunehmen sei, der
nicht volle 20 Jahre erreicht und eine hohe Schule in Frankreich
und Italien, namentlich jene zu Bologna oder Paris [im 17. Jahr-
hundert laut ungedruckten Urkunden auch Pont-a-Mousson] besucht
habe — und erneuerten es unter Bestätigung des Bischofs Hey-
denrik wieder 1387. Fünf Jahre später schärften sie mit Zustim-
mung des Bischofs Otto eine andere alte Satzung ein, quod ecclesia
Monasteriensis a personis nobilibus vel saltcm ex militari ab utro-
que parente prosapia ac thoro legitimo proereatis aut in sacra
theologia seu jure canonico vel civili graduatis, quorura
potentia et industria ac consanguineorura et amicorum assistentia
a malignorura insultibus defendi valeat ac tueri, regi debeat et
gubernari. [Die drei Urkk. bei Nieser t, U. S. VII, 283, 353, 356].
Diese Satzungen galten im Kern bis über die Wiedertäuferzeit
hinaus, wie Kerssenbrock S. 84 bezeugt: „Jene [die vornehmere
Clerisei] besteht aus vierzig Canonicis der Kathedralkirche, welche
man gemeinlich Domherren nennet. Diese nehmen keinen unter sich
auf, dem in Ansehung seiner Geburt ein Flecken anhängt. Er muss
rittermässiger Geburt und sowol von väter- als mütterlicher Seite
wenigstens vier Ahnen aufweisen können, welche überdem als sehr
tugendhafte und gelehrte Personen bekannt sein müssen. Und
da diesen gleichsam durch ein Erbrecht die Verwaltung des Bis-
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- 59 —
die Bildungsweise der spätem Zeit einen nachhaltigen Ein-
fluss nahm und als ein Glanzpunkt der vaterländischen
thums während der Erledigung des bischöflichen Stuhles zustehet
und diese allein das Recht haben, einen Bischof zu wählen, so
machen sie billig die vornehmste Classe der Geistlichkeit aus. In
Ansehung ihrer Abstammung wird die genauste Untersuchung an-
gestellt. Denn hier glaubt man Einem nicht darum bloss, weil er
ein Edelman ist, sondern man erkundigt sich bei alten und glaub-
würdigen Edelleuten; und deren eidlichen Versicherung misst man
in diesem Stücke .Glauben bei. Auch kann Niemand in diese so
ansehnliche Gesellschaft aufgenommen werden, der nicht zuvor, nach
den besondern Statuten dieses Stifts, auf einer Italienischen Uni-
versität Studirens halber einige hundert Kronenthaler verzehret hat.
Dies ist die Ursache, dass die mehrsten von diesen Orden an Ge-
lehrsamkeit, leutseligem Wesen und feinen Sitten die Uebrigen
übertreffen". S. 85. Der Domscholaster vertheidigt nicht nur die
Hechte der öffentlichen Schule und hat die Aufsicht über die
Jugend, sondern hat auch den jungen Canonicis zu befehlen, welche
er zu gehöriger Zeit aus seiner Gewalt lässt [emancipirt] und den
Gesetzen des Capitels unterwirft, wovon jene schöne Feierlichkeit
der Entlassung [Emancipation] ihren Ursprung hat". — Kehren wir
zur Examinationsordnung des Bischofs Wilhelm zurück, so konnten
sich die Absichten derselben vorerst noch schwer verwirklichen;
denn wenn auch die humanistischen Studien als profane religiös
gleichgültig wirkten, so waren von der Wiedertäuferei , welche
durch die Schule und den deutschen Gesang [M. G. Q. II, 47, 128,
132, III, 234] auf die Jugend und durch diese auf das Volk wirkte,
vielleicht noch manche Herzen gewonnen, die elendesten Winkelschulen
aufgekommen und nachdem 1533 im Minoritenkloster auf Stadtskosten
eine evangelische errichtet u. unter den Wiedertäufern eingegangen war,
(König, Münst. Prgr. 1821 S. 144) mit Ausnahme der Paulina, die latei-
nischen Schulen ihres einheitlichen confessionellen Charakters so gut
wie baar [W iens a. a. 0. 1, 102 ff] ja als wäre am Dome keine Theologie
mehr gelehrt oder gelernt — ein Nachfolger Wilhelms, Johan von Hoya,
führt in Hinblick auf die varias erroneas et orthodoxae religionis
contrarias . . . opiniones 1572 den Tridentinischen Katechismus ein
und das namentlich aus folgendem Grunde : Causam vero huius mali
inde vel maxime profluxisse adverterimus, quod rudibus et indoctis
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— 60 —
Geschichte, wie kein anderer, ron den Historikern immer
Ton Nenem, fast von Jahrzehnt zu Jahrzehnt, mit höchstem
plerumque pastoribus certa et aperta ehristianae veritatia articulo-
nnn breviteT comprehensa, ac typis diralgata methodus . . . ubique
fere defnerit, et hoc qtddem per incuriam eorum, qui licet in specula
vigilantiae episcopalis constituti faerant, hisce tarnen malis inexcu-
sabili torpore obdormienmt. [ap. Strunck. Aanal. Paderb. III, 412].
Die Wogen der Reformation folgten sich in der Stadt und aof dem
Lande in immer wieder erneuerten Schlägen, das beweisen manche
Thatiacheu. — Da wurden von der katholischen Partei die Jesuiten
berufen: Das Volk sollte durch die Geistlichkeit unterrichtet und
wiedergewonnen und die Geistlichen erzogen und theologisch gehö-
rig gebildet werden, eine kleine Zahl konnte 1581 in dem aus einem
Vermächtniss gegründeten Kridt'schen Seminar [A. Krabbe in der
Zeitschrift XX, 142] Aufnahme finden. Die Jesuiten erhielten die
Domschule, obgleich sie an Frequenz nnd hamanistischen Lehrern
immer noch blühte [Sökeland, in Münster. GymnasialprogTamm
1825/26 S. 59, 60. Vgl. vorher S. 42] und den Tageswirren ferner
stand, und neben derselben eine theologische Lehranstalt [C. Krabbe,
Gesch. Nachrichten über d. höh. Lehranstalten in Münster 1852
S. 116, 225]. Von einem Examen in humanioribus litteris ist fort-
ab keine Rede mehr: der angehende Geistliche hat sich auf die
praktische Seelsorge vorzubereiten, studia statui suo conformia zu
betreiben [DecTet. a. 1694 22 3 ap. Kock L c. IV, 179] und sich
darin durch das Examen pro cura auszuweisen. Dies und die Syno-
daleiaminatoren werden ein Hauptaugenmerk der höhern geistlichen
Verordnungen, so 1655, 1660, 1747, 1798 [C. Krabbe , Statuta
Synodalia p. 76, 207, 77, 126] — im Ganzen ist der theologische
Studienkreis gegen früher fachwisseuschaftlicher umgrenzt. Die
Schulen der Jesuiten waren zunächst ihrer Aufgabe im Sinne ihrer
Partei gerecht geworden; wenn indess höhere Schulen, welche von
Anfang an mehr die humanistischen Bildungsmittel und eine nach
bewährten Schalen eingerichtete Disciplin [wie Steinfurt nach jener
Sturms zu Strassburg, Döring a. a. 0. S. M vermerkt mehrere in
Westfalen nach ihren Vorbildern] handhabten, im Verlaufe der Zeit
mehr vegetirten als blühten, so erregt es kein Aufsehen, wenn vor
mehr als hundert Jahren dem weitschauenden Münsterischen Minister
Fürstenberg im Lichte anderer wichtiger Zeit- und Bildungsfortschritte
— 61 -
Lobe den Epigonen in Erinnerung gebracht wurde. Wie
viel Schönes ja Begeistertes hatten nicht schon Trittenheim,
beide Bildungsanstalten der Jesuiten der Neugestaltung durchaus
bedürftig erschienen. [Sökcland, Münster. Gymnasial-Programm
1827/28 S. 10, 38]. War doch am Gymnasium das Deutsche in den
Hintergrund gedrängt, die Mathematik verboten , Geschichte und
Geographie, weil nach Frage und Antwort abgehandelt, ihres Reizes
und Geistes baar, und das Griechische gegenüber dem Latein nur
zu sehr vernachlässigt. [Sökeland, a. a. 0. S. 14, 13 Programm
1827/28 S. 9, 10] , von dem in der Humanistenschule gelehrten
Hebräischen [Kerssenbroi ck S. 90] keine Rede mehr. Dagegen
war erfolgreich in den Schauspielen, worin sich die Jesuiten auch
sonst hervorthaten [Well er, im Serapeum XXV, 174 ff, Wiens,
a. a. 0. I, IX f.] die äussere Politur der Zöglinge, im Lateinischen
die Redegewandtheit angestrebt. [Sökeland, a. a. 0. 1825/26
S. 8 f, J 826/27 S. 44]. — Wie Vieles am theologischen Unterricht
fehlte, ersieht man an den Veränderungen, denen auch er von
Fürstenberg unterworfen wurden. Den »Grundstein der ganzen Bil-
dung, das Gymnasium", verbreiterte er mit neuen, freilich im heutigen
Auge noch theilweise ungeläuterten Bildungsmitteln und stützte ihn
mit jungen, fähigen Lehrkräften : der Lehrer der Gottesgelehrtheit
sollte in „das ganze angenommene System der Bildung passen", die
theologische Facultät durch die Schöpfung einer vollständigen Uni-
versität gehoben und diese , damit sie, ungehemmt von den alten
Misständen, ihre neue Aufgabe löse, ursprünglich sogar anderswohin
[Coesfeld] verlegt werden [Soekeland Progr. 1827/28 S. 36.] „In
der Religions- und Sittenlehre lassen sich keine neue Entdeckungen
machen* 4 ; daher sollte die Theologie von den scholastischen Hypo-
thesen befreit, die Kirchengeschichte als reine geistvolle Disciplin
auch geistvoll behandelt werden, der Theologe auch in andere Hülfs-
wissenschaften, besonders in der [rein idealen] Mathematik arbeiten
und eine Prüfung bestehen [Esser a. a. 0. II, 35—40; Söke-
land a. a. 0. S. 77]. Die Aufhebung des Jesuitenordens und an-
derer Klöster bereiteten dem grossen Manne die hinreichenden Geld-
mittel und den geschickt benutzten Boden, um die Bildung von
unten auf mit Lehrmitteln und Kräften, formal und materiel, in der
Art zu fördern, dass Münster schon bald an den regen Geistesar-
beiten des Gcsammtvaterlandes Theil nehmen konnte. Selbst die
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— 62 —
Witte, Hegius, Buschiiis, Murmellius und andere Zeitge-
nossen von Langen und Münster gesagt und gesungen!
Es fand Nachklang bei den gelehrtesten und besten Män-
nern des In- und Auslandes, so noch im 16. Jahrhunderte
in verschiedenen Schriften Haraelmanns und des diesem
gefolgten David Chyträus sowie bei Heinrich Pantaleon, im
siebzehnten bei Heinrich von Hövel , Melchior Adamus,
Gerhard Vossius und Albert Fabricius*).
Den diesseitigen Ruhm Westfalens vertraten ferner
Herman von Kerssenbrock, indem er in der Wiedertäufer-
geschichte 1573 den Ruf der Domschule und Langens
Bibliothek und Epitaph vermerkt (Deutsche Ausgabe 1771
S. 31, 90, 511), der Osnabrücker Domann, mit seinem
Klöster mussten nach seiner „Verordnung was und wie die Mönche
studieren sollen" daran Theil und neue Bildungskeime aufnehmen
[Esser II, 137], doch nur die Observanten, Conventualen nnd Bene-
dictiner [Liesborn] folgten; für alle Mönche, welche Seelsorge üben
wollten, erneuerte er die vom Bischof Wilhelm von Kettler erlassene
nnd später [1655, 1(570] wiederholte Satzung [Krabbe, Statuta
Synodal, p. 78, 79] dass sie vor den Synodal-Examinatoren ein ge"
nügendes Examen zu bestehen hätten [Sammlung der Gesetze und
Verordnungen I, 231]. Das frühere Ueberwasserkloster wurde in ein
geistliches Seminar verwandelt ; doch währte es bis in die zwanziger
Jahre dieses Jahrhunderts, bevor es allen Theologen Aufnahme bie-
ten konnte.
*) Die genauem Zet- und Literaturangaben finden sich bei
P arm et a. a. 0. S. 1—10, wo indess S. 3, Note 2 von dem [1586]
1590 zuerst erschienenen [cf. Graesse, Tresor I, 154] Chytraei
Chronicon Saxoniae nur eine unbestimmte Ausgabe . . . Lipsiae s.
a. imp. Henningi Grossi angeführt wird, und S. 10, N. 3. Die An-
gabe . . . „Fab licii . . . Bibliothcca Latina med iae et infimae aeta-
tis cum suppleroento Christiani Schoettgenii. Editio prima Italica
[Petavii 1754] . . . Erschien zuerst zu Hamburg 1679" dahin mit
Ruland a. a. 0. V, 429 zu corrigiren ist, dass die Biblioth. Latina
zuerst 1697, die Bibl. Lat. med. et infini. latinitatis in sechs Oc-
tavbänden 1734—46 zu Hamburg herauskam.
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— 63 —
•
Apologeticus*) 1591 Sig. E. 3 sq., und zwar in der
besondern Absicht, um die Quatuor de Westphalia Episto-
lae, welche Justus Lipsius 1586 „in einer Anwandlung
von Hypochondrie* zur Schmähung Westfalens oder viel-
mehr Oldenburgs an verschiedene Gelehrte gerichtet,
zu widerlegen — sodann im 17. Jahrhundert 1616 die
Paderborner Jesuiten oder vielmehr deren Ordensgenossen
Johannes Horrion, mit dem zu Paderborn erschienen Pane-
gyricus **), indem lib. I, c. 4 — 6 namentlich der geschicht-
*) Joannis Doraanni Pro. Westphalia Ad. C. V Justum Lipsium
Apologeticus. Helmaestadii In illustri Julia Acaderaiä | Ex officina
Jacobi Lucij Anno 1591 4° ohne Seiten- und Blattzahlen, jedoch
mit Signaturen. Nachstehend werden noch zwei andere Ausgaben
[Abdrücke] des Apologeticus und ebenso die Fundorte der Briefe des
Lipsius genannt werden.
**) Panegyricus die natali Thedorianae Academiae Paderbor-
nensis Reverendissimo atqt IUustrissirao Principi ac Domino Theo-
dore Episcopo Ecclesiae Paderbornensis S. R. J. Principi Fundatoris
eins Munificentissimo a Collegio academico Societatis Jesn oblatus
& in tres libros divisus, in quo de Westphaliae ac Paderbornae rebus
non pauca e veteri recentique memoria ad ernditionem juventutis
in loco di3seruntur. Paderbornae. Ex officino & typis Matthaei
Pontani. Anno 1616. 4°. Seibertz, Westföl. Beitr. zur deutschen
Geschichte 1819—23 II , 68 nennt bloss die Ausgabe des J. 1672
und den Domherrn Christian Theodor von Plettenberg als ihren
Herausgeber. — B essen a. a. 0. II, 153 und Bade in der Zeit-
schrift X, 107 kennen dies „schöne" für die Paderbornische Geschichte
sehr wichtige Werk nur in den Ausgaben von 1616 und der Elze-
virschen von 1672, letzterer gibt auch einige Lebensnachrichten über
den Verfasser. Eine dritte Ausgabe erschien 1714 nach dem Titel-
kupfer der Mon. Paderb. 1713 zu Lemgo, diese ist, wie die zweite
1672, wenigstens mit der gleichzeitigen und in derselben Officin
gedruckten Ausgabe der Monum. Paderb. nach den mir vorliegenden
Exemplaren verbunden. Beide haben, wie die erste, Quartgrösse und
drei dieser fehlende Kupfern : 1. einen Titelkupfer. 2. das Bildniss
des Bischofs Theodor von Fürstenberg, 3. eine vogelperspectivische
Ansicht des Collegiums und Gymnasiums zu Paderborn. Die Titel
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— 64 —
liehe Beweis erbracht wurde, Humaniores litteras in Ger-
mania praeeipuo Westphalorum studio refloruisse, — ferner
der zweiten and dritten Ausgabe prangen im grossen Titelkupfer
auf einer Fahne , welche oben von einer Posanne herabwallt, die
ein schwebender Engel bläst. Die beiden letzten Aasgaben zeigen
den auf die Fahne beschränkten Titel verkürzt um die Worte in
quo . . . disse runter , und erweitert am editio altera, beziehungs-
weise editio tertia, sie zeigen im Texte mit dem Titel drei Kapfern,
das Porträt des Bischofs Theodor von Fürstenberg und eine vogel-
perspectivische Ansicht des Jesuitencollegs nnd des Gymnasiums zu
Paderborn, unten am Titelkupfer die Inschrift L. Visscher sc., am
antern Bande der Ansicht J. 6. Budolphi deL sonst dieselben
Gegenstände und Grösse in den entsprechenden Bildern ; nur da-
durch unterscheiden sich diese, dass die der letzten Ausgabe nicht
so fein in Licht nnd Schatten abgestimmt, also unklarer erscheinen,
wie jene der editio altera , dass der Kupfer mit der vogelperspec-
tivischen Ansicht am obem Rande die Schrift in Panegjrico Pag.
123 enthält, welche jener der editio altera fehlt, and dass im Titel,
wo sonst Worte nnd Zeilen genau übereinstimmen , statt editio
Altera editio tertia und dies letzte Wort eine steifere Schrift ver-
rät, als der übrige Theil des Titels. Man hat also die Kupfern der
Altera noch einmal für die Tertia verwandt, sie jedoch mit den ab-
weichenden Inschriften ein wenig umgestaltet Der im Titelkupfer
genannte Künstler bildet mit seinen Brüdern Cornelis und Jan ein
berühmtes Künstlerkleeblatt; er, Lambert wurde 1634 zu Amsterdam
geboren, lebte and starb in Rom und hinterliess dort Proben be-
deutender Kunstfertigkeit im Kupferstich, sowohl Porträts als Historie,
nach Pietro di Cortona, Vanloo etc., [Müllers, Künstler aller
Zeiten und Völker III, 798]. — J. Georg Rudolphi, ein geschickter
Maler und Nebenbuhler des C. Fabricius, welcher 1664—1666 für
das Residenzschloss Neuhaus die vorzüglichsten Landschaften und
Vedüten des Fürstenthums an Ort und Stelle in verschiedener Grösse
auf Leinwand ausführte , stammte aus Brakel, wo er auch 1693
starb and zeichnete die Denkmäler, wornach die Kupferstiche in den
Monumenti8 PaderbornenBibus gearbeitet sind. Man findet von ihm
in verschiedenen Kirchen des Hochstifts grosse historische Altar-
bilder von geschickter Composition nnd richtiger Färbung, welche
durch die Länge der Zeit nicht gelitten haben. Selbst den kleinen
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— 65 —
Johannes Beerschwort 1624 im Westphälisch , Adelich
Stammbuch , und 1655 Johannes Hobbeling , beide in
kurzen Worten*). Bernard von Mallincrodt hatte schon
1639 in seinem Buche über die Typographie**), wo er die
erste Münsterische Presse mit Deventer und der dortigen
Schule verbindet , unter den ehrendsten Schlagworten für
den Dichter, den Druckort und Jahr der Langenschen
Carmina zuerst und ganz richtig vermerkt und als Ge-
Stücken an den Beichtstühlen der hiesigen [Paderborner] Univer-
sitätskirche versagen Kenner ihren Beifall nicht. So B essen a.
a. 0. U f 243. Er fügt anmerkungsweise bei eine Notiz des Bra-
kelcr Todtenre^risters : 30. Aprilis 1693 obiit J. Georg. Rudolphi
caelebs, insignis pictor. In magna gratia fuit apud prineipes. —
Künstler wie Rudolphi und Fabricius verdienen in der Special-
geschichte um so mehr einen Platz, als sie nicht bloss flüchtigen
Werken, wie dem erwähnten von Müller, sondern selbst dem Nagler-
schen Künstlerlexicon entgangen sind.
*) Hobbeling a. a. 0. S. 56 und Beerschwort daselbst
S. 441.
**) Bernardus a Mallincrodt, De ortu et progressu Artis Ty-
pographicae . . . Coloniae Agrippinae, apud Joan. Kinchium 1639,
4° p. 81, 88, 89: „Monasterij Joannes Limburgus anno 1486 im-
pressit Rudolphi Langij, nobilis Westphali et Monasteriensis Cano-
nici primi inter Germanos post expulsam barbariem poetae Carmina.
lato enim elogio a Chytraeo aliisque insignitur". Der Catalogus •
librorum Bibliothecae selectae Mallinckrotianac cum indice, qui per
Mich. Andr. Fuhrmannum bibliop. Osnabrug. etc. publica auetione
lege consueta distrahentur Monasterii Westphalorum in aedibus dni
Ernesti Oenopolae foro adjacentibus die 19. Aug. MDCCXX. hora
2da pomeridiana cum continuatione usque ad finem. — Monaste-
rii Westphaliae : Typis Nacelianis 1720 umfasst mit dem Index
400 Octavblätter und durchschnittlich auf jeder Seite 10-15 Num-
mern und diente Nies er t nicht nur zur Vervollständigung des
Materials für die Buchdruckergeschichte Münsters [vgl. seine Bei-
träge S. VI] sondern auch mit Mallincrodts Schriften zum Gegen-
stande einer besondern Abhandlung in W. Grote's Jahrbuch Jahr-
gang 2.
5
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— 66 —
Schichtsquelle verwerthet; Hobbeling und andere nahmen
jedoch auf das Typographische weniger, als auf das Bio-
graphische oder, wie Schaten, irrig Rücksicht.
1668 veröffentlichte Johannes Goes zur allgemeinen
Kunde Westfalens die schätzbare Sammlung Opuscula va-
ria de Westphalia *), und wenn darin überhaupt die Ver-
dienste des Landes ans Licht treten sollten, so ragten doch
besonders jene der neuern Gelehrten und gelegentlich unter
diesen wieder Langen und seine Umgebung hervor. Seiner
gedenken Joh. And. Quenstedt **) , 1678 G. M. König
und 1693 erschienen aus den von Fürstenberg gesammelten
Materialien die Annales Paderbornenses von dem
1676 verstorbenen münsterländischen Jesuiten Nicolaus
Schaten und machten nicht nur auf Langen und dessen
Dichtungen (edit. alt. II, 515, 540, 543, 548) sondern
auch auf deren Druckort- und Jahr, wenn auch irrthüm-
lich zum J. 1491 (ib. II, 540), aufmerksam***).
*) Opuscula varia de Westphalia, ejusque doctis aliquot
viris edita et notis illustrata a Johanne Goes Westphalo. Helme-
stadii, Typis & sumptibus Hcnningi Mulleri Acad. Typ. Anno 1668,
4°. I. Die erwähnte Chytraei oratio p. 1 — 23, III, Herrn. Hamel-
manni de vita, studiis . . . Herrn. Buschii . . . narratio. p. 29 — 75,
V. J. Lipsii quatuor de Westphalia epistolae p. 87 — 93. VI. Joh.
Domanni . . . apologeticus p. 93 — 129. VII. Justi Lipsii quatuor
de Westphalia epistolarum aliqualis excusatio p. 129 — 136. VIII.
Nathanis Chytraei oratio [1578] de vita et obitu Arnoldi Burenii
Westphali p. 136 — 166. IX. Joh. Caselii ad Joh. Reccium epistola,
in qua laudat aliquot viros non vulgari doctrina praeditos nationis
Westphaliae. X. Johan. Goes Westphali ad Dav. Chytraei de West-
phalia orationem annotata p. 185 — 193. XIV. Rein. Reineccii de
vita sua ad Henr. Meibomium narratio p. 224—228. . . .
**) Quenstedt, Dialogus de patr. ill. doctrina et scriptis viror.
E*, 1691 p. 204 G. M. Kon ig ins Biblioth. vet. et nova p. 457.
***) Kock, der ihm Series episc. Mon., Monast. Typis Aul.
Koerdinck 1801 , II, 236, 244, 247, 253 hierin, sogar in den lrr-
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— 67 -
Im 18. Jahrhundert skizzirt zunächst Rollius die Me-
rita Westphalorum in Academiam Rostochiensem delineata
1707*), und allgemein, wie er sich verbreitet, scheint er
durchblicken zu lassen, dass er die Leistungen der West-
falen denen irgend eines andern Landes gleich, wenn nicht
noch höher stellen möchte, indess der Münsterische Chro-
nist Corfeij f 1733, noch zum Theil nach Chyträus Chro-
thümern folgt, also wohl selbst nie ein Exemplar Langenscher
Gedichte gesehen hat, obwol er sonst ältere Drucke und deren Fund-
ort beachtet cf. II, 235, 262, 264, fügt II, 253 noch weitere, selbst-
gewonnene Bemerkungen über Langens Bemühungen um die Mün-
sterische Domschule hinzu, ja er erkennt auch die von ihm an den
Domaltar geschenkte Statue der h. Agnes (Parmet S. 141) III,
212. Ueber Schaten vgl. v. Steinen a. a. 0 S. 7, 16, 71, 124.
Rosenmeyer in Tross Westphalia 1821) Heft I, 49, IV, 16. B.
Sökeland, Programm 1825—26 S. 107-113. Bade a. a. 0. X,
109, 110. Es sei hier vom Charakter seiner Historiographie abge-
sehen und hinsichtlich seines Geburtsortes, als welcher Nienborg
oder Heek gilt, bemerkt, dass laut Urkunden eines Privatarchivs
ein Nicolaus von Schaten 1514 und 1527 unter den Burgmän-
ncrn zu Nienborg, ein Clawes von Schaten 1539 als Bürger und
1554 zugleich als Kurgenosse des Burgerichts zu Nienborg vorkom-
men und der Geschichtsschreiber von diesen, zumal er einfach Scha-
ten schreibt, in einer Nebenlinie des benachbarten Nienborg ab-
stammen wird. 1597 war alhir zu Munster in pfortener für der
Horster pforten, Herman von Schaten genandt (Münst. G. Q. III,
129), ohne Zweifel auch ein Spross des nunmehr entarteten Burg-
mannsgeschlechtes.
*) Merita Westphalomm in Academiam Rostochiensem deli-
neata (...) Die April. Anno MDCCVII publice Eruditorum Cen-
surae exposita abs autore Keinh. Hen. Rollio, Unna- Westphalo,
Rostochii . . . (1707) Vgl. A. Heu mann, Biblioth. histor. acad.
p. 181. Rollius legte auch als Rector in Dortmund die Feder
nicht bei Seite. Vgl. Nova literaria Westphaliae I, 109, 80, 104.
Döring S. 13.
5*
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— 68 —
nicon doch eingehender , wie Kerßenbrock die Schule y
Schüler und das Epitaphium Langens beachtet *).
In dieser langen Reihe von Schriftstellern beanspruchen
nur die ältesten Trittenheim. Hamelmann und in gewissem
Grade noch Chyträus einen originalen, einen Quellenwerth
für ihre diesbezüglichen Nachrichten, fast alle übrigen bis
ins 18. Jahrhundert stützen , wie ein Vergleich oder die
eigenen Worte verraten , dieselben sogar in den Stellen,
welche das Literarische betreffen, wesentlich entweder auf
Trittenheim **) oder auf Chyträus ***) ; jenem folgen mehr
die Süddeutschen , diesem die Norddeutschen : ein Mallin-
crodt nicht ausgenommen , der doch sonst auf Langens
Gedichte als eine reale Quelle Rücksicht nahm, Hobbeling
selbst , obgleich er den reichen Sammelband der Paulina
mit den meisten Gedichten des Haupthumanisten besass.
Senaten lagen jedenfalls ausser den Gedichten, die er aller-
dings falsch datirt also vielleicht nur in Handschrift oder
defectem Drucke benutzte; mehrfache Berichte über Langen
und dessen Schule vor , doch anscheinend nicht jene des
Chyträus, da er diesen nie citirt.
*) In den Ii G. Q. herausg von Jansen III, XII, 323,
324. Inmitten einer ausreichenden Bibliothek würde man wahr-
scheinlich unter den Schriften von Ol. Borrichius , Gerhardus
Noviomagu8, Christ. Hendreich, Jac Perizonius, Job. Burchard u.
A., denen Jac. Burckhard Zeugnisse für die Vita H. Buschii (vgl.
Seite 70) solche finden, welche den Münsterischen Humanismus all-
gemein berühren.
**) So Pantaleon, Gerhard Vossius, theilweise sogar noch Fa-
bricius vgl. Parmet a. a. 0. S. 9, 10. Quenstedt 1. c. dem Gesner.
***) Auf dessen Chronicon oder wohl auch auf die Oratio de
Westphalia so Adamus (Parmet S. 6), Domann 1. c. Signatur D 3,
E 3, der Paderborner Pannegyricus, editio alt. p. 8—14, Hobbeling
und Beerschwort L c. S. 56, 441, Mallincrodt L c. p. 88. — Hövel
konnte über Langens Carmina selbständig referiren, das Epitaph
auch ebenso wie Beerschwort schon aus Kerßenbrocks Historia ana-
baptistici furoris 1. c. kennen.
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— 69 —
Eine solche Berücksichtigung des hiesigen Humanis-
mus konnte nur auf allgemeine Lobpreisungen und sach-
lich höchstens auf die eine oder andere biographische und
literarische Angabe hinauslaufen, sie konnte nur flüchtig
und aphoristisch sein , weil die Quellen bei Chyträus und
und noch mehr bei Trittenheim dürftig flössen, wenigstens
im Vergleich zu den Quellen, welche Hamelmann hinter-
lassen hatte. Und dass diese so wenig ausgebeutet wurden,
zeugt einmal für die Seltenheit seiner Handschriften und
zweitens für die Oberflächlichkeit, mit der man eine be-
deutende geschichtliche Erscheinung behandelte, ohne sich
nach den reichern mittelbaren und unmittelbaren Quellen
umzusehen. Doch hatte Goes Sammlung schon dem wei-
tergreifenden Studium willkommenes Material geboten; da
erschienen mit dem allgemeinen Eindringen geschichtlichen
Interesses und tieferer, sachlicher Forschung, freilich feh-
lerhaft genug, jene Quellenschriften, welche entweder nur
im Manuscript oder in so seltenen Drucken vorlagen, dass
sie, wie heute den Bibliographen (G r a esse), so lange Zeit
hindurch den Gelehrten kaum bekannt waren, nämlich:
Hermanni Hamelmanni . . . opera genealogicc-historica, de
Westphalia et Saxonia inferiore .... partim ex manu-
scriptis authoris hactenus ineditis ex augusta Guelpherbytana
bibliotheca communicatis partim ex aliis eius separatina
quondam publicatis opusculis ... ab Ernesto Casim. Was-
serbach JCto . . . Lemgoviae ... 1711 im Druck mit
andern der Westfalen Lob verkündenden Arbeiten *). Sie
*) Ueber den Werth dieser Schriften nnd die Mangelhaftigkeit
ihres Abdruckes vgl. Cornelius in den M. G. Q. II. XXIX ff
Die zahlreichen historischen Arbeiten zur politischen, kirchlichen
und gelehrten Geschichte Westfalens sind im Eingange der Opera
chronologisch aufgezählt ; besondere Beachtung verdienen hier die De
qnibusdam Westphaliae viris scientia claris, qui explosa barbarie,
puritatem Romanae linguae toti Gennaniae attulerunt, oratio, quae
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- 70 —
rerbieiteten ein bis dabin unbekanntes oder doch verbor-
goes licht öber ::- kzAlz.z-. V^rr^^ir^r-ri "ir.d A'.:>-
fernsten Gegenden, ne gaben den Gnmd und Anstoss, diese
merkwürdige Geistesrichtung vom Einzelnen zum Ganzen,
und Tom Ganzen wieder ins Einzelne weiter zu überschauen
und ferner! iegende . mittelbare Quellen zur weiteren Auf-
hellung heranzuziehen, mit einem Worte historisch zu ver-
fahren. Kaum drei Jahre waren nach dem Erscheinen der
Hamelmannschen Werke verflossen, da konnte der Wolfen-
butteler Bibliothekar, Jakob Burkhard schon mehrere auf
ernstem Studium und achtungswerter Akribie beruhende
Proben zur Losung solcher Aufgaben ans Licht treten lassen.
etiam laudem Wegtphalorum oontinet (15*>3 p. 85—130, Oratio de
Rodolpho Langio. riro nobili . . . primo per Germaniarn po£ta et
restauratore latinae linguae in Westphalia . . . 1580 p. 257—278.
De rita, studiis , itineribus scrii-tis et laboribus Hermanni Buschü»
nobili« WestphalL V. Cl. p. 279—312. Oratio rel relatio historica,
qnomodo hominibus Westphalis potissimnm debeatnr et asseriben-
dum sit, qnod lingna latina et politiores artes per Germaniarn sint
restitutae . . . p. 315 — 340. Jnsti Lipsii .... quatuor jocosae de
Westfalia epistolae . . . . p. 1379-1382, Apologia Herni. Hamel-
manni .... contra rirulentas Justi Lipsii calnmnias et injurias
p. 1382—1408 lant p. 1386 gesehrieben, wie der Apologeticus Do-
rnanns (rgL Seite 64), also unabhängig Ton ihm 1591 ; die Apologia
altera, welche auf den Glanz des Humanismus und nach Chytraens'
Oratio p. 1425 auf die soli nbertas hinweist p. 1409—1432, Joh.
Domanni . . . Apologeticus p. 1432—1460, Justi Lipsii quatuor de
Westfalia epistolarum aliqualis eicusatio 1592 p. 1461 — 1464. Von
diesen waren die Oratio de Rodolpho Langio, — die Oratio vel re-
latio . . . schon 1580 Lemgo viae (Excudebat Barthol. Schlottenius,
Opera p. 257. 315) und ebenso 1587 die Historia ecclesiastica renati
erangelii per inferiorem Saxoniam et Westphaliam (Bibliotheca A.
B. J. Buenemanni Hann. [1775] I, 173 No. 2378) gedruckt, zählten
jedoch so sehr „inter rariora", dass selbst Wasserbach (Opera p. 765)
von der Drucklegung des letzteren Stückes kaum Kunde hatte.
Strahlungen des
Human Widos bis in die
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- 71 —
Zunächst behandelt er in den De linguae latinae in
Germania per XVII saecula amplius fatis commentarü
Hannoverae 1713 (568 SS.) S. 8 die Frage : Langius
primus inter Germanos latinus poeta t exaeta latinitatis cog-
nitione excellens , quam praeclare Germaniam demeruerit t
sodann räumt er S. 19 — 23 in der Westphalia felicissima
barbariei victrix sive de Westphalorum praeclaris erga
restituendas XV. et XVI. saeculis in Germania litteras oratio,
die er noch als Professor der Beredsamkeit am Gymnasium
zu Hildburghausen für den Gymnasiasten Michael Anton
Lühner schrieb, und 1719 daselbst in 4° edirte, dem Langen
einen besondern Platz ein *) ; genauer noch auf Münsters
humanistische Bedeutung und Langens Verdienste einzuge-
hen nöthigte ihn der Stoff einer 1719 zu Frankfurt a. M.
erschienenen vierten Schrift Hermanni Buschii . . . Valium
Huraanitatis ... et ... de Auctoris vita 1719, Langens
bahnbrechenden Bestrebungen I, 65 — 77 knapp jedoch weit
charakteristischer, wie seine Vorgänger zu skizziren —
kurzum , indem Burckhard an solche Aufgaben mit weit-
schichtigen Mitteln herantrat und sie kritisch benutzte,
wurde er der Pionier jener allgemeinern und specielleren
Literatur, welche von der Mitte des vorigen Jahrhunderts
an den Humanismus und namentlich auch den Münsteri-
schen immer eingehender und wahrer gewürdigt hat**).
*) Diese Angaben macht Unland a. a. 0. V, 429, die Lite-
ratur Burckhards noch dahin vervollständigend, dass zu den Com-
mentarü ein zweiter Band : De linguae latinae, quibus in Ger-
mania per XVII saecula amplius usa ca est, fatis novi plane, quibus
priores illustrantur partim supplentur commentarü. Wolfenbutteli
1721. 602 SS. und 5 Bogen Index über beide Bände kam.
**) Hinsichtlich der diesseitigen Absichten und Arbeiten
NünnnigB sei verwiesen auf die Note f S. 28vund Driver 1 c p
p. XV, 109. Nünnings Verdienste um die vaterländische Historio-
graphie würdigt kurz Niesert, Beitrage zur M. ü. B. 1. 1. p. XU.
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- 72 —
Freilich hat noch der Vater der historischen Wörter-
bücher L. Moreri, Grand Dictionnaire historique 1740
L. p. 43 für seine Lebensskizze Langens die reichem
Quellen übersehen und nur den Gesner, Chyträus und
Adam benutzt.
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In der Regierungsbibliothek zu Arnsberg, welche dem-
nächst, Dank der Fürsorge und Einsicht der Behörden, in
die Paulina zu Münster als in die Provincialbibliothek über-
gehen wird , fand ich , geleitet von dem alphabetischen
Kataloge, den der Regierungsbibliothekar Meschede ange-
fertigt hat, ein Buch, das sonst ganz unbekannt geblieben
war, obschon es die Aufmerksamkeit der Geschichtsforscher
nicht weniger des Inhalts als der Typographie wegen in
einem sehr hohen Grade beansprucht. Es befindet sich
als fünftes von 6 Stücken in einem Bande, und dieser
zeigt ausser dem neuern Leinwandrücken noch seine erste
stempelverzierte Ligatur und im Innern mancherlei In-
schriften theils grammatischer oder poetischer, theils histo-
rischer Natur. Das Vorsetzblatt und Fol. 2a bewahren die
Inschrift : Liber monasterij Wedinchusen, das erstere mit
der Jahreszahl 1550, und da sie die jüngere ist, so wird
das Buch aus dem bezeichneten Pramonstratenser-Kloster
an den jetzigen Fundort übergegangen sein. Aeltere In-
schriften auf Fol. la und an der Schlusschrift des ersten
Stückes geben trotz ihres Gekritzels über den frühern
Besitz und Zweck de3 Buches Auskunft; sie lauten auf . .
Johannes bock . . . bock . . . Johannes werlis oder wer-
lensis , . . Fol. 2a in einer Lücke des Textes auch bloss
Werlis in blauer Schrift . . . Ego pa (?) pauperem ludo . . .
Ludo werlis . . . ludus. Sie offenbaren also als den Be-
sitzer (Lehrer) deutlich einen Johannes Bock zu Werl, und
— 74 —
als Zweck den Gebrauch für die Schule und das um so
mehr, als die meisten Stücke grammatische oder Schul-
bücher sind *). Da ferner diese Inschriften so alt erscheinen
wie die jüngsten der Stücke, also dem Ende des 15. Jahr-
hunderts angehören, so muss die Schule zu Werl schon
weit vor dem Jahre 1558, wo dort ein Gebäude für die
reifere Schuljugend errichtet wurde **) und bevor Herman
von Kerssenbroch dort angestellt wurde, bestanden und die
humanistischen Bildungsmittel in sich aufgenommen haben.
Das in Rede stehende Druckstück überragt die übrigen
alle an Alter, theilt indess das 4° Format und zählt 20
Blätter mit 36 ungebrochenen Linien in gothischer Schrift
ohne Signaturen und Blattzeichen.
*) Es sind in kurzer Beschreibung folgende, sämmtlich in 4° :
1. Fol. la bloss mit dem Titel Incipit Glofa fuper Secüda parte
Magiftri | Alexandri per Johanne Synthis collecta | s. 1. a. & n. t.
mit Sign, die Seit, mit 35—36 Lin., goth. Type, die jener der Lim-
burgschen Officin ähnelt. Schluss : Finitur hie Glofa fuper Secunda
parte | Magiftri Alexandri per Johanns Synthis Collecta. Vgl. Hain
1. c. No. 14759 ff. Böcking, Op. ülr. Hutten. Suppl. II, 297 ff. •
2. Fol. la. Eluquetiffimi viri ac pcipui oratorie artis | doctoris.
Auguftini | fenßf? de varijs loqugdi | regulis fiue poetay pceptis.
Tractatulus in | cipit fcliciter s. L a. et n. typ. mit Signat. und
27 Linien per S. Schluss : Eloquentiffimi . . . oratorie ratis (sie) I
doctoris Auguftini Senenfis. De varijs lo | quendi regulis Orandiq?
modis Tractatg finit feliciter : | B. De. V.
3. Fol. la. Elegantiarü viginti peepta ineipiunt | s. 1. a & n.
t. mit Sig. u. 28 Zeilen per Seite. Schluss : Elegantiay preeepta
viginti finiunt. | Vgl. Hain 1. c. No. 6566. cf. Serapeum XIV, 10, 15.
4. Ars cöficiendi epiftolas elegätiffime erschienen bei Paffraed
zu Deventer c. 1497. Holtrop L c. I, No. 321.
6. Fol. la. Anicij Manlij Torquati Seuörini Boetij | Patricij
uiri de cöfolatione philofophiae Uber | primus incipit s. 1. a & n. t.
mit Sign. u. 22 Linien per Seite. Schiusa : Finitur hic quintus
et vltimus liber Boetij | de confolatione philofophiae. | In impreffura
plateae episcopi. |
**) De necke in d. Zeitschrift XV, 257 ff.
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— 75 —
Fol. la:
(|| Prologus in Codrum feliciter incipit
(C)orripio patres ! ne fub gymnafia codri
Ducant filiolos. iuffa tenere. fuos ;
Ne teneros animos cömittät forte mgris
cjj Ignauis ! qui fe fingula noffe putant;
d Moribus ingenua ne fedis clara iuuenta
(| Frendeat : et turpi difperiat fenio;
d Ne modo barbariem vite ac fermonis agreftis
(| Hanriat. et fuefcat fracta latina loqui ;
C| Ceu facit hic codrus. manibus quem preloco veftris
C| Doctos exemplo falfa cauere juuet;
C| Et pueros rectis preceptis ponite veftros
C| Institui ! ferie prhendere docma probum ; v
(jj Argumentum. |
wovon 10 Zeilen noch auf den untern Theil des Fol. la
und 13 auf Fol. lb kommen. Dann beginnt das Stück mit
q| Bartolus ad Baldum?
Fol. 20b enthält im untern Drittel:
Cjj Comedie Codri finis adeft foeliciter.
Cjj Studio et ingenio pclari homls. Johis kerckraeisftrij. | et
natu ciuis. et regimine gymnafiarche utrunq? mona | fterienf*. In
codrü piocQdas facetias (quib? cü iä manu im | pofuiff; ultima) In-
genuus ioh's lymburgij. Aquenf? ortu. \ arte impfforia gfpicuus,
imp'mödas fufcepit. Terfo et pol | ito luculötiffimoq^ caractß. Anno
nrS Salutis Millefimo quadringStefimo octagefimo quinto. pridie
kaledas nouem | bris, monafterij weufalie vrbis. immortali femp
nomie in | fignis. impreffas accuratiffime. ad vniuerfos adolefcen-
tn | los. latinitati moribufq? rectis opam nauantes. mittit über |
rime profecturas!
Metrisch ist bloss der Prolog, das ganze Stück Prosa. Als
Probe diene hier inheutiger Schreibweise das Argumentum :
(C)Um de una Bartoldus et Baldus studentes Agrip-
pina extra menia in Tusculano lascivirent, mertem quen-
dam Codrum nomine conspectant, quem Bartoldus raonstrum
indicans, Baldus indicatum sibi hominem censet. Itidem
conveniunt, Baldus (quidnam siet) inquirat. Accedit, homo
est, comperit, salutat ipsum secum convertitur (?) admonet,
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- 76 —
Codrus maneat, ut eo Bartolum accieat. Pergit, College
apprehensura describit , monstrum ipsum ad se perducens.
Qui appulsus inire salutat et laudat Codrum, condiciones
eius ridecs inquirit, rude sibi respondentem tractat facetius.
Id Philo Codri olim discipulus audiens admirans eum de-
testatur magistrum inertem, tum stomaehatus Bartolus grosse
maledicit bestie, contra Baldus placat, precatur sibi expe-
diendi eum sit iumento. recusat, persuasus tandem acquies-
cit. Coloniam ipsum inducunt , conferentes hospicioque
receptum fieri procruat (sie) Baldus edes indicat, valedicit
hospes efficitur Codrus. Postera die, ubi mane ab ecclesia
venerit Codrus, aggrediuntur uua, quopacto vesperi aeeeptus
fuerit, inquirunt, invitant, bursam secum intret, ubi expe-
diunt, coronant, promovent, demum assoleant. Itaque ig-
naviam eius contundunt ac ineptum ad litterarum contu-
bernia reiieiunt , quod mirum in modum deducitur . . .
Bartolus ad Baldum : diese beiden Namen waren bekannt*).
Das Drama nun verläuft ohne besondere Abtheilungen,
weniger in Handlungen als im Wechselgespräch und darin
nehmen Bartolus, Baldus, Codrus wenn auch nicht die allei-
nigen, so doch die Hauptrollen ein.
Aber wir haben ohne Frage die Arbeiteines Huma-
nisten vor uns; die Sprache hat mit dem Mittelalter
gebrochen, die Distichen, die Hexameter sind elastisch ge-
bildet, der leoninische Vers ist verschwunden. Dann haben
wir eine so frühe neulateinische Comödie vor uns, dass sie
im allgemeinen deutschen Humanismus eine bemerkens-
werthe Stelle einnimmt Heuchlings gleichartiges Stück
Sergius fallt erst in die J. 1496 — 97**), die vorliegende
wenigstens in das Druckjahr 1485.
Das eröffnet uns von dem seitherigen ganz abwei-
chende Perspectiven auf das Münsterische Humanisten- und
*) Für mittelalt. Rechts-Handbücher Hanielm. I. c. p. 321.
St r au sä, ülr. v. Hutten I, 151.
**) Vgl. L. Geiger, Johann Reuchlin 1871 S. 79, 39 ff.
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— 77 —
Schulwesen. Das Stück gilt universos adolescentulos la-
tinitati moribusque rectis operam navantes. Der Ver-
fasser Kerkmeister ist sonst gar nicht genannt oder gekannt,
und doch ist er, wie das Finale ausdrücklich betont, stu-
dio et ingenio praeclarus homo , et natu civis et
regiraine gymnasiarcha, utrumque Monasteriensis zu
einer Zeit, wo von einer humanistischen Schule zu Münster
bis jetzt keine Rede war, denn diese, heisst es, sei auf
Langens Betrieb erst 1497 oder 1498*) ins Leben ge-
rufen. Solch ein Mann kann nicht Kector gewesen sein
an einfachen Latein-Schulen, wie der Collegiatstifter Mar-
tini und Ludgeri **), sondern nur an einer Hauptschule
der Stadt : an jener des Domes, und sie war es auch, welche
Langen weit später humanistisch umgestaltet haben soll.
Wenn desungeachtet die Zeitgenossen so früh keine Huma-
nisten an der Domschule kennen, so muss man erwägen,
dass sie auch unter Langens Verdiensten kaum jene um
die Schule anführen.
Nur Hamelmann that dies (opera p. 265) in nach-
stehendem Berichte :
Ibi (Monasterii) vehementer laborabat in capitulo, et
plurimum instabat apud patrem Herrn. Langium, Phil, de
Hörde, praepositum, Herrn, de Hoerde, seniorem, Joannem
Valcken scholasticum et Henr. Schaden, atque plures in
capitulo utad reformationem studiorum et literarum
evocarent ex Daventria Alexandrum Heg iura et ei guber-
nationera scholae cathedralis traderent, postquam is esset
alumnus ditionis Monasteriensis et multos praeclaros disci-
pulos habuisset ex multis variisque regionibus, qui jam
praeclare eruditi essent : sed licet reliqui domheri et ca-
nonici consilium Eodolphi Langii, qui tunc quoque in prae-
*) Erhard in der Zeitschrift I, 40, Parmet a. a. S. 74 f.
**) Vgl. Erhard a. a. 0. I, 38, 59.
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- 78 —
positum veteris templi electus erat, non improbarent, ta-
rnen , cum hoc meditaretur Langius, id statim olfecerunt
sophistae barbari ac monachi inepti, vel professores absurdi
in academia Coloniensi et id effecerunt, ut sub nomine
totius universitati s et eius sigillo scriberetur ad praesulem
Conradum de Ritberg, in defuncti Schwarzburgici co-
mitis Henrici locum electum et ad capitulares cathedra-
les, ne ex scholis usitati libri, ut Alexandri grammatici
Doctrinale, Catholicon, Marametractus, Gemma gem-
marum et similes auctores, qui hactenus per tot annos in
usu apud Scholas fuerant, ejicerentur. lbi diu contra eo-
rum ineptas excusationes et subtilia argumenta disputa-
vit Langius noster et ex ipsis latinae linguae fontibus
respondit istis blateratoribus et , cum parum proficeret,
tandem ad Italos scriptores provocavit. Isti in responsione
pro Langio pronunciant , et insulsos istos Colonienses pro-
fessores damnant, ita tandem, cum Italice doctus esset et
Italomm censuram judicio Langii convenire cognosceret
episcopus, permisit capitulo cathedrali, ut facerent in ea
re pro arbitrio. Ibi rursum in capitulo urget institutum
suum Langius et obtinet, ut Hegius ad aperiendam scho-
lam vocetur , sed is se propter aetatem et quod assumpta
jara presbyteri dignitate et gradu se rebus sacris conse-
crasset, excusat et suo loco suadet, vel Timannum Came-
nerum, hominem personatum, vel Torrentinum, vel Volsium,
vel Johannem Caesarium aut Ludolphum Heringium vel
Petrum Nehemium esse vocandum.
Diese Worte ergeben neben dem Thatsächlichen viel
Unrichtiges und Unwahrscheinliches und führten insbeson-
dere zu dem Irrthum, erst 1498*) sei die Domschule hu-
*) Später 1491 drückt er sich in der Apologia alt. contra
Jnsti Lipsii calumnias L c. p. 1428 bestimmter aus ; . . . Sic igitur
paulo ante a. 1500 constituta Monasterii schola, usqne ad anabap-
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— 70 -
manistisch geworden und bis dahin in Lehrern, Büchern
und Methode scholastisch geblieben. Thatsächlich wird
sein, dass Langen zunächst auf Widerstand stiess nicht
so sehr bei den Domherren, als bei der öffentlichen Mei-
nung, dass die Kölner*), die noch in der ersten Hälfte
des 15. Jahrhundert freisinnig auftraten**) nunmehr aber
an jeden Rest Scholastik sich klammerten, jedes Neue da-
für befeindeten , Alles aufboten , um in Münster Geistes-
bahnen, die von den alten formal abwichen, zu sperren.
Wie geberden sie sich bald im Reuchlinschen Streite***),
und welch' komischen Ernst wandten sie eben auf, um die
Orthodoxie des unschuldigsten Buches von der Welt, des
Kerstenspegels f) von Dederich von Münster dem Bischof
von Utrecht darzuthun ff). Ja die argwöhnische Stimmung
entlud sich um diese Zeit in dem Hexenhammer 1489 fft)
und den Hexenverfolgungen, die fürs Erste einen bewei-
nenswerthen Faden in der Geschichte des Menschengeistes
spinnen ; dazu kam ein Anderes. Langen war Anhänger
der ascetisch-reformirenden Richtung, welche die Frater-
tisticos furores florens ac celebris mansit et in totam rcliquam
Westfaliam et Gerraaniam optima studia propagavit.
*) Später 1491 schrieb er 1. c. p. 1427, auch die Löwener (Co-
lonienses et Lovanicnses perperam judicare) die dermalen mit den
Kölnern harmonirten, hätten sich gegen ihn erklärt. Geiger S. 282.
••) Vgl. Evelt in der Zeitschrift XXI, 26G ff, 296. Kamp-
schulte Universität Erfurt (1858) I, 14.
***) Vgl. Geiger a, a. 0. S. 257 ff, erfolgreicher allerdings,
wie die Pariser Sorbonne gegen das humanistische College royal.
Döring S. 32. Vgl. noch Hamelmann l c. p. 299, 268.
f) Es war der erste deutsche Katechismus, vgl. Geffken,
Bilderkatechismus des 15. Jahrh. 1855, 1, 157. Evelt a. a. 0. XXI,
263 ff. Strunck, Westphalia sancta beata pia 1715 I, 292 ff.
ff) Hartzheim, Bibliotheca Coloniensis 1747 p. 303.
ftt) Wetzer u. Welte, Kirchenlexicon V, 155. Zuerst vom
niederrhein. Humanismus bekämpft. Wolters, Konr. v. Heresbach
1867 S. 151 ff,
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— 80 —
herren *) Dederich von Münster und Wessel vertraten, und
diesen beiden Männern in Verehrung so zugethan, dass er
ihren Umgang suchte oder auf ihr Wort sich zu besondern
Dichtungen entschloss **). Diese Richtung durchkreuzte
die alten Bahnen der Kölner, und Langen drückt selbst seine
Missstimmung über die letzteren aus in dem Carmen***):
Ad clarissimam Coloniam Agrippinensem, quae cum multa
praeclara consecuta sit antiquitatis et parentis suae Romae
monimenta et hac nostra aetate excellat plurimum, solos
vales et poetas humanitatisque professores, qui res suas
sempiternae memoriae tradere possint, in pretio non habeat,
auctor miratur. Thatsächlich erscheint auch, dass man
dem Urtheile der Kölner Gewicht beimas; denn ihre
Stimme galt auch andern als den nächsten Anhängern wie
ein Orakel f) : da brachte es die Sache schon mit sich,
dass Langen um die seinen Plänen entgegenstehende Mauer
von Argwohn und Gewohnheitsmacht zu durchbrechen, zu
einem andern, voraussichtlich wirksamen Mittel griff, näm-
lich ein Gutachten aus dem Lande Italien einzuholen: dies
galt ja den nordischen als der Sitz des sacerdotium ff) und
*) Molhuy sen-Tross in d. Zeitschrift XXI, 344.
**) Parmet S. 50, 69 f, 119, 142, 196, 217.
***) Bei Parmet S. 208.
t) Kampschulte a. a. 0. I, 151.
ff) Das war staatsrechtlicher Grundsatz. Jordanus Osnabr.
schreibt c. 1250 : Et nota , quod sicut ecclesiae materiali unum
fundamentum et unum tectum sufficit, sed unus paries non sufficit : sie
sacerdotio una sedes principalis, videlicet Koma : et studio
unus locus, videlicet Parisius, sufficit. Sed imperii quatuor
loca prineipalia saneti spiritus ordinatione novimus attributa, quae
sunt Aqaisgranum, Arelatum, Mediolanum et urbs Koma. ... Et
est notatu dignum , quod debitus necessarius ordo requirebat , ut
sicut Komani tanquam senior es sacerdot io, sie Germani vel
Franci tanquam juniores iraperio et ita Francigenae et Gailici per-
spicaciores scientiarum studio ditarentur , et ut fidem catholicam
quam Romanorum constantia firmiter tenet, virtus et Ger-
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— 81 —
hier beseite und erregte das, was er vorhatte, längst die
Köpfe bis in die Curie hinein und erblühte in zahlreichen
Werken.
Unwahrscheinlich lautet aber bei Hamelraann, dass
Langen sich sollte über dreissig Jahre lang um die Reform
der Schule bemüht haben — und das ganz vergebens ; denn
die Angabe, Langen sei damals auch, als er sein Vorhaben
den übrigen Domherren vortrug, Propst des alten Domes
geworden, (qui tunc quoque in praepositum . . . electus
erat) lässt durch die Zeilen lesen, dass er es nicht lange
nach dieser Beförderung that. Propst wurde er aber schon
1462*) und wären die Humaniora erst 1498 in Münster
tradirt, so hätte er mit den Domherren, die sich dafür
interessirten , zusehen müssen , wie die altscholastischen
Lehrer und Bücher noch über dreissig Jahre unter ihren
Augen und wider ihren Willen in Würden geblieben wären
in einer Schule, die von ihrem Willen abhing. Die Haupt-
schule der Stadt und des Landes hätte im Gängelbande
veralteter Doctrinen fortvegetiren sollen, als Langen, dem
ihre Reform zur Lebensaufgabe geworden, bereits als das
geistige Schwergewicht des Oapitels längst am bischöflichen
manorum magnanimitas imperialiter tenere praecipiebat et
eadem Gallicoruni argutiam et facundiam ab omnibus esse
tenendam firmissimis approbaret rationibus et demonstraret. His
siquidem tribus sc. Sacerdotio , imperio et studio tanquam tribus
virtutibus, videlicet naturali, vitali et scientiali, catholica ecclesia
spiritualiter roirificatur, augmentatur et regitur. His itaque tribus
tanquam fundamento, pariete et tecto, eadem ecclesia tanquam raa-
terialiter proficit. (Apud Schardium, De jurisdictione, autoritate et
praeeminentia imperiali ac potestate ecclesiastica ßasileae 1576 p.
307. Den Inhalt des ganzen Jordanschen Tractats beauszugt nach
einer anonymen Handschrift des 14. Jahrhunderts in der öffentlichen
Bibliothek zu Dresden Herschel im Serapeum XIV, 124 ff.
*) Erhard in der Zeitschrift I, 54.
