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Full text of "Beiträge zur Anthropologie und Urgeschichte Bayerns : organ der Münchener Gesellschaft für Anthropologie, Ethnologie und Urgeschichte"

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Beiträge zur Anthropologie und 
Urgeschichte Bayerns 

Münchener Gesellschaft für Anthropologie, 

Ethnologie und Urgeschichte igitized by CjOO^Ic 








































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BEITRÄGE 



ZUR 



ANTHROPOLOGIE ID U1GESCHICHT 

BAYERNS. 



'I 



O r g a n 

der 

Münchener Gesellschaft für Anthropologie, Ethnologie 
und Urgeschichte. 

Herausgegeben und begründet 

von 

W. v. Gümbel, I. Kollmann. F. Ohlenschlager, i. Ranke, N. Rüdinger, 

C. v. Zittel, 

redigirt von 

Johannes Ranke. 

Zwölfter Bund. 

Mit 1 Doppeltafel. 7 Tafeln hi nt 11 Abbildungen im Text. 




MÜNCHEN. 

VERLAG VON FRIEDRICH BASSERMANN 

1808 . 



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RECE1VED, 

APR13 1898 
PEABODY MUSEUM. 

Inhalt. 

Seite 

Pie Anfinic des bayerisch-österreichischen Volhsstamincs. Von Dr. Kudoif Much. 1^ 

Trichter der Stein- und Brooicieit zu Elchdsbifh, B.-A. Ob« ru bürg a/M. Von 

VQP Haxthausen, Tafel 1 und 2 11 

Be Schreibung der Skelett reste aus dem Plachgrflborfelde von Manching. Von 

Dr. Pfttll IvOlUfl-ke . , , , » , . * , , , » : , , 1 : , : s , : 21 

Pie Hügelgräber auf de« bayerischen Lechfelde. Von Kr Weber. Tafel 3. 

1- Gruppe bei Sand ■ • 38 

2. Orunno von Enterach . . . . 38 

3. Grum>e von Obergeh ■ - . . . . 39 

4. Hügelgruppe bei Au 40 

5. Groppe bei dem Hofe Lmdeuau 44 

fi. (iru|n>o bei der Station Kiraiog ■ . . . ■ ■ 45 

Zur bayerischen Volkskunde Von Johannes Hanke. 

1, Zwei Rauch- Häuser am Togornaoe. Tafel 4 und 5 47 

2. MittolfrAnkiaeho Ornamente. Doppeltafel 6 und 7 51 

Bericht hher neue vorgeschichtliche Funde li Bayern. Für die Jahre 1894—18% 

tUKammeo gestellt von Fr Woher 53 

Todtenbrctler Im bayerischen Walde. Von I)r. Ph. M. Halm. Tafel 8 und 9 . . 85 

Pie Bevölkerung des bayerischen Schwabens lu Ihrer geschichtliche« Aufeinander - 

Von Dr. ltaumann, Kciohsarehivrath 105 

Schtdel der bayerischen StadtbcvOlkcrungcn. Vou Johannes Rauke. 

1. Frühmittelalterliche Schädel aus Lindau 127 

Zur »collthischea Keramik von Eichelsbach li Spessart. Von P. Reinecke . . 1G5 

Bericht Ober neue vorgeschichtliche Funde In Bayern. Nachtrag zum Boricht für 

18%, zuaammengostellt vou Fr. Weber 169 



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Au - _ 3oJV 

HtAöObV 



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BEITRÄGE 



B A Y E R N S. 



O r g a n 

der 

Münchener Gesellschaft für Anthropologie, Ethnologie 
und Urgeschichte. 

Hcransgegehen und begründel 
von 

W. v. Giimbel, 1. Kollmann. F, Ohlenschlager. 1. Ranke. N. Rüdinger, 

C. v. Zittcl, 

rodigirl von 

Johannes Ranke. 



/ w ii I ( j <> r ]’ n ii (1. 

I. mul II. Kcft. 

Mit 7 Tafeln find 2 Ahltihhnujm im Text 




MÖNCH KN. 

VERLAG VON FRIEDRICH BASSERMANN 
1807 . 



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Ti / ' ! I ! I ‘f 

• i i . » * - . • 





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Inhalt. 



Seile 

Pie Anfüngc des boveriseh-osterreieliiMlien Volksslaninies. Von ln h'mlolf Murli. 1 
Trichter der Stein- und Bronzezeit zu Eie Nelsbach , H A. Qliernliuru a/M. Von 

vou Haxthausen. Tafel 1 o. 2 11 

Beschreibung der Skelcttrestc aus dem Flachgriibcrfclde iub Manching. Von 

Du 1‘aiiL * x x x x x . x . . x , x . . x . . * . 1 12 

Pie HOgelgrflber auf dem bayerischen lechfcldc. Von Fr. Weber. Tafel 3 . . . 37 

Zur bayerischen Volkskunde. Von Johannas Rank»». 

1. Zwei Kaudihüiiser am Tegernsee Taf»-1 4 und f> 47 

g. Mlltelfrfinkisi he Ornamente. Pom*'] -Tafel <i und 7 51 

Bericht über neue vorgeschichtliche Funde in Payern. Für die Jahr» I8P4--18PC 

zuaatnmon^-sMlt von Fr. Wo hör 63 



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Die Anfänge des bayerisch-österreichischen 
Volksstammes :i: ) 

Von I)r. 1 £ ikIoI > 1 u<*li , Privatdoceirt an der k k. Universität za Wien. 

Oie Wahl des Gegenstandes , meine Herren, den ich beute die Ehre 
haben werde in kurzen Zügen vor Ihnen zn behandeln, bedarf wohl nicht 
der Rechtfertigung Die Antheilnahme für ihn ist ja eine ganz natürliche. 
Wie wir ein jeder als Mitglied einer Familie nns liir deren Ursprung uud 
Geschichte interessiren, so ist es selbstverständlich, dass wir als Deutsche, 
sofern wir uns als solche fühlen, zu wissen verlangen, woher unser Volk 
gekommen , wie es entstanden ist. Zwischen Volk und Familie mitten inne 
aber stellt nnser Stamm; und auch das Stammesgefiihl int engereu Sinne ist 
geschichtlich begründet und berechtigt und braucht nicht immer als eine 
Gefahr für die höhere Einheit betrachtet zu werden. Denn was der einzelne 
Stamm leistet und was ihn schmückt , kompit doch auch der Allgemeinheit 
zu Gute; und wenn er in sich einen festeren Zusammenhalt besitzt als mit 
verwandten Nachbarstüimnen, so kann er sich gleichwohl wie ein Baustein 
einem grossen Gefüge einordnen. 

Einer Entschuldigung aber bedarf der Titel, den ich gewählt habe. Ich 
sprach vom „bayerisch-österreichischen" Volksstamme, anstatt vom Bayern- 
stamme schlechtweg zu sprechen. Ich tliat dies nur, um mich eines gemein 
verständlichen Ausdruckes zu bedienen, denn leider haben wir es ja hüben und 
drüben von Salzach und Inn viel zu sehr vergessen, dass auch die Deutschöster- 
reicher der Hauptsache nach (abgesehen von Vorarlberg, wo alemannisches, und 
den sogenannten Sudetenländern, wo mitteldeutsches Sprachgebiet in ihren Staat 
hineinragt) Bayern sind in Sprache und Geblüt. Die übliche Bezeichnung 
„bayerisch-österreichisch“ ist, streng genommen, falsch. Denn fasst man darin 
„bayerisch“ als ethnographischen Begriff, so greift er als solchet in ihren Staat 
über den Begriff „österreichisch“ theilweise hinüber. Fasst man ihn in 
politischem Sinne, versteht man dabei die Zugehörigkeit zum Königreiche 
Bayern, so passt er nicht, denn im Königreich Bayern gibt es auch Schwaben 
und verschiedene Abteilungen der Franken. „Oesterreichisch" aber umfasst 

•) Vortrag io der April-Sitzung 1807 der Münchener Anthropologischen Gesellschaft. 

Bdtr&ifc gur Anthropologie. XII. BtJ. 1. u. 2. Ilort. X 



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Dr. Kudo!f Much 



entweder viel nrelir oder, wenn man an die beiden KronlUnder Oesterreich 
denkt, viel weniger als die Bayern in Oesterreich. Doch geling davon Die 
Frage ist die: woher stammen die Bayern im weitesten Sinne, die ßaiwaren, 
zu denen auch die übergrosse Mehrheit der Dentschüsterreicber gehört. 

Der älteste Bereich, in den wir sie uuter diesem Namen selbst ver- 
folgen können, ist das Land zwischen dem Lech einerseits und der Rn ns 
anderseits. Sie werden zuerst rou Jordanes um die Mitte des ti. Jahr- 
hunderts n. Chr. als Ostnachbarn der Schwaben genannt: regio illa Suevorum 

ab Oriente Jiaioarios habet. Yenantius Fortunatas, der kurz nachher 
durch ihr Gebiet kam, kennt sie als Ntfthbarn der Brennen, die das obere 

Innthal besetzt hielten. Im Jahre 554 erscheint auch schon der erste ge- 

schichtlich bezeugte bayerische Fürst Garibald oder Garivald bei Gregor 
Tnr. und Paulus Diac. genannt. Die überlieferte Form seines Namens ist, 
wie ich nebenbei bemerke, langobardisch : unserem deutschen Gerbnld, älter 
Gairbald. gotisch OaUabahht, „der Speerkühne“, entsprach in langobardischer 
Mundart Güribald, ein ächt germanischer Name, der in Italien in dem Familien- 
namen Garibaldi fortlebt. 

Die Grenze zwischen Bayern und Langobarden lag innerhalb 
Tirols. Uuter dem Langobardenkönige Grimoald war Magie.« (Mays bei 
Meran) der letzte langobardische Ort. Das berühmte, rermuthlirh die Reste 
eines Herzoges bergende Grab von Civezzano bei Trient lässt sich als lango- 
bardisch schon aus der Eigenart seiner Ausstattung erkennen, ln Bozen 
aber herrscht uni 085 ein bayerischer Graf. Und iu Nordtirol lässt sich 
schon für die merowingische Zeit die Anwesenheit eines Germanenstammes, 
der kein anderer als die Bayern sein kann, aus verschiedenen Gräberfunden, 
so aus denen von Igels bei Innsbruck nachweisen. 

Im Norden gehört in späteren Jahrhunderten auch auf dem linken 
Douauufer der sogenannte Nordgau den Bayern an, d. i. das Land um Alt- 
mühl , Nab und Kegen bis zum Fichtelgebirge und Böbmerwald ; nnd es ist 
kein Zweifel, dass sie hier auch schon im 0. Jahrhundert sasseti, wenngleich 
sie daselbst zufälliger Weise durch keiue so alte Nachricht bezeugt sind. 

Gegen Osten bildete, wie gesagt, die Enns die Grenze. Was östlich 
von ihr lag, gehörte politisch zuui Reiche der Avareu; also uuter anderem 
auch das heutige Niederösterreich. Erst nach deren Niederwerfung durch 
Karl den Grossen ward dem Vordringen der bayerischen Kolonisation gegen 
Osten Thür und Thor geöifuet und alles Land bis Uber den Plattensee hinaus 
war schon im Begriffe, deutsch und bayerisch zu werdeu, als durch den 
Einbruch der Ungarn ein plötzlicher Rückschlag erfolgte. 

Vor Karl den Grossen, vor der Niederwerfung der Avaren, war Nieder- 
österreich wesentlich von Slaven bewohnt, wenn auch überhaupt sehr 
dünn bevölkert. Dazwischen müssen aber schon vor der Vorschiebung der 
Reichsgrenze, also im Avarenreiche selbst, germanische .Siedlungen be 
standen haben. Wie wäre es anders erklärlich, dass sich alte Namen wie 
March, Wag und selbst Gran forterhielten und zwar in Formen, welche 
darthun, dass sie nicht etwa erst durch die Slaven vermittelt, durch slavischen 



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T>ie Anfänge «las baj’eri8«:h-«isterre(chischen Volfe.Hstamnies. 



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Mnud gegangen sind. Machten «loch diu eintiringenden Slaven aus germanischem 
Mnr nhwn, gotischem Mar-ahva (das sich zu älter bezeugtem Marus verhält 
wie Werlnch zu Virdn, Mninali) -geircl zu Moenus) iu ihrer Sprache Morava 
ans Gran (als l'pavoö*« aus quadischer Zeit bezeugt) Ifron entsprechend den 
Lautgesetzen ihrer Sprache. Hatten die Deutschen die March und Uran erst 
wieder von Mährern und Slovaken nennen hören, so würden wir jetzt Morau 
und Hon sagen. Es ist desshalh sehr wahrscheinlich, dass sich mit der Uber 
die Grenzen des bayerischen Staatswesens hintthergt eilenden Kolonisation 
zurückgebliebene (teste der alten germanischen Bevidkerung Niederösterreichs 
und Oberungarus, also der Quaden und ihrer Clienten, vereinigt haben, viel- 
leicht auch hängen gebliebene Splitter anderer Germanenstämme \Wie der 
Rügen und Skiren), deren so manche in der Yülkerwanderungszeit in unserer 
österreichischen Heimat vorübergehend hausten. Wie immer sich das ver- 
halten mag, so lässt sich doch mit Sicherheit behaupten, dass solche Reste 
aut unsere Mundart keinen Einfluss ansgeUbt haben : diese dankt einzig und 
ausschliesslich ihren Ursprung jener späteren Besiedlung des Landes von 
Westen her. 

Es ist übrigens leicht möglich, dass die bayerische Kolonisation Uber 
der Enns, an der Donau abwärts, schon während der Avarenherrschaft selbst 
eingesetzt hat. und wir hätten hielilr sogar einen Beleg, wenn die beiden 
Kunentibeln aus Ballersdorf im Wieselburger Komitat wirklich mit Wimmer, 
der Uber sie in den Aarboger for nordisk Oldkyndighed og Historie 1894 
gehandelt bat, als baiwarische Denkmäler zu betrachten sind. Sie gehören 
nach ihm der Zeit zwischen 700 und 720 an und sollen mit ihrem Besitzer 
von Salzburg aus nach dem Osten gelaugt sein. Das Vorhandensein von 
zwei Fibeln in einem Grabe steht aber nicht in Einklang mit der äusserst 
untergeordneten Rolle, welche die Fibel gerade in den Reihengräbern der 
Umgebung Salzburgs spielt. Dass der Name Arsipoda auf einer der Runen- 
fibeln in seinem erstell Gliede zu dem Namen Arsirid — einer Salzburger Nonne 
stimmt, beweist nichts, da dasselbe Nameiielement Arm- auch auf lango- 
bardischein Boden mehrfach bezeugt ist. Und au langobardische Schreibungen 
wie Pergoald, plodraub mit p für germauisch b neben g und d hat ja 
Wimmer selbst schon bei -poda statt -boda erinnert. Ich zweifle desshalh 
nicht, dass das germanische Grabfeld von Bellersdorf säumt seinen Runen- 
inschriften als langobardisch angesehen werden muss Dies nur beilänflg. 

Sehen wir auch von allen späteren Ausbreitungen und Erwerbungen ab. 
so ist doch schon jenes Gebiet, das die Bayern im (i. Jahrhundert einnehmen, 
der Bereich zwischen Fichtelgebirge und Hochalpen, Lech und Enns, gross 
genug. Wir haben es bei ihnen also zweifellos mit einem sehr volk- 
reichen Stamme zu tbun. Es ist schon desshalb nicht gut möglich, dass 
sie eine kleine, früher in der Geschichte unbekannte Germanenabtheilung irgend- 
woher aus dem Inneren Deutschlands gewesen sind. Wer aber sind sie sonst? 
Diese Frage ist ja schon von älteren Forschern, vor allem von Kaspar Zeuss 
befriedigend beantwortet, und ich darf mich desshalb darauf beschränken, 
Ihnen im Wesentlichen seine Schlüsse vorzulübreu 

1 * 



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Dr. Rmlolf Much. 



Bekanntlich ist da» Bayerische ein westgermanisches Idiom. Unter 
allen grosseren westgermanischen Stämmen ist aber keiner, dessen Bahnen 
wir nicht nach anderen Richtungen hin verfolgen konnten, der also für die 
Bildung des Bayernvolkes in Betracht kommt, ansser den Markomannen. 
Und hätten wir auch sonst keinen Anhalt dafür, so müssten wir doch zu 
dem Schlüsse kommen, dass die Bayern ans den Markomannen hervorgegangen 
sind, da es andernfalls nicht nur räthselhaft wäre, woher sie stammen, 
sondern ebenso räthselhaft, was aus dem zahlreichen und streitbaren Volke 
der Markomannen geworden ist. Zuletzt werden diese noch unter dem alten 
Namen Mareomanni unter den Völkern genannt, die dem Attila Heerfolge 
leisteten. Von da ab verschwindet dieser Name aus der Geschichte, was nur 
erklärlich ist, wenn das Volk unter einem anderen fortlebt. 

Zu demselben Ergebnisse führt aber auch der Name Bayern selbst 
durch seine Etymologie. Der Name Baiovarii hat. was sein zweites 
Compositionsglied betrifft, unter den germanischen Volkernamen eine Reihe 
von Seitens tücken . Ich erinnere an römisch-germanische, wie Angrivarii, Clia- 
suarii, Amjmrarii, Chattuarii, Faldtomrii, Raetorarii, ferner an angelsächsische, 
wie 1) 'ihlware, Canhcare, nordische, wie Vlkvtrjar. Dasselbe Element rnrii, 
beziehungsweise in germanischer Form uarjöz, liegt auch unserer Ableitungs- 
silbe -er zu Grunde, wo sie, wie in Bürger, Älpler, Wiener, örtliche Herkunft, 
bezeichnet. In jenen Stammesnamen bedeutet es zum grossen Tbeil die Her- 
kunft von gewissen Lokalen: Angrirarii sind die Bewohner des A ngerlatides, 
WihUcare die Bewohner der Insel Wilit, jetzt Wight, Chamarii, Am/mmrH 
sind die Anwohner der Hase, der Ems. Eine andere Gruppe dieser Namen 
endlich knUpft an andere Volksnamen oder Namen von Siammesgebieteu an. 
llieher gehört z. B. Chattuarii, hieher Falchovarii , Raetorarii , hieber CaiU- 
tcarc. Und hieher ist offenbar auch Baiorarii zu stellen. Denn wenn man 
in Betracht zieht, dass im letzten oder vorletzten vorchristlichen Jahrhundert 
indogermanisch o im Germanischen zu n, indogermanisch oi zn germanisch ai 
wurde (z. B. ghodis, goetie zu gasti: „Gast", oitos, oithoi zu aitlui: „Eid“), so 
ist klar, dass der Name der keltischen Boii in germanischem Mnnde den 
Diphthong oi durch ai ersetzen musste. Dieselbe lantgesetzlicbe Veränderung 
zeigt er ja ancli in dem zusammengesetzten Bihcim. älter Bai-, Baia-luiinui(n) 
d, i. „Heinmth der Bojer“. Was den Namen der Bojer selbst betrillt und 
in Bezug auf die verschiedenen germanischen mundartlichen Formen des 
Bayernnamens verwoise ich hier auf meine Ausführungen Ztscbr. f. deutsch. 
Alterthuin 3t), 31 ff.; Uber die Namen auf -varii habe ieh ebenda 40, 205 ff. 
ausführlicher gehandelt. 

Es ist demnach au der Herkunft der Bayern aus Böhmen, ihrer 
Abstammung von den Markomannen also, oder besser gesagt Identität mit 
diesen nicht mehr zu zweifeln. Ihr Name seihst zengt deutlich für ihren 
Ursprung. 

Wann die Bayern Böhmen verlassen haben, ist nicht gut genau aus- 
zuinachen. Wenn ihre eigene spätere Sage das Jahr f>US als das ihres l'eber- 
ganges über die Donau bezeichnet, mag sie ungefähr das nichtige treflen. 



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Die Anfänge des bayerisch -österreichischen Yolksstammes. 5 

Mindestens bis gegen den Schluss des fünften nachchristlichen 
Jahrhunderts sass das Volk jedenfalls noch in Böhmen und ebendort schon 
geraume Zeit vorher, ini Ganzen volle fünfhundert Jahre. So lange 
war Böhmen ein germanisches Königreich und von Tschechen oder Slaven 
überhaupt daselbst noch nicht die Spur, eine Tbatsachc, die man jedenfalls 
in's Feld führen kann, wenn man von slavischer Seite immer wieder historische 
Rechte auf dieses Land geltend macht. Fragt man, warum die Bayern es 
aufgegeben haben, so ist auf den Drang hinzuweisen, der noch so viele 
andere Germanenstamme auf den Boden des besser kultivirteu, daher die 
rauhen Nordlandsöhue anlockenden itömerreiches geführt hat. Dass die Bayern 
oder andere Germaneustämme von nachrückenden Slaven gedrängt ihr Land 
verlassen haben, ist jedenfalls eine Fabel, die am wenigsten ein Schriftsteller 
wie Felix Dahn nachsprechen sollte. Wer dies thut, hat keine Ahnung von 
dem riesigen politischen und kriegerischen Uebergewicbt der Germanen der 
Vülkerwamleruugszeit über, die Slaven. Waren doch Erroanariks Ostgoteu 
allein im Stande, die gesainmten Slaven zu unterwerfen. Was Böhmen be- 
trifft, lasst sich übrigens zeigen, dass die Slaven daselbst gar nicht einmal 
sofort nach dem Abzug der Germanen eingedrungen sind. 

Uebrigens dürfen wir uns die Auswanderung der Germanen aus Böhmen 
auch nicht als eine ganz vollständige vorstellen. Bin Rest des Volkes blieb 
jedenfalls zurück, um dann allerdings unter deu eindringenden Slaven aufzu- 
gehen. Nur unter dieser Voraussetzung erklärt cs sich, dass sich vor- 
slavische Namen wie Elbe (tschechisch Labe), Eyer (alter Agira, woraus 
tschechisch Ohre), Iser und wohl noch viele andere — Untersuchungen sind 
hier noch ausständig — im Lande forteihalteu haben. Wahrscheinlich ist 
auch die Moldau, slavisch Vitara, wie Zeuss ansprechend vermuthet, ur- 
sprünglich eine deutsche Waldaha , gotisch Walthahra gewesen. Um auch 
einen Bergnamen anzuführen, erwähne ich den des Berges liip bei Kaudnilz, 
Berg Ilei/ in Hoffmann's böhni. Cbron., ganz wie nach den Kegeln germ 
rip im Deutschen lauten muss. Er steht im Slavischen ohne Etymologie da, 
witd aber aus aisländisch rip „Berg“, zu dem er eine markomannische Ent- 
sprechung ist, sofort verständlich. 

Es erübrigt uns noch, die markomannische Geschichte in die Zeit zurück- 
zuverfolgen , in der dieser Stamm noch nicht das ehemalige Stammland der 
Bojer, Böhmen also, besetzt hatte. Dahin wurden sie bekanntlich durch 
ibreu König Matoboduus geführt, eine Thatsache, auf die verschiedene Nach- 
richten deutlich hinweisen. Auch die Zeit der Uebersiedlung ist annähernd 
auf das Jahr 8 v. Chr. zu bestimmen. Denn kurz vorher sehen wir die 
Markomannen noch in den Maingegendeti im Kampfe mit Drusus. Durch dessen 
Erfolge mochte dem Volke die ihnen von Rom drohende Gefahr besonders 
klar geworden sein, so dass sie es vorzogen, sich in ein geographisch besser 
geschütztes uud abgelegeneres Gebiet zurückzuziehen. 

Auf die Thatsache, dass Böhmen, wo das Volk in nachchristlicher Zeit 
steht, nicht dessen Urheimath ist, spielt auch Tacitus in der Germ, 
an mit deu Worten : praecipua Marcomaimorum yloria virestpie, alpte ipso 



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Pr. Rudolf Much. 



eliam sedes, pulsis olim Hoiis, virlule parla. Gerade diese Stelle freilich ist 
vielfach missverstanden worden, indem man sich die Sache so vorstellte, als 
ob die Markomannen , als sie unter Maroboduus in Böhmen ihren Einzug 
hielten, die Bojer dort ausgetrieben hatten. Dass dies nicht der Kall ist, 
daraut weist eigentlich schon der Ausdruck: pulsis olim Jloiia ; das ist zu 
übersetzen: „aus dem sie einst die Bojer vertrieben hatten“; die Vertreibung 
der Bojer ist dabei in ternerer Vorzeit zu deuken als die Besetzung ihres 
Landes. 

Schon Caesar kennt, da wo er von gallischen Stammen in Deutschland 
spricht, die Bojer daselbst nicht mehr, und schon im Jahre 58 erzählt 
er, dass eine Abtheilung der Bojer, die Uber dem Rheine — also in Deutsch- 
land — gewohnt hätten und nach Noricum , das ist in die Gegend südlich 
der Donau , Ubergetreten seien , sich den auswaudernden Helvetiern ange- 
schlossen habe. Damals war also das ausgewatiderte Volk noch nicht ganz 
zur Rübe gekommen und man wird daher nicht telil gehen, ihren Auszug in 
die Zeit um 60 v. Chr. auzusetzen. Was mit ihnen geschehen ist, braucht 
uns ja hier nicht weiter zu beschäftigen. Ich will nur beiläufig bemerken, 
dass ein Brucbtheil von ihnen bei den Haedueru in Gallien eine neue Heimatb 
fand, der Haupttlieil aber, nachdem er sich eine Weile mit den Norikern 
herumgeschlagen hatte, sich endlich im Einvernehmen mit diesen au ihrer 
üstgrenze , in der Gegend um den Neusiedlersee uiederliess, dort aber als- 
bald einem vernichtenden Vorstosse der Dakcn unter Burvista fast voll- 
ständig erlag. 

Erfolgte die Besiedlung Böhmens durch die Markomannen erst um s 
Jahr 8 v. Chr., die Auswanderung der Bojer aber schon um 60 v. Chr., so 
ergibt sich dadurch eine Pause von rund 50 Jahren, während welcher 
Böhmen wesentlich brach gelegen haben muss. Dass dies in dem angegebenen 
Zeitraum wirklich der Fall war, lässt sich aber auch anderweitig nachweisen, 
nämlich aus Caesar selbst. Dieser traf auf der rechten Rheinseite nördlich 
vom Main den germanischen Stamm der Ubier, in deren Rucken bis an den 
Harz, wo sie an die Cherusker grenzten, die Svelien, den mächtigsten Stamm 
in jenen Gegenden, mit dem er sich sichtlich scheut anzubimlen. Als deren 
Begrenzung auf der den Ubiern entgegengesetzten Seite gibt er nun eine 
grosse Einüdc an. Es heisst darüber BG. 4,6: publice nuuimum putunt 
esse Itwilcm quam latissime a suis fiuibus vaeare agros . Iiac re signiticari magnum 
numerum ciciltilium suam vim stisliuere nou posse . ilaquc una ex quirle a Sncbis 
circiler mi/ia qtassunm sexcenta aijri vaeare dicuntnr. ad alleram partem 
succeduid L'lii. Auf dieselbe Einöde spielt er ferner an BG. 6, Ü3 mit den 
Worten: cicilalibus nutxima laus esl, quam latissime cirettm se vastatis fiuibus 
soliludiues habere, hoc proprium virtulis exislimaut, expulsos agris fi nilimos 
cedere neque quemquani proqte andere consistere; sintul hoc se fore tuliores 
arbitraniur repentiuae incursionis timore sublalo . Die geographische Lage dieses 
Oedlandes passt vollkommen auf Böhmen und es ist im Zusammenhang mit 
dem, was wir von diesem Lande sonst wissen, ganz zweifellos, dass darunter 
wirklich dieses Land zu verstehen ist. Gewiss wird sich auch aus den 



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Die AnHingp des hayerisrh-dsterreichischen Volksfltammcs. 



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archäologischen Funden in Böhmen einmal diese Uber ein halbes Jahrhundert 
breite Kluft zwischen der keltischen und germanischen Zeit in diesem Lande 
nachweisen lassen. Damit soll aber nicht geleugnet werden . dass verstreute 
keltische Reste ohne jede |iolitische Bedeutuug auch nach dem Auszuge der 
Hau|itmenge des Volkes zurückgeblieben waren und sich nachmals unter den 
Markomannen verloren haben. 

Bevor sie in Böhmen ihren Einzug hielten, sasseu die Markomannen in 
dem Bereich zwischen Main, Rhein und Donau. Im Mainlande stiessen 
sie noch mit Drusus zusammen. Und schon Caesar erwähnt Markomannen 
neben Sveben und anderen Stämmen unter den Schaaren, die ihm unter „ 
Ariovist gegeuUberstanden. Ihre damaligen Wohnsitze können nirgends anders 
als im Süden des Main gesucht werden, da dessen Kordufer vom Rheine an 
durch Ubier und weiter landeinwärts Sveban lückenlos besetzt ist, übrigens 
auch weiter nordwärts kein Raum für sie offen bleibt Dazu gesellt sich 
folgende Erwägung: Der'Kame Mareontanni selbst — auch noch im Ahd. 
uud Mhd. begegnet das Wort mnrkman — bedeutet klärlich Leute, die in 
der Marca, im Grenzlaude, wohnten. Wir sind desshalb genötbigt, die ältesten 
Silze der Markomannen an der Grenze eines grösseren germanischen Stammes- 
bereiches zu suchen. Dass aber der Karne Mark oder ein davon abgeleitetes 
Keutrum »uir/n , älter markia(n) , „Grenzland“ gerade in der Gegend am 
Schwarzwald haftete, geht daraus hervor, dass dieses Gebirge, das keltisch 
Abuoba hiess, den Römern auch als lilva Marciana bekannt wurde. Dort, in 
der Gegend zwischen Main, Rhein und Donau, um den .Schwarzwald herum, 
haben wir also die ältesten Sitze der Markomannen zu suchen, mindestens 
jeue, in denen dieser Name fiir sie aufgekommen ist. Es fragt sich, wie 
lange wir sie dort zurückverfolgen können. 

Zunächst sind wir in der Lage, festzustellen, wer auf jenem Boden ihre 
Vorgäuger gewesen sind. Es waren die keltischen Hel vetie r, die nach 
Tacitus, Germania 28, früher einmal bis an den Main und bis nach 
Böhmen hiuaufgereicht hatten, hjitur inlcr Hercyniam silvam, heisst es da- 
selbst, lihenumque et Moemtm umnes * citeriora (dies Wort ist mit Möller 
hier zu ergänzen) JJehelii, ulteriera Boii, Galina ulraque getu, tenuere. Uud 
noch bei Ptolemaeus begegnet uns nördlich von der rauhen Alb die Einöde 
der Helvetier, r, «uv ’EXooijtiwv 

Auffallend aber wäre es , wenn die Römer von dieser ehemaligen Aus- 
dehnung des helvetischen Gebietes Kunde gehabt hätten, die Ereignisse aber, 
die ihre Zurüekdrüngung oder Einschränkung auf den Boden der Schweiz 
zur Fulge hatten, auf das nahe Italien keinen Eindruck hervorgebracht 
hätten. 

Auf den rechten Pfad führt uns hier ein zu Miltenberg am Main auf- 
gefundener Grenzstein, der die Inschrift trägt: inler Toitlonus ; nach Mommsen 
ist damit ein ausserhalb der römischen Limes wohueuder Stamm bezeichnet. 
Sein Karne aber ist genau derselbe wie derjenige der aus der Geschichte be- 
kannten Teutonen. Die Differenz kommt gar nicht in Betracht, da ou eine 
im Gallischen vielfach auftretende uud allmählich sich allgemeiu durchsetzende 



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Pr. Küdolf Much. 



Entwicklung aus eu ist, die auch in Toutales neben Teutates, Loucelius neben 
Leucetius und vielen anderen Fällen zu belegen ist. Kossinna, der dies 
zuerst richtig erkannt bat. gelangte durch diese Naniengleichbeit zu detn 
Schlüsse, dass wir es bei den Toutoueu des Miltenberger Steines mit 
einem in der Heimntb zurückgebliebenen Reste der Teutonen 
zu lliuu haben, und dass diese — im Gegensätze zu den germanischen 
Kimbern — ■ Kelten seien. 

Wenn aber Tacilus an die Stelle, wo uns die Toutonen begegnen, 
Helvetier setzt, so wird man eben die Toutonen fürchte U n terabt hei lung 
der Helvetier halten dürfen. So weit eiu Rest von ihnen forlbestand. 
wird er von den Markomannen abhängig gewesen sein, um nach deren Ab- 
zug wieder selbständiger hervorzutreten. 

Dass die Teutonen wirklich «ine Abtheilung der Helvetier gewesen sind, 
hätte mau aber früher schon erkennen sollen. Denn I’osi d on i us bei Strabo, 
der einzige verlässliche Gewährsmann über die Kinrtiernkriege, berichtet, dass 
von den Helvetiern die Tigurinen und Toygeuen (Tc[ 0 ’i;avol za! TiovjsvoC) sich 
dem kimbrischen Zuge augeschlossen hätten. Und bei Aquae Sextiae sind 
nach ihm von Marius die Ambroneu und Toygeuen besiegt worden. l)a 
andere Quellen hier die Teutonen nennen, so ist es klar, dass Tucjqevot bei 
Strabo, das nirgends sonst einen Aubalt hat, nichts ist als eiu Schreibfehler 
für Tsotwyot , der ja auch sehr leicht erklärlich ist , da T und I' hundertmal 
verwechselt wurden; die weitere Entstellung von Tsoynivoi tu Ttooysvoi konnte 
eiuem etymologisirenden Besserungsversuche entspringen. 

Sind aber jene Helvetier, die das Land zwischen Rhein und Main vor 
den Markomaunen iune hatten , die Teutonen der Geschichte gewesen , so 
wissen wir auch, wann sie ausgewandert sind, denn die Helvetier haben sich 
um das Jahr 107 v Chr., iu welchem ihnen an der Guronue der römische 
Consul Lucius C'assius Longinns erlag, den Kimbern abgeschlossen. 

Von deu letzten Jahren des zweiten vorn h rist 1 iclien J abr- 
hunderts au war also den Germanen der Weg Uber deu Main 
zur Donau offen. Ob nun sofort die Besiedlung des verlassenen Landes 
begonnen hat, ist ja fraglich, aber alsbald erfolgte sie gewiss, wenn 
um 00 v. Chr. auch schon die llojer in Böhmen dem Ansturm der Sveben 
und Markomannen wqichen mussten und letztere damals bereits nach ihren 
Bitzen in der neuen Mark diesen Namen erworben hatten. 

Hervorgegangeu sind aber die Markomannen, die svebisoken Blutes 
waren, sicher aus der nordöstlich von ihnen stehenden, bis an den Harz 
hiuaufreichenden grossen Svebeuabtheiiuug, derselben, die bei Caesar als 
Sucht schlechtweg auftritt und die sich ihrerseits wieder iu fernerer Vor- 
zeit von dem Urstamm der Sveben , deu Semnonen, am rechten Elbufer ab- 
gezweigt hatten. 

Diese Stiebi Caesars sind, wie ich im 20. lid. der Beitr. für Gesch. 
der deutsch. Spr. und Lit. gezeigt zu haben glaube, zugleich mit den Marko- 
mauuen der drohenden Unterwerfung durch Auswanderung nach dem Osten 
entgangen und sind Nieuiaud anderer als der kriegerische Stamm, der iu 



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Pio An finge des bayerisch- österreichischen Vnlk«*stnninips. <) 

Mahren und Obernngarn später unter dem Namen Quaden eine hervor- 
ragende Holle spielt. 

Die enge politische Verbindung der Markomannen und Quaden , die 
ständige Verbündete sind , wild uuu aus ihrer Blutsverwandtschaft ver- 
ständlich Ihr entspricht die trüber am Rhein bezeugte Verbindung der 
Sveben und Markomannen Nur ist in der Stellung der beiden Stämme zu 
einander insoferne eine Aenderung eingetreten, als erst der eine, dann der 
andere der führende war. Ursprünglich wird mau sich die Markomannen 
nur als einen vorgeschobenen Posfen der Sveben selbst zu denken 
habou, der eist allmählich und zunächst unter der Ober- 
herischalt derSveben zu grösserer Selbständigkeit erstarkte. 
Caesar s Sveben sind sichtlich noch weitaus bedeutender als die Marko- 
mannen. Wieso dann eine Wendung einttat, in Folge deren zu Tacitus' 
Zeit das Umgekehrte der Fall war, lässt sich wohl auch noch erkennen. 
Tacitus berichtet uns Germ. 42 von Markomannen und Quaden: Marco- 

mntuitK Quinlimpie unijiie ml noxlram memoriam reye« munscrunl ex genle ipsontm, 
nobile Mttrobodui et Tmiri yenus. Danach herrschte über die Quaden ein 
Königsgeschlecht, dem ein Tudrus angehört hatte. Diesem begegnen wir 
uuu auch anderwärtig. Auf dem Monumeutum Ancyranum berichtet nämlich 
Augustus von sich selbst: Atl nie tuppliees confnyerunt reycs . . . Daun 
sind verschiedene aufgezählt, darunter Mircomannomm Suehorum, wonach der 
Name des Königs zu ergänzen ist. Der griechische Text bietet die Worte 
MapxopAvuv mit folgender bücke von 13 — 14 Buchstaben und danach die 
Buchstaben po-;. Kossinna hat nun Beitr. 20, 280 gezeigt, dass sich hier 
x»! -vpj[3u>v ToöJfpo;) oder Xooißfr,» Toöäfpo;) ergänzen lässt. Dieser Tudrus 
muss ein Zeitgenosse des Maroboduus gewesen sein. Da er zu Augustus 
floh , ist es wahrscheinlich, dass er als König der Sveben und Oberherr der 
Markomannen bei diesen Stämmen die Politik der Unterwerfung unter Horn 
vertrat und desshalb von Maroboduus, der die Auswanderung befürwortete 
und nicht nur die Markomannen, sondern auch die Qtiaden-Sveben für sich 
gewann und mit sich riss, vertrieben wurde. Diesem und den weiteren Kr- 
folgen des Markomannen Maroboduus wird daun auch das spätere Ueber- 
gewicht dieses Stammes zu danken sein. 

Erwähnen will ich noch, dass eiu Theil, wenn auch ein geringer, der 
Markomannen der Auswanderung mich Böhmen sich nicht angeschlosseu hat. 
Dieser blieb um unteren Neckar sitzen, wo er zunächst unter römische 
Herrschaft geriet!) und unter den Namen Sucbi Niereleo, Nicerenses oder 
Xicriones, d. i. „Neckatsveben, Neckaranwohner“ (nach Xicer „Neckar"), vor- 
kommt und später in den über römisches Gebiet vordringenden Alemannen 
attfgegangen ist. 

Damit wäre das erledigt, was sich über die älteste Geschichte des 
Bayernstammes ermitteln lässt. Es ist daraus klar gewordeu, dass wir 
die Geschichte unseres Stammes als eiues selbständigen 
Zweiges unserer Nation volle 2000 Jahre z ur tick ve rfolgen 
können, weiter zurück als die irgend eines auderen fortlebendeu 



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10 



Dr. Rudolf Mmh, Ilit* Anfänge dos lutyoräch-östoireichischou Volksatammes. 



deutschen oder germanischen Stammes. Und es ist von Anfang 
an eine ehrenvolle Rolle gewesen, die er zu s|iieleu berufen war. Marko- 
mannen waren es, die zuerst nicht blos aul einem Kriegszug, wie dies 
wohl oft schon geschehen war, sondern zum /wecke dauernder Niederlassung 
das grosse Waldgebiet durchbrachen, das die germanische Welt 
bis dahin von Süden trennte, Markomannen waren es, die von allen 
Germanen zuerst am Ufer der Donau sich festsetzten, desselben Stromes, 
an dessen Gestade ihre Nachkommen weiter im Osten eine neue Heimath 
sich begründen sollten, wiederunf als Grenzleute, als die Vorhut All- 
Dentschlands. 



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Trichter der Stein- und Bronze-Zeit zu Eichelsbach, 

Bezirks-Amt: Obernburg a/Main. 

Von von Iliixtliuuueu. 

UH Ttftl I und H. 

Spät erst treten, obscbon die Grabfelder von Hallstatt, Watsch, Zirk- 
nitz etc., wenn sie auch nur einseitige Beleuchtung gewähren, schon früher 
eine mächtige Anregung hätten geben sollen, vorhistorische Tietbauten in ihr 
gebührendes Hecht, auch als Hanptfactoren zur bisher so gut wie vergeblich 
erstrebten Erhellung der Art der Anlage vorgeschichtlicher Wohnstätten und 
Siedelungen, wie, in Ergänzung der Beobachtungen der Zeit der Pfahlbauten, 
des Volkslebens auf dem festen Land zu dienen. Das seitherige so überaus 
seltene und immer nur zufällige Auftreten derselben, die anscheinende Un- 
möglichkeit, ohne unerschwingliche Kosten und Anstrengung den Tiefbauten 
nacbzuspttren, trugen nicht dazu bei, die herrschende Unklarheit über ihre 
territoriale wie locale Ausdehnung, ihre Lieblingsplätze, ihre Arten, Bauart, 
chronologische Fixirung u. s. w. zu heben. 

Zu diesen Tiefbauten dürften alle Depots, speciell der vaterländischen 
Vorgeschichte zu zählen sein, seien es nun Brand- oder Skelett-Gräber, 
Feuerstätten, Senkgruben, Mardellen, Keller etc., die wohl am zwecktnässigsten 
im Gegeusatz zu deu Hochbauten den Collectivnamen „Trichter“ erhalten. — 
Sie ruheu in den verschiedensten Grossenverhättnissen und Formen unter der 
Decke von Wiesen und Aeckern, mit Vorliebe und oft Nothwendigkeit im 
Thonboden, ohne jetzige äussere Marke und meiden anscheinend wasserlose, 
sandig-steinige, hochgelegene Parcelleti — jetzt meist Wald — , die für Hügel- 
gräber wie geschaffen waren. 

Hiernach finden wir sie vorzugsweise unter unsern Dörfern oder in der 
Nähe der Wohusitze der Gegenwart Ahnungslos streicht Pflug und Sense 
über sie hin, ärgerlich tritt der Todteugraber deu wieder eingewortenen 
schwarzen Aushub mit den kostbaren Artefacten auf dem Boden der Gruft 
zusammen, überstreut ihn mit sauberer Erde und streicht feuchten Lehm auf 
das schwarze Gesicht, das ihn von einer Wand seiner schmucken Gruft an- 
grinst. Gern setzt der Bauer in das vermeintliche Dungloch eiueu Baum. 

Die Trichter bergen sehr sparsam, aber mitunter kostbare Artefacte aus 
oft begrenzten, aber auch gern weitlaufendeu Perioden der Vorgeschichte und 



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12 



Frlir von Haxthausen. 



sind, wie Hügelgräber ganz, specielle Schätze fülireu, häufig der Ort, wo ge- 
wisse unentbehrliche Arten von Endstücken wenn nicht allein, au doch sicher 
zu suchen sind. Eine rationelle Pflege der Trichterforschuug dehnt daher das 
bisherige Feld der Urgeschichte nicht nur in chronologischer Beziehung als 
den relativ kleinen Zeiträumen des noch vorherrschenden Hügelkultus in kaum 
messbare Zeitfernen zurück, sondern zieht nun auch räumlich die riesigen 
Flachen des Ackerlandes, die bisher Tür die Forschung so gut wie brach 
lagen, in einen erweiterten Kreis höchst lohnender Arbeit, ln ihrer zn er- 
wartenden enormen Zuhl bereichern die Trichter mit vollen Händen einerseits 
das Museum, andererseits führen sie dem ethnologischen Studium in anregender 
Weise neue Gesichtspunkte zur Fixirnng eines vollständigeren Bildes der 
allgemeinen Kulturentwicklung vor, beleben speciell deu noch engen Kreis 
heimischer Vorgeschichte und sind vielleicht berufen, theil weise das verborgene 
Fundament zu heben, auf dem der Bau der Geschichte ruht. 

Durch sie allein erhalten wir — mit den Pfahlbauten — , nachdem die 
Trichter auch als zu Wohnstätten — bei denen die zugehörigen Friedhöfe 
zu suchen sind, falls nicht einzelne oder gruppirte Trichter des geschlossenen 
Kernes resp. der Vorlage Brandgräber sind — gehörig erkannt sind, Kunde 
von der Lage und den Umfang ungeahnter Siedelnngeu und Blicke in das 
Volksleben der Vorzeit. Vollständige Grundrisse ausgedehnter Cnlturplätze, 
von Friedhöfen in grossartigem Umfang werden vorgelegt w r erden können, in 
der Art, wie sie jetzt schon heim ersten Versuch in Eichelsbach in grösserem 
Maassstabe die aus Unkenutniss vorgeschichtlicher Wohnuugsanlage hervor- 
gehende, oft (z. B. Tacitus) verbreitete Anschauung berichtigen durften, der 
vorgeschichtliche Mensch habe bei uns isolirt in seiner Hütte oder Höhle 
gehaust: Durch Verhaue und Dornbecken geschlossene Verbände, hierdurch 
enger gedrängt, wie die Anlage unserer Dörfer, mit oft grösserer Kopfzahl 
Überzogen zur Stein- und Broncezeit, bei letzterer genährt und bewacht von 
einem vorgelegten Ring der Hütten der Feldarbeiter, den Spessart und 
Taunus. Auch Wohuungen auf Flössen des Maines stehen nach dem Fund 
des pfähtbauzeitlichen Messers bei Kl Wallstadt zu vermuten. Pfahlbauten 
selbst sind im oft reissenden Stromgebiet unmöglich. Die Suinmo dieser Bauern- 
burgen rcsultirte mit höchster Wahrscheinlichkeit bereits zur Steinzeit kräftige 
Gauverbände. Die Idee zur Anlage von Ringwallen erwacht. Einheitliches 
Streben regeln Sprache, Religion, Gewohnheiten, Gesetze, Wehrpflicht, unter 
deren Schutz Handelsbeziehungen sich erweitern, die Kopfzahl der Bevölkerung 
so rasch und stark zunehmen kann, dass Kolonien nöthig werden. 

Diesen, in sich zu eitlem räumlich gedrängten Ganzen abgeschlossenen 
Siedelungen der Steinzeit folgten um einen Kern gelagerte Oruppenverbaude 
der Bronzezeit im Zuruf-Abstand, der sofortige gegenseitige Hilfsleistung ge- 
stattete. Vermehrter Ackerbau und Viehzucht deceutralisiren. Die noch sehr 
eng gebauten Einzel Gruppen, auch durch Dornhecken geschützt, fanden in 
einer Fliehburg sicher ihren Rückhalt. Nirgends zeigen jedoch Erderhebungen 
von Verwallungen ; es sind daher nur Gebücke vorauszusetzen, obsekou Erd- 
bauten durch die spätere Kultur niveliirt werden konnten. Ein die ganze 



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Töchter der Stein- und Bronzezeit zu Eiclielsbach. 



13 



Terraiubildung überschauendes Auge erkennt sotort bei der Anlage der Bronze- 
zeitsiedelung bei Eichelsbach die Sperrung der über die Bergrücken führenden 
Wege, die Besetzung der Aussichtspunkte in das Vorterrain, die Verhinderung 
einer Oeberrasehnng durch Einschleichen in die Schluchten etc. und sucht das 
Hauptlager in Eichelsbach oder rückwärts der eingenommenen Einie an den 
Schnittpunkten der Wege. Wird der Spiess umgekehrt, stellt, die Linie der 
bronzezeitlichen Gruppen dagegen eine feindliche Umschliessung der Eichels- 
bactier Höhe dar. 

Im Spessart erscheinen Trichter der Stein- und vorläufig der früheren 
Metall-Zeit. Gleich im Eingang sei hervorgehoben, dass letztere speciell bei 
der Kapelle zu Eichelshach wenigstens nicht sämmtlich etwaige geschleifte 
Hügelgräber sein können, da in ihnen zweifellose Kochstellen, auch Wohn- 
stätten-Reste aufgedeckt, wurden. Der sehr verschiedene Zweck der Anlage 
der Trichter ist im Allgemeinen nicht immer ohne die umfassendste Prüfung 
und Vergleichung sofort klar erkeuubar; es ist daher sehr sorgfältig die 
Natur derselben zu untersuchen, sich vertiefend in die kleinsten und viel- 
seitigsten Details ihrer Lage, der Bauart, ihres Gesammtinhaltes, der ein- 
gehendsten Prüfung des Letzteren, um vorläufig nur einigermaassen erst ein 
Urtheil über ihre häufig schwer verständliche Anlage überhaupt, weniger 
ihres Zweckes, zu gewinnen. 

Das enorme Alter vieler Trichterfelder, das wohl vier bis fünftausend 
Jahre erreicht, hat jede organische Einlage bei Mangel an Kalk spurlos ver- 
schwinden lassen; es ist daher bei ihnen unmöglich, nach Spuren vou Skeletten 
auf Gräber, nach Resten von Kuchenabfällen auf Herdstellen oder Senkgruben 
zu schliessen, aber Keramik, steinerne Werkzeuge liegen vor und reden mit 
der Gesammtanlage der Trichter eine deutliche Sprache. 

Es möge zunächst, ehe der Bau einzelner Trichter vorgefuhrt wird, aus 
dieser hochwichtigen, so gut wie noch ganz unbekannten Disciplin, ein all 
gemeiner Ueberblick speciell über das manche Räthsel einschliessende Wesen 
der neolithischen Gruben bei Eichelsbach erfolgen. 

In 154 Trichtern, die bis jetzt dort geöffnet wurden, zeigte sich in jedem 
Pall eine längliche Grube, die in, vom gelben Orboden scharf begrenzter, 
eiförmiger Gestalt schwärzliche Erde mit ßrandschutt etc. enthielt. Es 
möchte nun die anscheinend müssige Frage zuerst gestellt werden, ob in den 
Trichtern selbst gebrannt ist. Diese Frage kann nur sofort bejaht werden, 
wenn Brandspuren an den Wandungen der Trichter Zeugniss ablegen, auch 
der ganze Grubeninhalt gleichmässig an der Wirkung des etwaigen Grnben- 
brandes Theil genommen hat. Ein solcher Nachweis ist in unserm Fall nur 
ftusserst selten zu geben. Allein Nr. 18 und Nr. 37, PI. Nr. 501, Nr. 90, 
PI. Nr. 502 zeigen angeziegelte Trichterwände; in diesen Trichtern ist daher 
zweifelloi gebrannt und zugleich mit diesem Befund der Beweis erbracht, 
dass ein Grubenbrand die Wandungen vcrziegeln kann. Kein anderer Trichter 
jedoch lässt an seinen Wandungen Verziegelnng sehen, obschon trotzdem in 
ihm gebrannt sein kann. Eine ehemalige Verziegelung kann abgestossen sein, 



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14 



Frhr. von Haxthausen. 



findet sich aber nicht im Trichter. Die gebräunten Thonbrockeu, die au» 
den Gruben am Ort gehoben werden, stammen vermuthlich nicht von den 
Trichterwandungen, da sie anscheinend vor dem Brand mit Spreu durchknetet 
simi, oder aus Rasenstücken bestehen, deren Wurzeln im Thon Spuren geben. 
Diese Wurzeln konnten zum Tlieil vor nnd nach dem Braud eingedrungen 
sein. Die Thonballen scheinen auch mit Fett etc. getränkt gewesen zu sein, 
worauf der Kohle zeigende Bruch deutet. Nr. IH und Nr. 17 sind klein und 
flach, ihre Tiefe geht bis 0.5 unter das heutige Niveau, ihre obere Breite, 
dicht unter der 12 cm starken Humusschieilte, beträgt 0.8, die obere hänge 
1.2m; im Gegensatz zu diesen Nummern zeigt z. B. Nr. 31, ganz gefüllt 
bis unter die Humusschicht mit isolii ten, nicht iin Zusammenhang stehenden, 
rolhgebraunten Thonballen, Asche-, Kohle-, und Erdmassen ohne horizontale 
oder sonst scharf begrenzte Schichtung, keine Verziegeluug der Wandungen. 
Diese hier gehobenen Thonballen gleichen im Bruch den oben beschriebenen. 
In diesem Trichter dürfte vielleicht, obschon das Gegenlheil nicht zu beweisen 
ist, nicht gebrannt sein, sondern ev. die Einlage theilweise in gewissen Zeit- 
räumen oder im Ganzen gleichzeitig nach einem Braud ausserhalb des Trichters 
eingeführt sein. 

Dieser Trichter (31) gibt die bis jetzt erhaltenen giüssteu Dimensionen 
dieser Station. Die Trichter von Normal-Grosse zeigen: Tiefe incl. 12 cm 
Humusauflage = 1.07, Länge, obere = l.ö, (jtieraxe — 1.15 m. Trichter 
Nr. 31 notirt: Tiefe = 1.(14, (Hohe der Brandschutliuasse in diesen 1.C4 m 
= 1.33), Länge NW. : SO. = 2, Queraxe = 1.5 m. Der Normalbau ist das 
Mittel zwischen Nr. 31 und 17—18. 

Im Brandschutt von Nr. 31, umgeben von rothen Ziegelbrocken, Erde 
und Asche, lagern nun kaum zu erklärender Weise nicht dnrcbglühte Scherben 
uud ein nicht weiss gebräunter Splitter eines Feuersteinmessers. Das Depot 
war anscheinend vom Einleger mit roher, gelber Thoneide aus dem Aushub 
12 cm hoch überdeckt, auf welcher 12 cm Humuserde lagerte. Diese beiden 
Schichten können sich aber von selbst aufgebaut haben. Letztere 12 Centi- 
meter sind das Resultat der allgemeinen Erhöhung des Bodens am Ort. 

Auch die Brandmasse des Trichters ist durchweg mit Erde gemischt, 
sei es, dass die Braudreste im Trichter eine öftere schwache Erddecke er- 
hielten, sei es, dass die Brandmasse bei ihrer Einführung von einem andern 
Platz mit Erde gemischt wurde, oder dass die Erde eiugetlösst ist. Es 
kommt auch vor, aber so selten, dass dieser Punkt nicht in Betracht zu 
ziehen ist, dass an dem Brennholz, namentlich an Wurzelslocken, Eide haftet. 

ln der Mitte des Kessels 31 konnte auf dem Boden kein Normalbrand 
stattfiiiden, auch müssten ev. Kochtopfe au Schnüren zu liel aus dem Lüffel- 
bereich herabgelassen werden. Diente nun der Kessel uicht zur Heizung, 
möchte er, wenn Leiclienbraudfüllung abzulehnen ist, da kein Skeletlpartikel 
dafür spricht, etwa zur Aufnahme von Fäces, Schlacht- und Kucheu-Abfällen, 
Asche etc. gedient haben, wobei zur Abhaltung der Gase zeitweilig Erde 
aufgeschiittet wurde. Mit der Asche und dem Kehricht kamen zum Tbeil 
gebrannte Thonbrockeu, zum Tlieil gebrannte und ungebrannte Scherben u. s. w. 



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Trichter der Steio- und Bronzezeit zu Kicliolsl>ac!i. 



15 



in die Senkgrube, ln derselben* wären nun als Klicheureste viele Knochen 
zu erwarten gewesen, aber nicht einer wurde gehoben. 

Die grössere Ausdehnung von Nr. 31 spräche für eine leichtere nnd 
schnellere Versiegelung der Wände bei Feuerung, da die Brandkraft wegen 
reichlicherer Zufuhr von Brennmaterial in ihm eine grössere ist, als die 
Kraft in einem kleineren Kessel. Die Wände sind aber nicht versiegelt. 

Aus dem Angeführten dürfte jedoch schon ersichtlich sein , welche 
Schwierigkeiten bei diesem anscheinend so überaus einfachen Auftreten der 
Reste der Vorzeit die Prüfung, die keinerlei Anhalt an gegebenen Beispielen 
findet, zu überwinden hat, und dass es geboten erscheint, auch zur Vor- 
bereitung des Abbaues späterer Trichterfelder den zur Zeit vorliegenden Stoff 
auf das Gründlichste zu behandeln. 

Das Fehlen der Knochen beraubt uns der Einsicht in die Fauna und 
den Bestand der Haust hiere. 

Es möchte vielleicht annehmbar sein, zu glauben, dass nicht alle Trichter 
am Ort demselben Zweck dienten, da wieder andere Trichter ganz abweichende 
Füllung, wie sie beschrieben, darboten; so sind z. B. Nr. 7 und Nr. 9 nur 
mit fast steinhart gewordener, kaum loszubreehender reiner Asche bis zum 
Volumen von zwei Kubikmetern gefüllt, mit wenig, voraussichtlich eingeflüsster 
Erde durchzogen, ohne rothe Thouballen, ohne Vcrziegelung der Wandungen 
und fast ganz leer von Scherben. 

Nur in drei Fällen wurde eine Schicht von Kulturerde, jedoch ohne 
vorhandene Thonballen, aber mit minimalen Scherbensplittern sparsam ver- 
sehen, neben den Kesseln auf dem ehemaligen Niveau, das, wie angegeben, 
12cm vertieft isl, wahrgenommen. 

Es dürfte zu erklären sein, was am Ort Kulturerde ist. Ganz ab- 
gesehen von den Artefacten, die sie führt, ist sie eine schwärzliche Erde, 
deren Farbe nur von fein zertheilter Kohle aus Rauch oder Pulverisirnng 
von Kohlenbrocken aus einem vom Menschen entfachten Brand herrührt. 
Bei der flachen Lagerung der Kulturerde ist es ausgeschlossen , dass hier 
organische Theile Zeugniss von Verkohlung ohne Brand liefern können. Die 
gedachte Schicht von Kulturerde zeigte sich bei Nr. 11, 31 uud 96 iu hori- 
zontaler Lage, wie ein neben die Kessel hingelegter Teppich. Bei 11 und 31 
trat sie 2 cm dick in SO 2 m lang und l‘/s m breit zu Tage. Bei Nr. 96 
erschien sie in NW, kaum Messerrücken dick, lin lang und l'/«m breit. 
Der Mangel einer die Gesummtperipherie der Kessel umscbliessenden , jetzt 
noch sichtbaren Schiebt von Kulturerde auf dem früheren Niveau ist wob) 
zu erklären durch die Wirkung des säubernden Besens, der alle Abfälle dem 
Braudkessel zuführte und nur aus Zufall in seltenen Fällen aussetzte, ln 
dieser Annahme lässt daher das Fehlen einer Kultnrschicht an einer Wobn- 
stelle keine Schlüsse auf die Zeitdauer der Benützung derselben zu. Bei 
Aufgabe der Herdstelle verschwand der geringe Rest zu Staub getretener 
Kohle oder Scheiben und sonstiger Verkehrszeugen in wenig Jahrzehnten 
au der freien Luft durch den Wind oder die Arbeit der Würmer und Wühler. 
Nur eine besonders starke Auftragung konnte sich halten, erlangte aber, da 



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10 



Krlir vou Ilaxllmnson 



die lernen Uebergauge Meli verloren , eine scharte Begrenzung. Die Reste 
weisen eben auf eine trübere , liünngelagerte Kultiirschirlit hin. Nächst der 
Ursache des Verkehrs nm einen Herd kuiinen aber die noch erhalteuen 
Schichten von Kulturerde auch von einem einmaligen grösseren Brand neben 
dem Herd herrübren. An den 3 m hohen, senkrechten, bis zu GO m laugen 
Thonwänden bei Eschborn, die den unsern völlig gleiche Kessel aufweisen, 
von denen 1896 dreizehn Trichter vertikal durchschnitten waren, war von 
horizontalen Kulturschichten auf der Randhohe der Kessel, also auf dein 
früheren Niveau nicht die geringste Spur erhalten. Reste von Pfosten ehe- 
maliger Hütten waren weder dort noch hier zu verfolgen; es ist in Rück- 
sicht auf die enorme Zeitdauer auch ganz ausgeschlossen, dass llolzreste 
sich dach unter der porösen Rasendecke hätten erhalten oder markiren können. 

In Betracht zu ziehen ist, dass die hier und bei Eschhorn conformen 
Trichter regelmässig gerundet, wie ein gefüllter Getreidesack, nach oben und 
den Seiten, immer völlig mit Brandmasse gefüllt sind. Sie stossen entweder 
mit ihrer oberen Wölbung bis dicht unter die Humusdecke, die 12cm hoch 
ist, oder sie ruhen mit ihrer Wölbung, unter der also noch die ganze Füllung 
des Kessels ist, bis zu 1 in Tiefe unter der Decke von Humus. Die Zwischen- 
schicht zwischen oberer Wölbung — es ist sehr wesentlich zu betonen, dass 
die 13 Vertikalschnitte bei Eschborn, in Uebereinstimmung mit dem Befund 
bei Eichelsbach , ohne Ausnahme eine convexe (nie horizontale oder gar 
concave) Oberfläche vorführen, die an sich nur für Einschüttung des Kessel- 
iuhalts sprechen kann — der Trichter und der 12 cm starken Humusschicht 
ist immer rohe, gelbe Erde, die absichtlich aufgeschilttet sein, sich aber auch 
von selbst gebildet haben kann. In Eichelsbach geht diu Starke dieser 
Zwischenschicht nur bis 12— 15 ein, in. Eschborn dagegen in einem Fall bis 
1 m unter die Humusschicht. Diese tiefen Trichter, ohne jede Spur einer 
Verziegeltiug au den Wänden, können kaum Kocklochcr gewesen sein. Es 
ist aber auch wieder zu bedenken , dass es nicht erforderlich ist , ehemals 
einen engen Trichterschacht vorauszusetzen. Die Erde um den jetzt tief in 
die Erde gelagerten Schuttrest konnte vom Hersteller kegelförmig ausgehoben 
sein, so dass der obere Rand des Kessels auf einem vertieften Niveau lag. 
Bei solchen vertieften Mardellen konnten die auf dem Boden gesammelten 
Kohlen- und Asche-Theile nicht leicht entfernt werden und bildeten tiefere 
Schichten, so dass leicht bedeutende Reste von Kulturerde sich erhielten. Da 
mm unter dem ehemaligen Niveau weder hier noch in Eschborn Lagen von 
Kultnrerde anftreten, so ist zu sohliessen. dass an beiden Orten Kellerbauteu 
fehlten und dass die vorausgesetzten Hütten, ohne andere Vertiefung als die 
Kochlücher, aul dem Üacheu Boden aufgeführt waren Sind jedoch ehemalige 
Kellerbauten sehr sauber gehalten, steht nichts entgegen, sie an den an- 
geführten Orten auch zu vermuthen. Die entstandenen Senkungen zu füllen, 
war schliesslich dem Pflug der folgenden Jahrtausende nicht schwer, ln 
Wohnstätten fand indessen der Koch- Brand selbst in einem Kessel statt. 

Ehemals diesen Brand auf flacher Erde vollzogen zn sehen, ist uiclit an- 
gängig. Der vorausgesetzte Koch Brand, dessen überlieferte Reste cylinder- 



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Trichter der Sleiti- und Bronzezeit zu Eidielshacb. 



17 



förmig aufsteigeu, geschah immer in einer Grube, und die Uiufassungswände 
der Schnttmasse in senkrechter Führung sind zweifellos ursprünglich. Der 
Mangel nun an hohen Kulturschichten um den Trichter, die durchgängig, mit 
wenig Ausnahmen, flache Lagerung derselben unter der jetzigen Rasendecke 
ist dafür bezeichnend, dass der ev. HUttenbau auf dem ehemaligen Niveau 
stattfand und dass auch rings ausserhalb der Htlttenwände keine Erde zur 
Erzielung vermehrter Wärme aufgetbürmt wurde. 

Auf dem Langenstrich bei der Kapelle zu Eichelsbach , Pl.-Nr. 1384, 
fallen Bewurfsreste von einem Reisigbau an, wohl Zeugen einer Hütte, An 
vielen Stücken erkennt man sofort die durch die rundliche Form von Zweigen 
erzielte Cannelirnng. Solche scharf markirte Stücke gebrannten Tbones 
fehlen völlig bei Eichelsbach. Irgend welcher nähere Zusammenhang der 
Siedelungsspuren an den verschiedenen, 17« Kilometer getrennten Punkten 
der Stein- und Bronzezeit, ist nur zu verrauthen, erlaubt aber nicht, auch bei 
Eichelsbach an der Kirche sofort ebenfalls Hütten aus Reisigflechtwerk mit 
Lehmausguss anzunehmen. Das Erscheinen solcher zweifellos cannelirter 
Brocken fand unter 200 Trichtern nur einmal statt, bezeugt aber die Art 
der Ballführung und ist letztere bei der Kapelle in Gebrauch gewesen, bei 
der Kirche höchst wahrscheinlich. Es ist einleuchtend, dass aus dem Reiser- 
verband der Wandungen solcher Hütten ständig Stücke des Lehmbewurfes 
abbröckelten. Vom Boden der Hütte wurden sie schliesslich, nachdem sie 
entweder durch den Verkehr zertreten oder deformirt waren , in den Herd- 
kessel gefegt, wo sie verziegeln konnten. 

Ein Brand der Hütte ist daher nicht erforderlich, solche gebrannte Thon- 
hallen zu liefern. Hieraus wird auch erklärlich — in der Umgebung des 
Kessels wurden sie nicht, bemerkt — , wesshalb z. B. aut dem Langen- 
strich Nr. 1 nicht neben dem Trichter Thonballett mit Oanuelirungeu gehoben 
wurden. Nur in sehr seltenen Fällen , in denen z. B. grössere Flächen von 
den Wandungen abfnllcu, ist es überhaupt möglich — nächst dem Abbrennen 
einer Hütte — , dass solche Reste überliefert werden können. 

Fällt viel Bauwurf von der Wandung, wird der Abfall sofort beseitigt; 
er wild nicht zertreten, um die Masse schneller abzufiihren und vorläufig in 
den Kessel gefegt. 

Wegeu des einfacheren und haltbareren Dachbaues wurden die Hütten 
wohl rund aufgeriehtet. Die Wände waren etwa fussdick. Entweder rammte 
man Pfühle in die Erde, in 3 — 4 concentrisclien Reiben und flocht horizontal 
liegende Reiser ein, oder mau legte eine endlose Faschine von Fussdicke 
kreisförmig oder auch im Viereck in der Art gerollt zusammen, wie ein 
Bienenkorb andeutet, um in beiden Fällen, nach Aufbau kurzer Vertikal- 
abstände, flüssigen Lehnibrei, nachdem nur für die Hinderung des Abflusses 
des Letzteren bis zum flüchtigen Abtrocknen Hürden allgestellt waren, ein- 
zugiessen. Das Dach bestand aus Stroh, Schilf oder Schindeln. Ein Schorn- 
stein fehlte. Für den Kanchabzug sorgten gehobene Schindeln in der Mitte 
der Dachreiter, auch die heilige Schwalbe und das Rothschwänzchen fanden 
hier ihren Eintritt zn den Nestern neben dem Räucherfleisch , das unter der 

BeltiUgo zur Aulhropologie. XII. Ud. I. u. 2. Heft k . 



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18 



Frtir. von Haxthausen. 



Decke hing. Fenster, mit Blase geschlossen, fehlten nicht am Nähtisch und 
dem Webstuhl. Die Wände waren sauber geglättet, die Tüncher pressten 
Figuren ein, gaben auch farbige Anstriche und malerische Leistungen zum 
Besten. Die Hütten mögen wohl oft gross gewesen sein , um zugleich 

mehrere Feuerstellen zu decken. Die runde Feuerstelle liebte wohl die 

Mitte der Abtheilung, die ovale scheint sich, bei Freigabe des engeren Raumes, 
an die Rückwand der Hütte gelehnt zu haben; daher möchten wohl ovale 
Trichter an Wegen immer parallel zu letzteren liegen. Der Eingang be- 
hauptete die Rückwand der Wetterseite, daher anscheinend die Vorliebe der 

Richtung der Längsaxe der Trichter von N : S. Mit der Verwendung des 
Metalls treten lange, gerade Balken auf, die runden Bauten verschwinden, 
der Bau im Viereck dominirt, Facbwerksfüilung bildet Wände, die Dächer 
strecken sich und decken Stockwerke. 

Bei der Kapelle sprudelt im Erzgruben eine jetzt schwache, früher in 
der Zeit tiefer Humusschichten unter ausgedehnten , allen Waldbestäuden 
jedoch gewiss ansehnliche Quelle. Eine Siedelung an der Kapelle war also 
mit Quellwasser versehen. Möglicher und wahrscheinlicher Weise war der 
Mensch der Bronzezeit zu Himmelthal Nachkomme der Vorfahren neolilhischer 
Zeit zu Eichelsbach. Zum grossen Glück für die Forschung, da anders die 
reinen Vergleichsstudien getrübt wären, ruckte der Sitz von der Kirche fort. 

Vielleicht aus Respect vor den Ahnengräbern, vielleicht aus dem practischen 
Grund, bessere, geräumigere Hütten zu bauen unter Hilfe des Metalls, des 
eingetretenen Holzmaugels, der Erschöpfung der Aecker, der vermehrten 
Kopfzahl wegen veränderte sich der Wohnplatz unter gleichzeitiger Ver- 
grösserung des für den Ackerbau nöthigen Areals, Es liegt jedoch die Wahr- 
scheinlichkeit vor, dass das Gebiet der Eicbelsbacher Quelle nach wie vor 
dem Eintritt der Metallzeit das Centrum der Besiedelung ausmachte. 

Wenden wir uns wieder zu den Eicbelsbacher Trichtern. Est ist er- 
klärlich, dass weder Horn- noch Knocheuwerkzeuge oder Zahnperleti der sorg- 
fältigen Nachsuche in der Umgebung der Trichter zufallen, auch Abfall- Knochen 
oder Skelettreste aus jenen Zeiten nicht mehr auftreten können. Marmorperlen 
und Armbänder von Stein wären aber wohl, wenn aocii nur in Brucbstuckeu, 
zu haben gewesen. Ihr Mangel berechtigt zu dem Schluss, dass sie unserer 
Zeit noch fremd waren oder nicht hierher gelangten. Es fehlen auch ge- 
schliffene Muschelperien. Eine recente Muschel liegt vor. 

Die Trichter haben in einzelnen Fällen eine Aschenfüllung, die Herd- 
feuer erst in Monaten erzielt; kurze Rast einer wandernden Truppe lässt 
daher die Trichter nicht zurück, wogegen auch einigermassen die restirenden 
Malilsteine sprächen. Solche liegen mehrfach vor. Das mehr oder weniger 
tiefe Ausschleifen derselben gibt die Zeitdauer ihrer Verwendung an. Sie 
sind für den Fall der Annahme von Herdstelleu überraschender Weise bis 
auf einen sämmtlich zerschlagen, und zwar anscheinend absichtlich, da ein 
Bruch itn Gebrauch kaum stattfinden kann. Der unverletzte Stein gibt nun 
das übliche Maass für die Mahlsteine; er lag 3 Fuss vom Rand des 
Trichters Nr. 31 und zwar auf der Linie des früheren Niveaus, die übrigen 



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Trichter der Stein- und Bronzezeit zu EichelHbach. 



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gehören sämmtlich zum Inhalt der Trichter. Mehrere Steine zeigen liraud- 
spnren. Zwei Theile eines Steines passen zusammen. Diese führen Brand- 
spuren an der Seite, aber nicht im Bruch. Der Stein war also ans einem 
Brand heransgennmnien. Er konnte als Unterlage, z. B. eines Brodteiges. 
lencht geworden, beim Backen eiuen Sprung bekommen haben, aber auch ab- 
sichtlich nach Erloschen einer Gluth zerschlagen sein. Zu beachten wäre, 
dass diese Mahlsteine nur im SW-Viertel der Siedelnng, vielleicht der l’latz 
der Hütten der Arbeiter, oder der Franengriber, anfielen. 

Es fallen Feuersteine an. Ein Messer ist unversehrt, die übrigen zer- 
splittert. I’aliiolithisrhe Form fehlt. Wie eine früher unterbreitete Frohe 
darlegt, brennen Feuersteine in der Gluth schnell weise. Unsere Feuersteine 
jedoch, obschon aus dem Brandschutt gehoben, sind, bis auf einzelne Splitter, 
nicht weiss gebrannt. 

Eine Seltenheit, ist ferner in der grossen Zahl von Gefasstheiten das 
An- oder gar Durchbrennen einer Scherbe. Ausser dem Befund in einzelnen 
Trichtern ist fast das ganze Scherbenmaterial nicht im Herdleuer geglüht 
und doch insgesatnmt dem Brandschult entnommen. Besonders bemerkens- 
wert]! für diese höchst beachteuswerthe Erscheinung, die für Einführung der 
Scherben in den erkalteten Brandschutt sprechen muss, sind die Triukgetässe. 
Sie zeigen durch ihre schwarze Farbe , die im Feuer schnell schwindet und 
eine weisse Scherbe zurücklässt, dass fast niemals, trotz ihrer reichen Zahl, 
das Feuer auf sie eingewirkt hat, das doch nach ihrer Einlage in ein Herd- 
feuer in der Mehrzahl der Fälle hätte seinen Einfluss geltend machen müssen. 
Die Veränderung dieser Scherben im Feuer wurde an Flohen auch dargelegt. 
Die Kochgeschirre haben ihre äussere Anziegelung im täglicbeu Gebrauch 
erhalten. Der Kern und die innere Wandung wurden hierbei nicht berührt 
und diese Theile blieben schwarz. Eine Durchziegelung des Kernes und 
hiermit eine Verziegelung der inneren Fläche ist wieder selteu, woraus sich 
obiger Schluss wieder ergibt, dass voraussichtlich auch diese Art von Scherben 
erst in einen erkalteten Brandschutt eingelegt sind. Wie ein Brand auf 
Scherben einwirkt, zeigt sich einige Mate, z. B. bei dem Anfall des hierfür 
sehr instructiven Trichters Nr. 1 der Dinkeliicker, Fi.-Nr. 1380. Hier waren 
fast alle Scherben durchglüht, in Flnss gerathen und theilweise zu Ballen 
znsammengesintert. Indessen darf nicht in Abrede gestellt werden, dass bet 
reichlichem Aschengehalt des Kessels Scherben derartig von Asche umhüllt 
werden können, dass die Wirkung des Brandes aufgehoben wird. Sie können 
auch so tief in die Asche versenkt werden, dass sie die Gluth nicht fasst. 
Ausserdem ist der Kessel geräumig, und einfallende Scherben fallen weniger 
in die Mitte der Gluth als au den Band des liraudbodens, der Voll glühender 
Kohle frei war Wurde das Feuer in der Mitte des Kessels coucentrirt, 
konnten auch die Wände desselben nicht versiegeln. Nicht im Kessel durch- 
glühte Scherben treten in allen Trichtern auf, auch in solchen, in denen zu 
erkennen ist, dass durch Brand ihre Wandungen versiegelten. 

Die chemische Untersuchung der Aschenreste auf Kuochenliestandtlieile 
kann nicht entscheiden, welche Sketettträger dergleichen beanspruchen. Die 

2 * 



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Frhr. vnti Itaxlliausr'n 



Qualität iles Inhalts etwaiger Senkgruben ist auch chemisch unbestimmbar, 
da die Füllung bis auf Stein, Scherbe und Kohle umgewandelt und fort- 
gespült ist. 

Die Trichter an der Kapelle sind äusserst selten , wie z. B. Nr. 1 
Pl.-Nr. 1380, und wohl nur zufällig oval. Mit kohlehaltiger Erde gefüllt 
geben einzelne, z. B. Nr. 5 und Nr. 7 der Schlüsseläcker, Brandspuren an 
ihren Wandungen. Sie (Uhren Mahlsteine, aber keine Feuersteine. Die 
Thonballen sind hier seltener, auch nicht mit erkennbaren Hohlräumen an 
den Bruchstellen. Die (irössenverhältnisse dieser Trichter zeigen unter dem 
Humus von 12 cm Stärke eine Länge an von 1.2 des Durchmessers und eine 
Tiefe von 0.5— 0.6 m. Bezeichnend ist, dass diese Grbssenverhällnisse sich 
in der ltegel Übereinstimmend auf den veischiedenen Aeckern finden. Die 
Kessel siud also rund. 

Der Rest einer Wohnstätte ist hier in einem Fall, wie schon berichtet, 
zur Hebung gekommen. Der bezügliche Trichter weist obige Dimensionen 
auf, lässt die cannelirten Brocken nur im Trichter heben und nicht in der 
Umgebung desselben. Aehnliche Brocken wurden bisher in den übrigen 
Trichtern nicht gehoben. 

Die Trichter an der Kapelle zählen nach Hebung eines Bronze-Messers 
(in Trichter Nr. 2, Dinkeläcker, Pl.-Nr. 1366), analog der Form, wie sie bei 
Miduu ain Bieler-Sec in der Schweiz auflritt, zttr Metallzeit. Ihre speciellen 
keramischen Eigenthümlichkeiteii offenbaren sich durch Tupfunstich oder 
(selten) gewundene Linien, wie sie der Rand eines geflochtenen Weidenkorbes 
zeigt, horizontal gestellte Ränder, die gern Kegelschnitt (Uhren bei grossem 
Durchmesser der Oeffnung. Die Henkel wachsen in flacher, breiter Form 
direkt ans dem abgesetzteu Rand, dessen Lippe den Tapfenstich führt, Zu 
erwähnen sind zwei sehr auffallende, runde, halbfiugerdicke Plattenstucke 
vom Durchmesser der Oeffnung einer Unter- und Obertasse. Die kleinere 
Platte hat auf Ober- und Unterseite sich gegenseitig berührende, in con- 
centriscben Kreisen eingelegte flache Mulden vom Durchmesser eines Blei- 
stiftes. Die grössere Platte ist nur aut einer Seite gestempelt; in cou- 
eentrischen Kreisen sind, */* ein entfernt, runde, exact angebrachte, tief eiu- 
gepresste Einstiche von halber Bleistiftdicke. Die Platten waren gut gebrannt 
und sind von Farbe gelb-rüthlich Es dürfte kaum ein anderer Zweck dieser 
Platten zu erkennen sein, als der. aufgedruckt zu werden zur Darstellung 
einer Verzierung, ähnlich der Darstellung einer Bienenwabe, auf Kuchenteig 
zu den Festen der Sonnenwende, oder auf Butter, Wachs etc. 

Hierbei mochte eingeschaltet werden, dass bei einer Vorführung be- 
sonders hergestellter Trichter-Schnitte für die Herren Lehrer einer der Herren 
ein geschweiftes Bronze-Messer aus dem Main bei Kl.- Wallstadt vorzeigte, 
das seine Form findet in den Pfahlbauten bei Biel. Dasselbe ist nicht 
oruamentirt. Die gleiche Form, '/» grösser, ornamentirt, ist ungebildet in 
den „Beobachtungen authrop. Forschung im d. u. ö. Alpengebiet“. Diese 
und die obige Messerform hat also ihren Zug durch das Uhonethal bis in 
den Spessart geführt, wenn sie nicht keltischer Technik zufällt. 



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Trichter der Stein- und Bronzezeit zu Eichelshnch. 



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Charakteristisch ist an dem Eicbelsbacher Messer der am Stiel befind- 
liche Rest einer Oese, die auch an den soust ganz verschiedenen süd- 
bayerischen Messern, aber mit grösserem Durchmesser, angebracht ist zum 
Anhängen au den Gürtel. 

Als neolithisebe Funde sind speciell bei der Eichelsbadier Kirche hervor- 
zuheben : Zwei runde, roh gearbeitete, durchbohrte grössere Thonperlen, von 
denen die eine doppelkegeliormig ansgefallen ist nach Art der Pottensteiuer 
(abgebildet in den Beob. d. a F. etc.), gab Nr. 31. Eine gleiche Perle, rund, 
defekt, fand sich in Trichter Nr. 11 sub Nr. 452. Trichter 49 zeigt einen 
kleinen Reibstein mitLäufer von Röthel zur Gewinnung von Farbe (Nr. 514,515). 
Die Mahlsteine weisen ebenen und concaven Schliff auf; der zugehörige Läufer 
war daher rund oder eben. Kunde Läufer sind nicht gehoben , vielleicht 
diente ein rundliches Holz, es sind aber anch mit Sicherheit keine flachen 
Läufer vorzulegen. Ferner erscheinen kleinere, oft hohl geschliffene Wetz- 
steine, voraussichtlich zum Schärfen der Steinmesser, zum Glätten der Pfeil- 
schäfte, zum Spitzen und Schärfen der Hornwerkzeuge etc. 

Zwei kleine Sleinkeile werden überreicht. Der Eine ist auf einer Seite 
flach, auf der andern convex, sehr glatt und schön geschliffen. Seine Form 
entspricht einer speciellen neolithischen Fabrikations-Richtung. Dies Stück 
lässt daher vorläufig allein einigennassen eine zeitliche Feststellung zn. Das- 
selbe ist fast auf dem Boden von Trichter Nr. 15 (sub Nr. 375 A) vom Bericht- 
erstatter gehoben und gehört ohne jeden Zweifel zum Trichter Inventar. Der 
Zweite ist aus schwarz und weis* getüpfeltem Kiesel schmal zugehauen und 
nicht sorgfältig geschliffen, auch oben defekt, geliefert von Trichter 49 der 
Kirrbäcker sub Nr. 513. An beiden Keilen ist die Schneide recht scharf 
und ersichtlich oft geschliffen Die Form der vorliegenden Feuersteimnesser 
ist lang gezogen mit zwei Schneiden. Farbe dunkelgrau , sehr selten weiss 
gebrannt, (juersc dmitt gleich dem Schnitt durch ein Prisma. 

Proben von Kohle beurkunden, aus verschiedenen Trichtern gesammelt, 
dass am Ort zu ueolithischer Zeit Eichenholz gebrannt ist. Für die Ge- 
winnung dieser difficilen Partikel ist wesentlich, dass sie nach der Hebung 
nicht getrocknet werden dürfen (da bei Eindringen von Wasser in die ge- 
troekueteu Partikel die poröse Substanz unter Knistern zerfällt), ehe sie 
nicht unter warmem Wasser vorsichtig gebürstet. 10 Minuten lang sich mit 
heisser, dicker Gelatine gesättigt haben. 

Die Trichter bei Eichelsbach Kirche, 2 — 7 m unter einander entfernt, er- 
füllen, soweit ihre Hebung vorgeschritten, in geschlängelten Reihen einen 
Gürtel von S;0, dessen conceutrische Kreislinien annähernd durch die t^uer- 
axen der Trichter ziehen. Der Gürtel ist ca. 30 m breit bei einer Länge von 
220 m. Wie angegeben führt der Normaltrichter: Tiefe = 1.07, Länge = 1.60, 
Queraxe =1.15 Meter. Ibie Form ist also im Charakter ueolithischer Zeit 
immer oval (während der Trichter der beginnenden Bronzezeit eine runde 
Mulde liebte) und die Längsaxe zielt hier vorherrschend nach Norden. Die 
Form des Bodens ueolithischer Trichter ähnelt der Gestalt des Kieles eines 
Kahnes, nie der eines Kegels. Spuren von Werkzeugen, mit denen die 



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Frhr. von Haxthausen. 



Trichter ausgeboben sind, Hessen die Wände nicht zurück. Da diese aber 
immer glatte Flachen ohne zackige Unterbrechungen gewähren, mochten die 
Trichter mit der breiten Schneide einer Holzbacke atisgescliabl sein. Die 
Hodenform der Bronze-Trichter entspricht der Gestalt einer Halbkugel. 

Es bleibt die Frage, ob ausser der Stein- und Brouce-Zeit Kochlöcher 
von spateren Perioden auch angelegt sind. 

Die Längsaxe der Trichter bei Eichelsbacb richtet sich also mehr oder 
weniger von S : N, ohne dass benachbarte Achsen streng parallel gerichtet 
wären. Bei Eschborn sind die Achsen von SO: NW gestellt, parallel zu den 
Schienen der vorbeiführeudeu Eisenbahn , also entsprechend der Bichtung 
des Randes des sanftgehobenen Platzes. Spricht die Hodengesalt nicht mit, 
liegt sowohl bei Eschborn wie hei Eichelsbach ein übereinstimmender Zug 
der Richtung der Achsen vor. 

Bedeutsam ist die scharfe Begrenzung des Randes des äusseren Theiles 
der Zone des Trichter bei Eichelsbach. Sie schnitt ohne grossen Zweifel an 
einer zu vermuthenden Schulzhecke, einem Gebiick, ab. Dasselbe umkreiste 
selbstredend die gesammte Trichteranlage und bietet uns ein Bild einer 
Festung der Steinzeit. — Die Trichter überspringen die Wege in O. und W., 
so dass die Dehnung des Gürtels nach den angeführten Richtungen wahr- 
scheinlich wird. Wir ahnen jetzt warum der schone Platz an der (Quelle, 
abgesehen von seiner Beschränktheit zum Sitz ungeeignet war: er war von 
der erhöhten Umgebung einzusehen , mit Pfeilen und Speeren zu bewerfen, 
von Rnubtbieren zu überspringen. 

Da die Kessel von Zeit zu Zeit bei Benutzung als ilerdstellen auszu- 
räumen waren, konnte sich der hebbare Inhalt derselben nicht summiren und 
ist derselbe in den einzelnen Kesseln sehr geriug. Der verhältnissmässige 
Reichthum an Scherben steht sonderbarerweise oft itn umgekehrten Verbält- 
niss zur entfallenden Zahl von Thouballen. Nr. 31 gibt z. B. eine grosse 
Zahl gebrannter Thonstücke, aber wenig Scherben, Nr. 11 dagegen liefert 
fast keine Thonballen aber zahlreiche Scherben. In Eschhorn fehleu bis jetzt (in 
13 eingesebenen Trichtern) die Thonbrocken völlig, werden auch im bezüglichen 
Bericht von anderer Seite nicht erwähnt. Es ist et forderlich, in hohen Schieb en 
zonenweise die Scherben zu sammeln, um, wie bei Nr. 11 geschehen, Gelegen- 
heit zu geben, untersuchen zu können, ob zusammengehörige Scherben durch 
alle Horizontalschichten der Brandmasse gehen, oder ob sie nur in getrenn- 
ten Zonen zu habeu sind. Bei Durchführen der lockern Aschenmas.se ist es 
jedoch leicht möglich, dass Scherben tief versenkt werden können. Gleiche 
Scherben in gleichen Hohen sind über einander gebaut zu verschiedener Zeit ; 
im Falle der regellosen Durchsetzung einer Schicht mit Scherben eines 
Gefässes ist diese Schicht einheitlich und vielleicht geschlossen eingeführt 

Für Brand in Trichtern spricht der Mangel an grösseren Kohlenstücken , 
Holzbrand auf einer Flüche lässt an den Rändern des Brandplatzes sowohl 
grössere Kohlenbrocken wie augebrannte Holzenden übrig. Bei folgender Be- 
förderung eines solchen Brandrestes iu einen Kessel folget! viele Kohleu- 
stücke. Brand in Kesseln lässt aber solche Reste nicht zuruck, da auch 



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Trichter der Stein* und Bronzezeit zu EichoLsbacli. 



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jede folgende Schurung übrig gebliebene Kohlenpartikel verzehrt. Der Brand 
in Gruben ermöglicht besser, wie der Brand auf flacher Erde oder erhöhtem 
Heid, eine fortglimmende Kohlengluth zu erhalten; ein Wiederanfachen ist 
sicher und das lästige Neubeleben der Flamme ausgeschlossen. Bei einer 
solchen ständigen Gluth erscheint es selbstverständlich , dass in ihr lagernde 
Gefässscherben durchbrannt werden müssen. Dies ist , wie angeführt, bei 
den gehobenen Scherben selten der Fall. — Der Grubenbrand erlaubt längere 
Holzscheite ohne mühevolle Zerkleinerung zu brennen, die Aeste und Scheite 
stehen aufgerichtet, hindern nicht im engen Raum der Hütte, bilden auch einen 
Schirm gegeu strahlende Gluth , einen Schutz gegen Fall in den Trichter. 
Die Grube ermöglicht grünes, saftreiches, nasses Holz zu brennen, da die 
Glüht im Trichter schnell trocknet, auch die Flamme , nach oben züngelnd, 
leicht durchbrennt. Die stärkeren, laugen Holzstücke reiben nun die Künder 
des Trichters ab, Erdbiocken lösen sich und fallen in die Gluth, wo sie 
verziegeln. Um Trichter mit haltbaren Wandungen zu benutzen, ist die 
Auswahl schweren Lehmbodens erforderlich, wie Eichelsbach und Eschborn 
bestätigen. Die Thonballen bei Eichelsbach — bei Eschborn fehlen sie — 
sind aber mit Spreu, Moos etc. durchknetet und sind der Hauptsache nach 
nicht abgefallene Theile der Trichterwände. Die sicher nachgewieseuen 
Brandt l ichter sind sehr flach, so dass von ihren Rändern nur wenig Stücke 
eingefallen sein dürften, noch Brocken einer etwaigen Reparatur oder Ver- 
engerung der Mündung des Trichters. Die grössere Brandstelle an der 
Schule ist ganz flach und doch stark besetzt mit Thonballen, die einst von 
Rändern, die überhaupt ermangeln, abgestossen sein können. Als voraussicht- 
liche Zeugen längeren Verkehres um einzelne Trichter tritt der ans ihnen ge- 
hobene Grus zertretener, abgerundeter Scherbenpartikel in oft grosser Zahl 
auf. Sie stammen von vielen Gefüsseu und sind, nachdem sie geraume Zeit 
auf dem Hoden der Hütte zerkleinert wurden, in den Kessel gefegt. — Ganz 
unerklärlicher Weise fehlen bei Eichelsbach aus 154 Trichtern Bodeustücke 
von Gelassen bis auf 3—4 Stück. Niemals ergeben sich ferner soviel Theile 
eines Gefässes, dass nur die Hälfte desselben aufgebaut werden könnte. 
Meist ist nur ein Henkel von je einem Kochtopf oder je ein Warzenstück 
in einer Grube. Sehr oft erscheint eine sichtliche Auswahl charakteristischer 
Gefässscherben stattgefundeu zu haben. — In drei Trichtern fanden sich zu 
einer Platte roh gefügt je 4—6, etwa 2 Finger dicke, handgros.se Steine. 
Auf diesen Platten ruhten einzelne Scherben. Auf solche Steiuunterlage, 
um ein seitliches Einsinken in die Asche und etwa folgendes Umfallen zu 
hindern, wurden die Kochtöpfe der Gluth ausgesetzt. Die Steine waren 
absichtlich klein, um glühende Kohlen dazwischen zu lagern. An Schuüreu 
über loderndes, stechendes Feuer ist wohl kein Topf an das Feuer gehängt. 
Ueber diese angetroffenen Herdplatten, wozu auch die Steinlage Dinkeläcker, 
PI. Nr. 1380 Nr. 1, zu rechnen sein könnte, war nun aber in den augeführten 
Fallen wieder höherer Brandschutt mit weiteren Scherben aufgebaut. Eine 
Probe solchen, gebrannte Thonbrockeu führenden Inhaltes eines Topfes wird 
mit dem Ergebnis« von Trichter Nr. 105 überreicht. Der Befund derartiger 



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Frhr. von Ffaxtlinuson. 



Gruben macht den Eindruck , als sei in ihnen in Intervallen von lungeren 
Zeiträumen gebrannt. Nach einem ersten Brand war die Grube verlassen, 
durch Regeuschweiumung , Staub etc. wurde eine Erdschicht eingeführt, die 
den ersten Kochherd bedeckte, über dem, vielleicht nach Monateu oder 
Jahren, neue Ankömmlinge wieder einen Brand entfachten. Ein solchei Fall 
trat eiu, wenn eine Horde je nach der Jahreszeit, der Ergiebigkeit der 
Weideplätze den Sitz wechselte. Ausserdem ist nicht ausgeschlossen, dass 
bei Eichelsbach sich zu gewissen Jabresabschnilten religiöse Feste abspielten, 
die reichlichen Mensrhenzudrang im Gefolge führten, und dass ausser dieser 
Zeit der Ort nur schwach belebt war. 

Ein Rückblick aut die lUckeuhafte Ausbeute der verhaltnissmässig reich- 
lichen Hochbauten der Vorzeit auf Eichelsbacher Gemarkung veranschaulicht, 
wie erst durch Einführung der Erbstücke der Tiefbauten derselben Oertlich- 
keit eine geschlossene Reihenfolge der Kulturperiode eine Station der Vorge- 
schichte erzielt werden kann. Die Bronzezeit ohne Eisen wollte sich vor 
der I’flege der Tiefbanten im gauzeu Spessart nicht offenbaren. Spärliche 
Eiuzelliiude wiesen allein auf sie hin. Durch jetzige Freilegung einer ganzen 
Colonie jener Zeit, wenn auch eist an einem Punkte, wird die Sicherheit 
gewährleistet, dass auch die Bronzezeit ihre Bluthe im Spessart feierte. 



