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Full text of "Denkwürdigkeiten aus dem Münsterischen humanismus mit einer Anlage über das frühere Pressund Bücherwesen Westfalens"

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DENKWÜRDIGKEITE 

N AUS DEM 
MÜNSTERISCHEN 
HUMANISMUS: MIT 

EINER ANLAGE... 

Josef Bernhard Nordhoff 



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Denkwürdigkeiten 



I 



aus dem 



Münsterischen Humanismus. 




Mit einer Anlage 



über das frühere 




Press- und Bücherwesen 
Westfalens. 



.Inter foli» fraetuj*. 



Von Dr. J. B. Nordhoff. 



Münster 1874. 

Theissing'sche Buchhandlung. 

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Denkwürdigkeiten 

aus dem 

Münsterischen Humanismus. 



Münster, 



Th e i 88in ? 'sehe Btichdruckerei. 



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Denkwürdigkeiten 

« 

aus dem 

Jünsterisclien Humanismus. 



Mit einer Anlage 

über das frühere 

Press- und Bücher wesen 
Westfalens. 

„TnttT folia fructui'. 

Von Dr. J. B. Nordhoff. 

Münstor 1874. 

Theissing'sche Buchhandlung. 



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Vorbemerkungen. 



1. Der erste und Haupttheü dieser Schrift 
bringt eine Vervollständigung der Gedichte und die 
Bibliographie der Druckschriften des bekannten Hu- 
manisten Rudolf von Langen; sodann ausser an- 
derweitigen literarischen und biographischen Nach- 
richten hinsichtlich des Münsterischen Humanismus 
— besonders, als historische Schwerpunkte, dessen 
Einfluss auf die Denk- und Dichtungsweise, auf die 
spätere Historiographie, die Gründung von Pressen, 
Schulen und Bibliotheken, dessen Eingreifen in die 
verschiedenen Stände und Studien und Pflege bei 
den Fraterherren. 

2. Der zweite Theü behandelt als Anlage die 
vom Haupttheüe eingeleitete Dr ucker ge schichte 
Westfalens chronologisch nach den verschiedenen 
Druckstätten, und zwar eingehender nur in den An- 



fängen, nach Zeit, Bruckern, Werken und sonstigen 
Eigenthünüichkeiten , von da bis 1800 gedrängt, 
und deshalb in der Schrift untersclieidlich, nach der 
Reihenfolge der Drucker, sofern sie sich aus dem 
oft sehr fern liegenden QueUenmaterial ergab. Nach 
Masgabe der geschichtlichen Bedeutung und der 
Quellen wurde das Press- und Bücherwesen Münsters 
ausführlicher in seinem äussern und innern Wesen 
dargelegt. Die Frühdrucke Münsters und anderer 
Pressen, zumal .jener, welche im Schalten neuer 
Schulen errichtet wurden, greifen vervollständigend 
und bestätigend in die Resultate des Ilaupttheiles 
ein, so dass beide Theile sich gegenseitig ergänzen 
und im WertJie heben. 

3. Die Anmerkungen sind stellenweise zu förm- 
lichen Excursen angeschwollen, um Stoffe, welche 
von dem Texte bezeichnet, aber ihm sich nicU ein- 
fügen Hessen, abzuthun: so die GescMcJUe der 
Miimterischen Dombibliothek, die Studiengegenstände 
der Tlieologen, biographische und literarische Mxt- 
thcilungen, die zeitige Werthschätzung von Hand- 
schriften gegenüber den Drucken, Titelkopien unbe- 
kannter oder historisch denkwürdiger Druckschriften, 
Auszüge aus humanistisclien Schriften, westfälische 
DicMungen, profane und kircMiche, soweit sie gedruckt 
worden, namentlich die (kircldichcn) Gesangbüclier, 



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— VII — 

katholische wie evangelische bis 1800 und zwar jene, 
die nicht bekannt waren, in genauer bibliographischer 
Beschreibung, 

4. Wichtige locäle Erscheinungen in dem Press- 
wie im Literaturwesen wurden durchgehends an die 
entsprechenden der allgemeinen Geschichte gelehnt 
und damit füglich auch ihr eingereiht Ueberhaupt war 
es das Bestreben des Verfassers, keine Anstrengungen 
und Kosten zu scheuen, um die Schrift dem vor- 
gesteckten Ziele in Inhalt und Form möglichst zu 
nähern, und dafür das gelegenere und fernere 
Quellenmaterial, handschriftliclies wie gedrucktes, was 
nur irgendwelche Ausbeute versprach, heranzuziehen. 
HJrJieischte die Bibliographie die Bewältigung einer 
grossen Masse von Druckstücken, so gebot die Verarbei- 
tung des Stoffes, oft ganze Schichten von Literatur 
durchzustehen, um ein paar geeignete Körner zu 
finden — und wie oft noch vergebens! Dennoch dürfte 
des Lehrreichen, Neuen und Wichtigen nach ver- 
schiedenen Seiten so vieles erzielt sein, dass die 
Arbeit auch andern Zweigen der Geschichte, zumal 
der Culturgeschichte, und dies in weiterm, als rein 
landesgeschichtlichen Umfange, Bereicherungen zu- 
führen möchte. Eine kurze Inhaltsangabe im An- 
fange und ein alphabetisches Sach- und Namenre- 
gister am Ende, welches andere Hände eingehend 

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I — VIII — 

vorgearbeitet haben, werden über das Ganze wie das 
Einzelne leicht Auskunft geben. 

5. Je nach dem Werthe sind die Druckstücke 
genauer und vollständiger hinsichtlich der Bibliogra- 
phie, Besonderheiten, Fundorte und Besitzer beschrie- 
ben — bei den spätem deshalb auch nach diploma- 
tischen Grundsätzen*) die römischen JähreszaUen in 
arabischen wiedergegeben; wenn andere gleichwerthige 
Stoffe eine mangelhaftere oder abweichende Behandlung 
zeigen, so hat sie der Verfasser eben nicht nach dem 
Augenschein, sondern nur so, wie sie in anderweiti- 
gen Quellen, schriftlichen Mittheüungen, gedruckten 
und ungedruckten Bücherkatalogen vorlagen, aufnehmen 
und benutzen können. So lange zumal ältere Werke 
nurdefect citirt oder in den Katalogen charakterisirt 
werden, gelü leider ein Theil des reichen urkund- 
lichen Gehalts, den jeder Büchertitel birgt, 
für den Leser verloren, besonders wo die Originalien, 
falls sie noch erübrigen, meistens Ephemeriden ge- 
worden, oft kaum habbar und so leicht dem Vergange 
ausgesetzt sind. Wo ferner ein deutsches Druckstück 
in Antiqua gesetzt ist, liess die Quelle entweder dessen 
Schriftcharakter unentscheiden, oder es kam an jener 



*) 6. Waitz, in d. Historischen Zeitschrift heransgeg. von 
H. y. Syhel (1860) IV, 442. 



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— IX — 

Stelle auf das Bibliographische nicht an; sollten den- 
noch ünglächmässigkeiten aufstossen, so dürften sie 
entschuldigt werden mit der verschiedenen oft im 
Manuscripte kaum genauer zu bezächienden Schrift 
des Satzes, der sonst hoffentlich übersicMich und 
stufenmässig die einzelnen Theile des Gesammttextes 
je nach ihrer Competenz ausdrückt. Zuweilen war 
auch die Unebenheit in der Orthographie der Namen 
nicht zu umgehen, indem hier die moderne, dort die 
Schreibweise der Quellen, die ja oft in einem und 
demselben Worte variirt, BeacUung verlangte. 

6. In der Anlage stützen sich die Nachrichten 
über den Westfälischen Messverkehr auf den herr- 
lichen : Codex Nundinarius Germaniae literatae bise- 
cularis. Mcss- Jahrbücher des Deutschen Buchhandels 
von dem Erscheinen des ersten Mess-Kataloges im 
Jahre 1564 bis zur Gründung des ersten Buch- 
händler-Vereins im Jahre 1765. Mit einer Einleitung 
von Gustav Schwetschkc. Nebst drei Tafeln Fac- 
similes. Halle. G. Schwetschkes Verlagshandlung und 
Buchdruckerei 1850, in Fol., mehrere der nicht be- 
legten Angaben über das Münsterische Druckerwesen 
auf die statistischen Aufzählungen von J. Niesert : 
Beiträge zur Buchdruckergeschichte Münsters. (Mit 
einer Steintafel) Coesfeld, 1828 in Commission bei 
Bernard Wiüneven, und auf dessen : Fortgesetzte Bei- 



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träge zu einer Buchdruckergeschichte Münsters, da- 
selbst, in Commission der Bieseschen Buchhandlung 
1834 — beide Stücke in K 8°. Es lassen sich 
auch die Nachrichten, welche diesen Schriften ent- 
stammen, leicht gemäss der Jahreszahl auf dieselben 
zurückführen, weil sie chronologisch geordnet sind 
und die Messjahrbücher noch innerhalb der chrono- 
logischen Haupttheilung die einzelnen Bruckorte, und 
unter diesen wieder die Namen der Brucker und 
Händler, alphabetMsch aufführen. Namentlich stützen- 
sich die cursiv gedruckten Theüe der Anlage, sofern 
sie eines andern Beleges entbehren, auf diese Arbeiten 
und auf Bücher titel. Biese Quellen aber an jeder 
betreffenden Stelle oder gar die gesammten Belege 
aus denselben für das meist ganz kurze Besultat 
im Texte anzuführen — würde den Baum und 
die Kosten der Schrift bedeutend vermehrt und 
die Citate der Titel, so gern auch der Verfasser die 
Beiveise aufbewahrt hätte, zu einer Art von Biblio- 
graphie Westphalens umgestaltet haben. 

7. Wesentliche Beiträge Anderer, mündliche oder 
schriftliche, habe ich mit deren Namen, wie gedruckte 
Quellen, rechtorts bezeichnet; allen wackern um die Ar- 
beit verdienten Männern meinen herzinnigsten Bank 
und an dieser Stelle namentlich Sr. Excellenz, dem 
Ober- Präsidenten von Westfalen und Curator der 



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- XI - 

Königl Akademie zu Münster, Herrn von Kühl- 
wetter, durch dessen an Iwher Stelle erwirkte Geld- 
beihülfe die unverkürzte Durchführung des Druckes 
gesichert wurde. 

8. Nachzutragen wäre : 

Zu S. 27 hinsichtlich der Schriften des Oliverius 
die Angabe des Frid. Mathias Drivcr, Biblioth. Monaste- 
riensis 1790 p. 115. : Diät de Olivetio Bernardus de 
Mallincrott ejus de Orientalibus rebus Historiam hactenus 
ineditam in pergam-eno ipsius Oliverii aevo vcl circiter, ut 
characteres indicio sunt, scriptum extare apud Doctorem 
medicinac Bottendorpium juniorem, qui editionem propediem 
se adornaturum promisit. — S. 48 Z. 27 ist in dem 
Worte Botticher us ein t eu streichen, Zeile 31 statt „ Welr 
linghausen u Wellingholzhausen zu lesen. — S. 53 In- 
schrift 2 , als Vers 4 einzuschieben : haid ons versmöUcn 
alle gaer. — S. 65. Im 0}>us opus chron. et histor. Circuli 
Westph. 1656 berichtet auch Stangefol IV p. 14 über Langen 
nach Trittenheim uud Fantaleon, III, 538 über Langens 
Humanistenschule nach Chyträus. — S. 73. Die Bocks 
zu Werl erscheinen später als Erbsälzer. v. Steinen 
Westf. Gesch. XXX, 1210. — S. 115. Der Dortmunder 
Patrizier Caspar Schwarz , dessen Spuren einmal genau 
zu verfolgen wären, besass angeblich auch Plinii XX Vo- 
lumina de bellis Germanicis. Monunienta B aderbor nensia 
Edit. Elsevir. 1672 p. 72 , und wird von Meibom SS. 
rer. Germanic. I, 376 genannt vir nobilis et in omni an- 
tiquitate praeclarissime versatus. — S. 130. Der Drucker 
Joachim Westval stammte vielleicht durch seine Ahnen aus 
Westfalen, er selbst mit Gewissheit aus Stendal. Goetzc, 
Äelt. Gesch. der Buchdruckerkunst in Magdeburg I, 14. 



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XII - 



- S. 133, 149, 166. AU dritte Münsterische Presse der 
Wiedertäuferzeit und zugleich als Beispiel einer Privatr 
presse ist noch anzuführen jene des Prädicanten Rothman, 
welche, verraten durch die Druckschriften des Besitzers, 
1533 27\11 von der städtischen Obrigkeit in seinem Hause 
entdeckt und zur Kanzlei abgeführt wurde. H. v. K ers- 
te nbrock, Gesch. der Wiedertäufer. Deutsch 1771 S. 457. 

— S. 150. Auf ein verwandschaftliches Yerhältniss der 
Münsterischen Druckerfamilien Tzwivel und JRasfeldt deutet 
vielleicht eine nachträglich von Dr. Sauer gefundene archir 
valische Nachricht , wortiach 1553 ein Viear an der 
Martinikirche sich nennt Phil. Racsfeldt alias Tzwivel; 
auf die Verhältnisse die Beziehungen Lambert Basfeldfs 
zu dem Münsterischen Weihbischof Nie. Arresdorff des 
letzteren Testamentsklausel (bei Tibus, Weihbischöfe 1862 
S. 162) von 1616 : Lamb. Raffelt (sie) , typographus 
Monast. retineat ex mutuo reeeptis trecentis Imperialibus 
centum. — S. 155. Nach alten Facturen ist die Coppen- 
rathsche Druckerei zu Münster sclwn 1817 gegründet; 
nach Angabe des Oberbürgermeisters Dr. Becker zu Dort- 
mund und Brockhaus, Beal-Encyclopädie A 11 , XI, 29 
erschien zuerst in Münster bei Philipp Heinrich Perren on 
1784 auch das einzige grotesk -komische Heldengedicht. 
K. A. Kortüm's: „Die Jobsiade" in 3 Thln mit Holz- 
schnitten und der Ortsangabe „Sulzburg", die in den spä- 
tem Auflagen „Schüdburg (( lautet; A*. bei Mallincrot in 
Dortmund, A*\ Leipzig 1865. — S. 173. Der Herr 
Gymnasialdirector Dr. Hölscher zu Becklinghausen schreibt 
mir hinsichtlich des Münsterischen Breviers vom J. 1518 
Genaueres nach einem ihm zugehörigen Exemplare, dass 
Pars hyemalis schlösse: Explicit pars hyemalis breviarii 
Monasteriensis Parisius (sie) per Desiderium mähen in 
vico S. Jacobi commorantem sub intersignio divini Nicolai 
impressa. Impensis honestorum virorum Godefridi hecto- 



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ris et Ludovici hornhen sociorum. Anno Domini mülesimo 
CCCCCXVIIL die XXVIII. Novembris. Laus deo; 
dann folge das Kölnische Wappen mit der Inschrift: 0 
Felix Colonia. Ludovicus Hornsen. Das Brevier war 
demnach ein Kölner Verlagsartihcl und Paris'er Druck. 
— S. 176. Bud. Nagel, welcher das Musikalische des 
Münster. Gesangbuchs von 1677 bearbeitete, zeichnete 
C. Z. A., was nach Jos. Annegarn, Kaihol. Kirchen- 
gesänge 1833 S. II bedeutet: Gustos zu AlÜühnen. — 
S. 228 sind die Druckorte Steinfurt und Siegen hinzu- 
zufügen , so dass die GesammtzaM der westfälischen Of- 
ficinen zum Jahre 1817 wenigstens 24 ausmacM. 

Münster, im Juli 1874. 



Der Verfasser. 



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Inhalt. 



Die Aufgabe 1 

Rudolf von Langen 2 — 42 

Sein Epitaphion auf Albertus M 2 

Sein Hexaatichon auf die Vita Ludgeri a. 1515 16 

Bibliographie seiner Druckschriften 18—30 

Die Carmina 1486 18 

Horae de s. cruce 31 

In divos tres magos Ode Sapphica ... 33 

In Prudentii Aur. versus hymnos et lyram . 33 

Die Carmina in Ms 34 

Urbis Hierosolymae . . . excidium .... 85 

Rosarium 36 

Biographisches 39 

Herrn, v. Kerssenbrock und die Querela scholae 

Osnaburgensi3 42—49 

Der Mtinsterische Humanismus gegenüber der 

Dichtung (Glockeninschriften) und .... 50—55 

die spätere Historiographie 56—72 

Der erBte Münsterische Druck 1485 und das hohe 

Alter der Humanistenschule 73 — 94 



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— XVI — 

Salt«. 

Des Humanismus Einfluss auf die Gründung 

von Bibliotheken und Pressen, .... 95—110 

auf die verschiedenen Stände und . . . 111—113 

Studien 113-116 

Der Humanismus und die Fraterherren .... 117—126 



Anlage. 

Verdienste der Westfalen um die Frühpresse . . 129 

Mtinster 183—189 

Druckerei und Handel 133—156 

Privilegien und Censuren 156—164 

Gegenstände nach Form und Inhalt . . . 164—178 

Format, Type, Ausstattung 178—185 

Der Einband 186 

Soest 190 

Lippstadt 192 

Minden 135 

Dortmund 197 

Lemgo 201 

Steinfurt 204 

Siegen 206 

Paderborn . . . . , . . 206 

Neuhaus 211 

Warburg 213 

Osnabrück 214 

Herford 217 

Hamm 219 

Bielefeld 220 

Coesfeld 222 



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— XVII - 

Seite. 

Spätere Druckorte 224—229 

Warendorf 224 

Berleburg 224 

Detmold 225 

Arnsberg 226 

Rüthen 226 

Hagen 227 

Dorsten 227—228 

Rückblick 229-239 



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Der Haupttheil. 



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Ich beabsichtige, nachstehend in ungezwungener Folge 
eine Beihe, den Münsterischen Humanismus und zunächst 
dessen Mittelpunkt, Rudolf von Langen, betreffender Bei- 
träge zu liefern, die zwar vorzugsweise die Literatur und 
Bibliographie, daneben jedoch biographische und sonstige 
Mittheilungen umfassen werden. Die besondere Worth- 
schätzung des Bibliographischen erscheint nicht nur natür- 
lich und geboten, insofern gerade zu Münster der Huma- 
nismus mit der Typographie aufkam oder vielmehr durch 
sie die ersten Erzeugnisse in die Oeffentlichkeit brachte, 
sondern hinsichtlich der Langenschen Druckschriften schon 
längst um so mehr angezeigt, als sie solche Seltenheiten 
geworden sind, dass sie sich auf den grössten Bibliotheken 
kaum ausnahmsweise finden*). Um diese Aufgabe im 
Gesammten zu lösen habe ich das Material aus hand- 
schriftlichen und gedruckten , mehrfach abseits liegenden 
Quellen zusammengebracht; das werthvollste bot jedoch, 
besonders in Absicht auf die ältern Drucke, die Königliche 
Paulinische Akademie- und Provinzialbibliothek zu Münster 
in ihren reichen, seltenen oder einzigen Schätzen. So wird 
hoffentlich vorliegende Schrift in dem seither erkannten 
Bilde des Münsterschen Humanismus hier die Züge be- 



•) A. Ruland im Bonner Theolog. Literatnrblatt (1870) V. 
434, 436. 

1 



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- 2 - 

reichern und ergänzen, dort um neue, nicht unwesentliche, 
vermehren. 

Zunächst soll das „Epit aphion" Rudolfs von 
Langen auf Albertus Magnus vollständig beigebracht 
werden; das Gedicht war, trotzdem es zu den grössern 
und nicht zu den ältern Producten Langens gehört, seither 
nur zweifelhaft oder vielmehr nur fragmentarisch bekannt; 
denn wahrscheinlich ging es , weil einem Heiligen Kölns 
gewidmet, zunächst in die dortige Literatur über, um in 
der Heimat des Dichters immer mehr in Vergessenheit zu 
geraten. Parmet bemerkt in seiner fleissigen Arbeit: 
Rudolf von Langen, Münster 1869 S. 115 f., Trittenheim 
beende die Einzelaufzählung der Langenschen Schriften „mit 
der merkwürdigen Angabe, derselbe habe einen Panegyri- 
kus auf Albertus Magnus verfasst, eine Schrift, welche 
von Hamelmann nicht erwähnt wird. Ob wirklich ein 
solches Gedicht von Langen handschriftlich bestanden habe 
und von Trittenheim gekannt war, oder ob das Werk ir- 
gend eines andern Humanisten unter Langens Namen ge- 
golten habe, wie es dann zu allen Zeiten Brauch (?) ge- 
wesen, Gedichte und Compositionen auf den Namen grosser 
Männer zu übertragen, darüber konnte um so eher Zweifel 
entstehen, als ein Gedicht unter diesem Titel sonst nicht 
erwähnt war. Es lag daher die Vermutung sehr nahe, 
dass die Elegie des Murmellius : in Albertum Magnum auf 
Langen übertragen sei, vorzüglich da es Sitte der Zeit 
war, in Sammlungen Gedichte verschiedener • Verfasser zu- 
sammenzustellen, ein Umstand, der dann leicht eine Ver- 
wechselung des Namens des Verfassers zuliess. Und doch 
gibt es ein Gedicht Langens auf Albertus Magnus, welches 
zwar nicht nach dem Titel, den Trittenheim ihm beilegt, 
de laudibus Alberti magni aufgeführt wird, sondern von 
Petrus Drolshagius: Epitaphium in magnum Albertum ge- 
nannt wird*. Parmet macht weiter auf S. 15 die Bemer- 



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kung 2. »auch Buschius und Murmellius kennen das Ge- 
dicht nicht und das ist bei dem letzteren um so auffallen- 
der, als derselbe ein Gedicht gleichen Inhalts verfasste*. 

A. Ruland nimmt in seiner ausführlichen Besprechung 
der Parmetschen Arbeit im Bonner Theologischen Litera- 
turblatt V, 436 von dem Gedichte bloss Act mit den Wor- 
ten: „ Anlangend da8 von Tritheim erwähnte de laudibus 
Alberti Magni Carmen, so spricht sich, trotz bestehen- 
der Zweifel, Parmet S. 115 für die Existenz desselben 
aus", entscheidet sich also weder für, noch gegen. Lud- 
wig Geiger, der die Arbeit in den Göttingischen gelehrten 
Anzeigen 1870 , Stück 33 S. 1295 ft. beurtheilt, und der 
Referent in Zarncke's Literarisch. Centralblatt 1871 S. 99 f. 
übergehen die Frage nach dem Vorhandensein einer solchen 
Dichtung ganz. 

Parmet entnahm den Beweis für das Vorhandensein 
und das Stück des Gedichtes, wie erwähnt, einer Drols- 
hagenschen Schrift und das letztere deswegen eben fragmen- 
tarisch , weil ihm nur ein defectes Exemplar derselben zu 
Gebote stand. „ Leider*, so schreibt er S. 11G, „ist das 
Exemplar der Paulinischen Bibliothek, welches mir zu Ge- 
bote stand, nicht vollständig, jedoch scheint, wie die Para- 
phrase des Petrus Drolshagius ausweist, nicht viel, vielleicht 
ein oder zwei Distichen zu fehlen". Sodann gibt er S. 116 
und 239 nach jenem Text die vier ersten Distichen, frei- 
lich nicht genau: so im ersten Verse Hactenus statt ( ) 
actenus, ae statt der mittelalterlichen Endung e, grosse 
Anfangsbuchstaben statt der kleinen an den Wörtern pha- 
rio und babilone. 

„Es fehlt/ fahrt er fort, „der Schluss, welcher jedoch, 
wie das Einleitungsgedicht, worin das Epitaphion ein breve 
Rodolphi opus genannt wird und wie die Erklärung zeigt, 
höchstens einige Distichen umfassen konnte". 

1* 



— 4 — 



Jedoch war auch eine andere Schlussfolgerung mög- 
lich und nahe gelegt: wenn man statt des brere das opos 
betonte, dann kam wohl ein Gedicht von mehr, als fünf 
bis sieben Distichen heraus. Die Paraphrase schliesst auch 
nkht ab, sondern sie ist wie das Gedicht, in jenem Exem- 
plar, unterbrochen , liegt also nur unvollständig vor. Sie 
ist mit vielen, doch unschwer aufzulösenden Abbreviaturen 
gedruckt und verdiente von Neuem veröffentlicht zu wer- 
den , nicht bloss um den Inhalt eines so gut wie völlig- 
verklungenen Druckes zu achten, sondern um damit eine 
Probe zu geben, einmal wie nahe sich bei den Neulateinern 
gebundene und ungebundene Rede berührten, sondern mit 
wie leeren, äusserlichen Phrasen damals die Erklärung 
eines Dichters abgethan wurde*). 

Die Drolshagensche Schrift liegt mir vor in 
dem von Parmet benutzten, defecten Exemplare der Pau- 
linischen Bibliothek und vollständig in einem seit 1842 
dem Pfarrer Schmüliing zu Münster gehörigen Drucke, der 
die sechste Stelle eines sieben Stücke umfassenden Sam- 
melbandes einnimmt; eine genauere Beschreibung derselben 
dürfte um so gebotener erscheinen, als ihr Druck zu den 
grössten Raritäten der Humanistenliteratur**) Westfalens 
zählt. Sie hat 4° Format und 22 Blätter. 

Fol. la. In Horas dnicas Iluftris | Rodolphi Langij poete Lau- 
reat i oraatiffimi expla | natio Petri. n. Drolfhagij [ C|| In eiufdem 
Rodolphi Elegiam ad fcam crncem | effufam atq? Carmen 9stringgs 
fepte" capitalia cri | mina et eo? remedia In Carme" de noctna. J 
dl In Epitaphifi diui Alberti Magni Ratifpoü (sie) | pontificis a 



*) Dr. A. Döring, Programm des Gymnasiums und der Beal- 
schule zu Dortmund 1872, S. 22 bringt davon einzelne treffende 
Beispiele. 

**) Leben und Wirksamkeit Drolshagens bei Dr. A. D örin g , 
a. a. 0. S. 16 ft, Seibertz, Westf. Beitr. 1819-23. II, 38 ff. 



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Langio elegantiffime Oflatü. Petri. n. f Drolfhagij | 

Quifquis amas christi : gemitus lamßtaqi noffe 
Innumeras poenas fuppliciumq; dei 
Que tulit atque crucem qua foluit tartara ditis 
Huc ades et Langi cerne Pijq? lyram. 

Dieser Titel bedeckt die obere Hälfte der ersten Seite, 
die untere ist frei. 

Fol. Ib. C|| Petrus. N. Drolfhagius Joäni Murmellio fuo | inge- 
nuay artiü magiftro Salutem dicit | ; 

es folgt dann die Dedication*), die Fol. 2a schliesst 



*) Da Parraet a. a. 0. S. 11G nur den das Epitaphium magni 
Alberti betreffenden Theil hat drucken lassen, geben wir die Dedi- 
cation hier unverkürzt und zwar mit Auflösung der Abbreviaturen 
wieder : 

C\\ Petrus N. Drolfhagius Joanni Murmellio fuo ingenuay 
artiü magiftro Salutem dicit. 

(D) Edi superioribus diebus ad te litteras, amantissime Joannes, 
quas an acceperis, an ne , mecum tacitus reputo. Solent (ut probe 
nosti) tabellariis pluribus littere dari, quas aut ignavia, negligentia 
aut furore quodam invidie reddere curant minime itidera mihi fac- 
tum esse arbitror. Vidi intcrira et legi opuscula tua de verborum 
compositione inscripta quam utilissima, qae nuper in lucem edide- 
ras, et plura alia tum oratione, tum carmine contexta. Quamobrem 
non possum tibi non gratulari, te tantum apicem ascendisse et 
utroque genere scripsisse , quod nemini adhuc Grecorum (Cicerone 
auctore primo officiorum) contigisse videmus. Sed solum Ciceroni 
et Demetrio inter priscos saltem attribuimus ; opinor equidem, te (ut 
loco absim) non labra tantum proluisse in Helicone et fönte cabal- 
lino, sed totum caput corpusque, quandoquidem qui tantis curis, 
negotiis et occupationibus quottidie conficeris, adhuc lectu dignis- 
sima in medium affers posterisque communicas. Ne igitur pluribus 
(qui omnibus omnia invident preter invidiam) adulari magis (quod 
procul absit) , quam verum dicere videar, silentio transeo preclaras 
tuas laudes, ingenuos mores, benevolum animum et communia stu- 
dia, quibus me pulcherrime, quum apud vos auditor essem, et alueris 
et ornaveris. Nunc ad institutum nostrum veniamus. Ego hac 
tempestate (Deum Optimum maximumque testor) non minoribus mo- 
lestljs et laboribus (quamquam impari emolumento) conficior atque 



Vale me ama. atq* nostro Rodolpho weftphaliae | glorie comincnda. 
Ex Zwollis. Anno natalis dfiL MCCCCCV. | quinto calendas Apriles. | 
Fol 22a. Hermän9 bufchi9 nobil'vates Rodolpho Lägio the | ologo, 

ph'o oratori et poete ornatiffiö Eucharifticö j q| Finls per me 

Richardum pafraet. Anno dni. M. | CCCCC. V : decima fexta Aprilis. | 

Die Gedichte und die Signaturen zeigen eine grosse (go- 
thische) Type, die Widmungsbriefe im Anfange, die Para^ 



tui i sie) motus et exhortatus tuo exemplo licet impar doctrinae tanimi 
dotibus elueubravi et in unum collegi commentariolos, quos pullos 
gallinaceos placuit appellare in horas Dominice passionis Rodolphi 
Langij equestris ordinis viri ac poete celeberrimi, atqnc in elegiam 
einsdem in sanete crucis virtutes et laudes effusam, que non minus 
elegans est, quam salubris. Hos itaque pallos t quos demum licet im- 
plumes et quasi abortivos peperiin, cui potissimum dedicarem, nemo 
alias mihi cbarior, tua humanitate, occurrebat. Tibi igitar amico et 
fautori integerrimo illos dieavi. non quasi tuus stomachus illis de* 
lectetur, quum lautioribus et delicatioiibus (non dubito) vescatur, 
sed quum illos patentibus domibus in patricinium sinumque tuum 
benigno vultu suspicias ac ab importunis vulturibus, milvis et bar- 
pijs tuearis defendasque. Quod si a te factum iri intellexero, dabis 
mihi calcar ad maiora conscribenda ; sin minus dabis frenum arcendi 
ingenij mei imbecillitatem et animi temeritatem ac audaciam. Ad- 
junximus demum explanatiunculum perbrevem in epitaphinm magni 
Alberti nostri doctoris profundissimi ab eodem Rodolpho Langio, rate 
insigni, non minus lepide, quam eleganter lusum ; quod si aliquando 
tuorum auribus preberes non parvo honore laudeque nostrum il- 
lnm Albertum omnium recte philosophantium prineipem afficeres. 
CJ| Vale, me ama atque nostro Rodolpho, Westphalie glorie, commenda. 
Ex Zwolüs, anno natalis Domini 1505, quinto calendas Apriles. — 
Murmullins »erwiderte die Artigkeit* in einem Briefe an Petrus 
Nehemius Drolshagius praeclar. bon. art. Prof. d. ex urbc Monaste- 
riensi, VIII Calend. Februar. 1509 auf dem Titelblatte der zweiten 
Auflage Antonii MancineUi versilogns, jam multis in locis recog- 
nitus et auetus per Josephum Horlenium adjectis . . . commentariis 
. . . . Joannis Murmellii Ruremondensis. H. A. Erhard, Geschichte 
des Wiederaufblühens wissenschaftlicher Bildung, vornemlich in 
Teutschland (1832) III, 133 und Döring a. a. 0. S. 23, die in- 
dess in der Titelangabe nicht übereinstimmen. 



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— 7 — 

phrasen, die theils zwischen den Gedichten theils unter 
denselben hinlaufen, eine kleinere und theilweise stark ab- 
breviirte Schrift. Das defecte Exemplar der Paulinischen 
Bibliothek bricht ab in dem Epitaphion Langens und zwar 
mit Fol. 18b, so dass der grösste Theil dieses Gedichts 
und Drolshagens Tetrastichon ad pios lectores fehlen; es 
zeigt ferner auf den meisten Seiten Interlinear- und Rand- 
glossen und , die beiden ersten Seiten ausgenommen, alle 
von einer Hand. Leider hat man später, wahrscheinlich 
als das Exemplar mit anderen in einem unverzierten 
Schweinslederbande verbunden wurde, die breiten Ränder 
oben und an den Seiten so stark beschnitten , dass 
auch die Randglossen verstümmelt und nunmehr un- 
verständlich sind. Das vollständige Schmüllingsche Exem- 
plar hat dagegen die breiten Ränder und mit den übrigen 
Stücken den mit Zierstempeln versehenen alten Einband, 
sowie die Inschriften über seine früheren Besitzer. Dar- 
nach kam es 1612 in den Besitz des Geistlichen Joannes 
Heggeman, der zuerst Kaplan in Lüdinghausen, von 1614 
— 1654 Kaplan der Lambertikirche, dann Domvicar zu 
Münster war , und von diesem durch Schenkung an die 
Bibliothek der Kreuzherren zu Bentlage bei Rheine : An- 
no 1648 Joan. Hegeman vicarius summi templi Monaste- 
riensis donavit hunc librum R.R. D.D. F.F. coenobii Bent- 
lagen incinnerati *), ut ipsius (praesertim demortui) memi- 
nerint in sacririciis quotidianis*. 



*) Von den drei im Viereck nördlich an die jetzt verschwun- 
dene Kirche des 1437 an Stelle einer über 400 Jahre bestehenden 
Kapelle (Tross Westphalia 1826. S. 302) gegründeten Kreuzherren- 
Convents (Chron. Bentlag. ap. Schaten, Annal. Paderb. ed. alt. II, 
436) zeigt der Westflügel in einem Schilde über dem Portale fol- 
gende Inschrift des 17. Jahrhunderts: Ad majorem Dei gloriam et 
s. crucis honorem aedificium huius raonasterü ad orientem situm 
exstrnctum est ab anno 1463r usque 1466, ecclesia cum appendice 



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Was nun das Langensche Epitaphion angeht, so bemerkt 
Parmet a. a. 0. S. 117 mit allem Fug, Albertus Magnus 
»müsse Gegenstand der Bewunderung und des Stolzes des 
neu erwachten deutschen Humanismus gewesen sein, da ihn 
ausser Langen auch Murmellius in Gedichten feiere und 
Drolshagius führe noch ein Epigramm in drei Distichen 
eines Henricus Gebelius an, welches denselben Gegenstand 
behandele". Letzterer ist aber, wie schon die verschiedenen 
Typen G und B des Drolshagenschen Druckes erweisen, 
als Bebelius zu lesen und kein anderer, als der bekannte 
schwäbische Humanist Heinrich Bebel*). 

Welchen besonderen Anlass Langen hatte, in einem 
Epitaph den Ruhm des grossen Albertus zu verkünden, 
lässt sich nur mit Wahrscheinlichkeit angeben : wäre es 
das auch andere Humanisten beselende Streben gewesen, 
einen grossen deutschen Mann, dessen segensreiche Or- 
densthätigkeit sich auch nach Westfalen erstreckte**), zu 



laterali ab anno 1468 usqne 1484 , aedificium ad aquilonem situm 
ab a. 1499 usque 1504 inclusive. Hoc vero coepit aedificari 
1645 postridie SS. Petri et Pauli , perfectum 1657, cum omnia 
Ao. 47 a Suecis incinnerata jam reparata essen t. (Vgl. M. G. Q. I, 
321, III, 316). Die gleichzeitige Einäscherung der Stadt Rheine 
und den Zusammenstoss der Kaiserlichen und Schweden erzählen 
Erhard, Geschichte Münsters 1837 S. 469. Johan Hobbeling, 
Beschreibung des ganzen Stifts Münster herausgegeben von J. D. 
v. Steinen 1742 S. 74. 

*) Dessen Leben bei Conz, in Ersch und Grubers Encyclopä- 
die (1822) VIII, 274 ff. K. Hagen, Deutschlands liter. u. religiöse 
Verhältnisse im Reformationszeitalter 2. wohlf. Ausgabe (1868) I, 
381—408. Erhard, Geschichte des Wiederaufblühens wissenschaft- 
licher Bildung, vornehmlich in Deutschland (1832) III, 141. 

**) Albertus richtete 1252 das Frauenkloster Paradies bei Soest 
ein. Vgl. Quellen der Westfälischen Geschichte. Herausg. von Joh. 
Suib. Seibertz I, 1-13, Se ibertz, in der Zeitschrift für westf. Gesch. 
u. Alterthumskunde XVII, 267 ff. Vgl. auch die Urk. d. J. 1275 
im Westf. Urkunden-Buche III. 965. 



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ehren, so hätten sich ähnliche Vorwürfe unzählige finden 
lassen; war es 1480 die zweihundertjährige Säcularfeier 
seines Todes, so begreift man nicht, wie das Epitaph in 
der 1486 zu Münster gedruckten Sammlung der Langen- 
schen Gedichte fehlen konnte, die der Dichter doch wohl 
selbst veranstaltet hatte. Und dennoch muss man auf die 
genannte Säcularfeier zurückgehen; denn war Albertus 
schon dem Dante und dann dem italiänischen Humanismus 
eine so hehre, gefeierte Persönlichkeit, dass selbst der Car- 
dinal Bembo seiner in Versen gedachte*), so hatten die 
Deutschen und besonders die Humanisten) bald näherlie- 
gende Ursachen, einen Albertuscult in allseitiger Weise zu 
begehen und zu befördern. Nachdem die Presse und na- 
mentlich die Kölnische seit 1472**) eine Reihe von Wer- 
ken des h. Albertus wiedergegeben und damit plötzlich 
aller Welt immer grössere und anziehendere Beweise seines 
Wissens vor Augen gestellt hatte, steigerten sich die alten 
Traditionen der Stadt Köln nach 1480 zu einer weiteren 
mit frommen Uebungen verbundenen Säcularfeier, „und als 
dann 1482 in Folge der wachsenden Devotion die Eröff- 
nung des Grabes geschehen war, als man die Leiche im 
Ganzen noch wohlerhalten gefunden hatte und als mehrere 
Heilungen am Grabe des Seligen geschehen waren, wurde 
mit Erlaubniss des Papstes Innocens VIII. ein Officium zu 
Ehren des Albertus verfasst, ein Altar errichtet und sein 
Sterbetag alljährlich in den Klöstern zu Köln und Kegens- 
burg feierlich begangen" ***). Fortab bemächtigt sich die 
Literatur und namentlich die Kölner Presse des Anden- 
kens und der Feier des Mannes : 1486 erscheinen die 



*) Joach. Sighart, Albertus Magnus. 1857, S. 274. 
**) Vgl. Graesse, Tresor de livres rares et precieux 1, 54 ff. 
***) Sighart a. a. 0. 8. 285 f, das Jahr der Grabeseröffnung 
S. 262. 



— 10 — 



Vita des Petrus de Prussia und seit 1484 bis 1492 meh- 
rere Legendae b. Alberti*) in gebundener und ungebun- 
dener Rede ; die deutschen Humanisten, Murmellius, Bebel, 
Treutier, Ortwin Gratius widmen dem Helden kürzere oder 
längere Dichtungen**). Indens nun die Presse mit diesen 
vielseitigen Lobeserhebungen das Andenken und den Na- 
men des h. Albertus immer weiter verbreitet und zugleich 
immer mehr von seinen Werken ausgehen lasst, stimmt 
Rudolf von Langen mit seinem Epitaph, das umfangreicher 
ist, als irgend ein anderes der erwähnten Lobgedichte, in 
die Ruhmesposaune des h. Albertus, und das um so eher, 
als er, wie seine Beziehungen und Gedichte bezeugen, mit 
Köln, wo jener Cult eigentlich seinen Heerd hatte, in en- 
germ Verbände stand. Das Langensche Epitaph kann hier- 
nach , da es in der Gesammtausgabe der Gedichte von 
1486 fehlt, wohl nur nach dieser Zeit, vielleicht erst spät 
in den neunziger Jahren geschaffen sein, zumal nun die 
Verehrung des Helden in der Presse und Literatur im 
Zenit stand. 

Es wurde auch nachweislich zuerst 1499 in Köln ge- 
druckt und zwar mit Albertus' Liber de muliere forti. 
Eine Beschreibung dieses Buches bringen, wie zu erwarten, 
L. Ennen, Katalog der Inkunabeln in der Stadtbibliothek 



*) Sighart a. a. 0. S. IX, X, 274 ergänzt nach Potthast, 
Bibliotheca Historica medii aevi p. 589. 

**) Bei Sighart S. 275, 276; offenbar entstammen anch das 
Epigramm nnd Finalgedicht des Buches de muliere forti, die beide 
unten abgedruckt werden, humanistischen Kreisen. Das Finalgedicht : 
Cedite fallaces, proeul o proeul este prophane . . . hat in der Form 
und Idee sogar Aehnlichkeit mit dem Bebeischen Epigramm auf 
Albertus : Cedite , Philosophi, quos Graecia jactat alumnos .... 
bei Sighart a. a. 0. S. 275, dem indess das Epitaph Langens und 
die Elegie des Murmellius vgl. Parmet S. 115) nicht bekannt ge- 
worden sind. 




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— 11 



zu Köln I, 116 No. 317 und Hain, Repertorium Biblio- 
graphicum I, No. 465 (eine oberflächliche Panzer, An- 
nales Typographici I, 321); — eine eingehendere wird hier 
deshalb am Platze sein, weil damit die Stelle des Epitaphs 
deutlicher hervortritt und der Druck Ebert und selbst 
Graesse entgangen, also wohl sehr selten ist. Sie soll 
hier nach einem in einem Sammelbande befindlichen Exem- 
plare der Königlichen Paulinischen Bibliothek zn Münster 
erfolgen : 

Fol. la. Liber de mulicre | forti veuerabilis domini Alberti 
magni. ordinis fratrfl pre | dicatoy quödä epifcopi Batifponeil. ma- 
terias 9tinös frugi | feras. varijs racre feripture documentis ful- 
citas predicato | ribus verbi dei ac ranct-- contemplationis arcem 
diligenti | bus maxime proficuas. (gotische Type.) 

Epigramma ad librum (von einem Humanisten?) 

Sis licet ethereas liber emittendus in auras 

Forfan & ad doctos fepe habiturus iter 
Fac precor ; ipfe viros verfaris ubi inter honestos 

Leta verecüdus ne rubor ora notet 
Forte quis auritus fi te ceciniffet : ocellos 

Jam merito poteras occuluiffe tuos. 
Nüc conftet magnü cum te ceciniffe : recondis 

Et tegis oppofita turpius ora mann 
Te liquet AlbertQ manibus cudiffe difcrtis 

Quo vis in terris doctior alter erat. 
Te decet obfcuris minime latitare locellis : 

Nomen habens forti de rauhere tuum. 
Vade foras multis mulier rocianda maritis : 

Quid recubas gelido fola relicta toro. 
FoL lb. Manuductio in tabulft | 

Diese reicht von Pol. 2a— 23a. — Fol. 23b: 

(Jj In magna Albertum venerabile rareqt virtutis ponti | ficem . . . 

(|| Epitaphion (Langens), 

welches reicht bis 24b. 

Fol. 25a. Incipit liber domini Alber | ti magni ordinis predig 
torü. de muliere forti .... 

Fol. 149b. (J| Explicit liber venerabilis dfli Alberti magni 
ordinis | predicatoy. de mulieri forti intitulatus. iam primQ in lu- 



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- 12 — 

ccm | prodiens. in quo 9tinenf alique metaphore foleniffime omni | 
bua verbi dei feminatorib$ accommodatiffime Cui9 fi q*is pra | cticam 
habuerit. quäte virtutis fit cognofcet. quia ad divide | dum uni 
auctoritat€ nö eft in aliquo opere alicuius doctoris | modus nobilior- 
Impressus Colonie opa atq? impensis ho | nefti viri Henrici Quentell 
ciuia eiufdem. Nonis maij. An | no domin i Millecimo quadringen- 
tefimo nonagefimo nono. | 

Fol. 150a. Incipiunt orationes uenerabilis doctoris Alberti magni 
or | dinis fratrü pdicatoy . . 
Fol. 160a. Finis 

Cedite fallacos procul o procul eftc prophane 

Circe, Pafiphe, Penthefilea Venus 
Fortis adeft mulier : Iftvis fit mollis ut aer 

Mollis amore pio : fortis amore dei 
Casta Sufanna : Judith fortis : prudens Abigaijl 

Quicquid laudis habent hec cumulata tenet 
En mulier fortis vincla obtruncans tibi mortis. 

Fortia : Fortis eas victor ut aftra petas 
Fortior ut valeas fortem hanc pro cöiuge pofcas 
Ut pulcre hinc prolis efficiare* pater. 

160 Blätter in 4° mit Signaturen, (auf Blatt 2 aa 11) 
doch ohne Blatt- und Seitenzahlen, die Seite zu 40 Linien. 
Auf dem Titelblatt, Bl. 23 und 24 grössere, sonst kleinere 
lateinische Typen. Das Papierzeichen ist ein Krug, das 
Papier weiss, die Schrift reine Antiqua. Der betreffende 
Sammelband umfasst acht Stücke, darunter mehrere im 
Anfange des 16. Jahrhunderts geschriebene, und zählte 
früher zu den Schätzen der Franziskaner in Hamm. 

Ich gebe nun Langens Gedicht nach diesem ältern 
Drucke und bringe die unbedeutenden Varianten des jün- 
gern Drolshagenschen Textes, wo es mit der breiten Para- 
phrase die Seiten 18a bis 21b füllt, in die Anmerkungen. 
Die Abkürzungen und die Note & sind aufgelöst, die 
schwachen Endungen wie bei Langen und den meisten 
Humanisten beibehalten; die Interpunction ist durch eine 
sinnentsprechende ersetzt. 



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In magnum Albertum venerabilem rareque virtutis 
pontificem, qui vivendi regulam in sacro predicatorem or- 
dine professus apud Parisios, sumpta infula magistrali, in 
omni humana philosophia litterisque divinis eminentissi- 
mus evasit quemque eximia vite mundicia fulgenteui sua- 
que etate omnes ingenio doctrinaque superantem hoc loco 
Germanie totius clarissima Agrippinensis Colonia optimo 
jure sepultum seruat. 

q| EPITAPHION. 

<\\ Illustris ac magnificus dominus Rodolphus Langius 
ecclesie Monasteriensis canonicus nulli hac terapestate in 
humanitatis arte secundus , qui vel Demostheni preripuit 
ne solus orator esset, scripsit. 

(H) Actenus ingressus sacra hec subsiste viator 

Ad tumulum, magni qui tegit ossa viri. 
Grecia iaetabat magnum qui vicerat orbem 

Clara ducem : virus quem babilone necat. 
Pompeio tumuit magno pulcerrima rhoma, 

Abcidit phario cui puer ense caput. 
Sustulit hos bello seva & formidine magnos 

Mors dedit infernis volvier (sie) hosque focis 1 ). 
Hie magni Alberti celato marmore cernis 

Ossa viri, cuius Spiritus astra tenet, 
Astra, sed et solis superat quoque luce choruscum s ) 

Et iubar et flammas igneus ille pater. 



1) foris. — 2) coruscum. 



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- 14 — 

0 quantum ingenio magne telluris obivit 

Et maris, etherea vel ditione potens 
Viscera perdomuit terrai montibus aumm 

Cetera nascantur quove l ) tnetalla docens. 
Nubibus inclusum patefecit fulminis ignem 

Quidque 2 ) cometa rubens grando sit atque nives, 
Aggressus magni hinc rutilantia sidera celi 

Septeno Stellas vicit et orbe vagas. 
Sed varium liquit nature rounus opusque, 

Quo peripateo principe maior erat. 
Sustulit hinc animi vires, iuvat acris olimpo 8 ) 

Ingenii dotes explicuisse suas, 
Quoque aperit novies ardentis in ordine celi 

Distinctus sedeat spiritus ante Deum; 
Laudibus invigilat summe genitricis et orbis. 

Dum celi Domine 4 ) virginis edit opus, 
Que sese oranti iuveni tarn clara videndam 

Obtulit; hinc monstrans relligionis iter, 
Majestas, que sacra tenet, secreta resolvit 

Tota evangelij, defluit unde salus. 
Tutus ab insidijs lectus Salomonis ut e3set, 

Perfidie gladiurn strinxit in ora minai. 
Ut bellator erat fidei, consurgit in ensem 

Victor : ut hereticum pellat ab orbe nephas 6 ), 
Ore tonat, quanto precelsa ad pulpita doctor 

Emicat et quanto fulmine parisijs 6 ), 
Dum mutum mugire bovem, quo yastus et orbis 

Ceu tonitru docuit concutiendus erat. 
Huius in excelso quantum consistere phas 7 ) est 

Pectore : se totam theologia locat. 
Hunc yirtus doctrina potens sustollit in altum, 



1) quo ne. — 2) quid ve. — 3) Olympo. — 4) Domino — 
5) nefas. — 6) parrhisijs. — 7) fas. 



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- 15 



Quoque ratispona presule digna fuit. 
Hoc decus eternum maiores suevaque tellus 

Milicie cuius signa tulere dedit. 
Magnus erat ; forma celsus ; virtute choruscus ; 

Doctrina exundans : binc trimegistus erat. 
Terra premit lybies 1 ), asie tegit utraque magnos; 
Hic magni, celo spiritus, ossa manent. 
Ad urbem Agrip- 
pinensem *). 
Aurea que retines felix diademata regum, 

Agrippina rubens sanguine Gerionis, 
Virgineos ostri calathos et lilia servans, 
Magnum hunc presulibus iungito clara tuis. 

TELOS. 



1) libijes. 

*) Dieser SchluBS fehlt ira Drolahagenschen Texte. 



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16 — 



Ein anderes, jüngeres Gedicht Doctissimi viri, domini 
Eodolphi Langii, canonici Monasteriensis in opus sub- 
sequens (vita divi Ludgeri) Hexastichon theilt Parmet 
a. a. 0. S. 247, 93 vollständig aus der 1515 gedruckten 
Vita divi Ludgeri Mimigardevordensis ecclesiae*) mit; ich 
komme darauf zurück, weil dieser Druck selbst einige 
merkwürdige Einzelheiten erfahren hat. Das Druckstück, von 
dem die Paulinische Bibliothek zu Münster ein Exemplar 
besitzt , zählt 38 Quartblätter mit ungebrochenen Zeilen 
und Signaturen und hat Fol. la folgenden Titel mit Gedicht: 

Vita diui Lud | geri Miraigardeuordenfis ec \ clefie : que est 
Monafteriöfiü Weftphalie Protho | epifcopi Saxonüq? & Phrisonü 
Apostoli. cuius | facrü ac venerandü corpus in infigni monafterio 
werthinenfi apud fluviü Rurhe venera!) iliter re j quiefcit. multis mi- 
raculoR & fignoR fdigijs cho | ruscans : Ibidem ex diuerfis eiufdom 
vite preclaris | fcriptoribus iam in iuftam hiftoriam comporta | ta 
& illuftrata | 

Doctissimi viri dni Rhodolphi Lägij Canoni | ci Monafterien in 
opns fubfequgs Hexastichon | 

Quam tibi pontificis Ludgeri gefta coegit 
Cui patriam fluuius Luppia clara dedit 
Cincinnus**) ftudio vigili. cultuq? decoro 



*) Vgl. Pott ha st, Bibliotheca Historica p. 785, 78G. 

**) Cincinnius, sonst Krnijshaer aus Lippstadt, begegnet uns 
später als Freund humanistischer Schriften, bei Parmet S. 79 als 
Kenner des Griechischen, bei B. Wittius, Historia Westphaliae 
Mon. 1778 p. 657, als poeta zum J. 1517. Andere Lebensdata gibt 
Parmet S. 93, 94, die Immatriculation zu Köln 1502 K rafft, 
Zeitsch. für Preussische Geschichte V, 478. Ein altes Exemplar von 
Hartm. SchedeVs Uber cronicarum. Norimb. 1493 führte die In- 
schrift : 1521 hic Uber III aureis emtus et rubricis etc. illustratus 
est a Cincinnio de Lippia, monacho Werthinensi, cuius nomen ger- 



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- 17 - 



Concinnat sparfa, que iacuere prius. 
Ludgeri innuraeras virtutes optime lector 
Perlege. Sed meritas redde vel ipfe grates. 
Fol. lb enthält: q| Jofephi Horlennij*) Segenöfis ad caftü 
j | pudicQ lectorem Decastichon | .... 

q| Eiufdem ad Joänem — , Cincinniü Lippienfem | prefbyterum Di- 
stichon .... 

(J| Ortwini Gratij*). oh prima a parnnlo educatio | nem Dauentrien- 
fis cognominati. natöe tn Monafterienfis 1 Agrippinenfis phi Epi- 
gräraa. 

Auf Blatt 38a macht den Schluss: 

In CacratiffimI diui Lud | geri Confefforis ac pontificis natalem 
Hymnus | Saphicus 2 Adonius Joannis Cincinnij, 

10 Strophen lang, in 2 Columnen gedruckt, schliessend 
mit | Exest | . 

Fol. 37a bringt hinter der Conclusio totius operis 
und vor dem mit 7 Versen auf Blatt 38a reichenden Uf- 
fingi monachi werthinefis . . . Carmen die Angabe: 

C|j Explicit Liber de vita. conuerfatöne. z miracu ] Iis fanctif- 
fimi Cöfefforis atq? pötificis diui Lud | geri. Monafterienfis ecclefie 
prothoepl. in infigni | Monasterio werthinSfi ex c0plurib9 ei$ scripto- 
ribg | iam in iustam Historiam deducta. In anno dni | M.CCCCC.V. 
Colonie in officina lräria inge | nuoy liberov Quentell. | 

Niesert, der frühere Besitzer des Exemplars (seit 1808) 
bezeichnet dessen Werth inschriftlich mit den Worten: 
„Inter rarissimos". 



manice Kruyshair , Kraushaar sonat, ut ex inscriptione videre licet. 
Verzeichniss einer bedeut. Sammlung werthvoller und seltener Werke 
aus allen wissenschaftlichen Fächern . . . welche am 22. Januar 
1824 .... zu Münster .... verkauft werden. Münster im Au- 
gust 1823 S. 8. Nr. 203. Seine vita 8. Jdae nennt Erhard Zeitschr. 
VI, 285. 

*) Ueber Horlenius vgl. Hamelmann, Opera geneal. histo- 
rica p. 190, 194. Hölscher, Herforder Gymnasial-Programm 1872. 
S. 4. Niesert, Beiträge zur Buchdruckergeschichte Münsters 1828. 
8. 9. Erhard a. a. 0. III. 306. 

**) Sein Leben bei L. Ennen, Geschichte der Stadt Köln. 
IV, 87-92. 

2 



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— IS — 

Ein anderes mir vorliegendes Exemplar desselben 
Jahres und Druckers weicht von dem beschriebenen darin 
ab , dass es am Ende, nach dem | Exest | des Cincinniani- 
schen Gedichts noch ein Verzeichniss der Druckfehler 
aufweist : 

(Colnnine 2) Sequütur errats I 

und zwar in 11 ungebrochenen Zeilen, die zweifellos nach- 
träglich hinzugesetzt sind. Gleich in der ersten Zeile 
heisst es: 

C]| In fronte libri in p w carmle Rhodolphi. Quä tibi, corrige fic 
Quä bfi*). 

Diese Correctur ist auch in dem andern Exemplare von 
späterer Hand vorgenommen und ebenso in der Parmet- 
schen Ausgabe vorhanden, doch wird hier die Ursache 
dieser Lesart nicht erwähnt. Dem Exemplar mit den errata 
fehlt leider das erste Blatt, welches das Gedicht enthält. 

Nun das Bibliographische Langenscher Schriften. 
Dass dies trotz aller bibliographischen Bücher und einschlä- 
gigen Bearbeitungen noch angezeigt ist, versichert A. Ruland 
a. a. 0. mehr , als einmal. Die Beschreibung der Lan- 
genschen Carmina von 1486, des ersten**) Druckes einer 
Münsterischen Officin, gebe ich nach drei in Münster 
vorhandenen Exemplaren, wovon zwei die Paulinische 
Bibliothek, eins der Buchhändler Regensberg besitzt. 

Fol. la enthält bloss (den Titel) 

(C||) Rhodolphi Langij. Ca. MonafterienC* j (C||) Carmina | 

Fol. Ib. Die prosaische Widmung, wovon fünf Zeilen 
auf Fol. 2a kommen. 



*) Niesert, Beiträge S. 20 konnte sich diese handschrift- 
liche Correctnr in einem Exemplar ohne die „Errata" nicht er- 
klären. 

**) Niesert, a. a. 0. S. 3. Jedoch sei anf den Anhang ver- 
wiesen. 



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— 19 — 

Fol. 2b: 

C|| Auetor ad librum 1 C|| I nunc parne (sie) Uber tremenfq? na- 
suin I etc 

Schluss Fol. 36a Zeile 3: 

Cjl Rho. Lan. Ca. Monofterienf?. Carmina | | <|| | Finiunt; | 

< 1 1 Johannes Liniburgus. Monasterij wefFalie, (sie) impreffit | 
(q|) fejiciter M°. CCCC 0 . LXXXVI 0 . | ((j|) Julij. XXIX. \ 

(qj) Regnantc gloriofifrimo Maximiliane pio fiflice. | 
(q|) Augusto; | 

q| Eiusdem Rhodolphi Langij In arte? imprimendi et im | 
prefforis laudem epigramma : quo h$c cunetis et fculpto | ribus et 
pictoribus ars : longe anteferenda censetur ; ] q| Tinxerat h$c for- 
mis. fculptores*) arte Johannes | Liniburgus fuperans : nee poly- 
clete negas; | Hoc sibi pellei iuuenis tribuiffet apelles | Pictor**) : 



*) Dies Wort sculptores fehlt bei Niesert a. a. 0. S. 3 und 
daher schliesst Hain 1. c. II No. 9894 den dadurch unvollstän- 
dig gewordenen Text ganz richtig mit einem ?. 

**) Wie sehr Langen an einem opulenten Druck hing, das 
äussert sein poetischer Glückwunsch bei Parmet S. 187 an den seit 
1852 wieder recht zu Ehren gekommenen Strassburgcr Drucker 
Adolf Rischius oder Rausch wegen eines gegen 1470 ausgeführten 
Bibel Werkes, „immensum bibliae opus .... cum ordinaria glossa 
sub triplici charactere tt . Vgl. Strampf im Serapeum XIII, 135 ff. 
Heibig daselbst XXVII, 273—280. Jlausch hatte übrigens schon 
bei B. a Mallincrodt , De ortu et progressu artis typographicae 
1639 p. 81 Beachtung gefunden. Langens Bibliothek, deren das- 
sischen Schätze Harn el mann 1. c. p. 286 zum Theil aufzählt, 
wurde schon 1534 24/2 mit der Dombibliothek, deren Werth 10,000 
Gulden überstieg (M. G. Q. II, 342) von den Wiedertäufern ver- 
wüstet. Nachdem Kerssenbrock, Geschichte der Wiedertäufer deutsch 
1771 S. 510, 511, die zerstörten Bild- und Kunstwerke des Domes 
aufgezählt hat, fährt er fort: „Ja was noch mehr zu bedauern ist, 
jenes kostbare und ansehnliche Geschenk des Bischofs Erich, eine 
fürtreffliche Anzahl Bücher nämlich, beschmierten sie inwendig mit 
Menschenkoth und verbrannten sie miteinander. Die Büchersamm- 
lung des gelehrten Mannes und grossen Dichters, Rudolph (von) 
Langen, die vortreffliche noch nie gedruckte Handschriften ent- 
hielte, zerrissen und zerstreuten sie* ... — der zweite beweinens- 

2* 



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0 



- 20 — 

et ex auro qui dedit ora ducis ; | Laus tibi et gloria Jefu chrifte 
bndicte. optime. maxime; | 



werthe Schlag, welcher die eben wieder angesammelte Dombibliothek % 
traf; denn 1527 7/9 war durch die Nachlässigkeit der Handwerker, 
welche das bleierne Dach des Paradieses ausbesserten, diese Vorhalle 
des Domes, die die Bibliothek barg, in Brand geraten und es ging 
in Rauch auf „die ganze auserlesene Eücheraammlung, dieser un- 
ersetzliche Schatz von Westfalen, der nicht nur viele auf 
Baumrinde geschriebene Bücher, sondern auch viele Handschriften 
gelehrter Männer , ja selbst verschiedene Denkmäler von Carl dem 
Grossen enthielte (Kerssenbrock S. 144). Den Grund hatte gewiss 
der h. Ludgerus selbst gelegt; denn wie sollte er die Bibliothek 
seiner neubegründeten Bisthums- und Domkirche leer ausgehen 
lassen, indess er jene seines neu gegründeten Klosters Werden, wie 
die uralten unschätzbaren Bücher ergeben (Serapeum XVI II, 98) so 
wohl bedachte — er, der schon als Kind sagen konnte, se per totum 
diem aut componere libros aut scribere aut etiam legere, der in 
scripturis sacris non medioeriter eruditus, sicut et in libro ab eo 
composito de vita venerabilium eins doctorum Gregorii scilicet et 
Albrici aperte probatur sed et primordia saneti Bonifatii adventus 
atque adorationis , quae fuerant in alio opusculo (seil. Willibaldi) 
praetermissa , pulchro sennone ipse conscripsit ... et quiequid in 
sacris codieibus faciendum invenit, illud instantissime studuit obser- 
vare . . . (Altfrid. Vita s. Ludgeri 1, 8, II 6 in Mon. Germ. Histor. 
II, 406, 413) Früher, denn aus Bischof Erich's Schenkung, war die 
Bibliothek und zwar über dem Capitclsaale wieder restaurirt 
aus den Gaben des Domdechanten Rotger Schmising (Kerssenbrock 
a. a. 0. S. 39) oder vielmehr dieser erwarb zum Zwecke der öf- 
fentlichen Benutzung die reiche Bibliothek des berühmten 
Humanisten Herman's von dem Busche aus Dülmen : Bibliothecam 
Buschii libris in ltalia passim editis splendidissimam, cum cuperet 
ejus cognatus vir doctus et nobilis R. S. . . . transferri ad usum 
publicum autorque esset suo capitulo, ut emeretur ab ipsis, scripsit 
ad fratrem Herrn. B , Dn. Burchardum Buschium, cathedralis eccle- 
siae decanum in urbe Minda, verum is in honorem x^atriae, illam 
bibliothecam liberaliter donavit capitulo cathedrali Monasteriensi. 
(Hamelmann L c. p. 312, 1G7). Die schönen Bücher (meist huma- 
nistischer Natur) zeigen noch heute auf der Paulina den Namen 
des vormaligen Besitzers von gleichzeitiger Hand geschrieben. Später 




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— 21 — 

Dann füllt das q( Regiftrum huius libelli | noch 
5 Linien. 

nach der Wiedertäuferzeit, hat, wie der Zeitgenosse Melchior Rocheil 
so einfach angibt (Münst. G. Q. III, 92 vgl. S. 249) der Domdechant 
Godfried von Raesfeld, uf den paradise gestifftet ein sehr schone 
und kostliche liberie von allerhande boecheren, so man haedt be- 
kommen können bei seinen tzeiden, und haedt auch darbei gegeben 
jaerlix dreitzig goldtgulden , dar man jaerlix mehr neu wer boeche 
midt sal zu kauften ; auch hat err jaerlix darzu gegeven, einen dar- 
midt zu Ionen , die uff die boeche sali uffsicht haben. Godfrieds 
schönes Porträt oben links mit dem Wappen Raesfeld und der Un- 
terschrift Nosce te ipsum , oben rechts mit dem Wappen Merveld 
und der Unterschrift Deum time, und unten mit der Inschrift 
Anno Domini 1566. aetatis suae 44, Renovatum 1661—1834, offen- 
bar ein Meisterwerk von einem (Herman) Zum Ring, so wie eine 
Tafel mit den Worten : Clausula testamenti Fundatoris. Alle die- 
jenige, so dieser bibliothec geniessen und gebrauchen sollen ein 
Pater noster und Ave Maria oder sonst collectam pro defuncto vor 
die säligkeit meiner seel zu Gott den almächtigen (sie). Zum besten 
gedenken Godef. S Raesfeld obiit 1586, 23 8bris, sind wahrscheinlich 
mit der Dombibliothek nach der Säcularisation an die Universitäts- 
und Gymnasial- (jetzt Paulinische Akademiebibliothek) gekommen, 
— eine Combination , welche schon Decennien früher der scharf- 
sinnige Minister Franz von Fürstenberg beabsichtigte, um die Stu- 
dien durch umfangreichere und zugängliche Bildungsmittel zu 
heben. (Esser, Franz von Fürstenberg 1842 II, 136). Im Jahre 
1805 war die Dorabibliothek mit den Bibliotheken der reichen 
Klöster, wie historische Aufzeichnungen beweisen, in der Paulina 
aufgestellt. Schon 1362 hatte das Domcapitel an seiner Bibliothek 
einen besonderen Custos angestellt und die Bedingungen der Be- 
nutzung geregelt laut einer Urkunde bei Niesert, Münst. Urkun- 
densammlung VII, 465 ff. — Einige Nachrichten über die ältere 
Dombibliothek sind gesammelt von Kindlinger und wieder abgedruckt 
im Intelligenzblatt des Serapeum's (1866) XXVII, 138 ff; — es 
entging ihm auch das älteste und rühmliche Zeugniss des Kölner 
Juden und spätem Prämonstratensers Hermap, der während seines 
Aufenthaltes zu Münster gegen 1132 Folgendes erlebte : Clericorum 
saepe Scholas ingrediens, libros ab eis aeeepi, in quibus singulorum 



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— 22 — 



36 Blätter in 4° ohne Custoden, Signaturen, Seiten- 
und Blattzahlen; die Seiten mit prosaischem Text ent- 
halten 36, jene mit poetischem genau die Hälfte, also 18 
Zeilen. Das Papier ist stark und hell, und unter den ver- 
schiedenen Wasserzeichen fällt in einem Exemplar das 
Einhorn auf. 

Ein freies , nicht mit andern Stücken verbundenes 
Exemplar zeigt insofern eine reichere Ausstattung, als ein 
einfacher, rother Verticalstrich mit der Feder die Initialen 
jeder Verszeile und häufig auch das regelmässig vorgesetzte 
<\\ durchzieht; dies Zeichen selbst ist namentlich am Schlüsse 
in rother Farbe mit der Feder (darum in der Beschreibung 
eingeklammert), ebenso wie die wenigen Initialen der grössern 
Abschnitte nachgetragen. Ein anderes in einem Sammel- 
bande entbehrt dieser Zuthaten; nur dass im Anfange die 
Initialen der grösseren Abschnitte in blassem Roth mit 
magern Zügen hergestellt sind, während man die folgenden 
gar nicht, oder später mit Dinte nachgeschrieben hat. 

Das dritte mir vorliegende Exemplar besitzt Herr 
Verlagsbuchhändler Fr. Regensberg zu Münster, der Inhaber 
der altmünsterischen Druckerei, welcher die Limburgsche 
voraufging. Den schwarzen Zügen der kleinen Anfangsbuch- 
staben ist auch hier mit einem rothen Federstrich nachgehol- 
fen, die grössern Initialen, wie das <]| stellenweise, sind durch- 
gehends entweder in reinen blauen oder rein rothen Zügen 
eingeschrieben ; das C in Claro (Fol. 3a) zeigt einen blauen 
Kern, den innerlich und äusserlich ein Gewebe feiner, rother 
Linien besetzt ; das Vorsetzblatt trägt eine handschriftliche 



elementorum proprietates diligentcr conaiderans, et vocabula saga- 
citer investigans, coepi subito cum ingenti audientium stupore lit- 
tcras syllabis et syllabas dictionibus, nullo dooente, copulare sicque 
in brevi scientiam legendi scripturas assecutus sum. Hermannus 
quondam Judaeus, de sua conversione cap. II bei von Steinen, Be- 
schreibung, der Gotteshauser Cappenberg und Scheda 1741. 




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- 23 — 



Notiz des früheren Inhabers Niesert, betreffend die Seltenheit 
und den Werth des ältesten Münsterischen Druckes. Der 
Pappeinband ist modern, jedoch auf dem Rücken belegt mit 
dem No. 15523 der reichen Niesertschen Bibliothek. Das 
Curiosum , dass Langen Fol. lb in der Dedication dem 
Domdechanten Stephan, Herzog von ßaiern zu Köln, irrig 
den Vornamen seines Bruders Rupert gibt, ist in allen drei 
Exemplaren dahin verändert, dass eine gleichzeitige Hand 
Rupert gestrichen und Stephano darüber geschrieben hat. 

Auch das freie , reichere Exemplar der Paulina hat 
einen spätem Einband und nur eine unwichtige Marginal- 
glosse, daher sich über den frühern Besitzer und den Preis 
Nichts beibringen lässt. 

Das andere Exemplar bildet das erste Stück, wie er- 
wähnt , eines Sammelbandes , der auch den mangelhaften 
Drolshagenschen Druck begreift und seiner äussern Beschaf- 
fenheit nach oben bereits berücksichtigt ist. Von den In- 
schriften geben zum Glücke über die früheren Eigentü- 
mer die älteren Fol. la unter dem Titel nähere Aus- 
kunft: So schreibt ein und dieselbe Hand: 

„Ex hereditate q. domini Jo(ann)is Hobbelings a Vre- 
den canonici et thesaurarii collegiatae ecclesiae s. Cassij 
et Florentij Bonnens. me habet Jo. Hobbelinck, secretarius 
Monasteriensis. Obiit dominus canonicus 31. Julij anno 
1G1Ü r. i. p. Alexander Hegius Westphalus rector scholae 
Daventriensis de Rudolpho Langio, canonico Monasteriensi (:) 
Primus Mclpomenem qui (rura) in Westphala duxit* *). 



*) Das ganze Gedicht: Alexander Hegius Rodolpho Langio 
Hennanno Buschio poetis Westphalis cquestris ordinis lautet in 
moderner Abschrift: 

Nil est, quod fieri nequeat : jam ferre poetas 
Barbaria in media Westphalis ora potest. 
Langius hanc decorat, maiorum sanguine clarus 




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— 24 — 



darunter schreibt die Hand des folgenden Besitzers „Bern- 
hardi Rottendorphi D. ei donatione domini Johannis Hob- 
belinck secretarii". 

Der Name des letzten Besitzers ist über diesen In- 
schriften auf derselben Seite hinzugefügt mit den Worten : 
Bibliothecae J. Niesert , parochi in Velen 1822, dessen 
Hand auf der Innenseite des ersten Vorsetzblattes fort- 
fährt: Liber rarissimus et primus, qui Monasterii impres- 
sus est. — Ei auctione librorum J. J. de Znrmühlen, 
Monasterii habita 25. Febr. 1822, stetit 10 imperialibus 
J. N". Wie Vieles dem Bücherkenner Niesert an diesem 
Werke lag , beweist die Thatsache , dass er es in drei 
Exemplaren sich zu verschaffen gewusst hat : aus seinem 
Nachlass stammt dieser Sammelband der Paulina , das 
Exemplar Friedrich Hegensbergs und ein drittes, welches 
der Kammergerichts-Präsident von Strampff zu Berlin, als 
er noch in Münster angestellt war, erworben hat*). Und 



Et Monasteriaci lausque decusque soli, 

Primus, Melpomenen qui rura in Westphala duxit, 

Cum caneret laudes, maxime Paule, tuas. 

Buschius hanc modulis et stemmate clarus honestat, 

Cum te virgo parens, numine foeta, canit. 

Vatum terra altrix tantorum Westphala gaude 

Luniine te dextro docta Thalia videt. 
So auf dem Schlussblatte der Hermanni Bufchii Mo | nafterien. 
Carolina, Ausgabe, s. 1. et. a (Vgl- Holtrop, Catal. I, 309) in 
den Typen Richard's Paffraet zu Deventer c. 140597 sowie auf Bl. 
EVb der 1503 aus derselben Officin hervorgegangenen Hegii Car- 
olina, bei Hamelmann und später mehrfach. 

*) Vgl. v. Strampff im Serapeum XIII, 137. Das Regens- 
bergsche Exemplar entspricht dem im Niesertschen Auctionskatalog 
p. 583 No. 15523 aufgeführten und wurde laut den Aufzeichnungen 
des Geh. B. R. Winiewski im Kataloga-Exemplare der Paulina für 
8 Thlr. 15 Sgr. erstanden. Da das Strampflfsche Exemplar im Nie- 
sertschen Katalog nicht zu finden, so muss es als Adnex eines Sam- 
melbandes behandelt und nur dessen erstes Stück verzeichnet sein. 




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— 25 - 



in wievielen Exemplaren waren Langen's Cannina wohl in 
die Oeffentlichkeit gebracht? 

Niesert bemerkt hinsichtlich des Sammelbandes in den 
„Beiträgen zur Buchdruckergeschichte Münsters* S. 4 zur 
Literatur der Langenschen Gedichte: 

„Panzer, Annales Typogr. T. II, p. 145. Driver, Bib- 
liotheca Monast. p. 85. Biblioth. iZurmühl. p. 118. No. 
758, wo aber die Jahreszahl 1487 ein Druckfehler ist" 
und fahrt fort : „Aus dieser i. J. 1822 öffentlich verkauf- 
ten (Zurmühlenschen) Bibliothek erstand ich dieses äusserst 
seltene Buch , welches beinah alle übrigen Schriften des 
K. v. Langen enthält, zu 10 Thlr. Es ist dieses das erste 
zu Münster gedruckte Buch. Wahrscheinlich hatte Johann 
Limburg auf Betrieb des verdienten Domherrn R. v. Lan- 
gen eine Buchdruckerei zu Münster angelegt*. 

Auf der seit dem 14. März 1843 stattgefundenen 
Auction*) der grossen und an literarischen wie an biblio- 
thekarischen Schätzen reichhaltigen Niesertschen Bibliothek 
erstand sodann die Paulinische diesen werthvollen Samrael- 
band für 15 Thlr. 5 Sgr. 

Welch ein Kleinod! Es birgt die seltensten Stücke 
ehrwürdigen Alters, es trägt seit Jahrhunderten die Namen 



*) Vgl. Catalog der vom verstorbenen Pastor Niesert zu Ve- 
len nachgelassenen ansehnlichen Bibliothek, welche zu Münster in 
Westfalen am Dienstag den 14. März 1843 und den folgenden Ta- 
gen durch den Commissionair B. Dieckhoff versteigert wird. Borken 
1842 gedruckt hei Emil Brunn mit gleichlautendem lateinischen 
Titel. (Octavband von 646 Seiten 8°. S. 602 der Niesertschen Bi- 
bliothek No. 16033 (mit dem bescheidenen Titel): Rudolphi Langii 
cannina et alia opuscula rariora. Monasterii 1486 Schwldr. In der- 
selben Druckerei erschien 1843: Anhang zum Catalog der Niesert- 
schen Bibliothek. Verzeichniss der vom verstorbenen Pfarrern Niesert 
zu Velen ^unterlassenen alten Manuscripte, Urkunden .... und 
deutschen Alterthümer; etc. ... 8°. 176 S. stark. 



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der Besitzer, meistens von deren eigener Hand bis auf 
unsere Tage und diese glücklichen Besitzer sind fast alle 
Männer , welchen die Literatur und die Geschichtsmonu- 
mente des Vaterlandes ans Herz gewachsen waren. Die 
darin enthaltenen Abschriften der Langenschen Gedichte 
fertigte noch zu Lebzeiten des Dichters als eine westfä- 
lische Ehrengabe für den Ordensgenossen P. Ambrosius zu 
Bursfeld der Liesborner Benedictiner Bernard Witte, ein 
begeisterter Humanist und der erste, welcher eine allge- 
meine Geschichte Westfalens schrieb*). Der Secretarius 
Johannes Hobbelinck, welcher den gleichnamigen 
Vredener Canonicus beerbte, hat 1655 die 1742 von Diet- 
rich von Steinen zu Dortmund herausgegebene Beschrei- 
bung des Stifts Münster verfasst **) ; der genannte Bern- 
hard Rottendorf ist wohl kein anderer, als der Leibarzt 
des Fürstbischofs Bernhard von Galen , welchem seine 
Praxis, seine fürs Fürstenthum erlassenen sanitätischen Re- 
glements ***) , seine allseitigen- Studien , seine Schriften 
und Büchersammlungen f) einen Namen nicht nur beim 



*) Nordhoff, Chronisten des Klosters Liesborn 1866 S. 42 ff, 
58 f, 97 f. 

**) Driver, Bibliotheca Monaster. 1799 p. 58. Ungenau sind 
seine Angaben über Münzsorten und über Statistik. Samnil ung der 
Gesetze und Verordnungen , welche in dem Königl. Preussischen 
Erbfürstenthum Münster . . . vom Jahre 1359 . . . bis . . . 1806 
und resp. 1811 ergangen sind. (1842) I, 321. 

