ANNALEN DER
PHYSIK UND
CHEMIE:
ERGÄNZUNGSBAND
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ANNALEN
DER
PHYSIK UND CHEMIE.
ERGÄNZUNGSBAND VI.
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ANNALEN
DER
H Y S I K
UND
CHEMIE.
HERAUSGEGEBEN ZU BERLIN
VON
J. C. POGGENDORFF.
ERGÄNZUNGSBAND Vi.
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NEBST ZWEI FIGURENTAKKJJ«.*.' "V
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LEIPZIG, 1874.
VERLAG VON JOHANN AMBROSIUS BARTH.
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Inhalt
des Ergänzungsbandes VI der Annalen der Physik
und Chemie.
Erstes Stuck.
Seite
I. Zurück fuli rung der Siemens'schen galvanischen Widerstands-
einheit äuf absolutes Maafs; von F. Kohlrausch . . . . 1
II. Bestimmung der optischen Constanten des Kupfervitriols;
von C. Pape 35
III. Untersuchungen Uber die Volumconstitution der festen Kor-
per; von H. Schröder 58
Abhandlung V. Theoretische Einleitung.
IV. Untersuchungen über die Volumconstitution der festen Körper ;
von Demselben 69
Abhandlung VI. Methode.
V. Untersuchungen über die Volumconstitution der festen Körper;
von Demselben 76
Abhandlung VII. Die einfachen regulären Chloride, Bro-
mide und Jodide, und daran sich Anreihendes.
VL Ueber Elektricitätsstrahlen und die Gesetze ihrer Verbreitung
und Zurückwerfung in leitenden Platten ; von T h. S c h w e d o f f 85
VI
Seite
VII. Ueber die Natur der Elektricität ; von E. Edlund . . . 95
VIII. Studien über Affinität in Eisenchlorid-Lösungen ohne Verän-
derung des Aggregatzustandes ; von A. Müller . . . . 123
IX. Beiträge zur Kenntnifs des Stabmagnetismus ; von H. Schnee-
beli 141
X. Ein Fa r ad ay 'scher Explosionsversuch; von G. Krebs . . 170
XI. Explosionen, erzeugt durch hohe Töne; von Champion und
Pellet 174
XII. Eine ältere Beobachtung der magnetischen Declination vom
Jahre 1692 in Breslau 175
Zweites Stück.
I. Krystallographische Untersuchungen über Naphtalinderivate ;
von C. Hintze 177
II. Mineralogische Mittheilungen; von G. vom Rath (Zwölfte
Fortsetzung) 198
65. Ueber das Krystallsystem des Leucits. —
66. Chemische Zusammensetzung der in den Vesuvischen
Auswürflingen durch Sublimation vorhandenen Krystalle
von Augit und Hornblende.
III. Ueber die Natur der Elektricität; von E. Edlund (Schlufs) 241
IV. Studien über Affinität in Eisenchlorid-Lösungen ohne Ver-
änderung des Aggregatzustandes; von A. Müller (Schlufs) 262
V. Ueber Temperatur und Temperaturmaafs; von G. Recknagel 275
VI. Ueber den Nebenstrom; von K. W. Knochenhauer . . 302
VII. Ueber die thermische und mechanische Ausdehnung fester
Körper; von A. Kurz 314
VIII. Zur Frage über die Einführung der modernen chemischen
Formeln in die Mineralogie; von F. v. Kobell .... 318
IX. Ueber einen neuen Amylalkohol; von G. H. B. Bäk Hoven 325
X. Bemerkungen über das Füllen von Gefäfscn mit sehr engen
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VII
Seite
Rohren, insbesondere der Cartesianischen Taucher ; von K. L.
Bauer 332
XL Salpetersaure Nickellösung als) Absorptionspräparat; von H.
Emsmann 334
XII. Auffallende Regelmafsigkeit bei einem Sternschnuppenfall;
von C. Bohn 335
Drittes Stuck.
I. Mineralogische Mittheilungen; von 6. vom Rath (Fort-
setzung XII, Abtheilung II.)
67. Ueber die verschiedenen Formen der vesuvischen
Augite S. 337. — 68. Ein Beitrag zur Kenntnifs der
Krystallisation des rhombischen Schwefels S. 349. —
69. Arcanit von Roccalmuto in Sicilien S. 359. — 70.
Ueber einen ausgezeichneten Jordanitkrystall S. 363.
— 71. Glimmerkrystalle vom Vesuv, S. 366. — 72. Ueber
den angeblichen Epidot vom Vesuv, S. 368. — 73. Ueber
den Mikrosommit, S. 372. — 74. Ueber ein neues
Mineral ( Chalkomorphit) auf einem Einschlüsse in
der Lava von Niedermendig, S. 376. — Anmerkungen :
1) Kalknatronfeldspath aus einer Lava des Hochlandes
von Quito, 8. 378. — 2) Sanidin-umrindeter Majonit-
krvstall vom Vesuv, S. 381. — 3) Ueber den Asmanit
im Meteoriten von Breitenbach, S. 382. — 4) Quarz-
stufe aus Indien, S. 384.
II. Photometrische Untersuchungen; von C. Bohn 386
III. Ueber den Einflufs der Anziehung auf die Temperatur der
Weltkörper; von G. Hansemann 417
IV. Ueber Tropfen an festen Körpern, insbesondere an Cylindern ;
von K. Lafswitz 441
V. Ueber die Einwirkung des Lichtes auf freies Chlor; von
E. Budde 477
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vm
Viertes Stuck.
Seite
I. Optische Untersuchungen einiger Reihen isomorpher Substanzen ;
von Haldor Topsoe und C. Christiansen 499
II. Anwendung des mechanischen Wärme - Aequiralents auf Mole-
cularkräfte, Moleculargröfse und Moleculardistanz ; von G.
Weinberg 586
III. Ueber den Nebenstrom; von K. W. Knochenhauer (Schlufs) 607
IV. Geometrische Lösung einiger elektrischen Probleme; von Prof.
E. Pickering 621
V. Untersuchungen über die Volumenconstitution der festen Kör-
per; von H. Schröder 622
Nachweis zu den Figurentafeln.
Taf. I. — Kohlrausch, Fig. 1, S. 24; Fig. 2, S. 32. — Pape, Fig. 3,
S. 40; Fig. 4, S. 45 und 54. — Schwedoff, Fig. 5, S. 88; Fig. 6,
S. 89; Fig. 7, S. 90; Fig. 8 und 9, S. 91; Fig. 10, S. 92; Fig. 11,
S. 93; Fig. 12, S. 91.
- II. - G. vom Kath, Fig. 1 bis 28, S. 385.
Berichtigungen
zum Aufsätze von E. Budde in diesem Bande.
Seite 478, Zeile 6 v. o. statt: isolirten lies: insolirten.
- 488, - 2 v. o. statt: A {Chlor) ... B {Luft) lies: A (Luft) . . .
B (Chlor).
- 488, - 9 v. u. statt: 0,7° lies: 0.1°.
- 489, - 14 v. u. statt: sollen lies: fallen.
- 494, Anmerk. Zeile 10 v. u. statt: wie dv lies: wie dv?
- 497, Zeile 12 bis 10 v. u. heifst der Satz: .Bei den meisten Sub-
stanzen ist die Entzündungswarme das Agens, welches diese Locke-
rung leistet; bei einigen, wie beim Chlorknallgas, auch das Licht."
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ANN ALEN
DER PHYSIK UND CHEMIE.
Bd. VI. ERGÄNZUNG. St. 1.
I. Zuriickführung; der Siemens',schen galvani-
schen Widerstandseinheit auf absolutes Maafs;
von F. Kohlrausch.
(Der Gesellschaft der Wissenschaften zu Güttingen im Auszüge mit-
getheilt am 5. November 1870.)
•Je fester und allgemeiner sich der Gebrauch der Sie-
mens'schen Quecksübereinheit einbürgert, desto wün-
schenswerther ist die möglichst genaue Kenntnifs ihres
Verhältnisses zu dem wissenschaftlichen, sogenannten ab-
soluten oder Weber'scheu Widerstands-Maafse. Eine
solche Bestimmung soll den Gegenstand dieser Mittheilung
bilden. Sie ist im Jahre 1869 im Göttinger magnetischen
Observatorium ausgeführt worden; einerseits unter An-
wendung der ausgezeichneten erdmagnetischen und gal-
vanischen Instrumente, welche das Observatorium und das
physikalische Institut in Göttingen durch W. Weber's
Arbeiten erhalten haben, andererseits mit Quecksilberein-
heiten, welche Hr. Siemens zu diesem Zwecke eigens
herstellen zu lassen die Güte hatte. Ich darf' voraus-
schicken, dafs ich keine Mühe gescheut habe, um den-
jenigen Grad von Genauigkeit zu erzielen, welcher mit
obigen Mitteln erreichbar ist. Zu der Annahme, dafs dieses
Ziel wirklich erreicht worden sey, glaube ich durch eine
jahrelange Uebung in dieser Art von Beobachtungen nicht
weniger als durch die schliefslichc L Übereinstimmung der
Resultate berechtigt zu seyn.
Das Ergebnifs ist, dafs die Siemens'sche Einheit in
absolutem Maa&e gleich
9717<
immun
See.
Poggendorff s Ann. Ergänzungsbd. VI.
uigiiizea uy
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2
oder, wie es in übersichtlicherer Zahl auszusprechen,
gleich 0,9717 5*2^ ist.
° 7 Secundc
Soweit der Raum gestattet, werde ich das Beobach-
tungsmaterial in der Weise mittheilen, dafs man die Rech-
nung controliren kann und dafs ein ürtheil über die
erreichte Genauigkeit möglich wird. Abgesehen davon,
dafs bei einer jeden fundamentalen und schwierigen Mes-
sung, welche den Anspruch auf Exactheit erhebt, die mög-
lichst detaillirte Mittheilung der Zahlen wünschenswerth
ist, treten hier noch zwei Gründe ein. Erstens nämlich
handelt es sich um ein ganz neues und wichtiges galvano-
metrisches Princip von Weber, wobei die ebenfalls von
ihm zur Geltung gebrachten Beobachtungs verfahren mit
schwingender Nadel zur Anwendung kommen, welche bis
jetzt wenig verbreitet sind. Dieses Princip, den absoluten
Empfindlichkeitscoefficienten eng umchlielsender Multipli-
catoren aus der Dämpfung der schwingenden Nadel zu
bestimmen, verdient eine eingehende Prüfung. Zweitens
aber werden meine Resultate in der Widerstandseinheit
der British Association den Fehler von etwa 2 Procent
wahrscheinlich machen, und gegenüber der Autorität des
„Standard- Committee" , welches von so hervorragender
Seite beauftragt und aus den ersten wissenschaftlichen
Namen zusammengesetzt war, welches aufserdem über
bedeutende äufsere Mittel verfügte, erscheint die gröfste
Vorsicht, eventuell aber auch ein erhöhter Nachdruck
nothwendig. Man wird weiter unten eine Reibe von Be-
denken gegen die Bestimmung der British Association-
Einheit aufgeführt finden.
I. Die verschiedenen Methoden der absoluten Widerstandsmessung.
Die absolute Widerstandsbestimmung eines Leiters
auf magnetischem Wege fuhrt immer auf die Aufgabe,
den Strom zu messen, welchen eine bekannte elektromo-
torische Kraft in dem Leiter erzeugt; wobei als Einheit
der Stromstärke derjenige Strom gilt, welcher nach aufsen
3
die Einheit der magnetischen Wirkung ausübt, und als
Einheit der elektromotorischen Kraft diejenige, welche bei
der Bewegung eines Leiters gegen magnetische Kräfte
unter gewissen normalen Verhältnissen in dem Leiter ent-
steht,). Wir- verdanken Weber vier Methoden einer
solchen Widerstandsbestimmung, die sich kurz so charak-
terisiren lassen.
Die erste*) benutzt die durch den Erdmagnetismus
in einem bewegten Leiter von bekannten Dimensionen
(Erd-Inductor) inducirte elektromotorische Kraft und findet
die Stromstärke durch die Ausschläge einer kurzen Matr-
netnadel innerhalb eines Multiplicators von ebenfalls be-
kannten Dimensionen. Verlangt ist aufserdem nur die
Schwingungsdauer der Nadel, nicht etwa die erdmagne-
tische Intensität, da diese sich heraushebt. Erforderlich
ist aber, dafs die Nadel kurz sey gegen den Durchmesser
des Multiplicators. Entweder als müssen die Beobach-
tungen an einer kleinen Nadel angestellt werden , oder der
Multiplicator ist in sehr bedeutenden Dimensionen aus zu-
Die zweite Methode *), die im Folgenden angewandte,
ist eine durch eben diese Schwierigkeiten hervorgerufene
Modifikation der ersten. Als Galvanometer dient ein enger
Multiplicator mit astatischer Nadel, deren Dimensionen
den Anforderungen der gröfsten Empfindlichkeit und son-
stigen Rücksichten beliebig angepafst seyn können. Die
Wirkung der Stromeinheit im Multiplicator auf die Nadel
wird nämlich nicht aus den Dimensionen berechnet, son-
dern findet sich empirisch nach den Gesetzen der Mag-
neto-Induction durch die Dämpfung, welche die schwingende
Nadel durch den Multiplicator erleidet. Ferner aber mufs
nunmehr aufser der Schwingungsdauer noch das Trägheits-
moment der Nadel und es mufs endlich die erdmagnetische
1) Abb. d. K. Sachs. Ges. d. Wiss. 1846, Bd. 1 S. 21i>.
• 2) /. c. S. 226.
3) Abb. d. K. Ges. d. Wiss. zu Göttingen 1862. Bd. 10, S. 20. Auch
einzeln abgedruckt uuter dem Titel: ZurGalvanometrie. Gött. 1862.
1*
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Kraftcomponente, welche auf den Inductor wirkt, nach ab-
solutem Maafse bekannt seyn.
Durch eine grofse Einfachheit der instrumentellen
Hülfsmittel zeichnet sich ein drittes Verfahren aus ■), bei
welchem nur ein Multiplicator zur Anwendung kommt,
in dessen Mitte eine Magnetnadel schwingt. Ist deren
Schwinmingsdauer, sowie durch Ablenkunj'sbeobachtunp-pu
an einer Bussole das Verhältnifs des Nadelmagnetismus
zum Erdmagnetismus und die Vertheilung des ersteren in
der Nadel ermittelt, so läfst sich hieraus und aus den
Dimensionen des Multiplicators die durch die bewegte
Nadel in dem letzteren erzeugte elektromotorische Kraft
berechnen. Die Stärke des hierdurch inducirten Stromes
und somit der Multiplicatorwiderstand wird aus der beob-
achteten Dämpfung erhalten.
Das letzte Verfahren 2) endlieh setzt einen Multiplicator
von bekannten Dimensionen in rasche gleichförmige Ro-
tation und beobachtet die Ablenkung einer innerhalb des-
selben aufgehangenen kleinen Magnetnadel.
Von diesen Methoden bietet eine jede, sobald es sich
um grofse Genauigkeit handelt, in der Ausführung nicht
unbedeutende Schwierigkeiten, welche oben mit gesperrter
Schrift angedeutet werden. Wir werden zunächst das
letztgenannte Verfahren des rotirenden Multiplicators, in-
sofern es zur Herstellung der englischen Einheit gedient
hat, etwas eingehender betrachten müssen.
II. Ueber die durch die British Association veranlasste Bestimmung der
absoluten Widerstandseinheit 3).
Die vierte Methode ist von Weber in zwei verschie-
deneu Modifikationen vorgeschlagen worden: der Inductor
kann um eine horizontale oder eine verticale Axe gedreht
werden. Im ersteren Falle ist es nothwendig, das Ker-
1) Abb. d. K. Sachs. Ges. d. Wiss. 1846, Bd. 1 S. 232.
2) Weber, Zur Galvanometrie. S. 12.
3) Report of the Brit. Assoc. 1862, S. 125; 1863, S. 111; 1864. I.
S. 345; 1865. I. S. 308. Auf Jahrgang 1863 beliehen sich im Fol-
genden die Citate mit blofser Seitenzahl.
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hältnifs der beiden erdmagnetischen Componenlen zu kennen,
da die horizontale auf die Nadel wirkt, während die ver-
ticale inducrrt. Auf dem zweiten, von dem Standard-
Committee der British Association eingeschlagenen Wege
entgeht man freilieh dieser Anforderung: die horizontale
Componente kommt als inducirend in den Zähler, in ihrer
Wirkung auf die Nadel in den Nenner, und so ist hier
ein in der That höchst elegantes und im Princip auch
sehr einfaches Verfahren gegebeu, welches vom Erd- so-
wie Nadel-Magnetismus unabhängig, nur die mechanische
Schwierigkeit der Herstellung einer constanten, schnellen
Rotation enthält.
Dafür aber stellt sich in der Ausfuhrung der zweiten
Modifikation ein anderes Hindernifs ein , dessen Wirkung
in der Arbeit des „Coinmittee" denn auch auf's Klarste
zu Tage tritt, und welches, wie es scheint, höher anzu-
schlagen ist als die Nothwendigkeit einer Iuclinationsbe-
stimmung. Es inducirt nämlich jetzt die aufgehangene
Nadel mit dem Erdmagnetismus zusammen, und es mufs
demnach der erslere Theil eliminirt werden. Wollte man
in dem vom Committee angewandten Multiplicator von
300m" Durchmesser einen für galvanometrische Messungen
gewöhnlich gebrauchten kleinen Magnet benutzen, so würde
seine eigene Induction die des Erdmagnetismus weit über-
treffen. Sollte die erstere als kleine Correction behandelt
werden, so war defswegen eine ungewöhnlich schwache
Magnetnadel vorgeschrieben.
Darin ist in der That das Committee sehr weit ge-
gangen; so weit, dafs ohne Zweifel noch niemals eine so
schwache Magnetnadel zu einer Messung verwendet wor-
den ist. Der Magnet bestand nämlich aus einer Stahl-
kugel von 8n"D Durchmesser, also aus einer für den Magne-
tismus möglichst ungünstig gestalteten Masse von etwa
2 Gr. Diese kleine Kugel aber war nun noch absicht-
lich schwach magnetisirt und hatte einen Magnetismus,
nicht gröfser als der, welchen man einer Nähnadel von
der Masse & Gr. mittheilen kann, wovon ich mich durch
I
6
den Versuch überzeugt habe l). Zur Illustration der
Zahlen kann ferner dienen , dafs ein gestrecktes Eisen-
stäbchen von 10 Gr. in der Incliuationsriehtung gehalten,
den obigen Nadelmagnetistnus durch Induetion des Erd-
magnetismus annehmen würde. Ein einfacher Coconfaden
von 2" Länge war als Aufhängefaden der Stahlkugel not h-
wendig, um das Torsionsverhältnifs auf diejenige kleine
Gröfse zu reduciren, welche durch die wandelbare Elasti-
zität uud die elastische Nachwirkung des Cocon geboten
ist. Nun denke man sich mit der allerfeinsten Nähnadel
als Magnetnadel an einem etwa \m langen Verbindungs-
stück einen Spiegel von 30",m Durchmesser verbunden, der
also für Luftströmungen, welche auch iu einem gut ge-
schlosseuen Kasten nicht ganz ausbleiben, eine Fläche von
etwa 14 Quadrat'" darbot (nach der Zeichnung); die ganze
Masse von einem Trägheitsmoment, dafs ihre Schwingungs-
dauer (S. 173) 10 See. betrug, während diejenige der Näh-
nadel allein etwa f See. betragen würde, uud man hat im
Wesentlichen das Magnetometer, auf welches die schwachen
Ströme im Multiplicator wirkten, und bei welchem ein
Einstellungsfehler von 2 Bogenminuten 1 Proc. Fehler im
Resultate bewirkte. Dazu kommt noch, dafs in unmittel-
barer Umgebung dieses Magnetometers der grofse Mul-
tiplicator mit einer Geschwindigkeit bis zu 4 Umdrehungen
in der Secunde rotirte.
Es erscheint als ein Mangel in den sonst so ausfuhr-
lichen Berichten, dafs, soweit mir bekannt, nirgends eine
Heobachtungsreihe mit allen Einzelheiten wiedergegeben
wird, damit man einen Anhaltspunkt für oder gegen das
genannte Bedenken gewönne. Erwähnt wird (S. 174),
1) Die Stahlkugcl lenkte (Rep. 1863,8. 172) ans 156,6™'» Entfernung eine
Bussolennadcl um arc tg 0,0078 = 27' ab. Daraus folgt, die Hori-
zontal-Intensität « 1,76 angenommen, das magnetische Moment
. 1,76 . 156,6 3 .0,0078 = 26000. Da nun 1»** Stahl im
Maximum etwa 1000 Einheiten dauernden Mapnetismus annimmt
(vgl. auch Schneebeli, Progr. des Zürcb. Tolyt. 1871—72), so kann
man den obigen Magnetismus einem dünnen Stäbchen von 26tn*r mit-
theilen.
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7
dafs einzelne Theile der länger dauernden Versuchsreihen
wegen Nieht-Uebereinstimmung mit anderen vor der Rech-
nung ausgeschieden worden seyen; also scheinen bedeu-
tende unaufgeklärte Unregelmäisigkeiten vorgekommen zu
seyn. In der messenden Physik aber ist es immer bedenk-
lich, anzunehmen, dafs gröfsere Versuchs fehler nur zu-
fälligen Ursprunges seyen und durch eine hinreichende An
zahl von Beobachtungen eliminirt werden.
In der That , wenn wir nun die Schlufs-Resultate an-
sehen, welche zur Veröffentlichung gelangt sind '), so
scheinen diese ein leises Bedenken zu rechtfertigen. Diese
Mittelzahlen weichen von einander noch bis zu 1,4 Proc.
ab. Man findet ferner, dafs die langsamen Rotationen im
Mittel ein um etwa 0,5 Proc. anderes Resultat ergeben
als die raschen. Gleicherweise erlaubt die Mittheilung
einiger Beobachtungen von einem und demselben Tage
(Rep. 1863, S. 175) ein Urtheil. Daselbst kommen 4 Re-
sultate vor, welche bis zu 2,3 Proc. von einander ab-
weichen. Und diese Zahlen beruhen jede auf etwa viertel-
stündigen Beobachtungsreihen mit je etwa 100 Scalen-
Ablesungen, aus denen eventuell die am wenigsten stim-
menden Zahlen bereits ausgeschieden worden sind. An
so grofsen Differenzen wird ein unbefangener Leser immer
Anstand nehmen.
Ganz unverständlich aber sind mir die Abweichungen
bis zu 8,5 Proc, welche unter Umständen eintraten, je
nachdem der Inductor nach links oder nach rechts rotirte.
Nach einer Andeutung des H. Jenkin (diese Annalen
CXXVI, 387) soll dieser Umstand darin seine Erklärung
finden, dafs „der Faden, an dem der Magnet suspendirt
war, in der einen Richtung einen geringen Eiuflufs aus-
übte." Man ist versucht, auf eine einseitige, dauernde
Torsion des Fadens zu schliefsen, wodurch die beider-
seitigen Ausschläge allerdings verschieden ausfallen. Aber
um Differenzen zu erklären, wie sie hier vorkommen,
mufste die Torsion so grofs seyn, dafs die magnetische
1) Rep. Brit. Assoc. 1864. S. 350 ; diese Ann. CXXVI. S. 386.
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8
Axe der Stahlkugel eine um viele Grade vom magnetischen
Meridian abweichende Stellung gehabt hätte. Ein solches
Versehen bei der Aufhängung darf man wohl kaum an-
nehmen. Sollte es aber vorgekommen seyn, so scheinen
mir die betreffenden Beobachtungsreihen verwerflich; denn
wenn man schon in der gewöhnlichen Praxis eine so
grofse Unsymmetrie ungern zuläfst, so würde sie gefähr-
lich erscheinen bei der Kugelgestalt und dem schwachen
Magnetismus des kleinen Magnets. Dal's nämlich dessen
magnetische Axe, auf deren Constanz schliefslich Alles
ankommt, wirklich bis auf Bogeuminuten constant sey, wenn
sie nicht in der Richtung der magnetischen Directions-
kraft liegt, würde eine gewagte Behauptung seyn.
Minder bedenklich wäre wohl die andere Interpre-
tation des citirteu Ausspruches, dafs eine Aenderung der
Torsionsruhelage des Cocon durch elastische Nachwirkung
im Spiel wäre, etwa, indem der Faden noch nicht lange
aufgehangen war. Aber auch dieses möchte ich nicht gern
annehmen, denn man hätte in diesem Falle die Beobach-
tungen aufschieben oder doch mindestens die Nachwirkung
durch besondere Beobachtungen eliminiren sollen.
Kurz, man wird die Annahme kaum vermeiden können,
dafs der schwache Magnetismus der Nadel erhebliche Un-
zuträglichkeiten im Gefolge gehabt habe, und die Regeln
der Wahrscheinlichkeitsrechnung auf solche Beobachtungen
anzuwenden halte ich ohne den ausdrücklichen Nachweis
von der Abwesenheit constanter Fehlerquellen nicht für
gerechtfertigt.
Immerhin aber könnte der wahrscheinliche Fehler von
0,1 Proc, der für das Endresultat berechnet wird, sich
nur auf die Scalenablesungen beziehen; ihn auf die ganze
Messung zu übertragen würde voraussetzen, dafs andere
Fehlerquellen nicht vorhanden gewesen sind. Auch die,
wenn auch sehr beachteuswerthe Uebereinstimmung der
beiden im Jahre 1863 und 1864 gefundenen Zahlen big
auf 0,16 Proc. kann nicht als unbedingt maafsgebend be-
trachtet werden. Wenn wir nun nach den anderen Fehler-
9
quellen fragen, so erhebt Hr. W. Siemens zunächst einen
Einwand gegen die Berechnung des mittleren Windungs-
halbmessers aus der Länge und der Windungszahl des
Drahtes. Dafs ein solches Verfahren bei dickem Draht
unbedenklich ist, glaube ich aus eigenen sorgfaltigen Ver-
buchen schliefsen zu dürfen. Der Querschnitt der hier
vorliegenden Drahtsorte beträgt freilich (aus dem Gewicht
und Gesammtwiderstand des Drahtes, sowie aus den Di-
mensionen des Multiplicators zu schliefsen) nur etwa
1 Quadratm,n, wobei man den obigen Einwand nicht un-
gerechtfertigt finden mag. Grols dürfte immerhin der dar-
aus entspringende Fehler nicht seyn.
Schwerer wiegt aber möglicherweise ein anderer Um-
stand, welcher in den Berichten des Coinmittee nicht be-
rührt wird, während die Correctionen doch im Allgemeinen
mit einer Umsicht und Vollständigkeit behandelt werden,
die als musterhaft gelten kann. Das Stativ, in welchem
der Multiplicator rotirte, bestand aus „starken Messing-
rahmen", die, wie aus der Zeichnung folgt, in sich ge-
schlossene Kreise bildeten. Es wird nirgends gesagt, dafs
und wie sich die Beobachter von der Unerheblichkeit der
Ströme überzeugt haben, welche durch den rotirenden ge-
schlossenen Iuductor in diesen festen Metalltheilen ent-
stehen mufsten. Wirklich würde der Nachweis davon auf
experimentellem Wege schwierig gewesen seyn; aus eben
diesem Grunde aber dürfte die Nachbarschaft der Metall-
massen Bedenken erregen.
Ich habe eine Kritik des Verfahrens, durch welches
die British Association-Einhcit gewonnen worden ist, nicht
umgehen können, da es sich um die Aufklärung einer
Differenz handelt, deren Grund ich nach bestem Wissen
nicht in meiner Messung finden kann. Nicht unmöglich
ist übrigens, dafs manche der obigen Einwände durch eine
ausführlichere Veröffentlichung des Beobachtungsmaterials
hin weggefallen wären, deren Mangel um so mehr zu be-
10
dauern ist, als er eine Lücke in den sonst zum Theil
classischen Berichten bildet.
Die Frage, welche Widerstandseinheit zur allgemeinen
Einfuhrung geeignet sey, gehört kaum in eine wissenschaft-
liche Untersuchung. Der Physik selbst kann ohne Zweifel
die Concurreuz zwischen der Siemens'schen und der
British Association-Einheit nur erwünscht seyn, denn durch
sie ist das beste Mittel gegebeu, die Unveränderlichkeit
beider zu prüfen, welche für wissenschaftliche Anwen-
dungen allein in Betracht kommt.
In der Praxis dürfte einmal die Stellung des Hrn. Sie-
mens zur Telegraphie seiner Einheit einen beträchtlichen
Vorsprung gegeben haben; nicht minder wichtig ist der
Umstand, dafs die mit Umsicht eingerichteten und soviel
mir bekannt auch gut eingctheilten Siemens'schen Scalen
in grofsem Maafsstabe verbreitet worden sind. Auch kann
man kaum leugnen, dafs für den Praktiker die Deßnition
aus dem Quecksilber eine verständliche ist, während die
andere fürs Erste nur Wenigen klar werden wird. Allein
ein bedeutendes Gewicht legt sich noch in die Schale der
Siemens'schen Einheit, wenn die andere, wie es scheint,
der absoluten Er^ua(LraJLt nicht erheblich näher kommt als
Secunde
die Quecksilbereinheit zufallig. Die British Association-
Einheit ist factisch (auch nach der Auffassung des Com-
mittee; vergl. Rep. 1864. S. 346) nicht ein absolutes son-
dern ein Grundmaafs, und es ist für den Gebrauch ganz
gleichgültig, ob die Annäheruug an ersteres bis auf 2,
oder ob sie bis auf 3 Proc. geht. Soll endlich (Rep. 1864.
S. 348) auch die Reproducirbarkeit der British Association-
Einheit nicht auf eine Wiederholung der absoluten Mes-
sung gegründet werden, sondern auf das Leitungsvermögen
von Metallen, worunter das Quecksilber selbstverständlich
obenan steht, so liegt scheinbar durchaus kein Grund vor,
aus welchem nicht runde und bequeme Dimensionen der
Quecksilbersäule gewählt werden sollten.
11
III. Die absolute Widerstandsbestimmnng nach der Zurückwerfungs-
methode.
Das auf S. 3 als „zweites" beschriebene Verfahren,
den absoluten Widerstand einer Kette aus einem Erd-
Inductor und einem Galvanometer mit engen Windungen
zu bestimmen, beruht auf dem Zusammenhange zwischen
dem Empfindliehkeits-Coefficienten des Galvanometers und
dem Dämpfungsverhältnifs der schwingenden Nadel. Ich
schalte die Ableitung dieses Satzes hier ein, da der von
Weber gegebene Ausdruck') einer, freilich unbedeuten-
den, Berichtigung bedarf.
Empfindlichkeitscoefßcient q nennen wir das Drehungs-
moment, welches der Strom 1 auf die Galvanometernadel
ausübt, wenn die letztere den Windungen parallel ist.
Nach den allgemeinen Gesetzen der Induction ist alsdann
— q ^ diejenige elektromotorische Kraft, welche die Nadel
im Multiplicator inducirt, wenn sie sich in der Nähe der
Parallelstellung mit der Winkelgeschwindigkeit ~t bewegt.
w sey der Leitungswiderstand des Multiplicators incl. des
Weges, auf welchem seine Drahtenden mit einander ver-
bunden sind (in unserem Falle also ist w der Widerstand
Inductor -f- Galvanometer), so inducirt die bewegte Nadel
einen Strom 9~ ~* , und hierdurch erfährt sie wiederum
w dt1
ein ihre Bewegung dämpfendes Drebungsmoment von der
Gröfsc - £ £ .
w dt
Zu dieser galvanischen Dämpfung mögen noch andere
Bewegungs widerstände (Luftwiderstand usw.) hinzutreten,
dx
welche durch das Drehungsmoment — c — dargestellt
werden.
Die Gleichgewichtslage der Nadel sey nun den Win-
dungen parallel; die Schwingungen sollen so klein bleiben,
dafs, wenn x den Ablenkungswinkel in irgend einem Augen-
1) Abh. d. Gott. Ges. d. Wiss. Bd. 10. 1862. S. 25.
12
blicke darstellt, das vom Erdmagnetismus und von der
Elasticität des Auf hängefadens auf sie ausgeübte Drehungs-
moment durch — Dx ausgedrückt werden kann, wo also
D die Direetionskraft der Nadel bedeutet. Bezeichnen
wir endlich durch K das Trägheitsmoment der Nadel, so
ist ihre Bewegung bestimmt durch die Gleichung
Dies ist die hinreichend oft discutirte l) Bewegungs-
gleichung jeder gedämpften Nadel, nur mit dem Unter-
schiede, dals die Coefficieuten hier in ihrer physikalischen
Bedeutung gegeben sind.
Der Coefficient von ~ bestimmt nun bekanntlich das
dt
Verhältnis der Schwingungsdauer zur Dämpfung. Es sey
jetzt t die Schwingungsdauer der gedämpften Nadel,
a und b die Gröfse zweier auf einander folgender Schwin-
gungsbogen, also K = log nat y das sogenannte natürliche
logarithmische Decrement der Nadel. Dann ist
Der zweite, vom Luftwiderstand herrührende Theil^r
wird nun gerade so gefunden, wenn man die Schwingung*-
datier t0 und das logarithmische Decrement A0 beobachtet,
nachdem die Leitung des Multiplicator* unterbrochen worden
ist. Dann ist
Da nun t und t0 durch die Gleichung
_ '0'
zusammenhängen, so wird schliefslich
1) Gaufs, Resultate des magn. Vereins 1837, S. 74; 1839, S. 55. —
W. Weber, Abh. der. Künigl. Sachs. Ges. der. Wisa. 1846, Bd. 1.
S. 345. — Du Bois-Reymond, Monatsbcr. der Berl. Akademie,
1869, S. 807.
13
Dieses ist die wichtige Gleichung, durch welche der
Empfindlichkeitscoeflficient eines Galvanometers mit engen
Windungen und beliebig gestalteter Nadel aus dem Träg-
heitsmoment und der Schwingungsdauer der letzteren und
aus ihrer Dämpfung durch den Multiplicator bestimmt
werden kann, wenn der absolute Widerstand des Multi-
plicators bekannt ist. Mit Hülfe einer Siemens'schen
Widerstandsscale wird die letztere Gröfse künftig leicht
ermittelt werden können -).
Hier soll nun die Gleichung zur Ermittelung von to
angewandt werden, folglich bedarf es noch einer zweiten
Beziehung, durch welche q eliminirt werden kann. Diese
liefern uns die Ströme, welche durch den Erdinduttor her-
vorgebracht werden, wenn man denselben in bekannter
Weise rasch aus einer zum magnetischen Meridian senk-
rechten Stellung in die um 180" verschiedene dreht.
Die com Inductordraht umschlossene Fläche sey gleich S,
und es bedeute T die erdmagnetische Horizontal- Intensität,
so geht bei dieser Drehung durch einen Querschnitt der
Kette die Elektricitätsmeuge
1) Weber erhält (Zur Galvanomctrie , S. 23, 25, wobei zu bemerken,
q
dafs dort durch / und unser X durch J, bezeichnet wird),
7» =2 — 0 — A„) ]/nt rj • Die, praktisch übrigens unerheb-
liehe, Differenz rührt davon her, dafs das log. Decremen: der gal-
vanischen Dämpfung als die Differenz der Gesammtdämpfung und
derjenigen bei unterbrochener Leitung gebildet wird, was nicht ganz
richtig ist.
2) Es bedarf kaum der Erwähnung, dafs q nicht derjenige Empfindlich-
keitscoefflciont ist, welcher für dauernde Ströme in Betracht kommt.
Will man die Ablenkung x durch einen solchen Strom i durch x = p . i
t »
ausdrücken, so hat man, wie leicht zu ersehen » = 7 —° - zu setzen.
n a
Nach sonstigem Sprachgebrauch kann 7 der dynamische, p der statische
Empfindlichkeitscoefficient genannt werden.
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14
idt
w
Dadurch gewinnt nach dem Früheren die Multiplicatornadel
eine Winkelgeschwindigkeit y
woraus man erhält
1' = t frji (H).
Durch Gleichsetzung der Ausdrücke I und II ftlr q1
kommt endlich der Widerstand Inductor -f- Galvanometer
nach absolutein Maafse
Um die Winkelgeschwindigkeit j', welche der einzelne
Inductionsstois der Nadel ertheilt, und die Dämpfung X
zu bestimmen, wendet Weber die Zurückwerfung smethode
(Abh. d. Königl. Sächs. Ges. d. Wiss. Bd. 1, 1846, S. 349.)
an, nach welcher bei jedem zweiten Durchgang der Nadel
durch ihre Ruhelage abwechselnd gerichtete Inductions-
stöfse ausgeübt werden. Bezeichnen A und B den schliefs-
lich constanten grofseren und kleineren Bogen der unter
diesem Einflüsse schwingenden Nadel, so ist
/. = log nat 4",
1 85' r5
r
■ A*_+JP (B\
5 \IB \V
l
arc tg —
Tl
so dafs endlich der Widerstand
32
3 T* t0 / X
2 X *)
X. \ AB /A\~uct«- '
lg. \ AB fA\
1) Weber, Zur Galvanometrie. S. 16 ff.
2) V** -fr- kann immer praktisch gleich n gesetzt werden. Solange
auch X nicht grofs ist, hat man mit grofscr Annäherung, in
Falle z. B. bis auf 0,05 Procent
15
IV. Untersuchung der möglichen Fehler.
Wir können, da A0 immer klein ist und sehr genau
bestimmt werden kann, da ferner das letzte Glied nicht
erheblich von Eins abweicht, und endlich mit Rücksicht
darauf, dafs )? gegen n* immer klein ist, bei der Unter-
suchung der möglichen Fehler den angenäherten Ausdruck
setzen
S2S'T't0). AB
1) Den bedeutendsten Antheil an der Unsicherheit
werden wir der erdmagnetischen Horizontallnlensität T
zuschreiben müssen, deren Procent-Fehler doppelt in den
Widerstand eingeht. Bei der, meistens wohl unterschätz-
ten, Schwierigkeit, welche die genaue Bestimmung dieses
Elementes bietet, niufs also ein sehr vollkommen einge-
richtetes magnetisches Observatorium als Beobachtungs-
local gefordert werden. Man sieht zugleich, dafs auch
auf die Variationen des Erdmagnetismus Rücksicht ge-
nommen werden mufs ; denn die Intensität ist bei uns um
etwa \ Procent variabel, also könnte ohne Beobachtung
der Variationsapparate ein Fehler von 1 Procent in der
Berechnung des Widerstandes entstehen.
Das Göttinger Observatorium genügt ohne Zweifel den
zu stellenden Ansprüchen vollkommener, als irgend ein
anderer Ort, da die von Weber daselbst getroffenen Ein-
richtungen zur Intensitätsbestimmung den sonst gebräuch-
lichen an Feinheit und Bequemlichkeit weit überlegen sind.
Die gröfsten Fehlerquellen der absoluten Messung näm-
lich liegen unstreitig in der Bestimmung des Trägheits-
momentes und in der Abmessung der räumlichen Ab-
stände; bei länger dauernden Beobachtungen der Varia-
tionen bietet die Veränderlichkeit des Magnetismus der
Bifilarnadel nicht unbedeutende Schwierigkeiten. Gerade
diese drei Punkte haben wesentliche Verbesserungen er-
fahren. Die zu messenden Abstände beziehen sich ledig-
lich auf die Aufhängefäden von Magneten und können
somit auf das Feinste bestimmt werden. Die Gewichte
16
für das Trägheitsmoment sind fester mit dem Magneto-
meter verbunden, belasten den Faden bei allen Beobach-
tungen gleich stark und erlauben ebenfalls eine sehr ge-
naue Messung ihres Abstandes. Das Bifilarmagnetometer
endlieh ist mit der Web er'sehen Hülfsnadel versehen1).
Ich hatte selbst die Vergünstigung genossen, diese
Einrichtungen als Ganzes bei einer Bestimmung der erd-
maguetischen Elemente Göttingens im Jahre 1867 zum
ersten Male zu benutzen und mich von ihrer Vortrefflich-
keit zu überzeugen. Bei diesen und bei einer Reihe von
nachher angestellten Bestimmungen hatte ich mir die ge-
naue Kenntnils der Constanten der Instrumente und eine
hinreichende Uebung in ihrem Gebrauche verschafft.
Indem ich in Betreff vier Beobachtungen selbst auf den
nächsten Abschnitt verweise, will ich hier als Probe ihrer
Resultate zwei Paare von Intcnsitätsbestimmungen anfuhren,
welche je von den erdmagnetischen Variationen befreit
sind und daher direkt verglichen werden können. Es er-
gaben sich die Werthe:
1867, in einer Zwischenzeit von 16 Tagen 1,83960 und
1,83849; Unterschied = 0,0001 1. 1869, mit 3 Tagen
Zwischenzeit, 1,83860 und 1,83832; Unterschied = 0,00028.
In Theilen des Ganzen belaufen sich diese Unterschiede
auf 0,00006 resp. 0,00015. Uebrigens ist der Fehler des
Trägheitsmomentes und der Senkelabmessungen in diesem
Unterschiede nicht enthalten, daher werde ich unten für
den möglichen Fehler JT der Horizontal -Intensität etwa
den zehnfachen Betrag obiger Gröfsen annehmen, nämlich
j- lööö*
2) Das Trägheitsmoment K des astatischen Nadelpaares
wurde nach zwei verschiedenen Methoden bestimmt. Die
eine ergab Är= 1 135700000, die andere, nicht ganz ein-
wurfsfreie 1132800000. Wir werden der ersteren Be-
stimmung das Gewicht zwei beilegen und als Fehler äK
1) Abh. d. Gütt. Ges. d. Wiss. Bd. 6. 1855.
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17
die Abweichung beider Bestimmungen von ihrem Mittel
annehmen, also
K = ~~750*
3) Die Inductorßäche S ist die einzige Gröfse, welche
ich nicht selbst gemessen habe. Sie war von Weber bei
der Herstellung des Inductors durch Abmessen der Draht-
länge mittels Aufwinden des Drahtes auf ein grofses ab-
gedrehtes Rad von etwa 3 Meter Durchmesser bestimmt,
ferner aber durch Messung der einzelnen Windungslagen
controlirt worden1). Ich setze den möglichen Fehler
JS . J__
S 2000 '
4) Die Schwingungsdauer t0 betrug etwa 34,4 Secunden.
Die gröfste vorgekommene Differenz zusammengehöriger
Werthe von einander betrug 0,018 Secunden. Als Fehler
werde danach angenommen
Jt « 1
t0 2000'
5) Die Schwingungsbogen A und B endlich mögen
einen Ablesungsfehler von je =±= 0,2 Mm. enthalten, welchen
die später mitzutheilenden Beobachtungen wohl als zu hoch
erscheinen lassen werden. Nun war, in Scalentheilen ge-
messen, 4 = 370°"", B = 225—, also 1,64, A = log
nat 1,64 = 0,50.
Bezeichnen wir nun die von den einzelnen Fehlern
// T, JS . . . in w verursachten Fehler durch JtcTt JvoN . . . ,
so ist
J-WT^2~~ =±0,0020
2 4^ =±0,0010
— * = — ^ ===0,0013
w K 1
^ — Ü = =fc 0,0005
1) Abh. d. Qött. Ges. 1853. Bd. 5, S. 53 des Separatabdruckea.
PoggendorfTa Ann. Ergänzungsbd. V. 2
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18
Jwb AB /, l
JwA AA/. \
= 0,0019.
Man bemerkt, dafs das Verhältnifs von A zu B gerade
derartig ist, dafs ein kleiner Fehler von Ä keinen Ein-
flufs hat.
Summirten sich alle Fehler im ungünstigsten Sinne,
so wäre der Gesaramtfehler — == =±= 0,0067 oder I Proc.
Der mittlere zu befürchtende Fehler der einmaligen Be-
stimmung oder die Wurzel aus der Quadratsumme be-
trägt =fc= 0,0033 oder etwa } Procent.
Die Beobachtungsfehler bei der Vergleichung mit den
Sieinens'schen Etalons kommen nicht in Betracht, denn
sie belaufen sich höchstens auf 0,0001; um eine Armie-
rung der Temperatur zu eliminiren, deren Einflufs bei den
grofsen Drahtmassen nicht direkt bestimmt werden kann,
ist immer eine vorhergehende und eine nachfolgende Ver-
gleichung angestellt worden. Da die Lufttemperatur sich
während der Beobachtungszeit nur wenig änderte, so ist
dieses Verfahren jedenfalls ausreichend.
Es entsteht noch die Frage, ob die Voraussetzung
richtig ist, welche in der Differentialgleichung S. 12 den
Empfindlichkeitscoefficienten q des Galvanometers constant,
oder mit anderen Worten, welche das Dämpfungsverkält'
nifs als unabhängig von der Schwingungsweite annimmt.
In Bezug auf die Instrumente drückt die Frage sich so
aus: ist der Multiplicator hinreichend breit, dafs eine seit-
liche Verschiebung der Nadeln, wie sie bei den Schwin-
gungen vorkommt, das Drehungsmoment eines Stromes
im Multiplicator auf die Nadeln nicht ändert? die Frage
war hier leicht zu entscheiden. Die horizontale Compo-
nente des Erdmagnetismus brachte den gröfsten Bogen
von etwa 3° hervor; wäre die Dämpfung bei diesen
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19
Schwingungen bereits geringer gewesen als bei sehr kleinen,
so mufste der Betrag noch bedeutend abnehmen, wenn
man Zurückwerfungsbeobachtungen mit inducirender ver-
ticaler Componente anstellte, bei denen ein Schwingungs-
bogen von 7° entsteht. Die Beobachtung ergab:
Großer Bogen == 3° Dämpfungsverhältnifs = 1,74430
, =7° „ „ = 1,74255
Unterschied 0,00185.
Hiernach würde in der That, wenn die Induction mit
verticaler Componente ausgeführt würde, an unserem Gal-
vanometer eine Correction eintreten, die sich auf etwa
\ Sealentheil am kleineren Bogen belaufen würde. Da die
Correction dem Quadrate der Amplitude proportional seyn
mufs, läfst sich hiernach schätzen, dafs sie für die hori-
zontale Componente etwa 4, *M1 betragen mufs ; eine so kleine
Gröfse, dafs ihre genaue Ermittelung sich nicht verlohnt.
Im Folgenden wird keine Rücksicht darauf genommen.
Was endlich die Induction der im Erd-Inductor ent-
stehenden und vergehenden kurzen Ströme auf sich selbst
anlangt, so kann man leicht Überschlagen, dafs dieselbe
keinen irgendwie merklichen Einfluls auf die Ausschläge
hervorbringt. Der neben dem Hauptstrom herlaufende
„Extrastrom" veranlafst nämlich keine Aenderung der mit-
getheilten Geschwindigkeit, sondern seine Wirkung äufsert
sich nur in einer plötzlichen Verschiebung der Nadel,
wie ich an einem anderem Orte l) gezeigt habe. Aus den
dort angegebenen Beobachtungen kann man den „Extra-
weg" in unserem Falle auf 1,5 Scalentheile schätzen, und
das bewirkt einen Fehler von höchstens 0,01 Sealentheil
an unserem gröfseren Bogen A, die fuglich ignorirt werden
Die wirkliche Ueberein Stimmung der unten angegebenen
drei Messungen entspricht den Erwartungen vollständig.
Man wird nämlich finden, dafs sie um resp. 0,14 0,04
und 0,11 Procent von ihrem Mittelwerthe abweichen, was
einem „wahrscheinlichen Fehler" des Resultates von
1) Diese Ann. CXLII, 422.
2*
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20
0,05 Procent entsprechen würde. Nun sind hierin aller-
dings die Fehler des Trägheitsmomentes und der Inductor-
fläche nicht inbegriffen, und diejenigen der Intensität des
Erdmagnetismus nur so weit, als sie die Variation dieser
Gröfse betreffen. Dafür aber habe ich auch den sechs-
fachen Betrag oben als Fehler angenommen.
Ich behaupte keineswegs, dafs mit einer solchen Fehler-
gränze alles Wünschenswerthe geleistet sey; aber ohne
ganz neue Instrumente zu construiren, ohne besondere
bauliche Einrichtungen herzustellen, dürfte es fürs Erste
schwierig seyn, über diese Gränze hinauszugehen.
Ferner ist noch zu überlegen, dafs eine Aenderuug
von \ Procent in dem Leitungswiderstand der gewöhnlichen
Metalle bereits durch 1° Temperaturänderung hervorge-
rufen wird.
V. Beobachtungs-Data.
Zur Bestimmung der drei Grundgröfsen Länge, Masse
und Zeit dienten das Original -Platinmeter der Modell-
und Maschinenkammer in Göttingen, welches Hr. Hofrath
Ulrich zu leihen die Güte hatte, ein Fortin'scher
Gewichtsatz des physikalischen Instituts und die Normal-
Uhr der Sternwarte, auf welche diejenige im Observatorium
zurückgeführt wurde. Mit dem Platinmeter war der O e rt-
lin g'sche Comparator des physikalischen Instituts ver-
glichen, welcher sämmtlichen Messungen zu Grunde liegt.
Es zeigte sich, dal's die Theile dieses Stabes bei — 8° den
Theilstrichen des Platinraeter bei 0° gleich waren.
Zur Abmessung der gröfseren Abstände diente ein
fünf Meter langer in Centimeter getheilter Holzstab mit
einem in Millimeter getheilten Schlitten. Die Theile
wurden nachträglich ebenfalls mit Oertling verglichen.
Dasselbe geschah mit den Theilstrichen der Papierscalen,
welche zur Beobachtung kamen.
Erdmagnetische Intensität.
Hr. Prof. Klinkerfues hatte die Güte, anzuordnen,
dafs während des Zeitraums der Beobachtungen magne-
21
tische Local- Einflüsse in der Sternwarte, wo die Varia-
tions-Instrumente aufgehangen waren, vermieden wurden.
Für die Beobachtung der letzteren bin ich Hrn. Dr.
Riecke zu Dank verpflichtet.
Bezüglich der Einrichtung des Bifilarmagnetometers
nebst Hülfsnadel verweise ich auf den Aufsatz Webers !):
„Bestimmung der rechtwinkligen Componenten der erd-
magnetischen Kraft in Göttingen von 1834 — 1853". Den
dermaligen Werth eines Scalentheils des Bifilarmagneto-
meter fand ich nach dem G aufs 'sehen Verfahren gleich
0,000105 in Theilen des Ganzen. Man wird die einer
Stellung ö des Bifilar entsprechende Intensität im Fol-
genden durch
T= 1,83846 (1 0,000105 . d)
erhalten.
Absolute Messung. Das Trägheitsmoment des Haupt-
stabes war nach einer neuen Bestimmung, welche bis auf
YöJag mit einer früher von Weber ausgeführten überein-
stimmte, in der während beider folgenden Messungen herr-
schenden Temperatur H- 15°
ff = 42997 . 108 Millimeter' Milligramm.
Das Torsionsverhältnifs war = 0,01085.
Die bei dem Schwingungsbogen p Scalentheile beob-
achtete Schwingungsdauer r liefert die auf Null reducirte,
da die Scale um 4125 Scalentheile vom Spiegel abstand,
* 0 - 256^) " ' <* - 0,00000000023 .
War ferner während der Schwingungsbeobachtungen
die von einem bestimmten Punkt der Scale (auf welchen
sämmtliche Beobachtungen reducirt werden) an gezählte
mittlere Einstellung ö des Bifilarmagnetometers beobachtet
worden, so ist die beobachtete Schwingungsdauer mit
1 -Hj. 0,000 105. d (vergl. oben) zu multipliciren. Wir
setzen also
r0 = r (1 — 0,00000000023 . pa -h 0,000052 . ö).
1) Abh. d. Qött. Ges. 1855, Bd. 6.
22
Nennen wir endlich M den Magnetismus, welchen der
schwingende Stab an sich, d. h. in der ostwestlichen Lage,
in der er nachher als Ablenkungsstab gebraucht wird, be-
sitzt. Bei den Schwingungen kommt zu M ein Magnetismus
der Lage hinzu, welcher für diesen Stab von Hrn. Weber
gleich 780000 absoluten Einheiten bestimmt worden war.
Sonach ist
(jr+Tsoooo)^-^-. (^)
Zum Zwecke der Ablenkungsbeobachtungen wurde der
Stab JJf, ohne von seinem Platz entfernt zu werden, von
einem drehbaren Lager gefafst und kann nun ostwestlich
hingelegt werden. Er wirkt dabei auf eine kleinere Nadel
(Hülfsnadel) mit Spiegel, welche nördlich und südlich in
gleichem Abstand vom Stabe an Senkeln aufgehangen wird,
die von einem langen Messingstab an der Zimmerdecke
herabhängen. Der ein- für allemal zu bestimmende halbe
Abstand dieser Senkel von einander betrug bei der merk-
lich gleichen Temperatur der beiden Bestimmungen
Ä= 1501,70 Millimeter.
Das Correctionsglied mit ^ ist durch das Längenver-
hältnifs 1:2 des Hauptstabes zur Hülfsnadel nahe auf
Null gebracht. Durch Ablenkungen aus zweiten Entfer-
nungen war bestimmt worden, dafs der Ablenkungs-
winkel (f in der Entfernung Ii ausgedrückt wurde durch
Const 10300 \
taug ««-gi-(l ai-).
Der Abstand des Spiegels von der Scale, deren Stellung
immer durch das unbenutzte Senkel gegeben war, betrug
3015,0 Millimeter.
Torsionsverhältnifs der Hülfsnadel = 0,00241.
Der mittlere Stand des Bifilar während der Ablenkungen
sey endlich wieder durch Ö bezeichnet, so setzen wir bei
beobachtetem Ablenkungswinkel <y>
tang tf0 = 1 (1 0,000105 . ö) tang (f.
23
Dann ist
M 1,00241 D3.
= — to3ööä
Intensitätsbestimmungen wurden am 19. und 22. August
ausgeführt. Die Schwingung s datier wurde jedesmal zum
Anfang und zum Schlüte beobachtet. Man erhielt
Dauer Bogen Bifilar Correction auf
t p i »kl. Bog. T0 t,
See. See. See See.
19. 20,5709 282Thstr. -+-3,5 — 0,0004 4- 0,0038 26,5743
20,5648 205 + 8,9 — 0,0002 4-0,0096 20,5742
Mittel = 20,5742 See.
22. 20,5793 220 — 1,5 — 0,0002 — 0,0015 20,5776
20,5658 246 4-5,1 -0,0003 4-0,0055 20,5710
Mittel = 20,5743 See.
Die Ablenkungsbeobachtungen an der Hülfsnadel, auf
welche der Stab M in den beiden um 180° verschiedenen
ostwestlichen Lagen ablenkend wirkte, ergaben an einer
Scale, deren Mittelpunkt auf 770— war,
Einstellungen
Mm. Mm. <p d <[ 0
Aug. 19. Nördl. 1250,48 207,25 4f 54' 32" 4- 3,5 4° 54' 38"
Sfidl. 1210,55 167,34 4 54 22 4-6,2 4 54 35
Mittel — 4» 54' 36"
Aug. 22. Nördl. 1247,06 202,84 4 ° 54' 47" —0,9 4° 54' 46"
Sfidl. 1229,33 185,62 4 54 36 4-0,5 4 54 36
Mittel = 4° 54' 41".
Hieraus finden wir für den Nullpunkt des Bifilarmag-
netometere die oben (S. 16) erwähnten Werthe
Aug. 19. T0— 1,83860
Aug. 23. T0 mm 1,83832
Mittel T0— 1,83846.
(Auch der Magnetismus M des Hauptstabes wird in sehr
guter Uebereinstimmung mm 538630000 resp. 538710000
gefunden.)
Aus dem Grade der Uebereinstimmung aller dieser
Zahlen scheint zu folgen, dafs mit solchen Hülfsmitteln
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eine Bestimmung der Horizontal -Intensität bis auf einen
Fehler von höchstens 0,1 Proc. unternommen werden kann.
Absolute Widerstandsbe Stimmung.
Ich werde immer die Messungen einer Art zusammen-
stellen. Soweit es sich dabei um Operationen handelt,
welche zu einer einzelnen von den vier ausgeführten ab-
soluten Bestimmungen gehören, sollen sie mit Ia, Ib, II
und III unterschieden werden.
Erdinductor. Derselbe ist in der Abhandlung We b e r 1 s
„Anwendung der magnetischen Induction zur Messung der
Inclination« (Abh. d. Gott. Ges. 1853, Bd. 5, S. 53) be-
schrieben worden. Die Windungsfläche wird daselbst zu
39216930a,■,,, angegeben. Nach einer Vergleichung des
damals gebrauchten Maafsstabes mit dem Normalmeter ist
1 Theil des ersteren = l,00086n,,n, also ändert sich die
obige Zahl in
8 — 39284000°--.
Das Galvanoskop (Taf. I Fig. 1 in } natürl. Gröfse) be-
steht aus einem Multiplicator von circa 250 Windungen
3°"" starken Kupferdrahtes in 10 Lagen auf einen 100m"
breiten Holzrahmen gewunden. Die cylindrischen Mag-
nete des astatischen Nadelpaares sind je 170B,m lang,
\±mm dick und wiegen jeder nahe 200**. Der innere be-
safs etwa 45 Millionen Einheiten Magnetismus, der äufsere
2 Millionen weniger. (Hieraus folgt, dafs der Localein-
fluls an dem etwa 5b00mm entfernten Inductor höchstens
den 100000. Theil des Erdmagnetismus betrug.)
Die Magnete liegen mit zwei eingedrehten Nuthen in
den Doppelgabeln eines Bügels, welcher an einem Tor-
sionskreis mit Spiegel hängt und um den Multiplicator
herumgreift. Der obere horizontale Theil des Bügels ist
verlängert und trägt an seinen Enden, im Abstand von
je 100n,m von der Mitte, zwei kleine verticale Stifte zum
Aufstecken zweier der Axe nach durchbohrter cylindrischer
Messinggewichte für die Bestimmung des Trägheitsmoments.
Die Gewichte haben 28tt,m Durchmesser und eine Masse
25
von je 100*'. Nach Entfernung des oberen Magnets kann
man auch in der Mitte des Bügels ein Stiftchen befestigen
und beide Gewichte übereinander auf dasselbe stecken.
Durch ein kleines, in der Figur nicht sichtbares, Lauf-
gewicht wird der Schwerpunkt so regulirt, dafs das Auf-
setzen der Gewichte die Stellung nicht ändert.
Das Ganze hing mit einem 2,7m langen, etwa \mm dicken
Stahldraht an einem Balken der Decke und war gegen
Luftströmungen sorgfaltig durch einen Kasten mit einge-
setztem Planparallel -Glas geschützt.
Trägheitsmoment des Nadelpaares.
Masse der Gewichte zusammen 199970m*rm
Aeuiserer Halbmesser derselben 13,95mm
Innerer „ „ 0,85ra,n,
folglich das Trägheitsmoment beider zusammen, bezogen
auf ihre Axe,
— 199970 13>95Y°— = 19500000 Millimeter1 Milligrm.
Abstand der Mittelpunkte der Gewichte von einander,
wenn sie auf den äufseren Stiften steckten,
199,824""- bei 17°.
Also gemeinschaftliches Trägheitsmoment in letzterer
Stellung, bezogen auf den Aufhängedraht, bei 17°
19500000 -f- 199970 . 99,912l = 2015700000 Mm.» Mgrm.
und bei 22°,5 2016100000 „ „ .
Die zusammengehörigen Schwingungsdauern wurden
immer bei nahe gleichen Bogen gemessen, so dafs eine
Reduction unnöthig ist. Wo zwei Beobachtungen bei der-
selben Belastung vorliegen, ist die eine immer vor, die
andere nach der zweiten Belastung augestellt worden.
Erste Bestimmung, a) Temperatur = 22°,5. Die Schwin-
gungsdauern des Nadelpaares betrugen
ohne Belastung 34,0771 und 34,0692; Mittel 34"%0731,
mit Belastung an den Enden 56"c,8157.
Daraus folgt das Trägheitsmoment bei 22°,5
26
34'°73r . 2016100000 = 1 1324<
56,8157* - 34,0731» www
oder bei 17° 1132200000 = Ä".
b) Um die etwaige Excentricität des Schwerpunktes
der Gewichte zu eliminiren, wurde jedes um 180° gedreht
Temperatur = 17°.
Ohne Belastung 34,1486 34,1304; Mittel 34'", 1395,
mit Belastung an den Enden öö^^OöO.
Daraus JT = 1133400000
Mittel Kx = } (K1 -f- K") = 1132800000 Millimeter« Mgrm.
Zweite Bestimmung. Temperatur = 17°. Der obere
Magnet wurde entfernt. Derselbe hat die Lange 169,97,
den Halbmesser 6,95m», die Masse 199939"*'. Also be-
trägt sein Trägheitsmoment
199939 (—f7-' -r- ^f) = 483800000.
Die Schwingungsdauer des übrigen Theiles war
Gewichte aufsen 17,3717 17,3720; Mittel 17"%3719.
Gewichte in der Mitte 8"%7154.
Das Trägheitsmoment des Ganzen ist hiernach
*» - 17,37.89»-8,7i5P • 1996200000 - 19»
IIIIIIIII
483800000 *m 1 135700000 Millimeter1 Milligrm.
Nun unterliegt die erste Bestimmungsweise dem Ein-
wände, dafs bis jetzt noch nicht festgestellt worden, ob
die Torsions-Elasticität eines Drahtes von seiner Belastung
vollkommen unabhängig ist. Dort bildete die Elasticität
aber den gröfseren Theil der Directionskraft. Legen wir
aus diesem Grunde der zweiten Bestimmung das doppelte
Gewicht bei, so wird das Trägheitsmoment bei 17°
Kwm 1134700000 Millimeter* Milligrm.
Davon kam etwa J den Magneten, { den Messingtheilen
zu, so dafs für eine Temperatur 0
K mm 1 134700000 [1 -f- 0,000026 . (0 — 17)].
Schwingungsdauer. Bei der Reduction auf unendlich
kleine Bogen ist zu berücksichtigen, dafs nur ein Theil der
Directionskraft von dem Erdmagnetismus, der andere von
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27
der Elasticität des Drahtes herrührt. Aus der Schwin-
gungsdauer 16 Secunden der Suspension allein wird der
erstere Theil fast genau gleich der Hälfte des zweiten ge-
funden. Danach berechnet sich aus der bei dem Schwin-
gungsbogen a beobachteten Dauer t diejenige f0 *ur un"
endlich kleine Schwingungen
l0»l(l- 0,005 . a*).
Da t bei der Widerstandsbestimmung immer nahe
= 34,4 Secunden , der Scalenabstand = 4047 Scalentheile
war, so findet man die Correction für den Bogen a Scalen-
theile gleich t
— oecunden.
400000000 ocuuuucu-
Zu dieser, immer sehr kleinen Correction tritt diejenige
aus dem Gange der Uhr. Die beobachteten Zeiträume
sind mit 1 — 0,00017 zu multipliciren, was auf 34,4 See.
ergibt — 0,0059 Secunden.
Bei den vier absoluten Messungen fanden sich zu der
Arten Schwingung die in der folgenden Tafel angegebenen
Umkehrzeiten, jede nach dem Gaufs'schen Verfahren aus
acht biß zehn beobachteten Durchgängen durch die Ruhe-
lage abgeleitet. Aus den nebeneinanderstehenden Zeiten
folgen die hinter dem Verticalstrich stehenden Schwin-
gungsdauern. Die Gröfse der zugehörigen Schwingungs-
bogen, aus denen die höchstens 0,0003 See. betragende
Correction auf unendlich kleine Bogen sich ergibt, können
unter der Bestimmung des logarithmischen Decrementes
nachgesehen werden.
N.
Zeit
N.
Zeit
Schwingungsdauer Mittel
beob. Correct. corrigirt t0
Ja.
Ib.
n.
m.
4 33«
17 40
4 12
12 16
4 11
12 16
3 9
9 Ii
28,15»
56,16
8,12
38,51
33,47
8,95
21,28
17,80
17 40» 56,16»
39 48 24,36
20 21
28 25
20 20
28 25
1516
21 19
14,06
49,47
44,40
19,84
14,35
40,82
34,4625« —0,0061» 34,4564« o^ofi.
34,4769 -0,0060 34,4709
34,4336 —0,0061 34,4275 W49M
34,4352 -0,0061 34,4291
34,4328 —0,0062 34,4266 ,ii9„
34,4304 -0,0061 34,4243
34,4222 —0,0061 34,4161 o1A14n
34,4181 -0,0061 34,4120
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28
Logarithmisches Decremetit A0 bei unterbrochener Kette.
Dasselbe wurde in bekannter Weise zusammen mit den
vorigen Zeitbeobachtuugen durch Ablesung der Umkehr-
punkte genommen. Dabei war Sorge getragen, dafs die
Bogen im Durchschnitt etwa ebenso grofs waren wie bei
den Zurück werfungsbeobachtungen. Jeder Bogen in der
folgenden Tabelle ist das Mittel aus vier benachbarten.
Die Zahlen sind bereits auf unendlich kleine Schwingungen
reducirt.
Bedeutet am den mten, alt den nten Bogen, so ist das
Dämpfungsverhältnifs
1
K = {~)n - m und K — log nat h.
m
Gm
n
am
k
Mittel
3
7
17
302,81
288,48
255,81
20
29
32
247,17
222,30
214,30
1,01201
1,01192
1,01189
h
=«1,01194
= 0,01187.
Ib.
3
7
11
15
313,27
298,16
2S3,29
268,72
20
24
28
32
251,14
238,15
225,64
214,02
1,01309
1,01331
1,01347
1,01348
k
*•
= 1,01334
= 0,01325.
II.
3
7
11
15
388,10
370,14
352,90
336,47
20
24
28
32
316,94
302,18
287,80
274,39
1,01199
1,01200
1,01207
1,01207
k
K
= 1,01203
= 0,01196.
III.
3
7
11
336,82
318,93
301,73
15
19
23
285,50
269,87
255,04
1,01387
1,01402
1,01411
k
K
m
= 1,01400
= 0,01390.
Zurückwerfung sbeobachtungen. Der Abstand der Scale
von der belegten Spiegelfläche betrug 4050,6*"", wovon
5,6m,B durch Glasplatten dargestellt wurden. Das Brc-
chungsverbältnifs des Glases gleich 1,5 angenommen, ist
^ = l^""" von obiger Zahl abzuziehen, um die Ablen-
kung der Lichtstrahlen durch Brechung zu compensiren.
AJso ist
r = 4048,7 Millimeter.
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29
Eine an der Scale gemessene Schwingungsweite a bedeutet
an einem Kreise vom Halbmesser Eins den Bogen A ')
m a /. , q* \ a— 0,000000005 1«*
8097,4 V 3 8097»/ 8097,4
Während der Zurückwerfungen wurde das Bißlarmag-
netometer beobachtet und aus den graphisch dargestellten
Ablesungen die Einstellung 8 (vgl. S. 21) für die Zeit
jedes Inductionsstofses abgeleitet.
Ich will den Beobachtungssatz Ia ausfuhrlich mittheilen.
*i *» *3 *4 sind die beobachteten Umkehrpunkte an der
Scale; die Inductionsstöfse liegen vor *, und *a. Hinter
dem Verticalstrich sind der grofee Bogen a = s3 — sl und
der kleine b = s7 — st gegeben, immer das Mittel aus zwei
benachbarten Differenzen. Durch den Horizontalstrich ist
die merklich eingetretene Constanz der Schwingungen an-
gezeigt, die immer sehr bald eintrat, da man von der-
jenigen, durch Vorversuche bestimmten Anfangstellung des
Inductors ausging, bei welcher gleich der erste Ausschlag
nahe den sehlieislichen constanten Werth hatte.
Ia.
Bifilar
Umkehrpunkte
Bogen
A
*>
a
b
299,2
002,7
676,7
374,6
377,5
228,1
-+-5,0
302,4
605,8
679,1
376,4
375,50
230,30
+ 4,0
H-3,1
303,4
605,5
679,3
376,3
375,80
229,15
+ 2,4
H-2,1
303,8
605,9
679,0
377,0
375,75
229,25
-4-2,0
+w
304,2
606,2
679,8
376,9
375,60
229,25
-+-1,5
+ 1,3
304,2
606,1
679,9
377,1
375,65
229,10
■+■ 1,1
4-0,7
304,2
606,0
679,9
376,8
375,70
229,05
Mittel A
= 4-2,3
Mittel
= 375,70
229,16
T=
1,8389
Correction
wegen
Theilfehler
= -4,15
-2,75
— 0,0000000051 . a J = -0,26 —0,06
Corrigirt 371,29 226,35.
1) Wollte man noch Rücksicht darauf nehmen, dafs ein Drittel des Dre-
hungsmomentes nicht dem Winkel sondern dem Sinus proportional
97 1
ist, so würde OQQ anstatt zu nehmen seyn. Der Unterschied ist vor-
schwindend.
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30
Folglich A — W Ä 0,045853.
0,027958.
A = log nat ~ = 0,49492.
Ebenso wurden die anderen Sätze erhalten und redu-
cirt, Ich gebe im Folgenden gleich die Schwingungsbogen.
Ib.
a
TL
a
LH
6
369,34 225,18
A = 0,045613
D = 0.027810
A = 0,49480
T= 1,8389.
1+12,5 1 374,21 228,53
-4,01 -2,68
-0;26 -0,06
369,94 225,79
A = 0,045686
B = 0,027884
i = 0,49375
T= 1,8409.
+5,4
5,9
6,3
6,7
7,2
7,8
8,9
10,2
11,5
+7,8
374,65
5,10
5,25
5,30
5,40
5,00
5,30
5,70
5,75
227,90
8,05
8,25
8,20
8,25
8,40
8,30
8,30
8,55
| 375,27
-4,00
-0,26
228,24
-2,71
—0,06
371,01 225,47.
T
0,045819
0,027846
0,49802
1,8400.
VI. Berechnung des absoluten Widerstandes.
Setzen wir diese Zahlen für A, ß, A, T, ferner die für
A„, f0, K und S in die Formel ein (S. 14)
5> T*
L» \ AB (±\ n
2 . 1
— arc tg —
so erhalten wir den absoluten Widerstand Inductor -f- Gal-
vanometer für die vier Bestimmungen, indem wir als Ein-
heit den Widerstand 1010 £ - oder kurz
bec.
Erdquadrant
Secunde
setzen :
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31
Bestimmung Ia Ib II III
to — 3,9687 3,9937 3,9903 3,9849 .
7 Secunde
Der größte Unterschied dieser Zahlen entspricht einer
Temperaturänderung der Drahtmassen um weniger als 2°,
welche nicht controlirt werden kann.
VIL Vergleichung des Widerstandes w mit Siemens'schen Etalons.
Die beiden Etalons von je 4 Quecksilbereinheiten, mit
No. 1135 und No. 1143 bezeichnet, waren bei den Tem-
peraturen -h 19°,4 resp. 18°,3 als richtig verbürgt. Die
Zunahme des Widerstandes in dem Neusilberdraht betrug
auf 1° 0,0004 des Ganzen. Hiernach müfste das Ver-
hältnifs bei gleicher Temperatur gewesen seyn
No. 1143 . onn i i
No. 1135 ™ 1 , wv*4.
Ich fand durch Vergleichung mit dritten Widerständen
1,00050 1,00046 1,00055; Mittel — 1,00050.
Die Differenz von obigem Verhältnifs entspricht einem
Temperaturfehler von nur 0°,15 und kann somit als Probe
für die Genauigkeit der Copien und der Vergleichungs-
methode dienen.
Da bei dem Beginn der Messungen die Etalons noch
nicht vorlagen, so hatte ich selbst vier provisorische Neu-
silberwiderstande (ich will sie mit 4, C, D bezeichnen)
nahe gleich je 4 Siem. hergestellt, die bei der Bestimmung I
zur Vergleichung mit dem Inductor dienten. Später wurden
sie auf die inzwischen eingetroffenen Etalons zurückgeführt.
Danach war ihr Werth bei 18°,85
4=4,1021 Ä = 4,0977 C = 4,1095 D = 4,0965 Siem.
Zur Interpolation waren noch zwei Zehntel Siem. noth-
dig. Sie wurden aus zwei Stücken Neusilberdraht ge-
bildet, die in Kupferstifte eingelöthet zwischen den letz-
teren je 325m" lang waren. Da sich ferner ergab, dafs
3250— desselben Drahtes bei 12°,0 den Widerstand
1 Siem. hatten, so stellen besagte Stücke bei 12°,0 rich-
tige Zehntel vor.
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32
Da die Kette Inductor Galvanometer durch Hinzu-
fügen eines kleinen Ballastes von Kupferdraht, der ein- für
allemal' eingeschaltet blieb, auf nahe 4 Siem. ergänzt worden
war, so konnte zur Vergleichung ein Differentialgalvanometer
angewandt werden. Dasselbe war äufserlich dem S. 24 be-
schriebenen ähnlich. Um von thermischen Einflüssen ganz
unabhängig zu seyu, dienten nur^kurze, durch einen
Web er'sehen Magnet -Inductor nach der Multiplications-
methode hervorgebrachte Ströme zur Vergleichung, welche
durch die beiden Widerstände und die beiden Galvano-
meterdrähte verzweigt wurden. Die Erwärmung durch die
sehr schwachen kurzen Ströme ist jedenfalls ganz ver-
schwindend; gleichzeitig aber haben auch zufallige ther-
moelektromotori8che Kräfte die bei einer über einen gröfse-
ren Raum ausgebreiteten Leitung unvermeidlich sind, gar
keinen Einflufs, da die Inductionsströme an Richtung al-
terniren. Das angewandte Verfahren, insbesondere auch mit
Rücksicht auf den im Inductor entstehenden Extrastrom,
habe ich in diesen Annalen Bd. 142, S. 418 ausfuhrlich
mitgetheilt und verweise auf den genannten Aufsatz.
Die Aufstellung sämmtlicher Instrumente zeigt sche-
matisch Fig. 2 Taf. I. C ist ein Stöpselcommutator mit
sechs Kupferplatten aus Hartgummi, massiv und sehr sorg-
faltig gearbeitet. Daneben befanden sich fünf solide Klemm-
schrauben, welche durch Schieber leitend mit einander ver-
bunden werden konnten. Wie die übrigen Theile hiermit
verbunden waren, zeigt die Figur an. J und G, Erdin-
ductor und Galvanometer bilden die Kette, deren absoluter
Widerstand bestimmt wird; diese wird durch Stöpseln bei
(I) in sich geschlossen. Behufs der Vergleichung mit dem
Siemens'schen Etalon wird (1) entfernt, dagegen stöpselt
man jetzt an den beiden (2). Dann ist also der Etalon E
mit dem einen, die Kette J G mit dem anderen Zweig des
Differentialmultiplicators D zusammen geschaltet. Um sie
in Bezug auf diese Zweige zu vertauschen, brauchen nur
die Stöpsel bei (2) herausgezogen und bei (3) eingesetzt
zu werden. M ist die Stromquelle, der Maguetinductor
33
(welcher während der absoluten Messungen entfernt war).
Die zu E oder J G hinzugefügten Zehntel sind durch 0,1
bezeichnet ; durch Zuschieben und Festschrauben der Vor-
reiber werden sie unwirksam.
Die Nadeln des Galvanometers G wurden selbstver-
ständlich während der Vergleichung festgelegt. Dafs die
Bewegung des Inductionsmagnets in ^f, der bekanntlich
aus zwei mit gleichen Polen gegeneinandergesetzten Mag-
neten besteht, keine Fernwirkung auf den Inductor aus-
übte, wurde besonders constatirt.
Die Versuche zu detailliren ist überflüssig, da die
Fehler der Vergleichung jedenfalls gegen diejenigen der
absoluten Bestimmung nicht in Betracht kommen. Uebrigens
ist das in der citirten Abhandlung S. 421 angezogene Bei-
spiel eine der hier vorgekommenen Bestimmungen.
No. Ia und Ib der absoluten Messungen gehören zu
einer z irischen ihnen vorgenommenen Vergleichung, und
zwar mit den provisorischen Etalons, da die Siemens'-
schen damals noch nicht eingetroffen waren. II und III
sind an anderen Tagen angestellt worden, wobei eine Ver-
gleichung vorausging und nachfolgte. Die Versuche er-
gaben den Widerstand to oder Inductor -+- Galvanometer
gleich folgenden Zahlen in Siemens'schen Einheiten:
I. Temperatur der Etalons = -f- 15°,3.
A + 0,0071 =4,1034 Siem.
£ + 0,0111 =4,1030 . Mittel
C4- 0,0003 = 4,1034 , w = 4,1029 Siem.
Z>4- 0,01 13 = 4,1020 „
Anfang
Schlufs j
In Siemen »'sehen Einheiten
II. Temp. = 4-14Ä,8
4-15°,0
Anfang
Schlufs
Mittel
(No. 1135)4-0,1136
4- 0,1108
4,1062
4,1038
4,1050
(No. 1143)4-0,1118
4- 0,1089
4,1062
4,1036
4,1049
w =
4,1049 Siem.
DL Temp. = -hl 3°, 8
4-14°,2
(No. 1135)4-0,1002
4- 0,1104
4.0915
4,1022
4,0968 .
(No. 1143)4-0,0980
4- 0,1086
4,0906
4,1019
4,0962
IT = 4,0965 Siem.
PoggendorfFs Annal. Ergäninngsbd. VI. 3
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34
VIII. Resultate.
Indem wir diese in Siem ens'schen Einheiten ausge-
drückten Widerstände mit denselben nach absolutem Maafse
bestimmten (S. 31) vergleichen, erhalten wir
I. 4,1029 Siem. = 3,9812 1 Siem. =» 0,9703.
IL 4,1049 „ =3,9903 „ „ =0,9721.
III. 4,0965 „ =3,9849 „ „ =0,9728.
Im Mittel also
ISiem. Quecksilber-Einheit = 0,9717 _Erd(>uad£^!
^ Sccunde
Was das Verhältnifs der British Association Einheit
zur Siemens'schen betrifft, so darf als zuverlässigster
bis jetzt veröffentlichter Werth wohl derjenige angesehen
werden, welchen Hr. Dehrns aus einer von Hrn. Jenkin
angestellten Vergleichung ableitet *),
1 British Association Einheit = 1,0493 Si em.
Hr. Dehrns und Hr. Hermann Siemens hatten die
Güte, auf meine Bitte eine neue Vergleichung anzustellen,
wobei zunächst eine im Siemens'schen Laboratorium vor-
handene British Association Einheit (No. 61) sich = 1,0473
erwies. Da diese Vergleichung wegen Beschädigung der
Einheit in der Luft vorgenommen werden in niste, wird
ihr keine entscheidende Bedeutung beigelegt. Ferner kamen
die British Association Einheiten der Herren Brix (No. 21)
und Weber (No. 51) zur Vergleichung und ergaben voll-
ständig übereinstimmend mit der obigen Zahl den Werth
1,0493. Vergleicht man dieses Zusammenstimmen mit den
früheren enormen Differenzen in den Angaben Über Wider-
standseinheiten, so liegt darin ein sehr erfreulicher Beweis
von dem Fortschritt auf diesem Gebiete der Messung 3).
Unter Benutzung der Zahl 1,0493 findet sich schließlich
1 British Association Einheit = 1,0196 ^^L1
7 Secunde 7
1) In dem Resultat 0,9705 (Gött. Nachr. 1870, S. 523) war ein Rechen-
fehler untergelaufen.
2) Diese Ann. Bd. CXXXVI, S. 404; Rep. Brit. Assoc. 1864. S. 349.
3) Im 1. Heft 1873 dieser Annalen findet sich die Arbeit
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35
d. h. diese Einheit wäre danach um nahe 2 Proc. gröfser,
als beabsichtigt wurde.
Die elektromotorischen Kräfte Daniell und Grove
sind von Ammann und mir == 11,71 resp. 19,98 Siem.
Weber gefunden worden; sie haben also den absoluten
Werth l) , .
Daniell — 11,38 . 10" M"'' Mf7'
1 Secunde1
Grove = 19,42 . 1010 „ „.
Die thermoelektromotorische Kraft Neusilber - Eisen ist in
. derselben Einheit = 2400000 für 1° Temperaturdifferenz
der Lötbstellen in mittlerer Temperatur.
II. Bestimmung der optischen Constanten des
Kupfervitriols; von Carl Pape.
1. Jn früheren Abhandlungen 2) ist es versucht, den
Zusammenhang zwischen den Axensystemen zu ermitteln,
auf welche verschiedene physikalische Eigenschaften der
Kry stalle zu beziehen sind. Es hat sich ergeben, dafs
das thermische mit dem chemischen Axensysteme stets
zusammenfallt und gleichzeitig in allen Krystallsystemen
auch als das natürliche rechtwinklige krystallographische
Axensystem anzusehen ist. Bei anderen physikalischen
Eigenschaften findet eine ähnliche einfache Beziehung der
entsprechenden Axensysteme zu den genannten in dieser
Allgemeingültigkeit nicht statt, obwohl überall eine über-
haupt vorhandene Abhängigkeit zu erkennen ist, soweit
vorliegende Beobachtungen ein Urtheil gestatten.
Am meisten mafsgebend erweist sich bis jetzt das
thermische Axensystem noch für die Richtung der Axen
1) Vcrgl. diese Ann. Bd. CXLI, S. 458, wobei zu bemerken, dafs, nach
den erforderlichen Heductionen , die von A mm Ann nnd mir gefun-
denen Zahlen sehr nahe mit den Resultaten von Waltenhofen^
übereinstimmen. (Ann. Bd. CXXXIII, S. 478.)
2) Diese Ann. Bd. 125, 133, 135.
3*
36
der Wärmeleitung und der optischen Elasticität. Wir
wissen, dafs in viergliedrigen, zwei- und zweigliedrigen und
sechsgliedrigen Krystallen alle drei Axensysterae zusammen-
fallen und dafs bei den zwei- und eingliedrigen wenigstens
eine der Axen immer mit der krystallographischen Sym-
metrieaxe gleiche Richtung hat, während die beiden an-
deren in der Symmetrieebene eine von vornherein nicht
zu bestimmende Lage haben. Für die optischen Er-
scheinungen läfst sich dies spezieller dabin aussprechen,
dafs entweder die optischen Axen in der Symmetrieebene
liegen, ohne dafs sich für die gröfste und kleinste Elasti-
citätsaxe eine bestimmte Richtung angeben läfst, oder dafs
die Ebene der optischen Axen rechtwinklig zur Symmetrie-
ebene liegt und bei den verschiedenen Krystallen bald die
erste, bald die zweite Mittellinie mit der Symmetrieaxe
zusammenfällt.
Nur bei den ein- und eingliedrigen Krystallen kennen
wir bis jetzt irgend eine Abhängigkeit der Richtung der
Wärmeleitungsaxen oder der der optischen Elasticität von
den Krystallaxen nicht. Es wäre nicht unmöglich, dafs
sie dennoch vorbanden und nur deshalb nicht erkannt
wäre, weil die schiefwinkligen Axen, auf welche man die
Krystalle dieses Systemes zu beziehen pflegt, dem jedes-
maligen Bedürfnisse entsprechend, mehr oder weniger will-
kührlich gewählte sind und ihre Berechtigung in keinerlei
physikalischen Gründen, sondern höchstens darin finden,
dafs sie eine übersichtlichere Darstellung der verschiedenen
Flächenformen gestatten. Denkbar wäre es, dafs auch hier
eine gewisse Gesetzmäfsigkeit hervorträte, wenn der Unter-
suchung das mit den chemischen Axen zusammenfallende
thermische Axensystem zu Grunde gelegt würde, da das-
selbe auch in krystallographischer Beziehung den Be-
dingungen entspricht, welche man als charakteristisch für
das natürliche rechtwinklige krystallographische Axen-
system annimmt. Die Möglichkeit, dafs unter diesen Um-
ständen sich wenigstens eine Beziehung ähnlich der im
zwei- und eingliedrigen Systeme herausstellen könnte,
37
müfste um so eher zugelassen werden, als sich sowohl
beim Kupfervitriol, wie bei dem ebenfalls 1 -f- 1 gliedrigen
Axinit neben den eingliedrigen auch zweigliedrige Formen
zeigen, sobald diese Krystalle auf rechtwinklige Axen be-
zogen werden, wenn auch die Symmetrie des 2 -f- 1 glie-
drigen Systemes sich nicht herausstellt. l)
Aus diesen Gründen schien es mir interessant zu seyn,
für den einzigen Krystall dieses Systemes, bei dem die
zusammenfallenden thermischen, chemischen und krystallo-
graphischen Axen ihrer Lage nach bekannt sind, den
Kupfervitriol, unter Berücksichtigung der vorhandenen An-
gaben über die optischen Constanten dieses Salzes, nach
einer solchen Gesetzmäßigkeit zu suchen. Bei genauerer
Prüfung dieser Beobachtungen ergab sich aber sofort, dafs
sie bei grofser Dürftigkeit wenig Vertrauen erweckend
sind und für den ausgesprochenen Zweck sich nicht ver-
werthen lassen. Sie enthalten aufser der Bemerkung, dafs
der Krystall optisch negativ sey, nur Zahlen werthe für
den gröfsten und kleinsten Brechungsexponenten und im
Uebrigen nur eine Schätzung des Winkels der optischen
Axen, der Lage ihrer Ebene und der Richtung einer der
Axen. Diese Angaben wiederholen sich überall in genau
derselben Weise *) und differiren hier und da nur in sofern,
als der Eine sagt, die Axen für die verschiedenen Farben
gehen nicht merklich auseinander*), der Andere dagegen
behauptet, dafs sie ziemlich stark divergiren. 4) Die
Schätzungen und auch die Angabe, dafs die Lage der
optischen Axen für die verschiedenen Farben wenig ab-
weicht, sind auf Beer zurückzufuhren. Die Zahlenwerthe
1) Diese Ann. Bd. 133, S. 383.
2) Beer, diese Ann. Bd. 82, S. 63 und Einl. in d. höhere Optik;
GraUich in der Uebersetznng von Miller'« Kristallographie;
Descioiseaux de Vemploi de» propri/t/s optiques birdfringentea en
Mineraloyie; Sc h rauf, die Revision der vorhandenen Beobachtungen
an krystall. Körpern von A. Weiss und A. Sehr auf in den Abh.
d. Wiener Akademie XXXIX. 1860.
3) A. a. O. bei Beer, Grailich, Schrauf.
4) Descioiseaux a. a. 0.
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38
der beiden Brechungsexponenten rühren dagegen, wie auch
gewöhnlich bemerkt wird, von Brewster her. Ein Auf-
satz A table of refractire Densities computed from Dr.
Brewster's Experiments in dem 1827 erschienenen 22.
Bande des Quarterly Journal of Science, Literature and the
Arts enthält nur diese Zahlen und die Bemerkung, dafs
sie einer, 1813 zu Edinburgh erschienenen Publication
Brewster's in dem Treatise on philosophical Instruments
entnommen seyen. Unter Berücksichtigung der Zeit, in
welcher sie ermittelt sind, dürften aber auch diese Zahlen
mit Vorsicht aufzunehmen seyn und somit die sämmtlichen
Angaben über das optische Verhalten des Kupfervitriols
unbrauchbar erscheinen.
Sollte der beabsichtigte Versuch nicht anfgegeben
werden, so mufste zu der besonderen Bestimmung der
optischen Constanten des Kupfervitriols geschritten werden,
und ich habe mich dazu entschlossen, da die Kenntnils
derselben schliefslich auch an und für sich von Interesse
ist. Die vorliegende Abhandlung enthält die Resultate
dieser Untersuchung und beschäftigt sich ausschliefslich
damit, da aus denselben leicht zu übersehen ist, dafs für
die gesuchte gesetzmäfsige Beziehung zwischen den Axen
der optischen Elasticität und den thermischen Axen keinerlei
Anhalt gewonnen werden kann.
2. Um die Richtung der optischen Axen sowie die
drei Hauptbrechungsexponenten zu bestimmen, inufs bei
Krystallen des 1-4-1 gliedrigen Systemes im Allgemeinen
zunächst die Ebene der optischen Axen ihrer Lage nach
ungefähr bekannt seyn und darauf mittelst eines aus dem
Krystalle geschliffenen Prismas, dessen brechende Kante
senkrecht zu dieser Ebene steht, der mittlere Brechungs-
exponent angenähert ermittelt werden. Darauf ist eine
Platte aus dem Krystalle zu schleifen, deren parallele
Flächen rechtwinklig zu der ersten Mittellinie stehen, und
an derselben der Winkel der scheinbaren optischen Axen
zu messen, sowie die Lage beider zu der dem Beobachter
zugekehrten, nach ihrer Lage am Krystalle bekannten
Fläche und noch zweien an der Platte vorhandenen natür-
39
liehen Krystallflächen. Aus diesen Beobachtungen und
dem zuerst gefundenen mittleren Brechungsexponenten
läfst sich dann die Richtung der wahren optischen Axen
ableiten. Nach diesen Resultaten 6ind darauf Prismen an-
zufertigen, deren brechende Kanten den drei Elasticitäts-
axen parallel laufen, und an ihnen die drei Brechungs-
exponenten zu beobachten. Da jedes richtig geschliffene
Prisma zwei Brechuugsexponenten liefert, bei drei Prismen
jeder also doppelt bestimmt ist, so besitzt man im Vergleiche
beider das Mittel, zu prüfen, ob die ursprüngliche Be-
stimmung des mittleren Brechungsexponenten hinreichend
zuverlässig ist, oder nicht. Im letzteren Falle würde man
mit dem Mittel aus seinen zuletzt erhaltenen Werthen die
wahren optischen Axen von Neuem berechnen und nach
dieser Rechnung neue Prismen schleifen müssen.
In dieser Weise ist auch fiir den vorliegenden Fall die
Untersuchung ausgeführt, nur habe ich die directe ange-
näherte Bestimmung des mittleren Brechungsexponenten
unterlassen und mich damit begnügt, statt dessen das
Mittel aus den von Brewster angegebenen Werthen des
gröfsten und kleinsten Brechungsexponenten zu benutzen,
in der Voraussetzung, dafs dasselbe zum Zweck der ersten,
ungefähren Orientirung hinreichend genau sein würde.
Durch die weiteren Beobachtungen hat sich dieser Weg
als sehr zweckmäfsig erwiesen, indem die so gewonnene
Zahl zufallig mit dem wirklichen Werthe des mittleren
Brechungsexponenten für eine mittlere Farbe übereinstimmt,
während fiir den gröfsten und kleinsten Exponenten andere
als die Brewster'scben Zahlen gefunden sind.
Die Krystallplatten, an denen die Lage der optischen
Atxen ermittelt werden sollte, wurden nach der vorläufigen
Orientirung so geschliffen, dafs ihre beiden parallelen
Flächen möglichst rechtwinklig zur ersten Mittellinie zu
liegen kamen und beide Ringsysteme deutlich zu sehen
waren. Unter Bezugnahme auf die im 133. Bande dieser
Annalen auf Tafel II gegebenen Zeichnungen der Kupfer-
vitriolkrystalle liegt die eine dieser Flächen, die in der
40
Folge mit f bezeichnet wird, rechts oben, wenn bei ver-
ticaler Stellung der Axe der Zone rmt die Fläche p ( 1 1 1 )
dem Beobachter zugekehrt ist und r rechtwinklig zur
Projectionsebene steht. Von den beiden optischen Axen
liegt dann die mit Ox bezeichnete unten rechts, die andere
Oa oben links von f. Die Zeichnung Fig. 3, Taf. I. zeigt
in Form einer Kugelconstruction mit Angabe der ent-
sprechenden scheinbaren optischen Axen 0, und 02 an-
deutungsweise die gegenseitige Lage der Axen und der
zur Bestimmung benutzten Flächen p, t, m, wie 6ie sich
bei einer der benutzten Platten herausgestellt bat. Es
wurden gerade diese Flächen p, /, m gewählt, weil sie die
einzigen waren, welche sich an den wenigen zur Unter-
suchung sonst Oberhaupt geeigneten Krystallen als hin-
reichend spiegelnd erwiesen und dabei auch eine für die
Rechnungen vorteilhafte Lage besafsen.
Als Mefsinstrument ist das von mir bereits vielfach
benutzte, ungemein vielseitig verwendbare kleine M ey er-
ste in'sche Spectrometer mit dem zu goniometrischen
Messungen beigegebenen Krystallträger gebraucht. Bei
der Möglichkeit, das Beobachtungsfernrohr nach Belieben
mit dem drehbaren Theilkreise, oder dem Ful'se des In-
strumentes fest zu verbinden, genügte es allen Anforderungen,
die bei dieser Untersuchung an ein Mefsinstrument zu
stellen sind, wenn man, was in diesem Falle genügend
erschien, sich mit einer Genauigkeit der Ablesung bis auf
Minuten begnügt, die neuerdings einfacher und in erhöhtem
Mafse durch Anbringung eines zweiten Nonius gesichert
war. Das Beobachtungsfernrohr raufste hier, wie früher
bei der Bestimmung der thermischen Axen umgekehrt an-
gewandt werden, so dais das Objectiv dem Beobachter
zugekehrt war und als Ocular diente. Es war das er-
forderlich, weil die natürlichen Flächen nur so scharfe
Spiegelbilder der als Visirobjecte benutzten Lothe geben.
Aber auch ganz abgesehen hiervon war diese Vorkehrung
durchaus nöthig, um die nie sehr grofsen Kry stallplatten
41
überhaupt benutzen und mit möglichster Schärfe auf die
optischen Axen, die Mittelpunkte der Ringsysteme, ein-
stellen zu können. Platten von so bedeutender Ausdehnung,
wie sie erforderlich seyn würden, um bei gewöhnlicher
Richtung des Femrohres nur einen der Ringe zu sehen
und den Mittelpunkt sicher zu erkennen, waren nicht her-
zustellen, da das Innere grofser Krystalle nie durchweg
klar ist. Bei den benutzten Platten, deren Schliffflächen bei
einer Dicke von ungefähr 2,5 bis 3lnm eine Ausdehnung von
nur etwa 4 zu 10ram hatten, war das Innere durchweg klar,
spiegelten die natürlichen Flächen gut und konnte ein sehr
scharf begrenztes System von 4 bis 6 Ringen gleichzeitig
übersehen werden, sobald auf die optische Axe eingestellt
war, und eine bedeutend gröfsere Zahl ging beim Drehen
des Krystalles durch das Gesichtsfeld.
Beim Beobachten der optischen Axen wurde das ein-
fallende Licht durch ein NicoTsches Prisma polarisirt
und ging nach seinem Austritte aus dem Fernrohre durch
eine, unmittelbar vor das als Ocular dienende Objectivglas
angebrachte Turmalinplatte ins Auge.
Nach Feststellung der Lage beider Schliffflächen unter
einander und zu den natürlichen Flächen wird der schein-
bare Winkel der optischen Axen für die beiden Fälle be-
stimmt, dafs einmal die eine und dann die andere Schliff-
fläche dem Beobachter zugekehrt ist. Hiernach ist die
Neigung der scheinbaren optischen Axen gegen das Loth
der dem Beobachter zugewandten Schlifffläche zu ermitteln.
Zu dem Zwecke wird die Platte so gerichtet, dafs diese
Fläche senkrecht steht und die betreffende optische Axe
gesehen werden kann. Das erstere ist der Fall, wenn
den, nach einem in der Gesichtslinie angebrachten Lothe
't parallel gerichteten Parallelfaden des Fernrohrs ein
zweites Loth parallel von der Fläche gespiegelt wird.
Auf das Loth /t wird das Fernrohr eingestellt, darauf
durch eine Drehung des Krystallträgers die optische Axe
und durch passende Veränderung des horizontal verschieb-
baren Aufhängepunktes des Lothes dessen Spiegelbild
f
42
an dieselbe Stelle gebracht. Bei dem Abstände beider
Lothe vom Krystalle von 3 bis im kann diese Einstellung
sehr genau bewirkt werden. Nach Entfernung des Kry-
stalles wird der Theilkreis mit dem daran befestigten Fern-
rohre gedreht, bis das Loth /4 direct zu sehen ist und auf
dieses eingestellt. Aus dem Drehungswinkel a ergiebt
sich dann der Winkel g zwischen der Flächennormale und
der scheinbaren optischen Axe:
(> = 90-f .
Zur Bestimmung des Winkels tf zwischen einer optischen
Axe und dem Lothe einer der natürlichen Flächen wird
zunächst das Fernrohr mit dem Fufse des Instrumentes
fest verbunden, darauf die Platte so befestigt, dafs die
optische Axe eingestellt werden kann und gleichzeitig die
natürliche Fläche vertical steht, also bei einer Drehung
des Theilkreises ein Loth den vertical gestellten Fäden
des Fernrohres parallel spiegelt. Nachdem das Fernrohr
auf die optische Axe und ein Loth /, eingestellt ist, wird
die Platte mit dem Kreise um einen Winkel ß gedreht
bis ein zweites Loth /, von der natürlichen Fläche an der
Stelle reflectirt erscheint, auf welcher vorher /, zu sehen
war. Hierauf wird das Fernrohr an dem Kreise befestigt,
auf /, eingestellt und der Winkel y gemessen, um welchen
es gedreht werden mufs, bis das direct gesehene Loth l2
eingestellt ist. Für unveränderte Lage der verticalen
Drehungsaxe des Instrumentes während beider Beobach-
tungen mufs durch besondere Vorkehrungen gesorgt sein.
Aus ß und y ergiebt sich dann der gesuchte Winkel
y = /Szb(90-f),
wobei das positive Vorzeichen gilt, wenn das Loth I,
beim Einstellen auf /, sich auf derselben Seite befindet,
wie die Kry stallfläche, von der es zur Bestimmung des
Winkels ß gespiegelt beobachtet wird; befindet es sich
aber auf der entgegengesetzten Seite, so gilt das negative
Zeichen.
43
3. In dieser Weise ist die Richtung der optischen
Axen an zwei verschiedenen Platten, zunächst unter An-
wendung weifsen Lichtes, also für eine mittlere Farbe be-
stimmt. Bei der Kleinheit des Durchmessers von nur
etwa 1°,5 sowie der äufserst scharfen Abgrenzung des fast
schwarzen inneren Ringes und des in seiner Mitte liegenden
Theiles des schwarzen Büschels war die Einstellung auf
die Mitte der Ringe sehr genau möglich.
Die folgende Tabelle enthält die Resultate, welche an
den mit 1. .und 2. bezeichneten Platten gewonnen sind.
An der ersteren sind die Messungen für beide Schlifi'flächen
angestellt, um bei dem nicht vollständig erreichten Parallelis-
mus derselben eine Kontrolle zu ermöglichen. In Bezug
auf die Bezeichnung sey noch bemerkt, dafs die angegebenen
Winkel die der Normalen sind und dafs die Buchstaben,
durch welche die Durchschnittspunkte der Flächennormalen,
oder der scheinbaren optischen Axen mit der Constructions-
kügel bezeichnet sind, einen übergesetzten Strich erhalten
haben, die ersteren sobald sie mit der Krystallaxe -f- A auf
derselben Seite der dazu senkrechten Axenebene B C liegen,
die letzteren sobald sie bei der Beobachtung zu der, der
Fläche f parallelen, mit F bezeichneten Schliffiläche aus-
getreten sind.
Krystall 1. Krystall 2.
Fläche /.
Fläche F.
Fläche /.
Ox 0, 93° 28,71
93°
7',24
| 93°30',32
OJ 61 . 58,47
Ox F
60.
53,22
55. 16,12
02 f 49 . 46,86
02F
54.
51,56
otf
41 . 45,53
Otm 81.11,36
Ü, m
122.
55,08
02p
31 .45,86
0, t 63 . 32,56
Ö7m
96.
3,18
70 . 46,64
ft 97. 4,52
0%t
118.
17,49
ft
88. 4,95
fm 32. 0,85
Ft
80.
40,92
fp
72 . 13,72
F~m
150.
16,66.
Die Winkel pt und f m, deren Kenntnifs für die weiteren
Rechnungen nöthig war, sind ersterer aus bekannten
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44
Messungen entnommen, letzterer besonders an einem guten
Krystalle gemessen. Die in der Folge benutzten Werthe
sind:
pt 52ft20',00
tm 122 . 44,72.
Die Neigung der nicht vollkommen parallel erhaltenen
Flächen f und F zu kennen, war nicht erforderlich, um
aber beurtheilen zu können, in welchem Grade der Pa-
rallelismus erreicht war, ist der Winkel fF bestimmt, aller-
dings ohne Rücksicht auf die Lage der Flächenkante, und
er hat sich ergeben
rar Krystall 1 zu 177° 24',88
„ 2 „ 179.40,67.
Ferner ist die Dicke der Platten für ihre Mitten gemessen
und gefunden:
1. 2-,43
2. 3 ,12.
Aus den obigen Beobachtungen folgt nun die Lage
der wahren optischen Axen o, und o% und ihrer Ebene,
wenn der mittlere Brechungsexponent bekannt ist. Als
solcher wurde, wie schon erwähnt, das Mittel aus den
Brewst er 'sehen Zahlen rar den gröfsten und kleinsten
Brechungsexponenten eingeführt. Die beiden letzteren
sind 1,552 und 1,531, das Mittel also 1,542. Wird der
Schnittpunkt der Ebene der optischen Axen mit der Ebene
pt auf der Constructionskugel mit Q bezeichnet, so
giebt sich:
Krystall 1. Krystall 2.
Fläche / Fläche F. Flache /.
0,0, 56° 0',00 56° 5',26 56° 2',00
oxt 88.13,00 88. 4,00 88.18,50
o2t 76.29,50 76.40,00 76.51,00
tQ 75.38,40 75.55,00 75.48,50
tQot 84.53,25 84.52,50 85.35,00
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45
Mittel für Krystall L
oxo2 56° 2,63
oxt 88. 8,50
o% t 76 . 34,75
t Q 75 . 46,70
tQot 84 . 52,88
Als Mittel aus den Beobachtungen an 2 und dem
Mittel bei 1 ergiebt sieh schliefslich :
o,oa 56° 2',32
01 t 88 . 13,50
o, t 76 . 42,88
t 0 75 . 47,60
tQot 85 . 13,94.
Aus diesen letzteren Zahlen folgt dann weiter:
02 Q = 45° 20', 25
und fär die Lage der hiernach richtig geschliffenen Fläche
f oder der ersten Mittellinie:
fp 72° 52',33
ft 81.31,10
fm 43.41,00
För einen Krystall mit richtig geschliffener Fläche f
stellt Fig. 4 Taf. I in den ausgezogenen Linien die gegen-
seitige Lage der Axen und der Flächennormalen auf der
Constructionskugel dar.
Die gewonnenen Zahlen können mit gröfster Annäherung
för Licht von der Brechbarkeit der Fraunhofer 'sehen
Linie E als richtig angesehen werden, da aus den weiteren
Beobachtungen hervorgeht, dafs die einzige hier nicht
direct beobachtete Gröfse, der mittlere Brechungsexponent
1,542 bis auf eine Einheit in der dritten Decimale mit
dem aus den Versuchen flu* die Linie E abgeleiteten über-
einstimmt.
Die Angaben BeerV) über Winkel und Lage der
optischen Axen, wie ihrer Ebene können danach nur auf
1) A. a. O.
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46
ganz oberflächlicher Schätzung beruhen. Denn während
angegeben wird, dafs der Winkel der optischen Axen c c.
45° sey, die mit o, bezeichnete Axe nahezu parallel der
Kante zwischen p und * laufe, also fast rechtwinklig gegen
die Ebene pt gerichtet sey und dafs die Ebene beider
Axen nahezu durch den Pol von p gehe, ergeben sich
hier für die entsprechenden Winkel die Werthe:
Oy ot 56° 2 ,32 statt cc. 45°
ot Q 101 . 23,50 „ „ 90
pQ 23 . 27,60 „ „ 0
tQo% 85.13,94 „ „ 90
also Differenzen von 5 bis 23 Graden.
4. Zu der hiernach auszuführenden Bestimmung der
drei Hauptbrechungsexponenten können zwei Wege einge-
schlagen werden. Entweder werden alle drei an Prismen,
deren brechende Kanten den drei Elasticitätsaxen parallel
sind, aus der gemessenen Ablenkung eines Lichtstrahles
direct ermittelt, oder es wird in dieser Weise nur der
mittlere Brechungsexponent bestimmt und die Werthe der
übrigen unter Benutzung seines Werthes aus Messungen
einzelner Ringdurchmesser abgeleitet, wie dies z. B. Mütt-
rich bei seiner Untersuchung der optischen Eigenschaften
des weinsteinsauren Kali-Natrons 1) gethan hat. Da aber
zur Ermittelung des mittleren Brechungsexponenten ein
Prisma jedenfalls hergestellt werden mufs und dieses, wenn
es richtig geschliffen ist, schon zwei Brechungsexponenten
liefert, im Nothfalle also zwei Prismen zur Bestimmung
aller drei Gröisen genügen würden, und da aulserdem die
Ableitung der Resultate aus solchen Beobachtungen eine
einfachere ist, so wurde diese Beobachtungsart gewählt.
Es war die Absicht, womöglich drei Prismen zu erhalten,
von denen jedes seine brechende Kante einer anderen
Elasticitätsaxe parallel hätte und in denen der Lichtstrahl
für das Minimum der Ablenkung sich so bewegte, dafs
jeder Brechungsexponent doppelt bestimmt werden könnte.
Die Uebereinstimmung je zweier solcher Werthe und des
1) Diese Ann. Rd. 121.
47
mittleren Brechungsexponenten mit dem vorher benutzten
Werthe würde dann ein genügender Beweis für die Zu-
verlässigkeit der obigen Resultate seyn.
Um diese Prismen schleifen zu können, mufste aus den
gefundenen Werthen und dem brechenden Winkel, der
ihnen gegeben werden sollte, die Lage ihrer Flächen gegen
die natürlichen Krystallflächen berechnet werden. Es wurde
der brechende Winkel von 45° gewählt, um mit dem am
leichtesten herzustellenden gelben Natronlichte beobachten
zu können. Gröfser durfte der Winkel nicht seyn, da die
Dicke der durchstrahlten Schicht sonst leicht zu grofs
wird und dies gelbe Licht nicht mehr durch den Krystall
dringt, selbst wenn zu seiner Erzeugung, wie bei diesen
Versuchen, eine Wasserstoffflamme benutzt wird.
Bei unveränderter Richtung der, einer Elasticitätsaxe
parallelen brechenden Kante können zwei Prismen herge-
stellt werden, welche die Bedingung erfüllen, dafs der
Strahl für das Minimum der Ablenkuug einer der beiden
anderen Elasticitätsaxen parallel läuft. Im Ganzen würden
also sechs hier brauchbare Prismen angefertigt werden
können, die zusammen für jeden Brechungsexponenten vier
besondere Bestimmungen lieferten. Da aber nur drei dieser
Prismen hergestellt werden sollten und es von vornherein
nicht zu entscheiden war, welche von den sechs die für
das Anschleifen vortheilhafteste Lage ihrer Flächen zu den
natürlichen Krystallflächen p, t und m haben würden,
wurden sie sämmtlich berechnet, um zwischen ihnen wählen
zu können. Die folgende Tabelle enthält die Resultate
dieser Rechnung, die Winkel zwischen den Normalen der
mit I und II bezeichneten Prismenflächen und denen der
Flächen p, t, m. Am Ende jeder Columne ist aufserdem
angegeben, welche beiden der drei Brechungsexponenten
or, ß und y sich mit dem betreffenden Prisma bestimmen
lassen.
48
1. 2. 3.
Brcchendo Kante parallel der Brechende Kante parallel Brechende Kante parallel
mittleren Elasticitätsaxe. der ersten Mittellinie, der zweiten Mittellinie.
Weg des Lichtstrahles für Weg des Lichtstrahles ftir Weg des Lichtstrahles für
das Minimum der Ab- das Minimum der Ab- das Minimum der Ab-
lenkung parallel der lenkung parallel der lenkung parallel der
a b a b a b
1. Mittel- 2. Mittel- 2. Mittel- mittleren mittleren 1. Mittel-
linie, linie. linie. El.-Axe. El.-Axc. linie.
Im 57°50',50 52M8',50 56« 19\50 114M8',67 105*42\80 158«28\50
IP 52.48,00 133.39,00 162.45,00 88.1,50 62.20,50 96.53,20
// 77.26,50 98.0,80 124.26,50 35.46,00 18.22,00 76.30,50
Ilm 143. 29 ,00 92.55,67 95.47,80 46.54,00 34.30,00 63.49,33
Up 86.32,10 23.43,00 49.23,50 134.24,00 104.43,80 64.54,33
Ilt 93.9,80 75.22,80 100.0,50 166.49,00 146.43,00 59.36,00
Am leichtesten und sichersten herstellbar erwiesen sich
hiernach die Prismen 1», lb und 3» und ihre Anfertigung
wurde mit grofser Sorgfalt unternommen. Dafs es trotzdem
nicht gelang, Winkeldifferenzen, in einem Falle bis 4°, zu
vermeiden, darf bei der bekannten Schwierigkeit, Krystalle
aus freier Hand zu schleifen, nicht wundern. Nun würde
eine grölsere Uebereinstimmung zwar immer sehr erwünscht
seyn, sie ist aber in diesem Falle durchaus nicht erforderlich.
Denn berechnet man z. B. unter Zugrundelegung der später
ermittelten Werthe des gröfsten und kleinsten Brechungs-
exponenten und der Gleichung der Elasticitäts-Oberfläche,
die sich in diesem Falle von einer Kugel nur sehr wenig
unterscheidet, für den durch die gröfste und kleinste Elasti-
citäts- Axe gehenden Hauptschnitt deu Werth des Brechungs-
exponenten, welcher einem, mit der gröfsten Axe einen
Winkel von 4° einschliefsenden Leitstrahle entspricht, so
findet man eine Zahl, die sich von dem kleinsten Brechungs-
exponenten erst in der vierten Decimale um etwa 1} Ein-
Seiten unterscheidet. Nach den Beobachtungen zeigt sich
aber, in Folge der im Uebrigen vorhandenen Fehlerquellen,
namentlich wohl der nie vollkommen gleichen physikalischen
Beschaffenheit der verschiedenen Krystalle, schon die dritte
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49
Decimale veränderlich. Aufserdem tritt die gröfste beobach-
tete Winkeldifferenz nur einmal auf und fallt dabei nicht
ganz in so ungunstigem Sinne, wie es eben des Beispiels
wegen angenommen ist.
Um ein Urtheil über den Grad der erreichten Ueber-
einstimmung zu ermöglichen, sind in der folgenden Tabelle
die gemessenen Winkel mit den berechneten zusammen-
gestellt:
Prisma la
X IIS Hl c* X •
Berechnet
Beobachtet
mm ^ ^m • • • »
Differenz
Im
57" 50',50
56° 14,35
— 1° 36',15
IP
r
52 . 48,00
54 . 44,14
-f- 1 . 56,14
It
77 . 26,50
i » • mm w* v ys
76. 1,45
— 1 . 25.05
M. • mm v % V/ V
Um
Up
86 . 32,10
82. 13,05
- 4. 19,05
in
—
—
in
45. 0,00
44 . 50,48
— 0. 9,52.
Prisma lb.
Berechnet
R f'ohaehtet
Differenz
Im
52° 48',50
52" 37',43
— o° ir,07
IP
It
98. 0,80
96 . 54,27
— 1 . 6,07
Um
92 . 55,67
91 . 30,00
— 1 . 25,67
Up
Ilt
75 . 22,80
73 . 43,72
— 1 . 39,08
III
45. 0,00
49. 3,87
H-4. 3,87.
Prisma 3\
Berechnet
Beobachtet
Differenz
Im
105° 42',80
108° 37',98
-f-2° 55',18
IP
61 . 20,50
60 . 57,83
— 0 . 22,67
It
Um 34.30,00 34.11,83 —0.18,17
Up 104.43,80 103. 6,11 — 1.37,69
Iii 33.17,00 34.31,46 -+- 1 . 14,46
/// 45. 0,00 42.27,09 —2.32,91.
Poggendorff's Ann. Ergänzungsbd. VI. 4
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50
Für die Beobachtung wird das mit seiner brechenden
Kante senkrecht zum horizontalen Theilkreise gerichtete
Prisma auf das Minimum der Ablenkung des durch das
Spaltrohr des Spectrometers eintretenden Strahles einge-
stellt. Bei Anwendung weifsen Lichtes beobachtet man
zwei nebeneinander liegende farbige Spectra, bei Benutzung
homogenen Natronlichtes zwei gelbe Linien von ver-
schiedener Brechbarkeit. Jede Farbe sendet also zwei
Strahlen verschiedener Geschwindigkeit durch den Krystall.
Beide führen ihre Schwingungen parallel der den brechen-
den Winkel des Prismas halbirenden, durch die brechende
Kante gehenden Mittelebene aus und zwar sind die Schwin-
gungen des einen parallel der brechenden Kante, die des
anderen senkrecht dazu. Die Geschwindigkeit des ersteren
wird durch die in der Mittelebene senkrecht zur brechenden
Kaute gelegene Elasticitätsaxe, die des zweiten durch die
in derselben Ebene parallel der Kante gelegene Axe be-
stimmt. Fällt also, wie es beim Kupfervitriol der Fall ist,
die gröfste Elasticitätsaxe mit der ersten, die kleinste mit
der zweiten Mittellinie zusammen, so mufs im Prisma la
der gröfste Brechungsexponent für den Strahl gefunden
werden, dessen Schwingungen parallel der brechenden
Kante, also der mittleren Elasticitätsaxe gerichtet sind.
Um also zu entscheiden, welcher Elasticitätsaxe ein be-
obachteter Brechungsexponent angehört, mufs die Schwin-
gungsrichtung des zugehörigen Strahles bestimmt werden.
Da beide gebrochenen Strahlen senkrecht zu einander po-
larisirt sind, hat man vor das Okular des Fernrohres nur
einen Turmalin oder ein NicoTsches Prisma zu halten,
deren Schwingungsebene der brechenden Kante parallel
gerichtet wird. Von beiden verschieden gebrochenen
Spectren bleibt dann nur dasjenige sichtbar, dessen Schwin-
gungen der brechenden Kante parallel sind.
5. Im Folgenden sind die an den drei Prismen für
die Natronlinie erhaltenen Resultate mitgetheilt. Der an-
gegebene Winkel ist das Minimum der Ablenkung, wie
es sich als Mittel aus mehreren Beobachtungen ergeben
51
hat. Die den Elasticitätsaxen a > 6 ;> c entsprechenden
Hauptbrechungsexponenten et <ß <y sind daraus mit Hülfe
der oben angeführten brechenden Winkel berechnet.
Prisma 1*.
Schwingung senkrecht znr brech. Kante. Schwingung parallel der br. Kante.
27° 7\73 27° 29',01
&„, = 1,54054 ,7p, = 1,54711
Prisma lh.
30° 19',37 28° 55', 16
ß(D) = 1 ,53825 . aiD) = 1,51541
Prisma 3'.
25°36',23 24° 7', 16
Y(D) = 1,54566 a(D) = 1,51587
Als Mittel aus diesen Werthen ergiebt sich:
a(D) = 1,51564
ß(D) mm 1,53940
Y(P) = 1,54639
Das Prisma 3* zeigte bei Anwendung von Sonnenlicht,
im Gegensatze zu den anderen Prismen, sehr scharf die
Fraun hofer'schen Linien E, F, G und wurde daher zur
Bestimmung von et und y für diese Linien benutzt. In
der folgenden Zusammenstellung sind die Resultate nebst
dem bei die* ?m Versuche für die durch Natronlicht hervor-
gebrachte Lnie D erhaltenen angegeben:
Prisma 3*.
Schwingung rechtw. zur br. Kante. Schwingung parallel der br. Kante.
25° 37',38 24° 8',02
fm = 1,54604 am = 1,51615
25°49',20 24° 18',98
Y{K) = 1,54996 a(M) = 1,51983
25° 59',87 24° 28',66
Y{r) = 1,55351 «(,, = 1,52307
26° 18',77 24°46',57
Yw mm 1,55978 rt(6) = 1,52872.
4»
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52
Die sehr geringe Abweichung der jedesmaligen beiden
Werthe für «, ß und y in der ersten Zusammenstellung
spricht dafür, dafs diese Gröfsen mit grofser Annäherung
richtig ermittelt sind und dafs den gleichen Grad von
Genauigkeit die Resultate Über die Lage der optischen
Axen beanspruchen dürfen. Aus dem Betrage, um welchen
nach der letzten Tabelle a und y von einer Farbe zur
anderen wachsen, geht ferner hervor, dafs der zuerst für
weifses Licht benutzte und mit dem beobachteten Mittel-
werthe ftw = 1,53940 nahe übereinstimmende Werth
/? = 1,542 einer etwas weniger als die Linie E brechbaren
Farbe zukommt, also sehr wohl als der mittlere Brechungs-
exponent der mittleren Farbe des Farbenspectrums ange-
sehen werden kann uud dafs deshalb die damit berechnete
Lage der optischen Axen als richtig innerhalb sehr nahe
liegender Grenzen für die Linie E gelten darf.
Aus der für er, ß und y erhaltenen Zahlen ergiebt sich,
dafs die gröfste Elasticitatsaxe mit der ersten Mittellinie
zusammenfällt, dafs der Kry stall also optisch negativ ist,
wie Heer1) dies Verhalten richtig angegeben hat.
Sie zeigen aber gleichzeitig, dafs Brewster noch vor
dem Jahre 1813 genauer beobachtet hat, als man mit
Rücksicht auf die Unvollkommenhcit der experimentellen
Hülfsmittel jener Zeit erwarten durfte. Denn nimmt man
an, was bei dem Mangel genauerer Angaben wahrscheinlich
ist, dafs er mit weifsein Lichte beobachtet hat und dafs
seine Zahlen sich auf die Mitte des von ihm gesehenen
Spectrums beziehen, so findet man beim Vergleiche der-
selben mit den für die Fraunh ofer'sche Linie E ge-
fundenen Werthen
Brewster
a(K) 1,51983 1,531
y(MJ 1,54996 1,552
wenigstens für / eine recht genaue Uebereinstimmung,
während a allerdings bedeutend abweicht. Diese theil-
weise Uebereinstimmung erklärt sich aber vielleicht durch
1) Diese Ann Bd. 82, S. 63.
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53
die Annahme, dafs Brewster sein Prisma aus einer sehr
dicken Platte angefertigt hat, deren Flächen sorgfaltig
parallel unter einander und rechtwinklig zur ersten Mittel-
linie geschliffen waren. Wurde dafür gesorgt, dafs beim
Anschleifen der Prismenflächen die dabei verkleinerte Platten-
fläche nicht ganz verloren ging und die Ringsysteme un-
verändert sichtbar blieben, so mufste es bei einiger Auf-
merksamkeit möglich sein, wenigstens die Prismenkante
ziemlich genau parallel der Verbindungslinie der Ring-
mittelpunkte, also der zweiten Mittellinie zu erhalten. Ein
Prisma, bei dem dieser Parallclismus erreicht ist, inufs y
richtig liefern, wenn auch die Flächen nicht gleiche Neigung
gegen die Plattenflächen haben, da die Geschwindigkeit
des zugehörigen Strahles durch die der brechenden Kante
parallele Elasticitätsaxe bestimmt wird, für alle solche
Prismen also eine constante ist. Der Werth von a weicht
von seinem wahren Werthe aber um so beträchtlicher ab,
je verschiedener beide Prismenflächen gegen die Platten-
flächen geneigt sind. Bei dem Bre wster'schen Prisma
wird also vermuthlich die brechende Kante sehr nahe pa-
rallel der zweiten Mittellinie gewesen seyn, dagegen werden
die Prismenflächen eine sehr ungleiche Neigung gegen die
Plattenfläehen , der Weg des Lichtstrahles ftir das Mini-
mum der Ablenkung also eine von der mittleren Elasti-
citätsaxe sehr verschiedene Richtung gehabt haben.
6. In den meisten Fällen, in welchen die optischen
Constanten des Kupfervitriols eine Rolle spielen, werden
die gewonnenen Resultate als hinreichend genau angesehen
werden können. Es gilt das auch besonders für die Lage
der optischen Axen, wenn auch die Angaben sich hier
auf den nicht scharf bestimmten Begriff einer Farbe mitt-
lerer Brechbarkeit beziehen, denn die Resultate berech-
tigen zu der Annahme, dafs diese Farbe im Spectrum in
nächster Nähe der Fraunhofer'schen Linie E liegen
würde. Für specielle Fragen könnte es indels auch er-
wünscht seyn, die Lage der optischen Axen für eine noch
bestimmter bezeichnete Farbe zu kennen. Um dies zu
54
ermöglichen und gleichzeitig um ein Urtheil darüber zu
gewinnen, ob, wie stark und in welchem Sinne die op-
tischen Axen ihre Lage mit der Farbe ändern, sind an
dem Krystalle 1. die zur Feststellung der Richtung der
optischen Axen ausgeführten Messungen bei Anwendung
von Natronlieht wiederholt. Für die dem Beobachter zu-
gekehrte Fläche f wurden hierbei folgende Winkel erhalten:
Kry stall 1. Schlifffläche f.
Natronlicht
010% 92»49',61
0xf 61.45,51
02 f 49 . 35,64
0,m 81. 2,23
0, t 64 . 15,34.
Die hieraus abgeleiteten Winkel sind in der folgenden
Tabelle mit den für weilses Licht gefundenen zusammen-
gestellt :
Weifsea Licht
Natronlicht
56° 2',32
55° 45',29
olt
88 . 13,50
87 . 47,25
76 . 42,88
76.53,15
tQ
75 . 47,60
76.21,00
tQo*
85 . 13,94
84 . 55,67
o7Q
45 . 20,25
45 . 25,00.
Hiernach findet eine nicht gerade grofse aber doch an-
gebbare Dispersion statt. In Fig. 4 Taf. I ist die Lage
der optischen Axen und ihrer Ebene für gelbes Licht
durch den punktirten Bogen dargestellt, während die aus-
gezogenen Linien sich auf die Beobachtungen mit weifsem
Lichte (£) beziehen. Die Zeichnung gewährt dadurch
< ine ungefähre Anschauung von der Art der Dispersion.
Da für Natronlicht o, oa um 17' kleiner wird, t 0 und
ot Q aber um 33' und bezüglich 5' wachsen, so scheint oa
seine Lage so ziemlich beizubehalten und fast die ganze
Grofse der Bewegung auf ol zu fallen. Die Ebene der
optischen Axen dreht sich also gewissermafsen um o% und
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55
in der neuen Ebene findet die Bewegung von o, und der
Mittellinie f nach ot zu statt.
7. Es ist ferner noch zu ermitteln versucht, ob in ähn-
licher Weise, wie es bei anderen Krystallen beobachtet
ist, die Lage der optischen Axen auch beim Kupfervitriol
sich mit der Temperatur ändert. Es wurde dazu eine
nach Art der Platten 1. und 2. geschliffene, sehr klare
Platte 3. von 2mm,54 Dicke benutzt, bei welcher die Fläche f
fast genau rechtwinklig zur Ebene der optischen Axen lag,
die aber wegen Verletzung der natürlichen Flächen zu den
ersten Versuchen nicht hatte gebraucht werden können.
Da hier beide optischen Axen mit dem Lothe von f sehr
nahe in einer Ebene lagen und der Versuch auf die
Messung ihres scheinbaren Winkels beschränkt werden
konnte, war sie fiir diesen Zweck geeignet.
Die Platte war auf dem Kry stallträger mit einer kleinen
Klammer aus dünnem Messingblech an langem Stit-1 aus
Stahldraht befestigt und ragte während der Versuche, so-
wohl bei gewöhnlicher als erhöhter Temperatur, durch eine
kleine Oeffnung in das Innere desselben mit Spiegelglas-
wänden versehenen Luftbades, das bei der Bestimmung
der thermischen Axen des Kupfervitriols benutzt ist1). Das-
selbe befand sich über dem horizontalen Theilkreise und
wurde erwärmt durch einen langen Streifen Messingblech,
der mit dem Metallboden in Verbindung stand und an
seinem freien Ende durch eine Spirituslampe erhitzt war.
In unmittelbarer Nähe des Krystalls befand sich die sehr
kleine Kugel eines Thermometers. Bei der leichteren Ver-
witterung des Salzes an künstlichen Flächen konnte die
Temperatur nur bis 46° gesteigert werden, und es stand,
da die Jahreszeit eine Erniedrigung der Anfangstempe-
ratur unter 19° C. nicht gestattete, eine Temperatur-Diffe-
renz von nur etwa 27° zur Verfügung. Dieselbe schien
indefs genügend zur Entscheidung der Frage, ob die op-
tischen Axen überhaupt ihre Lage mit der Temperatur
ändern und im Falle sich dies ergeben sollte, auch viel-
1) Dies* Ann. Bd. 135 S. 15.
56
leicht ausreichend zur ungefähren Beurtheilung des Be-
trages der Aenderung, da bei anderen Kry stallen, an denen
ein solcher Einflufs der Temperatur hat nachgewiesen
werden können, dies schon bei kleinen Temperaturdiffe-
renzen möglich gewesen ist.
Die Versuche wurden bei Natronlicht angestellt. In
der folgenden Zusammenstellung sind die angegebenen
Winkel das Mittel aus jedesmal drei Messungen:
Krystall 3. Fläche f.
1. Temperatur der Umgebung.
0,f«=37° 0',32
07 f= 56 . 44,(jQ
01/,-+-Öa/,= 93.44',92.'
Stellung d. Nonius für die scheinbare opt. Axe 0, 109° 36',29
» »» r> » n r> r> 0* 16.11,29
Ox 02 93 . 25 ,00.
Anfangstemperatur 18°,2 C.
Endtemperatur 20 ,0 C.
Mittlere Temperatur 19°,1 C.
2. Erhöhte Temperatur.
Stellung d. Nonius für die scheinbare opt. Axe Ox 109°40',17
» » » * * r> r> r> Qa 16.27V28
0, Öa 93.12,89.
Anfangstemperatur 47°,00 C.
Endtemperatur 46 ,35 C.
Mittlere Temperatur 46°,67 C.
Aus vorstehenden Zahlen folgt zunächst, dafs Oxf
-t- ö, f um nur 20' gröfser als 0, Oa ist , dafs also die
Ebene der optischen Axen fast genau senkrecht zu der
Fläche f steht. Sodann geht daraus hervor, dafs die Tem-
peraturzunahme von 275° C. eine Verkleinerung des schein-
baren Winkels der optischen Axen um etwa 12' bewirkt,
und die Stellungen des Nonius bei den verschiedenen Be-
obachtungen deuten darauf hin, dafs die stattgefundene
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57
Bewegung der optischen Axen zum gröfsten Theile auf
die Axe o, fällt. Es würde demnach bei eintretender
Teniperaturändernng auch eine Bewegung der Mittellinie
stattfinden. Diese Deutung der Versuche erscheint zu-
lässig, so klein auch die beobachteten Winkeläuderungen
sind, da die Einstellung auf die optischen Axen mit grofser
Schärfe möglich ist und da, mit Rücksicht auf das zuletzt
erwähnte Resultat, mit besonderer Vorsicht für eine un-
veränderte Stellung des ganzen Apparates während der
Versuche gesorgt war.
8. Es bliebe nun noch die Frage zu entscheiden,
welche die ursprüngliche Veranlassung zu der vorliegen-
den Untersuchung gegeben hat, ob die ermittelte Lage
der optischen Axen in irgend einer einfachen gesetzmäfsigen
Beziehung zu den rechtwinkligen krystallographischen Axen
A , B und C steht. Die mitgetheilten Messungen lassen
aber leicht übersehen, dafs dies durchaus nicht der Fall
ist. Denn die Ebene der optischen Axen schneidet die
Ebenen der krystallographischen Axen unter Winkeln, die
von 0° und 90° verschieden sind. Die Ebene AB wird
zwischen den Axeu -f- A und -+- B in 15° 15' Abstand
von B und die Ebene A C zwischen — A und C ge-
schnitten. Mit der ersteren bildet die Ebene der optischen
Axen einen Winkel von 75° 50',60, mit letzterer von 1 1 9"
44',0 und gegon die Ebene B C hat sie eine Neigung von
20° 40',0. Auch keine der einzelnen optischen Axen zeigt
eine Beziehung zu den Krystallaxen oder deren Ebenen.
Selbst die Axe o2, welche dem Durchschnitte der Ebene
BC mit der Ebene der optischen Axen nahe liegt, steht
von diesem doch noch um 4° 38' und auf dem Bogen to%
von BC um 1° 40' ab. Mit Rücksicht auf die Gesammt-
resultate der Messungen können diese Winkel unmöglich
in dem Sinne gedeutet werden, dafs o2 in der Axenebene
B C liege. Aufserdem würde ein derartiges Zusammenfallen
allein immer nur von untergeordneter Bedeutung seyn.
Proskau, im October 1872.
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58
III. Untersuchungen über die folumconstitution
der festen Körper*); von //. Sc hroder.
V. Tbeorelische Einleitung.
198. ll#8 scheint mir angemessen, zunächst einen
Blick auf den Ideengang zu werfen, welcher mich bei
meinen Untersuchungen auf diesem Felde geleitet hat.
Bekanntlich, wenn sich Substanzen chemisch verbinden
oder auch nur gleichförmig mischen, ist das Gewicht der
Verbindung oder Mischung immer genau gleich der Summe
der Gewichte, welche den Bestandteilen im ungemischten
oder unverbundenen Zustande zukommen, und es läfst
sich in jedem mechanischen Bruchtheile der Verbindung
oder Mischung das gleiche Gewichtsverhältuifs der in ihr
enthaltenen Bestandtheile nachweisen, wie in der ganzen
Verbinduug oder Mischung. Man kann dieses Gesetz das
Summationsgesetz der Gewichte nennen. In der That ent-
nimmt man aus demselben, in Verbindung mit dem Ge-
setze von der Proportionalität der Wirkungslosigkeiten der
Trägheit mit den an einerlei Ort gemessenen Gewichten der
Körper, den Begriff von der Constanz der Materie oder
der Masse, welcher für die ganze neuere Chemie gewisser-
mafsen das Fundament bildet.
199. Das gleiche Summationsgesetz gilt unter gewissen
Einschränkungen auch für die Volume gemischter oder
chemisch verbundener Körper. Es gilt für jede Mos me-
chanische Mischung oder Durchdringung von Körpern, und
es gilt ebenso in voller Strenge für alle durch Diffusion
gleichförmig gemischten Gase. Man kann defshalb bei
1) Da ich mich häufig auf die im Band 106 und 107 dieser Annalen
von mir mittgctheilten Untersuchungen berufen mufs, so gebe ich
die nachfolgenden Untersuchungen mit an jene anschliefsenden fort-
laufenden Nummern. No. 1 — 105 findet sich im Band 106 8.226
u. d. f. No. 106 197 im Band 107 S. 114 u. d. f. Jahrgang 1859.
59
einem Gasgemische, z. B. reinem Knallgase, auch von
dem Volum eines jeden Bestand* heiles in der Mischung
reden im Gegensatz zu dem Volum der ganzen Mischung.
Sind zwei Volume Wasserstoff mit einem Volum Sauer-
stoff zu drei Volumen Knallgas gemischt, so kann man
sagen, dafs der Wasserstoff in der Mischung mit dem
Volum zwei, der Sauerstoff mit dem Volum eins enthalten
sey, obwohl sich in Wirklichkeit alle beide gleichförmig
in das Volum drei ausgedehnt finden. Der Ausdruck:
der Wasserstoff ist mit dem doppelten Volum in der
Mischung enthalten, als der Sauerstoff, pafst vollkommen,
in Anbetracht, dafs beide in jedem Bruchtheile der Mischung
im Verhältnifs von 2 : 1 nachgewiesen werden können. Ich
will dies das Summationsgesetz für die Volume mechanischer
Mischungen nennen.
200. Auch bei chemischen Verbindungen hängt das
Volum der Verbindung nach unveränderlichen Gesetzen
von den Volumen der Bestandtheile ab\ indessen scheint
auf den ersten Blick diese Abhängigkeit für Gase, Flüssig-
keiten und feste Körper eine sehr verschiedene zu seyn.
Man wird es jedoch von vorn herein als wünschenswerth
anerkennen, die der Volumconstitution der Körper in den
verschiedenen Aggregatzuständen zu Grunde liegenden
Gesetze, wie ich es hier versuche, auf ein gemeinsames
Grundprincip zurückfuhren zu können. Es gelingt diefs,
wie ich zeigen werde, in der That, wenn die dem Summations-
gesetz für die Gewichte und für die Volume mechanischer
Mischungen zu Grunde liegende Anschauung auch auf
die Volume chemischer Verbindungen übertragen wird.
Für Gase (so lange sie nicht so weit verdichtet sind,
dafs sie sich nicht mehr als vollkommene Gase betrachten
lassen) hat sich ein sehr einfaches Gesetz für die Volume
herausgestellt. Die Volume der Atome der Elemente in
Gasform sind einander gleich, und die Volume der ein-
fachen und zusammengesetzten Molecüle der Körper in
Gasform sind ebenfalls einander gleich, und zwar doppelt
so grofs, als die Volume der Atome, — insofern diese
60
Volume alle bei gleichem Druck und gleicher Temperatur
gemessen werden.
Es folgt daraus, dafs die Volume gasförmiger Verbin-
dungen nicht das reine Summationsgesetz befolgen; dafs
bei Verbindungen und Scheidungen von Gasen Conden-
sationen im positiven oder negativen Sinne vorkommen
müssen, weil das Volum der Verbindung nicht immer
gleich ist der Summe der Volume der Bestandteile vor
der Verbindung. Als diese reine Summe erscheint es
allerdings, z. B. wenn sich Wasserstoff und Chlor zu salz-
saurem Gase vereinigen; dagegen findet eine Gondensation
statt, wenn sich z. B. Wasserstoff mit Sauerstoff zu Wasser-
dampf verbinden; zwei Volume Wasserstoff und ein Volum
Sauerstoff, als Knallgas zu drei Volumen gemischt, con-
densiren sich in Folge der chemischen Vereinigung zu
zwei Volumen Wassergas.
201. Diese Condensation läfst sich nun, sowohl bei
Gasen, als Flüssigkeiten, als festen Körpern, in zweierlei
Weise auffassen. Man kann sich vorstellen, dafs die Mi-
schung der Componenten sich als solche condensirt, dafs
also in dem erwähnten Beispiele drei Volume zu zweien
sich verdichtet haben ; und dies ist die bis jetzt herrschende
Anschauungsweise; oder aber: man kann das Summations-
gesetz aufrecht erhalten, und das Volum der Verbindung
als reine Summe der Volume auffassen, mit welchen die
Bestandteile in Verbindung treten, wenn man nur an-
nimmt, dafs einzelne von den Bestandtheilen, bevor sie in
die Verbindung eingehen, erst einen anderen Zustand an-
nehmen, und eine Volumänderung erleiden. Es wird dann
mit anderen Worten der Vorgang einer chemischen Ver-
bindung zu betrachten seyn als eine, mit vorheriger Zu-
standsänderung nebst Condensation oder Expansion ein-
zelner Componenten verknüpfte, Mischung oder gleich-
förmige Durchdringung der Bestandtheile. Auf welche
Weise die einzelnen Condensatiotiscoefficienten für jeden
Bestandtheil hiebei anzunehmen seyen, bleibt bei dieser
Auffassung zunächst innerhalb gewisser Gränzen willkühr-
61
/icÄ, weil durch den Werth einer Summe die Werthe der
Glieder noch keineswegs bestimmt sind. Wofern diese
Auffassung also überhaupt nützlich und haltbar erscheinen
soll, raufs sie sich in einer solchen Art ausführbar zeigen,
dafs auf Grund derselben die Volumconstitution der Ver-
bindungen durch Annahme einfacher und regelmäfsig wieder-
kehrender Condensationsfactoren erklärbar wird.
202. Die Volumconstitution der Gase läfst sich nun
auf Grund dieser Anschauungsweise mit den beiden Con-
densationsfactoren 1 und 2 vollständig erklären, d. h. da-
durch, dafs man annimmt, dafs beide Bestandtheile mit
unverändertem Volum, oder der eine mit unverändertem,
der andere mit seinem halben Volum, oder dafs beide mit
ihrem halben Volum in eine Verbindung eingehen. Für
das obige Beispiel ist man darnach gezwungen, anzunehmen,
dafs wenn Wasserstoff und Sauerstoff sich chemisch zu
Wasserdampf verbinden, der Wasserstoff sich auf sein
halbes Volum verdichtet, und sich so mit dem Sauerstoff
nach dem Summationsgesetz mischt.
Für die erste Auffassungsweise, wonach die Conden-
sation auf die Summe der Volume der Bestandtheile be-
zogen wird, reicht man keineswegs mit nur zwei Conden-
sationscoefficienten aus. Für gasförmige Körper hat da-
her die zweite Auflfassungsweise entschiedene Vorzüge,
worauf ich schon 1840 (d. Ann. Bd. 50 S. 557 und 558
unter §. 6 meiner Abhandlung „Allgemeine Begründung
der Volumcntheorie") aufmerksam gemacht habe.
Die Gesetze der Volumconstitution der Gase lassen
sich nun, der entwickelten Auffassungsweise zu Folge, in
die drei Sätze zusammenfassen (alle Volume bei gleichem
Druck und gleicher Temperatur gemessen):
A. Das Molecularvolum einer Verbindung ist die
Summe der Volume, welche ihren Componenten zukommen.
(Summationsgesetz-.)
B. Jedes Element und ebenso jede als Component
auftretende Complexion von Elementen existirt für sich
und in verschiedenen Verbindungen in solchen ungleichen
62
Zuständen, dafs das Volum des Elementes oder der Com-
plexion im Verhältnifs von 1 : 2 veränderlich ist. (Con-
densationsgesetzJ)
C. Die Volume der Elementaratome sind gleich, und
auch die Volume der Molecüle sind gleich, und zwar sind
letztere doppelt so grofs als erstere. {GeseU der Gleich-
heit der Moleculareolume.)
203. In meiner Schrift: „Die Siedhitze der chemischen
Verbindungen .... nebst vollständigen Beweisen für die
Theorie der Molecularvolume der Flüssigkeiten" (Mann-
heim 1844) gelang es mir, nachzuweisen, dafs auch für
flüchtige Flüssigkeiten die gleiche Anschauungsweise voll-
berechtigt ist, indem ich darlegte, dafs das Volum einer
Verbindung wiederum betrachtet werden kann als die
Summe der Volume der Bestandteile , wofern man nur
diese Volume bei entsprechenden oder „correspondirenden"
Temperaturen mifst, das heifst, soweit ich bis jetzt er-
mitteln konnte, bei solchen (ungleichen) Temperaturen, bei
welchen die Dämpfe der Flüssigkeiten gleiche Spannkräfte
haben. Ich habe im Besonderen nachgewiesen , dafs H4,
Ct und O, in einer grofsen Reihe organischer Flüssig-
keiten bei correspondirenden Temperaturen völlig gleiche
Volume einnehmen, und demuach die denkbar einfachsten
Volumverhältnisse darbieten.
Es wird sich die dort von mir entwickelte theoretische
Anschauung voraussichtlich um so mehr bestätigen, je
weiter die Wissenschaft fortschreiten wird. Eine kurze
Nachricht über diese Arbeit habe ich im 62. Bande dieser
Annalen S. 341 u. d. f. gegeben.
204. Was endlich die Volum Constitution der festen
Körper betrifft, so begegnet der Versuch einer Durch-
fuhrung der gleichen Auffassung seit lauger Zeit den
gröfsten Schwierigkeiten.
Die Aufstellung des ersten, oder des Summationsge-
setzes, welches lautet: I. „Das Molecularvolum eines zu-
sammengesetzten Körpers ist die Summe der Volume,
welche seinen Bestandtheilen oder Elementen zukommen".
63
[diese Ann. Bd. 50 S. 554, Jahrgang 1840 — ich habe
nur das Wort „Aequivalent", welches ich damals brauchte,
und welches seitdem seine Bedeutung veräudert hat, in
„Moleeül" verändert], — die Aufstellung des Summations-
gesetzes ist nur dann von Werth, wenn die an sich noch
innerhalb gewisser Grunzen willkührlich wählbaren Volume
der Bestandtheile oder Elemente durch ein einfaches Con-
dens ationsg es etz mit ihren im isolirtcn Zustande beobach-
teten Volumen in Zusammenhang gebracht werden können,
und dadurch in logischem Sinne erst ihre Definition er-
halten. Die Wahrnehmung sehr häufig wiederkehrender
einfacher Beziehungen der Volume ist in der That der
ausschliefsliche Anlafs gewesen zu der dargelegten theo-
retischen Auffassung. Die Sicherheit, dafs die erwähnte
Auffassung für eine in der Natur begründete Gesetzmäßig-
keit den einfachsten Ausdruck bildet, ist um so gröfser,
je gröfser die Reihe vou Thatsachen ist, welche sich durch
einfache Condensationscoefficienten erklären lassen. Das
Condensationsgesetz dient somit zwar zu einem Theile dazu,
die Definition der Volumcomponenten einer Verbindung
erst zu vervollständigen; es ist aber darüber hinaus noch
von bedeutend gröfserer Tragweite, indem es zugleich die
gegenseitige Abhängigkeit zwischen den Volumen aller
Verbindungen und ihrer Constituenten überhaupt mit Be-
stimmtheit und Vollständigkeit zum Ausdruck zu bringen
hat. Die bei der Aufstellung eines Condensationsgesetzes
aus dem ersten Grunde noch vorhandene Willkühr wird
daher andererseits durch die Forderung der Durchführ-
barkeit des Gesetzes im Einklang mit der Erfahrung be-
schränkt In diesem Sinne sind alle nachfolgend bezüg-
lich der Condensatious Verhältnisse aufgestellten Gesetze
und Regeln zu verstehen; es handelt sich bei ihnen stets
darum, solche Festsetzungen zu treffen, welche, zur De-
finitionsvervollständigung für die „Volumcomponenten" be-
nutzt, zugleich gerade den erfahrungsmäfsig zwischen den
Volumen überhaupt zu Tage tretenden Beziehungen und
Geset/.mäfsigkeiten Ausdruck verleihen.
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64
Dieses zweite, das Condensationsgesetz, wird sich zwar
mit der Zeit, wozu schon jetzt zahlreiche Andeutungen
vorliegen, noch vereinfachen lassen; nach dem heutigen
Staude der Wissenschaft läfst es sich jedoch nur so durch-
führen und aufrecht erhalten, wie ich es schon 1840 aus-
gedrückt habe. (Diese Ann. Bd. 50 S. 555, wobei ich
wieder nur das Wort „ Aequivalent", welches seitdem seine
Bedeutung verändert hat, durch „Molecül* ersetze):
II. Jedes Element existirt in verschiedenen Verbin-
dungen in solchen ungleichen (polymorphen) Zuständen,
dafs das Volum seines Molecüls im Verhältnis der Zahlen
1:2:3:4:5:6. . . . veränderlich ist.u
Die Condensationsfactoren sind in der That einerlei
mit deu harmonischen Verhältnifszahlen.
205. Mein schon erwähnter 1840 gemachter Versuch,
diese einfachen Condensationen der Elemente nachzuweisen,
konnte, obgleich ich in einzelnen Verbindungen die Con-
densationen der Elemente schon damals ganz richtig auf-
fafste, doch nicht in völlig genügender Weise gelingen,
weil die Thatsachen dazu noch nicht in hinreichender Schärfe
und Mannichfaltigkeit vorlagen. Das Summationsgesetz
allein ohne das Condensationsgesetz annehmen , wie es in
Folge meiner damaligen Arbeit von anderer Seite ge-
schehen ist, mufste jedoch nothwendig dahin führen, dafs
man sich mit ganz undeßnirten und defshalb ganz unnützen
Zahlenwerthen beschäftigte, da der Begriff der Volumcom-
ponenten, wie ich oben nachgewiesen habe, ja überhaupt
nur, in die Form eines Condensatiousgesetzes eingekleidet,
vollends gegeben werden kann.
206. Die Ermittelung der Volumconstitution der Ver-
bindungen ist auf der ersten Stufe ihrer Entwickelung der
Ermittelung der Gewichts Constitution der Körper sehr ana-
log. Der Auffindung der letzteren mufste die Wahr-
nehmung vorangehen:
A. Die Mischung in Verbindungen kann nicht nach
beliebig veränderlichen Verhältnissen stattfinden, wie die
mechanische Mischung und die Diffusion, sondern nur
nach festen Verhältnissen.
65
B. Wenn ein Element in verschiedenen Quantitäten
o, «', a" . . . . mit der nämlichen Quantit.it 6 eines an-
deren Elementes in Verbindung tritt, so stehen die Quan-
titäten a, a', a im Verhältnis einfacher ganzer Zahlen.
(Gesetz der „multiplen" Verbindungen.)
C. Wenn die Quantitäten 6, c, d . . . . verschiedener
Elemente sich mit multiplen Werthen der Quantität a eines
anderen Elementes verbinden, so treten jene Elemente dann
auch nach ganzen vielfachen (multiplen) Werthen der
Quantitäten 6, c, d . . . . untereinander in Verbindung.
(Gesetz der aequicalenten Mengen.)
D. Die Gesetze, welche sich für die Gewichte der
Elemente als gültig erweisen, treffen ebenso auch zu für
die Gewichte der Complexionen oder Verbindungen von
Elementen, weun diese ihrerseits in Verbindungen eingehen.
Ihre Aequivalentzahl wird durch Addition der Aequivalente
der Bestandteile gefunden. (Gesetz der Avquivalent-
summen.)
Dafs nun diese Sät/.e in der That völlig gleichlautend
Geltung haben müssen, wenn man statt der Gewichte der
Bestandteile ihre vor der Verbindung gemessenen Volume
ins Auge fai'st, ergiebt sich von selbst als streng logische
Consequeuz des Vorstehenden, unter Berücksichtigung der
weiteren Thatsache, dafs einer jedeu bestimmten chemischen
Substanz unter gegebenen Druck- und Temperatur-Ver-
hältnissen auch ein festes, * durch vorübergehende Einwir-
kungen nicht bleibend inodificirbares Volum, beziehungs-
weise eine speeifisch unveränderliche Dichtigkeit (speci-
fisches Gewicht) zukommt.
Die für die Atomgewichte und Molecuiar gewichte gül-
tigen Beziehungen und Gesetze lassen sich hiernach un-
mittelbar auf die vor der Verbindung gemessenen Atom-
volume und Moleculnrcolume übertragen.
Dieselben Sätze müssen sich aber auch auf die modi-
ßcirten Volume, mit welchen die Compouenteu in den Ver-
bindungen enthalten zu denkeu sind, anwendbar erweisen,
wofern wirklich diese letzteren ideellen Volume aus deu vor
Poggeudorlfs Ann. Ergänzung&bd. VI. 5
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66
der Verbindung mefsbaren mittelst fester Condensations-
factoren ableitbar seyn sollen.
Ich will die Volume, mit welchen die Elemente und ihre
Complexionen in den Verbindungen enthalten gedacht werden,
ihre „Constitutionsvolume" nennen. Für diese letzteren
müssen demnach in der That, nach Analogie der für die
Gewichte gültigen Gesetze #, C, D, die nachfolgenden
Gesetze sich bewahrheiten:
B'. Wenn ein Element mit verschiedenen Constitutions-
volumen a, a\ a . . . . in Verbindungen vorkommt, so
stehen diese Volume a, a', a" . . . . im Verhältnils ein-
facher ganzer Zahlen.
C. W enn verschiedene Elemente mit den Constitutions-
volumen 6, c, d . . . . sich mit einfachen Condensations-
werthen des Volums a eines anderen Elementes verbinden,
so treten jene Elemente dann auch nach einfachen Con-
densationsverhältnissen der Volume 6, <?, d . . . unterein-
ander in Verbindung.
D'. Die für die Constitutionsvolume der Elemente gül-
tigen Gesetze sind auch gültig für die Constitutionsvolume
der Verbindungen oder der Complexionen von Elementen,
wenn diese Complexionen selbst in weitere Verbindungen
eintreten. Das Constitutionsvolum einer Verbindung ist
die Summe der Constitutionsvolume ihrer unmittelbaren
Componenten.
Anmerkung. Da das Molecül eines freien Elementes
als aus gleichartigen Atomen zusammengesetzt zu erachten
ist, so kann auch das Aiomvolum eines freien Elementes
in obigem Sinne als ein Constitutionstolum desselben auf-
gefafst werden.
Wie nun der Begriff des Atom- und Molecular-Gewichtes
seine volle Definition erst auf Grund der unter B, C, D
aufgeführten Wahrnehmungen erhalten konnte, so kann
auch nur auf Grund der analogen Wahrnehmungen B\ C\ Df
der Begriff des Constituiionsvolums vollends erfafst, und
das Condensationsgesetz gewonnen werden; wobei sich von
selbst versteht, dafs die Constitutionsvolume als Atomco-
67
lume und als Molecnlarvolume aufzufassen sind, weil die
Voluinconsütution der Verbindungen in Zusammenhang
mit ihrer Gewichtseonstitution besteht, und ohne diesen
Zusammenhang nicht gedacht werden kann.
Die Auffindung der Gewichtseonstitution der Verbin-
dungen ist dadurch sehr erleichtert, dals das Gewicht der
Verbindung stets gleich bleibt der Summe der unveränder-
lichen Gewichte der Componenteu. Die Auffindung der
Volumconstitution der Verbindungen ist viel schwieriger,
weil das Volum einer Verbindung als die Summe, nicht
constanter, sondern nach dem Condensationsgesetz rer-
änderlicher Volume der Componenten aufzufassen ist.
207. Ueberdies ist die Auffindung der Volumconsti-
tution der Körper noch mit einer zweiten besonderen
Schwierigkeit verknüpft.
Während die Gewichte durch äufsere Kräfte, wie Druck
und Temperatur, nicht verändert werden, sind die Volume
nicht nur nach dem Condensationsgesetz, sondern über-
dieis noch durch Druck- und Temperatur- Einflüsse ver-
änderlich.
Für die Gase ergab sich das Bestehen eines ei ufachen
Condensationsgesetzes, wenn die Volume bei gleichen
Drucken und Temperaturen gemessen werden.
Für flüchtige Flüssigkeiten habe ich 1844 /. c. einfache
Verhältnisse der Constitutiousvolume für zahlreiche Körper-
gruppen nachgewiesen bei solchen (verschiedenen) Tem-
peraturen, bei welchen die Dämpfe der Flüssigkeiten gleiche
Spannkräfte haben.
Für feste Körper gelang mir eine theilweise ent-
sprechende Wahrnehmung erst im Jahre 1859. In meinen
„Neuen Beiträgen zur Volumentheorie" (diese Annalen
Bd. 106 und 107) habe ich constatirt:
III. Isomorphe Paare sind in der Regel paralleloster,
das heilst: homologe Verbindungen zweier Elemente oder
Complexiooen haben in der Regel gleiche Volumdiflerenz,
wenn sie von gleicher oder nahe gleicher Kry stallform
sind.
5-
68
Es geht aus dieser Tbatsache aber zweierlei hervor;
erstens der Satz IV:
IV. Die Condensationen eines Elementes in verschiede-
nen aber isomorphen Verbindungen sind in der Regel die-
selben; oder mit anderen Worten: Die Constitutionsvolume
gleichartiger Componenten isomorpher Körper sind in der
Regel gleich. (Regel vom Parallelostcrismus.)
Es geht ferner zweitens aus jener Tbatsache III her-
vor, dafs die Constitutionsvolume fester Korper vergleich-
bar sind und einfache Condensationsverhältnisse erkennen
lassen, wenn die Körper gleiche Kryslallform haben; oder
wie ich in diesen Annalen Bd. 197 S. 144 hervorgehoben
habe, dafs die ncorrespondirenden Temperaturen" , bei
welchen das Condensationsgesetz streng erfüllt ist, bei
»isomorphen Körpern nicht sehr weit von einander ab-
stehen können", oder mindestens, dafs der Einßufs dieser
Temperaturverschiedenheiten in diesem Falle nicht von
Belang ist.
Es ist hier offenbar die volle Definition eines neuen
hypothetischen Begriffes von dem, was unter „correspon-
direnden Temperaturen" bei festen Körpern zu verstehen
ist, noch aufzusuchen. Hypothetisch ist, dafs es solche
Temperaturen gebe, bei welchen verglichen die Volume
das Condensationsgesetz in aller Strenge erfüllen. Diese,
nach Analogie der bei den Gasen und Flüssigkeiten fest-
stehenden Erfahrungen, provisorisch aufgestellte Hypothese
ist unentbehrlich , um überhaupt aus den Thatsachen ent-
nehmen zu können, bei welchen speeifischen Temperaturen
die Volume der festen Körper in Vergleichung zu setzen
sind. Bis jetzt geht aus den Thatsachen nach Regel IV
hervor, dafs für isomorphe Körper die Gleichheit der Tem-
peraturen, bei welchen die Volume gemessen werden,
wenigstens eine völlig genügende Annäherung darbietet.
Zur Zeit ist es jedoch noch nicht möglich, diese corre-
spondirenden Temperaturen allgemein zu bestimmen.
Die Volumänderungen der festen Körper durch Druck
und Temperatur sind (glücklicherweise für die Lösung der
69
vorliegenden Aufgabe) so klein, dafs die gemessenen Vo-
lume, beziehungsweise Dichtigkeiten oder specißschen Ge-
wichte, auch bei nicht genau correspoudirenden Tempe-
raturen doch in der Regel genügend genäherte Werthe
darbieten, um das Condensationsgesetz erkennen zu lassen.
Mit anderen Worten:
Die Modificationen, welche durch Wärme - Dilatation
oder Contraction wegen nicht correspondirender Tempe-
raturen den gemessenen Volumen anhaften können, sind
in der Regel thatsächlich nicht grofs genug, um die viel
gröfseren Modifikationen, welche das Condensationsgesetz
erheischt, zu verdecken oder unkenntlich zu machen.
Es ist daher zunächst erforderlich, die Condensations-
cerhällnisse auiser Zweifel zu stellen; erst dann können
jene kleineren Modifikationen, welche mit Wärmedilatation
zusammenhängen, näher untersucht werden.
Es bleibt nun zunächst zu erörtern, in welcher Weise
auf Grund der im Vorstehenden entwickelten theoretischen
Anschauungen die Constitutionsvolume abgeleitet werden.
Es wird diels den Gegenstand meiner nächstfolgenden
Mittheilung ausmachen.
Mannheim, im September 1872.
!V. Untersuchungen über die Volumcomtitution
der festen Körper ; von //. Sehr öde r.
VI. Methode.
208. Den wesentlichsten und wichtigsten Anhalts-
punkt^bei allen nachfolgenden Untersuchungen wird immer
die Regel vom Parallelosterismus bilden, welche ich als
Regel I hier noch einmal voranstellen werde. Sie invol-
virt gewissermafsen die Regel II , die ich ihr anfüge. Es
70
bodarf jedoch, um für verschiedene von einander unab-
hängige chemische Gruppen einen Eingang zu finden,
noch mehrfacher anderer Erfahrungen , welche ich als
Rege] III und IV hier an die Spitze stelle, um sie nach-
träglich zu erläutern. Die Methode gründet sich dem-
nach auf die vier nachfolgenden aus vielfachen Erfahrungen
entnommenen Regeln, welchen ich weiter unten noch eine
fünfte und sechste anreihen werde.
Regel I. Die Constitnlionscolume gleichartiger Compo-
nenten isomorpher Körper sind in der Regel gleich. (Regel
vom Parallelosterismus.)
Regel II. Wenn ein Element oder eine Complexion für
sich mit einer Verbindung , in welche das Element oder
die Complexion eingeht, isomorph tif, so ist das Element
oder die Complexion in der Hegel mit unverändertem
Volum in der Verbindung enthalten.
Regel III. Von den Gliedern einer Triade sind in iso-
morph analogen Verbindungen in der Regel wenigstens zwei
mit analogen Condensationen enthalten. (Regel von der
Analogie der Condensationen.)
Regel IV. Die Schwermetalle gehen häußg ohne Con-
densation, die Leichtmetalle häufig mit der Condensation
auf die Hälfte ihres metallischen Volums in Verbindungen
ein. (Regel von dem Vorherrschen der Condensationsfac-
toren eins und zwei.)
209. Zur Erläuterung der Regel I und III diene Fol-
gendes. Seyen a und b die beobachteten Volume zweier
Elemente für sich, « und ß die unbekannten Volume, mit
welchen sie in den isomorphen Verbindungen mit einem
dritten Elemente enthalten sind, und sey <r, gleichviel das
bekannte oder unbekannte Volum, mit welchem dieses
dritte Element nach I in beiden Verbindungen in gleicher
Weise enthalten ist. Dann sind nach dem Summations-
gesetz die beobachteten Volume beider Verbindungen
= (« -4- if) und (fi -H r/), und ihre Differenz ist = « — [im
Man kennt daher aus den Beobachtungen a, 6 und die
71
Differenz (« — ß). Setzt man nun J » w, so ist auch n
durch Beobachtung gegeben. Es sey dieses w zum Hei-
spiel = 2. Um diese Gleichung zu befriedigen, kann man
nun innerhalb bestimmter Gränzen jede beliebige einfache
Condensation von a voraussetzen, um « zu erhalten, und
das zugehörige & beziehungsweise die Condensation von b
bestimmen, welche der Gleichung Genüge leistet. Die
Aufgabe bleibt daher im Allgemeinen unbestimmt.
Sind aber a und b die beobachteten Volume zweier
Elemente einer Triade, welche in isomorphen Verbindungen
nach Regel III häufig analoge Condensationen haben, so
ist die Aufgabe bestimmt, und es ist « = — a und ß bs — b.
n n
War n beispielsweise = 2, so ist « = — und ß = y.
In der hier geschilderten Weise bilden demnach iso-
morphe Verbindungen der Glieder von Triaden einen einiger-
mafsen sicheren Ausgangspunkt zur Auffindung der Con-
densationen.
Ich will hier nur die Gruppe der Verbindungen der
Leichtmetalle Kalium, Natrium und Lithium mit den Ha-
logenen Chlor, Brom und Jod als Beispiel anführen.
Vom Lithium ist nur das Chlorlithium beobachtet. Die
genannten Metalle und ihre Chloride, Bromide und Jodide
sind alle regulär isomorph. Die beobachteten Volume habe
ich im Band 106 und 107 dieser Annalen unter den bei-
geschriebenen Nummern mitgetheilt. Sie sind: K = 45,3
(116); Na == 23,9 (115); Li — 1 1,8 (1 14); KCl = 37,4
(13) ; NaCl = 27,l (18); Li Cl = 20,9 (170); K Br = 44,3
(14) ; NaBr=33,4 (19); KJ = 54,0(15); Na J = 43,5
(20).
Nun hat das Chlor in allen drei Chloriden nach Regel I
"das gleiche Volum; ebenso das Brom in beiden Bromiden,
das Jod in beiden Jodiden; und ebenso hat das Kalium
in allen drei isomorphen Kaliumsalzen das nämliche
Volum; desgleichen das Natrium in den drei Natrium-
salzen.
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72
Sind nun a, 6, c die Metallvolume von Kalium, Na-
trium und Lithium, und sind «, 0, ; ihre unbekauuten
Constitutionsvolume in den Chloriden, Bromiden und Jo-
diden, so erhält man die Gleichungen:
= = r~ = 2,08 aus den Chloriden von Kalium und Natrium ;
et — $ 1(M
o^~~ —n — = 1 ,*J7 . . Bromiden „
^_^ = , = 2 = 2,04 „ „ Jodiden . „ . „
~— = n = - -~ = 2,03 „ „ Chloriden von Kalium und Lithium,
a — y 10,0
Die Volumdifferenz der Verbindungen ist thatsächlich
immer sehr genau die Hälfte der Volumdifferenz der ent-
sprechenden Metalle. Diese Thatsache erklärt sich, wenn
auch nicht mit Notwendigkeit, so doch auf die einfachste
Weise und völlig genügend, wenn man zu der Regel I
noch die Regel III zu Hülfe nimmt, wonach den Leicht-
metallen der Triade Kalium, Natrium und Lithium in
den erwähnten Halogensalzen analoge Condensationen,
und zwar auf die Hälfte ihres metallischen Volums zu-
kommen; welche letztere Thatsache zugleich eine aulser-
ordentliche Einfachheit des Condensationsgesetzes zu er-
kennen giebt.
210. Die Regel IV von dem Vorherrschen der Con-
densationen 1 und 2 wird durch eine grofse Reihe von
Thatsachen gerechtfertigt. Sehr oft, wenn ein Leicht-
metall und ein Schwermetall in analogen Verbindungen
isomorph sind, wie Strontium und Blei, Natrium und Silber,
Magnesium und Nickel, Aluminium und Eisen, Ceriuin
und Eisen u. s. f. , ergiebt sich die beobacl tete Differenz
der Volume ihrer isomorphen Verbindungen sehr genau
gleich der Differenz aus dem unveränderten Volum des
Schwermetalls und dem halben Volum des Leichtmetalls.
Es ist dies, was ich an dieser Stelle der Kürze wegen
nur erwähnen, nicht durch Anfuhrung der Beobachtungen
belegen will, z. B. der Fall für die rhombisch isomorphen
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Sulfate und Carbonate des Strontiums und Bleis, sowie
für die Oxyde derselben ; für die regulär isomorphen Chlo-
ride, Bromide und Jodide des Natriums und Silbers; für
die regulär isomorphen Oxyde des Magnesiums und Nickels;
tur die rhomboedrisch isomorphen Oxyde des Aluminiums
und Eisens, und deren rhombisch isomorphe Hydrate;
für die regulär isomorphen Oxyduloxyde des Ceriums und
Eisens usw. Eine so groise Reihe von übereinstimmenden
Tbatsacheu kann nicht auf einem Zufall beruhen; und sie
lassen zu ihrer Erklärung keine andere einfache Auslegung
zu, als die unter Regel IV gegebene.
Geht daher ein Schwermetall und ein Leichtmetall mit
einem dritten Element oder einer Complexion von Elementen
isomorphe Verbindungen ein, so werde ich das Volum?
mit welchem dieses dritte Element oder diese Complexion
in beiden Verbindungen enthalten ist, als ermittelt be-
trachten, wenn die beobachtete Volumdifferenz beider iso-
morpher Verbindungen der Regel IV Genüge leistet.
Durch die Regel III und IV wird daher in der That
ein Eingang gewonnen zur Ermittelung der Volumcon-
stitution mannichfaltiger Gruppen von Verbindungen.
211. Auch da, wo die Krystallform keine Führung
darbietet, und die obigen Regeln nicht anwendbar sind,
giebt manchmal eine mehrfache Analogie brauchbare Winke.
Sind a, 6, c . . . . die bekannten Volume irgend wel-
cher Elemente, z. B. Schwermetalle, oder irgend welcher
Complexionen von Elementen, die mit A9 B, C , . . . be-
zeichnet seyeu; sind ebenso A, t, k . . . . die bekannten
kalben Volume irgend welcher Leichtmetalle //, /, K . . . ,
und es ergeben sich für die Verbindungen von unbekannter
Krystallform oder auch für die m'cAf isomorphen Verbin-
dungen der betreffenden Elemente oder Complexionen
mit einem Elemente oder einer Complexion CT, also für
die Verbindungen A V, B 0, CV . . . , H U, IV, KV
die gleichen Reste A V — a = B U — 6 = C U — c . . . .