Uebersicht des Inhaltes. 

Ans dem bisherigen Befund der um einen Ceutralpuukl gedrängt 
gezogenen Trichter bei Bicbelsbach-Kirche können nach ihrer Keramik, 
den Werkzeugen, dem Mangel au Metall die unanfechtbaren Schlüsse gezogen 
werden, dass die Gruben der neolithischen Zeit und zwar nach der cliarae- 
teriätischeii Form von zwei Steinkeilen entweder der Blüllie oder dem Nieder- 
gang der Epoche ziizutheilen sein dürfen. 

Dann zerfallen diese Gruben in solche Trichter, in denen ohne Zweifel 
gebrannt ist, und in derartige, in denen die angetroflenen Brand-Reste und 
•Wirkungen nicht sofort den Beweis liefern, dass sie durch Brand in ihnen 
selbst erzeugt siud. Ausgeschlossen ist indesseu Grubenbrand iu keinem 
Trichter. 

Zu welchem speciellen Zweck die Trichter gedient haben, ob zum Kochen, 
zum Leichenbrand, als Senkgrube, ist nicht — bis jetzt — mit Sicher- 
heit anzugeben; es ermangelt jede Spur von Koch , Skelett- und Abfall 
Resten. Die einfachste, annehmbare Deutung des Zweckes der Trichter mochte 
sieh daher vorläufig auf die der Benützung derselben als Koch- und Heiz- 
stellen beseht änken. 

Es ist ferner zweifelhaft, oh die Trichter vorübergehend oder längere 
Zeit ihrem ev. Zweck als Herdstellen gedient haben. Einzelne, langen Ge- 
brauch anzeigende Mahlsteine, die aber auch zu einem MursctiinvenUr 



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Trichter der Rtein- und Bronzezeit zu Eichelsbach. 



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gehören konnten, weisen anf A cke rbau betrieb uuii darauf hin, dass 
ihre Benutzer wohl ansässig waren. 

Das Auftreten der Mahlsteine au einer anscheinend weniger bevorzugten, 
abgeschlossenen Parcelle des Besiedelungsplanes lässt schliessen, dass auf 
derselben das Sclaven- Viertel lag oder der Friedhof. 

Eine in Hügelgräbern leicht, hier schwer zu deutende Zeitrümmetung 
der Mahlsteiue ist auzufUhren. 

Zweifellose .Spuren von Hutten sind auf neolithischem Boden 
nicht wahrgenonnnen. 

Spinnwirtel sind Zeugen der Woll-, resp. Leinen-Produktion und 
Weberei. 

Die Zahl der Trichter suramirt eine ansehnliche Bevölkerung, deren 
centripetale Gruppirung Schulz vor Raubtbieren und dem Nachbarn durch eine 
augedeutete Hecke n vol l age verlangte. Vor die geschlossene Siedelung 
gelegte, isolirte Sitze sind noch nicht nachweisbar. Die plangemässe An 
läge ergibt den Grund zu einer Genossenschaft mit einheitlicher 
Leitung. 

Sind die Trichter als Herdstellen zu bezeichnen, ist der zugehörige 
Friedhof zu suchen. Der überlieferte Gesamintnachlass dieser neolithischen 
Gemeinde gewährt ein völlig harmonisches Ganze, in dem nach keiner Bicbtuug 
hin zweifelhatte Fundergeüuisse oder chronologische Unterschiede hervortreten. 
Mag der Zweck der Trichter auch beliebig gewählt werden, es ist sicher, 
dass deren Anlage in jedem Fall nur einem bestimmten Zeitabschnitt 
angeboren kann, der, in sich geschlossen, sebrofl' begann und endete, als eine 
Erscheinung, die mehr für Nomadenwesen als für Sesshaftigkeit spricht. Es 
ist jedoch in Betracht zu ziehen, wie leicht Zwischenperiodeu sich ver- 
stecken können. So treten erst jetzt Anzeichen der Besiedelung des Spessarts 
zur Brouzezeit zu Tage. 

1 1 /< K ilometer südwestlich dieses neolithischeu Trichterfeldes lagert 
— in räumlich getrenntem Gruppeubau eiu noch ausgedehnteres Gebiet 
von Trichtern der durch ein Bronzeinesser beurkundeten Bronzezeit. Zur 
ungefähren Aufklärung der Grenzen dieses Feldes sind zuvörderst nur Strecken 
seiner Peripherie, die auf eiu noch zu suchendes Ceutrum, vielleicht Eicheis 
hach selbst, hindeutet, in Betracht gezogen. 

Die Trichter, nach Bau und keramischer Einlage conform unter sich, 
lassen theilweise zweifellos erkennen, dass in ihnen gebrannt ist. Ein Trichter 
bewahrte zahlreiche, gebrannte, cannelirte Thonhrocken vom Bewurf 
eitler Reisigwand. 

Die Gruben zeigen in den getrennten Gruppen gedrängte Anlage, die 
nur durch Schutzvorlage von Gcbücken erklärt werden möchte, hei oft 
ziemlich genauer Linienrichtuug der Trichter. Diese characteristische Bau- 
art spricht schon allein sofort für ihre Zusammengehörigkeit. 

Bis jetzt konnte nachgewiesen werden, dass sich die Gruppen auf einem 
Kreisausschnitt von 1 */* Kilometern lagern. 



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Frhr von lluxthAUwori, Trichter der Stein- utiil Rronxozcit zu EichuLitarh. 



2 <> 



Die Keramik, wie das Bronzemesser — Nidauer I’faülbaubronzeform 
datiren das Brouzefeld vor die Hallstattzeit Der dem Gefassbau 
eigene Ramlli|i]>eulupfensticb , der bis zu diesem Fund der Steinzeit zu- 
geschrieben wurde, rückt das Feld ferner an die Grenze der Steinzeit. 
Das Bronzefeld ist wieder in seinen EigenthUmlicbkeiten in sieb völlig ab- 
geschlossen: es ist daher auch einer ganz bestimmten, ununterbrochenen 
Periode zuzutheilen, die unvermittelt beginnt uud endet. 

Die uns gewahrte locale Trennung der Erbstücke dieser zwei dunklen 
Perioden ist überaus werthvoll, zumal sie auf einer Station der Vorgeschichte 
zur Kette des Entwicklungsganges zwei Glieder reibt. 

Das reichhaltige Fundergebniss bei Kichelsbach ist in folgender 
Weise geordnet: Schematische Aufstellung der Kami Verzierungen (57 Typen), 
die Form der Ränder (59 Typen) dann in 4,‘l Rubriken: Ort, l’l.-Nr, Zeit, — 
Trichter: Richtung, Tiefe, Lange, Breite, — Quantum an Asche, Kohle — 
Thonballen, gross, klein, Angebrannte Wandung — Verzierte Scherben — 
I7u verzierte Scherben — Kochtöpfe: A. Henkel, B. Warze, C. Becherform — 
D. Flaschen — Trinkgefässe: E. Halbkugel, F. Hoher Becher, G. Becher mit 
Warzen — Grosse der Henkel, Richtung und 1. Weite des Stiches — Warzen: 
Kugel, Oval, Kegel, Grösse — leisten flach, rund, dreieckig, Grösse — NKgelein- 
drücke — tiefe Tupfen — Böden — Randstücke — Cannelirungeu — Mahl- 
steine — Schleifsteine — Feuersteinmesser — Feuersteinsplitter — Steinkeile, 
Kotheisenstein — Muscheln — Wirtel — Knochen — weisse Tauschirang — 
Nr. der Scherben etc. — 

Die Keramik von Hof-Mauer bei St. Atgart und Eschborn bei Frank- 
furt a/M. stimmt mit der bei Eichelsbach überein. — Zu vergleichen ist 
noch: Worms, Ditzingen, Schierstein, Walluf, Wiesbaden. Höchst. — 



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Beschreibung der Skelettreste aus dem Flachgräberfelde 
von Manching. 

Von Dr. l’uul Iteiueeke. 



Das anthropologische Material , welches dio Skelottgräbcr aus dein Flachgräborfelde der 
mittleren La Tenozoit bei Manching (Bezirksamt Ingolstadt) ') ergeben haben, ist leider nur ein 
geringfügiges, da dio einzolnon Skelette der wenigen Gräber, welche hiersidbst durch systematische 
Ausgrabungen frei gelegt wurden , nur in sehr zerstörtem Zustande gehoben wei*dou kennten. 
Bei der Wichtigkeit, welche dio Nocropolo von Manching für die lotzte vorröinischo Eisenzeit 
des oberen Donaugehietes besitzt, und zugleich auch, um für künftige uoue Funde derselben 
Periode hier oder au anderen Orten wenigstens einiges Vergloichsmatcriol zu bieten , erscheint 
es trotzdem nicht unangebracht , auch die wenigen anthro|K»logischen Daten , welche überhaupt 
aus den vorhandenen Skelettresten zu ermitteln waren, mitzuÜioilou. 

Wir haben uns jedoch darauf zu beschränken, die osteologischen Reste jeder einzelnen 
Bestattung für sich zu beschreiben und müssen bei der geringen Anzahl dor Gräber von jeder 
Verallgemeinerung, von der Zusammenstellung von Mittolwerthen, vollkommen Abstand nehmen, 
ln der Bezeichnung der Gräber folgen wir der bereits bei Besprechung ihrer areb ologischen 
Ausbeute angewendoten Reihenfolge. Boi eiuigun der Knochen raüsssen seiner Zeit, als die 
Manchiugtr Funde an die prähistorische Staatssammlung in Müucbeu abgeliofert wuideo, 
irrthümlich Verwechslungen oder Vortäuschungen stattgofunden haben; wir werden weiter unten, 
bei der Besprechung der betreffenden Knochen, diese Irrthümer richtig zu stellen suchen. — 

Grab I; Kindergrab. Erhalten sind nur Tbeilo dos Schädels eines etwa acht- bis neun- 
jährigen Kindes (Frontale, Parictalia und Bruchstücke des Occiput). Länge und Rreito dos 
Schädeldaches lassen sich nicht genau ermitteln, jedoch dürfte dio Schädel form annähernd an 
dor Grenze von Meso- und Dolichocephalio stehen. Die ächädelwauduugon sind noch sehr dünn, 
ebenso troten dio Tubera froutalia und parictalia noch mächtig vor. Die Augenhöhlen waren, 
soweit sich dios beurthoilen lässt, relativ klein. — 

Grab II: wio aus don Beigaben hervorgeht, enthielt es eine weibliche Bestattung. Nur 
ciu Stück des massig dickwandigen Stirnbeins konnte einzig und allein gorettet werden. 

Grab III: nach den Beigaben zu urtheilon, Grab oines Mannes. Es sind noch eine grosse 
Anzahl Skelettruste, jedoch in sehr beschädigtem Zustaude, vorhanden. 

Vom Schädel besitzon wir Theilo des Uuterkiefers, mit ziemlich stark abgenutzten Molaren, 
ferner das fragmentirto linke Schläfenbein mit kräftigor hinterer Tcmporallciste, auffallend stark 
(iu sagittaler Richtung) plattgedrückter Ohi Öffnung und tiefer, schmaler Gelenkgrube für den 
Unterkiefor. 

*) Beiträge zur Anthropologie und Urgeschichte Bayerns, XT Heft 1—2, München 1894, 
p. 34—44. 



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28 



P. Rpinofke. 



Dio Halswirbel waren verhältnissmilssig kräftig gebaut Der Epistropheus ist massig, sein 
Forainou vertebrale sehr gross, seiu Körper lang, breit und hoch, der Processus odoutoidous sehr 
lang und mit grossen ArticuLitionsfacetton ; dio Bogeuthoile sind weniger voluminös, Quorfort 
satzu ziemlich kurz, Foramen transversarium grösser als gewöhnlich, am Dornfortsatz Andeutung 
von Bifurcation. Dio übrigen Halswirbel hatten gleichfalls kräftige Körper, weite Foramina 
vertebralia, dünne Bögen; soweit ca zu erkennen ist, fand sich ausser am Epistropheus am 111. 
und am V. oder VI. Halswirbel gabelige Theilung des Dornfortsatzes. Von den Brust* und 
Lendenwirbeln siud mehrere Bögen vorhanden, welche durchweg lange Dorn* und Quorfortsätze 
aufzuweisen haben; trotzdem machen sie oinon schmalen Eindruck. Die Gelonkfacotten siud 
langgestreckt und schmal, auch am Kreuzbein, wo aio übrigens auffallend stark concav 
gekrümmt sind. — Die Fragmente von Brustbein und Kip|ien erlauben keine Beschreibung. — 
Von den Schulterblättern lässt sich im Allgomoincn sagen , dass ihre Lunge uud Breite wohl 
einen ganz ansehnlichen Werth erreichen mussten. Diu Spiuac waren hoch, dio Muskclmarkou 
wenig ausgeprägt, das Collum Scapulae langgezogen; dio Caritas glenoidalis breit und massig 
hoch. Das einzige Maass, welches gewonnen werden konnte, ist dio Scapularbrcite links; sie 
beträgt 117 mm. 

Das erhaltono rechts Schlüsselbein ist sehr kräftig gebaut ; seine absolute Iüuge dürfte 
nahezu 15 cm erreicht haben. Das sternalo und acromiale Eridu sind sehr verbreitert und 
namentlich letzteres bedeutend abgeplattet. Die Krümmung ist ganz beträchtlich. Der (jttor* 
schnitt dor Mitte hat eine ziemlich rundliche Form, dio M nasse betragen: sagittalor Durchmessor 
13 mm, vertlcaler 11mm, Index 84.6, Umfang 38 mm. 

Dio Knochen der oberen Extremität sind , wie alle langen Knochen diosos Skelettes, von 
kräftigem Bau, leider lässt ihr Erhaltungszustand jedoch viel zu wünschen übrig. Dio muth- 
massliche Länge dos Humerus dürfte etwa 31 cm betragen haben; die untere Breite des Ober- 
arm knochom» war ziemlich ansehnlich ; Fossa olecrani nicht perforirt, nicht einmal durchscheinend ; 
die Diaphyso ist in ihrer Mitte massig rundlich. Auch von den Vorderannkuochen lässt sieh 
nur wenig sagen. Dio absolute lüugc der lllua mochte ca. 27 cm erreichen; die proximale 
Gelenkllächo ist schmal, und schwach concav gekrümmt Dio M uskel marken prägen sich an 
Elle und tipeiche deutlich aus; die Cristao interossoae springen rechts auffallend stark im Gegen- 
satz zur liukon Seite vor, rechts siud diu Knochen auch bedeutend kräftiger uud dicker als 
links. Die Querschnitte dor Diapbysonmitte von Ulna und Radius erscheinen ziemlich abge- 
plattet. Das Verliältniss von Vorderarm zu Oberarm dürfte kaum von dein für deu Europäer 
gültigen Mittel sieh entfernt haben. Dio einzigen Maasso, wob ho sich genau bestimmen Hessen, 
siud die des Querschnittes der Diaphyso; wir voreinigen sie io folgender Tabelle: 



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Am linken Humerus haben wir eine betitorkouswortho pathologische Veränderung zu be- 
schreiben. Die proximalen zwei Drittel des Knochens sind stark doformirt, indem hier die Substanz 
des Knochens ungemein vorgrössort ist und kolbig aufgetrieben erscheint. Der Verlauf dor 
inneren medialen (genauer vorderen medialen) Fläche des Knochen* ist dadurch kaum gestört ; 
diese bildet vielmehr, wie gewöhnlich, nahezu eine Ebene. Stark verändert dagegen zeigt sieh 
die laterale (vordere laterale i Fläche: hier ist der Knochen in seinem oberen Theilo stark auf- 
getrieben, uud erst weit unterhalb der Tuberesitas deltoidoa fällt dio Auftreibung allmählich ab. 
Eiuigo Finger breit über der Stelle dor Tuberesitas deltoidoa sieht man auf der hinteren Fläche 
eine unregelmässig eiugezogone Vertiefung; neben dieser springt dio hintere mediale Kante des 
Humerus sehr weit Rpitz vor. Leider ist der darübor liegende Theil des Knochens, einschliesslich 
des Caput, abgebrochen und verloren gogaugeu, auch auf der Auftreibung aolbst ist die Überdache 



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Beschreibung der Skclettresto aus dem Flachgriiborfelde von Manching. 



29 



ziemlich beschädigt, so dass die genaue Gestaltung dieser pathologischen Deformität nur schwer 
zu erkonnen ist 

Auch ätiologisch dürften, boi dem schlechten Erhaltungszustand des Knochens, nur Sfuth- 
massungen ausgesprochen werden können. Es ist kaum anzunehmen , dass es sich um eine 
Fraktur des Oberarmes bandle; — dio Callusbildung wäre wohl nicht eine so enorme, vor Allem 
alier wäre dio merkwürdige kolbigo Auftreibung dadurch nicht zu erklären. Eher liegt dio 
Vermuthang nahe, wofür auch die erwähnte Einziehung spräche, dass hier ein abgelaufuner 
und abgehoilter entzündlicher Process im Bereiche des Knochens oder Knochenmarks, .jedenfalls 
unter sekundärer Betheiligung des Poriosts, Vorlage. Nicht ausgeschlossen ist es, dass durch 
eine Verwundung die Ursachen dazu gegeben wurdeu; es könnte dies sehr leicht möglich sein, 
zumal da ja auch der Bestattete durch seine Beigaben als ein Krieger eharacterisirt ist. 

Vom Becken konnten nur einige wenige belanglose Bruchstücke gehoben wordon. 

Boi langen Knochen dor unteren Extremität war es möglich, wenigstens auch ihre Länge 
approximativ zu bestimmen. 

Das Femur ist massig schlank, seino Länge beträgt fast 41» ein, in natürlicher Stellung 
48 cm. lassen wir diese Zahl gelten, so berechnet sich daraus ein Längondickouindex von 18.8. 
Der Querschnitt dor Diaphyson mitte ist rechts etwas in transversaler Richtung abgeplattet, links 
hingegen in sagittalor ; rechts tritt also die Crista bei weitem mehr hervor als links. Die obere 
Breite erreicht einen ziemlich grossen Werth (linkfi 102 mm) ; das Collum hat einen stark ab- 
geplatteten Querschnitt, die Rotation des Collum beträgt etwa 16°. Dio Torsion dos Femur 
war jedenfalls koino erheblich grosse; der Collo-Diaphysenwinkul berechnet sich links zu 130°, 
der Condylo- -Diaphyson wiokel rechts zu 9*. Hinsichtlich der Platymerio verhalten sich beide 
Femora schwach platymer (sagittal platymor im Sinuo Manouvriors) mit deutlich ausgeprägter 
Ausbuchtung, Index 79.1; links macht sich die Abdachung etwas mehr bemerkbar als rechts, 
wie ja auch schon aus dem Bau dor DiapUy.se überhaupt hervorgehen würde. Ein Trochanter 
tertius etc. ist nicht vorhanden. 

Die absoluto Länge der Tibia borochuot sich rechts auf 385 nun (Gelonkfluchcn&bsüuid 
377 mm), links ist sie, da der Tibialkopf fohlt, nicht zu ermitteln. Trotzdem dio Tibia eiuiger- 
massen schlank gebaut ist, erreicht der lämgcndickeniudox einen vcrliältni.ssmässig hohen Wcvth, 
rechts 20,5, was sich jedoch daraus erklärt, dass der „kleinste Umfang“ sich nicht sonderlich 
von dem „Umfang der Mitte dor Diaphyse“ unterscheidet. Ret.ro Version und Incliuation des 
Tibialkopfes waren nur äusserst gering; rechts: Ketrovorsiouswinkol 4*, Inclinationswiukol 5°; 
dio Curve des Oondylus exteruus entspricht etwa der Form 1 des Schemas Thomsons. Dio 
Torsion der Tibia konnte nur oino massige, nicht sonderlich von dem gewöhnlichen Werthe 
abweichende »ein. Die Platycuoinie ist sehr deutlich ausgcbildet, der Index cnomicus betrugt im 
Mittel für beido Seitou (gemessen in der Höhe des Fonmen nutricium) 6-1.3. Auch der Quer- 
schnitt dor Diaphysenmitte ist noch ziemlich beträchtlich abgeplattet, iudex 71.7. Die Üondyleu- 
b reite ist ganz ansehnlich, rechts 7G mm. 

Bezüglich der 0 rossenunterschiede dor Knochen der beidou unteren Extremitäten lässt 
sieh folgendes sageu: die Diaphyson des Femur und der Tibia sind rechts dicker als links. Beim 
Femur ist im oberen Drittel die Abflachung rechts geringer, bei der Tibia hingegen links. 

Dio Dickenmasse dor Knocheu der unteren Extremität vereinigen wir in folgender Tabelle : 



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Vom Fussskelett wäre nur hervorzuheben, dass die Ossa tarsi, soweit vorhandeu, sehr kräftig 
gebaut uud gross waren. 



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30 



P. Roinockf». 



Das Vorhältniss von Unterschenkel zu üboischoukol, der TibioFciuoraJindox, durfte rund 
79.0 ausrnachen (vielleicht etwas woniger odor etwas mehr; jedenfalls hat er sicherlich nicht 
dio Wertbo 78.0 und 80.0 überschritten). Die Tibia ist demnach im Vergleich zum Femur 
etwa« kurz. Der lemoro-Hunioralindox erreicht 09.4, das Verhältnis« von Humerus zur unteren 
Extremität 38.9. Wie aas diesen wonngleich etwas unbestimmten Zalil-n hervorgeht , ist das 
Femur in Uezug auf die anderen langen Knochen etwas lang gewesen. 

Dio Körpergrüsse des in diesem Grabe bestatteten Mannes lässt sich mit einiger Genauigkeit, 
trotz der approximativen Wertho für dio Iiingc der Röhrenknochen , bostimmen, soweit dies 
überhaupt an der Hand der für eino derartige Berechnung aufgestellten Tabelle, deren beste dio 
von Mauouvrier ist und welcher wir hier uns auscliliesscn, ermöglicht wird. Aus Humerus, 
(Jina und Tibia wäre gleich massig eine Köriiergrösso von ca. 1.09 tn zu erinittoln, während das 
Femur, welche« aber, wie wir eben hcrvorlioben, im Verhältnis« zu den anderen Knochen etwas 
zu lang ist, au sich ungefähr auf 1.71 in schliesHD liesse. Mit ziemlicher Genauigkeit können wir 
also als Kürporgrüsse dieses Mannes 1 G9 tu oder etwas mehr, jedoch nicht über 1.70 in, fest- 
steilen; er «tobt somit au dor Grenze dos Maasses für „Mittlere“ und „Grosso“. — 

Grab IV uud V waren, wie aus den aufgefuudeneu Heigabeu horvorgoht, Frauengräber. 
Es ist nicht ausgeschlossen, dass von den Ausgrabungen eine Verwechslung in dor Bezeichnung 
beider Gräber eingetreten ist; in dem Fundprotokoll heisst es nämlich zu Nr. V, dass über dom 
Haupte Gofässresto mit Knochen vom Schwein lagen, während in dor Prähistorischen StaaLs- 
sanunlung zu München diese Kunchen als zu Nr. IV gehörig (vielleicht nur irrthümlich !) be- 
zeichnet sind. Da 08 sich beide Male um Frauongräber handelt, wäre an sich oiuu derartige 
Verwechslung belanglos. Von beiden Skeletten sind nur dio Unterkiefer und einigo lange 
Knochen erhalten. 

Nr. IV: eino Frau etwa in mittlertu Jahren. Unterkiefer ziemlich kräftig, gross, in der 
Mitte 32 mm hoch (bis zum Zulmrande 40 mm); Kinn stark dreieckig vorspriogond , Spina 
mentalis interna duplex, Unterrand iu der Mitte leicht oingezogon; Soitentheile hoch, Unterrand 
nicht gerade, eben, sondern ziemlich convex verlaufend; Aoste sehr sehnig augesetzt, schmal, 
aber hoch, Incisur weit und Hoch, Processus corunoideus kaum den Gelonkhocker, welcher sehr 
schmal ist, überragend, Winkel unten abgerundet, nicht ausgelegt, mit energischer Muskcl- 
zeichuung, Distanz (mandibulare Gesichtsbroite) massig gross, 94 nun. Die 111. Molareu 
scheinen nie durehgcbrochen zu sein, sonst sind die Zähne noch vollständig vorhanden ; Znhnourve 
paiabolisch, Zähne sürnmtlich ausgeprägte Spuren der Abnützung zeigend. Die Zahne dor 
vorhandenen Koste des Oberkiefers lassen gleichfalls eine starke Usur erkennen. 

Die erhaltenen laugen Kuochon haben durchweg eiuen schwächlichen Bau aufzuweiseu ; 
die Muskelrauhigkeiten sind kaum entwickelt, iäiugcnmaassc, welche zur Berechnung dor Körper- 
grosse sich verwenden liesson , waren loider, mit Aus nähme vom linkou Fonmr, nicht zu er- 
mitteln, nur die Maassc dor (Querschnitte der Diaphysen, welche wir unten zusainmenstelleu, 
konnten genommen werden. Der rechte Humerus ist etwas dicker als der linke, ebenso verhält 
es sich bei den Vordcrarnikitochco. Vom Femur balwn wir Folgendes zu bemerken: links 
grösste Länge 44fi mm, Trochantoreiilänge 425 inm, iu natürlicher Stellung 412 mm und 417 inm f 
läingendickenindex 17 9; dio Torsion des Knochens war nur oiuo geringe, (links 10 •; Collo- 
Diaphysenwiukel 127°, Condylo-Diaphyscnwinkel 12° (beide links). Der (Querschnitt der Diaphysen- 
mitte ist rechts iu transversaler Richtung schwach abgellacht, links, wo auch die Crista kräftig 
hervortritt, ist er nahezu kreisrund. Das Collum ist (links) stark abgellacht (Durchmesser 20 
und 37 mm, Iudex 74.1, Umfang 14» mm) uud ziomlich beträchtlich gedroht, Kotatiouswiukel 
15®. Der uoterc sagittale Minimaldurchmesser beträgt liuks 25 mm. Im oberen Drittel der 
Diaphyso fallt die starko Platymerie, verbunden mit seitlicher Ausbauchung, auf; Index 
piatymoricu.« 72.4 (75.4 und 66.4). Im Allgemeinen ist das linke Femur kräftiger gebaut als 
das rechte, ebenso prägt sich link« die Abplattung der Diaphyss iu sagittalOr Richtung, sowohl 
im obereu Drittel wie iu der Mitte, mehr aus ais rechts. Die Tibia (nur links ein Bruchstück) 
war ziemlich stark platycnemisch gebildet, Index euomicus 65.6, Iudex des Diaphyseuquersohnittes 
der Mitte G7.9. 



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Beschreibung der Skolettresto aus dom Flachgräberfeldo von Manching. 



31 



Manching 
Grab IV. 9 








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Nach der Tabelle Manou Triers würde sieh, ans der Utnge dos Femur bestimmt, eine 
Kürjiergrüsse von etwa 1.59—1.00 in berechnen. — 

Grab V. Jedenfalls eine Frau in vorgeschrittenem Alter. Vom Schädel sind nur Fragmente 
des kräftigen Ober- und Unterkiefers erhalten; im Unterkiefer fehlen dio Molaren bereits, die 
Alveolen sind vollständig oblitorirt. Die Zähne, soweit vorhanden, zeigen summt lieh eine starke 
Abnützung. Das Kinu tritt stark dreieckig hervor, Spina mentalis interna fohlt; der Unterkiefer 
ist in der Mitte nur massig hoch, bis zum Alveolarraud 33 mm ; der Unterrand krümmt sich 
leicht convex, dio Aesto sind sehr schriig angesetzt, breit, niedrig, Incisur ganz hoch liegend 
und weit; Winkel kaum ausladend, abgerundet. 

Von den langen Knochen sind, mit Ausnahme des linken Femur, nur Fragmente erhalten. 
Im Allgemeinen sind die Kuocheu etwas massiver, kräftiger, als k>i Skelett IV, auch troten dio 
Muskelrauhigkeiten etwas deutlicher hervor. 

Dor liuke Humerus ist etwas schwächer als der rechte, zugleich nähert er sich im Quer- 
schnitt mehr dor Form eines Kreises. Das linke Femur, wolchos leidlich gut erhalten ist, 
besitzt folgende Länge u maasso : grösste Länge 410 mm, grösste Trochanteren länge -107 mm, iu 
natürlicher Stellung beido Maa*se 412 und 390 nun ; Langendickcnindex 19.9; obere Breite 68 mm, 
unterer sagittaler Minimnldurchmesser 32 nun. Die Torsion des Knochous betragt 16°, Collo- 
Diaphysenwinkol 133°, Condylo-Diaphysenwiukel 6**. Das Uollunt ist stark abgeflacht. ( Durch- 
messer 32 und 25 mm. Iudex dos Querschnittes 73.1; Umfang 9ti nun; , das Caput ist nur 
massig gross, nahezu kreisrund. Das Collum ist um 12° rotirt. Links ist das Femur dickor 
als rechts, beido Femora sind in sagittaler Richtung stark abgeplattet (Iudex dos Querschnittes 
der Mitte 35.7), links wieder mehr als rechts, wo sich die Ciista mehr erhebt. Im oberen 
Drittel dor Diaphyso ausgesprochene Platymerio , ohne merkliche seitliche Vorwölbung, Index 
platyrnericus 67.6, jedoch ist hier rechts die Abdachung eiuc grössere (Iudex 64.9) als links 
(70.3). Dio vorhaodcuo liuke Tibia ist wieder platycnem, iudex cnemicus 66.7, auch dor Quer- 
schnitt der Mitte zeigt noch eine starke Abplattung, Index 66.7; Kotroversron und Incliuation 
dus Tibia! kopfcs licssou sich nur annähernd ermitteln, dio Winkel ruoehtou sich um 15 '* halten ; 
dio Corvo des Coodylus oxteruus stimmt ungcfälir mit dor Form II dos Schemas überein. 



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Dio Kor|>ergröjwo des weiblichen Skelettes aus Grab V, zu deren Berechnung nur wieder 
das linke Femur zu vorwoudou ist, war offenbar uur gering; sio dürfte rund um 1,53 bis 1,54 in 
(„inmdermässig“) anzusetzen sein. — 

Grab VI. Nach dem Finksehcn Fundlxmcht oin weibliches Skelett, wegen der Form des 
Beckens. Da keine ncnneuswoilhen Reste des Beckens erhalten sind, kennen wir die Berechtigung 
dieser Angabe nicht mehr prüien. Nach der Zartheit der allein noch vorhandenen linken Arm- 
knochen zu urthoilen, dürfte es sich wirklich um eia weibliches Skelett handeln. Weiter wird 
in »lern Fundberichte ausdrücklich erwähnt, dass der Kopf fehlte, während in der Münchener 
Staatssammlung grossere Schädelfragmonto als aus Grab VI stammend bezeichnet werden. Dio 
Bruchstücko machen wegen der Dicke und Bärte der Wandungen mehr den Eindruck, als rührten 
sie von einem mäunlichen Schädel her; sio sind entschieden vorwechselt worden und gehören 
zu Grab VII. Wir worden sio deshalb auch boi Grab VII besprechen. 

Abgesehen von einigen nichtssagenden Bcekentrümmorn, welche übrigens stellenweise eine 
dunkelgrüne Färbung durch Imprftguirung mit Kupfersalzen zeigen, sind uur, wie schon erwähnt, 
die langen Knochen der linken oberen Extremität, uud auch diese nur mit zerstörten Epiphysen, 
gerettet worden. Am Humerus machen sich am distalen Ende Bronze- und Eisenspuron be- 
merkbar, an den Vonlerarmknochcn fällt die iutousi v grüne Färbung der distalen Partien auf. 
Es müssen demnach der I/dche noch mehr Schmucksaclico beigegeben gewesen sein, als auf- 
gefunden wurden. 

Die Armknochen sind sehr zierlich und schlank , jedoch mit gut angedoutettMi Mtiskcl- 
nnsätzen. Vorn linken Radius lies« sich die absolute Innige bestimmen, sie betrug 228 mm ; 
es berechnet sich für ihn ein liingcndirkeniudex von 14.5*. Dio Querschnitte der Diaphysen- 
mittcD nähern sich etwas mehr als gewöhnlich der Kreisform; dio Crista« interosseao der Vorder* 
armknochen springen nur io der proximalen Hälfte stärker vor. 

Es folgen die Maassc für dio Dickeuverhältnisse der Diaphyscn der drei Knochen: 



Manching Grub VI. $ 


Mitte der Disphyse 






Ulna links 


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Grösster Durchmesser . . 


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12 


Kleinster 


1 h 


I0j> 


10 


Index de« Querschnitte* 


K ’Ji 


7-'w0 


KL3 


Umfang der Mitte .... 


*» 


41 


35 


Kleinster Umfang .... 


fti 


30 


a4 



Das Skelett war immerhin noch von kleiner Statur ; nach der I Jingo des Kailius hcrechuet, 
würde dio Köi|iergrössc circa 1.59 m betragen. — 

Grab VII. Skelett eines kräftigen Mannes im Alter von etwa 25 — 30 Jahren ; durch die 
Beigaben ist er als Krieger charakterisirt. 

Der Schädel muss, nach don vorhandenen Bruchstücken zu urthoilen , sehr gross, schwer 
uud dickwandig gewesen sein, offenbar hatte er eine ansehnliche t’apacität; ferner dürfte er, 
soweit sich oino Verniuthung auf Grund der erhaltenen Fragmente aussprechon lässt, livpsi- 
dolicbcphal gewesen sein. Die Nähte waren stark gezackt, die Lumbdauaht enthielt viele 
Ossa Wormiano. 

Der Unterkiefer wurde gauz unversehrt ausgegraben. Er ist breit und von kräftigem, 
massigem Bau; in der Mitte ist er 37 mm hoch (bis zum Zabnraudc 44 mm), die Distauz der 
Wiukel (mandibulare Geaichtsbreite) ist gleichfalls sehr gross, 103mm. Das Ktuo, von drei- 
eckiger Form, tritt stark hervor , der l'nterraud ist in der Mittellinie leicht oingezogen , .Spina 
meutalis interna duplex. Seiteuthcilc gleichfalls sehr hoch , am Hüter rand schwach convex 



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Beschreibung der Skelettreste aus dem FInchgrflborfeldo von Manching. 



33 



gowölbt. A oste sehr schräg augesetzt, massig hoch, breit; Proressus coronoidea sehr hoch, etwas 
nach aussen ausgebngon, Incisur tief eingoschnitten. Winkol abgerundet, ausseo und inoeo mit 
kräftigen Muskel marken versehen, schwach ausgelegt Zahncurve vorn ganz gerade, dio Linie der 
Pracmolaren und Molaren gleichfalls fast gerade; Zahnrand vorn leicht vorgeschoben. Dio Zähne 
zeigen beträchtliche Abnützung, an den Pracmolaren und III. Molaren sind die Kronen jedoch noch 
nicht ganz abgenützt. Bei den noch vorhandenen Zähnen des Oberkiefers verhält es sich obonso. 

Die Wirbelsäule war jedenfalls »ehr kräftig gebaut. Bei den wenigen erhaltenen Wirbeln 
fällt das grosse Kommen vertebrale auf. 

Vom Brustkorb, Schulter* und Beckengürtel konnten keine messbaren Resto gerettet 
werden, jedoch gelang es, die Kxtremitätenknochen in einem leidlichen Zustande auszugraben. 

Von den Armknochen erlauben dio der rechten Seite eine genaue Bestimmung der Maasse; von 
der linken Seite fohlt der Humerus, bei den Vorderarm knochen sind die Epiphysen stark beschädigt. 

Die lünge des rechten Humerus beträgt .‘156 mm, seine obere Breite 51mm, die untere 
Breite ist nicht zu ermitteln. Der Querschnitt der Mitte der Diapbys« ist ziemlich rundlich, 
Index 82.6. Der Längendickenindex berechnet sich zu 19 1. Hinsichtlich der Form des Caput 
lässt sich sagen, dass es im Querschnitt verbältnissmässig oblong gewogen sein muss. Die 
Torsion beträgt 152®, der Uapito- Diaphysen wiukel 54®, der Condylo- Diaphysen winkol 79®. Die 
Fossa olecrani ist perforirt , das Foramen hat jedoch nur einen unbedeutenden Durchmesser. 
An sieb ist der Humerus sehr lang, ziemlich schlank ; die Muskelansätze heben sich deutlich ab. 

Dio Vorderarmknochen sind bei ihrer grossen Länge {Ulna rechts 290 mm, Radius rechts 
275 mm ; Gelenk flächenabstand rechts 257 und 260 mm) gleichfalls ziemlich schlank, Iäingen- 
dickenindex rechts für die Ulna 12 4, für den Radius 16 0, Die Mitten der Diaphysen sind, 
da die Uristao interosseae sehr hervortretou, abgeflacht, Indiens 68.4 und 75.0. Die Epiphysen 
sind klüftig entwickelt, daher die Gelenk flächen verhältnismässig gross erscheinen; dio Relief- 
bildung ist eine gute und scharfe. Für die Unterschiede der Länge und Dicke der Knochen 
der beiden Körperhälften gilt hier nicht dio sonst übliche Regel. 

Das Verhältnis» von Vorderarm zu Oberarm, welches im Radio-Humoralindex seinen Ausdruck 
findet, zeigt eine Abweichung, indem der Vorderarm in Bezug auf den Humerus etwas länger ist 
als gewöhnlich; leider lässt sich der Index nur für die rechte Seite ermitteln, er beträgt 77.2. 

Wir vereinigen die Masse der Armknochen in folgender Tabelle: 



Manching Grab VII. cf 


1 Humerus 




Ulna 




Radius 














; Rechte 


Rechts 


Links 


R. -f L. j 


Rocht» 


Links 


11 -b ■- 


Grö-wte Unge 


'S 


‘200 


- 




276 


- i 




OalaaHUtohcnfttMtand . . 




257 


— 


— 


2*50 


- 


— 


»rOwt« Durchmesser der Mille 


*211 


1U 


19 


19 


17 


17 


17 


Kleinster ,, .. „ 

Index de» Diapnjrscruiueracbn. d. Mille 


Ul 

Ri6 


18 

iW4 


18 

*H4 


18 

tKl 


125 


13. ' 
766 : 


12 76 
760 


Umfang der Mitte ....... . 




65 


üii 


65 


4*5 


4T 


4*5 -6 


Kleinster Umfang 


*8 


»; 


36 


35.5 


V, 


44 


*35 


langen Dicken-Index ... 


HU 


12.4 




- 


164) 


— 1 


— 



Die langen Knochen der unteren Extremität erscheinen bei ihrer grossen absoluten Iäinge 

gleichfalls etwas schlank , jedoch sind auch sie sonst von kräftigem Bau. Die grösste Länge 

des Femur beträgt 48H5mm, in natürlicher Stellung 483 5 mm. Der Querschnitt der Diaphysen- 
mitte ist beiderseits in sagittaler Richtung abgoflacht, Index 86.9; die Crista springt weit vor. 
Der Liingcndiekcmudex berechnet sich zu 19.1. Die obere Epiphyse ist verhält mssm;i*sig breit, 
der Querschnitt des Collums ist stark abgeplattet, Index des Colluinquersohoittas 64.6; das 
Uaput ist nahezu ein Kugelseginent , die Fovea capitis klein, abor tief. Die Torsion hält sich 
innerhalb der üblichen Werthe, 13 5°; auch dio Neigungen der Collumaxe uni der Condvlen- 
tangonto zur Diaphysonaxo difforiron kaum von den gewöhnlichen Zahlen : U-ollo-Diaphysen- 
winkol 129°, Condylo-Diaphyscnwinkel 10®. Dos Collum ist um 16,5° rotirt. Im oberen Drittel 

macht sich eine massige Platymerio (sagittale Platymerie) geltend , Index platymericus 78.2, 

verbunden beiderseits mit schwacher seitlicher Ausbauchung. Rechts flndot sich ein wohl aus- 
gebildeter Trochanter tertius mit schwacher Crista; links war offenbar gleichfalls ein Trochanter 
tertius vorhanden, und zwar mit einer «pichten Fossa hypotrochanterica. 

Bdtltgl zur Anthropologie. Xll. Bd. 1. u. 2. Heft. 3 



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34 



P. Reinecke. 



Für den Unterschied der Körpcrh&ifteu gilt vom Oberschenkelbein Folgendes: links ist 
das Femur länger und dicker (sowohl die Diaphyse als die Epiphysen} als rechts; die Ab- 
plattung ist im oberen Drittel der Diaphyse links grosser, in der Mitte verhält es sich jedoch 
umgekehrt; im allgemeinen Bau ist das rechte Femur etwas schlanker. Die Torsion dos 
Knochens, die Noiguugswinkel der Collumaxo und der Condylentaugente zur Diapbysonaxe sind 
links etwas grosser als rechts, rechts dagegen ist das Collum etwas mehr tordirt. 

Wir vereinigen die Maasse des Femurs in folgender Tabelle: 



Frmnr 



Manching 
<lr»l. VII. cf 


j. 

JS 

2 


* 

M 

0 

□ 


J 

+ 

a i 




I | 1 


•4 

ec 


II 3 

1 1 


JS 

3 


J 

+• 

cd 


Grösste Lange 


487 


4'« 


4886 


Obere Breite . . 


- 10» 


_ 


1 

Tor»ion*winkcl . i 12» 


IG* 


136» 


Trochutir-UiiKc 


- 


474 


— 


Sagltt. Durchtu d 






Collo-Dlaphysen- , 






Gr. L. ln natürl. 








• 'olliim . . . 


2 r. * 


Ulf. 


Winkel ... 128 


13fr 


12fr 


Stellung . . . 


482 


4HT) 


483-5 


Transv. Durchin. 






Coortjio-Plaphys.- 1 






Trochanter- Lange 








«1. Collum 


40 42 


41 


Winkel .1 » V 


11* 


1fr 


ln natftrl. Stell. 




4fjH 


— 


Index d. ('ollum- 






R<>Ut. Winkel de* 






Sagitt 1* urchiu.il. 








Querschnitte* . 


62 5 tV»7 


04 Ci 


Collum ... 1 17" 


10" 


w.fr 


Mitte .... 


SB 


27 


3i 5 


Inifang d. Collum 


HO | 114 


112 




























d Mitte . . . 


30 


31 


*‘M 6 


Caput ... 


- 52 


— 


riatymerle 






Index d.Qui-mihn. 








Transv Durehtu. 










d Milte . . 


Hi 7 


871 


Hill 


<1. Caput . . . 


- G2 


— 


Sagitt. Durchraess. i| 27 6 


•x 


V7 7S 


Umfang d Mitte 


«1 


94 


1« i> 


Index d. Caput 






Tntnsn-rs, , :{& 


m 


:;vö 


Kleinster Umfang 


92 


1«{ 


92 h 


Qtiewhnltte* . 


- 100 0 


— 


Index platymerlc. 78 


77 * 


78 2 


iJtngcu nicken- 








I mfang des Caput 


157 106 


101 


llmraug , HO 


101 


100 5 


Index .... 


191 


19.2 


19.1 


Dicke desCondyl. 




















exl. . , 


- «5 


— 
















Interi-r «igitt. Ml* 




















nimaldtuchm. . 


32 :ü 


32 
















Krümmung der 




















Diaphyse. . . 


- ! 55 


— 









Bei der Tibia fehlt links die distale Epiphyse, so dass die Lange nur rechts gemessen 
werden konnte; sie boträgt 390 mm. Da der kleinsto Umfang (rechts) nur 68 mm ausmacht, 
berechnet sich der Längendickeoindox zu 17.4. Rotroversion und Inclination sind einigermasson 
gross, Retroversion 13*, Inelmatiou 15*. Die Curve des Coodylut extornus entspricht etwa 
der Form I des Schemas. Iu der Mitte der Diaphyse ist die Tibia ziemlich in transversaler 
Richtung abgeplattet, Index des Querschnittes 71.2; io der Hohe des Foramen nutriciam 
schwache Platyenemie, Index enomiens 66.7. Links ist die Tibia etwas dicker als rechts, der 
Tibialkopf ist links etwas mehr geneigt; rechts hingegen erreicht die transversale Abflachung 
einen höheren Grad. — Von der Fibula waren nur dio Dickeomaaase zu nehmen. Rechts scheint 



dio Fibula etwas kräftiger gewesen zu »ein. 



Manching 
Or»b VII. Cf 


Tibi« 


Pibul« 


i 


5 


J 

+ 

d 


i * 

a 

: 

X 


I-Ink* 




___ 


3 

i 


■S 

0 

□ 


►4 

-h 

JL. 




390 


- 




Retroversion*. 








Grösster Dnrehm. 










:«> 




— 


Winkel . . | 


12" 


14 


1-T 


d. Mitte . . 


15 


15 


15 




?2 


— 


— 


IneUnations Wink 1 


14" 


IO 


1fr 


Kleinster Durchin. 








Tr*n*v Durchin- 
















d. Mitte . . 


11 


10 


1045 


d Mitte . . . 


20 




21 










Index d. Quersehn. 








Sngitt. Durchm.d. 
















d Mitte . , 


7341 


W.7 


70T> 


Mitte .... 


29 


;» 


2.C6 










1 mfantt der Mitte 


45 


41 


44 5 


link-xd.Qucrschn. 








rmnsv. Durchin. 


24 


24 


24 


KleiiiNier Umfang 


:« 


:« 


:« 


d. Mitte . . . 


«».() 


7:13 


712 


•'SKitt 


30 


3>1 












1 Tntaug der Mitte 


77 


Hl 


VH 6 


Index cneiulcus . 


66.7 


»10.7 












Kleinster Umfang 


08 


70 


•A» 


Umfang .... 


1UU 


I0U 


10U 










langen* Dicken- 
























Index .... 


174 




“ 


II 

















■* . . * . II 1I-*. — I I u II I ‘ 

Bei dor oberen Extremität konnten wir die Pro|Mjrtionen von Vorder- und Oberarm nur 



für die rechte Seite ausdrückon, bei der unteren Extremität verhält es sich ebenso. Als Tibio- 
Fomonilindcx ergibt sich (rechts) der Worth 80.9, die Tbeile der unteren Extremität sind also in 
der auch sonst für Europäer ermittelten Weise proportionirt. Im Verhältnis« zur rechton unteren 
Extremität ist dor rechte Arm auffallend lang, wie aus dom Extromitätenindex (72.4) hervor- 
geht; ebenso ist der Humerus im Vergleich zum Feinur sehr laug, Femoro-liumeralindox 
73.8, desgleichen im Vergleich zur ganzeu unteren Extremität, Iudex (Humerus: untere Ex- 
tremität) 40.8. Auch dor Radius erschoiut im Gegensatz zur Lange dor unseren Extremität 



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Beschreibung der Skelettreste aus dem Flaebgräberfelde von Manching. 



35 



etwas gross, so dass das Verhältnis» vou Radius zu Fomur -f- Tibia 31.6 b* trügt. Loidor 
beziehen sich alle dioso Zahlen, wio gesagt, nur auf die rechte Körperhälfte. 

Wenn wir den Versuch machen, dio Körpergrösst ans der Länge der messbaren Röhren- 
knochen dieses Skeletts zu bestimmen, so stossen wir daboi auf eine grosse Differenz innerhalb 
der ermittelton Wertho. Allerdings, wenn wir berücksichtigen, das.» dio Knochen der oberen 
Extremität rechts im Durchschnitt länger sind als links und es sich bei der uuteren Extremität 
umgekehrt vorhält, forner, dass unsere Proportionsberoebnuugen gezeigt haben, dass der Arm 
sowohl im Ganzen, wie in seinen Teilen im Vergleich zum Bein sehr lang ist, und aneh der 
Vorderarm grösser war als sonst, so können wir immerhin die sich aus den Tabellen Manouvriera 
in unserem Kalb- ergebenden Zahlen modificiren und gelangen so zu einem Resultate welches 
dom wirklichen Verhältnis» mit ziemlicher Genauigkeit entsprechen dürfte. Die Körpergrö&so 
des Kriegers des Grabes Nr. VH von Manching betrag ungefähr 1.75 in; sie ist nach unserer 
heutigen Bezeichnung „gross“, an dor Grenze von „üborgross“. — 

Wir dürfen die vorstohonden Mitteilungon nicht schliesseu, ohne kurz auch noch auf dio 
Nationalität und Herkunft dor im Manch in ger Leicbenfoldo Bestatteten einzugehou. Als ungefähren 
Zeitpuukt der Manchinger Necropolo haben wir das Jahr 200 v. Chr. anzusotzon ; dio hier 
Begrabenen waren, wio wir mit voller Sicherheit sagen köuoon, keltischer Abstammung, und 
gehörten zu einem dor Stämme, welche einige Jahrhundert« zuvor auf der Wanderung keltischer 
Völker vom Rhein her die Donau outlang sich zwischen Alpen und Donau oiederliessen und 
dio hier Vorgefundene ältere Bevölkerung aufsogen oder vernichteten. Dass die koltischen Ein- 
wanderer mit den vor ihnon hiorsolbst Ansässigen nicht gleicher Abstammung und Nationalität 
waren, das deuten ans sowohl die Alterthümer , wie dio allerdings nur spärlichen Nachrichten 
der autikon Schriftsteller an , und wenn in neuerer Zeit wieder der Versuch gemacht wurde, 
die Träger der Hallstattkultur im oberen Donaugebiet zu Holten zu stempolu, so beruht das, 
meines Erachtous, auf falschen Voraussetzungen. 

In den letzten Jahren wurdo mehrfach, und zwar uuter Bezugnahme auf Bayern, die 
Ansicht ausgesprochen, dass seit dem Beginn dor Hallstattzeit, den wir um das Jahr 1000 v. Chr. 
zu setzen haben, im Alponvoriaudo Kelten sassen. A. Hertrand und S. Bemach haben in ihrem 
Werke „L/rs Gelte« dann les vallües du Pö et du Dauubo“ (Paris 1894) dies in grösserem 
Umfange ausgeführt. 8ie fassen ihre Hypothese folgendermaßen zusammen; noua adinettons 
l'oxistonce, en Europo centrale, d un« premicro ooucho de populations u eivilisation celtique, 
sur laquelle e»t venue setondro, ä partir du VI® sieolo de ootro öre, nne Rooond« coucho a 
eivilisation galatüjuo. Los derniöros populations sont les „Geltes de lhistoire“; les prämiere« 
houI „Geltes de l'archeologie“. . . J. Naue ist ihneu gefolgt (LVpoque de Hallstatt en 
Baviere, Revue arcbfr>logique 1895) und hat neuerdings noch daran festgehalten (Bericht über 
die Versammlung nordbayerisolier Anthropologen und Prähistorikcr in Nürnberg, 18%V 

Aolmlich steht os in Württemberg, wo man früher schon alle vorrömischen, mctallzeit- 
lichen Alterthümer „keltisch“ und „germanisch“ benannte, uud wo theilwoiso heute noch dio 
völlig unmotivirte , durchaus falscbo Bezeiehnuug „koltisch-altgcnnaniseh“ boibehalteu wird 
(z. B. von K. Millor in dor Beschreibung des Oboramtes Ehingen, Stuttgart 1894). 

Dio Mittheilungeu über die alte Bovölkeruug des oberen Donaubockcns bei den klassischen 
Schriftstellern lassen uns nur die eine gesicherte Thatsacho erkennen, dass etwa seit der Mitte 
des letzten Jahrtausends vor Beginn unserer Zeitrechnung oino Wanderung keltischer Stämme 
nach Oateu stattfand ; ob hier oin halbes Jahrtausend vorher schon das gleiche nationale Element 
vorhanden war, dafür liegt kein beweisendes litterarischos Zeugnis.« aus dem Altorthum vor. Es 
ist mir also absolut uuerlindlich , warum die Träger der HallstattkuUur in unserem Gebiete, 
ohne dass dafür nur irgond ein literarischer Anhalt spräche oder die Alterthümor einen der- 
artigen Rückschluss erlaubten, durchaus gerado Kelten goweson sein niüsson; vielmehr doutot 
alles darauf hin, dass vor den historischen Kelten, welche die La Teuekultur im Donauthal 
vorbreitoten, luersolbst Völker anderer Herkunft angosiedelt waren und von don fremden Ein- 
dringlingen erst allmählich vordräugt uud unterjocht wurden. Weun z. B. Bortraud uud Reioach 
glauben, von „Kotten der Archäologie“ im Gcgeiisatz zu den beglaubigten „Kelten der Geschichte* 1 
reden zu dürfou, so stehen wir nicht au, diesen Yorgaug als eine „Keltouianio der Archäologie“ 

3 * 



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Hß P. Reinecke, Beschreibung der Skelettreste aus dem Flachgräberfelde von Manohing. 

%u bezeichnen, die heute, wo sich uuscro Kenntnisse der europäischen Vorgeschichte und ihrer 
Perioden so ungemein erweitert haben, noch weit befremdender, unverständlicher erscheint und 
noch viel übereilter zu Werke geht, als seinerzeit die Keltomauie dilettantischer Linguisten. 
Warum inan so inconsequent ist, nicht auch die Bronzezeitleute Süddeutsch lands als Kelten 
aufzuf&sseu, oder das ganze vorromischo Mctallalter, wie tu Württemberg, mit dem wunderlichen 
Namen „keltisch-altgermanisch“ zu belegen, verstehe ich nicht. Mit demselben Rechte wie für 
die Hallstattperiodo konnte man dies« auch für das ganze Bronzeatter behaupten. Man scheint 
jedoch zu befürchten, dass man damit wiedor zu einem gteichon Resultat Limo , wie vor mehr 
ab einem halben Jahrhundert die Archäologen Süddeutschlands , welche mit absoluter Be- 
stimmtheit zu sagen wussten , dass diese oder jene Gräber von den „alten Deutschen“ oder 
„Kelten“ herrübrteu; man meint offenbar, mit der Beschränkung auf die llallstattxeit in einen 
derartigen Fehler nicht verfallen zu können. 

Der Charakter der prähistorischen Funde aus dem Jahrtausend vor Beginn unserer Zeit- 
rechnung soll angeblich beweisen , dass seit der llaltstatt|ieriodo bis zur Unterwerfung des 
Landes durch die Römer in Oborbayem speciell, wie auch weiter im Alpenvorland® bis zur 
Donau hin , eine einzige Bevölkerung , und zwar keltischer Abstammung , sass. Die Zeit von 
ca. 400 v. Ohr. bis zum Kinfali der Rumor und noch darüber hiuaus wird ausdrücklich als 
oiuo Phase der Hallstattkullur bezeichnet und auf die Seltenheit von Alterthümorn der La Teno- 
stufe hingedeutot, welche, soweit sio sich iu den Grabhügeln vorfinden, als importirt bezeichnet 
worden. Allerdings, wenn mau die vorgeschichtlichen Verhältnisse eines grösseren oder kleineren 
Bezirkes ausschliesslich nur nach den Ergebnissen dor Durchforschung V0Q Grabhügeln beur* 
tbeilt, kann man zu einem solchen Schluss kommen; ob aber eine derartige Methode den 
Anspruch auf irgend eine Berechtigung erheben darf, bezweifle ich stark. Sowohl aus Ober- 
bayern wie aus dem Donauthal kennen wir eine Reiho charakteristischer Funde auch der Mittel- 
und Jung-La Töneperiode; *) welche trotz ihrer vorläufig noch kleinen : wenigstens im Vorgleich 
zu den zahlreich untersuchten Hallstattgrabhügeln) Zahl durchaus keinen Zusammenhang mit 
der Halistattkultur odor ihrer letzten Ausläufer aufzuweisen haben, und vielmehr im Gegensatz 
zu dieser einen ganz neuen Typus, welcher unbedingt mit einem mehr oder minder scharf aus- 
geprägten Wechsel der Bevölkerung Hand in Hand ging, repräsentiren. Also auch die Alterthümer 
liefern uns den Nachweis, dass seit etwa 500 v. Uhr. oiuo neuo Einwanderung in das Alpen- 
vorland erfolgte, dass die ältere Bevölkerung in einigen Gebieten schneller, in andereu langsame r 
verdrängt, unterjocht oder assimilirt und die alte Kultur der Hallstattperiodo durch eine 
neue, mit den fremden Eindringlingen gekommene allmählich ersetzt wurde. Freilich, bei einer 
einseitigen und alleinigen Untersuchung dor Tumuli wird man für eine Zeitstufe, deren Ueber- 
bleibsel der Mehrzahl nach nicht iu Grabhügeln ruhen , kein umfangreiches Material anffindeu 
können. Die eclatante Widerlegung der Hypothese Hochstetten», welcher seinerzeit für das 
Ostaljicngebiot zu demselben Resultat gelaugt zu sein glaubte, wie einige Forscher augenblicklich 
in Bayern, durch die Fundo solbst, durch die Aufdeckung bedeutender La Teno-Nocropolen , 
scheint somit für manche Prähistoriker keine Warnung vor ähnlichen Schlüssen enthalten zu haben. 

Wir dürfen uns mit dieseu wenigen Bemerkungen über die Stammeszugehörigkeit der vor- 
römischen Bewohnor Sudbavems begnügen. Wir mussten dieser Frage wenigstens in aller 
Kürze gedenken, da es die Bedeutung des Leichenfaldee von Manching, welches, wii uns über- 
liefert ist, ehemals von ziemlicher Ausdehnung war, erforderte. Es ist nur zu bedauern, 
dass hiersolbst, wo sich für die Anthropologie der süddeutschen Kelten, speciell der Vindolicier, 
oder, wenn für die Zeit um 200 v. Chr. eine derartige Bezeichnung schon erlaubt ist, dos 
Stammes dor vindelicischcn Abisuntes, ein grösseres Material bot, die anthropologische Ausbeute 
leider eine so geringfügige bleiben inussto. 

*) Wir verzichten darauf, hier eine Zusammenstellung aller La Tönefunde aus Bayern zu 
bringen. Die Sammlungen enthalten ein ganz ansehnliches, in vielen Fällen aber kaum gekanntes 
Material, sowohl aus Gräbern, Aomedlungon, Befestigungen, als auch Kinzelfunde. — Ausdrücklich 
wollen wir hervorheben, dass die typischen keramischen Roste dieser Periode von vielen Fund- 
stellen, welche sonst keine anderen Gegenstände der 1-a Tenezeit ergaben, vorliegen und diese 
von den meisten Forschern kaum beachteten Zeugen die Statistik der echten I<a Tönefunde um 
ein erhebliches vermehren. 



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Die Hügelgräber auf dem bayerischen Lechfeld. 

Von Fr, Wet»«r— München. 

Mit Tafel III. 

Auf dein rechten Ufer des Lechs zieht sich eiu dessen linkes Ufer über- 
hühender HUgelrückeu entlang, welcher der Lechrain heisst. Dieser ist die 
Fortsetzung der den Ideell in seinem südlichen Lauf begleitenden Berge und 
erstreckt sich, von vielfachen Thaleinschnitten unterbrochen, bis Uber Thier- 
haupten hinaus, meist von prächtigen Laub- und Nadelwaldungen bestanden 
und von zahlreichen Ansiedlungen bedeckt. Zu Füssen des Lechrains dehnt 
sich von Merching bis zum Tbaleinschnitt bei Todtenweis auf eine Länge 
von 8—10 Stunden und eine Breite von V* bis zu 1 Stunde eine Ebene aus, 
das bayerische Lechfeld genannt, im Gegensatz zu dem viel grösseren 
schwäbischen auf dem linken Ufer des Flusses, das früher, bis in das letzte 
Drittel unseres Jahrhunderts herein, fast nur Haide, Moor oder Flussaue 
war, seither aber grösstentheils schon in Kultur genommeu ist. Auf diesem 
früher öden Felde befanden sich zahllose Hügelgräber in vielen, oft fast zu- 
sammenhängenden Gruppen, von denen der weitaus grösste Theil schon dem 
Eisenbalmbau und der fortschreitenden Kultivirung des Bodens zum Opfer 
fiel, ohne dass von dem Inhalt der Gräber für die Wissenschaft etwas er- 
hallen blieb. Solche gänzlich verschwundene Gruppen waren bei Mering, 
beim Kalkofen von Kissing, beim Stierhof, bei St. Afra in der Friedbergerau, 
zwischen Friedberg und Hochzoll, wahrscheinlich auch zwischen Stätzling 
und Derching; Reste von früher ungleich grösseren Friedhöfen befanden sich 
1896 noch bei Station Kissing, Lindenau, Au, Ober- und Unteracb und Sand. 
Diese Ueberreste wurden, ehe auch sie der Kultur zum Opfer fallen, vom 
Verfasser mit Genehmigung und Unterstützung der k. Akademie der Wissen- 
schaften, welcher auch hier der geziemendste Dank hiefür ausgesprochen 
werden soll, in den Jahren 1896 und 97 einer eingehenden Untersuchung 
unterzogen. Die Anlage der theils auf Moorwiesen , theils auf trockener 
Haide liegenden Friedhofe liess kein System erkennen, wenn auch z. B 
einige Hügel der Gruppe von An ziemlich reihenweise hintereinander liegen. 
Auch die äussere Gestalt der durchaus runden Hügel hatte keine besonderen 
Merkzeichen Die im ganzen Gebiete „Buck“ genannten Hügel bestunden 



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38 



Fr. Weber 



mir aus einer Aufschüttung von Erde, meist mit mehr oder weniger Kiese! 
vermischt, wie sie der Boden der Haide lieferte; sie hatten niemals einen 
Steinkern oder absichtlich verwendete grossere Steine in sich. Kein Grab 
war versenkt, sondern die Leichen entweder auf deu natürlichen Boden oder 
auf eine bis zu 30 cm hohe Unterlage des Aulfüllungsmaterials gelegt, dieses 
wahrscheinlich des moorigen Bodens halber. Die dermalige Hohe der Hügel 
wechselte von 30cm bis zu 2m; die ursprüngliche Höhe der meisten Hügel 
war jedenfalls grosser, da viele iu den nassen Boden versunken, viele in 
früheren Zeiteu schon oben abgetragen wurden. Der Erhaltungszustand der 
Skelette und Beigaben war durchweg ein schlechter; immerhin lieferten die 
besser erhaltenen Hügel noch genügendes archäologisches Material zur 
chronologischen und typischen Beurtheilung, während das somatische Material 
zu Messungen meist nicht mehr brauchbar war. 

Die den Hügeln entnommenen Gegenstände befinden sich in der prä- 
historischen Sammlung des Staates in München 

Das Ergebniss der Untersuchung der einzelnen Gruppen von Nord nach 
Süd war folgendes: 

1. Gruppe bei Saud. 

Diese war grösstentheils schon abgefUhrt, nur 5 Hügel, auf deren einem 
eine Feldkapelle steht, waren anscheinend noch unberührt. Zwei davon 
wurden geöffuet. 

Grab 1, 0,50 m b., 30 Sehr. Umfang, enthielt 30 cm tief eiue Bestattung. 
Kopf gegen Süden, Filsse nach Norden; erhalten waren nur Ober- und Unter- 
schenkel und Beckeu; Kippen und Wirbel, Kopf und Arme waren ver- 
schwunden. Die large der Beiue war rautenförmig, nicht gestreckt. Auf 
dem grün gefärbten Becken lagen Beste von dünnem Bronzehlech mit einem 
kleinen Nagel und Stift von Bronze, vom Gürtelbeschläg; 20 cm östlich vom 
rechten Oberseheukel lag ein Bruchstück eines langen geraden Eisenmessers 
mit Griff, noch 25 cm lang; an diesem waren Spuren der llolzschalen und 
2 Eisennägel erhalten. Westlich, etwa öcui vom Becken, fand sich ein 
halber Unterkiefer eines Thietes (Schwein?). Von Thou zeigteu sich nur 
wenige Scherben eines dickwandigen Gelasses zerstreut umberliegend, weder 
Kohle noch Leicheubraiid. 

Grab 2, 40 cm !>., 30 Sehr. Umfang, enthielt gleichfalls eiue Bestattung. 
Vom Skelett waren nur noch Ober- und Unterschenkel, gestreckt nach 
Norden, erhalten, allSs andere vergangen. 10 cm östlich vom rechten Unter- 
schenkel kam ein grosses, zerdrücktes Thougefäss, mit dem Boden nach oben, 
Hals- und Bauchwäude Hach nach unten, der Form nach eine uuverzierte, 
weitbauchige Vase von grauer Farbe. Schwache Bronzesporen zeigten sich 
an einem Schenkelknochen, Eisenspuren fehlten. Zerstreut lagen Scherben 
eines anderen Thongefässes umher. Die Hügel gehörten der Hallstattzeit an. 

2. Gruppe von Unteracb. 

Von dieser nach den Spuren einst grossen Gruppe waren nur mehr 
5 stark verflachte, sonst anscheinend uuversehrte Hügel erhalten. 



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Die Hügelgräber auf dem bayerischen Lechfelde. 



39 



Grab 1, 50 cm h., 3<i Sehr. Umfang, enthielt 30 cm tief eine Bestattung. 
Das ganz erhaltene, doch sehr morsche Skelett lag gestreckt, Kopf nach Süd, 
Kusse uach Nord; quer über dem Becken lag ein Eisendoleh der Hallstatt- 
zeit, mit weideublattförmiger, 17 cm lauger Klinge und mit einem in Haken 
nach aufwärts endigenden Griff von 8,5 cm Länge, Griff uach Westen, Spitze 
nach Osten gerichtet. Von der Scheide des Dolchs ist das aus dünnem 
Bronzeblech bestehende Beschläge der Vorder- und Rückseite sammt 5 bezw. 
2 Nägelu von Bronze erhalten. Sonst fand sich nur ein vereinzelter Thon- 
seberben. 

In Grab 2, 1 m h. , 50 Sehr. Umfang, fand sich keine Spur der Bestattung 
mehr vor, nur ein Bisenfragment, anscheinend der Knauf eines Messers oder 
Dolcbgriffs, und ein Thonscherben; auch weder Kohle noch Leichenbrand; 
in Grab 3 nur etwas Kohle und ein vereinzelter Scherbe von Thon; Grab 4 
war leer. Auch diese Gruppe gehörte der Hallstattperiode au. 

3. Gruppe von Oberach. 

Einst eine sehr grosse Gruppe, von der jedoch nur ein HUgel noch 
die ursprüngliche Hohe von 2 m hatte , alle übrigen sind nur 80 cm und 
darunter hoch. 

Der grosse Hügel, Grab 1, batte noch 60 Sehr. Umfang, jedoch war auf 
der Nordseite schon ein Theil der Peripherie in früheren Jahren abgefübrt 
worden; nach den noch sichtbaren Spuren halte er ursprünglich 70 Sehr. 
Umfang. In der Mitte war 1880 ein 3ui breites und langes Loch bis aut 
00 cm Tiefe gegraben , aber wieder eingefüllt worden. Damals stiess man 
auf anscheinend 2 Skelette mit Bronze-, Eisen- und Thonbeigaben (cf. Beitr. 
zur Anthr. und Urgesch. Bayerns, Bd. IX, S. 144). Anfangs Mürz 1896 
hatte ausserdem der Lehrer Strobl von Rehling zwei meterbreite Schachte 
auf der Nordseite bis in die Mitte vorgetriebeu, wobei weitere Bestattuugeu 
mit einem grossen dickwandigen Thongefäss von Vaseuform mit Warzen 
unter dem hohen Hals, roth bemalt mit Graphitbändern, zerstört wurden. 
Knochentheile und Gefässscherbeu lagen auf der Obei fläche und im Aus- 
hub umher. 

Da gleichwohl noch ein ansehnlicher Theil des Hügels unberührt war, 
wurde derselbe vollständig bis auf den gewachsenen Boden untersucht. Auf 
der Südseite hart an der Peripherie fand sich 90 cm tief ein gestrecktes 
vollständiges Skelett, Kopf nach Nord, FUsse nach Süd, nur der linke Unter- 
schenkel war leicht gebogen und unter den geraden rechten gezogen; der 
Kopf stark auf die Brust gesenkt ; die Länge betrug vom Scheitel bis an s 
Ende der Uuterschenkel 1,80 m. Auf dem Brustkorb lagen zwei Theile einer 
eisernen Nadel, zu Füssen einige Thonscherben mit alten Bruchstellen von 
grobem, stark mit Kiesel versetzten Thon. Auf der nordwestlichen Seite 
mehr gegen den Rand kamen in gleicher Tiefe zwei Paar Ober- und Unter- 
schenkel, das eine gerade gestreckt uach Süd. das andere abgewendet hart 
daneben mit eingezogenen Knieen; eine Fortsetzung der Körper fand sich 
nicht, wahrscheinlich waren diese durch die Grabungen des Lehrers zerstört 



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40 



Fr. Weber. 



wm ile ii. Zu Fussen des östlichen gekrümmten Schenkel paares lag der untere 
Theil eines giaueu Tbongelasses . stark zerdrückt und vermorscht; bei dem 
andern fand sieh ein Bruchstück einer eisernen Nadel und westlich eine 
starke Kohlenschichte uud ein vereinzelter Hand- und Bauebscherben eines 
kleinen, hartgebrannten, auf der Drehscheibe gefertigten, feinen Thongefasses 
mit grauschwarzem Ueberzug ohne Ornament irnng. 

Obwohl der ganze Hügel noch über einen Meter tief ausgehoben wurde, 
fand sich keine Spur einer Bestattung oder von Leiehenbrand mehr vor, so 
dass anscheinend die silmmtliehen Skelette (mindestens 5) gleichzeitig und in 
gleicher Tiefe begraben worden waren , zwei in der Mitte , eines aut Süd-, 
zwei am Nordweslraud. 

Grab 2, 80 cm h., 63 Sehr, llmfaug, enthielt in 70 cm Tiefe eiue starke 
Kohlen- und Ascbeuschichte, auf welcher eine duuue, mittelliugei starke Eisen- 
röhre mit dornartigein Bude lag. Zerstreut fanden sich wenige Thonscherben 
mit allen Bruchstellen. 

Grab 3 und 4, sehr verdacht, waren leer. Da im letzteren nahe unter 
der Oberfläche der Stollen eines spätzeitlicbeu Hufeisens und eiu Silber- 
kreuzer markgr. Auspachischeu Gepräges von 1745 zum Vorschein kam, liegt 
nahe, dass die meisten der vet flachten Hügel schon Irüher abgefahren und 
dabei die Gräber zerstört wurden. 

Nach den erhalten gebliebenen Kesten gehörten diese der lai Tene- 
Zeit au. 

4. Hügelgruppe hei Au. 

Eine einst sehr umfangreiche Gruppe, von welcher auf der südöstlichen 
Seite noch an 20 guterhaltene, nach Nordwesten an 10 stark zerstörte Hügel 
kenntlich waren. Von ersteren lagen 4 — 5 auf einer zum Schloss Scherueck 
gehörigen Wiese, die andern auf einer angrenzenden Wiese des Hartibauern 
von Au. ßrstere konnten nicht untersucht werden , doch fand sich nach 
Mittheilung des Schlossberrn in einem vollständig abgeführten derselben ein 
Begräbniss (oder eine Nachbestattung?) ans römischer Zeit. Die Einsicht- 
nahme des im Schlosse aufbewahrten Inventars dieses Hügels ergab ausser 
dem Ossuarium von grauem Thon ohne Verzierung verschiedene, ganz bei- 
gestellte Gefässe aus terra sigillata mit Reliefen und ans gewöhnlichem Thon 
ohne Verzierung, eine Grablampe mit dem Stempel lupi, zwei Eisenntesser, 
ein durchbrochenes Bronzeblech und sonstige Bronze- und Eisenreste, ein 
Glasfläsdltclien, Eisennägel und eiue Mittelbroute von Vespasiao. 

Von der Gruppe auf der Hartibauernwiese wurden 1 1 Hügel untersucht. 
Das dem abgefühlten Hügel mit römischem Inventar nächstgelegene Grab, 
70cnt b. bei 48 Sehr. Umfang, enthielt nahe am natürlichen Boden Leicbeti- 
brand, Asche, Kohle und c&lcinirte Knochen, ausserdem aber, südlich darau- 
stossend, 2 vermorschte Scbenkelknochen und Spuren verweichter Thongefässe. 
Au der westlichen Grenze des Grundstückes worden hierauf 2 Hügel neben- 
einander geöffnet. Der erste, 60ctn b. mit 52 Sehr. Umfang, enthielt am 
natürlichen Böden aufliegend zwei Skelette, 1 m von einander, Köpfe uach 



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Dio Hügelgräber auf dom bayerischen Lechfelde 



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Süden, Füsse nach Norden. Das westlich liegende Skelett, 1,60 m lang, lag 
in normal gestreckter Lage, das östliche dagegen seitwärts vom andern ab- 
gewendet, auf der rechten Gesichtsseite, den rechten Oberarm uuter dem Kopf, 
die Beine gestreckt. Beide waren sehr morsch, das letztere nur noch the.il- 
weise erhalten. Oestlich von diesem, 30cm entfernt, lag in der Höhe des 
Beckens ein sehr grosses Thongefäss breit auseinander gedrückt, aus grobem 
Thon, aussen röthlich, innen gelbgrau, dickwaudig mit hohem Rand, jedoch 
ohne Bemalung und Verzierung. Zu beiden Seiten der Skelette wie rings 
um das Thongefäss zogen sich Streifen rostfarbiger Erde wie Reste oiydirteu 
und aufgelösten Eisens. Auf dem Becken des westlichen Skeletts waren 
ebensolche Eisenspuren und ein Ringeben von brauupatinirter Bronze von 
1 cm Durchmesser, mit feingekerbten Strichelchen verziert. 

Der andere Hügel war in seinem oberen Tlieit bereits abgetragen , nur 
mehr 40 cm hoch bei 60 Sehr. Umfang. Nahe am natürlichen Boden zeigten 
sich einzelne calcinirte Knochenstückchen und wenig Kohle, sowie Streifen 
gelb gefärbter Erde wie von erweichtem Thon. Ganz oben wurde eine 6 cm 
lauge schmale Eisenspitze gefunden. Der Besitzer lieferte ein angeblich im 
abgeführten Theil des Hügels gefundenes 15 cm langes Fragment einer 
schmalen, mit starker Mittelrippe versehenen Eisenlanzeaspitze und ein ab- 
gebrochenes Stück der Tülle ein, zu der obige Spitze gehört haben kann. 

Es wurde sodann mit Oefl'nuug der an der südlichen Grenze hinter- 
einander liegenden Hügel, vom östlichen beginnend, fortgefabren. 

Hügel 4, lm h. bei 56 Sehr. Umfang, enthielt 80 cm unter der Zinne 
eine Nachbestattung. Vom Skelett waren nur die Oberschenkel in gestieckter 
Lage nach Nord erhalten. 70 cm östlich vom rechten Oberschenkel lag ein 
einschneidiges eisernes Messer mit geradem Rücken und geschweifter Schneide 
mit iu einen einseitigen Knauf endigender GriSzunge von Eisen, 42V>cm 
laug bei 4 cm grösster Klingeubreite. Um den Griffansatz lief ein Eisen- 
band, von den noch ein Stück sich erhalten hatte. Die Spitze des Messers 
war nach Süd gerichtet. Hart an der Stelle des linken Unterschenkels lag 
eine 7 cm lange, fingerdicke, iu einen Spitz endigende Eisenröhre. (Lanzenfuss?) 

15 cm tiefer folgte nahe am gewachsenen Boden die ältere Bestattung; 
vom Skelett waren nur noch Schädeldecke und einige Röhrenknochen vor- 
handen, Kopf nach Süd, Füsse nach Nord. Westlich vom Kopf lag ein 
stark vermorschtes, aussen röthlicbgraues Thongefäss grösserer Gattung mit 
hohem Rand, im oberu Theil mit einem Ornament von Rauten verziert, die 
durch dreifache erhabene Rippen gebildet sind, an deren unteren Schnittende 
eine durch Daumendruck gebildete Vertiefung sich befindet. Der untere Theil 
des Gefässes ist von schwärzlicher Farbe und hat schwache, ringsherum- 
laufende eingeritzte Linienverzieruug. Der Thon ist brüchig, mit wenig 
Quarz versetzt und schlecht gebrannt, die Form scheint die einer birn 
förmigen Vase gewesen zu sein, Sonstige Beigaben fanden sieb nicht vor. 

Hügel 5, 56 Sehr. Umfang, lm Höhe. Nahe am gewachsenen Boden 
kam in der Mitte die Bestattung. Vom Skelett waren nur wenige Spuren 
erhalten und scheint dasselbe ebenfalls die Richtung von Süd (Kopf) nach 



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Fr. Weber. 



Nord gehabt zu haben. Oestlich davon war eine niedere Schüssel von 
mittlerer Grösse aus graugelbem, schlecht gebrannten Thon ohne Verzierung, 
mit nach iunen eingedrückter Bodenruudung; westlich in gleicher Höhe ein 
vasenartiges Gefäss mittlerer Grösse, ziemlich dünnwandig, mit aufrechtem 
Hals, die obere Hälfte aussen roth bemalt, die untere von graugelber Natur- 
farbe, ohne sonstige Verzierung. Dieses Gefass stund auf einem länglichen, 
in eine Spitze eudigenden Gegenstand von Eisen , der jedoch so verrostet 
und brüchig war, dass seine Form nicht zu bestimmen ist. Hart bei dem 
rot hen Gefass lag eiu ausgelaugter gerippter Stein , zwar nur Naturspiel, 
aber wahrscheinlich absichtlich ausgewälilt und beigelegt. 

Hügelß, 7* m hoch bei 40 Sehr. Umfang, enthielt in der Mitte eine 
Bestattung am gewachsenen Boden; das Skelett war aber grössteutheils ver- 
schwunden und nur durch einige vermorschte Knochenspuren markirt. Oestlich 
davon stund eine grosse, bimförmige Vase von schlecht geschlemmten und 
gebrannten Thon, gelbgrau, ohne Bemalung und Verzierung. Die Mündung 
hatte einen Durchmesser von 12 cm. In dem Gefiisse lag ebenfalls ein läng- 
licher gerippter Stein mit ausgelaugten Vertiefungen, Naturspiel, und am 
Boden ein kleines rundes Scbüsselchen von gelbgrauen Thon, ücm hoch mit 
10 cm Mündungsdurchmesser, ohne Verzierung. Westlich vom Skelett stund 
ein grösseres schwarzgraues Gefäss, welches ein kleineres gleicher Farbe 
enthielt, beide ohne Bemalung und Verzierung, von so mürbem Thon, dass 
nur Bruchstücke erhoben werden konnten. Eisenspuren fanden sich nur ganz 
wenige, Bronze gar nicht. 

Hügel 7, 1,20 m h. bei 60 Sehr. Umfang, enthielt 30cm unter dem 
Scheitel etwas nördlich von der Mitte eine Nachbestattung. Von dem Skelett 
waren nur das Schädeldach und wenige Röhrenknochen in arg vermorschtem 
Zustande erhalten , in der Lage der Füsse nach Süden. Zu Häupten stund 
westlich eine grössere röthlicbgraue Vase von schlechter Thonbeschaffen- 
heit; hart an der ösilichen Wand derselben lag eine Eisen-Pfeilspitze 
von nicht gewöhnlicher Form. Das dicke, kurze Blatt setzt sich in eine 
lauge, starke Tülle fort. Das Ganze ist 57» cm lang, das Blatt selbst 2cm 
laug uud breit. 

Nahe am gewachsenen Boden kam die Hauptbestattnng in der Mitte 
des Hügels mit zwei, in 1 m Zwischenraum neben einander liegenden Skeletten, 
Füsse nach Nord, Kopf nach Süd. Das östlich liegende war bis auf etliche 
Zähne und Knochenreste verschwunden, das westliche dagegeu zwar ver- 
morscht und flach gedrückt, aber vollständig kenntlich. Seine Lage war eine 
ungewöhnliche, der Kopf lag auf der rechten Gesichtsseite und auf dem rechten 
Oberarm, während der Unterarm nach abwärts hing und die beiden Unter- 
armsknochen im Winkel weit auseinander stunden. Der Brustkorb war etwas 
seitlich nach rechts gerichtet, der linke Arm gerade am Körper gestreckt, 
die Schenkel in Kautenforro. Hand- uud Fussknochen waren verschwunden. 
Der ganze Körper war östlich gegen das Nachbarskelett gerichtet. Die 
Länge des nicht gestreckten Skeletts vom Scheitel bis zum Ende der Unter- 
schenkelknochen betrug 1,60 m, die der Oberschenkel 50, der Unterschenkel 40, 



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Die Hügelgräber auf dom bayerischen Leohfelde 



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des gerade gestreckten Arms (SO cm. Die Zähne waren im weit offen stehenden 
Munde gut erhalten und Hessen wie das ganze Skelett auf einen jugendlichen 
weiblichen Kürper schliessen. während der östlich davon liegende einem 
älteren Individuum angeholt haben dürfte. Zu Fussen dieses, etwa 2 m vom 
westlichen entfernt, war eine grosse bimförmige Vase von schwarzgratiem, 
dickwandigen Thon mit hohem Hals beigesetzt, in welcher eine kleine Tasse 
mit Henkel am Boden lag, von gelblichem mürben Thon, dünnwandig und 
schlecht gebrannt. Beide Gebisse waren ohne Bemalung und Veizieruug. 
Hart an der linken Brustseite des westlichen Skeletts lag mit der Spitze 
nach oben ein 23 cm langer Gegenstand von Eisen , anscheinend ein Messer 
mit geradem Kücken und einem in eiuen Knaul endigenden Eisenstiel. Auch 
zu Häupten des östlickeu Skeletts fanden sich Spuren eines Thongelässes 
mit etwa 10 cm Mundungsdurcbmesser, das aber gänzlich verweicbt und nicht 
zu erheben war. 

Die folgenden Hfigel liegen nördlich von den vorigen. 

Hügel 8, 80 cm h. bei 50 Sehr. Umfang, war, obwohl bis unter den ge- 
wachsenen Boden gesucht wurde, ohne Spur von Bestattung und Leichenbraud, 
selbst Thon fehlte gänzlich. 

Hügel '.t dagegen, 60cm b. bei 44 Sehr. Umfang, enthielt schon nahe 
unter dem Wasen in der Mitte eine Bestattung. Das Skelett war zwar 
nicht vollständig erhalten, doch Hessen die Beste die ursprüngliche Lage, 
Kopf nach Nord, Füsse gegen Sud, deutlich erkennen. Danach war der an- 
scheinend einer jugendlichen Frauensperson ungehörige Körper auf die linke 
Seite gelegt, die Kniee waren aufgezogen, der Kopf etwas zurUckgebogeu auf 
der linken Gesichtsseite, der Mund mit den gut erhaltenen Zähnen geschlossen, 
der linke Arm unter der Brust gerade gestreckt, der rechte leicht gegen die 
Oberschenkel gebogen. Kippen, Hand- uud Fussknocken, wie Beckenkuocheu 
waren verschwunden. Am linken Handgelenk befaud sich ein aus zwei feinen 
Bronzedrähten gewundener Armreif von 2 mm Dicke und 5*/» cm grösster 
Weite. Der Verschluss war durch einen aus den Drahtenden gebildeten 
King und einen nicht mehr vorhandenen Haken gebildet; dem Verschluss 
gegenüber war ebenfalls ein King ans den beiden Drähten zur Verzierung 
geschlungen. In der Brusthöhe lag am Boden eine 4 cm lange Armbrusttibel 
mit 6 Windungen und feiner Nadel, der Kucken aus einem massiven schmalen 
Bronzeband gebildet. Beide Schmuckstücke sind von ausgeprägtem La Tene- 
Typus. Ein kleines, unkenntliches Eisenstückcheu , beim Armreif gelegen, 
und zerstreut umherliegende Thonscbetben verschiedener Gefässe mit alten 
Bruchstücken waren die einzigen Sputen sonstiger Beigaben. Nahe am 
natürlichen Boden kamen wenige Beste eines zweiten Skeletts auf einem 
Häufchen, so dass die Lage nicht mehr zu erkennen war. Vielleicht wurde 
durch die Nachbestattung die ältere zerstört und gehurten die Geschirrtrümmer 
zu dieser. 

Hügel 10, lm h,, 60 Sehr. Umfang, war, obwohl äusserlich unverletzt 
scheinend, augenscheinlich in früherer Zeit schon durchwühlt worden, denn 
unter dem Hasen kamen bis hinab zum natürlichen Boden wirr durcheinander 



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Fr. Weber. 



liegende Skeletttheile und zahlreiche Scherben verschiedener Thongeiässe, 
deren eines mit gelb uud schwarzen Streifen verziert war, zum Vorschein, 
Eine intakte Bestattung fand sich nicht vor. 

Hügel 11, schon etwas abgegraben und nur mehr ’/» ui hoch bei 40 Sehr. 
Umfang, ergab ebenfalls nur ein Paar Thonscherben, sonst weder Spuren von 
Leichenbrand noch von Bestattung. 

Die Hügel geboren der La Tene-Periode an. 

5. üruppe bei dem Hofe Lindenau. 

Von dieser '/< Stunde nördlich der Station Kissing an der Augsburg — 
Landsberger Strasse gelegenen Gruppe befinden sich 2 Hügel innerhalb des 
Parks von Lindenau, Ueberreste von 12 — 15 schon abgetübrten Hügeln auf 
einem Acker ausserhalb der Parkumzäuuuug, diese nur noch als gewellte 
Höhenrücken kenntlich und in ihrer Form schon zerstört. Untersucht wurden 
die beiden ftusserlich noch erhaltenen und zwei von den geschleiften Gräbern. 

Grab 1, flOcm h., 4(! Sehr. Umfang, ans Lehmerde und Kiesel auf- 
geschichtet, zeigte sich bei tieferem Eindringen schon durchwühlt. In 30 cm 
Tiefe kam ein Tuffstein von 10 cm Dicke in unregelmässiger Funfeckgestalt 
Oestlich hart neben der Tuffsteinplatle lagen nebeneinander zwei Pteilspitzen 
von Bronze mit Flügeln und hohler Tülle, in deren einer noch die Spitze 
des Bolzenholzes stak. Beide waren nicht aus der nämlichen Form ge- 
gossen, die eine 3,6, die andere 3 cm lang. In der Nabe kam noch ein Bronze- 
stift mit dachartigem Kopf zum Vorschein. Westlich vom Stein zeigte sich 
nur noch ein grauer Thonseherben, unter dem Stein weder Skelettreste noch 
Leichenbraud, obwohl bis auf 75 cm Tiefe gegraben wurde. Augenscheinlich 
war das Grab nicht, mehr intakt. Es soll ein Sommerhäuscben früher auf 
dem Hügel gestanden sein. 

Der zweite mit Bäumen bestandene Hügel war 35 etn hoch bei 32 Sehr. 
Umfang und enthielt in der Mitte auf dem natürlichen Boden eine Bestattung 
ohne Beigaben, Kopf nach West, Fiisse nach Ost, und eine starke Kohlen- 
schichte westlich vom Kopfe. Das Skelett war sehr zermorscht und nur 
theilweise erhalten Eine vollständige Durchsuchung war übrigens wegen 
der Bäume, die nicht gefallt werden durften, nicht möglich. 

Ausserhalb des Parks, 100 m südlich vom vorigen Hügel entfernt, wurde 
einer der höchsten Buckel bis zum gewachsenen Boden ohne Erfolg durch- 
sucht. Bei einem zweiten fanden sich in der Nähe des gewachsenen Bodens ein 
Schädel in östlicher Richtung, allein und vom Skelett abgetrenni, sodann eine 
starke Kohlen- uud Aschenschichte westlich davon in gleicher Höhe mit 
calcinirten Knochenstückcheu , und in südlicher Fortsetzung zwei Ober- und 
Unterschenkel in gestreckter Lage, Fasse nach Süden. Oestlich von dem 
linken Oberschenkel lagen von Süd nach Nord hintereinander in kurzen 
Zwischenräumen die Reste von 8 sebeibenartigen Buckeln ohne Stift oder 
Oese aus dünnem Bronzeblech, in aufrechter latge. in Grösse eines Mark- 
stücks, mit Resten von vermorschtem Leder, wahrscheinlich Zierrate eines 
neben die Umeiextremitäten der Leiche gelegten Gürtels. Eisen- und Thon- 



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I)io Bügolgriiber auf dem bayerische» Lechfolde. 45 

spuren faulten sieh nicht. Die Hügel gehörten einer älteren Phase iler 
Hallstattzeit an. 

6. (Gruppe bei der Station Kissiug. 

Von dieser südlich der voiigen gelegenen Gruppe waren nur noch zwei 
grosse, in der ursprünglichen Form nicht mehr unverletzte Hügel erkennbar, 
von denen nur der zunächst östlich des Stationsgebäudes gelegene geöffnet werden 
durfte. Dieser, noch 2m hoch mit 90 Sehr. Umtang, enthielt in der Mitte 
in 1,50 m Tiefe eine starke Kohlen und Aschenschichte mit 2ni Durchmesser, 
und in dieser die schon zerbrochen in's Grab gekommenen Scherben eines 
grossen roth und schwarz bemalten Thongefässes. Die Aschenschichte reichte 
bis auf den natürlichen Boden hinab; auf derselben fanden sich einige calcinirte 
Knochenstücke. Am nordöstlichen Bande der Aschenschichte kamen etwa 
1 — 1,25m unter der Oberfläche seitwärts zusammengedrückte, terrassenförmig 
übereinander beigestellte Thongefässe zum Vorschein, und zwar eine grosse 
rothviolett bemalte Vase mit graphitirtem breiten Rand und zwei graue Ge- 
schirre, ebenfalls mit Graphitbemalung an Haisund Band; in einem derselben 
befand sich eine kleine, mit eingemodelten Dreiecken und Linien verzierte 
schwarze Thonvase, deren Vertiefungen weiss ausgefülit waren, im roth- 
violetten Geschirr ein kleines halbkugeliges Näpfchen von röthlicher Natur- 
farbe mit einer Guirlaude von conceutrischen Kreisen um den Hais. Ausser- 
dem fanden sich noch Binzeischerben anderer Geschirre vor, darunter einer 
mit kleiner Handhabe. Der Grabinhalt schliesst sich vollkommen an die 
schon früher untersuchten Gräber im benachbarten Heilachwald an und 
gehört in's Ende der Hallstattperiode. 

Die untersuchten Friedhöfe erstrecken sich demnach von der flallstatt- 
periode über die La Tönezeit bis in die römische Epoche. Der ältern Hall- 
stattzeit scheinen die Hügel von Lindenau, Sand, Unterach, der jüngern 
die von Kissing anzugehören; der La Tene-Zeit die von Oberach und Au, 
welch letzterer Friedhof noch in der römischen Periode benützt wurde. 
Leichenbestattung herrschte hier in allen Perioden, nur der Kissinger Hügel 
euthielt nur Leichenbrand. Die Ansiedlungen der Bevölkerung, welcher diese 
Friedhöfe angehörten, haben wir sicher anf der Höbe des Lecbrains zu 
suchen, wo au einigen Punkten nachweisbare Spuren prähistorischer Erd- 
werke vorhanden sind, an andern sich solche in früherer Zeit vermuthen 
lassen. So in Sand, Scherneck, Friedberg, Bedcrzhausen , Mergentau und 
Kissing. Auffallend ist, dass die Bevolkeruug damaliger Zeit ihre Fried- 
höfe in die Ebene verlegte, während die der Bronzezeit sich auf der Höhe 
befanden. (Kaderl, Rederzhauseu.) Bei der Unsicherheit und der steten Ueber- 
schwemmungsgefabr ist es nicht wahrscheinlich, dass sich auch die Wohnstätten 
in der Niederung befanden. Andererseits muss diese schon in der Regel 
trocken gewesen sein, da man sonst die Friedhöfe kaum hier angelegt hätte. 

Wie nach den Beigaben zu schliessen ist, war die Bevölkerung dieses 
Gebietes keineswegs mit Gütern gesegnet; auch lässt sich aus der Art der 
Beigaben nicht auf eine hervortretende Richtung der Thätigkei! der Be- 



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4 r> 



Fr. 'Weber, Die Hügelgräber auf dom bayerischen l^echfolde. 



wohner schliessen. Die Metallgtigen stände sind sicher auf dem Handelsweg 
durch Tausch erworben, die Thongefässe eigenes Fabrikat, das aber nach 
der schlechten Beschaffenheit des Thons und der geringen Verzierung keine 
hohe Stufe der Geschicklichkeit in der Keramik wahrnehmen lässt. 