***) Tücking, Gesch. des Stifts Münster unter Christoph 
Bernard von Galen 1865 S. 29, 148, Driver p. 123—125. Niesert, 
Beiträge S. 69, 70. Fortges. Beiträge S. 20, 47. 

f) Schätzbare Stücke seines Besitzes erwähnt Schönemann im 
Serapeum XVIII, 98, 99 AA. SS. Mart. III. p. 659. 629. über seine 
schriftstellerische Thätigkeit vgl. Driver L c. Niesert, Beiträge 
ß. 69, 70, 133. Rottendorf nimmt als praktischer und theoretischer 
Vertreter der Heilkunde eine sehr denkwürdige, als Gelehrter und 
Schriftsteller mit dem Münsterischen Domdechanten Bernhard von 



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- 27 — 

Bischöfe tu Osnabrück und bei Gelehrten, wie dem Bisehofe 
Ferdinand von Fürstenberg zu Paderborn, sondern auch 

Mallinkrodt gewiss, wenn auch nicht bei Erhard, Münst. Ge- 
schichte S. 545 f, die rühmlichste Stelle ein unter seinen westfä- 
lischen Strebensgenossen und bildet mit diesen ein wohlthätiges, 
anregendes Gegengewicht iu dem um Ferdinand von Fürstenberg 
zu Paderborn geschaarten Kreis (Vgl. B essen, Geschichte des 
Bisthums Paderborn II, -401 ff). In der von Münster 1671 datirten 
Praefatio zu Fürstenbergs Monum. Paderborn, ed. Elzevir. 1072 und 
in der Widmung seines Hugonis Floriacensis Chronicon . . . Mo- 
nasteri . . . Typis . . . Bernh. Raesfeldij . . . 1638, 4° an Mallin- 
krodt, literarum et literatorum Moecenati, offenbart er ebenso sehr 
die innigste Verehrung gegen diese Gelehrten, wie die eigene hohe 
Bildung und weittragende Quellen- und Geschichtskenntniss. Mal- 
linkrodts gelehrte Schrift „ingenuosum hoece scriptum" De natura 
& usu Literarum diseeptatio philologica .... Monasteri Westpha- 
liae .... Bern. Raesfelt- Anno 1638, 4° schliesst er mit einem 
herzlichen Lobgedicht für den Verfasser, magno suo patrono, als 
wenn er diesem namentlich seine historischen Kenntnisse verdanke. 
In zwei Distichen feierte er den Osnabrücker Bischof Franz 
Wilhelm 1648—61 unter dessen in Kupfer gestochenem Brustbilde 
in Acta Synodalia Osnabr. ecclesiae ab an. Christi 1628 Coloniae 
Agr. ap. Jod. Kalcovium Anno 1653. Dem grossen Chronicon Ma- 
ricnfeldense, abschriftlich in Kindlingers Handschriften-Sammlung 
B. 87 Königl. Staats-Archiv zu Münster II, 87 einverleibt er eine 
Reihe merkwürdiger, politischer Nachrichten und einige der hiesigen 
Geschichte angehörige , jedoch den hiesigen Quellen fremde Ereig- 
nisse, die er nur aus fernliegenden Quellen oder Handschriften na- 
mentlich der westfälischen Klöster entlehnt hat, was er z. B. p. 316 
auch wohl andeutet, Vgl. Westf. U. B. herausg. von Ii. Wilinans 
II, p. 84, Note 2. So entnahm er die Notiz über die Kreuzerschei- 
nungen 1217 im W. U. B. III, p. 63 N. 1 den damals noch nicht 
gedruckten (Vgl. Potthast 1. c. p. 472) Schriften des Scholastikers 
Oliverius, (Vgl. die Stellen in Lersch' Niederrhein. Jahrbuch I, ' 
98, 99; über Oliver und seine Schriften Rosenmeyer in Tross' 
Westphaiia 1825 St. 45, 85 ff. Junckraann in der Münst. ka- 
thol. Zeitschrift 1851 I, 99 ff. 205 ff.) die allerdings heute hand- 
schriftlich zu Nordkirchen beruhen. Die EY9ANAZU des 1655 15/9 



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1 



- 28 - 

ausserhalb Westfalens erworben haben; Zurmühlen ent- 
stammte einer alten durch mehrere Gelehrte und Histo- 
riker ausgezeichneten Erbmännerfamilie; Pfarrer Niesert*) 



gestorbenen Wilbrand Weischer, Propstes der Münsterischen Frater- 
herren, erschien ex mnsaeo Rottendorfi mit Einleitung u. Schluss- 
gedicht in 8 U ex officina Plantiniana Balthasar. Moreti zu Antwerpen 
1666. Zu den Leuchten der münsterischen Wissenschaft zählt Rot- 
tendorf auch bei Jod. Herrn. Nunningh et Joan. Henr. Cohausen, 
Commercii litter. curiosi Disscrtationes epistolicae. Francofurti a/M 
(1750) II, 17 : Habuit Monasteriensis patria quamplures multifariae 
eruditionis viros consummatos, quales aliquando veluti e cineribus in 
lucem producet Mimigardia docta sive elenchus meus virorum eru- 
ditione editisque libris illustrium; Langios nempe, Hövelios, Bu- 
schios, Rolevincios, Mallincrottios, Rottendorpios, Alpenos, 
ex quibus innotescet, Mimigaidiae gentem plures in quocunque scien- 
tiarum genere viros eximios produxisse. cf. III, 47. — Sonstige Le- 
bens- und Familiennachrichten geben die gleichzeitige Handschrift 
über die Belagerung Münsters 1G61 mitgetheilt von E. Wiens in 
der Zeitschrift X, 180, 181, Niesert, Beiträge S. 161 und die In- 
schrift eines viereckigen Steines an dem mittleren Strebepfeiler der 
Südseite der Lambertikirche zu Münster : Bernh. Rottendorff med. 
doctor, comes palatinus caesareus ac diveisor. principum medicus 
filiis suis heu quondam suis ab eruditione solida clariss. Bernh. 
Eustachio med. D. aet. XXVI, MDCLX , X Sept. Romae denato 
ac Maur. Ernesto LL. Cand. aet. XXV , MDCLXII II Sept. hic 
sepulto hanc lugubrem epigraphen justi doloris monimentum parens 
maestissimus posuit. — C. v. Rottendorf hat (Parmet S. 144) an- 
gelegt die Collectanea ad Historiam litcrariam Westphalicara prae- 
cipue Monasteriensem. 8 Handschrift des 17. Jahrhunderts. Vgl. 
Katalog der Bücher, Handschriften, Karten und Pläne des Vereins 
für Geschichte und Alterthumskunde Westfalens, Abtheilung Münster, 
1861 S. 90. 

*) Driver 1. c. p. 163. f. Rassmann, Münsterische Schrift- 
steller 1866, S. 387 ff, 238 f. Seine reiche einzige Büchersammlung 
enthält der Seite 25 angeführte Katalog, deren Werth auch aner- 
kennt Strampff im Serapeum XIII, 137. Andeutungen darüber, wio 
Niesert seine reiche Bibliothek ansammelte, gibt er Beiträge S. VI. 
Die wissenschaftliche Thätigkeit dieses Mannes , die in ihrer Art 



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29 — 



in Velen war seiner Zeit ohne Widerrede der eifrigste 
und kenntnissreichste Alterthumsforscher seiner Heimat, 
ein Büchersammler, der wohl auf weite Fernen seines Glei- 
chen nicht hatte und finden wird , wie dann auch von 
seinen allseitigen Forschungen und Sammlungen eine Reihe 
diplomatischer, geschichtlicher und bibliographischer Schrif- 
ten Zeugniss ablegen, denen freilich Flüchtigkeit anklebt 
Niesert zählt kurz die einzelnen Stücke des Sammel- 
bandes auf der Innenseite des freien Umschlagsblattes 
auf: „Contenta 

1. Rudolphi Langii Carmina. Monast(erii) 148G. 

2. Ejusd. Tetrametrum dactilicum hypercathalec etc. 

3. Ejusd. Horae de-s. cruce s. 1. et a. 

4. Ejusd. In divos tres Magos *) ode Sapphica . . . 



noch jene Kindlingent übertrifft, verdiente wohl eine besondere Be- 
arbeitung ; diese wird indess nur ausreichend von demjenigen gelie- 
fert werden, der so allseitig, wie er, die Zweige der Alterthums- 
wis^enschaft (zumal der westfälischen) beherrscht. 

*) Göthe fand 1818 ein altes Manuscript, klein 4°, stark 84 
Blätter mit Abbreviaturen, betreffend die Legende der h. drei Kö- 
nige und ihres Sternes, beginnend ; Reverendissimo in Christo patri 
domino Florencio de Wevelkaven, divina Providentia Mo- 
nasteriensis ecclesiae episcopo dignissimo und schließend: 
Tandem felix Colonia, quae ex speciali gratia et Providentia divina 
tarn nobilissirais tribus regibus primieiis gentium et virginum col- 
legio ipsorum ministris ornatus , de quibus plus quam de cunetis 
opibus tua gloria. Sulpiz Boisseree, welchem er diesen Fund mit- 
theilte, stellte eine genauere Untersuchung über den Inhalt und die 
äussere Geschichte der Dreikönigslegende an, (vgl. den Briefwechsel 
in der Biographie: Sulpiz Boisseree [1802] II, 254— 264) und erwies 
namentlich aus Cas. Oudinus, Commentarius de scriptoribus ecclesiae 
antiquis (ed. Lips.) III, 1275, dass dieselbe dem Bischof Florenz 
von Münster gewidmet vom Carmeliter Johan von Hildesheim, zu- 
benannt Glevel, gegen 1370 verfasst und 1477 in Mainz gedruckt 
sei. Diese letztere Angabe ist irrig, denn obwohl die Schrift nach 
Oudins Ausdrucke ein opus fabulosum, Carmelitis nugamenta anilium 



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— 30 — 



5. Ejusd. In Prudentii Aurelii Clementis versus, hym- 
nos et lvrara. 

6. Ejusd. In divos tres Magos ode Sapphica. 

7. J. Drolshagen in R. Langii Loras de cruce com- 
mentarii. 

8. Kud. Langii Carmina etc. Mss. 

9. Rud. Langii canonici Urbis Hierosolyma terapli- 
que in ea origo etc. edit. 2da. Coloniae 1517. 

Omnia rara et cara*. 

Nr. 1 und 7 sind schon vorstehend genauer beschrie- 
ben, wie diese haben auch alle übrigen Stücke 4° Format. 
Nr. 2 ist ein 4 Blätter starkes Gedicht Fol. la betitelt: 

C|| Tetraraetrum dactilicum hypörca | thalecticü monocolon 
tetrastrophö Ad ceuä Ymng fe | liciter | 
schliesst Fol. 4b ... . 

quas rei ramme tibi dicimus o rei. 
Ola qui refie: siT et consistere prestas 
Gla famma tibi d's optle 1 ola secla. 

In der Regel wechseln 19 und 20 Verszeilen auf den 
verschiedenen Seiten; Signaturen, Custoden, Blatt- und Sei- 
tenzahlen fehlen. Niesert und eine Hand des vorigen 
Jahrhunderts halten auch dies Stück für ein Product 
„Rudolph! Langij* ; jedoch wie Parmet S. 125 darthut, 
wahrscheinlich mit Unrecht. 



ac fabulas mnliercalarnm et somnia amantibus dignissimum war, 
so erlebte sie doch grade in der altem Presse eine Reihe Auflagen 
von 1477 ab, Uebereetzungen ins Deutsche, Französische und Wäl- 
sche, und trat lateinisch meistens als Liber de gestis ac trina bea- 
tissimorum trium regum translatione, seltener als Historia de trans- 
latione beat. tr. reg. oder als Legenda s. tr. regum ans Licht. 
Der Irrthum, Mainz statt Köln als Druckort anzusehen, erklärt sich 
leicht, indem die Notiz über den Druck lautet: per me Johannera 
Guldenschaff de Moguncia. Die Ausgaben und Beschreibungen bei 
Hain, Rep. bibl. No. 9395—9403. Graesse, Tresor IV, 197, En- 
nen, Katalog der Inkunabeln I. No. 150, 243, 244. 



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— 31 — 

Nr. 3 bildet eine eigene, wichtige Ausgabe mehrerer 
kleiner Gedichte Langens von 6 Blättern. Col. 1 enthält 
bloss den Titel: 

Höre de fancta cruee pinda | ricis verfibus ac Elegia de eadem 
Rhodolphi Langij | canonici Monafterienfis | , Fol. lb Johanni Rinco 
Ciui AgrippineTi Senatorij | Ordinis viro : de doctis per quä optime 
merito. | Hermänus Bufchius Monasterien | Salutem : . . . 5 Disti- 
chen mit dem | TELOS *) | jederseits im Rothdruck. Fol. 2a. Rho- 
dolphua Langius Canon icus. Monafterienfis. | S. P. D. Joanni Rinco 
Egregio Agrippinefi. Colonie ciui et fautori Studiorum. Diese De- 
dication schliesst mit : Ex monafterio Anno M. CCCC. LXXXXVL 
in der Mitte Fol. 2b und es folgt : Langius in verfus de fancta 
cmce | Joanni Rinco dicatos, davon kommen noch 5 Verse mit dem 
TELOS. EST | Soli Deo. Gloria auf Fol. 3a und Zeile 7 fährt fort 
mit Sacra tiffime ac faluberrime paffionis domin i et dei nostri | 



*) Respice quid possit, yirtus, quid gignat honestas 

Quid studiis animum composuisse bonis. 

Langius ecce mens donat tibi plectra Rhodolphus 

Quis canit ille sacri summa trophea Dei 

Qualiter et nostram miseranda morte salutem 

Emerit et stygie fregerit arma necis. 

Hoc probitas ingens et nunquam digna taceri 

Hoc parit ingenii Candida fama tui; 

Hoc moniere fides gravitas constantia mores 
In der epistola (dedicatoria) seines triplex Hecatostichon de 
. . . . Marie psalterio ed. s. 1. et a. in 4° Joani Rinco patricio Co- 
loniensi fol. 1 b, sagt Busch, nachdem er den Charakter, die Kennt- 
nisse und die um die Stadt erworbenen Verdienste des Vaters be- 
lobt hat, . . . sed quam ob rem hanc ego materiam suscepi, potis- 
simum me hec una causa incitavit, quod multos poetas (nec inerudite) 
hec eadem factitasse videram, inter quos tarnen preceptor imo mens 
Apollo Rodolphus Langius omnium primus hunc ludum aperuit. 
Libitum est igitur in eodem flumine remos experire, sed orones fere 
sententias a Langio mutuavi ; ad illum omnia referenda sunt preter 
errores .... Ueber den äusserlichen Werth der Dichtung vgl. Cor- 
nelius, Die Münster. Humanisten und ihr Verhältniss zur Reforma- 
tion 1851 S. 23 über die Richtung Joh. Rinkes K. Hagen a. a. 0. 
I. 158. 



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— 32 — 

Jefu Chrifti in fepte" horas de fancta cruce meditädas ptite J Verfi- 
culi | Rhodolphi Langij Canonici Monafterienfis | . Ad. | Prestan- 
siffimü Johannem Rincnm Agrippinenfis | . . . . welche mit zwei 
Versen und dann mit dem T. E. L. OS. E. S. T. | Soli. . . . Deo. 
Gloria | auf Fol. 5a reicht. Dort schliesst sich an die Elegia auc- 
toris ad fanctä Crucem | von welcher wiederum zwei Verse auf 
Fol. 6a kommon, abgeschlossen mit TELOS | Soli. Deo. Gloria | . 
Nun folgen Adverfus capitalia raortiferaq? crimina | fepte peftilen- 
tifflos | aime (!) noftre morbos Ei fepte" bndcl et facratiffimi 
fanguinis | Jefu chrifti domini noftri effufionibus depromta reme- 
dia | Ad | Doctiffimü probatiffimüq; virü Ma. gerardu? Harderwic | 
cen philosophQ acutQ Et theologü eminetem Lauretiani a | pud Co- 
loniam gymnafy rectorem et principem | Rhodolphus langius Canoni- 
cus Monafterien. | Carmine Lufit | . . . . mit welchem die ganze 
Schrift unten auf Fol. 6a abschliesst: . . . Sopiat ardorem quem 
parit ira furens | T. e. 1. o. s j Soli Deo Gloria:: | 

Das q| vor mehreren Anfangsbuchstaben zumal jenen 
der Rubriken, vor Rhodolphus, T. e. 1. o. s ist mit der 
Feder gemacht, vor andern Initialen gedruckt, die letzteren 
ziert ein rother Verticalstrich, indess unter den Zeilen der 
Rubriken und üebersichten ein rother Querstrich geführt 
ist — beides mit der Feder. — Jahr, Drucker und Druck- 
ort, Signaturen, Custoden und Blattzahlen fehlen; doch 
erweist sich der Druck namentlich wegen der charakter- 
istischen Form der gothischen Typen M, a, o, d ganz 
sicher als ein Product der Quentelschen Officin zu Köln, 
wahrscheinlich aus den neunziger Jahren, vielleicht als ein 
solches des Jahres (1496) der Dedication (Fol. 2b) und 
weiterhin wohl als ein Nachtrag der vor 10 Jahren zu 
Münster erschienenen Producte unseres Dichters — das 
letztere um so mehr, als sie sonst nur in der spätem von 

• 

uns besprochenen Drolshagenschen Explanatio, also repro- 
ducirt, vorzuliegen scheinen. Parmet, der S. 121 die 
Drolshagensche Reproduction hervorhebt, scheint die in 
Rede stehenden Gedichte allerdings nach einer andern 
Ausgabe S. 230, 231, 235, 245 wiedergegeben zu haben; 



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— 33 - 

ob indess nach imserm Originaldruck, ist nicht ganz sicher 
da er z. B. S. 231 in der Uebersicht des Leidensgedichtes 
das Wort „ptite* Fol. 3a nicht bringt, dagegen ebendort 
wieder Zusätze wie „cet. B macht, die im Drucke fehlen. 
No. 4. Fol. la. 

llluftris ac magnifici viri düi Rodlpho (sie) | Langij eclesie (sie) 
Monafterlefis Canonici in | diuos tres Magos Ode Sapphica *) 
Fol. Ga. Telos | 

Impreffum Suollis per honeftü virum | Petrum os de breda : 
Anno natalis chriftia | ni. M. CCCCC. VI poftridie lucie Virginia | 

6 Blätter mit Signaturen ohne Seiten- und Blattzahlen. 
No. 5. Bloss ein Blatt beginnt: 

C|| Khodolphi Langij Ca. Monafteriöfis In Pru | dentij Aurelij 
dementia verfus hymnos et Lyram**) und schliesst c|| Ex libro 
illuftrium virorura be | ati Gßnadij MaffilieTis prefbijteri. | 

Prudentius vir sqcularia , litterature. eruditus : cöpofuit Chi | 
roeleum. de toto veteri i nouo teftanienro perfonis excerptis | Cö- 
raentatO est : in morem grecoy Hexameron de müdi fabrifca nfq? 
ad coditionem primi hominia : et preuaricationem eius | Cöpofuit 
libellos, quo8 gr«jca appellatione ptitulavit Apo | theofis. Pficho- 
machia Amartigenia. id est de diuinitate. De | compugnantia an im»} 
Et de origine peccatoy. Fecit i in laude | martyy. fub aliquoy. no- 
minibD inuitatorium ad martyrium Ii | brum vnura : et hymnoy 
alterum Speciali tarnen conditione | aduerfua Symmachum idolatriam 
defendentem : ex quorum | lectione agnofeitur palatinus miles fuiffe | 

Die Type ist gothisch. 

Wenn schon die Umstände , dass Rudolf von Langen 
einer gegen 141)5 bei Paffraet zu Deventer veranstalteten 
Ausgabe des Prudentius ein Weihgedich t beifügte ***), 
und ein einzelnes Gedicht schwerlich für sich wieder auf- 
gelegt wurde, es nahe legt, dies Gedicht No. 5 nur nach 
jener holländischen Officin zu versetzen, so wird diese An- 
nahme vollkommen bestätigt durch die Form der Typen, 



*) Bei Parmet, S. 23<J vgl. S. 114, 115. 

**) Bei Parmet, S. 243. 

***) Parmet L c. p. 122-125. 

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- 34 — 



welche ich mit einer Reihe Paffraetscher Drucke von 
1490—1500 vergleichen konnte. Entweder ist bei dem 
Drucke des Prudentius das Blatt mit dem Weihgedichte 
auch gesondert abgezogen oder was wahrscheinlicher, das 
vorliegende Blatt ist aus der beregten Prudentiusausgabe 
herausgenommen : es stimmt mit Fol. 2 derselben, wie sie 
in der Bibliothek zu Oldenburg und zu Haag noch vor- 
liegt, auch bibliographisch genau überein*). 

No. 6 in tres Magos Ode Sapphica bildet die Dou- 
blette zu No. 4, merkwürdiger Weise in demselben Sam- 
melbande. 

No. 8 enthält die Gedichte Langens in Hand- 
schrift, das erste Blatt zunächst ein von mir schon 
früher edirtes**) Widmungsgedicht des Liesborner Bene- 
dict iners Bernard Wittius an seinen Ordensgenossen, 
P. Ambrosius zu Bursfeld und am Schlüsse von späterer 
Hand die Notiz : „Hec carmina Bodolphi Langij inve- 
nies***; alibi impressa, codice cuius titulus est Boetius 
de consolatione philosophie, Seneca de quatuor virtutibus 
cardinalibus*. Von Wittius' Hand stammt, wie das Wid- 
mungsgedicht und die dem Ende des 15. Jahrhunderts 
entsprechenden Schriftzüge klar darthun, die ganze Hand- 
schrift, mit derem Inhalt er seinem fernen Ordensbruder 
das würdigste Geschenk zu machen vermeinte. Die Gedichte 
schli essen sich an in der Reihenfolge des ältesten Druckes 

von 1486 und füllen 18 Blätter, so dass also die Hand- 
« 

*) Merzdorf, im Serapeum XIII, 142; nach Holtrop, Ca- 
taL bibl. reg. Hag. I, 320 c. 1497. 
•*) Chronisten S. 97. 

***) Ob eine solche Ausgabe noch eiistirt, oder ob in der An- 
gabe eine Verwechselung vorliegt, vermag ich nicht zu bestimmen. 
VgL Parmet 8. 127 ff. „Jedoch scheint es. als seien die Gedichte 
Langens mit den beiden genannten Schriften zusammengebunden 
gewesen" daselbst S. 112. 



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- 35 - 

schrift im Ganzen 19 Quartblätter zählt. Sie bringen 
aber Fol. IIa nächst dem Epigramma XVI (bei Parmet 
S. 193) das Carmen I (bei Parmet S. 239) und nach dem 
Epigramma XVII (bei Parmet S. 193) die Ueberschrift 
des Carmen II. (bei Parmet S. 239 vgl. S. 109) welche 
der Druck nicht hat, sie geben die prosaischen Wid- 
mungen und üeberschriften , wie jene an Conrad Polman 
(bei Parmet S. 181) gar nicht oder nur mangelhaft, 
zeigen eine vielfach abweichende Schreibweise und entbeh- 
ren vieler Zeilen des Schlusses. Da sie jedoch das Epi- 
gramm des (Münsterischen) Druckers Johannes Limburg 
enthalten, so können sie schon deshalb nicht eher, als nach 
dem Erscheinen des Druckes, 1486, abgeschrieben sein, wie 
das auch die oben hergesetzte Notiz von späterer Hand 
anzudeuten scheint. 

No. 9. Dieser Handschrift folgen 21 unbeschriebene 
Blätter und dann als Schluss der Druck : 

V | RBIS HIEROSOLY | me Templiq; in ea origo, & ho | rum 
rurfus excidium profana j tio, aliaeq; variae fortunae p Ro | dolphum 
Langium Canonicü | MonasterieTem fideliffime ex | optimis qbusq; 
autoribus tarn j ecclefiafticis , ethnicis, collecta. & iam denoo di- 
li | gentiffime recognita. atq; ex archetijpo emendata | . . . Fol. 2a. 
(j| Tabula capitura feu tituloy totius operis , ea fe | rie qua expli- 
cabuntur i Die Tabula füllt 2 Blätter. Fol 4a. (]| Sequuntur au- 
tores, ex quibus Langius fubfe | quentem collegit historiam | 
Fol. 4b. Cjj Errata , quae tarnen inter imprimendum, in mul | tis 
eiemplaribus expuncta sunt | ... Fol. 5a. L1BER I. . . . Schluss 
TiXog I "Jiyeaig tw S-eio iig atövag x aitavmv \ Cjj Coloniae apud 
Eucharium Cervi | cornum. Anno M. D. XVII. | Mense Januario. j 

Mit Fol. 5a. Lib. 1 beginnen Blattzahlen, für beide 
Bücher 53. Das Ganze zählt also 57 Blätter und hat von 
Fol. I an Signaturen*). Die grössern Initialen sind xylo- 



*) Diese Schrift ursprünglich in Versen abgefasst erschien, pro- 
saisch umgearbeitet, nach J. Burckhard, Vita Buschii p. 69—1474, 
nach Parmet S. 38, 104, Winiewski, Ind. lect. Acad. Mon. 

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— 36 — 



graphisch hergestellt und theilweise mit rother Farbe über- 
zogen ; der erste Theil des Druckes zeigt viele Interlinear- 
und Randglossen , letztere (beim Einbände des Buches) 
stark beschnitten. 

Ein zweites Exemplar des Urbis Hierosolymae . . - 
origo, gleichfalls Eigenthum der Paulinischen Bibliothek, 
bildet zu dem beschriebenen des Sammelbandes eine Dou- 
blette, ist jedoch schlechter erhalten, und die xylographi- 
schen Initialen entbehren des Farbenüberzuges. Eine In- 
schrift am oberri Rande Fol. la lautet: 

Ad Joanne CincinniQ Lippicnfem in Werthina Anno. 1517, 
eine andere am untern Kande: 

Emptus est mihi is liber XXI halen. roti. 

Langens Rosarium virginis beatissime . . . wurde 
von Parmet*) nach einem Drucke des bischöflichen Prie- 
sterseminars zu Münster edirt ; ein anderes, von diesem 
dem Umfange und dem Inhalte nach ganz verschiedenes 
Exemplar befindet sich auf der Paulina. Es enthält vier 
eng in kleiner gothischer Type gedruckte 4° Blätter jeder- 
seits mit 32 ungebrochenen Linien und Signaturen, ohne 
Blattzeichen und Angabe des Jahres, Druckers und Ortes. 

Fol. la. (R-quad ratischer Holzschnitt mit Thierdarstellungen 
im Hintergrunde) Ofariura virginis | Beatiffiine, gloriofiffimeq? dei | 
matris Marie, ad virü egregiü. M. | Petrü Rincü utriufq? iuris do | 
ctorem. Per Rodolphü Lan, | giü Canonicü Monaftc' | rienfcm | 
C|| Authoris de pfalterio : florib9 | ad virginem Epigramma | 
Hoc tibi pfalterium virgo dans murmure puo .... (bei Parmet 

p. 226) 
C| Eiufdem Diftichon. 

(] Quod mahumethea rabie tibi virgoq? nato 
Deperit. hocq> rofis reddis et ipfa luis. 



1868/69 p. 6—1476 s. 1., nach Graesse Tresor IV, 99— c. 1480; 
nach Holtrop Catal, I, 337 c. 1486 zu Deventer. 
*) Vgl. S. 119, 251. 



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— 37 — 

q| Gerhardi Cotij Alenfis*) ludi mo | deratoria ad lectorö Hende- 
cafyllabi | 

Post hanc. fi cupiaa teuere, vitam 
Stellatas nitidi doraos olympi 
Cur parcis precio benigne lector: 
Hic emptus faciet pij Rodulphi 
Paruo limina te quidem libellus 
Surami tangere poffe tuta regia. 

Fol. Ib. C|| Magnifico urbia Agrippinßfis Civi pftätiffimo Pe | 
tro Rinco .... (bei Parmet p. 218 f.) Dieae Widmung reicht 
noch mit den 10 Schlusszeilen auf Fol. 2a, und unmittelbar daran 
8chliesat sich : (]| Süme dfie nfe diuo Marie dei mr*is optime mariae 
co | ronamäta florea q appellät Kofariü fub triplici lyrici car | minis 
gne conferta. C|| Soli deo gloria. 

C|| Pro lilijs ad virginem . . . (bei Parmet p. 221). 
Ea folgt da8 Gedteht, welche8 4b unten achlieast: 

Vindicem noftrae petimus falutia. | 
Sentiat hoftis Aue C|| Finia. | 

Die Schrift befindet sich in einem Sammelbande von 
4° Format und zwar als das zweite Stück; das erste bil- 
det des Gerardus Cotius Alensis Carmen Ad sacrosan- 
ctam veri dei genetricem* . . . gedruckt**) zu Münster 
bei Theod. Tzwyvel 1521 , das dritte der Epilogus Psal- 
morum, gedruckt***) zu Münster bei Theod. Tzwyvel 1516, 
das vierte desMacarius Mutius Carmen „de triumpho Christi*, 
herausgegeben von Joh. Murmellius, gedruckt bei Laurenz 
Born man zu Münster 1510. Der ganze Band ist wiederum 
aus dem werthvollen Nachlasse Niesert's als No. 14841 des 
Auctions-Catalogs für 2 Thlr. angekauft und das Titelblatt 



*) Ueber Gerhard Coete de Minda vgl. Hamelmann, 1. c 
p. 196, 1303, Nieaerta Beiträge S. 27; S. 36, 79—84, über seine 
Immatriculation in Köln 1510, Kr äfft a. a. 0. V, 486. 

**) Nieaert Beitrage S. 27 aetzt den undatirten Druck in 
die Zeit von 1520—1524, der Titelholzschnitt zeigt daa Jahr 1521. 

***) VgL Niese rt a. a. 0. S. 23. 



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- 38 - 

des ersten Stückes von dessen Hand mit folgender Notiz 
beschrieben : Bibliothecae J. Niesert , pastoris in Velen 
1824. Donura D. L. Tross, conrectoris gymnasii Hammon. 

Ein Vergleich unsers Rosarium's mit dem letztgenann- 
ten Drucke Bornman's erweist , was Niesert entgangen, 
gar bald, dass aus des letzteren Officin dies Rosarium her- 
vorgegangen ist. Nicht nur haben beide eine spitze go- 
thische Type gemein, sondern insbesondere dieselben grossen 
Lettern — eine Uebereinstimmung, die namentlich bei den 
eigenthümlich gestalteten Buchstaben A. M, P. T u. s. w. 
sofort in die Augen fällt. Das Rosarium ging also aus 
der Bornmanschen Officin zu Münster hervor, jedoch un- 
zweifelhaft später , als des Macarius Mutius 1 Gedicht von 
1510 ; denn formal hat es einige reine Antiqua-Typen* 
und wie schon das angeführte Authoris de psalterio . . . 
ad virginem Epigramma ergibt, vereinzelt die vollen 
Flexionsendungen violae neben viole, was beides im Maca- 
rius noch fehlt. 

Das von Parin et benutzte und wiedergegebene Exem- 
plar der Seminarbibliothek dagegen enthält einen breiten 
Haupttitel (bei Parmet S. 218) und darauf das Distichon 
Quod Mahumethea . . . sodann die Widmung an Rink, 
demnächst einen Titulus operis, übereinstimmend mit dem 
Titel unseres Exemplars, jedoch unterschrieben mit Feliciter, 
es bringt des Authoris de psalterio .... Epigramma, 
welches im Paulinischen Exemplar gleich dem Titel folgt, 
am Schlüsse, und entbehrt des Gerhardi Cotij Alensis . . . 
Hendecasyllabi und der 

Sümo dne nre dive Marie . . .coronamenta florea . . . . , 
des Ave und Finis am Ende ganz. 

Das Exemplar der Seminarbibliothek inschriftlich »an- 
gekauft am 20. December 1852" bildet ein Octav von 
8 Papierblättern mit der bis a V laufenden Signatur und 



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— 39 - 

einer gothischen Type, ohne Angabe des Druekortes und 
Jahres, ohne Seiten- und Blattzahlen. 

Fol. la. Rofariü tripli' | ciü flo? varietate liliov sc* : 
rofa | . . . und das Distichon Quod muhamethea (bei Parraet S. 217). 

Pol. Ib. Magnifico urbis AgrippineTfis civi . . . Rhodolphg 
LangiÖ cänonicg Wörter .... mit der Dedication (bei Parmet 
S. 218—230), welche Fol. 2, 3a und 8 Zeilen von 3b füllt, wo sich 
unmittelbar anschliesst: Titulus operis (bei Parmet S. 220). 

FoL 4— 8a enthalten das Gedicht bei Parmet S. 221—226 und 
schliessen mit Auctoris de pfalte | rio et floribus ad virginem | 
Epigramma | das letztere (bei Parmet S. 220) mit Feliciter, so dass 
Fol. 8b frei bleibt. 

Das Exemplar ist leider beim Binden in den heutigen 
Pappband zu sehr beschnitten, als dass sich in eine gleich- 
zeitige liandnotiz auf Fol. la unten ein zusammenhängen- 
der Sinn bringen Hesse. Im eigentlichen Gedichte mit 
Fol. 3a beginnend sind in Koth einzelne klein vorgedruckte 
Initialen und das t)| mit der Feder nachgetragen und 
ebenso die Anfangsbuchstaben der Verse der Länge nach 
durchstrichen. Der Druck erscheint dadurch merkwürdig, 
dass viererlei Typen verwendet sind ; für die erste Zeile 
des Titels Fol. la eine Missaltype, für die Titel und das 
Distichon Quod muhamethea und die Ueberschrift der De- 
dication eine fette fast antikisirende , für die sonstigen 
Ueberschriften eine grosse, für den Text eine kleine scharfe, 
welche an die Officinen zu Deventer und Münster er- 
innert. 

Fügen wir noch einige unbenutzte biographische Nach- * 
richten über Langen bei: 

Rodolph van Langen, Doemherr und besytter des Seij- 
ken-Ampts zu Münster wechselt laut Urkunde eines frei- 
herrlichen Archivs (v. B. Langen No. 190) mit Walter 
von Letmate (zu Langen an der Ems nordwestlich von 
Telgte) hörige Leute. 1517 3/4 (Freitag nach Judica). 
Das mangelhaft aufgedrückte Siegel ist erhalten. 



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In einem ohne Zweifel im Stifte Freckenhorst ange- 
legten, nun der Paulinischen Bibliothek zu Münster gehö- 
rigen Formelbuche*), dessen mit Namen oder Datum ge- 
nauer bestimmten Stücke bis 1509 reichen, findet sich 
Bl. 27b auch ein undatirtes Formular einer Schuldver- 
schreibung folgenden Inhalts: »Maria, Tochter zu Teken- 
borch , Aebtissin zu Freckenhorst stellt dem erbern hern 
Roleft* van Laugen, domheren inden (sie) deme dorne to 
Munster, provest inden olden dorne darsulvest einen Schuld- 
schein von N. Gulden aus und verspricht ihm dies Geld 
bis Assumptio Marie zurückzuzahlen und zur Beglaubigung 
ihr Siegel anzuhängen*. Die Aebtissin Maria von Tecklen- 
burg regierte laut Urkunden des Staatsarchivs zu Münster 
von 1473 bis 1522, wahrscheinlich sogar bis 1527, Langen 
war seit 1462 Probst am alten Dome und schon früher 
Domherr geworden***). 

Die Beziehungen Agr i co 1 a s zu Langen, welche Parmet 
a. a. 0. S. 58, 50 auf die Aussage Haraelman's stützt, 
ergeben sich thatsächlich daraus, dass er ihm nicht nur 
1482 die Uebersetzung des Platonischen Axiochus vorlegte, 
wie Fol. 2a 22a dieser Schrift deutlich besagt, sondern 
seiner auch in den Nonnulla opuscula Fol. Ia (der spätem 
Ausgabe von 1511) mit besondern 

Carolina ad Rodolphü Langiü, JodocQ Besselium 

bedacht hat**). Auch die Biographie Rudolf Agricolas, 
welche Johan von Pleningen verfasste und den mit seinem 



*) Genauer wegen der darin enthaltenen Minnelieder beschrie- 
ben von Nordhoff in Pfeiffer-Bartsch Germania, 1873 S. 281 fL 

•*) tfgl. Drei Ausgaben des Rudolf Ägricola, worunter zwei 
verschollene von Dr. Moser im Serapeum [1845] VI, 238-240. 

*♦*) Erhard, in der Zeitschrift für Geschichte und Alter- 
thumskunde Westfalens (1838) I, 54. 




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Bruder Dietrich gesammelten Schriften Agricolas zufügte, 
verfehlt nicht, hervorzuheben*): 

Atque (R. Agricola) post paulo illic quoque e Greco 
in Latinum Axiochum vel de morte contemnenda Piatonis 
philosophi traduxit, quem Rodolpho Langio dedicavit. 



*) Nach der Stuttgarter Handschrift edirt von Franz Pfeiffer 
im Serapeum (1849) X, 98 ff, 102. 



— 42 — 



Früher ein Schüler, später als die Musen meistens 
andere Wohnstätten im Norden bezogen, noch ein letzter 
Vertreter des Münsterischen Humanismus war 
Herman von Ker ssenbrock , jene wunderliche Natur, 
die, nachdem sie sich an einem Orte meistens durch ein 
anstössiges Verhalten unmöglich gemacht, zum Schulhalten 
wieder nach einem andern wandern musste, bis sie am 
Ende zu Osnabrück in einem dankbaren Schülerkreise ein 
gesegnetes Arbeitsfeld und 1585 5/7 die Ruhe des Grabes 
fand*). Seine Anabaptistici furoris Monasteriensium in- 



*) Ueber sein Leben und seine Schriften vgl. ausser Hamel- 
mann opera p. 173, 194, Joh. Dietr. von Steinen, die Quellen der 
Westfälischen .... Historie, Dortmund 1741 S. 64 ff. Joh. Christ- 
Strodtmann's, Rector's des Rathsgymnasiums 1749—1756 „Historie 
des Schulwesens und der Akademie zu Osnabrück", veröffentlicht 
von Dr. Stüve im Programm des Rathsgymnasiums zu Osnabrück 
1869 § 35—37, Driver in Weddigens und Mallincrodts Magazin für 
Westphalen 1799 S. 484 ff, wo, wie in einem Briefe bei Tross, 
Westphalia 1826 S. 85, namentlich die Münsterischen Händel be- 
rührt werden , Driver Bibliotheca Monasteriensis p. 73—74 [diese 
drei Autoren arbeiteten unabhängig von einander], Deneke's -Le- 
bensskizze" in der Zeitschrift für Geschichte und Alterthumskunde 
XV, 241 — 260, Bade daselbst X, 57 ff., besonders Seibertz, Beitr. II, 
306 f. S. 39 Cornelius, Münst. Gesch. Q. II, XXIX, XXXVIII— IX 
Döring trifft ihn a. a. 0. S. 66, 67 auch 1545 als Conrector des 
Gymnasiums zu Dortmund und 1550 — 75 seine Schule zu Münster 
als eine blühende an. — Wir müssen gewiss Cornelius' Urtheile 




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— 43 — 



clitam Westphaliae metropolim evertentis *) historica nar- 
ratio .... beweist Satz für Satz , wie viel er auf clas- 



zustinimen, es sei sein Hauptwerk über den Münsterischen Aufruhr 
seit fast drei Jahrhunderten, obgleich fast allerwärts bekannt und 
benutzt, doch der vollen Öffentlichkeit entzogen geblieben, „bis 
heutzutage wo durch die Liberalität der Staatsbehörde die von 
Kerssenbrock übersetzten und seinem Werke einverleibten Origina- 
lien der wissenschaftlichen Benutzung gern anheimgegeben werden, 
der grösste Theil des Buches überflüssig geworden ist". Aber 
der kleinere Theil, die Einleitung, der Kähmen der Documente und 
die für das Titelthema anscheinend unwichtigen Einschläge bergen 
noch so viele, so wichtige und die allgemeine Geschichte Münsters 
erhellende Bestandtheile, dass man, wo allein die fehlerhafte Uebcr- 
setzung gedruckt und nunmehr auch selten geworden ist, eine zweck- 
mäsige Ausgabe immer noch wünschen muss, und sollte 
man auch die sonst publicirten Documente in grösserem oder gerin. 
gerem Umfange hinzubekommen. 

*) Hingewiesen sei bei dieser Gelegenheit auf die kleine Mün- 
sterische , anscheinend ganz unbekannte, in einem Exemplare der 
Pauli nischen aus der Jesuitenbibliothek überkommene Druckschrift 
von 6 Papierblättern in kl. 8° Festum Li | berationis No ! strae 
ab impijffimo Cathabap | tiftarü impetu & tumultu. | Den weitern 
grössern Raum des Titelblattes füllt ein Holzschnitt darstellend 
jene in der Münsterischen Kunstgeschichte öfter wiederkehrende 
Idee, nämlich den auf einem bereits zu Boden gefallenen Ross 
sitzenden Paulus im Kriegergewande, auf der Reise nach Damaskus, 
der schüchtern umsehend , mit seiner aufgehobenen Rechten sein 
Haupt deckt, weil sich oben einerseits eine Wolke von Blitzen und 
Steinen über ihn entladet, indess eine Erscheinung an der entgegen- 
gesetzten Seite (rechts vom Beschauer) ihn die Stimme der War- 
nung vernehmen lässt. Unten (rechts) steht ein dreieckiges Schild 
mit einer Rosette in den obern Ecken beschrieben mit T Z, das 
Buchdruckerzeichen Theodor Zwyvel's, das mit dem Holzschnitte 
zuerst 1522 in der Quart-Schrift Epistolae tres beati Pauli und 1571 
noch, indess mit anderm Bildwerk und mit dem vollen Namen er- 
läutert, in der Landgerichts-Ordnung auftritt (Niesert Fortg. Beit. 
S. 8, Beiträge S. 98). Blattzahlen fehlen, die Signaturen laufen bis 
Av. Die Type ist rein antiqua, die sonst erst vom J. 1554 bekannt 
war. [Vgl. Niesert, Fortgesetzte Beiträge 1834 S. 9], eine Initiale 



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— 44 — 

sischen Gedankenbau, künstliche Redeweise und Form gab; 
wo es der Gegenstand erlaubt, ergeht er sich in wort- 
reichen Schilderungen, zuweilen in poetischem Schwünge, 
meist mit den Mitteln der Rhetorik die er seinen classi- 
schen Studien entlehnt, mit Ausrufen, Apostrophen, nach- 
drücklichen Wiederholungen. „Wer nichts anderes im Sinne 
hat, als die nackte Wahrheit, der dichtet vollends nicht 
nach dem Muster der seitenlangen Reden oder lässt die 
Schaaren der Verhungernden beredsame Betrachtungen an- 
stellen 11 . Dass er diese Grundsätze auch der Jugend ein- 
prägte, versteht sich von selbst und ergibt sich insbesondere 
aus einer Schrift, in welche ein Lehrer und mehrere 
Schüler neun mit ihrem Namen unterschriebene Trauer- 
lieder niedergelegt haben , um damit das Andenken des 
Collegen und Lehrers über dessen Grab hinweg zu feiern. 
Dieses heute verklungene Druckstück hat sich noch in 
einem Exemplare auf der Paulinischen Bibliothek erhalten 
und mag hier in soweit eine Berücksichtigung finden, als 
hinreicht, um seine bibliographische Seite nicht weniger, 
wie seinen ästhetischen und historischen Werth zu kenn- 
zeichnen, zumal ein unverkürzter Abdruck, der immerhin 



C in Holzschnitt figural verziert, Bl 6b schliesst : In fecula fecu- 
lorum Amen. | Monasterij, Anno M, D, XLX. — Nachdem in einer 
historischen Einleitung die Schrecken und die Bewältigung des 
Wiedertäufer-Aufstandes skizzirt sind, wird das Programm des noch 
heute bestehenden Dankfestes für die Vertreibung der Wiedertäufer 
bis ins Einzelne entworfen und Fol. a z. B. festgesetzt : . . . . 
quotannis festum hunc diem et solennem, nempe eum, qui natalem 
sanctissimi Joannis Baptistae proxime sequitur, a tota d vi täte, pre- 
cipue ab ecclesiasticis viris et clericis magna cum pietate unani- 
miter peragendum celebrandumque .... Fol. 4b . . . . Caeterum 
postridie eius diei, quem diximus celebriter peragendum pro illis, 
qui partim extra urbem, dum semel atque iterum oppugnata, partim 
intra et extra eam, dum capta atque eipugnata est, pro Christiana 
fide strenue pugnantes ceciderunt et occisi sunt. 



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- 45 — 

noch erwünscht bleibt, an einem andern Orte thunlich sein 
wird. Die Dichtungen bieten, genau genommen, nur eine 
gleichwol sehr willkommene Notiz (im Titelgedichte) über 
das Alter des Verblichenen, sonst, so lang sie auch sind, 
mehr allgemeine Lobeserhebungen hinsichtlich des Cha- 
rakters, der Kenntnisse, schul raännischen Leistungen und 
Verdienste — und dies Alles in dem hohlen Geleise clas- 
sischer Redewendungen und Mittel, formel in allerhand 
Versmaassen; ja das Titelgedicht präsentirt sich als eine 
Stilübung der Keimkünstelei und macht gegenüber dem 
Ernst der Sache einen widerlichen Eindruck. Doch selbst 
das Ceremonielle und Kalte der ganzen Todtenklage bildet 
einen wahren Ton jener Zeit; denn wie wir an den Na- 
men der aus der Mark und von der Weser stammenden 
Dichter den weitreichenden Ruf der Schule abnehmen, so 
zeugen die Dichtungen mit ihren Schwächen am klarsten 
von der Empfindungsweise, von dem Bildungsgrade einer 
damaligen Gelehrten schule und von der Methode, wie man 
die Jugend mit den classischen Wissenschaften bekannt 
machte. Denn ohne Zweifel wollten die jungen Poeten 
mit solchen Nachrufen auf das Grab des Lehrers einen 
Blüthenstrauss niederlegen, so duftig und anmuthig, wie sie 
ihn nur aus seinen Unterweisungen zu winden vermochten. 

Die Schrift umfasst 8 Quartblätter, jede Seite ein 
viereckiger aus Linien und Blattwerk gemusterter, dem 
Inhalte gemäss schwarzer Rahmen, der nur Fol. lb an den 
Langseiten um die Hälfte verengt ist, weil hier ausnahms- 
weise zwei Columnen einen breiten Raum einnehmen, Blatt- 
und Seitenzahlen fehlen, die Signaturen beginnen Fol. 2a 
mit A2, Fol. 4a mit B. Fol. 8b bringt noch 6 Verse des 
Schlussgedichts, darunter den Namen des Dichters und in 
der freien Unterfläche eine Art Rosette. Der Text zeigt 
eine feine Antiqua-Type, die Ueberschriften, Unterschriften, 
die Anfangsworte oder oft nur der erste Buchstabe der 



i 



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— 46 — 



Gedichte und die betonten Worte wieder grössere Versa- 
lien Die Querela ist offenbar wie manche „Zeitung* ohne 
Angabe des Jahres und Druckorts veröffentlicht. Da Os- 
nabrück damals noch keine Presse hatte, so wäre der letz- 
tere zuerst in Münster zu suchen; allein die Type und 
namentlich das Ornament weisen auf die Lemgo er Officin 
Schlotten's deutlich hin. 

Am untern Rande der ersten Seite schreibt eine gleich- 
zeitige Hand: 

V[enerabili] Dno Biderwant, majoris [sie] vicario detur. 

Biderwant, der 1571 Vicar an der Servatiikirche *), und 
schon 1579 nach einer Privaturkunde Domelemosinar und 
1588 nach einer Urkunde des Pfarrarchivs zu Lüdinghau- 
sen Domvicar und Executor des Nachlasses vom Domde- 
chanten Goddert von Raesfeld ist, hat also die Schrift als 
Widmungsexemplar erhalten und demgemäss dem Ver- 
storbenen nahe gestanden. Die Schrift befindet sich in 
einem Collectivbande, dessen letztes Stück am Ende die 
Inschrift trägt: Collegij societatis Jesu Monasterij 1606, 
und ging später in die Paulina über. 



*] Tibus, Gesch. Nachrichten über die Münst. Weihbischöfe 
1862 S. 94. Sökeland, Müiwt. Gymn.-Programm 1825/26. S. 41. 



Fol. la. 



Querela 

Scholae Osnaburgensis. 
Scripta 
A 

Quibusdam 
Secundanis in obi- 
tum clarissimi riri M. 

Hermann! a Karssenbroch, 

ibidem Rectoris ; qui anno 1585. & 3. Non. 
Julii yitam cum morte pi6 com- 
mutavit. 



Hermannus senior 
Eximiam ad superos 
Ros ubi graminoi8 
Morte sua Christi 
Annis cum binis 
Natum caelestem 
Nos quod ab aeterna 
Titus cognoscens, 
Spiritui pax sit, 
At celebri8 famae 



Kar8sbroich de corpore 
Animam dimisit 
Rorarat lilia 
Sublatus ad aurea 
Suppl'evit lustra bis 
Belle quoq? pectore 
Revocavit morte 
Occumbens novit 
Corpus requiescat in 
Haec sua sit per secla 



Rector 

Euntem 

Campis 

Templa 

Octo : 

Recto 

Peremptos 

Idipsum. 

Urna, 

Superstes. 



G. M. F. 



Aliud 

KarfjbroChll factls sors qVInto Cefflt IVLI 
NoCte Vbl Vas pVLsat pensILe slgna deCeM. 



— 48 - 



Fol. Ib. 

Kpigramma 

Johannis Boticheri*) 
Collegae scholae Osnaburgen- 

sis, de obita clarissimi viri M. Herrn anni a Karssen- 

broch pie* defnncti etc. 



MVSarum emeritus piusq? miles 
Hermannus, senio gravi premöte 
Karssenbrochius hinc, quiete molli 
Dum languentia recreavit ossa 
Exhalans animam polo profectam 
Aeterno placide Deo remisit. 

0 praeclaram animam viri, o 

beatas 

Virtutes animae, Minerva nutrix 
Olim quam gremio suo fovebat 
Artes Pierias & universas 
Et linguas docuit, gravesq? mores 
Et juris studio instruebat aequi. 

Post Heroa grave" hunc pie eruditü, 
Ducem militiae suae Minerva 
Dignum proposuit, stupescit, atq? 
Palmam militiae sacrae coactus, 
En, Phoebus sibi praeripi fatetur. 

Heros hic alias novasq; Musas, 
Musas innumerabiles stupendae. 
Virtutis genuit suae Lycaeo : 



Musarum innumeros simul nepotes 
Claris artibus imbuit Minervae. 

Morum barbariem impie furentö 
Hic conatibns et labore magno, 
Prüdes, magnanimus, Severus, 

aequus 

A castris repulit piae Minervae : 
Terra ut Westphaüs universa 

clamat 

Cujus sie aliquot Lycea reiit. 
Hinc est fama parem tulisse 

nunquä 

Oras Westphalicas ducera juventae 
Luget cuneta senem pium juventa, 
Ductoremq? suum Lycea lugent, 
Lugent Pierides, Minerva luget : 
Illam non tarnen invident perennö 
Quam caelo capit aureo, quietem, 
DumChristi meritis ovat redemptus 
Musarum emeritus, piusq* miles. 



Johannes Botticherns collega scholae 

Osnaburgensis. 



*) Die Namensüberschrift des Dichters kömmt nur bei diesem 
Epigramm vor; ist dieser Boticherus identisch mit dem eifrigen 
Pastor Joannes Bodekerus zu Wellinghausen, der sich dem Refor- 
mator Bonnus widersetzte? Hamelm. Opera p. 1138, 1134. 



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- 49 - 

Die folgenden Gedichte sind der Reihe nach unter- 
schrieben von Johannes a Karssenbroch Osnaburgensis*), 
— Arnoldus Kenningus, Osnaburgensis, — Georgius Coc- 
cius, Osnaburgensis, — Kothgerus Bermannus, — Michael 
Pitycormatius, Marchita, — Johannes Heidtmans, Rintelen- 
sis, — Hermannus Everingus, Hagensis. 

Das Distichon Aliud des Titels war den altera Bio- 
graphen bekannt als Erzeugniss des genannten Schülers 
Georgius Geccius Osnaburgensis, dagegen fehlt ein ähn- 
liches vom Studiosen Hugo Lenthenus aus Dinklage **) 
in unserer Sammlung: 

HerMannVs KerssbroCh neCe qVInto Cesslt IVLI noCte 
Vbl qVlnqe nigra bis Cllt hora Sonis. 



*) Bei Hamelmann, opera p. 222, 225, 239 zählen unter 
die Gelehrten Osnabrücks 1564 : ein Arnoldus Kenningus Osnabur- 
gensis, est ablas in Frisia occidentali celebris , ein Ludolphus Coc- 
cius, Bileveldianus und ein Gerhardus Coccius Pastor zu Horn. 

**) Christ. Strodtmann bei Stüve, S. 16. 



4 



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— 50 

I 



Die Thatsache , dass der Humanismus allgemein 
der vaterländischen Sprache, besonders in der Poesie, 
bedauerlichen Eiubruch*) that, bestätigt sich in Westfalen 
ganz auffallend in den Glockeninschriften, mag man 
nun auf die Sprache, auf die Form der Inschriften oder auf 
die örtliche Ausdehnung sehen. Die Inschriften der altern 
Zeit : fromme Sprüche , Invocationen , Namen von Hei- 
ligen**) und Patronen***), oder längere hymnusähnliche 
Anmutungen meist in lateinischer Sprache und, wenn in 
gebundener Form, entweder in Reimen oder in leoninischen 



*) Mehr das Ueberwuchern des Lateinischen als das Zurück- 
treten des Volksidionis betont K Hagen a. a. 0, I, 280—288; 
die Verachtung der mittelalterlichen Versmaasse zeigt im Besondern 
Nordhoff, Chronisten S. 44., das Verschwinden des histor. Volks- 
liedes bemerkt Nitsch in Sybels Zeitschrift II, 7. Als erster 
nahmhafter Dichter ging erst vor hundert Jahren wieder wie eine 
„gefüllte Rose auf einem wilden Stock" der geniale A. Matthias 
Sprickmann dem Münsterlande auf, „das sich, wie K. Wein hold 
sagt, seit der Reformation — und setzen wir hinzu: seit dem Hu- 
manismus — von der Poesie zurückgezogen hatte". Zeitschrift für 
deutsche Culturgeschichte (1872) I, 263, 288. 

**) Eine alte Glocke zu Südlohn : f Jehsus, Maria. Ano s(alu- 
tis) re(nate) MCCCLXXXX. Vitus , Japar (sie) Melchior , Baltazar. 

***) Die grösste Glocke der Nicolaikirche zu Lippstadt, un- 
zweifelhaft in der Mitte des 13. Jahrhundeets gegossen : f Arcte 
trahe nos ad Christum Nicolae. 



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— 51 — 

Hexametern *), hatten den deutschen inhaltlich verwandten 
und formel gleichfalls meist gereimten Gedanken **) immer 
mehr Kaum gestatten müssen, so dass das Deutsche im 
15. Jahrhundert auf den Glocken, wenn nicht die einzige, 
so doch eine beträchtliche Herrschaft namentlich in Reim- 
form errungen hatte ***). Während es diese in den west- 
lichen und südlichen Gegenden Westfalens noch tapfer be- 
hauptet f), nehmen die Glocken gegen 1500 in und um 



•) Die schwere, sonore Petersglocke des*Domcs nach allen 
Anzeichen noch ein Rest der Schenkung des Bischofs Gerhard von 
der Mark f 1272 M. G. Q I, 35 

t Me resonante chorus exultet laude sonorus, 
Me resonante Deus sit huic populo jubileus. 
Dass das Ave Maria — Alpha Omega — 0 rei Christe (glorie) veni 
cum pace also bis ins 14. Jahrhundert nicht vorherrschten, wie 
Zehe, Histor. Notizen über die Glockengiesserkunst des Mittel- 
alters 1857 S. 7, 8 will, ergeben schon diese wenigen Beispiele. 

♦*] Vgl. auch die Inschriften von 1408 bis 1583 bei Lüh ke, 
Mittelalterliche Kunst in Westfalen 1853 S. 416, 417. 

***] Eine Glocke zu Alstätte 1485 von Johannes Volker ge- 
gossen: 

Ic hete J. H. S. van Nazareijn, 
Gebaren van Maria reyn, 
Ic behodet kerspel mit Christus macht 
Vor hagel blizen ind Jonreschlag. 
t] So namentlich bei den Dortmunder Kunstgiessern [vgl. die 
Inschriften bei Lübke a. a. 0. S. 418, 419] unter welchen Hen- 
ricus de Tremonja der grossen Glocke zu Schöppingen im Mün- 
sterischen noch 1517 folgenden Spruch gab : 

Salvator is min namen 
Min gheluit si Gade bequeme, 
De levendighen roep ick, 
De doden beschrein ick, 
Hagel un donder verschuir ick. 
Als seltenes [älteres] Beispiel lateinischer Sprache mag dienen die 
Inschrift dor dritten nun umgegossenen Glocke der Nikolaikirche 
zu Lippstadt: 

4* 




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— 52 - 

Münster, dem Hauptsitze des Humanismus, mehr und mehr 
lateinische Inschriften , vielfach in kunstlich-classisehen 
Versmaassen an. Standen doch die beiden grossen Glocken- 
meister jener Zeit mit Münster in so naher Beziehung, 
dass der eine Gerhard de Wou hier und in der Umgegend 
längere Zeit seine Hütte aufgeschlagen, der andere Wolter 
Westerhues *) hier seinen Wohnsitz hatte! Es scheint 
fast, als hätten hiesige Humanisten — Langen machte 
sogar auf einen misslungenen Glockenguss ein Carmen **) — 
oder deren als Kirchendiener aufs Land geschickten Schüler 
ihnen die Inschriften dictirt, zumal da der Humanismus 
sich ja schnell bis in die Ascese der Klöster verbreitete. 
So viel ich weiss, tragen die Schöpfungen de Wou's mit 
ganz geringen Ausnahmen ***), jene Wolters bis auf kleine 



A Johanne nato de Dortmunt artifice rato [?] 
M. C. quadrata L. cum bis X qninqne prolata. 
Sic fusa pie laudes denotare Marie. 

*) Näheres über diese Meister und die Inschriften ihrer 
Glocken in St. Lamberti und Ludgeri zu Münster und zu Albers- 
loh bei Nordhoff, Kunstgeschichtl. Beziehungen zwischen dem 
Rheinlande und Westfalen 1873 : Separatabdruck aus H. LIII der 
Jahrbücher des Vereins von Alterthumsfreunden im Rheinlande. 
S. 25, 56 ff. v. Tettau, Meister und Kosten des Gusses der grossen 
Domglocke zu Erfurt (Abdruck der dort. Vereinszeitschrift 1866.) 
10 ff. Ueber Westerhues und Volker vgl. Organ f. christl. Kunst 
XVIII, 40. XIX, 16 ff. 

**) Das dort für Glocke gebrauchte Wort Tuba Parmet 
S. 207 kehrt 1493 auf der grossen Glocke der Lambertikirche zu 
Münster : Sum tuba magna Dei . . . und sonst noch wieder. 

***) Z. B. Wechsel voll genug an dem herrlichen, formschönen 
[vgl. Nordhoff, Kunstg. Beziehungen S. 56] Geläute zu Reck- 
linghausen : 

1. Ite per hanc miseri mortales plangite culpas 
Ad templum excelsum reddite vota Deo 

In laudem Petri. pplüs [sie] quam condidit iste; 
Poscimus alme tuä respice Petre gregem. 

Anno domini XVc. Gerhardus de Wou fecit. 



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* 



— 53 — 

deutsche Bestandteile *) durchgehend^ Inschriften in mehr 
oder weniger classischer Versform, und verhielt dieser 
Gebrauch bis weit über die Wiedertäuferzeit hinweg. Das 
barockste und schlagendste Beispiel dieser Art geben die 
Inschriften zweier Glocken von Wolter Westerhues zu 
Rheine, wahrscheinlich angefertigt vom dortigen Pfarrer 
Drunthen, der wohl der gleichnamigen Familie zu Mün- 
ster**) entstammt und hier in den Humanismus eingeweiht 
war. Die grosse Dionysius-Glocke: 

f Salvator tuba sum ego soter inquit Jesus. 
Drunthius ac pastor populus sat terque beatus. 
Mudux. Me resonante viamque a(d)vertat Olympo. 

Man sieht, des Versmaasses wegen ist der letzte Vers 
vom ersten , worin sein Subject liegt, gesondert, es para- 
dirt das sat terque beatus, Olympus, das Mudux musste 
des Maasses wegen in Sylben gesprochen werden , obwohl 



2. Ick hiet Johannes, en hillich kint; 
Too gadcs loef bin ick geluit 
Geweltlick fuir int gülden iar 
Gerhardus de Wou me fecit, anno domini 
M. C.C.C.C.C 



3. Jhesus Maria Johannes ijs mtjn 
Mijn gheluet sij gade bequaem. 

Gerhardus de Won me fecit anno domini M. C.C.C.C.C. 

Hier wie bei den andern Inschriften sind die Anfangsbach- 
staben der Verse und Eigennamen gegenüber den Originalien in 
grosse verwandelt und die lnterpunctionen hergestellt. 

*) Z. B. an der grossen Glocke zu Epe . . . Wolter Wester- 
hues goet mich MCCCCXCIX. 

**) M. G. Q. I, 268. Aus Rheine stammten, auch die Huma- 
nisten und Schriftsteller Gerhardus Listrius, Bernh. Dreijers, 
Joannes de Kenis und Joh. Haramaker Hamelmann.l. c, p. 177, 
207, 211, 312. 



j 

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- 54 - 

es — ein sehr merkwürdiges und frühes Chronogramm *) 
— die Jahreszahl 1520 bedeutet wie die Inschrift der 
mittleren Paulusglocke beweist: . 

t Me Rhenis egregio patroni nomine donat, 
Drunthen, tutatur Dionysius, atra retorquet 
Fulmina; Wolterus finiit; canat omnia. Mudux 

tempus signat. 
Eine kleine Glocke in Nortwalde bei Greven inschrift- 
lich 1514 und wie die beiden andern genauer bezeichneten 
von Wolter trägt folgende Inschrift: 

t Est Catharine michi nomen procul omnia pello 

Noiia; mortales ad sacra templa cito. 
Als später die Glockeninschriften, sofern sie nicht aus 
Scbrifttexten, Gebeten und Hymnen gewählt wurden, wieder 
mehr zur Landessprache zurückkehrten**) ergingen sich 



*)Otte, Handbuch der kirchl. Kunstarchäologie. 4. Aufl. 
1866. S. -822 verzeichnet als ältestes, sicheres Beispiel jenes auf 
einem Kelche der Marienkirche zu Danzig, das Jahr 1426 aus- 
drückend. Vgl. die auf die Vertreibung der Wiedertäufer gemachten 
etzlich carmina, daraus man den datum der eroberunge krigen kan = 
1535, Münst. G. Q. III, 233 und den Vers bei Kochel, M. G. 
Q. III. 209: 

Ut pateat nullum tempus famis ecce CVCVLLVM — 1315. 
**) Eine kleine Glocke zu Welbergen bei Burgsteinfurt : 
Anno Domini MCCCCCLXV do goed mi to gades loef pris un er 

Hans Undemann. 
eine andere der Schlosscapelle zu Bladenhorst bei Castrop: 
Van hiet modt ick fleiten, 

Philips Tan Viermund heft mi engeten im jar 1567; 
eine mittelgrosse Glocke zu Lüdinghausen: 
S. Vit is mein namen 
Ropet Godt an alle tosamen; 

Peter Uetman Tan Soest goth mich ihm jar MDLXXXXVüL 
eine andere von ähnlicher Grösse zu Einen bei Warendorf: 
1618 bin ick gegosen, 
durch fuhr bin ick geflosen. 
M. Johann Sweppe und Barthold Hileb [?] 



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- 55 - 

die Epitaphien, Dedicationen, Weihgedichte, Todtenzettel, 
Büchertitel u. s. w. noch lange, ja bis ins Ende des 
18. Jahrhunderts in einem Latein, das aufgebauscht mit 
mythologischen Elementen, mit Eiclamationen und sonstigen 
classischen Redefiguren und Redensartep die Spätzeit des 
Humanismus barock, fast lächerlich *) erscheinen lässt, wie 
die Frühzeit unpopulär war. Lange Zeit galt ein Citat 
oder eine Sentenz des Classikers für schwerwiegend genug, 
eine beliebig ernste, selbst historische, Sache zu beweisen, 
wenn sie dieser nur irgendwie angepasst werden konnte. 
Man würde das Ueberwuchern des Lateinischen namentlich 
in der Poesie schon leichter verschmerzen, hätte sie nur 
in ihrer Art mehr Lebenswahres und Mustergültiges her- 
angefördert, hätte sich die fremde Sprache nicht am Ende 
zu Tändeleien hergegeben, wie sie sich z. B. in den chro- 
nogrammatischen Inschriften an Häusern und Monumenten 
bis zum Langweilen wiederholen. 



*) Ueber die Ureachen, weshalb der deutsche Humanismus mit 
dem IG. Jahrhundert hinsiechte, vgl. F. W. Kampschulte in den 
Forschungen zur Deutschen Geschichte (1864) IV, 65, J. Voigt, 
in Raumers Histor. Taschenbuch 1838. S. 326 ff, Vgl. G. Voigt in 
Sybel's Zeitschrift für Geschichte XXII, 37 ff. Die Blüthezeit des 
Humanismus reicht überhaupt nur von 1450—1520. Geiger, in den 
Gotting. Gelehrt. Anzeigen 1872, Mai. Dennoch galt deutsche 
Wissenschaft so hoch, dass die Schweden bis in den dreissigjährigen 
Krieg die deutschen Universitäten besuchten. Raumer, im Histor. 
Taschenbuch 1832 S. 106. — Erwähnt sei hier eine das spätere 
Dunkel der Münsterischen Schule erhellende (ungedruckte j Nach- 
richt, wornach „der Rector der Domschule zu Münster Jakob von 
Trost" 1585 9/11 an Bauern Geld ausleiht und ein Trost 1602 27,3 
den Schuldschein an die Familie Modersohn cedirt. 



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Dem gesammten Humanismus darf man nach- 
rühmen , dass er für die formale Bildung, für die „ Ele- 
ganz* des Ausdrucks, für eine frische, objective Auffassung 
der Gegenwart, wie der classischen und vaterländischen 
Vergangenheit neue Saaten in die Furche der Zeit gestreut, 
weitgreitVnde Beziehungen nach aussen und die Studien in 
den Schlössern hergestellt hat ; dagegen griff er wieder viel- 
fach störend in die volksthümliche Culturentwickelung, 
missachtete das Alte, setzte fremde nur dem Einge- 
weihten zusprechende Keime an die Stelle des Heimischen, 
bot überhaupt in seinen Mitteln mehr Schale als Kern 
und musste desshalb auf die Dauer von der auf Realität 
ausgehenden Welt an Berechtigung verlieren oder von 
dieser neue Lebenskräfte erborgen — und das*) sowol 



*) Es wird der Münst. Humanismus im Verhältniss zur Reforma- 
tion dargestellt von Cornelius a. a. 0. inCantus 1 Allgem. Weltgeschichte 
bearb. von M. Brühl VIII, 923 ff, von C. F.Krabbe in d. kathol- 
Zeitschrift Münster 1851 I, 413 ff. — Freilich geriet der Huma- 
nismus allmälig insofern in ein ungünstiges Verhältniss zum Katho- 
licismus , als über seinen Studien die theologischen vernachlässigt 
und die Glaubenslehren den Geistlichen mehr und mehr entfremdet, 
die reformatorischen dagegen mit Mond und Schrift geschickt vor- 
getragen und gefällig aufgenommen wurden — ein Verhältniss, das 
um so verhängnissvoller sich gestalten musste, als einerseits der 
alte Boden durch die Wiedertäufer total durchlöchert war, und 
anderseits in den reformatorischen Kämpfen, so weit sie nicht mit 
Gewalt geschlichtet wurden, nicht die humanistischen sondern die 
theologischen Wissenschaften auf beiden Seiten die schneidigsten 
Waffen abgaben. Bischof Wilhelm von Kettler 1557, empfand diesen 



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- 57 - 

in der protestantischen , wie in der katholischen Welt, 
diesseits wie jenseits der Berge. Immerhin bildet der 



Uebelstand und suchte ihn durch eine neue, merkwürdige, von dem 
Ansehen des Humanismus zeugende Examinationsordnung zu heben. 
Ehr war auch ubel damidt zufridde, sagt ein Zeitgenosse, der Dom- 
cantor Rocheil (M. G. Q. III, 9) das die geistliche Personen so un- 
geschicket und ungelerth zu den geistlichen stände worden zuge- 
messen. Das examineren und zulaessen plach öffentlichen in den 
paradise . . . zu geschein und war anders nicht, als eine spiegel - 
fechtunge, dan jederman der dar quam, wordt zugelaessen, ehr were 
gelert oder nicht*. Darum wohnte er zum Abschrecken der Un- 
fähigen zunächst selbst dem Examen bei. Aliam quoque examinis 
ordinandorum formam instituit hic Wilhelmus ; nam cum antea 
8olus scholae rector etsuccentorin consistorio paradisi, hic 
in cantu, ille vero in litteris ordinandos examinaret et mo- 
nachi ab examine ex consuetudine essent immunes, sua praesentia 
hoc effecit, ut non solum rector scholae, succentor, sigillifer 
et fiscalis in paradiso, verum etiam quatuor alii doctiores ur- 
bis ecclesias tici examini ordinandorum in sacello divae Catha- 
rinae (sub turri australi cathedralis ecclesiae) interessent; ut non 
tantum inhumanioribus 1 itt eris, sed et theo log i < :is studiig 
periculum fieret ac tarn saeculares, quam religiosi seu mo- 
nachi examinis censuram subirent. [Kerssenbroick in Catalog. epis- 
copor. Monaster. apud Kock. 1. c. III, 101]. Sodann ward Gropper's u. 
Canisius' Catechismus gefragt. [Hamelm. p. 1297.] Früher, wo die Sy- 
noden den Geistlichen die nöthigsten Unterweisungen gaben, wurde, wie 
der Bericht und die Urkunden [vgl. Urk. d. J. 1275, W. U. B. III, 960 
cf. 672] besagen, einfach de literatura et de cantu*] examinirt, der 

: 

•) Selbst die Küster und Lauteküster (campanarii) sollten literati «ein. 
ut cum plebano cantare valeant tempore oportnno (Urk. d. J. 1315 bei Nie- 
eert. Beitr. z. U. B. I, I, 38) also den Text zu lesen verstanden ; nnd als mit dem 
Ausgange de» Mittelalters die Orgel (Vgl. Nord hoff im Organ f. cbristl. Kunst 
XVII, 181, XVIII. 53; Wiens, Beitr. zur Gesch. des Münsteriacben Schulwesen« 
[18391 I, HO, 120) und mit ihr das (deutsche) Kirchenlied (Vgl. Hölscher, das 
deutsche Kirchenlied vor der Reformation 1848, Ii offmann, Gesch. des deutschen 
Kirchenliedes A.'., 1854) offenbar auf Kosten des cantns choralis immer mehr Bo- 
den gewannen, sollten, so laut Statut d. J. 1713, Küster wie Geistliche nicht eher 
tu der Abhaltung dos Gottesdienstes mitwirken, als bis sie sich über ihre Fähig- 
keiten hinsichtlich des Chorgesanges ausgewiesen hätten, Küster und Lehrer aber, 
so Jaut Statut des J. 1769, keine Art Musik machen in conviviis nuptialibus aliis- 
ve hilaritatibus (statuta synodalia diocesiB Monaateriensis ... ed. C. F. K r a b b • 
1849. p. 22, 23, 248.) 



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- 58 - 

Münsterische Humanismus mit seinem gefeierten Mit- 
telpunkte, Rudolf von Langen, eine Erscheinung, die auf 



Unterricht vom Scholaster und seinen Nebenconrectoren besorgt, und 
wenn dabei schon im Hochmittelalter auf Kenntnisse so wenig ge- 
sehen wurde, dass ein Küster Bilo zu Herzfeld zum Priester geweiht 
werden konnte [Vita s. Idae in Mon. Germ. Hist. II , 557], bo 
wurde die Unwissenheit des Curat- und Ordensklerus im Spätmittel« 
alter, wie anderwärts [Hoff mann, a. a. 0. S, 151] so auch hier 
Gegenstand der Klage [Urk. Bischof Otto's d. J. 1393 bei Niese rt 
U. S. IV, 10, 11; P arm et S. 47] und ein wankendes Fundament 
für die religiösen Erschütterungen der Neuzeit. — Die Aspiranten 
des Domcapitels hatten höhere Studien zu machen und genossen 
den Unterricht der Domschule nur so weit, dass sie mit Nutzen die 
auswärtigen Universitäten besuchen konnten. [Kindlinger, im 
Intelligenzblatte des Serapeums 1866 S. 137]. Nachdem diese Ge- 
wohnheit wieder in Verfall geraten, erliessen Dechant und Kapitel 
1303 das Statut, wornach Keiner ins Kapitel aufzunehmen sei, der 
nicht volle 20 Jahre erreicht und eine hohe Schule in Frankreich 
und Italien, namentlich jene zu Bologna oder Paris [im 17. Jahr- 
hundert laut ungedruckten Urkunden auch Pont-a-Mousson] besucht 
habe — und erneuerten es unter Bestätigung des Bischofs Hey- 
denrik wieder 1387. Fünf Jahre später schärften sie mit Zustim- 
mung des Bischofs Otto eine andere alte Satzung ein, quod ecclesia 
Monasteriensis a personis nobilibus vel saltcm ex militari ab utro- 
que parente prosapia ac thoro legitimo proereatis aut in sacra 
theologia seu jure canonico vel civili graduatis, quorura 
potentia et industria ac consanguineorura et amicorum assistentia 
a malignorura insultibus defendi valeat ac tueri, regi debeat et 
gubernari. [Die drei Urkk. bei Nieser t, U. S. VII, 283, 353, 356]. 
Diese Satzungen galten im Kern bis über die Wiedertäuferzeit 
hinaus, wie Kerssenbrock S. 84 bezeugt: „Jene [die vornehmere 
Clerisei] besteht aus vierzig Canonicis der Kathedralkirche, welche 
man gemeinlich Domherren nennet. Diese nehmen keinen unter sich 
auf, dem in Ansehung seiner Geburt ein Flecken anhängt. Er muss 
rittermässiger Geburt und sowol von väter- als mütterlicher Seite 
wenigstens vier Ahnen aufweisen können, welche überdem als sehr 
tugendhafte und gelehrte Personen bekannt sein müssen. Und 
da diesen gleichsam durch ein Erbrecht die Verwaltung des Bis- 



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- 59 — 

die Bildungsweise der spätem Zeit einen nachhaltigen Ein- 
fluss nahm und als ein Glanzpunkt der vaterländischen 



thums während der Erledigung des bischöflichen Stuhles zustehet 
und diese allein das Recht haben, einen Bischof zu wählen, so 
machen sie billig die vornehmste Classe der Geistlichkeit aus. In 
Ansehung ihrer Abstammung wird die genauste Untersuchung an- 
gestellt. Denn hier glaubt man Einem nicht darum bloss, weil er 
ein Edelman ist, sondern man erkundigt sich bei alten und glaub- 
würdigen Edelleuten; und deren eidlichen Versicherung misst man 
in diesem Stücke .Glauben bei. Auch kann Niemand in diese so 
ansehnliche Gesellschaft aufgenommen werden, der nicht zuvor, nach 
den besondern Statuten dieses Stifts, auf einer Italienischen Uni- 
versität Studirens halber einige hundert Kronenthaler verzehret hat. 
Dies ist die Ursache, dass die mehrsten von diesen Orden an Ge- 
lehrsamkeit, leutseligem Wesen und feinen Sitten die Uebrigen 
übertreffen". S. 85. Der Domscholaster vertheidigt nicht nur die 
Hechte der öffentlichen Schule und hat die Aufsicht über die 
Jugend, sondern hat auch den jungen Canonicis zu befehlen, welche 
er zu gehöriger Zeit aus seiner Gewalt lässt [emancipirt] und den 
Gesetzen des Capitels unterwirft, wovon jene schöne Feierlichkeit 
der Entlassung [Emancipation] ihren Ursprung hat". — Kehren wir 
zur Examinationsordnung des Bischofs Wilhelm zurück, so konnten 
sich die Absichten derselben vorerst noch schwer verwirklichen; 
denn wenn auch die humanistischen Studien als profane religiös 
gleichgültig wirkten, so waren von der Wiedertäuferei , welche 
durch die Schule und den deutschen Gesang [M. G. Q. II, 47, 128, 
132, III, 234] auf die Jugend und durch diese auf das Volk wirkte, 
vielleicht noch manche Herzen gewonnen, die elendesten Winkelschulen 
aufgekommen und nachdem 1533 im Minoritenkloster auf Stadtskosten 
eine evangelische errichtet u. unter den Wiedertäufern eingegangen war, 
(König, Münst. Prgr. 1821 S. 144) mit Ausnahme der Paulina, die latei- 
nischen Schulen ihres einheitlichen confessionellen Charakters so gut 
wie baar [W iens a. a. 0. 1, 102 ff] ja als wäre am Dome keine Theologie 
mehr gelehrt oder gelernt — ein Nachfolger Wilhelms, Johan von Hoya, 
führt in Hinblick auf die varias erroneas et orthodoxae religionis 
contrarias . . . opiniones 1572 den Tridentinischen Katechismus ein 
und das namentlich aus folgendem Grunde : Causam vero huius mali 
inde vel maxime profluxisse adverterimus, quod rudibus et indoctis 



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— 60 — 



Geschichte, wie kein anderer, ron den Historikern immer 
Ton Nenem, fast von Jahrzehnt zu Jahrzehnt, mit höchstem 



plerumque pastoribus certa et aperta ehristianae veritatia articulo- 
nnn breviteT comprehensa, ac typis diralgata methodus . . . ubique 
fere defnerit, et hoc qtddem per incuriam eorum, qui licet in specula 
vigilantiae episcopalis constituti faerant, hisce tarnen malis inexcu- 
sabili torpore obdormienmt. [ap. Strunck. Aanal. Paderb. III, 412]. 
Die Wogen der Reformation folgten sich in der Stadt und aof dem 
Lande in immer wieder erneuerten Schlägen, das beweisen manche 
Thatiacheu. — Da wurden von der katholischen Partei die Jesuiten 
berufen: Das Volk sollte durch die Geistlichkeit unterrichtet und 
wiedergewonnen und die Geistlichen erzogen und theologisch gehö- 
rig gebildet werden, eine kleine Zahl konnte 1581 in dem aus einem 
Vermächtniss gegründeten Kridt'schen Seminar [A. Krabbe in der 
Zeitschrift XX, 142] Aufnahme finden. Die Jesuiten erhielten die 
Domschule, obgleich sie an Frequenz nnd hamanistischen Lehrern 
immer noch blühte [Sökeland, in Münster. GymnasialprogTamm 
1825/26 S. 59, 60. Vgl. vorher S. 42] und den Tageswirren ferner 
stand, und neben derselben eine theologische Lehranstalt [C. Krabbe, 
Gesch. Nachrichten über d. höh. Lehranstalten in Münster 1852 
S. 116, 225]. Von einem Examen in humanioribus litteris ist fort- 
ab keine Rede mehr: der angehende Geistliche hat sich auf die 
praktische Seelsorge vorzubereiten, studia statui suo conformia zu 
betreiben [DecTet. a. 1694 22 3 ap. Kock L c. IV, 179] und sich 
darin durch das Examen pro cura auszuweisen. Dies und die Syno- 
daleiaminatoren werden ein Hauptaugenmerk der höhern geistlichen 
Verordnungen, so 1655, 1660, 1747, 1798 [C. Krabbe , Statuta 
Synodalia p. 76, 207, 77, 126] — im Ganzen ist der theologische 
Studienkreis gegen früher fachwisseuschaftlicher umgrenzt. Die 
Schulen der Jesuiten waren zunächst ihrer Aufgabe im Sinne ihrer 
Partei gerecht geworden; wenn indess höhere Schulen, welche von 
Anfang an mehr die humanistischen Bildungsmittel und eine nach 
bewährten Schalen eingerichtete Disciplin [wie Steinfurt nach jener 
Sturms zu Strassburg, Döring a. a. 0. S. M vermerkt mehrere in 
Westfalen nach ihren Vorbildern] handhabten, im Verlaufe der Zeit 
mehr vegetirten als blühten, so erregt es kein Aufsehen, wenn vor 
mehr als hundert Jahren dem weitschauenden Münsterischen Minister 
Fürstenberg im Lichte anderer wichtiger Zeit- und Bildungsfortschritte 



— 61 - 

Lobe den Epigonen in Erinnerung gebracht wurde. Wie 
viel Schönes ja Begeistertes hatten nicht schon Trittenheim, 



beide Bildungsanstalten der Jesuiten der Neugestaltung durchaus 
bedürftig erschienen. [Sökcland, Münster. Gymnasial-Programm 
1827/28 S. 10, 38]. War doch am Gymnasium das Deutsche in den 
Hintergrund gedrängt, die Mathematik verboten , Geschichte und 
Geographie, weil nach Frage und Antwort abgehandelt, ihres Reizes 
und Geistes baar, und das Griechische gegenüber dem Latein nur 
zu sehr vernachlässigt. [Sökeland, a. a. 0. S. 14, 13 Programm 
1827/28 S. 9, 10] , von dem in der Humanistenschule gelehrten 
Hebräischen [Kerssenbroi ck S. 90] keine Rede mehr. Dagegen 
war erfolgreich in den Schauspielen, worin sich die Jesuiten auch 
sonst hervorthaten [Well er, im Serapeum XXV, 174 ff, Wiens, 
a. a. 0. I, IX f.] die äussere Politur der Zöglinge, im Lateinischen 
die Redegewandtheit angestrebt. [Sökeland, a. a. 0. 1825/26 
S. 8 f, J 826/27 S. 44]. — Wie Vieles am theologischen Unterricht 
fehlte, ersieht man an den Veränderungen, denen auch er von 
Fürstenberg unterworfen wurden. Den »Grundstein der ganzen Bil- 
dung, das Gymnasium", verbreiterte er mit neuen, freilich im heutigen 
Auge noch theilweise ungeläuterten Bildungsmitteln und stützte ihn 
mit jungen, fähigen Lehrkräften : der Lehrer der Gottesgelehrtheit 
sollte in „das ganze angenommene System der Bildung passen", die 
theologische Facultät durch die Schöpfung einer vollständigen Uni- 
versität gehoben und diese , damit sie, ungehemmt von den alten 
Misständen, ihre neue Aufgabe löse, ursprünglich sogar anderswohin 
[Coesfeld] verlegt werden [Soekeland Progr. 1827/28 S. 36.] „In 
der Religions- und Sittenlehre lassen sich keine neue Entdeckungen 
machen* 4 ; daher sollte die Theologie von den scholastischen Hypo- 
thesen befreit, die Kirchengeschichte als reine geistvolle Disciplin 
auch geistvoll behandelt werden, der Theologe auch in andere Hülfs- 
wissenschaften, besonders in der [rein idealen] Mathematik arbeiten 
und eine Prüfung bestehen [Esser a. a. 0. II, 35—40; Söke- 
land a. a. 0. S. 77]. Die Aufhebung des Jesuitenordens und an- 
derer Klöster bereiteten dem grossen Manne die hinreichenden Geld- 
mittel und den geschickt benutzten Boden, um die Bildung von 
unten auf mit Lehrmitteln und Kräften, formal und materiel, in der 
Art zu fördern, dass Münster schon bald an den regen Geistesar- 
beiten des Gcsammtvaterlandes Theil nehmen konnte. Selbst die 



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— 62 — 



Witte, Hegius, Buschiiis, Murmellius und andere Zeitge- 
nossen von Langen und Münster gesagt und gesungen! 
Es fand Nachklang bei den gelehrtesten und besten Män- 
nern des In- und Auslandes, so noch im 16. Jahrhunderte 
in verschiedenen Schriften Haraelmanns und des diesem 
gefolgten David Chyträus sowie bei Heinrich Pantaleon, im 
siebzehnten bei Heinrich von Hövel , Melchior Adamus, 
Gerhard Vossius und Albert Fabricius*). 