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— 82 —
Hofe, in der Stadt, wie im Capitel in hoher Ehre stand,
als eine Anzahl anderer Domherren bereits dem Humanis-
mus so zugethan war, dass sie von dem begeistertsten Ver-
treter desselben Murmellius in den Elegiae morales dafür
geehrt*) und gepriesen wurden; wohl die meisten waren
schon vermöge ihres Bildungsganges (S. 58) mit den neuen
Studien in Italien in Berührung gekommen. Ist es denk-
bar, dass die Schule fast Jahrzehnte lang unberührt ge-
blieben wäre von dem frischen Frühlingshauche, der hier
an den Thürschwellen Langens wehte und Münster bereits
zum Sammelplätze und Ausgangspunkte der Humanisten,
jung und alt, gemacht hatte? Und das Alles um der
Kölner Theologen willen! — Das wird auch dem Leicht-
gläubigen nicht schmecken.
Der Zeuge lässt sich überdies Unrichtigkeiten zu
Schulden kommen, so wenn er die Kölner für des Alexandri
grammatici doctrinale eintreten lässt , für ein freilich
mittelalterliches Schulbuch , das aber von dem gelehrten
Johan Sinthen **) , dem Collegen des Hegius und von
diesem für den Gebrauch schulgerecht verarbeitet, häufig
edirt ***) und selbstverständlich in Händen der berühmten
*) In der 4° Ausgabe 1508, Langen Sign. CHI ENIb : Theo-
dorik Schade Gill, Herrn. Hörde GUIb, Herrn, von Langen GUIb,
Joh, Valcke GVb.
**) Molhuysen-Tross in der Zeitschrift XXI, 343.
***) Hain, 1. c. 14759 ff. Holtrop 1. c. I, No. 276. Begann
doch auch Hegius an seiner Schule mit den mittelalterlichen Lehr-
büchern. Krafft und Crecelius Beiträge S. 29. Die Grammatik des
Donatus wurde 1500 von Torrentinus für die Schule zu Zwoll
edirt, Hamelmann 1. c. p. 334 und 1531 zu Emmerich den Schülern
der Septima in die Hand gegeben. Weinsbergs Gedenkbuch bei
Ennen, Zeitschrift für Culturgeschichte [1874] III, 55. Ein langes,
lehrreiches Verzeichniss der frühern Lehr- und Hand-
bücher für die grammatischen und Fachstudien liefert Hamelmann
l. c. 72, 268, 321. Genaueres hierüber bei Geiger S. 74, Böckin g
1. c. Suppl. II, 292 ff, und das Eindringen des humanistischen Donat's
bei Kampschulte I, 31 f.
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— 83 — 1
Schule zu Deventer war, der ja Langen seine Domschule
nachbilden wollte. In Münster konnte es auch an passenden
Büchern kaum fehlen, nachdem Langen eine reiche Biblio-
thek angesammelt hatte , welche ausser den Classikern
omnia grammaticorum commentaria ... et comoedias et
tragoedias tum Latinas tum Graecas umfasste*) und die
er omnium in schola docentiura usibus com muntern facie-
bat**). Nach Hamelraann's Berichte hätte Hegius schon
bald nach 14G2 die Schule zu Deventer geleitet — auch
das stimmt nicht : damals war er noch nicht einmal Rector
zu Wesel , und erst gegen 1470 vertauscht er Deventer
mit Emmerich***). Und schon Parmet (S. 74) streicht
dem Hamelmann an, dass er nicht völlig richtig die Würden
und die Aufeinanderfolge der Domherren angibt.
Wenn Hamelmann weiter bemerkt, die Kölner hätten
erst bei dem Münsterischen Bischof Conrad von Rietberg
1497—1508, der als „vir doctus humanus et industriusf)
in welscher und latinscher sprake wall erfahren sich lange
tho Rome versocht hadde*tt)> mre Remonstrationen gegen
die Schule erlassen, so hat er und gewiss mit Grund da-
durch Anluss zu der falschen Annahme gegeben fff),
als ob der vorige Bischof Heinrich von Schwarzburg bei
„ununterbrochenen Kriegen" „der alten Richtung zugethan*
geblieben , also bis zu dessen Regierungsende 1496 von
der neuen Schule kaum Rede gewesen wäre. Diese An-
nahme erweist sich noch im Lichte besonderer Thatsachen
*) Hamelmann, Opera p. 286, 202, 203, 275.
**) Hamelmann 1. c. p. 1428.*
***) Dillenburgcr, Prgr. Emmerich 11*15/40 S. 14; Hei-
de mann. Programm Wesel 1859 S. 12.
f) Hamelmann 1. c. p. 539.
tf) M. G. Q. I, 292.
ttt) Bei Erhard Zeitschrift I, 40. Parmet S. 74.
6*
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84 -
als falsch : Bischof Heinrich hatte zu Laugen ein grosses
Vertrauen, und zum Humanismus eine solche Zuneigung,
dass er dessen Jünger, den ältern Johan v. Elen und auf
Langens Wort den feurigen Herman von dem Busche in
der Hofkanzlei *) anstellte ; und derselbe Busch machte auf
dieses Bischofs Tod ein Trauerlied**), worin er ihm na-
mentlich nachrühmt:
... et dulces nullo extinguibilis evo
Junxit amor fratres, secureque ocia vite
Foverunt inter rigidos armenta magistros.
Unter Heinrich schon gab es zu Münster eine Reihe
berühmter Humanisten, gab es Humanisten in der bischöf-
lichen Kanzlei, unter ihm wurde hier die Presse eröffnet,
unter ihm gab es magistri.
Diese Kette von Thatsachen ermächtigt uns zu dem
Schlüsse, dass auch irgend eine humanistische Schule be-
reits unter seiner Regierung bestand: dann verstehen wir
auch , wenn schon 1480 Rudolf Agricola dem Hegius
meldet, sein jüngerer Bruder Heinrich habe sich bisher
des Unterrichts wegen bei seinem Freunde Friedrich
m Münster aufgehalten, da letzterer aber von Münster
weggezogen und einem andern Hause als Rector vorgesetzt
sei , so habe er beschlossen, seinen Bruder zu Hegius zu
schicken***). Freilich ist dieser Friedrich kein anderer,
als der Fraterherr Morman. Die Fraterherren haben nun
die humanistischen Doctrinen wahrscheinlich zuerst in ihrem
Hause gelehrt, — aber Nichts hinderte, sie auch an der
Domschule wirken zu lassen. An dieser muss auch der
*) Hamelmann Opera 1. c. p. 204. 284, 286.
**) In d. Carmina tumultuaria Fol. 18a, deren Deventer Aus-
gabe bei Holtrop I No. 309 schon wegen der Regierungszeit
Heinrichs etwas zu früh mit c. 1496/97 datirt.
***) Die Stelle aus dessen Lucubration. bei Erhard I, 52.
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— 85 —
Verfasser der Comedia Codri, der Gyranasiarclia Joh. Kerck-
meister, gewirkt haben, und sollte er auch Laie und die
übrigen Lehrer noch Geistliche oder Fraterherren gewesen
sein. Stand doch auch Hegius der erst im Alter die Weihen
nahm, zu Deventer als Laie mitten unter geistlichen Leh-
rern der dortigen Schule vor*). Langen konnte doch, wie
Hamelmann**) selbst anführt, den jungen Busch, bevor
er ihn nach Deventer entliess, im eigenen Hause erziehen,
und ansehnlich ist die Zahl der Gelehrten, die er zu
Münster unterhielt (alebat et fovebat). Da durfte es doch
an geeigneten Lehrern und passender Arbeit nicht fehlen!
Immerhin umhüllt die Anfänge des humanistischen Schul-
wesens zu Münster noch manches Dunkel : sie aber erst zu
Ende der neunziger Jahre ins Leben treten lassen, das
verstosst gegen das frühe geistige Streben der Stadt, des
Domcapitels, Langens und des Bischofs, das verstosst gegen
die Thatsache, dass humanistische Bildung schon um 1480
wenigstens im Fraterhause zu erlangen und besonders da-
gegen , dass wir 1485 ein Gymnasium mit einem Gymna-
siarcha haben ***), und dass von diesem eine humanistische
Schrift, eine Comoedie, für die Schüler im Drucke veröf-
fentlicht wurde.
Hiergegen liefert den nächsten und gewichtigsten
Einwand der Umstand , dass Langen selbst so viele hei-
mische und auswärtige Schüler bis gegen Ende des 15.
Jahrhunderts nach Deventer entsandtet), und wie uns das
*) Molhuysen-Tross in der Zeitschrift XXI, 348, Hamel-
mann, Opera p. 265.
••) Opera p. 263, 266.
***) In Butzbachs Aufzeichnungen bei Krafft u. Crecelius,
Beitr. S. 30 heissen auch die Schulen zu Wesel u. Deventer, die
Langensche Schule zu Münster Gymnasium, ihr Kector Gymnasiar-
cha. Driver L c. p. 171.
t) Hamelmann, Opera p. 263, 267, 284.
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— 86 -
Leben von Busch beweist, von den frühachtziger Jahren an, —
eine Maassnahme , die statt Hebung eine Schädigung der
eigenen Schule bedingt hätte, wenn bereits eine solche be-
stand. Und doch ist dieser Schluss zu radical, zu um-
fassend. Warum gehen die einen nicht gleich nach De-
venter, und bleiben die andern nur eine bestimmte Zeit dort?
Wir glauben, diese Fragen lösen sich ohne Zwang: Deventer
besass sicher seit 1480*) etwa eine vollständige sieben-, viel-
leicht achtklassige Schule **), welche die Universitätsbildung
und die Vorbereitung dafür, — beides — umfasste. Und wie
wenig Universitäten versprachen damals noch humanisti-
sche Vorlesungen und wie wenige von den Münsterischen
Humanisten haben von Deventer aus noch eine Universität
besucht! Münster hatte wenigstens seit 1485 eine
Schule, die gewiss die Vorbereitung für Deventer, aber
nicht die akademische Ausbildung, wie jenes, ermöglichte.
So sandte Agricola seinen humanistisch vorgebildeten Bruder
nach Deventer und so werden die meisten Schüler zu
Münster ausgerüstet und gleich mit der Nebenabsicht aka-
demischer Fortbildung dahin gezogen sein. Die Münste-
rische Schule war damals gegenüber jener zu Deventer
kaum mehr als eine Vorschule, gewiss noch lange organisirt
wie die Domschule, lange ohne eine weitere Classenzahl
und humanistisch nur durch den einen oder andern Lehrer,
der dort neben den Geistlichen die classischen Wissen-
schaften tradirte.
Langen hat sie gegen 1498 unter Bischof Conrad in-
sofern neu geschaffen, als er die vorhandenen humanisti-
schen Ansätze in grossartiger Weise zu Blättern, Blüthen
und Früchten entfaltete — und damit die Reform ganz
gründlich durchführte. Hegius, der Mann, welcher die
•) Erhard Zeitschrift I, 35.
**) Döring a. a. 0. S. 44-51.
87 —
Blüthe und den Ruhm der Deventerschen Schule trug, sollte
nach Münster kommen, und hier eine Bildung erwecken,
die jener in Deventer gleichkam, ja die auch ohne ihn
jene zu Deventer in den Schatten gestellt hat." Was Ha-
melmann Keform nennt, dürfen wir fast eine neue
Schöpfung nennen: Mehrere Klassen, mehrere neu
angestellte Lehrer, neue classische Bildungsmittel und
Methoden*) — mussten die Domschule völlig auf einen
neuen, breiten Fuss stellen.
Sie hatte Klassen von Sexta, später von Septima, auf-
wärts, entbehrte indess abweichend von Deventers Vorbild
einer Prima**), sie sollte als gelehrte Schule schon die
humanistischen Früchte auf breiter Grundlage tragen, aber
den Besuch der Universitäten, die allmälig Lehrstühle des
Humanismus errichteten, nicht ausschliessen, wie dann auch
Langen und andere Bahnbrecher nach der Schule zu De-
venter die Universität Erfurt, die erste mit humanistischen
Lehrkräften, besucht hatten ***). Diese Organisation war
*) Langens Gegner treten ein für usitatam tot seculis instituendae
adolescentiae et docendi rationem et libellos und wehren ab
mutationes novas studiis et diseiplinae periculosas — indess do-
cendi ordinem et libros in schola interpretandos et reliqua
scholae exercitia ipse Langius praeRcribebat. Hamelmann 1. c.
p. 1427 — 28, und die neuen Lehrer dociren, wie wir von einigen
wissen, direct nach seiner Anweisung (judicium, auspicium), H a-
melmann 1. c. p. 266. Sogar Liber informirte juxta praescrip-
tam forinam et consilium . . . Langii et . . . Hegii. Hameln),
p. 339. Daher wird die ebenso gründliche, als historisch reichhaltige,
1551 vom Rector H. v. Kerssenbrock mit einer Vorrede versehene
Ratio studiorum scholae Monasteriensis, die selbst das Deutsche als
Unterrichtsgegenstand einschlies*t, bei Driver 1. c. p. 165 sq. 171
im Kerne von Langen selbst entworfen und allmälig den Bedürf-
nissen der Zeit gemäss vervollständigt sein.
**) Driver 1. c. p. 167, Döring a. a. 0. S. 45.
»**) Kampschulte a. a. 0. I, 34. Erhard, Zeitschrift
I, 53.
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- 88 —
ebenso durchgreifend, als zeitgemaas und fruchtbar : nicht
nur das* die Münsterische Schule alsbald in Lehrern und
Schülern blüht, die als Verkünder der neuen Weise nach
allen Richtungen in die Welt ausgehen und von ebenso
vielen fernen Orten ihren Nachwuchs vervollständigt, nein,
im Gegensatze gegen die Schulen des östlichen und mitt-
leren Deutschlands, die ihren Impuls von Wittenberg und
der Reformation aus empfingen, nur wenig Klassen und
einen beschränkten Unterricht im Griechischen kannten,
wird Münster, dies klug modificirte Nachbild Deventer's,
die Musterform der besten Schulen des nordwestlichen
Deutschlands bis nach Strassburg und das Seminar aus-
gezeichneter Lehrer und Schulgründer bis nach Koppen-
hagen hin*). ,In diesem Sinne haben auch die Schulen,
die dem Münsterischen Typus direct oder indirect folgen,
weil aii3 denselben ursprünglichen Impulsen hervorgegangen
und der Entwicklung Sturms in manchen Beziehungen zur
Erläuterung dienend, eine höhere geschichtliche Bedeutung 6 .
Die Fraterherren und Deventer waren die Pioniere, Langen
und Münster wurden die Kerntruppen des Humanismus;
daher verbreitet er sich hier so früh, so allgemein, dass
der Norden in beiden Rücksichten ohne Frage dem Süden
Deutschlands vorangegangen ist **).
Der Münsterische Humanismus***) entsteht und
greift um sich wie ein Feuer , das vom selbstangefachten
*) Die staunenswerthe Zahl jener Ortschaften bis in die wei-
testen Fernen, woher die Schüler kamen, und wohin die Lehrer von
Münster gingen, findet sich bei Hamelmann L c. 327, 1428, 1506,
p. 331 — 334 sagt er : Et dies deficeret, si pergerem recensere eoe
omnes per Germaniam viros doctos, qni ex schola Langii, cni prae-
fuit Timannus Cameneras et in qua legit Munnellius, prodieront
. . . . tanguam ex eqno Trojano . . .
**) VgL Hamelmann p. 83, 285, 339, 1407.
***) Die Eruirung dieser wichtigen Thatsachen verdanken wir
Döring a. a. 0. S. 28, 45, 50.
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- 89 -
Windhauche seine Funken schnell und weit in die Nach-
barschaft und von hier radienförmig in die Ferne aus-
wirbelt. Er wird zunächst in die Städte des Landes, selbst
in die kleineren*), die vordem gelehrte Schulen nicht
gesehen hatten und von diesen Punkten immer weiter und
weiter getragen, bis ihm die Grenzen zu eng werden, und
er ringsher in die Nachbarländer überfliesst.
Denn immer zahlreicher wird die Schaar seiner Jünger,
die sich fast aus allen Ständen sammelt, und diese, seien es
die Schüler Münsters **) oder deren Zöglinge gehen nach allen
Richtungen auseinander, um auch auswärts an gelehrten oder
Hochschulen zu lehren, Schulen und Bibliotheken zu gründen
und von dem geistigen Reichthum mitzutheilen, an dem die
Heimat so schwer trug. Die Leistungen und der Glanz,
welchen die Gelehrten Münsters und Westfalens darstellten,
reizte in der Nähe und Ferne zur Nachfolge, und selbst-
redend waren es die Schüler der rothen Erde, die anderwärts
ähnliche Leistungen hervorzubringen am fähigsten waren
und für die besten Kräfte gehalten wurden.
Nie hat Westfalen eine solche Fruchtbarkeit an Män-
nern, wie sie die Zeit verlangte, entwickelt, und niemals
haben die Westfalen im Auslande der Heimat so viel Ruhm
und Ehre bereitet, als nun in dem die neue Zeit mitan-
bahnenden Humanismus.
Diese Resultate der Culturgeschichte sind so weit-
tragend, dass sie jene schwerwiegenden Thatsachen mit-
erklären, warum Westfalen so bald mit der Reformation
und seine Sohne mit den Häuptern derselben Beziehungen
anknüpfen. — Und wenn wir im Humanismus ein Netz
*) Vgl. Hamelmann 1. c. p. 210, 211, 212, 120, 127, 176.
**)... Hagemannus, Peringius Tunicius etmulti alii cum
infinita diseipulorum raultitudine . . . Hamelmann 1. c.
p. 268.
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— <J0 -
von Verbindungen ausgebreitet sehen, dessen Fäden über
die Hauptorte Westfalens bis zu den wichtigsten Punkten
Deutschlands schiessen, ja wenn wir überschauen, wie diese
humanistischen Fäden auslaufen oder ansetzen in Italien,
in Frankreich, in den Niederlanden*), so befremdet es
weniger mehr , dass uns hier wie dort fast gleichzeitig
ebenmässige Typen und verwandte Kunstformen der Re-
naissance auf Stessen oder dass**) Italiäner und Ausländer
dieselben unmittelbar nach Deutschland bringen oder
oder Deutsche sie aus fernen Landen holen. Der Huma-
nismus und die Renaissance entsprossen einer und derselben
Cultur und Geistesregung und wie die Humanisten sich
von den Scholastikern sonderten, so sahen sich die Renais-
sancekünstler von den alten Gothikern abgestossen , um
beide je für sich und unter einander wieder um so engere
die Landesgrenzen überragende Verbindungen einzugehen ***).
Freilich beseite damals die Westfalen ein sehr rüh-
riger Wandertrieb, allein er wäre auch im humanistischen
Berufe nicht so fruchtbar, so ruhmreich bethätigt worden,
wenn nicht damals Schönheit , stolze Blüthe, tausendfache
Verbindungen nach aussen , geistige Empfänglichkeit
und Elasticität die Stadt Münster zu einem fruchtbaren
Boden dieser epochemachenden Culturphase erweicht f)
*) Nur beispielsweise sei verwiesen auf Hamelmann L c.
p. 286, 296, 335.
**) Die Beweise ans der westfal. Kunstgeschichte werde ich
an einer andern Stelle erbringen.
***) Vgl Wem. Rolevinck Laerensis, ord. Carthus f 1502.
De laude veteris Saxoniae nunc Westphaliae dictae. Ausgabe von
Tross 1865, p. 41, 139, 141, 143 ff, 161; Nordhoff, Kunstg.
Beziehungen 5, 17, 47; Nü nni ng-C ohausen L c. U, 94.
t) Die Chronisten dieser Zeit meinten, dass schon Bischof
Herman von Katzenellenbogcn nach der Theilung des sächsischen
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91 —
und wenn anderseits kein Mann von der Bildung , dem
Ansehen und Reichthum, wie Rudolf von Langen , ihr
Herzogthums ab imperatore obtinuit Principatum Westphaliae i. e.
ut ipse sit princeps imperii, et civitas Monasteriensis metro-
polis Westphaliae. Wittius, Historia Westphaliae ed. 1778 p. 329
M. G. Q. I, 27. Und wenn auch, irre ich nicht, andere Städte West-
falens wie Osnabrück sich vereinzelt den Namen der Metropolis bei-
legten, so war und blieb Münster doch die Residenz des mächtigsten
und gebietendsten Fürsten des Landes, und seit dem 15. Jahrhundert
vorzugsweise die urbs primaria Westphaliae (Inschrift eines ( 'horbnches
in Stadtloen vom J. 1478 bei Nordhoff, Chronisten S. 57) und das
Bewusstsein solchen Vorranges stachelt fortab die Bürgerschaft, ihre
Stadt als freie Reichsstadt anerkannt zu sehen — eine Eitelkeit, die
sie am Ende unter dem Bischof Galen mit ihrer Blüthe und Grösse
bezahlen muss [Vgl. Sauer in der Zeitschrift XXX, 103 ff,]. Kers-
senbrock weiss die bittern Geschichten, welche er von den Wieder-
täufern zu berichten hat, nicht besser einzuleiten, als dass er von
der Stadt, die ihm nicht hold war, eine Schilderung der Oertlich-
keit, Einrichtungen und Sitten entwirft , die fast einzig in ihrer
Ausführlichkeit uud sehr auszeichnend für die Stadt ausfallt. Hatte
doch auch der alte Meister Gresbeck nicht unterlassen, seine Vater-
stadt mit bethräntem Blicke auf die ihr angethanen Misshandlungen
seitens der Wiedertäufer mit Stolz zu rühmen M. G. Q. II, 176,
177 : Wante die stat Monster is eine grote schone stat, und
dair sint viel schöner kercken binnen gewest und cloesters, und is
eine schone stat von huser, und is eine starke stat und heft dub-
belde watergraven umb sick heer und einen wal umb die stat heer
und eine hoge muir mit viellen tornnen runt umb die stat heer.
. . . Diese stat Monster is ein vernoemede stat doer die gantze
weit und is gewest ein rike stat von koeplueden und von reichen
burgers und von edelleuden und von geißtlicheit, und hielden sick
sehr kostlich und hedden guid regiment dair binnen .... Dem
ersten Mtinsterischen Drucker ist Münster Westphaliae urbs immor-
tali semper nomine insignis (S. 75); Hamelmann 1. c. p. 292
83, 561 urbs pulcherrima et munitissima ex reliquis urbibus West-
phaliae, quae variis mercaturis et opificiis et campis abun-
dat . . . . primaria et metropolis Westphaliae . . . elegantissima
. . . das Stift arapli8siraus principatus. Und Murmellius, unstreitig
der bedeutendste unter den Münsterischen Humanisten, widmet ihr
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— 92 —
Leben und Richtung verliehen hätte. Nicht genug, dass
er Münster und sein Haus zu einer Zufluchtsstätte und Hei-
mat der besten Köpfe, zum Ausgangspunkte der besten
Lehrer machte , dass er die Hauptschule der Stadt zum
eigentlichen Heerde des Humanismus erhebt : er kennt und
wägt die Fähigkeiten seiner Leute nach Zeit, Ort und
Gegenstand, und leitet sie, den einen hiehin den andern
dahin, um dort Schulen zu gründen oder zu reformiren,
kurzum Humaniora auszustreuen, stellt jene, welche man
als „Neuerer" zurücktrieb, auf einen andern Posten, füllt
die entstandenen Lücken mit passenden Berufungen, und
ergänzt in den Disciplinen , wo sich ein Mangel zeigt.
Stütze und geistige Vorratskammer wird die Domschule :
Mox istius celebris scholae novae, erzählt, um nur ein
schlagendes Zeugniss anzuführen , Hamelmann *), et cele-
brium in ea lectorum fama in vicinis increbuit urbibus,
ut ex inultis civitatibus peterentur a Langio docti ludi-
magistri : Sic Hammonem mittit Ludolfum Heringium
Hammonensem , qui, ut erat vir doctus, egregiam in ea
urbe comitatus de Marka aperuit scholam ... sie Petrura
Nehemium Drolshagium misit Tremoniam, ut ibi scholam
1503 einen Hochgesang, wie er selten so rein humanistischer Phan-
tasie entflossen und selten rühmlicher einer Stadt geworden ist , [bei
Niesert Beitr. S. 185] ; Stadt und Bürger nennt er durch Reichthum
mächtig , sie erfreuen sich eines milden Himmels, eines an Korn,
Hausthieren und Wild ergiebigen Landes. Stark, von gewaltigen
Schultern wären die Männer, ernst im Kriege, besonnen im Frieden
— der Jungfrauen Schönheit besiege alle Städte des Erdkreises :
nirgends schmücke hellstrahlender Anmut Liebreiz holdere Mädchen :
Hier walte Frömmigkeit, Andacht, Mildherzigkeit, ehelicher Segen.
Hoch ständen die Häuser , riesigsteil gen Himmel entragten die
Thürme. Durch der Künste Vielzahl stehe Münster Athen gleich.
Die ganze Stadt verehre gelehrte Männer, an deren Genien
reich, sie alle andern Gegenden des Erdkreises überstrahle.
») Opera p. 267, 268.
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— 93 -
gubemaret, ... et Hervordiam misit indomum fra-
t ru m Jacobum Montanuni Spirensem ad privatam In-
stitution em, et ad publicum in eo oppido instituendum
ludura litterarium *mittit Josephuni Horlenium et Theodo-
rurn Rotarium, imo Tilemannum Mullerum in patriam urbem
Surlandiae Attendorum iwittit cum bonorifico testimonio,
ut ibi celebre gymnasium adornaret, sie Ludolfum Bavin-
cum ... in urbe Susatensi misit, ut ibi rem literariam
reformaret, sicut paulo ante ad Assendienses miserat Joan-
nem Rotgerum , ut ibi literas humanitatis institueret, sed
impeditus a barbaris nihil in urbe Assendia tentare is
potuit . . . Mox quoque per urbem Monasteriensem passira
suasor est collegiis, ut quoque sibi novos ludimagistros
asciscerent : ita ex commendatione Langii in schola
Ludgeriana*) agebant ludimagistros Joannes Volsius
Lunensis , Degenardus Witten , Arnoldus Venlo et postea
Murmellius; aÄ s. Martinum Joannes Venroth, Andreas
Ornithoparcus, Joannes Godefridus Remaeus et Henricus
Eriroaeus**); s. Mauritium Joannes (irovius, deinde Bar-
tholomaeus Coloniensis et Joannes Aelius junior , omnes
viri docti. Den Johan Caesarius aus Jülich, welcher als
Privatdocent zu Köln öftentlich die Barbarei getadelt
hatte und deshalb vertrieben war , nimmt er auf Hegius
Empfehlung zuerst in sein Haus auf und stellt ihn dann,
nicht vor 1510, an der Domschule als Lehrer der grie-
chischen Sprache an ***), welche seitdem Unterrichtsgegen-
stand geblieben istf). Anderen Köpfen versorgt er behufs
einer sorgenfreien Müsse Canonicate oder andere Existen-
*) Cf. Hamelmann 1. c. p. 192.
**) Cf. Hamelmann 1. c. p. 177.
**) Hamelmann p. 2G8, Döring S. 45.
t) Vgl. Kerssen brock a. a. 0. S. 90.
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- 94 —
zen *) und so weit reichte seine Fürsorge und sein Einfluss,
dass Busch durch seine und des Hegius Briefe dem Agri-
cola empfohlen und dessen Schüler und Joh. Hagemaun, der
sich als Schriftsteller und Lehrer an der Domschule her-
yorgethan , mit Langens Empfehlung versehen in Rom
Bibliothekar der Vaticana**) wurde.
*) Cf. Hamelmann p. 266, 268.
**) Hamelmann 1. c. p. 285, 269 „bibliothecarius scholae
Vaticanae*.
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— 95 —
Mit den Schulen und den Wissenschaften förderte der
Humanismus wie von selbst eine andere Bildungsquelle —
die Bibliotheken. Sie waren sogar im Hochmittelalter
nur schwach*), gegen später ärmlich bestellt, die Indivi-
duen aber schöner und opulenter ausgestattet. Das Bedürfniss
nach Büchern war beschränkt in einer Zeit, wo man der
Gelehrsamkeit nicht unbedingt hold war und was man-
Wissensnöthig glaubte, in ein paar Bänden (Specula) zu-
sammenfassen konnte **) , wo die Herstellung auf dem
*) Ich verweise nur auf naheliegende Bücherverzeichnisse,
so des oldenburgischen Klosters Rastedte in Ehrentrauts' Fries.
Archiv [1854] II, 261, 2G2, des Klosters Liesborn [1219] Nord-
hoff, Chronisten S. 49, 50, und eines Osnabrücker Pfarrers [1474]
Stüvo, Geschichte des Hochstifts Osnabrück I, 416. vgl. Schuh-
macher im Brem. Jahrbuch 1, 222 ff. Doch schon im Spätnrittel-
alter liegen die Anfange eines s y s t e m a t i s c h e n Büchersammelns
[Schönemann Serapeum VI, 24 f, Merzdorf daselbst X, 56 f.]
und eines organisirten Bibliothekwesens : für dio Stiftsbibliothek
zu Neumünster, angelegt um 1400, später Grundstock der Kieler
Universitätsbibliothek, fertigten 1488 der Probst Johan Reborch und
der Prior Johan Meyer einen noch erhaltenen Katalog, der in der
ersten Hälfte alphabetisch, in der zweiten nach dem Standort
der Bücher und Schränke [systematisch] angelegt wurde. Merz-
dorf a. a. 0. X, 51.
**) Ueber die Preise der Handschriften Ebert, Zur Hand-
schriftenkunde [1825] I, 105 ff. Ueber die altern Bibliotheken u.
ihre Einrichtung, Wattenbach, Schriftwesen im Mittelalter,
1871 S. 344 ff.
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— 9G -
langsamen Weg der Feder***) geschah, die sonstige Aus-
stattung nicht angeschlagen. Die neuen Wissenschaften
des Humanismus eröffneten und erforderten eine neue reiche
Literatur, in der die eine Schrift auf eine andere hinwies.
Lesen und Schreiben, in wissenschaftlichen wie in prak-
tischen Dingen hoben und förderten sich gegenseitig, der
Wissenskreis und der Leserkreis erweiterten sich : und
grade als die neuen Geistes- und Zeitrichtungen so viele
Schriften bedingten und erheischten, da konnte die Presse
sie von jeder Art schnell und zu Hunderten und Tausenden
veröffentlichen und zugänglich machen : So viel Bücher
wie früher durchschnittlich eine Generation oder gar ein
Jahrhundert für ein Institut, sammelte jetzt wohl ein Ge-
lehrter für sich. Den Werth, den das Druckstück und der
Inhalt in den Augen der Zeit hatte, gebot eine gute Con-
servirung und diese gewährte die Bibliothek.
In dem Maasse wie das Buch im Humanismus einen
neuen Werth erlangte , aufgesucht, erworben und gepflegt
ward, erhält auch die Bibliothek eine ganz andere Be-
deutung**) : Florenz die Heimat der neuen Cultur eröffnet
*) Beispielsweise heisst es in der Grabschrift des Alanus
ab Insulis :
Qui duo, qui septem, qui tot um scibile scivit,
wo septem ohne Zweifel die sieben freien Künste, duo wahrschein-
lich [Brukker, Historia crit. philos. III, 780] Theologie und Phi-
losophie bezeichnet. Schnaase, Gesch. d. bild. Künste, AI, IV, 1,
104 ff.
**) Merkwürdig ist, dass auch für den deutschen Buchhandel
die seit 1485 bestehende [Schwetscke, codex nundinarius 1850, p.
VII.] Frankfurter Messe erst durch die humanistischen Schriften und
Gegenschriften im Reuchlinschen Streite Bedeutung annimmt.
Osk. Hase, Die Koburger, Nürnb. Buchhändlerfamilie 1869 S. 68.
Geiger S. 252. Die Erfurter sind unerschöpflilch im Lobe ihrer
Universitätsbibliothek. Kampschulte I, 64. Der Stand des Bi-
bliothekars wird angesehener, und in der Wiener Bibliothek von
einem Celtes bekleidet. Erhard II, 91.
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- D7 —
1444 die erste zum gemeinen Nutzen, und die Höfe
der Fürsten , sogar die kleinen, kommen in ehrgeizigem
Wetteifer nach, Neapel voran*). Aehnlich der Norden.
Die ersten planmässigen Büchersammler sind, wie wir sehen
werden, die Pioniere des Humanismus, die Fraterherren ;
der erste, der eine stattliche Privatbibliothek aus Hand-
schriften und Druckstücken in Italien und aller Welt er-
wirbt, ist auch der Mittelpunkt desselben, nämlich Kudolf
von Langen : und würdig seiner umfassenden Bildungs-
plane macht er dieselbe fast zu einer öffentlichen Bi-
bliothek, indem er ihre Schätze allen Strebensgenossen,
den Studierenden und besonders den Lehrern in liberalster
Weise zur Verfügung stellt, oder zu ihrer Benutzung an-
treibt **). Wahrscheinlich plante er schon, was später der
gelehrte Domherr Schmising ausführte , nämlich die Dom-
bibliothek zu Münster zu einer reichen und öffentlichen,
besonders im Interesse des Lehrkörpers, zu erheben. Denn
wie der Gelehrte einen kleinern, so bedurften die Schulen
ganz von selbst einen grössern Büchervorrat und bald be-
deutet die Gründung der Schulen mehr oder weniger auch
das Ansammeln von Büchern. Welch 1 eine Aussicht, wenn
man erwägt, wie viele Schulen neu entstehen oder umge-
staltet werden! In Allem, was Bildung war, der Vor-
gänger und Hebel, bewegt Langen auch andere Humanisten,,
ihr Geld auf Bücher zu verwenden : Ideo Bernhardus
Tegederus, Hinricus Morlagius et alii de con-
silio Langii sibi pecunia non exigua compararunt multos
libros***). Morlage war Canonicus der Martinikirche, und
seine Bibliothek nöthigte dem Murmellius die ehrendsten
*) G. Voigt, die Wiederbelebung des class. Alterthums 1859
S. 154 f, 199, 203, 219. Wattenbach a. a. 0. S. 340 ff.
**) Vgl. S. 19. Hamelmann 1. c. p. 263. 286, 287.
***) Hamelmann 1. c. p. 275, 286, 287.
7
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— 98 -
Dichterworte ab*). Busch, der als Student Langens Bi-
bliothek auf Antrieb des Besitzers so fleissig benutzt hatte,
besitzt später selbst einen vollzähligen Schatz**) stattlicher
Bücher und Bände. Hamelmann ***) verzeichnet ferner des
Pfarrers an der Jakobikirche Bernhard Dreyers instructam
bibliothecam et eruditionem non vulgarem : Die Wieder-
täufer konnten also ihre Wuth schon an zahlreichen
Büchervorräten auslassen. Ein Städtchen , wie Lünen,
erhält 1529 seine Bibliothek; und wenn fortab Corpo-
rationen und Private auch die Bücher und eine Bibliothek
für eine Zier des Hauses ansehen, sie systematisch auf-
stellen und behandeln , so dürfen wir , die wir so alte
Stücke achtungsvoll in die Hand nehmen , dabei nicht
übersehen, dass einmal der humanistische Genius zu so
edlem Schaffen und Erhalten den Hauptanstoss gab, und
zweitens die Buchdrtiekerkunst dabei hülfreichst einge-
griffen hat. Und als vollends die Wogen der Reformation
*) Hamelmann L c. p. 275, 284, 230. Parmet S. 51.
Murmellius, Eleg. morales ed. 1508 Sign. D [IV]:
. . . Quamque chalcotypam solers invenerit artem,
Qua rccipit cultos mens studiosa libros.
0 foelix tellus, foelix inventor et autor
Muneris et quisquis vivit Apollo tibi.
Nnnc precio parvo divina yolnmina constant
Omnibus et late Pallados arma patent;
Obruta que densis quondam latuere tenebris
In lucem redeunt, accipiuntque decus.
Sic redivivus adest Plautus, sie Quintiiianus
Sic bona scriptorum pars in honore manet . . .
Te juvet egregiam Morlagi bibliothecam
Condere, et innumeros explieuisse libros ...
Sign. EI IHb:
. . . Non tanti fulvum curat Morlagius aurum
Quanti doctrinas estimat atque libros.
**) S. 20. Hamelmann 1. c. p. 286.
***) L c. 207, 1221, Driver L c. p. 35. Spormacher bei
v. Steinen, Westf. Gesch. IV. 1457, über Lünen.
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— 99 -
brandeten, da zeigte sich, welch' heilsame Waffe die Presse,
welch' reiche Rüstkammer eine Bibliothek sei — auf
beiden Seiten. Wie die Schulen die Jugend, so mussten
Presse und Reden das Volk zur einen oder andern Seite
herüberziehen und die deutsche Sprache, die dem Huma-
nisten verächtlich vorkam*), wird nun von beiden Seiten
wie in den Reden, so in Volksschriften**) von selbst wieder
gehandHabt. In welchem Maasse Hamelmann , der als
Humanist und Reformator bedeutungsvolle Stellungen be-
kleidet hat, die Hülfsmittel der Bücher und Bibliotheken
zu schätzen wusste , ersehen wir an der eingehenden
Beachtung, die er den Schulen und Bibliotheken widmet,
wo er die religiösen Kämpfe beschreibt ; wollte der Hu-
manist classische, so verlangte der Reformator theologische
und gemeinverständliche Volksbücher : beide Zwecke kamen
den Bibliotheken zu Gute. Eine ansehnliche Bibliothek
hatte der humanistische Gelehrte und Prediger Johan
Montanus angesammelt, davon erwirbt Hamelmann damals
in Lemgo für ein collectirtes Geld den besten Theil***),
um damit in der Neustadt den Grund zu einer öffentlichen
Bibliothek zu legen. Die Altstadt hatte zwar längst eine
Bibliothek, auch jüngsthin zu kirchlichem Gebrauche noch
eine kleine Privatsammlung gewonnen : als sie jedoch den
Nutzen und Anwachs bemerkt, dessen sich die neue Bi-
bliothek erfreut, da wird auch hier eine grössere Accession
*) S. 51 f. Hamelmann L c. p. 303, 1173, Vgl. Strauss,
Ulrich v. Hutten II, 352. Doch schon früher trieben der huma-
nistiche Patriotismus und patriotischer Stolz einzelne Gelehrte
[vgl. Harrowitz in Sybels Zeitschrift XXV, 70 ff], so einen Goede
in Erfurt, [Kampschulte I, 41] und Celtes, [Erhard II, 29] für
das Deutsch thum und das Vaterländische einzutreten.
**) Hamelmann 1. c. p. 26, cf. Driver 1. c. p. 43. Vgl.
Strauss a. a. 0. II, 103.
***) Hamelmann 1. c. p. 300, 1081.
7*
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— 100 —
veranstaltet und das Gebäude in einen ansehnlichen Zustand
versetzt. Namentlich auf Betreiben des Predigers Hilde-
brand Garthus, den Hamelraann's Wort und Beispiel ent-
flammte , steuern die Provisoren, die Bürger, selbst die
Mittelstände so fleissig bei, dass die Bibliothek an exqui-
siten theologischen Werken einen schönen Bestand erhielt.
Hinc factum est, ut in utraque bibliotheca omnium fere
antiquorum patrum scripta et multorum recentium theolo-
gorum praeeipuorum commentariorura libri reperiantur, et
hodie non sit in tota fere Westphalia, quod ego sciam,
celebrior bibliotheca ita theologicis scriptis referta, quae
nostrae possint conferri, meint Hamelmann.
Die Stadt Blomberg blieb nicht zurück: die Stadt-
kirche, die von Donop und viele Bürger leisteten Beiträge,
die „ wüste und distrahirte Libereij" des dortigen Klosters
kam hinzu , und der Pastor Justus Piderit, welcher das
Werk angeregt hatte, konnte 1570 die Einrichtung der
öffentlichen Bibliothek vollziehen*).
Von den Bibliotheken Osnabrücks erzählt Hamelmann
Folgendes (1. c. p. 1172) :
Bibliothecae hic nullae sunt, nisi quod opera Hiero-
nymi et Augustini in sacellis summi . . . templi lateant.
Scio etiam Tertulliani, Augustini, Epiphanii et aliorum
quorundam patrum scripta reperiri in bibliotheca M. Chri-
stiani Sleibingii et domini Ottonis Witteni et civis
cuiusdam Christophori Glasemakeri, qui est piorum
et studiosorum Moecenas. Hoc quoque hic non est negli-
gendum : est in ditione nobilis quidam vir nomine Cas-
parus Sc hei i us**), qui opibus, promotione, pecunia et
*) Joh. Pideritus, Chronicon comitatus Lippiao 1627 p. 639.
**) Ueber Sleibings und Witten's Leben vgl. Hamelmann
1. c. Index s. vv. Stüve II, 91, 193. Ueber Scheie und seine histor.
Aufzeichnungen Fahne, Geschichte der Westf. Geschlechter 1858,
- 101 -
omnibus beneficiis ornat ministerium evangelii , confert
sumptus coneionatoribus, ut libros eraant, studiosis subsi-
dium ad continuanda studia liberaliter praestat, erules
fo?et, amplectitur et promovet, quantum potest, utiles libros
curat sua pecunia excudi iu usura ecclesiae Christi . . .
Ita is vere nobilis est in Christo Jesu. Ego autem Osna-
burgensis ad publicam bibliothecam exstruendam et
exornandani hortatus sum atque ad eius ornatum pro-
misi aliquot patrum scripta.
Das Sauerland kam nie zu einer öffentlichen Biblio-
thek*); denn es verlor später das humanistische Ziel zu
viel an innerer Kraft, es schnitten confessioneller Hader und
blutige Kriegswehen zu tief in die angeknüpften» Cultur-
faden , als dass die erfreulichen Ansätze des Bibliothek-
wesens**) blühten und weitere SchÖsslinge auswarfen; daher
später dieser Bildungshebel von anderer Seite und gründ-
lich erst in unserm Zeitalter neu eingesetzt werden musste.
— lndess ist de- Zusammenhang der Bibliothekspflege mit
den classischen Studien ausreichend durch die vorgeführten
Thatsachen erwiesen; die Bibliotheken zeigen ähnliche
Lebensphasen wie ihre Zwillingsschwester, die Presse;
auch diese wird das Pflegkind und die Stütze der neuen
Wissenschaften, und wenn sie auch weitere, rein praktische
oder Tendenzaufgaben miterfüllt, so litt sie doch unter
den Schlägen, welche die Cultur in den letzten Jahrhun-
derten trafen. Auch sie ersteht nicht neben jeder Schule,
p. 348. Cornelius M. G. Q. II, LXII. Meyer, Mittbeill. des histor.
Vereins zu Osnabrück [1848] I, 85. üeber Garthua cf. Piderit p. 275.
•) Seibertz, Westf. Beitr. II, 478.
**) So reiche Privatbibliotheken wie der Süde,n Deutschlands
hat wohl der Norden nicht aufzuweisen, vgl. beispielsweise Grau-
toff, Evang. Gloss-Grogauer Prgr. 1862 S. 90. Hase a. a 0. S. 75.
Konrad von Heresbach hatte sich .mit fürstlichem Aufwände- eine
Privatbibliothek angesammelt, sie systematisch kataio-
gisirt und testamentarisch 1568 .Allen zu dienen- bestimmt
Albr. Wolters a. a. 0. S. 227.
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— Osnabrück*), Minden und Paderborn hatten langst
ihre Humanistenschulen, ehe dort eine Presse errichtet
wurde ; und bei der Kostbarkeit der Anlagen, musste man
vielorts schon zufrieden sein, eine auswärtige Druckerei
benutzen zu können. Allein in Dortmund wird sie so
gut wie gleichzeitig mit der neuen Schule eingerichtet**).
Soest (1523) und Lippstadt hätten wohl kaum so früh eine
Presse gesehen, wenn dort ***) nicht Einflüsse Deventers oder
Münster's (Ludolf Bavink) den Samen der neuen Studien
ausgestreut hätten; und dass die Münsterische Presse
mit den Regungen des nordischen Humanismus zusammen-
hing , vermutete schon der gelehrte Mallincrodt (S. 65).
In der That merkwürdig sind die Umstände, dass die
Stadt, welche zuerst dem Humanismus huldigt, auch die
erste Presset) des Landes hat und dass das erste Druck-
•) Osnabrück schon seit 1508 Stüve a. a. 0. S. I, 21.
**) Döring a. a. 0. S. 60.
***) üt ibi rem litterariam reformaret Hamelmann Lc.
p. 268, 266, 263, 206. v. St ei n cn, Westf. Gesch. IV, 994.
f) Die alten Handschriften verloren gegen die Prcsserzeug-
nisse so an Werth, dass Bücher, die nicht gedrückt d. i. Handschriften
geblieben waren , nicht mehr zum gelehrten Apparat zählten, ver-
kamen, und während die Papierhandschriften oft im Dunkel stecken
und dabei auch erhalten blieben, wurden die von Pergament mehr
des Materials als des Inhalts wegen beachtet, und deswegen auf-
gelöst und die Theile zum Einbände der Bücher erniedrigt; daher
ist der Büchereinband bis zur Stunde nicht minder eine Fundgrube
der verschiedensten antiquarischen Schriften als ein Zeuge dessen
geworden , wie sehr die Presse die Handschriften entwertet und
deshalb zu einer vandalischen Behandlung derselben geführt hat
Als die Geschichtsstudien im Anfange dieses Jahrhunderts immer
tiefer und ernster gingen, veranlassten manche an sich sehr glückliche
Funde die Forscher unter lauter Klage über die frühere Rücksichts-
losigkeit zu dem Mahnrufe an die Zeitgenossen, den alten Bücher-
einbanden doch forschende Beachtung zuzuwenden. 1807 sagt mit
Bücksicht auf die altdeutschen Dichtungen Bern. Jos. Docen, Mis-
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— 103 —
stück, welches wir kennen, ein Ausfluss desselben und für
die „lateinische Jugend" bestimmt ist; es betrifft nicht,
cellaneen zur Geschichte der teutschen Literatur II, 102: „So
müssen die traurigen Reste ehemaliger durch die unbarmherzige
Hand des Buchbinders zerstörten Handschriften, deren man zum
Einbinden anderer theologischer und ascetischer Werke sich bedient
hatte, um so mehr die Fürsorge und Aufmerksamkeit des Literatur-
freundes erregen, da von den meisten dieser [dort wiederentdeckten]
Gedichte auch sonst keine Spur unter den übrigen neueren Manu-
scripten dieser [Münchener] Bibliothek zu finden ist". 1816 ver-
sichern die Gebrüder Grimm, Altdeutsche Wälder III, 250: „Alte
Handschriften selbst erinnere ich mich nicht in solchem Ein-
bände [mit Bücherdeckeln] gesehen zu haben; diese Barbarei [die
Handschriften zu Deckelbelegen zu erniedrigen] fing erst an, nach-
dem die Erfindung der Buchdruckerkunst die Anzahl der Bücher
so ungeheuer vermehrte , dass an den vorher üblichen kostbaren,
wenigstens immer sorgfältigen Einband von starkem mit Stempeln
geziertem Leder die Ecken mit Metall gesichert, das auch wohl
Silber oder kunstreich behandelt war, nicht mehr gedacht werden
konnte. Da nun zugleich eine andere Richtung der geistigen Bil-
dung durchdrang, so trat eine Gleichgültigkeit gegen das Frühere
ein, unter welcher zumeist die einheimische alte Literatur gelitten
hat , und was nicht durch grössere altadliche und fürstliche Samm-
lungen gesichert , in den Händen einzelner sich befand, ist gewiss
grösstenteils als werthloses Erbe an Krämer und Buchbinder ver-
kauft oder sonst verschleudert worden. Die Aufhebung der Klöster
muss auch manches zerstreut und jenem Untergang entgegengebracht
haben. Ganz gewöhnliche Rechnungsbücher aus dem 16. Jahrhun-
dert habe ich zu tausenden in Pergamenthandschriften eingeheftet
gesehen; wahrscheinlich war dazu eine Klostersammlung angewen-
det worden, denn es fanden sich zumeist geistliche Schriften doch
auch altdeutsche Gedichte zerschnitten". Dass solche Worte, was
die Verwendung und Auffindung der Handschriften betrifft, auch
genau auf Westfalen passen, dafür Hesse sich eine Unzahl Beweise
anführen. Besonders verheerend wie ein Sturm, ging über das Land
die Franzosenherrschaft. „Man glaubte in der französisch- west-
fälischen Zeit, so äussert sich Wigand, im Archiv I. 2, 60, es sei
mit der Geschichte rein aus, und strebte 'sogar das Andenken
an sie xu vernichten. Die alten Familien bilder fürstlicher Stämme
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- 104 —
wie bis jetzt angenommen wurde, die Gedichte Langens
(1486) sondern Kerkmeisters Comedia Codri (1485. S. 75)
Langen's Gedichte stellen bezeichnend genug den zweiten
Druck dar. Der Drucker war Johannes Limburg, aus
Aachen gebürtig (Aquensis ortu) : die Herüberkunft nach
Münster verliert an Auffälligkeit, wenn wir beachten, dass
damals die Humanisten von nah und fern miteinander
verkehrten und durch das Netz ihrer Connexionen *) sich
manchen Vortheil verschaffen konnten. Erwägt man nun,
dass ein Altvater des Humanismus, der gelehrte Peter
Gymnich**), der noch zu Hegius und Agricolas Schülern
gehört und dann auf Langens Vermittlung ein Canonicat
an der Martinikirche zu Münster erlangt hatte, aus Aachen
stammte, so neigt man sich mehr und mehr zu der An-
nahme , Limburg sei auf Veranlassung Gymnich's und
Langens in ähnlicher Art nach Münster gezogen, wie etwas
früher (1476) Richard Paffraet von Köln ***) wahrschein-
lich auf Betrieb des Hegius nach Deventer. Dort wie hier
versprachen die erwachten Studien, wie schon Mallincrodt
witterte (S. 65), einer Presse Beschäftigung, und da eine
solche damals noch in Aachen fehlte, so wird Limburg
gleichfalls über Köln gekommen sein.
wurden aus den Schlössern geworfen, auf Leiterwagen geladen und
von dem Pöbel für die Trödelbuden verkauft. Die alten Reposito-
rien wurden gereinigt und hübsche farbige Cartons mit französischen
Etiquetten aufgestellt. Die alten Archive fing man an, öffentlich
als Mactüatur zu versteigern. Auf einer Dachkammer fand ich bei
einem Kaufmann zu Cassel das ganze Archiv aus dem 30jährigen
Krieg zu Duten bestimmt; ein Papiermüller kaufte 500 Centner
und ich machte bei demselben allein an Bücherdeckeln mit alten
Handschriften eine ziemliche Ausbeute". Vgl. Wattenbach p. 231.
*) Vgl. Harne lmann L c. p. 292.
**) Hamelmann 1. c. p. 189, 266, 337. Seine Schriften und
seinen Umgang mit-Cäsarius bei Kr äfft u. Crecelius I, 53.
***) Molhuysen-Tross a. a. 0. XXI, 346. Holtrop 1,225.
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— 105 -
Dort war der spätere Drucker Johannes Gymnich als
Humanist und Schüler des Hegius mit den besten Köpfen des
nordwestlichen Deutschlands bekannt*) ja es druckte zu
Köln bereits 1480 der Landsmann Arnold von Aachen **).
Von Limburg wissen wir nur, dass er sicher 1485—86 vier
Werke veröffentlicht hat; und sein Name verschwindet in
Münster; später trägt ihn ein Osnabrücker Gelehrter, civis
causidicus nobilium ***). Ob dieser blutsverwandt mit dem
Münsterischen Drucker, ob der Drucker selbst weitere La-
teinstudien betrieben hatte, als Lesenlernen, darüber lässt
sich zur Zeit nicht entscheiden.
Sicher ist, dass ein Nachfolger in der Presse, der
jedoch erst gegen 1515, also mit dem Aufblühen der Dom-
schule druckt, ein Humanist und gelehrter Typograph war,
der unter seinen berühmten Standesgenossen einen vor-
nehmen Platz verdient.
Es ist Theodorik Tzwyvel f) (Tzyvel , Svivel), na-
tione Westphalus ff) , patria Mongavensis oder nach
seiner genauem Angabe ff) tellure Julia natus oder de
Monte gaudio; ohne Frage hatten ihn nach Münster
gezogen die Schule und der Humanistenkreis, vielleicht
seine Landsleute, und unter diesen zumeist Peter Gymnich
und Cäsarius. Die Familiarität, welche der Humanismus
*) Cf. Hamelmann 1. c. p. 284; 290 vgl. das Folgende.
•*) Die Stelle der Vita Theod. Monast. bei E reit, Katholik
1860 I, 595. Zeitschr. XXI, 264.
***) Hamelmann L c. p. 225.
t) Vgl. die Nachrichten bei Nies er t Beitr. S. 22, Fortg.
Beitr. S. 7 ff, Krafft u. Crecelius I, 64, M. G. Q. III, 6, 328
Kerssenbrock S, 39. Hamelmann L c. p. 173, 1221 Nord-
hoff, Kunstgesch. Beziehg. S. 22, 50.
tt) Den Begriff „Westfalen* dehnt Butzbach auf Südholland
und einen Theil des Niederrheins aus. Krafft u. Crecelius I,
85, 40, 56.
ttt) Vgl. Niesert, Beitr. S. 27 und das Folgende.
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— 106 —
unter den Eingeweihten verschiedener Länder anknüpfte,
stellt sich namentlich innig heraus zwischen Münster und
den Rheingebieten. Tzwyvel wirkt praktisch durch die Ty-
pographie für das neue Bildungsinteresse grade so , wie
der Kölner Humanist Gymnich ein Schüler Deventers und
Kölns*); vielleicht ihm verwandt war der gleichnamige
Canonicus, und bekannt der Bartholomäus, — beide waren
Kölner, Humanisten und in Münster wohnhaft**). Es un-
terliegt wohl keinem Bedenken, dass Tzwyvel mit der Typo-
graphie die nöthige technische Bekanntschaft in Köln gemacht
hatte, und mit seinen Landsleuten zu Münster in nähere Be-
ziehungen getreten war. Der Kölner Gymnich druckt nicht
nur für Münsterische Humanisten, er steht mit ihnen auch in
näherem literarischen Verkehr***), gleichwie diese seit dem
Vorgange Langens in manchen literarischen Bedürfnissen
nach Köln blickten. Und der Münsterische Gymnich und
Bartholomaeus betrieben vorzugsweise jene Studien, welche
auch Tzwyvel zu seinem Hauptfache gemacht hatte. Petrus
Gymnicus Aquensis, sagt Hamelmann p. 337, magnus fuit
philosophus et mathematicus et dixit Longicampianus, ma-
theseos professor Witebergae se in tarn longa profectione per
Europam et Germaniam nunquam reperisse doctiores in sua
ista de mathesi professione, quam duos in Westphalia
viros, alterum Monasterii Petrum Gymnicum. alterum . . .
Bartholomaeum Coloniensem. Ebenso rühmt Murmellius
den Tzwyvel als vir literatus et mathematicarum discipli-
*) K rafft in der Zeitschrift f. Preuss. Gesch. V, 473.
**) H a m e 1 m a n n 1. c. p. 284 , s. v. Colon. Bartholomaeus
Panzer L e. XI, 208 verzeichnet Drucke von Gymnich aus den
JJ. 151G—1536. Barthol. Col. wirkt später in Minden.
***) Hamelmann 1. c. 102, 290. Werke auf Tzwyvels Wunsch
geschrieben wurden wohl zu seinen Lebzeiten in Köln bei Gymnich
gedrucht. Das Beispiel bei Kr äfft und Crecelius I, 64. Vgl.
S. 110.
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— 107 —
narum in primis peritus , und in den Elegiae morales*),
deren er ihm zwei widmet, ehrt er ihn namentlich mit
folgenden Worten:
•) Editio 1508 Sign. A [vj D III, I, 6, II, 8. Mit der Alexandri
hegij artlu ma | giftri dialogi duo de fa | cro fancte incarnatols my-
fterio ... in 4°, s. L & a. [zu Köln c. 1508 bei Quentel] in 4°
wurde gedruckt als 2. Theil. i]| Ars supputatoria calcalaris fiue
algorithmus linealis proie | ctilium de integris. una cü algorithmo
de probis nouenarijs The | oderici Tzwyuel mögauenfis o!b9 cuiuf-
cüq* gditöis extiterint ho | minibg admodü vtilis i neceffarius.
BL 9a dieses im Ganzen 12 Blätter starken Druckes beginnt Tzwyvels
Antheil mit folgender sehr merkwürdiger, gehaltvoller Dedication :
(J| Joanni edicollio Agrippinensi Matheraaticarum artium exploratori
diligentissimo. Theodericus Tzwyvel Mongavensis. Salutem dicit
plurimam.