= HU—h = IU—i = K V — k . . . , so ist eine Wahr-
scheinlichkeit vorhanden, dafs die Schwermetalle oder die
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74
Complexioncn A, #, C . . . . auch hier mit ihrem beob-
achteten Volum, und die Leichtmetalle /7, /, K . . . . mit
ihrem halben metallischen Volum in die Verbindung mit U
eingehen; und zwar ist dieselbe um so gröfser, je häufiger
diese gleichen Differenzen sich ergeben.
Ich werde jedoch von dieser Methode nur dann Ge-
brauch machen, wenn wenigstens drei solcher gleicher
Reste gut bestimmter Verbindungen vorliegen, oder wenn
das aus zweien sich ergebende Volum für U schon ander-
weitig übereinstimmend gefunden worden ist; denn diese
Methode kann sehr leicht zu Irrthüiuern führen, da bei
nicht isomorphen Verbindungspaaren im Allgemeinen keine
Schlüsse von der Volumconstitution des einen auf die des
anderen zulässig sind, und dieselben gleichwohl nicht
selten paralleloster erscheinen, wenn z. B. , falls A mit
dem unveränderten Volum a in der Verbindung A U ent-
halten ist, U in A U verglichen mit U in B U um nahe
ebensoviel condensirt wäre, als B in B ü verglichen mit 6.
Solche Paare sind dann pseudoparalleloster, und machen,
da sie nicht selten sind, die gröfste Vorsicht nöthig.
Die Wahrnehmung daJ's, wenn man von den Volumen
der Verbindungen eines Elementes oder einer Complexion
mit einer Reihe von Schwermetallen die Volume dieser
Schwermetalle abzieht, dann nicht selten der gleiche Rest
bleibt, hat mich schon 1840 veranlafst, anzuerkennen, dafs
die Schwermetalle sehr häufig mit ihrem metallischen Vo-
lum in Verbindungen eingehen.
Ich werde die vorstehende Methode als Regel V be-
zeichnen, und die Regel der Analogien nennen.
212. Noch eine sechste Regel, welche sich nicht
selten als die fruchtbarste von allen erweist, habe ich hier
anzuführen. Sie giebt in vielen Fällen die dankbarsten
und lehrreichsten Aufschlüsse. Ich nenne sie die Regel
vom Isosterismus multipler Verbindung swerihe. Nicht selten
sind z. B. Verbindungen von den Formen R U mit R U%
oder mit Rt U von gleichem Volum, also isoster. Da sie
von verschiedenem Typus sind, erscheinen sie nicht iso-
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75
morph, und doch in nahem Zusammenhang in Bezug auf
ihre Volumconstitution. Sind aber R U und /?4 U isoster,
so kann mit grofser Wahrscheinlichkeit daraus geschlossen
werden, dafs R in R U das doppelte Volura hat als R in
#2 II u. s. f.
Weil nach Regel IV die Condensationsfactoren 1 und 2
am häufigsten vorkommen, so sind die hier erwähnten
Fälle aiüserordentlich zahlreich. So sind z. B. Kupfer-
oxydul und Kupferoxyd in dem Sinne isoster, dafs Cu2 0
und Cm, 0, gleiche Volume haben. Es ist daraus zu
lernen, dafs der Sauerstoff im Kupferoxydul das doppelte
Constitution svolum hat, als der Sauerstoff im Kupferoxyd.
Die genannte Regel erweist sich vorzugsweise und
am häufigsten auf die Volume von Complexionen anwend-
bar, deren Volume selbst mit Hülfe der Regeln I bis V
ermittelt worden sind, und giebt dann über die Volum-
constitution dieser Complexionen oder Bestandtheile von
Verbindungen die merkwürdigsten Aufschlüsse.
213. Diefs sind die Methoden, welche ich im Fol-
genden einhalten werde. Die Schwierigkeiten, die Volum-
constitution der festen Körper aufzufinden, bleiben den-
noch für die Mehrzahl der Fälle sehr grois. Es nimmt
d eishalb nicht Wunder, wenn alle bis jetzt von sehr zahl-
reichen Forschern gemachten Versuche gescheitert sind.
Um so erfreulicher ist es mir, dafs meine langjährigen
Bemühungen mich doch schliefslich zu Ergebnissen ge-
führt haben, die man nicht ganz unbefriedigend wird finden
können.
Es ist überraschend, wie viele Früchte auf diesem
Felde, schon gereift, der Hand desjenigen harren, der sich
die Mühe nimmt, dieselben zu pflücken.
Mannheim, im September 1872.
76
V. Untersuchungen über die Volumconstitution
der festen Körper; von Ii. Schröder.
VII. Die einfachen regulären Chloride, Bromide und Jodide, und daran
sich Anreihendes.
214. Die beobachteten Volume der regulären Halo-
genverbindungen der Alkalimetalle habe ich bereits in
Bd. 106 dieser Annalen mitgetheilt. Nur für das Brom-
natrium habe ich eine Bestimmuug nachzutragen. Für
dieses lag nur die Messung von Kremers vor, s = 3,079
(19). Seitdem hat auch Tscher mak dasselbe bestimmt,
und s = 3,01 erhalten. Das Mittel ist s = 3,045, und
weil ot== 103 ist, t? = 33,8.
215. Ich habe bereits dargelegt (209), dafs in den
regulären Chloriden, Bromiden und Jodiden des Kaliums,
Natriums und Lithiums (für letzteres ist nur das Chlorid
beobachtet) das Kalium, Natrium und Lithium auf die
Hälfte ihrer Metall volume condensirt zu erachten sind; man
kann daher das Volum des Chlors, Broms und Jods in
diesen regulären Halogensalzen herleiten. Für die Chlo-
ride ergiebt sich hiernach :
Vol. K Cl = 37,4 ( 13) Na Cl = 27,1 ( 18) Li Cl = 20,9 (170)
} Vol. K = 32,6 (1 16) iVol.Na=n,9(115) |Vol.Li = 5,9(114)
Vol. Cl = 14,8 Cl =15,2 Cl = "I5,a
Im Mittel Cl=15,0. Dieses Chlor mit dem Con-
stitutionsvolum 15,2 in Verbindungen, vom Na'Cl ent-
nommen, will ich zunächst mit Cla bezeichnen.
Mit diesen Verbindungen isomorph sind das Chlor-
ammonium und das Chlorsilber. Nach Regel I vom Pa-
rallelosterismus werden sie daher das Chlor mit dem gleichen
Volum als Clr<=15,2 enthalten. Hieraus ergiebt sich:
Ag Cl — 25,9 ( 22) und N H, Cl = 35,0 ( 16)
Clf< = 15,2 (215) Cla =25'2 C215)
Ag=10,7 NH4«*19,8.
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77
Das reine Silber hat das Volum 10,2 (132). Es ist
demnach das Silber mit seinem metallischen Volum im
Chlorsilber enthalten. Wäre ich, nach Regel IV von dem
Vorherrschen der Condensationsfactoren 1 und 2, vom
Chlorsilber und Chlornatrium ausgegangen , so würde ich
demnach zu der gleichen Auffassung von der Volumcon-
stitution dieser regulären Chloride gelangt seyn.
Das Volum des Ammoniums = 19,8 (215) bezeichne
ich mit Am .
216. Nach Regel V von den Analogien ist vorerst als
wahrscheinlich anzuerkennen, dafs auch das Bariumchlo-
rid, Bleichlorid, Wismuthchlorid und Chromchlorid das
Chlor als Cla enthalten. In No. 224 werde ich nachweisen,
dafs das Constitutionsvolum des dem Blei isomorphen Ba-
riums = 22,4 ist. Es ergiebt sich nun der gleiche Rest
ür Chlor, nämlich 15,4 im Mittel, wenn man von den Vo-
lumen der genannten Verbindungen die Metallvolume ab-
zieht. Die hierher gehörigen Beobachtungen sind zunächst:
a. Bleichlorid = PbCli; m = 278; t — 48,0 (166).
b. Bariumchlorid = Ba Cl, ; m = 208 ; v = 54,0 (164).
c. Wismuthchlorid = Bi Cla ; ro = 3 1 4,5 ;
s = 4,56 Bödeker; e? = 69,0.
d. Chromchlorid = Cr Cl3 ; m = 158,5 ;
* = 3,03 bei 17° Schafarik; t? = 52,3.
Nun ergiebt sich:
Cl, = 54,0 (164) Pb Cl, — 48,0 (166) Bi Cl3 = 69,0 (216) Cr Cl, = 52,3 (216)
Ba= 2-2,4 (226) Pb= 1S,2(131) Bi = 21,4 (216) Cr = 7,4 (Wöhle r)
Cl, = 31,6 Cl, = 29,8 Cl3 = 47,6 C\, = 44,9
Cl == 15,8 Cl=14,9 Cl = 15,vS Cl=15,0
Das Mittel dieser Reste ist 15,4 = Cl« (215).
Ueber die Krystallform dieser Verbindungen ist nichts
bekannt. Ihre Volumconstitution macht es einigermafsen
wahrscheinlich, dafs es die reguläre ist.
An anderer Stelle werde ich nachweisen, dafs auch in
deD regulären Doppelchloriden des Kaliums und Am-
moniums mit Platin das Chlor als Cl" mit dem Volum
15,2 enthalten ist.
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78
217. Für die Bromide ergiebt sich ebenso:
KBr = 44,3( 14) Na Br =33,8 (213) AgBr = 31,8(nat.Kryst.(23))
\ Vol. K = 22,0 (116) \ Vol. Na= 11,9 (115) Ag= 10/2 (132)
Br=21,7 Br = 2l,9 Br = 21,6.
Ich werde dieses Constitutionsvolum des Broms mit
Br* = 21,7 (im Mittel) bezeichnen. Für das Bromam-
monium, mit K Br isomorph, ergiebt sich :
AmBr = 41,2( 17)
Br* = 21,7 (217)
Am = 19,5 in Uebereinstimmung mit dem aus dem
Chlorammmonium abgeleiteten Werthe
Am*= 19,8 (215).
218. Nach Regel IV und V scheint dieses Brom und
das metallische Volum des Cadmiums auch enthalten im
Bromcadmium = Cd Br2; m = 272; * = 4,712 bis 4,91
Bödeker und Gieseke; i. M. 5 = 4,811 und d = 56,5.
Denn nun ist Cd Br2 = 56,5 (218); ab Vol. Cd = 12,9
(130), bleibt für Br, das Volum 43,6 also Br = 21,8.
Andere von den bis jetzt untersuchten Bromverbin-
dungen reihen sich hier nicht direct an.
219. In analoger Weise ergiebt sich für die Jodide:
KJ — 54,0 (15) Na J = 43,5 ( 20) Ag J = 42,0 ( 24)
\ Vol. K = 22,6 (116) \ Vol. Na = 1 \J (115) Ag =10,2 (132)
J = 31,4 J = 31,6 J=-31,8.
Im Mittel J = 31,6. Ich bezeichne dieses Jodvolum
mit J f.
Für das Jodammonium = N H4 J , m = 145 , welches
mit dem Jodkalium für isomorph gehalten wird, giebt
Bödeker an 8 = 2,498, womit t> = 58,0 wäre. Es würde
sich hieraus mit J* für Am das Volum 26,4 ergeben,
welches bis jetzt ohne genügende Analogie ist. Ich bin der
Meinung, dafs die Dichtigkeit und Zusammensetzung des
Jodammoniums, sowie auch seine Krystallform, einer
wiederholten Prüfung bedarf.
220. An anderer Stelle werde ich zeigen, dafs das
Volum des festen metallischen Quecksilbers sich aus dem
Oxyd als Hg «14,1 ableiten läl'st. Dieses Volum Hg
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und das J* scheint in dem gelben rhombischen Queck-
silberjodid enthalten. Das Quecksilberjodid ist bekanntlich
dimorph; das gelbe rhombische geht durch kleine Anlässe
in das rothe quadratische über, welches von gröfserer
Dichtigkeit ist. Für das gelbe, an einzelnen Punkten schon
gerötbete, erhielt Tschermak s = 6,1 1 und $ = 6,17.
Für i = 6,ll ist t>=74,2. Schiff erhielt « = 5,91 und
o = 76,8. Mit Hg =14,1 und Ja = 31,6 berechnet sich
Vol. HgJ2 = 77,3; beobachtet ist 74,2 bis 76,8.
Ehe ich nun mit Erfolg noch einige weitere Halogen-
verbindungen betrachten kann, bin ich genöthigt, erst die
thatsächlichen Condensationeu nachzuweisen, welche sich
in einigen anderen Gruppen ergeben.
VIII. Die rhombisch isomorphen Spathe und daran sich Anreihendes.
221. Eine sehr schöne Gruppe isomorpher und sehr
gut bestimmter Körper bilden die rhombischen Sulfate und
Carbonate des Bariums, Strontiums, Bleis und Calciums;
welchen sich noch die mit ihnen isomorphen Sulfate des
Kaliums, Ammoniums und Thalliums, und einige Verbin-
dungen von unbekannter Krystallform anschliefsen. Die
Volume habe ich /. c. gröfstentheils bereits mitgetheilt,
und nur bei wenigen noch etwas hinzuzufügen.
o. Bariumsulfat, Schwerspath = Ba S 04 ; m = 233 ;
5 = 4,476 und t? = 52,l (29).
b. Strontiumsnlfat=SrS04; wi= 183,6; t = 46,8 (30).
c. Bleisulfat = Pb S 04 ; m = 303; t? = 48,0(31).
d. Kaliumsulfat = K, S 04; m = 174;
* = 2,66 und 0 = 65,4 (25).
e. Ammoniumsulfat = Am2S04; m=132; 0 = 74,6(26).
Ich habe den unter (26) angeführten Beobachtungen
für Ammoniumsulfat noch die übereinstimmende von Kopp
*=1,77, v = 74,6 anzureihen.
f. Bariumcarbonat, Witherit = Ba C03; m=197. Ich
bin der Ansicht, dafs von den unter (32) mitgetheilten
Dichtigkeit8bfstimmungen des Witherits und Bariumcar-
bonats nur das Mittel der gut übereinstimmenden Dichtig-
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keiten von Kirwan, Mobs, Karsten und mir zu nehmen
ist, nämlieh * = 4,313. Die Filhol'sche Bestimmung
s — 4,565 steht mit allen übrigen nicht im Einklang. Wird
ihr Einflufs ausgeschlossen, so ist das wahrscheinlichste
Voltun t? = 45,7 (221), statt 45,0 (32), wie ic h 1859 annahm.
g. Strontinmcarbonat = Sr CO ; m = 147,6. Sein Vo-
lum glaube ich nun auch noch scharfer bestimmen zu
können, als es (33) geschehen ist. Von der Mark hat
seitdem den fasrijjen Strontianit von Hamm analysirt, und
die Dichtigkeit zu s = 3,613 bestimmt. Die Analyse ergab:
Sr 0 = 63,56 Proc; Ca 0 = 4,80 Proc; C Oa = 30,85 Proc.
Hieraus berechnet sich, dals in demselben 0,614 Molecüle
SrCO; mit 0,08tf Moleeiilen CaCOa, oder nähernngsweise
7 Mol. SrCOa mit einem Mol. Arragonit zusaminenkry-
stallisirt sind.
Für die 8 Module ist m = 1133,2 und 8 =313,7.
Zieht man das Volum eines Mol. Arragonit = 33,9 (34)
ab, so bleibt für 7SrCOj der Werth © = 279,8 und für
SrC03 sonach t = 40,0 (221). Ich bin der Meinung, dafs
dieser Werth der Wahrheit näher liegt, als der früher
ermittelte = 40,8 (33) , welcher ohne Rücksicht auf den
nie fehlenden Kalkgehalt berechnet ist.
h. Bleicarbonat, Weisbleierz = Pb CO . ; m = 267;
c = 41,0 (35).
t. Arragonit = CaCO, ; m = 100; 0» 33,9 (34).
222. Es hat mich lange Zeit und Mühe gekostet, bis
ich aus der Summe aller für die Kalkverbindungen vor-
liegenden Thatsachen zu dem Entschlüsse gelangte, auf
den Versuch zu verzichten, die unzweifelhaft zu ermitteln-
den Constitution8volume des Calciums in seinen Verbin-
dungen nach dem Condensationsgesetz in einfachem Zu-
sammenhang mit dem (118) mitgetheilten Volum des Cal-
ciummetalls zu erkennen. Bunsen und Matthiessen
selbst verhehlen nicht die ungewöhnlichen Schwierigkeiten,
die Dichtigkeit des galvanisch redneirten Calciums zu er-
halten, und theilen ihre Beobachtung nur unter grofser
Reserve mit. Seitdem haben Lies-Bodart und Jobin
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81
für Calcium, welches durch Reduction aus CaJ, mittelst
Natrium erhalten war, durch Versuche über das Unter-
sinken desselben in Chloroform und das Schwimmen des-
selben in „Bichlorüre de Carbone", und dafs es nur wenig
schwerer ist als eine Mischung gleicher Volume beider
Flüssigkeiten, zu ermitteln geglaubt, dafs seine Dichtigkeit
kaum den Werth * = 1,55 überschreiten könne. Hiermit
wäre © = 25,8. Nach Bunsen und Matthiessen wäre
©=25,4 (118).
Ich werde übrigens an anderer Stelle nachweisen, dafs
es keineswegs angeht, das Condensationsgesetz schon jetzt
an jeder Stelle zu erkennen, selbst da, wo es den That-
sachen in einfachster Form zu Grunde liegen mag.
Ich werde daher zunächst die Constitutionsvolume des
Calciums nicht auf das Volum des Calciummetalls direct
zurückbeziehen.
223. Nach Regel I vom Parallelosterismus ist in den
Verbindungen BaS04, SrS04, Pb S 04, K2S04 die
Complexion S04, und in den Verbindungen BaC03,
SrCO,, PbC03, CaC08 die Complexion CO, stets mit
dem nämlichen Volum; und ebenso Ba im Sulfat und Car-
bonat, Strontium im Sulfat und Carbonat, Blei im Sulfat und
Carbonat respective mit dem gleichen Volum vorauszusetzen.
Da sich nun die beobachteten Volumdifferenzen der Homo-
logen Strontium- und Blei -Salze gleich der Differenz des
Metallvolums Blei und des halben Metallvolums des Leicht-
metalls Strontium ergeben, so ist nach Regel IV von dem
Vorherrschen der Condensationsfactoren 1 und 2 anzu-
erkennen, dafs Blei mit seinem metallischen, Strontium
mit seinem halben Metallvolum in diesen Verbindungen
enthalten sind; und ist hiemit ein Eingang zum Verständ-
nifs dieser Gruppe gewonnen. Es ist in der That:
PbCO, =41,0( 35) PbS04 -=48,0(31) Vol. Pb = 18,2 (131)
Sr C O, = 40,0 (221) Sr S 04 = 46,8 (30) | Vol. Sr = 17,2 (119)
Pb — Sr =~U) Pb-Sr=~T2
PoggendorfFs Annal. Ergänzangsbd. VI. 6
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Es ergiebt sich demnach für die Complexion S04:
PbSO4 = 48,0( 31) SrS04 = 46,8( 30)
Pb =1 8^2(131) \ Vol. Sr = 11,2 (1 1 9)
S04 = 29,8 S04 = 29,6.
Ich werde dies Volum S04 = 29,7 zunächst mit (S04)*
bezeichnen.
Ebenso ergiebt sich für die Complexion CO,:
Pb CO, = 41,0 ( 35) Sr CO, = 40,0 (221)
Pb = 18,2 (131) | Vol. Sr = 17^2 (119)
CO, = 22,8 CO, = 22,8.
Ich werde dies Volum CO, = 22,8 zunächst als (CO,)*
bezeichnen.
224. Mit diesen für (CO,)" und (S04)" ermittelten
Volumen läfst sich nun auch das bisher unbekannte Con-
stitutionsvolum des Bariums finden. Man erhält:
BaS04 = 52,l( 29) Ba CO, = 45,7 (221)
(S 04)'< = 29,7 (223) (C O,)« = 22,8 (223)
Ba = 22,4 Ba = 22,9.
Im Mittel Ba = 22,6, und vom Schwerspath entnommen
Ba am 22,4. Es ist dies das normale Constitutionsvolum
des Bariums, mit welchem es am häufigsten in Verbin-
dungen vorkommt. (Vergleiche 216.)
Auch das unbekannte Constitutionsvolum des Calciums
läfst sich nun aus dorn Arragonil ableiten:
Ca CO, = 33,9 ( 34)
(CO,)« = 22,8 (223)
Ca = 11,1.
Dies Constitutionsvolum des Calciums steht in sehr
einfachem Condensationsverhältnifs zu dem Volum des
Calciums im Kalkspath, im Flufsspath, im Kalk usw., wie
ich später nachweisen werde.
225. Weil das Kaliumsulfat und Ammoniumsulfat mit
dem Bleisulfat isomorph sind, so ist nach Regel I vom
Parallelosteri8mus auzuerkennen, dafs beide Verbindungen
die Complexion S04 als (S04)fl = 29,7 (223), wie die er-
wähnten rhombischen Spathe enthalten. Nun ergiebt sich:
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K,S04 = 65,4 (221) Am4S04 = 74,6( 26)
(SO,)« = 29,7 (223) (S04)<* = 29,7 (223)_
K, = 35,5 u. K = 17,8 Am, = 44,9 u. Am = 22,5.
Ich werde dies Volum des Ammoniums als Am'3 = 22,5
bezeichnen. Es ist bestimmt verschieden von dem Volum
Am*= 19,8 (215), mit welchem das Ammonium im Chlorid
und Bromid enthalten ist, worauf ich schon 1859 unter
(72) und (104) aufmerksam gemacht habe. In welcher
Beziehung diese beiden Volume Am" = 19,8 (215) und
Am '; mm 22,5 (225) zu einander stehen , kann an dieser
Stelle nicht untersucht werden; es müssen dazu die Vo-
lume erst ermittelt seyn, mit welchen der Stickstoff und
der Wasserstoff in Verbindungen eingehen.
In seiner Verbindung mit Chlor, Brom und Jod hat
das Kalium das Volum 22,6 (209). Nun ist \ X 22,6 == 18,1
bis 18,0. Es ist dies offenbar gleich dem oben (225) er-
haltenen Werthe 17,8. Das Volum, mit welchem das
Kalium im Sulfat enthalten ist, erscheint demnach sehr
genau als J seines Constitutiousvolums in den Halogen-
salzen, oder als g seines Metallvolums.
Ich werde nachweisen, dafs dies das normale Con-
stitutionsvolum des Kaliums ist, mit welchem es am häu-
figsten vorkommt.
Von dem wasserfreien Kaliumcarbonat ist die Krystall-
form nicht bekannt; aber es enthält die Kohlensäure mit
dem nämlichen Volum, wie die rhombischen Spathe, und
das Kalium mit dem nämlichen Volum wie das Sulfat.
Für K, C03; m = 138, beobachtete Karstens = 2,264
ungefähr; Filhol * = 2,267. Durch Glühen aus zwei-
fach kohlensaurem Kali erhalten gab es mir s — 2,342
und s= 2,336, im Mittel * = 2,339 Schröder. Das
Gesammtmittel ist s == 2,290 und v = 60,0. Meine Be-
stimmung giebt t? = 59,0. Nun erhält man in der That,
wenn man (C 03)« = 22,8 (223) von 59,0 abzieht, für K,
das Volum 36,2, und K mm 18,1 mm f x Kaliummetall (209).
Die Annahme, dafs (C03)a = 22,8 im Kaliumcarbonat
6*
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enthalten ist, rechtfertigt sich vollkommen dadurch, dafs,
wie ich später nachweisen werde, die Kohlensäure bis
jetzt überhaupt nicht dimorph beobachtet ist, indem sich
die Volume aller bis jetzt überhaupt beobachteten wasser-
freien Carbonate mit dem Constitutionsvolum (C O.,)" = 22,8
(223) in Ueberein8timmung mit dem Condensationsgesetz,
d. h. unter Anwendung sehr einfacher Condensationsfac-
toren, erklären lassen.
226. Zunächst habe ich hier noch das metallische
Thallium und das Thalliumsulfat anzureihen, welches mit
Aluminiumsulfat einen regulären Alaun bildet, wie das
Kaliumsulfat, und nach von Lang mit dem letzteren iso-
morph ist. Dasselbe wird daher nach Regel I die Com-
plexion (S 04)" — 29,7 (223) enthalten.
a. Für das metallische Thallium =T1; ro = 204, ist
beobachtet: für das geschmolzene und wiedererstarrte
#= 11,853 bei 11° De La Rive; für das in Draht ge-
zogene «= 11,808 bei 11° De La Rive. Werther
fand 5 = 11,777 bis 11,9. Im Mittel ist * = 11,86 und
©= 17,2 (226).
6. Thalliumsulfat = Tl , S 04 ; m = 504. Für das nach
dem Schmelzen erstarrte Salz fand Lamy * = 6,77; also
t? = 74,4. Nun ergiebt sich:
T1,S04 = 74,4 (226)
(SQ4)" = 29,7 (223)
Tla = 44,7 und Tl = 22,3 bis 22,4.
Es stimmt dies genügend überein mit 21,5 =|X 17,2
= h4 Volum Thalliummethall.
Das Constitutionsvolum des Thalliums ist demnach
| seines Metallvolums, und ich will schon hier nachweisen,
dafs es sich mit dem gleichen Volum im Carbonat wieder-
findet.
c. Das Thalliumcarbonat = Tl2 C08 ; m = 468, kry-
stallisirt monoklinometrisch, ohne krystallographische Ana-
logie mit dem Bleisalz (Descloizeaux). Für aus alko-
holischer Lösung krystallisirtes fand Lamy * = 7,06;
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und Lamy und Descloizeaux *ä 7,164; im Mittel
«=7,112 und t?=65,8. Mit dem Constitutionsvolum
(C03>» = 22,8 (223) ergiebt sich:
Tl, CO, = 65,8 (226)
(CO,)« = 223 (223)
Tl, =43,0 also Tl = 21,5 d. i. genau |Vol. Thallitimmetall.
Mannheim, im October 1872.
(Fortsetzung folgt.)
»
VI. lieber die Elektricitätsstrahlen und die Ge-
setze ihrer Verbreitung und Zurückwerf ung in
leitenden Platten; von Theodor Schwedoff,
Professor an der Univ. zu Odessa.
]\ach diesem Titel würde der Leser vielleicht denken,
dafs ich die Absicht hätte, eine neue Hypothese aufzu-
stellen, nach welcher die Elektricität als eine wellenförmige
Bewegung betrachtet werden soll. Ich bin aber fern von
dieser Absicht. Die Idee, Elektricitätserscheinungen als
Bewe gung der Körpertheilehen anzusehen, ist so alt, und
die Entwickelung derselben in den meisten Fällen so mangel-
haft und hypothetisch, dafs ich es nicht der Mühe werth
halte, zu den zahlreichen bis jetzt vorgeschlagenen Hypo-
thesen noch neue hinzuzufügen. Ich glaube, dafs nicht
die Einbildungskraft, sondern der Versuch uns helfen kann
den Schleier niederzureifsen, welcher bis jetzt noch über
dem Elektricitätswesen schwebt. Wollen wir wirklich die
Theorie der Elektricität auf dasselbe Princip zurückführen,
auf welchem Licht- und Schalltheorie gebaut sind, so
müssen wir uns vor Allem bestreben mit Hülfe des Ver-
suchs die Gränzsteine abzuschaffen, welche unsere Ein-
bildungskraft zwischen diesen Gebieten aufgestellt hatte.
Gelingt das uns einmal, so geschieht die Verallgemeinung
der verschiedenen Theorien von selbst.
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Von dieser Ansicht geführt, habe ich unternommen
auf experimentellem Wege die Frage zu untersuchen, ob
es einen wesentlichen Unterschied gebe zwischen der Ver-
breitung der elektrischen Ströme in leitenden Körpern
und der Verbreitung der Lichtstrahlen in durchsichtigen
Medien, und falls dieser Unterschied wirklich vorhanden
ist, worin er bestehe. Ich will hier nicht den weiten Weg
beschreiben, der mich zur Lösung dieser Frage geführt
hatte, und sage nur, dafs er wesentlich darin bestand, dafs
ich mich bemühte alles Subjective und Hypothetische von
mir fern zu halten, was sich in die Wissenschaft neben
den Thatsachen eingeschlichen hat. In dieser Weise bin
ich zum Schlufs gekommen, dafs es eine Anschauungs-
weise giebt, welche uns erlaubt, die elektrischen und Licht-
Erscheinungen unter dasselbe Princip zu bringen.
Um im Folgenden mögliche Mifsverständnisse zu ver-
meiden, mufs ich zuerst die Benennungen scharf definiren,
welche ich gebrauche.
Ein elektrischer Pol ist der Punkt, in welchem freie
elektrische Massen vorhanden sind. Elektrischer Strom
ist die Erscheinung, bei welcher zwei gleiche und un-
gleichnamige Massen durch denselben Querschnitt des
Körpers in entgegengesetzter Richtung mit gleicher Ge-
schwindigkeit fliefsen. Die Richtung der positiven Elek-
tricität ist die Stromrichtung. Eine vom Pole zu einem be-
liebigen Punkt des Körpers gezogene Gerade nenne ich
Elektricitäts strahl. Hierbei mufs ich bemerken, dafs ich
dem Begriffe Elektricitätsstrahl vorläufig keine physikalische
Bedeutung zuschreibe; ich benutze dieses Wort nur um
den langen Satz : „die Richtung, in welcher die elektrischen
Massen zum Pole angezogen oder von ihm abgestofsen
werden" mit einem Worte zu ersetzen.
Nach der heutzutage herrschenden Ansicht, wirken die
elektrischen Massen auf einander nach dem Coulomb'-
schen Gesetze, sie mögen in- oder aufserhalb der Körper
seyn, es mag zwischen diese Körper ein leitender, oder
nicht leitender, oder auch gar kein Körper eingeschoben
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werden. Drücke ich mich in der oben erklärten Weise
aus, so kann ich die angeführte Ansicht in folgender Weise
aussprechen: Die Elektricitätsstrahlen verbreiten sich vom
Pole nach allen möglichen Richtungen und gehen durch
alle Körper ungestört.
Das wäre der Unterschied zwischen den elektrischen
Strahlen und den Lichtstrahlen, welche letztere, wie be-
kannt, durch die Körper, auf welche sie fallen, gewisse
Ablenkungen erleiden. Vielleicht aber ist dieser Unter-
schied nur scheinbar und es ist zu untersuchen, ob die
Gesetze, welche für Lichtstrahlen gelten, nicht auch für
die Elektricitätsstrahlen gültig bleiben. Die Lösung dieser
Frage bildet den Inhalt meiner Abhandlung.
I. Gang der Strahlen in einer nnbegränzten Ebene.
Denken wir uns eine sehr dünne, durchsichtige, un-
begränzte Glasplatte, welche auf beiden Flächen mit Amal-
gam bedeckt ist. Im Inneren dieser Platte denken wir
uns einen Lichtpunkt. Die von ihm ausgehenden Strahlen
können in den äufseren Raum nicht gelangen, da sie vom
Amalgam zurückgeworfen werden; sie können sich nur
in der Ebene der Platte verbreiten. In Abständen r, R
vom Lichtpunkte nehmen wir zwei Punkte a, A und be-
schreiben um den Lichtpunkt mit den Radien r, R zwei
cylindrische Flächen, deren gemeinsame Axe h der Dicke
der Platte gleich ist und deren Basen mit den Flächen der
Platte zusammenfallen. Bezeichnen wir weiter mit i, J
die respective Intensität der Strahlen in Punkten a,
d. h. die Mengen der Strahlen, welche auf die Oberflächen-
heit normal fallen. Die Strahlenmengen, welche auf die
ganzen cylindrischen Flächen fallen siud respective 2 n r h t,
2nRHJ. Diese Mengen müssen gleich seyn, da alle
Strahlen, welche durch die kleinere cylindrische Fläche
gegangen sind, nachher auf die gröisere fallen. Wir
haben also:
2n r h • mm 2n R H J oder - =^
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d. h. die Intensität der Strahlen, welche sich in der Rich-
tung einer Ebene verbreiten, ist den Abständen vom Licht-
punkte umgekehrt proportional.
Wenden wir diesen Satz auf die Wirkung eines elek-
trischen Pols an, der sich in einer leitenden, unbegränzten
und von beiden Seiten isolirten Platte befindet, so können
wir daraus sogleich einen Schlufs ziehen, der sich leicht
mit Hülfe des Versuchs prüfen läfst.
Es seyen P und Q (Fig 5 Taf. I) zwei Punkte der
Platte, zu welchen respective positiver und negativer Pol
einer galvanischen Kette abgeleitet sind, und a ein Punkt
der Platte. Auf -+- e dieses Punktes wirken zwei Kräfte
p und q in den Richtungen Pa und aq, welche den Ab-
ständen des Punktes a von den Polen umgekehrt pro-
portional sind, so dafs ^- = — .
Um die Richtung der resultirenden Kraft zu bestimmen,
müssen wir auf den Verlängerungen der Strahlen ein
Parallelogramm construiren, dessen Seiten den Kräften p, q
proportional seyen. Die Diagonale ab dieses Parallelo-
gramms stellt die Richtung vor, in welcher sich die positive
Elektricität unter der Wirkung zweier Pole bewegt. Es
ist aber leicht zu beweisen, dafs diese Diagonale mit der
Tangente zusammenfallt, welche im Punkte a an den Kreis
gezogen ist, der durch diesen Punkt und die zwei Pole
geht. In der That sind die Dreiecke P Qa und apb
ähnlich, da ihre Seiten Pa, bp, Qa und ap proportional,
und die Winkel bei a und p gleich sind. Daraus kommt:
£_a PQ = ^abp = /^qab, was nur dann möglich ist,
wenn a b tangential zum Kreise PQa im Punkte a ist.
Da — e des Punktes a sich unter der Wirkung der-
selben Pole befindet, so bewegt sie sich in der Richtung
a b', welche auch tangential zum Kreise ist. Daraus können
wir den folgenden Satz ableiten: Sind zu zwei Punkten
einer leitenden unbegränzten Platte zwei Elektroden abge-
leitet, so verzweigt sich der Strom in der Weise, dafs an
einem beliebigen Punkte der Platte die Stromrichtung mit der
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■
Tangente zusammenfällt, welche in diesem Punkte an den
Kreis gezogen ist, der durch diesen Punkt und die Pole
geht. Dies ist aber das wohlbekannte Gesetz der Strom-
verzweigung in einer unbegränzten Platte, das von Hrn.
Kirch hoff theoretisch untersucht und experimentell be-
wiesen wurde. Kirchhoff gründete aber seine Unter-
suchung auf ganz andere Principien, welche mit den
Lichterscheinungen nichts gemein haben.
Ich will jetzt zeigen, dafs man die Stromrichtung nach
meinem Principe auch in dem Falle bestimmen kann, wenn
wir keine unbegränzte Platte haben. Man braucht nur
vorauszusetzen, dafs auch in diesem Falle die elektrischen
Strahlen denselben Gesetzen folgen, wie die Lichtstrahlen,
dafs sie also vom Rande der Platte zurückgeworfen werden.
Denken wir uns eine durchsichtige Glasplatte, welche auf
ihren beiden Flächen, wie auch an den Rändern mit Amal-
gam bedeckt ist.
Befindet sich ein Lichtpunkt im Innern dieser Platte,
so werden die von ihm ausgehenden Lichtstrahlen nicht aus
der Platte gehen können, da diese Strahlen vom Amalgam
zurückgeworfen werden, sobald sie an die Oberfläche oder
an den Rand der Platte treten.
II. Zurückwerfung der elektrischen Strahlen von einer Gränrlinie.
Statt der durchsichtigen Platte nehmen wir jetzt eine lei-
tende durch die Gerade m n (Fig. 6 Taf. I) begränzte und
mit Luft umgebene Platte. Im Inneren dieser Platte denken
wir uns einen elektrischen Polp. Folgen die von ihm aus-
gehenden Strahlen denselben Gesetzen wie die Lichtstrahlen,
und treten sie an die Gränzlinie m rt, so werden sie dabei
von letzterer reflectirt und nehmen so eine Richtung,
als ob sie aus einem Punkte p hervorgingen, der dem
katoptrischen Bilde des Punktes p entspricht. Ein Punkt
A der Platte befindet sich dann unter der Wirkung zweier
Strahlen, deren Richtungen p A, p, A sind und deren In-
tensitäten wir respective mit J, J, bezeichnen. Diese In-
tensitäten sind den Längen p A, und pl A umgekehrt pro-
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proportional, so dafs:
Daraus folgt der Satz:
Befindet sich ein elektrischer Pol p in einer leitenden, isolirten
Platte, welche von einer Geraden begrämt ist, so können
wir diesen Fall auf den zurückführen, dafs es keine Gräm-
linie giebt, d. h. dafs die Platte unendlich grofs ist. Wir
brauchen nur aufser dem Pole p noch einen Punkt pl in Be-
tracht zu ziehen, der sich aufserhalb der Platte, befindet und
dem Bilde des Pols p entspricht. Wir wollen diesen Satz
sogleich auf die Aufgabe von der Stromver/.weigung in
einer leitenden Platte anwenden. Es sey eine solche Platte
nur einerseits von einer geraden Linie mn (Fig. 7 Taf. I)
begränzt, und zu zwei Punkten dieser Platte P und Q
respective positiver und negativer Elektroden einer gal-
vanischen Batterie abgeleitet. Da der Punkt P am Rande
der Platte liegt, so fällt das Reflexionsbild F mit dem
Punkte P selbst zusammen. Das Bild des Punktes Q be-
findet sich in Q'. Auf einen Punkt a der Platte wirken
also vier Pole: P, F, Q, Q'. Die Resultirende der Wir-
kung aller dieser Pole auf -f- e eines beliebigen Punktes a
läfst sich leicht in folgender Weise bestimmen. Durch
den Punkt a ziehe man die Strahlen Pap aQq, a Q' q\
in den Richtungen, in welchen -f- e des Punktes a unter
der Wirkung der Pole P, P\ 0, Q\ sich zu bewegen
strebt. Von diesen Strahlen theile man die Längen af09
fo fi a f\-) a (n die den Abständen oP, aF, a Q, a Q' um-
gekehrt proportional sind. Diese Längen stellen uns nach
Gröfse und Richtung die Kräfte vor, mit welchen die
Pole P, P', 0, 0' auf die -H e des Punktes a wirken.
Ziehen wir f2$ gleich und parallel mit afti und s F gleich
und parallel mit a /*, so stellt die Gerade a F die Gröfse und
Richtung der resultirenden Kraft vor. Diese Richtung mufs
auch die des Stromes seyn, da — e unter der Wirkung
derselben Pole sich in entgegengesetzter Richtung bewegt.
Eine zu der Geraden a F lothrecht gezogene Gerade a N
mufs die Richtung ohne Strom bezeichnen. In derselben
Weise läfst sich die Stromrichtung in einem beliebigen
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Punkte der Platte bestimmen. Um diese Folgen durch
Versuche zu bestätigen, habe ich dieselbe Methode an-
gewandt, welche Kirch ho ff bei seinen Untersuchungen
über denselben Gegenstand benutzte. Ich habe nämlich
zu zwei Punkten einer Staniolplatte zwei Elektroden einer
galvanischen Batterie abgeleitet und die Enden des Drahtes
eines Multiplicators in solchen Lagen an die Platte ge-
drückt, dafs der Multiplicator keinen Strom anzeigte.
Da die Drahtenden im Abstand von 5,nin von einander
waren, so zeigte die Gerade, welche durch die Berührungs-
punkte ging, die Richtung ohne Strom, und die zu ihr
lothrechte Gerade die Stromrichtung in dem Punkte der
Platte, welcher zwischen den Berührungspunkten in glei-
chen Abständen von denselben lag.
Ich will die Anordnung bei meinen Versuchen näher
beschreiben.
Die Empfindlichkeit des Multiplicators war so grofs,
dafs ein aus Stahl und Kupfer bestehendes Thermoelement
bei der Berührung mit der Hand die Magnetnadel um 50°
ablenkte. Die Drahtenden des Multiplicators wurden
federförmig gebogen, wie es die Fig. 8 Taf. I zeigt, und
mit Siegellack an einen Glasstreifen gekittet und zwar so,
dafs die Endpunkte an den Rand des Streifens drückten.
Dadurch konnte ich die Richtung ohne Strom sehr genau
bestimmen. Die Staniolplatte 700mm lang und 520ma> breit
wurde auf eine Marmorplatte gelegt. Die Polenden der
Batterie wurden an zwei dreieckige Platten von Ebonit
befestigt und mit Hülfe von Gewichten an die Staniolplatte
gedrückt , wie es die Fig. 9 Taf. I darstellt. Die Pole
und die zu untersuchenden Punkte waren auf der Staniol-
platte so vertheilt wie es die Fig. 12 Taf. I darstellt. M N
ist der mittlere Theil des längeren Randes meiner Staniol-
platte, P die genaue Lage des positiven, 0 die des ne-
gativen Pols der Batterie. I, II, III sind die Punkte, in
welchen die Stromrichtung zu bestimmen war. Ia, IIb,
IIIc sind die Richtungen, welche den resultirenden Kräften
entsprechen, die in oben erklärter Weise construirt worden
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sind. IA, IIB, IIIC sind die zu ihnen lothrecht gezoge-
nen Geraden, welche also die theoretischen Richtungen
ohne Strom darstellen. Als ich den Rand des Glas-
streifens Fig. 8 Taf. I in der Richtung einer dieser Gera-
den auf die Staniolplatte gelegt hatte, so dafs der zu
untersuchende Punkt sich zwischen den Drahtenden x, y
befand, zeigte der Galvanometer keinen Strom an. Es
genügte aber den Raud des Glasstreifens nur um 1° von
der theoretischen Richtung zu entfernen, um eine bedeu-
tende Ablenkung der Magnetnadel zu erhalten. Aus an-
deren Versuchen, welche ich hier nicht anführe, da sie
auf demselben Wege und mit demselben Erfolge ausge-
führt worden sind, obgleich die Vertheilung der Pole und
die relative Lage der zu untersuchenden Punkte verschieden
war, fiel in allen Fällen die experimentell gefundene Strom-
richtung vollständig mit der Richtung zusammen, welche
sich nach dem obenerwähnten Princip der Zurückwerfung
der Strahlen construiren läfst. Der Unterschied zwischen
beiden Richtungen überschritt in keinem Falle den Winkel
von 1°, was den unvermeidlichen Fehlern zuzuschreiben ist.
Daraus scbliefse ich, dafs die von mir gebrauchte Me-
thode, die Stromrichtung in einer begränzten Platte geo-
metrisch zu bestimmen, zu richtigen Resultaten fuhrt»
Es bleibt jetzt zu untersuchen, wie sich die elektrischen
Strahlen verhalten, wenn sie zwei Mal reflectirt werden.
Zuerst setze ich voraus, dafs diese Strahlen auch bei viel-
facher Reflexion demselben Gesetze folgen, wie die Licht-
strahlen.
Aus dieser Voraussetzung läfst sich eine Folge her-
leiten, welche mit Hülfe des Versuchs leicht zu prüfen
ist. Nehmen wir eine Staniolplatte Fig. 10 Taf. I, welche
von den Geraden AB und A C begränzt ist, in allen anderen
Richtungen aber sich unbestimmt erstreckt. Wenn wir
auf der Halbirungslinie des Winkels B A C einen Pol P
setzen, so werden die von ihm ausgehenden Strahlen viel-
fach reflectirt, erstens vom Rande A B, dann von A C, dann
wieder von A B usw. Dadurch mufs eine Menge von Bild-
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punkten entstehen, die desto gröfser wird, je kleiner der
Winkel B A C. Fig. 1 1 Taf. I stellt die Lage dieser Bild-
punkte, wenn der Winkel B A C gleich 72° ist. In diesem
Falle liegen diese Punkte und der Pol selbst in den
Scheiteln eines regulären Fünfecks. Liegt der andere Pol
im Punkte 4, so fallen alle seine Bildpunkte mit ihm zu-
sammen. Berühren wir also die Staniolplatte in den
Punkten A und B mit den Elektroden einer galvanischen
Kette, so müssen wir die Wirkung aller zehn Pole P, F,
P\ P% F'% 0, Q\ <?", <T, 0"" in Betracht ziehen, wenn
wir die Richtung der resultirenden Kraft in einem belie-
bigen Punkt a der Platte bestimmen wollen, wobei die
Construction dieser Richtung in derselben Weise auszu-
fuhren ist, wie ich es oben beschrieben habe. Ich ziehe
nämlich durch den Punkt a die Strahlen Pap, Pap' usw.,
a .1 , A A usw. und lege auf diese Richtungen vom
Punkte a die Längen a 6, welche den Abständen P a, P a
usw. umgekehrt proportional sind. Diese Längen stellen
die Kräfte dar, mit welchen die -f- e des Punktes a be-
wegt wird.
Die Resultirende aller dieser Kräfte muls mit der Strom-
richtung im Punkte a zusammenfallen. Diese Folgerung habe
ich auch nach der obenbeschriebenen Methode experimen-
tell geprüft und die Theorie in vollständiger Ueberein-
stimmung mit dem Versuch gefunden. Ich führe hier
nicht die detaillirte Beschreibung dieser Versuche an, da sie
von einem Jeden leicht zu verificiren sind, der nur im Be-
sitz einer Staniolplatte, eines galvanischen Elements und
eines Multiplicators ist.
Bei allen diesen Versuchen muis man aber eine Vor-
sicht nicht aufser Acht lassen. Da eine jede Platte nicht
einen Rand sondern mehrere hat, und die elektrischen
Pole sich an jedem Rande reflectiren, so entsteht eine
grofse Anzahl von wirkenden Punkte, und die Aufgabe
wird dadurch sehr verwickelt Ist aber die Platte ziem-
lich grofs, so können wir die Stellung der Pole und der
zu untersuchenden Punkte so nahe an einen oder an zwei
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Ränder, und zugleich so fern von den übrigen wählen,
dafs die Wirkung der Reflexionspole, welche von den
letzteren entsteht, zu vernachlässigen ist. Darin kann
man sich in folgender Weise überzeugen. Man bestimme
mit Hülfe des Multiplicators die Stromrichtung in einem
Punkte a einer Platte. Man schneidet ein Stück der Platte
in der Nähe eines Randes B ab ab; bleibt dabei die Strom-
richtung im Punke a dieselbe, so ist das Reflexionsbild
des Randes B ohne Einflufs auf den Punkt A,
Ich will jetzt die Folgerungen zusammenfassen, welche
sich aus meinen Untersuchungen ziehen lassen.
1. Befindet sich ein elektrischer Pol in einer sehr
dünnen leitenden isolirten Platte, so ist die Intensität der
Wirkung der von ihm ausgehenden Strahlen der Länge der
Strahlen umgekehrt proportional.
2. Fallen die Strahlen auf einen geradlinigen Rand
der Platte, so werden sie zurückgeworfen, so dafs der Ein-
fallswinkel dem Reflexionswinkel gleich ist.
3. Fallen die schon einmal reflectirten Strahlen auf
einen anderen Rand, so werden sie nach demselben Ge-
setze zurückgeworfen.
4. Die Intensität der Strahlen, welche einmal oder
mehrmals reflectirt wurden, läfst sich in denselben Einheiten
messen, wie die Intensität der Strahlen, welche keine Re-
flexion erlitten. Bei der Reflexion sind also keine Ver-
luste der Intensität zu bemerken.
5. Das Reflexionsbild eines positiven Pols wirkt wie
ein positiver Pol. Das Zeichen des Strahles wird also
durch die Reflexion nicht geändert.
Obgleich aus diesen Sätzen eine Analogie zwischen
den elektrischen- und Lichterscheinungen folgt, so will
ich mich doch jeder vorzeitigen Speculation enthalten
und ziehe vor, erst zu untersuchen, wie sich die elek-
trischen Strahlen verhalten, wenn sie von einer krummen
Linie zurückgeworfen werden.
Die Resultate dieser Untersuchung werden den Inhalt
meiner nächsten Abhandlung bilden*
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VII. Ueber die Natur der Elektrizität;
von Hrn. E. Edlund ').
(Der Stockholmer Akademie am 10. Mai 1871 vorgelegt.)
Erster Theil.
Man nahm ehedem an, die Wärme bestehe aus einer
zarten und unwägbaren Materie, die, von der Wärme-
quelle fortgeschleudert, den sie aufnehmenden Körper er-
wärme und je nach ihrer grofseren oder geringeren Menge
den Temperaturgrad desselben bedinge. Nach einer ähn-
lichen Theorie besteht das Licht auch aus einer impon-
derablen Materie derselben Art. Um die magnetischen
Erscheinungen zu erklären, nahm man eine neue Materie,
das magnetische Fluidum, zu Hülfe, und für die elektrischen
Erscheinungen mufste man abermals ein Fluidum crelren,
das, wie das magnetische, aus zwei besonderen Arten be-
stehe. In Betreff des Lichtes und der Wärme ist es
später bewiesen, dafs diese Erscheinungen Oscillationen
sind, sey es der kleinsten Theilchen der Substanz oder des
Aethers, jener zarten und elastischen Materie, die in der
ganzen Natur verbreitet ist und selbst in den Theilen des
Raumes, welche von keiner anderen Substanz eingenommen
werden. Seit der Entdeckung des Diamagnetismus können
die dahin gehörigen Erscheinungen nicht mehr durch
magnetische Fluida erklärt werden, während sich der
elektrische Ursprung mittelst der Ampere'schen Theorie
feststellen läfst. Die beiden elektrischen Fluida sind also
die einzigen, die bis jetzt unter theoretischem Gesichts-
punkt als nothwendig betrachtet werden. Wir wollen ver-
suchen, in dieser Arbeit zu zeigen, dafs sich die elek-
trischen Erscheinungen, die statischen wie die dynamischen,
mit Hülfe eines einzigen Fluidums erklären lassen, welches
1) Auf Wunsch des Hrn. Verfassers aus dem Archive des sciences de
la BibUothtque universelle 1872 Mars et Avril, übersetzt.
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96
aller Wahrscheinlichkeit nach nichts anderes ist als der
Aether !).
1) Wir nehmen uns die Freiheit, einem Vortrage, mit welchem der Baron
F. v. Wrede im Jahre 1847 das Präsidium der Königl. Akademie
der Wissenschaften niederlegte, die folgenden Zeilen über die Wich-
tigkeit des Aethers zu entlehnen.
„Man kann eben so wenig annehmen, dafs eine den unendlichen
Raum erfüllende Materie , die • so eigentümliche und merkwürdige
Eigenschaften besitzt wie die, welche wir dem Aether beizulegen ge-
zwungen sind, von der Vorsehung alleinig zur Fortpflanzung des
Lichtes bestimmt worden, als man voraussetzen kann, dafs die Luft
ausschliefslich zur Fortpflanzung des Schalles da sey. Die so ge-
ringe Dichtigkeit des Aethers ist bewiesen durch seinen ganz unwahr-
nehmen Widerstand gegen die Planeten, die sich darin ohne Hinder-
nifs bewegen. Die Kometen dagegen, die ihrerseits eine ungemein
geringe Dichtigkeit besitzen und sich in gewissen Theilen ihrer Bahnen
mit einer sehr grofsen Geschwindigkeit bewegen, scheinen einen merk-
lichen Widerstand vom Aether zu erleiden. Wenn sich dieses be-
stätigt , wird die Existenz des Aethers , als einer mit Trägheit be-
gabten Materie, auf einem zweiten Wege festgestellt. Die ungeheure
Schnelligkeit, mit welcher das Licht sich fortpflanzt, zeigt uns anderer-
seits, dafs die Aethcr-Materie eine im Vergleich zu ihrer Dichtigkeit
aufserordentliche Elasticität besitzen mufs. Von allen Substanzen
innerhalb des Bereichs unserer Erfahrung ist das Eisen die meist
elastische und der W asserstoff, der ungefähr vierzehn Male leichter
ist als die atmosphärische Luft, die leichteste. Denke man sich nun
eine Materie von gleicher Dichtigkeit wie die des Wasserstoffs, ver-
dünnt mittelst einer gewöhnlichen Luftpumpe so weit es möglich ist,
z. B. bis zum Druck von 1 Millimeter, und deren Elasticität der des
Eisens gleich wäre; eine hypothetische Materie von dieser Natur
würde den Schall oder jede andere Vibrationsbewegung mit einer
Geschwindigkeit von 8000 Myriamctern in der Secunde fortpflanzen.
Wie ungeheuer diese Geschwindigkeit auch ist, so macht sie doch
nur etwa eiu Fünftel von der des Lichtes aus, und folglich müfste
der Elasticitätsmodulus , ausgedrückt in Längenmaafs, beim Aether
ungefähr 25 mal gröfser seyn als bei der hier zum Vergleich aufge-
stellten hypothetischen Materie. Betrachtet man den Aether als ein
Gas und denkt man sich die Möglichkeit eines Vacuums in demselben,
so würde die Geschwindigkeit, mit welcher der Aether sich in das-
selbe stürzen würde , auf 64000 Myriameter in der Secunde steigen,
und wie niedrig man auch seine Dichtigkeit veranschlagen möge, so
würden doch, mit dieser Geschwindigkeit, seine mechanischen Effecte
auffallend und heftig seyn. Es ist also an sich sehr wahrscheinlich
dafs der Aether eine der wichtigsten Rollen bei fast allen Natur-Er-
scheinungen spiele."
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97
Wir nehmen das Daseyn einer zarten, im höchsten
Grade elastischen Materie an, die im ganzen Weltall ver-
breitet ist, und zwar nicht blofs im Vacnnm, sondern auch
in den Theilcn des von der wägbaren Substanz einge-
nommenen Raumes. Ebenso nehmen wir an, dafs zwei
tu distans befindliehe Aethermolecüle einander längs der
Verbindungslinie abstofsen, im umgekehrten Verhältnifs
der Quadrate der Abstände. Der elektrische Aether ähnelt
also im höchsten Grade einem gewöhnlichen Gase. In
Betreff der Beziehungen des Aethers zu der übrigen Ma-
terie haben wir nur eine einzige Annahme zu machen
nöthig, nämlich die, dafs in den Körpern, welche wir gute
Elekiricitätsleiter nennen, der in ihnen enthaltene Aether
oder wenigstens ein Theil desselben sich leicht von einem
Punkt zum anderen verschiebe. Wir setzen auch voraus,
dafs, wie bei einem gewöhnlichen Gase, die Molecüle des
Wir erlauben uns hier auch die folgenden Worte ans dem Schlüte
von Lam^'s berühmten Werke: Lecons sur la thtoric mathtmntique
de Vtlasticite' des corps solides, Parto 1852, herzusetzen.
Das Daseyn des Aeth erfluid ums ist unwiderleglich bewiesen durch
die Fortpflanzung des Lichts in den planetarischen Räumen, durch
die so einfache und vollständige Erklärung der Difi'ractionsphänomcne
in der Wellentheorie, und, wie wir gesehen haben, beweisen die Ge-
setze der Doppelbrechung mit nicht geringerer Sicherheit, dafs der
Aether in allen durchsichtigen Mitteln vorhanden ist. Die wägbare
Substanz ist also nicht isolirt im Weltall, vielmehr schwimmen ihre
Theilchcn inmitten eines Fluiduma. Wenn dieses Fluidum auch nicht
die alleinige Ursache aller beobachtbaren Thatsachcn ist, so mufs es
wenigstens sie modificiren , sie fortpflanzen und ihre Gesetze compli-
ciren. Ohne Annahme dieses Agens, dessen Gegenwart unvermeid
lieh ist, ist es also nicht mehr möglich zu einer vollständigen und
rationellen Erklärung der Erscheinungen in der physischen Natur zu
gelangen. Man darf nicht bezweifeln, dafs diese Annahme, verstän-
dig durchgeführt, das Gcheimnifs oder die wahre Ursache derjenigen
Effecte finden wird, welche man dem Wännestoft , der Elektricität,
dem Magnetismus, der allgemeinen Anziehung, der Cohäsion und den
chemischen Anziehungen zuschreibt; denn alle diese mysteriösen und
unbegreiflichen Wesen sind im Grunde nur coordinirtc Hypothesen,
die bei unserer gegenwärtigen Unwissenheit ohne Zweifel nützlich
sind, aber doch durch die Fortschritte der wahren Wissenschaft zuletzt
entfernt werden.
PoggcndorlTs Ann. Ergänzungsbd. VI. 7
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98
elektrischen Aethers sich leicht bewegen, d. h. durch die
geringste Kraft verschoben werden können. Wenn der
Aether sich in einem materiellen Nichtleiter der Elektri-
cität befindet, so ist diese Beweglichkeit gehemmt und
sie hängt ab von der der Molecüle des materiellen Kör-
pers, welcher die Elektricität enthält. Ist der nicht leitende
materielle Körper ein Gas oder eine Flüssigkeit von voll-
kommner Liquidität, so bewahren die Aethertheilchen ihre
Beweglichkeit und sie bewegen sich dann mit den Theil-
chen des Gases oder der Flüssigkeit. Aus dieser Beweg-
lichkeit der Aethennolecüle folgt nothwendig, dafs der
hydrostatische Druck gleich seyn mufs in allen Richtungen
wie bei den Flüssigkeiten und gewöhnlichen Gasen. Man
kann also auf den Aether den Archimedischen Satz an-
wenden, dafs ein in eine Flüssigkeit gebrachter Körper
soviel an Gewicht verliert als das Gewicht der verdrängten
Flüssigkeit beträgt, obwohl hier natürlich nicht von der
Schwere die Rede seyn kann, sondern nur von der Ab-
stofsung zwischen den Aethermolecülen. Ein grofses Licht
auf die Anwendung dieses Princips auf die uns beschäf-
tigende Aufgabe werfen einige der wohl bekannten dia-
magnetischen Versuche Plücker's. Er fand, dafs ein
magnetischer Körper von geringerer Magnetkraft als die
Flüssigkeit, in welcher er aufgehängt war, abgestofsen
wurde von den Magnetpolen , und dafs ein diamagne-
tischer Körper, aufgehängt in einer magnetischen Flüssig-
keit, stärker abgestofsen wurde von denselben Polen als
wenn er sich in einer weniger magnetischen flüssigen oder
gasigen Substanz befand 1).
Ein Aethermolecül ist in Ruhe, wenn es von allen
Seiten gleich stark abgestofsen wird. Ein materieller Kör-
per kann sich durch den Effect einer elektrischen Action
nicht bewegen, wenn der darin enthaltene Aether von allen
Seiten gleich stark abgestofsen wird. Ist die Abstofsung an
der einen Seite geringer als an der anderen, so mufs der Kör-
per, wenn er frei ist, sich nach der durch die Resultante
1) Pogg. Ann. Bd. 77 S. 578.
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99
der Repulsivkräfte bestimmten Seite bewegen. Will man
die Bewegung, die ein Körper B durch die Nahe eines
anderen Körpers A erlangt, bestimmen, so kann man, ohne
Einschränkung der Lösung des Problems, A als fest und
anbeweglich und blofs B als frei betrachten.
Man mufs dann folgende Umstände in Betracht ziehen.
1. Die directe Wirkung zwischen dem Aether von A
und dem von B,
2. Die Wirkung, welche das ganze umgebende Mittel,
mit Ausnahme des Aethers in A, auf den Aether in B
ausübt.
3. Die Wirkung des Aethers von A auf den Aether,
welcher, wenn man B entfernte, sich in dem nun von B
eingenommenen Kaum befände.
4. Die Wirkung des ganzen umgebenden Mittels, mit
Ausnahme des von A eingenommenen Raumes, auf den
Aether, welcher, im Fall man B entfernt hätte, sich in dem
Raum befände, den B zuletzt einnimmt.
Auf solche Weise hat man offenbar alle wirksamen
Ursachen in Betracht gezogen. Die beiden ersten Fälle
beziehen sich auf den Effect der ganzen umgebenden
Aethermasse auf den Aether von B. Die beiden letzten
dagegen drücken denselben Effect auf denjenigen Aether
aus, welcher sich an dem jetzt von B eingenommenen Raum
befände, wenn man B entfernt hätte. Nimmt man nun
die algebraische Summe der beiden ersten Fälle, und sub-
trahirt man davon die Summe der beiden letzten, so er-
hält man, conform dem Archimedischen Princip, den Aus-
druck der für B geschaffenen Bewegung. Dies wird ein-
leuchtend durch die Anwendungen, welche wir sogleich
davon machen werden.
2. Die elektrostatischen Anziehungen und Äbstofsungen.
Wir nehmen an , dafs ein z. B. mit positiver Elektri-
cität beladener Körper mehr Aether als im normalen Zu-
stand enthalte, und dafs die Aethermenge eines negativ
elektrischen Körpers geringer sey als im normalen Zustand.
V
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100
Vielleicht konnte man das Gegen theil annehmen, aber
mehre elektrische Erscheinungen scheinen anzuzeigen dafs
die obige Hypothese die richtige sey.
Nennen wir nun a die Aethermenge, welche die Körper
A und B im normalen Zustand enthalten, betrachen zu-
vörderst den Fall, wo beide positiv sind, A den Ueber-
schufs 6, und B den Ueberschufs 6, besitze. Wenn der
Abstand r zwischen beiden Körpern hinreichend grofs ist
gegen das Volum derselben, kann die directe Abstofsung
zwischen beiden ausgedrückt werden durch
(a+b) (a-K6,)
Die Wirkung auf B von dem ganzen umgebenden
Mittel, mit Ausnahme des von A eingenommenen Raums,
besitzt offenbar eine Resultante gleich der Abstofsung,
welche zwischen B und dem Aether des von A einge-
nommenen Raums stattfindet und eine dieser Abstofsung
entgegengesetzte Richtung hat. Dies ist einleuchtend : denn,
wenn man A entfernte, würde die Resultante der von dem
ganzen umgebenden Mittel auf B ausgeübten Abstofsung
Null seyn. Die Wirkung auf B von dem ganzen um-
gebenden Mittel, mit Ausnahme des von A eingenommenen
Raums, ist folglich dieselbe, wie wenn B von diesem Räume
angezogen würde. Als Ausdruck der im obigen Falle 2
implicirten Wirkung erhält man somit
wo das -+■ Zeichen bedeutet, dafs diese Wirkung in einer
Anziehung längs der Verbindungslinie besteht.
Die im Falle 3 angezeigte Wirkung ist offenbar
- (a ±£> " , ™d die im Fall 4 ~ .
Zieht man die algebraische Summe der beiden letzten
Ausdrücke von der algebraischen Summe der beiden ersten
ab, so erhält man
bbx
■ '
i "
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101
Die Abstofsung zwischen zwei elektropositiven Kör-
pern ist also proportional dem Product aus beiden Ueber-
schüssen, dividirt durch das Quadrat des Abstandes.
Betrachten wir nun den Fall, wo die beiden Korper
elektronegativ sind, d. h. wo sie weniger Aether als im
normalen Zustand enthalten.
Die directe Wirkung zwischen den beiden Körpern
(Fall 1) wird also seyn —
die Wirkung im Falle 2
q _ («-6)
n n r> n ° — rt
« «t — V, *^
a
17
' a
2
Wenn man von der Summe der beiden ersten Ausdrücke
die Summe der beiden letzten abzieht, erhält man als
Wirkung in diesem Fall den Ausdruck — ^ •
Mithin stofsen die beiden Körper einander ab propor-
tional dem Producte aus beiden Unterschüssen und um-
gekehrt wie das Quadrat des Abstandes.
Nehmen wir endlich an, A sey elektropositiv und B
elektronegativ, b sey der Ueberschufs von A, und b1 der
Unterschufs von B. Die vier Fälle werden geben:
No. 1 = - <«•*-»)(—».>
No.2 =+i<!L=Lii>
No.3 = -
T1
No.4
Daraus erhält man durch dasselbe Verfahren wie vor-
hin als Ausdruck für die Anziehung zwischen beiden
Körpern
66,
Die Anziehung folgt also hier dem bekannten Gesetze.
102
Gesetzt nun ein Körper A mit Ueberschufs an Aether
wirke auf einen anderen J?, der anfangs im normalen Zu-
stand und ein guter Leiter des Aethers sey. Da A einen
Ueberschufs an Aether besitzt, so wird die Abstofsung
auf jedes Aethermolecül von B stärker seyn auf der A zu-
gewandten Seite als auf alle übrigen. Das Resultat da-
von wird noth wendig seyn, dafs der Aether sich auf B
an der von A abgewandten Seite anhäuft und somit auf
der A zugewandten Seite ein Unterschufs entsteht.
Wenn dagegen A einen Unterschufs an Aether besitzt,
wird jedes Molecül des Aethers in B nothwendig von
dem umgebenden Mittel stärker abgestofsen auf der A zu-
gewandten Seite als auf jeder anderen. Es bildet sich also
hier ein Ueberschufs von Aether, begleitet von einem
Unterschufs au der entgegengesetzten Seite.
Es ist klar, dafs in diesen beiden Inductionsfallen sich
eine Anziehung zwischen beiden Körpern einstellen mufs,
denn der Abstand zwischen dem Ueberschufs des einen
und dem Unterschufs des anderen ist immer kleiner als
der Abstand zwischen den beiden Unterschüssen und den
beiden Ueberschüssen.
Es ist leicht zu erweisen, dafs der Ueberschufs oder
Unterschufs an Aether in einem Körper sich an die Ober-
flache dieses Körpers begeben mufs.
Sey A ein Körper, der eine gewisse Aethermenge a -f- b
enthalte, wovon b der Ueberschufs ist. Klar ist, dafs der
Aether des umgebenden Raums und die Aethermenge a
in A sich gegenseitig im Gleichgewicht halten müssen.
Aller im umgebenden Raum enthaltene Aether, vereint
mit der Aethermenge a des Körpers A , kann also kerne
Wirkung auf ein Molecül des Ueberschusses b ausüben.
In Bezug auf die Vertheilung des Ueberschusses ist es
vollkommen dasselbe, wie wenn die ganze umgebende
Aethermenge und die Menge a des Körpers A nicht vor-
handen wären. Der Ueberschufs mufs sich also verhalten
wie wenn er allein da wäre, und in diesem Fall mufs er
sich an die Oberfläche begeben, wie Poisson bewiesen hat
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103
Dafs der Unterschufs sich gleichfalls an die Oberfläche
begeben müsse, kann folgendermafsen erwiesen werden.
Gesetzt zuvor, dafs der Körper A dieselbe Aethermenge
wie im normalen Zustande enthalte. Da alle Abstofsungen
sich gegenseitig vernichten oder, anders gesagt, Null zur
Resultante haben, so mufs also jedes Aethermolecül sich
im Gleichgewicht befinden. Es folgt daraus y dafs die
Resultante der Abstofsungen aller Molecüle des umgebenden
Raums gleich seyn mufs der Resultante der Abstofsungen
der im Körper vorhandenen Aethermolecüle und dieser
in Richtung entgegengesetzt wirkend. Allein wir wissen,
dafs die Aethermolecüle des Körpers sich, vermöge ihrer
gegenseitigen Abstofsung, an die Oberfläche desselben zu
begeben suchen. Die Resultante der Abstofsungen aller
Aethermolecüle des umgebenden Mittels müssen also be-
strebt seyn, die Aethermolecüle des Körpers von der Ober-
fläche nach dem Innern abzustofsen. Gesetzt nun einen
Körper, der einen Unterschufs an Aether darbiete d. h.
eine geringere Menge desselben als im normalen Zustand
bseitze, so wird die Resultante der Abstofsung der äufsern
Molecüle nothwendig das Uebergewicht haben und folglich
die Aethermolecüle des Körpers von der Oberfläche in das
Innere treiben. Da nun der Körper eine geringere Aether-
menge enthält als im neutralen Zustande, so mufs daraus
ein Unterschufs an der Oberfläche entstehen.
Auf ähnliche Weise kann man die Condensation des
Aethers bei der Ladung einer Leidener Flasche oder
Frank Ii n 'sehen Tafel erklären. Der elektrische Ent-
ladungsstrom ist nichts anderes als der Uebergang des
Aethers aus dem einen Körper in den anderen 1).
1) Wie man weifs, hat schon Franklin versucht, die zu seiner Zeit be-
kannten elektrischen Erscheinungen durch Annahme eines einzigen
elektrischen Fluidums zu erklären. Er vermochte indefs nicht, die
Ursache der Abstofsung zwischen zwei elektro-negativen Körpern
nachzuweisen, ohne nicht der wagbaren Substanz Eigenschaften bei-
zulegen, welche sie nicht besitzt. Die Meinang von Franklin und
der „Unitarier* über die Natur der Elektricität hat aus diesem Grnndc
der der Dualisten, welche die bis heute angenommene Ilypothcso
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104
3. Die elektro-dynamischen Erscheinungen.
Der galvanische Strom besteht nach uns darin, dafs
der elektrische Aether sich in der Bahn des Stroms von
einem Punkt zum anderen begiebt und dafs die Intensität
des Stroms aus dem Product der Dichtigkeit des bewegten
Aether in seine Geschwindigkeit hervorgeht, oder, anders
gesagt, dafs sie proportional ist der Aethermenge, die in
der Zeiteinheit die Kette durchläuft. Die Aethermasse,
welche sich in der geschlossenen Kette befindet, ist gleich
grofs, der Strom mag existiren oder nicht. Die elektro-
motorischen Kräfte, aus denen der Strom entspringt,
von zwei Fluidis aufstellten, das Feld räumen müssen. In den letzten
Zeiten sind jedoch wiederum einige Versuche gemacht, die elektrischen
Erscheinungen als erzeugt durch den Aether oder ein einziges Flni-
dum zu erklären. Ohne in das Einzelne dieser mehr oder weniger
glücklichen Versuche einzugchen, wollen wir nur bemerken, dafs sie
sich in Betreff der Eigenschaften oder Bewegungen des Aethers auf
Prämissen stützen, deren Richtigkeit mit Recht bezweifelt werden
kann, und dafs überdies die Theorien, in welche sie auslaufen, keines-
wegs das Siegel der Einfachheit besitzen, welche sie sicher haben
würden, wenn sie die reelle Auslegung der Thatsachen wären. Die Licht-
theorie setzt voraus, dafs der in einem wägbaren Körper befindliche
Aether seine Dichtigkeit mit diesem Körper ändere, und dafs diese
Dichtigkeit dieselbe bleibe, so lange der Körper keine Modifikation
erleide. Man mufs demgemäfs annehmen, dafs die verschiedenen
Arten wägbarer Materie eine ungleiche Anziehungskraft auf die Aether-
molecüle ausüben. Ein materieller Körper verdichtet in sich den
Aether der umgebenden Aethermasse bis die Resultante der Effecte,
welche die eigenen Molecüle des Körpers und der in dem Körper
enthaltene Ucberschufs an Aether auf ein äufseres Aethermolccül aus-
üben, Null wird. Bei einem so mit Aether gesättigten Körper ist
die Abstofsung zwischen seinem Acther-Üeberschufs und einem äufseren
Aetherroolecül gleich der Anziehung zwischen demselben Aethermole-
cül und den materiellen Molecülen des Körpers. Wenn man also
gezwungen ist, zur Erklärung der Lichtphänomene anzunehmen, dafs
der Aether vermöge der auf ihn von der Materie ausgeübten An-
ziehung, einen mit den Körpern veränderlichen Grad von Dichtigkeit
besitze, so folgt daraus nicht, dafs die Körper aus dieser Ursache
gewisse elektrische Eigenschaften zeigen müssen. Wenn man da-
gegen, die in dem Körper in seinem normalen Zustand enthaltene
Aethermenge auf eine oder die andere Weise vermehrt oder vermin-
dert, so beginnen die elektrischen Erscheinungen sich zu zeigen. Es
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105
können keinen Aether erschaffen; ihre Wirkung beschränkt
sich darauf, die oscillatorische Bewegung, welche in Ge-
stalt von Wärme schon existirt, in translatorische Bewe-
gung zu verwandeln. Daraus folgt, da ('s die Wärme ver-
schwinden muffe an dem Punkt der Kette, wo die elektro-
motorische Kraft sich in Thätigkeit befindet, was übrigens
die Pol ti ersehen Phänomene beweisen. Die Entstehung
des galvanischen Stroms vereinfacht sich dadurch unge-
mein; die elektromotorischen Kräfte erschaffen nichts
Neues, sondern sie verwandeln blofs eine Art von Bewe-
gnng in eine andere. Man kann sie vergleichen mit den
gewöhnlichen Maschinen, welche eine Bewegungsart in
eine andere verwandeln.
Die zahlreichen Versuche, welche gemacht sind, um
die Geschwindigkeit der Elektricität in Metalldrähten zu
bestimmen, haben keine übereinstimmenden Resultate er-
geben, und das aus sehr leicht begreiflichen Gründen.
Wheatstone und Farad ay haben gezeigt, welche wich-
tige Rolle in dieser Beziehung die Ladung des Leitdrahtes
spielt. Vermöge dieses Umstandes kann ein folgender
Punkt des Leitdrahts bei Entstehung des Stroms nicht
eher Elektricität aufnehmen als bis die vorangehenden
Theile desselben Drahts gesättigt sind. Die Geschwindig-
keit der Elektricität in einem ins Meer versenkten und
mit einer isolirenden Hülle umgebenden Leitdraht mufs
sich also relativ als sehr gering erweisen, denn dieser
folgt jedoch daraus nicht, als unmittelbare Folge, dafs die elektrisirten
Körper andere optischen Eigenschaften zeigen müssen als im natür-
lichen Zustand. Die Fortpflanzungsgeschwindigkeit des Lichts und
folglich auch die Wellenlängen hangen nicht ausschlicfslich von der
Dichtigkeit ab, sondern von dem Verhältnifs zwischen seiner Elasti-
cität und seiner Dichte. Wenn also die Elasticität des Aethers pro-
portional seiner Dichte zu oder abnimmt, kann bei der Fortpflanzungs-
geschwindigkeit des Lichts, bei der Refraction usw. keine Modifikation
eintreten. Die Thatsache, dafs gewisse Versuche dieselben optischen
Eigenschaften bei den Körpern im elektrischen und im neutralen
Zustand erwiesen haben (Pogg. Ann. Bd. CXXIV S. 507), schwächt
also keineswegs die Thesis, dafs die elektrischen Erscheinungen von
dem Aether erzeugt werden.
106
Draht stellt durch seine isolirende Hülle und das um
letztere circulirende Meerwasser einen Condensator- Appa-
rat dar, der eine grofse Menge von Elcktricität zu con-
densiren vermag. Die Condensationskraft eines in der
Luft isolirten Drahts ist geringer als die eines maritimen
Kabels, aber sie hängt in hohem Grade von äufseren Um-
ständen ab, z. B. von der Feuchtigkeit der Luft, von der
Aufhängungsart usw. Auch zeigen die Versuche, dafs
die untergetauchten Drähte die geringste Geschwindigkeit
liefern. Demzufolge hat man für die absolute Fortpflan-
zungsgeschwindigkeit der Elektricität noch keine bestimm-
ten Zahlenwerthe geben können, aber alle Versuche kommen
darin überein, dafs sie aufserordentlich grofs ist. Eine
Thatsache, in welcher ebenfalls alle bisherigen Versuche
Übereinstimmen, ist die: dafs diese Geschwindigkeit unab-
hängig ist von der Intensität des Stroms. Versuche,
welche in dieser Beziehung mit einem einzigen Draht und
unter identischen Umständen gemacht sind, müssen sichere
Resultate geben.
Im Verlauf dieser Arbeit werden wir uns einer Thesis
bedienen, die unseres Wissens noch nicht aufgestellt
worden ist als Princip bei der Erklärung von Natur-Er-
scheinungen, welche aber, wie uns scheint, dabei eine axio-
matische Wahrheit besitzt. Diefs Princip ist: dafs Alles
was in der äufseren Natur vorgeht oder geschieht, eine ge-
wisse Zeit erfordert. Diese Zeit kann so kurz seyn wie man
will, aber niemals Null. Zeit und Raum sind die unum-
gänglichen Bedingungen zur Existenz der Natur-Erschei-
nungen. Dies ist eine Wahrheit a priori, bestätigt durch
die Erfahrung in dem Maafse als die wissenschaftlichen Me-
thoden zur Messung der Zeit und des Raums sich vervoll-
kommt haben. Man glaubte z. B. ehemals, dafs das Licht
sich instantan fortpflanze, aber bessere Methoden haben ge-
zeigt, dafs diefs nicht der Fall ist. Man kann also voll-
kommen versichert seyn, dafs ein galvanischer Strom nicht
sogleich auf seine volle Kraft gelangt, und dafs er eben-
so einige Zeit zu seinem Verschwinden gebraucht, und
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107
zwar unabhängig von den Extraströmen, welche diese
beiden Vorgänge verzögern. Wir müssen also als unge-
reimt die Thesis verwerfen, nach welcher die Wirkung
eines materiellen Körpers auf einen andern in gewisser
Entfernung befindlichen oder die Abstolsung eines Aether-
molecüls auf ein anderes entferntes, keine Zeit gebrauche,
um sich von dem ersten Gegenstand zu dem zweiten fort-
zupflanzen. Diese Zeit kann beliebig kurz seyn, aber sie
ist vorhanden, selbst wenn sie sich den Beobachtungen
, entzieht. Wenn eine Wirkung zwischen zwei materiellen
Körpern oder zwei Aethermolecülen anfängt, so gelangt
sie nicht in einem mathematischen Moment auf ihren durch
den gegenseitigen Abstand bedingten vollen Werth. Sie
muls wachsen von Null bis zu diesem letzten Werth, und
dazu gebraucht sie eine gewisse Zeit. Ebenso kann eine
Wirkung nicht verschwinden oder ihren Werth ändern,
ohne nicht dazu eine gewisse Zeit zu gebrauchen. Die
oben aufgestellte Thesis: „Alles, was in der äufseren Natur
vorgeht oder geschieht, erfordert eine gewisse Zeit, kann,
in Bezug auf ihre Wichtigkeit, verglichen werden mit der,
welche man als Basis der mechanischen Wärmetheorie an-
sehen und mit den Worten ausdrücken kann.a Nichts
entsteht aus Nichts (ex nihilo nihil fit). Die aufgestellte
Thesis mufs vor allem ihre Anwendung im Gebiete der
Elektricität finden, da die grofse Fortpflanzungsgeschwin-
digkeit dieses Phänomens rasche Modifikationen in der
Wirkung hervorruft, welche die Aethermolecüle auf ein-
ander ausüben. Nach den Bestimmungen der HH. Fizeau
und Gounelle pflanzt sich die Elektricität in einem Kup-
ferdraht mit einer Geschwindigkeit von 180 Metern in einer
Milliontelsecunde fort. Mithin können in diesem kurzen
Zeit-Bruchtheil zwei Aethermolecüle ihren gegenseitigen
Abstand um 360 Meter vergröfsern oder verringern, und
ihre Wirkung auf einander modificirt sich demgemäfs.
Die Frage ist nun: ob diese Modifikation in der gegen-
seitigen Wirkung mit einer Geschwindigkeit geschehen
könne, welche der raschen Veränderung des Abstandes
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108
entspricht. Die elektro- dynamischen Phänomene geben
die Antwort auf diese Frage.
Seyen zwei Aethermolecüle m und tri um den Abstand
r von einander entfernt. Sind beide in Ruhe, so ist ihre
gegenseitige Abstofsung " . Dagegen giebt der Fall, dafs
m sich mit einer constanten Geschwindigkeit nähert oder
entfernt, zu andern Verhältnissen Anlafs. Wenn m sich
zunächst im Punkte x befindet,
m m» um r -f- J r von m entfernt,
£ J darauf sich in der Zeit d t
Ar dem tri um den Abstand Jr
nähert, so nimmt die gegenseitige Abstofsung zu von
, m . „ auf allein wenn die Annäherung mit einer
(r -+- A r) J r1 w
hinreichenden Geschwindigkeit geschieht, so hat die Ab-
stofsung nicht Zeit dieser Zunahme zu folgen. Die Ab-
stofsung im Punkte q ist also geringer als die, welche dem
Abstände r entspricht. Diese Abnahme ist, unter gleichen
Umständen, eine Function der constanten Geschwindig-
keit h. Man kann also die Abstofsung im Punkte q aus-
drücken durch 1~ f (Ä), wo f (Ä) einen Werth kleiner
als 1 besitzt.« Wenn dagegen m sich von oi' entfernt mit
derselben constanten Geschwindigkeit Ä, so durchläuft es
während der Zeit // r den Abstand q — s? = J r. Die Ab-
Fij 2 stofsung im Moment, da m
m m, in q anlangt, mufs also grö-
y'v ^' ~3 fser seyn als die, welche dem
r Abstand r entspricht, weil
die Abstofsung nicht verringert werden kann mit der Ge-
schwindigkeit, die der Zunahme des Abstandes entspricht.
Man kann also in diesem Fall die Abstofsung ausdrücken
durch — 5- F (A), wo F (A) gröfser ist als 1 . Im ersten Fall,
wo der Abstand zwischen den Molecülen verringert wird,
kann die Geschwindigkeit als negativ betrachtet werden;
im zweiten mufs sie positiv seyn. Ueber die Natur der
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109
Functionen f (/*) und F (A) weifs man im Voraus nichts
anderes als dafs die erste kleiner und die zweite gröfser
als 1 seyn mufs, und dafs beide sich der 1 nähern, wenn
A abnimmt. Allein da die Ursachen, welche die Ent-
wicklung der Abstofsung bei der Annäherung verzögern
oder beschleunigen, denselben Effect auf das Verschwinden
bei der Entfernung ausüben, so ist es wahrscheinlich, dafs
die Formen beider Functionen gleich sind oder dafs die
Entwicklung der Abstofsung gleichem Gesetze wie das
Verschwinden derselben folgt, und dafs beide durch die-
selbe Function der Geschwindigkeit ausgedrückt werden
können, wenn man beachtet, dafs die letztere negativ ist,
in dem Fall, wo die andere positiv ist. Wir haben also
für die Abstofsung zwischen zwei Aethermolecülen, wenn
diese sich mit der constanten Geschwindigkeit A einander
nähern, den Ausdruck -~ F ( — A), und wenn der Abstand
zwischen ihnen zunimmt, den Ausdruck ~~ F(-f-A), wo
die Function F von der Art ist, dafs sie für A = 0 gleich
eins wird, dafs sie für einen negativen Werth von A kleiner
und für einen positiven gröfser als 1 ist. Diese Ausdrücke
können zweckmäfsig so geschrieben werden :
(1+ <( (- h) ) und ~ (1 + qp (+ A) )
wo die Function </> (A) eine solche ist, dafs sie Null wird,
wenn A = 0, dafs sie einen negativen Werth hat, wenn h
negativ, und einen positiven, wenn A positiv ist.
Das eben Gesagte gilt nur für den Fall, wo die Ge-
schwindigkeit des Näherns oder Entfernens eine constante
ist. Wir wollen nun annehmen, dafs m sich tri nähere,
und dabei denselben Weg // r in derselben Zeit J t zu-
nicklege wie vorhin, aber mit abnehmender Geschwindig-
keit, so dals diese Geschwindigkeit gröfser ist, wenn m
sich näher an x (Fig. 1) befindet, als wenn es in q an-
langt. Obgleich hier m denselben Weg in derselben Zeit
zurückgelegt, und folglich - J denselben Werth hat wie im
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110
ersten Fall, so kann doch die Abstofsung im Punkte q
nicht mehr dieselbe seyn. Das Molecül m wird rascher
bewegt in der Nähe von x als näher bei q; es verweilte
also längere Zeit an den Punkten, wo die Abstofsungs-
kraft stärker ist, als an denen, wo sie schwächer ist. Das
Resultat hievon mufs offenbar seyn, dafs die Abstofsung
im Punkte q stärker ist als wenn die Geschwindigkeit
constant gewesen wäre. Die Abstofsung hängt also nicht
blofs am ^ ab, sondern auch von -r\. Wenn man nun
zur Gränze tibergeht, so findet man, dafs die Abstofsung
nicht blofs von der Geschwindigkeit abhängt, sondern auch
von der Variation der Geschwindigkeit d. h. von
welche letztere Abhängigkeit die GrÖfse der Abstofsungs-
kraft in dem besagten Theil vermehrt.
Wenn das Molecül m sich von m entfernt, während
die Geschwindigkeit zunimmt* aber solchergestalt, dafs der
fixirte Weg // r in der fixirten Zeit A t zurückgelegt wird,
so ist die Abstofsung in diesem Fall wie in dem vorher-
gehenden gröfser als bei einer constanten Geschwindigkeit.
Ebenso verweilt hier das Molecül eine gröfsere Zeit an
den Punkten, wo die Abstofsungskraft gröfser ist, als an
denen, wo sie kleiner ist. Es ist also noth wendig, dem
Ausdruck für die Gröfse der Abstofsungskraft bei con-
stanter Geschwindigkeit ein von der Variation der Ge-
schwindigkeit abhängiges Glied hinzuzufügen.
Das elektrische Molecül bewegt sich auf seinem Gange
mit constanter Geschwindigkeit; und, wie oben gesagt, üben
Veränderungen in der Stromstärke keinen Einflufs in dieser
Hinsicht aus. Wenn also ein Molecül sich einem andern
nähert oder von ihm entfernt, das auf der geraden Linie
der Bewegung des ersteren befindlich ist, so kann von
einer Veränderung der relativen Geschwindigkeit nicht
die Rede seyn. Anders ist es dagegen, wenn eins der
Molecüle sich seitwärts der Richtung des andern befindet.
Nehmen wir zwei Molecüle m und m', von denen das erste
sich auf der Linie a b bewegt, und das andere m in Ruhe
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111
Fip. 3. ist. Der Abstand zwischen den
beiden Molecülen ist dann gleich
/{ Vx% -f-p2, und die relative Ge-
r/ \jt schwindigkeit (d. h. die Ge-
Ä j schwindigkeit auf der Verbin-
nt-^rJ * dungslinie) -£ Ä 7 ft • Di* rela-
tive Geschwindigkeit nimmt also ab in dem Maafse wie m
sich dem Punkte o nähert, wo sie gleich Null ist. Wenn
dagegen der Abstand zwischen den Molecülen zunimmt,
nimmt auch gleichzeitig ihre relative Geschwindigkeit zu.
Die Variationen der relativen Geschwindigkeit erhält man
durch Differentiation des letzten Ausdrucks, was giebt
dt9 ~~ rdO r» dt*
oder wenn man den Cosinus des Winkels statt — , und h
r
statt ~ einfuhrt, erhält man
5? - ? 0 - cos4 3).
Die Variation der relativen Geschwindigkeit ist also
proportional dem Quadrat der Geschwindigkeit des Mole-
cüls in der Kette; sie hat ihr Maximum im Punkte 0
(Fig. 3) und nimmt ab so wie das Molecül sich entfernt.
Durch entsprechende Ersetzungen erhält man als Ausdruck
• d t
für die relative Geschwindigkeit ~ = cos & Ä.
Wenn das Molecül m sich mit einer constanten Ge-
schwindigkeit auf der Linie a b (Fig. 3) bewegt, in welchem
Falle seine relative Geschwindigkeit in Bezug auf das feste
Molecül tri variirt, so ist die Abstofsung zwischen zwei
Molecülen für einen bestimmten Abstand r, nach dem
Vorhergehenden, gröfser als wenn die relative Geschwin-
digkeit constant wäre. Dies ist der Fall, m mag sich vom
Punkte 0 entfernen oder sich ihm nähern. Dem Ausdruck
für die Abstofsung der beiden Molecüle im Fall der Con-
stanz ihrer relativen Geschwindigkeit muls man also ein
Glied hinzufügen, welches eine Function der Variation
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112
der Geschwindigkeit ist. Wir bezeichnen diese Function
durch \J) {— (1 — cos* i'f) J . Was wir im Voraus von der
Function y wissen, ist: dafs sie Null scyn mufs, wenn
cosi>= 1, da in diesem Fall das Molecfil m sich auf der
Verbindungslinie von m und m bewegt und folglich die
relative Geschwindigkeit der beiden Molecüle constant ist.
Ueberdies wissen wir, dafs der Werth von \l> immer po-
sitiv ist, es mag m sich m nahern oder von ihm entfernen.
Uebrigens ist zu bemerken, dafs der Werth der Function
nicht allein von der Gröfse der Variation ^ (1 — cos1 &)
abhängen kann, sondern auch von dem Abstand r zwischen
den Molecülen, und dafs folglich r unter das Zeichen der
Function eintreten kann zur selben Zeit als dieselbe Vari-
able in den Ausdruck für die Gröfse der Variation eintritt.
Der vollständige Ausdruck für die Abstofsung zweier
Aethermolecüle m und m, von denen das letztere fest ist,
und das erstere m sich mit der constanten Geschwindig-
keit /* auf einer Linie bewegt, die mit der Verbindungs-
linie den scharfen Winkel «> bildet, wird also scyn
für den Fall, dafs m sich m' nähere
- [l + y- ( - * • <»8 + V (7 (1 - cos2 *)] . . (1),
für den Fall, daJ's m sich von ni entfernt
- m"f [ 1 (f (H" * • cos *) + V>(" 0 — cos' />)] . . (2).
Wir wollen das Gesagte zunächst anwenden auf den
Fall wo die beiden Molecüle tn und m' sich mit constanter
und gleicher Geschwindigkeit in derselben Richtung auf
zwei einander parallelen Linien bewegen (Figur 3).
Nach den von W. Weber1) aufgestellten Principien
nehmen wir an, dafs der Effect der gegenseitigen Wirkung
zwischen zwei Aethermolecülen sich gänzlich den Ketten
mittheile, in welcher sie sich bewegen. Blols die Be-
wegungen der Ketten können in der gegenseitigen Wir-
kung zweier Ströme beobachtet werden, und die auf Grund-
1) Abhandlungen über elektrodynamische Maafsheslironwngen. S. 30I>.
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113
läge von Beobachtungen errichteten empirischen Formeln
beziehen sich auf diese Bewegungen. Wenn man nun
die Veränderung finden will, welche in dem Abstand
zwischen zwei Elementen der Kette durch die gegenseitige
Wirkung der Aethermolecüle erzeugt wird, so kann man
eins der Elemente als fest, und das andere als frei be-
trachten. Im vorliegenden Fall nehmen wir an, dafs das-
jenige Element der Kette, in welchem sich m bewegt, frei
sey, und dasjenige, zu welchem m gehört, unbeweglich sey.
Wenn das Molecül rn allein in Bewegung wäre in der
ganzen Aethermasse, so kann man nicht auf gleiche Weise
wie bei seiner Ruhe annehmen, dafs die auf es von der
ganzen umgebenden Aethermasse ausgeübten Abstofsungen
sich gegenseitig annulliren. Diese Abstofsungen können
vielmehr eine Resultante S haben, die nicht Null ist. Die
Abstofsung, welche die ganze umgebende Aethermasse,
mit Ausnahme von fft, auf das sich bewegende Molecül m
ausübt, mufs also erhalten werden, wenn man von S die
Abstofsung zwischen m und m' abzieht, oder, was auf
dasselbe hinausläuft, die letztere Abstofsung genommen
mit entgegengesetztem Zeichen zu S addirt. Es handelt
sich nun darum, die Bewegung zu finden, welche dem
Molecüle m oder vielmehr dem Element der Kette, worin
sich m' bewegt, durch die Bewegung des Molecüls m
eingeprägt wird.
Wie bei den elektrostatischen Erscheinungen haben
wir folgende vier Umstäude in Betracht zu ziehen: 1) die
directe gegenseitige Wirkung zweier Aethermolecüle;
2) die Differenz zwischen der Wirkung, welche die Ge-
sammtheit der umgebenden Aethermasse auf m' ausübt,
wenn m als ruhend gedacht wird, und der Wirkung, welche
der gesammte umgebende Aether, mit Ausnahme des von iw,
auf dasselbe Molecül m' ausübt; 3) die Wirkung von m
auf den von m' eingenommenen Raum; und 4) die Wir-
kung der ganzen Quantität des umgebenden Aethers mit
Ausnahme von m auf denselben Raum. Die unter No. 2
angegebene Differenz ist offenbar gleich der Abstofsung,
Poggen dorff s Ann. Blgftnsiingsbd. VI. 8
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114
genommen mit entgegengesetztem Zeichen, zwischen dem
als unbeweglich gedachten Molecül m und dem Molecül m';
und die unter No. 4 aufgeführte Wirkung ist identisch
mit der Abstofsung, genommen mit entgegengesetztem
Zeichen, zwischen dem als unbeweglich gedachten m und
dem in Rede stehenden Kaum. Addirt man die in den
beiden ersten Fällen vorgesehenen Wirkungen auf m' und
subtrahirt davon die entsprechende Summe der beiden
letzteren, so erhält man, conform dem Archimedischen
Princip, die gesuchte Wirkung auf tri oder ein Element
der Kette, worin sich tri bewegt.
Um die Richtigkeit des obigen Verfahrens klarer ein-
zusehen, stelle man die Aufgabe folgendermafsen. Warum
es sich handelt, ist: die Bewegung zu finden, welche das
Molecül tri oder vielmehr das Element der Kette, worin sich
tri befindet, annimmt, wenn das Molecül m in Bewegung
gesetzt wird. Nun hängt die gesuchte Bewegung des
Elements der Kette von tri offenbar ab von der Modifikation,
die in der Abstofsung zwischen tri und m herbeigeführt
wird durch den Umstand, dals letzteres in Bewegung ge-
setzt worden ist. Man erhält also den Ausdruck für die
gesuchte Bewegung, wenn man von der Abstofsung
zwischen den Molecülen vi und m, falls letzteres in Be-
wegung gedacht wird, die Abstofsung zwischen denselben
Molecülen subtrahirt, falls das Molecül m als in Ruhe be-
trachtet wird. Der so erhaltene Rest ist in Wirklichkeit
nichts anderes als die Summe der beiden ersten oben an-
gezeigten Fälle. Auf analoge Weise erhält man die
Effecte der Abstofsung, auf welche sich die beiden letzten
Fälle beziehen. Es ist nun leicht, den algebraischen Aus-
druck für die gegenseitige Wirkung zweier Strom-Elemente
zu finden. Setzen wir, dafs zwei Molecüle m und tri sich
auf parallelen Linien in derselben Richtung z. B. gegen
b und b' bewegen; ihr gegenseitiger Abstand wird sich
nicht verändern, sobald sie sich mit derselben Geschwin-
digkeit bewegen. Ihre directe gegenseitige Wirkung wird
demnach dieselbe seyn, wie wenn sie beide in Ruhe wären.
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115
Man hat also für die Wirkung, die sich auf den Fall No. 1
hezieht:
m m
Da m sieh von m entfernt, wenn letzteres als in Ruhe
gedacht wird, so hat man für den Fall No. 2
+ ^ [l + V (+ A • cos d) + V (£ (1 - cos' ») )}.
Für den Fall No. 3, wo m sich dem von m' einge-
nommenen Räume nähert, erhält man
- " r ("l-H V (- A cos + v (1 - cos' »))\ .
Für No. 4 hat man endlich:
Wl Vi
Wenn man nun die Summe der beiden letzten Aus-
drücke von der Summe der beiden ersten abzieht, erhält
man als definitives Resultat
-h " [y (-h h cos &) -+-9 (— Ä cos
+ 2 - cos' *))] (3).
Dies ist der theoretische Ausdruck des gegenseitigen
Einflusses zweier Strom-Elemente, die sich auf parallelen
Linien in gleicher Richtung bewegen.
Macht man in der Formel (3) cos # gleich Null, d. h.
nimmt man an, die Verbindungslinie zwischen zwei Strom-
Elementen bilde einen rechten Winkel mit der Richtlinie
der Ströme, so wird die Function , wie man gesehen,
gleich Null. Für diesen Fall hat man also:
+ "™'-2v(7) W-
Nun ist nach dem Vorhergehenden die Function tp
immer positiv. Es folgt also aus diesem Satze, dafs die
Strom-Elemente sich gegenseitig anziehen, wie es die Er-
fahrung beweist.
Wir wollen jetzt das theoretische Resultat mit der Er-
fahrung vergleichen, und zu dem Ende die Functionen
(f und i(j bestimmen.
8*
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116
Bekanntlich hat Ampere die gegenseitige Einwirkung
zweier Strom-Elemente auf experimentellem Wege bestimmt,
und W. Weber hat durch sehr genaue Versuche die
Richtigkeit der Resultate des französischen Physikers be-
stätigt. Wenn für den Fall des Parallelismus der Strom-
Elemente, r ihren Abstand bezeichnet, und & den Winkel,
den eins von ihnen mit ihrer Verbindungslinie bildet, so ist
die Ampere'sche Formel:
-h ~~ (1 - i cos1 &) ds ds' (5)
worin t und t' die Intensitäten der beiden Ströme, ds un ds'
die beiden Strom -Elemente und k eine Constante. So
lange dieser Ausdruck positiv ist, findet zwischen den
Strom-Elementen längs ihrer Verbindungslinie Anziehung
statt. Haben die beiden Ströme gleiche Richtung und
folglich gleiches Zeichen, ziehen die Elemente sich gegen-
seitig an, so lange das Glied Jcos2#<Cl. Gehen sie
aber umgekehrt gegen einander, haben sie also entgenge-
setzte Zeichen, so findet bis zu dieser Gränze eine Ab-
stofsung statt. Bezeichnen nun /< und /<' die Elektricitäts-
mengen auf der Längeneinheit beider Ketten, so hat man
uh = % und n'h = t', wo h die Geschwindigkeit des Stroms
bedeutet. Nun entsprechen pds und u ds' dem, was in
der theoretischen Formel mit tn und m bezeichnet ist. Die
Ampere'sche Formel kann also unter der Form geschrie-
ben werden:
+ <W A_! (i _ j cos3 &) (6)
Macht man cos & gleich Null, so erhält man durch
Vergleich mit der Formel (4)
woraus, wenn man A* durch A* (1 — cos1 0) ersetzt, her-
vorgeht
2 xp [1 - cos* #]) ma kh2 (\ — cos' &) (7).
Macht man in der Formel (3) cos & » 1, so wird der
Werth der Function »/' gleich Null. In diesem Falle
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117
liegen die beiden Strom-Elemente auf einer und derselben
Linie, wodurch ihre relative Geschwindigkeit constant und
gleich Null wird. Die Formel (3) wird solchergestalt:
+ (8).
Setzt man ebenso in der empirischen Formel (6) cos
= 1, so erhält man durch den Vergleich mit Formel (8):
woraus, wenn man A durch A . cos & ersetzt, man erhält:
€p (-+- h cos #) -+- (f ( — A cos = — 5 A A* cos # (9).
Führt man nun in die theoretische Formel (3) die
gefundenen Werthe der Function \p und der Summe
tp (-f- A cos tf ( — Ä cos #) ein, so erhält man:
4_ (i _ j cos' &)
eine Formel identisch mit der, welche man direct aus den
Beobachtungen zieht
Die obige Formel (9) bestimmt die Summe der beiden
Functionen ff. Diese Summe ist immer negativ. Man
kann daraus natürlich nicht unmittelbar die Function der
Formel selbst herleiten, da ein Glied durch Addition
verschwunden seyn könnte. Aus dem Vorhergehenden
weifs man, dafs ff (— A) immer negativ seyn mufs, da-
gegen aber rp (-f- A) immer positiv. Diefs ist nur durch
ein einziges Mittel möglich, nämlich dafs die Function ff
aufser dem Gliede, in welches das Quadrat der relativen
Geschwindigkeit eingeht, noch ein zweites Glied enthalte,
welches eine ungerade Potenz dieser Geschwindigkeit ein-
schliefst, und dafs der Werth dieses letzteren Gliedes
gröfser sey als der des ersten. Wir wollen nun annehmen,
dafs diese ungerade Potenz die erste sey, welche Annahme
allein correct ist, wie man sehen wird, wenn es sich um
zwei parallele Ströme von entgegengesetzter Richtung
handelt. Diefs giebt uns:
ff (— A cos &) ■ — ah cos d — { k hl cos* #1
7>(-r-A cos t'/) = -r- ah cos «? — \h A* cos1 •'> i '
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118
worin a eine Constante ist. Man erhält also dasselbe Re-
sultat, wie wenn man sich die Function (f in eine Reihe
nach steigenden Potenzen der relativen Geschwindigkeit
entwickelt dächte und blols die beiden ersten Glieder dieser
Reihe beibehalten hätte.
Gehen wir nun zu dem Falle über, wo die Molecüle
m und tri sich in parallelen Ketten entgegengesetzt be-
wegen. Nehmen wir an, das Molecül tri bewege sich
gegen den Punkt a', während m gegen den Punkt b
vorrückt (Fig. 3). Klar ist, dafs die relative Geschwindig-
keit zwischen tn und tri dann das Doppelte von dem seyn
raufs, wie im Falle eins der Molecüle in Ruhe wäre und
das andere sich mit derselben Geschwindigkeit wie zuvor
bewegte. Man mufs also 2 h statt h schreiben, was auch
von der Veränderung der Geschwindigkeit gilt. Es ist
vollkommen einerlei, ob die Molecüle sich nähern oder
von einander entfernen. Mit Anwendung der Formeln (1),
(7) und (10) erhält man solchergestalt für die in No. 1
angegebene Wirkung d. h. für die directe Wirkung
zwischen zwei sich bewegenden Molecülen:
- [1 — 2öäcos & — j [ . 4t kh1 cos1 &
-+-J.4/f^(l — cos*#)].
Für die Wirkung, auf welche sich No. 2 bezieht, d. h.
für die Abstolsung, genommen mit entgegengesetztem
Zeichen, zwischen den Molecülen tri und m, von denen
das erstere als in Bewegung und das zweite als in Ruhe
gedacht wird, erhält man:
-+- " [1 — ah cos d — JÄ/i* cos1 V -f- {hh1 (1 - cos**)].
Für die in No. 3 bezeichnete Wirkung erhält man
->'[! — «Äcostf — J*A* cos'#-f-!*Ä' (1 - cos' &)]
und zuletzt für No. 4
Wenn man nun die Summe der beiden letzten Nummern
von der Summe der beiden ersten abzieht, erhält man als
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119
Ausdruck für die Wirkung, welche zwei Strom-Elemente
auf einander ausüben, wenn sie sich in parallelen Ketten
entgegengesetzt bewegen :
_i^[l_!oait*] (11)
was mit der empirischen Formel Ampere's völlig über-
einstimmt.
Das eben Gesagte gilt in der Voraussetzung, dafs die
Geschwindigkeit h in beiden Ketten dieselbe sey. Es is*
jedoch leicht zu zeigen, dafs die obige Beweisführung auch
auf den Fall pafst, wo die Geschwindigkeit in der einen
Kette gröfser als in der anderen ist. Gesetzt die Ge-
schwindigkeit sey h' in der Kette a' b' (Fig. 3) und h in
der Kette aö, sey ferner h < A, und gehe in beiden Ketten
in gleicher Richtung, nämlich gegen b und b'. Klar ist,
dafs die relative Geschwindigkeit nicht modificirt wird
durch den Umstand, dafs die absolute Geschwindigkeit
beider Molecüle um eine gleiche Gröfse zu- oder abnimmt.
Setzen wir, dafs jedes der Molecüle m und tri eine Ge-
schwindigkeit h iu einer der vorhergehenden entgegenge-
setzten Richtung empfange, so wird das Molecül tri zu
Ruhe kommen, 0t aber fortfahren sich in der früheren
Richtung zu bewegen, jedoch mit der Geschwindigkeit
h — k. Ihre relative Geschwindigkeit ist folglich nach
dem Vorhergehenden h — h' cos fi. Folglich erhält man
für die in No. 1 bezeichnete Wirkung
- ~r [ 1 - « (Ä - *') cos # - J h (h - hy cos»
-f-i*(A— A')2 (1 — cos3 &)].
Für die Wirkung No. 2
+ D + ah' co8 * — l k h' cos* * -H* Ä* 0 — cos2 #)J.
Für die Wirkung No. 3
— m™' [1 - ah cos &-\kh% cos1 & -+■ V (1 - cos1 d)]
und endlich für No. 4
m m'
"7r*
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120
Die Subtraction der Summe der beiden letzten Resul-
tate von der Summe der beiden ersten giebt
was, wie mau sieht, mit der Erfahrung übereinstimmt.
Für den Fall dafs die parallelen Ströme mit ungleicher
Geschwindigkeit in entgegengesetzter Richtung gehen, er-
hält man auf ähnliche Weise dasselbe Resultat, aber mit
dem Zeichen minus.
Mit Hülfe des Vorhergehenden ist es leicht, die all-
gemeine Formel Ampere's für die gegenseitige Einwir-
kung zweier Strom -Elemente von unbestimmter Lage ab-
zuleiten. Die von Ampere gegebenen empirischen For-
meln umfassen die Gesetze aller elektrodynamischen Er-
scheinungen. Nun haben wir eben gezeigt, dafs diese
Erscheinungen so gut wie die elektrostatischen durch die
Annahme eines einzigen Fluidums erklärt werden können.
Unsere Demonstration stützt sich auf zwei fundamentale
Principien, nämlich: 1) auf das Archimedische Princip,
dessen Anwendbarkeit auf Phänomene dieser Art unbe-
streitbar erscheint, und überdiefs durch die zu Anfange
dieser Arbeit erwähnten Versuche Plücker's experimen-
tell bestätigt worden ist; und 2) auf die wichtige und in
unseren Augen axiomatische Thesis, dafs Alles, was in
der äufseren Natur vorgeht oder geschieht, eine gewisse
Zeit erfordert. Ueberdies haben wir nicht nöthig, dem
elektrischen Fluidum Eigenschaften beizulegen, die denen
des Lichtäthers entgegen wären.
Licht, Wärme und Elektricität werden also Phänomene,
die in derselben Materie vor sich gehen. Die drei Haupt-
gruppen von Natur-Erscheinungen werden dadurch in die
innigste Beziehung zu einander gesetzt.
Bei der Beschreibung einiger die Elektricität betreffen-
den Erscheinungen findet man zuweilen die Bemerkung
ausgesprochen, dafs diese Erscheinungen sich nicht mit
Hülfe eines einzigen Fluidums erklären lassen. So z. B.
hat man behauptet, dafs die Gleichzeitigkeit der beiden
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121
extremen Funken bei den bekannten Wheatstone'schen
Versuchen über die Fortpflanzungsgeschwindigkeit der
Elektricität ein Beweis gegen die Richtigkeit einer solchen
Annahme sey. Wie es scheint, hat man sich eingebildet,
dafs man, bei Annahme der Existenz einer einzigen elek-
trischen Materie, auch annehmen müfste, dafs dieselbe
Elektricitätsmenge die beiden elektrischen Funken bilde,
so dafs derjenige von ihnen, welcher dem negativen Be-
lege der Batterie am nächsten ist, nicht eher entstehen
könne als bis die Elektricität Zeit gehabt, die beiden Lei-
tungsdrähte zu durchlaufen. Uns ist es unmöglich, diese
Ansichtsweise zu unterschreiben. Der Aether hat auf dem
negativen Belege der Batterie eine geringere Dichtigkeit
als auf dem mit diesem Belege verbundenen Leitungsdraht.
Auf dem positiven Belege ist dagegen die Dichtigkeit des
Aethers gröfser als auf dem von diesem Belege ausgehen-
den Leitungsdraht. Bei der Entladung der Batterie geht
eine Aethermenge aus dem positiven Belege zu dem mit
ihm verbundenen Leitungsdrahte Ober; aber zugleich geht
eine andere Aethermenge auf den negativen Belegen aus
dem mit diesem verbundenen Leitungsdraht über. Die
beiden extremen Funken zeigen sich folglich gleichzeitig.
Ebenso hat man einen Beweis vom Daseyn zweier
elektrischer Fluida in dem Unterschiede erblicken wollen,
welchen die Lichte übe rg'schen Figuren darbieten, wenn
man zu ihrer Hervorbringung positive oder negative Elek-
tricität anwendet. Allein da dieser Unterschied bekannt-
lich im Vacuo verschwindet, so scheint es mir unmöglich,
daraus einen sichern Schlufs für die eine oder andere
Meinung zu ziehen. Ebenso verhält es sich ohne Zweifel
mit einigen anderen Erscheinungen, denen man in der
vorliegenden Frage eine gewisse Wichtigkeit beilegen zu
müssen geglaubt hat.
Andrerseits giebt es mehre Erscheinungen, welche die
Meinung, dafs die den elektrischen Phänomen zum Grunde
liegende Materie eine einfache und untheilbare sey, mit
Sicherheit unterstützen. Dahin zählen wir unter anderen
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122
die von Wiedemann und andern Physikern studirte
Thatsache, dafs eine Flüssigkeit, durch welche ein elek-
trischer Strom geht, mechanisch in Richtung des positiven
Stromes fortgerissen wird. Um dies zu erklären, ist man
genöthigt anzunehmen, dafs der negative Strom diese
Eigenschaft entweder nicht besitze oder wenigstens in
einem geringeren Grade als der positive, während mau
andrerseits zur Erklärung mehrer Erscheinungen die An-
nahme machen mufs, dafs der positive und der negative
Strom sich gegen die Materie identisch verhalten. Auf
den eben angezeigten Umstand bezieht sich die bekannte
Thatsache, dafs der positive Pol eines Volta'schen Bogens
und der positive Knopf bei der Funkenbildung hauptsäch-
lich, wenn nicht ausschliefslicb, angegriffen und zerstört
werden. In dem zweiten Theile dieser Arbeit werden
wir die Erklärung geben sowohl von der Thatsache, dafs
der negative Pol nicht ganz unangegriffen bleibt, als auch
von den durch Hr. Quincke auf so merkwürdige Weise
studirten Erscheinungen1). Die Idee, welche man sich
von der Fortpflanzungsweise des positiven Stroms in der
einen Richtung, und von der des negativen Stroms in der
entgegengesetzten in einem Leiter gemacht hat, ist keines-
wegs einfach und deshalb nichts weniger als natürlich.
Die Erklärung dieser Erscheinungen ist unendlich leichter
zu begreifen, wenn man das Daseyn von nur einem ein-
zigen elektrischen Fluidum annimmt. Die Existenz des
Aethers ist so gewifs, wie die der Atmosphäre, welche
unseren Erdball umgiebt. Wenn es nun möglich ist zu
erweisen, dafs die elektrischen Erscheinungen ihre Quelle
in diesem Aether haben, so können wir eben so vollkommen
sicher seyn, dafs es kein specielles elektrisches Fluidum
giebt; denn wenn die Natur sich zur Hervorbringung
gewisser Erscheinungen eines einzigen Agens bedienen
kann, wird sie dazu nicht zwei anwenden.
1) Pogg. Ann. Bd. CXIII (1861) S. 513.
(Schluß im nächsten Heft.)
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123
VIII. Studien über Affinität in Eisenchlor id-Lö-
sungen, ohne Veränderung des sJggregatzu-
s tan des: von Alexander Müller in Berlin.
ur dann, wenn die Intensität einer gefärbten Lösung
(bei gleichbleibender Farbenqualität) durch Verdünnung
proportional der Raumvermehrung abnimmt, ist man zu
der Annahme berechtigt, dais die Molecüle des färben-
den Stoffes nur mechanisch aus einander gerückt aber
nicht chemisch verändert werden. Wenn dagegen die
Intensität (mit oder ohne Qualitätsveränderung) in einem
andern (gröfseren oder kleineren) Verhältnifs durch Ver-
dünnung der Lösung verändert wird, ist man gezwungen,
auf eine chemische Veränderung zu schließen.
Es ist bislang schwer zu sagen, welcher Fall bei Ver-
dünnungen häufiger eintritt; wahrscheinlich thut es der
letztere, nämlich die unregelmäfsige Intensitätsveränderung,
und wahrscheinlich sind die meisten Verdünnungen mit
chemischen Veränderungen des färbenden Bestandteils
verknüpft.
Eine besonders hervorragende Stellung unter den durch
Verdünnung chemisch veränderten Lösungen nehmen die-
jenigen der Metallchloride ein. Von diesen wiederum
eignen sich wegen verhältnifsmäfsig hoher Qualitätscon-
stanz vorzüglich die Chloride des Platins und Eisens zu
einem einleitenden Studium der durch Verdünnung be-
wirkten chromatischen Veränderungen; den Gegenstand
vorliegender Abhandlung bildet der Chromatismus des
Eisenchlorids.
Aus den unten näher beschriebenen Versuchen hat sich
ergeben, dafs bei ziemlich gleich bleibender Qualität der
Farbe die speeifische (d. h. die auf ein bestimmtes Ge-
wicht Eisen berechnete) Intensität wesentlich abhängt
1) von der Natur des Verdünnungsmittels,
2) von der Temperatur der Lösung und
3) von dem Alter der Lösungen.
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124
1) Als Verdünnungsmittel haben gedient
d) Wasser. Durch Verdünnung mit Wasser nimmt
die Intensität einer schwach salzsauren concentrirten Eisen-
chloridlösung weit schneller als im umgekehrten Verhält-
nifs der Raumvermehrung ab; die specifische Intensität
wird also kleiner und zwar im umgekehrten Verhältnifs
der Quadratwurzel aus dem Würfel des Verdünnungs-
grades. Die specifische Intensität wird durch Wasser
auch beim Platinchlorid und Kupferoxydammoniak ge-
schwächt, aber in niedrigerem Grade; dem entgegen nimmt
sie zu beim Ferrid-sulphat, -acetat, -formiat usw.
b) Salzsäure, zu einer wässrigen Eisenchloridlösung
gesetzt, erhöht die specifische Intensität derselben und
wirkt also der durch Wasser erfolgenden Abschwächung
entgegen. Bei Einhaltung einer gewissen Concentration
wird Salzsäure die specifische Intensität einer damit ver-
dünnten Eisenchloridlösung nicht verändern.
c) Salmiak wirkt ebenfalls der durch Wasser erfolgen-
den Intensitätsschwächung entgegen, unter den obwalten-
den Verhältnissen hat aber 1 Atom Salmiak nicht mehr
gewirkt als f Atom Salzsäure.
d) Gemeinsame Gegenwart von Salzsäure und Salmiak
ist der Intensität des Eisenchlorids günstiger als der
Summe der Einzel Wirkungen entspricht, unter den ein-
gehaltenen Bedingungen im Verhältnifs von y zu 8.
c) Chlornatrium in Verbindung mit Salzsäure hat die
Intensität der Eisenchloridlösung weit mehr gesteigert als
Salzsäure allein und zwar im Verhältnifs von 5 zu 3 d. h.
5 Atome Salzsäure wirken nur wie 3 Atome Chlornatrium.
2) Bei erhöhter Temperatur nimmt die Intensität einer
Eisenchloridlösung sehr merkbar zu. Eine ungefähr 30°
betragende Erwärmung brachte eine Intensitätssteigerung
von 1,0 auf 1,4 bis 1,5 hervor.
3) Die Intensität einer Eisenchloridlösung verändert
sich nicht im Tempo des Verdünnungsprocesses oder
Temperaturwechsels, sondern hängt wesentlich von der seit
der räumlichen oder calorischen Veränderung verflossenen
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Zeit d. h. von dem Alter der Lösung ab. Eine durch Ver-
dünnung mit Wasser dargestellte oder eine erwärmt ge-
wesene Eisenchloridlösung geht nur allmählig auf das ihr
zukommende mögliche Intensitätsminimum herab.
Die beobachteten Erscheinungen lassen vermuthen, dafs
Eisenchlorid in seinen Lösungen einer chemischen Ver-
änderung anheimfallt. Indem es durch Wasser an In-
tensität verliert, nähert es sich dem Ferridsulphat und
-nitrat, welche beide in (von gelbem oder braunem basischen
Salz) reiner Lösung farblos sind, ganz wie auch bei zu-
nehmendem Verdünnungsgrad die Chloride des Kupfers,
Nickels und Cobalts in wässriger Lösung den Kitraten
und Sulphaten sich chromatisch nähern. Man wird diese
Veränderung bis auf Weiteres als den Uebergang aus
wasserfreiem Chlorid in sahsaures Oxyd aufzufassen haben.
Zusatz von Salzsäure wirkt dieser Zersetzung entgegen,
weil er die Berührungspunkte zwischen den Atomen des
Eisens und Chlors vermehrt. Salmiak und Chlornatrium
dürften die Widerstandsfähigkeit des Eisenchlorids gegen
eindringende Wassermolecüle erhöhen durch Bildung von
bestandigeren Chlorsalzen, wie solche deutlicher für Platin-
chlorid nachgewiesen sind.
Durch Temperaturerhöhung wird die Beweglichkeit
und Bewegungsschnelligkeit der in der Lösung befindlichen,
auf einander gravitirenden Eisen- und Chloratome ge-
steigert und deren Aneinanderlageruug befördert.
Der beobachtete Einflufs des Alters auf die Inten-
sität deutet darauf hin, dafs die Wiedereinnahme einer
Gleichgewichtslage nach erfolgter Störung ebenso wenig
momentan geschieht in den unmefsbar kleinen Distanzen
der chemisch aufeinander gravitirenden Atome einer Lö-
sung als in den nach Sonnenfernen zu berechnenden
Distanzen der Himmelskörper, er beweist das Daseyn
einer chemischen Trägheit.
Die Intensität des reuten Eisenchlorids ist noch nicht be-
kannt; man wird sie vielleicht erschliefsen können aus
vollständigen Beobaehtungsreihen über die Intensität von
126
wässrigen Eisenchloridlösungen mit verschiedenem Gehalt
an Salzsäure, Chlornatrium usw. Der kürzeste und
sicherste Weg aber dürfte seyn, eine Lösung von subli-
mirtem Eisenchlorid in wasserfreiem Zinnchlorid oder dergl.
chromometri8ch zu prüfen. Absoluter Alkohol verhält
sich, nach gemachten Beobachtungen über den Chromatis-
mus einer alkoholischen Kupferchloridlösung, gegen Eisen-
chlorid muthmafslich ähnlich wie Wasser.
Wahrscheinlich beträgt die speeifische Intensität des
unzersetzten wasserfreien Eisenchlorids mehr als das Dop-
pelte von derjenigen des Ferridacetats. In Qualität steht
das Eisenchlorid etwas oberhalb des Kaliumbichromats
d. h. es absorbirt etwas mehr Roth als letztgenanntes und
erscheint defshalb etwas grüner.
Aufser mit oben erwähnten Zusätzen ist Eisenchlorid
in 2 Fällen auch mit Essigsäure versetzt worden; sie hat
eines Theils intensitätssteigernd gewirkt wie Salzsäure,
andern Theils aber zugleich die Entstehung einer gewissen
Menge Ferridacetat verursacht.
In ersterer Beziehung haben in concentrirterer Lösung
11 Atome, in (zweifach) verdünnter 9 Atome Essigsäure
1 Atom Salzsäure vertreten.
In letzterer Beziehung haben in der concentrirten Lö-
sung 11 Atom, in der vordünnttTen 10 Atom Essigsäure
1 Atom Salzsäure aus der Verbindung mit Eisenoxyd
verdrängt. Demnach hat die Essigsäure in beiden Be-
ziehungen nur ungefähr ein Zehntel von der Energie der
Salzsäure entwickelt. Da nach früheren, unter ähnlichen
Bedingungen ausgeführten Versuchen ungefähr 5 Atome
Essigsäure 1 Atom Schwefelsäure aus ihrer Verbindung
mit Eisenoxyd auszutreiben vermögen, mufs man schliefsen,
dals Salzsäure bei mittlerer Temperatur und in Lösungen,
in welchen sie eine unbedeutende Tension hat, eine fast
doppelt so starke Säure ist als Schwefelsäure.
Zu ähnlichen Schlüssen fahren die Beobachtungen Über
die leichtere Löslichkeit der Metalle und Metalloxyde in
Salzsäure, sowie über die geringere Geneigtheit der Chlo-
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127
ridlösungen zum Zerfallen in basische Verbindungen (beides
natürlich für solche Metalle, deren Reaction nicht durch
Entstehung unlöslicher oder schwerlöslicher Verbindungen
getrübt ist), ferner über die kräftigere Einwirkung (ver-
dünnter) Salzsäure auf Cellulose, Stärke und Zucker.
Unter anderen Bedingungen, wenn nämlich die Tension
der Salzsäure derjenigen der Atmosphäre sich nähert, ist
Schwefelsäure entschieden stärker als Salzsäure; in gleicher
Weise aber wird nach derselben Richtung hin Schwefel-
säure von Phosphorsäure, und diese von Kieselsäure über-
troflen, während sie bei gewöhnlicher Temperatur in wäss-
rigeu Lösungen einander in umgekehrtem Sinne unterge-
ordnet sind.
In einer früheren Arbeit ist mitgetheilt worden, dafs
Ferridacetat in stark essigsaurer Lösung durch Zusatz von
Alkali-Chlorür oder -Sulphat nicht wahrnehmbar verändert
wird. Diese Beobachtung mit der oben besprochenen Ein-
wirkung der Essigsäure auf Eisenchlorid und Ferridsul-
phat zusammengestellt führt zu dem Schlüsse, dafs Salz-
säure und Schwefelsäure durch Essigsäure (bei mittlerer
Temperatur) aus ihrer Verbindung mit so starken Basen
als die Alkalien sind, nicht ausgetrieben werden können,
auch nicht bei Gegenwart von Ferridacetat, sondern nur
aus Verbindungen mit schwachen Basen z. B. Eisenoxyd.
Was hier obeu über die Reactionen des Eisenchlorids
gesagt worden ist, gründet sich auf die chromoinetrische
Untersuchung verschiedener Eisenchloridlösungen, zu deren
Darstellung folgende
3t aterialien
verwendet worden sind.
1) Eisetwxydhydrat,
aus umkrystallisirten Eisenammonalaun bereitet, an der
Luft, getrocknet und mehre Jahre in einer nicht ganz luft-
dichten Glasbüchse verwahrt, verlor bei vorsichtigem
Glühen an der Luft bis zur Gewichtsconstanz 12,34 Proc.
an Gewicht und hinterliefs 87,66 Procent feuerfesten Rück-
stand.
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128
Letzterer als reines Eisenoxyd und ersterer als Wasser
in Rechnung genommen ergiebt die Zusammensetzung des
Eisenoxydhydrats zu Fe, 03 -f- 1,26 HO.
Bei vorsichtigem Lösen in verdünnter Salzsäure blieb
von diesem Hydrat nicht ganz J Procent Kieselsäure und
Bleisulphat ungelöst. Letzteres stammt wahrscheinlich
aus dem Ammonsulphat, welches aus Gaswasser gewonnen
und zur Darstellung des Ferridammonsulphats verwendet
worden war.
2) Salzsäure.
100 CC. l) = l 10,0 Grm. mit 22,1 Grm. oder 0,6058 Atom4)
HCl; lOOGrin. mit 20,1 Grm. oder 0,5507 Atome HCl.
3) Essigsäure.
100 CC. = 106,08 Grm. bei 18° mit 102,82 Grm. oder
1,7136 Atom C4 H4 04.
4) Chlornatriumlösung.
100CC.=« 115,4 Grm. bei 15° mit 91,8 Grm. Wasser und
23,6 Grm. oder 0,4034 Atom Na Cl.
5) Salmiaklösung.
100 CC. = 107,05 Grm. mit 80,3 Grm. Wasser und
26,75 Grm. = 0,5 Atom H4 N Cl.
Chromo metrisch e Objectlösungen.
Salzsaure oder Alkalichlorürhaltige Eisenchloridlösungen.
Eisenchloridlüsung VIII nnd deren Abkömmling.
22,174 Grm. obengenannten Eisenoxydhydrats (No. 1)
wurden mit 188,6 Grm. der Salzsäure (No. 2) in gut ver-
schlossenem Kolben und bei gelinder Wärme aufgelöst
und dann (den 16. December 1865) mit Wasser auf
200 CC. bei 18° gebracht.
100 CC. Lösung VIII = 117,74 Grm. mit 0,1217 Atom
Fe,Oa und 0,519 Atom HCl oder 0,1217 Atom Fe, Cl,
und 0,1539 Atom freier HCl.
100 Grm. Lösung VIII mit 0,10337 Atom Fea CL,.
Verhältnifs: 1 Fe, Cl3 -+- 1,27 H Cl.
1) Wegen Maafa und Gewicht vergl. die Anmerkung zu meiner Abhand-
lung: Studien über Affinität iu Fciridacetntlüsnn^en. Erdmann 8
Journ. f. pr. Chem. Bd. CVI S. 340.
2) Wenn H = 1,000 Grm.
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129
VIII a) 10 CC. (genauer X 1 00) VIII mit Wasser
auf 100 CC, mit 0,01217 Atom Fea Cl3.
VIII 6) 10 CC VIII mit 50 CC Salzsäure (No. 2) und
dazu Chlornatriumlösung (No. 4) auf 100 CC. Eisengehalt
wie bei Villa.
Eisenchloridlösung X und deren Abkömmlinge.
15 CC. der Lösung VIII mit Wasser auf 50 CC, dem-
nach in 100 CC X: 0,0365 Atom Fe, Cl8 -+- 0,0463 Atom
freie HCl.
Xa) 10 CC. von Lösung X mit 25 CC. Salmiaklösung
(No. 5) und 15 CC. Salzsäure (No. 2) auf 50 CC
X6) desgleichen.
Xc) 10 CC. X mit Salmiaklösung auf 50 CC.
Xd) 10 CC. X mit Salzsäure auf 50 CC.
Xe) wie X a und 6.
Für die Lösungen X6 bis c wurde die Lösung X bis
zum Siedepunkt des Wassers erhitzt, ehe die weitere Mi-
schung und Verdünnung erfolgte.
Die Darstellung aller dieser Lösungen fand den 5. Oc-
tober 1866 früh 8 Uhr statt und schlofs sich daran so-
gleich die chromometrische Untersuchung an.
No. X6 bis d kamen abgekühlt zur Untersuchung,
No. Xc aber wurde warm gehalten.
Der Darstellung nach sollten alle Lösungen Xa bis c
eine gleiche Menge Eisenchlorid (0,0073 Atom Fe2 Cl3 in
100 CC) enthalten. Bei der Schnelligkeit aber, mit wel-
cher die Bereitung betrieben werden mufste, wenn man
den zu erwartenden klaren Sonnenschein gehörig ausnutzen
wollte, scheint die Genauigkeit der Vertheilung (in Folge
unvollkommener Benetzung der Pipette oder unvollständigen
Auslaufens) etwas beeinträchtigt worden zu seyn. Es
stellte sich nämlich bei später wiederholten Messungen
heraus, dafs Lösung X6 immer merkbar intensiver gefärbt
war als Lösung Xc, trotzdem dafs beide Lösungen gleich
zusammengesetzt seyn sollten, mit dem einzigen Unter-
Poggendorft's Ann. Ergänzungsbd. VI. 9
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130
schiede einer längeren Erwärmung für Ä'e, welche wohl
kaum auf Jahre hinaus sich geltend machen konnte. Es
wurden delshalb beide Lösungen im August des ver-
gangenen Jahres (1868) einer Controlanalyse unterworfen.
Mein Assistent, Hr. O. Nylander, fand durch Fällung
mit Ammoniak und Verdampfen des Filtrats auf 100 CC.
Lösung X b.
Losung X c.
0,00758 Atom
0,0071 Atom Fe» O,
0,476 „
0,465 „ H| N Cl.
Nach der obigen Angabe über die Volumina der In-
gredienzien hätten 0,0073 Atome Fe2 O] und 0,46 Atome
H4 N Cl gefunden werden sollen , ohne Rücksicht auf die
bei der Mischung stattfindende Volumveränderung. Ver-
muthlich ist für X6 nach viermaliger allzuknapper Ab-
pipettirung von je 10 CC. der Rest der Eiseuchloridlösung
X, der nun mehr als 10 CC. betragen mufste, verwendet
worden. Bei der Darstellung der Lösungen Xo bis e
hatte ich, so zu sagen, nur eine Recoguoscirung des Ter-
rains im Auge und ich mufs bekennen, dafs ich bei der
grolsen chromatischen Veränderlichkeit wässriger Eisen-
chloridlösungen weit entfernt war, die später beobachtete
chromometrische Genauigkeit zu ahnen.
Essigsaure Eisenchloridlösungeu.
1,0865 Grm. = 0,01358 Atom Fe, O,, durch Glühen
aus 1,2395 Grm. obengenannten Eisenoxydhydrats (No. 1)
erhalten, wurden in wenig Salzsäure gelöst und die Lösung
bei gelinder Wärme (im Warmluftofen) sehr langsam ver-
dampft. Der tief braune, nahezu salzsäurefreie Syrup er-
starrte bei gewöhnlicher Temperatur zu einer hellrost-
gelben Masse. Diese, den 17. Februar 1866 mit Wasser
übergössen, löste sich nicht ganz klar, wohl aber nach
Zusatz von 8,5 CC. der oben aufgeführten Essigsäure
(No. 3) unter allmählicher Rothfärbung; durch Verdünnung
mit Wasser auf 33,95 CC. erhielt man die Lösung:
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131
VIII t) mit 0,040 Atom Fe, 03 und 0,429 Atom C4H404
in 100 CC.
Hieraus entstand durch Verdünnung mit Wasser auf
das doppelte Volum die Lösung
VlilA) mit 0,020 Atom Fe2Oa und 0,2145 Atom C4H404
in 100 CC.
Lösung VIII entspricht nach Gehalt an Eisenoxydsalz
und Essigsäure der früher (Erdmann's Journal f. pract.
Cheni. Bd. CI, S. 193 ff.) erwähnten essigsauren Ferrid-
ammonsulphatlösung VII 1.
Lösung VIII h dagegen der Lösung VII 5.
Chromometrische Htilfslösungen.
Die bisher aufgezählten chromometrischen Object-
lösungen sind nur zum geringeren Theile mittelst gläserner
Complementärplatten gemessen worden, zum grölseren
mittelst farbiger Lösungen.
Als Gegenfarbe dienten verschiedene ammoniakalische
Kupferlösungen, die hier nicht näher beschrieben zu werden
brauchen.
Vorkommende grüne Farbenabstände wurden durch
die Cobaltsulphatlösung //fc, mit 0,16 Atom Co O, SO, in
100 CC. ausgeglichen.
Zur Kennzeichnung der Färbung obiger Eisenchlorid-
lösungen wurde das vielfach untersuchte Ferridaeetat be-
nutzt und zwar in den Ferridacetatlösuttgen ///, VJf und
X/, deren Zusammensetzung mitgetheilt in Erdmann s
Journal f. pract. Chem. Bd. CVI S. 321 ff. ist.
Es genügt hier zu erwähnen, dafs
39,35 Mm. III oder 124,5 Mm. XI coloräquivalent sind mit
100 Mm. VI/",
so wie dals 100 CC. Vif enthalten 0,004206 Atom Fe2 Os.
r
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132
Chromatische Messungen1).
Nachdem im März 1866 gefunden worden war, dafs die
Eisenchloridlösungen VIII und VIII b qualitativ ziemlich
gleich gefärbt waren, zur Neutralisation aber eine röthere
Gegenfarbe verlangten als Kaliumbichromat, sowie auch,
dafs die essigsauren Lösungen VIII h und im noch höheren
Grade VIII i als eine Mischung von Eisenchlorid und Fer-
ridacetat aufzufassen wären, verschritt man den 5. Oc-
tober lo66 zur ersten genaueren quantitativen Messung.
Nach fast zweijähriger Pause wurde dieselbe im Juni 1868
wieder aufgenommen und allmählich auf alle erwähnten
Eisenchloridlösungen ausgedehnt. Ich gebe sie nach-
stehends im Auszuge nach den hierübergeführten Ver-
suchsprotokollen.
Den 5. October 1866.
Ausnehmend reiner Sonnenschein den ganzen Tag;
nur selten kleine Wölkchen am Horizont. Das Oberlicht
merkbar gelblich zufolge vergilbten „Papierschirmes. Mes-
sung des Ferridacetats (III) durch die „neuere" Glascom-
bination; des Eisenchlorids durch eine besondere Com-
plementärplatte in Verbindung mit einer dünnen Nickel-
vitriolschicht.
Beob-
achtungs-
zeit
Lösung
Nummer
Schicht
1U
7,90 Mm.
VIII h
4,16 „
in
7,90 ,
VIII 6
4,26 .
XJ
7,55 „
13,75 ,
». !
(18,9) .
UM) .
17,85 „
11,36 ,
( 9,3) ■
(10,1) ,
11, '2 ..
III
7,85 „
Bemerkungen
9° 45'
10 15
10 20
10 48
11 -
11 15
11 20
11 30
11 35
37
41
12 30
/ wurde nährend der Beobach-
|l tung intensiver gelb
Die warm gehaltene Lösung
kam mit ca. 50" zur Messung
und kühlte allmählig ab.
1) Bezüglich der Methode vergl. meine Abhandlung: über das Comple-
mcntar-Oolorimeter (Chromometer) nebst Nachträgen bei Gustav
Ei nes» i in Chemnitz.
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133
Den 2. Juni 1868.
Sehr reiner Himmel ; erst von Mittag an wenige leichte
Wölkchen am Horizont. Messung des Ferridacetats (HI)
wie am 5. October 1866; des Eisenchlorids durch 11,84 Mm.
ammoniak. Kupfervitriollösung Vn 5 nebst 9,4* Mm. , re-
spective 9,5 Mm. Cobaltvitriollösung Hb.
Beob-
achtungs-
zeit
Lösung
Nummer | Schicht
Bemerkungen
10° — '
11 - )
11 15 \
11 20
11 30
11 45
12 -
12 12
12 15
12 20
III
Xc j
Xd
Xa
Xb
Xe
Xd
Xc
in
7,96 Mm.
19,03' *
18.8 „
8,18 „
13,51 ,
12,60 „
13,28 „
8,50 .
19,74 „
7,87 „
röthlich, hell
\ <** t n
f g S- 1 -
f J5. p \
( l& 1 "
\ 5" / "
j Jg. [undeutlich
wenig röthlich, hell.
Den 18. August 1868.
Himmel unbewölkt aber starker Höhenrauch l) mit 27°
warmem S. Wind. Messung des Ferridacetats (XI) wie
vorher; der Eisenchloridlösungen durch 10,60 Mm. ammo-
niak. Kupfervitriollösung VH 4 und ergänzender Cobalt-
vitriollösung II b.
Beob-
Lösung
Cobalt-
vitriol II 6
Bemerkungen
achtungs-
zeit
Nummer
j Schicht
11° 40'
XI
24,2SMm.
röthlich (?), lichtschwach
12 30
VIII h
5,02 ,
5,85 Mm.
) gute Neutralisation und Hellig-
12 40
Villi
18,78 ,
4,18 „
] keit
12 54
XI
24,26 „
wenig röthlich, lichtschwach
1 -
Xb
9,54 ,
|7,37 „
) gute Neutralisation und Hellig-
1 10
Xa
10,60 .
keit
1 15
Xb
9,54 ,
1 20
•
XI
24,32 „
w. röthlich (?), lichtschwach.
1) Der während des Augusts in Stockholm wiederholt auftretende starke
Höhenrauch stammte nach dem Zeugnifs der Schiffer von den be-
deutenden Erdbränden in der Umgegend von Petersburg.
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134
Den 19. August 1868.
Himmel den ganzen Tag wolkenlos aber mit sehr
starkem Höhenrauch überzogen. Mäfsiger 28 bis 30"
warmer SO. Wind. Messung des Ferridacetats theils
mittelst der früheren Complementärplatte *), theils wie die
der Eisenchloridlösungen mittelst ammoniakalischer Kupfer-
vitriollösungen, mit oder ohne ergänzender Cobaltvitriol-
lösung II 6.
Beob-
achtungs*
zeit
Lösung
Nummer
Schicht
Kupfer-
vitriol
Cobalt-
vitriol 116
Bemerkungen
11° 15'
11 30
12 -
12 S
12 30
12 45
12 50
12 55
1 -
1
1
1
1
1
5
15
20
30
40
XI
Villi
XI
#24,l Mm.
18'57 " [^"oMmJ
») jVII2,
((9,79 ,
(VI 3, )
U8,01 . (
jVII2, )'
I 9,79 „}
3,74 Mm.
4,30 „
5,70 „
j
( 5,70 „
4,10 ,
7,5 „
röthlich, düster
lichtschwach
röthlich, düster
sehr röthlich )
rein 5
lichtschwach
rein ]
wenig röthlich ( düster
röthlich }
wenig grünlich, ziemlich hell
"wenig röthlich, lichtschwach
rein \
wenig röthlich ! zieml. heil
rein
wenig röthlich, düster.
Den 9. September 1868.
Sehr reiner Sonnenschein; höchst spärliche leichte
Wölkchen mit N. W. Wind. Nach 1 Uhr Mittag mehr
und mehr bewölkt, am Abend wieder ziemlich reiner
Himmel.
Messung durch ammoniakalische Kupfervitriollösung
VI 3, mit oder ohne ergänzende Cobaltvitriollösung 116.
*) Aus den mit Lösung XI angestellten Beobachtungen*) ergiebt sich,
dafs während 2\ Stunden das Sonnenlicht merkbar (ca. ,*,) gelber
geworden ist.
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135
Beob-
achtungs-
zeit
LÖ8
Nummer
uug
Schicht
Kupfervitriol
VI 3
Cobalt-
vitriol II fi
Bemerkungen
9° 30*
9 45
10 -
10 15
10 50
11 15
11 30
III
VIII
VIII 6
vina
III
VI/
III
9,69 Mm.
0,485 ,
3,65 „
145.4 n
9,79 •
22,31 ,
8,67 „
•18,91 Mm)
| (
j 16,88 .
8,75 Mm.
8,72 ,
8,90 .
röthl.l
i rein i hell
rein u. lichtschw.
sehr röthlich
rein (oder röthl.?),
blendend.
In vorstehenden Protokollausztigen sind einige Mes-
sungen, welche sich auf den chromatischen Abstand des
Eisenchlorids vom Platinchlorid und Kaliurnbichromat be-
ziehen, nicht mit ausgeführt worden, weil die den Chro-
matismus der beiden letzteren Körper betreffenden Beob-
achtungen zur Zeit noch nicht haben berechnet werden
können und daher auch die Gröfsen des chromatischen
Abstandds jetzt noch nicht verwerthbar sind. Desgleichen
sind auch die chromatischen Abstände der verschiedenen
oben benutzten ammoniakalischen Kupfervitriollösungen
noch nicht berechnet und mufs delshalb vorläufig auch
auf die Controlle verzichtet werden, welche in ihnen liegt.
Wir beginnen die Bearbeitung des übrigen chromo-
metrischen Materials mit einer tabellarischen Aufstellung
der für je eine Beobachtung s reihe coloräquivalenten Schichten
der essigsäurefreien Eisenchloridlösungen, deren Farben-
qualität hier als gleich angenommen werden darf.
Beob-
htun
tag
VIII
Villa
VlUh
Eisenchloridlüsung
Xb
Xa
Xc
Xd
Xc
1866
5. October
1868
2. Juni
IS. August
19. August
& September 0,485»
4,23»» 13,75»»
145,4»'
13,51 „ ; 12,6 „
3,65-
10,6
9,54 ,
8,63 „
19,3 „
8,3 „
11,36»», 17,85»» 7,55»» j 11,2
13,3 „
9,28
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136
Wie früher erwähnt, fallt in vorliegender Aufstellung
zuvörderst die 1868 constant beobachtete Ueberlegenheit
der Intensität von X6 gegen diejenige von Xa und Xc
auf, wir haben aber als Erklärung hierfür den fehlerhaft
höheren Eisengehalt von X6 gegenüber von Xc gefunden.
Berechnen wir die ftir X6 gefundenen Flüssigkeitsschichten
auf den Eisengehalt der Lösung Xc, so erhalten wir für
den 5. October 1866 12,1 Mm. statt 11,36 Mm.
„ 2. Juni 1868 13,4 „ „ 12,6 „
„ 18. August 1868 10,2 „ „ 9,54 „
» 19. „ „ 9,23 „ „ 8,63 „
und damit zugleich eine nahe Uebereinstimmung der In-
tensität zwischen den Lösungen Xa, b und c, deren pro-
centische Zusammensetzung gleich seyn sollte, nämlich:
Beob-
achtungs-
tag
Eisenchloridlüsung
Xa
Xb
Xe
2. Juni
13.5«»
13,4««
13,3'"»
18. August
10,6 .
10,2»
19. August
9,23,
9,28,
Unter der wohl statthaften Annahme, dafs nach 1* jäh-
rigem Alter die relative Intensität der Lösungen Xa bis c
vom 2. Juni 1868 bis zum 19. August nicht merkbar ge-
wechselt habe, gelangen wir ferner, durch Ueberrechnung
der zwei letzten Beobachtungsreihen auf diejenige vom
2. Juni 1868, zu folgender Aufstellung:
Beob-
achtungs-
tag
Eisenchloridlösung
Xa : Xb
Xc
Xd
X«
2. Juni
18. August
19. August
13,5»»
13,7»
13,4-»
13,2 „
13,3.
19,3»«
8,3««
13,3»»
13,4.
im Mittel
18,6.
13,3,
19,3.
8,3,
13,35 „
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137
Wir wenden uns nun zur Betrachtung der Farbenab-
stände zwischen Ferridacetat , den essigsauren und essig-
säurefreien Eisenchloridlösungen, indem wir aus den mit-
getheilten Beobachtungen folgende chromatische Glei-
chungen ausziehen.
Den 9. September 1S68.
I) 1 8,9 1 (Mm. Cu S II3 N VI 3) 9,74 (Mm .Fe Ä 3 III) = R ').
II) 18,91 (Mm. CuSH3N VI 3) -f- 8,8 (Mm. CoS 116)
-f-(Fe2Cl3VIIIa^6)a) = 0.
III) 16,88 (Mm.Cu SH,N VI 3) -f- 8,67 (Mm. Fe Aa III)=R.
IV) 1 6,88 (Mm. Cu S H8 N VI 3) -f- 22,3 (Mm. Fe Ä, VI/,)=R.
Da nach früheren Beobachtungen
100 (Mm. Fe A, III) — 254,2 (Mm. Fe A, VI/*),
so erhält man aus den Gleichungen I, III und IV im Mittel
V) 18,91 (Mm.Cu SH3N VI3) + 24,8(Mm.FeA3 VI/) = R
aus No. II und V aber
VI) 24,8 (Mm. Fe Ä3 Vif) - (Fea Cl8 VIII a±±)
4- 8,8 (Mm. CoS 116) -f-R.
A Den 18. Augast 1868.
I) 9,8 (Mm.CuSH3N VII2)+28,65(Mm.FeÄ3XI)«2R.
II) 9,8 (Mm. Cu S H3 N VII 2) + 7,5 (Mm. Co S 116)
-f- 9,25 (Mm. Fe3Cl8 X b-^ e) =0.
1) Das leicht erklärliche Bestreben, die Gunst eines im Voraus unbe-
rechenbaren klaren Sonnentages möglichst hoch zu verwerthen, wird
es verzeihlich finden lassen, dafs man nicht immer bis zur vollstän-
digen Farbenneutralisation gegangen ist, sondern sich öfters mit einer
Neutralisation bis auf einen geringen Farbenrest begnügt hat. Um
diesen in Rechnung nehmen zu können, bezeichne ich „Röthlich*
R
mit R, „Kaum" oder „Wenig Röthlich" mit y, „Sehr R" mit 2R
und verfahre dem entsprechend mit »Gelblich" =» F (flavua), „Grün-
lich" = V (viridis) und „Blaulich" = C (coeruleus).
2) Da in dieser und den folgenden Gleichungen stets die Eisenchlorid-
lösung Villa mit 145,4 Mm. und VIII h mit 3,65 Mm. dicker Schicht
aufgeführt wird, schliefse ich diese Zahlen der Kürze halber aus, bi«
sie wieder gebraucht werden.
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138
Da nach früheren Beobachtungen
124,5 Mm. FcÄ3 XI) — 100 (Mm. Fe A8 VI f),
so ist auch neben Gleichung I
III) 9,8 (Mm. Cu S H8 N VII 2) 4- 23,0 (Mm. Fe Aa VI f) = 2 R.
Gleichung II und III combinirt geben
IV) 23,0 (Mm. Fe A, VI f) = 9,25 (Mm. Fe, CÜa X ^ 5 )
4-7,5 (Mm. Co S 116) 4- 2 R.
oder nach Multiplication mit 1,08
V) 24,8 (Mm. Fe Ä3 Vlß = 9,99 (Mm. Fe, Cl8 X — "-)
+ 8,1 Mm. Co Sil 6) 4- 1,08 X2R.
Da Eisenchloridlösung VIII 6 nach den Beobachtungen
vom 5. October 1866 und vom 9. September 1866 gleich
oder wenigstens sehr nahe gleich den Lösungen Xa bis e,
sowie VIII und Villa nüancirt ist, so folgt aus letzt auf-
geführter Gleichung A V und den durch Gleichung VI vom
9. September dargestellten Beobachtungen Ober die chro-
matischen Beziehungen der Lösungen VIII zu Ferrid-
acetat, da s
VI) 9,99 (Mm. Fe, Cl, X 6 +-) = 0,485Mm. VIII = 145,4
Mm. Villa und = 3,65 Mm. VIII b.
Ba.
I) 9,8 (Mm. Cu S H8 N VII 2 -f- 28,65 (Mm. Fe Ä, XI) = 2 R.
II) 9,8 (Mm. Cu S H8 N VII 2) 4- 4,2 (Mm. Co S II b)
4- 18,0 (Mm. Fe, Cl3, X, Villi) = O;
woraus mit Einfuhrung von 24,8 Mm. Fe ~Ä3 VI/" statt
1,08 X 28,65 Mm. Fe A, XL
III) 24,8 (Mm. Fe Ä3 Vif) = 19,4 (Mm. Fe, C13,Ä , Villi)
4- 4,54 (Mm. Co S II b) 4- 1,08 X 2 R.
Durch Combination dieser Gleichung Balll mit AV
kommt man zu
IV) 1 9,4 (Mm. Fe, C13,Ä, VIII i) — 9,99 (M m. Fe, Cl8 X ±±± )
4- 3,56 (Mm. Co SU b).
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139
Bb.
I) 19,85 (Mm. C11SH3 N VI 3) -+- 31,1 (Mm. Fe A3 XI) = |- .
II) 19,85 (Mm. Cu S H8N VI 3) + 5,7 (Mm. Co S 116)
-f- 17,86 (Mm. Fe, Cl„ Ä, VIII t) = 0,'
woraus mit Einführung von 24,8 Mm. Fe A3 VI/* statt
0,996x31,1 Mm. FeÄ5XI.
TU) 24,8(Mm.Fe Ä, VI f) = 1 7,72 (Mm. Fea Cl„ Ä, Villi)
5,65 (Mm. Co S II 6) + 0,996 y . .
Bc.
I) 18,0 (Mm. Cu S H3 N VI 3) + 29,0 (Mm. Fe Äa XI)
_ R »)
2 '
II) 18,0 (Mm. Cu S H, N VI 3) -h 5,7 (Mm. Co S II b)
H- 16,16 Mm. Fea Cl, A, Villi) — |,
woraus durch Einführung von 24,8 Mm. Fe A , VI f statt
1,064 x 29,0 Mm. Fe Ä8 XI.
IU) 24,8 (Mm. Fe Ä3 Vif) = 17,2 (Fea Cl3, Ä, Villi)
-f- 6,06 (Mm. Co 8 Hb) — 1,064 R.
Hierzu die mit zwei multiplicirte Gleichung B6 III,
nämlich 49,6 (Mm. Fe Ä, Vif) = 35,44 (Fe, Cl3, Ä, Vüli)
-h 11,3 (Mm. Co S 116) -h 0,996 R
addirt, giebt:
1) Bei dor Geringfügigkeit der hier in Betracht kommenden Farbenreste,
welche kaum ein Hundertstel der wirksamen Farbstrahlen ausmachen,
darf unbedenklich „Grünlich" als „Negativ Röthlich* aufgefafst werden,
wonach y = -y.
Nach gelegentlichen Beobachtungen vom 19. August wurde über
den Neutralisationspunkt hinweg, der Farbenabstand von „Wenig
Röthlieh" bis „Wenig Grünlich" ausgeglichen durch 0,28 Mm. bis
— 0,10 Mm. oder im Mittel 2x0,19 Mm. Co S 116, derjenige von
-Rot hl ich" bis „ Grünlich" durch 0,42 Mm. bis — 0,27 Mm. oder im
Mittel 2 X 0,35 Mm. Co S Hft.
Bei dem Farbenrest „Röthlich" ist die wirksame Schicht von
Eisenchlorid oder Ferridacetat etwas niedriger, bei „Grünlich" etwas
höher als bei vollkommener Neutralisation.
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140
IV) 74,4 (Mm. Fe Ä8 VI /*)= 52,64 (Min. Fe, Cl3, Ä, Villi)
-f- 1 7,36 (Mm. Co 8 II 6) - 0,068 R.
Da 0,068 R » 0 gesetzt werden darf, ergiebt sich
aus Gleichung IV:
V) 24,8 (Mm. FeÄ3 Vif) = 17,55 (Mm. Fe2Cl3, A, Villi)
-h 5,79 (Mm. Co S il 6).
Nach Gleichung III und V, sowie nach dem, was in
der Anmerkung Ober die Gröfse der Farbenreste gesagt
ist, können wir ohne Furcht vor einem Fehler in Glei-
chung VI vom 9. September für R den Werth 0,29 Mm.
Co S 116 einfuhren, wonach letztgenannte Gleichung lautet:
B c VI) 24,8 (Mm. Fe Ä3 VI f) = (Fe, Cla VIII l±i)
-r-9,09 (Mm. Co S 116).
Ziehen wir von dieser Gleichung obige BcV ab, so
erhalten wir:
VII) 17,55 (Mm. Fe, Cla, Ä, VIII i) — (Fe, Cla VIII a ± b)
-H 3,3 (Mm. Co S II 6).
C.
I) 9,80 (Mm. Cu S H3N VII 2) -4- 4,1 Mm. Co S U 6
-f- 17,9 (Mm. Fe, Cl3, Ä, VIII i) = O, und
II) 9,80 (Mm. Cu S H3 N VII 2) -f- 7,5 (Mm. Co S II 6)
-f- 9,25 (Mm. Fe, Cl8 X b^ € ) = O,
durch deren Combination:
III) 1 7,9 (Mm. Fe, Cl„ Ä, VIII i) = 9,25 (Mm. Fe, Cl, X
-h 3,4 (Mm. Co S II 6).
Den 18. August 1866.
A.
• • • •
I) 10,6 (Mm. CuS H3N VII 4) -f- 7,37 (Mm. Co S 116)
-f- 10,4 (Mm. Fe, Cl3 X ^) *) = O, und
1) Siehe folgende Seite.
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141
II) 10,6 (Mm. Cu S H3N VII 4) + 4,18 (Mm. Co S 116)
-r- 18,78 (Mm. Fe, Cl8, A, Villi) « 0,
durch deren Combination :
Ul) 18,78 (Mm Fe2 Cl3, Ä, Villi)
— 10,4 (Mm. Fea Cl, X a-^)^ 3,2.(Mm. Co S 116).
B.
I) 10,6 (Mm. Cu S H3 N VII 4) -f- 7,37 (Mm. Co S 116)
-f- 10,4 (Mm. Fe, Cl3 X a ■ £ = 0, und
11) 10,6 (Mm. Cu S H, N VII 4) 5,85 (Mm. Co S II 6)
-h 5,02 (Mm. Fe, Cl„ Ä, VIII A) = O,
durch deren Combination:
III) 5,02 (Mm. Fe, Cla, Ä, VIII Ä)
« 10,4 (Mm. Fe2 Cl3 X a~b)^ -+- 1,52 (Mm. Co S 116).
Wird die letzte Gleichung (B III) abgezogen von
obiger A III, so entsteht
IV) 18,78 (Mm. Fe, Cl3, Ä, Villi)
= 5,02 (Mm. Fe, Cl3, Ä, VIII A) + 1,68 (Mm. Co S II 6).
(Schlafs im nächsten Heft.)
IX. Beiträge zur Kenntnifs des Stabmagnetis
mus; von Dr. Heinrich Schneebeli.
Ein groiser Fortschritt in der Kenntnifs der magnetischen
Kräfte und ihrer Wirkungen geschah durch das von Gaufs
aufgestellte Gesetz über die ideale Vertheilung des mag-
netischen Fluidums, welches dahin lautet, dafs die Wir-
l) Nach den S. 130 mitgeteilten Beziehungen zwischen den verschiedenen
X-LöMingen sind 10,4 Mm. X - 5" gleich 10,3 Mm. X ^ •
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142
kung magnetischer Körper auf andere Körper so beschaffen
ist, dals man sich dieselbe erklären kann aus der Annahme
einer Anhäufung der magnetischen Massentheilchen auf
der Oberfläche des magnetischen Körpers. Für die Wir-
kungsweise magnetischer Körper ist es nach Feststellung
dieses Gesetzes vollkommen gleichgültig, wie man sich
die innere Ursache des Magnetismus denkt, ob man ent-
weder zwei magnetische Fluida annimmt, welche in den
Molecülen geschieden sind, oder ob man sich jedes Mole-
cül von einem elektrischen Strome umflossen denkt
Die Gröfse der Anziehungs- oder Abstofsungskraft,
welche zwei magnetische Massentheilchen «, und u, im
Abstände r auf einander ausüben, ist wie bekannt:
? *
Wir können aus dieser Formel sofort zu einer Maafs-
einheit des magnetischen Fluidums gelangen; es ergiebt
dieselbe nämlich folgende Definition :
Wir betrachten diejenige Quantität des magnetischen
Fluidums als Einheit, welche auf eine ihr gleiche Quan-
tität, die sich in der Entfernung Eins befindet, die Einheit
der Kraft ausübt.
Auf diese Weise haben wir nun freilich eine Maafs-
einheit für magnetische Fluida gewonnen, die aber für
praktische Zwecke von keinem Nutzen ist. Es gelingt
nun auf andere Weise, eine allgemeine Maafseinheit und
damit auch ein allgemein anwendbares Messungsverfahren
für magnetische Kräfte zu erhalten. Einen magnetischen
Körper stellen wir uns nach dem Gesetze, das wir im
Anfange erwähnt haben, so vor, dais wir uns eine Hälfte
desselben mit Nordmagnetismus, die andere Hälfte mit
Südmagnetismus bedeckt denken. Wir wollen uns hiebei
an einen bestimmten Fall halten, nämlich an unsere Erde.
Betrachten wir die Neigung einer Inclinatiousnadel an
verschiedenen Punkten der Erde, so finden wir dieselbe
an zwei Punkten der Erde zu 90w. Man nennt diese
1) Leber diese Hypothesen und deren Berechtigung vergleiche W i 1 he I m
Weber: Dianmgnctisinus S. 557 — 574.
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143
beiden ausgezeichneten Punkte die magnetischen Pole der
Erde. Dieselbe Definition kann man nun auch z. B. auf
Stahl uiagnete übertragen und also diejenigen Punkte des
Magnetes Pole nennen, in welchen die Resultirende aller
Elementarkriifte senkrecht zu der Längsrichtung des Stabes
steht.
Wesentlich anders gestalten sich die Verhältnisse, wenn
wir die Wirkung eines Magnetes auf einen sehr entfernten
Punkt oder umgekehrt bestimmen. Wir dürfen alsdann
die von den einzelnen magnetischen Massentheilchen auf
den Punkt ausgeübten Kräfte als parallel betrachten und
die unendlich vielen Elementarkräfte, die von der einen
Hälfte des Magnets auf den Punkt ausgeübt werden,
analog den gravitirenden Massen, summirt und in einen
einzigen Punkt des Magnets verlegt denken und den Punkt
so wählen, dafs die Wirkung der Gesammtkraft in diesem
Punkte dieselbe ist, wie diejenige der Elementarkräfte in
den verschiedenen Punkten des Körpers. Ganz analog
den gravitirenden Massen können wir auch hier den Punkt,
in den wir die Gesammtkraft verlegen müssen, Schwerpunkt
nennen; auch diesen Punkt belegt man aber mit dem
Namen magnetischer Pol des Körpers. Es würde also bei
dieser Auffassung des Namens Pol die Definition für die-
selben so lauten: Die Pole eines Magnets sind diejenigen
zwei Punkte, in denen man sich die magnetischen Massen-
theilchen concentrirt denken kann, ohne an der Wirkung
des Magnets auf einen sehr entfernten Punkt etwas zu än-
dern, oder ganz kurz:
Pole eines Magnetes nennt man die Schwerpunkte des
freien Nord- oder Südmagnetismus.
Je nachdem wir also die Wirkung eines Magnets auf
einen Punkt seiner Oberfläche oder aber auf einen sehr
entfernten Punkt betrachten, erhalten wir zwei verschie-
dene Punkte, die wir mit dein Namen Pol belegen.
Für den Erdmagnet wt3iden wir die erste Definition
annehmen, während wir im Folgenden für die künstlichen
Magnete die zweite Definition beibehalten. Von den künst-
DigitoecUait Google
144
liehen Magneten wollen wir im Folgenden nur die Stab-
magnete betrachten, was hier schon ein- für allemal er-
wähnt werden soll.
Bezeichnen wir alsdann die Menge des freien Nord-
und Südmagnetismus, von denen auf demselben Körper
immer gleiche Mengen vorhanden sind, mit /i, ferner den
Abstand der Magnetpole von einander mit 2/, so nennt
man das Produkt:
nach Gauss das magnetische Moment des Magnetes.
Haben wir nun nach später zu erläuternden Methoden
das magnetische Moment und den Abstand der Magnet-
pole des zu untersuchenden Magnetes bestimmt, so können
wir für denselben sofort die Menge des freien Magnetis-
mus berechnen. Es hat indessen, wie schon erwähnt, diese
Gröfse für magnetische Bestimmungen keine Bedeutung,
während das magnetische Moment die Wirkung des Mag-
netes, wenigstens auf entfernte Punkte, vollkommen definirt.
Man giebt daher für irgend einen Magnet nur sein mag-
netisches Moment an und vergleicht die verschiedenen
Magnete nach ihren Momenten, eine Vergleichung, die
sehr genau und rasch ausgeführt werden kann. Das mag-
netische Moment Eins bezeichnet man nach Gauss mit
dem Namen absolute Einheit des Stabmagnetismus. Gauss
hat bei den Bestimmungen des magnetischen Moments als
Längeneinheit das Millimeter festgesetzt; diese Annahme
hat freilich den Nachtheil, dafs bei selbst noch kleinen
Magneten die Zahl, welche das magnetische Moment an-
giebt oder also die Zahl der absoluten Einheiten unbe-
quem grofs wird. Man kann aber diese Zahl der Ueber-
sichtlichkeit und auch des Vergleichs wegen auf Milli-
gramme reduciren, d. h. das Moment des Magnets durch
sein Gewicht (in Milligramm ausgedrückt) dividiren und
erhält so die Zahl der absoluten Einheiten , die auf ein
Milligramm des Magnetes fallen, eine Zahl, welche dann
leichte UeberHicht gewährt.
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145
Hat dann z. B. der Maguet A n Einheiten per Milligrm.,
der Maguet B nl Einheiten per Milligrm.,
so kanu man sagen: Der speeifische Magnetismus der
beiden Magnete verhalte sich wie n : nl. Die Fruchtbarkeit
dieses Messungsverfabrens erhellt am besten aus folgenden
Consequenzen , die bezüglich der Kraftmessung aus dem-
selben gezogen worden sind. Nämlich:
Wir setzen diejenige magnetische Kraft gleich Eins,
welche auf einen um seinen Mittelpunkt (Mitte zwischen
den beiden Polen) drehbaren Magnet vom magnetischen
Moment Eins das Drehungsmoment Eins (in Millimeter
und Milligramm) ausübt.
Die so definirte Krafteinheit nennt mau die absolute
magnetische Krafteinheit , welche also in allgemeinem me-
chanischem Grundinaalse ausgedrückt ist.
Es ist evident, dafs wir durch diese Definition zu
gleicher Zeit auch ein Maafs für galvanische Kräfte *)
nach mechanischem Grundmaafse gewonnen haben, da wir
ja die magnetischen Wirkungen galvanischer Ströme stets
hervorbringen können durch ideale Magnete.
Das magnetische Moment giebt also ein Maafs für die
Intensität, mit welcher ein 'Magnet auf entfernte Punkte
wirkt. Wir werden uns in Folgendem nicht nur auf die
Bestimmung des Momentes beschränken, sondern auch
den einen seiner beiden Factoreu, der für practische Fälle
von grofser Bedeutung ist, nämlich den Abstand der
Magnetpole, einer besonderen Untersuchung unterwerfen;
wir begränzen iudefs unsere Bestimmungen auf die per-
manenten Stabmagnete, für welche wenig sichere Angaben
vorliegen. Es ist also der Zweck der vorliegenden Arbeit,
einen Beitrag zur Kenntnils dieser beiden Gröisen zu
liefern, sowie eine Anwendung davon zu practischen
Zwecken anzugeben als Beispiel für die practische Wich-
tigkeit einer ausgedehnten Untersuchung in dieser Hinsicht.
1) Lieber Grundmaafse und die daraus abgeleiteten absoluten Maafge
vergl. W. Weber, Klektrodynanjische Maafsbestimniungen. S. 218.
PoggendorflT« Annal. Ergänzungabd. VI. 10
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146
§. L Messung des freien Magnetismus auf einigen Stahlinagneten nach
absolutem Maarse.
Messungen Über den Magnetismus permanenter Stab-
magnete nach absolutem Maalse liegen sehr wenige vor;
eine systematische Durchführung solcher Bestimmungen
ist überhaupt nie versucht worden.
W. Weber1) giebt für sehr starke Stahlmagnete die
Zahl der absoluten Einheiten per Milligramm zu 400 an,
eine Zahl, welche bis jetzt meistens als das Maximum des
erreichten Magnetismus angesehen wird und als solche in
allen Lehrbüchern zu treffen ist. In neuester Zeit be-
richtete Waltenhofen1) über Versuche mit permanenten
Stabmagneten, nach denen es ihm gelungen ist, dünnere
Stahlstäbe bis auf die Stärke von 470 Einheiten pr. Milligr.
zu bringen.
Diese Zahlen für das magnetische Moment permanenter
Stahlmagnete werden aber weit übertroffen von denjenigen
für das temporäre Moment von kräftigen Elektromagneten.
So erhielt z. B. Weber') folgende Werthe für das tem-
poräre Moment weicher Eisenkerne unter dem Einflüsse
magnetisirender Kräfte, die in absolutem Maafse ausge-
drückt sind :
No. Magnetisirende Kraft M»S™Ü 3jjj£^
1 658,9 911,1
2 1381,5 1424,0
3 1792,0 1547,9
4 2151,0 1627,3
5 2432,8 1680,7
6 2757,0 1722,7
7 3090,0 1767,3.