Den diesseitigen Ruhm Westfalens vertraten ferner 
Herman von Kerssenbrock, indem er in der Wiedertäufer- 
geschichte 1573 den Ruf der Domschule und Langens 
Bibliothek und Epitaph vermerkt (Deutsche Ausgabe 1771 
S. 31, 90, 511), der Osnabrücker Domann, mit seinem 



Klöster mussten nach seiner „Verordnung was und wie die Mönche 
studieren sollen" daran Theil und neue Bildungskeime aufnehmen 
[Esser II, 137], doch nur die Observanten, Conventualen nnd Bene- 
dictiner [Liesborn] folgten; für alle Mönche, welche Seelsorge üben 
wollten, erneuerte er die vom Bischof Wilhelm von Kettler erlassene 
nnd später [1655, 1(570] wiederholte Satzung [Krabbe, Statuta 
Synodal, p. 78, 79] dass sie vor den Synodal-Examinatoren ein ge" 
nügendes Examen zu bestehen hätten [Sammlung der Gesetze und 
Verordnungen I, 231]. Das frühere Ueberwasserkloster wurde in ein 
geistliches Seminar verwandelt ; doch währte es bis in die zwanziger 
Jahre dieses Jahrhunderts, bevor es allen Theologen Aufnahme bie- 
ten konnte. 

*) Die genauem Zet- und Literaturangaben finden sich bei 
P arm et a. a. 0. S. 1—10, wo indess S. 3, Note 2 von dem [1586] 
1590 zuerst erschienenen [cf. Graesse, Tresor I, 154] Chytraei 
Chronicon Saxoniae nur eine unbestimmte Ausgabe . . . Lipsiae s. 
a. imp. Henningi Grossi angeführt wird, und S. 10, N. 3. Die An- 
gabe . . . „Fab licii . . . Bibliothcca Latina med iae et infimae aeta- 
tis cum suppleroento Christiani Schoettgenii. Editio prima Italica 
[Petavii 1754] . . . Erschien zuerst zu Hamburg 1679" dahin mit 
Ruland a. a. 0. V, 429 zu corrigiren ist, dass die Biblioth. Latina 
zuerst 1697, die Bibl. Lat. med. et infini. latinitatis in sechs Oc- 
tavbänden 1734—46 zu Hamburg herauskam. 



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— 63 — 

• 

Apologeticus*) 1591 Sig. E. 3 sq., und zwar in der 
besondern Absicht, um die Quatuor de Westphalia Episto- 
lae, welche Justus Lipsius 1586 „in einer Anwandlung 
von Hypochondrie* zur Schmähung Westfalens oder viel- 
mehr Oldenburgs an verschiedene Gelehrte gerichtet, 
zu widerlegen — sodann im 17. Jahrhundert 1616 die 
Paderborner Jesuiten oder vielmehr deren Ordensgenossen 
Johannes Horrion, mit dem zu Paderborn erschienen Pane- 
gyricus **), indem lib. I, c. 4 — 6 namentlich der geschicht- 



*) Joannis Doraanni Pro. Westphalia Ad. C. V Justum Lipsium 
Apologeticus. Helmaestadii In illustri Julia Acaderaiä | Ex officina 
Jacobi Lucij Anno 1591 4° ohne Seiten- und Blattzahlen, jedoch 
mit Signaturen. Nachstehend werden noch zwei andere Ausgaben 
[Abdrücke] des Apologeticus und ebenso die Fundorte der Briefe des 
Lipsius genannt werden. 

**) Panegyricus die natali Thedorianae Academiae Paderbor- 
nensis Reverendissimo atqt IUustrissirao Principi ac Domino Theo- 
dore Episcopo Ecclesiae Paderbornensis S. R. J. Principi Fundatoris 
eins Munificentissimo a Collegio academico Societatis Jesn oblatus 
& in tres libros divisus, in quo de Westphaliae ac Paderbornae rebus 
non pauca e veteri recentique memoria ad ernditionem juventutis 
in loco di3seruntur. Paderbornae. Ex officino & typis Matthaei 
Pontani. Anno 1616. 4°. Seibertz, Westföl. Beitr. zur deutschen 
Geschichte 1819—23 II , 68 nennt bloss die Ausgabe des J. 1672 
und den Domherrn Christian Theodor von Plettenberg als ihren 
Herausgeber. — B essen a. a. 0. II, 153 und Bade in der Zeit- 
schrift X, 107 kennen dies „schöne" für die Paderbornische Geschichte 
sehr wichtige Werk nur in den Ausgaben von 1616 und der Elze- 
virschen von 1672, letzterer gibt auch einige Lebensnachrichten über 
den Verfasser. Eine dritte Ausgabe erschien 1714 nach dem Titel- 
kupfer der Mon. Paderb. 1713 zu Lemgo, diese ist, wie die zweite 
1672, wenigstens mit der gleichzeitigen und in derselben Officin 
gedruckten Ausgabe der Monum. Paderb. nach den mir vorliegenden 
Exemplaren verbunden. Beide haben, wie die erste, Quartgrösse und 
drei dieser fehlende Kupfern : 1. einen Titelkupfer. 2. das Bildniss 
des Bischofs Theodor von Fürstenberg, 3. eine vogelperspectivische 
Ansicht des Collegiums und Gymnasiums zu Paderborn. Die Titel 



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— 64 — 



liehe Beweis erbracht wurde, Humaniores litteras in Ger- 
mania praeeipuo Westphalorum studio refloruisse, — ferner 



der zweiten and dritten Ausgabe prangen im grossen Titelkupfer 
auf einer Fahne , welche oben von einer Posanne herabwallt, die 
ein schwebender Engel bläst. Die beiden letzten Aasgaben zeigen 
den auf die Fahne beschränkten Titel verkürzt um die Worte in 
quo . . . disse runter , und erweitert am editio altera, beziehungs- 
weise editio tertia, sie zeigen im Texte mit dem Titel drei Kapfern, 
das Porträt des Bischofs Theodor von Fürstenberg und eine vogel- 
perspectivische Ansicht des Jesuitencollegs nnd des Gymnasiums zu 
Paderborn, unten am Titelkupfer die Inschrift L. Visscher sc., am 
antern Bande der Ansicht J. 6. Budolphi deL sonst dieselben 
Gegenstände und Grösse in den entsprechenden Bildern ; nur da- 
durch unterscheiden sich diese, dass die der letzten Ausgabe nicht 
so fein in Licht nnd Schatten abgestimmt, also unklarer erscheinen, 
wie jene der editio altera , dass der Kupfer mit der vogelperspec- 
tivischen Ansicht am obem Rande die Schrift in Panegjrico Pag. 
123 enthält, welche jener der editio altera fehlt, and dass im Titel, 
wo sonst Worte nnd Zeilen genau übereinstimmen , statt editio 
Altera editio tertia und dies letzte Wort eine steifere Schrift ver- 
rät, als der übrige Theil des Titels. Man hat also die Kupfern der 
Altera noch einmal für die Tertia verwandt, sie jedoch mit den ab- 
weichenden Inschriften ein wenig umgestaltet Der im Titelkupfer 
genannte Künstler bildet mit seinen Brüdern Cornelis und Jan ein 
berühmtes Künstlerkleeblatt; er, Lambert wurde 1634 zu Amsterdam 
geboren, lebte and starb in Rom und hinterliess dort Proben be- 
deutender Kunstfertigkeit im Kupferstich, sowohl Porträts als Historie, 
nach Pietro di Cortona, Vanloo etc., [Müllers, Künstler aller 
Zeiten und Völker III, 798]. — J. Georg Rudolphi, ein geschickter 
Maler und Nebenbuhler des C. Fabricius, welcher 1664—1666 für 
das Residenzschloss Neuhaus die vorzüglichsten Landschaften und 
Vedüten des Fürstenthums an Ort und Stelle in verschiedener Grösse 
auf Leinwand ausführte , stammte aus Brakel, wo er auch 1693 
starb and zeichnete die Denkmäler, wornach die Kupferstiche in den 
Monumenti8 PaderbornenBibus gearbeitet sind. Man findet von ihm 
in verschiedenen Kirchen des Hochstifts grosse historische Altar- 
bilder von geschickter Composition nnd richtiger Färbung, welche 
durch die Länge der Zeit nicht gelitten haben. Selbst den kleinen 



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— 65 — 

Johannes Beerschwort 1624 im Westphälisch , Adelich 
Stammbuch , und 1655 Johannes Hobbeling , beide in 
kurzen Worten*). Bernard von Mallincrodt hatte schon 
1639 in seinem Buche über die Typographie**), wo er die 
erste Münsterische Presse mit Deventer und der dortigen 
Schule verbindet , unter den ehrendsten Schlagworten für 
den Dichter, den Druckort und Jahr der Langenschen 
Carmina zuerst und ganz richtig vermerkt und als Ge- 



Stücken an den Beichtstühlen der hiesigen [Paderborner] Univer- 
sitätskirche versagen Kenner ihren Beifall nicht. So B essen a. 
a. 0. U f 243. Er fügt anmerkungsweise bei eine Notiz des Bra- 
kelcr Todtenre^risters : 30. Aprilis 1693 obiit J. Georg. Rudolphi 
caelebs, insignis pictor. In magna gratia fuit apud prineipes. — 
Künstler wie Rudolphi und Fabricius verdienen in der Special- 
geschichte um so mehr einen Platz, als sie nicht bloss flüchtigen 
Werken, wie dem erwähnten von Müller, sondern selbst dem Nagler- 
schen Künstlerlexicon entgangen sind. 

*) Hobbeling a. a. 0. S. 56 und Beerschwort daselbst 
S. 441. 

**) Bernardus a Mallincrodt, De ortu et progressu Artis Ty- 
pographicae . . . Coloniae Agrippinae, apud Joan. Kinchium 1639, 
4° p. 81, 88, 89: „Monasterij Joannes Limburgus anno 1486 im- 
pressit Rudolphi Langij, nobilis Westphali et Monasteriensis Cano- 
nici primi inter Germanos post expulsam barbariem poetae Carmina. 
lato enim elogio a Chytraeo aliisque insignitur". Der Catalogus • 
librorum Bibliothecae selectae Mallinckrotianac cum indice, qui per 
Mich. Andr. Fuhrmannum bibliop. Osnabrug. etc. publica auetione 
lege consueta distrahentur Monasterii Westphalorum in aedibus dni 
Ernesti Oenopolae foro adjacentibus die 19. Aug. MDCCXX. hora 
2da pomeridiana cum continuatione usque ad finem. — Monaste- 
rii Westphaliae : Typis Nacelianis 1720 umfasst mit dem Index 
400 Octavblätter und durchschnittlich auf jeder Seite 10-15 Num- 
mern und diente Nies er t nicht nur zur Vervollständigung des 
Materials für die Buchdruckergeschichte Münsters [vgl. seine Bei- 
träge S. VI] sondern auch mit Mallincrodts Schriften zum Gegen- 
stande einer besondern Abhandlung in W. Grote's Jahrbuch Jahr- 
gang 2. 

5 



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— 66 — 



Schichtsquelle verwerthet; Hobbeling und andere nahmen 
jedoch auf das Typographische weniger, als auf das Bio- 
graphische oder, wie Schaten, irrig Rücksicht. 

1668 veröffentlichte Johannes Goes zur allgemeinen 
Kunde Westfalens die schätzbare Sammlung Opuscula va- 
ria de Westphalia *), und wenn darin überhaupt die Ver- 
dienste des Landes ans Licht treten sollten, so ragten doch 
besonders jene der neuern Gelehrten und gelegentlich unter 
diesen wieder Langen und seine Umgebung hervor. Seiner 
gedenken Joh. And. Quenstedt **) , 1678 G. M. König 
und 1693 erschienen aus den von Fürstenberg gesammelten 
Materialien die Annales Paderbornenses von dem 
1676 verstorbenen münsterländischen Jesuiten Nicolaus 
Schaten und machten nicht nur auf Langen und dessen 
Dichtungen (edit. alt. II, 515, 540, 543, 548) sondern 
auch auf deren Druckort- und Jahr, wenn auch irrthüm- 
lich zum J. 1491 (ib. II, 540), aufmerksam***). 



*) Opuscula varia de Westphalia, ejusque doctis aliquot 
viris edita et notis illustrata a Johanne Goes Westphalo. Helme- 
stadii, Typis & sumptibus Hcnningi Mulleri Acad. Typ. Anno 1668, 
4°. I. Die erwähnte Chytraei oratio p. 1 — 23, III, Herrn. Hamel- 
manni de vita, studiis . . . Herrn. Buschii . . . narratio. p. 29 — 75, 
V. J. Lipsii quatuor de Westphalia epistolae p. 87 — 93. VI. Joh. 
Domanni . . . apologeticus p. 93 — 129. VII. Justi Lipsii quatuor 
de Westphalia epistolarum aliqualis excusatio p. 129 — 136. VIII. 
Nathanis Chytraei oratio [1578] de vita et obitu Arnoldi Burenii 
Westphali p. 136 — 166. IX. Joh. Caselii ad Joh. Reccium epistola, 
in qua laudat aliquot viros non vulgari doctrina praeditos nationis 
Westphaliae. X. Johan. Goes Westphali ad Dav. Chytraei de West- 
phalia orationem annotata p. 185 — 193. XIV. Rein. Reineccii de 
vita sua ad Henr. Meibomium narratio p. 224—228. . . . 

**) Quenstedt, Dialogus de patr. ill. doctrina et scriptis viror. 
E*, 1691 p. 204 G. M. Kon ig ins Biblioth. vet. et nova p. 457. 

***) Kock, der ihm Series episc. Mon., Monast. Typis Aul. 
Koerdinck 1801 , II, 236, 244, 247, 253 hierin, sogar in den lrr- 



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— 67 - 



Im 18. Jahrhundert skizzirt zunächst Rollius die Me- 
rita Westphalorum in Academiam Rostochiensem delineata 
1707*), und allgemein, wie er sich verbreitet, scheint er 
durchblicken zu lassen, dass er die Leistungen der West- 
falen denen irgend eines andern Landes gleich, wenn nicht 
noch höher stellen möchte, indess der Münsterische Chro- 
nist Corfeij f 1733, noch zum Theil nach Chyträus Chro- 



thümern folgt, also wohl selbst nie ein Exemplar Langenscher 
Gedichte gesehen hat, obwol er sonst ältere Drucke und deren Fund- 
ort beachtet cf. II, 235, 262, 264, fügt II, 253 noch weitere, selbst- 
gewonnene Bemerkungen über Langens Bemühungen um die Mün- 
sterische Domschule hinzu, ja er erkennt auch die von ihm an den 
Domaltar geschenkte Statue der h. Agnes (Parmet S. 141) III, 
212. Ueber Schaten vgl. v. Steinen a. a. 0 S. 7, 16, 71, 124. 
Rosenmeyer in Tross Westphalia 1821) Heft I, 49, IV, 16. B. 
Sökeland, Programm 1825—26 S. 107-113. Bade a. a. 0. X, 
109, 110. Es sei hier vom Charakter seiner Historiographie abge- 
sehen und hinsichtlich seines Geburtsortes, als welcher Nienborg 
oder Heek gilt, bemerkt, dass laut Urkunden eines Privatarchivs 
ein Nicolaus von Schaten 1514 und 1527 unter den Burgmän- 
ncrn zu Nienborg, ein Clawes von Schaten 1539 als Bürger und 
1554 zugleich als Kurgenosse des Burgerichts zu Nienborg vorkom- 
men und der Geschichtsschreiber von diesen, zumal er einfach Scha- 
ten schreibt, in einer Nebenlinie des benachbarten Nienborg ab- 
stammen wird. 1597 war alhir zu Munster in pfortener für der 
Horster pforten, Herman von Schaten genandt (Münst. G. Q. III, 
129), ohne Zweifel auch ein Spross des nunmehr entarteten Burg- 
mannsgeschlechtes. 

*) Merita Westphalomm in Academiam Rostochiensem deli- 
neata (...) Die April. Anno MDCCVII publice Eruditorum Cen- 
surae exposita abs autore Keinh. Hen. Rollio, Unna- Westphalo, 
Rostochii . . . (1707) Vgl. A. Heu mann, Biblioth. histor. acad. 
p. 181. Rollius legte auch als Rector in Dortmund die Feder 
nicht bei Seite. Vgl. Nova literaria Westphaliae I, 109, 80, 104. 
Döring S. 13. 

5* 



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— 68 — 



nicon doch eingehender , wie Kerßenbrock die Schule y 
Schüler und das Epitaphium Langens beachtet *). 

In dieser langen Reihe von Schriftstellern beanspruchen 
nur die ältesten Trittenheim. Hamelmann und in gewissem 
Grade noch Chyträus einen originalen, einen Quellenwerth 
für ihre diesbezüglichen Nachrichten, fast alle übrigen bis 
ins 18. Jahrhundert stützen , wie ein Vergleich oder die 
eigenen Worte verraten , dieselben sogar in den Stellen, 
welche das Literarische betreffen, wesentlich entweder auf 
Trittenheim **) oder auf Chyträus ***) ; jenem folgen mehr 
die Süddeutschen , diesem die Norddeutschen : ein Mallin- 
crodt nicht ausgenommen , der doch sonst auf Langens 
Gedichte als eine reale Quelle Rücksicht nahm, Hobbeling 
selbst , obgleich er den reichen Sammelband der Paulina 
mit den meisten Gedichten des Haupthumanisten besass. 
Senaten lagen jedenfalls ausser den Gedichten, die er aller- 
dings falsch datirt also vielleicht nur in Handschrift oder 
defectem Drucke benutzte; mehrfache Berichte über Langen 
und dessen Schule vor , doch anscheinend nicht jene des 
Chyträus, da er diesen nie citirt. 



*) In den Ii G. Q. herausg von Jansen III, XII, 323, 
324. Inmitten einer ausreichenden Bibliothek würde man wahr- 
scheinlich unter den Schriften von Ol. Borrichius , Gerhardus 
Noviomagu8, Christ. Hendreich, Jac Perizonius, Job. Burchard u. 
A., denen Jac. Burckhard Zeugnisse für die Vita H. Buschii (vgl. 
Seite 70) solche finden, welche den Münsterischen Humanismus all- 
gemein berühren. 

**) So Pantaleon, Gerhard Vossius, theilweise sogar noch Fa- 
bricius vgl. Parmet a. a. 0. S. 9, 10. Quenstedt 1. c. dem Gesner. 

***) Auf dessen Chronicon oder wohl auch auf die Oratio de 
Westphalia so Adamus (Parmet S. 6), Domann 1. c. Signatur D 3, 
E 3, der Paderborner Pannegyricus, editio alt. p. 8—14, Hobbeling 
und Beerschwort L c. S. 56, 441, Mallincrodt L c. p. 88. — Hövel 
konnte über Langens Carmina selbständig referiren, das Epitaph 
auch ebenso wie Beerschwort schon aus Kerßenbrocks Historia ana- 
baptistici furoris 1. c. kennen. 



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— 69 — 

Eine solche Berücksichtigung des hiesigen Humanis- 
mus konnte nur auf allgemeine Lobpreisungen und sach- 
lich höchstens auf die eine oder andere biographische und 
literarische Angabe hinauslaufen, sie konnte nur flüchtig 
und aphoristisch sein , weil die Quellen bei Chyträus und 
und noch mehr bei Trittenheim dürftig flössen, wenigstens 
im Vergleich zu den Quellen, welche Hamelmann hinter- 
lassen hatte. Und dass diese so wenig ausgebeutet wurden, 
zeugt einmal für die Seltenheit seiner Handschriften und 
zweitens für die Oberflächlichkeit, mit der man eine be- 
deutende geschichtliche Erscheinung behandelte, ohne sich 
nach den reichern mittelbaren und unmittelbaren Quellen 
umzusehen. Doch hatte Goes Sammlung schon dem wei- 
tergreifenden Studium willkommenes Material geboten; da 
erschienen mit dem allgemeinen Eindringen geschichtlichen 
Interesses und tieferer, sachlicher Forschung, freilich feh- 
lerhaft genug, jene Quellenschriften, welche entweder nur 
im Manuscript oder in so seltenen Drucken vorlagen, dass 
sie, wie heute den Bibliographen (G r a esse), so lange Zeit 
hindurch den Gelehrten kaum bekannt waren, nämlich: 
Hermanni Hamelmanni . . . opera genealogicc-historica, de 
Westphalia et Saxonia inferiore .... partim ex manu- 
scriptis authoris hactenus ineditis ex augusta Guelpherbytana 
bibliotheca communicatis partim ex aliis eius separatina 
quondam publicatis opusculis ... ab Ernesto Casim. Was- 
serbach JCto . . . Lemgoviae ... 1711 im Druck mit 
andern der Westfalen Lob verkündenden Arbeiten *). Sie 



*) Ueber den Werth dieser Schriften nnd die Mangelhaftigkeit 
ihres Abdruckes vgl. Cornelius in den M. G. Q. II. XXIX ff 
Die zahlreichen historischen Arbeiten zur politischen, kirchlichen 
und gelehrten Geschichte Westfalens sind im Eingange der Opera 
chronologisch aufgezählt ; besondere Beachtung verdienen hier die De 
qnibusdam Westphaliae viris scientia claris, qui explosa barbarie, 
puritatem Romanae linguae toti Gennaniae attulerunt, oratio, quae 



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- 70 — 



rerbieiteten ein bis dabin unbekanntes oder doch verbor- 
goes licht öber ::- kzAlz.z-. V^rr^^ir^r-ri "ir.d A'.:>- 



fernsten Gegenden, ne gaben den Gnmd und Anstoss, diese 
merkwürdige Geistesrichtung vom Einzelnen zum Ganzen, 
und Tom Ganzen wieder ins Einzelne weiter zu überschauen 
und ferner! iegende . mittelbare Quellen zur weiteren Auf- 
hellung heranzuziehen, mit einem Worte historisch zu ver- 
fahren. Kaum drei Jahre waren nach dem Erscheinen der 
Hamelmannschen Werke verflossen, da konnte der Wolfen- 
butteler Bibliothekar, Jakob Burkhard schon mehrere auf 
ernstem Studium und achtungswerter Akribie beruhende 
Proben zur Losung solcher Aufgaben ans Licht treten lassen. 



etiam laudem Wegtphalorum oontinet (15*>3 p. 85—130, Oratio de 
Rodolpho Langio. riro nobili . . . primo per Germaniarn po£ta et 
restauratore latinae linguae in Westphalia . . . 1580 p. 257—278. 
De rita, studiis , itineribus scrii-tis et laboribus Hermanni Buschü» 
nobili« WestphalL V. Cl. p. 279—312. Oratio rel relatio historica, 
qnomodo hominibus Westphalis potissimnm debeatnr et asseriben- 
dum sit, qnod lingna latina et politiores artes per Germaniarn sint 
restitutae . . . p. 315 — 340. Jnsti Lipsii .... quatuor jocosae de 
Westfalia epistolae . . . . p. 1379-1382, Apologia Herni. Hamel- 
manni .... contra rirulentas Justi Lipsii calnmnias et injurias 
p. 1382—1408 lant p. 1386 gesehrieben, wie der Apologeticus Do- 
rnanns (rgL Seite 64), also unabhängig Ton ihm 1591 ; die Apologia 
altera, welche auf den Glanz des Humanismus und nach Chytraens' 
Oratio p. 1425 auf die soli nbertas hinweist p. 1409—1432, Joh. 
Domanni . . . Apologeticus p. 1432—1460, Justi Lipsii quatuor de 
Westfalia epistolarum aliqualis eicusatio 1592 p. 1461 — 1464. Von 
diesen waren die Oratio de Rodolpho Langio, — die Oratio vel re- 
latio . . . schon 1580 Lemgo viae (Excudebat Barthol. Schlottenius, 
Opera p. 257. 315) und ebenso 1587 die Historia ecclesiastica renati 
erangelii per inferiorem Saxoniam et Westphaliam (Bibliotheca A. 
B. J. Buenemanni Hann. [1775] I, 173 No. 2378) gedruckt, zählten 
jedoch so sehr „inter rariora", dass selbst Wasserbach (Opera p. 765) 
von der Drucklegung des letzteren Stückes kaum Kunde hatte. 



Strahlungen des 




Human Widos bis in die 




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- 71 — 

Zunächst behandelt er in den De linguae latinae in 
Germania per XVII saecula amplius fatis commentarü 
Hannoverae 1713 (568 SS.) S. 8 die Frage : Langius 
primus inter Germanos latinus poeta t exaeta latinitatis cog- 
nitione excellens , quam praeclare Germaniam demeruerit t 
sodann räumt er S. 19 — 23 in der Westphalia felicissima 
barbariei victrix sive de Westphalorum praeclaris erga 
restituendas XV. et XVI. saeculis in Germania litteras oratio, 
die er noch als Professor der Beredsamkeit am Gymnasium 
zu Hildburghausen für den Gymnasiasten Michael Anton 
Lühner schrieb, und 1719 daselbst in 4° edirte, dem Langen 
einen besondern Platz ein *) ; genauer noch auf Münsters 
humanistische Bedeutung und Langens Verdienste einzuge- 
hen nöthigte ihn der Stoff einer 1719 zu Frankfurt a. M. 
erschienenen vierten Schrift Hermanni Buschii . . . Valium 
Huraanitatis ... et ... de Auctoris vita 1719, Langens 
bahnbrechenden Bestrebungen I, 65 — 77 knapp jedoch weit 
charakteristischer, wie seine Vorgänger zu skizziren — 
kurzum , indem Burckhard an solche Aufgaben mit weit- 
schichtigen Mitteln herantrat und sie kritisch benutzte, 
wurde er der Pionier jener allgemeinern und specielleren 
Literatur, welche von der Mitte des vorigen Jahrhunderts 
an den Humanismus und namentlich auch den Münsteri- 
schen immer eingehender und wahrer gewürdigt hat**). 



*) Diese Angaben macht Unland a. a. 0. V, 429, die Lite- 
ratur Burckhards noch dahin vervollständigend, dass zu den Com- 
mentarü ein zweiter Band : De linguae latinae, quibus in Ger- 
mania per XVII saecula amplius usa ca est, fatis novi plane, quibus 
priores illustrantur partim supplentur commentarü. Wolfenbutteli 
1721. 602 SS. und 5 Bogen Index über beide Bände kam. 

**) Hinsichtlich der diesseitigen Absichten und Arbeiten 
NünnnigB sei verwiesen auf die Note f S. 28vund Driver 1 c p 
p. XV, 109. Nünnings Verdienste um die vaterländische Historio- 
graphie würdigt kurz Niesert, Beitrage zur M. ü. B. 1. 1. p. XU. 




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- 72 — 

Freilich hat noch der Vater der historischen Wörter- 
bücher L. Moreri, Grand Dictionnaire historique 1740 
L. p. 43 für seine Lebensskizze Langens die reichem 
Quellen übersehen und nur den Gesner, Chyträus und 
Adam benutzt. 



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In der Regierungsbibliothek zu Arnsberg, welche dem- 
nächst, Dank der Fürsorge und Einsicht der Behörden, in 
die Paulina zu Münster als in die Provincialbibliothek über- 
gehen wird , fand ich , geleitet von dem alphabetischen 
Kataloge, den der Regierungsbibliothekar Meschede ange- 
fertigt hat, ein Buch, das sonst ganz unbekannt geblieben 
war, obschon es die Aufmerksamkeit der Geschichtsforscher 
nicht weniger des Inhalts als der Typographie wegen in 
einem sehr hohen Grade beansprucht. Es befindet sich 
als fünftes von 6 Stücken in einem Bande, und dieser 
zeigt ausser dem neuern Leinwandrücken noch seine erste 
stempelverzierte Ligatur und im Innern mancherlei In- 
schriften theils grammatischer oder poetischer, theils histo- 
rischer Natur. Das Vorsetzblatt und Fol. 2a bewahren die 
Inschrift : Liber monasterij Wedinchusen, das erstere mit 
der Jahreszahl 1550, und da sie die jüngere ist, so wird 
das Buch aus dem bezeichneten Pramonstratenser-Kloster 
an den jetzigen Fundort übergegangen sein. Aeltere In- 
schriften auf Fol. la und an der Schlusschrift des ersten 
Stückes geben trotz ihres Gekritzels über den frühern 
Besitz und Zweck de3 Buches Auskunft; sie lauten auf . . 
Johannes bock . . . bock . . . Johannes werlis oder wer- 
lensis , . . Fol. 2a in einer Lücke des Textes auch bloss 
Werlis in blauer Schrift . . . Ego pa (?) pauperem ludo . . . 
Ludo werlis . . . ludus. Sie offenbaren also als den Be- 
sitzer (Lehrer) deutlich einen Johannes Bock zu Werl, und 



— 74 — 

als Zweck den Gebrauch für die Schule und das um so 
mehr, als die meisten Stücke grammatische oder Schul- 
bücher sind *). Da ferner diese Inschriften so alt erscheinen 
wie die jüngsten der Stücke, also dem Ende des 15. Jahr- 
hunderts angehören, so muss die Schule zu Werl schon 
weit vor dem Jahre 1558, wo dort ein Gebäude für die 
reifere Schuljugend errichtet wurde **) und bevor Herman 
von Kerssenbroch dort angestellt wurde, bestanden und die 
humanistischen Bildungsmittel in sich aufgenommen haben. 

Das in Rede stehende Druckstück überragt die übrigen 
alle an Alter, theilt indess das 4° Format und zählt 20 
Blätter mit 36 ungebrochenen Linien in gothischer Schrift 
ohne Signaturen und Blattzeichen. 



*) Es sind in kurzer Beschreibung folgende, sämmtlich in 4° : 
1. Fol. la bloss mit dem Titel Incipit Glofa fuper Secüda parte 
Magiftri | Alexandri per Johanne Synthis collecta | s. 1. a. & n. t. 
mit Sign, die Seit, mit 35—36 Lin., goth. Type, die jener der Lim- 
burgschen Officin ähnelt. Schluss : Finitur hie Glofa fuper Secunda 
parte | Magiftri Alexandri per Johanns Synthis Collecta. Vgl. Hain 
1. c. No. 14759 ff. Böcking, Op. ülr. Hutten. Suppl. II, 297 ff. • 

2. Fol. la. Eluquetiffimi viri ac pcipui oratorie artis | doctoris. 
Auguftini | fenßf? de varijs loqugdi | regulis fiue poetay pceptis. 
Tractatulus in | cipit fcliciter s. L a. et n. typ. mit Signat. und 
27 Linien per S. Schluss : Eloquentiffimi . . . oratorie ratis (sie) I 
doctoris Auguftini Senenfis. De varijs lo | quendi regulis Orandiq? 
modis Tractatg finit feliciter : | B. De. V. 

3. Fol. la. Elegantiarü viginti peepta ineipiunt | s. 1. a & n. 
t. mit Sig. u. 28 Zeilen per Seite. Schluss : Elegantiay preeepta 
viginti finiunt. | Vgl. Hain 1. c. No. 6566. cf. Serapeum XIV, 10, 15. 

4. Ars cöficiendi epiftolas elegätiffime erschienen bei Paffraed 
zu Deventer c. 1497. Holtrop L c. I, No. 321. 

6. Fol. la. Anicij Manlij Torquati Seuörini Boetij | Patricij 
uiri de cöfolatione philofophiae Uber | primus incipit s. 1. a & n. t. 
mit Sign. u. 22 Linien per Seite. Schiusa : Finitur hic quintus 
et vltimus liber Boetij | de confolatione philofophiae. | In impreffura 
plateae episcopi. | 

**) De necke in d. Zeitschrift XV, 257 ff. 



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— 75 — 

Fol. la: 

(|| Prologus in Codrum feliciter incipit 
(C)orripio patres ! ne fub gymnafia codri 
Ducant filiolos. iuffa tenere. fuos ; 
Ne teneros animos cömittät forte mgris 

cjj Ignauis ! qui fe fingula noffe putant; 

d Moribus ingenua ne fedis clara iuuenta 

(| Frendeat : et turpi difperiat fenio; 

d Ne modo barbariem vite ac fermonis agreftis 

(| Hanriat. et fuefcat fracta latina loqui ; 

C| Ceu facit hic codrus. manibus quem preloco veftris 

C| Doctos exemplo falfa cauere juuet; 

C| Et pueros rectis preceptis ponite veftros 

C| Institui ! ferie prhendere docma probum ; v 
(jj Argumentum. | 

wovon 10 Zeilen noch auf den untern Theil des Fol. la 
und 13 auf Fol. lb kommen. Dann beginnt das Stück mit 

q| Bartolus ad Baldum? 

Fol. 20b enthält im untern Drittel: 

Cjj Comedie Codri finis adeft foeliciter. 
Cjj Studio et ingenio pclari homls. Johis kerckraeisftrij. | et 
natu ciuis. et regimine gymnafiarche utrunq? mona | fterienf*. In 
codrü piocQdas facetias (quib? cü iä manu im | pofuiff; ultima) In- 
genuus ioh's lymburgij. Aquenf? ortu. \ arte impfforia gfpicuus, 
imp'mödas fufcepit. Terfo et pol | ito luculötiffimoq^ caractß. Anno 
nrS Salutis Millefimo quadringStefimo octagefimo quinto. pridie 
kaledas nouem | bris, monafterij weufalie vrbis. immortali femp 
nomie in | fignis. impreffas accuratiffime. ad vniuerfos adolefcen- 
tn | los. latinitati moribufq? rectis opam nauantes. mittit über | 
rime profecturas! 

Metrisch ist bloss der Prolog, das ganze Stück Prosa. Als 
Probe diene hier inheutiger Schreibweise das Argumentum : 

(C)Um de una Bartoldus et Baldus studentes Agrip- 
pina extra menia in Tusculano lascivirent, mertem quen- 
dam Codrum nomine conspectant, quem Bartoldus raonstrum 
indicans, Baldus indicatum sibi hominem censet. Itidem 
conveniunt, Baldus (quidnam siet) inquirat. Accedit, homo 
est, comperit, salutat ipsum secum convertitur (?) admonet, 



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- 76 — 



Codrus maneat, ut eo Bartolum accieat. Pergit, College 
apprehensura describit , monstrum ipsum ad se perducens. 
Qui appulsus inire salutat et laudat Codrum, condiciones 
eius ridecs inquirit, rude sibi respondentem tractat facetius. 
Id Philo Codri olim discipulus audiens admirans eum de- 
testatur magistrum inertem, tum stomaehatus Bartolus grosse 
maledicit bestie, contra Baldus placat, precatur sibi expe- 
diendi eum sit iumento. recusat, persuasus tandem acquies- 
cit. Coloniam ipsum inducunt , conferentes hospicioque 
receptum fieri procruat (sie) Baldus edes indicat, valedicit 
hospes efficitur Codrus. Postera die, ubi mane ab ecclesia 
venerit Codrus, aggrediuntur uua, quopacto vesperi aeeeptus 
fuerit, inquirunt, invitant, bursam secum intret, ubi expe- 
diunt, coronant, promovent, demum assoleant. Itaque ig- 
naviam eius contundunt ac ineptum ad litterarum contu- 
bernia reiieiunt , quod mirum in modum deducitur . . . 
Bartolus ad Baldum : diese beiden Namen waren bekannt*). 

Das Drama nun verläuft ohne besondere Abtheilungen, 
weniger in Handlungen als im Wechselgespräch und darin 
nehmen Bartolus, Baldus, Codrus wenn auch nicht die allei- 
nigen, so doch die Hauptrollen ein. 

Aber wir haben ohne Frage die Arbeiteines Huma- 
nisten vor uns; die Sprache hat mit dem Mittelalter 
gebrochen, die Distichen, die Hexameter sind elastisch ge- 
bildet, der leoninische Vers ist verschwunden. Dann haben 



wir eine so frühe neulateinische Comödie vor uns, dass sie 
im allgemeinen deutschen Humanismus eine bemerkens- 
werthe Stelle einnimmt Heuchlings gleichartiges Stück 
Sergius fallt erst in die J. 1496 — 97**), die vorliegende 
wenigstens in das Druckjahr 1485. 

Das eröffnet uns von dem seitherigen ganz abwei- 
chende Perspectiven auf das Münsterische Humanisten- und 

*) Für mittelalt. Rechts-Handbücher Hanielm. I. c. p. 321. 
St r au sä, ülr. v. Hutten I, 151. 

**) Vgl. L. Geiger, Johann Reuchlin 1871 S. 79, 39 ff. 




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— 77 — 



Schulwesen. Das Stück gilt universos adolescentulos la- 
tinitati moribusque rectis operam navantes. Der Ver- 
fasser Kerkmeister ist sonst gar nicht genannt oder gekannt, 
und doch ist er, wie das Finale ausdrücklich betont, stu- 
dio et ingenio praeclarus homo , et natu civis et 
regiraine gymnasiarcha, utrumque Monasteriensis zu 
einer Zeit, wo von einer humanistischen Schule zu Münster 
bis jetzt keine Rede war, denn diese, heisst es, sei auf 
Langens Betrieb erst 1497 oder 1498*) ins Leben ge- 
rufen. Solch ein Mann kann nicht Kector gewesen sein 
an einfachen Latein-Schulen, wie der Collegiatstifter Mar- 
tini und Ludgeri **), sondern nur an einer Hauptschule 
der Stadt : an jener des Domes, und sie war es auch, welche 
Langen weit später humanistisch umgestaltet haben soll. 
Wenn desungeachtet die Zeitgenossen so früh keine Huma- 
nisten an der Domschule kennen, so muss man erwägen, 
dass sie auch unter Langens Verdiensten kaum jene um 
die Schule anführen. 

Nur Hamelmann that dies (opera p. 265) in nach- 
stehendem Berichte : 

Ibi (Monasterii) vehementer laborabat in capitulo, et 
plurimum instabat apud patrem Herrn. Langium, Phil, de 
Hörde, praepositum, Herrn, de Hoerde, seniorem, Joannem 
Valcken scholasticum et Henr. Schaden, atque plures in 
capitulo utad reformationem studiorum et literarum 
evocarent ex Daventria Alexandrum Heg iura et ei guber- 
nationera scholae cathedralis traderent, postquam is esset 
alumnus ditionis Monasteriensis et multos praeclaros disci- 
pulos habuisset ex multis variisque regionibus, qui jam 
praeclare eruditi essent : sed licet reliqui domheri et ca- 
nonici consilium Eodolphi Langii, qui tunc quoque in prae- 



*) Erhard in der Zeitschrift I, 40, Parmet a. a. S. 74 f. 
**) Vgl. Erhard a. a. 0. I, 38, 59. 



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- 78 — 



positum veteris templi electus erat, non improbarent, ta- 
rnen , cum hoc meditaretur Langius, id statim olfecerunt 
sophistae barbari ac monachi inepti, vel professores absurdi 
in academia Coloniensi et id effecerunt, ut sub nomine 
totius universitati s et eius sigillo scriberetur ad praesulem 
Conradum de Ritberg, in defuncti Schwarzburgici co- 
mitis Henrici locum electum et ad capitulares cathedra- 
les, ne ex scholis usitati libri, ut Alexandri grammatici 
Doctrinale, Catholicon, Marametractus, Gemma gem- 
marum et similes auctores, qui hactenus per tot annos in 
usu apud Scholas fuerant, ejicerentur. lbi diu contra eo- 
rum ineptas excusationes et subtilia argumenta disputa- 
vit Langius noster et ex ipsis latinae linguae fontibus 
respondit istis blateratoribus et , cum parum proficeret, 
tandem ad Italos scriptores provocavit. Isti in responsione 
pro Langio pronunciant , et insulsos istos Colonienses pro- 
fessores damnant, ita tandem, cum Italice doctus esset et 
Italomm censuram judicio Langii convenire cognosceret 
episcopus, permisit capitulo cathedrali, ut facerent in ea 
re pro arbitrio. Ibi rursum in capitulo urget institutum 
suum Langius et obtinet, ut Hegius ad aperiendam scho- 
lam vocetur , sed is se propter aetatem et quod assumpta 
jara presbyteri dignitate et gradu se rebus sacris conse- 
crasset, excusat et suo loco suadet, vel Timannum Came- 
nerum, hominem personatum, vel Torrentinum, vel Volsium, 
vel Johannem Caesarium aut Ludolphum Heringium vel 
Petrum Nehemium esse vocandum. 

Diese Worte ergeben neben dem Thatsächlichen viel 
Unrichtiges und Unwahrscheinliches und führten insbeson- 
dere zu dem Irrthum, erst 1498*) sei die Domschule hu- 



*) Später 1491 drückt er sich in der Apologia alt. contra 
Jnsti Lipsii calumnias L c. p. 1428 bestimmter aus ; . . . Sic igitur 
paulo ante a. 1500 constituta Monasterii schola, usqne ad anabap- 



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— 70 - 



manistisch geworden und bis dahin in Lehrern, Büchern 
und Methode scholastisch geblieben. Thatsächlich wird 
sein, dass Langen zunächst auf Widerstand stiess nicht 
so sehr bei den Domherren, als bei der öffentlichen Mei- 
nung, dass die Kölner*), die noch in der ersten Hälfte 
des 15. Jahrhundert freisinnig auftraten**) nunmehr aber 
an jeden Rest Scholastik sich klammerten, jedes Neue da- 
für befeindeten , Alles aufboten , um in Münster Geistes- 
bahnen, die von den alten formal abwichen, zu sperren. 
Wie geberden sie sich bald im Reuchlinschen Streite***), 
und welch' komischen Ernst wandten sie eben auf, um die 
Orthodoxie des unschuldigsten Buches von der Welt, des 
Kerstenspegels f) von Dederich von Münster dem Bischof 
von Utrecht darzuthun ff). Ja die argwöhnische Stimmung 
entlud sich um diese Zeit in dem Hexenhammer 1489 fft) 
und den Hexenverfolgungen, die fürs Erste einen bewei- 
nenswerthen Faden in der Geschichte des Menschengeistes 
spinnen ; dazu kam ein Anderes. Langen war Anhänger 
der ascetisch-reformirenden Richtung, welche die Frater- 



tisticos furores florens ac celebris mansit et in totam rcliquam 
Westfaliam et Gerraaniam optima studia propagavit. 

*) Später 1491 schrieb er 1. c. p. 1427, auch die Löwener (Co- 
lonienses et Lovanicnses perperam judicare) die dermalen mit den 
Kölnern harmonirten, hätten sich gegen ihn erklärt. Geiger S. 282. 

••) Vgl. Evelt in der Zeitschrift XXI, 26G ff, 296. Kamp- 
schulte Universität Erfurt (1858) I, 14. 

***) Vgl. Geiger a, a. 0. S. 257 ff, erfolgreicher allerdings, 
wie die Pariser Sorbonne gegen das humanistische College royal. 
Döring S. 32. Vgl. noch Hamelmann l c. p. 299, 268. 

f) Es war der erste deutsche Katechismus, vgl. Geffken, 
Bilderkatechismus des 15. Jahrh. 1855, 1, 157. Evelt a. a. 0. XXI, 
263 ff. Strunck, Westphalia sancta beata pia 1715 I, 292 ff. 

ff) Hartzheim, Bibliotheca Coloniensis 1747 p. 303. 

ftt) Wetzer u. Welte, Kirchenlexicon V, 155. Zuerst vom 
niederrhein. Humanismus bekämpft. Wolters, Konr. v. Heresbach 
1867 S. 151 ff, 




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— 80 — 



herren *) Dederich von Münster und Wessel vertraten, und 
diesen beiden Männern in Verehrung so zugethan, dass er 
ihren Umgang suchte oder auf ihr Wort sich zu besondern 
Dichtungen entschloss **). Diese Richtung durchkreuzte 
die alten Bahnen der Kölner, und Langen drückt selbst seine 
Missstimmung über die letzteren aus in dem Carmen***): 
Ad clarissimam Coloniam Agrippinensem, quae cum multa 
praeclara consecuta sit antiquitatis et parentis suae Romae 
monimenta et hac nostra aetate excellat plurimum, solos 
vales et poetas humanitatisque professores, qui res suas 
sempiternae memoriae tradere possint, in pretio non habeat, 
auctor miratur. Thatsächlich erscheint auch, dass man 
dem Urtheile der Kölner Gewicht beimas; denn ihre 
Stimme galt auch andern als den nächsten Anhängern wie 
ein Orakel f) : da brachte es die Sache schon mit sich, 
dass Langen um die seinen Plänen entgegenstehende Mauer 
von Argwohn und Gewohnheitsmacht zu durchbrechen, zu 
einem andern, voraussichtlich wirksamen Mittel griff, näm- 
lich ein Gutachten aus dem Lande Italien einzuholen: dies 
galt ja den nordischen als der Sitz des sacerdotium ff) und 



*) Molhuy sen-Tross in d. Zeitschrift XXI, 344. 
**) Parmet S. 50, 69 f, 119, 142, 196, 217. 
***) Bei Parmet S. 208. 
t) Kampschulte a. a. 0. I, 151. 

ff) Das war staatsrechtlicher Grundsatz. Jordanus Osnabr. 
schreibt c. 1250 : Et nota , quod sicut ecclesiae materiali unum 
fundamentum et unum tectum sufficit, sed unus paries non sufficit : sie 
sacerdotio una sedes principalis, videlicet Koma : et studio 
unus locus, videlicet Parisius, sufficit. Sed imperii quatuor 
loca prineipalia saneti spiritus ordinatione novimus attributa, quae 
sunt Aqaisgranum, Arelatum, Mediolanum et urbs Koma. ... Et 
est notatu dignum , quod debitus necessarius ordo requirebat , ut 
sicut Komani tanquam senior es sacerdot io, sie Germani vel 
Franci tanquam juniores iraperio et ita Francigenae et Gailici per- 
spicaciores scientiarum studio ditarentur , et ut fidem catholicam 
quam Romanorum constantia firmiter tenet, virtus et Ger- 



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— 81 — 



hier beseite und erregte das, was er vorhatte, längst die 
Köpfe bis in die Curie hinein und erblühte in zahlreichen 
Werken. 

Unwahrscheinlich lautet aber bei Hamelraann, dass 
Langen sich sollte über dreissig Jahre lang um die Reform 
der Schule bemüht haben — und das ganz vergebens ; denn 
die Angabe, Langen sei damals auch, als er sein Vorhaben 
den übrigen Domherren vortrug, Propst des alten Domes 
geworden, (qui tunc quoque in praepositum . . . electus 
erat) lässt durch die Zeilen lesen, dass er es nicht lange 
nach dieser Beförderung that. Propst wurde er aber schon 
1462*) und wären die Humaniora erst 1498 in Münster 
tradirt, so hätte er mit den Domherren, die sich dafür 
interessirten , zusehen müssen , wie die altscholastischen 
Lehrer und Bücher noch über dreissig Jahre unter ihren 
Augen und wider ihren Willen in Würden geblieben wären 
in einer Schule, die von ihrem Willen abhing. Die Haupt- 
schule der Stadt und des Landes hätte im Gängelbande 
veralteter Doctrinen fortvegetiren sollen, als Langen, dem 
ihre Reform zur Lebensaufgabe geworden, bereits als das 
geistige Schwergewicht des Oapitels längst am bischöflichen 



manorum magnanimitas imperialiter tenere praecipiebat et 
eadem Gallicoruni argutiam et facundiam ab omnibus esse 
tenendam firmissimis approbaret rationibus et demonstraret. His 
siquidem tribus sc. Sacerdotio , imperio et studio tanquam tribus 
virtutibus, videlicet naturali, vitali et scientiali, catholica ecclesia 
spiritualiter roirificatur, augmentatur et regitur. His itaque tribus 
tanquam fundamento, pariete et tecto, eadem ecclesia tanquam raa- 
terialiter proficit. (Apud Schardium, De jurisdictione, autoritate et 
praeeminentia imperiali ac potestate ecclesiastica ßasileae 1576 p. 
307. Den Inhalt des ganzen Jordanschen Tractats beauszugt nach 
einer anonymen Handschrift des 14. Jahrhunderts in der öffentlichen 
Bibliothek zu Dresden Herschel im Serapeum XIV, 124 ff. 
*) Erhard in der Zeitschrift I, 54. 

6 



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— 82 — 

Hofe, in der Stadt, wie im Capitel in hoher Ehre stand, 
als eine Anzahl anderer Domherren bereits dem Humanis- 
mus so zugethan war, dass sie von dem begeistertsten Ver- 
treter desselben Murmellius in den Elegiae morales dafür 
geehrt*) und gepriesen wurden; wohl die meisten waren 
schon vermöge ihres Bildungsganges (S. 58) mit den neuen 
Studien in Italien in Berührung gekommen. Ist es denk- 
bar, dass die Schule fast Jahrzehnte lang unberührt ge- 
blieben wäre von dem frischen Frühlingshauche, der hier 
an den Thürschwellen Langens wehte und Münster bereits 
zum Sammelplätze und Ausgangspunkte der Humanisten, 
jung und alt, gemacht hatte? Und das Alles um der 
Kölner Theologen willen! — Das wird auch dem Leicht- 
gläubigen nicht schmecken. 

Der Zeuge lässt sich überdies Unrichtigkeiten zu 
Schulden kommen, so wenn er die Kölner für des Alexandri 
grammatici doctrinale eintreten lässt , für ein freilich 
mittelalterliches Schulbuch , das aber von dem gelehrten 
Johan Sinthen **) , dem Collegen des Hegius und von 
diesem für den Gebrauch schulgerecht verarbeitet, häufig 
edirt ***) und selbstverständlich in Händen der berühmten 

*) In der 4° Ausgabe 1508, Langen Sign. CHI ENIb : Theo- 
dorik Schade Gill, Herrn. Hörde GUIb, Herrn, von Langen GUIb, 
Joh, Valcke GVb. 

**) Molhuysen-Tross in der Zeitschrift XXI, 343. 

***) Hain, 1. c. 14759 ff. Holtrop 1. c. I, No. 276. Begann 
doch auch Hegius an seiner Schule mit den mittelalterlichen Lehr- 
büchern. Krafft und Crecelius Beiträge S. 29. Die Grammatik des 
Donatus wurde 1500 von Torrentinus für die Schule zu Zwoll 
edirt, Hamelmann 1. c. p. 334 und 1531 zu Emmerich den Schülern 
der Septima in die Hand gegeben. Weinsbergs Gedenkbuch bei 
Ennen, Zeitschrift für Culturgeschichte [1874] III, 55. Ein langes, 
lehrreiches Verzeichniss der frühern Lehr- und Hand- 
bücher für die grammatischen und Fachstudien liefert Hamelmann 
l. c. 72, 268, 321. Genaueres hierüber bei Geiger S. 74, Böckin g 
1. c. Suppl. II, 292 ff, und das Eindringen des humanistischen Donat's 
bei Kampschulte I, 31 f. 



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— 83 — 1 



Schule zu Deventer war, der ja Langen seine Domschule 
nachbilden wollte. In Münster konnte es auch an passenden 
Büchern kaum fehlen, nachdem Langen eine reiche Biblio- 
thek angesammelt hatte , welche ausser den Classikern 
omnia grammaticorum commentaria ... et comoedias et 
tragoedias tum Latinas tum Graecas umfasste*) und die 
er omnium in schola docentiura usibus com muntern facie- 
bat**). Nach Hamelraann's Berichte hätte Hegius schon 
bald nach 14G2 die Schule zu Deventer geleitet — auch 
das stimmt nicht : damals war er noch nicht einmal Rector 
zu Wesel , und erst gegen 1470 vertauscht er Deventer 
mit Emmerich***). Und schon Parmet (S. 74) streicht 
dem Hamelmann an, dass er nicht völlig richtig die Würden 
und die Aufeinanderfolge der Domherren angibt. 

Wenn Hamelmann weiter bemerkt, die Kölner hätten 
erst bei dem Münsterischen Bischof Conrad von Rietberg 
1497—1508, der als „vir doctus humanus et industriusf) 
in welscher und latinscher sprake wall erfahren sich lange 
tho Rome versocht hadde*tt)> mre Remonstrationen gegen 
die Schule erlassen, so hat er und gewiss mit Grund da- 
durch Anluss zu der falschen Annahme gegeben fff), 
als ob der vorige Bischof Heinrich von Schwarzburg bei 
„ununterbrochenen Kriegen" „der alten Richtung zugethan* 
geblieben , also bis zu dessen Regierungsende 1496 von 
der neuen Schule kaum Rede gewesen wäre. Diese An- 
nahme erweist sich noch im Lichte besonderer Thatsachen 



*) Hamelmann, Opera p. 286, 202, 203, 275. 
**) Hamelmann 1. c. p. 1428.* 

***) Dillenburgcr, Prgr. Emmerich 11*15/40 S. 14; Hei- 
de mann. Programm Wesel 1859 S. 12. 
f) Hamelmann 1. c. p. 539. 
tf) M. G. Q. I, 292. 

ttt) Bei Erhard Zeitschrift I, 40. Parmet S. 74. 

6* 



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84 - 



als falsch : Bischof Heinrich hatte zu Laugen ein grosses 
Vertrauen, und zum Humanismus eine solche Zuneigung, 
dass er dessen Jünger, den ältern Johan v. Elen und auf 
Langens Wort den feurigen Herman von dem Busche in 
der Hofkanzlei *) anstellte ; und derselbe Busch machte auf 
dieses Bischofs Tod ein Trauerlied**), worin er ihm na- 
mentlich nachrühmt: 

... et dulces nullo extinguibilis evo 
Junxit amor fratres, secureque ocia vite 
Foverunt inter rigidos armenta magistros. 

Unter Heinrich schon gab es zu Münster eine Reihe 
berühmter Humanisten, gab es Humanisten in der bischöf- 
lichen Kanzlei, unter ihm wurde hier die Presse eröffnet, 
unter ihm gab es magistri. 

Diese Kette von Thatsachen ermächtigt uns zu dem 
Schlüsse, dass auch irgend eine humanistische Schule be- 
reits unter seiner Regierung bestand: dann verstehen wir 
auch , wenn schon 1480 Rudolf Agricola dem Hegius 
meldet, sein jüngerer Bruder Heinrich habe sich bisher 
des Unterrichts wegen bei seinem Freunde Friedrich 
m Münster aufgehalten, da letzterer aber von Münster 
weggezogen und einem andern Hause als Rector vorgesetzt 
sei , so habe er beschlossen, seinen Bruder zu Hegius zu 
schicken***). Freilich ist dieser Friedrich kein anderer, 
als der Fraterherr Morman. Die Fraterherren haben nun 
die humanistischen Doctrinen wahrscheinlich zuerst in ihrem 
Hause gelehrt, — aber Nichts hinderte, sie auch an der 
Domschule wirken zu lassen. An dieser muss auch der 



*) Hamelmann Opera 1. c. p. 204. 284, 286. 
**) In d. Carmina tumultuaria Fol. 18a, deren Deventer Aus- 
gabe bei Holtrop I No. 309 schon wegen der Regierungszeit 
Heinrichs etwas zu früh mit c. 1496/97 datirt. 

***) Die Stelle aus dessen Lucubration. bei Erhard I, 52. 



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Verfasser der Comedia Codri, der Gyranasiarclia Joh. Kerck- 
meister, gewirkt haben, und sollte er auch Laie und die 
übrigen Lehrer noch Geistliche oder Fraterherren gewesen 
sein. Stand doch auch Hegius der erst im Alter die Weihen 
nahm, zu Deventer als Laie mitten unter geistlichen Leh- 
rern der dortigen Schule vor*). Langen konnte doch, wie 
Hamelmann**) selbst anführt, den jungen Busch, bevor 
er ihn nach Deventer entliess, im eigenen Hause erziehen, 
und ansehnlich ist die Zahl der Gelehrten, die er zu 
Münster unterhielt (alebat et fovebat). Da durfte es doch 
an geeigneten Lehrern und passender Arbeit nicht fehlen! 
Immerhin umhüllt die Anfänge des humanistischen Schul- 
wesens zu Münster noch manches Dunkel : sie aber erst zu 
Ende der neunziger Jahre ins Leben treten lassen, das 
verstosst gegen das frühe geistige Streben der Stadt, des 
Domcapitels, Langens und des Bischofs, das verstosst gegen 
die Thatsache, dass humanistische Bildung schon um 1480 
wenigstens im Fraterhause zu erlangen und besonders da- 
gegen , dass wir 1485 ein Gymnasium mit einem Gymna- 
siarcha haben ***), und dass von diesem eine humanistische 
Schrift, eine Comoedie, für die Schüler im Drucke veröf- 
fentlicht wurde. 

Hiergegen liefert den nächsten und gewichtigsten 
Einwand der Umstand , dass Langen selbst so viele hei- 
mische und auswärtige Schüler bis gegen Ende des 15. 
Jahrhunderts nach Deventer entsandtet), und wie uns das 



*) Molhuysen-Tross in der Zeitschrift XXI, 348, Hamel- 
mann, Opera p. 265. 

••) Opera p. 263, 266. 

***) In Butzbachs Aufzeichnungen bei Krafft u. Crecelius, 
Beitr. S. 30 heissen auch die Schulen zu Wesel u. Deventer, die 
Langensche Schule zu Münster Gymnasium, ihr Kector Gymnasiar- 
cha. Driver L c. p. 171. 

t) Hamelmann, Opera p. 263, 267, 284. 



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— 86 - 



Leben von Busch beweist, von den frühachtziger Jahren an, — 
eine Maassnahme , die statt Hebung eine Schädigung der 
eigenen Schule bedingt hätte, wenn bereits eine solche be- 
stand. Und doch ist dieser Schluss zu radical, zu um- 
fassend. Warum gehen die einen nicht gleich nach De- 
venter, und bleiben die andern nur eine bestimmte Zeit dort? 
Wir glauben, diese Fragen lösen sich ohne Zwang: Deventer 
besass sicher seit 1480*) etwa eine vollständige sieben-, viel- 
leicht achtklassige Schule **), welche die Universitätsbildung 
und die Vorbereitung dafür, — beides — umfasste. Und wie 
wenig Universitäten versprachen damals noch humanisti- 
sche Vorlesungen und wie wenige von den Münsterischen 
Humanisten haben von Deventer aus noch eine Universität 
besucht! Münster hatte wenigstens seit 1485 eine 
Schule, die gewiss die Vorbereitung für Deventer, aber 
nicht die akademische Ausbildung, wie jenes, ermöglichte. 
So sandte Agricola seinen humanistisch vorgebildeten Bruder 
nach Deventer und so werden die meisten Schüler zu 
Münster ausgerüstet und gleich mit der Nebenabsicht aka- 
demischer Fortbildung dahin gezogen sein. Die Münste- 
rische Schule war damals gegenüber jener zu Deventer 
kaum mehr als eine Vorschule, gewiss noch lange organisirt 
wie die Domschule, lange ohne eine weitere Classenzahl 
und humanistisch nur durch den einen oder andern Lehrer, 
der dort neben den Geistlichen die classischen Wissen- 
schaften tradirte. 

Langen hat sie gegen 1498 unter Bischof Conrad in- 
sofern neu geschaffen, als er die vorhandenen humanisti- 
schen Ansätze in grossartiger Weise zu Blättern, Blüthen 
und Früchten entfaltete — und damit die Reform ganz 
gründlich durchführte. Hegius, der Mann, welcher die 



•) Erhard Zeitschrift I, 35. 
**) Döring a. a. 0. S. 44-51. 





87 — 



Blüthe und den Ruhm der Deventerschen Schule trug, sollte 
nach Münster kommen, und hier eine Bildung erwecken, 
die jener in Deventer gleichkam, ja die auch ohne ihn 
jene zu Deventer in den Schatten gestellt hat." Was Ha- 
melmann Keform nennt, dürfen wir fast eine neue 
Schöpfung nennen: Mehrere Klassen, mehrere neu 
angestellte Lehrer, neue classische Bildungsmittel und 
Methoden*) — mussten die Domschule völlig auf einen 
neuen, breiten Fuss stellen. 

Sie hatte Klassen von Sexta, später von Septima, auf- 
wärts, entbehrte indess abweichend von Deventers Vorbild 
einer Prima**), sie sollte als gelehrte Schule schon die 
humanistischen Früchte auf breiter Grundlage tragen, aber 
den Besuch der Universitäten, die allmälig Lehrstühle des 
Humanismus errichteten, nicht ausschliessen, wie dann auch 
Langen und andere Bahnbrecher nach der Schule zu De- 
venter die Universität Erfurt, die erste mit humanistischen 
Lehrkräften, besucht hatten ***). Diese Organisation war 



*) Langens Gegner treten ein für usitatam tot seculis instituendae 
adolescentiae et docendi rationem et libellos und wehren ab 
mutationes novas studiis et diseiplinae periculosas — indess do- 
cendi ordinem et libros in schola interpretandos et reliqua 
scholae exercitia ipse Langius praeRcribebat. Hamelmann 1. c. 
p. 1427 — 28, und die neuen Lehrer dociren, wie wir von einigen 
wissen, direct nach seiner Anweisung (judicium, auspicium), H a- 
melmann 1. c. p. 266. Sogar Liber informirte juxta praescrip- 
tam forinam et consilium . . . Langii et . . . Hegii. Hameln), 
p. 339. Daher wird die ebenso gründliche, als historisch reichhaltige, 
1551 vom Rector H. v. Kerssenbrock mit einer Vorrede versehene 
Ratio studiorum scholae Monasteriensis, die selbst das Deutsche als 
Unterrichtsgegenstand einschlies*t, bei Driver 1. c. p. 165 sq. 171 
im Kerne von Langen selbst entworfen und allmälig den Bedürf- 
nissen der Zeit gemäss vervollständigt sein. 

**) Driver 1. c. p. 167, Döring a. a. 0. S. 45. 

»**) Kampschulte a. a. 0. I, 34. Erhard, Zeitschrift 

I, 53. 



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- 88 — 



ebenso durchgreifend, als zeitgemaas und fruchtbar : nicht 
nur das* die Münsterische Schule alsbald in Lehrern und 
Schülern blüht, die als Verkünder der neuen Weise nach 
allen Richtungen in die Welt ausgehen und von ebenso 
vielen fernen Orten ihren Nachwuchs vervollständigt, nein, 
im Gegensatze gegen die Schulen des östlichen und mitt- 
leren Deutschlands, die ihren Impuls von Wittenberg und 
der Reformation aus empfingen, nur wenig Klassen und 
einen beschränkten Unterricht im Griechischen kannten, 
wird Münster, dies klug modificirte Nachbild Deventer's, 
die Musterform der besten Schulen des nordwestlichen 
Deutschlands bis nach Strassburg und das Seminar aus- 
gezeichneter Lehrer und Schulgründer bis nach Koppen- 
hagen hin*). ,In diesem Sinne haben auch die Schulen, 
die dem Münsterischen Typus direct oder indirect folgen, 
weil aii3 denselben ursprünglichen Impulsen hervorgegangen 
und der Entwicklung Sturms in manchen Beziehungen zur 
Erläuterung dienend, eine höhere geschichtliche Bedeutung 6 . 
Die Fraterherren und Deventer waren die Pioniere, Langen 
und Münster wurden die Kerntruppen des Humanismus; 
daher verbreitet er sich hier so früh, so allgemein, dass 
der Norden in beiden Rücksichten ohne Frage dem Süden 
Deutschlands vorangegangen ist **). 

Der Münsterische Humanismus***) entsteht und 
greift um sich wie ein Feuer , das vom selbstangefachten 

*) Die staunenswerthe Zahl jener Ortschaften bis in die wei- 
testen Fernen, woher die Schüler kamen, und wohin die Lehrer von 
Münster gingen, findet sich bei Hamelmann L c. 327, 1428, 1506, 
p. 331 — 334 sagt er : Et dies deficeret, si pergerem recensere eoe 
omnes per Germaniam viros doctos, qni ex schola Langii, cni prae- 
fuit Timannus Cameneras et in qua legit Munnellius, prodieront 
. . . . tanguam ex eqno Trojano . . . 

**) VgL Hamelmann p. 83, 285, 339, 1407. 
***) Die Eruirung dieser wichtigen Thatsachen verdanken wir 
Döring a. a. 0. S. 28, 45, 50. 



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- 89 - 

Windhauche seine Funken schnell und weit in die Nach- 
barschaft und von hier radienförmig in die Ferne aus- 
wirbelt. Er wird zunächst in die Städte des Landes, selbst 
in die kleineren*), die vordem gelehrte Schulen nicht 
gesehen hatten und von diesen Punkten immer weiter und 
weiter getragen, bis ihm die Grenzen zu eng werden, und 
er ringsher in die Nachbarländer überfliesst. 

Denn immer zahlreicher wird die Schaar seiner Jünger, 
die sich fast aus allen Ständen sammelt, und diese, seien es 
die Schüler Münsters **) oder deren Zöglinge gehen nach allen 
Richtungen auseinander, um auch auswärts an gelehrten oder 
Hochschulen zu lehren, Schulen und Bibliotheken zu gründen 
und von dem geistigen Reichthum mitzutheilen, an dem die 
Heimat so schwer trug. Die Leistungen und der Glanz, 
welchen die Gelehrten Münsters und Westfalens darstellten, 
reizte in der Nähe und Ferne zur Nachfolge, und selbst- 
redend waren es die Schüler der rothen Erde, die anderwärts 
ähnliche Leistungen hervorzubringen am fähigsten waren 
und für die besten Kräfte gehalten wurden. 

Nie hat Westfalen eine solche Fruchtbarkeit an Män- 
nern, wie sie die Zeit verlangte, entwickelt, und niemals 
haben die Westfalen im Auslande der Heimat so viel Ruhm 
und Ehre bereitet, als nun in dem die neue Zeit mitan- 
bahnenden Humanismus. 

Diese Resultate der Culturgeschichte sind so weit- 
tragend, dass sie jene schwerwiegenden Thatsachen mit- 
erklären, warum Westfalen so bald mit der Reformation 
und seine Sohne mit den Häuptern derselben Beziehungen 
anknüpfen. — Und wenn wir im Humanismus ein Netz 



*) Vgl. Hamelmann 1. c. p. 210, 211, 212, 120, 127, 176. 

**)... Hagemannus, Peringius Tunicius etmulti alii cum 
infinita diseipulorum raultitudine . . . Hamelmann 1. c. 
p. 268. 



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— <J0 - 

von Verbindungen ausgebreitet sehen, dessen Fäden über 
die Hauptorte Westfalens bis zu den wichtigsten Punkten 
Deutschlands schiessen, ja wenn wir überschauen, wie diese 
humanistischen Fäden auslaufen oder ansetzen in Italien, 
in Frankreich, in den Niederlanden*), so befremdet es 
weniger mehr , dass uns hier wie dort fast gleichzeitig 
ebenmässige Typen und verwandte Kunstformen der Re- 
naissance auf Stessen oder dass**) Italiäner und Ausländer 
dieselben unmittelbar nach Deutschland bringen oder 
oder Deutsche sie aus fernen Landen holen. Der Huma- 
nismus und die Renaissance entsprossen einer und derselben 
Cultur und Geistesregung und wie die Humanisten sich 
von den Scholastikern sonderten, so sahen sich die Renais- 
sancekünstler von den alten Gothikern abgestossen , um 
beide je für sich und unter einander wieder um so engere 
die Landesgrenzen überragende Verbindungen einzugehen ***). 

Freilich beseite damals die Westfalen ein sehr rüh- 
riger Wandertrieb, allein er wäre auch im humanistischen 
Berufe nicht so fruchtbar, so ruhmreich bethätigt worden, 
wenn nicht damals Schönheit , stolze Blüthe, tausendfache 
Verbindungen nach aussen , geistige Empfänglichkeit 
und Elasticität die Stadt Münster zu einem fruchtbaren 
Boden dieser epochemachenden Culturphase erweicht f) 



*) Nur beispielsweise sei verwiesen auf Hamelmann L c. 
p. 286, 296, 335. 

**) Die Beweise ans der westfal. Kunstgeschichte werde ich 
an einer andern Stelle erbringen. 

***) Vgl Wem. Rolevinck Laerensis, ord. Carthus f 1502. 
De laude veteris Saxoniae nunc Westphaliae dictae. Ausgabe von 
Tross 1865, p. 41, 139, 141, 143 ff, 161; Nordhoff, Kunstg. 
Beziehungen 5, 17, 47; Nü nni ng-C ohausen L c. U, 94. 

t) Die Chronisten dieser Zeit meinten, dass schon Bischof 
Herman von Katzenellenbogcn nach der Theilung des sächsischen 



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91 — 



und wenn anderseits kein Mann von der Bildung , dem 
Ansehen und Reichthum, wie Rudolf von Langen , ihr 



Herzogthums ab imperatore obtinuit Principatum Westphaliae i. e. 
ut ipse sit princeps imperii, et civitas Monasteriensis metro- 
polis Westphaliae. Wittius, Historia Westphaliae ed. 1778 p. 329 
M. G. Q. I, 27. Und wenn auch, irre ich nicht, andere Städte West- 
falens wie Osnabrück sich vereinzelt den Namen der Metropolis bei- 
legten, so war und blieb Münster doch die Residenz des mächtigsten 
und gebietendsten Fürsten des Landes, und seit dem 15. Jahrhundert 
vorzugsweise die urbs primaria Westphaliae (Inschrift eines ( 'horbnches 
in Stadtloen vom J. 1478 bei Nordhoff, Chronisten S. 57) und das 
Bewusstsein solchen Vorranges stachelt fortab die Bürgerschaft, ihre 
Stadt als freie Reichsstadt anerkannt zu sehen — eine Eitelkeit, die 
sie am Ende unter dem Bischof Galen mit ihrer Blüthe und Grösse 
bezahlen muss [Vgl. Sauer in der Zeitschrift XXX, 103 ff,]. Kers- 
senbrock weiss die bittern Geschichten, welche er von den Wieder- 
täufern zu berichten hat, nicht besser einzuleiten, als dass er von 
der Stadt, die ihm nicht hold war, eine Schilderung der Oertlich- 
keit, Einrichtungen und Sitten entwirft , die fast einzig in ihrer 
Ausführlichkeit uud sehr auszeichnend für die Stadt ausfallt. Hatte 
doch auch der alte Meister Gresbeck nicht unterlassen, seine Vater- 
stadt mit bethräntem Blicke auf die ihr angethanen Misshandlungen 
seitens der Wiedertäufer mit Stolz zu rühmen M. G. Q. II, 176, 
177 : Wante die stat Monster is eine grote schone stat, und 
dair sint viel schöner kercken binnen gewest und cloesters, und is 
eine schone stat von huser, und is eine starke stat und heft dub- 
belde watergraven umb sick heer und einen wal umb die stat heer 
und eine hoge muir mit viellen tornnen runt umb die stat heer. 
. . . Diese stat Monster is ein vernoemede stat doer die gantze 
weit und is gewest ein rike stat von koeplueden und von reichen 
burgers und von edelleuden und von geißtlicheit, und hielden sick 
sehr kostlich und hedden guid regiment dair binnen .... Dem 
ersten Mtinsterischen Drucker ist Münster Westphaliae urbs immor- 
tali semper nomine insignis (S. 75); Hamelmann 1. c. p. 292 
83, 561 urbs pulcherrima et munitissima ex reliquis urbibus West- 
phaliae, quae variis mercaturis et opificiis et campis abun- 
dat . . . . primaria et metropolis Westphaliae . . . elegantissima 
. . . das Stift arapli8siraus principatus. Und Murmellius, unstreitig 
der bedeutendste unter den Münsterischen Humanisten, widmet ihr 



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— 92 — 



Leben und Richtung verliehen hätte. Nicht genug, dass 
er Münster und sein Haus zu einer Zufluchtsstätte und Hei- 
mat der besten Köpfe, zum Ausgangspunkte der besten 
Lehrer machte , dass er die Hauptschule der Stadt zum 
eigentlichen Heerde des Humanismus erhebt : er kennt und 
wägt die Fähigkeiten seiner Leute nach Zeit, Ort und 
Gegenstand, und leitet sie, den einen hiehin den andern 
dahin, um dort Schulen zu gründen oder zu reformiren, 
kurzum Humaniora auszustreuen, stellt jene, welche man 
als „Neuerer" zurücktrieb, auf einen andern Posten, füllt 
die entstandenen Lücken mit passenden Berufungen, und 
ergänzt in den Disciplinen , wo sich ein Mangel zeigt. 
Stütze und geistige Vorratskammer wird die Domschule : 
Mox istius celebris scholae novae, erzählt, um nur ein 
schlagendes Zeugniss anzuführen , Hamelmann *), et cele- 
brium in ea lectorum fama in vicinis increbuit urbibus, 
ut ex inultis civitatibus peterentur a Langio docti ludi- 
magistri : Sic Hammonem mittit Ludolfum Heringium 
Hammonensem , qui, ut erat vir doctus, egregiam in ea 
urbe comitatus de Marka aperuit scholam ... sie Petrura 
Nehemium Drolshagium misit Tremoniam, ut ibi scholam 



1503 einen Hochgesang, wie er selten so rein humanistischer Phan- 
tasie entflossen und selten rühmlicher einer Stadt geworden ist , [bei 
Niesert Beitr. S. 185] ; Stadt und Bürger nennt er durch Reichthum 
mächtig , sie erfreuen sich eines milden Himmels, eines an Korn, 
Hausthieren und Wild ergiebigen Landes. Stark, von gewaltigen 
Schultern wären die Männer, ernst im Kriege, besonnen im Frieden 
— der Jungfrauen Schönheit besiege alle Städte des Erdkreises : 
nirgends schmücke hellstrahlender Anmut Liebreiz holdere Mädchen : 
Hier walte Frömmigkeit, Andacht, Mildherzigkeit, ehelicher Segen. 
Hoch ständen die Häuser , riesigsteil gen Himmel entragten die 
Thürme. Durch der Künste Vielzahl stehe Münster Athen gleich. 
Die ganze Stadt verehre gelehrte Männer, an deren Genien 
reich, sie alle andern Gegenden des Erdkreises überstrahle. 
») Opera p. 267, 268. 