Ea, que ab arithmeticis de calculatoria partim difFusius par-
timque obscurius tradita sunt , moderata brevitate collegi, quibus
expeditius faciliusque supputatio fiet, et nonnulla adieci videlicet
algorithmum de probis una cum radicum extractione tum in qua-
dratis tum in cubicis numcris, quod quo pacto calculis fiat ab aliis
nondum editum inveni. neque unquam ab aliquo archicalculatore
practicatum vidi. Forte, quum radices numerorum et propter duplata
sparsa et triplata vage disiecta in cifris et notis arithmeticis multo
commodiu8 doceantur , idcirco Judocus Clichtoneus cum de praxi
numerorum disserit, se excusat, quod hanc spem (que maxime perfe-
ctio et finis arithraetice theorice [sie] est) non scripserat dicens : Solent
autem, qui praxim numerandi determinant, annectere alteram sup-
putationis spem utpote radicum extractionem, hoc est lateralis te-
tragonici aut cnbici inventionem, quam consulto omisimus. tum quum
eins cognitio contemplationi potius numerorum quam praxi usuique
sit aecommoda. Hic autem ea determinanda suseepimus, que potissi-
mum applicationem ad sensibiles supputationes ad aptionemque ha-
bent, tum quod ea investigatio si complete fieri debeat diffusiorem
petit quam tetragonici aut eubici lateris inveniendi determinationera
nempe non minus cognitu dignum est regulasque requirit trigoni
propositi aut pentagoni aut cuiusvis alterius specierum numeri plani
latus designare quam tetragoni, neque potior videtur de hoc, quam
illis facienda determinatio, tum quod opusculum de praxi numerorum
quod algorithmum Joannis de Sacrobusto vocant hanc radicum sub-
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— 108 —
Tu qui certa pio meditare matheraata corde
Altaque semoti suspicis astra poli,
ductionem cum in tetragonis tum in cubicis aperte planeque osten-
dit. Quare de ampliori facienda eiusdem rei mentione in presen-
tarium supersedendum duximus. Hoc ille; nos tarnen eara ipsam
calculis practicari posse non imus inficias, verum id plane fatemur,
licet id aliquantulo laboriosius curiosiusque fiat. In divisione etiam
ac alibi rara quedam et ab aliis nondum attentata [ut cakulatio eo
celerius perfertiusque curratj adiunximus. Hanc itaque calculandi
rationem, mi Joannes, cui in calce ob huius materie concinnitatem
subnectendum duximus tractatulnm quendam de proportionibus a
quodam [ut ferunt], Joanne de Saxonia non inscite compositum non
dubitavi nomini tuo designare, tametsi tuae cbaritati habita ratione
res sit exigua ut qui norim quam fervidus omnia studia complecte-
ris, quamque in illis versaris assiduus, maxime autem in mathema-
ticis. in quibus comprehensio veritatis est. Non potui igitnr desistere
quin nova priusque haud visa tibi dedicarem , quoniam huiusmodi
rebus te oblectari soleas, que benignus accipe et tua innata benig-
nitate ab ore canino omnino dilaniari non sinas. Vale et te aman-
tem ama. Ex Monasterio Westfalie quarto nonas Augusti.
Es folgt Judocus Clichtoneus [sie] Neoportuensis in abaci cora-
roendationem. Dann Tzwyvel ad lectorem :
Ne inter emptionis et venditionis contractus controversia uos-
catur, speculatio ista linealis magna industria exeogitata est facillime,
que tum facilior est tum ingenia nostra ad imitandum alacriora
reddit, imo erigit cupiditates et aeuit industriam posse alterius
arithmetice consequi faeultatem et ex quo ars numerandi in homi-
num quibuslibet negoeiis valde necessaria est. Aliqualiter autem
cum eifris difficilis, aliis vero tediosa videtur. In presenti ergo
opusculo facilein brevem numerande artis modura explicabo, per quem
quilibet homo vel negociator numerandi artem brevioris temporis
modula faciliorique arte quam eifris sui negotii computationem ha-
bere potest. Et erit modus iste cum denariis proiectilibus breviasi-
mus, in quo quis Alemanus se exercitare non pigeat. Nam teste
Stapulensi non est greca curiositas calculi labore deterrita Boetius
Senarinus [sie]. Veteres igitur geometrice artis indagatores subti-
lissimi .... Vgl. über die mathematischen Studien jener Zeit
K. Hagen I, 288 f. Erhard, a. a. 0. III, 494. üeber Clichtoveus :
Biogr. universelle s. v. Edicoliius, Kr äfft u. Crecelius I. 55, 56.
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109
Qui preceptoris nomen studiumque Piatonis
Claraque dona Doi non sine laude tenes,
Si quid habes vacui nunc temporis, buc precor adsis
Et raemori versus mente repone meos.
Gestützt auf solche Kenntnisse konnte er 1544 mit
seinen Landsleuten, dem Franziskaner Johan von Aachen,
einem Tausendkünstler, und mit dem Jülicher Kunstsehmide
Nicolaus Windemaker an die Restauration der kunstreichen,
von den Wiedertäufern verwüsteten Domuhr gehen und
dabei wohl insbesondere die mathematisch-astronomischen
Theile bearbeiten*). Weiter berichtet Hamelmann p. 173
von ihm ;
Theodoricus autem Zwivelius senior fuit typographus
Monasteriensis tempore Murmeliii , qui etiam ad illum
plurima scripsit. Selectiores versus ex Tibullo , Pro-
pertio et Ovidio collectos ipsi dedicavit . . . Hic quoque
Theodoricus evulgavit Arithmeticum libellum inscriptum
Murmellio : evulgavit etiam musica quaedam et inter cae-
tera Tonariura et varietatem in Alleluja etc.
Ja seine Virtuosität in der Musik wird von Murmellius
in einer Elegie (III, 8) ebenso sehr hervorgehoben, wie
seine mathematische Begabung ; dass er dabei der echt
humanistischen Leidenschaft , dem Versemachen gerecht
wurde, bezeugt Butzbach ; . . . homo bonarum litterarum
disciplinis satis studiosus et eruditus, qui studia sua longe
lateque paucis licet adhuc utpote iuvenis quibusdam epi-
grammatis noviter Monasteriensis chalcogra-
phi primiciis prepositis conspergens nominis sui aucupatus
*) Vgl. Nordhoff, Kunstgesch. Beziehungen S. 50 f. Den
Geschlechtsnamen Windemaker nennt Kerssenbrock S. 39, doch
hält ihn Herr A. Krabbe für eine Corruptel ans Nicolaus uir-
maker der Domrechnungen. Ueber Joh. v. Aachen vgl. Spormacher
bei v. Steinen, IV, 1500.
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110
est famam. Vivit adhuc maioribus intentus
cito emittendis (1509). Dennoch hat er seine eigene
Druckerei zu Münster schwerlich vor 1515 eröffnet obwol
er 1513 hier wohnt; doch darauf kommen wir später
zurück, um hier nur noch zusammenzufassen, dass Tzwyvel
durch seine Studien, seine weitreichenden Kenntnisse die-
selbe zu einer Anstalt erhob, die den Kuh m einer gelehrten,
und einer humanistischen verdient, wie keine andere im
Norden.
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III
Sofern es nicht im Mantel der confessionel-reforma-
torischen Lehren geschah, vermochte der Humanismus nicht
ins Volk einzudringen (Vgl. S. 09) ; und doch hat er nach
und nach die höhern, freien Stände alle ergriffen : ihm
huldigt der Typograph, ihm huldigen zunächst die höhere
Geistlichkeit (S. 56)*) sodann ein Theil des Clerus (S. 51»
57,) und des Ordenstandes. Ja war der Humanismus
wesentlich ein Pflegling der Fraterherren, so wird er nun
ein Liebling der Benedictinerklöster, und namentlich der
Bursfelder Union **) ; er zieht durch seine Schulen an die
Söhne der Städte, er lockt auch jene des Landes, so schon
den Hegius, so ferner die Cops aus Stromberg, Bavink aus
Metelen***), Sleibing aus Freckenhorst, Blanckevort aus
Albersloh (?) und viele Andere. Ja Hamelmannf) kann
eine Aufzählung der westfälischen Gelehrten mit den Worten
beginnen : nunc tendimus ad eos, qui in ditione Mona-
steriensi morantur vel indenatisunt, et propter eru-
ditionem inter scientia claros locum habere debent.
*) Als ein liebenswürdiges Muster der Bildung des IG. Jahr-
hunderts erscheint : Joannes Kotger, Pastor Alstadianus juxta 11«)-
velium in litteratura Gracca , aliisque honestis diseiplinis fuit ita
exercitatus, ut in qualibet academia professione cum laude potuiaset
fungi. Driver 1. c. p. 121.
**) Vgl. später S. 1 1*5. Die Unionsklöster erneuerten nun gern
ihren wissenschaftlichen Geist durch Gelehrte aus De venter. Krafft
u. CreceliuB 1. c. p. 28, 29.
***) Hamelraann 1. c. p. 206. Driver L c. p. 20 f, 9.
t) Cf. Opera p. 210 und Index s. vv. Driver s. v. und über
81eibing vorher S. 100.
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- 112 —
Der Humanismus, welcher im deutschen Süden an
dem Bürgerstand eine so kräftige Rücklage hatte, berührte
ihn im Norden anfangs nur vereinzelt, später, als sein
Nutzen für Verwaltung und Geschäft sich zeigte, um so
mehr; doch hangen ihm früh an Patrizier, Buchdrucker
und Aerzte und Juristen. Busch, der Wissensdurstige und
Arbeiter treibt auch Mediän und Juristerei*); die letztere
stand als Fachwissenschaft so hoch, dass selbst Humanisten
sich ihr an den Universitäten widmeten**), Rechtsstudien
sogar an Mittelschulen, wie zu Osnabrück***) tradirt
wurden, und ihre Jünger in der Praxis zu den vornehm-
sten Ständen zählten — ein Rang, den sie im Frühhuma-
nismus weniger scientifisch, als anmasslich geltend machten.
Keinem Stande hat der Humanismus, was die gelehrte
und sittliche Bildung betrifft, mehr Nutzen verursacht, wie
dem Adel. In den letzten Jahrhunderten des Mittelalters
den Studien entfremdet und dafür einem wilden Treiben
hingegeben f), wird er nun zu feiner Form und Veredelung
des Geistes von der umsichgreifenden Bildung angelockt,
besucht er Schulen und Universitäten und kann, wie ein
Caspar von Fürstenberg ff) ein an Studien und edlen
*) Hamelmann 1. c. p. 287. Böcking, Opera Ulr. Hutteni.
Suppl. II, 330 ff. Vgl. vorher S. 100 u. später S. 115.
**) So in Köln. Vgl. Krafft in der Zcitschr. f. Preuss. Ge-
schichte V, 468, 470, 473 485 ff. Die Anmassungen der Rechts-
gelehrten gereichen den Humanisten aller Orten zum Aergcr. Strauss
a. a. 0. I, 151, II, 162. Alb. Wolters a. a. 0. S. 126 ff. Wie
mit den classischen Studien sich auch die juristischen allmälig rei-
nigten, zeigt Ranke V, 471, Wolters S. 127 ff.
***) Stüve, Geschichte des Höchst. Osnab. II, 196.
t) Man vgl. bloss Rolevink 1. c. p. 128, 210 ff, 220 ff.
ff) Vgl. Sein Leben und Wirken . . . Nach dessen Tage-
büchern. Von Pieler, 1873. Zur Rührigkeit des süddeutschen
Adels trugen politische Motive bei, Wegele in Sybels Zeitschrift,
I» 411; II, 226. Strauss a. a. 0. II, 195.
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— 113 -
Bestrebungen reiches Dasein fristen und durch Aufzeich-
nungen, Briefe, Tagebücher und andere Publicationen seinen
Geistesvorrat auch der Nachwelt mittheilen. Andere wie
Caspar Scheie, H. v. Kerssenbrock, Gerhard v. Kleinsorgen
widmen sich dem Staats- und Gelehrtenleben und verfassen
dabei historische Werke, deren Verlust der Historiographie
Westfalens eine empfindliche Lücke zuziehen würde. Die
gelehrten Herrn der Capitel (S. 82); zumal de3 Domes in
Münster, gehörten ja zu den ersten Pflegern des Humanis-
mus und konnten leicht davon ihren Familien mittheilen.
In Wahrheit erschien das Compendium Etymologiae Came-
ners zum zweiten Male 1513 pro duobus ex fratre nepo-
tibus , equestris ordinis viri Joannis Dobei utriusque
professoris eximii majorisque ecclesiae Monasteriensis West-
faliae canonici*) : und gewiss nicht wenig reizte den Adel
das Beispiel der beiden grossen Standesgenossen, Langens
und Busch's : diese wurden als Humanisten equestris or-
dinis, oder nobilitatis Westfalicae lumina hingestellt**).
Die humanistischen Studiengegenstände hielten sich
auch sachlich nicht zu engherzig im eigentlichen Fachkreise :
Classiker und Versemachen waren und blieben das Haupt-
ideal. Aber auch die Philosophie, die Mathematik, Musik
und Astronomie ***), (S. 108 f.) die Juristerei und Medicin
fanden hie oder da ihre Pflege und neuen Boden : Busch,
dieser Feuergeist und Kraftapostel seiner Sache, warf sich
auf alle Studien, die seiner Zeit oder seinem Genius zugäng-
lich sein konnten f), und besonders gereicht es dem Mün-
sterischen Humanismus zur Ehre, dass er mit dem Süden
*) Nies er t Beiträge S. 18.
**) Dies und andere Beispiele bei Hameln^ann L c. p. 1407.
***) Wie überhaupt die Naturwissenschaften bald Fortschritte
machten zeigen Ranke a. a. 0. V, 478; Erhard a. a. 0. 111,494.
f) Vgl. Hamelraann 1. c. p. 287, 291.
8
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— 114 —
wetteifert in der Geschichtsforschung*). Abgesehen
von den mittelbaren und unmittelbaren Aufzeichnungen,
welche uns quellenmässig über Zustände und Ereignisse der
Zeit unterrichten, hat er einige Köpfe gradezu für die
Geschichte begeistert. Den jungem Johan von Elen be-
zeichnet Hamelmann als einen vir doctus, in historiis ver-
satus, den Ludolf Halverius Monasteriensis, ad s. Martinum
decanus ibidem, LL. doctor clarissimus et consiliarius atque
vicecancelarius apud illustr. ducem Bruns vicensem Henri-
cum als vir excellenter praesertim in jure ac historiis
doctus, et in aulis regum ac multorum principum propter
magnas legationes, quas strenue subivit, est notus **). Unter
allen ragt hervor Herman v. d. Busche : In historiis ver-
satissimus erat, nam in bibliotheca Langii . . . evolvit
Caesaris, Salustii, Livii, Justini, Orosii, Taciti, Valeriique
Maximi historica scripta — ergraut in allen Wissenschaften
war er der Mann, der später, als der Landgraf Philipp von
Hessen die Universität Marburg mit den tüchtigsten Kräften
ins Leben rufen wollte, auf den Rath Luthers und der
Wittenberger , solemniter et cum pompa quadam per in-
clytum Landgraviae principem vocatur Marpurgum et pro
felici ingressu munere eximio et serico vestitu donatur,
et tunc (1526) historici munus sustinuit et tantisper
in poesi tractavit poetarum scripta quoque et quae ad pro-
*) Wenn auch noch mit manchen Schlacken behaftet entwuchs
doch dem Humanismus, angeleitet von den classischen Studien oder
gereizt von der vaterländischen Vergangenheit, die Historiographie,
so in Italien, Voigt, Gesch. d. Wiederaufbi. der Wissens. S. 306 ff.
Burckhardt, Cultur der Renaissance in Italien 1860 S. 238 ft.
für Deutschland vgl. Büdinger in Sybels Zeitschrift VII, 120—
123, Harrowitz dasselbst XXV, 66 ff. u. in Lützows Zeitsch.
für bild. Kunst 1873 S. 126 f. Ranke a. a. 0. V, 490 ff. Rau-
mer, Gesch. der Germ. Philologie 1870 S. 6, 12 f.
**) Opera L c. p. 170, 210.
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115 —
sodiam spectant , donec eo vocaretur Eobanus Hessus*)
— sein Lehrstuhl wurde der erste der Geschichte an einer
deutschen Hochschule**), und der ihm 1534 darauf folgte,
war wiederum ein Jünger der Münsterischen Schule, Johan
Glandorp, und selbst die Feinde der Westfalen mussten
bekennen : Non habuit haec Academia eloquentiores profes-
sores, quam duos illos Westphalos Buschium et Johannem
Glandorpium Monasteriensem , qui Buschio in professione
historiarum successerat. Als gründlicher Kenner des grie-
chischen und römischen Alterthums veröffentlichte er 1556
zu Leipzig ein eruditum admodum scriptum : de familia
Antoniorum und angeblich zu Münster eine Historia Ro-
mana***) und ärntete überhaupt noch bei Lebzeiten na-
mentlich von seinem Schüler Reinerus Reinecciusf) wegen
seiner Gelehrsamkeit reiches Lob. Cincinnius, der Werdener
Benedictiner, beschäftigte sich mit vaterländischer Geschichts-
forschung (S. 1(J) und ein Dortmunder Patrizier, Caspar
Schwarz versieht dessen vita s. Ludgeri und seine eigenen
Bücher mit gelehrten Noten ff). Der gelehrte Münsteraner
Anton Tuniken veröffentlichte zu Köln 1513 die „älteste
niederdeutsche Sprich wörtersaramlung <t ftt)-
*) Harn elm an nl. c. p. 287, 302. Böckingl. c. Suppl. 11,332.
**) Vgl. Brock haus, Real-Encyclopädie. All, VII, 6. Doch
hatte schon weit früher Goede als „der erste" über deutsches Staats-
recht zn Erfurt gelesen, Kampschulte I, 41 und der 1497 nach
Wien berufene Celtes „ist wahrscheinlich der erste und lange Zeit
der einzige geblieben, der auf einor deutschen Universität auch die
Weltgeschichte in ihrem ganzen Zusammenhange vortrug*. Erhard
a. a. 0. II, 85.
***) Vgl. Hamelmann 1. c. p. 192, 302. Krafft in der
Zeitschrift für Preuss. Geschichte V, 502. Driver 1. c. p. 50.
Niese rt Beitr. p. 37.
t) Ap. Goes 1. c. p. 224.
ff) v. Steinen, Quellen S. 46.
tft) Neu herausgeg. von Hoffmann 1869. Vgl. Krafft u.
Crecelius I, 63.
8*
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— 116 —
Die westfälische Geschichte lag nur trüminerhaft in
Chroniken und allerhand Bruchstücken, mehr in den Quellen,
als nach einer Seite hin aufgeklärt vor ; ganze Theile dieser
Bruchstücke, gelehnt an die allgemeine Geschichte, wenig-
stens für die Hauptereignisse nach den Jahren übersicht-
licher zusammenzustellen, übernahm der Liesborner Bene-
dictiner Witte f c 1522 : es kam wenn auch wenig geläutert
und durchgeistigt die erste*) Historia Westfaliae heraus,
und gewiss hätte im Laufe des 16. Jahrhundert^ die en-
gere und weitere Landesgeschichte namentlich im Münste-
rischen und Lippischen nicht so viele Bearbeitungen er-
fahren , von Männern , wie Kerssenbrock, Hövel, Kochel
(S. 62 f.), Hamelmann, Kleinsorgen, Falconius, Piderit,
Spormacher, Johan Walterus u. A., wenn nicht der Früh-
humanismus hier noch seine alte Triebkraft bewährt hätte.
*) Vgl rorher S. 26. Wie der Benedictinerorden sich behufs
seiner Reform die Zucht der Augustinerhäuser zum Vorbilde genom-
men S. 119, so suchte er nun seinen wissenschaftlichen Geist wieder
iu beleben durch Zöglinge Deventers [Krafft u. C recelius I,
28, 29] zumal er, wie die treffliche Rede eines Erfurter Abtes 1481
vor seinen Ordensgenossen darthut, namentlich sein altes Privileg
der historischen Wissenschaften wieder zu erringen strebte. Die
Rede bei Leuckfeld, Antiquitatea BursfelcL 1713 p. 183.
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— 117 —
Keinem Stande verdankt indess der Humanismus im
Norden, was seine Aussaat, die Befruchtung und Erhaltung
betrifft, so Vieles, wie den Fraterherren. Sie gründeten
das Mutterhaus und die Schule zu Deventer, und radien-
förmig liefen von dort ihre Häuser als Pflanzschulen neuer
Bildung und sittlicher Erfrischung aus nach Holland,
Westfalen, dem Rheine und Sachsen. Die gelehrtesten
Männer ihrer Zeit haben zu ihnen in näherer oder entfern-
terer Beziehung gestanden , ihre Schulorganisation griff
durch das blühende Nordwestdeutschland, ihre Lehrbücher
blieben lange in Gebrauch. Unvergängliche Verdienste
haben sie an der Schule zu Deventer, und die Schulen zu
Lüttich und Herzogenbusch brachten sie in einen Ruf
wegen der Organisation und Schülerzahl, dass sogar Sturm
sich ein Beispiel daran nahm*). Auch an Orten, wo sie
auf den Unterricht verzichteten, wie zu Emmerich und
Wesel, betheiligten sie sich an der Pädagogik und Jugend-
pflege**), oder sie gaben sich dem Umgange mit den
*) Nach Delprat's Verhandeling Parmet S. 20. Döring
S. 45. H. Kämmel in Schmidt's Encyclopädie des gesammten
Erziehungs- u. Unterrichtswesens III, 537, wo ein Weiteres über
ihre Schnlthätigkeit zu finden ist. Vgl. Serapenm V, 365.
**) Dille nb urger, Emmericher Gymnasial-Prgr. 1845/46,
S. 38. Heidemann, Weseler Gymnasial-Programm 1853, 1859-
Weinsberg erkundigt sich 1531 bei den Kölner Fraterherren nach
der Schule zu Herzogenbusch und geht auf ihren Math nach Wesel,
wo er bei den Fraterherren Wohnung erhält und vom Rector in die
7. Klasse aufgenommen wird. Gedenkbuch a. a. 0. III, 54, 55.
— 118 —
Büchern und den gelehrten Beschäftigungen hin. Zu De-
venter ragt hervor als Lehrer und Schriftsteller Johan
Sinthen, der Lector Jacob von Gouda, Sinthen's Schüler,
Heinrich von Amersfort, als Lehrer und Schriftsteller und
nicht weniger als Kenner des Griechischen bekannt. —
Emmerich hatte den Grammatiker und Schriftsteller Gilbert
von Calcar , fast noch als Jüngling gestorben 1504 —
Marburg den Lehrer der Grammatik Heinrich Geck*)
— lauter Leuchten ihrer Zeit. In Köln nehmen sie auf
und bestatten sie bei sich den Cäsarius (S. 93), den be-
rühmten Griechen, welchen die Universität wegen seiner
neuen Doctrinen Verstössen hatte **). Zu Rostock und an
vielen andern Orten eröffnen sie den Born der Aufklarung
damit, dass sie die ersten Pressen einrichten , und zu
Rostock***) erkannten sie das Münsterische Haus als ihr
Mutterhaus. Von Münster waren unter vielen andern auch
gestiftet die Häuser zu Köln 1416 *und zu Wesel 1435f);
sollten die Fraterherren zu Münster den Studien und
Wissenschaften ferner geblieben sein ? Von Anfang an
entfalten sie doch eine Expansiv- und Lebenskraft, wie
wenig andere Häuser.
Das zeige folgende Stelle des vom Fraterherrn Johan
von Horstmar abgefassten Chronicon Frenswedense ft) :
*) Vgl. Butzbach bei Krafft u. Crecelius I, 34, 35, 36,
37, 62, 86. Ueber Sinthen Böcking a. a. 0. Sappl. II, 472.
**) Böcking a. a. 0. Sappl. II, 334.
***) Vgl. hierüber Lisch in den Jahrbüchern des Vereins für
Mecklenburgische iGeschichte und Alterthumskunde IV, 8, 42, Urk.
IX, XIX, XX.
f) Gedächtnissbuch des Fraterhauses zu Münster herausgeg.
von Erhard in der Zeitschrift VI, 89, 91, 104—107, 109. Wesel
wurde gegründet von dem Münsterischen Canoniker Johan von
Collik. [Driver] Westph. Magazin 1786 H. VH, 172.
TT) MS. 103 des Alterthums-Vereins zu Münster in Fol. p. 35 .
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»
— 119 —
Hinricus de Ahues, primus pater fratrum monasterü ad
fontem salientem , qui prius dictus fuit Hinricus de Sco-
pingen, quia mater eins inde exstitit et ipse ibidem natus
filius naturalis domicelli Ludolfi filii nobilis domini Her-
raanni de Ahues. Iste fuit etiam raagnus reforraator et
illustrator Westfalie. Ipse enim Oesterbergam de congre-
gatione clericorum in monasterium cruciferorum proraovit
Wydenbach Colonie fundavit, in Westfalia Borcken, Coes-
feldia , Lippia domus sororum instituit et in Osnabrugis
domum clericorum diu tenuit, et si in potestate ordinaria
habuisset, inquolibet oppido per dioeceses Monasteriensem
et Osnabrugensem congregationes devotorum clericorum vel
feminarum instituisset , sicut ipsemet fatebatur , quamvis
tarnen ipse cum suis multas et quasi inenarabiles resisten-
tias tribulationes persecutiones et quodamraodo coniurationes
a cnncto clero et populo ipsum cum suis exterminare cu-
pientibus sustinuisset. Bei einem freien , nicht ordens-
mässigen Zusammenleben, das eine tief innerliche Erneu-
erung im Geiste bezweckte, konnten die Fraterherren sonst,
je nach Bedürfniss und Anlage sich den Studien, dem
Schulhalten, Predigen oder andern künstlerischen und prak-
tischen Beschäftigungen widmen und damit um so mehr
wirken in einer Zeit *), die an Männern und Arbeiten arm
war und ihnen dafür namentlich seitens des Clerus aller-
hand Verfolgungen zuzog. Welchen Einfluss mussten sie
*) Wie die Fraterherren eigentlich die modernste Genossenschaft
ihrer Zeit bildeten, dafür sei bloss erinnert an die Thatsache, dass
sie von Bödeken aus Westfalen nach der Pfalz zur Neubelebung des
Kloeters Kiersgarten und von hier in andere Klöster des südwest-
lichen Deutschlands überführt wurden. Cf. Chronicon Wormatiense
ap. Ladewig, Reliq. Manuscriptt. II, 156, 114. Bödeken ward als
ein Musterkloster der Zucht und Religiosität , wie Windsheim von
dem Reformator des Benedictincrordens, Johan von Bursfeld f 1439,
besucht. J. Busch, Reform. Monast. ap. Leibnit. SS. rer. Germ.
II, 842.
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- 120 —
schon dadurch auf das Volk gewinnen, dass sie die Lan-
dessprache *) in Büchern , Predigten und Dichtungen **)
handhabten, wie nahe mussten sie damit dem Verstandniss
und Herzen der Gesellschaft treten!
Dass die Brüder wie die Schwestern sich grade im
Münsterischen um die Landessprache und die deutsche
Poesie theils durch Aufzeichnung der vorhandenen, theils
durch Schöpfung neuer Lieder didaktischen und frommen
Inhalts bemüht haben, das bezeugen die Reste : der „ Spiegel
der Leijen" des Bruders Gerhard Buck von Büderich aus
dem dem J. 1444 ***) und die etwas jüngern Dichtungen!)
des Johannes Veghe, welcher Vorsteher des Schwestern-
hauses Niesinck zu Münster war, und die noch um 1588
von der Nonne dieses Hauses Catharina Tirs aufgezeich-
neten Lieder.
Jn mehr als einer Hinsicht waren Bücher ihr liebster
Umgang, theils um geschrieben und ausgestattet, theils
um gelesen zu werden ; die Bibliothek und der Bibliothekar
spielen daher in ihren Statuten von Hause aus eine wich-
tige Rolle und die sie betreffenden Vorschriften verraten
*) Vgl. C. Ulmann, Reformatoren vor der Reformation. A2
[1866] II, 85, 88, 94, 96 ff, Hoffmann, a. a. 0. S. 183, 180, 152.
**) Vgl. Hölscher, Niederdeutsche Lieder und Sprüche
1854 p. V, IX. Watten ha ch a. a. 0. S. 265.
***) In der Seminar-Bibliothek zu Münster. Mit Proben be-
sprochen von Wilkens in Trosa Westphalia 1825, H. III, 54—55,
mit Auswahl herausgegeben von Hölscher im Gynin.-Prgr. Reck-
linghausenl860 61. Gerardus Buck de Buderick, accolitus. Obiit
anno dni. 1489 in profesto purificationis b. Mariae virg. Gedächt-
nissbuch a. a. 0. VI, 92, daselbst S. 93 ein Hinricus Buck de Bue-
derick presbiter, obiit a. dni etc. 1472.
f) MSS. det Alterthumsvereins und des Herausgebers B.
Hölscher, Niederdeutsche Lieder und Sprüchel854 p. IX, Kathol.
Zeitschrift Münster [1852] II, 332. Joh. Veghe, pbr. Yector sextus.
Obiit anno dni 1504 . . . Gedächtnissbuch a. a. 0. VI, 94.
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— 121 —
eine so weise Einrichtung, dass sie schon deshalb eine
Wiedergabe verdienen *).
De librario : Deputabit Rector unum ex fratribus, qui
praesit annario sive bibliothecae domus, cuius custodiae
committantur omnes libri domus, exceptis his, qui ecclesiae
pro divino officio assignantur. Pro quibus sollicitus sit ut
debite et munde conserventur, non correcti emendentur, et
super omnia, ne per negligentiam suam distrahantur ; id-
circo in principio et in fine libri titulum domus inscribere
curet. Registrum de qualitate et numero librorum apud
se habeat et aliud simile sub rectoris custodia erit, ut
sciatur, unde ab eo ratio exhibenda sit. . . . Si libri aliqui
extra domum concedendi sunt, per librarium diligenter con-
8cribantur, simul et terminus praefixus, quando restituentur.
Nullos tarnen Codices ultra quatuor menses, nec libros no-
tabiles extra domum sine rectoris licentia concedat, a par-
sonis ignotis pignus aequivalens aut fidejussorem cognitum
accipiat. Nullus caeterorum fratrum codicem quemcumque
extra domum concedere , sed nec pro suo studio, nisi id
librario innoscat, de armario recipere praesumat. Caveant
diligenter de libris Teutonicalibus , ne tales pro studio in
domo vel extra ministrent, nisi de materia plana fuerit,
intelligibiles, correcti et sufficienter examinati.
Kerssenbrock sagt : „Sie (die Fraterherren) besitzen
einen ansehnlichen Büchervorrat, der aber vor den wieder-
täuferischen Unruhen noch weit ansehnlicher war", und noch
eingehender das EÜIAEirMA**) sive specimen Historiae
*)Instituta Primaeva fratrum < anonicorum seu clerico-
rum collegii Sanctissimae Trinitatis ad fontem salientem Monasterii
in communi viventium, ab ejusdeni collegii pro tempore rectore siye
patre in visitatione episcopali die 9na Maji 1741 producta, ut olim
scripta sunt, sequuntur excusa. — in kl. 8 s. L t. n. & a. p. 46.
Einzelnes hiervon mag enthalten das mir unzugängliche Buch von
Miraeus a. 1638, vgl. Ruland im Serapeum XXI, 184.
**) Editio 1701 p. 117. Kerssenbrock S. 56, 510.
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— 122 —
Anabaptisticae : Imo (Anabaptistae) et bibliothecam
apud fratres, ut vocant, ex omni linguarum litte-
rarumque genere instructissimam concremanmt.
Von vornherein merkwürdig ist, dass der Flor ihres
Hauses und ihrer Thätigkeit ungefähr mit dem Humanis-
mus zusammenfallt, und beide unter den Wirren des 16.
Jahrhunderts mehr und mehr vergehen, nachdem sie bis in
die Wiedertäuferzeit den Reichthum ihres Daseins nach allen
Seiten hin bekundet. In der That nahm das Münsterische
Fraterhaus an dem Humanismus und dem Schulunterricht
durch bedeutende Kräfte Theil. Nach dem erwähnten
Briefe Agricolas 1480 20/9 wollte dessen jüngerer Bruder
Heinrich studieren , (literas discere) : Fuit Monastern ad
Fridericum nostrum, dimidium paulo amplius annum, ibi
prima aetate percepta rudimenta, quantum per id temporis
potuit, recollegit. Jam Fridericus alio profectus est, datos
cuidam domui pater. Henricus in patriam rediit, orat in-
statque, ut rursus eum aliquo ad studia mittam. Dieser
Friedrich, welchen der Gelehrte „noster* nennt, ist wohl kein
anderer, als der Fraterherr Fried. Morman. obiit a. dni 1482.
Vir doctissimus et primus pater Marpurgi, und auf ihn, darum
et doctissimum iuvenem ac Christi sacerdotem, verfasst das
Haupt des Münsterischen Humanismus ein herzliches Epi-
cedion*) mit den Worten :
Heu tecum Friderice iacet iam prona facultas
Alternis blande ludere versiculis :
Gesta per eicelsos duxisses inclita versus,
Seu lyricos plectro contraheres numeros.
Splendida Eomanae sectatus fulmina linguae
Munere dicendi vel Cicerone tonans . . .
Der neunte Rector des Fraterhauses war der berühmte
Humanist Johan Rotger aus Münster. Er ist zu seiner
*) Bei Parroet S, 196.
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— 123 -
Ausbildung von Langen *) nach Deventer in die Schule
des Hegius, und als fertiger Lehrer nach Essen gesandt,
um dort die Humanitätswissenschaften einzuführen, kehrte
aber , weil hieran von den „Barbaren 4 * verhindert, unver-
richteter Sache nach Münster zurück, trat, offenbar ange-
zogen von Sem wissenschaftlichen Geiste der Fraterherren,
in deren Gesellschaft, wird erst Lector, dann Procurator
und 1516 Rector. Er schrieb [Elegidion in librum Mur-
mellii Flores und stand in solchen Ehren, dass Murmellius
ihm, „dem ausgezeichneten und gelehrten Manne", seine
Commentare zum Prudentius, eine Elegie und die Lobverse
widmete :
Floret Joannes Rotgerus, doctaque vatum
Calliopes cultor carmina doctus amat.
Ein anderer Jacob Montanus, eine ebenso thatkräftige
als gelehrte Natur , Schüler des Hegius, Mitschüler des
Buschius und Günstling Langens, geht auf dessen Geheiss
ins Herforder Fraterhaus und eifrig wie er nun in Wort
und Schrift für den Humanismus, tritt er später für die
Reformation ein**).
Das Gedächtnissbuch der Fraterherren verzeichnet ferner
einen Bernardus Bloetguet, presbiter. Obiit anno dni 1506.
Confessor sororum in Coestvelt. Vir doctus et integer. —
Didericus Mesmeker de Keyserswert. Obiit anno dni 1510.
Confessor sororum in Gerzem , amator fratrum et erudi-
tissimus — Johannes Holtmann de Ahuess, confessor so-
rorum in Nisinck , moritur anno 40, vir graeee et latine
doctissimus, und versteht überhaupt, wo es um diese Zeit
von Gelehrsamkeit und Wissenschaften spricht, darunter
sicher zuerst jene des Humanismus. Von dem oben ge-
nannten Dichter Veghe schreiben die Niesinckschwestern in
*) Hamelmann Opera p. 263, 268, 189.
**) Hamelmann 1, c. 8. v.
ihre Chronik, er sei „ein wis walgeleert man . . . gewest
. . . de uns vele suverliker leer unde Schrift heft na-
gelaten *). Murmellius endlich kann den Fraterherren, als
er ihnen das Gedicht in salutationes angelicas weiht, zu-
gleich nachrühmen : Sunt vestra summa beneficia, non
argenti, non auri, non denique vanissimarum rerum, sed
librorum commodatione apud me collocata**) — es waren
ohne Widerrede classische , humanistische Bücher. Und
was im Mutterhause zu Münster Kegel war, wird mehr
oder weniger vollständig in den zahlreichen abhangigen
Klöstern eingeführt sein***).
Die Münsterischen Fraterherren, diesen Schluss ver-
statten uns die dargelegten Zeugnisse , nehmen an den
Wissenschaften jener Zeit, zumal an den humanistischen,
regen Antheil, sie studieren, sie dichten, sie erfreuen sich
der Anerkennung der grösten Gelehrten, selbst die grie-
chische Sprache findet bei ihnen Vertreter. Morman be-
gegnet uns schon vor 1480 als Lehrer, Rotger als Lector
im Fraterhause, und immer mehr drängt sich die Ueber-
zeugung auf, „dass die Fraterherren es waren, deren Obhut
und Unterweisung der junge Langen (behufs seiner Vor-
bildung) empfohlen wurde*!), una * dass sie es ferner waren,
welche theils zu Hause, theils an der Domschule zu der
humanistischen Vorbildung der Jugend thätig, vielleicht
hauptsächlich mitgewirkt nnd diese Lehrthätigkeit wahr-
scheinlich bis ins 16. Jahrhundert fortgesetzt haben,
wo Langen der Domschule ihre grossartige Einrichtung
gab. Schickte doch auch Langen zu den Fraterherren
in Herford den Montanus ad privatam institutionem et
*) M. G. Q. II, 422, 423. .
••) Die Stelle bei Parmet S. 51.
***) Anderweitige Bibl.-Statuten im Serapeum XXI, 187.
t) Parmet S. 17.
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- 125 —
ad publicum in eo oppido instituendum ludum littera-
rium Josephum Horleniuin . . . Als Petrus Nicolartius,
der bis 1646 die Würde des Generalvicars bekleidet
hatte, dem Bischof Galen den Vorschlag machte, das Haus
der Fraterherren, wie zu Lüttich geschehen, in ein Clerical-
Seminar zu verwandeln, konnte er diese Vorstelluug damit
stützen, dass die Brüder sich nicht mehr, wie früher,
mit dem Unterrichte der Jugend, sondern lediglich
mit Handarbeiten beschäftigten*).
Für das lange Nachblühen der Gelehrsamkeit dürfte
auch die Thatsache sprechen, dass das grosse Religions-
gespräch 1532, an welchem sich die schlagfertigsten Geister
betheiligten, im Fraterhause anberaumt wurde, wobei der
Pater Johan Holtman von Ahus und der Frater Theodorik
Bredevorth mit Andern die Seite des alten Glaubens ver-
traten**). Und dass Bischof Franz 1551 auch den liector
Johan Crampe seinem Weihbischof und Official beigesellte,
um mit dem Kölner Erzbischof seitens der Diöcese Münster
über die Theilnahme am Trienter Concil eine Beratung zu
pflegen***), möchte nicht weniger für die Glaubenstreue, wie
für eine höhere Bildung des Fraterhauses ins Gewicht fallen.
Je weiter die Jesuiten ihre Einflüsse in die gebie-
terischen Stellungen geltend machen , um so mehr ziehen
sich die Fraterherren zu Emmerich und an andern Orten f)
*) A. Krabbe in der Zeitschrift XX, 148.
**) Hamelmann 1. c. p. 1191, 304. Der von ihm genannte
Pater Joh. Ahusensis kann nur der uns bekannte Gelehrte sein, der
Frater Theodoricus Bredevorth nur Diricus Gyse de Bredenfoert,
Pater in Herfordia obiit a. 1550, 5. Augusti. Vgl. Gedäcbtnissbuch
in d. Zeitschrift VI, 97. Vgl. Cornelius, Wiedertäufer II, 334.
***) Tibus a. a. 0. S. 72. Dieser Crampe war Pater undeci-
mus. Artificiosas templi tabulas fieri fecit. Obiit a. 1558, die
28. Augusti Gedächtnissbuch a. a. 0. VI, 98.
. f) Dillenburger a. a. 0. 8. 38, Ullmann a. a. 0. II, 159.
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— 126 —
von dem ruhmreichen Felde der Wissenschaften zurück :
zu Münster treten sie seit der Mitte des 17. Jahrhunderts
so in den Hintergrund , dass sie ausser einer ascetischen
Schrift S. 28) höchstens noch Dienste der Gastfreund-
schaft als Lebenszeichen kundgeben*) und den einsichtigen
Männern mehr und mehr für die Auflösung (S. 125) reif
erscheinen.
•) Vgl Drifrer L c. p. 15£ Evelt in der Zeitschrift
XXVI, 83.
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Anlage.
Das frühere
Press- und Bücherwesen
Westfalens.
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In allen Dingen liegt die geschichtliche Bahn der West-
falen in der goldenen Mitte , doch eher zu der Grenze des
Guten als des Schlechten abweichend. Auch »in der Kunst,
welche in der Geschichte des Fortschritts und der Bildung
die vornehmste Rolle spielt« sah Westfalen nicht die ältesten,
nicht die opulentesten , nicht die innerlich oder äusserlich
hervorragendsten Producte, dennoch hat das Land früh eine
Presse (Münster) und, in edlem Wetteifer mit dem benach-
barten Niederrhein, an der Begründung derselben durch seine
wanderlustigen und thatkräftigen Söhne in germanischen wie
in romanischen Ländern einen glänzenden Antheil. Zu Köln
hat Peter von Olpe (Petrus in altis de Olpe) bis 1477 eine
Presse beschäftigt und die Druckerei, welche dort hinter den
Minoriten gelegen und im J. 1497 ihr erstes Werk lieferte,
scheint von Martin von Werden, dessen Heimat man zu
Westfalen rechnen darf*), errichtet zu sein; er benutzte
wenigstens 1504 , wo wir ihn zuerst als Drucker antreffen,
die Typen und den Holzschnitt der Druckerei retro mino-
res**). 1501 tritt hier ein Johan von Dorsten als Besitzer
einer Buchhandlung oder Druckerei auf und sicher ist, dass
letztere***) ihm 1532 zukömmt. Ein Johan von Münster
druckt 1513 zu D (Issel dor ff) und nicht minder verrät Petes
Attendorn, der unter den Vätern derStrassburger Presse
*) Vgl. W. Teschen macheri, Annales Cliviae Juliae . . .
Ed. 1721, p. 246, 248.
**) Ueber beide Typographen L. Ennen, Gesch. der Stadt
Köln m, 1037, 1042. Inkunabeln I. VJU, XVIII.
***) Ennen, Inkunabeln I. XX, XXI. Panzer 1. c. VI, 422.
f) Weller, in der Bibliothek des litterar. Vereins CXI, 336.
9
130 —
eine würdige Stellung errang *) , dnrch seinen Namen
die westfälische Herkunft; in seiner Nähe zu Basel wirkte
(seit 1494) mächtig sein Landsmann Johan Bergman von
Olpe**). Mit einem Albert Ravenstein schenkt Joachim
»WestvaN der Stadt Magdeburg 1483 das erste Buch in
einem Officium misse in 4° und wandernd, wie er arbeitete,
veröffentlicht er 1488 zu Stendal in der Altmark folio-
gross in niederdeutscher Sprache den Sachsenspiegel — eine
so seltene Ausgabe, dass sie selbst den Lokalhistorikern ent-
gangen war***). Aus einem kleinen Orte im Paderbornischen
war jener »ausgezeichnete Künstler« gekommen , welcher,
nachdem er in Venedig den Schriftguss und die Typographie
erlernt hatte, 1472 die erste namhafte Presse in den Nieder-
landen f) einrichtete, um dort mit dem gelehrten Dirk Martens
zunächst bis 1474 im vlämischen Aalst und darauf bis
1496 zu Löwen und 1479 zu Nvmwegen Prachtwerke ans
Licht zu fordern in einer littera vere modernata ft)t wie er
sie mit Stolz nennen durfte. Er benennt sich selbst Johannes
de Westphalia , Paderbornensis dyocesisfft) °°^ er Johannes
*) Falkenstein a. a. 0. S. 170. Panzer L c. V, 469.
**) Er druckte Sebastiani Brant, Stultifera navis . . . denuo
revisa. Holtrop 1. c. II, 852.
***) Falkenstein a. a. 0. S. 194, 197.
f) Nach Belgien war ihm vorangegangen nnd noch thatig
dort als Ordensreformer, als Spender geistlicher nnd leiblicher Hülfe
in schrecklicher Pestzeit, Dederich von Münster genannt Coelde
8. 79. Hartzheim 1. c. s. v. Strnnck, Annales Paderborn.
III, 68, 767 f. und bald folgten die Jünger des Münsterischen Hu-
manismus nach. Hamelmann 1. c p. 296, 335, 339.
ff) Dagegen erzählt Ranke a. a. 0. V, 468 : Vicenz Opso-
päns, der Lehrer des Markgrafen Albrecht, soll die deutschen Buch-
drucker zuerst angeregt haben , mit dem Ruhme der Aldus und
Junta zu wetteifern nnd die Werke der Alten diesseits der Berge
zu publiciren. Uebrigena waren die italiänischen Publicationen schon
längst in Deutschland Modeartikel, 0. Hase a. a. 0. S. 76.
fft) Er nannte sich Johannes de Paderborn, in Westfalia oder
de Westfalia Paderbornensis , cognominatus de Aken, welcher Ort
heute wol nicht mehr nachweisbar ist. F. L. Hoffmann im Sera-
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— 131 —
Paderbornensis de Westphalia; zu Löwen hat auch ein
Konrad von Paderborn einen einzigen , jedoch undatirten
Druck hinterlassen und da dieser eine ältere Schrift zeigt,
will man Konrad für den Vater des berühmten Johannes
ansehen*). Ohne die nähere Heimat jenes Nicolaus von
Sachsen , welcher die ersten nichthebräischen Bücher zu
Lissabon druckte und vielleicht unter dem Familiennamen
Spindler schon zu Valencia und 1478 zu Barcelona seine
Kunst geübt hatte **), genauer bestimmen zu wollen, blicken
wir nun nach den nordischen Landen und wieder wird die
Wiege jenes Godfried af oder de Ghemen, der um 1490 mit
einem Donat der Stadt Koppenhagen den ersten Druck
gab und 1510 noch arbeitete***), in Westfalen gestanden
haben, zumal ein gleichnamiger Ort in Skandinavien schwerlich
nachzuweisen sein wird. Die junge Blume der Typographie in
Dänemark , welche Falkenstein der eigenen innern Kraft des
Landes entspriessen lässt, müssen wir also einem Westfalen dar-
reichen. Vielleicht hat auch ein Ltinener Kind bedeutsam zu
dem Ruhme der Pariser Presse beigetragen*) und der Name
peum [1867] XXVIII. 217—222, Panzer, 1. c. V, 4761,511,518,
Holtrop 1. c. I, 53-55, 582, 61—128, 583—588. Panzer führt
zum J. 1479 noch zwei Arbeiten von ihm unter Noviomagi auf
L c. II, 241.
*) Falkonstein a. a. 0. S. 256.
**) Falk enstein a. a. 0. S. 295, 291, 292. Vogler hält
den Spindler im N. Lausitz er Magazin [1872] B. 39, 117 für einen
Zwickauer.
***) Panzer 1. c. I, 446, XI, 210, 288, V, 475. Falken-
stein a. a. 0. S. 301. Auch Johan Snell, welcher 1483 in der
Hauptstadt Schwedens den frühesten Wiegendruck des Nordens lie-
ferte, war ohne Frage ein Deutscher. Falkenstein S. 298. Vgl.
Westfäl. Anzeiger [1802] VIII, 268, 269. Nach Panzer V, 475
hätte Godfried Gouert s. a. [früher] auch in Gouda gearbeitet.
f] Spormacher bei v. Steinen, W. G. IV, 1424 erzählt
. . . obiit 1532 [in Augusto] Everhardus Mercatoris de Lünen trium
linguarum expertissimus librorum impressor multis stipatus
morigeratis prolibus ex thoro legitimo proereatis. Ich vermag unter
9*
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— 132 —
Johan Siberch, welcher der Presse, die der märkischen Hei-
mat noch unzugänglich war, 1531 mehrere Werke in Cam-
bridge hinterliess *), sowie sein vorübergehender Aufenthalt
dort bezeichnen diesen Mann wohl deutlich genug als einen
Westfalen , der wie andere Landsleute wandernd sein Ge-
schäft betrieb.
Weniger bekannt ist endlich die Thatsache, dass auch
zwei Westfalen sich in Italien einfanden, um dafür die
ersten Wege zu bahnen. Nach dem Catalogus Scriptorum
seculo XV. impressorum, qui in publica Bibliotheca Magliabec
chiana Florentiae asservantur , autore Ferdinando Fossio
Firenze 1793 , 8° , gibt es eine Druckschrift unter dem
Titel Fiore di virtu, Messina 1470 und die Drucker, welche
sich des Holzschnittes noch unbeholfen bedienten, machten sich
am Ende auf den Druckerstöcken, die inmitten einer Rundung
ein doppeltes Kreuz zeigen , durch die Umschrift bekannt :
Maister 0 Johan ü Schade 0 de Meschede — und Maister 0
Rigo 8 Forti 0 de Iserlon **). Entspricht der Name Rigo forti
den bekannten Typographen diesen Drucker nirgendwo aufzufinden,
es sei denn unter den Mercators [Marchant] zu Paris, wo ein Guido
1483 und 1503, ein Johan 1510, ein Wilhelm 1512 thätig ist.
Panzer L c. V, 566, XI, 295.
*) Panzer VI, 345.
**) Die Stelle ist mitgetheilt von Dr. Bahrens im Westfäli-
schen Anzeiger [1798] I, 11, 12. Vgl. Panzer IV, 364 und H, 110.
Messanae. 1473 , wo er noch beibringt : Comincia la vita del glo-
riuso saneto Hieronimo mit der Schlussschrift Finita e questa opera
nela magnifica cita Messina di Sicilia per Mastro nigro [Henricus
Alding] dalamania con diligentissima emendacione nel anno di la
salute M.CCCC.LXXIII. a di XV. d' April . . . Char. Rom s. s. c.
& pp. nn. 4° . . . De hoc typographo scribit J. Petrus Apulus in calce
Libri Regalium constitutionum etc. . . . Messanae per Andr. de
Bruges. 1497 Fol. Jam sunt anni sex et viginti, impressor Henricus
nomine cum operariis ab urbe Roma Cathinam [Catanam] venit
adlectus magna spe lucri [bene ratus si fata iuvissent et vota com-
plessent] Messanam divertit etc. Ergo iam 1471 in Siciliam adpulit
Schweinheimii et Panarzii, aut Hanau cvreQyos.
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- 133 -
dem Heinrich AJding's, so bat dieser noch 1473 zn Messina und
1476 zu Neapel und zwei Jahre später wieder auf Sicilien
gearbeitet.
Wie die Benedictiner von Subiaco, würdig ihres alten Vor-
tritts in den Wissenschaften 1465, dann Rom 1467 von deut-
schen Druckern die ersten Pressen Italiens aufschlagen Hessen,
Venedig und Mailand 1469 nachkamen *) , so waren es ein
Sauerländer und ein Markaner, welche in Unteritalien die
erste, im Ganzen die fünfte Druckerei des Landes errichtet
haben; Florenz erblühte ein solches Institut**) 1471.
Münster.
Druckerei und Handel.
Man ist versucht, die erste Presse auf die Fraterherren
zurückzuführen : sie haben dieselbe auch mehrorts in den
Niederlanden, zu Rostock, Nürnberg***) und vielleicht auch
zu Kölnf) eingerichtet. Die Fraterhäuser zu Köln und zu
... i .i
*) Vgl: A. v. Renmont, Geschichte der Stadt Rom. III, 1,
347. Tiraboschi, Storia della letteratura italiana [1822] VI,
239 sq.
**) Privatpressen, wie sie der von Münster verzogene Thurn-
neijeser zu grossem Rufe und Gelderwerb nach 1671 in Berlin ei»-
riohtete [Becker in der Zeitschrift^ I, 255 ff] habe ich in West-
falen trotz umfassender Erkundigungen nicht ausfindig machen
können, es sei denn, dass einzelne Klöster für Placate, Namen
und Zeichen Typen besassen , wie sich ein glaubhafter Zeuge (G.
Greve) von Kleinburlo erinnern will. t
***) Vgl 8. 117 f. Falkenstein a. a. S. 631, 177. Weit«»
Beispiele bei Ulimann a. a. 0. II, 156.
f) Mal den, Lettres dun bibliographe, Paris 1873 will
sogar die alten Quartodrucke Kölns s, 1. et a., die seither auf dem
Namen des ersten nachweislichen Druckers Ulrich Zell stehen, den
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Rostock, standen doch wie uns bekannt ist (S. 118) mit jenem
zn Münster in ganz nahen Beziehungen. Weit entfernt, dass
die Typographie ihnen das Bücherschreiben und damit auch
einen Hauptnahrungszweig geraubt hätte, bot sie bei den
massenhaften Drucken und der gesteigerten Nachfrage ein
um so grösseres Arbeitsfeld im Rubriciren und vorerst noch
im Ausstatten ganzer Druckstticke. Desungeachtet hatten sie
an einer Presse zu Munster wohl weniger Antheii als In-
teresse, sofern sie darin ein wirksames Mittel zur Verbrei-
tung der Humanitätsstudien erkannten und deshalb die Ein-
richtung einer solchen nur wünschen konnten.
Die ersten Pressen empfangen hier ihre Hauptnahrung
vom Humanismus überhaupt und lehnen sich an die ent-
sprechenden Anstalten zu Köln und zu Deventer. Soweit
sich sonst zur Stunde bestimmen lässt, treten die ersten
Drucke mit der Jahreszahl und dem Namen des Druckers
auf und dieser ist Aachener von Geburt. Der erste Druck*)
datirt vom J. 1485 und ist die uns bekannte (S. 73 f.) Come-
dia Codri Kerckmeisters in 4°; 1486 erschienen Langens
Carmina . . . Julii XXIX, (S. 19) und die Statuta provin-
cialia, .... pridie ydus Octobris gleichfalls in 4°. Der
Drucker nennt sich Johannes Limburgus und im ersten
Stücke ortu Aquensis, im dritten einfach Aquensis. Wir
haben früher schon dargethan (S. 104), dass das rege geistige
und literarische Leben Münsters Limburg ein lohnendes
Arbeitsfeld versprach , und wahrscheinlich die Münsterischen
Humanisten, zumal Langen, dessen Carmina ja der zweite
Druck galt , und vielleicht die Fraterherren bei dem regen
Verkehr zum Rheine ihn von dort heranzogen und zwar
jedenfalls von Köln, wo 1480 bereits ein Arnold von Aachen
das gleiche Geschäft betrieb.
Kölner Fraterherren vindiciren. Vgl. Ennen im Bonner TheoL
Literaturblatt IX, 114, und Falken st ein über Arn. Terhoernen's
Type S. 154. Vgl. Ennen, Inkunabeln p. I, VI.
•) S. 18. Z. 21 v. o., wo ** hierher verwiesen wurde, waren
die Worte [Carmina von i486] des ersten Druckes mit » ■
zu besetzen.
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— 135 -
Den drei erwähnten Drucken können wir nunmehr noch
einen nie bekannt gewordenen vierten des J. 1486 hinzufügen,
nämlich einen Manipulus curatorum. Der gelehrte Domde-
chant von Mallincrodt, welcher ein chronologisches Verzeich-
niss der Inkunabeln bis 1500 handschriftlich *) anlegte und,
exact genug, bei jedem Stücke den Fundort verzeichnete,
fand ihn bei den Observanten in Hamm. Wohl keine Schrift
lohnte den Druck so, wie dieser praktisch-pastorale manipulas
und wohl keine hat die ersten Pressen der Welt so beschäf-
tigt wie sie : dennoch lässt sich unter der grossen Reihe
ihrer bekannten Incunabeln **) kein Stück ermitteln , das
dem bezeichneten Münsterischen Drucke entspräche und dieser,
der doch gewiss wegen seines weitern Leserkreises zahlreich
abgezogen wurde, erübrigt wohl leider in keinem einzigen
Exemplare.
*) Mit dankenswerthem Interesse stellte der Herr Geh. Ar-
chivrath Dr. Wilmans mir für die vorliegende Arbeit einschlägige
Materialien des Königl. Staats-Archivs in Münster zur Verfügung
nnd darunter auch das Ms [i. B. 261] Mallincrodts in Fol. Es ent-
hält die Incunabeln — 1500 und nennt p. 36 zum J. 1486 unter
Monasterii Westphaliae [30 der fortl. Nummer des J.] Rodolphi
Langij can. Mona. Poemata 4°. Joan. Limburg. Rottendorf.
[311 Statuta Provincialia Col. et dioecesana Monasteriensia 4°. Joan.
Limburg. Mall [incrodt] Observ. Hamm.
[32] Manipulus curatorum. Joan. Limburg. . . . Obser. Hamm.
Mallincrodt hat , wie die weitere Angabe der Fundorte zeigt , die
reichern Bibliotheken des Niederrheins , Hollands und besonders
Westfalens für seine Zwecke besucht oder doch vorsichtig ausgebeutet.
**) Es kann nur der Manipulus des Guido de monte Roche-
rii gemeint sein , und Hain verzeichnet allerdings Nr. 8194 einen
Druck des J. 1486, doch in Fol. und s. 1., also wohl nicht den in
Frage stehenden ; der im Verzeichnis« einer bed. Samml. . . . p. 169
angeführte anscheinend dem Nr. 8163 bei Hain conforme, die sieben
Ausgaben bei Holtrop I, 119, 649 U, 234, 251, 729, 616, 288,
und jenes Exemplar der Paulina, welches nur mehr als Duplum
vorhanden ist, [Vgl. Nord hoff, in Petzholdt's Anzeiger für Bi-
bliographie und Bibliothekswissenschaft 1873 H. 3, 82 ff.] können
ihm aus verschiedenen Gründen nicht entsprechen.