Es hat nun Neu mann4) einen Ausdruck aufgestellt
für das entstehende magnetische Moment eines Kotations-
1) W. Weber, Resultate des magnet. Vereins 1840, S. 89.
2) A. v. Waltenhofen -i'ogg. Bd. 142 S. 263. (In No. 2 pro 1871.)
3) W.Weber, Elektrodynam. Maafsbcstimrnungen S. 573.
4) Neumann Crelle's Journal Bd. 2'*..
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H7
ellipsoids unter der Einwirkung einer Scheidungskraft P,
der lautet:
= kP
worin bedeuten:
u das magnetische Moment per Milligramm,
5 einen vom Axenverhältnils abhängigen Factor,
? ^G ^jc^te j Jer betreffenden Eisen- oder Stahlsorte.
k eine konstante )
Nach den Versuchen von Weber1) ergiebt sich aber
k abhängig von der Gröfse der Scheidungskraft, und es
wird 'nach seiner Theorie der drehbaren Molecularmagnete,
wenn wir mit m das Maximalmoment, d. h. das Moment,
das unter der Einwirkung einer unendlich grofsen Kraft
entstehen würde, bezeichnen:
• F(P) , , F(P)
k = m y daher u = m{ ^
P
in welcher Formel für P = oc ; F (P) = 1 wird.
Die vorstehende Tabelle wird nun am genauesten durch
diese Formel wiedergegeben, wenn wir
m = 2324,68
setzen, d. h. man findet nach derselben die Gränze der
Magnetisirbarkeit des Eisens zu etwa 2325 Einheiten per
Milligramm.
Die von Weber beobachtete Tabelle benutzte später
I>amont*) zu einer Prüfung seiner Formel, die er unter
der Voraussetzung ableitet, dafs die Zunahme des magne-
tischen Momentes bei wachsender Stromintensität propor-
tional sey der Differenz M des vorhandenen u und dem
Maximum m des zu erreichenden Magnetismus, und welche
lautet:
u = m\l-e-ki\
1) W. Weber, Elektrodynam. Mitbestimmungen insbesondere über
Diaroagnetismns. S. 573.
2) Lanoont, Magnetismus (Bd 15 «kr Knrycl.) S. 47.
10*
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148
Es ergiebt sich aus der vorstehenden Tabelle nach
dieser Formel:
m = 1808,2 Einheiten per Milligramm.
Vermittelst einer andern Formel erhält Waltenhofen')
die Gränze der Magnetisirbarkeit des Eisens, indem er
sämmtliche vorhandene Beobachtungen über den Zusammen-
hang zwischen Stromstärke und inducirtem Magnetismus
zu deren Bestimmung benutzt:
m = 2125 absolute Einheiten per Milligramm.
Die beim Eisen berechneten Maximalwerte des Ma-
gnetismus sind 8ämmtlich beinahe fünfmal grölser, als die
beim Stahl als solche bezeichneten Werthe.
Zufällig wurde nun in unserm Laboratorium eine ge-
wöhnliche magnetische Nähnadel auf ihren specifischen
Magnetismus geprüft und dabei ein so grofser Werth ge-
funden, dafs es geboten war, die Sache weiter zu ver-
folgen.
Wir werden im folgenden Paragraphen eine Formel
ableiten, aus der sich das magnetische Moment von Mag-
neten bestimmen läfst. Es lautet dieselbe, wenn wir von
Gliedern höherer Ordnung absehen:
jr* Ttgf
M = •
1+2-
r1
Hierin bedeuten:
T die horizontale Intensität des Erdmagnetismus an
dem Orte, wo die Versuche ausgeführt werden; ff den
Ablenkungswinkel einer Magnetnadel, der hervorgebracht
wird durch den zu untersuchenden Magnet, der sich in
der Entfernung r östlich oder westlich von derselben hori-
zontal von Osten nach Westen hingelegt befindet, und
endlich
2A den Abstand der Magnetpole des Magnetes, den
wir zu 0,85 seiner Länge annehmen.
Die horizontale Intensität des Erdmagnetismus in Zü-
1) Waltenhofen, Pogg. Ann. Bd. 137 S. 517.
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149
rieh (in einem Zimmer des ersten Stockwerkes des eidg.
Polytechnicums) bestimmte Hr. Prof. Kohlrausch ver-
mittelst seines compensirten Magnetometers1) zu 1,9781.
Durch Vergleichung hiermit mittelst desselben Instruments
fand ich für den Ort der folgenden Beobachtungen die
Intensität =» 1,9735.
Eine grofse Magnetnadel, die wir später zu den Be-
stimmungen über Polabstand benutzen werden, wurde auch
auf ihr magnetisches Moment geprüft. Wie aus den S. 158
mitgetheilten Zahlen hervorgeht, ergiebt sich aus den beiden
Ablenkungen
94,7 bei einer Entfernung des Magnets von 500 Mm.
187,9 j) j> n » » - 400 „
der Entfernung der Scale vom Spiegel 2010 Mm. und dem
Gewichte von 3260 Milligramm das magnetische Moment
•« 855 Einheiten per Milligramm, also mehr als das Dop-
pelte des gewöhnlich als Maximum des permanenten Ma-
gnetismus bezeichneten.
Es wurden ferner 5 englische Nähnadeln, wie man sie
gewöhnlich kauft, durch Streichen an einem Lamellen-
magnet magnetisirt und untersucht. Die Resultate sind:
Nadel
Länge
Gewicht
Absolute Einheit
per Milligrm.
1
25,5 Mm.
0,060 Grm.
750
2
35,5 ,
0,0585 „
710
3
66,5 „
0,601 „
850
4
38,7 „
0,174 „
680
5
44,5 ,
0,207 „
720.
Man glaubte die magnetische Masse der Nadel noch
erhöhen zu können, wenn man sie glashart machte, es
zeigte sich indessen kein erheblicher Unterschied. Noch
gröfsere Zahlen ergaben dünne Stricknadeln. Die Ver-
suche mit zwei gewöhnlichen Stricknadeln von folgenden
Dimensionen :
1) Koblrausch, Nachrichten der königl. Gesellschaft der Wissenschaften
»n Göttingen 18. Jan. 1871. Nu. 1.
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150
Länge - Durchmesser Gewicht
1. Nadel: 210 Mm. . 1,75 Mm. 4195 Milligrm.
2. „ 198 „ 0,83 „ 1055 „
ergaben :
1. Nadel: 4082000 Einb. oder 975 per Milligrm.
2. , 1121000 „ , 1060 „ \
Mit der dünnen Nadel hat man also schon die Hälfte
des oben angegebenen Maximums des temporären Magne-
tismus erreicht. Es wurde nun noch folgender Versuch
angestellt: die Nadel 1 wurde in der Mitte entzwei ge-
brochen und das magnetische Moment beider Hälften be-
stimmt:
Die erste Hälfte ergab: 1578000 Einheiten.
„ zweite „ „ 1565000 „
Im G anzen: 3143000.
Es wurden nun beide Hälften noch einmal neu ma-
gnetisirt, um sie wieder auf das Maximum zu bringen, da
vielleicht durch Erschütterungen beim Brechen ihr Ma-
gnetismus sehr geschwächt worden.
Die Summe blieb dennoch kleiner, als der Magnetis-
mus der ganzen Nadel war, wie aus den folgenden Zahlen
hervorgeht:
1. Hälfte ergab: 1634000 absolute Einheiten.
2. „ „ 1625000 „ „
Zusammen: 3259000.
Die zweite, dünnere Nadel wurde gauz denselben
Manipulationen unterworfen; hingegen ergaben ihre beiden
Hälften, als man sie wieder neu magnetisirt hatte, bei-
nahe genau wieder denselben Werth wie die ganze Nadel:
1. Hälfte 574000 Einheiten
2. „ 563000 „
Zusammen : 1 1 37000.
Die erste Hälfte wurde nun noch einmal gebrochen
und es wurde das magnetische Moment der beiden Theile,
nachdem man sie wieder neu magnetisirt hatte, ge-
funden zu:
473000 Einheiten;
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151
also wieder bedeutend weniger, als für die gesaramte Hälfte.
Es geht demnach aus diesen Versuchen hervor, dafs, so-
bald das Verhältnifs des Durchmessers zur Länge unter
einen gewissen Werth gesunken ist, das magnetische Mo-
ment von Stäben, den Massen derselben proportional ge-
setzt werden darf, wie es auch die Theorie verlangt.
Betrachten wir nämlich die Formel, die Neumann ')
für das magnetische Moment eines Ellipso'ides aufstellt:
k V P
worin, wenn mit r die Axe des gröfsten Kreisschnittes
und mit Vr2 — )Jl die Länge der Rotationsaxe bezeichnet
und ferner: ]/\ — (J-^ = ö gesetzt wird,
so sehen wir, dafs sobald r gegen Vr% — X* verschwindet»
a = 1 und S = 0 wird, was nichts anderes bedeutet, als
u wird proportional dem Volumen v oder der Masse des-
selben.
In unserem Falle beträgt für
die erste Nadel S = 0,00170
die zweite Nadel S = 0,000504
indem wir nämlich die Stäbe in Ellipsoide von gleichem
Volumen und gleicher Länge verwandeln.
Freilich haben wir nun noch keinen Anhaltspunkt über
die Gröfse des zweiten Gliedes des Nenners, indem ja die
Gröfse k keine Constante ist, sondern nach den Versuchen
Weber s1) eine Function der Scheidungskraft, und nach
Riecke*) ferner noch abhängig ist vom Axen verhältnifs
und zwar so, dafs h zunimmt, wenn S abnimmt. Es geht
indessen aus den Versuchen hervor, dafs für die zweite
Nadel der Fehler, der mit Weglassung dieses Gliedes ent-
stehen würde, jedenfalls in die Fehlergränze der Beobach-
tung hineinfallt.
1) Neu mann, /. c.
2) Weber, l. c.
3) Riecke, Diese Ann. Bd. 141 8.453.
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1.52
§. 2, Bestimmung der Läpp ricr Magnetpole in Stabmapneten.
Die Lage der Magnetpole in Stäben hängt eng mit der
Vertheilung des Magnetismus auf denselben zusammen,
indem sobald das Gesetz der magnetischen Vertheilung
bekannt ist, damit auch sofort die Lage dieser ausgezeich-
neten Punkte festgesetzt ist. Es ist indefs, trotz vieler
Bemühungen, noch nicht gelungen, dieses Gesetz definitiv
festzustellen, sondern die erlangten Resultate geben uns
im Allgemeinen nur einen annähernden Begriff über die
ideale Anhäufung des Magnetismus. Die Versuche über
die Vertheilung des Magnetismus auf Stabmagneten ge-
schahen im Wesentlichen nach folgenden drei Methoden,
nämlich durch:
1) Abreifsen eines an verschiedene Punkte des Ma-
gnetes angelegten Eisenstücks. (Hooke.)
2) Schwingungen einer kleinen Magnetnadel unter der
Einwirkung verschiedener Punkte des zu untersuchenden
Magnetes. (Coulomb.)
3) Induction in einer Spirale, die auf den Magnetstab
auf verschiedenen Punkten aufgesetzt wird. (Lenz und
Jacobi; Rothlauf.)
Die ersten Versuche, in dieser Richtung einiges Licht
zu verbreiten, gingen von Coulomb aus, dessen Resultate
Biot mit seiner Theorie übereinstimmend fand, welche
ergab, dass die Intensität des Magnetismus eines sehr
dünnen Stabes im Abstände x vom Ende gegeben werde
durch die Formel:
worin A und u Contanten und / die halbe Länge des Stabes
bedeuten; d. h. die Intensität nimmt von der Mitte hin
zu nach einer Kettenlinie. Dieselben Resultate findet
Green aus seiner Theorie und auch Lamont1) aus
seinen experimentellen Untersuchungen.
Andere Physiker erhielten ähnliche, theils aber auch
1) Lamont, Magnetismus. S. 161 usw.
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153
abweichende Resultate, so dafs bis jetzt die Frage über
die Vertheilung des Magnetismus auf Stäben noch als eine
offene bezeichnet werden kann.
Wir können nun aber, ohne das Vertheilungsgesetz
des magnetischen Fluidums zu können, doch die Lage der
magnetischen Pole bestimmen. Wir dürfen nämlich immer
die Annahme machen, dals, wo sich auch der wirkende
Punkt aui'serhalb des Magnetes befinde, seine Wirkung
nur auf einen einzigen Punkt des Magnetes ausgeübt
werde. Freilich wird dann bei verschiedener Entfernung
desselben, der Angriffspunkt der ausgeübten Kraft sich
verschieben und nur bei unendlicher Entfernung mit dem
Pol des Magnetes zusammenfallen. Wenn wir aber auch
bei praktischen Bestimmungen die Kraft nicht aus unend-
licher Ferne wirken lassen, so wird doch schon bei einer
Entfernung des Punktes, die gegenüber der Länge des
Magnets beträchtlich ist, der Angriffspunkt der Kraft
nicht erheblich von dem Pole des Magnetes abweichen,
so dafs wir angenähert diesen Angriffspunkt mit dem Pol
identificiren können, was wir auch im Folgenden thun
wollen 1).
a. Ablenkungsmethode. Eine Methode zur Bestimmung
des Abstandes der Magnetpole in Stäben ergiebt sich aus
folgender einfachen Betrachtung:
1) Wenn nun auch Lamont (Magnetismus S. 291) nach ähnlichen Ucbcr-
legungen sagt:
„Daher kommt es. dafs die strenge Losung der Probleme, welche
im Magnetismus behandelt werden, durch die Einführung der Pole
weder vereinfacht noch erleichtert wird und mithin auch die Be-
stimmung der Lage der Pole von keiner Wichtigkeit ist.*
so darf man eine solche Behauptung jedenfalls an^weifeln, da wie
er selbst dann anführt, Lambert, Kupffer und Coulomb im
Allgemeinen die Pole aufserhalb des Magnetes fanden und nur Da IIa
Bella dieselbe innerhalb der Magnete legte. Es ist nach solchen
Facten jedenfalls auch für die Theorie und nicht nur für practisebe
Fälle von Wichtigkeit, die Lage dieses Pnnktes, wenn auch nur an-
genähert, experimentell zu bestimmen, was, soviel mir bekannt ist,
noch keineswegs ausgeführt wurde.
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154
Es sey in neben-
stehender Figur m
► eine kurze Magnet-
nadel. Nun nähere
man derselben senk-
recht zum magnetischen Meridian den zu untersuchenden
Magnet.
Bezeichnen wir mit M das magnetische Moment des
Magnetes, mit A den halben Abstand der Magnetpole,
mit r den Abstand der Mitte des Magnets von der be-
weglichen Magnetnadel und endlich mit m das magnetische
Moment der Nadel so wird für das Drehungsmoment des
Magnets auf die Nadel folgender Ausdruck erhalten:
m M i r — ). r-M )
Bei der Einwirkung des Magnets auf die Nadel wird
dieselbe aus ihrer Gleichgewichtslage abgelenkt ; wir wollen
annehmen um den Winkel tp» Es werden dadurch die
Abstände rt und r2 um die GröTse l sin ff verändert; da
wir aber Spiegelablesung benutzen und ferner / sehr klein
ist, dürfen wir dieses Glied gegenüber den angewandten
Entfernungen vernachlässigen. Wenn wir nun die obige
Gleichung entwickeln und Glieder höherer Ordnung ver-
nachlässigen, so erhalten wir rar das Drehungsmoment:
Die GröTse dieses Drehungsmomentes lälst sich aber
auch noch auf eine andere Weise ausdrücken. Es muis
nämlich die Wirkung des Magnets, welche bestrebt ist,
die Nadel senkrecht zum magnetischen Meridian zu stellen,
bei einer bestimmten Ablenkung ff compensirt werden
durch die Wirkung der horizontalen Componente des Erd-
magnetismus. Bei dieser Gleichgewichtsstellung der Nadel
mufs daher seyn:
0 cos ff = Tm sin ff
wenn wir mit T die horizontale Componente des Erdmagne-
tismus bezeichnen. Aus diesen beiden Gleichungen folgt:
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155
Wenn wir min mit demselben Magnet eine Ablen-
kung der Nadel aus der Entfernung r, bewirken, so wird
sich in Gleichung (I) weiter nichts ändern als der Aus-
schlagswinkel r/, der die Gröise </,, erreichen möge. Wir
haben alsdann fiir das magnetische Moment des Magnetes
eine zweite Gleichung:
M = o~n — .... Ig.
Aus diesen beiden Gleichungen ergiebt sich nun sofort
Vermittelst dieser Methode wurden nun die folgenden
Bestimmungen ausgeführt und nach Formel II die Werthe
der Polabstände berechnet. Als Magnetnadel benutzte
man den ringförmigen Magnet des Wiede mann 'sehen
Galvanometers, der an einem sehr feinen Coconfaden auf-
gehängt ist, dessen Torsion bei der Kleinheit der Aus-
schläge zu vernachlässigen war. Senkrecht zum magne-
tischen Meridian lag die Schiene, auf welche die zu unter-
suchenden Magnete gelegt wurden; sie besitzt in der
Mitte einen kreisförmigen Ausschnitt, in dessen Centrum
die Magnetnadel sich befand. Dieselbe war von der Mitte
aus von 100 zu 100 Millimeter mit etwa 2 Millimeter
.weiten Löchern versehen, deren Abstände mit dem Kathe-
tometer genau bestimmt wurden.
Bei dem angewendeten Verfahren kommen indefs nur
die Entfernungen der symmetrischen Punkte auf beiden
Seiten von einander in Betracht; es betrug deren Abstand,
wenn man die Löcher von einem Ende aus fortlaufend
mit den Buchstaben des Alphabets bezeichnet:
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156
ak
■m i ^ r\ mm f\. * M * 1 1 *
1399,73 Millimeter
bi
1198,57
ch
999,47 „
dg
799,43
ef
599,59 „
Für jeden der zu untersuchenden Magnete wurde eine
kleine Messinghülse mit Klemmschraube angefertigt, die
in der Mitte einen ungefähr 4 Mm. langen Stift hatte, der
genau in die Löcher der Schiene pafste. Auf diese Weise
glaube ich diejenige Genauigkeit und Präcision für die
Versuche erlangt zu haben, die man für dieselben fordern
mufs; indem ja der Polabstand nur aus einem Corrections-
glied bestimmt werden soll. Vermittelst dieser Vorrich-
tung läfst sich auch das für solche Versuche von gröfster
Bedeutung werdende Commutiren sehr leicht ausfuhren.
Das Verfahren, das man einschlug, mufs ich etwas ein-
gehender behandeln, da es zu einem Kriterium über die
Methode dienen mufs.
Es wurde der zu untersuchende Magnet z. B. bei c
aufgesteckt und die Ablenkung der Nadel B, beobachtet;
nun wird commutirt, d. h. der Magnet um seinen Stift
um 180° gedreht; es wird die Magnetnadel auf die andere
Seite abgelenkt, die auf der Scale abgelesene Zahl sey BtK
Ebenso verfährt man bei d und endlich auch auf den sym-
metrischen Punkten g und h und erhält folgende Fernrohr-
ablesungen: Btl; ßt, B9l; B4, B4l. Sollte man vielleicht
während einer Tageszeit beobachten, wo die Aenderungen
des Erdmagnetismus bedeutend sind, was man übrigens
aus den erhaltenen Zahlen ersehen kann, so thut man
wohl, die Beobachtungen einigemal in umgekehrter Reihen-
folge zu wiederholen, indem sich dann der Einfluss der-
selben compensirt. Gewöhnlich wurden bei den vorliegen-
den Versuchen drei Sätze nacheinander gemacht und die
Mittel aus denselben genommen. Subtrahiren wir nun
die B von den Bl und halbiren diese Differenz, so erhalten
wir den Ausschlag, den die Nadel auf die Distanz giebt,
in welcher sich der Stift von derselben befindet und zwar
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157
unabhängig von einer etwaigen unsymmetrischen Lage des
Stiftes gegen den Magnet. Es Seyen die so erhaltenen
Zahlen bt bt 63 64. Befindet sich die Nadel genau in der
Mitte zwischen den symmetrischen Punkten, so mufs bt
= 64 sein und ebenso. b2 = &3; gewöhnlich ist dies aber
nicht der Fall; bilden wir nun
so erhalten wir diejenige Ablenkung, die statthaben würde,
wenn wir die Ablenkungen aus den genau bekannntcn
Entfernungen y und hervorbringen würden. Um nun
die Ablenkungswinkel zu erhalten, haben wir diese Zahlen
zu dividiren durch den doppelten Abstand der Scale vom
Spiegel. Es vereinfacht sich aber in unserem Falle die
Rechnung; da nämlich in unserm Ausdruck für X tg rp
und tg yx sowohl im Nenner, als auch im Zähler in jedem
Gliede als Factor vorkommen, dürfen wir für die Tan-
genten die an der Scale beobachteten Ausschläge setzen,
nachdem wir jeden Ausschlag 6 um ~ h— verringert haben,
wo J den Abstand des Spiegels von der Scale bedeutet.
Das Gesagte will ich an einem Beispiel erläutern. Die
schon früher erwähnte Magnetnadel von der Länge 141,0""
wurde auf die Punkte c, d, g, h gelegt und im Mittel
folgende Tabelle gefunden:
Bestimmung der Polabstände:
B
6
c
310,3
502,5
192,2
310,7
503,2
192,5
d
214,6
597,1
382,5
214,8
598,0
383,2
9
224,2
594,5
370,3
222,2
592,4
370,2
k
315,4
502,0
186,6
315,6
502,5
186,9.
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158
Man ersieht aus dieser Tabelle, dafs sich die Nadel
nicht genau in der Mitte zwischen den symmetrischen
Punkten befindet, sondern etwas näher den Punkten c und d.
Bilden wir nun die Mittel aus den beiden Versuchsreihen,
so ergeben sich für die Abstände:
ydie Ablenkung zu 94,775 Scalentheilen.
~2 ' n » n 188,275 „
Aus der für eine Anzahl von Ausschlägen ein für alle-
mal berechneten Tabelle für das Corrections^lied entnimmt
man nun durch Interpolation den Werth derselben für
die obigen Ausschläge und es werden so die corrigirten
Ausschläge
by mm 94,720 und ßx = 187,850
woraus sich nun nach Formel III ergiebt zu:
X = 58,2 Mm.
Es beträgt demnach der Abstand der beiden magnetischen
Pole der Nadel:
2 A= 116,4 Mm.
Zwei andere solche Beobachtungssätze ergaben ziem-
lich übereinstimmend:
2A= 126,0
2 A — 119,0
Im Mittel also: 120,5 Mm.
Diese Methode verwandte man nun, um folgende Frage
zu beantworten: Wie hängt die Lage der Magnetpole in
parallelepipedischen Stahlstäben von dem Härtegrad der-
selben ab? Zu diesem Zwecke liefs ich mir von dem-
selben quadratischen Stablstab zwei Stücke abschneiden.
Die Dimensionen derselben waren:
Seite des Querschnitts 4,8 Mm.
Stab No. 1 Gewicht: 18,730 Gram. Länge 103,0 Mm.
Stab No. 2 Gewicht: 19,090 Gram. Länge 102,55Mm.
Die Stäbe wurden an einem sehr starken Elektro-
magnet gestrichen und nachher, um die Magnetisirung
gleichmälsig zu machen, in die Spiralen des Apparats
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159
hineingelegt. Es sey übrigens hier bemerkt, dafs ich die-
selbe Starke der beiden Magnete erreichte, wenn ich sie
nur an einem 25 Pfund schweren Lamellenmagnete strich.
Die beiden Stäbe wurden immer derselben Manipulation
unterworfen; man untersuchte dieselben in folgenden drei
Zustanden :
1) gewöhnlich, wie sie aus der Fabrik geliefert werden;
2) glashart, indem man sie weifsglühend plötzlich in
Wasser tauchte, und endlich
3) weich, indem man sie iu einem Kohlenbecken bis
zur Weifsgluth erhitzte und nachher hermetisch
verschlossen erkalten liefs.
Die Bestimmungen mit diesen beiden Magneten lieferten
folgende Resultate:
Magnet No. I. Magnet No. II.
X X
Gewöhnlich 43,38 41,50
43,1 4 41,18
43,26 41,34
* = i = 0,840 k = 0,803
Glashart 43,33 40,68
46,05 44,41
44,98 43,10
44,80 42,73
k = 0,870 k = 0,830
Weich 42,88 43,81
43,07 44,67
42,98 44,24
k = 0,834 k = 0,859.
Bei dem Magnet No. I zeigt sich mit der Härte
eine regelmäfsige Zunahme des Polabstandes, hingegen bei
dem zweiten Magneten sind die Verhältnisse unregel-
uiäfsiger. Indessen fallen die Abweichungen, wie aus den
mitgetheiltcn Zahlen hervorgeht, so ziemlich in die Fehler-
gränzen der Beobachtung hinein, so dafs sich kein evi-
denter Unterschied des Polabstaudes bei verschiedenen
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160
Härtegraden herausstellt. Im Mittel aus allen Beobach-
tungen würde sich ergeben:
Die Starke der Magnete variirte bei den Versuchen
zwischen 190 und 230 Einheiten per Milligramm, je nach
dem Härtegrad derselben, so nämlich, dafs bei glashartem
Zustand das Maximum erreicht wurde.
6. Vermittelst der Tangentenbussole. Wie bekannt,
gilt für eine Tangeutenbussole das Tangeutengesetz nur,
wenn entweder die Nadel der Bussole gegenüber dem
Durchmesser der Windungen sehr klein ist, oder auch
die Ausschläge bei einer nicht sehr kleinen Nadel unter
einer bestimmten Gränze bleiben. Die erste Bedingung
ist practisch meistens nicht genügend erfüllt, man ist da-
her gezwungen, für genaue Bestimmungen mit gröTsern
Ausschlägen eine Correction anzubringen. Schon vor ge-
raumer Zeit l) ist defshalb durch verschiedene Physiker
und Mathematiker, Hädenkamp, Helmholtz, Bra-
vais, Kinkelin und Andere das Wirkungsgesetz eines
kreisförmigen Stromleiters auf eine nicht unendlich kurze
Nadel aufgestellt worden. Es zeigte sich aus diesen
mathematischen Betrachtungen, dafs die Intensität des
Stromes, der die Windungen durchfliegt, nicht proportional
ist der Tangente des Winkels, sondern dafs für gröfsere
Ausschläge die Intensität zu klein angezeigt wird. Die
Correction, die man an die abgelesenen Winkel anzu-
bringen hat, Iii ist sich nicht in geschlossener Form aus-
drücken, sondern es gelingt deren Ermittlung nur durch
Reihenentwicklung. Von dieser Reihe braucht man indefs
bei nicht gar zu langer Nadel pur das erste Glied als
Correctionsglied. Gerade diese Nichtübereinstimmung des
Tangentengesetzes mit der Intensität kann nun dazu be-
nutzt werden, die Entfernung der Magnetpole von einander
zu bestimmen. Es enthält nämlich das erste Correetions-
1) Das Gesetz wurde zuerst von Hartenkamp m Ornnerts Archiv
Bd. 21 entwickelt.
Magnet L
k — 0,848
Magnet II.
k = 0,831.
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161
glied diese Grölse, und können wir den Zusammenhang
zwischen Stromiutensität und Ausschlag der Tangenten-
bussole feststellen, so ist damit auch das Correctionsglied
bestimmt.
Lassen wir also einen Strom durch eine Tangenten-
bussole gehen, so wird mit Weglassung höherer Glieder
die Intensität desselben gegeben durch
(1) . . . . J = 4tgy J 1 -r-ßsin1^ |
worin :
A r T ( 1 L f! 1 b 3 A1 1 l) H 15 *"
iB~~2«:» ' 2 r* 3 r» 4 ri TT5
wenn wir mit 2 x den Abstand der Magnetpole der Nadel,
mit r den Halbmesser der Windungen, 2 a die Breite und
2 b die Höhe des rechteckigen Querschnitts der Win-
dungen bezeichnen.
Geht nun derselbe Strom durch ein Galvanometer mit
Spiegelablesung, so dürfen wir ohne weiteres die Strom-
intensitäten den erhaltenen Ausschlägen proportional setzen;
indem ja, wie aus obiger Formel hervorgeht, das zweite
Glied ftir so kleine Ausschläge, wie man sie bei Spiegel-
ablesung benutzt, vernachlässigt werden kann. Freilich
hat man dann immer noch die Ausschläge nach der
Formel :
«„ = a(l-l£)
auf Tangenten zu reduciren. Der so berechnete Aus-
schlag an kann dann für die Stromintensität J gesetzt
werden, wenn es nur auf. Vergleichung ankommt.
Durchflielst somit derselbe Strom eine Tangenten-
bussole und ein Galvanometer, und beobachtet man am
ereteren den Ausschlag der Nadel, auf dem zweiten durch
Spiegelvorrichtung die Ablenkung des Magnetes in Scalen-
theilen, so ergiebt sich aus diesen beiden Gröfsen eine
Gleichung von der Form:
J, = Ä tg cpx | 1 -f- B sin* qp, (
1) Kühlrausch, Fogg. Ann. Bd. 141, S. 457.
r»oggendorff*a Ann. Ergäntungsbd. VI. 1 1
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162
Für eine zweite Stromintensität ergiebt sich wieder
eine Gleichung von obiger Gestalt:
J2 = A tg (pt J 1 -h B sin* (pt | .
Wir können auf diese Weise eine ganze Reihe solcher
Gleichungen aufstellen, und es besteht nunmehr unsere
Aufgabe darin, aus einer Reihe solcher Bestimmungen den
wahrscheinlichsten Werth für die beiden Constanten A
und B zu finden. Kennen wir z. B. /?, so erhalten wir
sofort:
r f 15
Nach der Methode der kleinsten Quadrate erhalten
wir den wahrscheinlichsten Werth für A und 2?, wenn
die Summe der Fehlerquadrate ein Minimum ist, d. h.
wenn:
B — 2 J J — A tg q, — Bx tg (f sin* (p !* =s Minimum.
Diefs findet statt für:
Führen wir die Differentiation aus, so ergiebt sich aus
den beiden Gleichungen:
I n l'Jtgy 2"tgJ t> »in* rf — ^tg* if S J tg <r sin* y
j j ^ 2*./tg y ^tg^9 sin4 v — £Jtgj sin' «y .Ptg* y sin*
«2tg9 y> -£tg' y sin* (y- — (^tg* y sin' y)1
Aus diesen beiden Gleichungen erhält man den wahr-
scheinlichsten Werth von B zu:
III B = — 1 2tg% y ! sin' «p — -2 ^ tßjr tg | y »in' y
.1 S.Jtg tp £tg* f sin* <p — £J tg t> sin* 9 -Stg' 9 sin' 9»
woraus dann:
Zur Spiegelbeobachtung diente ein Wiedemann'sches
Galvanometer, dessen beide Spiralen gegen einander ein-
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163
geschaltet waren, da die angewandte Tangentenbussole
für greisere Ausschläge sehr starke Ströme verlangte.
Durch geeignete Veränderung ihres Abstandes konnte
dann die Wirkung der Spulen zu passender Gröfse ge-
regelt werden.
Als elektromagnetische Kraft dienten zwei grofse
B uns eu sehe Becher, deren Strom durch einen Rheostaten
verändert werden konnte. Gewöhnlich benutzte man für
eine Versuchsreihe vier verschiedene Intensitäten, die an
der Tangentenbussole ungefähr den Ausschlägen 15°, 30°,
45°, 60° entsprachen.
Bei diesen Versuchen wurde auch der Commutator an-
gewendet, der wesentlich zur Genauigkeit der Beobach-
tungen beiträgt; es befand sich derselbe, sowie auch der
Rheostat, neben dem Fernrohr, so dafs Ein Beobachter
die Versuche durchfuhren konnte.
Die benutzte Tangentenbussole besitzt 16 Umwin-
dungen und hat einen mittlem Durchmesser von 316,5 Mm.
Die Nadel, deren Polabstand zuerst bestimmt wurde, hat
eine Länge von 141,0 Mm. (es war die schon früher be-
nutzte Nadel) und liegt in einem Agathütchen auf einer
Stahlspitze auf. Um das Verfahren klar zu machen, will
ich eine Beobachtungsreihe hier anführen:
Tangcnt«
Ableti
gewöhnlich
tnbussole
kung
commutirt
Spiegelgal
Abgelesener
gewöhnlich
vanometer
Sealentheil
commutirt
I. Spitze ! IL Spitze
14.8 14,9
28,7 28,6
43.9 43,8
58,7 ; 58,9
L Spitze
14,8
29,1
44,8
57,3
II. Spitze
14,7
29,3
44,8
57,3
460,0
430,0
377,9
290,1
505,9
534,2
585,0
662,0
11-
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164
Aus diesen Beobachtungen ergiebt sich nun:
Tangeotenbuasole ^tZo^^
ff, = 14° 48' cl== 22,95
</, = 28 56 c2= 52,08
<f3=44 19 e3 = 103,47
(f i = 58 03 c4 = 185,55
Berechneu wir nun nach der Formel II und III die
Constanten A und so erhalten wir für dieselben fol-
gende Werthe
A = 84,286
B =s 0,51921
Es würde uns also bei einer Ablenkung y der Nadel
der Tangentenbussole die entsprechende Intensität in
Scalentheilen ausgedrückt gegeben durch :
J= 84,286 tg 7 [ 1 + 0,51921 sin1 tf |
Wir können nun rückwärts aus dieser Formel für die
obigen vier Winkel die zugehörigen Ausschläge des Spiegel-
galvanometers berechnen; es liefert uns diese Rechnung
eine Controle fQr die Richtigkeit der Constanten und
ferner ein Kriterium über die Zulässigkeit der Annahme,
dafs wir von der Reihe, selbst für eine so lange Nadel,
nur das erste Glied zu berücksichtigen brauchen. Die
Berechnung ergab:
y = 14° 48' 28" 56' 44° 19' 58° 3'
.berechnet 23,02 52,24 103,15 185,66
I beobachtet 22,95 52,08 103,47 185,55
Diff. + 0,07 + 0,16 —0,32 4-0,11
Es bleibt uns. nun nur noch übrig, aus den Constanten
die gesuchte Gröfse h zu berechnen.
Man erhält für dieselbe:
/. = r B = 58,86 Mm.
Also ist der Abstand der Magnetpole dieser Nadel
= 117,7 Min. Aus einer Reihe anderer Bestimmungen mit
derselben Nadel ergaben sich ziemlich übereinstimmende
Resultate, nämlich:
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165
No. II. Abstand der Magnetpole 2/.= 123,1
„ HL n » n «118,2
, IV. n » = 119,S
Im Mittel also aus 4 Reihen 2 X = 119,7
und das Verhältnifs der Länge der Nadel zu ihrem Pol-
abstand & = 0,848, während wir nach der ersten Methode
für diese Nadel fanden k = 0,854.
Hr. Prof. Kohlrauseh, durch dessen Anregung ich
diese Versuche an die Hand nahm, hat schon vor längerer
Zeit eine solche Bestimmung ausgeführt und mir dieselbe
zur Benutzung überlassen.
Die Dimensionen seiner Apparate betrugen :
Mittlerer Durchmesser der Windungen der Tangenten-
bussole 258,4.
Länge der Magnetnadel: / = 40 Mm.
Er erhielt folgende Resultate:
Tangentenbnsse-le
Spiegelgalvanometer
Ausschlag
T
in Scalentheilen in Graden n
61° 53'
399,45 b* 44',19
64 28,5
218,35 3 10,27
29 33'
115,65 1 40,89
13 25,5
48,10 0 42,00
Während wir im vorigen Beispiel die reducirten Scalen-
theile als Intensitäten setzten, nahmen wir hier die Tan-
genten der Winkel a. Es ergaben sich so die beiden
Constanten zu:
A = 0,050853
B = 0,067313
also wird für diese Tangentenbussole:
J= tg <t = 0,050853 tg rf (1 + 0,067313 sin' <f)
Die Controlrechnung ergiebt in diesem Falle:
= 61° 57' 46°28'.5 29" 33' 1 3" 25 ,5
j berechnet 0,10044 0,05543 0,02930 0,01223
* " ' beobachtet 0,10046_ 0,05540 0,02935 p,01222
Diff. — 0,00002 4-0,00003 —0.00005 +0,0000 1
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166
also eine gute Uebereinstiramuug zwischen beobachteten
und berechneten Werthen.
Es ergiebt sich aus dieser Beobachtung der Abstand
der Magnetpole der benutzten Nadel zu:
21 = 34,62 Mm.
oder also k = 0,866.
Fassen wir sämmtliche Resultate über den Abstand
der Pole in Magneten, die wir nach beiden Methoden er-
halten haben, zusammen, so mufs es überraschen, bei den
verschiedenen Gestalten !) und Dimensionen der Magnete,
die wir untersuchten, gar nicht sehr verschiedene Werthe
für die Gröfse k erhalten zu haben; es wird für die meisten
praktischen Fälle genügen, für dieselbe den Mittelwerth
0,85 anzunehmen, wenn man eben nicht vorzieht, die Be-
stimmung selbst durchzufahren. Ich denke indefs eine
planmäfsige Bestimmung der Polabstände in Magneten
von verschiedener Form und Gröfse später noch auszu-
fuhren.
§. 3. Anwendang der erlangten Resultate zur Correction der
Tangentenbussole.
Die Beobachtungen über den Abstand der Magnetpole
geben uns die Mittel an die Hand, mit einer nicht un-
endlich kleinen Nadel, doch für jeden Ausschlag der Tan-
gentenbussole, die richtige Intensität zu finden, d. h. den
Ausschlag, den eine sehr kurze Nadel angeben würde,
zu berechnen. Die Nadel zeigt, wie schon erwähnt, immer
einen zu kleinen Ausschlag^ an, wir erhalten aber. sofort
den richtigen Ausschlag nach der Formel:
tg Vi - »g f 0+ t £ 8inl V)
Die folgende Tabelle ist aus den Versuchen Kohl-
raus eh 's, für seine Tangentenbussole und die betreffende
1) Die gröfse Magnetnadel war von dünnem Stahlblech; sie wurde nach
den Enden hin schmaler, ohne indefs in eine Spitze auszulaufen.
Die kleinere Nadel, die Prof. Kohl rausch benutzte, war ein
langgestrecktes Rechteck, das an den Enden etwas abgerundet war.
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167
Nadel berechnet. In der ersten Columne sind die wirk-
lichen Ausschläge der Nadel, in der zweiten die corri-
girten Ausschläge und in der dritten die Abweichung der-
selben :
Correctionstabelle für die Tangentenbussole.
tg <pi — tg (f j 1 -t- y sin' ff \ ')
1
T j
</ 1 — ■/
0«
0«
' o',o ;
0°,00
10
10
1,2
0 ,02
20
20
8,6
0 ,14
30
30
24,7
0 ,41
40
40
46,1
0 ,77
50
51
4,8
1 ,08
60
61
11,7
1 ,20
65
66
8,9
1 ,15
70
71
1,8
1 ,03
80
80
35,7
0 ,60
85
85
18,6
0 ,31
90
90
0
0 ,00
Fehlcrcurve.
10
\
\
A
•
/
1
r
o' in* »o° .no° 40" .»0" co" -so* 1
0'
9t
1) f5 abgekürzt für 0,067313.
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168
Man könnte auf diese Weise für jede Tangenten-
bussole die Correetionen berechnen und hätte so für Be-
stimmungen auch bei nicht sehr kurzer Nadel doch noch
ein brauchbares Instrument. Ich habe in vorstehender
Figur die Correetionen graphisch aufgetragen, die wirk-
lichen Ausschläge iu Graden als Abscissen, die zugehörigen
Correetionen in Minuten als Ordinaten. Der Fehler in
der Einstellung der Nadel erreicht bei ungefähr 60° das
Maximum und nimmt dann wieder ab bis zu 90", wo er
Null ist. Es ist natürlich sowohl die Lage dieses Maxi-
mums wie auch dessen Gröfse abhängig von der Länge
der Nadel resp. deren Polabstand. Wir können nun, und
dies wird för praktische Fälle von Interesse seyn, sofort
bei gegebenen Dimensionen die Lage und Gröfse dieses
Maximums von vornherein bestimmen. Wir haben also
zu bestimmen, für welche Werthe von ff ist die Differenz
rf l — (f oder auch tg (fl — tg (f ein Maximum. Es ist aber:
t_ t_. B tg ip sin* q
6 f i ■ S f l Hu tg' (1 B sin3 ./)
Dieser Ausdruck erreicht sein Maximum, wenn <y fol-
gender Gleichung genügt
tg2 (p j }-h B sin* tf j = 3
Aus dieser Formel ergiebt sich:
1) Bei Tangentenbussolen mit kurzer Nadel sind die
Fehler in den Ablenkungswinkeln bei 60° ein Maxi-
mum.
2) Für nicht sehr kurze Nadeln rückt die Lage dieses
Fehlermaximums etwas hinunter.
Diesen ausgezeichneten Werth von tf erhält man aus
obiger Gleichung zu:
(f = arc sin V — ? ■+•]/ i_ _i_ .?
° R H
In unserm vorliegenden Falle wäre das Fehlennaximum
wenn wir B zu fg annehmen:
tp = 59" 24'
und würde dasselbe betragen:
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169
_ ff _ 60° 35.'9 — 59° 24' = 1° 11, 9 (vergl. die gra-
, pliische Darstellung).
Um nun für einen ganz abnormen Fall einen Ueber-
schlag zu bekommen, wollen wir ebenso Lage und Gröfsn
des Fehlermaximums für die andere gebrauchte Nadel
bestimmen.
Es liegt bei jener das Fehlermaximum bei 58° 16' und
beträgt 65° 45' — 58° 16' = 7° 29'.
Trotz dieser sehr grofsen Abweichung vom Tangenten-
gesetz erhellt aus den früher mitgetheilten Zahlen, dafs
auch bei dieser Nadel das erste Corrcctionsglied noch ge-
nügt, um vermittelst desselben den richtigen Ausschlag
in sehr kleinen Fehlergranzen zu bekommen. Die nach
Gangain oder Helmholtz benanute Tangentenbussole
mit excentrischer Aufhängung ist allerdings durch ihre
Construction von dieser Nothwendigkeit der Correction
befreit, so lange Stromstärken nur verglichen werden
sollen. Dagegen würden absolute Messungen mit der-
selben unmöglich seyn, denn der Reductionsfactor der
Tangente auf absolute Stromstärke wird hier eine höchst
complicirte Function der Dimensionen und Gestalt des
Multiplicators, was die Reduction auf absolutes Maafs
so sehr verwickelt, dafs eine Anwendung für praktische
Zwecke ausgeschlossen ist.
Es ist dieser Punkt noch um so mehr zu betonen, da
es nämlich sehr wünschenswerth ist, dafs die absoluten
Maafs verfahren auch auf dem Gebiete des Galvanismus
mehr Verbreitung finden, was wohl nur durch einfache
und wohlfeile Mel'sapparate und einfache Berechnungs-
formeln erreicht werden kann. Durch leichte Ueberlegung
sieht man übrigens auch ein, dafs die Anordnung, wie sie
den Gangain'schen Bussolen gegeben wird, sehr ver-
einfacht werden kann. Legt man nämlich die Windungen
symmetrisch um den theoretisch berechneten Kreis (giebt
man ihnen z. ß. einen kreisförmigen Querschnitt, oder
auch einen rechteckigen, wo bei bestimmten Verhältnissen
der Seiten dieselbe Genauigkeit wie bei der obigen An-
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170
Ordnung erreicht wird), so fällt auch auf diese Weise das
Correctionsglied erster Ordnung weg und ist dann auch
die Wirkung der Windungen auf die Nadel für absolute
Messungen leichter zu ermitteln.
Wenn man aber an die gewöhnlich gebrauchten Tan-
gentenbussoleu die obige Correction, die sich ja für ein
Instrument sehr leicht bestimmen läfst und nur Einmal
bestimmt werden mufs, anbringt, so sind die absoluten
Bestimmungen mit derselben für praktische Zwecke ge-
nügend genau und, was eben für eine allgemeinere Ein-
fuhrung absoluter Messungen eine Hauptsache ist, sehr
einfach. So berechnet sich z. B. für die von Kohlrausch
benutzte Tangentenbussole die Formel, welche die In-
tensität von Strömen, die durch dieselbe geleitet werden,
nach absolutem magnetischem Maafse giebt, nach Formel (1)
S. 161 für Göttingen zu:
J = 1,615 . tg <p (1 -f- 0,067 sin1 tf>)
Die beiden Factoren A und B können numerisch für
eine beliebige Tangentenbussole sofort aus ihren Dimen-
sionen der horizontalen Intensität des Erdmagnetismus
und der Gröfse A, die sich bei kürzerer Nadel mit ge-
nügender Genauigkeit zu 0,85 der Länge der Nadel an-
nehmen läfst, bestimmt werden, und es lassen sich dann
damit Ströme nach dem allgemein vergleichbaren, dem ab-
soluten magnetischen Maafse, messen.
X. Ein Far ad ay 'scher Explosionsversuch
von G. Krebs.
In Tyndall's „die Wärme, betrachtet als eine Art
der Bewegung", 2. Auflage, Seite 146, wird bemerkt:
Faraday schmolz reines Eis unter Terpentinöl und fand,
dafs die so erlangte Flüssigkeit weit über den Siedepunkt
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171
erhitzt werden konnte, und dal's das durch die Wärme
bewirkte Aufwallen der Flüssigkeit mit der Heftigkeit
einer Explosion geschah.
Da das Gelingen dieses Versuchs anderwärts ') in Zwei-
fel gezogen worden ist, so will ich mir erlauben, einige
Bemerkungen über denselben zu machen.
Wenn Versuche, welche auf Siedverzügen beruhen,
gelingen sollen, so ist immer eine ganze Anzahl Vor-
sichtsmafsregeln zu beachten, welche zwar kleinlicher Na-
tur, doch aber von entscheidendem Einfluls sind.
Vor allen Dingen kommt es darauf an, dal's das Glas,
in welchem sich die Flüssigkeit betindet, möglichst rein
(knöpf blasen- und streifenfrei) sey; unreine Stellen, wel-
che sich namentlich leicht am zugeschmolzenen Ende be-
finden und durch mangelhaftes Zuschmelzen verursacht
worden sind, leiten gewönlich ein vorzeitiges Sieden ein.
Auch geben enge Röhren bessere Resultate als weite: man
nimmt deswegen eine höchstens 1 Cm. weite, 20 bis 30 Cm.
lange, am einen Ende vorzüglich zugeschmolzene Röhre
aus ganz reinem Glas, lieber als ein Probirglas, welches
meist Streifen oder Knöpfe besitzt und nachlässig zuge-
schmolzen ist.
Dann aber ist es auch sehr wesentlich, dafs man lang-
sam erhitze, weswegen ein Erhitzen im Oelbad dem über
freiem Feuer vorzuziehen ist.
Damit nun bei einer Explosion das herausgeworfene
Wasser nicht in das Oel falle, biegt man die Glasröhre,
in welcher das Wasser sich befindet, oben etwas um ; man
kann sie dann, in einem Retortenhalter eingespannt, so in
das Oelbad hängen lassen, dafs ihr oberer Theil über den
Rand des Oelgefafses hinweggeht.
Nicht minder vorthcihaft ist es, wenn man in die Glas-
röhre vor dem Versuch Schwefelsäure giefst, dieselbe ei-
nigermafsen erhitzt und dann wieder ausgiefst, worauf man
die Röhre mit destillirtem Wasser wiederholt ausspült2).
1 ) Polytecb. Notizblatt XX VIII, 1872, S. 382.
2) Vgl. Marc et Bibl. umV. T. XXXV III. p. 388 (1842), sowie Krebs,
d. Ann. Bd. CXXXVI, S. 144 (1869).
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172
Noch fuge ich bei, dafs die Explosion meist nicht ohne
vorhergängiges Sieden eintritt. Es bildet sich zunächst
an unreinen Stellen der Gefäfswand, an im Wasser schwim-
menden festen Körpern, namentlich auch an der Trennungs-
fläche von Wasser und Terpentinöl eine Anzahl Dampf-
blasen; späterhin hört das Sieden einige Zeit ganz auf,
während die Temperatur des Oelbads oft bis 120° C. steigt;
dann aber wird plötzlich ein Theii des Wassers nebst dem
darüber befindlichen Oele herausgeworfen. Nicht selten
tritt noch einmal oder wiederholt eine Explosion ein, nach-
dem die Gasflamme gelöscht worden und die Temperatur
schon einigerinafsen , jedoch natürlich nicht unter 100° C.
gesunken ist.
Ich habe verschiedene Versuche dieser Art angestellt
und will hier kurz die Resultate angeben.
Ueber einer Gasflamme steht auf einem Drahtnetz ein
Becherglas mit Oel und in dieses wird ein Thermometer,
sowie die vorhin beschriebene Glasröhre eingehängt. Ich
habe nun gefunden, dafs wenn die Glasröhre auch nur
mit ausgekochtem destillirtem Wasser (etwa bis ?), über
welchem eine 1 Cm. hohe Schicht von Terpentinöl stand,
gefüllt war, eine Explosion fast regelmäfsig eintrat, nach-
dem das Wasser einige Zeit in gewöhnlicher Art gekocht
hatte.
Besser allerdings gelingt der Versuch, wenn gewöhn-
liches zerstofsenes Eis eingefüllt wird.
Besser noch gelingt es mit Eis, welches man aus destil-
lirtem, ausgekochtem WTasser, sey es in der W7interkälte
oder mittelst einer Kältemischung (Wasser und salpetersau-
res Ammoniak) erzeugt hat. Setzt man z. B. ausgekoch-
tes destillirtes Wasser in einem Becherglase der Winter-
kälte aus, so bildet sich am Rande des Glases so reines
Eis, dafs man meint, das Wasser sey noch gar nicht ge-
froren; in der Mitte dagegen sieht man einen wahren
Knäuel von Luftblasen (gewöhnlich in Form eines Ellip-
solds) im Eise eingefroren1). Taucht man das Becherglas
•
1) Djis Ellipsoid in der Mitte ist die zuletzt gefrorene WasHcrmasse, in
welche die Luft aus dem zuerst gefrorenen Wasser eingetreten war.
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173
kurze Zeit in warmes Wasser, so lälst sich der Eisblok
herausnehmen und nun kann man ein Stück von dem was-
serklareu Eise abtrennen, zerstofsen und in die Röhre ein-
fallen.
Einfacher noch ist es, ausgekochtes, destillirtes Wasser
in die Röhre zu gieisen, mit einer Schicht Terpentinöl zu
bedecken und das Wasser entweder in der Winterkälte,
oder in einer Kältemischung frieren zu lassen. Erhitzt man
hierauf im Oelbad zum Sieden, so tritt in der vorhin be-
schriebenen Weise die Explosion ein.
Bei dieser Gelegenheit will ich noch einer eigen-
tümlichen Erscheinung Erwähnuug thun, welche ich vor
einigen Jahren zu sehen Gelegenheit hatte. Am Morgen
nach einer sehr kalten Nacht machte mir Jemand die Mit-
theilung: „er habe eine sehr merkwürdige Naturerschei-
nung zu Hause." Ich begab mich in das betreffende Haus
uud sah dort mitten aus dem in einem blechernen Was-
serschöpfer gefrorenen Wasser einen ca. 7 Cm. hohen uud
1 bis 2 Cm. breiten Eiszapfen sich erhebeu. Der Eiszapfen
schien aus einzelnen Ringeln zusammengesetzt zu seyn.
(Der Wasserschöpfer hatte während der Nacht vor dem
Küchenfenster gestanden).
Bei der streugen Kälte (16° C.) der Nacht war das
Wasser rasch am Rande, am Boden und an der Ober-
fläche gefroren. Bei weiterem Frieren wurde die jeden-
falls noch ziemlich dünne Eisschicht in der Mitte der Ober-
fläche durch die Ausdehnung beim Frieren des Wassers
in der Mitte des Gefäisea durchbrochen; das sehr langsam
austretende Wasser fror, weitere Wassermasseu drängten
allmälig nach, trieben den Eisring in die Höbe, froren un-
ten an etc., bis sich dann endlich dieser merkwürdige
Zapfen von 7 Cm. Höhe gebildet hatte.
In den folgenden, allerdings nicht so kalten Nächten
hatte ich gehofft, dieselbe Erscheinung noch einmal her-
vorrufen zu können ; es ist mir aber diefs noch nicht einmal
annähernd gelungen; ich sah nur mehr oder minder gro&e
und dicke Erhöhungen auf der Mitte der Oberflächen.
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174
Es wird diese Erscheinung jedenfalls nur bei sehr stren-
ger Kälte eintreten.
XI. Explosionen, erzeugt durch hohe Töne.
Ein grofser Theil der bekannten explodireuden Körper
enthält mehr oder weniger Stickstoff. Der einfachste die-
ser Körper und zugleich einer der instabilsten ist die Ver-
bindung des Jods mit dem Stickstoff. Der Jodstickstoff
wird sehr leicht bereitet, wenn man fein gepulvertes Jod
mit Ainmouiakflüssigkeit übergiefst. Man filtrit hierauf,
nimmt das Filtrum, während es noch feucht ist, aus dem
Trichter, zerschneidet es in kleine Stücke und trocknet
sie einzeln. Obgleich dieser Körper im feuchten Zustande
ganz unschädlich ist, so detonirt er doch mit grofser
Heftigkeit, sobald er trocken ist, bei der geringsten
Reibung. Aber, was das Merkwürdigste ist, diese heftige
Zersetzung kann auch durch gewisse hohe Töne hervor-
gerufen werden.
Die HH. Champion und Pellet haben hierüber sehr
interessante Versuche gemacht, namentlich folgende. Zwei
Glasröhren von 15 Mm. Durchmesser und 2,4 Meter gc-
sammter Länge werden mittelst eines Papierstreifens ver-
bunden und auf jedes Ende bringt man ein Papierstück-
chen, welches 0,03 Grm. Jodstickstoff enthält. Wenn man
eins dieser explodirenden Papierstücke verpuffen läfst, ver-
pufft das andere gleichfalls.
Die Explosion des zweiten Papiers ist indels nicht durch
den Luftdruck bewirkt. Man kann diefs beweisen, wenn
man ein kleines Pendel in die Röhre bringt. Diefs Pen-
del wird durch die Explosion nicht mehr verrückt, als wenn
man mit dem Munde stark in die Röhre bläst. Befestigt
mau solche Papiere an die Saiten eines Contrabasses,
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175
eines Violoncells oder eines Violons, so kann man erweisen,
dafs die tiefen Töne keine Wirkung ausüben , die hohen
dagegen eine Detonation hervorrufen. Die sehr hohen
Töne, welche man erhält, wenn man die Saiten unterhalb
des Steges zupft, geben dasselbe Resultat.
Versuche mit chinesischen Temtams lieferten ähnliche
Resultate. Die Instrumente von tiefen Tönen bewirkten
keine Detonation, wohl aber beständig die von hohen.
Zwei parabolische Hohlspiegel von O"1^ Durchmesser wur-
den in 2",5 Entfernung von einander aufgestellt In dem
Brennpunkt des einen Spiegels wurde eine kleine Menge Jod-
stickstoff gebracht, eben so in die Mitte des Abstandes beider
Spiegel, endlich liefs man in dem Brennpunkt des zweiten
etwas Nitroglycerin explodiren. Der Jodstickstoff im Brenn-
punkt des ersten Spiegels verpuffte, der in der Mitte bei-
der Spiegel blieb intact. Obgleich andere explodirende
Körper, die in den Brennpunkt des zweiten Spiegels ver-
setzt waren, die nämliche Wirkung hervorbrachten, so war
dieselbe doch nicht, wie man wohl glauben könnte, eine
Folge der Wärme, weil 0,03 Grm. Nitroglycerin, welche
nicht mehr Wärme als 0,9 Grm. Pulver entwickeln, eine
Explosion erzeugen , die der von 8 bis 10 Grm. Pulver
ähnlich ist.
Man schwärzte hierauf die Spiegel durch Kienrufs.
Alsdann brachte die Verpuffung von 10 Grm. Pulver keine
Detonation des Jodstickstoffs hervor, während 0,03 Grm.
Nitroglycerin immer noch hiezu ausreichten. (Chronique
de f Industrie, No. 52, 29. Januar 1873.)
XII. Eine ältere Beobachtung der magnetischen
Declination vom Jahre 1692 zu Breslau.
i der Spärlichkeit und theilweisen Unsicherheit des
Materials, welches den Decliuationkarten für das 17. Jahr-
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176
hundert zu Grunde liegt, verdient vielleicht eine in Bres-
lau am 21. Dec. des eben genannten Jahres angestellte
Beobachtung eine Erwähnung, die mit besonderer Sorg-
falt angestellt, bis jetzt aber unbekannt geblieben und zu
keiner Benutzung gekommen zu seyn scheint. Wenigstens
findet sich dieselbe nicht in der so reichhaltigen Sammlung
von Beobachtungen des trefflichen Werkes von Hansteen
über den Magnetismus der Erde vom Jahre 1819. Die
Beobachtung wurde angestellt von dem damals auch durch
mehrere werthvolle astronomische Beobachtungen bekann-
ten Arzt und Naturforscher, Adjuncten der Leopoldinischen
Akademie, Dr. Gottfried Schultz iu Breslau und er-
gab aus mehrfachen Wiederholungen auch durch zwei an-
dere daran theilnehmende Beobachter die westliche Ab-
weichung der Magnetnadel zu Breslau für 1692 Dec. '21.
== 9" 55'.
In Paris, London, Calais, Copcnhagen wird dieselbe
für jenes Jahr zu 6° angegeben, in Rom 7°, in Schweden
7° und 8", in Danzig 9", in Constantinopel 10°, in Syrien
14°: demnach hinweisend auf eine gänzliche Verschieden-
heit der damaligen Vertheilung der isogonischen Linien
von der gegenwärtigen, wie denn auch schon für kürzere
Zeiträume grol'se Umgestaltungen dieser Liniensysteme aus
den Hansteen'schen Karten ersichtlich sind. — Die obige
Beobachtung ist ein einzelnes ausgewähltes Excerpt aus
den von Schultz hinterlassenen Manuscripteu , welches
in einen Nekrolog desselben von Dr. Samuel Grafs auf-
genommen ist, enthalten in den Ephemerides Academiac
Caesareo-Leopoldinae naturae curiosorum, Centuriae III et
IV, Noribergae 1715, Appendix p. 218, und das in diesem
Zusammenhange daher wohl weniger Beachtung gefun-
den hat.
Breslau, d. 14. Febr. 1873. J. G. Galle.
A.W. Schadet Buchdrucker«* (L. 8cht.de) in Berlin. Stalla.hreibertu. 4 7.
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ANN ALEN
DER PHYSIK UND CHEMIE.
Bd. VI. ERGÄNZUNG. St 2
I. Krystallographische Untersuchungen über
JVaphtalinderieate ; vvn C. Hintxe.
Die Arbeit Laurent' s: Sur la strie naphtaliquey die im
Jahre 1850 l) erschien, vermehrte um ein Bedeutendes die
Zahl der bis dahin dargestellten Substitutionsprodukte des
Naphtalins, und lieferte zugleich eine grolse Anzahl kry-
stallographischer Bestimmungen derselben. Namentlich
war es die Reihe der Chlorsubstitutions- und Chloraddi-
tionsprodukte, die in grolser Vollzähligkeit in dieser Ab-
handlung in die Wissenschaft eingeführt wurden.
Trotzdem erfreuten sich Laurent's Angaben keines
grofsen Vertrauens, und namentlich erregte die grofse
Zahl von Isomeren, die Laurent beobachtet haben will,
Bedenken.
Im Jahre 1870 unternahmen es nun Faust und
Saame1), den chemischen Theil der Laurent'schen Ar-
beit einer Revision zu unterwerfen, deren Resultat war,
dafs ein grolser Theil von Laurent's Angaben als einer
Berichtigung bedürftig erwiesen wurde.
Die krystallographischen Bestimmungen der betreffenden
Körper liefsen jedoch die genannten Forscher ganz un-
berücksichtigt, und doch sind diese in der Gestalt, wie sie
inLaurent's Buch vorliegen, für die Wissenschaft gänz-
lich unbrauchbar.
Da ich nun durch gütige Vermittelung des Hrn. Prof.
Groth von Hrn. Faust in Göttingen die Krystalle er-
hielt, die bei der oben erwähnten Arbeit dargestellt worden
1) Revue scient{/ii/ue et industrielle.
2) Annalen der Chemie und Pbannacie, Bd. CLX, Heft 1. „Ucber Nuph-
talinderivate von A. Faust und E. Saarn e."
Poggendorffs Ann. Erganzungsbd. VI. 12
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178
waren, war es mir möglieh, zu versuchen, auch in kry-
stallographischer Beziehung Laurents Untersuchungen
zu sichten, indem ich theils durch eigene Messungen, so
weit ich von den betreffenden Körpern die Krystalle be-
safs, Laurent's Angaben zu revidiren, theils auf eine
später zu erörternde Weise diese an sich selbst zu con-
troiiren, und so das als zuverlässig Annehmbare festzu-
stellen vermochte.
Die eigentlichen Naphtalinsubstitutionsprodukte kry-
stallisiren nun theils gar nicht, theils für genauere kry-
stallographische Bestimmungen zu unvollkommen. Lau-
rents vereinzelte Angaben hierüber erwiesen sich auch,
namentlich was die Präcisirung der chemischen Constitution
der betreffenden Körper anlangt, als so unzuverlässig, dafs
ich dieselben aus meiner Untersuchung ausschliefsen
mufste. Dagegen liegen in dieser Arbeit die Resultate
vor, die ich über die krystallographischen Verhältnisse
der Reihe der Chloradditionsprodukte des Naphtalins er-
langt habe. Daran schliefsen sich noch einige theore-
tische Schlufsfolgerungen , betreffend den Zusammenhang
zwischen der Krystallform und der chemischen Constitution.
L
Napbtalintetrachlorid, Cl0 H* Gl«. (Fig. I.)
Das Naphtalintetrachlorid, Laurent 's „chlorure de
Naphtaline", bildet farblose, ziemlich durchsichtige, wenig
Fig. l. glänzende Krystalle, welche in
den zur Messung verwendeten
Individuen die Länge von einem
Millimeter selten erreichten, und
dem monoklinischen Systeme an-
gehören, wie schon Laurent
erkannte. Die Zeichen der von
mir beobachteten Flächen sind
die folgenden:
c—oV = (cc o : oo 6 : c)
p = ooP = (a:6:ooc)
o = 4- P = (a : b : c).
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179
Bei der folgenden Tabelle der Krystallwinkel , sowie
bei den späteren sind die mit * bezeichneten Winkel der
Rechnung zu Grunde gelegt, und auch Laurent 's An-
gaben zur Vergleichung beigefügt worden.
Berechnet
Beobachtet
Laurent
p
: p (über a) =»
109" 20'
109" 10'
109°
p
: p (Über 6) =
70 40
70 50
c
:p =
*
•
108 8
108° 30'
0
:o>) =
*
117 36
118
c
: o =
*
121 41
121 40
0
:p =
130 11
130 4
129 50
Das aus den bezeichneten Fundamentalwinkeln berech-
nete Axenverhältnifs ist:
«) a : b : c mm 0,76733 : 1 : 0,70035
;' = 112°25',8.
Das von Laurent aufgestellte Axenverhältnifs ist
falsch berechnet.
Aufser obigen Flächen giebt Laurent noch folgende
an, die ich an keinem der mir vorliegenden Krystalle vor-
fand:
- P = (a : b : c)
2Poo = Qa':oo6:c)
oo P qo = (a : oo b :oc c)
ooPco = (coa:6:ooc)
| P oo = (oc a : l b : c)
Die von Laurent dafür angeführten Winkel sind die
folgenden, welchen die von mir berechneten Werthe bei-
* gefugt sind:
H. Berechnet Laur. Beobachtet
oP:ooPoo r=H2°25',8 113°
ocPoo:2Poo mm 147 22,3 147
oP:-P = 138 55,7 144
ooPco:|Pco=13b 2,8 137° 30'
Da Laurent selbst dem Winkel o P : — P = 144° ein
Tenvironu zufugt, ist es wohl geeigneter, die durch eine
ungenaue Messung Lau reut's hervorgebrachte Differenz
*) Die in der Symmetrieebene gelegene Kante.
*) Klinodiagonale, Orthodiagonale , Verticale.
180
mit dem berechneten Wertbe anzunehmen, als der Fläche
— P das unwahrscheinliche Zeichen — l P zu vindiciren,
welches dem Winkel 144° entsprechen würde.
Ferner berichtet Laurent von zwei Krystalleu, bei
denen er an der einen Seite
ooPoo:§Pao= 1390 30 und an der anderen
= 137 30
gefunden habe, sowie
O P : oo P qo mm 92°
und = 88 ,
statt beide Winkel = 90.
Er bleibt defshalb im Zweifel, ob nicht die Krystall-
form des Naphtalintetrachlorides etwa triklinisch sey. Da
aber auiser meinen Messungen auch das optische Ver-
halten des Körpers das monoklinische System beweist, so
sind die bezeichneten Abweichungen auf eine ungünstige
Beschaffenheit der betreffenden Flächen zurückzufuhren.
Die Ebene der optischen Axen steht senkrecht zur
Symmetrieebene, und zwar nahezu parallel der Basis. Die
erste Mittellinie liegt in der Symmetrieebene. Der schein-
bare spitze Axenwinkel in Luft beträgt 84° für weifses
Licht. Genauere Bestimmungen gestattete die Beschaffen-
heit der Krystalle nicht.
Der Schmelzpunkt liegt nach Faust und Saarn e
bei 182°.
II.
Monochlornaphtalintetracblorid C,0 H7 01, Cl4 (Fig. 2.)
Das Monochlorsubstitutionsprodukt des vorigen Körpers,
Lauren t's „chlontre de chlonaphtase«, bildet Krystalle,
2. welche an Gröfse, Farblosig-
"Nsv keit und Durchsichtigkeit
^-^N. denen des Naphtalintetrachlo-
rides gleichstehen, und eben-
falls inonoklinisch sind. Lau-
rent giebt falschlich an, dafs
das Monochlornaphtalintetra-
chlorid dimorph sey, und aus
Aether rhombisch, dagegen
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181
aus Alkohol monoklinisch krystallisire. Beide angeblichen
Modifikationen sind jedoch identisch und mouoklinisch,
die eine nur flächenreicher, als die andere.
Die Zeichen der von mir beobachteten Flächen sind
fo gen e. p = — co P = (a : : oo c)
a = oc P go =r (a : oo 6 : oo c)
o = -f-P = (a':i>:c)
q mm — ijP oo = (a : oo 6 : Je)
r = — \ P oo sä (a : oo b : J c)
c = oP = (oo a : oo b : c)
m = -HP oo = (a : oo 6 : c)
* = 2 P oo = (a : ao £ : 2 c).
Die Flächen der Hemidomen waren meistens so matt,
dafs sie im Fernrohr kein Bild des leuchtenden Objectes,
(einer kleinen Gasflamme in genügender Entfernung) mehr
gaben; die Messung konnte in diesem Falle nur durch
Einstellung des Schimmers ausgeführt werden , wozu also
das Fernrohr in ein Mikroskop verwandelt werden mufste.
Solche Messungen sind in der folgenden Tabelle mit appr.
bezeichnet, in der auch Laurent 's Angaben wieder bei-
gestellt sind:
Berechnet Beobachtet Lanrent
p : p (über a) mm 1 1 0° 20' 1 10° 20' 109° 45'
p : p (über 6) mm * 69 40
p:a « 145 10 145 10
o:ol) =113 6
o .p 8= 129 23 129 13
o:c mm * 117 28 120
c:p mm * 113 9
a:q = 141 35,7 141 34 140
r:? = 170 30
a:r = 132 6 131 35 appr.
r:c = 166 31 166 35
c:q = 157 1 157 13
a :c = 118 37 118 47
c:m = 123 33 124 lappr.
a:m = 117 49,5 117 12 „ 115 55
1) Die in der Symmetrieebene gelegene Kante.
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182
Berechnet Beobachtet Laurent
mix =149 49 149 29appr. 148 35
m :o = 146 33 146 22 „
a:x = 148 1,8 147 33 „
m:p =112 31,3 112 15 „ 111 25.
Das aus den Fundamental winkeln berechnete Axen-
v^rhältnii's ist:
a : b : c = 0,79275 : 1 : 0,74698
y = 118 37',0.
Das von Laurent aufgestellte Axenverhältnifs ist falsch
berechnet.
Bei Laurent sind noch folgende Flächen angegeben:
— P = (a : b : c)
— *P oo = (o : oo b : £c)
— ? p oo = (a : oo 6 : * c)
-f-fPoo = (a':oo6:?c).
Folgenden dazu gehörigen Winkeln sind wiederum die
von mir dafür berechneten Werthe zugefügt:
H. Berechnet Laur. Beobachtet
— fPao:ooPoo=102°28' 102° 5'
— fPoo:ooPoo= 99 39,8 99 5
-HPoo:ooPoo= 152 52,7 151
— P: — P = 137 8 138 35
oP:- P =143 58 144 30.
Die verhältnifsmäfsig grofsen Differenzen zwischen den
Laur ent'schen Winkeln und den berechneten Werthen
in beiden Winkeltabellen sind dem Umstände zuzuschreiben,
dafs Laurent das System für rhombisch nahm, und da-
her bei den Mittelziehungen seiner Messungen die posi-
tiven und negativen Hemidomen auf jeder Seite vereinigte,
und dabei die ähnliche Winkel bildenden Flächen ver-
wechselte, wie namentlich mehrfach o P mit P oo.
Laurent's angebliche zweite, monoklinische Modifi-
cation des Monochlornaphtalintetrachlorides tritt nur mit
den Flächen
p = oo P = (ö : b : oc c)
c = o P = (oo a : oo 6 : c)
o=-f-P = (a':6:c)
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I
183
auf, wofi&r Laurent folgende Winkel angiebt, mit der
Charakteristik 7ienmronu :
p:p= 110°
c:o = 118 ä 119°
o:p = 127 ä 128,
welche wohl an der Identität mit dem pseudorhombischen
Körper keinen Zweifel übrig lassen.
Von den optischen Eigenschaften des Monochlornaph-
talintetrachlorides konnte nur bestimmt werden, dals die
Symmetrieaxe die erste Mittellinie ist, und die optische
Axenebenc ungef ähr parallel der Basis liegt.
Der Schmelzpunkt ist nach Faust und Saame
bei 128°.
m. i.
Dichlornaphtalintetrachlorid Cl0 H, Cl„ CI4. (Fig. 3.)
Das Dichlornaphtalintetrachlorid, Laurents „cklontrc
de chlonaphthtse", bildet kleine farblose Krystalle, die eben-
Fig. 3. falls dem monoklinischen Systeme an-
gehören, wie auch Laurent erkannte.
/& Y d I \ Die Zeichen der beobachteten Flächen
- — r\\ i — \ sind folgende:
p = oo P- = (a : 6 : QO c)
a= aoPac = (a:cc&:ccc)
d = P = (oc a : 6 : r).
Das Axenverhältnifs ist:
o: 6: c= 1,1282 : 1 : 0,6175
y= 115° 40,9.
Dasselbe Axenverhältnifs giebt auch Laurent an, und
ist dieses der einzige Fall, in welchem er seine Krystalle
richtig berechnet hat.
Aus später zu erörternden Gründen scheint es mir
jedoch vorzuziehen, statt der primären Indices die wenig
complicirteren
p = oo P | = (|fl : 6 : qo c)
flss=aopoo = (a:oo6:ooc)
d — \¥ cc s=(ooa:6:}c)
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184
zu wählen, denen folgendes Axenverhältnifs entsprechen
würde :
a:6:c = 0,75214: 1 : 1,2350
mit derselben Axenschiefe
;' = 115° 40',9.
Die Krystallwinkel sind:
Berechnet Beobachtet . Laurent
p : p (über a) = 89° 3'
P
P
d
d
d
134 31,5
Beobachtet
89° 3'
90 57
134 31,5
121 48,5
127 45
112 14.
90° a 91°
112 a 123
128 a 129
p (über 6) ■
a ■
d (über o P) mm
P
a =112 15,1
Die optische Axenebene ist die Symmetrieebene.
Zur Bestimmung der Lage der Elasticitatsaxen im
Kry stall wurde eine Platte, parallel der Symmetrieebene
geschliffen, durch Messung der Neigung ihrer Flächen
gegen die noch vorhandenen Krystallflächen als nur einige
Minuten von der erforderten Lage als abweichend erkannt,
und dann der Winkel, welchen einer der beiden, senk-
recht dazu stehenden optischen Hauptschnitte mit der
Querfläche einschliesst , mittelst des von Groth1) ange-
gebenen Stauroskops bestimmt. Dieser Winkel ist identisch
mit demjenigen, welchen eine der beiden, in der Sym-
metrieebene liegenden Elasticitatsaxen mit der Verticalc
bildet. Wegen ungünstiger Beschaffenheit der Krystalle
konnte dieser Winkel nur für einfarbiges gelbes Licht
bestimmt werden und wurde zu 13° 27'
gefunden, und zwar in der Lage, wie
Fig. 4 zeigt. Diese Elasticitatsaxe ist
zugleich die erste Mittellinie. Der Winkel
der optischen Axen ist sehr klein, konnte
aber nicht gemessen werden, weil die Kry-
stalle in der erforderlichen Richtung zu
dünn waren, als dals man hätte eine ge-
eignete Platte schleifen können.
1) Pogg. Ann. Bd. CXLIV, S. 40.
•
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185
Der Schmelzpunkt liegt nach Faust und Saame
bei 172°.
Leider sind von den nun folgenden Substitutionspro-
dukten des Naphtalintetrachlorides keine Krystalle in meinen
Besitz gelangt, so dafs ich Laurents Angaben nicht
durch eigene Messungen zu revidiren vermochte. Es blieb
mir also nur der eine Weg übrig, Laurents Angaben
an sich selbst zu controliren, das heifst variirend Lau-
rents Winkel der Reihe nach, die einen aus den anderen
zu berechnen. Durch diese Methode konnte augenschein-
lich ein Urtheil über die Zuverlässigkeit der einzelnen
Werthe erlangt, und besonders falsche Messungen Lau-
rents ermittelt werden.
Die so als die genauesten gefundenen Winkel wurden
nun als Fundamentalwinkel benutzt, und daraus die Axen
berechnet, so dafs die schliefslich auf diese Weise erlangte
Winkeltabelle wohl als der Wahrheit am nächsten kommend
anzunehmen ist.
Zunächst enthält nun Laurents Arbeit Angaben über
eine Anzahl Körper, welche dem Dichlornaphtalintetra-
chlorid analog zusammengesetzt sind, und sich davon nur
dadurch unterscheiden, dafs ein Theil des Chlors durch
die entsprechende Anzahl Bromatome vertreten ist.
Diese sollen deishalb zunächst betrachtet werden:
III. 2.
Dibromnaphtalintetrachlorid C10HflBr3, Cl4. (Fig. 5.)
Fig. 5. Das Dibromnaphtalintetrachlorid,
Laurents ^chlorure de bronaphtese",
krystallisirt in sehr einfachen, mono-
klinischen Formen, von ganz ähnlichem
Habitus, wie die entsprechende ge-
chlorte Verbindung, und zwar mit den
Flächen
p = ocP==(a:6:aoc)
d = P oo so (oo a : b : c).
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186
Laurent giebt nur die 3 Winkel
p:p= 90°
d:d=122 ä 123°
p:d=129
an, so dafs in diesem Falle natürlich die erwähnte Con-
trolirungsmcthode nicht zur Anwendung gelangen konnte.
Indei's kann bei diesen Winkeln kein Zweifel obwalten,
dals diese Substanz mit dem Dichlornaphtalintetrachlorid
isomorph ist. Beziehen wir daher ihre Flächen auf das
zweite, definitiv für den Chlorkörper angenommene Axen-
verhältnifs
a : b: c = 0,75214: 1:1,2350
y=115°40',9
so erhalten sie folgende Zeichen:
p = x P :] = (] a : b : oo c)
d=*\ Poo == (oo a : b : \ c).
Schmelzpunkt nach Laurent bei 155°.
III. 3.
Dichlornaphtalintetrabromid Cl0 H6C1„ Br4. (Fig. 6.)
Fig. 6. Das Dichlornaphtalintetrabro-
mid, Laurent 's „bromure de chlo-
naphtese" , krystallisirt ebenfalls
monoklinisch. Laurents An-
gaben wurden der erwähnten Con-
trolirungsmethode unterworfen, und
daraus für die auftretenden Flächen
folgende Zeichen berechnet:
p = oo P 2 = (2 a : 6 : co c)
o= + P3 =(3a':6:c)
a = oo P oo = (a : oo 6 : oo c).
In der folgenden Winkeltabelle, wie bei den späteren,
sind die mit * bezeichneten Winkel als die zuverlässigsten
gefunden, und der Berechnung zu Grunde gelegt worden.
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187
Laar. Beobachtet
*
H. Berechnet
p:p (über a) = 69° 12',6
p:p (über 6) = 110 47,4
p:a = 124 36,3
p :o (vorn) =126 21,6
o : p (hinten) —
a : o (hinten) =
o: ox) —
Das aus den Fundainentalwinkeln berechnete Axen-
verhältnifs ist:
a:6:c = 0,79232: 1:1,2334
; = 114° 51,3.
Schmelzpunkt nach Laurent etwas über 100°.
122°
125
133
94 30'
78 30.
m. 4.
Chlorbromnaphtalintetrabromid C,, Ha ClBr, Br4. (Fig. 7.)
Fig. 7.
Dieser Körper, Laurents
„bromure de chlorabronaph-
tese", gehört, wie die vorher-
gehenden, dem monoklinischen
Systeme an. Für die auf-
tretenden Flächen wurden fol-
gende Zeichen gefunden:
p = oo P 2 =(2a: 6: goc)
a = oo P oo = (a : co b : oo c)
O = + P3 =(3o':ö:o)
^ = -f- lJ oo =(a':oo6:c)
c = — | P oo = (6 a : ao 6 : c).
Bei der Winkeltabelle sind
wieder die aus den wahr-
scheinlichsten Winkeln berechneten Wrerthe der übrigen
zugefugt .
1) Die in der Symmetrieebene gelegene Kante.
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188
H. Berechnet Laur. Beobachtet
» : p (über o) =
68°
23',3
p : p (über 6) mm
111
36,7
a: p =
124
11,7
o: ol) =
*
78°
o : p (hinten) =
•
133
o : p (vorn) =
127
7,6
125
a : o (vorn) =
#
86
O : q mm
133 42,3
135
o : q =
120
1,3
120
e : q (über o:o) =
100
3,8
99
o : e =
117
36,0
118.
Das Axenverhältnils wurde gefunden:
a : 6 : c 0,80737 : 1 : 1,2425
r= 114° 17,5.
Der Schmelzpunkt liegt nach Laurent bei 110°.
Ferner finden wir in der Laurent'schen Arbeit noch
Angaben über zwei analog zusammengesetzte Verbindungen,
bei denen noch ein Wasserstoffatom mehr, als in der
letzten Gruppe, durch Chlor, resp. Brom substituirt ist.
IV. 1.
Monochlordibromnaphtalintetracblorid C10HS ClBr,, Cl4. (Fig. 8.)
Das Monochlordibromnaphtalintetrachlorid, Laurent's
Fig. 8. „chlorure de bromtchlonaphtise",
krystallisirt nach Laurent tri-
klinisch. Jedoch bemerkt dieser
selbst, dafs die Symmetrieverhält-
nisse denen des monoklinischen
Systeme* sehr nahe kommen. In
der That, betrachtet man die
Winkel genauer, so zeigt es sich,
dafs die Schiefe der Basis ein-
mal nach der rechten Seite, und
ein anderes Mal nach der linken
1) Die in der Symmetrieebene gelegene Kante.
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189
Seite angenommen werden müfste, und dafs aufscrdem
die Abweichungen von dem inonokliniscben Systeme nicht
gröfser sind, als die möglichen Fehler der nur ganz ap-
proximativen Beobachtungen Laurent's.
Bei Auffassung des Systemes als eines monoklinischen
erhalten die von Laurent angegebenen Flächen folgende
Zeichen: „ , ■ \
p = oo P = (a : 6 : oc c)
c = oP = (oo a : oo b : c)
o = -f-P3 = (3a':6:c)
c = — 2P3 = (3a:6:2c).
Winkeltabelle.
II. Berechnet Laur. Beobachtet
p : p (über a) = * 111°
p : p (über 6) = 69°
e:el) = * 77° 15'
e:p = * 148
c:o = 130°49',7 132
o.o1) = 90 8 93
c :e = 120 30 ' | ]ll
I 122
c:p =103 28,7 102
e:o (Polk.) = 138 38,5
e :o (Seitenk) = 110 40,2 109.
Die gröfste vorkommende Differenz, nämlich die der
Werthe des Winkels o : o, beruht wahrscheinlich auf der
technischen Schwierigkeit der Messung, die für Laurent
darin bestand, dafs die beiden Flächen nach seiner Zeich-
nung keiue Kante bilden.
Das Axenverhältnifs ist folgendes:
a : b: c = 0,71654: 1 : 1,0173
y = 106° 25',8.
Schmelzpunkt nach Laurent bei 150".
IV. 2.
Tribromnaphtalintetrabromid C,„ H, Br,,, Br4. (Fig. 9.)
Von dem Krystallsystem des Tribromnaphtalintetra-
broinides, Laurent's „bromure de bronaphtise", gilt das-
I) Die m der Sviiimetiice.bune gelegene Kunte.
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190
Fig. 9.
selbe, was über das des vorigen
Körpers soeben gesagt wurde. Die
Winkel des ersteren sind denen
des letzteren trotz Laurent's un-
genauen Messungen ganz ähnlich,
so dafs auch die Flächenzeichen
für beide Körper dieselben sind :
p = oo P = (a : 6 : co c)
c = oP = (co a : oo 6 : c
o = + P3 = (3a':6:c)
e = — 2P3 = (3a:6:2c).
Tabelle der Kr y stallwinkel.
H. Berechnet
p : p (über o) = *
p : p (über b) = 70°
c : p =
e:e!) =
*
*
o : o ')
c : e
c : o
= 89°
= 121
8',0
9,0
130 15,7
Laur. Beobachtet.
110"
105
77° 30'
93 30'
122 30
120
132
130
140
109 30
148 .
o:e (Polk.) = 139 53,7
e: o(Seitenk.)= HO 16,0
e:p = 148 45,7
Wie beim vorigen Körper weicht am beträchtlichsten
der Winkel o : o von dem berechneten Werthe ab, wofür
wohl derselbe Grund, der oben für den entsprechenden
Fall angegeben wurde, geltend zu machen ist.
Das Axenverhältnifs ist
a : b : c = 0,73801 : 1 : 1,0276
r = 108" 24',8.
Den Schmelzpunkt hat Laurent in diesem Falle nicht
bestimmt, jedoch garantirt die angegebene, gut stimmende
Analyse dafür, dafs die gemessenen Krystalle wirklich
Tribromnaphtalintetrabromid waren.
1) Die in der Symmetrieebene gelegene Kante.
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191
Was das Lösungsmittel anlangt, aus dem die Krystalle
der vorliegenden Körper auskrystallisirt wurden, so ver-
wandten Faust und Saarn e filr ihre, von mir gemessenen
Krystalle Chloroform, Laurent dagegen für die seinigen
Aether, und nur bei dem Monochlornaphtalintetrachlorid
für seine beiden Modifikationen einmal Aether und einmal
Alkohol.
Dafs zwischen den im Vorhergehenden abgehandelten
Körpern in ihren krystallographischen Eigenschaften be-
sondere, interessante Beziehungen stattfinden, ist auch
Laurent nicht entgangen. In einem speciellen Abschnitt
seiner Abhandlung ergeht er sich ausführlich darüber, und
kommt schliesslich zu dem Endresultat, dafs alle Sub-
stitutionsprodukte des Chlornaphtalins, resp. Bromnaph-
talins, unter sich und mit diesem selbst isomorph sind.
Zufällig unterstützten ihn hierbei seine falsch berechneten
Axenverhältnisse, und die ungenauen, sich gegenseitig
durch Abrundung näher kommenden Messungen, aber es
kommt auch vor, dafs den Krystallen willkürliche Stel-
lungen, die nicht durch die Symmetrieverhältnisse des
Krystallsy8tem8 gestattet sind, vindicirt werden, um ähn-
liche Winkel aufzufinden. Tritt dennoch der Fall ein,
dafs zwei Winkel 102° und 111° 25' betragen, die eigent-
lich einander nahe stehen sollten, so führt Laurent die
beruhigende Erklärung dafür an, dafs ein dritter Körper,
der jedoch bei chemischer Anordnung seine Stellung nicht
einmal zwischen den beiden anderen erhielte, einen ent-
sprechenden Winkel von 108" 30' besitzt. Uebrigens gipfelt
dieses Princip in dem beiläufig erwähnten Bemühen, den
Kalkspath mit dem Aragonit in Verbindung zu bringen,
da zwischen den Prismenwinkeln des ersten von 120° und
des letzteren von 116° die Zwischenglieder beim Wi-
therit, Strontianit und Weifsbleierz vorhanden sind! Ein
„aperQu, qui mtriterait d'Hre pousse plus loinu\
Trotz seiner Annahme der Isomorphien ist Laurent
nicht auf den Gedanken gekommen, zu untersuchen, ob
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I
192
die betreffenden Körper wirklich theils rhombisch, theils
monokliniseh, theils triklinisch krystalüsiren , und nicht
alle vielleicht demselben Systeme augehören, wie es ja in
Wirklickeit der Fall ist. Laurent spricht sogar davon,
dafs von seinen beiden Modifikationen des Monochlornaph-
talintetrachiorides eine jede grofse Aehnlichkeit mit dem
N aphtalintetrachlorid habe, ohne aber auf die nahe liegende
Vermuthung zu kommen, dafs diese vielleicht unter ein-
ander isomorph, resp. ganz identisch sind, wie oben nach-
gewiesen worden ist. Laurent bemüht sich, gestützt
auf ein falsches Axenverhältnifs , die nicht vorhandene
Isomorphie von Naphtalintetrachlorid und Monochlornaph-
talintetrachlorid mit Dichlornaphtalintetrachlorid und Di-
bromnaphtalintetrachlorid nachzuweisen, während er eine
wirklich vorhandene, interessante Isomorphie, von der so-
gleich die Rede seyn soll, völlig übersieht.
Mit Laurents Gedankengang waren offenbar die Vor-
stellungen der Typentheorie so eng verbunden, dafs er
leicht zu der irrigen Annahme gelangte, Chlor, Brom und
jedes andere Element oder Radical, das den Wasserstoff
in einem Typus substituirte, müsse mit diesem isomorph
sein. Fand er nun eine offenbare Ausnahme dieser will-
kürlichen Regel, so glaubte er Isomerien annehmen zu
müssen, wo von späteren Forschern, die in dieser Hinsicht
objectiver waren, keine Isomeren gefunden wurden. Seine
Vorstellungen übertrug Laurent auf seine Bezeichnungen,
indem er die für isomorph gehaltenen Substitutionspro-
dukte als entsprechende Isomere betrachtete und mit dem-
selben Buchstaben bezeichnete. Als erläuterndes Beispiel
mögen seine eigenen Worte dienen: le chlonaphtese A est
isomorphe avec le Monaphtise A, et isomere avec les chlo-
tiaphteses B, C. etc.
Hierin ist wohl auch die Veranlassung zu suchen zu
dem Irrthum in Betreff der Dimorphie des Monochlor-
nnphtalintetrachlorides. Die im Habitus weniger dem
Naphtalintetrachlorid ähnliche „erste Modification" dieses
Körpers kam ihm so unerwartet, dafs er lieber die un-
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193
wahrscheinliche Annahme einer Dimorphie machte, als die
Ansicht aufgab, dafs das Monochlornaphtalintetrachlorid
dem Naphtalintetrachlorid isomorph wäre.
Laurent ging so weit, dafs er sich, um seinen Vor-
stellungen gerecht werden zu können, einen neuen Begriff
von Isomorphie bildete, der schlechterdings nicht mehr
mit den Grundprincipien der Kristallographie vereinbar
ist. Obendrein wählte er für seine Isomorphie den Namen
„Hemimorphie", der ja längst in der Krystallographie für
einen ganz anderen Begriff Verwendung gefunden hat.
Es ist bei alledem klar, dafs Laurent auf einem rich-
tigen Wege mit seiner Ansicht gewesen ist, wenn er er-
kannte, dafs mit der Isomorphie, wie sie Mit sc herlich
auffasste, allein nicht mehr die krystallographischen Be-
ziehungen der Körper einer Substitutionsreihe, mit der
wir es ja hier zu thun haben, erklärt werden können.
Vielmehr sind die krystallographischen Relationen zwischen
Substitutionsprodukten, wie sie zuerst bei den Benzol-
derivaten von Groth nachgewiesen und „morph ©tropische*
benannt worden sind, ganz anderer Natur, als die Iso-
morphie.
Wie schon oben erwähnt, sind aber Laurent iso-
morphe Beziehungen entgangen, wo sie wirklich vorhanden
sind, nämlich da, wo es sich um Körper handelt, welche
sich nur dadurch unterscheiden, dafs eine Anzahl Chlor-
atome des einen bei dem anderen durch gleich viel Brom-
atome ersetzt sind, so dafs also die Constitution analog,
und die Anzahl der substituirten Wasserstoffatome bei
beiden gleich ist. Zwar hatte Laurent erkannt, dafs
das Dichlornapbtalintetrachlorid mit dem Dibromnaphtalin-
tetrachloride , und ferner das Dichlornaphtalintetrabromid
mit dem Chlorbromnaphtalintetrabromide isomorph ist, was
leicht zu sehen war, da ja die Krystalle paarweise den-
selben Habitus zeigen, aber stellen wir zur Vergleichung
die Axenverhältnisse aller dieser vier Körper zusammen,
so haben wir für
Poggendorffs Ann. Ergänzungsbd. VI. 13
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194
o : 6 : c y
Cl0 H6 Cl„ CI4 = 0,75214 : 1 : 1,2350 115° 40',9
Cl0 Hs Br,, Cl4 = 0,75214 : 1 : 1,2350 115 40,9
C10 Hfi Cl2, Br4 = 0,79232 : 1 : 1,2334 114 51 ,3
C10H6ClBr,Br4= 0,80737: 1:1,2425 114 17,5.
Aus dieser Tabelle ersieht man, dais alle vier Körper
isomorph sind.
Jetzt dürfte es auch als gerechtfertigt erscheinen,
warum schon bei der obigen krystallographischen Be-
schreibung der beiden ersten Körper, statt der primären
Flächenzeichen die complicirteren Indices gewählt wurden,
denn wenn man Prisma oder Pyramide, resp. Klinodoma
primär genommen hätte, so würden die andern beiden
Körper bedeutend complicirtere Flächenindices erhalten
haben, als jetzt, wo alle Coeffioienten doch immer noch
einfache genannt werden müssen.
Ebenso ist das Tribromnaphtalintetrabromid isomorph
mit dem Monochlordibromnaphtalintetrachloride, denn die
Axcnverhältnisse :
a : b : c y
C10 Hä Br3, Br4 = 0,73801 : 1 : 1,0276 108° 24',9
CI0H,Br2Cl,Cl4 = 0,71654: 1:1,0173 106 25,8
würden gewifs noch näher übereinstimmen, wenn Lau-
rents Messungen genauer wären.
Stellt man, wie es in der folgenden Tabelle geschehen
ist, die Axenverhältnis9e sämmtlicher in dieser Arbeit
beschriebenen Krystalle zusammen, so sieht man, dafs in
der That nur die analog zusammengesetzten Körper, näm-
lich die der Gruppe ETI, und die der Gruppe IV, einander
isomorph sind, während sich die Körper verschiedener
Gruppen theils durch ihr Axenverhältnifs, theils durch
die Axenschiefe erheblich unterscheiden:
(t : b : c y P'P%)
I. C, . H, Cl4 = 0,76733 : 1 : 0,70035 1 12° 25,8 109° 20'
II. CI0H,C1,C1, =0,79275: 1:0,74698 118 37,0 HO 20
\)pm.p ist die vordere Prismenkante, und eingeklammert, wenn die
Flächen des primären Prismas nicht beobachtet worden sind.
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195
a : 6 : c y p\ p
m. 1. Cl0 H6 Cl„ Ol, =0,75214 : 1 : 1,2350 115° 40',9 (110° 44\3)
2. 0IOH6Br„CI4 =0,75214:1:1,2350 115 40,9 (110 44,3)
3. C, .11,01,, Br4 =0,79232:1:1,2334 114 51,3 (108 34,7)
4. C,.HflClBr, Br4 =0,80737 : 1:1,2425 114 17,5 (108 18,3)
IV. 1. C10H, Br„Br4 =0,73801:1:1,0276 108 24,9 110
2. CI0 H,Br,Cl,Br« = 0,71654: 1: 1,0173 106 25,8 111.
Vergleicht man nun die Körper der Gruppe LEI mit
einander, so sieht man, dafs beliebig viel, und beliebig
welche (substituirte oder addirte) Chloratome durch Brom-
atome ersetzt werden, ohne dafs die entstehenden Ver-
bindungen aufhören, isomorph zu sein. Es ist aber un-
bedingt anzunehmen, dafs diese Isomorphie nur dann
bestehen bleibt, wenn ftir ein Chloratom ein substituirtes
Bromatom an derselben Stelle des Molecüls eintritt. An-
derenfalls müfste ein Produkt entstehen, welches einem
isomeren der Chlorverbindung entspricht. Da nun isomere
organische Verbindungen bisher niemals isomorph gefunden
worden sind, so ist dies noch weniger zu erwarten bei
zwei derartig verschiedenen Körpern.
Die Kry8tallform des Dichlornaphtalintetrachlorides ist
nach den Anschauungen, die sich aus dem Studium der
Benzolderivate ergeben haben, das Resultat einer morpho-
tropischen Wirkung auf das Monochlornaphtalintetrachlorid,
durch den wasserstoffsubstituirenden Eintritt eines Chlor-
atoms. Wir sehen nun aber, dafs eine isomorphe Ver-
bindung entsteht, wenn statt dieses Chloratoms ein Brom-
atom eintritt, das heifst, es ist die morphotropische Wir-
kung dos Broms auf jene Verbindung sehr nahe gleich
derjenigen des Chlors. Bezeichnen wir also solche Ele-
mente oder Radicale, welche bei der Substitution an der-
selben Stelle im Molecül einer bestimmten Verbindung
so ähnliche morphotropische Wirkung ausüben, dafs dabei
isomorphe Körper entstehen, als „isomorphotrop in
Bezug auf jene Verbindung4*, so können wir jetzt sagen,
Chlor und Brom sind isomorphotrop in Bezug auf Mono-
chlornaphtalintetrachlorid. Sie sind es ferner aber auch
in Bezug auf Monobromnaphtalintetrachlorid , denn wenn
13*
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196
von den noch übrigen Wasserstoffatomen eines durch
Chlor oder Brom vertreten wird, so entstehen wieder zwei
isomorphe Körper, wie die obige Tabelle zeigt. Ja, es
entstehen sogar isomorphe Körper, wenn die addirten
Chloratome durch gleich viel Bromatome ersetzt werden.
Die Gruppe IV zeigt nun endlich, dafs auch Chlor
und Brom isomorphotrop sind in Bezug auf Dibromnaph-
talintetrabromid.
Daraus ist als höchst wahrscheinlich der Schlufs zu
ziehen, dafs wenn zwei Stoffe, wie Chlor und Brom, in
Bezug auf eine Verbindung, wie das Naphtalin, isomor-
photrop sind, sie es auch in Bezug auf alle weiteren Deri-
vate derselben sind.
Der Umstand, dafs man bereits eine Anzahl Isomor-
phien zwischen einem Brom- und dem entsprechenden
Chlorsubstitutionsprodukte organischer Verbindungen kennt,
deutet darauf hin, dafs ein solches Gesetz auch bei an-
deren Verbindungen, als denen des Naphtalins, gelten
dürfte. Diese Frage könnte nur durch die krystallo
graphische Untersuchung grofser Reihen von Substitutions-
produkten gelöst werden.
Wegen der Isomorphotropie des Chlors und Broms in
Bezug auf die Napbtalinverbindungen mufs der Körper
Trichlornaphtalintetrachlorid, über dessen Krystallform
keine Angaben vorliegen, isomorph sein mit Tribromnaph-
talintetrabromid und Monochlordibromnaphtalintetrachlorid.
Wir können also, wenn wir die morphotropische Aen-
derung des Chlors oder Broms in Bezug auf das Naph-
talintetrachlorid, die ja nahe gleich ist, erforschen wollen,
die Krystallform dieser letzten beiden als isomorph Sub-
stituten. Dann besitzen wir in der obigen Tabelle eine
vollständige Substitutionsreihe von vier Gliedern, nämlich
Naphtalintetrachlorid selbst, und dasselbe mit ein, zwei
und drei substituirendeu Chloratomen. Stellen wir die
Kry stallformen dieser vier Körper noch einmal zusammen,
wobei für den letzten das Mittel aus den beiden isomorphen,
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197
als Approximativwerth angenommen ist, so erhalten wir
folgende Tabelle:
a : h : c p : p
I. C, ft H8 Cl, = 0,76733 : l : 0,70035 112° 25',8 10i)° 20'
II. C,,H, Cl, Cl4 =0,79275:1:0,74698 118 37,0 110 20
DL C,.H«C1„ Cl4 =0,75214: 1:1,2350 115 40,9 (HO 44,3)
IV. Cl# H, Cl„ Cl« = 0,72728 : 1 : 1,0225 107 25,4 110 30.
Diese Uebersicht zeigt, dafs bei der Substitution von
Chlor fiir Wasserstoff im Naphtalintetraohlorid die Winkel
einer Krystallzone ganz nahe gleich bleiben, gerade wie
es bei den Benzolderivaten von Groth nachgewiesen ist,
dafs also auch hier die morphotropische Einwirkung sich
nur auf gewisse krystallographische Richtungen erstreckt;
hier entweder mehr auf die Schiefe des Axenwinkels,
oder mehr auf den Werth der Verticalaxe. Ein einfaches
Gesetz über die Gröfse der Aenderung läfst sich indefs
aus dieser Reihe nicht ableiten. Jedenfalls aber sieht
man, dafs hier ganz ähnliche gesetzmäfsige Beziehungen
zwischen der chemischen Constitution und der Krystall-
forra stattfinden, wie bei den Benzolderivaten. Nur in
einem unterscheidet sich obige morphotropische Reihe
von denen, wie wir sie unter den Benzolderivaten durch
die Untersuchungen Groth 's kennen, nämlich dadurch,
dafs die Differenzen ungleich geringer sind. Dies bedeutet
also, dafs die morphotropische Aenderung des Chlors in
Bezug auf Naphtalinderivate eine viel geringere ist, als
in Bezug auf die einfacheren Benzolderivate, und «s ist
dies in vollem Einklang mit der bereits von Groth aus-
gesprochenen Ansicht, dafs die morphotropische Wirkung
eines Stoffes nicht nur von seiner chemischen Natur, son-
dern auch von der Beschaffenheit derjenigen Verbindung
abhänge, in welche er substituirend eintritt. Es ist a priori
aus mechanischen Gründen plausibler, anzunehmen, dafs
ein substituirendes Atom in den Eigenschaften eines com-
plieirteren Molecüls nur eine geringere Aenderung hervor-
zubringen vermag, als in denen eines aus weniger Atomen
bestehenden Molecüls, wie es hier in der That stattfindet.
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198
Auf diese Annahme weisen auch manche Erscheinungen
bei unorganischen Verbindungen hin, wo Elemente sich
in complicirteren Verbindungen isomorph vertreten, die
es in einfacheren nicht mehr thun.
Vorliegende Arbeit wurde im mineralogischen Institut
der Universität zu Strafsburg ausgeführt. Hrn. Prof.
Groth, der mir dabei in der freundschaftlichsten Weise
mit seinem Rathe zur Seite stand, spreche ich dafür raei-
nen herzlichsten Dank aus.
II. Mineralogische Mittheilungen; von
G. vom Rath in Bonn.
(Fortsetzung XII) »).
(Hierzu Tafel II.)
65. Ueber das Krystallsystem des Leucits.
y\b ich vor mehreren Monaten bei der Beschreibung
einiger Leucit-Auswürf linge vom Vesuv äufserte, dafs der
Leucit in mehrfacher Hinsicht ein ausgezeichneter Körper
sey und eine Ausnahmestellung unter den Mineralien ein-
nehme, ahnte ich nicht, dafs diese zunächst nur auf sein
Vorkommen bezüglichen Worte sich sobald auch in Be-
zug auf «las Krystallsystem dieses merkwürdigen Minerals
bewahrheiten sollten.
Im Frühjahr 1871, als ich zufolge gütiger Gewährung
des Hrn. Scacchi einige Tage dem Studium der Mine-
ralogischen Sammlung an der Universität Neapel widmete,
wurde meine Aufmerksamkeit auf feine, die Flächen der
Krystalle bedeckende Streifen gelenkt. Einmal auf diese
Linien aufmerksam, fand ich sie vielfach wieder und er-
kannte bald in ihnen eine fast allgemeine Erscheinung der
1) Diese Ann. Bd. 147, S. 22-63 und S. 246 - 282.
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199
aufgewachsenen Leucite. Doch erst nach Vollendung jener
Arbeit über gewisse merkwürdige Leucit -Auswürflinge
untersuchte ich jene Streifen, welche ich früher ftir eine
blosse Oberflächen -Erscheinung gehalten hatte, genauer
und erkannte ihren Verlauf wie derselbe in Fig. 1 Tai'. II an-
gedeutet ist. Die Streifen sind demnach parallel, entweder
den kürzern (den sog. hexaödrischen) Kanten oder den
symmetrischen Diagonalen der trapezoidischen Flächen.
Einen Parallelismus dieser Linien mit den längern (den
sog. okta&drischen) Kanten des Leucitkörpers beobachtet
man nicht, oder nur als eine Ausnahme, deren Erklärung
später gegeben werden wird.
Auf ein und derselben Fläche bemerkt man nicht nur
eine einzige Streifenrichtung, sondern häufig zwei, zuweilen
sogar drei. Niemals kommen indefs vier Liniensysteme
auf derselben Fläche vor, wie denn die oben angegebenen
Richtungen, nämlich parallel den kürzern Kanten und der
sog. symmetrischen Diagonale mit der gröfsten Zahl der
auf Einer Fläche beobachteten Linienrichtungen überein-
stimmen. Sehr häufig treten die Streifen nicht an den
Kanten beginnend, sondern in der Fläche hervor und
enden in gleicher Weise. Wenn ein Streifen indefs eine
Kante erreicht, so endet er hier gewöhnlich nicht, sondern
setzt auf der angränzenden Fläche fort. In einem beson-
dern Falle enden die Linien auch an den Kanten und
überschreiten dieselben nicht, für welches Verhalten eine
Erklärung sich später leicht ergeben wird. Untersucht
man nun einen Streifen, welcher über zwei, zu einer Kante
zusammenstofsende Flächen hinwegzieht, etwas näher, so
bemerkt man, dafs derselbe stets in Einer Ebene bleibt,
und dafs diese Ebene — die Form des Leucits als die-
jenige des regulären Ikositetraeder's vorausgesetzt — parallel
der Abstumpfungsfläche der sog. symmetrischen Ecken
oder, mit andern Worten, eine Fläche des Rhombendo-
dekaeders ist. So liegen z. B. die im rechten oberen
Oktanten der Fig. 1. vorherrschenden Streifen in derjenigen
Dodekaederfläche, welche die linke obere symmetrische
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200
Ecke des Leucitkörpers abstumpft. Die Ebene der Streifen,
welche über V in diagonaler Richtung, Über o* und t4 pa-
rallel zur Combinationskante dieser letztern Fläche laufen,
entspricht der Abstumpfungsfläche der rechten oberen
symmetrischen Ecke. Die Streifen, mit welchen die Flächen
t* und t7 geziert sind, und welche parallel sind den Kau-
ten i* : o3 und t7 : o4, entsprechen derjenigen Dodekaeder-
fläche, welche die vordere obere symmetrische Ecke weg-
nimmt. Ebenso verhalten sich die kttrzern Liniengruppen
auf i1 und ts (parallel den Kanten ol : i2 und o*:t8) zur
hintern oberen Ecke. In gleicher Weise läfst sich für
jeden Streifen, welcher eine Kante überschreitet, sogleich
die Dodekaöderfläche angeben, in welcher er liegt.
Ueber die Natur dieser merkwürdigen Linien konnte ich
nicht in Zweifel bleiben, als ich die betreffenden Krystalle
genauer, zumal bei Lampenlicht, betrachtete. Es ergab
sich sogleich, dafs wir es hier nicht mit irgend welchen,
nur der Oberfläche angehörigen Erscheinungen, sondern
mit eingeschalteten Zwillingslamellen zu thun haben.
Die Streifen besitzen zuweilen eine sehr wahrnehmbare
Breite, welche die Beobachtung gestattet, dafs ihre Oberfläche
in einer etwas andern Lage erglänzt, als die Fläche selbst
in welcher die Streifen liegen. Betrachtet man z. B. die
Fläche o1 in einer solchen Stellung, dafs sie erglänzt, so
sind die Streifen dunkel. Dreht man nun den Krystall um
eine Axe parallel jenen Streifen, d. h. der* Kante o1 : t'
etwa um 5°, so erglänzen die Zwillingslamellen, während
die Fläche selbst dunkel wird. Macht man den Versuch
dort , wo die Streifung in diagonaler Richtung Über die
Flächen zieht, so bedarf es einer geringeren, nur etwa
betragenden Drehung. Diese Erscheinung bietet, mu-
talis mutandis, die überraschendste Analogie mit den Zwil-
lingslamellen der triklinen Feldspathe dar.
Aus obigen Wahrnehmungen folgt mit absoluter Gewiis-
heit, dafs jene gestreiften Leucite dem regulären Systeme
nicht angehören können; denn eine Zwillingsbildung pa-
rallel einer Dodekagderfläche kann im regulären Systeme
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201
nicht stattfinden. Um dies einzusehen, stelle man sich
ein Ikositetraeder parallel einer Dodekaederfläche durch-
schnitten und die eine Hälfte um 180° gegen die andere ge-
dreht vor, so können keinerlei aus- oder einspringende Kan-
ten entstehen. Alles kehrt vielmehr in die frühere Ordnung
und Lage zurück. Um die obige Schlufsfolgerung durch
Messung zu verificiren, prüfte ich — nicht ohne lebhafte
Erwartung — jene Krystalle und fand, dafs solche Kanten,
welche bei Voraussetzung des regulären Systems hätten
identisch sein müssen, Unterschiede bis zu fast 4a zeigen.
Das Krystall System der aufgewachsenen Leucite ist
quadratisch. Die Leucitform, welche man bisher für
ein reguläres Ikositetraeder ansah und Leucitogder nannte
(eine Bezeichnung, welche nun wohl nicht beibehalten
werden kann), ist eine Combination eines Oktaeders mit
einem Dioktaeder (s. Fig 2 Taf. II) ')
Grundform o = (a:a:c), P
Dioktaßder t — (Ja : \a : c), 4P2.
Diese Formen stehen immer in einem fast voll-
kommnen Gleichgewichte; untergeordnet erscheinen zu-
weilen :
erstes spitzes Oktaeder u = (|a : oo a : c), 2 Poo
erstes quadratisches Prisma m = (a : a : oo c), oo P.
Andere Flächen scheinen beim Leucit niemals vorzu-
kommen» Das Axenverhältnifs , hergeleitet aus der Mes-
sung der Seitenkante des Dioktaeders i:t=133°58',
wird durch folgende Zahlen ausgedrückt:
a (Seitenaxe) : c (Verticalaxe) — 1,8998 : 1 oder 1 : 0,52637.
1) In dieser Figur wurde dem Dioktaeder eine etwas gröfsere Ausdeh-
nung gegeben, als den Flächen des Oktaeders, um auch äufser-
lich den nicht regulären Charakter mehr zur Anschauung zu bringen.
Die Abweichung der Leucitform vom Ikositetraeder ist in den Zeich-
nungen einfacher Krystalle kaum wahrnehmbar. Nur in einem Punkte
ist die Verschiedenheit sehr deutlich: Bei dem Ikositetraeder in der
konventionellen Stellung erscheint eine kürzere oder hexaedrische
Kunte der Vorderseite fast vollkommen parallel und theilweisc sich
deckend mit einer solchen der Hinterseite (s. Fig. 1 Taf. II), während
die wahre Leucitfigur (s. 2 Taf. II) jene Kanten deutlich divergent
zeigt.
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202
Wäre das System regulär, so müfste unser Fundamen-
talwinkel = 131° 49' und das Axenverhältnifs der Grund-
form = 2:1 seyn. Aus dem Axenverhältnifs berechnen
sich für den Leucit folgende Winkel:
Bndkante von o mm 130° 2' 58"
Seitenkante von o = 73 19 39
Neigung der Oktadderfläche o zur Verticalaxe = 53° 20' 10'
„ „ Oktaederkante o „ » = 62 14 22
Endkante von u = 118° 18' 58"
Seitenkante von m = 92 56 34
Neigung der Oktaederfläche u zur Verticalaxe = 43° 31' 43"
„ „ Oktaederkante u „ „ = 53 20 10>
Primäre Endkante (X) von i, liegend unter
der Oktaederkante = 131° 23' 16"
Sekundäre Endkante (F) vont, liegend unter
der Oktaederfläche = 146 9 28
Neigung der Kante X zur Verticalaxe = 25 24 21
n n T , 8 = 24 7 21.
Die Basis des Dioktaeders besitzt folgende ebene
Winkel:
126° 52' 12" liegend an den Enden der Seitenaxen,
143 7 48 liegend zwischen den Seitenaxen.
Diese Basis bietet begreiflicher Weise dieselben ebenen
Winkel dar wie die drei durch die oktaedrischen Kanten
des Ikositetraeders (a : 2 a : 2 a), 2 02 gelegten Schnitte.
Es berechnen sich ferner folgende Kanten:
o i 1=146° 37' 4"
ii : o = 149 9 28
»: t= 150 0 51
ro:i= 150 49 41
o : o = 106 40 21 (gegenüberliegend in der Endecke)
o:t = 119 10 19 (über«)
t: t=]10 49 6 (gegenüberliegend in der primären
Seitenecke)
t : % = 121 39 22 (gegenüberliegend in der secundären
Seitenecke).
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203
Der Leucit, von welchem man bisher glaubte,' dafs er
niemals Zwillinge bilde, ist zur Zwillingsbildung in einem
so hohen Grade geneigt, dafs es wahrscheinlich keinen
einzigen einfachen Leucitkry stall giebt.
Die Zwillingsbildung geschieht nach dem Gesetze:
„Zwillingsebene ist eine Fläche des ersten spitzen Okta-
eders 2Poo (m)u. Mit dieser Ebene sind die Krystalle auch
verbunden. Die Zwillingsebene neigt sich gegen die Haupt-
axe = 43° 31' 43", gegen eine der beiden Seitenaxen
46° 28' 17".
Eine Zwillingsbildung parallel der Fläche des ersten
spitzen Oktaeders 2Poo ist im quadratischen Systeme sehr
ungewöhnlich, ja wahrscheinlich bisher uicht beobachtet,
indem die in diesem Systeme gewöhnliche Zwillingsver-
wachsung nach einer Fläche des ersten stumpfen Okta-
eders Pao erfolgt. Die Zwillingsverwachsungen des Leu-
cits sind theils regelmäfsige und schöne Verbindungen
zweier Individuen (s. Fig. 3 Taf. II), oder mehrerer In-
dividuen mit mehr unregelmäfsiger Begränzung (s. Fig. 8
Taf. II), theils poly synthetische Krystalle, bei welchen in
einem Hauptindividuum zahlreiche Lamellen parallel den
Flächen des ersten spitzen Oktaeders eingeschaltet sind
(s. Fig. 1, 7, 9, 10, Taf. 11). Ein solcher polysynthe-
tischer Krystall, welchem Zwillingslamellen in vier Rich-
tungen eingeschaltet sind, ist eigentlich als ein Fünfling
zu betrachten.
Die Zwillingsbildung des Leucits würde sich nicht so
lange der Wahrnehmung entzogen haben, wenn sie nicht
eine besondere Eigenthümlichkeit besälse, verschieden von
den Zwillingen fast aller andern Mineralien. Während
nämlich bei diesen das allgemeine Ansehen der Zwillinge
sehr verschieden ist von demjenigen der einfachen Kry-
stalle, indem zugleich eine unsymmetrische Ausdehnung,
Verkürzung oder Verlängerung, parallel der Drehungsaxe
erfolgt, bleibt bei den Zwillingen des Leucits in ihrer
mannichfachen Ausbildung das Gleichgewicht der Gestalt,
das scheinbare Ikositetraeder, stets gewahrt. Fig. 3 Taf II
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204
wird eine deutliche Vorstellung des einfachsten Falls der
Zwillingsbildung gewähren. Die Gruppe ist in einer sol-
chen Stellung gezeichnet, dafs die Zwillings- und Ver-
wachsungsebene, welche oben durch einspringende, unten
durch ausspringende Kanten bezeichnet ist, die Lage der
sog. Längsfläche besitzt, während die Ebene der Vertical-
axen beider Individuen der Querfläche entspricht. Diese
Hauptaxen schliefsen den Winkel 87° 3' 26" ein , derselbe
wird halbirt durch die Zwillingsebene. Der Anblick der
Figur lehrt, dafs ein solcher Zwilling, wenn man die sehr
stumpfen Winkel an der Gränze der Individuen übersieht,
leicht mit einem einfachen Krystall kann verwechselt
werden.
Je nach der Lage der Zwillingsebene können sechs
verschiedene Kanten an der Gränze zum Vorschein kommen.
Die Fig. 4, 5 und 6 Taf. II stellen die drei verschiedenen
möglichen Lagen der Berührungsebene dar, aus denen
sich die sogleich zu erwähnenden sechs Zwillingskanten
ergeben. Jene drei Figuren sind gerade Projectionen auf
eine Ebene parallel einer Fläche des zweiten quadratischen
Prismas. Die Zwillingsebene erscheint verkürzt zu einer
verticalen Linie.
In Fig. 4 Taf. II herrscht das eine Individ so sehr über
das andere vor, dafs dies letztere nur eine aus zwei
Flächen o und zwei t gebildete Ecke konstituirt. Die
Zwillingskanten i:o oder o:i betragen hier 179° 8' 37";
oben ein-, unten ausspringend. Der Winkel, unter welchem
die Kanten t : t und o : o oder o : o und t : t zusammen-
stofsen, beträgt 179° 24' 43".
Fig. 5 Taf. II zeigt zwar das eine Individ noch über
das andere vorherrschend, doch nicht mehr in gleicher
Weise wie im ersten Fall. Das weniger entwickelte In-
divid besitzt vier Flächen o und sechs Flächen t. In dieser
Lage der Zwillingsebene begegnen sich die Flächen t : o,
o : t unter 175° 8' 20", oben ein-, unten ausspringend. Die
beiden Flächen t •, über welche die Gränze in der Ricb-
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205
tung der unsymmetrischen Diagonale verläuft, fallen genau
in Eine Ebene. Es ist dies eine Folge der Thatsache,
dals die Flächen t1 und t* parallele und natürlich gleiche
Combinationskanten bilden würden, wenn sie mit u, der
Zwillingsebene, zum Durchschnitt kämen. Die ebenen
Winkel zwischen den Kanten t : t und o : o in der Projec-
tionsebene der Figur beträgt hier 174° 42' 9".
Fig. 6 Taf. II stellt den dritten Fall dar, in welchem
die Zwillingsebene den Krystall symmetrisch theilt. Es
begegnen sich hier die Flächen o: o unter 151° 28' 44", die
i:t am untern Ende unter 141" 45' 48", während die in
der Richtung einer symmetrischen Diagonale laufende
Zwillingskante t : • den Winkel 176" 39' 36", oben ein-,
unten ausspringend bildet. Dieser Winkel müsste (gleich
den andern Zwillingskanten), wenn die Leucitform ein
Ikositetraeder wäre, 180° betragen, weil eine Dodekaeder-
fläche rechtwinklig steht zu vier Ikositetraederflächen.
An eines der Individuen der Gruppe Fig. 3 Taf. II
fügt sich nicht selten ein drittes Individ an, und zwar
meist in der Weise, dafs die Hauptaxe dieses letzteren
nicht in der Ebene liegt, welche durch die Hauptaxen
der beiden ersten Individuen bestimmt ist. Indem nun
das zweite und dritte Individ, welche mit dem ersten
zwillingsverwachsen sind, auch mit einander zur Berührung
kommen, können noch andere stumpfe aus- oder ein-
springende Kanten entstehen als die drei oben ange-
gebenen. Die Gränzen der zu einer solchen Gruppe ver-
bundenen Individuen werden in letzterem Falle nicht
immer durch wohlgebildete Zwillingskanten, sondern durch
Knickungen bezeichnet. Dadurch wird es zuweilen fast un-
möglich, die Gruppe in ihre einzelnen Theile aufzulösen, wie
später an einem Beispiel gezeigt wird. Jetzt erst, nachdem
wir die Zwillingsbildung des Leucits kennen gelernt haben,
wird es uns möglich seyn, den polysynthetischen Krystall
(Fig. 1 Taf. II) vollkommen zu verstehen. Derselbe ist,
wie bereits oben angedeutet, als ein Ftinfling aufzufassen,
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206
indem nämlich in den herrschenden Krystall nach vier
verschiedenen Richtungen, entsprechend den Flächen des
ersten spitzen Oktaeders, Zwillingslaroellen eingeschaltet
sind. In Bezug auf die Zahl der Streifenrichtungen leuchtet
nun ein, dafs auf den Oktaederflächen o höchstens drei,
auf den Dioktaederflächen nur zwei erscheinen können.
Von jenen vier Ebenen der Zwillingslamellen schneiden
nämlich zwei die Oktaederfläche in parallelen Linien, er-
scheinen demnach nur als Ein Streifensystem. Die Diok-
taederfläche wird von zwei Lamellensystemen gleichfalls
in parallelen Linien geschnitten, es entsteht eine Streifung
parallel der fast symmetrischen Flächendiagonale. Das
dritte System erzeugt eine Streifung parallel der Com-
binationskante o : t. Das vierte Streifensystem kann nicht
zur Erscheinung kommen, weil die betreffenden Flächen
des Hauptkrystalls und der Lamelle vollkommen ins Ni-
veau fallen. Es erklärt sich jetzt, wefshalb gewisse Linien-
systeme auf einer Fläche • nicht fortsetzen auf eine be-
nachbarte t, sondern an der Kante plötzlich enden. Die
Streifen z. B. auf t% welche von t1 herüberkommen, ver-
schwinden an der Kante r : t* und können auf tfl nicht
fortsetzen. Auch ist es klar, dafs auf den Flächen t keine
Streifen weder parallel den secundären noch den primären
Endkanten auftreten können. Es folgt Alles aus der Lage
der vier Flächen u zu den Flächen der Grundform und
des Dioktagders.
Von der Ausbildung der Leucitkrystallc legen folgende
Messungen Zeugnifs ab:
Krystall 1. o1 : ö1 = 130° 6' (ber. 130° 3 )
o'ro5« 129 58
133 58 Fundamental winkel
134 0
133 55
: t
131 24 (ber. 131° 23')
131 23
146 8 (ber. J46°9J')
146 12
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207
Krystall 1. t' : = 146° 10'
•* :i7=*110 47 (ber. 110° 49')
Krystall 2. i1 : t4 = 133 59
t* :i8 = 131 23|
t«:t7 = 131 23
= 146 6
i« : i* — 146 9
•5 :i8 = 146 13
elzil^U6 37 (ber. 146° 37')
o' :t'=146 37
o% : t3 = 119 13 (ber. 119° 10J')
i' : t» = 98 46J (ber. 98" 47*')
Krystall3. i':t8 = 131 23
i' : i* = 146 6
i» : i4 =« 146 9{
o' : •' = 146 38
o*:P = U6 354.
Am Krystall 1 konnte au&erdem die Zwillingekante
o :i zwei Mal gemessen werden = 175° 8' und 175° 11'
(ber. 175° $1). Die vorstehenden Messungen beweisen
wohl zum Genüge, dals wenigstens zuweilen die Leucite
mit höchster Regelmäfsigkeit ausgebildet sind. Die drei
gemessenen Krystalle, deren Flächen von vorzüglicher
Beschaffenheit, waren aus Einer Druse eines Kalkaus-
würflings gebrochen. Alle in Drusen aufgewachsenen
Leucite gehören unzweifelhaft gleich jenen drei gemessenen
Krystallen dem quadratischen Systeme an. Die stumpfen
Zwillingskanten sind fast an jedem solchen Krystalle,
wenn man einmal darauf aufmerksam geworden, mit Leich-
tigkeit wahrzunehmen. Zwillinge von der regelmäfsigen
Ausbildung der Fig. 3 Taf. II sind gar nicht selten: ich
verdanke solche der gütigen Mittheilung der HH. Rose
und Scacchi. Nicht alle aufgewachsenen Leucite scheinen
genau dieselben Winkel zu besitzen noch auch eine gleiche
Constanz derselben, wie die oben angeführten. Die Ur-
sache solcher Abweichungen liegt, zum Theil wenigstens,
in der vielfach sich wiederholenden Zwillingsbildung,
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208
welche die Deutung und Unterscheidung der Flächen o
und t oft sehr erschwert, zuweilen sogar unmöglich macht.
Man erwäge nur, dafs an ein erstes Individuum sich vier
Nebenindividuen anschliefsen können, dals jedes dieser
letzteren wieder drei neue Stellungen, gleichsam von In-
dividuen dritter Ordnung, ermöglicht, dals endlich diese
zahlreichen Krystalltheile von derselben, in der äuisern Er-
scheinung einfachen Leucitform umschlossen werden, an
deren Oberfläche man nur durch Beobachtung der aus-
und einspringenden Kanten, oder Knickungen resp. Run-
dungen von Flächen die einzelnen Individuen erkennen
kann.
Was die eingewachsenen Leucite betrifft, so gestatten
diese keine genauen Messungen, und so war es mir nicht
möglich, für diese die Verschiedenheit der Winkel, ent-
sprechend dem quadratischen Charakter des Systems, zu
konstatiren. Die vom Vesuv bei verschiedenen Eruptionen
1822, 45, 47 usw. ausgeschleuderten Krystalle zeigen zwar
zuweilen glänzende Flächen; ihre Reflexbilder sind indefs
fast immer verwaschen oder mehrfach. Sehr häufig be-
merkt man stumpfe aus- und einspringende Kanten, zum
Beweise dals auch diese Krystalle ähnlich den aufgewach-
senen gebildet sind. In der That scheinen die ursprüng-
lich eingewachsenen Krystalle in hohem Grade polysyn-
thetischen Baues zu seyn.
Angesichts der unerwarteten Thatsache, dafs ein Mine-
ral, welches bisher als eines der ausgezeichnetsten Bei-
spiele des regulären Systems galt, jetzt als ein quadratisches
betrachtet werden mufs, schien mir der Nachweis der
chemischen Zusammensetzung von Krystallen aus der-
selben Druse, welche auch das Material zu obigen Mes-
sungen geliefert hatte, dringend geboten. Zu der früher
schon ausgesprochenen Vermuthung, dafs es einen Natron-
leucit gäbe, gesellte sich in Bezug auf unsere Krystalle
der Gedanke, ob vielleicht bei den aufgewachsenen Leu-
citen ein Gehalt an Natron die Abweichung vom regu-
lären Systeme bedinge, wie etwa der Albit bei ähnlicher
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209
Formel sich auch vom Orthoklas unterscheidet. Diese
Vermuthung erheischte eine bestimmte Antwort, bevor
die Frage nach dem Krystallsystem des Leucits als de
finitiv entschieden gelten konnte.
Krystalle, entnommen derselben Druse wie die ge-
messenen, ergaben mir folgendes Resultat (angewandte
Menge = 0,927 Gr.):
Spec. Gew. 2,479 (bei 23° C.)
Kieselsäure 55,21 Ox. 29,44
Thonerde 23,70 11,07
Kalk 0,43 0,12 )
Kali 19,83 3,37 3,80
Natron 1,21 0,31 i
100,38.
Sauerstoffproportion 3,80: 11,07: 29,44 = 1,03 : 3 : 7,96,
also sehr nahe = 1:3:8; entsprechend der bisher allge-
mein für den Leucit angenommenen Formel K.O, A1,03,
4SiOa oder K2 Al2 Si4On, welche verlangt: Kieselsäure
54,92; Thonerde 23,52; Kali 21,56.
Das feine Pulver des Minerals war durch Chlorwasser-
stoffsäure vollkommen zersetzbar. Obige Analyse beweist
demnach, dafs die aufgewachsenen, dem quadratischen
Systeme angehörigen Leucite keine andere als die normale
Mischung besitzen, und es unterliegt deshalb wohl kaum
einem Zweifel, dafs auch die eingewachseneu, einer ge-
nauen Messung nicht fähigen Krystalle quadratisch kry-
stallisiren.
Mit der neuen krystallographischen Bestimmung des
Leucits steht nun auch das optische Verhalten dieses
Minerals mehr im Einklänge, als es bei der bisherigen
Annahme einer regulären Krystallisation der Fall war.
Aus der Untersuchung, welche wir Hrn. Des Cloizeaux
verdanken (Nouv. recherches 8. /. proprietes optiques des
cristaux, 1867, S. 3 — 5) folgt, dafs der Leucit im polari-
sirten Lichte sich keineswegs wie ein regulärer Körper
verhält. Des Cloizeaux sagt: „Die Erscheinungen,
PoggendorfTs Ann. Ergänzungsbd. VI. 14
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210
welche man bei polarisirtem Lichte wahrnimmt, sind
wesentlich verschieden und wechseln je nach der Platte,
welche man der Prüfung unterwirft und nach der Rich-
tung, in welcher die Platte aus dem Krystall geschnitten
ist". Des Cloizeaux erwähnt auch die zahlreichen
Streifen, welche im polarisirten Lichte erscheinen, und es
entging seinem Scharfsinn nicht, dafs diese Streifen „ou
fissures" in der Ebene einer Dodekaederfläche liegen.
Hätte ihm nicht, gleich allen Fachgenossen, der reguläre
Charakter unseres Minerals als über jeden Zweifel erhaben
gegolten, so würde er gewifs jene Streifen als Zwillings-
lamellen gedeutet und sogleich den wahren Charakter des
Systems erkannt haben. Allen, welche mit Hülfe des
polarisirenden Mikroskops dünne Platten von Leucitge-
steinen untersucht haben, sind die eigenthümlicheu Streifen
der Leucite wohlbekannt. Sie sind eine Folge derselben
Zwillingsbildung, welcher oben bei den aufgewachsenen
Krystallen beschrieben wurde ').
Die" Krystallisation des Leucits kann nun als eine der
eigentümlichsten unter allen Mineralien gelten. Obgleich
1) Ueber die Streifen, welche der Leucit im polarisirten Lichte zeigt,
hat Hr. Prof. Zirkel ausführliche und genaue Mittheilungen ge-
macht (s. Zeitach. d. deutsch, geol. Ges. Bd. XX, 147—151; 1868).
»Sehr viele, zumal die gröfseren Lcucitdurchschnitte, sagt Zirkel,
bieten deutliche Polarisationsphänomene dar. Dieselben bestehen
darin, dafs in dem dunkel werdenden Leucitdurchschnitt ein oder
mehrere Systeme von parallelen Streifen zum Vorschein kommen,
dafs zuweilen selbst der ganze Leucitdurchschnitt aus abwechselnd
dunklen und lichten Linien besteht usw. Die Streifen erreichen mit-
unter eine ungemeine Dünne und Zartheit, es giebt solche deren
Dicke weniger als 0,002 Mm. beträgt. Nicht alle Leucite zeigen jene
Erscheinung. Dicht neben gestreiften Durchschnitten sieht man andere,
welche bei gekreuzten Nicols gänzlich dunkel werden". „Den Streifen
entspricht eine sehr feine mikrolamellare Structur des Leucits".
Zirkel wirft dann am Schlüsse seiner verdienstvollen Untersuchung
über die mikroskopische Structur der Leucite — indem er an eine
ähnliche Ansicht Marbachs (Diese Ann. Bd. 94 S. 42) erinnert —
die Frage auf: „ Wäre es nicht möglich, dafs in den Leuciten die
polarisirenden Lamellen einem mit regulärem Kalileucit verwachsenen
doppehbrechenden Natronleucit angehören?*
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211
nämlich die Zwillingsbildung und die Winkelverschicden-
hciten denselben unbedingt vom regulären Systeme aus-
schliessen, so nähert er sich diesem letztern dennoch wieder
durch sein Pseudo-Ikositetraeder , der ausschliefslich herr-
schenden Combination des Oktaeders mit dem Dioktaßder
4P 2. Dieser dem Regulären sich nähernde Charakter des
Leucits bestätigt sich auch darin, dafs untergeordnet sowohl
die Flächen des ersten spitzen Oktaeders als auch die-
jenigen des ersten Prisma' s hinzutreten. Eine hiermit ver-
gleichbare Hinneigung eines Krystallsystems zu einem
andern mit mehr symmetrischem Charakter findet sich
bekanntlich mehrfach bei rhombischen Mineralien; wenn
nämlich das Verhältnifs der Horizontalaxen sich den Werthen
1,732 : 1 (Makroaxe zur Brachyaxe) nähert, oder, mit andern
Worten, der Winkel der Basis nahe 120° beträgt. Wie das
verticale rhombische Prisma durch das Brachypinakoid zu
einem scheinbaren hexagonalen Prisma ergänzt wird, so
bildet die Combination des Oktadders P mit einem Brachy-
doma 2 P oo ein Pseudodihexaeder. Die Beispiele dieser
rhombischen Systeme und des Leucits zeigen demnach,
dafs, wenn das Axenverhältnifs eines Oktaeders von der
Art ist, dafs durch Combination mit einer andern Form
eine Gestalt entstehen kann, welche in Bezug auf ihre
Winkel einer Grundform eines mehr symmetrischen Systems
nahe kommt, so nimmt jene Combination in ihrem Auf-
treten den Charakter einer einfachen Form an. Freilich
können wir beim Leucit die Ursache des stets herrschen-
den Pseudo-Ikositetraeders nicht allein in der Annäherung
des Polkantenwinkels der Grundform an den Werth
131° 49' (Winkel des Ikositetraeders) erkennen; denn dann
könnten wir noch bei andern quadratischen Mineralien
das Vorherrschen einer Leucitform erwarten. Der Vesuvian
z. B., mit der Polkante 129" 20', könnte gleichfalls eine
dem regulären lkositetraeder verwandte Form darbieten.
Unter den zahlreichen Combinationsformen des Vesuvians
findet sich auch das Dioktaeder Qa : }a : c), 4P2, welches
im Allgemeinen nicht häufig beobachtet wird. Niemals
14»
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212
hat man aber beim Vesuvian diese, dem Ikositetraeder ver-
wandte Combination als herrschende Form gesehen. Es
muis demnach dem Leucit eine besondere Hinneigung zum
regulären System innewohnen.
Es gesellt sich nun der Leucit zu jener ausgezeichneten
Reihe quadratischer Mineralien, welche für den Vesuv so
charakteristisch sind : Zirkon, Humboldtilith, Mejonit, Miz-
zonit, Sarkolith und Vesuvian.
I
Nachdem Obiges geschrieben (s. Monatsber. d. K. Ak.
zu Berlin, 1. Aug. 72), erhielt ich durch die Güte der HH.
G. Rose, Scacchi, Ewald und Hessenberg mehrere
ausgezeichnete Krystalle, deren Untersuchung unsere Kenut-
nifs der Leueitkrystallisation zu fördern geeignet schien.
Hrn. Scacchi verdanke ich aufserdem eine Sammlung
jeuer merkwürdigen vesuvischen Auswürflinge (der Erup-
tion vom 26. April 1872), welche neugebildete Leucitc
zeigen. Auf diese, in zerstörter alter leucitischer Lava
durch Sublimation neugebildeten Leucite gründet Hr.
Scacchi vorzugsweise seine Ansicht, dafs dies Mineral
ein polysymmetrischer Körper sey (etwa vergleichbar dem
schwefelsauren Kali) und sowohl im quadratischen als
auch im regulären System krystallisiren könne. An die
Untersuchung der mir anvertrauten Krystalle werden sich
deshalb Mittheilungen über die neugebildeten Leucite so-
wie eine Discussion der Scacchi'schen Ansic ht knüpfen.
Fig. 7 Taf. II ist ein Portrait des Ewald'schen Kry-
stalls. Die meisten Flächen erlauben genauste Messungen.
Als ich früher in den Fig. 4, 5, 6, Taf. II die dreifache
Modifikation in der Ausdehnung der Zwillingsindividuen
darlegte, kannte ich nur Krystalle wie Fig. 3 Taf. II. Der
Krystall des Hrn. Ewald ist nun eine Bestätigung der
Fig. 4 Taf. II. Das herrschende Individ ist in gerader
Projection auf eine Ebene des (nicht vorkommenden)
zweiten Prismas gezeichnet. Diesem Krystall ist ein
Zwilliugsstück angefügt, gleich einer aus den Flächen o
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213
und i gebildeten vierseitigen Pyramide, genau wie die
Fig. 4 Taf. II es verlangt. Aufserdem ist dem Hauptindivid
eine breite Zwillingslamelle eingeschaltet, welche ihrer Stel-
lung nach demselben krystallographischen Individ angehört
wie das vordere pyramidale Stück. Die stumpfen Kanten
sind mit gröfster Deutlichkeit wahrzunehmen — aus- und
einspringend ; in den Figuren mita oder« bezeichnet — genau
wie die obigen Voraussetzungen es erheischen. Die Zwil-
lingslamelle trägt selbst wieder feine Streifen, welche dem-
nach dieselbe Stellung besitzen wie das Hauptindivid. Man
bemerke , dafs die Streifen und die Zwillingsgränze der
Fläche t" nicht übertreten auf was am Original auf das
Deutlichste wahrnehmbar ist. Es liegen nämlich die ent-
sprechenden Flächen t beider Individuen auf der Fläche t5
vollkommen im Niveau; entsprechend der unsymmetrischen
Diagonale in Fig. 5 Taf. II. Die Streifen auf t3 gehören einem
dritten Individ an, dessen Zwillingsebene die obere (fast
symmetrische) Ecke t* i* o o abstumpfen würde. An diesem
Zwiilingskrystall wurden folgende Kanten gemessen:
|i :i* =133° 58' (ber. 133" 58')
i3 : i* = 134 1 „
i*:t« = 133 57
r : t8 l) = 134 3 „
V :? =131 14 (ber. 131° 23^
»* :»« = 131 20
«131 23 „
t6:t8 =131 23 „
i8:t' =146 9} (ber. 146* 9J')
•*:t* =146 10 „
t> : o = 146 43
o*:i = 146 37
ol:o3 = 130 3 (ber. 130° 3 )
t« :ol =179 14 (ber. 179° 8J') einspr.
t':o3 = 179 7 „
o : t = 179 7J ausspr. „
1) Diese Flächen gehören der Hintereeite an und gränzen an i* nnd i\
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214
Wenn wir, wie es hei diesem ausgezeichneten Krystall
der Fall ist, nicht nur die Kanten des einfachen Individs,
sondern auch die überaus stumpfen, dem blofsen Auge
kaum mehr sichtbaren Zwillingskanten, parallel der fast
symmetrischen Diagonale, mit den berechneten Winkeln
sehr nahe oder vollkommen übereinstimmend sehen, so
müssen wir den Gedanken an zufallige Knickungen der
Flächen und dergl. aufgeben und können nur die Stabilität
der Flächen bewundern.
He ssenberg's Krystall ist ein Zwilling, dessen beide
Individuen fast genau im Gleichgewicht stehen, entsprechend
Fig. 6 Taf. II (welche Zeichnung eine mir damals — Mo-
natsber. d. Ak. — noch nicht vorliegende Modifikation dar-
stellen sollte). Der Krystall ist mit demjenigen Ende frei
ausgebildet, an welchem die ii sich begegnen; gerundet
und abgebrochen hingegen an demjenigen — in der Fig. 6
Taf. II dem obern — Ende, an welchem die o o erscheinen
müssen. Es ist überhaupt eine seltsame Eigenthümlichkeit
des Leucits, dafs er seine Oktaederflächen zu verbergen
und die Dioktaederflachen t dem Beschauer zuzukehren
strebt. In Folge defs hat man ziemlich selten Gelegenheit,
die Kanten der Grundform zu messen, wie bereits obige
Daten verrathen. Es gilt dies sowohl für die Zwillinge
als auch für die mehr einfachen Krystalle. In Folge dieser
Thatsache gelangte ich erst auf einem Umwege zur rich-
tigen Erkenntnifs des Systems, welches ich zuerst für
rhombisch hielt Bei deu aufgewachsenen Krystallen stöfst
man nämlich vorzugsweise auf solche, welche eine primäre
Seitenecke des Dioktaeders als Scheitel ausgebildet zeigen.
So nahm ich die Form für rhombisch und fand das Ver-
hältnils der supponirten Brachyaxe zur Verticalaxe genau
wie 2:1, welche Relation mich erst zur Erkennung des
quadratischen Systems führte.
Der Hessenb erg'sche Krystall erscheint zwar dem
blofsen Auge tadellos. Das Fernrohrgoniometer läfst in-
defs die Reflexe etwas verwaschen erscheinen, so dafs die
Messuugen nicht von gleichem Werthe wie die des Ewald'-
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215
sehen Krystalls sind. An jedem der beiden zum Zwillinge
verbundenen Individuen wurden zunächst zwei Seitenkanten
des DioktaSders bestimmt:
t':i* = 133° 50' (ber. 133" 58')
ta : i4 = 133 53
t»:ta= 133 47 „
t»:i4 = 133 56. „
Die Messungen zweier Dioktaeder-E^dkanten an jedem
Individ ergaben:
t1 :t3 = 131° 31' (ber. 131° 23J)
t*:t4 = 131 39 „
il i i8 = 131 38
i*:i*=131 40 (circa). „
Die ZwiUingskanten , welche in der Richtung einer
symmetrischen Diagonale verlaufen (Fig. 6 Taf. II), wurden
bestimmt:
»: t— 1770 4' (ber. 176° 39]') ausspr.
t : ja 177 0 „ einspr.
Während demnach die Messungen für die Seitenkanten
von t einen zu kleinen Werth ergaben, sind die primären
Endkanten von i zu grofs. Die Differenz zwischen beiden
Kanten, nämlich den Seiten- und den Endkanten, ist
weniger bedeutend als uuser Axenverhältnifs es verlangt,
oder — mit andern Worten — die Combination o i dieses
Leueitkrystalls nähert sich etwas mehr dem regulären
Ikositetragder als die typischen Krystalle.
Fi<r. 8 Taf. II stellt einen Drilling dar, welchen mir
G. Rose anvertraute. Aufser den gewöhnlichen Flächen
kommen an demselben die seltenen Flächen des ersten spitzen
Oktaeders Ii und des quadratischen Prismas m vor. In Folge
der Zwillingsbildung liegen m und u neben einander, fast
in gleichem Niveau. Durch die römischen Zahlen I, II, III
sind die drei Individuen bezeichnet, aus denen das schein-
bare Ikositetraßder sich zusammensetzt. Die Zwillings-
ebene der beiden Individuen I und II ist in unserer Gruppe
216
auch als Krystallfläche u vorhanden. Die SteDung dieser
beiden Individuen ist genau dieselbe wie beim Zwilling
(Fig. 7 Taf. II) diejenige des herrschenden Individs zur
eingeschalteten Zwillingslamelle, t5 und i fallen vollkommen
ins Niveau, daher die Gränze, nachdem sie die Flächen
m und u geschieden, erlischt. Die Individuen II und III
haben zur Zwillingsebene die, gleichfalls als Krystallfläche
auftretende, ti. Eft folgt aus dem Gesagten, dafs I und III
zwar in Zwillingsstellung sich befinden zum Individuum II,
nicht aber zu einander. Die Fläche t7 ist also gemein-
sam den Individuen I und II, und die einspringende Kante,
welche die genannte Fläche von o1 scheidet, ist eine wahre
Zwillingskante; nicht so aber die Kante zwischen o' und i.
Diese ist „unregelmäfsig".
Krystalle wie Fig. 8 Taf. II bieten nun den Schlüssel
zum Verstälidnifs der polysynthetischen Verwachsungen
dar, welche begreiflicherweise, wenn die Zahl der ver-
bundenen Individuen gröfser ist, bald unentwirrbar werden.
Folgende Messungen geben Auskunft über die Bildung
unseres Drillings.
V:P= 133° 34i' (ber. 133° 58')
i3 : t4 = 133 30
V : r = 133 25 „
t' : i3 = 131 46 (ber. 131*23^')
i»:t4 — 131 57 „
PsF» 131 40 Ä
o'ro3« 130 1 (ber. 130° 3*)
(ein 2. Bild = 130 58)
t»:f*=»H6 14 (ber. 146° 9£')
7>:t7= 146 30 circa
= 145 54
OliV = 146 17 (ber. 146° 37')
o« :t7 = 146 11 n
o3:is = H6 4«
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217
al:o' =150 16 (ber. 151° 18 V)
=109 14 (ber. 109° 7 V)
P:ol = 176 25 (ber. 175° 8J)
t4ro3= 176 23 ||
t7ro*=175 54
f.-o1 = 176 2
Hei diesem Krystall macht sich eine noch gröl'sere Ab-
weichung geltend wie bei demjenigen Hessenberg s, und
zwar in demselben Sinne, so dals die Differenz zwischen der
Seitenkante und der primären Endkante des Dioktaeders
geringer ist als die Axenverhältnisse es erheischen. Denken
wir uns in der Gruppe Fig. 8 Taf. II das Individ II mehr
ausgedehnt, sodafs sämmtliche vier Flächen o zum Vorscheiu
kommen, so erhalten wir das Bild eines andern ausge-
zeichneten Krystalls der Berliner Sammlung, des einzigen,
an welchem ich sämmtliche vier Oktaßder-Endkanten messen
konnte = 130° 10', 130" 4', 130" 10', 130" 8', demnach in
naher Uebereinstimmung mit dem berechneten Werthe
130" 8' und zum erneuteu Beweise der quadratischen Kry-
stallisation des Leucits. Zwei Combinationskanten o : t
desselben Individs ergaben die Werthe 146° 35', 146 *29'
(ber. 146° 37'); eine Dioktaeder-Endkante tri = 131° 12'
(ber. 131° 23J). Die einspringenden Zwillingskanten ort
messen — 175° 44' und 175" 53' (ber. 175° 8J). Auch hier
weichen, wie bei dem vorigen Krystall, die Zwillingskanten
besonders von dem Werthe der Normalgeatalt ab. Sie
sind stumpfer. Höchst wahrscheinlich liegt die Ursache
in dem polysynthetischen Bau der Gruppe, vermöge dessen
dieselbe sich allmälig scheinbar der Idealgestalt, dem
IkositetraSder, nähert.
Aus dem oben über die Zwillingsbildung unter Hin-
weis auf Fig. 1 Taf. II Gesagten geht hervor, dafs die
Streifen auf den Dioktaederflächen weder den primären
noch den secundärcn Endkauten parallel gehen können,
sondern entweder der Combinationskante o : t oder der-
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218
jenigen u:i (der fast symmetrischen Diagonale ent-
sprechend) parallel sein müssen. Desgleichen wurde nach-
gewiesen, dafs auf den Oktaßderflächen die Zwillings-
streifen nicht parallel der Kante o : u (oder der symme-
trischen Diagonale) sondern stets nur parallel einer Com-
binationskante o : t seyn können.
Wenn sich nun nichtsdestoweniger Krystalle finden,
deren Flächen o gestreift sind entsprechend der symme-
trischen Diagonale, oder deren Dioktaederflächen Zwillings-
kanten parallel einer secundären Endkante tragen — , wenn
zugleich solche Krystalle vielfach abweichende, dem regu-
lären Ikositetraeder mehr genäherte Winkel besitzen, so
könnte man leicht verzweifeln, den durch ein solches
Wirrnils leitenden Faden zu finden und zu dem Glauben
verleitet werden, es existirte neben dem quadratischen
Leucit noch eine zweite Varietät von chemisch gleicher
Zusammensetzung, welcher sehr nahe oder genau die
Gestalt des regulären Ikositetraeders zukomme. In der
That waren mir Zwillingsgränzen , welche in der Ebene
einer Fläche des quadratischen Prisma's m zu liegen schienen
(s. Fig. 9 Taf. II), anfangs unerklärlich. Indefs schon der
früher besprochene Drilling Fig. 8 Taf. II zeigte auf der
Fläche i7 eine einspringende Kante parallel der secundären
Endkante t1 : i\ und ist wohl geeignet, auch das Verständ-
nils komplicirterer Fälle anzubahnen.
Man erinnere sich, dafs bei mehrfacher Zwillingsver-
wachsung, wenn dieselbe aus ein und demselben Gesetze
hervorgegangen ist, die verschiedenen Individuen zweiter
oder dritter Ordnung mit einander in Berührung kommen,
sich durchwachsen und Kanten bilden können; dafs dies
aber nicht statt findet, wenn die polysynthetische Ver-
wachsung eine Folge verschiedener Gesetze ist. Als Bei-
spiel des ersten Falls kann der Kalkspath, des zweiten
der Anorthit gelten. Da nun den Verwachsungen des
Leucits nur Ein Gesetz zu Grunde liegt, so können sich
mit dem primären Individ nicht nur die vier Zwillings
individuen erster Ordnung in Kanten verbinden, sondern
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219
auch diese unter einander, sowie die Zwillingsindividuen
zweiter Ordnung mit dem primären Individ, sowie mit
allen erster Ordnung u. s. f. So entstehen unter dem
täuschenden Schein einer einfachen Form Krystallaggre-
gate, deren kleinste Theile fast zahllosen Stellungen ange-
hören. Die schliei'slieh entstehenden Kanten der kom-
plexen Form, welche aber nichts weniger als eine wahre
Krystallgestalt ist, können naturlich nicht mit den nor-
malen Werthen übereinstimmen , sondern nähern sich, in-
dem die Reflexe theils verwaschen wegen Flächenkrümmung
sich zeigen, theils doppelt in Folge von Knickung, den
Kanten des regulären Ikositetraeders. Solcher Art sind
wahrscheinlich die eingewachsenen, sowie die vom Vesuv
bei verschiedenen Eruptionen ausgeworfenen Kry stalle.
Fig. 9 Taf. II stellt einen wenig über 1 Mm. grofsen,
gleichfalls ursprünglich aufgewachsenen Krystall 1) dar, wel-
cher zwei ausspringende, sich durchschneidende Zwillings-
kanten trägt. Die untere Hälfte des Krystalls ist ver-
brochen. Ueber die Orientirung des herrschenden Indi-
vids I belehren folgende Messungen :
t' : = 133° 40' (ber. 133° 58 ) . : o1 = 146° 37' (146° 37 )
o»:o4=sl30 5i(ber.l30 3) . i : o1 =» 146 38.
Die Stellung des Individs I ist demnach genau gleich
derjenigen des Individs I in der Gruppe Fig. 8 Taf. II.
Auch über die Stellung des Krystallstücks II kann kein
Zweifel seyn, da gemessen wurde
t1 :i3= 131° 204' (bor. 131° 23|>
Das Individ II der Fig. 9 Taf. II steht demnach genau
wie das entsprechende der Gruppe 8, mit dem einzigeu
Unterschied, dals es in 9 mehr zurückgedrängt ist. Die
Aehnlichkeit des Baues tritt auch darin hervor, dals wir
die ausspringende Zwillingskante wiederum erheblich zu
stumpf finden :
o* : i' = 176° 37' (ber. 175° 8|*>
Wie aber erklärt sich die zweite sehr stumpfe aus-
springende Zwillingskante, in der Figur durch eine feinere
gestrichelt -punktirte Gränze bezeichnet? Fassen wir zu-
1) Aus der neapolitanischen Sammlung.
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220
nächst diejenigen Theile der Linie ins Auge, welche (in
Einer Ebene liegend) scheiden t3 und o* sowie t1 : o\ so
haben wir hier genau den Fall der Fig. 4 Taf. II und
des Ewald'schen Krystalls Fig. 7 Taf. II. Es wurde
nämlich gemessen t' : o' ■= 179° 1' ausspr. (ber. 179" 8|).
Einen unmittelbaren Zusammenhang der beiden in Rede
stehenden Theile der Zwillingsgränze kann man nicht
wahrnehmen, weil die Unterseite des Krystalls fehlt. Zu
dem Individuum II stehen also die beiden Individuen I
und III in Zwillingsstellung. Machen wir uns nun die
gegenseitige Stellung der letzteren beiden Individuen klar,
so ergibt sich , dafs sie eine nur vrenig verschiedene ist.
Es wird dies deutlich, wenn wir uns an den Zwilling
Fig. 3 Taf. II noch ein drittes Individ angefugt denken,
dessen Hauptaxe in der Ebene der Hauptaxen der beiden
erstem liegt. Diese drei Individuen haben nun eine
Ncbenaxe gemeinschaftlich, während die Hauptaxen Winkel
von 87" 3' 26" einschliefsen, sodafs der Winkel, welchen
die Hauptaxen der beiden äufsern Individuen einschliefsen,
5° 53' 8" beträgt. Diese sich wiederholenden Zwillings-
verwachsungen, bei welchen die Hauptaxen entweder in
Einer Ebene bleiben — kreisförmige Verwachsungen — ,
oder ihre Lage im Räume wechseln, sind ja beim Zinn-
stein und Rutil allbekannt. Kehren wir wieder zurück
zu den Individuen I und UI der Gruppe Fig. 9 Taf. II,
so haben dieselben genau die eben angedeutete Stellung
zweier äufsern Individuen. Eine Nebenaxe, die in der
Ebene des Papiers liegende Linie xy, ist ihnen gemeinsam,
die Hauptaxen bilden den angegebenen Winkel, und zwar
liegt die Axe von I in der Zeichnungsebene, während
diejenige von II im Sinne der Kante ta : t4 gesenkt ist.
Am Krystall Fig. 9 Taf. U konnten folgende Kanten ge-
messen werden:
146° 23' (ber. 146° 37')
146 16
133' 5 (ber. 133° 58')
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221
t' :t*=133°15' (ber. 133° 58')
P et1« 145 22
i*i ta=145 5
i*:i8 = 146 27{
o':i' = 147 10
§• : i* = 178 44 ausspr.
t7 = 178 42. «
Der nach unten gewandte Theil des Krystalls mit den
Flächen t', t8, o1, o verräth in deutlichster Weise seine
unregelmäßige Zusammensetzung, indem die Flächen aus
einzelnen, durch unregelmäßige Furchen getrennten, nicht
genau einspiegelnden Facetten bestehen. Auch die Strei-
fung (vergl. die Figur) beweist die Polysynthcsie des Kry-
stalls, indem sie an den stumpfen ausspringenden Kanten
beginnend oder endend beweist, dafs hier Gränzen ver-
schiedener Individuen vorliegen. Wenngleich die Deutung
der einzelnen Flächentheile, ob o, ob i, sowie die Unter-
scheidung der Individuen in dem komplexen Krystallbau
bald unmöglich wird, um so mehr, da zugleich die Winkel
ihren Constanten Charakter verlieren und sich den Werthen
des Ikositetraeders mehr nähern: so ist doch gewils ein-
leuchtend, dafs solche polysynthetischen Gebilde, welche
aus zahllosen, zu einem scheinbar einfachen Krystall ver-
bundenen Stücke bestehen, nimmermehr einen Beweis
gegen die quadratische Natur des Leucits begründen
können.
Noch complicirter als Fig. 9 Taf. II ist ein anderer
Krystall aus der neapolitanischen Sammlung, welchen Fig. 10
Taf. II darstellt. Es erscheinen hier sehr stumpfe aus-
springende Kanten, welche die Flächen o in der Richtung
einer symmetrischen Diagonale durchziehen, während der
Krystall wesentlich aus den beiden Individuen I und II
(mit einspringenden Kanten sich begegnend) besteht,
ganz so wie Fig. 3 Taf. II. Die Zwillingsgränze (ge-
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222
strichelt punktirt) ist rings um den Krystall in deutlichster
Weise zu verfolgen, oben ein-, unten ausspringend, auf ih
und r unsichtbar, weil hier die Flächenhälften in Einem
Niveau liegen. Die beiden in einer sehr stumpfen Kante
parallel der symmetrischen Diagonale sich begegnenden
Hälften der Fläche ol bilden den Winkel 179° 34'. Die
folgende Uebersicht verräth eine grofse Unregelmäfsigkeit
der Kanten:
o3 : o} = 130* 30'
o8:ol = 130 10
O4:oa=l30 6.
Während diese Winkel in befriedigender Weise mit
deu Normal werthen übereinstimmen, ist es bei den fol-
genden nicht ebenso der Fall:
o3 : O4
131° 54'
1* ! •• =
146"
19'
o1 : o1
132 30
•7 : t8 =
145
58
132 30
er : V =s
146
20
ift :
132 49
t7:t6 =
132
20
t7 : tlü
130 56
Oa:i4 =
177
20 circa
•*:•«
132 40
o«:t« =
177
13.
Wir sehen den Unterschied der beim Normal krystall
difierenten Winkel verwischt. Im Allgemeinen ist die
Aehnlichkeit der Krystalle 9 und 10 unverkennbar, nur
ist letzterer in noch höherem Grade polysynthetisch, wie
auch die Streifung beweist, welche au der Individuengränze
plötzlich abbricht. Bemerkenswerth ist es, dafs einzelne
Streifen (z. B. im linken oberen Oktanten) die Zwillings-
gränze durchbrechend, aus einem Individ in das andere
übergehen. Von welcher Art diese Linien sind, ob viel-
leicht nur der Oberfläche angehörend, habe ich nicht er-
mitteln können ; wie überhaupt der Krytall Fig. 10 Paf. II
mit seiner vielfachen Streifung, der Knickung seiner
Flächen, den gestörten Winkeln nicht vollkommen zu ent-
räthseln war.
Untersucht man nun in ähnlicher Weise, wie es oben
in Bezug auf die aufgewachsenen Leucite geschehen, die
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223
i
ringsum frei ausgebildeten Krystalle, um au ihnen den
quadratischen Charakter des Systems nachzuweisen, so
stöfst mau auf die gröfsten, ja auf unüberwindliche
Schwierigkeiten. Mit dem Reflexionsgoniometer mefsbar
siud von den frei ausgebildeten Krystallen nur die bei
einigen Eruptionen z. B. 1845 lose ausgeschleuderten.
Doch auch diese letztern, wenngleich von glänzenden
Elächen umschlossen, geben keine scharfen, dazu meist
doppelte Bilder. Für ihren polysynthetischen Bau sprechen
die stumpfen aus- oder einspringenden Zwillingskanten,
welche man auf vielen Flächen beobachtet. Die Mes-
sungen der läugern Kanten dieser scheinbaren Ikositetra-
eder schwanken zwischen 130" und 134", entsprechend
den dreierlei Kanten 130° 3', 131* 23', 133° 58'. Versucht
man nun aber die Flächen o und t zu unterscheiden und
den Krystall in seine Individuen zu zerlegen, so gelingt
dies nicht. Man findet z. B. keine Ecke zu welcher nur
Kanten gleicher Art 130° 3' zusammenstofsen und ebenso
keine symmetrische Ecke, zu welcher abwechselnd zwei
Kanten von 131° 23' und 133° 58' sich begegnen. Es ist
dies eine Folge der vielfachen Zwillingsbildung. Diese
losen Krystalle der Leucitregen scheinen aus sehr vielen
stückweise vertheilten Individuen zu bestehen, deren Auf-
lösung eiu „Problem der drei Körper44 seyn würde.
Auch nachdem wir für scheinbar einfache Leucitformen
eine polysynthetische Zusammensetzung nachgewiesen, ist
die Frage, ob es neben den quadratischen Leuciten nicht
auch reguläre Krystalle gäbe? eine naheliegende und durch-
aus berechtigte. Es lösen sich in der That aus den alten
Sommalaven die Leucitkrystalle mit einer scheinbar so
vollkommnen Ikositetraeder-Gestalt heraus, dafs man bei
ihrem Anblick nur schwer den Glauben an ihre reguläre
Natur wird aufgeben können. Einen solchen 20 Mm.
grolsen Krystall sandte mir mein Freund Hesse nberg
mit den Worten: „Er ist zwar nicht glänzend, aber so
schön gebildet, dafs man sich mit dem Anlegegoniometer
vollkommen überzeugen kann, dafs er isometrisch kry-
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224
stallisirt ist, und nirgends Kanten von 133° 58' zugleich
mit andern von 130° 3', also um beinahe 4° diflerirend,
besitzt. Auch von Zwillingstheilung ist Nichts zu ent-
decken." An dem fraglichen Krystall, von vollkommen
symmetrischer Ausbildung scheinen in der That die längern
Kanten, so weit das Anlegegoniometer zu ermitteln ge-
stattet, gleich zu seyn. Eine Kante von 133° 58' suchte
auch ich vergeblich. Alle jene Kanten scheinen sehr
nahe =131° 49', dem Werthe der langem Kanten des
Ikositetraeders 202, zu seyn. In einer spätem Zuschrift
scheint Hessenberg, nachdem er Kenntnifs genommen
von der chemischen Identität der auf- und eingewachsenen
Krystalle, die früher geäuiserte Ansicht von zwei Leucit-
spezien, welche sich etwa unterschieden wie ortho- und
klinoklastische Feldspathe, aufzugeben, von Neuem indefs
darauf hinweisend, dafs jene scheinbar vollkommen iso-
metrischen Gestalten eine kaum begreifliche Thatsache
seyen.
Eine höchst beinerkenswerthe Ansicht über die Natur
des Leucits hat vor Kurzem in Zusammenhang mit meiner
ersten Mittheilung Scacchi geäufsert (Contribuzioni mine-
ralogiche, Atti R. Accad. scienze Napoli 1872). Nach ihm
ist der Leucit ein polysymmetrisches Mineral. Es
wird nöthig seyn, an die von Scacchi entdeckte und in
die Wissenschaft eingeführte Thatsache der Polysym-
metrie l) zu erinnern. Es ist dies eine besondere Art der
Polymorphie: wenn nämlich zwei Formen einer chemisch
identen Substanz zwar verschiedenen Krystallsystemen an-
gehören und verschiedene physikalische Eigenschaften be-
sitzen, trotzdem aber eine vollkommene Analogie und fast
genau übereinstimmende Neigung aller Flächen besitzen
1) Scacchi, JUisimmttria d*i cristalli , Atti R. Accad. Scienze Napoli
1863, 1865 (im Auszug übertragen von RammcUberg, Zeitschr. d.
deutschen geol. Ges. Bd. XVII, S. 35. 1865). Delle combinazioni della
Litina ron Vacido solforico, Atti etc. 1868. Zutreffend bemerkt der
ausgezeichnete Verfasser von den in letzterer Arbeit mitgetheilten
»Fatti ammirevoli'1 in einer gütigen Zuschrift »sono ignorati general-
mente*.
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225
(z. B. beim Weinstein sauren Strontian, Sr0.2C4H,06
H-5H20). Als ein besonderes Kennzeichen polysym-
metri8clier Ery stalle bezeichnet Scacchi die Thatsache,
dafs die beiden Krystallmodificationcn, wenn sie sich zu-
sammen verbinden, in genau paralleler Stellung verwachsen,
sey es, dafs die eine Form die Flachen der andern bedeckt,
oder im Innern der einen Form und aus ihrer Substanz
Erystalle der andern Form sich bilden. Scacchi leitet
seine Bemerkungen in Bezug auf die Polysymmetrie des Leu-
cits mit folgenden Worten ein: „Mit einem gewissen Wider-
streben theile ich die Erwägungen mit, welche mich zu
der Ansicht zweier durch Polysymmetrie verschiedener
Leucitspezies gefiihrt haben, da jene Erwägungen sich
nicht auf beweisende Thatsachen stützen."
Unter Voraussetzung zweier Leucitspezies würde nach
der Meinung Scacchi's die von ihm entdeckte, in jeder
Hinsicht überaus wichtige Thatsache, dafs durch vul-
kanische Dämpfe die eingewachsenen Leucite
der Fragmente alter Sommalaven zerstört und
in kleinen Hohlräumen derselben Stücke durch
Sublimation zierliche Leucite neu gebildet wer-
den, sich zwar nicht erklären, aber doch weniger unbegreif-
lich seyn. Unter den Bedingungen der erneuten vulkanischen
Einwirkung würden sich die ursprünglichen regulären
Krystalle in quadratische umwandeln, wie etwa unter ge-
wissen Bedingungen aus den triklinen Krystallen des zwei-
fach weinsteinsauren Strontians die polysymmetrisch ver-
schiedenen monoklinen Krystalle entstehen. Scacchi ver-
sucht nun den Nachweis zu führen, dafs die eingewachsenen
Leucite wirklich reguläre Formen besitzen „la qual cosa
fügt er hinzu, non e facile a dimosfrare." Er wählte
zur Messung einen 1845 vom Vesuv ausgeschleuderten
Krystall, von modellähnlicher Ausbildung mit ziemlich
glänzenden Flächen, „ohne Andeutung jener Zwillings-
bildung der in Kalkblöcken aufgewachsenen Leucite".
Dafs indefs der fragliche Krystall nicht einfach, sondern
von polysynthetischer Bildung war, scheint nach allem
PoggeüdorftJs Ann. Erganzungsbd. VI. 15
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226
Obigen aus folgenden Worten Scacchi's mit Bestimmtheit
hervorzugehen: „Ein Hindernifs für genaue Messungen
beruht in der Unebenheit seiner Flächen. Gewöhnlich
bieten dieselben eine sehr stumpfe, zuweilen ein-, häufiger
noch ausspringende Kante dar, welche in der Richtung
der symmetrischen Diagonale verläuft und doppelte, zu-
weilen mehr als 1° differirende Bilder verursacht*. Es
stimmt dies also vollkommen überein mit dem, was ich
oben als Ergebnifs der Messungen eines solchen Krystalls
aussprach. Obgleich der unregelmäfsig synthetische Bau
des Scac Chilenen Krystalls sich aus seinen Worten er-
giebt, so gestatte ich mir dennoch die Resultate seiner
Messungen (Mittel aus zuweilen Über 1° differirenden
Werthen) mitzutheilen. Es wurden durch Scacchi
sämmtliche 24 kürzere, pseudooktaedrische Kanten des
Krystalls gemessen. Nennen wir die an den Enden der
Axen liegenden Ecken a a', b b', c c', so betragen die 4
zu jeder dieser Ecken zusammenstofsenden Kanten:
a =
134°
11'
131° 57'
133°
11'
134° 8'
a'=
133
3
133 32
133
16
133 31
6 =
132
10
132 49
133
3
133 2
6'=
132
5
131 44
133
43
133 29
134
9
134 15
131
46
130 57
c =
132
11
131 44
131
20
131 21.