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— 93 - 



gubemaret, ... et Hervordiam misit indomum fra- 
t ru m Jacobum Montanuni Spirensem ad privatam In- 
stitution em, et ad publicum in eo oppido instituendum 
ludura litterarium *mittit Josephuni Horlenium et Theodo- 
rurn Rotarium, imo Tilemannum Mullerum in patriam urbem 
Surlandiae Attendorum iwittit cum bonorifico testimonio, 
ut ibi celebre gymnasium adornaret, sie Ludolfum Bavin- 
cum ... in urbe Susatensi misit, ut ibi rem literariam 
reformaret, sicut paulo ante ad Assendienses miserat Joan- 
nem Rotgerum , ut ibi literas humanitatis institueret, sed 
impeditus a barbaris nihil in urbe Assendia tentare is 
potuit . . . Mox quoque per urbem Monasteriensem passira 
suasor est collegiis, ut quoque sibi novos ludimagistros 
asciscerent : ita ex commendatione Langii in schola 
Ludgeriana*) agebant ludimagistros Joannes Volsius 
Lunensis , Degenardus Witten , Arnoldus Venlo et postea 
Murmellius; aÄ s. Martinum Joannes Venroth, Andreas 
Ornithoparcus, Joannes Godefridus Remaeus et Henricus 
Eriroaeus**); s. Mauritium Joannes (irovius, deinde Bar- 
tholomaeus Coloniensis et Joannes Aelius junior , omnes 
viri docti. Den Johan Caesarius aus Jülich, welcher als 
Privatdocent zu Köln öftentlich die Barbarei getadelt 
hatte und deshalb vertrieben war , nimmt er auf Hegius 
Empfehlung zuerst in sein Haus auf und stellt ihn dann, 
nicht vor 1510, an der Domschule als Lehrer der grie- 
chischen Sprache an ***), welche seitdem Unterrichtsgegen- 
stand geblieben istf). Anderen Köpfen versorgt er behufs 
einer sorgenfreien Müsse Canonicate oder andere Existen- 



*) Cf. Hamelmann 1. c. p. 192. 
**) Cf. Hamelmann 1. c. p. 177. 
**) Hamelmann p. 2G8, Döring S. 45. 
t) Vgl. Kerssen brock a. a. 0. S. 90. 



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- 94 — 



zen *) und so weit reichte seine Fürsorge und sein Einfluss, 
dass Busch durch seine und des Hegius Briefe dem Agri- 
cola empfohlen und dessen Schüler und Joh. Hagemaun, der 
sich als Schriftsteller und Lehrer an der Domschule her- 
yorgethan , mit Langens Empfehlung versehen in Rom 
Bibliothekar der Vaticana**) wurde. 



*) Cf. Hamelmann p. 266, 268. 

**) Hamelmann 1. c. p. 285, 269 „bibliothecarius scholae 
Vaticanae*. 



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— 95 — 



Mit den Schulen und den Wissenschaften förderte der 
Humanismus wie von selbst eine andere Bildungsquelle — 
die Bibliotheken. Sie waren sogar im Hochmittelalter 
nur schwach*), gegen später ärmlich bestellt, die Indivi- 
duen aber schöner und opulenter ausgestattet. Das Bedürfniss 
nach Büchern war beschränkt in einer Zeit, wo man der 
Gelehrsamkeit nicht unbedingt hold war und was man- 
Wissensnöthig glaubte, in ein paar Bänden (Specula) zu- 
sammenfassen konnte **) , wo die Herstellung auf dem 



*) Ich verweise nur auf naheliegende Bücherverzeichnisse, 
so des oldenburgischen Klosters Rastedte in Ehrentrauts' Fries. 
Archiv [1854] II, 261, 2G2, des Klosters Liesborn [1219] Nord- 
hoff, Chronisten S. 49, 50, und eines Osnabrücker Pfarrers [1474] 
Stüvo, Geschichte des Hochstifts Osnabrück I, 416. vgl. Schuh- 
macher im Brem. Jahrbuch 1, 222 ff. Doch schon im Spätnrittel- 
alter liegen die Anfange eines s y s t e m a t i s c h e n Büchersammelns 
[Schönemann Serapeum VI, 24 f, Merzdorf daselbst X, 56 f.] 
und eines organisirten Bibliothekwesens : für dio Stiftsbibliothek 
zu Neumünster, angelegt um 1400, später Grundstock der Kieler 
Universitätsbibliothek, fertigten 1488 der Probst Johan Reborch und 
der Prior Johan Meyer einen noch erhaltenen Katalog, der in der 
ersten Hälfte alphabetisch, in der zweiten nach dem Standort 
der Bücher und Schränke [systematisch] angelegt wurde. Merz- 
dorf a. a. 0. X, 51. 

**) Ueber die Preise der Handschriften Ebert, Zur Hand- 
schriftenkunde [1825] I, 105 ff. Ueber die altern Bibliotheken u. 
ihre Einrichtung, Wattenbach, Schriftwesen im Mittelalter, 
1871 S. 344 ff. 



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— 9G - 



langsamen Weg der Feder***) geschah, die sonstige Aus- 
stattung nicht angeschlagen. Die neuen Wissenschaften 
des Humanismus eröffneten und erforderten eine neue reiche 
Literatur, in der die eine Schrift auf eine andere hinwies. 
Lesen und Schreiben, in wissenschaftlichen wie in prak- 
tischen Dingen hoben und förderten sich gegenseitig, der 
Wissenskreis und der Leserkreis erweiterten sich : und 
grade als die neuen Geistes- und Zeitrichtungen so viele 
Schriften bedingten und erheischten, da konnte die Presse 
sie von jeder Art schnell und zu Hunderten und Tausenden 
veröffentlichen und zugänglich machen : So viel Bücher 
wie früher durchschnittlich eine Generation oder gar ein 
Jahrhundert für ein Institut, sammelte jetzt wohl ein Ge- 
lehrter für sich. Den Werth, den das Druckstück und der 
Inhalt in den Augen der Zeit hatte, gebot eine gute Con- 
servirung und diese gewährte die Bibliothek. 

In dem Maasse wie das Buch im Humanismus einen 
neuen Werth erlangte , aufgesucht, erworben und gepflegt 
ward, erhält auch die Bibliothek eine ganz andere Be- 
deutung**) : Florenz die Heimat der neuen Cultur eröffnet 

*) Beispielsweise heisst es in der Grabschrift des Alanus 
ab Insulis : 

Qui duo, qui septem, qui tot um scibile scivit, 
wo septem ohne Zweifel die sieben freien Künste, duo wahrschein- 
lich [Brukker, Historia crit. philos. III, 780] Theologie und Phi- 
losophie bezeichnet. Schnaase, Gesch. d. bild. Künste, AI, IV, 1, 
104 ff. 

**) Merkwürdig ist, dass auch für den deutschen Buchhandel 
die seit 1485 bestehende [Schwetscke, codex nundinarius 1850, p. 
VII.] Frankfurter Messe erst durch die humanistischen Schriften und 
Gegenschriften im Reuchlinschen Streite Bedeutung annimmt. 
Osk. Hase, Die Koburger, Nürnb. Buchhändlerfamilie 1869 S. 68. 
Geiger S. 252. Die Erfurter sind unerschöpflilch im Lobe ihrer 
Universitätsbibliothek. Kampschulte I, 64. Der Stand des Bi- 
bliothekars wird angesehener, und in der Wiener Bibliothek von 
einem Celtes bekleidet. Erhard II, 91. 



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- D7 — 



1444 die erste zum gemeinen Nutzen, und die Höfe 
der Fürsten , sogar die kleinen, kommen in ehrgeizigem 
Wetteifer nach, Neapel voran*). Aehnlich der Norden. 
Die ersten planmässigen Büchersammler sind, wie wir sehen 
werden, die Pioniere des Humanismus, die Fraterherren ; 
der erste, der eine stattliche Privatbibliothek aus Hand- 
schriften und Druckstücken in Italien und aller Welt er- 
wirbt, ist auch der Mittelpunkt desselben, nämlich Kudolf 
von Langen : und würdig seiner umfassenden Bildungs- 
plane macht er dieselbe fast zu einer öffentlichen Bi- 
bliothek, indem er ihre Schätze allen Strebensgenossen, 
den Studierenden und besonders den Lehrern in liberalster 
Weise zur Verfügung stellt, oder zu ihrer Benutzung an- 
treibt **). Wahrscheinlich plante er schon, was später der 
gelehrte Domherr Schmising ausführte , nämlich die Dom- 
bibliothek zu Münster zu einer reichen und öffentlichen, 
besonders im Interesse des Lehrkörpers, zu erheben. Denn 
wie der Gelehrte einen kleinern, so bedurften die Schulen 
ganz von selbst einen grössern Büchervorrat und bald be- 
deutet die Gründung der Schulen mehr oder weniger auch 
das Ansammeln von Büchern. Welch 1 eine Aussicht, wenn 
man erwägt, wie viele Schulen neu entstehen oder umge- 
staltet werden! In Allem, was Bildung war, der Vor- 
gänger und Hebel, bewegt Langen auch andere Humanisten,, 
ihr Geld auf Bücher zu verwenden : Ideo Bernhardus 
Tegederus, Hinricus Morlagius et alii de con- 
silio Langii sibi pecunia non exigua compararunt multos 
libros***). Morlage war Canonicus der Martinikirche, und 
seine Bibliothek nöthigte dem Murmellius die ehrendsten 



*) G. Voigt, die Wiederbelebung des class. Alterthums 1859 
S. 154 f, 199, 203, 219. Wattenbach a. a. 0. S. 340 ff. 
**) Vgl. S. 19. Hamelmann 1. c. p. 263. 286, 287. 
***) Hamelmann 1. c. p. 275, 286, 287. 

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— 98 - 

Dichterworte ab*). Busch, der als Student Langens Bi- 
bliothek auf Antrieb des Besitzers so fleissig benutzt hatte, 
besitzt später selbst einen vollzähligen Schatz**) stattlicher 
Bücher und Bände. Hamelmann ***) verzeichnet ferner des 
Pfarrers an der Jakobikirche Bernhard Dreyers instructam 
bibliothecam et eruditionem non vulgarem : Die Wieder- 
täufer konnten also ihre Wuth schon an zahlreichen 
Büchervorräten auslassen. Ein Städtchen , wie Lünen, 
erhält 1529 seine Bibliothek; und wenn fortab Corpo- 
rationen und Private auch die Bücher und eine Bibliothek 
für eine Zier des Hauses ansehen, sie systematisch auf- 
stellen und behandeln , so dürfen wir , die wir so alte 
Stücke achtungsvoll in die Hand nehmen , dabei nicht 
übersehen, dass einmal der humanistische Genius zu so 
edlem Schaffen und Erhalten den Hauptanstoss gab, und 
zweitens die Buchdrtiekerkunst dabei hülfreichst einge- 
griffen hat. Und als vollends die Wogen der Reformation 

*) Hamelmann L c. p. 275, 284, 230. Parmet S. 51. 
Murmellius, Eleg. morales ed. 1508 Sign. D [IV]: 

. . . Quamque chalcotypam solers invenerit artem, 
Qua rccipit cultos mens studiosa libros. 
0 foelix tellus, foelix inventor et autor 
Muneris et quisquis vivit Apollo tibi. 
Nnnc precio parvo divina yolnmina constant 

Omnibus et late Pallados arma patent; 
Obruta que densis quondam latuere tenebris 

In lucem redeunt, accipiuntque decus. 
Sic redivivus adest Plautus, sie Quintiiianus 

Sic bona scriptorum pars in honore manet . . . 
Te juvet egregiam Morlagi bibliothecam 
Condere, et innumeros explieuisse libros ... 
Sign. EI IHb: 

. . . Non tanti fulvum curat Morlagius aurum 

Quanti doctrinas estimat atque libros. 
**) S. 20. Hamelmann 1. c. p. 286. 

***) L c. 207, 1221, Driver L c. p. 35. Spormacher bei 
v. Steinen, Westf. Gesch. IV. 1457, über Lünen. 



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— 99 - 

brandeten, da zeigte sich, welch' heilsame Waffe die Presse, 
welch' reiche Rüstkammer eine Bibliothek sei — auf 
beiden Seiten. Wie die Schulen die Jugend, so mussten 
Presse und Reden das Volk zur einen oder andern Seite 
herüberziehen und die deutsche Sprache, die dem Huma- 
nisten verächtlich vorkam*), wird nun von beiden Seiten 
wie in den Reden, so in Volksschriften**) von selbst wieder 
gehandHabt. In welchem Maasse Hamelmann , der als 
Humanist und Reformator bedeutungsvolle Stellungen be- 
kleidet hat, die Hülfsmittel der Bücher und Bibliotheken 
zu schätzen wusste , ersehen wir an der eingehenden 
Beachtung, die er den Schulen und Bibliotheken widmet, 
wo er die religiösen Kämpfe beschreibt ; wollte der Hu- 
manist classische, so verlangte der Reformator theologische 
und gemeinverständliche Volksbücher : beide Zwecke kamen 
den Bibliotheken zu Gute. Eine ansehnliche Bibliothek 
hatte der humanistische Gelehrte und Prediger Johan 
Montanus angesammelt, davon erwirbt Hamelmann damals 
in Lemgo für ein collectirtes Geld den besten Theil***), 
um damit in der Neustadt den Grund zu einer öffentlichen 
Bibliothek zu legen. Die Altstadt hatte zwar längst eine 
Bibliothek, auch jüngsthin zu kirchlichem Gebrauche noch 
eine kleine Privatsammlung gewonnen : als sie jedoch den 
Nutzen und Anwachs bemerkt, dessen sich die neue Bi- 
bliothek erfreut, da wird auch hier eine grössere Accession 



*) S. 51 f. Hamelmann L c. p. 303, 1173, Vgl. Strauss, 
Ulrich v. Hutten II, 352. Doch schon früher trieben der huma- 
nistiche Patriotismus und patriotischer Stolz einzelne Gelehrte 
[vgl. Harrowitz in Sybels Zeitschrift XXV, 70 ff], so einen Goede 
in Erfurt, [Kampschulte I, 41] und Celtes, [Erhard II, 29] für 
das Deutsch thum und das Vaterländische einzutreten. 

**) Hamelmann 1. c. p. 26, cf. Driver 1. c. p. 43. Vgl. 
Strauss a. a. 0. II, 103. 

***) Hamelmann 1. c. p. 300, 1081. 

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— 100 — 



veranstaltet und das Gebäude in einen ansehnlichen Zustand 
versetzt. Namentlich auf Betreiben des Predigers Hilde- 
brand Garthus, den Hamelraann's Wort und Beispiel ent- 
flammte , steuern die Provisoren, die Bürger, selbst die 
Mittelstände so fleissig bei, dass die Bibliothek an exqui- 
siten theologischen Werken einen schönen Bestand erhielt. 
Hinc factum est, ut in utraque bibliotheca omnium fere 
antiquorum patrum scripta et multorum recentium theolo- 
gorum praeeipuorum commentariorura libri reperiantur, et 
hodie non sit in tota fere Westphalia, quod ego sciam, 
celebrior bibliotheca ita theologicis scriptis referta, quae 
nostrae possint conferri, meint Hamelmann. 

Die Stadt Blomberg blieb nicht zurück: die Stadt- 
kirche, die von Donop und viele Bürger leisteten Beiträge, 
die „ wüste und distrahirte Libereij" des dortigen Klosters 
kam hinzu , und der Pastor Justus Piderit, welcher das 
Werk angeregt hatte, konnte 1570 die Einrichtung der 
öffentlichen Bibliothek vollziehen*). 

Von den Bibliotheken Osnabrücks erzählt Hamelmann 
Folgendes (1. c. p. 1172) : 

Bibliothecae hic nullae sunt, nisi quod opera Hiero- 
nymi et Augustini in sacellis summi . . . templi lateant. 
Scio etiam Tertulliani, Augustini, Epiphanii et aliorum 
quorundam patrum scripta reperiri in bibliotheca M. Chri- 
stiani Sleibingii et domini Ottonis Witteni et civis 
cuiusdam Christophori Glasemakeri, qui est piorum 
et studiosorum Moecenas. Hoc quoque hic non est negli- 
gendum : est in ditione nobilis quidam vir nomine Cas- 
parus Sc hei i us**), qui opibus, promotione, pecunia et 



*) Joh. Pideritus, Chronicon comitatus Lippiao 1627 p. 639. 

**) Ueber Sleibings und Witten's Leben vgl. Hamelmann 
1. c. Index s. vv. Stüve II, 91, 193. Ueber Scheie und seine histor. 
Aufzeichnungen Fahne, Geschichte der Westf. Geschlechter 1858, 




- 101 - 

omnibus beneficiis ornat ministerium evangelii , confert 
sumptus coneionatoribus, ut libros eraant, studiosis subsi- 
dium ad continuanda studia liberaliter praestat, erules 
fo?et, amplectitur et promovet, quantum potest, utiles libros 
curat sua pecunia excudi iu usura ecclesiae Christi . . . 
Ita is vere nobilis est in Christo Jesu. Ego autem Osna- 
burgensis ad publicam bibliothecam exstruendam et 
exornandani hortatus sum atque ad eius ornatum pro- 
misi aliquot patrum scripta. 

Das Sauerland kam nie zu einer öffentlichen Biblio- 
thek*); denn es verlor später das humanistische Ziel zu 
viel an innerer Kraft, es schnitten confessioneller Hader und 
blutige Kriegswehen zu tief in die angeknüpften» Cultur- 
faden , als dass die erfreulichen Ansätze des Bibliothek- 
wesens**) blühten und weitere SchÖsslinge auswarfen; daher 
später dieser Bildungshebel von anderer Seite und gründ- 
lich erst in unserm Zeitalter neu eingesetzt werden musste. 
— lndess ist de- Zusammenhang der Bibliothekspflege mit 
den classischen Studien ausreichend durch die vorgeführten 
Thatsachen erwiesen; die Bibliotheken zeigen ähnliche 
Lebensphasen wie ihre Zwillingsschwester, die Presse; 
auch diese wird das Pflegkind und die Stütze der neuen 
Wissenschaften, und wenn sie auch weitere, rein praktische 
oder Tendenzaufgaben miterfüllt, so litt sie doch unter 
den Schlägen, welche die Cultur in den letzten Jahrhun- 
derten trafen. Auch sie ersteht nicht neben jeder Schule, 

p. 348. Cornelius M. G. Q. II, LXII. Meyer, Mittbeill. des histor. 
Vereins zu Osnabrück [1848] I, 85. üeber Garthua cf. Piderit p. 275. 
•) Seibertz, Westf. Beitr. II, 478. 

**) So reiche Privatbibliotheken wie der Süde,n Deutschlands 
hat wohl der Norden nicht aufzuweisen, vgl. beispielsweise Grau- 
toff, Evang. Gloss-Grogauer Prgr. 1862 S. 90. Hase a. a 0. S. 75. 
Konrad von Heresbach hatte sich .mit fürstlichem Aufwände- eine 
Privatbibliothek angesammelt, sie systematisch kataio- 
gisirt und testamentarisch 1568 .Allen zu dienen- bestimmt 
Albr. Wolters a. a. 0. S. 227. 



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— Osnabrück*), Minden und Paderborn hatten langst 
ihre Humanistenschulen, ehe dort eine Presse errichtet 
wurde ; und bei der Kostbarkeit der Anlagen, musste man 
vielorts schon zufrieden sein, eine auswärtige Druckerei 
benutzen zu können. Allein in Dortmund wird sie so 
gut wie gleichzeitig mit der neuen Schule eingerichtet**). 
Soest (1523) und Lippstadt hätten wohl kaum so früh eine 
Presse gesehen, wenn dort ***) nicht Einflüsse Deventers oder 
Münster's (Ludolf Bavink) den Samen der neuen Studien 
ausgestreut hätten; und dass die Münsterische Presse 
mit den Regungen des nordischen Humanismus zusammen- 
hing , vermutete schon der gelehrte Mallincrodt (S. 65). 
In der That merkwürdig sind die Umstände, dass die 
Stadt, welche zuerst dem Humanismus huldigt, auch die 
erste Presset) des Landes hat und dass das erste Druck- 



•) Osnabrück schon seit 1508 Stüve a. a. 0. S. I, 21. 
**) Döring a. a. 0. S. 60. 

***) üt ibi rem litterariam reformaret Hamelmann Lc. 
p. 268, 266, 263, 206. v. St ei n cn, Westf. Gesch. IV, 994. 

f) Die alten Handschriften verloren gegen die Prcsserzeug- 
nisse so an Werth, dass Bücher, die nicht gedrückt d. i. Handschriften 
geblieben waren , nicht mehr zum gelehrten Apparat zählten, ver- 
kamen, und während die Papierhandschriften oft im Dunkel stecken 
und dabei auch erhalten blieben, wurden die von Pergament mehr 
des Materials als des Inhalts wegen beachtet, und deswegen auf- 
gelöst und die Theile zum Einbände der Bücher erniedrigt; daher 
ist der Büchereinband bis zur Stunde nicht minder eine Fundgrube 
der verschiedensten antiquarischen Schriften als ein Zeuge dessen 
geworden , wie sehr die Presse die Handschriften entwertet und 
deshalb zu einer vandalischen Behandlung derselben geführt hat 
Als die Geschichtsstudien im Anfange dieses Jahrhunderts immer 
tiefer und ernster gingen, veranlassten manche an sich sehr glückliche 
Funde die Forscher unter lauter Klage über die frühere Rücksichts- 
losigkeit zu dem Mahnrufe an die Zeitgenossen, den alten Bücher- 
einbanden doch forschende Beachtung zuzuwenden. 1807 sagt mit 
Bücksicht auf die altdeutschen Dichtungen Bern. Jos. Docen, Mis- 




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— 103 — 

stück, welches wir kennen, ein Ausfluss desselben und für 
die „lateinische Jugend" bestimmt ist; es betrifft nicht, 



cellaneen zur Geschichte der teutschen Literatur II, 102: „So 
müssen die traurigen Reste ehemaliger durch die unbarmherzige 
Hand des Buchbinders zerstörten Handschriften, deren man zum 
Einbinden anderer theologischer und ascetischer Werke sich bedient 
hatte, um so mehr die Fürsorge und Aufmerksamkeit des Literatur- 
freundes erregen, da von den meisten dieser [dort wiederentdeckten] 
Gedichte auch sonst keine Spur unter den übrigen neueren Manu- 
scripten dieser [Münchener] Bibliothek zu finden ist". 1816 ver- 
sichern die Gebrüder Grimm, Altdeutsche Wälder III, 250: „Alte 
Handschriften selbst erinnere ich mich nicht in solchem Ein- 
bände [mit Bücherdeckeln] gesehen zu haben; diese Barbarei [die 
Handschriften zu Deckelbelegen zu erniedrigen] fing erst an, nach- 
dem die Erfindung der Buchdruckerkunst die Anzahl der Bücher 
so ungeheuer vermehrte , dass an den vorher üblichen kostbaren, 
wenigstens immer sorgfältigen Einband von starkem mit Stempeln 
geziertem Leder die Ecken mit Metall gesichert, das auch wohl 
Silber oder kunstreich behandelt war, nicht mehr gedacht werden 
konnte. Da nun zugleich eine andere Richtung der geistigen Bil- 
dung durchdrang, so trat eine Gleichgültigkeit gegen das Frühere 
ein, unter welcher zumeist die einheimische alte Literatur gelitten 
hat , und was nicht durch grössere altadliche und fürstliche Samm- 
lungen gesichert , in den Händen einzelner sich befand, ist gewiss 
grösstenteils als werthloses Erbe an Krämer und Buchbinder ver- 
kauft oder sonst verschleudert worden. Die Aufhebung der Klöster 
muss auch manches zerstreut und jenem Untergang entgegengebracht 
haben. Ganz gewöhnliche Rechnungsbücher aus dem 16. Jahrhun- 
dert habe ich zu tausenden in Pergamenthandschriften eingeheftet 
gesehen; wahrscheinlich war dazu eine Klostersammlung angewen- 
det worden, denn es fanden sich zumeist geistliche Schriften doch 
auch altdeutsche Gedichte zerschnitten". Dass solche Worte, was 
die Verwendung und Auffindung der Handschriften betrifft, auch 
genau auf Westfalen passen, dafür Hesse sich eine Unzahl Beweise 
anführen. Besonders verheerend wie ein Sturm, ging über das Land 
die Franzosenherrschaft. „Man glaubte in der französisch- west- 
fälischen Zeit, so äussert sich Wigand, im Archiv I. 2, 60, es sei 
mit der Geschichte rein aus, und strebte 'sogar das Andenken 
an sie xu vernichten. Die alten Familien bilder fürstlicher Stämme 



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- 104 — 



wie bis jetzt angenommen wurde, die Gedichte Langens 
(1486) sondern Kerkmeisters Comedia Codri (1485. S. 75) 
Langen's Gedichte stellen bezeichnend genug den zweiten 
Druck dar. Der Drucker war Johannes Limburg, aus 
Aachen gebürtig (Aquensis ortu) : die Herüberkunft nach 
Münster verliert an Auffälligkeit, wenn wir beachten, dass 
damals die Humanisten von nah und fern miteinander 
verkehrten und durch das Netz ihrer Connexionen *) sich 
manchen Vortheil verschaffen konnten. Erwägt man nun, 
dass ein Altvater des Humanismus, der gelehrte Peter 
Gymnich**), der noch zu Hegius und Agricolas Schülern 
gehört und dann auf Langens Vermittlung ein Canonicat 
an der Martinikirche zu Münster erlangt hatte, aus Aachen 
stammte, so neigt man sich mehr und mehr zu der An- 
nahme , Limburg sei auf Veranlassung Gymnich's und 
Langens in ähnlicher Art nach Münster gezogen, wie etwas 
früher (1476) Richard Paffraet von Köln ***) wahrschein- 
lich auf Betrieb des Hegius nach Deventer. Dort wie hier 
versprachen die erwachten Studien, wie schon Mallincrodt 
witterte (S. 65), einer Presse Beschäftigung, und da eine 
solche damals noch in Aachen fehlte, so wird Limburg 
gleichfalls über Köln gekommen sein. 



wurden aus den Schlössern geworfen, auf Leiterwagen geladen und 
von dem Pöbel für die Trödelbuden verkauft. Die alten Reposito- 
rien wurden gereinigt und hübsche farbige Cartons mit französischen 
Etiquetten aufgestellt. Die alten Archive fing man an, öffentlich 
als Mactüatur zu versteigern. Auf einer Dachkammer fand ich bei 
einem Kaufmann zu Cassel das ganze Archiv aus dem 30jährigen 
Krieg zu Duten bestimmt; ein Papiermüller kaufte 500 Centner 
und ich machte bei demselben allein an Bücherdeckeln mit alten 
Handschriften eine ziemliche Ausbeute". Vgl. Wattenbach p. 231. 
*) Vgl. Harne lmann L c. p. 292. 

**) Hamelmann 1. c. p. 189, 266, 337. Seine Schriften und 
seinen Umgang mit-Cäsarius bei Kr äfft u. Crecelius I, 53. 

***) Molhuysen-Tross a. a. 0. XXI, 346. Holtrop 1,225. 



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— 105 - 

Dort war der spätere Drucker Johannes Gymnich als 
Humanist und Schüler des Hegius mit den besten Köpfen des 
nordwestlichen Deutschlands bekannt*) ja es druckte zu 
Köln bereits 1480 der Landsmann Arnold von Aachen **). 
Von Limburg wissen wir nur, dass er sicher 1485—86 vier 
Werke veröffentlicht hat; und sein Name verschwindet in 
Münster; später trägt ihn ein Osnabrücker Gelehrter, civis 
causidicus nobilium ***). Ob dieser blutsverwandt mit dem 
Münsterischen Drucker, ob der Drucker selbst weitere La- 
teinstudien betrieben hatte, als Lesenlernen, darüber lässt 
sich zur Zeit nicht entscheiden. 

Sicher ist, dass ein Nachfolger in der Presse, der 
jedoch erst gegen 1515, also mit dem Aufblühen der Dom- 
schule druckt, ein Humanist und gelehrter Typograph war, 
der unter seinen berühmten Standesgenossen einen vor- 
nehmen Platz verdient. 

Es ist Theodorik Tzwyvel f) (Tzyvel , Svivel), na- 
tione Westphalus ff) , patria Mongavensis oder nach 
seiner genauem Angabe ff) tellure Julia natus oder de 
Monte gaudio; ohne Frage hatten ihn nach Münster 
gezogen die Schule und der Humanistenkreis, vielleicht 
seine Landsleute, und unter diesen zumeist Peter Gymnich 
und Cäsarius. Die Familiarität, welche der Humanismus 



*) Cf. Hamelmann 1. c. p. 284; 290 vgl. das Folgende. 
•*) Die Stelle der Vita Theod. Monast. bei E reit, Katholik 
1860 I, 595. Zeitschr. XXI, 264. 

***) Hamelmann L c. p. 225. 

t) Vgl. die Nachrichten bei Nies er t Beitr. S. 22, Fortg. 
Beitr. S. 7 ff, Krafft u. Crecelius I, 64, M. G. Q. III, 6, 328 
Kerssenbrock S, 39. Hamelmann L c. p. 173, 1221 Nord- 
hoff, Kunstgesch. Beziehg. S. 22, 50. 

tt) Den Begriff „Westfalen* dehnt Butzbach auf Südholland 
und einen Theil des Niederrheins aus. Krafft u. Crecelius I, 
85, 40, 56. 

ttt) Vgl. Niesert, Beitr. S. 27 und das Folgende. 



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— 106 — 



unter den Eingeweihten verschiedener Länder anknüpfte, 
stellt sich namentlich innig heraus zwischen Münster und 
den Rheingebieten. Tzwyvel wirkt praktisch durch die Ty- 
pographie für das neue Bildungsinteresse grade so , wie 
der Kölner Humanist Gymnich ein Schüler Deventers und 
Kölns*); vielleicht ihm verwandt war der gleichnamige 
Canonicus, und bekannt der Bartholomäus, — beide waren 
Kölner, Humanisten und in Münster wohnhaft**). Es un- 
terliegt wohl keinem Bedenken, dass Tzwyvel mit der Typo- 
graphie die nöthige technische Bekanntschaft in Köln gemacht 
hatte, und mit seinen Landsleuten zu Münster in nähere Be- 
ziehungen getreten war. Der Kölner Gymnich druckt nicht 
nur für Münsterische Humanisten, er steht mit ihnen auch in 
näherem literarischen Verkehr***), gleichwie diese seit dem 
Vorgange Langens in manchen literarischen Bedürfnissen 
nach Köln blickten. Und der Münsterische Gymnich und 
Bartholomaeus betrieben vorzugsweise jene Studien, welche 
auch Tzwyvel zu seinem Hauptfache gemacht hatte. Petrus 
Gymnicus Aquensis, sagt Hamelmann p. 337, magnus fuit 
philosophus et mathematicus et dixit Longicampianus, ma- 
theseos professor Witebergae se in tarn longa profectione per 
Europam et Germaniam nunquam reperisse doctiores in sua 
ista de mathesi professione, quam duos in Westphalia 
viros, alterum Monasterii Petrum Gymnicum. alterum . . . 
Bartholomaeum Coloniensem. Ebenso rühmt Murmellius 
den Tzwyvel als vir literatus et mathematicarum discipli- 



*) K rafft in der Zeitschrift f. Preuss. Gesch. V, 473. 

**) H a m e 1 m a n n 1. c. p. 284 , s. v. Colon. Bartholomaeus 
Panzer L e. XI, 208 verzeichnet Drucke von Gymnich aus den 
JJ. 151G—1536. Barthol. Col. wirkt später in Minden. 

***) Hamelmann 1. c. 102, 290. Werke auf Tzwyvels Wunsch 
geschrieben wurden wohl zu seinen Lebzeiten in Köln bei Gymnich 
gedrucht. Das Beispiel bei Kr äfft und Crecelius I, 64. Vgl. 
S. 110. 



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— 107 — 

narum in primis peritus , und in den Elegiae morales*), 
deren er ihm zwei widmet, ehrt er ihn namentlich mit 
folgenden Worten: 



•) Editio 1508 Sign. A [vj D III, I, 6, II, 8. Mit der Alexandri 
hegij artlu ma | giftri dialogi duo de fa | cro fancte incarnatols my- 
fterio ... in 4°, s. L & a. [zu Köln c. 1508 bei Quentel] in 4° 
wurde gedruckt als 2. Theil. i]| Ars supputatoria calcalaris fiue 
algorithmus linealis proie | ctilium de integris. una cü algorithmo 
de probis nouenarijs The | oderici Tzwyuel mögauenfis o!b9 cuiuf- 
cüq* gditöis extiterint ho | minibg admodü vtilis i neceffarius. 
BL 9a dieses im Ganzen 12 Blätter starken Druckes beginnt Tzwyvels 
Antheil mit folgender sehr merkwürdiger, gehaltvoller Dedication : 
(J| Joanni edicollio Agrippinensi Matheraaticarum artium exploratori 
diligentissimo. Theodericus Tzwyvel Mongavensis. Salutem dicit 
plurimam. 

Ea, que ab arithmeticis de calculatoria partim difFusius par- 
timque obscurius tradita sunt , moderata brevitate collegi, quibus 
expeditius faciliusque supputatio fiet, et nonnulla adieci videlicet 
algorithmum de probis una cum radicum extractione tum in qua- 
dratis tum in cubicis numcris, quod quo pacto calculis fiat ab aliis 
nondum editum inveni. neque unquam ab aliquo archicalculatore 
practicatum vidi. Forte, quum radices numerorum et propter duplata 
sparsa et triplata vage disiecta in cifris et notis arithmeticis multo 
commodiu8 doceantur , idcirco Judocus Clichtoneus cum de praxi 
numerorum disserit, se excusat, quod hanc spem (que maxime perfe- 
ctio et finis arithraetice theorice [sie] est) non scripserat dicens : Solent 
autem, qui praxim numerandi determinant, annectere alteram sup- 
putationis spem utpote radicum extractionem, hoc est lateralis te- 
tragonici aut cnbici inventionem, quam consulto omisimus. tum quum 
eins cognitio contemplationi potius numerorum quam praxi usuique 
sit aecommoda. Hic autem ea determinanda suseepimus, que potissi- 
mum applicationem ad sensibiles supputationes ad aptionemque ha- 
bent, tum quod ea investigatio si complete fieri debeat diffusiorem 
petit quam tetragonici aut eubici lateris inveniendi determinationera 
nempe non minus cognitu dignum est regulasque requirit trigoni 
propositi aut pentagoni aut cuiusvis alterius specierum numeri plani 
latus designare quam tetragoni, neque potior videtur de hoc, quam 
illis facienda determinatio, tum quod opusculum de praxi numerorum 
quod algorithmum Joannis de Sacrobusto vocant hanc radicum sub- 



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— 108 — 

Tu qui certa pio meditare matheraata corde 
Altaque semoti suspicis astra poli, 

ductionem cum in tetragonis tum in cubicis aperte planeque osten- 
dit. Quare de ampliori facienda eiusdem rei mentione in presen- 
tarium supersedendum duximus. Hoc ille; nos tarnen eara ipsam 
calculis practicari posse non imus inficias, verum id plane fatemur, 
licet id aliquantulo laboriosius curiosiusque fiat. In divisione etiam 
ac alibi rara quedam et ab aliis nondum attentata [ut cakulatio eo 
celerius perfertiusque curratj adiunximus. Hanc itaque calculandi 
rationem, mi Joannes, cui in calce ob huius materie concinnitatem 
subnectendum duximus tractatulnm quendam de proportionibus a 
quodam [ut ferunt], Joanne de Saxonia non inscite compositum non 
dubitavi nomini tuo designare, tametsi tuae cbaritati habita ratione 
res sit exigua ut qui norim quam fervidus omnia studia complecte- 
ris, quamque in illis versaris assiduus, maxime autem in mathema- 
ticis. in quibus comprehensio veritatis est. Non potui igitnr desistere 
quin nova priusque haud visa tibi dedicarem , quoniam huiusmodi 
rebus te oblectari soleas, que benignus accipe et tua innata benig- 
nitate ab ore canino omnino dilaniari non sinas. Vale et te aman- 
tem ama. Ex Monasterio Westfalie quarto nonas Augusti. 

Es folgt Judocus Clichtoneus [sie] Neoportuensis in abaci cora- 
roendationem. Dann Tzwyvel ad lectorem : 

Ne inter emptionis et venditionis contractus controversia uos- 
catur, speculatio ista linealis magna industria exeogitata est facillime, 
que tum facilior est tum ingenia nostra ad imitandum alacriora 
reddit, imo erigit cupiditates et aeuit industriam posse alterius 
arithmetice consequi faeultatem et ex quo ars numerandi in homi- 
num quibuslibet negoeiis valde necessaria est. Aliqualiter autem 
cum eifris difficilis, aliis vero tediosa videtur. In presenti ergo 
opusculo facilein brevem numerande artis modura explicabo, per quem 
quilibet homo vel negociator numerandi artem brevioris temporis 
modula faciliorique arte quam eifris sui negotii computationem ha- 
bere potest. Et erit modus iste cum denariis proiectilibus breviasi- 
mus, in quo quis Alemanus se exercitare non pigeat. Nam teste 
Stapulensi non est greca curiositas calculi labore deterrita Boetius 
Senarinus [sie]. Veteres igitur geometrice artis indagatores subti- 
lissimi .... Vgl. über die mathematischen Studien jener Zeit 
K. Hagen I, 288 f. Erhard, a. a. 0. III, 494. üeber Clichtoveus : 
Biogr. universelle s. v. Edicoliius, Kr äfft u. Crecelius I. 55, 56. 



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109 



Qui preceptoris nomen studiumque Piatonis 
Claraque dona Doi non sine laude tenes, 

Si quid habes vacui nunc temporis, buc precor adsis 
Et raemori versus mente repone meos. 

Gestützt auf solche Kenntnisse konnte er 1544 mit 
seinen Landsleuten, dem Franziskaner Johan von Aachen, 
einem Tausendkünstler, und mit dem Jülicher Kunstsehmide 
Nicolaus Windemaker an die Restauration der kunstreichen, 
von den Wiedertäufern verwüsteten Domuhr gehen und 
dabei wohl insbesondere die mathematisch-astronomischen 
Theile bearbeiten*). Weiter berichtet Hamelmann p. 173 
von ihm ; 

Theodoricus autem Zwivelius senior fuit typographus 
Monasteriensis tempore Murmeliii , qui etiam ad illum 
plurima scripsit. Selectiores versus ex Tibullo , Pro- 
pertio et Ovidio collectos ipsi dedicavit . . . Hic quoque 
Theodoricus evulgavit Arithmeticum libellum inscriptum 
Murmellio : evulgavit etiam musica quaedam et inter cae- 
tera Tonariura et varietatem in Alleluja etc. 

Ja seine Virtuosität in der Musik wird von Murmellius 
in einer Elegie (III, 8) ebenso sehr hervorgehoben, wie 
seine mathematische Begabung ; dass er dabei der echt 
humanistischen Leidenschaft , dem Versemachen gerecht 
wurde, bezeugt Butzbach ; . . . homo bonarum litterarum 
disciplinis satis studiosus et eruditus, qui studia sua longe 
lateque paucis licet adhuc utpote iuvenis quibusdam epi- 
grammatis noviter Monasteriensis chalcogra- 
phi primiciis prepositis conspergens nominis sui aucupatus 



*) Vgl. Nordhoff, Kunstgesch. Beziehungen S. 50 f. Den 
Geschlechtsnamen Windemaker nennt Kerssenbrock S. 39, doch 
hält ihn Herr A. Krabbe für eine Corruptel ans Nicolaus uir- 
maker der Domrechnungen. Ueber Joh. v. Aachen vgl. Spormacher 
bei v. Steinen, IV, 1500. 



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110 



est famam. Vivit adhuc maioribus intentus 
cito emittendis (1509). Dennoch hat er seine eigene 
Druckerei zu Münster schwerlich vor 1515 eröffnet obwol 
er 1513 hier wohnt; doch darauf kommen wir später 
zurück, um hier nur noch zusammenzufassen, dass Tzwyvel 
durch seine Studien, seine weitreichenden Kenntnisse die- 
selbe zu einer Anstalt erhob, die den Kuh m einer gelehrten, 
und einer humanistischen verdient, wie keine andere im 
Norden. 



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III 



Sofern es nicht im Mantel der confessionel-reforma- 
torischen Lehren geschah, vermochte der Humanismus nicht 
ins Volk einzudringen (Vgl. S. 09) ; und doch hat er nach 
und nach die höhern, freien Stände alle ergriffen : ihm 
huldigt der Typograph, ihm huldigen zunächst die höhere 
Geistlichkeit (S. 56)*) sodann ein Theil des Clerus (S. 51» 
57,) und des Ordenstandes. Ja war der Humanismus 
wesentlich ein Pflegling der Fraterherren, so wird er nun 
ein Liebling der Benedictinerklöster, und namentlich der 
Bursfelder Union **) ; er zieht durch seine Schulen an die 
Söhne der Städte, er lockt auch jene des Landes, so schon 
den Hegius, so ferner die Cops aus Stromberg, Bavink aus 
Metelen***), Sleibing aus Freckenhorst, Blanckevort aus 
Albersloh (?) und viele Andere. Ja Hamelmannf) kann 
eine Aufzählung der westfälischen Gelehrten mit den Worten 
beginnen : nunc tendimus ad eos, qui in ditione Mona- 
steriensi morantur vel indenatisunt, et propter eru- 
ditionem inter scientia claros locum habere debent. 

*) Als ein liebenswürdiges Muster der Bildung des IG. Jahr- 
hunderts erscheint : Joannes Kotger, Pastor Alstadianus juxta 11«)- 
velium in litteratura Gracca , aliisque honestis diseiplinis fuit ita 
exercitatus, ut in qualibet academia professione cum laude potuiaset 
fungi. Driver 1. c. p. 121. 

**) Vgl. später S. 1 1*5. Die Unionsklöster erneuerten nun gern 
ihren wissenschaftlichen Geist durch Gelehrte aus De venter. Krafft 
u. CreceliuB 1. c. p. 28, 29. 

***) Hamelraann 1. c. p. 206. Driver L c. p. 20 f, 9. 

t) Cf. Opera p. 210 und Index s. vv. Driver s. v. und über 
81eibing vorher S. 100. 



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- 112 — 



Der Humanismus, welcher im deutschen Süden an 
dem Bürgerstand eine so kräftige Rücklage hatte, berührte 
ihn im Norden anfangs nur vereinzelt, später, als sein 
Nutzen für Verwaltung und Geschäft sich zeigte, um so 
mehr; doch hangen ihm früh an Patrizier, Buchdrucker 
und Aerzte und Juristen. Busch, der Wissensdurstige und 
Arbeiter treibt auch Mediän und Juristerei*); die letztere 
stand als Fachwissenschaft so hoch, dass selbst Humanisten 
sich ihr an den Universitäten widmeten**), Rechtsstudien 
sogar an Mittelschulen, wie zu Osnabrück***) tradirt 
wurden, und ihre Jünger in der Praxis zu den vornehm- 
sten Ständen zählten — ein Rang, den sie im Frühhuma- 
nismus weniger scientifisch, als anmasslich geltend machten. 

Keinem Stande hat der Humanismus, was die gelehrte 
und sittliche Bildung betrifft, mehr Nutzen verursacht, wie 
dem Adel. In den letzten Jahrhunderten des Mittelalters 
den Studien entfremdet und dafür einem wilden Treiben 
hingegeben f), wird er nun zu feiner Form und Veredelung 
des Geistes von der umsichgreifenden Bildung angelockt, 
besucht er Schulen und Universitäten und kann, wie ein 
Caspar von Fürstenberg ff) ein an Studien und edlen 



*) Hamelmann 1. c. p. 287. Böcking, Opera Ulr. Hutteni. 
Suppl. II, 330 ff. Vgl. vorher S. 100 u. später S. 115. 

**) So in Köln. Vgl. Krafft in der Zcitschr. f. Preuss. Ge- 
schichte V, 468, 470, 473 485 ff. Die Anmassungen der Rechts- 
gelehrten gereichen den Humanisten aller Orten zum Aergcr. Strauss 
a. a. 0. I, 151, II, 162. Alb. Wolters a. a. 0. S. 126 ff. Wie 
mit den classischen Studien sich auch die juristischen allmälig rei- 
nigten, zeigt Ranke V, 471, Wolters S. 127 ff. 

***) Stüve, Geschichte des Höchst. Osnab. II, 196. 

t) Man vgl. bloss Rolevink 1. c. p. 128, 210 ff, 220 ff. 

ff) Vgl. Sein Leben und Wirken . . . Nach dessen Tage- 
büchern. Von Pieler, 1873. Zur Rührigkeit des süddeutschen 
Adels trugen politische Motive bei, Wegele in Sybels Zeitschrift, 
I» 411; II, 226. Strauss a. a. 0. II, 195. 



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— 113 - 

Bestrebungen reiches Dasein fristen und durch Aufzeich- 
nungen, Briefe, Tagebücher und andere Publicationen seinen 
Geistesvorrat auch der Nachwelt mittheilen. Andere wie 
Caspar Scheie, H. v. Kerssenbrock, Gerhard v. Kleinsorgen 
widmen sich dem Staats- und Gelehrtenleben und verfassen 
dabei historische Werke, deren Verlust der Historiographie 
Westfalens eine empfindliche Lücke zuziehen würde. Die 
gelehrten Herrn der Capitel (S. 82); zumal de3 Domes in 
Münster, gehörten ja zu den ersten Pflegern des Humanis- 
mus und konnten leicht davon ihren Familien mittheilen. 
In Wahrheit erschien das Compendium Etymologiae Came- 
ners zum zweiten Male 1513 pro duobus ex fratre nepo- 
tibus , equestris ordinis viri Joannis Dobei utriusque 
professoris eximii majorisque ecclesiae Monasteriensis West- 
faliae canonici*) : und gewiss nicht wenig reizte den Adel 
das Beispiel der beiden grossen Standesgenossen, Langens 
und Busch's : diese wurden als Humanisten equestris or- 
dinis, oder nobilitatis Westfalicae lumina hingestellt**). 

Die humanistischen Studiengegenstände hielten sich 
auch sachlich nicht zu engherzig im eigentlichen Fachkreise : 
Classiker und Versemachen waren und blieben das Haupt- 
ideal. Aber auch die Philosophie, die Mathematik, Musik 
und Astronomie ***), (S. 108 f.) die Juristerei und Medicin 
fanden hie oder da ihre Pflege und neuen Boden : Busch, 
dieser Feuergeist und Kraftapostel seiner Sache, warf sich 
auf alle Studien, die seiner Zeit oder seinem Genius zugäng- 
lich sein konnten f), und besonders gereicht es dem Mün- 
sterischen Humanismus zur Ehre, dass er mit dem Süden 



*) Nies er t Beiträge S. 18. 

**) Dies und andere Beispiele bei Hameln^ann L c. p. 1407. 
***) Wie überhaupt die Naturwissenschaften bald Fortschritte 
machten zeigen Ranke a. a. 0. V, 478; Erhard a. a. 0. 111,494. 
f) Vgl. Hamelraann 1. c. p. 287, 291. 

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— 114 — 

wetteifert in der Geschichtsforschung*). Abgesehen 
von den mittelbaren und unmittelbaren Aufzeichnungen, 
welche uns quellenmässig über Zustände und Ereignisse der 
Zeit unterrichten, hat er einige Köpfe gradezu für die 
Geschichte begeistert. Den jungem Johan von Elen be- 
zeichnet Hamelmann als einen vir doctus, in historiis ver- 
satus, den Ludolf Halverius Monasteriensis, ad s. Martinum 
decanus ibidem, LL. doctor clarissimus et consiliarius atque 
vicecancelarius apud illustr. ducem Bruns vicensem Henri- 
cum als vir excellenter praesertim in jure ac historiis 
doctus, et in aulis regum ac multorum principum propter 
magnas legationes, quas strenue subivit, est notus **). Unter 
allen ragt hervor Herman v. d. Busche : In historiis ver- 
satissimus erat, nam in bibliotheca Langii . . . evolvit 
Caesaris, Salustii, Livii, Justini, Orosii, Taciti, Valeriique 
Maximi historica scripta — ergraut in allen Wissenschaften 
war er der Mann, der später, als der Landgraf Philipp von 
Hessen die Universität Marburg mit den tüchtigsten Kräften 
ins Leben rufen wollte, auf den Rath Luthers und der 
Wittenberger , solemniter et cum pompa quadam per in- 
clytum Landgraviae principem vocatur Marpurgum et pro 
felici ingressu munere eximio et serico vestitu donatur, 
et tunc (1526) historici munus sustinuit et tantisper 
in poesi tractavit poetarum scripta quoque et quae ad pro- 



*) Wenn auch noch mit manchen Schlacken behaftet entwuchs 
doch dem Humanismus, angeleitet von den classischen Studien oder 
gereizt von der vaterländischen Vergangenheit, die Historiographie, 
so in Italien, Voigt, Gesch. d. Wiederaufbi. der Wissens. S. 306 ff. 
Burckhardt, Cultur der Renaissance in Italien 1860 S. 238 ft. 
für Deutschland vgl. Büdinger in Sybels Zeitschrift VII, 120— 
123, Harrowitz dasselbst XXV, 66 ff. u. in Lützows Zeitsch. 
für bild. Kunst 1873 S. 126 f. Ranke a. a. 0. V, 490 ff. Rau- 
mer, Gesch. der Germ. Philologie 1870 S. 6, 12 f. 

**) Opera L c. p. 170, 210. 



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115 — 



sodiam spectant , donec eo vocaretur Eobanus Hessus*) 
— sein Lehrstuhl wurde der erste der Geschichte an einer 
deutschen Hochschule**), und der ihm 1534 darauf folgte, 
war wiederum ein Jünger der Münsterischen Schule, Johan 
Glandorp, und selbst die Feinde der Westfalen mussten 
bekennen : Non habuit haec Academia eloquentiores profes- 
sores, quam duos illos Westphalos Buschium et Johannem 
Glandorpium Monasteriensem , qui Buschio in professione 
historiarum successerat. Als gründlicher Kenner des grie- 
chischen und römischen Alterthums veröffentlichte er 1556 
zu Leipzig ein eruditum admodum scriptum : de familia 
Antoniorum und angeblich zu Münster eine Historia Ro- 
mana***) und ärntete überhaupt noch bei Lebzeiten na- 
mentlich von seinem Schüler Reinerus Reinecciusf) wegen 
seiner Gelehrsamkeit reiches Lob. Cincinnius, der Werdener 
Benedictiner, beschäftigte sich mit vaterländischer Geschichts- 
forschung (S. 1(J) und ein Dortmunder Patrizier, Caspar 
Schwarz versieht dessen vita s. Ludgeri und seine eigenen 
Bücher mit gelehrten Noten ff). Der gelehrte Münsteraner 
Anton Tuniken veröffentlichte zu Köln 1513 die „älteste 
niederdeutsche Sprich wörtersaramlung <t ftt)- 

*) Harn elm an nl. c. p. 287, 302. Böckingl. c. Suppl. 11,332. 

**) Vgl. Brock haus, Real-Encyclopädie. All, VII, 6. Doch 
hatte schon weit früher Goede als „der erste" über deutsches Staats- 
recht zn Erfurt gelesen, Kampschulte I, 41 und der 1497 nach 
Wien berufene Celtes „ist wahrscheinlich der erste und lange Zeit 
der einzige geblieben, der auf einor deutschen Universität auch die 
Weltgeschichte in ihrem ganzen Zusammenhange vortrug*. Erhard 
a. a. 0. II, 85. 

***) Vgl. Hamelmann 1. c. p. 192, 302. Krafft in der 
Zeitschrift für Preuss. Geschichte V, 502. Driver 1. c. p. 50. 
Niese rt Beitr. p. 37. 

t) Ap. Goes 1. c. p. 224. 

ff) v. Steinen, Quellen S. 46. 

tft) Neu herausgeg. von Hoffmann 1869. Vgl. Krafft u. 
Crecelius I, 63. 

8* 



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— 116 — 



Die westfälische Geschichte lag nur trüminerhaft in 
Chroniken und allerhand Bruchstücken, mehr in den Quellen, 
als nach einer Seite hin aufgeklärt vor ; ganze Theile dieser 
Bruchstücke, gelehnt an die allgemeine Geschichte, wenig- 
stens für die Hauptereignisse nach den Jahren übersicht- 
licher zusammenzustellen, übernahm der Liesborner Bene- 
dictiner Witte f c 1522 : es kam wenn auch wenig geläutert 
und durchgeistigt die erste*) Historia Westfaliae heraus, 
und gewiss hätte im Laufe des 16. Jahrhundert^ die en- 
gere und weitere Landesgeschichte namentlich im Münste- 
rischen und Lippischen nicht so viele Bearbeitungen er- 
fahren , von Männern , wie Kerssenbrock, Hövel, Kochel 
(S. 62 f.), Hamelmann, Kleinsorgen, Falconius, Piderit, 
Spormacher, Johan Walterus u. A., wenn nicht der Früh- 
humanismus hier noch seine alte Triebkraft bewährt hätte. 



*) Vgl rorher S. 26. Wie der Benedictinerorden sich behufs 
seiner Reform die Zucht der Augustinerhäuser zum Vorbilde genom- 
men S. 119, so suchte er nun seinen wissenschaftlichen Geist wieder 
iu beleben durch Zöglinge Deventers [Krafft u. C recelius I, 
28, 29] zumal er, wie die treffliche Rede eines Erfurter Abtes 1481 
vor seinen Ordensgenossen darthut, namentlich sein altes Privileg 
der historischen Wissenschaften wieder zu erringen strebte. Die 
Rede bei Leuckfeld, Antiquitatea BursfelcL 1713 p. 183. 



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— 117 — 



Keinem Stande verdankt indess der Humanismus im 
Norden, was seine Aussaat, die Befruchtung und Erhaltung 
betrifft, so Vieles, wie den Fraterherren. Sie gründeten 
das Mutterhaus und die Schule zu Deventer, und radien- 
förmig liefen von dort ihre Häuser als Pflanzschulen neuer 
Bildung und sittlicher Erfrischung aus nach Holland, 
Westfalen, dem Rheine und Sachsen. Die gelehrtesten 
Männer ihrer Zeit haben zu ihnen in näherer oder entfern- 
terer Beziehung gestanden , ihre Schulorganisation griff 
durch das blühende Nordwestdeutschland, ihre Lehrbücher 
blieben lange in Gebrauch. Unvergängliche Verdienste 
haben sie an der Schule zu Deventer, und die Schulen zu 
Lüttich und Herzogenbusch brachten sie in einen Ruf 
wegen der Organisation und Schülerzahl, dass sogar Sturm 
sich ein Beispiel daran nahm*). Auch an Orten, wo sie 
auf den Unterricht verzichteten, wie zu Emmerich und 
Wesel, betheiligten sie sich an der Pädagogik und Jugend- 
pflege**), oder sie gaben sich dem Umgange mit den 



*) Nach Delprat's Verhandeling Parmet S. 20. Döring 
S. 45. H. Kämmel in Schmidt's Encyclopädie des gesammten 
Erziehungs- u. Unterrichtswesens III, 537, wo ein Weiteres über 
ihre Schnlthätigkeit zu finden ist. Vgl. Serapenm V, 365. 

**) Dille nb urger, Emmericher Gymnasial-Prgr. 1845/46, 
S. 38. Heidemann, Weseler Gymnasial-Programm 1853, 1859- 
Weinsberg erkundigt sich 1531 bei den Kölner Fraterherren nach 
der Schule zu Herzogenbusch und geht auf ihren Math nach Wesel, 
wo er bei den Fraterherren Wohnung erhält und vom Rector in die 
7. Klasse aufgenommen wird. Gedenkbuch a. a. 0. III, 54, 55. 




— 118 — 

Büchern und den gelehrten Beschäftigungen hin. Zu De- 
venter ragt hervor als Lehrer und Schriftsteller Johan 
Sinthen, der Lector Jacob von Gouda, Sinthen's Schüler, 
Heinrich von Amersfort, als Lehrer und Schriftsteller und 
nicht weniger als Kenner des Griechischen bekannt. — 
Emmerich hatte den Grammatiker und Schriftsteller Gilbert 
von Calcar , fast noch als Jüngling gestorben 1504 — 
Marburg den Lehrer der Grammatik Heinrich Geck*) 
— lauter Leuchten ihrer Zeit. In Köln nehmen sie auf 
und bestatten sie bei sich den Cäsarius (S. 93), den be- 
rühmten Griechen, welchen die Universität wegen seiner 
neuen Doctrinen Verstössen hatte **). Zu Rostock und an 
vielen andern Orten eröffnen sie den Born der Aufklarung 
damit, dass sie die ersten Pressen einrichten , und zu 
Rostock***) erkannten sie das Münsterische Haus als ihr 
Mutterhaus. Von Münster waren unter vielen andern auch 
gestiftet die Häuser zu Köln 1416 *und zu Wesel 1435f); 
sollten die Fraterherren zu Münster den Studien und 
Wissenschaften ferner geblieben sein ? Von Anfang an 
entfalten sie doch eine Expansiv- und Lebenskraft, wie 
wenig andere Häuser. 

Das zeige folgende Stelle des vom Fraterherrn Johan 
von Horstmar abgefassten Chronicon Frenswedense ft) : 



*) Vgl. Butzbach bei Krafft u. Crecelius I, 34, 35, 36, 
37, 62, 86. Ueber Sinthen Böcking a. a. 0. Sappl. II, 472. 

**) Böcking a. a. 0. Sappl. II, 334. 

***) Vgl. hierüber Lisch in den Jahrbüchern des Vereins für 
Mecklenburgische iGeschichte und Alterthumskunde IV, 8, 42, Urk. 
IX, XIX, XX. 

f) Gedächtnissbuch des Fraterhauses zu Münster herausgeg. 
von Erhard in der Zeitschrift VI, 89, 91, 104—107, 109. Wesel 
wurde gegründet von dem Münsterischen Canoniker Johan von 
Collik. [Driver] Westph. Magazin 1786 H. VH, 172. 

TT) MS. 103 des Alterthums-Vereins zu Münster in Fol. p. 35 . 



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» 



— 119 — 

Hinricus de Ahues, primus pater fratrum monasterü ad 
fontem salientem , qui prius dictus fuit Hinricus de Sco- 
pingen, quia mater eins inde exstitit et ipse ibidem natus 
filius naturalis domicelli Ludolfi filii nobilis domini Her- 
raanni de Ahues. Iste fuit etiam raagnus reforraator et 
illustrator Westfalie. Ipse enim Oesterbergam de congre- 
gatione clericorum in monasterium cruciferorum proraovit 
Wydenbach Colonie fundavit, in Westfalia Borcken, Coes- 
feldia , Lippia domus sororum instituit et in Osnabrugis 
domum clericorum diu tenuit, et si in potestate ordinaria 
habuisset, inquolibet oppido per dioeceses Monasteriensem 
et Osnabrugensem congregationes devotorum clericorum vel 
feminarum instituisset , sicut ipsemet fatebatur , quamvis 
tarnen ipse cum suis multas et quasi inenarabiles resisten- 
tias tribulationes persecutiones et quodamraodo coniurationes 
a cnncto clero et populo ipsum cum suis exterminare cu- 
pientibus sustinuisset. Bei einem freien , nicht ordens- 
mässigen Zusammenleben, das eine tief innerliche Erneu- 
erung im Geiste bezweckte, konnten die Fraterherren sonst, 
je nach Bedürfniss und Anlage sich den Studien, dem 
Schulhalten, Predigen oder andern künstlerischen und prak- 
tischen Beschäftigungen widmen und damit um so mehr 
wirken in einer Zeit *), die an Männern und Arbeiten arm 
war und ihnen dafür namentlich seitens des Clerus aller- 
hand Verfolgungen zuzog. Welchen Einfluss mussten sie 



*) Wie die Fraterherren eigentlich die modernste Genossenschaft 
ihrer Zeit bildeten, dafür sei bloss erinnert an die Thatsache, dass 
sie von Bödeken aus Westfalen nach der Pfalz zur Neubelebung des 
Kloeters Kiersgarten und von hier in andere Klöster des südwest- 
lichen Deutschlands überführt wurden. Cf. Chronicon Wormatiense 
ap. Ladewig, Reliq. Manuscriptt. II, 156, 114. Bödeken ward als 
ein Musterkloster der Zucht und Religiosität , wie Windsheim von 
dem Reformator des Benedictincrordens, Johan von Bursfeld f 1439, 
besucht. J. Busch, Reform. Monast. ap. Leibnit. SS. rer. Germ. 
II, 842. 



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- 120 — 



schon dadurch auf das Volk gewinnen, dass sie die Lan- 
dessprache *) in Büchern , Predigten und Dichtungen **) 
handhabten, wie nahe mussten sie damit dem Verstandniss 
und Herzen der Gesellschaft treten! 

Dass die Brüder wie die Schwestern sich grade im 
Münsterischen um die Landessprache und die deutsche 
Poesie theils durch Aufzeichnung der vorhandenen, theils 
durch Schöpfung neuer Lieder didaktischen und frommen 
Inhalts bemüht haben, das bezeugen die Reste : der „ Spiegel 
der Leijen" des Bruders Gerhard Buck von Büderich aus 
dem dem J. 1444 ***) und die etwas jüngern Dichtungen!) 
des Johannes Veghe, welcher Vorsteher des Schwestern- 
hauses Niesinck zu Münster war, und die noch um 1588 
von der Nonne dieses Hauses Catharina Tirs aufgezeich- 
neten Lieder. 

Jn mehr als einer Hinsicht waren Bücher ihr liebster 
Umgang, theils um geschrieben und ausgestattet, theils 
um gelesen zu werden ; die Bibliothek und der Bibliothekar 
spielen daher in ihren Statuten von Hause aus eine wich- 
tige Rolle und die sie betreffenden Vorschriften verraten 



*) Vgl. C. Ulmann, Reformatoren vor der Reformation. A2 
[1866] II, 85, 88, 94, 96 ff, Hoffmann, a. a. 0. S. 183, 180, 152. 

**) Vgl. Hölscher, Niederdeutsche Lieder und Sprüche 
1854 p. V, IX. Watten ha ch a. a. 0. S. 265. 

***) In der Seminar-Bibliothek zu Münster. Mit Proben be- 
sprochen von Wilkens in Trosa Westphalia 1825, H. III, 54—55, 
mit Auswahl herausgegeben von Hölscher im Gynin.-Prgr. Reck- 
linghausenl860 61. Gerardus Buck de Buderick, accolitus. Obiit 
anno dni. 1489 in profesto purificationis b. Mariae virg. Gedächt- 
nissbuch a. a. 0. VI, 92, daselbst S. 93 ein Hinricus Buck de Bue- 
derick presbiter, obiit a. dni etc. 1472. 

f) MSS. det Alterthumsvereins und des Herausgebers B. 
Hölscher, Niederdeutsche Lieder und Sprüchel854 p. IX, Kathol. 
Zeitschrift Münster [1852] II, 332. Joh. Veghe, pbr. Yector sextus. 
Obiit anno dni 1504 . . . Gedächtnissbuch a. a. 0. VI, 94. 




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— 121 — 

eine so weise Einrichtung, dass sie schon deshalb eine 
Wiedergabe verdienen *). 

De librario : Deputabit Rector unum ex fratribus, qui 
praesit annario sive bibliothecae domus, cuius custodiae 
committantur omnes libri domus, exceptis his, qui ecclesiae 
pro divino officio assignantur. Pro quibus sollicitus sit ut 
debite et munde conserventur, non correcti emendentur, et 
super omnia, ne per negligentiam suam distrahantur ; id- 
circo in principio et in fine libri titulum domus inscribere 
curet. Registrum de qualitate et numero librorum apud 
se habeat et aliud simile sub rectoris custodia erit, ut 
sciatur, unde ab eo ratio exhibenda sit. . . . Si libri aliqui 
extra domum concedendi sunt, per librarium diligenter con- 
8cribantur, simul et terminus praefixus, quando restituentur. 
Nullos tarnen Codices ultra quatuor menses, nec libros no- 
tabiles extra domum sine rectoris licentia concedat, a par- 
sonis ignotis pignus aequivalens aut fidejussorem cognitum 
accipiat. Nullus caeterorum fratrum codicem quemcumque 
extra domum concedere , sed nec pro suo studio, nisi id 
librario innoscat, de armario recipere praesumat. Caveant 
diligenter de libris Teutonicalibus , ne tales pro studio in 
domo vel extra ministrent, nisi de materia plana fuerit, 
intelligibiles, correcti et sufficienter examinati. 

Kerssenbrock sagt : „Sie (die Fraterherren) besitzen 
einen ansehnlichen Büchervorrat, der aber vor den wieder- 
täuferischen Unruhen noch weit ansehnlicher war", und noch 
eingehender das EÜIAEirMA**) sive specimen Historiae 



*)Instituta Primaeva fratrum < anonicorum seu clerico- 
rum collegii Sanctissimae Trinitatis ad fontem salientem Monasterii 
in communi viventium, ab ejusdeni collegii pro tempore rectore siye 
patre in visitatione episcopali die 9na Maji 1741 producta, ut olim 
scripta sunt, sequuntur excusa. — in kl. 8 s. L t. n. & a. p. 46. 
Einzelnes hiervon mag enthalten das mir unzugängliche Buch von 
Miraeus a. 1638, vgl. Ruland im Serapeum XXI, 184. 

**) Editio 1701 p. 117. Kerssenbrock S. 56, 510. 



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— 122 — 

Anabaptisticae : Imo (Anabaptistae) et bibliothecam 
apud fratres, ut vocant, ex omni linguarum litte- 
rarumque genere instructissimam concremanmt. 

Von vornherein merkwürdig ist, dass der Flor ihres 
Hauses und ihrer Thätigkeit ungefähr mit dem Humanis- 
mus zusammenfallt, und beide unter den Wirren des 16. 
Jahrhunderts mehr und mehr vergehen, nachdem sie bis in 
die Wiedertäuferzeit den Reichthum ihres Daseins nach allen 
Seiten hin bekundet. In der That nahm das Münsterische 
Fraterhaus an dem Humanismus und dem Schulunterricht 
durch bedeutende Kräfte Theil. Nach dem erwähnten 
Briefe Agricolas 1480 20/9 wollte dessen jüngerer Bruder 
Heinrich studieren , (literas discere) : Fuit Monastern ad 
Fridericum nostrum, dimidium paulo amplius annum, ibi 
prima aetate percepta rudimenta, quantum per id temporis 
potuit, recollegit. Jam Fridericus alio profectus est, datos 
cuidam domui pater. Henricus in patriam rediit, orat in- 
statque, ut rursus eum aliquo ad studia mittam. Dieser 
Friedrich, welchen der Gelehrte „noster* nennt, ist wohl kein 
anderer, als der Fraterherr Fried. Morman. obiit a. dni 1482. 
Vir doctissimus et primus pater Marpurgi, und auf ihn, darum 
et doctissimum iuvenem ac Christi sacerdotem, verfasst das 
Haupt des Münsterischen Humanismus ein herzliches Epi- 
cedion*) mit den Worten : 

Heu tecum Friderice iacet iam prona facultas 
Alternis blande ludere versiculis : 

Gesta per eicelsos duxisses inclita versus, 
Seu lyricos plectro contraheres numeros. 

Splendida Eomanae sectatus fulmina linguae 
Munere dicendi vel Cicerone tonans . . . 
Der neunte Rector des Fraterhauses war der berühmte 
Humanist Johan Rotger aus Münster. Er ist zu seiner 



*) Bei Parroet S, 196. 



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— 123 - 



Ausbildung von Langen *) nach Deventer in die Schule 
des Hegius, und als fertiger Lehrer nach Essen gesandt, 
um dort die Humanitätswissenschaften einzuführen, kehrte 
aber , weil hieran von den „Barbaren 4 * verhindert, unver- 
richteter Sache nach Münster zurück, trat, offenbar ange- 
zogen von Sem wissenschaftlichen Geiste der Fraterherren, 
in deren Gesellschaft, wird erst Lector, dann Procurator 
und 1516 Rector. Er schrieb [Elegidion in librum Mur- 
mellii Flores und stand in solchen Ehren, dass Murmellius 
ihm, „dem ausgezeichneten und gelehrten Manne", seine 
Commentare zum Prudentius, eine Elegie und die Lobverse 
widmete : 

Floret Joannes Rotgerus, doctaque vatum 
Calliopes cultor carmina doctus amat. 

Ein anderer Jacob Montanus, eine ebenso thatkräftige 
als gelehrte Natur , Schüler des Hegius, Mitschüler des 
Buschius und Günstling Langens, geht auf dessen Geheiss 
ins Herforder Fraterhaus und eifrig wie er nun in Wort 
und Schrift für den Humanismus, tritt er später für die 
Reformation ein**). 

Das Gedächtnissbuch der Fraterherren verzeichnet ferner 
einen Bernardus Bloetguet, presbiter. Obiit anno dni 1506. 
Confessor sororum in Coestvelt. Vir doctus et integer. — 
Didericus Mesmeker de Keyserswert. Obiit anno dni 1510. 
Confessor sororum in Gerzem , amator fratrum et erudi- 
tissimus — Johannes Holtmann de Ahuess, confessor so- 
rorum in Nisinck , moritur anno 40, vir graeee et latine 
doctissimus, und versteht überhaupt, wo es um diese Zeit 
von Gelehrsamkeit und Wissenschaften spricht, darunter 
sicher zuerst jene des Humanismus. Von dem oben ge- 
nannten Dichter Veghe schreiben die Niesinckschwestern in 



*) Hamelmann Opera p. 263, 268, 189. 
**) Hamelmann 1, c. 8. v. 




ihre Chronik, er sei „ein wis walgeleert man . . . gewest 
. . . de uns vele suverliker leer unde Schrift heft na- 
gelaten *). Murmellius endlich kann den Fraterherren, als 
er ihnen das Gedicht in salutationes angelicas weiht, zu- 
gleich nachrühmen : Sunt vestra summa beneficia, non 
argenti, non auri, non denique vanissimarum rerum, sed 
librorum commodatione apud me collocata**) — es waren 
ohne Widerrede classische , humanistische Bücher. Und 
was im Mutterhause zu Münster Kegel war, wird mehr 
oder weniger vollständig in den zahlreichen abhangigen 
Klöstern eingeführt sein***). 

Die Münsterischen Fraterherren, diesen Schluss ver- 
statten uns die dargelegten Zeugnisse , nehmen an den 
Wissenschaften jener Zeit, zumal an den humanistischen, 
regen Antheil, sie studieren, sie dichten, sie erfreuen sich 
der Anerkennung der grösten Gelehrten, selbst die grie- 
chische Sprache findet bei ihnen Vertreter. Morman be- 
gegnet uns schon vor 1480 als Lehrer, Rotger als Lector 
im Fraterhause, und immer mehr drängt sich die Ueber- 
zeugung auf, „dass die Fraterherren es waren, deren Obhut 
und Unterweisung der junge Langen (behufs seiner Vor- 
bildung) empfohlen wurde*!), una * dass sie es ferner waren, 
welche theils zu Hause, theils an der Domschule zu der 
humanistischen Vorbildung der Jugend thätig, vielleicht 
hauptsächlich mitgewirkt nnd diese Lehrthätigkeit wahr- 
scheinlich bis ins 16. Jahrhundert fortgesetzt haben, 
wo Langen der Domschule ihre grossartige Einrichtung 
gab. Schickte doch auch Langen zu den Fraterherren 
in Herford den Montanus ad privatam institutionem et 



*) M. G. Q. II, 422, 423. . 

••) Die Stelle bei Parmet S. 51. 

***) Anderweitige Bibl.-Statuten im Serapeum XXI, 187. 

t) Parmet S. 17. 



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- 125 — 

ad publicum in eo oppido instituendum ludum littera- 
rium Josephum Horleniuin . . . Als Petrus Nicolartius, 
der bis 1646 die Würde des Generalvicars bekleidet 
hatte, dem Bischof Galen den Vorschlag machte, das Haus 
der Fraterherren, wie zu Lüttich geschehen, in ein Clerical- 
Seminar zu verwandeln, konnte er diese Vorstelluug damit 
stützen, dass die Brüder sich nicht mehr, wie früher, 
mit dem Unterrichte der Jugend, sondern lediglich 
mit Handarbeiten beschäftigten*). 

Für das lange Nachblühen der Gelehrsamkeit dürfte 
auch die Thatsache sprechen, dass das grosse Religions- 
gespräch 1532, an welchem sich die schlagfertigsten Geister 
betheiligten, im Fraterhause anberaumt wurde, wobei der 
Pater Johan Holtman von Ahus und der Frater Theodorik 
Bredevorth mit Andern die Seite des alten Glaubens ver- 
traten**). Und dass Bischof Franz 1551 auch den liector 
Johan Crampe seinem Weihbischof und Official beigesellte, 
um mit dem Kölner Erzbischof seitens der Diöcese Münster 
über die Theilnahme am Trienter Concil eine Beratung zu 
pflegen***), möchte nicht weniger für die Glaubenstreue, wie 
für eine höhere Bildung des Fraterhauses ins Gewicht fallen. 

Je weiter die Jesuiten ihre Einflüsse in die gebie- 
terischen Stellungen geltend machen , um so mehr ziehen 
sich die Fraterherren zu Emmerich und an andern Orten f) 



*) A. Krabbe in der Zeitschrift XX, 148. 

**) Hamelmann 1. c. p. 1191, 304. Der von ihm genannte 
Pater Joh. Ahusensis kann nur der uns bekannte Gelehrte sein, der 
Frater Theodoricus Bredevorth nur Diricus Gyse de Bredenfoert, 
Pater in Herfordia obiit a. 1550, 5. Augusti. Vgl. Gedäcbtnissbuch 
in d. Zeitschrift VI, 97. Vgl. Cornelius, Wiedertäufer II, 334. 

***) Tibus a. a. 0. S. 72. Dieser Crampe war Pater undeci- 
mus. Artificiosas templi tabulas fieri fecit. Obiit a. 1558, die 
28. Augusti Gedächtnissbuch a. a. 0. VI, 98. 

. f) Dillenburger a. a. 0. 8. 38, Ullmann a. a. 0. II, 159. 



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— 126 — 

von dem ruhmreichen Felde der Wissenschaften zurück : 
zu Münster treten sie seit der Mitte des 17. Jahrhunderts 
so in den Hintergrund , dass sie ausser einer ascetischen 
Schrift S. 28) höchstens noch Dienste der Gastfreund- 
schaft als Lebenszeichen kundgeben*) und den einsichtigen 
Männern mehr und mehr für die Auflösung (S. 125) reif 
erscheinen. 



•) Vgl Drifrer L c. p. 15£ Evelt in der Zeitschrift 
XXVI, 83. 



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Anlage. 



Das frühere 



Press- und Bücherwesen 



Westfalens. 



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In allen Dingen liegt die geschichtliche Bahn der West- 
falen in der goldenen Mitte , doch eher zu der Grenze des 
Guten als des Schlechten abweichend. Auch »in der Kunst, 
welche in der Geschichte des Fortschritts und der Bildung 
die vornehmste Rolle spielt« sah Westfalen nicht die ältesten, 
nicht die opulentesten , nicht die innerlich oder äusserlich 
hervorragendsten Producte, dennoch hat das Land früh eine 
Presse (Münster) und, in edlem Wetteifer mit dem benach- 
barten Niederrhein, an der Begründung derselben durch seine 
wanderlustigen und thatkräftigen Söhne in germanischen wie 
in romanischen Ländern einen glänzenden Antheil. Zu Köln 
hat Peter von Olpe (Petrus in altis de Olpe) bis 1477 eine 
Presse beschäftigt und die Druckerei, welche dort hinter den 
Minoriten gelegen und im J. 1497 ihr erstes Werk lieferte, 
scheint von Martin von Werden, dessen Heimat man zu 
Westfalen rechnen darf*), errichtet zu sein; er benutzte 
wenigstens 1504 , wo wir ihn zuerst als Drucker antreffen, 
die Typen und den Holzschnitt der Druckerei retro mino- 
res**). 1501 tritt hier ein Johan von Dorsten als Besitzer 
einer Buchhandlung oder Druckerei auf und sicher ist, dass 
letztere***) ihm 1532 zukömmt. Ein Johan von Münster 
druckt 1513 zu D (Issel dor ff) und nicht minder verrät Petes 
Attendorn, der unter den Vätern derStrassburger Presse 



*) Vgl. W. Teschen macheri, Annales Cliviae Juliae . . . 
Ed. 1721, p. 246, 248. 

**) Ueber beide Typographen L. Ennen, Gesch. der Stadt 
Köln m, 1037, 1042. Inkunabeln I. VJU, XVIII. 

***) Ennen, Inkunabeln I. XX, XXI. Panzer 1. c. VI, 422. 

f) Weller, in der Bibliothek des litterar. Vereins CXI, 336. 