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Weitere Arbeiten als die vier genannten aus den beiden
Jahren 1485 und 86 haben wir von Limburg nicht zu ver-
zeichnen*) : der Name des Mannes, welcher nach Westfalen
zuerst und so früh das wichtigste Culturelixir getragen hat.
verschwindet, wie gesagt (S. 105), lautlos aus der Geschichte.
Und doch hatte er so glänzende Anfange in der Typographie
gemacht, und doch wuchs täglich hier der Kreis der Gelehrten
und Studien und mehrte sich täglich der literarische Verkehr
nach aussen. - Ja es lässt sich bis 1500, vielleicht bis 1507
keine selbständige Presse in Münster wieder nachweisen.
Denn die Druckstücke, welche Niesert bis dahin aufzählt,
existiren entweder gar nicht, oder höchstens zweifelhaft ; ihre
*) Doch verfehle ich nicht, der spätem Forschung hier noch
über drei Stücke zu berichten, welche sämmtlich s. L a. & t. n.
erschienen, aber in der Schrift durchaus an die sichern Drucke der
Limburgschen Officin gemahnen, obwohl die Wasserzeichen nicht
mit den erwiesenen Drucken übereinstimmen. Das lstehat 4° Format
und Signataren, es ist die S. 74 beschriebene Glossa Sinthen's super
secunda parte M. Alexandri. — Die beiden andern erschienen in kl.
8° ohne Signaturen, in einer Schrift, welche namentlich im M und
den aneinander gegossenen Buchstaben de, ve . . . genau der Lim-
burgischen ähnelt. Unterschiede, die sieh vielleicht durch eine
spatere Dniekzeit erklären , liegen darin, dass an die Stelle der
nachzumalenden Initialen die betreffenden Buchstaben klein vorge-
druckt sind , das eine Stück eine grössere Schrift in der ersten
Linie des Titels, das andere in Holzschnitt einen Christus am Steine
zeigt, der der Münsteriscben Presse überhaupt fremd ist.
2. Fol la bloss Indagatio fnccincta do vera religione \ et qui
n*m fpecialiter religio« | fint nücupandi. Pol. lb der erwähnte
Heizschnitt. 6 Blätter in kl. 8° mit dem Schlüsse auf Fol. 6a unten.
3. Fol. la Tractatulns fine | ferroo. venerabilis pris. Petri
dor | landi. vicarij domus monty fei ioha | nis baptifte ordinis car-
thnfienf? prope dieft. | de myftica fignincatione habitus fen indun*
| torü ein/dem carthuQefi ordinis . • . q| Hexaftichon eitempoTir
riü | ad lectorem | . . . q| Bernardus ad fres de möte dei f Fol. 1*
beginnt der Text, welcher Fol. 8b schliesst : . . . tertiu peculiari9
tefpicit perfectiol j>piquos | Deo gratias. 8 Bll. in ld. 8°.
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- 137 -
Quellen bilden nämlich die zum Theil noch missverstandenen
Aussagen Hamelmanns oder Auctionskataloge, die meistens von
Idioten abgefasst immer nur einen bedingten Werth besitzen.
Zu leicht nahm man das Wort »scribere« für »Drucken«,
oder den Abfassungs- und Bestimmungsort für den Druckort
einer Schrift. Das Breviarium . . . Monasteriense des Jahres
1497, das Nieser t nach dem Augenschein beschreibt, gehört,
wie die Eigenthlimlichkeiten eines Exemplars der Paulina
beweisen, ganz entschieden einem auswärtigen Druckorte an :
namentlich gestattet die schlechte Schrift und das Wappen
keinen Vergleich mit einem anerkannten Münsterischen Press-
erzeugnisse weder von früher noch später. Die Buschii Epigram-
matum libri II, deren Druck Hamelmann (p. 310) durch
Langen und Hegius 1498 zu Münster und Deventer besorgen
lässt , und Niesert dennoch, nachlässig genug, ins J. 1494
versetzt, sind zunächst den Bibliographen gar nicht bekannt
und wahrscheinlich verwechselt mit den Carmina tumultuaria,
welche gegen 1497 (S. 84) zu Deventer erschienen, zumal
darin Dedicationen des Hegius und Langen, die eine von
Deventer, die andere von Münster vorkommen*). Oder es
liegt eine Verwechselung vor mit der Ausgabe der Epigramme,
welche 1498 wirklich von Köln aus datirt und dort in 4°
erschienen ist**). Sollte denn ein Werk in ein und dem-
selben Jahre zu Lebzeiten des Verfassers an drei verschie-
denen Orten herausgegeben sein? Für Hagemanni Commen*-
*) Holtrop L c. I, Nr. 329.
**) Fol. la bloss Hermanni Bufchij Mona | fterienfis Epi-
grämato Sente | tijs vtilibus : et lepore gratiffi 1 mo editum. | in 4°.
Fol. lb Widmungsbrief an . . . Friderico Bavarie duci illu-
•trissimo Coloniensia, Maguntine et Argentinensis ecclesiarum ca-
sonico , liberaliumque studiorum amatori precipuo . . . datirt von
Köln XII kalendas Febr. 1498.
Am Ende Fol. 16a ein WidmungBgedicht des Hieronymus
Estensis an Busch , und darauf : Hoc opus, in luoem quod prodijt
hercule deztro | Landensis sollers cum Johanis erat. Bloss Signatu-
ren. Andere Ausgabe von 1504 zu Leipzig bei Erhard III, 96.
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tarius in Aululariam Plauti , welche nach Niesert 1500 zu
Munster erschienen wäre, hat Hamelmann (L c. p. 189) bloss
das Wort scripsit und von den beiden andern Stücken an-
geblich aus demselben Jahre werden zwar Horlenii Epi-
grammatum libri duo von Hamelmann (1. c. p. 190) als
»gedruckt« bezeichnet, jedoch ohne Jahresangabe, indess die
Notiz über Seneca, Hercules furens 4°. s. a. et 1. (sed
Monasterii c. 1500) abgesehen von der unsichern Datirung
einem alten Auctionskatalog, nicht dem Augenschein eines
Kenners entstammt und das Monasterii hier wohl wieder dem
Dedicationsort gilt*). Auch Mallincrodt, welchem seine Zeit
gewiss mehr Incunabeln erhalten hatte, wie uns, und ober-
flächliches Nachsuchen auf weiter Peripherie kaum möglich
war, verzeichnet bis 1500 keine andern Drucke, als jene des
J. 1486. (S. 137). Wenn Niesert noch zum J. 1507 Murmeliii
Elegiarum moral. libri quatuor und zum folgenden desselben
Elogia Moralium libri III, jene nach Hamelmann p. 272,
diese nach Panzer verzeichnet , so vermutet er selbst schon
in beiden ein und dasselbe Buch , und tragt das letztere
Stück nur die Datirung ex urbe Monaster. Von den Ele-
gien ist sicher eine Ausgabe von 1508 und eine von 1509**)
vorhanden. Das Exemplar der Paulina von 1508 trägt von
Nieserts Hand die Inschrift Monasterii und eine spätere in
einer Farbe, womit Monasterii getilgt ist, »Coloniae ap. H.
Quentel, J. N.«
So wären denn die Münsterischen Drucke, welche Nie-
sert seit 1486 auffuhrt , theils, zumal die altern, gestrichen,
theils, die jungem, als fragliche ***) hingestellt bis auf zwei :
*) Graes se 1. c. V, 359 fuhrt von dieser Schrift des L.
Ann. Seneca drei Ausgaben an : eine andere erschien in 4° s. L a
pp. n. & n. typ. mit Signaturen [der letzten DIU] 33 L. per S.
ohne Zweifel ein Quentelscher Druck aus Köln c. 1510 mit einem
Einleitungsepigramm des Murmellius de tragedijs Senece.
**) Krafft u. Crecelius I. S. 61.
***) Parmet S. 81 zählt sie nach Nieserts „Beiträgen" mit,
und erhält dreissig Münsterische Drucke bis zum Tode Langens
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— 139 —
auf Cameners Compendium artis dialecticae von 1507 und
des Antonii Mancinelli versilogus von 1500. Das erste Stück
scheint, weil nach Btinemann's Auctionskatalog bekannt, wirk-
lich vorhanden zu sein , das zweite vom J. 1500 ist freilich
von Panzer nur nach einem Privatkatalog verzeichnet, doch
spricht schon Niesert für dessen Vorhandensein der innere
Grund, dass nach Hamelmann p. 194 ein Brief des Horlenius
als Einleitung beigefügt sei, und da dieser in der Deventer
Ausgabe von 1503 (?) fehle, müsse er in einer andern, näm-
lich in dieser ältern Mtinsterischen vorkommen. Zeugniss
und Schluss bleiben immer noch unsicher und daher auch
das Vorhandensein dieses Druckes*).
Sollte Münster wirklich von i486 bis 1507, also über
zwanzig Jahre lang, einer Presse entbehrt haben, auf welche
ausser den Andachtsbüchern so viele Schriften der Gelehrten
angewiesen waren? Gelehrten und Schriften genossen doch
des höchsten Ansehens bis in weite Fernen , die Gründung
von Schulen und Bibliotheken, der ganze literarische Verkehr
erzeugten viele Bedürfhisse : und keine Presse hätte sie befrie-
digt ! Gewiss war Köln grade damals durch seine Pressen und
1519. Unter Zuhülfenahme der „Fortg. Beiträge" Nr. I u. II
hätte er diese Zahl noch um 2 vennehren, Erhard aber, der schon
1838 in der Zeitschrift I, 57 gegen die beregten Stücke seine An-
griffe richtete , diese auch auf das Breviarium ausdehnen können.
•) Wäre er acht, so hätte die Schrift allein von 1500-1509
vier Auflagen erlebt ; nach Niesert jene d. J. 1500, 1503 [?] sodann
noch zwei Deventer- Ausgaben in 4°, eine bei Rieh. Paffraet 1507 in
die Anne, die andere bei Jacob de Breda 1510 altera die Lebuini,
die letztere eingangs mit der Dedication des Murmellius an Drols-
hagen, die erstere mit einem Schlussgedicht des Murmellias auf die
Stadt Münster, vgl. S. 6, Döring S. 23. Zwei andere Ausgaben, 4°
eine s. 1. & a. aber wegen der Antiqua, die sich in den Titel ein-
mischt, c. 1515 bei Quentel gedruckt und eine zweite bei Valentin
Schuhmacher in Leipzig 1520 enthalten die Dedication an Drols-
hagen, die Leipziger zugleich des Horlenius Hexastichon ad puerum
poetice artis studiosum und in Prosa stud. poet. art. adolescenti-
bus foelicitatem.
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— 140 -
Handelsinteressen •) eng mit Westfalen verbunden und De-
venter nicht fern ; allein diese Umstände konnten keineswegs
fftr den Mangel einer Presse und eines Büchermarkts entschä-
digen in einer Stadt, wie Münster damals war. Dieses Be-
denken auf der einen Seite und auf der andern die Thatsache,
dass die Typographie und der Buchhandel damals höchst
ausgedehnt und durch Filialen und Agenturen bis in die ent-
ferntesten Gegenden verzweigt waren **), bestimmen mich, auch
in Münster für beides eine Filiale zu vermuten, nicht so sehr
von Cöln , wofür sich kein Anhalt findet, als vielmehr von
Deventer.
Was die Studien und Bestrebungen anbetrifft, bildeten
Deventer und Münster gleichsam eine gelehrte Union. Beide
stützten sich einheitlich und uneigennützig wenigstens bis zu
Hegius Tode 1498 und leisteten damit der grossen Geistea-
richtung den unschätzbarsten Dienst , beide werden daher
zusammen genannt, wenn von Hauptereignissen des Frühhu-
manismus die Eede ist***). In Deventer war der grosse
Lehrer Hegius, in Münster der berühmte Dichter und Ver-
treter der Studien Langen : beide Landsleute , Mitschüler,
Freunde und gegenseitige Verehrer. Von hier nach dort
fingen ganze Schaaren Schüler und von dort kehrten hierher
die fertigen Gelehrten zurück. Die meisten Schriften der
Münsterischen Humanisten gingen hervor aus der meistens
von Hegius geleiteten Presse zu Deventer. Dort erhob sich
seit 1486 unter Jacob von Breda noch eine zweite neben
der etwa seit 1476 bestehenden Paffraets, — und aus beiden
gingen in der kurzen Zeitspanne bis 1500 angeblich mehr
denn 200 ansehnliche Druckwerke hervor f) — eine staunens-
*) Vgl. Nord hoff, Ktmstg. Beziehungen S. 23, 53.
**) Vgl. beispielsweise 0. Hase, a. a. O. S. 52 f, 58 ff.
***) Vgl. Hamelmann 1. c. p. 331.
f) Molhuy sen-Tross hl der Zeitschrift XXI, 346, deren
Datirung ist corrigirt nach Holtrop 1. c. I, 255 ff, 328. Es fall«
demnach die Errichtung der Presse und der Beginn der Hegiaschen
Lehrthätigkeit zu Derenter S. 83 in ein Jahr.
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- 141
werthe Zahl, die ohne die humanistischen Beziehungen nach
aussen, namentlich mit Münster, gradezu unerklärlich dastehen
würde. Jedenfalls hat Deventer als die Limburgsche Presse
stillstand, eine Druck- und Handelsfiliale nach Münster ver-
legt : Sehr merkwürdig klingt doch die Nachricht Hamel-
mann's p. 310, reliquo» duos (libros Buschii Epigram matum)
curaverunt excudi Daventriae et Monasterii Langius et He-
gius 1498. Der Druck selbst, mag, wie wir oben nachwiesen,
noch so zweifelhaft sein, merkwürdig bleibt immerhin, wie
Hamelmann eine vereinte Typographie Deventer-Mttnster des
Hegius und Langen voraussetzen konnte. Nehmen wir eine
Beventersche Filiale an, so verliert auch die Ueberzahl der
Deventer-Drucke Vieles von ihrem Autialligen. Jene der Fi-
liale, die schwerlich als Druckort genannt ist hätten alsdann
den Namen Deventer getragen. Es ergibt auch ein Vergleich
der mittlem Schrift Breda's mit der gewöhnlichen Schrift,
welche der Münsterische Drucker Bornman verwendet, einige
gegenseitige Aehniichkeiten wie sie zu keiner andern Presse
bestehen.
Während wir das Aufkommen der ersten (Limburgschen)
Presse Münsters mit Köln in Verbindung brachten, zeigt also
die freie Officin Bornmans auf Holland und holländische
Einwirkung hin; doch macht er sich dabei die Vortheile Kölns
in der Art zu Nutzen, dass sein Zierholzachnitt, darstellend
die h. Anna und Maria mit dem Jesuskinde in der Mitte,
gleichzeitig (1509) ebenso gehandhabt wird von dem rhei-
nischen Geschäftsgenossen Johan Landen im D Irectoriü cö-
tepla | tiuortl. cü tractatalo de emifioe cordis in kl. 8° (mit Sign,
und goth. Schrift.) Vielleicht liegt sein erster Druck zum
J. 1507 in Cameners Compendium artis dialecticae vor, wie
inReuchiins Scenica progymnasmata vom J. 1509 sicher der
erste mit dem Namen des Druckers. Laurenz Bornman
oder Borne man »discretus« »industrius vir«, übt seine
Kunst von 1507, nachweislich von 1508 bis 1511*) vorzugsweise
*) Von seinem F. Petrarche dialogus . . . 1510 in 4° habe
ich mit Sicherheit kein Exemplar gesehen. Ein mir vorliegendes
der Panlina könnte ihm entsprechen, doch fehlen das erste BL mit
der Sign. AI nnd das entsprechende Wasserzeichen.
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— 142 —
im Dienste des Humanismus und wird der Chalcograph sein,
dessen Presse von 1509, wo sie für Tzwyvel arbeitet, ihre
Erstlinge (primicia) liefert (S.- 109) ; und wollte man auch alle
ungenauer bezeichneten Drucke Münsters aus jenen Jahren
auf ihn zurückfuhren, so erscheint seine Wirksamkeit *) nicht
so sehr quantitativ bemerkenswerth, als qualitativ wegen der
klaren (gothischen) Type und der bildlichen Ausstattung.
Eine genauere Untersuchung der Werke würde auch allein
die Bestimmung ermöglichen, wie viele von den diesseitigen
Drucken aus den Jahren 1511 oder gar noch 1512 Born man
angeboren, jedenfalls entstammt das Werk , welches Niese rt
ihm noch aus dem J. 1513 beilegt, nämlich Camener s Com-
pendium Et vmologiae einer auswärtigen Presse ; damit fallen
auch von selbst das Bild des h. Laurentius und der Buch-
druckerstock **) auf Fol. 2b, welche Niesert (S. 19) als
Symbole des Namens Laurentius Born man autfasste und als
Titelbild seiner Beiträge Nr. 1 wiedergab.
Eine dritte Presse Münsters hat sich vielleicht aus
einer Deventer-Filiale zur Selbständigkeit entwickelt . ihr
*) Unbekannt waren folgende Stücke:
1. Langens Rosarium rirginis beatissime. Vergleiche vorher
S. 36—38.
2. FoL la. C]|P. Vergilij Maroni.« Aeneidos Li | her Tertius cum
argumgtis. P. Ooi | dij et Auguftini Caminadi. atqj an | notationibas
in margine fparfis, darunter ein Holzschnitt, der in gothisirendem
Stile die h. Anna n. Maria mit dem Jesukinde Torstellt, [S. 141.]
am Schlüsse : Finia Tertij libri Aeneidos Vergilij Maronis Ex of-
firina litteraria discreti | Laurentij Borneman einis Monafte | rienff
Vestphalie : Anno. M. d. x. in 4°. Zweierlei Schrift und bloss Sig-
naturen.
3. P. Virgüii Marunis vita scripta ab Aelio Tiberio Donato
. . . 12 S. in 4" . . . Monasterii . . . Laar. Borneman s. a.
**) Es scheint mir das Zeichen de Bornes zu Deventer zu
sein und findet sich auch in einem Elucidarius carminum et histo-
narum ... in 4° [offenbar jünger als die unbestimmten Ausgaben
bei Panzer 1. c IV, 125, 468] s. L a. k nom. typ., der wegen der
Antiqua des Titels und des gothischen Textes etwa dem J. 1520,
keineswegs aber nach einer damaligen Presse Münsters gehört.
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— 143 -
G
Besitzer Gregor Os de Breda entstammt unzweifelhaft dem
gleichnamigen Hause zu Deventer*), dessen Presse längst
dem Münsterischen Humanismus gedient hatte; da seine
Werke selten ein Datum tragen, hat man, wohl mit Rück-
sicht auf die Zeit, wo Bornman's Presse unthätig wird, seine
Wirksamkeit, die 1515 schon erlischt, mit dem J. 1512 be-
ginnen lassen. Vielleicht bestand seine Presse schon 1507
und dann hat sie neben der Bornmanschen gearbeitet. Ein
Exemplar eines von ihm gedruckten Joannis Murmelli adno-
tamentorum libellus hatte nämlich als Anhang eine kleine
bisher unbekannte Schrift desselben Autors mit Vorwort
1507. 12 calend. octobris in kl. 4" und dem Schlüsse : hec
opuscula feliciter ab industrio viro Gregorio os de
Breda aeneis typis excusa sunt in nobili et opulenta urbe
Monasteriesi Vestphalie metropoli prestantissima**). Dass
überhaupt so wenig von Bredas Arbeiten mehr vorliegt und
seine Schrift jener des Stammhauses ähnelt, darf uns die
Vermutung nahe legen , dass sein hiesiges Geschäft als ein
ltickenbüssendes , oder vielmehr stets als ein Nebengeschäft
des holländischen Haupthauses betrieben worden sei.
Wahrscheinlich hatte schon der vierte und bedeutend-
ste Drucker Münsters 1515 hier eine andere Presse errichtet,
da sein erstes nachweisbares Werk 1516 kal. 18. Februarii
datirt. Er war vom Rheine gekommen, wie einst Limburg :
es ist der uns bekannte (S. 106 f.) Humanist und allseitige
Gelehrte Theodorik Tzwyvel ***) jedenfalls gebürtig
aus Montjoie. Schon 1513 wohnte er zu Münster : das Intro-
duetorium musice practice probatis scriptoribus per Theodo-
ricum Tzwyvel de Montegaudio exceptum ... in kl. 4° besagt
am Schlüsse der Dedication : Ex Monasterio Westfalie fjrto Id9
martias anno natali christiano 1513 emergStc und am Endo des
Textes : Prima hujus opuseuii editio inipressa Colonie in officina
*) Vgl. Panzer 1. c. XI, 210.
**) Herr Regensberg theilte mir mit diesem noch einen un-
bekannten Druck mit : Augustini Dati (Senensis) isagogicus libellus
in eloquentiae praeeepta, 4° c. 1507.
***) Die gleichnamige Ritterfamilie des Niederrheines bei
Fahne, Gesch. der Kölnischen . , . Geschlechter I, 465, U, 209.
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- 144 —
literaria ingenuoy liberonim Quentell. Anno domini 1513. Fast
sollte man annehmen, er habe schon 1508 hier gewohnt;
denn er gehört noch vor 1509 zu den ersten Gönnern der
Bornmanschen Presse, und der 1510 hier erschienene Dialo-
gus Petrarcas enthält schon Verse von ihm. Wie dem auch
sei , diese Thatsachen berechtigen zu der Annahme, dass er
früh dem Gelehrtenthume und der Presse Münsters nahe
getreten ist , ohne anderseits seine Verbindungen mit dem
Rheine und namentlich mit Köln abzubrechen. Als er nun
sein Druckergeschäft einrichtete, tibernimmt er von seinem
Geschäftsvorgänger Bornman (S. 141) den Holzstock, welcher
die h. Familie darstellt, und anderseits ahmt er dem Kölner
Typographen Martin von Werden die Druckweise nach, den
ersten Theil des Titels in grossen gothischen, den zweiten
in kleinem antikisirenden Lettern setzen zu lassen.
Tzwyvel wohnte, wie er 1519 selbst angibt, an der
Bergstrasse (im Winkelmannschen Hause ?), wo die Hauptpresse
auch bis 1594 gestanden haben mag. Gearbeitet hat er in
den verschiedensten Druckarten und Lettern und^ in den con-
fessionellen Wirren nach und nebeneinander für alle Bekennt-
nisse. Seit 1517 versieht er einzelne Drucke mit seinem
Geschäftszeichen und die Plinii Epistolae aliquot desselben
Jahres in 4° mit einem Wappen*) in Holzschnitt.
Er hat dem Geschäfte , das er unter dem Ruhme eines
Gelehrten eröffnen konnte , einen früher unbekannten Auf-
schwung verliehen; es hat sich auch fortab ununterbrochen mei-
stens durch Erbschaft bis auf den heutigen Inhaber Friedrieh
Regensberg fortgesetzt und Concurrenz nur zeitweise zu
bestehen gehabt. Seine Artikel entsagen allmälig dem steifen
Schema der frühem Zeit und bewähren zuerst einen dem
Gegenstande conformen Wechsel in Format, Type und Aus-
stattung, sich der modernen Buchform mehr und mehr an-
nähernd. Und doch hatte seine Presse empfindliche Schläge
von aussen zu erleiden , die es auch erklären, warum von
ihren Erzeugnissen, welche doch nicht geringzählig zu sein
1] Bei Nieser t Beitr. Titelbild No. II. znm J. 1519.
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— 145 —
schienen, so wenige erübrigten und einige ganz verschollen
sind*). Obschon sie auch der Reformation und selbst dem
*) Zeit und Raum verstatten mir nicht, die von Niesert an-
gerührten Drucke fortab genauer, wie jene der ersten 20 Jahre zu
untersuchen und muss ich mich daher zufriedengeben mit der einen
oder andern Correctur und Ergänzung. Von Tzwyvels Werken seien
noch folgende bekannt gemacht, die sämmtlich gothische Type und
4° Format, bloss Signaturen und mehrentheils auch einen eigenen
inhaltlichen Werth haben :
1. Timannus Camener Guernensis , Compendium Etymologiae
et Syntaxis artis Grammaticae. Münster, off. Zwzyvel de Monte-
gaudio, 1515. [Arnb. R. B.]
2. Elucidarii Cöputi ecclesiastici a Theodorico Tzwyvel ad
coej rei lfarie utilitatö compSdiose elucubratum. [kl. 4.]
Am Schlüsse : Excusum Monasterii per Theodoricum Tzwyvel de
Monte gaudio. Anno Virginei partus 1516. Kai. 18. Februarii.
[Laut Mittheilung des Herrn Regensberg.]
3. Matthei Bofü veronß | fis] Jefu chrifti Salua | toris paf-
fionö flebilis | et deuotifftmus | fermo in Prosa. 7 Blatter mit dem
Schlüsse : C|| Impreffa eft hec paffio domini Monafterij | per Theo-
doricum Tzwyuel. s. a.
4. Comedia Joannis Reuchlin | Phorcenfis. L. L. doctoris que
Ser | gius vel Capitis caput infcribitur. C]| Johanis Peringij Buric-
c5fis ad ftudiofu? | adulefcöte? hendeccaryllabi*] ... Am Ende :
*) Johannis sedeat poema mnltis
Reuchlini salitui», lepore raulto
Conditum tibi, quisquis eB sititor,
Paediss (!) nitide atylique tersi,
Antbor quod capitis caput vocavit,
Reges erodiens, inane Semper
Vitandnm caput omnibusque nerris,
Lectorem trabat et viri perenne
Aeternum quoque nomen baud caducnm,
Nec non multiitigis scientiarum
Virtutum quoque nobilisque fruges
Totum non latitans fere per orbem —
Addas bis varias licet loquelas,
Quarum est egregie peritus et quis
Germanam polit et colit inTenUm (!)
Et primas coluit : fac unde grate s,
0 pubes, meritas Tiro rependas.
10
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- 146 —
Wildling Rothman diente, entging sie doch nicht den Ver-
wüstungen der Wiedertäufer : Ideo statim bibliothecas de-
q| Exeufum Monasterij I edibus Theo | dorici Tzwyvel Anno sa-
lut? nf e Mi I lefimo qulgetefimo declo fexto. | Klare gothische
Schrift, einige grosse Initialen besonders gegossen.
5. Pubiii Terentij Aphri poeW | comici Comedia lepidiffima j
quae Eunuch9 Ifcribitnr | ingenio maxi me ado | lefcötiü grata 2 fe |
nibus non in 1 incunda. | Am Ende £^F"* Imprefsa e hcc comedia
Monafterij I officina | Theodorici Tzwyuel Anno. M.ccccc.xvi mit
gothisirender Type.
6. Publij Tereutij [sie] Aphri Poetae | Comici Comoedia le-
pidiffima q He | autontimorumenos Ifcribitur | (|| Joannis Peringij.
BuricceTis *) ad ftudiofu? | adulefcentem dyodecastichon. j Am Ende :
&ßf~ Impreffa eft hec comedia Monafterij I ofncia | Theodorioi
Tzwyuel Anno dni M.D.xvij. Gothisirende Schrift selten noch mit
Antiqua gemischt. Den Raum unter der Schlussschrift füllt in
länglich viereckigem Rahmen ein Schild mit einer vierblätterigen
Rosette und darunter mit den Anfangsbuchstaben des Druckerna-
mens T. Z. — dies Zeichen führt Tzwyvel also schon 5 Jahre früher,
als wir S. 43 nach Niesert's Angaben beibrachten.
7. Pubiii Tereutij [sie] Aphri Poetae | comici Comoedia lepi-
diffima q Adel | phi Ifcribitur | q| JoannisPertgij Buriccenfisad puerö
Deber Joban Pering ans Bäderich bei Wesel, zuerst Rector der Ludgeri-
dann der Domschnle zu Münster, später wiederholt Rector der Schule zu Wesel and
dessen sonstige Schriften vgl. ausser Niese rt. Hamelmann 1. e. p. 191 f, 264, 268,
386, 1426, Heidemann a. a. 0. 1853 nnd 59. Driver 1. c. p. 117, Krafll n. Crecelius
I, 62. Perings literarisch-humauistische Bedeutung erscheint angesichts der Cla«-
sifcer-Ausgaben , die in der philologischen wie in der bibliographischen Literatur
anscheinend unbekannt sind, gewiss in einem ganz andern Lichte.
•) Mnltiingam quamvis habeat comoedia fragem,
Utilis in prirais moribns estqne stylo;
Fertur enim speculnm vitae Tarios quia mores
Continet, unde bonos prendere queroque decet
Oraqne contorta iuTennm stribiligine pnrgat
Et salibus multis atqne lepore colit.
Id genns et quamvis scripsere poemata vates,
Non panci Latio turba diserta stjlo,
Attamen in primis moneo stndiose Terenti
Assiduus iuvenis dulcia scripta legas,
Omneis hnnc siqnidem latialis vincere linguae
Arte vafer Flaccus Servius atqne docent.
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147 -
struunt, sed Theodorici Zwivelii typographi officinam spolia-
runt , nec quidein ullis rationum libellis , iino etiam non
sigülatis literis pepercerunt *). Sie ist also nur geplün-
dert, nicht zerstört, und da sie gleich nach der Wieder-
täuferzeit wieder arbeitet, wird sie auch während derselben
eine Reihe jener Bücher und Broschüren, womit die Auf-
rührer nah und fern für sich die Leidenschaften entzündeten,
sei es gezwungen oder mehr freiwillig, veröffentlicht haben.
Die offenbar zu Münster bei Tzwyvel kurz nachher (etwa
1537)**) erschienene „Orbnungf) unnb poHiccij | ber ©tabt
fünfter" | 18 Bl. zeigt das 4° Format, deutsche Type und
im Titel das Wappen der Stadt mit den Buchstaben V. D.
latine | linguae ftudiofum hßdecafyllabi paranetici*) | Tier verschie-
dene Sorten gothischcr Schrift gemischt mit einigen Wörtern in
Antiqua. Schlnss: (|| ImprefTa eft haec coemedia [sie] in officina
Theodorici | Tzwyuel Anno domini. M.D.Xvij.
Die Exemplare dieser meistens verbundenen und der Pau-
lina gehörenden Stücke entstammen dem gelehrten Kloster Liesborn,
eins mit der Inschrift : Hic liber est Gerardo Wernensi habitanti
in Lezebornen.
*) Hamelmann 1. c. p. 12*21.
**) Vgl. Niesert M. U. S. I, 245, 261.
•) Hiilbiim si cupia» polire linguam
Et culto proprioque sempor uti
Disertoqae atylo, puer, Terenti
Hec comoedia aedalo legatur
Abs to : cui titnlua decena Adelpbi.
Quae Graece prias inelyto Menandro
Scriptia prodlta, poatea in latinnm
Conversa eloquium a Terontioque.
Omneis Serviaa hnac vaforque Flaccua
Scribunt Tincere comicoa poetaa
Syncaora propriaqne dictione.
Haec comoedia te docebit inter
Urbinam pariterqne rusticanara
Vi tarn oonnbiiqae coelibemque
Baad diacrlminb Interesse paoluro.
10*
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— 148 —
M. I E, wie die reformatorische »Tuchtordeninge« *) des Jahres
1533 und andere gleichzeitige Schriften. Melanchton richtet
zweimal**) etliche Artikel wider ein gotteslästerliches Buch
»so zu Münster im Druck neulich ist ausgegangen«. Drangen
schon die Reformatoren auf gedruckte Publication ***) ihrer
Lehren ; so liesseh die Wiedertäufer fleissig prenten, und
jedesmal auswärtige Pressen aufzusuchen, gestattete meistens
weder die Belagerung noch die Eile, mit der die Schriften
wirken sollten. Und daher werden die Broschüren und Ten-
denzblätter t) meist in 4° zumal jene, welche den Druckort
und das Wappen Münsters tragen, späterhin die Zeitungen
und Jubelschriften über die Vertreibung der Aufrührer
guthentheils in Münster gedruckt sein.
Doch die weitgreifenden Bedürfnisse nach Schriften, die
in der confessionellen Gährung zu bieten nnd zu verlangen
waren, geben einen Fingerzeig, dass die Tzwyvelsche Presse
denselben nicht gerecht werden konnte , selbst bei einer
ausserordentlichen Vergrößerung; es gab in der That noch
*) Beschrieben beziehentlich abgedruckt bei Cornelius M.
G. Q. II, X [III] u. Gesch. der Wiedertäufer II, 320.
**) Weioe 3citung üon bcn J SBtfcertauffevn SKünffter ....
©etrutft ju Dumberg tut* ^cromtnum ftonnfdmcibet 1535, 4° Sign.
CHI, D, publicirt von Verlage in der Zeitschrift XXVII, 255—274
***) Die Stelle bei Cornelius Gesch. d. Wiedert. II, 320.
t) Sie sind zum Theil ohne Beachtung der frühern Publi-
cationen angeführt oder abgedruckt bei Niesert, M. U. S. I,
XXXIII— XLII, Beiträge S. 32, FortgOB. Beitr. 5, 8. Cornelius,
M. G. Q. II, IX f. XCII1 ff. bei W e 1 1 e r im Serapeum XX, 235, XXIII, 27,
in der Stuttg. Bibliothek CXI, 108 f. Zeitschrift XVII, 236 f, von B.
Hölscher daselbst XX, 151 f, Verlage daselbst XXVII, 255 f.
Verlage wie die andern Beschreiber übergehen die kunstgcschichtliche
Eigentümlichkeit , dass „des Münsterischen Königreichs an- und
abgang, Bluthandel und End" . . . 1536 im Titelholzschnitt den Lam-
berti-Thurm bereits mit der [etwas gedrückt ausgefallenen] Kuppel
aufweist. „Das Büchlein von der Rache" beschreibt eingehend
Bouterweck, Literatur u. Geschichte der Wiedertäufer. Beitrag
I, 66. Vgl. noch Soldan in d. Zeitschrift VII, 359.
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- 149
eine zweite ; doch erübrigt von ihr nur e i n Rest in der Ham-
burger Stadtbibliothek und dieser ist mir leider nicht nach
dem Augenschein bekannt, daher ein Vergleich mit den gleich-
zeitigen Drucken und eine mögliche Beziehung derselben zu
den Tzwy velschen Presserzeugnissen versagt. Er liegt theilweise
neu edirt vor bei Cornelius *) nämlich : Titel und Vorrede der
Niederdeutschen Uebersetzung von Butzers Strassburgischem
Gespräche mit Melchior Hofmann und der Angabe : Gedruckt
to Monster in Westphalen, uth bevel der erberen unde er-
samen heren borgemestren unde rait dar selvest. etc.
M. D. xxx. iii. am Schlüsse : Gedruckt to Munster up dem
Honenkamp, dorch Lüdge rum to Ring, anno 1533.
Dies Stück erschien nach innern Gründen schwerlich vor
November **) , seine Presse steht auf der Höhe der
reformatorischen Strömung Münster's, um sich dann spurlos
darin zu verlieren. Der Drucker selbst ist gewiss Mit-
glied der berühmten Künstlerfamilie, wenn nicht gar
der bekannte Maler und als der ältere des Namens der
Vater Herman's , der als Maler , Geometer und Architekt
kurz nach der Wiedertäuferzeit vielbewunderte] Leistungen
schuf***). Die letztere Annahme dürfte um so mehr Beifall
finden, als die Chronisten f) ausdrücklich vom Sohne (Herman)
erzählen, er habe die Wiedertäuferei und die Stadt gemieden
— während der Vater (Ludger) des Gegentheils verdächtig ist.
Dafür reicht Tzwyvels Thätigkeit nach seinen Werken
sicher bis 1540, jedenfalls noch weiterhin; es wird auch unter
den fortgehenden Erscheinungen erst 1554 ein anderer Drucker
GodfridTzwivel und zwar bis 1556 ff) nur mit drei Werken
bekannt. Das eine enthält seinen Buchdruck er stock, einen
*) Gesch. der Wiedert. II, 356, Anl. XXIV.
**) Cornelius a. a. 0. S. 332 cf. Hamelmann 1. c. p. 1118.
***) Kerssenbrock bei Cornelius M. G. Q. II, XXXVIII.
t) Die Stelle bei Becker in Kuglers Museum [1837] V, 2;
Cornelius G. d. W. II, 310.
tf) Unbekannt war: Carmen scholasticam literarii ludi Di?i
Pauli apud Monasterienses. Monasterii, God. Tzwyvel excudebat
an. MDXLVI. 8 SS. kl. 8° mit Noten in Holzstich und unter-
legten Texte.
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150 —
von zwei Schlangen umwundenen Stab, worauf ein Vogel mit
ausgebreiteten Flügeln steht; um den Handgiiff schlingt sich
ein fliegendes Band mit der Inschrift : Gotefridus Zwivelius.
Vielleicht ist er Anverwandter oder Bruder Theodoriks,
und hat dessen Geschäft auf kurze Zeit weitergeführt, das
1564 wieder einen dauernden Vertreter an Diderich
Zwivel erhält — als es begann, wankend zu werden; denn
1562—1570 taucht eine zweite Presse des Joannes Ossen-
bru g(ge) auf , der auch 1570 zuerst die Messe beschickt.
Sie hatte einen guten Ruf, so dass Leonhart Thurneysser
zum Thurn 1569 sie vom Süden aufsuchte, um hier seine
Archidoxa 1569 und Quinta Essentia 1570 beide in 4° drucken
und mit den nöthigen Tafeln ausstatten zu lassen. Doch ihre
Leistungsfähigkeit war zu gering, er musste auswärts Presse
und Pormschneider zu Hülfe nehmen, um seine Werke zu
Stande zu bringen*) und, wie Thurneysser, so verschwindet
nach 1570 auch die Officin Ossenbrugs, von der man über-
haupt nur vier Arbeiten kennt**).
Dass gegen 1570 Diderich Zwivel allein die Presse hat
und alsbald mit Zuhülfenahme eines Künstlers wie Herman's
Zum Ring***) ansehnliche Leistungen aufweist, kann uns
bestimmen , ihn für den eigentlichen Erben des Geschäftes
und einen Sohn Theodoriks , den Hamelmann auch senior
nennt, zu halten.
Als Fortsetzer des Geschäfts, ob als Erbe, weiss man
nicht, erscheint 1591 Lambert Rasfeldt, schon dem Namen
nach ein Eingeborner, und vertritt dasselbe bis 1617 mit
einer so schönen Schrift, dass seine Werke typographisch
die Blüthe der hiesigen Presse bezeichnen : Bischof und
Domcapitel halfen mit Privilegien , den ersten, welche die
hiesige Buchdruckergeschichte kennt. Nachdem das Capitel
>
*) C. Becker in der Zeitschrift [1838] I, 244—247.
**) Zu diesen zählen die seither unbekannten Evangelia et
epistolae, quae diebus sacris per totum annum in tempore leguntur,
ein kl. 8° mit Titelholzschnitt und vielen Holzschnitten im Texte.
Monasterii. Ercudebat Osenbrugge 1570.
***) Vgl. Becker in Kugler's Museum 1837 V, 4.
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- 151
ihn 1591 20/8 durch ein auch 1595 vom Bischöfe bestätigtes
Privileg gegen den Nachdruck von Verlagsartikeln und den
Verkauf derselben durch andere in Schutz genommen, räumt es
ihm auch 1595 10/1 behufs einer gehörigen Buchhandlung auf
Widerruf gegen 6 ThL Jahreszinsen, die an den Fabrikmeister
zu entrichten seien, einen Theil der Domschule, »daselbst vorma-
len Tertia classis gewesen ist und nachgehends Rbetoricae prae-
cepta profitirt worden«, mit der Maassgabe ein, dass er fortab
darin haben möge »officium typographicum und Presse wie
imgleichen einen offenen Laden«. Bischof Ernst von Baiern
ertheilt ihm von Arnsberg aus 1608 1/2 das Privileg, dass
nur seine raandata judicialia, nachdem solche mehrfach von
Auswärts, selbst von Nichtdeutschen in Gebrauch gekommen,
im Fürstenthume zu verwenden seien. 1613 8/4 verbietet
Bischof Ferdinand die Aufrichtung irgend einer andern
Druckerei, gross oder klein, für das ganze Stift und zugleich
werden die Praefecti , rectores und Schuldiener durch ein
Mandat des Bischofs Ferdinand angewiesen, die Scholastical-
Bücher nur aus Rasfeldts Presse zu nehmen und zu verstatten*).
Die Druckerei war also in einen Theil der domcapitularischen
Schule verlegt**), die seit 1594 11/9 dazu umgebaut war***),
*) Staats-Archiv zu Münster MS. VI, 8. Mehrere der fol-
genden Nachrichten verdanke ich dem heutigen Inhaber der alten
Officin und deren ^cten Herrn Friedrich Regensberg.
**) Von unbekannten Drucken sei folgender in 4° erwähnt:
„(&rf)ebttd)€ unb »irrige | Urfadjen, rcarumb wei ) fe unb fürftd)tig«
£cutf), aufj gottfeligem eiffer, beö ftrfj befdtfoffen Ijaben, oon bem fo ®ott
jfmen gnabiglid) »erliefen, fyülff $u tf)un, ba§ man in ber looflöblidjen
©tat* SWünfkr, meiere bic §auptflabt ifi inn Seßpfyitcn, ober alten ©ajen
anfange eine f)ocf)berümbte Uniuerfttet ober Academiam jn funbieren
nnnb £u fltfften : imnb raarumb billig alle StottertanbS liebenbe föerfeen ju
foldjem fyocbpreifjlictjcn SSerrf unb frerobenrcia>en anfang bebülflid? feim
füllen. — ©eflcßt burd) Matthaeum Tympium Artium Mag. unb SS.
Theologiae Ld. Hilari, lector, excipe animo, quod tibi, quod uni-
versae patriae , quod posteris consultissimum futurum est ... .
aminfter . . . Lambert SRafefelbt . . . 1612.
***) M. G. Q. m, 124.
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— 152 —
und blieb darin zunächst unter dem Namen der Domdruckerei
bis heute bestehen. Wie zum Dank für die erhaltenen Pri-
vilegien, die später wiederholt erneuert wurden, sich aber nur
auf gewisse Druckschriften beschränkten , pflegten Kasfeldt
und seine Nachfolger von ihren Artikeln an die Klöster
Gratis-Exemplare zu vertheilen, die sich als solche noch
jetzt durch den eingeschriebenen Namen des Gebers erkennen
lassen.
Einmal , 1612 , erscheint er laut den Messkatalogen
associirt mit einem Anton Humm, wie denn überhaupt *)
der Buchhandel vor und während des 30jährigen Krieges in
dem geschützten Münster einen solchen Aufschwung nahm,
dass wir schon 1602—1605 ein Verlagsgeschäft des Johan
Gymnich von Köln, 1610 ein anderes des Michael von Dalen,
1613 ein anderes des Peter Henning als Filiale des Kölner
Hauptgeschäftes hier antreffen. Der genannte von (van) Dalen
(Dale, Dalius) stammte aus Antwerpen und scheint bald in
nähere Geschäftsverbindungen mit Rasfeldt getreten zu sein;
denn als nach Lamberts Tode im Jahre 1618 dessen Witwe
Anna das Geschäft auf ihren Namen geführt hatte, versieht
es 1619 Lamberts Häusler Michael von Dalen anscheinend
mit vielen Freiheiten ; er gebraucht denselben Buchdrucker-
stock wie Godfried Zwivel, ist 1620 auch an einer Kölner
Buchhandlung bet heiligt , 1624 zu Münster als Drucker mit
einem Johan Volmari associirt und daneben tragen die Ar-
tikel der ßasfeldtschen Presse seinen Namen. Es hatte sich
inzwischen mit ihm Rasfeldts Witwe verheirathet , die
*) Den Charakter und die Tüchtigkeit der hiesigen Presse
bezeugt auch der Umstand, dass, als die Jesuiten 1618 in Hildes-
heim auch eine katholische Presse eröflneten, sie als Drucker den
Kölner Johan Blankenberg beriefen, der bis dahin als Buchdrucker-
gehülfe in Münster conditionirt hatte. E. B. Grotefend, Gesch.
der Buchdruckereien in den Hannoverschen und Braunschweigischen
Landen. 1840, Sig. D [II].
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- 153 -
dann 1628 2/9 als Witwe von Dale ihrem Sohne Bernard
Druckerei und Handel tiberlässt. 1628 erschien noch die
Clavis regia sacerdotum . . . sumptibus Mich. Dalii et Ber-
nardi Rasfeldt, und dieser Bernard, offenbar Lamberts Sohn,
ist es, für welchen er das Geschäft bis dahin besorgt hat.
»Alle Bücher, die vom J. 1628 — 59 zu Münster her-
ausgekommen sind , geben diesen Bernard als Drucker an«
und diesem blühten für Münster so wohlthätige Zeiten im
30jährigen Kriege, dass er noch auswärtigen Pressen an
Drucksachen den Löwenantheil überlassen musste.
Nach dem Messkatalogen versieht den Büchermarkt
schon 1655 ein Werner (?), 1656 einmal Werner und Ber-
nard und wiederum ein Bernard Rasfeldt für sich, der
letztere bis 1659, in diesem Jahre zugleich Bernards Erben
und Dietrich oder Theodorus Rasfeldt , der das Geschäft
lange, sicher noch 1678 betreibt ; 1682 führen die Erschei-
nungen den Namen der Witwe Rasfeldt.
Anscheinend deren Sohn Johan Bernard, hochfürstl.
Münster. Buchdrucker und - Händler, aber als solcher in den
Büchern nicht vorkommend, verheiratet sich laut Ehepacten
von 1695 21/12 mit Clara Gertrud Astrup und diese Frau
muss es sein, die als Wittwe Raesfeld noch 1724 für
ihre Kinder das Geschäft betreibt, das heilige Erbtheil der
Type treu bewahrend. Ihre Tochter Anna Elisabeth erhielt
auch 1719 28/1 vom Capitel die alten Privilegien zumal über
die Scholastiken-Bücher erneuert *) und noch bis 1733 er-
schienen die Druckstticke unter der Firma der Erben (hae-,
redes) Rasfeldt, 1740 aber bei »Rasfeldt nun Koerdinck«.
Indess hatte das Geschäft längst empfindlichen Ein-
bruch gelitten an den neuen Pressen, welche die Fürsten im
Einklänge mit den Forderungen der Neuzeit trotz der alten
Privilegien 1699 für Warendorf und schon früher für Coes-
feld bewilligt hatten. Christoph Nagel hatte, privilegirt
von Friedrich Christian 1699 15/4, zu Warendorf eine
*) Staats-Archiv zu Münster MS. VI, 8. Rasfeldt's Name
durchlief die verschiedensten Varianten.
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— 154 -
Druckerei eingerichtet und schon bald theilweise nach Münster
verlegt : Privüegien von 1707 5/11 und 1708 23/7 sollten
dieselbe anscheinend gegenüber der Rasfeldtachen besonders
begünstigen. Ihre Artikel verraten sich gleich durch den
eingedruckten Blumenkorb. Als Inhaber werden bekannt
schon 1706 die Witwe Nagel (1711 mit dem Amsterdamer
Jans de Waesbergen) etwa 30 Jahre später Johan Nicolaus,
1747 wieder dessen Witwe, endlich ging das Geschäft auf
wiederholte Einsprüche seitens der Erben Rasfeldt und ein
Verbot des Capitels 1761 10/11 völlig ein.
Das Rasfeldtsche Geschäft hatte fortgesetzt, angeblich
schon unter FriedrichJChristian, Johan Joachim Koerdinck,
sodann um 1753 Herman Josef, und obwol Maximilian.
Friedrich 1761 — 1784 und Maximilian Franz dafür die alten
Privilegien erneuerten, sofern sie nicht jenen der neuerstan-
denen Druckereien und Handlungen widerstritten, erholt sich
dasselbe kaum eher wieder, bis es der 1823 als Buchhändler
etablirte Friedrich Regensberg 1832 auch mit den ältern
Verlagsartikeln übernahm.
Es war nämlich kurz nach dem Untergange der Na-
gelschen Druckerei eine zweite vom Domcapitel während der
Sedisvacanz 1762 dem Anton Wilhelm Aschendorf concessio-
nirt, welche durch Leistungen, wie Münster sie lange nicht
mehr gesehen , auch auswärts bald Ruf erhielt, und dazu
kamen unter dem gedeihlichen Einflüsse des Ministers Für-
stenberg eine Reihe freier Buchhandlungen.
Der Buchhandel stapelte sich noch lange in den
Tagen der Frühpresse sowol für heimische wie für auswärtige
Artikel im Paradiese *) der Domkirche, um allmälig erst ein
häuslicher zu werden; daher wird dem Rasfeldt 1591 neben
der Presse auch die Anlage eines offenen Ladens in dem.
ihm überwiesenen Capitelhause bewilligt. Während die Pri-
vilegien hinsichtlich des Druckes stets bedingt ausfielen, auf
gewisse Arten von Artikeln, oder auf Nachdruck gerichtet,
traten sie in Hinsicht des Handels nur für die privilegirten
*) Item vor in paradise im den kisten, dar boke inne weren,
de men plach to vorkopen . . . alle vorbrandt M. G. Q. I, 333.
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— 155 —
Drackartikel ein. Das weite Gebiet ausserhalb des privile-
girten Geheges gestattete Freiheit in Betreff der Neugrttn-
<hmg von Pressen , Verlag und Sortiment. Neue Pressen,
deren Umfang auch am meisten durch die Privilegien be-
schnitten war, sind vorerst nicht mehr errichtet ; dagegen
etablirten sich neben dem Rasfeldtschen neue Verlagsge-
schftfte, — Tympius betreibt 1601 Selbstverlag — und noch
mehr Handlungen. Daher erlangt das Bucherwesen hier einen
Vertrieb , dass Rasfeldt, von Dale und die Kölner gleich-
zeitig neben einander ihr Gewerbe und anscheinend mit
Nutzen betrieben.
Den Handel besorgen weiter 1690 und 93 ein Johan Joachim
Deierlein, 1696 laut ungedruckten Urkunden ein Dolman an
der Bergstrasse (gegenüber dem Minderbrüdergange) und,
wie heute noch in den Kleinstädten überhaupt die Buch-
binder, nur dass diese nicht in »albis« sondern »gebunden«
absetzen durften*). In dem Aufschwünge nach der Mitte
des 18. Jahrhunderts haben zunächst seit 1754 Johan Wilhelm
Krakamp und die Erben Christian Simons eine vereinte
Handlung zu Münster und Köln, wo indess das Hauptgeschäft
bestand**) ; ein Buch »Geist der Andacht« in 8° Münster
1777 nennt sich »verlegt von Joseph Ant. Benedict, Buch-
händler auf dem Rockenmarkte«. Eine andere Handlung 1768
wird auf Concession von Perrenon mit einem Zweiggeschäfte
zu Osnabrück gegründet, dann von Platvoet***) fortgesetzt,
1805 zum Theil von Coppenrath erworben und etwa seit
1820 mit einer Druckerei verbunden; eine weitere von Dauer
*) Ruland im Serapeum XXV, 194.
**) 1751, Seibertz Westf. Beitr. U, 177.
***) Es erschienen in 8° bei Franz Platvoet 1794 „Gedichte
von J. W. Broxtermann" ; bei Perrenon zum Schulgebrauch ,Poe-
tische Chrestomathie oder Muster der höhern deutschen Poesie . . .
von C. Zumkleij . . . 1775" (in 2. Aufl. 1800 bei Aschendorf) und
in den siebziger Jahren mehrere Dichtungen von Anton Matthias
Sprickmann. K. Weinhold, a. a. O. III, 288 ff.
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— 156 —
war gleichzeitig 1786 von Friedrich T h e i s s i n g*) eröffnet,
1818 durch Ankauf der Verlagsartikel Waldecks, dessen Ge-
schäft seit 1800 bestand, und 1843 um jene von Hast & Riese,
deren Geschäft 1840 etablirt war, erweitert und gleichzeitig
mit deren Presse vereint. — Alle diese Firmen bestanden
zunächst neben den Handlungen und Pressen Koerdincks
und Aschendorfs und namentlich in den letzten 40 Jahren
erstanden verhältnissmässig viele neue Pressen und wenn
auch mehrere wieder eingingen, zo zählt Münster doch zur
Stunde nicht weniger als 7 Druckereien und 13 Verlags-
handlungen.
Wann zuerst und welche Honorare üblich wurden,
welche Correctoren der ältern humanistischen Presse dienten,
wie der Vertrieb nach aussen bewirkt wurde, diese und an-
dere Fragen der innern Buchdruckergeschichte werden erst
nach weiteren Funden zu erledigen sein.
Privilegien und Censuren.
Die Privilegien, sofern sie dem Verdienste gegen-
überstehen , die unangenehmsten Fesseln der alten Zeit,
kamen gewiss keiner Kunst eher zu Gute, als der Typogra-
phie , die noch in der Wiege als ein himmlisches Geschenk
von allen denkenden Menschen verherrlicht wurde. Von den
Münsterischen begegneten uns schon mehrere bei dem Ver-
folg der hiesigen Druckereien (S. 152 f.), das erste Vermerk
über fürstbischöniche »special Freiheit« eines Druckes findet
sich zum J. 1599, das erste kaiserliche Privileg für Verlags-
artikel 1624.
Die ersten Druck-Privilegien gingen 1469 von der
Bepublik Venedig, dann von der Kirche aus ; sie werden 1479
von den Kölner Theologen zu Gunsten zweier Artikel der
*) F. Hülskamp, im Liter. Handweiser 1873 S. 162 f.
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- 157 -
Hombergschen Presse*), 1480 vom Bischöfe Heinrich von
Bamberg ertheilt, und bald in diesem oder jenem Umfange
auch von Fürsten und Staaten**) bewilligt. Und wie das
Privileg auf der einen - den Zwang auf der andern Seite be-
dingt, so gingen von derselben Seite auch und zwar zur Ab-
wehr häretischer Doctrinen die Censuren aus. Dieselben
Kölner ***), welche 1479 ein Privileg ertheilten, handhabten
auch im selben Jahre die Censur und riefen damit allmälig
eine energische Opposition hervor. Um die dynamitalen
Wirkungen, welche die Presse feuerschnell im Volke gegen
bestehende Einrichtungen , Anschauungen und Autoritäten
hervorbrachte, abzuwehren, griffen am Ende ausser den Kir-
chen-Obern auch die Fürsten f) und selbst die Universitäten
zu den Mitteln einer leichtern oder schwereren Censur. Auf
die Spitze getrieben wird die Censur ebenso unmenschlich
werden, wie die Pressfreiheit schädlich. Die letztere würde
ideal ausgebeutet unter den Menschen Wohlfahrt und Bil-
dung fördern , gleichwie die Lehrfreiheit von dem Katheder
die Wissenschaft, die Spt-uchfreihe.it vom Richterstuhle das
gegenseitige Vertrauen gewährleistet. Da sie aber Lesefreiheit,
ein gebildetes Publicum und ein unbefangenes Urtheil
voraussetzt, so wird sie eher Schaden als Nutzen stiften, so
lange sie der einen Partei als Hinterhalt dient, um die an-
dere billig und gründlich zu verunglimpfen und deren Ver-
*) Graesse, Lehrb. einer allg. Literärgesehichte 111,1,313,
Panzer III, 63, Ennen Inkunabeln I, 95 Nr. 106.
**) Vgl. Joh. Beckmann, Beiträge zur Geschichte der
Erfindungen II, 242 ff., I, 85 ff.
***) Vgl. über das päpstl. Censurprivileg von 1479 17/3 für
die Kölner, über die Bulle des J. 1486, die ihr entwachsene Censur-
einrichtung und Remonstration der Buchhändler Drucker L. En-
nen a. a. 0. I, p. XXII— XXV. u. Gelehrten, Wolters S. 160.
t) Zuerst 1523 Graesse III, I, 319 nach Geiger 1524,
Götting. Gel. Anzeig. 1870 S. 1196, 99, Beckmann a. a. 0. I,
97 ff, II, 250 ff, über das Vorgehen gegen die Judenbücher und
Reuchlins Augenspiegel Geiger Reuchlin S. 211 ff, Strauss
I, 200 ff.
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— 158 —
antwortung wiederum von der eigenen Lesermasse abzu-
halten.
Auch in Münster entwächst die Censur einem con-
fessionellen Boden, doch von anderer Seite und weit radica-
ler als jene , die wir seither bedachten ; entbrannt von dem
planvollen Eifer , in der zu gründenden neuen Gesellschaft
zuerst den alten Machtgeist der Bücher zu beschwören, Hessen
die Wiedertäufer unter dem Vorgeben, dass von vielen mensch-
lichen Versicherungen das Ja und das Nein genüge, oder dass
ein Gemeingut keinen Privatbesitz gestatte, vernichten oder
verbrennen, was sie an gedruckten und ungedruckten Schriften
nur vorfanden, mit Ausnahme der Bibel und der .Broschüren
des Reformators Rothman. Aus den Häusern oder den öffent-
lichen Fundorten wurden zusammengebracht, zerstört oder auf
dem Domplatze verbrannt Urkunden, Privilegien, Rechenbücher
Rathsprotokolle und insbesondere die älteren Bücher, ge-
schriebene wie gedruckte, selbst nichtbesiegelte Papier-
streifen *).