Eine Besonderheit des in der La Tene-Periode hier sesshaften Stammes 
dürfte nur in der dreimal constatuten gleichzeitigen Bestaltung zweier 
Personen zu finden sein. Da ein gleichzeitiger Todesfall von Mann und Frau 
in einer Familie doch nur als seltener Zufall auftritt, in der Gruppe von 
Oberach wie in der von Au aber, in ersterer einmal, in letzterer zweimal 
Skelette in gleicher Höhe nebeneinanderliegend und offenbar gleichzeitig be- 
stattet, gefunden wurden, in einem Falle die eine der Leichen sicher die 
eines Weibes in jugendlichen Jahren ist, während die andere einem Manne 
angehört und bei höherem Alter schlechter erhalten ist, die Lage der einen 
der Leichen stets eine ungewöhnlich^, nicht gestreckte ist, so kann man sich 
des Gedankens nicht erwehren, dass hier eine absichtliche Mitbestattung, 
die Mitgabe eines Weibes in s Jenseits, zu Grunde liegt. Der Körper er- 
hielt dann eine traditionelle künstliche oder durch die gewaltsame Todesart 
hervorgerufene ungewöhnliche Lage Der barbarische Brauch ist in Hinblick 
auf Cäsars Angaben über die Bestattung der Vornehmen bei den Galliern 
kurz vor seiner Zeit (C. d. b. g. 1. VI c. 19) sehr wohl möglich und sind 
derartige auffallende Erscheinungen auch schon anderweitig beobachtet und 
ähnlich erklärt worden, (cf. Ohlenschlager, ßegräbnissarten aus urgeseb. 
Zeit auf bayer. Boden. Sep.-Abdr. S. 25) 



Uebersicht der untersuchten Hügelgräber-Gruppen am rechten Lechufer. 

Br«azc-Penodc ; 



Hallilall-fcnodc : 



La Teie-Pemd« : 



Römische Kolfir: 



A. In der Lechniederung, 
filtere: 

Sand üborach 

Unteraeh i Au 

Fried bergerau (bei d. 

3 Kreuzen) 

Fried herg-IIochzoll 
Liudenau 

jüngere: 

Kissing Station 



Derching 

! Friudbergorau (hei d. 
3 Kreuzen) 



B. Auf dom Lechrain. 



jüngere: 

Tod ten weis- Kaderl ? 
Kederzhausen 



filtere: 

(iebeuhofon- Mühl- 
hausen 
Morgentau 

jüngere: 

Fleilanhwald 



Anwalding- Mühlhausen 
Affiog 



Un untersuchte Gruppen befinden eich auf dem Lechrain bei Derching (listl.), bei 
lleiraatshausen, im Krlachholz zwischen Bachern und Morgentau, im Meringerforst zwischen 
Eurasburg uud Holzburg, im Uügolwnld zwischen Haidelkircb und Zillenberg. 



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Zur bayerischen Volkskunde. 

Von Joliannoti Knukc. 



1. Zwei Rauch-Häuser am Tegernsee. 

(Mit I«fel IV mul V.) 

In den letzten Jahren sind in der Umgebung des Tegernsees viele, auch 
der einsam und abgelegenen, Häuser umgebaut und modernisirt worden. 
Damit verschwindet nach und nach eine der besonders charakteristischen 
Eigenthümlirhkeiten des oberbayerischen Alpen hauses : es wird ein Schorn- 
stein frei Uber das Dach nufgemanert, welcher den Rauch ableitet. Das 
alte, sogenannte Rauchhaus hat keinen freien Schornstein, der Rauch wird in 
mehr oder weniger primitiver Weise, ähnlich wie in den Sennhütten, unter 
das Schindeldach geleitet, wo er sich meist durch die zufälligen Oeffnungen 
einen Ausweg suchen muss. 

Die Rauchleitung von der Feuerungs-Anlage aus erfolgt durch einen 
über dem, in Tischhöhe aufgemauerten aber sonst ganz offenen, Herd in 
Mannshohe angebrachten, etwas übergreifenden, aus Holz hergestellten 
„Rauchmantel“, welcher den Rauch zu einem weiten viereckigen, meist 
nicht oder nur zum Theil gemauerten Rauchschlot führt (Fig. 1), welcher 
im Dachbodenraum, unter Dach, offen, nur mit einigen Brettern lose bedeckt, 
endigt. Von hier aus kann sich der Rauch im Dachbodenranm verbreiten 
und durch die Lücken im Schindeldach und in den Wänden den Ausweg 
suchen; oder die untere viereckige Rauch-Schlotüffnuug ist ohne besonderen 
Ranchmantel in der Decke des Kochraums seitlich vom Kochherd angebracht 
(Fig. 2), so dass der Rauch, erst an der Kücbendecke hinstreicheud , nicht 
direkt, in den Schlot eintreten kann. Diese Einrichtung erleichtert unter 
Umständen das Einleiten des Rauches aus anderen Feuerungsanlagen, 
namentlich aus dem jetzt in keiner „Stube“ fehlenden Stuben-Ofen. 



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4* 



JohaunoB Ranke. 



Von den beiden in Abbildung gegebenen Hausern , welche beute noch 
diese alterthüinlirhe Feuerungs-Anlage besitzen, steht das eine, zu einem 
grossen Bauerngut, zum G assmann, gehörig, in Wiessee, das andere, zum 
Jäger am Graben, liegt über dem Westerhof an dem Fahrweg zur Neurentb. 
Das letztere Haus ist eines der ältesten Hiiuser der Gegend , über der 
Thür zur „Lauben“ steht die Jahrzahl K144; es ist noch ganz, auch in 
seinem Unterstock, ans Holz gebaut, hat aber, da es zu keinem grösseren 
Gute gehört, nur wenig entwickelte Wirtbscbaftsräume. 

Hk l. 





Das Kauchhaiis in Wiessee entspricht dagegen sehr genau der Be- 
schreibung, welche R. Virchow von dem Tegernseer Alpenhause gegeben 
hat.*) Virchow's Beschreibungen beziehen sich dort auf ein Haus in Rottach 
und aut ein anderes in Weissaeb. Beide sind Einzelhöfe, bei welchen im 
Wesentlichen das gesummte Hauswesen unter gemeinsamem Dache zusammen- 
gefasst ist. Das Dach ist niedrig und mftssig überragend, mit gemauertem 
Schornstein. Schon äusserlich gibt sich die Gliederung der Hiiuser in zwei 
Haupttheile zu erkennen, einerseits die mit Fenstern versehene Wohnung, 
andererseits in den für Vieh, Heu und Getreide und das Wirthschaftsgeschirr 

•) Zeitschrift für Ethnologie, IM. XIX. 1887. Verhandlungen S 578— fiSO. 



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Zur bayerischen Volkskunde. 



49 



bestimmten Theil. Der zur Wohnung dienende Abschnitt des Hauses bat 
ausser dem Erdgeschoss noch ein Stockwerk. Das Erdgeschoss bat jetzt 
meist gemauerte, sauber weiss getünchte Wände, das Obergeschoss bestellt 
gewöhnlich noch aus Holz. An älteren Häusern ist auch das Erdgeschoss 
ganz von Holz bergestellt, vielfach ist dasselbe aber mit Mörtel und Kalk 
beworfen, geglättet und weiss getüncht, so dass es äusserlich den Anblick 
der Mauerung gibt. Ganz entsprechend verhält es sich mit dem namentlich 
als Stall dienenden Erdgeschoss, hier hat aber, mit ganz seltenen Ansnahmen, 
die Steinmauer die Holzwände so gut, wie überall verdrängt. Von dem 
übergreifeuden, mit flachen Holzschindeln gedeckten und mit grossen Steinen 
beschwerten Dach beschattet und vor Regen geschützt, zieht sieb um das 
Obergeschoss, wenigstens soweit die eigentliche Wohnung reicht, eine 



Hg. 2 . 




Sw^MC 

IIüuh zum Garwmann In WIcmm am Tegeniste. 



vorgebaute Galerie, die Laube, auf welche man lieraustreten kann durch eine 
gewöhnlich in der Mitte der Schmalseite des Oberstocks angebrachte Thtire, 
welche sich meist direkt über der Hausthüre befindet, weuu letztere nicht 
seitlich, d. h. an der Laugseite des Hauses, angebracht ist. Die Laube ruht 
auf horizontal aus der Mauer vorspringenden , vielfach hübsch geschnitzten 
Balken, von ihr aus erheben sich als Stutzen bis zum überragenden 
Boden oder Dach säulenartige Träger aus Holz, welche in verschiedener 
Art geschnitzt, gegliedert und verziert sind ; vielfach ist auch die Wandung 
der Laube selbst durch Schnitzerei u. ü. geschmückt, und auch von dem 
Giebelrand des Daches hängen ausgeschnittene Bretter herab. Meist steht 
auf dem Giebeltirst ein hölzernes Kreuz, in der Mitte des Daches ein kleiner 
Aufbau mit einer Glocke, welche die Schnitter von den benachbarten Wiesen 

Belltftgu zur Anthropologie. XII. Bd,, 1. u. 2. Utft. j 



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50 



Johannes Rank* 



und Feldern zum Essen ruft. Der hintere Abschnitt des Hauses wird unten 
der Hauptsache nach von dem Viehstal) eingenommen, Uber diesem befindet 
sich die Scheune, welche seitlich ungefähr so weit wie die Laube über das 
Erdgeschoss vorgreift. Unter dem Schutze der übergreifenden Scheune liegt 
das zierlich geschichtete verkleinerte Brennholz und hängen und lehnen an 
der Aussenwand allerlei Acker- und Stallgerätbe. Zu dem Viehstall führt 
eine an der Langseite des Hauses angebrachte Thüre oder Zugang; „die 
Einfahrt" in die über dem Stall befindliche gedielte Scheune und Dresch- 
tenne führt von hinten her durch ein grosses Thor, zu welchem die Heu- 
und Getreidewagen an einer in schiefer Ebene ansteigenden, meist gemauerten 
„Auffahrt" gelangen. In der Scheune liegt seitlich, neben der Tenne, 
das Heu , meist auch noch in einem unvollkommen abgeschlossenen Ober- 
stock, in welchen der Rauchabzug mündet, das Getreide. Das Haus entspricht 
vortrefflich den lokalen Bedürfnissen, es ist das Haus des Viehzüchters im 
Gebirge und Gebirgs-Vorland. 

Es liegt mir fern, hier näher in die Einzelheiten der Frage einzugehen; 
wer sich belehren will , findet die gesummte Literatur des Gegenstandes in 
dem vortrefllichen kleinen Buche von Hans Lötscb: Neue Veröffentlichungen 
über das Baueruhaus in Deutschland, Oesterreich- Ungarn und der Schweiz 
Berlin 1897. Wilhelm Ernt & Sohn. 8°. 58 S. 

Nur darauf möchte ich wieder hinweisen, dass das oberbayerische Alpen- 
haus aus der oberbayerischen Sennhütte hervorgegangen ist resp. in letzterer 
noch seine primitive Form aufweist Die Sennhütte ist ein Holzbau , meist 
Blockhütte , und beherbergt unter dem ziemlich flachen übergreifenden , mit 
Steinen beschwerten Schindeldach ebenfalls Wohnraum, Viehstall und Scheune. 
Die Thüre zum Wohnraum, die Hansthüre, führt iu der Mitte der Schmal- 
wand der Hütte direkt in den einzigen Raum , welcher zum Aufenthalt der 
Menschen dient. Seitlich von der Thüre in der Eingangswund ist ein kleines 
viereckiges Fenster, ein anderes in der Wand links von der Thüre, an jeuer 
Seite des Wobnraumes, an welcher die grosse viereckige Feuerstelle ange- 
bracht ist. Der Buden der letzteren, d. h. der llütlenboden, ist hier durch 
Steinpflaster ges< hützt, eine niedrige, etwa ein Fuss hohe Mauer, welche mit 
der anstossenden Hüttenwand ein Viereck bildet, umgibt die Feuerstelle. 
Die drei freien Seiten dieser Scbutzmauer der Feuerstelle sind durch 
schmale darauf befestigte Bretter zu einer Art Bank gestaltet, welche ausser 
zum Sitzen auch zum Abstellen mancher Geschirre u. a. dient. Das offene 
Feuer brenut hier auf dieser meist sauber geweissten Feuerstelle ohne irgend 
welche andere Vorrichtung direkt auf dem Boden der Hütte. Der Ranch 
zieht direkt zu dem Hutlendach empor, welches ohne alle innere Verschalung 
den Wohnraum überdeckt. Bei Wind, und stets ehe das Feuer seinen Zug 
entwickelt, erfüllt der Rauch die Hütte und zieht zur geöffneten Thüre oder 
zu den geöffneten Fenstern hinaus. Von dem einzigen Wohnraum fuhrt eine 
Thüre direkt in den Stall, auf dessen hinterer Schmalseite sich wieder eine 
Thüre befindet; der Stall hat eine theilweise, stets offeue, Oberstock- 
Abtbeilung, in welcher llen liegt und wo der HUIerbub schläft, während 



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Zur bayerischen Volkskunde. 



51 



die Sennerin ihr Heubett, den Kreisler, im Wulm raun) meist rechts von der 
Kiligangsthür und der Feuerstelle gegenüber besitzt. Es ist schon eine 
wesentliche Vervollkommnung, wenn der Schlafraum der Sennerin als ein 
Extra-Stübchen, „Stübl“, von dem Hauptwohnraum abgetrennt wird. 

Bei dem grösseren Haus mit Obergeschoss ergibt sich dann auch 
die Abgliederung einer „Stube“, Wohnstube, mit zweiter Schlaikammer von 
der Küche. 

Der Grundriss des Wiesseer Hauses zum „Gassmann“ ist ganz typisch 
für einen grossen Bauernhof, das Hans zmn „Jager am Grabeu“, ebenso 
für das Haus des Klein-Hiluslers. 



2. Mittelfränkische Ornamente. 

(Mit Doppel Tafel VI und VII.) 

Die originellen Volks-Ornamente verschwinden mit dem Authören der 
eigentlichen Haus Industrien. Es erscheint höchste Zeit, mit der Sammlung 
der Reste zu beginuen. 

Die Volks-Ornamente sind nicht nur ein besonders typischer Ansdruck 
der Volksseele; ich zweifle nicht, dass sie znm Theil uralte Beziehungen zu 
Centren der höheren Kunst und des ansgebildeten Knnstgewerbes erkennen 
lassen werden , und in manchen mag sich vielleicht noch ein sonst längst 
vergessener Stammes- und Volks-Zusammenhang erhalten haben, bedeutungs- 
voll für die Geschichte der Bildung des Volkstbuins. In letzterer Hinsicht 
verspricht ein vergleichendes Studium der Volks-Ornamente nicht weniger 
Aufschlüsse als das .Studium der Haus-Typen. 

Zu dem vorstehend mitgetheilten Gedankengang wurde ich bei einem 
Spaziergang angeregt, ausgehend von dem in einer weiten Lichtung des 
Nürnberger Reichsforstes freundlich gelegenen, wegen seiner Lage und 
hübschen Umgehung von dem nahen Nürnberg vielbesuchten Marktflecken 
Feucht. Der Spaziergang führte mich im Spätherbst über die Wiesengründe 
des unteren Schwarzachthaies. Beim Vorübergehen an den hier weidenden 
Kindeibeerden fiel mir ein besonderer Schmuck der Leitkühe auf. welche 
ihre Glocken oder Schellen nicht, wie es z. B. im bayerischen Gebirge und 
Vorland üblich, an einem breiten Lederhalshand, sondern an einem, aus 
dünnem etwa anderthalb handbreiten Holz gebogenen, mit farbigen Ornamenten 
bemalten Halsgebänge, dem Schel len bogen , trugen. Die Sitte, die 
schönsten Kühe mit solchen ornamentirten Schellenbögen zu schmücken, 
ist in der dorligeu Gegend verbreitet, wie weit sie gellt, habe ich noch 
nicht feststellen können. 

Die Hirten fertigen die Schellenbögen nach alt-überkommenen Mustern in 
ihrer Freizeit im Winter selbst und bemalen sie selbst ohue irgend welche andere 
Hilfe. Wir haben es sonach mit recht eigentlichen Volksornamenten zu thnn. 

Die Tafeln VI und VII geben die Ornamente der Schellenbögen der Heerde 
von Feucht. Es sind stilisirte Blumen, vor allem Tulpen, und noch viel mehr 

4 * 



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52 



Johanni"- Ranke, Zur bayerischeo Volkskunde. 



stilisirte brennende Herzen. Oie Farben sind, ausser Schwarz, nur Roth 
und Gelb-Griin. 

Auf den ersten Blick glaubte ich sowohl in den Ornamenten wie in den 
Farben eine Uebereinstimmung mit den mährischen Ornamenten zu erkennen, 
welche Magdalena Wanke), Kustos an der Sammlung des Vereins des 
Patriotischen Museums in Olmütz, 1891, im Selbstverläge des Vereins , in 
mustergiltiger Weise veröffentlichte. 

Auch bei näherem Eingehen verschwindet dieser erste Eindruck nicht: 
die Tulpen oder Lilien zeigen unverkennbare Verwandtschaft, und die Farben: 
Roth und Grüngelb sind identisch. 

Im Zusammenhalt mit der Thatsache, dass in der Umgebung Nürnbergs, 
wie in ganz Mittelfranken , vielfach Reste altslavischer Bevölkerung sitzen, 
sind diese nahen Anklänge der mittelfränkischen an die mährischen Ornamente 
beaebtenswerth. 



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Bericht über neue vorgeschichtliche Funde in Bayern. 

Für die Jahre lHti4 — 18% zusammougcstcllt von Fr. Weber. 



Ausgrabungeil liu Jahre 1S94. 

A. Hügel- u 11 d Klaehgrüber der vo rro m isclien Metallzeit. 



1. Nach einoin Bericht des Herrn Apo- j 
thekers Kohl in Woissenburg a/8, in Nr. 4 
des „Limesbluttes“ lies» derselbe im Jahre 1893 | 
von einer Gruppe vou 8 Hügeln am Fahrweg 
von Hambach nach Ehren sch winden 
(Mittolfranken) ausserhalb des LimeH, angeblich 
auf meist schlecht erhaltenen Hochackerbeoten 
liegend, 5 öffnen. Vier davon lageu nordöstlich, 
einer südwestlich von diesem Wege; der Limes 
durchschneidet einen uioht geöffneten Hügel , 
der Gruppe. 

Grab 1. 40 m Umfang, 95 — 140 cm hoch, 
enthielt iu 85 cm Tiefe einen festgoatampften 
Lehmboden, auf dem Kohlenstückchen und 
3 Bronzearinringe lagen. Zwei derselben waren 
massiv gegossen und vom offen, der eine glatt, 
der andere mit Strichoraamont verziert. Der 
dritte war aus Bronzedraht mit schrauben* 
förmigen Union. Knochen und Gefüssreste 1 
fanden sich nicht vor. 

Grab *2. 50 m Umfang, 100—125 cm hoch, 
enthielt einen 8teinbau. Bei 35 cm Tiefe kamen 
Scherben einer grossen, rothgobrannten Urne, 
aussen mit Fingerstrichen verziert, jedoch weder 
Kohlen noch Knochen zum Vorschein. 

Grab 3. 35 m Umfang, SO— 100 cm hoch, 
war mit Lehm auagefüllt. Bei 70 cm Tiefe 
kam Kohle und Asche init verbrannten Kuochcn 
zu Tage. Als Beigaben fanden sich der Obor- 
teil einer Bronzenadel mit gerodeltem, runden J 
Kopf, Scherben einor rothge brannten Henkel- | 
schale mit hohem Hals und oino kleine Schalo | 
vou bräunlich -grauem Thon, mit Parallel- I 
streifen am bauche verziert. t 



Grab 4. 42 m Umfang, 90— 115 cm hoch, 
enthielt hei 70 cm Tiefe eine Udimtenne, auf 
der Kohle und Scherben ©iues kleinen, dick- 
wandigen Henkeltopfes von mattschwarzer Farbe 
lagen. Knochen fanden sich nicht. 

Grab 5. Südwestlich des Weges gelegen, 
von 38 m Umfang, 100— 150 cm hoch, euthiclt 
bei 85 cm Tiefe gleichfalls eine Lehmteuue, 
um welche ein Kranz von Sandsteineu lief, 
und au Beigaben ein Messer und eine Pfeil- 
spitze von Feuerstein, wenig Kohle uud weder 
Knochonreste noch Metallspuren. Es ist offen- 
bar das öltest© der geöffneten Gräber. Der 
obero Theil der Hügel war durchweg von 
Sand aufgeschüttet Die Funde beiiudou sich 
im Museum zu Woissenburg a/S. 

2. Eine Gruppe von 20 Hügeln im Durch- 
messer von 3— 10 m und in Hoho von 0,80 
bis 1,30 m befindet sich auf dem Ebersberg 
bei Dürkheim (Pfalz.) Hievon wurden 6 
geöffnet. Um die Hügel lief am Rande herum 
ein Steinkranz , auf der Ziune waren sio mit 
obeliskformigon Steinen von 1 m Hohe gekrönt. 
Einige hatten im Innern Stcingowölbe, andere 
waren nur Erdhüge! mit einem kleinen Stein- 
oinbau im Mittelpunkt. Zwei der Hügel waren 
Keuotapho. Dio Beigaben bestunden aus ürab- 
uruen mit Asche und verbrannten Knochen, 
feineren und gröberen Thongefösson , Schalen 
und Krügen mit Ornamenten von Nagelei n- 
drückon uud Kerben , Roibsteinen aus Basalt ; 
Grab 1 outhielt ausserdem eiserne Nägel, Grab 5 
eiuo Bronzefibel und eineu dünnen Bronzearm- 
reif mit verdickten Enden der La Tene-Periode, 



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54 



Franz Weher 



* ragmnnto eine« Schleifsteins oder einer Guss* 
form und Kohle von Fichtenholz. Die Funde 
Minden sich im Museum zu Spoicr. 

3. Gelegentlich Ausgräbern* von Stockholz 
wurden in der Leite unterhalb des Dorfes 
Derching (Oborbaycrn) zwei Hügelgräber ab- 
getragen, die bezüglich ihrer Zoitdatirung von 
Interesse sind. Die je 60 Schritte im Umfang 
messenden Hügel enthielten dickwandige, grosso 
Thonurnen von grauer Farbe mit ziegelfarbigotu 
Kern und feinere, graue Gofässe mit starkuu 
Fussrändcrn und eingebogeuem Halsrand , auf 
der Drehscheibe gefertigt und hart gebrannt. 
Auch ein Glastläschcheu soll dabei gewesen 
sein , das leider zu Vorlust ging. Die nicht 
sachgemäß untersuchten Hügel gehören offen- 
bar der Uebergangszoit zur römischen Kultur 
an , der Grabform und Bestatt ungswci.se nach 
sind sie dor nichtrömischen Provinzialbovölker- 
ung zuzu weisen , da der Aufbau der Hügel 
und die Beisetzung ganzer Thongefasso noch 
dem in dor vorrömischen Periode herrschenden 
Brauclio entspricht. Leider sind über weitere 
Beigaben koine Angaben zu erhalten gewesen, 
ln der Näho — 30 Schritto östlich der Hügel 
— sties-s man auf Tuffsteine, die in Form ciues 
Gewölbes in den Berghang eingebaut waren. 

4. Dicht unter dem Schutte römischer 
Ucbäuderesto stiess Kaufmann .1. Maurer von 
Keichenhall, der Entdecker der römischen Bo- 
grubnissstätte in Kartstein, iu der Nahe dieses 
Platzes auf dio Gräber einer frühen vorrümischon 
Bevölkerung. Nördlich von dom zur Gemeinde 
K a r l ste i n (Uberbayern) gehörigen Lengackerer 
liefe wurden von dem Genauuton Reste einer 
rötnischeu Ansiedluug ausgegraben, welche auf 
eiuem alten GiäMfoldo angelegt wurde. 
Möglicherweise bestund dasselbe aus Hügel 
gräbern, die iu römischer Zoit geschleift wurden; 
bei dom engen Raume, der für einen Begtäbuiss- 
platz zur Verfügung stand, können aber auch, 
wie in Ilallstatt , Flachgrübcr benutzt worden 
sein. Dio bis jotzt ausgograbonon 4 Gräber 
waren nicht mehr intakt, da sio im Bereich 
dor römischen Gebäude sich befanden. 

Das erste enthielt Thouscherhon von dick* 
waudigon Gefässon, daruuter Raudstücko mit 
fortlaufenden Fingeruageleiudrücken , aussen 
rötlich, innen grau ausgest riehen, von grober 
mit kleinen Kieseln vermengter Thonmasso; 
ferner Eberzähne, Knochen, Scherben von 
feiueren , dünnwandigem aber ebenfalls sehr 
alten Gelassen und eino Feuersteinpfeilspitze 
mit halbmondförmigem Ausschnitt. 



Im zweiten Grabe fand sich eine 15 cm 
lange Bronzedolch klinge mit Mittclrip|>e und 
•4 Nageln am 4 cm breiten Klingenende, Stücke 
eiuer Bronzenadel oder eines Pfrieniens und 
uoben dem Dolche dio Hiilfto eines menschlichen 
Unterkiefers init 3 Stock-, 2 Backen- und einem 
Schueidezahue von vorzüglicher Erhaltung. 

Das dritte Grab enthielt wieder Thon- 
floberbeu mit primitiven, ohne Model lediglich 
mit Fingern und Nägeln eingekerbten Vor- 
zierungon, 2 Teile eines Messers oder Schabers 
von Feuerstein, 7 Eberzähne, einen Bi cm 
langen Knochenpfriemon, eine Bronzenadel mit 
durch conceutrische Kreise verzierten Hachen 
Seheibenkopf und kleiuo geschmolzene Bronze- 
stücke. 

Das 4. Grab war später mit einer be- 
hauenen römischen Steinplatte überdeckt wei- 
den, unter welcher» 60 cm tief, eine Kohlen- 
schichte zum Vorschein kam. Unter derselben 
fand sich die Hälfte einer Dop pclspiral- Nadel 
oder Fibel der UaUslattperiodo aus Brouzcdraht 
mit C Windungen und 2'/*cm Durchmesser. 
Dieses Grab war schon sehr zerstört. 

Bei den änderet) Gräbern faul sich unter 
der finnischen Sohuttscliirhte eino Ijigo Feld- 
steine dicht beisammen, so dass es Mulm 
kostete, dieselbe mit dom Pickel zu lockern, 
unter den Steiuou kam eine Lehmaehichte , in 
welcher dio Beigabeu iu oinor Tiefe von 40 
bis 60 cm vermischt mit Kohle, omzclncn ver- 
brannten Knochen und kloinen Knochensplittern, 
sowio ganzen Zähnen lagen. Die Gräber scheinen 
sich quer über das Thal von Ost nach West 
zu erstrecken. Die Funde Im •linden sich in dor 
prähistorischen Staatssainnilung. 

Mit diesem von der nachfolgenden Be* 
völkerung in römischer Zeit nicht mehr rwspec- 
tirten Friedhof stand jedenfalls der iu Hd. X 
8. 192 dieser Zeitschrift erwähnte, jetzt zer- 
störte grosso Hügel tu zeitlichem Zusammen- 
hang, der aui südlichem Endo des Thaies gegen- 
über dein Langackerhofe sich befand. Auf den 
Zweck dieses Hügels, dor kein Grabhügel war, 
wirft eilte neuerliche, auf dem Grälwrfold bei 
Utlnndorf gemachte Entdeckung von hohem 
Intorcsso vielleicht einiges Licht, die nach- 
stehend folgt. 

5. Von den zahlreichen um Uttendorf 
im Innwinkel, jenseits doch in der Näho der 
bayerischen Grenze gelogenen Grabhügeln (s. 
Bd. VII dieser Zeitschrift Seite h0> wurden 
nach einem Berichte iu den Mittheilungen der 
k. k. Central- Commission v. 161*5 durch dun 



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Bericht aber neue vorgeschichtliche Funde iu Bayern. 



55 



Conservator des Linzer Museums U. S tra- 
be r gor 5 Hügel einer grösseren Gruppe, 
welche von flochäckorn umgeben ist, geöffnet. 
4 davon waren schon sehr verflacht, bis etwa 
80cm hoch, uud enthielten je eiu grosseres 
Thoogefass mit einer kleinen gohonkulten Schale 
darin uud eine grössere, kugelformigo Henkel- 
schale , einer ausserdem 2 eiserne tanzmi- 
spitzen, jedoch keine Spuren von Kohlen oder 
Knochen. Hin 5. grosser Hügel, 2 m hoch und 
22 m im Durchmesser, wurde sodann horizontal 
schichtenweiso abgetragen, wobei sich mehrere 
unter einander liegende Brand plätzo mit einer 
Menge von Kohlen realen zeigten. Im Erdreich, 
das über jeder Brandschicbte zu beobachten 
war, lagen zerstreut Scheriten verschiedener 
Thongefäase, der Kopf einer Brouzouadol, ein 
goldenor Ohrring, Fragmente von Eiseukctten, 
Ringen, Trensen, Tlatteu, und geehrte Knöpfe, 
zu einem Pferdegeschirr gehörig. 

Die vollkommen deutlich unterscheidbaren 
einzelnen Hraudschichton. über einander jo 
durch eine Lage Erde getrennt, lassen schliessen, 
dass hier die laichen verbrannt wunlcu , oho 
die Koste in die Hügel kamen uud dass nach 
jeder VorbreuuUDg Erde über die Brandstätte 
geworfen wurde, wodurch allmählig ein Hügel 
entstand. Anzeichen eines Begräbnisses in 
diesem selbst fanden sich trotz genauer Durch- 
suchung nicht vor. 

Noch näher der Grenze boi Nöfing, Ge- 
meinde St. Pot er, gegenüber Simbach, stiess 
ein ackernder Bauer auf oiu reiches Grab der 
jüngeren Bronzezeit , dessen Hügel schon ge- 
schleift war. Uobor einer 35 ein starken Lohni- 
schichte in der Ausdehnung von 4 zu 5 m 
lag eioo Steinschichte, unter welcher eiu Bronzo- 
schwert mit massivem ornamontirtom Griff und 
blattförmigor Klinge, eine glatte Bronzenadcl 
ohne Kopf, eine ßronzomesserklinge, das Frag- 
ment eines Bronzodolcliee mit Griff, ein Bruch- 
stück eines ornament irten .Schwertgriffs, Scherben 
kleiner Thongefiisso mit Warzen verziert, ver- 
brannte Knochenreste und Kohle zum Vorschein 
kamen. 

Die Ausbeute dieses und der vorgenannten 
lirahur befindet sich im Museum zu Linz, 
wohin auch die Funde aus 6 Hügeln der Hall- 
statt-Ponodo im Gansfusg bei Gilgonberg durch 
Ankauf gelangten (cf. Mitt. d. Mus.-Ver. f. 
vorgosch. Alterth. Bd. Nr. 1 u. 3.) 

6. lieber die Fortsetzung der Ausgrabungen 
im Wald boi Zösohingon (Schwaben) be- 
richtet Herr Forstamtsassessor Be n z im Jahres- 



bericht des Historischen Vereins in Gillingen 
von 18‘J4: 

Mehr als 100 Hügel befinden sich im 
Wald südlich von Zoschingeu auf dom Aus- 
läufer des Jura bis an die württembcrgische 
Qronze. Dieselben sind in verschiedenen Gruppen 
zerstreut, wovon 3 Hügol im Distrikt Stuben- 
berg, 2 im Distrikt Erlhau geöffnet wurden. 

Grabhügel 1, 37» m hoch, 60 in Umfang, 
enthielt einen Stoiukorn in gowölbter Form, 
in dessen Hühluug oiu vermodertes Skelett, 
wovon Fass- und Wirbelknochen erhalteu waren, 
wenig Gefässfragmcntc, ein kleines Stück eines 
Eine lisch wertes und viede Spuren von Eisou- 
rost, jedoch weder Kohle noch Asche sich 
befanden. 

Grabhügel ii, 2m hoch, 40m Umfang, 
war an der Zinne durch 3 über diese heraus- 
ragende Findlingen gekennzeichnet, unter der 
Wölbung lief bis zur Sohle ein einreihiger 
Stein kreis von 1 m Kadius. Bei eiuor Tiefe 
von 30 cm kamen eine Kisenpfoilspitzc und 
Uroenscberben , noch tiefer die Klinge oinos 
geschweiften Eiseuinossors und Gcfassrosto uud 
schliesslich eino Brandschicbte zum Vorschein, 
auf welcher ein Bronzoriug von 10 cm Dureh- 
inossor und die Scherben mohrorcr Thon- 
Schüsseln lagen , die roth, wo iss und graphit- 
schwarz bemalt und durch Eiuritzungeu mit den 
verschiedensten Mustern reich vertiert waren. 

Grabhügel HI, 2m hoch, 40 in Umfang, 
war lediglich oin Lehmhügel ohne Steinbau ; 
bei 30 cm Tiofo kamen Scherbeu, boi 00 cm 
eino schmucklose sch war/ braune Urno und eine 
Lauzenspitze von Eisen, 24 cm lang, zum Vor- 
schein. Bei 1,70 m folgte die Brandschichte, 
auf der ausser Ascho und Kohle Scherben 
verschiedener Gofasse ausgestrout waren , von 
welchen ein kleines Schälchen wieder horgo- 
stellt werden konnte. 

Grabhügel IV, 1 in hoch, 50 in Umfang, 
onthielt 25 cm tiof ein Thoogofaas von 20 cm 
Höhe, 8 cm unterer, 18cin oberer Woito, 90 cm 
tiof oino Brandschichte ohne Spuren von 
Knochen und Beigaben. 

Grabhügel V, von massigen Dimensionen 
war von Lehm aufgeschüttet, der jetloch von 
kroisartig ungeordneten Steinen durchzogen war. 
40 cm tiof kamen schwarze Gefässschorben, 
auf der Sohle Roste des Skeletts (Hirnschale 
und Armknochen), zu Füssou desselben zwischen 
Steinen mehrere Thongefässe im Halbkreis und 
unkenntliche Bronze- uud Eisenreste zum 
Vorschein. 



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5 <; 



Franz Weber. 



Die Begräbnisse gehören der spateren Hall- 
stattzeit an, die Ausbeute kam in «Ins Museum 
zu Dillingen. 

7. l>or vorgeschichtlichen Staatssammlung 
iu München gingen aus den mit Genehmigung 
und Unterstützung der akademischen Commission 
für Erforschung der Urgeschichte Bayerns im 
Jahre 1894 gemachten Ausgrabungen des Hi- 
storienmalers II. Dr. Naue nachstehende Funde 
ohne Fuudberichto zu: 

1. Aus Grabhügeln inUberbayeru und 
zwar von einer U ügelgriibcrgr uppo 1 bei Auf- 
hausen, HA. München II: aus Grab 2 Frag- 
meutoeiuur Dolchklinge von Eiaeu ; Grab 3 Frag- 
mente eines grossen Eisen messen* mit dazu ge- 
hörigem kleinen Ring, eine Einen- Laozenspitzc, 
Scherben vouThougt'lasse» ; Graba kleiner Ring 
einer Spirale von einer Bronzofibel; Grab G 
Scherbon verzierter und un vorxierteiThongefässo ; 
Grab? römische ßronzeiibcl und Scherben aus 
einer Naehbestattung; Grab 9 Beschläge zu 
eiuer eiseruen Gürtelschliosse und Scherben ; 
Grab 10 zwei kleiuo eiserne Lanzenspitzen ; 
Grab 12 eisern«« Lanzeuspitzc mit Mittelrippe. 

Hügelgräber-Grup|>o II bei Aufhausen: 
aus Grab 1 ein Fragment einer Bronzenadel und 
verzierte Thongefiissreste ; Grab 2 verziortc 
Scherben; Grab 3 Scherben eines Henkeltopfs; 
Grab 4 Fragmente von Brooze-Tutuli, Bronze- 
ringen, Kiseutheile, I^anzeuspitze von Eisou, 
Thongefiissreste ; Grab 5 verzierte Scherben. 

Vou einer Hügelgräber-Gruppe I bei Auf- 
kirchen, BA München II: aus Grab 2 kleines 
rotbes llonkelgefäss ; Grab 3 zwei Schwancu- 
halsnadeln , drei kleinköpfige Bronzenadelu, 
kleine Schale mit schwarzem niedern Rand, 
Scherbon von Tbougefassou ; Grab 5 graphitirto 
Scherben und verbrannte Knochen ; Grab 10 
kleine Bronzenadel, zerbrochen. 

Gruppe III bei Aufkirchen: aus Grab 1 
zerbrochene, rothbomalto Urne und bemalte 
Scherben. 

Vou einer Hügo!gräber-Grup[ie bei All- 
mannshausen, BA. München II: aus Grab 1 
zerbrochene eiserne I nutzen spitze , Thougefäss- 
reale; Grab 2 und 3 Scherben von Thongefasseu. 

2. Aus Grabhügeln der Oberpfalz, und 
zwar aus einem Grabe bei Maus heim: eine 
kurze, am Hals geschwollene, durchlochte und 
verzierte Bronzenadel uiit umgestiilptem Kegel- 
kopf und Thongofässscherben ; aus einem Grabe 
bei Hiirrentshofen zwei Fragmente eines 
eisernen liallstattsch wertes und Scherben; aus 
oioem Hügel bei Degerndorf eiuo eiserne 



i 



I 






J 






I 



Fibel, eine kleine Schale und «sin menschlicher 
Schädel; aus einer Gruppe von Tann bei Alt - 
mühlmüuster: Grab 1 Angelhacken von Bronze, 
5 UronzopfeiLpitzen , IG kleine ßroozenlgol, 
ein Wetzstein und Eherzahn ; Gral» 2 Scherben 
eiuer sehwarzou Urne; aus eiuer Grup|ic bei 
M uttenhoferi: Grab 1 Bronzofibel mit Kmail- 
einlage am Kopf, zerbrochene kahnartige Filiel, 
geknickto Bronzctibol, grossor und kleiner Bronze- 
knopf, kleiuo Brouzespirale, zerbrochene Bronzo- 
blech - Ohrringe mit Boinnitsln , Gebiss roste, 
Schüdolfragmentü und ein Thierzaliu ; aus Grab 2 
mit 3 Bestattungen Vogelkopffibel von Bronze 
und Schädel (3. Best. , vorzierte kahnförmigH, 
geknickte Fibel und Schorkeu einer schwarzen 
Schale (2. Best. ) , Fragmente von Bronzeblech 
und von 2 kleinen Bronzeknöpfen, kleines 
Fragmont vom Beschläge eines Bronzcoiniers 
mit 3 Nieton , Schädel res to ; aus Grab 3 eine 
verzierte, knhuförmige, goknickfo Bronzefibel, 
kleines rund gegossene* Bronzo-idol, natur- 
farbene Uruo mit schuurartig verziertem Rand 
und Fingeispitzcu- Eindrücken, Schädel; aus 
Grab 4 zwei defekte Eisenmessor , Fragment«’ 
von einem gerippt«*» Bronz«.»bleen - Arndiand, 
menschlicher Zahn ; Grab 5 zwei kleine Bruuzo- 
ringe, kleiue Bronzefibel, Fragmente von Bronze- 
blochohrringen, Scherl*» und Bruchstücke oines 
menschlichen Kiefers; aus einem Grabe bei 
Atzolricht Scbüdelfragmentc , schwarzgraue 
Vase mit hohem Halse , am Bauche verziert ; 
aus einem Grabe an der Habhiunnleile l>ei 
I.ichteneck: ein geschlossener Brouzehalsnng 
mit 2 kleinen Zapfern , geschlossoner Armnug 
von Brouze, Spitze eiues Eisen mosaors, kleine mit 
Buckeln und Ringen verzierte Bronzeplättcben 
mit Eisonuuterlage und Fragmente von solchen, 
zwei hohle Bronzckuöpfcheu mit durvhlochten 
Zäpfchen , kleines , zugefeiltes Fragment eines 
Bronze-Messers, grosso Armbrustfibel von Eisen, 
zwei Eiwnringe , zwei mit je 4 Knöpfen ver- 
zierte, geschlossene Bronze- Armringe, Scherben 
von 2 Schalen und eiuer Urne, menschliche 
Zähne; aus einem Grabhügel auf dem vorderen 
Vogelberg bei Bachotsfold «-ine kleine defekte 
Thoulampe, Urnen- und Schalenscherben, Frag- 
mente von 2 Schädeln; ein zerbrochener pri- 
mitiver kleiner fionkeltopf, Schurbeu, Vogel- 
knochen und menschliche Scbädelteile; zwei 
Spiralann blinder vou Bronzedraht, kleine Spiral- 
röhren- Halskette von Bronzedraht, 8 kleine 
Brouzeknöpfe, kleineres verziertes Bronzebloch- 
Ohrriogehen, gelbe und blaue Glasperle, Pferde- 
zahn, zerbrochener BrouzoblechohmDg , Thou- 



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Bericht über neue vorgeschichtliche Kunde in Bayern. 



57 



gofkssscherben, grosso goldgelb« Glasperle mit 
blau und weisseo Augen, kleine blaue Glas* 
|»erle, Thelle von zwei Skeletten; aus Gräbern 
bei Lengenfoid, Grab 1 zwei Rronzetreu&on, 

4 dazu gohörigo halbmondförmige und 2 kurze 
halbmondförmige innen offene Zicrstücku von 
Bronze, 2 grosse bcckeuartige ßronzo-Zior- 
soheiben, 4 hohl gegossene Hrouzoriuge mit 
radähnlichen louenverzierungen, 3 Knobel von 
Bronze, 2 kleine ovale Hrotueriuge mit Zapfou, 
zerbrochene Bronzu-Kuüpfcheu , kleines, drei- 
eckiges verziertes Broozebloch-Idol, Spitze eitles 
kleinen Kisonmessers, grapliitirteGefüssscheiben, 
grosse, rothbomalto mit Graphitornameuton 
verzierte Schale, reich mit Brouzeknöpfon ver- 
zierter licdergürtel, Eberknochen; aus Grab 2 
kleiner Bronze- Annring mit 2 kleiuon Knöpfen, 
Bronzefragmonto und Scherben , aus einer 
Gruppe hoi Scb w eu det öd , Grab 1 drei stab- 
förmige , fast geschlossene Bronze- Armringe, 
an den Enden gekerbt, eine Vogel köpf übel von 
Bronze, zwei Schwauenhalsnadeln mit schalen- 
förmigen Köpfen, eine kleine Paukeofibel mit 
langer Nadelhülse, kleines Eisenme&scr, kleine 
graphitirto Schale mit verzierten llonkeln, 2 Arm- 
knochen; Grab 2 Scherben verzierter Thouge- 
fässe; Grab 3 verziertor Halsriug aus vier- 
kantigem Bronzedraht , Eiseuring mit Doppel- 
knopf, grosses krummes Eiscuinesser, kleiner 
Eisenring, Fragmente eines breiteu Eisomnossers 
mit Griffzungo und eines schmaloo ebenfalls 
mit Griffzungo und Nagel, Fragment einer 
eisernen Gürtelschlicese mit Go wobresteu, 5 kleine 
Brouzokuüpfo mit Seitenöson, ein kloinos Bronze- 

B. Reihe 

1. Neue Gräberfelder wurden boi Poben- 
h au sen in eiuom Hopfengarten und in eiuer 
Flur von I. an gonmoseu, beide Orte im 
Bezirksamt Schrobeuhauscn, Oberbayern, auf- 
gefundcu. Aus erste rom kamen in die Samm- 
lung des historischen Vorein es von Nou- 
burg ayl). : ein Skramasax, Gl cm 1. Bruch 
stück einer Spatha, ganze Sputha, 82 cm. I. 
Scbildbuckel und rauteu förmige I-an zenspitze 
26 ein lang.; aus letzterem: zwoi Spathon, 
die eine mit Griff 25.5 cm I, die andere, mit 
abgebrochener Spitze 79 cm L, mit Holzspuren 
der Scheide und .Vfundblech von Bronze; 
zwei messerartige Eison&tücke, 10 Stück Be- 
schläge aus Weissbronze vom Lodorgürtel, 
dor Bügel eiues Stachelsporus von Bronze, 
zwei Theilo eines Gürtel beschlägs, zwei durch- 



ringchen, kleine Zierscheibe von Bronze, grosse 
Vogel kopffi bei ohne Nadel, zwoi schwarz braune 
UrneQBchorben von Thougefässon uod Knochen 
von zwoi Skeletten; aus Gräbern vom Flinsborg 
bei Gras borg: Grab 1 Fragmente vou Bronze- 
blcchohrringon mit 2 kleinen Ringen und Bom- 
meln, Gefilssscberbon ; Grab 2 Fragmente von 
Tliongefässen. 

8. Von der nördlichen, an 30 Hügol um- 
fassenden Grähergrupjie am Kreuzung* punkto 
der Strassen nach Kaufering und Beuerbach 
in Wostorholz boi Halten borg, BA. l^ands- 
borg, öffnete 11. Hauptmann Soylerdrei Hügel, 
die aus sandigem grauen l^hmboden ohne 
Kiesel bostandeu und keine Steinsetzuug hatten. 
Hügel 1 und 3 hatten 48 bezw. 60 Schritte 
Einfang, und waren unter lin bezw. 1,70 m 
hoch; sie enthielten gegen die Mitte zu auf 
dem natürlichen Boden Kohle, calcinirte 
Knochen und Gefasssoherben von Thon. Hügel 2 
war 1 m hoch bei 48 Scbritto Umfang ; unter 
dor Oberfläche kam eine rautenförmige Stein- 
platte von 13 cm Dicke, 90 cm Hoho und 60 cm 
Breite, vertikal gestellt, darunter eine Kohlen - 
schichte von 60 cm im Durchmossor und 20 cm 
Stärke, die in der Mitte trichterförmig bis auf 
35 cm anwuchs. Seitwärts Ligen Gefässscherben, 
iu der Mitte calcinirte Knochen uud östlich 
zwei I .anzenspitzen von Eisen mit Miltei- 
rippen und Tüllou; 39 cm davon ontfernt ein 
6,8 cm langes, 44cm breites Eisenblech und 
einige Gcfassreste. Die Braudhügcl gehören 
der Hallstattperiode an , die Kunde befinden 
sich im prähistorischem StaaLsmusoum. 

Dgräber. 

brochene Bronzosc Leiben , ein scbualleuartiges 
Stück vom Wehrgehonk. 

ln dio gleiche Sammlung kamen aus 
uouorlichon Ausgrabungen auf dem schon früher 
entdeckten Reihotigrabfeld boi Konnnrts- 
hofen, Bezirksamt Nouburg (.Schwaben) : zwei 
skramasaxartigo Messer, eine 28 cm 1. eiserne 
Lanzenspitze mit Tülle uud starker Rippe, eine 
ovale Gürtelschnalle von Eisen, zwei Bronze- 
Ohrringe mit Perlen, ein t»ogon förmiger Henkel 
von Eisen , ein halb kugelförmiger Sehild- 
buekel, zwei Pfeilspitzen, Gehäng von 28 Glas- 
und Thoupcrlon , ein solches von 23 Perlen 
von versch icdenaitigen Farben, zwei vou jo 
14 Perlon, oiuo Urne mit Verzierungen, eine 
flache Hronzeschale mit 3 Füssen und 2 beweg- 



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Franz Weber. 



58 

liehen Handballen, (Neuor Katalog der Samm- 
lung von I>r. II a I in , Coli. BI. 1*9. B.) 

2. Uobordie Fortsetzung der Ausgrabungen 
auf dom Reihengräberfold von Schrotzhei in 
ist einem Bericht dos Leiters denselben Herrn «and. 
mod. vot. Josof Kirchmann im VII. Jahres- 
bericht des histor. Vereines von Dillingen zu 
entnehmen : Es wurden 51 neue Gräber ge- 

öffnet, so dass bis Endo 1894 nun 118 Gräber 
aufgeduekt sind, obno das» inan an die Grenzen 
des Friedhofes gelangte. Da» Ergebnis war: 

Grab 1. Frauen skelett, 1,90 m 1., mit 
Ilalsschnur von bomaltiui Thon-, roten Bern- 
stein- und verschiedenfarbigen Glasperlen, Arm- 
reif von grösseren Thon perlen am rechten 
Obeiarm, kleiner Eiscnschnalle am linken Ober- 
arm, silberner Gürtelschnalle in der Ivenden- 
gugond, zwei kleinen ßrouzeknöpfon, I/duwand- 
rosten, zwei Bronze- und drei Eisenringen (von 
einer Tasche?) am mittleren Oberschenkel, 
zwei silbernen mit Gold tauschirten Spange» - 
tibolu, grossem, mit woissen Union verzierten 
Spindulsteiti au» grünlichem Glas und einem 
Eisonmos»cr zwischen den Oberschenkeln, stark 
oxydirtem Brouzostuck mit eingefasster halber 
Perlo darin am lateralen linken Kuiegelenk. 

Grab 2. Kinderskelett, 1,30 m L, in er- 
kennbarem Holzsarg mit einer lialsscbnur aus 
weuig Thon- und Ula»|iorlen und eiserner 
Gürtelschnalle. 

Grab 3. Kinderskolott, 0,75 in I., ohne 

Beigaben. 

Grab 4. Maunsskelett, 1,71m L, 2 m tief. 
30 cm über demselben lag rocht» in Kopfhöho 
eine uaeh aufwärts gerichtete eiserne Lanzcu- 
»pitze; untor dom linken Arm eine 90cm l. 
Spatha mit Besten der Qolxscbeide ; am rechten 
Handgelenk 3 Pfeilspitzen und ein länglicher 
Stein (Wetzstein ?), in der l^ndengegend Eisen- 
»tücko und Schlicsshackon von Bronze vom 
Güitelbeschläg. 

Grab 5. Pferd* und Reiterykulctt , diese» 
1,75 m I.; links zu Füssen lag oine eiserne 
L-mzcuspitze, au dou landen eine starke ßronze- 
schnalle, daneben von rechts nach links ab- 
wärts ein Sax; zur Rechten eino Spatha mit 
llolzscheidcresteu, vom Ellenbogen bis zum 
Kniegelenk ; über den Füssou ein Schildbuckel 
von Eisen mit Brozeniigeln und grosse Holz- 
st üeke vom Schild , darauf viele Haselnüsse ; 
zu Füssen eine Bronze- Pfanne mit Knochen 
vom Huhn dnrin, unter dem linken Zehen- 
knochen ein ornamontirter ßeinkamm. 



Grab 6. Weibliches Skelett, 1,4*1 m 1., 
mit eisernem Messer und kleinem Spindolstein 
aus grüueui Glas zwischen den Ohcrschenkoln. 

Grab 7. Hart neben dom vorigen, nur 
durch eine dünne Lehmschicht getrennt, ein 
Pferdeskelett nach recht» mit eingozogenon 
Füssen, mit cisonor Trense, einem metallenen 
Zierstück am Brustbein und oiner schweren 
Eisenschoallo unter dem Skelett. 

Grab 8. Maunsskelett, 1,05 in 1., mit einer 
Bronzeschtiallo vom Gürtel in der Ijcndougegend, 
an weichtun erkennbar mittelst eisernoi- Schnalle 
und Kieinou der hölzerne Köcher mit mehreren 
Pfeilspitzen von verschiedener Form und (»rosse 
befestigt war; daneben lag eino Uowandnadci 
von Bronze und zwei Feuersteine, am Ober- 
schenkel ein grosser eiserner King. 

Grab 9. Skelett einer älteren Frau, 
1,35 in I , mit einem eisernen Messer in der 
Lcndengegeud. 

Grab 10 Manrisskelett, 1,70 m 1., links 
20 om über dom Kopf lag eine eisemo Lanzen- 
spitze, über der Brust eiu eherner (?) 
Schildbuckel mit silbernen Nageln, unter dem 
rechten Oberkiefer rechteckiges Bronzestürk 
aus mehrereren düuuon Brouzclamellen , auf 
der Ausscnsoito mit kleinen Kuöpfchon ver- 
ziert; zur Linkon eine Spatha mit hölzernem 
silberbesehlagouom Griff, dor mit goldenen 
Nägeln verziert war. in höLerocr Scheide von 
9 mm Dicke; in der Lendongegend Bronze- und 
Eiscnstücko mit einem silbernen Bing nun 
Gürtel bösch läge, zu Füssen eiu beinerner Kamm 
und Schwoiusknochou. 

Grab 11. Kinderskolott, 0,70 m 1., mit 
Messer und 2 kleinen Tbougofassou zu Füssen, 
vou Eierschalen umgeben. 

Grab 12. Mannaskelett 1,80 m I. ; rechts 
am Kopf lag eine kleine eiserne Lanzenspitze, 
zur rechten Seite eino Spatha, im Becken eine 
eiserne Gürtelschnalle, zwischen den Ober- 
schenkeln ein Beinkamin und eino Thouurne. 

Grab 13. Mamuskelott 1,94 in L, mit 
Spatha, ohne wcitoro Beigaben. 

Grab 14. Frauonskelott , 1,30 m L, mit 
Halsschnur aus Thonperleo, und Gürtelschnalle 
von Bronze. 

Grab 15. Kinderskolott, 0,93m 1., mit 
viereckiger eiserner Gürtelschnalle , daneben 
stark oxydirtem Eisenstüek aus mehreren I.a- 
mellen, grosser ornamontirter Thonurne zwischen 
den Oberschenkeln. 

Grab 10. Kindorskelett, 0,90 tn I., ohne 
Beigaben. 



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Boricht über neue vorgeschichtliche Funde in Bayern. 



59 



Grab 17. Pferdeskolett ohne Kopf von 
kleiner Rasse. 

Grab 18. Skolett einer älteren Frau mit 
2 Perlen uml eiserner Gürtelschnalle. 

Grab 19. Frauenskolott, 1,45 m 1., mit 
5 Perlen. 

Grab 20. Frauenskolott 1.45 m 1., mit 
Perlonhalsschnur eiserner Gürtelschnalle und 
eiuer Thouuroe zu Füssen. 

Grab 21. Kindcrskelett, 0,90 m 1., mit 
Perlonhalsschuur, Kisenstück zwischen Knieen 
und einem Schweiusknochcn über don Ober- 
schenkein. 

Grab 22- Kioderskolett , 0,80 in 1., mit 
schwerer silberner Gürtelschnalle und verzierter 
silberner Riemenzunge von 66 cm 1 Jingo; vom 
Gürtel abwärts lag eine an erkennbarem 12 rnm 
breiten Ledorrieinen angefasste Bronzemünze 
und oin lyraförmigos Bruuzoanhäugse! ; zwischen 
den Oborscheukoln oine silberne omameutirte 
und vergoldete Spangeufibol , daneben eine 
Seemuschel. 

Grab 23. Kinderskelett, 0,90 m 1., mit 
Halsschnur von verschieden gefärbten Thon- 
und Glasporlon, in der Mitte derselben eine 
grosso Perle aus grünem Glasschmolz; einer 
eisoruuu Gürtelschnalle und einem Schweins- 
knöchern quer über den Oberstrhen kolu. 

Grab 24. Kiauenskelett , 1.45 nt I., mit 
2 Perlen, eine von Thon, die andere aus Halb- 
edelstein . eiserner Gürtelschnalle iiu Beckcu 
und Messer zwischen den OborBcheukoln. 

Grab 25. Pfordeskolett in grusser Un- 
ordnung. 

Grab 26. Kinderskelett, 0,90 m 1., mit 
eiserner Schnalle vom Gürtel, iu detn von 
rechts nach links ein Eisonnicsxer stack. 

Grab 27. Pferdeskolott von kleiner Kasse, 
ohne Kopf. 

Grab 28. Kinderskelett, 0,75 m. 1., mit 
eiserner Gürtelschnalle und Eiorschaleu 

Grab 29. Manns-skeleit, 1,70 m 1.; am 
rechten Ellenbogen lagen 3 eiserne Pfeilspitzen 
und 2 eiserne, 6 cm lange Nagel ; in der Lenden- 
gegend ein eisernes mit 3 Bronzeknöpfon ver- 
ziertes Gürtel beschläg mit Schuallo, 7 cm br. 
und 15 ein 1., mit gleich grossem Gegonbesehläg; 
von links nach rechts (durch den Gürtel gesteckt) 
oin 46 «'in 1. Sax und ein grosses Eisonmesser; 
am linken Kniegelenk eine quadratische Zier- 
platte aus Eisen mit gewölbten Bronze knöpfen 
an den Ecken; zu Küssen ein grosses Thon- 
gefäss, dabei Kopfknochou vom Eber. 



Grab 30. Mannsskohdt, 1,75 m 1.; ueben 
dom linken Unterarm lagen zwei Feuersteine 
und einige Pfeilspitzen, darunter cino in Form 
eines scharf zugespitzten Kogels mit einer Angel 
zum Einstockeu in «len Schaft (Bolz) ; iu der 
Leudougogend oin eisernes Gürtolboschlägo, 
ähnlich «iem vorigen und von rechts noch links 
ein 49cm langer Sax und ein eisernes Messer; 
orstoror hatte eine hölzerne, mit 4 Brouze- 
koüpfon verzierte Scheid«-. 

Grab 31. Manusskelett, 1,75 m 1., mit 
Gürtolbeschläg, bestehend in eiserner Platte 
init Schnalle und Gegenstück. 

(trab 32 Mädchenskclett, 1,25 m 1., mit 
eiuom Paar Ohrringe von Bronze und je einer 
borabhäugenden Perle, Halsschnur aus ver- 
schiedenartigen Glas- und Thooperlon, eiserner 
Gürtelschnalle im Bockoa und einem Spiwlul- 
stück zwischen den Oberschenkeln, einer 10 cm 
hohen Thonurne mit seltenen Verzierungen zu 
Füssen. 

Grab 33. Mannsskclott , 1,90 m 1., zu 
Häupteu lagou wenige Verzierungen iu Form 
silberner Plättchen von der Kopfbedeckung (V), 
daneben eine Lanze mit schmaler Spitze uud 
weiter Tülle von Eisen ; auf der Brust ein 
eiserner Schildbuckcl mit mehreren Bionzo- 
uägoln, an der rechten Hüfte nach abwärts 
ein 60 cm laugor und 8 cm breiter Sax, au der 
linken Seite eine Spat ha iu HolzachuJo mit 
Breuzeheschläge de« 15 cm weiten Scheiden- 
munds uud des Scheidoncndes ; in der Lenden- 
gegend oiuo Eisenschnalle und Stücke vom 
Gürtelbeschläge nebst einem grossen Feuerstein. 

Grab 34. Frauenskelott , 1,60 in 1 , mit 
eiseruom Messer am linken Oberschenkel , an 
der Messerspitze zwei dunkelblaue Stoioo, und 
eiuer reich verzierten Thonurne zu Füsseu. 

Grab 35. Kuabonskolett, 1,75 m 1., mit 
einer grossen Thon- und kleinen Hronze|>crlo, 
sowie ei uor Pfeilspitze unter dom Kopf; Platto 
uud Bcschliig vom Gürtel und eisernem Messer. 

Grab 36. Skelett einer älteren Frau, 1,45 m !., 
mit einer Halssehnur von Thon- und Glasperlon, 
eiserner Gürtelschnalle und einer au beiden 
Suiten hackenförmig umgebogeneu Spange unter 
dem linken Kniegolenk. 

Grab 37. Manusskelett, 1,65 iu L; zur 
linken lag eine 6 cm breite uud 80 cm lange 
Spatlia, deren Holzscheide mit Eisenknöpfen 
verziert uud mit einor kleinen Kiscnschnaile 
zum Anhängen versohon war; im Becken eine 
Kisonschnallo vom Gürtel und zu Füsson eine 
grosse, omameutirte Thonurne. 



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60 



Franz Weber. 



Grab 38. Mannsskolett , 1,60 m I., mit 
eiserner Gurtelschnallo und kleinem Eisen - 
messor im Gürtel. 

Gral» 31). Mauosskolett, 1,80 ml.; an der 
linkou Brust lag ein oiscrnor Schildbuckel mit 
Ei-scus|tangen und breitköpligeu Brouzenägeln ; 
von Mitte der Brust von rechts nach links ab- 
wärts eine OL’ cm lauge, 6 cm breite S|»atha in 
Holzschcide; in der Londengegeud zwei Feuer- 
steine, eine Bronzeuadol, eine eiserne Gürtel- 
schnalle, ein kleines Eisoumesser und mehrere 
unkenntliche Kiseuthcilo ; zu Füssen oin 12 cm 
langer, 5 cm breiter lk>indop|»elkamm mit orna- 
mentirter Querleiste und oino Menge Eierschalen. 

Grab 40. Manusskclett, 1,90 m L f mit 
Messer und Gürtelschnalle. 

Grab 41 enthielt nur noch mehrere Schädel - 

knocheu. 

Grab 42 Manusskclett, 1,75 m 1.; zu 
Füssen lag rechts nach abwärts gekehrt eine 
45 cm I. eiserne lauzenspitze ; an der linken 
Brust ein eiserner Scbildbuckel mit Bronze- 
niigelu, unterm linken Arm eine 92 cm 1. Spatha; 
iu der Loudurgcgcnd Kiscnstücko vom Gürtel- 
beschläg und ein Messer; über dein Schädel 
eine ßronzeschnaile mit Ledorrestcn , ferner 
Eierschalen uud Schwei nskuochou. 

Grab 43. Kiuderskclett, 1,20 in I., ohne 

Beigaben. 

Grab 44. Frauenskelott , 1,00m 1., mit 
2 grossen halben Ferien von grünem und blauem 
Glas am liuken Oberschenkel, einem Messe rcheu 
iu der Lendengegend und einem kleinen Boin- 
kumin zwischen den Oberschenkeln. 

Grab 45. Kinderskelott, 1,10 m I., mit 
eiserner Gürtelschnalle. 

Grab 46. Kinderskelott, 0,60 tn 1., mit 
grossem eisernou Messer am linken Oberarm. 

Grab 47. Frauenskelett, 1,40 m I , mit 
eiserner Gürtelschnallo uud kleinem Löffel von 
Eisen. 

Grab 48. Fraueuskelett, 1,30 m 1., mit 
Gürtelschnalle von Bronze und kleinem Eisen- 
messet am linken Oberschenkel. 

Grab 49. Maunsskelett, 1,40 m 1.; ober- 
halb, 0,50 in tief, lag eine Thonurne, in der- 
selben ein kleines Messer und eiue Schnalle 
von Eisen und Vogelkuocben ; unten, 1,45 in 
tief, das Skelett, neben dessen rechtem Oberarm 
drei Pfeilspitzen, im Becken links zwei grosse 
eiserne Nägel uud oin eiserner Hacken, in der 
Mitte eine kleine eiserne Schnalle und «iuer 
von rechts nach linksein Eisen rnesser; zwischen 
den Oberschenkeln eine grössere Eisenschualle. 



Grab 50. Kinderskelott, 0,85 m l. t mit 
Halskette von verschiedenen Thon- und Glas- 
perlen, Ferlemann reif am rechten Handgelenk, 
Kesten vom Gürtelbeschläg im Becken, einem 
Spindelstein von grünem Glas uud kleinem 
Eisenmesser am linken Oberschenkel ; einer un- 
verziertun Thoriurno iu Form unserer Blumen- 
Scherben zu Füssen. 

Grab 51. Skelett, 1,54 tn 1., stark ver- 
modert; längs des rechten Oberarms lag oin 
Etaontnesser, in der I>endcngegend ein Brouze- 
iiocken, ein Feuerstein, eine Gürtelschnalle von 
Eisen und stark oxydirte, unkenntliche Eisen - 
• tlieile. 

Bio Funde befinden sich im Museum zu 
Dillingou. 

3 Nach kurzen Notizen in der Monats- 
schrift des historischen Voreins vou Oberbayorn 
vom April 1895 kamen in dessen Sammlung 
aus Koihougräbern bei Geitendorf, Bezirks- 
Amts Bruck Oberbayern), Eiscufiagnioute oiuer 
Waffe, Thon- und Glasscherben, Brouzenadel 
mit King und ornamentirte Schalonfragmento ; 
aus solchen bei Leobenfeld, B.-A. laufen 
(Oberbayeru) , 2 stark beschädigte Schädel, 
Fragmente einos verzierten Beinkamms , ein 
Skrainasux und 2 Messer von Eisen , weich 
letztere Funde gelegentlich Kiesaushebens in 
einer Kiesgrube auf einer kleineu Anhöhe gegen 
100 ra südlich vom Orte zu Tage kamen. 

Die Begräbnisstätten wurden, wie es 
: scheint, nicht näher untersucht. 

4. Gelegentlich der Kanalisirungsarboiten 
j iu Pasing (Oberb&yern) stioss man auf Keiheu- 
! gröber der germanischen Zeit, wobei gegen 

25 Skelett Gräber zerstört wurden. An Bei- 
gaben wurden angeblich Skramasaxo, kleine 
Messer, bunte Thon- und Glasperlen gefunden, 
jedoch alles in Privatbesitz zerstreut. Eine 
systematische Ausgrabung des Friedhofes faud 
nicht statt. 

5. Bei Untoroching am rechton Salzach - 
ufer zwischen laufen uud Tittinouing, auf östor- 
roichischem Gebiete, wunle 1894 ein Keinen- 
grabfeld entdeckt. Hieraus kamen in das 
Museum in Salzburg von den Beigaben zwei 
Skramasaxe, G eiserne Messer, 1 Sohuapp- 
(Rasir-?) Messer, 1 Ianzon- und 4 Pfeilspitzen 
mit Widerhacken , eine ohne solchen : ver- 

. schiedene Hacken und BeschlägetheUe von 
Bronze, eine 14 cm 1. Bronzeuadel mit rundem 
l Kopf, ein Brouzearmband mit tubaförmigen 
I Endeo, eine grossere bunte Thon- und 44 kleiner« 



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Bericht über neue vorgeschichtliche Kunde in Bayern. 



Gl 



Glas- und Thonperleo, 3 Amethyst und 2 Stein- : 
perlen, eine grosso dunkelblaue Glasperle mit 
weissen .Schlingen und gelben Punkten, 3 kleine, 
durchlochte Perlen von Goldblech, 2 Schmuck- 
Anhängsel von Goldblech , auf einer Seite 
liligranartig mit Goldfäden verziert, auf der 
anderen flach. 

Wie viele Gräber, bzw. Skclotto gefunden | 
wurden, ist nicht bekannt. 

In demselben Jahre wurde auch in Neu- 
maxglau bei Salzburg eine Begr&bnisaaUttte 
entdeckt, von welcher 4 Gräber, in Form der 



Reihengräbor , geöffnet wurdeu. Die Skelette 
lagen ohne Steinsarg etc. im blossen Boden. 
Von den Beigaben kamen in das Salzburger 
Museum: oin Ohrgehänge von Silber, runde 
und viereckige Bronzeplatteu vom Gürtel* 
boschliigo, ein silbernes Otlband von einem 
dolchartigen Bisenmesser, 2 Bronze- und 1 Silber- 
armreif, Hacken und Schnallen von Bronzo, 
eine silberne Schnalle, 4 aneinander geblasene 
Glasperlen, eine römische Kaisermüozo, (iross- 
bronzo. 



Einzel fun de. 



1. Bei Anlage dos Doppelgoloiscs der Linie 
München— Salzburg wurde bei Achsdorf 
zwischen Bernhaupten und Traunstoin (OI>or- 
bayern) ein un verzierter, offener Bronzearmroif 
der Broozeperiode gefunden , welcher in das 
Museum zu Traunstoiu kam. Bernhaupten ist 
bokannt als Fundort einer Bronzolnuzeuspitzo 
und dor 108 Bronzoringe von Vachendorf, und 
zog hier eine vorgeschichtliche Strasse vom 
Pinzgau über den Jochberg an don Chiemsee 
uud in die Gegend von Traunstoin vorbei. 

2. Zwischen Hausmoning und Feld- 
kirchen (B.-A. Laufen, Überbayern) fand eiu 
Bauer in der Nähe dor nach Roichenhall 
führenden Strasse beim Kiesgruben 1 m tief 
unter dem Humus zwei gleichartige Ringe von 
sohwarzgrüücm Glas mit einem Durchmesser 
von 5 cm und einem L’mfang von 17 cm. Die- 
selben haben eine Stärke von 5 mm und ver- 
breitern sich an der Verbindungsstelle der 
Glasstäbe auf 7 mm , gehören der La Teno- 
Periode an und stammen wahrscheinlich aus 
einem Begräbnis«. Der Fund kam in das prä- 
historische Staatemuseum. 

3. In die Sammlung dos bayerischen National- 
museums gelangten im Jahre 18f»4 nachstehende 
Fundgegenstände : 

eine grosse Doppelspiral-Gewandnadel von 
Bronzo ohno Patina, dor Hallstatt-Portode an- 
gehörig, angeblich itn Inn bei Rott (Ober* 
baycru) gefunden ; 

eiue L&nzenspitze von Bronze mit kurzem 
Blatt und langer Tülle sowie breiter Mittel- 
rippe, feruor 2 massive, offene Axmgelonkringe 
vou ovaler Form, mit Strichornamenton verziert, 
dor Bronzeporiodo angehörig, bei Wieling 
(Uberbayern) gefunden ; 

3 Hohlkelto, einer mit Oese, und 1 Flach- 
heit ohno Lappen, 6 lauge und spitze Wurf- 



lanzen, bzw. Fragmente solcher, sämrotlieh von 
Eisen, aus der Hall&tattzcit, gefunden angeblich 
in der Nähe des römischen Rogrülmissplatzes 
bei Karlstein (Uberbayem); 

ein Bronzekelt von ungewöhnlich schmaler 
und langer, moiselartiger Form mit gerader 
Schneide und schmälerem stumpfen Kücken, 
! in der Mitte eingeschntttoo und mit Ansätzen 
| vou Lappen und ein laDgor, vierkantiger Bronze- 
| stab, gefunden im Staatswald Vorder- Eichel borg 
bei Bad- Kissingon (Unterfranken). Aeltere 
Hallstattperiode r) 

4. Im städtischen Musoum zu W e i 1 h o i m 
bofiuden sich aus vorgeschichtlichen Poriodon 
nachstehende Fundgegenständo, siimmtlich aus 
Oberbayern stammend: 

Aus der jüngeren Steinzeit ein Klopfstein 
mit daumenbreiter Rinne um die Mitte zum 
Befestigen der Schnur oder Weide, angeblich 
unter dem Roden bei Mareubach gefunden; 

aus der vorrömisebeu Metaltzeit ein Bronze- 
messer mit Stielansatz, nicht patinirt, gefunden im 
Schwattachor- Moos zwischen Diesseu 
und Raisting beim Torfstechen, 4 Stiche 
unter dein Boden; 

eiu Bruchstück eines sogen. Rasiermessers 
von Bronze, Stiel mit Loch und Klingenansatz, 
gefunden bei Polling, augeblich aus einem 
Hügelgrab stammend; 

zwei schön erhaltene mit Stricbornamenten 
verzierte Brouzofussringe, 2 kleine Agnt- Finger- 
ringe, verschiedene Bronzefragmoule, ein kleines 
Thonschälchen, ein grosser und ein kleinerer 
Gürtelhaoken von Eisen aas Hügelgräbern bei 
St. Andrä, Gern. Etting; 

eine grosse durchbrochene Bronze-Gürtcl- 
BChlieBM aus eiuem Hügelgrab bei Huglfing; 

oin massiver ornamontirter Armring, eine 
lange Nadel mit gereifeltem Hals, eine 



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02 



Franz Weber. 



kürzere Nadel , ein Dolch und oino Musser- 
klinge von Bronze aus Hügelgräbern von 
Uutor* Eberfing; 

3 offene Armringe von Bronzedraht, Frag- 
ment einer Bronzenadel und eine Pfeilspitze 
von Bronze nebst einigen Eborzähnen, zwei 
sehüsselartige Thongefässe mittlererer Giösso 
ohne Verzierung und ein krugartiges Gefäss mit 
hohem Hals, kleiuor Handhabe und einer Guir- 
lando von Dreiecken , die mit eingestempelten 
Schnitt-Linien ausgefullt sind, aus Hügelgräbern 
bei Maren hach; 

Fragmente von Bronzczieratou aus oinom 
Hügelgrab bei Gossenhofen, Gern. Dcuton- 
hauseo ; 

ein kleines, oimerförmigos Gefäss aus Bronze* 
bloch mit horizontal herumlaufenden Wülsten, 
gefunden bei Baiorsoien. 

Aus der Reihengräberzeit: eine Spat ha, 
ein Skratna&ax und eine eiserne Lanzenspitze 
aus dein Gottesacker von Weil he im; 

2 Spatheu, die oino mit dem Beschläge 
des Scheidenmundes, aus den Piattengruberu 
von St Jakob bei Polling; 

2 eiserne lAiizeuspitzcu und ein kurzes 
lliebmesser mit Eisengriff und Nügellöehern 
zur Befestigung von Griffschalen, gefunden 
zwischen Diemen dor f und Mouetshau sou. 

6. In Pilsting (Niederbayern) fand 
Hctr Dr. Carossa in seinem Gemüsegarten 
eine grosse, nicht auf der Drehscheibe gefertigte 
Thotiuruo mit eiuom kleinen Henkoltdpfcben 
dann und eine Hrunzenadel, wahrscheinlich der 
Inhalt eines ftüher geschleiften Hügelgrabes. 
Die Funde kamen in das Museum zu Landshut. 

6. Io einem Dorfe bei Bergzabern 
(Pfalz) wurde ein 13 cm I., 5 cm br. meissei* 
fdrmigcs Steiubeil ohne Bohrloch gefunden, auf 
dessen Oberfläche 4 runenartigo Zeichen mit 
cisornoiu Werkzeug eingeritzt siud. 

7. In das Museum zu Spei er golaugteu 
1894 nachstehende Kiuzelfundo aus pfälzischen 
Fundorten : 

Aus der jüngeren Steinzeit ein Steinmeissei 
aus graugrünem Seipentin mit scharfer Schnei de, 
4cm laug und breit, dessen Hinterteil abge* 
brechen ist, gefunden an der Hoebstrasso von 
Johannisk rouz nach Kaiserslautern; 

ein ganzer, in der Mitte durchlochtor 
Steinhamnier aus weissgrauom (»ostein, 15 ein 1., 
5 cm br. und h. gefunden hoi Hass loch. 

Aus der vorrömiseben Metallzeit ein Bronze- 
kelt mitzusammeutretendeuSehaftlappen, 15 cm 



I lang, mit 5 cm breiter Schnoido, ausgebaggert 
im Rhein zwischen Ludwigshafen uud 
I Mannheim; 

ein ßronzokelt mit schmalen Schaftlappen, 
i 16, 5cm 1., gefunden auf der La m bs hei m or 
| Haide; 

2 offene mit Strichornament verzierte Bronze 
armreife mit 12 ähnlichen zusammengerosteteu 
Reifen, die verschleudert wurden, gefunden 
beim Ackern auf dem lleidenacker bei Lang* 

I in e i 1 ; 

eine Certosaflbel von Bronze, 5 cm I, ge- 
funden zwischen M utter stadt uud Schiffer* 
| stadt; 

eine keltische Goldmünze in der Grosse 
eines silbernen Zwanzigpfennig-Stückos , auf 
einer Seite um einem männlichen Kopf, auf 
| der andern mit oinom Pferde beprägt, gefunden 
iu Landau. 

8. In die Sammlung des historischen Ver- 
eins von Oberbayem gelangten eiue Bronze- 
lauzeuspitze uud ein Brouzerasiermesser, welche 
angeblich aus oiner Kiesgrube nordwestlich von 
Prion (Oborbayorn) herrühren. Nähere An- 
gaben hierul ier mangeln. 

9. Der prähistorischen Staat ssnmmlung 
gingen im Jahre 1894 folgonde Einzelfunde zu: 

Aus der noolithischen Periode: 

ein durchbohrtes Steinbeil und ein Netz- 
senker in Ringform aus gebranntem Thon, 
orsieros ausgobaggort im Main bei Stock stadt, 
letzterer bei Klein heu bae h , ferner ein durch- 
bohrtes Steinbeil, ausgohaggert bei Lauden- 
bach. in der Nähe von Klingenberg, summt- 
lieh in Unterfranken ; 

Schaber, Spachtel, Pfriemen aus Knochen, 
geschlagene Feuerstainpfeilspitze, geschliffenes 
Steiubeil, Anhängsel, Perle und Ring aus Ala- 
baster, zwei Wirtel von Thon, Schleifsteine, 
Thonschorben und ein Kindorskelett aus dem 
1 Hunenlooh bei Goss weinst ein, Oberfrankeu; 

77 Stemgorätbe, darunter grosso und kloiuo 
! gelochte Steinbeile, Flachbeile, MoiseJ, Flach- 
bauon, Steiukugelreiber, Mahlsteine, Wetzsteine, 
Hintorthoil oines Fouerstemmessers, langer 
Feuersteinpfahl und (wahrscheinlich) Fragment 
einer Gussform aus verschiedenen Fundstätten 
im südwestlichen Spessart, südlich von 
A s c h a f f e n b u r g bis Klingenberg auf 
beiden Ufern des Mains, Unterfranken. 

Aus der vorrömischen Metallperiode: 

Ein Bronze-Unterarm ring der Altern Bronze- 
periode, von Bronzeblech mit Üacbeu Kerben 



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Bericht über neu© vorgeschichtliche Fuude in Bayern. 



G3 



in der läinge, die gespaltenen Enden zu jo | 10. In das Museum zu Linz kam ein im 

zwei Spiralen aufgerollt, gefaoden aufderVils* Inobettbei Schärding 1H24 gefundener Bronze- 
anhöhe bei Dietldorf, B.-A. Burglengenfeld, kelt mit SolufUappen der jüngeren Bronze- 

Oberpfalz. ! periode. 



v erscluedenes. 



Höhle. 

1. Der historische Verein von Schwaben 
lioss nouorlicho Ausgrabungen iu den bei Hol- 
heim im Kies gelegenen Höhlen des „Himmel- 
reichs“, die grosse und kleine Ofnet genannt, 
die schon 1875/76 ausgobeutet wurden, vor- 
nehmen. Es wurden in den tieferen Schichten 
nach Wegräumung dos ein geschwemmten Lohma 
Knochen und Zühno vom Pferde, Höhlenbären, 
der Hyäne, dem Riesenhirech, Mammtith uud 
Nashorn gefunden, angeblich auch mouschliehe 
Oebeino; an Artefacten der paläolithischen Zeit 
Feuerstein-Messer und Pfeilspitzen in ziemlicher 
Anzahl. Die Funde befinde» sich im Museum 
zu Augsburg. 

Befestigung. 

2. Der Strecken kommissär der Iimes-Com- 
misaion für Bayern, Herr Prof. Dr. Fink, 
untersuchte die bisher für ein römisches Werk 
gehiilteuo Befestigung bei Irnsing ari der 
Donau, gegenüber Eioing (Niederbayern). Er 
fand, dass dieselbe mit dem römischon Be- 
festigungssystem an der Donau in keinem Zu- 
sammenhänge steht, vielmehr oin vorgeschicht- 
licher Ringwalt von 2G0 m Iiingen- uud 150 in 
Breiten- Durchmesser ist und einen Wall von 

3 in Höhe, ©men Graben von 10 in Breite und 

4 in Tief© hat. Cirabuugen ergaben zahlreiche 
Scherben an zwei felhaft prähistorischer Her- 
kunft in schwarzer Branderde unter der Rasen- 
decke. Auf den Wall ist in spaterer Zeit emo 
Mauer aus Kalkstein mit reichlichem Mörtel- 
verband aufgesetzt worden. Römische Ueber- 
reste kamen nirgends zum Vorschoin. Wahr- 
scheinlich wurde eine mittelalterliche Burg in 
den Kingwall eingebaut. 

A nsi ed 1 ungsst ätten. 

3. Rings um die römische Provinzhanpt- 
stadt Augusta Vmdolicorum, auf deren Boden 
selbst vorgeschichtliche Funde bisher nicht 
gemacht wurden, liegen iu Entfernungen von 
wenigen Stunden grössere Komplexe sogeuamiter 
Trichtergruben. So sind in dor 1 jttoratur schon 
bekannt dio Gruppou auf dem Dachsberg, dein 



Aystottorberg und hinter Luisensruho zwischen 
den Stationen Westheim und Gersthofen, bei 
ßtrassliorg uud Biburg, zwischen Broitenbronn 
und Wollmetshofen mit gegen 130 Trichtern, 
auf dom linken, bei Aichach zwischen Ober- 
und Unterschnaitbach mit mehr als 300 Trichtern 
auf dom rechten Lechufer. Auf diesor Soite 
hat sich nun eino neue bisher in der Litteratur 
nicht bekannte Gruppe von etwa 200 Gruben 
in der Nähe dor Eloudskapelle zwischen Unter- 
baar und Th i erbau pte n gefunden. Die 
Trichter liegen, wie die der auderen Gruppen, 
in einem sich bergan ziehenden Hochwald 
dicht bei einander; grosse und kleine Grubeu 
wechseln iu der Weise, dass eine grosso immer 
von mehreren kleineren umgeben ist Die 
grössten haben eino Tiefe von 2,50 bis 3 m, 
einen oberen Durchschnitt bis zu G in und sind 
meist gut erhalten. Auf zwei Seiteu des Hohen- 
zuges, auf welchem sie liegen, lliesst ein Büch- 
lein vorbei. Tn der Nähe befinden sich bei 
Weilor I.echlingszell im Waldu noch 3 gut 
erhaltene Grabhügel. 

Eiuo genaue Aufnahme und Untersuchung 
aller dieser Grubenfelder lmt noch nicht statt- 
gefunden. Immerhin ist deren Auftreten in 
geringer Entfernung um Augsburg herum eine 
höchst auffallende. Dio Anlage derselben lässt 
die gleichen charakteristischen Merkmale er- 
kennen, die Trichter sind augenscheinlich das 
Werk menschlicher Thätigkeit, nicht natürlicher 
Eiuwirkungen, ihre Form ist eine planmässigo 
uud systematische, nichtdureh zufällige Arbeiten, 
wie StockauBoehmoo, Fuchs- oder Dachs- 
Graben etc. entstandene, die Auswahl der Plätze 
oine wohldurchdaehte ; eine Erinnerung au 
ihre Entstehung in historischer Zeit ist nicht 
vorhanden. Die grosse Anzahl dor Gruben 
setzt ein Zusammenarbeiten vieler Menschen 
voraus und dio Vermutung liegt nahe, dasr wir 
es hier mit don unterirdischen Resten von An- 
Siedlungen in vorgeschichtlicher Zeit zu thun 
haben, wobei die Angaben der alten Schrift- 
steller, dass die keltischen Völkerst.immo in 
Dörfern dicht beisammen zu siedeln pflegten, 
zu beachten wären. Die Gruben können tlieils 



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Frans Weber. 



64 



als L’utermum von Hutten, theils als Vorraths- | 
gruben gedient haben, wie solche zum Ver- 
borgen von Getreide und Kostbarkeiten auch 
von dou Slaven in der Niiho ihrer aus Flecht 
werk bestehenden Hütten noch in historischer 
Zeit angelegt wurden ^Chronik der Slaven in 
den Geschichtschr. d. d. Vorzeit B. 56, S. 266} , 
ja selbst in dom Heorgesetz Friedrichs Barha 
rossas noch erwähnt sind. Es ist ja auch 
selbstverständlich, dass die Römer ihre zur 
Hauptstadt ausersehenc Colonie nicht in einer 
menscheuleereu, sondern in der Nähe einer 
volkreichen Landschaft angelegt haben. Erst 
eingehende Untersuchungen könuen darthun, 
in weicher zeitlichen Beziehung die Trichter« 
grubeu Ausiodlungen zu den umwallten vor- 
mutheteu vorgeschichtlichen Wohnplatzen am 
Lechrain-Rand i k Holzhoim,Köaigsbruuu,8aud oto.) 
stehen. 

4. Ein solch umwallter Wohnplatz aus vor- 
geschichtlicher Zeit in sehr kleinen Dimensionen 
hat sich auch an der Paar auf derem südlichen, 
rechten Uferrücken gefunden. Etwa 16 m über 
dum Flusse liegt dom Dörfchen Roderzhauseu 
(Oberbayern) gegenüber ein nach dom Systeme 
der obengenauuteu Umwallungon vom Hinter- 
land durch Wall und Graben abgetrennter 
Platz, der für eine oder höchstens ein paar 
Familien Raum zum Wohnen bot Derselbe 
hat von Süd nach Nord einen Durchmesser 
von 35, von Ost naeh West von 37 Schritten, 
ist eben uud wird auf drei Seiten durch einen 
im Halbkreis gezogenen Wall und Graben von 
IGO Schritten Umfang, auf der vierten ^Nord-) 
Seite durch den natürlichen Steilabfall des 
Höhenzugs zum Flusse und durch diesen selbst 
gesichert. Der Graben, unmittelbar vor dem 
Wall gelegen, ist 1 m tiof, oben 3, auf der 
Sohle 1 m breit; die Wallhühe v Brustwehr) 
beträgt 1 in, die Breite desselben an der Basis 
6 — G m, auf der Höhe 1,60 w. Während auf 
der OsLscite das Terrain sich nur wenig ausser- 
halb des Grabens senkt, ziehen auf der West- 
seite zwei tiefe, nebeneinander befindliche 
Wasser risse zum Flusse hiuab und verstärken 
die Sicherheit des Platzes. Der künstliche 
Graben verläuft hier iu den natürlichen. Der 
aito Aufgang war, wie es scheint, durch den 
ersten Einschnitt; der jetzt in der Mitte der ; 
Uiuwalhuig auf der Südseite hereinführeude 
Weg scheint neuen Ursprungs zu sein. Gegen 
Süden lässt sich eine künstliche Terassierung | 
des Bodeus erkennen, sowie schwache Spuren j 



eines äusseren kleinen Grabens. Innerhalb der 
Um Wallung befindet sich auf der südwestlichen 
Seite oino gut orhalteno Trichtorgrnbe von 
40 Schritten oberem Umfang und 2,60 ui Tiofo 
mit ciuom oberen Durchmesser von 6 m von 
Ost nach West, 5 m von Süd uacb (West) Nord 
und einem Bodendurchmesser von 2 bozw. 1 in. 
Nordöstlich am Abhang befindet sich eine 
Quelle. Eine jetzt nicht mehr vorhandene 
Grabhügelgruppe befand sich nach Raiser 
zwischen Roderzhausen und Ottmaring. 

Unterirdischer Gang. 

6. In (i rossin ze in oos, B.-A. Dachau, 
stiess man beim Sandgruben hart südlich dor 
8t. Ueorgskircho und dem Friedhof auf einen 
unterirdischen Gang. Nach einem von den 
Herren l^hrorn Faistle und Baader im 43. Band 
des uberbay unschön Archivs ül»or ihre Unter- 
suchungen veröffentlichten Bericht zog sich 
derselbe, soweit verfolgbar, mit seinem Haupt- 
arm in ostwostlichor Richtung, von welchem 
3 Zweiggaugo nach Süden, einer nach Norden 
abgingen. Die Lange sämintlicher Gänge be- 
trägt 43 in, ihre Höhe wechselt von 1 bis zu 
2 m, die Breite von 60—90 cm. Dieselben laufen 
nicht horizontal, sondern in wiederholten 
Steigungen und Senkungen ; die grösste Tiefe 
unter dem Kirchhofs bodon beträgt 6,70 m. Der 
alte Eingang wurde nicht gefunden. 

Dor Typus der Kidgänge entspricht voll- 
ständig dem der bei Kissing, Morgentau, Unter« 
hacheru und an vielen andern Orten südlich 
der Donau auf gefundenen. Sie sind spitzbogen- 
förmig in den Sand eingehauen; au einzelnen 
Stellen lässt sich ersehen, dass das zum Ab- 
stechen dos Sandes verwendete Werkzeug 8 cm 
breit gewesen seio muss. Theils an den Wänden, 
theils an Absclilu&sstullon sind Nischen von 
verschiedener Grösse, wahrscheinlich zu Be- 
louehtungszwecken angebracht ; Schlupflöchor 
unterbrechen von Zeit zu Zeit die Gänge. 

An zwei Stellen, über einer Nischo und 
an einer Gangwomlung, ist die .fabrzahl 1523 
in alten Ziffern eingugraben, ein Beweis, dass 
in diesem Jahre die Gänge betreten wurden. 
Später verlor sich wieder die Kenntnis* von 
denselben. Funde wurden nicht gemacht, an 
einigen Stellcu fanden sich Kohlenroste und 
zwei Ziegelbrockeu. Auf Kammern stiess man 
nicht, jedoch ist offenbar nur ein kloiner Theii 
des ganzen Systems aufgedeckt. 



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Bericht über ucuo vorgeschichtliche Fuude in Bayern. 



05 



Schaleusteine. 

6. Im Museum zu Weilheim befindet 
sich ein Schalensteil) von runder Form mit 
7 tief und scharf eingemeisselten Scholen, sechs 
um oino mittlere gruppirt, welcher nach dom 
Musen ms- Inventar angeblich aus dor alten, 
frühroinanischen Kirche von Fischbachau 
(Oberbnyorn), nach gefälliger Mittheilung de« 
Herrn Dr. A. Ha rtin an n- München aber 
sicheren Anhaltspunkten zufolge aus Höheu- 
borg, (icniäiiido Umrathshausen, B.-A. 
Uoseiilieim, stammt uud von ihm 1805 ent- 
deckt wurde. In der Form stimmt derselbo 
mit den schon bekannten Steinen von Ur- 
schalling, Egglburg etc. überein. Schalonstcino 
gleicher Form wurden in den letzten Jahren 
auch in Oesterreich entdeckt und zwar zu 
II öl lei n in Kitruthen, zwischen dom Motnitz- 
uud Gurkthal, in einem auf dem Höhonrückcu 
gelogenen romanischen Kirchlein aus dom 
13. Jahrhundert, einer 1/xmhardskapello ; ferner 
in den alten Kirchen zu St. Goorgon iui 
Pinzgau (jotzt im Museum zu Salzburg), zu 
Teufe ubach im Murthal (Steiermark) und 
iu der Magdalenonkircho in Itiduaun (Tirol), 
ln der Form verschieden von diesen runden 
Steinen sind die kegelförmigen, bei welchen 
dio Schalenzahl jedoch keine rogelmässige ist 
Solche Steine sind bekannt aus Traunstciu, 
ursprünglich an der Eingangspforte zur Sakristei 
der Pfarrkirche, jetzt im Museum za Traunslein ; 
ferner befinden sich zwei in ihrer originalen 
Lage am llauptportal des Mirabell-Schlosses 
in Salzburg, andere an einem Palast aus der 
Reuaissauco in Wien. Diese letzteren Steine, 
aus verschiedenen Zeitperioden stammend, haben, 
wie Herr Dr. Pottor-Salzburg mit Grund an- 
nimmt, zum Abstossen uud Auslüschon der 
Fackelu gedient. 



Dagegen können dio runden Steine, deren 
einige einen höheren oder niederen Fussansatz, 
andere einen unbehauenen, glatten oder halb- 
kugel förmigen Abschluss haben, zu diesem Zweck 
nicht bestimmt gewesen sein, weil sie hori- 
zontal gelagert waren. Der Umstand, dass 
dieselben stets in alton Kirchen und Kapellen 
gefunden worden, ferner dio systematische uud 
regelmässige Anordnung und Siebenzahl der 
Schalen, dio scharfe und tiofe Einmeisselung 
derselben und dio sorgfältige Bearbeitung dor 
Oborflächo woist auf dio frühmittelalterliche 
Herkunft derselben uud den Zusammenhang 
mit einem oltkirchlichon Gebrauch.*) 

Dio in vorgeschichtlichen Gräbern gefundenen 
Schalensteine sind gänzlich vorschieden von 
dou obigon. Sie haben kleine, (lache, nicht 
mit .scharfen Instrumenton eingegrabene Schalen 
, in ganz verschiedener Anzahl, 2—20 u. m., 
dio ohne Symmetrie auf unbehauenen, form- 
losen Steinen mit natürlicher, rauher Ober- 
fläche angebracht sind. Dagegen finden sich 
allerdings auch auf römischem Steinen solcho 
Schalen wie auf den mittelalterlichen Schalen - 
steinen, so 5 auf einem viereckigen Stein von 
Seebruck, jetzt im National tmiseu ui zu München, 
9 auf dor Vordorwand einer Ara im Museum 
zu Mainz, 4 auf einem Stein in den Kata- 
komben von St. Giovuuni in Syrakus. Ob 
dieso aber schon in römischer Zeit sich auf 
den Steinen befanden, oder erst bei deren Ver- 
wendung zu kirchlichen Zwecken im Mittel- 
alter darauf angebracht wurden, wäre erst zu 
untersuchen. Jedenfalls sind dio runden wie 
dio kegelförmigen Steine mit tief eingcmeiaseltao 
Schalen aus dem vorgeschichtlichen Inventar 
zu streichen. 