Diese Uebersicht lehrt wohl zur Genüge die vielfache
Unregelmäßigkeit im Bau dieser Krystalle, deren Zerlegung
in einzelne Individuen sich als unmöglich erweist. Be-
merkenswerth ist wohl, dafs unter all jenen Winkel werthen
nicht ein eiuziger der Endkante des Leucitoktaeders 130° 3'
nahe kommt. Wir finden hier dieselbe Thatsache bestätigt,
welche bereits früher angedeutet wurde. Der Leucit
strebt, sey es durch die Weise des Aufgewachsenseins,
soy es durch Zwillingsbildung seinen oktaedrischen Scheitel
zu verbergen. Jener ringsum freie, von Scacchi gemessene
Krystall wendet nach aufsen nur dioktaedrische Kanten.
Der Annahme einer zweiten, im regulären System kry-
stallisirenden Leucitspezies würden sich sofort wieder die
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227
gröfsten Schwierigkeiten entgegenstellen. Man erinnere
sich der oben erwähnten Erscheinungen eingewachsener
Leucite im polarisirten Licht, welche von Z irkel trefflich
beschrieben wurden. Die eingewachsenen gestreiften Kry-
stalle sind unzweifelhaft quadratisch; da jene Streifen
genau den früher geschilderten ZwillingslamelJen ent-
sprechen. Wir würden also zu der Annahme genöthigt
seyn, dafs unter den eingewachsenen Krystallen theils die
quadratische, theils jene vermeintliche reguläre Spezies
vertreten sey, eine Annahme, welche in höchstem Grade
unwahrscheinlich ist.
Was nun die oben angedeutete Thatsache der Neu-
bildung von Leuciten aus vulkanischen Dämpfen unter
gleichzeitiger Zerstörung der ursprünglichen Leucite be-
trifft, so ist sie gewils in hohem Grade unerwartet, mag
auch immerhin manchem Facbgenossen zunächst unglaub-
lich erscheinen, — sie ist indels doch vollkommen analog
dem was früher über die Neubildung des Augits in Aus-
würflingen der letzten Eruption mitgetheilt wurde (s. diese
Ann. Bd. 144 S. 562).
In den Auswürflingen der genannten Eruption ist die
Neubildung des Leucits nicht selten; unter 33 von Scacchi
beschriebenen „Projetti" weisen 10 diese Neubildung auf.
Die betreffenden Gesteine sind theils derbe Lavamassen
— proj. monolitici — , theils conglomeratähnliche Massen
— proj. conglomerati — , deren gerundete Lavastückc
durch krystallinischc Neubildungen cementirt werden. Da
Hr. Scacchi die Güte hatte, mir eine Sammlung dieser
neuesten Auswürflinge zu senden, so hatte ich Gelegen-
heit, seine Angaben vollkommen zu bestätigen. Besonders
zierlich sind die Leucite in gewissen Conglomeraten , in-
dem sie theils auf der Oberfläche der Lavabruchstücke
aufgewachsen, theils mit kleinen braunen, gleichfalls neu-
gebildeten Augiten zu einem Aggregat verbunden sind, das
Cement und die Zwischenmasse des Conglornerats bildend.
Die Leucite sind l bis * Min. grofs und zeigen trotz ihrer
Kleinheit die einspringenden Zwillingskanten auf vielen
l.V
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228
*
Flächen sehr deutlich. Die Winkel stimmen, soweit Mes-
sungen bei der äufsersten Kleinheit der Kry stalle möglich
waren, mit den Werthen der in Kalkblöcken aufgewachsenen
Leucite tiberein.
Ein Mineral durch Sublimation gebildet zu sehen, wel-
ches vor dem Löthrohr unschmelzbar, ist gewifs in höchstem
Grade überraschend. Indefs bedarf es wohl kaum der
Erinnerung, dafs die Leucitmischung nicht als solche gas-
förmig gedacht wird, sowenig wie Hornblende, Augit,
Glimmer, Granat, Sodalith, Nephelin, Sanidin, sondern
dafs alle diese Mineralien sich erst aus gasförmigen Ver-
bindungen gebildet haben. Schon Scacchi führt an, dafs
die neugebildeten Leucite v. d. L. unschmelzbar sind —
eine Angabe, welche ich bestätigte — so dafs eine Ver-
wechselung mit Analcim nicht möglich ist.
Die Ermittelung der chemischen Zusammensetzung
dieser neutfebildeten Leucite schien mir sehr wüuschens-
werth zum Zwecke ihres Vergleichs mit den eingewach- j
senen und den in Kalkblöcken aufgewachsenen, chemisch
identischen Krystallen. Leider erwies es sich unausführbar,
von den nur mittelst der Lupe erkennbaren, mit Horn-
blende und Eisenglanz verwachsenen Leucitkrystallchen
die zu einer genauen Analyse erforderliche Menge aus-
zusuchen. Schon das Aussuchen von 0,207 Gr., immer
noch durch die genannten Mineralien verunreinigter Sub-
stanz erheischte mehrere Tage. Da die beigemengte Horn-
blende in Chlor wasserstoffsäure unlöslich, das aus dem
gelösten Eisenglanz derivirende Eisenoxyd in Abzug ge-
bracht werden konnte, so schien auch jene geringe Menge
genügend, um namentlich in Bezug auf den Kaligehalt die
chemische Identität der neugebildeten mit den ältern Leu-
citen nachzuweisen. Von jenen 207 Mgr. blieben nach
Behandlung mit Chlorwasserstoffsäure ungelöst zurück und
erwiesen sich als Hornblende : 65 Mgr., ferner wurden ge-
funden 4 Mgr. Eisenoxyd, herrührend von Eisenglauz. Die
übrigbleibenden 138 Mgr. bestanden aus 78 Mgr. Kiesel-
säure; 35 Mgr. Thonerde; 22,4 Kali; 3,8 Natron. Berechnet
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I
229
man diese Bestandteile allein auf die Mischung des ge-
lösten Silicats, so erhält man:
Kieselsäure 56,5 pCt., Thonerde 25,3, Kali 16,2, Natron 2,8,
Zahlen, welche in Anbetracht des geringen zur Analyse
verwendeten unreinen Materials, in durchaus befriedigender
Weise mit der Leucitmischung übereinstimmen. Es scheint
der Leucit demnach stets von gleicher Mischung zu seyn,
ob er in eingewachsenen Krystallen in der Lava oder
aufgewachsen in Drusen der Kalk- oder Sanidin-Auswürf-
linge, oder endlich als Sublimationsprodukt der neueren
vulkanischen Thatigkeit auftritt. Wie die Zusammensetzung,
so scheint auch das Krystall System unseres Minerals stets
dasselbe zu seyn — eine bisher einzig dastehende Modifi-
cation des quadratischen Systems.
66. Ueber die chemische Zusammensetzung der durch Sublimation in
Vesuvischen Auswürflingen gebildeten Krystalle ton Augit und
Hornblende.
Nachdem ich in früheren Mittheilungen (s. diese Ann.
Bd. 125 S. 420 und Bd. 144 S. 562) gezeigt zu haben
glaube, dafs die genannten Mineralien in gewissen Fällen
durch vulcanische Dämpfe gebildet wurden, schien es mir
von Interesse, die Zusammensetzung solcher Vorkommnisse
zu erforschen, um wenigstens die nothwendige Vorbedingung
für eine Erklärung dieser räthselhaften Bildungsweise zu
gewinnen.
Es ist im Allgemeinen nicht schwer, die durch Subli-
mation bei einer wiederholten vulcanischen Thatigkeit in
Blocken der Sommalaven nachträglich erzeugten Mineralien
zu erkennen. Während nämlich die „alte Lava", welche
den Auswürfling bildet, verändert und zersetzt, mürbe
oder gefrittet, an der Oberfläche sogar geschmolzen ist,
sind alle Hohlräume — oder wenn der Auswürfling von
conglomeratischer Beschaffenheit ist — die zwischen den
einzelnen gerundeten Stücken vorhandenen Zwischenräume
mit den feinsten, frischesten, glänzendsten Kryställchen
bekleidet und erfüllt. Wo die Grundmasse nur den ge-
ringsten Raum gewährt, zeigen sich die Neubildungen,
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230
Betrachtet man mit der Lupe das glänzende Krystall-
gewimmel eines solchen „Projeltof und vergleicht es mit
dem todten, erstarrten Magma der „Lava antica," des
Substrats der Neubildungen, so kann man die Ueberzeugung
nicht zurückweisen, dafs diese Blöcke gleichsam von einer
mineralerzeugenden Aura vollkommen durchdrungen wur-
den. — Die durch Sublimation gebildeten Krystalle sind
zuweilen innen hohl, oder bestehen aus zahlreichen parallel
gestellten kleinsten Krystalltheilen. Eine besondere Schwie-
rigkeit für die chemische Analyse dieser Vorkommnisse
liegt auch hier in der geringen Menge des zu beschaffenden
Materials. Von den kleinen, meist nur haarfeinen Krystall-
nadeln der Hornblende z. B., welche die Hohlräume eines
15Ctm. grofsen Auswürflings bekleiden, gehen wohl tau-
send oder selbst mehr auf 1 Gr. Zudem sind Augit und
Hornblende zuweilen mit weifsen Silicatkrystallcn, Anorthit,
Nephelin, Sodalith, durchwachsen, welche ein sorgsames
Aussuchen erheischen. Bei den folgenden Analysen (mit
Mengen von circa \ Gr. ausgeführt) war demnach zunächst
das Ziel meiner Untersuchung der Nachweis, ob diese
sublimirten Varietäten von Augit und Hornblende eine im
Allgemeinen ähnliche Mischung besitzen wie diejenigen
anderer älterer Lagerstätten. Gegenstand meiner Analysen
waren: zunächst Augit und Hornblende, welche auf ein-
und demselben Auswürfling (a), offenbar gleichzeitig und in
gleichartiger Weise durch Sublimation gebildet wurden,
sodann eine Hornblende, welche in feinen, schwarzen Kry-
stalluadeln die Hohlräume eines Leucitophyrblocks (6) be-
kleidet.
a) Der ersterwähnte Gesteinsblock, ein Auswürfling von
1822, welcher beide so nahe verwandte Mineralspezies als
gleichartige Sublimationsproduktc erkennen läfst, ist fürwahr
eine Bestätigung der Worte von H u m b o 1 d t 's : Bei den Aus-
brüchen des Vesuvs in den Jahren 1822 und 1850 haben sich
Augite und Hornblend-Krystalle durch Dampfexhalationen
auf Spalten gleichzeitig gebildet" (s. Kosmos IV, S. 478).
Obgleich seit der Veröffentlichung dieser Worte eines der
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231
berühmtesten Naturforschers in einem der verbreitetsten
Werke so ausserordentlich viel über Bildung der Silicate ge-
schrieben wurde, so scheint unter jenen Autoren Niemand
sich der Aeufserung Humboldt's erinnert oder dieselbe
auch nur gekannt zu haben.
Der in Rede stehende Auswürfling ist conglomeratiseher
Art, gerundete Fragmente der ursprünglichen Leucitophyr-
lava sind durch Neubildungen verbunden. Unter leichtem
Drucke zerbröckelte die Bombe in jene Stücke alter por-
phyrartiger Lava, welche an ihrer Oberfläche mit Kry-
stallinischeu Neubildungen — einem Aggregat der zierlich-
sten Krystalle — bedeckt sind. Diese Neubildungen ver-
binden auch, gleich eiuem Cement, die Bruchstücke der pri-
mitiven Lava. Die Beschaffenheit dieser letztern erkennt
man erst, wenn mau die Stücke durchbricht ; es zeigt sich
dann eine fast dichte, durch zahlreiche, 1 Mm. grofse, aus-
geschiedene Leucite und gröfsere, doch spärliche, grüne
Augite porphyrartige Lava. In dem lockern, zuweilen
zelligen, höchst krystallinischen Aggregat der Neubildungen
erkennt man: Augit, Hornblende und Magneteisen unter-
mischt und eingelagert in ein weifses krystallisches Mineral-
gcmenge. Der ncugebildete Augit ist, wie der eingewachsene,
von grüner Farbe, in 1 bis 2 Mm. grofsen Krystallen,
umgränzt vom verticalen achtseitigen Prisma und dem ge-
wöhnlichen Hemioktaeder, dessen Kante — von 120" 48' —
zuweilen abgestumpft ist. Als eine Eigenthümlichkeit dieses
Augits, welcher auch in einzelnen Zwillingeu beobachtet
wurde, ist hervorzuheben, dafs die Krystalle aus zahllosen
kleinsten Theilchen aufgebaut sind. Die Flächen erhalten
dadurch einen seidenähnlichen Glanz uud sind nicht genau
mefsbar. Die Hornblende ist von brauner Farbe, mit glänzen-
den Flächen, welche genaue Messungen gestatten. Die Kry-
stalle, deren Länge 2 bis 3 Mm., bei einer Dicke von \ bis
J Mm. , zeigen eine Combination folgender Flächen : verti-
cales rhombisches Prisma mm nebst Ortho- und Klino-
pinakoid, in der Endigung die Basis p (vgl. Naumann,
El. d. Min. 8 Aufl.) nebst dem negativen Hemioktaeder
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232
z z und den beiden positiven Hemioktaedern r r und c c
(r bei Miller es t). Es wurden an diesen Krystallen fol-
gende Kanten gemessen ; zur Vergleichung mögen die von
Phillips-Miller angegebenen Winkel dienen:
Phillipa-Miller
m : m
= 124°
26'
124° 30'
24
r:m
= 110
52
111 13
r:p
= 145
35
145 35
r : r'
= 148
28
148 28.
Die Association von Augit und Hornblende und ihre
augenscheinlich gleichartige Bildungsweise läfst — bei den
bekannten nahen Beziehungen beider Mineralien — als
besonders interessant die Frage erscheinen, ob beide hier
wohl in regelmäfsiger Verwachsung sich befinden. Die
genauere Untersuchimg lehrt, dafs Augit und Hornblende
sich hier im Allgemeinen unabhängig von einander gebil-
det haben; dafs aber, wo beide in Berührung mit einander
sind, ihre Krystalle gewöhnlich, wenn auch nicht aus-
nahmslos, eine parallele Stellung besitzen, sodafs die Ver-
ticalaxen identisch sind und die Basis p der Hornblende
nach derselben Seite geneigt ist, wie die Kante des ge-
wöhnlichen Hemioktaeders des Augits. Es folgt hieraus,
dafs in diesen Verwachsungen die Klinoaxen beider Mine-
ralien nach derselben Seite gesenkt sind, sowie dafs bei
dor krystallograpbischen Aufstellung derselben eine gleiche
Rücksicht beobachtet werden mufs.
Die geringe Menge des zur Verfügung stehenden Ma-
terials (vom Augit 0,637 Gr., von der Hornblende nur
0,409 Gr.) gestattete nur je Eine Analyse auszuführen.
Da mit kohlensaurem Natrium aufgeschlossen wurde, so
mufste leider auf eine Bestimmung der Alkalien und ebenso
mufste auf eine Ermittlung der Oxydationsstufe des Eisens
verzichtet werden.
Grüner, durch Sublimation gebildeter Augit vom Vesuv
(Eruption von 1822).
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233
Spec. Gew. 3,252. Glühverlust 0,26.
Kieselsäure 48,4 Ox. 25,83
Thonerde 5,6 2,60
Eisenoxydul 9,5 2,10
Kalk 22,9 6,55
Magnesia 13,7 5,49
~TÖ0,T7
Dieser Augit hat demnach die normale Mischung eines
Kalk-Magnesia-Eisen-Augits und stimmt sehr nahe über-
ein mit den in den Vesuvlaven eingewachsenen Krystallen.
Raminelsberg fand nämlich für die Augitkrystalle aus
dem Lavastrome von 1858 folgende Zusammensetzung:
Kieselsäure 49,61; Thonerde 4,42; Eisenoxydul 9,08; Kalk
22,83; Magnesia 14,22 . Sa = 100,16 („die kleine Menge
von Eisenoxyd wurde nicht bestimmt") (Zeitschr. d. deutsch,
geol. Ges. Bd. XI, S. 497, 1859). Damit unser Augit
mit der von Rammelsbere: für die Thonerde und Eisen-
oxydhaltigen Augite und Hornblenden aufgestellten Formel
(n R SiO, -f- R203) übereinstimme, müssen wir annehmen,
dafs nur die kleinere Hälfte des Eisens als Oxydul, die
gröfsere als Oxyd vorhanden ist: Kieselsäure 48,4; Thon-
erdc 5,6; Eisenoxyd 5,71; Eisenoxydul 3,94; Kalk 22,9;
Magnesia 13,7 . Sa = 100,25. Diese Mischung würde nun
genau der Formel (9 R Si Oa -f R2 Oa) entsprechen.
Braune, durch Sublimation gebildete Hornblende vom
Vesuv (Eruption von 1822).
Spec. Gew. 3,112. Glühverlust 0,24.
Kieselsäure
41,7
Ox. 22,24
Thonerde
8,3
3,88 |
8,29
Eisenoxyd*
14,7
4,41 S
Kalk
14,5
4,14 )
Magnesia
16,5
5,80
11,07
Natron (Verlust)
4,4
1,13 S
•
100,0 .
Wie bereits bemerkt, konnte eine Bestimmung der
Alkalien hier nicht stattfinden. Dafs der Verlust den Al-
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234
kalien zugelegt wurde, findet seine Begründung in dem,
besonders durch Rauimelsberg für die thonerdehaltigen
Hornblenden allgemein nachgewiesenen Gehalte an Alkalien.
Neben dem Natron fand Rammeisberg freilich zuweilen
eine überwiegende Menge von Kali, während wir oben
nur Natron angenommen haben. Rammeisberg be-
stimmte in den Hornblenden von Bogoslowsk 2,08 pCt.
Natron; 0,24 Kali, von Cernosin 1,64 Natron; 1,54 Kali,
von Härtlingen 1,71 Natron; 1,92 Kali, vom Vesuv 0,55
Natron; 3,37 Kali.
Wenn die Mischung der durch Sublimation gebildeten
Hornblende der Formel entsprechen soll, so müssen wir
sämmtliehes Eisen als Oxyd in gleicher Weise wie die
Thonerdc aulserhalb des Silikats stellen. — Die beiden
durch Sublimation gebildeten Mineralien, deren Analyse
oben mitgetheilt wurde, unterscheiden sich demnach nicht
von andern, bisher untersuchten Vorkommnissen. Noch
möchte darauf hinzuweisen seyn, dafs Augit und Horn-
blende - so verwandt dieselben in Mischung und Form
auch seyn mögen — selbst dann verschieden zusammen-
gesetzt sind, wenn sie sich gleichzeitig und augenschein-
lich unter gleichen Bedingungen gebildet haben. Als di-
morphe Körper im engem Sinne können dieselben dem-
nach wohl nicht aufgefafst werden.
Die oben erwähnten, weifsen krystallinischen Tbeile,
welche gleichfalls als Produkte der Sublimation sich dar-
stellen, sind wegen ihrer aufscrordentlich geringen Gröfse
schwierig zu bestimmen. Doch gelang es, annähernd sechs-
seitige Tafeln als Anorthit oder als einen andern Plagio-
klas zu erkennen. Die Umgränzung der Tafeln, welche
stets Zwillinge zu seyn scheinen , geschieht durch die
Flächen PP, xx, /eft, zu welchen T, / hinzutreten. An-
dere sehr kleine Krystalle des weifsen Mineralaggregats
scheinen dem Nephclin anzugehören, welcher in andern
Auswürflingen von gleicher Art und Bildung in deutlichen,
flächenreichen Krystallen erscheint. Auch Sodalith fehlt
nicht, dies häufigste Drusen inineral der vesuvischen Lava.
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235
b) Die Grundmasse des 15 Cm. grofsen Leucitophyr-
bloeks1), aus dessen Drusen die nadeiförmigen Krystalle der
schwarzen sublimirten Hornblende entnommen wurden,
ist, wie ein mikroskopischer Schliff lehrte, fast gänzlich aus
einem Aggregat von Leuciten gebildet. Feine Kränze
von Augitkryställchen deuten in dem körnigen Gemenge
die Umgränzung der Leucitkrystalle an. In dieser Grund-
masse liegen gröfsere Krystalle von Leucit und grünem
Augit. Die Hohlräume sind zahlreich, zum Theil mehrere
Cm. grofs und zuweilen von auffallend röhrenförmiger
Gestalt, welche für manche Laacher Auswürflinge so
charakteristisch sind und unwillkührlich an Dämpfe er-
innern, welche durch eine zähe Masse aufstiegen. Eine
spätere Umbildung des in Rede stehenden Blocks durch
vulkanische Dämpfe ist ebenso unzweifelhaft und augen-
scheinlich, wie in Bezug auf den früher beschriebenen.
Auswürfling der Eruption vom April 1872 (diese Ann
Bd. 144 S. 562). Die Neubildung von Mineralien hat so-
gar innerhalb der Leucite stattgefunden ; da dieselben sich
unter der Lupe zum Theil als ein Aggregat von Sodalith,
Hornblende, Magneteisen darstellen. Die Drusen und
Poren unseres Stücks sind nun mit den glänzendsten
schwarzen Hornblendenadeln bekleidet, von denen die
gröfsten 6 bis 8 Mm. erreichen. Zuweilen erstrecken sich
die schwarzen etwas gebogenen Prismen von einer Seite
der Drusenwandung zur andern hinüber. Am Scheitel
tragen dieselben zuweilen eine Oeffnung, welche sich als
hohle Röhre in den Krystall hineinzieht. Die Krystalle
bieten das bekannte verticale Prisma dar, dessen stumpfe
Kante an drei Exemplaren, wie folgt, gemessen wurde:
124° 15J'; 124° 16'; 124° 14'.
Dieser Winkel ist demnach um etwa 10' weniger stumpf
als derjenige der oben erwähnten grünen Hornblende. In
der Endigung der Krystalle erscheint das Heinioktaeder r r',
dessen Flächen indefs wegen allzugeringer Ausdehnung nicht
genau gemessen werden konnten. Neben der Hornblende
1) Wahrscheinlich einer vorhistorischen Eruption angehurig.
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236
beherbergen die Drusen einzelne durch fast metallischen
Glanz und bunte Anlauffarben ausgezeichnete schwarze
Augitkrystalle, sowie Oktaeder von Magneteisen und weifse
zusammengehäufte Kryställchen , welche wahrscheinlich
Sodalith sind. — Zur Analyse konnten trotz mehrtägigen
Aussuchens nur 0,5 Gr. genommen werden, weshalb auch
hier von einer Bestimmung der Alkalien und der Oxy-
dationsstufen des Eisens abgesehen wurde.
Schwarze, durch Sublimation gebildete Hornblende vom
Vesuv.
Spec. Gew. 3,235 (bei 20i°C). Glühverlust 0,30.
Kieselsäure 41,7 Ox. 22,24
Thonerde 9,5 4,43 j
Eisenoxyd 17,7 5,31 i y'74
Kalk 13,4 3,83 \
Magnesia 13,4 5,36 10,30
Natron (Verlust) 4,3 1,11 )
100,0.
Es bedarf kaum der Bemerkung, dafs die vorstehende
Analyse zu einer genauen Kenntnifs dieser Hornblende nicht
genügt, vielmehr nur die allgemeine Stellung bezeichnen
soll, welche dieser durch Sublimation gebildeten Hornblende
in der grofsen Familie ähnlich zusammengesetzter Mine-
ralien zukommt. Da zwei Bestimmungen fehlen, in Bezug
auf das Eisen und die Alkalien, so ist auch eine Berech-
nung nicht möglich. Doch erkennen wir, dals — voraus-
gesetzt, dafs diese Hornblende der allgemeinen Formel
entsprechen soll — der gröfsere Theil des Eisens als Oxyd
zur Thonerde gestellt werden mufs und nur der kleinere
Theil in die Silicatmischung eintreten kann.
Die durch Sublimation gebildeten Silicate scheinen
demnach in chemischer Hinsicht sich von andern Vorkomm-
nissen durchaus nicht zu unterscheiden. Wir finden keinen
Bestandtheil in der Mischung, welcher uns einen Finger-
zeig geben könnte in Bezug auf die Verbindungen, in
welchen die Elemente der Silicate Dampfgestalt annahmen.
Iudeis, wer würde im vulkanischen Eisenglanz die An-
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237
Wesenheit von Chlor voraussetzen, als einen Beweis der
Bildung desselben aus flüchtigem Eisenehlorid?
Die oben erwähnte schwarze Hornblende zeigt in
Bezug auf ihr Vorkommen in dem Auswürflinge grofse
Aehnlichkeit mit den haarförmigen röthlichgelben Horn-
blende-Krystallen, welche Scacchi in seinem Aufsatze
„Über die durch Sublimation entstandenen Silicate" (Retidic.
R. Acc. Nap. 1852, s. Roth, Vesuv S. 382) beschrieb.
Derselbe fand diesen Block, von welchem er mir einen
Theil verehrte, nach dem Ausbruche von 1850 in einem
der neugebildeten Krater. „Der Block war aufsen zer-
setzt und mit den gewöhnlichen Fumarolensalzen bedeckt,
ausserordentlich zerbrechlich, an manchen Stellen be-
ginnende Verglasung zeigend." Das mir vorliegende
Stück zeigt einen Theil der dichten verschlackten Peri-
pherie. Das Innere ist aufgelockert durch unzählige,
kleinere und gröfsere unregelmäfsige Hohlräume und Spal-
ten, welche mit feinsten gelblichbraunen, zuweilen fast
goldglänzenden Hornblendenadeln bekleidet sind. Die
Grundmasse des Gesteins ist fast dicht und besteht vor-
herrschend aus Leucit, untergeordnet aus Augit. Von
diesem merkwürdigen Lavablocke besitzt auch das mine-
ralogische Museum zu Berlin ein Stück, welches von
G. Rose dem verewigten G. Bischof bei dessen Besuche
in Berlin gezeigt wurde. Es wird nicht ohne Interesse
seyn, Bischofs Worte über diese Hornblende wieder-
zugeben. „Ich sah im Berl. Min. Cabinet Lava vom Vesuv
mit Hornblendekry8tallen , welche sich wie Fäden von
einem Ende des Blasenraums zum andern ziehen. Meine
Gründe gegen die plutonische Bildung dieser Krystalle
haben sich dadurch nur befestigt. Wie ist es denkbar,
dafs sich nach der Bildung des Drusenraums ein solcher
Hornblendefaden quer durch denselben als geschmolzene
Masse hätte ziehen können?" (Chem. und phys. Geol.
1. Aufl. Bd. II, S. 863). Gewils dies ist undenkbar. Gleich
undenkbar ist freilich hier jede andere Bildung als die-
jenige durch Sublimation.
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238
Späterer Znsatz.
Nachdem obige Untersuchung vollendet, erhielt ich
durch Hrn. Scacchi's Gute seine bereits früher er-
wähnte Arbeit „ Mineralogische Beiträge zur Geschichte
des Vesuv-Ausbruchs vom April 1872" nebst zahlreichen
Belegstücken zu dieser wichtigen Arbeit, welche viele
ähnliche Beobachtungen über Neubildungen von Augit
und Hornblende auf Grund der bei der letzten Eruption
ausgeschleuderten, auf den Lavafluthen fortgetragenen
Blöcke enthält, wie sie im Vorhergehenden an Auswürf-
lingen früherer Eruptionen gemacht wurden. Obgleich ich
mir bei der Wichtigkeit und Mannichfaltigkeit der in den
Bomben vom April 72 vorliegenden Neubildungen ge-
statten werde, an anderm Orte ') nochmals auf dieselben
zurückzukommen , möchte ich doch schon hier erwähnen,
dafs unter den durch Sublimation entstandenen Silicaten
dieser Blöcke Augit und Hornblende die gewöhnlichsten
sindr hautig beide zusammen in denselben Stücken. Beide
zeigen meist eine röthlichgelbe Farbe, während die ur-
sprünglichen Augite schwärzlichgrün sind. Wenn ein Au-
git der Grundinasse in einen Hohlraum hineinragt, sodafs
ein Theil seiner Flächen frei liegt, so gruppiren sich die
neugebildeten, röthlichgelben Augitkryställchen in paralleler
Stellung auf dem ursprünglichen Krystall, und bilden eine
röthlichgelbe Hülle um den schwärzlichen Kern. Von
besonderem Interesse für das Studium der Gruppirung von
Augit und Hornblende sind die conglomeratischen Aus-
würflinge, indem dieselben zuweilen wesentlich ein Aggre-
gat von Augitkrystallen sind, welche mit Neubildungen
kleinster röthlichgelber Augit- und Homblcndckryställehen
bedeckt und überrindet sind. Die Neubildung von Augit
überwiegt in diesen Stücken diejenige der Hornblende,
welche mehr vereinzelte nadeiförmige Kryställchen bildet.
Die neuen Augite zeichnen sich vor den ursprünglichen
grölsern Krystallen, welche lediglich eine Combination des
achtseitigen verticalen Prismas mit dem gewöhnlichen
Hemioktaedcr — von 120}° — sind, durch zahlreichere
1) In der Zcitschr. d. deutsch, geulog. Gesellschaft. Bd. XXV, Heft 2.
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Flachen aus. Die Stellung der Hornblenden zu dem
überrindeten Augitkrystall konnte ich an einem conglome-
ratischen Auswürflinge (von Scacchi mit No. 22 bezeich-
net) in gleicher Weise bestimmen wie in dem oben er-
wähnten conglomeratischen Auswürfling von 1822: die
verticalen Axen parallel und die Basis der Hornblende
nach derselben Seite geneigt, wie die schiefe Kante von
120} des gewöhnlichen Hemioktaeders des Augits1).
Die Neubildung kleiner Augite in Parallelstell ung auf
einem grösseren ursprünglichen Krystalle erinnert in über-
raschender Weise an ähnliche und gleiche Erscheinungen,
welche früher „von der schwach zusammengebackenen
Asche der Fumarolenspalte" von Plaidt bei Andernach
beschrieben wurden. Es wurde damals berichtet, dafs
„aus der zerbröckelten Lava viele Augite herausfallen mit
eigenthümlich rauher schimmernder Oberfläche. Das Mi-
kroskop lehrt, dafs diese letztere herrührt von kleinsten
gelben, flächenreichen Augiten in regelmäfsiger Verwach-
sung. Auch die Hornblendekrystalle jener aschenähnlichen
Schlacken von Plaidt zeigen eine ähnliche Erscheinung:
parallel verwachsene, gelbe Prismen von Hornblende auf
dem ursprünglichen Krystall. Zerbricht man solche Kry-
stalle, so zeigt sich auf der Bruchfläche das Innere schwarz
und von einem goldglänzenden Rande umsäumt. u (Diese
1) Das gleiche Gesetz der Grnppirung wird auch von Scacchi hervor-
gehoben, mit dem Hemerken dafs er eine andere Stellung von Augit
und Hornblende bei ihrer regelmäfsigen Verwachsung in diesen Aus-
würflingen nicht gesehen. Scacchi beobachtete in den genannten
Gruppirungen auch die Flächen z (Miller) der Hornblende — von
ihm mit t bezeichnet — , welche fast genau parallel sind mit den s
(von ihm i genannt) des Augits. Scacchi begeht indefs eine Ver-
wechselung, wenn er hinzufügt, dafs in diesen so bestimmten Ver-
wachsungen die geringen Abweichungen der zu den Verticalaxen fast
rechtwinkligen Klinoaxen nach entgegengesetzten Hichtangen
lägen, „come se queste due deviazioni volessero nnutralizziirsi." In
Wahrheit liegen sie nach derselben Seite. Wählt man demuaeh, wie
es von den meisten Autoren geschieht, für den Angit die Aufstellung,
In welcher das gewöhnliche Heroioktaedcr nach hinten sich neigt, so
mufs man bei der Hornblende das Hemioktaeder von 148° 28' nach
vorne wenden.
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Mitth. IV. Forts. No. 16. Ann. Bd. 125 S. 425 — 428.)
Man vergleiche mit diesen vor acht Jahren geschriebenen
Worten die Schilderung von Krystallen der letzten
vesuvischen Auswürflinge durch Scacchi, welchem be-
greiflicher Weise die Erscheinungen der seit Jahrtausenden
erloschenen Plaidter Fumarole vollkommen unbekannt ge-
blieben waren: „Die fast ringsum freien Augitkrystalle
des Auswürflings No. 3, haben sich unter Einwirkung der
vulkanischen Exhalationen, welche Eisenglanz, Hornblende
und Augit erzeugten, vergröfsert. Die krystalliniscbe
Neubildung, welche jene Augite gleich einer Rinde bedeckt,
unterscheidet sich von der ursprünglichen Krystallinasse
durch die röthliche Farbe, durch die schimmernde Ober-
fläche und gröfseren Flächenreichthum." (/. c. S. 9). Man
erkennt leicht, dafs es sich hier nicht sowohl um ähnliche,
sondern um vollkommen identische geologische Thatsachen
handelt.
Augite oder Hornblenden mit einem Anfluge kleinster
paralleler Krystalle gleicher Art mögen sich nicht ganz
selten in Gebieten erloschenen Vulkanismus' finden. So
erinnere ich mich vor Jahren in dem
K. Miner. Cab. zu Berlin mehrere über
1 Zoll grofse, braune Hornblendekrystalle
aus Böhmen gesehen zu haben, welche
mit lauter kleinen parallelen Hornblende-
kryställchen bedeckt waren. Gewil's sind
auch bei deren Bildung vulkanische
Dämpfe im Spiele gewesen. Einige jener
Krystalle sind Zwillinge von der durch
nebenstehende Figur dargestellten
Form, eine Combination des verticalen
Prisma's m = oo P, des Klinopinakoids 6
und der beiden Heinioktaeder r = P und q = — P. (q ent-
spricht Miller'sÄ). Zwillingsebene ist, wie gewöhnlich,
das Orthopinakoid. In der Zeichnung wurde der Zwillings-
ebene die Lage der Querfläche gegeben.
(Fortsetzung im nächsten Heft.)
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III. Ueber die JTatur der Elektricität ;
von E. Etil und.
Zweiter Theil.
Im ersten Theile dieser Arbeit1) Laben wir versucht zu
zeigen, dafs die Erscheinungen sowohl die elektrostatischen
als die elektrodynamischen mit Hülfe des Lichtäthers er-
klärt werden können. Dieselbe Beweisführung wird uns
dazu dienen, einige andere Haupteigenschaften des gal-
vanischen Stroms zu erklären.
4) Die galvanischen Iuductionsphänomene. —
Ein Molekül m befindet sich in Ruhe wenn es auf allen
Seiten von dem umgebenden Aether gleich stark abge-
stofsen wird. Gesetzt nun, der Aether werde durch irgend
eine Ursache im Punkte o nahe bei m' comprimirt, so
wird die auf m ausgeübte Repulsion nothwendig an dieser
Seite gröfser seyn als an den übrigen. In Folge dels
kann das Molekül m seinen Gleichgewichtszustand nicht
mehr aufrecht halten, sondern wird sieb vom Punkte a
zu entfernen suchen. Dasselbe gilt von allfn Molekülen,
die sich im Wirkungskreise des comprimirten Aethcrs
befinden. Die Folge davon wird seyn, dafs der Aether
sich in der Nähe von a verdünnt. Die Aethermasse, die
sich in gröfserer Entfernung von a befindet und deren
Dichtigkeit deshalb keine merkliche Abänderung erfahren
hat, sucht sich nun gegen denjenigen Punkt des Aethers
zu begeben, der in der Nachbarschaft von a befindlich
ist. Sowie die Verdünnung ringsum den Punkt a bis zu
einer gewissen Gränze gelangt ist, treten die Moleküle
aus diesem Grunde in einen neuen Gleichgewichtszustand,
in welchem sie so lange verbleiben als die Dichtigkeit in a
zunimmt. Wenn nun diese Zunahme plötzlich aufhört,
so nehmen die Moleküle ringsum ihr ursprüngliches Gleich-
1) Siehe das vorige Heft, S. 95.
Poggendorff's Ann. Ergänzungsbd. VI. IG
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gewicht wieder an, und durchlaufen in diesem Fall, ob-
gleich in umgekehrter Richtung, denselben Weg wie bei
der Dichtigkeitszunahme.
Eine entsprechende Veränderung mufs im Gleichge-
wichtszustand der umgebenden Moleküle erfolgen, wenn
der Aether in a statt der Verdichtung eine Verdünnung
erlitten hat. Allein die Bewegungsrichtung der Moleküle
ist in diesem Fall die umgekehrte von der, welche sie im
vorhergehenden Falle war. Sie nähern sich a zu Anfange
der Verdünnung und entfernen sich von ihm, wenn sie
aufhört. Die Gröfse der Verschiebung ist gleich beim
Nähern und beim Entfernen. Es ist übrigens klar, dafs die
Veränderung im Gleichgewichtszustand eines Moleküls oder
in der Gröfse seiner Verschiebung nicht alleinig abhängt
von der Veränderung, welche die Abstofsung der es bis
zu einem gewissen Abstände umgebenden Aethermasse
erleidet, sondern auch von der Leichtigkeit, mit welcher
sich das Molekül bewegt, oder, anders gesagt, von dem
Leitungswiderstande, so gut wie von der Wirkung der
nächsten Moleküle. Im ersten Theile dieser Arbeit haben
wir angenommen, dafs die Wirkung eines Moleküls auf
ein anderes im umgekehrten Verhältnifs des Quadrates
der Entfernung stehe. Wie wir auch andeuteten, ist diese
Regel nur gültig für den Fall, wo die Moleküle sich in
einem hinreichenden Abstände von einander befinden.
Wenn die Moleküle im Contacte stehen oder sich in einem
molekularen Abstand von einander befinden, ist das Ab-
stofsuugsgesetz vielleicht ein anderes, aber diefs ist auf
die gegenwärtige Betrachtung ohne allen Einfluls.
Klar ist, dafs die a umgebenden Aethermoleküle ihre
Gleichgewichtslagen verändern müssen, wenn durch irgend
eine Ursache die auf sie durch den Aether von a ausge-
übte Abstol'ung eine Modifikation erleidet, ohne dafs dieser
Aether dichter oder lockerer wird. Nun aber bewirkt die
In Bewegung-Setzung des Aethers von a eine Modifikation
dieser Art. Wenn man also den besagten Aether in Be-
wegung setzt, müssen die Moleküle der umgebenden Aether-
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masse verschoben werden und so lange in ihren Lagen
bleiben als der Aether von a seine Bewegung ohne Modi-
fication fortsetzt. Im Augenblick, da diese Bewegung auf-
hört, werden die Moleküle in ihre ursprüngliche Gleich-
gewichtslagen zurückkehren.
Diefs ist nach uns die Ursache der galvanischen In-
duction. Wenn ein galvanischer Strom in der Nachbar-
schaft einer geschlossenen Kette anfangt, werden die Gleich-
gewichtslagen der Aethermoleküle nicht blols in der ge-
schlossenen Kette verändert, sondern auch in dem um-
gebenden isolireuden Mittel, und der Inductionsstrom ist
nichts anderes als der Uebergang der Moleküle aus der
ersten Gleichgewichtslage in die zweite. Der neue Gleich-
gewichtszustand des Aethers in der geschlossenen Kette
wird nicht alleinig bestimmt durch die directe Wirkung,
welche der inducirende Strom auf ihn ausübt, sondern
auch durch die Veränderung des Gleichgewichtszustandes
im Aether des umgebenden und isolireuden Mittels. So-
bald der inducirende Strom aufhört, kehren die Aether-
moleküle in ihre ursprüngliche Gleichgewichtslage zurück,
und man hat demzufolge in der geschlossenen Kette einen
Inductionsstrom von gleicher Intensität, aber von entgegen-
gesetzter Richtung wie im ersten Fall. Nähert man einen
inducirenden Strom einer geschlossenen Kette oder entfernt
ihn von ihr, so ist der Effect offenbar derselbe, wie wenn
ein Strom in einer ruhenden Kette anfangt oder aufhört.
Obgleich mau in dem isolirenden Mittel keinen eigentlichen
Inductionsstrom wahrnimmt, weil der grofse Leitungswider-
stand die Entstehung eines solchen Stroms verhindert, so hat
man doch kein Recht zu der Annahme, dals darin die Aether-
moleküle vollkommen in Ruhe blieben. Ihre Gleichge-
wichtslagen verändern sich darin auch, weil die Erfahrung
bewiesen hat, dals kein Körper als absoluter Nichtleiter
betrachtet werden kann.
Wenn zwei Aethermoleküle m und in in Ruhe sind
und sich in dem Abstand r von einander befinden, so ist,
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nach dem Gesagten ihre gegenseitige Abstofsung = — .
Für die Maafseinheit der Aethermassen haben wir hier
offenbar diejenige Aethermasse genommen, welche fähig
ist, einer anderen gleich grofsen Aethermasse die Beschleu-
nigung 1 in der Zeit 1 zu ertheilen, wenn der Abstand
zwischen diesen Massen 1 ist. Wenn dagegen m allein
in Ruhe ist, während m sich mit der constanten Geschwin-
digkeit h bewegt in einer Richtung, die mit der Verbin-
dungslinie dieser beiden Moleküle den Winkel & bildet,
so hat man im Fall sich m dem m nähert, in welchem
Fall der scharfe Winkel mit & bezeichnet ist, als Ausdruck
für die Abstofsung, zufolge der Gleichung (1) des ersten
Theiles dieser Arbeit:
~ \} + * ( ~ h 008 '0 + H> (7 0 - cos* #))] .
Für den Fall, dafs sich m von m' entfernt, und man
den stumpfen Winkel mit & bezeichnet, erhält man die-
selbe Formel, bis auf den einzigen Unterschied dafs A cos 3-
(welches gleich ist der Projection der Geschwindigkeit
auf die Verbindungslinie) alsdann ein entgegengesetztes
Zeichen bekommt.
Zufolge der Gleichungen (7) und (10) hat man;
xp f 1 — cos1 3]) = | A1 (1 - cos1 0)
und
tp ( — A cos «>) = — ah cos 0 — — A2 cos1 fr,
Substituirt man diese Werthe der Functionen t// und y
in dem obigen Ausdruck für die Abstofsung zwischen
zwei Molekülen, von denen nur das eine in Bewegung ist,
so bekommt man:
-"^-[l-aAcos^-+-|AJ(l -J-cos',?)] . . (12).
Wenn m sich von m! entfernt, ist der Winkel stumpf
und das zweite Glied wird positiv.
Die Formel (12) drückt die directe Abstofsuug zwischen
m und m aus, wenn ersteres in Bewegung und letzteres
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in Ruhe ist. Nun wird das Molekül m auch von dem
ganzen Rest der umgebenden Aethermasse abgestofsen.
Im ersten Augenblick, bevor die Moleküle ihre Gleich-
gewichtslage verändern konnten, ist die Resultante der
Abstofsung, die von dem ganzen Rest der umgebenden
Aethermasse auf m' ausgeübt wird, gleich der Abstofsung
zwischen dem in Ruhe gedachten m und m', hat aber eine
dieser Abstofsung entgegengesetzte Richtung. Diefs geht
mit Evidenz aus der Thatsache hervor, dafs die Resultante
der auf m von der ganzen umgebenden Aethermasse
ausgeübten Abstofsungen , gleich Null war, sobald das
Molekül m sich noch in Ruhe befand. Man erhält also
die Summe der Kräfte, die im ersten Augenblick, dar»
sich in Bewegung setzt, auf m' wirken, wenn man von
der Abstofsung, die durch Formel (12) ausgedrückt ist,
die Abstofsung abzieht, welche m, als ruhend gpdacht,
auf m ausübt. Daraus folgt, dafs das Molekül m im
ersten Augenblick längs der Verbindungslinie zwischen
m und m mit einer Kraft abgestofsen wird, die ausge-
drückt ist durch:
+ '^[ahco8&-jh*(l-^coB'l&)\ . . . (13).
Wenn dieser Ausdruck negativ wird, sucht das Mole-
kül m sieh in Richtung der Verbindungslinie von m zu
entfernen. Ist er dagegen positiv, so findet eine Annähe-
rung in derselben Linie statt. Wenn m sich von m ent-
fernt, ist der Winkel gröfser als ein rechter und dem-
zufolge das erste Glied negativ; findet dagegen eine An-
näherung statt, so ist dasselbe Glied positiv.
Bezeichnet nun u die bewegte Aethermenge in der
Längeneinheit des Leiters, in welchem sich m bewegt,
und ist ds das Element dieses Leiters, so wird m gleich
u ds seyn. Nun ist u h gleich der Intensität i des Stroms.
Auf analoge Weise kann man m durch u ds' ersetzen.
Solchergestalt erhält man statt der Formel (13) die:
+ $[Äcos* — |^s* . . (14).
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Die Formel (14) ist der "Ausdruck för die Kraft, mit
welcher ein Element des inducirenden Stroms, dessen In-
tensität » ist, die Aethermenge ti ds im ersten Augen-
blick in der inducirten Kette längs der Verbindungslinie
zwischen beiden Elementen zu bewegen sucht. Diefs ist
der Maximalwerth dieser Kraft. Vom ersten Momente
an nimmt sie immer mehr und mehr ab bis sie endlich
gleich Null wird, wenn die Moleküle ihre neuen Gleich-
gewichtslagen erreicht haben
Die Formel (14) kann in zwei Theile zerfallt werden
-f- cos fr ds ds und A t u' h (1 — | cos- fr) d$ ds'.
Bezeichnet man im zweiten Theile mit t die Intensität
des durch n' h angegebenen Stroms, so wird dieser Theil:
Dieser Ausdruck bezeichnet die Hälfte der elektrody-
namischen Abstofsung zwischen zwei Ketten- Elementen
ds und ds\ wenn sie parallel sind und respective von den
Strömen t und i' durchlaufen werden.
Bei der theoretischen Deduction der elektrodynamischen
Formeln haben wir angenommen, dafs die Abstofsung
zwischen den Aethermolekülen sich den Elementen der
Kette, in welchen sie sich bewegen, ohne Schwächung
mittheile. Diese Hypothese gilt natürlich nur von dem
Theil der Abstofsungskraft zwischen den Molekülen, der
in den elektrodynamischen Formeln verbleibt, und nicht von
demjenigen Theil, der in der Bildung dieser Formeln
(von selbst) verschwindet. Die eben erwähnte Hypothese
bezieht sich folglich auf diejenigen Glieder des Ausdrucks
für die Abstofsung, welche mit h inultiplicirt sind, und
nicht auf das, welches die Constante a enthält. In Betreff
der durch dieses Glied ausgedrückten Abstofsungskraft,
hat man weder das Recht, noch das Bedürfuifs eine solche
Hypothese zu machen, da das besagte Glied nicht in den
elektrodynamischen Formeln erscheint. Wenn man da-
gegen diese Hypothese beibehält für die mit h multipli-
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cirten Glieder in dem Ausdruck für die Abstofsung zwischen
zwei Aethermolekülen, so giebt die theoretische Deduction
ein Resultat, welches mit der empirischen Formel in
voilein Einklang ist.
Allein, damit der in Rede stehende Theil der Ab-
stofsungskraft sich den Elementen der Kette, in welchen sich
die Moleküle bewegen, gänzlich mittheile, ist nothwendig
vorausgesetzt, dafs dieser Theil der Abstofsung den Mole-
külen selbst in ihren respectiven Ketten keine eigne Be-
wegung mittheilen könne, denn wenn diefs der Fall wäre,
würde ein Theil der Abstofsung verbraucht werden, um
diese Bewegung hervorzubringen und Wärme zu erzeugen,
entspringend aus dem Widerstand, den die Kette dieser
selben Bewegung entgegensetzt. Die Gesammtheit der
Abstofsung kann also in diesem Fall nicht zu den Elementen
der Kette übergehen. Es wäre jedoch möglich, dafs die
Aethermoleküle in Folge der erwähnten Abstofsung eine
minimale Bewegung erführen , diese Bewegung aber zu
gering wäre, um bei den elektrodynamischen Phänomen
eine Differenz zwischen Theorie und Erfahrung beobachten
zu lassen. Wie dem aber auch seyn mag, so erhalten
wir doch als nothwendige Folge der von uns bei der
Deduction der elektrodynamischen Erscheinungen gemach-
ten Hypothese, dafs in der Formel (14) die mit der Con-
stanten k multiplicirten Glieder nur einen ganz unbedeuten-
den Einflufs auf die Verschiebungen der Aethertheilehen
in der inducirten Kette ausüben, und dafs demgemäfs ihre
Wichtigkeit für die lnduction höchst geringfügig ist.
Allein damit diefs der Fall sey, mufs offenbar k h oder
die Geschwindigkeit des Aethers in der inducirenden Kette,
multiplicirt mit der Constante Ä, einen 6ehr kleinen nume-
rischen Werth haben. Was die Geschwindigkeit h betrifft,
so haben die über sie angestellten Versuche, wie schon
gesagt, zu keinem übereinstimmenden Resultat geführt.
Fizeau und Gounelle fanden, dafs diese Geschwindig-
keit in einem Kupferdraht auf 180, und in einem Eisen-
draht auf 100 Millionen Meter in der Sekunde steige.
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Die Geschwindigkeit in einem Eisendraht schätzte Walker
nur auf 30 Millionen, und Gould sogar auf weniger als
26 Millionen. Die an einem kupfernen Telegraphendraht
zwischen Greenwich und Edinburgh gemachten Versuche
gaben eine Geschwindigkeit von etwas mehr als 12 Millionen
Meter in der Sekunde, und auf der Telegraphenlinie von
Greenwich nach Brüssel erhielt man nur 4$ Millionen.
Die geringe Geschwindigkeit in dieser letzten Leitung,
die ebenfalls von Kupfer war, erklärt sich zum Theil da-
durch, dafs eine grofse Länge des Drahts unter Wasser
lag. Ueberdies ist zu bemerken, dafs in Folge der Art,
wie diese Versuche angestellt wurden, die citirten Ziffern
die Geschwindigkeit ausdrücken , mit welcher die erste
Aethermeuge sich beim Beginn des Stroms von einem Pol
der Säule zum andern fortpflanzt. Das Verhältnifs dieser
Geschwindigkeit zu derjenigen, welche bei Andauer des
Stroms mit constanter Intensität stattfindet, ist noch nicht
durch Versuche ermittelt worden. Ueber die Geschwindig-
keit des Aethers in einem Metalldraht unter Herrschaft der
Umstände, welche einen gewöhnlichen Inductions-Versuch
begleiten, wissen wir sogut wie nichts, höchstens, dal's sie
sehr grofs ist.
Anlangend die Constante /?, welche nichts anderes ist als
die Constante, welche in der Amper e 'sehen Formel für
die elektrodynamischen Phänomene als Factor auftritt, so
ist der Werth dieser Constante durch W. Weber und
Kohlrausch experimentell bestimmt worden '). Wird
die oben für die Messung des Aethers gegebene Maafs-
einheit beibehalten, so hat man nach den Versuchen dieser
beiden Physiker in runden Zahlen
rr-r = 440 Millionen Meter in der Sekunde.
Nimmt man nun für die Geschwindigkeit h einen Werth,
der innerhalb der Gränzon der erwähnten Versuchsresultate
liegt, so erhält man einen sehr kleinen Werth für das
Produkt k h. Nun mufs auch die Constante a des ersten
1) Diese Ann. B,i. 99 S. 10.
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Gliedes der Formel (14) einen äufserst kleinen Zahlen-
werth haben. Aus den in dieser Arbeit auseinanderge-
setzten theoretischen Betrachtungen geht offenbar hervor,
dafs das Produkt ah kleiner als 1 seyn mufs. Nehmen
wir nun z. B. den von Walker gefundenen Werth von
Ä, nämlich 30 Millionen Meter pro Sekunde, so wird der
1 k h
Werth von a < oti-- . Das Produkt — wird also in
30 Millionen 2
dieser Voraussetzung = 1290Q , und folglich wird *
400 Mal gröfser als ~ seyn können. Man sieht daraus,
dafs das Resultat, zu welchem wir durch theoretische An-
k h •
sichten gelangten, nämlich, dafs die mit 9 multiplicirten
Glieder der Formel (14) gegen das erste vernachlässigt
werden können , keineswegs von der Erfahrung widerlegt,
sondern eher bestätigt wird. Versuche allein können ent-
scheiden, ob diefs in Wirklichkeit der Fall sey.
Die durch die Formel (14) ausgedrückte Wirkung des
Aethers auf das Element d s der Kette erstreckt sich längs
der Verbindungslinie zwischen d s und d s'. Allein da der
Aether des Elements d s' sich nur längs diesem Elemente
bewegen kann, so mufs man, um das Maafs der auf den
Aether von ds' ausgeübten Bewegung zu erhalten, diesen Aus-
druck multipliciren mit dem Cosinus des Winkels, welchen
das Element der Kette mit der Richtung der wirkenden
Kraft bildet. Nennt man diesen Winkel, so mufs man ihn
also mit cos multipliciren. Unter elektromotorischer
Inductionskraft wird die beschleunigende Kraft ver-
standen, die der inducirende Draht auf den in der Längen-
einheit des inducirten Drahts enthaltenen Aether ausübt.
Diese beschleunigende Kraft erhält man, wenn man den
Ausdrusk (14) durch p dividirt. Man erhält dadurch als
Ausdruck der Induction eines Elements des Stroms auf
ein Element des inducirten Stroms während des ersten
Augenblicks:
+ ^[acos#~^(l -fcos' #) ] cos d* d*' . (15).
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Die inducirte Kette mufs also immer geschlossen seyn,
damit ein Inductionsstrom möglich werde. Bei der Inte-
gration der Formel (15) in Bezug auf d $' verschwindet
daher immer das von cos # unabhängige Glied, nämlich
-ak-\- cos //' ds ds', was für eine Form die inducirte Kette
auch haben mag, vorausgesetzt dals diese Kette geschlos-
sen sey. Dies ist leicht durch folgende Betrachtung er-
wiesen. Denken wir uns, um das Element d s als Centrum
zwei Kugelflächen beschrieben, die eine mit dem Radius
r, die andere mit dem Radius r-f-dr. Wenn nun ein
Theil der inducirten Kette sich auf einer oder der anderen
dieser concentrischen Flächen befindet, so wird das vor-
benannte Glied offenbar für diesen Theil der Kette ver-
schwinden. Ueberall wird in diesem Fall cos &' gleich
Null seyn, weil der Radius einer Kugel immer einen
rechten Winkel bildet mit den Linien, gezogen vom End-
punkte des Radius auf der Oberfläche der Kugel. Die
Elemente der inducirten Kette, welche zwischen die beiden
concentrischen Flächen fallen, müssen immer in gerader
Anzahl da seyn , weil die Kette geschlossen ist. Wenn
man sich also in der inducirten Kette einen Strom denkt,
so mufs derselbe eben so oft von der äufseren Fläche zur
inneren gehen, als von der letzteren zur ersteren. Der Co-
sinus des Winkels welchen ein jedes zwischen die
Flächen eingeschlossenes Element mit dem entsprechenden
d r
Radius bildet, ist gleich — , , und die Anzahl dieser Cosinus,
welche ein positives Zeichen haben, ist der mit negativem Zei-
chen gleich. Daraus folgt, dals für alle die Elemente, welche
zwischen die beiden Flächen fallen, die Summe * V ds ~,d$
2rä ds
Null seyn mufs. Da nun dieses wahr ist für jeglichen
Werth von r, so mufs es auch wahr seyn für die ganze
Kette. Man kann also bei der Integration statt der For-
mel (15) die Formel:
-f- rj (a cos 0 -\-\kh cos2 &) cos & ds ds' . . . (16)
anwenden.
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Diese Formel drückt aber nur die Induction des ersten
Augenblicks aus ehe die Moleküle des Drahts und des
umgebenden Mittel ihre ursprüngliche Gleichgewichtslage
verlassen konnten. Allein die Induction fuhrt fbrt bis die
neuen Gleichgewichtslagen erreicht sind , worauf die In-
ductionskraft Null wird. Die Inductionskraft erleidet eine
fortdauernde Verringerung vom Anfang bis zu Ende der
Inductionszeit und die Formel (15) giebt nur den Maxi-
mumwerth für den ersten Augenblick. Das Resultat davon
mufs seyn, dafs die Inductionsströme zu Anfange ihrer
Existenz sich sehr stark erweisen und darauf an Kraft
abnehmen, wie es auch die Erfahrung bestätigt '). Wenn
man nun die Gröfse eines Inductionsstroras für gegebene
Umstände berechnen will, so mufs man in Betracht ziehen
nicht nur den Maximumwerth der Induction im ersten
Augenblick A f, sondern auch die Summe aller Inductionen
während der ganzen Inductionszeit. Bezeichnen wir, Kürze
halber, den Maximumwerth der Induction, die ein Strom-
Element auf ein Element der inducirten Kette ausübt,
mit JtAr, wenn die Entfernung zwischen den Elementen
r ist, so können wir die Induction, die während eines
unmittelbar darauf folgenden Augenblicks stattfindet, durch
tltpAr ausdrücken, wo p kleiner als eins ist. Die Summe
aller dieser Inductionen wird solchergestalt seyn:
ä t (1 p -f- p, pu H- . . + 0) A r
wo jedes folgende Glied der Reihe kleiner ist als das vor-
hergehende. Kürzer noch läfst sich diefs durch JtFAr
geben, wo F die Summe der Reihe bezeichnet. Für ein
anderes Element des inducirten Stroms, dessen Entfernung
vom inducirenden Element rt ist, erhält man auf dieselbe
Weise Jt F, A r,. Wenn nun F immer gleich Fl wäre,
d. h. wenn die Summe der Reihe constant wäre, so würde,
welche Veränderung man auch die Stromstärke t und den
Abstand r zwischen den Elementen erleiden liefse, doch
1) Siehe Lemstrüni, K. Vetensk. Arad. Handl. Ny Följd. T. VIII,
18G9, (die^e Ann. Bd. 147 8. 354). Blasernn, Giornale di scienze na-
tural! ed economiche Vol. Vl} Palermo 1870.
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252
die Summp der lnductionen dem Maximumwerth propor-
tional werden, und man könnte demnach mit Beibehaltung
der Formel (16) die relative Gröfse des Inductionsstroms be-
rechnen. Dafs F unabhängig ist von i unterliegt keinem
Zweifel; aber man kann nicht dasselbe von r sagen. In
einem gegebenen Moment ist die Inductionskraft auf die
Aethermasse // ds' der inducirten Kette proportional dem
Unterschiede zwischen der Abstofsung, die das Element des
inducirenden Stroms (in welchem die Aethermasse u ds sich
mit der Geschwindigkeit h bewegt) auf /<' ds' ausübt, und
der Abstofsung derselben Masse durch die ganze übrige
Aethermasse. Die erste dieser Abstofsungen nimmt ab
im umgekehrten Verhältnils des Quadrats der Entfernung
zwischen den Elementen ds und ds\ wie diel's aus dem
Vorhergehenden klar hervorgeht. Wenn diel's nun auch
mit der letzteren der Fall wäre d. h. mit der von der
ganzen übrigen Aethermasse auf das Element u ds' aus-
geübten Abstofsung, so würde offenbar F unabhängig seyn
von r; denn man könnte in diesem Fall für einen ge-
gebenen Moment die von dem Element ds des inducirenden
Stroms herrührende Abstofsung durch ^ , und die von der
ganzen übrigen Aethermasse bewirkte durch ~ ausdrücken,
in welchen Ausdrücken a und b constant seyn würden.
Die Inductionskraft würde dann für diesen Moment ~ (a— 6),
wofür sich p Ar schreiben liefse , worin p eine Constante
wäre. So lange auch die Aethermoleküle sich in ihren
ursprünglichen normalen Gleichgewichtslagen befinden, ist
die Abstofsung, welche die ganze übrige Aethermasse mit
Ausnahme der in i< ds auf u ds' ausübt, gleich -f-^-™-^,
und nimmt also wirklich ab im umgekehrten Verhältnifs
des Quadrats der Entfernung. Allein diel's kann nicht
mehr der Fall seyn, nachdem die Moleküle verschoben
worden sind und der Aether ringsum n' ds demgemäfs
eine andere Vertheilung als im normalen Zustand erhalten
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i
hat; denn die von dem umgebenden Aether auf u ds' aus-
geübte Abstofsung ist natürlich nicht unabhängig von der
Vertheilung des Aethers. F mufs also nothwendig ab-
hängen von r, und wir schreiben also nun F (r) statt F.
Wir haben demnach als Ausdruck für die Gröfse des
Inductionsstrom8 die folgende Formel erhalten:
H-^t-C« 008.^ + 1**008» &)QOS<rdsd$' . . (17)
oder, wenn man das letzte Glied vernachlässigt:
-hai^(r) co8,'t cos &'dsds' . . . (18).
Wir nehmen nun an, dafs der inducirende Strom ge-
schlossen sey und solche Gestalt habe, dafs er durch eine
Ebene in zwei symmetrische Hälften getheilt werden könne.
Jedes Element a auf der einen Seite dieser Ebene hat
alsdann symmetrisch ein entsprechendes Element d auf der
anderen Seite. Ueberdiefs nehmen wir an, dafs die indu-
cirte Kette geschlossen sey und symmetriech um die-
selbe Ebene liege. Jedem Element b auf der ersten
Seite der Ebene entspricht sonach ein symmetrisches Ele-
ment b' auf der anderen Seite. Daraus folgt, dafs der
Abstand zwischen a und b' ebenso grofs seyn mufs als der
zwischen d und 6, dafs der Cosinus des Winkels zwischen
dem Element a und der Verbindungslinie a b' ebenso grofs
seyn mufs als der Cosinus zwischen a und a'6, aber
dafs diese Cosinusse entgegengesetzte Zeichen haben
müssen, weil die Richtung der Elemente auf beiden Seiten
der Ebene bestimmt ist durch die Richtung eines Stroms,
den man die Kette durchlaufen läfst. Auf dieselbe Weise
sind die Cosinusse der Winkel, welche die erwähnten Ver-
bindungslinien mit den Elementen 6 und 6' der inducirten
Kette bilden, von gleicher Gröfse, aber entgegengesetztem
Zeichen. Bei der Induction des Elements a auf 6', und
d auf b werden demnach die beiden Cosinusse i> von
gleicher Gröfse, aber von entgegengesetztem Zeichen seyn,
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254
i
was auch von den beiden Cosinus &' gilt. Daraus folgt,
dafs der dem Gliede der Formel (17), worin cos2 # ein-
geht, entsprechende Theil der Induction Null seyn wird
für diese beiden symmetrisch vereinigten Elemente. Das-
selbe gilt von allen übrigen symmetrischen Elementen.
Wenn von den zwei Ketten, inducirenden oder inducirten,
jede von einer und derselben Ebene symmetrisch geschnitten
wird, so wird das Integral des Gliedes, in welches cos* #
eingeht, folglich Null seyn. In diesem Fall sind die Inte-
grale der Formeln (17) und (18) vollkommen gleich.
Wir wollen nun das theoretische Resultat mit den Re-
sultaten der Erfahrung vergleichen.
Gesetzt, die Kette sowohl des inducirenden wie des
inducirten Stroms sey kreisrund, die erste vom Radius Ä,
die letzte vom Radius Ä,, die Ebenen der beiden Kreise
seyen parallel und die Verbindungslinie beider Centra
sey winkelrecht gegen djese Ebenen. In diesem Falle
liegen die beiden Ketten symmetrisch um dieselbe Ebene,
und dielnductionsformel (1 8) ist alsdann anwendbar. Denken
wir uns nun, der inducirende Kreis liege in der x y-Ebene
eines rechtwinklichen Coordinatensystems, das seinen An-
fang im Centrura des Kreises habe, so befindet sich die
inducirte Kette in einem gewissen Abstand z von dieser
Ebene. Der Abstand r eines in dem inducirenden Kreise lie-
genden Elementes ds, dessen Coordinatena; = oundy=— B
sind, von einem in der inducirten Kette liegenden Ele-
mente ds mit den Coordinaten 051? yn ist dann gleich
-h V x* -j- (#j Ä)* -h Sj* oder, was dasselbe ist, gleich
V R* -f-Ä*H- 2Ryx -+■ Die Tangente des Elements
ds ist parallel der rr-Axe, und wenn man annimmt, dafs
der inducirende Strom in der positiven Richtung der x-Axe
geht, ist cos & = — ; er ändert also sein Zeichen mit xv
Zählt man das Element d s des inducirten Stroms von der
der Richtung des inducirenden Stroms entgegengesetzten
Seite, so wird cos &' gleich welcher folglich auch sein
Zeichen mit x, wechselt. Führt man in die Inductions-
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i
255
formel (18) diese Werthe von r, von cos & und cos &'
ein, so erhält man:
Daraus folgt, dal's die Induction des Elementes ds
gleich ist in den beiden Hälften, in welche der inducirte
Strom durch die Ebene der y s gethcilt wird , dafs die
inducirten Ströme auf derselben Seite und in umgekehrter
Richtung des inducirenden Stromes gehen.
Allein es ist klar, dafs jedes Element des inducirenden
Kreises dieselbe inducirende Wirkung ausübt wie das eben
betrachtete Element d s. Die gesammte Induction des
inducirenden Kreises auf ein Element des inducirten Kreises
ist also:
aber ds = y==J!~^t und x,2 = Ä,? — y,\ Wenn mau so-
wohl diese Werthe als den von r einfuhrt, und, nachdem
das Integral zwischen den Gränzen yx = -+- R und y, = — Ä,
genommen worden, diefs letztere mit 2 multiplicirt, dann
y, durch Rx u und folglich d yt durch RA du ersetzt, so
erhält man als Ausdruck für die gesammte Induction :
■ — —
Felici hat folgenden Satz experimentell erwiesen: Es
seyen zwei kreisrunde Stromketten A und B von gleichem
Radius Ä, in einem Abstände z parallel nebeneinander,
so dafs die ihre Centra verbindende Linie einen rechten
Winkel mit diesen Ebenen bilde, zwei andere kreisrunde
Stromketten C und D, beide vom Radius Ä„ seyen eben
so gelagert, aber in dem Abstände a, von einander, so
dafs4r="'. Wenn man nun durch jeden der Kreise
A und C einen inducirenden Strom von gleicher Intensi-
tät leitet, so verhalten sich die in B und D inducirten
Ströme zu einander wie der Radius R zum Radius Rv
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256
Mittelst dieses Princips kann man die Function F (r)
bestimmen. Macht man in der obigen Integralformel
R = RX und F (r) = br = 6 V 2Ä5 -+- 2R'u -f- »\ wo 6
eine Constante ist, so erhält man:
• = + 1
»=_i
Da das, was unter dem Integralzeichen steht, von R
unabhängig ist, wenn ■= constant bleibt, so wird der In-
ductionsstrom proportional zu R seyn, conform mit den
Versuchen von Felici.
Statt der Formel (18) erhält man solchergestalt als
Ausdruck für die Induction zweier Elemente:
-h a cos fr cos 0* ds ds . . . (20).
Um zu sehen, ob die durch die Formel (19) erhaltenen
theoretischen Resultate, nachdem die Function F (r)
auf oben angegebene Weise bestimmt worden, mit der
Erfahrung übereinstimmen würden, hat Hr. Dr. Sund eil,
Prof. extr. an der Universität zu Helsingfors, eine grofse
Anzahl von Versucheu im physikalischen Laboratorium
der Akademie der Wissenschaften in Stockholm angestellt.
Eine Prüfung dieser Art war nothwendig, um die erlangten
theoretischen Resultate strenge zu controliren, denn man
hatte bisher nur eine sehr beschränkte Zahl von Ver-
suchen, die zu unserem Zweok geeignet waren. Wir
nehmen uns die Freiheit eine Reihe dieser Versuche mitzu-
theilen, indem wir für ein grölseres Detail den Leser auf
die Arbeit des Hrn. Sundell verweisen').
Der Radius R der Inductionsrolle war 21,7 Centm.,
der Radius der inducirten Kette 7,1 Centm. Der Abstand
zwischen beiden Kreisebenen ist in Centimetern unter *
angegeben.
U Oefversipt af Vttcnsk, Acad. FörhandL 1872, Febr.
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257
Ablenkung des Mangnetometers.
*
Beobachtet
Berechnet
Unterschied
1,5
176,0
176,7
+ 0,7
10
127,4
128,3
-+-0,9
15
93,3
93,4
+ 0,1
20
66,1
66^0
-0,1
25
46,8
46,6
— 0,2
30
33,8
33,3
— 0,5
40
17,9
18,1
+ 0,2
Die Uebereinstimmung zwischen den berechneten und «
den von Hrn. Sundell beobachteten Resultaten ist in
jeder Hinsicht eine vollkommen befriedigende.
Befindet sich der inducirende Kreis in der xy- Ebene
mit dem Centrum im Anfang, und der inducirte Kreis in
der ys-Ebene, aber solchergestalt, dafs er sein Centrum
weder auf der Axe der a, noch auf der Axe des y habe,
so macht die Integration dasjenige Glied der Induetions-
formel (17), in welches cos # eingeht, verschwinden, wäh-
rend das andere Glied, welches cos2 & enthält, alleinig
übrig bleibt. Eine solche Anordnung der Inductionsketten
ist folglich zu der Untersuchung geeignet, ob dieses Glied
ein wahrnehmbares Inductionsvermögen habe oder nicht.
Hr. Sundell hat mittelst dieses Verfahrens Versuche
gemacht, welche indefs keine sicher wahrnehmbaren Re-
sultate gaben, was eben so die oben entwickelte theoretische
Deduction verstärkt.
Das wahre Gesetz der Induction zwischen zwei Ele-
menten ist also durch die vorhin gegebene Formel (20)
ausgedrückt.
Vermöge der Grundlage unserer theoretischen Unter-
suchungen ist einleuchtend, dafs die besagte Formel auch
für den Fall gilt, wo die Induction bei einer con6tanten
Intensität des Stromes stattfindet und daraus entspringt,
dafs die Entfernung zwischen dem inducirenden Element
ds und dem inducirten ds' abnimmt von unendlich bis r.
5. Vertheil ung des freien Aethers in Ruhe auf
dem Leitdraht zwischen den beiden Polen einer
PoggendorflTs Annal. Ergänrungsbd. VI. 17
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258
Säule. — Wenn ein Leitdraht von beträchtlichem Wider-
stand die Pole einer galvanischen Batterie verknüpft, so
entsteht, wie man weifs, freie Elektricität auf der Ober-
fläche des Drahts. Die positive Elektricität des Drahts
zeigt ihr Spannungsmaximum in der Nähe des positiven
Pols. So wie man sich von diesem entfernt, nimmt die
positive Elektricität ab, und wenn der Draht in seiner
ganzen Länge denselben Leitungswiderstand darbietet, so
giebt es in der Mitte dieser Länge einen indifferenten
Punkt, jenseits dessen die andere Hälfte des Drahts sich
negativ elektrisch erweist, mit wachsender Spannung gegen
den negativen Pol hin. Ist der Widerstand des Drahts
gegen das eine Ende hin gröfser als gegen das andere,
so liegt der indifferente Punkt auf Seite des grösseren Wider-
standes. Der Unterschied zwischen den elektrischen Span-
nungen an zwei Punkten des Drahts, dividirt durch ihren
reducirten Leitungs widerstand, ist überall constant. Diese
Gleichgewichtslage der freien Elektricität scheint schwer
erklärbar zu seyn, denn es scheint, die positive und die
negative Elektricität müfsten den indifferenten Punkt über-
schreiten, um sich zu vereinigen. Man hat hierüber bisher
noch keine befriedigende, von jeder Hypothese freie Er-
klärung gegeben. Die von uns aufgestellte Theorie giebt diese
Erklärung von selbst. Wenn ein galvanischer Strom anfangt,
so verlassen die Moleküle der umgebenden Aethermasse
die bis dahin von ihnen eingenommenen Gleichgewichts-
lagen und gehen in neue über. Dadurch entsteht in einem
benachbarten geschlossenen Leiter ein inducirter Strom.
Die Moleküle, welche sich in einem benachbarten nicht leiten-
den Körper befinden, werden gleichfalls aus ihren Gleichge-
wichtslagen getrieben uud nehmen neue an, obgleich der
Mangel an Leitungsföhigkeit nicht die Entstehung eines
eigentlichen Inductionsstroms erlaubt Die Moleküle bleiben
so lange in ihren neuen Gleichgewichtslagen als die wir-
kende Ursache (der galvanische Strom) mit constanter
Kraft andauert. Das Gesetz der Wirkung eines Elements
des inducirenden Stroms auf ein Element des inducirten
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259
Stroms ist durch die obigen Formeln ausgedrückt. Allein
es ist klar, dafs ganz dasselbe gilt von zwei Elementen
ds und ds' in einer und derselben geschlossenen Kette. Der
galvanische Strom sucht also von seinem Beginne an einen
ihm in Richtung entgegengesetzten Strom zu erzeugen. Die
elektromotorische Kraft der Säule setzt dieser Bewegung
ein Hindernifs entgegen.
Der Aether des Leitdrahts, welcher die beiden Pole
vereinigt, wird durch die Inductionskraft gegen den posi-
tiven Pol geführt, und häuft sich dort an bis seine Span-
nung hinreicht, den durch die elektromotorische Kraft
herbeigeschafften Widerstand zu überwinden und die in-
ducirende Kraft zu überwältigen. Es ist vollkommen klar,
dafs die Dichtigkeit des Aethers mit der Entfernung vom
positiven Pol abnehmen mufs. Da die im Draht enthaltene
Aethermasse constant ist, so mufs, wenn dieser Aether
gegen den positiven Pol geführt wird, am negativen Pol
ein Mangel an Aether entstehen, und dieser Mangel wird
ebenso grofs seyn als der Ueberschufs am positiven Pol.
Eine directe Folge aus dem Vorhergehenden ist: dafs die
algebraische Differenz zwischen diesem Ueberschufs und
diesem Mangel proportional seyn mufs der Intensität des
Stroms.
6. Die chemischen Erscheinungen und andere
mit ihnen verwandte. — Die Gränzen dieser Arbeit
verhindern uus, hier eine vollständige und detaillirte Aus-
einandersetzung von der Anwendung der erwähnten Theorie
auf die Wirkung des galvanischen Stroms zu geben. Wir
können nur die Ausgangspunkte der Erklärung der chemi-
schen Erscheinungen andeuten. Zunächst lenken wir die
Aufmerksamkeit auf die Thatsache, dafs die auf den vor-
hergehenden Blättern gegebene Inductionstheorie uns eine
neue Kraft zur Verfügung stellt, die so lange in perma-
nenter Thätigkeit ist als der Strom andauert. Diese Kraft,
bestimmt ihrer Gröfse nach durch die Formel (16), sucht
ein in Ruhe befindliches Aethermolekül in einer Richtung
entgegengesetzt der des Stroms fortzuführen. Denken
17*
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260
wir uns nun , der Strom durchlaufe eine elektrolytische
Flüssigkeit, bestehend aus einer chemischen Verbindung
von zwei Elementen p und q von denen, nach der von
Berzelius und anderen Chemikern angenommenen Idee,
p elektropositiv und q elektronegativ 6ey, d. h. nach un-
serer Betrachtungsweise p einen Ueberschuls und q einen
Mangel an Aether vorstelle. Aus dem Vorhergehenden
folgt , dafs der Strom das Molekül p mit gröfserer Kraft
gegen den positiven Pol führt als das Molekül q. Da dieser
Act in allen Theilen der Flüssigkeit vorgeht, so mufs das
letztere Molekül, vermöge des Archimedischen Princips,
suchen, den negativen Pol zu erreichen. Wenn nun die Kraft,
mit welcher die Moleküle sich solchergestalt in einer ent-
gegengesetzten Richtung zu bewegen suchen, gröfser ist
als die Affinität zwischen den Molekülen, so wird eine
Zersetzung erfolgen, und man wird die Moleküle p
am positiven und die Moleküle q am negativen Pol im
Ueberschuls erhalten.
Im ersten Theil der Arbeit äufserten wir die Meinung,
dafs die materiellen Theilchen einer Flüssigkeit könnten
von dem Strom mechanisch in seiner Richung mit fort-
gerissen werden, und dafs man darin die Hauptursache
der von Wiedemann studirten Thatsachen erblicken
könne. Allein man mufs auch die durch die Formel (16)
ausgedrückte Kraft des Stroms in Betracht ziehen, ver-
möge welcher der Strom die ruhenden Aethermoleküle
in einer der seinigen entgegengesetzten Richtung fortzu-
fuhren sucht. Wenn nun diese Aethermoleküle innig vereint
sind mit materiellen Theilchen, so müssen diese letzteren
in gleichem Sinn mit fortgerissen werden. Es ist also mög-
lich fiir die Theilchen, die sich in einer von einem gal-
vanischen Strom durchlaufenen Flüssigkeit befinden, eine
Bewegung sowohl in dem einen als in dem anderen Sinne
zu erhalten, weil dieser Sinn abhängt von der Kraft, welche
die grolsere Intensität darbietet. Wir glauben, dafs die von
Quincke1) studirten Phänomene dieser Kategorie auf
1) Pogg. Ann. Bd. CX1II 8. 513.
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261
diese Weise erklärt werden können, ohne dafs man nöthig
hat, die Wirkung der freien Elektricität, die sich an der
Oberfläche der Flüssigkeit befindet, zu Hülfe zu nehmen.
Der Umstand, dais die Theilchen eines Volta'schen
Bogens vom negativen Pol zum positiven Pol geführt wer-
den, obgleich ihre Menge bedeutend geringer ist als die der
Theilchen, welche durch den Strom abgerissen und in ent-
gegengesetzter Richtung fortgeschleppt werden, mufs auch,
nach unserer Theorie, der Inductionskraft des Stromes zu-
geschrieben werden können.
7. Drehung der Polarisationsebene des Lichts
unter Wirkung des Stroms. — Um diese Erschei-
nung zu erklären, hat man allgemein augenommen, dafs
die materielleu Moleküle des durchsichtigen Körpers, in
welchen die Drehung geschieht, eine directe Einwirkung
seitens des galvanischen Stroms erleiden und dafs diese
Einwirkung ihrerseits die Drehung der Polarisationsebene
erzeuge. Dagegen nimmt C. Neumann an, die Drehung
entspringe aus der Wirkung, welche die von der Wirkung
des galvanischen Stroms herrührenden molekularen Ströme
Ampere's auf die Aethermoleküle ausüben. Er hat ver-
sucht zu beweisen, dafs die besagten Phänomene sich
erklären lassen durch die Hypothese, dafs diese Mole-
kularströme auf die Aethermoleküle wirken, wie wenn
die letzteren elektrisch wären. Die vorstehende Darlegung
über die Natur der Elektricität zeigt, dafs von den beiden
Meinungen die von Neu mann der Wahrheit am nächsten
kommt Der Aether des durchsichtigen Körpers, welchen
der galvanische Strom umringt, kann unter der Wirkung
dieses Stroms sich nicht im normalen Zustand befinden. Die
Aethermoleküle verändern ihre Gleichgewichtslagen und
Überdiefs stellen sich molekulare Aetherströme ein, oder,
wenn sie schon existirten, nehmen sie unter Einflufs des
galvanischen Stroms eine bestimmte Richtung an. Neu-
en an n's Meinung in Betreff der directen Wirkung der
Molekularströme auf die Aethermoleküle ist nicht mehr
eine der Bestätigung bedürfende Hypothese, sondern
262
eine Wahrheit, wenn man annimmt, dafs die elektrischen
Erscheinungen im Aether stattfinden. Aber sicher mui's
bei dieser Erklärung auch Rücksicht genommen werden
auf die Abänderung in den Gleichgewichtslagen der Aether-
theilchen.
IV. Studien über Affinität in Eisenchlorid-
Lösungen, ohne Veränderung des •flggregatzu-
standes; von Alexander Müller in Berlin.
(Schiufa von S. 141.)
Mittelwerthsberechnungen und Abrundnogen.
]Nach Ba IV vom 19. August 1868 ist
19,4 (VinO = 9,99 (X*±i) 4-3,56 (116);
nach AUI vom 18. August, mit Vertauschung von X"-y Ä
Xa + €
1 8,78 (VIII 0 — 10,3 (X + 3,2 (II 6) ;
nach C III vom 19. August
17,9 (Villi) — 9,25 (X 6-^) -h 3,4 (II *);
und nach Bc VII vom 19. August, mit Vertauschung von
VIII ^ gegen X h-±±
1 7,55 (VIII •) - 9,99 (X b-±l) 3,3 (II 6).
Hieraus im Mittel:
a) 18,41 (VIIIt)=10,14(X6^)-f.3,36 (116).
Nach Bc VI vom 19. August haben wir mit Vertau-
8chuog von VIII gegen X 6
6) 24,8 (Vif) = 9,99 (x~)-f- 9,99 (116);
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263
ferner nach B IV vom 18. August
c) 18,78 (VIII i) =« 5,02 (VIIIA)-r-l,68(II6).
Wir runden die in diesen Gleichungen enthaltenen
Gröfsen ab und gelangen zu folgenden Gleichungen:
auB b wird
I) 25 (VIO= 10(X6±Ä)-r-9,l (116);
aus a wird:
II) 18,5 (VIII i)= 10(X6^C 4- 3,3 (116);
aus c wird:
III) 18,5 (Villi = 5 (VIII A)-f- 1,7(116).
Aus I und II erhält man:
IV) 25 (VI/") = 18,5 (Villi) -f- 5,8 (U 6);
aus II und III:
V) 5(VIIU=10(X6"£Ä)-M,6flI&)
und aus I und V:
VI) 25 (Vif) = 5 (VIII h) -f- 7,5 (II 6),
in welchen 6 Gleichungen die ausserhalb der Parenthese
stehenden Zahlen Millimeter, die Parentheseninhalte aber
die vorher charakterisirten verschiedenen Lösungen von
Ferridacetat: VI/",
essigsaurem Eisenchlorid: VIII h und i,
und essigsäurefreiem Eisenchlorid: X6 und c
bedeuten, so dafs die einzelnen Glieder der Gleichungen,
subjectiv gesprochen, die Farben mengen ausdrücken, welche
nach dem Durchgange farblosen Lichtes (von hinreichen-
der Stärke) durch die bezeichneten Flüssigkeitsschichten
der betreffenden Lösungen zur Empfindung gelangen kön-
nen, oder, objectiv gesprochen, den Theil des in der
Lösung zerlegten Sonnenlichtes, welcher der Absorption
entgeht.
Berechnung der Menge Ferridacetat, welche dnrch Essigsäure in Risen-
chloridlösungen gebildet wird.
Da die Lösung VIII h fast 26 Procent und Lösung Villi
fast 13 Procent freie Essigsäure (C4 H4 04) oder die äqui-
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264
valente Salzsäure enthält und das Eisenehlorid wenig Nei-
gung zur Bildung basiseben Salzes hat, darf man nach
vorstehenden Gleichungen I, II und V schliefsen l), dafs
enthalten ist in
5,0 Mm. Lösung VIII h : = 17,6 Procent und in
18,$ Mm. Lösung Villi: |^ = 36,3 Procent
von der in 25,0 Mm. Lösung W\f enthaltenen Menge
Ferridacctat, welche coloräquivalent ist mit 10,0 Mm. der
Lösung X -+- 9,1 Mm. der Lösung II b.
25,0 Mm. Vif aber mit 0,0042 Atom Fe, O, in 100 CC.
geben die Atomeonstante 0,105,
danach die Ferridacetatmenge
in 18,5 Mm. VIII t «= 0,105 X ~| = 0,0371 Atomeonstante
u. in 5,0 Mm. VII A = 0,105 X JJJ = 0,0184 Atomeonstante.
Vergleicht man diese Grölsen mit den Ferridconstanten
der Lösungen Villi und A, z. B. ergeben sich folgende
Verhältnisse :
In 100 CC. Lösung sind enthalten
bei VIII i 0,020 Atom Fe, 03
„ VIII A 0,040 „ „;
Bei vollständiger Verwandlung des Eisens in Acetat
wurde die Atomeonstante von
18,5 Mm. Villi sein: 0,370
5,0 „ VIII A , 0,200;
durch den Essigsäurezusatz ist also von dem vorhandenen
Eisenoxyd in Ferridacetat übergeführt worden:
bei VmiSJJJ- X 100 = 10,03 Procent
bei VIII X 100 =* 9,04 Procent.
Demnach wirkt Essigsäure 1 Zehntel stärker zersetzend
auf die verdünntere Eisenchloridlösung Villi als auf die
doppelt so concentrirte VIII A.
1) Wenu das vorhandene Ferridacetat sich normal verhält.
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266
Vergleich der Salzsäure mit der Schwefelsäure rücksichtlich ihrer
Affinitätsener^ie.
Nach Versuchen über die Einwirkung von Essigsäure
auf Eisenarnmonalaun und Ferridsulphat, welche zum Theil
schon veröffentlicht sind (Erdmann's Journal f. pract.
Chem. Bd. CI, S. 193 ff.) berechnet sich, dai's in einer
Ferridsulphatlösung von ähnlicher Zusammensetzung als
Villi ungefähr 18 Procent des Eisengehaltes in Ferrid-
acetat verwandelt werden, also beinahe noch einmal soviel
als in der Chloridlösung, woraus geschlossen werden mufs,
dals bei mittlerer Temperatur in wässriger Lösung die
Affinitätsenergie der Salzsäure fast das Doppelte
von derjenigen der Schwefelsäure beträgt!
Man ist allerdings gewöhnt, die Schwefelsäure als die
stärkste .Mineralsäure anzusehen , aber wohl hauptsächlich
nur defshalb, weil sie, wie man sich auszudrücken pflegt,
die Salzsäure leicht aus deren Salzen austreibt! Allein
das „Austreiben" ist ein sehr trügerisches Kennzeichen,
da man mit dem „ Austreiben" die Entwicklung gasförmiger
Salzsäure meint, also auf eine mit Veränderimg des Aggre-
gatzustandes verknüpfte Reaction sich stützt. Dann mufs
man aber auch die Energie der Phosphorsäure über die-
jenige der Schwefelsäure und die Energie der Kieseläure
über diejenige der Phosphorsäure stellen, weil jede fol-
gende Säure die vorhergehende austreibt, wenn die Tension
der vorhergehenden durch Temperaturerhöhung hinreichend
gesteigert worden ist.
Wie sich bei geringer Tension d. h. in wässrigen Lö-
sungen bei niederer Temperatur die Energie der Schwefel-
säure zu derjenigen der Salzsäure verhält, weils man bis-
lang kaum; es ist mir wenigstens kein Experiment bekannt,
welches sichern Aufschlufs gäbe über die nähere Zusam-
mensetzung einer wässrigen Lösung aus je einem Aequi-
valent Chlorkalium und Schwefelsäure.
Die Ansicht, dafs bei mittlerer Temperatur Salzsäure
stärker sey als Schwefelsäure, harmonirt mit der Erfahrung,
dai's die Auflösung fester Körper (ausgenommen in den
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266
Fällen, wo schwerlösliche Verbindungen entstehen) in der
Regel schneller durch Salzsäure als durch Schwefelsäure
erfolgt; wie auch nach jüngst ausgeführten Versuchen
Salzsäure die Umwandlung der Cellulose in Zucker, aber
auch die Wiederzerstörung des Zuckers in Humussubstan-
zen mehr befördert als Schwefelsäure. Selbst der Unter-
schied, dafs Salzsäure weniger geneigt ist zur Bildung ba-
sischer Salze als Schwefelsäure, läfst erstere als eine
stärkere Säure erkennen.
Berechnung des Einflusses, welchen die Beschaffenheit einer Eisenchlorid-
lösung auf den Chromatismus des Eisengehaltes ausübt.
Als Vorarbeit zur Lösung dieser Frage liegt uns zu-
vörderst ob, die Menge Eisenchlorid zu berech-
nen, welche in den essigsauren Lösungen VIIIä
und • enthalten sind. Die oben aufgeführten abge-
rundeten Gleichungen I, IV und VI lassen sich auch in
folgender Gestalt aufstellen:
I) 10 (X * ±± ) — 25 (VI f) - 9,1 (II 6)
IV) 18,5 (Villi) — 25 (VI/") - 5,8 (Ü6), und
VI) 5 (VIII A) - 25 (VI/*) - 7,5 (II 6).
Hieraus folgt, dafs enthalten ist in
5,0 Mm. Lösung VIII A : ~ - 82,4 Procent und in
18,5 „ „ Villi sg- 63,7 „
von der in 10 Mm. der Lösung X enthaltenen Menge
(färbenden) Eisenchlorids, welche durch 25 Mm. der Lo-
sung Vif — 9,1 Mm. der Lösung 116 ausgedrückt wird.
Um den letztgenannten Gehalt an Eisenchloridfarbe
zu erreichen, mufs man die Menge der Lösung
VIIIÄ auf 5 «= 1,214) = 6,07 Mm. und
. Villi auf 18,5 (g = 1,570) = 29,05 „
Flüssigkeitssäule erhöhen.
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267
Denkt man sich stimmt liehen Eisengehalt der Lö-
sungen VIII h und t, also auch die erwähnte Menge Ferrid-
acetat, in Verbindung mit Salzsäure, so sind bezüglich
der Eisenchloridfarbe äquivalent:
6,07 = 5,52 Mm. Lösung VIII Ä,
29,05 (i°^°) = 26,14 „ n Villi und
10,00 , 9 X6^.
Hieran reihen eich als gleichfalls coloräquivalent nach
dem 19. August 1868, A VI:
0,485 Mm. Eisenchloridlösung VIII,
145,4 „ . „ Villa und
3,65 9 -„ VIII b.
Um alle diese Lösungen mit den oben S. 136 mitge-
teilten Mittel werthen der Lösungen Xo bis e vergleich-
13 33
bar zu machen, haben wir sie mit zu multipliciren,
1U,0U
was für sämmtliche Eisenchloridlösungen als
coloräquivalente Schichten giebt:
0,647 Mm. Lösung VIII \ ü / 0,1217 Atom. Fe, O,
193,9
4,87
8
0,01217 „
7,36 „ „ » h I* o] 0,04
34,86 „ „ „ • ^ 9 0,02
13,6 „ „
13,3 „ „ » 6 i a 3 i) 0>0073
19,3 „ „ „ c \ 2 /( (beabsichtigt, in
8,3 8 „ „ d VI ( Wirklichkeit aber
13,35 „ „ „ e i JS \ l etwas weniger.)
Der flüchtigste Blick auf die Columne der coloräquivalen-
ten Schiebten und der Eisengehalte lehrt, dafs die Fär-
bung der Lösungen weit entfernt umgekehrt proportional
der Verdünnung ist, dafs sie also wesentlich von andern
Umständen beeinflulst wird.
268
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269
Unter den Eisenchloridlösungen der Tabelle finden sich
nur 2 Lösungen, die aus zwei anderen durch einfache
Verdünnung mit Wasser entstanden sind, nämlich
Villa durch Verdünnung von VIII auf das 10 fache Vol.,
u. Villi „ » . » VIIU» - 2 » »•
Die specifische Intensität ist gefallen
durch lOfache Verdünnung von 12,7 auf 0,426 -1:£>
• 2 n » n MO , 1,43 - 1
Die Abnahme der wirklichen Intensität ist 10, resp.
2 mal gröfser, also wie 1 : und 1 : .
Diese Beobachtungen sind weder zahlreich noch genau
genug, um die Ableitung eines Gesetzes für die Abhängig-
keit der Intensität von der Verdünnung zu gestatten; die
Noth wendigkeit späterer Interpolationen verlangt aber einen
Ausdruck für die Intensitätsabnahme und wir wählen als
solchen die Formel
worin J bedeutet die specifische Intensität
und V bedeutet den Verdfinnungsgrad.
In Worte übersetzt lautet die Formel: die specifischen
Intensitäten der Eisenchloridlösungen verhalten sich um-
gekehrt wie die Quadratwurzeln aus den Würfeln der
Verdünnungsgrade
Nach dieser Formel findet man die specifische In-
tensität
für 10 fache Verdünnung = — ^ , statt
» 2 ■ ■ ""ä^1 8tatt£s8'
also etwas kleiner als nach der directen Beobachtung,
doch immerhin sehr annähernd, wenn man das später zu
behandelnde ' Verhalten der Essigsäure in Villi berück-
sichtigt.
Die chemischen Unterschiede gegen die übrigen Lö-
sungen und diese unter einander bestehen in verschie-
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270
denen Zusätzen von Alkalichlorüren, Salz- und Essigsäure.
Wir betrachten zunächst den Einflufs des Chloram-
monium auf die specifische Intensität des Eisen-
chlorids.
Lösung Xc unterscheidet sich von Villa durch gröfsere
Verdünnung im Verhältnifs von 1 : 1,667 und durch Zu-
satz von 0,40 Atomen Salmiak auf 100 CC. Lösung. Mit
Benutzung obiger Formel würde ihre specifische Intensität
ohne Salmiak seyn mal derjenigen von Villa oder
8,17
0,46 X 0,426 = 0,20. Diese von der beobachteten 7,09 ab-
gezogen giebt 7,09 — 0,20 = 6,89 für 0,40 Atome Salmiak
oder 17,2 „ 1,00 „ „ .
DerEinflufs der Salzsäure auf die specifische
Intensität läfst sich in ähnlicher Weise nach Villa und
Xd ableiten als 25,6 für 1,00 Atome Salzsäure; demnach
wirkt Salzsäure beinahe 1| mal stärker als Salmiak.
Der Einflufs des gleichzeitigen Zusatzes von
Salmiak und Salzsäure nach den Lösungen Xa, b und e
stellt sich merkwürdiger Weise bedeutend höher heraus
als die Summe der Einzelwirkungen und zwar im Ver-
hältnifs von 1,133 : 1,000.
Der Einflufs des gleichzeitigen Zusatzes von
Salzsäure und Chlornatrium läfst sich nach Villa
aus VIII 6 berechnen. Ohne Zusatz müfsten beide Lö-
sungen gleich intensiv seyn ; also ist die Intensitätsdifferenz
durch den Zusatz bedingt. Selbst wenn man die Wirkung
der Salzsäure in Verbindung mit Chlornatrium so hoch
wie in Verbindung mit Salmiak annimmt, nämlich 1,133
mal der Einzelwirkung = 29,0, so stellt sich dennoch die
Wirkung des Chlornatrium neben Salzsäure auf 48,4, dem-
nach \\ mal so hoch heraus als die der Salzsäure neben
Salmiak.
Um den Einflufs der Essigsäure auf die Inten-
sität des Eisenchlorids in VIII h und t zu berechnen,
können wir von VIII und von Villa ausgehen. Wir
ziehen letztere vor, weil wegen instrumenteller Fehler-
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271
quellen die Intensität der Losung VIII (mit nur 0,485 Mm.
beobachteter Flüssigkeitssäule) weniger sicher bestimmt ist.
Nach VIII a sollte die specifische Intensität seyn
von VIIU mit 3,287 i facher , = 0 426 J^Y* == 2,538,
Loncen-' .
Villi „ 1,643 Nation / = 0,426 10^43» = 0,897.
Nach Abzug dieser berechneten Intensitäten von den
gefundenen verbleibt
bei VIII h : 3,40 — 2,538 = 0,862
„ VIII i : 1,43 — 0,897 = 0,533
für die durch Essigsäure bewirkte specifische Intensität.
An dieser Wirkung betheiligt sich jedoch nicht der ge-
sammte Essigsäuregehalt der Lösungen. Die oben nach
Villa berechneten Intensitäten gelten nämlich nur für
Eisenchloridlösungen mit 1,27 Atome HCl auf je 1 Fe2 Cls.
Um dieses Verhältnifs herzustellen, müssen
in VIII h mit 0,040 Atome Fe, Os : 0,051 Atome Säure,
in Villi » 0,020 „ „ : 0,026 „ „
von der Gesammtsäure, mit Verwendung der (unzureichen-
den) Salzsäure in erster Linie, abgezogen werden; als
überschüssige freie Essigsäure verbleiben demnach
in VIII h : 0,4289 - 0,051 = 0,378 Atome,
in Villi : 0,2145 — 0,026 — 0,189 „ ,
woraus die Intensitätssteigerung durch 1 Atom Essig-
säure sich berechnet:
für VniA zuS=2,28
- VIII i „^=2,81
oder im Mittel beider Lösungen zu 2,55 d. i. fast genau
1 Zehntel der Wirkung der Salzsäure.
Dieses Resultat wird dadurch höchst bemerkenswerth,
dafs, wie oben gezeigt worden ist, 10 bis 11 Atome Essig-
säure, 1 Atom Salzsäure aus Eisenchlorid auszutreiben
vermögen und dafs auch hier die Wirkung der Essigsäure
mit der Concentration der Lösungen zusammenhängend,
kräftiger sich äufsert in der verdünnteren Lösung Villi
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272
als in der doppelt so concentrirten VIII h. Wenn das
ein Zufall wäre, so wäre es in der That ein wunderbarer!
Wir haben bis jetzt den Chromatismus der Eisen-
chloridlösungen nur nach den Beobachtungen von und
nach dem 2. Juni 1868 betrachtet; es liegt aber auch eine
Versuchsreihe vom 5. October 1866 vor, mit sehr bedeu-
tenden Abweichungen in den Resultaten. Der Grund hier-
von kann nur in zwei Umständen gesucht werden nämlich
in Temperatur- und Alterunterschied der betreffenden Lö-
sungen.
Eiuflufs der Temperatur auf deu Chronsatistnus des Eiseochlorida.
Mit Ueberrechuung nicht nur der Lösungssäule X6
auf den ^ kleineren Eisengehalt der Lösung Xe (vergl.
S. 136) sondern sämmtlicher Beobachtungen auf diejenigen
vom 2. Juni nach Lösung Xa sind am 5. October 1866
folgende Flüssigkeitssäulen coloräquivalent gewesen:
Xa Xb Xc Xd Xe
13,5 Mm. 11,9 Mm. 17,54 Mm. 7,42 Mm. 11,0 Mm.
Unter diesen sind zunächst vergleichbar X6 und Xe.
Ganz gleich dargestellt unterscheiden sie sich nur dadurch,
dafs X6 (wie auch Xc und d) unmittelbar nach der Dar-
stellung auf die Zimmertemperatur abgekühlt worden war,
Xc aber bis zur Beobachtung warm gehalten wurde. Leider
hat die Temperatur während der Beobachtung weder hoch
noch constant gehalten werden können; wir müssen uns
darum begnügen zu sagen, dafs die ungefähr 40u
warme Lösung Xc 1,08 mal intensiver gewesen
ist als die auf ungefähr 17° abgekühlte X6, sowie
dafs der Intensitätsunterschied bei ungefähr 50" noch gröfser
gewesen ist. Da die Intensität Anfangs 1,20 mal höher
als am Ende, demnach 1,20x 1,08= 1,30 mal höher als
von Xb war.
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273
Einflute des Alters auf den Chromatismus der Eisenchloridlösungen.
Ein Vergleich der Intensitäten der Lösungen X6, c
und d mit derjenigen der Xa lehrt ferner, dals der In-
tensitätssteigernde Einflul's der Erwärmung die
nachfolgende Abkühlung überdauert.
Beim Erhitzen der Lösung X wurde, entsprechend der
Lösung Xe, die Intensität unverkennbar gesteigert; bei
der darauf folgenden Abkühlung, welche theils durch
Verdünnung mit Reagentien von gewöhnlicher Temperatur,
theils durch Einstellen der Lösungen X/>, c und d in
kaltes Wasser erzielt wurde, auf die ursprüngliche Tem-
peratur ging indeis die Intensität nicht sogleich, sondern
ziemlich laugsam auf den früheren Grad zurück. Ich
wüfste sonst nicht zu erklären, warum am Tage der Be-
reitung Lösung X6 hätte intensiver seyn sollen als Xa
und warum beide Lösungen, nebst No. Xe 1.J Jahr später
wieder gleiche Intensität zeigen konnten.
Da die, ohne jedwede Erwärmung dargestellte Lösung
Xa eine speeifische Intensität besitzt, welche nur wenig
hinter derjenigen der Mutterlösung VIII, nämlich im Ver-
hältnifs von 12,7 : 10,2 zurücksteht, so hat sich deren
Färbung wahrscheinlich während der Aufbewahrung kaum
merkbar verändert, wir haben darum die Lösung Xa als
Maafsstab benutzt, nach welchem die Intensitäten der übrigen
Lösungen vom 5. October 1866 auf den 2. Juni 1868 über-
rechnet werden konnten. Stellen wir die so reducirten
Intensitäten vom 6. October neben diejenigen vom 2. Juni,
nämlich :
Xa
Xb
Xe
Xd
Xe
Zeit
13,5 Mm.
11,9 Mm.
17,54 Mm.
7,42 Mm. !
11,0 Mm.
den 6. October 1866
13,5 „
13,4 „
19,3 .
8,3 „ j 13,3 „
den 2. Juni 1868
so finden wir, dafs die Lösungen X6, c und d noch
2 bis 3 Stunden nach der Darstellung aus erhitztem Eisen-
chlorid 1,1 12 mal intensiver waren, als 1^ Jahr später, und
zwar nach gleichem gegenseitigen Verhältnifs, denn die
PoggendorfFa Ann. Ergänzungabd. VI. 18
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I
274
Flüssigkeitssäulen vom 6. October geben multiplicirt mit
1,112:
für X6
Xc
und Xd
13,24 Mm.
19,51 Mm.
und 8,25 Mm.
Wir können nach den vorliegenden Untersuchungen
uns nicht weiter in den Einflufs der Zeit auf die Inten-
sität vertiefen; wir werden auf diesen Punkt bei der
Chromometrie des Platinchlorids zurückkommen. Hier nur
noch die Bemerkung, dafs bei hierauf bezüglichen Special-
untersuchungen auf Einhaltung einer bestimmten Tempe-
ratur wohl zu achten ist, dafs aber in uusern vorliegenden
Versuchen Temperaturschwankungen von wenigstens 10°
stattgefunden haben, wegen der grofsen Hitze des ver-
gangenen Sommers.
Die chemische Ursache der chromatischen Veränderlichkeit der Eisen-
chloridlösungen uud die Intensität des reinen Eisenchlorids.
Wir haben erfahren, dafs die specifische Intensität
einer Eisenchloridlösung um so geringer wird, je mehr
letztere mit Wasser verdünnt wird, ohne dafs die Farben-
qualität sich wesentlich ändert. Bei anderen gefärbten
Chloriden z. B. des Kupfers, Kobalts und Nickels wirkt
Verdünnung mit Wasser so, dafs die Chloridfarbe in die
Farbe des Sulphats oder Nitrats übergeht. Da die von
basischen Verbindungen freien Lösungen des Ferrid-Sul-
phats und Nitrats farblos sind, so läfst sich das chro-
matische Verhalten der Eisenchloridlösungen auch nach
Art desjenigen der genannten andern Metalle ausdrücken
und man könnte die Abnahme der specifischen Intensität
bei zuuchmender Verdünnung so auffassen, dafs das in-
tensiv gelbe wasserfreie Eisenchlorid allmählig
in farbloses salzsaures Eisenoxyd übergeht.
Hinsichtlich der Intensitätssteigerung durch Zusätze
müfste man sich denken, dafs Salzsäure die Berührungs-
punkte zwischen Eisen und Chlor vermehrt, dafs Salmiak
und Chlornatrium aber mit Eisenchlorid zu intensiv ge-
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275
färbten und zugleich beständigen Chlorsalzen sich ver-
einigen, nach Art des Platinchlorids.
Die Wirkung der Essigsäure wird so zu erklären seyn,
dafs mit diesem Zusatz nicht nur die Menge der mit
stärkerer Anziehungskraft für Eisenoxyd begabten Säuren
vermehrt, sondern zugleich die Menge des amphoteren
Wassers vermindert wird.
Die Intensität des unzersetzten Eisenchlorids ist zur
Zeit noch unbekannt. Ich habe versucht, sie in einer
Lösung von trocknen (nur Krystallwasser enthaltenden)
Eisenchlorid in absolutem Alkohol zu bestimmen, allein,
nach dem Verhalten des krystallisirten Kupferchlorids in
absolutem Alkohol zu schliefsen, wirkt Alkohol ähnlich
verändernd auf die Chloride als Wasser. Der sicherste Weg
zum Ziele wird seyn , den Chromatismus des sublimirten
Eisenchlorids in einer von den Elementen des Wassers
freien Lösung zu studiren, z. B. in Zinnchlorid usw. Viel-
leicht läfst sich auch algebraisch die Intensität des reinen
Eisenchlorids ableiten aus zahlreichen Beobachtungen über
die Intensitätssteigerung der Eisenchloridlösungen durch
Salzsäure, Chlornatrium usw., jedes für sich in verschie-
denen Proportionen angewendet.
V. lieber Temperatur und Temper aturmaafs;
von G. Recknagel.
1. Die Schwierigkeiten, welche sich der Erklärung
des Begriffes Temperatur oder des ihm substituirten
„Intensität der Wärme" entgegenstellen, können durch
die Erfolge, welche man mit der Auffassung der Wärme
als lebendiger Kraft einer stationären Bewegung erzielt, für
soweit beseitigt gelten, dafs für denselben Stoff die
Temperatur als etwas der lebendigen Kraft der in der
Masseneinheit des Stoffes vor sich gehenden Wärme-
18*
276
bewegung Proportionales erklärt werden darf. Gehen wir
von einem Stoffe zum andern über, so bleibt uns aller-
dings ein Kriterium, nach welchem wir die Frage ent-
scheiden, ob zwei Körper gleiche Temperatur haben oder
nicht: Wir sagen nämlich von zwei Körpern, sie habeu
gleiche Temperatur, wenn sie in unmittelbarer gegen-
seitiger Nähe keine Wärmewirkung auf einander ausüben.
Indem wir aber dieses Kriterium anwenden, erkennen wir,
dafs wir nicht berechtigt sind allgemein anzunehmen, dai's
Körper von gleicher Temperatur gleiche lebendige Kraft
der Wärmebewegung in der Alasseneinheit besitzen, denn
wir erfahren, dafs von verschiedenen Stoffen gleiche Massen,
welche vorher gleiche Temperatur hatten, durch Mittheilung
gleicher Wärmemengen in Zustände übergeführt werden,
in welchen sie sich nicht mehr gegenseitig neutral ver-
halten, kurz dafs durch Zufuhr gleicher Wärmemengen
in gleichen Massen verschiedener Stoffe ungleiche Tem-
peratur-Erhöhungen hervorgebracht werden.
Diese Erfahrung hat zur Einführung des Begriffes der
specifischen Wärme oder der Wärmecapacität geführt.
Es ist damit die Eigenschaft verschiedener Stoffe be-
zeichnet zur Ueberfiihrung von einer ihnen gemeinschaft-
lichen Anfangstemperatur in eine andere ihnen gemein-
schädliche Endtemperatur für gleiche Massen verschiedene
Wärmemengen zu bedürfen1). Wenn man nach der Ur-
sache der verschiedenen Wärmecapacität der Stoffe fragt, so
wird man zuerst den gesammten Wärmeaufwand, der bei
1) Bcieichnet man mit A die Weifse (Albedo) einer matten Fläche, so
bildet A den Cueftieienteu der Beleuchtung, durch welchen man von
dieser auf die durch die Beleuchtung erzeugte Helligkeit der Flache
überseht. Mit dieser Grofse steht du rcciproke Werth der
Wärmecapacität in vollständiger Analogie. Dieser rcciproke
Werth der W., die „ttpccirischc Erwiirmungsfähigkeir gibt die durch
Zuführung der Wanneeinheit in der Mas>eneinheit bewirkte Tem-
peraturerhöhung, und dein Dulong'schen Gesetze die merkwürdige
Fassung: Die spccitUche Ki wäunungsfkhigkeit eines Stoffe* ist seinem
Atomgewicht proportional. Dieser Begrift' scheint mir vor dem der
Wärmecapacität den Vorzug unmittelbarer Verständlichkeit zu haben.
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277
verschiedenen Stoffen zum Zwecke einer bestimmten
Temperaturerhöhung zu machen ist, für jeden Stoff in zwei
Summanden zerlegen müssen, von welchen der eine zu
(äufserer und innerer) Arbeit verbraucht wird, während
der andere als lebendige Kraft in den Körper übergeht
und schliefslich als solche darin vorhanden ist.
Den letzteren Summanden, bezogen auf eine fftr alle
Körper gemeinschaftliche Einheit, hat man die wahre
Wärmecapacität genannt, und diese ist es, welche allein
unmittelbar für den Begriff der Temperatur und Tempe-
raturerhöhung in Betracht kommt. Den Schwierigkeiten»
welche die Ausscheidung im Allgemeinen darbietet, ist es
wohl hauptsächlich zuzuschreiben, dafs die Versuche für
die Eigenschaft der wahren Wärmecapacität eine Erklärung
zu geben bisher noch zu keinem befriedigenden Resultate
geführt haben.
Es läist sich indessen trotz dieser Lücke die Frage
nach dem rationellen Temperaturmafse soweit führen, dafs
ein Einblick in die Voraussetzungen gewonnen wird,
welche bei Anwendung der gebräuchlichen Thermometer-
scalen gemacht werden.
2. Die Erklärung der Temperatur T, welche ein Kör-
per in einem bestimmten Momente besitzt, ist gegeben
durch die Gleichung
wobei c die wahre Wärmecapacität des Stoffes, J/iti* die
lebendige Kraft eines Massentheilchens bezeichnet, welches
an der Wärmebewegung theilnimmt, und die Summation
über alle in der Masseneinheit vorhandenen Theilchen
auszudehnen ist, so also, dafs -i' (/<) = 1 ist, wenn die
Wärmebewegung nur von ponderablen Massen ausgeführt
wird l).
1) Clausius sagt in seiner Abhandlung „Ueber Zurückführung des
zweiten Hauptsatzes . . .* Po gg. Ann. Bd. 142, S. 458: Wir wollen
nun für die Bewegung, welche wir Wärme nennen, die Voraussetzung
machen, das Gleichgewicht bilde sich immer in der Weise, dafs
zwischen den lebendigen Kräften der verschiedenen Punkte ein festes
Verhältnifs bestehe, welches sich bei jeder vorkommenden Acnde-
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278
Unter den Thermometern geniefst in Bezug auf Ver-
lässigkeit der Resultate, das Luftthermometer das
höchste Ansehen, und insbesondere bietet die von Mag-
nus, Rcgnault und Anderen angewandte auf dem Prin-
zip des constanten Volumens beruhende Construction nicht
nur die grölstc Sicherheit und Bequemlichkeit der Messung,
sondern auch von vornherein die günstigsten Aussichten
für die Theorie. Es soll defshalb dieses Thermometer
zum Gegenstande der Untersuchung gemacht und die
Frage behandelt werden:
Unter welchen Bedingungen ist die Tempe-
raturerhöhung der Luft, welche bei constantem
Volumen erwärmt wird, der Zunahme ihrer Ex-
pansivkraft proportional?
Es soll sich demnach die Untersuchung auf die Be-
rechtigung der Gleichung
c(T- r0)=» PT--po w I
worin p0 die Expansivkraft der Luft bezeichnet, welche
sie bei einer beliebigen zum Ausgangspunkte der Tempe-
raturerhöhung gewählten Temperatur T0 besitzt, z. B. bei
der Temperatur des schmelzenden Schnees; p7 — p„ ist die
mit der Temperaturerhöhung T — T(t verbundene Zunahme
der Expansivkraft eines constanten Luftvolumens, a eine
von der Wahl des Ausgangspunktes und der Gröfse der
Scalentheile abhängige Constante, welche passend der
rung der gesammten lebendigen Kraft wiederherstelle. Dann
läfst sich die mittlere lebendige Kraft jedes Punktes durch ein Pro-
dukt von der Form m c T darstellen, worin m die Masse des Punktes
und c eine andere für jeden Punkt bestimmte Constante ist, während
T eine veränderliche Gröfse bedeutet, welche für alle Punkte gleich
ist.4 Unter diesem T, welches an dieser Stelle noch die mittlere
lebendige Kruft der gesammten in der Masseneinheit vor sich gehen-
den Wärmebewegung bedeutet, wird im folgenden Absätze die ,ab-
solute Temperatur" verstanden. An anderen Orten ist diese „abso-
lute Temperatur* die um 273 vermehrte Anzahl der Grade der Cel-
sius'schen Scala. Welches von beiden ist Definition, welches Hypo-
these? Wir werden im Verlaufe die Bedingungen kennen lernen,
unter welchen dieser Uebergang zulässig ist.
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279
Spannungscoeflßcient des Gases genannt wird und in der
Celsius'schen Scala, mit der Temperatur des schmel-
zenden Schnees als Ausgangspunkt, den Werth 0,003668
hat '), w endlich ist eine constante Wärmemenge, als deren
Vielfaches das jeweilige c (T — T0) aufzufassen ist.
Um keinen Zweifel über die Bedeutung der im Fol-
genden gebrauchten Ausdrucksweise Raum zu lassen, mag
noch Folgendes vorausgeschickt werden. Wird von einem
Körper gesagt, er habe eine Temperatur von 0° C, so ist
damit gemeint, dafs er sich dem schmelzenden Schnee
gegenüber neutral verhält, d. h. weder Wärme von ihm
aufnimmt noch solche an ihn abgibt. Ferner wird von Luft,
welche bei 0° C. die Expansivkraft p0 = 760 Mm., zur Zeit
aber die Expansivkraft p, besitzt, gesagt, sie habe eine
Temperatur von t° C, wenn
P* — P* _ t
0,003668 p0
ist; und endlich von einem anderen Körper, er habe die
Temperatur von t° C. , wenn er sich der eben beschrie-
benen Luft gegenüber neutral verhält.
3. Da die in der Luft enthaltene Wärme lebendige
Kraft ist, die Expansivkraft aber eine statische Wirkung,
deren Zunahme als Mafs ftlr die lebendige Kraft in Be-
tracht kommen soll, so ist vor allem eine Gleichung nötbig,
welche die lebendige Kraft eines System stationärer Be-
wegungen mit der durch sie hervorgebrachten statischen
Wirkung in Beziehung bringt.
Eine solche Gleichung verdanken wir Clausius*):
„Die mittlere lebendige Kraft eines Systems von stationären
Bewegungen beliebiger Art ist gleich seinem Virial."
1) Es ist dieses der Werth, den Magnus Po gg. Ann. Bd. 55 S. 25 als
Mittel aus seinen sämmtlichen Versuchen gibt und welchen auch
Regnanlt als Mittel aas den 12 Versuchen seiner 3. Versuchsreihe
(Mem. de VAc. Bd. 21 S. 51) findet. Dieselbe Zahl ergab sich mir
als Mittelwerth aus vier im Jahre 1863 angestellten und Pogg. Ann.
Bd. 123 S. 115 mitgeteilten Versuchen. Die Annahme 0,003665
beruht auf mehrfachen Mifsverstandnissen.
2) Clausius, Pogg. Ann. Bd. 141 S. 124.
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280
Das Virial ist durch den Ausdruck
definirt, wobei X, F, Z die rechtwinkeligen Componenten der
auf den materiellen Punkt (a?, y, a) wirkenden resultirenden
Kraft sind, und die Summation über alle materiellen Punkte
auszudehnen ist.
Claus ius zerlegt das Virial in zwei Summanden: das
äufsere Virial, welches aus Kräften gebildet ist, die von
aufsen auf den Körper einwirken, und das innere Virial,
dessen Kräfte von den elementaren Körperbestandtheilen
selbst ausgehen, und gibt für den Fall, dafs von allen
Seiten ein auf der Oberfläche normaler Druck von der
Gröfse p die Flächeneinheit drückt, für das äufsere Virial
den Ausdruck §pt>.
Dieses Resultat, welches im Folgenden eine wichtige
Verwendung findet, will ich der Vollständigkeit wegen
hier beweisen, was Clausius wohl mit Rücksicht auf die
Einfachheit des Beweises a. a. O. unterlassen hat.
Ist die normal auf das Flächenelement df mit den
rechtwinkeligen Cordinaten x, y, z drückende resultirende
äufsere Kraft pdf^ so sind, wenn die Normale mit den
Axen der ar, y, z beziehungsweise die Winkel er, y
bildet, die Componenten
X = pdf cos er, Y = pd f cos Z = pdfco8y.
Man kann sich nun die Zerlegung der Oberfläche in
Elemente dadurch gemacht denken, dafs man den Körper
auf die xy-Ebene projicirt, seine Projection in Elemente
zerlegt, und Über jedem derselben ein senkrechtes Prisma
errichtet, welches, da es sich um eine geschlossene Fläche
handelt, die Oberfläche des Körpers zweimal (im Allge-
meinen eine gerade Anzahl mal) durchdringt und dabei
die Flächenelemente df und df mit den Neigungswinkeln
y und y ausschneidet, so dafs der absoluten Gröfse nach
df cos y = df cos / = dx dy
und auch
pdf C08y = pdf' cos y
oder
Z= Z\
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281
Bildet man nun die auf die z = Componenten hezüg-
lichen beiden Elemente — Zz und — ZV des Virials,
so sind die Kräfte Z und Z' der Gröfse nach gleich, dem
Vorzeichen nach verschieden, und die Summe dieser beiden
Elemente wird
Z (z — z) mm p (z — z*) dx dy.
Somit ist das Virial bezüglich der s-Componenten
-J v(Z*) = ip Z[{*-z<)dxdyl
und da 2l [(s — z') dx dy] dem Volumen (c) des Körpers
gleich ist, so wird
-\2(Zz) = lpt.
Wiederholt man die Betrachtung bezüglich der x und
y-Componenten, so erhält man
Yy-hZz) = $pv.
Demgemäfs kann man für die Masseneinheit Luft von
der Temperatur T die Gleichung des Gleichgewichts an-
schreiben in der Form
cT = !p0-4-J 2
wobei J das innere Virial bezeichnen soll
1) Clausius hat schon früher (Po gg. Ann. Bd. 100) nachgewiesen,
dafs die lebendige Kraft einer im Innern eines begränzten lianmes
mit constanter Geschwindigkeit vor sich gehenden Bewegung unzähliger
vollkommen elastischer Kugeln dem Ausdrucke ] p v gleich ist, wobei
unter p die Intensität des durch das Anprallen an die Wände her-
vorgebrachten Druckes nach auf»en verstanden ist. Eine Bewegung,
welche abgesehen von der Zeit, in welcher sie auf die Wände ein-
wirkt, gleichförmig und geradlinig ist, kann oftenbar nur ein äufseres
Virial haben, und deshalb ist es möglich, jede Wirkung nach aufsen,
welche sich durch einen Druck auf die Oberfläche kund gibt, durch
eine im Innern vor sich gehende gleichförmige und geradlinige Be-
wegung zu erklären, wenn man dieser Bewegung nur die entsprechende
Geschwindigkeit zuschreibt. Im Gegensatz hiezu hat eine Rotation
nur ein inneres Virial, während einer oscillirenden Bewegung, deren
Amplitude gröfser ist als der Abstand der Hemmungen, äufseres und
inneres Virial zukommt. Der allgemeine Satz vom Virial setzt uns in
den Stand zo rechnen, ohne dafs eine besondere Voraussetzung über
die Art der Wärmebewegung gemacht wird, und kann defshalb zu
Aufschlüssen über diese Bewegung selbst führen.
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282
Für Temperaturerhöhung bei constantem Volumen folgt
daraus sofort
Da sich nun (pr — Po)? der Zuwachs des äufseren
Virials, in der Form
schreiben läfst, so hängt die Richtigkeit der Gleichung I
davon ab, dafs JT — «J0, die Zunahme des inneren Virials,
der Zunahme des äufseren proportional ist.
Man hat somit eine Bedingung für die Berechtigung
des Temperaturmafses , kann aber bei derselben defshalb
nicht stehen bleiben, weil man sich über die Wahrschein-
lichkeit ihrer Erfüllung ohne Weiteres keine Rechenschaft
geben kann. Denn die innern Kräfte, von welchen J ab-
hängt, sind uns unbekannt, und allgemein ist die Bedin-
gung, dafs das innere Virial einer stationären Bewegung
dem äufseren proportional seyn müsse, sicher nicht erfüllt,
wie man sich leicht überzeugt, wenn man z. B. das äufsere
und innere Virial einer zwischen zwei parallelen Wänden
vor sich gehenden oscillirenden Bewegung herstellt. Wenn
man also die Frage weiter fördern will, so ist man darauf
angewiesen, etwas hierher Verwendbares über die Natur
der inneren Kräfte, von denen J abhängt, zu ermittein, und
dieses gelingt einigermaisen , wenn "man die bei Tempe-
raturerhöhungen zuzuführende Wärme mit den von ihr
hervorgebrachten Wirkungen vergleicht.
4. Die linke Seite der Gleichung 3 stellt denjenigen
Theil der (bei constantem Volumen) zugefuhrten Wärme
dar, welcher schliefslich bei der Temperatur T noch im
Gase enthalten ist. Da sich dieser Theil dem Experimente
entzieht, so ist man, um ihn von dem anderen Theile, der
inneren Arbeit, zu trennen, lediglich auf die Speculation
angewiesen, und diese begnügt sich bisher mit der An-
nahme, dafs in einem „vollkommen" oder „ideellen** Gase
innere Arbeit überhaupt nicht geleistet werde, und dafs
wenigstens die permanenten Gase dem „vollkommnen" so
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283
nahe stehen, dafs man auch bei ihnen von der inneren
Arbeit absehen dürfe. Man stutzt diese Annahme auf die
Vorstellung, dafs im gasförmigen Zustande die Massen-
theilchen schon so weit von einander abstehen, dafs die
Kräfte, durch welche in festen und flüssigen Körpern
innere Arbeit veranlafst wird, im Gase nur noch eine sehr
untergeordnete Wirkung äufsern, und dafs auch diese
durch Verdünnung des Gases noch beliebig vermindert
werden könne. Darin liegt offenbar die Voraussetzung,
dafs die inneren Kräfte, um deren Ueberwindung es sich
handeln könnte, von Molekül zu Molekül, d. h. zwischen
denjenigen abgegränzten Massencomplexen thätig sind,
welche bei Ausdehnung des Gases ihre mittlere Entfer-
nung vergröfsern, und dafs diese inneren Kräfte Functionen
der mittleren Moleculardistanz seyen, welche bei Ver-
gröfserung dieser Distanz abnehmen. Eine nahe liegende
Conseqiienz dieser Voraussetzung ist die, dafs für Erwär-
mung bei constantem Volumen innere Arbeit unabhän-
gig von der gröfseren oder geringeren Vollkommenheit
des Gases überhaupt nicht in Betracht zu ziehen wäre.
Es ist unzweifelhaft, dafs man mit dieser Annahme
über die Schwierigkeiten, welche in Herstellung der Grund-
lagen der Thermometrie liegen, glücklich hinweg kommt.
Denn nimmt man an, die dem Gase bei constantem Vo-
lumen zugeführte Wärme sey schliefslich ganz als leben-
dige Kraft in demselben enthalten, so wird dadurch die
Frage, ob man mit den Spannungszunahmen der Luft Zu-
wächse an lebendiger Kraft mifst, auf eine experimentell
zugängliche zurückgeführt, nämlich auf diese : Verhalten sich
die Wärmemengen Jw und /tw\ welche man einer be-
stimmten Luftmasse bei constantem Volumen zuführen
mufs, damit dadurch die Expansivkraft die Zunahmen zip
und dp erfährt, wie diese Spanuungszunahmen oder nicht?
Diese Frage ist durch die Versuche von Regnault und
Kundt einer günstigen Entscheidung schon ziemlich nahe
gebracht.
Aber die Annahme, welche diesen guten Dienst leistet,
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284
ist, fiir sich betrachtet, nicht so frei von Einwürfen, dafs
man unbesorgt eine Disciplin von der Bedeutung der Ther-
mometrie auf solcher Grundlage aufbauen dürfte. Sie
scheint mir vielmehr schon damals eine heftige Erschütte-
rung erlitten zu haben, als Clausius durch seine auf Grund-
lage der Krönig'schen Gastheorie durchgeführte Rech-
nung gefunden hat, dafs nicht die ganze dem Gase zu-
gefUhrte Wärrae sich als Wirkung nach aul'sen manifestirt,
und defshalb zur Erklärung des Restes innere stationäre
Bewegungen in Anspruch nehmen mufste. Nimmt man
nun mit Clausius an, das Molekül sey in einer Rotation
begriffen (wobei die Bestandteile Kreise beschreiben), so
mufs bei Temperaturerhöhung mit der Rotationsgeschwin-
digkeit auch die Centripetalkraft wachsen, und ist diese
durch eine Kraft repräsentirt, deren Gröfse durch die Ent-
fernung des Bestandteils von irgend einer Gleichgewichts-
lage bestimmt wird, so mufs sich während der Tem-
peraturerhöhung diese Entfernung ändern, und es wird
das Theilchen nach Herstellung des neuen dynamischen
Gleichgewichts seinen Kreis mit anderem Durchmesser
beschreiben wie zuvor. Die Ueberfuhrung aus der alten
in die neue Entfernung wird aber im Allgemeinen nicht
ohne Arbeitsleistung geschehen ,). Auch der Umstsnd,
dafs chemisch zusammengesetzte Gase durch Temperatur-
erhöhung allein zerlegt werden können, spricht für eine
unter allen Umständen vor sich gehende Ansammlung
innerer Spannkraft (potenzieller Energie).
Aus solchen Erwägungen scheint es passend, bei den
folgenden Rechnungen, welche ohne eine besondere Vor-
aussetzung über die Art der Wärmebewegnng durchge-
führt werden, die Conventionelle Annahme, dafs bei Er-
wärmung von permanenten Gasen innere Arbeit nicht ge-
leistet werJe, aufzugeben, und demnach bei Austheilung
1) Man überzeugt sich, dafs die (innere) Arbeit nur in dem Falle verschwindet,
dafs die Bahnlänge der Atome bei Beschleunigung der Rotation con-
stant bleibt, dafs man es also mit einem absolut starren Massencom-
plexe zu thun hat.
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285
der zugefuhrten Wärme auch für diese Art von Arbeit
einen Posten offen zu halten.
5. Denken wir uns nun zunächst, es werde ein Kilo-
gramm Luft von der Temperatur des schmelzenden Schnees
(0° C.) unter dem coustanten Drucke einer Atmosphäre
(760 Mm. Quecksilber) bis zur Temperatur des gesättigten
Wasserdampfes von eben dieser Expansivkraft (100° C.)
erwärmt, so kann die zugeführte Wärme sich nur auf
änfsere Arbeit, innere Arbeit, äufseres Virial und inneres
Virial vertheilen.
Nimmt man als Mafs für Wärmemengen, wie üblich,
diejenige Wärme, welche einem Kilogramm Wasser von
0" C. (bei dem Drucke einer Atmosphäre) zugeführt werden
mufs, damit dasselbe die Temperatur von 1° C. erhält, so
ist nach Kegnault s1) Versuchen die für Durchführung
des ganzen Prozesses nöthige Wärmemenge 23,77
oder in mechanischem Malse, wenn das Arbeitsäquivalent
der Wärmeeiuheit zu 424 mk angenommen wird:
424.23,77 — 10079 mk.
' Die Ausdehnung is tr100— r0=0,36706c„ -)? »«=0,7734
Cubikmeter, p0 = p,ü0 = 10333 Kilogramm auf das Qua-
dratmeter, daher die äufsere Arbeit
Po (Pion — »•) = 2932 mk-
Zieht man diese von der zugeführten Wärme ab, so
bleiben 7147 mür, von welchen auf den Zuwachs des
äufseren Virials verwendet werden
l Po (e.oo - <?«) — i Po *> o • 0,36706 = 4400 mk.
Somit bleiben noch
2747 mk
als Kest, von welchem derjenige Theil, der nicht zu
innerer Arbeit verbraucht worden ist, als Zuwachs des
inneren Virials aufzufassen ist. Dieses Rechnungs-
resultat beweist unmittelbar, dai's im Innern des Gases
1) Regnault, Mim. de l'Ac T. 26 />. 96 — 110. Der von Regnault
gegebene Mittelwerth 23,74 ist durch den im Text gebrauchten zu
ersetzen, weil Regnault die Temperaturen mit 0 = 0,003665 rechnet.
2) Kegnault, Mim. de l'Ac T. 21 p. 66.
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Kräfte thätig sind, durch welche ein namhafter ^heil
der zugefuhrten Wärme in der einen oder andern Weise
beansprucht wird, und wir sind dem Vorausgehenden ge-
mäls angewiesen, zu untersuchen, ob diese Kräfte Func-
tionen der Molekulardistanz sind oder nicht.
6. Für innere Kräfte, welche von Massentheilchen zu
Massentheilchen wirken und Functionen (y) der Entfer-
nung (r) dieser Theilchen sind, hat schon Clausius1)
nachgewiesen, dals das Virial die Form
hat, wobei die Summation auf alle Combinationen der Theil-
chen zu je zweien auszudehnen ist. Zugleich ist zu be-
merken, dafs hierbei von dem während einer Periode der
stationären Bewegung mittleren Werthe dieser Summe
die Rede ist, welcher Mittelwerth übrigens bei unendlich
vielen die gleiche Art der Bewegung ausführenden Theil-
chen dem in einem bestimmten Momente stattfindenden
Werthe delshalb gleich gesetzt werden darf, weil die un-
endliche Verschiedenheit der Phase bewirkt, dals gleich-
zeitig stattfindet, was bei dem einzelnen Theilchen suc-
cessive während der Periode auftritt.
Sind also die inneren Kräfte Functionen der Molekular-
distanz, so ist auch ihr Virial eine solche Function, und
es niui's durch eine Aenderung jener Distanz, wie sie
durch Ausdehnung bei constanter Temperatur hervor-
gebracht wird, der Werth des Virials im Allgemeinen1)
eine Aenderung erfahren. Zugleich in Oiste eine Ausdeh-
nung, gleichviel ob sie mit oder ohne Veränderung der
Temperatur vorgenommen wird, im Allgemeinen mit innerer
Arbeit verbunden seyn.
Es wird delshalb zunächst der Einfluls ermittelt, den
Ausdehnung der Luft bei constanter Temperatur auf den
Werth des inneren Virials hat, und dann derjenige Theil
der inneren Arbeit berechnet, welcher von Kräften ab-
1) Clausius, Po gg. Ann. Bd. 141 S. 124.
2) Diese Aenderung würde nur dann nicht eintreten, wenn die Kräfte
der negativ ersten Potenz der Entfernung proportionul wären.
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hängt, die sich mit der mittleren Entfernung der Moleküle
ändern.
7. Aenderung des inneren Virials.
Verbindet man mit der Gleichung
welche sich auf irgend eine Temperatur T und Expansiv-
kraft p, eines Kilogramms Gas beziehen soll, eine zweite
welche für dieselbe Temperatur und eine andere Expan-
sivkraft p2 derselben Masse gilt, so folgt allgemein:
Durch diese Gleichung ist die Aenderung dargestellt,
welche das innere Virial J in Folge einer Dichtigkeits-
änderung bei constanter Temperatur erfährt.
Nun ist nach Regnault's1) Versuchen über die Com-
pressibilität der Gase für alle Gase mit Ausnahme des
Wasserstoffs, wenn
P*>Px
umgekehrt :
Pl p* <Pi
somit J2 >» Jx , wenn J2 bei gleicher Temperatur zu einer
gröfseren Dichtigkeit gehört, als Jv Das heilst:
In atmosphärischer Luft nimmt das innere
Virial zu Gunsten des äufseren ab, wenn man
das Gas bei constanter Temperatur ausdehnt.
Die Ausdehnung bewirkt demnach, dafs eiu Theil der im
Gase enthaltenen lebendigen Kraft, welcher vorher durch
innere Kräfte gleichsam gefesselt war, nun frei wird und
nach aufsen hin wirksam.
Um durch Zahlen eine Vorstellung von dem ungefähren
Betrage dieser Abnahme des inneren Virials zu erhalten,
kann man den Werth 1,0014 benutzen, welchen Regnault
fär^- ~ erhielt, als p. nahe 760 Mm., - = 2 und die Tera-
peratur nicht weit von 0° C. war.
1) Regnault, Mim. </« VAc T. 21 p. 329 — 428.
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Mau erhält dann
J% — Jx = 16,5 m k.
Um ferner die Aenderung des inneren Virials zu be-
rechnen, welche durch Ausdehnung einer Luft von 100° C.
um 0,36706 ihres Volumens (bei constanter Temperatur)
veranlagst wird, kanu man die Versuche über die soge-
nannten Ausdehnungscoefficienten der Luft in folgender
Weise benutzen.
Wird ein Kilogramm Luft von 0° C. und 760 Mm. Ex-
pansivkraft bei coustantem Volumen bis 100° C. erwärmt,
so wächst die Expansivkraft so, dais/,±otf = 1,3668 wird.
Durch Erwärmung derselben Luft bei constantem Druck
wächst das Volumen von c„ auf r100, und wird 00 = 1,36706.
Denkt man sich diese Luft nun von dem ersten Endzu-
stande in den zweiten, minder dichten, bei constanter Tem-
peratur übergeführt, so geht das Produkt p2 = plQ„ t>0
in p, f?x —p0 ©100 über, und es wird für diesen Fall
- J, = l (P. «... - P,»„ t ,) = |p, t>„ fr* - EU») = 8,1 m k.
Es ergiebt sich demnach durchaus Abnahme
des inneren Virials als Wirkung der Ausdehnung.
Daraus folgt zunächst und unmittelbar, dafs von der
durch den obigen Rest von 2747 mk angedeuteten Zu-
nahme des inneren Virials nichts auf Rechnung der dort
mit der Temperaturerhöhung verbundenen Ausdehnung
zu setzen ist.
Ferner ist durch diese Betrachtung erwiesen, dafs in
der Luft innere Kräfte thätig sind, welche von Molekül
zu Molekül wirken und von der Molekulardistanz ab-
hängen.
Endlich läfst sich auch über die Natur dieser Kräfte
etwas aussagen, dieses nämlich: dafs ihre Wirkungen bei
Vergröfserung der mittleren Entfernung rascher abnehmen,
als solche, welche der negativ ersten Potenz der Entfer-
nung proportional sind. Bezeichnet man nämlich, weil es
vorerst zweifelhaft ist, ob das ganze innere Virial J aus
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diesen Kräften gebildet ist oder nicht, das Virial der
Kräfte , welche von der Molekulardistanz abhängen mit t,
so ist
t = i 2rrf (r)
und da eben nachgewiesen wurde, dal's
- < o,
zunächst £ \rdif (r) -+- ff (r)rfr] <!0.
Denkt man sich nun, dais die Ausdehnung in der
Weise erfolgt, dafs alle mittleren Entfernungen der Mole-
küle wachsen, so ist, da (f (r) als Ausdruck für eine
anziehende Kraft sein positives Vorzeichen für jedes r
beibehält 2? (f. (r) dr noth wendig positiv, folglich ~ r d if (r)
negativ und dem absoluten Werthe nach grölser als jene
Summe. Setzt man nun qp(r)==Är", so folgt leicht
*0»-i)^(£)>°
und daraus ro]> 1.
Weitere sehr bemerkenswerthe Schlüsse, welche durch
Vergleichung dieser Resultate mit den in No. 5 erhaltenen
gezogen werden können, gewinnen die nöthige Präcision
und Sicherheit erst durch das Ergebnifs einer hier anzu-
reihenden Untersuchung über die (innere) Arbeit, welche
bei Gelegenheit des in No. 5 durchgeführten Prozesses
von denjenigen inneren Kräften geleistet wird, deren Ex-
istenz und Art so eben aus den Abweichungen der Luft
vom Mariotte'sehen Gesetze erkannt wurde.
8. Die Molekulararbeit.
Zunächst ist die gesammte innere Arbeit in zwei Sum-
manden auszuscheiden, von welchen der eine (rnT — m0),
welcher sich auf die von Molekül zu Molekül wirkenden
Kräfte bezieht, nur dann in Betracht kommt, wenn sich
die mittlere Entfernung der Moleküle bleibend ändert.
Dieser Summand soll im folgenden kurz die Molekular-
arbeit heifsen. Der zweite Summand soll mit dem Zei-
chen (/> — /„) eingeführt werden und die Arbeit darstellen,
Poggendorflf s Ann. Ergfinzungsbd. VI. 19
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290
welche etwa auf Ausdehnung des Molekularvolumens selbst
verwendet wird. Diese Wirkung kann man sich als Folge
einer Geschwindigkeitszunahme der Bestandtheile des Mole-
küls, somit als Function der Temperaturerhöhung denken,
und es ist offenbar, dafs sie ebensowohl bei constantem ,
Volumen als bei Veränderung desselben stattfinden kann.
Ferner soll die Wärmemenge, welche Behufs einer
Temperaturerhöhung bei constantem Drucke zugeführt
wird, mit «?„, die Wärmezufuhr, durch welche bei con-
stantem Volumen die gleiche Temperaturerhöhung be-
wirkt wird, mit wr bezeichnet werden.
Man erhält dann, wenn die Erwärmung in beiden
Fällen an der Gewichtseinheit Gas von der gleichen An-
fangstemperatur (0° C.) und Dichtigkeit aus vorgenommen
wird, die beiden Gleichungen:
7»,=^ (Pr - ».) + | Po (»r — »») ■+" Cr —
-h (wir — ro0) -f- (/r — /0)
TlW<=* °o (Pr- Po) C^r ~ /*) + Qt - l0)
und durch Subtraction:
\ (»„ - «0 = Po («r — ) H- (mT — Bio) -f- (/f — /r)
-T-|(Po ©r — Pr«?0)-
Nun ist aber den Ausführungen in No. 7 gemäfs all-
gemein
J'r — Jt -+- 5(Po <>r — Pr t>0) = 0
und man erhält für die Molekulararbeit
mr - m0 = -1 (tp, — «0 — p0 (t?r - t>0).
Subtrahirt man also die bei der Ausdehnung unter
constantem Drucke geleistete äufsere Arbeit von dem da-
bei erforderlichen Mehraufwande an Wärme, so erhält
man nicht die gesammte innere Arbeit, sondern nur den-
jenigen Theil derselben, welcher von den von Molekül zu
Molekül wirkenden Kräften abhängt.
Um die Molekulararbeit (mr — ro0) für einzelne Gase uud
Temperaturerhöhungen berechnen zu können, ist die Kennt-
nifs der Differenz w, — ivt erforderlich.
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291
Ueber er, ist für viele Gase durch direkte, hinreichend
sichere Versuche entschieden. Insbesondere darf man für
ein Kilogramm Luft den über ein grofses Temperatur-
und Dichtigkeits-Intervall ausgedehnten Versuchen Reg-
n .'tults gemäfs setzen
w =0/2377 s
" ' 0,003668 /»„ '
wenn pM der bei 0° C. stattfindende Druck von 760 Mm.
auf Luft ist, welche, im Luftthermometer auf constantem
Volumen erhalten, die Temperaturerhöhung des Kilogramms
Luft mitmacht.
Was hingegen ic, betrifft, so können mit einiger Sicher-
heit zur Berechnung desselben nur diejenigen Versuche
benützt werden, welche zur Ermittelung der Fortpflanzungs-
geschwindigkeit des Schalls angestellt worden sind, und
zu dem bekannten to0 noch das Verhältnifs — liefern. Ob-
wohl dieses Verhältnifs in die Formel für die Schallge-
schwindigkeit mittelst einer Differenzialgleichung einge-
führt wird, welche aus der Gleichung pv = T Const. ab-
geleitet zu werden pflegt und diese Gleichung unsere
Gleichung I als speciellen Fall enthält, so läfst sich doch
leicht nachweisen, dafs dem Coefficienten der Schallge-
schwindigkeitsformel die Bedeutung — unabhängig von der
IC*
genannten Gleichung zukommt. Mit Rücksicht hierauf
ist es erlaubt, zu setzen:
w u'1 s
wr " pg '
worin u die Schallgeschwindigkeit, s das specifische Ge-
wicht, p die Expansivkraft der Luft, g die Beschleunigung
der Schwere bezeichnet.
Legt man den schon für trockene Luft von 0° C. und
760 Mm. Druck, sowie für mittlere Beschleunigung corri-
girten Werth
u = 332,25
nach Moll und van Beck zu Grunde und setzt dem-
gemäfs i = 1,293, g = 9,806, p = 10333, so findet man
19-
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292
£ = 1,408.
Würde man aber der Rechnung eine Schallgeschwin-
digkeit zu Grunde legen, welche um 1,21 Meter von der
angenommenen differirt, so würde dadurch die zweite
Decimale um eine Einheit verändert werden. Auf 1 Meter
darf aber wohl die Unsicherheit angeschlagen werden,
welche zur Zeit noch über u besteht.
Sehr bemerkenswert!! für die vorliegende Frage sind
die Differenzialversuche von Kundt1), denen gemäfs Aen-
derungen der Temperatur von 0° C. bis 100° C. und Aen-
derungen der Dichtigkeit, welche durch Werthe von p
zwischen 380 Mm. und 1780 Mm. hervorgebracht wurden,
keinen Einflufs auf die zweite Decimale des Verhältnisses
— üben.
«v
Dürfte man den Resultaten Hundts die Verallge-
meinerte Bedeutung beilegen, dals dieses Verhältnifs von
Dichtigkeit und Temperatur unabhängig sei, so würde
folgen :
•r °>2377 Pr — Po .Ai oon Pt — Pq
1,41 •O.üOSGGSpo ' 0,003668 />0'
und man erhielte für atmosphärische Luft allgemein:
mr- m, -±0,0691 J^gL. _P'„ („',- O.
Als direkt bewiesen kann man diesen Ausdruck für
den in No. 5 numerisch durchgerechneten Fall ansehen,
nämlich für die Arbeit m100 — wi0, welche verrichtet wird,
wenn 1 Kilogramm Luft unter dem constanten Drucke
von 760 Mm. von 0Ü C. bis 100° C. erwärmt wird. Es ist
dann pr~p* _ 0,3668 und p'0 (u'r — v0) — 2934 zu setzen,
Po
und es bleibt
mioo — mQ = — 2 Meterkilogramm.
Das für diese Art innerer Arbeit erhaltene Vorzeichen
kann hier offenbar nur als zufallig angesehen werden, da
eine Einheit der dritten Decimale des Verhältnisses — den
1) Kundt, Pogg. Ann. Bd. 135, S. 527.
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293
Minuenden um 4 bis 5 mk ändert, so dafs z. B. die An-
nahme 1,411 schon einen positiven Werth für mlon — m0
ergeben würde.
Somit ist das Rechnungsresultat dahin zu verstehen,
dafs sich für eine bei Ausdehnung der Luft um
0,36706 ihres Volumens geleistete Molekularar-
beit ein nachweisbarer Werth überhaupt nicht
ergiebt !).
9. Fassen wir nun die bisherigen Resultate zusammen,
so ergab sich, dafs bei der mit Ausdehnung unter con-
stantem Druck verbundenen Temperaturerhöhung eines
Kilogramms Luft um 100* C. für die Summe aus ge-
leisteter innerer Arbeit und Zuwachs des inneren Virials
ein Aufwand von 2746 mk gemacht wird, welcher mehr
als den vierten Theil der gesammten zugeführten Wärme
ausmacht.
Ferner haben die Rechnungen über das innere Virial
auf Kräfte geführt, welche von Molekül zu Molekül wirken
und solche Functionen der Entfernung sind, welche mit
wachsender Entfernung abnehmen.
Endlich konnte nachgewiesen werden, dafs zur Ueber-
windung dieser Kräfte bei Ausdehnung um 0,36706 des
Volumens ein merklicher Aufwand an Arbeit nicht ge-
macht wird.
Daraus folgt, dafs die von Molekül zu Molekül
wirkenden Kräfte, auf deren Existenz aus den Ab-
1) Zu dem gleichen Resultate einer nicht mit Sicherheit nachweisbaren
Molekulararbeit kommt man bei den Gasen: Sauerstoff, Stickstoff,
Waaserstoff, Kohlenoxyd, Stickoxyd, Stickoxydul, Kohlensäure, Am-
moniak, Salzsäure, Salzäther, Schwefelkohlenstoff, wenn man die von
Regnault ermittelten Cp mit den von Masson Comptts rend. T. 41
p 464 gegebenen Werthe der Schallgeschwindigkeit combinirt und
letzteren denselben Grad der Sicherheit beilegt wie dem für Luft an-
gewendeten. Für Schwefclige Säure, Wasserdampf, Aether, Schwefel-
wasserstoff erhalt man negative, für Sumpfgas und Ölbildendes Gas
positive Arbeit. Dieses läfst den Schlufs zu, dafs Geringfügigkeit
der Molekulararbeit charakteristische Eigenschaft aller Gase und Dämpfe
ist-, dafs innere Arbeit überhaupt nicht geleistet werde, ist jedoch da-
mit nicht bewiesen, und auch nicht wahrscheinlich gemacht.
Diqitizg<lbv_Google
294
weichungen der Luft vom Mari otte 'sehen Gesetze ge-
schlossen wird, nicht die einzigen in der Luft thä-
tigen und für die Erwärmung in Betracht zu
ziehenden inneren Kräfte sind.
Denn wollte man dieses annehmen, so müfste der
ganze Rest von 2746 mk als Zuwachs ihres (inneren)
Virials angesehen werden. Nun kann aber das Virial
dieser Kräfte nur dadurch wachsen, dafs die mittlere Ent-
fernung der Moleküle abnimmt; folglich müfste die mit
der Ausdehnung zugleich erfolgte Temperaturerhöhung,
d. h. die Geschwindigkeitszunahme der Moleküle eine Ab-
nahme der mittleren Entfernung verursacht haben. Dieses
ist aber unmöglich, da die Zunahme der Geschwindigkeit
einer stationären Bewegung, welche nach wie vor einen
bestimmten Raum ausfüllen soll, in den Fällen, wo sie
überhaupt eine Aenderung der mittleren Entfernung zur
Folge hat, in demselben Sinne wirken mufs wie die Aus-
dehnung, nämlich zur Vergröfserung des mittleren Ab-
standes.
Von denjenigen inneren Kräften, zu deren Annahme
der Rest von 2746 mk zwingt, mufs gesagt werden, dafs
sie zwischen den Bestandtheilen des Moleküls
thätig sind, und dafs sich ihre Wirksamkeit auf
diese Bestaudt heile beschränkt. Mann kann sie
kurz Atomkräfte nennen. Dabei ist der Begriff des Mole-
kularbestandtheils (Atoms) im weitesten Sinne gefafst, und
auch der um das Molekül verdichtete Lichtäther mit ein-
gerechnet.
Nehmen wir nun wieder die Gleichung vor, welche
sich auf Erwärmung eines Kilogramms Luft bei con-
stantem Volumen bezieht:
7^ = 1^ (Pr — Po) + (Jt — J0) ~h (/r - /,,),
ersetzen darin wv durch 0,1686 PSZÜS. , und bringen die
« Po
Zunahme des äulseren Virials in die Form
3 r. « « f>T ~ P«
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295
so folgt
V* - 40 •+- (/r - ü = (} 0,1686 - 1 er pQ t.)
und für Erwärmung Luft von normaler Dichtigkeit
(1 — 424 mk, « = 0,003668, u0 =0,7734 Cm., p,,«* 10333*)
(Jr- J0) + /r-/0 = 27,51 ^^m*...
a p0
während die ganze zugeftihrte Wärme
71 ^PZJZJ^mk
«Po
beträgt.
Hier ist nun JT — J9 der Hauptsache nach ') als Zu-
nahme des Virials von Atomkräften, d. i. als Zuwachs an
lebendiger Kraft einer selbstständigen Atombewe-
gung anzusehen, und /, — f0 ist die durch Ueberwindung
von Atomkräften geleistete Arbeit.
Wir kommen also zu dem Schlüsse, dafs die Summe
aus diesen beiden Gröfsen den Graden der Celsius'schen
Scala des Luftthermometers proportional ist.
Andererseits ist gemäfs der Gleichung (3)
c ( T - T„) = | « «0 p0 + (JT - 7„)
zur Rechtfertigung des Temperaturmafses erforderlich, dafs
(Jr — JQ) d. h. die Zunahme der lebendigen Kraft der
Atombewegung für sich allein den Graden der Scala pro-
portional sey.
Zur Erfüllung dieser Bedingung ist aber hinreichend,
dafs die Arbeit (l, — l0) entweder Null oder dem andern
Summanden (JT — /0) proportional ist
1) Es ist nämlich die Abnahme» welche das Virial der Molckular-
kräfte durch die Zunahme der mittleren Geschwindigkeit der Mole-
kularbewegung erfahren hat, in die Berechnung der Summe {Jt — ./„)
+ (lr — /0) mit eingegangen , so dafs die Summe aus dem Zuwachs
an lebendiger Kraft der Atombewegung und aus der inneren Arbeit
etwas gröfser ist als die gegebene Zahl. Der Einßnls ist von der
Ordnung der Abweichungen der Luft vom Mariotte'schen Gesetze,
betrifft somit die zweite Decimale des Coefficienten 27,51 und kann
bei der folgenden Discnssion der Hauptfrage vernachlässigt werden.
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296
Da zudem der Fall (lT — Q = 0 als ein besonderer
Fall der Proportionalitat angesehen werden kann, so läfst
sich das Resultat der Untersuchung in folgender Weise
formuliren :
Indem wir die Temperaturerhöhung durch die Span-
nungszunahme der Luft bei constantem Volumen messen,
machen wir die Voraussetzung, dafs die bei der Erwär-
mung für die Vergröfserung der mittleren lebendigen Kraft
der Atombewegung verlorenen, also in Spannkraft umge-
setzte Arbeit der gleichzeitigen Zunahme dieser lebendigen
Kraft proportional ist.
Verlangen wir also von einem „idealen" Gase, dafs es
uns durch seine Spannuugszunahme ein Mafs für die Zu-
nahme der lebendigen Kraft der Wärmebewegung liefere
(oder wie man sich kurz auszudrücken pflegt, dafs es dem
Gay-Lussac 'sehen Gesetze folge), so tritt zu den For-
derungen des M ari otte'sehen Gesetzes und der con-
stanten Wärmecapacität noch diese: dafs die während der
Erwärmung in Spannkraft umgesetzte Atomarbeit der Zu-
nahme der lebendigen Kraft der Atombewegung propor-
tional sey.
10. Die Frage, in wie weit diese Voraussetzung er-
füllt ist, läfst sich ohne Annahme über die Natur der
Atomkräfte nicht weiter verfolgen.
Indessen kann man mit Hilfe der ziemlich allgemeinen
Annahme, dafs auch diese Kraft, welche zwischen den
Bestandteilen des Moleküls thätig ist, Function der Ent-
fernung ist, die Sache noch etwas weiter führen.
Bezeichnet man nämlich mit (p (r) die Kraft, welche
zwischen zwei um die Länge r von einander entfernten
Atomen wirkt, und bildet die Function
</>(r) = J?(r)</r,
ferner die auf alle Combinationen der Atome des Mole-
küls zu je zweien ausgedehnte Summe
J5" 0 (r)
so stellt diese Summe (mit entgegengesetztem Vorzeichen)
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den Werth des Potentials l) des Moleküls auf sich selbst
für den Augenblick dar, in welchem die Entfernungen (r)
stattfinden. Sind unzählige in verschiedenen Bewegungs-
phasen begriffene Atome zum Molekül vereinigt, so ist
dieses zugleich der Mittelwerth für das Potential der statio-
nären Atorabewegung. Ist hingegen die Anzahl der Atome
eine beschränkte, oder die Phasen gleich, so ist der Mittel-
werth der Summe erst herzustellen, indem man die durch
die Umlaufszeit des Atoms dividirten Zeitintegrale addirt
und also
i
0
bildet. Der Mittelwerth soll im Anschlüsse an Clausius
durch <J) (r) bezeichnet werden.
Wird die Bewegung der Bestandtheile in Folge der
Wärmezufuhr beschleunigt, bis sich ein zweiter stationärer
Zustand hergestellt hat, und ist nun der Mittelwerth
des Potentials
geworden, so ist die gesammte dabei von der Wärme ge-
leistete Arbeit, oder die Zunahme der potenziellen Ener-
gie durch die Differenz
dargestellt. Andererseits ist die durch dieselbe Ursache
veranlafste Zunahme der mittleren lebendigen Kraft (der
actuellen Energie) dieser stationären Atombewegung durch
die Differenz der den beiden Zuständen entsprechende
Werthe des Virials gegeben:
1) Clausius (Pogg. Ann. Bd. 141 S. 124) hat dafür den neuen Namen
„Ergal" vorgeschlagen, indem er den Namen Potential für den be-
k
sonderen Fall aufgespart wissen will , wo q> (r) = — ist. So sehr
ein nener passender Name für einen neuen Begriff (z. B. Virial) er-
wünscht ist, so scheint es hier doch näher zn liegen den geläufigen
Namen des Potentials zu verallgemeinern. Das Vorzeichen wird hier
defshalb geändert, damit die von der Wärme (durch Ueberwindnng
der Molekularkräfte) geleistete Arbeit das positive Vorzeichen erhält.
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298
Somit läfst sich die Bedingung, unter welcher unser
Temperaturmafs der Definition entspricht, durch die Glei-
chung
2~Ö> (rO - 2 0 (r) - £ [-2 rT^CÖ ~ ^Tto]
formuliren.
Diese Gleichung ist im Allgemeinen nicht erfüllt, und
wir kommen daher zu dem Schlüsse, dafs man bei An-
wendung des Luftthermometers eine specielle Voraussetzung
über die Natur der Atomkräfte macht, welche Voraus-
setzung durch die Differentialgleichuug
2 ~~- 2 (p(r)dr= 2rd cf> (r)
ausgedrückt ist.
Es hat schon Clausius l) darauf aufmerksam gemacht,
dafs wenn die Kraft (p (r) irgend einer von (— 1) ver-
schiedenen Potenz der Entfernung proportional ist, zwischen
dem Virial und dem Mittelwerthe des „Ergais" Propor-
tionalität besteht, indem für <f(r) = krm
1 f % n-h 1 f j
y^W^x J rf rdr
ist. Macht man diese Annahme über die Atomkraft (p (r),
so ergiebt sich för das Verhältnifs (ß) der Arbeit zur Zu-
nahme an lebendiger Kraft
und man bemerkt leicht, dafs sich auch nicht alle Werthe
von n mit der Erfahrung vertragen. Denn, wie oben
nachgewiesen, ist mit der Temperaturerhöhung der Luft
ein namhafter der Atombewegung zu Gute kommender
Wärmeaufwand verbunden. Setzt man aber n = — 2,
oder n == — 3, so fallt die Arbeit nicht nur negativ aus,
sondern zugleich so grofs, dafs die Summe aus dem Zu-
wachs des Potentials und des Virials, also die ganze der
1) Po gg. Ann. Bd. 142 S. 450.
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299
Atombewegung zugefubrte Wärme im ersteren Falle ne-
gativ, im zweiten Null würde. Es sind also die Annahmen
n = — 2, und n = — 3 von den möglichen auszuschliefsen.
Was die gröfseren negativen Werthe von n betrifft, so
erscheinen sie zwar nicht in offenem Widerspruch mit der
cit. Erfahrung; allein da dabei die Arbeit immer negativ
ausfallt, also von den Atomkräften geleistet würde, so
haben sie offenbar eine äufserst geringe Wahrscheinlich-
keit, weil der Gedanke, dal's bei Temperaturerhöhung die
Cohäsionskräfte Arbeit leisten, statt überwunden zu wer-
den, unserer ganzen auf vielfaltige Erfahrung gestützten
Auffassung einer Wärmewirkung widerspricht.
Es bleiben also die positiven Werthe von n mit Ein-
schluf8 von 0 zulässig, da diesen durchaus positive, d. h.
durch Ueberwindung der Atomkräfte geleistete Arbeit ent-
spricht. Die wahre Wärmecapacität der Luft ist dann
mittelst des Werthes von n aus der Formel
43,98 + ""Ti 27,51
0,1686 ?"1(t93 -
zu berechnen, und nähert sich dem 0,1686, d. h. der spe-
cifischen Wärme bei constantem Volumen um so mehr,
je gröfser n ist, d. h. je mehr das Molekül sich einem
starren Systeme nähert.
iL Es liegen Arbeiten vor, welche den im Voraus-
gehenden behandelten Gegenstand von einer andern Seite
beleuchten.
Die Carno tische Function ist eine für alle Körper
gleiche Temperaturfunction. Es hindert defshalb nichts,
den reciproken Werth dieser Function als die (absolute)
Temperatur zu definiren und verschiedene Werthe des-
selben mit den Angaben des Luftthermometers zu ver-
gleichen. Gelingt dabei der Nachweis der Proportionali-
tät, so ist die direkte Mefsbarkeit der Carnot'schen Func-
tion nachgewiesen und damit für die Wärmelehre ein
grofser Gewinn erzielt. In dieser Richtung ist die Tem-
peraturfrage von Thomson und Joule behandelt worden
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300
und es scheint, dafs ihre Bemühungen soweit von Erfolg
waren, als dieses die Sicherheit der experimentellen Be-
stimmungen zuliefs. Indessen dürfte man, selbst wenn der
Nachweis der Proportionalität evident wäre, die Frage
damit nicht für abgeschlossen erklären. Denn wir ver-
langen, nachdem die gegenseitige Umsetzbarkeit von Ar-
beit und Wärme constatirt ist, eine durch die Mechanik
unzweideutig bestimmte Gröfse, worauf wir den Begriff
der Temperatur gründen.
Hier treten nun die Arbeiten von Boltzmann1) und
Clausius1) ein, welche zeigen, wie man in den Glei-
chungen der Wärmetheorie etwas der lebendigen Kraft
einer stationären (unter dem Einflufs conservativer Kräfte
vor sich gehenden) Bewegung der elementaren Bestandteile
Proportionales 3) an die Stelle des reciproken Werthes der
Carnot'schen Function setzen kann.
Man bemerkt, dafs durch Zusammenfassung dieser Re-
sultate unser Temperaturmafs ebenfalls gerechtfertigt, d. h.
die Proportionalität der Grade des Luftthermometers mit
der eingangs als Temperaturerhöhung definirten Gröfse
nachgewiesen wird.
Läfst man diesen Nachweis gelten, dann werden die
letzten Hypothesen, von deren Erfüllung hier die Zulässig-
keit des Luftthermometers abhängig erscheint, zu Folge-
rungen, die vielleicht einige Beachtung verdienen.
12. Um den Gegenstand abzuschliefsen , ist es nicht
unpassend, hier noch zu zeigen, wie man von der Glei-
chung (I) mittelst einer neuen Hypothese auf die „abso-
lute Temperatur" übergeht.
Der Ausdruck — — Hl bezeichnet eine Zahl, welche
«Po
unter Voraussetzung der Gleichung (I) angiebt, wie viele
1) Boltzmann, Sitzungsberichte der Wiener Akademie d. W. Bd. 53
und Pogg. Ann. Bd. 143 S. 211.
2) Clausius, Pogg. Ann. Bd 142 S. 433.
3) Bei Clausius genau dasselbe, was hier unter der Temperatur ver-
standen ist.
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301
Wärmemengen tc die Masseneinheit Luft bei der Tem-
peratur T mehr enthält, als bei der Temperatur T0.
Versteht man unter letzterer (T0) die Temperatur des
schmelzenden Schnees , nimmt a = 0,003668 und setzt
pr =s 0, so erhält man nahezu
Pr~/,° = - 273.
a/>0
Nennt man 7\ die Temperatur derjenigen Luft, welche
keine Expansivkraft besitzt, so ist
c 7\ = c T() — 273 ir
d. h. die Masseneinheit Luft verliert von ihrem Vorrath
an leb. Kraft mit ihrer Expansivkraft (p0) zugleich 273
solche Wärmemengen wie sie deren eine bei der Tem-
peraturerhöhung von 0° C. bis 1° C. gewinnt.
Fügt man die Annahme bei, dafs eine Luft ohne
alle Expansivkraft auch keinen Wärmeinhalt mehr habe,
so ist c 7\ = 0 und c T„ = 273 w; d.h. die Luft besitzt
bei der Temperatur 0" C. 273 mal so viel Wärme als bei
der Temperaturerhöhung um 1" C. in Form von leb. Kraft
in sie übergeht.
Verlegt man den Nullpunkt der Celsius'schen Scala
nach dem Punkte — 273 der gewöhulichen Scala indem
man setzt
\ "Po J
so hat man rechts den gesammten Wärmeinhalt der Luft-
massen-Einheit; und in der Zahl (273 ^— —) eine
\ «Po J
Mafszahl dafür.
Während also t = — — — nur der Veränderung des
Warmeinhaltes proportional und demgemäfs ein relatives
Mals ist, wird 273 -\-Pr Pn = T zu einem Mafs des ab-
soluten Wärmeinhaltes oder der absoluten Temperatur
der Luft.
Man beweist dann leicht, dafs sich auch in jedem an-
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302
deren Körper die lebendige Kraft der Wärmebewegung
bei verschiedenen Temperaturen wie die diesen Tempe-
raturen entsprechenden um 273 vermehrten Zahlen der
Celsius 'sehen Scala des Luftthermometers verhält
Will man zwar die Gleichung I annehmen, aber auf
Einführung des Begriffes der absoluten Temperatur mit
der ihm hier gegebenen Deutung verzichten, weil er die
Gleichung I bis zu einem Grade beansprucht, bis zu wel-
chem der Versuch auch nicht annähernd vorzudringen ver-
mag, oder weil man Anstand nimmt, den Wärraeinhalt
mit der Expansivkraft zugleich verschwinden zu lassen,
so haben die Zahlen der Celsius'schcn Scala des Luft-
thermometers die Bedeutung, dafs sie sich verhalten, wie
die Differenzen, um welche sich der Wärmeinhalt eines
beliebigen Körpers von seinem Wärmeinhalt bei der Tem-
peratur des schmelzenden Schnees unterscheidet.
Kaiserslautern im Oktober 1872.
VI. lieber den J\*ebensfrom ; toi»
K. W. Knochenhauer.
Zweite Abtheilung.
(Fortaetiung voo Erg. Bd. V. S. 470.)
II. Zum Beweise, dafs der Nebenstrom dem Haupt-
strom gleichartig ist, zu ihm in entgegengesetzter Richtung
durch den parallelen Draht verläuft und nicht den gal-
vanischen Gesetzen der Induction folgt, stelle ich in die-
sem zweiten Abschnitt die Thatsachen zusammen, welche
unter Einwirkung eines Eisendrahtbündels beobachtet
werden.