Kurzweg , wie man die alten Predigten und Schulen
aufhob, entleerte man die Buchdruckereien, den Büchermarkt
im Paradise **), die Bibliotheken, besonders jene des Domes,
beraubte das Rathhaus seiner Schrift- und Kunstdenkmäler,
zerstörte und zerriss im bischöflichen Schlosse mit dem
Wappen, den Flöten, Cithern, Geigen, Leiern und Tonin-
strumenten die Notenbücher, Karten und Musikalien. — Die
Masse der Schriften , welche allein auf dem Domplatze in
Asche gelegt wurden, war mehr als 20,000 Gulden werth.
Solch ein Vandalismus, der fast beispiellos dasteht, machte,
wie kein Brand und keine Zerstörung vorher, einen tiefen
*) Vgl. Niesert U. S. I, 194, 132, 181, 184, 188, Münst.
G. Q. II, 342, 374, 378, Kerssen brock a. a. 0. S. 524, 539,
Hamelmann d. c. p. 1221, 1222.
**) Item vor im paradise, in den kisten, dar boke inne we-
ren , de men plach to vorkopen, und ock in der heren hove breve,
pleitbocke , reckensbocke , bullen, gratien und dergliken alle vor-
brandt, war men konde bijkommen. M. G. Q. I, 333.
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— 159 -
Einschnitt in den Zusammenhang des MUnsterischen Urkun-
den- und Bticherwesens und erklärt uns, weshalb wir von
jenem aus früherer Zeit nur Bruchstücke, von diesem nur so
wenige oder nur einzige Exemplare ererbt haben.
Ein anderer Act städtischer Censur, welche Kers-
senbrocks Geschichte der Wiedertäufer überkam*), hat eine
lite rar-historische Bedeutung erlangt. Schon war das Werk
dem Kölner Buchdrucker Gervinus Calenius zu Veröffent-
lichung tibergeben, 1573, da verbot der Magistrat zu Münster,
der darin mit Recht Angriffe auf die Bürgerschaft witterte,
dem Verfasser, welcher damals Rector der Domschule war,
die Herausgabe , konnte aber trotz aller ihm in den Weg
gelegten Hindernisse nicht verhüten, dass schon im nächsten
Jahre mehrere Abschriften sich in solchen Händen befanden,
denen sie nicht mehr zu entreissen waren.
Namentlich wurde die Censur, um von den Pasquillen
zu schweigen , im confessionellen Parteikampfe gehandhabt,
und sobald man ernstliche Vorkehrungen gegen die
Reformation traf, auch gegen die Bücher des Anders-
glaubens unter dem Volke, unter den Geistlichen und beson-
ders in der Schule eingeschritten. Ein Landtags beschluss**)
d. d. Münster 1562 24/6, welcher die Calvinsche und Zwing-
lische Lehre verbot , ordnete namentlich an , dass Bücher,
welche über diese Lehre handelten, von den Unterthanen
weder zu kaufen noch zu lesen, vielmehr anzuzeigen und zur
Vernichtung einzuliefern seien. Sodann wurde in den Schulen
aufgeräumt, die Domschule kam an die Jesuiten und das
Capitel von St. Martini er Hess 1581 eine Verfügung***),
*) Vgl. Cornelius, Humanisten S. 39, M. G. Q. [II, XXIX.
Röchell in d. M. G. Q. III, 51 f , Denecke in der Zeitschrift
XV, 245.
**) In der Sammlung der Gesetze u. Verordnungen I, 190.
Für seine Territorien hatte schon der Herzog Wilhelm Ton Jülich
1554 erlassen leges politicas de Anabaptistis . . . clandestinis prae-
conibu8 . . . typographis item et libris . . . Zigeunis . . . Teschen-
macher, 1. c. p. 534.
***) Bei Wiens a. a. 0. I, 95.
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— 160 —
woraus erhellt , wie frei und offen bis dahin Lehrer und
Knaben mit der reformatorischen und Tagesliteratur umge-
gangen waren.
Rectori nostrae scholae exoticos, reprobos, ac suspectos
autores in schola nostra profiteri ac pueris praelegere non
tan tum nostra, verum potius superiorum nostrorum aucto-
ritate voluntate ac interdicto, quibus adeo nobis obediendi
necessitas incumbit , districte prohibemus et volumus ex
praegnantibus causis et rationibus , imposterum nullum li-
brorum elenchum per eundem publicari, nisi prius eodem
ad revidendum et approbandum decano , seniori vel scho-
lastico et capitulo mature praesentato, omnesque dissen-
sionis, dissentiendi et altercandi occasiones omnibus
modis praecaveri, tolli, mature praecidi ac correspondeatiam
sive concordiam in professione bonorum autorum retineri
unice volumus ac in virtute obedientiae praecipimus.
1609 2/5 wurde vom Bischöfe Ernst das nachstehende
Edict erlassen , und vom Bischof Ferdinand etwa dreissig
Jahre später erneuert*), das hier ganz Platz finden möge,
weil es sich auch auf Kunstwerke und Dichtungen bezieht:
»Nachdem wir in gewisse Erfahrung kommen, wass
massen in unserm Stifft Münster, ketzerische, lästerliche, ver-
botene Bücher, Famoss, Schmach und ehrenrtirige Schriften,
leichtfertige, unzüchtige und ärgerliche Gedicht, Lieder und
Gemähle in ernentes unseres Münsterischen Stiffts Stätten,
Wigbolden, Flecken und Dörflern auf gemeinen Jahrmärkten,
Kirch weihungen, Festen u. a. dgl. Versamblungen und sonst
allenthalben feil gehabt , umbgetragen, ausgebreitet, jeder-
männiglichen verkaufft, aussgeben und distrahirt werden
sollen; und dann dadurch vielfaltige Secten und Zertrennun-
gen in Religions- und Glaubenssachen, Zanck, Auffruhr und
Missverstandt in politischem Wessen beim gemeinen Mann
onzulässige Aergernussen täglichs (leider) verursacht etc. ;
als können wir solchem unverantwortlichen und hochstraff-
baren Unwesen, mit gutem Gewissen weiters nicht zusehen.
*) Sammlung der Gesetze und Verordnungen I. 189 f.
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- 161 —
Demnach setzen, ordnen und befehlen wir hiemit ganz
ernstlich und wollen, dass in ernennten unserm Stifft Münster
hinfüro keine Bücher, so der catholischen allgemeinen Lehr,
dero heiligen christlichen Kirchen ungemftss und widerwertig,
pasquilische, Schmach- oder schamlose Gedicht, Lieder, Ge-
mäJbl oder hergleichen ichtwes, das zu Unruhe, Missyerstandt,
so in Religion als politischen Sachen erwecken, Verführung
und Aergernuss der Jugend und einfaltigen Volks verursachen
möchte, weder öffentlich noch heimblich gedruckt, feilgehabt,
umbgetragen , verkaufft oder in einigen Schulen gelesen
werden sollen; Alles bei unserer höchsten Ungnad, Verlust
der Bücher, Schrifften oder Gemählen und neben Straff noch
Ermässigung« *).
Die Constitution des Bischofs Galen, welche einerseits
dem Prediger und Lehrer strenge Anweisungen hinsichtlich
der Glaubenslehre gab, gebot anderseits den Schulhaltern :
Nec ullos libros nisi catholicos legi et praelegi permittant
. . . und bestimmte, atque sicut typographis, bibliopolis, Ii- 1
fcrariisque serio prohibemus, ne libros praesertim, qui fidem
ei devotionem spectant, imprimant aut vendant, nisi ab or-
dinär io aliquo censore approbatos ; sie populo frequenter
inculcari debet, quam non tantum periculose hereseos vene-
num ex ejusmodi lectione et usu imbibatur, sed quam solli-
cite et severe in indieibus librorum prohibitorum etiam sub
censuris a sacro conc. Trident. id inhibeatur, quod etiam de
*) In einer fürstlich Münster-Corveyschen Landes-Ordnung
von 1690 heisst es: „Auch soll hinführo hei Strafe von 10 Gold-
gulden Keiner in seiner Behausung zur Winterzeit halten und ge-
statten eine gemeine Spinn- oder Kunkelstube, worin sich allerhand
ausgelassenes junges Volk zusammen rottirt, die Zeit mit ärger-
lichem Gewäsch, Gesang und Geberden zubringt, oder sonst die
nächtliche Finstemiss ohne Furcht und Obhut der Eltern zu einiger
Bosheit missbraucht - . — „In dieser prosaischen Ansicht des Gesetz-
gebers mag manche alte Sage mit Lust und Scherz untergegangen,
manches Volkslied verklungen sein". Wigand, Archiv V, 220.
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— 162 —
librie lasciviam docentibus suo modo intelligi posset*). Die
Diöcesan- Visitation 1613 bezog sich namentlich auch darauf :
De Bibliothecis diligenter quaerant, an in eis sint haeretici
libri , aut qui aliter jure prohibeantur **). 1711 erliess
Bischof Franz Arnold ein Mandat hinsichtlich der libri pro-
hibiti, ut . . . nulla librorum venditio fiat, nisi omnium
librorum catalogus ordinario praevie sit exhibitus ***).
Noch allgemeiner und lehrreicher verbreitet sich über
das Bücherwesen der Censur - Erlass des Bischöfe Clemens
August d. d. Bonn 1743 11/3.
In Ausübung bischöflicher Wachsamkeit gegen Ver-
breitung religiöser Irrlehren durch ketzerischer Irrthümer
verdächtige Bücher in der Stadt und dem Hochstift Münster
wird verordnet :
1. dass alle in die Stadt Munster eingeführt werdende
Bücher von den Thor- u. a. Wächtern dem bischöflichen
Vikariate sofort, mit Angabe ihrer Quantität und ihrer
Eigenthümer, angezeigt werden müssen ;
2. dass alle Buchhändler derselben Behörde, die Zahl und
Titel der ihnen von auswärts zugesandt werdenden Bücher,
nebst ihrer geschehenen Censur und Genehmigung durch
das General- Vikariat des Druckortes unverzüglich an-
zeigen und dieses
8. auch rücksichtlich ihrer wirklichen Bücher-Vorräte be-
wirken müssen ;
4. dass alle vorhandene Buchdrucker , Buchbinder und
Buchhändler einen Eid leisten sollen, kein geistliches
Buch, ohne vorherige Approbation des Gener al-Vika-
riates des Verlagortes, künftig drucken, verlegen, ein-
binden, kaufen und verkaufen zu wollen;
5. dass sämmtliche Buchdrucker dem General - Vikariate
jährlich eine Nachweise der von ihnen gedruckten geist-
lichen Bücher, mit Angabe der Titel und Eigenthümer,
*) Bei Kock L c. IV, 102, 101, Krabbe, Statuta p. 4, 5.
•*) Bei Tibus a. a. 0. S. 149.
***) Bei Kock L c. IV, 183.
— 163 —
einreichen, dieses auch rücksichtlich aller von ihnen ge-
druckten blossen Büchertitel bewirken sollen;
6. dass künftig nur die den sub 4 bezeichneten Eid gelei-
stet habenden Buchdrucker und Buchbinder ihr Gewerbe
sollen ausüben dürfen;
7. dass jährlich wenigstens zweimal, durch Commissarien
des General- Vikariates, in allen Städten >eine allgemeine
Untersuchung und Visitation aller Bücher« stattfinden
soll, wobei die geistliche Bücher, die ohne gehörige Ap-
probation gedrucket, imgleichen der Ketzerei verdächtige
(Bücher) auss den Buchladen entnommen, und zu des
Vikariats Archiv geliefert werden sollen«; und dass
8. alle Civü- und Militair-Behörden, bei Strafe der Amts-
Suspension verpflichtet sein sollen, auf Requisition der
geistlichen Behörde , die Handhabung der obigen Be-
stimmungen gegen alle Entgegenhandelnde zu befördern.
Gelegentlich einer am 1. Februar 1746 landesherrlich
bewirkten Erneuerung des dem Münsterischen Hof- Buch-
drucker ertheilten Privilegiums wurden, neben dessen aus-
schliesslichen Bücherverlags-Gerechtsamen, diese allgemeinen
Bestimmungen wiederholt verkündigt mit dem Zusätze: dass
alle den Bücher- Verlag und den Buchhandel betreffende
Bechtsstreitigkeiten vor keinem andern, als dem Mtinsteri-
schen Generalvikariatsgerichte geführt und daselbst sowol
in erster als in zweiter per modum revisionis statthafter
Instanz entschieden werden sollen*).
Dagegen richtete sich ein bischöfliches Decret des J.
1749 gegen einen auf die Leichtgläubigkeit der Masse be-
rechneten Literaturvertrieb, den folgende Stelle kennzeichnet :
Cum quidam homines suspectae fidei et manifestae nequitiae
per dioeceses nostras vagentur, circumferentes et turpis quae-
stus causa vendentes et in vulgus spargentes varios libellos
precatorios et schediasmata, continentia varias et ementitas
revelationes et precationes ad Deum ad sanctos, ab ordina-
*) Sammlung der Gesetze u. Verordnungen I, 412, 413.
11*
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- 164 —
riis locorum minime approbatos cum promissionibus aperte
falsis indulgentiarum .... Omnibus parochis et vicecuratis
destricte praecipimus, ut ipsi praedictarum . . . precationum
usum parochianis suis serio interdicant ae libellos ejusmodi
. . . vel ad se deferri vel per ipsos flammis exuri deman-
dent ...*).
Gegenstände nach Form und Inhalt.
Die ersten Drucke galten den "humanistischen Schriften
und Schulbüchern oder Schriften pastoral-praktischer Natur.
Nächst den Arbeiten der Humanisten kamen die Classiker
an die Reihe — ein Literaturzweig, den die spätere, Presse
mehr und mehr verliess.
Xylogr ap hische Drucke kleinern oder starkern Um"
fanges , dürften der Münsterischen Presse ebenso fremd ge->
blieben sein, wie Drucke eines werthvollen Materials. Per*
gamentdrucke kommen vor für Formulare , nicht für monu-
mentale Schriftstücke. Das älteste Beispiel, ein streifenlange*
Quer-Octav stammt aus dem J. 1499 und repräsentirt ein
Diplom, wonach das Kloster Klein-Burlo bei Horstmar ein«
Dame zu Nottuln seiner geistlichen Wohlthaten für tbeil*
haftig erklärt und den Namen und Charakter der Adressatin,
wofür im Drucke Lücken gelassen waren, mit der Feder
nachgetragen zeigt**). Die Schrift soll an die Offioinen
*) Bei Krabbe 1. c. p. 58.
**) Deshalb finde es hier auch einen in den Abbreviaturen
corrigirtea Abdruck nach der Publication bei G. Fischer, Be-
schreibung typographischer Seltenheiten und seltener Handschriften
nebst Beiträgen zur Erfindungsgeschichte der Buchdruckerkunst,
Nürnberg, [1804] Liefer. VI, 103 f. „Die gedruckte Col. hatte in
der Breite 7 Zoll 3 Linien und ungefähr 2 Zoll Höhe", die hinein-
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— 165 —
Jensons und Kobnrgers erinnern, dürfte jedoch Deventer oder
Köln entstammen. Immerhin bildet es ein seltenes' auch
historisch merkwürdiges Document und den Vorläufer zu
den auf Pergament gedruckten und heute noch stossweise
vorhandenen Mandaten in 4°, welche vom Ofucial des
Hofgerichts zu Münster seit dem Ende des 16. Jahrhunderts
zu Vorladungen in einer ebenso unleserlichen Type als die
die Drucklücken füllende Schrift erlassen wurden. Gedruckte
Papierformulare der verschiedenartigsten Bestimmung sind
gewiss ebenso alt , nur wohl spärlich mehr erhalten, weil
solche »Zettel« nur einen momentanen Werth hatten und
sich verloren.
Die Broschüre ist das Schmerzenskind eines Augen-
blicks oder Zustandes, die Zeitung das Werk eines Tages und
geschriebenen Worte sind durch Cursivschrift angedeutet : Frater
Hermannus Rees prior monasterii vinee beate Marie in novo Buurlo
ordinis Cisterciensis Monasteriensis dijocesis. In Christo nobis di-
lecte ac Konexte matrone dicte Elizabeth Ev erat des habitanti in
Nottelen. Salutera in Domino et presentis vite cursum feliciter
consummare. Exigente pie devotionis vestre affectum, quem ad nos
et ad monasterium ac ordinem noftrum vos habere didicimus, pe-
titioni ^vestre favorabiliter annuentes et ad beneficium fraterni-
tatis tos colligentes conferiraus vobis per presentes de special! gra»
tia nostri generalis capittuli, nobis nostrisque successoribus in hac
parte gratiose concesaa, plenariam participationem omnium bonorum
spiritualium, que in missis, vigiliis, ieiuniis, elemosynis, hospitali-
tatibus, orationibus, psalteriis, disciplinis, ceterisque beneflciis Deo
gratis in dicto nostro monasterio Buurlo et que in omnibus et singu-
lis totius nostri ordinis monasteriis etiam utriusque seius per Uni-
versum mundum longe lateque diffusis salubriter fluni ac futuris
perpetuis temporibus, Domino largicnte, feliciter fient, in vita vcstra
pariter et in morte, ita ut, cum obitus vester, quem deus felicem
faciat, nostro fuerit capittulo nunciatus, ibidem tanquam unus nostrum
absolvemini omniumque missarura et orationum, quas singulis annig
pro fratribus et sororibus nostri ordinis vivis et defunctis fideliter
et deuote facere consuevimus, efficiemini partice^s et consors. Da-
tum in nostro monasterio novo Buurlo sub appensione nostri prio-
ratus figilli. Anno domini MilleBÜno quadringentesimo nonageaimo
no[no] ipso die sancti Lamberti episcopi et rurs.
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— 166 —
m
als solches plötzlich, wenn auch in der gleichmässigen Folge
wie ein höhlender Wassertropfen wirkend. Daher btissten
auch beide meistens schnell den Werth und das Dasein ein.
Klar erschauend, welche Gewalt das gedruckte Wort massen-
haft ausgestreut auf die Gesellschaft ausübt, haben zuerst
die Wiedertäufer in Munster die Presse für ihre Tendenzen
bis auf weite Fernen in Dienst genommen und selbst die
Bischöflichen haben am Ende ihre physischen Zwangsmass-
regeln mit solchen geistigen paaren*) müssen. Nachdem die
Wiedertäufer die Münsterische Presse (S 147 f.) in ihren Dienst
genommen und die vorfindlichen Bücher vernichtet hatten,
konnten sie ihre confessionel-politischen Lehren in Schriften
des verschiedensten Formats und Zweckes, wie sie eben zeit-
gemäss erschienen , in Placaten für die Thoren, in Büchern
für das Volk, in Broschüren für die Aussenwelt verbrei-
ten und damit Anhang und Bundesgenossenschaft suchen**).
Seitdem blieben Pasquille und Schmähplacate an den
Strassenecken ein beliebtes Agitationsmittel in den Händen der
einen Partei, um die Häupter oder die Handlungen der an-
dern ungestraft und doch wirksam zu kränken oder in Ver-
ruf zu bringen : sie trafen 1555 den Weihbischof Johan
Kridt ***) wegen seines Reichthums, 1587 die Münsterische
Regierung, als sie die Invasion der Spanier mit einer schmäh-
lichen Abfindung , selbst mit der eigenen Beute, beendigen
wolltenf). Als Münster im dreissigjährigem Kriege durch
*) . . . eczliche schritte widder f. g. schmeheschrifte .
M. G. Q. H, 351, 347, 348.
**) Man vgl. die Stelle der M. G. Q. II, 158, 348, 351, 381,
378 - U, 120, 124, 464. Niesert Beiträge S. 32 f. F. B. S. 8,
ü. S. I, 147.
9 ***) Hamelraann Opera p. 1300 — ein auswärtiges Beispiel
ib. p. 1373. Allgemeines über die Pasquillen bei Voigt, in Räu-
mers Histor. Taschenbuch 1838. Graesse, Lehrbuch der Literär-
geschichte III, I, 49 fT.
t) Röcheil erzählt M. G. Q. IH, % . . . und worden des-
wegen auch vielle pasquille dorch die bürgere und inwoennere uf
y Google
— 167 —
seine Lage den Schlägen desselben entrückt oder gar der
Sitz der Friedensgesandten geworden war , erschienen hier
ungefähr seit 1643 — 1648 wöchentlich »Acta« nnd nament-
lich ein »Mercur historique« *) nnd noch lange hin brachten
Broschüren >Zeitungen« und andere Schriftstücke die
Kunde von Kriegsereignissen, Standeserhöhungen und son-
stigen momentanen Vorfällen leicht in die Welt oder in die
betheiligten Kreise — Schade nur, dass sie so selten oder
vielleicht grösstenteils verloren sind.
Wenn die Tages- und Gelegenheitsschriften wie ein
Strohfeuer aufleuchten, so erhält sich länger das Buch, die
schönste Geistesblüthe gesegneter Zeit Verhältnisse, monumen-
tal in dem reichen, abgewogenen Inhalt, und würdiger in der
Form. Bücher haben auch von Anfang an die hiesige Presse
am Meisten beschäftigt und verhältnissmässig in nicht ge-
ringer Anzahl verlassen. Gleichwohl steht die Qualität dem
dem Inhalte wie der Grösse nach mit dieser Zahl in keinem
Verhältnisse. Grössere Formate, reichere Ausstattung, deren
sich andere Pressen selbst kleinerer Städte rühmen können,
kommen in Münster nur ausnahmsweise vor, und in Anbe-
tracht des Inhalts wanderten leider die rein wissenschaft-
lichen Arbeiten und die grössern Kirchenbücher nach auswär-
tigen Pressen. Hamelmann, Mallincrodt, Rottendorf, Nünning
— die Häupter der Münsterischen Wissenschaft — Hessen von
ihren Mussefrüchten nur wenig in der Heimat erscheinen,
und das mag der Grund sein, warum z. B. kaum ein Mün-
sterischer Druck bis 1723 in die Bibliothek der berühmten
die regerunge und die principalesten in den stiffte, als uf Herman
von Velen, den hofFmarschalck, und Luger von Raesfeldt, den drosten
zur Walbecke und Sassenberge, gedichtet und gemachet
*) Gundlings Gründlicher Discours über den Westphäli-
schen Frieden. Mit einem Anhange : Die Ursachen des 30jährigen
Krieges von D. Chr. Jon. Feustel, Frankfurt u. Leipzig 1736, der
zugleich die Seltenheit dieser Druckstücke andeutet. Die Notiz ver-
danke ich dem Herrn Cand. phil. E. Aander Heiden.
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- 168 —
und Westfalen benachbarten Universität Rinteln gedrun-
gen ist*).
Nimmt man die altern humanistischen und classischen
Schriften sowie die Schulbücher aus, so hat die hiesige Presse
bis gegen Ende des vorigen Jahrhunderts und namentlich in
der Mitte desselben wesentlich gearbeitet für die Fächer der
Ascese**), der Controverse, der Pastoral- und Predigtlite-
ratur, Katechese und Religionslehre, und durch die Wieder-
gabe der geistlichen und weltlichen Verordnungen für die
beiderseitigen Zweige der Rechtsliteratur. Als Denkmäler
der deutschen Poesie, die vielleicht noch das eine oder andere
Kirchenlied aus dem Mittelalter übernommen haben , sind
namentlich die Gesangbücher zu bezeichnen, welche die Presse
in beachtenswerther Zahl geliefert hat. Gewiss hatte das
spätere Mittelalter schon deutsche Kirchengesänge***) —
jedoch wurde mit der Presse und Schule grade der deutsche
Gesang von den Wiedertäufern ausgebeutet, Jugend und
Volk zu ergötzen und mit dem neuen Treiben zu befreun-
den f). Die Kinder, Knaben und Mädchen, sangen nach dem
Schlüsse der Dompredigten, beim Beginne und Ende der
Schule deutsche Psalmen und bei besondern Anlässen wohl
gar auf den öffentlichen Plätzen die Frauen »Ein vaste borgh
iss unser Got« , Schulmeister und Praedicanten mit den
Knaben in Discant die Psalmen, glick als die Studenten pla-
gen die cantulen zu singen .... Dat gemeine volck, dat
*) Cf. Rintelensium Academiae Bibliotheca, accurante Job.
Nie. Funccio 1723, 4°.
**) Das erste ©ijen fuuerluf ©ebelöferte» [sie] etwa aus dem
Jahre 1523 und zwar stark angehaucht von den Lehren Luthers
druckte Th. Tzwijvel und fügte unter den drei Holzschnitten auch
einen bei : nämlich das Herz Jesu mit der Dornenkrone und andern
Emblemen die „er sonst zu katholischen Gebetbüchern mag ge-
braucht haben".
***) Vgl. B. Hölscher, Das deutsche Kirchenlied vor der
Reformation 1848.
f) M. G. Q. II, 47, 48, 129, 132. Cf. Hamelmann p. 1035.
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— 169 —
umbher stunde , die hebben dat ander verss gesungen t ho
deutsche, und als 1534 ein Angriff abgeschlagen war, da
haben die Einwohner der Stadt »nicht allein viele Lob- und
Danklieder zu Gottes Ehren abgesungen, sondern . . . auch
Feierlichkeiten und Freudenfeste*) angestellt«. Ihr Stuten
Berat verfasste ein eigenes Spottgedicht. Sie hatten wie
Heresbach mit einer Probe angibt**) canticula scripturalia
theilweise religiösen Inhalts, ja anscheinend auch ein förm-
liches Gesangbuch in kl. 8 von mittlerer Stärke, (vielleicht
zu Köln gedruckt) und die Lieder zeigten je die Ueberschrift,
nach welcher Melodie (eines üblichen Volkliedes) sie zu sin-
gen waren***) — ähnlich wie die Gegner bei Bezwingung
der Wiedertäufer ihre Jubellieder f) nach alten Volksmelo-
dien ertönen Hessen.
Zu Münster sind in den JJ. 1566 ft), 1629, 1677,
1679, 1686 deutsche Kirchengesänge erschienen — ein Be-
weis, dass das Volk sich auch in den Kirchen immer mehr
und mehr am Gesänge zu betheiligen strebte, obwol der
lateinische Choralgesang stets noch als der gehörige , von
Neuerungen freie, Kirchengesang betrachtet wurde.
Nach mehreren Verordnungen ftt) des Bischofs Galen
_ . . . '
*) Kerssenbrock a. a. 0. Forts. S. 74, S. 539, den An-
fang des Stuten Bernt'schen Spottgedichts 1533 bringt Niese rt
U. S. I, XXXIX, ein [historisches] Fragment Cornelius G. d. W.
II, 334. Die ludibria Treutlings erwähnt Hamelmann 1. c. p. 1222.
**) C. Heresbachius, Historia de Factione Monasteriensi
ed. Amstelod. 1650 p. 69 : Anabaptistae huic obstrepunt in can-
tiuncnlis suis scripturalibus, quas vocant, pag. mihi 128b sie ar-
gutando . . .
***) Vgl. Münster. Geschichten, Sagen und Legenden 1825
S. 227, wo auch Proben. Nordhoff in Pfeiffer-Bartsch, Germania
XVIII, 297.
f) Bei v. Liliencron, Die Histor. Volkslieder der Deut-
schen IV, 114—121. Uhland, Alte hoch- u. niederdeutsche Volks-
lieder I, 547, über den Fundort II, 1021.
tt) Spätere Ausgabe: Göttingen 1720. Meister, D. kathol.
deutsche Kirchenlied I, Anh. III, Nr. 13.
ttt) Jene der JJ. 1652, 1655, 1675 ap. C. F. Krabbe p. 16,
22, 23. Kock 1. c. IV, 129.
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— 170 —
hatten sich ernste, nicht Lutherische, Gesänge auf die Schule,
die Katechese, die sonntägliche Christenlehre in den Bauer-
schaften, und auf die Kirchthürme zu beschränken, — in
den Stadt- und Collegiatkirchen sollten sie nur zur Aus-
füllung der Intervalle des Chorgesanges, und selbst in den
übrigen Kirchen, welche keinen Chorgesang haben konnten *),
nur für gewisse Theile der Messe eintreten. Doch schon
1675 werden sie je nach den kirchlichen Zeiten den einfachen
Pfarrkirchen für sämmtliche Haupttheile der Messe empfohlen,
und auch so hatte der Volksgesang schon einen breiten
Boden in den Dorf- und Landkirchen, in den Schulen, bei
den Processionen und Wallfahrten; er bürgerte sich mit
der Orgel, die gleichfalls unverträglich mit dem Chorgesang
noch in neuerer Zeit, sowol was die Natur als die Gegen-
stände ihres Spieles betrifft, nur ganz bestimmte Funktionen zu
versehen hatte **, so ein, dass heutzutage dem gewöhnlichen
Manne der katholische Gottesdienst ohne Orgel und deutschen
Gesang nicht zuspricht.
An Münsterischen Gesangbüchern allgemeiner Be-
stimmung erschien im 18. Jahrhundert vielleicht nur eins:
(„©teinfurter") ©efang* unb ©cbetbud) juim ©ebraudj her 3tömif$*
(Satljolifdjen, Don 1781—1809 9ÜM, fünfter bei Slfdjenborf in
8°, dagegen um so mehr im folgenden, theils allgemeine
theils solche für bestimmte Kreise von Andächtigen.
Der Druck der Ritualbücher, welche bei ihrer Grösse
und Schrift die höchste Leistungsfähigkeit einer Officin vor-
aussetzen und dafür auch einen sichern Absatz versprechen,
blieb der Münsterischen Presse so gut wie ganz versagt,
und doch stand sie, wenn auch nicht in ihren Anfängen,
so doch seit dem Ende des 16. Jahrhunderts in der Gunst
des Capitels und Bischofs (S. 150.). Die Bedenken , dass
solche Artikel nur selten aufgelegt und von aussen nur ver-
*) Daher das alte Praventiv-Statut des J. 1315, S. 57.
•*) Const. Bern. a. 1655 apud Kock 1. c IV, 128. Viaita-
tions-Protokoll 1571-73 bei Tibus a. a. 0. S. 97. Vgl. vorher
S. 57. Organ, f. ehr. Kunst XVUI, 55.
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I
— 171 —
einzelt in Arbeit gegeben werden möchten, haben wahrschein-
lich die hiesige Presse bestimmt , sich nicht an so opulente
und so kosapielige Unternehmungen zu wagen.
Das Mlinsterische Missale erschien zuerst 1489 in
Köln bei Ludwig Renchen , ebendort dann wieder 1520 in
opulentem Gewände bei Franz Birchman und Godfried Hec-
tor *) ; 1632 Hess Bischof Ferdinand mit einem Titel in
Kupfer, dessen Rahmen die Hauptheiligen der Münsterischen
Kirche, namentlich auch die Grafen von Kappenberg bilden,
Missale novum Monasteriense, quo in presenti tempore uti-
mur, Antwerpiae typis Balthasaris Moreti excudi, datis de-
super litteris ad clerum civitatis et diocesis Monasteriensis
signatis die 26 ta Aprilis anni 1631 . . . Sub regimine Maxi-
miliani Friderici Ep. hoc missale ao. 1784, facta emendatione
et recognitione Breviarii, auctum fuit supplemento, typis
Monasteriensibus Antonii Wilhelmi Aschendorff edito**).
Das letzte Missale 8. ecclesiae Monasteriens. erschien jussu
rev. et ülustriss. dorn. Gaspari Maximiliani ep. Monast. prae-
positi eccl. cathedr. Mindensis L. B. Droste ex Vischering
ad normam editionis breviarii dioecesani typis vulgatum
anno D. 1835. Monasterii. Ex officina Coppenrathiana, der
Titel an den Rändern mit gothisirendem Rahmenwerk und
theilweise mit Rothdruck verschönert.
Aus der Kölner Presse des Hero Alopecius gingen auf
Bestellung des Mtinsterischen Domcapitels auch hervor das
Graduale 1536, das Antiphonar ium und Psalterium
1537, — sämmtlich mit einem schönen Druck, reichem Bilder-
und Farbenschmuck ***), und in solcher Dauerhaftigkeit, dass
sie bis heute noch keiner neuen Auflage benöthigten und
sich vielorts unverletzt erhalten haben. Freilich waren gegen
Ende des 16. Jahrhunderts die katholischen Normen der-
*) Beide genau beschrieben von Nordhoff, Kunstg. Bezie-
hungen S. 52.
*•) Kock L c HI, 215 f.
***) Beschreibung dieser Chorbücher bei Nord ho ff a. a. 0.
Seite 53.
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172
masaen an den meisten Orten in Vergessenheit geraten*)»
dass die geistlichen Obern bei ihren Kirchenvisitationen auch
untersuchen mussten : si parochi in templis Missalia, Gra-
dualia, Antiphonalia , Agendaque non habeant**). Nur ein
Graduale ... ad usum et consuetudinem ecclesiae et dioe»
eesis Monasteriensis .... conscript. ab Ant. Hessebnann,
custode maiore eccl. P. B. M. V. Transaquas ist zu Munster
1841 sumtibus librariae Hast & Riese als gr. Fol. wieder
herausgekommen in Steindruck.
Gleichzeitig mit dem Missale erschien jedoch nicht in
Köln, sondern wie Niesert angibt zu Paris oder wie Kock***)
jedenfalls glaubhafter berichtet, zu Strassburg zuerst das
Mtinsteri8che Brevier in kl. 4° in einer gothiscben, doch sehr
leserlichen Schrift ohne Zeichen und weitere Angaben, als dass
Fol. 107a die Jahreszahl 1489 f) vorkömmt. Fol. 109b be-
ginnt das Kalendarium, Fol. la enthäUt bloss den Titel
<]| Incipit pars eftiualis breuiarij fcd'm ordinantiÄ j maioris eccle*
Ac totius dijocef* Monalterienf* |
Schon 1497 kam das Brevier zum zweiten Male heraus
in kl. 8 doch mit 2 Coli, zu je 35 Zeilen und mit Signa-
turen, ohne Namen des Druckers und Druckortes. Fol. la. Bre-
uiariü de tempo \ re et de fanctis fmi ritum i ordi | nem monafte-
rienfis dyocefis | darunter ein Buchdruckerstock mit dem
Zeichen und den getrennten Buchstaben E. F. D. O. (viel-
*) Vgl. das Visitations-Protokoll des Jahres 1571—73 bei
Niesert U. S. VII, 27.
**) Constitutio Ernestina bei Kock L c. III, 274.
***) L c. II, 235 die Beschreibung der Breviere konnte bei
dem defecten Znstande der mir vorliegenden Exemplare nieht füglich
genaner gefasst werden.
f) Kock macht L c. H, 235 die vielsagende Bemerkung :
Mox eodem anno conscriptus über Ordinarius cathedralis ecclesiae
correapondens praedicto breviario, denn darnach sind gewisse Ritoal-
bücher nie gedruckt. Vom Uber Ordinarius gibt es auch wie Herr
A. Krabbe angibt, drei verschiedene Handschriften im Dome,
darunter wenigstens eine älter, als 1489.
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— 173 -
leicht N) Fol. lb zeigt 1497 (arabisch) darunter in Holzschnitt
Petrus und Paulus je in einem gothischen Rahmen und darunter
eine Inschrift, welche zugleich den Grund für die schleunige
Wiederaunage des Breviers verrät : Nota de Breviario, quod
impressum fuerat Anno incarnationis M.CCCCLXXXIX non
erat integrum conveniens in tota dijocesi Monasteriensi, sed
tantummodo et pro maiori parte ecclesie cathedrali. Sed
illud tarnen, quod modo impressum aut elaboratum est anno
Domini MCCCCXCVIL concordat cum ecclesia "cathedrali nec-
-non cum tota dijocesi Monasteriensi , ut patet per proces-
aum breviarii. Diese Nota wie der Druck beider Seiten des
Titelblattes ist roth, jedoch in Antiqua, während der Titel die
kleine gothische Type des ganzen Druckes zeigt*).
Zum dritten Male erschien es **) 1518 »mit einer
schlechten gothischen Type« zu Paris in kl. 8 U , die Seite
mit 2 Coli, und jede Col. anfangs mit SO, später mit 32
Zeilen, und die ersten Blätter der Lagen mit Signaturen,
sonst vielleicht ohne Jahres- und Ortsangabe. Doch bemer*
ken die Chroniken ***) von dem Bischof Erich von Sachsen
1508—22, er habe Gott ohne Unterlass gedient, als seijne
bedeboicke uthwijseden , so nha sinen dode gefunden wor-
den, dan he oick mit groten flithe und Unkosten de brevia-
ria, so men de getijdeboeker nhomet , nijes binnen Parias
drucken leith , als dat wapen dusses vorsten naebringet, so
daer under gedrucket ist . . . und Niesert schrieb nach einer
anscheinend gleichzeitigen Hand in dem mir gebotenen
Exemplar der Paulina ohne Titelblatt und Wappen : »(Liber
perrarus) Breviarii ad usum et ordinantiam dyocesis Mo-
nast. Pars hyemalis Parisiis impressa impensis Godefridi
Hectoris et Ludovici Hornken 1518«. Zunächst war an eine
*) Niesert versetzt ihn ohne jeden Grund F. B. S. 5 in
eine Münsterische Officin vgl. S. 137 ; die sonstigen Historiker
kannten ihn nicht.
••) Ausser Niesert Kock 1. c. H, 262. Nordhoff a. a. 0.
Seite 51.
***) M. G. Q. I, 297.
V
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— 174 —
weitere Auflage des Breviers nicht zu denken, indem Bischof
Franz von Waldeck f 1553 selbst die Reformation betrieb,
suadentibus id potissimum Joanne Siberg sacellano suo an-
lico, qui etiam Ecclesiastici Breviarii usum haud pridem ipsi
exemerat, et Friderico Twieste, Waldecano nobili, aulae epis-
copalis praefecto*). Später wurde wieder, je weiter die Re-
formation zurückwich, um so mehr auf das Brevier und das
Breviergebet Gewicht gelegt **) und eine neue Ausgabe veran-
staltet : Breviarum Monaster. jussu .... rev. serenissimi-
que principis ac dorn. D. Ernesti archiepiscopi Colon, etc.
episcopi Leod. administratoris Monaster. . . . restitutum et
editum . . . Coloniae ex officina Arnoldi Quentelij . . 1597
in 8°. Ein Titelkupfer stellt dar in Medaillon das Wappen
gekrönt mit dem Brustbilde des h. Paulus mit dem Buche
und Schwerte. Im Texte wechseln rothe und schwarze Lettern.
Anno C. 1596 (?), so erläutert Kock***) diese Edition, vetus
breviarium Mon. piorum doctorumque hominum exacto ju-
dicio ad veterum patrum scripta, atque adeo ad Romani
breviarii exemplar, quantum fieri potuit, diligenter emen-
datum formisque elegantioribus . . . excudi jussit Ernestus
archiepiscopus . . . datis desuper litteris ad clerum dioecesis
signatis in arce Arnsberg die 2 da Maji . . . Breviario hoc
per duo fere seculaf) usi fuimus donec, novum in quatuor
partes digestum sub regimine Maximiliani Friderici anno 1784
lucemffj aspexit, nämlich wiederum unter Fürstenberg in
•) Kock l. c. III, 73.
**) Vgl. Statuta Synod. bei Krabbe, p. 176, 177.
***) 1. c. III. 187.
t) Weshalb so lange ohne neue Auflage, besagt die Verord-
nung des Bischofs Franz Arnold von Wolf Metternich 1711 12/10:
Cum tarn breviaria, quam gradualia ritu Monast. edita deficere no-
tentur, facultatem facimus, ut, qui voluerint, in et extra chorum
Missalibus, Breviariis et caeteris ritus Eomani libris uti et Ro-
mano cantu posthac libere uti possint. bei Kock IV, 183.
ff) Dazu Directorium ad cantandum officium divinum in
choro, dispositum juxta novum breviarium Monasteriense et libros
— 175 —
4 Theilen gr. 8" bei Ant. Wilh. Aschendorf mit einer dem
Wintertheile vorgedruckten Verordnung von 1783, die der
frühern Ausgaben, nur nicht jener des J. 1518, gedenkt.
Verhältnissmässig früh ist auch ein Diu male gedruckt.
Ein seit 1613 der Jesuitenbibliothek gehöriges leider defectes
Exemplar der Paulina 8. }. a. s. c. & n. t. in kl. 8° und eine
kleine starke Type zeigt das 7 Uli. starke Kalendarium an-
scheinend noch vollständig.
Das nächstfolgende Blatt beginnt : Höre diurnales f;m ordi-
nariü eccle | fie maioris diocef- monafterienfis | Incipiunt feliciter.
Es ist unzweifelhaft älter, wie das folgende :
Fol. la. C|| Diurnale de tpe i de fanctis fcd'm ritü | i or-
dine maioris ecclefie necnon dioceris | Mona fierienfis | sodann
ein Holzschnitt Christus vor Pilatus ; Fol. Ib. die astronomischen
Zeichen der Jahre von 1511 ab; Fol. 3a. Kalendarium — alle
4 Theile in einem Bande von 12° Format, aber 8° Grösse,
die Seite mit 2 Col. zu 29 Lin. mit Signaturen und vielem
Rothdruck, so in den gesperrten Worten des Titels und Schlusses.
q| Finit diurnale Mona | fterien. diocefis tarn de | tepore
de fctis j> totü | annü cü aliis nouis hi | ftorijs diligetiffime ela |
boratü et correctü. Im | preffQ parrifijs Ipenfis | Guillerrai Koruer
| An | no dnl M.CCCCC.XI. Die letzte Seite füllt ein Holz-
schnitt darstellend unter einem Bogen einen Kaiser mit Schwert,
Reichsapfel und Krone, laut Unterschrift S. KAROLVS, auf
beide Seiten der Figur vertheilt stehen die Buchstaben WK.
1785 erschien das Diurnale Monasteriensis bei Achendorf.
Die Agenda Ecclesiastica erschien erst 1592 in einer
für die Münsterische Presse ausgezeichneten Ausstattung
— dann (nach Niesert 1706) auf Geheiss des Bischofs
Franz Arnold in gratiam curatorum evulgata die Agenda
Pastoralia dioecesis Monasteriensis Rituali Romano passim
accommodata 1712 .. . Typis viduae Na^gel in 4° von Neuem
. . . ut omnis difformitas, quae hactenus in diocesi hac prop-
chorales in nsum ecclesiae cathedralis ac reliqnarum civitatis &
dioecesis Monasteriensis. Cum privilegio Eminentissimi. Typis Au-
licis Kördinkianis 1784 in kl. 8°. — Das Brevier erschien conform
der Ausgabe von 1784 zuletzt 1830, d. Diurnale 1832 in 8° bei
Aschendorf.
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— 176 —
tcr varietatem Agendorum pastoralinm in usu fuit, penitos
tollatur*).
Eine andere Leistung der hiesigen Presse waren dk
Musikalien. Notendruck war unumgänglich, wo verhält-
nissmässig so viele Notenbticher aus alter Zeit erübrigten
(S. 158.), so viele Gesangbücher (S. 169.) erschienen und
gewiss schon von einem Drucker wie Theodorik Tzwyvel au
erwarten, dessen musikalischen Studien (S. 143 f.) doch die eine
oder andere Publication zeitigten. In der That enthält sein
in Köln erschienenes Introductorium musice practice von
1513, Noten die nach den Charakteren des Interlineartextes
in einer M&nsterischen Officin gedruckt sein sollen, und sein
Carmen Ludi Paulini Scholasticis Monasterii solito more cantan-
tandum . . . 1586 (vgl. S. 149.) enthält zugleich die Musik, »welche
aus weissen Choralnoten zwischen fünf weissen Linien auf
schwarzem Grunde besteht, und ein trauriges Ansehen hat«
— Notendruck und Musik vervollständigten sich mit den
verschiedenen Ausgaben der Gesangbücher so, dass jenes vom
J. 1677, welches der Musiker Rudolph Nagel bearbeitet hat,
excellirt **).
Sonderbare Pressartikel bilden mit dem 17. Jahrhun-
dert die Predigten, die bis heute trotz ihres culturge-
schichtlichen Gehaltes in Form und Inhalt noch keine Beach-
tung gefunden haben: die endlosen, plauderhaften, langdröh-
nenden Titel mit den chronogrammatischen Spielereien, die
Mischung von Latein und Deutsch, die ärmliche Handhabung
der Muttersprache kommen fast dem ganzen Literaturzweige
zu — am meisten aber bauscht sich dies Alles zusammen in
den historisch armen Leichenreden, worin die Jesuiten zu
*) Kock L c. IV, 185. Nieser t bemerkt über jene : „Von
den Benedictionen und Exorcismen, die sich in den neuern Agenden
von ,1706" befinden, ist hier noch keine Spur anzutreffen. Am Ende
S. 117 findet sich die Benedictio fontis in vigilia pasche etc., die
leider in der Ausgabe von 1706 fehlt. — Di« Pfarrer müssen sich
hierin mit dem Röm. Missale behelfen". Vgl. die Verordnung vo*
1711 12/10 S. 174 vorher. Kock I c. IV, 183.
•*) Meister a. a. 0. I, 85 f, 107.
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— 177 —
Münster *) , Osnabrück und Paderborn die pomphaftesten
Druckstücke hinterlassen haben. Und das geschah, trotzdem
seit 1616 für Münster die ausdrückliche geistliche Verord-
nung **) bestand : Inhibemus vero prolixas illas funebres ex
cathedra conciones , quibus animabus defunctorum parum
utilitatis accedit . . .
*) Als Probe hier nur ein auch sonst beachtenawerthes
Beispiel :
MORS FRIDERICI CHRISTIANI. | MONASTE-
RIENSIS DIOECESIS EPISCOPI, | PRINCIPIS AC
DOMINI NOSTRI | CLero & Moestae PLebl DVra sors |
Moerore pVbLICo DepLorata | Ulis parabolae Evangelicae verbis.
Luc. 19. | Homo quidam nobilis abijt in regionem longinquam | ac-
cipere sibi Regnum, | 2>a« i|* | $öd)ft betrübter töbtlicber ab-
tritt | Söcnlanb | beß §odm>ürbigflcn fcoAgebornen | 2f ttrflcn unb
fcerren | §<&mm | FRIDERICI | CHRISTIANI | »ifeboffen
ju Mnjter | löurggraffen jum ©tromberg, befj §• Wömif^en
föeid)8 | dürften unb Herren ju »ortfei ob, etc. | Unfere« nunmebr
in öott rubenben gnäbigflen Eanbt« ftürflen | unb fcerren | «et? bevo Häg-
licbcr Sei<$«$€gängnüö mit einer getoöbnlidjer Ürawr- unb ?eicb ^rebig
| Unter ber grabet Luc. 19 | Gin öbter SRann jo^e in ein fer-
nes Sanbt ein SReicb für f i ct> einaune&mcn | oorgcfleUet | Unb \
tnnigtieb bebauret | «m 28 Sag SRonatS Maij Anno 1706 I ©on
R. P. HENRICO eebuntatber ber « ©efeüfcbafft Jesu ^rieften | unb
^rebigern in ber boben Xbumb Äircben $u Mnfter in SBejlpfaten |
©ebrutft bafctbfl Sei Gbriftoff Nagel 3Hünftrtfdicn »udjtructcrn | .
Folio. — Der in Kupferstich beigefügte Katafalk hat die Unter-
schrift .- Androas Barchusen a Munster exeudit.
**) Bei Niesert U. S. Vil, 73, 82. v. Steinen, Quellen
S. XIX bemerkt : „Von den Leichpredigten bleibt es zwar wahr,
was Duri de Pascalo . . . von den meisten derselben schreibt :
Aulicus [vielmehr historicus] parum fidei tribuat concionibus fune-
bribus . . . Raro enim fit, ut non plus affectioni et nummis, quam
veritati tribuant : et citius corniculas in Africa, quam aliquid soli-
dae veritatis in iis reperies. Doch sind viele derselben, welche sehr
nützlich, wo sie nur gelesen werden, wie der Abt Langlet du Fres-
noy in seiner Anweisung zur Erlernung der Hist. p. 26G zeiget."
12
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Man mus8 es beklagen, dass von den Erzeugnissen der
hiesigen Presse zunächst durch die Gewalt der Wiedertäufer
und dann durch die Nachlässigkeit der Zeit so vieles ver-
loren gegangen, anderes Rarität und Unicum geworden ist.
Man findet z. B. im Messkataloge des J. 1613 11 Münste-
rische Verlagsartikel und heute davon nur noch 6 meistens
ungenau bekannte, dagegen weist der Messkatalog andere
wieder unter Jahren auf, die in der Bibliographie heute
leer dastehen.
Format, Type, Ausstattung.
Im Allgemeinen hängt das Format mit dem Umlange
des Stückes zusammen, und erscheint ein Missale nothw endig
in Folio ; demnach herrscht das 4° in den ältesten Drucken
auch geringen Umfanges, später bis weit ins 17. Jahrhundert
in werthvollen Arbeiten und überhaupt in kleinern Kirchen-
büchern (Agenda) »Zeitungen<, fliegenden Blättern, »Ord-
nungen« und höhern Erlassen.
In Folio kamen nur wenige Schriften heraus, so zuerst
1564 die „Effinfcorbnung" , seit 1571 die „©Tönungen" des
Bisehofs v. Hoya, 1596 die Kölner $oüicci} nnb Sanbe^Dtb*
Illing, 1602 auch die . . . Orbnung be§ alten Gonfiftorit her
^fyumfircfycn $u OSnabrüd 1 . im 17. Jahrhundert ausnahmsweise
das eine oder andere theologische und philosophische Werk, seit
Ausgang desselben die feierlichen Trauerreden, 1740 und später
wieder Gesetze, 1773 die Hauptarbeiten Schaten's. Duodez-
und kleinere Formate heben an 1593 mit Brill emnacher's
»Rvidiotheca $riucnföfHtin« , werden etwa hundert Jahre
später gangbar für Andachtsbücher. Hand- und Taschen-
bücher sowie (Ür Streitschriften . spielen indess gegenüber
dem 4* und $ -Format nur eine Nebenrolle.
0 c t a v erscheint in kleinem Formate zuerst um 1523 in
dorn Suverliek Bedeboksken. 1531 in den Sententiae profanae
k
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iectae . . . per Leosthenem Colvandrum — kurzum in den
meisten Druckstticken.
Die allgemeinen Wandlungen der Typ e machen sich auch
zu Münster geltend, nur durchgehends später ; daher auch Signa-
turen, die in der Typographie wenigstens 1470, in den Brief-
drucken noch früher auftauchen *), hier erst gegen 1509, und
die zu Köln schon 1470 angewandten **) Blattzahlen hier noch
nicht einmal in Ossenbrug's Presse bekannt sind. Die gothische
Letter weicht einerseits der ausgebildeten Fraktur erst
gegen 1533 und 34 (S. 147.) in den anabaptistischen Streit-
schriften, anderseits der Antiqua, mit welcher sie sich längst
gemischt hatte, erst 1540 (S. 43 f.); die alteren Typen sind
klar und erscheinen in verschiedenen Grössen, namentlich in
den Werken des ältern Tzwyvel , — sonst fehlen stattliche
und brillante Lettern.
»Alle Druckschriften, sagt Niesert, welche J. Limburg,
L. Bornemann und Th. Tzwivel besorgten enthalten nur
wenige Bogen, und sind meist mit kleinen, schlechten, gothi-
schen Typen gedruckt . . . •**). Die zu Münster eingerich-
tete Druckanstalt scheint daher nur bloss das Unternehmen
von Privaten gewesen zu sein, die aus Mangel hinreichender
Unterstützung auf Verbesserung und Vervollkommnung der-
selben wenig anwenden konnten, daher finden wir so viele
Schriften Münster scher Gelehrten im Auslande gedruckt«.
Als dennoch Thurneysser 1579 hierher kam , um bei Johan
Ossenbrug seine alchymistisch-astrologischen Werke drucken
zu lassen, fielen das Papier und der Druck so schlecht und
*) Sotzmann im Serapeum [1845] V, 326, Edw. Tross
daselbst VII, 60.
**) Graesse, Tresor VI, I, 370; gleichzeitig Custoden ib.
VI, II, 7. Brune t, Manuel, du libraire/IV, 263, 384.
***) Der nun folgende Satz : „Mir ist wenigstens keine ein-
zige Druckschrift aus der Offizin dieser Buchdrucker bekannt, wozu
lateinische Typen gewählt sind" ist, was Tzwivel betrifft, durch
unsere Untersuchung hinfällig geworden.
12*
4f
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uncorrect aus, dass der Verdruss über die hiesigen Pressen ♦)
ihn gewiss mit veranlassten, Münster zu verlassen. Sie waren
nicht einmal auf Kupferdruck eingerichtet.
Kleine lateinische und grössere deutsche Typen
von bemerkens werther Schönheit erscheinen , jene 1554 in
Gotfrid Tzwivels , diese 1571 in Dietrich Tzwivel's Drucken;
Lambert Ras fei dt verfugte etwa seit 1590 fast zwanzig
Jahre lang über verschiedene lateinische Schriften, und da-
runter darf man die grössern mit den Plantinschen, die Cur-
sivlettern mit den Aldinischen an Schönheit vergleichen. »Man
kann sicher behaupten, dass die Buchdruckerkunst zu Münster
unter ihm den höchsten Grad der Vollkommenheit erreicht
habe, . . . nach ihm sah Münster solche vortreffliche Drucke
nicht mehr« , oder vielmehr nicht eher wieder, bis in den
drei letzten Decennien des vorigen Jahrhunderts unter Fürsten-
berg und Maximilian Friedrich, den liberalen Landeswohl-
thätern, der Stadt und dem Stifte eine neue Cultur erwuchs.
Was die Farbe der Schrift angeht, so wird Roth-
druck allein angewandt im Titel des Epilogus psalmorum
1516, gemischt mit Schwarz in den Titeln der schönen
Agenda von 1592 , der Ceremonienauslegung durch Mat-
thäum Tympium in 8° 1609 , und mehreren Ordnungen ;
zuerst wieder ungemischt in dem New Reformirten Calen-
darium ; in passendem Wechsel von Schwarz und Roth treten
die Kalender mindestens 283 Jahre hindurch gefallig und tiber-
sichtlich zugleich im Titel und Text ans Licht.
Bescheiden wie die übrigen Bestandtheile eines Mün-
sterischen Buches war auch die zierende Ausstattung, und
wo eine solche vorkömmt, lässt sie sich mit den Erzeugnissen
auswärtiger Pressen kaum vergleichen. Die Feder schmückte
allerdings noch manchen ältern Druck mit bunten Zuthaten,
Strichen, Randgerimseln und Initialen, doch keinenfalls mehr
in solcher Opulenz, wie es bei den Handschriften geschehen
war. Beide Arten von Büchern empfingen hier seit dem
15. Jahrhunderte die letzte Federzier wohl weniger mehr
*) C. Becker in der Zeitschrift VI, 246.
I
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- 181 —
von den Mönchen oder Laien, als vielmehr von den Prater-
herren. In Köln führte ihre diesseitige Beschäftigung und
namentlich die Büchermalerei zu harten Con nieten mit der
Stadt *) , und zu Münster waren es gleichfalls die mannig-
faltigen Erwerbszweige, welche im Beginne des 16. Jahr-
hunderts einen am Ende gewaltsamen Widerstand der Bür-
gerschaft hervorriefen**). Ihre reichen und schönen Bücher
nöthigten doch dem Humanisten Kerssenbrock alle Bewun-
derung ab (S. 121) und ihre Statuten***) sprechen deutlich
genug von der kunstreichen Bucherausstattung. De rubri-
catore : Deputabitur unus pro rubricatura et floratura frater
ad hoc aptus, qui habebit lazurium et alios colores pro suo
officio necessarios ; aureas tarnen literas absque speciali li-
centia non faciet. Scripturarii directionibua in illuminandis
libris sibi per eum traditis obtemperabit nec in aliis libris
sibi per eum non traditis quicquam operetur, nisi ex speciali
rectoris scitu et consensu. Und noch heute bezeugen eine
Reihe kostbarer Reste des Münsterlandes, wie diese ihre
Zierkunst, nicht selten mit einer glänzenden Malerei ver-
bunden, grade den grössern Kirchenbüchern zu Statten ge-
kommen ist f).
Ihre zierende freie Handarbeit mag einen Grund mit
abgegeben haben, weshalb den Münsterischen Drucken so spät,
erst seit 1509, die Ausstattung mit Holzschnitten zu
Theil wird, deren Stöcke anfangs andern Anstalten erborgt
oder nachgebildet (S. 141.) erscheinen. Erst der ältere
Tzwijvel macht von denselben in Initialen , freien Bild-
werken und Arabesken einen ausgiebigem, weitern Gebrauch,
doch erst seit 1521 mit den schüchternen Einflüssen der Re-
•) Ennen, Gesch. der Stadt Köln III, 759.
**) Kerssenbrock a. a. 0. S. 121 tt, 132. Cornelius,
Gesch. der Wiedertäuf. I, 6 f. Ruland, Serapeum XXI, 185 ff.
***) Statuta primaeva p. 66.
t) Weiteres bei Nordhoff, Kunstg. Beziehungen 8. 45, 46,
Chronisten 8. 37.