Ausgrabungen im Jahre 1895. 

A. Hügelgräber der vo rrömischeu Metallzeit. 



1. Seit den Jahren 1890 --95 wurden durch 
Herrn Apotheker Zicglor in Thalmässiug 
(Mittelfranken) zahlreiche Hügelgräber der Um- 
gebung geöfTuet und berichtete derselbe hierüber 
an das Conservatorium der vorgeschichtlichen 
Sammlung des Staates Folgendes: 



1. Grabhiigelöffnungon boiSchutzQiidorf im 
i iemeindewald dasolbst (20 Grabhügel). 
Grabhügel 1. Höhe Vjt m, Durchmesser 
4'/* m, aus Kalksteinen in wagrecht liegenden 
Schichten errichtet ; aussen waren um den Hügel 
Steinplatten bis zu 1 m 1. senkrecht und nach 



*} Nach gefälliger Mittheilung des Herrn Dr. A. Hartman n sprach sieh derselbe schon 1880 
über den kirchlichen Charactor dieser Steine und ihre vermuthliche Bestimmung zu Beleuchtung»- 
zwecken als Oel- oder Talgbehälter in einem Vortrag über Schalensteine, gehalten im historischen 
Vorein von Oberbayern, aus. 

Beiträgt* zur Anthropologe. Bd. XII. 1. n. 2. Heft. g 



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66 



Franz Weber. 



innen geneigt In Mitte de» Hügels kam 70 cm 
tief eine Bronze- Pfeilspitze; 1,36 m tief an 
der östl. Seite lag ein Mannsskelett von Nord 
nach Sud, an dessen rechtem Unterarm ein 
12 cm 1. Bronzemessor mit angegossenem, durch 
vier erhabeno Ulugsrippen verziertem Griff, 
dor mit einem erhabenen Iting mit Innenkreuz 
al'sehliesMt. Weiter folgten oin Z&ngchen mit 
dicken Enden, eine kleine Punze und Bruch- 
stücke einer solchen, kleiner Nagel, 2 Frag- 
mente von Spiralrühreu, 2 kleine Blechhülsen, 
Fragment einer Spirulsclicibu , zungenformiges 
Fragment und mehrere Roste, sämmtlich von 
Bronze. Am rechten Kusse lag eine un ver- 
zierte Thonschüssel mit Henkel auf einer und 
zwei warzenähnlichen Erhöhungen auf dor 
anderen Seite, in dor Nähe eiuo kleine unver- 
zierte schwarze Schale. 

In Hügel 2, mit Fichten bestanden, fand 
sich 50 cm tiof ein reich mit eingestempelten 
Ornamenten verziertes schwarzes Thongefäss 
mit hohem Hals und einem Henkel, daneben 
Scherben oiucs unverziorten Uefässes. 

Hügel 3, 1 m h., 3'/* m Durchmesser, aus 
Kalksteinen aufgoschichtct, war leer. In dessen 
Mitte ragte ein 60cm langer, 30cm starker 
und 40 cm bunter Kalkstein 30 ein über den 
Scheitel dos Grabes empor. 

Hügel 4, 1,20 cm h., war oben mit Erdo 
aufgeschüttet ln 60 cm Tiefe kam ein gewölb- 
artiger Bau aus Kalkstein bis auf den Grab- 
hoden, darunter eine 30 cm dicke, harte, lohne 
artige Schichte und unter dieser eine mit Kohlen 
vermischte Brandstätte mit calcimrten Knochen. 
Auf dieser lagen im Umkreis von liu 7 grosse 
gegossene Ziorseheibeu mit t'itulusortigcr Er- 
höhung und ösenartig umgeschlagenem Ober- 
tbeil, 6 aus einer Gussform, die 7. kleiner und 
mit einem kleinen schräg gestrichelten , er- 
habenen Inneuring verziert. Bei 6 Scheiben 
ist am Rand oiuo kleine Perlcnreiho ein- 
geschlagen, bei der 7. zwei solcho Reihen; 
sodann 2 massiv gegossene, au den Enden sich 
verjüngende , mit verschiedenen Ornamenten 
reich verzierto Armringe; 2 breite, dünn 
gegossene mit 5 horizontalen Rjppoo verzierte 
Arnibiluder, die 4 inneren mit oingeschlagonon 
Strichen ornamentirt; weiter eine spiral förmige 
Röhre aus dünnem Bronzeblech von einem 
Halsschmuck, ein in der Mitte breitgeschlagener 
Fingerring aus BroDzedraht , in zwei kleinen 
Spiralen endigend, eine viereckige Bronzenadel 
mit geschwollenem und durchloohtem Hals, 
ein kleines Feuersteimnesser und Bruchstücke 



einer bräunlichen dünnen Thoosohalo mit kleinem 
Henkel und niederem Rand. 

Grabhügel 5, mit Fichten bestanden, 
90 cm h. aus Kalksteinen errichtet , enthielt 
eine Bestattung, wovon Bruchstücke dor Ober- 
schenkel und cinigo kleine Knüpfe von Bronze- 
nageln erhoben wurden. 

Grabhügel 6, 60 ein b., scheint ein Massen- 
grab enthalten zu haben, und lagen die Skelett - 
reste sehr unregelmässig. Unter der Moos- 
decke begannen Kalksteine, 50 cm tiof lag bei 
einem Schädel ein verziertes Armband, etwas 
tiefer bei Hüftknocheu das Bruchstück eines 
Bronzemessers und einer dünnen Spirale, fünf 
kleine Bomstein|>erlpn und eine grössere, ein 
durchlochtor Kborzahn und Scherben eines 
1 schwarzen verzierten Thongefässes. 

| 2. Grabhügelöffnungen bei Waizeuhofon. 

Auf der Jurahocbflächo südöstlich vou 
Thalmässing befindet sich auf oinor Oodung 
eino Gruppe vou ca. 30 Grabhügeln, sämmtlich 
von sehr geringer Höhe. Dor Untergrund ist 
! Kalkstein feinen, unter dem Rasen beginnt als- 
bald die Stein bcdcckung. 13 liügol wurden 
geöffnet. 

Grab 1, 50 cm h., 4 rn Durchmesser, ent- 
hielt 2 Bestattungen. Bei 20 cm Tiefe kam 
ein aus Rronzehlech zusammongebogouor Arm- 
ring mit übereinander tretenden durch zwei 
senkrechte Striche verzierten Endou. Bei 60 cm 
Tiefo folgten im südöstlichen Theil ein Skolutt 
in dor Richtung von SU. — NW. mit kleinou 
Bruchstücken eioos Bronzoblocharmrings und 
in der Nähe des linken Unterschenkels die 
Reste einer kleinen verzierten Hcokelschate. 
Eiu zweites nach NW.— SO. liegendes Skelett 
im nordwestlichen Th eite war ohne Beigaben. 

Grub 2, 70 cm h., 4 m Durchmesser, ent- 
hielt am südöstlichen Theile des Hügels direkt 
unter dom Rasen ein Skelett von 0. — W, und 
zu Füssen Bruchstücke einer kleinen vorzieiten 
j Henkelschalo. Dom Unterkörper entlang lagen 
1 50 hohle durchlochto ßronzeknöpfe von 2,5 bis 
3,7 cm Durchmesser, ln der Bcckongegond 
lag eine am Halso geschwollen« uud schwach 
gereifelte Bronzenadel vou 19,5 cm linge. ln 
der Hüftgtigond fanden sich 2 durchbrochon 
gegossene Zierscheiben vou Weissbronze mit 
Uesen uud rechts und links dos Beckens je ein 
' offener, uuverziertor, am Ende sich vetjüngen- 
der Bronzearmriug, am rech teu Oberarm eine 
am Halse geschwollene und schwach gereifelte 



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Bericht über neue vorgeschichtliche Funiio in Bayern. 



«7 



Üroozonadel von 21 cm 1-auge und in der 
llalsgcgend eine Spiralhalskctto von Bronze, 
ln der Mitte dos Hügels bei 70 cm Tiefo fanden 
sieb nur einige Knochen ohne Beigaben. 

Grab 3, ganz verflacht, 1 m Durchmesser, 
enthielt ausser .Skelettresten nur Scherben eines 
Gef&sscs. 

Grab 4, BO cm h , enthielt unter dem 
Käsen ein Skelett von SO.— NW. ohne Bei- 
gabcu , f»0 cm. tief ein solches von N. — S. 
und zu Küssen die Scherben einer kleinen Urne 
mit hohem Halse. 

Grab 5, 05 cm h., war am nördlichen Ende 
angegiabnu 30 cm tief kamen Skelett resto 
von Ü. W. uud ein herzförmiges Bronzo- 
anhängsel, ein offener stabforiiiigor , schwach 
gerippter Biouzeriog und Scherben einer uu- 
verzierleii Schale. In der Mitte des Hügels, 
70 cm tief, lagen 3 Skelette in der Richtung 
SO.— NW. rieben einander. Eine« derselben 
hatte am rechten Oberschenkel Bruchstücke 
eiuor Bronzespiralröbro. 

Grab 0, 50 ein h. , ergab bei 30 cm Tiefe 
ein Skelett von 0.— W. uud Scherben einer 
vorzierten Schale. 



i 



Grub 7, 00 cm b., 5,5 m Durchmesser, 
enthielt im östlichen Theilo in 40 cm Tiefo ein 
Skelett von O.— W. , liebst einem zusammen- 
gel*ogpnen Stückchen Bronzedrabt. 

Grab 8, 05 cm h., 4,5 m Durchmesser, 
enthielt bei 30 cm Tiefe ein Skelett von N.-~ S. 
mit Scherben einer unverzierten kleinen Schale. 

Grali 9, 45 cm h , 4 m Durchmesser, er- 
gab irn südlichen Theil in der Richtung NO.— SW. 
wenige Kuochen reale und Scherben einer kleinen 
unverzierten Ueiikulscbale. 

Grab 10 bis 12 enthielten ausser Skelett- 
resten keine Beigaben uud waren sehr verflacht. 

Grab 13, 50 cm b., 3 m Durchmesser, 
enthielt Skelettreste von 2 Uneben, einen offenen, 
glatten Bnmzedraht- Armrolf uud Scherben einor 
Thouschüxsel mit Henkel und verziertem Baud. 



3. Grabhügelöffu urigen bei Wengen. 

Bei dem Kirchdorf Wengen, rechts von 
dom nach Nennrdingen führenden Fahrwege, 
wurden 4 llügol geöffnet. 

Grab 1, in oinom Acker, hatte oiucn 
Innenhau aus Kalksteinen, ln der Tiefe von 
1 m lag in der Dichtung von 8. — N ein Skelett 
mit einer geknickten, kahnförmigen, am Bügel 
verzierten Bronzefibel in der Haisgegend, da- 
neben eine grosse, hohle Kahnlibel mit emetn 
Kuopf am Schlussstücke. Im üstlicbou Theil 



lagen verrostete Eisenstücke und Niigel, eine 
halbe Trense, 2 gebrochene Hinge, mehrere 
dünne Zierplatteu von Eisen, wahrscheinlich 
Besch liigc eines Wagens. Im westlichen Theil 
fanden sich neben Kohle viele Thouscherbeo, 
darunter der Kuss oines Oefitasaa 

Grab 2, ebenfalls in einem Acker, hatte 
5 m Durchmesser, und war mit senkrecht 
stehenden Kalksteinen eingefasst. Bis zu 40 cm 
Tiefe kam Erde, hierauf Kaiksteinschichten. 
Schou in dieser Tiefe fanden sich 2 Schluss- 
stücko vou Kahulibeln uud Brouzefragmcute. 
lu 70 cm Tiefe folgten 4 Skelette in Richtung 
von SW.— NO. dicht neben einander, unter 
den Füssen des nach West liegenden die 
Scherben eines grossen uuverzierten üefässes 
und im südlichen Theil zahlreiche Reste ver- 
schiedener Tbongoschirie. Im östlichen und 
westlicbeu Theil stand je eine grosse uu ver- 
zierte schwarze Urne, im uördliohou Theil lag 
ein kleines geschwungenes Kiseniuesser mit 
Griffznuge. 

Grab 3, im gleichen Acker, hattu Kalk- 
steiubuttuug. Iu Tiefe von 00 cm lag ein 

Skelett vou S. — N., in dessen Halsgegend 
fanden sich 3 Fibeln, eino k ah u förmige , ge- 
knickte, wie in Grab 1, und 2 gleiche grosse 
Heb langen ft bol n mit 3 fachen Schlnssknöpfen 
und halben gerei feiten Knopf über dünner 
Bronzescheibo unterhalb des Bügels. Im öst- 
lichen Theil lagen verrostete Eisen resto und 
Gefassscherbeu, im nordwestlichen Theil eine 
verzierte Urne, unweit davon ein gerades Eisen- 
messor uiit eisernem Griff, 37,4 cm 1., mit 
Spuren einer Holzscbeide. 

Grab 4 , stark abgetragen , 4 ru Durch- 
messer, mit einom Steinkranz. Im östlichen 
Theil dicht unter dem Hasen, lagen die Scherben 
eines grossen, bräunlichen, nnverzierteu Ge- 
bisses , südöstlich in 30 cm Tiefe kam ein am 
Rücken ausbauchuudes Eisen meshor mit kurzer 
Griffaogel, 17 cm I.; 10 cm tiefer mehr nach 
Süden lagen übereinander 2 gleiche Schlaugen- 
fiboln mit grossem und kleinem Schlusskuopf 
und kleiner Brunzescheibe. 30 cm tiefer lagen 
2 Skelette von SW.— NO. nebeneinander, bei 
deren Kopfendeu die Scherben eines grossen, 
uuverzierten Gelasses. Beim ersten Skelett 
iH'fauden sich au der linken Oberarmseite eine 
Eiscnlanzenspitzo mit schwacher Mittehippc 
und langer Schaftröhre, 5,6 cm br., 43,2 cm 1., 
die Spitze nach oben; auf dem Becken eiu 
dünnes , uuverziertes Bronzegflrtelblech mit 
5 Bronzeiüigoiu, 25,8cm I., 5 (tu br.; boi dom 
5* 



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Kranz Wobor. 



6 * 



zweiten fekelett ebenfalls eino I^anzenspitze wie I 
oben , 83,8 cm 1. und 7 cm br. , daneben die I 
Scherben oinor kleinen, nnvcrziorten Schale, j 
ein gerades Kisenncnor mit kurzer schmaler 
Griffzunge, Hi, 2 ein 1., eine eiserne Pfordotronso 
mit 2 Itingcu und einem Anhängsel von Kisch; 
zu Füsson in westlicher Richtung oino urnen- 
artige Schüssel, mit Steinen umstellt und mit 
einem grossen Stein bedeckt 

Aus einem weitern , vom Hositzor abge- 
führten Hügel stammet! 2 dünngegosseno, ofTeuo, 
verzierto Bronzcarmbünder mit kurzen End- 
stollen und 2 Bruchstücke eines aus starkem 
Bronzedraht gewundenen Ifaforinges; amh 
Knochen und Gefüsjwchorbon sollen sich go- 
runden haben. Die Kunde befinden sich im 
Besitze dos Herrn Apotheker Ziegler. 

Schon früher, in den 80 er Jahren, wurden 
bei Weiler Kippouwaog in dor Waldab- 
t Heilung Kratzer, östlich vom Pfarrdorf taib- 
stadt, 11 Grabhügel von Herrn Chirurg Elünger 
in Alfenshausen geöffnet, woiültcr bisher nichts 
bekannt war. Nach einem nachträglichen Be- 
richt desselben enthielt Grab 1 , 1 in h. , 8 in 
Durchmosser mit Steiubau, ein von SW. 
nach NO. gerichtetes Frauonskolett von 
1,70 m Länge, am linken Ann 2 Bronzenrm- 
reifo, auf der Brust eine Bronzcxpiralo und an 
den Kieferwinkeln Koste von Obrriugen aus 
Bronze. Die Funde wurden zerstreut. Später 
wurde der IJügol nochmals durchsucht, wobei 
au der südöstlichen Seite ein zweites Skelett 
von NO.— SW. zum Vorschein kam. Am Halse 
desselben lagen mehrere kleinere und grossere 
Perlen und Ziorseheibeu von Bernstein, an der 
linket) Schulter eine 19 cm lango Bronzcnadcl, 
ösenartig umgobogen, am linken Arm 2 offene 
Armringe, der eine aus starkem Bronzedraht, 
der andere gegossen und mit eingcschlageuen 
Ornamenteu ; an der rechten Brustseite eino 
abgebrochene Bronzenadel Auf der westlichen 
Seite fanden sich noch 3 zerJnickte Schädel 
und bei einem Bruchstücke einer Brouxefibel; 
in dem Aushub nachträglich ein kleines Thon- 
gofiiss. Diese Kunde sind im Besitz des Herrn 
Apotheker Ziegler. 

Grab 2, 70 cm h, 6 in Durchmesser, mit 
Steinkranz, hatte am Boden Leichenbrand mit 
Thonscherben und Bronze reston. An der nörd- 
lichen Seito lagou ein 18 cm 1. Bronzemessor 
init Griff und Nieten, eine 18cm 1. Bronze- 
nadel mit Scheibenkopf, mehrere Nieten und 
Fragmente von Bronze. Die Funde kamen 
io das geruiauische Museum in Nürnberg. 



Grab 3, Grösse wie voriges, mit Stein- 
schichte, darunter ein Skelett von NO.— SW. 
nnd Scherben von 4— öGefässon ; an der rechten 
Hand lag ein 16 ein 1. Bronzomosser mit Griff 
und Nieten, in dor Beckengegend ein zerdrücktes 
Bronzeblech, einige Nieten uud Bronzofragmonte 
und ein Feuerstein. Dio Kunde kamen in den 
Besitz des Herrn Apotheker Kohl in Wernen- 
bürg. 

Grab 4 und 5 enthielten Skelette von 
NO.— SW., Grah 6, 7 und 8 Steinbau, Grab 9 
taiclmnbrand und GofiLssschorbeu , jedoch 
sämmtlich angeblich keine Metall- Beigaben. 

Grab 10, 8 m Durchmesser, enthielt ein 
Skelett von NO. — SW. orieutirt, am Grabboden 
wenig Asche uud Kohlen ; zu lliinpten Scherben 
von grösseren, zu Füssen von einem kleineren 
ThongoRisse. 

Grab 11, iu iler Grösse des %’origon, ent- 
hielt ebenfalls ein Skelett von NO — SW. , am 
Hoden zugleich emo grossere Brandschichte. 
Am Kopfe lagen Scherben von drei in einander 
gestellten Gofässen, rings um die I/jiche eben- 
falls Tbongonissreste ; an der rechten Hand ein 
18 cm 1. Broozomesser mit oiuor Niete arn 
, Griflondo; an der linken Hand 4 Armringe 
aus Bronze, ein Stück rohen Kupfers, ein Feuer- 
. stein, ein sichelartiges Instrument von Bronze. 
Dio Funde kamen in den Besitz des Herrn 
Dr. Eidam in Guozenhausen. (cf. Beitr. B. IX. 
j s. 77.) 

2. Im Banuwald südlich von Ober- 
mosche! (Kheinpfalz) wurden nach einem 
Bericht des Herrn Dr. Mohlis im Korr.-Bl. 
der westdeutsch. Zcitachr. f. K. u. A. 2 Hügel- 
gräber geöffnet. Das eine, 2 n» h , 24 m Durch- 
messer, hatte einen Steinbau in der Mitte, 
1 in tief, darunter calcinirte Knochen und dio 
Scherben einer rothen Thonschaln ohne Ver- 
zierung. Nach Nordwost lagen 1,60 m tief 
ein 11 cm 1., weidenblattförmigor Brouzedolch 
mit starkem Mittelgrat und 4 Nietlöchern, 
eine Gewandnadel mit konischem Kopf and 
geschwollenem Hals, 19 cm 1., mit Kreislinien 
omamentirt, die Uülfto eines glatten Arm- 
reifes von Bronzedraht, zwei schwarze Fetter- 
steiusplitter und ein 8 cm 1. cy lind risches 
ELsenstiick letzteres wahrscheinlich aus oinor 
Nachhestattung. 

Dor zweite Flüge), 1 m h. , 12 m Durch- 
messer, outhiolt auf dem gewachsenen Boden 
5 Thongefasso mit Foldsteiuon umstellt, die 
j sämmtlich etwa 30 cm Höhe und 10 bvzw. 



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Bericht über neue vorgeschichtliche Funde in Bayern, f>9 



18 cm untern und obern Durchmesser hatten ; 
4 davon waren roth bemalt, einen schwarz. 
Die Ornamento bestanden in oingeritzten uud 
oingemodelton conccntrischen Kreisen , Zick* 
xacklinion , Punkten, zum Teil waren sie mit 
woisser Masse ausgefällt- In dom Grabe fanden 
sich Leichonbrand und Asche, 2 kleine Brouzc- 
dolcho, Fcueretoinsplittor und 2 Perlen aus 
duukolrothem Bernstein. Dio Gräber gehörten 
nach Meinung des Berichterstatters dor jüngeren 
Bronzezeit an Dio Funde befinden sich in 
dem Museum zu Dürkheim. 

3. Von den im Bottbrunnerforst zwischen 
Schamhaupten und Steinsdorf (Ober- 
pfalz) gelegenen 8 Bügeln wurde von Herrn 
Lohror Pollingor noch ein weitoror, 1 m b. 
Hügel von 6 rn Durchmesser geöffnet, der einen 
Steinbau enthielt Ms fanden sich weder 
Skolctt- noch Brandroste, dagegen ein 27 cui h., 
rotlies, uruonartigos Thougofuss mit graphitirtem 
Hand uud Verzierung durch ein gestempelte 
HalblWigou unterhalb desselben , sowie oiu 
Scherben oinos anderen Thougcfässcs. Metall* 
boigabon wurden uicht golundon. 

Kiu zweiter Hügel wurde von dem Ge- 
nannten auf dom Hirlberg bei Sandors- 
dorf in der Niilio von Schamhaupten geöffnet. 
Derselbe war nur */* m h. und enthielt einen 
Stoinbau. In 40 ein Tiefe kamen Knoehonresto 
eines Skelettes zuin Vorschein , das au jodem 
lliiterarm eineu offenen, glatten, an den Enden 
sich zuspitzonden Bruuzearmroif hatte. Dieses 
Grab scheint der älteren Bronzezeit anzugo- 
böron. 

Dio Funde befinden sich in Privatbcsitz 
des Finders. 

4. Dor historische Verein von Dillingen 
liess dio Ausgrabungen im Hügelghiberfeld bei 
Zöachingen fortsetzen, uud berichtet Herr 
Forst - Assessor Benz im Jahresbericht für 
1825 über dio Oeffnuug von 4 Hügeln. 

Hicnach enthielt Grab 1 , 90 cm hoch, 
GO Schritte 1 ' mfaog, aus [juhm, eine woitbauchigo, 
rothe Urne mit einer kloioon Schale darin, eben- 
falls roth, beide ohne Verzierung, daneben eine 
braune und zwei schwarze Schalen, sämmtlich 
in der Mitte des Hügels über dum natürlichen 
Boden; ferner ein konisch geformtes Bernstein* 
Anhängsel und das Bruchstück eines goschlif* 
fenen Steinbeils, 3 1 /* cm lang. Weder laichen* 
hrand noch Skelettreste waren festzustollou. 

Grab 2, 130cm hoch, 64 Schritte Um- 
fang, oval , aus Lehm , mit dreifacher Brand* 



schichte , enthielt in dor erstou , 70 cm tief, 
Knochen und Zahnüberrosto vom Eber, eino 
grössere graue Urno mit kleiner Schate darin, 
eino 29 cm lange , schmale Lauzonspitzo von 
Bison mit Tüllo ; dio jo einen Spatenstich tiefer 
folgenden Brandschichten waren ebenfalls mit 
I Thongefässscherben bedeckt, wovon sich 2 rothe 
grössere Urnen und darin 2 kleino graue 
Schalen, forner mehrere schwarze Schüsseln, 
s&tnmüich unverziert, unterschoidou üossod. 
Auf dor uutorstou Schichte glaubte Bericht- 
erstatter die Reste eiues Pferdes zu erkennen. 

Grab 3, 120 cm hoch, 47 Schritte Umfang, 
mit einer von Findlingen umrahmten Brand- 
Schichte am natürlichen Boden, enthielt in 
dreifacher Lago übereinander zu unterst eine 
grossere rotho Urne, eino kleine schwarze 
Schale, mit voi tieften, graphitirten Strichen 
verziert, und 3 ringförmige Eisenfragmento ; 
etwa 25 cm höher eine grössere rotlibemulto 
Uroe, mit GraphiLstreifon und eingeritzten, 
woiss ausgefüllten Linien verziort, eine kloiuero 
unvorzierte Schale, ein kleines schwarzes 
Sch üs, selchen und wieder 3 Eiseuri ngo; die 
oberste Schichte, 70 cm uuter dem Hasen, eine 
Urne, eine Schüssel und zwei Schalen ohne 
Verzierung, eine 20 cm lange eiserne Lanzen* 
spitze von gedrungener Form und Bruchstücke 
eines 12 cm laugen eisernen Messers mit oinoiu 
Bronzobleclistreifen um den Griffansatz und 
einigen Brouzenägeln vom Beschlägo. 

Grab 4, lm hoch, 80 Schritte Umfang, 
enthielt eine Bestattung und in 40 cm Tiefe 
in dor Miue oiuo grosso rotho Urno mit 
graphitgoschwärztem Rand und Hals, verziort 
mit mehroren Reihen conoentrischcr Kreise 
am obern Bauche; im Innern war eino kleine 
Schale aus feinem Thon. Bei 90 und 110 cm 
Tiefe wurdcu zwei Gruppen Thongefässe, 
Urnen, Schalou und Tellor, aufgodeckt; bei 
der untersten lagen ein Bernstein* und ein 
schwarzer Gagatring vom Halsschmuck, zwei 
dünue Bronzeblechringe uud oin eiförmiger 
Bronzeblech* Ohrring, 6 dicht an ciuaudnr 
BchUessende Armringe aus Bronzcdraht mit 
vierkantigem Durchschnitt , einer mit Strich- 
ornarncut, und Roste eines dünnen , mit geo- 
metrischen Ornamenten verzierten Broozobloch* 
gnrtels. Simmtlicbe Hügel waren von Lehm- 
erde. Nach dem Charakter der Funde gehören 
die Gräber der jüngeren Hallstattzeit an. 

Die Funde helindon sich im Museum zu 
Ditliugou. 



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70 



Franz Weber. 



5. Südlich von K i c k 1 1 n £ e n wurden durch 
Herrn Pfarrvikar Sch Üble für den Historischen 
Verein von Ditlingcn 6 Hügelgräber aus einer 
etwa TU liügol umfassenden Gruppe aufgo- 
graben, worüber dereelbo im Jahresbericht 1895 
Naihstohondos berichtet. 

Grab 1, 80 cm hoch, 12 Schritte Durch- 
messer, 88 Schritte Umfang, mit starker Brnnd- 
»rhichte am Boden, enthielt -18cm unter der 
Obcrtiächo 2 grosse Hiongdiis.se ohne Vcr- 
ziorung mit kleinen, ornamentiiton GefiiMseu 
im Innern , 3 Schalen und oino kleinere Urne 
ohne Verzierung. 

Grab 2, 40cm hoch, 46 Schritt o Umfang, 
14 Schutte Durchmesser , enthielt am Boden 
eine Brandschichtu mit dun Schorbon einer 
rothon Urne. Grab 3, 90 cm hoch, 44 Schritte 
Umfang, 14 Schritte* Durchmesser, eine Hache 
Schale und Bruchstücke eines zweiten Gefasstes 
nobat calciuirten Knochen ; in dor Mitte auf 
dom Boden 2 nebeneinander stehende grosso 
ThongefiUtse. Grab 4, 40 cm hoch, 35 Schritte 
Umfang, 10 Schritte Durchmesser, enthielt 
25 cm unter der Oberfläche eine Urandschichto 
mit Thoagofässsoherbon , Grab 6, 00 cm hoch, 
28 Schritte Umfang, 8 Schritte Durchmessor, 
2 Urnen mit zwei Schüsselchon in dousell>on ; 
Grab 6, 60cm hoch, 28 Scbritto Umfang und 
7 Schritte Durchmesser ebenfalls 2 Union in 
der Mitto am Boden. 

Metallbeigaben wurden nicht gefunden. 
Die Hügel bestehen au» Le h morde mit Kiesel 
gemischt. Die Kunde befinden sich im Museum 
zu Dillingen. 

ln der Umgebung von Ki> klingen befinden 
sieb nördlich im mittleren Ried etwa M, östlich 
im untern Ried etwa 40 und in den Brück los- 
mähdern etwa 11 Hügelgräber, die zum Thcil 
sclum abgeführt sind. 

6. llorr Forstmeister Eckort blTuoto von 
einer 8 Hügel umfassenden Gräbergruppo im 
Staalswald bei 1 Immünster, BA. Pfaffenhofen, 
Oborbayoro, 2 Hügel. Der eine war leer; der 
zweite enthielt in 83 cm Tiefe I eichen hrand 
mit kleinen Knochen und Aschenrosten oud 
ein Thongefiisa von ilallstatt-Typus, das in dio 
prähistorische 8taat»sammlung kam. Die Hügel 
sind kreisrund, 1— 1,50m hoch boi ca. 16 m 
Durchmesser, 12 - 16 m von einander entfernt. 

7. Der vorgeschichtlichen Staatssammlung 
in München gingen aus den mit Genehmigung 
und Unterstützung der akademischen Commis- 
sion lür Erforschung der Urgeschichte Bayern» 
itu Jahre 1895 gemachten Ausgrabungen des 



Historienmaler» Herrn Dr. Naue nachstehende 
Kunde ohne Fundliericbte zu: 

I. Aus Grabhügeln in Oborbayern und 
zwar von der Hügelgräber grupp« im Forst 
Muli (hart bei Wildonroth B.-A. Bruck von 
18 weiteren Gräbern aus Grab 75: 2 Bronze- 
kahiilÜM'ln, Gürtel blech mit 2 kleinen Kmipfotl 
und kleinen Eisenhaken , Bronzeringchen , Ki- 
»enlanzciiHpitze mit Mittolnppo , Bkolottthoilo ; 
Grab 76: Bronze * und Eisenring, Schädel; 
Grab 77: Eisonnadel; Grab 78: 2 Eisciiarm- 
ringe, ein Fragment von gebogenem Ktsen- 
d raht mit Knopf, Scherben verzierter Thoo- 
gefasso; Grab 79: kleine uaturfarlnge und 

schwarze Schale, verzierte Tboiihcberben ; 
Grab 80: graphitirto Gofimwehorbon ; Grab 85 
grosse Ki»enlauzen»pitzcinitMilU‘lrippe;Grab86: 
reichverzierter Fingerring von Bronze, kleine 
eiserne Spi ral»chei bo, eisernes A rmbaud ; G ral» 87 : 
mitteigrosse Kiscnlanzenspitzc mit langer Schaft- 
röhre; Grab 89- Topf mit kleinem Henkel, 
kleines Tüpfehen mit verbrannten Knochen, 
länglich ovales Schälchen, zerbrochenes kleine» 
Töpfchen, verzierter Spinnwirtel; Grab 90. 
oben gewundene Brotizeuadu! mit 2 kleinen 
Knöpfehen und Bronzefragmente; Grab 91: 
Scheiben einer schwarz- weis»- roth bemalten 
Urne; Grab 92: halbe» »eh male» Bronzearm- 
baod und Fraguicnto eines Henkel topfe»; 
Grab 93: verzierte Thonscherbon. 

Von 8 Grabhügeln zwischen Mauern 
und Uuleralting (B.-A. Bruck) aus Grab l: 
Houkeltopf mit senkrechten Streifen verziert 
und Fragmente eine» solchen; Grab 2: kleiner 
Bronzedolch mit Mittolrippc; Grab 5: Gebiss 
Scherben; Grab 7: 2 verzierte Brotizearmlamlur, 
Bronzenadcl mit scheibenförmigem grossen 
Kopf, Henkclgofass ; Grab 8 Scherben eines 
verzierten llenkoltnpfes. 

Von 22 Grabhügeln bei Grafrath (B.-A. 
Bruek) aus Gtab l . sehr kleine Vogelkopr- 
lil*ul von Brouzo und grossere solche, Fibel 
von Bronze mit dom Vordortbeil eines Vogels, 
Kopf nach vorn; Grab la: Kis«-nlanzonspitxe 
mit Rip|Kj, Scherben von 2 verzierten Urnen, 
2 Schusseln und 2 Schalen; Grab 2: 2 eiserne 
Knöpfe, kleiner Eiseuhakcu, kleiner verzierter 
offener Biuiizeatmruig, Scherben; Grab 3: 
Seherlnm von 2 schwarzen, verzierten Urnen, 
zerbrochene, verzierte Schale, kleine halbe ver- 
zierte Schale und Scherben einer schwarz- woira- 
roth bemalten Urne ; Grab 4: kleine Eisoulanzen- 
spitze mit Hippe und Harzfragment , kleiner 
primitiver Topf; Grab 5: verzierte Gefäss- 



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Bericht über neu« vorgeschichtliche Fundo io Bayern, 



71 



Scherben ; Ural) 6: geschlossener und offoner 
Bronzering , Holzscheibchen , Fragment eiuer 
eisernen Uiirtelschlics.se mit Knopf, Brouzo- 
nadel , kleine Bronzofragraento uud Thon* 
Scherben; Grab 7: 2 Bronzearmringe, Spiral- 
fragment oiner Bronzofibel, kleiner Bronzeguss- 
zapfen, Broozekoopf, Thooperio, 3 verzierte 
kleine Schalen, 8cberben grosser verzierter 
Gefässe ; Grab 8 : Brouzearmring , eiöorne 
Gürtelsch Hesse mit Knopf, grosse mit concav 
vertieften Ornamenten verzierte schwarzbraune 
Urne, kleine unverzierto Urne und Knochen-, 
Grab 9: massive Kahnfibel von Bronze mit 
kleinem Vogel auf dem Bügel; kleine Schale 
mit nach ionon eingedrücktem Boden, leicht gra- 
phitiite Schale, schwarze Urne, Thonscherben ; 
Grab 10: Broozocortosafibel mit kleinem Knopf, 
Eisen nadol frag mont, Scherben; Orab 11 : natur- 
farbige unverziorto Urne und Scherbon ; Grab 12: 
mit Guirlanden uud kloinen vortieften Kreisen 
vorzierte 8chalo, Scherben verzieiter und un- 
verzierter Gofässe ; Giab 13 : kleine unverzierto 
Schale mit Doppelhenkcl, Scherben verzierter 
und un verzierter grosser Thongofässo; Grab 14 
kleine Bronzefibol, Arnibrustfibel von Bronze 
mit thierkopfähnlichom , nach rückwärts ge- 
bogenom Knopfe, grosse Bronzecertosafibel mit 
eiserner Doppelspiralo , grosse Bronzefibel mit 
Pferdokopf und Hals, kleiuer Bronzcnagel, 
7 Brouzeknöpfe mit durchlochten Seitenzapfen, 
2 Anhängsel von Uronzcdraht oben mit King, 
unten mit Knopfchen, Eisenring mit langem 
Kiscustift, Fragment oinor oisernon Gürtel - 
scliliossc, 2 eiserne Oborarmringo, Eisen messor 
mit kurzer GrifTzunge, längliche Kisenplättchon, 
grosser llarzllumjKMi , 2 schwarze unverziorto 
grosse Schalen und Scherben einer kleinen 

B. Reih 

1. Aus dom alamannischon Gräberfeld bei 
Schwabmünchen kam ein tauschirtes 
Kiemonbeschlägo von länglicher Form und Bruch* 
stücko von solchou in die vorgeschichtliche 
Sammlung des Staates. 

2. Bei Anlage einer Kiesgrube in Alling 
(B.-A. Bruck, Oberb.) wurde ein germanisches 
Koihcngrabfeld angeschnitten. Aus demselben 
kamen in die vorgenannte Sammlung; eino 
Spat Im mit Griff und Farirstaoge, zwei kleino 
KisenmoHser, Gürtel besehläge von Eisen, oino 
kleine Broozeschuallo uud ein Stilus von Eisen 
römischer Provenienz, wahrscheinlich als 
Pfriemen verwendet, wenige Thouperien und 



8chalo; Grab 15 Eisendolch mit Brouzegriff 
und einseitiger Bronzeschoide , zerbrochene 
Eisonlanzonspitzo, Scherben un verzierter Urnen 
uud Schalen; Grab 10: eiserne« Ortsbaud zu 
einer Dolchscheide, sthwarzbrauuo unverzierto 
Urne, kleine, innen mit Graphitstrichen verzierte, 
schwarzgrauo Schale; Grab 17: Bronzecertosa- 
fibel, oizerner Haken, 2 dunkelbtauo Glasperlen, 
3 Fingerringo von Bronzedraht; Grab 18: vor- 
zierte Geffissscherbon *, Grab 19: eiserner Arm- 
ring, Fragment von Broozebloch-Armband, 
Skelettknocheo, Gefiissscherben, Eborknochou; 
Grab 20: Ei-Houhaken und Ring, grosser 
schwarzer Steinhammer, grosses reich verziertes 
Gefiiss, Scherben; Grab 21: Skolottkuoehon 
und Scherbon. 

2. Aus Grabhügeln der Ober pfals und 
zwar: aus jo einem Hügel boi Llohonbügl: 
kleine dickwandige Schale mit Kuss und uin- 
gobogenem Rand; bei Muttenhofen: Gofüss- 
schorbou ; bei Buch: unverzierte Scherben ; 
beim SchnstorhofbeiKemnath : schwarze 
Oefsisssc herben und Knochen; bei Stahdorf 
Grab 1 ; 2 an beiden Seiten durcblochte Bronze- 
knöpfo und Knochen ; Grab 2 : Knochen ; 
Grab 5; Kleines Eiseumeascr uud Eisenangel; 
aus jo oiuoru Hügel bei Aicbnzandt boi 
S u 1 z b a c h Bronzenadel mit geschwollenem 
Hals uud rundem Kopf, Brouzezäugchen, Thon- 
Scherben; boi Einsiodeln bei Dietfurt: 
2 Stollen eines Bronzearm bandet», Spimlröhreu 
von Bronzedraht, Fragment einer verzierten 
Bronzenadel, GussklumiK*n und Brouzofrag- 
inento; boi Hörrnansdorf: Angelhaken von 
Bronze; bei Hirsch bach am Schliess- 
borg: Skelett kuochen. 

ngräbor. 

Fragmente von Eisen nobst einem dolycho- 
cepbalou Schädel ohne Untorkioror. 

3. Bei Anlago eines zweiten Geleises auf 
der Bahnstrecke Schwandorf- Woiden wurde 
boi der Haltestelle Lu ho (Oberpfalz) ein 
slawisches Itoihengräborfold aus dem 8. oder 
9. Jahrhundert n Chr. angeschnitten. Hieraus 
kamen an dio vorgenannte Staatssammlung 
durch Kerben abgetcilto Stäbchen blauer uud 
goldirisirender Glasperlen, eine grössere ovalo 
weisse Glasperle, eino gelbemaillirto Perle mit 
farbigem Mittolstück auf jeder Seite, Rand und 
Leistonteile mit Nägelchcn eines Gefässes von 
Drouzeblech, Ohrringo iu rautenförmiger Ge- 



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72 



Franz Weber. 



stalt mit Trauben an den Ecken von Goldblech, | 
Lederreste mit einem Bronzoblochbcschliige | 
in Füllhorngostalt, wahrscheinlich von Schuhen. i 

Wcitore projoktirto Nachgrabungen dürften 
über dieses hochinteressante, loidor nicht sach- 
vorstiindig untersuchte Grabfeld erwünschten 
Aufschluss geben. 

4. Auf dem Roihougrüboi fohl von Schrots- 
hoim lies» der historische Verein von Dil- 
lingou 1895 neuerdings 03 Gräber aufdecken, 
so dass die Gesammtzahl der geöfluoteu nun 
183 Mr.igt, ohne dass mau an ein Endo der 
GrÜbor gokounnou wäre. Herr J. Kirchmaun 
berichtet über dio neuen Ausgrabuugun im 
Jahresbericht dos Vereins für 1895, wie folgt: 

Grab 1 enthielt oin Manns* kclctt, 2 m lang, 
über der Brust oin Sax, links Spatha in llolz- 
scheido, unter dom Griff Feuerstein, am rechten 
Ellenbogen Brouzcsehnallo ; Schildbuckel mit 
Spange, eisernes Gürtol böse h lüge mit Schnalle, 
Pfeilspitze, langes Eisenstück, zu Füssen l'ruo, 
Knochen und Eierschalen, 

Grab 2, Mannskelett, 1,'JOm I., links in 
KopfhÖho 35 cm lange Lauzeuspitzo; Zierplatto 
von Brouzo, Pfeilspitze, Sjtatha, eisernes Gürtel- 
beschliig, Bronzcbackou , Messer; zu Füssen 
ein Bronzoknopf. 

Grab 3, Maousskelett , 1,80 m 1., grosses 
Thougofäss, 85 cm lange Lauzeuspitzo, eiserne 
Gürtelschnalle; <]uor über Becken Sax uud 
Messer, 2 Feuersteine, Spatha iuu lochten Ober- 
schenkel. 

Grab 4 , Frauonskelett, 1,90 m 1., 6 goldene 
Anhängsel, Lederre.stc von Kopfbedeckung, 
Perlonschuur am Mals, Grablämpcheu mit 
„Fidelis“ an liuker Schultor, Sax von 44cm 
liingo ijuor von rechts nach links, 2 Muscheln, 
Gowaudnadel und 2 kleine Schnallen von Bronze, 
grünes Glasstück, Brouzemünzo, blauer Knüpf; 
Perlen, dabei eine von Amethyst, über der Brust; 
Kisouschnallo am Beckou , Bronzozicrsdieibo 
mit Bciuring am linken Schionboin, Bcinkamm, 
2 Schnallen vom Kniegürtel und Schuh, dabei 
Perlen uud oiuo Gctnmo mit ciuom Krieger, 
römische Arbeit. 

Grab 5, Maunsskelett, 1,05 in 1., links Sax, 
rechts Spatha, 88 ein 1., am Griff oin Vogol- 
kopf; Kieuienzungo von Silber, 3 Feuersteine, 
Zier beschliig, Schnalle, Fragmente von Bronze, 
Kisenstiicko am Beckon; Lanze, t>7 cm 1. und 
Schildbuckel zu Füssen. 

Grab 6, Frauonskelett, 1,55 m I., 18 grosse 
Thonperlen; Gürtelschnalle, kleine Perlen, 



Hacken und Ring von Eisen in» Boekon; Bruch- 
stück einer Glashand habe rechts, Bciuplatte 
und achtorförmige» Eisenstück links zu Füssen. 

Grab 7, Kiudorskolott , 1,10 m I., einige 
Perlon und Eiscnschualle. 

Grab 8, Mannsskolett, l,4o m 1., unter dem 
Kopf Lodcrrosto mit Bronzeoxyd, links 90ciu 
lange Spatha mit Rrouzebesebläg dos Scheiden- 
inunds, rechts davon Brouzo- uud Eiseuatücko 
vorn Wührgebäng, oLsorue Schnalle und Bronze- 
toilo vom Gürtel im Hecken. 

Grab 9, Frauenskelett, 1,45 in I., Perlen 
am Hals, eiserne Schnalle im Bocken, Messer 
und Bronzemüuzo am linkeu Oberschenkel 

Grab 10, Frauonskelett, 1,55 m L, Thou- 
porlcn uud Ringeheu von Eisen um Hals, 
Porleureif und Brouzoringcben mit Anhängsel 
am Arm, Eiseuschualle , Brouzemünzo uud 
I/Klerreslo im Hecken, konisehos Holzstück 
mit Verzierung am linken, King, Platte und 
Hacken von Fasen nebst Boinplatto am recbtoD 
1 Obersohonkol. 

Grab 1 1, Frauonskelett, 1,30 m, Thonperlo 
mit Brouzestück am Hals, Haarnadel nach auf- 
wärts gesteckt von Bronze, Schnalle von Eisen 
am Becken, Tlionorue am rechten Oberscboukol, 

2 Eisonteilo zwischen dun Küssen, Schnalle 
von Eisen am linken Kuio, Bronzczierscheibc 
mit Beinring uud kleines Glasgefäss links, Bein* 
ring uud blaues Glasstück rechts zu Füssen. 

Grab 12, Kinderskelett, 0,80 m, mit einigen 
Perlon am Hals. 

Grab 13, Kiudcrvkolott, 1,30 m, am lin- 
ken Bein Thouuruc, Messer, Brunzeschualle und 
Ivsderresto. 

Grab 14, Maunsskelett, l,80ui, Bronze- 
platte, Messer und King von Eisen am Becken, 

3 Pfeilspitzen, Eberzahl), Kronzoknöpfcheii und 
blaues Glasstuck neben linkem Schenkel, klciuo 
Knonsclia&llo zwischen Kuiocu, Nägel und 
Fragment vou Brouzo zu F'iissen. 

Gral» 15, KimLvskclett, 1,05 tn, ohne Bei- 
gabe. 

Grub 10, dcssgloiclien 1,10 m, rochts am 
Kopf Spindelstein, am Hals lVrlen, darunter 
viele von Bernstein, Gürtelschnalle und Beiu- 
ring am .linken -Oborschoukel. 

Grab 17, Frauenskelett, 1,45 m, mit 2 Hals- 
Porlenschnürreu aus kleinen uud 23 grossen 
Perlon, eiserne Gürtels« hnallc. 

Grab 18, Mannsskelett, 1,00 in, mit Messer 
I und Feuerstein am Bocken. 

Grab 19, Kiudsskelett, 70 cm, Perlon am 
’ llols, kloiuc Thonurue am Becken. 



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Spricht über neue vorgeschichtliche Funde in Bayern. 



73 



Grab 20, Mannsskelett, 1^5m, Sax von 
rechts nach links im Gürtol, 21 cm 1. Messer 
und Gürtel boschlügo von Eisen. 

Grab 21, Fraucuskciett, 1,00 m, am linken 
Handgelenk einige Perlon, Gürtelschnalle von 
fiison iin Bocken, ßrouzeblech zwischen Ober- 
Schenkeln, Messer unter dein linken Ober- und 
Brnnzcschnallo am linken Unterschenkel. 

Grab 22, Frauonskolett, 1,35m, 8 mittel- 
grosse Forlen am Hals, Oürtolscballe vou Eisen. 

Grab 23, Frauenskolett, 1,80 in, Perlen, 
darunter eine grosse Glas- uud eine stom- 
förmigo Pörle am Hals, Fingerring vou Bronze, 
kloiner Eisenring auf Brust, 3 .Spangeniibeln von 
Bronze iu der Nähe der rechten Hand, Bronze- 
Kclmallu und kleine Muschel im Becken, Messer 
und Fragmento von Eisen zwischen Knioen. 

Grab 24, Frauenskolett, 1,80 in, Perlen am 
Hals, goldene Schoibonübol mit Glassclunelz, 
silbernes Ohrlüffelchen, grosse, bemalto Glas- 
perle rechts; 2 Spangeniibeln von Bronze im 
Bocken ; Eisen» hnallo, Messer mit Lcdorresten 
und MetalUpangc zwischen Oborsehonkoln ; 
2 Ringe von Eiseu und Bronze, 2 Spindel- 
steine, einer vou Milchachat; am linken Ober- 
schenkel 3 Riemenzungen. 

Grab 25, Kiudcrskelott, 1,20 m, 2 Pfeil- 
spitzen und Gürtelschnalle von Kiscu im Becken, 
Messer am liukeu Oberschenkel. 

Grah 26, Frauonskolett, 1,20 m, mit oisornor 
Gürtelschnalle. 

Grab 27, Frauenskelett, 1,40 m, mit 13 Perlen 
und einem Metall-Anhängsel am Hals, Urne zu 
Füssen. 

Grah 28, Manusskelett, 1,60 m, links Sax, 
auf der Brust ein Glas- und Eisenstück. 

Grab 29, dergleichen, 1,60 m, am linken 
Unterarm 33 cm 1. Sax, 2 Fouorsteino, ein 
Brouzo- und Eisenstück am lieckon, 3 Pfeil- 
spitzen uud ein Bolzen am rechten Oberschenkel; 
Gürtolbeschläge vou Brouze. 

Grab 30, Fraucuskelott, 1,50 in, Halsperlon 
und Gürtelschnalle von Eisen. 

Grab 31, Manusskelett, 1,70 m, Spatba am 
linken Oberarm, Theile vom Wehrgehäog. 

Grab 32, Kinderskelett, 1,30 m, Ring und 
2 Pfeilspitzen am rochteu Oberarm, Sax von 
rechts nach links im Gürtel, 40 cm 1 , Beschläge, 
schup|M.»nart.ign Eiseustiicke uud Schnalle ; Thou- 
umo mit fousterformiger Vorziorung zu Füssen. 

Grab 33, Mannsskelett, 1,55 tu, rechts über 
den Kopf hinaus Lanzonspitze, 35 cm 1., linke 
Scito Sax, 50 cm I., davon 21 cm Griff, Spatba 
mit Ei“enspaiigcn der Holzschcido, Messer mit 



12 cm 1. Griff, Eisen Beschläge mit Bronze- 
knöpfen, Schildbuckol über Unterschenkeln, 
hohe, ausgebauchte Urne mit Kreislinien- uud 
Punkt-Verzierung zu Füsscu. 

Grab 34, Kiudorskelott, 80 cm, Perlen am 
Hals und über das ganze Skelett zerstreut ; 
Bronzeknöpfchen , Eisonstück und Thortschalc. 

Grab 35, Frauonskolett, 1,40 tu, mit vielen 
Perlen, dabei 3 von Amethyst und eine lange, 
flache Glasperle von grüner Farbe am Hals; 
Gürtelschnalle von Eisen ; Poppelkamm vou Bein 
und Messer am linken Oberschenkel , grosso 
Urne zu Küssen. 

Grab 36, desgleichen, 1,40 m, Uolspcrlen 
und Gürtelschnalle. 

Grab 37, Kinderekelett, 1 m, Perlen am 
Hals, Glasring und Gürtelschnalle von Bronze, 
Fingerring vou Bronze (Silber ?) an liuker Hand, 
Urne zu küssen. 

Grab 88, dessgleichon, 1 in, links 3 Pfeil- 
spitzen und Messer, Gürtelbeschläge, Perlen am 
rechten Handgelenk, 2 Urnen zwischen Unter- 
schenkeln. 

Grab 39, dessgleichon, 90 cm, links 2 Pfeil- 
spitzen und eiserne Gürtelschnalle, Vogelknoeheo 
und Kierschalou zu Füssen. 

Grab 40, dessgleichon, 1,25 m, schuppen- 
förmige Eisonstücke iu der Lendengocond ; 
G lasst üek, eiserne Schnalle, messerformige Pfeil- 
spitze; Urne zu Füssen. 

Grab 41, dessgleichon, 80 cm, Messer, 
Spange und Gürtolbeschläge von Eisen. 

Grab 42, deesgleichen, 70 cm, eiserne 
Sjiango auf der Brust, 1 5 schup|icn förmige Eison- 
stücko und ein Glasstück; Messer an liuker 
i Schulter. 

Grab 4-3, FraueiiNkelctt, 1.45 tn, rechts zwei 
Bronzo-Ohrringe; eiserne Gürtelschnalle; uu- 
vorziorte Urne zu Füssen. 

Grab 44, Mannsskelett 1,60 m, links 62 cm 
langer Skramasax und Bronzeknöpfchen vom 
Schcidenbescbläge , Spatba mit vielen Bronzo- 
plattchen, oiseruo Schualle, grosser Bronzo- 
! und Eisen ring und Fragmente von Eisen im 
Bockon ; zwei Bronzeschnallen mit beweglichen 
Ringen und Donnen ; 3 Zierplättchen, Knopf und 
Beschlag von Btouze vom Wehrgebängo ; Urno 
mit Fenstcrverzierung an den Unterschenkeln. 

Grab 45, Skelett ohne Beigaben. 

Grab 46, Manusskelett 1,80 m , rechts in 
Kopfhöhe 30 cm lange Lanzonspitze, auf linkem 
Ara» 27 cm langer Sax ohne Griff mit Bronxe- 
bescblitge, im Becken Gürtelschlicuise, 3 Bronzc- 
schnallen; zwischen Oberschenkeln Urne. 



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74 



Franz Weber 



Grab 47, Frauonskelett 1,56 in, um den 
Hals IGO Perlon und 1 Bmnzciniinze , im 
Berken Gürtelschnalle vou Eisen, am tinkeu 
Oberschenkel Messer. 

Grab 48, Kindorskelett 80 cm, mit eiserner 
Gürtelschnalle. 

Grab 49, Frauonskolott 1,50 m, otarbalb 
des Kopfes Porlou und BciiiKchcibrhen , auf 
dor Brust viele Perlon, darunter eiuo grosso 
geschliffene dunkelblaue Glasperle, und runde 
Kisenplatte; an dor linken Hand ritt Armreif 
von Perlon , am rechten Ellenbogen ßrouzo- 
münze und Gürtelschnalle von Eisen ; am linken 
Unterschenkel Messerund Bronzeknopf; zwischen 
den Oberschenkeln Urne. 

Grab 50, Kindorskelett 1,40 m, am linken 
Oberschenkel platten förmiges Eisenstück , im 
Becken Gürtelschnalle, Fragmente von Eisen 
und ein Glasstück. 

Grab 61, Frauonskelett 1,70m, Perlen, 
zuiu Teil von Perlmutter, am Hals; Fibel von 
Silber, vergoldet mit Glasschmelz, unter Unter- 
kiefer und auf linker Brust; kleiner Perleokrauz 
auf rochtor Brust mit 2 kleinen ß.ouzena-lcdn ; 
links vom Becken Spindelstein, im Bocken 
Gürtelschnalle von Bronze; am Unken Ober- 
schenkel Messer, zu Füssen verzierte Urne, 
am rechten Kuss kleino Ei sou schnalle. 

Grab 52, Mannsskelett l.GUm, Gesicht 
nach unten; eiserne Gürtelschnalle, kleiner 
ßrouzekuopf und Glasperle. 

Grub 53, Kinderskelott 1,10 m, mit Gürtel- 
schnalle, Mörser und unvorziorter Urne 

Grab 54, Frauonskelett mit Gürtelschnalle 
und Messer von Eisen. 

Grab 56, desgleichen 1,40 m, auf rechter 
und linkor Schulter eino 7 cm lango Bronzo- 
nadel mit Oese und Perlenschnur; links Messer 
und 2 Bronzeringe iu Beckengegend. 

Grab 56, Kinderskelett 1,12 m, am Kopf 
Feuerstein, am linken Oberann Fasenstück unter 
linker Hand ein Bolzen, im Becken Gttrtel- 
schualle, Messer und Feuerstein. 

Grab 57, dossgleiohou 80 cm, am rechten 
Oberarm 2 Pfeile, im Becken Gürtelschnalle 
von Brotize, Feuerstein und Messer; zu Füssen 
Urne mit Fenstorverzieruug, Eierschalon, Vogel 
knochcn, unkenntliches Eisenstück. 

Grab 58, Mannsskelett 1,80 m, rechts 89 cm 
lange Spatha, iin Bocken Gürtelschnalle von 
Silber, neben dom jochten Ol>erschonkel eine 
Streitaxt. 

Grab 59, dergleichen 1 ,50 m , an linker 
Schulter 3 Pfeilspitzen, am linken Oberarm 



grosser Eisenring vom Kocher, im Becken 
Sax mit Scheiden heach läge , Gürtelschnalle, 
Bronzeringchen ; links Messer, zu Küssen grosse, 
vorzierte Urne, einige Scherben. 

Grab 60, Frauonskelett 1,60 tn, Perlen aiu 
Hals , bronzene ScheibcniiUd am Unterkiefer, 
ßronzctibel mit Glaseinlage auf dor Brust , 
Spindelstoiu unter rechter Hand; im Bocken 
Gürtelschnalle von Bronze; zwischen dou Obel- 
zchon kein 8pangenfibel vou Brouze, zu Fussen 
Tierknochon, am linken Unterschenkel Bronze- 
ring und grosso Thon perle. 

Grab 61, desgleichen l,35iu, Perlen am 
Hals uud eiserne Gurtolschlicsse am Bocken. 

Grab 62, Mannsskolett 1,65 m, mit Spatha 
; am rechten Oberarm; im Becken Messer von 
j rechts nach links aufwärts, am linken Unter- 
arm Feuerstein, zu Füssen Speisobeigaboo. 

Grab 63, desgleichen mit 2 Manii-sskcletton 
1,85 m, ohuo Beigaben, unter denselben I in 
tiefer ein drittes, 2 in lang. Dieses hatte 
links eine Spatha mit ßruuzoknauf, daneben 
Sax und Lanzenspitze (23 um lang) auf dor 
Brust Schnalle und Ziorplatto von Eisen, zwischen 
den Obenichenkolu einen Schildbuckol , zu 
Füssen Thouschale uud Eierschalen. 

Die Funde bcfiuden sich im Museum zu 

Dillingen. 

5. Beim Bau der neuen Distiiktsstrasse 
zwischen Sehen» litz und Weissmain inr Jahro 
1894 stressen dio Arbeiter au dor Nenisoite 
des Gemeinde- Angers vou Wattondorf, Bi. 
Bamberg 1, Oborfranken, südlich des Strassen- 
zugs auf Skelette und Beigaben. Hievon wur- 
den K Eisenmesser, einschneidig, mit gerader, 
nur au der Spitze am Kuckon ei »gezogener 
Klinge mit kurzer Griflangol, das längste 
spitze abgebrochen) ca. 25—26, das kürzeste 
8 1 /* cm lang, eine lirulenblattfonnigo lenzen- 
spitze von Eisen ohne Mittolnp|>c, mit kurzer 
runder Tülle, 8cm lang, eino Bronzcnadol, 
7 cm laug, mit herzförmig zusammengebogonun 
Enden und ein lteif von düunen Brouzedraht 
1 (Armreif?) in dio Sammlung des histonschon 
Vereins von Oberfranken iu Bamberg cingo- 
licfert. Dieser lioss daraufhin im Jahre 1895 
durch Herrn Gymnasiallehrer Dr. K ober) in 
Nachgrabungen an Ort und Stelle anstollen, 
und outnehmen wir dessen Berichte hierüber 
was folgt; 

Auf dem Wattondorfor Gomcindeangor sind 
verschiedene unscheinbare Terraiowellen wahr- 
, zunehmon. Eino solche am Xordraud hatten 



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Bericht über neue vorgeschichtliche Funde in Bayern. 



75 



die Arbeiter grössteuthoils schon zerstört und j 
die obigen Funde gemacht. In dem unzer- I 
störten Theil wurden noch 7 Skelette in zwei 
Schichten iibercinaudergofunden; in der ersten, 
30 cm tief, waren 2 Skelette, bei einem 1 Wetz- 
stein (?), beim zwoiten 1 Eisenmesser in Form 
der obigen, 19'/a cm 1.; in dor zweiten, 00 m 
tief, & Skelette, davon 4 in normal gestreckter 
Lage, Kopf nach Südwest. Bei dem ersten 
lag zu beiden Seiten dos Schädels jo oiu kleiner 
King von dünnem Bronzedraht mit abge- 
broebonon Enden, (Ohr- oder Schläfern ing?), 
unter demselben fanden sich 3 blaue, anein- 
ander geblasene kleine Glasperlen, auf der 
Brust zwei solche gelbe und vereinzelt eine 
woissi’lätizcude mit Brouzctlitterchou , wahr- 
scheinlich von der Schliesso des Halsbandes; ] 
das 2. und 3. Skelett waren ohno Boigabe, das ! 
4. lag auf dor liukcn Seito, Kopf nach Norden, 
in der Beckengegond ein Eisou messer, dessen 
Oberteil abgebrochen ist; das 5, etwas weiter 
östlich, hatto auf der Brust eine 7 '/* cm lange 
Bronzcuadol mit zu Kingeu gebogenen Enden, 
zur rechten Seite ein Eisoumesser mit abge- 
brochener Spitze. 

I tätlich von dioser Stelle erhebt sich wieder ■ 



ein schwacher Höhenrücken mit 30 Sehr. Lange 
von Ost nach West, 10 Sehr, breit, etwa 1 in 
hoch. Auf der Südseite desselben lagen 12, 
auf dor Nordseite 1, in der Mitto 3 Skelette, 
jedoch nicht in gleichor Tiofo. In der uberou 
Schichte , 40 cm tief lageo 0, nur boi einem 
zur linken 1 Eisenmesser, 13'/* cm I. mit etwas 
schmälerer Klinge, dio übrigen ohno Beigaben. 
Die 2. Schichte, 90 cm tief, enthielt 4 Skelette; 
das erste, Kopf nach West, hatte ein 10 cm langes 
Etsonmosser zur Unken, boiin zweiten fand 
sich im Grab etwas Kohle und gleichfalls ein 
kurzes Eisenmesser; die anderen waren ohne 
Beigaben. In der 3. Schichte, 120 ern lief, 
lagon 6 Skelette, 4 mit Kopf uach Süden 
2 nach Westen. 4 waren ohue Beigaben, dos 
5. hatto links vom Schädel einen Schlfifonring 
von Bronzedraht, das 6. einen kleinen King 
mit übereinaudorlaufendon Enden von Bronze- 
draht Thon wurde in keinem Grabo gefunden, 
unter den Schädeln lagen mehrfach Steine als 
Unterlage. 

Han stiess hier auf einen längere Zeit 
hindurch benutzten slaviscben Bogräbuissplatz 
aus dem 8. — 9. Jahrhundert o. Chr. Die Kunde 
befinden sich in der Sammlung zu Bamberg. 



Einzelfumle. 



1. Zwischen Stamm harn am Inu und 
Marktl (Oberbayern) wurde ein Bronze-Hals- 
schmuck aus 6 offenen wachsenden Bingen, 
durch deren Oeseu Stifte gesteckt sind, gefun- 
den. Die Bingo siud dadurch zu oiuein Ganzen 
verbunden, bewegen sich aber einzeln in den 
Stiften. Ein ähnlicher Halsschmuck (?) wurde im 
Jahru 1884 boi Tegernau (Oborbayern) gefunden. 

Krstcror kam in das bayerische Nutional- 
Musoum iu München. 

2. Boi Stockholm (B.-A. Mindolhoim, 
Schwaben und Nouburg) wurde in der Wertach 
ein 84 cm 1. Hrouzeschwort dor jüngoiou Bronze- j 
periodo mit 8 kantigem, sehr abgewetzten Griff j 
und ovalom Knauf, an dem noch Spiralorna- 
rnente sichtbar sind, gefunden. Die Klingo ist 
schilf blattförmig und nicht patioirt, sondern 
von bräunlicher Farbe. Der Fuud kam in das 
Maxitniliansmuseuut iu Augsburg. 

3. ln das vorgeschichtliche Museum des 
Staates kamen im Jahre 1895 folgende Einzel- 
funde : 

aus Erching, Gern. Hallbergmoos, B.-A. 
Freising, 4 Steinbeile, 10—7,5—7 und 5 cm 1., 
und zwei Fragmente von Steinhüinmern mit 
Schaft loch ; 



aus Straubing Niederbayern) eine orua- 
moutirte Goweihsprosse und dor Oefiksahals mit 
Henkel fragmonten eines Thongofiissos ; 

aus Burglongon fold (Oborpf.), cino lange 
Bronzcuadol mit omamoutirten Kopf und Hals; 

aus Kamsdorf, Gomeiudo Kay, B.-A. 
laufen, Oborbayern, ein goschlossoner Armreif 
aus starkem Brouzcstab ohne Verzierung, ein 
Bruchstück oines solchen Stabes sowie unver- 
zierto Thonscherbon aus einem der schon früher 
geöffneten Grabhügel daselbst (s. B. X.S. 133); 

aus Ochsonfurt (Unterfranken) ein sel- 
tener, wahrscheinlich neolitliischor Fund, der in 
der Nähe des Städtchens gelegentlich Erwei- 
terung dos Bahnhofes 1891 gemacht wurde. 
Es ist diess ein 8,9 cm 1., 4,1 —4,8 cm br., vier- 
eckiges, stark gekrümmtes Plättchen von röth- 
lichent, fein polirtom Gestein, oder sehr hart 
gebranntem, fein geschlemmten Thon, das gegen 
das Zurüukschnellen der Bogcnschue der dou 
Bogen haltenden Hand oder dem Handgelenk 
als Schutz diente. 

Die nähen Beschreibung des Fundos wio 
| der Fundumstände gibt il. P. Kcinocke im 
Corrosp.-Bl. d. deutsch. Ges. für Anthropologie 
: otc. v. Aug. 9G, Nr. 8 dos XXVII. Jahrggs. 



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Fraut Weber. 



7ß 



4. In da« Museum zu Speior kam diu Aua* 
stattung oiuos Skclettgrabcs , da« gelegentlich 
der Grundaushebung zu einem Neubau in der 
Kaiser Fried richsstrasae iu Spoier gegenüber 
dem ulten Kiichhof l>nn tief angeschustton 
wurde. Diese besteht aus einem üalsreif mit 
pobM-hafbihnlicheu Enden, 13 cui weit, zwei 
Fussringen mit solchen Enden, 7—8 cm weit, 
zwei Armringen von 6 ein Weite, offen, mit ver- 
dickten Enden , einer Fibel mit hohem Hügel 
uud pfordeRbnlichetn Kopf. Das Grabinveular 
gehört der La Töne-Zeit an, da« Skelett wurde 
leider zerstört. 

Eben dahin kam nachträglich aus dem 
Depotfuud von Schwarzenbach (cf. Heitr. 
B. XI. 34)7) uoch ein Kussring von Bronze, 
8 cm weit , init petscliaftuhnliohen Schluss- 



I stücken ; ferner aus R b e i n z a b e r ii eine 34 cm 
, I. Eisonlanzcnspitze der laTiWroriodo, welche 
i auf dom Kirchhof daselbst gefunden wurde; 
aus Kuhardt ein Hronzekclt mit suaammoD- 
laufcndon Schaftlnppen und Oeso atu hinteren 
; Ende, 2 J cm 1., 6 cm br., gefunden in der Nähe 
j der Stelle, wo vor einigen Jahren ein Rmnzo- 
schwort ausgeackert wurde, v. B. X. 8. 190; 
aus M o r z a 1 b e o ein flohlkelt, 13 cm 1., 
4,5 cm br., mit seitlicher Oeso; aus 3— 4 dicht 
bcisammciilicgenden Gräbern bei Lohn weiter 
ein Halsreif von spiralförmig gowundouon Bronze- 
draht mit ineinander gehackten Enden, 2 ein- 
fache Armreife von ßronzedraht, em massiver, 
geschlossener ßronzereif, zwei massive Arm- 
roifo, zwei Oberarm reife. 



Verschiedenes. 



Höhlen. 

1. Bei Krumpenwion in der Oberpfalz 
wurde im nahen G&i&berg eine Tropfsteinhöhle 
entdookt. Sie orstreckt sich 183 ml in 3 Ab- 
theilungen, fast horizontal, und hat eine Breite 
von 2— 20 m, eiuo Hohe von 4 — 6 m. Der 
Eingang ist durch ein etwa 2 in langes Schlupf- 
loch. In der Mitto der 3. Ahtheilung ist ein 
Seo von 3 m Breite und 2 m Tiefe, Gefunden 
wurden viele Thierknochen von grossen Thioreo ' 
und Scherben von Tbongeacbirr mit fingerdicken 
Wandungen. 

2. Eiuo zweite Bohle wurde bei Vol bürg , 
(Oberpfalz) am Südahbang dos nördlich von 
St. Colomann gelegenen Hohenzugs entdeckt 
und von liorrn Dr. M Schlosser, Adjunkt 
an der palaootolog. Sammlung in München ein- 
gehend untersucht. Ausführlicher Bericht hie- 
rüber findet sich in Nr. 3 des Corresp.-Bl. d. 
d. Ges. f. Anthr , Ethn. u. Urg. vom März 1896. 
Sie erstreikt sich mindestens 400—500 m von 
Ost nach West, hat vorschtedone Kammern, 
in deren höher gelegenen ausserordentlich zahl- 
reiche orgauisebo l’oberrusto, aber auch mensch- 
liche Artebete, 2 Feucrsteiuschabor , Thoo- 
goschirro, oiu Pfriemen aus Knochen, ein durch- 
lochter Wetzstein, eine Brouzespiralo uud Nadel, 
sich vorfanden. Spuren eines Fouorhordes und 
eines Begräbnisses (Leichen brand) vervoll- 
ständigen den Nachweis de« Aufenthalts prä- 
historischer Menschen in der Hehle, der sich 
sicher bis in die noolitbische, vielleicht bis in 
die pal&olithhsche Periode hinauf erstreckte. 



Wohnstätten. 

3. An der in diu neolithische Zeit hinauf- 
reichenden .Station io Au bei liammerau wurde 
von dem Besitzer Herrn Lieh tu nec kor im 
Laufe des Jahres 1893 mit Erfolg weiter ge- 
arbeitet uud zwar diessmal auf der nordwest- 
lichen Seite des Auhügels. Kr sliess hier auf 
6 rothgebrannto Lehmachichten von 1 — 2 m 
Ausdehnung und 10 cm Starke und auf zahl- 
reiche Lohmklumpen mit starken Kippen, web ho 
auf das Vorhandensein von Feuerherden uud 
Hütten auf dieser Soito schliessen lassen. An 
Artefacten fanden sich vor: 6 ganze und 24 
unfertige Feuersteiopfeilspitzeo verschiedener 
Form uud Grösse, 2 grosso halbmondförmige 
Feuorsteinujesser (Sicheln ?), oio kleinos Feuor- 
steinboil, viele Schaber, Messer, Sagen, 3 un- 
fertig»» Dolchu oder Lauzenspitzou von Feuor- 
stein , 10 Keile und Meissot, sowie einige 
Kugeln aus hartem Gestein, ein schönes, ganzes 
Scnientin-Beil, oiu kleiner, oben und unten ab 
gerundeter Steinklopfer mit daumenbreiter 
Rinne in der Mitte, 2 durchloohto Keulon aus 
Hirschgeweih und 2 dolchartige Stosswaffen 
aus Goweihspnwseu , 3 Knochonpfriomen ver- 
schiedener Grösse, in der Bearbeitung ango- 
fangeuo Knochen, ein halber Nntzsenker mit 
Loch, 3 grossere durchlochto flaehe Thon- 
sebeibrhen und ein kleineres (Spinnwirtel oder 
Anhängsel), ein kegelförmiger Spinnwirtel von 
Thon, ein absichtlich dorchlochter Boden eines 
grossen, dickwandigen Thongeßlsaes, eine 9 cm 
lauge, dickwandige Rohre von grauachwarzem 



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Bericht über neue vorgeschichtliche Fände in Bayern. 



77 



Thon (Gussform für Bronzestab oder zum Durch- 
ziehen von Bronzodraht bestimmt?), ein kleines 
napfartiges Thougeföss mit engem Boden und 
die Ilälfto eines grösseren mit hohem Hals- 
rand, eine Menge Thongefössscherben, darunter 
viele Kandstücke mit zum Toil neuen Ornament- 
motiven, so hervortretendon grossen Leisten, 
und zahlreiche Knochen. Metallfunde kamen 
hier (Nord Westrand) nicht zum Vorschein. Da- 
gegen fand sich am Südrand , woselbst ein 
Stoinbrueh angelegt wurde, ein 8tück gebogenen, 
dünnen Brouzcstabs , oder Drahts, noch un- 
verarbeitet, und eine lange feine Nadel von 
Bronze mit Oese, ferner im Schutt der abge 
sprengten Steine ein Bronzokelt mit kurzen 
Schaftlappen in der Mitte und geschweifter 
Schneide, 22 cm laug, 6 cm breit. Auch gelang 
es dem Besitzer, im Xachbarhau.se ein als 
Kiuderspielzetig dienendes Bronzomossor zu 
entdecken, das sicher aus dem schon früher 
ahgesprengten östlichen üügolrand stammt. 
Dasselbe ist an der Spitze abgebrochen, hat 
um Rücken geschweifte Klinge und geraden, 
mit durchlochter Rundung oudigonden Griff, 
ist aus einem Stück gegossen und noch 
18 cm lang. 

Dem Besitzer kam auch aus dem 1 Stunde 
vom Hügel entfernten Thundorf ein halber 
Steiumeissel von Granit, 6 cm an der Schneide 
breit, zu Händen, der allor Wahrscheinlichkeit 
nach wio der schon in früheren Jahren ge 
fundene, in der Sammlung des historischen 
Vereins von Oberbayorn botiudlicho Steiumeissel 
und Hammer von dem */■ Stunde entfernten 
Ainring aus der Aner Station stammt und von 
dort verschleppt wurde. 

Am Fasse des Nordrandes, wo früher 
die aur oino Bcgriibnissslätto deutenden stein- 
umkriinzten Oefässo vorkamon, fand der Be- 
sitzer etwa 4 — 5 m davon entfernt in l'/im 
Tiefo im Lehmboden eine 5 cm dicke Kohlen- 
und Brandscbichte, wobei grosse Kohlonstücke 
zum Vorschein kamen. 

Auf der Oberfläche des Hügels zog Herr 
Li chten ec kor verschiedene Gräben quer 
über den Hügel und fand überall Scherben, 
Abfälle von Feuersteinen uud Fragmente von 
Steiugeräthon , so dass augenscheinlich der 
ganze Hügel mit den Resten dor einstigen 
Ansicdlung bedeckt ist 

4. Auf eine steinzeitliche Niederlassung 
stiess Herr Hauptmann von Haxthausen 
in Eichol8bach im Spessart In der 
Nähe der Kirche wurde hoi Cirundaushebung 



zu einem Neubau eine 15 cm dicke Schichte, 
mit 1,5 m Durchmesser, aus Kohlen, Wülsten 
und Ballen von gebranntem Thon und 
Scherben angegraben , die auf hier ge- 
standene Wohnhütton deutet ln der Nähe 
östlich davon fanden sich gegen 100 */« m liefe, 
Vs m breite und 1 m lauge in den Lehm ge- 
schnittene Gruben, auf deren Grund Kohl« und 
Ascho znm Vorschein kam , während die da- 
rüber befindliche 40 cm dicke Schichte von 
Humus mit ornamentierten , schwärzlichen 
Scherben und Feuersteinsplittern vermischt war. 
Die Scherben gehören Schalen von theils fein 
geschlemmten , theils stark mit Kiesel ver- 
mischtem Thon an und hatten am Rande ein- 
fache Stichomaiiiente, au der Bauchung bis 
zuin Boden Zick zack Länder, eiufache und sich 
schneidende Halbkreise, runde und ovale Felder, 
dazwischen dreieckige Tupfen und Farron- 
k rautornament , vereinzelt mit woissor Masse 
ausgefüllt Auch Warzen, senkrecht und wag- 
rechtdurchbohrt, uud wirkliche Henkol von ver- 
schiedener Grösse fanden sich vor, dagegen wenig 
Steingeräthe, uud Metallgegeustäudo gar nicht. 

Die Funde befinden sich in der prähistor. 
Staatssammlung. 

Trichtergraben. 

5. Nach Mitthoilung des Herrn Forst- 
assessors Benz im Jahresbericht des histor. 
Vereines von Diilingen für 1895 befinden sich 
boi Zöschingcn in dor Waldabteilung Althau 
uahe den Grabhügeln daselbst 15 Trichter- 
gruben , von dunen dio grössten 18 in obern 
Durchmesser uud 4— 5 m Tiefo haben. Zwei 
derselben wurdeu untersucht; am Boden der 
einen fand sich etwas Kohio , aber weder 
Knochon noch sonstige Hausrathsroste, Thon- 
scherben odor Metallgegenstande. 

Hochäcker. 

6. In derselben Waldabtheilung fand dor 
genannte Berichterstatter wie auch in den Forst- 
orten Stuben borg, Erlhau, Himmelsohwinkel, 
und Fraueulöle bei ZÖsehingen ausgedehnte 
llochäcker, einige hundert Moter lang, an den 
waldigen Uiingon; dio Beete sind 3—6 m, 
stellenweise 9 m breit, die Bifliugo 30—80 cm 
hoch, die Furchen dazwischen 1 — 1 V* tu breit 
Thalabwärts, mit zunehmender Bodennässo 
worden die Beete höher. Kino Untersuchung 
ergab lehmigen, steinfreien Boden mit Humus 
und Sand gemischt, oben locker, bei 50 cm 
Tiefo fest Gefunden wurde ein Thousohorben 
vom Typus der Gefässe der Hallstattperiode. 



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78 



Franz Weber. 



7. Gut erhaltene Hochäclorreste befinden 
sich in Oborbayern im Park von Bornried 
auf der Hoho an drei verschiedenen Stellen, 
sämmtliche Stränge in der Richtung von West 
nach Ost, mit einet Höhe von 80 — 40 cm und 
einor Breite von 6-8 Sehr. Wölbung und 
2—3 Sehr. Senkung; zwischen Laufen und 
Strass östlich dor Bahnlinio nach Tittmouing; 
zwischen den Stationen Zorneding und Haar 
westlich der Bahnlinie München — Rosenheini. 



Schalenstein. 

8. Ein angeblicher prähistorischer Schalen- 
Alain mit 20 Schalen wurde 1805 in Marwang 
Boz.-A Traunstein (Oberbayern) gefunden und 
befindet sich im Mummim zu Traunstein. Der- 
sclbo ist 15 cm lang, 33 cm broit und 28 cm 
' dick. Die unregelmässig vorteilten Schalen 
von ca. 4 cm Durchmesser und 2—4 cm Tiefo 
! sind künstlich hergestellt und durch Roibeu 
i geglättet. 



Ausgrahu ngen 
A. Hügel- und Ftacligräber 

1. Auf dor Lochrainböho wurde ein Hügel 
bei II olzheint in der Waldabthoilung Brand- 
holz, B.-A. Neuburg a/D., und zwei im sog. 
Kadori bei Todtenweis, B.-A. Aicliach, go- 
ötluet; ersterer, aus Kies und Erde bestehend, 
enthielt nur einige Thonscherbeo verschiedener 
Go fasse mit alten Bruchstellen; von letzteren, 
aus sandiger gelber Erde aufgeschichtet, war 
oiner leer, der andere enthielt wenige cal- 
cinirto Knochen. 

Kino versuchsweise Abgrabung eines dor 
23 Hügel in der Waldabthoilung Saulake im 
Staatswald südöstlich von Thicrhaupteu, 
B.-A. Neuburg a/D. (cf. Heitr. B. XL S. 98), 
ergab, dass diese Hügel keine Gräber sind, 
sondern andern unbekannten Zwecken gedient 
babou müssen. 

2. Herr Pfarrer Wilkc in Hellmitzhciin 
hat im I .aufo des Jahre« mehrere Hügelgräber 
in der Nähe seines Wohnortes ausgegraben 
und berichtet darübot Folgendes: 

a. In der Possen he im er Flur, Wald- 
abtheilung Möuchshüttc, B.-A. Scheinfeld, 
Mittetfranken, befinden sich am oberen Rande 
oiner versumpften Wiese (ehern. Soobeckeu) 
5 Hügelgräber, von denen das westlichste, von 
länglich runder Form, 2'/* in hoch mit 60 Sehr. 
Umfang, nicht mehr intakt, angegraben wurde. 
Schon früher wurden in demselben Thongefasso 
und das Fragment eines Bronzosohworts (oder 
Dolch '<) von 22 '/* cm Llnge, mit einem gegos- 
senen VollgrifT von 1 1 cm Länge und ovaler orna- 
meutirtor Kuaafplatto gefunden; letzteres fctücfc 
befindet sich in dor Sammlung dos Herrn 
G rafou Rochtorn-Limpurgin Schloss Markt- 
Einersbeim. 

Der Hügel war aus Erde aufgeworfen, 
halte 8 cm tief iu der Mitte eiueo Stoinkranz 



int Jahre lSfM». 

ior vorrömischen Metallzeit. 

von Findlingen mit 105 cm Quer- und 70 cm 
1/mgsochsc, 68 ein Dicke. Am Bodon landen • 
sich Kohlensparen, doch wedor Bestattung 
noch Lciclicnbraiid. Ausserhalb dos Stein- 
k ran /.cs nach Süd westen lagen; ein Bronze- 
kelt mit eingekorbtem Endo, 18 cm I., 3 cm 
an der Schneide breit; ein ofToucr Bronze- 
arm ring, 6 cm weit, und ein geschlossener, 4 cm 
weit, l>eido ohne Verzierung; oioo 12 cm lange 
ßrouzcnadel mit geschwollenem Hals, der go- 
reifelt ist; ein Fragment (Spitze) einer ähnlichen 
Nadel; ein 17 mm langes Bruchstück eines 
Messers von Obsidian (V). Auf der .Südseite 
wurde oiu V* ni breiter, 3 in langer Schacht 
in den Hügel getrieben, wobei mau auf zahl- 
reiche Union resfo stiess. 

Ein zweites Grab diosoi Gruppe, das nörd- 
lichste, 1,20 m h, 36 Schritte Umfang, war 
gleichfalls aus Knie und hatte bei 30 cm Tiefe 
einen Htemkranz von 1,20 m Durchmesser, 
ül»er dem gewachsenen ltodon ein Steinpflaster. 

Die Erde inmitten des Steinkranzes war mit 
Kohle und Asche durchsetzt, doch fanden sich 
nur Thongefäftsscherben ohne Verzierung vor. 

b) In der Dornhoimer Wahl mark ilng 
Abtheilung Koitholz, H.-A. Scheiufold, liegen 
südlich vom Ort 4 Hügelgräber. Eines der- 
selben von länglich runder Form, 2 1 /* m hoch 
bei 70 Sehr. Umfang, wunlo geöffnet; es be- 
stand aus Enlo und hatte einen runden Stein - 
kranz von Findlingen, auf dor Ost- und West- 
seito 80 cm broit, nörd- und südlich etwas 
schwächer; sein Durchmesser beträgt 2 m, 
seine Höhe 60 cm. ln der Mitte seines Innen- 
raums kam eine metorbreite Aschenscliiebto 
auf einem Steinpflaster von */* >n Dicke; in 
dieser lagen spärliche Urnenresto und wenige 
colciuirto Koockou, als einzige Beigabe eine 



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Bericht über neue vorgeschichtliche Funde in Bayern. 



durchlochte Perle von schwarzen», matt glän- 
zend polirton Thon, im Durchmesser von 5 inm, 
in der Hohe von 7 mm. Die Gefassresto waren 
dickwaudig , ohno Verzierung und gehörten 
nicht auf der Drehscheibe gefeitigten Ge- 
schirren an. 

Der Hügel wurdo nicht vollständig aus- 
gegraben und enthält möglicherweise noch 
weitere Begräbnisse. 

c) In der Willanzhoimor Markung, 
Abth. Hornhoimer Schlag. H.-A. Kitzingon, Un- 
terfranken, liegen 3 Hügel, von denen einer, 
2*/»m b., 75 Sehr. Umf., von länglich riuider 
Form au gegraben wurde. Auf dorOstseito bo- 
fund sich ein zu '/* io dou Boden eingelassener, 
senkrecht «tobender, grosser Stein, 70 cm br., 
120 cm 1., 50 cm dick. Unter dom Scheitel 
kam 60 cm tief ein Steiukranz mit l*/«m Durch- 
messor, in welchem Reste eines defekten Ske- 
lettes und daneben zahlreiche Thongefassrosto 
lagen. Dieselben waren theilweise durch ver- 
tiefte Punkto und Linien, welche bandartig um 
die Mitte dos Gefässcs taufen verzieit. Dto Funde 
aus diesem Hügel befinden sich im Rathhaus 
der Gemeinde Willanzheim, alle übrigon in dem 
Besitz des Berichterstatters. 

d) Schon im Jahre 1891 wurdo in der Mai n- 
boruhoiraer Waldabtheilung. Fuchsborgle, 
nordwostlich von Hornhoim, B.-A. Kitzingen, 
von eiuigen Bewohnern des Orts ein Hügel go- 
öfTnot, in welchem in einem Steinkranz 2 ge- 
schlossene Bronzenrmriugo von 6 cm Durohm. 
und 6 mm Stärke, ohne Ornaniontirung, Thon- 
gefjissreste und Skoletttheilo , auch dor Kopf 
eines kleineren Nagethioros, lagen. Die Funde 
befinden sich in Besitz des Bürgermeisters Keller 
in Maitibernheim. 

Dio Iltigel der Gruppe a und d gehörten 
dor Bronzeperiode, dio übrigen, soweit erkenn- 
bar, der Hallstattzeit an. 

3. Herr Expositus D urner in Schwabegg 
thoilt über seine im Jahro 18% getnachten Aus- 
grabungen mit, dass er drei Hügel nördlich 
von Pforzon, B.-A. Kaufbeuren (Schwaben), 
»m sogen. „Gärtlo" und einen Hügel von einer 
Gruppe östlich von Mau erste tteo , B.-A. 
Kaufbeuren (Schwaben), öffnete. Erstore liogeu 
auf einer eingefriedeten Wiese, sind etwa '/* m 
hoch und von runder Form und enthielten nur 
römisches Inventar, nämlich Eisoonägei, Thou- 
gefässKchorhen, Reste eines kleinen Glasgefässes, 
ein 7 cm 1. Bronzebescbläge mit Verzierungen 
auf beiden Seiten, Thierknochen und Eisen- 
schlacken, doch keiuo terra sigillnta. Der Grab- 



79 

hügoi hei M auorstetten 2V* in h., batte 
einen motorbreiten Steinkranz rings um dtn 
Hügel unter der Humusscbicbte, unter welchem 
gegen den Mittelpunkt zu ein 1 .eh rn kränz von 
gleicher Hroito kam. In der Mitte war das 
Grab in ovaler Form, von oben bis unten aus 
wechselnden Lehm- und Stoinsehichten auf- 
gebaut. 30 cm unter dem gewachsenen Boden 
lag das schlecht erhaltene Skelett mit dem 
Kopf nach Süden, Fiisse nach Norden Auf der 
rechten Schulter fand sich, Spitze nach abwärts, 
eine Gewandnadoi von Bronze von 13 cm I Jingo 
mit durchlochtom Hals, knopfartigem Kopf und 
cingravirtor Striehverziorung. Dio Funde ho- 
findon sich im Besitze des Finders. 

Das Grab gebürte der jüngerou Bronze- 
zeit au. 

Eine zweite Grupjie Grabhügel ist südlich 
von Mauerstetten. 

4. Nach gofälligor Mittheilung dos Herrn 
Stadtpfarrers Dittmeyer in Melriehstadt, 
Unterfranken, wurden daselbst Flachgräber — - 
Urnenfcld — der vorrömischon Metallzoit ent- 
deckt. Derselbe thoilt hierüber mit : 

„Im Sommer 18% famLich auf eiuein zur 
Pfarrei gehörigen Acker in dor Flurmarkung 
»das Fröschlach* prähistorische Flachgräber. 
Dor Acker liegt au der Abdachung einer An- 
höhe init weiter Fernsicht. Kino Ordnung in 
der Aiilage kanu nicht mehr erkannt worden, 
denn manche Gräber sind laugst zerstört, wie 
dio sich findenden Scherben beweisen ; die 
Urnen siud so seicht im Bodeu (Sandboden) 
gebettet, dass man sie mit dom Pflug orreichou 
kann. Ich bin auf die Sache aufmerksam ge- 
worden durch einen hiesigen Einwohner, der 
vor 12 Jahren diesen Acker in Pacht hatte und 
mir sagte, dass er damals allerlei Gegenstände 
heransgoackort habe. Von diesem Manne habe 
ich erhalten ein Fragment eines Messern (Ra- 
siermesser?) aus Bronze und einen Stift aus 
demselben Metalle. 

Ich selbst habe 3 Gräber gefunden : 

Grab I. Einfache Urno; dieselbe sitzt im 
Sandboden 50 cm tiof. Inhalt A&cho. 

Grab II. Aschenurne, gebettet wie dio 
vorige; diesolbo ist aber ganz eingcschlosson 
in einer grösseren Urne; auf dem Bodeu der 
Rössern Urne ein Bronzestift mit 3 Knöpfchon 
verziert Zwischen der inneren und äusseren 
Urne oin rohes Thoogofiiss wie eine Kaffee- 
tasse. Inhalt der inneren Urne: Asche. 

Grab 111. Aohnlich wio das vorige, aber 
grösser. Grösster Durchmesser der finsteren 



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80 



Franz WoW 



Urne 75 cra. Inhalt «ler innoreu Urne Asche 
um! kloiuo Knochen tlmilo. Inhalt der äusseren 
Urne: 25 Bronzeringc, ein Stift, eine Piueette, 
die noch federte, und 2 undefinierbare Hörnchen, 
alles von Bronze. Ferner 6 Uefässo von ver- 
schiedenen Formen, mehrere mit Graphit po- 
liert. Zwei davon sind noch ganz. Vom 
schönsten , geschmackvoll verzierten halte ich 
leider 'nur Fragmente, au densclbeu sind zwei 
grüne Riugclchen, so dass ich vermute, die er- 
wähnten Hörnchen seien Verzierungen an 
diesem Gefüsso gewesen. Auch diese Gelasse 
enthielten zum Theil Asche und Knochen resto 
Unter den Kiioehourosten befand sich ein Stück, 
welches ein Zahnarzt für einen Theil der innorn 
Hälft» des Unterkiefers erklärte. Einen andern 
kleinen Kuocheu halt ei für das Gchorthoil 
des Schläfenbeines. Beide Thcile rühren vom 
Schädel einer kräftigen, ausgewachsenen Person 
her, deren Gebiss dem Einfluss der Jahre noch 

ß. Reihengräber und s 

I. Bei Hell tu i t z hoi in , B.-A. Scheiufeld 
in M ittelfrankeu , befinden sich 300 m südlich 
vom Orte auf ebenem Orasl*odeu io mit Sand 
vermischter Lchmlago germanische Reihen- 
grubor, von denen schon 1892 sieben Gräber 
untersucht wurden (cf. Beitrage, B. XI, S 90 
Anfang März h J. wurden durch Herrn Pfarrer 
Wilko zwei weitere Gräber geöffnet. Sie 
lagen 40 cm unter dor Oberfläche ; Spuren von 
Holzinoder wiesen im ersten Grab auf ein Brett, 
auf das die Leiche gelegt worden war Das 
Grab enthielt ein Maunsskelett von 1,88 m I. , 
Kopf nach Ost, Fü&se nach West, eine Spathu 
mit Griffzunge, 87 ein 1., im Arm rechte, mit 
Spuren der rcdchvorziurten Holzscheide, eine 
eiserne l^anzeuspitzo mit Tülle, 40 cm 1., am 
rochtenünterschenkcl, einen 8kramasax,35cm 1., 
nobst zwei Eisenschienon von der Scheide des- 
selben , an der rechten Hüfte : ein oiseruos 
Messer, 12cm L, mit kurzem Griff, am Sax 
anliegend; etwas entfernt davon oin zweites 
Eisotimessor, 9cm 1., mit kurzem Griff, ein 
Bronzezierstück von konischer Form , oben 
durchbohrt, 10 min I., am liukeu Knie, 4 Zier- 
platten von Eisen, 2 mit 4, 1 mit 1 Bronze- | 
uagel, 1 mit Brnuznschlicsse, eine Anzahl Bronzo- 
nügol, sämmtlich vom Gürtel, 8 Fouerateine in 
der Ij»go der Gürteltasche. 