In die innere Röhre der beiden Spiralen I und II
(Erg. Bd. V S. 481) wurde ein ihren Querschnitt aus-
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303
fällendes Bündel feiner gefirnifster Eisendrähte einge-
schoben und durch die ganze Reihe der Versuche in un-
veränderter Stellung darin gelassen; es war 33,7 Centi-
meter lang und wurde von 58 Windungen der Sp. I um-
schlossen, während von sämiutlichen 80 Windungen
1 1 auf jeder Seite darüber hinausgingen. Zuerst wur-
den die Nebenströme untersucht. Die Batterie enthielt
in der Regel 2 Flaschen und wurde auf U= 'A2, 40,
48 (Schlagweite 3mB,,3, 4,2, 5,1) geladen; der Schlieisungs-
bogen bestand aus dem bisher angewandten Kupferdraht,
enthielt den Funkenmesser und das Thermometer II und
hatte drei verschiedene Längen (1) 3m,8, (2) lH^S, durch
Einsetzung der licht gewundenen Spiralen (itf-f-JV), (3)
255,n,0, durch Zusatz der beiden vom Galvanometer
entnommenen Rollen hinter einander. In einen dieser
Schliefsungsbogen kam eine der beiden Spiralen, die andere
wurde mit einem Bügel bestehend aus Thermometer V und
Kupferdraht von verschiedener äquivalenter Länge geschlos-
sen; das Thermometer = 0"',55 eingerechnet, war Bügel 1 =
l-,85 2 = 5,10 3 = 9,10 4 = 12,54 5 = 17,64 6 == 27,68
7 = 55,35. Alle einzelnen Reihen wurden dreimal repe-
tirt, und die Angaben in Therm. V auf Therm. II re-
ducirt, damit sie mit den Zahlen # im Hauptstrora un-
mittelbar verglichen werden können; der jedesmal be-
stimmte Reductionscoeflficicnt war ungefähr 2.
Ich gebe zuerst zwei Reihen vollständig an, um da-
ran zu zeigen, wie weit die dreimal beobachteten Neben-
ströme n mm j/^- von einander abweichen. Die Zahlen &
und &' sind wie bisher Mittel werthe aus drei Beobach-
tungen.
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304
Bügel
1
2
Batterie 2 Flaschen.
Hauptdr. 3» 8 -4- 1 Nbdr. II
& *'
11,63 12,35
11,70 12,30
11,57 12,39
10,43
10,67
10,47
8,90
8,90
8,80
7,70
7,83
7,77
6,47
6,50
6,47
4,97
5,07
5,00
3,37
3,35
3,47
10,50
10,43
10,44
7,99
7,91
7,80
6,52
6,47
6,30
4,63
4,t>9
4,61
2,74
2,75
2,64
1,08
1,06
1,06
n
1,031
1,026
1,035
1,031
1,003
0,989
0,998
0,997
0,948
0,943
0,942
0,944
0,920
0,909
0,901
0,910
0,846
0,850
0,844
0,847
0,742
0,737
0,726
(V735
0,566
0,562
0,554
0,561
I) = 40.
Ilauptdr.
&
10,20
10,20
10,37
8,97
9,07
9,07
7,60
7,77
7,67
6,83
7,03
7,00
6,00
6,13
6,00
4,97
5,00
4,80
3,57
3,50
3,37
3,M,8 -h II
&'
6,55
6,58
6,70
5,41
5,47
5,29
4,12
4,11
4,07
3,40
3,48
3,35
2,60
2,64
2,57
1,71
1,73
1,62
0,78
0,76
0,72
Nbdr. I
n
0,801
0,803
0^804
0,803
0,776
0,767
0,764
0,772
0,736
0,728
0,728
0,731
0.705
0,704
0,692
0,700
0,659
0,655
0,655
0,656
0,586
0,588
(V>81
0,585
0,468
0,466
0,461
0,465
Diese Reihen bieten viel Auffalliges dar. Die beiden
Zahlen # und sinken mit verlängertem Bügel, während
ohne Eisendrahtbündel die Werthe von # wachsen, von
&' abnehmen; es hat dies seinen Grund in dem immer
mehr gesteigerten Widerstand, der auch einen noch län-
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305
gern Bügel nicht zuliefs. Die gleichzeitige Abnahme beider
Zahlen erschwert es sehr, recht genaue Werthe von n zu
erhalten, daher wurden die Reihen dreimal repetirt. Ferner
ist die Stärke n des Nebenstroms viel gröiser und nimmt
viel langsamer ab als früher; denn berechnet man mit
Ä = 10,04 den Nebenstrom, wenn das Eisendrahtbündel
entfernt ist, so findet man für Spirale I im Hauptdraht
in den 7 Fällen
« = 0,819 0,646 0,514 0,437 0,357 0,263 0,152
und für Spirale II im Hauptdraht
0,472 0,410 0,352 0,314 0,271 0,212 0,134
Um über den Gang der Erwärmungen noch vollstän-
digere Auskunft zu geben, theile ich & und bei Bügel 1
und 7 aus allen Versuchsreihen in ihren Mittelwerthen
mit, die zur allgemeinen Uebersicht genügen, doch bemerke
ich, dafs die einzelnen Zahlen oft mehr als in den eben
mitgetheilten Reihen von einander aOwichen, weil die Ther-
mometeraugaben sogleich gröfser werden, wenn man den
Spiritus erneuert und die Luft in dem Behälter durch
Einziehen neuer Luft von den Spiritusdämpfen befreit; die
mitgetheilten Zahlen gestatten daher keine zu strenge Ver-
gleichung unter einander.
2 Fl.
Schlb. (1)
(2)
(3)
I-II1)
II — I
I— II
II— I
I— II
II — I
Bügel
Z> = 32
1
&= 7,73
6,86
6,08
6,42
4,80
5,08
8,56
4,56
6,74
4,54
5,13
3,53
7
.V = 2,21
2,30
3,02
3,45
3,19
3,60
# = 0,77
0,54
1,57
£ = 40
1,31
1,81
1,50
1
# = 11,63
10,26
9,38
10,06
7,25
7,80
&'= 12,35
6,61
10,11
7,00
7,79
5,40
7
& = 3,40
3,48
4,86
5,48
4,92
5,55
# = 1,07
0,75
2,31
1,97
2,74
2,24
1) I
— II bedeutet, dafs Sp. I im Hptdr.,
II im Nebendr. war; \
>ei II — I
war II im Hptdr., I im Nbdr.
Poggendorlfs Ann. Erganiungsbd. VI. 20
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SOG
2 Fl. Schlb. (1) (2) (3)
i-ii n-i i— ii ii — i i — ii n-i
Bügel Z) = 48
1 # = 16,82 14,67 12,87 13,98 9,93 10,66
#'=17,75 9,15 13,64 9.46 10,60 7,30
7 &= 5,31 5,24 6,91 7,79 6,80 7,60
&'tx* 1,48 1,01 3,13 2,59 3,66 3,00.
Die einander entsprechenden Zahlen unter D = 32 40
48 wachsen ordnungsgeuiäls in dem Verhältnifs von D%
also von 16:25:36, am genausten unter I — II Büg. 1;
ebenso nehmen vornehmlich diese Zahlen von Schlb. (1)
zu (2) zu (3) bedeutend ab, da die Spiralen und Rollen
im Sohliessungsbogen einen nicht geringen Widerstand
darbieten ').
Wohl zu beachten ist dagegen, dafs bei Bügel 7 die
Zahlen mit dem längern Scbliefsungsbogen wachsen, was
auf einen abuehmendeq Widerstand schliefsen läfst, und
ebenso, dafs das Verhältnifs von zu & sich steigert, so
dafs der Nebenstrom bei längerm Scbliefsungsbogen lang-
samer abnimmt als bei kürzerm. Enthalten also die Spi-
ralen I und II ein Eisendrahtbündel, so läfst sich der
Nebenstrom nicht so einfach wie unter Abschnitt I be-
handeln; daher die vielen Reihen, die sonst unuöthig er-
scheinen würden.
Zunächst kam es darauf an zu ermitteln, ob die Reihen
wie früher berechnet werden sollen, ob also auch unter
K
dem Einflufs des Eisendrahtbündels der Nebenstrom •' = — t
i K
oder — = w = — zu setzen ist, wo K eine Constante (den
iL
Inductionscoefficienten) und L die äquivalente Länge des
Nebendrahts bezeichnet. Um dies zu entscheiden, wurde
ein Platindraht von 0Irt,507 Lauge und OmB,,175 Durch-
messer, dessen Widerstand w = 50 ungefähr dem Wider-
1) Der galvanische Widerstand ist von ( 1) = 43,7, von (2) = 52,1, von
(3) = 55,3 nach der schon öfter angegebenen Neusilber- Einheit, ist
also in (2) und (3) ziemlich gleich und nicht viel von (1) unterschieden;
er kommt nicht in Betracht.
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307
stand von (M -f JV) in Schliefsungsbogen (2) gleich kam,
erst in den Hauptdraht (1) zugesetzt, dann von hier in
den um 0m,65 verkürzten Bügel des Nebendrahts herüber-
genommeu, der dadurch seine bisherige Länge ungefähr
beibehielt. Dies gab
2 Fl. D mm 40. Hptdr. 3m,8 + Platindr. -f- L Nbdr. TL
Bogel = 1 2 3 4 5 6 7
# = 9,00 8,37 7,40 6,60 5,80 4,53 3,30
#'=9,75 8,46 6,67 5,51 4,15 2,56 1,06
fi = l,041 1,005 0,950 0,914 0,846 0,754 0,568
2 Fl. Z>=»40. Hptdr. 3» 8 4-1. Nbdr. II. (Platindr. statt 0m,65.)
Bügel = 1 2 3 4 5 6 7
& = 8,57 8,30 7,37 6,73 5,97 4,85 3,43
#'= 9,26 8,31 6,60 5,50 4,21 2,65 1,10
n = 1,041 1,001 0,946 0,904 0,846 0,739 0,566.
Die Werthe von n stimmen in beiden Reihen überein,
ebenso mit der oben vollständig mitgetheilten , während
sie von der entsprechenden Reihe mit Schliefsungsbogen
(2) sehr abweichen, denn dort ist Bügel ln = 0,690. Es
geben also auch in diesen Reihen die Längenverhältnisse
der Drähte den Ausschlag, nicht ihre Widerstände; dem-
nach sind sie nach den in Abschnitt I. angegebenen, fi\r
den Flaschenstrom gültigen Gesetzen zu behandeln , und
nicht nach den Regeln der galvanischen oder Mag-
neto-Induction. Ich mache noch nebenbei auf die gleichen
Zahlen 9 und &' unter Bügel 2 in beiden Reihen auf-
merksam , wo n = 1 ist oder Haupt- und Nebenstrom
von gleicher Stärke; es ist ein instructiver Fall für die
gesammte in den Drähten entwickelte Wärme.
Da in den Reihen durch das Eisendrahtbündel ein zum
Theil nicht unbedeutender Widerstand auftritt, der auch
den Nebenstrom hemmt, so untersuchte ich noch, ob da-
durch ein neuer Strom im Ringe des Nebendrahtes ent-
steht, der die Werthe von fl, berechnet aus 1/ - , etwas
ungenau machen würde. Hierzu wurden vom Hauptdraht
hinter der Spirale II, denn diese allein gab einen kleinern
20'
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308
Nebenstrom, noch 2B,,52 Kupferdraht so geführt, dafs der
Hauptstrom zugleich durch Thermometer V erst in glei-
cher, dann in entgegengesetzter Richtung mit dem Neben-
strom ging, und aus den Beobachtungen h und n in der
Abschnitt I S. 473 angegebenen Weise berechnet.
2 Fl. D = 32. Hptdr. 3» 8 + 2,52 -I- II. Nbdr. I
Bügel« 1 2 3
gl. entg. gl. entg. gl. entg.
# = 4,27 8,80 4,00 7,53 3,67 6,13
#' = 13,81 0,26 12,56 0,35 11,11 0,45
h-j-n = 1,799 A — n«0,173 1,771 0,205 1,740 0,270
A = 0,986 n = 0,813 0,988 0,783 1,005 0,735
4 5 6 7
gl. entg. gl. entg. gl. entg. gl. entg.
3,43 5,47 3,20 4,60 2,80 3,65 2,20 2,50
10,26 0,50 9,00 0,58 7,22 0,66 4,82 0,77
1,730 0,302 1,667 0,356 1,606 0,426 1,480 0,556
1,016 0,714 1,016 0,661 1,016 0,590 1,018 0,462
h und n bei Bügel 7.
0 = 32 A= 1,016 » = 0,486; 1,019 0,470; 1,021 0,469
40 1,019 0,435; 1,020 0,444; 1,026 0,442
48 1,024 0,410; 1,023 0,412; 1,022 0,412.
Diese Beobachtungen zeigen, dafs von Bügel 4 an, d. h.
wenn der Widerstand gröfser wird als bei Bügel 3, sich
der neue Strom bemerklich macht, und dafs demzufolge
die Werthe von n nicht mehr ganz genau ausfallen; die
Störung ist indefs noch nicht der Art, dafs die Resultate
nicht zu einer annähernd richtigen Einsicht in die Ver-
hrdtnisse genügten.
Die Berechnung der Reihen habe ich in folgender
Weise durchgeführt. Ich setze n = — , trenne in L die
unbekannte äquivalente Länge der Spirale (I oder II) = x
von der bekannten Länge des Bügels = / (denn diese
wird durch das Eisendrahtbündel nicht gestört) und bilde
aus den 7 Beobachtungen die 7 Gleichungen K = n x n /,
also aus der ersten der beiden oben vollständig mitge-
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309
theilten Reihen die 7 Gleichungen
K= 1,031 x-f- 1,907
#=0,997*+ 5,085
ff= 0,944 x -f- 8,590
0,910 11,411
* = 0,847* + 14,941
K=* 0,735* +-20,345
K = 0,561 x -f- 31,052.
Aus ihnen berechne ich nach der Methode der kleinsten
Quadrate K und x. Diese Berechnung bietet schon von
Schliefsungsbogen (2) an Schwierigkeiten dar, weil kleine
Beobachtungsfehler besonders bei Bügel 7 einen nicht un-
bedeutenden Einflufs auf die Werthe von K und x ausüben.
Die folgenden Tabellen enthalten sämmtliche Reihen,
doch der Kürze halber nur die aus & und //' gezogenen
Mittelwerthe von n als beobachtet und daneben n nach
der Formel berechnet; darunter K und die äquivalenten
Längen der Spiralen I und II.
2 Fl. Hptdr. 3«",8 4- L Nbdr. II.
Bög.
1
2
3
4
5
6
7
D.
n beob.
1,043
1,016
0,957
0,920
0,862
0,774
0,591
11 = 67,1
32
n bcr.
1,057
1,009
0,956
0,915
0,860
0.769
0,595
ST=72,9
D = 40
D = 4S
I
!
« beob.
1,031
0,997
0,944
0,910
0,847
0,735
0,561
11 = 60,2
n ber.
1,050
0,998
0,940
0,896
0,837
0,741
0,564
A'=65,l
;i beob.
1,027
0,985
0,932
0,889
0,821
0,715
0,529
54,0
II
n ber.
1,047
0,992
0,927
0,880
0,817
0,716
0,535
K= 58,5
1 Fl. Z> = 48 «=1,044 1,006 0,951 0,908 0,829 0,72011 = 54,1 tf = 59,5
2 Fl. Hptdr. 3-,8 -f» II. Nbrd. I.
Büg.
1
2
3
4
5
6
7
D
n beob.
0.816
0,785
0,752
0,716
0,679
0,604
0,485
1 = 75,1
= 32
n ber.
0,817
0,7S4
0,747
0,717
0,678
0,612
0,482
#=62,9
n beob.
0,803
0,772
0,731
0,700
0,656
0,585
0,465
1=70,7
40
n ber.
0,802
0,768
0,729
0,699
0,659
0,591
0,462
Ä'=58,2
n beob.
0,790
0,757
0,706
0,679
0,635
0,562
0,439
1 = 64,7
AS
n ber.
0,786
0,751
0,710
0,679
0,637
0,568
0,436
A'=52,4
1 Fl. £ = 48 n=0,793 0,767 0,720 0,691 0,647 0,569 1 = 63,8 A' = 52,5
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310
Büg.
1
2
3
4
5
6
7
2 Fl. Hptdr. 114",8
32 D =
1. Nbdr. II.
n beob.
1,050
1,024
0,999
0,979
0,940
0,879
0,721
11= 115,3
1 Fl. D
n ber.
1,059
1,030
0,998
0,971
0,934
0,868
0,727
AT= 124,1
n beob.
1,038
1,012
0,989
0,970
0,935
0,851
0,690
H = 102,0
40
n ber.
1,056
1,020
0,987
0,958
0,917
0,846
0,697
109,7
Z) = 48
n beob.
1,030
1,007
0,981
0,956
0,920
0,843
0,673
11=97,2
48 n= 1,041 1,019
0,683 11 = 99,2
0,985 0,966 0,929
K= 106,9
n ber.
1,047
1,014
0,976
0,946
0,904
0,831
0,680
K= 103,7
0,852
Büg.
1
2
3
4
5
fr
7
2 Fl. Hptdr. 114-,8-r-II.
D = 32 D = 40
Nbdr. I.
£ = 48
n beob.
0,S41
0,830
0,806
0,790
0,774
0,723
0,616
1 = 142,5
n ber.
0,848
0,830
0,808
0,790
0,765
0,720
0,619
:= 122,5
n beob. n ber. | n beob. n ber.
0,832 0,844 0,823 0,835
0,819 0,824 0,810 0,813
0,804 0,801 0,787 0,788
0,790 0,782 0,775 0,766
0,764 0,756 0,747 0,740
0,708 0,708 0,697 0,690
0,602 0,604 0,577 0,582,
1=133,3 tf=U4,0 1=121,2 £ = 1027
1 Fl. D = 48
„= 0,838 0,824 0,799 0,776 0,749 0,698
0,577 1= 111,3 K=96,l
2 Fl. Hptdr. 255,n,0 ■+ I. Nbdr. II.
D = 32
n =
40
48
4 Fl. 32
1
7
1
7
1
7
1.035
0,755
1,036
0,747
1,033
0,734
1,028
0,762
11 =
142,0
135,8
129,4
151,4
148,8
142,6
135,5
157,5
2 Fl. Hptdr. 255",0 -h II Nbdr. I.
£» = 32
Bügel 1 « = 0,834
7 0.647
40 7 0,636
ar 1 °,8?8
40 7 0,629
4 Fl 1 °'826
kVL 32 7 0,651
183,1
171,2
167,7
197,6
K =
153,2
144,0
140,2
164,7.
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311
Da, wie ich oben bemerkt habe, die Rechnung bei
Schliefsungsbogen (2) Schwierigkeiten darbot, und die
Resultate doch hauptsächlich nur durch die beiden Beob-
achtungen Bfigel 1 und Bügel 7 bestimmt wurden, so habe
ich bei Schlb. (3) nur diese beiden Beobachtungen ange-
stellt. Aus beiden erhalt man mit 2 Flaschen in Schlb. (2).
Hptdr. I. Hptdr. II.
0 = 32 40 48 0= 32 40 48
11= 115,4 104,2 99,0 1 = 144,6 138,1 123,6
/f = 123,1 110,1 103,9 Ä= 123,2 116,5 103,2.
Wie man sieht, fallt die Differenz gegen die vorher
mitgetheilten Werthe noch in die Gränzen der Beobach-
tungsfehler.
Nach den so eben mitgetheilten Tabellen stimmt die
Berechnung von n mit der Beobachtung ziemlich genau
überein, nur der Werth bei Bügel 1, auch bei 2 ist in der
Regel etwas zu grofs; die Berechnung würde genügen,
wenn wir nicht nachweisen könnten, dafs sie Fehlern un-
terliegt, die bei den bedeutenden Werthen von K und x
nur nicht merklich hervortreten. Das merkwürdigste Re-
sultat aus diesen Reihen ist nämlich, dafs durch das Ei-
sendrahtbündel die inducirende Kraft K der Spiralen
so sehr gegen den constanten Werth 10,04 in Abschnitt 1
gesteigert wird, mit der Ladung D etwas abnimmt, da-
gegen mit der Verlängerung des Schliefsungsbogens nicht
unbeträchtlich wächst, während die Capacität der Batterie
keinen oder nur einen geringen Einflufs ausüben dürfte.
Da nun zum Hauptdraht noch die aequivalente Länge der
in ihm befindlichen Spirale hinzukommt, und diese je nach
der Länge des die andere Spirale schliefsenden Bügels
verschieden ist, indem sie bei einem kleinern Werthe von
n gröfser ausfallt '), so stellen die Reihen einen Complex
1) Nach Abschn. I S. 481 ist die äquivalente Länge von I (II) d. h.
__ , Kt Kn _ K\ fC*
wenn II geschlossen ist = Lx - - — — und von II (I) = Z/, — - ,
Lt •+■ l Lx -f- l
worin L% und L% die aus den Reihen bestimmten äquivalenten Längen
von I und II bezeichnen, Kx Ä"? die Inductionscoeffirienten, je nach-
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312
von Beobachtungen dar, in denen der Schliefsungsbogen
nach und nach gröfser wird, in denen daher auch K und
x zunehmen; denn x die aequivalente Länge von I oder
II ist gleich der Summe ihrer natürlichen Länge und der
als Länge ausgedrückten Induction von Windung auf Win-
dung, die offenbar gröfser wird, wenn die inducirende
Kraft K zunimmt. Vorher ist bemerkt worden, dafs K
und x hauptsächlich von den beiden Beobachtungen Bügel
I und Bügel 7 abhängen; im ersten Fall ändert sich n
nur wenig, somit wird Bügel 7 den Ausschlag geben.
Man wird wenig fehl gehen, wenn man die berechneten
Werthe von K und x zu einem Schliefsungsbogen gehörig
ansieht, in welchem die äquivalenten Längen I (II) und
II (I) sich auf den Fall mit Bügel 7 beziehen; es wären
dies die gröfsten Längen, welche sie in den 7 zu einer
Reihe vereinigten Beobachtungen annehmen.
Noch ist zu beachten, dafs vornehmlich bei dem
Schliefsungsbogen (1) die beiden Werthe von K für die
Induction von I auf II und von II auf I nicht ganz über-
einstimmen. Der Grund zu dieser Abweichnng von Ab-
schnitt I liegt hauptsächlich in der ungleichen Länge des
Schliefsungsbogens in beiden Fällen, da I (II) eine gröfsere
äquivalente Länge als II (I) hat, ein anderer Grund liegt
wohl darin, dafs bei der Induction von II auf I der Wider-
stand von dem kürzesten Bügel an gröfser ist, und dafs
dieser Widerstand den Werth von K und in Folge davon
auch den von x verkleinert. Die Sache läfst sich erst
gründlicher erwägen, wenn der Widerstand bekannt ist,
deshalb werde ich hierauf später mit einigen Worten ein-
gehen.
Eine besondere Schwierigkeit bietet noch die Frage,
ob zur Vergleichung der K bei den 3 ungleich langen
K K
dem I auf II oder U anf I inducirt; da 7— ~ .= »»1 und ■ * =»n,
ist, auch hier «, and n, für die Induction von I auf II und II auf I
geschieden, so ist in einfacherer Formel I (1I) = L, — Ä, nt und
II (I) = L3 — A', nt.
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313
Schlief8iing8bogen der frohere constante Werth 10,04 in
Abzug zu bringen ist oder nicht. Für die letztere Ansicht
spricht, dafs hier der Strom jedenfalls anders beschaffen
sein mul's als früher, sonst könnte er keine gröfsere In-
ductionskraft besitzen, für die andere, dafs mit Verklei-
nerung des Eisendrahtbündels K abnimmt, aber 10,04 als
äufsersten Gr&nzwerth nicht überschreiten kann. Eine
sichere Entscheidung weifs ich bis jetzt nicht zu treffen,
nur so viel steht fest, dafs irgend eine Verkleinerung von
K nöthig ist, da 22 Windungen das Eisendrahtbündel nicht
decken. Unter den vorliegenden Verhältnissen sollen für
die 3 Schliefsungsbogen die Werthe von K einmal unver-
ändert bleiben und zweitens um 10,0 verkleinert werden;
ebenso mögen für die Schliefsungsbogen (1) (2) (3) die
Mittelwerthe von Kx und K2 genommen werden; es kommt
doch zunächst nur auf eine feste vorläufige Orientirung an,
denn zu genauem Resultaten sind die Reiben unter bessern
Vorkehrungen noch einmal zu repetiren, wozu die vorliegen-
den die nöthigen Fingerzeige geben.
Die oben mitgetheilten Reihen liefern folgende Mittel-
werthe von JT.
D mm 32 40 48
Schlb. (1) KOJ = 67,9 61,7 55,5
(2) ^ = 123,3 111,9 103,2
(3) Kftj = 15J,0 143,3 137,8.
Die äquivalenten Längen der beiden Spiralen berechnen
sich, wenn die eine mit Bügel 7 geschlossen ist und der
Mittelwerth von K benutzt wird, zu
0 = 32 40 48
Schlb. (1) I (II) = 34,9 36,1 35,3 Mittel 35,4 j
II (I) — 34,2 31,5 29,6 „ 31,8 1 ' ;
(2) I (II) => 53,6 56,1 51,8 „ 53,8 j
II (I) = 39,4 34,8 36,7 n 37,0 ! '
(3) I (II) = 69,2 64,3 66,7 „ 66,7)
II (1) = 44,5 44,8 42,7 » 44,0 i 0°A
1) Dafs beide Lungen fast übereinstimmen, bewirkt der Mittelwerth A,
durch welchen II (I) zu grofs, I (II) zu klein ausfällt.
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314
Hiernach sind die mittlem Längen von Schi. (1) » 3",8
+- 33,6 = 37,4, von Schlb. (2) = 114»,8 -f- 45,4 = 160,2,
von Schlb. (3) = 255»,0 -+- 55,3 =- 310,3.
Folgen die Reihen einem einfachen Gesetz, so ver-
halten sich
Km : Kw : ÜT(8) = ^Schlb. (1) : VSehlb. (2) : ^Schlb. (3)
Man hat
D
= 32
40
48
K{t) : Kfa
1 : 3,30
3,29
3,46
Mittel 3,35
oder 10,0 ab
1 : 3,83
3,88
4.19
. 3,97
1 :4,94
5,39
6,16
n 5,50
oder 10,0 ab
1 : 5,93
6,65
7,89
. 6,82.
(Schlufs im nächsten Heft.)
*
VII. Heber die thermische und mechanische
Ausdehnung fester Körper; von A. Kurz.
Als Kupffer1) aus dem Vergleiche jener zwei Aus-
dehnungen das mechanische Wärmeäquivalent ableiten
wollte, hat ihm wohl auch die ungefähre Uebereinstimmung
seiner vier Resultate mit der von anderwärts her bekannten
Zahl die Verwechslung von Arbeit und Kraft verhüllt,
welche in dem blofsgelegten Trugschlüsse liegt:
Eine Wärmeeinheit bewirkt die Ausdehnung ~ , wo a
der lineare Ausdehnungscoefficient , c die speeifische
Wärme, * das speeifische Gewicht bedeutet;
Ein Kilogramm Belastung bewirkt die Ausdehnung \ ß,
wo ß der Elasticitätscoefficient;
Also ist das mechanische Aequivalent
a
1) Diese Ann. Bd. 86, S. 310, (1852).
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315
Für Eisen, Messing, Platin, Silber findet man hieraus mit
den von Kupffer benutzten Zahlen beziehungsweise 500,
446, 414, 452.
Wegen des \ ß habe ich in meiner Umrechnung und
Kritik dieser Arbeit1) erwähnt, wie man mit der Wert-
heim'schen statt der Poisson'schen Annahme (bezüg-
lich der mit der Längenzunahme zugleich stattfindenden
Querschnitts -Abnahme) \ß setzen müfste; dafs aber noch
wahrscheinlicher dafür verschiedene Körper verschiedene
Coefficienten sich ergeben dürften. Siehe Kirch hoff*),
dessen experimentelle Resultate für den Stahl (1 — 2. 0,294)^
und für Messing (1 — 2 . 9,387) ß mir damals unbekannt
waren 8).
Meine Aufmerksamkeit war wieder auf die Sache ge-
lenkt worden durch die Leetüre von Buffs Notiz „Ueber
die Ausdehnungswärme fester Körper" *). Da wird die
Wärmemenge, welche nöthig ist um die Cubikeinheit ge-
rade so stark auszudehnen, als es 1 Kilogramm per Qdrtmm.,
aber je an den drei Würfelseiten angebracht, vermag, mit
Beibehaltung obiger Bezeichnung
a ~ 9
Buff multiplicirt selbe dann mit dem mechanischen Wärme-
äquivalente, und dividirt diese Arbeitsmenge in die äufsere
Arbeit, welche in der Fortrückung jener drei Kilogramme
besteht. Dieses Verhältnifs ist augenscheinlich von ß un-
abhängig; Buff berechnet es für sechs Metalle und fiör
Glas und Wasser; dasselbe hat aber mit der mechanischen
Wärmetheorie nicht viel zu schaffen, da im einen Falle
der Würfel um— -wärmer wird, im andern Falle etwas
a
kälter, nach der weiter unten noch anzuführenden Thom-
so naschen Formel, welche nebst ihren Verificationsver-
1) Zeitschr. d. Math. u. Phys. von Schlümilch, Jahrg. 1865, S. 428.
2) Diese Ann. Bd. 108, S. 369. 1859.
3) Man müfste sogar $ ß mit a vergleichen , oder die beiden kubischen
Aasdehnungen ] ß mit 3 a.
4) Diese Ann. Bd. 144, S. 629. 1872.
316
suchen dem Autor entgangen zu seyn scheint, da er sagt:
„Hieraus erklärt es sich, warum es bisher nicht gelingen
konnte, die Temperatur eines festen Körpers durch Ver-
dichtung zu erhöhen."
Am Ende des Jahres 1865 erschien Edlund's Bericht
über seine Versuche und Rechnungen hinsichtlich „der
bei Volumänderung der Metalle entstehenden Wärme-
phänomene und des mechanischen Wärmeäquivalents, un-
abhängig von der innern Arbeit des Metalls u l). E dl und
bestimmt darin (§ 6) das Wärmeäquivalent der Arbeits-
einheit A mittelst der Thomson'schen Formel
dT=-Afldp,
indem er als Belastung eines Stahldrahtes dp = 22,56 Kilo-
gramm anwendet und die Temperaturerniedrigung d T auf
thermo-elektrischem Wege gleich 0,3282° C. findet; T=2940
(21" C); « = 0,00001079; c = 0,1138; und das Gewicht
eines Meter Drahtes n> = 0,007189. Dieser einzige Fall
lieferte .4 = gj3 statt jjj, welche Abweichung der innern
Arbeit zugeschrieben wird, die „beim Volumzuwachs der
Metalle eine Erhöhung der Temperatur verursacht, zum
Betrage von mehr als \ der Temperaturvariationen, die
entstanden seyn würden, wenn keine innere Arbeit statt-
gefunden hätte. u
Paul deSaint-Robert bestreitet diese Auslegung*)
und möchte die ganze Abweichung eher einem veränderten
a zuschreiben; er führt an, dafs Joule's Versuche vom
Jahre 1858 die T ho m so n'sche Formel bestätigt hätten8).
Im § 8 wird für einen Silberdraht dT aus der Thom-
son'schen Formel berechnet, mit Beibehaltung des A
1) Diese Aon. Bd. 126, S. 539. 1865. Die im Texte weiter vorkommen-
den §§ beuchen sich auf dieso Abhandlang.
2) Annale* de phys. et de chim. Tome 14. 1868.
3) Joule, da« mechanische Wärmeäquivalent, gesammelte Abhandlungen,
deutsch von Sprengel 1872, mit Vorrede von Joule 1871. In
diesem Buche sind keine derartigen Versuche besprochen ; das jüngst
vorkommende Datum der Abhandlung ist 1851.
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317
= gi$; dieselbe thermo-elektrische Anzeige m fand Edlund,
wenn der Draht sich unter Verrichtung der gleich grofsen
äufseren Arbeit zusammenzieht; eine gröfsere n aber, wenn
der Draht sich ohne solche Arbeit zusammenzog; so dafs
die letztere der Temperaturzunahme entspricht d T = — d T,
und der genannten äufseren Arbeit die Temperaturzunahme
dT — dT = d T. Der Hebelzug betrug k — 22,56
Kilogramm am Anfange, 0 am Ende der Verkürzung um
/ = 0,001497 Meter, so dafs Edlund aus der Gleichung
A . ^ = ^=p dT. c.w.L (L die totale Länge)
berechnete A' «= — ~. .
44o,b
Setzt man aber nun für dTden Thomson'schen Aus-
druck, worin er, c, w jetzt für den Silberdraht gelten, und
dp — k ist, so erhält man
A\ -T- . / A . T . cc . L.
2 tn
und ersieht daraus, dafs die theoretische Forderung A » A'
das Wärmeäquivalent ganz aus dieser Gleichung ver-
schwinden macht. Hiemit stimmt also dieser Versuch des
Silberdrahtes in nicht höherem Grade überein als der obige
Versuch des Stahldrahtes mit der Thomson 'scheu For-
mel. (Auf dieselbe Weise wie beim Silberdraht fand
Edlund noch für Kupferdraht A' = und für Messing-
draht ao
Noch erwähne ich des § 7, in welchem Edlund das
Verhältnifs der beiden speeifischen Wärmen für die ge-
nannten vier Metalle und noch für Platin und Gold zu
bestimmen sucht auf folgende Weise:
Das Gewicht — vermag das Metall um ebensoviel zu
p
verlängern als der Temperaturzuscbuls 1° (s. Anmerk. 4);
dieses Gewicht statt dp in die Thomson'sche Formel
gesetzt nebst A — ^ lieferte rfT, welches Edlund ver-
wertete in
318
c 1
c, ^ 1-dT'
Hiegegen ist Aehnliches einzuwenden wie oben zu der
in Anmerkung 5 citirten Abhandlung; ferner wieder der
Gebrauch von 8g{ ; überhaupt lautet die Formel der me-
chanischen Wärmetheorie da
A Ta*
C — £?! = A — ,
während durch Substitution von dT aus der Thomson '-
sehen Formel in die vorhergehende von Edlund benutzte
sich ergiebt:
Schlufs folger ung. Wenn man Resultate, welche
um mehr als die Hälfte gröfser sind als die Theorie aus-
sagt, ausschliefst, so stehen die festen Körper im Obigen
noch aufserhalb der Theorie.
Augsburg am 9. Februar 1873.
VIII. Sur Frage über die Ein/iihrung der mo-
dernen chemischen Formeln in die Mineralogie;
von F. ©. KolelL
(Mitgetheilt \om Hrn. Verf. aus d. Sitzungsber. d. Bayersch. Akad. 1872.)
W enn man in den chemischen Formeln nur die verbun-
denen Elemente angiebt und die Anzahl ihrer Atome, so
läfst man die Frage, wie sie zu näheren Verbindungen
geeinigt seyen, offen; wenn man die nächst näheren Ver-
bindungen berücksichtigt, so liefert man das Material zu
einer rationellen Formel, welche verschieden construirt
werden kann, je nach den Gesichtspunkten, von denen
man ausgeht, und je nach den Zwecken, welchen eine
solche Formel dienen soll. Dafs daher, besonders für
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319
complicirte Mischungen die verschiedensten Formeln auf-
gestellt werden können, ist selbstverständlich und ebenso,
dafs die des Theoretikers und die des Praktikers in der
Chemie sehr verschieden seyn können. Natürlich müssen
sie sich alle durch Rechnung in einander verwandeln und
auf die Resultate der Analyse, welche sie beleuchten sollen,
zurückführen lassen. Die Anhänger der sog. modernen
Chemie wollen die bisherigen Formeln des Systems von
Berzelius nicht mehr gelten lassen und die Mineralogie
soll ihre atomistisch- empirischen oder weiter gehend ihre
zu theoretischen Betrachtungen und Speculationen entwor-
fenen rationellen Formeln gebrauchen. Ich habe mich
Über die Einführung solcher modernen Formeln in die
Mineralogie bereits früher bei Besprechung der Typen-
theorie1) geäufsert, es sey hier ein weiterer Beitrag zur
Beurtheilung der Frage gegeben.
Die bisherige Formel des Schwerspates (Baryt der
_ ■ ■ • •
Mineralogen) war BaS und berechnete sich daraus einfach
und mit einer betreffenden Analyse vergleichbar:
Schwefelsäure 34,2
Baryterde . j65,8
Die moderne Formel ist j^ryj 0% womit man sagen
will, bemerkt Ramm elsberg, „dafs ein Molekül (2 Atome)
1) H. Kolbe sugt in seiner Abhandlung »Moden der modernen Chemie"
(1871) über die in Mode gekommene Gerhardt'sche Typentheorie:
„Wer damals die Mode nicht mitmachte, gar ihr opponirtc, galt als
chemischer Sonderling, und ich erinnere mich noch sehr wohl, dafs
manche mitleidig auf mich herabsahen, weil ich jene Typentheorie
nicht annehmen wollte, und ihr als blossem Classificationsschema gar
den wissenschaftlichen Werth absprach. Jetzt wird nicht mehr davon
geredet, sie ist aus der Mode gekommen ; es gehört aber keine pro-
phetische Gabe dazu, vorauszusagen, dafs die Moden der modernen
Chemie in kurzer Zeit dasselbe Schicksal haben werden. Die jetzt
ihre Liebhaber und Verehrer sind, werden sie nächstens wieder ver-
lassen." Vergl. meine Abhandlung „Uebcr die typischen und empi-
rischen Formeln in der Mineralogie." 8itz. Ber. d. k. bay. Akad. d.
Wiss. lSb'7.
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320
Sauerstoff einerseits ein Atom Baryum, andrerseits die
Atomgruppe SO* (das Radikal der Schwefelsäure bindet 1).a
Die alte Formel zeigt bereits im Zeichen die Verbindungen,
welche hier gemeint, aber nicht vollzogen dargestelllt
werden. Ebenso ist es bei den kohlensauren Verbin-
dungen. Die alte Formel des Witherit BaC wird modern
CO ! ^* geschrieben. Die Formel Ba C bedarf keiner
weiteren Erläuterung, die moderne mufs analog der für
den Baryt gedeutet werden. Es handelt sich wesentlich
darum, ob die näheren Verbindungen, wie sie
die alten Formeln angeben, in einem fraglichen
Gemisch existiren, oder ob sie nur ihren Ele-
menten nach darin enthalten sind oder so ent-
halten angenommen werden sollen. Die Entschei-
dung kann in manchen Fällen experimentell erholt werden.
Das starke Festhalten des Wassers bei gewissen Silicaten,
wenn sie zum Glühen erhitzt werden, führte zu dem Ge-
danken, dafs solches Wasser nur seinen Elementen nach
im Silicat enthalten sey und erst beim Glühen die Ver-
bindung von Wasserstoff und Sauerstoff stattfinde *). R a m -
m elsberg, welcher diese Hypothese aufstellte, hat daher,
um ein Beispiel anzuführen, für den Prehnit die Formel
geschrieben :
Cft* O"
AI ( *
Si9 ]
Es ist kein Zweifel, dafs, wenn solcher Wasserstoff ein
Mischungstheil des Prehnit's wäre, sich beim Glühen mit
dem zugehörigen, in nächster Nähe befindlichen Sauerstoff,
Wasser bilden mufs; es mufs aber analog und bekanntem
Verhalten gemäfs dann auch die Oxydation des Silicium's
zu Kieselerde, die des Aluminiums zu Thonerde und die
1) Ceber die Beziehungen der Chemie zur Mineralogie. Ber. d. deut-
schen ehem. Gesellschaft zu Berlin. 1870. H. 15. p. 830.
2) Vergl. meine Abhandlung „Ueber das Wasser der Hydrosilicate."
Sitzungsber. d. Akad. 1869.
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321
des Calcium's zu Kalkerde stattfinden. Ein geglühter
Prehnit konnte also nicht Si, AI, Ca, als solche neben dem
Sauerstoff1, sondern nur in Verbindung mit ihm ent-
halten. Da der Vorgang solcher Oxydation auch bei den
wasserfreien Silicaten beim Glühen der nämliche wäre, so
hätte ein geglühter Orthoklas nicht die Formel Ka? AI Si80'6,
sondern wäre Ka* O . AI O3 . 6 Si O2; manche Species
der Silicate der Laven müisten ohnehin als geglühte
angesehen werden. Ebenso muls man annehmen, dafs ein
geglühter Witherit nicht * 10* seyn werde, sondern die
Verbindungen BaO und CO* in ihm vollzogen 6eyen.
Es wird aber kaum einen Chemiker geben, welcher be-
haupten oder beweisen wollte, dafs ein ungeglühter Or-
thoklas- oder Witheritkrystall eine andere chemische Con-
stitution habe, als ein geglühter1). Diese Verhältnisse
sprechen doch wohl zu Gunsten der alten Formeln und
berechtigen die Mineralogen sie den modernen vorzuziehen.
Für die wasserhaltigen Verbindungen erweitert sieh
das^eld der Formeln und besonders durch die Annahme des
sog. Krystall wassers, da von dem vorhandenen Wasser je nach
den Ansichten und Formelconstructionen bald ein grösserer,
bald ein kleinerer Theil als solches erklärt und von der eigent-
lichen Verbindung ausgeschlossen wird. Man will nämlich
solches Krystall wasser nur als ein indifferentes Anhängsel
zum eigentlichen Hydrat betrachten. Ich habe in einer
früheren Abhandlung*) darzuthuu gesucht, dafs alles Wasser,
welches eine wasserhaltige Species enthält (das hygrosko-
pische natürlich ausgenommen) zu ihrer chemischen Con-
stitution gehöre, und dafs das sog. Krystallwasser weiter
nichts ist als Wasser, welches fortgeht, wenn ein Hydrat
durch erhöhte Temperatur oder auf sonstige Weise in ein
1) Der Grossular und ähnliche Silicate zeigen wohl nach dem Glühen
oder Schmelzen ein anderes Verhältnifs der Löslichkeit in Säuren,
als vorher, das ist aber Folge des Ueberganges zum amorphen Zu-
stand, nicht einer Veränderung der Mischung.
2) „Ueber Krystallwasser. " Sitzungsber. d. Akad. 1869. (Ann. Bd. 141
S. 446.)
PoggendorfFs Annal. Ergänzungsbd. VI. 21
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322
»
anderes oder drittes, vielleicht auch viertes Hydrat etc.
überergeht oder schliefslich eine wasserfreie Verbindung
liefert. Es mag den dort angeführten Beispielen hier noch
eins beigefügt werden. Ich fand unter sog. Zeolithen
der hiesigen Staatssammlung ein Mineral von der Disko-
Insel bei Grönland, welches durch die Analyse als ein
wasserhaltiges Kalksilicat von der Formel CaaSi4-f-6H =
• • •
Ca3 SiÄ H- 6 H erkannt wurde und von mir den Namen
Okenit erhielt. Dieses Mineral ist später auch auf den
Faroer-Inseln entdeckt und mehrfach von Connel, Würth,
Hauer u. a., mit gleichen Resultaten analysirt worden.
E. Schmid1), welcher es im Jahre 1865 analysirte, be-
stimmte den Fortgang des Wassers im luftverdünnten Raum
über Schwefelsäure und in erhöhter Temperatur und zeigte,
• • •
dafs die angeführte Verbindung dabei die Hydrate Ca'Si6-»-
5H und Ca*SiÄH-4H liefere. Es ist nun ziemlich der
Willkühr überlassen, was man von diesem Wasser als
Krystallwasser bezeichnen, oder auch ob man gar kein
Krystallwasser annehmen will, ich sage, es sey der Willkür
überlassen, weil man die Gränzen der Temperatur die das
Ausscheiden von Krystallwasser veranlassen kann, von 0°
bis über 200° angegeben findet. Die Mineralogen haben
im Allgemeinen eine Scheidung von Constitutione- und
Krystallwasser in den gebrauchten Formeln nicht bezeich-
net und so sind diese, wenn sie sonst annehmbar, für die
Hydratspecies zu grolsem Vortheil der Uebersicht und des
Verständnisses bei den Autoren meistens dieselben und ihre
Berechnung läfst sich unmittelbar mit den Resultaten einer
Analyse vergleichen. Bei den modernen chemischen For-
meln ist das nicht der Fall und ändert sich natürlich die
Formel, wenn nur ein Theil des Wassers als Constitutions-
wasser bestimmt wird oder wenn alles als solches erklärt
oder auch für Krystallwasser in Anspruch genommen wird.
Wenn in Okenit alles Wasser Krystallwasser ist, so ist die
moderne Formel (mit Si)
1) Diese Annalen Bd. CXXVI, S. 143.
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323
wenn aber das Wasser Constitutionswasser seyn soll, so
ist die Formel
Si*
Ca
H*
Natürlich ändern sich die Formeln weiter, wenn beide
Wasserarten angenommen werden. So giebt Rammels-
berg die Formel
SP)
Ca [ O" + sq.
Man erhält daraus
Silicium . .
26,76
Calcium . .
18,79
Wasserstoff .
0,93
Sauerstoff
45,07
Wasser . .
8,45
100,00.
Will man diese Angaben der Formel mit den Resul-
taten einer betreffenden Analyse vergleichen, so mufs man
sie wieder auf Kieselerde, Kalkerde und Wasser umrechnen,
es wäre denn dafs die Analytiker die Originalanalyse auch
in ähnlicher Weise bekannt machten *), wo sie dann ihrer-
seits die umgekehrte Rechnung zu tühren hätten, denn
keiner stellt hei der Analyse Silicium dar oder Calcium oder
den zugehörigen Sauerstoff etc.
Man erkennt aus dem Gesagten , dafs für die Minera-
logie die empirischen Formeln in der Art zu schreiben
seyen, dafs bei den Oxydverbindungen die Oxyde bestimmt
1) Es liegen auch darin Proben vor nnd Arzruni macht die Analyse
eines Cöiestin's mit den Angaben bekannt:
SO« =52,685
Sr =46,715
Ca = 0,239
(Zeitschrift der deutschen geologischen Gesellschaft Jahrg. 1872.)
ir
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324
bezeichnet werden uud manche Mineralogen haben sie auch
schon so geschrieben ; will man dann damit eine rationelle
Formel bilden, so liegt nahe, dafs man vielfach auf die alten
Formeln zurückkommen wird, die man zu eilig über Bord
geworfen hat, und welche bisher für die Theorie und Praxis
sehr gute Dienste geleistet haben l). Mau vergleiche in dieser
Beziehung die bisher übliche Form für den Alunit = KaS
H-3 AS -f- 6H a) mit der modernen, wie sie D'Achiardi
in seiner Mineralogia di Toscana aufstellt:
VI V VI
2 ( i K« h- J [ AP] ) [S O2] 3 O* + 3 [Ar] Hfl Oß.
Beide Formeln geben (die moderne wie man sieht mit
allerlei Umwegen) die einer Analyse vergleichbare Mi-
schung mit
Schwefelsäure 38,52
Thonerde . . 37,12
Kali . . . 11,36
Wasser . . 13,00
"100,00.
Ich stimme Blom Strand vollkommen bei, wenn er in
seinem Buche „Die Chemie der Jetztzeit" (S. 64) sagt:
„dafs die Mineralogeu ex professo die künstlich aussehen-
den und aufserdem auf so unsicheru Gründen fulsenden,
streng atomistischen Formeln der complicirteren Silicate
den älteren vorziehen werden, halte ich für sehr zweifel-
haft. Formeln dieser Art können sehr wohl zu immer-
währendem Verbessern dem theoretisirenden Chemiker über-
lassen bleiben. Man könnte dann der Consequenz wegen
auch bei den einfacher zusammengesetzten Verbindungen
1) Glücklicherweise hat sich die mineralogische Nomeuclatur unabhängig
von der speciell- chemischen gestellt und wird also nicht berührt, ob
die Chemie den Anglesit schwefelsaures Bleioxyd oder schwefelsaures
Blei nennt.
2) Dafs manche die abgekürzte Schreibart Ka statt KaO, Äl statt AI1 Os,
m
Sli statt Sb* S* anfgeben, ist eine Mode, welche für die unorganischen
Verbindungen die Formeln ganz unnöthig nur länger und weniger
übersichtlich macht.
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325
oder überhaupt bei sämmtlichen Mineralien die alten For-
meln behalten und zwar um so mehr, weil ein Jeder, dem
es beliebt, durch die einfachste Umschreibung die empi-
rischen Formeln in atomistische überfuhren kann1)."
Die Umwandlung einer Formel, welche die näheren
Oxydverbindungen einer sauerstoffhaltigen Mischung an-
giebt, in eine atomistische, welche solche nähere Verbin-
dungen zunächst nicht berücksichtigt, kann zur Erklärung
von Zersetzungen und Neubildungen, wie bekannt, mit
Vortheil gebraucht werden ; an sich giebt jedoch für eine
normale Species solche Zergliederung in die Elemente, ich
möchte sagen nur die Farben, aber nicht das verlangte
Bild ihres chemischen Wesens.
IX. lieber einen neuen Amylalkohol;
von Dr. G. H. B eignes Bäk hören zu Kampen
in Holland.
Der Zweck der folgenden Untersuchungen war:
1. Die Veränderungen in dem specifischen Drehungs-
vermögen und der Auflösbarkeit des Baryumamylsulfats
kennen zu lernen, wenn man zur Bereitung der Amyl-
schwefelsäure ungleiche Gewichtstheile Schwefelsäure und
Amylalkohol bei verschiedeneu Temperaturen mit einander
mischt.
2. Den von Chapman2) eingeschlagenen Weg zu
verfolgen, um den Amylalkohol, der keine optische Wir-
kung ausübt, zu erlangen.
1) Vergl. auch H. Kolbe „Moden der modernen Chemie" und Fr. Mohr
„Mechanische Theorie der chemischen Affinität und die neuere
Chemie." p. 272.
2) Proceed of ihr Royal mcwty XVJJ% »••>/. AV 109.
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326
I. Barynmaniylsulfat
Zuerst wurde der im Handel vorkommende Amylalko-
hol durch fractionirte Destillation von Wasser usw. ge-
reinigt und für die Untersuchungen nur der zwischen 125*
und 135° C. übergehende Theil angewandt.
Zwei Amylalkohole von verschiedenem Ursprünge (aus
Gerste und Kartoffeln) wurden gebraucht. Der aus Gerste
bereitete lenkte die Polarisationsebene in einer Röhre von
500 Mm. um — 7°,68 ab. Wenn man nun annimmt, dafs
der optisch wirksame Gehalt eines Alkohols, der in einer
gleich laugen Röhre eine Ablenkung von 20° (Pasteur ')
giebt, 100 Proc. ist, so war der Gehalt an optisch activem
Amylalkohol des erstgenannten 38,4 Proc; es waren also
61,6 Proc. optisch inactiven Amylalkohols vorhanden. Bei
dem zweiten Alkohol (aus Kartoffeln) wurden 23,6 Proc.
optisch activen und 76,4 Proc. inactiven Amylalkohols ge-
funden. Aus dem ersten Alkohol bereitete ich zwei
Amylschwefelsäuren, wozu bei der ersten 38,4 Proc. und
61,6 Proc. H, S04, und bei der zweiten 23,6 und 76,4 Proc. \
H, S04 angewandt wurden. Also hatte ich vier Mischungen.
Ein Theil .einer solchen Mischung von Alkohol und
Schwefelsäure wurde bei niedriger Temperatur, der übrige
Theil ohne Abkühlung bereitet. Nach 2 bis 3 Tagen
wurde jede dieser acht Mischungen in Wasser geschüttet
Wie lange sie auch stehen geblieben waren; jedesmal
schied sich eine dunkelgefärbte ölichte Flüssigkeit ab, die,
leichter als die Auflösung der übrigen Amylschwefelsäure,
mit einer Pipette leicht zu entfernen war. Wenn man diese
so abgesonderte ölichte Flüssigkeit in Wasser schüttet,
und damit schüttelt, erlangt man eine saure Flüssigkeit,
aus welcher durch fractionirte Destillation ein Amylalkohol
bereitet werden kann, auch entsteht mittelst Baryumcar-
bonat, nach erzielter Neutralisation, aus dieser ölichten
Flüssigkeit Baryumamylsulfat (Salz des Oels).
Ebenso wurde die Auflösung der Amylschwefelsäure
in Wasser, welche von der ölichten Flüssigkeit befreit
1) Compt. rend. 41, 296.
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327
worden, mit Barynmcarbonat neutralisirt und dadurch ein
Baryumamylsulfat erlangt (Salz ohne Oel).
Endlich bildete sich nach Hinzufugung von Baryum-
carbonat zu der Auflösung die Amylschwefelsäure in
Wasser, ohne Entfernung der ölichten Substanz, ein Baryum-
amylsulfat (Salz mit Oel).
Aus jeder der acht Mischungen wurden also drei Salze
erhalten:
1° Salz der ölichten Flüssigkeit
2° Salz ohne die ölichte Flüssigkeit
3° Salz mit der ölichten Flüssigkeit.
Diese Salze haben dieselbe Zusammensetzung. Sie
enthalten 6,2 bis 7 Proc. H2 O und 44,7 bis 45,67 Proc.
BaS04. Bei der Bereitung der Salze wurde nach Neu-
tralisirung der Amylschwefelsäure durch Baryumcarbonat,
das gefällte Barytimsulfat abfiltrirt, und das Filtrat bei
gelinder Wärme abgedampft. Nach Abkühlung schied
das Baryumamylsulfat sich aus und wurde zwischen Fil-
trirpapier getrocknet. Aus einigen dieser Salze ist später
auch der Alkohol bereitet und von diesem letzteren, wie
von den Salzen, das specifische Drehungsvermögen be-
stimmt. Aus den Bestimmungen der Auflöslichkeit der
Salze stellte sich heraus, dafs diejenigen am meisten auf-
löslich waren, die durch Neutralisirung der abgesonderten
ölichten Flüssigkeit gebildet worden, wenn die Mischung
bei niedriger Temperatur stattgefunden hatte. Was die
Bestimmungen des specifischen Drehungsvermögens dieser
Salze betrifft, so lenkten einige den polarisirten Lichtstrahl
nach links, andere nach rechts. Das specifische Drehungs-
vermögen der Salze war rfc 3,7 mal gröfser, als dasjenige
des aus diesen Salzen bereiteten Alkohols. Das specifische
Drehungsvermögen der Salze war ein Maximum, wenn
bei der Bereitung 23,6 Proc. oder 38,4 Proc. H, S04 unter
Abkühlung angewendet waren. Das Maximum der linken
Drehung fand sich bei den so bereiteten Salzen des
Ods. Das Maximum der rechten dagegen bei den Salzen
ohne Oel. Ein Minimum der Ablenkung wurde bei den
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Salzen gefunden, bei denen die dazu angewendete Amyl-
schwefelsäure mit 76,4 Proc. und 61,6 Proc. H2S04 be-
reitet war. Aus der mit Wasser geschüttelten ölichten
Flüssigkeit läfst sich durch Destillation ein Amylalkohol
bereiten.
So war das spec. Drehungsvermögen der Salze, welche
bereitet worden:
unter Abkühlung ohne Abkühlung
1. mit 38,4 Proc. HtSO< 1. mit 61,6 Proc. HaS04
Salz des Oels — 18,57 Salz des Oels -»-0,117
Salz ohne Oel 9,33 Salz ohne Oel — 0,149
Alkohol aus dem Oel — 4,85.
2. mit 23,6 Proc. H, S04 2. mit 76,4 Proc. H,S04
Salz des Oels — 18,36 Salz des Oels -f- 0,07
Salz ohne Oel -f- 9,33 Salz ohne Oel — 0,04.
Alkohol aus dem Salz ohne Oel -+- 2,47.
Aus diesen Angaben geht hervor, dafs das specifische
Drehungsvermögen der links wirksamen Salze zweimal
gröfser als das der rechts wirksamen ist.
Dieses Resultat stimmt mit dem Gesetze der einfachen
Multiplen1) überein, wie dieses von Prof. E. Mul der
angegeben wurde. Wenn man in der Formel C6 Hn OH,
das Radical O H, als ein Verdünnungsmittel ansieht, würde
das spec. Drehungsvermögen von C5 H,, und Ct Hn OH
sich umgekehrt verhalten, wie die Moleculargewichte.
Wenn also für Cb H„ OH (m. g. = 88), das specifische
Drehungsvermögen = — 4,85 ist, so ist für C5 Hn (m. g.
= 71) das specifische Drehungsvermögen = 6,01.
So wird das specifische Drehungsvermögen für C5 Hn
in dem rechts wirksamen Alkohol = 3,06 seyn, wenn für
C,, H1( OH das spec. Drehungsvermögen = -+- 2,47 ist.
Die Drehungsvermögen der rechts und links wirksamen
Alkohole verhalten sich also wie 3,0o : 6,01 = 1 : 1,96.
Dieses Verhältnifs darf wohl als 1 : 2 angesehen werden.
1) Prof. E. Mulder. Scheiknndige Aantekcningen. Deel I, afl. 2. 7.
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329
Für Ba (Cb Hn)3 (S04), -h 2H20 ist das Molecular-
gewicht = 507.
. Für Ba(CsHll)i(SO,)a-l-2H,0 ist das specifische
Drehungsvermögen = — 18°,57. (Siehe früher.)
Für (C»Hn), ist das Moleculargewicht = 142. Also
wird das specifische Drehungsvermögen für (CjHjjX im
Baryumsalze:
507 : 142 = x : 18,57 x mm 66,30.
Bei dem Alkohol, wenn das specifische Drehungsvermögen
für (C6 Hn) mm 6,01 ist, wird dasselbe mm 12,02
66,30: 12,02 = 5,51:1.
Wo also das Verhältnifs in dem specifischen Drehungs-
vermögen von Alkohol und Salz das nämliche 3,7 ist, ist
das specifische Drehungsvermögen des Salzes fünfmal
gröfser. Auch dieses Resultat wurde durch den Versuch
bestätigt. (Siehe früher.)
Destillation mit Na 0 H.
Dafs es einen optisch rechts wirksamen Amylalkohol
giebt, kann auch durch folgende Untersuchungen bewiesen
werden. Der Theil des Amylalkohols, der zwischen 125°
und 135° übergeht, wurde mit überschüssigem, festem und
trocknem Natronhydrat (Na OH) im Oelbade destillirt, bis
eine trockne Masse in der Retorte übrig blieb, aus welcher
nach Auflösung im Wasser nur sehr geringe Quantitäten
Amylalkohol erlangt werden konnten. Das erste Destillat
ohne Wasser wurde aufs Neue mit Ueberschufs von NaOH
destillirt, und nach jeder Destillation bestimmte ich das spec.
Drehungsvermögen, und jedesmal war es geringer bis endlich
nach 5 bis 6 maliger Destillation die Drehung rechts wurde
und nach dieser Seite zunahm, bis nach 10 bis 12 maliger
Destillation die Drehung eine constante Gröfse von -+-10° in
einer Röhre von 500 Mm. erreicht war. Der Siedepunkt
dieses Alkohols war 133° bis 134 * C. Wenn man den Al-
kohol, welcher ein Maximum der Ablenkung links verur-
sacht, eine Zeit lang bei 1 24° erhitzt, so wird die Drehung
geringer.
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330
Der rechts wirksame Alkohol dagegen widersteht dieser
Einwirkung länger. Wie viele Male die Destillation mit
Natronlauge, zur Bereitung des rechts wirksamen Amyl-
alkohols, fortgesetzt werden mufs, hängt von dem Drehungs-
vermögen des primitiv angewendeten Amylalkohols ab.
Bestimmung des spec. Drehungsverraögens.
Zur Herstellung dieses Vermögens wurden zwei Nicols
gebraucht; während die Bestimmungen auf der Natrium-
linie stattfanden. Zu vielen Beobachtungen dienten im
Kupfer eingefafste Glasröhren, ftir welche jedoch eine
grofse Quantität der zu untersuchenden Flüssigkeit erfor-
derlich war. Da es oft ziemlich schwierig ist, grofse
Quantitäten chemisch rein zu erhalten, wurden Kautschuk-
röhren gebraucht, wobei keine innere Reflexion statt findet.
Eine Kautschukröhre wurde dazu mit den Enden an eine
nicht verschlossene Glasröhre befestigt. Das freie Ende
dieser letzteren schlofs an eine Oeflfnung eines hölzernen
Brettchens, gegen das mittels Kautschukring eine polirte
Glasplatte gedrückt war, so dafs die Röhre durch zwei
parallele Glasplatten geschlossen wurde. Mittelst zweier
Glasröhren, welche senkrecht auf den beiden ersteren
standen, ward die Röhre durch Aufsaugen gefüllt. Diese
senkrechten verschlofs man durch Kautschukhülsen. Die
so eingerichtete Kautschukröhre wurde auf hölzerne Brett-
chen gestellt, an deren Enden gabelförmige Brettchen
befestigt waren. Dadurch, dafs man Brettchen von ver-
schiedener Länge und Kautschukröhren von verschiedenem
Durchmesser anwendete, konnte man die Länge und den
Inhalt der Röhren beliebig ändern.
Mit diesen Röhren wurde auch das spec. Drehungs-
vermögen des Rohrzuckers bestimmt und gleich 67°,42
gefunden, eine Zahl die mit denen von Clerget '), Wild *)
und Andern übereinstimmt. Ob der Kautschuk durch
1) Clerget Annale» de Chimie et de Phys. IHieme Serie 26, 146.
2) Wild, Polaristrobometer S. 52.
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331
Amylalkohol geändert wird, wurde untersucht, nachdem
Kautschuk einige Tage in dem Amylalkohol geblieben war.
Das specifische Drehungsvermögen dieses Alkohols war
dasselbe geblieben.
Resultate des Vorhergehenden.
1. Wenn man aus dem Amylalkohol, wie man ihn im
Handel findet, mittetet Schwefelsäure Amylschwefelsäure
bereitet und aus der letztern Säure Baryumamylsulfat bil-
det, wird die Art des Salzes bestimmt durch:
1. Die Quantität der Schwefelsäure,
2. Die Temperatur bei der Mischung.
2. Bei ungleichen Quantitäten des Alkohols und der
Schwefelsäure scheidet sich ein Theil der Amylschwefel-
säure mit Zersetzungsproducten , als eine Elüssigkeit von
ölichter Consistenz ab. Diese letztere, abgesondert in
Wasser geschüttet und neutralisirt, giebt Salze, welche
an Drehungsrichtung verschieden sind von den Salzen,
die durch Neutralisation der sofort in Wasser aufgelösten
Amylschwefelsäure entstanden sind. So wird nicht blofs
ein links wirksames, sondern auch ein rechts wirksames
Salz (und aus diesem ein rechts und links drehender Amyl-
alkohol) erlangt.
Die Zusammensetzung dieser Salze ist die nämliche.
3. Destillation des Amylalkohols mit Ueberschufs von
Natronlauge giebt einen optisch rechts wirksamen Amyl-
alkohol.
4. Das Drehungsvermögen des Radicals C5 Hn ist
im Baryumamylsulfat fünfmal gröfser, als unter übrigens
gleichen Umständen in dem aus diesen Salzen bereiteten
Alkohol.
Kampen (Holland), März 1873.
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332
X. Bemerkung über das Füllen von Gefäfsen
mit sehr enger Röhre, insbesondere des Carte-
sianischen Tauchers; von K. L. Bauer
in Karlsruhe.
Fr ick (physikalische Technik) und Wein hold (Vor-
schule der Experimentalphysik) empfehlen, um in einen
Cartesianischen Taucher (am besten aus einer hohlen Glas-
kugel mit enger Röhre bestehend) die genügende Wasser-
menge einzubringen, durch Erwärmen die Luft des Ge-
fäfses tbeilweise auszutreiben und die offene Röhre des-
selben hierauf in Wasser zu tauchen. Dieses Verfahren,
oder auch der Gebrauch einer Luftpumpe zum gleichen
Zwecke, kann indessen durch eine sehr einfache andere
Methode ersetzt werden, die in Folgendem besteht.
1. Fülle den zu den Taucherversuchen bestimmten
Cylinder mit Wasser, setze den leeren Schwimmer in der
gewöhnlichen Lage ein, wobei die Röhre nach unten ge-
richtet ist, und verschliefse den Cylinder durch eine Kaut-
schukkappe und Bindfaden.
2. Uebe auf den elastischen Verschlufs einen kräftigen
Druck aus. und neige, bei anhaltendem Drucke, den
Cylinder derart gegen den Horizont, dais die Kautschuk-
kappe merklich tiefer als der Fufs des Cylinders zu
liegen kommt, und der Taucher, die Röhre schräg nach
oben gerichtet, zu steigen beginnt. Läfst in diesem
Augenblicke, oder auch erst, wenn der Schwimmer oben
angekommen, der Druck nach, so entweichen Luftblasen
aus dem jetzt bereits theil weise mit Wasser gefüllten
Gefäfse. Hätte man den Cylinder völlig umgekehrt derart,
dafs bei der neuen verticalen Stellung der Verschlufs sich
möglichst tief unter dem Cylinderboden befunden hätte,
so würde, zumal wenn der Druck sofort nach dem Um-
kehren unterbrochen worden wäre,, der Taucher mit
grofser Geschwindigkeit gestiegen seyn.
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333
3. Bringt man jetzt den Cylinder wieder in die ur-
sprüngliche aufrechte Lage, wobei auch der Schwimmer
wieder in seine Anfangsstellung zurückkehrt, und wieder-
holt das beschriebene Verfahren, so gelingt es ganz bald,
den Taucher mit soviel Flüssigkeit zu füllen, dafs er,
selbst nach völligen Umkehren des Cylinders, bei anhal-
tendem kräftigen Drucke gar nicht mehr, und nach Unter-
brechung des Druckes nur noch äufserst langsam steigt.
Jetzt ist der Cartesianische Taucher zu seiner gewöhn-
lichen Benutzung geeignet.
4. Nach nochmaliger Wiederholung des angegebenen
Verfahrens nützt auch der Nachlafs des Druckes nichts
mehr; der Taucher ist in dem Maafse gefüllt, dafs er bei
verkehrter Stellung des Cylinders unten liegen bleibt, wo-
bei die Kugel auf dem Verschlusse ruht und die Röhre
nach oben gerichtet ist.
5. Behält der Cylinder die verkehrte Stellung bei,
und drückt man mehrmals rasch nach einander auf den
Verschlufs, so entweichen anfangs und zwar jedesmal im
Moment der Druckunterbrechung noch Luftblasen, wodurch
eine noch vollständigere Füllung des Tauchers erreicht
wird. Schliefslich aber wirkt dieses Mittel nicht mehr,
eine kleine Luftblase bleibt in dem Gefäfse zurück, was
indessen für des letztern Benutzung als Taucher ohne
Belaug ist, da der erforderliche Grad der Füllung ja be-
reits überschritten wurde.
Nachdem der Taucher aus dem Cylinder herausge-
nommen, kann das eingedrungene Wasser durch kräftiges
Schütteln wieder entfernt werden, wobei selbstverständlich
die Röhre nach unten zu richten ist.
i
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334
XL Salpetersaure Nickellösung als JZbsorpHons-
präparat; von Dr. II. Emsmann.
nter den Farbenspectren, welche gefärbte tropfbare
Flüssigkeiten zeigen, erscheint mir das der schönen apfel-
grünen Lösung des Nickels in Salpetersäure besonders der
Beachtung werth. Ich füllte ein Hohlprisma mit dieser
Lösung und fand, dafs die Endfarben Roth und Violett
im Spectrum absorbirt waren. Mir war dies neu, aber
in Mousson's „Physik auf Grundlage der Erfahrung" ist
diese Eigenthümlichkeit der salpetersauren Nickellösung
bereits als etwas Bekanntes angefahrt.
Während nun bei den meisten gefärbten Flüssigkeiten
die Farbe sich als eine Mischung aus allen Spectralfarben
unter Vorwalten der betreffenden Körperfarbe ergiebt,
haben wir hier das schöne Grün als Mischung der Spec-
tralfarben mit Ausschlufs des Roth und Violett. Deshalb
eignet sich diese Flüssigkeit besonders gut, um auf be-
queme Weise nicht nur die Absorptionserscheinungen der
Farben beim Unterrichte zu zeigen, sondern auch in vielen
Fällen die Mischung von Körperfarben zu erkennen.
Ich halte für den Unterricht ein mit dieser Lösung
gefülltes Glasfläschen bereit, welches möglichst parallele
Wände besitzt (ich habe ein solches aus einer Parfü-
meriehandlung entnommen) und benutze dieses Fläschchen,
um die Absorption nachzuweisen. Auf mit schwarzem
Papier überzogener Pappe sind schmale Streifen gefärbter
Papiere aufgeklebt, unter denen sich verschiedenes Roth
befindet. Die eine Sorte Roth ist durch die Flüssigkeit
nicht zu erkennen, die andere erscheint dunkelblau, noch
eine andere gelb; ein violetter Streifen ist ebenfalls nicht
zu erkennen; ein weifser Streifen erscheint grün. Rothe
Büchertitel durch die Flüssigkeit betrachtet, erscheinen
dunkel; ebenso rothe und violette Stellen auf wollenen
Stickereien.
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335
In den meisten Lehrbüchern der Physik werden die
Absorptionserscheinungen bis jetzt meist nur kurz berührt.
Wüllner's Lehrbuch der Experimentalphysik macht eine
rühmliche Ausnahme, indem daselbst nicht nur die
verschiedenen Untersuchungsmethoden, sondern auch meh-
rere Beispiele von Körperfarben mit Angabe derjenigen
Farben, aus deren Mischung dieselben hervorgehen, an-
geführt werden. Farbige Flüssigkeiten scheinen überhaupt
noch wenig untersucht zu seyn. Mousson fuhrt Didym,
Chlorophyll und Blut auf. Eine Zusammenstellung der
Spectra der gefärbten Flüssigkeiten wäre wohl wünschens-
werth. Kupfervitriollösung zeigt im Spectrum nament-
lich Violett, Gelb, Blau etwa im Verbältnifs 7:5:2 und
noch etwas Roth; Eisenvitriollösung herrscht Grün
vor; Blut Uu gen 8 alz ergiebt Roth, Grün, Violett und
Dunkelblau.
Die Absicht dieser Zeilen ist namentlich, meine Collegen
auf die salpetersaure Nickellösung aufmerksam zu machen
und ihnen dieselbe zur Einverleibung in die physikalischen
Cabinette zu empfehlen.
XII. Auffallende Regelmäfsigkeit bei einem
Sternschnuppenfall; von C. Böhm.
^\m 13. Juli dieses Jahres, kurz nach 11 Uhr (Mün-
chener Zeit) nahm ich drei Sternschnuppen wahr, welche
scheinbar identische Wege am Himmel machten in der
Richtung von £ des grofsen Bären nach der Mitte zwischen
Arctur und £ Bootes, etwa | dieser Strecke durchlau-
fend. Die Zeit zwischen den drei Erscheinungen war, wie
ich zufallig bemerken konnte, genau dieselbe, denn die
erste Sternschnuppe wurde wahrgenommen, als im Neben-
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336
zimmer gerade das Spiel einer Sonate begann, die zweite
am Ende des ersten Theils dieses Musikstückes und die
dritte, als die Wiederholung des Theils abschlofs. Ich
liefs später die Spielenden die Sonate nochmals vortragen,
ohne diesen die Unbefangenheit durch Mitheilung des Grun-
des meines Verlangens zu benehmen, und fand, mit der Uhr
in der Hand, dafs die erstmalige Ausführung, wie die Wieder-
holung des Theils gerade 93 Sekunden währte, dafs die Re-
petition also nicht, wie sonst üblich, in schnellerm Tempo
geschah. Eine erste Sternschnuppe, ungefähr in derselben
Himmelsgegend, nahm ich nur unvollkommen wahr, und
wurde dadurch veranlaist, durch die Brille das Auge für
unendliche Entfernung zu accommodiren, wefshalb ich die
erwähnten drei nachfolgenden Erscheinungen sehr deutlich
sah. Vielleicht verfolgten alle vier beobachteten, oder gar
noch mehre, dieselbe Richtung und hielten den gleichen
Zeitabstand inne. In der nächsten halben Stunde habe
ich, trotz der gemachten Aufmerksamkeit, an der ganzen
westlichen Himmelshälfte, die ich überblickte, keine Stern-
schnuppen wahrnehmen können.
Aschaffenburg den H.Juli 1873.
A. W. Schade » Bncudruckerei ( L. Seht de) in Berlin, 8UlUchr*ib«r*tf. 4?
uig
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ANN ALEN
DER PHYSIK UND CHEMIE.
Bd. VI. ERGÄNZUNG. St. 3.
I. Mineralogische Mittheilungen; von
G. vom Rath.
(Fortsetzung XU, Abtheilung II.)
67. lieber die verschiedenen Formen der vesuvischen Augite.
Unter allen Mineralfundstätten der Erde ist der Vesuv
unstreitig eine der reichsten und ausgezeichnetsten. Bis-
her hat dieser Berg vorzugsweise als Vulkan die Auf-
merksamkeit auf sich gezogen ; doch kommt demselben ein
gleich hohes Interesse wegen des Mineralreichthums zu,
weichen seine Auswürflinge beherbergen. Die Untersuchung
über die Association und Bildungsweise dieser Mineralien
wird — dess sind wir überzeugt — einst wichtige Aufschlüsse
über eines der dunkelsten Gebiete der Geologie, die Ent-
stehung der Mineralien in den älteren Eruptivgesteinen geben.
Eine nothwendige Vorbedingung jener Untersuchung ist
die genaue Kenntnifs der vesuvischen Mineralien nach
Form und Mischung. Möchte als geringer Beitrag zu dem
genannten Ziele gegenwärtige Mittheilung nicht unwill-
kommen sein!
Wie verschiedenartig im Ansehen die vesuvischen Au-
gite sind, geht schon daraus hervor, dals die drei durch
Monticelli und Covelli in ihrem bekannten Werke
„Prodromo de IIa Mineralogia Vesuvianau neben dem Augit
unterschiedenen Mineralgattungen Topas (S. 116), Prehnit
(S. 217) und Turmalin (S. 268), nichts anderes sind als
Varietäten des Atigits. Die genannten Mineralien haben sich
bisher niemals weder am Vesuv noch überhaupt in einem
neueren vulkanischen Gesteine gefunden. Dank der
Freundschalt des Hrn. Scacchi konnte ich zu vor-
Poggendorff's Ann. Ergänzungsbd. VI. 22
338
liegender Mittheilung sämmtliche detachirte Krystalle der
Sammlung zu Neapel benutzen.
Der Augit findet sich am Vesuv von gelber, lichtgrün-
licher, weifser, bräunlich- bis schwärzlichgrüner, lauch-
grüner und schwarzer Farbe.
a) Die gelbe Varietät, deren spec. Gewicht ich zu
3,277 bestimmte, ist die ausgezeichnetste unter allen.
Diese ist es, welche von Monticelli für Topas gehalten
wurde. Derselbe entlehnte diese Bestimmung dem Werke
des Grafen Bournon (London 1808), welcher wohl irr-
thümlich bemerkt: „cette topaze a ttt deter minie d/une
maniere aussi habile qu ingenieuse par le Dr. Wollaston".
Die den Topas darstellenden Figuren des Prodromo schei-
nen dem Werke von Haüy entlehnt.
Der gelbe Augit findet sich meist in Begleitung von
gelbem bis röthlichgelbem Glimmer, röthlichgelbem Humit,
gelbem Granat usw. Die erstgenannten vier Mineralien
sind zuweilen im äufsern Ansehen recht ähnlich. Fig. 11,
IIa zeigt die Ausbildung der gelben Augite. Dieselben
sind in der Richtung der Verticalaxe oft mehr verkürzt
als es die Figur darstellt. Es wurden an dieser Varietät
folgende Flächen beobachtet. Die Formeln I beziehen
sich auf die aus den beiden Hemioktaedern u und s ge-
bildete Grundform, die unter II auf die fast rechtwink-
ligen Axen, welche sich ergeben, wenn man das verticale
Prisma m mit den Flächen c und p ins Gleichgewicht
bringt.
I.
II.
u = (a : b : c)y — P
s = (a : b : c), P
0 = ({a':i6:c), 2P
r = (a:b:lc), jP
a = (ooa: r), (2 P oo )
p = (a' : oo b : c), P oo
m s=s (a : b : oo c), oo P
fs« (ja: &:»<?), »P3
n = (a:56:ooc), (oo P3)
(}a:£6:c), 3 Pf
(a':ifc:c), -(2P2)
Qa :\b :c, - (4 Pf)
(oo a : b : c), (Pao )
(o: J6:c), — (4P4)
(a' : oo 6 : c), — P oo
(a : 6 : oo c), oo P
(ja: b: oo c), aoP3
(a : J 6 : oo c), oo P oo
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339
L II.
O = (fl:oo6:ooc), »Poo (a : oo 6 : oo c), oo P oo
b = (oo a : 6 : oo c), (oo P oo ) (oo a : 6 : oo c), (oo P oo )
c = (oo a : oo 6 : c, Ü P (a : oo 6 : c), P oo .
Die obigen Flächeubuchstaben sind dieselben, welche'
von Kokscharow (Materialien Bd IV, S. 263), vorzugs-
weise nach Miller's Vorgang, angenommen hat. In der
Aufstellung des Augits bin ich G. Rose, Quenstedt
und De 8 Cloizeaux gefolgt, so dals das gewöhnliche
HemioktaSder s nach hinten gewandt ist, während Nau-
mann und von Kokscharow s nach vorne richten.
Di$ regelmässigen Verwachsungen von Augit und Horn-
blende in vesuvischen Blöcken nöthigen nuu wohl bei der
Wahl der Stellung auf beide Mineralien Rücksicht zu
nehmen, d. h. wenn man die Flächen * des Augits nach
hinten wendet, so mufs ein Gleiches in Bezug auf die
Basis c der Hornblende (p bei Des Cloizeaux), geneigt
zur Verticalaxe = 75° 2', geschehen. Von den eben an-
geführten Flächen ist r am seltensten und nur an vesu-
vischen Kry stallen bekannt. Des Cloizeaux erwähnt der
Fläche r als einer durch Scacchi zuerst beobachteten
und nennt sie dK Auch von Kokscharow hat sie
wieder beobachtet (Mat. IV. S. 363). Die Flächen r sind von
besonderem Interesse bei der Wahl der fast rechtwinkligen
Axen, indem sie auf diese bezogen, ein Klinodoma (Poo)
bilden. Die Kante r : r' von 147" 10' würde abgestumpft
werden durch die fast gerade angesetzte Endfläche, die
Basis bei der fast rechtwinkligen Axenwahl, welche, wenn
auch wegen Wölbung nicht genau mefsbar, zuweilen vor-
kommt. Die Krystalle des gelben Augits besitzen eine
ausgezeichnete Flächenbeschaffenheit, so dals sie zur Be-
stimmung der Axenelemente sich am meisten eignen. Als
Fundamentalwinkel wurden gemessen an dem Krystall
Fig. 1 1 :
a:p=105' 30'; ro : p = 100° 37'; p : * — 150° 24.}'.
Hieraus das Axenverhältnifs der Grundform «i = a
(Klinoaxe) : b (Orthoaxe) : c (Verticalaxe)
22*
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340
= 1,09213 : 1 : 0,589311.
Neigung der Axen a und c (y\ vorne oben == *05° 49' 51".
Diefs Axenverhältnifs stimmt aufserordentlicn nahe über-
ein mit demjenigen, welches von Kokscharow aus seinen
vorzugsweise an den russischen Augiten angestellten Mes-
sungen ableitete
= 1,093120 : 1 : 0,589456 . y = 105° 48' 30".
In folgender Tabelle sind die Neigungen aller oben
aufgeführten Flächen zu den Axenebenen a , 6 und c an-
gegeben. Unter a ist bald das vordere, bald das hintere
Orthopiuakoid zu verstehen.
a
6
c
u
126° 2'
114° 14»'
146° 10{'
s
103 26»
119 35{
137 58
0
118 30{
132 7
114 35
T
90 10J1)
106 25
157 28
100 23
138 39
131 21
P
105 30
90 0
148 40
m
133 35
136 25
100 50]
f
160 42
109 8
104 55
H
107 36
162 24
94 44.
Die Ueberein8timmung der gemessenen mit den aus
obigen Fundamental winkeln berechneten Neigungen lehrt
folgende Zusammenstellung. Die Messungen wurden an
ein- und demselben Krystall angestellt.
Gemessen.
Berechnet-
a : c — 105° 47'
105° 49' 51"
a:f *m 160 42
160 41 52
a:ro = 133 35
133 35 1
a:o=t 118 28
118 30 30
a:t< = 126 0
126 2 7
fr: w= 136 27
136 24 59
6:o=132 6
132 7 5
6 : p = 90 0,5
90 0 0
b:u = 114 15
114 14 24
1) Obiger Winkel bezieht sich auf die Neigung von t tum vorderen
Orthopinakoid.
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341
Gemessen.
Berechnet.
6:s= 138°
35'
1 nnn
138°
Oii' /II
39 6
C : 0 = 114
41
1 14
35 12
c:p = 148
48
148
40 9
c : u = 146
12
146
10 30
c:z = 131
29
I3l
20 54
f.u = 133 42
133
42 12
»I : o = 1 4 4
32
Iii
144
34 24
m:ti= 134
41
134
39 54
m:3 = l3l
56
131
54 10
o:s = 141
8
141
6 33
p: Ii =121
2
120
56 21
»:* = 124
25
124
21 13
u : z = 149
4
148
59 2.
Die Flächen dieses Krystalls waren von vorzüglicher
Beschaffenheit; nur die Basis c etwas verschleiert; indefs
überstieg die daraus hervorgehende Unsicherheit der Mes-
sung nicht 2 Min. Alle andern Bilder, auch dasjenige
der Fläche p, sind von grofser Vollkommenheit. Wohl
niemals besitzt c eine gleich vortreffliche Bildung wie die
andern Flächen. Von besonderem Interesse sind im Augit-
8jstem die Neigungen von c und p zur Verticalaxe, weil
von diesen Winkeln die Möglichkeit abhängt, die Krystalle
auf rechtwinklige Axen zurückzufahren. Aus unseren
drei Fundamentalmessungen berechnet sich das y der nahe
rechtwinkligen Axen wm 90° 10' 42" und das Axenverhält-
nifs selbst, wenn m=a(a: b: coc) und c = (a : <x> b : c):
a : b : c = 1,05071 : 1 : 0,29466.
Die angegebene Axenschiefe ergibt sich aus den beiden
Neigungen a : p = 105° 30'; a : c = 105° 49' 51". Obgleich
die Abweichung von der Rechtwinkligkeit nicht sehr be-
deutend, so ist sie doch mit vollkommener Sicherheit zu
constatiren. Zu einem gleichen Resultate gelangte auch
von Kokscharow, welcher zur Ergänzung seiner Mes-
sungen der russischen Augite einen gelben Augit vom
Vesuv m als und folgende Werthe fand :
a : p = 105° 27'; a : c — 105° 46^'.
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342
Die Differenz beider Winkel ist demnach fast genau
wie oben. Eine gröfsere Abweichung beider Neigungen
fand Des Cloizeaux, nämlich a:c=105°22'; a:p
= 106° 1'. Eine Zurückfuhrung des gelben Augits auf
genau rechtwinklige Axen ist also unmöglich. Zu dem-
selben Ergebnifs wird uns die Untersuchung der andern
Varietäten fuhren.
6. Fassaitähnliche Varietät , s. Fig. 12, 12a. Spec.
* Gew. = 3,244. Wie beim Fassait herrschen an den Kry-
stallen dieser Varietät in der Endigung die Heraioktaeder
u und o.
Beobachtete Formen: ti, 5, o, s, p, m, a, 6, c. Von
den sogleich zu erwähnenden diopsidähnlichen Krystallen
unterscheidet sich die vorliegende Varietät vorzugsweise
durch die mehr verkürzte Verticalaxe, sowie durch das
Vorherrschen des rhombischen Prisma's über das verticale.
Neben den ausgedehnten u und o treten die Basis und
die übrigen Flächen der Endigung mehr zurück. Die
Farbe der beiden mir vorliegenden Krystalle dieser Aus-
bildung ist zwischen pistaz- und olivengrün. Die Ober-
fläche derselben ist fleckweise schwärzlichgrün. An einem
dieser Krystalle wurden folgende Neigungen bestimmt; die
eingeklammerten Winkel sind die aus den Axenelementen
der gelben Krystalle berechneten.
a:m = 133° 35' (133° 35')
a:p =105 23 (105 30)
c:p =148 47 (148 40)
c':p' = 148 36 „
c:* =138 8 (137 58)
o:m = 144 32 (144 34)
o:s = 156 46 (156 37)
p :s = 150 27 (150 24J).
Vorstehende Messungen beweisen, dafs an diesem
Krystall das verticale Prisma denselben Winkel besitzt
wie beim gelben Augit, während die Neigungen der Zu-
spitzungsflächen weniger konstante Werthe zu besitzen
scheinen.
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343
c. Diopsidähnliche Varietät, s. Fig. 13, 13a. Spec.
Gewicht a 3,115. Beobachtete Formen: m, i, *, ro,
a, 6. In der horizontalen Zone herrscht das rektangnläre
Prisma, in der Endigung das Hemioktaeder ti. Die Kry-
stalle dieser Varietät pflegen mit einem Ende der Axe c
aufgewachsen und in dieser Richtung noch mehr ver-
längert zu seyn, als unsere Zeichnung es darstellen konnte.
Die Farbe ist lauebgrün, lichter oder dunkler, Glanz und
Glätte der Flächen meist vollkommen, so dafs die Genauig-
keit der Messungen hier derjenigen an der gelben Varietät
nicht nachsteht. Auch hier bezeichnen die in Klammern
stehenden Werthe die aus den Axenverhältnissen des
gelben Augits berechneten Winkel:
a : ti = 114° 16' (114° 14J')
v: »'s 131 31J (131 31J)
p : s — 150 24$ (150 24J)
p : u mm 120 58 (120 56 J)
S : U mm 130 33 (130 31^)
s : • mm 149 28 (149 21)
Die Vergleichung dieser Messungen mit den für den
gelben Augit berechneten Werthen lehrt, dafs beide
Varietäten identische Winkel besitzen, und ebenso sind
diese vesuvischen Augite als genau gleichkantig zu be-
trachten mit den Diopsiden von Ala und von Achma-
towsk zufolge der Messungen von K okscharow's.
Für die Kante a : u fand dieser ausgezeichnete Kry-
stallograph als Mittelwerth von 7 Krystallen von Ala
=8 114° 14|'; H : u'mm 131° 3iy (11 Kr.) usw. In der
Endigung der vesuvischen Diopside herrschen die Flächen
ti u' zuweilen bis zum Verdrängen der Flächen p $ z.
d. Weifse Varietät, s. Fig. 14, 14 a und 15, 15 a. Der
weilse Augit ist der seltenste. Monticelii und Covelli
bestimmten ihn, doch wie es scheint mit einigem Zweifel,
als Prehnit. Unter den mir vorliegenden Krystallen be-
finden sich zweierlei Ausbildungen, deren eine durch das
herrschende rektanguläre Prisma a b und durch p als
herrschende Fläche der Endigung charakterisirt ist, wäh-
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344
rend die andere vorzugsweise vom rhombischen Prisma m
und der Basis c umschlossen wird. Beobachtete Formen:
u, 5, o, *, p, ro, f, a, 6, c. An dem nur 1 Mm. grofsen
Krystall Fig. 15 wurde gemessen c : m = 100° 50' (ber.
gelber Augit 100° 50J'; a : c mm 105° 51' (105° 50'); c : o
= 114° 36' (114° 35j')5 »» : m'= 93° 0' (ber. 93° 10'). Bei
denjenigen Krystallen, welche Fig. 14 darstellt, sind die
verticalen Flächen stark gestreift, während die Krystalle
Fig. 15 dieselben Flächen gut gebildet zeigen. Sowohl c
wie p sind beim weifsen Augit glatt und glänzend. Das
Muttergestein dieser seltensten Varietät sind Kalkblöcke,
tbeils von grob-, theils von feinkörniger Beschaffenheit.
Der Augit findet sich sowohl in den Drusen dieser Aus-
würflinge in Begleitung von Glimmer, als auch einge-
wachsen im Kalksteine. Ferner findet sich der weifse
Augit in körnigem Gemenge mit Glimmer, Granat und
Vesuvian. Die Farbe dieser Varietät ist zuweilen ganz
licht grünlichweifs.
d. Die .dunkelgrüne Varietät. Wenn auch im Allge-
meinen zu scharfen Messungen weniger geeignet wie die
vorigen Varietäten, sind doch einzelne Krystalle auch des
dunkelgrünen Augits zuweilen sehr genau mefsbar.
Die durch Fig. 16, 16 a dargestellten Krystalle sind
durch das Vorherrschen von p ausgezeichnet, indem c zu-
weilen bis zum völligen Verschwinden zurücktritt. Beob-
achtete Formen: u, *, o, z, p, m, <z, 6, c. Der Flächen-
glanz ist zwar geringer als beim gelben Augit uud Diop-
sid, aber die Reflexe dennoch zuweilen tadellos. Ein aus-
gezeichneter dunkelgrüner Krystall von der Ausbildung
der Fig. 6 wurde zur Untersuchung der Frage benutzt,
ob die Winkel resp. die Axenverhältnisse dieser Varietät
mit denjenigen des gelben Augits und des Diopsids iden-
tisch sind. Zunächst wurde konstatirt, dafs der Krystall
in seiner Endkrystallisation von zufalligen Störungen frei
ist, und die homologen Kanten rechts und links fast genau
gleich sind. Es wurde nämlich gemessen:
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345
p:*=124°20' ti:a = 149° 4j'
p : *'= 124 20 u' : * = 149 4.
Als am genausten mefsbare Winkel wurden der Rech-
nung zu Grunde gelegt:
s : p mm 150° 22'; * : u = 130° 36'; u : u = 131° 24'.
Hieraus das Axenverhältnifs :
0 : 6 : c = 1,09547 : 1 : 0,59035
y eso 105° 46' 9".
Eine Vergleichung der vorstehenden Axenelemente mit
denjenigen des gelben Augits lehrt, dafs beide sehr nahe
identisch sind. Zu bemerken ist, dafs die Neigung von p
zur Verticalaxe als genau übereinstimmend betrachtet
werden kann, während die Basis c einen um etwa 3)'
grösseren Winkel mit der Verticalaxe bildet. Es erinnert
diese Verschiedenheit der Stabilität zweier fast gleich-
geneigter Endflächen an die gleiche Erscheinung beim
Feldspath, dessen P stabil ist, während x eine wechselnde
und schwankende Neigung besitzt. Die fast rechtwinkligen
Axen würden demnach beim schwarzen Augit eine noch
etwas geringere Differenz von 90° ergeben, als wir sie
beim gelben gefunden haben; es würde nämlich 90° 8' 15"
seyn.
Die Verschiedenheit der Kantenwinkel beider Augit-
varietäten wird am besten aus folgender Zusammenstellung
der berechneten Winkel erhellen:
Gelber Augit und
Dunkelgrüner
Diopsid.
bis schwarzer Augit.
a : c = 105° 50'
105° 46'
a :p = 105 30
105 31
c : m so 100 50$
100 47
«:*»' mm 87 10
86 58J
1 :s' mm 120 49
120 44
m : p = 148 37
148 43.
Die gröfste Differenz der Winkel beider Varietäten
tritt demnach in der Zone der verticalen Flächen hervor.
e. Die schwarze Varietät ist am meisten verbreitet und
von mannichfacher Combination. Die Krystalle Fig. 17, 17a
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346
zeigen eine eigenthümliche Ausbildung derselben. Beobach-
tete Formen : u, o, z, p, m, a, 6. Die Basis c fehlt bei
diesen Krystallen, während p ganz matt und rauh ist. Zu den
ungefähr im Gleichgewichte stehenden Flächenpaaren u, o
und 3 tritt zuweilen wenig ausgedehnt auch s hinzu. In
der Prismenzone herrscht m, während die Flächen a und b
weniger entwickelt sind. Auch diese Kry stalle gestatten
zuweilen genaue Messungen, namentlich sind die Flächen
ti, o, z wohlgebildet. So konnte konstatirt werden, dafs
diese Varietät sehr nahe gleiche Kanten besitzt wie die
vorige. An dem Krystall Fig. 7 wurden nämlich ge-
»:«' — 131* 20'
o:*=141 8
o':*'=141 8{
u : * = 149 4
«':*' = 148 58.
Spec. Gewicht dieser Krystalle = 3,259.
Fig. 18, 18 a stellt schwarze bis schwärzlich grüne
Augite dar, charakterisirt dadurch, dafs, während in der
horizontalen Zone wie bei der vorigen Varietät m herrscht,
in der Endigung die Flächen s das Uebergewicht besitzen.
Beobachtete Formen: s , o , s, />, m, [, a, 6, c. An dem
Krystall Fig. 18 (s. Fig. 18a) gemessene Winkel:
Berechnet nach den Elementen
des gelben Augit«.
b:m' = 136° 29' 136° 25'
ro:ro' = 93 3 92 50
(über 6)
m:*' = 101 48 101 23}
m:s = 101 37J „
(Unterseite)
m':s' =121 30 121 11?
m:s =121 314
(Unterseite)
m :o = 144 51 144 34J
m :z = 132 26 131 54
*:» = 149 32 149 21.
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347
Alle aufgeführten Varietäten finden sich in aufgewach-
senen Krystallen. Die den alten und neuern Laven ein-
gewachsenen, sowie die als lose Krystalle ausgeschleuderten
Augite stellen, wie allbekannt, die Combination des acht-
seitigen Prismas mm ab mit den Flächen ss' dar. Zu-
weilen sind die losen, den Tuffen inneliegenden Krystalle
auch flächenreicher. Bouteillengrüne, durchscheinende Au-
gite aus den Tuffen der Höhen von Sorrento (bei Acquara)
z. B. weisen aufser den genannten Flächen noch o und u
auf. Zwillinge sehr gewöhnlich.
Der Augit ist unter allen vesuvischen Mineralien das
häufigste; in allen Weisen des Vorkommens: in sämmt-
lichen Laven, sowohl des Somma's als des Vesuv's, in
ältern Auswürflingen jeglicher Art, endlich als ein Pro-
dukt der neusten vulkanischen Thätigkeit in den Poren
und Hohlräumen der Auswürflinge neuerer Eruptionen
z. B. von 1822 und 1872 als Erzeugnifs vulkanischer
Dämpfe. Nicht selten kommen in den ältern, den sog.
Sorama- Auswürflingen mehrere Varietäten des Augits
z. B. die schwarze und die grüne auf demselben Stücke
vor. Ein Gleiches beobachtet man zuweilen auch beim
Glimmer; von zwei unmittelbar angränzenden Drusen ist
z. B. die eine mit grünem, die andere mit röthlich gelbem
Glimmer bekleidet. Ungemein häufig associirt sich Augit
mit Glimmer in körnigem Gemenge. Es sind dies Aus-
würflinge, welche mehr oder weniger kalkiger Natur sind
und sich gleichsam aus körnigem Kalk entwickeln. Augit
und Glimmer sind dann von gleicher, fast stets grüner
Farbe. Sehr selten sind Gemenge von röthlichgelbem
Augit und röthlichem Glimmer. Im folgenden mögen
einige Associationen aufgeführt werden, welche der Augit,
in Drusen vesuvischer Blöcke auskrystallisirt, mit anderen
Mineralien bildet. Sanidin mit A.; Anorthit mit A. ;
Leucit, Nephelin, Sodalith, Mejonit mit A. Es associirt
sich demnach der A. mit allen wesentlich alkalihaltigen
vesuvischen Mineralien. Seine Gegenwart wird durch kein
anderes Mineral ausgeschlossen. Auch mehrere der ge-
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348
nannten Körper verbinden sich mit dem Augit in den-
selben Drusen, z. B. Anorthit und Sodalith mit A.; Me-
jonit und Leucit mit A. ; Sanidin und Nephelin mit A.
Ferner associiren sich sehr häufig: Augit mit Apatit,
Magneteisen, schwarzem Glimmer; Augit mit Vesuvian,
grünem und röthlichem Glimmer; A. mit Wollastonit und
Leucit; A. mit schwarzem oder grünem Spinell; A. mit
braunem Granat; A. mit Hauyn; A. mit Humboldtilit, mit
Monticellit. Nicht selten finden sich auch Hornblende
und Augit zusammen. Zuweilen beobachtet man auf
gröfseren Augiten kleinere, in unregelmäfsiger oder auch
in gesetzmäfsiger Stellung aufgewachsen. Solche Er-
scheinungen deuten auf wiederholte Bildungen hin, welche
in den mehrerwähnten Auswürflingen der Eruption vom
26. April 1872 deutlich und zweifellos sich darstellen. Die
neugebildeten Augite sind gewöhnlich von rothlich- oder
gelblichbrauner Farbe und zeigen die Combination des
verticalen Prismas m nebst a und 6, in der Endigung vor-
zugsweise die Flächen s und u. Diese neugebildeten Au-
gite, deren Gröfse kaum 1 Mm. erreicht, bekleiden ent-
weder die Hohlräume der ältern Lava oder bedecken in
regelmäfsiger Stellung gröfsere Augite einer älteren Bil-
dung. Dies zeigt sich am schönsten in den conglomera-
tischen Massen, welche zuweilen wesentlich aus einem
Aggregat von Augitkrystallen bestehen. Dieselben sind
alsdann mit einer dünnen neugebildeten Schicht parallel
verwachsener kleiner Augite bedeckt. Auch die lose aus-
geworfenen Augite verrathen, wenngleich am Vesuv nicht
häufig, durch Schmelzspuren eine erneute Einwirkung des
vulkanischen Feuers. Die Sammlung zu Neapel bewahrt
eigentbümliche , cylindrisch gerundete Stücke einer bou-
teillengrünen, obsidianähnlichen Substanz, welche mit
Wahrscheinlickeit für halb geschmolzene Augite zu halten
sind.
An den Montirossi bei Niccolosi (Eruptionskegel von
1669) auf dem Aetnagebirge sammelt man in gröister Zahl
neben Labrador und Olivin Augitkrystalle , welche theilß
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349
glattflächig und von der gewöhnlichen Beschaffenheit sol-
cher ausgeworfenen Krystalle, theüs auf ihrer Oberfläche
zu einer mehr oder weniger blasigen Masse geschmolzen
sind. Ich bestimmte das spec. Gewicht
der glattflächigen unveränderten Augite = 3,358
der blasigen halbgeschmolzenen „ =3,211
Die glattflächigen Augite der Montirossi zeigen meist
aufgewachsene kleine Olivinkrystalle.
68. Ein Beitrag zur Kenntnifs der Krystallisation des rhombischen
Schwefels.
In fast allen Lehrbüchern der Mineralogie (Miller,
Quenstedt, Kenngott, Dana usw.) wird Ein Zwillings-
gesetz der Krystalle des rhombischen Schwefels angeführt,
nämlich „Zwillings ebene eine Fläche des vertikalen rhom-
bischen Prisina's". Der Entdecker dieser demnach schein-
bar allbekannten Zwillingsverwachsung ist Scaccbi (Me-
morie geologiche sulla Campania, S. 103; Napoli 1849, aus
d. Rendiconto der. Acc. di Nap.). An die Beschreibung der
zierlichen Schwefelkrystallisationen der Solfatara schliefst
Scacchi die Mittheilung, dals die Krystalle einiger von
Prof. Giordano zu Cattolica (Sicilien) gesammelter
Schwefelstufen sämmtlich Zwillinge seyen, verbunden nach
obigem Gesetze. Diese merkwürdigen Zwillinge wurden
von Scacchi gemessen und gezeichnet. Noch vor Kur-
zem hatte der verehrte Forscher die Gefälligkeit, jene
Krystalle nochmals zu untersuchen und die früheren Beob-
achtungen zu bestätigen. Indefs scheinen Zwillinge jener
Art aufserordentlich selten zu seyn, wie ich aus einer
Mittheilung von G. Rose schliefse, welcher versichert,
dieselben niemals beobachtet zu haben.
Die Schwefelzwillinge, welche zunächst den Gegen-
stand dieser Arbeit bilden, sind nach einem anderen Ge-
setze gebildet, nämlich: „Zwillingsebene eine Fläche des
Makrodomas (a : oo b : c), Pccu. Dieselben stammen aus
den Gruben von Roccalmuto (Provinz Girgenti), und
wurden mir durch Hrn. Direktor Stöhr gütigst mitge-
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theilt. Nachdem ich die etwas verwickelte Verwachsungs-
weise dieser merkwürdigen Krystalle erkannt hatte und
ihr Gesetz für bisher in der Litteratur nicht erwähnt hielt,
überzeugte ich mich, dafs vou allen andern Lehrbüchern
der Mineralogie abweichend, in Naumann'» vortrefflichen
„Elementen der Mineralogie44 das von Scacchi aufge-
fundene Gesetz nicht erwähnt ist, dagegen ein anderes:
„Zwillingsebene eine Fläche von P oo 44 angeführt wird.
Es würde diefs also dasselbe Gesetz seyn, nach welchem
die Krystalle von Roccalmuto verwachsen sind. Mit Rück-
sicht darauf, dafs in den „Elementen44 jenes allgemein an-
geführte Zwillingsgesetz „parallel oo P44 nicht genannt, und
für das neue Gesetz „parallel P oo 44 kein Autor bezeichnet
wird, glaubte ich, dafs jene Angabe bei Naumann auf
einem Druckfehler beruhe. Es verhält sich indefs mit der
Auffindung des Zwillingsgesetzes P oo folgendermaafsen.
G. Rose beobachtete dasselbe bereits vor etwa einein
halben Jahrhundert und theilte diese Beobachtung Hai-
dinger mit, welcher sie in seine englische Uebersetzung
von Mohs' Mineralogie (1825) aufnahm: Twincrystals :
axis of revolution perpetidicular , face of composition pö-
rallel to a face of Pr44. In einer Note fügt Haidinger
hinzu: „TAwr kind of regulär composition has beert ob-
serve.d by Dr. G. Rose.44 In der 2. Aufl. von Mohs
Mineralogie (1839), welche Zippe bearbeitet hat, findet
sich jene Angabe nicht mehr. Sie verschwindet nun in
der Litteratur, während das von Scacchi aufgefundene
Gesetz allgemeine Aufnahme findet, wenngleich gewifs
keiner der Autoren die angeführten Zwillinge gesehen. In
Naumann's „Elementen der Min.44 ist das Zwillingsge-
setz Pcc auf Grund einer erneuten Mittheilung vou
G. Rose aufgenommen worden.
Die Zwillinge von Roccalmuto Fig. 20a, b und c sind
durch ihre meist prismatische Ausbildung vor den neben
ihnen aufgewachsenen einfachen Krystallen ausgezeichnet.
Die Schwierigkeit ihrer Deutung beruht vorzugsweise
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cfarin, dafs sie weder mit der Zwillingsebene noch auch
mit einer zu dieser normalen Ebene verbunden sind. Die
Fig. 20a und 6 stellen ein und denselben Krystall in ver-
schiedenen Stellungen dar. In die Fig. 20 a ist die stumpfe
Kante des verticalen rhombischen Prisma's nach vorne ge-
richtet, entsprechend wie in 20c, während in Fig. 206
die scharfe, durch 6 schmal abgestumpfte Kante annähernd
gegen den Beschauer gewendet ist, oder — genauer be-
zeichnet — die rechte Prismenfläche p die Stellung einer
sogenannten Längsfläche besitzt.
Die stumpfe Kante des verticalen Prismas p ipp wurde
zu 106° 27 bestimmt. Es ist dies der Winkel, unter
welchem die Flächen der Grundform des Schwefels in der
brachy diagonalen Polkante sich schneiden. Denselben
Winkel gibt Scacchi zu 106° 25' an, während er von
Kupffer zu 106° 16J', von Mitscherlich zu 106° 38'
bestimmt wurde. Das verticale Prisma unserer Krystalle,
welches, wie namentlich Fig. 20 c zeigt, beiden Individuen
gemeinsam ist, entsteht demnach durch Ausdehnung einer
in derselben Zone liegenden Flächenhälfte der Grundform.
Die scharfe, durch die Fläche 6 schmal abgestumpfte
Kante entspricht einer sog. verborgenen Kante zweier
in der makrodiagoualen Lateralecke gegenüberliegenden
Flächen.
Um das Verständnifs unserer Zwillinge zu erleichtern,
habe ich in der Fig. 21a und 6 die Grundformen zweier
Schwefelkrystalle genau in derjenigen Lage gezeichnet, in
welcher sie zum Zwilling, und zwar gemäfs der Stellung
206, verbunden sind. Die dem Beschauer zugewandten
Ecken beider Oktaeder sind makrodiagonale Lateralecken.
Man erkennt, dais die mit feinen Linien bezeichneten
makrodiagonalen Axen parallel, und je zwei brachydia-
gonale Polkanten vertical gerichtet sind. Die beiden Ok-
taeder stehen demnach symmetrisch zu der gemeinsamen
Abstumpfungsfläche dieser Polkante, d. h. Zwillingsebene
ist eine Fläche des Makrodoma's P oc . Diese Ebene ist
durch fein ausgezogene Linien in jedem Oktaeder bezeichnet;
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man Überzeugt sich leicht von ihrer Parallelität. In jede«
Oktaeder ist eine zweite Ebene durch gestrichelt punktirte
Umrisse eingetragen. Auch diese Ebenen sind in beiden
Figuren parallel und entsprechen einer der Flächen des
Oktaeders. Die in Rede stehenden, den Umrissen pa-
rallelen Oktaederflächen sind durch einen Asterisk be-
zeichnet. Die Ebene mit gestrichelt - punktirter Begrän-
zung ist bei unsern Zwillingskrystallen die Verwachsungs-
ebene, und bildet mit der Zwillingsebene den Winkel
36° 46} ; es ist der Winkel , unter welchem das Makro-
doma Poo und eine anliegende OktaSderfläche sich
schneiden.
Es wird jetzt leicht seyn, die prismatischen Zwillinge
zu verstehen. Man vergleiche zunächst mit Fig. 206 die
beiden in Zwillingsstellung befindlichen Oktaeder, und
man wird die entsprechenden Flächen p sogleich wieder-
erkennen. Das rechte Individ von 206 zeigt dem Be-
schauer zugekehrt drei Flächen p; es sind dieselben, welche
in dem Oktaeder 21 a durch Buchstaben bezeichnet sind.
Das linke Individ weist, aufser der Verwachsungsebene.
auf der Vorderseite sichtbar, nur Ein p auf; es ist die
einzige im linken Oktaöder mit einem Buchstaben bezeich-
nete Fläche. Die Verwachsungsebene des Zwillings ent-
spricht, wie man in 206 deutlich erkennt, einer der zum
rhombischen Prisma ausgedehnten Oktaederflächen, und
zwar den durch gestrichelt-punktirten Umrifs bezeichneten
Durchschnitten der Oktaeder. Diese letzteren EbeneD
sind, wie eine Betrachtung der OktaSder lehrt, in dieser
Stellung nicht überdeckbar; dem entsprechend erblickeß
wir auch die Individuen der Fig. 20 in der Berührungs-
ebene unsymmetrisch, d. h. mit nicht überdeckbaren Kanten
sich begränzen. Diese letztere Thatsache, d. h. die In-
congruenz an der Berührungsebene liefert auch sofort den
Beweis, dafs diese letztere nicht Zwillingsebene seyn kann:
denn die mit ihrer Zwillings-Ebene verbundenen Krystali-
individuen müssen sich ausnahmslos genau symmetrisch
und überdeckbar berühren.
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Unsere Zwillinge sind eine Combination folgender
Flächen
p = (a : b : c), P
s = (a : b : Je), }P
n = (oo a : 6 : c), P oo
6 sb (co a : 6 : oo c), oo P oo .
Eine merkwürdige, konstante Unsymmetrie zeigt sich
in der Ausbildung dieser Krystalle, indem jedes der beiden
Individuen vier Flächen p (davon zwei parallele), zwei f,
Ein n und Ein b besitzt, s. Fig. 20c. In der sehr ver-
schiedenen Ausdehnung der Flächen s zeigt sich eine Hin-
neigung zur Hemiedrie dieses Oktaeders. Um die Fig. 20 a
in die Stellung von 206 zu bringen, mufs man sie um
eine Axe parallel der Kante p : p um 53° 13J' (= der Hälfte
der stumpfen Prismenkante p : p) drehen, sodafs der vor-
dere Theil der Figur zur Linken sich bewegt Nach
dieser Bewegung würde 20 a genau das Ansehen von 20 b
darbieten.
An dem beschriebenen Zwillinge wurden ferner fol-
gende Kanten gemessen (s. 20 c). Die eingeklammerten
Winkel sind berechnet aus Scacchi's Fundamental-
messungen: Seitenkante der Grundform a= 143° 22' 40" ;
bracbydiagonale Endkante == 106° 25'.
p : * = 153° 29' (153° 31}')
p':*'=rl53 30 ^
« = 136 44 (136 21})
p':n = 112 50 (112 36}).
Die Schwefelzwillinge von Roccalmuto sind sehr ge-
eignet, um den Unterschied von Zwillings- und Verwach-
sungsebene in das rechte Licht zu stellen. Sie sind in
Begleitung normal gebildeter Krystalle auf einem thonigen
Kalksteine aufgewachsen (Grube Cimicia).
In der an Schwefelkrystallen reichen Sammlung des Hrn.
Direktors Stöhr zu Comitini, welchem ich vielfache Beleh-
rung über jene Gegend verdanke, zog eine andere, bisher
Poggendorft's Annal. Ergänrungsbd. VI. 23
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wohl kaum bekannte Schwefelkrystallisation meine Auf-
merksamkeit auf ßich. Tetraeder von Schwefel, theils
ohne alle untergeordnete Flächen, theils in Combination
mit dem Gegentetraeder, der Basis und der Grundform.
Diese Schwefelkrystalle aus den Gruben von Roccalmuto
sind wahrscheinlich das einzige bisher bekannte Beispiel
eines natürlich vorkommenden herrschenden Tetraeders.
Das Schwefeltetraeder ist die hemiedrische Form des ge-
wöhnlich nur untergeordnet auftretenden Oktaeders
*=*(a:6:Jc), \P.
Seine dreierlei Kanten wurden wie folgt gemessen; die
berechneten Winkel folgen aus den obigen beiden Funda-
mental werthen Scacchi's:
Gemessen. Berechnet
89° 35', anliegend der Verticalaxe 89° 35'
53 10, „ „ Makrodiagonale 53 12
66 48, „ „ Brachy diagonale 66 48.
Dies Tetraeder ist demnach dadurch ausgezeichnet,
dafs eine seiner Kanten sich einem rechten Winkel nähert,
wodurch die richtige Stellung der Form sehr erleichtert
wird. Wenn zu diesem Tetraeder das Gegentetraeder
hinzutritt, so zeichnen sich die Flächen des letztern durch
geringere Ausdehnung und matte Beschaffenheit aus. Die
geschilderten Krystalle (s. Fig. 22; p ist die Grundform)
finden sich in Begleitung kleiner skalenoedrischer Kalk-
spathkrystalle auf einem grauen Mergel aufgewachsen.
Auch bei den gewöhnlichen Schwefelkrystallen, an welchen
die Grundform herrscht, zeigt h P, sehr häufig, im Gegen-
satze zu p, eine unregelmäfsige Ausdehnung der Flächen *).
1) Giov. Gius. Bianconi (Descrizione delle forme cristallint di zolfo delle
miniere del Cesenate. Memoria Istit. di Bologna, Vol. XI, 1861) be-
schreibt schon einige Schwefelkrystalle von Perticara, welche er
hemicdrisch nennt (S. 13, Fig. 23). Diese sind indefs nicht tetrae-
drisch, wie die oben beschriebenen Krystalle von Roccalmuto,
sondern lediglich verzerrt, indem vier in Einer Zone liegende Flächen
der Grundform parallel einer makrodiagonalen Endkante zu einem
Prisma ausgedehnt sind.
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>
Von den Gruben um Roccalmuto (namentlich Cimicia)
sind ferner eigenthüraliche Fortwachsungen von Schwefel-
krystallen bemerkenswerth : grofse Krystalle (3 bis 10 Cm.),
Combinationen der herrschenden Grundform mit der Basis,
dem Bracbydoma und dem Oktaeder \ P, sind mit zahl-
reichen kleinen, ähnlich gestalteten Krystallen bedeckt,
welche letztere sämmtlich sowohl unter einander als mit
dem Hauptkrystall, dessen Flächen sie schmücken, in
paralleler Stellung sich befinden. Von besonderer Schön-
heit sind solche Stufen, welche dunkelgelbe grofse Kry-
stalle als ältere Bildung und lichtgelbe kleine jüngere, an-
gesiedelte Krystalle zeigen. Die Schwefelkrystalle von
Roccalmuto sind zuweilen mit einer sehr dünnen (j>ö bis
J Mm.) Quarzrinde bekleidet. Diese Hülle läfst sich leicht
abheben, man erhält eine zierliche Abgufsform von Quarz
nach Schwefel, dessen Flächen unter der abgesprengten
Quarzrinde glänzend sich enthüllen. Diese so überrin-
deten Schwefelkrystalle tragen gleichfalls parallele Fort-
wachsungen. Mehrere mir von Hrn. Stöhr verehrte
Stufen zeigen ältere quarzüberrindete Krystalle, P, 0P,
welche auf den Combinationskanten zwischen Grundform
und Basis, gleichsam zu einem Kragen geordnete, neu-
gebildete Krystalle in der Combination J P, 0P tragen.
Diese parallelen Fortwachsungen, welche an ähnliche Er-
scheinungen beim Schwerspath, Kalkspath, Quarz usw.
erinnern, sind ein Beweis, dafs die Bildung dieser Schwefel-
krystalle ein sehr allmäliger, durch wässrige Lösungen
vermittelter Prozefs war, welcher Unterbrechungen erlitt
und von Neuem begann. Für eine solche, jede vulkanische
Thätigkeit ausschliefsende Bildungsweise sprechen noch
überzeugender die Fischversteinerungen und fossilen Hölzer,
welche in den schwefelführenden Schichten vorkommen.
Die Fische, vorzugsweise Lebias crassicaudus, finden sich
auf den Schichtflächen solcher Stücke, welche aus feinen
alternirenden Straten von Thonmergel und Schwefel be-
stehen.
Die Schwefelkrystalle aus den Gruben um Grotte und
23'
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Roccalmuto zeigen zuweilen seltsame Verzerrungen, in
denen man nur schwierig die bekannten Flächen wieder-
erkennt. Eine solche häufig wiederkehrende Verzerrungs-
form zeigt Fig. 23, gezeichnet in der normalen Stellung
eines Schwefelkrystalls. Die rhomboidische Tafelform
wird demnach hervorgebracht durch Ausdehnung zweier
paralleler Flächen der Grundform. Als Zuscbärfungs-
flächen der Tafel erscheinen: einerseits p, f, c, s\ anderer-
seits n und *. Eine Vergleichung der rhomboidischen
Tafel mit dem tetraedrischen Kr. Fig. 22 wird Ober
die richtige Deutung der verzerrten Form keinen Zweifei
übrig lassen.
Es galt bisher als eine ausnahmslose Erfahrung, dafs
der aus feurigem Flusse krystallisirende Schwefel mono-
kline Krystalle bilde. Dafs indels unter gewissen Be-
dingungen der aus dem Schmelzflusse erstarrende Schwefel
auch in der rhombischen Form, welche dem natürlich vor-
kommenden, sowie dem aus Schwefelkohlenstoff krystalli-
sirenden Schwefel usw. angehört, erscheinen könne, zeigt
folgende Thatsache, deren Kenntnifs ich Hrn. Prof. Sil-
v es tri zu Catania verdanke. Es ereignet sich nämlich
zuweilen, dals eine Schwefelgrube, sey es durch Unvor-
sichtigkeit der Arbeiter, sey es durch Selbstentzündung,
in Brand geräth. Es werden alsdann die Grubenöffnungen
zugeworfen' und der unterirdische Brand nach längerer
oder kürzerer Zeit erstickt. Ist dies geschehen und die
Grube wieder geöffnet, so finden sich zuweilen ansehnliche
Theile der Strecke und Exkavationen mit geschmolzenem
und wieder erstarrtem Schwefel erfüllt Dieser natürlich
aus dem Gesteine ausgeschmolzene Schwefel ist oft von
derselben Reinheit, wie der in den Calcaroni (den
offenen durch theilweise Verbrennung des Produkts unter-
haltenen Oefen) dargestellte, und bildet sich zuweilen in
ungeheuren Massen. So konnte die Grube Savarino bei
Castrogiovanni zehn Tausend Cantaren (1 Cant. = 80 Kilo-
gramm) natürlich ausgeschmolzenen Schwefels fördern,
ohne die Produkte ihres Grubenbrandes zu erschöpfen.
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Zu diesen entzündeten Gruben, deren Brand wieder
erstickt wurde, gehört Floristella zwischen Caltanissetta
und Castrogiovanni. Bei einem Besuche dieser Grube
und Betrachtung des durch den Grubenbrand geschmol-
zenen Schwefels fiel Hrn. Silvestri die eigen thümli che
Beschaffenheit desselben auf : aus einer dichten, homogenen
Schwefelmasse lösten sich zollgrofse rhombische Krystalle
heraus, welche übrigens von genau gleicher Beschaffenheit
wie die umhüllende Masse sind. In Drusen aufgewachsene
Krystalle finden sich nicht, doch gestattet die Flächenbe-
schaffenheit jener, aus der Grundmasse sich ausschälenden
Formen ziemlich genaue Messungen. Ich beobachtete an
diesen interessanten Gebilden die Grundform p, das Brachy-
doman und die Basis c, und bestimmte die Combinationskante
zwischen p und n = 132° 30' (d. h. genau gleich dem
von Scacchi für den natürlichen Schwefel angegebenen
Winkel), ferner die stumpfe Kante n : ri = 124° 35' (nach
Scacchi 124° 380- Die Form der Krystalle von Flori-
stella kann demnach als vollkommen identisch mit der-
jenigen des gewöhnlichen rhombischen Schwefels gelten;
doch ist das Ansehen sehr verschieden. Die durch den
Grubenbrand erzeugten Krystalle sind nur an den Kanten
durchscheinend, die Flächen etwas drusig, regelmäfsige
Vertiefungen tragend. Bei dem Herauslösen dieser Kry-
stalle bleiben glatte Eindrücke zurück.
Ich bestimmte das spec. Gewicht des geschmolzenen
Schwefels von Floristella =■• 1,97, vielleicht etwas zu gering
wegen kleiner Hohlräume, welche in der Masse vorhanden
sind. Silvestri fand das Gewicht in zwei Versuchen
= 2,001 und 2,009.
Der Schwefel kann demnach unter gewissen, noch nicht
genau bekannten Umstanden auch die rhombische Form
annehmen, wenn er aus dem Schmelzflusse erstarrt. Die
Ursache liegt wahrscheinlich darin, dafs bei der sehr
langsamen Erkaltung einer so erstaunlich grofsen Masse
von Schwefel innerhalb der Grube die Krystallisation bei
einer unterhalb des gewöhnlichen Erstarrungspunktes liegen-
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den Temperatur stattfand. Auch aus andern Erfahrungen
ist es bekannt, dafs der Schwefel unter gewissen Bedin-
gungen sehr lange und bei niedriger Temperatur flüssig
oder wenigstens plastisch bleiben kann.
Die oben berichtete Thatsache, deren Kenntnifs wir
Hrn. Silvestri verdanken, scheint insofern auch einiges
geologisches Interesse darzubieten, als sie uns lehrt, dafs
unter gewissen Bedingungen ein Mineral aus feurigem
Flusse in einer Form sich bilden könne, in welcher wir
dasselbe künstlich nur auf anderem Wege und bei einer
niedrigeren Temperatur bisher darstellen können. Viel-
leicht dürfen wir z. B. von dem aus feurigem Flusse
rhombisch erstarrten Schwefel einen Schlufs auf den Quarz
der vulkanischen Gesteine (z. B. gewisser Trachyte) ziehen
und auch für dies Vorkommen eine Bildung aus feurigem
Flusse annehmen.
Es sey noch gestattet, der interessanten Schwefelbil-
dungen im Krater der Insel Vtilcano Erwähnung zu thun:
jener in vielen Sammlungen verbreiteten, durch nieder-
träufelnde Schwefeltropfen gebildeten cylindrischen Zapfen,
deren Länge bis 15 Ctm. bei einer Dicke bis zu 2 Ctm.
beträgt. Bei einem Besuche jenes prachtvollen Kraters
(ausgezeichnet durch das Vorkommnn der Borsäure in
1 bis 2 Ctm. dicken Rinden auf den Wänden der Spalten,
des Salmiaks, des Alauns, des Gypses) überzeugte ich
mich, dafs diese Schwefelzapfen nicht wie man gewöhnlich
glaubte, Stalaktiten sind, sondern vielmehr Stalagmiten,
welche in den Kraterspalten senkrecht emporsteigen. Die-
selben sind sehr zerbrechlich, da sie, gleich dem künstlich
geschmolzenen und erstarrten Schwefel, eine molekulare
Umänderung aus dem monoklinen in den rhombischen
Schwefel erleiden.
Natürlich gebildete Krystalle des monoklinen Schwefel*
scheinen bisher nicht beobachtet zu seyn. Mit Bezug
hierauf wird folgende von Prof. G. Rose mir gütigst mÜ-
getheilte Thatsache von grofsem Interesse seyn, dzis
nämlich dem Königl. mineral. Museum zu Berlin vor
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Kurzem „ durch Hrn. Dr. Schneider, welcher als Arzt
27 Jahre auf Java und den Molukken sich aufgehalten
hat, aufser einem fufslangen Zapfen von geschmolzenem
Schwefel, auch ein Stück mit ziemlich grofsen Krystallen
des monoklinen Schwefels verehrt worden ist."
69. Arcanit ') (Glaserit, schwefelsaures Kali) von Roccalinuto.
Durch Prof. Seguenza in Messina erhielt ich im
April 72 zur Untersuchung ein Salzvorkommen von Roccal-
muto in der Provinz Girgenti. Das Stück zeigte, ver-
wachsen mit Steinsalzwürfeln, Krystalle von 2 bis 20 Mm.
Gröfse eines farblosen, an der Oberfläche trüben und
glanzlosen Salzes, dessen Formen auf den ersten Blick an
die Drill ingskrystalle des Aragonits erinnern. Die ge-
wöhnliche Gestalt ist diejenige eines scheinbar hexagonalen
Prismas nebst der Basis. Mehrere Krystalle zeigen iudefs
ganz deutlich Einkerbungen der Combinationskanten, voll-
kommen so wie man dieselben zuweilen bei den Aragonit-
drillingen beobachtet. Fig. 25 stellt einen einfachen,
Fig. 26 a und b einen Drillingskrystall von Arcanit dar. Die
Messung der Flächen geschah mit Hülfe von aufgelegten
Glasplättchen. Aus mehreren etwas abweichenden Winkeln
hebe ich diejenigen heraus, welche mit den vdn Mi tsc her-
lich am künstlichen schwefelsauren Kali (K2 S 04) er-
haltenen Werthen am besten übereinstimmen (vergleiche
Rammeisberg, Krystallogr. Chemie, S. 77).
Mitscherlich.
p:p'=120°30' 120" 24'
c:g = 143 10 143 16
p:g = 107 0 107 18.
1) Nachdem Scacchi nachgewiesen, dafs das Kalinatronsulphat vom
Vesuv im rbomboedrischen System krystallisirt (Rendiconto Acc. Nap.
Marzo 1870), folge ich seinem Vorschlage, auf dies den von Beudant
(1832) gegebenen Namen Aphthalos zu beziehen, für das rhombische
Salz von Roccalmuto einen der andern Namen zu wählen. Da die
von Haidinger gewählte Bezeichnung Arcanit (1845) die Priorität
vor dem Glaserit Hausmann 's (1847) besitzt, so wähle ich den
ersteren Namen für die Krystalle von Ruccalmuto.
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360
Die Krystallform ist demnach, soweit die Unvoll-
kommenheit der Messung es gestattet, als identisch mit
derjenigen des von Mit scher lieh gemessenen Salzes zu
betrachten.
Zur Analyse verwandte ich einen 15 Mm. grofsen deut-
lichen Drillingskrystall. Das Salz löste sich leicht und
ohne Rückstand in Wasser auf. Salpetersaures Silber
gab nur einen unwägbaren Niederschlag, Magnesia war
nicht nachweisbar. Die Bestandteile des Salzes sind aus-
schliefslich Schwefelsäure, Kali und Natron. Davon wur-
den die beiden ersten direkt, das Natron aus dem Ver-
luste bestimmt:
Schwefelsäure 49,50 (zweite Bestimmung 49,25)
Kali 33,24
(Natron 17,26)
100,00.
Es besteht demnach dies Salz aus:
schwefelsaurem Kali 61,47
schwefelsaurem Natron 38,53
100,00.
Die Mischung entspricht nahe der durch die Formel
4K1S04-+-3Na1S04 verlangten:
schwefelsaures Kali 62,05
schwefelsaures Natron 37,94
100,00.
In der vorliegenden Verbindung von Schwefelsäure,
Kali und Natron genügt begreiflicher Weise die Be-
stimmung eines einzigen Bestandteils, um die Menge der
beiden andern zu berechnen. Legen wir die Bestimmung
des Kalis = 33,24 pCt. zu Grunde, so ergibt sich Schwefel-
säure «m 49,94, Natron « 16,82.
Unter den Krystallen jenes einzigen mir zur Verfugung
stehenden Handstücks bemerkte ich einige vou scheinbar
rhomboedrischem Habitus, s. Fig. 27. Da dieselben auf-
gewachsen waren, so war es nicht möglich, über die Aus-
bildung des untern Endes Gewifsheit zu erlangen. Um
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zu ermitteln, ob diese scheinbar rhomboedrischen Krystalle
dieselbe Zusammensetzung besitzen, wie die oben ange-
gebene, wurden kleine Mengen jener Krystalle (0,203 Gr.)
zur Bestimmung des Kalis und (0,106 Gr.) zur Bestimmung
der Schwefelsäure verwandt. Es ergab sich
Schwefelsäure 50,08
Kali 31,40.
Es möchte demnach nicht zu bezweifeln seyn, dafs beide
Ausbildungsweisen eine wesentlich identische Mischung
besitzen. Die Winkel der scheinbar rhomboedrischen
Krystalle wurden bei Messungen mit aufgelegten Glas-
plättchen als annähernd gleich jenen aragonitähnlichen
Krystallen gefunden. Ich halte demnach die scheinbar
rhomboedrischen Krystalle gleichfalls fOr Drillinge gebildet
aus an einander gefügten Individuen, während jene erstere
Art mittelst Durchwachsung gebildet ist. Die trübe Be-
schaffenheit der Krystalle gestattete leider weder genaue
Messung, noch optische Untersuchung. Wären die Drillinge
der zweiten Art demnach am untern Ende ausgebildet,
so würden sie, unserer Voraussetzung gemäfs, kein Rhom-
boSder, sondern ein Trigonoeder bilden.
Das Kalisulphat wurde bisher nur am Vesuv angegeben.
Schon Haüy kannte das schwefelsaure Kali des Vesuvs.
Sehr schön kam dies Salz im Nov. und Dec. 1848 im
Vesuvkrater vor, und wurde durch Guiscardi beschrieben.
Es waren weifse oder gefärbte, kleine sechsseitige, faden-
artig zusammengereihte Tafeln und Effloreseenzen mit
etwas Kochsalz und Glaubersalz (s. Roth, der Vesuv,
S. 431). Auch bei der Eruption von 55 wurde es und
zwar als Bestandteil der Salzkrusten beobachtet, ebenso
in den Jahren 68 und 69. Dies vesuvische Salz sollte
nach den bisherigen Annahmen rhombisch krystallisiren ;
Scacchi wies indefs vor Kurzem nach, dafs seine Form,
die rhomboedrische sey. Das Kalisulphat vom Vesuv ist
demnach von dem Mineral von Roccalmuto zu trennen.
Roccalmuto ist bisher das einzige Vorkommen dieses
seltenen Minerals.
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362
Die Krystallisation des schwefelsauren Kalis und Kali-
Natrons wurde bekanntlich zuerst von Mitscherlich,
später namentlich in sehr eingehender Weise von Scacchi
untersucht (Polisimmetria dei cristalli, Aiti R. Acc. d. sc,
Napoli 1863, S. 10 — 69). Das reine schwefelsaure Kali
krystallisirt zufolge diesen Untersuchungen im rhombischen
Systeme (wie das natürliche Salz von Roccalmuto). Ein
Gehalt der Krystalle an schwefelsaurem Natron, wenn
dessen Mengen verhältnifs mindestens § von demjenigen des
Kalisulphats beträgt, bewirkt, dafs die Krystalle in einer
andern polysymmetrischen, dem rhomboedrischen Systeme
angehörigen Form sich ausbilden. Das angegebene Ver-
hältnifs gilt indefs nur bei Temperaturen zwischen 15#
und 28°. Bei höherer Wärme bilden sich auch noch
rhombische Krystalle, selbst wenn der Gehalt an schwefel-
saurem Kali unter 50 Proc. herabgeht. Man darf dem-
nach wohl schlielsen, dafs die Krystalle von Roccalmuto
sich bei einer höhern Temperatur als 28° gebildet haben.
Die Salzlagerstätte von Roccalmuto gehört dem untern
Miocän an. Als älteste Bildung jener Gegend treten nach
gefälliger Mittheilung des Hrn. Direktor Stöhr zu Grotte *)
Kalke mit Orbituliten, Nummuliten und Hippuriten her-
vor; diese Kalkmassen ragen zuweilen isolirt als gewaltige
Felsklötze empor. Das Salz ruht in Thonmassen und ist
mit Gyps verbunden. Es wird durch Tagebau gewonnen,
doch ist die Ausbeute nur eine sehr geringe, da sich der
Preis des englischen Salzes in Girgenti billiger stellt, als
derjenige des Salzes aus der nur 15 Mgl. fernen Lager-
stätte von Roccalmuto. Ueber der Salzformation ruhen
schwefelfuhrende Mergel, darüber mächtige Gypse und
als Decke des Höhenzugs weifse thonige Mergel mit
Foraminiferen , sowie mit Fischschuppen und -zähnen.
♦Dies sind die sogenannten Trubi. Der Plataniflufs, wel-
cher einige Mgl. südöstlich" von Roccalmuto entspringt,
seinen Lauf zuerst gegen N., dann nach W. und SW.
nimmt, durchbricht, kaum 1 Mgl. nördlich Roccalmuto,
jenen Höhenzug und legt das angedeutete Profil blofs.
1) Jetzt zu Comitini.
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363
Es ist wohl b cm erkens werth, dafs bisher noch auf
keiner andern Steinsalzlagerstätte Arcanit sich gefunden
hat. Zu Stafsfurth, welches eine so grofse Menge interes-
santer Salze geliefert hat, fehlt es zwar nicht an Kali-
sulp hat ; dasselbe ist indefs mit den Sulphaten des Kalks und
der Magnesia zu Polyhalit verbunden *).
70. Ueber einen ausgezeichneten Jordanitkrystall.
In No. 11 dieser Mitth. (s. d. Ann. Bd. 122, S. 387)
wies ich auf ein neues Mineral aus dem Binnenthale hin,
welches sich durch eine derjenigen des Kupferglanzes,
Aragonits usw. analoge Zwillingsbildung von zwei andern
ähnlichen, gleichfalls im rhombischen System krystallisiren-
den Schwefelverbindungen derselben Fundstätte, dem
Dufresnoysit und dem Skleroklas (Sartorit, Dana) unter-
scheidet. Derselbe geehrte Freund, welcher mir die, der
früheren Bestimmung zu Grunde liegenden Krystalle an-
vertraute und gestattete, das neue Mineral nach ihm zu
benennen, übergab mir zur Untersuchung einen neuen,
herrlichen Jordanitkrystall, der im Jahre 1871 in der
Schweiz erworben war. Dieser Krystall, dessen Länge
5 Mm., Breite 3, Dicke 1|, ist fast naturgetreu in Fig. 19,
einer geraden Projection auf die basische Fläche, darge-
stellt. In jener früheren Mittheilung wurde dargethan,
dafs beim Jordanit aufser der Basis und dem verticalen
Prisma zwei Reihen von Formen entwickelt sind, welche
in ihren Combinationen sich zu Pseudodihexaedern in
bekannter Weise ergänzen (z. B. P mit 2Poo), nämlich
Protopyramiden oder Oktaeder der Hauptreihe o und
Brachydomen f. Der neue Krystall bietet nun zwei früher
nicht beobachtete Reihen von Flächen dar: Oktaeder der
Reihe u=(a:j&^c) und Makrodomen, von denen wieder
mehrere sich zu einer dihexaöderähnlichen Forin ergänzen
können. Unser Krystall, wohl einer der flächenreichsten,
1) Nach einer Mittheilung von Silvestri wurde der 9Aphthalosu von
Roccalrnuto bereits 1857 erwähnt von Gianbutt Barresi, Dimos-
tratore alla cattedra di Storia naturale z\x Palermo.
uigit
364
welche bisher im rhombischen System beobachtet wurden,
ist eine Combination folgender Flächen; die neubeobach-
teten sind durch einen Asterisk bezeichnet:
c wm (oo a : oo 6 : c), 0 P
in = (a : 6 : oo c), oo P
o = (a : 6 : c), P
io = (2a:26:c), |P
\o = (3a : 36 : o), \P
\o = (4a:46:c), \P
\o «x (5a : 56 : c), \P
\o = (6a: 66 : c), JP
'o t=(7a:76:c), |P
\o tm (8a : 86 : c), |P
Jo* — «(9a:96:c), JP
t,* =(a:i6;c), 3P3
Jti* = (a:}6: Je), P3
l«*-(a:i»:}c), |P3
|m* = (a: J6: Je), }P3
*u* = (a:|6:}e), JP3
2/ — (ooa:6:2c), 2Poo
/• ss (oo a : 6 : c), P oo
|f == (ooa : 6 : §c), JPoo
= (ooa:6:Jc), JPoo
I/1 «(ooarft^c), |Poo
\f = (ooa : 6 : »c), JPoo
«=(ooa:6:?c), JPoo
\f = (ooa : 6 : Je), JPoo
\r =(ooa:6:fc), |Ao
d* = (a : oo 6 : e), Poo
Jd* =(a: oo6:ic), JPoo
•d* =(a : oo 6: Je), JPoo.
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365
Aus den vorstehenden Formeln folgt, dafs jedes Okta-
eder der Reihe o durch ein entsprechendes Brachydoma
zu einer dihexaöderähnlichen Gestalt ergänzt wird. In
derselben Relation stehen \n zu d und \u zu Jd, indem
sie ein Pseudodihexaeder anderer Ordnung darstellen, wie
jene durch Glieder der Reihe o und f gebildete. Der
Krystall ist, wie Fig. 19 zeigt, ein Zwilling, in welchem
das eine Individ über das andere vorherrscht. Auf den
Randflächen der scheinbar hexagonalen Tafel ist die Gränze
der Individuen durch stumpfe aus- und einspringende
Kanten bezeichnet, welche durch Formen der Reihen o
und o und / gebildet werden. Dünne Zwillingslamellen
sind aufserdem einer jeden der beiden Krystallhälften ein-
geschaltet und erscheinen als feine Linien. Bei der ersten
Bestimmung des Jordanits (1862) bediente ich mich eines
Goniometers, welches zwar mit einem genauen Ccntrir-
Apparat, doch nicht mit einem Fernrohr versehen war.
Ich habe deshalb den damals beschriebenen Krystall
nochmals mit dem gröfseren Goniometer gemessen und
stelle die älteren (I) und die neueren (II) Resultate neben
einander:
L II.
Jo:c=133° 0' 133° 1'
\oie*m 139 22} 139 21
}o : c =» 148 30 148 30.
Es liegt demnach kaum ein Grund vor, die früher be-
rechneten Axenverhältnisse zu ändern. Auch die Winkel
des neuen Krystalls stimmen sehr nahe mit den früher
angegebenen überein. Ich fand nämlich
\o : c = 115° 0' (ber. aus den Axen des älteren
Krystalls = 115° 0')
}o:c= 148 28 (ber. 148° 30').
Als Ergänzung der früher gegebenen Winkeltabelle
mögen hier die Neigungen der neuen Flächen gegen die
Basis eine Stelle finden:
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366
\o : c = 154° 31' Jw : c = 129° 54'
U'. c = 155 42} \u : c= 134 17{
u:c = 97 56 d: c = 110 42
}ti: C— 112 41J \d : c = 127 5
J«: c= 119 8 Je/: c= 138 35.
Der geschilderte Jordanitkrystall , von bewunderns-
werthem Flächenglanz, ruht, an beiden Enden frei aus-
gebildet, in einer mit zierlichen Quarzkrystallen bekleideten
Druse des bekannten weifsen Dolomits. Auf derselben
Stufe bemerkt man ferner gelbe Blende, Eisenkies, Adular,
Schwerspath (wohl die wegen ihres Strontiangehalts von
Prof. Sartorius Barytocölestin genannte Varietät1).
71. Glimmerkrystalle rom Vesuv.
Wir verdanken Hrn. Hessenberg, wie bekannt, eine
ausgezeichnete Arbeit über den vesuvischen Glimmer, durch
welche die so lange bestehenden Zweifel hinsichtlich des
Krystallsystems dieses Minerals endlich gehoben, und das
Axenverhältnifs mit einer solchen Genauigkeit bestimmt
wurde, dafs fernere Untersuchungen schwerlich eine Cor-
rection desselben veranlassen werden (s. Miner. Notizen
No. 7, S. 15 — 28, 1866). Wenn ich mir gestatte, nach
jener hervorragenden Arbeit meines Freundes nochmals
auf diesen Gegenstand zurückzukommen, indem ich die
naturgetreue Zeichnung eines Glimmerkrystalls (Fig. 24,
24a) nebst einigen Messungen mittheile, so geschieht es,
einerseits um zu zeigen, wie genau mit Hessenberg 's Mes-
sungen die meinigen übereinstimmen, andererseits weil
ich wohl vermuthen darf, dafs nur wenige Fachgenossen
gleich ausgezeichnete Glimmerkrystalle wie Fig. 24 gesehen
haben. Unser Krystall von röthlich gelber Farbe zeigt
ein durchaus monoklines Ansehen, und ist eine Combi-
nation folgender Formen:
Hauptrhombo&der r = (a : a : oo a : c), R
Dihexaeder o = (3a : %a : 3a : c), JP2
M = (la:|a:Ja:c), JP2
zweites Prisma h = (a : £a : a : oo c), oo P2
Basis c sä* (oo a : oo a : oo a : c), OP
1) Die chemische Zusammensetzung des Jordanit's wurde vor Kurzem
durch Hrn. Sipöcz im Laboratorium des Hrn. Prof. Ludwig zu Wien
erforscht, s. Mineral. Mitth. von Tschermak 1873 1. und 2. Heft.
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367
Wie unsere Zeichnung erkennen läfst , tritt von den
genannten Formen nur das Hauptrhomboeder vollflächig
auf; freilich zeigen seine Flächen zufolge der unvoll-
zähligen Entwicklung von o, M und h eine sehr verschie-
dene Gestalt. Die beiden Dihexaeder o und M treten
nur mit einem Drittel ihrer Flächen auf, und zwar o auf
der vordem, M auf der hintern Seite. In gleicher Weise
zeigt auch das zweite hexagonale Prisma nur ein Drittel
seiner Flächen. So entsteht eine scheinbar monokline,
parallelflächige Form, deren Flächen unter Voraussetzung
eines monoklinen Systems auch in folgender Weise be-
zeichnet werden könnten.
r = (a : \b : c)
r"=Go': 006 : c)
o = (a : 6 : c)
Jtf=(Ja': J6: c)
h am (00 a : b : 00 c)
c mu (00 a t 00 b : c).
Die Axen worauf sich diese Formeln beziehen, würden
8ämmtlich rechtwinklig zu einander stehen und sich ver-
halten a : b : c = 0,57735 : 1 : 1,64400. Es leuchtet ein,
dafs wir den dargestellten Krystall auch als rhombisch
würden betrachten können, unter Voraussetzung derselben
Hemiedrie, welche den Humit auszeichnet. Das eben
angegebene Verhältnifs der Axen a und b ist indefs ge-
nau gleich demjenigen der Tangenten von 30° und 60°,
woraus folgt, dafs die ebenen Winkel der Basis = 120°
und 60°. Diese Winkel schliefsen den Glimmer aus dem
monoklinen und rhombischen Systeme aus. Nach den
Arbeiten Hessenberg's und von Kokscharow's waltet
nicht der mindeste Zweifel ob, dafs unser vesuvischer
Glimmer dem hexagonalen Systeme angehört.
Der Reflex der Flächen des dargestellten Krystalls
und zwar besonders der Flächen r und h ist so voll-
kommen, wie man ihn nur bei wenigen Mineralien findet.
Um den rhomboOdrischen Charakter zu prüfen mafs ich
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368
r : c = 99° 59'
r' : c = 100 0
r": c = 100 0.
Die fast vollkommene Uebereinstimmung dieser Winkel
liefert den Beweis für den rhomboedrischen Charakter
der Flächen rVr". Legen wir, wie es auch von Hessen-
berg geschehen, den Winkel 100° 0' zu Grunde, so be-
rechnet sich die Polkante von r = 62° 57' und das Axen-
verhältnifs a : c = 1 : 4,91138.
Eine Vergleichung der folgenden Winkel wird den
Beweis für die treffliche Ausbildung des gemessenen Kry-
stalls liefern.
Gemessen.
Berechnet.
r : h mm 148° 31'
148° 31' 30"
r' : h' = 148 34
o : o'= 122 50
122 51 52
o : r = 150 2|
150 2 34
o':r' = 150 3
o:c= 106 57}
106 58 59
& : c = 106 58
JH: c'= 98 37
98 40 56
Jtf':c'= 98 41
Ä':A'=119 41
119 37 18
Jtf:r"=o
150 22 42
Jf:tf'=:120 45
120 45 24
OlMmm
154 20 4.
72. Ueber den angeblichen Epidot vom Vesut.
Hr. Marignac las im Jahre 1848 in der Soc. de
Phys. et d II ist. nat, zu Genf eine Arbeit über den Epidot,
in welcher er Zwillingskrystalle einer Epidotdruse beschrieb,
die von L. Neck er dem Genfer Museum geschenkt waren
(Arch. d. sc. phys. et nat. Suppl. ä l. BibL unit). No. 14).
Jener Aufsatz von nur wenigen Seiten war für die Kennt-
nifs des Epidotsystems von grofser Wichtigkeit, indem
Marignac für die Kry stalle des Epidots eine neue, von
der früheren Mohs'schen abweichende Aufstellung vor-
■
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369
schlug, welche jetzt eine fast allgemeine Annahme ge-
funden hat. Auch abgesehen von dem krystaliographischen
Interesse jener Arbeit, war die Mitheilung vom Vor-
kommen des Epidots am Vesuv geeignet, die Aufmerk-
samkeit in hohem Grade auf sich zu ziehen. Der Epidot
war und ist bis jetzt niemals auf vulkanischer Lagerstätte
beobachtet worden und gehört demnach zu der, durch
die neuere Forschung stets sich vermindernden Zahl von
Mineralien, deren Lagerstätten ausschliefslich gewissen
geologischen Formationen angehören. Freilich wohnt
jenen sog. Gesetzen, welche der Ausdruck sind ftir die Beob-
achtung der Mineralien in den verschiedenen Gesteinen,
nur ein bedingter Werth bei. Lang bewährte Er-
fahrungen erweisen sich in Folge einzelner Funde als
Täuschungen. Geraume Zeit hielt man z. B. daftir, dal's
die cerhaltigen Mineralien, Ortbit und Monazit, nicht in
vulkanischen Gesteinen vorkämen, bis sie sich theils am
Vesuv, theils am Laacher See in den Auswürflingen
fanden.
Der Fundort der von Mar ig na c so trefflich beschrie-
benen Kry8talle ist nicht ohne Anzweiflung geblieben.
So findet sich in einem verdienstvollen Werke über den
Vesuv die vielleicht überkritische Bemerkung „die von
Marignac, als vom Vesuv abstammend, beschriebenen
Epidote, deren Herkunft von dieser Oertlichkeit zweifel-
haft ist, gehören dem Augite anu. Konnte ein For-
scher wie Marignac nach einer „Hude approfondie" der
in Rede stehenden Krystalle, welche er in sorgsamer,
auch inDesCloizeauxs Atlas (Fig. llö) übergegangener
Zeichnung darstellte, in Bezug auf die Bestimmung, ob
Epidot oder Augit, irren4?
Bei dem doppelten, sowohl krystaliographischen als
geologischen Interesse der erwähnten Krystalle, war es
schon seit lange mein Wunsch, dieselben durch Autopsie
kennen zu lernen. Hr. Marignac kam meiner Bitte in
dankenswerthester Weise entgegen, indem er im März 72
mir sowohl das betreffende Stück zeigte, als auch dasselbe
PoggendorfFB Ann. Ergäuzungsbd. VI. 24
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370
später zur genaueren Untersuchung sandte, die briefliche
Bemerkung hinzufügend, dais durch Verwechlung der
Etiquetten der Necker 'scheu Sammlung wahrscheinlich
ein Irrthuin in der Angabe des Fundorts entstanden sey.
Die Betrachtung des Handstücks hat mir die Gewifsheit
gegeben, dafs dasselbe nicht vom Vesuv stammen könne.
Es ähnelt vielmehr fast vollkommen den Vorkommnissen
von Ala oder auch von Zermatt und rührt wohl unzweifel-
haft von einem dieser beiden Punkte her. Die Krystalle,
bis 8 Mm. grofs, erfüllen eine 30 Mm. grofse Druse, deren
Muttergestein aus derbem Epidot nebst sehr wenig Klino-
chlor besteht. Keine Spur der bekannten Vesuvmineralien
findet sich im Gemenge dieses Handstücks, welches seine
gerundete Form wohl als ein Gerolle erhalten hat.
Selbst nachdem in Folge des nicht vulkanischen Vor-
kommens die Stufe einen Theil ihres Interesses verloren,
behält sie einen nicht geringen krystallographischen Werth
durch Auftreten einiger seltenen, sowie einer wohl nicht
sicher bisher bestimmten Fläche. Die Krystalle scheinen
sämmtlich Zwillinge zu seyn, gebildet nach dem beim
Epidot gewöhnlichen Gesetze: „Zwillingsebene Tu. Fig. 28
stellt einen kleinen Krystall dar, welchen ich genauer
untersuchen konnte. Unter Voraussetzung der Grundform
von Marignac, welche von Des Cloizeaux, von
Kokscharow und in der 8. Aufl. seiner vortrefflichen
Elemente der Min. auch von Naumann ist adoptirt
worden, haben wir eine Combination folgender Formen:
n = (a! : 6 : c), P
£= (a': *b : c), (5P5)
Ga':}»:*), JPJ
« = (3a : 36 : c), — JP
r = (a' : oo b : c), Poo
l = (Ja': oo6 : c), 2 Poo
z = (a : 6 : oo c), oo P
u mm (a : 2 b : oo c), oo P2
M= (ooa : oo 6 : c), 0P
T mm (a : oo 6 : oo c), oo Pco
P mm (oo a : 6 : oo c), (oo Poo ).
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371
Der von Hrn. Marignac untersuchte, von Des Cloi-
zcaux neu gezeichnete Krystall enthält aufser w, «, r, /,
z, M, J»f, T, P noch folgende Flächen: (GP6), — (JP2),
-(P4), -Poo, -JPoo, -2P*>, (Poo), yPJ. Diese
letztere Fläche ist es, von welcher ich oben sagte, dafs
ihre Bestimmung vielleicht nicht sicher sey. Es ist die
oben mit bezeichnete Fläche. Wenn die von Marignac
gegebene Formel = (iöa •' &^ •* c) richtig wäre, so kann
die bezeichnete Fläche nicht in die Zone »' : * : I fallen.
Dies ist aber, wie ich mich überzeugen konnte, in der
That der Fall, wie es auch die Formel JPJ erheischt.
Für diese letztere Flächenlage berechnen sich folgende
Winkel :
Gemessen.
rj: M = 99° IT
tl : P — 123 49
»; : T = 143 37 143 35
V:n =146 38| 146 30
ti iz = 157 25J
n : l m, 143 37}
t] : r\ =112 22
Man bemerke, dafs die Neigung von ?; zu T und /
fast genau dieselbe ist.
Für das Hemioktaöder \° PI gibt von Kokscharow
(8. Mat. III, S. 338) folgende Neigungen an:
Gemessen von Marignac.
¥PJ: M = 98° 40' 98° 40'
„ : P = 123 404 123 37
„ : T = 143 30? 143 48.
Zwei der ebeu angeführten Messungen stimmen dem-
nach näher überein mit denjenigen Werthen, welche sich
aus der Formel l£ PI berechnen, als mit denen der Formel
JPJ. Nichtsdestoweniger halte ich diese letztere Be-
stimmung für die richtige, weil nur sie der beobachteten
Zone entspricht. Bereits Des Cloizeaux hat der frag-
lichen Fläche sowohl in der Fig. 115 des Atlas zu seiuem
Manuel als auch in der Kugelprojection die durch jene
24*
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I
372
Zone bedingte Lage gegeben. Ebenso haben von Ze-
pharovich (Sitzungsber. d. Kais. Ak. Bd. XLV, Jahr-
gang 1862) und Schrauf (Sitzungsber. d. Kais. Ak.
Bd. LAIV, Jahrg. 1871) in ihren treff'lichen Arbeiten über
den Epidot jene Mariguac'sche Fläche als \P\ ver-
mutungsweise gedeutet. Ich darf vielleicht die Bemer-
kung hinzufugen, dafs ich die Fläche tj als IP\ bestimmte,
bevor ich Kenutnifs von der Erwähnung derselben bei
Des Cloizeaux, Zepharovich und Schrauf besafs.
An dem beschriebenen Kry stall wurde ferner gemessen
die Zwillingskante n : n — 138" 9' (ber. 138° 7j')- Die
Bestimmung von E als (5P5) geschah durch die Messung
E : n = 152° 43' (ber. 152° 49J').
73. lieber deu Mikrosommit
Mit dem Namen Mikrosommit bezeichnete Scacchi
ein von ihm zuerst in den Auswürflingen der Vesuv-
Eruption von 1872 beobachtete« Mineral (Contrib. mineraL
Incendio Ves. Atti R. Acc. Nap. Ottobre 72). Scacchi
theilt Über diese neue Species folgendes mit: „Krystall-
form hexagonal, Prismen begränzt durch die Basis. Sehr
klein, sodals 20 Kryställchen etwa 1 Mgr. wogen. Mit
Rücksicht auf ihre Form könnte man sie dem Nephelin
zuzählen, doch scheint es mir nicht, dal's sie mit diesem
Mineral zu vereinigen sind. Sie unterscheiden sich näm-
lich durch ihre zuweilen vorhandene Gruppirung in Büscheln
und mehr noch in chemischer Hinsicht durch ihren Chlor-
gehalt. Eine qualitative Prüfung des in Chlorwasserstoff-
sätire löslichen Minerals ergab Kieselsäure, Thonerde,
Kalk, Kali, Natron, Chlor und Schwefelsäure. Ob die
beiden letzteren deren Menge etwa 6 Proc. — für jeden
dieser Stoffe — gefunden wurde, zur Constitution des
Minerals gehören, dürfte einem Zweifel uuterliegen, da es
sehr schwierig ist, die Kryställchen rein auszusuchen."
Unter den von Hrn. Scacchi mir verehrten Auswürf-
lingen waren auch solche, welche in den Drusen Mikro-
sommit als neugebildetes Mineral enthielten. Es findet
1) Bereit« vorgelegt d. K. Akad. d. Wissensch, zu Berlin durch G. Rose,
'21. März 1873.
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373
sich in den beiden Arten der bei der letzten Eruption
aus dem grofsen Schlünde im Atrio ausgeschleuderten
Blöcken, den monolithischen — welche aus einem einzigen
Fragmeute alter poröser Sommalaven bestehen — und den
conglomeratischen — dies sind locker verbundene Lava-
bruchstücke nebst losen Augitkrystallen — ; beide Arten
pflegen von einer dünnen Schale neuer Lava umschlossen
und zusammengehalten zu seyn. Bei den monolithischen
Blöcken erfüllen die durch Sublimation entstandenen Neu-
bildungen (Leucit, Sodalith, Mikrosommit, Augit, Horn-
blende, Eisenglanz) die Poren, bei den Conglomeraten die
Zwischenräume der einzelnen Stücke.
Der Auswürfling, aus welchem die zur Untersuchung
verwandten Kryställchen stammten, war monolithisch, eine
röthlichbraune Leucitlava; die bis erbsengrofsen Leucite
in der ftir diese Blöcke der Eruption von 1872 charak-
teristischen Weise zersetzt; die Augite scheinbar unver-
ändert. Die Poren beherbergen aufser Mikrosommit nur
noch Eisenglanz. Die Prismen des neuen Minerals sind
ausserordentlich klein. Nur das Interesse, welches die-
selben wegen ihrer Bildung durch Sublimation erweckten,
konnte den Aufwand von Zeit rechtfertigen, welchen das
Aussuchen von etwa 1500 Kryställchen im Gewichte von
Gr. aus dem grob gepulverten Gesteine erheischte.
Krystallsystem hexagonal. Die Formen prismatisch,
durch die matte Endfläche begränzt. Die Kanten zwischen
Prisma und Basis sind zuweilen abgestumpft durch ein
Dihexaeder. Gemessen die Neigung des Dihexaüders zum
Prisma = circa 111° 50'. Daraus das Axenverhäitnifs
a : c mm 2,88 : 1.
Dihexaeder-Endkante = 158° 34' ber.
„ Seitenk. *= 43 40 „
Die angegebenen Axenwerthe und Winkel sind nur
als Annäherungen zu betrachten. Die Flächen des Pris-
mas sind vertical gestreift, zuweilen fast gerundet. Farb-
los, wasserhell. Härte etwa gleich Feldspath. Spec. Gew.
2,60 (bei 15° C). Nur schwierig v. d. L. schmelzbar.
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374 *
Selbst bei heftigstem Glühen zeigt sich kein Glühverlust.
In Chlorwasserstoff-, wie in Salpetersäure zersetzbar unter
Abscheidung von gallertartiger Kieselsäure. Die salpeter-
saure Lösung gibt mit salpetersaurem Silber eine starke
Fällung von Chlorsilber. Zunächst wurden durch eine
qualitative Prüfung säramtliche von Scacchi angegebenen
Bestandteile bestätigt. Die Analyse, zu welcher nur
,'ö Gr. reinster Substanz zur Verfügung stand, ergab :
Kieselsäure
33,0
Thonerde
29,0
Kalk
11,2
Kali
11,5
Natron
8,7
Chlor
9,1
Schwefelsäure
1,7
104,2.
Denken wir uns das Chlor mit Natrium verbanden
(9,1 Cl -h 5,9 Na; diese letzteren entsprechend 8,0 Proc.
Natron), so vermindert sich der Ueberschufs der Analyse
auf 2,1 Proc, und wir erhalten neben 5,9 Na noch 0,7 Proc.
Natron. Die in der Analyse angegebene Natronmenge
wurde in Gemeinschaft mit dem Kali als Sulfat gewogen
und durch Subtraction des aus dem Kaliumplatinchlorid
berechneten Kali bestimmt. Es ist mir deshalb wahr-
scheinlich, dafs der Gehalt an Natron etwas zu hoch aus-
gefallen und dafs diefs Alkali ausschlieislich mit Chlor zu
Chlornatrium verbunden ist. Die Sauerstoffmengen der
Kieselsäure (== 1^,0) und der Thonerde (= 13,5) verhalten
sich nahe wie 4:3, so dafs dieser Theil der Mischung
= A\2 Os -f- 2SiOa, wie bei Sodalith, Nosean und Haüyn.
Der Mikrosommit enthält in isomorpher Mischung Kalk
und Kali und stellt demnach ein Halbsilicat von Thon-
erde, Kalk, Kali dar, verbunden mit Chlornatrium und
einer kleinen Menge von schwefelsaurem Kalk. Die Formel
j jv^Q | , AI, 03, 2SiOa -f- NaCl würde folgende Mischung
ergeben: Kieselsäure 34,03; Thonerde 29,15; Kalk 9,53;
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t
375
Kali 10,69; Natrium 6,52; Chlor 10,08. Nehmen wir
die kleine Menge des Kalksulfats in die Formel auf, so
würde die gefundene Mischung sich annähernd durch fol-
gendes Bild darstellen lassen:
icao!' Ala°3' 2Si04 + NaCl-f-;äCaO.S03.
Diese Formel würde folgende Mischung erheischen:
Kieselsäure 33,0
Thonerde 28,3
Erwägen wir, dafs zur Analyse kaum ^ Gr. zur Ver-
fügung stand, so kann die Uebereinstimmung der gefun-
denen und der aus jener Formel berechneten Mischung
wohl als befriedigend gelten.
Der Mikrosommit enthält demnach wie der Sodalith
Chlornatrium. Die Silicatmischung beider Mineralien ist
nach demselben Typus gebildet; während aber der Soda-
lith neben der Thonerde nur Natron enthält, ist im Mikro-
sommit statt des letztern Kali und Kalk vorhanden. Durch
seinen Kalkgehalt ist der Mikrosommit auch dem Haüyn
vergleichbar, welcher indefs eine tiberwiegende Menge von
Schwefelsäure und nur wenig Kali und Chlor enthält.
Der Mikrosommit verbindet die Sodalithgruppe mit dem
Nephelin, welchem das neue Mineral in der Form nahe
steht. In der Thaf stimmt das stumpfste der von Dos
Cloizeaux am Nephelin angegebenen Dihexaeder [ob
wirklich vorkommend?] nahe überein mit dein Dihexaeder
der neugebildeten vesuvischen Prismen, deren Entstehung
durch eine Einwirkung der mit Chlornatrium beladenen
vulkanischen Dämpfe auf die Leucite (Kali, Thonerde)
und Augite (Kalk) zu erklären ist. Wir begegnen dem-
nach hier einem neuen Beispiel der Mitwirkung des Meer-
Kalk 10,5
Kali 10,4
Natrium 6,3
Chlor 9,8
Schwefelsäure 1,7
Natron 8,5
100,0
102,2.
376
salzes bei der Mineralfoildung vulkanischer Processe. —
Wie der Davyn und Cancrinit Nepheline sind mit einem
Molekül von kohlensaurem Kalk, so ist der Mikrosommit
ein Nephclin mit einem Mol. Chlornatrium. Es können
demnach der Nephelin nebst Davyn, Cancrinit und Mikro-
sommit einerseits, Sodalith, Nosean, Haüyn, Lasurstein
andrerseits als isodimorphe Verbindungen betrachtet wer-
den; — vorausgesetzt, dafs in der That dem Nephelin
die Formel (Na, K)aO, Ala03, 2SiOt zukommt, welche
Rammeisberg (Zeitschr. d. geol. Ges. Bd. XXI, S. 123)
aufstellt.
74. Ueber ein neues Mineral (Chalkomorphitf auf einem Einschlüsse in
der Lava von Niedermendig.
Hr. Dressel, vormals zu Laach, jetzt Professor in*
Quito, beabsichtigte als Ergänzung der werthvollen Ar-
beit des Prof. Wolf Ober die „Auswürflinge des Laacher
Sees" (siehe Zeitschr. der deutsch, geol. Ges. Bd. XIX,
S. 451 —492, Bd. XX, S. 1 — 78) eine Untersuchung und
Beschreibung der in den Lavaströmen von Niedermendig
und Mayen vorkommenden Mineralien. Leider vereitelte
die Uebersiedlung DresseTs nach Quito die Ausfuhrung
jener Arbeit. Als vor einer Reihe von Jahren Hr.
Dressel die von ihm gesammelten Vorkommnisse aus
jenen Strömen mir zeigte, wurde meine Aufmerksamkeit
auf ein Stück dichten Kalks gelenkt, einen Einschlufs aus
jeuer Lava, auf dessen Oberfläche und in dessen Klüften
feine wasserhelle Nadeln eines dem äufsern Ansehen zu-
folge Mcsotyp - ähnlichen Minerals aufgewachsen waren.
Da diese Krystalle bei ihrem Flächenglanz trotz ihrer Klein-
heit genaue Messungen zu gestatten scliienen, so erbat ich
von Hrn. Dressel ein Stückchen jenes Kalkeinschlusses,
um durch genauere Bestimmung der Prismen einen kleinen
Beitrag zu der von Dressel beabsichtigten Arbeit zu
liefern. Als ich nach Verlauf längerer Zeit die kleinen
Nadeln (Länge 1—4 Mm.; Dicke ^-jMm.) genauer
betrachtete, nahm ich wahr, dafs sie dem Anscheine nach
eine Combination des hexagonaleu Prisma's mit der Basis
bilden. Da die Vermuthung, dafs hier Nephelin, Apatit
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oder Aragonit vorliege, sich nicht bewahrheitete, so mussten
die Krystalle, weil wahrscheinlich einem neuen Mineral
angehörig, ein erhöhtes Interesse erwecken. Es gelang,
dieselben am Fernrohrgoniometer genau zu messen.
Krystallsystem hexagon.il Axenverhältnifs a (Seitenaxe)
: c (Verticalaxe) = 1 : 1,8993. Beobachtete Formen:
(o : a : oo a : c), P
(a : a : oo a : oo c), oo P
(oo a : oo a : oo a : c), 0 P.
Der Berechnung wurde zu Grunde gelegt die ge-
messene Neigung der Basis zu einer Dihexaederfläche
= 114° 24'.
Daraus berechnet sich die Endkante von P= 124° 56 j'
„ „ Seitenk. „ P=131 12
Neigung der Flächen P zur Verticalen 24 24
„ „ Endkanten P zur Verticalen = 27 46.
Die Kanten des Prismas wurden genau = 120°, die
Combinationskante von oo P : 0 P genau = 90° gemessen.
Spaltbar parallel der Basis, deutlich. Spec. Gewicht nach
zwei Versuchen 2,51 und 2,57. Glasglänzend. Härte
etwa gleich Apatit. Die wasserhellen Prismen brausen
nicht im Geringsten mit Säuren. Im Kolben erhitzt, geben
sie reichlich Wasser, werden dabei weifs und glanzlos.
V. d. L. krümmen sich die feinen Nadeln wurmähnlich
(gleich dem Skolezith), schmelzen aber nur schwer an den
Spitzen. Auflöslich in Chlorwasserstoffsäure 6owohl im
ungeglühten als im geglühten Zustande unter Abschei-
dung der Kieselsäure im gallertartigen Zustande. Die
qualitative Prüfung ergab Kieselsäure, wenig Thonerde,
Kalk, Natron und Wasser. Zur quantitativen Analyse
stand nur eine kleine Menge (0,26 Gr.) zur Verfi&gung.
Dieselbe bestand zum allergröfsten Theile aus wasserhellen
Krystallnadeln, dazu aus einer kleinen Menge der wasser-
hellen strahligen Rinde, welche — wesentlich aus den-
selben Nadeln gebildet — den frei ausgebildeten Prismen
zur Unterlage diente. Wie ich später fand, war diese
strahlige Rinde nicht vollkommen frei von eingemengtem
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kohlensaurem Kalk, sodafs im Glühverluste sich etwas
Kohlensäure verbirgt. Es wurden folgende Bestaudtheile
quantitativ bestimmt: Wasser mit etwas Kohlensäure (aus
dem Glühverlust) = 16,4 Proc, Kieselsäure 25,4, Thon-
erde 4,0, Kalkerde 44.7. Der Verlust wird zum Theil
durch einen Gehalt an Natron bedingt. Die Kieselsaure
wurde auf ihre Reinheit durch Verflüchtigung mit Flufs-
säure geprüft. Das durch seine Form und Mischung sich
als neu erweisende Mineral, dessen Analyse wegen fehlen-
den Materials filr jetzt leider nicht wiederholt werden
konnte, ist vielleicht als eine Verbindung eines Kalksili-
kats mit einem Kalkhydrat aufzufassen.