I
— 182 —
naissance *). Ohne Widerrede ersteigt, was die Zahl dieser
kunstreichen Zuthaten betrifft, die Münsterische Presse im
16. Jahrhundert die ihr beschiedene Höhe und vereinzelt
leihen dabei Künstler, wie die Maler Zum Ring ihre Hülfe.
Auf Herman führt man zurück das Bild des sonderbaren sym-
bolischen Titelkupfers der 1562 in kl. 8° erschienenen Duo
opuscula Joannis Murmellii; und die 1571 besorgten »Ord-
nungen« mit dem Wappen des zeitigen Bischofs von Hoya und
einer allegorischen Figur zeigen am Schlüsse auch Rings Mo-
nogramm**). Doch hier stand dem Drucker die Unterstützung
eines kunstliebenden Bischofs zur Seite: Das »Calendarium«
1583 muss sich mit rohern Zierholzschnitten begnügen, und
wenn schon ein Typograph , wie Larabert Rasfeldt , solche
kaum mehr beigab, so begnügten sich die Nachfolger mit
einem kleinen Wappen , dem einen oder andern einfachen
symbolischen oder geschäftlichen Zeichen in Holz ; mit diesem
hatte seit 1517 der erste Tzwyvel wieder den Anfang ge-
macht (S. 144).
Und schon die Zwyvelsche Concurrenzpresse eines Os-
senbrug, dem eine anderweitige Subvention fehlte, lässt ihre
Armut durchblicken, wo es reicherer Behandlung gilt. Wie
fand sich 1569 Thurneysser getäuscht, als er seine auf Fi-
guren, Wappen und umfangreichem Bilderschmuck berech-
neten Werke bei ihm herausgeben wollte! Keiner konnte
die nöthigen Holzschnitte anfertigen, da mussten Kupfer ge-
nommen werden, und als Herman Zum Ring ihm die Zeich-
nungen entworfen, gebrach es an Stechern ; ein Kölner Remigius
Hogenberg musste endlich die Platten bereiten***). Schlecht
wie das Papier, fielen Schrift und Druck aus. Oasen in der
Einförmigkeit der Folgezeit bezeichnen folgende Werke -
1619 umgab von Dale den Titel der »Leichen- Trost- und
Busspredigen von Tympius« mit einem Rahmen in Kupfer:
oben das Weltgericht vor dem Weltenrichter , links der
h. Petrus mit der Unterschrift : Tu supplex ora, rechts ein
*) Daselbst S. 24.
**) C. Becker in Kuglers Museum [1837] V, 4*
***) Vgl. S. 150. C. Becker in der Zeitschrift I, 244-247.
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— 183 -
Kaiser (Karl d. Gr. ?) mit : Tu protege, unten eine betende
Gestalt mit : Tuque labora , und darunter , den Inhalt an-
deutend, zwei Menschengerippe. Unten links vor einem vier-
eckigen Steine : Abrah. Hogenberg fecit, offenbar Mitglied der
gleichnamigen Künstlerfamilie *) und gleichfalls Bürger zu
Köln. Den schön in Kupfer gestochenen Titel zu den »Be-
trachtungenLudovici de Ponte« in 4° 1662 zieren ringsher
Bildchen aus der Geschichte Jesu, unten in der Mitte eine
Ansicht der Stadt Münster**) und rechts der Name des
Künstlers, dessen Schrift leider in dem mir disponibeln
Exemplare bis auf den Vornamen und die Initiale des
Hauptnamens abgenutzt war. Sie lautet Sebastian F(urck),
und sollte dieser Künstler nur von 1612—1754 gearbeitet
haben, so hat er die Platte vielleicht für eine frühere Aus-
gabe, etwa für jene des J. 1627 gefertigt. Hegensberg' s
Druckerei***) bewahrt von der ältern Presse mehrere meistens
abgestumpfte Kupferplatten für Titelbilder von Gebetbüchern
so in gr. und in kl. 8°, dem Stilistischen zufolge noch aus
dem 17. Jahrhundert : 1. ein Passionsbild , 2. die Geburt
Christi, 3. Christus nach der Auferstehung im Garten, 4. das
allegorische Bild für Busenbaum's Theologia moralis mit der
Jahreszahl 1670 ; und die Fürstbischöfe verlangten, so Ferdinand
von Fürstenberg 1678 , dass *den Kalendern ihr fürstliches
Wappen vorgesetzt werde. Leider werden die Künstler nicht
genannt, doch schwerlich sind es Einheimische gewesen.
*) Merlo, Nachrichten von dem Leben und den Werken
Kölnischer Künstler 1850 S. 185—193, Hartzheim, Bibliotheca
Colon, p. 1, 83, Becker in d. Zeitschrift I, 256.
**) Vgl. das vielleicht auswärts erschienene Werk des Jahres
1661 Mo tu um Monaster .... Synoptica Enarratio .... mit dem
Brustbildc des Fürstbischofs Galen. Niese rt, Beitr. S. 167 f.
***) Eben dahin hat sich auch vielleicht durch die Verbin-
dungen der Jesuiten verschlagen eine Kupferplatte in kl. 12° mit
dem Titel : Caroli Scribal e societate Jesu, Philosophus Christianus.
Neoburgi ad Danubium ap. Laur. Danhusium. Anno MDCXVI1I.
»
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1
— 184 —
Westfalen ist so arm an solchen Kräften, dass ebenso
die Kupfern der Monumenta Paderbornensia 1672 und des
Horrionschen Panegyricus (S. 63) auswärts bestellt wurden
und etwas später der Abt Gregor Waltmann zu Iiesborn
1698 8/6—1739 6/11 sogar für kleine Kupferbildchen, wie
jene Karls d. Gr. und des Propheten Simeon, sich nach
Augsburg an J. A. Pfeffel*) wenden musste. Ebenso haben
zu der lateinischen bei Buch zu Paderborn gedruckten Fest-
schrift in Fol. , welche dem Regierungsantritte des dortigen
Bischofs Clemens August von Baiern galt, das Brustbild
desselben als Titelzier und zu p. 55 ein grosses das »baieri-
sche Fürstenhaus« glorificirende Bild auswärtige Kupferstecher
geliefert : jenes der Augsburger Georg Heinrich Schifflin,
dieses der Ulmer Godfrid Pfauk**); noch der Titelkupfer
des Breviarium Monasteriense von 1784 und wiedergebraucht
zur Ausgabe von 1830 mit einer Seitenansicht des Münste-
rischen Domes trägt die Unterschrift : Fratres Klauber sc. A.
V. ***) und diese gehören wiederum Augsburg an , jener
Stadt, die also Westfalen für den in Rede stehenden Kunst-
zweig ununterbrochene Aushülfe geleistet hat.
Die einfachen Holzstöcke mögen wie früher, so später
von Westfalen geschnitten sein ; davon beruhen in der Re-
gensbergschen Officin noch zwei, jedenfalls über 200 Jahre
alte : einer stellt eine lückenbüssende Rosette dar, ein anderer
in kl. 8°, zur Titelzier der Schulbücher dienend, einen grossen
Hahn , der mit einem Pfoten ein Lineal auf eine vor zwei
Kinder gestellte Tafel hält mit dem in Noten gesetzten
Liedchen : HEI HEI | KAC | KAC | KAC | EIN | EL — ein
Act, der selbst zwei (kleine) Hühner im Vordergrunde zu
interessiren scheint. Auch der Kupferstich bahnte sich all-
mälig nach Westfalen die Wege. Zum J. 1706 lernten wir
*) Offenbar der Vater vgl. Na gl er a. a. 0. XI, 207 ff.
**) Es wird der bei Na gier a. a. O. XI, . . . erwähnte Maler
nnd Stecher sein, welcher in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts
in seiner Vaterstadt nnd zn Augsburg arbeitete.
•••) Nagler a. a. 0. VII, 37.
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— 185 -
einen Kupferstecher Andreas Barchusen aus Münster kennen
(S. 177). D. v. Steinen konnte seiner »Westfälischen Ge-
schichte« schon grössere Stiche als Zier beigeben von J. H.
Giese zu Iserlohn (1749), und die ansehnlichen Titelholz
schnitte für den Osnabrückischen Stiftskalender 1762 mit
den Stifspatronen und einer Ansicht der Stadt sind gewiss
nicht mehr ausserhalb Landes angefertigt. Bald erschien
auch zu Münster und Osnabrück in 8° bei Philipp Heinrich
Perrenon als »praktische Anleitung für Mahler, Bildhauer,
Baumeister«, Kupferstecher 1784 das »System der zeichnenden
Künste« mit 40, 1786- »die Zeichen und Mahlerschule« mit 45
und 1788 die »Akademie der bildenden schönen Künste« mit
40 Kupfern (Tafeln) von Christian Ludolph Reinhold *) — Zu-
gaben , die Niemand mit Nagler tadeln wird, welcher be-
denkt, dass ihre Darstellungen den besten Werken der neuen
Kunst nachgebildet sind und nur als Vorlagen dienen sollten.
Und zu der »Allgemeinen nützlichen Bürger- und Landmanns-
Praktik« , die Reinhold in demselben Verlage 1791 edirte,
stach ein E. L. Krieger die Kupfer.
*) Der Verfasser nennt sich „der Weltweisheit Doctor und
schönen Künste Magister , Lehrer der Mathematik und bildenden
Künste an dem Osnahrückischen Gymnasium , Mitglied der Pfalz-
bayerischen ökonomischen Gesellschaft, wie auch verschiedener ge-
lehrten Gesellschaften Mitarbeiter und Correspondent" , war nach
Nagler a. a. 0. XII, 404 1737 zu Mautern geboren und edirte noch
mehrere Arbeiten dieser Art. — Herangezogen von Coppenrath er-
warb sich als Stecher einen gewissen Ruhm J. Christoph Savin,.
geb. 1764 zu Grenoble, gestorben zu Münster 1865 20/11; ferner
der „Graveur" Jon. Heinrich Carl Strübel geb. 1815 zu Münster,
verzogen nach München 1855 2/8; nicht so sehr mit seinen dilettanti-
schen Arbeiten der Zeichenlehrer am Gymnasium Franz Michelis
t 1835 28/5. Ihre Leistungen kommen auch den Büchern kaum mehr
zu Gute; denn je mehr sich der Kunst- vom Buchhandel sonderte,
um so mehr suchten die Artikel des einen wie des andern, je für
sich, ihr Publikum.
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— 186 —
Der Einband.
Der Einband fehlt oft schwachen Druckstücken ganz,
oder diese wurden zu mehreren in einem starken Band ge-
sammelt. Offenbar erfuhr er ursprünglich dieselbe Behand-
lung , wie zur Zeit der Handschriften, und wurde um so
schöner und dauerhafter, je werthvoller der Inhalt erschien.
Wenn man geschriebene Bücher noch wie Gold verschenkte*),
die Geber als grosse Wohlthüter verzeichnete , oder wenn
man einzelne Stücke mit Landcomplexen an Werth gleich-
stellte**) und sie demgemäss in Ketten und den sichersten
Behältern***) vor Raub und Vergang zu wahren suchte, so
verlor das gedruckte Buch, als leichter hergestelltes, an sich
den realen Werth f) > wurde indess wegen der Type weit
höher geschätzt, als die Handschriften (S. 102.) und desshalb
wie ein Schatz erworben, behütet und ausgestattet. Reich wie
die Blätter mit Randver/ierungen, grossen Initialen und
und Bildern sich entfalteten, sollte auch die Hülle sein und
darum bedeutete der Einband nicht minder eine Kunst, wie
die innere Ausstattung, und unterstand später der Buchbinder
denselben Forderungen der Censur, wie der Buchdrucker.
Wieder sind es die Frate rherren, welche die alten Druck-
schriften, heimische oder von aussen gekommene, kunstreich
einbanden. Die Verrichtungen dieser Brüder erzählt Kers-
senbrock (S. 56) bestehen darin, dass sie für andere schreiben,
Pergament machen oder Bücher einbinden. Sie unterhielten
*) Beispiele aus der Westfäl. Geschichte bei Kindlingcr
im Serapeura XXVII, 138, S eiber tz, Quellen III, 439.
**) Beispiele in der Geschichte der Klöster Corvei und Bö-
deken aus den J. 1456 u. 1426 in Wigands Archiv [1829] IV,
217. Allgemeineres bei Wattenbach S. 303.
***) Vgl. Serapeura XIX, 41. Wattenbach S. 355 ff.
f) Der indess immer noch höher stand wie heute. Vgl. 0.
Hase a. a. 0. S. 83. Nordhoff, Kunstg. Beziehungen S. 77.
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— 187 -
in Münster einen eigenen Ligator mit folgenden Obliegen-
heiten*) : Pro ligandis libris deputabitur unus a rectore,
snb cuius respectu erunt omnia instrumenta ad ligatnram
requisita, ac etiam instrumenta carpentandi, si in domo car-
pentator non fuerit. Hic erit sollicitus cum procuratore, pro
asseribus, corio, auricalco et caeteris ad officium suum ne-
cessariis , ut scilicet debito tempore sibi per procuratorem
disponantur. Sine cuius etiam consilio et informatione emen-
do , vendendo seu commutando nihil attentabit. Libros li-
gandos a scripturario accipiat, ligatosque eidem restituat, qui
pretium laboris pro eisdem receptum procuratori praesenta-
bit. Sit in labore suo fidelis et circumspectus atque tracta-
bilis. In ihrem Gedächtnissbuche**) werden auch dankbarst
zwei ligatores librorum grade aus der ersten Hälfte des 16.
Jahrhunderts erwähnt, ein Gherd (t 1549) und ein vielleicht
noch etwas älterer, Namens Johan Smedes : sie sind Künstler
gewesen, die ihre Ziermittel zu handhaben verstanden, sonst
kanuton wir sie nicht. Ob sich das auch von den bürger-
lichen Buchbindern***), die ja tiberall, wo Schulen bestanden,
sich niederliessen, so allgemein behaupten lässt, bleibt frag-
lich, zumal sie nur zufallig, wie Handwerker t^kannt werden
und wohl mehrentheils in den unmittelbaren Diensten der
Buchhändler standen. So viel steht fest , die Werthschätzung
der ersten Drucke hat auch fördernd auf die ästhetische
Ausstattung des Einbandes eingewirkt (S. 102), und da die
Renaissance sich grade in den Kleii.künsten heimisch fühlte, so
steht der Einband von der Mitte des 15. bis fast zu Ende
des folgenden Jahrhunderts auf einer Höhe , welche die
frühere Zeit nur durch dieses oder jenes auch materiel
ausgestattete Werk überbot, die spätere leider schnöde ver-
lassen hat.
*) Instituta priraaeva p. 66; abweichend und kürzer bei
Watten bach a. a. 0. S. 224.
**) Bei Erhard in der Zeitschrift VI, 102, 103.
***) Vgl. Wattenbach a. a. 0. S. 225.
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— 188 -
Zunächst wurde der Einband dauerhaft construirt *).
Nachdem man die einzelnen Lagen des Buches mit dicken
Ffiden an die nicht weit gestehen Bünde befestigt , ver-
schlang man die freien Enden der letztern fest in die Holz-
deckel, Aberzog diese und den Rücken mit einer Decke von
Pergament oder Leder, belegte die Innenseiten der Deckel
mit einem ähnlichen Stoffe und zerstörte an den freien Blatt-
rändern nicht zu viel mit dem Schnitt. Die Holzdeckel
wurden ursprünglich ohne Abkantungen belassen**) später
an den obern Seitenkannten etwas ausgeschnitten oder zu-
gespitzt, der Rücken Hess die Bünde wie starke Rippen her-
vortreten, entbehrte indess einer besondern Zier und der
Etiquette, die erst im 16. Jahrhundert nicht gedruckt, son-
dern mit dem Titel beschrieben aufgeklebt wird. Den
Schmuck erhielten die Deckel : Linienwerk, belebende Figu-
ren, Blumen und andere Ziermuster; diese werden im 15.
Jahrhundert mit eigens geschnittenen Stempeln***) aufge-
drückt, später in die Decke gepresst und aufgelegt, die
Schliessenf) aus Metall, oder zugleich aus Leder, sind fast
regelmässig mit Gravirungen verziert und werden erst später
arm an Stoff nnd Behandlung. Geschätzte Bücher, wie das
bilderreiche Missale tt) der bischöflichen Kapelle zu Münster,
erhalten noch in der Spätzeit des 16. Jahrhunderts metallene
Schilde und Ecken mit einer Gravirung oder getriebener
*) Technisch-Historisches im Allgemeinen bei B. Bacher,
Kunst im Handwerk 1872 S. 114 ff. Otte setzt a. a. 0. S. 131
die Metallecken zu spät ins 16. Jahrhundert.
*•) Als Bretter. Vgl Wolters a. a. 0. 8. 230.
***) Ueber die Zierstempel Nordhoff, Kunstgesch. Bezie-
hungen S. 24, Serapcum XI, 229 t
f) Ueber die eigenthümliche Clausur und die Ausstattung
von Guido's Manipulus vgl. Nordhoff in Petzhold's Anzeiger 1873
8. 82 f. Ein Folioband der Paulina aus dem 15. Jahrhundert zeigt
auf dem Vorderdeckel unter durchsichtiger Hornplatte
den geschriebenen Titel.
tt) Becker in Kugler's Museum (1835) III, 398.
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- 189 —
Arbeit, wie sie dem Kunststile der Zeit nur zu Gebote stan-
den. Im jener Zeit entfalten sich die gepressten Decken mit
allerhand Ziermustern : lineare, vegetabile und figurale Orna-
mente , Jahreszahlen — auch Buchstaben und Insignien *),
wovon jene in der Regel die Initialen des Buchbindernamens,
diese nach einem mir vorliegenden Beispiele aus dem An-
fange des 17. Jahrhunderts den Eigenthümer bezeichnen;
denn diese Belebungsmittel der Fläche verhalten noch in
kleinem) oder grösserm Umfange bis ins folgende hinein.
Kam doch damals grade den splendidem Büchern der Prunk
des Goldschnitts mit allerhand Zierpressuren zu. Und erst
lange , nachdem der dreissigjährige Krieg den Lebensmut
geraubt, die ästhetischen Begriffe verwirrt, die Städte und die
Kunst in ihrer Bltithe geknickt hatte, erst gegen Ende des
17. Jahrhunderts hört der Buchbinder auf, Künstler zu sein,
und beginnen die Blicher, des* Bildwerks im Innern und der
Zier im Aeussern mehr und mehr entkleidet, kahl und nackt
in die Welt zu gehen. Anzeichen weiterer Austattung, und
dann in dem kahlen Stile der Zeit, werden Seltenheiten, die
Clausuren fallen, die Blattränder leiden durchden gemissbrauch-
ten Schnitt , dieser wird mit Farbe bestrichen, die Deckel
werden vernachlässigt , der Rücken dafür bedacht mit dem
gedruckten Titel. Und wie es heutzutage mit der Buch-
binderkunst bestellt ist, das zeigen die sogenannten Pracht-
deckel, die entweder die schwülstigsten Ornamente im über-
wuchernden Goldflitter oder so schwer gepresste Formen
zeigen , als wären sie aus einem Steine gehauen. Keine
Dauerhaftigkeit, keine Schönheit.
*) Lehrreiche Abbildungen von Einband und Schnitt bringt
das Organ für ehr. Kunst [1861] XI, Nr. 23 öber Lüneburger Bücher
der JJ. 1418 u. 1470; das letztere trägt Jahreszahl und Namen des
Binders. — Wie eng die Bücherzierarten mit dem Holzschnitt und
der Typographie zusammenhingen, beweist einerseits das Exemplar
eines Buches von 1470 oder 72 mit einem Schriftstempel aus dem
J. 1407 [im Verz. des Bücherlagers von Lesser zu Breslau 1873
Nr. 447], anderseits der Einband einer bei Graes se, Lit. Gesch
III, I, 123 beschriebenen, gedruckten Inschrift eines MS, wornach
schon 1442 die Buchbinder mit beweglichen Typen umgingen.
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— 190 —
Soest
sah in seinen Mauern die zweite Presse des Landes er-
stehen, würdig einer Stadt, die an Börgerstolz, Handel und
Weltverkehr blühte und der Bildung so zugänglich war,
dass schon Langen von Münster aus einen Lehrer der Hu-
manitätsstudien hierher wies (S. 61.) Die Schule, welche an-
fangs manches Unkraut zu bewältigen hatte, zählt 1523 *)
mehrere anscheinend weltliche Lehrer (scholmesters), und im
Beginne der Reformation 1531 sollte eine deutsche Volks-
schule »ein vor de jungen, ein vor de meckens« errichtet,
und an der höhern Anstalt neben dem Latein auch das
Griechische Lehrgegenstand werden , »up dat men gelerde
by uns uptrecken möge« **).
Die Presse eines Schulting, offenbar eines Mitbürgers,
ist daher schon 1 5 2 3 in voller Beschäftigung, und zwar mit,
*) 1523 gingen Schüler, „die nur Bücher tragen sollten",
mit Messern auf die Strasse, oder tragen dem Thurmhüter Bier zu
— was ihnen Verhaftungen und andere Beschwerden seitens der
Stadtobrigkeit zuzog. Dies entnehme ich einem Ms. Rademachers
Fol. 56 im Besitze des Herrn Canonicus F. L. v. Schmitz. Verfasser
ist Eberhard Ludwig laut eingeklebtem Placat M. D. et reipublicae
Susatinae im J, 1705 3/11 f 1730 und nach v. Steinen' s Quellen
s. v. ein eifriger Sammler westfälisch-Soestischer Geschichtsquellen.
Das 287 Folio-Bl. starke, schön geschriebene Ms. enthält zunächst
eine ethnographisch-statistische Beschreibung, sodann eine Chronik
von Soest und zwar sehr ausführlich für die Jahre 1414 — 1633.
Dafür sind die Rathsprotokolle ausgezogen, Urkunden, Dichtungen
und andere Quellenstücke in Abschrift oder Copie eingeflochten.
Titel und mehrere Blätter der werthvollen Schrift scheinen verloren
zu sein.
**) Cornelius a. a. 0. I, 258. Weiteres bei Jacobson,
Quell, d. Kirch-Rechts IV, ü. S. S. 11, 12.
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— 191 -
humanistischen Schriften. Es erschien das Gedicht*) des ge-
lehrten Bartholomäus Latomus mit dem Titel : Factio me-
morabilis Francisci ab Siccingen cum Trevirorum obsidione
tum exitus ejusdem etc. Apud Susatium, nobile Westphaliao
oppidum in officina Nicolai Schultingi M. D. XXIIT. 22 Blat-
ter in 4°. Dieser Druck, an dessen Ende sich von demselben
Verfasser ein Gedicht Bombarda befindet , hat ausser dem
Verdienste, der erste Soester mit der Jahreszahl zu sein, einer
Kölner Ausgabe vom nämlichen Jahre den Vorrang als erste
Ausgabe abgewonnnen , wie solches aus einer Schlussschrift
zur Genüge hervorgeht« **).
Ferner ohne Jahreszahl jedoch mit dem Namen Schul-
tings 2. Petrarca s ländliche Gedichte 32 Bl. in 4" und
3. Briefe von Hieronymus 12 Bl. in 4°, — 4. in schöner
Type (nach einem Exemplar des Alterthumsvereins zu Münster
F. 96). BEatifTimi patris Nili cpi j fcopi et martyris antiquif | fimi
8ententiae morales , e graeco in latinum verfae. | Bilibaldo pir-
cheimero Norim | bergenfi Interpraete. | Distichon ad lectorem |
Hic paucis redolet, quicquid cecinere prophetae
Et lex, et quicquid facra Sophia docet.
Fol. Ib. Bilibaldus Pircheymerus forori fuae Ciarae apud divam Cia-
ram nurenbergae Moniali Salutein dicit. Am Schlüsse : Excufum
fufatij in edibus Nicolai Schultingi Anno Domini | M. D. xxiiij,
Das Ganze erstreckt sich über 12 Quartblätter mit Signa-
turen wovon Bl. 11 die letzte, CHI, trägt. Das Wasser-
zeichen ähnelt einem Ochsenkopf. Auffallig genug verlieren
sich 1524 die typographischen Spuren***), bo dass K. Fal-
•) Tross in d. Westphalia [1824] I, 1, 9 f.
**) Von einem Soester Druck desselben Jahres in der Staats-
bibliothek zu Berlin meldet mir Herr Pastor Krafft zu Elberfeld.
•**) Gerh. Oemeken'a Soestische Kirchenordnung wurde
1632 in Lübeck bei Job. Balhorn gedruckt als Praecipua Religionis
noatrae capita, bei demselben Nie. Kragens Mindensche Kirchen-
ordoung zwei Jahre früher. Schlichthaber, Mindische Kirchen-
geschichte [1752] II, 94, 86. Hamelm. L c. p. 1099. - Des
Minoriten Gervin Haverland Daniel Susatensia oder Spottgedicht
auf die Reformation 1534 und 1539 neu herausgegeben von L. F.
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- 192 -
kenstein*) das erste Presserzeugniss überhaupt ins J. 1721
versetzt, wo hier des Rumpaeus Institutionen theol. in 4°
herauskamen.
Nach Messkatalogen oder sonstigen Hülfsmitteln werden be-
kannt an Druckern und Verlegern 1618 Johan Zeisen, 1673 Jakob
Butz, 1676 Anton Utz, 1715-1747 Joh. Georg Hermanni**) , seit
1714 Josef Wolschendorf , 1770 Joh. Heinrich u. 1793 Friedrich
Adolf Ebersbach, 178* F. W. Balick.
Lipp st adt
verdankt eine frühe Presse und die geistige Anregung dafür
theils Münster und den Fraterherren, theils der reformato-
rischen Propaganda. Von Münster aus war das Schwester-
haus gegründet (S. 119.) und später noch geleitet***) und die
Schule, scheint längst bevor sie 1542 ins Augustinerkloster
von Schmitz 1848 (Vgl. Cornelius I, 97. Seibertz, Beitr. I, 267,
395. Vorwerk im Soester Gymn.-Prgr. 1854/56 S. 4] erschien
nach der Ansicht des Herrn von Schmitz zu Rostock; Crecelius
mochte nach einer brieflichen Angabe Soest als Druckort annehmen
und kennt noch Exemplare zu Soest und Düsseldorf, eins als 4°
und eins als 8" Ausgabe.
*) Geschichte der Buchdruckerkunst 1840 im chronolog. Ver-
zeichnisse der Druckorte bis in die neuste Zeit S. 394—400.
**) Soestische Gesangbucher erschienen 1710, 1714. 3>a3
5Reu*ingeritf)tete crbauticbe »Socftiftfic ($cfßitg a $3licf), barinn bcr Sttart
unb bcr Äcrn ber geiffretcbften Coangclifdjcn lieber in befonbere Orbnung
gebracht. &*obei ein geifhcicbeS ©ebät*bucf> . . . Ausgefertigt non bem
eoeftifften Ministerio. eCXföSE. %n Vertag 3ob. ©eorg ^ermannt
1747, in gefälliger Type u. 8°. - 1770, 1789: theilweise bei
Heppe, Zur Gesch. d. evang. Kirche Rheinl. u. Wesf.'s I, 283 f.
Vgl. die ürk. des J. 1435 bei v. Steinen, W. G. IV, '994.
— 193 -
verlegt wird *), humanistischen Einflüssen zuganglich gewesen
zu sein, die später Münsterische Humanisten vertreten. Zwei
Männer jenes Klosters, Herman Koite aus Beckum und Johan
Westerman aus Münster, zugleich Schüler der Wittenberger
Universität, und seit 1523 die frühsten Boten der Reformation**)
in Wort und Schrift. Wenigstens gilt einer Schrift Wester-
man's wahrscheinlich der erste Druck.
<&\)n ä)x\ti\)U utfjleg^ge | bcr teijn gebobbe, ®e§ | gelouenS,
Un üaber | unfeä, nm Eugufti | ncr cloeftet tor | Sippe t)n bcr |
öaften | geprefet | bord) brober | 3of)an SBeftcr* | man $)octor bcr
$il | ligen fernft, 3n bem t)aer | El.SXErjiii in 4°. Titel mit
breitem Renaissanceholzschnitt eingerahmt, Blattzahlen fehlen,
die Signaturen laufen bis LH.
Schluss : £>oftt§ £>erobe§ impie,
Sljriftiim benire qutb time§
9ion arripit mortalia
qui regna bat celeftia,
(\\ Sippic. Wnno m. b. r.r,iii.
Ihm folgt : gleichfalls in 4°
<£gn fuuertyfe unbermt) | finge hm men beben | fa>t , Unbe ba |
ber procejft | on in ber | erüce | tuedfen
4 Quartblätter mit Signaturen und dem Schlüsse :
3 i
i 3
c|| ©ebrudfjt tor Sippe na 6^riftu§ gebort ©ufent | bbPunbert im
triff un tnu7gcften (sie) 3>ar. |
Beide Stücke, in Exemplaren auf der Paulina vorhanden,
sind im Titelblatt umrahmt mit einem Zierholzschnitt, worin
die klaren Renaissancemuster sich weiss vom schwarzen
Grunde abheben , und, wie sie sich dadurch den schönen
Drucken von Deventer, Wittenberg und Köln verähnlichen,
*) Daselbst IV, 991 und Hamelmann L c. p. 253, 1056.
**) Cornelius G. d. W. 1,34. Jacobson IV, 41.
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— 194 —
'•o reprasentiren sie m der bcnriit das erste rteispiel aar
reinen Fraktur für Westfalen.
Die Presse wird jedoch, anscheinend schon in der Ge-
genreformation 1526*), ausser Betrieb gesetzt und verschwin-
det, obwohl noch 1676 von dort ein Henning Yolckmar mit
-einem Selbstverlags-Artikel auf der "Messe erscheint, so weit
aus der geschichtlichen Erinnerung , dass von Steinen
erzählt : Im Jahre 1710 hat Michael Herbst hier selbst eine
(d. i. die erste) Buchdruckerei angelegt und das Privilegium
erhalten, wöchentlich zwei Zeitungen zu drucken , er starb
1720 den 16 März***); sein Name begegnet uns wieder bei
einem Verlagsgeschäfte zu Rüthen.
Ihm folgte Adolph Heinrich Meyer von Lemgo , der am
22. Juli 1720 die Officin als Eigentümer antrat „in schönen
Stand setzte und verschiedene Sachen verlegte" ; diesem Johan Bernd
Möller, noch 1756 thätig, und endlich Langet). Lippstadt gewann
*) Cornelias a. a. 0. II, 117.
**) W. G. IV, 924 f.
***) Bei ihm erschienen 1715 in 4°: Möller Heinr., Pastor
zu Benninghausen , Der gefallene doch mehr erhobene Cederbaum
d. i. Leich- und Lobpredig auf weyland Joh. Franz v. Schorlemmer
am 12. Juni 1713; ferner als Anhang zu Lobwassers Psalmenbueh
in 2 Thln das lutherische „9ku üerbefferteS &ird)en*©efangbuay' . . .
1738 genauer beschrieben bei Hoppe I, 241. Jacobson IV, U. S.
S. 313.
t) Bei ihm edirte der leutselige Pfarrer von Hoynckhausen
bei Rüthen, Melchior Ludolf Herold, in 8° theilweise auf eigene
Kosten seine herzlichen und reichhaltigen Gesangbücher. 1. Kleines
Vesperbuch zum öffentlichen Gottesdienst der Pfarrei Hoynckhausen
1802. 2. Der heilige Gesang, oder vollständiges katholisches
Gesangbuch für den öffentlichen Gottesdienst und die häusliche
Andacht 1803. A2 1807, A3 1809, A10 1830 bei H. Staats. Da-
gegen mussten, wahrscheinlich des ungewöhnlichen Notendruckes
halber, die verschiedenen Melodien ausserhalb Westfalens gedruckt
werden. Der Pfarrer Körholz , welcher auch das Paderbornische
Gesangbuch von Tillmann und das Osnabrückische vou Deutgen
umarbeitete, bet heiligte sich an der Verbesserung des Heroldschen.
Seibertz, Westf. Beitr. I, 293, 294, 363-368.
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- 195 —
seit 1784 eine bedeutende Stelle im Westfälischen Buchhandel da-
durch, dass die Buclihandlung Haude und Spener zu Berlin vom
Juli jenes Jahres ab dort eine Büchemiederlage einrichtete , um
namentlich das an Verkehr, Pressen und Bibliotheken arme
Sauerland mit den neuern Erscheinungen versorgen zu können —
ein Unternehmen, das an die zwanzig Jahre später, obgleich es von
Arnsberg aus geregelt und gefördert wurde ff), wieder einging und
seines vielleicht gedeihlicheren Gleichen fand am Comtoir für IM-
teratur zu Elberfeld.
Minden
war, bevor es eine Presse kannte, längst als bischöfliche Re-
sidenz und in gunstiger Lage eine Stadt bürgerlicher Wohl-
hübigkrit, sogar die Heimat von Humanisten und seit 1530 einer
blühenden Schule **) geworden, und daher lange Zeit auf aus-
wärtige Officinen hingewiesen***). »Von Minden findet sich ein
gedrucktes Mandat der Markgräfin Elisabeth von Brandenburg
») Genaueres im Neuen Westph. Magazin 1789 I, 322 und
hei Seibertz, Westf. Beitr. II, 477 f.
**) Sieh voiher S. 106 Harn el mann p. 295, 338 et s. v.
Minden. Vormbaum II, 743. Jacobson IV, 551.
***) In einem Briefe des Königl. Staatsarchivs zu Münster
theilt Bischof Heinrich 1497 27/9 seinem Bruder, dem Grafrn Anton
von Holstein-Schaumburg mit, wie er vor merklicher Zeit in Wülsch-
lande für die Geistlichkeit seinei Diöcese habe „Tyde Boke" mit
vielen Unkosten „prenthen" lassen , und zwar mit dem Ersuchen,
doch seinerseits für den käuflichen Verrieb derselben Etwas zu
thun. — Ein Breviarium Myndense war erschienen opera et vigilanti
cura industriosi viri Geo. Sittichs [Stuchs] de Sultzbach quam splen-
dide eiaratum 1491 in 4° cf. Gr a esse Tresor s. v. Stuchs druckte
aber seit 1484 zu Nürnberg, Panzer 1. c. V, 510.
13»
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— 196 —
von 1542 in der Bodlejanischen Bibliothek« *), doch nur als
eine ephemerische Erscheinung ; denn die nächsten Drucke, die
zum Vorschein kommen , datiren mehr als hundert Jahre
später und scheinen erst einer von der Preussischen Regie-
rung wiederbelebten Presse zu enstammen. Die nächstfolgenden
Druckartikel betreffen vorzugsweise auch Verwaltungssachen
und die Drucker führen noch lange den Titel Regierungs-
buchdrucker. 1664 sendet Joh. Ernst Heidorn 2 Artikel zur
Messe , der nächste Druck , so ich auffinde , ist : fjürftlid^c
ÜKinbifdje 9lmbt3= unb ©erid)t§orbming (Titelholzschnitt mit
den Buchstaben 6- Sflinbcn an ber Söefer. 53etj $of)anit
Srnft ^etjborn. 2)rucft§ 3of)an $ilcr. 3m 3a$re 1667. Sieben
Bl. 4° in schöner Type **).
Dr. Cruse, Mindensis, scholae Bilefeldensis prorector,
der seinen Tractatus de jure offerendi noch 1661 in 4° zu
Bremen drucken liess, edirte dann Opuscula varia historico-
politico-juridico-philologica Mindae 1668 impressa in 4°. Diese
Angaben macht Joh. Lohmeyer in einem Ehrengedicht zu
Anfang des folgenden Stückes : Jus Statutarium Reipublicae
Mindensis quatuor libris comprehensum . . . opera et studio
Jacobi And. Crusii. Mindae Typis exscripsit Johannes Pilerus.
Anno 1674***).
*) Das Jahr bei Falkenstein, u. O.Schulz, Gattenberg
oder Geschichte der Buchdruckerkunst 1840 S. 24. Das Genauere
bei Graesse, Lehrb. c. a. Literärgesch. III, I, 190. Meier,
Histor. Notizen über d. Typendruck in der Stadt Minden 1840. 4.
**) Im Staatsarchiv zu Münster MS VII, 2402. Den Druck
einer Gedächtnissrede des J. 1668 citirt Ant. Godfr.Sch lichthaber,
Mindische Kirchengeschichte III , 359 , welches seltene Buch mir
Herr Baron v. Vely-Jungken aus seiner Bibliothek zur Verfügung
gestellt hat.
***) 9?eu=root)(ücrmer;rte3 §crtK$nbrüuftige§ unb Cfyriftcrbaulicfjeä
©efang&ud), barimten mefjr banu 700 gciftretdje fo ubrattc at3 neue
Steber enifjatten , infonbcrfcit bie §ann öncrif d?c, roeldje oermittelji
einer großen 3'ffcr3al)( am föanbe orbcntlicr) bejeidmet fmb, Wcbft einem
SSoÜftänbigen SliiMdjtigem ©ebetbud), Dem aui^o auf infiänbige? 53c=
geljrcn bie @onn* unb gefttägige ©oangetien unb ©piflctn beifüget,
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197
Nachdem noch 1687 Johann Hey dorn (als Verleger ?) bekannt
geworden, folgte in der Officin Pilers, welcher noch 1683 arbeitete,
auf Grund eines 1709 für gewisse Jahre erwirkten Privilegs Johann
Detleffsen, Königl. Freu ssischer Hof- und Regierungsdrucker*),
sodann, wie ein Druck des J. 1729 zeigt, dessen Witwe, und nächst
dieser, laut einer Handschrift in einem Exemplare von Culemanns
Mind. Geschichte, der Königl. Preussische Hofbuchdrucker Johann
Augustin Enax von Hinteln, der dem Geschäfte den weitesten Um*
fang gab und 1791 noch lebt, indess 1795 der Hofbuchdrucker Joh.
Adolph Müller bekannt wird. 1732 lag ein hiesiger Artikel aus
dem Selbstverlage von G. Schlichthaber auf der Messe aus.
Dortmund
kann sich einer frühen, regsamen und fast ununterbrochenen
Presse mit vielen wichtigen Werken rühmen. Der exaete und
umsichtige Historiograph des dortigen Gymnasiums hat in
richtiger Werthschätzung der Vortheile nicht unterlassen **),
SGBirb ober mit unb ofrie benenfelben öerfauffet. 2We§ jur ßbr bc8
§öcf#en unb fdjutbigen (Erbauung be3 Stecfjften. Minden an der Weser,
@ebrud)t unb uertegt burdj Sofyann Ottern, 1683, wie die meisten
Gesangbücher dieser Zeit ein schlankes 8°.
Ein Mindener Evangelisches Gesangbuch von 17.71 enthält
T. 0. Weigels Katalog der [evang.] Bibel-Literatur . . . [1874].
I, 143 und bespricht nach Charakter und Verbreitung Heppe
s. a. 0. I, 473.
*) Culemann, Mindesche Geschichte 1747 Abth. V, 286.
Durch die Bemühungen des Preuss. Statthalters Pet. Christ, von
Osten und die Bücherschenkungen namentlich der Beamten wurde
hier im Anfange des 18. Jahrh. eine öffentliche Bibliothek gegrün-
det. Bünemann, De Bibliothecis Mindensibus antiquis ac novis.
Mindae. Sign. E sq.
•*) Döring im erwähnten Dortmunder Progr. S. 60, 109, 78.
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- 198 —
des Weiteren auf die Gründung und die ersten Leistungen
derselben einzugehen. Wahrend Falkenstein und 0. Aug.
Schulz den ersten Druck ins J. 1545 setzen, zieht Düring
mehrere ältere Zeugnissen an, wornach sie »gleich« mit dem
Gymnasium von Melchipr Soter (aus Solingen) entweder 154$
46 oder. 47, und zwar nach einer Angahe unter materieller
Unterstützung des Rectors Lambach, errichtet wäre, vermag
jedoch den Widerspruch in der Jahresangabe nicht sicher zu
lösen und als ältesten beglaubigten Druck nur Scavestes'
(Lambachs) Methodus recte legendi Hebraica . . . Tremo-
niae, 1548. 8" und als ältesten Druck mit Angabe des
Druckers (Melch. Soter) Jac. Schöppers Katechismus vom
J. 1549 und desselben Synonima ... — vom J. 1550 nach-
zuweisen. — Vielleicht das älteste Druckstück und sichere
Auskunft über den ältesten Drucker gewährt wohl folgendes
angeblich (Döring S. 61) auch 1551 zu Dortmund erschienene
Werk, wovon wieder die Paulinische Bibliothek ein Exem-
plar besitzt:
Bsalte | rivm Davidis Carmine | redditum per Eoba?
num Helsum *) , in Triuia | lium Scholarum gratiam in
partes | divisum. J Cui accesserunt Annotationes Viti Theo-.
dori | NoribergenUs, quae Commentarij | uice efse possunt 1
Pio Lectori. |
Sic etiam uili iaeuit uelatus amictu,
Dum fua Dauides ftupra flet ante Deum.
Quem nunc ire uides peregrina in uefte reemetum»
Forfitan exuuias exulis eCse putes.
Qualemcunq; uides, talem dedit anxia Mu^ae r
Hefeidos in fuperos & tacra tanta, litis.
Reftat, ut agnofeas lector bone, laeua malorum
Nil moror in clades nomina nata Cuas.
Tremoniae exeudebat Melchior Soter. | Anno M.D.XLVI. |
*) Diese hauptsächlichste Leistung des bekannten Humanisten
erfuhr in den ersten 40 Jahren nach dem Erscheinen an 40 Auf*
lagen. L. Geiger in d. Göttiug. Gelehrt. Anzeigen 1874 St. 13,
p. 395. Vgl. Strieder, Hessische Gelchrt.-Ceschichte III, 402 f.
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— i9ä —
Fol. 2a (Epistola nuncupatoria :) Illuatri et inclijto Heroi
at Domino. Di Philippo HeCsiae totius ac finitimarQ aliquot;
circa Gentium Principi &o Domino Cuo. perpetua fide colen^
diCsimo, H. Eobanua HeCsus. S. D in Hexametern,. — das
Gedicht De Fructu et utilitate lectionis pCaimorum, Elegia.
Bobani Hefei, gleichfalls in Hexametern, die prosaischen
Briefe Clarissimo viro D. Eobano Hesso, Poetae, Philippus
Melanchthon. S. D. und Vitus Theodoras Paulo Pfinzingo,
Martini filio , Patricio Noribergensi. S. D. füllen 7 unbe-
zeichnete Blätter, das Psalterium 318 bezeichnete und der
Index 2Va unbezeichnete Seiten in 8°.
Melchior Soter, bei dem auch 1548 in 8° erschienen
des Nicolaus Clenardus' Institutiones absolutissimae in lin-
guam Graecam cum aliquot dialogis Lucani, stammte jeden-
falls aus Köln und hatte dann, nachdem ein Bruder oder
der Vater Johannes zu Solingen bereits 1536*) seine Presse
eingerichtet, diesen Ort mit Dortmund vertauscht, wo ihm
das neu eingerichtete Schulwesen und das Zusammenströmen,
gelehrter und th&tiger Männer ein reicheres Arbeitsfeld ver-
heissen mochten. Wie verheissend damals die Schule und
die literarischen Strebungen waren, erhellt auch daraus, dass
schon bald offenbar nebeneinander andere Officinen, so 1552.
jene Philipp Maurer's und 1553—1565 jene des Albert Sar-
tor(ius) **), bestehen (Döring S. 60, 61, 106); und etwas später
taucht wieder eine andere auf, die sich durch die für West-
falen sehr frühe Kalenderedition auszeichnete, wie folgender
Titel***) ergibt: »Schriff Almanach na der gebordt Jesu
*) Vgl. Panzer XI, 304.
**) Ihr gehören vielleicht auch : nach dem Auctionskatalög'
der Niesertschen Bibliothek Nr. 305G , Herrn. Osnaburg, De sacer-
dötum conjugio 1552 Trcmoniae; G. Ornitander, Protrepticon de
lfberal. artium studiis colendis. Trera. 1561 beide in 8° — eine
solche Rarität, dass Harne Im an n 1. c, p. 843 wohl ihren Verfasser
Vogelmann als Professor zu Bielefeld, nicht aber das Buch erwähnt:
Bibl. Buenemanni Nro. 2949.
***) Bei F. J. Pieler a. a. 0. S. 30. Beckmann fuhrt'
a. a. O. I, 110 ff. IV, 142 ff. von alten Kalendern , die mit aller-
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- 200 —
Christi M. D. LXXV. dorch Joan Wüekinghoffs Dortmund,
Bij Arnt Westhoff«»). 1570 besitzt hier jedenfalls allein
und zuerst in Westfalen Reinert eine Presse für Kupfer-
platten-Druck, die dem Thurneijsser sehr gelegen kam, als
ihn die Münsterischen Pressen damit im Stiche Hessen**).
Der Büchermarkt wird seit 1572 beschickt; an Verlegern
und Druckern begegnen uns seitdem 1601 Henning Hundt, seit
1609 Jos. (und ? Joh) WesÜwff, 1613 Conr. Biermann und Joh.
Westhoff, 1624 Georg Heusmann, 1623 u. 43 Andr. (W echter) Vi-
gilius, 1652 Gerh. Starmann (Händler), 1652 Ant Bühl, 1681 und
1700 Joh. Fried. Bühl, 1705 Witwe Bühl und- Thomas Ziese als
Buchbinder {-Händler), 1721 Joh. Georg Herrmann, 1741 Gottr
hand astrologischen Beiwerk versehen wurden, die ältesten gedruck-
ten vom J. 1512, sicher von 1518, Graesse a. a. 0. II, II, 842
einen deutschen von 1490 an. Seit 1583 erschien [von Win. v
Lerbach] der Dortmunder Kalender laufend und daneben seit dem
17. Jahrh. ein astrol. Jahrbüchlein [1623 in 16°). Mittheilung des
Herrn O-B. Dr. Becker.
*) Letzterer publicirte mit Albert Sartoi noch 1585 ein luthe-
risches Gesangbuch in niederdeutscher Sprache 10° [beschrieben von
Crecelius in d. Zeitsch. des Berg. Geschichtsvereins V, 259] und
auch die Lieder in Wilckens Kirchenordnung der Gemeinde Neuen-
rade, welche 15C1 zu Dortmund bei Albert Sartor erschien und von
Crecelius a. a. 0. II, 62, 56 genauer behandelt wird, waren
wahrscheinlich nicht in hochdeutscher Sprache verfasst. So vermutet
Scheller, Bücherkunde 1826 Nr. 1034 und namentlich Döring
S. 105, nach dessen brieflicher Mittheilung sich in der Bibliothek
zu Dortmund an dortigen Gesangbüchern noch mehrere aus dem
17. und 18. Jahrhunderte vorfinden. Heppe beschreibt a. a. 0.
I, 284 genauer die Lutherischen Gesangbücher von 1755 [gedruckt
hei G. D. Bädeker) und von 1778 [redigirt von den Predigern Adam
Leis und Caspar Vogt] . . . gedruckt bei F. G. H. Bädeker.
**) C, Becker in der Zeitschrift I, 246, £47. Vgl. vor-
her S. 150. — Von Dortmund verzog 1801 nach Arnheim als junger
Kaufmann Friedrich Arnold Brockhaus, um bald darauf in Am-
sterdam und Aurich , seit 1811 zu Altenburg und zumal seit 1817
in Leipzig das Gebäude eines Weltbucbhandels aufzuführen. F. A.
Brockhaus. Sein Leben u. Wirken I, 1872. Seine Real-Encyclopädie
A" III, 727 ff.
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— 201 -
tchaUc Biederich Bädeker (Verleger), 1760 Joh. Christ Böttiger,
1778 F. G. H. Bädeker, 1797 H. Blothc, 1796 Gebr. Mallincrodt;
1799 besteht zu Dortmund und Essen ein vereintes Geschäft.
Lemgo
eine frühe Heimat humanistischer Studien und Gelehrten*^
der Tummelplatz reformatorischer Regsamkeit, sah nach Fal*
kenstein 1563 das erste Product einer eigenen Presse, die eine
so glänzende Zukunft und ein solches Wirkungsfeld haben
sollte, wie keine andere Westfalens. Sie ist auch älter und
jedenfalls 1560 schon im Betriebe. Nach den dankenswerthen
nachstehend reichlich ausgebeuteten Mittheilungen des Geh.
Justiz-Rath 1 s Preuss zu Detmold zieren die Lippische Landes-
bibliothek Drucke höheren Alters :
1560**) Bernh. Copius, Partitiones dialecticae ex Pia-
tone et Aristotele. Lemgoviae 1560 per Joh. Schuchenum.
— Erasmus Roterodamus, De civilitate morum puerilium li-
bellus, 1561 ap. eund. — Bernh. Copius, Partitiones dialec-
ticae. Ed. secunda, 1563 ap. eund. — alle drei in 8°. —
1563—65 erschienen mehrere Tractate Hamelmann's gedruckt
bei Franz Grothen***), der indess 1571 nicht mehr am Leben
war, 1571, Sippijdje #ird)cnorbnung. ©ebrutft fiemgo burd)
^Bartholomäus © $ lobt unb ?(kmlu§ 6$mibt in 4°.
Schlodt veröffentlichte 1578 des M. Herrn, a Kerssen-
brock , Catalogus Episcoporum Paderbornens ium ... in 8°
mit Wappen. 1580 eine der S. 70 genannten Schriften
Hamelmann's, doch wohl kaum mehr die andern des J. 1587,
da sein spätester Druck nämlich J. Schwiring, Carmen de
passione Domini nostri Jesu Christi 1581 in 4° herauskam.
•) Vgl. vorher S. 99 Haroelmann L c. p. 243 ff., 1079-81.
**) Es erschien auch die von W aaser bach unter Nr. XXU,
der Theologica erwähnte Schrift Hamelmann's De quadragesima
scriptum oppositum Gerhardo Rodekenio. Lemgoviae 1560, ob
gedruckt?
**•) Vgl. Hamelmann L c. p. 239.
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— 202 —
Das litterarische Bedürfnis führte indess , wenigstes»'
seit 1578 zu einer zweiten Presse, die Conrad G rot hen, viel-
leicht ein Anverwandter Franzens und jenes Alexander Grothen,
aus dessem Nachlasse*) die Erben eine Bibliothek auf-
führten, errichtete. Zu seinen Werken zählen : Herrn. Neu-
wald, Auspicium nuptiar. domini Simonis comitis de Lippia
et dominae Ermgardae, conritissae de Eethberg. Lemgoviae
1578 genuinis Conr. Grotheni typis expressum mit einem
Holzschnitt in 4 g . $>rei ßeidjennrebigten gehalten bei ben Seiden •
bei (Sbefn £emt unb ©rufen $&ilipj) jur 2ippt . . . unb bet
grau Urfnlo geb. D. ©piegelberg, $bele grau jur fitöpe :c. :e. burdj
$bam SSemgeliu^, £ofprebiger §u Spnrmont 1583. — Rudi-
menta | Theologiae Christianae | Hoc est 1 Catecbesis D. Da—
vidis Chytrai methodice contracta studio Henrici Frobosii
scholae Hervordianae prorectoris. Preces ad Deum ....
Lemgoviae Apud Conradum Grothenum 1584 in 8 1 '.
1584 verheirathete er sich mit Anna Cothman und scheint
1591 schon verstorben zu sein, weil es zu dem Drucke Erasmus
Boterodamus, De institutione prindpis Christiani Lemgoviae 1591
hei s st : Apud haeredes Conrad i GroÜieni. 1C04 besitzt die Presse^
Joachim Koch, 1650 bis etwa 1666 Heinrich mit Albert Meyer **). Wie
vorsichtig die Familie Meyer das Geschäft in die Hand nahm, ersieht
man daraus, dass 1667 ein Selbstverlagsartikel eines Heinrich Luth-.
mann auf der Messe erschienen war ; dagegen ist der Verlag. eines.
Heinr. Spielmeyer nurmehr 1680 mit einem Messartikel hervorgetreten.
1676 erhielt Albert Meyer das frühste überhaupt ertheilte landes-
herrliche Privileg , sein Sohn Heinrich Wilhelm, welcher noch bei
Lebzeiten des Vaters die Presse übernahm, wurde 1710 zum gräf-
lichen Hofbuchdrucker ernannt und starb 1722. Ein Familienglied-
Adolf Heinrich, wahrscheinlich sein Sohn, übernimmt 1720 die Presse
zu Lippstadt (S. 194.) ; zu Lemgo führt dieselbe zunächst mit seiner
Mutter weiter Joh. Heinrich, dann dessen Witwe 1754 bis 1756, obwol
das Geschäft 1755 durch die Heirath ihrer ältesten Tochter auf
*) Vgl. Hamelmann L c. p. 1081.
**) „Die Angabe im 0. A. Schulzschen Adressbuche für Deutsch-
land vom J. 1873, dass die Firma Meyer schon im J: 1610 privile-
girt sei oder damals überhaupt schon bestanden habe, ist entschie-
den irrig".
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- 203 —
den Rath und Rector des Lemgoer Gymnasiums, Christian Friedrich
Heining, übergegangen war, dasseit 57 als „Meyersche Buchhandlung"
auftritt. Und wenn dasselbe im 17. Jahrhundert gegen die über- ,
mächtige Concurrenz Rinteln^ zurückgetreten war, so erhebt es sich
nun zu einem Flor , dass es neben dar gelehrten und gehaltvollen
Literatur Westfalens auch jene der angrenzenden Länder beherrscht,
um der Cultur und Bildung des engern und weitern Vaterlandes die
rühmlichsten Dienste zu leisten, und von allen Officinen Westfalens
meistens allein den Messverkehr, und zwar einen sehr ausgiebigen,
zu unterhalten. Von einem Naclikommen Heining' s wurde die Pr«m
1842 nach Detmold verlegt , wo sie 1871 in den Besitz Wilhelm
Klingenberg's überging,*).
- — —
*) An Lemgoer Gesangbüchern seien genannt:
— 3)ie W alter mit tan @ummaricn Dr. üDtort. Sutf). Semgo 1587. 8°
— 3">Ölf <2d)öne djriftlidje $efcnge aus ben ^falmeu SDauibst unnb
anberen grünten ©öttlidjer Sdjrifft aufammengebradjt . . . (Bebrudt 311
Semgo Öen, Sonrab ©rotten. MDLX XXVII in kl. 8°. Die Vorrede
ist gerichtet an die Choralcs-Jungfcrn des Stifts Lilientall und
unterschrieben [15]8G von Albertus Lomeier. [Weiteres bei Ph.
Wackernagel, Bibliographie zur Geschichte des deutschen Kir-
chenliedes im XVI. Jahrhundert. 1855. S. 416.
— Nach den Mustern des in Höh geschnittenen Titelrahmens
[S. 46.] zu schlössen, wären auch um 1580 bei Schlodt erschienen :
Sitte | ©ontageS | unb fteft Suangelia | buvd)3 gange ftar , (Scfaiigroeijj
gefafjet burd) 2Ji. Cujriacum £pangcnberg. v'lud) ein $)erid)t, auff n>a$
ÜTt)on unb SDictobcu, ein jcbcy mag gelungen werben, s. 1. & a. in kl. 8
ohne Blattzahlen jedoch mit Signaturen [wovon R5 die letzte] und,
vielen in den Text gedruckten schönen Holzschnitten ; am End«,
©ebrutft 511 ftürmberg burd) 9ticolaum Änorn.
— 1589 erschienen zu Lemgo , herausgegeben vom Prediger
Binck oder Binch die „25 geistvolle Andachts-Lieder der Anna von
Quernheim, Decanissin des Stifts auf dem Berge zu Herford in platt-
deutscher Sprache. [Hagedorn] Entwurf vom Zustande der Religion
bei der Reformation in Absicht der Grafschaft Ravensberg und . . .
Herford. Bielefeld [1748] II, 179.
— (5()rif*«l£-üangcli[d) auSerlefcnen unb üottßänbigeS @cfaitQ>$U(f).
ÄBorin 1076 ber beften unb geiftrcidjften ©efäuge £>erru Dr. Martini
Lutheri unb anberer . . . Äu$ allen in Ober* unb 9^ieber»<Sad)fen ge*
fcräudjlidjen Gtefangbüdjcrn. 2Hit fonberbatjrem ftleife won neuem uer-
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— 204 —
Steinfurt
erscheint bei Falkenstein erst znm J. 1604 im Besitze einer
Presse, allein Dnickartikel dieses freundlichen Residenz-
stadtchens mit einer regsamen Bürgerschaft sind 'schon zum
Jahre 1593 auf der Messe vertreten und seit 1600 in nicht
unbedeutender Anzahl — die letzteren als Arbeiten von
Theophil Cäsar (Kayser), und 1601 auch ein Druckstück eines
mehret unb berbeffert. Sludj mit 9tnmcifung bcfannter 2Mobenen ju=
fammcn gebracht: SNebfl einem erbautid)« unb geifkeid)en ©ebät^üdjlein,
bejtefjenb in SHorgen* unb 2lbenb= Söufj* $3cid)t« Sommunion* unb an=
bern ©ebäten Don J. B. H. v. d. m. LEMGO, ©ei Heinrich Wilhelm
Meyers fei. Sititoe unb Johann Heinrich Meier. 1740 in 8°. Im
Titel wechseln rothe und schwarze Schrift.