Das zweite Grab enthielt oin Manusskelett 
von 1,(8 in I* ohne Beigaben in gleicher 
Oricntirung. Die Fundo siud im Besitz des 
Herrn Pfarrer Wilke. 



i nicht unterlegen war l>ax ganze Grab war 
sorgfältig in Steinen eingebettet, welche die 
l Urne schützend umgaben.“ 

Bern Anscheine nach sind, wenn nicht 
' gest bleifte Hügelgräber Vorlagen, im .südliehen 
i Bayern bisher nicht eonstatirte Flach begräb- 
nihse der Hallstatt - Periode hier aufgedeckt 
worden. Die Funde befinden sich im Besitz 
des Finders. 

Auch in B i r k en f e 1 d , bei Retzbach 
(Unterfrankeu) , «ollen nach gefälliger Mit- 
t hei lang dos Herrn I/dirers Spie gel zwei 
flache Urnengröhor gefunden worden sein, von 
denen eines innerhalb eines Steinkranzes zwei 
Schüsseln mit Kuochenresten, das andere ohne 
Steinl ranz am Boden ein Stückchen starken 
Bronzedrahts enthielt. 

5. Ueber die Oeffnting von Grabhügeln 
auf dem bayer. I/vhfold sioho gesonderten 
Bericht Seite 37 ff. dieses Heftes. 

lavische Hügelgräber. 

2. Auf dem im Vorjahre festgoatollten 
Platze einer ataviachen Begrübnissstätto unter- 
nahm auf Veranlassung dos Consorvatoriuma 
der prähistorischen Staat ssammlutig Herr Apo* 
i theker Vierling in Weiden nähere Nach- 
1 forsch ungen. 

Unweit der Haltestelle Luhe dor Rahn 
Rogenaburg — Weiden, Gberpfalz, am nahten 
Ufer der Naab, befindet sich eine Kiesgrube, 
welche bis auf einen Streifen von 2 in für 
Bahnzwecke sch-ti v*-l Mündig ausgeboutot war. 
In diesem Streifen fanden sich noch vier nn 
berührte Klachgrähor vor. 

Grab 1 enthielt, ein Mannsskelett mit einem 
Kurzmewter, einer Pfeilspitze und einer Streit- 
axt von Eisen nebst einer länglichen Glas- 
perle; die hart uebeneinandorliegeodeo Gröber 
2 und 3 ontliiolteii 2 Skclotte, ein männliches 
und eiu weiblich«;«, mit eiuotn Kurxinoesor, 
einer blauen Glasjiorle und zwei Ohrringen 
von Bronze, auf eiuor Seite eines Schädels 
liegend; Grab 4 und 6 nur je ein Skelett. 
Dieso sammtlichcu Skelett« waren «ehr ver- 
morscht und tlieil weise verschwunden. 

Im Aushub der frühoreu Arbeiten fanden 
sich noch Kohlen, eine zorbrochooe Urne, eine 
Lanzonspitzo von Eisen und einzoino Unten* 
scherbon. 

Unmittelbar hinter der Kiesgrube zieht 
sieh ein bewaldeter Hang nach Norden auf- 
wärts, welcher mit vielen kleinen Hügeln von 
runder, mehr oder weniger abgeplatteten Form 



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Bericht über neue vorgeschichtliche Funde in Ravoru. 



81 



bedeckt ist, die sieh als Gräber herausstoHteu. 
Fünf derselben wurden geöffnet. 

Grab 1 euthielt lediglich eineu zerdrückten 
Schädel, Grab 2 war leer, in Grab 3 fanden 
sich ein Schädel mit Zähnen, 5 Pfeile und 
1 I.anzonspitze und ein Languiessor von Eisen; 
Grab 4 enthielt nur noch Monscheuzälmo. Grab 5 
einen Schädel und Stücke eines Landmessers. 

Soweit erkenntlich, tagen dio Skelette mit 
den Füssou nach Osten, dio Schädel senkrecht 
in der Erde, nur in Grab 1 und 5 standen die 
Köpfe verkehrt auf dem Schoitol, die Skelette 
waren grösstootheils verschwunden. 

. Die Funde befinden sich in der prähistor- 
ischen Staat sanminlung. 

3. Von dem bei Pasing (Oberbayorn) 
angeschnittenen Roibongrabfoid kamen an einer 
anderen Stolle bei Fortschreiten der Kanali- 
sirungsarbeiten drei weitere Gräber mit Skeletten 
zum Vorschein , bei deren einem eine Spatha 
erhoben, jedoch zerbrochen und weggeworfen 
wurde. Eine systematische Untersuchung des 
anscheinend umfangreichen Grabfeldes kann 
wegen Ueborbauung der Fläche nicht stattfinden. 

4. Ein grösseres Reihengrabfeld wurde bei 
Niederneuching, B.-A. Erding (Oberbayorn) 
entdeckt und von privater Scito ausgebeutet. 



| In die Oeffentlichkoit gelangte nur die Nach- 
richt von dom Fund« eines Steigbügels in 
i einem der Gräber, eiuos Ausrüstungsstücks, 
| das bis jetzt in Rcihcngräbeiu seJtou gefunden 
wurde. Nach Linde nach raid t wäre der 
Gobrauch des „Stegreifs“ den Deutschen erst 
im 8. Jahrhundert durch die Byzantiner zu- 
gekommen. 

Der allerdings wenig zuverlässig« Katalog 
der Alterthums - Sammlung des historischen 
Vereins für Oberbayorn von Würdingor ver- 
. zeichnet Funde von Steigbügeln aus deu Reihen- 
grubern von Goltondorf, B.-A. Bruck, und 
Johanncskirchcu, B.-A. München 1. 

5. In H o h o n t a n n, B.-A. Ebersborg (Ober- 
bayern), wurden auf einem 110 m nördlich dor 
Kirche gelegenen Acker bei Aulago einer 
I Wasserleitung zwei Stcinsärgo aus 12 cm starken 
( Tuffsteiüplatten, der oino 2,10 m I., 0,95 m br., 
| der andere, über dem ersten befindliche 1,20 in 1., 
! 0,60 m br. gefunden. In jedem befand sich 
' ein ziemlich vermorschte» Skelett ohne Boigaben, 
i Eine Untersuchung der Schädel hat nicht statt- 
| gefunden. Wahrscheinlich gohören dio Begräb- 
nisse schon der christlichen Zeit an. Aehu- 
liche wurden in der Nähe früher schon io 
| Kisondorf und Unteretandkirohen aufgedeckt. 



Einzelfunde. 



1. Oberhalb der Dorfkircbe von Unter- 
ach, B.-A. Aichach, Oberbayern, wurde auf 
der l.echrainh<iho in einer Tiefe von l 1 /* m 
eino Lanzeuspitzo von Feuerstein gefunden. 
Das Material ist von gelbgrauer Farbe, die 
Lnngu beträgt 9 cm, dio Breite (in der Mitte) 
1,6 cm. Dio Spitze ist ziemlich stumpf, die 
Hoitonkanten sind gezackt, die Mitte ist et- 
was dicker als die Seiten, die gnnzo Waffe 
aber ziemlich flach gearbeitet Am unteren 
Ende ist dieselbe breit abgosohrägt, um io deu 
Spalt des Schafts cingefogt werden zu können. 

Dor Fund befindet sich in Privatbesitz. 

2. Am Eingang in das Dorf Rodorz- 
hausen, B.-A. Friedberg, Oberbayern, von der 
Friedborgerstrasseaus, wurden an der wost liehen 
Strasscubösuhung bei dem Neubauer-Anwesen ■ 
in einer Tiefe von l l |im menschliche Röhren- 
knochen und ein 0,80 ein I. Ijmgsax gefunden. 
Die gut erhaltene starke Klinge misst 63V a , 
der vorn abgebrochene Griff noch 16*.'« cm. 
Da vor einigen Jahren an derselben Stolle der 
Theil eiacs menschlichen Schädels gefunden 
wurde, und vor einigen Deoennien beim Noa- 

Bellr*ge zur AmUropoIogiu XII. Bd. 1. u. 2. Heft. 



bau auf der westlich oberhalb der Böschung 
sich fortsotaenden Fläche in gleicher Tiefe reihen- 
weiso nebeneinander! iegendo Skolctto aufgudockt 
wurden, auf dio mau nicht weiter acht gab, so 
scheint man hier auf ein germanisches Reiheu- 
grab gestosson zu sein, das durch diu Strassen- 
anlago (Anfangs dieses Jahrhdts.) durchschnitten 
wurde. Die Gräber scheinen sich über dio 
tief eingegrabouo Strasse weg bi» an» Ende 
des Abhanges erstreckt zu haben. Sicher 
stammt auch der schou früher gefundoue Pfeil 
(of. Beitr. B. XL 306) aus diesem Roihongräber- 
feld. 

Die Funde sind in Privatbesitz. 

3. In das bayerische Nationalmusoum kamen 
im Jahre 18% nachstehende Kinzelfuudo : 

l^nge Kleidornadel von Bronze mit Doppel- 
knopf und 11 Doppelrillen am Unlso, nicht 
palinirt (jüngere Hronzoporiodo), gefunden itn 
Torfmoor bei Bir k o n eok, Gern, ilallbergtnoos, 
B.-A. Freising, Oberbayern-, 

ßchaftkelt mittlerer Grösse vou eleganter 
Form, ähnlich dem (Boitr. B. IX. Taf. 1. Fig. 4) 
abgebildoten, aus Hohenfels stammenden, nur 
6 



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82 



Franz Wobor 



mit mehr gorader .Schneide (ßronzeperiode), 
gefunden in der Schwedenschanze bei Königs- 
wiesen, (»ein. Stadtamhof, Obcrpfalz ; 

eine Thier kopfli bei von Bronze der Früh- 
La Tone- Periode aus einem Grabhügel bei 
Parsberg Obcrpfalz; 

eine Pfeilspitze von Bronze mit einem 
W iderhacken, gefunden Ihm 1 1 es s o ! h e i m , B A . 
Donauwörth, Schwaben. 

4. Das vorgeschichtliche Staats muse um in 
München erwarb neuerdings zahlreiche Stein- 
Objekte der meolithischeu Periode, Hummer, 
Keile , Moisol , Fouerstciufragnieutc , Schleif- 
steine etc., und zwar aus Kossbach, Sch wein- 
heint, Pflaumheim, Volkersbru im, 
Leidersbach, Gailbach, Haibach, 
KberHbach.Wildeusee, Breiten brunn, 
Hassel berg, Kssolbaeh, Stoinmark, 
llösbach, Sommerkahl, Feldkahl, 
Schippaeh, Grossblankenbach, Dürr- 
morsbach, Fr o h nhof e u , Roll hach. Mit 
den früheren Erwo’rbungen befinden sich nun 
266 solcher Steingoräto aus dem Spessart in 
der Sammlung. 



5. Im Süningermooa bei Erding wurden 
ein BrontomeMr mit durchbrochener Griff- 
zungo und eiu Brouzekclt der jüngeren Bronze- 
periode gefunden. Die Funde kamen in Privat- 
bositz. 

ö. In die Sammlung des historischen Ver- 
eins von Oborbayern kamen 3 Bronzespangen (?) 
und 2 offene Bronzeringe, gefunden bei Hof- 
heim, BA. Liufcti, Oborbayern. 

7. Ein Depotfund von 23 meist zerbrochenen 
und zum Einschmelzen gesammelten Bronzen 
aus der jüngeron Bronzezeit, 9 Kelten, 4 Sicheln, 
1 Lanzenspitze, 2 Dolchen, 2 Schmuckstücken, 
I Fass* und 1 Armring und 3 Broii/.oklumpon, 
wurde in W indshach, Miltelfrankeu, gemacht. 
Der Fund befindet sich im Besitz des „Vereins 
der Alterthumsfrounde“ in Gunzenhausen. 

8. ln die Sammlung des historischen Vereins 
von Neuburg a/D. gelangten ein Eisen-Schwert 
und oin lirouzoring, angeblich aus der Reihen - 
gräberzeit , welche in einer Sandgrube bei 
Roh re n f eis, B.A. Neuburg a, L>. am Ausgang 
gegen Sinniug gefunden wurden. 



Ve r s c li i e d e n e 8. 



Wohn statten. 

1. Kino umwallte Wohnstätte, ähnlich der 
von Küuigsbruuu (cf. lieitr. B. XI, S. 98), 
befindet sich l ft Stunde nordöstlich davon 
rückwärts der Ixichraiuhöhe bei dem Dorfe 
Holz he im, B.-A. Neuburg a/D., Schwaben, 
Südöstlich des in einer Thalmuldo gelegenen 
Dorfes erhobt sich eine 481 m (abs.) hohe Httgel- 
kuppc, welche etwa 60 in hoch vorn Thale 
anstoigt und eino Uinwallnng trügt, dio in der 
General- Stabskarto als „Römcrschanzo“ oiugo- . 
zeichnet und iu der Literatur als solche bekannt 
ist, aber weder römischen noch mittelalterlichou 
Charakter hat, vielmehr in der Anlage den 
Umwallungen von Köuigsbrunn und Sand ain 
Lechruin vollkommen entspricht. Auf der 
Ost seito bangt die Anhöhe mit denn Hinterland 
zusammen , auf der Südseite fallt sie weniger 
steil ab , auf der Nord- und Westseite aln*r 
ist der Abhang sehr hoh und steil. Dor etwas 
nach West sich senkende cbeuo Innenntum 
hat im Durchmesser von Süd nach Nord 150, 
von West nach Ost 94 Schritte bei einem 
Gesammtumfang von 460-470 Schritten. Dio 
westliche Seite verlauft in ziemlich gerader 



I Richtung, die Ostseite zieht sich im Halbkreis 
| nach Süd und Nord; der alte Eingang scheint 
auf der Südwestecko gewesen zu sein , zu 
! welcher ein altpr Weg heraufführt. 

Während auf der Nord- uud Westseite ein 
künstliche! Schutz nicht nöthig war, ist die 
( ist- und Südseite durch einen Wall und davor 
liogetiden Graben von ungleicher Tiefe und 
Weite, auf der Südseite auch durch eine Brust- 
wehr gesichert. Die grösste Tiefo dos Grabens 
von der Sohle bis zur Wallzinne betrügt 6 in, 
die oboro Weito 10 m, die untere 1 2 m. Die 
Brustwehr ist an den best erhaltenen Stellen 
2 in hoch. Der Graben zieht sich im Halb- 
kreis von der Südspitzo nach Osten bis zur 
Nordost-soito und verlauft hier in den natür- 
lichen Abhang. 

Das grosso Oval dos luuouraumcs ist jetzt 
Acker, dio Abhänge sind bewaldet. Im Mittel- 
alter soll hier die Burg cinos nach dein Ort 
steh nennenden uiedern Adelsgoschlechts, später 
bis Anfang dieses Jahrhunderts eino dem heiligen 
Michael geweihte Kapelle eingebaut gewesen 
sein, von der dio Anhöhe noch jetzt Michaebs- 
j berg heisst. Fundo siud von hior nicht be- 



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Bericht über neue vorgeschichtliche Funde in Bayern. 



83 



kannt; Hochäcker und Hügelgräber befinden 
sich in unmittelbarer Nähe nicht, nur im Brand- 
holz, '/* Stunde östlich entfernt, sind noch zwei 
Hügel. Spuren von Steiuon fiudeu sich im 
Inneuraum. 

2. Auf eino Wohnstätte aus neolithisebor 
Zeit deutende Funde wurden in einem liefe 
iu Landau (Pfalz) gemacht Es kamen da- 
selbst in geringer Tiefe Werkzougo aus Knochen j 
und Hirschgeweih, ein bearbeiteter Feuerstein, ; 
eine Muschel, Thierknochon, gebrannte Lehm* 
kuullon, Thongeffissscherbon mit Fingerein- 
drucken und oiugeritzten Ornamenten und 
ganze Gefässo zum Vorschein, kleine gentd- 
wandige Becher mit dicken Böden und oin 
geschweifter kleiner Becher mit rundem Boden. 
Dioso sind ohuo Vorziorung, aus schwärzlichem 
Thon und nickt auf der Drehscheibe gefertigt. 
Auch mcnschlicho Knochen (V) sollen dabei 
gowesou soin. 

Befestigun gen. 

3. Währeud die Cmwalluugoo von Holz- 
heim, Königsbruuu, Saud nicht als eigentliche 
Befestigungen , sondern nur als gesicherte 
Wohnjdätzo zu betrachten sein dürften, befindet 
sich eine eigentliche Befestigung aus höchst 
wahrscheinlich prähistorischer Zeit im sog. 
Kaderlholz (llarterl?) nördlich von Todtcn- 
weis (B.-A. Aichach, Oborbayern) auf dein 
Lechrain, jedoch nicht auf den Wostraud des- 
selben vorgeschoben, sondern etwas von dem 
Kando des Flölionzugcs zurück gerückt, ln 
der Generalstabskarte ist dieses Erdwerk nicht 
eingezeichnet, im Steuerkatasterblatt als „ Römer- 
schanzo“ eingetragen. Seiu Charakter ist jo- 
doch nicht der einos römischen Werkes, eben- 
sowenig der einer mittelalterlichen Burgstelle. 

Auf einem Höhenrücken, der nach Nord 
und Süd massig abfällt, nach West zu einer 
Terrasse von 7 m Breite und dann in eine 
tiofore Muldo sich herabseukt, auf der Ostseite 
aber sich eben fortsetzt, ist ein längliches Oval 
von über 100 Sehr. Durchmesser von Nord 
nach Süd, gegen 70 Sehr, von West nach Ost 
mit Griibeu und Wällen auf der Ost- und 
Westseite umfangen, nach Süd und Nord aber 
offen. Von Osten her kommt zuerst ein gegen 
3 m tiefer Graben, dahinter ein 2*/» m hoher 
Wall von ISO bozw. 170 Sehr, lilngo, der 
Bich am südlichen Endo sanft abrundot, am 
nördlichen in einom Haken den gegenüber- 
liegenden Wall um etwa 10 Schritte überragt. 
Gegen Westen fortschreitend, gelangt man zu- 



erst an einon uiedern Wall , hinter dem ein 
Graben von 100 Sehr. Liege hegt. [Tum ittel- 
bar vom Graben aus steigt ein hoher Wall 
12 m hoch etupor mit 119 Sehr. Längo, der 
bis zur Terrasse im Westen 5 m abfüllt Diese 
Wall- und Grabonsichorung springt nach Südon 
übor die gegen überliegendo östliche Sicherung 
hakenartig vor. Nördlich und südlich setzt 
sich eiu nach auswärts gerundeter Wall mit 
Graben uoch dou Abhang hinab auf der Wost- 
scite fort, währeud die Wälle und Gräben 
des Hauptwerks in leichter Kurve nach im.cn 
von Süd nach Nord ziehen. Durch die haken- 
förmige coriesjioudirendo Anlage bleibt dio 
Spitzo nach Nord und Süd offen. Ein alter 
Aufgang scheint auf der Südseite in dou offenen 
Ring geführt zu haben. Dio Entfernung des 
östlichen Walles vom westlichen beträgt auf 
der Südseite 88, auf der Nordseite GO Schritte. 

Die Form diosor Befestigung lässt sich 
zwar mit keinem andern bokanutcu vorgeschicht- 
lichen Werk vergleichen und war durch die 
Ourtlichkeit bedingt, dio Sicherung dor West- 
seite aber entspricht dem Wallsystom der Birg 
bei Schäftlarn in Grösst) und Anlage. Das 
Werk stellt sich in dio Roiho der Refugien ; 
die jetzt offenen Spitzen waren jedenfalls in 
anderer Weise durch l’allisadou etc. geschlossen. 
Für die vorgeschichtliche Herkunft spnuht 
ausserdem das Vorhandensein eines grosseren 
1 1 ügelgräborfeldos unmittelbar östlich hinter 
dein Erdwork, woselbst im Walde noch 20 Hügel 
sieb befinden. Ein Zusammenhang dieser 
Feber roste ist zu veriuuthen. 

4. Ganz verschieden in dor Form, aber 
ebenfalls als eino vorgeschichtliche Befestigung 
stellt sich das im südlichou Thcil des Lech- 
rains befindliche, schon bekannte Erdwerk im 
Wosterholz bei Haltonberg, B.-A. I-ands- 
berg (Oborbayern), dar. Dasselbe, hart au den 
Rand des Lechrains, der hier nahe au den Lech 
herantritt, vorgeschoben, gleicht iu der Anlage 
der Schanze oberhalb Grünwald au der Isar. 
Hier wie dort ist ein vorhältnissmässig kleiner 
Raum, das Kernwerk durch den natürlichen 
Steilabfall auf der Westseite geschützt und 
nach Osten vom Hinterland durch eiuen 
Bogen wall mit davorliegendem Graben ab- 
gotrunni; in kurzen Abständen folgt ein 
zweiter und diesem dor dritte, höchste 
Wall, ebenfalls mit vorliegenden Spitzgräben. 
Dann kommt oin grösserer, etwa 30—40 Schritte 
breiter Abschnitt, endlich eiu äusserer Wall 
und vorliegender Grabeu, der auf dor Nordsoite 
G* 



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84 



Franz Wobei', Bericht über neue vorgeschichtliche Knude in Bayern. 



in einen natürlichen tiefen, sch luch (artigen Kin 
ris* mündet, der sieh bis au den Bergfuea 
biuabzicht. Der erste und letzte Wall hat 
eine Brustwehr. Der zweite Wall uud Graben 
ist nicht mehr intakt, vielmehr an der Südseite 
ciugcobuet, uud auf dein so gewonnenen Platze 
wurdo hier in neuerer Zeit eine forstamtliche 
Diensthütte eingebaut; ebenso ist der dritte 
Wall an zwoi Stellen abgehaut und dio Erd- 
nüsse zu einem hohen, kegelförmigen Hügel 
aufgeworfen worden, wie es scheint, schon in 
alter Zeit. 

Auf der Nordseite , jenseits der Schlucht, 
ist ein selbstständiges kleines Erdwerk durch 
einen Wall und Graben von kleinen Dirnen* 
sionen analog dem Hauptwerk gebildet; auf 
der Südseite ist auf ein kurzes Stück ein fünfter 
Wall uud Graben angefangen, abor nicht 
vollendet 

Dio Vertheidigungsfroot des Werkes ist 
gegen Osten; der alte Aufgang muss vom west- 
lichen Hang herauf gekommen seiu. Es macht 
dou Eiudruck, als ob das Werk nicht fertig 
geworden und vou einem Eroberer teilweise 
zerstört uud zu soinon Zwecken umgebaut 
worden wäre. 

Funde hieraus sind nicht bekannt; iu ge- 
ringer Entfernung nach Kordon liegen grosso 
Hügolgrabergmppen, in Haitenberg selbst sind 
Koste einer römischen Ansiedelung südlich von 
der mittelalterlichen Burg in der Tiefe auf- 
gedeckt. 

Leider wird das ausserordentlich interes- 
sante Work in neuerer Zeit durch forstamt- 
liche Arbeiten zerstört. 

Trichtergru be n. 

5 ln dem Staatsforet Eden hause r- Holz, 
eine haibo Stunde süd-östlich von Thier- 
haupton, B-A. Neuburg a/D., befindet sich 
ein Complox von 30—40 Trichtergruben links 
uud rechts von der dou Forst durchziehenden 
Waldatrasse. Die nicht gut erhaltenen Gruben 
liegen naho beisammen auf ebenem Wald leiden, 
habeu eine oboro Woito von 2 — 4 in Durch- 
messer, eine Tiefe von 1 — 3 in. Die Mehrzahl 
ist schon sehr nach inneu verflacht, eiuo 
bestimmte Anordnung ist nicht zu arkcuncu. 

ln der Waldabthcilung Saulake desselben 
Forstes in südwestlicher Richtung nahe an dom 
an den Rand vorgeschobenen Eselsberg befiudet 



sich ein einzelner sehr gut erhaltener Trichter, 
dessen obere Weite 6 m, die untere 2 m, die 
Tiefe 5 iu beträgt und dosson Form noch ganz 
unverletzt erscheint. Etwa 20 Schritte östlich 
davon durchzieht ein schwacher Graben in 
lialbrundung den hier sich senkenden Wald- 
boden. Weitere 30 Schritte östlich folgen so- 
dann die io Bcitr. B. XI S. 98 orwähuton 
23 Hügel und Mulden. 

Hochäckor. 

6. Herr Expositus Durnor berichtet über 
Hochäcker in der Umgegend von Untcrger* 
mariugcu, welche bisher io der Litteratur uicht 
erwähnt sind. 

„Rechts von dor laudstrasse Kotter- 
schwang — Kaufbeuron ziohen Hochiicker durch 
don Wald * erhü ben Bockstetten und Unter- 
gormaringen, und verschwinden daun süd- 
lich im Ackerland dor Flur letzterer Gemeinde. 
Dagegen sind sie im Wieaeuthftl der Wertach 
rechte von der Balm an einzelnen Stelleu er- 
halten. Aber auch auf dor Hoho gegen Osten 
links der Bahn treten sie wieder auf, sobald 
iu der Oborgormaringer Flur das Ackerland auf- 
hört und Wiesen und Wälder beginnen. Sie 
ziehen sich fast durch den ganzen Wald gegen 
Kaufbeuren hin und sind stellenweise sehr gut 
orhalten. 

Östlich der Landstrasse Ketterschwang — 
Kaufbeuren ist ein ziemlich ausgodehntos iloeh- 
aekergebiet iin nordöstlichen Thuile dos Waldes 
zwischen K et t er s c b w an g , Schwäbis- 
hofeu und U n tu rgerrn a ringen. Die Hoch- 
äcker setzen sich dann südlich des Georgi- 
bergos auf den Hohenwiesen unmittelbar öst- 
lich von T ii terge murin gen fort, worden durch 
dio Strasse nach Westendorf durchschnitten, 
verschwinden gegen Obergormaringen, Westen* 
dorf, Dösingen hin im Ackerland, habeu sich 
aber in einigen Gärten im Süden von 0 ber- 
ge rmaringen erhalten. Südlich dieses Dorfes 
treten sie mit den Wiesen wieder auf sowohl 
im Tbalo östlich der Landstrasse als auch auf 
der Höhe vor dem Walde gegen M a u er- 
st e 1 1 o n. Besonders die letzteren sind gut 
erhalten. Iu oinem der östlichen Gärten dieses 
Orts mündet das keilförmige Endo einer Hoch- 
äckergruppe, die sich einst gegen Osten über 
den Wald erstreckte.“ 



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Bfc.1'1 K Alit ZIK ANTHKOPULUUIK. Band XII., 1. u 2 . Heft, Taf. 




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t irvnxrnn q 



Thonyeftiss 

Oberach 

Gr./. 



> HrvnxrfiM 
' limny.camit'cif 



Htgelgrkbtr ul im kijtriickti letlffl. 



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BEITRÄGE ZUR ANTHROPOLOGIE. Band XII., 1. u. 2. Heft, Taf. IV. 




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Jager am Graben. 




BEITRÄGE ZUR ANTHROPOLOGIE. Band XII., I. u. 2. Heft, Taf. V. 




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Gnssmano in Wicssee. 




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Todtenbretter im bayerischen Walde. 

Von Dr. 1*1». >1. IIiUiib. 

(Mit Tafel VIII und IX.) 




AI, 141,1. 1. Todlcllltrcller la-l I Litt i 1 ki*' h . 11 A. KOUtliiK 

Wer zum ersten Male den so vielfach und ziemlich nach jeder Hinsicht 
unterschätzten bayerischen Wald oder, wie ihn seine Bewohner kurzweg 
benennen, den „Wald" durchstreift, wird sieh eigenthümlicher Gefühle nicht 
erwehren können, wenn er allenthalben an Wegen und Stegen vereinzelten 
oder ganzen Heilten und Gruppen von „Todtenbretteru“, wie sie im Volks- 
mund fast durchwegs heissen, begegnet, die der ganzen Gegend mit den 
üppigen Wiesen und Wählern, den himmelragenden Bergen und den friedlich 
daliegenden Tbälern ein melancholisches Gepräge verleihen. „Ks ist ein 
ernster Anblick so ein Memento mori inmitten einer blühenden Alt , in der 

bviimvi? xiir Aiilhrn|>ulnt'i<- X1J H l 3. Heft. J 



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86 



l)r. Pli. U. Halm. 



einsamen Stille eines Waldweges, vor einer halbverfallenen Feldkapelle“, sagt 
von Reinhardstöttner, dem wir eine von warmer Begeisterung diktirte 
Abhandlung über „Land und Leute iui bayerischen Walde" verdanken, und 
wenn auch mancher Spruch auf den Brettern uns zum Lächeln zwingt, der 
Ernst löscht es bald wieder aus unseren Mienen und eine Stimmung, wie 
sie der Ruheplatz der Todten athmet, umfängt unser Geir.üth angesichts dieser 
stummen Zeugen der Vergänglichkeit, die das Thema dieser Zeilen bilden. 

Dr. Wilhelm Hein-Wien widmete den Todtenbrettern im Böhmer- 
walde (Mitlh. der anthrop. Gesellschaft Bd. XXI. bezw. XXIV.) einen Auf- 
satz, der auch einen Theil des Bayerwaldes, namentlich den Lamer Winkel, 
behandelt. Mir schien es aber bei der Lektüre der sehr verdienstvollen 
Arbeit, als ob zur Kenntniss der Todtenbretler bayerischer Seits noch manches 
zu ergänzen und zu berichtigen wäre. War es mir doch beschieden, wahrend 
eines ganzen Sommers einen grossen Theil der hier in Frage kommenden 
Gegend gelegentlich der Iuventarisirung der Kuustdenkmäler der Oberpfalz 
systematisch zu durchstreiten. Das Ergebniss dieser Wanderung, die sich 
auf die Bezirksämter Cham, Waldmüncbeu, Voheustrauss und einen Theil 
des Bezirksamts Kötzting — den Lanier Winkel liess ich ausser Betracht — 
erstreckte, beruht einzig und allein auf Selbsterschautem und Selbstgehüttem. 
Die einschlägige Literatur, die Dr. Hein so reichlich anführt, habe ich 
mit Absicht ganz ausser Acht gelassen. Durch unbeeinflusste Betrachtung 
der Todtenbretler und direkten Verkehr mit dem Landvolk glaubte ich eiuer 
objektiven Behandlung des Stoffes am besten gerecht weiden zu können. 

Als Uebergaug zum eigentlichen Thema sei hier eine bescheidene 
Definition über das Todtenbrett gegeben: Ist irgend Jemand gestorben, so 
wird die Leiche bis zu ihrer Beerdigung auf ein rohes, unbearbeitetes Brett 
gelegt, das späterhin ein Schreiner zur weiteren Zurichtung und Bemaluug 
erhalt und das dann an irgend einem Orte als eine Art Denkmal des Ver- 
storbenen aufgestellt wird. Beguügen wir uns vorerst mit dieser nüchternen 
Erklärung und wenden wir uns zu den Brettern selbst! 

Benennung. 

Ziemlich allgemein ist in den oben erwähnten Bezirken der Ausdruck, 
„Todteubrett“. Die anderwärts vorkommendeu Benennungen „Todlenladen“, 
„Leichladen“, die an das Mittelhochdeutsche sich anlebuende Bezeichuung 
„Rebrett“ u. A. faud ich im bayerischen Walde nicht. Neben der Benennung 
„Todtenbrett" begegnen wir noch dem Ausdruck „Ruhebrett" im Bezirksamt 
Waldmüncheu , in der Gegend von Treffelstciu uud Tiefenbach und bei 
Voheustrauss. 

Standort und Art der Aufstellung. 

Gewöhnlich Anden sich die Todtenbretter am Ausgang der Ortschaften 
au Kreuzwegen, bei Wegkreuzen oder einfachen Marterln, dann bei Feld- 
kapellen, auf dem Weg zum Friedhof (Runding), am Eingang von Wäldern oder 
in der Nähe von Wallfahrtskirchen aufgestellt. Seltener begegnen wir ihnen 
an Brücken. Nur einmal fand ich Todtenbretter au einer Seelenkapelle, im 



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Todtenbretter im bayensohon Walde. 



8t 



Friedhof zu Kunding, und nur einmal solche innerhalb einer Feldkapelle, 
in Neumüble bei Weiding. Es sind dies zwei ganz vereinzelte Falle; in 
Kultplatzeu werden im Allgemeinen Todtenbretter nicht aufgestellt. Beachte««- 
wertb glaube ich noch Schönpferchen, B.-A. Cham, anführen zu müssen. Dort 
in nächster Nähe der Wallfahrtskirche Maria Schnee stehen die Bretter 
aufrecht an Baumen, aber nicht in einer Gruppe, sondern einzeln im Walde 
zerstreut, was einen eigentümlichen Anblick gewahrt. Das grösste Staunen 
rang mir aber eine kleine Feldkapelle östlich von Blaibach ab, um die sich 
— man erlaube den Ausdruck — ein ganzer Friedhof von Todtenbrettern legt. 
Ich zählte ungefähr 150 Stück aufrecht stehende, nicht eingerechnet eine grosse 
Zahl umgefallener und vermodernder. Sie standen theils an Bäumen, au denen 
Votivbilder aufgehängt waren (Abbild. 1), teils zu Seiten der von der Kapelle 
abgeheuden Wege und boten aus den wogenden Feldern hervorragend ein 
äusserst stimmungsvolles, packendes Bild, wie es selten die Natur dem 
Auge bietet — ein Friedhof mitten im Aehrenteld. liebe naschend wirkt noch 
die grosse Anzahl der Todtenbretter am Sttdansgange von Dalking (GO Stück)," 
welche an einem Zaun angenagelt sind, ferner die ebenso aufgestellten am 
Nordausgange von Arnschwaug (ca. 50 Sttiek); jene am Friedhofwege von 
Rundiug (etwa GO Stück). Auffallend viele Todtenbretter sind auch an den 
Aussenwänden und in der Vorhalle einer Kapelle bei Miltacb, B.-A. Kötztiug, 
(Taf. VIII, Abb. 1) aufgestellt (ca. 80 Stück). Das originellste Bild einer 
Kapelle mit Todtenbrettern auf bayerischem Boden bietet wohl jeue von 
Prienzing, B.-A. Cham, die schon Hein a. a. O. flüchtig erwähnte und auch 
abbildete , die aber in mancher Beziehung nähere Betrachtung verdient. 
(Taf. VIII, Abb. 2 u. 3.) An dieser Stelle sei nur allgemein des reichen Schatzes 
an Todtenbrettern (ca. 40 — 50 Stück) gedacht, die die Wände des ganz aus 
Holz erachtete» Kapellchens bedecken und die trotz ihres Ernstes mit ihrer 
farbigen Ausstattung dem kleinen Bau einen freundlichen Zug verleihen ; 
auf besondere Einzelheiten der hier aufgestellten Todtenbretter komme ich 
noch zurück. Selten werden in anderen Gegenden die Todtenbretter in 
so grosser Zahl gefunden wie im B.-A. Cbam. 

Was die Aufstellung der Bretter anlangt, so konnte ich nur zwei Arten 
koustatiren. Die erstere und häufigere herrscht im Bezirke Cham und 
Kötzting als die einzige; sie heftet die Bretter aufrecht au Zaune, Scheunen 
oder Kapellen oder stellt sie frei, an kleinen Pfosten befestigt, auf. Au 
Kapellen, wie zu Prienzing oder Miltacb, bängt man sie wohl auch auf. (Taf. VIII, 
Abb. 1—3.) Der zweiten Art begegnen wir neben der ersteren im Bezirke 
von . Waldmüncheti und Vohenslrauss, so namentlich bei Treffelsteiu und 
Tiefenbach (Taf. IX, Abb. 3), ab und zu auch auf dem Wege von Eslaru 
nach Moosbach und an einigen Mühlen derPfreimd; hier werden die Bretter, 
horizontal au zwei Pflöcken befestigt, hochkanl aufgeslellt. Bei Miltacb, 
Blaibach und im B.-A. Waldmüncben fand ich wohl auch Bretter am 
Boden liegend, glaube jedoch, dass dies nicht deren ursprüngliche Auf- 
stellungsart war. Ein Umstand, dessen Dr. Hein njcht erwähnt und auf 
den meine Frau, die eifrigst Todtenbretterstudien betrieb, und der ich auch 

7 * 



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88 



l>r. t*h. M Halm 



die reiche Sammlung von Todtenbretlersprilehen verdanke, mich aufmerksam 
machte, darf au dieser Stelle nicht vergessen werden ; es ist die sippenartige, 
familiäre Aufstellung, wie sie namentlich in dem nördlichen Bezirke von 
Cham, z. B. bei Waffenbrnuu , Känkum, Ualking a u tf ft 11t Dort finden wir 
die Todtenbretler faulig nach verwandtschaftlichen Graden liehen einander 
aufgestellt. Zwischenräume zwischen solch' einzelnen Gruppen lassen diesen 
Umstand nicht als blosseu Zufall erscheinen. Gewiss wird au anderen Orten 
diese Analogie zu Familienbegräbnissen weiter konstatirt werden können. 

Form und Bemalung der Todtenbretter. 

Eine solch' reiche Abwechselung von Todtenbrettern , wie sie Dr. Hein 
auf Tafel 11 und III seiner ersten Abhandlung (Mittheil. d. anthrop. Gesell- 
schaft in Wien Bd. XXI) gibt, lässt sich, wenn wir diese Formen als Typen 
nehmen dQrfeu , in den hier behandelten Bezirken nicht feststelleu. Beicht 
wäre es aber möglich, auch hier eine ganze Keihe von interessanten charakteri- 
'stischen Einzelformen zu sammeln. Hängt schon der örtliche Typus derTodlen- 
bretter von der grösseren oder geringeren Phantasie und Tüchtigkeit eines 
Schreiners ab, so gilt dies noch »viel mehr bei den einzelnen Prachtexemplaren. 
Ich glaube dessbalb nieht allzu grosseu Werth auf die verschiedenen Typen 
legen zu müssen , möchte aber dennoch nicht gauz darüber hinweg gehen. 
Im Grossen und Ganzen unterscheide ich zwei Gruppen. Die erste repräseutiren 
jene Todtenbretter, die ohne jedwede Aeuderung ihrer äusseren Form auf- 
gestellt wurden, d. h. die entweder nur eine Inschrift oder aber zum Schutze 
dieser vielleicht noch ein einfaches Schutzdach erhielten. Die erste dieser 
beiden Unterarten beschränkt sich aut deu Bezirk von Vohenstrauss (Eslarn, 
Böhmiscb-Biuck, Waldau, Waldtburn) und den nördlichen Bezirk von Wald- 
müuehen (Ast, Kotz, Treffelsteiu-Tiefenbacb); diese Bretter sind durchaus 
horizontal aufgeslellt (Taf. IX, Abb. 3). Die zweite Unterart der ersten Gruppe 
kommt namentlich bei Millach und Blaibacb, B.-A. Kotzing, und bei Dalking, 
B.-A. Cham, vor Taf. VIII, Abb. 1 — 3); das Brett — aufrecht aufgestellt — 
erhält nur ein kleines wagereebtes Dach und höchstens noch eine Ein- 
kerbung in der Mitte. 

Die zweite grosse Gruppe bietet eine Unzahl von Formen , die alle an- 
zulübren unmöglich und ein nittssiges Unternehmen wäre; hier hört eben die 
Fixiruug örtlicher Typen auf, das persönliche Können und die Vorliebe der 
„Knnstscbteiner“ für bestimmte Formen tritt hervor. Anders dürfte sich 
doch wohl der gothisi rende Charakter der Todtenbretter bei Käukam, B.-A. Cham, 
kaum erklären lassen. Aus der grossen Anzahl der Formen fiel mir nur eine 
noch besonders auf, die namentlich hei Arnscbwaug, aber auch hei Prienzing 
vorkommt (Taf. IX, Abb. 1). Sie hat entschiedenen Empirecharakter, der 
an die Grabsteine in Gestalt von Obelisken vom Antange dieses Jahrhunderts 
erinnert. Der Umstand, dass sehr viele altere vermodernde Bretter (Prien- 
zing u. a. a. 0} diese Form besessen, lasst mich anf besondere Bevorzugung 
dieser Form in früheren Jahrzehnten schliessen. Ob sie in irgend welchem 
Zusammenhänge mit dem Empirestile steht und ob sie aus diesem entstanden 



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Totltenhretter ini bayerischen Walde 89 

ist, möchte ich nicht als bestimmt hiuslellen, ebenso wenig, wie ich es nicht 
für unmöglich halle. Sehr hübsche Formen finden sich an einer Scheune 
in Biberbach, B.-A. Walduiünehen (Taf. IX, Abb. 2); hier ist der obere 
Theil des Brettes in Gestalt einer kleinen Aedikula ausgebildet, das ein 
Bild oder die Inschrift umscbliesst. Von ähnlicher Art sind die Todtenladen 
von Waffeubrnnn, B.-A. Cham. Am reichsten und originellsten in der Form 
erscheinen die Bretter an der Kapelle von Prienzing (Taf. VIII, Abb. 3) 
Nicht allein, dass das Brett mühsam ausgesägt wird, es werden Rahmen 
aufgesetzt, kleine Säulen oder gekerbte Pilaster werden als Stützen des Daches 
verwendet, ausgeschnittene Verzierungen und oft ein Todtenkojil in Flach- 
relief werden darauf geleimt. Es erscheint hier ein gewisser Luxus der Aus- 
stattung, den ich nur noch ab und zu, z. B. bei Itadling, B.-A. Cham, in 
einzelnen Exemplaren fand. 

Wichtiger als die Form erscheint mir in vieler Hinsicht die Bemalung 
der Bretter zu sein und zwar mehr der bildliche Inhalt der Bretter als die 
Wahl der Farben, der nach meinem Bedünken Dr. Hein zu viel Bedeutung 
beilegt. Für den hier in Betracht kommenden Bezirk lässt sich wohl auch 
das Vorherrschen einer bestimmten Farbe an diesem oder jenem Ort konstatiren, 
die der Gruppe eine bestimmte Eigenart verleiht, doch mit dünkt, dass das 
eben auch von dem Farbensinn des jeweiligen Schreiners abhängt. Beachtens- 
werth erscheinen mir in Bezug auf die Farbe — und hier glaube ich auch, 
dass von einer langjährigen Tradition gesprochen werden darf — die Todteu- 
bretter an der Kapelle von Miltach (Taf. VIII, Abb. 1), die mit wenig Aus- 
nahmen ein schwarzes Kreuz auf weissem Grund tragen und im Allgemeinen 
einen weniger ernsten Anblick gewähren. Auffallend erscheint noch die BeniAlung 
der Bretter am Südausgang von Chamerau — gänzlich verschieden von jenen am 
Nordausgange — und des nahen Kossbach, die Blau und Roth bevorzugt. Wichtig 
als wirklich typisch dünkt mir noch die Bemalung der Bretter bei Voheu- 
strauss (Waldau) zu sein. Dort begnügt man sich, die horizontal aufgestellten 
Bretter einfach weiss anzustreichen und nur die schwarze Inschritt mit einem 
Spruche darauf zu setzen. Geradezu als eine Seltenheit muss ich es bezeichnen, 
wenn sich die Inschrift Weiss auf Schwarz findet. Mir begegnete nur ein 
einziger Fall — zwei Bretter — an der etwas abseits gelegenen BodenmUhle 
zwischen Lohma und ßurckbardsrieth, B.-A. Vohenstrauss. 

Betrachten wir nun die Bemalung der Bretter nach ihrem bildlichen 
Inhalt ! Auch hier begegnen wir einer grossen Mannigfaltigkeit mit bestimmten 
örtlichen Grenzeu. Begreiflicher Weise spielt das Kreuz in der Bemalung 
der Bretter eine Hauptrolle, vorausgesetzt, dass das Brett nicht schon durch 
ein plastisches Kreuz geziert ist. Das Kreuz kommt bald einzeln , bald in 
der Dreizahl vor und in einer Menge von Formen , die örtlich vielfach ver- 
schieden sind. Bestimmten Typen eine allzugrosse Bedeutuug beizulegen. 
halte ich für gewagt. Auf einige Arten möchte ich jedoch des uäheren ent- 
gehen. Als Hauptsache erscheint das Kreuz in der Gegend von ülaibach 
und besonders von Miltach (Taf. VIII, Abb. 1), wo es häufig die einzige 
Dekoration bildet; ab und zu sind nur noch drei kleine Kreuze beigefügt 



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90 



Ur. Pb. M Halm 



t 

Eigenartig sind die Kreuze an Todtenbrettern von Arnschwnng, B.A. Cham. 
Dort nelimen sie den unteren Tlieil der Bretter ein und haben die gleich- 
armige griechische Gestalt ; diese allerthUmlicbe Form kommt ausschliesslich bei 
Aruschwang vor (Taf. IX, Abb. 1). Auffallend sind ferner noch die Kreuze bei 
Ckamerau; sie sind hier auf der hl. Schrift stehend, abgehildet. ln Gegenden, 
wo eine reichere Malerei, z. B. bei Biberbach uml Zillendorf, vorherrscht, 
ist das Kreuz häutig als Grabkreuz mit Kranz oder mit Leichentuch dar- 
gestellt, genau so, wie der Friedhof die Vorbilder gab. Häutig lehnt sieb 
ein Engel an dasselbe (Taf. IX, Abb. 2). Ab und zu, bei Tiefeubach, 
B -A. Waldmünchen, finden wir auch den Kalvarienberg mit drei Kreuzen 
abgehildet. Christus am Kreuz faud ich nur auf 
einem einzigen Todtenbrett (Hadling, B.-A. Cham). 
Dass ganz auf das Kreuz Verzicht geleistet wurde, 
kommt sehr selten vor. Auffallend ist es, dass der 
Mangel sich hauptsächlich au jenen obenerwähnten 
empireiihnlichen Brettern von Arnschwang (Taf. IX, 
Abb. 1) konstatiren lässt, die die Form von Obelisken 
oder ähnlichen Grabsteinen zeigen; auch bei Tasching. 
B.-A. Cham, fehlt durchaus das Kreuz. 

Weitaus die grösste locale Ansdehnuug in den 
hier behandelten Bezirken uimmt in der Bemalung der 
Todtenbretter der Todtenkopf mit den zwei gekreuzten 
Knochen ein. Am häufigsten zeigen ihn die Bretter 
bei Arnschwang (Taf. IX, Abb. 1) und bei Dalking, 
B.-A. Cham, wo uns ca. 60 Stück solch weisser hohl- 
äugiger Kopfe nebeneinander angrinsen. Die An- 
wendung ist eine so häufige in den genannten Bezirken, 
dass hier nur eine kurze Erwähnung der Gegenden 
folgen soll, wo diese Insignien nicht vorkommeu. 
Sie fehlen durchaus bei Tiefenbach , Treffeistein, 
B.-A. Waldmünchen. Nur hin und wieder finden 
wir ein derartig bemaltes Brett bei Zirndorf und 
Biberbach. Dort herrscht ein etwas freundlicherer 
aw>. s. T,-ii.nbr,u-bci Bi.iuch, Charakter Auch im Bezirksamt Vohenstrauss kommt 
b. a Kumm* der Todtenkopf nicht vor. Am auffallendsten empfindet 

man den Mangel dieses Memento mori bei den Todtenbrettern an der Kapelle 
von Miltach (Taf. VIII, Abb. 1), denn ringsum her findet er die reichste 
Anwendung, so namentlich auch in dem nahen Todtenbretter-Friedbof von 
Blaibach. 

Ehe wir uns zu weiteren Todessymbolen wenden , mögen hier noch die 
sonst vorkommenden Malereien religiöser Natur erwähnt werden. Nicht 
allzu oft, aber doch ziemlich au allen Orten, die Umgebung von Vohenstrauss 
etwa ausgenommen , finden wir im dreieckigen Giebel deS Brettes das Ange 
Gottes abgebildet. Ab und zu, namentlich im B.-A. Waldmünchen, treffen 
wir Kreuz, Herz und Anker als Symbole der drei göttlichen Tugeuden Glaube, 




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Toiltenbrettcr im bayerischen Wahle. 



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Hoffnung »ml Liebe (Taf. IX, Abi». 3). In der Gegend von Kotzting tragen 
die Bretter vielfach reicher gemalte Darstellungen von hl. Namenspatronen 
der Verstorbenen. In Biberbach, B.-A. Waldmünchen , finden wir ausser 
trauernden Eugeln und Genien als beaebtenswerthe Ausnahme auch einmal 
Christum in stehender Figur als Lehrer dargestellt (Taf. IX, Abb. 2). Im 
Bezirksamt WaldmUncben liebt man überhaupt eine reichere Bemalung. Auch 
Farbendrucke werden ab und zu angewandt. Von den Genien, den Schwestern 
der christlichen Engeln, werden wir schon auf das Gebiet der nichtreligiösen 
Todesinsignien hinübergeleitet, als deren am häufigsten vorkommende die 
Uhr an erster Stelle genannt sei. Sie tritt aber nicht allein als Symbol auf, 
sondern gibt zugleich die wirkliche Todesstunde 
des Entschlafenen an. Am meisten findeu wir sie 
im Cbamauer Bezirk, jedoch auch hier machen 
Aliltach und Blaibach , dann auch Ränkam eine 
Ausnahme; bei Arnscbwang tritt sie sehr spärlich 
auf. Am häufigsten begegnen wir ihr in der 
direkten Nähe von Cham , dann bei Willmering, 

Waffenbrunn, B.-A. Cbam, nur vereinzelt jedoch 
im Bezirk von Waldmünchen. Den originellsten 
Eindruck macht wohl die Kapelle von Prienzing, 

B.-A. Cham, mit ihrem Uhrenschmuck (Taf. VIII, 

Abb. 3). Sie gleicht auf deu ersten Blick einem 
Laden mit lauter Regulatoren. Es sind nicht nur 
vier solcher Bretter mit Uhren an ihr zu zählen, 
wie Dr. Hein berichtet, sondern über zwanzig. 

Da alle Bretter aufgebäugt sind, drängt sich der 
obenerwähnte Vergleich unwillkürlich auf. Selten 
begegnen wir einem so originellen Bilde. 

In der Feldkapelle bei Neumühle, B.-A. Cham, 
findet sich eiu Brett mit der Abbildung einer 
Standuhr im barockem Gehäuse (1871); es ist dies 
das einzige Beispiel, dass mehr als das Zifferblatt 
abgebildet wird:* Nur sehr selten lässt sich eine 
Sanduhr verzeichnen. Ich (and sie an einem Todten- AbMM 3 T «iieiibtett 1*1 cu»mcr«u. 
brett bei Blaibach (Abb. 2), dann in der eben- *•-*• Kamins, 

erwähnten Kapelle von Neumühle, wo sie neben der Barockubr und zwar geflügelt 

vorkommt. Ein anderes Brett dortselbst trägt zwei Zeichen die ich gleich- 
falls als Sanduhren deuten möchte. 

In Verbindung mit dem Todtenkopf oder der Uhr, jedoch auch selbständig, 
tritt das Symbol der geknickten oder erloschenen Kerze auf. Auch hier 
muss der C'hamauer Bezirk als der reichste erwähnt werden. Miltach und 
Ränkam machen jedoch hier eine Ausnahme; Blaibach hat nur wenige 
Beispiele. Die Kerze steckt zumeist in einem Leuchter (Taf. IX, Abb. 1). 
Bei Wattenbrunn erscheint sie in einer kleinen braun oder gelb gemalten 




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92 



llr l>h M II all in. 



Halbkugel steckend, als Vorbild scheiut hier die primitivste Art eines 
l,eueliters, ein kleiner Klumpen Lehm, gedient zu haben. Im Bezirksamt Wald- 
münchen konnte ich nur ein Todtenbrett mit Kerze, zwischen Treffeistein und 
Tiefenbach (Tuf. IX, Abb. 3), konstatiren ; im Bezirksamt Vobenstrauss kommt 
dieses Symbol gar nicht vor. Bretter mit Malereien von Grabkranzen finden 
sich ganz vereinzelt (Tat'. IX). Eine Gruppe von Todtenbrettern dicht bei 
Tiefenbach trägt Malereien von empireartigen Grabsteinen und zerbrochenen 
Säulen mit Palmen; der Typus der Bilder scheint auf den Beginn des Jahr- 
hunderts zurückzugehen. Die Bretter gehören jedoch dem letzten Jahrzehnt 
an. Todtenbretter mit den knieenden Bildnissen der Verstorbenen trifft man 




AWrfld. ■*. ToJlr-nbrettcr bei Rundlng, U A. Chain. 

zumeist im südlichen Bezirk von Cham, z. B. bei Gosszell , Sattelpeilnslein, 
nur hin und wieder im nördlichen Bezirk von Cham Ein in seiner Art 
einziges Brett, auf das ich noch spater zurückkommen werde, steht am Süd- 
ausgange von Chamerati, B.-A. Kölzting; es zeigt uns das offenbar nach 
einer Photographie gemalte Bild eines Soldaten, der im Jahre 1884 im 
Lazareth zu Straubing verschied (Abbild, 3). Sehr beachtenswerth scheint 
mir noch eine Art von Brettern in der Umgebung von Building zu sein, 
welche ganz modern stylisirte FiillstUcke von Blumen tragen (Abb. 4). 

Sind all die erwähnten Arten der Bemalung mehr allgemein symbolischen 
Charakters, so konnte ich doch auch zwei Arten finden, deren Symbole engeren 



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BEITRÄGE ZUR ANTHROPOLOGIE. Band XII., 3. Heft, Taf. VIII. 






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Knpclle l**i Miltach, B-A. Kötzting. 2. Kapelln in Prienziog, B.-A. Chain. 3. Kapolle in Prionzing, 




BE I7RÄGE ZLR AMHRGFOLCGIE. 



Band XII , 3. Heft, Taf. IX 




3. Tndtenbretter swiftchen Troffnlslein und Tiefonbach, B.-A- Waldniümlien. 



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Todtenbretter im bayerischen Wald«. 

Bezug aut die Verstorbenen iiebnie». Die eine Art, anderwärts schon öfter 
wnbrgenommen , nämlich die Art, die Handwerkszeiclien des V r erstorbenen 
abzubilden, kann ich nur in einem einzigen Beispiel anfdbren. Das Todten- 
brett eines Brauburscben bei Miltacb (18dl) zeigt die Maischbütte mit Aekren, 
Schaufel und Besen. Die zweite Art, die namentlich im Ohamatier Bezirk 
zu finden ist, bis jetzt aber noch keinerlei Beachtung fand, ist churakterisirt 
durch ein einfaches Blumeiikr&nzchen. Nur auf den Todtenbreltern von 
Jünglingen und Jungfrauen litsst es sich koustutiren, wo es entweder allein 
abgebildel ist (Runding, Abbild 4) oder sich wohl auch uni die Uhr legt oder 
welches den Todtenkopf krönt (Abbild. 2 und Taf. IX, Abb. 1). Engere 
Beziehungen der Malereien zu den Verstorbenen konnte ich nicht finden. 
Die Betrachtung über die Bemalung der Todtenbretter möchte ich zusammen- 
fasseud damit schliesseu, dass im Bezirke vou Cham und ztiiu Theil auch 
im Bezirksamt Waldmünchen (Biberliacb, Tiefenbacb, Treflelstein) die reichsten 
Arten sieh finden , dass im Bezirk von Vohenstrauss fast jede Bemalung 
fehlt. Nach Westen zu scheint die Vorliebe für Malereien im Allgemeinen 
immer geringer zu werden. 

Aufschrift der Todtenbretter. 

Wie die Form und die Bemalung mit der Lage der Urte sich ändert, 
so wechselt auch die Aufschrift der Bretter. Während z. B. im B.-A. 
Vohenstrauss oft der Name des Verstorbenen allein genügt, liebt mau im 
B.-A. Cbam meist längere Inschriften. Man liest u. A. „Andenken“ des .... 
oder „Zum Andenken“ . . . (Rilnkam, Arnschwang). Oder „Hier bat geruht“ 
„Auf diesem Brett hat (bis zur Beerdigung) geruht"...., oder „Auf diesem 

Brett hat gelegen“ In südlicheren Bezirken heisst es wohl auch: 

„Gedenket im Gebete des“ .... Im Amtsbezirk Vohenstrauss lautet die 
Aufschrift zumeist „Ruhebett des“ ..... in der Gegend von Waldmünchen 
meist „Erinnerung an“ . . . 

Den einleitenden Worten folgt dann gewöhnlich der Name des Verstorbenen 
unter Beifügung bestimmter Epitheta wie „ehr- und tngendsam“ , „ehr- und 
tugendreich“ bei Jünglingen und Jungfrauen, „ebrn geaclit" und „ehr- oder 
achtbar" bei Verheiratheten. Einige besondere Auf und Iuschrlften finden 
sich in dem hier folgenden Kapitel über die Sprüche. 

Reime und Sprüche. 

Es ist natürlich, dass in den Reimen und Sprüchen der Gedanke an die 
Kürze des menschlichen Lebens an das Gericht und das Jenseits vorherrscht. 
In der giössten Mannigfaltigkeit wird das Thema variirt, bald mit Geschick, 
bald in etwas verunglückter, tragikomischer Weise. Fragen wir uns zunächst, 
wer die Reime schmiedet? Die meisten sind wohl schon lauge im Gebrauch 
und kehren hundertfach wieder; ihr Urheber war wohl wie auch heutzutage 
noch oft der Schreiner. Nach Erkundigungen in Cham, Arnschwang u, a. O. 
hat jeder Schreiner ein mehr oder weniger reichhaltiges handschriftliches 
Musterbuch mit Sprüchen, das den Hinterbliebenen zur Auswahl vorgelegt 
wird. Nicht immer jedoch genügen diesen die alten Sprüche, sie wollen einen 



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04 



l»r. hi. M Halm 



neuen, und der Schreiner muss sehen , wie er einen solchen zusarnmenleimt. 
Unter der reichen Sammlung von Sprüchen, die ich mir anlege» konnte, linden 
sich jedoch eine ganze Reihe, die von wirklichem poetischen Wert sind, Muster 
echter wahrer Volkspoesie. Wie man beim echten Volkslied vergeblich nach 
dem Dichter sucht, so wird man auch vergebens die Dichter dieser Todtenlieder 
und philosophischen Reime erforschen. Dass etwa Lehrer oder Geistliche 
die Dichter sein konnten, wurde allerorts entschieden in Abrede gestellt. 

Eine Auswahl der bessereu Verse möge liier folgen und zwar zunächst 
solche, welche sehr häufig Vorkommen, freilich oft mit geringen Modifikationen 



(Vergl. auch Dr. Hein.) 

$af lÄngitr 3iel pom Cebetifraoen 
3*1 mri|> "0, $0 3at>r. 
tm 3nbc£rifF poii raufrnh Plagen. 

Hu<b wira et noch fo glfufluh uw. 
cSeflitgrlt eilt mit utif Nr 3«*' r 
3 " Chip lange lange «uugPeit. 

!*bf|sriirtliiii}. 8 »8, Cham ij , t n 

3ofrpb tHüblbauer. 

90t. 12. 3“«' 18?o. "8 3ahr. 

(3« hem Dorf lommtit Cfchttv pot ) 

3<h uw noch fanj 3 M,, 0 4M 
Unh ha* fchon hen Icr tnahmi- 
£iebe «Irent frNntn mein, 

ich Cutter (editrr um 14 fein. 

<J> $err gib ic. 

Warfritbrimn Ö -21 Jl’jm i,'0, 
trefvm ■nchiciil. 

901. ISST. i 

nt eine harte Xrifr vai 
man feinen Weg nicht u*ei0 
rufe 4n Nr brulinc Vomtlic »1 
jri?cn hir hen Weg jur drrlifrit. 

2luf hem IV rg coit tPetCm* nad* 

P.'Jl. <£t*am l/ll. 

Wer ludern unh n6rjr, 

Irr wirb poii v8ort befch&rtt, 

Irr t$err tvirh fern geholfen. 

3t>**» $ilf im tliinltnf fchrnfeii. 
pnnjing. iS 8. Cham l /0, 
tlldrtii Xohlmillrr. Prinuirjatiiig. 

«O». Oft. 188c. 82 3ahr. 

lllbx Bti& loftrnfopt } 

4>aU h« oorfibergehet 
Unö auf hirfe lafrl fr bet, 

«J> rhucr meiner mehr rrrgnTeu 
Unö mir ein Vatrr unfer betten. 

8d>tfain, i''|3au»0ang. 8,<3I. Cfrtnn i/0. 

3 Off rl> t7n ehr einer, 
gelt. 28. Sci»t. 18?$. 

(loöic-nfopt. ypiHjlrrnbrs 8mi.) 

Tu brarer Vater, echter Cbnit, 

Icr hu ren um« gefchirhrn biit, 
t* Irtt Hl ȆOff her cclc hoch, 

«r lebt in unfreit t?rrjrn noch. 

KtipfBr in inilt.td 8.-2I. Cham i/0. 

0eorg UTrinhl, 

gdt. 12. 8u«. J8S*8. 78 3aht*. 



3etjt bab «•* enhlich auiaelitrrn, 

£ab mir meiner ‘Rranfbrit viel gekritten, 
Vif eine twuerrolle n.-.dif 
tllir enhlich hat hen loh gebracht •> 
te» nt hoch einmal intgotrllt. 

'(hi icher mini auf hieirr Welt, 

3lt er arm ober reich. 

3m 0rabe find wir alle gleich. 

Mdptll« in 8ldibd.ti. 8. 21 Clfdm l/0. 
$ran$ .larrr «cfl, 

30»- 2s*- 3“*“ 187?- 24 V* 3ahr 

■?ieb! tpie heute hich belohnen 
hllef Volf pon nah unh fern, 

Unfer \Sott. her oben thronet, 

Wirh Oef V*olPc« Girren h8rn, 

Taf an heinem JNrttte hier 
Sufr : her St»ehe fei mir hir. 

2irnf<htpaN4 8ab»iK*i. 8 21. 1/0. 

■Ratharma Äeithmeier, 
^eiflrrftochtfr 1884 58 3*hre. 

ttobirnfopf nnb f idnrr ) 

3ei^ hab ich (iber-ivunhen, 

3en bin uh forgen frei, 

3<t* finh hie Zrinen- 
•^runhrn, s8ort fei häuf 

porbei 

t t t 

Wir bitten h«h o t^err mm 
hie *3eelc Teiner tieitn Wiener 
auf in hie Wohnung Seiner ^eiligen, 
ptittpn.j 8 21. Cbani 1/0. 

$ier auf hiefcii 2>rcn hat gcruth her 
, (nige.;d'tc UTidvael, I ilihner ‘^s'llner pon 
Priii 3 uig. 0»o». 8. Hot. I8?l. 

^chi 8lter 4? 3ahr. 

0 tlerr gib ihm hie ewige Suhe. 
Vater, Unfer. 



Jvuhig fchliet mit ^immelffehnen 
«fr her beite Vater ein, 

Zld> ihm folgen Ivifie JhrAnen. 

Sie ihm 2irau unh Kiiiher weih». 
tluiühiPiing 8iibnb#f 8. 21. Cl*am i/0. 
3«fO , h Hlühlbaner 
25. <?ept. 1885 - 44 3ahre. 

tlcbtrnfopf.) 

*) maiuhntal blo* Mr ftilrti 4 Vmjritrn. 



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im iiuyurisüimn Walde, 



95 



3‘h lieg im vBrab unb bin lugebfcFr. 
Hon tttcnfch tjl, brr muh aufcrreevfr, 
Ml# brr IMr »Bott «im lüngdoi Tag, 
Her ivcifr muh au# mcmrm Sehlaf. 
Ittintftttij 11 21 Cham. 



i ITIoifeh, tentf, um» Hu birt 
Hub um# auch Hein febrn ijl. 
«ui Sarg unb rut fdcbeuflctb 
IMribr Hir v#n aller ^jrrrlichfrir. 
il.'irmiiorfl, 11 - 21 . Cham 



Nicht selten enthalten die Sprüche ein Lob auf den Lebenswandel und 
das gottergebene Dulden und Leiden des Verstorbenen oder auch Klagen 
um die geliebten Todten. 



Hurj war brr Srlfn £cbcn#fri(l, 
loch fo vermengt mit r*ittrrrrit, 

3hr »Bctjl, ber nun entflohen nl, 
fitt «ilir# mit »BelatTdihcit. 

»Bebulbig lut ik alle fribrtt, 

Hie fir ron »Bett 3ur Vürb' befam, 

Much bulbrnb war (Je beim Scheiben 
211# ihr ber lob bir fajl entnahm. 

iWjiütittliiuj. 1'. 21. Ctam i/tP. 

Unna tllücFl von n<5|hvarrling 1863. 
v?6 3«il>r. 

(Jn bem Dort fommrn Cityfi poi ) 

»1> rühr fanft im fühlen Sehofi brr «rbe 
Jliuh maiuhrm "Kampf uiib mancherlei 
2V ich werbe. Wer buh grfannr, ber 
wirb unb mufi r# lagen, 

«# har rin rblr# in brinrr 2>rufl 

gefehlt ;gen. 

<Dft iwerbeii wir Hon gebot fen 
Hon »Brat* mit unfren Thrünoi trAiifen. 
«# itilrr unfrr Klag unb Jjlttin 
Her Troll. baß wir uh# wirbrrfrhn. 

Waffen bnnm. 8.>2I. CKnti i.'O. 

"Karolinr Offner, 
grjl. 24. 3anuar 1605. 44 2*br. 

Wrr fo fein febril jugebraehr 
Wir birfc Wittwe hier auf «vbrn. 

Her wirb auch in brr »5rabe*iiachr 
Vom Obigen ficht erleuchtet lurrbru. 

21t rt ibttMita. 8, *21, «£bam 

Witwe tllaria Vogl ; 

902. 5. Hot*. 73 3abr. 

«fliegen in brm llatnpf brr Schmcrjrn, 

Ha alle fruchtlo# war, 

»Bnb fir mit fromm ergebnen Serien 
Sich »Sott $um i'cbv'mten «]>pfrr bar. 

Ha liegt fir nun, bir £obru#hüUc 
3 war rhrüitoilo#, hoch thrinrn wert. 

Unb wirb in tiefen» Schmer jgrfiihle 
Hurch TbrÄnen noch im tSrab geehrt. 
Kapelle in Siaibad?. 8. -21. Cham V®. 
illaria K$f<h. 

geil. 2“. 3uiii 1665. 6? 3*>b"- 

Koch an ! Unheil war fein f eben. 

Voll von «Rualeu auch fein Tob, 

3ei3t für fein gerechee# •Streben 
«Blünjt ihm em ewige# ITIorgcnrcrh. 

KaprUr in Ultimi 8.. 21. Cham t t,n 
3bf, «ngl ron Ulilrach. 
geil ||. Uug. J6sM. 54 3abr. 

Hut eben Hiraj mit J fieinen Ktruyrn. , | ^ 



Vom rauben Sturm getroffen, 

I Vom Tobrfhauch berührt, 

3l> « 2luge nun gebrochen, 

| 3l» r ®od jum ficht entführt 

KapeUe in Ulilidcb 8 2! Cham . tf> 

Unna flfaria Wie#mairr, 
gell. Oft. 16»J. c4 3ahr. 

! tUcin Teurrftr# auf «rben 
tttufl hier 3um Staube werben, 

Hie Mlurter, welche mich grbahr. 

! Hir tu utrer. bir mir UUr* war. 

Ha# liebe Pfaub, b«# fir mir gab, 
fleh all mein »Blücf breft birfc# »Brab. 
2Itnid,'ttM-n, IV >21. Cham i/lP. 

Scholailifa fotrrmann, 
gnl- 13. 3 W »> 1664. 72 3ahr. 

(Cobtmfopf ( 

v5utrr UTann, bir jur «brr 
Srri ich birfc# Heufmal bir. 

Haufe bir für brm IVilrrboi, 

So bu rin|2m# bMirft hier. 

Wüufch bir ewig glücfluh febrn. 

Vi* ich wirbrr fomm ju bir. 

21cnfd]n<diig, Vabnbof. 8. II. Chain i/<P 
Ulu+K'.el TUrtu von fiminrb, 
gr»t. I6?5. 25 3abrr. 

(Coütmfopf . ) 

3u früh in brr Vcrwefuug#flur 
Sauf von bru «Itrriibrrjen 
Hird .Vior fMümdvu brr ilatur, 

Unb füllet (Ir mir Schmerlen 
So nur bir beehrte Seligfrit. 

?\ul>e feiner Wehr, 
flöjwatiüng. 9.>3. Cl>im i/iP. 

3üugling 3ofrpl> tHüdl. 
gol. 1665. 18 3<ib«v 
(3» bem Dotf fommrn Cidftf* i»t.) 

So wir eine iiiugr Xofe ron brm Sturm 
oitblAttrrt, hegt 
Ha# holbe IHAbehrn rmgrwirgr. 

Vom Tobe graufam ivrggrrflücft 
Schon in be# febrn# fdv5ii|lrr Vlüir 
Starb flr öabin. fleh rirl ju früh. 

Wrr (le fanntr bfbaurrt fir 
Um (Ir rrfthallt'# ron Traurrr5nen 
fang lliOieii noch brr «Item Thranrn 
3u brr «utfrrlrm hier hinab 
3n’# frühe »Brab. 

2Ir’iirf’ir.ing. 8 21 Ctam « ©. 

£ran)i#Fa BranM, 
geil. 22 . UTÄrj 16 i 4 18 V* 3 ^ 1 ?i^ 



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I»r I 1 !). M Halm 



9l> 



Tann Mn ich nicht rerlaffen, nicht allein, 

•?# giifjrn al* entfernter tWdifiiK’tf 
Turch meint IhrAnrn mich rin •^frrnrnfchrin, 
»'ergangene £ieb u»h hir grlicbtrii loten. 
JJfiimuM. Ö.*2I. Cham i,® 

3 'M'fvh •> 4 ii*l.thrr, 

30». H. tUai 1675 . 57- 3**>" 



Andere Verse fuhren die Verstorbenen redend an. entweder ermahnend, 
■lass man des .leuseits uud des Gerichtes gedenke, wie z. B. 



*J> ifwigfot, o ^rligrot wir «achten 
Tich l‘o gruig. hir 4! ruh thun 
b3ff* imrr mehr, al# wen 
fein iBott im ^immel 
Wer. 

IPiQnming. H. 51. €h»»*u i/® 
iBeorg Wäret, 

30» Ungut» 1671 . mittag# 12 Uhr . 
c2 3*1* 

{Ubt mit* Iubtrnfv>|>f ) 



Ulan boffo hört rin rw ge# Hoch 
II uh lehrt hier hen *^inhrn gleich 
Unh grht hen IVrg \ur $3Uc. 

Ihm» lebf» hu l‘o uuh t'iirchto» nicht 
Mm «nhr cPotte# •Strafgericht 
Weh hemer armen ^Sede. 

Mrnfd'B’ang. V.-M. «tham i/®. 

»tortbolomen# ^tuijl, 
go». IS. UTai 1667- 64 3*1* 



!Hit Macht wirh hir pofaune fliugni 
3br lohten wacht, fommt vor Bericht 
Wirh MUr bin ium throne iwingen. 

>ba man nach Hecht unh Ifahrheit ir rieht, 
hcipdlr in iMiiibad?. V >21. <£Kmi I/® 

331143 Seiherer. 

30». 5. UTÄrj 1674. 33 3 *br. 



Oder der Verstorbene erzählt von der flüchtigen Zeit und der Vergäng- 
lichkeit alles Irdischen oder von den Schrecken oder der Herrlichkeit des 
Jenseits. Die Bitte um ein Vaterunser wiederholt sich häufig. 



Vater, wenn hir ‘Rtiihrr tragen. 
Wo i»» unfre Mutter bin? 

IMi fie weinen unh r lagen, 

*3o lag'# ha# ich im Fimmel hm. 
TVmher, wen her Vater weint. 
Irocfnet ihm hir IhrÄiien ah. 
Pflanur, wen hir *5oime icheiur. 
!£ure IhrAuen mir an*# <5rab. 
ll'iiffctibtann. Ö.-3I. Cham iy®. 



ÜWr tPofclVI, »Veit uns jtit 
2hm ich icttt erhahen. 

Mich wirh ihn (hwigfeir 
.Sreut unh *3rgm Iahen. 

HnpeJlr in milia* Cbaiu i/®. 

•jrau TtvrriY Vrru, 

go». 30. ®Pt. 1677- 77 ? 3*1'" 



«rtarung n» he# Mlter# Throne 
Trum b3rr wa# ich öurch 77 3*»'" 

Mut hirfer Wett erfahren bähe: 

MUer «rhen '3dTUchfot fehneU pcrgeht. 
Wer aber cBott hioit her allein ivflebr. 
$err gib je. 

JVoffmbrunn , 8. *21. Ctxini 1/®. 

Wolfgang «eher, 
gri». .Sehr. 1666. 77 3*bre. 

, lo&ft tifoff unh 2 gcfniifir Cidjttr lu untoim 
lidjrn {«udfteru.) 



Tie Welt bah ich bewohnt 

hi# 3« meinen nrumiuhfch’#igt»rn 

£eten# 3*»>"' 

Trr l[ot bat mich belohnt 
mir her bitteren lohtrnbare. 
ptirtjntg Ifcaiu i, 1 ®. 

Iherefia JSabl. Mu#nabm#U'ntwe 
von Priti3tng. 
cPet». 14. 3*" u * r 166?- 

Wann werhe ich hie ^errlichPeit wohl 
fchaurn. 

Tie hört hem mihen thrhcnpilger ivinfr, 
Wann wirh midi jene Wonne ibmauen. 

Tie hört her tPcif» vom üeih gefchiehen 
trmPt ? 

Vielleicht ach, halb wirh er ju Staub 
Unh her Verwdung fichrer Hauh. 

Palfin« 8,«M. Cham i/®. 

3ofefa ieitermann, 

30». 10. *?ev’t. 16?5. 7? 3*bre 

303t ha ich 3d»orboi hin, 

$ang ich ertf $u leben an. 

3ch werhe wie hie Heben 
Mm t&ngtfm Tage wieher auf’en»ebu. 

® $crr gib je. 
irofftnbrunn, 8.«JI. Xt-ani 11®. 

Iboma# iPhttlinger. 
gei». Te3. ?.V 4? Jahre. 

(iichin ??y 



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Todlnahrpttor im bayerischen Waide. 



9t 



3<b lebte viel« 3abrr lang, 

‘Ta nahm tarn alle* feiiun (Bang. 

Salb gut, halb fdilimm, hoch iiiemal« gleich 
Voll iiuberuug unb wcd)fflradi, 

Siub unferc lebmtiarc. 

2ttnf<b<vang. 8.*2I. Cham i/fl). 

IVatb. (Brat, Sauerttodirer reu Strinhrrg 
tyi Sdiurnnberf ; unverheiratet, 
g eil. 2 3 uni 1 660- 71 3*br. 

•Du riefil, idi felge gern ber Stimme mrinrt 
•Snm. 

Sduiu aber bie ricinrii Waifen an, 

4)b ich fk fdiou verladen faim. 

£n übernimm»! mir meiner Seile, 

Tlu* mg Ir ich bie \\wer»lellr. 
il> vBatrui, Umber weinet nkftf 
iBott frlbfl erfüllet meine Pflidir, 

S*ie id> ewd» nodi erweife« feil 
rinn «Batrin, lUnber, lebet wohl. 

2luf be-ni jrirMyr iw Kunbtiig S.*3I. «tbam ifiD 
IKutv.rl Stiglmeicr. Sfonmrtj ; 

geil. 22. HTat 1662. 33 3abre. 

(Hur cm Ktruj.) 

i7idit ein lange« leben fr ebner, 

Huri gelebt nnb felig fein 
3»l viel beiter. (Bert beiebnet 
!Tlid>, fein IMnb, bin «di auch Hem. 
liebet ujobl 3br meine JirrmKr, 

Ulfen» lebet lange necb, 
lebet fromm unb lieber «jeinbe; 

Stüber leib ihr alle bodi. 

Sd 2lni|d)ti\itij. 8.- 21. Clym i'® 

Xaver $ranj 1685. 16 3abre. 
t«öbrn ZoMrufapt mit Flamen, jiuci Cid.irt.) 

3m iBrobe muH id> rerwefen. 

IHM $u bi»t, bin ich govefen. 

Wa* i<h bin »viril bn halb werben, 
lebe fromm auf biefer Urba» 

So viril bu einil felig werben.*) 

KaptUr in SMaibad» 8. 21. Ojant i 
jofrf a<M*. 

ge»l. 10- 3dnuar 1666. 75 3abre. 

•) prtglrid?r !>**« a. a. ®. INH. 6. «»4 



3<h war mehr bed* au 3abren 
3»»eiunbbrrithg jiblre faum ich nur 
Mod» badtte id» nicht an‘« Ererben, 

Ie<b ber Tob verfolgte meine Spur, 

(Bert rüf mi<h hinüber in ba« 3mfeit«, 

Wo wir alle Selig flnb ; 

Um midi weim mein bnuitrr «Batte 
unb mein liebe« Hmb. 

Rdltfam H.»8. llym i/©. 

,Srau» Zberrfla Sriebt, 
geil. 25. Hug. J866- 32 3«tw. 

(XoMrnfopf » 

5)ie Mathr, bie midi berf beiter. 

Si« midi ber Ungcl »reget, i»l furj, 

lau ruft mein $ctlanb midi 

3n« Keidv wo Miemanb ibrbr, *u fld». 

*1> tlieer ber Sei i gleiten Um 

4)rt mir ju bereiten. »Bing mein 
Hrrlifer bin vor mir Urilan- 
bener idi felge bir. 

Kaprfl« in 8lail>a<b. il. -51. Zbani i/lD. 

Huna Pfefer; 

geil. 5. tffai 1660; 65 3abr. 



3di »Urb fo eben um bie 3e*t 
Wo Uufdiulb, Zugrnb jr&mmijfeit 
Sei ben jartni H naben thronen ; 

3m sBrab uedi i»l bie« meine $mib. 
lebt IWenfdien für bie VwigCrit 
2?ieH will ub, — ferne ZbrAnen. 

ZlratttAlfleu. 8.« 21. Ibam «/®. 

Irr rugen&fame "Knabe lllei« Jfifdvr. 
geil. 1650. im H. leben«jabre. 

(8U0 bn M. llloYilut.) 

legt bie Indie in bie Urbc, 

^3rr, bie lebte* iSleefe ruft 
Sie babin, »re Staub »le »rerbe 
3ll eröffnet feben bie »Bruft. 

Hmber brrbet an bem ®rte 
Wo idi mebre. oft für midi. 

Dibrrkub, 8..2I. It’iilbmüiidjfit 
3ef<fa tllauerrr, lIu«nabm«bAuerm. 
geil. 10. JDej. 1660. 



Seltener begnügt man sich mit einem Bibelwort wie etwa: leb habe 
Trübsal uml Schmerz getänden und den Namen des Herrn angerufen, 
l’rienzing 1S58.) Es scheint, dass iji früherer Zeit mehr die ungebundene 
Redeweise auf den Brettern vorkommt. Anderen Heimen liegen merkwürdiger 
Weise oft Verse aus protestantischen Gesangbüchern za Grunde, so z. B 



SrnH immerhin mein leib in’* vBrab, 
iBett wirb mi<h wu beleben ; 

•Icr iBett, ber mir &« leben gab, 

Wirb mir'* einil wte&ergrben. 

3di ȟrebre bie IVrirefung mebf. 
tnm «Bott i|l meine 3*»»’Cr|ldit. 

2luf brnt ll'r.t poii ETcibin^ imdi biilftna 
8. «21. Ibtini ij®. 



Ibriflu« lebr, mit^ibm audi tdi. 

Zer wo finb öeme Sdireefen 7 
lbri|tu« lebt uub nnrb audi midi 
Vom Zeben auferwetfai. 

Hanfdiu, 8. -21. Zbant t ®. 

Sran»i«fa Weller. 

$*. H er. 1661. 63 3*ihr 

(Zobienfapf ) 



Auch unsere deutschen Dichter werden zweckentsprechend verwertbet, 
so z. B Geils'ls Erühliugslied, Schilleis „Glocke“ oder „Des Mädchens Klage" 




98 



l>r Hi. M Halm. 



Wenn tir, o JWuttrr, Mnjr unb jrjiir, 

Mit fri bir $«SU au« «rNu, 

Hur unrcryi<rt auf vBort rrrtraut, 

•U* mu|» bocb •ir&hluig wrrbrtt. 
ülinmaifl. 9. *21. fbiiut 

Hummer unb •Sorgrn, flr ncbmrn nubr ab, 

Kubr uub Jinrbrn grwAbrr nur bat tBrab. 
Nehmet Nr IbrAum prrgrblidvu 
Klagm uub wniim ivrtft XoMr intbt auf. 
9ibnb.id; , 9. -21 U. , J«&imii<d’fn. 

Unna Trml, 

gr»t. 1?. Mpnl 1862- im c4. 3abrr. | 

Besonders schöne Sinusprüche , die 
kummen, finden sich im Bezirke Cham, 
oder jenen die Herkunft zu ermitteln. V 
waren erfolglos. 

Irr 3Angling hoff Nt »Srritfrt 3trl, 

Trr Wann no<b frutrr 3abrr vifl, 

Trr iBrrit ju virlru noch rin 3abr, 

Unb frutrr mmt Nu 3mum war. 

Kapeile in Ifliltisd*. 9.*M. £1 .hh l/lP 
3 ofrpb Welt ; 

grrt. II. 3uni 1876. 76 3dbrf. 

tat ftbAnrtr Wart tu rmrt tbriitm 2Hnn&, 
TrrbrbrtfrXuf aut frommm ^»rru'ntgniiib, 

Ter fa|l brr «fugrl £*b noch Abrrifngt, 

Irm Olortrt t|>br fub »oll lEnn&cfnt nrigt. 

Won 6orr, Mein lUln. 

R l P 

2if nid’u-Mng. 9. -II. £l>m i/0. 

.Srau.Mtra Kotmairr, 
obnr 3‘it>r0d"9- 55 3abr. 

(gobtrnfopf.) 

Wir brr »3rurm jum Wrrrr rtlf. 

Unb auf Nm Wege mtbr vmuolr. 

*40 grbt brt Woifrbrn HrNntjot 
3« Nu •Strom ber «tt'igfor. 

9ö*iuiiid? 9md, 9. »II. C'oIjnifUiiufj'. 
iBrorg Kraul« von KAfrng 

(<l?urr uuj.» ilrLlt. ) 

Hotb ilrbt auf «erbrn 
Tir ^unnwldrircr. 

Wo Woifchrn aitfchlummrrn 
^ufrirbm uub brurr. 

Hrin jdut ut ju mrbrr, 

Konr Kammrr au firm, 

’ür flirgru bir Qhigrl 
3nm ünnlrr buinn. 

2ltn|(inMiig, 9abnK>t. 9. 21. £i|uni ij'0> 
iTTaria ^cAgrr, 
flrit. CTov. I8?2. 7? 3abrr. 

J> wohl brm, brr nadt rblrr Shat 
Int fiilsru *S<Waf getunben bat 
3>n ibllrit »Krab brr tBrAfrr. 
r üt ftbwiugr jum bobnt “StmioKhor 
UhiffriTrlt fidi Irin »Bort rmpor 
Itird* ^immrltliifrr. 

21mfduMiij , 9. 21. £Ntm i/0). 

»Brorg ^cbmatAl, 
grft. 5. 3> llH, ai 18?J. 63 3-^' r - 

■ loOtrnfiU'f.) 



Md* bir tBatrui ifTt, bir Tbrurr. 

Üib rt ul bir trrur Wuctrr. 

Tir brr f<bu>ar)r ,Sfonl brr •Sdvtrrru 
WrgtAbrt aut Nm Mrm brt Jlattoi 
Hut Nr jarrru KwNrfrhar 
Tir fir bllihrnb tbm grbar 
Tir fir au Nr rrrunt IVutf 
Watbfrn fab mir 2t?urrrrlu|t. 

K.iprtJe in m.liodj. 9 21. tKini i,'«P 
•irauiitfa rrc.br! ; 

grtf. 7 Hov. 18c?. 95 3abrr. - 

fast alle nur ein einziges Mal vor- 
Vielleicht gelingt es noch für diesen 
ersuche meinerseits in dieser Kichtung 

Itr 3 M $™& S'fbr rem Kr<bt Aum ürtrn, 

Iir Hoff mu|i rorm •SturtmiMiib NNn, 

3mmrr gu'br gil»?i brt Tobrt *^<WiiH. 

Irr 3»m9r faun. brr M Irr muH. 

KuprUr in 9!aiKtdj 9 -2« £fcuM i.CTt 
illubarl jinl ; 

‘S.tibfrbunNrvi'obit von Nr t?arrt; 
gn». 23. vTfr. 187c. 18 3^". 

lat armr $rr$. bintirbnt 
V*OU mauthrm *^furm Nu-rut, 

•erlangt rr|f uv. bim .Srirbru 
lann, twnn rt uirbt mrbr fdtlAgt. 
bapeUr ln Ht.lMdi 9.-3. £horo i ,'©. 

Wo I f gang ^ol.Afr. 

14. IrA- I8?3. 81 3*brc. 

Still mrmaub wirb bir Kofrn brrebru. 

Ich nubt utglmb bir lArurr »Vibm. 

•nirb. baH Tii birr bir lArurr tübltf 
Wenn tu bort Kofcn pfliidm khIIH. 

3» twr Ktfrilt bei üeuinuM. 9.-2I. £l.int i, t'V 
Tbrrrt *iif<brr, 

gri>. 3- 211 Ar a 188?- 70. 3abr. 

l£obtrntopf ) 

!T7ana bir lu lirbrriib bi|l 
Shv Hilf Iriur KntNr, 

Wril Irmr tSftrr grAHrr i|t 
Kit alir *S«bulb brr *3Anbrr, 

Mlrin Irort uub mruir ^oifnung tlrbt 
3" IrmrtfiBitaNn ^Anbru. 

Wruii alir« febon au x&rimN gebt. 

Kanml Tu bat {Jnl uorb fruNn. 
bdifing, 9.-9 £ Nt in i /<D 

21li<b. Wrgrrrr, 

gril. |?. 3um I8?3- 33 3*'hrr. 

llntrr 2>lumrii tiurrr i^Uirbrn 
l'lAbt rin Vriltbrn utunbrrfcbAii : 

2116g brr ^tmmrl rt Nburrn 
Hübt im *Stunn rt unrrrgrb'u ! 

To<b rin »engrl uabr Nm iBarrm. 

Pflucftr rt mit rafchrr ^aub. 

Kl Ab Ni un«. »vir 21 Ur warrru 
Tu Nu flingrln nab vcnvaubt. 

KaprUr in tHiliadi 9 -U. Cfmni t,0). 

Tir riigrubrridir 3> l,| 9f>'au ütana Mfcfl, 
uril 18 Kpnl I8?3. 15 3ahr. 



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Todtenbrottor im bayerischen Walde. 



U9 



Auch der unfreiwillige Humor macht sich in diesen Volkepoesieu geltend, 
sei es durch die Art des Keimes, die Logik, die Ansdrucksweise u. A. Als 
Beispiele seien die folgenden Inschriften angeführt: 



ruhen feie reihen Srrr ' ‘Sehieeitern 
3 ungf rauen Uldru und ^rangiifa unb 
Katharina Nab , 2Saue ni®röchrerii von 
Pringmg. $ic .Sr.mjtePa ul grflorben 
10- 3&n*tr I$ö8 alt 7 3ahr unb Mt 
Warta bcn 21. 3Änn<T unb Katharina 
fern 7 3Äimcr IScc alt */» 3ahr. 
tit 5m 3ungf rauen m fünfter 
Kuh fchlidcn hier eure t!> Uugrn ju. 
Iie Hofe auch. io fth&n fie Mt, 
fo Purj 1(1 funt (!i lauer Stift. 

Öo eilt auch bie fchinftc Jett 
Irr 31901b ju Vtrpigrnlwi. 
piinjinj. IV 51, Cham i /©. 

3 irr um® 3efu® fpricbr 
3br wißt brn lag, bie *3runbf mdit 
Xirum feib 3hr lief® bereit 
YDeiin er üud> ruft jur Vwijftil. 

»>in ju ftintm i5ortc®rbron 
3<i empfangen i£ueru 4L ob« 

£tttt mir mit frommen dinn 
Weil i!» ich fo früh grllorbeu bin. 

Ctiurau, y >2l. IPaltmidttdren. 

Wargarrrbe Hifcfel, 
geft. I?. 3au 16S7- 

(Kmt>. jiirbrnbriicf : Itt.uia auf 23fl*äuir.) 



Wichael batik ich, 

3h &m tfiinmel rat fr ich, 
ntufi bi reit, wo® mrm 3d’u* dagr 
Weine Sieben gurte Macht, 
ptinjing. y.*2I. Cham i y®. 

Wichael *abl, 
geft. 5. 4>Pr. 1860. 

(Hrruj unb frillid} Cufcirr.) 

Wohl fefeabe, baß er fault im tSrabr, 

2lu® brm er mehr mehr wieberfebrf, 

•renn al® 3üngling wie al« Knabe 
$at er bic leitern »ler® geehrt. 

Öeiu £crj war gut, fein Kopf war helle 
Unb wahrhaft rbri feine *3celf. 

3»* gut für biefe® Welrgewimmcl 
Strbob fein «Seift ft di gegen Fimmel. 
HaMing, IV Il . Cham i/lD. 

3ob- 78 3abr. 

geil. 13. «Pfr. 1882. 

(Cbrifln* am Kreuj.) 

Naftlc* war fein gange* Cebcn, 
lfm iScbet war er er geben, 

Sit tlaitii bie mit ihn» »mint 
iPft noch heiße IbrAnen weint. 

IPdlbuM. 3. '21. l»ot^n{hauj| 

Wichael tfoffmaiin non lüalöau, 
geft. 15. 3 uni 1$*5. 52 3ahre. 



tSleicb wie am wolfmfchwerrn Fimmel 
Verfliegt ba® Wergrmorb, 

.Slohfl £u auch au® bem tScwimmel 
®cr trüben 4Leten*notb- 
VhAmi 3 >11. Oittn |haf. 

Walburga Wuljrr, 

7. Sept. 1887- 54 3 fl b r t- 



Drei Verse, die für ganz bestimmte Fülle gedichtet sind, auf einen 
Schneider, einen Schmied und einen, den der l'od plötzlich ereilte, mögen 
diese Anthologie volkstümlicher, urwüchsiger Poesie beschliessen. Ich habe 
nur eine Auswahl geboten; leicht Hessen sich hunderte anführen. Freilich 
sind nur wenige so origiuelle wie die folgenden zu finden : 



LCer Kleiber viel har er gemacht. 

$och fein uiMkrblichr* vollbracht, 
üaju gcfe6tt ein grißrer Ulriflrr, 

Itr neibcii Fann nur pure »Seifler 
Wir ewig fchinem Srftgrwanb 
3m anbem, beiTeni Vatfrlanb 
$eu Uiiterfchieb er wüßr ju fagen. 
Wenn wir ihn filmten barum fragen. 

KapeBc in IltilM.t y,. 21. Cham i/iD. 

3ofeann Magi, 

2lu®iiabm«fchneiber von Wilracb ; 
geil 28 Teg. 1888 77- 3>»hr. 



Sein ilarfer 11 rm feat au®gefchlagen. 

Sein fchwerer Jammer ruht für lergr, 

Mt ehr barf er ^ttge mehr ertragen, 
i£r rvirb mir •richweiß nicht mehr benetjt. 
i«r hilf nun immer Feiertage 
3m grofr® 6*»u* brt ^immeUbemi, 

•Cr Pennt nicht mehr ber Wer Prag» plage, 
>c® leuchtet ihm ein fchinrrr *3terit. 

Kapellr In yUuh.ulf 23. .21. Cf.mt I/O. 

3ofeann Nainer, 

^aifler von s5|lemet ; 
geil. 10. Üfbr. 188^: 58 3»bre. 



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100 



br. l>li. M Halm. 



Okfunh 91119 uiiirr Wurr au«, 

3 u lang frhrt fr nid* uirfuf in*# ^«ul. 

Wir ftichrru luuh ihn, 

T\ur$ uom £ftfn grühirN-n fanhfn u*ir ihn ; 
loch fuhren wir harauf, 

5fr lirtf »Bort nahm ihn im 3*mnirl auf. 

(DO SidHimtiK). S."U. E\>brniruu{t 
30 h. *?c*tmfi|lfr. 
f ?• 3um 

lÖJuft tsufjrtlrUt.; 

Das Altei (1er Bretter. 