9 



130 — 



eine würdige Stellung errang *) , dnrch seinen Namen 
die westfälische Herkunft; in seiner Nähe zu Basel wirkte 
(seit 1494) mächtig sein Landsmann Johan Bergman von 
Olpe**). Mit einem Albert Ravenstein schenkt Joachim 
»WestvaN der Stadt Magdeburg 1483 das erste Buch in 
einem Officium misse in 4° und wandernd, wie er arbeitete, 
veröffentlicht er 1488 zu Stendal in der Altmark folio- 
gross in niederdeutscher Sprache den Sachsenspiegel — eine 
so seltene Ausgabe, dass sie selbst den Lokalhistorikern ent- 
gangen war***). Aus einem kleinen Orte im Paderbornischen 
war jener »ausgezeichnete Künstler« gekommen , welcher, 
nachdem er in Venedig den Schriftguss und die Typographie 
erlernt hatte, 1472 die erste namhafte Presse in den Nieder- 
landen f) einrichtete, um dort mit dem gelehrten Dirk Martens 
zunächst bis 1474 im vlämischen Aalst und darauf bis 
1496 zu Löwen und 1479 zu Nvmwegen Prachtwerke ans 
Licht zu fordern in einer littera vere modernata ft)t wie er 
sie mit Stolz nennen durfte. Er benennt sich selbst Johannes 
de Westphalia , Paderbornensis dyocesisfft) °°^ er Johannes 



*) Falkenstein a. a. 0. S. 170. Panzer L c. V, 469. 

**) Er druckte Sebastiani Brant, Stultifera navis . . . denuo 
revisa. Holtrop 1. c. II, 852. 

***) Falkenstein a. a. 0. S. 194, 197. 

f) Nach Belgien war ihm vorangegangen nnd noch thatig 
dort als Ordensreformer, als Spender geistlicher nnd leiblicher Hülfe 
in schrecklicher Pestzeit, Dederich von Münster genannt Coelde 
8. 79. Hartzheim 1. c. s. v. Strnnck, Annales Paderborn. 
III, 68, 767 f. und bald folgten die Jünger des Münsterischen Hu- 
manismus nach. Hamelmann 1. c p. 296, 335, 339. 

ff) Dagegen erzählt Ranke a. a. 0. V, 468 : Vicenz Opso- 
päns, der Lehrer des Markgrafen Albrecht, soll die deutschen Buch- 
drucker zuerst angeregt haben , mit dem Ruhme der Aldus und 
Junta zu wetteifern nnd die Werke der Alten diesseits der Berge 
zu publiciren. Uebrigena waren die italiänischen Publicationen schon 
längst in Deutschland Modeartikel, 0. Hase a. a. 0. S. 76. 

fft) Er nannte sich Johannes de Paderborn, in Westfalia oder 
de Westfalia Paderbornensis , cognominatus de Aken, welcher Ort 
heute wol nicht mehr nachweisbar ist. F. L. Hoffmann im Sera- 



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— 131 — 

Paderbornensis de Westphalia; zu Löwen hat auch ein 
Konrad von Paderborn einen einzigen , jedoch undatirten 
Druck hinterlassen und da dieser eine ältere Schrift zeigt, 
will man Konrad für den Vater des berühmten Johannes 
ansehen*). Ohne die nähere Heimat jenes Nicolaus von 
Sachsen , welcher die ersten nichthebräischen Bücher zu 
Lissabon druckte und vielleicht unter dem Familiennamen 
Spindler schon zu Valencia und 1478 zu Barcelona seine 
Kunst geübt hatte **), genauer bestimmen zu wollen, blicken 
wir nun nach den nordischen Landen und wieder wird die 
Wiege jenes Godfried af oder de Ghemen, der um 1490 mit 
einem Donat der Stadt Koppenhagen den ersten Druck 
gab und 1510 noch arbeitete***), in Westfalen gestanden 
haben, zumal ein gleichnamiger Ort in Skandinavien schwerlich 
nachzuweisen sein wird. Die junge Blume der Typographie in 
Dänemark , welche Falkenstein der eigenen innern Kraft des 
Landes entspriessen lässt, müssen wir also einem Westfalen dar- 
reichen. Vielleicht hat auch ein Ltinener Kind bedeutsam zu 
dem Ruhme der Pariser Presse beigetragen*) und der Name 



peum [1867] XXVIII. 217—222, Panzer, 1. c. V, 4761,511,518, 
Holtrop 1. c. I, 53-55, 582, 61—128, 583—588. Panzer führt 
zum J. 1479 noch zwei Arbeiten von ihm unter Noviomagi auf 
L c. II, 241. 

*) Falkonstein a. a. 0. S. 256. 

**) Falk enstein a. a. 0. S. 295, 291, 292. Vogler hält 
den Spindler im N. Lausitz er Magazin [1872] B. 39, 117 für einen 
Zwickauer. 

***) Panzer 1. c. I, 446, XI, 210, 288, V, 475. Falken- 
stein a. a. 0. S. 301. Auch Johan Snell, welcher 1483 in der 
Hauptstadt Schwedens den frühesten Wiegendruck des Nordens lie- 
ferte, war ohne Frage ein Deutscher. Falkenstein S. 298. Vgl. 
Westfäl. Anzeiger [1802] VIII, 268, 269. Nach Panzer V, 475 
hätte Godfried Gouert s. a. [früher] auch in Gouda gearbeitet. 

f] Spormacher bei v. Steinen, W. G. IV, 1424 erzählt 
. . . obiit 1532 [in Augusto] Everhardus Mercatoris de Lünen trium 
linguarum expertissimus librorum impressor multis stipatus 
morigeratis prolibus ex thoro legitimo proereatis. Ich vermag unter 

9* 



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— 132 — 

Johan Siberch, welcher der Presse, die der märkischen Hei- 
mat noch unzugänglich war, 1531 mehrere Werke in Cam- 
bridge hinterliess *), sowie sein vorübergehender Aufenthalt 
dort bezeichnen diesen Mann wohl deutlich genug als einen 
Westfalen , der wie andere Landsleute wandernd sein Ge- 
schäft betrieb. 

Weniger bekannt ist endlich die Thatsache, dass auch 
zwei Westfalen sich in Italien einfanden, um dafür die 
ersten Wege zu bahnen. Nach dem Catalogus Scriptorum 
seculo XV. impressorum, qui in publica Bibliotheca Magliabec 
chiana Florentiae asservantur , autore Ferdinando Fossio 
Firenze 1793 , 8° , gibt es eine Druckschrift unter dem 
Titel Fiore di virtu, Messina 1470 und die Drucker, welche 
sich des Holzschnittes noch unbeholfen bedienten, machten sich 
am Ende auf den Druckerstöcken, die inmitten einer Rundung 
ein doppeltes Kreuz zeigen , durch die Umschrift bekannt : 
Maister 0 Johan ü Schade 0 de Meschede — und Maister 0 
Rigo 8 Forti 0 de Iserlon **). Entspricht der Name Rigo forti 



den bekannten Typographen diesen Drucker nirgendwo aufzufinden, 
es sei denn unter den Mercators [Marchant] zu Paris, wo ein Guido 
1483 und 1503, ein Johan 1510, ein Wilhelm 1512 thätig ist. 
Panzer L c. V, 566, XI, 295. 
*) Panzer VI, 345. 

**) Die Stelle ist mitgetheilt von Dr. Bahrens im Westfäli- 
schen Anzeiger [1798] I, 11, 12. Vgl. Panzer IV, 364 und H, 110. 
Messanae. 1473 , wo er noch beibringt : Comincia la vita del glo- 
riuso saneto Hieronimo mit der Schlussschrift Finita e questa opera 
nela magnifica cita Messina di Sicilia per Mastro nigro [Henricus 
Alding] dalamania con diligentissima emendacione nel anno di la 
salute M.CCCC.LXXIII. a di XV. d' April . . . Char. Rom s. s. c. 
& pp. nn. 4° . . . De hoc typographo scribit J. Petrus Apulus in calce 
Libri Regalium constitutionum etc. . . . Messanae per Andr. de 
Bruges. 1497 Fol. Jam sunt anni sex et viginti, impressor Henricus 
nomine cum operariis ab urbe Roma Cathinam [Catanam] venit 
adlectus magna spe lucri [bene ratus si fata iuvissent et vota com- 
plessent] Messanam divertit etc. Ergo iam 1471 in Siciliam adpulit 
Schweinheimii et Panarzii, aut Hanau cvreQyos. 



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- 133 - 

dem Heinrich AJding's, so bat dieser noch 1473 zn Messina und 
1476 zu Neapel und zwei Jahre später wieder auf Sicilien 
gearbeitet. 

Wie die Benedictiner von Subiaco, würdig ihres alten Vor- 
tritts in den Wissenschaften 1465, dann Rom 1467 von deut- 
schen Druckern die ersten Pressen Italiens aufschlagen Hessen, 
Venedig und Mailand 1469 nachkamen *) , so waren es ein 
Sauerländer und ein Markaner, welche in Unteritalien die 
erste, im Ganzen die fünfte Druckerei des Landes errichtet 
haben; Florenz erblühte ein solches Institut**) 1471. 



Münster. 

Druckerei und Handel. 

Man ist versucht, die erste Presse auf die Fraterherren 
zurückzuführen : sie haben dieselbe auch mehrorts in den 
Niederlanden, zu Rostock, Nürnberg***) und vielleicht auch 
zu Kölnf) eingerichtet. Die Fraterhäuser zu Köln und zu 

... i .i 

*) Vgl: A. v. Renmont, Geschichte der Stadt Rom. III, 1, 
347. Tiraboschi, Storia della letteratura italiana [1822] VI, 
239 sq. 

**) Privatpressen, wie sie der von Münster verzogene Thurn- 
neijeser zu grossem Rufe und Gelderwerb nach 1671 in Berlin ei»- 
riohtete [Becker in der Zeitschrift^ I, 255 ff] habe ich in West- 
falen trotz umfassender Erkundigungen nicht ausfindig machen 
können, es sei denn, dass einzelne Klöster für Placate, Namen 
und Zeichen Typen besassen , wie sich ein glaubhafter Zeuge (G. 
Greve) von Kleinburlo erinnern will. t 

***) Vgl 8. 117 f. Falkenstein a. a. S. 631, 177. Weit«» 
Beispiele bei Ulimann a. a. 0. II, 156. 

f) Mal den, Lettres dun bibliographe, Paris 1873 will 
sogar die alten Quartodrucke Kölns s, 1. et a., die seither auf dem 
Namen des ersten nachweislichen Druckers Ulrich Zell stehen, den 



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Rostock, standen doch wie uns bekannt ist (S. 118) mit jenem 
zn Münster in ganz nahen Beziehungen. Weit entfernt, dass 
die Typographie ihnen das Bücherschreiben und damit auch 
einen Hauptnahrungszweig geraubt hätte, bot sie bei den 
massenhaften Drucken und der gesteigerten Nachfrage ein 
um so grösseres Arbeitsfeld im Rubriciren und vorerst noch 
im Ausstatten ganzer Druckstticke. Desungeachtet hatten sie 
an einer Presse zu Munster wohl weniger Antheii als In- 
teresse, sofern sie darin ein wirksames Mittel zur Verbrei- 
tung der Humanitätsstudien erkannten und deshalb die Ein- 
richtung einer solchen nur wünschen konnten. 

Die ersten Pressen empfangen hier ihre Hauptnahrung 
vom Humanismus überhaupt und lehnen sich an die ent- 
sprechenden Anstalten zu Köln und zu Deventer. Soweit 
sich sonst zur Stunde bestimmen lässt, treten die ersten 
Drucke mit der Jahreszahl und dem Namen des Druckers 
auf und dieser ist Aachener von Geburt. Der erste Druck*) 
datirt vom J. 1485 und ist die uns bekannte (S. 73 f.) Come- 
dia Codri Kerckmeisters in 4°; 1486 erschienen Langens 
Carmina . . . Julii XXIX, (S. 19) und die Statuta provin- 
cialia, .... pridie ydus Octobris gleichfalls in 4°. Der 
Drucker nennt sich Johannes Limburgus und im ersten 
Stücke ortu Aquensis, im dritten einfach Aquensis. Wir 
haben früher schon dargethan (S. 104), dass das rege geistige 
und literarische Leben Münsters Limburg ein lohnendes 
Arbeitsfeld versprach , und wahrscheinlich die Münsterischen 
Humanisten, zumal Langen, dessen Carmina ja der zweite 
Druck galt , und vielleicht die Fraterherren bei dem regen 
Verkehr zum Rheine ihn von dort heranzogen und zwar 
jedenfalls von Köln, wo 1480 bereits ein Arnold von Aachen 
das gleiche Geschäft betrieb. 



Kölner Fraterherren vindiciren. Vgl. Ennen im Bonner TheoL 
Literaturblatt IX, 114, und Falken st ein über Arn. Terhoernen's 
Type S. 154. Vgl. Ennen, Inkunabeln p. I, VI. 

•) S. 18. Z. 21 v. o., wo ** hierher verwiesen wurde, waren 
die Worte [Carmina von i486] des ersten Druckes mit » ■ 
zu besetzen. 




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— 135 - 



Den drei erwähnten Drucken können wir nunmehr noch 
einen nie bekannt gewordenen vierten des J. 1486 hinzufügen, 
nämlich einen Manipulus curatorum. Der gelehrte Domde- 
chant von Mallincrodt, welcher ein chronologisches Verzeich- 
niss der Inkunabeln bis 1500 handschriftlich *) anlegte und, 
exact genug, bei jedem Stücke den Fundort verzeichnete, 
fand ihn bei den Observanten in Hamm. Wohl keine Schrift 
lohnte den Druck so, wie dieser praktisch-pastorale manipulas 
und wohl keine hat die ersten Pressen der Welt so beschäf- 
tigt wie sie : dennoch lässt sich unter der grossen Reihe 
ihrer bekannten Incunabeln **) kein Stück ermitteln , das 
dem bezeichneten Münsterischen Drucke entspräche und dieser, 
der doch gewiss wegen seines weitern Leserkreises zahlreich 
abgezogen wurde, erübrigt wohl leider in keinem einzigen 
Exemplare. 



*) Mit dankenswerthem Interesse stellte der Herr Geh. Ar- 
chivrath Dr. Wilmans mir für die vorliegende Arbeit einschlägige 
Materialien des Königl. Staats-Archivs in Münster zur Verfügung 
nnd darunter auch das Ms [i. B. 261] Mallincrodts in Fol. Es ent- 
hält die Incunabeln — 1500 und nennt p. 36 zum J. 1486 unter 
Monasterii Westphaliae [30 der fortl. Nummer des J.] Rodolphi 
Langij can. Mona. Poemata 4°. Joan. Limburg. Rottendorf. 
[311 Statuta Provincialia Col. et dioecesana Monasteriensia 4°. Joan. 

Limburg. Mall [incrodt] Observ. Hamm. 
[32] Manipulus curatorum. Joan. Limburg. . . . Obser. Hamm. 
Mallincrodt hat , wie die weitere Angabe der Fundorte zeigt , die 
reichern Bibliotheken des Niederrheins , Hollands und besonders 
Westfalens für seine Zwecke besucht oder doch vorsichtig ausgebeutet. 

**) Es kann nur der Manipulus des Guido de monte Roche- 
rii gemeint sein , und Hain verzeichnet allerdings Nr. 8194 einen 
Druck des J. 1486, doch in Fol. und s. 1., also wohl nicht den in 
Frage stehenden ; der im Verzeichnis« einer bed. Samml. . . . p. 169 
angeführte anscheinend dem Nr. 8163 bei Hain conforme, die sieben 
Ausgaben bei Holtrop I, 119, 649 U, 234, 251, 729, 616, 288, 
und jenes Exemplar der Paulina, welches nur mehr als Duplum 
vorhanden ist, [Vgl. Nord hoff, in Petzholdt's Anzeiger für Bi- 
bliographie und Bibliothekswissenschaft 1873 H. 3, 82 ff.] können 
ihm aus verschiedenen Gründen nicht entsprechen. 



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Weitere Arbeiten als die vier genannten aus den beiden 
Jahren 1485 und 86 haben wir von Limburg nicht zu ver- 
zeichnen*) : der Name des Mannes, welcher nach Westfalen 
zuerst und so früh das wichtigste Culturelixir getragen hat. 
verschwindet, wie gesagt (S. 105), lautlos aus der Geschichte. 
Und doch hatte er so glänzende Anfange in der Typographie 
gemacht, und doch wuchs täglich hier der Kreis der Gelehrten 
und Studien und mehrte sich täglich der literarische Verkehr 
nach aussen. - Ja es lässt sich bis 1500, vielleicht bis 1507 
keine selbständige Presse in Münster wieder nachweisen. 
Denn die Druckstücke, welche Niesert bis dahin aufzählt, 
existiren entweder gar nicht, oder höchstens zweifelhaft ; ihre 



*) Doch verfehle ich nicht, der spätem Forschung hier noch 
über drei Stücke zu berichten, welche sämmtlich s. L a. & t. n. 
erschienen, aber in der Schrift durchaus an die sichern Drucke der 
Limburgschen Officin gemahnen, obwohl die Wasserzeichen nicht 
mit den erwiesenen Drucken übereinstimmen. Das lstehat 4° Format 
und Signataren, es ist die S. 74 beschriebene Glossa Sinthen's super 
secunda parte M. Alexandri. — Die beiden andern erschienen in kl. 
8° ohne Signaturen, in einer Schrift, welche namentlich im M und 
den aneinander gegossenen Buchstaben de, ve . . . genau der Lim- 
burgischen ähnelt. Unterschiede, die sieh vielleicht durch eine 
spatere Dniekzeit erklären , liegen darin, dass an die Stelle der 
nachzumalenden Initialen die betreffenden Buchstaben klein vorge- 
druckt sind , das eine Stück eine grössere Schrift in der ersten 
Linie des Titels, das andere in Holzschnitt einen Christus am Steine 
zeigt, der der Münsteriscben Presse überhaupt fremd ist. 

2. Fol la bloss Indagatio fnccincta do vera religione \ et qui 
n*m fpecialiter religio« | fint nücupandi. Pol. lb der erwähnte 
Heizschnitt. 6 Blätter in kl. 8° mit dem Schlüsse auf Fol. 6a unten. 

3. Fol. la Tractatulns fine | ferroo. venerabilis pris. Petri 
dor | landi. vicarij domus monty fei ioha | nis baptifte ordinis car- 
thnfienf? prope dieft. | de myftica fignincatione habitus fen indun* 

| torü ein/dem carthuQefi ordinis . • . q| Hexaftichon eitempoTir 
riü | ad lectorem | . . . q| Bernardus ad fres de möte dei f Fol. 1* 
beginnt der Text, welcher Fol. 8b schliesst : . . . tertiu peculiari9 
tefpicit perfectiol j>piquos | Deo gratias. 8 Bll. in ld. 8°. 



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- 137 - 

Quellen bilden nämlich die zum Theil noch missverstandenen 
Aussagen Hamelmanns oder Auctionskataloge, die meistens von 
Idioten abgefasst immer nur einen bedingten Werth besitzen. 
Zu leicht nahm man das Wort »scribere« für »Drucken«, 
oder den Abfassungs- und Bestimmungsort für den Druckort 
einer Schrift. Das Breviarium . . . Monasteriense des Jahres 
1497, das Nieser t nach dem Augenschein beschreibt, gehört, 
wie die Eigenthlimlichkeiten eines Exemplars der Paulina 
beweisen, ganz entschieden einem auswärtigen Druckorte an : 
namentlich gestattet die schlechte Schrift und das Wappen 
keinen Vergleich mit einem anerkannten Münsterischen Press- 
erzeugnisse weder von früher noch später. Die Buschii Epigram- 
matum libri II, deren Druck Hamelmann (p. 310) durch 
Langen und Hegius 1498 zu Münster und Deventer besorgen 
lässt , und Niesert dennoch, nachlässig genug, ins J. 1494 
versetzt, sind zunächst den Bibliographen gar nicht bekannt 
und wahrscheinlich verwechselt mit den Carmina tumultuaria, 
welche gegen 1497 (S. 84) zu Deventer erschienen, zumal 
darin Dedicationen des Hegius und Langen, die eine von 
Deventer, die andere von Münster vorkommen*). Oder es 
liegt eine Verwechselung vor mit der Ausgabe der Epigramme, 
welche 1498 wirklich von Köln aus datirt und dort in 4° 
erschienen ist**). Sollte denn ein Werk in ein und dem- 
selben Jahre zu Lebzeiten des Verfassers an drei verschie- 
denen Orten herausgegeben sein? Für Hagemanni Commen*- 



*) Holtrop L c. I, Nr. 329. 

**) Fol. la bloss Hermanni Bufchij Mona | fterienfis Epi- 
grämato Sente | tijs vtilibus : et lepore gratiffi 1 mo editum. | in 4°. 

Fol. lb Widmungsbrief an . . . Friderico Bavarie duci illu- 
•trissimo Coloniensia, Maguntine et Argentinensis ecclesiarum ca- 
sonico , liberaliumque studiorum amatori precipuo . . . datirt von 
Köln XII kalendas Febr. 1498. 

Am Ende Fol. 16a ein WidmungBgedicht des Hieronymus 
Estensis an Busch , und darauf : Hoc opus, in luoem quod prodijt 
hercule deztro | Landensis sollers cum Johanis erat. Bloss Signatu- 
ren. Andere Ausgabe von 1504 zu Leipzig bei Erhard III, 96. 



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tarius in Aululariam Plauti , welche nach Niesert 1500 zu 
Munster erschienen wäre, hat Hamelmann (L c. p. 189) bloss 
das Wort scripsit und von den beiden andern Stücken an- 
geblich aus demselben Jahre werden zwar Horlenii Epi- 
grammatum libri duo von Hamelmann (1. c. p. 190) als 
»gedruckt« bezeichnet, jedoch ohne Jahresangabe, indess die 
Notiz über Seneca, Hercules furens 4°. s. a. et 1. (sed 
Monasterii c. 1500) abgesehen von der unsichern Datirung 
einem alten Auctionskatalog, nicht dem Augenschein eines 
Kenners entstammt und das Monasterii hier wohl wieder dem 
Dedicationsort gilt*). Auch Mallincrodt, welchem seine Zeit 
gewiss mehr Incunabeln erhalten hatte, wie uns, und ober- 
flächliches Nachsuchen auf weiter Peripherie kaum möglich 
war, verzeichnet bis 1500 keine andern Drucke, als jene des 
J. 1486. (S. 137). Wenn Niesert noch zum J. 1507 Murmeliii 
Elegiarum moral. libri quatuor und zum folgenden desselben 
Elogia Moralium libri III, jene nach Hamelmann p. 272, 
diese nach Panzer verzeichnet , so vermutet er selbst schon 
in beiden ein und dasselbe Buch , und tragt das letztere 
Stück nur die Datirung ex urbe Monaster. Von den Ele- 
gien ist sicher eine Ausgabe von 1508 und eine von 1509**) 
vorhanden. Das Exemplar der Paulina von 1508 trägt von 
Nieserts Hand die Inschrift Monasterii und eine spätere in 
einer Farbe, womit Monasterii getilgt ist, »Coloniae ap. H. 
Quentel, J. N.« 

So wären denn die Münsterischen Drucke, welche Nie- 
sert seit 1486 auffuhrt , theils, zumal die altern, gestrichen, 
theils, die jungem, als fragliche ***) hingestellt bis auf zwei : 



*) Graes se 1. c. V, 359 fuhrt von dieser Schrift des L. 
Ann. Seneca drei Ausgaben an : eine andere erschien in 4° s. L a 
pp. n. & n. typ. mit Signaturen [der letzten DIU] 33 L. per S. 
ohne Zweifel ein Quentelscher Druck aus Köln c. 1510 mit einem 
Einleitungsepigramm des Murmellius de tragedijs Senece. 

**) Krafft u. Crecelius I. S. 61. 

***) Parmet S. 81 zählt sie nach Nieserts „Beiträgen" mit, 
und erhält dreissig Münsterische Drucke bis zum Tode Langens 



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— 139 — 



auf Cameners Compendium artis dialecticae von 1507 und 
des Antonii Mancinelli versilogus von 1500. Das erste Stück 
scheint, weil nach Btinemann's Auctionskatalog bekannt, wirk- 
lich vorhanden zu sein , das zweite vom J. 1500 ist freilich 
von Panzer nur nach einem Privatkatalog verzeichnet, doch 
spricht schon Niesert für dessen Vorhandensein der innere 
Grund, dass nach Hamelmann p. 194 ein Brief des Horlenius 
als Einleitung beigefügt sei, und da dieser in der Deventer 
Ausgabe von 1503 (?) fehle, müsse er in einer andern, näm- 
lich in dieser ältern Mtinsterischen vorkommen. Zeugniss 
und Schluss bleiben immer noch unsicher und daher auch 
das Vorhandensein dieses Druckes*). 

Sollte Münster wirklich von i486 bis 1507, also über 
zwanzig Jahre lang, einer Presse entbehrt haben, auf welche 
ausser den Andachtsbüchern so viele Schriften der Gelehrten 
angewiesen waren? Gelehrten und Schriften genossen doch 
des höchsten Ansehens bis in weite Fernen , die Gründung 
von Schulen und Bibliotheken, der ganze literarische Verkehr 
erzeugten viele Bedürfhisse : und keine Presse hätte sie befrie- 
digt ! Gewiss war Köln grade damals durch seine Pressen und 



1519. Unter Zuhülfenahme der „Fortg. Beiträge" Nr. I u. II 
hätte er diese Zahl noch um 2 vennehren, Erhard aber, der schon 
1838 in der Zeitschrift I, 57 gegen die beregten Stücke seine An- 
griffe richtete , diese auch auf das Breviarium ausdehnen können. 

•) Wäre er acht, so hätte die Schrift allein von 1500-1509 
vier Auflagen erlebt ; nach Niesert jene d. J. 1500, 1503 [?] sodann 
noch zwei Deventer- Ausgaben in 4°, eine bei Rieh. Paffraet 1507 in 
die Anne, die andere bei Jacob de Breda 1510 altera die Lebuini, 
die letztere eingangs mit der Dedication des Murmellius an Drols- 
hagen, die erstere mit einem Schlussgedicht des Murmellias auf die 
Stadt Münster, vgl. S. 6, Döring S. 23. Zwei andere Ausgaben, 4° 
eine s. 1. & a. aber wegen der Antiqua, die sich in den Titel ein- 
mischt, c. 1515 bei Quentel gedruckt und eine zweite bei Valentin 
Schuhmacher in Leipzig 1520 enthalten die Dedication an Drols- 
hagen, die Leipziger zugleich des Horlenius Hexastichon ad puerum 
poetice artis studiosum und in Prosa stud. poet. art. adolescenti- 
bus foelicitatem. 



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— 140 - 

Handelsinteressen •) eng mit Westfalen verbunden und De- 
venter nicht fern ; allein diese Umstände konnten keineswegs 
fftr den Mangel einer Presse und eines Büchermarkts entschä- 
digen in einer Stadt, wie Münster damals war. Dieses Be- 
denken auf der einen Seite und auf der andern die Thatsache, 
dass die Typographie und der Buchhandel damals höchst 
ausgedehnt und durch Filialen und Agenturen bis in die ent- 
ferntesten Gegenden verzweigt waren **), bestimmen mich, auch 
in Münster für beides eine Filiale zu vermuten, nicht so sehr 
von Cöln , wofür sich kein Anhalt findet, als vielmehr von 
Deventer. 

Was die Studien und Bestrebungen anbetrifft, bildeten 
Deventer und Münster gleichsam eine gelehrte Union. Beide 
stützten sich einheitlich und uneigennützig wenigstens bis zu 
Hegius Tode 1498 und leisteten damit der grossen Geistea- 
richtung den unschätzbarsten Dienst , beide werden daher 
zusammen genannt, wenn von Hauptereignissen des Frühhu- 
manismus die Eede ist***). In Deventer war der grosse 
Lehrer Hegius, in Münster der berühmte Dichter und Ver- 
treter der Studien Langen : beide Landsleute , Mitschüler, 
Freunde und gegenseitige Verehrer. Von hier nach dort 
fingen ganze Schaaren Schüler und von dort kehrten hierher 
die fertigen Gelehrten zurück. Die meisten Schriften der 
Münsterischen Humanisten gingen hervor aus der meistens 
von Hegius geleiteten Presse zu Deventer. Dort erhob sich 
seit 1486 unter Jacob von Breda noch eine zweite neben 
der etwa seit 1476 bestehenden Paffraets, — und aus beiden 
gingen in der kurzen Zeitspanne bis 1500 angeblich mehr 
denn 200 ansehnliche Druckwerke hervor f) — eine staunens- 



*) Vgl. Nord hoff, Ktmstg. Beziehungen S. 23, 53. 
**) Vgl. beispielsweise 0. Hase, a. a. O. S. 52 f, 58 ff. 
***) Vgl. Hamelmann 1. c. p. 331. 

f) Molhuy sen-Tross hl der Zeitschrift XXI, 346, deren 
Datirung ist corrigirt nach Holtrop 1. c. I, 255 ff, 328. Es fall« 
demnach die Errichtung der Presse und der Beginn der Hegiaschen 
Lehrthätigkeit zu Derenter S. 83 in ein Jahr. 



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- 141 



werthe Zahl, die ohne die humanistischen Beziehungen nach 
aussen, namentlich mit Münster, gradezu unerklärlich dastehen 
würde. Jedenfalls hat Deventer als die Limburgsche Presse 
stillstand, eine Druck- und Handelsfiliale nach Münster ver- 
legt : Sehr merkwürdig klingt doch die Nachricht Hamel- 
mann's p. 310, reliquo» duos (libros Buschii Epigram matum) 
curaverunt excudi Daventriae et Monasterii Langius et He- 
gius 1498. Der Druck selbst, mag, wie wir oben nachwiesen, 
noch so zweifelhaft sein, merkwürdig bleibt immerhin, wie 
Hamelmann eine vereinte Typographie Deventer-Mttnster des 
Hegius und Langen voraussetzen konnte. Nehmen wir eine 
Beventersche Filiale an, so verliert auch die Ueberzahl der 
Deventer-Drucke Vieles von ihrem Autialligen. Jene der Fi- 
liale, die schwerlich als Druckort genannt ist hätten alsdann 
den Namen Deventer getragen. Es ergibt auch ein Vergleich 
der mittlem Schrift Breda's mit der gewöhnlichen Schrift, 
welche der Münsterische Drucker Bornman verwendet, einige 
gegenseitige Aehniichkeiten wie sie zu keiner andern Presse 
bestehen. 

Während wir das Aufkommen der ersten (Limburgschen) 
Presse Münsters mit Köln in Verbindung brachten, zeigt also 
die freie Officin Bornmans auf Holland und holländische 
Einwirkung hin; doch macht er sich dabei die Vortheile Kölns 
in der Art zu Nutzen, dass sein Zierholzachnitt, darstellend 
die h. Anna und Maria mit dem Jesuskinde in der Mitte, 
gleichzeitig (1509) ebenso gehandhabt wird von dem rhei- 
nischen Geschäftsgenossen Johan Landen im D Irectoriü cö- 
tepla | tiuortl. cü tractatalo de emifioe cordis in kl. 8° (mit Sign, 
und goth. Schrift.) Vielleicht liegt sein erster Druck zum 
J. 1507 in Cameners Compendium artis dialecticae vor, wie 
inReuchiins Scenica progymnasmata vom J. 1509 sicher der 
erste mit dem Namen des Druckers. Laurenz Bornman 
oder Borne man »discretus« »industrius vir«, übt seine 
Kunst von 1507, nachweislich von 1508 bis 1511*) vorzugsweise 

*) Von seinem F. Petrarche dialogus . . . 1510 in 4° habe 
ich mit Sicherheit kein Exemplar gesehen. Ein mir vorliegendes 
der Panlina könnte ihm entsprechen, doch fehlen das erste BL mit 
der Sign. AI nnd das entsprechende Wasserzeichen. 



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— 142 — 

im Dienste des Humanismus und wird der Chalcograph sein, 
dessen Presse von 1509, wo sie für Tzwyvel arbeitet, ihre 
Erstlinge (primicia) liefert (S.- 109) ; und wollte man auch alle 
ungenauer bezeichneten Drucke Münsters aus jenen Jahren 
auf ihn zurückfuhren, so erscheint seine Wirksamkeit *) nicht 
so sehr quantitativ bemerkenswerth, als qualitativ wegen der 
klaren (gothischen) Type und der bildlichen Ausstattung. 
Eine genauere Untersuchung der Werke würde auch allein 
die Bestimmung ermöglichen, wie viele von den diesseitigen 
Drucken aus den Jahren 1511 oder gar noch 1512 Born man 
angeboren, jedenfalls entstammt das Werk , welches Niese rt 
ihm noch aus dem J. 1513 beilegt, nämlich Camener s Com- 
pendium Et vmologiae einer auswärtigen Presse ; damit fallen 
auch von selbst das Bild des h. Laurentius und der Buch- 
druckerstock **) auf Fol. 2b, welche Niesert (S. 19) als 
Symbole des Namens Laurentius Born man autfasste und als 
Titelbild seiner Beiträge Nr. 1 wiedergab. 

Eine dritte Presse Münsters hat sich vielleicht aus 
einer Deventer-Filiale zur Selbständigkeit entwickelt . ihr 



*) Unbekannt waren folgende Stücke: 

1. Langens Rosarium rirginis beatissime. Vergleiche vorher 
S. 36—38. 

2. FoL la. C]|P. Vergilij Maroni.« Aeneidos Li | her Tertius cum 
argumgtis. P. Ooi | dij et Auguftini Caminadi. atqj an | notationibas 
in margine fparfis, darunter ein Holzschnitt, der in gothisirendem 
Stile die h. Anna n. Maria mit dem Jesukinde Torstellt, [S. 141.] 
am Schlüsse : Finia Tertij libri Aeneidos Vergilij Maronis Ex of- 
firina litteraria discreti | Laurentij Borneman einis Monafte | rienff 
Vestphalie : Anno. M. d. x. in 4°. Zweierlei Schrift und bloss Sig- 
naturen. 

3. P. Virgüii Marunis vita scripta ab Aelio Tiberio Donato 
. . . 12 S. in 4" . . . Monasterii . . . Laar. Borneman s. a. 

**) Es scheint mir das Zeichen de Bornes zu Deventer zu 
sein und findet sich auch in einem Elucidarius carminum et histo- 
narum ... in 4° [offenbar jünger als die unbestimmten Ausgaben 
bei Panzer 1. c IV, 125, 468] s. L a. k nom. typ., der wegen der 
Antiqua des Titels und des gothischen Textes etwa dem J. 1520, 
keineswegs aber nach einer damaligen Presse Münsters gehört. 



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— 143 - 

G 

Besitzer Gregor Os de Breda entstammt unzweifelhaft dem 
gleichnamigen Hause zu Deventer*), dessen Presse längst 
dem Münsterischen Humanismus gedient hatte; da seine 
Werke selten ein Datum tragen, hat man, wohl mit Rück- 
sicht auf die Zeit, wo Bornman's Presse unthätig wird, seine 
Wirksamkeit, die 1515 schon erlischt, mit dem J. 1512 be- 
ginnen lassen. Vielleicht bestand seine Presse schon 1507 
und dann hat sie neben der Bornmanschen gearbeitet. Ein 
Exemplar eines von ihm gedruckten Joannis Murmelli adno- 
tamentorum libellus hatte nämlich als Anhang eine kleine 
bisher unbekannte Schrift desselben Autors mit Vorwort 
1507. 12 calend. octobris in kl. 4" und dem Schlüsse : hec 
opuscula feliciter ab industrio viro Gregorio os de 
Breda aeneis typis excusa sunt in nobili et opulenta urbe 
Monasteriesi Vestphalie metropoli prestantissima**). Dass 
überhaupt so wenig von Bredas Arbeiten mehr vorliegt und 
seine Schrift jener des Stammhauses ähnelt, darf uns die 
Vermutung nahe legen , dass sein hiesiges Geschäft als ein 
ltickenbüssendes , oder vielmehr stets als ein Nebengeschäft 
des holländischen Haupthauses betrieben worden sei. 

Wahrscheinlich hatte schon der vierte und bedeutend- 
ste Drucker Münsters 1515 hier eine andere Presse errichtet, 
da sein erstes nachweisbares Werk 1516 kal. 18. Februarii 
datirt. Er war vom Rheine gekommen, wie einst Limburg : 
es ist der uns bekannte (S. 106 f.) Humanist und allseitige 
Gelehrte Theodorik Tzwyvel ***) jedenfalls gebürtig 
aus Montjoie. Schon 1513 wohnte er zu Münster : das Intro- 
duetorium musice practice probatis scriptoribus per Theodo- 
ricum Tzwyvel de Montegaudio exceptum ... in kl. 4° besagt 
am Schlüsse der Dedication : Ex Monasterio Westfalie fjrto Id9 
martias anno natali christiano 1513 emergStc und am Endo des 
Textes : Prima hujus opuseuii editio inipressa Colonie in officina 

*) Vgl. Panzer 1. c. XI, 210. 

**) Herr Regensberg theilte mir mit diesem noch einen un- 
bekannten Druck mit : Augustini Dati (Senensis) isagogicus libellus 
in eloquentiae praeeepta, 4° c. 1507. 

***) Die gleichnamige Ritterfamilie des Niederrheines bei 
Fahne, Gesch. der Kölnischen . , . Geschlechter I, 465, U, 209. 



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- 144 — 

literaria ingenuoy liberonim Quentell. Anno domini 1513. Fast 
sollte man annehmen, er habe schon 1508 hier gewohnt; 
denn er gehört noch vor 1509 zu den ersten Gönnern der 
Bornmanschen Presse, und der 1510 hier erschienene Dialo- 
gus Petrarcas enthält schon Verse von ihm. Wie dem auch 
sei , diese Thatsachen berechtigen zu der Annahme, dass er 
früh dem Gelehrtenthume und der Presse Münsters nahe 
getreten ist , ohne anderseits seine Verbindungen mit dem 
Rheine und namentlich mit Köln abzubrechen. Als er nun 
sein Druckergeschäft einrichtete, tibernimmt er von seinem 
Geschäftsvorgänger Bornman (S. 141) den Holzstock, welcher 
die h. Familie darstellt, und anderseits ahmt er dem Kölner 
Typographen Martin von Werden die Druckweise nach, den 
ersten Theil des Titels in grossen gothischen, den zweiten 
in kleinem antikisirenden Lettern setzen zu lassen. 

Tzwyvel wohnte, wie er 1519 selbst angibt, an der 
Bergstrasse (im Winkelmannschen Hause ?), wo die Hauptpresse 
auch bis 1594 gestanden haben mag. Gearbeitet hat er in 
den verschiedensten Druckarten und Lettern und^ in den con- 
fessionellen Wirren nach und nebeneinander für alle Bekennt- 
nisse. Seit 1517 versieht er einzelne Drucke mit seinem 
Geschäftszeichen und die Plinii Epistolae aliquot desselben 
Jahres in 4° mit einem Wappen*) in Holzschnitt. 

Er hat dem Geschäfte , das er unter dem Ruhme eines 
Gelehrten eröffnen konnte , einen früher unbekannten Auf- 
schwung verliehen; es hat sich auch fortab ununterbrochen mei- 
stens durch Erbschaft bis auf den heutigen Inhaber Friedrieh 
Regensberg fortgesetzt und Concurrenz nur zeitweise zu 
bestehen gehabt. Seine Artikel entsagen allmälig dem steifen 
Schema der frühem Zeit und bewähren zuerst einen dem 
Gegenstande conformen Wechsel in Format, Type und Aus- 
stattung, sich der modernen Buchform mehr und mehr an- 
nähernd. Und doch hatte seine Presse empfindliche Schläge 
von aussen zu erleiden , die es auch erklären, warum von 
ihren Erzeugnissen, welche doch nicht geringzählig zu sein 



1] Bei Nieser t Beitr. Titelbild No. II. znm J. 1519. 



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— 145 — 

schienen, so wenige erübrigten und einige ganz verschollen 
sind*). Obschon sie auch der Reformation und selbst dem 



*) Zeit und Raum verstatten mir nicht, die von Niesert an- 
gerührten Drucke fortab genauer, wie jene der ersten 20 Jahre zu 
untersuchen und muss ich mich daher zufriedengeben mit der einen 
oder andern Correctur und Ergänzung. Von Tzwyvels Werken seien 
noch folgende bekannt gemacht, die sämmtlich gothische Type und 
4° Format, bloss Signaturen und mehrentheils auch einen eigenen 
inhaltlichen Werth haben : 

1. Timannus Camener Guernensis , Compendium Etymologiae 
et Syntaxis artis Grammaticae. Münster, off. Zwzyvel de Monte- 
gaudio, 1515. [Arnb. R. B.] 

2. Elucidarii Cöputi ecclesiastici a Theodorico Tzwyvel ad 
coej rei lfarie utilitatö compSdiose elucubratum. [kl. 4.] 

Am Schlüsse : Excusum Monasterii per Theodoricum Tzwyvel de 
Monte gaudio. Anno Virginei partus 1516. Kai. 18. Februarii. 
[Laut Mittheilung des Herrn Regensberg.] 

3. Matthei Bofü veronß | fis] Jefu chrifti Salua | toris paf- 
fionö flebilis | et deuotifftmus | fermo in Prosa. 7 Blatter mit dem 
Schlüsse : C|| Impreffa eft hec paffio domini Monafterij | per Theo- 
doricum Tzwyuel. s. a. 

4. Comedia Joannis Reuchlin | Phorcenfis. L. L. doctoris que 
Ser | gius vel Capitis caput infcribitur. C]| Johanis Peringij Buric- 
c5fis ad ftudiofu? | adulefcöte? hendeccaryllabi*] ... Am Ende : 



*) Johannis sedeat poema mnltis 

Reuchlini salitui», lepore raulto 
Conditum tibi, quisquis eB sititor, 
Paediss (!) nitide atylique tersi, 
Antbor quod capitis caput vocavit, 
Reges erodiens, inane Semper 
Vitandnm caput omnibusque nerris, 
Lectorem trabat et viri perenne 
Aeternum quoque nomen baud caducnm, 
Nec non multiitigis scientiarum 
Virtutum quoque nobilisque fruges 
Totum non latitans fere per orbem — 
Addas bis varias licet loquelas, 
Quarum est egregie peritus et quis 
Germanam polit et colit inTenUm (!) 
Et primas coluit : fac unde grate s, 
0 pubes, meritas Tiro rependas. 

10 



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- 146 — 

Wildling Rothman diente, entging sie doch nicht den Ver- 
wüstungen der Wiedertäufer : Ideo statim bibliothecas de- 



q| Exeufum Monasterij I edibus Theo | dorici Tzwyvel Anno sa- 
lut? nf e Mi I lefimo qulgetefimo declo fexto. | Klare gothische 
Schrift, einige grosse Initialen besonders gegossen. 

5. Pubiii Terentij Aphri poeW | comici Comedia lepidiffima j 
quae Eunuch9 Ifcribitnr | ingenio maxi me ado | lefcötiü grata 2 fe | 
nibus non in 1 incunda. | Am Ende £^F"* Imprefsa e hcc comedia 
Monafterij I officina | Theodorici Tzwyuel Anno. M.ccccc.xvi mit 
gothisirender Type. 

6. Publij Tereutij [sie] Aphri Poetae | Comici Comoedia le- 
pidiffima q He | autontimorumenos Ifcribitur | (|| Joannis Peringij. 
BuricceTis *) ad ftudiofu? | adulefcentem dyodecastichon. j Am Ende : 
&ßf~ Impreffa eft hec comedia Monafterij I ofncia | Theodorioi 
Tzwyuel Anno dni M.D.xvij. Gothisirende Schrift selten noch mit 
Antiqua gemischt. Den Raum unter der Schlussschrift füllt in 
länglich viereckigem Rahmen ein Schild mit einer vierblätterigen 
Rosette und darunter mit den Anfangsbuchstaben des Druckerna- 
mens T. Z. — dies Zeichen führt Tzwyvel also schon 5 Jahre früher, 
als wir S. 43 nach Niesert's Angaben beibrachten. 

7. Pubiii Tereutij [sie] Aphri Poetae | comici Comoedia lepi- 
diffima q Adel | phi Ifcribitur | q| JoannisPertgij Buriccenfisad puerö 



Deber Joban Pering ans Bäderich bei Wesel, zuerst Rector der Ludgeri- 
dann der Domschnle zu Münster, später wiederholt Rector der Schule zu Wesel and 
dessen sonstige Schriften vgl. ausser Niese rt. Hamelmann 1. e. p. 191 f, 264, 268, 
386, 1426, Heidemann a. a. 0. 1853 nnd 59. Driver 1. c. p. 117, Krafll n. Crecelius 
I, 62. Perings literarisch-humauistische Bedeutung erscheint angesichts der Cla«- 
sifcer-Ausgaben , die in der philologischen wie in der bibliographischen Literatur 
anscheinend unbekannt sind, gewiss in einem ganz andern Lichte. 
•) Mnltiingam quamvis habeat comoedia fragem, 

Utilis in prirais moribns estqne stylo; 
Fertur enim speculnm vitae Tarios quia mores 

Continet, unde bonos prendere queroque decet 
Oraqne contorta iuTennm stribiligine pnrgat 

Et salibus multis atqne lepore colit. 
Id genns et quamvis scripsere poemata vates, 

Non panci Latio turba diserta stjlo, 
Attamen in primis moneo stndiose Terenti 

Assiduus iuvenis dulcia scripta legas, 
Omneis hnnc siqnidem latialis vincere linguae 
Arte vafer Flaccus Servius atqne docent. 



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147 - 



struunt, sed Theodorici Zwivelii typographi officinam spolia- 
runt , nec quidein ullis rationum libellis , iino etiam non 
sigülatis literis pepercerunt *). Sie ist also nur geplün- 
dert, nicht zerstört, und da sie gleich nach der Wieder- 
täuferzeit wieder arbeitet, wird sie auch während derselben 
eine Reihe jener Bücher und Broschüren, womit die Auf- 
rührer nah und fern für sich die Leidenschaften entzündeten, 
sei es gezwungen oder mehr freiwillig, veröffentlicht haben. 
Die offenbar zu Münster bei Tzwyvel kurz nachher (etwa 
1537)**) erschienene „Orbnungf) unnb poHiccij | ber ©tabt 
fünfter" | 18 Bl. zeigt das 4° Format, deutsche Type und 
im Titel das Wappen der Stadt mit den Buchstaben V. D. 



latine | linguae ftudiofum hßdecafyllabi paranetici*) | Tier verschie- 
dene Sorten gothischcr Schrift gemischt mit einigen Wörtern in 
Antiqua. Schlnss: (|| ImprefTa eft haec coemedia [sie] in officina 
Theodorici | Tzwyuel Anno domini. M.D.Xvij. 

Die Exemplare dieser meistens verbundenen und der Pau- 
lina gehörenden Stücke entstammen dem gelehrten Kloster Liesborn, 
eins mit der Inschrift : Hic liber est Gerardo Wernensi habitanti 
in Lezebornen. 

*) Hamelmann 1. c. p. 12*21. 

**) Vgl. Niesert M. U. S. I, 245, 261. 



•) Hiilbiim si cupia» polire linguam 

Et culto proprioque sempor uti 
Disertoqae atylo, puer, Terenti 
Hec comoedia aedalo legatur 
Abs to : cui titnlua decena Adelpbi. 
Quae Graece prias inelyto Menandro 
Scriptia prodlta, poatea in latinnm 
Conversa eloquium a Terontioque. 
Omneis Serviaa hnac vaforque Flaccua 
Scribunt Tincere comicoa poetaa 
Syncaora propriaqne dictione. 
Haec comoedia te docebit inter 
Urbinam pariterqne rusticanara 
Vi tarn oonnbiiqae coelibemque 
Baad diacrlminb Interesse paoluro. 

10* 



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— 148 — 



M. I E, wie die reformatorische »Tuchtordeninge« *) des Jahres 
1533 und andere gleichzeitige Schriften. Melanchton richtet 
zweimal**) etliche Artikel wider ein gotteslästerliches Buch 
»so zu Münster im Druck neulich ist ausgegangen«. Drangen 
schon die Reformatoren auf gedruckte Publication ***) ihrer 
Lehren ; so liesseh die Wiedertäufer fleissig prenten, und 
jedesmal auswärtige Pressen aufzusuchen, gestattete meistens 
weder die Belagerung noch die Eile, mit der die Schriften 
wirken sollten. Und daher werden die Broschüren und Ten- 
denzblätter t) meist in 4° zumal jene, welche den Druckort 
und das Wappen Münsters tragen, späterhin die Zeitungen 
und Jubelschriften über die Vertreibung der Aufrührer 
guthentheils in Münster gedruckt sein. 

Doch die weitgreifenden Bedürfnisse nach Schriften, die 
in der confessionellen Gährung zu bieten nnd zu verlangen 
waren, geben einen Fingerzeig, dass die Tzwyvelsche Presse 
denselben nicht gerecht werden konnte , selbst bei einer 
ausserordentlichen Vergrößerung; es gab in der That noch 



*) Beschrieben beziehentlich abgedruckt bei Cornelius M. 
G. Q. II, X [III] u. Gesch. der Wiedertäufer II, 320. 

**) Weioe 3citung üon bcn J SBtfcertauffevn SKünffter .... 
©etrutft ju Dumberg tut* ^cromtnum ftonnfdmcibet 1535, 4° Sign. 
CHI, D, publicirt von Verlage in der Zeitschrift XXVII, 255—274 

***) Die Stelle bei Cornelius Gesch. d. Wiedert. II, 320. 

t) Sie sind zum Theil ohne Beachtung der frühern Publi- 
cationen angeführt oder abgedruckt bei Niesert, M. U. S. I, 
XXXIII— XLII, Beiträge S. 32, FortgOB. Beitr. 5, 8. Cornelius, 
M. G. Q. II, IX f. XCII1 ff. bei W e 1 1 e r im Serapeum XX, 235, XXIII, 27, 
in der Stuttg. Bibliothek CXI, 108 f. Zeitschrift XVII, 236 f, von B. 
Hölscher daselbst XX, 151 f, Verlage daselbst XXVII, 255 f. 
Verlage wie die andern Beschreiber übergehen die kunstgcschichtliche 
Eigentümlichkeit , dass „des Münsterischen Königreichs an- und 
abgang, Bluthandel und End" . . . 1536 im Titelholzschnitt den Lam- 
berti-Thurm bereits mit der [etwas gedrückt ausgefallenen] Kuppel 
aufweist. „Das Büchlein von der Rache" beschreibt eingehend 
Bouterweck, Literatur u. Geschichte der Wiedertäufer. Beitrag 
I, 66. Vgl. noch Soldan in d. Zeitschrift VII, 359. 



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- 149 



eine zweite ; doch erübrigt von ihr nur e i n Rest in der Ham- 
burger Stadtbibliothek und dieser ist mir leider nicht nach 
dem Augenschein bekannt, daher ein Vergleich mit den gleich- 
zeitigen Drucken und eine mögliche Beziehung derselben zu 
den Tzwy velschen Presserzeugnissen versagt. Er liegt theilweise 
neu edirt vor bei Cornelius *) nämlich : Titel und Vorrede der 
Niederdeutschen Uebersetzung von Butzers Strassburgischem 
Gespräche mit Melchior Hofmann und der Angabe : Gedruckt 
to Monster in Westphalen, uth bevel der erberen unde er- 
samen heren borgemestren unde rait dar selvest. etc. 
M. D. xxx. iii. am Schlüsse : Gedruckt to Munster up dem 
Honenkamp, dorch Lüdge rum to Ring, anno 1533. 
Dies Stück erschien nach innern Gründen schwerlich vor 
November **) , seine Presse steht auf der Höhe der 
reformatorischen Strömung Münster's, um sich dann spurlos 
darin zu verlieren. Der Drucker selbst ist gewiss Mit- 
glied der berühmten Künstlerfamilie, wenn nicht gar 
der bekannte Maler und als der ältere des Namens der 
Vater Herman's , der als Maler , Geometer und Architekt 
kurz nach der Wiedertäuferzeit vielbewunderte] Leistungen 
schuf***). Die letztere Annahme dürfte um so mehr Beifall 
finden, als die Chronisten f) ausdrücklich vom Sohne (Herman) 
erzählen, er habe die Wiedertäuferei und die Stadt gemieden 
— während der Vater (Ludger) des Gegentheils verdächtig ist. 

Dafür reicht Tzwyvels Thätigkeit nach seinen Werken 
sicher bis 1540, jedenfalls noch weiterhin; es wird auch unter 
den fortgehenden Erscheinungen erst 1554 ein anderer Drucker 
GodfridTzwivel und zwar bis 1556 ff) nur mit drei Werken 
bekannt. Das eine enthält seinen Buchdruck er stock, einen 



*) Gesch. der Wiedert. II, 356, Anl. XXIV. 

**) Cornelius a. a. 0. S. 332 cf. Hamelmann 1. c. p. 1118. 

***) Kerssenbrock bei Cornelius M. G. Q. II, XXXVIII. 

t) Die Stelle bei Becker in Kuglers Museum [1837] V, 2; 
Cornelius G. d. W. II, 310. 

tf) Unbekannt war: Carmen scholasticam literarii ludi Di?i 
Pauli apud Monasterienses. Monasterii, God. Tzwyvel excudebat 
an. MDXLVI. 8 SS. kl. 8° mit Noten in Holzstich und unter- 
legten Texte. 



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150 — 



von zwei Schlangen umwundenen Stab, worauf ein Vogel mit 
ausgebreiteten Flügeln steht; um den Handgiiff schlingt sich 
ein fliegendes Band mit der Inschrift : Gotefridus Zwivelius. 
Vielleicht ist er Anverwandter oder Bruder Theodoriks, 
und hat dessen Geschäft auf kurze Zeit weitergeführt, das 
1564 wieder einen dauernden Vertreter an Diderich 
Zwivel erhält — als es begann, wankend zu werden; denn 
1562—1570 taucht eine zweite Presse des Joannes Ossen- 
bru g(ge) auf , der auch 1570 zuerst die Messe beschickt. 
Sie hatte einen guten Ruf, so dass Leonhart Thurneysser 
zum Thurn 1569 sie vom Süden aufsuchte, um hier seine 
Archidoxa 1569 und Quinta Essentia 1570 beide in 4° drucken 
und mit den nöthigen Tafeln ausstatten zu lassen. Doch ihre 
Leistungsfähigkeit war zu gering, er musste auswärts Presse 
und Pormschneider zu Hülfe nehmen, um seine Werke zu 
Stande zu bringen*) und, wie Thurneysser, so verschwindet 
nach 1570 auch die Officin Ossenbrugs, von der man über- 
haupt nur vier Arbeiten kennt**). 

Dass gegen 1570 Diderich Zwivel allein die Presse hat 
und alsbald mit Zuhülfenahme eines Künstlers wie Herman's 
Zum Ring***) ansehnliche Leistungen aufweist, kann uns 
bestimmen , ihn für den eigentlichen Erben des Geschäftes 
und einen Sohn Theodoriks , den Hamelmann auch senior 
nennt, zu halten. 

Als Fortsetzer des Geschäfts, ob als Erbe, weiss man 
nicht, erscheint 1591 Lambert Rasfeldt, schon dem Namen 
nach ein Eingeborner, und vertritt dasselbe bis 1617 mit 
einer so schönen Schrift, dass seine Werke typographisch 
die Blüthe der hiesigen Presse bezeichnen : Bischof und 
Domcapitel halfen mit Privilegien , den ersten, welche die 
hiesige Buchdruckergeschichte kennt. Nachdem das Capitel 
> 

*) C. Becker in der Zeitschrift [1838] I, 244—247. 

**) Zu diesen zählen die seither unbekannten Evangelia et 
epistolae, quae diebus sacris per totum annum in tempore leguntur, 
ein kl. 8° mit Titelholzschnitt und vielen Holzschnitten im Texte. 
Monasterii. Ercudebat Osenbrugge 1570. 

***) Vgl. Becker in Kugler's Museum 1837 V, 4. 



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- 151 



ihn 1591 20/8 durch ein auch 1595 vom Bischöfe bestätigtes 
Privileg gegen den Nachdruck von Verlagsartikeln und den 
Verkauf derselben durch andere in Schutz genommen, räumt es 
ihm auch 1595 10/1 behufs einer gehörigen Buchhandlung auf 
Widerruf gegen 6 ThL Jahreszinsen, die an den Fabrikmeister 
zu entrichten seien, einen Theil der Domschule, »daselbst vorma- 
len Tertia classis gewesen ist und nachgehends Rbetoricae prae- 
cepta profitirt worden«, mit der Maassgabe ein, dass er fortab 
darin haben möge »officium typographicum und Presse wie 
imgleichen einen offenen Laden«. Bischof Ernst von Baiern 
ertheilt ihm von Arnsberg aus 1608 1/2 das Privileg, dass 
nur seine raandata judicialia, nachdem solche mehrfach von 
Auswärts, selbst von Nichtdeutschen in Gebrauch gekommen, 
im Fürstenthume zu verwenden seien. 1613 8/4 verbietet 
Bischof Ferdinand die Aufrichtung irgend einer andern 
Druckerei, gross oder klein, für das ganze Stift und zugleich 
werden die Praefecti , rectores und Schuldiener durch ein 
Mandat des Bischofs Ferdinand angewiesen, die Scholastical- 
Bücher nur aus Rasfeldts Presse zu nehmen und zu verstatten*). 
Die Druckerei war also in einen Theil der domcapitularischen 
Schule verlegt**), die seit 1594 11/9 dazu umgebaut war***), 



*) Staats-Archiv zu Münster MS. VI, 8. Mehrere der fol- 
genden Nachrichten verdanke ich dem heutigen Inhaber der alten 
Officin und deren ^cten Herrn Friedrich Regensberg. 

**) Von unbekannten Drucken sei folgender in 4° erwähnt: 
„(&rf)ebttd)€ unb »irrige | Urfadjen, rcarumb wei ) fe unb fürftd)tig« 
£cutf), aufj gottfeligem eiffer, beö ftrfj befdtfoffen Ijaben, oon bem fo ®ott 
jfmen gnabiglid) »erliefen, fyülff $u tf)un, ba§ man in ber looflöblidjen 
©tat* SWünfkr, meiere bic §auptflabt ifi inn Seßpfyitcn, ober alten ©ajen 
anfange eine f)ocf)berümbte Uniuerfttet ober Academiam jn funbieren 
nnnb £u fltfften : imnb raarumb billig alle StottertanbS liebenbe föerfeen ju 
foldjem fyocbpreifjlictjcn SSerrf unb frerobenrcia>en anfang bebülflid? feim 
füllen. — ©eflcßt burd) Matthaeum Tympium Artium Mag. unb SS. 
Theologiae Ld. Hilari, lector, excipe animo, quod tibi, quod uni- 
versae patriae , quod posteris consultissimum futurum est ... . 
aminfter . . . Lambert SRafefelbt . . . 1612. 

***) M. G. Q. m, 124. 



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— 152 — 

und blieb darin zunächst unter dem Namen der Domdruckerei 
bis heute bestehen. Wie zum Dank für die erhaltenen Pri- 
vilegien, die später wiederholt erneuert wurden, sich aber nur 
auf gewisse Druckschriften beschränkten , pflegten Kasfeldt 
und seine Nachfolger von ihren Artikeln an die Klöster 
Gratis-Exemplare zu vertheilen, die sich als solche noch 
jetzt durch den eingeschriebenen Namen des Gebers erkennen 
lassen. 

Einmal , 1612 , erscheint er laut den Messkatalogen 
associirt mit einem Anton Humm, wie denn überhaupt *) 
der Buchhandel vor und während des 30jährigen Krieges in 
dem geschützten Münster einen solchen Aufschwung nahm, 
dass wir schon 1602—1605 ein Verlagsgeschäft des Johan 
Gymnich von Köln, 1610 ein anderes des Michael von Dalen, 
1613 ein anderes des Peter Henning als Filiale des Kölner 
Hauptgeschäftes hier antreffen. Der genannte von (van) Dalen 
(Dale, Dalius) stammte aus Antwerpen und scheint bald in 
nähere Geschäftsverbindungen mit Rasfeldt getreten zu sein; 
denn als nach Lamberts Tode im Jahre 1618 dessen Witwe 
Anna das Geschäft auf ihren Namen geführt hatte, versieht 
es 1619 Lamberts Häusler Michael von Dalen anscheinend 
mit vielen Freiheiten ; er gebraucht denselben Buchdrucker- 
stock wie Godfried Zwivel, ist 1620 auch an einer Kölner 
Buchhandlung bet heiligt , 1624 zu Münster als Drucker mit 
einem Johan Volmari associirt und daneben tragen die Ar- 
tikel der ßasfeldtschen Presse seinen Namen. Es hatte sich 
inzwischen mit ihm Rasfeldts Witwe verheirathet , die 



*) Den Charakter und die Tüchtigkeit der hiesigen Presse 
bezeugt auch der Umstand, dass, als die Jesuiten 1618 in Hildes- 
heim auch eine katholische Presse eröflneten, sie als Drucker den 
Kölner Johan Blankenberg beriefen, der bis dahin als Buchdrucker- 
gehülfe in Münster conditionirt hatte. E. B. Grotefend, Gesch. 
der Buchdruckereien in den Hannoverschen und Braunschweigischen 
Landen. 1840, Sig. D [II]. 



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- 153 - 

dann 1628 2/9 als Witwe von Dale ihrem Sohne Bernard 
Druckerei und Handel tiberlässt. 1628 erschien noch die 
Clavis regia sacerdotum . . . sumptibus Mich. Dalii et Ber- 
nardi Rasfeldt, und dieser Bernard, offenbar Lamberts Sohn, 
ist es, für welchen er das Geschäft bis dahin besorgt hat. 

»Alle Bücher, die vom J. 1628 — 59 zu Münster her- 
ausgekommen sind , geben diesen Bernard als Drucker an« 
und diesem blühten für Münster so wohlthätige Zeiten im 
30jährigen Kriege, dass er noch auswärtigen Pressen an 
Drucksachen den Löwenantheil überlassen musste. 

Nach dem Messkatalogen versieht den Büchermarkt 
schon 1655 ein Werner (?), 1656 einmal Werner und Ber- 
nard und wiederum ein Bernard Rasfeldt für sich, der 
letztere bis 1659, in diesem Jahre zugleich Bernards Erben 
und Dietrich oder Theodorus Rasfeldt , der das Geschäft 
lange, sicher noch 1678 betreibt ; 1682 führen die Erschei- 
nungen den Namen der Witwe Rasfeldt. 

Anscheinend deren Sohn Johan Bernard, hochfürstl. 
Münster. Buchdrucker und - Händler, aber als solcher in den 
Büchern nicht vorkommend, verheiratet sich laut Ehepacten 
von 1695 21/12 mit Clara Gertrud Astrup und diese Frau 
muss es sein, die als Wittwe Raesfeld noch 1724 für 
ihre Kinder das Geschäft betreibt, das heilige Erbtheil der 
Type treu bewahrend. Ihre Tochter Anna Elisabeth erhielt 
auch 1719 28/1 vom Capitel die alten Privilegien zumal über 
die Scholastiken-Bücher erneuert *) und noch bis 1733 er- 
schienen die Druckstticke unter der Firma der Erben (hae-, 
redes) Rasfeldt, 1740 aber bei »Rasfeldt nun Koerdinck«. 

Indess hatte das Geschäft längst empfindlichen Ein- 
bruch gelitten an den neuen Pressen, welche die Fürsten im 
Einklänge mit den Forderungen der Neuzeit trotz der alten 
Privilegien 1699 für Warendorf und schon früher für Coes- 
feld bewilligt hatten. Christoph Nagel hatte, privilegirt 
von Friedrich Christian 1699 15/4, zu Warendorf eine 



*) Staats-Archiv zu Münster MS. VI, 8. Rasfeldt's Name 
durchlief die verschiedensten Varianten. 



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— 154 - 



Druckerei eingerichtet und schon bald theilweise nach Münster 
verlegt : Privüegien von 1707 5/11 und 1708 23/7 sollten 
dieselbe anscheinend gegenüber der Rasfeldtachen besonders 
begünstigen. Ihre Artikel verraten sich gleich durch den 
eingedruckten Blumenkorb. Als Inhaber werden bekannt 
schon 1706 die Witwe Nagel (1711 mit dem Amsterdamer 
Jans de Waesbergen) etwa 30 Jahre später Johan Nicolaus, 
1747 wieder dessen Witwe, endlich ging das Geschäft auf 
wiederholte Einsprüche seitens der Erben Rasfeldt und ein 
Verbot des Capitels 1761 10/11 völlig ein. 

Das Rasfeldtsche Geschäft hatte fortgesetzt, angeblich 
schon unter FriedrichJChristian, Johan Joachim Koerdinck, 
sodann um 1753 Herman Josef, und obwol Maximilian. 
Friedrich 1761 — 1784 und Maximilian Franz dafür die alten 
Privilegien erneuerten, sofern sie nicht jenen der neuerstan- 
denen Druckereien und Handlungen widerstritten, erholt sich 
dasselbe kaum eher wieder, bis es der 1823 als Buchhändler 
etablirte Friedrich Regensberg 1832 auch mit den ältern 
Verlagsartikeln übernahm. 

Es war nämlich kurz nach dem Untergange der Na- 
gelschen Druckerei eine zweite vom Domcapitel während der 
Sedisvacanz 1762 dem Anton Wilhelm Aschendorf concessio- 
nirt, welche durch Leistungen, wie Münster sie lange nicht 
mehr gesehen , auch auswärts bald Ruf erhielt, und dazu 
kamen unter dem gedeihlichen Einflüsse des Ministers Für- 
stenberg eine Reihe freier Buchhandlungen. 

Der Buchhandel stapelte sich noch lange in den 
Tagen der Frühpresse sowol für heimische wie für auswärtige 
Artikel im Paradiese *) der Domkirche, um allmälig erst ein 
häuslicher zu werden; daher wird dem Rasfeldt 1591 neben 
der Presse auch die Anlage eines offenen Ladens in dem. 
ihm überwiesenen Capitelhause bewilligt. Während die Pri- 
vilegien hinsichtlich des Druckes stets bedingt ausfielen, auf 
gewisse Arten von Artikeln, oder auf Nachdruck gerichtet, 
traten sie in Hinsicht des Handels nur für die privilegirten 

*) Item vor in paradise im den kisten, dar boke inne weren, 
de men plach to vorkopen . . . alle vorbrandt M. G. Q. I, 333. 



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— 155 — 

Drackartikel ein. Das weite Gebiet ausserhalb des privile- 
girten Geheges gestattete Freiheit in Betreff der Neugrttn- 
<hmg von Pressen , Verlag und Sortiment. Neue Pressen, 
deren Umfang auch am meisten durch die Privilegien be- 
schnitten war, sind vorerst nicht mehr errichtet ; dagegen 
etablirten sich neben dem Rasfeldtschen neue Verlagsge- 
schftfte, — Tympius betreibt 1601 Selbstverlag — und noch 
mehr Handlungen. Daher erlangt das Bucherwesen hier einen 
Vertrieb , dass Rasfeldt, von Dale und die Kölner gleich- 
zeitig neben einander ihr Gewerbe und anscheinend mit 
Nutzen betrieben. 

Den Handel besorgen weiter 1690 und 93 ein Johan Joachim 
Deierlein, 1696 laut ungedruckten Urkunden ein Dolman an 
der Bergstrasse (gegenüber dem Minderbrüdergange) und, 
wie heute noch in den Kleinstädten überhaupt die Buch- 
binder, nur dass diese nicht in »albis« sondern »gebunden« 
absetzen durften*). In dem Aufschwünge nach der Mitte 
des 18. Jahrhunderts haben zunächst seit 1754 Johan Wilhelm 
Krakamp und die Erben Christian Simons eine vereinte 
Handlung zu Münster und Köln, wo indess das Hauptgeschäft 
bestand**) ; ein Buch »Geist der Andacht« in 8° Münster 
1777 nennt sich »verlegt von Joseph Ant. Benedict, Buch- 
händler auf dem Rockenmarkte«. Eine andere Handlung 1768 
wird auf Concession von Perrenon mit einem Zweiggeschäfte 
zu Osnabrück gegründet, dann von Platvoet***) fortgesetzt, 
1805 zum Theil von Coppenrath erworben und etwa seit 
1820 mit einer Druckerei verbunden; eine weitere von Dauer 



*) Ruland im Serapeum XXV, 194. 

**) 1751, Seibertz Westf. Beitr. U, 177. 

***) Es erschienen in 8° bei Franz Platvoet 1794 „Gedichte 
von J. W. Broxtermann" ; bei Perrenon zum Schulgebrauch ,Poe- 
tische Chrestomathie oder Muster der höhern deutschen Poesie . . . 
von C. Zumkleij . . . 1775" (in 2. Aufl. 1800 bei Aschendorf) und 
in den siebziger Jahren mehrere Dichtungen von Anton Matthias 
Sprickmann. K. Weinhold, a. a. O. III, 288 ff. 



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— 156 — 

war gleichzeitig 1786 von Friedrich T h e i s s i n g*) eröffnet, 
1818 durch Ankauf der Verlagsartikel Waldecks, dessen Ge- 
schäft seit 1800 bestand, und 1843 um jene von Hast & Riese, 
deren Geschäft 1840 etablirt war, erweitert und gleichzeitig 
mit deren Presse vereint. — Alle diese Firmen bestanden 
zunächst neben den Handlungen und Pressen Koerdincks 
und Aschendorfs und namentlich in den letzten 40 Jahren 
erstanden verhältnissmässig viele neue Pressen und wenn 
auch mehrere wieder eingingen, zo zählt Münster doch zur 
Stunde nicht weniger als 7 Druckereien und 13 Verlags- 
handlungen. 

Wann zuerst und welche Honorare üblich wurden, 
welche Correctoren der ältern humanistischen Presse dienten, 
wie der Vertrieb nach aussen bewirkt wurde, diese und an- 
dere Fragen der innern Buchdruckergeschichte werden erst 
nach weiteren Funden zu erledigen sein. 



Privilegien und Censuren. 

Die Privilegien, sofern sie dem Verdienste gegen- 
überstehen , die unangenehmsten Fesseln der alten Zeit, 
kamen gewiss keiner Kunst eher zu Gute, als der Typogra- 
phie , die noch in der Wiege als ein himmlisches Geschenk 
von allen denkenden Menschen verherrlicht wurde. Von den 
Münsterischen begegneten uns schon mehrere bei dem Ver- 
folg der hiesigen Druckereien (S. 152 f.), das erste Vermerk 
über fürstbischöniche »special Freiheit« eines Druckes findet 
sich zum J. 1599, das erste kaiserliche Privileg für Verlags- 
artikel 1624. 

Die ersten Druck-Privilegien gingen 1469 von der 
Bepublik Venedig, dann von der Kirche aus ; sie werden 1479 
von den Kölner Theologen zu Gunsten zweier Artikel der 

*) F. Hülskamp, im Liter. Handweiser 1873 S. 162 f. 




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- 157 - 

Hombergschen Presse*), 1480 vom Bischöfe Heinrich von 
Bamberg ertheilt, und bald in diesem oder jenem Umfange 
auch von Fürsten und Staaten**) bewilligt. Und wie das 
Privileg auf der einen - den Zwang auf der andern Seite be- 
dingt, so gingen von derselben Seite auch und zwar zur Ab- 
wehr häretischer Doctrinen die Censuren aus. Dieselben 
Kölner ***), welche 1479 ein Privileg ertheilten, handhabten 
auch im selben Jahre die Censur und riefen damit allmälig 
eine energische Opposition hervor. Um die dynamitalen 
Wirkungen, welche die Presse feuerschnell im Volke gegen 
bestehende Einrichtungen , Anschauungen und Autoritäten 
hervorbrachte, abzuwehren, griffen am Ende ausser den Kir- 
chen-Obern auch die Fürsten f) und selbst die Universitäten 
zu den Mitteln einer leichtern oder schwereren Censur. Auf 
die Spitze getrieben wird die Censur ebenso unmenschlich 
werden, wie die Pressfreiheit schädlich. Die letztere würde 
ideal ausgebeutet unter den Menschen Wohlfahrt und Bil- 
dung fördern , gleichwie die Lehrfreiheit von dem Katheder 
die Wissenschaft, die Spt-uchfreihe.it vom Richterstuhle das 
gegenseitige Vertrauen gewährleistet. Da sie aber Lesefreiheit, 
ein gebildetes Publicum und ein unbefangenes Urtheil 
voraussetzt, so wird sie eher Schaden als Nutzen stiften, so 
lange sie der einen Partei als Hinterhalt dient, um die an- 
dere billig und gründlich zu verunglimpfen und deren Ver- 



*) Graesse, Lehrb. einer allg. Literärgesehichte 111,1,313, 
Panzer III, 63, Ennen Inkunabeln I, 95 Nr. 106. 

**) Vgl. Joh. Beckmann, Beiträge zur Geschichte der 
Erfindungen II, 242 ff., I, 85 ff. 

***) Vgl. über das päpstl. Censurprivileg von 1479 17/3 für 
die Kölner, über die Bulle des J. 1486, die ihr entwachsene Censur- 
einrichtung und Remonstration der Buchhändler Drucker L. En- 
nen a. a. 0. I, p. XXII— XXV. u. Gelehrten, Wolters S. 160. 

t) Zuerst 1523 Graesse III, I, 319 nach Geiger 1524, 
Götting. Gel. Anzeig. 1870 S. 1196, 99, Beckmann a. a. 0. I, 
97 ff, II, 250 ff, über das Vorgehen gegen die Judenbücher und 
Reuchlins Augenspiegel Geiger Reuchlin S. 211 ff, Strauss 
I, 200 ff. 



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— 158 — 



antwortung wiederum von der eigenen Lesermasse abzu- 
halten. 

Auch in Münster entwächst die Censur einem con- 
fessionellen Boden, doch von anderer Seite und weit radica- 
ler als jene , die wir seither bedachten ; entbrannt von dem 
planvollen Eifer , in der zu gründenden neuen Gesellschaft 
zuerst den alten Machtgeist der Bücher zu beschwören, Hessen 
die Wiedertäufer unter dem Vorgeben, dass von vielen mensch- 
lichen Versicherungen das Ja und das Nein genüge, oder dass 
ein Gemeingut keinen Privatbesitz gestatte, vernichten oder 
verbrennen, was sie an gedruckten und ungedruckten Schriften 
nur vorfanden, mit Ausnahme der Bibel und der .Broschüren 
des Reformators Rothman. Aus den Häusern oder den öffent- 
lichen Fundorten wurden zusammengebracht, zerstört oder auf 
dem Domplatze verbrannt Urkunden, Privilegien, Rechenbücher 
Rathsprotokolle und insbesondere die älteren Bücher, ge- 
schriebene wie gedruckte, selbst nichtbesiegelte Papier- 
streifen *). 

Kurzweg , wie man die alten Predigten und Schulen 
aufhob, entleerte man die Buchdruckereien, den Büchermarkt 
im Paradise **), die Bibliotheken, besonders jene des Domes, 
beraubte das Rathhaus seiner Schrift- und Kunstdenkmäler, 
zerstörte und zerriss im bischöflichen Schlosse mit dem 
Wappen, den Flöten, Cithern, Geigen, Leiern und Tonin- 
strumenten die Notenbücher, Karten und Musikalien. — Die 
Masse der Schriften , welche allein auf dem Domplatze in 
Asche gelegt wurden, war mehr als 20,000 Gulden werth. 
Solch ein Vandalismus, der fast beispiellos dasteht, machte, 
wie kein Brand und keine Zerstörung vorher, einen tiefen 



*) Vgl. Niesert U. S. I, 194, 132, 181, 184, 188, Münst. 
G. Q. II, 342, 374, 378, Kerssen brock a. a. 0. S. 524, 539, 
Hamelmann d. c. p. 1221, 1222. 

**) Item vor im paradise, in den kisten, dar boke inne we- 
ren , de men plach to vorkopen, und ock in der heren hove breve, 
pleitbocke , reckensbocke , bullen, gratien und dergliken alle vor- 
brandt, war men konde bijkommen. M. G. Q. I, 333. 




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— 159 - 

Einschnitt in den Zusammenhang des MUnsterischen Urkun- 
den- und Bticherwesens und erklärt uns, weshalb wir von 
jenem aus früherer Zeit nur Bruchstücke, von diesem nur so 
wenige oder nur einzige Exemplare ererbt haben. 

Ein anderer Act städtischer Censur, welche Kers- 
senbrocks Geschichte der Wiedertäufer überkam*), hat eine 
lite rar-historische Bedeutung erlangt. Schon war das Werk 
dem Kölner Buchdrucker Gervinus Calenius zu Veröffent- 
lichung tibergeben, 1573, da verbot der Magistrat zu Münster, 
der darin mit Recht Angriffe auf die Bürgerschaft witterte, 
dem Verfasser, welcher damals Rector der Domschule war, 
die Herausgabe , konnte aber trotz aller ihm in den Weg 
gelegten Hindernisse nicht verhüten, dass schon im nächsten 
Jahre mehrere Abschriften sich in solchen Händen befanden, 
denen sie nicht mehr zu entreissen waren. 

Namentlich wurde die Censur, um von den Pasquillen 
zu schweigen , im confessionellen Parteikampfe gehandhabt, 
und sobald man ernstliche Vorkehrungen gegen die 
Reformation traf, auch gegen die Bücher des Anders- 
glaubens unter dem Volke, unter den Geistlichen und beson- 
ders in der Schule eingeschritten. Ein Landtags beschluss**) 
d. d. Münster 1562 24/6, welcher die Calvinsche und Zwing- 
lische Lehre verbot , ordnete namentlich an , dass Bücher, 
welche über diese Lehre handelten, von den Unterthanen 
weder zu kaufen noch zu lesen, vielmehr anzuzeigen und zur 
Vernichtung einzuliefern seien. Sodann wurde in den Schulen 
aufgeräumt, die Domschule kam an die Jesuiten und das 
Capitel von St. Martini er Hess 1581 eine Verfügung***), 



*) Vgl. Cornelius, Humanisten S. 39, M. G. Q. [II, XXIX. 
Röchell in d. M. G. Q. III, 51 f , Denecke in der Zeitschrift 
XV, 245. 

**) In der Sammlung der Gesetze u. Verordnungen I, 190. 
Für seine Territorien hatte schon der Herzog Wilhelm Ton Jülich 
1554 erlassen leges politicas de Anabaptistis . . . clandestinis prae- 
conibu8 . . . typographis item et libris . . . Zigeunis . . . Teschen- 
macher, 1. c. p. 534. 