— 2)ie $fatmen DambS jum rfjrifitic^cn ©efang in Neimen gebraut
»on Slmbrof. Sobroaffer [mit ben 9Mobien] fammt ben gebräucfytictien
alten unb neuen &irdjengefüugen oerfduebener ©ottgclefyrter OTnner,
n?eld)en §rn. Joachimi Neandri geiftreicfje S8unbc§=2ieber unb 2)anl-
^falmen mit beifüget . . . 1722, 84, 87 in 8° . . . Semgo, 2Keoer.
[Ueber Lobwasser und seine Uebersetzungen vgl. Crecelius in der
Zeit3ch. des Bergischen Geschichtsrereins V, 270 f.]
— Weuejte Äirdjcnlieber au§ ben beflen ©intern juni ©ebraudje bet
öffentlichen unb Ijäuöltcben 2lnbad)t. üemgo 1773. [Nach der Vorrede
des General-Superintendenten Ferd. Stosch zur Ergänzung des alten
Gesangbuchs gesammelt von einem erfahrenen Schulmanne].
— „Beide, Sammlungen von 1722 und 73 wurden dann im
J. 1799 vom General -Superintendenten Ldw. Friedr. Aug. v. Cölln
zu einem Gesangbuche vereinigt und dieses im J. 1828 vom Gene-
ral-Superintendenten Ferd. Weerth in das noch jetzt geltende Ge-
sangbuch umgearbeitet, das noch immer durch das neue . . . von
1862 nicht hat verdrängt werden können".
— 205 -
Joh. Saur; daher es den Anschein hat, als wäre die Presse
kurz nach der Stiftung des Gymnasium Arnoldinum 1588*)
eingerichtet worden. Namentlich verzeichnet Niesert zwei
gegen den M linste rischen Theologen Bern. Dörhoff gerichtete
Controverschriften des Steinfurter Professor's Dr. th. Conr.
Vorstius »Getrückt zu Steinfurt durch Theoph. Kayser . . .
1607« mit klarer Type in 8°.
In 4° erschien $olijei Orbnung be§ ©rafcn SOßtfljelm
£einrid) mm 93entf)eim=Steinfurt . . . ©ebrucft bur$ Theophilum
Caesarem 1622**).
Im Jahre 1662 besteht hier die Officin Corn. Wellenberges,
1700 die Calcographia Arnoldina , apttd Hermannum Rüskamp,
1712 die Officin apud Conradum Cunradi IB. Arn. Typ. 1729 —
1741 eitie apud Joh. Gerlacum Wellenberg, Cornelii nepotem, Illustris
Arnoldini Typographum***). 1791 apud J. H. Peck. — Da
Steinfurt aus den Messkatalogen verschwindet, so dürfte die spätere
Presse mehr und mehr der Verwaltung und dem lokalen Literatur-
bedürfniss gedient haben. 1805 nennt sich Aug. Fried. Denhard
akademischer Buchdrucker und Buchbinder.
*) Suffria n in Eeinh. Vormbaum's Evangel. Schulord-
nungen I, 646.
**) Jedenfalls derselben Officin entstammt Johan v. Münster
zu Vortlage : Adelicher Discurs von der Wiedergeburt und Reforma-
tion der Kirche u. s. w. Steinfurt 1613 in 4°. Verzeichnis e. bed.
Samml. Nr. 370.
***) Vgl. Katalog der Bücher .... des Alterthurasvereins
F 20a— e E 96. — Einige Angaben von Herrn Denhard.
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Siegen
dem Mittelpunkte eines -rührigen, schön verwalteten Länd-
eben b, erstand wahrscheinlich gleich mit der 1594 von Hes-
born zeitweise hierher verlegten Hochschule, nach Falkensteiii
1596, eine Presse*). Aus diesem Jahre kennt auch Cuno **) eine
Schrift Zepper'8 »von der christlichen Disciplm und Kirchen-
oucht« und ebenso der Messkatalog mehrere Druckartikel eine«
Christoph Rabe (Corvinus). Rabe hatte die seit 1586 gehandhabte
Presse zu Herborn einem Mathias Harnisch überlassen, um
sie seit 1598, anscheinend nach des letztern Abgang, wieder
zu übernehmen ; und dort neben der 1599 zuruckver legten
Universität kann sie fortab eine Thätigkeit entfalten, dass
die Siegener lahm gelegt erscheint und nqph zu Ende des 17.
Jahrhunderts Druckschriften von Siegen zwar hier vön einem
Buchbinder verlegt, aber zu Herborn gedruckt wurden ***)•
Im Beginne dieses Jahrhunderts bestand hier eine „Berg-
männische Buchdruckerei und Buchhandlung" ; die jetzige Vorländer-
sehe Presse soll von dem französischen Gouvernement eingerichtet
seinf).
Paderborn
rückt erst verhältnissmässig spät in die Reihe, und liefert dafür
gleich Vieles — beides unzweifelhaft unter der absichtlichen
Anregung des Bischofs Theodor von Eürstenberg ; nähere
Veranlassung gaben ihm jedenfalls die neue Ausstattung der
Schulen und des Gymnasiums , das 1585 ganz den Jesuiten
übergeben wurde ff) , und sein Streben, auch mit geeigneten
*) VgL J. H. Steubing, Gesch. d. hohen Schule Herborn
1823 S. 19, 129, 132, 134, 183 f, 240 ff.
**) Cuno, Geschichte der Stadt Siegen 1872 S. 35.
***) Ein Beispiel des J. 1679 bei Cuno a. a. 0. S. 177.
t) Mittheilung des Herrn Rechnungsrath Manger.
ff) Annales Paderborn. 1H, 517. Jacobson a. a. 0.* IV.
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Schriften und Kirchenbüchern die reformatorischen Ansätze
des Sprengels an beseitigen. Wann*) die Presse errichtet
wurde, darüber haben Bibliographen und Geschichtschreiber
seither nur Zweifelhaftes anzugeben vermocht. Während
Beesen**) nur eines dem Buchdrucker Brückner gewährten
Privilegs vom J. 1608 Erwähnung ihut , wies Ternaux-Com-
pans zunächst als Primicialdruck nach die : Cantiques alle-
mands par Scblohbruch. Paderborn. M. Pontan 1600 in 12°,
sodann Reichard ***) des . . . Leon. Rubeni . . . abbatis . .
Abdinckhoviensis . . , Liber de falsis prophetis et lupis ra-
pacibus. Padibornae. Ex typis et officina Matthaei Pontani.
Anno D. DC kl. 8° S. A— Gg8 als noch älter auf, weil
letzteres Bl. 2a die Bewilligung zur Drucklegung, 2b das
Wappen des Bischofs mit dem an diesen gerichteten Dedica-
tionsschreiben enthielte und dieses (Bl. 13a) mit dem Datum
Kalendis Januarii anno 1600 schlösse ; denn es Hesse sich mit
Grund und Recht vermuten, dass das Werk propediem unter
die Presse gebracht sei. Aelter und vielleicht die ältesten,
weil der katholischen Restauration dienlich , erscheinen fol-
gende Drucke des J. 1597, denen auch 1598 der Messver-
kauf folgte.
Des Rupertus Werlensis „$oftill" ^ 8°t) 1597.
Meine | Catechismus | $>at i§ | £ i n $ o r t (led)t $eri$t
GaQo | lijd&er fcfjriftlifer äe^r. | ©o einem übeten t&o gelouen unb
•) Wenn auf die Angabe Hamelmann's Opera p. 228,
1342 Seibertz Westf. Beitrage II, 85, 353 von Gerhard Rötikera
Schriften zwei a, De ceremoniis ecclesiae Paderb. 1561 ; b, Senten-
tiae ex optimis autoribus gedruckt zu Paderborn, zum Gebrauche
seiner Schule anführt, so ist hier nur an Handschriften zu denken;
Hamehnann spricht nicht vom Drucke, Seibertz nicht vom Formate,
Bötiken Hess noch anderswo drucken: das beweist seine Synodica
oratio, Coloniae, typis Godenau. 1561.
**) a. a. O. II, 139.
**•) Serapeum [1854] XV, 203.
f) Schon von Drive r 1. c. p. 120 und Seibertz a. a. 0.
II, 91 notirt.
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t^o toetten, tf)o bocn unb tf>o loten, tfyo fijner ©cclcn einigen ljet)l
nuttlicf unb nobttoenbig i§ | 5)ord) | Job an nein ä Detten
bc§ otben $>of)m§ tf)o fünfter (Sanontdj. ©ebrutft tljo ^ßabcrborn,
bn 2Rattf)eo 93rüdtncr. | Die Kehrseite des Titelblattes mit
dem Holzschnitt der Kreuzigung und darunter die Stelle :
2. Epist. Sanct. Joan. L Cap., ebenso Bl. 10a mit einem
kleinen Holzschnitt der Verkündigung. 30 Blätter mit Sig-
naturen in 12°.
Allerdings kamen mit dem Jahre 1600*), immer mehr
und mehr theils des Inhaltes, theils der Zeit wegen denk-
würdige Producte heraus, so 1602 Agenda ecclesiae Pader-
•J Hier seien erwähnt mehrere Schriften von Melch. Stahl-
schmidt, Seibertz VV. Beitr. II, 155, 359 und vonDript; sodann
Söafjrfaffttije Öetefyrung | 93om | Sutberifcfyen | gum (Satt>olifcf?cn
©laube, | bcö Üiborti ffiidjarbtä angctoefenen | ©ürgermeifterS ju <ßaber*
born, gcfd)ef)en | . . . ben 30. 2fpri( | umb 1 U(jr nadnniitag Slllen gut-«
Ijer^igen bürgern bafclbft unb (Stiffvgenoffeu burd) eine£ ^öiirgeiä ©of)n,
ber Dom anfatig bijj jum cnb tiefem G()rifilid)cn SBevf bengemonnt %u
gefallen befördert. SJiit angelangtem GuburtljcU aufj f^ürflt. ^aberbortt^
Sandtet) mitgctfjertt. S. Ambrosius sermo 89. Civitati nonnisi propter
peccata civium infertur detrimentum. Definite peccata & civitas
bene habebit. GJebrutft ju *J3aberborn btX) Matthen Pontano. anno
1604. 28 Blätter in 12°, bloss mit Signaturen.
Eine beredte doch mehr theologische als historische Ant-
wort gab :
©dmlfüljrung unb Sßibcrlegung befe ©torfmeifterif djen ©e-
fpredjS lueldjcä ein 3 c f w ^ cr 8 U ^aberborn in offenem 2rucf mit bem
©ürgermeifter bafclbft £>erru Siborio SBidjarb feiigen in feiner SSerftrirfung
gehalten ju [jaben fidj beriUjmct. 2Men 2iebl;abern ber Guangelifdjert
Söa^rbeit ju grünblidjem ©egenbcridjt oerfaffet unb jufammengetragen
burd) $o!)aiinem ©dnuarfc Wienern am ©ort ©otteä 31t ©. ÜfyomaS in
<Soeft. 2>iit einer SSorrebe D. Philippi Nicolai, ©ebrutft un uertegt
ju Hamburg burd) ^Inlippum oon £§r. 1607. 41. 8. Vgl. Ko sen-
kranz in der Zeitschrift II, 139 ff.
— 209 —
bomensis ex jussu Theodori *) episcopi evnlgata in kl. Fol.
1609. die alten grffrfif» I SetQUc^e Äircfcn | gcjäng . . . ;
anderseits Livü Liber XXXIII. e Bambergensi codice m. s.
in quo a quodam de soc. Jesu primum integer repertus ao
curate editus , Anno 1617 Paderbornae ex officina et typis
Mathaei Pontani **) in 8°. — Der Drucker , welcher seinen
Kamen seit 1600 mehrfach latinisirt, tritt 1602 auch durch
einige Artikel auf der Messe in Geschäftsgemeinschaft mit
dem Kölner Quentel und druckt 1608 sogar für Münster,
obwol hier Rasfeldt durch seine Beziehungen (S. 152.) noch
bis 1603 für Köln gearbeitet hatte; und wie sehr Brückner
(Pontanus) mit seinen Leistungen die Gunst des Bischofs
und seiner Eathgeber gewonnen hatte, erhellt aus dem Pri-
vileg von 1608 1/8, wornach er, nachdem er sich zu Paderborn
ein Haus gekauft und die Druckerei fortzusetzen beschlossen
hatte, in der Stadt***) und im ganzen Stift keinen Concur-
*) Sie ist nach Seibertz Beitr. II, 177, vom Bischöfe selbst
Terfasst, und stiess bei den Protestanten, namentlich bei den Städten
und der Ritterschaft , sogar bei einigen Pfarrern auf einen Wider-
stand, dass ihm strafende Confiscationen und andere Weiterungen
folgten. Bosenkranz in d. Zeitschr. II, 137. Strunck, Annal.
Paderborn. III, 625. Jacobson a. a. O. IV, 521. — Die Agende
von 1687, wiederholt 1753, ist ganz dem Römischen Ritual gemäss
abgefasst. Zum J. 1688 erschien ein fürstbisch. Mandat : ne biblio-
polae libros imprimant . . . nisi prius a vicario nostro approbatos
Jacobson IV, 528.
**) Arnsb. R. B. Diese Schrift war schon 1616 zu Rom, Ve-
nedig und Paris erschienen, die Paderborner Ausgabe Cum notis
von 1617 „scheint im höchsten Grade selten zu sein; der Heraus-
geber war der [uns bekannte S. 63] Jesuit Horrion, der sich jedoch
nicht genannt hat. Seine Noten sind von Gronov in. s. Ausgabe
aufgenommen*. Schweiger, Handbuch der classischen Bibliographie
II. I, 542. Preller in Pauli's Realencyclopädie IV, 1127.
***) Privileg sowie mehrere Nachrichten über das Aeussere
der Pressen zu Paderborn und Neuhaus verdanke ich den Abschrif-
ten , welche mir darüber der Herr Dr. C. Mertens aus dem Liber
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renten haben solle, ohne Jemandes Einrede einen Bueh-
bindergesellen halten dürfe, und für sich und seine Nach-
folger im Geschäfte besondere Vergünstigungen *) seitens der
8tadt zugesichert erhält.
Trotz dieser Privilegien erlitt doch die Officin schwere
Schläge : Iste Mathaeus Pontanus, catholicae religionis cultor,
multos utiles libros typis vulgavit tempore consecuto usque
ad annum 1622 , quo Paderbornam invasit Christianus dux
Brunswicensis, qui, defuncto Mathaeo Pontano . . . constituit
Bartholomaeum Ruffaeum, pedellum Academicum ; und Braun-
schweig ertheilte ihm 1622 20/4 noch das schriftliche Privi-
leg, dass er, von der Einquartirung verschont bleiben solle,
»da diese (seine) Kunst genaue Aufführung erfordert und
keine Turbation leiden kann«. — 1646 12/3, als Bischof
Ferdinand den allgemeinen Gebrauch eines neuen Gesang-
buches **) empfiehlt, lernen wir als neuen Drucker kennen
variorum VIII, Ms. der Theodorianischen Bibliothek zu Paderborn,
freundlichst genommen hat. Vgl. Evelt in der Zeitschrift 22, 328.
•) Angeführt bei B essen a. a. 0. II, 139.
**) Vielleicht ist dies nicht mehr erhalten. An Pader-
borner Gesangbüchern erschienen ausser dem S. 201 erwähnten von
Schlohbruch :
— Paderborner Gesangbuch von 1565 [?]. Meister I, 47.
— Alte Catholische Geistliche Kirchengesäng Paderborn 1609
in 12°. [S. -209] Bollens, Der deutsche Choralgesang 1851 S. 93.
Meister S. 44. Nordhoff, in Pfeiffer - Bartsch' Germania
XVIII, 301.
— Alte Catholische Geistliche Kirchengesänge . . . Paderborn
1616. Hoff mann, Kirchenlied S. VIII. Bollens S. 93.
— Paderborner Gesangbuch von 1628, 1665. [Bollens a. a. 0.
8. 93. Meister I, 45]. — von 1671 [Bollens S. 93. Meister
I, 47.] — von 1699 [Meister I, 48] - 1725 — 1767 — im
Ganzen „mindestens 50" Auflagen [Bollens S. 93].
— Christkatholisches Gesangbuch, Paderborn bei Schirmer s. a.
— - Katholischer Gesang nach den alten und neuen Melodien mit
einem Gebetbuche von Jos. Tillmann, Paderborn bei Junffermann
1796 in 8 Ü . A* 1799 , A 8 1802. [Der Verfasser, geb. 1753 zu
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Johan Huber, und später 1656 dessen Witwe und deren
Sohn David.
Sodann, 1659, bestimmte ein Hoheitsstreit*) mit dem
Jesuiten Moriz von Büren um dessen gleichnamige Herrschaft
den Bischof Theodor von der Reck , der Witwe Huber
um seine Sache öffentlich zu vertreten, die nöthigen Druck-
materialien zu nehmen und für deren Gesellen Johan Todt
»typogr. aulicus« eine (zweite) Presse unter seinen Augen
auf dem Residenzschlosse
einzurichten. Damit war Paderborn das Monopol entwunden.
Aegerrime tulit hanc novae typographiae institutionem vidua
Huberiana . . . Quod litigium valde auctum fuit, cum filia
Huberiana, promisso, uti asserebat, a Johanne Todt matri-
monio, est frustrata anno 1662, quo ipse aliam Nihusii duxit.
Die neue Presse bewährte sich so gut, dass jener Joh. Georg
Todt, welcher 1680 den ersten Druck zu Coesfeld im Mün-
sterischen veranstaltete, wohl kein anderer, als ein Bruder
oder Verwandter ihres Besitzers war, und zu Neuhaus treten
bald neben ascetischen Stücken ansehnliche Werke wie die
Vita Meinwerci ed. Overham 1681 und namentlich die histo-
rischen Arbeiten Schatens ans Licht, besonders seitdem
Christoph Nagel, welcher nach dem Titel seiner Ausgaben
der Schatenschen Annalen aus Jesnitz im Anhalt-Dessauischen
gekommen war, als typographus aulicus das Geschäft über-
Füretenberg bei Paderborn, war Pfarrer in Erkelen, nach 1810 in
Brakel. Vgl. Hamberger-Meusel, Da« gelehrte Teutschland
XXI , 83. Dies und das Münsterische von Verspoell A* 1810 scheint
Bollens S. 105 als Proben des namentlich durch französ. Emi-
granten verweichlichten Kirchengesangs hinzustellen. Mehrere dieser
Angaben machte Herr Dr. C. Mertens und durch ihn Herr Pfarrer
Kleinschmidt zu Warburg, mit dem Pfarrern Wacker zu Wünnen-
berg der anonyme Herausgeber des neuesten Gesangbuches : Sursum
Corda 1874 bei Junffermann kl. 8".
*) Den sonderbaren Aulass erzählt genauer Bessen a. a. 0.
H, 221, 222.
Neuhaus
14*
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nommen hatte und von 1693 ab auch wiederholt Artikel zur
Messe beförderte. Es wird derselbe sein, welcher seit 1699
zu Warendorf und bald darauf zu Münster seine Presse auf-
schlug (S. 158) , nachdem er zu Neuhaus 1698 sein Ver-
mögen verloren hatte*).
Die Todts, von weichen Johan Georg vielleicht nur ein Jahr
tu Coesfeld thätig war, müssen ihr Geschäft zugleich nach Pader-
born verzweigt haben, denn von hier beschickt 1674 ein Johan die
Messe, 1709 wird hier ein Johan Theodor bekannt, dagegen nennt
Strunck's Westphalia Sancta .als Druckort Neuhusii. Typis
dt impensis Joannis Theod. Todt, Clmi. Princ. P aderb. ac. MonasL
Typ. Aul. Ao. 1715 und erscheint desselben Epitome historica**)
de vita, reliquis . . . 8. Liborii . . . Paderbornae typis Joan. Theod.
. . . Todt . . . Elector. Colon. Aul. Typogr. 1736 in 8°.
Von Paderborner Druckern und Buchhändlern begegnen
uns sonst : 1669 Joh. Hess ***) der erste Verleger der Monumenta
Paderbornensia, 1682 wieder Huber, 1707—1729 Joachim Friedrich
Buchf), 1707 Nie. Dähmer zeitweise mit Buch assoeürt, (1736
Todt) 1741 u. 45 Ferdinand Joseph Schirmer mit dem Buchbinder
(Verleger) Heinrich Hildebrandt, 1742 Jos. Buch, 1755—1770 H.
L. Wütneven, anfangs mit Schirmers Witwe assoeiirt, seit 1762
*) Cf. Vogt, Catalogus libror. rarorum p. 609.
♦*) C. Mertens, Der h. Liborius, Paderborn 1873 S. 309.
***) Herr Archiv -Sekretär Dr. Sauer theilt mir folgende
vielleicht auf eine andere Druckerfamilie deutende Nachricht von
1678 26/11 mit : Fürstbischof Ferdinand II. genehmigt, dass
des verstorbenen [Münsterischen] Buchdruckers Raessfeld Sohn
[S. 153.] die Privilegien erhalte , dass während seiner Minderjäh-
rigkeit Geschäftsführer sei „ein ander qualificirter Catholischer Sub-
stitut, als oxempli gratiä Friedrich Meyer, so bey W. Elzivier ar-
beithet, von Paderborn bürttig unnd in dieser kunst woll erfahren".
f) Musices Choralis Medulla, sive Cantus Gregoriani Funda-
mentalis Traditio, üna cum tonis communibus hymnis, antiphonis
lectione mensali &c Ad usuro fratrum minorum strictioris obser-
vantiae provinciae s. crucis, . . . Paderbornae, Typis Joachimi Fri-
derici Buch. Anno 1714. Daran schliesst sich mit besonderer Pagi-
nirung: Processionale ad normam missalis ac ritualis auetoritate
apostolica reformatum concinnatum in usuni F. F. Minorum stri-
ctioris observantiae, 12°.
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Junffermann. Von Nie. SchaUn (?) erscheint 1743 auf der Messe
Warburg
reiht sich nun mit einem*) Artikel ein, ist auch nicht auf
dem BUchermark vertreten, sei es, dass das für Paderborn
kurz vorher ertheilte Privileg oder erst der dreißigjährige
Krieg der hiesigen Presse Einhalt gethan hat Es ist:
Cursus Kleselianus. fllöfelä flunftboifcn . . . ©ebrutft au Bar*
Jwtg. burd) 3. 33eriman, 1619, 4°. 19 Bl. (Dialog) ♦♦).
*♦) Genannt bei Wendelin von Maitzahn, Deutscher Bücher-
schatz des sechszehnten, siebenzehnten und achtzehnten bis um die
Mitte des neunzehnten Jahrhunderts 1874 Abth. II, ,285 Nr. 587.
*) Indem ich nunmehr Werden, welches ich S. 129 mit Te-
schenmacher zu Westfalen zu rechnen hatte, sicherer für eine frän-
kische Stätte halte [Vgl Joh. Friedr. Möller, Patriot. Phantasien
1821. I, 34 ff.], wird Essen ethnographisch dem sächsisch-westfäli-
schen Boden angehören [Kampschulte in d. Zeitschr. XXII, 227 t
Nord hoff, Kunst, Bozieh. S. 35] und hier zu berücksichtigen sein.
Nachdem die Reformatoren schon um Weihnachten 1561 auf eigene
Hand deutsche Lieder in der Getrudenkirche angestimmt. [Funcke,
Geschichte von . . . Essen 1851 S. 109] und bereits im J. 1611
den Cultus erlangt hatten [Jacobson a. a. 0. IV, 173], erschien
1614 ein lutherisches Gesangbuch gedruckt durch Johann
Zeissen, oder Zeiss [Besprochen von Crecelius in d. Zeitsch. des
bergisch. Gesch.-Vereins V, 282 ff. üeber die Einflüsse und Ver-
fasser vgl. Heppe I, 204]. Zeissen wird es sein, welcher 1615
Essener Druckartikel zur Messe schickte und etwas später in Soest
sein Geschäft begründet [S. 19-2.]. In Essen verlautet auch von
einer Presse vorerst Nichts mehr , bis 1683 ephemerisch wieder ein
Artikel eines Heinrich Kauffmann auf der Messe verzeichnet wird.
Seitdem kömmt uns die nächste Kunde aus dem J. 1742, wo, wie Herr
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Osnabrück
erhielt erst 1617 zu des Bürgermeisters Heinrich Nytzen des
Aeltern Zeiten eine Druckerei durch Martin Mann *), welchen
Druck zuerst , bleibt fraglich. Von Mann , der 1619 die
Messe besuchte, erübrigen noch Drucke bis ins J. 1635").
<
J. Bädeker mir durch Herrn 6. D. Dr. Topphoff mittheilt, hiereine
Buchdrucherei des Waisenhauses bestand «ans welcher ein noch yor-
handenes Zeitungsblatt stammt". Bädeker betrieb dort laut einem
Berichte im Rheiniscb-Westphäl. Anzeiger XXVIII, 1075 von 1817
auch eine Schriftgiesserei „die einen glücklichen Fortgang hat" und
längst einen regen Buchhandel zum Rheine. Cl. Th. Perthes,
F. Perthes. A 8 U, 149.
•) Röling, Osnabr. Kirchen-Historie S. 138. Sandhoff An-
tistitum Osnabrug. Ecclesiae . . Res gestae 1785. U, 140. Grote-
fend a. a. 0. V ff., dem die meisten Angaben der äussern Ge-
schichte entlehnt sind. Herr Regensberg zu Münster besitzt den
in Kupfer geschnittenen Titel Ton dem 4° Druck : Synodus maior |
Osnaburgensis | id est | Decreta | et Constitution es in | Synodo pro-
mulgatae J praesidente reyermo et illm. principe ac D. X>. Fran-
cisco Guielmo S. Osnaburgensis ecclesiae episcopo XXVIII mens.
Mart. M.D.C.XXVI1I ... Ex typographaeo episcopali OsnaburgensL
Den Titel rahmen ein folgende schön gruppirte und gestochene
Bilder oben in der Mitte die thronende Himmelskönigin mit dem
Kinde, neben ihr einerseits S. Petrus . . . und S. Crispinianus . . »
anderseits S. Crispinus . . . und S. Carolus Mag. Fundator, unter
den beiden letzteren die Gruppe der HH. Regina, Juliana, Cordula
Cordua . . . gegenüber, unter den beiden ersteren, S. Hermagoras
• . Pirminius . . Ludge[rus] . . Cand<). über dem Titel zwischen beiden
Gruppen das Wappen, neben demselben einerseits, im Felde Caro-
lus M. : S. Gosbertus . . . Adolphus . . . anderseits im Felde Cri-
spinianus S. Wiho . . . S. Benno. Sollte damals eine bischöfliche
PriTatdruckerei bestanden, oder die Mannsche Presse diesen Cha-
rakter geführt haben?
••) Als Proben : (Hpifttige unb f)oc& | nötige ©arnung | ftüt
feem $o$argetlu$«n »erfdjtoeun | unb nerlobeu | 1. *en fceuffel falen,
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1643, als die Gesandten hier zum Friedenscongresse erwartet
wurden, war keine Presse mehr vorhanden und musste da-
her eine solche von Rinteln verschrieben werden, wo noch
1652 in 4° die Osnabrückische Kirchen-Ordnung erschien*).
Weitere Drucker und Verleger sind Johan Georg Schwander
(Schwendtr, SchweinderJ 1660, der, nachdem Johan Casimir Koho-
noffsky 1661—62 mit dessen Schriften, und 1664—70 ein Tilmann
Buchholtz (Buchholdius) für sich gedruckt hatte, 1673 7/2 ein Pri-
vileg für seine Presse erwirkt und sie wenigstens bis 1682 benutzt
— 1688 Joh. Wolfgang JJisiner — Gerhard Schorlemmer privile-
girt 1691 31/1 f 1706, — dessen Witwe, die im Sommer des foU
genden Jahres Godfrid Kissling**) von der Eulenburg in Sachsen
2>onber- unb §agelfd)lag. 2. ©cn bem SBerroilnbfctjen ©ottfkaffc micf}.
3. 53 om leichtfertigen ilKijjbraucfje be3 attertjeiligfien unb allen feligma*
djenben SftafymenS 3 ® © u « öott gu etjren unb gu gemeiner aufferbatoung
Anno 1626 am 10/20 Septembris. ©eftettet auff« $apnr gebraut unb
m biefen Xrucf gegeben burd) 3o()an von SWünfler gu Vortlage ....
[Schriftstellen] ©ebrutft gu Oßnabrüd bet) SRartin 9Kann im §af)X 1626
in 4°. — Im*nächsten Jahre erschien in derselben Officin und Grösse
4 Bll. stark : Epigramma in nobilissimi et amplissimi viri D. Johan-
nis a Münster senioris hereditarii in Vortlage etc. et judicis dica-
8terii aulici vigilantissimum librum i nctvoo&a $xoy [?] ;die griechische
Schrift ist unleserlich, die lateinische klar, die deutsche gross aber
unrein im Abdrucke.
*) Bibliotheca Buenemanni No. 1192.
**) Es erschienen :
— «Reue* Cprift» erbautidjeS | ©cfangbud) | Söorinn »ifc 700 ouScr-
lefene , fo alt at* neue ©efa'ugc, fonberlid) bie 300 £>annitocrifrfte . . .
Unb ba§ DoUftanbige Cfenabr. ®efangbud) . . . 9iebft beigefügten Doct.
Joh. Habermanns SWorgen* unb 2lbenb* . . . freft* öu&* öeidit» unb
Gommunion ©ebetern . . . Ofen. »erl. u. St. Srumbeiu 1697.
— DSnabrücfifdjeä ©efangbua?, Oönabrüd 1720.
— Weu DcrmefjrteS &. » ber (£f>riftt. Gemeinen ungeänberter
Stugfpurg. (Jonfeffion gu Dfenabrücf, ffiorinucn 500 auScrlefeuc geifrreierje
©efänge . . . 9ta Unter SSeranjiattung E. E. Rahts in größeren &or*
mat u. groben 2>rutf »on neuen auSgeferttget. Ofen. Verlegt bei ben
©ucfcbinbern 1732 [als £anb-<8. ».]; gum anbern ma^t . . . D&n.
SBerl. u. 2. #oigt u. fr G». Hingen 1756.
— (5f>rifttict)eö ©efangbud) für bie et>angeltfd>-tutr)crifcpen Qfremeinben
im fcocftjtift Dönabrücf . . . SRebft ben geroitynlicfien boppetteu »nfang.
Böttingen, gebrueft bei Sodann Cü)rifrian 2>ietri$ 1780 in 8 Ü .
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heirathete. Dieser arbeitete sicher bis 1741, sein Sohn Jokern Wil-
helm geb. 1711, wenigstens schon 1752, und bis 1789 wird das Ge-
schäft auf den Namen Joh. Wilhelms fortgesetzt, obwol dessen
Sohn Joh an Gottfried , der von 1773 an einige Jahre in Leipzig
Halle und Jena sich der Typographie gewidmet, demselben längere
Zeit vorgestanden hatte. Von 1789 führt Johan Godfried das Ge-
schäft unter der Firma „J". W. Kissling & Sohn" bis zum Tode
des Vaters 96, sodann unter seinem Namen bis kurz vor seinem
Ableben 1820, wo es der Gemahl seiner zweiten Tochter Gerhard
Rudolf Meyer übernahm. Gegen Ende des vorigen Jahrhunderts
scheint das aufleuchtende geistige Leben der Stadt Münster auch
hebend auf die Zahl, und, wie die Stiftskalender (S. 185.) zeigen, auf
die Ausstattung der Osnabrückischen Presserzeugnisse eingewirkt
zu haben, zumal Münsterische Buchhändler auch hierher ihr Geschäft
verzweigten (S. 155.).
BuchJiändler weiden auch gewesen sein: Godfrid Liebezeit,
der 1691, Peter Andr. Krumbein, der 1696, Mich. Andr. Fuhr-
mann, der 1710, Levin Voigt u. Jobst Gerh. Lingen, G. E. C. W.
Hechtet, der 1765 von Osnabrück und Goslar die Messe beschickt;
1773 hat Joh. Wilhelm Schmid eine vereinte Verlagshandlung zu
Hannover und Osnabrück.
— 9hut$ ©efangbitcf> 3um ©ebrauef} ber eoangetifclHutfierifäcn ©e»
meinten in ber <©tabt Dfnabrürf. Dfnabrücf, gebrueft beu Soljann 2Sit«
$etm Äifjling. $od)fürft. prioil. $3u($brucfer 1786. 805 S. in 8°. ohne
das angehängte Gebethnch. [Exemplar im Besitze des Herrn Con-
sistorialrath Smend zu Münster]. Weitere AA. 1828, 46, 67. Theil-
weise nach gefälligen Mittheill. der Herren Archivar Dr. Veitmann
n. Sup. In*endent Gruner zu Osnabrück.
— ftcueS fatfjolifcfccS ©efangbuef) gut ©etefjrung unb (Srbauung toeS
Triften für beu Öffentlichen ©ottcäbienfl unb au $riöatanba$t eine«
jeben S^riflen mit beögefefeten aller Orten befannten unb befonberen
ganj neuen ÜMobien. 2äglicf/e — fefhäglidje — uermiföte ©efänge
nnb ©ebete »cm föubotpb 3>eutgcn, 93i!ariu3 unb ©ibtiot^efariug ber
©omtiräe au Oänabrücf. 3n>eite Auflage . . . ©ebrutft in 2Rinben bur<$
3o^ann Stugujtin (Snar, ÄÖnigtia^en $ofbud)brucfcr 1782 in 8°. — Die
erste Auflage laut Datum der beigefügten Approbation 1780 |>o?]
— die dritte verbesserte zu Münster bei Aschendorf 1792. Kinne-
mund, Gesch. des kathol. Kirchengesanges A2 1850 S. 170 benennt:
Das Gesangbuch von Vicar Teutgen zu Osnabrück 1788.
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— 217 -
Herford
tritt mit einem Pressartikel in die Geschichte, der in seiner
Art sehr früh und cultur geschichtlich sehr merkwürdig ist.
Weddigen*) konnte deutsche Zeitungen vom J. 1630 und
frühere mit dem Namen des Druckers nachweisen und ver-
sichern, dass die Stadt schon lange vorher ein Zeitungscom-
toir gehabt habe. Die Gottingischen Gelehrte Anzeigen be-
schrieben dann ein Exemplar: ein Bogen hatte 4° Grösse,
grobe Schrift, jede Seite 2. Col., am Rande die Zahlen 5, 10,
15 als Zeilenzähler, den Titel Coniun- unb Augirte SBöd&ent-
litfye hülfen 630 Nr. 1 und den Schluss : Coniun und Au-
girte SBöd&entlidje Emfen 1630 Nr. 1 getauft ju §erforb bei
SHorifc S3ogtO) ben 18. Octobet. Zufallige »Zeitungenc,
welche das eine oder andere Ereigniss verkünden sollten, gab
es in Deutschland vereinzelt schon um 1450, doch gedruckte
zuerst seit 1493***) und dann massenhafter seit dem 16.
Jahrhundert, wie uns auch das Treiben der Wiedertäufer
beweisen konnte (S. 148.); periodische dagegen, welche
sich seit Ende des 15. Jahrhunderts aus den Nachrichten der
regelmässig erscheinenden Kalender entwickeln mochten,
brechen sich handschriftlich schon früh in Deutschland, seit
1536 und, dort den Handel betreifend, in Venedig, bahn, er-
füllen jedoch erst vereinzelt 1590 undfj erst seit 1612 (mit
*) Beschreibung der Grafschaft Ravensberg [1790]. II, 45.
**) 1790 Stück 134 u. Weddigen im Neuen Fortgesetzten
Westphäl. Magazin ]1798] I, 67, wo auch Proben mitgetheilt sind.
***) Graes se, Lehrb. e. allg. Literärgesch. III, 1, 32 ff.
1090. Weller, im Serapeum XX, 218 ff, u. Bibliothek des literar.
Vereins B. CXI.
f) Graesse a. a. O. Vgl. Beckmann a. a, O.II, 234. IV
306. G. Freitag, Bilder aus der deutschen Vergangenheit
A a III, 149.
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— 218 -
Nummern) den Begriff unserer Zeitungen; daher geben
Herfords »Avisen« und bald der Münsterische »Mercur«
(S. 167.) der Tagespresse Westfalens*) weit Uber 100 Jahre
voran und mit jener der Welt stehen sie in der Vorderreihe.
Wahrscheinlich erschien zu Herford auch „beä 9totl)§ ju
§eröorben ©tobt*Orbnung . . . publicirt den 15. October 1628*
wovon ein Exemplar rarissimum im städtischen Archiv
erübrigt **).
Auf dem Büchermarkt ist Herford vertreten, zuerst 1673 durch Lor.
Autenius mit 4 lateinischen, 1 deutschen und 6 holländischen Ar-
tikeln und von Corn. v. d. Meuten mit einem Buche, 1678 durch
Heinrich Diebruch, 1712 durch Gerlach Heinr. Diebruch, der 1720
laut Angabe eines von den gesammten evangelischen Predigern da-
selbst verlegten „Kleinen Catechismus Dr. Martini Lutheri" mit
Jacob Köhnemann ein gemeinsames Verlagsgeschäft hat; seitdem
fehlen diesseitige Artikel auf den Messen.
*) Erst seit 1763 erschien zu Münster bei Aschendorf wieder
als periodische Schrift: Münsterisches Intelligenzblatt etwa in 25
Jahrgängen; — 1785 bis 1804 das Münster. Gemeinnützige Wochen-
blatt. [Rassmann S. 372].
**) Staats-Archiv zu Münster MS. VII, 2402 ; die Herforder
Kirchenordnung von 1534 ist noch in Wittenberg gedruckt und
vielleicht gar nicht mehr vorhanden. Titel u. Weiteres bei Jacob-
son IV, 52,
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— 219
Hamm
ist »1663 die erste Buchdruckerei durch Berend Wolphard
vielleicht im Anschluss an das 1657 gestiftete, 1779 mit der
alten Lateinschule verbundene Gymnasium *) angelegt« **) ;
ihre Artikel erschienen 1674 zuerst auf der Messe und da-
neben andere eines Heinrich Nettebruch, doch diese nur für
ein Jahr, während jene Bernhard Wolphard's bis 1693
wiederkehren. Ihm folgt der jedenfalls von Soest gekommene
(S. 192.) Anton Jacob ütz — 1740, dann Friedrich ütz —
1785 t).
Man kann nur mit Mühe und nach grossen Zwischenräu-
men, so tum J. 1756***) 91 und 98, spätere Artikel nachweisen und
damit feststellen, dass die hiesige Presse, wenn auch nur wenig
beschäftigt, doch stets im Betriebe verblieben ist. — 1793 bestand
zwischen Häusern zu Hamm und Frankfurt ein gemeinsames
Verlags-Geschäft.
*) Vormbaum a. a. 0. II, .284, 888.
**) Möller, Kurze Geschichte der Hauptstadt Hamm.
1803 S. 130.
•**) Nun erschien von dem Prediger der reformirten Gemeinde
daselbst Rulemann Ludwig Eylert ein Gedicht auf den Sieg des
Königs bei Lowositz, dessen Titel und Grösse Heppe a. a. 0. II»
440 beschreibt.
t) Notixen der Groteseben Buchdruckerei zu Hamm.
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— 220 —
Bielefeld*)
»In der Grafschaft Ravensberg, erzählt Weddigen**)
zum J. 1790 , befindet sich überhaupt nnr eine Druckerei}.
8ie wurde 1685 von Just Tränkner zu Bielefeld angelegt und
von dem damals regierenden Churfßrsten von Brandenburg«
mit einem Privileg geschützt, wornach er, der sich vor einiger
Zeit in Bielefeld häuslich niedergelassen und daselbst eine
Druckerei eingerichtet habe, worin ihm von der Nachbar-
schaft aus allerhand Nahrungseintrag geschähe, alle Schrif-
ten, so im Namen der Regierung oder von Privaten publicirt
würden, drucken solle und alle seine Druckstücke, die vor-
her Censur und Approbation erfahren, im Preussischen nicht
nachzudrucken und solche Nachdrucke zu vernichten seien.
Verführt vom Datum des Privilegs hat man den Anfang der
Presse oder wenigstens des hiesigen Buchhandels um mehr
als zehn Jahr zu spät angenommen, ohne zu beachten, dass ein
Privileg gewöhnlich den Bestand einer Sache voraussetzt ;
denn schon 1671 beschickt von Bielefeld Johan Dibruch, je-
denfalls Glied der gleichnamigen Familie zu Herford (S. 218),
den Bachermarkt mit 4, zwei Jahre später Joachim ihn
mit 3 Artikeln.
Erneuert wird das Privileg 1712 dem Büderich Bär
dtker, Tränckners Nachfolger in matrimonio , und zwar, wie
der König Friedrich ausdrücklich zu verstehen gibt, mit beson-
*) Es sei an dieser Stelle erwähnt, dass unter den Mess-
artikeln des J. 1666 auch ein Stück b, n. ?on Gronovia kam, wel-
chen Ort Gustav Schwetschke mit Gronau [?] übersetzt. Ein Ort
entsprechenden Namens ist auch das Dorf Gronow bei Lübeck, cf.
P. Lindenbergius,HYPOTYPOSIS arcium, Palatiorum, librorum
. . . ab Henr. Ranzovio, prorege et equite Holsatorum conditorum
. . . Francofurti apud Joan. Wechelum 159-2 in 4° p. 63.
*•) a. a. 0. I, 217; 1683 nach Schubart Beschreibung der
Stadt Bielefeld 1835 S. 61.
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- 221 —
derer Bücksicht auf das Bavenbergische Gesangbuch *), den Cate-
chismus, die „Leichpredigten" und dergl. Sachen. „Die Buch-
binder su Herford und Bielefeld sollen auch alles dasjenige,
so bei diesem Bädeker gedruckt wird, wenn sie solches tum
Wiederverkauf benöthiget seyn, von demselben gegen einen bil-
ligen Preis erhandeln, und selbiges von aussen nicht hereinholen,' 4
Bädeker erlangt die Exemtion ab onerxbus publicis wie sein Vor*
ganger , er besieht das Druckpapier unbelastet, er tritt aus der
Jurisdiction der Stadt in jene des Königl. Drosten. Auch König
Friedrich Wühelm erneuerte 1725 7/4 dies Privileg , jedoch wurde
der Selbstverlag des Ravensbergischen Gesangbuches auf Ansuchen
des Magistrats dem Waisenhause su Bielefeld unter einigen Ne-
benbedingungen überwiesen. Die Familie Bädeker dürfte damals
schon das hiesige Geschäft aufgegeben haben, zumal wo sie alsbald
in Dortmund (S. 200.) ein anderes besitzt und 1746 hier wieder ein
Just Nie. Süvem druckt. Von den ersten Pressartikeln kann ich
keine namhaft machen, von den altern jedoch SBielcfelbifdjeä ©tabt»
rc$t**) unb ©ürgerfpradje famt beigefügter ^oltaeöorbnung, mit auefj
einigen öon Mjcr Janbcöobriglcit conftrmirten ^rioilegien 1685 in 4°.
— Später benutzten Bielefelder Autoren, wie G. W. C Consbruch,
auswärtige Pressen.
*) Es war nämlich [anscheinend im Selbstverlag] erschienen;
9feue6 fR«üen«bergifd)c* (SoangelifdjeS öefangbudj . . . SWit (S&ur-PrjU.
»ranbenb. ftreitjeit. Söietefclb in Verlegung ©et. Soadjim S)ibru#3
ffiitroe. Qu fyabcn bei Sodann . . . 2>ibru# [1687). Genauer beschrie-
ben von Nordhoff in Pfeiffer-Bartsch' Germania XVIII, 303.
Diesem folgten Ravensbergisches Gesangbuch, Bielefeld 169-2, nnd
das neue Ravensbergische Gesangbuch Bielefeld 1708.
— Sfleu» »ermctjrt- unb nad) ber Orbnung beS §cibctbcrgifc$en Ca-
te$iSmi raotyeingeric&tete« ©cfang.©uc§, ©eijlreidjer unb jum wahren
(S^riflenttjum erbauliajer Äirc^cn-eicbcr fcerrn D. Martini Lutheri unb
anberer ©Ott in <£(>riflo tiebenber Seljrcr; Sobei) §crrn Joachimi
Neandri ©ci{keidje ©unbeö-Sicber unb «DanWpfalnien. öielefetb 1784
s. n. t. 270 8 Ü -SS. ohne das angehängte Gebetbuch. [Ein Exemplar
in der Bibliothek des Herrn Consistorialrath Smend.]
**) Genannt mit spätem Schriften von Weddigen a. a
0. I, VII, ff.
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222 -
Coesfeld
rangirt mit einer Presse bei Falkenstein zwar erst unter dem
J. 1712 , in Wirklichkeit jedoch bedeutend früher, und zwar
zum J. 1680, wie wir aus dem Titel eines anscheinend ver-
schwundenen Büchleins, das Jo. Henr. Jungius*) vor unge-
fähr hundert Jahren noch benutzt hat, mit Sicherheit ent-
nehmen. Er lautet : Vita Beati Fratris Johannis de Beveren,
qui a 1398 nunc m und um cum omni voluptate divitiis & li-
b er täte reliquit & e contra in castitate pau per tute & stricta
obedientia salvatorem suum secutus est, secundum regulam
Sancti et Magni P. Augustini. Coesfeldiae per Johan. Geor-
gium Todt, typographum Episc. A. 1680. Dass dieser Todt
von Neuhaus gekommen, der Inhaber der dortigen Presse
oder dessen Bruder gewesen, (S. 210.) lässt sich mit aller
Bestimmtheit vermuten, besonders wo nun über Münster
auch von 1678—83 der Paderborner Fürstbischof Ferdinand
von Fürstenberg regierte, der als Freund der Wissenschaften
und als Segenspend<;r seiner Lande sich nichtversehen mochte,
mit einem neuen Privileg gegen die verbrieften Rechte der
Münsterischen Presse (S. 151.) zu Verstössen. Die Coesfelder
Presse, von der vorerst Nichts mehr verlautet, scheint dann
wieder begünstigt zu sein von dem Bischof Friedrich Christian
von Plettenberg, der wie sein Vorgänger Fürstenberg, nach
Kräften bestrebt war **), die dem Lande unter dem Bischöfe
Galen geschlagene Wunden zu heilen. Denn nun erschien
*) Historiae antiquissimae Comitatus Benthemensis Libri
tres cum codice diplomatum et documentomm 1773, 4° Cod. dipL
et docamentorum [IL] p. 272.
**) Hinsichtlich Coesfelds vgl. Sökeland, Geschichte der
Stadt Coesfeld 1839 S. 167, 172, 176.
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— 223 —
hier das seither von den Bibliographen*) für das älteste
gehaltene Druckstück : Joannes ab Alpen , De vita et rebus
Christophori Bernardi .... in 8° Typis Andreae Herrn.
Wemmeieri und zwar mit einer Dedication celsissimo et
reverendissimo Principi ac Domino D. Friderico Christiano
episcopo Monasteriensi etc ipsa D. Ludgero proto-
episcopo sacra die 1694 (I). Was die Entwicklung der
Presse betrifft , so bemerkt Niesert**) : »Vorzüglich ver-
dient die frühere Buchdruckerei zu Coesfeld die Aufmerksam-
keit der Bücherfreunde. Sie lieferte am Ende des XVII.
Jahrhunderts gehaltvollere Schriften , ata die Druckerei in
Münster selbst ; aus der Officin des Hermann Wemmeier und
Bartholom, (sie) Haustatt gingen schätzbare Werke unserer
vaterländischen Gelehrten von Alpen, Nünning und Cohau-
sen hervor« , wovon indess anscheinend auf dem Bücher-
markte Nichts bekannt wurde.
Die Erscheinungen nennen uns noch als Inhaber des Ge-
schäfts (1705 Joseph Schwendet) 1712 Barthold Haustatt, 1740
dessen Witwe. „Bei der in unserer Zeit so kräftig wieder ange-
regten Wirksamheit auf wissenschaftliche Cultur, schreibt Niesert
1828, trat auch sie (die hiesige Druckerei) wieder ins Leben", an-
scheinend erst unter Wittneven, mit dessen Ahnen wir jedenfalls
(S. 212.) schon zu Paderborn Bekanntschaft machten.
*) V. Spaun im Serapeum XIX, 117, Seibertz, Beitr. I,
225, Niesert, F. B. S. 63 ff, der die Fortsetzung [II] in die Münste-
rische Presse verlegt. Eine Ausgabe erschien Monasterii Westpha-
liae apud Joannem Joachimnm Deierlein Bibliop[egam] Aul. [vgl.
S. 155.] Anno 1709 in 8°.
••) a. a. 0. S. X.
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— 224 —
Spätere Druckorte.
Der uns bekannte Christoph Nagel, welcher vielleicht ver-
armt von Neuhaus (S. 212.) herübergekommen war, machte die
ihm 1699 zu Warend orf vom Bischöfe Plettenberg privilegirte
Presse (S. 153.) noch in demselben Jahre durch mehrere
Artikel bekannt»), doch Hess die Familie das hiesige Geschäft
seitdem sie nach Münster verzogen war, wahrscheinlich bald
ganz eingehen.
Das älteste Ternaux-Compans bekannte Presserzeug-
niss der Stadt Berleburg, von welcher Falkenstein schweigt,
ist »Gesangbuch, Berlenburg 1717 in 8°. — S. 67, I des B— L.
von Georgi aber kann man verzeichnet lesen : »Gottfried Ar-
nolds Auszug der' L Kirchen- und Ketzer-Historie. Berlenburg **)
1716 in 8V Die Presse wahrscheinlich im Schutze des Höfles
eingerichtet und unterhalten reicht indess jedenfalls noch ins
17. Jahrhundert zurück wie folgender Titel vermuten lässt :
§iftorie bcr mt*tt%ttof)tutn, Ober Tempel gottf eligcr
fo befannt* unb benannt» al§ unbefannt* unb unbenanntet
<E$riflen, ÜHännliäjen unb 2Beibli$en ©efäjled&ts, «Her*
len ©tänben, Sie btefelbe erft ton ®£)%% fingen «nb befe$*
ret . . . üon 3o$ann §einrid) SRci jj. günffte Edition mit einem
Wenigen 9tegificr uerfe^en S3€tRSe^93U9l© 93en Sodann 2focob
£auß MDCCXXIV in 8°— 3 Bde, der L mit einem Kupfer,
2—3 8. L et n. typ.
*) Proben : Slctcnmäfjtge grttnbtidje SSorfkttung ... in ©adjen
©raf Jobsten 3U (Sd)att>cn6urg, Himburg unb ©törutnb contra Statt«
Rätter unb ^eilargetaffenc Regierung be§ $odjftift§ ÜJtünfler, nun nieljr
$o$ffirflI. ©n. regierenb, bie anmajjtidje ^mmebietät bcr §crrfcf>aft
©efjmen betreffenb. 1699 SQBarenborff, Okbrucft burd) (S^rifiop^ KageX,
^HJflrftt 3Rfinjtatfc$en &ofbud&brutfer in 4°. KataL d. Bibl. d.
Alterthuras- Vereins Münster E. 117.
Orationes Catholicae, Warendorpii 1705 in 8°. Nieserts
Katalog No. 15,724.
**) v. Spann im Serapeum XX, 145.
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— 225 —
Hiesige Druckartikel fignrirten 1721 auf der Messe**)
von Chr. Kamert, 1731 von Joh. Jac. Haug, 1743 andere
ohne Namen des Druckers. Die bereits 1565 eingeführte,
1746 erneuerte und verbesserte Kirchen- und Schulordnung
in der Grafschaft Wittgenstein in 4° druckte 1749 Christ.
Mich. Reget ein ***) , welcher noch im selben Jahre die aka-
demische Buchdruckerei zu Herborn übernahmt).
Zu Detmold wurde, wie der Geh. Justizrath Preuss
mir angibt , Y om Hofbuchdrucker Rudolf Hoffer das erste
Buch 1722 gedruckt laut nachstehender Titelurkunde : Fried.
Herrn. Cramer, Tractatus juris gentium. Pars altera. (P. prima
Lemgo viae 1714. H. Wilh. Meyer) Detmoldiae typis Rudolphi
Hofferi , aulae Lipp, typographi in 4°, und obwol Hoffer
noch 1722 ein Privileg auswirkte, so ging die Presse doch
schon 1732, fünf Jahre vor dem Tode des Gründers, ein — und
zwar über ein Jahrhundert lang ; denn Falkenstein's Vermerk
über einen Druck von 1787 rührt wohl daher, dass die Lem-
goer Artikel im Titel auch wohl aus »Detmold oder Mein-
berg« datirt waren. Das heutige Geschäft geht auf 1842
zurück , wo die Helwingsche (seit 1871 Klingenbergsche)
Presse von Lemgo hierher verlegt wurde (S. 203.). Die
»Meyersche Hofbuchhandlung« hat sich durch die Veröffent-
lichung historisch- diplomatischer Arbeiten aus der West-
fälischen Geschichte verdient gemacht.
**) Hier erschien auch „die wegen der sie begleitenden be-
beschaulich-frommen Auslegung" merkwürdige, „von Schwärmern ge-
suchte" „^eilige <2d)rift SltcS unb 9?cue3 £eftomentc§ nad) bem ©runb«
tcrt auf§ neue ü&erfcfjen unb ü6etfefet neofi (Srllärung be3 budjfiäblitfjen
©inne§, toic aud) ber fiirncljmßen gürbrtbevn unb Söetfiagungen". 1730
— 1742 8 voll, in Fol. — ein Werk, dessen Rarität jedoch von der
' ersten Ausgabe 1726 — 1735 in 4 Bdn noch übertroffen wird. Vgl.
Graesse I, 379. Ersch u. Grubers Encyclopädie 8. v. Beyen-
burg. Reuss, Geschichte der h. Schriften Neuen Testaments A. 3.
S. 470, 541.
***) Jacobson IV, 578.
t) Steubing a. a. 0. S. 188.
15
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— 226 —
An Arnsberger*) Drucken vermerkt Niesert (F. B.
S. 37) gelegentlich einen des J. 1727 von Sebastian Fincke,
nämlich einen Abdruck der 1651 zu Münster erschienenen
Schrift : ©riinbüd&e unb toafjrljafte Motiven, burdj toeldje ^ofjann
öon ber SRcdf, §err $u (Steinfurth bewogen, ber föeformirtcn Religion
abjujagen unb bie Uralte 9tömifdj*(SatljoUfd>e Religion ben 30. No-
vember M.DC.LI anzunehmen in 8».
Bis dahin sind auch, nach einem Schreiben des Herrn
Professors Pieler zn Arnsberg, Leichenreden und dergleichen,
die sich im Archive der Fürsten berger erhalten haben, mei-
stens in Köln, in Westfalen bei Joh. Georg Hermanni zu
Soest (so 1724, 26) (S. 192) bei Johan Ulrich Hubers Witwe
(1656) zu Paderborn (S. 211.) oder bei Bernard Rasfeldt
(1632) zu Münster (S. 163) gedruckt. Seit 1727 begegnet
uns der nächste Druck 1753**); 1766 ersteht auf Veranlas-
sung des Hofraths Joh. Wilh. Arndts eine Druckerei, deren
Inhaber, Joh. Eberhard Herken, seit 1770 als churfürstlicher
und landschaftlicher privilegirter Buchdrucker sich nur mit
der Presse befasste. Die nicht geringzähligen Artikel, zumal
das seit 1766 erscheinende Intelligenzblatt, brachten fast nur
Bekanntmachungen der Regierung und Gelegentliches.
Wenn ferner von Joh. Bausen, Commissar et Pastor
Ruthenae 1734 erschien Breviarium Asceticum Ruthenae
ap. Herrn. Herbst***), so haben wir darin keinen dortigen
Druck- sondern bloss einen Verlagsartikel, vielleicht aus
der Lippstädter (S. 194) Presse, zu erkennen; Herbst nennt
sich nämlich Bibliopega.
*) Da wir [S. 194] ausser dem erst spät erschienenen Herold-
schen an katholischen Gesangbüchern keine aus oder für das süd-
liche Westfalen zu verzeichnen haben, so wird dassalbe, das ja einen
Theil des Kölnischen Erzstifts und Bisthums ausmachte, sich der *
in ununterbrochene! Reihe zu Köln erschienenen bedient haben,
wie sie aufgezählt sind bei Meister a. a. 0. I, 37 ff.
**) Seibertz, Beiträge II, 92 II, 124, 476. Vgl. Chur-
köln, Ed. Sararalg 11,436.
***) Seibertz, Beitr. I, 23; gibt es noch eine Ausgabe
von 1738 ?
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— 227 —
Zu Hagen, dessen ältestes Druckst tick ich zum J. 1780
finde*), unterhielt gegen Ende und Anfang dieses Jahrhun-
derts Chr. Gerlach eine Presse, aus welcher verschiedene
Schulbücher und auch ein G e s a n g b u c h **) für die dortige
evangelische Gemeinde hervorgingen — Artikel, welche heute
schwer wieder aufzufinden sind. Sodann druckte Arnold
Brune unter der Redaction des Pfarrers Aschenberg sicher
von 1814 — 17 die Zeitschrift »Hermann«, und seit dem Be-
ginne der zwanziger Jahre das Wochenblatt »Hausfreund« —
beide in kl. 4°. Das Geschäft ging 1833 auf Moritz Thieme,
1847 auf Herrn Gustav Butz über, dem ich die vorstehenden
Notizen verdanke.