Für dies Mineral, dessen genauere chemische Analyse
vorbehalten bleiben mufs, erlaube ich mir den Namen
Chalkomorphit vorzuschlagen, welcher die Bildung des-
selben aus dem Kalkei nschlufs der Lava andeuten soll.
Da Kalkeinschlüsse in der Lava von Mayen und Nieder-
mendig nicht ganz selten sind, so gelingt es vielleicht
bald, das Mineral wieder aufzufinden und seine Zusammen-
setzung genauer zu ermitteln. Noch ist zu bemerken,
dafs in andern Kalkeinscblüssen der Niedermendiger Lava
kleine haarfeine seidenglänzende Prismen vorkommen, welche
(kieselsäurefrei) dem Chalkomorphit nicht angehören1).
1) Das neue Mineral wurde bereits wieder gefunden durch Hrn. Srud.
Joh. Lehmann aus Königsberg, in einem Kalkcinschlusse der Nieder-
mendiger Lava, leider in nur geringer Menge.
Anmerkung 1. Untersuchung eines Kalknatron/eldspatha ans einer
Lava des Hochlandes von Quito (Ergänzung zu No. 50 und 65 dieser Mitth.).
Noch vielfach ist bekanntlich die Ansicht verbreitet, dafs die Vulkane des
äquatorialen Amerika keine Lavaströme ergossen hätten, ein Irrthum,
welcher vorzugsweise aus einem Ausspruche J. B. BousBingault's ent-
sprungen ist. „ Nirgend beobachtet man, schreibt B. an Humboldt in
diesem Lande (Ecuador) Etwas, was anf einen Lavastrom schliefsen lassen
könnte. Niemals ist aus diesen Kratern etwas Anderes ausgeworfen worden,
als Schlammraassen , elastische Flüssigkeiten und glühende mehr oder
weniger verschlackte Trachytblöckc , welche oft in beträchtliche Ent-
fernungen geschleudert wurden" (v. Humboldt, Kleinere Schriften I,
S. 200). Die Mittheilungen, welche bereits durch die HH. Dr. Reifs
und Stübel, sowie durch Hrn. Prof. Wolf in Quito über ihre wichtigen
geologischen Untersuchungen des Hochlandes von Quito nach Europa
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gelangt sind, haben jenen Aussprach des französischen Reisenden nicht
bestätigt. Wolf, durch seine Arbeiten im Laachor Gebiete trefflich vor-
bereitet n Untersuchungen auf jenem gröfseren Schauplatz, schreibt (d. d.
Quito 1. Febr. 73). „Alle ecuadorischen Vulkane, seyen sie thätig oder
erloschen, — der Chimborazo nicht ausgenommen — weisen die schönsten
und deutlichsten Lavaströme auf; ja ich behaupte noch mehr: die meisten,
wenn nicht alle jene Vulkane sind der Hauptsache nach aus Lavaströmen
aufgebaut. Es dürfte schwer seyn, in der Welt schönere und grofsartigere
Lavaströme zu finden als am Antisana, die zudem noch ganz frisch und
wahrscheinlich im vorigen Jahrhundert geflossen sind, — gar nicht zu
reden von den wundervollen aber altern Perlit- und Obsidianströmen
desselben Vulkans. — Der ganze Fufs des Chimborazo ist von radial-
laufenden Lavaströmen, meist mit schöner Säulenabsondcrung, umgeben.4*
In einer reichen Sammlung ecuadorischer Gesteine, welche Wolf dem
Kloster Laach verehrt hatte, sah ich Proben der Lavaströme des Tungu-
ragua, welche über Gneifs geflossen sind. Die Cordillerengesteine jener
Sammlung bestehen vorzugsweise aus dunklen, fast dichten Trachyten.
Eine grofse Monotonie der vulkanischen Erzeugnisse scheint dort zu
herrschen. Was Hrn. Wolf am Meisten überraschte, und was seine
Sammlung bewahrheitet, ist das fast vollständige Fehlen von Drnsenmine-
ralien oder mineralreicher Auswürflinge. Als ein Unicum erwähnt Wolf
einen im Bimmsteintuff gefundenen Block mit kleinen aufgewachsenen
Plagioklaskrystallen. — Unter den erwähnten Andesgesteinen zog ein
schwarzer Trachyt meine Aufmerksamkeit auf sich wegen der darin aus-
geschiedenen, bis 4 Mm. langen, I Mm. dicken Plagioklase. Wolfs
Etiquette lautet: „Andesitlava von einem grofsen Lavastrome zwischen
Riobaraba und dem Tunguragua, linke Seite des Rio Chamba, von Lang-
langchi. Strom säulenförmig zerklüftet, die Säulen in dünne Platten ab-
gesondert; vom mittleren Theile der Höhe ')." Das Gestein enthält in
1) „Wo der Weg von Riobamba nach dem Tnnguragua sich in dem vul-
kanischen Tuffe stark abwärts nach dem Rio Chambo neigt, steht
plötzlich links eine hohe senkrechte Lavawand an, das Ende eines
Stroms, der sich als langgezogener, mit Tuff bedeckter Rücken weit
gegen Westen auf das Plateau von Riobamba hinauf verfolgen läfst
Die Ausbruchsstelle ist mit Tuff bedeckt, aber der Strom scheint von
keinem der hohen Berge der Gegend herzukommen, sondern in der
Ebene ausgebrochen zu seyn. Der gewaltige Strom hat in der Mitte
die Höhe von wenigstens 30 Meter und eine sehr bedeutende Breite
(fast | St.) ; er ist unten in 2 bis 3 Meter dicke Pfeiler abgesondert,
die sich nach oben in dünnere Pfeiler spalten. Die Oberfläche des
Stroms ist ganz unregelmäfsig in kleine Stücke zerklüftet. Er zeigt
mit einem Worte die Absonderung der Niedermcndiger Mühlsteinlava.
Unten und noch in der Mitte hat der Andesit porphyrartigo Textur,
uach oben wird er immer dichter und damit dunkler (mit sehr kleinen
Feldspathen) , bis er zuletzt an der Oberfläche in poröse schlackige
Lava übergeht. Der ganze Höhenzug auf der linken Seite des Rio
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einer schwärzlichgrauen Grandmasse sehr zahlreiche wasserhelle, tafelförmige
Plagioklase, welche mit ihrer Tafelfläche M annähernd parallel liegen.
Aufserdem ist bräunlichschwarze Hornblende und fein zertheiltes Magnet-
eisen vorhanden ; weder Augit noch Olivin. Unter dem Mikroskop löst
sich die Grundmassc in ein äufserst feinkörniges Gemenge auf. Die
Plagioklase zeigen auf das Deutlichste die charakteristische Streifung. Da
wir bisher nur von sehr wenigen vulkanischen Gesteinen der Andeskette
die Mischung der sie konstituirenden Plagioklase kennen , so schien es
mir von Interesse, die Kry stalle der Andesitlava von Langlangchi zu
analysiren. Die bisherige Annahme, dafs in den Andesiten stets Oligo-
klas oder ein demselben nahestehender Plagioklus vorhanden sey — ver-
bunden entweder mit Hornblende (Amphibolandesit) oder mit Augit (Py-
roxenandesit) — schien mir eine genauere Prüfung zu erheischen. Mit
Sorgfalt wurden 2 Gr. jener Plagioklase ausgesucht und einer zweifachen
Analyse unterworfen.
Plagioklas
aus der Andesitlava v
on Langlanchi.
Spec.
Gew. 2,604.
Kein Glühverlust.
1
H.
Mittel
Kieielsaure
55,64
55,64
Ox. 29,67
•
Thonerde
28,23
28,15
28,19
13,16
Eisenoxyd
0,91
1,13
1,02
0,30
Kalk
10,07
9,52
9,79
2,80
Magnesia
0,19
nicht best. 0,19
0,07
Kali
0,63
0,63
0,11
Natron
5,48
5,48
1,41
100,94.
Sehen wir von dem Eisen ab, welches gewifs nicht zur Constitution
gehört, sondern fein beigemengten Eisenoxyden angehört, so erhalten wir
folgende Sauerstoffproportion
(CaO + K.O, Na.O): A1,0, : SiOa = 1,00 : 3 : 6,76.
Diese Mischung entspricht demnach weder einem Oligoklas, noch
Andesin, sondern einem labradorähnlichen Plagioklas, welchen wir au«
1 Mol. Albit -+- 2 Mol. Anorthit uns gebildet denken können, eine Ver-
bindung, der folgende Mischung entsprechen würde:
Kieselsäure 55,43; Thonerde 28,49; Kalk 10,35; Natron 5,73 mit der
Sauerstoffproportion 1:3: 6f.
Berechnen wir in der von Rammeisberg vorgeschlagenen Weise
die beiden Atomverhältnisse Al2:Si und Na: Ca, nm zu sehen, bis m
welchem Grade die Analyse mit der Theorie Tschermak's über die
Kalknatronfeldspathc stimmt (s. d. Mitth. No. 65, Ann. Bd. 147, S. 277),
so ergiebt sich das durch die Analyse gefundene Verhältnifs AI, : Si
Chambo , von dem grofsen Lavastrome au bis eine Stunde weiter
unten, heifst Langlangchi, die Felswand selbst nannten die Indianer
Pungaltuz.* (Briefliche Mitth. Wolfs.)
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= 1 : 3,456. Bei einer Mischling von 1 Mol. Alb. -f- 2 Mol. An. würde
dies Verhültnifs — 1 : 3,33 seyn. Suppunircn wir (da die Abweichung
kaum die Fehlergränzen erreicht) für das gefundene dies letztere Verhült-
nifs, so resultirt, nachdem das Magnesium in die äquivalente Menge Cal-
cium das Kalium in Natrium umgerechnet ist, dafs durch die Analyse
gefundene Atomverhältnifs Ca: Na = 1 : 1,06 '); während aus der ange-
gebenen Mischung 1 Mol. Alb. -4- 2 Mol. An. folgen würde 1:1. Es stimmt
demnach das Verhältnifs Al9 : Si sehr nahe zu demjenigen Ca : Na. Die
Lava von Langlangchi stellt sich der obigen Analyse zufolge als ein La-
brador-Andesit dar und bestätigt die von Roth (Beitr. z. Petrogr. d. pluton.
Gest. Sep. Abdr. S. 192) geäufserte Ansicht: „Weitere Untersuchungen
werden wahrscheinlich lehren, dafs eine stetig fortlaufende Reihe [zwischen
Andesit und Dolerit] vorhanden ist. Die alte Ansicht nach welcher dio
Amphibolandesite Oligoklas, die Dolerite Labrador enthalten sollen, ist
von Neuem zu prüfen."
Die Frage liegt nahe, weshalb wir die ecuadorische Lava nicht gleich
den Aetnalaven zu den dolcri tischen Gesteinen rechnen? Indefs jene ent-
hält keine Augite und Olivine (wie Aetna), sondern zahlreiche Hornblende-
krystalle. Dor Labradorandesit von Langlangchi bildet offenbar ein Ver-
bindungsglied zwischen den Doleriten und den eigentlichen Andesiten oder
Oligoklastrachyten.
Anmerkung 2. In No. 63 dieser Mittheilung beschrieb ich Sanidin
umrindete Leucite in einem vesuvischen Auswürflinge (8. 269); eine Er-
scheinung, der ich damals nichts Analoges zu vergleichen wufste. Hrn.
Hessenberg verdanke ich die Ansicht eines überaus merkwürdigen
vesuvischen Auswürflings seiner Sammlung, welcher eine ähnliche Sanidin-
Umhüllung — zwar nicht um Leucit, wohl aber um Mejonit — darbietet.
Mit Krlaubnifs meines Freundes darf die Beschreibung dieser Stufe
hier eine Stelle finden. Die Masse des Auswürflings ist ein kleinkörniges
Gemenge von braunem Granat und wenig Augit. In dasselbe einge-
bettet liegt ein circa 5 Ctm. grofser, 2 Ctm. dicker quadratischer Kry-
stall. Dieser gigantische Krystall, welcher sich in Bezug auf Spaltbarkeit
und Verhalten v. d. L. wie Mejonit verhält, erscheint im Bruche durch
Einmengungen von Granat- und Augitkörnchen auffallend verunreinigt
Die Oberfläche des Krystalls ist durchaus rauh und gerundet in Folge
einer Umrindung mit Sanidin, welchem sich Sodalith beigesellt. Dieselbe
Bildung bekleidet auch die Innenwand ungen der Höhlung, welche der Me-
jonit erfüllt, — in genau gleicher Weise wie es früher beim Leucit ge-
schildert wurde. Die feine Kluft zwischen dem eingeschlossenen Krystall
und dem Muttergesteine verhält sich wie ein Drusenraum, in welchen so-
1) Die gefundene Menge des Na (+ der äquivalenten Menge des Ka)
= 4,37 Proc, diejenige des Ca (-+-Mg) = 7,16. Dividirt man diese
Zahlen durch die betreffenden Atomgewichte, so ergibt sich 0,179 : 0,19,
entsprechend dem obigen Verhültnifs. (
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wohl von der Krystalloberfläche als vom umhüllenden Gesteine zierliche
Gebilde hineinragen.
Unter denselben bemerkt man eine zweifache Formation von Sanidin,
deren erste otwas gröfsere Krystalle aufweist, fast sämintlich Zwillinge
und Drillinge, deren Zwillings-Ebene die Flache n ist (Bavenöer Gesetz);
während die zweite aas sehr kleinen tafelförmigen Krystallcn besteht,
Zwillingen, deren Drehungsaxe die Verticale (Carlsbader Gesetz). Häufig
sieht man an diesen letzteren P und x neben einander, fast — doch nicht
vollkommen — in Einer Ebene. Durch ungewöhnliche Gröfsc, durch die
Sanidin-Umhüllung und sein Eingewachsenseyn unterscheidet sich der ge-
schilderte Mejonit von den bisher beobachteten vesuvischen Vorkommnissen
dieses Minerals.
Anmerkung 3. Prof. N. Story-Maskolync las im Januar 1871
in der Royal Society eine ausgezeichnete Arbeit über den Meteoriten von
Breitenbach, in welcher er über seine Entdeckung einer neuen, im
rhombischen System krystallisirenden Kieselsäure berichtete. Er gab dieser
Substanz, welche einen wesentlichen Gemengtheil des genannten Meteoriten
bildet, den Namen Asmanit (nach dem Sanskrit -Wort für Donnerkeil).
Obgleich bereits mehr als zwei Jahre seit der Entdeckung Maskelyne's
verstrichen sind, so scheint dieselbe doch nicht allgemein bekannt und
anerkannt zu seyn. Es dürften demnach einige, die Angaben Maskelyne's
bestätigende Mittheilungen nicht unwillkommen seyn. Ich glaube mich
zu denselben um so mehr verpflichtet, da Hr. Maskelyne nicht nur die
Güte hatte, mir an einem von ihm geschliffenen Plättchen die optische
Zweiaxigkcit des Asmanits zu zeigen, sondern mir auch etwa zwei Gr's.
der sorgsam ausgesuchten seltenen Substanz zu verehren. Der Meteorit
von Breitenbach (gefunden 1861 in Böhmen nahe der sächsischen
Gränze, unfern Rittersgrün) besitzt eine Grundmasse von Nickeleisen (zu-
folge der Analyse Maskelyne's bestehend aus: Eisen 19,43. Nickel 9,28.
Cobalt 0,29), in welcher Broncit, Asmanit, Chromeisen uud Troilit ausge-
schieden sind. Der Broncit bildete den Gegenstand einer bewunderns-
werthen Arbeit von V. von Lang (Sitzungsber. d. k. Ak. d. Wissensch.
11. Abth. 1869, April-Heft). Es ist derselbe Broncit, welcher in seinen
Winkeln eine fast vollkommene Uebereinstimmung mit dem Hypersthen
von Laach zeigt Der Asmanit bildet gerundete Krystallkörner, dereu
Gröfse 1 bis 3 Mm. beträgt. Diesen Körnern sind, wenngleich nur selten,
glatte Facetten gleichsam eingedrückt Die krystallinische Ausbildung des
Asmanits ist demnach ähnlich derjenigen des Bronzits aus demselben
Meteoriten, oder des Olivins ans dem Pallaseisen. In gerundeten Formen
mit einzelnen eingedrückten Flächcntheilen zu krystallisiren , scheint den
aus gediegenem Eisen sich ausscheidenden Silicaten gemeinsam zu seyn.
Im Vergleiche mit den Körnern des Bronzits und Olivins tragen indefs
die Kugeln des Asmanits nur selten ebene Facetten, und diese nur von
geringer Ausdehnung. Die Asmanitkörner sind, besonders an ihrer Ober-
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383
fläche, überaus spröde. Wie bereits Maskelyne bemerkt, lost sich zu-
weilen von einem inneren weniger spröden, deutlich spaltbaren Kern eine
äufsere sehr zerbrechliche Schale ab. Maskelyne glaubt diese Ver-
schiedenheit der plötzlichen Einwirkung einer hohen Hitze zuschreiben zu
müssen, welche durch die schwammige Masse des Eisens geleitet auch
die Oberßäche der im Innern des Meteoriten liegenden Asmanitkörner
erreichen konnte. Indem ich auf die sorgsame und mühevolle krystallo-
graphische Untersuchung Maskelyne 's verweise, welcher aus den iso-
lirten Facetten eine Krystallform ableitete in ähnlicher Weise wie es durch
von Lang für den Broncit geschehen, — füge ich nur die Bemerkung
hinzu, Ja Ts die von mir wahrgenommenen Facetten nicht im Entferntesten
weder an Formen des Quarzes noch an solche des Tridymits erinnern.
Das mir vorliegende Material besteht vorzugsweise aus Fragmenten von
kleinen Kugeln und läfst die von M aske lyn e angegebenen Spaltbarkeiten
— eine sehr deutliche und eine zweite weniger vollkommene, beide normal
zu einander — erkennen.
Das spec. Gewicht des Asmanits bestimmte ich = 2,247, genau über-
einstimmend mit der Wägung Maskelyne 's 2,245. Die meteorische
Kieselsäure ist demnach noch etwas leichter als der Tridymit (2,30).
Obgleich Maskelyne bereits die chemische Mischung des Asmanits
in zwei Analysen (bei der einen wurden 0,31 1 Gr. mit reiner Fluorwasser-
stoffsäure destillirt und die Kieselsäure berechnet aus Fluorkieselkalium;
bei der andern geschah die Aufschliefsung von 0,265 Gr. durch Fluor-
ammonium und die Kieselsäure wurde aus dem Verlust bestimmt) ermittelt
hatte, so schien mir bei dem hohen Interesse des Gegenstandes eine
wiederholte Bestimmnng durch Aufschliefsen mittelst kohlensaurem Natron
nicht ganz überflüssig. Der Asmanit erleidet selbst bei heftigstem Glühen
nicht den mindesten Gewichtsverlust. Die Analyse von 0,271 Gr. ergab:
Kieselsäure 96,3 Proc.
Eisenoxydul 1 ,6
Magnesia 1,1
99,0.
Die kleinen Mengen von Eisen und Magnesia röhren ohne Zweifel
von etwas beigemengtem Bronzit her, welcher bei seiner zuweilen äufserst
lichtgrünlichen Farbe nicht immer leicht vom farblosen Asmanit zu scheiden
ist. Kalk konnte ich nicht in wägbarer Menge nachweisen. Die Analyse
Maskelyne's hatte ergeben: Kieselsäure 97,43. Eisenoxyd 1,12. Kalk
0,5S. Magnesia 1,51. Summa 100,64.
Nach Maskelyne ist die meteorische Kieselsäure in einer Auflösung
von kohlensaurem Natron fast ebenso unlöslich wie Quarz.
Ks möchte demnach nicht dem geringsten Zweifel unterliegen, dafs
der Asmanit ein dritter eigenthümlicher, krystallinischer Zustand der Kiesel-
säure ist, ebenso bestimmt verschieden vom Quarz als vom Tridymit.
Wenn die Krystalle des Quarzes in den meisten Vorkommnissen unzweifel-
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huft aus wässerigen Losungen abgeschieden sind , wenn der Tridymit als
ein charakteristisches Drusenniineral vulkanischer Gesteine zu seiner Ent-
stehung die Mitwirkung von Dämpfen zu erheischen scheint: so liegt im
Asmanit vielleicht die aus feurigem Flusse erstarrte krystallinische Riesel-
säure vor. Es ist bisher bekanntlich noch nicht gelungen, geschmolzene
Kieselsäure krystaltinisch erstarren zu lassen. Wenn es gelänge, so würde
sich vielleicht Asmanit bilden.
Die Körner des Asmanit's sind in dem Meteoriten von Breitenbach
nur schwierig wahrzunehmen, da sie von einem durch Verwitterung des
Meteoreisens gebildeten Anfluge bedeckt, und rostbraun bis schwarz gefärbt,
sich von den Körnern des Bronzits nicht leicht unterscheiden lassen. Ein
Gleiches gilt von den mit Breitenbach wohl identischen Meteoriten von
Rittersgrün und Steinbach. Behandelt man aber die Silikate dieser
Meteoriten mit verdünnter Chlorwasserstoffsäure, so tritt die Verschieden-
heit der lichtgrünen Körner des Bronzits und der farblosen des Asmanits
deutlich hervor. — Maskelyne erwähnt in seiner Arbeit, dafs bereits
Part sc h in seiner Beschreibung der Meteoriten des k. k. Hofmin. Cab.
1843, S. 95 mit dem Steinbach -Meteoriten ein Fragment identificirt,
dessen Bestandteile in einer alten Etiquette angegeben waren „gediegenes,
zahnicht und zackicht gewachsenes Eisen mit körnichtem Quarz und gelb-
lichtem Flufsspath."
Es darf hier daran erinnert werden, dafs aufser in den genannten
wahrscheinlich Einem Falle zugehörigen Meteoriten Breitenbach —
Steinbach — Rittersgrün Asmanit bis jetzt in keinem andern Aero-
lithen beobachtet worden ist, dafs aber Quarz durch G. Roso in der
oxydirten Rinde einer Eisenmasse von Toluca (doch wie G. Rose aus-
drücklich bemerkt als ursprüngliches Gebilde des Meteoriten) aufgefunden
wurde.
Anmerkung 4. Hr. Maskelyne, dessen zuvorkommende Führung
in den so reichen Schätzen der Min. Sammlung des British Museum ich
mit grofsem Danke anerkenne, hatte die Güte, mir eine Quarzstufe aus
Indien zu zeigen, welche — weil sie eine vielleicht einzigartige Erscheinung
darbietet — wohl eine Erwähnung verdient. Die betreffende Stufe schien
das gerundete Ende einer stalaktitischen Quarzmasse darzubieten; sie ist
einerseits durch eine angeschliffene Fläche begränzt und besteht an ihrem
zapfenförmigen Ende aus einer bedeutenden Zahl etwa 1 Ctm. grofsen
Quarzkrystnllen, welche unrcgelmäfsig neben einander gruppirt sind. Blickt
man auf die Krystallgruppe , so wird man durch ein herrliches Farben-
spiel überrascht, welches von vielen Thcilen der Krystalle ausgeht und
dieselben in den verschiedenen Regcnbogeufarben erscheinen läfst — in
einer Weise, welche ich niemals bei Quarzen beobachtet. Bei näherer
Untersuchung ergibt sich alsbald, dafs der schöne Farbcnschiller in Ebenen
liegt, parallel zu den Flächen des Gegenrhomboeders. Der Schiller geht
nicht von der Oberfläche aus, erscheint demnach auch an denjenigen Kry-
stallen, welche die Flächen des Gegenrhomboeders nur sehr untergeordnet
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385
zeigen. Blickt man auf einen dieser Quarzkrystalle in einer solchen Rich-
tung, da f.- eine Fläche von — R glänzen würde, so leuchtet der bunte
Farbenschein. Die Krystalle sind nun nicht einfach, sondern zum Theil
aus vielen Krystallstücken zusammengesetzt, etwa nach Art der bekannten
gefleckten Bergkrystalle aus den Alpen. Während man bei diesen letztern
durch sorgsames Unterscheiden von Matt und Glänzend die polysynthetische
Zusammensetzung wahrnehmen kann, welche Ley d olt gelehrt hat, durch
Behandlung der Quarze mit Fluorwasserstoffsäure auch dann dem Auge
wahrnehmbar tn machen, wenn die natürliche Beschaffenheit der Krystalle
dies nicht gestattet: — so zeigen die Quarze des indischen Stalaktiten
die bekannte Zwillingsverwachsung (durch Verbindung gleichartiger Indi-
viduen in verschiedener Stellung) in einer wahrhaft leuchtenden Weise.
Berichtigung. In der No. 44 dieser Mitth. über das Krystallsystem
des Humits (s. d. Ann. Ergbd. V) ist statt des Winkels 21° ^6' 56" zu
setzen 27" 34 50", und statt 20° 2' 34' 25° 36' 4". Den damals irrtüm-
lich angegebenen Winkeln liegt nämlich - wie Hr. Geheimrath Prof.
C. Naumann die Güte hatte mir mitzutbeilen — eine Verwechslung
mit den Winkeln des dritten Typus zu Grunde.
Erklärung der Tafel.
Fig. 1 — 10. Leucite. — Fig. 1. Krystalle mit eingeschalteten Zwillings-
lamellen.
Fig. 2. Einfacher Krystall, o = P, t = 4 P2, u = 2 Poo, m = co P.
Fig. 3. Zwilling, Zw.-Ebene eine Fläche 2Pc«.
Fig. 4, 5, 6 Zwillinge, die verschiedene Lage der Begränzungsfläche
zeigend.
Fig. 7. Krystall des Hrn. Dr. Ewald.
Fig. 8. Drilling aus der Berliner Sammlung.
Fig. 9 und 10. Krystalle aus der neapolitanischen Sammlung; poly-
synthetisch, zum Theil mit sich durchsetzenden Zwillitigsgränzcn.
Fig. 11 — 18. Augitkry stalle vom Vesuv. — Fig. 1 1 die gelbe Varietät,
12 die fassaitähnliche Varietät, 13 die diopsidähulichc Varietät, 14 u. 15
die weifse Vurietät, 16 die dunkelgrüne Varietät, 17 und 18 die schwarze
und grünlichschwarze Varietät.
Fig. 19. Jordanitkrystall aus dem Binnenthale im Besitze des Hrn.
Dr. Jordan in Saarbrück.
Fig. 20a und 6. Schwefelzwillinge von Roccalmuto in Sizilien, Zw.-
Ebene eine Fläche des Makrodomas Poo.
Fig. 21. Zwei Schwefelgrundformcn in der Zwillingsstellung mit ein-
gezeichneter Zwillingsebene (und Verwachsungsfläche).
Fig. 22. Tetraedrischc Schwcfelkrystalle von Roccalmuto.
Fig. 23. Eigenthümlich verzerrte Schwcfelkrystalle von Roccalmuto.
Poggendorff g Ann. Ergänzungsbd. VI. 25
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Fig. 24, 24«. Glimmer vom Vesov mit monoklinem Habitus.
Fig. 25. Arcanit (Kalisulfat) von Koccalmuto.
Fig. 26a und b. Penetrations - Drilling von Arcanit, von Arragooit-
ähnlichem Ansehen.
Fig. 27. Juxtappositionsdrilling von Arcanit
Fig. 28. EpidoUwilUng, mit der Fläche ij = \P\.
II. Photometrische Untersuchungen;
von C. Hohn.
m
Die Zusammensetzung des Lichts verschiedener Her-
kunft ist mittelst des Spectralapparats vielfach qualitativ
untersucht worden; es ist aber äufserst wenig über das
Verhältnifs bekannt, in welchem ein und dieselbe Licht-
art in verschiedenen Mischlichtern vorkommt und über
das Verhältnifs der Stärke der Empfindung, welche die
einzelnen Bestandteile eines Mischlichtes hervorbringen.
Ich habe mich um eine quantitative Analyse des Lichtes
und um eine Vergleichung der Empfindungsstärke ungleich-
artiger Heiligheiten bemüht. Leider war es mir nicht
möglich, die Arbeit zum Abschliefsen zu bringen und ich
kann sie vor Jahresfrist nicht fortsetzen. Daher entschliefst'
ich mich in einer vorläufigen Mittheiluug den Grundge-
danken zu der letctgenannten Untersuchung, dann die
Methode und einige Ergebnisse der erstgenannten zu ver-
öffentlichen.
Der Vergleichung der Stärke ungleichartiger Empfin-
dungen lege ich die Annahme zu Grunde: gleichzeitige
Reize verursachten Empfindungen, welche einander nicht
beeinflussen, die also einzeln genommen, gerade so stark
seyen, als wenn die Reize zeitlich getrennt erfolgten.
Diese Annahme ist der bekannten Wahrheit nachgebildet,
dafs die Wirkungen gleichzeitig an demselben Körper
thätiger Kräfte unabhängig von einander sind, dafs Bewe-
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387
guugen gleichzeitig neben einander besteben und sieb über
einander lagern können.
Zwei Lichtarten sollen aus denselben zwei einfachen
Bestandteilen zusammengesetzt seyn, diese aber in ver-
schiedenem Verhältnifs enthalten. Dann haben diese Lichter
nicht identische Farbe, doch mag der Farbenunterschied
klein genug seyn, dal's mittelst des Schattenphotometers
oder einer ähnlichen lichtmessenden Vorrichtung das Hellig-
keitsverhältnils ermittelt werden kann. Die Strahlen, deren
gleichzeitiges Einwirken die Empfiudung der ersten Misch-
farbe in der Stärke J hervorrufen, sollen einzeln für sich
die Empfindungen A und B erzeugen, während die Coin-
ponenten der zweiten Mischfarbe, deren Intensität J, sey,
einzeln die Empfindungen aA und 62?, von derselben Art,
wie A und ß, aber von anderer Stärke, veranlassen. Nach
unserer Annahme ist dann
J = 4+ B
J, =saA + bB.
Gab die unmittelbare photometrische Vergleichung des
Mischlichtes ähnlicher Farbe
J^mJ
so ergibt sich das Verhältnifs
A b — m
B m — a
Vergleicht man Lichtarten aus drei homogenen Strahlen
und hat man deren drei von qualitativ gleicher, quantitativ
verschiedener Zusammensetzung, so, dafs die entstehenden
Mischfarben noch ähnlich genug sind, um ihr Stärkever-
hältnifs mit den gewöhnlichen Photometern finden zu
können, so sey gefunden:
t/j^tfij«/; J, = /;/.J.
Nach Annahme ist:
J = A-h B-+- C
J, = a, A + bxB -H c, C
J% = a , A -h 62 B -4- c.t C.
Aus diesen fünf Gleichuugen lassen sich die Verhält-
nisse 4 und 4 berechnen. ae .
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368
Aebnlich wird man aus vier homogenen Strahlen vier
verschiedene, aber zur photometrischen Vergleichung noch
hinlänglich ähnliche Mischfarben zusammensetzen und durch
deren Analyse und Vergleichung unter einander die Stärke
von vier verschiedeuartigen Farbenempfindungen nach einer-
lei Maals ausdrücken können. Und so weiter mit fünf,
sechs . . . Lichtarten.
Bunte Gläser oder Flüssigkeiten ähnlicher Färbung,
ja schon die Anwendung einer und derselben farbigen
Substanz in verschiedener Dicke, werden gestatten ziem-
lich einfach und qualitativ gleich zusammengesetzte Licht-
arten zu erhalten, die ihrer Stärke nach unmittelbar ver-
glichen und einzeln analysirt werden können. So sind
mit einer Reihe von blauen, violetten, purpurnen, rothen
Gläsern passende Lichtarten herstellbar.
Ist die an die Spitze gestellte Annahme der Unab-
hängigkeit gleichzeitiger Empfindungen zulässig, so wäre
es möglich die Farbenempfindungen verschiedener Art
quantitativ zu vergleichen, wie sie den objektiven Inten-
sitätsverhältnissen der erzeugenden Strahlenarten in einem
Normallichte entsprechen. Als Vorarbeit ist die Bestim-
mung der Verhältnifszahlen a, 6, c . . . erforderlich, welche
die relative Stärke gleichartiger, durch homogene Strahlen
hervorgerufener Empfindungen messen.
Die hiermit gestellte Aufgabe oder Vorarbeit löste ich
in folgender Weise:
Das spectral-photometrische Verfahren. Vor die Spalte
eines Spectralapparats ist eine Spiegelvorrichtung gestellt,
dadurch erhalten, dafs ein Reflexionsprisma von gleich-
schenklig, rechtwinklig dreiseitiger Grundfläche parallel
dieser durchschnitteu und die Hälften so gegen einander
verdreht wurden, dals eine Kathetenfläche der einen und
eine der andern Hälfte in dieselbe Ebene zu liegen kommen,
nicht aber die zwei anderen Kathetenflächen, sondern diese
stehen parallel, — die Hypotenusenflächen beider Hälften
also rechtwinklig gegen einander. Die in dieselbe Ebene
fallenden Kathetenflächen sind der Spaltöffnung zugekehrt.
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389
Die Figur gibt einen Durchschnitt des Reflexionskörpers
in der halben Höhe, die punktirten Striche deuten den
Gang der Lichtstrahlen an, welche von den zu vergleichen-
den Lichtquellen I und II herkommen. Diese stehen auf
einer Geraden, welche parallel zur gemeinsamen und recht-
winklig zu der nicht gemeinsamen Kathetenfläche geht.
Die Strahlen der Lichtquelle I (links), welche auf die
untere Hälfte des Reflex ionskörpers fallen, treffen recht-
winklig auf eine Kathetenfläche, gehen ungebrochen bis
zur Hypotenusenfläche, können, weil der Einfallswinkel
von 45° bei Flintglas den Gränzwinkel übersteigt, nicht
austreten, sondern werden total reflektirt, gelangen normal
zur zweiten Kathetenfläche und gehen durch diese in die
untere Hälfte des Spalts. Hingegen treffen die von der-
selben Lichtquelle ausgehenden Strahlen, welche etwa
nach der oberen Hälfte der Spiegelungsvorrichtung gelangen,
dort auf eine Hypotenusenfläche unter einem Winkel von
45°, werden daselbst gebrochen und kommen nach der
dem Spalt zugekehrten Kathetenfläche unter einen Ein-
fallswinkel von beiläufig 73°, können also nicht austreten,
sondern werden total nach der zweiten Kathetenfläche
zurückgeworfen, an welcher sie unter 17° einfallen, dem-
nach grofsentheils gebrochen werden und die Spalte nicht
treffen. Ein Theil des Lichts wird jedoch auch an dieser
zweiten Kathetenfiäche reflektirt, trifft die Hypotenusen-
fläche mit einem Einfallswinkel von 28n, wird zum grolsen
Theile gebrochen, verläfst die brechende Ilypotenusen-
fläche unter einem Winkel von 45° und hat somit gegen
die ursprüngliche Richtung eine Drehung von 180° er-
litten. Ein kleinerer Theil wird an der Hypotenusenfläche
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390
gespiegelt und trifft unter einem Einfallswinkel von 17*
die dorn Spalte zugekehrte Kathetenfläche, kann aus dieser
austreten, einen Winkel von 28° mit ihrer Normale
machend. Dieses Licht hat also eine Brechung unter
normaler Incidenz, eine totale Rcflexidh und zwei Spiege-
lungen unter kleinem Einfallswinkel (17° und 28°), schlief»-
lieh eine Brechung erfahren, ist folglich seiner Helligkeit
nach sehr geschwächt. Der gröfste Theil desselben wird
neben die Spaltöffnung treffen, da sie nicht ganz dicht
hinter der Katheten fläche steht und die austretenden
Strahlen diese nicht rechtwinklig verlassen. Was von
diesem Lichte allenfalls in die Spalte gelangt, kommt aber,
weil nicht in der Axe des Spaltrohrs gehend, schliefslich
doch nicht zum brechenden Prisma des Spectralapparats.
Blenden und der später zu erwähnende Polarisations-
apparat zwischen der Lichtquelle und dem Reflexions-
körper hindern übrigens fast vollständig, dafs Licht anders
als rechtwinklig auf die Spiegelvorrichtung falle. Was
von dem Lichte der Quelle I links gesagt wurde, wäre
von dem der Quelle II rechts unter Vertauschung der
Worte „unten" und „oben" zu wiederholen. Man kann
daher sagen, die untere Spalthälfte werde aus schliefslich
vom Licht der Quelle I, die obere nur vom Licht der
Quelle II beleuchtet. Das brechende Prisma entwirft zwei
Spectren übereinander, so dafs eine Fraunhofer'sche
Linie des einen, die genaue Verlängerung ist der gleich
brechbaren Linie des andern Spectrums. Die obere Spec-
trumhälfte ist somit die Auseinanderlegung des Lichts der
einen, die untere Hälfte die des Lichts der anderen Licht-
quelle.
Für die photometrische Vergleichung ist es wichtig,
dafs die zu vergleichenden hellen Stellen einander genau
berühren, weder ein hellerer, durch Uebereinanderfallen
der zwei Stellen entstehender, noch ein nicht beleuchteter
Streifen sie trennt. Um das genaue Berühren der zwei
Spectren zu erzielen, hatte ich gewünscht den Reflexions-
körper aus einem Stücke Glas zu haben, allein dann wäre
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391
das genaue Schleifen der Flächen nicht ausfuhrbar ge-
wesen. Ich liefs die Grundflächen der zwei Prismen gut
poliren, so dafs eine äufserst dünne Kittschicht für die
dauerhafte, Verbindung genügte. Durch einiges Probiren
findet man die richtige Neigung des Reflexionskörpers
und die Stellung der Linsen im Spectralapparat, für welche
kein Querstreifen zwischen den Spectrumhälften auftritt,
sondern diese sich scharf von einander abgränzen.
In dem Beobachtungsfernrohr des Spectralapparats ist
an Stelle des Fadenkreuzes eine Blende eingelegt, mit
einer feinen Spalte parallel zu den Fraunhofer 'sehen
Linien, durch welche jeweils nur ein sehr schmaler Be-
zirk des Spectrums zu übersehen ist. Diels defshalb,
weil die Vergleichung der Helligkeit der zwei Hälften
eines Spectralstreifens nicht möglich ist, wenn im Gesichts-
felde noch andere, andersfarbige, häufig viel hellere Streifen
stehen. Je enger die das Gesichtsfeld abgränzende Spalte
ist, desto besser, — nur die noth wendige Vermeidung
störender Beugungserscheinungen setzt der Verengerung
der Blendenspalte Schranken.
Das Licht jeder der zwei zu vergleichenden Lichtquellen
durchsetzt erst zwei hinter einander stehende NicoTsche
Prismen, ehe es zum Reflexionskörper gelangt, der es in
die Spalte des Spectralapparats leitet. An jedem der vier
Nicol ist ein getheilter Kreis befestigt, so dafs die ver-
änderliche Neigung der Polarisationsebene je eines Nicol-
paares bis auf 5 Minuten genau abgelesen werden kann.
Der eingeschaltete Polarisationsapparat ermöglicht die
Helligkeit jeder Spectrumhälfte beliebig zu mindern und
damit auch beide Spectrumhälften jeweils ftir eine be-
stimmte Lichtart genau gleich hell zu machen. Dieses ist
ausführbar, wie ungleich stark leuchtend die Lichtquellen
auch seyn mögen, da ja bei rechtwinkliger Kreuzung der
Polarisationsebenen das intensivste Licht gänzlich verlöschen
mufs. Aus dem Winkel der Polarisationsebenen der zu-
sammengehörigen Nicolprismen wird nach dem bekannten
Malus- Arago'schen Gesetze erschlossen, welche Bruch-
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392
theile der Strahlung jeder Lichtquelle zur Erzeugung des
Spectralbildes verwendet, gleiche Helligkeit lieferten, —
damit also das Intensitätsverhältnifs der zwei Quellen fiir
je die betreffende homogene Lichtart.
Bezeichnen Jx und «/, die Helligkeiten gleichartiger
Bestandtheile der beiden Lichtquellen I und II, al und a2
die Neigungen der Polarisationsebenen der Nicolprismen,
wenn gleich helle Streifen in den durch dasselbe Prisma
entworfenen Spectrumhälften entstehen, ferner ^u, und /*,
die Bruchtheile des Lichts von I und II, welche nach
Abzug der Verluste durch Spiegelung an den verschiedenen
Flächen und durch Absorption im Innern der Glas- und
Kalkspathmassen des Reflexionskörpers, der Linsen und
des Prismas des Spectralapparats übrig bleiben, endlich
dl und c/, von der Entfernung der Lichtquellen vom Spalte
abhängige Coefficienten, so ist:
J, dx «j cos* a1 = /, d2 ut cos2 ar
Nun werde der Kopf des Apparats um 180° gedreht,
so dafs das Nicolpaar und die Hälfte des Reflexionskörpers,
welche eben nach der Lichtquelle I gewendet war, nach
der Lichtquelle H zu stehen kommen und umgekehrt.
Dann werden die Nicol wieder bis zur Hervorbringung
genau gleicher Helligkeit der Hälften desselben Spectral-
streifens gedreht und die Winkel der Polarisationsebene,
ß% für das Licht I, ß% für das Licht II abgelesen. Dann ist :
Jt dt cos1 ßt =tJldl/n2 cos* ftv
Durch Division der zwei Gleichungen werden die un-
bekannten Schwächungscoefficienten u eliminirt und man
erhält:
Jx dt cos a7 . cos/?,
»/, rf3 cos a | . cos ßi
Oder man kann auch die Produkte J d eliininin-n und das
Verhältnifs der Schwächungen ermitteln:
ftg _ COS t*t . COS
jw, COS rt, . COS (?j
Läfst man den Kopf des Spectralapparates unberührt,
vertauscht aber (wenn dies möglich ist) die Stellungen
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393
der zwei Lichtquellen genau mit einander, so läfst sich
auch der Einflufs der Entfernung der Lichtquelle eliniiniren.
Man erhält dann nämlich:
Jx dx f*l cos1 «, = J2 dt u2 cos1 ct2
J% dx Ut COS2 ß% wm Jt d2 U2 COS1 ßx ,
woraus folgt:
'Li t_ _, Coa n ' • cos un(J /'i d\ . cos «a . cos ßx
Ji COSot,.C08/?, /I, (/, ' " COS «, . COS '
Ich habe eine gröfsere Zahl von Messungen des Ver-
hältnisses jm, : ft2 für Lichtstrahlen verschiedener Brech-
barkeit ausgeführt und Werthe gefunden, die von der Ein-
heit nicht mehr abweichen, als durch die unvermeidlichen
Fehler erklärlich ist. Die äulsersten Werthe waren 0,975
und 1,015. Darauf hin nahm ich an, die zwei Apparat-
hälften verhielten sich vollkommen gleich. Dann genügt
immer die Einstellung in einer Lage und es ergibt sich
Jx dx _ CQ8a a,
J7 t/a cos' a,
Um die Neigung der Polarisationsebenen zweier zu-
sammengehöriger Nicolprismen finden zu können, inufs
zuerst bekannt seyn, bei welcher Ablesung der Nonius
an den getheilten Kreisen, diese Ebenen parallel oder
rechtwinklig gekreuzt stehen. Die Auffindung der letz-
teren Lage durch den Versuch ist durchaus nicht schwierig
und einer grofsen Genauigkeit fähig. Ich lieis entweder
reflektirtes, oder direktes Sonnenlicht, oder das Licht einer
sehr hellen Lampe durch die Nicol gehen und beobachtete
den Spalt entweder unmittelbar oder durch das Prisma
des Spectralapparats hindurch und drehte die Nicol so
lange, bis jede Spur von Helligkeit verschwand. Zahl-
reiche, sehr gut mit einander stimmende Versuche ergaben,
dafs die Polarisationsebenen rechtwinklig stehen,
am Paare I , wenn an dem der Lichtquelle zu-
gekehrten Nicol die Ablesung 0° und am Nonius
des zweiten Nicols 22° 30' war;
am Paare II, wenn der vordere Nicol auf 180°
stand, der hintere auf 235° 15'.
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394
Die vorderen dem Lichte zunächststehenden Nicolprismen
liefs ich im Verlaufe der Messungen ungeändert in ihrer Lage,
da ich kein ursprünglich polarisirtes Licht in Anwendung
brachte, die zufallige Neigung der Polarisationsebene des
ersten Nicols also gleichgültig ist, und überzeugte mich
nur von Zeit zu Zeit, dals die Nonien noch auf 0", be-
ziehungsweise 180" standen, also keine unabsichtliche Ver-
rückung stattgefunden hatte. War bei den Messungen
die gleiche Helligkeit der zwei Hälften eines Spectral-
streifens hergestellt, so waren nur die Differenzen der Ab-
lesungen gegen 22° 30', beziehungsweise 235° 15' zu
nehmen, um die Complemente der Winkel « zu erhalten.
Es sind also die Sinus dieser Differenzen an Stelle der
Cosinus in den oben aufgestellten Formeln einzusetzen.
Es ist leicht anzugeben, bei welcher Neigung der
Polarisationsebenen durch eine kleine Drehung des einen
Nicols die objective Helligkeit am stärksten geändert wird.
Da die Helligkeit dem Quadrate des Cosinus jenes Nei-
gungswinkels proportional ist, so handelt es sich darum
das Differential dieser^Funetion, d. i. den Sinus des dop-
pelten Winkels zum Maximum zu machen, was durch
Wahl des Winkels von 45° zwischen den Polarisations-
ebenen erreicht wird. Mit dieser Erkenntnifs der stärksten
Aenderung der objektiven Beleuchtungsstärke ist aber
wenig geholfen, denn die praktisch wichtigere Aufgabe
ist die subjective Empfindlichkeit möglichst zu steigern.
Das Erkennungsvermögen des Auges fiir Beleuchtungs-
unterschiede ist aber eine nicht genau gekannte Function
der absoluten Helligkeit der «zu vergleichenden Beleuch-
tungen und hängt noch von andern Umständen ab, so
dafs nur die Erfahrung die günstigsten^Bedingungen für
genaue Beobachtungen angeben kann. Ich theile die haupt-
sächlichsten meiner in dieser Hinsicht gemachten Er-
fahrungen mit:
Das Auge vermag unter den günstigsten Verhältnissen
sehr kleine Helligkeitsunterschiede nur dann zu erkennen,
wenn die zu vergleichenden Stellen sehr schwach beleuchtet
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395
sind. Denn bei stärkerer Helligkeit wird das Auge form-
lieh geblendet und verliert bedeutend au Empfindlichkeit
und photometrischer Leistungsfähigkeit. Eine solche ab-
stumpfende Ueberreizung konnte ich wahrnehmen bei
Helligkeiten, die ich für sehr mäfsig hielt und die be-
trächtlich geringer waren, als sie uns zum Schreiben und
Lesen bequem sind. Bei stärkerer Beleuchtung verliert
das Auge nicht nur die Fähigkeit kleine absolute Unter-
schiede zu erkennen, sondern es ist auch der Bruchtheil,
um welchen die Helligkeit einer Nachbarstelle zu- oder
abnehmen mufs, bis das Auge die Aenderung sicher wahr-
nimmt, weit gröfser. Während ich bei günstigster, sehr
geringer Helligkeit wiederholte Einstellungen des Nicols
in grofser Zahl machen konnte, die um weniger als J°
verschieden waren, zeigten sich, wenn ich zwei stärker be-
leuchtete Stellen gleich hell zu machen suchte, Unter-
schiede bei wiederholten Einstellungen bis zu 10°; ebenso
ist bei geringer Helligkeit eine Drehung des einen Nicols
um einen sehr kleinen Winkel durch die Helligkeitsände-
rung schon sicher wahrnehmbar, während bei grofser
Helligkeit eine Drehung um mehrere Grade scheinbar
keine Aenderung, keine Störung der Gleichheit in der
Beleuchtungsstärke hervorbringt. Andererseits sind bei
den allergeringsten Helligkeiten die Vergleichungen auch
wieder unsicher.
Die Helligkeit der gröfsten Empfindlichkeit ist nicht
für alle Lichtarten dieselbe; am geringsten scheine ich
sie für die brechbarsten Strahlen wählen zu müssen, so
dafs also mein Auge durch Violett und Blau am leichtesten
und schnellsten abgestumpft und geblendet wird. Aber
ein und dasselbe Auge hat nicht zu allen Zeiten dieselbe
Leistungsfähigkeit und die günstigste Helligkeit für eine
bestimmte Farbe scheint mit der Zeit zu wechseln. Weiter:
die Farbe in welcher heute die Einstellungen entschieden
am sichersten gelingen, war gestern nicht die günstigste
und morgen wird vielleicht wieder eine andere die be-
vorzugte seyn. Ich habe versucht die Farben nach der
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I
396
Grölse des geringsten, als Unterschied noch wahrnehm-
baren Bruchtheil ihrer Helligkeit zu ordnen, erhielt aber,
wegen der Veränderlichkeit des Auges wechselnde Ergeb-
nisse. Doch gelang mir die photometrische Vergleichung
immer am leichtesten, sichersten und genauesten für Grün.
Als zweitgünstige Farbe fand ich zuweilen Roth, an andern
Tagen aber Blau und Violett. Orange käme in dritter
Linie zu stehen. Am wenigsten gut glückten mir die
Helligkeitsvergleichungen für Gelb. Ich schliefse daraus
nicht, dafs mein Auge für Gelb die geringste, ftlr Grün
die höchste Empfindlichkeit zeige, denn in diesen Ver-
suchen gewinnen Nebenumstände einen für die verschie-
denen Spectralbezirke verschiedenen Eiuflufs. Die Nach-
barschaft andersfarbiger Streifen war, trotz der Begrenzung
des Gesichtsfeldes, nicht ganz auszuschliefsen. Im gelben
Bezirke eines durch ein Glasprisma entworfenen Spectrums
wechseln die Farben am raschesten und, wie meine Beob-
achtungen zeigten, ändert sich bei verschiedenen Licht-
quellen das Verhältnifs der dem Gelb benachbarten Strahlen
viel stärker als das der Nachbarstrahlen in andern Be-
zirken des Spectrums. Lamansky, der die Empfindlich-
keit des Auges für verschiedene Spcctralfarben unter-
suchte fand sie am gröfsten für Grün und Gelb (kleinster
wahrnehmbarer Unterschied je dann lälst er Blau
folgen (,},), Violett (TJ§), Orange Roth (='ö). Daß
diese Ordnung nicht übereinstimmt mit der von mir ge-
fundenen, befremdet mich aus den angegebenen Gründen
nicht, wohl aber fällt es mir auf, dafs die Empfindlich-
keit für Roth so sehr viel geringer angegeben wird, als
für die andern Farben. Im Zusammenhange mit der
später zu erwähnenden Thatsache, dafs ich bei der aller-
schwächsten Beleuchtung am ehesten die Farbe des rothen
Lichtes von dem fahlen Grau und allgemeinen Licht-
schimmer unterscheide, neige ich zur Ansicht, dafs mein
Auge viel rothempfindlicher ist, als das von Hrn. La
mansky.
1) Graefe, Archiv für Ophthalmologie XVII, Naturforscher 1871, S. 276.
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397
Für ein bestimmtes Auge und eine bestimmte Zeit
gibt es für jede Farbe eine Helligkeit, bei welcher die
relativ und eine, für welche die absolut kleinsten Unter-
schiede der Beleuchtungsstärke benachbarter Stellen wahr-
nehmbar sind. In meiuen Versuchen handelt es sich um
das Erkennen der kleinsten relativen Intensitatsdifferenz;
ich habe immer den Beleuchtungsgrad, welcher zu diesem
Erkennen der geeignetste ist (oft mit grofsem Geduldauf-
wand) gesucht, mich aber nie begnügt bei einer absoluten
Helligkeit zu vergleichen, sondern habe die Messung
immer bei noch wenigstens einer andern wiederholt und
mich nur beruhigt, wenn ich bei verschiedenen absoluten
Helligkeiten befriedigend übereinstimmende Ergebnisse er-
zielte. War die Helligkeit der gröfsten Empfindlichkeit
einmal aufgefunden, so berührte ich zunächst die Nicol-
prismen, von deren Stellung die Erleuchtung der einen
Hälfte des Streifens abhing, gar nicht mehr, sondern drehte
nur den Nicol, welcher die Helligkeit der zweiten Streifen-
hälfte veränderte, so weit, dafs keine Ungleichheit mehr
wahrnehmbar blieb. Dann wurde die Stellung abgelesen
und nun eine willkürliche Verrückung des Nicols vorge-
nommen und abermals eingestellt. Dabei ist es nützlich
bei Wiederholung der Einstellung auf gleiche Helligkeit
nicht zu der Stellung zurückzukehren, aus welcher man
willkührlich verschoben hatte, sondern vielmehr auf die
entgegengesetzte Seite der Auslöschestellung zu rücken,
weil die Gröfse der Verrückung in der Erinnerung ge-
blieben sein kann, und dann die neue Einstellung hiervon
und nicht mehr ausschliefslich durch das Urtheil des Auges
über die gleiche Helligkeit beeinflufst wird ,). Unter der
1) Wie sehr genau in solchen Fällen die Erinnerung leiten kann, sah
ich, als ein sehr geübter Mikroskopiker sein auf ein feines Object
eingestelltes Mikroskop starker Vcrgröfserung mit einem Ruck etwa
einen Zoll weit vom Object wegzog und nun — nach Verflufs selbst
von 1-2 Minuten — rein aus der Eriuneruug wieder beischob, ohne
in das Ocular zu sehen. Zuweilen war an der so bewirkten Ein-
stellung absolut nichts zu verbessern, stets aber konnte durch einen
sehr mäfsigen Gebrauch der Mikrometcrschrnube die Einstellung voll-
kommen gut gemacht werden.
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398
Voraussetzung, dafs sich die Lichtquellen, oder ihr Inten-
sitätsverhältuils nicht ändern, kann man, ohne andere Rech-
nung als eine Subtraction, schnell erfahren, ob die ein-
zelnen Versuchsergebnisse nahe mit einander überein-
stimmen oder nicht und wie lange Wiederholung nützlich
scheint.
Sollte eine Vergleichung sicher und genau ausfallen,
so war, wie mich die Erfahrung belehrte, nöthig, dafs die
Helligkeit der Streifenhälfte, welche durch Drehen des
Nicob verändert werden sollte, auch wirklich merklich
viel heller und merklich dunkler als die Vergleichsstelle
gemacht werden konnte; die Gränze der zwei aneinander
stofsenden Streifenhälften muiste erst deutlich wahrge-
nommen werden um dann ihr Verschwinden, durch Drehen
des Nicols bewirkt, sicher wahrnehmen zu können. Es
durfte also von dem Lichte, welches die der Veränderung
unterworfene Hälfte beleuchtete, weder ein zu geringer
noch ein zu grofser Theil im Falle der Gleichheit der
Helligkeit in Anwendung kommen. War die Helligkeit
der zwei zu vergleichenden Lichter sehr verschieden und
die eine der Lichtquellen absolut genommen schon sehr
schwach, so war es nicht möglich zwischen den zwei
Streifenhälften einen merklichen Helligkeitsunterschied
nach beiden Richtungen zu erzeugen, da, um gleiche
Helligkeit (in der fiör das Maximum der Empfindlichkeit
erforderlichen absoluten Gröfse) herzustellen, das eine
Licht fast ungeschwächt gelassen und das andere auf
einen sehr kleinen Bruchtheil herabgemindert werden
mufste. Unter diesen ungünstigen Bedingungen waren
die Ergebnisse weniger gut. So stellte es sich z. B. bei
Vergleichung der violetten Antheile des Lampenlichts und
des Sonnenlichts, da ersterer sehr gering und letzterer
sehr grofs ist. Aebnlich für das sehr wenig brechbare
Roth derselben Lichtquellen. Das Spectrum des Lampen-
lichts enthält von den wenigst brechbaren rothen Strahlen
sehr viel mehr als das des Tageslichts.
Nachdem ich mir eine grolse Uebuug in den betreffen-
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399
den Beobachtungen erworben hatte, machte es keinen
Unterschied, ob ich die Einstellung gleicher Helligkeit
aufsuchte von einer Beleuchtung ausgehend, die stärker
oder von einer die schwächer ist, als die der Vergleichs-
stelle. Anfangs aber kam ich allerdings auf etwas andere
Einstellungen, je nachdem ich aufklärend oder verdunkelnd
die Gleichheit zu erreichen strebte.
Die zwei Spectrumhälften standen genau so überein-
ander, dafs Strahlen von exakt derselben Brechbarkeit
einen Streifen bildeten, wie das leicht mit der Natrium-
linie zu constatiren war, die als eine ungebrochene Linie
die beiden Hälften durchsetzte. Trotzdem erschienen die
beiden Hälften eines Streifens nicht von gleicher Färbung,
wenn ihre Helligkeit verschieden war. Ja gerade dieser
scheinbare Farbenunterschied der von Licht derselben Brech-
barkeit beschienenen Stellen gab das bequemste Mittel ab
einen noch vorhandenen Helligkeitsunterschied zu erkennen.
Lichtschwächeres Gelb sieht neben dem helleren grünlich
aus, lichtschwaches Blau nimmt eiuen Stich ins Violett
an, schwaches Roth nähert sich im Aussehen mehr dem
der allergeringst brechbaren Strahlen. Hingegen fand ich
das schwächere Grün zuweilen gelblich, zuweilen aber
auch bläulich im Vergleich zu dem hellen Grün derselben
Brechbarkeit. Bei gleicher Helligkeit war in allen Farben
meistens kein Unterschied in der Färbung, selbst mit
gröfster Aufmerksamkeit zu entdecken. Die Erscheinung
ist keine ganz einfache. Offenbar wirkt die Nachbarschaft
andersfarbiger Strahlen von anderem Intensitätsverhältnifs
mit, namentlich bei nicht ganz vollkommner Accommodation
des Auges. Am einflufsreichsten ist diese Nachbarschaft
wieder bei Gelb. In der That blieb das Spectralgelb des
Lampenlichtes im Vergleich zu jenem des Sonnenlichtes
stets etwas röthlich, selbst wenn auf möglichste Gleich-
heit der Helligkeit eingestellt war. Im Lampenlichte
haben die Nachbarn der rothen Seite, im Sonnenlicht die
der grünen Seite die grölsere relative Starke. Trieb ich
die Beschränkung des Gesichtsfeldes (durch Verengerung
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400
des Spalts in der Blendung an der Fadenkreuzstelle) auf
das Aeufserste, so schwand mit dem Erreichen gleicher
Helligkeit auch der scheinbare Farbenunterschied.
Hinsichtlich der Unterscheidung und Erkennung der
Farben bemerke ich, dai's Licht jeder Brechbarkeit bei
der allergeringsten Helligkeit fahlgrau erscheint und nur
das rothe von mir, selbst bei ungemein geringer Hellig-
keit noch seiner Art nach erkannt wurde. Das fahle Grau
der andern ganz schwachen Lichtarten erinnert an den
Eindruck, welchen der ultraviolette Theil des Spectrum auf
mich macht. Das gleichzeitige Erblicken von Licht der-
selben Art, aber gröfserer Helligkeit, beeinträchtigt die
Fähigkeit des Auges die Farbe des schwächeren Lichts
zu unterscheiden. So erscheint z. B. unter einem ziem-
lich hellen grünen Streifen ein anderer von schwächerem
Licht derselben Brechbarkeit beleuchtet, fahl grau, und
kein Unbefangener konnte dessen Farbe angeben. Wurde
aber das hellere Licht ganz beseitigt oder auch nur seine
Intensität stark gemindert, so konnte der vorher nur grau
erschienene Streifen deutlich als grün erkannt werden l).
Auf ganz gute Messungen kann man nur hoffen, wenn
das beobachtete Auge wohl ausgeruht ist, namentlich keine
lebhafteren Nachbilder mehr in demselben stehen. Alles
fremde Licht mufs durch Schirm, Bedecken mit der Hand
und mit einem Tuche vollständig ausgeschlossen werden,
der ganze Körper soll in bequemer und ruhiger Lage 6icb
befinden, ja selbst das Athmen darf nur ganz regelmäfsig,
nicht zu tief und zu rasch stattfinden. Ich habe insofern
nicht unter den günstigsten Verhältnissen gearbeitet, als
ich keinen Gehülfen benutzen konnte, die Drehung des
Nicols mit unbequem weit ausgestrecktem Arm selbst zu
vollführen hatte und jedesmal dasselbe Auge, das die
Helligkeitsvergleichung anstellte, auch zur Ablesung des
1) Ich habe einige Versuche gemacht zu ermitteln bei welcher geringsten
Helligkeit die Farbe der einzelnen Lichtarten noch erkennbar sev,
erhielt aber widersprechende Angaben. Da zu jener Zeit mein Auge
schon stark angegriffen war, mag es mir bei Wiederaufnahme der
Versuche vielleicht doch gelingen, brauchbare Ergebnisse zu erzielen.
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401
Nonius an den getheilten Kreisen der NicoTschen Pris-
men bei ziemlich heller Beleuchtung benutzen mufste, da
mein rechtes Auge wegen starken Astigmatismus und
daraus folgender Ungeübtheit zu genauen, scharfen Beob-
achtungen jeglicher Art kaum anwendbar ist. Das Beob-
achtungsauge hielt ich so oft und so lange geschlossen,
als nur immer möglich, um ihm Ruhe zu lassen und seine
Empfindlichkeit thunlichst lange zu wahren.
Eine schon früher von mir gemachte Bemerkung1)
habe ich bestätigt gefunden. Dafs nämlich bei Verglei-
chungen der erste Eindruck der richtigste zu seyn pflegt
und durch längeres Probiren nur Unsicherheit in Folge
von Ermüdung hervorgerufen wird. Ich suchte daher die
einzelnen Einstellungen so rasch als möglich zu vollenden
und wiederholte sie häufig. Von grofser Wichtigkeit ist
die Stellung des Auges. Das Ocular des benutzten Spec-
tralapparats hat eine sehr grofse Oeffnung. Brachte ich
das Auge nicht genau vor die Mitte der OefFnung, so
gelangten ungleich viel Strahlen aus beiden Spalthälflen
zur empfindenden Netzhaut. Erschienen die zwei Streifen-
bälften bei einer excentrischen Stellung des Auges gleich
hell, so war diefs nicht mehr der Fall, wenn das Auge
dann genau in die Achse des Instruments oder auch an
eine andere excentrische Stelle gerückt wurde. Die nächste
Abhülfe dieses für sichere Vergleichungen sehr störenden
Mifsstandes war durch eine Verengerung der Ocularröhre
durch vorgesetzte Blende zu erreichen, wodurch, da es
in meinen Versuchen nicht auf grofses Gesichtsfeld ankam,
sondern im Gegentheile dieses sehr beschränkt wurde,
kein Nachtheil und keine Unbequemlichkeit hervorgerufen
wurden. Dann suchte ich auf verschiedene Weisen den
Ort des Auges noch bestimmter festzusetzen, als bereits
durch die Verengerung des Sehelochs geschehen war.
Schliefslich fand ich es am zweckmäßigsten die Hand an
das Ocularrohr zu stützen und an sie den Kopf immer
in gleicher Weise zu lehnen. Man hat ein gutes Ge-
1) Diese Ann. Bd. 117, S. 131.
PoggendorfTa Ann. Ergänzungsbd. VI. 26
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402
dächtnifs für die gegenseitige Stellung der zwei Körper-
theile und findet sie leicht und sicher wieder. Der Blick
ist dann fest auf die Mitte des Gesichtsfeldes, nämlich
auf die Gränze der zwei Streifen hälften zu richten. Diente
zur Erzeugung des Spectrums das unmittelbar von einer
Flamme kommende Licht, so erschien der Spectralstreifen
nicht seiner ganzen Höbe nach von gleicher Helligkeit,
da der ungleiche Glanz der einzelnen Flammentheile,
trotzdem dafs die Linse im Spaltrohr den Spalt auf un-
endliche Entfernung rückte, auch im Spectralbilde noch
seinen Einflufs äufserte. In diesem Falle war ein be-
sonders scharfes Anblicken der Gränzen der Streifenhälfte
in Mitte des Gesichtsfeldes nöthig.
Zur Berechnung des Intensitätsverhältnisses wurde
immer eine gröfsere Anzahl von Vergleich ungen benutzt.
Die ersten, je für eine Farbe gemachten Beobachtungen
waren gewöhnlich nicht bei der Helligkeit der gröfsten
Empfindlichkeit angestellt, da diese jeweils erst durch den
Versuch gefunden werden mufste, und wurden daher als
wenig sicher meist nicht zur Berechnung beigezogen.
Nach dem unmittelbaren Eindruck, den ich von der Sicher-
heit und Genauigkeit einer Vergleichung empfing, schrieb
ich, noch ehe die Ablesung an den getheilten Kreisen
vorgenommen wurde, eine Bemerkung zu jedem Versuche,
ob ich ihn für gut, weniger gut, mäfsig, sehr gut und
dergl. ansehe. Nur die für „gut" erklärten Messungen
fanden schliefslich Berücksichtigung. Es finden sich aber
unter diesen welche, die offenbar unrichtig sind. Nun
kommen ja wohl bei jeder grölseren Beobachtungsreihe
Versehen vor, Ablesungsfehler und dergleichen, allein die
Zahl der anomal vom mittleren Ergebnifs abweichenden
Messungen ist doch gröfser als der Wahrscheinlichkeit
nach die jener grobem Versehen. Daher glaube ich, dafs
das Auge vorübergehend eine bedeutend geringere Lei-
stungsfähigkeit im Erkennen von Helligkeitsunterschieden
hatte, gewissermaafsen geblendet war, ähnlich wie ja zu-
weilen Aecommodationskrämpfe vorübergehend auftreten.
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403
Dafs die vereinzelt schlechten Versuche häufiger am Ende
der Beobachtungszeit auftreten, wenn das Auge schon
durch viele Anstrengungen ermüdet ist, bestärkt mich in
der ausgesprochenen Vermuthung. Die erwähnten stark
vom Mittelwerth abweichenden Messungsergebnisse wurden
verworfen. Bei dieser Ausscheidung konnte natürlich eine
gewisse Willkür nicht vermieden werden.
Nach der Darstellung der Schwierigkeiten der Mes-
sungen, die gröfstentheils in der Mangelhaftigkeit des
Sinnesorgans begründet sind, kann es nicht überraschen,
dafs die erreichbare Genauigkeit der Messungen hinter
der rein theoretischen Erwartung zurückblieb. Durch-
schnittlich dürfte die Unsicherheit etwa ^ betragen, doch
bin ich in günstigen Fällen zu beträchtlich gröfserer Ge-
nauigkeit gekommen, hingegen sind bei Untersuchung
schwacher Lichtquellen die Messungen in den Gränzbe-
zirken des Spectrums auch noch viel weniger genau.
Bisher fand ich es noch nicht nothwendig die Spec-
tralbezirke genauer als durch die Bezeichnungen Grün,
Gelblich oder Bläulich-Grün, — Aeufserstes, mittleres Roth
usw. zu unterscheiden. Das benutzte Spectrum war we-
niger als 26 ausgedehnt, die genauere Bestimmung des
Bezirks hätte nur durch Messung der Ablenkung des ge-
brochenen Lichts und deren Vergleichung mit der vorher
ermittelten Ablenkung für die einzelnen Fraunhofer'-
schen Linien erfolgen können, was genöthigt hätte aufser
der Ablesung am Nonius des Nicols auch noch die am
Nonius des Spectralapparats vorzunehmen, die nur bei
stärkerer Beleuchung und mit gröfserem Zeitaufwand aus-
fuhrbar ist, die Empfindlichkeit des Auges für die Hellig-
keitsvergleichung also noch mehr beeinträchtigt haben
würde.
Messungen. Bei der Vergleichung des direkten Lichtes
zweier Petroleumlampen wurden möglichst identische Lampen
angewendet. Die Stellung der Dochte und der Cy lind er
wurde dann entweder so gewählt, dafs die Helligkeit
26*
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404
beider Lampen möglichst gleich war, oder auch so, dafs
eine gröfsere oder geringere Ungleichheit bestand. Einen
nennenswert heu Unterschied in der Farbe des Lichts konnte
das Auge nicht erkennen, selbst wenn die Totalhelligkeit
— die durch gewöhnliche Photometer bequem meisbar —
ziemlich verschieden war. Nur wenn die eine Lampe ver-
hältnifsmäfsig sehr schwach leuchtete, erschien ihr Licht
relativ roth oder besser gesprochen orange gefärbt. Ich
habe zuweilen auch eine schärfere Prüfung der Färbung
der zwei Lichter vorgenommen. Erschienen die zwei
dicht neben einander stehenden Schatten eines von den
zwei Lampen erleuchteten Stabes (Rumford's Photo-
meter) nicht merklich ungleich geförbt, der Stearinfleck
und das reine Papier an dem von mir abgeänderten
ßunse n 'sehen Photometer1) ganz genau gleichfarbig, so
dafs ein vollständiges Verschwinden möglich war, so zeigte
die Analyse doch ein beträchtlich verschiedenes Intensitäts-
verhältnifs für die einzelnen zusammensetzenden Lichtarten.
Es waren demnach auch die Mischfarben sicher ungleich,
nur reichte die Empfindlichkeit des Auges für Farben-
unterschiede nicht aus dieses zu erkennen. Dafs das
Helligkeitsverhältnifs in den verschiedenen Spectralbezirken
scheinbar ganz gleich gefärbter (ja sogar nahezu gleich
heller) Lampenflammen verschieden war, konnte in folgender
Art sehr deutlich und rasch erkannt werden. Ich ent-
warf die zwei Spectren übereinander und brachte es durch
Drehen der Nicolprismen dahin, dafs im Grün (als der
empfindlichsten Farbe) die zwei Streifenhälften ganz gleich
hell erschienen. Wurde dann das Beobachtungsrohr ge-
dreht, so dafs andere Bezirke des Spectrums in das Ge-
sichtsfeld kamen, die Stellung der Polarisationsapparate
und der Lampen aber sorgfältig vor jeglicher Aenderung
bewahrt, so war leicht und sicher zu sehen, dafe in den
andern Spectralbezirken die zwei Streifenhälften ungleich
hell waren.
1) Liebig'i Ann. d. Chemie n. Ph. 111, 335. Dingler's polvt. Jour-
nal 154, 15.
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405
Bei den Lampen darf man nicht aufser Acht lassen,
dafs ihre Totalhelligkeit, so wie die relative der einzelnen
Lichtbestandtheile , kurz nach dem Anzünden nicht unbe-
trächtlichen Aenderungen und Schwankungen unterworfen
sind. Nachdem die Lampen jedoch 10 — 15 Minuten
brennen, bleibt ihr Helligkeitsverhältnifs im Ganzen, wie
für die einzelnen Farben längere Zeit, — bei meinen
Lampen etwa 2 Stunden — ungeändert, um dann anfangs
langsam, später aber rascher zu wechseln. Obgleich ich
diesen Umstand wohl beachtete und es auch an weiterer
Vorsicht nicht fehlen liefs, fand ich auffallend verschiedene
Zusammensetzung des Lichts. Wird die Gesammthelligkeit
gröfser, so wird das Licht verhältnifsmäfsig reicher an
stärker brechbaren Strahlen. Das ist aber auch das einzige
allgemeine Ergebnifs meiner Vergleichungen, denn es ge-
lang mir nicht in Zahlen eine für alle Fälle passende Be-
ziehung zwischen dem Helligkeitsverhältnifs der Einzel-
farben und des Gesammtlichtes aufzufinden. Einige der
besten Messungen, bei denen namentlich durch Wieder-
holung am Ende der Versuchszeit nachgewiesen wurde,
dafs die Lampen ihren Zustand nicht merklich oder in
gleichem Verhältnifs geändert hatten, theile ich nachstehend
mit und bemerke, dafs die Entfernungen der Lampen von
der Spalte (oder von dem vorderen Nicol) in der Ver-
suchsreihe I gleich grofs, in den übrigen aber ungleich grofs
waren. Die Zahlen geben das Helligkeitsverhältnifs des
von rechts gekommenen zu dem von links eingetretenen
Licht an.
Direktes Licht zweier Petroleumlampen.
1.
S.
*•
Aeufseres Roth
0,78
1,10
0,26
0,84
Mittleres Roth
0,71
1,43
0,14
0,86
Orange
0,69
1,68
0,13
0,80
Gelb
0,71
1,87
0,19
0,81
Orün
0,62
1,88
0,15
0,78
Cjan
0,59
1,55
0,22
0,72
Indigo
0,41
2,03
0,27
0,73
Violett
0,34
3,14
0,17
0,95
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406
Die Ergebnisse werden übersichtlicher, wenn die Hellig-
keit einer Farbe, als welche ich die mittlere, Grün, wähle,
in allen Fällen durch dieselbe Zahl ausgedrückt wird.
Es berechnet sich demgemäfs:
!.
2.
3.
4.
Aeufseres Koth
Mittleres Roth
Orange
Gelb
Grün
Cyan
Indigo
Violett
126
115
111
115
100
95
66
55
59 173
76 93
89 87
99 103
100 100
104 147
108 180
157 113
108
110
103
104
100
92
94
122
178
132
112
101
100
96
92
GO
In der Reihe 2 der ersten Uebersicht steht das Ver-
hältnifs der Partialintensitäten eines helleren zu einem
schwächeren Lichte, in 2a der letzten Uebersicht habe
ich die umgekehrten Werthe, dasVerhältnifs der Partialinten-
sitäten des schwächern zum helleren Licht, wie in den
übrigen Reihen berechnet.
Die relative Zusammensetzung der einzelnen Lichtquellen
ist sehr verschieden, das Verhältnils der Partialintensitäten
in demselben Paar Lichtquellen auch sehr ungleich, am
wenigsten noch in dem Falle 4, doch ist dort das be-
deutende Abweichen in der relativen Helligkeit des Violett
und der grofse Reichthum der schwächern Flamme in den
Fällen 3 und 4 an den brechbarsten Strahlen sehr auf-
fallend.
Es liegt nahe zu denken, dafs in den verschiedenen
Versuchsreihen verschiedene Theile der Flammen, die ja
verschieden gefärbt sind, zur Vergleichung gekommen
seyen. Allein die Wahrscheinlichkeit hierfür ist sehr gering.
Die Lampen selbst sind in ihren Dimensionen ganz gleich
und standen auf Stühlchen, deren Höhenunterschied genau
gleich dem Höhenunterschiede der Achsen der NicoT-
schen Prismen vor der obern und der untern Hälfte des
Spalts waren. Bei der Petroleumlampe mit Kreisdocht,
wie ich sie verwendete, haben aber die einzelnen Theile
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407
der Flamme eine kaum merklich veränderliche Stellung
gegen den Körper der Lampe. Bei Erwähnung dieses
bemerke ich zugleich, dafs wenn ich die Lichtquellen ver-
tauschte, jedesmal Bedacht darauf genommen wurde, die
Flamme, welche zuvor die obere und nun die untere
Spaltenhälfte beleuchten sollte, entsprechend tiefer zu stellen
und umgekehrt, endlich, dais wenn ich den Kopf des
Apparats um 180° drehte, ich durch Anschlagestifte usw.
mich vor Fehlerquellen zu schützen bestrebte.
Die schon oben erwähnte Schwierigkeit, dafs die un-
gleiche Helligkeit verschiedener Stellen der Lichtflamme
sich noch im Spectral bilde so bemerklich macht, dais eine
Spectralstreifhälfte nicht ihrer ganzen Höhe nach gleich
hell ist, ein sehr scharfes Anspannen der Aufmerksamkeit
auf die Gränze der zwei Streifenhälften also nothwendig
ist, wird vermieden, wenn man das Licht der Lampen nicht
unmittelbar zur Vergleichung bringt, sondern durch-
scheinende Schirme, die sich in genügender Ausdehnung
gleichförmig erhellen, dazwischen stellt. Ich benutzte
Schirme aus mit Stearin getränktem Papier, die recht
nahe an die Lampen gerückt wurden. Bei annähernd
gleicher Helligkeit schienen sie genau dieselbe Farbe zu
haben, bei ungleich starker Beleuchtung war ein Farben-
unterschied merklich, wenn auch nicht 6ehr auffallend ; der
weniger helle Schirm sah vergleichsweise röthlich aus.
Nachstehend gebe ich in ein und derselben Tafel sowohl
die beobachteten Intensitätsverbältnisse der Bestandteile
des durch Papierschirme gegangenen Petroleumlicht i, als auch
die Umrechnung, wonach in allen drei Versuchen das
Intensitätsverhältnifs aller Farben durch das Helligkeits-
verhältnifs des Grün gemessen wird. Die Ergebnisse im
Violett sind ziemlich unsicher, Violett war gar zu schwach
für genaue Einstellungen.
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408
Durch Stearinpapier gelassenes Licht zweier Petroleumlampen.
i
2. 3.
i
i.
11.
in
Hl.
Aeufseres Roth
1,12
0,68
!22
1 in
1 19
Mittleres Roth
0,969
1,04
0,68
79
113
119
Orange
1,15
0,71
125
124
Gelb
0,831
0,08
0,59
68
107
104
Grün
1,220
0,92
0,57
100
100
100
Cyan
0,87
0,50
95
88
Indigo
0,94
0,55
102
96
Violett
0,75 (?)
0,43 (?)
81 (?)
80(?)
Ich habe das unmittelbar von der Petroleumlampe
kommende Licht verglichen mit dem durch Stearinpapier
durchgelassenen. "Ich versäumte aber nicht für genau die-
selben Spectralbezirke auch die Vergleichung des direkten
Lichts beider Lampen vorzunehmen. Dadurch war es
möglich Zahlen zu berechnen, welche den Absorptions-
coefticienten der einzelnen homogenen Lichtarten für
Stearinpapier proportional sind.
Licht zweier Petroleumlampen.
Durch Papier
Direktes
Proportionalia
gegangenes
Licht mit di-
der Absorp-
mit direktem.
>
rektem.
tionscoeffic.
Aeufseres Roth
i.
0,255
Mittleres Roth
0,066
0,135
0,489
Orange
0,0456
0,133
0,343
Gelb
0,0547
0,195
0,280
Grün
0,0500
0,145
0,344
Cyan
0,0505
0,218
0,233
Indigo
0,0698
0,271
0,258
Violett
0,165
Zwei andere Versuchsreihen ergaben:
Durch Stearinpapier gegangenes, verglichen mit direktem Licht einer
Petroleumlampe.
2.
3.
Aeufserstes Roth
0,0712
0,113
Aeufseres Roth
0,0694
0,121
Mittleres Roth
0,0698
0,120
Orange
0,0472
0,087
Gelb
0,0583
0,098
Grün
0,0526
0,100
Cyan
0,0600
0,114
Indigo
0,0721
0,138
Violett
0,1000(?)
0,182
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409
In einer Versuchsreihe verglich ich das direkte Licht
einer Petroleumlampe und das von derselben Lampe aus-
gestrahlte aber erst durch einen Stearinpapierschirm ge-
gangene mit derselben dritten Lichtquelle (Tageslicht).
Der Quotient der zwei Verhältnisse gibt dann das Ver-
hältnis der Helligkeit der einzelnen Bestandteile des
durchgelassenen und des direkten Lichts.
Durch Stearinpapier gegangenes Licht einer Petroleumlampe verglichen
mit dem direkten Licht derselben Lampe.
(Mittelbar erschlossen.)
4.
Aeufserstes Roth
0,176
Aeufsercs Roth
0,086
Mittleres Roth
0,081
Rüthlich Orange
0,076
Orange
0,096
Gelb
0,081
Grünlich Gelb ')
0,115
Grün
0,092
Blaugrün
Cyan ')
0,091
0,120
Brechbareres Blau
0,072
Indigo
0,102
Violett
(?)
Setzt man in den vier Versuchsreihen je das Licht-
stärken verhältnifs für Grün gleich 100, so erhält man:
Durch Stearinpapier gegangenes mit direktem Licht einer Petroleumlampe.
I 1
2.
3.
4.
Aeufserstes Roth
135
113
190
Aeufseres Roth
132
121
93
Mittleres Roth
132
133
120
88
Röthlich Orange
83
Orange
91
90
87
104
Gelb
109
111
98
88
Grünlich Gelb
125')
Grün
100
100
100
100
Blau Grün
99
Cyan
110
114
114
130 ')
Brechbareres Blau
78
Indigo
140
137
138
111
Violett
190 (?)
182
') Diese auffallenden Ergebnisse wurden durch wiederholte, gute Ver-
suche ersielt
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410 •
Diese Zusammenstellung läfst ersehen, dafs die drei
ersten Versuchsreihen kein sehr verschiedenes Ergebnils
lieferten, dafs aber die mittelbar erschlossenen Zahlen der
vierten Reihe sehr abweichen. Und doch mufs ich die
vier Versuchsreihen für ungefähr gleich genau halten. Den
Mangel an Uebereinstimmung schreibe ich daher der un-
gleichen Mischung des Petroleumlampenlichts zu, wie ich
ja unzweifelhaft auch bei der direkten Vergleichung Ver-
schiedenheit der Färbung des Lichts der Petroleumlampen
erkannt habe.
Das direkte Licht einer Petroleumlampe wurde ver-
glichen mit dem von einer gelblich angestrichenen Mauer
reßektirten Sonnenlicht. Der Apparat war unverrück-
bar so aufgestellt, dafs die Achse des einen Nicol-
paares nach einer bestimmten Stelle der Mauer gerichtet
war und das Licht von dort durch eine Oeflhung
im Laden des verdunkelten Zimmers eindringen konnte.
Durch Schirme war Sorge getragen, dafs in das zweite
Nicolpaar ausschliefslich das Licht der Petroleumlampe
drang, nicht auch noch von den Zimmerwänden reflek-
tirtes Tageslicht. Während der Zeit, welche eine Ver-
suchsreihe in Anspruch nahm, änderte sich der Sonnen-
stand und damit die Beleuchtung der Mauer. Meist
konnte ich es so einrichten, dafs diese Aenderung den ge-
ringsten Einflufs hatte, indem ich die Hälfte der Ver-
suchsdauer vor Mittag und die andere Hälfte nach Mittag
legte, die Heiterkeit des Himmels änderte sich scheinbar
nicht. Ich arbeitete an prachtvollen Herbsttagen in Mün-
chen, das seines heiteren Himmels wegen berühmt ist.
War das Spectrum durchmustert, so wiederholte ich die
Vergleichung. Das Ergebnifs einer solchen Wiederholung
ist in den mit A und B überschriebenen Colonnen der
Versuchsreihe 1 mitgetheilt. Die Messungen A wurden
zuerst und zwar in der Reihenfolge, in der sie aufge-
schrieben sind, angestellt, dann sofort die Messungen B
begonnen, dabei aber abwechselnd in einer stark brech-
baren und einer wenig brechbaren Farbe beobachtet. Die
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411
nicht unbedeutende Verschiedenheit der Ergebnisse A
und B ist durch einen eingetretenen Wechsel in den ver-
glichenen Lichtquellen zu erklären. Die Wiederholung
der Messungen der andern nachstehend mitgetheilten Ver-
suchsreihen ergab nahezu dieselben Verhältnifszahlen, wo-
mit nachgewiesen war, dafs in der Beleuchtung kein merk-
licher Wechsel eingetreten. Das war jedoch der seltnere
Fall, — ich habe noch eine Anzahl Messungen ausgeführt,
bei welchen aber, als ich nach Beendigung der Versuche
im brechbarsten Theile des Spectrums die Wiederholung
am rothen Spectrumende vornahm, Werthe gefunden
wurden, die von dem 1J bis 2 Stunden früher erhaltenen
sehr abweichen, woraus zu schliefsen, dafs die der Zeit
nach späteren Vergleichungen der stärker brechbaren Farben
unter anderen Beleuchtungsverhältnissen stattfanden, als
die vorher angestellten {Messungen im weniger brechbaren
Spectrumbezirk. Diese Versuchsreihe theile ich nicht mit.
Es sey noch erinnert, dafs ich die Spectralstreifen nicht
nach ihrer genauen Brechbarkeit bestimmte oder ihre Lage
auf F r aun ho f er'sche Linien bezog, sondern nur dem
Farbeneindrucke nach bezeichnete, dafs also bei der
Wiederholung der Messungen wohl nicht ganz genan die-
selben Lichtarten in Anwendung gekommen seyn können.
Reflektirtes Sonnenlicht verglichen mit direktem Petrolenmlicht
•
L
A ! B
2.
3.
4.
Aeufserstes Roth
0,665
1,02
0,375
0,494
0,72
Mittleres Roth
1,52
1,72
0,436
0.492
1,73
Roth-Orange
2,00
0,738
1,73
Orange
2,84
2,50
0,618
0,826
3,15
Gelb
4,42
2,86 (?)
0,686
0,837
5,10
Gelbgrün
4,11
4,21
0,780
1,377
Grün
5,02
4,64
1,151
3,511
7,28
Blaugrün
6,23
5,48
3,974
8,24
Grünblau
1,875
5,120
Cyan
5,10
2,507
6,816
7^37
Cyan-Indigo
5^93
7,234
8,01
Indigo
7,03
4,025
10,360
9,25
Indigo- Violett
8,52
10,184
13,28
Violett
13,54
6,128
18,87
18,71
Aeufcerei Violett
15,87
16\50
24,00 (?)
25,62
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412
Setze ich, besserer Uebersichtlichkeit wegen, in jeder
Versuchsreihe das Helligkeitsverhältnifs der grünen Strahlen
gleich 100, so berechnen sich die übrigen Verhältnisse
wie folgt:
Reflektirtcs Sonnenlicht verglichen mit direktem PetroieumlichL
1.
A B
2.
3.
4.
Aeufseres Roth
13
22
33
14
10
Mittleres Roth
30
37
38
14
24
Roth-Orange
43
21
24
Orange
57
54
54
23
43
Gelb
88
62(?)
60
24
70
Gelbgrün
82
91
68
39
Grün
100
100
100
100
100
Blaugrün
122
118
113
113
Grünblau
163
146
Cyan
102
218
194
101
Cyan-Indigo
188
206
110
Indigo
üb
351
295
127
Indigo-Violett
184
290
182
Violett
271
532
537
257
Aeufaerc* Violett
316
356
700 (?)
352
Die mit (?) versehenen Zahlen sind verdächtig. Bei
der in dem äufsersten Spcctralbezirke ist aus früher an-
gegebenen Gründen wahrscheinlich die Unsicherheit der
Messung die Ursache. Die auffallend geringe Helligkeit
des Gelb in Versuchsreihe B war von mir schon im Be-
obachtungsheft angezeichnet worden; — ich vermuthe eine
vorübergehende Trübung, deren Dasein mir entging, ein-
mal weil ich vom Beobachtungszimmer aus überhaupt nur
durch eine kleine Oeffnung nach der von der Sonne be-
schienenen Wand sehen konnte, dann aber, weil ich diefe
zur Schonung des Auges auch sorgfaltig vermied. Bis
auf die Zahl für Gelb stimmen die am selben Tage im
Verlauf von etwa 3 Stunden gemachten Beobachtungen
A und B so gut überein, als man erwarten kann. Die
Wiederholung der andern mitgetheilten Versuchsreihen,
war nicht so ausfuhrlich, beanspruchte kürzere Zeit und
lieferte Zahlen, die so gut stimmten, dafs ich ihre Mit-
theilung für unnöthig erachte. Die Zahlen lehren wie ver-
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413
schieden an den einzelnen Beobachtungstagen die relative
Zusammensetzung der verglichenen Lichter war. Am
2. September (Versuchsreihe 3) war das Uebergewicht der
brechbareren und brechbarsten Strahlen im Sonnenlicht, ver-
glichen mit deren Starke im Lampenlicht, am gröfsten;
ganz verschieden ist die Vergleichung der Lichter am
6. September (Versuchsreihe 4), an einem gleich hellen
und schönen Tage, bei scheinbar gleich gut und hell
brennender Lampe, ausgefallen. Alle Versuchsreihen stim-
men darin überein, dem reflektirten Sonnenlichte einen gegen
das Lampenlicht vergleichsweise sehr geringen Antheil
der wenig brechbaren und einen sehr grofsen Antheil der
brechbareren und brechbarsten Strahlen zuzuschreiben.
Das an derselben Wand reflektirte Sonnenlicht verglich
ich an anderen Tagen mit dem durch einen Stearinpapier-
schirm gegangenen Petroleumlicht. Lieferte die Wieder-
holung der Vergleichung für eine Farbe zu verschiedenen
Zeiten beträchtlich verschiedene Werthe, so wurde diese
Versuchsreihe verworfen, weil angenommen werden mufste,
dafs während der zu ihrer Vollendung erforderlichen Zeit
das Helligkeitsverhältnifs der verglichenen Lichter sich
geändert habe. Die Abweichungen, wie sie in A und B
sich zeigen, sind die gröfsten noch als zulässig erachteten;
in den übrigen hier mitgetheilten Versuchsreihen waren
sie geringer. Zwischen der Messung für eine Farbe
unter A und unter B liegt ein Zeitraum von mindestens
2 Stunden.
Digitizetfby Google i
414
Reflektirtes Sonnenlicht verglichen mit durch Stearinpapier gegangenem
Petroleumlicht.
1.
A | B
2.
3.
4.
5.
Aeufseres Roth
4,51
_
2,73
Mittleres Roth
1,38
1,45
1,56
2,60
5,40
Roth- Orange
2,03
1,67
3,81
\J I eilige
2,91
2,55
0 G9
3 30
4 99
6 46
Gelb
5,10
5,21
1,36
3,12
10,74
8,47
Gelbgrtin
8,45
Grün
8,48
8,17
3,63
4,65
18,00
12,76
Blaugriin
17,01
15,63
Grünblau
17,34
24,18
Cyan
21,99
20,74
8,60
18,24
18,62
35,09
Cyan-Indigo
27,83
39,46
Indigo
45^30
2433
41,08
58,74
Violett
75,74(?)
100 (?)
160 (?)
Umgerechnet, 80 dafs das Verhältnifs für Grün jeder-
zeit 100 ist, lautet die Tafel:
Reflektirtes Sonnenlicht verglichen mit durch Stearinpapier gegangenem
Petroleumlicht.
1
1
1.
A B
2.
3.
4.
5.
Aeufseres Roth
53
-
15
Mittleres Roth
17
40
34
14
42
Roth-Orange
24
20
21
Orange
34
31
19
71
24
51
Gelb
60
64
38
67
60
66
Gelbgrün
66
Grün
100
100
100
100
100
100
Blaugrün
95
122
Grünblau
96
190
Cyan
259
254
237
392
103
275
Cyan-Indigo
155
309
Indigo
535
670
228
460
Violett
2090(?)
555 (?)
250(?)
Die Messungen im Violett sind sehr unsicher, da das
Lampenlicht schon sehr arm an stark brechbaren Strahlen
ist und diese noch durch das Stearinpapier beträchtlich
absorbirt werden.
Die einzelnen Versuchsreihen gaben sehr verschiedenes
Zu8anunensetzung8verhaltnif8; es läfst sich nur deutlich
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415
der grofse relative Reichthum des Sonnenlichtes an starker
brechbaren Strahlen erkennen.
Auch das vom blauen Himmel nahe am Zenith aus-
gehende, an einem Quecksilberspiegel reflektirte Licht
habe ich mit dem direkten Licht der Petroleumlampe ver-
glichen, aber nur zwei Versuchsreihen waren brauchbar,
und wenn ich eben so kritisch wie bei den andern Ver-
gleichungen verfahren wollte, so müfste ich selbst die
zweite der mitgetheilten verwerfen. Die Helligkeit des
blauen Himmels ist schnellen Aeuderungen unter-
worfen, es wird selten vorkommen, dafs Messungen die
zwei Stunden später wiederholt werden, noch annähernd
gleiches Helligkeits- und Farbenverhältnifs liefern. Ich
stelle in der Tafel sogleich die auf Grün =100 umge-
rechneten Zahlen hinzu. Bei der zweiten Versuchsreihe
(am 10. September) war, als gerade die Messung im Grün
beendet war, und ich die in Blau begann, die Helligkeit
sehr rasch gestiegen. Ich machte eine Pause von einer
halben Stunde, und fand dann nahezu wieder dieselben
Zahlen für das Helligkeitsverhältnüs in Gelb und Grün,
wefshalb ich die Arbeit fortsetzte unter der Annahme,
das ursprüngliche Helligkeits- und Farbenverhältnifs habe
sich wieder eingestellt.
Blaues Himmelslicht verglichen mit direktem Licht der Petroleumlampe.
1.
2.
1.
2.
Aeufseres Roth
0,118
0,391
24
11
Mittleres Roth
0,129
27
Roth -Orange
0,612
17
Orange
0,124
0,728
26
20
Gelb
0,088
2,075
18
58
Orün
0,482
3,582
100
100
Cyan
0,670
5,528
139
154
Indigo
0,618
10,820
128
302
Violett
2,468
14,100
512
393
Relativ gegen Lampenlicht sind die rothen bis gelben
Bestandtheile des blauen Himmelslichts bedeutender als
die des an der Mauer reflektirten Sonnenlichts, hin-
416
gegen die brechbarsten Bestandteile weniger bedeutend,
immer auf gleiche Helligkeit des Grün in beiden bezogen.
Eine Anzahl Versuchsreihen widmete ich der Messung
der Absorptionscoefficienten für die einzelnen Lichtarten
in Bezug auf den Durchgang durch farbige Gelatine-
oblaten. Die absorbirende Platte wurde einmal in den
Weg der von der links stehenden Lampe kommenden
Strahlen eingeschaltet, und das Helligkeitsverhältnifs in
einem Spectralbezirke gemessen. Alsdann wurde die Oblate
vor die rechts stehende Lampe gehalten und abermals im
selben Spectralbezirk gemessen. Ist u der Absorptions-
coefficient und sind / und r die gefundenen Verhältnisse,
so folgt aus
Die Bestimmung von j-y a^80 die Vergleiche zweier
Petroleumlampen, fügte nichts neues zu dem schon Mit-
geteilten. Die Absorptionscoefficienten u sind sehr ver-
schieden, einstweilen aber scheint mir die Mittheilung der
gefundenen Zahlen von nicht genügendem Interesse.
Dieses wird erst rege werden, wenn ich an die Ausfuh-
rung der Versuche über die Vergleichuug der Empfin-
dungsstärke ungleichartiger Helligkeiten komme, zu welcher
Untersuchung das Vorstehende wesentlich Vorbereitung
war.
Aschaffenburg, Herbst 1872.
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417
III. lieber Jen Einßufs der Einziehung auf die
Temperatur der Weltkörper;
von G. Hansemann.
Bekanntlich nimmt im Allgemeinen, soweit die Erfahrung
reicht, die Temperatur unserer Atmosphäre mit der Höhe
ab und die Temperatur des Erdkernes mit der Tiefe zu.
Obgleich nun die Entfernung zwischen den äufsersten
Grenzpunkten, welche bisher der Forschung zugänglich
gewesen sind, im Verhältnils zu den Dimensionen unseres
Planeten nur sehr gering ist, — sie beträgt noch keine
zwei Meilen — so hat man sich doch, unterstützt durch
andere Thatsachen und durch theoretische Betrachtungen,
berechtigt geglaubt, aus den gemachten Beobachtungen
zu folgern, dafs die Abnahme der Temperatur in der At-
mosphäre und die Zunahme im Innern der Erde auch
noch über die Beobachtungs punkte hinaus stattfinde.
Beide Erscheinungen können daher, wenn diese Folgerung
als richtig vorausgesetzt und von relativ unbedeutenden
Unregelmäfsigkeiten in der Temperaturvertheilung abstrahirt
wird, zusammengefafst werden in dem Satze:
Die Temperaturen, welche unser Planet an verschiedenen
Punkten besitzt, stehen in einem umgekehrten Verhältnisse
tu den Entfernungen dieser Punkte von seinem Gramtations-
centrum.
So viel ich weifs, wurde bisher bei allen Erklärungs-
versuchen die angeführte Wärmevertheilung innerhalb der
Atmosphäre stets getrennt betrachtet von derjenigen inner-
halb des Erdkernes. Es ist daher nicht zu verwundern,
dafs die beiden Wärmevertheilungen , trotzdem sie die
augenfällige Analogie des Gleichgerichtetseins zeigen, auf
grundverschiedene Ursachen zurückgeführt worden sind.
Die Temperaturabnahme in der Atmosphäre wird ge-
wöhnlich als eine Folge der combinirten Einwirkung der
Wärmestrahlung, Wärmeleitung und Wärmebindung dar-
Poggendorffi Ann. Ergänxungsbd. VI. 27
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t
418
gestellt; während man die in Rede stehende Wärmever-
theilung im Innern des Erdkernes sehr allgemein als ein
Ueberbleibsel aus einer Zeit, in welcher die Erde eine
weifsglühende Kugel gewesen seyn soll, mithin als einen
Zustand noch nicht vollendeter Abkühlung betrachtet.
Vereinzelt sind freilich auch andere Ansichten aufge-
taucht. So hat Volger die innere Erdwärme durch che-
mische Processe zu erklären versucht, und Waterston
hat in „O/i dynamical sequences in Kosmos" aus der me-
chanischen Wärmetheorie schon im Jahre 1853 die Fol-
gerung gezogen, dafs die Temperaturabnahme in der At-
mosphäre ein durch den Einflufs der Anziehung der Erd-
masse modificirter Gleichgewichtszustand sey 1). Ich selbst
habe vor einigen Jahren2) den vorhin ausgesprochenen
Satz über das Verhältnifs der Temperatur als ein allgemein,
für jeden Weltkörper geltendes Gesetz aus den einfachen
Gesetzen der Gravitation und des Zusammenstofses absolut
elastischer Körper abgeleitet, und zu beweisen versucht,
dafs dieses Verhältnifs der Temperatur in der That, wie
es für die Atmosphäre schon von Waterston ausge-
sprochen worden ist, dem durch die unmittelbare Mit-
wirkung der Anziehung modificirten Gleichgewichtszustande
entspreche.
Wenn ich nun trotz der entgegenstehenden herrschen-
den Meinung noch einmal versuche, diese Ansicht als
eine nothwendige Folgerung der mechanischen Anschau-
ungsweise über das Wesen der Wärme und über die
innere Besch affenheit der Körper darzustellen, so geschieht
dies, weil ich daran die Mittheilung einiger experimenteller
Beobachtungen knüpfen möchte, welche jene Ansicht zu
bestätigen scheinen.
1) Nachdem die vorliegende Arbeit schon längere Zeit an Prof. Poggen-
dorff abgegeben war, fand ich in der „Nature* vom 22. Mai 1873
dieselben Ansichten ausgesprochen von J. Guthrie.
2) In »die Atome und ihre Bewegungen".
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419
Was von anderer Seite als Ursache für eine ungleiche
Warmevertheilung Überhaupt, sowohl innerhalb der Atmo-
sphäre, wie an der Oberfläche und im Innern des Erd-
kernes aufgestellt oder angenommen worden ist, läfst sich
zurückfuhren: entweder auf die Wärmeausstrahlung der
Sonne, der Erde selbst und in geringem Maafse der übrigen
Weltkörper, auf irgend eine Bewegung der Erde, oder
auf chemische und physikalische Differenzen ihrer Bestand-
teile, oder endlich auf einen noch nicht vollendeten Ab-
kühlungsprocefs. Da es nun die Hauptaufgabe der fol-
genden Untersuchung seyn wird, zu zeigen, dafs das vor-
hin ausgesprochene Gesetz allgemein und ganz unabhängig
ton diesen Ursachen gültig ist, so erscheint es vor allen
Dingen nothwendig, einen ideellen Weltkörper anzunehmen,
bei dem die Mitwirkung solcher Einflüsse und Umstände
nicht möglich ist.
Um dieser Bedingung zu genügen, müssen wir einen
vollkommen isolirten, in absoluter Ruhe befindlichen, kugei-
förmigen und aus chemisch und physikalisch gleichen
Elementen bestehenden Weltkörper in dem Zustande des
vollkommenen Gleichgewichtes als Objekt unserer Be-
trachtung voraussetzen. Alsdann handelt es sich nur um
die Entscheidung der Frage: Wie mufs dieser Znstand
des vollkommenen Gleichgewichtes, unter dem Einflüsse
der Anziehung, beschaffen seyn?
Die mechanische Anschauungsweise über das Wesen
der Wärme und über die innere Beschaffenheit der Körper
ist am vollständigsten entwickelt bei den Gasen, und es
ist defshalb zweckmäfsig den ideellen Weltkörper zunächst
gasförmig anzunehmen.
Nach jener Anschauungsweise sind die in einer ma-
teriellen Schicht enthaltenen Moleküle in einer fortwähren-
den Bewegung begriffen, bei welcher jedes einzelne bald
nach dieser, bald nach jener Richtung hinfliegt, je nach
der Art der Zusammenstöfse, die dasselbe mit anderen
Molekülen erleidet; und die Temperatur der materiellen
27.
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420
Schicht ist eine Function der Molekülmasse und der Ge-
schwindigkeiten, mit welchen sich die Moleküle bewegen.
Clausius drückt diese Function für die Gase durch
die Gleichung:
n m u9 rp q
aus '). In derselben bedeutet n die Anzahl der in irgend
einem Gasquantum enthaltenen Moleküle; ^y-die auf jedes
einzelne der n Moleküle fallende mittlere lebendige Kraft,
also m die Masse und u die der mittleren lebendigen
Kruft entsprechende Geschwindigkeit Eines Moleküls; so-
dann T die absolute Temperatur des Gases und C eine
Constante, auf welche hier nicht weiter eingegangen zu
werden braucht.
Die obige Gleichung behält uneingeschränkte Gültig-
keit, so lange das Lufttheilchen, auf welches sich dieselbe
bezieht, als solches in keiner Veränderung begriffen ist;
so lange sich dasselbe mitbin weder ausdehnt, noch zu-
sammenzieht, noch in irgend einer Weise bewegt. Wird
daher ein Lufttheilchen betrachtet, bei welchem diese Be-
dingungen erfüllt sind, so ist es, in Folge der Gleichung:
gestattet, Alles, was sich für die mittlere lebendige Kraft
der Moleküle des Lufttheilchens ergiebt, ebenfalls auf die
Wärme desselben anzuwenden-, und umgekehrt Alles, was
die Erfahrung von der Wärme aussagt, ebenfalls auf die
mittlere lebendige Kraft der Moleküle zu beziehen; natürlich
immer nur in Gemäfsheit der aufgestellten Gleichung.
Ich kann jetzt zur Beantwortung der Frage zurück-
kehren: Wie mufs der Zustand des vollkommenen Gleich-
gewichts bei dem angenommenen ideellen Weltkörper, unter
dem Einflüsse seiner Anziehung beschaffen seyn?
Hierauf läfst sich sofort erwiedern, dais in diesem Zu-
stande die Masse und die Wärme des Weltkörpers so
1) Abhandlungen über die mechanische Wärmetheorie- Zweite Abthei-
lung, S. 254.
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421
vertheilt seyn müssen, dafs durch den Einflufs der An-
ziehung keine Veränderungen in der Vertheilung ent-
stehen. Es mufs defshalb, wenn wir uns zwei benach-
barte Theilchen des Weltkörpers durch eine Ebene ab-
gegrenzt denken, während jeder Zeiteinheit gleich viel
Masse und gleich viel Wärme, also auch gleich viel
lebendige Kraft, von der einen Seite her durch diese
Ebene gehen, wie von der anderen Seite, welches auch
die Lage der Ebene seyn möge. Denn, sobald dies über-
all geschieht, findet an keiner Stelle eine Abnahme oder
Zunahme der vorhandenen Masse und der vorhandenen
lebendigen Kraft der Moleküle, oder, was auf dasselbe
hinauskommt, der vorhandenen Wärme, also auch keine
Veränderung in der Vertheilung von Masse und Wärme
mehr statt.
Es genügt hier, eine Ebene1) zu betrachten, welche
senkrecht zu der Richtung der Anziehung steht.
Setzen wir also diesen Fall voraus. Die Punkte a
und fi9 Fig. 1, mögen zwei Moleküle und die Linie cd den
Querschnitt der Ebene darstellen.
Fi6- l- Die Anziehung des Weltkörpers
wirke überall in der Richtung der
d gezeichneten Pfeile. Das Mole-
kül a. bewege sich in dem Augen-
blicke unserer Betrachtung mit der
Geschwindigkeit v, und ß mit der
I. u u Geschwindigkeit «a. Die Anziehung
J J J bewirkt nun, dafs die Geschwindig-
keit, womit sich a von oben her der
Ebene nähert, vergröfsert, und dagegen die Geschwindigkeit,
womit sich ß von unten her der Ebene nähert, verkleinert
wird. Wir sehen also, dafs die Anziehung auf den beiden
1) Hier und in der Folge, wo von Ebenen die Rede ist, welche senk-
recht zur Anziehungsrichtung stehen, mufs man sich die Ebene im
Verbältnifs zu den Dimensionen des Weltkörpers und namentlich
im Verhaltnifs zu ihrer Entfernung von seinem Massencentrum ver-
gehwindend klein denken, weil nur so von senkrecht zur Anziehungs-
richtung stehenden Ebenen die Rede seyn kann.
422
Seiten der Ebene in ganz verschiedener Weise die Bewe-
gungen der Atome in Bezug auf die Ebene beeinflnfst.
Bei ß und ebenso bei allen anderen Molekülen, welche
sich von der dem Massencentrum des Weltkörpers zu-
nächst gelegenen Seite B her in irgend einem Momente
der Ebene nähern, wird die Annäherung erschwert, weil
die Annäherungsgeschwindigkeiten , d. h. die senkrecht
zur Ebene gerichteten Bewegungscomponenten verkleinert
werden. Es bedarf daher nur gewisser, allerdings sehr
kleiner Annäherungsgeschwindigkeiten der Moleküle, damit
bei denselben das Erreichen der Ebene durch den Einfluls
der Anziehung ganz verhindert wird, ohne dafs hierbei
Veränderungen der Bewegungsrichtungen durch Zusammen-
stöße mitzuwirken brauchen. Bei a und allen anderen
Molekülen, die sich dagegen von der, weiter vom Massen-
centrum des Weltkörpers entfernt gelegenen Seite A her
gegen die Ebene bewegen, werden die Annäherungsge-
schwindigkeiten durch die Anziehung tergröfsert. Es
können defshalb auch noch Moleküle die Ebene erreiehen,
welche sich zuerst von derselben entfernten, ohne dafs es
auch hier der Mitwirkung von Zusammenstölsen bedürfte.
Die Wahrscheinlichkeit, dafs irgend eines der Moleküle
der unmittelbar über der Ebene, also auf der Seite A ge-
legenen materiellen Schicht, während der Zeiteinheit die
Ebene überschreite, ist mithin in Folge der Anziehung
gröfser, als die entsprechende Wahrscheinlichkeit für die
Moleküle der unterhalb , also auf der Seite B befindlichen
Schicht. Wenn daher, wie es der Gleichgewichtszustand
verlangt, während jeder Zeiteinheit, bei gleich viel leben-
diger Kraft, auch gleich viel Masse von beiden Seiten her
durch die Ebene gehen soll, so mufs die Differenz in der
Wahrscheinlichkeit, welche das Durchgehen der Masse
jedes einzelnen Moleküls in der Richtung von A nach B hin
begünstigt, in irgend einer Weise ausgeglichen seyn, und dies
kann offenbar dadurch geschehen, dafs sich in gleich grofsen
Räumen auf der Seite B mehr Moleküle bewegen, als auf
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423
der Seite j4, dafs also die Dichtigkeit unterhalb der Ebene
gröfser ist, als oberhalb derselben.
Untersuchen wir jetzt, wie das Verhältnifs der mitt-
leren lebendigen Kräfte der Moleküle auf den beiden
Seiten der Ebene seyn mufs, damit trotz der Einwirkung
der Anziehung, während jeder Zeiteinheit, bei gleich viel
Masse, auch gleich viel lebendige Kraft von beiden Seiten
her durch die Ebene strömt.
Betrachten wir wieder das Molekül «, Fig. 1. Irgend
eine Bewegung, welche dasselbe in der kleinen Entfer-
nung ex von der Ebene cd besafs, sey durch den Zusamen-
stofs mit einem anderen Moleküle in die der Gröfse und
Richtung nach durch die Linie tij dargestellte Geschwin-
digkeit verwandelt worden, und es bewege sich jetzt bis
zu der sehr nahe befindlichen Ebene, ohne aufs Neue mit
einem anderen Moleküle zusammen zu prallen. Die leben-
dige Kraft , die dasselbe unmittelbar nach dem statt-
gefundenen Stofse, also in der Entfernung el von der
Ebene besafs, mufs dann bis zur Ebene, weil es sich bis
dahin um die Strecke e, dem Schwerpunkte des Welt-
körpers nähert, um die kleine Gröfse mge1 zunehmen,
wenn g das Maafs der Beschleunigung für den Ort be-
deutet, wo sich die Ebene befindet. Gerade entgegen-
gesetzt verhält sich die Bewegung des Moleküles ß; denn
während sich dieses untep sonst analogen Verhältnissen
bis zur Ebene hin bewegt, entfernt sich dasselbe von dem
Schwerpunkte des Weltkörpers um die Strecke c4; es
mufs mithin einen Verlust an lebendiger Kraft erleiden,
welcher m g e2 beträgt.
Aus der unmittelbar über der Ebene, also auf der
Seite A gelegenen Luftschicht, werden in jedem Augen-
blicke viele Moleküle in ähnlicher Weise wie « nach der
Ebene hin ausgestofsen; verschieden sind nur die Ge-
schwindigkeiten und die Richtungen, welche sie dabei er-
halten, sowie die Entfernungen der Moleküle von der
Ebene in dem Momente, wo die Ausstofsung stattfindet.
Di
424
Nehmen wir daher an, während der Zeiteinheit wurden
von A her, aus den sehr kleinen Entfernungen von der
Ebene:
it Moleküle mit den lebendigen Kräften:
-y > • • • 2 '
gegen die Ebene gestofsen, so werden diese Moleküle,
unter den vorhin bei a angenommenen Verhältnissen, die
Ebene überschreiten mit den durch die Anziehung ver-
größerten lebendigen Kräften:
~~2 ^~mg ß" ~~2 *-m9 e2-> • • • • r»ff «.;
und wir können daher sagen, dafs zusammen die leben-
dige Kraft:
— m # € J
während der Zeiteinheit in der Richtung von A nach ß
durch die Ebene geht, wenn die mittlere lebendige
Kraft der n Moleküle und e ebenfalls einen Mittel werth der
verschiedenen kleinen Entfernungen el , e, , . . eu bedeutet.
Ist Gleichgewicht vorhanden, so überschreiten eben-
falls n Moleküle in der entgegengesetzten Richtung während
der Zeiteinheit die Ebene. Da aber die lebendigen Kräfte
der Moleküle, welche dies thun, unmittelbar vorher, wie
ich soeben bei dem Moleküle ß gezeigt habe, durch den
Einfiufs der Anziehung verkleinert werden, so müssen wir
ihre Summe durch
/«IM*, \
»(--," -mg*t)
darstellen, wenn — ~ und e, mittlere Werthe derselben
Art, wie vorhin bezeichnen.
Nun darf bei vorhandenem Gleichgewichte keine Wärme-
strömung stattfinden, es darf deshalb während der Zeit-
einheit von der einen Seite nicht mehr lebendige Kraft
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425
durch die Ebene gehen, wie von der andern Seite, folg-
lich Ii Ulis;
»(m-f + m9e) = np£—mgtl),
also auch:
m «' m u' ,
~2~ ^ 2
seyn. ist aber die mittlere lebendige Kraft, mit wel-
cher die Moleküle aus der unmittelbar über der Ebene
gelegenen Luftschicht ausgestofsen werden; es ist also
auch die mittlere lebendige Kraft, welche die Moleküle
dieser Luftschicht überhaupt besitzen; und ebenso stellt
die mittlere lebendige Kraft der Moleküle der un-
mittelbar unter der Ebene befindlichen Luftschicht dar.
Aus der obigen Gleichung folgt daher, dafs im Zustande
des vollkommenen Gleichgewichtes die mittlere lebendige
Kraft der Moleküle, folglich auch die Temperatur des
Gases, oberhalb der Ebene kleiner seyn mufs, als unterhalb.
Denken wir uns jetzt, senkrecht zu der durch die
Pfeile Fig. 2 angedeuteten Anziehungsrichtung, die sehr
2 nahe zusammenliegenden Ebenen a,
öj u. 8. f., von denen jede fol-
gende sich etwas weiter entfernt
£ r von dem Gravitationscentrum des
— j — ß ideellen Weltkörpers befinde, wie
"* " ä a die vorhergehende, so ergiebt sich
j u u w leicht aus dem Gesagten, dafs die
| \ \ \ Temperatur bei 66 kleiner ist als
bei aa, bei cc kleiner als bei 66,
bei dd kleiner als bei cc, u. 8. f.; dafs sie also bei dem
ideellen Weltkörper, im Zustande des vollkommenen Gleich-
gewichtes, in einem umgekehrten Verhältnisse zu der Ent-
fernung ton seinem Gravitationscentrum steht.
Die bisherigen Betrachtungen bezogen sich nur auf
den gasförmigen Aggregatzustand. Wenn aber die me-
chanische Anschauungsweise, deren Richtigkeit durch das
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426
gesammte Verhalten der Gase so sehr bestätigt, wird,
gleichfalls bei der Betrachtung der flüssigen und festen
Körper zu Grunde gelegt wird, wie es schon ziemlich all-
gemein geschieht und wie es auch namentlich Clausius
thut, so darf der soeben ausgesprochene Satz auch auf
diese ausgedehnt werden; denn seine Gültigkeit hängt nur
von der Voraussetzung fortwährender Orts -Bewegungen
der materiellen Theilchen der Korper ab.
Es könnte nun die Frage aufgeworfen werden, ob die
Anziehung auch genüge, um die relativ grofsen Temperatur-
differenzen zu erklären, welche die Erfahrung auf dem
von uns bewohnten Planeten, in verschiedenen Entfer-
nungen von seinem Schwerpunkte, nachweist. Diese Frage
kann nur durch eine Berechnung entschieden werden, bei
welcher die aufgestellte Theorie zu Grunde gelegt wird.
Bei den festen und flüssigen Theilen der Erde fehlen
für eine derartige Berechnung die nothwendigsten Anhalts-
punkte; vor Allem fehlt dafür die Kenntnifs des Verhält-
nisses, welches zwischen dem materiell ausgefüllten Räume
und dem freien Bewegungsraume besteht. Bei der At-
mosphäre kann man dagegen die einfache Voraussetzung
machen, dafs der Raum, welchen ihre materiellen Theil-
chen ausfüllen, im Vergleich zu dem freien Bewegungs-
raume verschwindend klein sey und alsdann gelangt man
zu dem Resultate, dafs die Temperaturdifferenz der Luft
in zwei Höhen, hx und Äz, der lebendigen Kraft ent-
sprechen mufs, welche bei dem freien Falle der Luft von
der Höhe h2 bis zur Höhe A, entstehen würde. Diese
lebendige Kraft beträgt, in Arbeitseinheiten ausgedrückt,
(Ä, — Ä,) Meterkilogramme für jedes Kilogramm Luft,
was einer Temperaturdifferenz von (h2 — hx) — Graden des
Celsius'schen Thermometers entspricht, wenn A das
Wärmeäquivalent der Arbeitseinheit und c die speeifische
Wärme des Gases bei constantem Volumen bezeichnen.
Sind daher die den Höhen h% und hx entsprechenden
absoluten Temperaturen T2 und 7\, so ist:
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427
Für A2 — Ä, *= 100 Meter; A= J- °Cels. und c=0,16847,
der speeifischen Wärme unserer Atmosphäre bei constantem
Volumen, folgt:
Tx - r2==i,4°c.
als Abnahme der Temperatur der Atmosphäre bei einer
Erhebung von 100 Metern.
Wir dürfen natürlich nicht erwarten, dafs dieses Re-
sultat mit der Erfahrung Übereinstimme, da bei der Be-
rechnung desselben alle neben der Anziehung noch mit-
wirkenden Ursachen aufser Acht geblieben sind.
Da aber die erhaltene Temperaturabnahme von 1,4° C.
auf 100 Meter gröfser ist, und zwar wesentlich gröfser
als diejenige, welche die Erfahrung nachweist, so würde
— wenn die hier entwickelten Ansichten sich als richtig
erweisen — die neue Frage entstehen: Welches sind die
Ursachen, dafs diese Temperaturabnahme in der Wirklich-
keit nicht so grofs ist, als sie im vollständigen Gleich-
gewichtszustande, unter dem alleinigen Einflüsse der Gra-
vitation, seyn mülste?
Ich werde bei einer anderen Gelegenheit auf diese
Frage zurückkommen; jetzt will ich nur noch eine aus
der Gleichung (I) sich ergebende Folgerung hervorheben
und daran die Mittheilung einiger Versuche knüpfen, welche
ich zur Prüfung dieser Folgerung angestellt habe.
Bei einer geschlossenen Luftsäule, deren Höhe h seyn
möge, wird im Allgemeinen eine Temperaturdifferenz f,
zwischen dem tiefsten und höchsten Punkte derselben be-
stehen. Eine Ursache dieser Differenz ist, den voran-
gegangenen Betrachtungen gemäfs, in der Mitwirkung der
Anziehung enthalten. Angenommen, der aus schlief slich
auf dieser Ursache beruhende Antheil an der Temperatur-
differenz f, wäre gleich tm und der Antheil aller übrigen
Ursachen gleich f., so dafs
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428
seyn müfste. Anstatt t. kann alsdann, der Gleichung (1)
zu Folge, gesetzt werden — A, so dafs
wird. Nehmen wir nun eine zweite, ebenfalls geschlossene
Luftsäule von anderer Beschaffenheit, aber derselben Höhe
Ii an, so gilt für diese, der letzten Gleichung entsprechend,
die Beziehung:
wenn wir voraussetzen, dafs die Ursachen, welche bei der
ersten Luftsäule die Temperaturdifferenz bewirken, bei
der zweiten ganz denselben Einflufs ausüben. Unter dieser
Voraussetzung wird, wenn die beiden Luftsäulen oben
gleiche Temperaturen besitzen, unten die aus schlief s lieh
durch die Mitwirkung der Anziehung verursachte Temperatur-
differenz :
vorhanden seyn müssen.
Wenn man bedenkt, wie schwierig es ist bei zwei
einigermaafsen hohen Luftsäulen die äufseren Einflüsse
ganz gleich zu erhalten; wenn man ferner bedenkt, dafs
selbst ganz gleiche äufsere Umstände auf Luftsäulen von
verschiedener Beschaffenheit doch ungleich einwirken, dafs
also hierbei die oben gemachte, der Gleichung (II) zu
Grunde liegende Voraussetzung überhaupt kaum erftlllt
seyn kann, so wird man zugeben, dafs es unmöglich ist,
durch Beobachtung die Richtigkeit der obigen Gleichung
bis auf die Gröfse der Temperaturdifferenz bestätigt zu
finden. Eher möglich dagegen erschien es mir, experi-
mentell nur nachzuweisen, dafs überhaupt eine der obigen
Gleichung entsprechende Temperaturdifferenz bei zwei ver-
schiedenartigen Luftsäulen besteht. Ich stellte daher zu
diesem Zwecke die folgenden Versuche an.
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429
Der Apparat, dessen ich mich
bediente, ist in seinen Haupttheilen
in Fig. 3 dargestellt.
In einem hölzernen, an seinen
Aufsenwänden mit verzinntem
Eisenblech beschlagenen Kasten
A Al befinden sich 2 Messingrohre,
B und Bl von 1,90 Meter Länge
und 0,030 Meter Durchmesser,
welche unten mit Hähnen ver-
sehen sind. 0,10 Meter über dem
Hahne hat jede der beiden Röhren
eine Oeffnung, welche durch eine
luftdichte Thermosäule C geschlos-
sen ist, so dafs die in den Röhren
befindlichen Gase die Löth flächen
der Thermosäule berühren, ohne
von einem Rohre in das andere
überströmen zu können. Mit den
Messingröhren B und BA stehen
oben, bei o und o,, Gummi-
schläuche D und Dx in Verbin-
dung , welche ausserhalb des
Kastens spiralförmig umeinander
gewunden sind. Diese oben mit
Stopfen verschliefsbaren Gummi-
schläuche können mit Hülfe eines
Über eine Rolle R geführten Seiles
in die Höhe gezogen und nieder-
gelassen werden. Die Höhe des
höchsten Punktes, Ä, der Gummi-
I Schläuche über der Stelle, wo sie
aus dem Kasten AAX kommen,
beträgt 8,20 Meter.
Bei den Versuchen I bis V
J stand der mit Watte ausgefüllte
und geschlossene Kasten A Ay an
DigitizecLW Googk
430
der Wand eines Zimmers unter einem Fenster, durch
welches die Schläuche ins Freie geleitet waren, so dais
diese sich ganz im Freien befanden. Die Rolle R war
oberhalb des Fensters am .Dache des Hauses befestigt
Die Drähte der Thermosäule standen mit einem im Neben-
zimmer aufgestellten Spiegel-Galvanometer in Verbindung
dessen in einer Entfernung von 0,90 Meter von dem Dreh-
punkte der Gaivanometernadel befindliche Skala, bei
0,46 Meter Länge, in 720 Theile eingetheilt ist. Die
Zählung der Theilstriche geschieht von dem in der Mitte
der Skala befindlichen Nullpunkte aus nach beiden Seiten
hin, und bei den Messungen ist diejenige Seite, nach
welcher die Ablenkung stattfand, wenn die mit dem Rohre
Bl in Verbindung stehende Löthfläche der Thermosäule
die kältere war, als die negative Seite betrachtet worden.
Versuch I. Beide Röhren und die zugehörigen
Schläuche waren mit atmosphärischer Luft gefällt. Die
Schläuche waren abwechselnd während 10 Minuten herab-
gelassen und während 10 Minuten ganz heraufgezogen,
so dafs die Höhe der geschlossenen Luftsäulen über der
Thermosäule während des einen Zeitraumes 1,90 Meter
und während des andern 10,10 Meter betrug.
Alle 5 Minuten wurde die Ablenkung der Galvano-
meternadel gemessen und zwar immer unmittelbar cor
einer Veränderung in der Lage der Schläuche und 5 Min.
nach der Veränderung. Die Veränderung selbst nahm
höchstens \ Minute Zeit in Anspruch.
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431
Der Versuch, dessen Resultate in der folgenden Ta-
belle verzeichnet sind, wurde während eines sehr stür-
mischen Wetters angestellt. Regen und Sonnenschein
wechselten oft innerhalb weniger Minuten, so dafs dif
aufsen befindlichen Schläuche grofsen Temperaturverän-
derungen unterworfen waren.
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+ 40,0
+ 5,50
10,10 .
+ 39,5
- 1,75
1,90
-1-34,0
0,00
1,90 .
10,10 ,
+ 36,0
0,00
10,10
1
n
+ 34,5
-3,25
+ 37,0
- 0,25
1,90
i
+ 41,5
0,00
1,90 ,
+ 38,5
0,00
10.10
n
4-41,0
+ 1,75
10,10 „
+ 39,5
+ 3,50
1,90
+ 37,0
0,00
1,90 m
+ 33.5
0,00
10,10
*
+ 36,0
- 8,50
10,10 „
1,90 «
+ 30,5
-3,50
1,90
w
+ 52,0
0,00
+ 34,5
0,00
10,10
r
+ 58,0
+ 3,50
Mittlere Ab
enkung für
1,90
w
+ 57,0
0,00
die gröfste
Höhe der
10,10
1,90
10,10
n
+ 56,0
+ 48,0
-f 3,50
Luftsäulen , diejenige
für die kleinste auf
i
■
0,00
■
1
+ 47,5
+ 0,25
Null reducirt . . .
+ 0,07
1) Bei der Reduction ist die Ablenkung für die Höhe 10,10 Meter der
Luftsäulen jedesmal vermindert um den mittleren Betrag der vor-
und nachher gefundenen Ablenkungen für die Höhe 1,90 Meter.
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432
Versuch II. Derselbe bestand in einer Wiederholung
des vorherigen an einem Tage, an welchem der Himmel
fortwährend gleichmäfsig bedeckt blieb, der Wind schwach
war und kein Regen fiel, so dais die Schläuche keinen
bedeutenden Temperaturschwankungen ausgesetzt wurden.
Die Messungen ergaben folgende Resultate:
5
■ * •§ 1
' 1
3
?■
9
Qi X **
Höhe der Luftsau]
über der
Thenuosäule
•BS C-
' -Ts v
Mittlere Äblenl
aus den beid
Messungen
Ablenkung füi
gröfste Hohe,
jenige für d. kh
auf Null redu
Höhe der Lufts
Über der
Thermosäul
Mittlere Äblenl
aus den beid
Messungen
Ablenkung für
gröfste Höhe,
jenige für d. kl<
auf Null redu
1.90M.
4- 26,0
0,00
1,90 M.
4-28,0
0,00
10,10 „
4-27,0
4-0,50
10,10 .
4-30,0
4-1,00
1,90 „
4-27,0
0,00
1,90 ,
4-30,0
0,00
10,10 „
4-27.0
4-1,00
10,10 „
4- 30,5
4-2,00
1,90 „
4- 25,0
0,00
1,90 „
4-27,0
0,00
10,10 „
4-25,0
-1,00
10,10 „
1,90 .
4-27,5
-0,75
1,90 „
4-27,0
0,00
4-29,5
0,00
10,10 .
4- 27,5
- 1,25
1,90 .
10,10 B
4-30,5
0,00 1
-0,75
4- 29,0
Mittlere Ablenkung Tür
1,90 „
4-29,0
0,00
die gröfste
Höhe der
10,10 .
4-31,0
4-30,5
4- 1,25
Luftsäulen ,
diejenige
1,90 „
0,00
-0,25
für die kleinste auf
10,10 .
4-29,0
■
Null redncirt .
4-0,175
Digitized by Google
433
Versuch III- Himmel fortwährend bewölkt; starker
Wind, aber k^in Regen. Das Rohr B, und der dazu ge-
hörige Schlauch waren jetzt mit Wasserstoflgas gefüllt^
das andere Rohr und der daran befestigte Schlauch da-
gegen mit atmosphärischer Luft. Die beiden Schläuche
wurden in einer Höhe von 5 Metern über der Thermo-
säule so befestigt, dafs nur der darüber befindliche Theil
von 5,10 Metern herabgelassen werden konnte.
a
©
w
_ ©
© ■ «*
— © 08 ti
a
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\ 9 JlS
.3 „
§ c
1 -
^ "z .5 ■»
Höhe der LdfUi
über der
Thermosäul«
Mittlere Ablenk
au* den beid<
Messungen
Ablenkung für
gröfste Höhe, i
jenige für d. kle
auf Null reduc
Höhe der Luftsc
Uber der
Thermosäuli
Mittlere Ablenk
aus den beid<
Messungen
Ablenkung für
gröfste Höhe,
jenige für d. kle
auf Null redu(
5,00 M-
4-18,0
0,00
5,00 M.
4-34,0
0,00
10,10 .
4- 14,5
-5,00
10,10 »
4-29,5
-5,75
5,00 m
4-21,0
0,00
5,00 »
4-36,5
0,00
10,00 „
4- 16,5
- 5,75
10,10 „
4-36,0
-2,50
5,00 „
+ 23,5
0,00
5,00 ■
4-40,5
0,00
10,10 .
4- 22,5
-4,75
10,10 .
4-33,0
-6,75
5,00 *
4-31,0
0,00
5 00 „
4- 39,0 0,00
10,10 „
4-27,0
— 4,75
5,00 „
4-32,5
0,00
i
10,10 .
5,00 „
4-25,0
- 7,50
Mittlere Ablenkung für
die gröfste Höhe der
4-32,5
0,00
10,10 „
4-29,5
— 4,50
Luftsäulen ,
diejenige
5,00 .
4-35.5
0,00
für die kleinste auf
10,10 ,
4-28,0
-6,75
Null reducirt . . .
-5,40
Poggvudorff* Aua. Ergänsuagsbd. VI. 38
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434
Versuch IV. Fortsetzung des vorigen, nur wurden
jetzt die Schläuche jedesmal ganz herabgelassen.
3 ® 1
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CO
§ s
vj 4)
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1,90 M.
10,10 „
1,90 „
10,10 .
1,90 „
10,10 „
1,90 „
10,10 „
1,90 „
10,10 »»
1,90 h
10,10 „
1,90 .
10,10 .
4-56,5
-1-33,0
-1-53,5
-+-30,0
-1-50,5
+ 2G,0
48,0
26,5
44,5
30,5
50,5
28,0
44,0
26,5
0,00
— 22,00
0,00
— 22,00
0,00
— 23,25
0,00
— 19,75
0,00
— 17,00
0,00
— 19,25
0,00
— 20,50
c
6
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1,90 M.
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50,0
27,0
46,5
27,5
52,0
28,5
44,5
!
0,00
— 21,25
0,00
— 21,75
0,00
— 19,75
0.00
I
Mittlere Ablenkung für
die grüfste Höhe der
Luftsäulen , diejenige
für die kleinste auf
Null reducirt . . .
— 20,65
Digitized by Google
435
Versuch V. Fortsetzung des vorigen. Das Seil, mit
welchem die Schläuche heraufgezogen und herabgelassen
wurden, war aber hierbei in einer Höhe von 6,30 Metern
über der Thermosäule an die Schläuche befestigt, so dafs
bei aufgezogenen Schläuchen die Höhe der Luftsäulen
Ober der Thermosäule 6,30 Meter und bei herabgelassenen
1,90 Meter betrug.
g
0
5 - 2
g ^ 5
— 1
c
3 -°
« e 2
Kl
1,90 M.
6,30 .
1,90 „
6,30 .
1,90 „
6,30 .
1,90 „
6,30 „
1,90 .
6,30 „
44,0
30,5
47,5
31,5
46,5
35,5
45,5
32,0
46,5
32,5
o
9 i —
J3 :g 'S Ö
0,00
— 15,25
0,00
— 15,50
0,00
— 10,50
0,00
— 14,00
0,00
— 15,50
a
8
<2 *- *2
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1,90 M.
6,30 .
1,90 .
tu
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< i 2
a i sc
■1
+ 49,5 0,00
H- 39,6 - 10,25
+ 50,0 I 0,00
Mittlere Ablenkung für
die gröfste Höhe der
Luftsäulen, diejenige
für die kleinste auf
Null reducirt . . . I
- 13,50
*8»
Digitized by Google
436
Versuch VI. Bei diesem Versuche war das Rohr B,
uud der dazu gehörige Schlauch, wie bei dem vorigen,
mit Wasserstoff, das Kohr B und der damit zusammen-
hängende Schlauch mit atmosphärischer Luft gefüllt. Der
Holzkasten AA, lag auf dem Fufsboden, und die über-
einander gewundenen Schläuche wurden innerhalb des ge-
schlossenen Zimmers abwechselnd bis au die Decke des-
selben heraufgezogen und wieder herabgelassen, so dafs
die Luftsäulen über der Thermosäule abwechselnd 3,80 Meter
und 0,00 Meter hoch waren. Zehn Minuten nach jeder Ver-
änderung in der Lage der Schläuche wurde die Ablenkung am
Galvanometer und die Temperatur des Zimmers gemessen ;
letzteres an einem Thermometer, welches an dem oberen
Theile der Schläuche befestigt war, so dafs dasselbe die
Zimmertemperatur in einer Höhe von 3 Metern ergab,
wenn die Schläuche aufgezogen, und diejenige am Fufs-
boden, wenn die Schläuche herabgelassen waren. Das
Resultat der Messungen ist in der folgenden Zusammen-
stellung enthalten:
Höhe d. Luft-
Ablenkung für die
i
Zimmer-
säulen
über der
Ablenkung
grüfste Höhe, die-
jenige für d. kleinste
Temperatur
Thermosäule
auf Null reducirt
unten
oben
0,00 M.
4-43
0,0
17,3
1 1 7,9
3,80 .
4-38
-3,0
0,00 h
4-39
0,0
17,2
3,80 „
4-36
-4,0
18,0
0,00 „
4-41
0,0
17,4
3,80 „
4-37
-5,5
ISO
0,00 w
4-44
0,0
17,0
3,80 „
-4-38
-7,5
0,0
-6,5
18,1
0,00 »
4-47
16,9
3.80 ,
4-40
18,3
0,00 ,
4-46
1 0,0
17,0
3,80 «
4-41
-5,0
18,8
0,00 «
3,80 w
4-46
0,0
17,1
4-37
-8,0
18,7
0,00 .
4-44
0,0
17,8
3,80 ff
4-41
— 3,5
18,4
0,00 ff
3,80 ,
4-45
0,0
17,0
4-45
4-51
-3.0
18,3
0,00 ,
0,0
17,0
3,80 „
4-41
-8,5
18,4
0,00 ,
4-48
0,0
17,0 j
Im Mittel:
— 5,45
17,1° ;
18,3"
für die Höhe
Celsius
3,80Meterder Luft-
•
säulen
Digitized by Google
437
Versuch VII. Füllung der Röhren und Schläuche,
sowie Lage des Kastens AAX wie bei VI. Die Schläuche
wurden aber nicht aufgezogen und niedergelassen, sondern
sie blieben schneckenförmig zusammengerollt auf dem
Boden liegen, von einem Brette bedeckt, welches abwech-
selnd während fünf Minuten mit einem Gewichte von
100 Kilogramm belastet und während fünf Minuten nicht
heiastet war, so da ['s die in den Schläuchen enthaltenen
Gase abwechselnd fünf Minuten lang unter einem stärkeren
und fünf Minuten lang unter einem schwächeren Drucke
standen. Unmittelbar vor einer jeden Veränderung des
Druckes wurde die Ablenkung am Galvanometer beob-
achtet.
Die Schläuche
waren :
Ablenkung
Ablenkung für den
grösseren Druck,
diejenige für den
kleineren auf Null
reducirt
nicht belastet -+-51
belastet -f 51
nicht belastet -f- 53
belastet + 53
nicht belastet +53
belastet -+- 54
nicht belastet -1-53
belastet + 56
nicht belastet + 56
belastet + 54
nicht belastet -+-53
belastet -+- 54
nicht belastet -+-55
belastet -+- 53
nicht belastet -+-54
belastet -+- 54
nicht belastet -f-52
belastet -+- 53
nicht belastet + 54
belastet + 52
nicht belastet +51
0,0
-1,0
+ 1,0
0,0
+ 1,5
0,0
-0,5
-1,5
0,0
+ 1,0
-0,5
0,0
0,0
0,0
0,0
0,0
0,0
0,0
0,0
0,0
0,0
Mittlere Ablenkung für d. grosseren
Druck, diejenige für den kleineren
auf Null reducirt
0,0
Digitized by Google
438
Betrachten wir nun zunächst die Versuche III, IV
und V, bei welchen der eine Schlauch mit Wasserstoff
und der andere mit atmosphärischer Luft gefüllt war.
Bei allen drei Versuchen ergaben sich Temperatur-
differenzen für die gröfste Höhe der Luftsäulen, welche
der Gleichung (II) zu entsprechen, also von dem Ein-
flüsse der Anziehung herzurühren scheinen. Die Diffe-
renzen sind aber so gering, dafs es wohl einer sorgfältigen
Erwägung aller übrigen Umstände bedarf, welche mög-
licherweise bei der Entstehung derselben haben mitwirken
können.
Durch welche andere Ursachen konnten nun denk-
barerweise die Differenzen entstehen?
Erstens dadurch, dafs bei dem Heraufziehen der
Schläuche das Verhältnifs der ungleichen äufseren Um-
stände, welche bewirkt haben, dafs bei jeder einzelnen
Messung ein positiver Ausschlag der Galvanometernadel
stattfand, verändert wurde. Eine derartige Veränderung
hätte aber ebensowohl hervortreten müssen, als beide
Schläuche nur mit atmosphärischer Luft gefüllt waren;
die Versuche I und II, bei welchen dies der Fall war,
hätten demnach eine mittlere negative Ablenkung von
einiger Bedeutung für die gröfste Höhe der Luftsäulen
ergeben müssen. In der That zeigten sie aber nur eine
äufserst geringe mittlere Ablenkung und zwar eine positive.
Die negativen Ablenkungen, welche sich bei den Versuchen
III, IV und V ergaben, können daher nicht auf solche
Veränderungen der äufseren Umstände zurückgeführt
werden.
Zweitens konnten die negativen Ablenkungen ent-
standen seyn durch Druckveränderungen, welche ohne
Zweifel bei dem Heraufziehen und Herablassen der
Schläuche stattfanden; Druckveränderungen, die bei gleichen
Gasen zwar gleiche, bei ungleichen dagegen ungleiche
Temperaturveränderungen an den Löthflächen der Therrao-
säule hervorrufen mufsten. Es darf aber wohl angenommen
werden, dafs die Differenzen, welche in dieser Weise ent-
Digitized by Google
439
standen, nur wenige Augenblicke bestehen blieben. Der
Versuch VII beweist die Richtigkeit dieser Annahme, denn
die Druckänderungen, welche dabei stattfanden, waren
jedenfalls viel gröfser, als die durch das Heraufziehen
und Herablassen der Schläuche bewirkten, und trotzdem
ergab sich für die fünf Minuten nach jeder Veränderung
vorgenommenen Messungen im Durchschnitte keine Ab-
lenkung der Galvanometernadel.
Drittens endlich konnten die Temperaturdifferenzen,
welche sich bei den Versuchen III, IV und V für die
gröfste Höhe der beiden Luftsäulen ergaben, dadurch ent-
standen seyn, dafs die Schläuche bei dem Heraufziehen
in kältere Luftschichten kamen, und dafs alsdann die da-
durch entstehenden Veränderungen, in Folge der gröfseren
Wärmeleitungsfahigkeit oder in Folge der gröfseren Beweg-
lichkeit des Wasserstoffgases , auf die Seite der Thermo-
säule, welche mit diesem Gase in Berührung stand, am
stärksten einwirkten. Es ist gar keine Frage, dafs dieser
Umstand nicht ohne Einfluls blieb. Dafs aber der Ein-
flufs nur ein untergeordneter gewesen seyn konnte, be-
weist der Versuch VI, bei welchem die Schläuche durch
das Heraufziehen in wesentlich wärmere Luftschichten
kamen, und wo trotzdem eine negative mittlere Ablenkung
der Galvanometernadel für die gröfste Höhe der Luft-
Säulen sich ergeben hat.
Mir scheint hiernach das Vorhandenseyn einer der
Gleichung II entsprechenden, also nur durch die Mit-
wirkung der Anziehung der Erde verursachten Temperatur-
differenz nachgewiesen zu seyn.
Auch der Umstand spricht hierfür, dafs die Tem-
peraturdifferenz sich in den Versuchen III und V, wo
nur Theile der beiden Schläuche in die Höhe gezogen
wurden, kleiner zeigte, als in dem Versuche IV, wo die-
selben ganz aufgezogen waren; denn nach der Glei-
chung (II) mufs die Temperaturdifferenz um so gröfser
seyn, je gröfser der Unterschied in der Höhe der Luft-
säulen ist.
Digitized by Google
440
Der Grund, wefshalb sich dieses Verhältnifs nicht
ebenfalls bei den Versuchen III und V zeigte, bei welchen
sich, in dem ersten für eine Höhendifferenz von 5,10 Metern
nur eine mittlere Ablenkung von — 5,40, in dem andern
dagegen für die kleinere Höhendifferenz von 4,40 Metern
die gröfsere Ablenkung von — 13,50 ergab, ist leicht zu
erkennen. In dem Versuche III betrug die kleinste Höhe
der Luftsäulen über der Thermosäule noch 5 Meter, in
dem andern Versuche (V) dagegen nur 1,90 Meter; die
Ursache der Temperaturdifferenz wurde also in dem ersten
Falle in einer gröfseren Entfernung von der Thermosäule
hervorgerufen , als in dem zweiten; ihre Wirkung mufste
daher durch den ausgleichenden Einflufs der umgebenden
Luft auch in stärkerem Grade abgeschwächt werden.
Was nun schliefslich die Gröfse der erhaltenen Tem-
peraturdifferenzen betrifft, so ergeben sich dieselben auch
nicht annähernd so grofs, als sie unter den ideellen Ver-
hältnissen, welche der Gleichung (H) zu Grunde liegen,
seyn müfsten. So würde beispielsweise nach dieser Glei-
chung bei dem Versuche IV eine Temperaturdifferenz von
nahezu 0,1° C. haben entstehen müssen, während die ge-
fundene mittlere Ablenkung von 20,65 Theilstrichen der
Galvanometerskala nur einer Temperaturdifferenz von un-
gefähr 0,002° C. entspricht.
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441
IV. Heber Tropfen an festen Körpern tfis-
besondere an Cylindern;
von Dr. Kurd Lafswitx in Breslau.
I.
Differentialgleichung nnd Volnmen Ton Tropfen.
Die von Laplace1), Gaufs1) und Poisson') auf-
gebaute mathematische Theorie der Capillaritiit ist, zu-
meist von Poisson selbst, zur Auflösung einer grolsen
Anzahl von Aufgaben über das Gleichgewicht von Flüssig-
keiten und festen Körpern benutzt worden und hat im
Allgemeinen eine aufserordentliche Uebereinstimmung der
Rechnung mit der Erfahrung ergeben 4). Aus diesem
Grunde soll, obwohl die physikalischen Hypothesen Pois-
sons der modernen Anschauung kaum genügen können,
die Anwendung jener Theorie im Nachstehenden auf einen
weiteren Specialfall ausgedehnt werden, wobei es vorläufig
dahingestellt bleiben mufs, ob das Experiment auch hier
die Theorie bestätigt. Das unbekannte Gesetz der Mole-
kular-Wirkung tritt nur in Form von Constanten in die
resultirenden Gleichungen, welche doch erst a posteriori
bestimmt werden können. Die Berechtigung der Unter-
suchung beruht auf dem wohl zweifellosen Satze, dafs die
Wirkung des Capillardrucks senkrecht ist zur Oberfläche
und proportional der Summe der reciproken Krümmungs-
radien der Hauptschnitte, J- -h^-* em Ausdruck, wel-
li, «,
*
1) Sur Portion capillaire, SuppUment au X livre du traiti de micanique
c€Uste\ und Supplement a la thiorie de taction capillaire. Beide Ab-
handlungen in traiti de mtcanique cilesle, T. IV.
2) Principia generalia theoriae ßuidorum in statu aequilibrii.
3) Nouvelle the'orie de taction capillaire. Paris 1831. Vergleiche ferner:
Paul du Bois-Reymond „De aequilibrio ßuidorum" , Dissertatio in au lt.
Berol. 1859.
4) Ausgedehnte Beobachtungen rühren her von Gay-Lussac, Desains,
Bede, Brnnner, Hagen, Frankenheim, Quincke u. A.
Digitize^ Google
442
eher in der Kürze mit Krümmung der Oberfläche bezeich-
net werden soll l).
Es soll in der Folge der Gleichgewichtszustand solcher
Flüssigkeitsmengen untersucht werden, welche sich auf
der unteren (dem Erd- Mittelpunkte zugekehrten) Seite
fester Körper hängend befinden und deren Oberfläche eine
Rotationsfläche darstellt. Jede derartige Flüssigkeitsmasse
soll im Allgemeinen den Namen Tropfen führen.
Unter der Voraussetzung, dafs der feste Körper, an
welchem der Tropfen hängt, in seiner Oberfläche als voll-
ständig glatt und homogen und in seinem Verhalten gegen
die, natürlich adhärirende, Flüssigkeit als gleichartig an-
gesehen werden kann, wird die Oberfläche des Tropfens
dann eine Rotationsoberfläche darstellen, wenn die Ober-
fläche des festen Körpers selbst eine solche ist und ihre
Rotationsaxe mit der Richtung der Schwere zusammenfallt.
Nehmen wir rechtwinklige Raumcoordinaten und die
positive Richtung der Z-Axe der der Schwere entgegen-
gesetzt. Der Normaldruck (JV) auf die Einheit der Ober-
fläche ist in jedem Punkte gleich der algebraischen Summe
aus dem Capillardrucke und dem hydrostatischen Drucke,
d. h. dem Gewicht der über jenem Punkte ruhenden
Flüssigkeitssäule. Der Luftdruck kann als constant ver-
nachlässigt werden. Bezeichnet a2 die Capillaritätscon-
stante l), * das speeifische Gewicht der Flüssigkeit, Ö die
1) Das von Poisson zu Grunde gelegte Gesetz leistet daher die er-
forderliche Uebereinstiramung nur innerhalb gewisser Gränzen; die-
selben übersehreitet Poisson z. B., wo er aus seinen Annahmen
den Kinflnfr der Temperatur auf die capillare Steighöhe ableiten will
(Nouvelle theorie p. 106). Vergl. hierüber C. Brunn er (Sohn), Unter-
suchungen über die Cohäsion der Flüssigkeiten, Po gg. Ann. Bd. LXX.
Aus diesem Grunde ist der Einflufs der Temperatur auf die capillaren
Erscheinungen hier nirgends in Betracht gezogen worden.
2) Poisson führt in der Nouvelle thtorie eine Capillaritätsconstante a*
ein, welche den doppelten Werth hat als hier, wo die Bezeichnung^-
weise von Reer (Einleitung in die math. Theorie der Elasücität und
Capillarität. Herausg. von Giesen. Leipzig 1869, S. \\b) gebraucht
ist Die ebenfalls häufig übliche Capillaritätsconstante a ist gleich-
bedeutend mit a* * hier und mit £as* bei Poisson. Vergleiche
Wuellner, Lehrb. d. Experimentalphysik, Leipzigl870, l.Bd., S. 264
Digitized by Google
443
Entfernung des Punktes der Oberfläche von dem festen
Körper in der Richtung der Verticalen, also die Länge
der zu tragenden Flüssigkeitssäule, so ist der Normaldruck
So lange dieser Normaldruck nach dem festen Körper
zu wirkt, also JV positiv, haftet die Flüssigkeit am Körper.
Wenn N gleich Null wird, so tritt labiles Gleichgewicht
ein, Capillar- und Schwerkraft heben sich auf und der
Tropfen befindet sich im Moment des Zerreifsens. Dies
ist der von uns besonders zu behandelnde Fall. Der
Tropfen zerreifst, wenn die Schwere überwiegt und N
negativ wird.
Wir führen nun cylindrische Coordinaten z und t
= Vx' -h^9 ein und verlegen den Coordinaten-Anfangs-
punkt in den tiefsten Punkt des Tropfens, der in der
Rotationsaxe liegen wird. Wir brauchen alsdann nur die
Meridiancurve des Tropfens und des festen Körpers zu
betrachten. Die Gleichung der Meridiancurve des Ro-
tationskörpers sey zi = cp(t), so ist für einen Punkt der
Tropfenoberfläche (*, t)
d = Zy — Z = (f (t) — 3,
demnach die Bedingung des Gleichgewichtes nach Vorigem :
wenn c eine stets positive Gröfse bezeichnet, die im Falle
des labilen Gleichgewichtes zu Null wird.
Bedeutet y die Krümmung der Meridiancurve im tiefsten
Punkte, so erhält man für z = o, r = o:
2 a V =» <f (o) -r-
wobei (p (o) = h0 = 2 a1 y — c die Entfernung des tiefsten
Tropfenpunktes von dem vertical über ihm liegenden
Punkte des festen Körpers angiebt. Wird das Gleichge-
wicht labil, so verschwindet c und es wird die verticale
Entfernung des tiefsten Tropfenpunktes vom Körper, welche
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444
wir die Länge des Tropfens nennen wollen, bei einem *<rr-
reifsenden Tropfen
Ä0 = 2aV = y (o).
Diese Länge ist vorläufig nicht bekannt.
Die Differentialgleichung eines an einem Rotations-
körper hängenden Tropfens lautet nunmehr, wenn man
die Krümmung durch ihre Ausdrücke in Differential-
quotienten ersetzt:
d~—~ H p-i-^i- « 2a1; - v(o)-|- ff (0 - *
Für den Rand, mit welchem die freie Oberfläche der
Flüssigkeit an den festen Körper gränzt, gilt ferner die
Gleichung l)
cos * = Const.,
wobei t den Winkel zwischen den Normalen, auf der
Oberfläche der Flüssigkeit und des festen Körpers nach
Aufsen errichtet, bezeichnet (den Contingenz-Winkel).
Das Vorzeichen der Wurzel bestimmt sich aus der
Beziehung
dz
dt
sin # =
wenn man unter & den Winkel versteht, welchen die auf
der Meridiancurve nach aufsen errichtete Normale mit der
negativen Richtung der z bildet. Beschränken wir uns
wegen der Symmetrie der Curve zur *-Axe auf den rechts
von derselben liegenden Theil, so bleibt hier unseren An-
nahmen nach stets o <. & <. n , also sin If stets positiv.
Demnach ist der Wurzel hier stets dasselbe Zeichen zu
geben, wie j . Wir behandeln übrigens hier nur Tropfen,
bei denen jedes z für jedes t nur einen Werth besitzt.
Der Winkel, welchen die Oberfläche des festen Körpers
1) Gaufs und Poisson a. a. O. — Beer, a. a. 0. S. 118.
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440
an der Gränze der Oberfläche der Flüssigkeit mit der
liorizontalebene bildet, heifse der Randwinkel (a>); die
Summe aus Contingenzwinkel und Randwinkel tu -f * ist
demnach derjenige Winkel, welchen die Oberfläche der
Flüssigkeit mit der Horizontalebene bildet. Für diesen
Rand, d. h. den Parallelkreis, in welchem Flüssigkeits-
und Körperoberfläehe sich schneiden, wird demnach
L •'<' =w + i; ferner seyen z = h und t = R die ent-
sprechenden Coordinaten des Randes. Ist * = f (ff, y, /)
die (vorläufig noch unbekannte) Integralgleichung der
Tropfenoberfläche, wobei o und constante Parameter
sind, so gilt also für den Rand
h = /•(«, y, R) (2).
und durch Differentiation der Integralgleichung
tang (ai -Hi) — f (*, r, Ä); (3)
ferner aus der gegebenen Gleichung des festen Körpers
h — 7 (Ä) und tang w = 7 ' (R). (4 — 5)
Diese vier Gleichungen, deren Herstellung unsere Auf-
gabe iat, genügen zur Lösung des Problems, in welchem
nur die vier Unbekannten
Y% h, Ä> »
vorkommen, sobald labiles Gleichgewicht besteht. Die
Gleichung des festen Körpers enthält nämlich noch eine
unbestimmte Constante h0 = 2äiy — c = <f(o); beim zer-
reiJiseudeu Tropfen wird c = o, A0 = 2 a? 7 = (/ (o) und
dadurch diese Unbekanute bestimmt. Ein solcher maxi-
maler Tropfen besitzt natürlich auch ein bestimmtes Vo-
lumen (Tm), das wir sogleich berechnen werden.
Ist dagegen nicht labiles Gleichgewicht vorhanden,
so bedarf es noch der Bestimmung von c. Diese kann
nur durch eine neue Angabe ermöglicht werden, es
mufs also noch eine der vier Grölsen ys Ä, R, w, oder,
was das Natürlichere ist, das Gewicht (resp. Volumen T)
der am festen Körper hängenden Flüssigkeitsmenge ge-
geben seyn. Wir stellen nunmehr den Zusammenhang
zwischen dem Tropfen-Volumen (T) und den übrigen
Bestimmungsstücken her.
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446
Das Volumen eines Rotationskörpers zwischen zwei in
der Höhe 30 und * gelegten Horizontalebene ist gegeben
durch das Integral
s c t
7i j Pds oder *[»**] — 2tt f ztdt.
Demnach ist das Volumen des Tropfens vom tiefsten
Punkte bis zum Rande:
I
wenn S das mit eingeschlossene Segment des festen Kör-
pers bezeichnet, welches seinerseits ist
A II
S mm n J> dz = R%nh-2nj<f(t)t dt.
Multiplicirt man nun beide Seiten der Gleichung (1) mit
tdt und integrirt rechts und links, so wird mit Hülfe
einer partiellen Integration
af I - !
j ^ ^y- - <* *r - 9 00) t +J* CO f * - *« f
dz. (6)
Die Inte^rationsconstante verschwindet, wenn man von
i mm tmmo bis t integrirt. Mit Berücksichtigung der
früheren Gleichungen ergiebt dies nunmehr rar
« » K ilvS \\\lumen de« Tropfens:
-*■/
f(t)ftff-4
l^w **i tu vi l* 6V u^ie Gkichung. womit
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447
nun alle fraglichen Gröfsen bestimmt sind. Im labilen
Gleichgewicht wird Ä0=»2aay, d. h.
Das Volumen eines an einem beliebigen Rotationskörper
hängenden im Zerreifsen begriffenen Tropfens ist gegeben
durch
Tm = 2diR7i%m(iü-t-%).
IL
Tropfen an verticalcn geraden Kreiscylindern.
Wir beschränken uns nunmehr auf zwei Fülle:
1) Der Tropfen hänge am untern Ende eines massiven
verticalen geraden Kreiscy linders. Ein specieller Fall hier-
von ist ein Tropfen an einer horizontalen Ebene.
Derartige Tropfen sollen kreisförmige heifsen.
An Stelle der Gleichung des festen Körpers tritt hier
die Beziehung f , = R = Const., wobei Const. der gegebene
Cylinderradhi8 ist. Ferner ist zt = rf (<) = (f (o), daher
die Gleichung des Tropfens (aus I, 1):
dU J_dz
dt* t dt
(»+<3D7 "+©'
2) Der Tropfen sey in einer Richtung unendlich aus-
gedehnt; er hänge z. B. an einer unendlich langen hori-
zontalen Platte von gegebener Breite. Die Oberfläche
ist dann als Rotationsoberfläche anzusehen, deren Axe in
unendlicher Entfernung liegt. Mit hinreichender Genauig-
keit werden unter diesem Gesichtspunkte auch diejenigen
Tropfen zu behandeln seyn, welche an der Wand cylin-
drischer Röhren hängen, deren Durchmesser im Lichten
von bedeutender Gröl'se ist. Aus diesem Grunde sollen
derartige Tropfen kurz als ringförmige bezeichnet werden.
Ist ß die Krümmung der Meridiancurve im tiefsten
Punkte des Tropfens, so erhält man ganz analog wie oben,
jenen Punkt als Ursprung der Coordinaten gewählt, die
Differentialgleichung der Meridiancurve wegen R2 mm oc :
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448
In beiden Fällen werden der Mantel des Cylinders
und seine ebene horizontale Basis in Wirklichkeit niemals
eine mathematische Ecke bilden, sondern durch ein krum-
mes Rotationsflächenstück verbunden seyn, dessen Meri-
diancurve einen sehr kleinen Krümmungsradius besitzt.
Da jedoch dieser Krümmungsradius, so klein er auch sey,
schon der Constitution der natürlichen Körper nach,
immer noch als unendlich grols angenommen werden darf
gegen den Radius der Wirkungssphäre der Molekular-
kräfte, auf deren Annahme die Entwickelung der gebrauch-
ten Gleichungen beruht, so gelten letztere auch für die
Kante. Es mag der Ausdruck Kante nunmehr kurzweg für
das verbindende Rotationsflächensttick gebraucht werden.
Nach den oben angegebenen Bedeutungen des Con-
tingenzwinkels i und des Randwinkels w gelten nunmehr
für den Rand die Gleichungen:
dz
sin (a>H-i)= -===^und cos (o> -f- 1) = J~^~— , t = R.
Im Speciellen gehen dieselben über, wenn der Tropfen
den Mantel des Cylinders berührt, ftir (o = ^ in
sin (o> -f- 1) = cos t und cos (w -h t) == — sin t ;
und wenn der Tropfen nur an der Basis hängt, für a> = o in :
sin (ö; -h t) = sin t, cos (co t) = cos t.
Der Contingenzwinkel t ist, wie gesagt, constant ftir
dieselbe Flüssigkeit und denselben festen Körper; der
Winkel co dagegen sehr schnell veränderlich auf dem
schmalen Flächenstück, welches den Uebergang zwischen
Basis und Mantel des Cylinders bildet (Kante). Zugleich
ist dieser Winkel unbekannt; denn wenn nur die Krüm-
mung der Kante scharf genug gewählt wird, darf man
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449
ohne Fehler den Radius der Basis und jedes Punktes der
Kante gleich dem Radius des Cylinders R annehmen, so
dafs zu demselben R jeder Werth von u zwischen 0 und
j gehören kann. Da über den Verlauf der Krömmung
der Kante nichts bekannt ist, wird daher der Randwinkel
o) erst aus der Gleichung für die Oberfläche des Tropfens
gefunden werden können, indem man t = R setzt. An
Stelle der Gleichungen 4 und 5 in (I) traten nämlich hier
die Gleichungen R = const. (der gegebene Cylinderradius)
und, im Falle der Tropfen am Mantel des Cylinders hängt.
L w = falls aber die Flüssigkeit an der Kante ab-
schneidet:
h= h. = 2 a? y — c,
oder, im 2. Falle, h = h. = a1 ß — c.
Wenn der Tropfen zerreifst, wird c = o, h = h. = 2 a2;
oder a1 ß. Hierdurch ist die Länge eines Tropfens gegeben,
welche derselbe höchstens erreichen kann, oder in anderen
Worten: Das Product aus der Länge eines im Zerreifsen
begriffenen Tropfens und seinem Krümmungsradius im tiefsten
Punkte hat für jede Flüssigkeit einen constanten Werth.
Dieser Werth ist bei einem kreisförmigen Tropfen 2 af,
bei einem ringförmigen o2, was sich auch dahin ausspre-
chen läfst: Wenn ein kreisförmiger Tropfen und ein ring-
förmiger dieselbe Krümmung der Meridiancurce im tiefsten
Punkte besitzen, so hat ersterer im Falle des Zerreifsens
die doppelte Länge als letzterer.
Dieser Satz hat sein Analogon in dem Verhältnifs der
Steighöhe von Flüssigkeiten in Capillarröhren zu der zwi-
schen parallelen Platten. Ist der Durchmesser der Capillar-
röhren gleich der Distanz der Platten und beide so klein,
dafs die Meridiancurve als Halbkreis aufzufassen ist, so
tritt der erwähnte Satz in Anwendung.
Da die rechte Seite der Gleichung (1) oder (2) stets
positiv bleiben mufs (denn z = h = 2 ä1 y ist der äufserste
Fall), so kann man die Bedingung der Existenz eines Trop-
PoggtmdorflTa Annal. Ergänzungsbd. VI. 29
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450
t'eus auch dahin aussprechen, dals man sagt, die Krümmung
desselben dürfe nie gleich Null werden. Demnach ergiebt sich
zunächst, dals, wenn die Krüminuug der Oberfläche in
einem Punkte positiv ist, sie überall positiv sein mufs. Denn
da nach der Natur der Aufgabe die Krümmung der Ober-
fläche eine stetige sein mufs, so könnte sie nur durch den
Uebergang durch Null an irgend einem Punkte negativ
werden. In jedem solchen Paukte ohne Krümmung tritt
aber der Grenzfall des Gleichgewichts ein, d. h. der Fall,
in welchem der Tropfen physikalisch zerreifst.
Für ringförmige Tropfen und Wulste fällt die Krümmung
der Oberfläche mit der der Meridiancurve zusammen; es
ergiebt sich somit, dafs ihre Oberfläche dem festen Körper
entweder stets die coneave oder stets die cotwexe Seile zu-
kehren mufs.
Das Volumen eines kreisförmigen Tropfens ist nach I, 7,
indem mau jetzt h. = h setzt,
T = 2a* R n sin (w -f- 0 — (2 a V — h) R1 ;r. (3.)
Denn die Dimensionen der Kante sind offenbar gegen h
und R zu vernachlässigen ; die nahezu unendlich grofse
Krümmung der Meridiancurve des festen Körpers an der
Kante tritt nur in der Veränderlichkeit von a auf. Das
Volumen des maximalen Tropfens ist
Tm =■ 2a'2 R n sin (w -+- i).
Verlangt man, dals ein solcher Tropfen zugleich einen
bestimmten Randwinkel « besitze, so ist dies im Allge-
meinen nicht möglich, giebt man jedoch für oj den speciellen
Werth Null, d. h. hängt der Tropfen nur an der horizon-
talen Basis, so wird dadurch der Radius des Tropfens,
welcher jetzt nicht mehr gleich dem des Cylinders R zu
sein braucht, unbestimmt — er sei gleich r; man hat dann
zur Bestimmung von A, p, r und t die vier Gleichungen:
h « 2 d2 y == /"(«, ;-, r), tg i = f'(as r, r)
und T = 2 a* r tt sin i.
Hieraus folgt: Bei jedem Tropfen, welcher auf der un-
tern Seite einer horizontalen Ebene hängt, haben Länge,
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451
Radius , Volumen und Krümmung im tiefsten Punkte für jede
Flüssigkeit constante Werthe, im Augenblicke, wo der Tropfen
zerreifst.
Setzt man den Contingenzwinkel t gleich Null , indem
man sieh der Einfachheit wegen den ganzen Cylinder mit
einer unendlich dünnen Flüssigkeitsschicht benetzt denkt, so
erhält man für einen Tropfen von maximaler Länge:
Tm = 2a* Rn s in w
und für einen den Mantel des Cylinders berührenden
Tropfens (w =
7;0= 2a* Rn — (2a* y — h) R2 n.
Es erhellt aus diesen Gleichungen, dafs für das Vo-
lumen hängender Tropfen in Bezug auf ihr Verhältnifs zum
Radius so einfache Beziehungen nicht bestehen, wie die
Proportionalität zwischen dem Radius der Capillarrohren
und der gehobenen Flüssigkeitsmenge. Vielmehr tritt hier
der Randwinkel w auf, und man hat den Satz: Das Vo-
lumen hängender Tropfen con maximaler Länge ist propor-
tional dem Producte aus ihrem Radius und dem Sinus des
Randwinkels.
Man sieht zugleich, dafs immer das Volumen eines
hängenden Tropfens kleiner ist, als das von einer Capillar-
röhre von gleichem Radius gehobene Flüssigkeits-Volumen.
Wenn jedoch der Radius des Cylinders sehr klein ist,
so kann trotzdem ein verhältnifsmäfsig bedeutendes Volumen
getragen werden, indem sich die Flüssigkeit am Cylinder
hinaufzieht. Alsdann wird in Formel (4) das zweite Glied,
welches R} enthält, im Verhältnifs zu dem ersten R linear
enthaltenden Gliede sehr klein werden und ohne erheb-
lichen Fehler vernachlässigt werden können. Ebenso wird
das von dem Volumen T90 noch abzuziehende Volumen
des benetzten Cylinders, welches stets kleiner als 2aiyR2n
scyn inuls, zu vernachlässigen seyn. Nunmehr erhält man
d. h. das Volumen von Tropfen, welche an dem Mantel sehr
29*
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452
dünner (fadenförmiger) Cylinder hängen, ist
dem Radius (resp. Umfang) des Cylinders.