***) Bei Wiens a. a. 0. I, 95. 



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— 160 — 

woraus erhellt , wie frei und offen bis dahin Lehrer und 
Knaben mit der reformatorischen und Tagesliteratur umge- 
gangen waren. 

Rectori nostrae scholae exoticos, reprobos, ac suspectos 
autores in schola nostra profiteri ac pueris praelegere non 
tan tum nostra, verum potius superiorum nostrorum aucto- 
ritate voluntate ac interdicto, quibus adeo nobis obediendi 
necessitas incumbit , districte prohibemus et volumus ex 
praegnantibus causis et rationibus , imposterum nullum li- 
brorum elenchum per eundem publicari, nisi prius eodem 
ad revidendum et approbandum decano , seniori vel scho- 
lastico et capitulo mature praesentato, omnesque dissen- 
sionis, dissentiendi et altercandi occasiones omnibus 
modis praecaveri, tolli, mature praecidi ac correspondeatiam 
sive concordiam in professione bonorum autorum retineri 
unice volumus ac in virtute obedientiae praecipimus. 

1609 2/5 wurde vom Bischöfe Ernst das nachstehende 
Edict erlassen , und vom Bischof Ferdinand etwa dreissig 
Jahre später erneuert*), das hier ganz Platz finden möge, 
weil es sich auch auf Kunstwerke und Dichtungen bezieht: 

»Nachdem wir in gewisse Erfahrung kommen, wass 
massen in unserm Stifft Münster, ketzerische, lästerliche, ver- 
botene Bücher, Famoss, Schmach und ehrenrtirige Schriften, 
leichtfertige, unzüchtige und ärgerliche Gedicht, Lieder und 
Gemähle in ernentes unseres Münsterischen Stiffts Stätten, 
Wigbolden, Flecken und Dörflern auf gemeinen Jahrmärkten, 
Kirch weihungen, Festen u. a. dgl. Versamblungen und sonst 
allenthalben feil gehabt , umbgetragen, ausgebreitet, jeder- 
männiglichen verkaufft, aussgeben und distrahirt werden 
sollen; und dann dadurch vielfaltige Secten und Zertrennun- 
gen in Religions- und Glaubenssachen, Zanck, Auffruhr und 
Missverstandt in politischem Wessen beim gemeinen Mann 
onzulässige Aergernussen täglichs (leider) verursacht etc. ; 
als können wir solchem unverantwortlichen und hochstraff- 
baren Unwesen, mit gutem Gewissen weiters nicht zusehen. 



*) Sammlung der Gesetze und Verordnungen I. 189 f. 




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- 161 — 



Demnach setzen, ordnen und befehlen wir hiemit ganz 
ernstlich und wollen, dass in ernennten unserm Stifft Münster 
hinfüro keine Bücher, so der catholischen allgemeinen Lehr, 
dero heiligen christlichen Kirchen ungemftss und widerwertig, 
pasquilische, Schmach- oder schamlose Gedicht, Lieder, Ge- 
mäJbl oder hergleichen ichtwes, das zu Unruhe, Missyerstandt, 
so in Religion als politischen Sachen erwecken, Verführung 
und Aergernuss der Jugend und einfaltigen Volks verursachen 
möchte, weder öffentlich noch heimblich gedruckt, feilgehabt, 
umbgetragen , verkaufft oder in einigen Schulen gelesen 
werden sollen; Alles bei unserer höchsten Ungnad, Verlust 
der Bücher, Schrifften oder Gemählen und neben Straff noch 
Ermässigung« *). 

Die Constitution des Bischofs Galen, welche einerseits 
dem Prediger und Lehrer strenge Anweisungen hinsichtlich 
der Glaubenslehre gab, gebot anderseits den Schulhaltern : 
Nec ullos libros nisi catholicos legi et praelegi permittant 
. . . und bestimmte, atque sicut typographis, bibliopolis, Ii- 1 
fcrariisque serio prohibemus, ne libros praesertim, qui fidem 
ei devotionem spectant, imprimant aut vendant, nisi ab or- 
dinär io aliquo censore approbatos ; sie populo frequenter 
inculcari debet, quam non tantum periculose hereseos vene- 
num ex ejusmodi lectione et usu imbibatur, sed quam solli- 
cite et severe in indieibus librorum prohibitorum etiam sub 
censuris a sacro conc. Trident. id inhibeatur, quod etiam de 



*) In einer fürstlich Münster-Corveyschen Landes-Ordnung 
von 1690 heisst es: „Auch soll hinführo hei Strafe von 10 Gold- 
gulden Keiner in seiner Behausung zur Winterzeit halten und ge- 
statten eine gemeine Spinn- oder Kunkelstube, worin sich allerhand 
ausgelassenes junges Volk zusammen rottirt, die Zeit mit ärger- 
lichem Gewäsch, Gesang und Geberden zubringt, oder sonst die 
nächtliche Finstemiss ohne Furcht und Obhut der Eltern zu einiger 
Bosheit missbraucht - . — „In dieser prosaischen Ansicht des Gesetz- 
gebers mag manche alte Sage mit Lust und Scherz untergegangen, 
manches Volkslied verklungen sein". Wigand, Archiv V, 220. 

11 



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— 162 — 



librie lasciviam docentibus suo modo intelligi posset*). Die 
Diöcesan- Visitation 1613 bezog sich namentlich auch darauf : 
De Bibliothecis diligenter quaerant, an in eis sint haeretici 
libri , aut qui aliter jure prohibeantur **). 1711 erliess 
Bischof Franz Arnold ein Mandat hinsichtlich der libri pro- 
hibiti, ut . . . nulla librorum venditio fiat, nisi omnium 
librorum catalogus ordinario praevie sit exhibitus ***). 

Noch allgemeiner und lehrreicher verbreitet sich über 
das Bücherwesen der Censur - Erlass des Bischöfe Clemens 
August d. d. Bonn 1743 11/3. 

In Ausübung bischöflicher Wachsamkeit gegen Ver- 
breitung religiöser Irrlehren durch ketzerischer Irrthümer 
verdächtige Bücher in der Stadt und dem Hochstift Münster 
wird verordnet : 

1. dass alle in die Stadt Munster eingeführt werdende 
Bücher von den Thor- u. a. Wächtern dem bischöflichen 
Vikariate sofort, mit Angabe ihrer Quantität und ihrer 
Eigenthümer, angezeigt werden müssen ; 

2. dass alle Buchhändler derselben Behörde, die Zahl und 
Titel der ihnen von auswärts zugesandt werdenden Bücher, 
nebst ihrer geschehenen Censur und Genehmigung durch 
das General- Vikariat des Druckortes unverzüglich an- 
zeigen und dieses 

8. auch rücksichtlich ihrer wirklichen Bücher-Vorräte be- 
wirken müssen ; 

4. dass alle vorhandene Buchdrucker , Buchbinder und 
Buchhändler einen Eid leisten sollen, kein geistliches 
Buch, ohne vorherige Approbation des Gener al-Vika- 
riates des Verlagortes, künftig drucken, verlegen, ein- 
binden, kaufen und verkaufen zu wollen; 

5. dass sämmtliche Buchdrucker dem General - Vikariate 
jährlich eine Nachweise der von ihnen gedruckten geist- 
lichen Bücher, mit Angabe der Titel und Eigenthümer, 



*) Bei Kock L c. IV, 102, 101, Krabbe, Statuta p. 4, 5. 
•*) Bei Tibus a. a. 0. S. 149. 
***) Bei Kock L c. IV, 183. 



— 163 — 

einreichen, dieses auch rücksichtlich aller von ihnen ge- 
druckten blossen Büchertitel bewirken sollen; 

6. dass künftig nur die den sub 4 bezeichneten Eid gelei- 
stet habenden Buchdrucker und Buchbinder ihr Gewerbe 
sollen ausüben dürfen; 

7. dass jährlich wenigstens zweimal, durch Commissarien 
des General- Vikariates, in allen Städten >eine allgemeine 
Untersuchung und Visitation aller Bücher« stattfinden 
soll, wobei die geistliche Bücher, die ohne gehörige Ap- 
probation gedrucket, imgleichen der Ketzerei verdächtige 
(Bücher) auss den Buchladen entnommen, und zu des 
Vikariats Archiv geliefert werden sollen«; und dass 

8. alle Civü- und Militair-Behörden, bei Strafe der Amts- 
Suspension verpflichtet sein sollen, auf Requisition der 
geistlichen Behörde , die Handhabung der obigen Be- 
stimmungen gegen alle Entgegenhandelnde zu befördern. 

Gelegentlich einer am 1. Februar 1746 landesherrlich 
bewirkten Erneuerung des dem Münsterischen Hof- Buch- 
drucker ertheilten Privilegiums wurden, neben dessen aus- 
schliesslichen Bücherverlags-Gerechtsamen, diese allgemeinen 
Bestimmungen wiederholt verkündigt mit dem Zusätze: dass 
alle den Bücher- Verlag und den Buchhandel betreffende 
Bechtsstreitigkeiten vor keinem andern, als dem Mtinsteri- 
schen Generalvikariatsgerichte geführt und daselbst sowol 
in erster als in zweiter per modum revisionis statthafter 
Instanz entschieden werden sollen*). 

Dagegen richtete sich ein bischöfliches Decret des J. 
1749 gegen einen auf die Leichtgläubigkeit der Masse be- 
rechneten Literaturvertrieb, den folgende Stelle kennzeichnet : 
Cum quidam homines suspectae fidei et manifestae nequitiae 
per dioeceses nostras vagentur, circumferentes et turpis quae- 
stus causa vendentes et in vulgus spargentes varios libellos 
precatorios et schediasmata, continentia varias et ementitas 
revelationes et precationes ad Deum ad sanctos, ab ordina- 



*) Sammlung der Gesetze u. Verordnungen I, 412, 413. 

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- 164 — 

riis locorum minime approbatos cum promissionibus aperte 
falsis indulgentiarum .... Omnibus parochis et vicecuratis 
destricte praecipimus, ut ipsi praedictarum . . . precationum 
usum parochianis suis serio interdicant ae libellos ejusmodi 
. . . vel ad se deferri vel per ipsos flammis exuri deman- 
dent ...*). 



Gegenstände nach Form und Inhalt. 

Die ersten Drucke galten den "humanistischen Schriften 
und Schulbüchern oder Schriften pastoral-praktischer Natur. 
Nächst den Arbeiten der Humanisten kamen die Classiker 
an die Reihe — ein Literaturzweig, den die spätere, Presse 
mehr und mehr verliess. 

Xylogr ap hische Drucke kleinern oder starkern Um" 
fanges , dürften der Münsterischen Presse ebenso fremd ge-> 
blieben sein, wie Drucke eines werthvollen Materials. Per* 
gamentdrucke kommen vor für Formulare , nicht für monu- 
mentale Schriftstücke. Das älteste Beispiel, ein streifenlange* 
Quer-Octav stammt aus dem J. 1499 und repräsentirt ein 
Diplom, wonach das Kloster Klein-Burlo bei Horstmar ein« 
Dame zu Nottuln seiner geistlichen Wohlthaten für tbeil* 
haftig erklärt und den Namen und Charakter der Adressatin, 
wofür im Drucke Lücken gelassen waren, mit der Feder 
nachgetragen zeigt**). Die Schrift soll an die Offioinen 



*) Bei Krabbe 1. c. p. 58. 

**) Deshalb finde es hier auch einen in den Abbreviaturen 
corrigirtea Abdruck nach der Publication bei G. Fischer, Be- 
schreibung typographischer Seltenheiten und seltener Handschriften 
nebst Beiträgen zur Erfindungsgeschichte der Buchdruckerkunst, 
Nürnberg, [1804] Liefer. VI, 103 f. „Die gedruckte Col. hatte in 
der Breite 7 Zoll 3 Linien und ungefähr 2 Zoll Höhe", die hinein- 



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— 165 — 

Jensons und Kobnrgers erinnern, dürfte jedoch Deventer oder 
Köln entstammen. Immerhin bildet es ein seltenes' auch 
historisch merkwürdiges Document und den Vorläufer zu 
den auf Pergament gedruckten und heute noch stossweise 
vorhandenen Mandaten in 4°, welche vom Ofucial des 
Hofgerichts zu Münster seit dem Ende des 16. Jahrhunderts 
zu Vorladungen in einer ebenso unleserlichen Type als die 
die Drucklücken füllende Schrift erlassen wurden. Gedruckte 
Papierformulare der verschiedenartigsten Bestimmung sind 
gewiss ebenso alt , nur wohl spärlich mehr erhalten, weil 
solche »Zettel« nur einen momentanen Werth hatten und 
sich verloren. 

Die Broschüre ist das Schmerzenskind eines Augen- 
blicks oder Zustandes, die Zeitung das Werk eines Tages und 

geschriebenen Worte sind durch Cursivschrift angedeutet : Frater 
Hermannus Rees prior monasterii vinee beate Marie in novo Buurlo 
ordinis Cisterciensis Monasteriensis dijocesis. In Christo nobis di- 
lecte ac Konexte matrone dicte Elizabeth Ev erat des habitanti in 
Nottelen. Salutera in Domino et presentis vite cursum feliciter 
consummare. Exigente pie devotionis vestre affectum, quem ad nos 
et ad monasterium ac ordinem noftrum vos habere didicimus, pe- 
titioni ^vestre favorabiliter annuentes et ad beneficium fraterni- 
tatis tos colligentes conferiraus vobis per presentes de special! gra» 
tia nostri generalis capittuli, nobis nostrisque successoribus in hac 
parte gratiose concesaa, plenariam participationem omnium bonorum 
spiritualium, que in missis, vigiliis, ieiuniis, elemosynis, hospitali- 
tatibus, orationibus, psalteriis, disciplinis, ceterisque beneflciis Deo 
gratis in dicto nostro monasterio Buurlo et que in omnibus et singu- 
lis totius nostri ordinis monasteriis etiam utriusque seius per Uni- 
versum mundum longe lateque diffusis salubriter fluni ac futuris 
perpetuis temporibus, Domino largicnte, feliciter fient, in vita vcstra 
pariter et in morte, ita ut, cum obitus vester, quem deus felicem 
faciat, nostro fuerit capittulo nunciatus, ibidem tanquam unus nostrum 
absolvemini omniumque missarura et orationum, quas singulis annig 
pro fratribus et sororibus nostri ordinis vivis et defunctis fideliter 
et deuote facere consuevimus, efficiemini partice^s et consors. Da- 
tum in nostro monasterio novo Buurlo sub appensione nostri prio- 
ratus figilli. Anno domini MilleBÜno quadringentesimo nonageaimo 
no[no] ipso die sancti Lamberti episcopi et rurs. 



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— 166 — 

m 

als solches plötzlich, wenn auch in der gleichmässigen Folge 
wie ein höhlender Wassertropfen wirkend. Daher btissten 
auch beide meistens schnell den Werth und das Dasein ein. 
Klar erschauend, welche Gewalt das gedruckte Wort massen- 
haft ausgestreut auf die Gesellschaft ausübt, haben zuerst 
die Wiedertäufer in Munster die Presse für ihre Tendenzen 
bis auf weite Fernen in Dienst genommen und selbst die 
Bischöflichen haben am Ende ihre physischen Zwangsmass- 
regeln mit solchen geistigen paaren*) müssen. Nachdem die 
Wiedertäufer die Münsterische Presse (S 147 f.) in ihren Dienst 
genommen und die vorfindlichen Bücher vernichtet hatten, 
konnten sie ihre confessionel-politischen Lehren in Schriften 
des verschiedensten Formats und Zweckes, wie sie eben zeit- 
gemäss erschienen , in Placaten für die Thoren, in Büchern 
für das Volk, in Broschüren für die Aussenwelt verbrei- 
ten und damit Anhang und Bundesgenossenschaft suchen**). 
Seitdem blieben Pasquille und Schmähplacate an den 
Strassenecken ein beliebtes Agitationsmittel in den Händen der 
einen Partei, um die Häupter oder die Handlungen der an- 
dern ungestraft und doch wirksam zu kränken oder in Ver- 
ruf zu bringen : sie trafen 1555 den Weihbischof Johan 
Kridt ***) wegen seines Reichthums, 1587 die Münsterische 
Regierung, als sie die Invasion der Spanier mit einer schmäh- 
lichen Abfindung , selbst mit der eigenen Beute, beendigen 
wolltenf). Als Münster im dreissigjährigem Kriege durch 



*) . . . eczliche schritte widder f. g. schmeheschrifte . 
M. G. Q. H, 351, 347, 348. 

**) Man vgl. die Stelle der M. G. Q. II, 158, 348, 351, 381, 
378 - U, 120, 124, 464. Niesert Beiträge S. 32 f. F. B. S. 8, 
ü. S. I, 147. 

9 ***) Hamelraann Opera p. 1300 — ein auswärtiges Beispiel 
ib. p. 1373. Allgemeines über die Pasquillen bei Voigt, in Räu- 
mers Histor. Taschenbuch 1838. Graesse, Lehrbuch der Literär- 
geschichte III, I, 49 fT. 

t) Röcheil erzählt M. G. Q. IH, % . . . und worden des- 
wegen auch vielle pasquille dorch die bürgere und inwoennere uf 




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— 167 — 

seine Lage den Schlägen desselben entrückt oder gar der 
Sitz der Friedensgesandten geworden war , erschienen hier 
ungefähr seit 1643 — 1648 wöchentlich »Acta« nnd nament- 
lich ein »Mercur historique« *) nnd noch lange hin brachten 
Broschüren >Zeitungen« und andere Schriftstücke die 
Kunde von Kriegsereignissen, Standeserhöhungen und son- 
stigen momentanen Vorfällen leicht in die Welt oder in die 
betheiligten Kreise — Schade nur, dass sie so selten oder 
vielleicht grösstenteils verloren sind. 

Wenn die Tages- und Gelegenheitsschriften wie ein 
Strohfeuer aufleuchten, so erhält sich länger das Buch, die 
schönste Geistesblüthe gesegneter Zeit Verhältnisse, monumen- 
tal in dem reichen, abgewogenen Inhalt, und würdiger in der 
Form. Bücher haben auch von Anfang an die hiesige Presse 
am Meisten beschäftigt und verhältnissmässig in nicht ge- 
ringer Anzahl verlassen. Gleichwohl steht die Qualität dem 
dem Inhalte wie der Grösse nach mit dieser Zahl in keinem 
Verhältnisse. Grössere Formate, reichere Ausstattung, deren 
sich andere Pressen selbst kleinerer Städte rühmen können, 
kommen in Münster nur ausnahmsweise vor, und in Anbe- 
tracht des Inhalts wanderten leider die rein wissenschaft- 
lichen Arbeiten und die grössern Kirchenbücher nach auswär- 
tigen Pressen. Hamelmann, Mallincrodt, Rottendorf, Nünning 
— die Häupter der Münsterischen Wissenschaft — Hessen von 
ihren Mussefrüchten nur wenig in der Heimat erscheinen, 
und das mag der Grund sein, warum z. B. kaum ein Mün- 
sterischer Druck bis 1723 in die Bibliothek der berühmten 



die regerunge und die principalesten in den stiffte, als uf Herman 
von Velen, den hofFmarschalck, und Luger von Raesfeldt, den drosten 
zur Walbecke und Sassenberge, gedichtet und gemachet 

*) Gundlings Gründlicher Discours über den Westphäli- 
schen Frieden. Mit einem Anhange : Die Ursachen des 30jährigen 
Krieges von D. Chr. Jon. Feustel, Frankfurt u. Leipzig 1736, der 
zugleich die Seltenheit dieser Druckstücke andeutet. Die Notiz ver- 
danke ich dem Herrn Cand. phil. E. Aander Heiden. 



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- 168 — 

und Westfalen benachbarten Universität Rinteln gedrun- 
gen ist*). 

Nimmt man die altern humanistischen und classischen 
Schriften sowie die Schulbücher aus, so hat die hiesige Presse 
bis gegen Ende des vorigen Jahrhunderts und namentlich in 
der Mitte desselben wesentlich gearbeitet für die Fächer der 
Ascese**), der Controverse, der Pastoral- und Predigtlite- 
ratur, Katechese und Religionslehre, und durch die Wieder- 
gabe der geistlichen und weltlichen Verordnungen für die 
beiderseitigen Zweige der Rechtsliteratur. Als Denkmäler 
der deutschen Poesie, die vielleicht noch das eine oder andere 
Kirchenlied aus dem Mittelalter übernommen haben , sind 
namentlich die Gesangbücher zu bezeichnen, welche die Presse 
in beachtenswerther Zahl geliefert hat. Gewiss hatte das 
spätere Mittelalter schon deutsche Kirchengesänge***) — 
jedoch wurde mit der Presse und Schule grade der deutsche 
Gesang von den Wiedertäufern ausgebeutet, Jugend und 
Volk zu ergötzen und mit dem neuen Treiben zu befreun- 
den f). Die Kinder, Knaben und Mädchen, sangen nach dem 
Schlüsse der Dompredigten, beim Beginne und Ende der 
Schule deutsche Psalmen und bei besondern Anlässen wohl 
gar auf den öffentlichen Plätzen die Frauen »Ein vaste borgh 
iss unser Got« , Schulmeister und Praedicanten mit den 
Knaben in Discant die Psalmen, glick als die Studenten pla- 
gen die cantulen zu singen .... Dat gemeine volck, dat 



*) Cf. Rintelensium Academiae Bibliotheca, accurante Job. 
Nie. Funccio 1723, 4°. 

**) Das erste ©ijen fuuerluf ©ebelöferte» [sie] etwa aus dem 
Jahre 1523 und zwar stark angehaucht von den Lehren Luthers 
druckte Th. Tzwijvel und fügte unter den drei Holzschnitten auch 
einen bei : nämlich das Herz Jesu mit der Dornenkrone und andern 
Emblemen die „er sonst zu katholischen Gebetbüchern mag ge- 
braucht haben". 

***) Vgl. B. Hölscher, Das deutsche Kirchenlied vor der 
Reformation 1848. 

f) M. G. Q. II, 47, 48, 129, 132. Cf. Hamelmann p. 1035. 



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I 

— 169 — 

umbher stunde , die hebben dat ander verss gesungen t ho 
deutsche, und als 1534 ein Angriff abgeschlagen war, da 
haben die Einwohner der Stadt »nicht allein viele Lob- und 
Danklieder zu Gottes Ehren abgesungen, sondern . . . auch 
Feierlichkeiten und Freudenfeste*) angestellt«. Ihr Stuten 
Berat verfasste ein eigenes Spottgedicht. Sie hatten wie 
Heresbach mit einer Probe angibt**) canticula scripturalia 
theilweise religiösen Inhalts, ja anscheinend auch ein förm- 
liches Gesangbuch in kl. 8 von mittlerer Stärke, (vielleicht 
zu Köln gedruckt) und die Lieder zeigten je die Ueberschrift, 
nach welcher Melodie (eines üblichen Volkliedes) sie zu sin- 
gen waren***) — ähnlich wie die Gegner bei Bezwingung 
der Wiedertäufer ihre Jubellieder f) nach alten Volksmelo- 
dien ertönen Hessen. 

Zu Münster sind in den JJ. 1566 ft), 1629, 1677, 
1679, 1686 deutsche Kirchengesänge erschienen — ein Be- 
weis, dass das Volk sich auch in den Kirchen immer mehr 
und mehr am Gesänge zu betheiligen strebte, obwol der 
lateinische Choralgesang stets noch als der gehörige , von 
Neuerungen freie, Kirchengesang betrachtet wurde. 

Nach mehreren Verordnungen ftt) des Bischofs Galen 

_ . . . ' 

*) Kerssenbrock a. a. 0. Forts. S. 74, S. 539, den An- 
fang des Stuten Bernt'schen Spottgedichts 1533 bringt Niese rt 
U. S. I, XXXIX, ein [historisches] Fragment Cornelius G. d. W. 
II, 334. Die ludibria Treutlings erwähnt Hamelmann 1. c. p. 1222. 

**) C. Heresbachius, Historia de Factione Monasteriensi 
ed. Amstelod. 1650 p. 69 : Anabaptistae huic obstrepunt in can- 
tiuncnlis suis scripturalibus, quas vocant, pag. mihi 128b sie ar- 
gutando . . . 

***) Vgl. Münster. Geschichten, Sagen und Legenden 1825 
S. 227, wo auch Proben. Nordhoff in Pfeiffer-Bartsch, Germania 
XVIII, 297. 

f) Bei v. Liliencron, Die Histor. Volkslieder der Deut- 
schen IV, 114—121. Uhland, Alte hoch- u. niederdeutsche Volks- 
lieder I, 547, über den Fundort II, 1021. 

tt) Spätere Ausgabe: Göttingen 1720. Meister, D. kathol. 
deutsche Kirchenlied I, Anh. III, Nr. 13. 

ttt) Jene der JJ. 1652, 1655, 1675 ap. C. F. Krabbe p. 16, 
22, 23. Kock 1. c. IV, 129. 



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— 170 — 

hatten sich ernste, nicht Lutherische, Gesänge auf die Schule, 
die Katechese, die sonntägliche Christenlehre in den Bauer- 
schaften, und auf die Kirchthürme zu beschränken, — in 
den Stadt- und Collegiatkirchen sollten sie nur zur Aus- 
füllung der Intervalle des Chorgesanges, und selbst in den 
übrigen Kirchen, welche keinen Chorgesang haben konnten *), 
nur für gewisse Theile der Messe eintreten. Doch schon 
1675 werden sie je nach den kirchlichen Zeiten den einfachen 
Pfarrkirchen für sämmtliche Haupttheile der Messe empfohlen, 
und auch so hatte der Volksgesang schon einen breiten 
Boden in den Dorf- und Landkirchen, in den Schulen, bei 
den Processionen und Wallfahrten; er bürgerte sich mit 
der Orgel, die gleichfalls unverträglich mit dem Chorgesang 
noch in neuerer Zeit, sowol was die Natur als die Gegen- 
stände ihres Spieles betrifft, nur ganz bestimmte Funktionen zu 
versehen hatte **, so ein, dass heutzutage dem gewöhnlichen 
Manne der katholische Gottesdienst ohne Orgel und deutschen 
Gesang nicht zuspricht. 

An Münsterischen Gesangbüchern allgemeiner Be- 
stimmung erschien im 18. Jahrhundert vielleicht nur eins: 
(„©teinfurter") ©efang* unb ©cbetbud) juim ©ebraudj her 3tömif$* 
(Satljolifdjen, Don 1781—1809 9ÜM, fünfter bei Slfdjenborf in 
8°, dagegen um so mehr im folgenden, theils allgemeine 
theils solche für bestimmte Kreise von Andächtigen. 

Der Druck der Ritualbücher, welche bei ihrer Grösse 
und Schrift die höchste Leistungsfähigkeit einer Officin vor- 
aussetzen und dafür auch einen sichern Absatz versprechen, 
blieb der Münsterischen Presse so gut wie ganz versagt, 
und doch stand sie, wenn auch nicht in ihren Anfängen, 
so doch seit dem Ende des 16. Jahrhunderts in der Gunst 
des Capitels und Bischofs (S. 150.). Die Bedenken , dass 
solche Artikel nur selten aufgelegt und von aussen nur ver- 



*) Daher das alte Praventiv-Statut des J. 1315, S. 57. 

•*) Const. Bern. a. 1655 apud Kock 1. c IV, 128. Viaita- 
tions-Protokoll 1571-73 bei Tibus a. a. 0. S. 97. Vgl. vorher 
S. 57. Organ, f. ehr. Kunst XVUI, 55. 



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I 



— 171 — 

einzelt in Arbeit gegeben werden möchten, haben wahrschein- 
lich die hiesige Presse bestimmt , sich nicht an so opulente 
und so kosapielige Unternehmungen zu wagen. 

Das Mlinsterische Missale erschien zuerst 1489 in 
Köln bei Ludwig Renchen , ebendort dann wieder 1520 in 
opulentem Gewände bei Franz Birchman und Godfried Hec- 
tor *) ; 1632 Hess Bischof Ferdinand mit einem Titel in 
Kupfer, dessen Rahmen die Hauptheiligen der Münsterischen 
Kirche, namentlich auch die Grafen von Kappenberg bilden, 
Missale novum Monasteriense, quo in presenti tempore uti- 
mur, Antwerpiae typis Balthasaris Moreti excudi, datis de- 
super litteris ad clerum civitatis et diocesis Monasteriensis 
signatis die 26 ta Aprilis anni 1631 . . . Sub regimine Maxi- 
miliani Friderici Ep. hoc missale ao. 1784, facta emendatione 
et recognitione Breviarii, auctum fuit supplemento, typis 
Monasteriensibus Antonii Wilhelmi Aschendorff edito**). 
Das letzte Missale 8. ecclesiae Monasteriens. erschien jussu 
rev. et ülustriss. dorn. Gaspari Maximiliani ep. Monast. prae- 
positi eccl. cathedr. Mindensis L. B. Droste ex Vischering 
ad normam editionis breviarii dioecesani typis vulgatum 
anno D. 1835. Monasterii. Ex officina Coppenrathiana, der 
Titel an den Rändern mit gothisirendem Rahmenwerk und 
theilweise mit Rothdruck verschönert. 

Aus der Kölner Presse des Hero Alopecius gingen auf 
Bestellung des Mtinsterischen Domcapitels auch hervor das 
Graduale 1536, das Antiphonar ium und Psalterium 
1537, — sämmtlich mit einem schönen Druck, reichem Bilder- 
und Farbenschmuck ***), und in solcher Dauerhaftigkeit, dass 
sie bis heute noch keiner neuen Auflage benöthigten und 
sich vielorts unverletzt erhalten haben. Freilich waren gegen 
Ende des 16. Jahrhunderts die katholischen Normen der- 



*) Beide genau beschrieben von Nordhoff, Kunstg. Bezie- 
hungen S. 52. 

*•) Kock L c HI, 215 f. 

***) Beschreibung dieser Chorbücher bei Nord ho ff a. a. 0. 
Seite 53. 



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172 



masaen an den meisten Orten in Vergessenheit geraten*)» 
dass die geistlichen Obern bei ihren Kirchenvisitationen auch 
untersuchen mussten : si parochi in templis Missalia, Gra- 
dualia, Antiphonalia , Agendaque non habeant**). Nur ein 
Graduale ... ad usum et consuetudinem ecclesiae et dioe» 
eesis Monasteriensis .... conscript. ab Ant. Hessebnann, 
custode maiore eccl. P. B. M. V. Transaquas ist zu Munster 
1841 sumtibus librariae Hast & Riese als gr. Fol. wieder 
herausgekommen in Steindruck. 

Gleichzeitig mit dem Missale erschien jedoch nicht in 
Köln, sondern wie Niesert angibt zu Paris oder wie Kock***) 
jedenfalls glaubhafter berichtet, zu Strassburg zuerst das 
Mtinsteri8che Brevier in kl. 4° in einer gothiscben, doch sehr 
leserlichen Schrift ohne Zeichen und weitere Angaben, als dass 
Fol. 107a die Jahreszahl 1489 f) vorkömmt. Fol. 109b be- 
ginnt das Kalendarium, Fol. la enthäUt bloss den Titel 
<]| Incipit pars eftiualis breuiarij fcd'm ordinantiÄ j maioris eccle* 
Ac totius dijocef* Monalterienf* | 

Schon 1497 kam das Brevier zum zweiten Male heraus 
in kl. 8 doch mit 2 Coli, zu je 35 Zeilen und mit Signa- 
turen, ohne Namen des Druckers und Druckortes. Fol. la. Bre- 
uiariü de tempo \ re et de fanctis fmi ritum i ordi | nem monafte- 
rienfis dyocefis | darunter ein Buchdruckerstock mit dem 
Zeichen und den getrennten Buchstaben E. F. D. O. (viel- 



*) Vgl. das Visitations-Protokoll des Jahres 1571—73 bei 
Niesert U. S. VII, 27. 

**) Constitutio Ernestina bei Kock L c. III, 274. 

***) L c. II, 235 die Beschreibung der Breviere konnte bei 
dem defecten Znstande der mir vorliegenden Exemplare nieht füglich 
genaner gefasst werden. 

f) Kock macht L c. H, 235 die vielsagende Bemerkung : 
Mox eodem anno conscriptus über Ordinarius cathedralis ecclesiae 
correapondens praedicto breviario, denn darnach sind gewisse Ritoal- 
bücher nie gedruckt. Vom Uber Ordinarius gibt es auch wie Herr 
A. Krabbe angibt, drei verschiedene Handschriften im Dome, 
darunter wenigstens eine älter, als 1489. 



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— 173 - 

leicht N) Fol. lb zeigt 1497 (arabisch) darunter in Holzschnitt 
Petrus und Paulus je in einem gothischen Rahmen und darunter 
eine Inschrift, welche zugleich den Grund für die schleunige 
Wiederaunage des Breviers verrät : Nota de Breviario, quod 
impressum fuerat Anno incarnationis M.CCCCLXXXIX non 
erat integrum conveniens in tota dijocesi Monasteriensi, sed 
tantummodo et pro maiori parte ecclesie cathedrali. Sed 
illud tarnen, quod modo impressum aut elaboratum est anno 
Domini MCCCCXCVIL concordat cum ecclesia "cathedrali nec- 
-non cum tota dijocesi Monasteriensi , ut patet per proces- 
aum breviarii. Diese Nota wie der Druck beider Seiten des 
Titelblattes ist roth, jedoch in Antiqua, während der Titel die 
kleine gothische Type des ganzen Druckes zeigt*). 

Zum dritten Male erschien es **) 1518 »mit einer 
schlechten gothischen Type« zu Paris in kl. 8 U , die Seite 
mit 2 Coli, und jede Col. anfangs mit SO, später mit 32 
Zeilen, und die ersten Blätter der Lagen mit Signaturen, 
sonst vielleicht ohne Jahres- und Ortsangabe. Doch bemer* 
ken die Chroniken ***) von dem Bischof Erich von Sachsen 
1508—22, er habe Gott ohne Unterlass gedient, als seijne 
bedeboicke uthwijseden , so nha sinen dode gefunden wor- 
den, dan he oick mit groten flithe und Unkosten de brevia- 
ria, so men de getijdeboeker nhomet , nijes binnen Parias 
drucken leith , als dat wapen dusses vorsten naebringet, so 
daer under gedrucket ist . . . und Niesert schrieb nach einer 
anscheinend gleichzeitigen Hand in dem mir gebotenen 
Exemplar der Paulina ohne Titelblatt und Wappen : »(Liber 
perrarus) Breviarii ad usum et ordinantiam dyocesis Mo- 
nast. Pars hyemalis Parisiis impressa impensis Godefridi 
Hectoris et Ludovici Hornken 1518«. Zunächst war an eine 



*) Niesert versetzt ihn ohne jeden Grund F. B. S. 5 in 
eine Münsterische Officin vgl. S. 137 ; die sonstigen Historiker 
kannten ihn nicht. 

••) Ausser Niesert Kock 1. c. H, 262. Nordhoff a. a. 0. 
Seite 51. 

***) M. G. Q. I, 297. 



V 



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— 174 — 



weitere Auflage des Breviers nicht zu denken, indem Bischof 
Franz von Waldeck f 1553 selbst die Reformation betrieb, 
suadentibus id potissimum Joanne Siberg sacellano suo an- 
lico, qui etiam Ecclesiastici Breviarii usum haud pridem ipsi 
exemerat, et Friderico Twieste, Waldecano nobili, aulae epis- 
copalis praefecto*). Später wurde wieder, je weiter die Re- 
formation zurückwich, um so mehr auf das Brevier und das 
Breviergebet Gewicht gelegt **) und eine neue Ausgabe veran- 
staltet : Breviarum Monaster. jussu .... rev. serenissimi- 
que principis ac dorn. D. Ernesti archiepiscopi Colon, etc. 
episcopi Leod. administratoris Monaster. . . . restitutum et 
editum . . . Coloniae ex officina Arnoldi Quentelij . . 1597 
in 8°. Ein Titelkupfer stellt dar in Medaillon das Wappen 
gekrönt mit dem Brustbilde des h. Paulus mit dem Buche 
und Schwerte. Im Texte wechseln rothe und schwarze Lettern. 
Anno C. 1596 (?), so erläutert Kock***) diese Edition, vetus 
breviarium Mon. piorum doctorumque hominum exacto ju- 
dicio ad veterum patrum scripta, atque adeo ad Romani 
breviarii exemplar, quantum fieri potuit, diligenter emen- 
datum formisque elegantioribus . . . excudi jussit Ernestus 
archiepiscopus . . . datis desuper litteris ad clerum dioecesis 
signatis in arce Arnsberg die 2 da Maji . . . Breviario hoc 
per duo fere seculaf) usi fuimus donec, novum in quatuor 
partes digestum sub regimine Maximiliani Friderici anno 1784 
lucemffj aspexit, nämlich wiederum unter Fürstenberg in 



•) Kock l. c. III, 73. 

**) Vgl. Statuta Synod. bei Krabbe, p. 176, 177. 
***) 1. c. III. 187. 

t) Weshalb so lange ohne neue Auflage, besagt die Verord- 
nung des Bischofs Franz Arnold von Wolf Metternich 1711 12/10: 
Cum tarn breviaria, quam gradualia ritu Monast. edita deficere no- 
tentur, facultatem facimus, ut, qui voluerint, in et extra chorum 
Missalibus, Breviariis et caeteris ritus Eomani libris uti et Ro- 
mano cantu posthac libere uti possint. bei Kock IV, 183. 

ff) Dazu Directorium ad cantandum officium divinum in 
choro, dispositum juxta novum breviarium Monasteriense et libros 



— 175 — 

4 Theilen gr. 8" bei Ant. Wilh. Aschendorf mit einer dem 
Wintertheile vorgedruckten Verordnung von 1783, die der 
frühern Ausgaben, nur nicht jener des J. 1518, gedenkt. 

Verhältnissmässig früh ist auch ein Diu male gedruckt. 
Ein seit 1613 der Jesuitenbibliothek gehöriges leider defectes 
Exemplar der Paulina 8. }. a. s. c. & n. t. in kl. 8° und eine 
kleine starke Type zeigt das 7 Uli. starke Kalendarium an- 
scheinend noch vollständig. 

Das nächstfolgende Blatt beginnt : Höre diurnales f;m ordi- 
nariü eccle | fie maioris diocef- monafterienfis | Incipiunt feliciter. 

Es ist unzweifelhaft älter, wie das folgende : 

Fol. la. C|| Diurnale de tpe i de fanctis fcd'm ritü | i or- 
dine maioris ecclefie necnon dioceris | Mona fierienfis | sodann 

ein Holzschnitt Christus vor Pilatus ; Fol. Ib. die astronomischen 
Zeichen der Jahre von 1511 ab; Fol. 3a. Kalendarium — alle 
4 Theile in einem Bande von 12° Format, aber 8° Grösse, 
die Seite mit 2 Col. zu 29 Lin. mit Signaturen und vielem 
Rothdruck, so in den gesperrten Worten des Titels und Schlusses. 
q| Finit diurnale Mona | fterien. diocefis tarn de | tepore 
de fctis j> totü | annü cü aliis nouis hi | ftorijs diligetiffime ela | 
boratü et correctü. Im | preffQ parrifijs Ipenfis | Guillerrai Koruer 
| An | no dnl M.CCCCC.XI. Die letzte Seite füllt ein Holz- 
schnitt darstellend unter einem Bogen einen Kaiser mit Schwert, 
Reichsapfel und Krone, laut Unterschrift S. KAROLVS, auf 
beide Seiten der Figur vertheilt stehen die Buchstaben WK. 
1785 erschien das Diurnale Monasteriensis bei Achendorf. 

Die Agenda Ecclesiastica erschien erst 1592 in einer 
für die Münsterische Presse ausgezeichneten Ausstattung 
— dann (nach Niesert 1706) auf Geheiss des Bischofs 
Franz Arnold in gratiam curatorum evulgata die Agenda 
Pastoralia dioecesis Monasteriensis Rituali Romano passim 
accommodata 1712 .. . Typis viduae Na^gel in 4° von Neuem 
. . . ut omnis difformitas, quae hactenus in diocesi hac prop- 

chorales in nsum ecclesiae cathedralis ac reliqnarum civitatis & 
dioecesis Monasteriensis. Cum privilegio Eminentissimi. Typis Au- 
licis Kördinkianis 1784 in kl. 8°. — Das Brevier erschien conform 
der Ausgabe von 1784 zuletzt 1830, d. Diurnale 1832 in 8° bei 
Aschendorf. 



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— 176 — 

tcr varietatem Agendorum pastoralinm in usu fuit, penitos 
tollatur*). 

Eine andere Leistung der hiesigen Presse waren dk 
Musikalien. Notendruck war unumgänglich, wo verhält- 
nissmässig so viele Notenbticher aus alter Zeit erübrigten 
(S. 158.), so viele Gesangbücher (S. 169.) erschienen und 
gewiss schon von einem Drucker wie Theodorik Tzwyvel au 
erwarten, dessen musikalischen Studien (S. 143 f.) doch die eine 
oder andere Publication zeitigten. In der That enthält sein 
in Köln erschienenes Introductorium musice practice von 
1513, Noten die nach den Charakteren des Interlineartextes 
in einer M&nsterischen Officin gedruckt sein sollen, und sein 
Carmen Ludi Paulini Scholasticis Monasterii solito more cantan- 
tandum . . . 1586 (vgl. S. 149.) enthält zugleich die Musik, »welche 
aus weissen Choralnoten zwischen fünf weissen Linien auf 
schwarzem Grunde besteht, und ein trauriges Ansehen hat« 
— Notendruck und Musik vervollständigten sich mit den 
verschiedenen Ausgaben der Gesangbücher so, dass jenes vom 
J. 1677, welches der Musiker Rudolph Nagel bearbeitet hat, 
excellirt **). 

Sonderbare Pressartikel bilden mit dem 17. Jahrhun- 
dert die Predigten, die bis heute trotz ihres culturge- 
schichtlichen Gehaltes in Form und Inhalt noch keine Beach- 
tung gefunden haben: die endlosen, plauderhaften, langdröh- 
nenden Titel mit den chronogrammatischen Spielereien, die 
Mischung von Latein und Deutsch, die ärmliche Handhabung 
der Muttersprache kommen fast dem ganzen Literaturzweige 
zu — am meisten aber bauscht sich dies Alles zusammen in 
den historisch armen Leichenreden, worin die Jesuiten zu 



*) Kock L c. IV, 185. Nieser t bemerkt über jene : „Von 
den Benedictionen und Exorcismen, die sich in den neuern Agenden 
von ,1706" befinden, ist hier noch keine Spur anzutreffen. Am Ende 
S. 117 findet sich die Benedictio fontis in vigilia pasche etc., die 
leider in der Ausgabe von 1706 fehlt. — Di« Pfarrer müssen sich 
hierin mit dem Röm. Missale behelfen". Vgl. die Verordnung vo* 
1711 12/10 S. 174 vorher. Kock I c. IV, 183. 

•*) Meister a. a. 0. I, 85 f, 107. 



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— 177 — 



Münster *) , Osnabrück und Paderborn die pomphaftesten 
Druckstücke hinterlassen haben. Und das geschah, trotzdem 
seit 1616 für Münster die ausdrückliche geistliche Verord- 
nung **) bestand : Inhibemus vero prolixas illas funebres ex 
cathedra conciones , quibus animabus defunctorum parum 
utilitatis accedit . . . 



*) Als Probe hier nur ein auch sonst beachtenawerthes 
Beispiel : 

MORS FRIDERICI CHRISTIANI. | MONASTE- 
RIENSIS DIOECESIS EPISCOPI, | PRINCIPIS AC 
DOMINI NOSTRI | CLero & Moestae PLebl DVra sors | 
Moerore pVbLICo DepLorata | Ulis parabolae Evangelicae verbis. 
Luc. 19. | Homo quidam nobilis abijt in regionem longinquam | ac- 
cipere sibi Regnum, | 2>a« i|* | $öd)ft betrübter töbtlicber ab- 
tritt | Söcnlanb | beß §odm>ürbigflcn fcoAgebornen | 2f ttrflcn unb 
fcerren | §<&mm | FRIDERICI | CHRISTIANI | »ifeboffen 
ju Mnjter | löurggraffen jum ©tromberg, befj §• Wömif^en 
föeid)8 | dürften unb Herren ju »ortfei ob, etc. | Unfere« nunmebr 
in öott rubenben gnäbigflen Eanbt« ftürflen | unb fcerren | «et? bevo Häg- 
licbcr Sei<$«$€gängnüö mit einer getoöbnlidjer Ürawr- unb ?eicb ^rebig 
| Unter ber grabet Luc. 19 | Gin öbter SRann jo^e in ein fer- 
nes Sanbt ein SReicb für f i ct> einaune&mcn | oorgcfleUet | Unb \ 
tnnigtieb bebauret | «m 28 Sag SRonatS Maij Anno 1706 I ©on 
R. P. HENRICO eebuntatber ber « ©efeüfcbafft Jesu ^rieften | unb 
^rebigern in ber boben Xbumb Äircben $u Mnfter in SBejlpfaten | 
©ebrutft bafctbfl Sei Gbriftoff Nagel 3Hünftrtfdicn »udjtructcrn | . 
Folio. — Der in Kupferstich beigefügte Katafalk hat die Unter- 
schrift .- Androas Barchusen a Munster exeudit. 

**) Bei Niesert U. S. Vil, 73, 82. v. Steinen, Quellen 
S. XIX bemerkt : „Von den Leichpredigten bleibt es zwar wahr, 
was Duri de Pascalo . . . von den meisten derselben schreibt : 
Aulicus [vielmehr historicus] parum fidei tribuat concionibus fune- 
bribus . . . Raro enim fit, ut non plus affectioni et nummis, quam 
veritati tribuant : et citius corniculas in Africa, quam aliquid soli- 
dae veritatis in iis reperies. Doch sind viele derselben, welche sehr 
nützlich, wo sie nur gelesen werden, wie der Abt Langlet du Fres- 
noy in seiner Anweisung zur Erlernung der Hist. p. 26G zeiget." 

12 



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Man mus8 es beklagen, dass von den Erzeugnissen der 
hiesigen Presse zunächst durch die Gewalt der Wiedertäufer 
und dann durch die Nachlässigkeit der Zeit so vieles ver- 
loren gegangen, anderes Rarität und Unicum geworden ist. 
Man findet z. B. im Messkataloge des J. 1613 11 Münste- 
rische Verlagsartikel und heute davon nur noch 6 meistens 
ungenau bekannte, dagegen weist der Messkatalog andere 
wieder unter Jahren auf, die in der Bibliographie heute 
leer dastehen. 



Format, Type, Ausstattung. 

Im Allgemeinen hängt das Format mit dem Umlange 
des Stückes zusammen, und erscheint ein Missale nothw endig 
in Folio ; demnach herrscht das 4° in den ältesten Drucken 
auch geringen Umfanges, später bis weit ins 17. Jahrhundert 
in werthvollen Arbeiten und überhaupt in kleinern Kirchen- 
büchern (Agenda) »Zeitungen<, fliegenden Blättern, »Ord- 
nungen« und höhern Erlassen. 

In Folio kamen nur wenige Schriften heraus, so zuerst 
1564 die „Effinfcorbnung" , seit 1571 die „©Tönungen" des 
Bisehofs v. Hoya, 1596 die Kölner $oüicci} nnb Sanbe^Dtb* 
Illing, 1602 auch die . . . Orbnung be§ alten Gonfiftorit her 
^fyumfircfycn $u OSnabrüd 1 . im 17. Jahrhundert ausnahmsweise 
das eine oder andere theologische und philosophische Werk, seit 
Ausgang desselben die feierlichen Trauerreden, 1740 und später 
wieder Gesetze, 1773 die Hauptarbeiten Schaten's. Duodez- 
und kleinere Formate heben an 1593 mit Brill emnacher's 
»Rvidiotheca $riucnföfHtin« , werden etwa hundert Jahre 
später gangbar für Andachtsbücher. Hand- und Taschen- 
bücher sowie (Ür Streitschriften . spielen indess gegenüber 
dem 4* und $ -Format nur eine Nebenrolle. 

0 c t a v erscheint in kleinem Formate zuerst um 1523 in 
dorn Suverliek Bedeboksken. 1531 in den Sententiae profanae 

k 



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— 179 — 

iectae . . . per Leosthenem Colvandrum — kurzum in den 
meisten Druckstticken. 

Die allgemeinen Wandlungen der Typ e machen sich auch 
zu Münster geltend, nur durchgehends später ; daher auch Signa- 
turen, die in der Typographie wenigstens 1470, in den Brief- 
drucken noch früher auftauchen *), hier erst gegen 1509, und 
die zu Köln schon 1470 angewandten **) Blattzahlen hier noch 
nicht einmal in Ossenbrug's Presse bekannt sind. Die gothische 
Letter weicht einerseits der ausgebildeten Fraktur erst 
gegen 1533 und 34 (S. 147.) in den anabaptistischen Streit- 
schriften, anderseits der Antiqua, mit welcher sie sich längst 
gemischt hatte, erst 1540 (S. 43 f.); die alteren Typen sind 
klar und erscheinen in verschiedenen Grössen, namentlich in 
den Werken des ältern Tzwyvel , — sonst fehlen stattliche 
und brillante Lettern. 

»Alle Druckschriften, sagt Niesert, welche J. Limburg, 
L. Bornemann und Th. Tzwivel besorgten enthalten nur 
wenige Bogen, und sind meist mit kleinen, schlechten, gothi- 
schen Typen gedruckt . . . •**). Die zu Münster eingerich- 
tete Druckanstalt scheint daher nur bloss das Unternehmen 
von Privaten gewesen zu sein, die aus Mangel hinreichender 
Unterstützung auf Verbesserung und Vervollkommnung der- 
selben wenig anwenden konnten, daher finden wir so viele 
Schriften Münster scher Gelehrten im Auslande gedruckt«. 
Als dennoch Thurneysser 1579 hierher kam , um bei Johan 
Ossenbrug seine alchymistisch-astrologischen Werke drucken 
zu lassen, fielen das Papier und der Druck so schlecht und 



*) Sotzmann im Serapeum [1845] V, 326, Edw. Tross 
daselbst VII, 60. 

**) Graesse, Tresor VI, I, 370; gleichzeitig Custoden ib. 
VI, II, 7. Brune t, Manuel, du libraire/IV, 263, 384. 

***) Der nun folgende Satz : „Mir ist wenigstens keine ein- 
zige Druckschrift aus der Offizin dieser Buchdrucker bekannt, wozu 
lateinische Typen gewählt sind" ist, was Tzwivel betrifft, durch 
unsere Untersuchung hinfällig geworden. 

12* 

4f 



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- 180 - 

uncorrect aus, dass der Verdruss über die hiesigen Pressen ♦) 
ihn gewiss mit veranlassten, Münster zu verlassen. Sie waren 
nicht einmal auf Kupferdruck eingerichtet. 

Kleine lateinische und grössere deutsche Typen 
von bemerkens werther Schönheit erscheinen , jene 1554 in 
Gotfrid Tzwivels , diese 1571 in Dietrich Tzwivel's Drucken; 
Lambert Ras fei dt verfugte etwa seit 1590 fast zwanzig 
Jahre lang über verschiedene lateinische Schriften, und da- 
runter darf man die grössern mit den Plantinschen, die Cur- 
sivlettern mit den Aldinischen an Schönheit vergleichen. »Man 
kann sicher behaupten, dass die Buchdruckerkunst zu Münster 
unter ihm den höchsten Grad der Vollkommenheit erreicht 
habe, . . . nach ihm sah Münster solche vortreffliche Drucke 
nicht mehr« , oder vielmehr nicht eher wieder, bis in den 
drei letzten Decennien des vorigen Jahrhunderts unter Fürsten- 
berg und Maximilian Friedrich, den liberalen Landeswohl- 
thätern, der Stadt und dem Stifte eine neue Cultur erwuchs. 

Was die Farbe der Schrift angeht, so wird Roth- 
druck allein angewandt im Titel des Epilogus psalmorum 
1516, gemischt mit Schwarz in den Titeln der schönen 
Agenda von 1592 , der Ceremonienauslegung durch Mat- 
thäum Tympium in 8° 1609 , und mehreren Ordnungen ; 
zuerst wieder ungemischt in dem New Reformirten Calen- 
darium ; in passendem Wechsel von Schwarz und Roth treten 
die Kalender mindestens 283 Jahre hindurch gefallig und tiber- 
sichtlich zugleich im Titel und Text ans Licht. 

Bescheiden wie die übrigen Bestandtheile eines Mün- 
sterischen Buches war auch die zierende Ausstattung, und 
wo eine solche vorkömmt, lässt sie sich mit den Erzeugnissen 
auswärtiger Pressen kaum vergleichen. Die Feder schmückte 
allerdings noch manchen ältern Druck mit bunten Zuthaten, 
Strichen, Randgerimseln und Initialen, doch keinenfalls mehr 
in solcher Opulenz, wie es bei den Handschriften geschehen 
war. Beide Arten von Büchern empfingen hier seit dem 
15. Jahrhunderte die letzte Federzier wohl weniger mehr 



*) C. Becker in der Zeitschrift VI, 246. 

I 



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- 181 — 



von den Mönchen oder Laien, als vielmehr von den Prater- 
herren. In Köln führte ihre diesseitige Beschäftigung und 
namentlich die Büchermalerei zu harten Con nieten mit der 
Stadt *) , und zu Münster waren es gleichfalls die mannig- 
faltigen Erwerbszweige, welche im Beginne des 16. Jahr- 
hunderts einen am Ende gewaltsamen Widerstand der Bür- 
gerschaft hervorriefen**). Ihre reichen und schönen Bücher 
nöthigten doch dem Humanisten Kerssenbrock alle Bewun- 
derung ab (S. 121) und ihre Statuten***) sprechen deutlich 
genug von der kunstreichen Bucherausstattung. De rubri- 
catore : Deputabitur unus pro rubricatura et floratura frater 
ad hoc aptus, qui habebit lazurium et alios colores pro suo 
officio necessarios ; aureas tarnen literas absque speciali li- 
centia non faciet. Scripturarii directionibua in illuminandis 
libris sibi per eum traditis obtemperabit nec in aliis libris 
sibi per eum non traditis quicquam operetur, nisi ex speciali 
rectoris scitu et consensu. Und noch heute bezeugen eine 
Reihe kostbarer Reste des Münsterlandes, wie diese ihre 
Zierkunst, nicht selten mit einer glänzenden Malerei ver- 
bunden, grade den grössern Kirchenbüchern zu Statten ge- 
kommen ist f). 

Ihre zierende freie Handarbeit mag einen Grund mit 
abgegeben haben, weshalb den Münsterischen Drucken so spät, 
erst seit 1509, die Ausstattung mit Holzschnitten zu 
Theil wird, deren Stöcke anfangs andern Anstalten erborgt 
oder nachgebildet (S. 141.) erscheinen. Erst der ältere 
Tzwijvel macht von denselben in Initialen , freien Bild- 
werken und Arabesken einen ausgiebigem, weitern Gebrauch, 
doch erst seit 1521 mit den schüchternen Einflüssen der Re- 



•) Ennen, Gesch. der Stadt Köln III, 759. 
**) Kerssenbrock a. a. 0. S. 121 tt, 132. Cornelius, 
Gesch. der Wiedertäuf. I, 6 f. Ruland, Serapeum XXI, 185 ff. 
***) Statuta primaeva p. 66. 

t) Weiteres bei Nordhoff, Kunstg. Beziehungen 8. 45, 46, 
Chronisten 8. 37. 




I 



— 182 — 

naissance *). Ohne Widerrede ersteigt, was die Zahl dieser 
kunstreichen Zuthaten betrifft, die Münsterische Presse im 
16. Jahrhundert die ihr beschiedene Höhe und vereinzelt 
leihen dabei Künstler, wie die Maler Zum Ring ihre Hülfe. 
Auf Herman führt man zurück das Bild des sonderbaren sym- 
bolischen Titelkupfers der 1562 in kl. 8° erschienenen Duo 
opuscula Joannis Murmellii; und die 1571 besorgten »Ord- 
nungen« mit dem Wappen des zeitigen Bischofs von Hoya und 
einer allegorischen Figur zeigen am Schlüsse auch Rings Mo- 
nogramm**). Doch hier stand dem Drucker die Unterstützung 
eines kunstliebenden Bischofs zur Seite: Das »Calendarium« 
1583 muss sich mit rohern Zierholzschnitten begnügen, und 
wenn schon ein Typograph , wie Larabert Rasfeldt , solche 
kaum mehr beigab, so begnügten sich die Nachfolger mit 
einem kleinen Wappen , dem einen oder andern einfachen 
symbolischen oder geschäftlichen Zeichen in Holz ; mit diesem 
hatte seit 1517 der erste Tzwyvel wieder den Anfang ge- 
macht (S. 144). 

Und schon die Zwyvelsche Concurrenzpresse eines Os- 
senbrug, dem eine anderweitige Subvention fehlte, lässt ihre 
Armut durchblicken, wo es reicherer Behandlung gilt. Wie 
fand sich 1569 Thurneysser getäuscht, als er seine auf Fi- 
guren, Wappen und umfangreichem Bilderschmuck berech- 
neten Werke bei ihm herausgeben wollte! Keiner konnte 
die nöthigen Holzschnitte anfertigen, da mussten Kupfer ge- 
nommen werden, und als Herman Zum Ring ihm die Zeich- 
nungen entworfen, gebrach es an Stechern ; ein Kölner Remigius 
Hogenberg musste endlich die Platten bereiten***). Schlecht 
wie das Papier, fielen Schrift und Druck aus. Oasen in der 
Einförmigkeit der Folgezeit bezeichnen folgende Werke - 
1619 umgab von Dale den Titel der »Leichen- Trost- und 
Busspredigen von Tympius« mit einem Rahmen in Kupfer: 
oben das Weltgericht vor dem Weltenrichter , links der 
h. Petrus mit der Unterschrift : Tu supplex ora, rechts ein 

*) Daselbst S. 24. 

**) C. Becker in Kuglers Museum [1837] V, 4* 

***) Vgl. S. 150. C. Becker in der Zeitschrift I, 244-247. 



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— 183 - 

Kaiser (Karl d. Gr. ?) mit : Tu protege, unten eine betende 
Gestalt mit : Tuque labora , und darunter , den Inhalt an- 
deutend, zwei Menschengerippe. Unten links vor einem vier- 
eckigen Steine : Abrah. Hogenberg fecit, offenbar Mitglied der 
gleichnamigen Künstlerfamilie *) und gleichfalls Bürger zu 
Köln. Den schön in Kupfer gestochenen Titel zu den »Be- 
trachtungenLudovici de Ponte« in 4° 1662 zieren ringsher 
Bildchen aus der Geschichte Jesu, unten in der Mitte eine 
Ansicht der Stadt Münster**) und rechts der Name des 
Künstlers, dessen Schrift leider in dem mir disponibeln 
Exemplare bis auf den Vornamen und die Initiale des 
Hauptnamens abgenutzt war. Sie lautet Sebastian F(urck), 
und sollte dieser Künstler nur von 1612—1754 gearbeitet 
haben, so hat er die Platte vielleicht für eine frühere Aus- 
gabe, etwa für jene des J. 1627 gefertigt. Hegensberg' s 
Druckerei***) bewahrt von der ältern Presse mehrere meistens 
abgestumpfte Kupferplatten für Titelbilder von Gebetbüchern 
so in gr. und in kl. 8°, dem Stilistischen zufolge noch aus 
dem 17. Jahrhundert : 1. ein Passionsbild , 2. die Geburt 
Christi, 3. Christus nach der Auferstehung im Garten, 4. das 
allegorische Bild für Busenbaum's Theologia moralis mit der 
Jahreszahl 1670 ; und die Fürstbischöfe verlangten, so Ferdinand 
von Fürstenberg 1678 , dass *den Kalendern ihr fürstliches 
Wappen vorgesetzt werde. Leider werden die Künstler nicht 
genannt, doch schwerlich sind es Einheimische gewesen. 



*) Merlo, Nachrichten von dem Leben und den Werken 
Kölnischer Künstler 1850 S. 185—193, Hartzheim, Bibliotheca 
Colon, p. 1, 83, Becker in d. Zeitschrift I, 256. 

**) Vgl. das vielleicht auswärts erschienene Werk des Jahres 
1661 Mo tu um Monaster .... Synoptica Enarratio .... mit dem 
Brustbildc des Fürstbischofs Galen. Niese rt, Beitr. S. 167 f. 

***) Eben dahin hat sich auch vielleicht durch die Verbin- 
dungen der Jesuiten verschlagen eine Kupferplatte in kl. 12° mit 
dem Titel : Caroli Scribal e societate Jesu, Philosophus Christianus. 
Neoburgi ad Danubium ap. Laur. Danhusium. Anno MDCXVI1I. 



» 



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1 



— 184 — 

Westfalen ist so arm an solchen Kräften, dass ebenso 
die Kupfern der Monumenta Paderbornensia 1672 und des 
Horrionschen Panegyricus (S. 63) auswärts bestellt wurden 
und etwas später der Abt Gregor Waltmann zu Iiesborn 
1698 8/6—1739 6/11 sogar für kleine Kupferbildchen, wie 
jene Karls d. Gr. und des Propheten Simeon, sich nach 
Augsburg an J. A. Pfeffel*) wenden musste. Ebenso haben 
zu der lateinischen bei Buch zu Paderborn gedruckten Fest- 
schrift in Fol. , welche dem Regierungsantritte des dortigen 
Bischofs Clemens August von Baiern galt, das Brustbild 
desselben als Titelzier und zu p. 55 ein grosses das »baieri- 
sche Fürstenhaus« glorificirende Bild auswärtige Kupferstecher 
geliefert : jenes der Augsburger Georg Heinrich Schifflin, 
dieses der Ulmer Godfrid Pfauk**); noch der Titelkupfer 
des Breviarium Monasteriense von 1784 und wiedergebraucht 
zur Ausgabe von 1830 mit einer Seitenansicht des Münste- 
rischen Domes trägt die Unterschrift : Fratres Klauber sc. A. 
V. ***) und diese gehören wiederum Augsburg an , jener 
Stadt, die also Westfalen für den in Rede stehenden Kunst- 
zweig ununterbrochene Aushülfe geleistet hat. 

Die einfachen Holzstöcke mögen wie früher, so später 
von Westfalen geschnitten sein ; davon beruhen in der Re- 
gensbergschen Officin noch zwei, jedenfalls über 200 Jahre 
alte : einer stellt eine lückenbüssende Rosette dar, ein anderer 
in kl. 8°, zur Titelzier der Schulbücher dienend, einen grossen 
Hahn , der mit einem Pfoten ein Lineal auf eine vor zwei 
Kinder gestellte Tafel hält mit dem in Noten gesetzten 
Liedchen : HEI HEI | KAC | KAC | KAC | EIN | EL — ein 
Act, der selbst zwei (kleine) Hühner im Vordergrunde zu 
interessiren scheint. Auch der Kupferstich bahnte sich all- 
mälig nach Westfalen die Wege. Zum J. 1706 lernten wir 



*) Offenbar der Vater vgl. Na gl er a. a. 0. XI, 207 ff. 

**) Es wird der bei Na gier a. a. O. XI, . . . erwähnte Maler 
nnd Stecher sein, welcher in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts 
in seiner Vaterstadt nnd zn Augsburg arbeitete. 

•••) Nagler a. a. 0. VII, 37. 



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— 185 - 

einen Kupferstecher Andreas Barchusen aus Münster kennen 
(S. 177). D. v. Steinen konnte seiner »Westfälischen Ge- 
schichte« schon grössere Stiche als Zier beigeben von J. H. 
Giese zu Iserlohn (1749), und die ansehnlichen Titelholz 
schnitte für den Osnabrückischen Stiftskalender 1762 mit 
den Stifspatronen und einer Ansicht der Stadt sind gewiss 
nicht mehr ausserhalb Landes angefertigt. Bald erschien 
auch zu Münster und Osnabrück in 8° bei Philipp Heinrich 
Perrenon als »praktische Anleitung für Mahler, Bildhauer, 
Baumeister«, Kupferstecher 1784 das »System der zeichnenden 
Künste« mit 40, 1786- »die Zeichen und Mahlerschule« mit 45 
und 1788 die »Akademie der bildenden schönen Künste« mit 
40 Kupfern (Tafeln) von Christian Ludolph Reinhold *) — Zu- 
gaben , die Niemand mit Nagler tadeln wird, welcher be- 
denkt, dass ihre Darstellungen den besten Werken der neuen 
Kunst nachgebildet sind und nur als Vorlagen dienen sollten. 
Und zu der »Allgemeinen nützlichen Bürger- und Landmanns- 
Praktik« , die Reinhold in demselben Verlage 1791 edirte, 
stach ein E. L. Krieger die Kupfer. 



*) Der Verfasser nennt sich „der Weltweisheit Doctor und 
schönen Künste Magister , Lehrer der Mathematik und bildenden 
Künste an dem Osnahrückischen Gymnasium , Mitglied der Pfalz- 
bayerischen ökonomischen Gesellschaft, wie auch verschiedener ge- 
lehrten Gesellschaften Mitarbeiter und Correspondent" , war nach 
Nagler a. a. 0. XII, 404 1737 zu Mautern geboren und edirte noch 
mehrere Arbeiten dieser Art. — Herangezogen von Coppenrath er- 
warb sich als Stecher einen gewissen Ruhm J. Christoph Savin,. 
geb. 1764 zu Grenoble, gestorben zu Münster 1865 20/11; ferner 
der „Graveur" Jon. Heinrich Carl Strübel geb. 1815 zu Münster, 
verzogen nach München 1855 2/8; nicht so sehr mit seinen dilettanti- 
schen Arbeiten der Zeichenlehrer am Gymnasium Franz Michelis 
t 1835 28/5. Ihre Leistungen kommen auch den Büchern kaum mehr 
zu Gute; denn je mehr sich der Kunst- vom Buchhandel sonderte, 
um so mehr suchten die Artikel des einen wie des andern, je für 
sich, ihr Publikum. 



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— 186 — 



Der Einband. 

Der Einband fehlt oft schwachen Druckstücken ganz, 
oder diese wurden zu mehreren in einem starken Band ge- 
sammelt. Offenbar erfuhr er ursprünglich dieselbe Behand- 
lung , wie zur Zeit der Handschriften, und wurde um so 
schöner und dauerhafter, je werthvoller der Inhalt erschien. 
Wenn man geschriebene Bücher noch wie Gold verschenkte*), 
die Geber als grosse Wohlthüter verzeichnete , oder wenn 
man einzelne Stücke mit Landcomplexen an Werth gleich- 
stellte**) und sie demgemäss in Ketten und den sichersten 
Behältern***) vor Raub und Vergang zu wahren suchte, so 
verlor das gedruckte Buch, als leichter hergestelltes, an sich 
den realen Werth f) > wurde indess wegen der Type weit 
höher geschätzt, als die Handschriften (S. 102.) und desshalb 
wie ein Schatz erworben, behütet und ausgestattet. Reich wie 
die Blätter mit Randver/ierungen, grossen Initialen und 
und Bildern sich entfalteten, sollte auch die Hülle sein und 
darum bedeutete der Einband nicht minder eine Kunst, wie 
die innere Ausstattung, und unterstand später der Buchbinder 
denselben Forderungen der Censur, wie der Buchdrucker. 
Wieder sind es die Frate rherren, welche die alten Druck- 
schriften, heimische oder von aussen gekommene, kunstreich 
einbanden. Die Verrichtungen dieser Brüder erzählt Kers- 
senbrock (S. 56) bestehen darin, dass sie für andere schreiben, 
Pergament machen oder Bücher einbinden. Sie unterhielten 



*) Beispiele aus der Westfäl. Geschichte bei Kindlingcr 
im Serapeura XXVII, 138, S eiber tz, Quellen III, 439. 

**) Beispiele in der Geschichte der Klöster Corvei und Bö- 
deken aus den J. 1456 u. 1426 in Wigands Archiv [1829] IV, 
217. Allgemeineres bei Wattenbach S. 303. 

***) Vgl. Serapeura XIX, 41. Wattenbach S. 355 ff. 

f) Der indess immer noch höher stand wie heute. Vgl. 0. 
Hase a. a. 0. S. 83. Nordhoff, Kunstg. Beziehungen S. 77. 



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— 187 - 

in Münster einen eigenen Ligator mit folgenden Obliegen- 
heiten*) : Pro ligandis libris deputabitur unus a rectore, 
snb cuius respectu erunt omnia instrumenta ad ligatnram 
requisita, ac etiam instrumenta carpentandi, si in domo car- 
pentator non fuerit. Hic erit sollicitus cum procuratore, pro 
asseribus, corio, auricalco et caeteris ad officium suum ne- 
cessariis , ut scilicet debito tempore sibi per procuratorem 
disponantur. Sine cuius etiam consilio et informatione emen- 
do , vendendo seu commutando nihil attentabit. Libros li- 
gandos a scripturario accipiat, ligatosque eidem restituat, qui 
pretium laboris pro eisdem receptum procuratori praesenta- 
bit. Sit in labore suo fidelis et circumspectus atque tracta- 
bilis. In ihrem Gedächtnissbuche**) werden auch dankbarst 
zwei ligatores librorum grade aus der ersten Hälfte des 16. 
Jahrhunderts erwähnt, ein Gherd (t 1549) und ein vielleicht 
noch etwas älterer, Namens Johan Smedes : sie sind Künstler 
gewesen, die ihre Ziermittel zu handhaben verstanden, sonst 
kanuton wir sie nicht. Ob sich das auch von den bürger- 
lichen Buchbindern***), die ja tiberall, wo Schulen bestanden, 
sich niederliessen, so allgemein behaupten lässt, bleibt frag- 
lich, zumal sie nur zufallig, wie Handwerker t^kannt werden 
und wohl mehrentheils in den unmittelbaren Diensten der 
Buchhändler standen. So viel steht fest , die Werthschätzung 
der ersten Drucke hat auch fördernd auf die ästhetische 
Ausstattung des Einbandes eingewirkt (S. 102), und da die 
Renaissance sich grade in den Kleii.künsten heimisch fühlte, so 
steht der Einband von der Mitte des 15. bis fast zu Ende 
des folgenden Jahrhunderts auf einer Höhe , welche die 
frühere Zeit nur durch dieses oder jenes auch materiel 
ausgestattete Werk überbot, die spätere leider schnöde ver- 
lassen hat. 



*) Instituta priraaeva p. 66; abweichend und kürzer bei 
Watten bach a. a. 0. S. 224. 

**) Bei Erhard in der Zeitschrift VI, 102, 103. 
***) Vgl. Wattenbach a. a. 0. S. 225. 



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— 188 - 

Zunächst wurde der Einband dauerhaft construirt *). 
Nachdem man die einzelnen Lagen des Buches mit dicken 
Ffiden an die nicht weit gestehen Bünde befestigt , ver- 
schlang man die freien Enden der letztern fest in die Holz- 
deckel, Aberzog diese und den Rücken mit einer Decke von 
Pergament oder Leder, belegte die Innenseiten der Deckel 
mit einem ähnlichen Stoffe und zerstörte an den freien Blatt- 
rändern nicht zu viel mit dem Schnitt. Die Holzdeckel 
wurden ursprünglich ohne Abkantungen belassen**) später 
an den obern Seitenkannten etwas ausgeschnitten oder zu- 
gespitzt, der Rücken Hess die Bünde wie starke Rippen her- 
vortreten, entbehrte indess einer besondern Zier und der 
Etiquette, die erst im 16. Jahrhundert nicht gedruckt, son- 
dern mit dem Titel beschrieben aufgeklebt wird. Den 
Schmuck erhielten die Deckel : Linienwerk, belebende Figu- 
ren, Blumen und andere Ziermuster; diese werden im 15. 
Jahrhundert mit eigens geschnittenen Stempeln***) aufge- 
drückt, später in die Decke gepresst und aufgelegt, die 
Schliessenf) aus Metall, oder zugleich aus Leder, sind fast 
regelmässig mit Gravirungen verziert und werden erst später 
arm an Stoff nnd Behandlung. Geschätzte Bücher, wie das 
bilderreiche Missale tt) der bischöflichen Kapelle zu Münster, 
erhalten noch in der Spätzeit des 16. Jahrhunderts metallene 
Schilde und Ecken mit einer Gravirung oder getriebener 



*) Technisch-Historisches im Allgemeinen bei B. Bacher, 
Kunst im Handwerk 1872 S. 114 ff. Otte setzt a. a. 0. S. 131 
die Metallecken zu spät ins 16. Jahrhundert. 

*•) Als Bretter. Vgl Wolters a. a. 0. 8. 230. 

***) Ueber die Zierstempel Nordhoff, Kunstgesch. Bezie- 
hungen S. 24, Serapcum XI, 229 t 

f) Ueber die eigenthümliche Clausur und die Ausstattung 
von Guido's Manipulus vgl. Nordhoff in Petzhold's Anzeiger 1873 
8. 82 f. Ein Folioband der Paulina aus dem 15. Jahrhundert zeigt 
auf dem Vorderdeckel unter durchsichtiger Hornplatte 
den geschriebenen Titel. 

tt) Becker in Kugler's Museum (1835) III, 398. 

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- 189 — 

Arbeit, wie sie dem Kunststile der Zeit nur zu Gebote stan- 
den. Im jener Zeit entfalten sich die gepressten Decken mit 
allerhand Ziermustern : lineare, vegetabile und figurale Orna- 
mente , Jahreszahlen — auch Buchstaben und Insignien *), 
wovon jene in der Regel die Initialen des Buchbindernamens, 
diese nach einem mir vorliegenden Beispiele aus dem An- 
fange des 17. Jahrhunderts den Eigenthümer bezeichnen; 
denn diese Belebungsmittel der Fläche verhalten noch in 
kleinem) oder grösserm Umfange bis ins folgende hinein. 
Kam doch damals grade den splendidem Büchern der Prunk 
des Goldschnitts mit allerhand Zierpressuren zu. Und erst 
lange , nachdem der dreissigjährige Krieg den Lebensmut 
geraubt, die ästhetischen Begriffe verwirrt, die Städte und die 
Kunst in ihrer Bltithe geknickt hatte, erst gegen Ende des 
17. Jahrhunderts hört der Buchbinder auf, Künstler zu sein, 
und beginnen die Blicher, des* Bildwerks im Innern und der 
Zier im Aeussern mehr und mehr entkleidet, kahl und nackt 
in die Welt zu gehen. Anzeichen weiterer Austattung, und 
dann in dem kahlen Stile der Zeit, werden Seltenheiten, die 
Clausuren fallen, die Blattränder leiden durchden gemissbrauch- 
ten Schnitt , dieser wird mit Farbe bestrichen, die Deckel 
werden vernachlässigt , der Rücken dafür bedacht mit dem 
gedruckten Titel. Und wie es heutzutage mit der Buch- 
binderkunst bestellt ist, das zeigen die sogenannten Pracht- 
deckel, die entweder die schwülstigsten Ornamente im über- 
wuchernden Goldflitter oder so schwer gepresste Formen 
zeigen , als wären sie aus einem Steine gehauen. Keine 
Dauerhaftigkeit, keine Schönheit. 

*) Lehrreiche Abbildungen von Einband und Schnitt bringt 
das Organ für ehr. Kunst [1861] XI, Nr. 23 öber Lüneburger Bücher 
der JJ. 1418 u. 1470; das letztere trägt Jahreszahl und Namen des 
Binders. — Wie eng die Bücherzierarten mit dem Holzschnitt und 
der Typographie zusammenhingen, beweist einerseits das Exemplar 
eines Buches von 1470 oder 72 mit einem Schriftstempel aus dem 
J. 1407 [im Verz. des Bücherlagers von Lesser zu Breslau 1873 
Nr. 447], anderseits der Einband einer bei Graes se, Lit. Gesch 
III, I, 123 beschriebenen, gedruckten Inschrift eines MS, wornach 
schon 1442 die Buchbinder mit beweglichen Typen umgingen. 



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— 190 — 



Soest 

sah in seinen Mauern die zweite Presse des Landes er- 
stehen, würdig einer Stadt, die an Börgerstolz, Handel und 
Weltverkehr blühte und der Bildung so zugänglich war, 
dass schon Langen von Münster aus einen Lehrer der Hu- 
manitätsstudien hierher wies (S. 61.) Die Schule, welche an- 
fangs manches Unkraut zu bewältigen hatte, zählt 1523 *) 
mehrere anscheinend weltliche Lehrer (scholmesters), und im 
Beginne der Reformation 1531 sollte eine deutsche Volks- 
schule »ein vor de jungen, ein vor de meckens« errichtet, 
und an der höhern Anstalt neben dem Latein auch das 
Griechische Lehrgegenstand werden , »up dat men gelerde 
by uns uptrecken möge« **). 

Die Presse eines Schulting, offenbar eines Mitbürgers, 
ist daher schon 1 5 2 3 in voller Beschäftigung, und zwar mit, 



*) 1523 gingen Schüler, „die nur Bücher tragen sollten", 
mit Messern auf die Strasse, oder tragen dem Thurmhüter Bier zu 
— was ihnen Verhaftungen und andere Beschwerden seitens der 
Stadtobrigkeit zuzog. Dies entnehme ich einem Ms. Rademachers 
Fol. 56 im Besitze des Herrn Canonicus F. L. v. Schmitz. Verfasser 
ist Eberhard Ludwig laut eingeklebtem Placat M. D. et reipublicae 
Susatinae im J, 1705 3/11 f 1730 und nach v. Steinen' s Quellen 
s. v. ein eifriger Sammler westfälisch-Soestischer Geschichtsquellen. 
Das 287 Folio-Bl. starke, schön geschriebene Ms. enthält zunächst 
eine ethnographisch-statistische Beschreibung, sodann eine Chronik 
von Soest und zwar sehr ausführlich für die Jahre 1414 — 1633. 
Dafür sind die Rathsprotokolle ausgezogen, Urkunden, Dichtungen 
und andere Quellenstücke in Abschrift oder Copie eingeflochten. 
Titel und mehrere Blätter der werthvollen Schrift scheinen verloren 
zu sein. 