Von der Dorstener Presse vermag ich mit ihrem
jetzigen Inhaber M. J. Reichartz nur die Thatsache zu ver-
melden , dass sie seit dem Anfange dieses Jahrhunderts bis
1825 bestand und bis dahin namentlich ein Bruderschafts-
*) Bei Rassmann a. a. 0. S. 16.
**) An protestantischen Gesangbüchern für die Grafschaft
Mark verdienen ausser dem Lippstädter von 1738 [S. 194] noch
Erwähnung :
— „Äern unb Wlaxt gcifMidjer Sieber" mit einem Gebetsanhang
1722 und verschiedenen Liederanhängen namentlich der Gemeinde
Altena. Bei Heppe a. a. 0. I, 280, II, 29.
— „©cfangbud) gum gotteäbienftlicfjcn Gkbraudj in ben ftönigt.
$reuß. £anbcn" Berlin 1780, dessen Einführung nach Jacobson
IV, 293, 292 im J. 1786, nach Holthaus, Kirchen- und Schul-
geschichte A2 1831 S. 238, 1782—83 vorerst zum Missbehagen
der Leute und nur local gegen „Kern und Mark* erfolgte, obgleich
Schröck, Kirchcngeschichte seit d. Reformation VIII, 144 dem
ästhetischen Gehalt alle Anerkennung zollt. Heppe a. a. 0. 1, 281 ff
— ßkfangbud) §nttl ©ebrauefc in ben ©cflpfyälifdjcn ?anbcn, falber«
ßabt, 2>Öltc s. a. aber vor 1810. Vgl. Heinsius, Bücher-Lexiccn
II, 79. »Gegen Ende des 16. und den Anfang des 17. Jahrhun-
derts wurde das Hochdeutsche in der Grafschaft Mark die Kirchen-
sprache der Protestanten". Möller, Patriot. Phantasien II, 287.
Vgl. vorher S. 200.
15*
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— 228 —
gesangbuch von Hess und Schürholz, sowie eine Wochenschrift
»Argus« (später Dorstener Intelligenzblatt) hervorbrachte.
Wie segensreich der nationale und Culturaufschwung
Deutschlands auch auf die Gründung von Pressen einwirkte,
so dass diese sich bis in kleinere Städte ausbreiteten, in
grös3ern vermehrten, das kann auch die Geschichte Westfalens
mit rühmlichen Beispielen belegen. Ein Berichterstatter aus
dem J. 1817**), der indess nur das nordwestliche und süd-
liche Westfalen mit den angrenzenden Rheingebieten berück-
sichtigt, gesteht, wie in diesem Gebiete allein 33 Buch-
druckereien beständen »wovon jedoch die Hälfte erst
seit 20 Jahren errichtet worden ist«. Seine par-
tiellen Angaben bieten aber einen Anhalt, um im Umfange
der heutigen Provinz mit Einschluss von Lippe, Osnabrück
und Essen an Officinen, die theilweise mehrere Pressen
beschäftigten, für damals wenigstens nachzuweisen in Anholt
1, Arnsberg 1, Berleburg 1, Bielefeld 1, Coesfeld 1, Dorsten
2, Dortmund 2, Essen 1, Hagen 1, Hamm 1, Herford 1,
Lemgo 1, Lippstadt 1, Minden 1, Münster 2, Osnabrück 1,
Paderborn 1 (?), Schwelm 1, Soest 1, also mindestens 22.
Und was unsere umfassende, grossartige Zeit in Bücher-
und Schriftenthum zu zeitigen vermag, beweist schlagender als
Worte, dass das Land allein im provinciellen Umfange zur
Stunde 111, mehrfach mit Pressen verbundene, Buchhand-
lungen besitzt.
*) Im Rheinisch-Westfälischen Anzeiger [Dortmund] XXVni,
1075.
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229
Rückblick.
Das unschätzbarste, weil geistvollste, Erbtheil* der Vor-
zeit machen die »Bücher« aus. Sie bewahren die Gedanken
und die Handlungen der Menschheit von den tiefsten Em-
pfindungen der Einzelbrust bis zum Bewusstsein der Natio-
nen , die Arbeiten und Pläne des Geistes in diabolischer
Schmach bis zu den höchsten Gipfeln hehrster, himmlischer
Schönheit, die Sehnsucht nach Gott, das Ringen und Gähren
aller Ideen nach Zeiträumen, Völkern und Orten, kurzum die
Vergangenheit; der Buchstabe und das Wort vermögen und
vermochten doch gefügig und geschickt die feinsten Nuancen
der Gedanken wie der Erscheinungswelt in sich aufzunehmen
und der Nachwelt zu bewahren. Der Geist, der Vergangen-
heit — und nur der Geist hat eine Geschichte, — welchen
Ruinen und sonstige Funde in und über der Erde nur dun-
kel, Kunstwerke nur zu vereinzelt verkündigen, spricht
lauter und heller in den Blättern der Bücher.
So lebt die Vergangenheit wieder auf im geschrie-
benen, schneller und weitgreifender im gedruckten Worte,
in der beweglichen Type : Die Presse diente menschenfreund-
lich und selbstverleugnerisch nicht nur dem Thun und Wollen
ihrer Zeit , sie gab auch getreu die Erbschätze der Vorzeit
mittelbar oder unmittelbar wieder. Sie, das Sprachrohr, um
offen und muthig zum Publicum zu reden, wurde ebensowol
der Höhenmesser geistiger Potenz einer Oertlichkeit, wie das
Signal, welches der Volksstimmung Ausdruck, nicht selten
auch Richtung und Charakter verlieh.
Alle Druckschriften von der Bibel bis zum Theater-
zettel (in einer Bibliothek) gesammelt würden für den ört-
lichen Umfang, dem sie entwuchsen, den ganzen Schatz des
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— 230 —
Denkens und Handelns, wie einen grossen von den Ahnen
angelagerten Geistesschacht darstellen ; dennoch so viel Gleich-
gültigkeit gegenüber den Pressen und Bibliotheken! Wenn
der Privatmann ein Buch noch eher für ein Hinderniss, als
eine Zierrat seines Hauscomforts ansieht *) , so werfen Lite-
ratur- und Localhistoriker nur einen flüchtigen oder gar
keinen Blick auf die Entstehung und Wirksamkeit der Presse,
deren Macht auf die Geschicke des Einzelnen wie der Ge-
sellschaft ganz unterschätzend.
Die Thatsachen , welche uns bei der speciellen Wür-
digung der westfälischen Pressen aufstossen, dürften, wenig
modificirt, auch für andere Länder Geltung beanspruchen.
Eine Presse kann nur da erstehen und Früchte tragen,
wo ihr die geistigen Bestrebungen und behagliche Verhält-
nisse den geeigneten Boden bereiten, sonst findet sie keine
Stätte, oder sie vegetirt und geht schnell wieder ein, wie
wir das an mehreren Orten gewahrt haben. Thätig, entspricht
sie entweder dem Örtlichen Literaturbedürfnisse, oder sie greift
blühend darüber hinaus nach andern Orten und Gegenden,
oder, wenn thatlos, muss sie sich von auswärts Concurrenz
gefallen lassen. Sie erhob sich hier in der idealsten Luft
der Wissenschaften und der Religion und je weiter sie ihre
Fähigkeiten bewährte, um so mehr stellte sie sich auch för-
dernd und erleichternd den Verwaltungs- und Verkehrs-
interessen zur Verfügung. Sie folgte und diente nämlich:
1. den humanistischen Studien, so zu Münster, Soest, Dort-
mund und später der Bildung und den Schulen über-
haupt ;
2. den liturgischen oder confessionellen Zwecken , insofern
jene dauerhafte Ritualbticher verlangten, diese eine
schnelle und leichte Verbreitung der confessionellen
Lehren erheischten, wie dann die Pressen zu Lippstadt
*) Welchem Uebelstand auf die Daner nur durch die Schule,
vorläufig durch öffentliche, leicht zugängliche Bibliotheken des
Staates, der Vereine und Corporationen zu begegnen sein wird.
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— 231 —
und Paderborn in diesem Sinne schnell wirkten, in
jenem, selbst zu Münster, sich lange auswärtige Concur-
renz machen Hessen ;
3. den Absichten der Höfe und der Verwaltung , sei es,
dass eine hohe Person zu feiern, sei es, dass Gesetze und
Ordnungen zu erlassen waren, welch' letztere also zu
den kirchlich-liturgischen »Ordnungen« profane Gegen-
genstücke bilden ;
4. dem Verkehr , dem politischen und Tagesleben , wie
denn heute grade die industriereichen Gegenden, diese
Zwecke verbindend, die meisten Zeitungen besitzen, —
Druckstücke, mit welchen sieh schon die Herforder Presse
im dreissigjährigen Kriege, später Westfalen weniger
bekannt machte.
Ungefähr in dieser Folge haben die verschiedenen Ur-
sachen auch nacheinander die Pressen aufleben lassen, sich
jedoch schon oft bei der Gründung durchkreuzt, so dass die
Officinen bald den verschiedensten Zwecken dienten, nur dass,
je mehr die confessionellen Gegensätze sich schärften, die
einen, was liturgische und confessionelle Schriften betraf,
bloss dem katholischen, die andern bloss dem protestantischen
Bekenntnisse offen standen.
In den ersten Jahrzehnten der Druckerei blieb die
Presse Westfalens hinter den literarischen Bedürfnissen des
des Landes zurück, in gewissen Bezirken sogar bis in un-
ser Jahrhundert.
Es erstand doch eine Presse der Stadt Osnabrück erst
im 17. Jahrhundert, Minden eine dauernde noch später, Lemgo
und Dortmund erst um die Mitte, Paderborn, Siegen und
Burgsteinfurt erst gegen Ende des 16. Jahrhunderts, so
dass , nachdem die Frühofficinen zu Soest und Lippstadt
schnell wieder eingegangen waren, in Wahrheit bis zur Mitte
des 16. Jahrhunderts die im Anfange gleichfalls unterbro-
chene Officin Münsters übrig blieb. Die nach und nach
wiederbelebten oder neu gegründeten Geschäfte versahen, so
zahlreich sie auch gegen früher sind, meistens nur das ört-
liche Bedürfniss und oft dies nicht einmal mit einem Schein-
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— 232 —
dasein. Das Sauerland entbehrte wie der Bibliotheken, auch
einer Presse fast bis vor hundert Jahren.
Da mussten auswärtige Off inen von Anfang an
hülfreich eintreten ; jene zu Köln, Paris, Strassburg, Nürn-
berg, Bremen u. s. w. versorgten bis Uber die Incunabeln-
zeit Münster , Soest, Minden, Herford mit den Ritual- oder
liturgischen Büchern, Osnabrück bediente sich lange der
Pressen zu Münster und Köln, die Osthälfte Westfalens, con-
fessionel von diesen beiden Druckorten abgestossen, wandte
sich meist mit ihren reformatorischen und gelehrten Schrif-
ten nach Leipzig, Wittenberg, Eisleben und Warburg *), und
nicht wenig überrascht uns , dass von Hamelmann dieser
Mangel einer nahen Presse kaum vermerkt wird, als wenn
die confessionelle Verwandschaft und der rege Geistes- und
Handelsverkehr nach aussen ihn nicht hätte empfinden lassen.
Auch als Lemgo's Presse schon arbeitete , konnte jene
zu Rinteln 1622 ungefähr mit der Universität von dem
Stadthagener Typographen Ernst Reineking gegründet und
von den Giessener Peter Lucius , belebt **) namentlich im
17. Jahrhungert auch nach Westfalen hin eine Bedeutung
erringen, die seither in der Bildungsgeschichte dieses Landes
kaum erkannt, geschweige gewürdigt ist.
Paderborn und Neuhaus mussten selbst unter einem
Bischöfe wie dem gelehrten Ferdinand von Fürstenberg,
holländische Typographen und Künstler ihre Dienste leihen,
als die Monumenta Paderbornensia in würdiger Ausstat-
tung ans Licht treten sollten. Und nun das Sauerland !
* Man vgl. z. B. Hamelmann 1. c. p. 165 ff.
**) Die Geschichte dieser Presse in D. C. Ant. Döllens,
Geschichte der Grafschaft Schaumburg 1756 S. 499 ff. 1627 erschien
hier in Fol. Piderit's Chronicon comitatus Lippiae . . . 1630 Goe-
hausen, Processus contra sagas in 2 Bänden 8°, — 1631 zuerst
die berühmte und menschenfreundliche Cautio Criminalis seu de
processibus contra sagas liber in 4° von Friedrich von Spee. [Beide
in Niesert's Katalog Nr. 11 743-44, 11740].
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— 233 —
da halfen Mainz, Frankfurt häufig Wesel*) und noch
mehr die Presse zu Duisburg, welche 1585 errichtet und
seit 1655**) an eine Universität gelehnt, Westfalen manche
geistige Nahrung verarbeitet und geliefert hat.
Keine Stadt hat von der Tncunabelnzeit ***) an dem
Sauerlande und dem ganzen Westfalen so viele und so schöne
Bücher übermittelt und gedruckt, wie Köln , anderer aus-
wärtiger Officinen nicht zu gedenken, die zwar ephemerischer
eingriffen, immerhin jedoch ein Licht auf die Wechselbeziehun-
gen werfen, welche die Pressen zwischen verschiedenen Ländern
hergestellt haben. Wenn daher der Westfale mit Zufrieden-
heit auf die heimische Cultur zurückblicken mag, so gedenke
er dankbarst der Städte des Rheines , der Weser und Hol-
lands, die ihr durch die Pressen so viele Wohlthaten er-
wiesen haben!
Die Aushülfe ferner Pressen bis tief ins 16. Jahrhun-
dert erklärt sich von selbst aus dem Mangel heimischer Of-
ficinen, aus dem confessionellen Gegensatze der verschiedenen
Territorien, aus dem noch flüssigen Handelsverkehr der Zeit;
um so mehr verdient sie Beachtung seit der Mitte des 17.
Jahrhunderts, als doch nach und nach eine ansehnliche Zahl
von heimischen Officinen aufkam und sonst Pressen und
Literaturbedürfhiss sich gegenseitig zu fördern und unent-
behrlich zu machen pflegen. Die Gr linde liegen nur zu offen
in der materiellen, moralischen und politischen Zerfahrenheit
des Landes , welche sich seitdem mehr als hundert Jahre
niederdrückend wie ein Alp über die Territorien Westfalens
gelegt hatte.
Wenn schon die confessionellen Gegensätze die Nach-
barstädte abstiessen, der innere Landverkehr bei Wegen, die
*) Sie ist nach Falkenstein n. 0. Schulz 1543 errichtet;
1554 erschien hier Schöppers Katechismus. Döring S. 84.
**) Die erste Gründung der Hochschule setzt Wolters a. a.
0. S. 156, 164 ins J. 1561, jene der Presse, die schon 1585 auf der
Messe vertreten ist, gibt Reichard im Serapeum XXII, 42, 69.
***) Vgl. Nordhoff, Kunstg. Beziehungen S. 19.
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— 234
selbst im Hochmittelalter nur stückweise gepflastert*) und
später eine Klage aller Reisenden waren , so beunruhigten
seit dem Ende des 16. Jahrhunderts die Einfalle der Spanier
den Einzelheerd wie die Gemeinschaft, schnürte die Autono-
mie Hollands den alten Verkehr Westfalens gen Westen hin
immer mehr ab , zerfleischte der grosse Krieg mit eisernen
Fingern den Nationalwohlstand , knickten die Kriege des
Bischofs Galen die immer noch prangende Blüthe Münsters,
verfolgte das eine Territorium mit blassem Neide jede Be-
gung des andern — und um das Maas de* Leiden zu er-
füllen, mangelte es hier an Schulen und Kräften, schnitten
dort die Pressprivilegien manchem passenden Orte, fähigen
Manne oder gutem Projecte das Arbeitsfeld ab und bargen
selbst für die Begünstigten meistens den bittern Stachel
der Censur.
Solche Nachtzustände verfehlten nicht, nagend und ver-
giftend die zarteste und empfindlichste Saite der Cultur zu
berühren d. i. die höhere Geistesarbeit — und ohne Mittel, ohne
Muth, in einer hülflosen Gegenwart und bei wenig einladender
Zukunft musste die Presse den schwunghaften Jugendflug
verlassen und einem zwischen Leben und Sterben wankenden
Dasein verfallen.
Daher das geringe Contingent rein gelehrter und das
Vorwalten der administrativen, ascetischen und Gelegen-
heitsschriften, daher die sporadischen Erscheinungen auf dem
Bücher markte, daher das schnelle Verstummen der schon im
dreissigjährigen Kriege zu Herford und Münster so rege
geübten Publicistik, deren so spätes Wiedererwachen **) und
*) Vgl. Nordhoff, Der Holz- und Steinbau Westfalens in
seiner eulturgeschichtlichen und systematischen Entwickelung. A*.
1873 S. 426.
**) Die traurigen publicistischen Zustande Westfalens im 18.
Jahrhundert, die Hemmnisse der oft an Ausländer ertheilten Privi-
legien, den Werth und das Aufkommen von Zeitschriften [Lese-
gesellschaften] behandeln die Artikel : Anfänge der Tagespresse in
Dortmund [vom Ober-Bürgermeiter Dr. Becker] im Dortmunder
Anzeiger, Jahrgang 1869 Nr. 88—102.
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— 235 —
Schwäche gegenüber den verwandten Artikeln des Auslandes.
Daher heute des Forschers Mühe , die Drucker einer Officin
in der Reihenfolge nach ihren Drucken zu bestimmen. Daher
das Arbeiten heimischer Kräfte für fremde Pressen und das
verdriessliche Nachdrucken von Originaldruckstücken, daher
seitens der Künstler das Verlassen des alten unergiebigen
Druckortes und das Aufsuchen eines andern, um von Neuem
das Glück zu versuchen ; daher die leidige Thatsache, dass
die Type, die einstmals die Hand des Gelehrten geziert, end-
lich wie ein einfaches Handwerksgeschirr in die Hände des
Buchbinders kömmt; kaum dass die höfischen von den Für-
sten begünstigten Pressen ein besseres Dasein fristen, als
jene welche im Volke wurzelten.
Die Leidensreflexe des Buchdrucks theilten sich selbst-
verständlich dem Bucbandel mit. Weitere Associationen,
wie sie vor dem dreissigjährigen Kriege Häuser Westfalens
und des Auslandes zum gemeinsamen Waarenvertrieb verban-
den, kehren erst gegen Ende des 18. Jahrhunderts wieder.
Der vormalige Bücher vertrieb sinkt nun zum localen Sorti-
ment und immer mehr in die Hände der Buchbinder herab
und, damit das Stück möglichst fertig verkauft werden könne,
wird es gebunden ausgeboten, wie heute noch in den Läden
der Kleinstädte und Buchbinder. Der grössere Vertrieb aus-
wärtiger Bücher ging darum fast ganz in ausländische Hände
über, heimische Handlungen, die Namen hatten, gibt es vor
Ende des 18. Jahrhunderts kaum mehr. Noch 1816 schrieb
Friedrich Perthes aus Westfalen *) : »Um den Betrieb kämpf-
ten seit einer Reihe von Jahren Bremen und Hanover, jetzt
ist Bremen besiegt . . . Die Wirksamkeit der Hahnschen
Handlung in Hannover reicht durch Ostfriesland bis nach
Holland durch Westfalen bis zum Rhein . . . Die Buchbinder
pfuschen noch im Bücher verkehr , . . Einige junge tüchtige
Buchhändler regen sich auch bereits, aber ihre Verbindung
mit Leipzig ist sehr erschwert, da der Frachtverkehr gänz-
*) Cl. Th. Perthes a. a. 0. II, 147 ti\
*
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— 236 -
lieh fehlt und die Kosten der durch die hessischen, hanno-
verischen und sächsischen Anstalten zugleich vermittelten
Postsendungen unerschwinglich sind. Vom Buchhandel allein
können sie daher nicht leben und müssen nebenbei den so-
genannten Kunsthandel treiben, Bilder, Landkarten, Far-
ben , und Zeichenmaterial aller Art verkaufen und stehen
dadurch mit italiänischen Colporteurs in Verbindung. Sonder-
bar ist es, dass das katholische Westfalen gar keinen Zusam-
menhang mit dem katholischen Süden hat; höchstens werden
die hier erscheinenden Gebetbücher, Geschichten der Heiligen
u. s. w. dort nachgedruckt. Ich bin mehrfach gebeten wor-
den, für die westfälischen Handlungen Verbindungen in Ulm,
München, Salzburg, Augsburg, Oestreich anzuknüpfen«.
Eine andere Klage über das alte Bucherwesen verlau-
tet wohl überall und liegt nicht im Innern desselben, son-
dern in dem rücksichtslosen Geiste der Zeit. Was nämlich
die westfälischen Pressen geliefert hatten, davon ist leider
so Vieles, nachdem es den zeitigen und praktischen Werth
verloren, untergegangen, nicht nur Primicialdrucke und In-
cunabeln , selbst solche Artikel, welche für die eine andere
Disciplin und Oertlichkeit eine ganz besondere Bedeutung
haben. Freilich sind auch Erzeugnisse von äusserer Opulenz
oder von gelehrtem , dauernden Gehalte nur orts- und zeit-
weise, und nicht durchschnittlich ans Licht getreten.
Worin besteht denn das Verdienst der westfälischen
Presse, nachdem sie so lange und so vielorts zu den geistigen
Bedürfnissen des Landes in einem Missverhältnisse gestanden ?
Darin, dass hier, auf einem so engen Bezirke , allmälig eine
so grosse Anzahl von Pressen, wie schwerlich irgendwo an-
ders in deutschen Landen, ethisch einwirkte, um, wenn auch
nicht die höchsten, so doch oft mehr als die Bedürfhisse der
Oertlichkeit zu befriedigen, und immer wieder dann hier,
dann dort Nahrung zum Denken und Empfinden in die
Masse herabsickern zu lassen, bestehe sie nun in geistlichen
oder weltlichen Gesetzen, in Gesangbüchern oder sonstigen
Mittheilungen. Jedes Druckstück wirkt ethisch.
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- 237 —
Auf dem grossen historischen Bilde Westfalens leuchten
die vielen kleinen Pressen wie ebenso viele Lichter, und
einige darunter mit einem intensivem Glänze. Jene zu
Mttnster ersteht mit den ersten der Welt, um sich in der
humanistischen und sodann in der classischen Literatur we-
nig gekannte aber unvergängliche Verdienste zu erwerben.
Alter, ununterbrochene Arbeit oft für bedeutende Gelehrte,
für die Schule und die westfälische Umgebung verleihen
der Dortmunder , voluminöse historische Werke seit der
zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts der kleinen höfischen
Presse zu Neuhaus eine eigenthtimliche Rangstellung. Lemgo
glänzt im 18. Jahrhundert wie ein Stern erster Grösse noch
weiter in die deutschen Gaue, wie vordem Rinteln, um die
Mitte reicht Mindens Thätigkeit weit ins Westfalenland,
und in den letzten Jahrzehnten sollen noch die Zahl
und der Charakter der Leistungen, welche zu Münster
gedruckt oder verlegt wurden, einen Spiegel dem regen ho-
hen Geistesfonds vorhalten, der sich hier unter Fürstenbergs
Obhut zum Denken und Handeln cumulirt hatte. Die Pressen zu
Münster, Herford (Lippstadt) zählen zu ihren bemerkenswerthe-
sten Leistungen so frühe periodische Blätter, wie wohl we-
nige Städte mit Incunabelnpressen und hätten gewiss auch
später mit denen anderer Länder Schritt gehalten, wenn
nicht die Franzosenherrschaft hemmend dagegen getreten wäre.
Die gesammten Officinen Westfalens haben das Anstands-
gefühl bewahrt, die Type nicht mit unlautern, lasciven Ob-
jecten zu beflecken und zu erniedrigen. Deutsch wie ihr
Ernst, blieb auch ihr Scherz.
Die Presse stand auch , namentlich in ihrem Früh-
ling, in hohen Ehren. Zu Münster und Dortmund erfreut
sie sich des Umganges und der Unterstützung der Gelehrten,
wie wäre sie selbst eine Persönlichkeit gewesen , anderswo
ersteht sie im Schatten der Schulen und Hochschulen oder,
wie zu Neuhaus und Steinfurt, neben den Residenzen wie ein
Institut, dass zu höherm Streben einen starken Hebel ein-
setzt. Unter den ältern Typographen Münsters erscheint
ein Theodorik Tzwyvel zugleich als Gelehrter ersten Ranges
0
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- 238 —
und wie viele Gelehrte haben wohl der Presse ihres Ortes
Nahrung geboten oder doch mit scientifischer Hülfe und Cor-
recturen ihre Liebe und Gewogenheit bewiesen. Und die
Fürsten ihrerseits suchten die Drucker nicht bloss durch
Titel, sondern wie zu Münster, Siegen, Paderborn und Biele-
feld auch durch Privilegien und andere Vergünstigungen
zu ehren und mehrfach auch mit den allgemeinen Lasten zu
verschonen.
Der Drucker war ursprünglich ein gelehrter, meistens
ein geehrter Mann, stolz auf seinen erhabenen Beruf, später
wird er zwar mehr ein technischer Geschäftsmann, doch liebt
er es lange noch, seinen Büchern ausser dem Schmucke des
schönen Satzes auch die Zier von Holzschnitten oder Kupfer-
stichen zu geben, und soll er auch auswärtige Hände dafür
heranziehen. Kam nun noch ein schmuckreicher Einband
hinzu, so war das Werk eine Erquickung für Geist und
Gemüt, das Buch ein Magnet und der Conservator bildender
Kunst. Doch so verschlangen sich endlich die Requisite eines
Buches, dass der Drucker , wie er ursprünglich Autor war,
später ausdrücklich Buchbinder wurde. Der Handel lag in
Händen des Druckers, des Verlegers und oft auch des Buch-
binders. In neuster Zeit sonderten sich die verschiedenen
Zweige des Bücherwesens in der Art, dass Druck, Verlag,
Handel mehr und mehr in besondere Geschäfte verzweigt
wurden, der Kunsthandel und die Binderei sich überall völlig
lösten — ob zum Nutzen der Werke, beantwortet leider die
gangbare Ausstattung in den meisten Fällen mit Nein.
Zahlen haben uns gezeigt, wie gross die Reihe der
Pressen auch in Westfalen in unserm Jahrhundert anwuchs,
als sie die Fessel des Privilegs abwerfen und freier an ihre
tausendfachen Aufgaben gehen konnte. Sie zog ein in die
kleinsten Ortschaften, stellte der Meinung die Meinung ge-
genüber , warf ihre Worte bis an die kleinsten Heerdfeuer,
diente in ungeahnter Ausdehnung dem geistigen Verkehr
wie dem Geschäftsbetrieb bis in die fernsten Zonen des
Erdrundes; der Mann von heute kann sich eine Welt ohne
Presse nicht mehr denken.
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— 239 —
Freilich verfallt sie als menschliches Institut nur zu
leicht den Gefahren der Freiheit, der materiellen oder gei-
stigen Uebervortheilung der einen gegenüber der andern
Partei : Möchte die Zeit bringen, dass sie voll männlichen
Ehr- und RechtsgefUhls statt des Schadens nur die Beseligung
der Gesellschaft , deren Lehrerin und Dienerin zugleich sie
ist, anstrebe ; möchte das gedruckte Wort, das immer noch
schwerer wiegt wie das geschriebene , geschweige das ge-
sprochene, um seine hehre Aufgabe sicher uud vollständig
zu lösen, zu dem Born der Ideen, woraus die ersten Pressen
schöpften, zurückkehren, zu dem Born der Humanität und
Wissenschaft und desshalb auch der idealen Objektivität und
Wahrheit. Kann sie aber im Strudel des Tagesleben der
Tendenz einmal nicht entrathen, weil diese zu menschlich
bleibt, so gestatte sie in Gerechtigkeit und Menschenliebe
der einen Partei das volle Audiatur et altera pars — dann
wird sie statt Dornen Rosen ins irdische Leben flechten.
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Alphabetisches
Namen- und Sachregister.
Aachen S. 104, 134.
Arnold v. 105, 134.
Johann v. 109.
Aalst 130.
Adamus 62, 72.
Adel 112.
Aelius 93 s. v. Elen.
Agenda Monaster. 172, 175, 180.
„ Paderbornens. 208 f.
Agricola R. 40, 84, 104.
w Heini. 122.
Ahaus v. 119.
Ahlen 37.
Albertus Magn. 2, 6, 8, 9 ff.
Aldinen 180.
Alding 132 f.
Alexander Grammat. 78, 82.
Alpen ab 28, 223.
Ambrosius v. Bursfeld 34.
Amersfort v. 118.
Amsterdam 64.
Anholt 228.
Antiphonarium Monaster. 171.
Antwerpen 152, 171.
„Argus" 228.
Arnold 224.
Arnsberg 73, 195, 226, 228.
„Ars conficiendi epistolas" 74.
Ascetica 155, 163, 168, 173, 224.
Aschenberg 227.
Aschendorf 154, 156, 170 f, 175,
216 f, 218.
Astrup 153.
Attendorn 93.
Augustinus Sen. 74.
Attendorn Petr. 129.
Augsburg 184.
Autenius 218.
„Avisen wöchentliche" 217.
Bädeker 201, 214, 220.
Balick 192.
Baldus 75.
Bamberg Heinr. v., Bisch. 157.
Barcelona 131.
Barchhusen 177, 185.
Bartholomäus Colon. 93, 106.
Bartoldus 75.
Basel 130.
Bausen 226.
Bavinck 93, 102, 111.
Bebel 8, 10.
Beckum 193.
16
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— 242 —
Bcerschwort 65.
Bern bo 9.
Benedict 155.
Bentlage 7.
Bergmann 130.
Berleburg 225, 228.
Berlin 191, 195.
Bermann 49.
Bevern Joh. de, 8. Tita Joh. de
Bevern.
Bibel Berleburger 225.
Bibliotheken 95, ff, 158, 162, 195,
229.
, Bodlejanische 196.
„ der Fraterherren 120.
„ Jesuiten 43, 46.
. Kreuzherren 7.
„ Vaticana 94.
„ des Buschius 20.
„ des Langen 19, 97.
„ Niesert 2a ff, 37.
„ zu Arnsberg, 73.
. Blomberg 100.
„ Detmold 201.
. Erfurt 96.
„ Hamburg 149.
. Köln 11.
, Lemgo, 99.
n Lünen 98.
. Minden 197.
m Münster:
Dombibliothek 19, 20 f, 158.
Paulinische 1, 3. f, 16, 18,
20, 23 f t 36, 40, 43, 46,
73, 135 f, 138, 147, 174,
188.
Seminar-Biblioth. 36, 38.
w Oldenburg 34
Bibliothekswesen s. Bibliotheken,
Kataloge.
Bielefeld 220 ff, 228.
Biermann 200.
Birchraann 171.
Bilo 58.
Binch (ck) 203.
Biderwant 46.
Bladenhorst 54.
Blankenberg 152.
Blankevort 111.
Blattzahlen 174.
Bloetguct 123.
Blomberg 100.
Blothe 201.
Bock 73.
Böddeken 119, 186.
Boitins 74, 108.
Boisseree 29.
Bonnus 48.
Borcken 119.
Borne de 142.
Bornman 37 £ 141 f, 179.
Bosaus 145.
Botioherus 48.
Bottiger 201.
Brakel 64
Brandenburg Elia. v. 195.
Braunschweig Christ, v. 210.
Breda Greg. Os. de 143.
„ Jac. 139 f.
„ Petr. 33.
Bredevorth 125.
Bremen 196.
Breviarium Monastcr. 172 t, 175»
184.
„ Mindense 195.
^ Romanum 174.
Briefdrucke 179.
Brillenmacher 178.
Brockhaus 200.
Broschüren 165 ff.
Broitermann 155.
Brückner s. Pontanus.
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24a
Bruges de 132.
Brune 227.
Bach das 167.
Buch Joh. Fried. 212.
. Jot. 184, 212.
Bücher-Austattung 178, 180 ff.
„ Einband 186 ff.
, Format 178.
Buchbinder 155, 162, 205, 210,
211 f, 228, 226, 235.
Buchhandel 96, 133 ff, 154, 162,
163, 235.
Buchholtz 215.
Buck 120.
Bünemann 70, 139.
Büren v. 211.
Eurkhard 70.
Burlo 133, 164 ff.
Bursfelder Union 111.
Bursfeld Joh. v. 119.
Busche von dem s. Buschius.
Buschius Herrn. 3, 6, 20, 23, 28,
31, 62, 66, 71, 84, 94, 98,
112, IM, 137 s. Bibliothek.
Bu8enbaum 183.
Butz Gust. 227.
„ Jac. 192.
Butzbach 109.
Butzer 149.
Cäsar s. Kayser.
Caesarius 78, 93, 118.
Calcar Gilb. v. 118.
Calenius 159.
Cambridge 132.
Catnener 78, 88, 113, 139, 141,
145.
Caselius 66.
Caspar Max, Bisch. 171.
Celtes 99.
Censuren 156 ff, 209, 220.
Cervicornu8 35.
Chronogramme 54.
Chyträus 62, 65, 67 f, 202.
Cincinnius 16 f, 36, 115.
Clemens August, Bisch. 162, 184.
Clenardus 199.
Clichtoveus 107 f.
Coccius Gerh. 49.
m Georg 49.
„ Ludolf 49.
Codrus 75.
Coesfeld 61, 119, 123, 153 ff, 211,
l22 f, 228.
Coete (Cotius) 37.
Cohausen 28, 223.
Colvander 179.
Comoedien, lateinische 76. 134,
s. Schauspiele.
Conrad, Bischof 86.
Controversschriften 168 ff.
Copius 111, 201.
Coppenrath 171, 185.
„Cotnputus elucidar" 145.
Corfey 67.
Cornelius 149.
Corvinus s. Babe.
Gothmann 202.
Crampe 125.
Cunradi 205.
Custoden 174.
Dahmer 212.
Dalen v. 152, 182.
Danhusius 183.
Danzig 54.
Deierlein 155, Ö23.
Denhard 205.
Detleffsen 197.
Detmold 203, 228 s. BibUoth.
16*
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244
Detten v.,208.
Deutgen 194, 216.
Deventer 39, 83, 85 ff, 102, 104,
116 f, 118, 123, 137, 139 ff,
193.
Diebnich G. H. 218.
H. 218.
Dibruch Joach. 220.
. Joh. 220.
Dichtung deutsche 51, 53, 54,
114, 120 f, 155, 160 ff, 168,
169, 191,207, vgl. 87, 227,
s. Gesangbücher.
Directorium Monaster. 174.
Disiner 215.
Diurnale Monaster. 175.
Dobeus 113.
Docen 102.
Dolmann 155.
Domann 62, 66.
Donop 100.
Donatus 82.
Dorlandus Petr. 136.
Dorsten 228.
Dorsten v. 129.
Dortmund 51, 92, 102, 197 ff,
228, 237.
Dreikönigslegende 29.
Dreyers 98.
Drolshagius 2 ff, 12, 23, 30, 32,
78, 92, 139.
Druckerei 1, 18, 39, 65, 84, 96,
101, 129, 133 ff, 156, 157,
152 ff, 189, 236 f.
Drunthen 53.
Düsseldorf 129, 192.
Ebersbach Fr. Ad. 192.
Joh. fleinr. 192.
Edicollius 107.
Erich, Bischof 173.
Elberfeld 195.
Elen v. 84, 114.
Einen 54.
Eisleben 232.
„Elegantiae" s. „Praecepta".
Elzevir 63, 212.
Emmerich 83, 117, 125.
Enax 197, 216.
Erasmus v. Rotterdam 201, 202.
„Epilogus psalmorum" 180.
Erfurt 87, 96.
Erimaeus 93.
Ernst, Bischof 151, 160, 174.
Essen 93, 123, 201, 213, 228.
Everardes 165.
„Evidiotheka" 178.
Evering 49.
Eylert 219.
Fabricius Alb. 62.
C. 64.
Falkonius 116.
Ferdinand, Bischof 156, 160, 171,
210.
„Festum liberationis nostrae" 43.
Fincke 226.
Florenz 96, 133.
Format 178 f.
Fracturschrift 194.
Frankfurt 96, 219, 233.
Franz, Bischof 125, 174.
Franz Arnold, Bisch. 174, 175.
Franz Wilhelm, Bisch. 214.
Franzosenherrschaft 103,227, 237.
Fraterherren 28, 79, 84, 93, 97,
111, 117 ff, 123, 133, 181,
186 f, 192, s. Bibliotheken.
Freckenhorst 40.
Friedrich, König 220.
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— 245 —
Friedrich Christian Bisch. 153 f,
177, 222, 224.
Friedrich Wilhelm, König 221.
Frobosius 202.
Fuhrmann 65, 216.
Furck 133.
Fürstenberg C. v. 112.
, Ferd. 27, 183, 222, 232.
. Franz 21, 27, 60 ff, 174, 180.
. Theod. 63, 206 f. !
Galen Ch. B. v., Bisch. 26, 91,
125, 161, 169 ff, 183, 222.
Garthüs 100.
Geccins 49, 118.
Ghemen af 131.
Gherd 187.
Gerhardus Wernensis 147.
Gerlach 227.
Gervinus s. Calenius.
Gesang kirchl. 57. 168 ff, 212.
Gesangbücher 203, 207, 227.
„ Berleburger 224.
. Bielefelder 220.
. Dortmunder 200.
. Essener 213.
m Hagener 227.
. Kölnische 194, 226.
„ Lemgoer 203 f.
. Lippstadter 194, 227.
. Märkische 194, 200, 227.
. Mindener 196 f.
„ Münsterische 169 f.
. Osnabrückische 194, 215 f.
. Paderbornischc 194,207,211 f.
. Ravensbergisches 221.
. Saarländische 194, 226.
. Soester 192.
. Wiedertauferische 186 l
Geschichtsforschung 114, vgl. 60 ff.
Gesner 72.
Giese 185.
Glandorp 115.
Glasemaker 100.
Glocken Inschriften 50 ff.
Goede 99.
Goes 66, 69.
Göthe 29.
Goslar 216.
Gouda 118.
Graduale Monaster. 171.
Grammat. Bücher 74, 82.
Gratias 10, 17.
Gregor Os s. de Breda.
Gresbeck 91.
Grimm Gebr. 103.
Gronovia 220.
Gronau 220.
Grethen 201 f.
Grovius 93.
Guldenschaff 30.
Gymnich Joh. 105 ff, 152,
Petr. 10, 40 f, 104 ff
Haag 34.
Hagemann 89, 94, 137.
Hagen 227.
Hahn 235.
Halverius 114.
Hamburg 62, 149.
Hamelmann 62, 68 f, 81 ff, 91,
99 f, 116, 137 f, 167, 201.
Hamm 92, 135, 219, 228.
Handschriften 95, 102.
Hannover 216, 235.
Hast & Riese 172,
Harnisch 206.
Haude & Spener 195.
Hang 224.
.Hansfreund* 227.
Haustatt 223.
Haverland 191.
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=■ 24$ -
i
Hechtel 216.
Hector 171, 173.
Heg(g)emann 7.
Hegius 23, 6fc ?7, H U
93 f, 104, 107, Ul, 123,
137, 140.
Heidorn 196.
Heidtmans 49.
Heinrich, Bischof 195.
Helwing 203.
Henning 152.
Herborn 206, 225..
Herbst Herrn. 226.
„ Mich. 194.
Herford 93, 123, 202, 317 f, 220,
228, 237.
Heresbach y. 101, 169.
Hering 92.
Herken 226.
.Hermann" 227.
Hermann! 192, 22u.
Hermannus Jud. 21.
Herold 194, 226.
Herrmann 200.
Herzogenbusch 117.
Hesse Eoban 115, 198, 212,
Hesselmann 172.
Heusmann 200.
.Hexenhammer H 79, vgl. 232.
Hieronymus 191.
Hildebrandt 212.
Hildesheim *52.
Hileb 54.
Hobbelinck 23, 26, 65 f, 68.
Hofmann 149.
Hogenberg Rem. 182.
Abrab. 183.
Holstein-Schauenburg y. 195.
Holtmann 125.
Holzschnitte 43, 141, 142, 144
150, 181, 182, 184 f; 189. '
Homberg 157.
Hörde Herrn, de 77.
n PW1. 77.
Horlcnius Jos. 6, 17, 93, 125, 139.
Hornken 173.
Horrion ß3, 184, 209.
Horstmar Job. i. 118.
Hövel ?. 28, 62, 116.
Hoya v. d. Bisch. 58, 59, 178, 182.
Huber Dav. 211 f.
„ Joh. 211 f, 226.
Humanismus 1, 42, 60, 52, 56 I,
71, 84, 89, 111, U7, 133,
190, 230, 239.
Humm 152.
Hundt Henning 200.
.Indagatio succineta"
Initialen 132, 185.
Innocenz VIII. 9.
Intelligenzblatt Arnsberger 226.
9 Dorstener 228.
n Münster. 218.
Iserlohn 132, 185.
Iserlohn Rigo forti de a. Alding.
Italien 80.
Jenson 165.
Jesuiten 60 f, 125, 176 ff, 183,
208.
Joachim „Westval" 130.
Johan. v. Hildesheim 29.
Johannes Pacjerb. 130.
Joidanus 80.
Jülich Joh. Hrz. v. 159.
Junffermann 213.
Kalcovius 27.
Kalender 180, 182 f, 185, 199 f,
216 t
Kamert 226.
Kataloge 95, 101.
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— 247 —
Katechetische Schriften 168, 198,
207, 218, 221.
Katzenelnbogen H. t., Bisch. 90.
Kaufmann 213.
Kayser 204.
Kenning 49.
Keickmeister 75 ff, 104, 134.
Kerssenbrock Herrn, v. 19, 42 ff,
62, 74, 87, 91, 113, 116,
159, 180, 186, 201.
„ Joh. 49, 62, 68, 121.
„Kerstenspegel" 79.
Kettler W. v., Bisch. 56, 59.
Kiersgarten 119.
Kissiing 215.
Klauber 184.
Kleinsorgen Gerh. lf3, 116.
Klingenberg 203, 225.
Knor 203.
Koburger 165.
Koch 202.
Koerdinck 153, 154, 156, 175.
Köhnemann 218.
Kohonoffsky 215.
Koite 193.
Köln 2, 9 ff, 17, 30, 32, 35, 79,
93, 104, 115, 118, 129, 133,
137 f , 139, 141, 144, 152,
156 f, 159, 165, 171, 179,
182 f, 193.
Konrad. v. Paderborn 131.
Kopenhagen 88, 131.
Körholz 194.
Korver 175.
Krakamp 155.
Kridt 60.
Krieger 185.
Krumbein 216.
Kunstgeschichtliches 43 , 63 f,
90 f, 109, 161, 168, 174 f,
180 ff, 186 ff, 193, 214, 219.
Kunethandel 185, 235 f.
Kupferstich 174, 177, 182 f, 214,
224.
Kupferplattendruck 200.
Küster 59.
Lambach 198.
Landen 141.
Lange 194.
Langen Herrn. 77.
Langen Rud. v. 1 f, 19, 23, 25,
28, 58 f, 66 ff, 85, 92, 190.
„ Bibliothek 19, 97.
n Biographisches 39 ff.
. Literatur 25.
w Schriften 1, ff, 9, 16, 18, 29 ff,
36, 52 ff, 80, 134, 142.
Latomus 191.
Leichenreden 176 f, 178, 182,
202, 221, 226.
Leipzig 139, 232, 235.
Lemgo 46, 63, 69 ff, 99, 194,
201 f, 225, 228, 237.
Lentenus 49.
Letmate Walt. 39.
„Liber Ordinarius- 172.
Liebezeit 216.
Liesborn 26, 62, 147. 184.
Limburg 19, 22, 25, 35, 65, 104,
134 ff, 179.
Lingen 216.
Lippe zur 202.
Lippstadt 16, 50 f, 102, 119,
192 ff, 202, 228.
Lipsius 63, 66.
Lissabon 131.
Livius 209.
Lobwasser 194, 204.
LongicampianuB 106.
Löwen 79, 130.
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— 248 —
Lübeck 191
Lucios 63.
Ludgerus S. 16, 29.
Lüdinghausen 54.
Lühner 71.
Lünen 131, s. Bibliotheken.
Lnther 203, 218, 221.
Lüttich 116.
Mainz 29 f, 233.
Mallincrodt B. v. 19 , 27 f , 65,
68, 102, 104, 135, 138, 167.
Mallincrodt Gebr. 201.
Mancinellus 6, 139.
Mandate 165, 195.
„Manipulus curatorum" 135.
Mann 214.
Marburg 114, 118, 232.
Martens Dirk 130.
Mathematik 107 f, 113.
Maximilian Franz 154.
Maximilian Friedr. 154, 171, 174,
180.
Maurer 199.
Melanchthon 118, 199.
Mercatoris 131.
„Mercur" 167,218.
Meschede R. S. 73.
Meschede 132.
Mesmeker 132.
Messe Frankfurter 96.
Messina 132 f.
Meulen v. der 218.
Meyer 216, 225.
„ Adolf H. 194.
. Albert 202 f.
, Friedr. 212.
m Heinr. 194, 202 f.
. Heinr. Wilh. 202 f.
Joh. Heinr. 194.
Michelis 185.
Minden 102, 195 ff, 228, 237.
n Bischöfe s. Heinrich.
Missale Monaster. 171, 188.
Modersohn 55.
Möller Bernh. 194.
Heinr. 194.
Montanus Jac. 93, 123.
Joh. 99.
Monte Rocherii de 135.
Monumenta Paderborn 184, 212.
Moreri 72.
Moretus 28, 171.
Morlage 97.
Mormann 84, 122 f, 179.
Müllems Tilein. 93.
Müller 66, 197.
München 236.
Münster 1, 7, 9, 18 f, 21, 24, 28,
32, 37, 39, 42, 46, 52, 56 ff,
65,, 69 f, 76 f, 83 ff, 90 ff,
102, 118, 133 ff, 159, 166,
177, 193, 228, 237, s. Bi-
bliotheken.
„ Ei schöfe s. Conrad, Casp. Max,
Erich, Ernst, Franz, Franz
Arnold, Fei d.v. Fürstenberg,
Fried. Chr., v. Galen, v. d.
Hoya, v. Katzenellenbogen,
v. Kettler, Kridt, Ludgerus,
Maxim. Franz, Maxim. Friedr.
Otto v. Schwarzburg, de
Wevelkaven.
Münster Dederich v. 80, 130.
Joh. 129, 205 215.
Murmellius 2, 3, 5, 6, 8, 10, 37,
62, 82, 88, 91, 93, 97, 106 ff,
123, 138 ff, 143, 182.
Musik 57.
Musikalien 176.
Mutius 37.
Digitized by Google
- 249 —
Nagel Christoph 153 ff, 175, 177.
211, 224.
. Joh. NiooL 154.
„ Rud. 176.
Naturwissenschaften 113.
Neander 204, 221.
Neapel 97, 133.
Nehemius s. Drolshagius.
Nettebruch 219.
Neuhaus 64, 209, 211 f, 222, 237.
Neuwald 202.
Nicolartius 125.
Niederlande 90.
Nienborg 67.
Niesert 17, 23 ff, 28 ff, 30, 37,
136 ff, 145 f, 177, 223, s,
Bibliotheken.
Niesinck 120, 123 f.
Nilus 191.
Nordkirchen 27.
Nordwalde 54.
Nünning 28, 167, 223.
Nürnberg 133, 148, 195.
Njmwegen 130.
Oemeken 191.
Oenopola 65.
Oestereich 236.
Ohr v. 208.
Oldenburg 34, s. Biblioth.
Oliver 27.
Olpe v. J29.
Olpe 129, 130.
„Ordnungen" kirchliche 148, 178.
„ . Berleburger 225.
9 » Herforder 215.
, „ Lippische 201.
. » Neuenrader 200.
. . Osnabrücker 178, 215,
. . Soester 191.
„Ordnungen" weltliche 43, 147,
178, 196, 205, 218, 221.
Orgel 170.
Ornithoparcus 93,
Ornitander 199.
Osnabrück 42, 46 f, 91, 100, 102,
112, 119, 177 f, 185, 214 ff,
228.
„ Bischöfe s. Franz Wilh.
Osnaburg 199.
Ossenbrugge 150, 179, 182.
Otto, Bischof 58.
Overham 211.
Paderborn 63 ff, 102, 184, 194,
206 f, 228.
„ Bischöfe, s. v. Fürstenberg
Ferd. u. Theod., v. d. Reck.
Paderborn v. 3, s. Konrad.
„ Joh. v., s. Joh. Paderb,
Paffraet 21, 33, 104, 139 f,
Pantaleon 62.
Panzer 139.
Paris 80, 172 f, 175,
Pasquillen 159, 166.
Pastoralschriften 168.
Pergamentdrucke 164.
Pering 89, 146 f.
Perrenon 155, 185.
Perthea 235.
Petrarca 191.
Pfauk 184.
Pfeffel 184.
Pfinzing 199.
Piderit 116.
Piler 196.
Pirkheiraer 191.
PItycormatius 49.
Plantin 180.
Platvoet 155.
Pleningen ▼. 40.
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- 280 -
Plettenberg 68.
Regelein 225.
Ponte de 183.
Regensberg 18, 22, 24, 143 f,
Pontanus 53, 207, 209,
145, 151, 164, 183 f.
Postanstalten 235.
Regensburg 9.
„Praecepta viginti elegantiarum-
Reineccins 115.
74.
Reinert 200.
Presse s. Druckerei.
Reinhold 185.
Preussen Könige v., b. Friedrich
Reitz 224.
u. Friedr. Wilh,
Remaeus 93,
Predigten 168, 176, 182, 194,
Renaissance 90, 181, 187.
202, e. Leichenreden.
Renchen 171.
Privatpressen 133.
Reuchlin 76, 96, 141, 145.
Privilegien 151, 154, 156, 215,
Rheine 53.
220, 224.
Rietberg v. 78, 83, 86, 202.
Prussia Peter de 10.
Rigo forti 132, s. Iserlohn.
Psalterium Monast. 171.
Ring to s, zum Ring,
Rink Joh, 31 f.
w Peter 36 f.
tyienstedt 66.
Rinteln 168, 203, 237.
Quentel 12, 17, 32, 107, 138,
Ritualbücher 170 ff, 181, 230.
139, 144, 174, 209.
Röchel 116.
„Qnerela scholae Osnabnrg.« 42 ff.
Rolevink 28.
Rolliu8 67.
Rom 80, 133, 149.
Rabe 206, s, Corvinus,
Rosarium 36 ff, 142.
Rad ein ach er 190.
Rostock 118, 133.
Rambold 118.
Rotarius 93.
Raesfeld Godfr. v. 21, 46.
Rotger 93, 111, 122 f.
Lndg. 167.
Rothman 146, 158, 169.
Phil. 150.
Rötiken 201, 207.
Rasfeld Anna 152.
Rottendorf 24, 26 ff, 167.
„ Bernh. 27, 153, 226,
Rüben 207.
„ Lamb. 150, 212,
Rudolphi 64.
. Wem. 153.
Rufaeus 210.
Ransch 19.
Rühl 200.
Ravenstein 130,
Ruland 3, 18, 62.
Reccius 66,
Rumpaeus 192.
Rechtswissenschaften 112.
Rupertus Werlens, 207.
Reck Theod. v, d„ Bisch, 212.
Rüskamp 205.
, Joh. 226.
Rüthen 194, 226.
Rees 165,
I
Digitized by Google
- 251 —
»Sachsenspiegel" 130.
Sachsen Nicol, v. 131.
Sacrobusto de 107,
Salzburg 236.
Sartor(ius) 199.
Säur 205.
Savin 185.
Saxonia Job« de 108.
Schade 132.
Schade y. 77.
Senaten Clawes 67.
„ Herrn. 67.
„ Nicol. 66, 178, 211 ff,
Schauspiele 61.
Scheie 100, 113.
Schifflin 184.
Schinner 210, 212,
Schlichthaber 196 f.
Schlodt 46, 70, 201.
Schmid 216.
Schmidt 207.
Schmising 20, 97.
Schnelling 4, 7.
• Schöpper 198.
Schöppingen 51.
Schöppingen H. t. 119.
Schorlemraer 215.
Schuchenus 2Q7,
Schnlting 190 ff.
Schuhmacher 139.
Schulwesen und - Bücher 57 f,
73 f , 122 f, 140 f, 151 f,
149, 164, 190, 330.
Schwander 215.
Schwartz 208.
Schwarz 115.
Schwarzburg y, 78, 83.
Schweden 8,
Schwelm 228.
8chwendel 223,
Schwiring 201.
Scribanae 183.
Siberch 131.
Sickingen v. 191.
Siegen 206.
Signaturen 12, 16, 43, 103, 179.
Simons 165.
Sinthen 74, 82, 118, 136.
Sleibing 100, 111.
Smedes 187.
Snell 131.
Soest 8 , 54, 102, 190 ff, 213,
228.
Soter 198.
Spangenberg 203.
Spanier 166.
Spiegelberg 202.
Spindler 131,
Spormacher 116.
Sprickmann 50, 155.
Stehlschmidt 208.
Starmann 200.
«Statuta provincialia" 134.
Steinen D. 185.
„ Joh. 42.
Steinfurt 204 ff. 237.
Stendal 130.
Strassburg 19, 88, 129, 149, 17$.
Strübel 185.
Sturm 117.
Subiaco 133.
Südlohn 50.
Süvern 221.
Sweppe 54.
Tecklenburg v, 40.
Tegederus 97.
Terentius 146.
Theissing 156.
Thieme 227,
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- 252 -
Thurney&ser 133, 150, 179, 182,
200.
Tillmann 194, 210.
Tirs 120.
Todt Joh. 211.
„ Joh. G, 211, 222.
* Joh. Theod.212.
Torrentinus 78, 82.
Tränckner 220.
Tremonja H. de 51.
Treutier 10.
Trittenheim 2 f, 64, 68.
Trost v. 55,
Tunicius (Tunicken) 89, 115.
Tyde-Boke 195.
Tympius 155, 180, 182.
Type 178 f.
Typographie s. Druckerei.
Tzwyvel Theod. 37, 43, 105 ff,
142 f. 168, 176, 179 f, 237.
w Godfr, 149, 180.
„ Dider, 150.
Uetroann 54.
Ulm 236.
Undemann 54.
Universitäten 87.
Utz Ant. 192, 219.
n Friedr. 219.
Talk 77,
Valencia 131.
Veghe 120, 123.
Velen v. 167,
Venedig 130, 156, 217,
Venlo 93.
Venroth 93.
Vergilius 142,
Veriman 213.
Verspoell 211.
Viermund v. 54.
Vigilius 200.
Vischer 64.
Vita Johann, de Bevern, 222.
Vogt 217.
Voigt 216.
Volker 51.
Volkmar Henning 194.
Volmari 152,
Volsius 78, 93.
Vossius 62.
Waesbergen de 154.
Walterus 116.
Waltmann 184.
Warburg 213.
Warendorf 153 ff, 212, 224.
Wasserbach 69 f,
Wechter s, Vigilius.
Wedinckhausen 73.
Welbergen 54.
Wellenberg 205.
Wemmeyer 223,
Wenigelius 202,
Werden 16 ff, 20, 36, 115, 129.
213.
Werden M. v. 129, 144.
Werl 73 f.
Wesel 83, 85, 117 f.
Wessel 80.
Westerhues 51 ff.
Westermann 193, 200.
Westhoff 200.
Westfalen 89, 129 f, 236 f.
Westfalia Joh. de 130.
Westval s. Joachim.
Wevelkaven Flor, de, Bisch. 29,
Wiedertäufer 19 f, 42 ff, 54, 56,
58 f, 98, 146 ff, 158 ff. 166,
168 ff, 17a
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— 253 —
Wichard 208.
Wigand 103.
Wilckinghoffs 200.
Windemaker 109.
Windsheim 119.
Witte 26, 34, 62, 116.
Witten 93.
Wittenus 100,
Wittenberg 88, 193, 232.
Wittneven 212, 223.
„Wochenblatt gemeinnütziges"
218.
Wolphard 219.
Wiechendorf 192,
Wou Gerh. de 52 ff.
Wydenbach 119.
Xylographie 35 f, 43, 164, 181,
184 f, 193, 202 f, 208.
Zeis, Zeisen 192, 213.
„Zeitungen u. Zeitschriften" 148,
165, 167, 178, 194, 214, 217,
218, 226, 227, 228, 231, 234,
237.
„ Arnsberger 226.
„ Dorstener 228.
„ Dortmunder 234.
„ Hagener 227.
„ Herforder 217.
„ Lippstudter 167, 218.
„ Münster. 167, 218.
Zepper 206.
Zettel 166, 178.
Zierstempel 7, 189.
Ziese 200.
Zigeuner 159,
Zumkley 155.
Zum Ring Herrn. 21, 150, 182.
Ludg, 149, 180.
Zurmühlen 24 f, 28.
Zwivel s. Tiwyvel Dider.
Zwolle 33, 82.
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