III.
Ringförmige Tropfen.
Zunächst stellen wir eine Formel für das Volumen
ringförmiger Tropfen her. Wir multipliciren Gleichung
II, 2 mit dt und integriren von t = o bis t — B, worin B
die halbe Breite der Basis des ringförmigen Cylinders vou
sehr grofsem Radius sein soll, an welchem der Tropfen
hangt. Es wird
sin (ftH-t) — ßB -±;jzdt.
Das Integral rechts stellt den Flächeninhalt dar, wel-
cher von der Abscisse B, der Ordinate h und der zuge-
hörigen Mcridiancurve eingeschlossen wird. Der Flächen-
inhalt F des Meridiandurchschnittes ergiebt sich:
B
F=*2Bh — 2f %dt, d. i.
»
F = 2a1 sin (oj + i) — 2(a* ß—h) B.
Nach den gewählten Einheiten in Millimetern giebt
diese Formel gleichzeitig das Volumen eines Tropfenstucks,
welches zwischen zwei in der Entfernung von einem Milli-
meter zur Längsrichtung des Tropfens senkrecht gelegten
Ebenen enthalten ist. Das Volumen eines Theiles von der
beliebigen Dicke L wird demnach durch Multiplication
mit L erhalten. Es sollen im speciellen solche Tropfen
in Betracht gezogen werden, welche am untern Ende ge-
rader verticaler cylindrischer Röhren von hinreichend grofsem
Radius und der Wandstärke 2B hängen, und zwar soll
unter r das arithmetische Mittel zwischen dem Radius der
äufsern und inuern Röhren wand verstanden werden, also
die Entfernung des tiefsten Punktes des Tropfens von der
Axe des Cylinders. Der Schwerpunkt des Querschnitts,
durch dessen Rotation um die Cylinderaxe der Tropfeo
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453
erzeugt gedacht werden kann, liegt wegen der Symmetrie
desselben zu der durch den tiefsten Punkt gehenden Ver-
ticalen in dieser selbst. Nach einem bekannten Satze von
Guldin ist demnach das Volumen des gesammten ringför-
migen Tropfens, wenn U=2m den Umfang des vom
Schwerpunkt (oder dem tiefsten Punkte) beschriebenen
Kreises bedeutet:
F=2(/ | a- sin (« + t) - (a*fi-h)B\. (1.)
Man bemerkt sofort, dafs die Volumina ringförmiger
Tropfen unter sonst gleichen Umständen dem Umfange U
proportional sind.
Im Folgenden wird U als ein für alle Mal gegeben
angesehen werden. Es sei noch bemerkt, dafs die im
Problem auftretenden Gröfsen oj, ß, h, B von U insofern
vollständig unabhängig sind, als U nur in der Formel für
das Volumen vorkommt.
Multiplicirt man Gleichung II, 2 mit dz und integrirt,
so wird
— ,— L— , = ßz — ~ -h Const. 8)
dz
Für 3 = o soll werden — mm o, also — 1 = Const.,
so dafs:
" WZSf " " " £" 1 w
Für z = k erhält man hieraus
1 — cos (w -h i) = ßh — 2^T> woraus
h mm a%ß =fc Va* ß* — 2 a' (1 — cos (» -+- i) );
da stets Ä<oa/J, so gilt nur das untere Zeichen, also
scblicisl ich :
h = a* ß — Va*ß*—2a%(\ — c~o7(w + 0)7 (3)
ig
8) Die Wurzel hat das positive Zeichen, so lange & zwischen o und
liegt, was hier immer der Fall ist.
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454
Demnach wird der Grenzfall des Gleichgewichts oder
das Maximum von h erreicht, wenn
a% ßl = 2 (1 — cos (ü) -h i) ) mm 4 sin1 J (w + t)
oder
sin J (w -+- t) = £a/l
Ferner ist
cos (a> -+-•)= 1 — ia\#*und sin (a + aßVl—\a*ß*.
Statt dessen kann man auch schreiben, weil £=-^:
cos (w -h i) = 1 - ~ und sin (o> -+- t) = i j/T— .
Zu den Relationen (1) und (3), wobei wir uns zur
Vereinfachung wieder L * = o gesetzt denken, wird aus
der noch unbekannten Integralgleichung noch eine Bezie-
hung treten von der Form B = ff (a, /?, w).
Man hat dann zwischen den fünf Gröfsen K, #, Ä, ß, m
drei Gleichungen, so dafs also noch zwei derselben will-
kürlich sind. Fügt man noch die Bedingung des Grenz-
falles des Gleichgewichts als vierte hinzu, nämlich h = /?aa,
so wird das Volumen
V mm 2 Ua* sin a>,
d. h. das Volumen ringförmiger Tropfen im Augenblicke
des Zerret fsens ist proportional dem Sinus des Bandwinkels.
Nach eben entwickelten Formeln wird
V=m Ua'ß Vl-Ja'/F = 2 Uah j/l - A ■ (4.)
Eine der Gröfsen, z. B. Ä, kann noch als willkürlich
angesehen werden. Man erhält dadurch in (4) eine Be-
ziehung zwischen dem Volumen ringförmiger Tropfen und
ihrer Länge. Die Länge h ist, wie die Erfahrung lehrt,
überhaupt eine kleine Gröfse. Beschränkt man sich also
auf Tropfen, welche nur eine geriuge Länge (d. h. auch
ß uud w klein) erreichen, so kann man das Glied A-
gegen 1 vernachlässigen, und mau erhält innerhalb gewisser
Grenzen :
V mm 2 Uah.
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455
Demnach gelten für zerreifsende ringförmige Tropfen
in den erwähnten Grenzen die Sätze:
Die Volumina ringförmiger Tropfen von geringer Länge
verhalten sich wie diese Längen.
Die Längen der Tropfen sind direct proportional dem
Umfange U.
Die Längen der Tropfen von bestimmtem Gewicht sind
für jede Flüssigkeit constant.
Das Gewicht eines Tropfens ist direct proportional der
Länge des Tropfens.
Giebt man anstatt des Grenzfalles des Gleichgewichts
als vierte Bedingung, dais der Tropfen den Mantel des
Cylinders berühre, also to mm ^ , sin ut = 1, so wird
h mm a2 ß - Va* ]t* - Ta% und K=2 U(a*—a Va?J^2 . B).
Die Bedingung, dafs solche Tropfen möglich seyen, ist
Reellität des zweiten Gliedes in der Klammer, d. h. es
mufs seyn
Der Grenzfall aß = VT fallt mit dem Grenzfall des
Gleichgewichts zusammen, indem, wie natürlich, h = a7 ß
wird, d. i. hier
h mm a \2 .
Indem man aber auf diese Weise die Bedingungen
sin o> = 1 , A = a* ß gleichzeitig gelten läfst, sind nun-
mehr alle fünf Gröfsen vollständig bestimmt, nämlich, resp.
B = B '% V=2Ua\ ß = l-2 , h mm aH , u> = £. Dem-
nach kann man auch schreiben
V = Uh\
d. h. Es giebt für jede Flüssigkeit eine bestimmte Breite
Bt ringförmiger Tropfen, für welche das Volumen gleich
dem Producte aus dem Quadrate der Länge in den Um-
fang U wird.
9) Vergl. Abscho. VI.
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456
Ein solcher Tropfen stellt zugleich, wie aus der Form
der Gleichung für V hervorgeht , den gröfsten Werth des
Volumens dar, welchen ein ringförmiger Tropfen unter den
günstigsten Umständen erlangen kann.
Die zugehörige Länge des Tropfens h = a \'2 ist die
gröfste aller Längen, welche ein den Mantel des Cylinders
berührender ringförmiger Tropfen erreichen kann.
Unter Zugrundelegung des von Brunner10) für Wasser
von 0"C. gefundenen Werthes 2 a2 = 15,332 Quadr.-Millim.,
welches zugleich einer der gröfsten der von den verschie-
denen Beobachtern angegebenen Werthe von 2al ist, er-
giebt sich diese maximale Länge
h = 3,916""
und fiir Aether bei 0° C, ebenfalls nach Brunner, h =
2.31 "". Für Tropfen, welche nur an der Basis hängen,
folgt endlich
V = 2 U (d1 sin i — (a* ß — h) B)
und h = a* ß — Va* ß* — 2är(i - cos •>
Aus beiden Formeln zeigt sich, dafs alsdann für t = o
keine Tropfen mehr möglich sind. Die praktische Mög-
lichkeit ringförmiger Tropfen überhaupt scheint sehr pro-
blematisch.
IV.
Integralgleichung kleiner Tropfen.
Nach den vorangegangenen Bemerkungen über Volumen
und Länge der Tropfen soll nunmehr die Gestalt der
Oberfläche untersucht werden. Für einen kreisförmigen
Tropfen tritt somit die Forderung auf, das Integral der
Differentialgleichung II, 1:
10) Die in der Theorie der Capillarität so vielfach auftretende Constante
2a* liegt nach den Beobachtungen von Gay-Lussac, Franken-
heim. Sondhaufs, Artur, Hagen, Branner, Bede bei Tcm-
paraturen von 0° bis 16" C. für Wasser in den Grenzen von 15,523
bis 14,84 Quadratmillimctcrn. Für Aether beträgt 2 a* bei 0- C.
5,35 Quadmtmilliracter, für Olivenöl bei 0° C. 7,46 Quadratmilli-
meter. Vergl. Brunner, Untersuchungen über die Cohäsion der
Flüssigkeiten, PoggendorfTs Annalen Bd. LXX., S. 522 und Beer
a. a. O. S. 133.
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457
d*a J_ dz
dt' t dt
+ -r-^W==2r-„4 (H,i.)
zu ermitteln.
Die Integration in geschlossenen Ausdrücken ist nicht
möglich. Obgleich später eine allgemeine Integration
durch Reihenentwickelung bewerkstelligt werden soll, so
wird doch im Nachstehenden zunächst der zu anschau-
licheren Resultaten führende Weg allmählicher Annäherung
eingeschlagen werden.
Bezeichnet man den reciproken Werth der Capillaritäts-
constante mit £, also £ = — , so kann man sich die Ordinate
a*
s dargestellt denken durch eine Reihe, welche nach Po-
tenzen von s fortschreitet, nämlich
* = -h es, -f- e2 s2 -f- . . . (1.)
Hierin sind *„, z usw. unbekannte Funktionen von <,
welche aufserdem noch den Parameter y enthalten werden.
Für eine erste Annäherung sollen nun die Dimensionen
des Tropfens so klein gedacht werden, dafs die mit a% di-
vidirten Glieder vernachlässigt werden können;11) d. h. es
soll « im Verhältnils zu a so klein seyn, dafs man in
der Gleichung (1) nur das erste Glied z = s. in Betracht
zu ziehen braucht. Man erhält alsdann, am besten von
der halbintegrirten Form der Differentialgleichung (vergl.
I, 6):
'T
, — «=r<»- i (stdt (2.)
ausgehend, indem man das mit c multiplicirte Glied fort-
läßt:
dz. Yl
dt Vi-
11) üeber die Grenzen der Vernachlässigung vergl. den Werth von a'
in Anm. 9.
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Das Integral ist demnach, da fiir 5 = 0 auch t = o:
Y*. = 1 — Kl — /* i* oder — » — ~'r ,
wenn o den Krümmungsradius des Tropfens im tiefsten
Punkte bedeutet. In der Form
? •+• ((> - •.)* = (>*
erkennt man, (/a/s die Oberfläche des Tropfens eine Kugel
darstellt, deren Radius der Krümmungsradius des Tropfens
im tiefsten Punkte ist, und deren Mittelpunkt die Coordi-
naten z. = 0 und t = 0 hat.
Die Beziehungen zwischen den Bestimmungsstücken des
Tropfens ergeben sich nun von selbst aus den bekannten
Eigenschaften der Kugel. Man erhält für den Rand
Yh = 1 — ]/\ - y* ßi oder h = g — _ ä»,
sin (w + t) = yÄ,
und das Volumen
T = oh* n — J hs 71 = i R2 n h -f- \ A3 n.
Im Maximalfalle wird
Die allgemeine Formel für das Volumen II, 3 und die
Beziehung h = 2a7 y werden in unserem Falle illusorisch,
weil wir nur mit Gröfsen rechnen, welche als unendlich
klein anzusehen sind gegenüber den Gröfsen von der Ord-
nung a\ Die für sehr kleine Tropfen aufgestellten Formeln
sind unabhängig von der Capillaritätsconstante und unter-
scheiden sich für verschiedene Flüssigkeiten nur durch die
Grenzen, bis zu welchen die gemachten Vernachlässigungen
gestattet sind.
Die Annäherung soll nun dadurch weiter getrieben
werden, dafs man aus der Reihe (1) ein weiteres Glied in
Betracht zieht und setzt z = z„ -f- zt e, wobei fiir z, nach
obigem Resultat geschrieben wird z. = 0 — o ]/ 1 — il.
Jener Ausdruck wird in die Differentialgleichung einge-
führt, und indem man alle Glieder vernachlässigt, welche
£ in höheren Potenzen als in der ersten enthalten, der
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459
Werth von zt berechnet. Hierbei soll festgehalten werden,
dafs y die Krümmung der durch die zweite Annäherung
zu erhaltenden Oberfläche bezeichnet, welche von der Krüm-
mung i *= yt der bei der ersten Annäherung erhalten Kugel-
fläche um eine kleine GrÖfse abweichen wird.
Wir setzen zur bequemeren Rechnung
es j/l _ —7 , also t ss o V\~^ und z. = o (1 — ©).
Gleichung (2) geht dadurch über in
(1 - O r r
Y9 + \dv)
Für t tsss o wird r = 1 , für f = o wir © = o. Setzt
man jetzt z = o (\ — r) -f- «z,, so wird
rfz , dz
und weil die mit e2 multiplicirten Glieder vernachlässigt
werden
Vf/u/ " * dv '
ferner
1 1
Demnach wird
... . = £ C2 pa
Für das Integral erhält man
r »
eg*jzvdt) = «o2 J((> — pt?) orfc = — ^ (2d3-3üM-1). (4.)
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460
Durch Eintragen der Werthe kommt schliefslich zur
Bestimmung von a, die Differentialgleichung:
ds, = e ~~rQi dv - e— )— — -4- 2dv i
und durch Integration:
•« - - ^tP' - e (2 1* 0 + r) + ! ;■) + Con8t-
Für < = o, o = 1 wird s = o, s. = o, also auch
*4 = o, d. h.
». fr-rrtg-l)— t^T+lÜ-1)!-
Demnach erhält man fiir *:
Für t =t q wird 0 = 0; damit nun für diesen Werth
2 nicht unendlich werde, ist hinreichende und nothwendige
Bedingung, dafs man habe:
oder
Diese Gleichung dient zur Bestimmung von q aus der
Constante so dafs nachher die Gleichung für z nur
noch y als die der zweiten Annäherung entsprechende
Krümmung im tiefsten Punkte enthält. Schreibt man diese
Gleichung :
so wird:
wobei das obere Vorzeichen zu nehmen ist, da y, von 7
nur um eine kleine Gröfse verschieden sein soll. Durch
Entwicklung nach « erhält man:
y* y Qy—y 6aV'
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461
und für g:
oder wenn P den Krümmungsradius des Tropfens im tiefsten
Punkte bedeutet:
Demnach erhält man endlich als zweite Annäherung
für die Oberfläche des Tropfens, welche nunmehr bis auf
Gröfsen von der Ordnung i7 — genau ist:
Ist R wieder der Radius des Cylinders, so erhält man
für den Rand, wenn |/l — ~ = üä,
»-^-•O+Ä'frfc. (so
Mit Hilfe von (2), (3) und (4) erhält man
o. ,/ = e7 2t'1 — 3o» -hl
demnach für. tr = w •, f = J?, C = cÄ:
sm f> 4- 0 - y Q KT^7, - X-, • (9.)
Einfacher wird der Ausdruck, wenn man t)Ä durch
seinen Werth j/l — ^ ersetzt. Man erhält ihu direct
aus (2.), indem man den Werth von a einsetzt und über
t von o bis R integrirt.
sin (<UH-<) = /ß_i4eß+^*-lI(p' _
und blofs durch o ausgedrückt:
und allein durch 7 ausgedrückt:
sin (« + 0 = r R - ~ + 3^ - ^ (l - r* O ?-
462
Fügt man noch die Gleichung für das Volumen hinzu:
T = 2a1 R 7i sin (m -+-•) — (2a2 y — h) R1 7t, (1 1.)
so ist durch die Gleichungen 6, 7, 8, 10, 11 das Problem
gelöst, für jedes t das zugehörige s zu finden, wenn von
den fünf Gröfsen T, w, A, ; , R zwei willkürlich gegeben
sind. Fügen wir noch eine Bedingung hinzu, so sind da-
durch alle jene Gröfsen bis auf eine bestimmt; als letztere
soll der Radius R aufgefafst werden, und die vierte Be-
dingung soll sein, dafs die Hilfsgröfse q = R sei. Es wird
alsdann cR = o, wodurch nach (9) :
sin (w+i) = ^- 67i,
was nach (5) gleich 1 ist; desgleichen folgt aus (10) für
(i = R: sin (w -+- i) = 1, demnach /_ w -f- t = ^.
Ferner wird in diesem Falle:
Wie man aus (7) sieht, ist dies zugleich der Fall, in
welchem h sein Maximum für den Cylinder, dessen Ra-
dius R ist, erreicht. Denn da v nicht negativ wer-
den kann, z> aber stetig wächst, wenn v abnimmt, so
ist r = rÄ = o der kleinste Werth, welchen c, und
z = h = R -+- -- lg 2 der gröfste Werth, welchen z (resp.
h) annehmen kann.
Die Krümmung im tiefsten Punkte erhält den Werth:
1 R
und man findet endlich:
T = \R*n+^nlg2.
Dies ist also dasjenige Volumen, welches ein Tropfen
vom Radius R besitzt, wenn seine Länge ihr Maximum
erreicht; ferner haben wir gesehen, dafs alsdann auch der
Winkel a> sein Maximum erreicht. Es folgt somit, dafs
dieses Volumen das gröfste ist, welches ein Tropfen vom
Radius R erreichen kann. Aus der Vergleichung dieser
Formeln mit den bei der ersten Annäherung erhaltenen
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463
sieht man die Gröfse der anzubringenden Correetion. Aus
den Formeln für die Maxiinalwerthe des Tropfens ergiebt
sich im Speciellen unter Vernachlässigung der Glieder von
der Ordnung :
Beschreibt man mit dem Radius des Cylinders eine Halb-
kugel unterhalb der Basis, so übertrifft ein an der Basis
des Cylinders hängender Tropfen im Maximum an seiner
R*
Länge den Radius der Halbkugel um r~-9 l g 2 , in seiner
R
Krümmung die Krümmung der Halbkugel um--, an Volu-
Ri
men das Volumen der Halbkugel um ^^nlg2.
Wollte man die Annäherung weitertreiben, zunächst
durch Einführung des Gliedes f2 z2, so kommt man schon
dadurch auf einen sehr complicirten logarithmisch -alge-
braischen Ausdruck, so dafs wir auf die weitere Ausfuh-
rung verzichten.
V.
Integralgleichung flacher Tropfen.
Es soll nunmehr eine Annäherung für eine andere
Art specieller Tropfen, nämlich für sehr flache kreisförmige
Tropfen gesucht werden. Wir führen in der Differential-
gleichung I, 5 die Substitution ein: a
z = y -+- 2 a* ;•, t = ax, demnach y = z — 2 a * y, x = *- .
Die Gleichung nimmt dann nach Beseitigung des Nen-
ners folgende Form an:
Man kann sich nun, wie- vorhin z nach Potenzen von
f, so hier ;/ nach Potenzen des Parameters y entwickelt
denken. Da, wie aus Früherem folgt, in unserem Falle
für y = o keine Werthe von y und z existiren können,
so darf als erstes Glied der Entwickelung geschrieben
werden y = y, y. Wird nun die Krümmung als sehr klein
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464
angesehen , so erhält man für die Tropfenoberfläehe einen
angenäherten Werth, wenn man mit Vernachlässigung der
höheren Potenzen von y nur dieses Glied in Rechnung
zieht. Setzt man in ( 1 ) y = y, y und läfst die Glieder
von höherer Ordnung fort (gerade Potenzen treten nicht
auf), so erhält man:
Diese Annahme sehr geringer Krümmung fallt zusammen
mit derjenigen, dais Winkel «7 stets sehr klein ist, d. h.
dals man die höheren Potenzen von -~ vernachlässigen kann,
wie man sich leicht ünerzeugt.
Das allgemeine Integral ' 3) der Gleichuug (2) wird aus-
gedrückt durch
y=AJ'^ + Ff.„
wobei A und B willkürliche Constanten sind und J[f) die
BesseT sehe Function bedeutet, welche dargestellt wird
durch die stets convergente Reihe
oder durch das bestimmte Integral:
• • ■
A
J'{t) = ^jcoa(x cos (f ) dtp.
Ueber die Function F't), welche im Folgenden nicht
gebraucht wird, bemerken wir nur, dals sie iur x — o Un-
endlich wird, woraus folgt, dafs in unserm Falle zu setzen
ist B = o. Da für / = o auch x = o und z = o, also
y = — 2 a* j', so folgt wegen
•>,.,= i,
dafs A = — 2 a1 y, und demnach y = = 2a?yJf,, oder
- = 2«V|l-/'(|)j.
12) S. u. A.: Carl Neumann, Theorie der Bessel'schen Functionen,
S. 41, 45, 46.
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. 465
Ersetzt man J* durch seine Reihe, so erhält man
als Gleichung der Meridiancurve eines flachen Tropfens.
Hieraus wird für den Rand des Tropfens:
(*■)
Der Contingenzwinkel t sei gleich Null. Wegen der
Kleinheit des Randwinkels w kann man dann setzen
tg ü) = üj — sin fti.
Demnach erhält man zunächst für it
Nach einer Relation zwischen den BesseTschen Func-
tionen mit dem Index o und dem Index 1 ist
demnach # = 2ayJ}m) und w = 2ayJl (5a.)
Hierbei ist Jft) definirt durch eine Reihe oder ein be-
stimmtes Integral:
Der Werth von w läfst sich daher auch schreiben:
Die Differentialgleichung, welche die Bess ersehe»
Function Jft) definirt, nämlich
läfst sich für # direct aus der Differentialgleichung II, 1
Pogg«ndorflf » Ann. Ergänzungtfbd. VI. 30
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466
herleiten. Man multiplicire dieselbe mit ~ und setze =
tg&, so geht sie über in
m a d& , sin & 0 z
und nach abermaliger Differentiation nach /:
d r f, d& , sin #~| 1 .
;/7Lcos ,7, + — J = - ,r»
Setzen wir sin # = //, so erhält man:
d I d„ - 1 _
oder
Diese neue Form der Differentialgleichung der Capillar-
Übertlächen ist in unserin Falle dahin zu specialisiren, daß
man setzt
# = sin 0 = /<,
und die höheren Potenzen von // vernachlässigt. Es wird
</' & 1 d& / 1 1 \
was nach der Substitution t — ax übergeht in die ver-
langte Gleichung
f/9 & 1 df> /. 1 \
Zu den Gleichungen 4 und 5 a, resp. 5b tritt behufs
vollständiger Lösung des Problems noch die Beziehung
für das Volumen
T = 2a1 Ii n . o> — (2a* y — h) B* 7t,
welche auch die Form annimmt:
2aVÄ^|2^(|)-Ä^(f)j.
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467
Mit Einfährung der Reihen für Jl und J' wird:
* (2.4W 2'.4.6\a/
•+-•••( *) 2*:V.~V (2n-2)32«(2n-4-2) (a) + * ' \
Es bleibt noch der Greuzfall des Gleichgewichts zu
untersuchen.
Aus den Formeln h = 2a2y (1 — Jj^), x = — geht
hervor, dafs dieser Grenzfall erreicht wird, sobald J{t) = o
wird. Die Function J[x) — o wird aber für unendlich viele
Werthe von x gleich Null. Der kleinste positive Werth
von x, für welchen J[x) verschwindet, sei x0; dann wird
II. = ax, der kleinste Werth von R sein, für welchen h
sein Maximum 2 a* y erreicht. Dieser Radius II . aber ist
der gröfste Werth, welchen der Radius eines Cy linders
haben darf, wenn an demselben überhaupt ein Tropfen der
gedachten Art möglich seyn soll.
Denn gäbe es einen derartigen Tropfen mit einem
gröfseren Radius so würde im Verlaufe der Meridian-
curve immer ein Werth von t existiren müssen, für wel-
chen x = x„ und J'{x) wird, dann aber erhielte das zu-
gehörige z den Werth 2 d1 y und das Gleichgewicht
wäre gestört.
Um eine untere Grenze für den Werth x = x„, welcher
J\x) = o macht, zu finden, berücksichtige man, dais x„ die
Bedingung erfüllen soll
und dafs man immer hat
X, 8
Denkt man sich nun x von o an stetig wachsen, so
wächst auch der Werth von S, fitr x — x„ wird S = 1,
demnach -j- > 1. Es mufs also der Werth von x, welcher
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468
X
— = 1 macht, d. h. der Werth x = 2 schon vorgekommen
X *
sein, woraus folgt, x. >• 2. Andererseits ist immer -j
t-^= < 1 oder 4>£c.a — l"T")i a*80 a fortiori 4 ;> x.% — 1,
d. h. x. ^5". Demnach ergeben sich als Grenzen für
den gröfsten Cylinderradius an welchem flache Tropfen
möglich sind:
2a < R < a y*>>
das ist für Wasser bei 0° Celsius (s. Abschn. III.).
5,538 < R. < 6,191 Millimeter.
Bei der Kleinheit der Grenze, unter welcher t stets
liegt, braucht man somit stets nur sehr wenige Glieder
der Reihe in Rechnung zu ziehen. In dem Ausdrucke
für z in (3) wird z. B. schon das dritte Glied — — r
4 .b* a*
selbst für den nahezu maximalen Werth t = 2 a so klein,
dals der Fehler nur ^ beträgt. Wir können daher statt
der früheren Formeln folgende schreiben:
Will man z. B. den Wendepunkt der Meridiancurve
berechnen, so ist die Bedingung für denselben - 9s=o,d.h.
woraus t = a y*~ z = lf a^y, & = *a/j/j = ,4, ^6, und
das Volumen bis zum Wendepunkte 7'= \* a* ^7r. Andrer-
seits ergiebt sich fiir einen Tropfen an einem Cylinder von
1 Ceutimeter Durchmesser, also R = S""", die Krümmung
im tiefsten Punkte
±T
; _ 625
Eine weitere Annäherung auf dem eingeschlagenen
Wege zu suchen , indem man setzt y = y. j - -+- y, ; er-
scheint nicht vortheilbaft, weshalb dieselbe hier übergangen
werden soll.
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I
469
VI.
Integralgleichung ringförmiger Tropfen.
Die Differentialgleichung eines ringförmigen Tropfens
war in III, 2 auf die Form gebracht worden :
fi+(frf = 5? - cm, 2.)
woraus sich ergiebt:
» = a* ß — Va* ß*-2a* (l-cos *)
und
/" (z* — 2aV; -h 2 aa)rfr
^— (7> (*» — 2a »/fr* + 4a1 ) *
Wir setzen
*sssiPß—a*fi cos qp, x = |aft = V\— x» sin* (1.)
wodurch kommt
t = 2ajj<fd(p — aj**,co8(p=a-^. (2.)
O 0
Die Gleichungen (1) und (2) bestimmen jeden Punkt
der Meridiancurve durch die unabhängige Variable </>;
wenn <p alle Werthe von o bis durchläuft, so durch-
läuft z alle Werthe von o bis a* ß \ fugt man die Glei-
chungen hinzu
\B - 2« j'j9*p— , cos -
0 0
h == a* ft mm ya* ß* — 2a'Tl — cos (a» Hh ö],
K= 2 1/ [a* sin (a> -4- t) — (a* ^ — A) ß],
so ist das Problem vollständig gelöst. Vergl. S. 12.
Für den Grenzfall des Gleichgewichts erhält man wegen
7t 3 TT
h = a* ß: cos </>, = o, demnach y4 = y , .... etc.,
woraus
2 '2
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470
oder, wenn E und K resp. das vollständige elliptische In-
tegral zweiter und erster Gattung bezeichnen,
B = 2a(2E - K) (2n-f-l).
Hierbei mufs jedoch n den Werth Null haben; denn
hätte es irgend einen gröfseren Werth, so müfste unter
den Radienvectoren t des Tropfens immer irgend ein t
existiren, ftlr welches n = o, also tpt = y und demnach
a = a2 /?, also der Grenzfall des Gleichgewichts eintreten
müfste. Die gröfste Breite, welche ein ringförmiger Tropfen
erlangen kann, ist also
B = 2a(2£ — K).
Alsdann wird ferner (s.Abschn. III.): sin |(co-f-t)=|a^= x,
und r=2(/a*8in(a>4-t) = 4t/a*x VT^^ = 4t/a?xx,,
wenn x, den complementären Modul bezeichnet.
Fügt man noch die Bedingung a> = \ n hinzu, so sind
dadurch alle Dimensionen des Tropfens bestimmt (s. Ab-
schnitt III.) Wegen aß=y% erhält dann der Modul denWerth
x =s yTt und dies gestattet eine bequeme numerische Berech-
. nung von B. Es ist nämlich dann, wenn Kt das vollstän-
dige elliptische Integral erster Gattung mit complementärem
Modul bezeichnet,
K=*K,=* 1,8540747 ")
und demnach q mm e h = c = 0,0432138,
E = 1,3511453. ia)
Es wird somit
£ = 2a . 0,8482159,
wodurch sich aus dem früher gebrauchten Werthe von
2 a* = 15,332 für Wasser von 0° C. ergiebt
B = 4.697-.
12) Durcge, Theorie der ellipt. Functionen, § 47, § 52.
2*1 ( q 2q'J 3g' ' )
13) Aua der Reihe E = K — ~jr { J^_~» + 1 — 74 ~*~ 1 — q*
Man erhält bereits für q* = 0,0000035. iVcrgl. Jacobi, Funda-
menta nova theoriae funetionum ellipticarum, § 47. Durcge a. a.0.
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471
Es ist dies die Breite eines Tropfens von der Länge
(vergl. Abschn. III.):
h = 3,916™
Setzt man
m, demnach (p = am«,
0
so erhält man Ausdrücke für z und / in elliptischen Func-
tionen.
(1) geht über in
z = a* ß —a1 ß cos amu,
und wegen der Relation13)
EO)=|M-+-Z(M)
wird aus der Formel (2):
t = a [2 E (u) - ii] = nj u (2A5 - l) — 2 Z («) J
Wegen { B = a (2 E — K) kann man auch schreiben
|| -2a Z(ii).
Der Grenzfall des Gleichgewichts, nämlich s = h = a?ß,
t=\B = a(2E — K) wird erreicht, wenn y=*amu = \7i,
also wenn u = K. Hat der Modul x — {aß kleine Werthe,
so eignen sich die zuletzt angegebenen Formeln zu annä-
hernden Berechnungen. Man erhält dann für q = e K
einen kleinen Werth und kann nun mit Vortheil die Aus-
drücke für cos amu und Z (u) anwenden, welche sich für
dieselben durch die Jacobi'sche ©-Function ergeben.
Es ißt nämlich14)
V<1 cos ^+ V<l% cos + • •
cos amu =2 y~
I — 27 cos j£ -P 2<7* cos -j^- —
14) J a c o b i , fundamentn § 61.
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472
und Z («) = ~
1 — 2^ cos - 27* cos
Vernachlässigt man die Potenzen von g von g* an, und
berücksichtigt, dais
+ + . . . »
so erhält man hieraus:
y| 1/7 = 1— 2^,
und demnach für cos am» undZ(t*)die einfachen Ausdrücke:
0- 27)cos^ 7-^
cosamw= 1* und Z(ti)= V — .
1— 2qcos— 1 — 27 cos—
Ferner erhält man für ff aus der Reihe16)
2A~«l+4< ? ?! , )
■ 0+4? + 4?')Ä|(Hh2tf,
und daraus (s. Anm. 13)
£=f 0 -4?-f-209'),
demnach
»£ - A' - i (1 - 12« + 36V)« f (1 - 6g)'.
Für q selbst erhalt man wegen
mit der angegebenen Vernachlässigung:
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473
Auf folgende Weise erhält man einfache Ausdrücke für
E und K durch den Modul und demnach durch ß oder o>.
Entwickelt man nach Potenzen von q und bricht vor
der dritten ab, so folgt
demnach
x = 1 — Sq + 32g- und x* = 1 — x,a = 16tf — 128^.
Man kann nun mit Hilfe der Gleichung für ff oder E in
bequemer Weise q und q* eliminiren und erhält demnach
/r=*(34-18*,-5*'),
E - s (1° + 6 * ' " ^
endlich 2 £ — ff = ^ (3 xa -f- 30 x, — 14).
Für den Grenzfall des Gleichgewichts (s. Abschn.III.) ist
jtB«Ja^=sin — demnach z = _x> = cos ^y^, und
ß = 2a (2£ — Ä>
Man erhält nun die Breite B durch die Krümmung im
tiefsten Punkte ß oder den Handwinkel a ausgedrückt,
nämlich :
B — *jf (W P + 30 Kl - i«V* - 14) .
oder Ä=j(8 sin» 30 cos Sfi - 14).
Durch diese Formeln ist man nunmehr in den Stand
gesetzt, für Hohlcylinder von gegebener Wandstärke B die
Constante ß und den Winkel m zu berechnen, welche dem
Tropfen im Augenblicke des Zerreilsens zugehören. Es
ist damit die Aufgabe gelöst, mittelst der Formeln h = a% ß
und V = 2 l/a* sin (w -f- t) die maximale Länge und das
zugehörige Volumen eines Tropfens zu bestimmen, welcher
an einem gegebenen verticalen Hohlcylinder hängen kann.
Einen Zusammenhang zwischen dem Substitutionswinkel
(f und dem Winkel & findet man durch Vergleichung der
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474
beiden Ausdrücke für s, nämlich
* = a' ß — ^a«7»^4^S»f^und * = a %ß — a1 0 cos (f.
woraus a /? sin <f = 2 sin oder sin .{ ,> = x sin y.
VII.
Allgemeine Integralgleichung.
Zum Schlufs soll die allgemeine Integration der Diffe-
rentialgleichung II, 1 durch eine Reihenentwickeluug an-
gedeutet werden. Sobald Winkel &sm 90°, ~ = oo wird,
ist eine Entwickelung von s nach Potenzen von t offenbar
im Allgemeinen nicht möglich. Stellt man aber die Bedingung
voran , dafs # < y, worin die Bedingung to < j einge-
schlossen ist, so wird man bei der Einschränkung auf
Tropfen der genannten Art mindestens innerhalb gewisser
Grenzen immer berechtigt seyn, die Entwickelung
■ — •
als gestattet anzusehen.
Zur Bestimmung der Coefficienten am formen wir II, 1
um, indem wir dieselbe mit dz multipliciren, integriren
und zur Abkürzung L # einführen , dabei t = ~ schrei-
a
ben; es wird
cos 9 = i -f(2r - tg »
#
Durch nochmalige Multiplication mit tg resp. ^
wird
Berücksichtigt man, dafs nach IV, 2:
i
sin # = < — ~\ ztdt,
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475
so lassen sich nun alle in Gleichung (1) vorkommenden
Gröfsen leicht durch Reihenausdrücke ersetzen, welche aus
CD
•
erhalten werden. Die Ausführung der Rechnung, worüber
die Inaugural-Dissertation1*) des Verfassers Näheres giebt,
liefert nach angemessener Constantenbestimmung die Coeffi-
cienten der Reihe folgendermafsen :
o1 = as = ab . . . at „ + , . . . = o,
2 «2 = y,
4a4 = 2raa* — ja„
6a6 = 4/>aaa4 -t- 2;a4 a2 — 2a, ~-.Jaa . 2aa — |-a4,
8a8 = Byata9 -f- 4ya4 a4 4- 2/a6a„
- 4«4 j (?«,. 2 a,),
— 2a, j (Ja.. 4a4 -+- £a4. 2a2)
(2» + 2) = 2»>a,aiij,-+- (2n - S)
-4- . . . . 2ydim a„
-(2»-2)a,..,|Qii1.2«t),
- (2fi - 4) aa„_ « |(43a,.4a4 -f- |a42a,),
- 2 a, ^[Ja,(2fi-2)aa._a -f-
toPfl-^K-i-H. • H-^a*.. ,2a,),
Rechnet man die Coefificienten der ersten Glieder aus,
so erhält man als die ersten Glieder des Integrals der
Gleichung II, 1 :
16) üeber Tropfen, welche an festen Körpern hängen and der Schwer-
kraft unterworfen sind. Breslau, 1873.
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476
* = ir' + (i t 0 * + ö • * £ ~ *
oder • — 4r<* 1 1 -h i (? * — iT^)*'
+ l(!r'-Ä£ + 9lb)<, + -j-
Dafs hieraus die früher durch Annäherung gefundenen
Fälle als speciclle Fälle hervorgehen, wenn man nur die
0 ten resp. 1 sten Potenzen von € resp. y in Betracht zieht,
ist unschwer nachzuweisen.
Da man zur Bestimmung der Coefficienten alm genöthigt
war, eine dreifache Multiplication von unendlichen Reihen
vorzunehmen, so ist noch nachzuweisen, dafs die Summe
der resultirenden Reihe gleich dem Product der Summen
der ursprünglichen Reihe sey, dafs man also ihre Coeffi-
cienten einander gleichsetzen dürfe. Die bisher stillschwei-
gend gemachte Annahme ist nur dann gestattet, wenn die
zu multiplicirenden Reihen, welche möglicher Weise ne-
gative Glieder enthalten, auch dann noch convergiren, wenn
man sämmtlichen Coefficienten das positive Vorzeichen
giebt. Um die unbedingte Convergenz zu zeigen, führe
man t = Rx in die Differentialgleichung ein, wodurch
man eine Entwickelung von * nach geraden Potenzen von
— enthält, während die Coefficienten bis auf einen Factor
ii
R2 in ihrem letzten Gliede von derselben Form bleiben.
Man zeigt dann, dafs auch für unendliche n keiner der
Coefficienten unendlich grofs werden kann, indem jedes der
Aggregate von unendlicher Gliederzahl, aus welchen er
zusammengesetzt ist, sich einer endlichen bestimmten Grenze
nähert. Damit ist schliefslich bewiesen, dafs die für &
gefundene Reihe unbedingt convergirt für jeden Werth
von *, welcher kleiner ist als die beliebig gewählte
Gröfse R. Dasselbe gilt dann für die Reihe für -~.
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477
Nachdem so die Coefficienten aim bekannt geworden,
ergeben sich leicht die Formeln für Länge, Randwinkel
und Volumen des Tropfens, nämlich:
T - ff A* - 2 * 2 2 *± , a<. R" <
1 1
V. lieber die Einwirkung des LicÜes auf freies
Chlor von E. Budde.
Vorgetragen in der Sitzung der niederrliein. Gesellschaft für Natur- und
Heilkunde am 7. Juli 1873.
In einer früheren Abhandlung (diese Annalen Bd. 140,
S. 213) habe ich die Thatsache veröffentlicht, dais freies
Chlor und Brom unter dem Einflufs der Lichtstrahlen von
hoher Brechbarkeit sich ausdehnen. Ich habe zugleich die
theoretischen Erwägungen mitgetheilt, welche mich zur
Entdeckung dieser Erscheinung führten, und die Hypothe-
sen aufgezählt, welche behufs Erklärung derselben in Be-
tracht kommen. Sie lauten:
1) Das Licht lockert und zersetzt die Chlormolecüle
Cl2 in frein Atome Cl.
2) Das Licht leistet im Chlor irgend eine andere
Arbeit, die sich in Wärme umsetzt und dadurch
die Ausdehnung hervorruft.
3) Es erwärmt das Chlor direct, so wie es z. B. den
Rufs erwärmt.
Von diesen drei Hypothesen ist die zweite nur ein
Nothbehelf ; die dritte war wenig wahrscheinlich, weil wir,
seit den feinen Versuchen Tyudall s noch mehr als frü-
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478
her, gewohnt sind, die absolute Intensität der Strahlen
jenseit des Grün für verschwindend gering zu halten; die
erste war diejenige, von der ich ausging, als ich die Ver-
suche anstellte, so dals das Resultat als eine Bestätigung
fiir sie erschien; sie lieferte zugleich eine bequeme Erklä-
rung der chemischen Activität des isolirten Chlors, sie
drängte sich daher in den Vordergrund, ohne indessen die
beiden andern kategorisch auszuschließen.
Ich habe nun die mit dem Chlor angestellten Experi-
mente weiter verfolgt und theile im Folgenden ein erstes
Hauptresultat der ferneren Untersuchung mit. Zunächst
war es mir darum zu thun, die fragliche Erscheinung be-
quem und in gröfserem Mafsstabe sichtbar zu machen;
dazu diente — nach anderen wieder verlassenen Apparaten
— ein Differentialthermometer, dessen eine Kugel mit
Chlor, die andere mit Luft gefüllt war, mit Schwefelsäure
als trennender Flüssigkeit. Im Einzeluen erhielt dasselbe
folgende Einrichtung:
Eig. 1.
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479
Ein mit drei Stellschrauben versebenes Stativ von der
Form, welche für das Leslie'sche Differentialthermometer
gebräuchlich ist, trägt den symmetrischen Glasapparat
AxmnopyB, von dem in der Zeichnung rechts die
Kugel y und der Ansatzpunkt p durch den Schirm C ver-
deckt sind, übrigens der Kugel x und dem Punkte m ge-
nau entsprechen. A und B sind zwei gröTsere , x und y
zwei kleinere Kugeln, Ä communicirt mit x, B mit y durch
ein kurzes Rohr von willkührlicher Dicke; beim Blasen
von A und B ist darauf zu achten, dafs sich in ihrem
Inneren kein grauer Anflug einbrenne. x und y sind
durch das weite Capillarrohr mnop verbunden; dies ist
mit reiner aerirter Schwefelsäure von hoher Concentration
gefüllt, so dafs die Säure in x und y bis zu 6 oder 8
Millimeter Höhe hineinragt. Die Weite von mnop beträgt
wenigstens J Millimeter, besser 1 Millimeter, weil die Schwe-
felsäure sich sonst zu steif bewegt. Die Kugeln x und y
sind vor der direkten Einwirkung des Lichtes irgendwie,
aber gleichmäfsig, geschützt, z. B. durch zwei runde Schirme
von blankem Messing C und C (der linke, C, ist in der
Figur nur punktirte Conturen angedeutet). Von den bei-
den grofsen Kugeln enthält die eine, etwa Chlor, wel-
ches natürlich bis an die Schwefelsäure in x hinabreicht;
die andere , B nebst dem oberen Theile von y, ist mit Luft
gefüllt. Dies Chlor leitet man beim Füllen am besten
durch ein feines Rohr von oben herab in die Säure von
x, so dais diese damit gesättigt wird; sie färbt sich dabei
gelb, und es mag gleich hier bemerkt werden, dafs eben
dels wegen die Schirme C C angebracht sind; dieselben
sollen eine asymmetrische Absorption des auffallenden
Lichtes in x verhüten. Reinheit des Chlors ist natürlich
wünschenswerth, für blofs qualitative Versuche aber nicht
erforderlich. Das Stativ trägt ein Senkel *, mit dessen
Hülfe eine Normalstellung tixirt werden kann; zwischen o
und n eine willkürliche Skale.
Um den Apparat zu gebrauchen, mufs man einen Index
anbringen; als solcher dient eine in der Nähe von n in die
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480
Schwefelsäure gebrachte Luftblase. Für kurze Versuche
kann auch eine Chlorblase verwandt werden, nach einigen
Stunden wird sie aber absorbirt; nicht aerirte Säure ver-
schluckt übrigens auch kleine Luftblasen. Die zum Ein-
bringen des Index erforderlichen Manipulationen sind etwas
umständlich; man verfahrt dabei am besten nach folgendem
Schema:
1) Kräftige Neigung von B nach unten, die Säure
aus x fliefst zur Seite, der Säurefaden im Capillar-
rohr fliefst nach y und ihm folgt ein Chlorfaden
bei m.
2) Rückkehr zur angenährten Normalstellung; die in
x gebliebene Säure schliefst den Chlorfaden zur
Blase ab.
3) Mäfsige Neigung von B; die Blase fliefst einge-
schlossen bis in die Nähe von o.
4) Kräftige Neigung von A nach unten; Säure in \j
fliefst zur Seite, bei p tritt ein Luftfaden ein.
5) Horizontalstellung; die Säure in y schliefst den
Luftfaden zur Blase ab, welche sich nahe sym-
metrisch zu dem ad 3) für die Chlorblase ge-
wählten Punkte einstellt.
Ein solcher Index bewegt sich mit der ihn einschliefsen-
den Säure ganz regelmäfsig, während ein einseitig begränzter
Säurefaden im Capillarrohr die größten Unregelmäfsigkeiteu
zeigt Um grobe Störungen des statischen und capillaren
Gleichgewichts durch die Bewegungen, die das Licht her-
vorruft, zu vermeiden, sind eben die Erweiterungen x und
y angebracht.
Bequeme Dimensionen des Apparates : Durchmesser von
A und B b bis 6 Centimeter, Durchmesser von x und y
2 bis 2] Centimeter, Höhemn = op =15 Centimeter, Länge
no = 30 Centimeter, Länge der Blase 5 bis 15 Millimeter.
Für das im Vorstehenden beschriebene Instrument
schlage ich den Namen „Chlorthermoskop" vor, der durch
das Folgende seine Begründung finden wird. Einmal ein-
gerichtet, hält es sich Monate, wahrscheinlich Jahre lang
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481
brauchbar. Gegen ungleichmäfsige Erwärmungen ist es
natürlich sehr empfindlich; doch afficiren dieselben, so
lange Strahlen von hoher Brechbarkeit ausgeschlossen sind,
mehr das Glas der Hülle, als den Inhalt der Kugeln und
sind daher, wenn man ganz rohe Störungen ausschlierst,
an ihrer characteristischen Langsamkeit leicht zu erkennen.
Seine eigentümlichen Eigenschaften zeigt das Chlorther-
moskop, wenn es einer Strahlung ausgesetzt wird, die seine
beiden Seiten gleichmäßig trifft. Eine solche Strahluug
afficirt das Instrument symmetrisch mit Ausnahme eines
einzigen Theils, des Inhaltes der Kugeln A und B. Wäh-
rend die Luft in B die Wellen, welche sie treffen, unge-
hindert durchgehen läl'st, hält das Chlor in A gewisse Licht-
arten zurück und zeigt die durch diese hervorgerufene
Ausdehnung; der Index verschiebt sich in der Richtung
von A nach B.
Und zwar bringen zunächst die ultrarothen (Wärme-)
Strahlen, da sie von Chlor merklich, wenn auch in geringem
Grade absorbirt werden, eine Erwärmung, und dadurch
eine kleine Verschiebung zu Stande. Die Empfindlichkeit
gegen dieselbe ist aber nicht grois; ein Apparat von den
Dimensionen des oben angeführten zeigt deutliche und
schnelle Ausschläge erst wenn man Strahlungen verwendet,
die mit der blofsen Hand zu fühlen sind. Eine dunkel-
glühende eiserne Birne, von nahe 1 Kilo Gewicht, welche
während der Beobachtung an einem rotirenden Faden auf-
gehängt erkaltet, verschiebt aus einer Entfernung von \
Meter den Index um 3 bis 5 Millimeter.
Anders ein Lichtbündel, welches stark brechbares Licht
enthält. Ich glaubte anfangs, meinen Apparaten grofse
Dimensionen geben zu müssen, und wählte für das erste
Instrument Kugeln von 10 , Centimeter Durchmesser bei
einer Capillaren von l Millimeter Weite. In die Februar-
sonne gebracht, zeigte dasselbe eine sofortige Verschiebung
des Index, die mehr als die ganze Länge der Capillaren,
d. h. mehr als \ Meter betrug, was mich veranlafste, zu
kleineren Maalsen überzugehen. Ein solches kleines In-
PoggendorfFs Annal. ErgänzuDgsbd. VI. 31
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482
strument zeigte nun im Sonnenlicht folgendes Verhalten:
(die Zahlen wachsen in der Richtung vom Chlor zur Luft,
sie bedeuten nahezu Millimeter).
Stellung des Index. Verschiebung.
im Schatten
29
im Sonnenschein
68
39
hinter einem rothen Glase
32
3
hinter einem blauen Glase
56
27
hinter einem dunkelblauen Gl.
52-55
23—26
im Sonnenschein
73
44
im Schatten
30
1
Wie mau sieht, löscht das rothe Glas die Wirkung der
Sonne fast völlig aus, das blaue läfst * davon bestehen ; ob es
mehr oder weniger dunkel ist, macht dabei wenig Unter-
schied. Es zeigt sich deutlich, dafs gerade die sehr brech-
baren Strahlen von besonderem Einflufs auf den Apparat
sind. Bei Anstellung der Versuche war windiges Wetter,
welches kleine Wölkchen an der Sonne vorüberführte, im
5. Experiment und in dem Unterschiede zwischen dem 2.
und 6. tritt die Einwirkung solcher Wölkchen hervor; in
der That zeigt das Chlorthermoskop jeden die Sonne passi-
renden Cirrus durch eine kleine Schwankung an. Die
Geschwindigkeit, womit die Bewegungen des Index den
Variationen des Lichtes folgen, hängt von der Grölse der
Kugeln und der Weite des Capillarrohrs ab; sind die
Kugeln nicht zu grofs und beträgt die letztere mehr als
1 Millimeter, so beansprucht der Hauptstofs nur wenige
Secnnden; die genaue Einstellung bedarf natürlich etwas
längerer Zeit. Die Schwefelsäure behufs leichterer Beweg-
lichkeit durch den Chlorkohlenstoff CC14 zu ersetzen, habe
ich ganz unthunlich gefunden; derselbe liefert so unregel-
mäfsige Nebenwirkungen, dafs ich auch das eine, in meiner
früheren Abhandlung citirte Experiment, wobei er gedient
hat, hiermit zurückzuziehen zu müssen glaube, obgleich es
bis jetzt nicht wesentlich aufserhalb der Reihe der übrigen
Versuche steht.
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483
Auch gegen kräftiges diffuses Licht ist das Instrument
empfindlich; die Ausschläge, welche etwa ein Viertel des
Himmels (blau mit leichten Wolken) hervorbrachte, be-
trugen bei drei Versuchen 2 bis 7 Millimeter.
Das Chlorthermoskop fungirt so regelmäfsig, dafs ich
glaube, es wird sich aus ihm ein bequemes Mefsinstrument
filr intensiv chemische Strahlungen, namentlich für die
directe Strahlung der Sonne, machen lassen; das Nähere
über seine Anwendung festzustellen, mufs aber weiteren
Untersuchungen vorbehalten werden. Interessante Andeu-
tungen giebt es gelegentlich schon so; dafs z. B. das Jahr
1871 ein so erbärmliches Weinjahr gewesen, dürfte gewifs
nicht aufser Zusammenhang damit stehen, dafs ich in Bonn
während des ganzen Augustes 1871 trotz täglichen Sonnen-
scheins nicht einen Ausschlag beobachtet habe, der nur
die Hälfte derjenigen vom Februar 1872 erreicht hätte.
Gewisse von Anderen festgestellte Thatsachen liefert es
gleichfalls ohne Weiteres, so z. B. die sehr geringe che-
mische Wirkung der untergehenden Sonne.
Das Vorstehende im Verein mit meinen früheren Ver-
suchen, bei denen das Prisma zur Anwendung kam, setzt
die Thatsache aufser Zweifel, dafs das Chlor durch die
hoch brechbaren Strahlen eine sehr merkliche Ausdehnung
erleidet. Es handelt sich nun darum, die Natur dieser
Ausdehnung kennen zu lernen. Die Gröfse derselben, wie
sie im Chlorthermoskop hervortrat, liefs mich erwarten,
dafs sie, wenn sie auf Erwärmung beruhte, dies bei der
Untersuchung mit dem Thermometer direct zu erkennen
geben würde. Ich setzte daher zwei Thermometer, von
denen das Eine in Luft, das Andere in Chlor getaucht
war, den Sonnenstrahlen aus, und zwar unter folgenden
Umständen: das angewandte Lichtbündel ging zuerst durch
ein Wasserbad von 15 Centimeter Dicke und trat dann
in ein zweites Wasserbad. In diesem befanden sich zwei
Geifs ler' sehe Piknometer von 40 Gramm Wassergehalt,
die in der Mitte ein kleines Thermometer trugen; ihre
3f
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484
Form zeigt nebenstehende Figur. Eins, es soll ein für
allemal P heifsen, wurde mit Chlor, das Andere, (), mit
Luft gefüllt; den dichten Verschlufs stellte eine äufserst
Kg. 1. dünne Schicht eines Gemisches von Wachs
mit Terpentin her. P wurde drei Wochen
lang ins Licht gestellt, ehe ich damit ex-
perimentirte, damit die Insolution beim Ver-
suche keine chemische Einwirkung mehr
hervorriefe. Die Piknometer wurden ohne
Rücksicht auf die Temperatur, welche ihre
Thermometer gerade zeigten, in das zweite
Wasserbad getaucht und bestrahlt; beim
Vergleichen der Resultate wurde ange-
nommen, dafs die Stellungen, welche sie
nach längerem Stehen in nicht beleuchtetem
Wasser annehmen, gleichen Temperaturen
entsprechen. Selbstverständlich wurde das
Wasser, in dem sie sich befanden, während
der ganzen Beobachtung umgerührt. Der
Sonnenschein eines nicht kalten Winternachmittags diente
zu den Versuchen und ergab Folgendes:
P (Chlor)
Q (Luft)
Temp. d. Wasserbades.
Anfangsstellung
der Thermometer:
10,6
11,2
11,3
Das Sonnenlicht wird zugelassen ; die Thermometer zeigen :
2M0
14,9
13,25
11,3
2h15
16,0
14,2
11,3
2b25
16,55
14,6
11,3
2h30
16,6
14,65
11,32
2M0
16,55
14,7
11,35
P und 0 sind stationär geworden.
Verdunkelung :
2h50 13,6 12,55 11,2
3b 11,6 11,2 11,1
3h10 10,8 10,9 11,05
Ruhe, der ein sehr langsames allgemeines Sinken folgt
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485
Um den Antheil zu eliminiren, welchen die Individua-
lität der Piknometer an diesem Ergebnifs haben könnte,
wurde jetzt P mit Luft und Q mit Chlor gefüllt, und der
Versuch ganz in derselben Weise wieder aufgenommen.
Es ergab sich:
P (Chlor) Q (Luft) Temp. d. Waaserbades.
Anfangsstellung 5,9 6,5 6,0
Das Sonnenlicht zugelassen; die Thermometer zeigen:
2h30
6,4
7,0
6,1
2h35
7,1
7,9
6,2
2h40
7,45
8,4
2h45
7,65
8,7
6,4
2h50
7,8
8,95
2*55
7,97
9,07
6,5
3b0
8,0
9,15
6,6
P und 0 sind stationär geworden.
Verdunkelung.
3h5
7,6
8,6
6,65
3h10
6,9
7,6
6,6
3h20
6,7
7,3
3h25
.6,7
7,2
6,5
Ruhe, wie oben.
Die Grade sind Centesimalgrade, die Hundertel geschätzt.
Es ergiebt sich aus dem Vorstehenden für die stationäre
Temperaturerhöhung, welche durch die Insolation hervor-
gebracht wurde:
für P mit Chlor 16,55 — 10,8 = 5°,75
für Q mit Luft 14,7 - 10,9 = 3 ,8
Differenz 1,95, Quotient ~~~ = 1,5,
für P mit Luft 8,0 — 6,7 « 1°,3
für Q mit Chlor 9,15—7,2 = 1 ,95
Differenz 0,66, Quotient ^ = 1,5.
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486
Die Vertauschung der Piknometer schliefst jeden Ein-
wand, der sich auf die mangelhafte Vergleichbarkeit der
Thermometer stützt, aus, und das Resultat lautet daher
eben so deutlich, wie unerwartet:
Die stationäre Temperaturerhöhung, welche ein mit
Chlor umgebenes Thermometer im Wasserbade durch die
Wirkung eines zufallig gegebenen, schwachen, seiner ultra-
rothen Strahlen gröfstentheils beraubten Sonnenscheins er-
fährt, ist Ii mal so grofs, wie die eines unter ganz gleichen
Verhältnissen mit Luft umgebenen Thermometers; die
Differenz ist von der Ordnung eines ganzen Grades.
Hieraus wäre dann weiter zu schliefsen, dafs die soge-
nannten chemischen Strahlen der Sonne im Stande sind,
einem Chlorquantum von etwa 40 Cubikcentimetern im
Wasserbad eine stationäre Temperaturerhöhung von der
Ordnung eines ganzen Grades zu ertheilen.
Den üblichen Vorstellungen über die absolute Intensität
der liochbrechbaren Strahlen widerstreitet dieser Satz so
sehr, dafs ich glaubte, ihn durch besondere Controlexperi-
mente erhärten zu müssen. Zu diesen standen mir die
Apparate, mit denen ich früher gearbeitet, nicht mehr zur
Verfügung; auch hat seit dem November 1872, wo ich
mich mit neuen Instrumenten versehen, die Sonne so sehr
mit ihrer Gunst gekargt, dafs ich die Versuchsreihen in
ursprünglich projectirter Form noch nicht habe machen
können; ich mufste mich mit abgekürzten Versuchen be-
gnügen; diese aber reichen, wie ich glaube, vollkommen
aus, um durch gegenseitige Controle mit den früheren die
beobachtete Thatsache sicherzustellen.
Zwei Thermometer, von denen das Eine ein für alle
Mal ii, das Andere B heifsen soll, wurden mittelst paraf-
finüberzogener Kautschukpfropfen in zwei Kochfläschchen
von 55 bis 56 Cubikcentimeter Inhalt befestigt ; ihre Gefafse
reichten in die Mitte des bauchigen Theils und waren
von den Propfen etwa 8 Centimeter entfernt. Zunächst
wurde A mit Chlor, B mit Luft gefüllt und dann beide
auf dem Boden einer Wanne mit Glaswänden befestigt;
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487
die Scheiben der Wanne standen 10 Centimeter von ein-
ander ab. Hierauf wurde soviel von einer tiefblauen
Kupferoxydammoniaklösung eingegossen , dafs die Koch-
fläschchen ganz bedeckt waren, das Temperaturgleichge-
wicht annähernd abgewartet und das Ganze der Sonne
ausgesetzt. Die correspondirende Stände der Thermometer,
sowie die Anfangs- und Endtemperatur der Flüssigkeit
wurden abgelesen. Folgende Tabelle giebt die Resultate;
die erste Colonne enthält die Ablesung, wie sie in A ge-
macht wurden, die zweite, dieselben Ablesungen, ausge-
drückt in Graden des Thermometers B\ der Vergleich
zeigte nämlich, dafs zwischen 17° und 25° die Grade von
A auf die von B zu beziehen waren durch die Formel
x = — 0,31 -h 1,012 t.
worin tm die an A abgelesene Temperatur, x diejenige
Temperatur bezeichnet, welche unter denselben Umständen
gezeigt haben würde. Die dritte Colonne giebt die Ab-
lesungen an B selbst, ist also mit der zweiten unmittelbar
vergleichbar: die Temperaturen der Flüssigkeit sind gleich-
falls auf B reducirt. Vor jeder Ablesung wurde umge-
rührt; die Zehntelgrade sind gelesen, die Hundertel ge-
schätzt.
A (Chlor)
A reducirt
B (Luft)
19,42
19,34
19,4
19,55
19,47
19,44
19,8
19,73
19,6
20,0
19,93
19,7
20,2
20,13
19,82
20,6
20,53
20,2
Anfangstemperatur der Flüssigkeit 19,4
Endtemperatur der Flüssigkeit 20,25
Man sieht, dafs das in Luft eingeschlossene Thermo-
meter der Temperaturzunahme der Flüssigkeit folgt, wäh-
rend das andere ihr merklich voranschreitet; die Differenz
zwischen beiden steigt auf 0,33°.
Die Füllung wurde hierauf umgekehrt und das Expe-
riment wiederholt.
Digitized b
488
Es ergab sich:
A (Chlor)
A reducirt
B (Luft)
20,3
20,23
20,35
20,1
20,03
20,26
20,2
20,13
20,45
20,3
20,22
20,56
20,65
20,59
20,95
21,0
20,94
21,33
21,4
21,35
21,8
21,85
21,8
22,2
23,20
22,97
23,3
Anfangstemperatur der Flüssigkeit 20,08
Endteinperatur der Flüssigkeit 23,1.
Das Ergebnils lautet demnach wie oben; der Unter-
schied zwischen A und B markirt sich schon, während die
Flüssigkeit noch abkühlend wirkt, erhebt sich bald auf
0,3° und bleibt fortwährend über dieser Gröfse. Ich hätte
natürlich gewünscht, bis zum Stationairwerden beobachten
zu können, aber es ist kein Tag gekommen, an dem die
Sonne dies gestattet hätte. Das Paraffin der Stöpsel wurde
während der Versuche vom Chlor leicht braun gefärbt,
doch glaube ich nicht, dafs die dadurch producirte Wärme
auf die Thermometer habe wirken können.
Hierauf wurden die Versuchsreihen wiederholt, nachdem
die blaue Flüssigkeit durch eine hochgelbe Lösung von
Kaliumbichromat ersetzt war: in den Differenzen der Ther-
mometerstände, welche sich dabei ergaben, war keine Regel-
mäßigkeit zu Gunsten des Chlors mehr zu beobachten,
auch überschritten sie nicht 0,7°.
Sonach darf man als experimentell bewiesen betrachten,
rdafs die blauen, violetten und übervioletten Strahlen
des Sonnenlichtes im Stande sind, einem Chlorquantum
eine stationäre Temperaturerhöhung von der Ordnung
eines ganzen Grades *u ertheilen."
Es braucht nun nicht erst hervorgehoben zu werden,
wie fremdartig dies Resultat ist. Vergleicht man die hier
beschriebene ealorische Leistung der chemischen Strahlen
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489
mit alle dem, was frühere Beobachtungen an der Thenno-
säule über deren absolute Intensität festgestellt haben, so
sollte man an ihrer Möglichkeit zweifeln. Dennoch läßt
sie sich durch nähere Betrachtung der begleitenden Um-
stände dem System der bekannten Erscheinungen vollstän-
dig einreihen.
Wird irgend ein Körper, dessen Absorptionscoefficient
« ist, von einer Strahlung mit der Intensität J getroffen,
so läfst sich das Wärmequantum, welches er in jedem
Zeittheilchen dt aus ihr entnimmt, ausdrücken durch ein
Product
Ja M dt,
wo M eine von der Gestalt und Lage des Körpers abhän-
gige Constante ist. In demselben Zeittheilchen erleidet
er Wärmeverluste, theils durch Strahlung, theils durch
Leitung und Arbeitsleistung. Ist seine Temperaratur um
die Gröfse J T über das Mittel der Umgebung erhöht, ist
sein EmissionscoSffieient « und Nt eine von seiner Gestalt
und Lage abhängige Constante, so beträgt der Ausstrah-
lungsverlust
JT.s.N{ dt.
Der Leitungs- und Arbeitsverlust richtet sich gleich-
falls nach dem Werth von /J T ; beide zusammen sollen
unter ein Produkt von der Form
(p(/JT).N2. dt
wo (p ein Functionszeichen, N2 eine weitere Constante be-
deutet. Das Gleichgewicht tritt ein, wenn Einnahme und
Verluste einander gleich sind
Ja M = JTeN, -f- <p (JT) Nt. (1)
Bei der Thermosänle ist (p (/JT) JV, beträchtlich; die
Ableitung geschieht durch compacte Metallmassen, und
der Strom stellt eine Arbeitsleistung der Wärme dar,
welche eben dazu dient, deren Anwesenheit sichtbar zu
machen. In unserem Falle aber, beim Chlor, ist die Lei-
tung sehr gering und die äufsere Arbeit» fehlt vollständig,
(f (JT)N2 ist daher eine sehr kleine Gröfse. Wäre die-
490
selbe ganz zu vernachlässigen, so würde Gleichung (t)
sich vereinfachen in
Ja M = JT e N, (2)
woraus
JT = J - . Const. (3)
e
So wie sie ist, wird man sie hinreichend berücksichtigt
haben, wenn man schreibt
JT = J~. Const. — v
i
wo unter o eine kleine, die Ordnung von J -| Const. nicht
wesentlich ändernde Gröfse verstanden wird. Dieser Werth
Jet
also, - . Const., zieht die Betrachtung vornehmlich auf sich.
Sein veränderlicher Factor J ~ hat nun Eigenschaften,
welche für gewöhnlich wenig, beim Chlor aber mit Ge-
wicht in Betracht kommen. Um dieselben zu erkennen,
theilen wir «/, a und £ in Summanden, die sich auf die
verschiedenen Farben beziehen; für unsern Fall genügt
die Theilung in zwei, von denen der eine die wenig brech-
baren, vulgo Wärmestrahlen, der andere die sehr brech-
baren, jenseit des Grün liegenden Wellen umfafst. Wir
verstehen unter J„ er, und er Intensität, Absorptions- und
Emissionscoefificient für lange, unter Jr, a. und «, dieselben
Gröfsen für kurze Wellen; an die Stelle von Jy tritt
demnach
Jr «r -f- J* «»
«r -h £,
Beschränken wir uns auf den Fall, wo der betrachtete
Körper von gewöhnlicher Temperatur ist, so ist — und cr
selbst eine verschwindend kleine Gröfse: es werden nur
dunkle Strahlen ausgesandt; demnach reducirt sich der
Ausdruck auf
Jr (tr -f" Jr ff*
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491
Die Strahlungen, mit denen man gewöhnlich arbeitet,
sind nun solehe, in denen Jr gegen J, sehr stark ent-
wickelt ist; wir setzen eine derartige voraus. Dann sind
folgende Fälle zu unterscheiden:
1) ar =ä a, = 1, Fall des vollkommen schwarzen Kör-
pers, den man früher in der berufsten Vorderfläche einer
Thermosäule nahe erreicht zu haben glaubte. Aus
Jr a, -4- Jr ««.
«r
wird einfach —: die Erwärmung ist der Intensität propor-
tional, ohne Rücksicht auf die Farbe der Strahlung.
2) «r = wo k irgend einen ächten Bruch be-
zeichnet; ist dem Vorigen darin ähnlich, dafs die Farbe
keinen Einflufs übt.
3) «, $ a.
In diesem Falle ist Jr a, -+- Jt ar nicht mehr einfach der
Gesammtiuten8ität (Jr-{-Jr) proportional, sondern diejenige
Farbe wirkt verhältnifsmäfsig stärker, für welche «
gröfser ist.
a) «„<■«„; dann wird , da ohnehin J, viel gröfser als
Jw ist, Jt a, gegen Jr a, unbemerkt bleiben, noch mehr als
dies schon in 1) und 2) der Fall ist; das Resultat hängt
also wesentlich von Jr ab.
b) ar < Dieser Fall interessirt uns besonders. Es
sey zunächst der Unterschied zwischen ar und a, nicht
sehr grofs; das ist der Fall vieler dunkel gefärbten Sub-
stanzen, u. A. (nach Tyndall) des Rufses, also der ge-
wöhnlichen Thermosäule. Die resultirende Erwärmung ist
nicht genau der Intensität proportional, sondern die sehr
brechbaren Strahlen wirken etwas stärker, als ihnen zu-
J ar J
käme, ~— >-rf. Indessen, bei der übermächtigen Gröfse
von Jr bleibt J, at dennoch sehr klein gegen J, orr, und
für gröbere Instrumente hängt das Ergebnifs nach wie
vor von Jr allein ab.
i
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492
Anders, wenn, wie wir jetzt annehmen wollen, er, ausser-
ordentlich klein gegen ar ist. Dann kann Jr er, auch gegen
J,a, klein werden, die Proportionalität mit der Intensität
hört ganz auf, und die resultirende Erwärmung hängt zum
grofsen Theil oder fast ganz von Jt ab. Zugleich aber
wird wegen der Kleinheit von ar nach dem Kirch ho ff sehen
Gesetz auch «, eine sehr kleine Gröfse und J, — kann da-
«r
her einen Werth erlangen, der zu dem Betrage von J. in
gar keinem Verhältuifs steht.
Das ist der Fall beim Chlor; es absorbirt die hoch-
brechbaren Strahlen sehr vollständig; indem es sie aber
in Wärme verwandelt, bildet es aus ihnen Wärme von
niedriger Temperatur, welche nur in Form von langen,
dunklen Wellen ausgestrahlt werden kann; für diese ist
sein Emissionscoefficient sehr gering (Tyndall), die ver-
schluckte Wärme kann also nur äufserst langsam wieder
ausgestrahlt werden, sie sammelt sich an und bringt eine
merkliche Temperaturerhöhung hervor.
Somit ist die auf den ersten Blick höchst überraschende
Beobachtung, dafs das Chlor durch die hochbrechbaren
Strahlen der Sonne um sehr merkliche Beträge erwärmt
werden kann, erklärt. Aehnliche Erscheinungen lassen
sich für andere Körper voraussagen. Die Lösung von Jod
in Schwefelkohlenstoff z. B. verhält sich nach Tyndall
gegen das gesammte sichtbare Spectrum ebenso, wie Chlor
gegen den Theil jenseits des Grün; bezieht man at auf
die sichtbaren, ar auf die ultrarothen Strahlen, so ist die
ganze obige Betrachtung auf dieselbe anwendbar: die sicht-
baren Strahlen müssen in ihr eine unverhältnifsmäfsige
Temperaturerhöhung hervorbringen, und es wird leicht seyn,
Versuche zusammenzustellen, die zugleich zur Evidenz
bringen 1) dafs die genannte Flüssigkeit von der Strahlung
z. B. einer elektrischen Lampe nur 1 pCt. absorbirt, und
2) dafs sie sich durch dieses eine Procent, wenn die Ab-
leitung möglichst ausgeschlossen ist, eben so stark erwärmt,
wie andere Substanzen durch einen grofsen Theil des durch-
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493
gehenden Restes. Mir fehlen die Aparate, um diesen Nach
weis zu fuhren.
Auch der Rufs unterliegt derselben Betrachtung; nach
Tyndall läfst er die längsten ultrarothen Wellen durch:
bei einer Temperatur also, wo ein vollkommen schwarzer
Körper nur solche ausstrahlt, würde er sich gegen Roth
und nächstliegendes Ultraroth ähnlich verhalten, wie Chlor
gegen Blau. Hieraus und aus den oben unter 3 b gemachten
Bemerkungen ergiebt sich im Vorbeigehen, dafs die übliche
Annahme, die Angaben der Thermosäule seyen nur von
der absoluten Intensität, nicht von der Farbe der auffallen-
den Strahlen abhängig, nicht stricte zulässig ist; ob die
Fehler, welche sie herbeifuhrt, merklich werden können,
bedarf einer besonderen Prüfung, wie denn überhaupt din
obigen Bemerkungen allgemeinere Bedeutung haben und
weiterer Ausführung fähig sind.
Wir kehren zum Chlor zurück. Es ist klar, dafs die
Thermometer in den beschriebeneu Versuchen nicht genau
die Temperatur ihrer nächsten Umgebung anzeigen; vielmehr
ist ihre eigene Strahlung für sie ein Grund zur Abkühlung.
Daraus folgt erstens für die Praxis, dafs man möglichst
kleine Thermometer anzuwenden habe, und zweitens für die
Versuchsergebnisse, dafs die betrachteten Differenzen klei-
ner sind, als die wahren Differenzen zwischen dem Chlor
und der umspülenden Flüssigkeit. Die Zahlenwerthe 1,95";
0,66°; 0,3..°; welche ich für die Temperaturüberschüsse
des Chlors in den verschiedenen Versuchsreihen erhielt,
sind nur als rohe, und zwar zu kleine, Annäherungen zn
betrachten.
Wir erörtern zunächst die Frage, ob sie mit den am
Chlorthermoskop beobachteten Ausdehnungen der Gröfse
nach sich vergleichen lassen. Ein willkührlich ausgewählter
Versuch mit dem letzteren aus dem Februar 1871 zeigte
eine Verschiebung des Index von 48,2 Millimetern. Die
Chlorkugel des Instruments war vor der Füllung ausge-
messen; sie fafste 91,7 Cubikcentimeter, der Durchmesser
des Capillarrohres betrug 0,8 Millimeter, sein Querschnitt
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494
demnach 0,50 □Millimeter und obige 48,2 Millimeter re-
präsentiren daher eine Ausdehnung von 0,241 Cubikcenti-
meter gleich 0,0026 des Kugelinhalts. Darf man annehmen,
die beiden mit Gas erfüllten Räume A -h a und B b
(siehe oben, Beschreibung) seyen einander gleich und der
Betrag der Ausdehnung sey so gering, dafs sein Quadrat
verschwindet — und diese Bedingungen sind ftlr unsere
Zwecke hinreichend erfüllt — so zeigt eine einfache Rech-
nung1), dafs die Verschiebung des Index gerade doppelt
so grofs seyn würde, wenn die Kugel B durch die freie
Luft ersetzt wäre; sie würde demnach 0,0052 des Inhaltes
von A ausmachen, d. h. sie entspricht einem Temperatnr-
überschufs von etwa 1,4° C. Dieser Werth ist von der-
selben Ordnung, wie die mit den Piknomctern erhaltenen.
Ich habe mich vergeblich bemüht, Methoden zu er-
sinnen, welche zu einer präcisen Beantwortung der Frage
1) Man denke sich zwei Volumina Gas, jedes gleich v, mit einander in
Verbindung gesetzt und durch einen Index von einander geschieden ;
der Druck in beiden sey />. Tritt auf der einen Seite eine Venneh-
rung desselben um eine kleine Gröfse dp ein, so erfolgt unter Ver-
schiebung des Index eine entsprechende Vermehrung des Volumens
um eine kleine Gröfse dv> während das zweite Volumen um dieselbe
Gröfse dv vermindert wird. Der Druck in dem ersten stellt sich da-
v v
durch auf (p -+- dp) . — — - , der im zweiten auf — und
v -f- dv v — dv
wird die Bedingung des Gleichgewichts. Hieraus ergiebt sich
vdp — pdv — dp dv = pdv.
Das Glied dpdv ist von derselben Ordnung wie dv% also zu vernach-
lässigen, somit bleibt
vdp = 2pdv
d"=r/p
Dagegen würde, wenn das zweite Volumen unendlich grofs, die Aus-
dehnung des ersten also ungehindert wäre, die Gleichgewichtsbedin-
gung lauten
v dp = p dv
rft»= — dp
P
also für dv den doppelten Werth ergeben.
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495
führen könnten: „Reicht die Erwärmuug, welche das Chlor
im sehr brechbaren Lichte erfahrt, hin, um die an ihm
beobachtete Ausdehnung zu erklären, [oder nicht?" So-
wohl die genaue Deutung von Thermometerversuchen, wie
die beschriebenen, als auch die Untersuchung durch alle
anderen Arten der Messung, welche sich mir darbieten
wollten, setzt die Erfüllung von Bedingungen voraus, die
ich nicht realisiren konnte. Namentlich zeigte sich stets,
dafs es zum Gelingen der Bestimmung erforderlich seyn
würde, den Betrag der Abkühlung, welchen eine über das
Mittel ihrer Umgebung erwärmte Chlormenge durch
Leitung erfährt, auszusondern und mit einer Genauigkeit
zu erkennen, die mir bis heute unerreichbar scheint. Ich
mufste mich also damit begnügen, die rohen Ergebnisse,
welche ich bisher aufgezählt, für die Lösung des Problems
zu verwenden; nach ihnen lautet das Resultat:
Das Chlor erfährt durch die sehr brechbaren Strahlen
eine Ausdehnung und eine Erwärmung ; nach den mit dem
Thermometer angestellten Versuchen ist kein Grund vorhan-
den, der ersteren eine andere Ursache als der letzteren zu-
zuschreiben.
Der Name „ Chlorthermoskop u für die beschriebene
Modifikation des Differential -Thermometers ist damit ge-
rechtfertigt. Dafs ich die Ausdehnung des Chlors auf
Grund einer a priori gemachten Hypothese über ihre Na-
tur gefunden, berechtigt nicht dazu, die Vermuthung, es
sey neben der Erwärmung noch Platz für die in jener Hy-
pothese angenommene Ursache, die Zersetzung der Mole-
küle, übrig, als durch die weiteren Versuche unterstützt
zu betrachten.
Zu bemerken ist hier übrigens noch Folgendes: die
theoretischen Erwägungen, durch welche die verhältnüs-
mälsig sehr bedeutende Temperaturerhöhung des Chlors
erklärt wurde, bleiben auch dann noch gültig, wenn die
Erwärmung desselben nicht direct, sondern indirect, durch
Vermittelung einer vorübergehenden Arbeit des Lichtes
geleistet wird. Man denke sich z. B., dafs das Licht eine
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496
Anzahl der Moleküle CP auflokere, dafs diese Moleküle
sich gelegentlich wieder vereinigen, und dafs, nachdem die
Einwirkung der Strahlen einige Zeit gedauert, ein statio-
närer Zustand erreicht werde, in dem während jedes Zeit-
theichens eben so viel Moleküle an einigen Stellen aufge-
lockert werden, wie sich an anderen wieder fest vereinigen.
Von der lebendigen Kraft der ankommenden Lichtwelle
wird dann irgend ein Theil ?. zur Arbeit des Auflockerns
verwendet; in derselben Zeit wird aber an den Orten, wo
die Wiederbefestigung der Atome geschieht, genau dieselbe
Arbeit A in Form von Verbindungswärme frei, so dafs in
Summa jedes Zeittheilchen eben so viel Wärme liefert, als
ob die Lichtstrahlen sich direct in Wärme umgesetzt
hätten. Aehnliches gilt für jede Arbeit, deren Resultate
sich nicht in's Unbegränzte in dem bestrahlten Körper
anhäufen.
Ich glaube allerdings, dafs die Annahme, das Licht
lockere die Chlormoleküle, immer noch viel für sich hat
Der Glaube, dafs man in der Ausdehnung des Gases die
wirkliche Zersetzung einer grofsen Zahl von Molekülen direct
beobachte, ist nach dem Inhalt des Vorangehenden fallen
zu lassen; die Möglichkeit, dafs eine blofse Lockerung, viel-
leicht auch hie und da eine Zersetzung eintrete, wird je-
doch dadurch nicht berührt. Und es giebt rein chemische
Erwägungen, welche meines Erachtens hinreichen, dieser
Möglichkeit den Rang einer annehmbaren Hypothese zu
geben. In meiner früheren Abhandlung habe ich bereits
erörtert, wie einfach sich die Wirkung des Lichtes auf
die chemische Activität des Chlors erklärt, wenn man die
genannte Annahme macht; die dort angeführten Gründe
haben allgemeinere Gültigkeit, und die für das Chlor aut-
gestellte Vermuthung ist ein Theil eines Gedankens von
weiterem Umfange, den ich zum Schlüsse hinstelle, um
ihn für sich und für seinen speciellen Theil, die Lockerung
der Chlormoleküle, reden zu lassen.
Nach Clausius und Anderen nimmt man allgemein
an, dals die Moleküle der meisten einfachen Körper aus
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497
zwei oder mehr Atomen bestehen. Daraus ergeben sich
sofort zwei wichtige Folgerungen:
1) Dafs die beobachteten sogenannten Verbindungswär-
men nur Differenzen der wahren Verbindungswärmen sind.
2) Dafs zur Bildung einer Verbindung aus den Ele-
menten im Allgemeinen eine vorgängige Zersetzung dieser
Elemente nöthig ist, und dafs dieser Umstand es erklärt,
wie zwei Elemente, z. B. O und S, trotz lebhafter Ver-
wandtschaft ungestört nebeneinander bestehen können, wenn
nicht ein Anstofs, und zwar ein Anstofs von trennendem
Character gegeben wird. Wenn zwei Verbindungen, wie
Söj und C /f4, ohne sich anzugreifen, neben einander be-
stehen, obgleich C und H zu S und 0 lebhafte Verwandt-
schaft besitzen, so zweifelt Niemand daran, dafs eben die
zwischen S und 03 einerseits, zwischen C und //4 andererseits
tbätigen Kräfte die Stabililät der einmal vorhandenen
Verbindungen aufrecht halten, dafs S den Kohlenstoff oder
Wasserstoff nicht ergreift, weil es vom Sauerstoff festge-
halten wird, und umgekehrt. Sind aber zwei einfache
Körper gegeben , so ist offenbar dasselbe der Fall : S3 und
04, H2 und Cl.t bestehen neben einander, weil die Anzie-
hungen S — S, 0 — 0, £T— H und Cl—Cl die Einwirkun-
gen S — 0 und H — Cl nicht zu Stande kommen lassen;
soll die Verbindung erfolgen, so muls eine Lockerung in
wenigstens Einem der vorhandenen Moleküle eintreten.
Bei den meisten Substanzen ist die Entzündungswärme des
Agens, welches diese Lockerung leistet, wie beim Chlor-
knallgas, auch das Licht. Ob eine wirkliche Spaltung oder
nur eine Schwächung des Zusammenhanges erforderlich
ist, kann a priori nicht entschieden werden; die letztere
ist im Allgemeinen wahrscheinlicher. Träte beim Chlor eine
wirkliche Spaltung ein, so ist zu vermuthen, dafs eine
Nachwirkung im Dunkeln existiren müfste. Die Experi-
mentatorn haben bekanntlich über diesen Punkt verschie-
dene Ansichten geäufsert; mir scheint, dals Bunsen's
Versuche den Ausschlag geben; sie sprechen gegen die
Nachwirkung, also gegen die völlige Zersetzung. Die
Poggendorff's Annal. Krgänzungbd. VI. 32
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498
im Vorstehenden gegebenen Erwägungen erweisen sieb
sofort als fruchtbar. Schreibt man z. B. dem Stickstoff
die Eigenschaft zu, dafs seine Moleküle N% durch bedeu-
tende Kräfte in ihrem Bestände erhalten werden, so bat
man eine möglichst einfache Erklärung ffcr eine ganze Reibe
von Thatsachen, z. B. dafs der freie Stickstoff .Y, sehr trage
ist, während der einmal in Verbindung befindliche eine
Menge von Verwandtschaften zeigt, zweitens, dafs die stick-
stoffhaltigen Verbindungen sich oft explosiv zersetzen (be-
ruht auf der Wärmemenge, welche die Verbindung N—S
liefert); ferner, dafs ein Doppel -Stickstoff so vielfach als
Bindeglied in den „ Diazokörpern u vorkommt, usw. Im
Gegensatze zu ihm scheint der Wasserstoff eine geringe
Verbindungswärme H— H zu besitzen und daher läfst er sich
ohne Widerstand in Verbindungen einführen , wenn nur
der ihm dargebotene Körper freie Activität besitzt, deshalb
genfigt auch die Lockerung der Chloratome, um in dem
Gemenge C/3 H% die Verbrennung einzuleiten.
Paris, 20. Juni 1873.
A. W. 8 ch •<!••» Buchdruckerei (L. Schade. n Barlin. StalUchre-ibvritr. 4?
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ANN ALEN
DER PHYSIK UND CHEMIE.
Bd. VI. ERGÄNZUNG.
1. Optische Untersuchungen einiger Reihen iso-
morpher Substanzen ; von iJaldor Topsoe und
C. Christiansen.
(Von den HH. Verf. gemachter und in den Ann. de chim. et de phys. 1874
T. 1 veröffentlichter Auszug aus der Original-Abhandlung in den Schriften
der königl. dänischen Gesellschalt der Wissenschaften, die wegen ihres
grofsen ümfangs (155 Seiten 4°) nicht für die Annalen geeignet ist.)
kanntlich hat De Senarmont eine Reihe optischer
Untersuchungen unternommen, um zu entscheiden, ob eine
krystallographische Isomorphie eine optische Analogie be-
dinge. Als Resultat seiner Arbeit ergab sich, dafs eine
solche Analogie nicht stattfindet. Er selbst sagt: „Die be-
dingenden Ursachen der geometrischen Form sind von
anderer Ordnung als die Ursachen, welche die optisch
doppelt -brechenden Eigenschaften bedingen, weil diese
Form in ganzen Gruppen von isomorphen Substanzen
dieselbe bleibt, während die optischen Eigenschaften in
ihren wesentlichen Elementen nicht blofs quantitative^ Modi-
fikationen erleiden, sondern eine vollständige Umkehrung
ihrer relativen Grofse."
lndefs begnügte sich De Senarmont mit der Be-
stimmung des Winkels der optischen Axen, des Charakters
der Doppelbrechung, und der Lage der Elasticitätsaxen
in Bezug auf die der krystallograpbischen Axen. Im
Allgemeinen hat er nicht die Refractionsindexe berück-
sichtigt, jedoch mit Ausnahme einiger mittleren Indexe.
Die Unzulänglichkeit der durch partielle Untersuchungen
erhaltenen Resultate mufste neue Forschungen hervor-
rufen, welche besonders die Bestimmung der optischen
Constanten ins Auge fafsten, um so die Frage in ihrem
Poggendorffs Annal. Ergäuzungsbd. VI. 33
St. 4.
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500
wahren Lichte zu erblicken, und das Wesentliche von
dem Zufalligen zu unterscheiden; allein obgleich seitdem
eine grofse Anzahl Untersuchungen von verschiedenen
Seiten unternommen worden ist, von Descloizeaux,
Grailich, v. Lang, Schrauf, usw., ist man doch noch
nicht zu einer endgültigen Lösung der Aufgabe gelangt.
Zwar zählen die auf optischem Wege untersuchten Sub-
stanzen nach Hunderten; allein nur eine sehr beschränkt**
Anzahl ist vollständig untersucht worden und nur ein
äulserst geringer Theil von diesen gehört zu den isomor-
phen Substanzen. Mithin ist die Aufgabe da geblieben,
wo DeSenarmont sie gelassen hat. Die seitdem erlangten
Resultate haben nur seine Folgerungen bestätigt, nämlich:
dafs die Orientirung und der Winkel der optischen Axen
nicht analog sind in den isomorphen Substanzen, und dafs
folglich eine Relation zwischen ihrer Zusammensetzung,
ihrer Krystallform und ihren optischen Eigenschaften keines-
wegs erwiesen ist.
Die nachfolgenden Untersuchungen haben sämmtlicb
isomorphe Substanzen zum Gegenstand, sorgfaltig aus ver-
schiedenen Reihen zwischen denselben Elementen genom-
men, und, so weit es uns gestattet war, aus verschiedenen
parallelen Reihen. Der Zweck unserer Arbeit war, ein
Studium der optischen Phänomene zu geben, so genau
und so^ vollständig wie es die Umstände gestatteten.
In Betreff der von uns angewandten Methoden zur
Schleifung der Platten und Prismen und zur Bestimmung
der Refractionsindices begnügen wir uns mit folgenden
Angaben:
Zubereitung der Platten. — Anlangend die zur Be-
stimmung des Winkels der optischen Axen und der Orien-
tirung ihrer Ebene bemerken wir, dafs sie auf solche Weise
aus den Krystallen geschnitten wurden, um in Bezug auf
die Zonen und auf die natürlichen Flächen bestimmt zu
seyn, und dafs der Parallelismus ihrer Flächen durch ein
Sphärometer geprüft wurde. Offenbar ist es nicht mög-
lich, bei kleinen Krystallen von schlechter Coutiguration
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501
durch Schneiden aus freier Hand zu einem hohen Grad
von Genauigkeit zu gelangen; auch hat in Wirklichkeit
eine solche Genauigkeit nur in dem Falle Werth, dafs die
Platten zur Beobachtung der Ringe angewandt werden,
weil bei der Bestimmung des Winkels der optischen Axen
leichte Fehler kaum merklich sind.
Zubereitung der Prismen. — Anderseits hatte es auch
bedeutende Schwierigkeit, die zur Bestimmung der Indexe
erforderlichen Prismen zu bilden. Am vortheilhaftesten
würde es seyn, die natürlichen Flächen des Krystalles an-
zuwenden; allein diese in neuerer Zeit am meisten ge-
bräuchliche Methode ist nur in dem Falle anwendbar, wo
man die Substanzen nach der Leichtigkeit auswählt, mit
welcher sie sich zu optischen Untersuchungen eignen, ohne
Rücksicht auf die Zusammensetzung. Wenn sich dagegen
die Untersuchungen, wie in dem uns beschäftigenden Fall,
auf Substanzen von einer bestimmten Zusammensetzung
beziehen, abgesehen von ihrem mehr oder weniger an-
ziehenden Aeufsern, so ist es der Zufall allein, welcher
entscheidet, ob man Prismen gebildet aus der Combination
natürlicher Flächen anwenden könne. In der That sind
diese sehr häufig entstellt durch Streifen und solche
Krümmungen, dafs die aus ihnen gebildeten Prismen ent-
weder kein Spectrum geben, oder eine Anzahl derselben,
während anderseits Flächen von hinreichendem Glanz durch
ihre Vereinigung oft einen so grofsen Winkel geben, dafs
die Strahlen darin eine totale Reflexion erleiden.
Mithin mufste man im Allgemeinen die Prismen auf
künstlichem Wege bilden, der kürzlich folgender war.
Durch sanftes Abschaben bildete man ein Prisma von
zweckmäfsiger Lage und zweckmäfsigem Winkel, dann
ebnete man die unregelmäfsigen und gekrümmten Flächen,
indem man sie mit oder ohne Smirgel auf einem mit Oel
befeuchteten Planglase schliff". Durch Messungen mit
einem Wo 1 las ton' sehen Goniometer gab man dem Prisma
seine Lage gegen die krystallographisehen Axen, wobei
man sich der natürlichen Flächen bediente, die man in
33*
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502
hinreichender Zahl unangetastet gelassen hatte, um dar-
nach die künstlichen Flächen zu bestimmen. In den
ziemlich seltenen Fällen, wo das Prisma eine Richtung
haben mußte, deren genaue Bestimmung mittelst natür-
licher Flächen unmöglich war, oder vielmehr diese gänz-
lich fortgeuommen werden mufsten, um ein brauchbare*
Prisma herzustellen, schliß' mau zuvörderst eine künst-
liche Fläche, die zur Orientirung der Flächen des Prismas
diente.
Nachdem die Prismen in der verlangten Richtung
geschnitten worden, polirte man ihre Flächen oder be-
kleidete sie mit Glasplatten. Die erstere Methode, die
nur bei Prismen von gewisser Gröise anwendbar ist,
scheint natürlich der zweiten vorzuziehen zu seyn; allein eine
genauere Prüfung ergiebt, dafs die Befolgung der ersteren
Methode eine Unmöglichkeit ist. Durch das Poliren näm-
lich runden sich die Flächen etwas ab, so dafs sie keine
scharfen Bilder mehr geben; überdiels kann die Politur
bei allen künstlichen Krystallen nur einen so geringen
Grad von Vollkommenheit erreichen, dafs die Spectra sieb
vollständig verwischen und daher nichts festes zur Regu-
lirung der Orientirung darbieten. Demzufolge haben wir
stets eine andere Methode befolgt, die darin bestand, dats
wir die künstlich geschnittenen Flächen mit ebenen Platten
von dünnem Glas*1 bekleideten, welche mittelst einer äthe-
rischen Lösung von Canadabalsam, mit oder ohne Zusatz
von etwas Mastix, und in einzelnen Fällen mittelst etwas
Zimmtöl, vollständig an den geschnittenen Flächen fest-
safsen. Alsdann gaben die Prismen im Allgemeinen sehr
gute Spectra; indefs konnte man doch noch die Frage
aufwerfen, ob sie in diesem Zustande die wahren Bre-
chungsindexe der Substanz gäben. Hier ist es offenbar
absolut nothwendig, dafs die künstlichen Flächen und die
Deckgläser vollkommen eben seyen, und überdiefs, dals
man von dem Klebmittel nur ein Minimum anwende.
Wenn man in dieser Hinsicht nicht die gröfste Vorsicht
und die gröfste Genauigkeit anwendet, ist es sicher un-
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503
möglich diese Methode zu befolgen ; wenn man aber diese
Bedingung stets im Auge behält, ist sie gewifs den an-
deren Methoden vorzuziehen, die gleichfalls die Anwen-
dung künstlicher Flächen erfordern. Um darzulegen,
welchen Grad von Genauigkeit wir erreicht haben, brauch-
ten wir uns nur auf die vortreffliche Uebereinstimmung
der bei einer grofsen Anzahl von Prismen aus derselben
Substanz gefundenen Brechungsindexe zu berufen; allein
um auf eine positivere Weise die Genauigkeit zu erweisen,
welche man bei sorgfältiger Befolgung dieser Methode
erlangen kann, wollen wir die Aufmerksamkeit auf einige
Versuche lenken.
Beim schwefelsauren Kali und salpetersauren Baryt
wurden die Brechungsindexe sowohl mit künstlichen, als
natürlichen, auf den Flächen vollkommen polirten Prismen
bestimmt. Die Resultate waren:
K'SO4 \ D
i
C
D
F
Flächen
natürliche
natürliche
künstliche
. 1,4960
1,4965
1,4960
. 1,4984
1,4981
. 1,5032
1,5029
1,5032
Flächen
*
natürliche
künstliche
künstliche
. 1,5657
1,5666
1,5665
. 1,5821
1,5831
1,5820
Ba N'O" j ^ ; ;
Wir können also behaupten, dafs unsere Methode,
mit Vorsicht ausgeführt, viel sicherer ist als die gewöhn-
liche, und dafs unsere Brechungsindexe bis auf die dritte
Decimale richtig sind. Um unsere Werthe fernerweitig
zu prüfen, haben wir unsere Versuche in einem bisher
unbekannten Maafse vervielfältigt; für die meisten Indexe
haben wir drei Bestimmungen gemacht, für einige eine
noch gröfsere Anzahl. Ungeachtet der im Allgemeinen
vortrefflichen Uebereinstimmung unserer Werthe, haben
dennoch einige Substanzen Resultate gegeben, welche über
die Gränzen, welche diese Methode mit sich führt, unter
sich schwankten, z. B. das schwefelsaure Kali, das doppelt-
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504
weinsaure Ammoniak und einige andere. Der Grund
hiervon liegt ohne Zweifel in den Substanzen seihst, deren
verschiedene Individuen verschiedene Brechungsindexe be-
sitzen. In einigen einzelnen Fällen, z. B. beim doppelt-
weinsauren Ammoniak, rührt dies davon her, dafs die
Krystalle beständig aus der Juxtaposition von Individuen
gebildet sind, die keine vollständig analoge optische Orien-
tirung haben. Dies haben wir für das selensaure Kali
erwiesen, indem wir daraus Platten winkelrecht gegen die
brechenden Kanten schnitten, nachdem wir die Brechungs-
indexe bestimmt hatten. Diese Platten zeigten dann deut-
lich, dafs die besagten Prismen aus mehreren verschieden-
artig gelagerten Prismen bestanden. In solchen Fällen
können offenbar die Bestimmungen niemals genau seyn.
Allein auch in anderen Fällen , wo nicht vom Daseyn
solcher krystallographischcn Unregelmäl'sigkeiten die Redr
seyn kann, finden sich ziemlich beträchtliche Unterschiede
/wischen den Brechungsindexen verschiedener Individuen:
somit scheint es einleuchtend, dafs mehrere Substanzen
Brechungsindexe haben, die innerhalb gewisser Gränzen
schwanken, wahrscheinlich in Folge von Veränderungen
in den Zuständen, welche bei der Krystallisation eines
jeden Individuums obgewaltet haben. Daraus entspringt
die unvermeidliche Nothwendigkeit, die Brechungsindexe
bei einer möglichst grofsen Anzahl von Individuen zu be-
stimmen.
Lichtquellen. — Um die auf diese Weise geformten
Prismen zu studiren, haben wir als Lichtquelle die mit
Wasserstoff gefüllten G ei fs ler sehen Röhren angewandt.
Eine Rüh m kor ff sehe Maschine, erregt durch drei oder
vier B unsen' sehe Elemente, machte diese Röhre stark
leuchtend. Das Spectrura war sehr rein, bestand aus drei
hellen Linien, einer im Roth, einer im Grün und einer im
Blau. Die beiden ersteren coineidirten mit den Fraun-
hofer'schen Linien C und F; die dritte lag in der Nähe
von G, wir haben sie mit G' bezeichnet, die beiden an-
deren dagegen mit C und F. Die beiden ersten C und F
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505
waren stark leuchtend, die dritte G' war es aber nicht;
daher war sie auch nur in einer relativ kleinen Zahl von
Fällen sichtbar. Ueberdies bedienten wir uns des Lichtes
einer gesalzenen Alkoholflamme; dieses Licht war zwar
nicht so intensiv wie das der Wasserstofflinie C, konnte
aber doch noch in den meisten Fällen beobachtet werden.
Die Wellenlängen der beobachteten Farben sind fol-
gende :
C . . . 0mm,000656
D . . . 0 ,000589
F . . . 0 ,000486
G' . . . 0 ,000439.
Diese Lichtquellen sind den gewöhnlich angewandten
weit vorzuziehen, wenigstens wenn man die Dispersion
beobachten will. Sonnenlicht wandten wir nicht an ; einer-
seits verhindert es die Beobachtungen zu jeglicher Stunde
und an jeglichem Ort zu machen, und andrerseits hat
man selten so günstige Prismen zur Verfügung, dafs man
durch sie die Fraunhofe r' sehen Linien sehen kann;
mufs man seine Beobachtungen blols auf Farben be-
schränken, ist man aufser Stande, irgend eine Genauigkeit
zu erreichen. Dasselbe gilt von anderen Proceduren, wo
man Lichtquellen anwendet, deren Spectren schwarze
Linien enthalten. Eine Lichtquelle dagegen, deren Spec-
trum aus einer kleinen Anzahl ausgewählter und heller
Linien besteht, kann selbst bei mittel mäfsigen Prismen zur
Beobachtung dienen. In diesem Falle sind die Linien
noch sichtbar, sie können der Schärfe ermangeln, aber
getrennt durch einen ziemlich breiten dunklen Raum, wer-
den sie immer wahrnehmbar seyn.
Mefsinstrumenle. — Das Ba bin et 'sehe Goniometer
diente zur Messung der brechenden Kante und des Ab-
lenkungs- Minimum; sein Collimator war versehen mit
einem engen Schlitz, vor welchem die Lichtquelle, d. h.
die Geifsler'sche Röhre oder die gesalzene Alkohol-
flamme, aufgestellt war.
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506
Zu Beobachtungen an ein- oder zweiaxigen Krystall-
platten benutzten wir das von Hrn. Descloizeaux modi-
ficirte Polarisationsmikroskop, horizontal oder vertical auf-
gestellt. Das Licht polarisirten wir entweder mittelst
eines Nicols oder mittelst einer Glassäule, die das Licht
unter dem Polarisationswinkel reflectirte, liefsen es dann
auf ein Linsensystem von kleiner Brennweite fallen, in
dessen Brennpunkt die Krystallplatte angebracht war. Das
Mikroskop, welches das aus dem Krystall tretende Licht
auffing und am Ocular mit einem Nicol versehen war.
hatte ein Gesichtsfeld von ungefähr 130 Grad, und da-
durch wurde es möglich, in den meisten Fällen beide
optischen Axen zugleich zu sehen.
Endlich bedienten wir uns des K ob elT sehen Stau-
roskops, um in Platten des monoklinischen Systems die
Hauptschnitte zu bestimmen. Der Haupttheil desselben
besteht aus zwei Nicols, zwischen denen sich eine win-
kelrecht gegen die Axe geschnittene Kalkspathplatte be-
findet. Das schwarze Kreuz entwickelt sich gut, wenn
die beiden Nicols auf Auslöschung gestellt sind. Wenn
man aber zwischen den ersten Nicol und die Kalkspath-
platte eine doppeltbrechende Krystallplatte einschiebt, ver-
schwindet im Allgemeinen das schwarze Kreuz, und nur
im Fall, dafs die Hauptschnitte der Platte zusammen-
fallen mit denen der Prismen, erscheint es wieder in voll-
kommener Schärfe. Man sieht leicht, dafs auf diese Weise
die Lage der Hauptschnitte gefunden werden kann.
Bestimmung der Brechungsindexe. — Im regulären
System hat es keine Schwierigkeit die Brechungsindexe
zu bestimmen. Nachdem man den Winkel des Prisma />
und die Minimal - Ablenkung a gemessen hat, berechnet
sich der Brechuugsindex n Lach der bekannten Formel:
„ = .... (i).
sin \ p v J
Um bei einaxigen Krystallen die beiden Indexe zu
bestimmen, reicht es hin, die beiden Minimal-Ablenkungen
a und ax eines Prisma zu messen, dessen Kante parallel
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507
ist der optischen Axe. Um hieraus die beiden Indexe
o) und 6 zu finden, von denen der erste dem ordentlichen
Strahl und der zweite dem aufserordentlichen angehört,
hat man nur zwei Formeln von ähnlicher Form wie die
Formel (1) zu gebrauchen.
Wenn die Kante des Prisma nicht der optischen Axe
parallel ist, kann man auch noch den ordentlichen Index
auf dieselbe Weise bestimmen; allein dann folgt der aufser-
ordentlichc Strahl dem Sne W sehen Gesetze nicht. Allein
durch eine approximative Methode kann dieser auch da7Ai
dienen, den aufserordentlichen Index auf eine ziemlich genaue
Weise zu bestimmen. Die Betrachtungen, welche diese
Bestimmungsweise rechtfertigen, sollen weiterhin gegeben
werden; begnügen wir uns hier, die zu dem Calcül erfor-
derlichen Formeln anzugeben. Sey / der Winkel zwischen
der optischen Axe und der Normale der Ebene /?, welche
den Winkel p des Prismas halbirt. Berechnet man dann
den anomalen Index v durch die Minimal- Ablenkung a„
und den Winkel p des Prismas nach der Formel :
sin £ (o, -+-/Q
sin 7 p
so findet sich der aufserordentliche Index € durch Auf-
lösung der Gleichung:
1 _ coaU sin*1
was leicht geschieht, wenn man setzt:
r COS /
sin \p = — r ,
denn dann hat man:
£="8in/ (2).
C08 \f> V '
Bei zweiaxigen Krystallen lassen sich die drei Indexe
r»i ßy 7-, wo a<Zß<.y, immer durch Anwendung dreier
Prismen bestimmen, die den Axen der optischen Elastici-
tät a, b, c parallel sind, wo a > b > c ist, und
Ein z. B. der Elasticitätsaxe c paralleles Prisma giebt
zwei gebrochene Strahlen, von denen derjenige, dessen
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508
Schwingungen der Kante parallel sind, dem Sne 11' sehen
Gesetze folgt; der Index y bestimmt sich also durch die
Formel (1). Die beiden anderen Prismen, deren Kanten
respective parallel sind den Axen a und b, geben auf
dieselbe Weise die beiden andern Indexe a und ß, aber
diefs nur in dem äufserst seltenen Fall, dafs man auf diese
Weise verfahren kann. In den meisten Fällen hat man
nur Prismen, die einer oder zwei der Elasticitätsaxen
parallel sind. Alsdann mufs man entweder auf die Be-
stimmung aller Indices verzichten oder Gebrauch machen
von der Ablenkung desjenigen Strahls, dessen Schwin-
gungen winkelrecht sind gegen die Kante des Prismas:
Sey K die der Elasticitäts-
axe c parallele Kante des Pris-
mas, KE und KF die Flächen
des Prismas und EKF = p.
Die beiden anderen Elasticitäts-
axen befinden sich in der Ebene
EF, winkelrecht auf K. Die
Geschwindigkeit v der Welle, die
sich in dem Prisma nach KN
fortpflanzt, ist gegeben durch die
Gleichuug:
cos» /
v« — o>
cos* m
cos' n
0.
/, m und n sind die Winkel zwischen der Richtung
der Fortpflanzung und den drei Elasticitätsaxen a, b, c.
Ist der Winkel 90 Grad, so reducirt sich d\e Gleichung auf
(i'2 - c') (v* — a* cos7 m — b* cos1 /) = 0.
In allen hier vorkommenden Fällen haben wir:
p1 = a? cos5 m -f- b1 cos! / /
= |(a'-hb')-H(al-b2)cos2m* ' ' W
und die Minimal- Ablenkung findet sich folgendermaafsen.
Ist x der Winkel NKH zwischen der Fortpflanzungsrichtung
der Welle in dem Prisma und der Normale der Ebene,
welche den Winkel EKF halbirt, und sind t und •' die
Winkel, welche der Strahl beim Ein- und Austritt mit
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man:
509
den Normalen der Flächen des Prismas bildet, so hat
v sin * = sin (~ — x)
v sini'» sin 4-x)
i -I- i =o + p.
Durch Eliminirung von t und t findet man:
sin3 \p MM% M cos* ±p
i
Setzt man:
■ai- cos' \P
n Olli 7 f « Wb TP • •»
sin3 y (a H-/>) cos' | (a +/>)
p sin'ip cos' jp
sin» i(aH-p)' V cossH° + />) ' W
so hat man:
= 02)-r-i(|W— 0a)cos2o; . (5)
Ist # der Winkel zwischen der Haibirungslinie R des
Winkels EKF und der Elasticitätsaxe n, so hat man
m = x — &
und folglich nach der Formel (3):
= i &*) + 5 («' — b») cos 2 (x — fr) (6)
Somit haben wir:
P2 4- (?' 4- (P* - <?') cos 2 x = a* -h b' «+■
(a* — bl) cos 2 (x - &) (7)
Um den Minimalwerth von a zu finden, braucht man
nur die Gleichung (7) in Bezug auf x zu differentiiren,
was zu der Bedingungsgleichung fährt:
(P! — sin 2x = (a* - b1) sin 2 (x - »?). (8)
Elirainirt man P1 — Q1 zwischen den Gleichungen (7)
und (8), so kommt:
(P2 -f- y*) sin 2x « (a* -h b4) sin 2x + (a* - b») sin 2# (9)
Endlich finden wir:
P* = K«' + 6') + { («' - b1) e°'^7') |
0' - i (a« + b«) + | (a' - 6') SiiL^i-) I
(10)
oder:
/» = F2 + j (a1 - b*) sin 2 ,9» tang x j .
0' = F/H- J (a* - b1) sin 2 fr tang x j * ' C ;
V? = i(a'-l-b') 4-}(o'— b») cos 2^ j
K'=|(aJ-f-b-)-Ua2~^)cos2^ (* *
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510
Eliminirt man nun x zwischen den beiden Gleichungen
(12), so kommt:
(fw _ ra) «?* — V*) = J (a! - b2)2 sin3 2# . (13)
Dies ist die von Senarmont gegebene Bedingungs-
gleichung für das Minimum von a.
Nachdem die Minimal- Ablenkung gemessen worden,
eiithält die Gleichung (13) nur noch die beiden Un-
bekannten a und b; zwei Beobachtungen, gemacht an
zwei Prismen bei verschiedenen Werthen von werden
uns also durch den Calcül die Werthe von a und b oder die
entsprechenden Brechungsindexe « u. ß geben. In Erwägung
jedoch, dafs für die meisten der von uns untersuchten
Substanzen die Werthe von a und b nur sehr wenig von
einander abweichen, sieht man, dafs das zweite Glied der
Gleichung (13), welches immer kleiner als \ (a1 — b2)2 ist,
im Allgemeinen so klein seyn wird, dafs man es als Null
betrachten kann, woraus dann folgt:
P* = V* (14)
Um zu beweisen, dafs es im gegenwärtigen Fall erlaubt
sey, diese Voraussetzung zu machen, haben wir auch die
Werthe von \ (a2 — b1)2 für alle die zweiaxigen Krystalle des
rhombischen Systems berechnet, für welche wir die drei
Brechungsindexe bestimmt haben.
Y ji(b2-c')*|i(a'-c»)
LiaS« 06+2H» O.
AglSa06-h2H»0
Ka Sa O4 . . . .
KaSe04 , . . .
BeSeO4 -f-4Ha O .
NiSO4 -h7Ha 0. .
ZnS04-+-7HaO .
MgS04-h7H'0 •
MgCrO4 + 7H'0 .
KSbOC4H406-hlH'0
AmHC4H'Oft . .
1,5487
1,6272
1,4932
1,5353
1,4667
1,4669
1,4568
1,4325
1,5211
1,6199
1,5188
1,5602
1,6573
1.4946
1,5402
1,5007
1,4888
1,4801
1,4554
1,5500
1,6360
1,5614
1,5788
1,6601
1,4980'
1,5450
1,5027
1,4921
1,483G
1,460S
1.5680
1.6375
1,5010.
0,00002
0,00000
0,00000
0,00000
0,00000
0,00000
0,00000
0,00000
0,00002
0,00000
0,00005
I 0,00006
0,00005
' 0,00000
0,00001
0,00012
0,00006
0,00007
0,00009
0,00016
0,00002
0,00036
! 0.00001
i 0,00005
0,00000
| 0,00000
0,00011
| 0,00004
0,00005
0,00006
0,00006
0,00001
0,00013
Dies gesetzt, wird das Problem, die drei Brechungs-
indexe eines zweiaxigen Körpers sehr vereinfacht. Der
Strahl, dessen Schwingungen winkelrecht sind gegen die
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511
Kante des Prismas, hat eine Minimal -Ablenkung a; man
berechnet das Verhältnifs:
und dann hat man nach (14):
± = l£+?) + '>(h-?)™™- 05a)
Zwei Gleichungen von derselben Form, erhalten durch
zwei Prismen, deren Kanten parallel sind derselben Elasti-
citätsaxe, deren Flächen aber ungleich gelagert sind in
Bezug auf die beiden anderen Elasticitätsaxen, erlauben
uns, die beiden Indexe zu bestimmen.
Wenn die Kante des Prismas parallel ist der Elastici-
tätsaxe a oder b, so hat man respective
;,=;(;+^+^-i)cos2» . (150
Blols in einem Falle haben wir Prismen gebraucht, die
keiner der Elasticitätsaxen parallel waren; allein da die
Lage der optischen Axen bekannt war, so haben wir,
dasselbe approximative Verfahren verwendend, die beiden
auomalen Indexe v( und vlt berechnet, und die beiden
Brechungsindexe cc und y gefunden durch die wohl be-
kannte Formel:
»7- \ ö + + p) 008 & - O i '
wo tl und t.x die Winkel sind zwischen den optischen
Axen und der Normale der Ebene, welche den Winkel
des Prismas halbirt. Hier kann man approximativ setzen :
K, ; i—F . . . . (17;
V "
wonach die beiden Brechungsindexe sich leicht berechnen.
Platten. — Mittelst Platten, die bei einaxigen Kry-
stallen winkelrecht gegen die optische Axe, und bei zwei-
axigen Krystallen winkelrecht gegen die Axe der gröfsten
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512
oder kleinsten Elasticität geschnitten waren, haben wir
den Charakter der Doppelbrechung nach wohl bekannten
Methoden bestimmt. Dieselben Platten dienten auch dazu,
bei zweiaxigen Krystallen den Winkel AB der beiden
optischen Axen zu bestimmen. Setzt man:
tang * = y>;f|; (18)
so hat man für negative Kr) stalle:
AB = 2& (19)
dagegen für positive Krystalle:
i4B=180° — 2# (20)
Nennen wir (A B) den in der Luft gemessenen Winkel
der optischen Axen, so ist er mit AB verknüpft durch
die Relation:
sin\(AB)=* ßam^AB .... (21)
Oft kann man die optischen Axen nur sehen, wenn
man die Platten in Oel taucht Sey der Brechungsindex
des Oels w, so hat man dann:
n sin J [(,4 B)] = ß sin \(A B) . . . (22)
[{AB)] ist der in dem Oel beobachtete Winkel der
optischen Axen. Der in Luft beobachtete Winkel dieser
Axen variirt mit der Farbe des Lichts; wir bezeichnen
mit q*CV) dafs er wächst, wenn die Wellenlänge des
Lichtes abnimmt, und mit v <Z p das Umgekehrte.
Da unser Zweck vor Allem die Bestimmung der Bre-
chungsindexe war, so haben wir dazu auch den Winkel der
optischen Axen benutzt. Die Formel (18) gebracht unter
die Form:
b* = i (aa -f- cl) -r- 1 (a* — c*) cos 2 0- |
oder J-|(Jr+rA) + ,('-i)eo.2*)- (23)
kann mit der Formel (15) dazu dienen, « und y zu finden,
wenn ß bekannt ist.
Wenn man die Platten im Lichte der Flamme des
gesalzenen Alkohols beobachtet, sieht man die optischen
Axen umgeben von gelben und schwarzen Ringen. Ihre
mehr oder weniger grofse Zahl hat uns dazu gedient, den
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513
Unterschied der Brechuugsindexe zu finden. Der Verzug,
der zwischen den beiden Strahlen beim Durchgang durch
eine doppeltbrechende Platte erfolgt, ist für die optischen
Axen selbst gleich Null. Wenn man sich aber aus ihrer
Richtung entfernt, wird er immer gröfser. Für den ersten
schwarzen Ring ist er gleich der Wellenlänge X, für den
zweiten ist er 2A, und so fort. Wenn die Anzahl der
Ringe gleich N ist, so ist der Verzug zwischen den beiden
Strahlen, die sich längs der Halbirungslinie des Winkels
der optischen Axen fortpflanzen, JVA, und man hat folglich
für einen negativen Krystall:
wo e die Dicke der Platte ist. Setzt man y und ß, statt
c und b, so hat man folglich:
Auf gleiche «Weise hat man für einen positiven Kry-
stall:
ß~« = T <25>
Die Brechungsindexe des von uns gebrauchten Oels
waren folgende:
C . . . 1,4666
D . . . 1,4690
F . . . 1,4753.
I. Einfach brechende Krystalle.
1. Jodhydrat von Ammoniak: NH'J.
Die Krystalle waren giofse Würfel, dessen Ecken ab-
gestumpft waren durch die Flächen des Octaeders. Die
Spaltbarkeit vollkommen parallel den Würfelflächen.
Die Prismen wurden auf gewöhnliche Weise geschnit-
ten, und ihre Flächen bekleidet mit Platten von dünnem
Glase, aufgeklebt mittelst dicklichen Zimmtöls. Auf diese
Weise geben die Prismen, selbst bei bedeutendem bre-
chendem Winkel, recht scharfe Spectra.
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514
p 44° 28' 52»,6 45°,25 Mittel.
C . . 1,6940 1,6941 1,6932 1,6938
nS D . . 1,7035 1,7035 1,7023 1,7031
( F . . 1,7273 1,7270 1,7263 1,7269
2. Jodkalium: KJ.
Grofse klare Würfel, ohne Abstumpfungen, und leicht
nach den Flächen spaltbar.
Die geschnittenen Flächen wurden bekleidet mit Glas-
platten, aufgeklebt entweder mit Canadabalsum oder dickr
lichem Zimmtöl.
p 41» 12' 43* 12' 35 ' 5' Mittel.
C . . 1,6583 1,6578 1,6592 1,6584
D . . 1,6666 1,6659 1,6673 1,6666
F . . 1,6869 1,6866 1,6877 1,6871
3. Bromkalium: KBr. •
Krystalle vollkommen denen des Jodkai in ms ähnlich.
Wegen der Durchsichtigkeit und Grofse der Prismen war
es uns möglich, auch den Brechungsindex Cr des violetten
Strahls zu bestimmen, der gewöhnlich nicht sichtbar ist
in den Spectren der Prismen künstlicher Krystalle.
P 45° 33' 43° 45' 40° 36' Mittel.
( C . . 1,5549 1,5539 1,5551 1,5546
D . . 1,5595 1,5592 1,5593 l,f)593
. 1,5716 1,5713 1,5716 1,5715
G' . . 1,5816 1,5813 — 1,5814
4. Chlorzinnsaures Kali: SnCl42KCl.
Regelmäfsige, ziemlich voluminöse und gewöhnlich voll-
kommen klare Octaeder, dereu Ecken abgestumpft waren
durch wenig entwickelte Würfelflächen. Die Spaltbarkeit,
äufserst leicht nach den Octaederflächen, machte die Zu-
bereitung gehöriger Prismen sehr schwierig. Es ist uns
indefs gelungen zwei Prismen darzustellen, die jedoch
wenig scharfe Spectra gaben. Die von diesen gelieferten
P u
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515
Werthe wichen auch mehr von einander ab, als es sonst
bei anderen Substanzen der Fall ist.
P 50° 35' 42° 36' Mittel.
t C . . 1 6524 1,6511 1,6517
n D . . 1,6581 1,6527 1,6574
( F . . 1,6726 1,6708 1,6717
5. Fluosilicat von Ammonium: Si Fl4 2 Am FI.
Klare Cubo-Octa6der, die nach den OctaSderflächen
leicht spalten. Die Prismen waren gebildet aus zwei
natürlichen Octaederflächen , die dem Scheitel gegenüber
standen.
Die Minimal -Ablenkungen, erhalten mit den beiden
Prismen, deren Winkel genau den theoretischen Werth
hatten, stimmten für die Strahlen C und D vollkommen
überein, während sie für den Strahl F etwas (2',5) von
einander abwichen. Die nach dem Mittel dieser beiden
Prismen berechneten Brechungsindexe (für den brechenden
Winkel von 70° 32') sind:
P Mittel.
[ C . . 1,3682
n ] D . . 1,3696
f F . . 1,3723
6. Salpetersaures Blei: Pb N* O*.
Die Krystalle, obwohl grofs genug für die Zubereitung
von brechenden Prismen, waren doch alle mehr oder
weniger opak; eine gewisse Anzahl von ihnen enthielt
jedoch blofs einen opaken Kern, rings um welchen die
Substanz klar genug war, um den Durchgang des Lichts
zu verstatten. Die Prismen wurden so geschnitten, dafs
der brechende Theil sich in der äufseren Schicht der
Krystalle befand, deren wenig beträchtliche Dicke uns
zwang, die brechenden Winkel etwas spitz zu machen.
Die Spectrcn, besonders das des dritten Prismas, waren
verworren und wenig hell.
PoggendorfTs Ann. Ergäntungsbd. VI. 34
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*
516
P
23° 48'
4m Ks m \J
29° 20*5
30* 12'
\*\J 1 mm)
Mittel
III I 1» * v* ■ •
c . .
1,7731
1,7741
1,7717
1,7730
D . .
1,7813
1,7827
1,7819
1,7820
F . .
1,8055
1,8076
1,8065
Da die mit diesen künstlichen Prismen erhaltenen
Resultate nicht sonderlich übereinstimmten, so haben wir
mehrmals versucht, Prismen aus natürlichen Flächen zu
bilden, nämlich aus einer Würfel- und einer Octaederfläche,
die einen Winkel von 54° 44' unter sich machen. Allein
die Spectren waren entweder vollständig verworren, oder
doppelt, so dafs die mit diesen Prismen erhaltenen Werthe
zwischen noch weiteren Gränzen schwankten als die der
künstlichen Prismen.
7. Salpetersanrer Baryt: BaN'O*.
Klare Cubo-OctaSder, ohne deutliche Spaltbarkeit.
P 37 n 23' 23° 6' 70° 32* Mittel,
f C . . 1,5665 1,5665 1,5657 1,5665
n) D . . 1,5712 1,5710 — 1,5712
( F . . 1,5831 1,5820 1,5821 1,5825
Die beiden ersten Prismen waren geschnitten und mit
Glasplatten belegt, während das dritte aus natürlichen
Octaederflächen gebildet war. Die Werthe stimmen voll-
kommen gut überein.
8. Selen -Alaun: AI» 3Se O« . K» Se O« + 24 H * O.
Ein Prisma, gebildet aus zwei natürlichen Flächen eines
kleinen vollkommen gut entwickelten Octaeders gab uns
folgende Werthe:
P 70° 32'
C . . 1,4773
D . . 1,4801
F . . 1,4868
9. Kali- Eisen- Alaun: Fe* 3SO* . Ka SO* 24H' O.
Die Kry8talle waren Cubo-Octaeder, voluminöse, durch-
sichtig, schwach violett und ohne deutliche Spaltbarkeit.
Die Bestimmungen wurden bei einer niederen Temperatur
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517
(5° bis 6°) gemacht, weil dieses Salz selbst bei gewöhn-
licher Temperatur Wasser verliert und opak wird.
p
50» 20'
48° 40'
Mittel.
c .
. 1,4779
1,4787
1,4783
D .
. 1,4812
1,4822
1,4817
F .
1,4890
1,4897
1,4893
Cr ' . .
1,5039
1,5039
10. Alaun | «*■?" U
Kali
Ammoniak.
Dies isomorphe Gemisch, worin die Thonerde vorwaltet,
erhielten wir zufallig; es krystallisirt in sehr regelmäfsigen,
vollständig klaren und etwas gelbgefarbten Octagdern.
p 36° 58! 40" 18' 30° 21 ',5 Mittel.
C . . 1,4677 1,4676 1,4674 1,4676
D . . 1,4703 1,4712 1,4708 1,4708
F . . 1,4774 1,4773 1,4769 1,4772
11. Eisen- Ammoniak -Alaun: Fe' 3SO* . Am" SO4 -f- 24 H* O.
Die Krystalle waren denen des Eisen-Kali-Alauns voll-
kommen ähnlich, nur erlitten sie keine Veränderung an
der Luft und daher konnten die Bestimmungen bei ge-
wöhnlicher Temperatur vorgenommen werden.
p 64« 201 64° 0' Mittel.
; C . . 1,4820 1,4822 1,4821
n \D . . 1,4852 1,4856 1,4854
( F . . 1,4931 1,4936 1,4934
II. Einaxige Krystalle.
12. Fluoailicat ron Magnesium: Si Fl* Mg Fl' 6 H* O.
System rhomboedrisch : a : c = 1 : 0,5 174 (Topsoe).
Optischer Charakter: positiv.
Hexagonale Prismen endigend in einem Rhomboßder
von 127° 15'. Spaltbarkeiten vollkommen nach drei alter-
nirenden Flächen des Prismas, weniger deutlich nach den
34'
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518
drei anderen. Zu bemerken ist, dafs weder die Kanten des
natürlichen Prismas, noch die durch Abspaltung erhal-
tenen, auf keinem der untersuchten Krystalle den theo-
retischen Werth von 60° und 120° gaben. Diese Ver-
schiedenheit zwischen den Winkeln des Prismas zeigt sich
in sehr auffallender Weise bei der Bestimmung der Mini-
mal-Ablenkungen in den dreiseitigen Spaltungs- Prismen,
von deren drei Kanten die eine immer von 60", die andere
von 60° 5' bis 60° 20', und die dritte von 59° 45' bis
57° 40' zu scyn scheint. Die Ablenkungen, welche hätten
strenge dieselben seyn müssen, wenn die brechenden
Winkel den theoretischen Werth von 60° gehabt hätten,
zeigten eine beträchtliche Verschiedenheit, wie man aus
folgender Tafel der mit den drei Kanten eines Spaltungs-
prismas erhaltenen Ablenkungen, ersieht:
59° 40' 60° 0' 60° 20° Mildere
p 2 a, 2 a, 2 a, Brechindexe.
j C . . 48' 27' 48° 20' 49° 20' 1,3430
W ' F . . 48 7,5 49 10 50 4,5 1,3473
| C . . 50° 54' 50° 50' 51» 49' 1,3589
€ ! F . . 51 38 51 34 52 37 1,3636
Die Brechungsindexe sind mittelst dieser combinirten
Beobachtungen berechnet.
Zwei andere Krystalle gaben uns folgende Indexe:
p
60° 19'
50° 46'
Mittel.
c . .
1,3426
1,3426
1,3427
D . .
1,3441
1,3437
1,3439
F . .
1,3471
1,3474
1,3473
C . .
1,3586
1,3586
1,3587
D . .
1,3600
1,3604
1,3602
F . .
1,3634
1 ,3633
1,3634
13. Fluosilicat von Mangan: Si Fl4 Mn Fl5 4- 6H' O.
System rhomboedrisch: a : c= 1 : 0,5043 (Marignac).
Optischer Charakter: positiv.
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519
Die blafs rosenfarbenen Prismen endigen in einem
RhomboSder von 128° 20', und sind so verlängert, dafs
sie zuweilen nadelfbrmig werden. Spaltbarkeiten voll-
kommen, parallel den Prismenfläehen.
Die Bestimmungen sind an einem kleinen, abgespal-
tenen, dreiseitigen Prisma gemacht, dessen drei Winkel
strenge 60° betrugen. Die Minimal-Ablenkungen, welche
diese drei Kanten gaben, waren auch genau dieselben.
P 60° 0'
i C . . 1,3552
o) } D . . 1,3570
( F . . 1,3605
i C . . 1,3721
s ] D . . 1,3742
( F . . 1,3774
14. Flnosilicat von Nickel : Si Fl 1 . Ni Fl' + 6 H' O.
System rhomboedrisch: a : c = 1 : 0,5136 (Mar ignac).
Optischer Charakter: positiv. .
Die Form ähndelte denen der zwei vorhergehenden
Salze; der Winkel des Rhomboeders ist 127° 34'. Spalt-
barkeiten vollkommen nach den Prismen. Die Krystalle
waren alle geriffelt von zahlreichen, mit Mutterlauge er-
füllten Kanälen; deshalb waren die Linien des Spectrums
verworren und wenig hell. Die brechenden Prismen waren
parallel der Axe geschnitten und mit Glasplatten belegt.
P
ü> l D .
f F .
50° 50'
1,3862
1,3903
1,3949
1,4038
1,4060
1,4106
56° 37'
1,3881
1,3916
1,3958
1,4031
1,4072
1,4112
42° 6',5
1,3884
1,3942
1,4038
1,4098
Mittel.
1,3876
1,3910
1,3950
1,4036
1,4066
1,4105
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520
15. Fluosilicat von Kobalt: Si Fl* . Co Fl* -+- 6H* 0.
System rhomboedrisch: a.c—\: 0,5219 (Grailich).
Optischer Charakter: positiv.
Die ziemlich voluminösen Kry stalle waren regelmäfsig
ausgebildet; das Prisma und das Rhomboeder (von 126y 59')
waren so combinirt, dafs sie zusammen eine einem rhom-
boidalen Dodecaeder ähnliche Form bildeten. Die Spalt-
barkeiten nach dem Prisma waren sehr nett.
Die brechenden Prismen waren parallel der Axe ge-
schnitten, sie gaben wenig leuchtende Spectren, deren
rothe Strahlen Messungen gestatteten.
p 60* 25' 54° 22' Mittel,
cü C . . 1,3825 1,3810 1,3817
e C . . 1,3976 1,3968 1,3972
16. Fluosilicat von Zink: Si Fl* . Zn Fl' H- 6 H* O.
System rhomboedrisch: a : c= 1 : 0,5173 (Marignac).
Optischer Charakter: positiv.
Die regelmäfsig entwickelten Combinationen des hexa-
gonalen Prismas und eines Rhomboeders von 127' 16'
spalteten vollkommen gut parallel dem Prisma.
Die Prismen waren parallel der vertikalen Axe ge-
schnitten.
U)
c
D
F
C
D
F
57* 3'
58° 3'
Mittel.
1,3805
1,3811
1,3808
1,3823
1,3826
1,3824
1,3859
1,3862
1,3860
1,3937
1,3940
1,3938
1,3955
1,3958
1,3956
1,3991
1,3993
1,3992
17. Fluosilicat ron Kupfer: Si Fl* . Cn Fl* -H 6 H* O.
System rhomboedrisch: a : c= 1 : 0,5395 (Marignac).
Optischer Charakter: negativ. Brechungsvermögen
sehr schwach.
Diese schön dunkelblauen Krystalle sind oft ziemlich
unregelraäfsig in Folge der anomalen Entwicklung zweier
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521
parallelen Flächen des Rhombogders, welches gewöhnlich
vorwaltet. Die Spaltbarkeiten, welche bei allen übrigen
isomorphen Salzen sehr ausgesprochen sind, scheinen bei
dem Kupfersalz nur als kaum wahrnehmbare Spuren zu
ezistiren.
Die Prismen waren parallel der Axe geschnitten.
p 59° 8' 61° 16' Mittel.
C . . 1,4060 1,4064 1,4062
D . . 1,4077 1,4083 1,4080
F . . 1,4123 1,4126 1,4124
. . 1,4073 1,4074 1,4074
w { D . . 1,4093 1,4092 1,4092
. . 1,4139 1,4137 1,4138
18. Chlorostannat von Magnesium i Cn Cl' . Mg CP + 6H* O.
System rhomboedrisch : a:c = 1:0,5083 (Jörgensen).
Optischer Charakter: positiv.
Dies Salz krystallisirt in schönen grofsen RhomboS-
dern von 128° 0', deren Seitenkanten abgestumpft sind
durch die Flächen eines hexagonalen Prismas, parallel
welchen vollkommene Spaltbarkeit herrscht.
Wegen der Zerfliefsbarkeit der Krystalle sind die Be-
stimmungen nur approximativ; jedoch können sie dazu
dienen, eine Kenntnifs vom Brechvermögen des Salzes zu
geben.
O)
37" 55'
35« 53'
Mittel.
1,573
1,570
1,5715
1,591
1,586
1,5885
1,585
1,581
1,583
1,597
1,597
c
D
C
D
19. Arsensaures Ammoniak: AmH'AsO*.
Tetragonal: a:c= 1:0,7096 (Topsoe).
Optischer Charakter: negativ.
Das Salz krystallisirt in klaren, ziemlich grofsen Pris-
men, am Ende mit einer Pyramide von 119° 45'. Parallel
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522
zweien Seiten des Prismas sind die Krystalle oft röhren-
förmig. Von deutlicher Spaltbarkeit ist nichts zu sehen.
Prismen, geschnitten parallel der Axe, gaben uns fol-
gende Werthe:
t ) D .
1 F .
C .
w ) D .
{F .
Da die angegebenen Werthe nicht vollkommen mit
einander übereinstimmen, so haben wir ein viertes Prisma
geschnitten, dessen brechende Kante winkelrecht gegen
die krystallographische Axe war, und dessen eine Fläche
parallel war einer Fläche des natürlichen Prisma. Dies
Prisma gab somit unmittelbar die ordentlichen Indexe,
während die ausserordentlichen Indexe berechnet werden
konnten mittelst der anomalen Indexe durch die Formel (2;
der Einleitung.
Mit diesem Prisma ergaben sich folgende Resultate:
40° 22'
35# 49'
65 • 49'
Mittel.
1,5187
1,5190
1,5181
1,5186
1,5219
1,5217
1,5214
1,5217
1,5298
1,5299
1,5294
1,5296
1,5719
1,5711
1,5734
1,5721
1,5768
1,5754
1,5777
1,5766
1,5856
1,5849
1,5872
1,5859
M
c
D
F
C
D
F
43° 44'
1,5256
1,5290
1,5337
1,5720
1,5766
1,5857
woraus 6 ; D
i F
Mittel.
1,5185
1,5217
1,5315
Diese Resultate stimmen mit den aus den vorher-
gehenden Beobachtungen gezogenen Mittelwerthen genü-
gend, um deren Genauigkeit zu bestätigen.
Senarmont hat früher dieses Salz untersucht und für
dasselbe gefunden: £= 1,525 bis 1,523 und m s 1,576
bis 1,579').
1) Ann. de chim. et de phys. £Yr. ///. T. XXXIII.
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523
20. Arsensanres Kali: KH'.AsO4.
Tetragonal: a : c = 1 : 0,6633 (Topsoe).
Optischer Charakter: negativ.
Dieses Salz krystallisirt in kleinen, länglichen Prismen,
zuweilen abgeplattet durch vorwaltende Entwicklung zweier
parallelen Flächen; sie endigen in den Flächen einer tetra-
gonaleu Pyramide von 122° 8'. Deutliche Spaltbarkeit ist
nicht da. Die Brechungsindexe wurden bestimmt mittelst
Prismen, die aus natürlichen Flächen gebildet waren,
nämlich einer Fläche des Prismas (110) = m, und einer
der Pyramide (1 1 1) = 6£, so dafs die brechende Kante
winkelrecht war gegen die Krystallaxe. Da die Indexe
sich auf das gebrochene Bild beziehen, dessen Schwin-
gungsebene winkelrecht ist gegen die Kante, so sind
die anomalen Indexe f, mittelst denen die aufserordent-
lichen Indexe e mit Hülfe der Formel (2) der Einlei-
tung berechnet wurden, Hc gleich 23° 24',5 und folglich
/ = 66ü 35',5.
P 46 J 56' 46» 45' 46" 47' Mittel.
C . 1,5218 1,5218 1,5223 C . 1,5146
¥ ) D . 1,5247 1,5258 1,5255 woraus* ) D . 1,5179
( F . 1,5322 1,5332 1,5332 V ( F . 1,5252
C . 1,5625 1,5636 1,5634 1,5632
iu \ D . 1,5666 1,5679 1,5675 1,5674
( F . 1,5755 1,5765 1,5766 1,5762
Senarmont hat früher gefunden:1)
in . . . 1,596 bis 1,587 «... 1,538 bis 1,534
ein etwas merkwürdiges Resultat, weil diese Indexe groiser
sind als die von ihm für das Ammoniaksalz gefundenen,
während bei allen bisher untersuchten Kali- und Ammo-
niaksalzen das Gegentheil stattfindet.
Hr. Descloizeaux hat später die Indexe für die
rothen Strahlen w= 1,564, « = 1,515 gefunden, was mit
den unserigen übereinstimmt.
1) Ann. d* chim. et de phys. Ser. 1U. T. XXXIII.
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524
21. Phosphorsaures Ammoniak: AmH1 PO*.
Tetragonal: a:c= 1:0,7124 (Mitscherlich).
Optischer Charakter: negativ.
Die Krystalle waren vollkommen denen des entspre-
chenden arsensauren Salzes ähnlich. Der Winkel der
Endflächen der Pyramide ist 119° 46'.
Die Prismen sind parallel der Krystallaxe geschnitten.
O)
p
41« 12',5
59° 8'
37° 24'
39° 20'
Mittel.
c.
. 1,4768
1,4767
1,4774
1,4764
1,4768
D.
. 1,4793
. 1,4846
1,4788
1,4800
1,4788
1,4792
F.
1,4845
1,4852
1,4844
1,4847
G'
1,4906
1,4881
1,4894
C.
. 1,5214
1,5207
1,5216
1,5213
1,5112
D.
. 1,5249
1,5239
1,5253
1,5243
1,5246
F.
. 1,5312
1,5309
1,5319
1,5317
1,5314
G'
1,5380
1,5365
1,5372
Senarmont hat
dieses
Salz untersucht l)
und die
?rthe
«=1,512
bis 1,519
und s =
1,477
bis 1,476
gegeben, welche, was die ordentlichen Indexe betrifft,
nicht mit den unserigen übereinstimmen.
22. Phosphorsaures Kali: KH'PO«.
Tetragonal: a:c= 1:0,6640 (Mitscherlich).
Optischer Charakter: negativ.
Kleine, gewöhnlich opake Krystalle, mit einer End-
pyramide von 122° 6'. Sie waren immer verlängert, manch-
mal nadeiförmig; die Flächen wenig glänzend, oft leicht
gestreift parallel den horizontalen Kanten.
Die Prismen waren parallel der Axe geschnitten.
p
39« 15'
29° 30' 33° 43' Mittel.
f c .
. 1,4658
1,4666
1 ,4668
1,4664
t ) D .
. 1,4677
1,4687
1,4688
1,4684
. 1,4729
1,4743
1,4731
1,4734
. 1,5070
1,5057
1,5066
1,5064
. 1,5101
1,5089
1,5096
1,5095
. 1,5162
1,5147
1,5152
1,5154
1) Ann. dt chin
i. et de phyt.
Sir. III. T.
XXXIII.
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525
Die von De Senarmont gefundenen Werthe l), näm-
lich w= 1,510 bis 1,505, «= 1,472 bis 1,465, stimmen
ziemlich mit den unserigen.
23. Unterschwefelsaures Kali : K* S" 0°.
Hexagonal: a : c = 1 : 0,6466 (Weifs ).
Optischer Charakter: positiv.
Dieses Salz, welches von Heeren als in rhombischen
Formen krystallisirend beschrieben wurde, ist nach den
Untersuchungen des Hrn. Weifs, die von den unseren
bestätigt werden, wirklich einaxig und seine Formen ge-
hören dem hexagonalen Systeme an. Die Krystalle sind
hauptsächlich Combinationen von zwei regulären hexa-
gonalen Prismen, am Ende mit einer hexagonalen Pyra-
mide von 145° 16'. Die etwas voluminösen Krystalle sind
gefurcht oder gestreift, während die kleinen vollkommen
klar sind und sehr glänzende Flächen haben, so dafs selbst
die kleinsten Prismen sehr scharfe gebrochene Bilder
geben.
Mittelst dieser kleinen natürlichen Prismen haben wir
die Brechungsindexe bestimmt.
P
\ c ■
o, ; d .
( F .
e
\ 0 ■
D .
i r .
60° ff
60° 0'
Mittel.
1,4532
1,4532
1,4532
1,4550
1,4550
1,4550
1,4595
1,4595
1,4595
1,5120
1,5119
1,5119
1,5153
1,5153
1,5153
1,5240
1,5238
1,5239
24. Unterschwefelsaures Rubidium: Rb' S* 0*.
Hexagonal: a : c = 1 : 0,6307 (Piccard).
Optischer Charakter: positiv.
Das Ansehen der Krystalle war vollkommen denen
des Kalisalzes ähnlich. Der Winkel der Pyramide ist
145« 47'.
1) Atrn, de chim. et de phys. Ser. Hl. T. XXXIII.
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526
Zu den Bestimmungen waren die Prismen aus natür-
lichen Flächen gebildet.
P
DU U
Mittal
Mittel.
c . .
1,4554
1,4558
1,4556
D . .
1,4570
1,4578
1,4574
F . .
1,4622
1,4624
1,4623
C . .
1,5036
1,5046
1,5041
D . .
1,5075
1,5080
1,5078
F . .
1,5169
1,5165
1,5167
25. Unterschwefclsaurer Kalk: Ca S* O6 4 H' O.
Hexagonal rhomboedrisch : a : c= 1 : 1,500.
Optischer Charakter: negativ.
Brechungsvermögen sehr schwach. Die Krystalle sind
in der Regel sehr dünne hexagonale Blättchen, deren
Seitenflächen zweien correspondirenden Rhombogdern an-
gehören, entwickelt als eine hexagonale Pyramide. Die
Tafeln, welche dick genug waren, um brechende Prismen
daraus zu bereiten, waren durch Superposition vou zwei
oder mehren Individuen gebildet, so dafs die für die Bre-
chungsindexe erhaltenen Werthe nicht sehr genau sind.
Wegen der Form der Krystalle wurden die Prismen win-
kelrecht gegen die Krystallaxe geschnitten, und die Basis
war eine der Flächen des Prismas. Die beiden gebro-
cheneu Bilder in diesen Prismen coincidirten indefs wegen
des sehr schwachen Brechungsvermögens, so dafs die
Bestimmungen nur die ordentlichen Indexe gaben.
P 28» 20'
C . . 1,5472
tu D . . 1,5499
( F . . 1,5576
Aufser diesem Prisma haben wir noch eins geschnitten,
welches zwar zwei wohl getrennte gebrochene Bilder gab,
die sich aber beide, bei Untersuchung mit einem Nicol,
als ordentliche erwiesen. Wahrscheinlich ist dieses Phä-
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527
nomen davon abzuleiten, dafs die dicke Tafel, aus welcher
das Prisma geschnitten worden, aus zwei schief auf ein-
ander liegenden Lamellen bestand. Die mit diesem Prisma
erhaltenen Werthe sind:
P 42" 51'
i C . . 1,5463 1,5493
io ] D . . 1,5493 1,5526
! F . . 1,5570 1,5600
Das Bild, auf welche sich die letzte Columne von
Indexen bezieht, war sehr undeutlich, wahrscheinlich sind
die ersteren Werthe vorzuziehen, um so mehr, als sie mit
denen des ersten Prismas ziemlich übereinstimmen.
26. Untersdmetelsaurer Strontian: SrS9 O" -h 4H* O.
Hexagonal: a : e mm 1 : 1,5024 (Heeren).
Optischer Charakter: negativ. Brechungs vermögen
sehr schwach.
Die Krystalle waren vollkommen denen des Kalisalzes
ähnlich; nur waren die Tafeln etwas dicker. Spaltbarkeit
wenig ausgesprochen parallel der Basis.
Die Prismen wurden winkelrecht gegen die Krystall-
axe geschnitten; nur bei dem dritten waren die Bilder
getrennt.
P 58° 28' 29° 22' 56° 56' Mittel.
C . 1,5262 1,5273 1,5263 1,5266
D . 1,5294 1,5302 1,5295 1,5296
F . 1,5366 1,5378 1,5369 1,5371
C . — — 1,5256 ) v C . 1,5232
v D . — — 1,5285 woraus« ) D . 1,5252
\ F . — — 1,5356 1 \F . 1,5312
Aus den anomalen Indexen des ersten Prismas leitete
man auf gewöhnliche Weise die aufserordentlichen Indexe
ab, indem man in der Formel (2) der Einleitung / a= 28° 28'
nahm. Wegen des schwachen Brechungsvermögens kön-
nen die berechneten Indexe nicht sehr genau seyn.
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528
27. Untcrichwefelsaure« Blei: Pb S» O6 -+- 4H» O.
Hexagonai: a : c = 1 : 1,4696 (Heeren).
Optischer Charakter: positiv.
Die klaren Krystalle bestanden aus einem oder mehren
an der Basis abgestumpften Rhomboedern. Der Winkel
des Hauptrhomboeders ist 111° 48'. Die Flächen haben
vollkommen Glanz, sind aber fast alle mehr oder weniger
gestreift. Deutliche Spaltbarkeiten nicht vorhanden.
Die drei Prismen zu den Bestimmungen waren ge-
bildet, das eine aus zwei gegenüber liegenden Flächen der
correspondirenden Rhomboeder, und die beiden anderen
aus einer natürlichen Rhomboederfläche und einer anderen
nahezu der Basis parallel geschnittenen. Mithin waren
die brechenden Kanten der drei Prismen winkelrecht zur
Krystallaxe. Das erste derselben gab indefs unmittelbar
die beiden hauptsächlichen Brechungsindexe, weil es sym-
metrisch ist gegen die Krystallaxe. Aus den anomalen
Indexen, die mit den beiden anderen Prismen erhalten
wurden, deren Lage fast dieselbe war, leitete man die
aufserordentlichen Indexe ab, mittelst der gewöhnlichen
Formel, worin / = 30" 13' für das Mittel aus beiden
Prismen.
p,
58° 54'
60° 37' 60° 14'
Mittel.
c . .
1,6290
1,6300 1,6301
1,6295
D . .
1,6346
1,6352 1,6355
1,6351
F . .
1,6476
1,6483 _M>486
1,6481
C . .
1,6484
1,€500
1,6492
D . .
1,6529
1,6533
1,6531
F . .
1,6661
1,6670
1,6666
Die anomalen Indexe, mittelst deren die aufserordent-
lichen für die beiden letzten Prismen berechnet wurden,
sind:
t C . . 1,6346 1,6349
v \ D . . 1,6400 1,6403
( F . . 1,6527 1,6530
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529
28- Selensanres Zink: Zn Se 0* 4- 6H* O.
Tetragonal: o:c= 1:1,8949 (Topsoe).
Optischer Charakter: negativ.
Die klaren Krystalle waren Combinationen der Basis
mit mehren Octaedern und dem tetragonalen Prisma. Der
Winkel des Hauptoctaeders war 97° 1'. Spaltbarkeit voll-
kommen parallel der Basis.
Die Prismen waren parallel der Krystallaxe geschnitten.
p
45° 32'
59° 40'
Mittel.
c . .
1,5000
1,5009
1,5004
D . .
1,5037
1,5041
1,5039
F . .
1,5107
1,5109
1,5108
G' . .
1,5161
1,5169
1,5165
C . .
1,5252
1,5259
1,5255
D . .
1,5292
1,5291
1,5291
F . .
1,5365
1,5369
1,5367
G' . .
1,5425
1,5429
1,5427
29. Selensaures Nickel: Ni Se O* -h 6 H« O.
Tetragonal: a:c= 1:1,8364 (Topsoe).
Optischer Charakter: negativ.
Die Krystallform war der des Zinksalzes vollkommen
ähnlich. Die Krystalle, in Richtung der Axe etwas ab-
geplattet, spalteten vollkommen gut nach der Basis.
Die Prismen waren parallel der Krystallaxe geschnitten,
so dafs sie unmittelbar die beiden Hauptbrechungsindexe
gaben.
p
52° 12'
67° 0'
Mittel.
c . .
1,5091
1,5088
1,5089
D . .
1,5123
1,5127
1,5125
F . .
1,5200
1,5193
1,5196
G' . .
1,5261
1,5255
1,5258
C . .
1,5356
1,5358
1,5357
D . .
1,5395
1,5391
1,5393
F . .
1,5476
1,5471
1,5473
G' . .
1,5541
1,5537
1,5539
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530
30. Schwefelsaures Nickel: Ni SO« -+- 6H» O.
Tetragonal: a:c= 1:1,9062 (Mitscherlich).
Optischer Charakter: negativ.
Voluminöse Krystalle, Formen und Spaltbarkeiten voll-
kommen denen des entsprechenden selensauren Salzes
ähnlich. Der Winkel des Hauptoctaeders war 96" 57'.
Die Krystalle, gewöhnlich tafelförmig nach der Basis, wur-
den dadurch dargestellt, dafs man eine, einen grofsen
Ueber8chufs von Schwefelsäure enthaltende Lösung bei
gewöhnlicher Temperatur langsam abdampfen liefs.
p
50° 53',5
39° 23*,5
42 8 19\5
48° 14,5
Mittel
c. .
1,4844
1,4844
D . .
1,4873
1,4873
F. .
1,4930
1,4929
1,4930
C. .
1,5080
1,5074
1,5081
1,5078
D . .
1,5110
1,5108
1,5108
1,5109
F. .
1,5175
1,5168
1,5173
1,5173
1,5173
G .
1,5230
1,5230
1,5223
1,5228
I
Die beiden ersten Prismen waren parallel der Krystall-
axe und gaben somit die beiden Hauptindexe; die beiden
letzten dagegen waren winkelrecht gegen die Axe; sie
hatten jedoch eine solche Lage, dafs man daraus nicht
die anomalen Indexe zur Berechnung der aufserordent-
lichen Indexe herleiten konnte.
31. Schwefelsaures Beryllium: Be SO4 -f- 4 H' O.
Tetragonal: a:c= 1:0,9461 (Topsoe).
Optischer Charakter: negativ.
Farblose Octaeder von 93° 10',5, deren Seitenkanten
abgestumpft waren durch die Flächen eines quadratischen
Prismas. Die Flächen aller etwas voluminösen Individuen
waren gekrümmt und wenig nett, so dafs die Orientirung
der brechenden Prismen gegen die Krystallaxe nicht sehr
genau war.
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531
Diesem Umstände, welcher blofs auf die Bestimmung
der aufserordentlichen Indexe Einflufs hatte, fugte sich
ein anderer hinzu, welcher auch für die ordentlichen In-
dexe ziemlich beträchtliche Schwankungen hervorrief. Alle
Krystalle nämlich, welche sich wegen ihrer Gröfse zum
Schneiden von Prismen eigneten, waren Zwillinge, oder
bestanden aus einem Aggregat von mehren Individuen.
p
38° 22'
42° 20'
65° 49'
c . .
1,4617
1,4638
1,4595
D . .
. 1,4646
1,4666
1,4621
F .
. 1,4704
1,4724
1,4676
C .
. 1,4684
1,4689
1,4700
D .
. 1,4723
1,4713
1,4725
F .
. 1,4773
1,4778
1,4785
Die beiden ersten Prismen waren gebildet aus einer
polirten und mit Glasplatte belegten Octaöderfläche und
einer anderen, in der Zone (0 0 1) (1 1 1) geschnittenen.
Die aufserordentlichen Brechungsindexe, berechnet mit
Hülfe der Mittelangaben dieser beiden Prismen (für / der
Formel (2) gleich 26° 22',5) sind:
«r«= 1,4367 ; tD= 1,4391 ; *,= 1,4450.
Für das letzte Prisma, gebildet aus zwei gegenüber
liegenden, indefs polirten und mit Glasplatten belegten,
Octadderflächen am Ende einer der horizontalen Axen, ist
1 = 33° 49* und folglich:
«c= 1,4381 ; e,— 1,4399 ; e,= 1,4450.
Mittlere Werthe:
. . 1,4374 t C . . 1,4691
. . 1,4395 o> J D . . * 1,4720
. . 1,4450 ( F . . 1,4779
PoggendorfTa Annal. Ergäiuungsbd. VI. 35
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532
Anhang zu den einaxigcn Krystallen.
Die folgenden Salze, deren Zerfliefsbarkeit, Mangel an
Durchsichtigkeit und wenig vortheilhafte Entwicklung dem
vollständigen optischen Studium hinderlich sind
blofs unter dem Polarisationsmikroskop untersucht worden.
32 — 34. Gruppe von Chlorostannaten :
Sn.C^.RCl' + GH'O; R = Mn, Ni, Co.
Rhomboeder: 127° — 128° 17' (Jörgensen).
Optischer Charakter: positiv.
Spaltbarkeiten vollkommen nach dem horizontalen
Prisma.
35 — 39. Gruppe tod Chloroplatinaten:
Pt Cl4 . R Cl* -h 6 H" O ; R = Mn, Co, Ni, Zn, Cd.
Rhomboeder: 126° 10'— 127° 32'.
Optischer Charakter: positiv.
Spaltbarkeiten vollkommen parallel dem Prisma.
40. Bromoplatinat von Nickel: Pt Br4, Ni Br* H- 6H1 O.
Rhomboeder: 127° 34'.
Optischer Charakter: positiv. Brechungsvermögen
sehr schwach.
41 — 42. Gruppe von Chloroplatinaten:
PtCl*.RCP + 12 HO; R = Mg, Mn.
Rhomboeder: 113" 40' - 113° 34'.
Optischer Charakter: positiv.
*43 — 45. Gruppe von Bromoplatinaten :
Pt Br4 R Br1 -h 12 H« O ; R «= Mg, Zn, Co.
Rhomboeder: 114° 0'- 114° 12'.
Charakter: positiv.
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533
III. Rhombische zweiaxige Krystalle.1)
46. L'nterschwefelsaures Lithion: LiJ S* O8 -+- 2 H1 O.
a : b : c = 1 : 0,9657 : 0,5779 ( Rammelsbe rg).
Dieses Salz, welches Hr. Rammelsbe rg neuerdings
beschrieben hat1), krystallisirt in länglichen, durchsich-
tigen, ziemlich voluminösen Prismen (0 1 1), deren stumpfe
Kanten abgestumpft sind durch die Flächen (01 0), und
die mit den Flächen des Prismas (1 1 0) endigen:
0 11:011 = 61° 48 , 1 1 0 : 1 1 0 = 86° 0'.
Spaltbarkeit vollkommen parallel der Ebene (0 1 0).
Die Ebene der optischen Axen ist parallel dem Län-
gensinn des Prismas (0 11), und winkelrecht auf der
Ebene (0 1 0), deren Normale zusammenfallt mit der Hal-
birungslinie des scharfen Winkels. Der Charakter ist
positiv.
Die optische Orientirung ist also : a, c, b.
■+-
Die Prismen waren parallel den Krystallaxen a und b
geschnitten. Die Bestimmungen sind indefs wegen der
Zerfliefslichkeit der Krystalle wenig genau.
Prismen parallel der Axe a:
R : a = 0.
p 40° 43\5 58° 20'
1,5459 1,5465
i
C
D
F
C
D
F
R:c
1,5484
1,5545
1,5591
1,5624
1,5708
20° 22'
1,5491
1,5552
1,5622
1,5653
1,5734
29* 10'
Mittel.
1,5462
1,5487
1,5548
1) Mit R\a, R:b, R : c bezeichnen wir bei den rhombischen Krystallen
die Winkel, welche die Krystallaxen mit den Ebenen bilden, die
brechenden Prismen halbiren.
2) Pogg. Ann. Bd. 128, S. 320.
35*
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534
Prisma parallel der Axe c:
Ä:c = 0°.
p
35° 39
c . .
1,5509
D . .
1,5534
F . .
1,5602
C . .
1,5565
D . .
1,5600
F . .
1,5680
26* 11'
Winkel der optischen Axen. — Mittelst zwei der Ebene
(0 1 0) parallel geschnittenen Platten, fand sich der Winkel
zwischen den optischen Axen in Oel:
1. [(i4#)]u = 84° 13' e = lmm,200 JV=24
2. [(,4F)]d = 84ü 6' e = 0mm,800 iV=r 16.
Aus der Zahl der schwarzen Ringe ergab sich mittelst
der Formel (25) der Einleitung:
(p, -/*.)«> = 0,01 18,
woraus durch Substitution des für ju- gefundenen Mittel-
werthes folgt:
fi. . . . 1,5605 für die Linie Z>,
was ziemlich mit dem direct gefundenen Werth überein-
stimmt.
Alle durch die drei Prismen direct gefundenen Werthe
erlaubten mittelst der Formel (15) der Einleitung die un-
bekannten Indexe fib zu berechnen:
pb . . . 1,5763, 1,5788, 1,5887.
Man darf jedoch diesen Zahlen keinen zu grofsen
Werth beilegen, weil die Zerfliefslichkeit der Krystalle die
in den Rechnungen eine wichtige Rolle spielende Orien-
tirung der Prismen etwas unsicher machte.
Aus dem Winkel zwischen den Axen in Oel [(42?)]D =
84° 10', ergaben sich folgende Werthe für den schein-
baren und den wahren Winkel der Axen:
(AB)D = 159° 49', A Bu = 78° 16'.
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535
/'* //h "r
C . . . 1,5462 1,5763 1,5565
D . . . 1,5487 1,5788 1,5602
¥ . . . 1,5548 1,5887 1,5680.
47. ünterechwefelsaures Silber: Ag9 S' O* -\- 2 H* O.
o : 6 : c = 1 : 0,9850 : 0,5802 (Heeren).
Farblose Prismen, deren Kanten durch die Flächen
(10 0) und (0 1 0) abgestumpft sind, und am Ende Octaeder-
flächen (111) tragen. Die stumpfen Endkanten des
Octaeders sind abgestumpft durch die Flächen (01 1):
110: 110 = 90° 52' ; 0 1 1 : 0 11 = 61° 6'
SpaJtbarkeiten vollkommen parallel den Flächen des
Prismas (1 1 0).
Die Ebene der optischen Axen fällt zusammen mit der
Ebene der Kry st all axen a b ; die Halbirungslinie des schar-
fen Winkels ist parallel der Axe a. Der Charakter ist
negativ.
Die optische Orientirung ist folglich :
a, c, b.
Die brechenden Prismen, aus glänzenden, natürlichen
Flächen gebildet, waren parallel den Krystallaxen a und 6,
so dafs sie unmittelbar die beiden Indexe pm und fit gaben.
Diejenigen, welche der Axe a parallel waren, waren zu
gleicher Zeit symmetrisch in Bezug auf die Axe 6, woraus
hervorgeht, dafs das gebrochene Bild, dessen Schwin-
gungsebene winkelrecht ist gegen die brechende Kante,
die Indexe fih giebt.
Prismen parallel der Axe c:
p
45* 26' ')
44° 34'
Mittel.
| c . .
1,6552
1,6321
V' \ F . .
1,6709
1,6453
l C . .
1,6571
1,6576
1,6578
1 F . .
1,6743
1,6753
1,6748
R.b
22° 43'
67° 43'
1) Die angeführten Werthe bind Mittel, erhalten mit zwei Prismen, deren
Angaben vollkommen übereinstimmten.
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536
Beide Prismen waren aus einer Fläche des Prismas
(110) gebildet, während die andere Fläche bei dem
ersten Prisma eine Fläche (1 0 0), bei dem zweiten aber
eine (0 1 0) war.
Prismen parallel der Axe a, symmetrisch gegen 6:
p 60° 51' 60° 54' Mittel.
\ C . . 1,6271 1,6271 1,6271
I F . . 1,6409 1,6399 1,6404
I C . . 1,6601 1,6601 1,6601
"* I F . . 1,6775 1,6771 1,6773
Die Prismen waren gebildet aus den Flächen 0 1 1
und 011, die am Ende der Axe 6 liegen.
Aus den anomalen Indexen r„ leitete man mittelst der
Formel (15) der Einleitung die beiden Hauptindexe ab,
nämlich w» und p0:
Ii, . . 1,6601 1,6764 / - T . „ ,
l . . 1,6216 1,6403 I ftr d,e L,men C Und
welche vollkommen mit den direct gefundenen überein-
stimmen.
Der Winkel der optischen Axen wurde nicht direct
bestimmt. Wir mafsen nur den Winkel, welche die Axen
in Oel beim Austritt aus dem Prisma (1 1 0) machten.
1. Prisma
2. Prisma
[(AlBx)) = 2V 15' I för WC,f8e8 Llcht
Der Winkel der Axen, der scheinbare wie der wahre,
berechnet mittelst der Brechungsindexe, ist:
(A B)c = 56° 48' (A B)r =47° 59'
ABe = 33° 21' AB,= 28° 6'
Die mittleren Werthe der Brechungsindexe sind:
i«-
C . . 1,6272 1,6601 1,6573
F . . 1,6404 1,6770 1,6748.
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537
48. Schwefelsaures Kali: K* S 0*.
a:6:c = 1 .-0,7464:0,5727 (Mitscherlich).
Die sowohl parallel der Axe b als nach der Axe c
verlängerten Krystalle hatten die bekannten Formen. Sie
waren oft abgeplattet nach (10 0):
110:110= 106° 32' 101:101= 120° 24'
Die Spaltbarkeiten parallel den Flächen (10 0) und
(0 10) nicht sehr ausgesprochen.
Die Ebene der optischen Axen ist parallel der Ebene
(0 0 1). Die Halbirungslinie des scharfen Winkels coin-
cidirt mit der Krystallaxe b. Der Charakter ist positiv.
Die optische Orientirung wird folglich repräsentirt
durch: a, c, b.
Die Prismen sind geschnitten und mit Glasplatten be-
legt, ausgenommen die beiden ersten.
Prismen parallel der Axe 6:
p 60° 22' 60» IV 64° 7'
i C . . 1,4960 1,4965 1,4960
J D . . 1,4984 — 1,4981
( F . . 1,5032 1,5029 1,5030
Die beiden ersten Prismen waren gebildet aus natür-
lichen Flächen von der Zone (10 0), (TOI).
Prismen parallel der Axe c:
p
61° 34'
34° 25'
c . .
1,4926
1,4933
D . .
1,4946
1,4948
F . .
1,4991
1,4997
G' . .
1,5038
Prisma parallel der Axe c und symetrisch gegen die Axe 6:
p
63B 50'
c .
. 1,4924
D .
. 1,4944
F .
. 1,4989
C .
1,4951
D .
. 1,4974
F .
, 1,5020
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538
Winkel der optischen Äxen. — Die Platten waren ge-
schnitten, sowohl parallel den Flächen (1 0 0), und winkel-
recht gegen die Halbirungslinie des stumpfen Winkels,
als auch gegen die Fläche (0 1 0).
1. Platte [(4' B)] mm 115° 40', e = 0,750, JV' = 3,5
2. Platte [(A'B)] = 115° 35', c' = 1,025, N' = 4,75
3. Platte \(AB)]Ü= 68° 10', c = 1,295, N = 2,75.
Der Mittelwerth für den stumpfen Winkel zwischen
den Axen in Oel [(A' B)] = 115° 37', giebt für den wahren
Winkel :
A B = 67° 28',
während [(i4£)]D = 68° 10' giebt:
A ß„ = b6° 40'.
Da kein Grund vorhanden ist, eine der Beobachtungen
den andern vorzuziehen, so nehmen wir zu den Berech-
nungen den mittleren Werth:
AB=G7° 4'.
Aus der Anzahl der rings um die Halbirungslinien
beobachteten schwarzen Ringe, folgerte man für die Platten
1 und 2:
(ja* — /Ou = 0,00274,
woraus, wenn man für pt den durch die Prismen gefun-
denen Werth substituirt:
pe = 1,4953 für die Linie D.
Die dritte Platte dagegen giebt:
(«,-^)d = 0,001 25,
woraus
fim = 1,4933 für die Linie D.
Aus dem Winkel der optischen Axen, combinirt mit
den direct gefundenen Indexen fit und /<, ergiebt sich:
C D F
u. . . 1,4911 1,4932 1,4976,
dessen Werth für die Linie D mit der oben gefundenen
Zahl zusammenfallt.
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539
Mittlere Werthe:
AB = SV 4' und (AB)=1U° 19'.
Mg
c .
. 1,4911
1,4959
1,4928
D .
. 1,4932
1,4980
1,4946
F .
. 1,4976
1,5029
1,4992
De Senarmont hat früher gefunden:
/?= 1,494 AB=s6G° 54'
Descloizeaux fand fnr die gelben Strahlen:
a = 1,4970, ß=* 1,4935, y = 1,4920
woraus sich berechnet:
AB — 6ß° 30' (A B) = 109° 57,
während er fand (A B) = 107° bis 108° und zuweilen 109° l).
Später fand derselbe (AB) = 110° 15' bis 110° 26' für
die rothen und blauen Thcile des Spectrums a).
49. Selensaures Kali: K'SeO*.
a:b:c = 1 : 0,7296 : 0,5724 (Mitsch erlich).
Die Krystalle sind denen des schwefelsauren Salzes
vollkommen ähnlich und spaltbar parallel den Flächen
(0 1 0) und (1 0 0).
1 0 1 : T 0 1 = 59° 35', 2 10 : 2 1 0 mm 68° 12'.
Die Ebene der optischen Axen ist parallel der Kry-
stallfläche (001), die Halbirungslinie parallel der Axe b.
Der Charakter positiv. Die Orientirung ist also:
f
a, c, fc.
Die Prismen waren
+
parallel der
Axe b geschnitten.
69* 29' 65» 0'
p
67° 45'
42» 45'
v* D
: f .
. 1,5365
1,5323
1,5354
. 1,5393
1,5353
1,5379
1,5384
. 1,5466
1,5419
1,5455
)c '
. 1,5431
1,5412
1,5423
pA *> ■
. 1,5460
1,5442
1,5449
1,5451
! F .
. 1,5534
1,5511
1,5523
R :
e 26° 20*
81° 35'
42* 17',5
32» 30'
1) Ann, des
Minest Sir. V,
T. XIV, p. 359.
2) Mim. des savants itrangers, T. XVIII, p. 608.
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540
Mittelst der Formel (15) der Einleitung ergaben sich
aus den für 1». und ttk gefundenen Werthen die unbekann-
ten Hauptindexe und u,t. Auf diese Weise erhält man:
ur . . 1,5373 1,5402 1,5475
fim . . 1,5323 1,5353 1,5419.