Obwohl wir annelimen müssen . dass der Gebrauch der Todtenbretter 
weit zurückreicht, so haben sich doch äusserst wenige, die über die Mitte 
dieses Jahrhuuderts zurück reichen, erhalten. Die 
Unbill der Witterung zerstört bald das Holz. Wirft 
der Wind die Breiter nieder, so bleiben sie zumeist 
liegen und vermodern. Nur selten Bischt man die 
Bretter auf. Am häufigsten fielen mir erneute Todten- 
bretter am Friedhofweg von Ruuding, B.-A. Cham, 
und bei Kötzting auf. Das rasche Vermodern der 
Bretter zwang uns, auch weniger alte zu berück- 
sichtigen, um so mehr als auch noch ortspolizeiliche 
Vorschriften sich jetzt gegen ihre Aufstellung zu 
wenden beginnen. Unter Hinblick aut diese rasche 
Vergänglichkeit sollen für spätere Zeiten diese Zeilen 
ein Bild über den Gebrauch der Todtenbretter von 
heutzutage geben und so einen Beitrag für die Volks- 
kunde des Waldes bieten. 

Das älteste Brett, das Dr. Hein fand, stammt 
aus Bodenmais und zwar ans dem Jahre 1843. Es 
gelang mir, an der Kapelle von Prienzing ein ebenfalls 
aus dem Jahre 1843 datirtes Brett, das von einem 
andern bedeckt war, zu linden. Das Altei' dieses 
Brettes möge die Anführung der hier folgenden voll- 
ständigen Inschrift rechtfertigen. 

5.« Mt fiiif harte ?\ri|i 
Wenn man hen UYg iiuht weil» 

•3o frage Sic hrcv ^eilige it-uih 
3o9fu hir N-n Weg nur «^ftiglfit. 

5aruiit<r : 

-IM; war t'ic Ilcnrf Txuhcitf auf htefer weit 
hf# Vhrhimi Wolfgang ^eigl tBanjcrfraucr 
von pnu.iing gf|l. t*rn 5. 3ulv ahro&f um 
5 Uhr im c4. Ifhcn« 3 k '^ r - 
Anno 1S43. 

Die Bemalung (Abbild, a) zeigt zu oberst das 
Bild des Verstorbenen, der vor seinem Patrone, dem 
hl. Wolfgang, kniet. In der Mitte des Brettes ist 
ein kleines Bild der hl. Familie, ganz unten ein Todlenkopf angebracht. Ich 
vermuthe, dass hinter den neueren Brettern der Prienzinger Kapelle noch einige 
ziemlich ebenso alte zu finden sind. Das nächst älteste Todtenbrett steht der 




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Todtonhretter iin bayerischen Waldr. 



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Kapelle bei Nenmttble, B.-A. Cham. — von 1850 mit dem Bilde des bl. 
Aloysius. — Prienzing weist dann noch drei Bretter vom Jahre 1858, 1864 
und von 1806 auf. S. S. 97, 

Wie ich schon bei der Form der Bretter berührte, halte ich es nicht 
für unmöglich, dass einige der grabsteinäbnlichen Todtenladen mit ihrem 
Empirecharakter in frühere .Jahrzehnte zurückgehen. Da mir weitere Anhalts- 
punkte für den jedenfalls sehr alten Brauch der Aufstellung der Todtenbretter 
fehlen (s. hierüber Dr. Hein, a. a. O. S. 99), so milchte ich nicht blossen 
Vermuthungen hier Kaum geben. 

lieber den Gebrauch der Todtenbretter. 

Der Versuch, von den Landbewohnern etwas über den Gebrauch der 
Todtenbretter und der Todtenbräuche im Allgemeinen zu erfahren , erwies 
sich in den hier behandelten Bezirken meist erfolglos. Eine gewisse Scheu, 
eine Art von Furcht, ein Geheimniss zu verratben, war nur zu häufig die 
Antwort, die meine Fragen fandet). Ohne mich aut Schön werth oder andere 
Schriftsteller, welche den Todtenkult der Oberpfalz behandelten, einzulassen, 
führe ich hier nur an, was ich dem Lande selbst entnehmen konnte und mir 
als sichere Wahrheit verbürgt ist. 

Der Gebrauch der Todtenbretter ist heutzutage auf das Land beschränkt. 
Ist jemand verschieden, so nimmt man ein beliebiges Brett, das man entweder 
über das Bett, d. h. auf das Kopf- und Fussende des Bettes (Arnschwang) oder 
auch über zwei Stühle (Arnschwang) oder — was sehr häufig geschieht — auf 
die Ofenbank legt. Alsdann wird der Todta darauf gebettet und Blumen und 
Lichter um denselben gestellt. Die Todtenwacbe halten die Nachbarn. Zuerst 
wird gebetet, dann aber trinkt man Bier oder Schnaps; nicht selten wird 
auch dem Kartenspiel gehuldigt. Die Todtenwache dauert oft die ganze 
Nacht, oft aber auch nur bis Mitternacht. Bei dem Leichenbegängnis« selbst 
wird das Brett entweder mitgefahren wie z. B. bei Chammttnster (Jauabof) 
und bei Dalking. Am Friedhof nimmt es der Schreiner in Empfang. In 
anderen Orten, z. B. Arnschwang, holt es der Schreiner im Hause ab. Nach 
den drei Seelenmessen geben alsdann die nächsten Leidtragenden, die für das 
Todtenbrett noch weiter zu sorgen halten, nachdem sie bei Pfarrer und Lehrer 
ihre Gebühren entrichtet haben , sogleich zum Schreiner. Sie wähleu meist 
nur den Spruch aus und Überlassen die weitere Ausstattung dem Schreiuer. 
Die Rechnung wird im voraus beglichen. Durchschnittlich wird 1 ,1t 70 ^ 
bezahlt, es scheint, dass eben ein Gulden die alte Taxe war. Ziemlich 
allgemein misst man dem Schreiner nicht sehr grosse Ehrlichkeit bei und 
zeiht ihn , dass er besonders gute Bretter für andere Zwecke benütze. Im 
Allgemeinen soll das Brett innerhalb acht Tage von ihm gefertigt sein, was 
jedoch durchaus nicht immer der Fall ist. Jedenfalls muss es am Aller- 
seelentage am Aufstellungsorte stehen; anch biefür hat der Schreiner zu 
sorgen. Aus einer nicht ganz sicheren Quelle (Weiding) hörte ich, dass der 
Pfarrer, wenu er zum ersten Male au einem neu aufgestellten Todtenbrette 
vorbei geht, drei Kreuze darüber mache ?! 

Beiträge aur Anthropologie. XII B«I. 3. Heft g 



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I»r. rh M. Iliilm 



Eine besondere Verehrung knüpft sich an die Bretter nicht; es beten 
höchstens theilnebmende Verwandte oder Bekannte des Verstorbenen im Vor- 
übergehe» ein Vater nnser. 

Obwohl die Todtenbretter zumeist als solche angesehen werden dürfen, 
anf denen der Todte wirklich geruht hat, so lassen sich doch auch Fälle 
konstatiren, wo das Brett nur als eine Art Denkmal aufgestellt wurde. Ich 
führe als Beispiel das Brett eines Soldaten bei Chanierau an , der 18S-1 im 
Lazareth zu Straubing starb (Abb. 3). Bei Nösswartling stellte man in eine 
Gruppe von Todtenbretteru eine Blechtafel für einen Soldaten auf, der 1866 
in der Schlacht bei „Helmstadt“ und Rossbrunn gefallen war. Beachtenswert)! 
erscheint mir noch ein Todtenbrett bei Arnschwang, das einer Bauerns- 
tochter von Steinberg bei Schwandorf gilt. Dortselbst kenut man zwar die 
Aufstellung von Todtenbrettern nicht, wohl aber sonst ihre Benützung. 
Fremden scheint man also in Arnschwang die gleiche Ehre wie Einheimischen 
zu erweisen. Ein einfaches Brett bei Eslarn wurde einem Militärärzte 
errichtet, wie es scheint, auch nur als eine Art von Denkmal. 

Dass Todtenbretter des Oefteren benützt werden, scheint ausgeschlossen 
zu sein. Ein einziges nur, an der Kapelle von Prienzing . das drei rasch 
hintereinander verschiedenen Kindern gilt, hat vielleicht dreimal dem gleichen 
Zwecke gedient, wenn es nicht eben auch nur als ein Erinnerungszeichen 
angesehen werden darf. Siehe unter den Sprüchen S. 99. 

Einfluss und allmähliches Verschwinden der Todtenbretter. 

Ob sieb wohl ein Einfluss der Todtenbretter auf die Ausgestaltung von 
Grabsteinen nuchweisen lassen wird? Kurzer Hand möchte ich diese Frage 
weder bejahen, noch verneinen. Statt einer bestimmten Antwort will ich 
hier nur zwei mir beachtenswerthe Wahrnehmungen kurz aufübren. Aut 
dem Friedhof von Vilzing, B.-A. Cham, Anden sich eine grosse Anzahl Grab- 
denkmäler, die in Material und ihrer Ausführung ganz den dort üblichen 
Todtenbrettern gleichen. Ferner findet sich im Friedhof von Chammünster 
ein am Boden liegender Grabstein vom Jahre 1874, auf dessen oberer Flüche 
ein Kreuz skulpiert ist. Zu Seiten des Kreuzes sind zwei geknickte Kerzen 
ausgehauen. Die Aehnlichkeit mit den in der Gegend vielfach vorkoinmendeu 
Todtenbrettern ist unverkennbar. In letzterem Falle kann ich mich der 
Vermuthung, dass ein Einfluss der Todtenbretter hier zu Tage tritt, nicht 
erwehren. Vielleicht lassen sich anderwärts noch ähulicbe Beispiele finden. 

Allem Anscheine nach, und nach mündlichen Mittheiluugen zu schliessen, 
war der Gebrauch der Todtenbretter noch vor kurzer Zeit ein weit ver- 
breiteterer. Es ist anflällend, wie sehr jetzt in einigen Gegenden auf dem 
alten Brauch verzichtet wird. Freiwillig aber scheint mir dieser Verzicht 
bei einem so konservativen Volke, wie es die Waldler siud, nicht zu sein. 
Vielmehr dürfte er oft sich auf gewisse ortspolizeiliche Vorschriften zurück- 
führen lasseu. So darf im B.-A. Vobenstrauss und Waldmünchen kein Brett 
mehr au den Hauptverkehrswegen aulgestellt werden, um das etwaige Scheu- 
werden der Pferde zu vermeiden. An anderen Orten sucht man mit auderen 



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Todtenbretter im bayerischen Wähle. 



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Mitteln gegen den Brauch der Todtenbretter anzukämpfen, indem man sie 
einesteils als gegen die Hygiene verstossend (?l), andertheils als das ästhe- 
tische Gefühl (?!) verletzend hinstellt. Wer wird das glauben wollen?! 
Diese unstichhaltigen Gründe ziehen aber auch zumeist nicht. Der alte 
Brauch wurzelt doch zu lief im Volke. Sieht der Bauer nicht wirklich einen 
schädlichen Einfluss der Bretter, wie er sich z. B. bei Vohenstrauss durch 
die vor den weissen Laden scheuenden Pferden häufig zeigt, so sind alle 
Mittel vergebens ihn von den Sitten und Gebräuchen der Vorfahren abwendig 
zu machen, und das ist nur zu loben. Statt an solch uralten Einrichtungen 
zu rütteln , erscheint es vielmehr angezeigt , diese Pietät gegen das Alte 
rühmend anzuerkennen, um so mehr als ja die vererbten Volks-Sitten und 
Gebräuche immer mehr auszusterben drohen. 

Dieser letzt angeführte Umstand hat mich veranlasst, der alten Ein- 
richtung der Todtenbretter — freilich vorerst nur eines verhättuissinässig 
kleineren Bezirkes — eine Betrachtung zu theil werden zu lassen, die man 
auf den ersten Blick vielleicht kleinlicher Ausführung zeihen möchte. Ich 
nehme den Tadel ohne Weiteres bin. Mag man auch mehr des multa als 
ales multum darinnen linden, so ist es doch immerhin etwas bei der geringen 
Würdigung, welcher die Todtenbretter des bayrischen Waldes bis jetzt für 
werlh erachtet wurden. Meineu lieben Freunden aber im schönen Walde 
biete ich diese Abhandlung zugleich mit herzlichem Danke für die Unter- 
stützung, die sie meiner Forschung angedeihen Hessen, als ein Zeichen 
freundlicher Erinnerung. 



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Dr. Ph M. Halm, Todtonbrettei im hayerischou Walde. 



Abbildungen: 

Tafol VITT. Kapellen mit Todtenbrottern in Miltacb und ßtaibach. 

Tafel IX. Todtenbretter io Arnsehwang, Biberbach und zwischen Treffelstein und Tiefenbach. 
Textabbildungen. Todtenbretter: 1. und 2. bei Blaibach , 3. bei Chamerau, -4. bei Runding, 
5. in Prieoziog. 

Die sämmtlichen Abbildungen sind mit gütiger Erlaubnis dos k. bayr. Genoralkonaervatoriums 
nach Aufnahmen der Inventarisation der Kunstdenkmale Bayerns hergestellt. 



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Die Bevölkerung des bayerischen Schwabens in 
ihrer geschichtlichen Aufeinanderfolge. 

Vortrag yoq ür linuumitu, Keichsarchivrath, 
gehalteu in der Anthropologischem Gesellschaft zu München 26. November 1897. 



Oie Wanderungen der europäischen Indogermanen bewegen sich in der 
Richtung von Osten nach Westen und von Norden nach Süden. Die einzige 
Ausnahme davon bildet die keltische Völkerwanderung, die zu Ende des 
5. Jahrhunderts v. Chr. , zu derselben Zeit, als die Griechen sich im 
peloponnesischen Kriege zerfleischten, von Gallien aus ganz Central- und 
Südeuropa in Mitleidenschaft gezogen hat und deren letzte Ausläufer in 
Kleinasien zu bemerken sind, wo sich keltische Stämme in dem nach ihnen 
genannten Galatien im 11 Jahrhundert v. Chr. niedergelassen haben. 

Von dieser Völkerwanderung wurde die alte Bevölkerung in Oberitalieu 
bis an den Etsch und die im südlichen Deutschland weggefegt; nur in dem 
Gebiete der heutigen Ost-Schwei/., Tirol s und des südlich angrenzenden italieni- 
schen Hochgebirges hat sich die alte Bevölkerung, rätische und illyrische Stämme, 
erhalten. Welches Volk von den um das Jahr 400 v. Chr. in das Land zwischen 
Donau und Hochgebirge einwandernden Kelten hier vernichtet worden, ob ein 
lignrisches oder ein rätisches oder ein illyrisches oder ein selbständiges indo- 
germanisches, darüber weiss die Geschichte keine Auskunft zu ertheilen. Es 
ist von ihr auch keine Auskunft zu erwarten , denn es ist so gut wie aus- 
geschlossen , dass über eine so entfernte Zeit heute noch neue schriftliche 
Quellen entdeckt werden. Möglich aber ist es, dass die Sprachwissenschaft 
uns über diese Verhältnisse einmal einigerinassen Auskunft geben wird. 
Wenn die Namen der Flüsse, die fast alle iu die graue Vorzeit zurückgehen, 
wenn die Namen der Orte und Völker, die aus dem Alterthuine überhaupt 



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IM. Haumanii. 



erbalten sind, in ganz Süddeutscbland, Oberitalien, Gallien u. s. w. gründlich 
studiert und mit einander verglichen werden, so ist es durchaus nicht aus 
geschlossen, durch dieses Studium hinter der keltischen Schichte mit Sicher- 
heit eine ältere feststellen zu können. 

Die Kelten, die im bayerischen Schwaben sich um das Jahr 400 nieder- 
liessen, lernen wir mit Namen erst ganz spät, erst in demselben Jahre, das 
ihrer Nationalität die Todesglocke läutete, kennen. Sie nannten sich Yinde- 
licier. Diese Kelten zeifielen 15 v. Chr. in mehrere Unterstämme, von deuen 
speciell links und rechts des Lechs die Likatier, d. h. Lechrainer, angesessen 
waren. Wie weit dieser Stamm sich gegen Westen nud Norden erstreckt 
hat, wissen wir nicht, er scheint aber aber die Donau hinaus gegangen zu 
sein Denn auch in denjenigen Tbeilen Schwabens, Mittelfrankens und Ober- 
bayerus, die hier später zur Provinz Rätien gehörten, stossen wir auf Orts- 
namen, die keltischen Ursprungs oder keltischer Form sind, z. B. Celeusum, 
Iciniacum, Biriciana, Septemiacnm, Losodicu. Opia, Aqttileia. 

Südwestlich von den Likatiern war der Stamm der Estionen angesessen. 
Aach diese Estinnen sind Kelten, denn der Name ihrer Stadt Cambodunum ist 
unzweifelhaft keltisch, und ausserdem kennen wir noch die Namen dreierürte, die 
fast mit Sicherheit dem Gebiete der Estinnen angehört haben, nämlich Vemania, 
Cassiliacum und Navoa. Ob aber diese Estinnen Vindelicier gewesen sind, 
ist zweifelhaft. Es ist nämlich im höchsten Grade aulfällig, dass das Sieges- 
denkmal, das der römische Senat dem Kaiser Augustus für die Unterwerfung 
Rfttiens und Noricums errichtete, nur vier Stämme den Vindeliciern zugesteht, 
die Likateu, Catenaten. Rucinaten und Cousuaneten, und die Rationen über- 
haupt nicht erwähnt. Da aber Strabo uns auch meldet, dass die Vindelicier 
einen grossem Theil des Bodenseeuters, denn die Rätier, innegehabt haben, und 
dass Tiberius sie in einem Seetrefleu auf dem schwäbischen Meere geschlagen 
habe , so müssen wir trotzdem annehmen , dass auch diese Estionen zu den 
Vindeliciern gehört haben. 

Die Vindelicier sowie ihre südlichen Nachbarn , die Rätier zeichneten 
sich durch besonders räuberischen Sinn aus. Oberitalien hatte fast Jahr für 
Jahr schwer unter ihren Raubzügen zu leiden. Das bot dem Kaiser Augustus 
guten Anlass, ihr Land seinem Reiche eiuzuverleiben. Es war aber blos 
der Anlass. So wie so wäre das Verhängniss Uber Vindelicier und Rätier 
gekommen, weil Augustus erkannt hatte, Italien wäre gegen das Eiudriugen 
von Barbaren, wie es die Cimbern und Teutonen schrecklichen Andenkens 
gewesen waren, nur zu schützen, wenn das Voralpenland dem römischen 
Reiche einverleibt und die Dunau zu dessen Grenze gemacht würde. 

Der Feldzug der Römer gegen die beiden Völker verlief kurz, aber blutig. 
Es war der Zweck des Kaisers Augustus, das Land zwischen der Donau 
und Italien znr Schutzmauer seines Reiches zu machen. Es wurde desshalb 
schonungslos in römischer Kriegsweise gegen die Besiegten verfahren. Wir 
wissen, dass vou den Kätiern 40000 Mann in die Sklaverei verkauft wurden; 
nicht besser wird es den unterlegenen Vindeliciern gegangen sein. Was 



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Pio UovölkeruoK ilos bayerischen Schwabens iu ibror gcsuhiuhllichen Aufeinanderfolge. ] 07 

immer vun ihnen in ottenem Felde oder in ihren Refugien in die Gewalt der 
Römer fiel, wird ohne Dnterschied des Alters und Geschlechtes der Knecht- 
schaft verfallen sein. Aus dem Reste des Volkes aber wurde Jahr für Jahr 
die waffenfähige Mannschaft herausgezogen, um als sogenannte Auxiliartruppen 
in fremden Provinzen des römischen Reiches zu dienen. An ihre Stelle trat 
ein massenhafter Zuzug von Romanen namentlich in die Städte der aus den 
rätiscben und vindelicischen Gebieten neu eingerichteten Provinz Rfttia. 
Insbesondere wird die Hauptstadt der neuen Provinz Augusta Vindelicorum 
nach dem Beispiele der Römerkolonie Augusta Rauracorum am Rheine von 
Anfang an mit römischen Bürgern besiedelt worden sein. So entstand in 
Rätien ein Mischvolk mit lateinischer Sprache und römischer Gesittung. 
An keltische Mundart erinnerte da bald nichts mehr als die Namen der 
Flüsse und einiger Ortschaften. 

Die römische Provinz Rittia erhielt gegen Einfälle nordischer Stämme 
dadurch Schutz, dass ihre Grenze jenseits der Donau gegen Germanien durch 
den Limes befestigt wurde. Als vollends im Laufe des 1. und 2 Jahrhunderts 
die Agri Decumates durch Fortsetzung des Limes bis an den Main und Rhein 
ebenfalls in das Gebiet des römischen Reiches einbezogen wurden, schien die 
Provinz Rätien für immer gegen feindliche Einfälle gesichert. Sie erfreute 
sich in der That, auch einer gewissen Blnthe. Das zeigt das jetzt noch vor- 
handene dichte Strasseunetz in ihr. 

Aber für immer hat auch der gewaltige Limes nicht geholfen. Schon 
ltil n. Cbr. brachen die Chatten in Rätien ein und verwüsteten das Land. 
Auch in den Markomanuenkriegen blieb diu Provinz nicht unversehrt , denn 
an diesem Kriege betheiligte sich auch der andere germanische Nachbarstamm 
von Rätien, die Hermunduren. Wie sehr das Lund damals gelitten habeu 
muss, geht daraus hervor, dass Kaiser Septimius Severus und seine Söhne 
Geta und Caracalla auf einer Reihe rätischer Meilensteine als Wiederher- 
steller der Wege und Brücken gefeiert werden. 

Im dritten Jahrhundert traten an die Stelle der Chatten und Hermundureu 
als Verheerer von Rätien die Alamannen. Jetzt kamen über diese Provinz 
schwerste Zeiten. Immer wieder stürmten die Alamannen gegen sie au und 
verheerten das Land mit Raub, Mord und Brand. Ja gegen das Ende des 
3. Jahrhunderts haben sie Rätien geradezu in Besitz genommeu und sind 
von hier aus sogar in Italien eingefallen. Solchen Schrecken haben sie damals 
im Centrum des Homerreiches verursacht, dass in Rom zum letztenmale ein 
Menschenopfer dargebracht wurde. An diesen Einfall der Alamannen in 
Italien erinnert heute noch die Stadtmauer von Rom, die Kaiser Aurelianus 
damals zum Schutze der Welthauptstadt gegen diese Feinde hat erbauen 
lassen. Aurelian war im Kampfe mit den Alamannen vom Glücke begünstigt; 
er hat Italien von ihnen befreit und sie nach dessen Befreiung nochmals 
auch aus dem südlichen Theile von Rätien vertrieben. Das nördlich der 
Donau gelegene Reichsgebiet aber konnte w'eder er noch einer seiner Nach- 
folger dauernd den Alamaunen wieder entreissen. 



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Dr. Naumann 



108 



Wie entvölkert und menschenleer zu Anfang des 4. Jahrhunderts in 
Folge dieser unaufhörlichen Einfälle der Alamannen Rätieu war, bezeugt die 
Tbatsache, dass die Römerstadt Cambodunum, ohne dass sie zerstört worden 
wäre, um 300 n. Cbr. von ihren Einwohnern verlassen worden ist. So sehr 
war deren Zahl damals zusammengeschmolzeu , dass sie es vorzogen, dem 
alten hochgelegenen Cambodunum deu Rücken zu kehren und sich auf dem 
Areal der heutigen Altstadt Kempten neben dem erst vor kurzem aufgedeckten 
Castrum Cambodunense niederzulassen. 

Seit Diocletian hatte Rätien, das zu Ende des 3. Jahrhunderts in die 
Provinzen Rätia Prima (im Hochgebirge) und Rätia Secunda (zwischen der 
Donau und den Alpen) getheilt worden war, einige Ruhe, ganz frei war es 
freilich auch im 4. Jahrhundert von Einfällen der Alamannen, insbesondere 
ihrer Unterstämme, der Jutliungen und der Lentienser, nicht. Die Grenze 
schirmte damals wohl schon die Reihe von Festungen längs der Donau und 
der Iller: Venaxamodurum , Parrodunum, Guntia, Piniana, Coelins Mons, 
Cassiliacum, Cambodunum, Vemania, Brigantium. 

Auch zu Anfang des 5. Jahrhunderts blieb die Provinz noch römisch. 
Wir wissen, dass der Statthalter von Rätien, der Germane Generid mit 
mächtiger Hand die Angriffe der Germanen auf Rätien damals abgeschlagen 
hat. Hach ihm fiel aber wenigstens das Flachland zwischen Donau und 
Alpen in die Gewalt der Alamannen, denn 430/31 hat Aetius, der letzte 
Feldherr Westroms, die eingedrungenen Germanen aus Rätieu und Norikum 
vertrieben. 

In den folgenden Jahrzehnten des 5. Jahrhunderts wird Rätien in den 
damals allerdings fast versiegenden Geschichtsquellen nicht mehr genannt. 
Wir wissen nur so viel, dass die Alamannen auch in der zweiten Hälfte des 
5. Jahrhunderts Rätien links des Lechs noch nicht in Besitz genommen 
haben. Rätia Secunda war damals zwar von der römischen Regierung so 
gut wie autgegeben, aber die romanische Bevölkerung in ihr war noch vor- 
handen. 1 ) Wir haben uns die Geschicke der Rätia Secunda in der zweiten 
Hälfte des 5. Jahrhunderts so vorzustellen, wie sie nach dem Zeugnisse der 
Vita Severini die römischen Provinzialen in Noricum Ripense erlebt haben. 
Damals haben demnach die Romanen auch in Niederrätieu schauerliche 
Zeiten zu überwinden gehabt; sie konnten sich uur in den noch ungebrochenen 
Römerorten und auf dem Lande in Ansiedelungen, die unmittelbar vor schutz- 
bietendem Walde lagen, halten. 

Dass im 5. Jahrhundert und noch später in der That Romanen in Rätia 
Secuuda vorhanden gewesen sind, dafür gibt es eine Reihe von Beweisen. 



’) Die folgende Darstellung über die Romanenreste in Rätia Socunda, über die ale- 
mannische Niederlassung in dieser Provinz und über Herkunft uud Identität der Alamannen 
und Schwaben behandle ich eingebend mit dem nötbigen Quellennachweise in deu „Forschungen 
zur Schwäbischen Beschichte“, dio im Frühliitge lsys im Vertage dor Köscl'scheu Buchhand- 
lung zu Kempten erscheinen werden. Die Leser, die sieb näher mit diesen Fragen beschäftigen 
wollen, erlaube ich mir auf dieses Werk geziemend zu verweisen. 



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Die Bevölkerung des bayerischen Schwabens in ihrer geschichtlichen Aufeinander folge. JOB 



Es ist einmal ganz auffällig, dass der Name der Provinz Rätien im 
bayerischen Schwaben sich erhalten hat. Er lebt heute noch im nörd- 
lichen Theile der Provinz, in dem sogenannten Kies, fort. Damit aber 
nicht genug, im Mittelalter nannte mau auch die Gegend um Augsburg 
im Gegensatz zu dieser Landschaft um Nördlingen das „obere Ries“. Dem 
oberen und unteren Ries im Bisthume Augsburg aber gegenüber hiess das 
deutsche Mittelalter Churrätien (den Kern von Rätia Prima) das „mindere 
(d. i. kleinere) Ries“. 

Es haben sich ferner in dem bayerischen Schwaben eine Reihe von 
Namen alter Römerorte, selbstverständlich in deutscher Umgestaltung, er- 
halten, wie Cambodunum (Kempten), Coelius Mons (Kellmünz), Pitiiana (Finn- 
in gen), Guntia (UntergUnzburg), Drusoinagus (Druisheim), Augusta Vindeli- 
corutn (Augsburg), Abudiacum (Epfach), Navoa (Nawe, so hiess das au der 
Stelle von Navoa stehende Eggentbal noch im 12. Jahrhundert). 

Dass in diesen Orten aber eine römische Bevölkerung noch unter den 
Schwaben fortlebte, geht aus der Thatsache hervor, dass in zweien derselben, 
in Augsburg und Epfacb, Christengemeinden in trüber Zeit erscheinen. 

In Augsburg wurde nämlich im ö. Jahrhundert das Grab der hl. Afra 
geehrt. Das kann nicht von eingedrungenen heidnischen Alamannen geschehen 
sein , sondern nur von Romanen. Dass die Romanen in den Donauläudern 
aber schon vor dem Ende des Imperiums christlichen Glaubeu angenommen 
haben, wissen wir aus der Vita s Severini, 

Wir haben im bayerischeu Schwaben des weiteren Namen, die uns zwar 
keine Quellen aus der Zeit der Römerherrschaft nennen, deren Form aber 
trotzdem ihren romanischen Ursprung beweist. Wir haben einmal nicht weit 
von der Donaugrenze ein Waldstetten und ein Waldkirch ; diese Orte habeu 
mit „Wald“ nichts zn thun, wohl aber mit dem deutschen Namen für die 
Romauen „Walch“, sie bezeichnen also Ansiedelungen von Walcben, mit 
anderen Worten von Romaneu. Uudeutsehen Klanges sind des weiteren im 
bayerischen Schwaben wohl auch Roggden (alt Rotigenl, unweit von Druis- 
heim (Di usomagus), Pfersee bei Augsburg, Jengen bei Buchloe (alt Genigun), 
Irsee (alt Ursin) und Pforzen bei Kaufbeuren, Echt am Auerberg, Rauns (alt 
Hans, Rains) bei Kempten. 

Nicht sehr weit von Kempten liegt ferner jenseits der wiirttem- 
bergischen Grenze Urlau (im 9. Jahrhundert Urallon, Urion), dessen Namen 
mit Erl bei Kufstein identisch scheint, denn Erl heisst im 8. Jahrhundert 
Orilan , das aber geht höchst wahrscheinlich auf eiue Urform „[FuudusJ 
Aurelianus“ zurück. 

Im Hochgebirge selbst finden wir Pfronten (entstanden aus Ad Frontes 
sc. Alpium). Der Name ist synonym mit dem der Nachbarstadt Füssen, das 
man ohne jeglichen Grund aus einem unbelegbareu „Fauees“ abzuleiten ver- 
sucht hat. In Wirklichkeit ist Füssen Dat. plur. des Wortes Fuss und 
bedeutet, wie Pfronten Alpenrand besagt, Ort am Fusse der Alpen. Auch 
im Oberallgüu leben heute noch romanische Ortsnamen. 



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110 



I)r. Baumann. 



Ich nenne von denselben zuerst den des Weilers Liebensteiu zwischen 
Sonthofen uud Hindelang. Das scheint urdeutsch, ist aber gar nicht deutsch. 
Das Volk nennt den Ort nämlich Liubischt, dies aber ist nach der Er- 
klärung meines verstorbenen Freundes Buck romanisch , ist entstanden aus 
(Campus) Lupascus, bedeutet also Wolfsanger. Die Kapelle dieses Oertchens 
ist nach der allgemeinen Volkssage der Gegend die Mutterkirche für das 
ganze obere illerthal gewesen. Diese Sage beweist wiederum, dass auch hier 
das Gedächtniss des Volkes längst vergangene Zeiten, von denen die Ge- 
schichte uiehts mehr weiss, nicht ganz vergessen hat, mit anderen Worten, 
dass auch in und um Liebenstein eine christliche Uomaneugemeinde ebenso, 
wie in Eptacb und Augsburg lange Zeit noch unter den Schwaben sich er- 
halten bat. 

Bei Oberstdorf liegt der Ort Gerstruben. Sein Name ist entstanden 
aus crista ruinae (italienisch crista di rovina). Ein dritter Romanenort in 
der Oberstdorfer Gegend ist das Dörfchen Kornau. Sein Name klingt zwar 
wie Liebeustein urdeutsch, ist aber dennoch vordeutschen Ursprungs; 1 löti 
lautet derselbe Corneia, das ist eine Bildung wie Aquileia. 

Für eine ehemalige romanische Bevölkerung im Hochgebirge des bayer- 
ischen Schwabens spricht ausserdem die Fortdauer vonleulscher Berg- und 
Flurnamen bis zur Stunde in den Allgäuer Alpen. Diese Thatsacbe ist um 
so beachtenswerther , als das Volk sonst auf Bergnamen kein Gewicht legt. 
Wir finden um Oberstdot'f von solchen Namen Hofats (offenbar eine Bildung 
auf -accia, dessbalb im Volksmunde stets „die Hofats“ genannt), Satenker, 
Salober (einmal unweit der Höfats, einmal am Alatsee bei Fussen), Entschen 
köpf (1059 Eunoscliin), Hoher Ifen (gleichen Wesens mit dem Namen des 
Beiges und der Stadt Neifen in Württemberg), Gentschel (campicellus). Sehr 
häufig ist im Allgäuer Hochgebirge sodann eiufach oder in Zusammensetzungen 
„Gund , Gündle“ (1059 gunbet), entstanden aus cumbetta, d. i. kleines Hoch- 
thal; auch C'ley (clivus) findet sich dort als Flurname. 

In Wasserburg am Bodensee wurde im .Jahre 788 eine Leibeigene 
Liupria mit ihren Kindern freigelassen, ihr Freibrief bestimmt, sie habe von 
nun an nach römischem Rechte zu leben. Das beweist, dass in Wasserburg 
noch im 8. Jahrhundert Leute vorhanden waren, die nicht nach schwäbischem 
Rechte, sondern nach der lex Rotnana lebten, selbstverständlich nicht nach 
dem Codex Justinianeus, sondern nach dem in Currälien mündlich Überlieferten 
Rechte, das Bischof Remedius von Chur im 9. Jahrhundert sogar theilweise 
schriftlich festgelegt bat. 

Wir wissen ferner aus den Listen der Klöster Kempten und Otten- 
beuren in den Verbrüderungsbüchern von Reichenau und St. Gallen, die aus 
dem 8. und 9. Jahrhundert stammen, dass in der Gegend dieser beiden Gottes- 
häuser unter den Alamannen Leute gelebt haben, welche lateinische oder 
christliche (das ist für jene Zeit in Schwaben im grossen gleichwertig) Namen 
trugen, und unter diesen Namen finden sich auch solche, die dialektischer 
Natnr sind, also nicht mehr aus dem alten Latein stammen, sondern zu der- 



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l)io Hovölkormig dos bayerischen Schwabens in ihrer gesebichtiiehon Aufäinaniiorfolgo. 1 1 1 

selben Lautstufe gehören, die das Rätoromanische nach Ausweis der St. Galler 
Urkunden im 9. Jahrhundert in Vorarlberg erreicht hatte. Ich erinnere nur 
an den in diesen Listen vorkoinmendeu Namen Jectadus (entstanden aus 
älterem Jactatus). Ebenso erscheinen dialektische Formen in jüngerer Zeit 
in den Ortsnamen Epfach und Kempten. Der erstere hiess ursprünglich 
Abudiacum, in der unter Diocletian zu Anfang des 4. Jahrhunderts redigierten 
Notitia Dignitatum aber lautet er Abuzacum, eine Weiterbildung, die beweist, 
dass auch im rätischen Latein der Zischlaut schon so frühe eingetreten ist, 
denn Abuzacum verhält sich zu Abudiacum wie Clauza, (Name der Mutter 
des im 9. Jahrhundert lebenden Breonenedelings Quartinus in Tirol) zu 
Claudia. Auch Abuzacum hat sich nicht im Volksmunde zu erhalten ver- 
mocht. ln der um die Mitte des 9. Jahrhunderts redigierten Vita s. Magni 
lesen wir dafür Epthalicus, dies aber ist eine adjektivische Weiterbildung von 
entschieden dialektischem Gepräge. So aber müssen die Schwaben von den 
Romanen den Namen gehört haben, denn ans ihm, nicht aus Abudiacum ist 
der deutsche Name Epfach entstanden. 

Gleichzeitig mit Epthaticus erscheint auch für Cambodunum eine neue 
Form Campidona, diese aber ist die Mutter des heutigen „Kempten“, 
denn nur aus ihr, (licht aus Cambodunum erklärt sich der Umlaut (a-e) 
in „Kempten“. 

Das dürfte zum Beweise genügen, dass noch unter den Schwaben zwischen 
Iller, Donau und Lech Romanen vorhanden gewesen sind 

Bedeutend kann jedoch ihre Zahl nicht gewesen sein, denn sonst hätten 
sie viel mehr Ortsnamen ihrer Sprache den neuen Bewohnern ihres Landes 
überliefert. Wo die Romanen in grosser Zahl sich zu behaupten vermochten, 
sind auch nach ihrer Germanisierung die überwiegende Mehrzahl der Orts- 
namen der betreffenden Gegend romanisch geblieben. Das beweist Tirol und 
Sttdvorarlberg. 

Wann die Romanen ihre Nationalität verloren haben, wann sie unter den 
Schwaben aufgegangen sind, vermag Niemand zu sagen. Es ist in hohem 
Grade zn bedauern, dass die Urkunden, die darüber hätten Aulschluss geben 
könneu, nämlich die des Hochstifts Augsburg und der Klöster Kempten, 
Ottenbeuren und Füssen aus dem 8 und 9. Jahrhundert spurlos zu Grunde 
gegangen sind. Wir haben aus dieser Zeit nur noch Urkunden des Klosters 
St. Gallen, und zwar nach Hunderten, aber diese Urkunden geben über das 
bayerische Schwaben nur spärlichen Aufschluss, weil die Bewohner dieses 
Landstriches fast ausnahmslos nicht nach St. Gallen, sondern an die Kirchen 
Augsburg, Ottenbeuren, Kempten und Füssen Schenkungen gemacht haben. 

Es treten aber bereits im 9. Jahrhundert nach dem Zeugnisse der 
St. Galler Urkunden in Vorarlberg unter den Romanen, die hier viel massen- 
hafter, viel geschlossener als im schwäbischen Vorlande sich erhalten haben, 
fast ebensoviele Alamannen auf, wir dürfen dessbalb annebmen, dass itu 
9. Jahrhundert im bayerischen Schwaben keine romauiseben Laute mehr zu 
hören waren. 



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112 



Dr. Haumnnn. 



Wie die Romanen unler den Schwaben aufgegangen sind, das kuiiueu 
wir wohl noch sagen. Ein grosser Theil derselben wird eben auch von der 
Noth der Zeit wie ihre alamannischen Nachbarn das Eigentbum au ihren 
Hufen, um höheren Schatz zu bekommen, den Klöstern und weltlichen Grund- 
herren hingegeben und dieselben gegen Zinsleistung zurückempfangen haben. 
Dadurch verloren sie ihr angestammtes römisches liecht, denn von nun an 
lebten sie nach dem Hofrechte ihrer Herren und bekamen das Connubium 
mit den übrigen Hörigen ihrer Herren. Auf diesem Wege verloren sie sich 
unter der Mehrheit ihrer neuen Genossen. 

Vielleicht gibt es aber im bayerischen Schwaben auch Romanen, die ohne 
Verlust ihrer Freiheit unter den Alamannen aufgegaugen sind. 807 hat 
nämlich König Ludwig der Deutsche eine Reihe von Argengauern, also 
Mannen aus der Lindauer Gegend, von ihrem bisher dem Könige zu leistenden 
Zins befreit und ausserdem ihnen das Recht der übrigen Alamannen, das inan 
im Volke damals Fhaat nannte, verlieben Dieses Phaat ist aus Pactus 
umgebildet, Pactus aber ist der stehende Name für die lex Alamanorum. 
Dass der König dieses Recht Alamannen verliehen hat, ist sehr sonderbar, 
denn da im karolingischen Reiche die Personalität des Rechtes herrschte, ist 
gar nicht abzusehen, wie es je in Alamannien Alamannen gegeben haben 
soll, die nicht nach dem Pactus gelebt haben. Diese Schwierigkeit schwindet, 
wenn wir annehmen, dass die in Frage stehenden Argengauer romanischer 
Abkunft waren, dass sie aber, weil sie alle deutsche Namen tragen, 
längst die Nationalität ihrer Ahnen verloren batten und vollständig mit 
ihren schwäbischen Nachbarn verschmolzen waren , so dass es sich 807 bei 
ihnen blos um die nachträgliche Anerkennung eines bereits bestehenden Zu- 
standes gehandelt bat. Wir haben gehört, dass in Wasserburg Leute lebten, 
die nach der lex Komana labten, und 807 treffen wir in derselben Gegend 
Leute, die alanmunisches Recht bekamen. Ich meine, da liegt es sehr nahe, 
dass diese Leute in der That romanischer Abkunft gewesen sind. 



Ich komme nunmehr zur jetzigen Bevölkerung des bayerischen Schwabens. 
Am frühesten besiedelten die Schwaben von dem hier in Frage stehenden 
Lande den nördlich der Donau gelegenen Theil. Dieser Theil war, wie schon 
gesagt, bereits zu Ende des 3. Jahrhunderts den Römern verloren gegangen. 
Damals bildete die Donau hier die Nordgrenze des Orbis Romanus, der am 
Transitus Guntiensis endete. 

Die Schwaben , die sich im nördlichsten Tlieile Rätiens niederliessen, 
nannten sich nach ihrer neuen Heimath geradezu Raetovarii, d. h Mannen 
aus Rätien. 

Im 5. Jahrhundert müssen diese Rätowaren etwas über die Donau hinüber- 
gedrungen sein. Das lehrt die Art und Weise ihrer Ortsnamen. Nördlich der 
Donau herrschen nämlich die Ortsnamen auf „ingen“ vor; das ist ein Beweis, 
dass die Raetovarii, wie überhaupt alle Alamannen nördlich der Donau in ge- 
schlossenen Sippen von der neuen Heimath Besitz genommen haben. Dieselbe 



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Die Bevölkerung des bayoriavhen Schwabens in ihrer geschichtlichen Aufeinanderfolge. 113 

Bildung der Ortsnamen finden wir aber auch südlich der Donau in einem 
schmalen Streifen, der sich in Württemberg nirgends von diesem Flusse über 
drei Stnnden entfernt, im bayerischen Schwaben aber auf den Steilrand des 
südlichen Donauufers einschrumpft. Auch in diesem Streifen herrschen die 
Ortsnamen auf „ingen“, auch hier lebt also eine Bevölkerung, die nach 
Sippeu sielt niedergelassen hat. Dass dieselbe aber in unmittelbarem Zu- 
sammenhänge mit der des anstossenden Hinterlandes jenseits der Donau 
steht, beweist die grosse Markgenossenschaft von Riedlingen- Ertingen an der 
wUrtteinbergiscben Donau. Sie bestand ans elf grossen Gemeinden nördlich 
uud südlich der Donau, die jetzt selbständig sind, die aber noch zu Anfang 
dieses Jahrhunderts eine gemeinsame Weidegenossenschaft gebildet haben. 

Das ist nebenbei gesagt auch ein Beweis, dass die Gaueintheilung nicht 
so alt ist, wie man gewöhnlich meint , denn diese Markgenossenschaft wird 
von der Donau, dem Grenzflüsse zwischen dem Eritgau und dem Gaue Affa 
durchschnitten. Diese Markgenossenschaft bestand also schon , bevor der 
Grafschaftsverband in Schwaben eingerichtet worden ist. 

Die ßesiedelnug dieses südlich der Donau sich binziehenden Landstreifens 
durch die nördlich dieses Flusses längst heimischen Alamannen ist im 5. Jahr- 
hundert geschehen. Ich kanu diese Behauptung zwar nicht mit der Sicherheit 
der Mathematik beweisen, aber glaube sie doch einigermassen rechtfertigen 
zu können. Wir haben nämlicb zwei Orte an der Donau, deren Namen gut 
deutsch klingen, aber trotzdem aus der Sprache der rätischeu Romanen ent- 
lehnt sind. Der eine dieser Namen ist Finningen bei Neu-Ulm, entstanden 
aus Piniana, der zweite Faimingen bei Dilliugen, entstanden aus dem Namen 
einer Römerfestung ersten Ranges, deren Namen wir leider nur im Locativ 
Poinone kennen. Wir wissen nicht, ob diese Feste Porno oder Pomona 
geheissen hat. Diese beiden Namen haben die Alamannen so frühzeitig über- 
nommen, dass dieselben nicht mehr als Fremdwörter empfunden wurden. 
Dies folgt daraus, dass dieselben die althochdeutsche Lautverschiebung voll 
mitgemacht haben. Diese beiden Namen Finningeu und Faimingen lauten 
nämlich mit „F“ an, während sonst der Anlaut „P“ in romanischen, ver- 
deutschten Wörtern in den Katzenlaut „Pf“ sich verwandelt hat, z. B. in 
Pforzen, Pfronten, Langenpfuntzen. Das spricht dafür, dass Finningen 
und Faimingen früher als Pforzen und Pfronten schwäbisches Sprachgnt 
geworden sind. 

Ganz anderer Art ist die Bildung der Ortsnamen im bayerischen Schwaben 
südwärts dieser rütowarischen Zone. Hier sind die Ingen-Orte nur vereinzelt 
vertreten; in grösserer Zahl Huden sie sich da nur nördlich und südlich von 
Augsburg in einem langen, schmalen Streifen längs der Wertach und um 
Memmingen. Die ganz überwiegende Mehrzahl der Orte im bayerischen 
Schwaben tragen Namen, die auf die Besiedelung durch einzelne Personen, 
nicht durch Sippen hinweiseu. Daraus geht hervor, dass liier nicht glück- 
liche Sieger wie im Schwabenlande nördlich der Donau eingezogeu sind und 
sich geschlossen in Verwandtschaftsverbändeu niedergelassen haben. Hier 



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114 



Dr. Kaumauii. 



erscheint im Gegentbeil der Sippenverband gesprengt; die Bevölkerung, die 
sich hier niederliess, bestand aus einer Menge von isolierten Leuten, die einer 
gewaltigen Katastrophe entronnen zu sein scheinen. 

So ist es in der That. Die Stammväter der Oberschwaben südlich der 
Donau sind ein Theil der durch den Merovinger Clodwig nach Süden ver- 
sprengten Reste der Nordalamannen. Unter denselben waren ohne Zweifel 
auch einzelne Sippen, denen ein gütiges Geschick ihren Verband ungestört 
durch die Katastrophe bringen half. Dass diese wenigen Sippen bei der 
Ansiedelung in der nenen Heimath bevorzugt wurden, liegt nahe. Ihnen 
wird der fruchtbare Boden um Augsburg und Memmingen bei der Ver- 
theiluug des Landes zugewiesen worden sein. Das ist der Grund, weshalb 
wir an der Wertacb und um Memmingen zwei Gruppen von Ingenorten 
an treffen. 

Wie aber ist die Ansiedelung dieser Flüchtlinge in Rätien und der 
Fortbestand von Romanen unter ihnen zu erklären? 

Der Mann, der das weströmische Reich vernichtet hat, der Rogier Odoakar 
war nicht im Stande, die Ansprüche des römischen Reiches auf Rätien auf- 
recht zu erhalten. Das wurde aber anders, als der Ostgothe Theodorich 493 
in Italien sein Reich errichtet batte. Dieser König hatte nicht nur den 
Willen, sondern auch die Macht, die Herrschaft über ganz Italien in seinem 
alten Umfange, also im Sinne der Dioecesis ltalia, zu der Rätien gehörte, 
zu gewinnen und zu behaupten. Theodorich hat in der That Rätien seinem 
Reiche eiuverleibt, und zwar beide Rätien, nicht blos Rätia Prima in den 
Alpen, Das folgt daraus, dass er einen Statthalter beider Rätien (duz 
Raetiarum) Namens Servatus eingesetzt hat. Diesem Herzoge hat er, weil 
er Rätien als Bollwerk Italiens („munimiua ltaliae") erkannte, die Aufgabe 
gestellt, Rätien sorgfältig vor Einfällen der „ferae et agrestissimae nationes“ 
zu hüten. Wer anders aber sind unter diesen nationes zn suchen, als die 
Alamannen, die damals östlich von diesen bis znr Donau sitzenden Thüringer 
und die östlich von den Thüringern hausenden Vorfahren der Baittwaren? 
Sollte übrigens Italien gegen die Einfälle dieser Völker vollkommen gesichert 
werden, so durfte Theodorich nicht mit der Besitznahme beider Rätien sich 
begnügen , dann musste er auch Noricum und Pannonien festbalten , mit 
anderen Worten, dann musste er die Grenze seines Reiches nach dem Vor- 
bilde der römischen Kaiser an die Donau vorschieben. Dies hat Theodorich 
denn auch getban ; noch nui 534 wird die Donau von Cassiodor als Grenzfluss 
der ostgotbischen Herrschaft bezeichnet. 

Kaum hatte Theodorich die entvölkerte Douauprovinz Rätien in Besitz 
genommen, so gab er ihr auch neue Bewohner. Er überliess Rätia Secunda 
bis zum Lech 506 den Alamannen , die nach der vernichtenden Niederlage 
ihres Volkes durch den Frankenköllig Clodwig aus ihren Sitzen im Rhein- 
und Mainlande flohen, und zwar geschah dies nach dem Zeugnisse des Ennodius 
„sine detrimeuto Romanae possessionis“. Diese Angabe bezieht sich nicht 
auf das Staatsgebiet, denn Theodorich hat den Umfang seines Staates, den 



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L>io ltevölkoruug des haycnscheu Schwabtsis in ihrer geschichtlichen Aufeinanderfelge. 115 



er selbst als Bestandtheil des Römerreiches (Orbis Romanos) ansab, durch 
die Aufnahme der Alamannen ja nicht verkleinert; er bezieht sich auf Privat- 
besitz und besagt, dass durch die Ansiedelung der Alamannen in Rätien der 
Besitz der dort noch vorhandenen Romanen nicht gefährdet worden, dass 
diese auf ihrem Grund und Boden unbehelligt von den Ankömmlingen geblieben 
seien. So erklärt es sich , dass noch so lange im schwäbisch gewordenen 
Kätien Romanen existiert haben. 

Lassen Sie mich hier einen Blick über die Grenzen meiner eigentlichen 
Aufgabe hinaus auf die Baiuwareu werfen. Auch deren Land im alten Kätien 
und Noricum stand unter der Herrschaft Tbeodoricbs, konnte von ihnen 
also nur mit dessen Genehmigung besetzt werden. Auch unter ihnen sassen 
Romanen; auch sie sind also „sine detrimento Romanae possessionis" in das 
Donauland gekommen, flire Stellung zu der fränkischen Oberherrschaft, der 
sie im 6„ 7. und 8. Jahrhundert unterstanden, ist genau dieselbe, wie die 
der Schwaben jenseits des Leches, beide Stämme standen damals lediglich 
unter loser Schutzherrschaft der Franken und erfreuten sich einer weitgehenden 
Selbständigkeit; sie hatten eigene Herrscherhäuser und führten sogar selb- 
ständig Kriege, die Baiuwaren mit den Slaven in Kärnten, die Alamannen 
mit den Burgundern. Diese freie Stellung beider Stämme ist aber nicht 
etwa erst nach dem Beginne der fränkischen Oberherrschaft entstanden. Wir 
wissen, dass die Ostgothen ihre Rechte über die Donauländer 586 den Franken 
abgetreten haben. Eine Verschlimmerung der Lage ihrer Bewohner aber ist 
durch diesen Wechsel ihrer Oberberren nicht eingetreten. Desshalb muss die 
freie Stellung der Alamannen und Baiuwaren nach 536 schon unter ost- 
gothischer Herrschaft vorhanden gewesen sein. 

All das beweist: Wie die Alamannen jenseits des Leches durch den 
Ostgothenkönig Tbeodorich ins Land gekommen sind, so müssen auch die 
Baiuwaren mit Zustimmung Theodorichs in das ostgotbische Donaugebiet 
übergetreten sein, und zwar gleichzeitig mit den Alamannen. Nun berichten 
uns die Salzburger Annalen, dass im Jahre 508 die Bayern in das Donauland 
eiugewandert sind, leb glaube, das ist im buchstäblichen Sinne zu nehmen; 
wir dürfen schliessen: 506 hat die Einwanderung der Alamannen und Baiuwaren 
begonnen, 508 ist sie in der Hauptsache vollendet. Jetzt begreift man auch 
die Theilung von Rätien unter diese zwei Stämme. Kein geringerer als der 
Ostgothenkönig Tbeodorich hat in Rätia Secunda den Lech den beiden unter 
seine Schirmherrschaft tretenden Völkern zum Grenzflüsse gegeben, denn das 
war der Lech schon im 6. Jahrhundert. Obue Schwanken ist derselbe seitdem 
auch die Hoheitsgrenze zwischen den Herzogthümern Bayern und Schwaben 
bis in die Hofaenstaufenzeit herab geblieben. Dass heute trotzdem im süd- 
lichen bayerischen Lechrain schwäbische Sprache lebt, ist durch eine erst 
lange nach dem 6. Jahrhundert erfolgte Einwanderuug von Schwaben iu 
diesen baiuwarischen Landstrich verursacht. 



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116 



Dr. Hau mau o. 



Kehren wir nach dieser Abschweifung zu unserem eigentlichen Thema 
zurück. Die Grenze zwischen den etwas früher an der Donau eingewaiulerten 
Kätowaren und den spater in Rätien angesiedelten nordalamannischeu Resten 
ist nicht auch eine Sprachgrenze geworden. Dagegen zieht sich beute eine 
solche durch den südlichen Theil des bayerischen Schwabens, durch das 
Allgäu ; sie geht von Oberjoch bei Hindelang auf der Wasserscheide 
zwischen Wertach und Iller, dann über den Grauten, den Hauchenberg und 
' den Schwarzen Grat und zieht sich weiterhin schräg durch Württemberg nach 
Raden. Soll ich das Wesen dieser Grenze klar legen, so muss mir gestattet 
werden , das Verbältniss zwischen Alamannen und Schwaben überhaupt zu 
besprechen. Ich weide mich so kurz als möglich fassen. 

Südlich dieser Schwaben durchziehenden SprRchgreuze ertönt anstatt 
„ei“ und „au" langes „i“ und „u“ z. R. „Hus“, „Wib“, nördlich von ihr 
sind diese laugen „i“ und „u“ in „ei“, und „ou" gedehnt, hier hören wir 
„Weib“, „Hous“. Man hat nun geschlossen, diese Sprachgrenze sei sehr alt 
und beweise, dass mit den Alamannen sich im Laufe der Zeit ein Schwaben- 
stamm vereinigt habe, dessen Nachkommen wir in den nördlich der Sprach- 
grenze wohnenden Leuten anzuerkennen hätten , während diejenigen Iieute, 
die „i“ und „ü“ anstatt „ei“ und „au“ sprechen, die Nachkommen der echten 
Alamannen seien. 

Diese Behauptung ist unhaltbar, denn dass von den Schwaben ein Theil 
„i“ und „u“ spricht, der andere aber diese langen Selbstlauter in Diphthonge 
umgewandelt hat, ist gar nichts anderes, als der Unterschied zwischen der 
neuhochdeutschen Lautstufe und dem Mittelhochdeutschen Überhaupt. Das 
sogenannte „Schwäbische“ ist das auf die. neuhochdeutsche Lautstufe Uber- 
getretene Alemannische, das sogenannte Alamannische aber ist das im Mittel- 
hochdeutschen steckeu gebliebene Schwäbische. Beide Mundarten sind dem- 
entsprechend auch erst vor nicht allzulanger Zeit auseinander gegangen; 
wir können desshalb diese Entwicklung genau in ihren einzelnen Phasen nach- 
weisen. 

Die neuhochdeutsche Laulstufe wurde zuerst im Gebiete der Raiuwaren 
erreicht; schou im 12. Jahrhundert ist sie hier, uud zwar im ganzen Stamm- 
gebiete vollständig durchgedrungen. In Schwaben dagegeu treffen wir die 
ersteu Doppellaute in der i- und tt-Reihe anstatt der alten Vokale erst zu 
Ende des 13. Jahrhunderts, und zwar in Augsburg. Von dieser Stadt aus 
verbreitete sich die neue Sprache radieuförmig Uber Ostschwaben ; sie hat 
bis gegen Ende des 15. Jahrhunderts, beziehungsweise zu Anfang des 16. das 
Kemptner Land, Hubenzollern und Alt Württemberg erobert. Weiter ver- 
mochte sie nicht vorzudringen; daran hinderte sie insbesondere der Eiuflnss 
der Schweizer, die unentwegt an der alten Sprachweise bis zur Stunde fest- 
halten. 

Der Sprachunterschied zwischen den sogenannten Alamannen und Schwaben 
ist also durchaus kein Beweis für eine in sehr alte Zeit zurückgehemle Ver- 
schiedenheit zwischen denselben; im Gegentbei), er spricht dafür, dass in 



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Die Bevölkerung 'los bayerischen Schwabens in ihrer geschichtlichen Aufeinanderfolge. 117 



einer gar nicht zu weit zurückliegenden Zeit, etwa vor 600 Jahren, die sog. 
Alamannen und Schwaben auf derselben sprachlichen Lautstufe gestanden sind. 

Die Einheit zwischen denselben beweist ferner das Recht. Wenn selb- 
ständige deutsche Stämme sich zu einem gemeinsamen Volke vereinigten, haben 
sich trotz der neuen Einheit in dem also entstandenen Volksstamme Unter- 
schiede im Rechte erhalten. Bei den Franken haben z. B. die Chamaver, 
Chat marier , Ripuarier und Salier besondere Rechte, ebenso haben bei den 
Thüringern die Warnen und Angeln ein eigenes Recht behauptet. Bei den 
Schwaben dagegen findet sich nichts derartiges, im ganzen schwäbischen 
Lande galt nur ein Volksrecht, das in den Urkunden und alten Aufzeich- 
nungen bald lex Alamannorum, bald lex Suevorum genannt wird. Im 11. Jahr- 
hundert z. B. geschehen Schenkungen an Kirchen um Augsburg lege Ala- 
mannorum, und im 12. Jahrhundert wird ein Rechtsstreit im heutigen Cantou 
Schwyz lege Suevorum entschieden. 

Für die Einheit der Schwaben und Alamannen sprechen auch die ge- 
schichtlichen Quellen vom 4. Jahrhundert an bis in die neuere Zeit herein. 
Ich könnte zur Stütze dieser Behauptung Dutzende von Quellenangaben an- 
führen, in deuen die Namen Alamanni und Suevi als identische Bezeichnungen 
für denselben Stamm gebraucht werden. Die wenigen Abweichungen von dieser 
stebendeu Gepflogenheit , die schon ihrer Zahl wegen der überaus grossen 
Menge von Beispielen des entgegengesetzten Gebrauches gegenüber nichts 
bedeuten, sind nur scheinbar und lassen sich leicht erklären. 

Somit sind Alamannen und Schwaben nach dem Zeugnisse der Sprache, 
des Rechtes und der Geschichte ein einheitlicher Stamm. Damit ist auch 
die jetzt allerdings im Aussterbeu begriffene Ansicht, dass die Alamannen 
ursprünglich ein Völkerbund gewesen seien, ohne weiteres widerlegt, ich 
glaube desshalo an dieser Stelle auf die unter sich sehr verschiedenen Hypo- 
thesen der Vertreter dieser Ansicht nicht näher eingeheu zu müssen. 

Eine andere gegenwärtig noch ziemlich verbreitete Ansicht, die von 
dem eben gewürdigten Spracbunterschiede innerhalb des Stammes ausgebt, 
will, dass zu den Alamannen ein besonderer schwäbischer Stamm sich hinzu- 
gesellt habe. Woher soll aber dieser Stamm gekommen sein? Man vergisst 
überhaupt , warum die Einwanderung der Alamannen , die uns von ihrem 
ersten Auftreten an als ein zahlreiches Volk geschildert werden, in die Lande 
am Maine, am Neckar und am Oberrheine erfolgt ist. Sie sind wahrlich 
nicht eingewandert aus Lust an Veränderung, sondern getriebeu von der 
Noth ; sie mussten Land gewinnen , um sich ernähren zu können. Sie bat 
der Landhunger vorwärts getrieben. Eben dessbalb haben sie die bisherige 
Bevölkerung ihrer neuen Heimath mit wenigen Ausnahmen vernichtet, sie 
brauchten ja bei ihrem primitiven Ackerbau den Boden für sich selbst und 
für ihre zahlreichen Hörigen, die sie in die neuen Sitze mitgebracht haben. 1 ) 

’) Schoo die Imlogcrmanen hatten eine unfreie Klasse unter sich. Das geht daraus hervor, 
dass das deutsche Wort diu = Sklave derselben Wurzel wie das griechische 3oökoc entsprossen, 
dass dem deutschen anko, encho, d. i. Viehknecht, das lateinische ancilla stammverwandt ist. 

Beitritt«? zur Anthropologie. XII. B<1. 3. u. 4. lieft. 9 



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118 



Dr Raumnot). 



Man meint gewöhnlich, dass die suebischen Stamme, die bereits unter 
Ariovist im Eisasse nnd am Mittelrheine bis Worms sich niedergelassen 
haben, unter den Alamanneu aufgegangen sind. Dagegen spricht aber klar 
und deutlich die Geschichte. Wir wissen, dass im 4 Jahrhundert die 
Alamannen im Eisass eingedrungen sind und auf Kosten der dortigen Be- 
völkerung das Land in Besitz genommen , und bis sie von Kaiser Julian 
wieder vertrieben wurden, selbst bebaut haben. Diese rechtsrheinischen 
Germanen , die übrigens im 4. Jahrhundert längst zu Romanen geworden 
waren, wurden also von den eindringeDden Schwaben als Feinde behandelt; 
wie hätten diese sonst das Eisass Alisaz d. h. Fremdland nennen können? 

Nicht anders verhält es sich auf der rechten Seite des Rheines, die 
im 3. Jahrhundert in die Gewalt der Alamannen gefallen ist. Am untersten 
Nekar sind hier ebenfalls, wie im Eisass, Reste der Ariovistischen Sueven 
nach dem Abzug Marbods sitzen geblieben. Auch diese „Suebi Nicretes“ 
sollen unter den Alamannen aufgegangen sein. Dafür kann jedoch nicht der 
schwächste Beweis beigebracht werden. Diese Suebi Nicretes d. i. Nekar- 
sueben waren im 3. Jahrhundert ebenfalls ohne Frage bereits romanisiert, 
war doch ihr Gebiet zur „civitas Ulpia“ geworden; es ist ihnen bei dem 
Anstürme der Alamannen schwerlich besser ergangen, als ihren Stamm- 
genossen im Eisasse. 

Dass die Alamannen selbst solche Romanen, die sie ausnahmsweise bei 
der Eroberung ihres Landes am Rheine schonten, nicht in ihren Verband 
anfgeuommen haben, dafür stellt nus ein sprechendes Beispiel die badische 
Ortenau zur Verfügung. Ein Rest Romanen hat sich hier auf der Grenz- 
scbeide zwischen der Elzach und der Kiuzig unter den Alamannen erhalten. 
Hier erinnert heute noch an sie eine Reihe romanischer Ortsnamen. Dass 
in dieser Gegend wirklich Romanen noch uuter den Alamannen gelebt haben, 
bezeugen ausserdem die Verbrüderungslisten des Klosters Gengenbach; denn in 
diesen erscheinen gerade wie in den entsprechenden Listen der Klöster 
Kempten und Ottenbeuren romanische Personennamen nnd zwar znm Theil 
ebenfalls in dialektischer Form. Diese Romanen zwischen Elzach und Kinzig 
wurden aber von den Alamannen durchaus nicht als ihresgleichen angesehen. 
Noch im Jahre wird urkundlich die Grenze zwischen den alamannischen 
Breisgauern und diesen Romanen, „commarehium Alamannorutn“ genannt, ln 
den von ihnen im 3., 4. und 5. Jahrhundert in Besitz genommenen Theilen 
des Römerreiches haben die Alamannen also keinen Zuwachs aus der dort 
vor ihnen ansässigen Bevölkerung erhalten 

Wäre es aber nicht möglich, dass ein anderer ihnen aus Germanien 
nachrückender Stamm sich den Alamannen angeschlossen hätte? Diese Frage 
wurde schon mehrfach bejaht. Man bezeichnet als diesen Stamm gewöhnlich 
die Juthungen; diese seien ein selbständiges und mächtiges Volk, kein Unter- 
stamm der Alamannen , wie die Bucinobanten und Lenlienser , gewesen. 
Man beruft sich bei dieser Behauptung auf die Aussagen des Griechen Dexippos 
über die Juthungen. In der That erzählt Dexippos von denselben, dass sie 



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Die Hevülkonmg dos bayerischen Schwabens in ihror geschichtlichen Aufeinanderfolge. 1 19 



dem Kaiser Anrelian gegenüber behauptet hatten, ihr Heer bestehe aus 
40000 Reitern und 80000 Mann zu Puss. Das sind Zitfern, die man blos 
aussprechen darf, um klar zu sein, dass sie arge Uebertreibnngen , dass sie 
erfunden sind, um die Besiegung der Juthungen durch den Kaiser Aurelian 
als besondere Heldenthat preisen zu können. Das Juthungenland war bei 
weitem nicht gross genug, um einem Volke, das ein solches Heer ins Feld 
hätte schicken können, Raum zu geben. Es lag im Osten des Alamannen- 
gebietes an der Grenze von Ratien, umfasste aber im letzten Viertel des 
3. Jahrhunderts keineswegs das ganze rätisebe Greuzland, denn den süd- 
westlichen Theil desselben halten die Lentieuser inne, den östlichen besassen 
wohl die Ratowaren und nordöstlich begann jenseits des Limes das Land der 
Burgunder. Somit hatten die Juthungen nur einen Theil des rätischen Grenz- 
landes inne, der sich westwärts, da hier andere Alamannenstämme sasseu, 
■liebt tief in das Neckarland hinein ausgedehnt haben kann. Somit war das 
Gebiet, das den Juthungen zu Ende des 3. Jahrhunderts gehörte, so beschränkt, 
dass in ihm kein selbständiges Volk von einiger Bedeutung Platz gefunden 
hatte. Schon aus diesem Grunde waren die Juthungen nichts anderes, als 
eiu alamanuischer Unterstamm, genau so wie ihre lentiensischen und räto- 
wariseben Nachbarn an Rätiens Grenze. Als solchen nennt sie in der That 
Ammianns Marcellinus, denn dieser beste Berichterstatter über die Alamannen 
des 4. Jahrhunderts bezeichnet die Juthungen geradezu als pars Alamannorum. 
Diese bestimmte Angabe unterstützt der heilige Ambrosius, denn derselbe 
weiss, dass die Hunnen auf Betreiben der Römer über die Juthungen her- 
gefallen sind. Diesen Ueberfall aber beschreibt er mit den wenigen inhalts- 
scbweien Worten: „Hunuus prolerebat Alamanniam“. Ambrosius bezeichnet 
damit unzweideutig die Juthungen als einen Theil der Alamannen, auch ihm 
sind sie so wenig als seinem Zeitgenossen Ammianus Marcellinus ein von 
diesen verschiedenes Volk. Zwar haben die Juthungen selbständig Krieg 
geführt, selbständig Frieden geschlossen , aber dasselbe haben ebenso die 
Bucinobanten und Lentienser, unbezweifelte alemannische Unterstämme, 
gethan. Das ist nicht auffallend, denn so ist es bei allen deutschen Stämmen 
vorder grossen Völkerwanderung gewesen. Man hüte sich ja, den altdeutschen 
Stammesverband mit der heutigen staatlichen Einheit zu vergleichen. Wir 
dürfen unsere modernen Zustände nicht jenen alten Zeiten unterschieben 
Die altdeutschen Stämme sind lediglich Bluts- und Kultusverwandtscbaften, 
die an sich in keinem dauernden politischen Verbände geeinigt waren. Erst 
der Druck feindlicher Mächte hat sie langsam zu festem Zusammenhalt 
gezwungeu. Es ist bezeichnend , dass die deutsche Sprache nur ein Wort 
für Heimath besitzt, nicht für Vaterland. Dieses lose Compositum taucht 
erst im 13. Jahrhundert auf, musste aber um sein Dasein noch mit anderen 
Gebilden, wie „Vaterheim“, „Vaterreich“ streiten. 

Es lässt sich somit kein Volk auffinden , das nachträglich mit den Ala- 
mannen sich verschmolzen hätte. Es bleibt dabei, dass diese ein von Anfang 
an einheitlicher Stamm gewesen sind. 

9* 



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120 



Pr. Hauummi. 



Um so auffallender ist es, dass diesem Stamme zwei Namen beigelegt 
werden. Da aber kein Volk gleichzeitig zwei Namen führt, so werden sich 
die Namen A lamauni und Suabi zu einander so verhalten, wie Hellenes und 
Graeci. Die Griechen selbst gebrauchten nur den ersten Namen, Grueci 
hiessen sie nur bei den Römern. Ebenso kann von den Namen Alamannen 
und Schwaben nur einer der echte volkstümliche gewesen sein, der zweite 
aber kann nur in fremder Zunge gelebt haben. Welcher von beiden aber 
ist der echte? 

Schon der erste Schriftsteller, der den Namen Alamanni zu deuten ver- 
sucht hat, Asinius Quadratus , ein Mann des ii. Jahrhunderts, weiss zu 
berichten, dass dieser Name nicht der echte sei, denn er bezeichnet ihn 
geradezu als Eponymia, als Zuname. Das hat man bisher nicht genug 
beachtet. Das Werk des Asinius ist nicht erhalten; wir kennen seine eben 
genannte Angabe Uber den Alamannennamen nur durch einen kurzen Auszug 
des Griechen Agathias, der leider aus seiner Vorlage nicht auch den wirk- 
lichen Namen des Stammes in sein Geschichtswerk herübergenommen hat. 
Diesen Namen erfahren wir aber aus der Inschrift eines noch vor 2ä0 ent- 
standenen Denkmals am Rheine, die von Suebi Euthnngi redet. Die Juthungen 
also, von denen wir eben gehört, dass sie lediglicli ein alemannischer Unter- 
stamm gewesen sind, heissen itisehriftlicb Suebi. Das beweist, dass der echte 
Name der Alamannen schon vor 250 Schwaben gelautet bat 

Der römische Reichskanzler Ausonius bezeugt dasselbe im 4. Jahrhundert. 
Er bekam von seinem Schüler, dem Kaiser Gratian die schöne Alamannenmaid 
Rissula, die dieser bei seinem Feldzuge gegen die Lenlienser in seine Gewalt 
gebracht hatte, zum Geschenk. Dieses Geschenk war für den alten Herrn 
verh&ngnissvoll , denn er verliebte sich in diese Alamannin und besang sie 
in hübschen Gedichten, ln diesen Gedichten nennt er sie Sueva virguncula 
und theilt uns auch mit, die Donau entspringe „raediis Suevis“ Was liegt 
naher, als die Annahme, dass Ausonius aus dem Munde seiner gefeierten 
Bissula diese Kenntnisse gewonnen hat? 

Im 5. Jahrhundert hat sich ein Theil der Alamannen dem Zuge der 
Vandalen nach Spanien angeschlossen. Dieser Tbeil erscheint in Spanien aus- 
schliesslich unter dem Namen Suevi; dass diese gallaecischen Sneven aber 
alamanuiseber Herkunft waren , bezeugt uns Gregor von Tours. Denn er 
nennt sie „Suebi, i. e. Alamanni“ und sichert die Wahrheit dieser Angabe 
dadurch, dass er weiterhin erzählt, die nach Afrika abziehenden Vandalen 
seien von den Alamannen bis an das Meer verfolgt worden. 

In der deutschen Literatur endlich finden wir von ihrem Anfang an 
den Namen Alamannen nicht. Von Otfried vou Weissenburg an, der anstatt 
Alamaunia Suaborichi sagt, singen und reden das ganze Mittelalter hindurch 
sämmtlicbe Dichter und sämmttiche Geschichtsschreiber, die ihre Werke ui 
deutscher Sprache verfasst haben, lediglich von Schwaben, nie von Alamannen, 
wenn sie den Schwabenstamm am Oberrhein und an der Donau meinen. 
Aus ihrer Mitte will ich nur einen gebotenen Alamannen, den grossen 



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Dio Bevölkerung dwt bayerischen Schwabens in ihrer gosehichtliehcn Aufeinanderfolge. 121 

Gelehrten des 9. Jahrhunderts Walafrid Strabo, zum Zeugen aufnifen; derselbe 
sagt geradezu, Alamannia und Suevia seien zwei Namen, die dasselbe Volk 
bezeichnen ; mit dem einen nennen es die lateinisch redenden , mit dem 
andereu die Barbaren , d. h. die Völker deutscher Zunge. Ich meine , man 
kann angesichts dieses Zeugnisses nicht zweifeln, dass der echte Name der 
Alamannen von jeher „Schwaben“ gewesen ist. So haben sie sich selbst, 
so haben ihre deutschen Nachbarn sie genannt. Alamanni hiessen sie nur 
im Munde der Romanen; aber auch diese haben den Namen im Laufe der 
Zeiten theils vergessen, wie die Italiener, theils auf die Deutschen insgesammt 
ausgedehnt, wie die Franzosen und Spanier. 

Wer aber war berechtigt, sich den uralten Snevennamen schlechthin 
beizulegen? Wer konnte von den andern Deutschen mit Recht dauernd also 
geheissen werden? Niemand anders als der Mutterstamm der Suebenvölker, 
den Tacitus als „caput Sueborum“, als „vetustimi nobilissimique Sueborum“ 
feiert. Dieses caput Sueborum waren die an der Spree sitzenden Semnoneu. 
Dieselben verschwinden seit dem Ende des 2. Jahrhunderts; daraus dürfen 
wir aber durchaus nicht schliessen, dass ein so zahlreiches Volk spurlos unter- 
gegangen sei. Alle seine Nachbarn erscheinen auch nachher, freilich nicht 
mehr in ihren ursprünglichen Sitzen zwischen der Elbe und der Ostsee, 
sondern südlich und südöstlich von denselben um die Karpathen, ja die Gothen 
sind bis au das Schwarze Meer gewandert. Wir müssen aus dieser That- 
sache folgern, dass auch die Semnonen von der ostgermaniseben Wanderung 
aus ihrer Heimatb gedrängt wurden und neue Sitze sich in fremden Ländern 
gewonnen haben. Raum zu neuer Niederlassung aber bot ihnen weder der 
Osten und Südosten, wo die gothischen Völker nunmehr sitzen , noch der 
Westen , wo die alteingesessenen Stämme sich behaupteten. Sie konnten 
nur südwestlich ziehen. Hier begegnen wir am Maine 213 n. Chr. den 
bis dahin unbekannten Alamannen, einem durch seine Grösse ausgezeich- 
neten Stamme ursuebiseber Art, der von Anfang au sich ausschliesslich 
Schwaben genannt hat. Drängt sich da nicht von selbst der Schluss aut, 
dass dieser Stamm mit den Semnonen, den ältesten Sueben, dem Kerne der 
Sueben, identisch ist? 

Wie ist aber deren jetzt erst auftaucheuder Zuname „Alamauni“ zu er- 
klären? Dieser Name war schon dem ersten, der ihn zu deuten versuchte, 
dem Römer Asinius Quadratus räthselhaft, denn er sagt, Alamannen bedeute 
ein zusammengelauleues Mischmasch (Sö-pdoSs« fivApusoi xad pcjiSe?). Er 
denkt sich also die Alamannen ungefähr so entstanden, wie die Urbevölkerung 
von Rom, oder so, wie die Menge war, die der Laugobardenkönig Albuin im 
6. Jahrhundert uueh Italien geführt hat, denn Albuins Schaaren waren in der 
That ein Gemisch aus germanischen und nicht germanischen Stämmen. Da 
aber der Stamm der Alamannen von jeher einheitlich war, so ist diese Er- 
klärung des Asinius nicht haltbar. 

In neuester Zeit leitet man den Namen von dem gothischen „alamaune“, 
was „alle Menschen" bedeutet, ab. Auch gegen diese Gleichung sprechen 



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122 



Pr, Raumann. 



schwerwiegende sachliche Gründe. Wir haben gebürt, dass Alamanni nach 
Asinius ursprünglich ein Zuname ist. Ist es denkbar, dass man einem Volke 
zum unterscheidenden Beinamen die Bezeichnung: „alle Menschen" gibt? 
Das widerstreitet der Logik. Vertreter dieser Ansicht sagen deswegen, freilich 
mit einem kleinen logischen Salto mortale, „alamanne“ bedeute im Volksnamen 
nicht „alle Menschen“ schlechthin, sondern nur alle diejenigen Germanen, 
die am Main zu Anfang des 3. Jahrhunderts gelebt haben und in dem Völker- 
bunde der Alamannen aufgegangen seien. Diese Dentung leidet indessen an 
dem Gebrechen, dass sie von der nicht zu beweisenden Annahme ausgeht, 
am Maine sei der Alamannenstamm entstanden; aber auch wenn dem so 
gewesen wäre, könnte man doch ihre Richtigkeit nicht anerkennen. Am 
Maine wohnten nämlich (abgesehen von dem untersten Laufe desselben, der 
zu den Agri Decumates gehörte) zu der Zeit, als die Alamannen dort erschienen, 
nur Hermunduren und Chatten. Gerade auf Kosten dieser Stämme aber 
haben sich die Alamannen im Mainlande Sitze erworben; dieselben können 
deshalb unmöglich in diesen aufgegangen sein. 

Eine andere Ansicht meint, der Name der Alamannen oder „Allmenschen“ 
wolle alle jene Sueben, welche im 3. Jahrhundert noch sich so genannt haben, 
umfassen. 

Auch diese Ansicht ist nicht richtiger denn die eben besprochene. Im 
dritten Jahrhundert hiessen nämlich auch noch andere Germanen, die ganz 
sicher nicht Alamannen geworden sind, nämlich die in Mähren und Ober- 
ungarn wohnenden Quaden, Suebi. 

Eine dritte Meinung endlich will, mit dem Worte Alamannen habe man 
auszudrücken versucht, dass die unter diesem Zunamen vereinigten Sueben 
durch besonderes Staatsbewusstsein sich auszeichneten ; der Name bedeute 
generalitas Alamannorum, oder Eidgenossenschaft der Schwaben. Allein auch 
diese Meiuung wird dadurch widerlegt, dass den Alamannen der Römerzeit 
ein so ausgesprochenes Staatsbewusstsein und überhaupt das Gefühl unauf- 
löslicher Zusammengehörigkeit gar sehr gefehlt hat; wissen wir doch, dass 
Alamannen sich nicht scheuten, im römischen Solde gegen ihren eigenen 
Stamm im 4. Jahrhundert die Wallen zu führen. 

Wie immer man es also auch versucht, deren Namen auf das gothische 
alamanue zurttckzuleiten, so gelingt es nicht. Alamanni und alamanne haben 
nur gleichen Klang; in Wirklichkeit besteht aber keine Gemeinschaft zwischen 
denselben. 

Ich habe einen anderen Weg versucht, den Alamannennamen zu erklären. 
Ich muss jedoch ausdrücklich gestehen, dass ich auch meinen Versuch nur 
für eine Hypothese halte, die ich jederzeit zurücknehmen werde, sowie mir 
eine den Thatsachen besser entsprechende entgegengestellt wird. Ich gehe 
von der Bildung der germanischen Personen- und Volksnamen überhaupt aus. 
Auf diesem Gebiete waltet strenge Consequenz, so dass eine angebliche 
Abweichung scharf bewiesen werden muss, bevor wir an ihr Vorhandensein 
glauben dürfen. Nun gilt hier das Gesetz: wenn in einem zusammengesetzten 



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Die Bevölkerung des bayerischen Schwabens in ihrer geschichtlichen Aufeinanderfolge. {23 

germanischen Personen- oder Volksnamen der eine Stamm ein concreter Begriff 
ist, so ist es auch der andere. So muss es demgemäss auch bei den Ala- 
mannennamen sein. In seinem ersten Theile liegt also nicht etwa die ver- 
stärkende Partikel „ala" vor, denn dies duldet das eben genannte Gesetz 
nicht, sondern auch dieser Theil muss, wie der zweite „mann“ einen selb- 
ständigen concreten Begriff enthalten. So ist es in der Tbat jenem Gesetze 
entsprechend bei allen audern mit „mann“ zusammengesetzten germanischen 
Volks- und Peisonennamen. Ich erinnere nur an Markomannen, Nordmannen, 
Askimannen, d. i. Schiffsmannen, ein Name, den die Sachsen den nordischen 
Wickingern beigelegt haben, weil diese Räuber des 9. Jahrhunderts auf 
Schiffen zu ihnen gekommen sind. Diese Volksnamen enthalten in ihrem 
ersten Theile aber weiterhin einen ganz bestimmten Begriff, derselbe bezeichnet 
den Aufentbalt, den Sitz der Träger dieser Namen. Wie die Askimannen 
die auf Schiffen weilenden Leute sind, so sind die Nordmannen, die Marko- 
mannen die im Norden, die an der Grenze wohnenden Mannen. So muss es 
auch mit dem Namen Alamannen beschaffen sein; das verlangt die sprach- 
liche Consequenz. Ala muss auch hier den Sitz des Stammes verkünden. 

Im Lande der Semnonen lag der Hain, in dem die Abgeordneten sämrnt- 
lieber suevischen Stämme alljährlich ihren Göttern zu Ehren Menschenopfer 
dargebracht haben. Der Name für einen geheiligten Raum, also auch für 
einen den Göttern geweihten Hain, bat aber altdeutsch alab gelautet. Gerade 
dieses concrete Wort alah suche ich im Namen der Alamannen. Dem caput 
Suevorum, das sich nach unserer Erörterung zu allen Zeiten selbst Schwabeu 
schlechthin genannt hat, konnten die Angrenzer bei seinem Abzug aus dem 
Laude des suebischen Heiligthums kaum einen besseren Zunamen beilegen, 
als den der Leute der alab, des Götterhaines. 

Dieser Zuname der vetustissimi nobilissimique Sueborum vermochte sich 
jedoch im Munde der Germanen nicht zu behaupten, er musste sich alsbald 
nach seiner Entstehung wieder verlieren, weil diejenigen Sueven, welche 
die Semnonen aus dem Mainlande verdrängt haben, nämlich die Hermunduren, 
recht frühe von den Alamannen räumlich getrennt wurden, indem sich 
zwischen dieselben und die den Main abwärts und in den Agri Decumates 
sich ausdebnenden Alamannen die den letztem aus dem ostelbischen Lande 
auf dem' Fusse nachrttckeuden Burgunder eingeschoben haben. 

Das hat bewirkt , dass dieser Zuname der Schwaben bei den deutschen 
Stämmen nie Wurzel fassen kounte, dass dieselben unser Volk stets nach 
dem klassischen Zeugnisse Walafrid Strabo's ausschliesslich Schwaben benannt 
haben. Wäre dies anders gewesen, so hätte der Alamannenname bei den 
Deutschen ebensogut wie der der Franken, Sachsen, Thüringer, Gotben, 
Burgunder und anderer Stämme Verwendung in Personen- und Ortsnamen 
gefunden. Nie aber begegnen wir in deutschen Landen Leuten, die Alamann 
biesseu, nie Orten, in deren Namen Alamann steckt. Wie anders ist es da mit 
dem Namen Schwab. Einfach und in Zusammensetzungen, wie Erchanswab, 
steht derselbe in zahlreichen deutschen Personen- und Ortsnamen. Nur im 



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124 



Dr. Baumann. 



welschen Lande begegnen wir Orten , die les Allemands beisseu. Das ist 
natürlich, denn der Alamannenname ist nur im römischen Munde lebendig 
geblieben. So wie Oaracalla den Namen der neuen Feinde in seinen Sieges- 
bulietins dem Senate Roms genannt hatte, so blieb die offtcielle , an sich 
so wohlklingende Form desselben auch die ganze Dauer des Römerreiches 
hindurch. Die Römer hatten guten Grund, diesen Namen beizubehalten, 
denn sie wussten recht gut, dass auch noch anderen germanischen Stämmen 
der eigentliche Name der neuen Feinde Suebi zukomme. 

Man bat eingewandt, wenn der Name von alab herkäme, müsste uus 
doch hie und da auch die Form Alahmanni, Alcmanni, entgegentreten. Ich 
gebe das Gewicht dieses Einwandes an sich zu, sage aber , der Name wurde 
nur von griechischen und lateinischen Schriftstellern des absterbenden Römer- 
reichs sowie späterhin von mittelalterlichen Schriftstellern , die ihr Wissen 
aus antiken Quellen schöpften und lateinisch schrieben , gebraucht So, wie 
die letzteren den ira Volksmunde längst erloschenen Alamaunennanien in 
ihren Vorlagen geschrieben fanden, so haben sie ihn fortgepflanzt. Keiner 
von ihnen ahnte, es mit einem deutschen Worte zu thun zu haben, sonst 
hätten sie nicht dasselbe von Lemanns, d. i. Limmat abgeleitet. Ich be- 
merke hier noch nebenbei, dass es durchaus unrichtig ist. Alemannen oder 
gar Allemannen zu schreiben. In den Quellen, vom 3. bis zum 13 Jahr- 
hundert, erscheint der Name stets in der Form Alamauni. 

Damit will ich das Verhältnis» zwischen Schwaben und Alamannen 
verlassen und zu den Stammgenossen im Königreiche Bayern mich zurück - 
wenden. 

Nachdem die Schwaben zwischen Iller und Lech die romanischen Reste 
sich assimilirt batten, ist viele Jahrhunderte hindurch ihr Volkstbnm frei 
von nennenswertheu fremden Beimischungen geblieben. Es wird zwar be- 
hauptet , dass unter ihnen Franken in Menge sich angesiedelt haben , dass 
namentlich die Orte, die auf „beim“ endigen, fränkischer Herkunft seien. 
Das ist vollständig aus der Luft gegriffen. Ich wüsste gar nicht, wann 
die Franken unter die Schwaben eingewandert sein sollten. Bis zum Unter- 
gänge des altalamanniscben Herzog! hums war das gänzlich ausgeschlossen, 
auch unter den Karolingern ist eine derartige Ansiedelung durchaus nicht 
erfolgt. Die Endung „beim“ ist zudem keineswegs nur fränkisch, wie schon 
der Name Boiobemum erweist. Die Alamannen und Baiuwaren haben sie 
in ihren Ortsnamen denn auch fast so oft, wie die Flanken angewendet. Im 
Gegensätze zu den Ingenorten sind die auf „heim“ Niederlassungen, Rodungen 
einzelner Individuen oder Familien, ganz so wie die auf „hofen“. 

Sachsen hat Karl der Grosse massenhaft in seinem Reiche zwangsweise 
angesiedelt; in unserem Landstriche sind jedoch keine Sachsenorte uacb- 
gewiesen. 

Auch Slaven oder wie ihr deutscher Name lautet, Winden sind unter 
den Karolingern nicht in nennenswerter Zahl im bayerischen Schwaben 



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Dio Bevölkerung des bayerischen Schwabens in ihrer geschichtlichen AurcmanilciTolge, 125 



ansässig geworden. Es gibt nur drei Orte in dieser Landschaft, die sich 
durch ihren Namen als Slavenorte zu erkennen geben: Wineden lind Winden- 
berg bei Oltenbeuern und Windhausen bei Günzburg. Man hat allerdings 
gemeint, eine starke Einwanderung von Slaven im Allgäu nachweisen zu 
können, indem man die dort sehr häufigen Ortsnamen auf „atz“ und „itz“, 
z. 6. Hergatz, Burgelitz, Engelitz für slavisch erklärte. In Wahrheit sind 
diese Ortsnamen anf „atz“ und „itz“ aber echt deutsch; es sind elliptische 
Formen, die im Genetiv stehen, wie deutlich aus ihren altern Gestaltungen 
zu sehen ist. Hergatz z. B. heisst im 14. Jahrhundert urkundlich Hergers, 
das aber bedeutet Hof des Manues Heriger. Burgelitz sodann lautet in 
mittelalterlicher Sprache Burgolds, Engelitz Eugelharts, das sind also Nieder- 
lassungen der Schwaben Burgold und Engelhart. * 

Erst als im 13. Jahrhundert das Städtewesen auch im bayerischen 
Schwaben reiche Entfaltung erfuhr, machte sich in den zu Städten empor- 
gestiegenen Orten ein kleiner nichtschwäbischer Zuzug bemerklicb. Bei der 
Freizügigkeit der Gewerbe und bei dem Zwange der Züufte, dass ihre Leute 
wandern mussten, ist in den Städten schon früh eine Verschiebung der Be- 
völkerung eingetreten. In den Bürgerbüchern der kleinen Stadt Füssen, die 
im 14. Jahrhundert beginnen, finden sich z. B. Namen von Einwanderern aus 
Meran, München (merkwürdigerweise ein Bierbrauer), ßurghausen, Köln, 
Wesel, ja sogar aus Savoyen und Oberitalien. 

Keine Veränderung brachte der im 14. Jahrhundert Europa decimierende 
„schwarze Tod“ im bayerischen Schwaben. Diese schreckliche Pest hat 
allerdings auch die Bevölkerung des bayerischen Schwabens stark gelichtet. 
Altusried bei Kempten zählte z. B. vor dem schwarzen Tode 150 Haus- 
haltungen , nachher nur noch 60 , Kimratshofeti vorher 74 , nachher 50, 
Wengen 40, nachher 30. Davon aber, dass dieser Verlust von Bewohnern 
durch fremden Zuzug gedeckt worden sei , weiss keine Quelle zu berichten. 
Es ist dies auch ausgeschlossen , weil die umliegenden Landschaften nicht 
weniger von dieser Pest heimgesucht worden sind. 

Im 16. Jahrhundert war das bayerische Schwaben übervölkert, so dass 
die Bevölkerung massenhaft zur Auswanderung gezwungen war. Damals 
wurde das Landvolk in unserer Landschaft genöthigt, sich ausser der Land- 
wirtschaft auch der Industrie hinzugeben. Damals war im Allgäu die 
Gewohnheit, die bis in unser Jahrhundert bereingiug, dass fast jeder Bauer 
einen eigenen Webstuhl im Keller hatte, allgemein herrschend. 

Anders wurde es in der zweiten Hälfte des dreissigjährigen Krieges. 
Als die Schweden in das bayerische Schwaben kamen , haben sie dasselbe 
vollständig erschöpft. Bittere Hungersnot!) trat in dem vordem blühenden 
Lande ein; wir hören, dass damals selbst Leichen verzehrt worden sind. 
An diese Noth reihte sich 1635 eine entsetzlich wölbende Pest, durch die 
ganze Orte und Pfarreien, wie Kimratshofen bei Kempten, ausgestorben 
sind. Jetzt war die Bevölkerung ausserordentlich zusammengeschmolzen; 
an ihre Stelle traten Einwanderer aus der Schweiz, Graubiiudteu, Tyrol, Vor- 



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1 2 <> 



l>r. Haumaiin, l*ia Hevolkerutig dn Wav«»ri*chön 6chwih«iii *tc. 



arlberg und Salzburg. Zu diesen Einwanderern gebürte z. B. auch Thomas 
Trenkwalder, Wirtb zu Lettbas , der zu Anfang des 18. Jahrhunderts der 
Landschaft des Fdrstenthnms Kempten ihre weitgehenden Hechte wesentlich 
erkämpfen half. 1 ) 

*) Diese Einwanderung der von den Verheerungen des drei&sigjährigen Kriegs verschont 
gebliebenen Alpenbewohner in das bayerische Schwaben ist bis heute meines Wissens fast 
unbeachtet geblieben. Sollto ich datu die nbthige Müsse gewinnen, so gedenke ich dieselbe 
später eingehend tu untersuchen. 



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Schädel der bayerischen Stadtbevölkerungen. 

i. 

Frühmittelalterliche Schädel und Gebeine aus Lindau. 

Ein Beitrag zur Geschichte der Schädeltypen in Bayern *) 

von Johanno« Ranke. 



Aus der Neuzeit, aus diesem und dem 18. Jahrhundert, ist, oder war 
vielmehr, bei Beginn meiner Untersuchungen über die Craniologie der bayerischen 
Bevölkerung in grossen Ossuarien, Beinhäusern, welche Hunderte, eines von 
ihnen, Aufkirchen am Starnberger See, mehrere tausende von Schädeln ent- 
hielten, noch reichliches Studienmaterial so ziemlich ans allen Landestheilen 
Bayerns vorhanden. Dasselbe habe ich in dem Buche : Beiträge zur physischen 
Anthropologie der Bayern Bd. I. 1883 bearbeitet. Leider sind inzwischen 
diese, damals untersuchten grossen Ossuarien fast sämmtlich von der Erd- 
oberfläche verschwunden und damit unersetzlich wichtige Dokumente zur 
Geschichte unseres Volkes. 