**) Cornelius a. a. 0. I, 258. Weiteres bei Jacobson, 
Quell, d. Kirch-Rechts IV, ü. S. S. 11, 12. 



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— 191 - 



humanistischen Schriften. Es erschien das Gedicht*) des ge- 
lehrten Bartholomäus Latomus mit dem Titel : Factio me- 
morabilis Francisci ab Siccingen cum Trevirorum obsidione 
tum exitus ejusdem etc. Apud Susatium, nobile Westphaliao 
oppidum in officina Nicolai Schultingi M. D. XXIIT. 22 Blat- 
ter in 4°. Dieser Druck, an dessen Ende sich von demselben 
Verfasser ein Gedicht Bombarda befindet , hat ausser dem 
Verdienste, der erste Soester mit der Jahreszahl zu sein, einer 
Kölner Ausgabe vom nämlichen Jahre den Vorrang als erste 
Ausgabe abgewonnnen , wie solches aus einer Schlussschrift 
zur Genüge hervorgeht« **). 

Ferner ohne Jahreszahl jedoch mit dem Namen Schul- 
tings 2. Petrarca s ländliche Gedichte 32 Bl. in 4" und 
3. Briefe von Hieronymus 12 Bl. in 4°, — 4. in schöner 
Type (nach einem Exemplar des Alterthumsvereins zu Münster 
F. 96). BEatifTimi patris Nili cpi j fcopi et martyris antiquif | fimi 
8ententiae morales , e graeco in latinum verfae. | Bilibaldo pir- 
cheimero Norim | bergenfi Interpraete. | Distichon ad lectorem | 
Hic paucis redolet, quicquid cecinere prophetae 
Et lex, et quicquid facra Sophia docet. 
Fol. Ib. Bilibaldus Pircheymerus forori fuae Ciarae apud divam Cia- 
ram nurenbergae Moniali Salutein dicit. Am Schlüsse : Excufum 
fufatij in edibus Nicolai Schultingi Anno Domini | M. D. xxiiij, 
Das Ganze erstreckt sich über 12 Quartblätter mit Signa- 
turen wovon Bl. 11 die letzte, CHI, trägt. Das Wasser- 
zeichen ähnelt einem Ochsenkopf. Auffallig genug verlieren 
sich 1524 die typographischen Spuren***), bo dass K. Fal- 



•) Tross in d. Westphalia [1824] I, 1, 9 f. 

**) Von einem Soester Druck desselben Jahres in der Staats- 
bibliothek zu Berlin meldet mir Herr Pastor Krafft zu Elberfeld. 

•**) Gerh. Oemeken'a Soestische Kirchenordnung wurde 
1632 in Lübeck bei Job. Balhorn gedruckt als Praecipua Religionis 
noatrae capita, bei demselben Nie. Kragens Mindensche Kirchen- 
ordoung zwei Jahre früher. Schlichthaber, Mindische Kirchen- 
geschichte [1752] II, 94, 86. Hamelm. L c. p. 1099. - Des 
Minoriten Gervin Haverland Daniel Susatensia oder Spottgedicht 
auf die Reformation 1534 und 1539 neu herausgegeben von L. F. 



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- 192 - 

kenstein*) das erste Presserzeugniss überhaupt ins J. 1721 
versetzt, wo hier des Rumpaeus Institutionen theol. in 4° 
herauskamen. 

Nach Messkatalogen oder sonstigen Hülfsmitteln werden be- 
kannt an Druckern und Verlegern 1618 Johan Zeisen, 1673 Jakob 
Butz, 1676 Anton Utz, 1715-1747 Joh. Georg Hermanni**) , seit 
1714 Josef Wolschendorf , 1770 Joh. Heinrich u. 1793 Friedrich 
Adolf Ebersbach, 178* F. W. Balick. 



Lipp st adt 

verdankt eine frühe Presse und die geistige Anregung dafür 
theils Münster und den Fraterherren, theils der reformato- 
rischen Propaganda. Von Münster aus war das Schwester- 
haus gegründet (S. 119.) und später noch geleitet***) und die 
Schule, scheint längst bevor sie 1542 ins Augustinerkloster 



von Schmitz 1848 (Vgl. Cornelius I, 97. Seibertz, Beitr. I, 267, 
395. Vorwerk im Soester Gymn.-Prgr. 1854/56 S. 4] erschien 
nach der Ansicht des Herrn von Schmitz zu Rostock; Crecelius 
mochte nach einer brieflichen Angabe Soest als Druckort annehmen 
und kennt noch Exemplare zu Soest und Düsseldorf, eins als 4° 
und eins als 8" Ausgabe. 

*) Geschichte der Buchdruckerkunst 1840 im chronolog. Ver- 
zeichnisse der Druckorte bis in die neuste Zeit S. 394—400. 

**) Soestische Gesangbucher erschienen 1710, 1714. 3>a3 
5Reu*ingeritf)tete crbauticbe »Socftiftfic ($cfßitg a $3licf), barinn bcr Sttart 
unb bcr Äcrn ber geiffretcbften Coangclifdjcn lieber in befonbere Orbnung 
gebracht. &*obei ein geifhcicbeS ©ebät*bucf> . . . Ausgefertigt non bem 
eoeftifften Ministerio. eCXföSE. %n Vertag 3ob. ©eorg ^ermannt 
1747, in gefälliger Type u. 8°. - 1770, 1789: theilweise bei 
Heppe, Zur Gesch. d. evang. Kirche Rheinl. u. Wesf.'s I, 283 f. 

Vgl. die ürk. des J. 1435 bei v. Steinen, W. G. IV, '994. 




— 193 - 

verlegt wird *), humanistischen Einflüssen zuganglich gewesen 
zu sein, die später Münsterische Humanisten vertreten. Zwei 
Männer jenes Klosters, Herman Koite aus Beckum und Johan 
Westerman aus Münster, zugleich Schüler der Wittenberger 
Universität, und seit 1523 die frühsten Boten der Reformation**) 
in Wort und Schrift. Wenigstens gilt einer Schrift Wester- 
man's wahrscheinlich der erste Druck. 

<&\)n ä)x\ti\)U utfjleg^ge | bcr teijn gebobbe, ®e§ | gelouenS, 

Un üaber | unfeä, nm Eugufti | ncr cloeftet tor | Sippe t)n bcr | 
öaften | geprefet | bord) brober | 3of)an SBeftcr* | man $)octor bcr 
$il | ligen fernft, 3n bem t)aer | El.SXErjiii in 4°. Titel mit 
breitem Renaissanceholzschnitt eingerahmt, Blattzahlen fehlen, 
die Signaturen laufen bis LH. 

Schluss : £>oftt§ £>erobe§ impie, 

Sljriftiim benire qutb time§ 
9ion arripit mortalia 

qui regna bat celeftia, 
(\\ Sippic. Wnno m. b. r.r,iii. 
Ihm folgt : gleichfalls in 4° 

<£gn fuuertyfe unbermt) | finge hm men beben | fa>t , Unbe ba | 

ber procejft | on in ber | erüce | tuedfen 

4 Quartblätter mit Signaturen und dem Schlüsse : 

3 i 
i 3 

c|| ©ebrudfjt tor Sippe na 6^riftu§ gebort ©ufent | bbPunbert im 

triff un tnu7gcften (sie) 3>ar. | 

Beide Stücke, in Exemplaren auf der Paulina vorhanden, 
sind im Titelblatt umrahmt mit einem Zierholzschnitt, worin 
die klaren Renaissancemuster sich weiss vom schwarzen 
Grunde abheben , und, wie sie sich dadurch den schönen 
Drucken von Deventer, Wittenberg und Köln verähnlichen, 



*) Daselbst IV, 991 und Hamelmann L c. p. 253, 1056. 
**) Cornelius G. d. W. 1,34. Jacobson IV, 41. 

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— 194 — 

'•o reprasentiren sie m der bcnriit das erste rteispiel aar 
reinen Fraktur für Westfalen. 

Die Presse wird jedoch, anscheinend schon in der Ge- 
genreformation 1526*), ausser Betrieb gesetzt und verschwin- 
det, obwohl noch 1676 von dort ein Henning Yolckmar mit 
-einem Selbstverlags-Artikel auf der "Messe erscheint, so weit 
aus der geschichtlichen Erinnerung , dass von Steinen 
erzählt : Im Jahre 1710 hat Michael Herbst hier selbst eine 
(d. i. die erste) Buchdruckerei angelegt und das Privilegium 
erhalten, wöchentlich zwei Zeitungen zu drucken , er starb 
1720 den 16 März***); sein Name begegnet uns wieder bei 
einem Verlagsgeschäfte zu Rüthen. 

Ihm folgte Adolph Heinrich Meyer von Lemgo , der am 
22. Juli 1720 die Officin als Eigentümer antrat „in schönen 
Stand setzte und verschiedene Sachen verlegte" ; diesem Johan Bernd 
Möller, noch 1756 thätig, und endlich Langet). Lippstadt gewann 



*) Cornelias a. a. 0. II, 117. 
**) W. G. IV, 924 f. 

***) Bei ihm erschienen 1715 in 4°: Möller Heinr., Pastor 
zu Benninghausen , Der gefallene doch mehr erhobene Cederbaum 
d. i. Leich- und Lobpredig auf weyland Joh. Franz v. Schorlemmer 
am 12. Juni 1713; ferner als Anhang zu Lobwassers Psalmenbueh 
in 2 Thln das lutherische „9ku üerbefferteS &ird)en*©efangbuay' . . . 
1738 genauer beschrieben bei Hoppe I, 241. Jacobson IV, U. S. 
S. 313. 

t) Bei ihm edirte der leutselige Pfarrer von Hoynckhausen 
bei Rüthen, Melchior Ludolf Herold, in 8° theilweise auf eigene 
Kosten seine herzlichen und reichhaltigen Gesangbücher. 1. Kleines 
Vesperbuch zum öffentlichen Gottesdienst der Pfarrei Hoynckhausen 
1802. 2. Der heilige Gesang, oder vollständiges katholisches 
Gesangbuch für den öffentlichen Gottesdienst und die häusliche 
Andacht 1803. A2 1807, A3 1809, A10 1830 bei H. Staats. Da- 
gegen mussten, wahrscheinlich des ungewöhnlichen Notendruckes 
halber, die verschiedenen Melodien ausserhalb Westfalens gedruckt 
werden. Der Pfarrer Körholz , welcher auch das Paderbornische 
Gesangbuch von Tillmann und das Osnabrückische vou Deutgen 
umarbeitete, bet heiligte sich an der Verbesserung des Heroldschen. 
Seibertz, Westf. Beitr. I, 293, 294, 363-368. 



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- 195 — 

seit 1784 eine bedeutende Stelle im Westfälischen Buchhandel da- 
durch, dass die Buclihandlung Haude und Spener zu Berlin vom 
Juli jenes Jahres ab dort eine Büchemiederlage einrichtete , um 
namentlich das an Verkehr, Pressen und Bibliotheken arme 
Sauerland mit den neuern Erscheinungen versorgen zu können — 
ein Unternehmen, das an die zwanzig Jahre später, obgleich es von 
Arnsberg aus geregelt und gefördert wurde ff), wieder einging und 
seines vielleicht gedeihlicheren Gleichen fand am Comtoir für IM- 
teratur zu Elberfeld. 



Minden 

war, bevor es eine Presse kannte, längst als bischöfliche Re- 
sidenz und in gunstiger Lage eine Stadt bürgerlicher Wohl- 
hübigkrit, sogar die Heimat von Humanisten und seit 1530 einer 
blühenden Schule **) geworden, und daher lange Zeit auf aus- 
wärtige Officinen hingewiesen***). »Von Minden findet sich ein 
gedrucktes Mandat der Markgräfin Elisabeth von Brandenburg 



») Genaueres im Neuen Westph. Magazin 1789 I, 322 und 
hei Seibertz, Westf. Beitr. II, 477 f. 

**) Sieh voiher S. 106 Harn el mann p. 295, 338 et s. v. 
Minden. Vormbaum II, 743. Jacobson IV, 551. 

***) In einem Briefe des Königl. Staatsarchivs zu Münster 
theilt Bischof Heinrich 1497 27/9 seinem Bruder, dem Grafrn Anton 
von Holstein-Schaumburg mit, wie er vor merklicher Zeit in Wülsch- 
lande für die Geistlichkeit seinei Diöcese habe „Tyde Boke" mit 
vielen Unkosten „prenthen" lassen , und zwar mit dem Ersuchen, 
doch seinerseits für den käuflichen Verrieb derselben Etwas zu 
thun. — Ein Breviarium Myndense war erschienen opera et vigilanti 
cura industriosi viri Geo. Sittichs [Stuchs] de Sultzbach quam splen- 
dide eiaratum 1491 in 4° cf. Gr a esse Tresor s. v. Stuchs druckte 
aber seit 1484 zu Nürnberg, Panzer 1. c. V, 510. 

13» 



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— 196 — 

von 1542 in der Bodlejanischen Bibliothek« *), doch nur als 
eine ephemerische Erscheinung ; denn die nächsten Drucke, die 
zum Vorschein kommen , datiren mehr als hundert Jahre 
später und scheinen erst einer von der Preussischen Regie- 
rung wiederbelebten Presse zu enstammen. Die nächstfolgenden 
Druckartikel betreffen vorzugsweise auch Verwaltungssachen 
und die Drucker führen noch lange den Titel Regierungs- 
buchdrucker. 1664 sendet Joh. Ernst Heidorn 2 Artikel zur 
Messe , der nächste Druck , so ich auffinde , ist : fjürftlid^c 
ÜKinbifdje 9lmbt3= unb ©erid)t§orbming (Titelholzschnitt mit 
den Buchstaben 6- Sflinbcn an ber Söefer. 53etj $of)anit 
Srnft ^etjborn. 2)rucft§ 3of)an $ilcr. 3m 3a$re 1667. Sieben 
Bl. 4° in schöner Type **). 

Dr. Cruse, Mindensis, scholae Bilefeldensis prorector, 
der seinen Tractatus de jure offerendi noch 1661 in 4° zu 
Bremen drucken liess, edirte dann Opuscula varia historico- 
politico-juridico-philologica Mindae 1668 impressa in 4°. Diese 
Angaben macht Joh. Lohmeyer in einem Ehrengedicht zu 
Anfang des folgenden Stückes : Jus Statutarium Reipublicae 
Mindensis quatuor libris comprehensum . . . opera et studio 
Jacobi And. Crusii. Mindae Typis exscripsit Johannes Pilerus. 
Anno 1674***). 



*) Das Jahr bei Falkenstein, u. O.Schulz, Gattenberg 
oder Geschichte der Buchdruckerkunst 1840 S. 24. Das Genauere 
bei Graesse, Lehrb. c. a. Literärgesch. III, I, 190. Meier, 
Histor. Notizen über d. Typendruck in der Stadt Minden 1840. 4. 

**) Im Staatsarchiv zu Münster MS VII, 2402. Den Druck 
einer Gedächtnissrede des J. 1668 citirt Ant. Godfr.Sch lichthaber, 
Mindische Kirchengeschichte III , 359 , welches seltene Buch mir 
Herr Baron v. Vely-Jungken aus seiner Bibliothek zur Verfügung 
gestellt hat. 

***) 9?eu=root)(ücrmer;rte3 §crtK$nbrüuftige§ unb Cfyriftcrbaulicfjeä 
©efang&ud), barimten mefjr banu 700 gciftretdje fo ubrattc at3 neue 
Steber enifjatten , infonbcrfcit bie §ann öncrif d?c, roeldje oermittelji 
einer großen 3'ffcr3al)( am föanbe orbcntlicr) bejeidmet fmb, Wcbft einem 
SSoÜftänbigen SliiMdjtigem ©ebetbud), Dem aui^o auf infiänbige? 53c= 
geljrcn bie @onn* unb gefttägige ©oangetien unb ©piflctn beifüget, 



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197 



Nachdem noch 1687 Johann Hey dorn (als Verleger ?) bekannt 
geworden, folgte in der Officin Pilers, welcher noch 1683 arbeitete, 
auf Grund eines 1709 für gewisse Jahre erwirkten Privilegs Johann 
Detleffsen, Königl. Freu ssischer Hof- und Regierungsdrucker*), 
sodann, wie ein Druck des J. 1729 zeigt, dessen Witwe, und nächst 
dieser, laut einer Handschrift in einem Exemplare von Culemanns 
Mind. Geschichte, der Königl. Preussische Hofbuchdrucker Johann 
Augustin Enax von Hinteln, der dem Geschäfte den weitesten Um* 
fang gab und 1791 noch lebt, indess 1795 der Hofbuchdrucker Joh. 
Adolph Müller bekannt wird. 1732 lag ein hiesiger Artikel aus 
dem Selbstverlage von G. Schlichthaber auf der Messe aus. 



Dortmund 

kann sich einer frühen, regsamen und fast ununterbrochenen 
Presse mit vielen wichtigen Werken rühmen. Der exaete und 
umsichtige Historiograph des dortigen Gymnasiums hat in 
richtiger Werthschätzung der Vortheile nicht unterlassen **), 



SGBirb ober mit unb ofrie benenfelben öerfauffet. 2We§ jur ßbr bc8 
§öcf#en unb fdjutbigen (Erbauung be3 Stecfjften. Minden an der Weser, 
@ebrud)t unb uertegt burdj Sofyann Ottern, 1683, wie die meisten 
Gesangbücher dieser Zeit ein schlankes 8°. 

Ein Mindener Evangelisches Gesangbuch von 17.71 enthält 
T. 0. Weigels Katalog der [evang.] Bibel-Literatur . . . [1874]. 
I, 143 und bespricht nach Charakter und Verbreitung Heppe 
s. a. 0. I, 473. 

*) Culemann, Mindesche Geschichte 1747 Abth. V, 286. 
Durch die Bemühungen des Preuss. Statthalters Pet. Christ, von 
Osten und die Bücherschenkungen namentlich der Beamten wurde 
hier im Anfange des 18. Jahrh. eine öffentliche Bibliothek gegrün- 
det. Bünemann, De Bibliothecis Mindensibus antiquis ac novis. 
Mindae. Sign. E sq. 

•*) Döring im erwähnten Dortmunder Progr. S. 60, 109, 78. 



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- 198 — 

des Weiteren auf die Gründung und die ersten Leistungen 
derselben einzugehen. Wahrend Falkenstein und 0. Aug. 
Schulz den ersten Druck ins J. 1545 setzen, zieht Düring 
mehrere ältere Zeugnissen an, wornach sie »gleich« mit dem 
Gymnasium von Melchipr Soter (aus Solingen) entweder 154$ 
46 oder. 47, und zwar nach einer Angahe unter materieller 
Unterstützung des Rectors Lambach, errichtet wäre, vermag 
jedoch den Widerspruch in der Jahresangabe nicht sicher zu 
lösen und als ältesten beglaubigten Druck nur Scavestes' 
(Lambachs) Methodus recte legendi Hebraica . . . Tremo- 
niae, 1548. 8" und als ältesten Druck mit Angabe des 
Druckers (Melch. Soter) Jac. Schöppers Katechismus vom 
J. 1549 und desselben Synonima ... — vom J. 1550 nach- 
zuweisen. — Vielleicht das älteste Druckstück und sichere 
Auskunft über den ältesten Drucker gewährt wohl folgendes 
angeblich (Döring S. 61) auch 1551 zu Dortmund erschienene 
Werk, wovon wieder die Paulinische Bibliothek ein Exem- 
plar besitzt: 

Bsalte | rivm Davidis Carmine | redditum per Eoba? 

num Helsum *) , in Triuia | lium Scholarum gratiam in 

partes | divisum. J Cui accesserunt Annotationes Viti Theo-. 

dori | NoribergenUs, quae Commentarij | uice efse possunt 1 
Pio Lectori. | 

Sic etiam uili iaeuit uelatus amictu, 

Dum fua Dauides ftupra flet ante Deum. 

Quem nunc ire uides peregrina in uefte reemetum» 

Forfitan exuuias exulis eCse putes. 

Qualemcunq; uides, talem dedit anxia Mu^ae r 

Hefeidos in fuperos & tacra tanta, litis. 

Reftat, ut agnofeas lector bone, laeua malorum 

Nil moror in clades nomina nata Cuas. 

Tremoniae exeudebat Melchior Soter. | Anno M.D.XLVI. | 



*) Diese hauptsächlichste Leistung des bekannten Humanisten 
erfuhr in den ersten 40 Jahren nach dem Erscheinen an 40 Auf* 
lagen. L. Geiger in d. Göttiug. Gelehrt. Anzeigen 1874 St. 13, 
p. 395. Vgl. Strieder, Hessische Gelchrt.-Ceschichte III, 402 f. 



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— i9ä — 

Fol. 2a (Epistola nuncupatoria :) Illuatri et inclijto Heroi 
at Domino. Di Philippo HeCsiae totius ac finitimarQ aliquot; 
circa Gentium Principi &o Domino Cuo. perpetua fide colen^ 
diCsimo, H. Eobanua HeCsus. S. D in Hexametern,. — das 
Gedicht De Fructu et utilitate lectionis pCaimorum, Elegia. 
Bobani Hefei, gleichfalls in Hexametern, die prosaischen 
Briefe Clarissimo viro D. Eobano Hesso, Poetae, Philippus 
Melanchthon. S. D. und Vitus Theodoras Paulo Pfinzingo, 
Martini filio , Patricio Noribergensi. S. D. füllen 7 unbe- 
zeichnete Blätter, das Psalterium 318 bezeichnete und der 
Index 2Va unbezeichnete Seiten in 8°. 

Melchior Soter, bei dem auch 1548 in 8° erschienen 
des Nicolaus Clenardus' Institutiones absolutissimae in lin- 
guam Graecam cum aliquot dialogis Lucani, stammte jeden- 
falls aus Köln und hatte dann, nachdem ein Bruder oder 
der Vater Johannes zu Solingen bereits 1536*) seine Presse 
eingerichtet, diesen Ort mit Dortmund vertauscht, wo ihm 
das neu eingerichtete Schulwesen und das Zusammenströmen, 
gelehrter und th&tiger Männer ein reicheres Arbeitsfeld ver- 
heissen mochten. Wie verheissend damals die Schule und 
die literarischen Strebungen waren, erhellt auch daraus, dass 
schon bald offenbar nebeneinander andere Officinen, so 1552. 
jene Philipp Maurer's und 1553—1565 jene des Albert Sar- 
tor(ius) **), bestehen (Döring S. 60, 61, 106); und etwas später 
taucht wieder eine andere auf, die sich durch die für West- 
falen sehr frühe Kalenderedition auszeichnete, wie folgender 
Titel***) ergibt: »Schriff Almanach na der gebordt Jesu 



*) Vgl. Panzer XI, 304. 

**) Ihr gehören vielleicht auch : nach dem Auctionskatalög' 
der Niesertschen Bibliothek Nr. 305G , Herrn. Osnaburg, De sacer- 
dötum conjugio 1552 Trcmoniae; G. Ornitander, Protrepticon de 
lfberal. artium studiis colendis. Trera. 1561 beide in 8° — eine 
solche Rarität, dass Harne Im an n 1. c, p. 843 wohl ihren Verfasser 
Vogelmann als Professor zu Bielefeld, nicht aber das Buch erwähnt: 
Bibl. Buenemanni Nro. 2949. 

***) Bei F. J. Pieler a. a. 0. S. 30. Beckmann fuhrt' 
a. a. O. I, 110 ff. IV, 142 ff. von alten Kalendern , die mit aller- 



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- 200 — 

Christi M. D. LXXV. dorch Joan Wüekinghoffs Dortmund, 
Bij Arnt Westhoff«»). 1570 besitzt hier jedenfalls allein 
und zuerst in Westfalen Reinert eine Presse für Kupfer- 
platten-Druck, die dem Thurneijsser sehr gelegen kam, als 
ihn die Münsterischen Pressen damit im Stiche Hessen**). 

Der Büchermarkt wird seit 1572 beschickt; an Verlegern 
und Druckern begegnen uns seitdem 1601 Henning Hundt, seit 
1609 Jos. (und ? Joh) WesÜwff, 1613 Conr. Biermann und Joh. 
Westhoff, 1624 Georg Heusmann, 1623 u. 43 Andr. (W echter) Vi- 
gilius, 1652 Gerh. Starmann (Händler), 1652 Ant Bühl, 1681 und 
1700 Joh. Fried. Bühl, 1705 Witwe Bühl und- Thomas Ziese als 
Buchbinder {-Händler), 1721 Joh. Georg Herrmann, 1741 Gottr 



hand astrologischen Beiwerk versehen wurden, die ältesten gedruck- 
ten vom J. 1512, sicher von 1518, Graesse a. a. 0. II, II, 842 
einen deutschen von 1490 an. Seit 1583 erschien [von Win. v 
Lerbach] der Dortmunder Kalender laufend und daneben seit dem 
17. Jahrh. ein astrol. Jahrbüchlein [1623 in 16°). Mittheilung des 
Herrn O-B. Dr. Becker. 

*) Letzterer publicirte mit Albert Sartoi noch 1585 ein luthe- 
risches Gesangbuch in niederdeutscher Sprache 10° [beschrieben von 
Crecelius in d. Zeitsch. des Berg. Geschichtsvereins V, 259] und 
auch die Lieder in Wilckens Kirchenordnung der Gemeinde Neuen- 
rade, welche 15C1 zu Dortmund bei Albert Sartor erschien und von 
Crecelius a. a. 0. II, 62, 56 genauer behandelt wird, waren 
wahrscheinlich nicht in hochdeutscher Sprache verfasst. So vermutet 
Scheller, Bücherkunde 1826 Nr. 1034 und namentlich Döring 
S. 105, nach dessen brieflicher Mittheilung sich in der Bibliothek 
zu Dortmund an dortigen Gesangbüchern noch mehrere aus dem 
17. und 18. Jahrhunderte vorfinden. Heppe beschreibt a. a. 0. 
I, 284 genauer die Lutherischen Gesangbücher von 1755 [gedruckt 
hei G. D. Bädeker) und von 1778 [redigirt von den Predigern Adam 
Leis und Caspar Vogt] . . . gedruckt bei F. G. H. Bädeker. 

**) C, Becker in der Zeitschrift I, 246, £47. Vgl. vor- 
her S. 150. — Von Dortmund verzog 1801 nach Arnheim als junger 
Kaufmann Friedrich Arnold Brockhaus, um bald darauf in Am- 
sterdam und Aurich , seit 1811 zu Altenburg und zumal seit 1817 
in Leipzig das Gebäude eines Weltbucbhandels aufzuführen. F. A. 
Brockhaus. Sein Leben u. Wirken I, 1872. Seine Real-Encyclopädie 
A" III, 727 ff. 



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— 201 - 

tchaUc Biederich Bädeker (Verleger), 1760 Joh. Christ Böttiger, 
1778 F. G. H. Bädeker, 1797 H. Blothc, 1796 Gebr. Mallincrodt; 
1799 besteht zu Dortmund und Essen ein vereintes Geschäft. 



Lemgo 

eine frühe Heimat humanistischer Studien und Gelehrten*^ 
der Tummelplatz reformatorischer Regsamkeit, sah nach Fal* 
kenstein 1563 das erste Product einer eigenen Presse, die eine 
so glänzende Zukunft und ein solches Wirkungsfeld haben 
sollte, wie keine andere Westfalens. Sie ist auch älter und 
jedenfalls 1560 schon im Betriebe. Nach den dankenswerthen 
nachstehend reichlich ausgebeuteten Mittheilungen des Geh. 
Justiz-Rath 1 s Preuss zu Detmold zieren die Lippische Landes- 
bibliothek Drucke höheren Alters : 

1560**) Bernh. Copius, Partitiones dialecticae ex Pia- 
tone et Aristotele. Lemgoviae 1560 per Joh. Schuchenum. 
— Erasmus Roterodamus, De civilitate morum puerilium li- 
bellus, 1561 ap. eund. — Bernh. Copius, Partitiones dialec- 
ticae. Ed. secunda, 1563 ap. eund. — alle drei in 8°. — 
1563—65 erschienen mehrere Tractate Hamelmann's gedruckt 
bei Franz Grothen***), der indess 1571 nicht mehr am Leben 
war, 1571, Sippijdje #ird)cnorbnung. ©ebrutft fiemgo burd) 
^Bartholomäus © $ lobt unb ?(kmlu§ 6$mibt in 4°. 

Schlodt veröffentlichte 1578 des M. Herrn, a Kerssen- 
brock , Catalogus Episcoporum Paderbornens ium ... in 8° 
mit Wappen. 1580 eine der S. 70 genannten Schriften 
Hamelmann's, doch wohl kaum mehr die andern des J. 1587, 
da sein spätester Druck nämlich J. Schwiring, Carmen de 
passione Domini nostri Jesu Christi 1581 in 4° herauskam. 

•) Vgl. vorher S. 99 Haroelmann L c. p. 243 ff., 1079-81. 

**) Es erschien auch die von W aaser bach unter Nr. XXU, 
der Theologica erwähnte Schrift Hamelmann's De quadragesima 
scriptum oppositum Gerhardo Rodekenio. Lemgoviae 1560, ob 
gedruckt? 

**•) Vgl. Hamelmann L c. p. 239. 



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— 202 — 



Das litterarische Bedürfnis führte indess , wenigstes»' 

seit 1578 zu einer zweiten Presse, die Conrad G rot hen, viel- 
leicht ein Anverwandter Franzens und jenes Alexander Grothen, 
aus dessem Nachlasse*) die Erben eine Bibliothek auf- 
führten, errichtete. Zu seinen Werken zählen : Herrn. Neu- 
wald, Auspicium nuptiar. domini Simonis comitis de Lippia 
et dominae Ermgardae, conritissae de Eethberg. Lemgoviae 
1578 genuinis Conr. Grotheni typis expressum mit einem 
Holzschnitt in 4 g . $>rei ßeidjennrebigten gehalten bei ben Seiden • 
bei (Sbefn £emt unb ©rufen $&ilipj) jur 2ippt . . . unb bet 
grau Urfnlo geb. D. ©piegelberg, $bele grau jur fitöpe :c. :e. burdj 
$bam SSemgeliu^, £ofprebiger §u Spnrmont 1583. — Rudi- 
menta | Theologiae Christianae | Hoc est 1 Catecbesis D. Da— 
vidis Chytrai methodice contracta studio Henrici Frobosii 
scholae Hervordianae prorectoris. Preces ad Deum .... 
Lemgoviae Apud Conradum Grothenum 1584 in 8 1 '. 

1584 verheirathete er sich mit Anna Cothman und scheint 
1591 schon verstorben zu sein, weil es zu dem Drucke Erasmus 
Boterodamus, De institutione prindpis Christiani Lemgoviae 1591 
hei s st : Apud haeredes Conrad i GroÜieni. 1C04 besitzt die Presse^ 
Joachim Koch, 1650 bis etwa 1666 Heinrich mit Albert Meyer **). Wie 
vorsichtig die Familie Meyer das Geschäft in die Hand nahm, ersieht 
man daraus, dass 1667 ein Selbstverlagsartikel eines Heinrich Luth-. 
mann auf der Messe erschienen war ; dagegen ist der Verlag. eines. 
Heinr. Spielmeyer nurmehr 1680 mit einem Messartikel hervorgetreten. 
1676 erhielt Albert Meyer das frühste überhaupt ertheilte landes- 
herrliche Privileg , sein Sohn Heinrich Wilhelm, welcher noch bei 
Lebzeiten des Vaters die Presse übernahm, wurde 1710 zum gräf- 
lichen Hofbuchdrucker ernannt und starb 1722. Ein Familienglied- 
Adolf Heinrich, wahrscheinlich sein Sohn, übernimmt 1720 die Presse 
zu Lippstadt (S. 194.) ; zu Lemgo führt dieselbe zunächst mit seiner 
Mutter weiter Joh. Heinrich, dann dessen Witwe 1754 bis 1756, obwol 
das Geschäft 1755 durch die Heirath ihrer ältesten Tochter auf 



*) Vgl. Hamelmann L c. p. 1081. 
**) „Die Angabe im 0. A. Schulzschen Adressbuche für Deutsch- 
land vom J. 1873, dass die Firma Meyer schon im J: 1610 privile- 
girt sei oder damals überhaupt schon bestanden habe, ist entschie- 
den irrig". 



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- 203 — 

den Rath und Rector des Lemgoer Gymnasiums, Christian Friedrich 
Heining, übergegangen war, dasseit 57 als „Meyersche Buchhandlung" 
auftritt. Und wenn dasselbe im 17. Jahrhundert gegen die über- , 
mächtige Concurrenz Rinteln^ zurückgetreten war, so erhebt es sich 
nun zu einem Flor , dass es neben dar gelehrten und gehaltvollen 
Literatur Westfalens auch jene der angrenzenden Länder beherrscht, 
um der Cultur und Bildung des engern und weitern Vaterlandes die 
rühmlichsten Dienste zu leisten, und von allen Officinen Westfalens 
meistens allein den Messverkehr, und zwar einen sehr ausgiebigen, 
zu unterhalten. Von einem Naclikommen Heining' s wurde die Pr«m 
1842 nach Detmold verlegt , wo sie 1871 in den Besitz Wilhelm 
Klingenberg's überging,*). 

- — — 

*) An Lemgoer Gesangbüchern seien genannt: 

— 3)ie W alter mit tan @ummaricn Dr. üDtort. Sutf). Semgo 1587. 8° 

— 3">Ölf <2d)öne djriftlidje $efcnge aus ben ^falmeu SDauibst unnb 
anberen grünten ©öttlidjer Sdjrifft aufammengebradjt . . . (Bebrudt 311 
Semgo Öen, Sonrab ©rotten. MDLX XXVII in kl. 8°. Die Vorrede 
ist gerichtet an die Choralcs-Jungfcrn des Stifts Lilientall und 
unterschrieben [15]8G von Albertus Lomeier. [Weiteres bei Ph. 
Wackernagel, Bibliographie zur Geschichte des deutschen Kir- 
chenliedes im XVI. Jahrhundert. 1855. S. 416. 

— Nach den Mustern des in Höh geschnittenen Titelrahmens 
[S. 46.] zu schlössen, wären auch um 1580 bei Schlodt erschienen : 
Sitte | ©ontageS | unb fteft Suangelia | buvd)3 gange ftar , (Scfaiigroeijj 
gefafjet burd) 2Ji. Cujriacum £pangcnberg. v'lud) ein $)erid)t, auff n>a$ 
ÜTt)on unb SDictobcu, ein jcbcy mag gelungen werben, s. 1. & a. in kl. 8 
ohne Blattzahlen jedoch mit Signaturen [wovon R5 die letzte] und, 
vielen in den Text gedruckten schönen Holzschnitten ; am End«, 
©ebrutft 511 ftürmberg burd) 9ticolaum Änorn. 

— 1589 erschienen zu Lemgo , herausgegeben vom Prediger 
Binck oder Binch die „25 geistvolle Andachts-Lieder der Anna von 
Quernheim, Decanissin des Stifts auf dem Berge zu Herford in platt- 
deutscher Sprache. [Hagedorn] Entwurf vom Zustande der Religion 
bei der Reformation in Absicht der Grafschaft Ravensberg und . . . 
Herford. Bielefeld [1748] II, 179. 

— (5()rif*«l£-üangcli[d) auSerlefcnen unb üottßänbigeS @cfaitQ>$U(f). 
ÄBorin 1076 ber beften unb geiftrcidjften ©efäuge £>erru Dr. Martini 
Lutheri unb anberer . . . Äu$ allen in Ober* unb 9^ieber»<Sad)fen ge* 
fcräudjlidjen Gtefangbüdjcrn. 2Hit fonberbatjrem ftleife won neuem uer- 



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— 204 — 



Steinfurt 

erscheint bei Falkenstein erst znm J. 1604 im Besitze einer 
Presse, allein Dnickartikel dieses freundlichen Residenz- 
stadtchens mit einer regsamen Bürgerschaft sind 'schon zum 
Jahre 1593 auf der Messe vertreten und seit 1600 in nicht 
unbedeutender Anzahl — die letzteren als Arbeiten von 
Theophil Cäsar (Kayser), und 1601 auch ein Druckstück eines 



mehret unb berbeffert. Sludj mit 9tnmcifung bcfannter 2Mobenen ju= 
fammcn gebracht: SNebfl einem erbautid)« unb geifkeid)en ©ebät^üdjlein, 
bejtefjenb in SHorgen* unb 2lbenb= Söufj* $3cid)t« Sommunion* unb an= 
bern ©ebäten Don J. B. H. v. d. m. LEMGO, ©ei Heinrich Wilhelm 
Meyers fei. Sititoe unb Johann Heinrich Meier. 1740 in 8°. Im 
Titel wechseln rothe und schwarze Schrift. 

— 2)ie $fatmen DambS jum rfjrifitic^cn ©efang in Neimen gebraut 
»on Slmbrof. Sobroaffer [mit ben 9Mobien] fammt ben gebräucfytictien 
alten unb neuen &irdjengefüugen oerfduebener ©ottgclefyrter OTnner, 
n?eld)en §rn. Joachimi Neandri geiftreicfje S8unbc§=2ieber unb 2)anl- 
^falmen mit beifüget . . . 1722, 84, 87 in 8° . . . Semgo, 2Keoer. 
[Ueber Lobwasser und seine Uebersetzungen vgl. Crecelius in der 
Zeit3ch. des Bergischen Geschichtsrereins V, 270 f.] 

— Weuejte Äirdjcnlieber au§ ben beflen ©intern juni ©ebraudje bet 
öffentlichen unb Ijäuöltcben 2lnbad)t. üemgo 1773. [Nach der Vorrede 
des General-Superintendenten Ferd. Stosch zur Ergänzung des alten 
Gesangbuchs gesammelt von einem erfahrenen Schulmanne]. 

— „Beide, Sammlungen von 1722 und 73 wurden dann im 
J. 1799 vom General -Superintendenten Ldw. Friedr. Aug. v. Cölln 
zu einem Gesangbuche vereinigt und dieses im J. 1828 vom Gene- 
ral-Superintendenten Ferd. Weerth in das noch jetzt geltende Ge- 
sangbuch umgearbeitet, das noch immer durch das neue . . . von 
1862 nicht hat verdrängt werden können". 



— 205 - 

Joh. Saur; daher es den Anschein hat, als wäre die Presse 
kurz nach der Stiftung des Gymnasium Arnoldinum 1588*) 
eingerichtet worden. Namentlich verzeichnet Niesert zwei 
gegen den M linste rischen Theologen Bern. Dörhoff gerichtete 
Controverschriften des Steinfurter Professor's Dr. th. Conr. 
Vorstius »Getrückt zu Steinfurt durch Theoph. Kayser . . . 
1607« mit klarer Type in 8°. 

In 4° erschien $olijei Orbnung be§ ©rafcn SOßtfljelm 
£einrid) mm 93entf)eim=Steinfurt . . . ©ebrucft bur$ Theophilum 
Caesarem 1622**). 

Im Jahre 1662 besteht hier die Officin Corn. Wellenberges, 
1700 die Calcographia Arnoldina , apttd Hermannum Rüskamp, 
1712 die Officin apud Conradum Cunradi IB. Arn. Typ. 1729 — 
1741 eitie apud Joh. Gerlacum Wellenberg, Cornelii nepotem, Illustris 
Arnoldini Typographum***). 1791 apud J. H. Peck. — Da 
Steinfurt aus den Messkatalogen verschwindet, so dürfte die spätere 
Presse mehr und mehr der Verwaltung und dem lokalen Literatur- 
bedürfniss gedient haben. 1805 nennt sich Aug. Fried. Denhard 
akademischer Buchdrucker und Buchbinder. 



*) Suffria n in Eeinh. Vormbaum's Evangel. Schulord- 
nungen I, 646. 

**) Jedenfalls derselben Officin entstammt Johan v. Münster 
zu Vortlage : Adelicher Discurs von der Wiedergeburt und Reforma- 
tion der Kirche u. s. w. Steinfurt 1613 in 4°. Verzeichnis e. bed. 
Samml. Nr. 370. 

***) Vgl. Katalog der Bücher .... des Alterthurasvereins 
F 20a— e E 96. — Einige Angaben von Herrn Denhard. 



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— 206 — 



Siegen 

dem Mittelpunkte eines -rührigen, schön verwalteten Länd- 
eben b, erstand wahrscheinlich gleich mit der 1594 von Hes- 
born zeitweise hierher verlegten Hochschule, nach Falkensteiii 
1596, eine Presse*). Aus diesem Jahre kennt auch Cuno **) eine 
Schrift Zepper'8 »von der christlichen Disciplm und Kirchen- 
oucht« und ebenso der Messkatalog mehrere Druckartikel eine« 
Christoph Rabe (Corvinus). Rabe hatte die seit 1586 gehandhabte 
Presse zu Herborn einem Mathias Harnisch überlassen, um 
sie seit 1598, anscheinend nach des letztern Abgang, wieder 
zu übernehmen ; und dort neben der 1599 zuruckver legten 
Universität kann sie fortab eine Thätigkeit entfalten, dass 
die Siegener lahm gelegt erscheint und nqph zu Ende des 17. 
Jahrhunderts Druckschriften von Siegen zwar hier vön einem 
Buchbinder verlegt, aber zu Herborn gedruckt wurden ***)• 

Im Beginne dieses Jahrhunderts bestand hier eine „Berg- 
männische Buchdruckerei und Buchhandlung" ; die jetzige Vorländer- 
sehe Presse soll von dem französischen Gouvernement eingerichtet 
seinf). 



Paderborn 

rückt erst verhältnissmässig spät in die Reihe, und liefert dafür 
gleich Vieles — beides unzweifelhaft unter der absichtlichen 
Anregung des Bischofs Theodor von Eürstenberg ; nähere 
Veranlassung gaben ihm jedenfalls die neue Ausstattung der 
Schulen und des Gymnasiums , das 1585 ganz den Jesuiten 
übergeben wurde ff) , und sein Streben, auch mit geeigneten 

*) VgL J. H. Steubing, Gesch. d. hohen Schule Herborn 
1823 S. 19, 129, 132, 134, 183 f, 240 ff. 

**) Cuno, Geschichte der Stadt Siegen 1872 S. 35. 
***) Ein Beispiel des J. 1679 bei Cuno a. a. 0. S. 177. 
t) Mittheilung des Herrn Rechnungsrath Manger. 
ff) Annales Paderborn. 1H, 517. Jacobson a. a. 0.* IV. 




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— 207 — 

Schriften und Kirchenbüchern die reformatorischen Ansätze 
des Sprengels an beseitigen. Wann*) die Presse errichtet 
wurde, darüber haben Bibliographen und Geschichtschreiber 
seither nur Zweifelhaftes anzugeben vermocht. Während 
Beesen**) nur eines dem Buchdrucker Brückner gewährten 
Privilegs vom J. 1608 Erwähnung ihut , wies Ternaux-Com- 
pans zunächst als Primicialdruck nach die : Cantiques alle- 
mands par Scblohbruch. Paderborn. M. Pontan 1600 in 12°, 
sodann Reichard ***) des . . . Leon. Rubeni . . . abbatis . . 
Abdinckhoviensis . . , Liber de falsis prophetis et lupis ra- 
pacibus. Padibornae. Ex typis et officina Matthaei Pontani. 
Anno D. DC kl. 8° S. A— Gg8 als noch älter auf, weil 
letzteres Bl. 2a die Bewilligung zur Drucklegung, 2b das 
Wappen des Bischofs mit dem an diesen gerichteten Dedica- 
tionsschreiben enthielte und dieses (Bl. 13a) mit dem Datum 
Kalendis Januarii anno 1600 schlösse ; denn es Hesse sich mit 
Grund und Recht vermuten, dass das Werk propediem unter 
die Presse gebracht sei. Aelter und vielleicht die ältesten, 
weil der katholischen Restauration dienlich , erscheinen fol- 
gende Drucke des J. 1597, denen auch 1598 der Messver- 
kauf folgte. 

Des Rupertus Werlensis „$oftill" ^ 8°t) 1597. 
Meine | Catechismus | $>at i§ | £ i n $ o r t (led)t $eri$t 
GaQo | lijd&er fcfjriftlifer äe^r. | ©o einem übeten t&o gelouen unb 



•) Wenn auf die Angabe Hamelmann's Opera p. 228, 
1342 Seibertz Westf. Beitrage II, 85, 353 von Gerhard Rötikera 
Schriften zwei a, De ceremoniis ecclesiae Paderb. 1561 ; b, Senten- 
tiae ex optimis autoribus gedruckt zu Paderborn, zum Gebrauche 
seiner Schule anführt, so ist hier nur an Handschriften zu denken; 
Hamehnann spricht nicht vom Drucke, Seibertz nicht vom Formate, 
Bötiken Hess noch anderswo drucken: das beweist seine Synodica 
oratio, Coloniae, typis Godenau. 1561. 

**) a. a. O. II, 139. 

**•) Serapeum [1854] XV, 203. 

f) Schon von Drive r 1. c. p. 120 und Seibertz a. a. 0. 
II, 91 notirt. 



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— 208 — 



t^o toetten, tf)o bocn unb tf>o loten, tfyo fijner ©cclcn einigen ljet)l 
nuttlicf unb nobttoenbig i§ | 5)ord) | Job an nein ä Detten 
bc§ otben $>of)m§ tf)o fünfter (Sanontdj. ©ebrutft tljo ^ßabcrborn, 
bn 2Rattf)eo 93rüdtncr. | Die Kehrseite des Titelblattes mit 
dem Holzschnitt der Kreuzigung und darunter die Stelle : 
2. Epist. Sanct. Joan. L Cap., ebenso Bl. 10a mit einem 
kleinen Holzschnitt der Verkündigung. 30 Blätter mit Sig- 
naturen in 12°. 

Allerdings kamen mit dem Jahre 1600*), immer mehr 
und mehr theils des Inhaltes, theils der Zeit wegen denk- 
würdige Producte heraus, so 1602 Agenda ecclesiae Pader- 



•J Hier seien erwähnt mehrere Schriften von Melch. Stahl- 
schmidt, Seibertz VV. Beitr. II, 155, 359 und vonDript; sodann 
Söafjrfaffttije Öetefyrung | 93om | Sutberifcfyen | gum (Satt>olifcf?cn 

©laube, | bcö Üiborti ffiidjarbtä angctoefenen | ©ürgermeifterS ju <ßaber* 
born, gcfd)ef)en | . . . ben 30. 2fpri( | umb 1 U(jr nadnniitag Slllen gut-« 
Ijer^igen bürgern bafclbft unb (Stiffvgenoffeu burd) eine£ ^öiirgeiä ©of)n, 
ber Dom anfatig bijj jum cnb tiefem G()rifilid)cn SBevf bengemonnt %u 
gefallen befördert. SJiit angelangtem GuburtljcU aufj f^ürflt. ^aberbortt^ 
Sandtet) mitgctfjertt. S. Ambrosius sermo 89. Civitati nonnisi propter 
peccata civium infertur detrimentum. Definite peccata & civitas 
bene habebit. GJebrutft ju *J3aberborn btX) Matthen Pontano. anno 
1604. 28 Blätter in 12°, bloss mit Signaturen. 

Eine beredte doch mehr theologische als historische Ant- 
wort gab : 

©dmlfüljrung unb Sßibcrlegung befe ©torfmeifterif djen ©e- 
fpredjS lueldjcä ein 3 c f w ^ cr 8 U ^aberborn in offenem 2rucf mit bem 
©ürgermeifter bafclbft £>erru Siborio SBidjarb feiigen in feiner SSerftrirfung 
gehalten ju [jaben fidj beriUjmct. 2Men 2iebl;abern ber Guangelifdjert 
Söa^rbeit ju grünblidjem ©egenbcridjt oerfaffet unb jufammengetragen 
burd) $o!)aiinem ©dnuarfc Wienern am ©ort ©otteä 31t ©. ÜfyomaS in 
<Soeft. 2>iit einer SSorrebe D. Philippi Nicolai, ©ebrutft un uertegt 
ju Hamburg burd) ^Inlippum oon £§r. 1607. 41. 8. Vgl. Ko sen- 
kranz in der Zeitschrift II, 139 ff. 



— 209 — 

bomensis ex jussu Theodori *) episcopi evnlgata in kl. Fol. 
1609. die alten grffrfif» I SetQUc^e Äircfcn | gcjäng . . . ; 
anderseits Livü Liber XXXIII. e Bambergensi codice m. s. 
in quo a quodam de soc. Jesu primum integer repertus ao 
curate editus , Anno 1617 Paderbornae ex officina et typis 
Mathaei Pontani **) in 8°. — Der Drucker , welcher seinen 
Kamen seit 1600 mehrfach latinisirt, tritt 1602 auch durch 
einige Artikel auf der Messe in Geschäftsgemeinschaft mit 
dem Kölner Quentel und druckt 1608 sogar für Münster, 
obwol hier Rasfeldt durch seine Beziehungen (S. 152.) noch 
bis 1603 für Köln gearbeitet hatte; und wie sehr Brückner 
(Pontanus) mit seinen Leistungen die Gunst des Bischofs 
und seiner Eathgeber gewonnen hatte, erhellt aus dem Pri- 
vileg von 1608 1/8, wornach er, nachdem er sich zu Paderborn 
ein Haus gekauft und die Druckerei fortzusetzen beschlossen 
hatte, in der Stadt***) und im ganzen Stift keinen Concur- 



*) Sie ist nach Seibertz Beitr. II, 177, vom Bischöfe selbst 
Terfasst, und stiess bei den Protestanten, namentlich bei den Städten 
und der Ritterschaft , sogar bei einigen Pfarrern auf einen Wider- 
stand, dass ihm strafende Confiscationen und andere Weiterungen 
folgten. Bosenkranz in d. Zeitschr. II, 137. Strunck, Annal. 
Paderborn. III, 625. Jacobson a. a. O. IV, 521. — Die Agende 
von 1687, wiederholt 1753, ist ganz dem Römischen Ritual gemäss 
abgefasst. Zum J. 1688 erschien ein fürstbisch. Mandat : ne biblio- 
polae libros imprimant . . . nisi prius a vicario nostro approbatos 
Jacobson IV, 528. 

**) Arnsb. R. B. Diese Schrift war schon 1616 zu Rom, Ve- 
nedig und Paris erschienen, die Paderborner Ausgabe Cum notis 
von 1617 „scheint im höchsten Grade selten zu sein; der Heraus- 
geber war der [uns bekannte S. 63] Jesuit Horrion, der sich jedoch 
nicht genannt hat. Seine Noten sind von Gronov in. s. Ausgabe 
aufgenommen*. Schweiger, Handbuch der classischen Bibliographie 
II. I, 542. Preller in Pauli's Realencyclopädie IV, 1127. 

***) Privileg sowie mehrere Nachrichten über das Aeussere 
der Pressen zu Paderborn und Neuhaus verdanke ich den Abschrif- 
ten , welche mir darüber der Herr Dr. C. Mertens aus dem Liber 

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— 210 — 

renten haben solle, ohne Jemandes Einrede einen Bueh- 
bindergesellen halten dürfe, und für sich und seine Nach- 
folger im Geschäfte besondere Vergünstigungen *) seitens der 
8tadt zugesichert erhält. 

Trotz dieser Privilegien erlitt doch die Officin schwere 
Schläge : Iste Mathaeus Pontanus, catholicae religionis cultor, 
multos utiles libros typis vulgavit tempore consecuto usque 
ad annum 1622 , quo Paderbornam invasit Christianus dux 
Brunswicensis, qui, defuncto Mathaeo Pontano . . . constituit 
Bartholomaeum Ruffaeum, pedellum Academicum ; und Braun- 
schweig ertheilte ihm 1622 20/4 noch das schriftliche Privi- 
leg, dass er, von der Einquartirung verschont bleiben solle, 
»da diese (seine) Kunst genaue Aufführung erfordert und 
keine Turbation leiden kann«. — 1646 12/3, als Bischof 
Ferdinand den allgemeinen Gebrauch eines neuen Gesang- 
buches **) empfiehlt, lernen wir als neuen Drucker kennen 



variorum VIII, Ms. der Theodorianischen Bibliothek zu Paderborn, 
freundlichst genommen hat. Vgl. Evelt in der Zeitschrift 22, 328. 

•) Angeführt bei B essen a. a. 0. II, 139. 

**) Vielleicht ist dies nicht mehr erhalten. An Pader- 
borner Gesangbüchern erschienen ausser dem S. 201 erwähnten von 
Schlohbruch : 

— Paderborner Gesangbuch von 1565 [?]. Meister I, 47. 

— Alte Catholische Geistliche Kirchengesäng Paderborn 1609 
in 12°. [S. -209] Bollens, Der deutsche Choralgesang 1851 S. 93. 
Meister S. 44. Nordhoff, in Pfeiffer - Bartsch' Germania 
XVIII, 301. 

— Alte Catholische Geistliche Kirchengesänge . . . Paderborn 
1616. Hoff mann, Kirchenlied S. VIII. Bollens S. 93. 

— Paderborner Gesangbuch von 1628, 1665. [Bollens a. a. 0. 
8. 93. Meister I, 45]. — von 1671 [Bollens S. 93. Meister 
I, 47.] — von 1699 [Meister I, 48] - 1725 — 1767 — im 
Ganzen „mindestens 50" Auflagen [Bollens S. 93]. 

— Christkatholisches Gesangbuch, Paderborn bei Schirmer s. a. 
— - Katholischer Gesang nach den alten und neuen Melodien mit 

einem Gebetbuche von Jos. Tillmann, Paderborn bei Junffermann 
1796 in 8 Ü . A* 1799 , A 8 1802. [Der Verfasser, geb. 1753 zu 



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— 211 — 



Johan Huber, und später 1656 dessen Witwe und deren 
Sohn David. 

Sodann, 1659, bestimmte ein Hoheitsstreit*) mit dem 
Jesuiten Moriz von Büren um dessen gleichnamige Herrschaft 
den Bischof Theodor von der Reck , der Witwe Huber 
um seine Sache öffentlich zu vertreten, die nöthigen Druck- 
materialien zu nehmen und für deren Gesellen Johan Todt 
»typogr. aulicus« eine (zweite) Presse unter seinen Augen 
auf dem Residenzschlosse 



einzurichten. Damit war Paderborn das Monopol entwunden. 
Aegerrime tulit hanc novae typographiae institutionem vidua 
Huberiana . . . Quod litigium valde auctum fuit, cum filia 
Huberiana, promisso, uti asserebat, a Johanne Todt matri- 
monio, est frustrata anno 1662, quo ipse aliam Nihusii duxit. 
Die neue Presse bewährte sich so gut, dass jener Joh. Georg 
Todt, welcher 1680 den ersten Druck zu Coesfeld im Mün- 
sterischen veranstaltete, wohl kein anderer, als ein Bruder 
oder Verwandter ihres Besitzers war, und zu Neuhaus treten 
bald neben ascetischen Stücken ansehnliche Werke wie die 
Vita Meinwerci ed. Overham 1681 und namentlich die histo- 
rischen Arbeiten Schatens ans Licht, besonders seitdem 
Christoph Nagel, welcher nach dem Titel seiner Ausgaben 
der Schatenschen Annalen aus Jesnitz im Anhalt-Dessauischen 
gekommen war, als typographus aulicus das Geschäft über- 

Füretenberg bei Paderborn, war Pfarrer in Erkelen, nach 1810 in 
Brakel. Vgl. Hamberger-Meusel, Da« gelehrte Teutschland 
XXI , 83. Dies und das Münsterische von Verspoell A* 1810 scheint 
Bollens S. 105 als Proben des namentlich durch französ. Emi- 
granten verweichlichten Kirchengesangs hinzustellen. Mehrere dieser 
Angaben machte Herr Dr. C. Mertens und durch ihn Herr Pfarrer 
Kleinschmidt zu Warburg, mit dem Pfarrern Wacker zu Wünnen- 
berg der anonyme Herausgeber des neuesten Gesangbuches : Sursum 
Corda 1874 bei Junffermann kl. 8". 



*) Den sonderbaren Aulass erzählt genauer Bessen a. a. 0. 
H, 221, 222. 



Neuhaus 



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— 212 - 

nommen hatte und von 1693 ab auch wiederholt Artikel zur 
Messe beförderte. Es wird derselbe sein, welcher seit 1699 
zu Warendorf und bald darauf zu Münster seine Presse auf- 
schlug (S. 158) , nachdem er zu Neuhaus 1698 sein Ver- 
mögen verloren hatte*). 

Die Todts, von weichen Johan Georg vielleicht nur ein Jahr 
tu Coesfeld thätig war, müssen ihr Geschäft zugleich nach Pader- 
born verzweigt haben, denn von hier beschickt 1674 ein Johan die 
Messe, 1709 wird hier ein Johan Theodor bekannt, dagegen nennt 
Strunck's Westphalia Sancta .als Druckort Neuhusii. Typis 
dt impensis Joannis Theod. Todt, Clmi. Princ. P aderb. ac. MonasL 
Typ. Aul. Ao. 1715 und erscheint desselben Epitome historica**) 
de vita, reliquis . . . 8. Liborii . . . Paderbornae typis Joan. Theod. 
. . . Todt . . . Elector. Colon. Aul. Typogr. 1736 in 8°. 

Von Paderborner Druckern und Buchhändlern begegnen 
uns sonst : 1669 Joh. Hess ***) der erste Verleger der Monumenta 
Paderbornensia, 1682 wieder Huber, 1707—1729 Joachim Friedrich 
Buchf), 1707 Nie. Dähmer zeitweise mit Buch assoeürt, (1736 
Todt) 1741 u. 45 Ferdinand Joseph Schirmer mit dem Buchbinder 
(Verleger) Heinrich Hildebrandt, 1742 Jos. Buch, 1755—1770 H. 
L. Wütneven, anfangs mit Schirmers Witwe assoeiirt, seit 1762 



*) Cf. Vogt, Catalogus libror. rarorum p. 609. 

♦*) C. Mertens, Der h. Liborius, Paderborn 1873 S. 309. 

***) Herr Archiv -Sekretär Dr. Sauer theilt mir folgende 
vielleicht auf eine andere Druckerfamilie deutende Nachricht von 
1678 26/11 mit : Fürstbischof Ferdinand II. genehmigt, dass 
des verstorbenen [Münsterischen] Buchdruckers Raessfeld Sohn 
[S. 153.] die Privilegien erhalte , dass während seiner Minderjäh- 
rigkeit Geschäftsführer sei „ein ander qualificirter Catholischer Sub- 
stitut, als oxempli gratiä Friedrich Meyer, so bey W. Elzivier ar- 
beithet, von Paderborn bürttig unnd in dieser kunst woll erfahren". 

f) Musices Choralis Medulla, sive Cantus Gregoriani Funda- 
mentalis Traditio, üna cum tonis communibus hymnis, antiphonis 
lectione mensali &c Ad usuro fratrum minorum strictioris obser- 
vantiae provinciae s. crucis, . . . Paderbornae, Typis Joachimi Fri- 
derici Buch. Anno 1714. Daran schliesst sich mit besonderer Pagi- 
nirung: Processionale ad normam missalis ac ritualis auetoritate 
apostolica reformatum concinnatum in usuni F. F. Minorum stri- 
ctioris observantiae, 12°. 



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— 213 — 

Junffermann. Von Nie. SchaUn (?) erscheint 1743 auf der Messe 



Warburg 

reiht sich nun mit einem*) Artikel ein, ist auch nicht auf 
dem BUchermark vertreten, sei es, dass das für Paderborn 
kurz vorher ertheilte Privileg oder erst der dreißigjährige 
Krieg der hiesigen Presse Einhalt gethan hat Es ist: 
Cursus Kleselianus. fllöfelä flunftboifcn . . . ©ebrutft au Bar* 
Jwtg. burd) 3. 33eriman, 1619, 4°. 19 Bl. (Dialog) ♦♦). 



*♦) Genannt bei Wendelin von Maitzahn, Deutscher Bücher- 
schatz des sechszehnten, siebenzehnten und achtzehnten bis um die 
Mitte des neunzehnten Jahrhunderts 1874 Abth. II, ,285 Nr. 587. 

*) Indem ich nunmehr Werden, welches ich S. 129 mit Te- 
schenmacher zu Westfalen zu rechnen hatte, sicherer für eine frän- 
kische Stätte halte [Vgl Joh. Friedr. Möller, Patriot. Phantasien 
1821. I, 34 ff.], wird Essen ethnographisch dem sächsisch-westfäli- 
schen Boden angehören [Kampschulte in d. Zeitschr. XXII, 227 t 
Nord hoff, Kunst, Bozieh. S. 35] und hier zu berücksichtigen sein. 
Nachdem die Reformatoren schon um Weihnachten 1561 auf eigene 
Hand deutsche Lieder in der Getrudenkirche angestimmt. [Funcke, 
Geschichte von . . . Essen 1851 S. 109] und bereits im J. 1611 
den Cultus erlangt hatten [Jacobson a. a. 0. IV, 173], erschien 
1614 ein lutherisches Gesangbuch gedruckt durch Johann 
Zeissen, oder Zeiss [Besprochen von Crecelius in d. Zeitsch. des 
bergisch. Gesch.-Vereins V, 282 ff. üeber die Einflüsse und Ver- 
fasser vgl. Heppe I, 204]. Zeissen wird es sein, welcher 1615 
Essener Druckartikel zur Messe schickte und etwas später in Soest 
sein Geschäft begründet [S. 19-2.]. In Essen verlautet auch von 
einer Presse vorerst Nichts mehr , bis 1683 ephemerisch wieder ein 
Artikel eines Heinrich Kauffmann auf der Messe verzeichnet wird. 
Seitdem kömmt uns die nächste Kunde aus dem J. 1742, wo, wie Herr 



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214 — 



Osnabrück 

erhielt erst 1617 zu des Bürgermeisters Heinrich Nytzen des 
Aeltern Zeiten eine Druckerei durch Martin Mann *), welchen 
Druck zuerst , bleibt fraglich. Von Mann , der 1619 die 
Messe besuchte, erübrigen noch Drucke bis ins J. 1635"). 



< 

J. Bädeker mir durch Herrn 6. D. Dr. Topphoff mittheilt, hiereine 
Buchdrucherei des Waisenhauses bestand «ans welcher ein noch yor- 
handenes Zeitungsblatt stammt". Bädeker betrieb dort laut einem 
Berichte im Rheiniscb-Westphäl. Anzeiger XXVIII, 1075 von 1817 
auch eine Schriftgiesserei „die einen glücklichen Fortgang hat" und 
längst einen regen Buchhandel zum Rheine. Cl. Th. Perthes, 
F. Perthes. A 8 U, 149. 

•) Röling, Osnabr. Kirchen-Historie S. 138. Sandhoff An- 
tistitum Osnabrug. Ecclesiae . . Res gestae 1785. U, 140. Grote- 
fend a. a. 0. V ff., dem die meisten Angaben der äussern Ge- 
schichte entlehnt sind. Herr Regensberg zu Münster besitzt den 
in Kupfer geschnittenen Titel Ton dem 4° Druck : Synodus maior | 
Osnaburgensis | id est | Decreta | et Constitution es in | Synodo pro- 
mulgatae J praesidente reyermo et illm. principe ac D. X>. Fran- 
cisco Guielmo S. Osnaburgensis ecclesiae episcopo XXVIII mens. 
Mart. M.D.C.XXVI1I ... Ex typographaeo episcopali OsnaburgensL 
Den Titel rahmen ein folgende schön gruppirte und gestochene 
Bilder oben in der Mitte die thronende Himmelskönigin mit dem 
Kinde, neben ihr einerseits S. Petrus . . . und S. Crispinianus . . » 
anderseits S. Crispinus . . . und S. Carolus Mag. Fundator, unter 
den beiden letzteren die Gruppe der HH. Regina, Juliana, Cordula 
Cordua . . . gegenüber, unter den beiden ersteren, S. Hermagoras 
• . Pirminius . . Ludge[rus] . . Cand<). über dem Titel zwischen beiden 
Gruppen das Wappen, neben demselben einerseits, im Felde Caro- 
lus M. : S. Gosbertus . . . Adolphus . . . anderseits im Felde Cri- 
spinianus S. Wiho . . . S. Benno. Sollte damals eine bischöfliche 
PriTatdruckerei bestanden, oder die Mannsche Presse diesen Cha- 
rakter geführt haben? 

••) Als Proben : (Hpifttige unb f)oc& | nötige ©arnung | ftüt 
feem $o$argetlu$«n »erfdjtoeun | unb nerlobeu | 1. *en fceuffel falen, 



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— 215 — 

1643, als die Gesandten hier zum Friedenscongresse erwartet 
wurden, war keine Presse mehr vorhanden und musste da- 
her eine solche von Rinteln verschrieben werden, wo noch 
1652 in 4° die Osnabrückische Kirchen-Ordnung erschien*). 

Weitere Drucker und Verleger sind Johan Georg Schwander 
(Schwendtr, SchweinderJ 1660, der, nachdem Johan Casimir Koho- 
noffsky 1661—62 mit dessen Schriften, und 1664—70 ein Tilmann 
Buchholtz (Buchholdius) für sich gedruckt hatte, 1673 7/2 ein Pri- 
vileg für seine Presse erwirkt und sie wenigstens bis 1682 benutzt 
— 1688 Joh. Wolfgang JJisiner — Gerhard Schorlemmer privile- 
girt 1691 31/1 f 1706, — dessen Witwe, die im Sommer des foU 
genden Jahres Godfrid Kissling**) von der Eulenburg in Sachsen 

2>onber- unb §agelfd)lag. 2. ©cn bem SBerroilnbfctjen ©ottfkaffc micf}. 
3. 53 om leichtfertigen ilKijjbraucfje be3 attertjeiligfien unb allen feligma* 
djenben SftafymenS 3 ® © u « öott gu etjren unb gu gemeiner aufferbatoung 
Anno 1626 am 10/20 Septembris. ©eftettet auff« $apnr gebraut unb 
m biefen Xrucf gegeben burd) 3o()an von SWünfler gu Vortlage .... 
[Schriftstellen] ©ebrutft gu Oßnabrüd bet) SRartin 9Kann im §af)X 1626 
in 4°. — Im*nächsten Jahre erschien in derselben Officin und Grösse 
4 Bll. stark : Epigramma in nobilissimi et amplissimi viri D. Johan- 
nis a Münster senioris hereditarii in Vortlage etc. et judicis dica- 
8terii aulici vigilantissimum librum i nctvoo&a $xoy [?] ;die griechische 
Schrift ist unleserlich, die lateinische klar, die deutsche gross aber 
unrein im Abdrucke. 

*) Bibliotheca Buenemanni No. 1192. 

**) Es erschienen : 

— «Reue* Cprift» erbautidjeS | ©cfangbud) | Söorinn »ifc 700 ouScr- 
lefene , fo alt at* neue ©efa'ugc, fonberlid) bie 300 £>annitocrifrfte . . . 
Unb ba§ DoUftanbige Cfenabr. ®efangbud) . . . 9iebft beigefügten Doct. 
Joh. Habermanns SWorgen* unb 2lbenb* . . . freft* öu&* öeidit» unb 
Gommunion ©ebetern . . . Ofen. »erl. u. St. Srumbeiu 1697. 

— DSnabrücfifdjeä ©efangbua?, Oönabrüd 1720. 

— Weu DcrmefjrteS &. » ber (£f>riftt. Gemeinen ungeänberter 
Stugfpurg. (Jonfeffion gu Dfenabrücf, ffiorinucn 500 auScrlefeuc geifrreierje 
©efänge . . . 9ta Unter SSeranjiattung E. E. Rahts in größeren &or* 
mat u. groben 2>rutf »on neuen auSgeferttget. Ofen. Verlegt bei ben 
©ucfcbinbern 1732 [als £anb-<8. ».]; gum anbern ma^t . . . D&n. 
SBerl. u. 2. #oigt u. fr G». Hingen 1756. 

— (5f>rifttict)eö ©efangbud) für bie et>angeltfd>-tutr)crifcpen Qfremeinben 
im fcocftjtift Dönabrücf . . . SRebft ben geroitynlicfien boppetteu »nfang. 
Böttingen, gebrueft bei Sodann Cü)rifrian 2>ietri$ 1780 in 8 Ü . 



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— 216 - 

heirathete. Dieser arbeitete sicher bis 1741, sein Sohn Jokern Wil- 
helm geb. 1711, wenigstens schon 1752, und bis 1789 wird das Ge- 
schäft auf den Namen Joh. Wilhelms fortgesetzt, obwol dessen 
Sohn Joh an Gottfried , der von 1773 an einige Jahre in Leipzig 
Halle und Jena sich der Typographie gewidmet, demselben längere 
Zeit vorgestanden hatte. Von 1789 führt Johan Godfried das Ge- 
schäft unter der Firma „J". W. Kissling & Sohn" bis zum Tode 
des Vaters 96, sodann unter seinem Namen bis kurz vor seinem 
Ableben 1820, wo es der Gemahl seiner zweiten Tochter Gerhard 
Rudolf Meyer übernahm. Gegen Ende des vorigen Jahrhunderts 
scheint das aufleuchtende geistige Leben der Stadt Münster auch 
hebend auf die Zahl, und, wie die Stiftskalender (S. 185.) zeigen, auf 
die Ausstattung der Osnabrückischen Presserzeugnisse eingewirkt 
zu haben, zumal Münsterische Buchhändler auch hierher ihr Geschäft 
verzweigten (S. 155.). 

BuchJiändler weiden auch gewesen sein: Godfrid Liebezeit, 
der 1691, Peter Andr. Krumbein, der 1696, Mich. Andr. Fuhr- 
mann, der 1710, Levin Voigt u. Jobst Gerh. Lingen, G. E. C. W. 
Hechtet, der 1765 von Osnabrück und Goslar die Messe beschickt; 
1773 hat Joh. Wilhelm Schmid eine vereinte Verlagshandlung zu 
Hannover und Osnabrück. 

— 9hut$ ©efangbitcf> 3um ©ebrauef} ber eoangetifclHutfierifäcn ©e» 
meinten in ber <©tabt Dfnabrürf. Dfnabrücf, gebrueft beu Soljann 2Sit« 
$etm Äifjling. $od)fürft. prioil. $3u($brucfer 1786. 805 S. in 8°. ohne 
das angehängte Gebethnch. [Exemplar im Besitze des Herrn Con- 
sistorialrath Smend zu Münster]. Weitere AA. 1828, 46, 67. Theil- 
weise nach gefälligen Mittheill. der Herren Archivar Dr. Veitmann 
n. Sup. In*endent Gruner zu Osnabrück. 

— ftcueS fatfjolifcfccS ©efangbuef) gut ©etefjrung unb (Srbauung toeS 
Triften für beu Öffentlichen ©ottcäbienfl unb au $riöatanba$t eine« 
jeben S^riflen mit beögefefeten aller Orten befannten unb befonberen 
ganj neuen ÜMobien. 2äglicf/e — fefhäglidje — uermiföte ©efänge 
nnb ©ebete »cm föubotpb 3>eutgcn, 93i!ariu3 unb ©ibtiot^efariug ber 
©omtiräe au Oänabrücf. 3n>eite Auflage . . . ©ebrutft in 2Rinben bur<$ 
3o^ann Stugujtin (Snar, ÄÖnigtia^en $ofbud)brucfcr 1782 in 8°. — Die 
erste Auflage laut Datum der beigefügten Approbation 1780 |>o?] 
— die dritte verbesserte zu Münster bei Aschendorf 1792. Kinne- 
mund, Gesch. des kathol. Kirchengesanges A2 1850 S. 170 benennt: 
Das Gesangbuch von Vicar Teutgen zu Osnabrück 1788. 



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— 217 - 



Herford 

tritt mit einem Pressartikel in die Geschichte, der in seiner 
Art sehr früh und cultur geschichtlich sehr merkwürdig ist. 
Weddigen*) konnte deutsche Zeitungen vom J. 1630 und 
frühere mit dem Namen des Druckers nachweisen und ver- 
sichern, dass die Stadt schon lange vorher ein Zeitungscom- 
toir gehabt habe. Die Gottingischen Gelehrte Anzeigen be- 
schrieben dann ein Exemplar: ein Bogen hatte 4° Grösse, 
grobe Schrift, jede Seite 2. Col., am Rande die Zahlen 5, 10, 
15 als Zeilenzähler, den Titel Coniun- unb Augirte SBöd&ent- 
litfye hülfen 630 Nr. 1 und den Schluss : Coniun und Au- 
girte SBöd&entlidje Emfen 1630 Nr. 1 getauft ju §erforb bei 
SHorifc S3ogtO) ben 18. Octobet. Zufallige »Zeitungenc, 
welche das eine oder andere Ereigniss verkünden sollten, gab 
es in Deutschland vereinzelt schon um 1450, doch gedruckte 
zuerst seit 1493***) und dann massenhafter seit dem 16. 
Jahrhundert, wie uns auch das Treiben der Wiedertäufer 
beweisen konnte (S. 148.); periodische dagegen, welche 
sich seit Ende des 15. Jahrhunderts aus den Nachrichten der 
regelmässig erscheinenden Kalender entwickeln mochten, 
brechen sich handschriftlich schon früh in Deutschland, seit 
1536 und, dort den Handel betreifend, in Venedig, bahn, er- 
füllen jedoch erst vereinzelt 1590 undfj erst seit 1612 (mit 



*) Beschreibung der Grafschaft Ravensberg [1790]. II, 45. 

**) 1790 Stück 134 u. Weddigen im Neuen Fortgesetzten 
Westphäl. Magazin ]1798] I, 67, wo auch Proben mitgetheilt sind. 

***) Graes se, Lehrb. e. allg. Literärgesch. III, 1, 32 ff. 
1090. Weller, im Serapeum XX, 218 ff, u. Bibliothek des literar. 
Vereins B. CXI. 

f) Graesse a. a. O. Vgl. Beckmann a. a, O.II, 234. IV 
306. G. Freitag, Bilder aus der deutschen Vergangenheit 
A a III, 149. 



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— 218 - 

Nummern) den Begriff unserer Zeitungen; daher geben 
Herfords »Avisen« und bald der Münsterische »Mercur« 
(S. 167.) der Tagespresse Westfalens*) weit Uber 100 Jahre 
voran und mit jener der Welt stehen sie in der Vorderreihe. 

Wahrscheinlich erschien zu Herford auch „beä 9totl)§ ju 
§eröorben ©tobt*Orbnung . . . publicirt den 15. October 1628* 
wovon ein Exemplar rarissimum im städtischen Archiv 
erübrigt **). 

Auf dem Büchermarkt ist Herford vertreten, zuerst 1673 durch Lor. 
Autenius mit 4 lateinischen, 1 deutschen und 6 holländischen Ar- 
tikeln und von Corn. v. d. Meuten mit einem Buche, 1678 durch 
Heinrich Diebruch, 1712 durch Gerlach Heinr. Diebruch, der 1720 
laut Angabe eines von den gesammten evangelischen Predigern da- 
selbst verlegten „Kleinen Catechismus Dr. Martini Lutheri" mit 
Jacob Köhnemann ein gemeinsames Verlagsgeschäft hat; seitdem 
fehlen diesseitige Artikel auf den Messen. 



*) Erst seit 1763 erschien zu Münster bei Aschendorf wieder 
als periodische Schrift: Münsterisches Intelligenzblatt etwa in 25 
Jahrgängen; — 1785 bis 1804 das Münster. Gemeinnützige Wochen- 
blatt. [Rassmann S. 372]. 

**) Staats-Archiv zu Münster MS. VII, 2402 ; die Herforder 
Kirchenordnung von 1534 ist noch in Wittenberg gedruckt und 
vielleicht gar nicht mehr vorhanden. Titel u. Weiteres bei Jacob- 
son IV, 52, 



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— 219 



Hamm 

ist »1663 die erste Buchdruckerei durch Berend Wolphard 
vielleicht im Anschluss an das 1657 gestiftete, 1779 mit der 
alten Lateinschule verbundene Gymnasium *) angelegt« **) ; 
ihre Artikel erschienen 1674 zuerst auf der Messe und da- 
neben andere eines Heinrich Nettebruch, doch diese nur für 
ein Jahr, während jene Bernhard Wolphard's bis 1693 
wiederkehren. Ihm folgt der jedenfalls von Soest gekommene 
(S. 192.) Anton Jacob ütz — 1740, dann Friedrich ütz — 
1785 t). 

Man kann nur mit Mühe und nach grossen Zwischenräu- 
men, so tum J. 1756***) 91 und 98, spätere Artikel nachweisen und 
damit feststellen, dass die hiesige Presse, wenn auch nur wenig 
beschäftigt, doch stets im Betriebe verblieben ist. — 1793 bestand 
zwischen Häusern zu Hamm und Frankfurt ein gemeinsames 
Verlags-Geschäft. 



*) Vormbaum a. a. 0. II, .284, 888. 
**) Möller, Kurze Geschichte der Hauptstadt Hamm. 
1803 S. 130. 

•**) Nun erschien von dem Prediger der reformirten Gemeinde 
daselbst Rulemann Ludwig Eylert ein Gedicht auf den Sieg des 
Königs bei Lowositz, dessen Titel und Grösse Heppe a. a. 0. II» 
440 beschreibt. 

t) Notixen der Groteseben Buchdruckerei zu Hamm. 



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— 220 — 



Bielefeld*) 

»In der Grafschaft Ravensberg, erzählt Weddigen**) 
zum J. 1790 , befindet sich überhaupt nnr eine Druckerei}. 
8ie wurde 1685 von Just Tränkner zu Bielefeld angelegt und 
von dem damals regierenden Churfßrsten von Brandenburg« 
mit einem Privileg geschützt, wornach er, der sich vor einiger 
Zeit in Bielefeld häuslich niedergelassen und daselbst eine 
Druckerei eingerichtet habe, worin ihm von der Nachbar- 
schaft aus allerhand Nahrungseintrag geschähe, alle Schrif- 
ten, so im Namen der Regierung oder von Privaten publicirt 
würden, drucken solle und alle seine Druckstücke, die vor- 
her Censur und Approbation erfahren, im Preussischen nicht 
nachzudrucken und solche Nachdrucke zu vernichten seien. 
Verführt vom Datum des Privilegs hat man den Anfang der 
Presse oder wenigstens des hiesigen Buchhandels um mehr 
als zehn Jahr zu spät angenommen, ohne zu beachten, dass ein 
Privileg gewöhnlich den Bestand einer Sache voraussetzt ; 
denn schon 1671 beschickt von Bielefeld Johan Dibruch, je- 
denfalls Glied der gleichnamigen Familie zu Herford (S. 218), 
den Bachermarkt mit 4, zwei Jahre später Joachim ihn 
mit 3 Artikeln. 