Winkel der optischen Axen. — Die parallel der Ebene
(10 0) geschnittenen Platten waren winkelrecht zur Hal-
birungslinie des stumpfen Winkels.
Der Winkel zwischen den Axen in Oel fand sich:
1. Platte [(A'B)]D =110° 47', 6 = 1,095, N' = 10,5
2. Platte f (A B)]lt = 1 1 1° 5', e = 0,485, JV' = 4,5.
Die zweite Platte war etwas schief gegen die Hal-
birungslinie.
Der Winkel, welchen die Axen in Oel machten, ge-
sehen durch die Flächen des Prismas (1 1 0), wurde gleich
77° 1' gefunden. Durch die Formel:
n sin [\ [(Ax BJ] — (6 : 110)] — f*t sin [\ AB — (b : 110)],
worin n den Brechungsindex des Oels, [(i4,£,)] den beob-
achteten Winkel =77° 1', AB den wahren Winkel und
6:110=36° 44' bezeichnet, findet man:
ABD = 76» 50'.
Aus der Anzahl der Ringe rings um die Halbirungs-
linie erhält man durch die Formel (25) der Einleitung:
0*. - /Od = 0,0056,
woraus durch Substituten des für ut gefundenen Werthes :
f,t wm 1,5394 ftir die Linie D.
Aus dem beobachteten Werth der Axen ergiebt sich
mittelst des vorhergehenden Werthes und des direct
beobachteten /iA:
fim = 1,5360 für die Linie D.
Die- auf diese Weise berechneten pm und stimmen
ziemlich mit den aus den anomalen Indexen hergeleiteten
Werthen:
c .
. 1,5323
1,5422
1,5373
D .
. 1,5353
1,5450
1,5402
F .
. 1,5417
1,5523
1,5475.
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541
Aus der Platte 1 und dem Prisma erhält man folgende
Mittel werthe:
(A B)u = 145" 52' A B = 76° 40'.
50. Chromsaures Kali: K' CrO*.
a:6:c= 1:0,7297:0,5695 (Mitscherlich).
Die Krystalle ähnelten vollkommen denen des schwefel-
sauren Salzes:
110:110 = 72° 14', 101 :T01 — 59° 19*.
Die Ebene der optischen Axen ist winkelrecht zum
Prisma 110, die Halbirungslinie parallel der Axe a und
der Charakter negativ.
Die optische Orientirung ist also:
a c b.
Nur die wenig voluminösen Krystalle waren durch-
sichtig, so dafs die brechenden Prismen, die aus kleinen,
in Richtung der verticalen Axe verlängerten Krystallen
geschnitten waren, weder scharfe Spectren gaben, noch
genau orientirt waren.
Aus diesem Grunde war es unmöglich, die anomalen
Indexe zur Bestimmung der beiden Indexe zu benutzen,
die nicht unmittelbar durch Prismen gegeben waren.
Die Mittelwerthe aus den wenig übereinstimmenden,
mit fünf parallelen Prismen erhaltenen Bestimmungen sind :
C D F
ß = H, . . 1,7131 1,7254 1,7703.
Diese Zahlen dürfen jedoch nur als angenäherte Werthe
betrachtet werden.
Der Winkel der optischen Axen wurde bestimmt durch
Messung am Prisma (10 0) in Oel :
1. Prisma . . [(Ax B})] = 40° 51'
2. Prisma . . [(Ax BJ] = 40° 45'.
Durch die Formel:
« sin t = fir sin [(1 1 0 : a) — | A £],
worin t den Winkel zwischen der Austrittsfläche und der
optischen Axe, nämlich 1 1 0 : Ax = 33° 16' bezeichnet,
n der Brechungsindex des Oels ist, und 1 1 0 : a = 53v 40'
erhält man als wahren und als scheinbaren Winkel:
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542
AB=*5\° 40' (45) = 97° 30',
De Senarmont erhielt früher1):
ß — 1,722, A B = 49° 32' und B) = 92° 20',
Grailich und v. Lang fanden: *)
(A B) = 92° 0', q > v,
und Descloizeaux bekam:3)
(A B)r = 105° 0r (A B)r = 94° 40'.
51. Selenwurc Beryllerdc: Be Sc O* -4- 4 Hl 0.
a : 6 : c = 1 : 0,9602 : 0,9027 (Topsoe).
Die Krystalle waren Combinationen zweier Prismen
(0 11) und (101), verlängert im Sinne der Länge des
Prismas (0 1 1). Die Flächen, obwohl vollkommen glän-
zend, waren jedoch gekrümmt, besonders die des Prismas
(1 0 1). Die etwas voluminösen Krystalle bestanden aus
der Vereinigung mehrerer Individuen, so dafs eine genaue
Bestimmung der Brechungsindexe schwierig war.
011:011=93° 32', 101 :10T=95° 51'.
Die Ebene der optischen Axe ist parallel dem Prisma
(01 1), die Halbirungslioie fallt zusammen mit der Axe c.
Der Charakter ist negativ.
Die optische Orientirung ist daher:
c b a.
Die Prismen waren geschnitten und mit Glasplatten
belegt.
;n parallel der Krystallaxe a.
P
44° 19'
42° 35'
42° 0'
61° 30'
38° 25'
c .
1,4919
1,4932
1,4928
1,4651
1,4716
D .
1,4949
1,4962
1,4959
1,4678
1,4748
F .
1,5029
1,5036
1,5034
1,4743
1,4809
C .
1,4986
1,4996
1,4997
1,4981
1,5002
D .
F .
1,5024
1,5032
1,5031
1,5013
1,5036
1,5097
1,5106
1,5104
1,5087
1,5113
R : b
21* 3\5
21° 55 ',5
22° 13'
73" 58'
62° 25',5
1) Ann. de chim. et phys. Ser. III, T. XXXIII.
2) Sitzungsberichte d«r K. K. Akademie. Bd. XXVII, S. 22.
3) Ann. des Mines. Sir. V, T. XIV, p. 380,
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543
Die drei ersten Prismen waren auf dieselbe Weise ge-
schnitten, so dafs ihre Orientirungen fast identisch waren.
Sie waren gebildet aus einer Fläche parallel der Fläche
(0 1 1) und einer anderen, geschnitten auf der Kante
0 1 1 — 0 11, am Ende der Axe b.
Die beiden letzten Prismen waren geschnitten aus einer
Fläche 011 und einer anderen, geschnitten auf die Kante
011 — 0 1 1, am Ende der Axe c,
Prismen parallel der Axe b.
p 42° 29\5 41' 5' Mittel.
t C . . 1,4978 1,4965 1,4971
fit ) D . . 1,5011 1,5000 1,5005
,(#*.. 1,5089 1,5079 1,5084
Die Orientirung dieser Prismen in Bezug auf die Kry-
stallaxen war nicht so genau hergestellt, um von den
anomalen Indexen Gebrauch machen zu können.
Winkel der optischen Axen. — Zwei Platten, geschnit-
ten parallel der krystallographischen Ebene (0 0 1) gaben
für den scheinbaren Winkel:
1. Platte MB) = 40° "44'
2. Platte (AB) = 40° 41,5, e = 0mm,820, iV=2,75.
Aus der Anzahl der Ringe rings um die Halbirungs-
linie ergab sich:
(f. — /<»)d = 0,0020,
woraus durch Substitution von p., der mittlere Werth der
■
Bestimmungen :
p4 = 1,5007 für die Linie 0,
was mit dem direct erhaltenen Werth vollkommen über-
einstimmt.
Aus den anomalen Indexen v. berechnen sich, durch
die bekannte Formel, die Werthe für uh und ii0 nämlich:
(*> . . 1,4977 1,5009 1,5085
fim . . 1,4634 1,4663 1,4725.
von denen die für uh vollkommen übereinstimmen mit den
Zahlen, welche direct durch die der Axe 6 parallelen
Prismen bestimmt wurden.
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544
Anderseits kann man mit Hülfe derselben Formel die
Brechungsindexe ur aus v, ableiten, in Combination mit
den direct bestimmten fi§. Man erhält alsdann:
u. . . 1,4643 1,4665 1,4726,
welche genügend übereinstimmen mit den oben blofs aus
den anomalen Indexen vm hergeleiteten Werthen.
Die Mittel aus allen Untersuchungen sind:
c . .
, 1,4992
1,4973
1,4639
D .
. 1,5027
1,5007
1,4664
F . .
, 1,5101
1,5084
1,4725
(AB)
= 40° 43'
AB =
26" 48'.
52. Chromsaure Magnesia: Mg Cr O4 + 4 Ha Ü.
a:b.c = l: 0,9901 : 0,5735 (Murmann).
Die Krystalle sind vollkommen denen des schwefel-
sauren Salzes ähnlich, nämlich längliche, fast rectanguläre
Prismen, deren scharfe Kanten abgestumpft sind durch
die Flächen (1 0 0); der Scheitel der Prismen ist gebildet
durch die Flächen des Octaeders (1 1 1 ) , das sich ge-
wöhnlich als Tetraeder entwickelt. Spaltbarkeiten voll-
kommen parallel der Fläche (1 0 0).
Die Ebene der optischen Axe ist parallel der Ebene
(0 0 1). Die Halbirungslinie coincidirt mit der Axe a.
Der Charakter ist negativ.
Die optische Orientirung ist also:
ach.
Die Prismen wurden geschnitten und mit Glasplatten
belegt; sie waren parallel dem natürlichen Prisma (1 1 0).
Die Resultate der Bestimmungen dürfen nur als approxi-
mativ betrachtet werden, wegen der Kleinheit und sehr
unvollkommenen Durchsichtigkeit der Krystalle:
p 40° 50'JJ9M1' 36ü 22'
( C . . 1,5215 1,5525
*' \ D . . 1,5289 —
j C . . 1,5415 1,5415
* I D . . 1,5500 —
R.a 24° 35' 62° 54'
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545
Die Prismen waren gebildet aus einer Fläche parallel
zu 1 1 0 und einer anderen , geschnitten bei den beiden
ersten Prismen fast winkelrecht zur Spaltungsrichtung und
bei dem letzteren parallel derselben.
Die anomalen Indexe, substituirt in der bekannten
Formel, gaben die Brechungsindexe ua und p»:
Anderseits kann man aus dem Winkel der optischen
Axen, combinirt mit dem und vt der beiden ersten
Prismen, die Werthe ableiten:
^.= 1,5211 j
ix% mm 1,5680 i
Winkel zwischen den optischen Axen in Oel:
1. Platte . . [(AB)] = 80° 24'
2. Platte . . [( A D)] = 80° 30'.
Die Dispersion der Axen ist sehr energisch : y < v
*
Mittel
ftm f*b (*e
C . . 1,5131 1,5633 1,5415
D . . 1,5211 1,5680 1,5500
04B)= 143° 6' AB = 75° 28'.
Grailich und v. Lang fanden (AB) = c 70° uud
*
53. Schwefelsaare Magnesia: Mg SO4 -f 7H* O.
a:6:c= 1 : 0,9901 : 0,5709 (Brooke).
Die Krystalle waren bekanute Gombinationen (110)
(1 0 0) (1 1 1) (0 1 1). Das Octaeder war gewöhnlich der
tetraödrischen Hemiedrie unterworfen. Spaltbarkeiten voll-
kommen parallel der Fläche (100):
1 1 0 : 11 0 =* 89° 26', 0 1 1 : 0 1 1 = 56° 56'.
Die Ebene der optischen Axen ist parallel den Kry-
stallaxen a und 5, von denen die erstere zusammenfallt
1) Sitzungsberichte der K. K. Akademie. Bd. XXVII, 8. 25.
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546
mit der Halbirungslinie des scharfen Winkels. Der Cha-
rakter ist negativ. Die optische Orientirung ist:
ach.
Die brechenden Prismen waren alle parallel der Axe c
geschnitten; ihre Orientirung in Bezug auf die Krystall-
axen a und 6 wurde bestimmt durch Messung der Winkel,
welche die geschnittenen Flächen mit den Flächen des
natürlichen Prismas (110) machten.
P 47° 53' 70° 59' 56° 36' 59M7',5 42§ 31' 49° 12' 60° 33\5
iC 1,4313 1,4309 1,4320 1,4499 1,4524 1,4541 1,4566
v. \D 1,4331 1,4331 1,4340 1,4523 1,4551 1,4565 1,4591
lF 1,4383 1,4380 1,4388 1,4574 1,4602 1,4615 1,4644
iC 1,4533 1,4532 1,4536 1,4538 1,4524 1,4523 1,4530
pAD 1,4562 1,4556 1,4551 1,4560 1,4551 1,4546 1,4554
(F 1,4612 1,4611 1,4604 1,4614 1,4602 1,4602 1,4609
R :a 0M7' 9M3',5 16° 25' 56* 11' 65° 58',5 69° 19' 75° (V
Die anomalen Indexe des ersten der Prismen, dessen
Halbirungslinie fast mit der Axe a zusammenfallt, müssen
fast gleich seyn den Indexen die entweder durch Rech-
nung oder direct durch das folgende Prisma gegeben sind.
Prisma parallel der Axe c und symmetrisch gegen die
Axe a.
P 73° 3'
( C . . 1,4303
vt = piA D . . 1,4324
( F . . 1,4373
( C . . 1,4527
f*. ] D . . 1,4552
( F . . 1,4607
Prisma parallel mit c und symmetrisch gegen die Axe b.
P 49° 13'
| C . . 1,4533
* I D . . 1,4553
_ j C . . 1,4589
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547
Winkel der optischen Axen. — Sieben Platten, ge-
schnitten parallel der Richtung der Spaltbarkeit gaben für
den scheinbaren Winkel (AB):
78°30', 78ü26', 78°23', 78*15', 78*15', 78°11', 78°9'.
Der Mittelwerth ist:
(AB) = 78° 18'.
Eine der Platten, deren Dicke e = 0m",865, zeigte acht
schwarze Ringe; da diese Platte den Axen b und c pa-
rallel war, so erhält man mit diesen Angaben (m* — |W,)d =
0,0055, woraus sich mit Hülfe des mittleren Werthes der
Bestimmungen von pt ergiebt:
fi„ = 1,4609,
was vollkommen mit der durch das erste Prisma direct
gefundenen Zahl übereinstimmt.
Aus den anomalen Indexen v, ergeben sich mittelst der
gewöhnlichen Formel die beiden Indexe und
fAa . . 1,4307 1,^325 1,4374
fit . . 1,4577 1,4605 1,4657
Diese Werthe stimmen ziemlich mit denen , welche
direct mit den beiden letzten Prismen gegeben werden.
Die Mittelwerthe aus allen Beobachtungen sind:
f'm ftk fit
C . . 1,4305 1,4583 1,4530
D . . 1,4325 1,4608 1,4554
F . . 1,4374 1,4657 1,4607
(A B) = 78° 18',
woraus :
AB = 51° 25'.
De Senarmont fand früher:1)
(A B) = 56° 56*, AB mm 38° 14', ß — 1,454 bis 1,459.
Hr. Miller fand:
ß = 1,4817, (A B) = 79° 2', A B = 50° 52'.
Hr. Des Cloizeaux erhielt:*)
(ABl = 77" 59' bis 78" 11' und (AB),. « 77° 43' bis 78° 3',
1) Ann. de chim. et de phys. Sir. III. T. XXXIII.
2) Ann. de Mines. Sir. V. T. XIV. p. 375.
PoggendorfFs AnnaU Krgänzungsbd. VI. 36
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548
während die HH. G railich und v. Laug gabeu:1)
(AB) = b6()W und i> > q.
54. Schwefelsaure« Zink: ZnSO* H- 7H' O.
a : b : c = 1 : 0,9804 : 0,5631 (Brooke).
Dieselben Krystalle, wie beim Magnesiasalz; nur sind
am Octaeder oft alle seine Flächen entwickelt.
1 1 0 : 1 10 = 91° 7'; 01 1 : 011 = 59° 44'.
Spaltbarkeit vollkommen nach (10 0).
Die Ebene der optischen Axen ist vinkelrecht zum
Prisma (1 1 0). Die Krystallaxe fällt zusammen mit der
Halbirungslinie. Der optische Charakter ist negativ. Die
optische Orientirung ist folglich:
ach.
Alle Prismen waren parallel der Axe c geschnitten:
p
78* ir
49» 56'
40° 16'
68° 27\5
:c . .
1,4770
1,4783
1,4775
1,4776
Ii : :
1,4797
1,4807
1,4800
1,4802
1,4855
1,4867
1,4858
1,4860
1,4807
1,4783
1,4756
1,4552
1; : :
1,4833
1,4807
1,4778
1,4576
1,4893
1,4867
1,4846
1,4630
R.a
83° 32'
69° 25'
64» 35'
10' 12'
Bei dem zweiten Prisma coiucidirten die beiden ge-
brochenen Bilder in der Lage der Minimal-Absenkung.
Die Orientirung der Prisma gegen die Axen a und b
wurde bestimmt mittelst der Flächen des vertikalen Prismas.
Der scheinbare Winkel der optischen Axen, bestimmt
mittelst zweier, zu (1 0 0) parallel geschnittener Platten, war:
lte Platte . . {AB) = 70° 58'
2te Platte . . (AB) m* 71° 08'.
Aus den anomalen Indexen vt berechnete man mittelst
der Formel (15) die Werthe der beiden Hauptbrechungs-
indexe fim und (a>, während die ut direct gefunden wurden.
1) Sitzungsberichte der K. K. Akad. Bd. XXVII, S. 23.
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549
Die Resultate der Bestimmungen sind:
c .
f
. 1,4544
1,4812
1,4776
D .
. 1,4568
1,4836
1,4801
¥ .
. 1,4620
1,4897
1,4860
Aus dem scheinbaren Winkel (AB) = 71° 3' erhält man:
4£ = 46°14'.
Die Dispersion der optischen Axen ist sehr schwach.
De Senarmont gab:1)
ß = 1,483 bis 1,486, (AB) = 64° 18', AB = 44° 2>.
Des Cloizeaux beobachtete:*)
(A B)D = 70° 23', (A B)r = 70° 6' und p > v,
während Grailich und v. Lang fanden:»)
Q> v.
55. Schwefelsaures Nickelt Ni SO* + 7H« O.
a. b '.c = 1 : 0,9815: 0,5656 (Marignac).
Die Krystalle sind in ihren Hauptformen vollkommen
denen der beiden vorhergehenden Salze ähnlich. Spalt-
barkeiten vollkommen nach (10 0):
110: ll0 = 91ff04', 011 : Oll =59° 54'.
Die optische Orientirung ist analog der des Magnesia-
und der des Zinksalzes, nämlich
a c 6.
Die Prismen waren parallel der vertikalen Axe c ge-
schnitten :
p
68° 58'
71° 22'
73° 18'
71° 22'
\D . .
1,4887
1,4886
1,4893
1,4887
fF . .
1,4952
1,4948
1,4949
1,4949
\D . .
1,4910
1,4911
1,4801
1,4672
\F . .
1,4972
1,4972
1,4853
1,4737
R:a
78" 57'
80" 9'
45* 31'
8° 47'
1) Ann. de chim. et de phys. Ser. III. T. XXXIII.
2) Ann. de Mine*. Str. V. T. XIV, p. 376.
3) Sitzungsberichte der K. K. Akad. Bd. XXV11. S. 24.
36*
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550
Die anomalen Indexe vr geben mittelst der bekannten
Formel die beiden Hauptindexe pm und
Der scheinbare Winkel der optischen Axen ist:
lte Platte . . (AB) = 64° 16'
2te Platte . . (AB) = te°29'
3te Platte . . ( A B) = 64° 20'
Die mittleren Werthe der Bestimmungen sind:
D . . 1,4669 1,4921 1,4888
F . . 1,4729 1,4981 1,4949
(AB) = 64° 22'
woraus :
4# = 41°56\
Brewster hat früher gefunden:
AB = 42» 4'
V. v. Lang giebt:1)
(^jB) = 64° 12', q>v
und den mittleren Index:
/?= 1,4660, 1,4672, 1,4700
(für die rothen, gelben und grünen Strahlen). Diese
Werthe sind viel geringer als die, welche wir mit einer
ziemlich grossen Anzahl von Prismen gefunden haben.
Des Cloizeaux erhielt:*)
(A B), = 64° 24' und (.4 B), = 63° 45'.
56. Selensaurca Kadmium: *) Cd Se O4 •+- 2 H' O.
a : 6 : c == 1 : 0,9753 : 0,8764.
Kleine Tafeln (10 0), seitlich begränzt durch die
Flächen des Octaßders (111) und des horizontalen Pris-
mas (0 2 1). Spaltbarkeit sehr ausgesprochen nach (1 0 0).
Die Ebene der optischen Axen ist winkelrecht zu den
Flächen (10 0) und parallel zu der horizontalen Kante
1) Sitzungsberichte der K. K. Akad. Bd. XXXI. S. 99.
2) Ann. des Mines. Sfr. V. T. XIV, p. 476.
3) Die krystallographische Beschreibung dieses Salzes findet sich in:
„Krystallodrafisk Kemiske ( "ndertögelser wer de selensure Saite, af
Toptoe, Kjöbenhavn 1870."
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551
0 2 1:02 1, die Halbirungslinie des stumpfen Winkels
fällt zusammen mit der Axe a. Die optische Orientirung
ist folglich: tab.
Wegen der Kleinheit und tafelförmigen Entwickelung
der Krystalle haben wir uns darauf beschränken müssen,
den stumpfen Winkel der Axen um die Halbirungslinie
in Oel zu messen.
lte Platte. [(AB)] = 133° 06' e' = 0»",525 JV = 8,0
2te Platte . [(AB)] = el33 12 e' = 0-ffl,765 JV' = 11,5
3te Platte . [(AB)] = 130 58
4 te Platte . [(AB)] = cl31 08
Die Platten 2 und 4 gaben nur approximative Werthe.
Als wahrscheinlichsten Werth des stumpfen Winkels der
Axen in Oel nehmen wir das Mittel der beiden anderen
Platten :
[(AB)] = 131° 2'.
Die Axen können nicht durch die Flächen (10 0) in
die Luft austreten. Die Beobachtungen der schwarzen
Ringe geben mittelst der gewöhnlichen Formel :
Ju, — p, = 0,0089 für den Strahl D.
57. Selenaaures Mangan: Mn Se O4 H- 2H" O.
a : b : c = 1 : 0,9959 : 0,8849.
Die Krystalle sind denen des vorhergebenden Salzes
vollkommen ähnlich, abgerechnet, dafs die Flächen (0 2 1)
sich hier nicht finden.
Spaltbarkeit kaum wahrnehmbar parallel der Fläche
(10 0).
Die Orientirung ist wie bei dem Kadmiumsalze:
c ab.
Der stumpfe Winkel der Axen in Zimmtöl wurde be-
stimmt mittelst Platten, die den Flächen (10 0) parallel
waren.
lte Platte . [(AB)] = 11 8° 42' e' = 0-m,545 JV'= 11,5
2te Platte . [(AB)] = 118°25' e' = 0»»,530 jy = 11.
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552
Aus dem Winkel in Zimmtöl wurde der in gewöhn-
lichem Oel abgeleitet:
l(ÄB)] = 139° 30'.
Der Austritt der Axen um die Halbirungslinie des
stumpfen Winkels herum in die Luft ist also unmöglich.
Aus der Anzahl der die Halbiruugslinie des stumpfen
Winkels umgebenden schwarzen Ringe erhält man:
^ — ,u, = 0,0123 für den Strahl D.
58. Doppeltweinsaures Ammoniak: NH4 . H . C* H* O6.
a:b:c=l : 0,7086 : 0,6933 (De la Provostaye).
Längliche, gefurchte oder gestreifte Prismen (1 1 0),
deren stumpfe Kanten abgestumpft sind durch eine Reihe
von Flächen, nämlich der Prismen (2 10) und (3 10)
und der Form (10 0). Sie endigen in den Flächen des
horizontalen Prisma (10 1) und des primitiven Octaeders
(1 1 1). Die Krystalle sind klar und vollkommen glän-
zend; wegen der vertikalen Furchen geben indefs blofs
die Endflächen deutlich reflectirte Bilder. Spaltbarkeit
vollkommen nach der Ebene (010):
1 1 0 : 1 1 0 = 70° 38' .10 1:10 1 = 69« 28'.
Die Ebene der optischen Axen ist parallel den Flächen
des Prisma (110) und winkelrecht zur Ebene (10 0),
deren Normale zusammenfallt mit der Halbirungslinie des
scharfen Winkels. Der Charakter ist negativ. Die
Orientirung ist:
a b c.
Die brechenden Prismen waren sowohl der Axe c als
der Axe b parallel geschnitten.
Prismen parallel der Axe c:
p 70° 12\5 32» 29',5 34° 39\5 53° 35" 56» 75'
f C. . 1,5582 1,5526 1,5545 1,5280 1,5244
v, ] D. . 1,5616 1,5554 1,5575 1,5309 1,5271
(F. . 1,5698 1,5638 1,5658 1,5378 1,5338
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553
C . . 1,5851 1,5852 1,5873 1,5880 1,5868
D . . 1,5921 1,5897 1,5914 1,5921 1,5907
F . . 1,6011 1,5978 1,6002 1,6012 1,5998
R :a SS" Ab' 73° 45' 72" 40' 26* 48' 28° 4*
Die Orientirung der Prismen wurde mittelst der natür-
lichen Flächen der Priemen (110) bestimmt.
Prismen parallel der Krystallaxe b:
P 70» 21' 54° 59'
iC , . 1,5579 1,5576
i F . . 1,5696 1,5690
C . . 1,5785 1,5710
F . . 1,5907 1,5830
R:a 69u54' 62" 30'
Der Winkel zwischen den optischen Axen in Oel
wurde bestimmt mittelst Platten, die parallel (10 0) ge-
schnitten waren.
1 te Platte . . [(^4 B)] = 86° 4' e = 0-",655 JV = 32
2 te Platte . . [(^B)] = 86°0' e = 0»"\500 JV = 25
3te Platte . . [(^B)] = 86°3'
Die direct durch die Prismen erhaltenen Indexe, so-
wohl die hauptsächlichen, wie die anomalen, dienten auf
folgende Weise zur Bestimmung der definitiven Werthe
des Hauptindex.
Die pk der beiden letzten Prismen, und die v, der ersten
Reihe von Prismen gaben durch die Formel (15):
C D F
!*> . . 1,5577 (1,5608) 1,5689
u. . . 1,5153 (1,5188) 1,5277
wo die Werthe für den Strahl D durch Interpolation be-
rechnet wurden.
Die Anzahl der in den Platten beobachteten Ringe
gab den Unterschied (/*, — «t)D =0,0290, woraus durch
Substitution des für «, gefundenen Werthes:
fAk = 1,5620 für die Linie D.
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554
Dieser Werth stimmt ziemlich zu den oben durch Inter-
polation gefundenen.
Die combinirt mit den vhi geben hierauf:
C F
fim . . 1,5184 1,5280
. . 1,5868 1,5995
Die fi. stimmen ziemlich mit den aus /ut und v. abge-
« leiteten Werthen, während die n, mit den Mitteln aus den
direct für ur gefundenen Werthen übereinstimmen.
Die Mittel aus allen Bestimmungen sind:
c .
. 1,5168
/<»
1,5577
1,5861
D .
. 1,5188
1,5614
1,5910
F .
. 1,5279
1,5689
1,6000.
[(A B)) = 86° 2'
giebt den wahren Winkel
AB-,, = 79° 54'.
Die optischen Axen können nicht in die Luft austreten.
Hr. v. Lang hat früher gefunden:1)
[U B)] = 85« 20' und g > v.
59. Weinsaures Antimon -Ammoniak (Ammoniak - Brech Weinstein) :
2(NH4.SbO.C4H406) + H« O.
a:b:c= 1 .0,9259:0,8261 (De la Provostaye).
Octaeder, deren scharfe Kante 63° 18' durch die
Flächen (100) abgestumpft ist, und deren Ecken abge-
stumpft sind durch die wenig entwickelten Flächen des
Gegen-OctaSder8 und des horizontalen Prisma (0 1 1).
Spaltbarkeit vollkommen parallel der Ebene (1 0 0).
Die Ebene der optischen Axe ist parallel den Krystall-
axen 6 und c; die Axe c co'incidirt mit der Halbirungs-
linie des scharfen Winkels. Der Charakter ist negativ.
Die Orientirung ist:
b a c.
1) Sitzungsberichte der K. K. Akad. Bd. LV.
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555
Wegen der Bröcklichkeit der Krystalle haben wir aus
ihnen keine zur Bestimmung der drei Brechungsindexe
dienlichen Prismen zu schleifen vermocht. Mittelst zweier
tetra§drischen Krystalle, deren Kante am Ende der Axe a
als brechendes Prisma angewandt wurde, haben wir die
Indexe um bestimmen können, weil die Halbirungslinie dieser
Prismen zusammenfallt mit der Axe a.
p 63° 13',5 62° 35\5 Mittel.
u. C . . 1,6233 1,6225 1,6229.
Winkel zwischen den optischen Axen in Oel. — Wegen
der ausserordentlichen Leichtigkeit, mit welcher die Kry-
stalle nach (1 0 0) spalten, ist es ungemein schwierig, brauch-
bare Prismen zu den Bestimmungen zu schneiden. Indefs
ist es uns doch geglückt, eine ziemlich normal gegen die
Halbirungslinie d. h. gegen die Krystallaxe 6 liegende
Platte zu erhalten. Die Dispersion der Axen ist sehr
stark, o > v. Der in Oel beobachtete Winkel [(AB)] =
76° 28' giebt:
(AB) = 130° 46' und AB = 68° 8'.
Es ist jedoch zu bemerken, dafs weder der Winkel
der Axen, noch der mittlere Index eine grosse Ge-
nauigkeit besitzt.
60. Weinsaares Antimon-Kali: 8(SbO.K.C* H* Oe) -+• H'O.
a:6:c= 1 : 0,9049 : 0,8645 (Brooke).
Die octaedrischen Krystalle waren denen des Ammo-
niaksalzes vollkommen ähnlich. Auiser der Spaltbarkeit
nach (10 0), beobachtet man solche ziemlich gute parallel
den Flächen (0 1 0) und (0 0 1).
Die optische Orientirung ist der des vorhergehenden
Salzes analog:
Die Flächen der Prismen waren möglichst parallel den
Octagderflächen geschnitten, so dafs die Halbirungslinie
der brechenden Prismen zusammenfiel mit der Axe a.
556
A
c .
D .
F .
C .
D .
F .
R:b
OO Ol
DO IU
1 6238
1.6237
1,6288
1,6288
1,6421
1,6420
1,6308
1,6303
1,6362
1,6358
1,6498
1,6496
43° 42'.
Das gebrochene Bild, dessen Schwingungen parallel der
Mittellinie waren, giebt in diesem Fall direct die Indexe um.
Die folgenden Prismen, geschnitten nach Flächen, die
den natürlichen (111) und (0 01) möglichst parallel
waren, gaben die beiden anomalen Indexe vt und vtt.
p
53° 5'
62° 56'
58° 4'
i c . .
1,6169
1,6166
1,6165
\ D . .
1,6222
1,6217
1,6214
f F . .
1,6351
1,6345
1,6344
C . .
1,6318
1,6323
1,6313
1,6372
1,6378
1,6367
( F . .
1,6511
1,6514
1,6500
V,I
Winkel zwischen den optischen Axen in Oel. — Zwei
Platten winkelrecht geschnitten gegen die Axe 6 oder die
Halbirungsiinie des scharfen Winkels gaben:
1 te Platte . . [{AB)] = 47° 50' e = l—,620 JV — 6,5
2te Platte . . [(AB)] = 46°31' e = 0 ,695 N = 2.
Die Dispersion der Axen war sehr kräftig g > v.
Aus der Anzahl der Ringe ergab sich — ^#)D =
0,00217, was mit Hülfe des für fia gefundenen mittleren
Werthes giebt:
ji, = 1,6387 für die Linie D.
Der Winkel der Axen, combinirt mit den oben berech-
neten u, giebt mittelst der gewöhnlichen Formel:
u, = 1,6196,
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557
was vollkommen übereinstimmt mit dem Werthe 1,6203,
der aus den anomalen Indexen v der beiden ersten Pris-
men und dem oben berechneten /i, hergeleitet ist.
Die anomalen Indexe v, und vu und der Winkel der
Axen geben endlich durch Rechnung die vollständigen
Werthe der Hauptbrechungsindexe ju* und |M0 nämlich:
pA . . 1,6148 1,6199 1,6325
. . 1,6322 1,6375 1,6511
Die durch diese verschiedenen Methoden erhaltenen
Mittelwerthe sind:
c
. . 1,6306
1,6148
1,6322
D
. . 1,6360
1,6199
1,6375
F
. . 1,6497
1,6325
1,6511
(A B) = 72°
50' AB 42°
34'.
Die optischen Eigenschaften dieses Salzes sind früher
von Hrn. v. Lang beschrieben worden. Er fixirte die
optische Orientirung und fand : l)
(AB) = 75« 30'; p > v,
während Des Cloizeaux bekam:1)
01 B)r = 85° 20' (A B)„ = 83" 10'.
Der von ihm gefundene scheinbare Winkel der opti-
schen Axen stimmt nicht mit dem von uns erhaltenen, der
auch wenig von dem des Hrn. v. Lang abweicht. Es
scheint uns wahrscheinlich, dafs die Krystalle, welche Hr.
Des Cloizeaux zu seinen Bestimmungen anwandte, iso-
morphe Gemenge von beiden Brechweinsteinen waren;
der Ammoniak - Brechweinstein besitzt einen beträchtlich
grösseren Winkel zwischen den optischen Axen als der
gewöhnliche Brechweinstein.
1) Sitzungsberichte der K. K Akad. Bd. XXXI. S. 110.
2) M€m. des Sav. etr. T. XVIII, p. 566.
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558
IV. MonoklinoSdrische, zweiaxige Krystalle.
61. Selensaure Magnesia: ') Mg SeO* -h 6H' O.
a:b:c mm 1,3853:1:1,6850, ac= 81° 28'.
Dies Salz ist vollkommen isomorph mit dem ent-
sprechenden schwefelsauren, welches Hr. Marignac frü-
her beschrieben hat.
110: lTO = 107° 45'; 001:101 mm 55° 44.
Spaltbarkeit vollkommen parallel den Flächen 10 1.
Die Ebene der optischen Axen ist parallel der Sym-
metrie-Ebene, der Charakter negativ. Der Winkel, welchen
die Halbirungslinie mit derNormale der Fläche (1 0 1) macht,
wurde an drei Platten bestimmt:
lte Platte . . a:(0 0 1) = 35° 4'
2 te Platte . . a:(001)=»35 15
3 te Platte . . et: (0 0 1) = 36 28
Mittel: .
, 0_:(001) = 35°36', woraus c:(1 00) — 27° 4'.
Die optische Orientirung ist also:
ab (0 01) = 35° 36'.
Winkel der optischen Axen in Oel. — Die Platten waren
so geschnitten, dafs sie die scharfe Kante (100) (10 0)
abstumpften; sie machten einen Winkel von 145° mit
der Basis:
1 te Platte . . [(4 B)] = 28° 42' e = 1,310 JV = 4,5
2te Platte . . [(AB)] mm 28 33 e = 1,310 JV mm 4,5
Prismen parallel der Symmetrie- Axe geschnitten:
p 35° 56' 35° 48' 55» 22' 47* 12'
r C . . 1,4869 1,4863 1,4867 1,4858
fl ) D . . 1,4894 1,4889 — —
( F . . 1,4970 1,4966 1,4970 1,4955
1) Siehe die rorhin citirte Schrift von H. Topsoe.
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559
Aus diesen Bestimmungen gehen folgende Werthe für
den mittleren Brechungsindex hervor:
( C . . 1,4864
ß ) D . . 1,4892
( F . . 1,4965
Die Beobachtungen der Anzahl der durch die Platten
gesehenen Ringe ergaben: ,
(y—ß)D mm 0,0021, woraus ;-D =1,4911.
Dieser Werth, combinirt mit ßD und AB, giebt:
ttjy = 1,4856.
Aus dem Winkel der optischen Axen in Oel [(AB)'] =
28° 37' ergiebt sich :
(AB) = 42° 33' und AB = 28° 12'.
62- Selensaures Kobalt: Co Se 0« 6Ha O.
a : b : c = 1,3709 : 1 : 1,6815: ac = 81° 46'.
Die Krystalle sind denen des vorhergehenden Salzes
ähnlich ; ihre Flächen sind oft zerfressen und glänzen
wenig. Spaltbarkeit vollkommen parallel 101:
110: 110 = 107" 13', 00 1 : TO 1 = 55° 48'.
Die Ebene der optischen Axen ist parallel der Sym-
metrie-Ebene, der Charakter negativ. Eine einzige Platte,
geschnitten parallel der Symmetrie-Ebene, gab als Winkel
zwischen der Normale (0 0 1) und der Halbirungslinie :
a: (00 1) = 42° 56' woraus c = (1 0 0) = 34° 42'.
Die optische Orientirung ist demnach:
a,h (00 1) = 42° 56'.
Wegen der Bröcklichkeit der Krystalle war es schwierig,
Platten normal zur Halbirungslinie zu schneiden. Der
Winkel der optischen Axen wurde daher bestimmt mittel *t
Platten, die entweder der Basis oder der Spaltungsebene
(101) parallel waren.
lte Platte parallel mit (0 0 1); Charakter negativ. Der
Winkel der Axen in Oel:
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560
KAtBt)] =» 8° 34', e, = 1,410, Nt — 0,5.
Da die Orientirung der Platte (0 01) war a : 42° 56',
so wird der wahre Winkel, hergeleitet aus dem beobach-
teten, AB = 7° 8'.
2te Platte parallel mit (TOI), Charakter negativ.
[(4m*J>] - 7« 27'.
Aus der Orientirung der Platte a:(T0 1) = 12° 52' er-
giebt sich für den wahren Winkel AB = 7° 18'.
Prismen parallel der Symmetrie- Axe geschnitten:
/> 50" 27' 58« 15' 54° 56',5
{ C . . 1,5187 1,5194 1,5169
P ( D . . 1,5225 1,5225 —
Die mittleren Werthe sind:
A,— 1,5183 /?D = 5225.
Aus der Anzahl der in der ersten Platte beobachteten
Ringe folgt:
(r — ß)»= 0,0002, woraus yD = 1,5227.
Die beiden Hauptbrechungsindexe y und ß sind dem-
nach fast gleich. Unter diesen Umständen ist es unmög-
lich, den Index et mittelst ß und AB mit Genauigkeit
zu bestimmen.
63. Selensaure» Magnesia-Ammoniak: MgSe O* . Am* SeO4 ■+• 6H 'O.
a : c : c mm 0,7414 : 1 : 0,4968, ac = 73° 23'.
Die Krystalle waren verkürzte Prismen (1 1 0), abge-
stumpft auf der scharfen Kante durch (0 10) und begränzt
durch die Basis (0 01) und das horizontale Prisma (0 1 1).
Aufser diesen Flächen finden sich noch sehr wenig ent-
wickelte Flächen des Octaöders (111) und des Prisma
(20 1). Spaltbarkeit ziemlich deutlich parallel (2 01).
1 1 0 : 1 TO = 70° 47'; 0 1 1 : Ol 1 = 50° 54',5.
Die Ebene der optischen Axen ist parallel der Sym-
metrie-Ebene, der Charakter ist positiv. Der Winkel,
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561
welchen die Halbirungslinie des stumpfen Winkels mit der
Normale der Basis macht, ist:
lte Platte . . a :(0 0 1) — 16° 24'
2te Platte . . a :(0 0 1) = 17° 50'
wo raus :
o:(0 01) = 17° T und c:(l 0 0) = 0° 30'.
Die optische Orientirung ist:
(0 01)bc = 72° 53'.
+
Winkel der optischen Axen in Oel:
lte Platte . [(AB)] = 55°27', e = 1—, 130 iV= 3,5— 3,75
2te Platte . [(AB)] = 55" 8', e mm 2 ,265 N mm 7,5
Dispersion der Axen sehr schwach.
Prismen parallel der Symmetrie-Axe.
p 46° 23' 47° 45' 49° 41' Mittel.
• C . . 1,5041 1,5046 1,5050 1,5046
ß ) D . . 1,5069 1,5078 1,5079 1,5075
( F . . 1,5136 1,5152 1,5147 1,5146
Die Beobachtungen der Anzahl der Ringe in den
Platten gaben:
0*— *)d = 0,0019, woraus aD = 1,5056.
Aus den Werthen \on AB, aD und t% ergiebt sich:
yD = 1,5150.
Der Winkel der Axen in Oel [(AB)] =r 55° 17' giebt
für den scheinbaren und den wahren Winkel:
04 mm 85° 56', AB» mm 53° 44'.
64. Selensanres Magnesia - Kali : MgSeO4 K* Se04-h 6H» O.
a : b : c = 0,7447 : 1 :0,5014, ac mm 75°42',5.
Beobachtete Formen: (1 10), (0 0 1), (2 0 1), (0 1 1).
Spaltbarkeit ziemlich leicht nach den Flächen (2 0 1):
110: 110 = 71° 38'; 0 1 1 :0ll = 51° 10'.
Die Ebene der optischen Axen parallel der Symmetrie-
Ebene, der Charakter positiv. Die beiden Halbirungs-
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562
Ihnen machen mit den Normalen der Flächen (0 0 1) und
(10 0) die folgenden Winkel:
Ite Platte . . (10 0): c = 12° 55'
2 te Platte . . a:(001)= 2° 39'
Mittelwerthe beider Beobachtungen:
a : (0 0 1 = 2" 0'; c : (1 0 0) = 12° 16'.
Die optische Orientirung wird folglich ausgedrückt
durch die Formel:
(001)bc = 88° 0'.
Winkel der optischen Axen in Oel:
lte Platte. . [(AB)] =41° 20' e = 0mB,,750 JV = 2,5
2te Platte . . [(AB)]D = 41° 10' e = 0 ,714 JV = 2,5
Prismen parallel der Symmetrie- Axe:
P 42° 31' 52° 48' Mittel.
i C . . 1,4941 1,4944 1,4942
ß\ü.. 1,4968 1,4973 1,4970
( F . . 1,5039 1,5040 1,5039
Durch die oben angewandten Methoden erhält man:
(ß—a}D = 0,0020, woraus aD = 1,4950
und aus den Werthen von AB, orD, ßD ergiebt sich:
yD= 1,5120.
Der Winkel [(AB)]D mm 41° 10' giebt:
(AB)d = 62° 12' und ABD mm 40°
65. Selensaures Zink- Ammoniak: ZnSeO4 . Am* Se O 1 -h G H* O.
a : b . cn= 0,7416: 1:0,5062; ac = 73°49'.
Krystallform und Spaltbarkeit wie bei den vorherge-
henden Salzen:
110: lTO = 70° 55', 011:011= 51° 52'.
Ebene der optischen Axen orientirt wie bei allen ana-
logen Salzen parallel der Symmetrie -Ebene. Charakter
positiv. Die Halbirungslinie des stumpfen Winkels macht
mit der Normale der Basis einen Winkel von 13° 4'.
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563
lte Platte . . o:(00 1)= 13°7'
2te Platte . . a : (0 0 1) = 13° 2'
woraus:
a:(001)= 13° 4', c:(100) = 3°7'.
Optische Orientirung (1 0 0) b c — 76° 56'.
Winkel der optischen Axen in Oel:
lte Platte . . [(AB)] = 85H18'; e = 1™,0M; Nmm 10,25
2te Platte . . [(AB)] — 85°42'; e = 0 ,820; JV= 8,25
Die Dispersion der Axen ist sehr schwach.
Brechende Prismen parallel der Symmetrie -Axe ge-
schnitten:
p 40° 30' 47° 28' 44° 55',5 Mittel.
C . . 1,5256 1,5260 1,5261 1,5259
ß ] D . . 1,5289 1,5288 1,5298 1,5292
( F . . 1,5367 1,5362 1,5369 1,5366
Aus den Beobachtungen der Anzahl der Ringe und
dem Winkel der Axen erhält man:
aD mm 1,5233; yD = 1,5372.
Die Werthe des scheinbaren und des wahren Winkels
sind:
(AB)D = 141° 20' und ABD = 81° 22'.
66. Selensaures Ziok-Kali: ZnSeO«.K' SeO* -h 6H»0.
a:b:c = 0,7441 : 1 : 0,5075, a c = 75° 46'.
Krystallform und Spaltbarkeit wie bei den vorherge-
henden Salzen:
110: lTO mm 71° 36'; 0 1 1 : OTl mm 52° 23'.
Ebene der optischen Axen parallel der Symmetrie-Ebene ;
Charakter positiv.
1 te Platte . . a : (0 0 1) = 0° 46'
2 te Platte . . a ; (0 0 1) = 2° 36'.
Aus den Mittel werthen:
a:(001) = 1°41' und (100): c = 12° 83'
PoggentlorfTs Annal. Ergäuzungsbd. VI. 37
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564
ergiebt sich für die Orientirung:
(0 0 1) b c = 88° 19'.
+
Winkel der optischen Axen. — Dispersion sehr schwach.
lte Platte . [(AB)] — 68ü53', e — 0"ro,700, iV = 6,75
2te Platte . [(40)] — 68° 56', [(4£)]D = 68rt38', e== 1--225,
N= 13.
Prismen parallel der Symmetrie- Axe:
ß
p
44° 25'
50° 3'
39° 45'
Mittel.
c. .
1,5146
1,5151
1,5146
1,5148
D. .
1,5175
1,5182
1,5175
1,5177
F . .
1,5244
1,5251
1,5260
1,5252
G'. .
1,5303
1,5314
v 1,5308
Auf die gewöhnliche Weise ergiebt sich endlich:
aD = 1,5115; y» = 1,5327
(AD)D = 111° 50; ABD = 66D8'')
67. Selensaures Kobalt-Ammoniak : Co Se O4 . Am9 SeO4 .6 H' O:
a: b:c = 0,7414 : 1 : 0,537; ac = 73° 37'.
Die Krystalle sind oft opak und ihre Flächen gewöhn-
lich gestreift. Formen und Spaltbarkeit wie bei den vor-
hergehenden Salzen.
110: lT0— 70° 51'; 0 1 1 : Ol 1 = 51° 35'.
Ebene der Axen parallel der Symmetrie -Ebene; Cha-
rakter positiv.
lte Platte . . a : (0 0 1) = 13**36'
2te Platte . . c :(10 0) = 2° 35'.
Die Mittelwertbe für den Winkel zwischen den beiden
Halbirungslinien und den Normalen der Flächen (10 1)
und (10 0) sind:
a:(001) = 13° 42' und (100): c = 2° 41'.
1) Diese Werthe sind berechnet aus dem Winkel in Ocl [(AB)]d —
68° 38', der mit der zweiten Platte für die gelben Strahlen erhalten
war.
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565
Orientirung: (0 0 1) 6 c = 76° 18'.
+
Winkel der optischen Axen in Oel:
lte Platte, normal zur Halbirungslinie des scharfen Winkels:
[(AB)] = 86n 34', e = 0-n',970, JV= 11.
2te Platte, normal zur Halbirungslinie des stumpfen Winkels:
[(ÄB)]D = 104° 0'; e' = 0°"",765, N' — 1 1.
Prismen parallel der Symmetrie-Axe:
p
50° 8'
38" 8'
39° 1'9
Mittel.
c . .
, 1,5282
1,5275
1,5284
1,5280
D . .
1,5313
1,5306
1,5313
1,5311
F . .
, 1,5289
1,5391
1,5395
1,5392
G' .
•
1,5452
1,5458
1,5455
Die Zahl der Ringe um die Halbirungslinie des schar-
fen Winkels giebt durch die bekannte Formel:
(/* _ «)D = 0,0067, woraus erD = 1,5244,
während die Beobachtungen an der gegen die andere Hal-
birungsplatte winkelrechten Platte geben:
(j—ß)v = 0,0085, woraus yD = 1,5396. ')
Der Winkel der Axen, combinirt mit ßD und ; D giebt
noch einen Werth für «D, nämlich «D = 1,5248, welcher
sehr gut mit dem obigen übereinstimmt.
Der Winkel der optischen Axen um die Halbirungs-
linie des stumpfen Winkels [(AB)] = 104° 0' giebt den
wahren Winkel AB = 81° 46, während die Beobachtung
an der gegen die scharfe Halbirungslinie winkelrechten Platte
giebt AB = 82° 16'.
Der mittlere Werth wird also:
i4ß = 82" 1'.
Die Axen können nicht in die Luft austreten.
1) Genau dieselbe Zahl fanden wir mittelst der anomalen Indexe, die
am ersten Prisma beobachtet wurden, dessen Orientirung gegen die
Halbirungslinien a und c bekannt war.
37*
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68. Selensaures Kobalt-Kali: CoSeO* . K1 SeO* -f- 6H1 0.
a : b : c = 0,7379 : 1 : 0,5056, ac « 75° 50'.
Kleine gestreifte, gewöhnlich opake Krystalle:
110: ll0 = 71°10V 011 : Oll — 52° 14'.
Die Ebene der Axen ist parallel der Symmetrie-Ebene.
Mit Hülfe zweier Platten bestimmten wir die Winkel,
welche die Halbirungslinien mit den Normalen der Flächen
(10 0) und (0 0 1) machen:
lte Platte . . (1 0 0) : c = 10° 2'
2te Platte . . a(0 01) — 2° 42'.
woraus : *
a : (0 0 1) — 3° 25' und c : (1 0 0) = 10° 45',
so dafs die Orientirung wird:
(0 0 1)Bc = 86° 35.
Winkel der optischen Axen in Oel:
lte Platte . . [(AB)] = 66° 11', e = lu>«",425, JV = 14,5
2te Platte . . [(AB)] = 66° 30', e = 0 ,740, iV = 7,5
Eine dritte Platte, fast winkelrecht gegen die Halbi-
rungslinie des stumpfen Winkels, gab:
[(AB)] = 124° 29', e' = 0'n",670, N = 18,5.
Prismen parallel der Symmetrie-Axe:
P 57° 24' 55" 24' 44° 14' Mittel.
C . . 1,5163 1,5167 1,5155 1,5162
ß ) D . . 1,5192 1,5200 1,5193 1,5195
{ F . . 1,5265 1,5270 1,5276 1,5270
Die Beobachtungen der Anzahl der die beiden Halbi-
rungslinien umgebenden Ringe gaben auf bekannte Weise
die folgenden Werthe:
(t1-a)D = 0,0060 aD = 1,5135
(y — ß)D = 0,0163 yQ = 1,5358.
Der Winkel der Axen, combinirt mit ßD und orD, gab
hierauf für ; D den Werth 1,5354, welcher vollkommen mit
dem anderen übereinstimmt.
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567
Das Mittel aus den Messungen des scharfen Winkels
in Oel [04£)] = 660 20' gab:
(A B) = 106° 58', A B m* 63° 52'.
69. Selcnsaures Nickel- Ammoniak : Ni Se O4 . Am" Se O4 H- 6 Ha 0.
a: b: c = 0,7378: 1:0,5042, ac= 73° 41'.
Krystallform und Spaltbarkeit wie bei allen analogen
Salzen:
1 1 0 : 1 TO = 70° 36', 0 1 1 : 0T 1 — 57° 38',5.
Ebene der optischen Axeu parallel der Symmetrie-Ebene;
Charakter positiv. Für den Winkel zwischen der Halbi-
rungslinie des stumpfen Winkels und einer Normale der
Basis fanden wir:
lte Platte . . a : (0 0 1) = 16° 36'
2te Platte . . a : (0 0 1) — 17" 12',
woraus :
a : (0 0 1) = 16° 54 und c : (1 0 0) — 0° 36.
Die Orientirung wird also ausgedrückt durch:
(0 0 1) b c = 73° 6'.
Winkel der optischen Axen in Oel:
lte Platte . . [(AB))D sfs 91° 20', e — 0— ,615, N= 8,5
2te Platte. . [(AB)] =91° 19', e = 0 ,616, JV= 8,5— 9
Die Dispersion der Axen sehr schwach.
Prismen, parallel der Symmetrie - Axe geschnitten,
gaben uns:
p 34" 24' 24* 5' 33* 38' Mittel.
f C . . 1,5335 1,5335 1,5333 1,5334
ß ' D . . 1,5379 1,5368 l,.r>369 1,5372
( F . . 1,5449 1,5440 1,5436 1,5441
Die beiden anderen Hauptindexe und a für die Linie
D erhält man auf die bekannte Weise:
aD = 1,5291, yt> = 1,5466.
Der Winkel der optischen Axen in Oel [(//B)]D = 91° 19
giebt für den wahren Winkel:
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$
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AB» = 86" 14',
während der scheinbare Winkel imaginär wird.
70. Selensaures Nickel-Kali: Ni Se 0« . K3 Se 0* + 6 H« 0.
a:b: c = 0,7454: 1:0,5060; ac = 75°7 (G. vom Rath).
110: lT0 = 71°32'; Ol 1 :OTl = 52° 7'.
Ebene der optischen Axen parallel der Symmetrie-Ebene;
Charakter positiv. Brechungsvermögen schwach. Eine
einzige Platte gab uns:
a : (0 0 1) = 6° 57', woraus (1 0 0) : c = 7° 56.
Die Orientirung ist also:
(0 0 1) b c = 83° 3'.
+
Winkel der optischen Axen:
lte Platte (nicht strenge normal zur Halbirungslinie) gab:
[(.*£)] ==77M 5',
2te Platte: [( YB)] = 76° 10', e = 0-»,480, iV= 4.
Wir glauben den Werth der ersten Platte von der
Berechnung ausschliefsen zu müssen, haben demnach die
Werthe des wahren und des scheinbaren Winkels, so wie
den von yD aus dem Winkel = 76° 10' abgeleitet.
Prismen parallel der Symmetrie-Axe:
P 34° 18' 30° 57' 39° 54' Mittel.
i C . . 1,5211 1,5194 1,5215 1,5207
ß ] D . . 1,5246 — 1,5251 1,5248
( F . . 1,5317 1,5308 1,5321 1,5315
Durch die bekannten Rechnungen erhält man:
«D= 1,5199; y»= 1,5339 *
(y/B)= 129" 56'; AB = 72n 56.
71. Selensaares Eisen- Ammoniak : FeSeO* . Am* SeO* -+- 6H* O.
a : b: c = 0,7405 : 1 : 0,501 2; ac= 73° 47'.
Die voluminösen und vollkommen klaren Krystalle
waren vollkommen regelmäfsig entwickelt. Die Flächen
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569
(2 01), nach welchen das Salz ziemlich leicht spaltbar
war, waren sehr grofs.
1 1 0 : 1 TO = 70° 50'; 0 1 1 1 Ol 1 = 51° 24".
Ebene der optischen Axen parallel der Symmetrie-
Ebene. Charakter positiv.
lte Platte . . a : (0 0 1) — 10° 14'
2te Platte . . a : (0 0 1) = 8° 32'.
Die mittleren Werthe der Winkel, welche die beiden
Halbirungslinien mit den Kormalen der Flächen (0 0 1)
und (1 0 0) machen, sind:
a: (0 0 1) = 9° 23' und (1 0 0) : c = 6° 50'.
Optische Orientirung: (0 0 1) b c = 80° 37.
+
Winkel der optischen Axen in Oel. Dispersion schwach.
lte Platte . . [{AB)] = 80" 22'; e mm 2,325; JV = 23
2 te Platte . . [(AB)] = 80° 23'; e = 0,810; N = 8.
Die parallel der Symmetrie-Axe geschnittenen Prismen
waren grofs genug, um ihre Orientirung gegen die Halbi-
rungslinien a und c feststellen zu können:
P
i C .
fl \D .
( F .
\ ° '
v D .
( F .
R:c .
Mittelst der Formel (15) findet man hieraus für die
beiden unbekannten Brechungsindexe:
C D E
a = 1,5177 1,5199 1,5263
y = 1,5339 1,5358 1,5436
Andererseits geben die an den Platten beobachtete
Anzahl der Ringe und der Winkel der Axen:
49« 37'
53° 30'
1,5226
1,5226
1,5259
1,5261
1,5333
1,5336
1,5309
1,5284
1,5346
1,5324
1,5423
1,5396
15° 25'
28- 17'
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570
«D mm 2,5202 und yD = 1,5353,
was vollkommen mit den anderen übereinstimmt, deren
Richtigkeit sie also bestätigen.
ß
r
c
. . 1,5177
1,5226
1,5339
D
. . 1,5201
1,5260
1,5356
F
. . 1,5263
1,5334
1,5436
(AB)= 142° 50',
4B =
76° 48'.
72 Seleneaure« Knpfer-Ammoniak: Cu Se O' . Am* Se O4 -f- 6H' O.
a:b .c = 0,7488 : 1 : 0,5 126; ac = 74° 27',5.
Die Krystalle sind gewöhnlich nicht gut entwickelt,
fast alle trübe und gestreift.
1 1 0 : llO = 71° 37'; 011:011= 52° 34'.
Die Ebene der optischen Axen ist parallel der Sym-
metrie-Ebene. Der Charakter negativ.
lte Platte . . (10 0):c = 12° 16'
2te Platte . . (10 0):c = 12° 24',
woraus:
a:(00 1) = 3M2'; (1 00): c = 12° 20'.
Optische Orientirung: a^b (0 0 1) = 3° 12'.
Winkel der optischen Axen in Oel. — Drei Platten,
geschnitten normal auf die Halbirungslinie des stumpfen
Winkels, gaben nur confuse Bilder; die mit diesen Platten
erhaltenen Werthe des Winkels der Axen verdienen daher
kein Vertrauen. Die vierte Platte, normal auf die Halbi-
rungslinie des scharfen Winkels geschnitten, gab dagegen
ein einziges Bild, in welchem die Scheitel der Axen sehr
deutlich waren.
lte Platte. . e' = 0»» 530; JV = 13
2te Platte. . c' = 0 ,620; JV' = 15; [(./£)] — c 127" 10'
8te Platte . . e' = 0 ,505; JV' = 12; [(.*'£)] = c 130°
4te Platte . . [(.*2?)]D = 58" 9; e = 0,495; N - 4,75.
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571
p 59° 8' 32* 41'
i C . . 1,5318 1,5315
ß ) D . . 1,5353 1,5357
( F . . 1,5437 1,5436
1,5317
1,5355
1,5437
Mittel.
Die drei ersten Platten geben:
0?-«)d = 0,0142,
woraus :
«D= 1,5213.
Die vierte Platte dagegen giebt:
<j - ß)D — 0,0040,
woraus:
yDaas 1,5395»)
Der Winkel der Axen in Oel [(,*£)] = 58° 9' giebt:
(^B)D — 91° 6'; ^JB=-55°24'.
73. Selensanres Knpfer-Kali : Cu Se 0* . K' Se 0? -f- 6 H1 0.
a:ö:c = 0,7489: 1:0,5230; oc= 76° 41'.
Kry8talle fast wie die des Ammoniaksalzes:
1 1 0 : lT 0 = 72° 10'; 0 1 1 : Ol 1 = 53° 56'
Ebene der optischen Axen parallel der Symmetrie-
Ebene. Charakter negativ. Eine einzige Platte gab die
a : (0 0 1) = 2° 26'; (1 0 0) : c = 10ö 53'
Daraus optische Orientirung: ab (0 0 1) = 2° 26'.
Winkel der Axen in Oel:
Ite Platte, normal zur Halbirungslinie des stumpfen
Winkels, gab:
[(AB)]D = 96° 16'; e' = 0,830, JV* = 19,5
2te Platte, normal zur Halbirungslinie des scharfen
Winkels, gab ein confuses Bild und die Scheitel der Axeu
waren nicht deutlich:
1) Der Index yw, hergeleitet aus dem Winkel der Axen, combinirt mit
ßD and ai>, ist genau 1,5395.
[(^)]d = 92" 53'; e = 0,700; N = c 16.
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572
Mit dem von der ersten Platte gegebenen Winkel er-
hält man den wahren Winkel AB = 88° 12', welchen wir
dem von der zweiten Platte gelieferten Werth 4B = 88° 40'
vorziehen.
Prismen parallel der Symmetrie-Axe :
P 38° 35' 48° 47' Mittel.
( C . . 1,5199 1,5206 1,5203
ß { D . . 1,5233 1,5236 1,5235
( F . . 1,5317 1,5324 1,5320
Die erste Platte liefert:
(ß— «)d = 0,0158,
woraus :
«D = 1,5096.
Dieser Werth combinirt mit dem Axenwinkel und dem
mittleren Index, giebt:
rD = 1,5385 und ^ßD 82° 12'.
Die Axen können nicht in die Luft austreten.
74. Schwefelsaures Magnesia- Ammoniak : Mg S O * . Am 7 S O 4 4- 6 H * O.
a:b:c = 0,7376: 1:0,4891; ac = 72° 54' (Murmann
und Rotter).
1 1 0 : 1 TO = 70° 22'; 0 1 1 : Ol 1 = 50° 6'.
Ebene der optischen Axen parallel der Symmetrie-
Ebene. Charakter positiv. Wir haben nur eine einzige
Platte beobachtet.
(10 0):c = 5° 55'; a:(001)== 11° 11'.
Orientirung folglich: (0 0 1) Bc = 78° 49'.
+
Die HH. Murmann und Rott er haben früher ge-
funden: (0 0 l)bc = 77°50', während Senarmont fQr
diesen Winkel erhielt 81° 19' bis 80° 59*.
Winkel der optischen Axen in Oel; Dispersion merklich.
He Platte . . [(.*£)] = 50° 38', e = 1,445, N = 3
2 tc Platte . . [(.«)]= 51° 0', e — 1,527, N = 3,5.
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573
Die der Symmetrie- Axe parallelen Prismen waren grofs
genug, um gegen die Halbirungslinien a c orientirt werden
zu können.
p
52° 44'
44° 53'
i c . .
1,4696
1,4734
v ] D . .
1,4721
1,4759
( F . .
1,4775
1,4817
Mittel.
/ C . .
1,4710
1,4704
1,4707
ß \ D . .
1,4733
1,4724
1,4728
( F . .
1,4790
1,4784
1,4787
82° 26'
33° 38'
Die beiden Hauptindexe a und y erhält man mittelst
der anomalen Indexe v auf die beim selensauren Eisen-
Ammoniak angegebene Weise.
C Ü F
a = 1,4698 1,4719 1,4774
y = 1,4751 1,4786 1,4837
Andererseits erhält man die Indexe nD und yD durch
Beobachtung an den Platten; diese Werthe sind:
aD = 1,4715 yD = 1,4796.
Aus dem Winkel der Axen in Oel ergaben sich die
Werthe:
= 78° 45' //£ = 50°40'.
Die optischen Eigenschaften dieses Salzes sind vor-
dem von verschiedenen Physikern bestimmt.
Brewster AB = 51°22'; ß = 1,483
De Senarmont AB = 51 4 ; ß = 1,476 bis 1,483
Heusser AB,= 50 27; AB, = 8° 54
und die Werthe:
ß = 1,4677 1,4737 1,4787 1,4876
für die rothen, gelben, grünen und violetten Strahlen des
Spectrüm8.
Die HH. Murmann und Rotter fanden AB =
50° 22' und
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574
ß mm 1,469 1,471 1,473 1,475
für die verschiedenen Theile des Spectrums.
53. Schwefelsaures Magnesia-Kali: Mg C O4 . K2 SO4 + 6 H» O.
a : b : c = 0,7420 : 1 : 0,5005; ac = 75° 5' (Murniann-
und Rotter).
110:110 = 71° 17 , 011:011 = 51° 36'.
Spaltbarkeit ziemlich ausgesprochen nach (2 01).
Ebene der optischen Axe parallel der Symmetrie-
Ebene. Charakter positiv. An einer einzigen Platte be-
obachteten wir:
a : (0 0 1) = 0° 30', woraus (1 0 0) : c = 14° 25'.
Optische Orientirung: (0 0 1) bc = 89° 30'.
M urmann und Rotter fanden den Winkel = 89"0"
Der Winkel zwischen den optischen Axen in Oel wurde
mittelst Platten bestimmt, die entweder zu der einen, oder
anderen Halbirungslinie normal waren.
lte Platte [(Ä B)]D = 47° 56', e = 1»",030, JV = 4,5
2te Platte [(A'B)]D = 131° 21', c' = l ,857, N' = 4,0
3te Platte [(4'B)]D = 130° 48', e = 0 ,775, JV = 1,6
Die erste Platte gab für den wahren Winkel .4Bv =
48° 8', wogegen die beiden andern gaben AB^ = 47° 54'.
Die der Symmetrie- Axe parallelen Prismen waren grofs
genug, um gegen die Flächen der Zone (1 0 0), (0 01)
mit Genauigkeit orientirt werden zu können, so dafs die
Lage ihrer Halbirungslinien gegen die Elasticitätsaxen a
und c festgestellt war.
p
70° 59'
72« 44'
46° 8\5
36° 18'
c . .
1,4608
1,4613
1,4617
1,4603
D . .
1,4632
1,4634
1,4640
1,4626
F . .
1,4682
1,4687
1,4690
1,4669
C . .
1,4687
1,4682
1,4646
1,4578
D . .
1,4712
1,4704
1,4669
1,4599
F . .
1,4765
1,4758
1,4723
1,4644
35° 30'
36° 52'
52e 31'
88" 38'
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575
Die Beobachtungen der Anzahl der Ringe um die
beiden Halbirungslinien gaben:
a)D ss 0,0026, woraus aD = 1,4607
(r — ß)D = 0,0125, woraus /D = 1,4758.
Diese Werthe stimmen mit denen, die sich mit Hülfe
der bekannten Formeln aus allen anomalen Indexen v er-
geben, und in der folgenden Tafel enthalten sind:
a
ß
c
. . . 1,4582
1,4610
1,4743
D
. . . 1,4602
1,4633
1,4768
F
. . . 1,4649
1,4682
1,4827.
A£D = 48° r
73° '5.
Die HH. Murmann und Rotter fanden früher:
AB=74<> 2' und ff = 1,468; 1,470; 1,474; 1,476
fittr die rothen, gelben, grünen und violetten Strahlen des
Spectrums. Diese Werthe sind viel gröfser als diejenigen,
welche wir mittelst der Prismen fanden, und sie nähern
sich merkwürdigerweise den Werthen des mittleren In-
dexes, die sowohl von uns, als von den genannten Physi-
kern für das schwefelsaure Magnesia-Ammoniak gehalten
wurden. Da die Ammoniaksalze im Allgemeinen beträcht-
lich gröfsere Brechungsindexe besitzen, als die entspre-
chenden Kalisalze, so ist zu vermuthen, dafs das von den
Wiener Physikern zu ihren Bestimmungen angewandte
Salz merkliche Mengen von dem isomorphen Ammoniak-
salze enthielt. Diese Verrauthung scheint bestätigt zu
werden durch den Werth des scheinbaren Winkels 74" 2',
der zwischen den Winkeln liegt, welche wir an dem Kali-
und Amraoniaksalz beobachtet haben.
76. Schwefelsaures Eisen-Kaii: Fe S O* . K> O4 + 6 H« O.
a : b : c = 0,7512:1 : 0,5111; ac = 75° 44' (Mur mann
und Rotter).
1 1 0 : 1 10 — 27° 7'; 011:011= 52° 42'.
Spaltbarkeit leicht nach (2 01).
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576
Ebene der optischen Axen parallel der Symmetrie-
Ebene. Charakter positiv. Zwei Platten gaben uns:
lte Platte . . a : (0 0 1) = 4° 14'
2te Platte . . a : (0 0 1) = 3° 14'.
Aus den Mittel wertheu:
a:(001) = 3 » 44' und c:(100)= 10° 32'
folgt die optische Orieutirung:
(0 0 1)bc = 86°16\
+
Miller fand 81°9', Murmann und Rotter erhielten
87° 14'.
Winkel zwischen den optischen Winkeln iu Oel:
1 te Platte l(A £)] = 67° 48'; e = 2m»,700; iV= 29,5
2te Platte, normal zur Halbirungslinie des stumpfen Winkels,
gab [(,4'ß)] = 114"7'; c'=l°"n,315; JV = 31,5.
Aus dem Winkel [(A B)] = 67" 48 folgt für den wahren
Winkel AB = 67" 5, während der Wiukel [(Ä'ß)] = 114*7'
giebt (A B) = 67° 32'.
Prismen, parallel der Symmetrie -Axe und orientirt in
Bezug auf die Halbirungslinien a und c:
p
35* 5'
39° 23'
c
1,4800
1,4809
\i . :
1,4829
1,4835
\ F . .
1,4891
1,4891
C . .
) D . .
1,4921
1,4921
1,4951
1,4951,
\ F . .
1,5016
1,5014
Prismen symmetrisch gegen die Symmetrie- Axe (die
Halbirungslinie der Prismen zusammenfallend mit der Axe 6.)
p 50° 35' 70° 301
f C . . 1,4805 1,4810
ft \ D . . 1,4828 1,4835
( F . . 1,4884 1,4893
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577
p 50# 35' 70° 30'
C . . 1,4944 1,4756
n ) D . . 1,4973 1,4781
' F . . 1,5034 1,4839
Ä:c 3° 44' 79° 28'
Die Anzahl der Ringe um die beiden Halbirungslinien
führte zu den Werthen:
(ß - a% = 0,0064, woraus «D = 1,4768
und
(.tf-;')D = 0,0141, woraus yD = 1,4973.
Der Winkel der Axen AB = 67" 18' giebt mittelst der
oben gefundenen fiu und aD:
; D = 1,4976,
was sehr gut übereinstimmt mit der aus der Anzahl der
Ringe gefundenen Zahl.
Die anomalen Indexe, substituirt in der bekannten
Formel, geben die beiden Ilauptindexe, die sich in fol-
gender Tafel beßnden. l) Die Werthe für den Strahl D
stimmen ziemlich mit den oben gefundenen aD und ;D.
a
ß
c . .
1,4751
1,4806
1,4947
D . .
1,4775
1,4832
1,4974
F . .
1,4833
1,4890
1,5041.
AB =
67° 18'
110* 82'.
Die HH. Mur mann* und Rotte r fandeji früher:1)
(AB) = ur 56' AB = esa r
und die mittleren Indexe für die verschiedenen Liuien des
Spectrums:
1,478, 1,480, 1,484, 1,489.
1) Die in der Tafel citirten mittleren Indexe sind die Mittelwcrthe der
Bestimmungen von ß mit Hülfe aller Prismen.
2) Sittongsberichte der K. K. Akademie. Bd. XXXIV, S. 153.
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586
II. Jlnicendung des mechanischen Wärmeaequi-
valents auf Molecularkräfte, Moleculargrbfse und
JMoleculardistanz ;
von G. Weinberg,
Staatsruth, Inspector des Moskauer Lehrbezirks.
1. J eden chemisch - einfachen , festen oder flüssigen
Körper können wir uns als ein Conglomerat von unend-
lich vielen Molecülen denken, von einander entfernt auf
Distanzen, welche die Dimensionen der Molecüle selbst weit
übertreffen. Jedes Molecül denken wir uns als aus un-
endlich vielen Theilchen, Atomen, zusammengesetzt, durch
unendlich kleine Entfernungen von einander getrennt.
2. Die gegenseitige Attraction je zweier Molecüle ist
eine gewisse Function ihrer Masse und der Distanz ihrer
Attractions-Centra, d. i. der Punkte, durch welche die
Resultante aller Attractionskräfte sämmtlicher, jedes Mo-
lecül constituirender Atome geht.
3. Alle Molecüle jedes chemisch-einfachen, festen oder
flüssigen Körpers können wir uns in Reihen geordnet vor-
stellen.1) Ist einmal die Dichtigkeit des Körpers überall
1) La moUcuU est cette portion infinement petitc que Ton ne pcut plus
diviser sans ddtruire la substance memo du corps. La moldcule est
cssentiellement solide, si eile est simple, eile sc divise cn atornes, qui
sont les derniers Clements des corps .... On supposc les mold-
cnles infinement petites, mais tri-s denses, rangees cn files, quoique
separdes par des espaces %'idcs beaueoup plus etendus que les espaces
pleins qu'elles occupent ... En realitd, quelques denses que soient
les corps, leurs molccules sont, rclativemcnt a leur volume, aussi
floignees les unes des autres que le sont les corps Celestes dans
l'cspace. Le gronpement des mole*culcs par files est d'ailleurs con-
firme' par les faits, puisque nous le voyons nettement dessine par
les expenenoes de projection des phdnomenes de la cristallisation,
commc aussi dans la congclation de l'humidite' de l'air a la surface
des vitres". . . . (Moigno, physique moldculaire, ses conqucles, ses
phenomence et ses applications. Kc^uml des travaux aecomplis dans
les vingt dernicres annecs. Paris 1868, p. 2 et,4).
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587
gleichförmig, so ist auch die gegenseitige Distanz je zweier
nächsten Molecüle überall dieselbe. Die Erscheinungen,
die sich uns bei der Kristallisation darbieten, rechtfertigen
in gewissem Maasse unsere Vorstellung solcher reiheför-
migen Anordnung der Molecüle an einander.
4. Die Molecüle selbst werden wir uns in folgender
Auseinandersetzung als Körper von drei gleichen Dimen-
sionen denken, als Würfel, Sphären, regelmässige Octaeder
u. dgl. — Haben wir einen, ein Kilogramm wiegenden
Würfel einer gleichförmigen, chemisch-einfachen und Über-
all gleich-dichten festen oder flüssigen Substanz, dessen
jede Kante n Molecüle enthält, und sind letztere auch
von kubischer Form, so sind im ganzen Körper n3 Mo-
lecüle enthalten.
5. Nennen wir die Distanz D' D" je zweier Molecüle
einer solchen Substanz, bei der Temperatur der grössten
a ..
D".
. er.
D'"
• •••••• *s •
Dichte des Wassers (-f- 4,1° C.) genommen •, die Dimension
des Molecüls = d, so ist die Distanz ihrer Attractions-
Centra = C C, oder
CC = C'C" = . . . = CD' -h CD" -f- DD* — d -f- 1.
Die Grösse d -f- t drückt auch die Entfernung zweier
Anfangs- oder Endpunkte beider Molecüle aus. Wird
nun der Körper auf 1° C. erwärmt, so wächst diese Gröfsc
auf k (d -f- i), wo k den linearen Ausdehnungscoefficienten
der Substanz vorstellt.
6. Die von einem Körper aufgenommene Wärme wird,
wie bekannt, nicht vollständig zur Vergrösserung seiner
Temperatur verbraucht. Während nur ein Theil derselben
zur letzteren dient (die sogenannte absolute Wärmecapa-
cität der Substanz), so dient ein anderer Theil zur Ver-
grösserung seines Volums (zur Erzeugung einer äussern
Arbeit), ein dritter endlich — zur Vollführung der nicht
unmittelbar zu ermessenden inneren Arbeit In folgender
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588
Auseinandersetzung werden wir immer nur auf den, die
Dilatation des Körpers hervorbringenden Theil der Wärme
unser Augenmerk richten.
7. Zufolge der mechanischen Wärmetheorie kann be-
kanntlich dieselbe Wärmequantität, die genügend ist, ein
Kilogramm reinen Wassers auf 1° C. zu erwärmen, das-
selbe Gewicht auf die Höhe von 425 Meter erheben (diese
Zahl ist das Mittel aus Joulc's zahlreichen Versuchen).
Denken wir uns z. B. nun ein Kilogramm Wasser, welches
wir einstweilen als eine chemisch- einfache Substanz be-
trachten, in Form eines Würfels (bei -f- C), »s Mo-
lecüle enthaltend. Wenn wir annehmen, dass alle diese »J
Molecüle zu einer Reihe geordnet sind, so wird die Er-
wärmung auf 1ÜC. die allgemeine lineare Dilatation n3(</-H) *
hervorbringen. Nehmen wir an, dals dieselbe, nur lineare
Dilatation herhor bring ende Quantität Wärme im Stande
sey, dieselben n9 Molecüle Wasser auf die Höhe h zu heben,
so folgt demnach der Schlufs, dafs dieselbe Kraft, die das
Gewicht eines Wassermolecüls p auf h Meter hebt, im
Stande ist, die gegenseitige Attraction zweier benachbarten
Molecüle f bekämpfend, diese Molecüle in eine Distanz
k(d-r~i) zu schieben. Da nun die Arbeit beider Kräfte
offenbar gleich ist, so ergiebt sich die Gleichung:
/•(« + 0*-pA;; = (-5-+V* • • 0)
8. Betrachten wir nun ein Kilogramm einer andern,
gleichfalls chemisch -einfachen und überall gleich dichten,
festen oder flüssigen Substanz, in Form eines Würfels,
n'3 Molecüle enthaltend; es sey resp. d — die Länge jeden
Molecüls, i' — die Distanz zweier Molecüle (bei 4°^1 C),
so wird dieselbe Wärmequantität, die die Temperatur eines
KU. Wassers auf 1° erhöht, ein gleiches Gewicht der
andern Substanz, deren speeifisebe Wärmecapacität c' (die-
jenige des reinen Wassers als 1 genommen) blos auf l,
erhöhen und, wenn wir uns wie zuvor alle Molecüle s»
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589
einer Reihe geordnet denken, eine lineare Dilatation:
„'s +
verursachen. Sollte nun aber dieses Wärmequantum diese
Masse von n'3 Molecüle auf h' Meter heben können, so
bekommen wir, nachdem wir die vorigen Betrachtungen
anstellen, die ähnliche Gleichung:
h n c
Ebenso für eine andere Substanz: f" = r>—
9. Ein Kilo reinen Wassers (bei -+- 4°,1 C.) bildet
einen Würfel, dessen Kante =10 Centim. — Es sey das
speeifische Gewicht eines andern, auch 1 Kil. wiegenden
Wurfeis einer andern Substanz = //, so erhalten wir die
Länge x der Kante dieses Würfels aus der Proportion:
10a J' , 10«»*
x^^T5 X = • »
und da auch: x' = n' (d Oi n>' P' = 1000*', so ergiebt
sich :
' (20
und demnach folgt aus (2):
f=i£fav5 r=hy'v^ • (3)
10. Bezeichnen wir das der betrachteten Dilatation der
ganzen Reihe Molecüle correspondirende Wärmeaequivalent
mit T(, so ergiebt sich:
oder, wenn wir anstatt n'3 seine Grösse aus vorigem §
entnehmen :
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590
T joootf/_. r — V + '">' T> m
Bezeichnen wir nun rrrK7, welches ja die Gröfse
der Molecular - Attraction auf einer Einheit« -Oberfläche
(1 Dc'Bt) ausdrückt, mit F, so wird:
J< c^T ' — 1000 Jb' w
da aber T = 1 Krfl. h'; Ta = 1 KL A", demnach:
* ~ 1000/:' ' "~ 1000*" '
woraus die Proportion:
P c'/i' h' k"
F" ~~" c"J" h" k
r .... (6)
Wir ersehen also, dafs die Molecular attraction einer
Oberflächen-Einheit direct proportional ist der specißschen
Wärmecapacität und der specißschen Schwere der Substanz
und im umgekehrten Verhältnisse zu ihrem Äusdehnungs-
coefficienten steht — was auch vorauszusehen war. — Ist
die zur Dilatation verbrauchte Arbeit bekannt, so berechnet
man aus (5) die Molecularattraction F und auch umgekehrt.
11. Wenn wir die Formel (5) zur Molecularattraction
einer Substanz anwenden , deren J' = 1 , c == 1 (W asser
als chemisch-einfache Substanz einstweilen betrachtet), so
ist resp. f = f; k' mm k; T mm T, und es ist:
F=xmi 0)
Diese Formel wollen wir durch anderwärtige Betrach-
tungen rechtfertigen. Denken wir uns ein Kilogr. Wasser
(bei -f- 4°,1 C.) als einen Würfel, dessen Kante = 10cl- und
der (laut voriger Annahme) n3 Molecüle enthält, so sind
in der Kante n Molecüle enthalten. Bezeichnet nun F
die Molecularattraction auf 1 □rt* wirkend, so wirken auf
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591
100 □rtn (d. i. auf den vertikalen Durchschnitt des Wür-
fels) 100 F. Enthält ferner die Kante n Molecüle, so ist
die Molecularattraction der ganzen verticalen Section
= 100 Fn. Wird nun die Temperatur der Substanz auf
1° C. erhöht, so wird ihrerseits eine jede solche Section
auf [d -h i)k dilatirt und ist folglich die totale Arbeit der
Dilatation = 100 Fn (d -f- t) k. — Wird anstatt F seine
Gröfse aus (7) entnommen, so bekommen wir die iden-
tische Gleichung: n3 (d -h t)s = 1 000 , welche die Formel
(7) vollkommen bestätigt. —
Wir wollen jetzt unsere Formeln zur Erforschung der
Gröfse der Molecularattraction anwenden.
Wie schon gesagt, ist die Attraction zweier Molecüle
eine Funktion ihrer Masse und der Distanz zwischen ihren
Attractions-Centra : sie ist nämlich proportional der Masse
und verhält sich umgekehrt zu einer bis jetzt unbekannten
Potenz x der Distanz zwischen je zwei Molecülen. — Be-
zeichnen wir, wie zuvor, die Molecularattraction mit f; es
sey m' die Masse jedes Molecüls, die Distanz zwischen den
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592
Centra der beiden Molecüle (bei -h 4°,1 C.) = d' -+- t', und
die Attraction der Masseneinheit bei einer Distanzeiuheit
= er, so ist für irgend eine Substanz:
• • (8)
da aber laut (2): f = ^r^p, folglich:
Nennen wir das Volumen des Molecüls die Zahl
. der Atome in der Volumeneinheit <V; die Schwerkraft
so ist m' = ©'<>'; p' = tri g = v <V g und die vorige For-
mel wird:
Letztere Gleichung wird hinsichtlich Wasser:
fc (t/ + 0* 1
und aus beiden letzteren Gleichungen ergiebt sich:
vd(tt+i'y « k'h
(9)
Wenn wir zugeben, dass die Molecüle beider zu ver-
gleichenden Substanzen drei gleiche Dimensionen haben
und aufserdem einander ähnliche Korper sind, d. i. beide
Würfel, oder Sphären, oder regelmäßige Octaeder usw.,
dafs ulso folglich ihre Volumina sich wie die Kubi der
homologen Dimensionen beziehen, so wird:
v — d> ' i ~ a-
Hier bedeutet 0 das speeifische Gewicht des Molecüls
oder das wahre speeifische Gewicht der Substanz hinsicht-
lich Wasser, wenn zwischen den Molecülen beider Sub-
stanzen keine Intervalle da wären. Nehmen wir dabei
gleiche Massen von beiden (1 Kilogr.) == P, so ist:
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593
P=n'a(d'+iyj'.g; P tm ri9 et9 Q . g
P=n> (d +%Y. l.g-, P.= n*d9A.g
woraus folgt:
bringen wir diese Gröfsen in (9) anstatt: - und - = 0y
so bekommen wir folgende Relation:
ij-^; - u j h - - • (10)
woraus sodann:
* L w+oJ
13. Der soeben gefundene Ausdruck der Potenz, der
die Molecularattraetion folgt, ist aber, wie die Beobachtung
zeigt, bei festen flüssigen Substanzen gröfser als 1 und
positiv. Betrachten wir diese zwei Bestimmungen genauer:
1) Ist x ;> 1, so ist immer:
U+VkTk>> ,y-f-l'oderauch: T^0'^w/ >l <12)
Daraus schliefsen wir:
a) Ist — <: 1, so ist immer , , . >- 1.
' k c h =s d -h i
Wir sind also im Stande, die Gröfse der Molecüle und
die zwischen denselben existirenden Intervallen (bei -f- 5°,1
C.) zweier Substanzen zu vergleichen, von denen die eine
Wasser oder irgend eine andere Substanz ist, deren spe-
eifisi-hes Gewicht und Wärmecapacitat als Einheit ge-
nommen ist.
b> Ist *7? > *' 80 ,8t auch (d+ly > *7Ä'
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594
2) Die Potenz x ist bei festen und flüssigen Potenzen
immer positiv; folglieh:
(13)
wenn (<f 4- %J k'zf h > (d + i)4 k * *'
so ist auch (<f 4- i) ^ (d 4- i)
2) Betrachten wir die erste Bedingung:
wenn (df + i')4 J' A < (d 4- t)4 * c' h\
so ist auch (d' -+- 1 ) > (d + i).
Wenn d' 4- •' > d -f- i, so ist, da laut (12):
A'^A _y + 0s
die erste dieser Bedingungen ä fortiori richtig, also:
Wird aber in der Gleichung (10) anstatt des zweiten Theils
seine GröTse aus (12) entnommen, so erhalten wir:
da aber laut Bedingung ;> 1, so mufs auch 4 — x <T 3,
also 1, wie vorauszusehen war.
6) Wir schreiten nuu zur zweiten Bedingung:
ist {d 4- i')4 W Ä < (d i)4 k c' h\
so ist auch (d 4- •') < rf +
Vergleichen wir die zweite Ungleichheit mit (12), so
folgt ^> 1 und daher aus (10) (j^)*"*< 15 da aber
«< 1, so schliessen wir, dafs 4— a: ei«« positive
Gröfse seyn müsse und folglich x <? 4. Wir ersehen
demnach, daß die Potenz der Molecular-Attraction x ;> 1
und a; < 4.
Nach (11) kann * = Jj im Falle (d' 4- •')**' A =
(d4-i)4*c'A' und auch d'4-i'=d4-i, also im Falle',
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595
wenn k'/f h = kch'. — Wir ersehen daraus, dafs, wenn
k'J'h = kch\ so mufs auch d -f- = d -f- 1; letzteres
kann aber bei festen und flüssigen Substanzen an und ßr
sich nicht existiren, sonst müsse x = oo, und aus (12) wäre
dann k'J' h ;> k c h\ was der Bedingung widerspricht.
14. Bei der Ausführung der Gleichung (10) stützten
wir uns auf die Hypothese, dafs die Molecüle beider zu
vergleichenden Substanzen drei gleiche Dimensionen hätten
und einander ähnlich seyen. Es ist aber leicht beweisbar,
dafs die Gleichung (10), so wie auch alle aus derselben
entnommenen Schlüsse dieselben bleiben, wenn die Mole-
cüle beider Substanzen einander auch nicht ähnlich sind,
sobald nur die drei Dimensionen jedes Molecüls gleich sind.
Nehmen wir beispielsweise an, die Molecüle einer Substanz
wären würfelförmig, der anderen aber sphärisch, so hätten
anstatt - = ^j, im letzten Falle - —\n ^- , kurzweg
— =s/4. rfJ ; da aber zu gleicher Zeit die Gleichung:
sich verwandelt, die andern Proportionen aber nicht ge-
ändert werden, so verschwindet bei Einfuhrung dieser
Gröfsen in (9) der Coefficient p ganz, und wir bekommen
abermals die Gleichung (10).
15. Bis jetzt hatten wir die Molecüle einer gewissen
Substanz mit denen des Wassers verglichen. Wir schreiten
jetzt zur Untersuchung zweier beliebigen Substanzen.
Für solche erhalten wir resp. aus (10):
Pj, (d"+ <")' ■'= | o» -+- <r*= ß \ '
und sofort:
•'/-= (<f-f- <")'-*•
Poggendorffs Annal. Ergantungsbd. VI. 39
(14)
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596
Führt man in die Formeln:
statt m' und m" ihre Größen — und — ein, so erhält man :
y 9
i . /v . ! . . ry .
(<t + ty ~ ap" 9 (/+.•")• "" «/?',~'
in Folge dessen erhält vorige Gleichung folgende Form:
Stellt man nun anstatt p'* und p"a ihre Gröfsen:
P" = (rf »7 i*; p"1 = (<r + ov* i*%
und statt: -r£^r wie zuvor F' (Molecular-Attraction auf
einer Oberflächeneinheit), so ist:
k' F k" F"
~T3 7i = vO7!» = • • = COU8t- • • • (15)
*' c' / h"c' J
Aus Gleichung (14) folgt sodann:
und demnach bekommen die Gleichungen (5) folgende
Form :
w+ 0'-. = JLt!£+ n>- = , = con8t. , 1G)
und uns (14), die man folgenderniaafsen schreibt:
ziehen wir den Schlufs: tu jeder Substanz ist die Summe
(rf'-f-t') desto gröfser, je gröfser c und je weitiger das
Product k' 4 ist.
Uebrigens kann man (15) folgendermaafsen schreiben:
F_ k" c'J'h'
F,m* k'c'j"h»
und erhält genau wieder die Gleichung (6), welche ganz
unabhängig von der Molecular- Attractions -Potenz herge-
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597
leitet ward. — Wird aber letztere Gleichung mit Glei-
chung (14) verbunden, so ergiebt sich:
/'-rU+vJ • • •
Letztere Gleichung nimmt leicht folgende Form an:
F' /T72 f) • • • (18)
IG. Aus § 13 ist zu ersehen, dafs die Potenz der
Molecular-Attraction zwischen den Grenz werthen 1 und 4
enthalten ist. Da aber, allen Beobachtungen zufolge, die
Molecular-Attraction mit der Entfernung schneller als die
Gravitation abnimmt (d. i. mehr als die Quadrate der Di-
stanzen;, so sind wir berechtigt anzunehmen, dafs die
Molecular - Attraction im umgekehrten Verhältnisse der
dritten Potenz der Distanz abnehme, und zur Berechtigung
dieser Annahme können folgende Beweise dienen:
a) Nehmen wir in Formel (17) an, dafs x = 3, so
wird demnach:
_ £ /<j"H-i%
Fr'\<r + ?)>
da aber: F = ; F"= und auch
p'= (d'-hi'yj'.g; p"=(tf'+i7/.j, so folgt
f f*'
sofort: i , = J, „ . Ist also x =* 3, so ist
a p dp
die Molecular-Attraction der Masseneinheit jeder
Substanz und jeden Molecüls dieselbe — wie zu
erwarten stand.
b) Aehnliches ergiebt sich auch aus Formel (16).
Ist x = 3, so folgt: jf-r= jirpr-
c) Wird in den Gleichungen (17) und (18) x = 3
gesetzt, so ergiebt sich die ganz richtige Folge:
P" 8855 tf+wr'
39*
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598
Aus dem Vorigen erhellt, dafs unsere Annahme x = 3
ganz naturgemäß* ist und die Potenz der Molccular-Attrac-
tion vorstellt.
17. Wenden wir uns zur Gleichung (17). Aus der-
selben ergiebt sich:
MÄ?) ' ' ' m
Hier unterliegt x abermals zwei Bedingungen: 1) Diese
GröTse x >- 1 ; 2) x ist eine positive GröTse:
1) Ist x >► 1, so findet die Bedingung statt:
oder auch:
stellt man statt = aus (6), so ergiebt sich:
T^FVJ+vJ > *■ oder > 1 • (21)
entnimmt man statt -^rjyyi seine Gröfse aus Gleichung
(14), die man folgendermalsen schreiben kann:
so bekommt (21) die Form:
W'H-i"/ ^ A'
und da doch x > 1, so ist unumgänglich d" -+- t" > rf -f- i
2) Damit a? immer positiv bleibe, mufs folgende Be-
dingung stattfinden: ist
so mufs auch:
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599
da aber, wie gesagt, d"-\-i" > d' -+- *', so existirt mir fol-
gende Bedingung:
£(t^)4($)>i • • • <22>
welche mit Bedingung (20) identisch ist und dieselbe
rechtfertigt.
Stellt man in die letztere Bedingung statt F und F"
ihre Gröfsen W+W* 80 wird:
Ist also p' > p", so ist a fortiori f > f • ~ Wir schliefsen
also daraus Folgendes: ist in einer von zwei Substanzen
d'-hi'< d" -f- F und dabei p > p", so ist f > f , und
da p' = (d -f- iJJ. g; p" = (d'-h i"W-9, *<> mufs auch
18. Untersuchen wir näher die Gleichung (14):
Da, wie oben erwiesen, x < 4, so sey 4 — x = m, und
wir erhalten sofort:
J" k'c'h" f<t+t\m
-J— k"c'h' ' Vd" H-»'7
a) Ist ef'-H r > <*' ■+• »i so mufs auch ;
oder auch:
€ ^* c" *"
(23)
und auch umgekehrt.
b) Ist rf" -+- •" < d » , so mufs auch :
^"il" ^ c'h"
und auch umgekehrt
rsr • • • •
(24)
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600
c) Gesetzt nun es wäre d' i" = d -h t', so folgt
aus Gleichung (19) x = oo, dann folgt aber auch aus (8)
/"'== 0; mit anderen Worten, die gegenseitige Molecular-
Attraction ist null, d. i. wir haben es mit einem Gase zu
thun — Nimmt man in (17) und (18) an, es wäre d'-h l
= d * ~f- t', so folgt :
es ergiebt sich also:
y»_ = ^» (25)
Es ist also in Gasen das Gewicht des Molecüls dem
speeifischen Gewichte des Gases proportional, und wirklich
ist, wie bekannt, bei Gasen das chemisch-sogenannte Atomen-
gewicht mit dem speeifischen Gewicht identisch. Umge-
kehrt: da das Resultat (25) genau den Beobachtungen
entspricht, so findet auch bei Gasen die Bedingung statt:
d' -f- i" = d -+- % und auch f = o. —
19. Nehmen wir zwei Volumina Gase V und V" bei
gleicher Temperatur und unter gleichem Drucke, so ist,
wenn man vorige Benennungen beibehält: V = n'J(d-r-i')';
(iT-H f)P. — Sind nun F' = Kw, so ist, da nach
vorigem d'-f- •' = d"-hf", auch:
n" = n"3 = .... (26)
Es ist dieses das bekannte Gesetz G ay -Lussac's
(richtiger — Avogadro's), nach welchem: gleiche Vo-
lumina zweier chemisch-einfachen Gase bei gleicher Tempe-
ratur und gleichem Drucke dieselbe Quantität Mokcule ent-
halten.
Denken wir uns Gase bei der Temperatur des absoluten
Nullpunktes, bei welcher also keine Intervalle zwischen
den Molecülen da sind, so ist dann t'=o; i" = o, und
aus der vorigen Gleichung d ' -f- t' = d" f folgt sofort
d = d" = d". Folglich sind die Molecüle aller Gase von
gleicher Gröfse : da aber bei jeder Gleichung d' -f- i ' = d"-h t''
besteht, so ersehen wir daraus, dafs bei gleicher Tempr-
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601
raiur und gleichem Drucke alle Gase gleiche Dilatation s-
Coefficienten haben, was, wie bekannt, die Beobachtung in
hohem Maafse rechtfertigt.
20. Wenden wir uns nun zur Betrachtung der che-
misch-zusammengesetzten Substanzen. Bezeichnen wir das
Gewicht des chemischen Atoms dieser Substanz mit P, ihre
Warmecapacität mit c; Seyen resp. F, F\ F" . . . die Ge-
wichte der chemischen Atome, c, c", c!" ... die Wärmc-
capacitäten der constituirenden Substanzen, wie auch ft\
u " ... die Zahl der Atome , so haben wir nach dem
bekannten Dulong-Petit'schen, von Woestyn erwei-
terten Gesetze:
c P = «' c'F-h u" c" P -f- u" cT F" -+- . . . (27)
Bezeichnen wir mit p, p, p", p" . . . das Gewicht eines
Molecöls der zusammengesetzten und der sie constituiren-
den Substanzen, und sey », ri\ n"" . .. die Zahl der
Molecttle, die im chemischen Atome der Substanz ent-
halten ist, so ist, wenn man die vorigen Bedeutungen bei-
behält:
n fk(d+ 0. > ^'(^-+-0
P — ~ hc~ ' P * * *
und (27) wird also, wenn man ~ = « ; ^ = a ... an-
nimmt,
tt n fk (rf 4. i) = ii' „' „> f k' (d' H- •') -4- a"«"«T*'K-r- »")
-f- umamnmfmir (cT-h i"r) -f- . . . (28)
betrachten wir eine binäre chemische Verbindung, so ist:
, _ « nflc (d + Q-ft"a"n"rk" (<f'+ ,") f9Q.
Es unterliegt aber u' dreien Bedingungen: 1) diese Grölse
mufs positiv; 2) /i < 1, und 3) u! ist eine ganze Zahl
und folglich ist Function (29) auch eine ganze Zahl.
1) Ist tt' positiv, so ist auch:
a nfk(d «" «" n" f *" (<*" + f>
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602
oder:
Je gröfser desto kleiner ist also dasselbe ergiebt
sich offenbar auch hinsichtlich // und ri. — Daraus
schliessen wir, dafs: je gröfser die Zahl der chemischen
Atome, mit welchen eine Substanz ton einer binären Fer-
bindung zur andern tritt, desto kleiner ist die Zahl der
Molecüle der chemischen Atome dieser Substanz. Die Zahl
der Molecüle des Atoms Oxygen mufs also kleiner als die
der anderen Stoffe seyn.
2) Ist = 1, so ist auch:
anfk(d+i) = a'rif'k> (rf' + f) -h ,u"«"«7"Ä" (d"-h i") ;
da aber, wie schon gesagt, anfk(d-hi)^it"ft"n"f"k"(^-r-i"\
so mufs a n' f k' (d' -f- t") o, oder f > o seyn. Es folgt
daraus: Befindet sich in einer binären Verbindung eine
einatomige Substanz, so könnte diese Substanz auch im
selbstständigen Zustande kein vollkommen gasförmiger Kör- •
per seyn.
3) Ist fi' > 1, so ist auch:
anfk(d-hi)>a'n' f' k' (d' + t") + u" a" n f k" (<f -+- •'),
gesetzt also, es wäre f = o ; /"' = o, so ist immer /* .> o,
und dieses berechtigt uns zu folgendem Schlüsse: Ent-
halten in einer binären chemischen Verbindung beide Sub-
stanzen ein oder mehrere Atome, so kann, im Falle beide
Stoffe im selbstständigen Zustande auch vollkommene Gase
zu seyn pflegen, der am ihrer Verbindung entstandene
Körper kein vollkommenes Gas darstellen.
21. Wenden wir unsere Gleichung (4) zur Erforschung
der Disgregation des Körpers in Folge der Wärme an.
Unter Disgregation versteht Claus ius1) den Grad der
Zertheilung des Körpers in Folge der Wirkung der Wärme,
1) Claus in s, Mechanische Wärmelohre, Bd. I, S. 248, sqq.
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603
die immer dahin geht, den unter den Molecülen stattfin-
denden Zusammenhang zu vermindern, und wenn dieser
gelöst ist, die mittleren Entfernungen der Molecüle zu
vergrößern. — Bei der Disgregation finden zwei Wirkun-
gen gleichzeitig statt: die innere Arbeit und die äufsere.
Unter letzterer verstehen wir Bekämpfung der von Anisen
auf den Körper wirkenden Kraft. Denken wir uns die
äufsere Arbeit als einen von auswärts auf den Körper wir-
kenden Druck, so ist diese Arbeit unserem Wahrnehmen
zugänglich und meisbar,
22. Nennt man Z den Grad der Disgregation eines
Körpers, dZ eine unendlich kleine Variation derselben;
nennt man ~ das mechanische Aequivalent und T die
absolute Temperatur des Körpers (vom absoluten Null-
punkte gerechnet); neunt man ferner dL die unendlich
kleine, durch die Variation der Disgregation d Z hervorge-
brachte Arbeit, so ergiebt sich nach Clausius folgende
Gleichung:
Wir können aber die ganze Arbeit dL in zwei Theile
zerlegen, in die innere Arbeit dJ und die äufsere Arbeit.
Denken wir uns letztere als einen Druck p, der darauf
ausgeht, das Volumen des Körpers v zu vermindern, so
ist die unendlich kleine äufsere Arbeit pdc und: d L =
dJ-\-pdv; die vorige Gleichung wird demnach:
dZ=^(dJ-^rpde) . . . (30)
In der Gleichung (4) stellt T einen Bruchtheil von
dem Aequivalent — vor, da zur Dilatation blos ein Theil
der Wärme verbraucht wird ; wir können also T, =» ~-
setzen und die Gleichung (4) wird demnach:
1 — 1000/* ' a-i-%— V cJ
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cm
Differentiirt man diese Gleichung hinsichtlich i, f, //,
6o ergiebt sieh:
u^jmwAkj ("/-/«) . . (3i)
Bezeichnen wir mit t) die wahre Densität der Substanz
(d. i. wenn zwischen den Molecülen keine Intervalle exi-
stirten), mit n «P das Volumen des Molecüls (u ist ein Co-
efficient, von der Form des Molecüls bedingt, das, nach
unserer Annahme, drei gleiche Dimensionen hat), so ist:
J ft d* . d ft tl* a
(wenn man «.)d5=« setzt). Also dA — rrf . ^ und
aus (31) erhalten wir, wenn = ti:
Wir wollen aber die Disgregation des ganzen Körpers
betrachten und müssen demnach diejenige aller Molecüle
nehmen, d. i. wir müssen beide Theile der vorigen Glei-
chung mit der Zahl der Molecüle einer Gewichtseinheit
n3 multipliciren. Es war aber (2'):
1000 . , «_
1000
folglich «* = — - ; die vorige Gleichung wird also:
1000 |2 y aß y~r - _ %Jf | 1000 3
Vergleicht man die Bedeutung der in letzterer Glei-
chung enthaltenen Grölsen t und f mit den in Gleichung
(30) enthaltenen Grölsen, so ergiebt sich:
dZ*mn*di= 1000 dt; dJ = n*df = 1000 df
und wir haben demnach:
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605
1000
r%
d Z = . ./^— df
h \' V f 3/ ]
L 1000 (rf-W)a rf-h » J
und da:
rf z = 4 (d j + p 1») - 4 ( 1 v L d f+ p d v)
so folgt:
1000
L r 1000 f (rf + 0» rf-hij
da aber:
(rf + 0» = 7- _ ; ,/ = .}J ; d-H, = löööl^iTi
folglich nimmt vorige Gleichung folgende Form an:
r
df= j- —,ooo^ rf * • • • (34)
~f **~ uT
Aus dieser Gleichung ist zu ersehen:
1) Die Gröisen df und dt? haben verschiedene Zeichen,
wie vorauszusehen war.
2) Bei gleichem dv wächst dfy je nach der Grölse von
kf p und « (= a d" d3).
3) Bei gleichem dv verkleinert sich df, je nachdem c
wächst.
Bezeichnen wir 1000 mit y, so ist:
n
(; -f- ß/) df+Apdv = o
und als Integral dieser Gleichung ergiebt sich:
yf—^J-+-Afpdv = o. . . (35)
Diese Gleichung gilt für feste und flüssige Substanzen;
T = a -4- t sb « -h 5,1 C. — Die Integration kann nur
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606
dann ausgeführt werden, wenn uns die Relation zwischen p
und v bekannt ist.
23. Wollen wir Gleichung (35) für Gase anwenden,
so drückt alsdann f den Zusammenhang, durch den äufseren
Druck bedingt, aus. Hinsichtlich der Gase haben wir be-
kanntlich die Relation (laut dem Mariotte'schen und Gay-
Lussac'schen Gesetze)
pv = RT
wo R eine constante Gröfse ist. Wir haben also, die
Integration vollziehend;
rf—ly+AFLT.lgt> = const.
oder wenn bei /" = /", v = t> ist, so folgt, wenn wir
1 --- b «>: =5 bezeichnen:
aRT r' A*Rk s
/ 1000 c \ \ ff -,>. .
{Trt + ZORh ' ff) (/W) = lg V
— — — ß
V
Die Gleichung (36) beweist uns: dafs, wenn f in arith-
metischer Progression wächst, sich das Volumen des
Gases ein wenig mehr vermindert, als in geometrischer
Progression; übrigens vermindert sich das Glied ~n je
nach der Grölse von f und f\
24. Bezeichnen Q' und Q zwei Wärmequantitäten,
corre8pondirend zweien Volumen Gases v und f>, so haben
wir, bei gleicher Temperatur , die bekannte Gleichung:
Q- Q = ARTlg ±.
Vergleichen wir diese Gleichung mit Gleichung (36),
die man in folgeuder Form darstellen kann:
~Av-n+£(7-7)=AIlT'^
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607
so erhalten wir:
P—^aOfr-n-or-Q . (37)
Diese Gleichung beweist:
1) Wenn Q' >• Q, so raufs f <T also: frei Vermeh-
rung der Disgregation oder der Iiepulsivkraft eines Gases
mtffs eine gewisse Quantität Wärme latent werden, und um-
gekehrt — bei Verminderung jener Kraft mufs diese Wärme
wieder frei werden.
2) Das Latent- oder Freiwerden der Wärme vergröfsert
sich bei Verminderung von a (oder beim Vermindern der
Dimensionen des Molecüls ) und bei Vergröfserung der
Grüfsen c und f (oder der ursprünglichen Gröfse des äufse-
ren Druckes auf das Molecül).
III. Veber den *Yehemtrom; von
K. ff*. Kno rhenhauer.
(Schlüte von Erg.-Bd. VI. S. 314.)
Oie Verhältnifszahlen sind in den ersten beiden Reihen
ziemlich unabhängig von in den beiden andern scheint
besonders zu stören, dafs K ft\r D = 32 zu klein ist;
nimmt man aus dem Versuche mit 4 Flaschen # = 161,1,
so erhält mau statt 4,94 und 5,93 die Zahlen 5,63 und
6,81 , die mehr zu den andern stimmen. Führt man die
Rechnung jetzt so, dafs man die Länge z des Schliefsungs-
bogens (1) unbekannt läfst, die andern aber nach ihren
mittlem Werthen ansetzt, so folgt aus &ft):&f$) = z: 160,2,
z = 47,8 oder 10,0 in & abgezogen z = 40,3, und aus
#?,):#?3) = s : 310,3, « = 56,4 oder 45,5 und nach der
Aenderung unter # = 32, z = 54,1 oder 43,6. Die Be-
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GOS
rechnung scheint dafür zu sprechen, daß man in den
Werthen von K den constanteu Werth 10,0 d. h. den Re-
duetionscoeffieienten bei fehlendem Eisendrahtbündel fort-
zulassen habe, um den Ueberschufs proportional zur Qua-
dratwurzel aus der Länge des Schliefsungsbogens ansetzen
zu dürfen.
Zweitens wurden die Widerstände bestimmt, welche
das Eisendrahtbündel in den Spiralen veranlafst, wenn die
eiue im Hauptdraht, die andere zum Nebenstrom geschlossen
ist. Um hierbei keinen fremdartigen Widerstand hinein-
zuziehen, wurde Thermometer V im Bügel durch 0m,G5
Kupferdraht ersetzt, und somit die Längen unverändert er-
halten. Das Verfahren war folgendes: Zuerst wurde die
eine Spirale in den Schliefsuugsbogen eingeschaltet, die
andere durch einen Bügel geschlossen, und an Therm. F,
das Therm. // im Hauptdraht ersetzte, & beobachtet; dann
wurden die Spiralen aus dem Schliefsuugsbogen entfernt,
dafür ein stark hemmender Draht von bekanntem, auf die
Neusilber-Einheit bezogenem, etwas kleinerem Widerstand
w eingesetzt und // beobachtet, endlich ein zweiter Draht
von etwas gröfserem Widerstand w" eingesetzt und wieder
W beobachtet. Bezeichnet w den Widerstand in den Spi-
ralen, W den Widerstand des unveränderten Stamms und
C eine von der Batterie und der Stärke ihrer Ladung zu-
nächst abhängige Constante, so hat man die 3 Gleichungen:
<i _ C t C (i Ii _ C
und leitet aus ihnen:
ab, womit man w berechnet. Neusilberdraht, Durchm.
= 0,177, wovon ein Zoll die Widerstands-Einheit bildet,
in den Stamm einzusetzen, würde bei den zum Theil sehr
grofseu Längen zu unbequem gewesen seyn, daher be-
nutzte ich einen neu hergerichteten Rheostaten aus Platin-
draht von 0um,175 Durchmesser, von dem 0,507 Meter
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I
609
Lange einen Widerstand = 50 gaben; es waren Draht-
stücke erst von tc = 50, dann von tr=je 100 durch
Quecksilbernäpfe abgeschieden, so dafs sich Widerstände
von 50, 100, 150 ... bis 950 bequem in den Schliefsungs-
bogen einschalten liefsen.
Ich theile zunächst zwei Reihen mit, in denen Spirale
1 auf II und Spirale II aufl inducirte in Schlb. (1) = 4m,P)
und worin alle 7 Bügel der Reihe nach augewandt wurden;
zwischen ihnen stehen die Beobachtungen, wenn Platin-
draht eingeschaltet war; unter w steht der berechnete Wider-
stand der unter den Einflufs des Eisendrahtbündels ge-
stellten Spiralen.
2 Fl. .9 = 32. Schlb. (1).
I. -
II.
I. -II.
Büg.
w
Wid.
# beob.
& bcr.
Büg.
w
1
24,00
33,7
0
37,87
37,44
1
17,70
67,9
2
20,10
51,7
50
20,40
20,64
2
15,00
92,2
3
15,70
85,1
100
14,30
14,25
3
12,33
124,7
4
13,20
112,9
150
10,80
10,88
4
10,97
146,8
5
10,47
156,9
200
8,80
8,80
5
9,37
183,6
6
7,53
245,7
250
7,43
7,39
6
7,40
251,0
7
4.97
402,7
300
6,23
6,36
m
5,10
389,8
350
5,53
5,59
400
5,00
4,98
450
4,50
4,50
Man ersieht aus diesen Reihen, dafs der Widerstand
der Spiralen immer gröiser wird, je länger der Bügel ist,
und dafs er bei I— II Büg. 1 wenig mehr beträgt als bei
entferntem Eisendrahtbundel , wo er nach einer spätem
Beobachtung = 22,3 ist.
Wie genau Therm. V (alle Thermometer thun dies
nicht ebenso) die Formel # = ausdrückt, kann
w -h w
man am besten an den mitten inne gestellten Beobach-
m
1) Vorher 8" ,8; mn gleich viel ändern sich auch Schlb. (2) und (3).
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ülO
tungen sehen, wo w von 0 bis 450 aufsteigt. Denn ent-
lehnt man aus allen 10 Beobachtungen C = 2300 und
W = 61, 44, so erhalt man die nach der Formel berech-
neten Werthe von tf, die den beobachteten so genau als
möglich entsprechen. Dies bestätigt meine frühere Be-
hauptung, dafs sich aus Therinometerbeobachtungen ebenso
exaete Resultate ziehen lassen, wie man sie sonst erreicht,
nur darf man nicht vergessen, dafs die Entladung einer
Batterie wegen des Funkens leicht etwas schwankt, und
man darf daher die Mühe nicht scheuen, mehrfach zu be-
obachten und Mittelwerthe zu benutzen.
In den folgenden Reihen blieb der Bügel unverändert,
dagegen wurde »7 und die Lange des Schliefsungsbogens
gewechselt; nach jedem solchen Wechsel wurde die Bat-
terie erst dreimal entladen, ohne zu beobachten, wozu der
Grund sich später ergeben wird.
2 El Hptdr. II. Nbdr. I. Bügel 7.
& = 32 40 48 Mittel.
Schlb.(l)= 4,u,l -hll(I) «> = 389,8 393,3 387,6 384,8 388,9
(2) =115,l-f- „ 173,8 174,8 177,1 175,1
(3) =255,3-h „ 118,2 116,8 116,5 117,2
Von den beobachteten Widerständen mufs, wie ich
vermuthe, der galvanische Widerstand = 2,4 abgezogen
werden; er ist indefs so gering, dafs die Correction übergan-
gen wurde. — Der Widerstand ist unabhängig von # und
nimmt entschieden nach der Quadratwurzel aus der Länge
des Sehliefsungsbogens ab; er ist also umgekehrt propor-
tional zur Oscillationsdauer. Setzt man nach dem Frü-
heren die äquivalente Länge von II (I) Schlb. (2) = 37*,0
und Schlb. (3) = 44m,0, so erhält man die Länge von
Schlb. (1) oder z aus (1) und (2) = 31, aus (1) und (3)
= 27, was vollkommen genügt, da nach dem Spätem
wohl noch eine Correction anzubringen ist.
Die Abhängigkeit des Widerstands von der Oscillations-
dauer wird dadurch bestätigt, dafs bei Aenderung der
Batterie die beobachteten Werthe sich auch zur Quadrat-
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611
wurzel aus der Capacität derselben umgekehrt proportional
verhalten. Die angewandten Flaschen waren die mit F
bezeichneten , und die Capacitaten von 4:2:1 Flaschen
wurden nach besonders angestellten Beobachtungen wie
4: 1,916 : 1,035 bestimmt; daher hat man die mit 1 Flasche
beobachteten Widerstände mit 0,735 und die mit 4 Flaschen
beobachteten mit 1,445 zu multipliciren, um sie auf 2 Fl.
zu reduciren. Ich erhielt 1 Fl. D = 48, Schlb. (1)
to = 555,9, red. = 408,5, Schlb. (2) to = 250,0,
red. = 183,7; 4 Fl. D = 32, Schlb. (3) to = 78,4,
red. = 113,3. Dafs 1 Fl. etwas gröfsere, 4 FL etwas
kleinere Werthe geben, hat sicher seinen Grund in dem
ungleichen, erst mehr, dann weniger starken Magnetismus,
welchen das Eisendrahtbündel annimmt, wodurch auch die
vorher erwähnte Correction bedingt wird.
2 Fl. Hptdr. I. Nbdr. II. Bügel 7.
• Schlb. D = 32 40 48 Mittel.
(1) tc= 402,7 402,6 400,0 400,0 401,3
(2) 220,8 221,4 217,3 219,8
(3) 150,0 150,9 153,0 151,3
1 Fl. D mm 48, Schlb. (1) w = 563,7, red. 414,3, Schlb.
(2) w = 307,1, red. 225,7; 4 Fl. D = 32, Schlb. (3) w =
100,5, red. 145,2. 1 Fl. giebt wieder einen etwas gröfsern,
4 Fl. einen etwas kleinern Widerstand. Setzt man die äqui-
valente Länge von I (II) in (2) = 53,8, in (3) = 66,7,
so ist • = 51 und = 46, welche Werthe annähernd ge-
nügen. Der galvanische Widerstand von I ist = 3,3.
Um das Gesetz bei anderen Bügeln zu controliren,
machte ich noch folgende Versuche:
2 Fl. Hptdr. II. Nbdr. I. Bügel 103»,4.
Schlb. D mm 40 48 Mittel.
(1) w = 497,7 495,4 496,5
(2) 303,7 302,4 303,1
(3) 226,7 223,5 225,1
Setzt man die nach den Reihen berechnete äquivalente
Länge von II(I) in (2) = 50,5, in (3) = 61,0, so ist z
PoggendorfTs Annal. Ergänzungsbd. VI. 40
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612
= £2 und sm 65^ hier augenscheinlich zu grofs. Sollte
die noch vorbehaltene Correction den Werth von * nicht
viel niedriger stellen, so würde man annehmen müssen,
dafs bei sehr langen Bügeln die für diese Fälle gültigen
Schwingungen sich der andern Art nähern, welche beim
Durchgang des Stroms durch eiue Spirale stattfindet, wenn
die andere offen bleibt.
2 Fl. Hptdr. II. Nbdr. L Bügel &
Schlb. D = 32 40 Mittel.
(1) u> = 242,7 246,1 244,4
(2) 93,9 94,7 94,3
(3) 62,4 61,5 62,0
Die Berechnung giebt z = 19,4 und = 17,3.
2 Fl. Hptdr. II. Nbdr. L «Bügel wen 0«,65.
Schlb. D mm 32 40 43 Mittel.
(1) tp = 61,8 61,2 62,7 61,9
(2) 19,2 19,4 — 19,3
(3) 14,8 12,8 13,3 13,6
1 FL 87^9 88j9 86^ 87,7 red. = 64,4
4 Fl. Q) 43J red. = 62,3
Die Werthe von s sind 13 und liL
2 Fl. Hptdr. L Nbdr. IL Bügel = O^^o.
Schlb. D = 32 40 4£ Mittel.
(1) ic = 30,5 29,7 30,0 30,1
(2} 15,4 15,2 — 15,3
(3} 12,3 9,8 11,7 11,2
1 Fl. (1) 39j2 41^ 4^0 40,5 red. = 29,8
4 Fl. (1} 23j? red. = 34,5
In dieser Reihe lässt sich z nicht mehr berechnen,
weil der Widerstand schon so gering wird, dafs er seinen
Gränz werth bei entferntem Eisendrahtbündel erreicht; dies
scheint auch auf die Beobachtung mit 4 Fl. eingewirkt
zu haben.
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613
Zu diesen Reihen gehört noch der Fall, wenn der
Flaschenstrom durch heide Spiralen hinter einander in ent-
gegengesetzter Richtung geht.
2 FI. Hptdr. L II. entg. (beide Spiralen durch 0M165 verbanden).
Schlb. D = 32 4Q 48 Mittel.
(T) w =« 47,4 4^6 4^5 48,2
22,5 24,4 — 23,4
£3} 18,2 17,1 16,9 17,4
1 Fl. (1} 65,168^6^3 67,5 red. = 49,6
4 Fl. Q} 3^2 red. — 51,0.
Der Widerstand erreicht wiederum seinen Grenzwerth,
weshalb z nicht berechnet werden kann.
Um diese Grenz werthe zu übersehen, fuge ich einige
Versuche bei, in denen das Eisendrahtbündel aus den Spi-
ralen entfernt war; es zeigte sich dabei, dafs der Wider-
stand von Spirale I und von Spirale II innerhalb der Be-
obachtungsfehler unverändert bleibt, mochte die andere
Spirale offen oder durch einen beliebigen Bügel aus Kupfer-
draht geschlossen seyn.
Widerstand der Spiralen ohne Eisendrahtbündel im
Schlb. Q}:
2 Fl. Z) = 32 4Q 1 Fl. £ 32 4Q 48
Spir. II. io = 13J 1^3 16,2 16,4 19,0
Spir. L 22,3 24J 28,7 31,5 33,9
I II entg. 24j0 25£ 32,3 38,5 43,6
I II gl. 39j7 41,0 54,2 60,7 75,2
Es tritt hier ein mit D steigender Widerstand ein, worauf
ich früher, Pogg. Ann. Bd. 121 S. 443, noch nicht ge-
achtet hatte.
Ich schliefse hieran noch die Beobachtungen über den
Widerstand von (A/ -f- JV) und den beiden hinter einander
folgenden Rollen, welche zu Schlb. (3) gedient hatten.
40"
614
Widerstand von Schlb. (3):
1 Fl. D = 32 40 48 2 Fl. D = 24 32 40 4S
io= 129,2 141,7 159,2 w = 101,6 101,5 106,2 119,0
4 FI. D n 24 28 32
io= 73,6 *72,7 *71,3
Die Zahlen geben die Mittelwerthe aus zwei Reihen,
nur die mit * versehenen sind nicht repetirt worden. Es
war mir auffallend, dafs diese Reihen nicht dieselbe Ueber-
einstimmung wie sonst zeigten, was wohl seinen Grund
darin haben mochte, dafs der Funke meist einen dumpfen
Ton gab, der auf besondere Störungen schliefsen läfst.
Sollten die Reihen über den Nebenstrom noch einmal an-
gestellt werden, so dürfte es rathsam seyn, Rollen von dem
Schliefsungsbogen auszuschlieisen und nur frei gewickelte
Spiralen, wie (M-)-N), anzuwenden. Die Abhängigkeit
des Widerstands von D würde sich dann auch noch sicherer
feststellen lassen.
Endlich habe ich drittens die Widerstände bestimmt,
die der Strom unter Einflufs des Eisendrahtbündels beim
Durchgang durch eine Spirale oder durch beide hinter
einander in gleicher Richtung erleidet. Hierbei wurde ich
auf Einwirkungen aufmerksam, die in ziemlich bedeutendem
Mafse die Resultate ändern, je nachdem der Strom nach
mehrmaligen, schou vorangegangenen Entladungen in der-
selben oder in der entgegengesetzten Richtung durch die
Spirale verläuft. Um übereinstimmende Zahlen zu erhalten,
wurde daher nach jeder Aenderung der Batterie oder ihrer
Ladung erst die zweite Spirale mit 0*,65 Kupferdraht ge-
schlossen, und die Batterie zur Zerstörung des im Eisen*
drahtbündel bleibenden Magnetismus 3 mal entladen, dann
der Bügel entfernt und wieder wenigstens 3 mal entladen,
ehe die Beobachtungen begonnen wurden, die den Wider-
stand bei einem solchen magnetischen Zustand des Eisen-
drahtbündels angeben sollten, wie er sich in jedem Fall
durch die Entladungen gestaltet. Derselbe Zustand war
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615
auch in den Versuchen über die Nebenströme und über
die bereits angegebenen Widerstande jedesmal hergestellt
worden.
Die beiden zunächst folgenden Reihen sollen zuvörderst
die Einwirkungen zeigen, die bei einem andern magne-
tischen Zustand des Eisendrahtbündels auftreten. Es wurde,
als Spirale II bei offener Spirale I in dem Schlb. (1) war
und die Batterie aus 2 Fl. bestand, erst dreimal entladen,
dann der Strom in entgegengesetzter Richtung einmal durch
die Spirale geleitet, dann einmal wieder in der ursprüng-
lichen Richtung und dabei & gl. beobachtet, dann wieder
einmal in entgegengesetzter Richtung und & entg. notirt ; so
wurde abgewechselt, bis von jeder Richtung vier Werthe
vorlagen, aus denen die folgenden Mittelwerthe entnommen
wurden.
D = 32 40 48
& = entg. 3,22 gl. 2,95 entg. 5,42 gl. 5,10 entg. 8,24 gl. 7,82
u> = 655 730 598 635 549 587
^692~ ^616^ 568
Die ersten dreimaligen Entladungen blieben nicht ohne
Nachwirkung, weshalb der Widerstand bei gleicher Rich-
tung etwas gröfser ausfiel, als bei entgegengesetzter. In
den Mittelwerthen aus beiden erkennt man eine entschie-
dene Abnahme bei wachsendem D, also einen Widerstand,
der andern Gesetzen folgt, als der vorher untersuchte ; man
reducirt die Zahlen unter D wm 40 und = 48 auf die unter
D = 32, wenn man sie mit der Quadratwurzel aus ~ und
|, also mit Vl& = 1,118 und yT,5Ö = 1,225 multipli-
cirt. Man erhält:
D — 32 40 48 Mittel,
to = 692 616 red. 689 568 red. 696 692
In der folgenden Reihe wurde dieselbe Batterie erst
dreimal, dann ohne Unterbrechung bei verändertem D
weiter entladen und & beobachtet.
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616
D = 32
& — 2,70
W mm 800
40 48
4,50 6,70
725 683
40 32
4,32 2,50
764 864
Die fortwährende Entladung der Batterie, während D
von 32 auf 48 stieg und wieder auf 32 zurückging, stei-
gerte nach Pogg. Ann. Bd. 126, S. 249 und 250 den
bleibenden Magnetismus im Eisendrahtbündel und mächte
den Widerstand gröfser. Bleibender Magnetismus nach
der Richtung, wie ihn der Strom erregt, vermehrt den
Widerstand, entgegengesetzter vermindert ihn.
Es wäre wohl wünschenswerth, die Widerstande so zu
bestimmen, dafs das Eisendrahtbündel ganz frei von blei-
bendem Magnetismus wäre; man müsste ihn also vor jeder
Beobachtung dadurch zerstören, dafs man bei Sp. I im
Hauptdraht Sp. II durch 0'",65 schlösse, bei Sp. II den
Strom auch durch Sp. I in entgegengesetzter Richtung
führte, und die Batterie etwa dreimal entlüde. Ich würde
diesen umständlichen Weg eingeschlagen haben, wenn nicht
die Beobachtungen in zu ungleichen Intervallen auf ein-
ander gefolgt und dadurch die Werthe fr ungenau ge-
worden wären, denn ein gröfseres Intervall macht & leicht
gröfser, wahrscheinlich weil die Kugeln am Funkenmesser
sich mehr abkühlen und die Elektricität etwas schwieriger
überspringen lassen. Es ist ja bekannt, dafs, wenn eine
Batterie sich über zwei Funkenmesser mit Kugeln in glei-
cher Entfernung entladen kann, die Funken hinter ein-
ander nur über einen gehen, bisweilen abwechseln, dann
aber längere Zeit wieder über den anderen schlagen. Ich
bestimmte daher, wie schon vorher angegeben ist, den
Widerstand in einem solchen magnetischen Zustand des
Eisens, wie er durch die Entladungen selbst hergestellt
wird; nach jeder Aenderung im Schliefsungsbogcn oder
in der Ladung der Batterie zerstörte ich erst den vorhan-
denen Magnetismus und stellte den neuen Zustand durch
etwa drei Entladungen her. Die so ausgeführten Beobach-
tungen an Therm. V waren:
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617
Hptdr. 3»,8 + ü. Schlb. (1).
2 Fl. D — 32 " 40 48 Mittel.
«p = 811 734 red. 821 672 red. 822 818
4 Fl. 517,5 459,5 „ 514,9 408,9 w 500,8 511
Mit Schlb. (3) gaben 4 FL D = 40, u> = 377,8 red.
422,4, einen 1,22 mal kleineren Werth, dagegen mit Schlb.
(1) und einem Zusatz an Platindraht von einem Wider-
stand 100 w = 465,3 und von einem Widerstand 200
to = 468,2, denselben Werth wie vorher, da nach Pogg.
Annal. Bd. 126, S. 250 Widerstand im Schliefsungsbogen
den bleibenden Magnetismus etwas vergröfsert. Reducirt
man tr = 511 durch Multiplication mit der Quadratwurzel
aus der Capacität oder mit 1,445 auf 2 Fl., so erhält man
IT = 738, einen zu kleinen Werth, der wohl kaum aus
dem schwächern bleibenden Magnetismus erklärt werden
darf. — Von dem beobachteten Widerstande mufs nach
Pogg. Ann. Bd. 127, S. 450 der galvanische Widerstand
der Spirale abgezogen werden, doch ist die Correction bei
den grofsen Zahlen zu geringfügig.
Die soeben mitgetheilten Resultate haben in doppelter
Beziehung eine grofse Bedeutung. Sie lehren erstens, dafs
der hier untersuchte Widerstand von dem vorher be-
stimmten, wo die zweite Spirale geschlossen ist, oder der
Strom durch beide Spiralen hinter einander in entgegen-
gesetzter Richtung geht, in seinen Gesetzen durchaus ver-
schieden ist. Während der letztere zur Oscillationsdauer
der Batterie, also zur Quadratwurzel aus der Capacität der
Batterie und aus der Länge ihres Schliefsungsbogens um-
gekehrt proportional und unabhängig von der Stärke der
Ladung oder von D ist, nimmt der jetzt untersuchte
Widerstand mit der Quadratwurzel aus D ab, ist nicht
genau der Quadratwurzel aus der Capacität umgekehrt
proportional, und wird durch die Länge des Schliefsungs-
bogens nur wenig gemindert Die Resultate beweisen zwei-
tens für die Theorie, dafs man die Gesetze des galvanischen
Stroms, namentlich die Magneto -Induction nicht in An-
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618
wendung bringen kann. Mit der durch das Eisendraht-
bündel gesteigerten Induction wurde man den Widerstand
in Verbindung bringen müssen, und hätte dann gegen die
Beobachtung stärkern Widerstand zu erwarten, wenn das
Eisen vorher in entgegengesetzter Richtung magnetisirt ist.
Wegen der Wichtigkeit der Resultate stellte ich noch
einige Repetitionen an. 4 Fl. D = 40 Schlb. (1) gaben
bei je nach einer Beobachtung gewechselter Stromrichtung
in Sp. II entg. 405,5 gl. 414,0 im Mittel w = 409,7 und
2 Fl. D — 48 nach der gewöhnlichen Beobachtungsweise
in Schlb. (1) w = 675,0, in (2) u> = 609,5 (1,11 mal
kleiner), in (3) to = 553,5 (1,22 mal kleiner). Die obigen
Resultate werden vollkommen bestätigt.
Hptdr. 3«",8 4- I.
2 Fl. D = 32 40 48 Mittel.
w = 890 786 red. 879 736 red. 901 890
4 Fl. to = 562 500 „ 559 455 „ 558 560
Auch hier ist 560 X 1,445 = 809 gegen 890 zu klein.
Hptdr. 3-8 -f- 1 II gl.
4 Fl. D = 32 40 48 Mittel.
w = 1068 982 red. 1098 885 red. 1084 1083
2 FL D — 48 to = 1641
Zur ersten Reihe erhält man aus den mit Sp. II und
mit Sp. I beobachteten Werthen 511 -4- 600 =» 1071,
zur zweiten 672 -h 736 » 1408. Eine Steigerung des
Widerstands wegen des vermehrten bleibenden Magnetis-
mus war zu erwarten, doch ist die Differenz in der zweiten
Reihe sehr bedeutend; vielleicht liegt der Grund darin,
dafs die zur Bestimmung angewandten Platindrähte nur
einen Widerstand = 600 700 800 900 hatten, woraus
freilich übereinstimmend to — 1640 1632 1650 folgte,
doch könnte auch das Thermometer den beobachteten
Werth # = 2,85 etwas zu klein angegeben haben.
Der Einflufs des bleibenden Magnetismus oder über-
haupt des magnetischen Zustandes des Eisendrahtbündels
auf den Widerstand regt die Frage an, ob auch in den
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619
früheren Beobachtungen bei geschlossener zweiter Spirale
ein ähnlicher Einflufs stattfindet. Wäre dies der Fall, so
müfste in den Zahlen, aus denen die Gesetze abgeleitet
wurden, noch vorher eine Correction angebracht werden,
auf die ich oben verwiesen habe. Schwierig wird es nur
seyn, endgültig festzustellen, welchen magnetischen Zustand
man als den normalen anzusehen habe.
Bei den Nebenströmen, deren Gesetze sich noch nicht
klar genug aus den Beobachtungen ableiten liefsen, wird
eine erneuerte Untersuchung diesen Umstand beachtend
näher zu bestimmen haben, wie weit dadurch die Werthe
von K afficirt werden. Auch dürfte noch ein anderer
Punkt zu erörtern seyn, ob nicht durch den Widerstand,
den der Strom durch das Eisendrahtbündel erleidet, die
inducirende Kraft der Spiralen überhaupt geschwächt wird,
so dal's man gröfsere Werthe von K erhalten würde, wenn
dieser Widerstand gar nicht hervorträte. Ich stiefs auf
dieses Bedenken, als ich in den Reihen Schlb. (1) und (2),
wo Sp. I auf II inducirt, aus den drei ersten Beobach-
tungen und aus den vier letzten, dann aus den vier ersten
und den drei letzten K und die äquivalente Länge von II
berechnete, also die Beobachtungen bei geringerem und
bei gröfserem Widerstand von einander trennte. Die
Rechnung gab aus den ersten Beobachtungen merklich
gröfsere Werthe von K und II als aus den andern.
Aus d. 3 ersten,
d. 4 letzten, |
d. 4 ersten,
d. 3 letzten.
Schlb. (1):
D TL K
n k
II
K
II
K
32 78,8 84,0
64,0 70,8
78,1
83,3
64,6
70,9
40 76,8 80,0
56,3 62,6
78,5
82,8
56,3
62,6
48 69,3 73,1
50,4 55,0
67,0
70,7
50,6
56,0
6chlb. (2):
32 140,1 149,0
107,1 117,1
145,6
154,8
106,5
116,7
40 144,5 151,8
92,9 104,3
150,6
158,2
88,7
• 99,3
48 143,1 149,3
89,3 97,4
136,2
142,2
85,1
94,5
620
Für ein gröfseres K bei kleinerem Widerstand in den
Spiralen spricht noch die Sitzungsber. d. W. Acad. Bd. 48
beobachtete aequivalente Länge von I (II Bügel 16",5) =^
25ro etwa, denn die fort aus allen 7 Beobachtungen be-
rechneten Zahlen geben nur 21 bis 22"; ebenso för ein
kleineres K bei grofsem Widerstand die Pogg. Ann. Bd.
133 S. 657 beobachtete aequivalente Länge von II, I offen,
etwa = ölm.
Ich gehe zum Schlufs zu der eigentlichen Aufgabe dieser
Abhandlung über, zu dem Nachweise, dafs der Neben-
strom dem Hauptstrom gleichartig ist und in entgegenge-
setzter Richtung durch den parallelen Draht fliefst. Man
hat nur die drei Reihen S. 612 mit einander zu vergleichen,
um sich von der Richtigkeit dieser Behauptung sogleich
zu überzeugen. In Sp. I II entg. geht der Hauptstrom
erst durch Sp. I, dann in entgegengesetzter Richtung durch
Sp. II, und findet einen im Ganzen geringen, schon an
den Gränzwerth streifenden Widerstand; dieser Wider-
stand ist dadurch scharf ausgeprägt, dafs er von D unab-
hängig ist und mit längerem Schliefsungsbogen schnell ab-
nimmt. Geht der Hauptstrom durch Sp. I und ist Sp.
II durch den Bügel 0m,65 geschlossen, so erreicht der
Nebenstrom eine Stärke n gröfser als 1, d. h. gröfser als
der Hauptstrom; der Widerstand ist noch geringer als vor-
her, aber ebenso bestimmt dadurch charakterisirt, dafs er
von D unabhängig mit längerem Schliefungsbogen bedeu-
tend abnimmt. Geht endlich der Hauptsttrom durch Sp.
II, während Sp. I durch 0m,65 geschlossen ist, so hat der
Nebenstrom im Schlb. (1) eine Stärke etwa = 0,83 bis 0,81;
der Widerstand wird etwas gröfser, hat aber dieselbe vor-
her genannte Eigentümlichkeit. Diese Widerstande können
in der bezeichneten Weise nicht anders hervortreten, als
wenn man dem Nebenstrom die Gleichartigkeit mit dem
Hauptstrom und die entgegengesetzte Richtung beilegt;
jede andere Annahme würde auf einen Widerstand fuhren,
der mehr oder weniger auf jenen zurückkommt, der beim
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621
Durchgang des Stroms durch eine Spirale (die andere
offen) beobachtet wurde und anderen Gesetzen folgt.
Meiningen, im December 1873.
IVr. Geometrische Lösung einiger elektrischen
Probleme;
von Prof. E. Pickering.
I )ie Methode besteht darin, durch horizontale Abscissen die
elektrischen Widerstände und durch Ordiaaten die Potentiale
der verschiedenen Theile einer elektrischen Kette vorzu-
stellen. So in Fig. 1, wenn man die Linien links von A Ä
vernachlässigt, bezeichnet A C den Gesain mtwiderstand der
Kette, und AA' das Potential der Batterie. Wenn dann
der eine Pol mit A verbunden wird und der andere mit
dem Grund bei C, wird das Potential irgend eines Punktes
B gefunden , indem man die gerade Linie Ä C zieht und
das Perpendikel BB' errichtet.
WheaUtone's Brücke. — Vier Widerstände M, N, 0,
P sind, End an End, mit einander verbunden, und zwei
gegenüberstehende Verbindungen sind verknüpft mit der
Batterie, die beiden anderen mit einem Galvanometer. Die
Nadel des letzteren wird nicht abgelenkt, wenn M : JV =
Fig. 1. P:0. Um diefs zu beweisen, sey
in Fig. 1 AB « M9 BC = N,
ED = 0 und DA = P. Die
Batterie sey in A verknüpft; man
errichte das Perpendikel A A'
gleich ihrem Potential und ziehe
die Linien AC nnd AK. Ziehe auch die Linien BB' und
DD'. Sie werden die Potentiale an den Enden des Gal-
vanometers repräsentiren, und werden gleich seyn, wenn
kein Strom durchgeht Allein AA ' :]BB'= M-t-N:N und
622
AAiDD' mm P-f- 0;0, und wenn BB'=DD\ 1 +
iV:JV= P-h 0:0, folglich Jtf : iV = P: 0.
Poggendorffs Methode, Potentiale zu messen. — Sey E
das Potential der zu untersuchenden Batterie, und E das
derjenigen, welche zum Vergleich dient und als Normal-
maafs angesehen wird. Das Galvanometer wird mit der
letzteren Batterie verbunden, und, zur Schwächung des
Stroms, ein Widerstand eingeschaltet. Nun verbindet man
die beiden Enden der anderen Batterie mit dem Galvano-
meter, so dafs ein Strom in umgekehrter Richtung hindurch
Fig. 2. geht und verändert den eingeschalteten
a' Widerstand bis die Nadel auf Null zu-
rückkommt. Man nenne G den Wider-
stand des Galvanometers und R den der
Jj — ^ — ^ Normalbatterie. Dann wird Gleichge-
wicht da seyn , wenn E : E = G -f- R:G. Um diefs zu
beweisen sey A A = £, AB = R und BC=G. Sey DD'
auch = E. Zum Gleichgewicht mu& DD1 und entgegen-
gesetzt BB seyn. Allein AA: BF = AC: BC oder E : E
= G + R:G.
(Au« d. Journ. of the Franklin Institute vom Hrn. Verf. übersandt)
V. Untersuchungen über die Volumconstitution
der festen horper
von U. Schröder.
Allgemeine Resultate.
237. Die Untersuchungsmethode, welche ich im Vor-
ausgehenden (-namentlich 208 bis 213) begründet habe, hat
mich in ihrer Anwendung auf alle gut bestimmten Körper-
gruppen und insbesondere auf die wichtigsten Mineralien
(Jahrb. d. Mineral. 1873 und 1874) nunmehr zu dem sehr
bemerkenswerthen allgemeinen Resultate gefuhrt, dafs die
Volume der Componenten und resp. der Elemente einer Ver-
bindung stets in einfachen Verhältnissen stehen.
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623
Die Volume der Körper, in vergleichbaren Zuständen
gemessen, lassen sich alle auf ein gemeinsames Maass zu-
rückführen, von welchem sie sich als vielfache Werthe mit
ganzen Zahlen erweisen.
238. Es war natürlich angezeigt, eine Hypothese zu
entwerfen, welche diese merkwürdige Thatsache als die
Folge einer allgemeineren natürlichen Ursache zu erkennen
erlaubt. Läfst sie sich durchfuhren, und in Folge dessen
als Theorie aufstellen, und ich denke, dafs mir diefs ge-
lingen soll, so wird dieselbe für unsere Auffassung der
chemischen Verbindungen von grofser Tragweite seyn.
Ich will den Fundamentalsatz derselben hier vorläufig
aussprechen, eine nähere Begründung vorbehaltend. Er
lautet: Die Körper verbinden sich nur nach vielfachen
Werthen mit ganzen Zahlen von gleichen Volumen.
Er steht in unmittelbarem Zusammenhange mit dem
Summationsgesetz und dem Condensationsgesetz (204).
Nur nach und nach und mit Zuhülfenahme einer großen
Fülle von Thatsachen wird sich diese Theorie, oder wenn
man es lieber so nennen will, diese Hypothese, begründen
lassen. Ich wiederhole, was ich schon (204) gesagt habe:
Es handelt sich bei diesen Untersuchungen stets darum,
solche Festsetzungen zu treffen, welche den erfahrungs-
mäfsig zwischen den Volumen zu Tage tretenden Bezie-
hungen und Gesetzraäfsigkeiten den einfachsten, und auf
alle analogen Fälle anwendbaren Ausdruck verleihen. Der
Natur der Sache nach müssen einzelne Annahmen von
vorn herein innerhalb gewisser Grenzen noch als willkühr-
lich erscheinen. Sie verlieren diesen Charakter der Will-
kühr und nehmen den der Notwendigkeit an, wenn sie der
Forderung der Durchführbarkeit im Einklang mit der Er-
fahrung Genüge leisten.
Eben aus dieser Ursache kann ich an dieser Stelle auf
die Begründung meiner Theorie noch nicht näher eingehen,
weil ich vorerst die lange Reihe von Thatsachen feststellen
mufs, aus welchen die Durchführbarkeit derselben ersicht-
lich werden kann.
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624
239. Nur eine vorläufige Bemerkung glaube ich mir
schon hier nicht versagen zu dürfen:
Ist eine Verbindungsgruppe hinreichend untersucht, so
dafs die Volume ihrer Coraponenten und respective ihrer
Elemente mit Sicherheit ermittelt sind, so führt die er-
wähnte Theorie zur Bestimmung des Molecüls der Körper,
d. h. der Anzahl von Atomen, welche in einem Molecül
enthalten sind.
So ergiebt sich mir z. B. Sia 04 als Molecül des Quar-
zes und der Kieselsäure, wie sie im Augit, in der Horn-
blende, im Chrysolith, im Granat, im Feldspath, im Di-
sthen und einigen anderen Verbindungen enthalten ist. Es
e rgiebt sich das Molecül des Periklases als Mgt 04 ; das
Molecül des Magneteisens als Fe6 08; des Thonerdespi-
nells als Mg4 04, AI,, 012. Es ergiebt sich, dafs vier
Atome S03 zu einem Molecül fester Schwefelsäure in den
Sulfaten verbunden sind usw.
Nur nach und nach kann ich mich jedoch dem Ziele
nähern, dieis und Analoges unzweifelhaft festzustellen. Zu-
nächst mufs es namentlich meine Aufgabe seyn, durch eine
reichliche Fülle von Thatsachen den Satz aufser Zweifel
zu stellen, dafs die Volume der Componenten jeder Verbin-
dung in einfachen Verhältnissen stehen.
Es wird sich dabei an jeder Stelle Gelegenheit bieten,
auf andere damit in Zusammenhang stehende Beziehungen,
so wie auf manche noch der Zukunft zur Losung vorbe-
haltene Schwierigkeiten hinzuweisen.
Ableitung der ComponentenYolume.
I. Periklas und Nickel monoxyd.
240. In dem Jubelbande dieser Annalen p. 454 habe
ich schon darauf aufmerksam gemacht, dafs zweierlei Auf-
fassungen für die Volum Constitution des Periklases = Mg O
und des Nickelmonoxyds = NiO vom Volum 10,9 biß 11,2
(229) nahe liegen. Weil Metallvolum Nickel — \ Metall-
volum Magnesium, so ist nach Regel IV (208) das Nickel
mit seinem metallischen, das Magnesium mit seinem halben
metallischen Volum in diesen Oxyden zu erwarten. Dieis
■
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625
ist die erste Auffassung. Wendet man sie, wie ich es
lange glaubte thun zu müssen, stricte an, so ergiebt sich,
weil \ Volum Magnesium = 6,9 ist (117), für O das Volum
4,0 bis 4,3, und diese Auffassung erweist sich, obwohl
ihre Anwendung auf andere Gruppen mir manche nütz-
liche Winke gegeben hat, doch nicht als durchfuhrbar.
Man kann auch, wie ich L c. gezeigt habe, für den Sauer-
stoff das Volum annehmen, welches sich für denselben z.
B. aus dem Bleioxyd und einer Reihe anderer Oxyde er
giebt, also O = 5,3 bis 5,6; dann hätten im Periklas und
Nickelmonoxyd die Metalle Nickel und Magnesium und
der Sauerstoff gleiche Volume. Aber auch diese zweite
Auffassung ist, wie ich mich durch eine grofse Reihe von
Untersuchungen überzeugt habe, ebensowenig durchfuhr-
bar, als die analoge dort für den Quarz angegebene. Da-
gegen erweist sich die erste Auffassung als anwendbar auf
eine sehr grofse Reihe der bestbestimmten Körpergruppen,
wenn sie auf Grund des Satzes, dafs die Volume der Com-
ponenten in einfachen Verhältnissen stehen, nur unbedeu-
tend modificirt wird.
Wird in RO = 11,2 für R das Volum 6,7 statt 6,9
angenommen, und folglich für O das Volum 4,5, so stehen
die Volume von R und O in diesen Oxyden in einfachen Ver-
hältnissen, und zwar im Verhältnifs der Zahlen 3:2; und
diese Auffassung läfst nun in einer grofsen Reihe von That-
sachen einen gesetzmäfsigen Zusammenhang erkennen, für
welche ein solcher bisher nicht wahrgenommen wurde.
IL MaRtieteisen.
241. In dem Jubelbande dieser Annalen habe ich nach-
gewiesen, dafs das Magnet eisen = Fea O, vom Volum 44,8
zu betrachten ist als enthaltend 2 Atome FeO vom Volum
11,2 des Periklases, und FeO,, das Eisendioxyd, vom Vo-
lum 22,4, d. i. nahe vom Volum des Quarzes. Nun ist
sofort nach dem Vorausgehenden ersichtlich, dafs das Mag-
neteisen analog dem Periklas im Eisenmonoxyd das Eisen
mit dem Volum 6,7 enthält; das Eisendioxyd aber enthält
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626
das Eisen mit dem doppelten Volum = 13,4. Der Sauer-
stoff 0 hat im Magneteisen das Volum 4,5, wie im Periklas.
Es ist daher in Fe2 02 = 22,4
0, = 9,0 = 2 X 4,5
2 Fe = 13,4 also Fe = J Vol. Mag-
nesiummetall
und ebenso im Eisendioxyd = Fe 0, = 22,4
ist O, = 9,0_= 2 X 4,5
und Fe = 13,4 also = Vol.
Magnesiummetall.
Im regulären Monoxyd, im Dioxyd und Sesquioxyd des
Eisens ist stets das Sauerstoffvolum 4,5 mit einem 5 mal
so grofsen Metall volum = 6,7 verbunden, wie im Periklas
(Jubelband p. 458).
III. Der Quarz.
242. Im Jahrb. f. Mineralogie 1874 p. 4. habe ich
nachgewiesen, dafs das Eisendioxyd = Fe O, vielfach , z.
B. im Granat, die nämliche Rolle spielt, wie die Kiesel-
säure Si 02, nnd mit ihr nahe von gleichem Volum ist.
In der That mufs auch der Quarz = Si 04 vom Vo-
lum 22,6 (236) aufgefasst werden als enthaltend den Sauer-
stoff nahe mit dem gleichen Volum, mit welchem er sich
in den genannten regulären Oxyden findet. Ist in
SiOa = 22,6
Oa = 9,0 = 2 X 4,5,
so ist Si — 13,6.
Das Volum des metallischen Siliciums ist 11,2 bis 11,3
(236). Das Volum 13,6 des Siliciums im Quarz verhält
sich hiernach zu dem Volum des metallischen Siliciums
wie 6:5.;
Diese Auffassung für die Volumconstitution der Kiesel-
säure ist einerseits durch ihren Isosterismus mit Fe 02 im
Granat, andererseits dadurch nahe gelegt, dafs in einer
Reihe von Silicaten z. B. dem Olivin, die Kieselsäure nahe
vom Volum des Quarzes mit der Magnesia nahe vom
Volum des Periklases isomorph zusammenkrystailisirt.
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62f
Aus den von mir im Jahrbuch der Mineralogie für
1873 und 1874 bereits mitgetheilten Thatsachen geht her-
vor, dafs die Kieselsäure im Augit, in der Hornblende, im
Chrysolith, im Granat, im Feldspath und im Disthen mit
der nämlichen Volumconstitution , wie im Quarz, ent-
halten ist.
Auf Grund dieser Auffassung erklärt sich die Volum-
constitution der regulären Oxyde von der Formel R O und
Ra03, der Spinellgruppe, des Quarzes und der ganzen
Reihe der genannten Silicate mit dem nämlichen Volum
des Sauerstoffs 0 = 4,4 bis 4,5.
Volumconstitntioa und Volummaafs.
243. Nach vorstehender Auffassung geht die Kiesel-
säure mit der nämlichen Volumconstitution, d. h. mit der
nämlichen relativen Condensation ihrer Elemente, also mit
dem nämlichen Verhältnifs ihrer Componentenvolume in sehr
verschiedene Kry stall formen ein: in die rhombische des
Enstatits und des Chrysoliths, in die monokline des Wolla-
stonits, des Augits und der Hornblende, in die reguläre
tles Granats, in die monokline und trikline des Feldspaths,
und sie ist hexagonal als Quarz.
Ihre Volume in diesen verschiedenen Krystallisations-
zuständen sind nicht in voller Strenge gleich. Während
sie als Quarz das Volum 22,6 hat, scheint ihr im Wolla-
stonit das Volum 22,5, im Granat das Volum 22,3, im
Chrysolith das Volum 22,0 zuzukommen; doch sind die Be-
obachtungen noch nicht exact genug, um diese Unter-
schiede scharf festzustellen. Ganz analog hat die Magnesia
als Periclas für sich das Volum 11,0; im Chrysolith scheint
sie mit dem gleichen Volum enthalten; im Spinell kommt
ihr das Volum 11,2 bis 11,3 zu.
244. Dals die Körper mit der nämlichen Volumcon-
stitution, d. h. mit der nämlichen relativen Condensation
ihrer Elemente in verschiedenen Formen kry stall isiren
können, dafür spricht eine Reihe directer Thatsachen.
Poggendorff's Anna). Erganzungsbd. VI. 41
Digitized by LjOüqIc
«28
Ich führe beispielsweise an:
( der reguläre Eisenkies = Fe S, hat das Volum 23,9
( der rhombische Marbislt = Fe S9 hat das Volum .... 24,7
i der reguläre Silberglanz = Ag9 S hat das Volum .... 34,0
/ der rhombische Acanthit = Aga S hat das Volum 34,4
t die reguläre Zinkblende Zn S hat das Volum 23,9
' ( der hexagonale Würtzit = Zn S hat das Volum ..... 24,4
(das quadratische Quecksilberjodid =• Hg J, hat das Volum 72,5
das rhombische Quecksilberjodid — HgJ, hat das Volum . . 73,9
Die Volumconstitution ist offenbar für jedes der ge-
nannten Paare in beiderlei Krystallformen die nämliche;
das Verhältnifs der Volume der Componenten ist in beiden
Krystallformeu das gleiche; nur das Volummaafs ist mit
der Krystallform und der damit zusammenhängenden Co-
häsion in engen Grenzen veränderlich. In den vorliegen-
den Beispielen ist in der regulären und quadratischen Form
das Volummaafs ein kleineres, als in der rhombischen und
hexagonalen, worauf schon Tschermak aufmerksam ge-
macht hat.
245. Für die relative Gröfse des Volummaafses werden
sich nach und nach Gesetzmäfsigkeiten herausstellen; so
scheint dasselbe z. B. bei den unschmelzbarsten Oxyden
in der Regel ein kleines zu seyn; doch sind meistens die
Beobachtungen noch nicht g«nau genug, um diese Gröfse
Überall mit voller Sicherheit zu ermitteln.
Eine Thatsache jedoch tritt völlig unzweifelhaft schon
jetzt überall zu Tage: Für die Reihe der isomorphen Glie-
der einer Gruppe ist das Volummaafs stets ein constantes
oder doch nur in den engsten Grenzen veränderliches.
Das Volummaafs zeigt sich also mehr von der Krystallform
und der mit ihr zusammen bestehenden Cohäsion, als von
der besonderen Substanz abhängig. Diese letzterwähnte
Thatsache, welche sich ausnahmslos bestätigt, und den
schon 1859 von mir in diesen Annalen nachgewiesenen
Parßllelosterismus isomorpher Paare zur Folge hat, diese
letztere Thatsache ist es vorzugsweise, welche einerseits
möglich macht, die Componentenvolume zu erkennen, an-
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dererseits aber durch ihre Allgemeinheit aufs er Zweifel
stellt, dafs die erwähnte Auffassung der Volume einer
naturgesetzmäfsigen Beziehung derselben den angemessenen
Ausdruck verleiht.
Isosterismus der Blei- and Strontium- Verbindungen.
246. Ehe ich mich zur Aufsuchung der Componenten-
volume der rhombischen Spathe wende, mufs ich zunächst
den Isosterismus einiger Blei- und Strontiumverbindungen
näher besprechen. Um die Frage dieses Isosterismus,
welcher aus den bisher vorliegenden Beobachtungen nicht
mit genügender Sicherheit hervorging zu entscheiden, habe
ich einige sorgfaltige Beobachtungen ausgeführt. Ich füge
zugleich die älteren Beobachtungen bei.
Strontianit = SrC03; m = 147,6. rhombisch.
S mm 3,605 Mohs; e mm 40,9. nat.
S = 3,613 von der Mark; 0 = 40,8. nat.
S mm 3,625 Karsten; 0 = 40,7. gefallt.
S mm 3,620 Schröder, 0 = 40,8. „
Weifsbleierz = PbC03; m = 267. rhombisch.
S mm 6,465 Mohs, 0 = 41,3. nat.
S = 6,60 Smith; 0 = 40,5 rein durchs. Krystall von
der Wheatleygrube.
S = 6,510 Schröder; 0 mm 41,0 rein durchs. Krystall
von Ems.
S = 6,517 Schröder; v = 41,0 nahe reine Krystalle
von Braubach.
S = 6,428 Karsten; 0 = 41,5. gefallt.
An reinen durchsichtigen Krystallen von der Wheatley-
grube erhielt Smith, und an solchen von Ems und von
Braubach erhielt ich ein Volum, welches mit demjenigen des
Strontianits =» 40,8 als gleich erachtet werden kann.
Coelestin = SrSO«; m = 183,6. rhombisch.
S mm 3,86 Mohs; v mm 47,6. nat.
S mm 3,953 Breithaupt; t>=*= 46,4. nat. v. Tharand.
S = 3,962 Kopp; © = 46,3. nat. v. Dornburg b. Jena.
S= 3,927 Manrofs; 0 = 46,7. an künstlich darge-
stellten Krystallen.
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S= 3,949 Schröder; © = 46,5. ein Krystall von
Rocalmuto, Sicilien.
S = 3,959 Beudant; 0 = 46,4.
S = 3,96 H u nt; © = 46,3 von Kingston.
Anglesit = PbS04; m = 303. rhombisch.
5 = 6,298 Mobs; © = 48,1.
S = 6,35 Smith; © = 47,7 an reinen durchsichtigen
Krystallen. Phenixville.
8 = 6,386 Breithaupt, © = 47,4 monoklin, von
Monteponi, Sardinien (Breithaupt's Sardinian).
S = 6,329 Schröder; © = 47,9 von Müsen.
Für gefällten schwefelsauren Strontian erhielten:
S = 3,588 Karsten; © = 51,2.
S = 3,770 Filhol; © = 48,7.
Für gefälltes schwefelsaures Bleioxyd:
S = 3,707 Schröder; © = 49,5.
S = 6,169 Karsten;* v = 49,1.
S = 6,300 Filhol; © = 48,1.
S = 6,212 Schröder; © = 48,8.
Aus welchem Grunde für den Coelestin häufig ein
etwas kleineres Volum als für den Anglesit, für die ge-
fällten Sulfate des Strontiums und Bleis etwas gröfsere
Volume erhalten werden, als für die krystall isirten, bleibt
noch unaufgeklärt; aber die nahe Gleichheit dieser Volume
kann nach den nunmehr vorliegenden Beobachtungen wohl
nicht mehr bezweifelt werden. Das Mittel für die kry-
stallisirten Verbindungen ist 47,0, das für die gefällten
48,0. Das Mittel beider ist 47,5.
Für Fluorstrontium = SrFl,; m = 125,6 fand ich:
S = 4,210 Schröder; © = 29,7 bis 29,8.
Für Fluorblei = Pb Fl,; m = 24,5 erhielt ich:
S = 8,241 Schröder; © = 29,7 bis 29,8.
Besonders die völlige Gleichheit der Volume der
Fluoride, von welcher ich mich durch wiederholte Wä-
gungen überzeugte, veranlafste mich, auch die Volume der
Carbonate und Sulfate der Metalle noch einmal zu prüfen.
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Ableitung der Componentenvolume.
IV. Die rhombischen Carbonspathe.
247. Die Volumconstitution der rhombischen Carbo-
nate habe ich (diese Ann. Suppl.-Bd. 6, S. 79) abzuleiten
versucht nach Regel IV. (208) auf Grund der Annahme,
dafs das Blei mit seinem Metallvolum 18,2, das Strontium
mit seinem halben Metallvolum 17,2 darin enthalten seyen.
Es ergab sich das Volum C 03 = 22,8 , das Volum des
Calciums im Arragonit = H,l? das de8 Bariums im Wi-
therit — 22,9 (227). Dafs hier einfache Verhältnisse zu
Grunde liegen dürften, dafür geben schon diese Zahlen einen
deutlichen Wink. Die Einfachheit dieser Verhältnisse tritt
jedoch in aller Schärfe hervor, wenn, wie ich oben (246)
motivirt habe, anerkannt wird, dafs die Blei- und Stron-
tiumverbindungen isoster sind, und wenn für beide Me-
talle das Volum des metallischen Bleis = 18,1 zu Grunde
gelegt wird. Als die mit den besten Beobachtungen in
Uebereinstimmung stehenden Volume nehme ich an. Für
den Arragonit 33,99 (34), fiir Strontianit und Weifsblei-
erz 40,8 (246), für Witherit 45,2 (32), für Kaliumcarbonat
59,0 (225). Ist nun im
SrC03 = PbC03 = 40,8
. Vol. Sr = Pb = 18,1
so ist Vol. CO, = 22,7
und hiermit ergiebt sich:
aus dem Aragonit: aas dem Witherit: aus dem Caliumcarbonat :
CaC03 = 33,99 BaC08 = 45,2 K2 C03 = 59,0
CO, = 22,66 C03 = 22,6 C03 = Mfi
Vol. Ca = 11,33 Vol. Ba = 22,6 Vol. 2 K = 36,4
Vol. K = 18,2
Es ist offenbar Vol. Calcium = | Vol. Barium ; Vol.
Sr = Pb = K, und für die Complexion C03 stellt sich
das gleiche Volum wie für Barium heraus. Diese Volume
verhalten sich wie 5:8: 10. Es sind ganz die nämlichen
absoluten Volume, welche sich für die schon erwähnten
Körpergruppen, die Spinelle, und eine Reihe von Silicaten
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ergeben haben; denn es war das Volum RO im Spinell
und Granat = 11,3; das Volum Fe02 = SiO, = 22,6 im
Granat und im Quarz; das Volum CaO = 18,0 im Tre-
molith, im Kalk usw.
Es ist hiermit angedeutet, dafs alle diese Volume auf
ein gemeinschaftliches Maafs zurückzuführen sind.
Ehe' ich darauf näher eingehe, mufs ich jedoch erst
nachweisen, dafs sich auch für die rhomboedrischen Carbo-
nate, und einige andere Gruppen ganz entsprechende ein-
fache Volumverhältnisse der Componenten ergeben.
V. Die rhomboedrischen Carbonate.
248. Es haben sich aus den unter den beigeschriebe-
nen Nummern in Band 106 d. Annal. mitgetheilten Be-
obachtungen die nachfolgenden Volume ergeben:
Magnesitspath = MgCO, = 27,6 (36); Eisenspath =
Fe CO, mm 29,9 bis 30,0 (40); Kalkspath = CuCOs = 36,8
(57). Diese Volume sind scharf bestimmt. Für Mangan-
spath und Zinkspath, welche nicht rein vorkommen, sind
die Volume noch nicht ebenso sicher festgestellt. Ich
lasse sie daher vorerst unberücksichtigt. Es ergiebt sich,
dafs für die Complexion CO, hier t> = 23,0 anzuerkennen
ist, woraus folgt:
MgC03 = 27,6 FeC08 = 29,9 CaCO,=»36,8
C Oa = 23,0 C 03 = 23,0 C Os = 23,0
Vol. Mg = 4,6 Vol. Fe 6,9 Vol. Ca = 13,8
Es hat hiernach in diesen Spathen das Eisen genau
das Volum halb Magnesiummetall, das Calcium genau das
Volum des Magnesiummetalls; das Magnesium hat den
dritten Theil dieses Volums, oder \ Volum Zinkmetail, und
es verhalten sich die Volume von Mg : Fe : Ca : C 03 =
2 : 3 : 6 : 10.
Für die Complexion C03 die nämliche Volumconsti-
tution anzunehmen, wie in den rhombischen Spathen, dazu
giebt zunächst die allgemeine Erfahrung Veranlassung,
dafs sich die Volumconstitution der Säuren in allen Salz-
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Verbindungen ab eine sehr constante erweist, wie denn
schon Berzelius sich überzeugt hat, dafs der Charakter
der Salze nicht von den Basen, sondern von den Säuren
bestimmt wird. So haben z. B. die entsprechenden Sulfate
und Seleniate, sowohl die wasserfreien als die Hydrate,
in den mannigfaltigsten Krystallformen paarweise isomorph,
doch stets nahe die nämliche Volumdifferenz^ wodurch die
unveränderliche Volumconstitution beider Säuren angedeutet
ist. Aufserdem führt zu der Annahme CO3 = 23,0 aber
auch die Wahrnehmung, dafs nahe dieser Rest bleibt, wenn
vom Volum des Eiseuspaths das Volum des Eisens abge-
zogen wird , und dafs nahe das um ein Volum O m 4,6
verminderte Volum 18,4 sich für CO, ergiebt, wenn vom
Volum des Kalkspaths das Volum des Kalks = 18,0 ab-
gezogen wird. Diese Reste ergeben sich nur nicht ganz
genau, weil das Volummaafs in den rhomboedrischen Spa-
tben ein anderes ist, als das des metallischen Eisens und
des Kalks. Das Volummaafs in den rhombofdrischen
Spathen ist ein etwas gröfseres, als in den rhombischen
Spathen. Die Complexion C Os hat in den rhomboedri-
schen Spathen das Volum 23,0, in den rhombischen 22,6 ;
das Volum halb Magnesiummetall hat in den rhomboe-
drischen Spathen den Werth 6,9, in den rhombischen den
Werth 6,7 usw.
VI. Volume der Glieder der Magneaiumgruppe.
249. Auch in anderen Gruppen gehören die Volume
der Metalle der Magnesiumreihe den Anfangsgliedern der
Reihe: 4,6; 9,2; 11,5; 13,8; 18,4 u. s. f. an, wie sich diefs
aus den für zahlreiche Silicate im Jahrb. f. Mineralogie von
mir nachgewiesenen Beziehungen , bei Zugrundelegung des
Sauerstoffvolums O = 4,5 bis 4,6 unmittelbar ergiebt.
Wenn nur die kleinen wegen verschiedener Krystallisations-
und Cohäsionszustände nothwendig eintretenden Modifi-
cationen des Volummaafses nicht unberücksichtigt bleiben,
so folgt aus den dargelegten Verhältnissen : Das Magnesium
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hat im Enstatit das Volum 4,6 wie im Magnesitspath das
Magnesium hat im Augit, im Tremolith, im Chrysolith,
im Spinell und Granat das Volum 6,9; das Calcium hat
im Augit und Granat das Volum 6,9, im Tremolith das
Volum 13,8; das Eisen hat im Eiseninonoxyd des Spinells
und Granats das Volum 6,9, im Eisendioxyd das Volum
13,8; Ferrum und Mangan haben im Fayalith und T--
phroit das Volum 9,2, und diefs Volum hat das Mangan
auch im regulären Manganoxydul.
In Betreff der Ableitung dieser Beziehungen mufs ich
auf das Jahrbuch der Mineralogie verweisen.
Mannheim, im April 1874.
(Fortsetzung folgt)
A. W. 8c bade n Bachdruckerei (L. 8eh*de) In Berlin, 8Ullicbreiberetr. 47.
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Ann. d. Plujs. u. (7itm, Erqibd. 17. St. 1.
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000 NOT ClKCUUft
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