Damals konnte auch schon auf eine relativ grosse Anzahl von Schädeln 
und anderen Skelettresten, welche aus der vorhistorischen Periode Süd Bayerns, 
und zwar aus der Volkerwanderungsperiode, stammen, zum Vergleich mit 
den heutigen Verhältnissen hiugewiesen werden. Die jüngsten, unserer Zeit 
nächsten, der vorhistorischen Gräberfelder, die sogenannten Reihengräber 
der Völke rwan der u ngs- Periode , aus welchen die letztgenannten 
menschlichen Gebeine erhoben worden sind, gehen bis zum 5. Jahrhundert 
unserer Zeitrechnung; sie erstrecken sich im Ganzen vom 2. oder 3. bis zum 
5. Jahrhundert, also über einen Zeitraum von etwa 3 — 4 hundert Jahren 
Erst mit der durcbgeftthrten Christianisirung des Volks verschwinden sie. 

Es unterliegt keinem Zweifel, dass diese zum Theil, wie z. B. die Reiben- 
gräber von Allach und das berühmte Gräberfeld von Nordendorf bei Augsburg, 

') Auszügliche Mittheilung aus den 8i tag. -Her. tl. math.-phya. Classe der k. bayr. Akad. 
d. Wissensch. 2. Jan. 1897. 



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1 28 Johannes Rauke. 

sehr ausgedehnten Nekropolen, die Gelieine der Bajuwaren und Schwaben- 
Allemannen enthalten , welche die von den römischen Legionen verlassenen 
Gebiete Süd-Bayerns besetzten und dauernd besiedelten. Die in diesen Reihen- 
gräbern Bestatteten erscheinen uls die Ahnen unserer hentigen Althayern 
und Schwaben. Hier zeigte sich nun ein sehr auffallendes Verbaltniss. 

Aus der Vergleichung der Formbildung der aus der Völkerwanderung 
stammenden Schädel mit den Schädeln der modernen Bevölkerung Bayerns 
ergab sich, dass sich seit dieser Zeit, also im Verlaute der letzten 15-hundert 
Jahre, ein fast vollkommener Wechsel der typischen Schädelform der beiden 
genannten süddeutschen Stämme vollzogen zu haben scheint. Auch das 
Gesichtsskelett erscheint in starkem Grade verändert, aber am deutlichsten 
und auf den ersten Blick unverkennbar prägt sich diese Veränderung der 
Schädelform im verschiedenen Bau, namentlich des männlichen Hirnschädels aus. 

Während die weit überwiegende Mehrzahl der Schädel aus der Vülker- 
wanderungsperiode langgestreckt ist, schmal, dolichocephal, niedrig mit flieh- 
ender Stirn, mit verstrichenen Stiruhückern und Scheitelbeinhöckern, dagegen 
mit stark ausgebildeten Augenbrauenbogen und im Ganzen energisch vor- 
gewölbter Unterstirn sowie nach hinten pyramidal-ausgezogenem Hinterhaupte, 
sind die Schädel der moderuen Bevölkerung Südbayerns, in Altbayern wie 
in Schwaben, jetzt kaum weniger ausschliesslich rund und breit, brachycepbal, 
hoch, mit mehr gerade ansteigender Stirn, schwachen oder ganz unentwickelten 
Augenbrauenbogen, deutlichen Stirnhöckern und Scbeitelbeinhöckern, mit oft 
fast flacher, kaum vorgebuchteter Unterstirn und breitem, breitabgerundetem 
Hinterhaupt. 

Wie und wann sich diese Veränderung der Schädelform ausgebildet hat, 
darüber eigaben die bis dahin möglichen Untersuchungen kaum einige An- 
deutungen. 

Seit der Veröffentlichung des I. Bandes der „Beiträge zur somatischen 
Anthropologie der Bayern" hat sich das von mir gesammelte craniologische 
Studien-Material und das Material au sonstigen Skelettresten aus der Völker- 
wanderungspei iode aus Südbayern und Schwaben betiächtlich vermehrt. Es 
ist aber auch gelungen, eine Anzahl von Schädeln und Skelett-Resten aus 
noch weit älteren prähistorischen Epochen Bayerns zu bergen, 
welche es nur. ermöglichen, die somatische Vergleichung der Bewohner Süd- 
Bayerns von sonst und jetzt noch weiter zu vertiefen. 

Im Juli des verflossenen Jahres (1896) wurde in Lindau ein Fund 
menschlicher Gebeine und Schädel gemacht, welcher für die historische 
Ethnologie unseres Vaterlandes, für die Geschichte der Ausbildung der 
körperlichen Eigenschatten des bayerischen Volkes von besonderer Bedeutung 
ist, da er sich in die bisher utiausgefilllte Lücke zwischen Völkerwanderungs- 
Periode und Neuzeit hereinstellt. Die in Lindau gefundenen Gebeine stammen 
aus dem Mittelalter, aus welchem historisch datirte Skelettreste für Bayern 
bisher so gut wie vollkommen fehlten. Mir selbst waren aus dieser Zeit 
nur zwei zeitlich bestimmte Schädel bekannt. Es sind das die im Dom zu 



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Schädel der bayoriwhon Stadtbcvolkerungou 



120 



Bamberg bewahrten Reliquien von Heinrich II., dem Heiligen (973—1024) 
und seiner Gemahlin Kunigunde, leb habe dem Anblick nach, ohne Messung, 
beide Schädel als dolichocephal bestimmt, namentlich zeigt der Schädel des 
Kaisers diese Form in ihrer typischen Ausbildung. 

Zur Geschichte des Lindauer Fundes ist Folgendes zu bemerken. 

Bei Legung von Heizrohren irr der protestantischen Stadtpfarrkirche zu 
St. Stephau in Lindau im Juli des Jahres 1896 kamen unter dem Boden 
der Sakristei der Kirche in grosser Anzahl menschliche Gebeine zu Tage. 

Im Aufträge 1. K. H. Pr inzessin Therese von Bayern, Ehren- 
mitglied der k. bayr. Akademie der Wissenschaften und Ehren-Doclor der 
naturwissenschaftlichen Facultät der Münchener Universität, machte mir 
Gräfin Oberndorff, Schlüsseldame Ihrer K. Hoheit, unter dem 14. Juli von 
diesem Funde Mitlbeiliing. Unter dem 15. bat ich telegraphisch um Zu- 
sendung aller zu Tage gekommener Mctiscbensckädel und möglichst zahlreicher 
langer Knochen. Uuler dem 18. tbeilte Gräfin Oberndorff mit, dass an dem 
gleichen Tage auf Veranlassung und im Auftrag I. K. H. Prinzessin 
Therese in vier grossen Kisten zahlreiche Gebeine durch Herrn Pfarrer 
Fache bei an die prähistorische Sammlung des Staates abgesendet worden 
seieit. Leider seien nicht viele Schädel dabei. „Oie meisten waren wohl in 
Folge des hohen Alters mehr oder weniger zerfallen.“ Diesem Briefe war 
ein ausführliches Schreiben des Herrn Pfarrers und Senior Reinwald in 
Lindau, d. d. Lindau, den 17. Juli 1896, beigelegt mit der Bemerkung: 
„Als Archäolog und Stadt-Bibliothekar etc. von Lindau ist Herr Pfarrer 
Reinwald hier Autorität und wohl die vor allem sachverständige Per- 
sönlichkeit.“ 

Herr Pfarrer Reinwald schreibt: „Die heutige prot. Stadtpfarrkirche 
zu St. Stephan wurde 1180 aut dem zum ehemaligen Damenstifte gehörigen 
Platze errichtet, der zum Kirchhof der katb. Marienkirche gehörte. 
Der Platz, auf welchem die vielen Gebeine sich fanden, die jetzige Sakristei, 
wurde später erst zum Kirchenbau gezogen und diente trüber zweifellos 
als Beinhaus. Später war ein solches (Beinhaus) zwischen den beiden 
Kirchen. Zwischen den Jahren 1510—1525 wurden sämmtliche Kirchhöfe 
aus der Stadt aufs Land in den jetzigen Gottesacker verlegt, auf der Insel 
nur noch ein Notüfriedhof beibehalten, welcher 1796/97 für die hier sterbenden 
Franzosen nochmals benutzt wurde. Im Chor der Kirche zu St. Stephan 
wurde hie und da noch eine hervorragende Persönlichkeit, z. B. eine Gräfin 
Waldburg, geb. Hoheulohe, zur Ruhe bestattet.“ 

„Darf man aus diesen Angaben einen Schluss ziehen, so gehen die 
jetzigen Funde Uber das Jahr 1180 zurück, da die Marienkirche und ihr 
Ftiedhof schon seit dem 10. Jahrhundert bestehen uud erstrecken sich bis 
zum Jahre 1400. Von da ab wurden bis 1510 immer noch Leichen, besonders 
die der Geistlichen an deu Wänden beigesetzt, aber das ehemalige Beinhaus 
war schon zur Kirche gezogen. Der älteste Kirchhof war bei St. Peter, 
welche Kirche mit 1180 der damals für die Stadt erbauten, ca 1410 



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130 



JohanQfs Ranke. 



erweiterten, 1550, 1608 uml 1785 und 1706 restaurirten St. Stephanski rclie 
weichen musste." 

„Wie weit Uber 1180 bez. des 10. Jahrhunderts die Benutzung des 
Platzes als Ruhestätte der Todten ztirUckreicht und wo der älteste Begräbniss- 
platz neben oder am St. Peter zu finden ist für die seit Römertagen und 
wohl vorher noch bewohnte Insel, entzieht sich meiner Kenntniss." 

Aus diesen sachkundigen Mittbeilungen des Herrn Rlarrers Kcinwald 
entnehmen wir, dass die St. Stephanskirche in Lindau 1180 an Stelle von 
St. Peter ant dem zur Marienkirche gehörigen Kirchhofe der Stadt-Insel von 
Lindau erbaut worden ist. Die bei den ürundgrabungen für diesen Kirchen- 
bau gehobenen Skelettreste wurden, wie das früher überall und vielfach bis 
in unsere Zeit herein üblich war, in einem Beinhaus (Ossuarium) untergebracht. 
Die jetzige Sakristei von St. Stephan erscheint nach den Mittheilungen des 
Herrn Pfarrers Keinwald als dieses alte Ossuarium. auf dessen Gebeine 
man nuu wieder gestossen ist. 

Danach ist die Annahme begründet, dass die wieder an s Licht gekommenen 
Knochen zum Theil über das Jahr 1180 zurück zu datiren siud. Möglicher 
Weise können die ältesten Skelettreste, da „die Benützung des Platzes als 
Ruhestätte der Todten bis über das 10. Jahrhundert ztirUckreicht", noch aus 
dieser Periode stammen 

Durch diese Erwägung kommen wir als Altersgrenze für die bei St. 
Stephan ausgegrabenen Gebeine auf die Zeit vom 10. bis Ende des 12. Jahr- 
hunderts. Nach den Studien des Herrn Pfarrers Keinwald hat sich die 
Benützung der Begräbnisstätte überhaupt nicht weiter als etwa bis zum 
Jahre ca. 1400 erstreckt. 

Wir haben es sonach sicher mit Resten aus dem „Mittelalter“, 
aber wohl zweifellos mit solchen aus dem frühen Mittelalter 
(10. bis 12. Jahrhundert) zu thun. 

Es wird sich ergebeu , dass die craniologiscben Bestimmungen zu dem 
gleichen Resultate fuhren. 



Einige Haupt-Messungs-Ergebnisse der bei St. Stephan in Lindau 
gefundenen Schädel und Schädelknochen. 

Von den eingesendeten Schädeln und Schädelbruchstilckeii waren 25 so- 
weit erhalten, dass an ihnen Länge und Breite, zum Theil auch Hube, Umfang 
and Capacität bestimmt werden konnte, um die Haupt-lndices der Schädel- 
typen zu berechnen. 

Nach dem Längen- Breiten-Index geordnet ergeben diese Messungen 
folgende Reihen. 



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Schädel der bayerischen Stadtbevölkerungen. 



131 



ächldo! aas Liudau-St. Stephan. 
11 i r n s g li ü d u 1. 

Ä P u S- 1 ^ f*apa- ioröttl« Gröaite Gan*e gg 

J l z^\ \ ! 2« 

nun ccm mm min mm • 



k Del I ohocephale: 



l 


6 


528 


_ | 


194 


180 


— 


2 


17 


640 


— 


196 


!43 


— 


3 


12 


50) 


1230 


Ift» 


1«2 


126 


4 


11 


Sr 


1880 , 


m 


189 


127 


6 




62 t 


1430 


189 


189 


186 


*1 


8 


610 


1320 < 


1H4 


188 


127 


7 


20 


606 


— 1 


m 


185 




8 


23 


‘“•620 


— 1 


181 


180 


- 



£ Ü M '[ CBM 
£** 111 
I t2S 



6N.6H 94.69 

116,84 91.86 

71.43 97,12 

09,02 93.38 



Mittlere Capacltftt: 



171 16 



9 Meso« ephale: 



1 686 


_ n 


190 


146 | 


1 1. , 


76,91 




638 


1460 


IW 


145 1 


: 128 


77.12 


| 08.08 


1 640 




193 


149 1 


, - 1 


77.20 




524 




185 


143 


i - ' 


77,29 


- 


1 616 




180 


140 


“ 


77.77 




686 


1470 j 


188 i 


! 147 


180 


78.19 


| ?2.34 ; 


, 618 


1810 | 


179 


140 


I 


78,21 




1 614 


— I 


181 


142 


1 —• Si 


78.46 


i — 


II 601 


12« 1 


1 178 i 


188 : 


: i 26 


79.77 


; 72.26 1 


apaclUU : 


1378 






f»ha1 6: 








III. 


8 Bra 


e h y c c | 







18 


18 


642 


1670 


190 


162 


148 


80.00 


77.N0 


19 


21 


— 


— 


171 


138 


— 


80.70 


— | 


20 


10 


622 


1460 


1H2 


149 


180 


81.80 


71 47 


21 


11 


600 




171 


141 


— 


82.46 




22 


16 


620 




180 


160 


125 


88.37 


69.44 


28 


9 


522 


— 


177 


149 


— 


84.18 


I 


24 


88 


— 


- 


170 


118 


— 


87.06 


26 


32 


m 




176 


166 


— 


88.® 


— h 



Mlttlere CapacltAt : 



Gesichtsschädel. 



Mittelgesicht In 
mm 


Augenhöhlen in 
mm 


.öi: 

n 


M 

1 ! 


s 

I 


Höhe 


M 

• 

•o 

s 



A. (»ana erhaltene Schädel, ohne l'nterktefer. 

2 Dolichocephale : 

59 50.4 10 »4 M 00 i 48 22 « 83 ! 17 I 

78 86,1 43 34 7t.« L 61 ‘2i 45.10 || 62 | 

1 Meaocephaler; 

i Gß 1 53.1 1 8t* | 34 I 87.72 j 68 1 21 I 45, » || - | 
1 Brach ycephaler: 

I 68 I 53.8 ; 48 i 38 | 78.72 j 64 I 2i 48,15 0 47 | 



Gealchtamaaken d. b. Vordencbldel ohne Jochhogen. 



26 


2» i - i 


_ 


— 


1 36 


St 


«1.70 | 43 


21 


«83 - | 


1 — 1 


| _ 


'/7 


25 - | 


— 


— 


8H 


st 


»170 öl 


z\ 


45.0» 46 


86 


79 9 


» 


26 - 1 


— 


_ 


U 


st 


76 72 52 


26 


«,07 52 


37 : 


71 15 


29 


27 - 


— 


— 


— 


— 1 


— 47 


20 


43 M 61 


st 


84 70 


30 


« - | 




— 


85 


V. i 


91 42 « 


22 


50,00 42 


31 ! 


73 81 


81 


29 - 








4.3 


a» 


7« 06 - 


1 — 1 


— — 




— 


:v. 


so - 


— 


| — 


87 


29 


78 39 47 


23 


48. »3 48 


32 


M 60 


83 


31 - 


— 


_ 


42 


30 


71 43 48 


7A 


47,91 46 


34 


73 91 


24 


32 - 


— 


— 


39 


34 


«7.71 45 


26 


55 55 43 


:t» 


90 7 


26 


83 - 


_ 


i 


38 


HO 


78 93 45 


28 


51.11 43 


34 


79.01 


84 


34 - 


— 


— 


Hd 


29 1 


ao« 45 


21 


«66 47 


36 


78 5» 


86 


35 - 


| 


i — 


42 


, 34 


SO 95 Oi 


25 


44 84 46 


88 


828 


86 


36 1 - 


• — 


1 — 


SB 


; 32 1 


82 05 49 


21 


ttK »? 


36 i 


74,48 



Allgemeine Aaalyne der Formen der -Schädel 3. 4, 17» 18- 
1. Dolichocephale; 

HimBchldel : OealchUechidel : 

Sehlde) 8 (12) dollchocephal, chamaeoephal ; leptoproaop, meaoeonch, leptorrhin, leptonaphylln 
.. 4 (14) ,, leptoproaop, chamaeconch. leptorrhin, leptoatnphylfn. 

II. Mesocephale: 

Schtdel 17 (15) mcaocephal, chamaeoephal ; leptoproaop. chamaeconch. mesorrhin, leptoetaphylin. 
IIL Bracbycephale. 

Schädel 13 (IS) hrachycephal, hypdoephal , leptoproaop, hypaiooach. leptorrhin, lcptoataphylin. 



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132 



Johanna Kante. 



Vergleichungen und Ergebnisse der Scbädeluntersuchung. 

Die moderne Bevölkerung Lindau s gehört nach den Untersuchungen des 
Herrn Obennedizinalrath Dr. H. von Holder in Stuttgart ( — Zusammen- 
stellung der in Württemberg verkommenden Schädelformen. Mit einer Karte 
und sechs Tafeln. Stuttgart. G. Schweizerbart'sche Verlagshandlung 
[E. Kocb| 1876 — ) ebenso wie die der Stadt benachbarten Landbezirke zu 
den Landstrichen mit besonders hoch ausgebildeter Brachycephalie. Eine 
genaue Statistik der heutigen Schädelformen fehlt für Lindau noch. Ich 
selbst habe aus dem schwäbisch-allemanniscben Gebiete hoher Kurzköpfigkeit 
nur ein ziemlich entfernt liegendes grösseres Beiuhaus. das von Walleshausen 
bei Schwabhausen , eines schwäbischen Ortes aber rechts des Lech, unter- 
suchen können. 1 ) Mein Resultat stimmt jedoch mit dem des Herrn von Hölder 
gut überein. Uie Brachycephalie ist dort eine noch ausgesprochenere als in 
den speziell altbayerischen Theiien Südbayerns. 

Der altbayerische Stamm zeigt nach meinen 800 Messungen an Schädeln 
aus Landgemeinden, und zwar: Chammünster, Altötting, Aufkircheu, Beuer- 
berg, Prien, einen mittleren Längenbreitenindex von 83,0. Dagegen ergaben 
die Messungen in dem Ossuarium in Walleshausen, dass die Bevölkerung 
schwäbiscb-allemannischen Stammes an der Westgrenze des eigentlichen Alt- 
bayerns im Mittel, wie gesagt, in noch höherem Grade bracbycepbal ist; der 
mittlere Längenbreiten Index beträgt für Walleshausen 85,33. Die Altbayern 
zeigen sonach im Durchschnitt eine „mittlere Brachycephalie“ (Gruppe der 
Indices 80,0—84,9), während die schwäbische Bevölkerung von Walleshausen 
mit dem Mittelwert von 85,33 schon in die Gruppe „gesteigerter Brachycephalie“, 
Hyperbracbycephalie (Grenzen der ludices 85,0 —89,9), gehört. 

Unter den von mir gemessenen 1000 Schädeln *) aus der modernen Land- 
bevölkerung der altbayerischen Kreise, Oberbayern, Niederbayern, Oberpfalz, 
schwankt der Längenbreiten-Index individuell zwischen 

70,3 bis 97,0, 

also von entschiedener Dolichocephalie bis zu dem höchsten Grad der bisher 
gemessenen normalen Brachycephalie. Dabei aberwiegen aber weit die ent- 
schieden brachycepbaleu Formen. Unter den 1000 Schädeln fanden sich nur 
8 Dolicbocephale mit einem Längenbreiten-Index, der unter 75,0 zuiiickbleibt: 
vou Index 70 und 71 fand sich je ein Schädel, von Index 72, 73, 74 fanden 
sich je 2. Die Anzahl der Mesocephalen mit einem Index von 75,0 — 79,9 
beträgt 103 pro mille, und es zeigen innerhalb dieser Gruppe die gegen die 
Brachycephalie neigenden und hart an der Grenze der Brachycephalie 
stehenden Formen ein entschiedenes Uebergewicht Die Anzahl der unter den 
1000 Schädeln auf die fünf mesocephalen Indices treffenden Schädel sind: auf 
Index 75 treffen 5 Schädel; 76 — 13; 77 — 25: 78 — 53; 79 — 67. Die 
Mehrzahl der 1000 Schädel, nämlich 829, erweisen sich als bracbycephal mit 

') J. Ranke, beitrage zur somatischen Anthropologie der Bayern. 1883 München Theodor 
Riedel jetzt F. Basscrinann). Bd. I. II. Abschnitt. S. 13 IT. und 8. M ff. Tabelle S. 98 und »9. 

*) 1. c. II. Abscbu. S. 21 ff. 



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Schädel der bayerischen StadthevölkeniMgeii. 



133 



einem Index zwischen 80,0 und 97,6. Unter den Brachycephalen hat eine 
überwiegende Mehrzahl, nämlich 528, einen Längenbreiten- Index zwischen 

80.0 und 84,9 (= Indices der mittleren Brachycephalie) , das Maximum der 
für einen Iudex gemessenen Schädelanzahl trifft auf den Index 83 mit 
124 Schädeln, denselben Index, welcher sich auch als mittlerer Index be- 
rechnet. Bei 268 Schädeln beträgt, der Index zwischen 85,0 und 89,9 (byper- 
brachycepbale Gruppe), aber ein Index von 90,0 und darüber (bis 97,6) wurde 
im Ganzen noch 33 mal bestimmt. (Index-Gruppe der Ultra-Brachycephalen 

90.0 bis 94,9); die Indices von 95,0 bis 99,9 bilden die höchste Gruppe der 
beim normalen Menschen jemals beobachteten Brachycephalie. 

Die untenstehende Curve') gestattet mit einem Blick eine Uebersicht 
Uber die eben geschilderten Verhältnisse. 

. ;j , I. Curve. 

Vertbeilung der einzelnen L än g e n b r ei t e n - 1 n d ice s unter 
1000 Schädeln der modernen ländlichen Bevölkerung ans den 
altbayeriscben Regierungsbezirken Bayerns. 

I>olichocephaIe Mcsoccph. Dracbyccphale UcsammUahl der Sehflulvl 

8 168 6® + 801 1000 




Die Anzahl der auf die einzelnen Indices der dolichocephalen und der 
mesocephalen Gruppe treffenden Schädel ist oben angegeben ; für die einzelnen 
Indices der brachycephalen Scbädelgruppe ergaben sich folgende Zahlen: von 
Index 80 wurden gemessen 83 Schädel, von Index 81 — 114; 82 — 100; 
83 — 124 (Maximum); 84 — 106; 85 — 71 ; 86 — 94; 87 — 55; 88 — 29: 
89 — 20; 90 — 12; 91 — 8; 92 — 7; 93 — 1; 94 — 3; 95—1; 96 — 0; 
97 — 1. 

In dem schwäbisch-allemannischen Orte Walles hausen zeigte sieb, im 
Vergleich mit den eigentlich altbayeriscben Verhältnissen, die, wie angegeben, 
im Allgemeinen höhere Ausbildung der Brachycephalie schon darin, dass unter 
den 100 untersuchten Schädeln dolichocephale Formen ganz fehlen ; es fanden 
sich anch nur 9 Mesocephale, von welchen noch 3 mit einem Index von 79,8 

■) l o. 8. 23. 

Beitrftge zur Anthropologie. Xll. Bd. 3. u. 4. Heft. |Q 



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134 



Johannes Ranke, 



hart an der Grenze der Brachycephalie stehen. Der IJingenbreiten-lndex 
schwankte überhaupt, nur von 7(>,0 bis 93,4 ; 91 Schädel von 1 00 erwiesen 
sich als brarhvcephal nnd 49 von diesen gehörten den höchsten Stufen der 
Brachycephalie an (Index von 85,0 bis 93,4). 

Wir dürfen lür die moderne Bevölkerung Lindau s im Wesentlichen die 
gleiche, wenigstens eine sehr ähnliche Vertheilang der Schüdelindiees voraus- 
setzen. In Proeenten ansgedrückt, eigibt sich folgende Veriheilung der Typen: 

Altbayern Schwaben 

(<>ber»#i>vrn, Nlederbayem, oberpfals) (WaUeuhaiwen) 

Dollchoccphalc 1 (0.9) 0 

Meaooepbale 16 9 

Brachyct-pha-o 88 91 

Summe 100 100 

Ein ex t remes Debergewi ch t der brachycephal en (83 u n d 91 °/o) 
und Verscb winden der dolichocephalen Schadelformen (0 und 0,9°/«) 
charak terisirt die moderne südbayerische Bevölkerung, zu 
welcher Lindau gehört. — 

Die G rüber aus der Völkerwanderuugsperiode der süddeutschen 
Lander diesseits der Donau und der Kheingegenden, die sogenannten Reihen- 
gräber, wurden für Baden und die Rheinlande von den Herren A. Ecker 
und L. Li ndenscb m i t *) eingehend untersucht und ihr germanischer 
Charakter, sowie ihre historische Stellung fixirt. In Bayern hat sich das 
Hauptverdienst in der archäologischen Untersuchung dieser Reste des Alter- 
thums Herr Major J. Würdinger erworben. 1 ) 

Schon A. Ecker hatte bezüglich der Sch&del hervorgehoben, dass unter 
der weit überwiegenden Zahl der Dolicho- und Mesocephalen in den süd- 
deutschen Reihengräbern auch mehr vereinzelt brachycephale Formen auf- 
treten , so dass schon in jener Periode der Schädel-Typus nicht rein lang- 
schädelig war. Immerhin ist die Anzahl der relativ langen Formen, Dolicbo- 
cephale und Mesocephale, so überwiegend, dass der Unterschied zwischen der 
heutigen vorwiegend kurzköptigen Bevölkerung der süddeutschen Gegenden 
und der aus den Reihengräbern bekannt gewordenen Bewohner der gleichen 
Länder während der Völkerwanderungsperiode ein extremer ist. 

Herr Julius Kollmann hat im Jahre 1877 eine vortreffliche Abhandlung 
veröffentlicht über: „Schädel aus alten Grabstätten Bayerns' 1 ;*) er konnte 
damals seine Untersuchungen auf 70 Schädel und Schädelbruchstücke, deren 
Längenbreiteu-lndex noch bestimmbar war, basiren. In Proeenten umgerechuet 
war sein Hauptresultat betreffs der in den südbayeriseben Reihengräbern bis 
dahin gefundenen Schfldel das folgende : 

70 bayerische Reihengräbersch&del nach J. Kollmann. 

Dollchoccphale bl* Index 74.9 44 Prooeot 

älesoeephale „ 75.0-79,9 46 

BmehycephAle „ „ ($0,0 und darüber H ,, 

.. Summe 100 Procent 

*) A. Ecker, Crania Gormaniao meridionalis Occidental is. Schädel früherer und heutiger 
Bewohner des südwestlichen Deutschlands. Mit 38 Tafoln. Freiburg i/B. 1865, gross 4°. 

*) Beiträge zur Anthropologie und Urgeschichte Bayerns. Bd. I. S. 142 ff. Die Platten- 
nnd Reihengräber in Bayern. 

*) Beitrüge zur Anthropologie und Urgeschichte Bayerns. Bd. I. 8. 151 ff., s. auch 
H. Ranke, 1. c. Bd. I. S. 113 ff., Ueber oberbayerische Platten gräber. 



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Sr'hBdo! der bayerische!) Stndtbevölkerungrn. 



135 



Es ist mir seit jener Veröffentlichung Kollmann's gelungeu , noch 
130 Schädel, deren Längenbreileu-Index bestimmt weiden konnte, aus der 
Völkerwanderungs-Periode Bayerns zu sammeln, so dass das jetzt zu über- 
blickende Gesammtmaterial an Schädeln 200 beträgt. Trotz dieser bedeutenden 
Vermehrung der Anzahl der Schädel ist mein Gesammtresultat der Ver- 
keilung der Schädel auf die drei Haupt-Formgruppen von dem Kollmann's 
wenig verschieden Ich fand : 

200 bayerische Reibengräberschädel. 

Oollchocephale bis Index 74.9 42 Procent 

Mesocephah* .. 76,0—79.9 44 

Brachycephalc „ 80,0 und darüber 14 

Somme 100 Procent 

Unter den 200 Schädeln sind 84 ßolichocephale, 89 Mesocephale und 
27 Brachycephale. 

In den beiden unten mitgetheilten Curven sind die Messuugsresnltate 
der 200 Reihengräberscliädel und der 100 Schädel aus dem Ossuarium in 
Walleshausen, welche als Repräsentanten dermodernen schwäbisch allemannischen 
Bevölkerung Bayerns zu gelten haben, in einander gezeichnet, um die Differenz 
der modernen Bevölkerung von jener der Völkerwanderung«- Periode in den 
gleichen Landestheilen mit einem Blick überschaubar zu machen. 



II und III. Curve. 

Vertheilung der einzelnen La n ge n b r e i te n - In die e s 

II. unter 200 Schädeln aus südbayerischen Reihengräbern der 

Völke rwanderu ngs- Periode , Curve ausgezogen; 

III. unter 100 Schädeln aus dem Ossuarium in Walleshausen. 

Curve punktirt. 



DoMchocephate 
II. 84 *• 42°/» 
in. 0“/« 



Mesocephale 



4*/* 

9 °/® 



Brachjroephaic 

27 = 14 °/o Anzahl der SchAdel 200 
91 °/ö Anzahl <l«r Schädel 100 




Fürtuch reitende Reihe der LAnftfibreitan-ItldiCM. 



10 ' 




136 



Johannes Ranke. 



Während bei den Schädeln ans der Völkerwanderungs-Periode der massive 
Stock der Ctirve (II) durch die Dolichocephalen und Mesocepbalen gebildet 
wird und die relativ wenigen ßracbycephalen als ein geringfügiger und fremd- 
artiger Anhang dieser Curve erscheinet! , bildet das Massiv der schwäbisch- 
bayerischen Schädel von Walleshausen die hyperbrachycephale und bracby- 
cephale Gruppe, dagegen erscheinen als ein relativ geringfügiger Anhang 
ihrer Curve die Mesocepbalen, Dolicbocephale fehlen gänzlich. Der Unter- 
schied der beiden Curven ist extrem. 

Wir müssen fragen: Wie erfolgte die Veränderung der, wie es nach 

dem Gesagten scheinen muss, in der Völkerwanderungs-Periode vorwiegend 
laDgkopfigen Bevölkerung unseres Landes in das heutige vorwiegend kurz 
köpfige Volk? 

Es scheinen zunächst nur zwei Möglichkeiten zu besteben. Entweder 
fand eine direkte Umbildung der langen und schmalen Schädeltormen in den 
heutigen runden und breiten Schädeltypus durch Einflüsse des Wohnorts und 
der Kultur statt, eine Ansicht, welche bei der nachgewieseneu boheu Konstanz 
der typischen Schädeltormen hier doch erst sekundär in Betracht kommen 
kann, oder die Veränderung hat ihren Grund in einer Zumischung zahl- 
reicher bracbycepbaler Individuen zu den eiusl fast ausschliesslich langküpiigeti 
Stämmen, welche in der Völkerwanderungs-Periode Bayern dauernd besetzten. 

Mag die Veränderung der Schädelformen durch direkte Umbildung des 
einen Typus iu den anderen oder durch steigende Zumischung von bracby- 
cephalen Individuen zu dem dolichocephalen Grundstock entstanden sein, 
sicher muss in den auf die Völkerwanderung folgenden Jahrhunderten noch 
lange Zeit hindurch die Zusammensetzung der Bevölkerung in Betreff der 
typischen Schädeltormen eine andere gewesen sein, als sie sich heute zeigt: 
die Dolichocephalen, welche jetzt unter unserem Volke so selten sind, ja 
vielfach ganz fehlen, müssen in früheren Jahrhunderten noch entsprechend 
zahlreicher gewesen sein. 

Die mittelalterlichen Schädel aus Lindau zeigen uns diese lang gesuchte 
Uebergangs-Periode. 

Die Schädel und Scbädelbruchstücke aus dem mittelalter- 
lichen Ossuarium in Lindau sind an einem anderen Orte von uns ein- 
gehend besprochen worden. 1 ) Hier sollen nur die zunächst für die oben 
augeregte Frage ins Gewicht fallenden Hauptresultate dargestellt werden. 

Uuter den eingesendeten Schädeln und Schädelresten waren 25, welche 
eine exakte Bestimmung des Längeubreiteu-Index gestatteten. 

ln die Hauptgruppen vertheilt, sind von den Lindauer Schädeln 8 doliclio 
cephal, !) mesocephal und 8 bracbycephal. 

Die Messungsergebnisse sind, nach dem Längenbreiten-Index geordnet, 
folgende: 

■) s. oben S. 13« 1. o. 



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Sohftdtl der bayerischen Stadtbovolkerungon. 



137 



8 Dollcb orephtle 
(Index bla 74.9) : 


9 Meiocepbalc 
(Index 76.0 bis 79.9) : 


8 Brtchycephslc 
(Index 80-0 u. darüber) ! 


1. 


70-10 


76,91 


80.00 


2. 


72.22 


77.12 


80.70 


1. 


72® 


77.2D 


81 ,86 


\ 


73.16 


77.29 


Si« 


f 


78.64 


77.77 


83.87 


6. 


73.91 


78.19 


84.18 


7. 


74.17 


78.21 
TR 45 
79,77 


87.06 


H. 

9- 


74,81 


8B.63 



Die Bedeutung dieses Ergebnisses wird durch die Gegenüberstellung der 
Hauptresultate der bisherigen Beobachtungen ersichtlich, wobei wir uns auf 
die Vergleichung der Schädel aus der Völkerwanderungs-Periode mit den 
modernen (1000) sttdbayerischen und mit den mittelalterlichen Lindauei Schädeln 
beschränken. 

Umänderung der Längenbreiten-Indices der südbayerischen 
Bevölkerung in historischer Zeit 

Sehlde] hüb der Yolkerwanderung*sdt Schadet atu dein frühen Schädel an« der modernen 
(200 Reibenffhfcber-Schldel) Mittelalter (Lindau) südbayeriacheu Bevölkerung 

(1000 schade!) 

Uollchooephale §2*/o 32 ®/o !•/* 

Meeocvphalc 44 38,, 16.. 

Brachyoephalo 14 „ 32 „ 88,, 

Stimme; 100 100 100 

Die Lindauer Schädel stellen sich als Mittelglied zwischen die Schädel 
aus der Völkerwanderungs- Periode und jene der modernen Bevölkerung: die 
relative Anzahl der Dolichocephalen ist seit der Völkerwanderung bis zur 
Periode der Lindauer Schädel von 42 auf 32 Procent, also im Verbältniss 
von ca. 4 zu 3 gesunken, dagegen ist die relative Anzahl der Brachycephalen 
vou 14 auf 32 gestiegen, sonach im Verbältniss von mehr als 1 zu 2, um 
mehr als das Doppelte. Die relative Anzahl der Mesocepbalen ist wie die 
der Dolichocephalen gefallen, von 44 auf 36 Procent. Es sind das ersichtlich 
die gleichen Veränderungen, welche sich bis in die Neuzeit fortgesetzt haben: 
die relative Anzahl der Dolichocephalen wurde bis iu unsere Zeit eine 
minimale (ca. 1 •/»), auch die relative Anzahl der Mesocephalen sank noch 
beträchtlich weiter von 44 auf 36 auf 16 Procent, ') dagegen stieg die 
relative Anzahl der Brachycephalen noch sehr bedeutend von 14 auf 32 auf 
83 Procent. 

Die Mischung der Schädeltypen der Lindauer Schädel steht jener während 
der Völkerwanderungsperiode noch beträchtlich näher als der der heutigen 
Südbayern. Es spricht das dafür, dass, wie es die historische Analyse schon 
ergeben hat, die Lindauer Schädel und Gebeine aus dem frühen 
Mittelalter stammen. 

Für eine direkte Umbildung der einen Form in die audere bringen die 
Lindauer Schädel keine Beweise. Es ergibt sich das schon daraus, dass die 
Uebergangstormen, welche wir doch unter den Mesocephalen zu suchen hätten, 
unter den mittelalterlichen Schädeln nicht zahlreicher, sondern beträchtlich 
seltener sind, als unter den Schädeln der Völkerwanderungsperiode. 



*) Id VValleehausen ist die Anzahl der Hesocephalen nur 9, in der Regensburger Stadt - 
berölkerung nur 5 Procent 



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138 



Johannes Manko. 



Unter den Schädeln aus Lindau sind echte Dolicboceph&le (32°/o). welche 
in der ganzen Bildung des Hirnschädels und des Gesichtes den dolichocephalen 
Reihengräher-Schttdeln entsprechen. Andererseits finden sich ebenso häufig 
(32%) echte Brachycephale , welche sich in Nichts von den heutigen süd- 
bayerischen, altbayerischen nnd schwäbischen Kurzköpfen unterscheiden. 

Die zwischen diesen beiden Extremen stehenden Mesocephalen zerfallen 
in zwei Gruppen. Die eine Gruppe reibt sich jenen namentlich aus den 
Reihengräbern der Völkerwanderungszeit wohlbekannten Mesocephalen an, 
welche für Bayern zuerst von den Herren H. Ranke’) nnd J, Kollmann*) 
studirt worden sind. Ihr Hirnschfidel entspricht vor allem in der Bildung 
der Stirn in hohem Maasse dem dolichocephalen Reihengräber-Typus, sie 
haben aber einen stärker gerundeten Hinterkopf und sind im Mittelkopf 
breiter, was sich meist sofort in der deutlicheren Ausprägung der Scheitel- 
beinhücker zu erkennen gibt: es sind im vorderen Abschnitt des Hirnscbädels 
Dolichocephale, im hinteren Abschnitt Brachycephale. 

Die überwiegende Mehrzahl der Lindauer Mesocephalen reiht sich aber 
dem bracbycephalen Schädeltypus an und steht diesem zum Theil ganz nahe. 
Es sind die typischen Mesocephalen unserer modeinen südbayerischen Be- 
völkerung; an den dolichocephalen Typus erinnert vor allem nur das mehr 
oder weniger pyramidal ausgezogene oder sonst stärker vorgebuchtete Hinter, 
banpt. Diese Abweichung von der bracbycephalen Schüdelform beginnt ge- 
wöhnlich ebenfalls im Mittelkopf und zwar hier mit Abflachung der Scheitel- 
beinhöcker. Der vordere Abschnitt des Hirnschädels ist bei dieser Gruppe 
meist typisch brarhycephal , der hintere Abschnitt zeigt Anklänge an die 
dolichocephale Form. An letztere erinnern hie und da auch stärker ent- 
wickelte Augenbrauenbogen. 

Es sind das nicht Uebergangsformen , sondern direkte Mischformen, 
wie sie sich aus der Vererbung bei der Kreuzung der beiden Haupttypen 
bilden mussten. Dabei zeigt sich in Lindau der brachycephale Typus sichtlich 
als der stärkere, da die ihm nahestehenden Mischformen der Zahl nach über- 
wiegen nnd sich vom reinen Typus nur wenig unterscheiden. Wir sehen, 
dass die Typen- Kreuzung mehr und mehr das brachycephale Element der 
Bevölkerung stärkte. Am wichtigsten für die Ausbildung der süddeutschen 
Brachycephalie war aber zweifellos das fortgehende Zuströmen brachycephaler 
Individuen selbst.") 

*} .Beiträge zur Anthropologie und Urgeschichte Bayerns. Bd. I. 8. 118 ff. 

") L o. S. 173. 

*) Immerhin dürfen wit ater auch eines mechanischen Momentes der Bchädel- 
Um hi [düng nicht vergessen, weiches innerhalb der Wirkung der Vererbung durch Typen- 
kreuzung sich geltend macht. Die Breite der Lindauer Schädel steht, wie oben bervorgehoboo 
wurde, iu einem Correlatiousrusammenhaog mit der Ausbildung der Scheitelbeinheekor. Während 
letrtere bei den breiteren und breiten Schädclformcn deutlich, rum Theil sehr stark, gross uod 
breit, hervortreten, sind sio bei den Schädeln mit schmalerem, nach hinten verlängertem Hinter- 
haupt meist nahezu oder ganz verstricbeu , kaum erkennbar. Diese Form Verschiedenheit hangt 
mit der verschiedenen tirösse der Schläfenfllche, des Planum temporale, zusammen. Bei den 
Schädeln mit stark ausgeprägten Scheitelbeinhöckern läuft dio untere und die, manchmal extrem 



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Schädel der bayerischen Stadtbovölkerungen. 130 

Wir sind nun durch die Aufsammlung körperlicher Reste der Bewohner 
unseres Vaterlandes aus früheren, zum Theil weit vor der Völkerwanderung 
gelegenen Epochen im Stande, auf die Frage Antwort zu geben, woher 
diese den Dolicbocephalen sich zumischenden Brachycephalen bei uns ge- 
kommen sind. 

Schädel aus den älteren prähistorischen Epochen Südbayerns. 

Oie Geschichte erzählt, dass während der Völkerwanderungsperiode bis 
dabin jenseits des römischen Grenzwalls, im Allgemeinen nördlicher wohnende 
germanische Stämme, auch speziell Thüringer, in das südliche Bayern ein- 
gebrochen sind und sich hier zuerst vorübergehend , dann dauernd gehalten 
haben. 

Solche Stämme , welche wir als „germanische Nordvölker" bezeichnen 
dürfen, brachten ihre langen und schmalen Scbädelformen während der Völker- 
wauderungszeit nach Bayern. Schon aus den berühmten Untersuchungen von 
A. Retzius in der Mitte des scheidenden Jahrhunderts hatte sich ergeben, 
dass in Schweden die herrschende Schädelform der dortigen Germanen die 
langgestreckte, dolichocepbale sei; die Herren R. Virchow*) und Kupffer*) 
konstatirten das gleiche Verbältniss, der erstere für die Friesen, der zweite 
für die Küstenbevölkerung der Ostsee (um Königsberg i/Pr.). Ich habe ge- 
funden, dass die moderne Landbevölkerung von Dänemark (Jütland und See- 
land) in Beziehung auf die Vertbeilung der Längetibreiten-Indices der Schädel 
noch heute mit den süddeutschen Reihengräber-Stämmen so gut wie absolut 
ttbereinstimmt, 9 ) die Bracbycepbalen sind unter den Dänen nur noch seltener 
und der Grad der Kurzköpflgkeit ist ein geringerer (der Index steigt nur 
bis 82). Meine Hauptresultate ergibt die folgende Gegenüberstellung: 



ausgebildete, obere hatbzirkolförmigo Sehläfenlinie, welche nach oben die Schläfeufläche begrenzen, 
unter dem Scheitel beinhöcker hin, dagegen verlaufen beide oder wenigstens die obere halb- 
zirkcl förmige Schlftfenlinie verschieden hoch iibor dom Schoitolboinhöckcr, oder auf diesem 
Belbst, wenn sich derselbe mehr odor weniger verstrichen zeigt, bekanntlich bezeichnen die 
beiden halbzirkelförmigen Begrenzungslinien der Schläfenfläcbe den Ansatz (rosp. Ursprung) 
des Schläfenmuskels , M. temporal is , und seiner Faseio. Mit der grösseren oder geringeren 
Ausbildung des Schläfenmuskels, mit dem Höher- Rücken desselben au der Schläfen fläche, scheint 
demnach bei unseren Schädeln die Grössenentwickelung der Scbeitolboinhöcker und damit die 
relative Abflachung dor Scheitelbeine und des hinteren Abschnitts des Hirnschadeis in eiuem 
gewissen uroichlichen Zusammenhang zu stehen. Im Allgemeinen ist bei unseren Brachy- 
cepbalen die Scbläfuufläcbe im Verhältuiss zuin Querumfang des Hirnscbädels kleiner als bei 
den Dolichocephalon. Auch die Steigerung dor Cultur hat bekanntlich eine rel. Verkleinerung 
der gesammten Kauwerkzeuge und damit auch des Schläfeomuskols zur Folge. 

*) R. Virchow, Beiträge zur physischen Anthropologie der Deutschen mit besonderer 
Berücksichtigung der Friesen. Besonderer Abdruck dor Abhandlungen der kgl. Akademie dor 
Wissenschaften zu Berlin 1876. Zweiter Abdruck Berlin 1877. 

*) Die anthropologischen Sammlungen Deutschlands. IV. Königsberg i. Pr. Schädel und 
Skelette der anthropologischen Sammlungen zu Königsberg i. Pr. von Prof. C. Kupffer und 
cand. med. F. Bessel- Hagen, Braunschweig. Archiv für Anthropologie Bd. XU. 1880. 

*) J. Ranke, Ausblick nach Skandinavien und in die Vorzeit. In: Beiträge zur soma- 
tischen Anthropologie der Bayern. Bd. 1. Abschnitt II. S. 57 (1. 



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140 



Johauuo.s Rauke 






ffi Schädel an* 


‘JOO Schädel au* 


100 Schädel 


50 schtdel au* 




der d*n lachen 


südbayerieeben 


atu Ebrach 


Aochaflbnburg 




iAQdbevölkerung: 


Kelhengrftbern . 


(Weatrranken; : 


(Wertfranken) : 


Dolichocephale bis Index 74.9 


67°/* 


42 */* 


26«,% 


12 


Meaocephale Index 75,0—79.9 


87.. 


44 ,. 


2B* 


Xi.. 


Brach ycephale Index 80,0 and darüber 


6.. 


11 .. 


47 ., 


50., 



U eberall da, wo nicht im Laufe der Geschichte von Osten her sich 
Sl&ven eingeschoben haben, zeigen die nördlicher wohnenden germanischen 
Völker noch heute ähnliche kraniologische Verhältnisse wie die Reihengräber- 
Stämme Bayerns. 

Für die hier aufgeworfenen Fragen der speziell bayerischen Ethnographie 
ist es von besonderer Bedeutung, dass ich den Nachweis führen konnte, 1 ) 
dass noch heut zu Tage in den nördlichen , speziell nord-westlichen Gebiets- 
theilen Bayerns, namentlich im westlichen Maingebiete, wo eine thüringisch- 
fränkische Bevölkerung sitzt, sich in grosser Anzahl die gleichen lang- 
gestreckten Schädelformen finden, welche uns im Vergleich mit der modernen 
kurzköpfigen Schädelform unserer Südbayern in so hohem Grade anffalleu. 

In jenen Gegenden, aus welchen jene Stämme aufbrachen, deren Reste 
wir in unseren sttdbayerischen Reibengräbern der Völkerwanderungaperiode 
gefunden haben , ist noch jetzt die Form der Reihengräberscbädel in reineu 
unvermischten Typen weit verbreitet. In dem aus dem vorigen Jahrhundert 
stammeuden Ossuarium in Ebrach gehört noch ’/t aller Schädel diesem reinen 
Typus an. Aehnliches hat R. Virchow*) für Thüringen konstatirt, indem 
er dort den mesocephalen Reiheugräber-Scbädeltypus nacbweisen konnte. In 
Aschaffenburg fand ich norh 12°/» des dolichocepbalen Reihengräber-Typus.’) 
Die Hauptergebnisse der Messungen an Schädelu aus den Ossuarien von 
Ebrach und Aschaffenburg habe ich oben neben die Schädel der dänischen 
Landbevölkerung und der südbayerischen Keihengräber gestellt. 4 ) 

Alle die Stürme der Völkerbewegungen und die fortschreitenden Stammes- 
verschiebungen haben in jenen nördlichen Gegenden Bayerns das Bild noch 
nicht gänzlich zu verwischen vermocht, welches uns die Reihengräber aus 
jener frühen Periode entwerfen. Die von dort nach dem Süden über den 
römischen Grenzwall vordrängenden Stämme waren, wie wir gefunden haben, 
nicht rein, aber vorwiegend dolicbocephal. Wenn heute aus denselben 
Gegenden wieder Völkerzuge in Südbayern einbrechen würden, so würden 
dadurch wieder die gleichen Schädellbrmen hereingebracht werden, welche 
während der Volkerwanderungsperiode erscheinen. 

ln der Tbat habe ich das für die Stadtbevölkerung Münchens 
festetelleu können. 5 ) Während noch im vorigen Jahrhundert dolicbocepbale 
Schädel-Formen so gut wie vollkommen fehlen, treten sie in der heutigen 

■) 1. o. 8. 37 ff. 

*) K. Virchow, SehSdel aus oinor Krypta in Leubingen im nördlichen Thüringen. 

E. V. Bd. IX. 1877. 8. 327 ff. 

*) a. oben S. HO. 

*) Näheres a. Beiträge zur somatischen Anthropologie der Bayern. II. Abschnitt, Ethno- 
logische Kraniologie der Bayern. 8. 37 ff. 

*} s. die beiden Tabellen im Anhang. 



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Schädel der bayerischen Stadtbevölkorungen. 



141 



Bevölkerung unserer Landes-Hauptstadt in einem gewissen Bruchtheil auf, 
nachdem das Zuströmen aus den fränkischen Provinzen, in einer 
neuen Völkerwanderung, ein immer lebhafteres geworden ist. 

Zum Vergleiche stehen mir Messungen einerseits an 100 männlichen 
Schädeln der alte n Münchener Stadtbevölkerung aus dem 16. und 17. Jahr- 
hundert, die jüngsten urkundlich aus dem Jahre 1712 stammend, zur Ver- 
fügung, andererseits an 100 männlichen Schädeln der neuen resp. modernsten 
Münchener Stadtbevölkerung aus der Mitte dieses Jahrhunderts. 

Die Untersuchungen ergaben, dass in den letzten Jahrhunderten der 
Längenbreiten-Index der Schädel der Münchener Stadtbevölkerung im Mittel- 
werth nicht unbeträchtlich abgenommen hat, die Schädel im Allgemeinen 
erkennbar schmäler geworden sind: 

Münchener Btadtbevölkerung 
alte : neue : 

mittlerer Utngenbreiteti- Index von je 100 «cbitdelii 81,8 

Diese Abnahme des mittleren Längenhreiten-Index rührt aber davon her, 
dass der alten männlichen Münchener Stadtbevölkerung Dolichocephale voll- 
kommen fehlen und sie nur ganz wenige Mesocephale besitzt, während die 
neue männliche Stadtbevölkerung eine relativ beträchtliche Anzahl dieser 



beiden lang gestreckteren 


Schädeltormen besitzt. 


Zitfernmässig habe 


gefunden : 


Münchener männliche 


Stadtbevolkerung 




100 8chidel aus dem 


100 Schädel aus der Mitte 




16- und 17. Jahrhundert : 


des 19. Jahrhunderts : 


Dolichocephale bl» Index 74.9 


0°/t 


6% 


Mesocephale Index 76,0 — 79.9 


8.. 


17 „ 


Brachycephale Index 80.0 und darüber B2 .. 


77.. 



Unter 100 Schädeln der neuen weiblichen Stadtbevolkerung Münchens 
fand ich ebenfalls 2 Dolichocephale und 14 Mesocephale, die Münchener 
Brauen sind sonach im Ganzen noch immer etwas brachycephaler als die 
Männer, was sich aus den gleichen Ursachen wie in den prähistorischen 
Epochen erklärt: die Frauen sind das stabilere Element der Bevölkerung. 

Die moderne Bevölkerung der bayerischen westlichen Maingegenden ent- 
hält neben den Dolichocephalen zahlreiche Mesocephale und Brachycephale ; 
letztere sind von der gleichen typischen Form wie unsere modernen Bracliy- 
cepbalen in Südbayern und beweisen eine somatische Beeinflussung von 
letzterer Seite aus. Es spricht aber für die dort noch fortbestehende Kraft 
des dolichocephalen Typus in diesen seinen alten Ursitzen , dass nicht nur 
die Mesocephalen in der Gesammtbildutig des Schädels sehr häufig sich an 
den dolichocephalen Typus nahe anschliessen , sondern dass sich dort auch 
den Brachyrepbaleti recht häufig dolichocephale Züge, namentlich in der 
Bildung der 8tirn, der Nasenwurzel u. a. beigemischt zeigen. 

Aus diesen noch heute von den typischeu Langköpfen der Völker- 
wanderungsperiode bewohnten Theilen Bayerns stehen mir keine Schädel aus 
den vorhistorischen Metallperioden zur Verfügung. Dagegen sind einige 
Schädel und sonstige Skelettreste aus der vor den Metallperioden liegenden 
sog. jüngeren Steinzeit, aus der neolithischen Periode, vorhanden, deren 



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142 



Johauncs Hanke. 



fieste in den nördlichen Theilen Bayerns in jüngster Zeit in überraschendem 
Reichthum zu Tage gekommen sind. 

Es ist mir gelungen . aus dieser frUheu Epoche auch einige Schädel zu 
beigen. Das kraniologische Material ist folgendes: 

Ein Schädeldach aus einem steinzeitlicben Begräbniss aus der Höhle im 
Fockenstein bei Pottenstein. ') 

Zwei ziemlich wohl erhaltene Schädel aus steinzeitlichen Gräbern bei 
Ochsenfurt, eingesendet durch Herrn Offizial Clessin.*) 

Drei Schädel aus der Steinbach-Hühle bei Sulzbach. 5 ) 

Ein Schädel aus einer ron Herrn Dr. Pfaff ausgebeuteten oberfränkischen 
Höhle. 1 ) 

Hier sollen nur die allgemeinen kraniologischen Verhältnisse dieser 
uralten Schädel mitgetheilt werden. 

Vor allem wichtig erscheint es, dass unter dieser steinzeitlichen Serie 
kein brachycepbaler oder charakteristische Eigenschaften des brachycepbalen 
Typus aufweisender Schädel sich findet, es sind dolichocepbale und meso- 
cephale Formen, welche in allem Wesentlichen dem dolichocepbalen Typus 
südbayerischer Reihengräber und ebenso dem der heutigen Bewohner der 
westlichen Maingegenden Bayerns entsprechen. Auch die Mesocephalen zeigen 
im Stirn- und Gesichtsbau diesen Typus, besonders extrem sind zum Theil, 
z. B. bei dem einen Schädel aus Ochsenfurt , die Augenbraueubogen vor- 
gewulstet. Die Form der Schädel entspricht im Typus jenem aus dem 
grossen neolithischen Gräberfeld, welches Herr Nagel bei Rössen in 
Thüringen untersucht und vortrefflich ausgehoben hat. Ich verdanke der 
Güte des Herrn Nagel einen der in Rössen gehobenen Schädel. Derselbe 
ist in schwachem Grade im Grabe verdrückt, so dass er etwas zu schmal 
erscheint. Seine Länge ist 183, seine Breite etwa 127 oder 128; letzterer 
Werth ergibt einen Lftngenbreiten- Index von 69,94, ohne Zweifel war der 
Schädel im Leben, wenn auch etwas breiter, doch ein ausgesprochener 
Dolichocephale. 

Die bayerischen steinzeitlicben Schädel ergeben folgende Reihe: 
Steinzeilliche Schädel ans Bayern. 



6chädet au» der Fockensiel n -Höhle: 

1. Schädeldach, männlich . 

Schädel aua der 3teliibach-H6hle: 

'2. Urocficr männlicher schade! (Nr. 1) . . 

3. Schädeldach, männlich (Nr. 2) . . . . 

4. Klnderwchidel, k'ut erhalten (Nr. 3) . - 
Schädel ans der l'faff- H Ahle 

6. Klnilerw-badel (mit ekelet ti 

Schädel aua den ■pat-ueollthischcn 
(iriberu bei Ochaenfurl: 

6. ( i roaaer männlicher Schädel 

7. Schädeldach, männlich 



Länge : 


Breite 


Hohe : 


Index ; 


188 


136 


- 


74,81 


187 


148 


140 


76,47 


188 


186 


— 


7431 


169 


118 


— 


74.21 


165 


123 




74.64 


UH 


158 


_ 


79 27 


m 


142 


— 


78,02 



') J. Ranke, Die Felsen Wohnungen aus der jüngeren Steinreit in der fränkischen fcchweix. 
Beittage zur Authropologie und Urgeschichte Bayerns, Bd. III. S. 206 ff. 1. c. S. 217 und 220. 
*) s. Corresp. Blatt der deutschen anthropol. Gesellschaft. Juli-No. 1896. P. Hoi necke. 

*) a. (’orrosp.- Blatt der deutsebou anthropol. Ges. XXI. 1890 8. 162. J. Ranke, Die 
Steinbach-Hohle. 

4 ) Dr. Pfaff, F.in prähistorisches Menschcnskulett aus dem fränkischen Jura. Zeitschrift 
der deutschen geologischen Gesellschad 1890 S. 618. 



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Schädel der bayerischen Stadtbcröl kerungen. 



143 



Uits Haupttypen der bayerischen Steiuzeit-Scbädel gruppiren sich in 
folgender Weise im Vergleich mit den Schädeln der südbayerischen Reihen- 
gräber nnd der relativ modernen Bevölkerung der westfränkischen Gegenden 
(Ebrach). 

Das Resultat ist: 





7 Steinzeit- 


200 Halben* 


100 Bch&de! 




Schädel ; 


iCTthcr-Schftdcl : 


nua Ebrach : 


Dolichocephale bla Index 74,1» 


1 - 67* 


42* 


9t* 


Meaocephale, Iudex 7G.0— 79,9 . . ... 


3 = 48.. 


44 


20., 


Braehycephate 80.0 und dar rill >er 


0 - 0 .. 


14.. 


4 


Summe ; 


7 « 100 


100 


100 



In jenen Gegenden Bayerns im westlichen Maingebiet, in 
welchen der dolichocephale Schädel typ usunter der Bevölkerung 
sich noch jetzt als ein Haupttypus erhalten hat, finden wir 
den gleichen dolichocephalen Typus in der ältesten dort bis 
jetzt bekannt gewordenen vorgeschichtlichen Epoche, in der 
jüngere n Stei n zeit , ausschliesslich ne ben M esoceph alen. Brachy- 
cephale fehlen aus dieser Periode bis jetzt gänzlich, im Uebrigen entspricht 
aber die Vertheilung der Haupt-Typen in hohem Maasse jener der süd- 
bayerischen Reihengtäber-Bevölkerung. 

ln den nördlichen Gauen Bayerns ist sonach das kranio- 
logische Bild durch die Völkerwanderung nicht zerstört worden. 

Das Gleiche gilt von den südlichen Landestheilen. 

Der Anzahl nach ist bis jetzt noch das kraniologische Material, welches 
aus den älteren prähistorischen Epochen vor der Völkerwanderungszeit ge- 
wonnen werden konnte, gering und wird das auch der Natur der Sache nach 
immer bleiben. Durch den damals bei den Bestattungen vorwiegend üblichen 
Leichenbrand sind die Gebeine der Todten unwiederbringlich zerstört worden. 
Aehnliches gilt für die Zeit direkt vor der Völkerwanderung. Immerhin 
genügen die in den letzten Jahrzehnten gesammelten Schädel und Schädel- 
brnrhstücke doch, um zu beweisen, dass in jenen älteren Epochen Südbayern 
von Stämmen bewohnt war, welche in Beziehung aut ihren Scbädelbau 
der heutigen Bevölkerung derselben Gegenden in allem Wesentlichen ent- 
sprechen. 

Es sind bis jetzt 10 Schädel aus älteren prähistorischen Metall-Epochen, 
welche den Anforderungen einer kraniologiscben Untersuchung entsprechen, 
über welche ich hier berichten kann. Die immer steigende Sorgfalt in der 
Ausbeutung der alten Grabstätten, das mehr und mehr auch in die Kreise 
der archäologischen Prähistoriker eindringende Verständniss für die Wich- 
tigkeit der menschlichen Skelettreste für die Forschung , lasst hotten , dass 
dieses Schädelmaterial sich bald weiter vermehren werde. 

In dem Zusammenhang tlieser Betrachtung interessirt uns vor allem der 
allgemeine Typus des Hirnschädels und dessen Längenbreiten-Index. 

Aus der Bronzezeit steht mir nur ein, aber vortrefflich erhaltener, 
weiblicher Schädel zur Verfügung. Er zeigt vollkommen den weiblichen 



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144 



Jobanwa Itant« 



brachycephalen Typus unserer heutigen Landbevölkerung, sein Längenbreiten- 
Index ist 81,1. 

Aus der H allstatt-Per i ode . der Latüne-Periode und der Zeit der 
beginnenden Einwirkung der Römer sind !) Schädel vorhanden, davon sind 
3 mesocepbal , 6 brachycepbal bis tum Index 87,71. Alle Schädel , aber 
namentlich die ausgesprochen brachycephalen entsprechen ebenfalls fast 
absolut dem Typus der modernen sildhayerischen Landbevölkerung 

10 Schädel aus alteren prähistorischen Metall- Epochen 
Südbayerns. 





Dollchowphale 


Mcsooephale : 


Rrachyoephale 


1. 


0 


7a« 


81,10 


2. 




77.11 


81 12 


3. 




77,72 


81.90 


4 






W.66 


6. 






H2.Ö1 


a 






35.40 


7. 






87/72 



Dolichocephale Scbädelformen fehlen bis jetzt vollkommen, auch ein aus 
dieser Zeit stammender , im Grab verdrückter und dadurch in seiner Form 
exakt nicht mehr messbarer Schädel , welcher in die vorstehende Reibe 
daher nicht aufgenommen werden konnte, ist doch trotz seiner starken 
Zusammendrückung im Grabe noch nicht dolichocephal. Die drei Mesocephalen 
der Reihe zeigen mittlere Formen. Die 7 Rrachicepbalen schreiten vom 
Index 81,1 an bis zum Index 87,7 vor, also von dem mittleren bis zu dem 
extremsten Grade der Bracbycepbalie. Eine procentiscbe Berechnung der 
Vertbeilung der Hauptformen hat bei der geringsten Anzahl der Schädel 
keinen Ausschlag gebenden Werth; immerhin ergibt die Gegenüberstellung 
der Reihen der bis jetzt erkannten ältesten und der heutigen Bevölkerung 
Südbayerns eine unverkennbare prinzipielle Uebereinstimmung beider, und 
scheidet beide gleichmässig von den Schädeln der Reibengräberzeit. 





10 Schädel 
au» alteren 
prä- 
historischen 
Epochen : 


1000 sehftdd 

der modernen 
all bayerischen 
iAnd- 

bevölkerung 


3)0 Scltadel 
aus sudbave- 
rischen Reihen - 
grabern der 
Völker 
Wanderung ; 


Dolichoccphale bin Index 71.9 


07o 


17» 


42 7» 


Menocephjüe, Index 75,0—79.9 




— 16.. 


44 „ 


Brecbycephale, Index 80 und darütar . . . 


70„ v 


33.. 


14.. 


Summe : 


100 


100 


100 



Soweit wir die Verhältnisse bis jetzt Überblicken können, drangen 
während der Völkerwandernngsperiode der heutigen Bevölkerung der westlichen 
Maingegenden Bayerns ähnliche, aber noch ausschliesslicher als diese aus 
Dolichocephalen und Mesocephalen bestehende kriegerische Stamme , namentlich 
Bajuwaren und Schwaben-Allemannen, mit Weibern und Kindern nach Süd- 
Bayern vor. Ihre körperlichen Reste sind es, welche wir in den Reihen- 
gräberfeldern begraben linden. Es waren der Mehrzahl nach noch Heiden: 
Der Krieger wurde mit den Waffen, das Weib mit ihrem einfachen Schmuck, 



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Schädel der bayerischen Stadtbevölkerungen. 



145 



za dem das Dolchmesser gehörte, bestattet. Diese Grabbeigaben, die charakte- 
ristischen Schädelformen, die Anlage der Nekropolen an landschaftlich schönen, 
einen weiten Ansblick gewahrenden Stellen, ihre Orientirung nach dem Aufgang 
der Sonne n. a. machen die Keihengräber der Volkerwanderungs-Zeit sofort 
kenntlich. 

Die langköpfigen „Nordstamme“ drangen, wie unsere Schädel-Messungen 
ans den alteren prähistorischen Epochen Süd-Bayerns beweisen, zwischen eilte 
Bevölkerung ein, welche damals im Allgemeinen wenigstens ebenso brachy- 
cepbal war wie die heutigen Südbayern und deren Schädeltypus in weitgehender 
Weise unserem modernen braehycephalen Typus entsprach. 

Diese brachycephale südbayerische Bevölkerung, welche vor und während 
der Römerherrschaft durch den von ihnen im grössten Maassstab betriebenen 
ausgedehnten Ackerbau der „Hocbäcker“ ihre volle Sesshaftigkeit beweist, muss 
sehr zahlreich gewesen sein, obwohl wir von ihren Skelettresten so wenig 
besitzen. Sie waren damals schon vollkommen christianisirt, sie hatten 
daher ihre 'l’odten, soweit sie nicht noch, wie das in Regensbuig und Augsburg 
für diese Zeit nachzuweisen ist, verbrannt wurden, um die schon bestehenden 
Kirchen oder Kapellen, in den in den Ortschaften selbst gelegenen Kirch- 
höfen bestattet, deren Umtrieb die Gebeine vernichten musste. Nur dem 
Umstaud, dassdie einbrechen den Nord stamme im Wesentlichen 
noch Heiden waren und der heidnischen Begräbnisssitte, der 
Bestattungder Leichen aufder freien Haide, wosiefürdieJahr- 
hundertc ungestört liegen blieben, verdanken wir die vergleichs- 
weise reichliche Erhaltung ihrer Gebeiue. 

Für die brachycephale christianisierte Bevölkerung Südbayerns beginnen 
mit der Annahme des Christenthums, also schon vor dem Einbruch der 
Nordstämtne, die gleichen Verhältnisse, welche nach der vollen Christianisirnng 
der in der Völkerwanderung eingelrungenen Stämme so gut wie alle Skelett- 
reste vernichteten, sodass wir vom 6. Jahrhundert au bis in die Neuzeit 
Skelettreste der Bevölkerung Überhaupt kaum mehr finden. Nur an wenig 
Orten, in Ossuarien nnd Vorhallen der Kirchen, haben sich Schädel und 
Gebeine gleichsam zufällig erhalten. 

Die offenen Ossuarien, allen Unbilden des Wetters ausgesetzt, sind aber 
für eine dauernde Conservirung der Schädel ungeeignet, diese verrotten und 
zerfallen; und wahrscheinlich geht kein Schädel in einem offenen Beinhaus 
Uber die Mitte des vorigen Jahrhunderts hinaus, die durch Inschriften datirten 
Schädel stammen, soweit ich uacbweisen konnte, fast ausnahmslos aus diesem, 
wenige aus dem Ende des vorigen Jahrhunderts. 

Den Nordstämmen erschienen die im Lande sitzenden, zum Theil wenigstens 
romanisirten Bewohner als „Wallen“ oder „Wälsche“. Die zahlreichen Orts- 
namen in Sudbayern, welche mit Walchen, Wahlen oder Wallen zusammen- 
gesetzt sind: wie Katzwalchen, Traunwalchen, Walchenberg, Walchen, 
Wahlsperg u. v. a. beweisen, dass sich noch Jahrhunderte uach der Nieder- 
lassung der Nordstämme in Sudbayern innerhalb der deutschsprecbenden Be- 



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146 



Johannes Rank«*. 



vblkerung Bayerns „wälsclr'-sprechende Gemeinden in abgesonderten Ansitzen 
erhalten hatten. J. E. von Koch-Stern feld führt in »einem Werke: 
Salzburg etc. unter der Herrschaft der Router S. 38 aus der zu Südbayern 
zu rechnenden Umgegend von Salzburg als solche Sitze von „Wallen“ unter 
den Germanen an: Wals, Walserfeld, Walcben und in alter Schreibweise: 
Walwis, Wallahouis, Wallwusariberg, Wallarium u. a. 

Die Absonderung, in welcher sich anfänglich, wie die abgesonderten 
Begräbnisstätten beweisen, die eingewanderten heidnischen Stämme von den 
christlichen sesshaften Bewohnern des besetzten Landes hielten, konnte nach 
der Annahme des Christenthums von Seite der ersteren nicht aufrecht er- 
halten werden. Es trat, wie der Erfolg beweist, eine Mischung der ein- 
gewanderten Sieger mit den sesshaften Landeseiugeborenen ein. Die Letzteren 
nahmen die Sprache der Sieger im Laute der ersten auf die Einwanderung 
folgenden Jahrhunderte vollkommen an, ebenso wie sie vor der Völker- 
wanderungszeit unter der Herrschaft der Römer deren Sprache gelernt hatten. 
Bei dem Wiederaufdümmeru der Geschichte nach den Völkerstttrmen, welche 
die letzten Reste der Römerberrschaft weggefegt hatten, finden wir Sudbayern 
von dem rein-deutschen Stamme der Bajuwaren besetzt; fast nur jene 
„wälschen“ Ortsnamen deuten äusserlich noch auf den Assimilirungsprocess 
zwischen den beiden Grundbestandlheilen des Volkes hin. Die Sprache und 
Sitte ist überall deutsch. 

Körperlich jedoch, wenigstens in Beziehung auf den Schädelbau, sehen 
wir eine fast ebenso durchgreifende Beeinflussung der Sieger durch die sess- 
haften älteren Landesbewohner. Die dolicbocephalen Schädelformen sind heule 
in Südbayern nahezu verschwunden, die siegreichen Einwanderer sind in Be- 
ziehung auf die Schädelform von dem bracbycepbaleu Typus der altein- 
gesessenen Bevölkerung gleichsam aufgesaugt. 

Nach der Verschmelzung der in der Völkerwanderung nach Südbayern 
eingedrungenen Nordstämme mit der alteingesessenen Bevölkerung sind nun 
in Südbayern die kraniologiscben Verhältnisse wieder sehr an- 
nähernd die gleichen, wie wir sie vor der Völkerwanderungs- 
Periode konstatireu konnten. Die Brachycephalie ist wieder wie 
damals der herrschende Typus. 

Vollkommen verschwuuden ist jedoch der dolicbocephale Typus unter 
unserem braehycephalen Volke keineswegs, seine Spuren lassen sich an vielen, 
im Allgemeinen unzweifelhaft dem braehycephalen Typus zugehörenden Schädeln 
desselben naebweisen. Besonders kenntlich ist dieses dolicbocephale Element 
bei braehycephalen oder mesocephalen Schädeln an einer weniger energischen 
Abrundung des Hinterhaupts; letzteres zeigt sich dann, wie typisch bei den 
Dolicbocephalen, mehr oder weniger deutlich nach hinten verlängert, ausgezogen. 
Stellt man eine grössere Anzahl ^solcher brachycephaler Schädel mit ver- 
längertem Hinterhaupt neben einander, so bemerkt man mit Ueberrascliung, 
dass sich mehrfach auch andere dem dolicbocephalen Typus zugehörende 
Bildungen an ihnen zeigen, z. B. Vorwölbung der Unlerslirn, etwas hervor- 



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Schädel der bayerischen Stadtbevnlkerungen. 



147 



ragende Augenbrauenbogen , tieferes Eiusetzen der Nasenwurzel . bestimmte 
Bildungen des Gesichts-Skelettes. Wenn auch schwächer ausgeprägt , ent- 
sprechen doch die kraniologischen Verhältnisse unserer süllbayerischen Biacby- 
cepbalen einer Typen Mischung derselben mit Dolicbocephalen, ähnlich wie 
sie oben für die noch heute unter Dolichocephalen lebeuder. Brachycephalen 
der westlichen Maingegenden geschildert wurde, bei welchen nur der Natur 
der Sache nach die dolichocephale Beeinflussung noch energischer seiu muss, 
ln diesem Verhältnis« liegt vor allem der oben angedeutete Unterschied 
der heutigen Brachycephalen Südbayerns von jenen vor der Völkerwanderungs- 
Periode. 

Trotz aller der Völkerverschiebnngen, welche während der 
Völkerwanderungsperiode auf bayerischem Hoden stattgefunden 
haben, finden wir sonach jetzt nach anderthalb Jahrtausenden 
in wesentlichen Zügen das gleiche Bild der kraniologischen 
Verhältnisse wieder, welches vor der Völkerwanderung be- 
standen hat. Im Nordwesten haben die Dolicbo- und Meso- 
cephalen ihre aiten Sitze bewahrt und ebenso im Süden des 
Landes die Brachycephalen. Der ansässige Grundstock der Be- 
völkerung war im Stande, sich die eingedrungeneD Sieger in Beziehung auf 
den Schädelbau zu assimiliren. 

Dieser Assimilirungs-Frocess, von welchem ein fortgeschrittenes Stadium 
die frühmittelalterlichen Schädel Lindaus demonstriren , hatte schon be- 
gonnen, als die noch heidnischen dolichocephalen Nordstämme ihre Todten 
in den Nekropolen der Keihengräber bestatteten. 

Aus der obenstehenden Zusammenstellung der Schädelformen ans süd- 
bayerischen Reibengräbern ergibt sich, dass unter den Dolichocephalen und 
zur Dolicbocephalie neigenden Mesoeepbalen schon ein doch nicht ganz ver- 
schwindender Brucbtheil wahrer Brachycephalen auftreten. Die oben in 
einander gezeichneten Curven der Schädel aus Reihengräbern und aus dem 
modernen Ossuarium von Walleshausen (s. S. 135) beweisen, dass die unter 
die Reibeugräber-Scbädel eingestreuten Brachycephalen im Längenbreiten-Index 
vollkommen den Brachycephalen der heutigen sudbayerischen Bevölkerung 
entsprechen. Die beiden brachycephalen Ourverabschnitte zeigen bis ins 
Einzelne Uebereinstimmung. Die brachycephale Seite der Curve der Reihen- 
gräberschädel reicht ebenso weit in die extremen Formen der Bracbycephalie 
hinein wie die Curve der Schädel aus Walleshausen, ja es zeigen sich in den 
beiden correspoudireudeu Curvenabschnitlen sogar die gleichen Tbeilmaxima 
für die Indices 80, 83 und 88. Wie mehrfach erwähnt, entspricht im All- 
gemeinen auch der sonstige Schädelbau der brachycephalen Reihengräber- 
schädel dem brachycephalen Haupt- Typus der heutigen Sttdbayern ebenso, 
wie jenem vor der Völkerwanderung. 

Es war also schon eine Blutmischung zwischen den beiden differenten 
Volksbestandtbeilen erfolgt, und vielfach können wir Frauen als die Ver- 



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148 



Johanne« Hanke. 



mittler der brarhycephaleii Form nachweisen, Freilich steht nicht fest, ob 
diese Aufnahme brachycepbaler tiestandlbeile nicht schon vor der Festsetzung 
in Südbayern erfolgt ist, die Formen und die daraus sich ergebenden Folgen 
der Mischung würden die gleichen sein. 

Wir haben sogar sichere Beweise dafür, dass schon vor der Völker- 
wanderungsperiode in triedlicbem Verkehr an einem Grenzposten der Römer- 
herrschalt gegen die Germaneu eine Mischung der beiden krauiologischen 
Elemente stattgefuuden hat Untersuchungen über diesen Vorgang konnte 
ich an dem mustergiltig gesammelten Skelett- und Scbädelmaterial austeilen, 
welches Herr Pfarrer Dahlem in Regensburg den dortigen Nekropolen 
aus der Römerzeit enthoben hat 

Regensburg bat jetzt eine exquisit kurzköpfige Bevölkerung. Ich habe 
in dem grossen Ossuarium der Mii-helskapelle zu 8t. Emmeram 100 Schädel 
der relativ modernen Stadtbevölkerung gemesseu. Herr von H Older, welcher 
vor mir diese Schädel durchgesehen und zum Tbeil gemessen hat, fand nnter 
mehr als 200 Schädeln nur einen und zwar weiblichen dolichocephalen Schädel, 
welcher in meiner Reihe nicht rorkomtnt. Als H&uptmnasse dieses einzigen 
dolichocephalen Schädels habe ich bestimmt: 

Umfang 496; Länge 181; Breite 132 — 133; Höhe 133. Der Längen- 
breitenlndex beträgt sonach 73,47.*) 

Ans den von mir, wie das stets, um die Statistik nicht zu beeinflussen, 
geschah, ohne Wahl dem Ossuarium der Michelskapelle entnommenen 
Schädeln waren 

100 Schiklel der rel, modernen 
UeK* 'tifl. unter 8t*<ltbevölkenilif t 
Dolichoeepbalc bla Index 71,9 0 

Me«uoepbale Index 76,0- ?.*,ö 6 

Hraebyccphale Iudex 80,0 und darüber 95 

Summe 100 

Die Brachycephalie der modernen Stadtbevölkerung Regensburgs ist 
danach ganz extrem , extremer als ich sie bis dahin irgendwo anders be- 
obachtet hatte.*) Nicht nur fehlen in der vorstehenden Reihe Dolichocephale 
ganz, auch die Mesocepbalen sinken in ihrer Anzahl bis auf 5 Procent 
herunter, und 4 von diesen 5 stehen mit einem Index über 79 hart an der 
Grenze der wahren Brachycephalie; der 5. mesocephale Schädel hat den 
Index 76,92. Die Gesammt-Scbwankungsbreiie der Längenbreiten-Indices 
beträgt 76,92 bis 94,67. Die untenstehende Curve macht die Einzelresuitate 
der Messungen anschaulich. 



') Vieüeicht ist der Schädel der eines eingewandorten weiblichen Dienstboten aus bayerisch 
West-Franken, s. oben bei München 8. 141. 

*) Die speziellen Messungsergebuisse an den 1Ü0 gemessenen Schädeln s. im Anhang 
Tabello I. 



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Schädel der bayerischen Stadtbovölkerungen. 



149 



Curve IV und V. 

Regensburger Stadtbevölkerung. 

IV. Die VertheilungderLängenbreiten-Indices von 100 Schädeln 

der modernen Stadtbe völkernng. r 

V. Von 60 Schädeln aus der Zeit der Römerherrschaft in Castrum 

Reginum vom 2. bis 4. Jahrhundert. fcu..a 

Ikolichocephale Mesocepb. Brachycepbale 

0 6 (60) tf» m 




Fortücbrelletide Belh« der L&ngenbrellen Indice*. 



Herr Dahlem hat, wie gesagt, aus den römischen Nekropolen Regens- 
burgs, dem Castrum Reginum der Römer, einen wahren Schatz somatisch- 
anthropologischen Materials zusammengebracht, welchen er mir mit grösster 
Liberalität zu untersuchen gestattete. Ich habe schon an anderer Stelle 
einige Hauptresultate mitgetheilt, 1 ) glaube aber hier in diesem Zusammenhang 
nochmals aut jene Untersuchungen zurückkommen zu sollen. 

Die archäologischen Beigaben, namentlich die zahlreichen Münzfunde in 
den Gräbern, gestatteten Herrn Dahlem eine sehr exakte Datirung der- 
selben. Die Mehrzahl der Gräber zeigte Leichenbrand, nur etwa je das 
10. Grab Bestattung ohne Verbrennung. Etwa 60 Schädel aus diesen Be- 
staltungsgräbern gestatteten mir eiue genaue Messung. Nach Herrn Dahlems 
Bestimmungen beginnen die Begräbnisse im zweiten und scbliessen im 
vierten nachchristlichen Jahrhundert Aus dem 2. Jahrhundert konnte ich 
damals 15 Schädel messen , aus dem Ende des 2. und Anfang des 3. Jahr- 
hunderts 9. Aus dem 3. Jahrhundert bis zum Antaug des 4. waren 19, aus 
dem 4. Jahrhundert 16 messbare Schädel vorhanden. 

Castrum Reginum, hart an der Grenze gegen die Germaneu gelegen, 
ergänzte seine Besatzung, deren Gebeine Herr Dahlem aus den Nekropolen 
erhoben hat, znm wesentlichen Theil aus deu benachbarten germanischen 

l ) 1. c. Abschnitt IT. 9. 60 ff. 

Beiträge zur Anthropologie. XII H<1. 3. n. 4. lieft « • 




150 



Jahamio« Hanke. 



Stämmen, zum anderen Tbeit aus der römischen Provinzialbevölkerung der 
Nachbarschaft, deren hochgradige Brachycephalie wir für die damalige und 
eine frühere Zeit im Vorstehenden nachgewiesen haben. 

Der Längenbreiten-Index aller der 60 von mir gemessenen Schädel vom 
2. bis 4. Jahrhundert vertheilt sich in folgender Weise: 



Schädel ans römischen 


Nekropolen 


Rege n 


Dollchocephale bl* Index 74.9 


u 


5ß% 


Mesocephale Index 76.0—79.9 


26 


42» 


Brachyeephale Index 80.0 und darüber 


21 


86.. 




.Summe G0 


100 



Während uns unter den oben besprochenen römischen und vorrümischen 
Schädeln der südbayerischen Bevölkerung dolichocephale Formen nicht be- 
gegneten, ist hier iu Castrum Keginum mehr als ein Viertel aller Schädel 
dolichocephal. 

Soviel ans meinen Aufschreibungen hervorgebt, gehörtet) alle diese Lang- 
schädel dem männlichen Theil der Besatzung an mit Ausnahme eines einzigen 
mit einem Index von 73,7, welcher von einem Weibe stammte. Im Ganzen 
habe ich übrigens nur vier unverkennbar weibliche Schädel verzeichnet 
und zwei Kinderschädel. Drei von diesen Frauen-Schädeln sind exquisit 
brachycephal. 

Wenn wir den Zahlen dieser statistischen Aufnahme vollen Glauben 
schenken dürfen, so war in der ersten Zeit der Belegung der Nekropolen 
die Besatzung von Castrum Keginum noch weniger mit Dolicbocepbalen ge- 
mischt als später, und auch gegen Ende der römischen Periode nehmen die 
dolicbocepbalen Schädel wieder an relativer Anzahl ab. Es erklärt sich das 
aus den mehr oder weniger freundschaftlichen Beziehungen zu den benach- 
barten (germanischen) Nordstämmen , welche im Anfang noch nicht so eng 
geknüpft waren und in der letzten Zeit, vor dem Beginn des Kampfes, wieder 
lockerer werden mussten. 

Aus dem ältesten Theil der Nekropolen, aus dem 2. nachchristlichen 
Jahrhundert, sehen wir unter 15 Schädeln nur einen einzigen Dolicho- 
cephalen neben Mesocephalen und Brachycephalen. Die Reihe ist: 



Dolichocepbale bis Index 74.9 
Mesocephale von Index 75.0— TV, 9 
Brachyeephale Index 80.0 und dar Aber 



7 % 

46.6 .. 

46.5 .. 



Summe 15 100.0 

Aus dem Ende des 2. bis Anfang des 4. Jahrhunderts waren 
28 Schädel zu untersuchen, darunter waren neben 6 Brachycephalen 9 Dolicbo- 
cepbale; die Reihe ist folgende: 

Dollchocephale, bis Index 74,9 9 32% 

Meaooephale, von Index 76.0—79,9 13 46 .. 

Brachyeephale, Index 80,0 und darüber 6 22,, 

Somme 28 100% 

In der letzten Periode, also im Laufe des 4. nachchristlichen 
Jahrhunderts, überwiegen wieder die Brachycephalen, unter 17 Schädeln 
sind 4 dolichocephal = 23%>, 6 inesocepbal = 3ö% und 7 brachy-. 
cepbal = 42 "/o. 



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Schädel der bayerischen Stadt bmolke runden 



151 



In Regensburg halte sich sonach schon vor dem Beginn der Völker- 
wanderungsperiode in friedlicher Weise eine Vermischung der brachycephalen 
mit den dolicbocepbalen Bevölkerungselementen des Landes gemacht. 

Was auf römischer Seile erfolgte, war, wie uns die Untersuchung der 
Schädel der Reihengräber-Stämme ergeben bat, wenn auch in geringerem 
Grade, auch bei diesen schon eingetreten. 

Das erklärt es, dass sich in den südbayerischen Reihengräbern der 
Völkerwanderungsperiode schon bracbycephale Formen vom Typus der alt- 
eingesessenen südbayerischen Bevölkerung finden. 

Es hatte in Südbayern der Process der Verschmelzung der 
Nord* und Süd-Stämme schon begonnen, dessen Resultat das 
heutige bayerische Volksthum ist. 

Die Schädel aus der St. Stepbanskirche in Lindau zeigen 
uns eine bisher noch fehlende Zwischenstufe dieses Ver- 
söhnt el zu ngsprocesses. 



11 * 



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152 



Johannes Ranke. 



Die Gehirngrösse resp. die Schädelkapacität der brachycephalen 
und der dolichocephalen Bayern. 

Aus der Tabelle I 8. 131 ergeben sich die Resultate der Messungen 
der Schädelkapacität der frühmittelalterlichen Schfidel aus Lindau, aus 
welcher wir auf die Gehirngrösse der damaligen Bevölkerung zurückschllessen 
dürfen. 

Es konnte die Kapacität von 10 Schädeln bestimmt werden. Es 
ergab sich: 

mittlere Kapacität von 10 nach dem Geschlecht ge- 
mischten Schädeln aus der früh mittelalterlichen Bevölkerung 
Lindaus 1388 ccm. 

Das Resultat kann verglichen werden mit dem, welches ich an 200 nach 
dem Geschlecht gemischten Schädeln der modernen Münchener Stadtbevölkerung 
gewonnen habe;*) ebenso an 200 nach dem Geschlecht gemischten Schädeln 
der altbayerischen Landbevölkerung.’) Wir stellen die betreffenden Zahlen 
werthe neben einander in der folgenden kleinen Tabelle: 

friihmlttcUlU-r- moderne Stadt- moderne ält- 
liche HUult- Bevölkerung bayerische Land 
bevölkeruug ,c Münchens bevölktrung 

y Umlaut 

J>‘ , " Si’h ädetkapaei tat ln ccm 13BH 1M2 1419 

‘ f 

Danach ergibt sich, dass seit dem frühen Mittelalter die mittlere Scbädel- 
kapacität and mit ihr entsprechend die Gehirngrösse der südbayeriseben Be- 
völkerung bis zur Gegenwart nicht unbeträchtlich gewonnen hat. 

Wir sind im Staude, dieses Resultat, weiches mit den bekannten Alteren 
Angaben Brocas stimmt, noch näher zu zergliedern, wie das in der Haupt- 
Tabelle schon angedeutet ist. 

Ziehen wir die Mittel der Schädelkapacität nach den Hauptscbädeltypen 
gesondert, so ergeben sich für die 

frQhmUtelallerllche Bevölkerung Lindaus 
(3) Dolichocephale : (|> Mesoccpbale : (2> Brach yeephale; 

BehidelkapuciüU In ccm 1850 137b 1510 

Die Dolichocephalen und Mesocephalen der früh-mittelalterlichen 
Bevölkerung Lindaus haben sonach eine im Mittel beträchtlich 
geringere Schädelkapacität als die Brachycephalen, deren Schädel- 
kapacität im Gegensatz dazu sehr gross erscheint. 

Man könnte einwerfen, dass die Anzahl dar Schädel, welche hier zum 
Vergleich hei beigezogen werden konnten, eine zu geringe sei, um das 
Resultat für die südbayeriseben Verhältnisse als ein allgemein gütiges er- 
scheinen zu lasseu. 

*) J. Ranke, Stadt- und I-andbevolkeruug, verglichen in Beziehung auf die Urösao ihres 
Hirnraun), -s. Mit 3 Tafeln. Stuttgart, J. G. Cotta. 18S2. 

*) I. c. ebenda. 



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Schädel der bayerifichen .Stadtbevolkerungen. 



153 



Wie mehrfach hervorgehoben, zeigt die moderne Bevölkerung der nord- 
westfränkischeu Gegenden Bayerns, wie meiue Untersuchungen der Ossuarien 
in der Stadt Asebaffenburg und im Kloster Ebrach ergaben, noch jetzt eine 
Mischung von Dulichocepbalen und Mesocepbalen mit Bracbycephalen, welche 
den Verhältnissen der früh mittelalterlichen Liudauer Bevölkerung sehr nahezu 
entspricht. Von Ebrach stehen 100 Schädel für die Kapacitäts-Messung zur 
Verfügung, 1 ) darunter befinden sich 25 Dolichocephale , 28 Mesocephale und 
47 Brachycephale. Ich stelle im Folgenden die mittleren Resultate der 
Kapacitäts-Bestiuimungen an den Liudauer und Ebracber Schädeln neben 
einander: 

Kchfc<lolk*p»citftt ln ccm 
Dolichocephale : Mesocephale : Brachycephale 

Frühmittelalterliche BcvolkeranR Lindaus .... GJ) L>jO (I) 1378 (2) 1510 

Moderne Bevölkerung de« Itayerlacheti Nord-Wext- 

Franken. (El.racta) (26) 1386 <2B) 1442 (47) 1468 

Das beträchtliche Uebergewicht der Schädelkapacitäl der 
Bracbycephalen gegenüber den Dolicho- and Mesocephalen 
unter der Bevökerung Bayerns in alter und neuer Zeit ist 
damit erwiesen. 

Damit fällt die oft gemachte Behauptung von der höheren 
Stellung der (eingewanderten) Dolichocephalen, namentlich 
bezüglich der Gehirn-Entwickelung, gegenüber den (alteinge- 
sessenen) Bracbycephalen für Süddeutschland in Nichts zusammen. 

Das ist gewiss, dass unsere bayerischen Bracbycephalen mehr Hirnraum 
und dem entsprechend mehr Gehirn besitzen als unsere Dolichocephalen. Nach 
der landläufigen Hypothese würde dem grösseren Gehirn eine höhere psychische 
Begabung entsprechen, wir ziehen diesen nnerweisbaren Schluss nicht. 

Die folgenden Resultate unserer Untersuchungen weisen auch die andere 
Fabel von den hochgewachsenen blonden Dolichocephalen und den 
kleinen brünetteu Bracbycephalen in Deutschland für unser Untersuchungs- 
gebiet zurück. 

*) h . dir Tabelle II. im Alibai.c. 



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154 



Johannes Ranke 



Die Körpergrösse der jetzigen und der frUh-mittelalterlichen 
Bevölkerung Lindaus. 

In grosser Anzahl wurden von den langen Skelettknocben namentlich 
Oberschenkelbeine eingesendet, so dass von letzteren 100 rechte und 100 linke 
gemessen werden konnten. Ihre nähere Beschreibung soll später erfolgen. 

Die langen Knochen haben eine erhöhte ethnologisch-anthropologische 
Bedeutung erhalten, seitdem durch französische Forscher') eine Methode aus- 
gebildet wordeu ist, welche an Stelle der bisherigen Schätzungen für die 
europäische Bevölkerung 1 ) eine genauere Berechnung der mittleren Körper- 
grosse einer geschlossenen Bevölkerungsgruppe gestattet, wenn von dieser 
eine grössere Anzahl langer Knochen der Messung unterzogen werden kaun. 

Für Lindau ist das von besonderer Bedeutung, da für diese Stadt aus 
meiner Bestimmung der Körpergt össe der Militärpflichtigen in Bayern *) die 
mittlere Körpergrösse der modernen Bevölkerung bekannt ist. 

Wie von allen anderen Bezirken habe ich zum liehufe der Grossen- 
statistik die Resultate der Körpermessung jedes einzelnen Individuums der 
Militärpflichtigen anfgezeichnet und das tiesammtresultat in Curvetiform zu- 
sammengefasst. Hietür wurde die Körpergrösse nach Centimeteru fort- 
schreitend als Abscisse verwendet, auf welche dann über der betreffenden 
Grössenzahl die Anzahl der von derselben Grösse gemessenen Individuen als 
Ordinaten verzeichnet wurden. Die Anzahl der Militärpflichtigen in Lindau 
im Jahre 1875, dem Jahrgang meiner Statistik, betrug 46 Individuen. Die 
Summe ihrer Körpergrössen betrug 7520, mit 46 dividirt ergibt das 

1,635 Meter 

als mittlere Körpergrösse der Li ndaue r M ilit ärpflich tigen des 
J ahrgangs 1875. 