Erneuert wird das Privileg 1712 dem Büderich Bär 
dtker, Tränckners Nachfolger in matrimonio , und zwar, wie 
der König Friedrich ausdrücklich zu verstehen gibt, mit beson- 

*) Es sei an dieser Stelle erwähnt, dass unter den Mess- 
artikeln des J. 1666 auch ein Stück b, n. ?on Gronovia kam, wel- 
chen Ort Gustav Schwetschke mit Gronau [?] übersetzt. Ein Ort 
entsprechenden Namens ist auch das Dorf Gronow bei Lübeck, cf. 
P. Lindenbergius,HYPOTYPOSIS arcium, Palatiorum, librorum 
. . . ab Henr. Ranzovio, prorege et equite Holsatorum conditorum 
. . . Francofurti apud Joan. Wechelum 159-2 in 4° p. 63. 

*•) a. a. 0. I, 217; 1683 nach Schubart Beschreibung der 
Stadt Bielefeld 1835 S. 61. 



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- 221 — 

derer Bücksicht auf das Bavenbergische Gesangbuch *), den Cate- 
chismus, die „Leichpredigten" und dergl. Sachen. „Die Buch- 
binder su Herford und Bielefeld sollen auch alles dasjenige, 
so bei diesem Bädeker gedruckt wird, wenn sie solches tum 
Wiederverkauf benöthiget seyn, von demselben gegen einen bil- 
ligen Preis erhandeln, und selbiges von aussen nicht hereinholen,' 4 
Bädeker erlangt die Exemtion ab onerxbus publicis wie sein Vor* 
ganger , er besieht das Druckpapier unbelastet, er tritt aus der 
Jurisdiction der Stadt in jene des Königl. Drosten. Auch König 
Friedrich Wühelm erneuerte 1725 7/4 dies Privileg , jedoch wurde 
der Selbstverlag des Ravensbergischen Gesangbuches auf Ansuchen 
des Magistrats dem Waisenhause su Bielefeld unter einigen Ne- 
benbedingungen überwiesen. Die Familie Bädeker dürfte damals 
schon das hiesige Geschäft aufgegeben haben, zumal wo sie alsbald 
in Dortmund (S. 200.) ein anderes besitzt und 1746 hier wieder ein 
Just Nie. Süvem druckt. Von den ersten Pressartikeln kann ich 
keine namhaft machen, von den altern jedoch SBielcfelbifdjeä ©tabt» 
rc$t**) unb ©ürgerfpradje famt beigefügter ^oltaeöorbnung, mit auefj 
einigen öon Mjcr Janbcöobriglcit conftrmirten ^rioilegien 1685 in 4°. 
— Später benutzten Bielefelder Autoren, wie G. W. C Consbruch, 
auswärtige Pressen. 



*) Es war nämlich [anscheinend im Selbstverlag] erschienen; 
9feue6 fR«üen«bergifd)c* (SoangelifdjeS öefangbudj . . . SWit (S&ur-PrjU. 
»ranbenb. ftreitjeit. Söietefclb in Verlegung ©et. Soadjim S)ibru#3 
ffiitroe. Qu fyabcn bei Sodann . . . 2>ibru# [1687). Genauer beschrie- 
ben von Nordhoff in Pfeiffer-Bartsch' Germania XVIII, 303. 
Diesem folgten Ravensbergisches Gesangbuch, Bielefeld 169-2, nnd 
das neue Ravensbergische Gesangbuch Bielefeld 1708. 

— Sfleu» »ermctjrt- unb nad) ber Orbnung beS §cibctbcrgifc$en Ca- 
te$iSmi raotyeingeric&tete« ©cfang.©uc§, ©eijlreidjer unb jum wahren 
(S^riflenttjum erbauliajer Äirc^cn-eicbcr fcerrn D. Martini Lutheri unb 
anberer ©Ott in <£(>riflo tiebenber Seljrcr; Sobei) §crrn Joachimi 
Neandri ©ci{keidje ©unbeö-Sicber unb «DanWpfalnien. öielefetb 1784 
s. n. t. 270 8 Ü -SS. ohne das angehängte Gebetbuch. [Ein Exemplar 
in der Bibliothek des Herrn Consistorialrath Smend.] 

**) Genannt mit spätem Schriften von Weddigen a. a 
0. I, VII, ff. 



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222 - 



Coesfeld 

rangirt mit einer Presse bei Falkenstein zwar erst unter dem 
J. 1712 , in Wirklichkeit jedoch bedeutend früher, und zwar 
zum J. 1680, wie wir aus dem Titel eines anscheinend ver- 
schwundenen Büchleins, das Jo. Henr. Jungius*) vor unge- 
fähr hundert Jahren noch benutzt hat, mit Sicherheit ent- 
nehmen. Er lautet : Vita Beati Fratris Johannis de Beveren, 
qui a 1398 nunc m und um cum omni voluptate divitiis & li- 
b er täte reliquit & e contra in castitate pau per tute & stricta 
obedientia salvatorem suum secutus est, secundum regulam 
Sancti et Magni P. Augustini. Coesfeldiae per Johan. Geor- 
gium Todt, typographum Episc. A. 1680. Dass dieser Todt 
von Neuhaus gekommen, der Inhaber der dortigen Presse 
oder dessen Bruder gewesen, (S. 210.) lässt sich mit aller 
Bestimmtheit vermuten, besonders wo nun über Münster 
auch von 1678—83 der Paderborner Fürstbischof Ferdinand 
von Fürstenberg regierte, der als Freund der Wissenschaften 
und als Segenspend<;r seiner Lande sich nichtversehen mochte, 
mit einem neuen Privileg gegen die verbrieften Rechte der 
Münsterischen Presse (S. 151.) zu Verstössen. Die Coesfelder 
Presse, von der vorerst Nichts mehr verlautet, scheint dann 
wieder begünstigt zu sein von dem Bischof Friedrich Christian 
von Plettenberg, der wie sein Vorgänger Fürstenberg, nach 
Kräften bestrebt war **), die dem Lande unter dem Bischöfe 
Galen geschlagene Wunden zu heilen. Denn nun erschien 



*) Historiae antiquissimae Comitatus Benthemensis Libri 
tres cum codice diplomatum et documentomm 1773, 4° Cod. dipL 
et docamentorum [IL] p. 272. 

**) Hinsichtlich Coesfelds vgl. Sökeland, Geschichte der 
Stadt Coesfeld 1839 S. 167, 172, 176. 



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— 223 — 

hier das seither von den Bibliographen*) für das älteste 
gehaltene Druckstück : Joannes ab Alpen , De vita et rebus 
Christophori Bernardi .... in 8° Typis Andreae Herrn. 
Wemmeieri und zwar mit einer Dedication celsissimo et 
reverendissimo Principi ac Domino D. Friderico Christiano 

episcopo Monasteriensi etc ipsa D. Ludgero proto- 

episcopo sacra die 1694 (I). Was die Entwicklung der 
Presse betrifft , so bemerkt Niesert**) : »Vorzüglich ver- 
dient die frühere Buchdruckerei zu Coesfeld die Aufmerksam- 
keit der Bücherfreunde. Sie lieferte am Ende des XVII. 
Jahrhunderts gehaltvollere Schriften , ata die Druckerei in 
Münster selbst ; aus der Officin des Hermann Wemmeier und 
Bartholom, (sie) Haustatt gingen schätzbare Werke unserer 
vaterländischen Gelehrten von Alpen, Nünning und Cohau- 
sen hervor« , wovon indess anscheinend auf dem Bücher- 
markte Nichts bekannt wurde. 

Die Erscheinungen nennen uns noch als Inhaber des Ge- 
schäfts (1705 Joseph Schwendet) 1712 Barthold Haustatt, 1740 
dessen Witwe. „Bei der in unserer Zeit so kräftig wieder ange- 
regten Wirksamheit auf wissenschaftliche Cultur, schreibt Niesert 
1828, trat auch sie (die hiesige Druckerei) wieder ins Leben", an- 
scheinend erst unter Wittneven, mit dessen Ahnen wir jedenfalls 
(S. 212.) schon zu Paderborn Bekanntschaft machten. 



*) V. Spaun im Serapeum XIX, 117, Seibertz, Beitr. I, 
225, Niesert, F. B. S. 63 ff, der die Fortsetzung [II] in die Münste- 
rische Presse verlegt. Eine Ausgabe erschien Monasterii Westpha- 
liae apud Joannem Joachimnm Deierlein Bibliop[egam] Aul. [vgl. 
S. 155.] Anno 1709 in 8°. 

••) a. a. 0. S. X. 



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— 224 — 



Spätere Druckorte. 

Der uns bekannte Christoph Nagel, welcher vielleicht ver- 
armt von Neuhaus (S. 212.) herübergekommen war, machte die 
ihm 1699 zu Warend orf vom Bischöfe Plettenberg privilegirte 
Presse (S. 153.) noch in demselben Jahre durch mehrere 
Artikel bekannt»), doch Hess die Familie das hiesige Geschäft 
seitdem sie nach Münster verzogen war, wahrscheinlich bald 
ganz eingehen. 

Das älteste Ternaux-Compans bekannte Presserzeug- 
niss der Stadt Berleburg, von welcher Falkenstein schweigt, 
ist »Gesangbuch, Berlenburg 1717 in 8°. — S. 67, I des B— L. 
von Georgi aber kann man verzeichnet lesen : »Gottfried Ar- 
nolds Auszug der' L Kirchen- und Ketzer-Historie. Berlenburg **) 
1716 in 8V Die Presse wahrscheinlich im Schutze des Höfles 
eingerichtet und unterhalten reicht indess jedenfalls noch ins 
17. Jahrhundert zurück wie folgender Titel vermuten lässt : 

§iftorie bcr mt*tt%ttof)tutn, Ober Tempel gottf eligcr 
fo befannt* unb benannt» al§ unbefannt* unb unbenanntet 
<E$riflen, ÜHännliäjen unb 2Beibli$en ©efäjled&ts, «Her* 
len ©tänben, Sie btefelbe erft ton ®£)%% fingen «nb befe$* 
ret . . . üon 3o$ann §einrid) SRci jj. günffte Edition mit einem 
Wenigen 9tegificr uerfe^en S3€tRSe^93U9l© 93en Sodann 2focob 
£auß MDCCXXIV in 8°— 3 Bde, der L mit einem Kupfer, 
2—3 8. L et n. typ. 

*) Proben : Slctcnmäfjtge grttnbtidje SSorfkttung ... in ©adjen 
©raf Jobsten 3U (Sd)att>cn6urg, Himburg unb ©törutnb contra Statt« 
Rätter unb ^eilargetaffenc Regierung be§ $odjftift§ ÜJtünfler, nun nieljr 
$o$ffirflI. ©n. regierenb, bie anmajjtidje ^mmebietät bcr §crrfcf>aft 
©efjmen betreffenb. 1699 SQBarenborff, Okbrucft burd) (S^rifiop^ KageX, 
^HJflrftt 3Rfinjtatfc$en &ofbud&brutfer in 4°. KataL d. Bibl. d. 
Alterthuras- Vereins Münster E. 117. 

Orationes Catholicae, Warendorpii 1705 in 8°. Nieserts 
Katalog No. 15,724. 

**) v. Spann im Serapeum XX, 145. 



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— 225 — 

Hiesige Druckartikel fignrirten 1721 auf der Messe**) 
von Chr. Kamert, 1731 von Joh. Jac. Haug, 1743 andere 
ohne Namen des Druckers. Die bereits 1565 eingeführte, 
1746 erneuerte und verbesserte Kirchen- und Schulordnung 
in der Grafschaft Wittgenstein in 4° druckte 1749 Christ. 
Mich. Reget ein ***) , welcher noch im selben Jahre die aka- 
demische Buchdruckerei zu Herborn übernahmt). 

Zu Detmold wurde, wie der Geh. Justizrath Preuss 
mir angibt , Y om Hofbuchdrucker Rudolf Hoffer das erste 
Buch 1722 gedruckt laut nachstehender Titelurkunde : Fried. 
Herrn. Cramer, Tractatus juris gentium. Pars altera. (P. prima 
Lemgo viae 1714. H. Wilh. Meyer) Detmoldiae typis Rudolphi 
Hofferi , aulae Lipp, typographi in 4°, und obwol Hoffer 
noch 1722 ein Privileg auswirkte, so ging die Presse doch 
schon 1732, fünf Jahre vor dem Tode des Gründers, ein — und 
zwar über ein Jahrhundert lang ; denn Falkenstein's Vermerk 
über einen Druck von 1787 rührt wohl daher, dass die Lem- 
goer Artikel im Titel auch wohl aus »Detmold oder Mein- 
berg« datirt waren. Das heutige Geschäft geht auf 1842 
zurück , wo die Helwingsche (seit 1871 Klingenbergsche) 
Presse von Lemgo hierher verlegt wurde (S. 203.). Die 
»Meyersche Hofbuchhandlung« hat sich durch die Veröffent- 
lichung historisch- diplomatischer Arbeiten aus der West- 
fälischen Geschichte verdient gemacht. 



**) Hier erschien auch „die wegen der sie begleitenden be- 
beschaulich-frommen Auslegung" merkwürdige, „von Schwärmern ge- 
suchte" „^eilige <2d)rift SltcS unb 9?cue3 £eftomentc§ nad) bem ©runb« 
tcrt auf§ neue ü&erfcfjen unb ü6etfefet neofi (Srllärung be3 budjfiäblitfjen 
©inne§, toic aud) ber fiirncljmßen gürbrtbevn unb Söetfiagungen". 1730 
— 1742 8 voll, in Fol. — ein Werk, dessen Rarität jedoch von der 
' ersten Ausgabe 1726 — 1735 in 4 Bdn noch übertroffen wird. Vgl. 
Graesse I, 379. Ersch u. Grubers Encyclopädie 8. v. Beyen- 
burg. Reuss, Geschichte der h. Schriften Neuen Testaments A. 3. 
S. 470, 541. 

***) Jacobson IV, 578. 

t) Steubing a. a. 0. S. 188. 

15 



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— 226 — 

An Arnsberger*) Drucken vermerkt Niesert (F. B. 
S. 37) gelegentlich einen des J. 1727 von Sebastian Fincke, 
nämlich einen Abdruck der 1651 zu Münster erschienenen 
Schrift : ©riinbüd&e unb toafjrljafte Motiven, burdj toeldje ^ofjann 
öon ber SRcdf, §err $u (Steinfurth bewogen, ber föeformirtcn Religion 
abjujagen unb bie Uralte 9tömifdj*(SatljoUfd>e Religion ben 30. No- 
vember M.DC.LI anzunehmen in 8». 

Bis dahin sind auch, nach einem Schreiben des Herrn 
Professors Pieler zn Arnsberg, Leichenreden und dergleichen, 
die sich im Archive der Fürsten berger erhalten haben, mei- 
stens in Köln, in Westfalen bei Joh. Georg Hermanni zu 
Soest (so 1724, 26) (S. 192) bei Johan Ulrich Hubers Witwe 
(1656) zu Paderborn (S. 211.) oder bei Bernard Rasfeldt 
(1632) zu Münster (S. 163) gedruckt. Seit 1727 begegnet 
uns der nächste Druck 1753**); 1766 ersteht auf Veranlas- 
sung des Hofraths Joh. Wilh. Arndts eine Druckerei, deren 
Inhaber, Joh. Eberhard Herken, seit 1770 als churfürstlicher 
und landschaftlicher privilegirter Buchdrucker sich nur mit 
der Presse befasste. Die nicht geringzähligen Artikel, zumal 
das seit 1766 erscheinende Intelligenzblatt, brachten fast nur 
Bekanntmachungen der Regierung und Gelegentliches. 

Wenn ferner von Joh. Bausen, Commissar et Pastor 
Ruthenae 1734 erschien Breviarium Asceticum Ruthenae 
ap. Herrn. Herbst***), so haben wir darin keinen dortigen 
Druck- sondern bloss einen Verlagsartikel, vielleicht aus 
der Lippstädter (S. 194) Presse, zu erkennen; Herbst nennt 
sich nämlich Bibliopega. 



*) Da wir [S. 194] ausser dem erst spät erschienenen Herold- 
schen an katholischen Gesangbüchern keine aus oder für das süd- 
liche Westfalen zu verzeichnen haben, so wird dassalbe, das ja einen 
Theil des Kölnischen Erzstifts und Bisthums ausmachte, sich der * 
in ununterbrochene! Reihe zu Köln erschienenen bedient haben, 
wie sie aufgezählt sind bei Meister a. a. 0. I, 37 ff. 

**) Seibertz, Beiträge II, 92 II, 124, 476. Vgl. Chur- 
köln, Ed. Sararalg 11,436. 

***) Seibertz, Beitr. I, 23; gibt es noch eine Ausgabe 
von 1738 ? 



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— 227 — 

Zu Hagen, dessen ältestes Druckst tick ich zum J. 1780 
finde*), unterhielt gegen Ende und Anfang dieses Jahrhun- 
derts Chr. Gerlach eine Presse, aus welcher verschiedene 
Schulbücher und auch ein G e s a n g b u c h **) für die dortige 
evangelische Gemeinde hervorgingen — Artikel, welche heute 
schwer wieder aufzufinden sind. Sodann druckte Arnold 
Brune unter der Redaction des Pfarrers Aschenberg sicher 
von 1814 — 17 die Zeitschrift »Hermann«, und seit dem Be- 
ginne der zwanziger Jahre das Wochenblatt »Hausfreund« — 
beide in kl. 4°. Das Geschäft ging 1833 auf Moritz Thieme, 
1847 auf Herrn Gustav Butz über, dem ich die vorstehenden 
Notizen verdanke. 

Von der Dorstener Presse vermag ich mit ihrem 
jetzigen Inhaber M. J. Reichartz nur die Thatsache zu ver- 
melden , dass sie seit dem Anfange dieses Jahrhunderts bis 
1825 bestand und bis dahin namentlich ein Bruderschafts- 



*) Bei Rassmann a. a. 0. S. 16. 

**) An protestantischen Gesangbüchern für die Grafschaft 
Mark verdienen ausser dem Lippstädter von 1738 [S. 194] noch 
Erwähnung : 

— „Äern unb Wlaxt gcifMidjer Sieber" mit einem Gebetsanhang 
1722 und verschiedenen Liederanhängen namentlich der Gemeinde 
Altena. Bei Heppe a. a. 0. I, 280, II, 29. 

— „©cfangbud) gum gotteäbienftlicfjcn Gkbraudj in ben ftönigt. 
$reuß. £anbcn" Berlin 1780, dessen Einführung nach Jacobson 
IV, 293, 292 im J. 1786, nach Holthaus, Kirchen- und Schul- 
geschichte A2 1831 S. 238, 1782—83 vorerst zum Missbehagen 
der Leute und nur local gegen „Kern und Mark* erfolgte, obgleich 
Schröck, Kirchcngeschichte seit d. Reformation VIII, 144 dem 
ästhetischen Gehalt alle Anerkennung zollt. Heppe a. a. 0. 1, 281 ff 

— ßkfangbud) §nttl ©ebrauefc in ben ©cflpfyälifdjcn ?anbcn, falber« 
ßabt, 2>Öltc s. a. aber vor 1810. Vgl. Heinsius, Bücher-Lexiccn 
II, 79. »Gegen Ende des 16. und den Anfang des 17. Jahrhun- 
derts wurde das Hochdeutsche in der Grafschaft Mark die Kirchen- 
sprache der Protestanten". Möller, Patriot. Phantasien II, 287. 
Vgl. vorher S. 200. 

15* 




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— 228 — 

gesangbuch von Hess und Schürholz, sowie eine Wochenschrift 
»Argus« (später Dorstener Intelligenzblatt) hervorbrachte. 

Wie segensreich der nationale und Culturaufschwung 
Deutschlands auch auf die Gründung von Pressen einwirkte, 
so dass diese sich bis in kleinere Städte ausbreiteten, in 
grös3ern vermehrten, das kann auch die Geschichte Westfalens 
mit rühmlichen Beispielen belegen. Ein Berichterstatter aus 
dem J. 1817**), der indess nur das nordwestliche und süd- 
liche Westfalen mit den angrenzenden Rheingebieten berück- 
sichtigt, gesteht, wie in diesem Gebiete allein 33 Buch- 
druckereien beständen »wovon jedoch die Hälfte erst 
seit 20 Jahren errichtet worden ist«. Seine par- 
tiellen Angaben bieten aber einen Anhalt, um im Umfange 
der heutigen Provinz mit Einschluss von Lippe, Osnabrück 
und Essen an Officinen, die theilweise mehrere Pressen 
beschäftigten, für damals wenigstens nachzuweisen in Anholt 

1, Arnsberg 1, Berleburg 1, Bielefeld 1, Coesfeld 1, Dorsten 

2, Dortmund 2, Essen 1, Hagen 1, Hamm 1, Herford 1, 
Lemgo 1, Lippstadt 1, Minden 1, Münster 2, Osnabrück 1, 
Paderborn 1 (?), Schwelm 1, Soest 1, also mindestens 22. 

Und was unsere umfassende, grossartige Zeit in Bücher- 
und Schriftenthum zu zeitigen vermag, beweist schlagender als 
Worte, dass das Land allein im provinciellen Umfange zur 
Stunde 111, mehrfach mit Pressen verbundene, Buchhand- 
lungen besitzt. 



*) Im Rheinisch-Westfälischen Anzeiger [Dortmund] XXVni, 

1075. 



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229 



Rückblick. 

Das unschätzbarste, weil geistvollste, Erbtheil* der Vor- 
zeit machen die »Bücher« aus. Sie bewahren die Gedanken 
und die Handlungen der Menschheit von den tiefsten Em- 
pfindungen der Einzelbrust bis zum Bewusstsein der Natio- 
nen , die Arbeiten und Pläne des Geistes in diabolischer 
Schmach bis zu den höchsten Gipfeln hehrster, himmlischer 
Schönheit, die Sehnsucht nach Gott, das Ringen und Gähren 
aller Ideen nach Zeiträumen, Völkern und Orten, kurzum die 
Vergangenheit; der Buchstabe und das Wort vermögen und 
vermochten doch gefügig und geschickt die feinsten Nuancen 
der Gedanken wie der Erscheinungswelt in sich aufzunehmen 
und der Nachwelt zu bewahren. Der Geist, der Vergangen- 
heit — und nur der Geist hat eine Geschichte, — welchen 
Ruinen und sonstige Funde in und über der Erde nur dun- 
kel, Kunstwerke nur zu vereinzelt verkündigen, spricht 
lauter und heller in den Blättern der Bücher. 

So lebt die Vergangenheit wieder auf im geschrie- 
benen, schneller und weitgreifender im gedruckten Worte, 
in der beweglichen Type : Die Presse diente menschenfreund- 
lich und selbstverleugnerisch nicht nur dem Thun und Wollen 
ihrer Zeit , sie gab auch getreu die Erbschätze der Vorzeit 
mittelbar oder unmittelbar wieder. Sie, das Sprachrohr, um 
offen und muthig zum Publicum zu reden, wurde ebensowol 
der Höhenmesser geistiger Potenz einer Oertlichkeit, wie das 
Signal, welches der Volksstimmung Ausdruck, nicht selten 
auch Richtung und Charakter verlieh. 

Alle Druckschriften von der Bibel bis zum Theater- 
zettel (in einer Bibliothek) gesammelt würden für den ört- 
lichen Umfang, dem sie entwuchsen, den ganzen Schatz des 



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— 230 — 



Denkens und Handelns, wie einen grossen von den Ahnen 
angelagerten Geistesschacht darstellen ; dennoch so viel Gleich- 
gültigkeit gegenüber den Pressen und Bibliotheken! Wenn 
der Privatmann ein Buch noch eher für ein Hinderniss, als 
eine Zierrat seines Hauscomforts ansieht *) , so werfen Lite- 
ratur- und Localhistoriker nur einen flüchtigen oder gar 
keinen Blick auf die Entstehung und Wirksamkeit der Presse, 
deren Macht auf die Geschicke des Einzelnen wie der Ge- 
sellschaft ganz unterschätzend. 

Die Thatsachen , welche uns bei der speciellen Wür- 
digung der westfälischen Pressen aufstossen, dürften, wenig 
modificirt, auch für andere Länder Geltung beanspruchen. 

Eine Presse kann nur da erstehen und Früchte tragen, 
wo ihr die geistigen Bestrebungen und behagliche Verhält- 
nisse den geeigneten Boden bereiten, sonst findet sie keine 
Stätte, oder sie vegetirt und geht schnell wieder ein, wie 
wir das an mehreren Orten gewahrt haben. Thätig, entspricht 
sie entweder dem Örtlichen Literaturbedürfnisse, oder sie greift 
blühend darüber hinaus nach andern Orten und Gegenden, 
oder, wenn thatlos, muss sie sich von auswärts Concurrenz 
gefallen lassen. Sie erhob sich hier in der idealsten Luft 
der Wissenschaften und der Religion und je weiter sie ihre 
Fähigkeiten bewährte, um so mehr stellte sie sich auch för- 
dernd und erleichternd den Verwaltungs- und Verkehrs- 
interessen zur Verfügung. Sie folgte und diente nämlich: 

1. den humanistischen Studien, so zu Münster, Soest, Dort- 
mund und später der Bildung und den Schulen über- 
haupt ; 

2. den liturgischen oder confessionellen Zwecken , insofern 
jene dauerhafte Ritualbticher verlangten, diese eine 
schnelle und leichte Verbreitung der confessionellen 
Lehren erheischten, wie dann die Pressen zu Lippstadt 



*) Welchem Uebelstand auf die Daner nur durch die Schule, 
vorläufig durch öffentliche, leicht zugängliche Bibliotheken des 
Staates, der Vereine und Corporationen zu begegnen sein wird. 



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— 231 — 

und Paderborn in diesem Sinne schnell wirkten, in 
jenem, selbst zu Münster, sich lange auswärtige Concur- 
renz machen Hessen ; 

3. den Absichten der Höfe und der Verwaltung , sei es, 
dass eine hohe Person zu feiern, sei es, dass Gesetze und 
Ordnungen zu erlassen waren, welch' letztere also zu 
den kirchlich-liturgischen »Ordnungen« profane Gegen- 
genstücke bilden ; 

4. dem Verkehr , dem politischen und Tagesleben , wie 
denn heute grade die industriereichen Gegenden, diese 
Zwecke verbindend, die meisten Zeitungen besitzen, — 
Druckstücke, mit welchen sieh schon die Herforder Presse 
im dreissigjährigen Kriege, später Westfalen weniger 
bekannt machte. 

Ungefähr in dieser Folge haben die verschiedenen Ur- 
sachen auch nacheinander die Pressen aufleben lassen, sich 
jedoch schon oft bei der Gründung durchkreuzt, so dass die 
Officinen bald den verschiedensten Zwecken dienten, nur dass, 
je mehr die confessionellen Gegensätze sich schärften, die 
einen, was liturgische und confessionelle Schriften betraf, 
bloss dem katholischen, die andern bloss dem protestantischen 
Bekenntnisse offen standen. 

In den ersten Jahrzehnten der Druckerei blieb die 
Presse Westfalens hinter den literarischen Bedürfnissen des 
des Landes zurück, in gewissen Bezirken sogar bis in un- 
ser Jahrhundert. 

Es erstand doch eine Presse der Stadt Osnabrück erst 
im 17. Jahrhundert, Minden eine dauernde noch später, Lemgo 
und Dortmund erst um die Mitte, Paderborn, Siegen und 
Burgsteinfurt erst gegen Ende des 16. Jahrhunderts, so 
dass , nachdem die Frühofficinen zu Soest und Lippstadt 
schnell wieder eingegangen waren, in Wahrheit bis zur Mitte 
des 16. Jahrhunderts die im Anfange gleichfalls unterbro- 
chene Officin Münsters übrig blieb. Die nach und nach 
wiederbelebten oder neu gegründeten Geschäfte versahen, so 
zahlreich sie auch gegen früher sind, meistens nur das ört- 
liche Bedürfniss und oft dies nicht einmal mit einem Schein- 



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— 232 — 



dasein. Das Sauerland entbehrte wie der Bibliotheken, auch 
einer Presse fast bis vor hundert Jahren. 

Da mussten auswärtige Off inen von Anfang an 
hülfreich eintreten ; jene zu Köln, Paris, Strassburg, Nürn- 
berg, Bremen u. s. w. versorgten bis Uber die Incunabeln- 
zeit Münster , Soest, Minden, Herford mit den Ritual- oder 
liturgischen Büchern, Osnabrück bediente sich lange der 
Pressen zu Münster und Köln, die Osthälfte Westfalens, con- 
fessionel von diesen beiden Druckorten abgestossen, wandte 
sich meist mit ihren reformatorischen und gelehrten Schrif- 
ten nach Leipzig, Wittenberg, Eisleben und Warburg *), und 
nicht wenig überrascht uns , dass von Hamelmann dieser 
Mangel einer nahen Presse kaum vermerkt wird, als wenn 
die confessionelle Verwandschaft und der rege Geistes- und 
Handelsverkehr nach aussen ihn nicht hätte empfinden lassen. 
Auch als Lemgo's Presse schon arbeitete , konnte jene 
zu Rinteln 1622 ungefähr mit der Universität von dem 
Stadthagener Typographen Ernst Reineking gegründet und 
von den Giessener Peter Lucius , belebt **) namentlich im 
17. Jahrhungert auch nach Westfalen hin eine Bedeutung 
erringen, die seither in der Bildungsgeschichte dieses Landes 
kaum erkannt, geschweige gewürdigt ist. 

Paderborn und Neuhaus mussten selbst unter einem 
Bischöfe wie dem gelehrten Ferdinand von Fürstenberg, 
holländische Typographen und Künstler ihre Dienste leihen, 
als die Monumenta Paderbornensia in würdiger Ausstat- 
tung ans Licht treten sollten. Und nun das Sauerland ! 



* Man vgl. z. B. Hamelmann 1. c. p. 165 ff. 

**) Die Geschichte dieser Presse in D. C. Ant. Döllens, 
Geschichte der Grafschaft Schaumburg 1756 S. 499 ff. 1627 erschien 
hier in Fol. Piderit's Chronicon comitatus Lippiae . . . 1630 Goe- 
hausen, Processus contra sagas in 2 Bänden 8°, — 1631 zuerst 
die berühmte und menschenfreundliche Cautio Criminalis seu de 
processibus contra sagas liber in 4° von Friedrich von Spee. [Beide 
in Niesert's Katalog Nr. 11 743-44, 11740]. 



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— 233 — 

da halfen Mainz, Frankfurt häufig Wesel*) und noch 
mehr die Presse zu Duisburg, welche 1585 errichtet und 
seit 1655**) an eine Universität gelehnt, Westfalen manche 
geistige Nahrung verarbeitet und geliefert hat. 

Keine Stadt hat von der Tncunabelnzeit ***) an dem 
Sauerlande und dem ganzen Westfalen so viele und so schöne 
Bücher übermittelt und gedruckt, wie Köln , anderer aus- 
wärtiger Officinen nicht zu gedenken, die zwar ephemerischer 
eingriffen, immerhin jedoch ein Licht auf die Wechselbeziehun- 
gen werfen, welche die Pressen zwischen verschiedenen Ländern 
hergestellt haben. Wenn daher der Westfale mit Zufrieden- 
heit auf die heimische Cultur zurückblicken mag, so gedenke 
er dankbarst der Städte des Rheines , der Weser und Hol- 
lands, die ihr durch die Pressen so viele Wohlthaten er- 
wiesen haben! 

Die Aushülfe ferner Pressen bis tief ins 16. Jahrhun- 
dert erklärt sich von selbst aus dem Mangel heimischer Of- 
ficinen, aus dem confessionellen Gegensatze der verschiedenen 
Territorien, aus dem noch flüssigen Handelsverkehr der Zeit; 
um so mehr verdient sie Beachtung seit der Mitte des 17. 
Jahrhunderts, als doch nach und nach eine ansehnliche Zahl 
von heimischen Officinen aufkam und sonst Pressen und 
Literaturbedürfhiss sich gegenseitig zu fördern und unent- 
behrlich zu machen pflegen. Die Gr linde liegen nur zu offen 
in der materiellen, moralischen und politischen Zerfahrenheit 
des Landes , welche sich seitdem mehr als hundert Jahre 
niederdrückend wie ein Alp über die Territorien Westfalens 
gelegt hatte. 

Wenn schon die confessionellen Gegensätze die Nach- 
barstädte abstiessen, der innere Landverkehr bei Wegen, die 



*) Sie ist nach Falkenstein n. 0. Schulz 1543 errichtet; 
1554 erschien hier Schöppers Katechismus. Döring S. 84. 

**) Die erste Gründung der Hochschule setzt Wolters a. a. 
0. S. 156, 164 ins J. 1561, jene der Presse, die schon 1585 auf der 
Messe vertreten ist, gibt Reichard im Serapeum XXII, 42, 69. 

***) Vgl. Nordhoff, Kunstg. Beziehungen S. 19. 



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— 234 



selbst im Hochmittelalter nur stückweise gepflastert*) und 
später eine Klage aller Reisenden waren , so beunruhigten 
seit dem Ende des 16. Jahrhunderts die Einfalle der Spanier 
den Einzelheerd wie die Gemeinschaft, schnürte die Autono- 
mie Hollands den alten Verkehr Westfalens gen Westen hin 
immer mehr ab , zerfleischte der grosse Krieg mit eisernen 
Fingern den Nationalwohlstand , knickten die Kriege des 
Bischofs Galen die immer noch prangende Blüthe Münsters, 
verfolgte das eine Territorium mit blassem Neide jede Be- 
gung des andern — und um das Maas de* Leiden zu er- 
füllen, mangelte es hier an Schulen und Kräften, schnitten 
dort die Pressprivilegien manchem passenden Orte, fähigen 
Manne oder gutem Projecte das Arbeitsfeld ab und bargen 
selbst für die Begünstigten meistens den bittern Stachel 
der Censur. 

Solche Nachtzustände verfehlten nicht, nagend und ver- 
giftend die zarteste und empfindlichste Saite der Cultur zu 
berühren d. i. die höhere Geistesarbeit — und ohne Mittel, ohne 
Muth, in einer hülflosen Gegenwart und bei wenig einladender 
Zukunft musste die Presse den schwunghaften Jugendflug 
verlassen und einem zwischen Leben und Sterben wankenden 
Dasein verfallen. 

Daher das geringe Contingent rein gelehrter und das 
Vorwalten der administrativen, ascetischen und Gelegen- 
heitsschriften, daher die sporadischen Erscheinungen auf dem 
Bücher markte, daher das schnelle Verstummen der schon im 
dreissigjährigen Kriege zu Herford und Münster so rege 
geübten Publicistik, deren so spätes Wiedererwachen **) und 



*) Vgl. Nordhoff, Der Holz- und Steinbau Westfalens in 
seiner eulturgeschichtlichen und systematischen Entwickelung. A*. 
1873 S. 426. 

**) Die traurigen publicistischen Zustande Westfalens im 18. 
Jahrhundert, die Hemmnisse der oft an Ausländer ertheilten Privi- 
legien, den Werth und das Aufkommen von Zeitschriften [Lese- 
gesellschaften] behandeln die Artikel : Anfänge der Tagespresse in 
Dortmund [vom Ober-Bürgermeiter Dr. Becker] im Dortmunder 
Anzeiger, Jahrgang 1869 Nr. 88—102. 



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— 235 — 

Schwäche gegenüber den verwandten Artikeln des Auslandes. 
Daher heute des Forschers Mühe , die Drucker einer Officin 
in der Reihenfolge nach ihren Drucken zu bestimmen. Daher 
das Arbeiten heimischer Kräfte für fremde Pressen und das 
verdriessliche Nachdrucken von Originaldruckstücken, daher 
seitens der Künstler das Verlassen des alten unergiebigen 
Druckortes und das Aufsuchen eines andern, um von Neuem 
das Glück zu versuchen ; daher die leidige Thatsache, dass 
die Type, die einstmals die Hand des Gelehrten geziert, end- 
lich wie ein einfaches Handwerksgeschirr in die Hände des 
Buchbinders kömmt; kaum dass die höfischen von den Für- 
sten begünstigten Pressen ein besseres Dasein fristen, als 
jene welche im Volke wurzelten. 

Die Leidensreflexe des Buchdrucks theilten sich selbst- 
verständlich dem Bucbandel mit. Weitere Associationen, 
wie sie vor dem dreissigjährigen Kriege Häuser Westfalens 
und des Auslandes zum gemeinsamen Waarenvertrieb verban- 
den, kehren erst gegen Ende des 18. Jahrhunderts wieder. 
Der vormalige Bücher vertrieb sinkt nun zum localen Sorti- 
ment und immer mehr in die Hände der Buchbinder herab 
und, damit das Stück möglichst fertig verkauft werden könne, 
wird es gebunden ausgeboten, wie heute noch in den Läden 
der Kleinstädte und Buchbinder. Der grössere Vertrieb aus- 
wärtiger Bücher ging darum fast ganz in ausländische Hände 
über, heimische Handlungen, die Namen hatten, gibt es vor 
Ende des 18. Jahrhunderts kaum mehr. Noch 1816 schrieb 
Friedrich Perthes aus Westfalen *) : »Um den Betrieb kämpf- 
ten seit einer Reihe von Jahren Bremen und Hanover, jetzt 
ist Bremen besiegt . . . Die Wirksamkeit der Hahnschen 
Handlung in Hannover reicht durch Ostfriesland bis nach 
Holland durch Westfalen bis zum Rhein . . . Die Buchbinder 
pfuschen noch im Bücher verkehr , . . Einige junge tüchtige 
Buchhändler regen sich auch bereits, aber ihre Verbindung 
mit Leipzig ist sehr erschwert, da der Frachtverkehr gänz- 



*) Cl. Th. Perthes a. a. 0. II, 147 ti\ 



* 



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— 236 - 

lieh fehlt und die Kosten der durch die hessischen, hanno- 
verischen und sächsischen Anstalten zugleich vermittelten 
Postsendungen unerschwinglich sind. Vom Buchhandel allein 
können sie daher nicht leben und müssen nebenbei den so- 
genannten Kunsthandel treiben, Bilder, Landkarten, Far- 
ben , und Zeichenmaterial aller Art verkaufen und stehen 
dadurch mit italiänischen Colporteurs in Verbindung. Sonder- 
bar ist es, dass das katholische Westfalen gar keinen Zusam- 
menhang mit dem katholischen Süden hat; höchstens werden 
die hier erscheinenden Gebetbücher, Geschichten der Heiligen 
u. s. w. dort nachgedruckt. Ich bin mehrfach gebeten wor- 
den, für die westfälischen Handlungen Verbindungen in Ulm, 
München, Salzburg, Augsburg, Oestreich anzuknüpfen«. 

Eine andere Klage über das alte Bucherwesen verlau- 
tet wohl überall und liegt nicht im Innern desselben, son- 
dern in dem rücksichtslosen Geiste der Zeit. Was nämlich 
die westfälischen Pressen geliefert hatten, davon ist leider 
so Vieles, nachdem es den zeitigen und praktischen Werth 
verloren, untergegangen, nicht nur Primicialdrucke und In- 
cunabeln , selbst solche Artikel, welche für die eine andere 
Disciplin und Oertlichkeit eine ganz besondere Bedeutung 
haben. Freilich sind auch Erzeugnisse von äusserer Opulenz 
oder von gelehrtem , dauernden Gehalte nur orts- und zeit- 
weise, und nicht durchschnittlich ans Licht getreten. 

Worin besteht denn das Verdienst der westfälischen 
Presse, nachdem sie so lange und so vielorts zu den geistigen 
Bedürfnissen des Landes in einem Missverhältnisse gestanden ? 
Darin, dass hier, auf einem so engen Bezirke , allmälig eine 
so grosse Anzahl von Pressen, wie schwerlich irgendwo an- 
ders in deutschen Landen, ethisch einwirkte, um, wenn auch 
nicht die höchsten, so doch oft mehr als die Bedürfhisse der 
Oertlichkeit zu befriedigen, und immer wieder dann hier, 
dann dort Nahrung zum Denken und Empfinden in die 
Masse herabsickern zu lassen, bestehe sie nun in geistlichen 
oder weltlichen Gesetzen, in Gesangbüchern oder sonstigen 
Mittheilungen. Jedes Druckstück wirkt ethisch. 



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- 237 — 

Auf dem grossen historischen Bilde Westfalens leuchten 
die vielen kleinen Pressen wie ebenso viele Lichter, und 
einige darunter mit einem intensivem Glänze. Jene zu 
Mttnster ersteht mit den ersten der Welt, um sich in der 
humanistischen und sodann in der classischen Literatur we- 
nig gekannte aber unvergängliche Verdienste zu erwerben. 
Alter, ununterbrochene Arbeit oft für bedeutende Gelehrte, 
für die Schule und die westfälische Umgebung verleihen 
der Dortmunder , voluminöse historische Werke seit der 
zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts der kleinen höfischen 
Presse zu Neuhaus eine eigenthtimliche Rangstellung. Lemgo 
glänzt im 18. Jahrhundert wie ein Stern erster Grösse noch 
weiter in die deutschen Gaue, wie vordem Rinteln, um die 
Mitte reicht Mindens Thätigkeit weit ins Westfalenland, 
und in den letzten Jahrzehnten sollen noch die Zahl 
und der Charakter der Leistungen, welche zu Münster 
gedruckt oder verlegt wurden, einen Spiegel dem regen ho- 
hen Geistesfonds vorhalten, der sich hier unter Fürstenbergs 
Obhut zum Denken und Handeln cumulirt hatte. Die Pressen zu 
Münster, Herford (Lippstadt) zählen zu ihren bemerkenswerthe- 
sten Leistungen so frühe periodische Blätter, wie wohl we- 
nige Städte mit Incunabelnpressen und hätten gewiss auch 
später mit denen anderer Länder Schritt gehalten, wenn 
nicht die Franzosenherrschaft hemmend dagegen getreten wäre. 
Die gesammten Officinen Westfalens haben das Anstands- 
gefühl bewahrt, die Type nicht mit unlautern, lasciven Ob- 
jecten zu beflecken und zu erniedrigen. Deutsch wie ihr 
Ernst, blieb auch ihr Scherz. 

Die Presse stand auch , namentlich in ihrem Früh- 
ling, in hohen Ehren. Zu Münster und Dortmund erfreut 
sie sich des Umganges und der Unterstützung der Gelehrten, 
wie wäre sie selbst eine Persönlichkeit gewesen , anderswo 
ersteht sie im Schatten der Schulen und Hochschulen oder, 
wie zu Neuhaus und Steinfurt, neben den Residenzen wie ein 
Institut, dass zu höherm Streben einen starken Hebel ein- 
setzt. Unter den ältern Typographen Münsters erscheint 
ein Theodorik Tzwyvel zugleich als Gelehrter ersten Ranges 



0 



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- 238 — 

und wie viele Gelehrte haben wohl der Presse ihres Ortes 
Nahrung geboten oder doch mit scientifischer Hülfe und Cor- 
recturen ihre Liebe und Gewogenheit bewiesen. Und die 
Fürsten ihrerseits suchten die Drucker nicht bloss durch 
Titel, sondern wie zu Münster, Siegen, Paderborn und Biele- 
feld auch durch Privilegien und andere Vergünstigungen 
zu ehren und mehrfach auch mit den allgemeinen Lasten zu 
verschonen. 

Der Drucker war ursprünglich ein gelehrter, meistens 
ein geehrter Mann, stolz auf seinen erhabenen Beruf, später 
wird er zwar mehr ein technischer Geschäftsmann, doch liebt 
er es lange noch, seinen Büchern ausser dem Schmucke des 
schönen Satzes auch die Zier von Holzschnitten oder Kupfer- 
stichen zu geben, und soll er auch auswärtige Hände dafür 
heranziehen. Kam nun noch ein schmuckreicher Einband 
hinzu, so war das Werk eine Erquickung für Geist und 
Gemüt, das Buch ein Magnet und der Conservator bildender 
Kunst. Doch so verschlangen sich endlich die Requisite eines 
Buches, dass der Drucker , wie er ursprünglich Autor war, 
später ausdrücklich Buchbinder wurde. Der Handel lag in 
Händen des Druckers, des Verlegers und oft auch des Buch- 
binders. In neuster Zeit sonderten sich die verschiedenen 
Zweige des Bücherwesens in der Art, dass Druck, Verlag, 
Handel mehr und mehr in besondere Geschäfte verzweigt 
wurden, der Kunsthandel und die Binderei sich überall völlig 
lösten — ob zum Nutzen der Werke, beantwortet leider die 
gangbare Ausstattung in den meisten Fällen mit Nein. 

Zahlen haben uns gezeigt, wie gross die Reihe der 
Pressen auch in Westfalen in unserm Jahrhundert anwuchs, 
als sie die Fessel des Privilegs abwerfen und freier an ihre 
tausendfachen Aufgaben gehen konnte. Sie zog ein in die 
kleinsten Ortschaften, stellte der Meinung die Meinung ge- 
genüber , warf ihre Worte bis an die kleinsten Heerdfeuer, 
diente in ungeahnter Ausdehnung dem geistigen Verkehr 
wie dem Geschäftsbetrieb bis in die fernsten Zonen des 
Erdrundes; der Mann von heute kann sich eine Welt ohne 
Presse nicht mehr denken. 



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— 239 — 

Freilich verfallt sie als menschliches Institut nur zu 
leicht den Gefahren der Freiheit, der materiellen oder gei- 
stigen Uebervortheilung der einen gegenüber der andern 
Partei : Möchte die Zeit bringen, dass sie voll männlichen 
Ehr- und RechtsgefUhls statt des Schadens nur die Beseligung 
der Gesellschaft , deren Lehrerin und Dienerin zugleich sie 
ist, anstrebe ; möchte das gedruckte Wort, das immer noch 
schwerer wiegt wie das geschriebene , geschweige das ge- 
sprochene, um seine hehre Aufgabe sicher uud vollständig 
zu lösen, zu dem Born der Ideen, woraus die ersten Pressen 
schöpften, zurückkehren, zu dem Born der Humanität und 
Wissenschaft und desshalb auch der idealen Objektivität und 
Wahrheit. Kann sie aber im Strudel des Tagesleben der 
Tendenz einmal nicht entrathen, weil diese zu menschlich 
bleibt, so gestatte sie in Gerechtigkeit und Menschenliebe 
der einen Partei das volle Audiatur et altera pars — dann 
wird sie statt Dornen Rosen ins irdische Leben flechten. 



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Alphabetisches 

Namen- und Sachregister. 



Aachen S. 104, 134. 

Arnold v. 105, 134. 

Johann v. 109. 
Aalst 130. 
Adamus 62, 72. 
Adel 112. 

Aelius 93 s. v. Elen. 

Agenda Monaster. 172, 175, 180. 

„ Paderbornens. 208 f. 
Agricola R. 40, 84, 104. 

w Heini. 122. 
Ahaus v. 119. 
Ahlen 37. 

Albertus Magn. 2, 6, 8, 9 ff. 
Aldinen 180. 
Alding 132 f. 

Alexander Grammat. 78, 82. 
Alpen ab 28, 223. 
Ambrosius v. Bursfeld 34. 
Amersfort v. 118. 
Amsterdam 64. 
Anholt 228. 

Antiphonarium Monaster. 171. 
Antwerpen 152, 171. 
„Argus" 228. 
Arnold 224. 

Arnsberg 73, 195, 226, 228. 



„Ars conficiendi epistolas" 74. 
Ascetica 155, 163, 168, 173, 224. 
Aschenberg 227. 

Aschendorf 154, 156, 170 f, 175, 

216 f, 218. 
Astrup 153. 
Attendorn 93. 
Augustinus Sen. 74. 
Attendorn Petr. 129. 
Augsburg 184. 
Autenius 218. 
„Avisen wöchentliche" 217. 



Bädeker 201, 214, 220. 
Balick 192. 
Baldus 75. 

Bamberg Heinr. v., Bisch. 157. 
Barcelona 131. 
Barchhusen 177, 185. 
Bartholomäus Colon. 93, 106. 
Bartoldus 75. 
Basel 130. 
Bausen 226. 
Bavinck 93, 102, 111. 
Bebel 8, 10. 
Beckum 193. 

16 



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— 242 — 



Bcerschwort 65. 
Bern bo 9. 
Benedict 155. 
Bentlage 7. 
Bergmann 130. 
Berleburg 225, 228. 
Berlin 191, 195. 
Bermann 49. 

Bevern Joh. de, 8. Tita Joh. de 

Bevern. 
Bibel Berleburger 225. 
Bibliotheken 95, ff, 158, 162, 195, 
229. 

, Bodlejanische 196. 

„ der Fraterherren 120. 

„ Jesuiten 43, 46. 

. Kreuzherren 7. 

„ Vaticana 94. 

„ des Buschius 20. 

„ des Langen 19, 97. 

„ Niesert 2a ff, 37. 

„ zu Arnsberg, 73. 

. Blomberg 100. 

„ Detmold 201. 

. Erfurt 96. 

„ Hamburg 149. 

. Köln 11. 

, Lemgo, 99. 

n Lünen 98. 

. Minden 197. 

m Münster: 

Dombibliothek 19, 20 f, 158. 
Paulinische 1, 3. f, 16, 18, 
20, 23 f t 36, 40, 43, 46, 
73, 135 f, 138, 147, 174, 
188. 

Seminar-Biblioth. 36, 38. 
w Oldenburg 34 
Bibliothekswesen s. Bibliotheken, 

Kataloge. 
Bielefeld 220 ff, 228. 



Biermann 200. 
Birchraann 171. 
Bilo 58. 
Binch (ck) 203. 
Biderwant 46. 
Bladenhorst 54. 
Blankenberg 152. 
Blankevort 111. 
Blattzahlen 174. 
Bloetguct 123. 
Blomberg 100. 
Blothe 201. 
Bock 73. 

Böddeken 119, 186. 

Boitins 74, 108. 

Boisseree 29. 

Bonnus 48. 

Borcken 119. 

Borne de 142. 

Bornman 37 £ 141 f, 179. 

Bosaus 145. 

Botioherus 48. 

Bottiger 201. 

Brakel 64 

Brandenburg Elia. v. 195. 
Braunschweig Christ, v. 210. 
Breda Greg. Os. de 143. 

„ Jac. 139 f. 

„ Petr. 33. 
Bredevorth 125. 
Bremen 196. 

Breviarium Monastcr. 172 t, 175» 

184. 

„ Mindense 195. 

^ Romanum 174. 
Briefdrucke 179. 
Brillenmacher 178. 
Brockhaus 200. 
Broschüren 165 ff. 
Broitermann 155. 
Brückner s. Pontanus. 



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24a 



Bruges de 132. 
Brune 227. 
Bach das 167. 
Buch Joh. Fried. 212. 

. Jot. 184, 212. 
Bücher-Austattung 178, 180 ff. 
„ Einband 186 ff. 
, Format 178. 
Buchbinder 155, 162, 205, 210, 

211 f, 228, 226, 235. 
Buchhandel 96, 133 ff, 154, 162, 

163, 235. 
Buchholtz 215. 
Buck 120. 
Bünemann 70, 139. 
Büren v. 211. 
Eurkhard 70. 
Burlo 133, 164 ff. 
Bursfelder Union 111. 
Bursfeld Joh. v. 119. 
Busche von dem s. Buschius. 
Buschius Herrn. 3, 6, 20, 23, 28, 

31, 62, 66, 71, 84, 94, 98, 

112, IM, 137 s. Bibliothek. 
Bu8enbaum 183. 
Butz Gust. 227. 

„ Jac. 192. 
Butzbach 109. 
Butzer 149. 



Cäsar s. Kayser. 
Caesarius 78, 93, 118. 
Calcar Gilb. v. 118. 
Calenius 159. 
Cambridge 132. 

Catnener 78, 88, 113, 139, 141, 

145. 
Caselius 66. 

Caspar Max, Bisch. 171. 
Celtes 99. 



Censuren 156 ff, 209, 220. 
Cervicornu8 35. 
Chronogramme 54. 
Chyträus 62, 65, 67 f, 202. 
Cincinnius 16 f, 36, 115. 
Clemens August, Bisch. 162, 184. 
Clenardus 199. 
Clichtoveus 107 f. 
Coccius Gerh. 49. 

m Georg 49. 

„ Ludolf 49. 
Codrus 75. 

Coesfeld 61, 119, 123, 153 ff, 211, 

l22 f, 228. 
Coete (Cotius) 37. 
Cohausen 28, 223. 
Colvander 179. 

Comoedien, lateinische 76. 134, 

s. Schauspiele. 
Conrad, Bischof 86. 
Controversschriften 168 ff. 
Copius 111, 201. 
Coppenrath 171, 185. 
„Cotnputus elucidar" 145. 
Corfey 67. 
Cornelius 149. 
Corvinus s. Babe. 
Gothmann 202. 
Crampe 125. 
Cunradi 205. 
Custoden 174. 



Dahmer 212. 
Dalen v. 152, 182. 
Danhusius 183. 
Danzig 54. 
Deierlein 155, Ö23. 
Denhard 205. 
Detleffsen 197. 

Detmold 203, 228 s. BibUoth. 

16* 



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244 



Detten v.,208. 
Deutgen 194, 216. 
Deventer 39, 83, 85 ff, 102, 104, 

116 f, 118, 123, 137, 139 ff, 

193. 

Diebnich G. H. 218. 
H. 218. 

Dibruch Joach. 220. 
. Joh. 220. 

Dichtung deutsche 51, 53, 54, 
114, 120 f, 155, 160 ff, 168, 
169, 191,207, vgl. 87, 227, 
s. Gesangbücher. 

Directorium Monaster. 174. 

Disiner 215. 

Diurnale Monaster. 175. 
Dobeus 113. 
Docen 102. 
Dolmann 155. 
Domann 62, 66. 
Donop 100. 
Donatus 82. 
Dorlandus Petr. 136. 
Dorsten 228. 
Dorsten v. 129. 

Dortmund 51, 92, 102, 197 ff, 

228, 237. 
Dreikönigslegende 29. 
Dreyers 98. 

Drolshagius 2 ff, 12, 23, 30, 32, 

78, 92, 139. 
Druckerei 1, 18, 39, 65, 84, 96, 

101, 129, 133 ff, 156, 157, 

152 ff, 189, 236 f. 
Drunthen 53. 
Düsseldorf 129, 192. 

Ebersbach Fr. Ad. 192. 

Joh. fleinr. 192. 
Edicollius 107. 
Erich, Bischof 173. 



Elberfeld 195. 
Elen v. 84, 114. 
Einen 54. 
Eisleben 232. 

„Elegantiae" s. „Praecepta". 
Elzevir 63, 212. 
Emmerich 83, 117, 125. 
Enax 197, 216. 

Erasmus v. Rotterdam 201, 202. 
„Epilogus psalmorum" 180. 
Erfurt 87, 96. 
Erimaeus 93. 

Ernst, Bischof 151, 160, 174. 
Essen 93, 123, 201, 213, 228. 
Everardes 165. 
„Evidiotheka" 178. 
Evering 49. 
Eylert 219. 



Fabricius Alb. 62. 

C. 64. 
Falkonius 116. 

Ferdinand, Bischof 156, 160, 171, 

210. 

„Festum liberationis nostrae" 43. 

Fincke 226. 

Florenz 96, 133. 

Format 178 f. 

Fracturschrift 194. 

Frankfurt 96, 219, 233. 

Franz, Bischof 125, 174. 

Franz Arnold, Bisch. 174, 175. 

Franz Wilhelm, Bisch. 214. 

Franzosenherrschaft 103,227, 237. 

Fraterherren 28, 79, 84, 93, 97, 
111, 117 ff, 123, 133, 181, 
186 f, 192, s. Bibliotheken. 

Freckenhorst 40. 

Friedrich, König 220. 



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— 245 — 



Friedrich Christian Bisch. 153 f, 

177, 222, 224. 
Friedrich Wilhelm, König 221. 
Frobosius 202. 
Fuhrmann 65, 216. 
Furck 133. 

Fürstenberg C. v. 112. 
, Ferd. 27, 183, 222, 232. 
. Franz 21, 27, 60 ff, 174, 180. 
. Theod. 63, 206 f. ! 

Galen Ch. B. v., Bisch. 26, 91, 
125, 161, 169 ff, 183, 222. 
Garthüs 100. 
Geccins 49, 118. 
Ghemen af 131. 
Gherd 187. 

Gerhardus Wernensis 147. 
Gerlach 227. 
Gervinus s. Calenius. 
Gesang kirchl. 57. 168 ff, 212. 
Gesangbücher 203, 207, 227. 

„ Berleburger 224. 

. Bielefelder 220. 

. Dortmunder 200. 

. Essener 213. 

m Hagener 227. 

. Kölnische 194, 226. 

„ Lemgoer 203 f. 

. Lippstadter 194, 227. 

. Märkische 194, 200, 227. 

. Mindener 196 f. 

„ Münsterische 169 f. 

. Osnabrückische 194, 215 f. 

. Paderbornischc 194,207,211 f. 

. Ravensbergisches 221. 

. Saarländische 194, 226. 

. Soester 192. 

. Wiedertauferische 186 l 
Geschichtsforschung 114, vgl. 60 ff. 

Gesner 72. 



Giese 185. 
Glandorp 115. 
Glasemaker 100. 
Glocken Inschriften 50 ff. 
Goede 99. 
Goes 66, 69. 
Göthe 29. 
Goslar 216. 
Gouda 118. 

Graduale Monaster. 171. 
Grammat. Bücher 74, 82. 
Gratias 10, 17. 
Gregor Os s. de Breda. 
Gresbeck 91. 
Grimm Gebr. 103. 
Gronovia 220. 
Gronau 220. 
Grethen 201 f. 
Grovius 93. 
Guldenschaff 30. 
Gymnich Joh. 105 ff, 152, 

Petr. 10, 40 f, 104 ff 

Haag 34. 

Hagemann 89, 94, 137. 
Hagen 227. 
Hahn 235. 
Halverius 114. 
Hamburg 62, 149. 
Hamelmann 62, 68 f, 81 ff, 91, 
99 f, 116, 137 f, 167, 201. 
Hamm 92, 135, 219, 228. 
Handschriften 95, 102. 
Hannover 216, 235. 
Hast & Riese 172, 
Harnisch 206. 
Haude & Spener 195. 
Hang 224. 
.Hansfreund* 227. 
Haustatt 223. 
Haverland 191. 



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=■ 24$ - 

i 



Hechtel 216. 
Hector 171, 173. 
Heg(g)emann 7. 

Hegius 23, 6fc ?7, H U 
93 f, 104, 107, Ul, 123, 
137, 140. 

Heidorn 196. 

Heidtmans 49. 

Heinrich, Bischof 195. 

Helwing 203. 

Henning 152. 

Herborn 206, 225.. 

Herbst Herrn. 226. 
„ Mich. 194. 

Herford 93, 123, 202, 317 f, 220, 
228, 237. 

Heresbach y. 101, 169. 

Hering 92. 

Herken 226. 

.Hermann" 227. 

Hermann! 192, 22u. 

Hermannus Jud. 21. 

Herold 194, 226. 

Herrmann 200. 

Herzogenbusch 117. 

Hesse Eoban 115, 198, 212, 

Hesselmann 172. 

Heusmann 200. 

.Hexenhammer H 79, vgl. 232. 

Hieronymus 191. 

Hildebrandt 212. 

Hildesheim *52. 

Hileb 54. 

Hobbelinck 23, 26, 65 f, 68. 
Hofmann 149. 
Hogenberg Rem. 182. 

Abrab. 183. 
Holstein-Schauenburg y. 195. 
Holtmann 125. 

Holzschnitte 43, 141, 142, 144 
150, 181, 182, 184 f; 189. ' 



Homberg 157. 
Hörde Herrn, de 77. 

n PW1. 77. 
Horlcnius Jos. 6, 17, 93, 125, 139. 
Hornken 173. 
Horrion ß3, 184, 209. 
Horstmar Job. i. 118. 
Hövel ?. 28, 62, 116. 
Hoya v. d. Bisch. 58, 59, 178, 182. 
Huber Dav. 211 f. 

„ Joh. 211 f, 226. 
Humanismus 1, 42, 60, 52, 56 I, 

71, 84, 89, 111, U7, 133, 

190, 230, 239. 
Humm 152. 
Hundt Henning 200. 

.Indagatio succineta" 
Initialen 132, 185. 
Innocenz VIII. 9. 
Intelligenzblatt Arnsberger 226. 

9 Dorstener 228. 

n Münster. 218. 
Iserlohn 132, 185. 
Iserlohn Rigo forti de a. Alding. 
Italien 80. 
Jenson 165. 

Jesuiten 60 f, 125, 176 ff, 183, 
208. 

Joachim „Westval" 130. 
Johan. v. Hildesheim 29. 
Johannes Pacjerb. 130. 
Joidanus 80. 

Jülich Joh. Hrz. v. 159. 
Junffermann 213. 

Kalcovius 27. 

Kalender 180, 182 f, 185, 199 f, 

216 t 
Kamert 226. 
Kataloge 95, 101. 



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— 247 — 



Katechetische Schriften 168, 198, 

207, 218, 221. 
Katzenelnbogen H. t., Bisch. 90. 
Kaufmann 213. 
Kayser 204. 
Kenning 49. 

Keickmeister 75 ff, 104, 134. 
Kerssenbrock Herrn, v. 19, 42 ff, 

62, 74, 87, 91, 113, 116, 

159, 180, 186, 201. 
„ Joh. 49, 62, 68, 121. 
„Kerstenspegel" 79. 
Kettler W. v., Bisch. 56, 59. 
Kiersgarten 119. 
Kissiing 215. 
Klauber 184. 

Kleinsorgen Gerh. lf3, 116. 
Klingenberg 203, 225. 
Knor 203. 
Koburger 165. 
Koch 202. 

Koerdinck 153, 154, 156, 175. 
Köhnemann 218. 
Kohonoffsky 215. 
Koite 193. 

Köln 2, 9 ff, 17, 30, 32, 35, 79, 
93, 104, 115, 118, 129, 133, 
137 f , 139, 141, 144, 152, 
156 f, 159, 165, 171, 179, 
182 f, 193. 

Konrad. v. Paderborn 131. 

Kopenhagen 88, 131. 

Körholz 194. 

Korver 175. 

Krakamp 155. 

Kridt 60. 

Krieger 185. 

Krumbein 216. 

Kunstgeschichtliches 43 , 63 f, 
90 f, 109, 161, 168, 174 f, 
180 ff, 186 ff, 193, 214, 219. 



Kunethandel 185, 235 f. 
Kupferstich 174, 177, 182 f, 214, 
224. 

Kupferplattendruck 200. 
Küster 59. 



Lambach 198. 
Landen 141. 
Lange 194. 
Langen Herrn. 77. 
Langen Rud. v. 1 f, 19, 23, 25, 
28, 58 f, 66 ff, 85, 92, 190. 

„ Bibliothek 19, 97. 

n Biographisches 39 ff. 

. Literatur 25. 

w Schriften 1, ff, 9, 16, 18, 29 ff, 
36, 52 ff, 80, 134, 142. 
Latomus 191. 

Leichenreden 176 f, 178, 182, 

202, 221, 226. 
Leipzig 139, 232, 235. 
Lemgo 46, 63, 69 ff, 99, 194, 

201 f, 225, 228, 237. 
Lentenus 49. 
Letmate Walt. 39. 
„Liber Ordinarius- 172. 
Liebezeit 216. 
Liesborn 26, 62, 147. 184. 
Limburg 19, 22, 25, 35, 65, 104, 

134 ff, 179. 
Lingen 216. 
Lippe zur 202. 

Lippstadt 16, 50 f, 102, 119, 

192 ff, 202, 228. 
Lipsius 63, 66. 
Lissabon 131. 
Livius 209. 
Lobwasser 194, 204. 
LongicampianuB 106. 
Löwen 79, 130. 



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— 248 — 



Lübeck 191 
Lucios 63. 
Ludgerus S. 16, 29. 
Lüdinghausen 54. 
Lühner 71. 

Lünen 131, s. Bibliotheken. 
Lnther 203, 218, 221. 
Lüttich 116. 



Mainz 29 f, 233. 
Mallincrodt B. v. 19 , 27 f , 65, 
68, 102, 104, 135, 138, 167. 
Mallincrodt Gebr. 201. 
Mancinellus 6, 139. 
Mandate 165, 195. 
„Manipulus curatorum" 135. 
Mann 214. 

Marburg 114, 118, 232. 
Martens Dirk 130. 
Mathematik 107 f, 113. 
Maximilian Franz 154. 
Maximilian Friedr. 154, 171, 174, 

180. 
Maurer 199. 
Melanchthon 118, 199. 
Mercatoris 131. 
„Mercur" 167,218. 
Meschede R. S. 73. 
Meschede 132. 
Mesmeker 132. 
Messe Frankfurter 96. 
Messina 132 f. 
Meulen v. der 218. 
Meyer 216, 225. 

„ Adolf H. 194. 

. Albert 202 f. 

, Friedr. 212. 

m Heinr. 194, 202 f. 

. Heinr. Wilh. 202 f. 
Joh. Heinr. 194. 



Michelis 185. 

Minden 102, 195 ff, 228, 237. 

n Bischöfe s. Heinrich. 
Missale Monaster. 171, 188. 
Modersohn 55. 
Möller Bernh. 194. 

Heinr. 194. 
Montanus Jac. 93, 123. 

Joh. 99. 
Monte Rocherii de 135. 
Monumenta Paderborn 184, 212. 
Moreri 72. 
Moretus 28, 171. 
Morlage 97. 

Mormann 84, 122 f, 179. 
Müllems Tilein. 93. 
Müller 66, 197. 
München 236. 

Münster 1, 7, 9, 18 f, 21, 24, 28, 
32, 37, 39, 42, 46, 52, 56 ff, 
65,, 69 f, 76 f, 83 ff, 90 ff, 
102, 118, 133 ff, 159, 166, 
177, 193, 228, 237, s. Bi- 
bliotheken. 
„ Ei schöfe s. Conrad, Casp. Max, 
Erich, Ernst, Franz, Franz 
Arnold, Fei d.v. Fürstenberg, 
Fried. Chr., v. Galen, v. d. 
Hoya, v. Katzenellenbogen, 
v. Kettler, Kridt, Ludgerus, 
Maxim. Franz, Maxim. Friedr. 
Otto v. Schwarzburg, de 
Wevelkaven. 

Münster Dederich v. 80, 130. 
Joh. 129, 205 215. 

Murmellius 2, 3, 5, 6, 8, 10, 37, 
62, 82, 88, 91, 93, 97, 106 ff, 
123, 138 ff, 143, 182. 

Musik 57. 

Musikalien 176. 

Mutius 37. 



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- 249 — 



Nagel Christoph 153 ff, 175, 177. 
211, 224. 

. Joh. NiooL 154. 

„ Rud. 176. 
Naturwissenschaften 113. 
Neander 204, 221. 
Neapel 97, 133. 
Nehemius s. Drolshagius. 
Nettebruch 219. 

Neuhaus 64, 209, 211 f, 222, 237. 
Neuwald 202. 
Nicolartius 125. 
Niederlande 90. 
Nienborg 67. 

Niesert 17, 23 ff, 28 ff, 30, 37, 
136 ff, 145 f, 177, 223, s, 
Bibliotheken. 

Niesinck 120, 123 f. 

Nilus 191. 

Nordkirchen 27. 

Nordwalde 54. 

Nünning 28, 167, 223. 

Nürnberg 133, 148, 195. 

Njmwegen 130. 



Oemeken 191. 
Oenopola 65. 
Oestereich 236. 
Ohr v. 208. 

Oldenburg 34, s. Biblioth. 
Oliver 27. 
Olpe v. J29. 
Olpe 129, 130. 

„Ordnungen" kirchliche 148, 178. 
„ . Berleburger 225. 
9 » Herforder 215. 
, „ Lippische 201. 
. » Neuenrader 200. 
. . Osnabrücker 178, 215, 
. . Soester 191. 



„Ordnungen" weltliche 43, 147, 

178, 196, 205, 218, 221. 
Orgel 170. 
Ornithoparcus 93, 
Ornitander 199. 

Osnabrück 42, 46 f, 91, 100, 102, 
112, 119, 177 f, 185, 214 ff, 
228. 

„ Bischöfe s. Franz Wilh. 
Osnaburg 199. 
Ossenbrugge 150, 179, 182. 
Otto, Bischof 58. 
Overham 211. 

Paderborn 63 ff, 102, 184, 194, 

206 f, 228. 
„ Bischöfe, s. v. Fürstenberg 

Ferd. u. Theod., v. d. Reck. 
Paderborn v. 3, s. Konrad. 

„ Joh. v., s. Joh. Paderb, 
Paffraet 21, 33, 104, 139 f, 
Pantaleon 62. 
Panzer 139. 
Paris 80, 172 f, 175, 
Pasquillen 159, 166. 
Pastoralschriften 168. 
Pergamentdrucke 164. 
Pering 89, 146 f. 
Perrenon 155, 185. 
Perthea 235. 
Petrarca 191. 
Pfauk 184. 
Pfeffel 184. 
Pfinzing 199. 
Piderit 116. 
Piler 196. 
Pirkheiraer 191. 
PItycormatius 49. 
Plantin 180. 
Platvoet 155. 
Pleningen ▼. 40. 



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- 280 - 



Plettenberg 68. 


Regelein 225. 


Ponte de 183. 


Regensberg 18, 22, 24, 143 f, 


Pontanus 53, 207, 209, 


145, 151, 164, 183 f. 


Postanstalten 235. 


Regensburg 9. 


„Praecepta viginti elegantiarum- 


Reineccins 115. 


74. 


Reinert 200. 


Presse s. Druckerei. 


Reinhold 185. 


Preussen Könige v., b. Friedrich 


Reitz 224. 


u. Friedr. Wilh, 


Remaeus 93, 


Predigten 168, 176, 182, 194, 


Renaissance 90, 181, 187. 


202, e. Leichenreden. 


Renchen 171. 


Privatpressen 133. 


Reuchlin 76, 96, 141, 145. 


Privilegien 151, 154, 156, 215, 


Rheine 53. 


220, 224. 


Rietberg v. 78, 83, 86, 202. 


Prussia Peter de 10. 


Rigo forti 132, s. Iserlohn. 


Psalterium Monast. 171. 


Ring to s, zum Ring, 




Rink Joh, 31 f. 




w Peter 36 f. 


tyienstedt 66. 


Rinteln 168, 203, 237. 


Quentel 12, 17, 32, 107, 138, 


Ritualbücher 170 ff, 181, 230. 


139, 144, 174, 209. 


Röchel 116. 


„Qnerela scholae Osnabnrg.« 42 ff. 


Rolevink 28. 




Rolliu8 67. 




Rom 80, 133, 149. 


Rabe 206, s, Corvinus, 


Rosarium 36 ff, 142. 


Rad ein ach er 190. 


Rostock 118, 133. 


Rambold 118. 


Rotarius 93. 


Raesfeld Godfr. v. 21, 46. 


Rotger 93, 111, 122 f. 


Lndg. 167. 


Rothman 146, 158, 169. 


Phil. 150. 


Rötiken 201, 207. 


Rasfeld Anna 152. 


Rottendorf 24, 26 ff, 167. 


„ Bernh. 27, 153, 226, 


Rüben 207. 


„ Lamb. 150, 212, 


Rudolphi 64. 


. Wem. 153. 


Rufaeus 210. 


Ransch 19. 


Rühl 200. 


Ravenstein 130, 


Ruland 3, 18, 62. 


Reccius 66, 


Rumpaeus 192. 


Rechtswissenschaften 112. 


Rupertus Werlens, 207. 


Reck Theod. v, d„ Bisch, 212. 


Rüskamp 205. 


, Joh. 226. 


Rüthen 194, 226. 


Rees 165, 





I 

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- 251 — 



»Sachsenspiegel" 130. 
Sachsen Nicol, v. 131. 
Sacrobusto de 107, 
Salzburg 236. 
Sartor(ius) 199. 
Säur 205. 
Savin 185. 
Saxonia Job« de 108. 
Schade 132. 
Schade y. 77. 
Senaten Clawes 67. 

„ Herrn. 67. 

„ Nicol. 66, 178, 211 ff, 
Schauspiele 61. 
Scheie 100, 113. 
Schifflin 184. 
Schinner 210, 212, 
Schlichthaber 196 f. 
Schlodt 46, 70, 201. 
Schmid 216. 
Schmidt 207. 
Schmising 20, 97. 
Schnelling 4, 7. 
• Schöpper 198. 
Schöppingen 51. 
Schöppingen H. t. 119. 
Schorlemraer 215. 
Schuchenus 2Q7, 
Schnlting 190 ff. 
Schuhmacher 139. 
Schulwesen und - Bücher 57 f, 
73 f , 122 f, 140 f, 151 f, 
149, 164, 190, 330. 
Schwander 215. 
Schwartz 208. 
Schwarz 115. 
Schwarzburg y, 78, 83. 
Schweden 8, 
Schwelm 228. 
8chwendel 223, 
Schwiring 201. 



Scribanae 183. 
Siberch 131. 
Sickingen v. 191. 
Siegen 206. 

Signaturen 12, 16, 43, 103, 179. 
Simons 165. 

Sinthen 74, 82, 118, 136. 
Sleibing 100, 111. 
Smedes 187. 
Snell 131. 

Soest 8 , 54, 102, 190 ff, 213, 

228. 
Soter 198. 
Spangenberg 203. 
Spanier 166. 
Spiegelberg 202. 
Spindler 131, 
Spormacher 116. 
Sprickmann 50, 155. 
Stehlschmidt 208. 
Starmann 200. 
«Statuta provincialia" 134. 
Steinen D. 185. 

„ Joh. 42. 
Steinfurt 204 ff. 237. 
Stendal 130. 

Strassburg 19, 88, 129, 149, 17$. 

Strübel 185. 

Sturm 117. 

Subiaco 133. 

Südlohn 50. 

Süvern 221. 

Sweppe 54. 



Tecklenburg v, 40. 
Tegederus 97. 
Terentius 146. 
Theissing 156. 
Thieme 227, 



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- 252 - 



Thurney&ser 133, 150, 179, 182, 

200. 

Tillmann 194, 210. 
Tirs 120. 
Todt Joh. 211. 

„ Joh. G, 211, 222. 

* Joh. Theod.212. 
Torrentinus 78, 82. 
Tränckner 220. 
Tremonja H. de 51. 
Treutier 10. 

Trittenheim 2 f, 64, 68. 
Trost v. 55, 

Tunicius (Tunicken) 89, 115. 
Tyde-Boke 195. 
Tympius 155, 180, 182. 
Type 178 f. 

Typographie s. Druckerei. 
Tzwyvel Theod. 37, 43, 105 ff, 
142 f. 168, 176, 179 f, 237. 

w Godfr, 149, 180. 

„ Dider, 150. 

Uetroann 54. 
Ulm 236. 
Undemann 54. 
Universitäten 87. 
Utz Ant. 192, 219. 
n Friedr. 219. 



Talk 77, 
Valencia 131. 
Veghe 120, 123. 
Velen v. 167, 
Venedig 130, 156, 217, 
Venlo 93. 
Venroth 93. 
Vergilius 142, 
Veriman 213. 
Verspoell 211. 



Viermund v. 54. 
Vigilius 200. 
Vischer 64. 

Vita Johann, de Bevern, 222. 
Vogt 217. 
Voigt 216. 
Volker 51. 

Volkmar Henning 194. 
Volmari 152, 
Volsius 78, 93. 
Vossius 62. 



Waesbergen de 154. 
Walterus 116. 
Waltmann 184. 
Warburg 213. 

Warendorf 153 ff, 212, 224. 
Wasserbach 69 f, 
Wechter s, Vigilius. 
Wedinckhausen 73. 
Welbergen 54. 
Wellenberg 205. 
Wemmeyer 223, 
Wenigelius 202, 

Werden 16 ff, 20, 36, 115, 129. 
213. 

Werden M. v. 129, 144. 
Werl 73 f. 
Wesel 83, 85, 117 f. 
Wessel 80. 
Westerhues 51 ff. 
Westermann 193, 200. 
Westhoff 200. 

Westfalen 89, 129 f, 236 f. 
Westfalia Joh. de 130. 
Westval s. Joachim. 
Wevelkaven Flor, de, Bisch. 29, 
Wiedertäufer 19 f, 42 ff, 54, 56, 

58 f, 98, 146 ff, 158 ff. 166, 

168 ff, 17a 



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— 253 — 



Wichard 208. 
Wigand 103. 
Wilckinghoffs 200. 
Windemaker 109. 
Windsheim 119. 
Witte 26, 34, 62, 116. 
Witten 93. 
Wittenus 100, 
Wittenberg 88, 193, 232. 
Wittneven 212, 223. 
„Wochenblatt gemeinnütziges" 

218. 
Wolphard 219. 
Wiechendorf 192, 
Wou Gerh. de 52 ff. 
Wydenbach 119. 

Xylographie 35 f, 43, 164, 181, 
184 f, 193, 202 f, 208. 

Zeis, Zeisen 192, 213. 



„Zeitungen u. Zeitschriften" 148, 
165, 167, 178, 194, 214, 217, 
218, 226, 227, 228, 231, 234, 
237. 

„ Arnsberger 226. 

„ Dorstener 228. 

„ Dortmunder 234. 

„ Hagener 227. 

„ Herforder 217. 

„ Lippstudter 167, 218. 

„ Münster. 167, 218. 
Zepper 206. 
Zettel 166, 178. 
Zierstempel 7, 189. 
Ziese 200. 
Zigeuner 159, 
Zumkley 155. 

Zum Ring Herrn. 21, 150, 182. 

Ludg, 149, 180. 
Zurmühlen 24 f, 28. 
Zwivel s. Tiwyvel Dider. 
Zwolle 33, 82. 



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