Die folgende Grössencurve macht dieses Resultat anschaulich: 

Lindau BUdt. 

KorpttgrOM« von 46 MlliUrpfllcii tigen de« Jahre« 1875. 




') L. Manouvrier, 1-a termination de la taille d'apres los grands os des membrea. 
Mtoi. 8. T. IV. 1892. S. 347— 402. 2. Dasselbe itn Auszug io Rev. mens. 1892. 8 227—233, — 
Rahoo, Recherche« sur les ossemeota humams, M£iu. 2. 8. T. I V, 1893. 8.403—458 Dasselbe 
im Auszug in Rev. mens. 1892. S. 234—237. — Leb mann- Nitsobe, Uober die langen Knochen 
der söd bayerischen Reihengräberbevölkoruog, in J. Ranke, Beitrüge zur Anthropologie und 
Urgeschichte Bayerns. Bd. XI. 1895. Hft. 3—4. 

*) Speziell für die Lyoner Bevölkerung. 

*) J. Ranke, Zur Statistik und Physiologio der Körpergrösse der bayerischen Militär- 
pflichtigen in den 7 rechtsrheinischen Regierungsbezirken nach den VorstellungsUsten der 
kgl. Ober-Ersatzkonimissionon vom Jahr 1875 mit 2 farbigeu Karten. In: J. Ranke, Beiträge 
zur Anthropologie und Urgeschichte Bayerns Bd. IV. 



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* 



.Schädel dor bayerischen Stadt bevölkorungon 155 

Die Korpergrosse ist sonach bemerkenswerth gering im VerhaUuiss 
gegen andere Gegenden Südbayerns, wo ich sie, z. B. für Tölz und Berchtes- 
gaden, zu ca. 1,700 Meter bestimmt habe. 

Von den 200 Oberschenkelbeinen der früh mittelalterlichen Bevölkerung 
Lindaus, welche gemessen werden konnten, waren 136, 71 der rechten uud 
65 der linken Körperseite angehörend, als zweifellos männlich zu konstatiren. 

Die mittlere Länge dieser 136 Oberschenkelknochen, in natürlicher 
Stellung gemessen, beträgt 439 Millimeter. Nach Manouvriers Resultaten 
müssen der Länge der trockenen Knochen für den Verlust des Knorpels 
2 Millimeter zugezählt werden, um die Länge der Knochen beim Lebenden 
zu erhalten', die mittlere Länge der Oberschenkelknochen steigt danach aut 

441 Millimeter. 

Für diese Zahl wurde in den Tabellen Manouvriers die entsprechende 
Kürpergrösse gesucht und von der gefundenen Zahl nach Vorschrift Ma- 
nourriers noch 2 Centimeter abgezogen, da um so viel i,m Mittel nach 
seinen Bestimmungen der Körper durch die gestreckte Lage der Wirbelsäule 
bei der Leiche länger ist als bei denj Lebenden. , tt», l 

Die Tabelle Manouvriers enthält für die Oberschenkelbeinlänge von 
441 Millimeter als Körpergrösse der Leiche 1656 Milimeter; unter Ab- 
rechnung von 20 Millimeter ergibt das für 
die mittlere Körpergrösse der alten Lindauer: 

1,636 Millimeter; 

die mittlere Körpergrösse der modernen Lindauer: 

1,635 Millimeter, 

welche ich für die Militärpflichtigen gefunden habe, ist 
sojiach mit der der früh-mittelalterlichen Stadtbevölkerung 
iden tisch. 

Trotz der Aenderung der kraniologischen Verhältnisse hat sieb die 
Körpergrösse in dieser langen Zeit unverändert erhalten; es ist das das 
gleiche Resultat , welches auch unsere statistischen Grössenaufnahmen der 
Militärpflichtigen und die Grössenberechnungen nach den langen Knochen 
für die moderne und für die prähistorische Bevölkerung Südbayerns aus der 
Völkerwanderungsperiode im Allgemeinen ergeben haben. 

Ich habe die langen Knochen der südbayerischen Keihengräberbevölkerung 
in meinem anthropologischen Institut durch Herrn Lehm an n- Ni tsche 
untersuchen und aus ihnen die Kürpergrösse der in den etwa anderthalb 
Jahrtausende alten Gräbern Bestatteten in der oben dargelegten Weise 
berechnen lassen.') 

Die grösste Anzahl der Knochen hatte ich aus dem grossen Reihen- 
gräbertelde von Allach bei München erhalten, welches unter meiner Leituug 
von den Herren Michel beck, Drexl u. a. ausgehoben worden ist. Allach 

Aus dein Aldnchenor anthropologischen Institut. Ueber die taugen gnochon der süd- 
bayerischen Rcibengräberbevölkerung von Dr. K. Lobmann-Nitscho. J Kante, Beiträge 
zur Anthropologie und Urgeschichte Bayerns Bd. XI 1894. Auch als Doktor- Dissertation separat 
erschienen 



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156 



Johannas Hanke. 



gehört zu dem Bezirksamt« München. Als Mittelgrösse für letzteres Be 
zirksamt (ohne die Stadt München selbst) habe ich bestimmt 1,68 .Meter. 
Die Berechnung der Körpergrösse jener prähistorischen Bevölkerung der 
gleichen Gegend ergab für die Männer 

1,683 Meter. 

Die Körpergrösse der prähistorischen und der modernen Bewohner unseres 
Landbezirks ist sonach ebenfalls identisch, obwohl jene überwiegend 
dolichocephal und die heutige Bevölkerung fast ausschliesslich bracbycephai 
ist. Die Körpergrösse erweist sich sonach als eine konstantere somatische 
Eigenschaft als die Schädelform, letztere hat sich typisch verändert, während 
erstere unverändert erscheint. 



Es ergibt sich sonach, dass die Veränderung der Scbädelform 
von der Dolichocephalie zur Brachycephalie keine Veränderung 
in der Körpergrösse der Bevölkerung Bayerns hervorgebracht hat. 



Schon int Jahre 1882 habe ich statistisch nachgewiesen, ') dass unter 
der heutigen Bevölkerung Bayerns die Blonden nicht grösser sind als die 
Brünetten. Dasselbe gilt nach Weisbach*) für die Serbo-Kroaten in den 
Küstenländern der Adria, wo die Blonden recht selten sind. Weisbach 
fand dort für 

Monde (116) die Mlltelgrttiae 1,675 Meter 
Brünette (1140) „ „ 1,602 „ 



Auch für ganz Deutschland esistirt nach den bisherigen Untersuchungen 
ein Unterschied in der Mittelgrösse der Blonden und Brünetten nicht. Mach 
Meisner 4 ) haben die vorwiegend blonden Schleswiger Rekruten eine mittlere 
Grösse von 1,692 Meter, für die am häufigsten brünetten Altbayern (Rosen- 
heim) fand ich die Mittelgrösse der Militärpflichtigen in jener mehrfach er- 
wähnten Grössenstatistik zu 1,707 Meter. Auch die grossartigen statistischen 
Aufnahmen von J. H. Baxter 4 ) Uber die in den Vereinigten Staaten 
Nordamerikas während des Sklavenkrieges der Nordstaaten und Südstaaten 
zum Militärdienst sich Meldenden ergibt für Deutsche das gleiche Resultat, 
ebenso für Nordamerikaner, Engländer und Irländer. Baxters Zahlen sind: 



Ileimathland 


Zahl der 
Geim-wcnen 


■larunter In 
Prueenten 


G röste in Meter 






Blonde : 


Brünette . 


Blonde ; 


Brünette : 


Britisch Amerika . . 


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1.1061 


1.7037 


Vereinigte Staaten . . 


laotai 


66.4 


33,6 


1.7184 


1,7215 


England 


9619 


70,6 


29.5 


1,0012 


1.6822 


Irland 


. . 28006 


70.3 


29,7 


1.6966 


1.60GÖ 


DeiitioMand 


29060 


695 


30,5 


1 6899 


1.6956 




Summe : 279090 


- 


- 


1.7002 


1.7017 



') J. Hauke, Corroapondenzblatt der deutschen anthropolog. Gesellschaft (Kongress in 
Frankfurt a/M.j 1882. 8. 228. s. auch J. Ranke, „Der Mensch“ Bd. II. S. 124. 

*) A. Weisbach, Die Serbo- Kroaten der adriatischen Küstenländer. Berlin 1884. 

■) Meisner, Die Körpergrosse der Wehrpflichtigen in Holstein. 1889. J. Hanke, Archiv 
f. Anthropol. Bd. XVIII. 8. 101. 

*) J. H Baxter, Statist, med. and anthrop. 2 Ihle. Washington 1875. 



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Schüdol dor bayerischen 8tadtbevölkerungen. 



157 



Für die unter der Viertel-Million der Untersuchten sich 
findenden 29 Tausend Deutsche aus allen deutschen Gauen 
beträgt die Differenz der Mittelwerthe für die mittlere Körper- 
grösse der Blonden und Brünetten nur 0,0057 Meter, d. h. nicht 
ganz 6 Millimeter Plus zu Gunsten der Brünetten, in Wahrheit 
ist diese Differenz = 0. 

Es ist also eine Fabel, dass im Allgemeinen die Brünetten 
und die B rachycephaleti in Deutschland klein und die Blonden 
und die Dolichocephalen gross gewachsen sind. Ein durch- 
greifender Grössenunterschied existiert weder jetzt, noch hat 
er während der historischen und prähistorischen Zeiten bei 
uns bestanden. 



Anhang. 

Pathologisch-anatomische Bemerkungen. 

Zum Schluss möchte ich nicht unerwähnt lassen, dass die früh-mittel- 
alterliche Bevölkerung Lindaus von der modernen südbayerischen Bevölkerung 
bezüglich ihrer Schädel- und Skelettbildting sich unterscheidet: 

durch das Fehlen fast jeglicher traumatischen Einwirkungen während 
des Lebens, 

durch das fast vollkommene Fehlen der Schläfenenge, 
durch das Fehlen , resp. durch das auffallend seltene Vorkommen von 
Worm'scben Knochen und von sonstigen Naht- und Fontanellknochen, sowie 
von persistirenden fötalen Nähten. 

Die letzteren beiden Beobachtungen deuten wohl auf Fehlen 
der jetzt so viel verbreiteten Rachitis in jener Zeit; dafür 
sprechen auch die langen Knochen, an welchen ich Sporen 
rachitischer Verkrümmungen bisher nicht gefunden habe. 



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Johanne* Kanki 



168 



r rabolle I. 

Regensburger Stadtbevol ke r ung. 

100 Schädel aus dem Ossuariuui von St Emmeram, MicbaeUkapelle. 
Huruoutalumfaog, grossto lauge, grösste Breite, ganze Hohe nach dem Längen breiten Index geordnet.) 








,|aq * 1 ' * £SgasS«8'"*'S®“ 5 r:ff ,J r:Sä M S*aSS 

j 3p jatnrans j 



Schädel der bayerischen StadtbevöHcorungen. 



59 




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26 dollclioct 



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ll 72.1 Uß.8 

haben im Mittel : 






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Johanne* IJjuiko 



Die ächldel No. 16. 27, 87, 39, 60, 64, TU, 88, 14 haben Stlrnunbt, No. 40 baailare Impression, No. Öb -SchAdelbMls schief. 



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162 



Johannas Kaiikc. 



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162 


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167 


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172 


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IW 


89.0 77.3 




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121 


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IW 


K.7 76.0 




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1670 


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131 


90,1 76.0 






56 




632 


176 


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91.8 75,9 




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163 


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106 


181 


96.6 76.6 





Summe. *J2 II rach yceph ule , mi t t lerer LA n g en brcl t en Index HG, 8. 

la Mlttal IM» 532.1 177 3 150 3 130 3 Mi 731 



') Durch Addition ergibt «Ich 84,8- 



T«l>eile IV. 

Münchener Stadtbevülkerung 
II. aus der Mitte des 19. Jahrhunderts. 
Münnerschfidel. 



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134 


72,6 


67,0 




3 


91 




189 


137 


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72,6 


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4 


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6 


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196 


144 


138 


73.9 


70-8 




6 


76 


- 


184 


137 


lä> 


74.6 


73.4 







Summ«: 6 Doltchocephele, mittlerer Lingenhrel len Index: 73,0 


7 


74 


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188 


143 


126 


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146 


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144 


132 


79.1 


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141 


131 


79.2 


73.0 


18 


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661 


196 


155 


184 


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19 


50 


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137 


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20 


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149 


181 


79.7 


70.1 1 


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12 


638 


189 


161 


129 


79.9 


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143 


128 


79.9 


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Summe 17 


Mesocephale, mittlerer Langen breiten- 1 ndex 78,5. 



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Schade! der bayerischen Stadtbevölkerungen. 




Sumo 



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164 



Johannes Ranke, Schädel der bayerischen Stadt bcvolkorungen. 



Tabelle VI. 

Übersicht über die Länge der männlichen Oberschenkelknochen der früh- 
mittelalterlichen Bevölkerung Lindaus. 



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Oberschenkel rechts, 6 , LAn 




11 








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Stellung 




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Oberschenkel links, Ö , Lange in 
natürlicher Stellung. 



lange nach cm 

71 



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Zur neolithiscben Keramik von Eiclielsbaeh 
im Spessart. l) 

Von I». Rolneoke. 



Zur Besprechung der von Herrn von Haxthausen gefundenen 
neolithischen Scherben und Gefasse aus der Ansiedlungsstiitte bei Eicbelsbach 
(Lange Aecker, KirchJcker, Hohläcker) im Spessart. Bez.-A. Obernburg, 
Unterfranken , mögen hier über die neolithiscbe Keramik von Eichelsbach 
noch einige Worte Platz finden.*) 

Die Mehrzahl der Scherben aus den Trichtergruben von Eichelsbach 
gehörte zu meist sehr grossen, unverzierten Gelassen von roher Beschaffenheit; 
leider sind die Stücke fast ohue Ausnahme nicht derart, dass die Form der 
GefAsse sich noch erkennen Hesse. Henkelstücke waren nicht selten, und 
meistens waren die Henkel sehr kräftig. Etwa die Hälfte von ihnen, 
sämmtlich grosse Exemplare, ist wagerecht angelegt (mit senkrechter Durch- 
bohrung), und zwar etwas nach oben schauend oder gar ziemlich spitz nach 
oben ausgezogeu. Grosse senkrecht gestellte Henkel fehlten nicht, ebenso 
kleine wagerecht durchbohrte Ansätze und Nasen. Interessant ist das Vor- 
kommen von weit vorspringenden, breiten, wagerecbt gestellten, grifiartigen 
Fortsätzen, welche auch etwas nach oben ausgezogen sind, ferner giebt 



') Corr.-Bl. d. Deutsch. Antbrop. Oes., XXVII 189(1, p. 133; Beitr. z. Authrop. u* 
Urgesch. Bayerns, XII, HR. 1 u. 2, 1897, p. 11 u. f. 

*) Wir behalten uns vor, in der Folgo nucb naher, unter Vorlage von Abbilduugeu, auf 
diese Funde zurückzukommon. D. ß. 

HeltrAtfe zur Anthropologie. XII. tfcl., 3. u. 4. Heft. 12 



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P, Reiaecbe. 



166 

es kürzere breite, ranile, sowie langgestreckte schmale Ansätze. Kleine, 
warzenförmige Vorsprünge, knopfartige Erhebungen, kamen sowohl au 
unverzierten wie auch an verzierten Gefässen vor. Einige der grossen, 
rohen Geschirre waren übrigens mit Tupfenbündern , gekerbten und 
getupften Kändern verziert; einige andere hatten einen Schmuck von 
plastischen Streifen. 

Von ganz anderem Aussehen sind die kleineren, verzierten Gefässe. 
Diese sind meist dünnwandiger als die unverzierten, henkellos, sie bestehen 
aus feinerem Thon, auf ihr Brennen ist mehr Sorgfalt verwendet. Ihre 
Farbe ist bald schwarz, oft mit einem leisen Anfluge von Glanz, bald grau, 
mehr gelblich oder mehr röthlicb. Die Form stimmte wohl bei der Mehrzahl 
von ihnen überein: soweit es sich aus den Scherben erkennen lässt, handelte 
es sich immer um eine etwas modificirte bombenförmige Gestalt, ein kugel- 
förmiges Gef'äss ohne abgesetzte Stehfläche und ohne besonderen Hals, aber 
mit weiter Mündung und ziemlich senkrecht stehendem Kande, und im Profil 
gelegentlich mit einer leichten Einziehung unterhalb des Randes. Es fehlt 
jedoch die reine Bombenfönn, mit massig grosser Oeffnung und mehr nach 
innen zu geneigtem Rande, nicht, ebenso wie auch einige Fragmente auf eine 
mehr bimförmige Gestalt des Gefässes (mit einem ziemlich hoch ausgezogenen, 
senkrechten Rande) schliessen lassen. Andere Scherben deuten im Profil 
mehr auf hohe Näpfe mit nach aussen geneigtem Rande hin, doch sind diese 
in der Minderzahl vorhanden. Erfreulicher Weise konnten zwei Gefässe des 
gewöhnlichen Typus, von denen das eine ein sehr interessantes Ornament 
aufzuweisen hat, restanrirt werden. 

Die Ornamente dieser Gefässe setzen sich der Hauptsache nach aus 
folgenden Details zusammen: einmal tief eingerissene gerade und gebogene 
Linien, einfach oder mehrfach, oft zwei weit abstehende, ungefähr parallel 
verlaufende Linien, noch mit einfacher oder gekreuzter, roh ausgeführter 
Schraffirung gefüllt; dann flach und tief eingestochene Punkte, und zwar 
runde, längliche, dreieckige, viereckige, oder mehr halbmondförmige und 
mondsichelförmige, ferner eingestochene kleine Dreiecke, langgestreckte 
schmale Eindrücke ähnlich Nagelkerben, alle diese meist in Reihen angeordnet 
oder als FUlloruamente verwendet. Nicht allzu häufig sind plastische Ver- 
zierungen , nur wenig vortreteude Wülste, zumeist beiderseits von je einer 
eingerissenen Linie begleitet, und kleine runde Vorsprünge. 

Die Muster der Verzierungen der Eichelsbacher Topfwaare sind im 
Grunde, so sehr sie auch durch die Mannigfaltigkeit in den Details variiren. 
sehr gleichartig. Unterhalb des Randes finden sich bei vielen Gefässen 
‘Punktreihen, dann folgt ein breiter, meist die ganze Seitenwand einnehmender 
Ornamentstreifen, in der Regel ein fortlaufendes Winkel- oder Zickzackband 
aus einer oder mehreren Linien oder Liniengrnppen , oftmals scbraffirt, mit 
Füllornamenten an den Enden und zwischen den Schenkeln der Winkel. 



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Zur neolithischen Keramik von Eichelshach im Spessart. 



167 



Daneben kommen auch Spiralmuster vor. doch ist in der Kegel die An- 
ordnung der Spiralen nicht zu erkennen. Das eine Gefäss, welches noch 
aus Fragmenten zusammengesetzt werden konnte und bei dem glücklicher- 
weise das Ornament noch deutlich erhalten war. hatte kein fortlaufendes 
Spiralband, sondern drei grosse cn- förmige Schleifen mit eingerollten Enden; 
die Schleifen bestehen, wie bei allen diesen Spiralver/.ierungen , aus einem 
breiten, abwechselnd mit gekreuzter Schraffirung nnd ausgesparten schmalen 
leeren Feldern gefülltem Bande. Die plastischen Verzierungen fanden 
sowohl bei den Winkel- als bei den Spiralmnstern Verwendung. Die 
Mehrzahl der Scherben ist übrigens so klein , dass sich das Ornament 
nicht ohne weiteres reconstruiren lässt; jedenfalls sind jedoch die Muster 
nicht sehr complicirt und dürften stets auf eines dieser beiden Schemata 
znrückznführen sein. 

Die Topfwaare von Eichelsbach trägt unverkennbar den Stempel der 
neolithischen baudverzierten Keramik an sich, nnd zwar gehört sie zu- 
sammen mit analogen Ansiedlungsfunden aus Oberbessen und dem Nassau- 
iscben innerhalb des deutschen Verbreitungsgebietes dieser neolitbischeu 
Gattung zu einer besonderen lokalen Gruppe. Durch einige Details in 
der Ornamentik hebt sich dieser lokale Typus merklich von den benachbarten 
Gruppen am linken Rheinufer, in Süddeutschland südlich vom Main und 
in Mitteldeutschland ab. Wir können hier diese Verhältnisse nicht weiter 
darlegen und müssen uns mit diesen kurzen Andentungen begnügen. 

Im Gefolge der bandverzierten Keramik erscheint fast ohne Ausnahme 
als charakteristisches Steingeräth der schuhleistenförmige oder hobeleisenartige 
Keil in seiuen mannigfachen Modificationen. Auf der Ansiedlungsstätte von 
Eichelsbach haben sich davon nur einige wenige Reste gefunden, wie über- 
haupt hier Steinobjecte (Fragmente von Beilen und einige Horusteinsplitter) 
nur ganz selten waren , doch liegen unter den einzeln im Spessart auf- 
gesammelten Steinwerkzeugen viele Stücke dieses Beiltypus vor. 

Unter den zahllosen einzeln im Spessart aufgefuudenen Steingeräthen 
— grosse Suiten von solchen enthalten die prähistorische Staatssammlung in 
München und das Museum für Völkerkunde zu Berlin, viel Material ist auch 
noch in Privatbesitz vorhanden — unterscheiden wir zunächst facettirte 
durchbohrte Hämmer und eine Gattung kleiner, uahezu rechteckiger Stein- 
keile, welche zur Stufe der schnurverzierten Keramik gehören, dann die 
Schuhleistenkeile, kleine Hacken und unsymmetrische, durchbohrte Hämmer, 
welche der Phase der bandverzicrten Topfwaare zuzurechnen sind; als ein 
anderer Typus heben sich die mehr oder minder langen dreieckigen, un- 
durchbobrten Keile mit flach- oder breitovalem oder mehr rechteckigem Quer- 
schnitt ab, eine vierte Gruppe, grössere und kleinere langgestreckte, 
schwere, rechteckige Beile mit ungefähr rechteckigem Querschnitt, repräsentirt 
einen Typus, welcher den gewöhnlichsten Formen ans den neolithischen 

12 * 



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1 (>H P. Roioecke, Zur noolithiaohon Kornmik von EicheNbach im Spentart. 

Pfahlbauten des Bodensees nabe steht. Dazu kommen noch die Stücke ans 
kostbarem Steinmaterial, von denen namentlich auf die grossen, ganz flachen 
dreieckigen Jadeitbeile binzoweisen wäre. Wenn nun auch im Spessart 
Gräber und Ansiedlnngen aus der Steinzeit — ich kenne, abgesehen von der 
Eichelsbacher Wohnstätte, nur Gräber mit schnurverzierter Keramik bei 
Aschaffenburg — bisher nur sehr spärlich bekannt geworden sind, so genügt 
die Zahl der einzeln gesammelten Steinwerkzeuge doch vollkommen zu der 
Annahme, dass der Spessart in neolithischer Zeit, und zwar in ihren ver- 
schiedenen Abschnitten, verhältnissmässig dicht bevölkert gewesen sein muss; 
bei der weiteren archäologischen Durchforschung dieses Gebietes wird es 
auch gelingen, noch mehr positives Material für die einzelnen Stufen der 
jüngeren Steinzeit herbeizuschaffen und vor allem noch mehr neolitbische 
Grab- und Wohnstätten festzustellen. 



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Bericht über neue vorgeschichtliche Funde in Bayern. 

Nachtrag zum Boricht für 1896, zusammengestellt von Fr. Weber. 



Aasgrabungen. 



A. Hügelgräber der vo 

1. Nach einer Mittheilung im „Allgäuer 
(ie6chichtsfreund u von 1896 wurden in einer 
Waldung nächst Buxheim, ß.-A. Memmingen, 
Schwaben, von einer Gruppe von acht Hügeln 
zwei mittelst der verwerflichen Methode des 
Grabenziehens angeschnitten. Im ersten, 1,70 m 
hoch, bei 45 m Umfang, stiess man 50 cm 
tief auf ein angebliches Fragment eines Feuer- 
steinmessere; bei 1,50 m Tiefe auf einen Bern- 
steinring, eine ornamentirte bauchige Vase 
und eine nicht ornamentirte Schale. Weder 
Leichenbrand noch Skeletttheile wurden be- 
obachtet. Im zweiten Hügel fand man nichts. 
Da die Hügel nicht regelrecht und vollständig 
geöffnet wurden, lässt sich über die Zeitange- 
Hörigkeit nichts sicheres angeben. Wohin die 
Funde kamen, ist unboknnnt. 

2. Laut Bericht des Herrn Dr. Englert 
im Sammelblatt des histor. Vereins von Eich- 
stätt für 1896 wurden von ihm mit Unter- 
stützung der akademischen Commission für 
Urgeschichte Bayern* von oiner Gruppe von 
40 Hügeln im Eustachi- Wald zwischen 
Altdorf und Wachenzell, B.-A. Eichstätt, 
Mittelfrauken, 4 geöffnet. 

Grab 1 enthielt Skelettrcste, zwei Tliooge- 
fasse, oines davon ein gehenkelter Becher, 
einen Fingorring '?); 

Grab 2, nur Gcfässreste von Thon, sonst 
weder Metall noch Skelettreste oder Leichen- 
hrand ; 



rröraischen Metallzeit. 

Grab 8, ein vermorschtes Skelett , Thon- 
scherbeo, zwei gewundene Bronze-Nadeln ohne 
Kopf, eine Zierscheibe in Eadfonn und sonstige 
Bronzefragmente ; 

Grab 4, ein vermorschtes Skelett, 2 lange 
Bronzenadeln mit sch eibenartigem Kopf, 1 
Bronzedolch mit blattförmiger Klinge und 
schwacher Mittelrippe sowie 2 Niotlöchorn, 
1 Bronzespiralo und unkenntliche Bronze- 
fragmente. 

Dio Hügel hatten Stoinbau and gehören 
nach Ansicht des Ansgrabcnden der älteron 
Bronzeperiode an. Die Funde befinden sich 
im Museum des Vereins in Eichstätt. 

3. Von Herrn Gymnasial professor Steinmetz 
wurden laut Bericht desselben im Jahresbe- 
richt des Historischen Vereins der Oborpfalz für 
1897 von einer Gruppe von 11 Hügeln bei 
Eichhofen, B.-A. Stadtamhof, Oberpfalz, im 
Jahre 1896 vier leider nicht vollständig sondern 
nur durch seitliche Einschnitte und Gräben 
geöffnet. Das Resultat ist Folgendes : 

Grab 1, 0,80m hoch, 12m Durchmesser; 
Steinbau und Reste der Bestattung, Fragmente 
einor zerdrückten ornamontirten Urne, die 
leider nicht gosammelt wurden, Töpfchen mit 
Henkel, 11cm hoch, 7 cm grösste Weito; 
Schüssel aus grauem Thon. 

Grab 2, lm hoch, 15m Durchmesser; 
man stiess auf einen Steinbau und zwei Thon- 
scherben. 



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170 



Franz Weber. 



Grab 3, 0,60m hoch, 12 m Durchmesser; 
Steinbau mit Bestattung ; Skelett von Ost nach 
West (Kopf wo?) in soitlichor Lage nach 
Nord; an der Schulter (welcher?) 15,5cm 
lange Bronzenadel mit der Spitze nach aus- 
wärts (Form?); unter einem Oberarmknochen 
eine zweite Bronzenadel mit der Spitze nach 
abwärts, (Form, Lange?); au deu Unterarmen 
je ein offener, ornamentirter Bronzearmring von 
52 mm Durchmesser; am Unterschenkel 
(rechter? linker?) ein 13 em hohes graues 
Thongeßiss mit zwei Henkeln und einem 
4cm hohen Hals; die Ornamente bestehen 
in eingeraodclton Dreiecken, Wolfszähnen etc. 
und sind mit weisser Masse ausgefüllt. 

Grab 4, 0,60m hoch, 12 in Durchmesser; 
ohne Funde. 

Die Funde befinden sich in der Samm- 
lung des historischen Vereins von Regens- 
burg. Die Gräber gehören nach Ansicht des 
Ausgrabeudeu der älteren Bronzezeit an. 

Schon früher wurden von der Gruppe 
einige Hügel angegraben, dio Funde jedoch 
zerstreut und verloren. 

4. Ueber die Fortsetzung der Ausgrabungen 
an dor Hügelgruppo südlich von Rick- 
lingen, B.-A. Dillingen, Schwaben, enthält 
der Jahresbericht des historischen Vereins von 
Dillingen von 1896 folgendo Angaben: 

Geöffnet wurden von Herrn Vicar 8c h ab 1 e 
von dieser Gruppe heuer 3 Gräber: Nr. 7, 8 
und 9. Die ilflgel waren wie die vorig- 
jährigen aus Erde mit Kies vermischt auf- 
geschüttet, hatten 60 cm Höhe, 27 — 30 Schritt 
Umfang. 

In Grab 7 war am gewachsenen Boden 
eine Brandstätte mit Kohlen und zum Theil 
grossen verkohlten Scheitern. Um diene 
standen Reste von 10 Thougefässen, nämlich 
einer grossen ornamentirten Urne, in welcher 
eine kleine Schale sieh befand, ferner einer 
Schale mit am inneren Rand eingemodelten 
Dreiecken und Lioien ; einer kleinen bim- 
förmigen Urne, einer Schüssel, einer Hachen 
Schale, einer Schale mit verzierten Rand und 
einer ohne Verzierung, zweier kleinen verzierten 
Schüsseln und eines groben, dickwandigen Topfes 
von rother Farbe. 

ln Grab 8 kam 20 cm unter dem Scheitel 
eine Nachbestattung zum Vorschein mit einer 
hartgebrannten, auf dor Drehscheibe geformten 
Urne von ziegolrother Farbe, in welcher Asche 
und Leichenbrand sowie Scherben hartge- 



brannter kleiner Üofässe mit Verzierungen sich 
befanden ; in gleicher Tiefe kam seitwärts eine 
moterbreito und 2 m lange Stoinschichte aus 
Rollkies, 20 cm hoch, vermuthlich Brand- 
stätte, zum Vorschein. Dio Hauptbestattung 
folgte in 60 cm Tiefe, init 10 Thougefässen, 
bezw. Resten solcher ur.d zwar einer Urne 
ohne und einer solchen mit Verzierung, eines 
kleinen krugartigen Gefässes, einer Schüssel, 
in welcher eine kleine sich befand, eines 
kleinen schüsselartigen Gefässes, einer Schale 
und dreier Urnen. Etwas entfernt von deu 
Gefässen lagen zwei kleine, offene Bronze- 
rioge, 15 mm Durchinosser im lichten, durch 
zwei parallele Linien verziert. 

Grab 9 enthielt 55 cm tief eine Braud- 
scbichto mit Kohlen und Loichenbrand, um- 
geben von 15 erkennbaren Thongefasseu und 
Scherben anderer, jedoch ohne Metallreste. 
Dio Thongefässe bestanden aus einer rotben 
Urno, einer Urne mit Schüsselchen darin, 
einer uoverzierten und einer reich im Innern 
verzierten Schale, drei kleinen schwarzeu Urnen, 
drei mittleren Schalen, einer kleinen oma- 
mentirten Schale, einer rothon und zwei 
anderen Schaleo. 

Von einer zweiten Hügelgruppe im 
„mittleren Ried“ wurden drei Gräber geöffnet. 

Grab 1 wurde leider durch den Grund- 
besitzer grüstentheils zerstört, ehe eine genaue 
Untersuchung erfolgen konnte. Es war ur- 

sprünglich 1,15 m hoch bei 41 Schritt Um- 
fang. In der nördlichen Hälfte zeigte sich bei 
40 cm Tiefe eine schwarze Schalo und Scherben 
verschiedener Gefasst* ; 60 cm tief eine Brand- 
scliichte mit viel Kohle und zum Theil 
ganzen verkohlten Scheitern. In der südlichen 
Hälfte war die Bestattung, von welcher Skelett- 
reste und Zähne, sowie in Schultorhöhe eine 
27 cm lange ornamoutirto Bronzonadel mit 
geschwollenem durchloohtou Hals ohne 

Knopf constatirt werden konnten. Später fand 
sich noch eine kleine Broozeepiralo mit 
Knochen. Der Hügel war mit schwarzer 
moderiger Erde ohne Steine aufgosehüttet. 

Grab 2, 2m hoch, 56 Schritt Umfang, 
aus lettenartiger mit Kies vermischter Erde 
auf geschüttet, enthielt 50 cm tief eine kleine 
Urne ohne Verzierung und ein ganzes, roth- 
gelbes Schüsselchen von 3 cm Boden- und 
10cm oberen Durchmesser; unter den Go- 
fässen kam Kohle alter kein U-iclioubrand. 

Grab 3 war 2m hoch, bei 80 Schritt 
Umfang aus speckiger schwarzer Erde. 30 cm 



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Bericht über neue vorgeschichtliche Funde in Bayern. 



171 



tief kam eine Nachbestattuog mit calcinirten 
Knochen und Scherben eines rothen gutge- 
brannten Gefässes sowie einer ziegelrothen 
langhaifeigen Urne. In 1 tn Tiefe folgte eine 
Schichte Kohlen und darunter in drei Gruppen 
viele GefHsse, und zwar 4 flache Schalen obno 
Verzierung, zwei davon grafitirt, 1 grosse 
grafitirto und eine kleine innen verzierte 
schwarz und rothe Schale, ein rothes 
Schüsselchen , ein rothgelbca gebenkeltea 
Schüsselchen , eine grosso schwarze Urne mit 
einem schwarzen und einem rothen Schüsselchen 
darin, eine grosse rothe und eine gelbrot ho 
Urne mit Schourverzierung um den Hals. 
Zwischen den Thongefössgruppon lag eine 
4 cm lange Bronzenadel mit gereifcltom Hals 
und kugelförmigem Kopf. 

Vou einer dritten Gruppe im „unteren 
Ried“ wurde oin Hügel geöffnet. Leider hatte 
der Resitzor vor der systematischen Unter- 
suchung ein Loch io dor Mitte bis zu 1 m 
Tiefo gemacht und lieferte als Fund ein 
Bronzestück , wahrscheinlich von oinom Arm- 
reif, ah. Der Hügel war 90 cm hoch, hatte 
aber seine ursprüngliche Form nicht mehr; 
die Aufschüttung bestand aus lettenartiger 
Erde init Kies. 15 cm tief kamen Kohle und 
Scherben; 40cm tief eine Bronze-Bogen- und 
Thierkopf- Fibel , noch tiefer bis zum ge- 
wachsenen Roden 7 Gofasso und ein Häufchen 
ealcinirter Knochen. Die Gcfässe bestanden 
aus einer gutgebrannten rothen Urne, einer 
kleineren schwarzbrauneo, einer Schale, einer 
Urne, zwei grossen schwachen Schalen und 
eiuem schüsselartigen Gefäss. 

Die Hügel der sämmtlicheu Gruppen ge- 
hören nach Ansicht des Untersuchenden der 
jüngeren Hallstattporiodo an mit Ausnahme 
der Nach Bestattungen. Die Funde befinden 
sich im Museum tu Dillingen. 

5. Aus Ausgrabungen, welche der Auf- 
schlageinnehrner Knarr im Jahre 1893 im 
Bezirks-Amt Butzbach machte, kamen nach- 
träglich nachstehende Funde mit Fundbericht 
an die vorgeschichtliche Sammlung des Staates : 

I. Gruppe im Becker hölzchon. 

Von dieser in der Gemeinde Kirchen- 
reinbach gologeneu Groppe von 22 Hügeln 
(c. f. Ber. v. 1892 Ziff 1) wurden zwei Gräber 
geöffnet. Grab 1 enthielt ein Skelett in der 
Richtung von Süd nach Nord mit zwei Bronze- 
nnnreifen mit Kndstollen, einen Halsring aus 
gewuudeucui Brouzedraht mit Schliesse, eine 



Halsketto aus Spiralröhrou von Bronzedraht mit 
5 Bronzeblechringen, oino Schwanenhalsnadel 
mit schalunartigoin Kopf, ein kloines rundes 
Bronzeblech mit concentrischon Kreisen, kleine 
gekerbte Bronzenadel und Eisenmesserchen. 
Von Thon lagen drei Kugeln und mehrere Ge- 
nüsse, meist Schalen, auch Urnen, grafitirt 
and von röthlicher Farbe, bei. 

Grab 2, lm hoch 28 Schritt Umfang, war 
von Steinen erbaut. 35 cm tief lagen zwei 
Skelette dicht aufeinander, bei dem unteren 
eine grosso Lanzouspitze von Eisen mit flachem, 
breitem Blatt, ein grossor offener Eisenring 
und eine grosse Urne. 4 cm westlich in 
gleicher Tiefe lag ein drittes Skelett ohne 
Beigaben. 30 cm tiefer folgte auf einem 
Steiupflaster ein vierte« Skelett mit ver- 
schiedenen Gefässen, Schalen und Urnen 
grafitirt, verziert und von Naturfarbe. 

II. Gruppe in der Sandleite. 

Vou dioser bei Gaishoim Gemeinde 
Mittelreinbach, gelegenen Gruppe von 
vier grossen Hügeln und mehreren kleinen 
(cf. Ber. v. 1893 Ziff. 1) wurden zwei Hügel 
geöffnet 

Grab l enthielt drei kleioo offono Bronze- 
dr&htringe und ein Fragment eines solchoo, 
ferner Fragment eines in der Mitte stärkeren 
und gekerbten Bronzearmrings und 33 ver- 
schiedene Hronzefragmente, sowie Thoogefüsse. 

Grab 2, 1,60 m hoch, 13 m Durchmesser 
war von Sand, Humus uud Steinen aufgefüllt. 
30cm tief kam ein grosses eisernes Hieb- 
messer, 3 cm tiefer ein zweites. 30 cm 
gegen Osten lag in gleicher Tiefe ein kleines 
Eisenmessor auf einer schwarzen , zweimal 
darchloehton Thonschale ; neben dieser stand 
eino grafitirto Schale und ein kleines topf- 
artiges Gefiiss von schwarzbrauner Farbe, mit 
Kohle und Scherben ringsumhor. 40 cm tiefer 
folgte eine Steinschichtuug, und unter der- 
selben ein Brandplatz von 2 ni Umfang mit 
calcinirten Knockeu, mehreren Gefässen und 
einer kleinen eisernen Lanzeuspitze gegen 
Süden , drei Schwanenhalsnadeln (zwei mit 
Schalenkopf) und drei Geräthen zur Körper- 
pflege, dabei Zängcheo von Bronze, gegen 
Westen. Etwas tiefor eine flache, reich ver- 
zierte, kleine Schale mit G raphitglanz, Warzen- 
rürmigem Ansätze und Kohle; 5cm tiefer 
eiu kleines Eiscumcsscr und Thierkuociieu. 



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172 



Frauz Wobor 



III. Hügel auf der Wirtsh&nge 
bei Sch wenderöd, Gemeinde Schwend. | 
Derselbe war 1,10 m hoch bei 27 Schritt Um- I 
fang, von Lehm und Steinauffüllung. 30— 40 cm | 
tief lagen in östlicher Richtung Skolettthoilo 
von drei Leichen und Gcfassschorben, westlich 
ein viertes Skelett von Süd nach Nord auf 
schwacher Steinlage, daboi eine kleine grafi- 
tirte Henkelschale, verzierte Urne und in dieser 
kleine, gelbwoisse bemalte Schale ; eine schwarz- j 
braune Schale und eine Schale mit Rand, j 
HO cm tiefer auf dem gewachsenen Roden lag ( 
ein Skelett von Süd nach Nord und darüber 
einige Thierknochen, zwei Fragmouto einer ; 
Rronzedrahtfibcl, verzierter kleiner Bronze- 
blech Ohrring, ßronzcnadel mit Schwanenhals 
und Knopf, drei üeriithe zur Körperpflege, 
dabei ein Bronze wingchen , und vier Bronze- 
Aragmente. Unter dem Skelett war ein Brand- 
platz und westlich desselben ein Kinder- 
skelett, fornor noch mehrere Tbougef&sse. 

IV. Hügel am Galgonberg 
bei Fichtelbrunn, Gemeinde Buchet sfeld 
Derselbe war 1 m hoch bei 27 Schritt Um- 
fang. 40 cm tief kamen Skeletttheile, Uefäss- 
reste, Vogelknochen, Fragment eines eisernen 
Messers und nach Osten eiu eisernes King- 
chen. (Scheint nicht vollständig ausgegraben .) 



1. Aus Grabhügeln in Oberbayoin 
und zwar : 

a) Gruppe bei Traubing im Staatswalde. 

Grab 1. Kleines, ringartiges Bronzefragment, 

grosses eisernes Hiebmesser, 6 nage 1 artige 
Eisenknöpfe, lange schmale Gürtelschliesse 
von Eisen, Lanzenspitze von Eisen, grosser 
Bronzekessel, Gewiss roste, Tbierknochen. 

Grab 2. Bronzekopfring mit Aufsatz, zwei 
kleine Bronzeringe. 

b) Hügel bei der römischen Schanze bei 
Traubing: Fragmente einer Br ouzeuadel und 
Gefiissroste. 

e) Gruppe zwischen Traubing und 
Machtlfing. 

Grab 1. Bronzeschwort mit Vollgriff und 
oraamentirten Knauf, kleiner Bronzering, 
düune lironzcnadel , Reste verzierter Thon- 
getane. 

Grab 2. Sch langen lib«*l von Bronze mit 
zwei gekerbten Beitenknöpfen und verzierte 
Thonscherben. 

Grab 3. EisenpfciUpitze , kleine-, ge- 
schweiftes Eisenmosser, acht Eisenfraginente, 
dabei ein kleiner Knebel. 

Grab 4. Eisengürtelsch Hesse mit Ring und 
Mittelknopf, Messer von Eisen, sechs stab- 
förmige Bronzearmringe, grosser Eisenknopf, 
Fragmente eines Bronzeblech-Gürtels, Gefö&s- 



V. Hügel im Asper 
bei Ford er rieht, Gemeinde Mittelrein- 
ba c h. Derselbe war 2.&0 in hoch bei 80 Schritt 
Umfang. 30 cm tief zeigten sich SchÄdelreste, 
20 cm tiefer südlich die Reste von zwei 
Schädeln und nördlich Skelettreste mit Thon- 
scherben und eine kleine Schale ; unter diesen 
ein oblonges kleines Bronzestück. In Mitte 
des Hügels kam im gewachsenen Boden ein 
Unterkiefer nebst Hand- und Fusskuoehen, 
nördlich das Fragment eines Bronzebalsriogs, 
30 ein davon das einer Sichol oder eines 
Messers von Bronze. 

Die Gräber gehörten der Hallstattperiode 
an , die Nachbestattungen scheinen in die 
La Tene-Zeit berabzureiohen. 

6. Aus den mit Unterstützung der aka- 
demischen Commission für Erforschung der 
Urgochichte Bayerns im Jahre 1896 gemachten 
Ausgrabungen des Historien malere Herrn 
Dr. Nau e gingen der vorgeschichtlichen Staats- 
Sammlung nachstehende Funde ohne Fund- 
berichte zu: 



reste. 

Grab 5. Kleines gebogenes Eisenmosser, 
Urnen- und Schalenreste von Thon. 

Grab 6. Brouzeschlangeofibel , kleines 
trommelartiges Zieretück von Bronzo, grossor 
Bornstoinring, kleiner Eisonnng, zwei Tonneu- 
arm reife von Bronzebloch. 

Grab 7. Bodenstück und Fragmente einer 
Bronzo-Situla, Fragmente eines Hokgefässes, 
zwei Eisenmesser, Lanzenspitze von Eisen, 
grosse Bronzezange (unten Eisen}, kleine, 
aussen schwarze, innen rotbe Schale, grosser 
bronzekessel mit zwei Eisenringen. 

Grab 8. Zwei lange schmale Eisenlanzon- 
spitzen, Gürtelschliesse von Eisen mit Ring, 
zwei Eisenspiralscheiben, kleiner Eisenring, 
Gefassresto. 

Grab 9. Eisenmosser. 

Grab 10. Eisenmesser mit Griff und 
kleinen Bronzenägeln. 

Grab 11. 2 Fibeln aus je 4 Broozespiral- 
scheibea mit 9 Bronzeknöpfen, 12 verzierte 
Bronzearmringe, reich verzierter Bronzeblech - 
gürte! von 84 cm Länge mit Eisenach Hesse, 
2 kleine Eisenriuge und stabförmigo Kisen- 



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Bericht über ueuo vorgeschichtliche Funde in Bayern. 



173 



theile, Holz- und Bronzeblech-Fragmente, 
Eisenmesser, 4 grosso Bronzen ngo, 2 grosso 
Eisenringe. 

Orab 12. Bronzesitula, *2 kleine Bronze- 
knöpfe, kleine schwarze, innen verzierte Thon- 
schale. 

Grab 15. Zwei goknickte verzierte Kahn- 
Übeln, 2 Schlangenfibcln, 8 Bronzedrahtohr- 
ringe, 7 dessgloichon zerbrochen, ein kleiner 
schalenförmiger Ohrring von Hronzeblech, 
5 fasschenförmigo Bernsteiuporlon, 6 Bronze- 
armringe mit verzierten Enden, verzierter 
Bronzeblech gürtol, Fragmente eines mit Bronzo- 
knöpfchen besetzten Ledergürtels, Eisenfrag- 
mente. 

Grab 16. Kleine Eisenlanzenspitze, Eison- 
messer, Thonsohorken. 

Grab 17. Ein halber grosser Broncoring, 
grosser offoner Eisonring, Eisonlanzenspitzo mitt- 
lerer Grösse, Eisenmesser, schmaler mit Buckeln 
verzierter Bronzeblechgürtel, 5 Bronzenägelchen, 
grosse Eisenlanzenspitze, 56,5 cm 1. mit Mittel - 
rippe. 

Grab 18. Zwei Bronzepauckentilielu, grosse 
breite Eisenlanzenspitzo ohne Tülle, Bronze- 
bl«cb gürtel, Scherben unverzierter Schalen. 

Grab 10. 8 fasschenartige Bernsteinperlen, 
grosse und kleine Boi nsteinringperle , 6 un- 
verzierto Bronzearmringe, kleine Eisenringe, 
grosse Eisengürtelschliesse, 2 schmale Bronze- 
blochfragmeuto mit je 2 aufgesetzten flachen 
Knöpfen, Bronzcblechgürtelfragment. 

Grab 20. 6 einfache Bronzearmringe, Eisen- 
fragmente, Thonscherben. 

Grab 21. Geperlter Bronzearmring, des- 
gleichen stärker geperlter; grosse, schwarz, roth 
und weiss verziorto Urne von Thon. 

Grab 23. Mittelgroßst) Eisenlanzeuspitze, 
Bronzeschüssel, Pferdezfihne.verzierte Scherben. 

Grab 25. 12 unverzierte starke Bronze- 
armringe, sehr kleine Eisenlanzenspitzo mit 
.Mittelrippe, Brouzoringchen , 7 hohle kleine 



Bronzeknöpfe , Bronzenägelchen , Eisen- und 
kleine Bronzefragmento, grosse Urne und 
Schalenscherben. 

Grab 28. Bronzonadel, Scherben. 

Grab 29. Schmales Eisenmessor. 

Orab 80. l^ango Eisenlanzeuspitze mit 
schwacher Rippe, Bronzoblechfrugmonto. 

Grab 31. Grosso verziorto Schale. 

Grab 32. Graütirto Schalo, schwarzo Urne 
und Scherben einer Schale. 

2. Aus Grabhügeln in der Oborpfalz, und 
zwar aus Grab 1 von Len gen Feld nach- 
träglich aus der Ausgrabung von 1894 ein- 
geliefert : ein Ledergürtel vom Pferdegeschirr, 
reich mit Bronzeknöpfen besetzt. 

Grab 1 bei Amtmanusdorf : reich vor- 
ziertos, offenes Bronzearmband mit Endstellen, 
schwarze, modere Urne, reichverzierte schwarze 
Schale , kleiner Eisonbackon , Fragment einer 
schwarzen, verzierten Henkelschale, Zähne. 

Grab 2. 2 breite, dünne, verzierte Bronze- 
arm biindor ohne Endspiralon, 2 offene Bronze- 
arm ringe, 4 Bronze-Tutuli , 28 Bronzeknöpfe, 
Schädel- und Armknochon, schwarze, verzierte 
Henkelschale mit hohem Hals. 

Grab 3. 2 Spiralüngerringe von Bronzo, 
ßronzenadel ohne Kopf, Fragmente von 
Bronzodrahtarnmngen und Bronzospiralröhren, 
Scherben einor schwarzbraunen , verzierten 
Honkelscbalo. 

Grab 1 bei Paulushofen: Spitze einos 
Bronzedolches oder Schwertes. 

Grab 2. Kleiner dreieckiger Bronzedolch 
mit 2 Nägeln, Skolottreste. 

Grabhügel bei Staadorf: kleiner drei- 

eckiger Bronzedolch mit 4 Nägeln und Roste 
des Griffbelags, Scherben und verbrannte 
Knochen. 

Grab 1 bei Thann: Fragmente einer kleinen 
braunen Schale und einer zweiten mit Graphit- 
ornamenten im Innern, einer grösseren braunen 
Schale, Scherben anderer Gefässe und Knochen. 



B. Reibengräber. 



1. Von dem auf jetzt österreichischem Boden 
jenseits der Salzach bei Untor-Eching be- 
findlichen Rethoograbfeld, das dem baiwarischen 
Stamme angohört und daher hier Erwähnung 
finden dürfte, wurden 1895 weitere Gräber 
eröffnet. Aus diesou gelangten in das Museum 
in Salzburg laut Jahres- Bericht für 1895: 



Aus einem Männergrab ein 56 cm I. Skra- 
inasax mit Resten der Holzschcido und dos 
Bronzebeschlüges derselben , ein Eise np feil mit 
Widerhackeu , 10 cm 1. , eine Bronzeuadol von 
14,5 cm Länge, mit runder Öse; aus einem 
! zweiten Mäuuergrab ein Paar Eisen-Sporen mit 
| 1,5 cm langen Stachel direct auf dem Bügol 



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174 



Franz Weber. 



aufeitxend ; ein 16,5 cm 1. Eisen messer, kleiner 
Bronzering, Bronzefibel in S-Form, eine in 
emen Rioderkopf endigende Bronzo -Schnalle 
von den Hörnern desselben gobildot mit einem 
Eisendom ; aus FraueDgriibern eine grosse An- 
zahl Glasperlen verschiedener Farbe und Form, 
3 Bernsteinperlen, 3 Glasstäbcheo mit Kerben, 
jedoch auffallender Weise keine Thonperlen. 
Ausserdem führt der Jahresbericht noch eine 
Reihe von anderen Funden auf, Bronze- und 
Eisenschnallon, Riemenzungen von Eisen, kleine 
Messer , Kämme von Bein , eine Bronzcuadel, 
Bronze-Plättchen und einen Skramasax von 
38,5 cm Länge ohne Ausscheidung dorselbon 
nach Gräbern. Das Reihengrabfeld ist dosshalb 
von besonderem Interesse, als bisher auf jetzt 
österreichischem Boden nur wenigo Spuren 
h&iwarischer Bogräbnissplätze heidnischer Zeit 
gofunden wurden. 

2. Auf dem Reiheiigriiberfeld von Schretz- 
heim wurden nach dem Jahresbericht des Hi- 
storischen Vereins vou DilliDgen im Jahre 181)6 
63 Gräber, daruntor 1 Thiorgrab geöffnet, so 
dass nunmehr dio Zahl der Gräber im Ganzen 
245, oder mit Inbegriff einiger Thierbestattungen 
24‘J beträgt. 

Grab 1. Kinderskelett mit Perlenhalsband, 
Schnalle am linken Untorscheukel, Messer und 
Bronzenadel an der linkeu Hüfte. 

Grab 2. Mannsskelett, l,l)0m I., mit Spatha 
an liuker Soite. 

Grab 3. Frauenskelett, 1,75 in 1., mit ver- 
streuten Perlen, Schnalle von Eisen am rechten 
Unterarm, Hing von Eisen im Becken ; Kette 
vou grossen Bronzeringen, Schlüssel in hölzerner 
Scheide und Bronzomiiuze in LedertüHchchcn 
neben linkem Oberschenkel. 

Grab 4. Muuusskelett , 1.90 ui I. , eiserne 
Schnalle am Bockou , Sax am linken Ober- 
schenkel, zwei Bronzeknopfe au dor Hüfte, 
Kamm am rechten Knie, Urne am liuken Kuss. 

Grab 5. Frauenskelett, 1,60 m I., mit Perlen* 
halskette und Spangenfibel, Schnalle im Beckeu. 

Grab 6. Frauenskolett, 1,70 m I., mit Perlen- 
baiskette, Schnalle im Becken und Kiseustück 
am Knie. 

Grab 7. Frauenskolett, 1,65m I., mit 
Schnallendem ; Messer am Bcckeu 

Grab 8. Mannsskelett , 1,75 m I., ohne 
Beigaben. 

Grab 9. Mannsskelett, 1,81 in I. mit Messer, 
zwei löffelartigen Haltern und zwei llronzo- 
plättcheu; >putha mit Knauf vou rechter 



Schulter abwärts, zwei viereckigen Eisenplatten 
mit je 4 Nageln, einem fünfeckigen Plättchen, 
Schildbuckel an rechter Kopfseite, zwei Spangen 
an linker. 

Grab 10. Frauenskelett, 1,50m 1., am 
rechten Ellenbogen zwei grosse Bernstein perlen, 
auf Brust 2 Scheibenfibeln , im Becken und 
tiefer je eine goldene Scblangenfibel, am Becken 
eiserne Schnalle, atn linken Oberschenkel zwei 
McMer, an linker Hüfte eiserner Ring, zwischen 
den Knieen ein Eisenstück und Spinn wirtel, 
auf linkem Knie ein Eisenstück. 

Grab 11. Mannsskelett, 1,80m 1., zur 
Linken Spatha mit Holzresten der Scheide, neben 
rechtem Oberarm Lanzenspitze , iin Becken 
Gürtelschnalle, Glasstücko, Feuerstein, schwerer 
eckiger Stein und rostigo Masse. 

Gral» 12. Kiuderskelett , 1,10 tn 1., mit 
Messer und Thongefäss 

Grab 13. Frauenskelott , 1,75 m 1, mit 
Perlenhalsschnur in 2 Reihen, Gürtelschnalle, 
Messer, eisernem Schaft und Ring links vom 
Unterschenkel. 

Grab 14. Kinderskelett, 1,10ml, Perlen 
und Messer mit Beinscheide. 

Grab 15 Frauenskelett, 1,50m 1., mit 
Messer und Eisenteilon. 

Grab 16. Mannsskelett, 1,65 in 1. Bein- 
kamm , eiserne* Gürtelbeschlägo mit Bronze- 
Xägelti und Schnalle, Spatha mit Beschlag- 
theilcn der Holzscheide zur Iduken, Schildbuckel 
mit Griffstange und zwei Messerauf den Knieen, 
Eisenscbnalle am liuken Oberschonkel, Eiseo- 
stücke zu Füssen. 

Grab 17. Frauenskelett, 1,55 ni I. Hals- 
schnur von Perlen uud Gürtelschnalle von Eisen. 

Grab 18. Frauenskelett, 1,60 m 1. Messer 
| und Gürtelschnalle. 

Grab 19. Frauenskelett, 1,40m L, zur 
! rechten Kopfseite Scbeibonfibel und kleines 
! Bronzostück, Halskette von 147 ganzen Perlen 
vou Glas und Bernstein und 4 Gold- Röhrchen ; 
Bronzenadel und Ring unter dem Unterkiefer, 
Eisenschnalle im Becken, Brouzebosehläge mit 
zwei Knöpfen, Kamm- und l^ederreste am 
linken Oberschenkel, grosse Schnalle von Eisen 
am Knie , Spinnwirtel aus Glas mit farbigen 
Ornamenten , grosser Eisenring und Bronze- 
schualle zwischen den Knieen. 

Grab 20. Frauenskelett, 1,60m 1. mit 
Halskette aus 220 Perlen , 1 Silborblochatück, 

1 silbernes Ringrhen, 1 Stück Bronzobloch; 
an rechter Kopfseite 1 P/t cm 1. Bronzenadel, 
uutcr dem Beckeu Eiacnschnalle , zwischeu 



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Bericht über neue voi geschichtliche Funde in Bayern. 



175 



Unterschenkeln Spinnwirtel und 2 grosse Ringe 
von Eisen; unter linkem Knie zwei Eisen rin ge, 
silberne kleine Schnalle mit Bronzedorn, Bein- 
katnm, Bronzeriog, Messer, schwarzes Knopf- 
chen , blaue Glasscherbe und Lederreste ; am 
linken Unterechonkol kleine Eiseuschnalle, unter 
linkem Kuss Beinring von 12'/i cm äusserem 
Durchmesser und darin Bronzering von 6 cm 
Durchmesser. 

Grah 21. Frauenskelett, 1,40m 1.; am 
Halse vergoldete Scheibenfibel mit Filigran und 
rotem Glasfluss, Kette von 49 Perlon, kleine 
Kisenschnalle; am linken Oberschenkel grössere, 
an den Unterschenkeln je kleine Kisenschnalle 
mit Beschlüg. 

Grab 22. Kinderskelett, 0,88 cm l. , mit 
Halskette aus 50 rothen und gelben Perlen, kleine 
und grosse Eisenschnalle, verziertes Bronze- 
beschläge und Beinscheibe am Knie. 

Grab 23. Frauenskelett, l,40ui 1.; am 

Hals silberne Scheibenfibel mit Filigran- und 
rotheu Glaspasten, Kette aus 42 Perlen und 
silbernem Plattchon, Gürtelschnalle von Eisen, 
ornamentirtes Thougefass zu Füssen. 

Grab 24. Frauonskolett, 1,30 m I., auf 

Brustkorb 45 Perlen roth, weiss und gelb; im 
Becken grosso Kisenschnalle, zu Füssen orna- 
mentirto Thongefässi». 

Grab 25. Skelettreste und eiserne Gürtel- 
schnalle. 

Grab 20. Frauenskelett, 1,35 m 1 , am 

Brustkorb 5 Porlen, im Becken kleines eisernes 
Beschläge, grosse Gürtelschnalle von Eisen, 
zwischen Füssen oruameutirtes Thongefäss. 

Grab 27. Maunsskelett, 1,55 m 1., über 
rechter Schulter 30 cm 1. Lanzenspitzo nach 
oben, über rechtem Arm 86 cm 1. Spat ha nach 
abwärts, im Becken Spange, Nagel und Eisen- 
stücke; unterhalb des roebtou Kusses unvor- 
zierte Urne mit Kandscherbeu einer kloineren. 

Grab 28. Mannsskelett , 1,65 in 1., über 
linker Schulter 33 cm 1. Lanzenspitzo nach 
aufwärts, auf rechtem Arm 88V*cin 1 Spatha 
mit Bronzeknauf und Holzscheideresteu , an 
linker Hüfte Sax, 25 cm I. mit 3 eisernen 
Kuöpfcn vom Scheiden besch lag , auf Heckou 
3 Feuersteine und eiseruos Beschlag, am 
rechten Fusse Bronzefraguiente und unterhalb 
Thongefäss. 

Grab 29. Frauenskelett, 1,65 m I , mit Hals- 
kette aus 18 rothen und gelben Perlen, kleiner 
Kisenschnalle im Becken, Kamm und Messer 
am linken Unterschenkel. 



Grab 30. Frauenskelett , 1 ,35 m 1. , mit 
Halskette aus 68 meist gelben Perlen, oiseroer 
Gürtelschnalle, am linken Oberschenkel Bronze- 
riog, weiter unten Kamin und Eisenstück, 
rechts Eierschalen. 

Grab 31. Ohne Skelett, zahlreiche Gefäss- 
Scherben und Knochen, eine blaue Perle. 

Grab 32. Fraueuskelett, 1,55 cm 1., am 
Halse 8, am linken Oberarm 2 Perlon, am 
Becken ßeschlagthoile von Eisen , am rechten 
OberschenkolSpangeuflbel von Bronze, zwischen 
Oborschcnkeln kloinos viereokigos Bronzebo- 
schlüge und Schnalle, Bronzo- und Eisonfrag- 
mente und kugelförmiger Spinnwirtol. 

Grab 33. Frauenskelett, 1,40 in 1., mit 
Halskette aus 14 Perlen, an rechter Hüfte 
eiserne Schnalle, ebenso an linkem Knie; am 
linken Unterschenkel Kamm und Eiseutheile, 
Bronzekoopf, schwarzer Knopf, 2 Glasscherben ; 
auf rechtem Fuss ornamentirtes Thongefäss 
mit Knochon und Eierschalen. 

Grab 34. Mannsskelott , 1,70 m L, über 
linker Schalter 42 cm 1. Lanzenspitzo aufwärts 
mit kurzem Blatt uud langer Tüllo; im linken 
Arm Spatha abwärts, 92 cm 1. mit Rosten der 
Holzscheide; auf Knieen Stift von Boin, zu 
Füssen Schildbuckel mit Griffepango. 

Grab 35. Mannsskelett, 1,60 m L, im 
rechten Arm Sax, daneben Messer- und Eison- 
fragmente, im Bei-keu viereckiges Eisenbeschlügo 
mit grossen Nägeln, unterhalb des Beckens 
4 rautenförmige Pfeilspitzen. 

Grab 36. Mannsskelott, 1,45 rn 1. Vier- 
eckiges Beschläge und rundes G ege ubesch läge 
von Eisen am rechten und linken Unterarm, 
über Becken schräg von rechts nach links ab- 
wärts 45 cm I. Sax, unter dessen Griff grosses 
eisernes Beschläge. 

Grab 37. Skelottresre , im Becken Eisen- 
messer, Eisen* und Bronzefragmente, zu Füssen 
grosse oroanmntirto Urne. 

Grab 38. Skelettreste mit eiserner Schnalle 
zwischen Oberschenkeln und Knochen. 

Grab39. Skelettreste, auf Brustkorb 12 Perlen, 
im Becken eine Muschel, grösserer und klei- 
nerer Bronzeriug iu Lcdortäschcheu , Messor, 
Eisenteile, Perle; am rechten Knie 2 gleiche 
Kicinonzuogcn von Bronzo, zu Füssen orna- 
mentirte Urno. 

Grab 40. Fraueuskelett mit 2 silbernen 
Ohrringen mit Anhängern, Halskette aus 
19 Perleo, darunter blaue in Form eines 
Körbchens mit lieukel, dnrchlochtes Bronze- 
.sclieibchou, 6 Bronzereifchou ; oberhalb des 



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176 Franz «ewr. 



linken Boekenknoclietis silberne, vergoldete 
Spangen li bei mit 8 knopfartigon Ausladungen; 
au Hüften Eisen fragmento , am linken Ober- 
schenkel 78 cm 1. Bronzokette, unter denselben 
Knmmresto mit Bronzeblorh eingefasst, Bronze- 
drfthte; am Binde der Kette runde Zierecheibe 
von Bronze mit 8 Speichen, 2 Bronzeringe, 
am linken Schienbein 2 Bronze-Kiemenzungen, 
am rechten Unterschenkel 2 solche von Silber- 
blech , Holz- und Lederfragmente , Bronze- 
plättchen. 

Grab 41. Manosskelett, 1,60 ml. An linker 
Hand Schildbuckel, über rechter Schulter 
41 cm 1. Lanzenspitze , im lochten Arm 
70 cm 1. Sax mit 4 durchlochten Bronze- 
knopfen des Scheidenbesehlägs ; auf Brustkorb 
Eisen- und Bronzofragmente ; auf der Mitto 
des Skeletts eine 90 cm l. Spatha mit Kesten 
der flolzschoido und des Beschlags. 

Grab 42. Skelettrosto ; am linken Arm 
rechteckiges Eisenstück, im Becken 10 Riemen- 
zungen und Kisenrestc, «juor darüber 49 cm 1. 
Sax nach abwärts mit Lederresten und Brouze- 
zierrat der Scheide; unter diesem ein Messer 
und am linken Oberschenkel Pfeilspitze und 
EisenreBte. 

Grab 43. Skelett, 1,40m 1., mit Gftrtol- 
schnallo und Messer. 

Grab 44. Kinderskelett, 1,30 ml., Schnalle 
von Eisen im Becken und ornamentirtos Thon- 
gefäss zu Füssen 

Grab 45. Skelett, 1.40m 1. Am Halse 

2 Perlen , unter linker Hand Eisenthcile und 
Kamm, im Becken grosse Schnalle von Eisen. 

Grab 46. Frauenskelett, 1,60 m 1., mit I 
Halskette aus 150 verschieden geformten Perlon : j 
rechts neben Unterkiefer silberne Scbeibenlibcl 
mit Filigran- und rother Glaseinlage, an linker 
Hüfte kleine Bronzeschnalle und King mit 
Lederresten , im Becken grosse Gürtelschnalle 
von Eisen, zwischen den Oberschenkeln Spinn- 
wirtel von Thon und einer von Metall. Eisen- 
theiie und Bei n plättchen , am linkeu Knie 
Muschel und Eisen resto, darunter Keinring, 
auf linkem Unterschenkel Bronzezierscheibe, 
am linken Fuss Thongcfäss. 

Grab 47. Skelettreste ohne Beigaben. 

Grab 48. Kindeiskelett, 1,05 m 1.; ain Halse 

3 Perlen, zwischen Unterschenkeln Kamm, 
Bronzering, 2 Eisenring«», zwischen Oberschen- 
keln Thongefäss mit Verzierung. 

Grab -19. Frauenskelett, 1,40 m 1., mit 
Halskette aus 48 Perlen , rechts vom Kopfe I 
2 Stifte von Ersen un Becken durchlochtes | 



Bronzeplättchen und eiserne Schnalle, am 
linken Unterscheu kel Kamm , Ring von Eisen 
und Glasschorbo, zwischen den Schenkeln Tbon- 
gefäsR ohne Ornament und Eisentheile. 

Grab 50. Fraucnskelett, 1,40 m 1., mit Hals- 
kette aus 48 Perlon, am linken Oberschenkel 
Kamm, im Becken Schnallo von Eisen, zwischen 
den Knieen kleine Bronzemünze (?). 

Grab 51. Mannsskelett, 1,75m 1.; am 
linken Unterarm Eisenteilo, Messer und Feuer- 
steine, vom rechten Ellenbogen abwärts 92 cm 1. 
Spatha mit Bronzeortband. 

Grab 52. Kinderekolett, 0,85 ml ; am Brust- 
korb ein Beinscheibchen, im Becken Feuer- 
steine und Eisen bosebläg, zwischen den Unter- 
schenkeln ein durchlochter Knochen an Rronze- 
drabt, zu Füssen Urne und in derselben kleiner 
silberner lxiffel römischer Provenienz. 

Grab 53. Kinderskelett, 0,75m 1.; am 
linken Unterarm Messer, im Becken Gürtel- 
schnalle von Eisen, an linkein Unterschenkel 
Thougefäss mit Henkel udü Schnauze. 

Grab 54. Mannsskolett. 1,80m L, an 
liukem Arm 93 cm 1. Spatha mit Holzscheide- 
rosten, nach abwärts, auf dieser Eisenknopf, 
quor über 19 cm I. Eiseumesser, irn Becken 
eiserne Schnalle, Feuerstein und Schleifstein, 
an linkem Fusse Nagel ton Eiseo. 

Grab 55. Fraucnskelett, 1,55 m 1., mit 
Halskette aus 17 Perlen, an rechtem Knie 
Spiunwirtol von grünem Glas und Eisenmesser, 
am Unterschenkel unverziertes Thongofäss, 
zu Füssen Knochen und Eierschalen. 

Grab 56. Kinderskelett, 1ml. mit Bronzo- 
schualle itn Becken. 

Grab 57. Knnierskelett, 1,10 m 1., Perlen 
am Hals, kleine Eisenschnalle im Becken, unter 
linkem Knie 3 kleine Eisenringe, Glasstück 
und grüne Glasperle, an linkom Fuss kleines 
Thongefäss; Thierknochen und Eierschalen. 

Grab 58. Mannsskolett, 1,60 in 1.; zur 
Linken vom Kopf abwärts Scherben einen Thon- 
gofässos , zur Rechten Schildbuckel mit Griff- 
spange, ober rechter Schulter 33 cm L Lauzcn- 
spitzo, im linken Arm 84cm 1. Spatha, am 
Brustkorb kleine Bronzezange, am Becken 
grosse Bronzeschnalle. 

Grab 59. Mannsskelett , 1,70 m 1. Zur 
Rechten Vogelknochen , Eierschalen , Fisch- 
grätou und neben Kopf urnomentirtes Thon- 
gefiiss, auf Brustkorb Feuerstein, im Becken 
Eisen schnalle, Messer und P.ronzezangchen, im 
linkeu Unterarm 76 cm L Spatha, unter rechtem 
Fuss 35 cm 1. Lanzenspitze nach abwärts. 



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Bericht über neue vorgeschichtliche Funde in Bayorn. 



177 



Grab 60. Franenskelett , 1,60 m 1. mit 
Halskette aus 23 Perlen, auf Brustkorb Nagel 
von Eisen und Scheibenfibel vou Silber, am 
rechten Ellenbogen Bronzeschnalle mit Leder* 1 
rosten, einer weissen Glas- und einer Bern- 
steinperle, nach innen eine zweite silberne 
Scheibenfibel, im Becken Schnalle von Eisen, 

2 gleichgeformte Spangcnfihelu von Bronze, 
am linken Unterschenkel Kamm, Messer, Kiseu- 
stücke und Bronzebeschlägo , sowie grosseres 
Eisenmessor, weisse Glassplitter. 

Grab 61. Mannsskelett , 1,60 m 1., links 
an Schulter Thongefnvs , daneben 25,6 cm I. 
Lanzenspitze , am Becken Eisenbeschläge mit 
Bronzeknopf in der Mitte, vom linken Ellen- 
bogen abwärts 92,5 cm 1. Spatha mit Eisen- 
kuauf, an den Knieen 2 eiserne Zwiugen, 
zwischen Unterscbeukeln Kamin. 



Grab 62. Frauenskelett, 1,65 m L, mit 
Halskette aus 14 Peilen 

Ausserdem wurde oin Tbiergrab ohne Bei- 
gaben, wahrscheinlich das eiues Hundes, ge- 
öffnet. Die Kunde befinden sich im Museum 
zu Dillingen. 

3. Aus den Reihengrubern bei Alling, 
Oberbayoro, kamen nachträglich ein 46,5 cm 1. 
Skramasax mit auffallend breiter Klingo, ein 
Eisenmesser mit Griffzunge von 17 cm Länge 
und ein kürzeres vou 12 cm Länge, ferner 
zwei gleiche Bronzeknöpfe mit reicher Ürua- 
mentirung und oingesetztoo Glaspasteu , wahr- 
scheinlich Besch läget heile eines Gürtels oder 
einer Scheide, in die prähistorische Sammlung 
des Staates. 



Einzelfunde. 



1. In die Privatsammlung des Herrn Rechts- 
anwalt Brunner in Traunstein gelangten 
ein Steinbeil dor neolithischen Periode von j 
schwarzer (Jesteinsart mit Bohrloch, stumpfem 
und breitem Rücken, veijüngendem, etwas zu- 
geschliffenem Vordertheil, gefunden in U n t e r- | 
loh bei llaiming in der Nähe von Burghausen, | 
Oberhayern ; ferner ein kurzer und schmaler 
Bronzodolch mit Bronzestiel in einein Stück, , 
dor in spitzer Form verläuft ; in der Mitte 
desselben geht ein längerer Nagel zur Be- 
festigung der Griffschale durch. Die Patina 
ist bräunlich; gefundeu wurde der in seiner 
Form seltene und auf die Halistattperiode 
weisende Dolch bei Kirchweidach B.-A. 
Altütting, Oberbayern. 

2. In einer Mooswiese zwischen Geben- 
hofen und Affing, Oberbayern, wurde eiu 
8 1 /« Pfund schwerer Eiseoklotz in Form einer 
Kaute, 26 ein lang und 7 cm in dor Mitte 
breit, tief unter der Oberfläche gefunden. Der- 
artige in Oberbayern wiederholt gomachto 
Funde unverarbeiteter Eiseubarren dürften 
nach den Fund umständen in die prähistorische 
Zeit zurückreichen. Der Fund befindet sich 
im Privatbositz. 

3. In die Sammlung des historischen 
Vereines der Oborpfalz in Regonsburg kam 
1896 eiu bei Longen fei d, B.A. Parsberg, 
gefundener hohler Bronzering von dünnem 
Bronzeblech, über einen Thonkern gegossen, | 



1 mit 10,5 cm äusserem, 6,2 cm innerem Durch- 
messer. Auf der Oberfläche sind 54 couceu- 
t rische Kreise in drei Linien übereinander an- 
gebracht Der Ring gehört der Hallstatt- 
periode an. 

4. Beim Bau der Bahnlinie Mühldorf- 
Burghausen wurde 1896 bei St. Johann 
eine Fibel und ein 9 cm langes Stück einer 
Nadel von Bronze sowie Thongefässscberben 
gefunden; in Burg hausen selbst am Nord- 
abhang des Burgbergs ein Bronzefragment 
angeblich von oinem Rasiermesser der Brouze- 
periode. Die Fundo sind in Privatbesitz. 

5. Gegenüber dem bayerischen Salzach - 
ufer wurde im Schotter eines Salzacharms in 
der Laubenau bei Roitbach nächst Ad- 
thering 1896 ein Kurzschwert der jüngeren 
Bronzoperiodi! mit blaüformigor Klinge, Mittel- 
rippe, Griff in Vollguss mit halbmondförmigen 
Klingenansatz und Knauf in Schalenform ohne 
erkeunbare Ornamente gefunden. Die Spitze 
des Schwertes ist abgebrochen , dio Patina 
mattgrüu. Der Fund befindet sich im Museum 
zu Salzburg. 

6. In die prähistorische Staatssammluug 
gelangten 1896 nachstcheodo Einzelfuudo : 

Kupfermeisel , 9 cm 1., gefunden bei einer 
Grundaushebung in der Moorschwaige bei 
Aubing, Oberhayern ; Bronzeschwert von 
70 cm Jäkige mit Griffzunge und 5 Nägeln 
nebst lilienförmigem Ortsband und Bronze- 



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17S 



Franz Weber. 



palstab mit Schaftlapt>eti , IG ein I. , orsteres 
gefunden in der Flurlage Heidenhäuser, 
Ortsflur l’ruppach, Gern. Achtel, letzterer 
bei Locken rieht, Gern. Röcken rieht, 
sämnülich im B.-A. Sulzbach, Oberpfalz; 1 Eiseu- 
schwert, 2 ganze Bronzenadelu und Fragment 
einer solchen, G ganze Ringe und 7 Fragmente 
solcher, wahrscheinlich aus Grabhügeln zwischen 
Högen und llauoritz, Gemeindo Weigcn- 
dorf, ferner 2 Hinge und 2 Nadeln angeblich 
aus einem Grabhügel von Dollma n ns borg, 
Gemeinde Suozendorf, Oberpfalz. 

7. In der Monatsschrift des historischen 
Vereins von Oberbayom vom Mai 1897 ist 
ein angeblich hei Hatsbach a. d. Alz im Jahro 



IB9G gemachter Fund eines Bronzosch werte«, 
einor Nadel und zweier Armringe aagezeigt. 
welche Gegenstände sich jedoch als Fälschungen 
erwiesen. Ein ebenfalls 1896 bei Oberneu- 
Lirchen, B.-A. Mühldoif, gemachter Fund eines 
Bron zeuch wertes und 13 massiver Armringe 
I (nach gleicher Monatsschrift vom Oktober), 
wovon das Schwert in dio historische Sammlung 
der Stadt Mühldorf gekommen sein soll, war 
bezüglich seiuor Aechtheit ebenfalls verdächtig, 
da seit Jahresfrist zahlreiche Fälschungen im 
i österreichischen Jnnviertel und östlichen Über- 
bayern auftauchen, die Untersuchung in der 
prähistorischen Sammlung des Staates ergab 
, aber die Aechtheit der Fundstücke. 



Verschiedenes. 



Unterirdischer Gang. 

1. In Babouhauseu, B.-A. tllertisseu, 
Schwaben, wurde 1897 unterhalb des Kellers 
eines Hauses in 2 in Tiefe eio unterirdischer 
Gang entdeckt, der „im Letteo eingehauen* - 
sein »oll. Leider fehlt jode nähere Nachricht 
über Lange und Beschaffenheit des Ganges 

Befestigungen. 

2. ln Mitte des durch die Orte Zanken- 
hausen— Eohing— Beuern gebildeten Drei- 
ecks befindet sich etwa 3 Minuten west- 
lich von dom Weiler B u rg h o l z, B.- A. Lands- 
berg, Oberbayern, eiu grössere» Endwerk im 
Walde, das möglicherweise vorgeschichtlichen 
Ursprungs sein könnte. Im topographischen 
Atlas ist dasselbe nicht eingetragen Auf der 
dem Weiler Burghotz zunächst hegenden 
Seite ziehen tiefe, wie es scheint natürliche 
Gräben um eine erhöhte Terrasse, und scheinen 
au der Süd westecke künstlich verstärkt, da 
diese ein schanzartiges Ansehen hat. Auf der 
gegenüberliegenden Seite ist das Werk durch 
einen in sanfter Rundung verlaufenden, 1— 2 m 
hohen Wall vom eben sich fortsetzenden 
Terrain abgetrennt. Gegen die östliche Seite 
ist eine Sicherung Licht vorhanden. Der 
Innenraum ist sehr gross und eben, jetzt von 
Hochwald bestanden and von einem Bächlein 
durchquert. Der Charakter des Werkes ist 
weder römisch noch mittelalterlich, eher könnte 
man ein refugium , eine „Birg* 1 vermuthen, 
obwohl hohe hiuteroinanderliegende Wall« 
fehlen, oder oi ne umwallte Wohnstätte Sonstige 
prähistorische Spuren finden sich in nächster 
Nähe nicht 



3. Eine grosse, in der Gegend unter dem 
Namen „Burg“ bekannte und als solche im 
topographischen Atlas eingetragene Befestigung 
hegt ungefähr halbwegs zwischen den Orten 
Überwind ach und Unterfinning, B.-A. 
Landsberg, Oberbayern, am rechten Ufer dor 
Windach. Auf dem erhöhten Thalrand, vom 
Wasser im Bogen umströmt, ist eioo etwa 
12 Tagwerk grosse Fläche durch einen niederen 
Wall mit davor liegendem «eichten Graben 
vom umgebenden Terraioe abgetronnt. Mitten 
durch geht von Ost nach West ein die Um- 
wallung in zwei Tlieile trennender Wall mit 
Graben; der gosammte Umfang des Werkes 
beträgt etwa 800 Schritte, der durchgezogenc 
Wall ist 220 Schritt lang. Wälle und Gräben 
sind ungleichartig und nicht exakt gearbeitet, 
die Grabensohle ist ziemlich breit und die 
Form der Umwallung unregelmässig, nicht 
geradlinig und in scharfen Ecken. Auf der 
Westfront ist ein müssiger natürlicher Abhang, 
der in mehreren Absätzen zum Wasser hhjab- 
zioht ; an der oberen Terrasse ist ein schwacher 
Graben kenntlich. 

Das Werk hat weder römischen Charakter 
noch den oines mittelalterlichen Burgstalis. 
Dio geringe Sicherheit, welche die Befestigung 
biotut, und die Flüchtigkeit der ganzen Anlage 
lässt eg auch nicht in die Kategorie der 
vorromifM.heu Refugien, Birgen, einreihen. 
Von ol»erbayeriscben Befestigungen hat nur 
die Umwiillung nördlich vom Schloss Mergentau, 
B.-A. Friedborg, AehnlichkeiL 

Prähistorische Spuren sind in nächster 
Nähe des Werkes nicht vorhanden. Da sich 



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Bericht über neue vorgeschichtliche Funde in Bayern. 



179 



auch keino geschichtliche Erinnerung an dasselbe ; 
knüpft, muss es wohl schon in sehr früher 
Zeit entstanden sein. Eine Stunde südlich und 
südöstlich sind zwei Kömerachanzcn. Die bei 
den Orten Mitlerwindach und Unterwindach 
im topographischen Atlas als „Römerschanzo“ 
und „Burgleite“ m&rkirton Eni werke sind 
mittelalterliche Burgstülle. 

Hochäcker. 

4. Noch nicht verzeichnet« Hochäcker be- 
finden sich in Oberbayem : 

im Walde zwischen Untorschondorf 
und 0 reifenberg; 

am Weg von Oberbiberg nach J Otten- 
hausen in einem Wäldchen, woselbst die 
gut erhaltenen Beete in verschiedener Richtung 
aufeiDander8tos8en ; 

in der Waldung die „Wässen“ auf der 
Höhe von Truchtlaching, welche von einem 
grossen Bogen der Alz eingeschlossen ist, 
gleich am Rande des Waldes. Der in nörd- 
licher Richtung in der Tiefe am Flusso liegende 
„Schlösselbcrg“ ist ein mittelalterlicher Burg- | 
stall und steht in keiner Beziehung zu deu 
Hochäckern, deren Beete von Ost nach West 
streichen, abor schlecht erhallen sind. 

Höhlen. 

5. Herr Dr Schlosser setzte im Juli re 189ü 
seine Untersuchungen bayerischer Hohlen fort | 
and sind seiuem ausführlichen Bericht hiorübor | 
in Nr. 4 und 5 des Correspond -Blattes d d. 
aothr. Gcsollsch. v. 1897, soweit sich derselbe 
auf Constatiruug menschlicher Spuren in den 
untersuchten Höldco bezieht, nachstehende 
Ergebnisse zu entnehmen: 

a) In Höhlen bei Mauern, Bez.-Amt 
Donau wörtb, Schwaben, fanden sich nur wenige 
dürftige Reste Topfscherben — aus neo- 
lithischer Zeit. 



h) In der Lulzmarmstoinerhöhlo bei Vcl- 
burg, B.-A. Parsberg, Oberpfalz, bestandet! 
I dio Spuren früherer Anwesenheit dos Mcnschon 
ebenfalls nur iu einigen rohen Topfscherbou 
neolithischer Zeit unmittelbar auf der Kalk- 
sinterdecko. 

o) Die Breitenwinuerhöhlo bei Velburg 
enthielt zahlreiche, aus früheren Örabungen 
von unberufener Seite herrührende, frei um- 
herliogendo Topfscherben neolithischer Zeit, 
die in einer schwarzen Erdschichte unmittelbar 
über dem Felsboden Vorkommen. 

d) Im Volburgor Schlossborg fand 
sich iu cinor als Bierkellor benützten Höhle 
an einer unberührten Stelle im hintern Thoile 
ein pfriomenartiges Artefakt aus einem Röhren- 
knochen vom Rind oder Hirsch aus neo- 
lithiseber Zeit. 

In einer noch unberührten kleinen Fels- 
nische dieses Schloss bergen fand Herr Dr. 
Schlosser in einer grauen in den Lehm herab- 
reichendon Schichte zwei anscheinend ziemlich 
vollständige kleine Honkelurnon uehst Scherben 
von einem oder zwei weiteren Exemplaren. 
Diese Urnon waren halbkreisförmig von grösseren 
Steinen umgeben und deuten auf eine Leichen- 
brandbeisetzung in neolithischer Zeit, da dio 
Nische als Wohnstätte zu klein gewesen wäre. 

Der Untersuchende kommt zu dem Schlüsse, 
dass die Anwesenheit des eigentlich paläo- 
lithischcn Menschen und dos Menschen der 
Rennthierperiodo in den von ihm untersuchten 
bayerischen Höhlen nicht nachweisbar ist, wo- 
gegen dio üoberresto dos neolithischen Menschon 
häutig sind, und dass diesem die eigentlichen 
Höhlen als Wohnräume, die Nischen als Re- 
! grabnis88tatten gedient haben. Dio Funde 
j befinden sich im vorgeschichtlichen Staats- 
Muse uin. 



Grabhügel funde aus Mittel- und Unterfranken. 



Im Waldbeziik Kummorst&ll auf dom Ilängel 
berg hinter Elpersdorf (unweit Windsbach, i 
B.-A. Hoilsbronn, Mittel fr ) hegt ein Grabhügel ' 
\on geriuger Grösse (Durchmesser 11,5—12 m ; 
Hohe 1 in; Umfang 38m), welcher im April 1897 , 
von Dr. tned. H a f f n e r — Wind ?bach geöffnet 
wurde, bei welchem sich die Funde bis jetzt 
noch befinden. Der Hügel war oberflächlich 
unter der Humusdecke mit etwa kindskopf- 
grossen Steinen belegt und outhielt iu seinem 
Inneren einen aus grösseren Steinen bestehenden 
gowülbeaitigen Steinkern, der excentrisch gegen 



Nord und West zu vom Centrum dos Hügels 
gelegen war. Diese Steinpackuog, deron Dimen- 
sionen etwa die Hälfte der des Tumulus be- 
tragen mochten, barg etwas nördlich von der 
Mitte oinou aus acht Meinen zusammeugefügten 
Ring von nahezu 0,8m Durchmesser sowie inner- 
halb eines zweiten grösseren Steinringes Ge* 
fässsuherbeu und Metallbeigabeu. Verbrannte 
Kuocheo wurden nicht coustatirt, es dürften 
aber iu dem gewölbeartigeu Bau unverbranute 
Skelette, eiues oder mehrere, beigesotzt wor- 
den sein. 



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180 



Frame Weber, Bericht über neue vorgeschichtlich" Funde in Bayern. 



An verschiedenen Punkten im Hügel fanden 
sich, nicht sehr reichlich, kleine Kohlenstücke, 
sowie Topfscherben, letztere zumeist unter dem 
Steingewölbe, wo anscheinend eine grössere 
Anzahl Gofässo westlich von den erwähnten 
Kreisen standen. Pie erhaltenen Gofässfrag- 
mente, es sind darunter ein Henkelstück, meh- 
rere Kandstücke, Scherben mit breiter Canne- 
lirung, solche mit künstlich rauher und sehr 
glatter Oberfläche, erlauben keine Schlüsse 
bezüglich ihres Alters, höchstens, dass man 
bei den cannelirten an gewisse Töpfe der äl- 
teren Hallstattzeit denken dürfte. Ferner fand 
mau im Steinbau in massigen Intervallen, 
u der Richtuug von Nordost nach Süd- 
wost, drei dünne, glatte, unverzierte ge- 
schlossene Bronzeringe (Beinringo?) von ellip- 
tischer Form (der eino mit einem Durchmesser 
77 XG8 mm, die beidon andoren etwa 73 X 65 mm ; 
Höhe fast 4 mm ; Dicke 2,5 — 3 m). Etwas 
südlich vou dem mittleren lag eine Armbrust- 
thierkopfflbel aus Bronze, welche beim He rau s- 
nebmen zerbrach (Länge 27 mm, Höhe 17 mm, 
grösste Breite des Bügels 8 mm, Breite der 
Nadelrolle ^welcher der linke Endkoopf fohlt, 
21mm); ihr Bügel ist dick, k&huforntig aus- 
gehöhlt, der Thiorkopf, wegeu der Biegung der 
Spitze einem Vogelkopf mit papageiartigem 
Schnabel ähnlich, ist mit dem Bügel ver- 
schmolzen, die Holle hatte einen Eisenkern, um 
den dünner Brouzedraht in je fünf Windungen, 
beidoi seits durch eine kleine aufgesetzte Bronze- 
perle abgeschlossen, aufgewickelt war. Mit 
Ausnahme des einen Knopfes und eines The'les 
der Sehne sind alle Stücke der Fibel erhalten. 
Die Oberfläche ist, soweit sie nicht zerstört ist, 
von vorzüglich glatter, schmutzig hollgrüner 
Patina bedeckt; der Thierkopf ist durch zwei 
nachciselirte Augen angedeatot Naho bei 
den Bronzebeigaben und zwischen denselben 
»tiess man auf acht geschlossene dicke Eisen- 
ringe von verschiedener Grösse, etwa in der 
Form an die eisernen und bronzoneu Ringe, 
welche sich mit Ij» Tönoschwertern (Sehwert- 
koppelringe) zusammen vorfinden, erinnernd, 
ferner fanden sich noch vier andere formlose 
Eiseustücke. 

Ausserhalb der Steinpackung lag frei im 
Sande, unter der Steindecke des Hügels, eine 
grössere ganz flache Homsteiulamelle, die auf 
der einen Seite Spuren von Benutzung aufzu- 
weisen bat. Jedenfalls hat dies Stück kaum 
etwas mit dem Grabe zu thun. Ebenso kann 



man wegen der Zugehörigkeit eines kleinen 
Thonwirtols in Gestalt eines abgestumpften 
Kegols (Höhe 15,5 mm ; oberer Durchmesser 
10 mm, unterer 29mm), der ungefähr 20cm 
unter den Bronzebeigaben zum Vorschein kaui ( 
im Zweifel sein. 

Das Grab mit der Thiorkopffibel , welches 
wir aus Mangel au Waffen wohl als ein Frauen - 
grab bezeichnen dürfen, gehört dem Beginn 
der La Tönezeit an. (P. Re inecke.) 

Im August 1897 stiess der Schmied Seb. 
Öhrlein beim Pflügen auf soinem Acker bei 
Oberleinach, B.-A. Würzburg, Unterfranken, 
auf Reste menschlicher Skolette und Eiseu- 
waffeu. Nach seinen Angaben stand hier vor 
ca. 40 — 50 Jahren ein grosser Steiuhügel, ein 
aus Steinen errichtoter Ttunulus ; um die Leich- 
name, deren Zahl er, wio auch die Betrachtung 
der erhaltenen Skelottrosto bestätigt, auf sechs 
bis acht schätzt, und auch auf denselben lagen 
grössere Steine. Für die Grösse des Hügels 
spricht ausser der Zahl der Skelette auch noch 
der Umstaod, dass er auch einen Wagen ent- 
hielt, von dom leider nur Stücke der eisernen 
Radreifen und der eisernen Nabeobachsen nebst 
den dazu gehörigen Nägeln gerottet werden 
konnten. An Beigaben fand man bei den 
Skeletten sonst noch: Reste eines eisernen ge- 
schweiften Hiebinessors, sechs kurze eiserne 
Lanzenspitzen von verschiedener Grösse, einige 
davon mit sehr breiter .Schneide, mehr als 
sechs getriebene Bronzeohrringe, zum Tbeil gut 
erhalten und mit aufgezogenen Anhängseln, 
ein breites rechteckiges Gürtel blech von Bronze 
mit eingcschlagonen einfachen Mustern , ein 
dicker runder Bronztarrareif , an den offenen 
Enden mit tiefen kreisrunden Gruben für eine 
(jetzt fehlende) Einlage, desgleichen das Bruch- 
stück eines dünnen grösseren Ringes mit rinnen- 
förmiger Vertiefung, in welcher die Einlage 
(Koralle?) noch fast vollständig sich erhalten 
hat, ferner kleine cylindriache Peilen aus einer 
schwarzen Masse (Jet?) und Scherben grosser 
Gefühlte mit Tupfenbändern. Der Hügel gehörte 
der jüngeren Hallstattzeit an ; besonders werth- 
voll sind diese Funde, welche von der Prä- 
historischen Staatssamrolung in München er- 
worben worden , deshalb , weil die Gegend 
westlich vou W ürzburg bisher nur sehr wenige 
prähistorische Alterthümer ergeben hat. Der 
Fund befindet sich io der prähistorischen 
; Sammlung des Staates. (P. Reinecke.) 



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j lu )l ( VA, 




BAYERNS. 



O r g a n 

iler 

Münchener Gesellschaft für Anthropologie, Ethnologie 
und Urgeschichte. 



B e g r li n (i e t und heransgegelte 11 
von 

W. v, Gümhel (f), N. Rüdinger (+), 

J. Kollmann, F. Ohlenscldager. J. Ranke, C. v. Zittel, 

redigirt von 

Johannes Ranke. 



Ureis« h nter 1$ a n ii. 

I. bis 8. Iloft. 

Mil 8 Tafeln und 11 Abbildungen im Teui. 




MÜNCHEN. 

VERI.AG VON KUlEJJItICH BASSEUMANN 

1880 . 



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Inhalt. 

Seil« 

Du» vorgesch ich Hiebe und das historische Inzkofen. Von Franz Mittormaier, 

Gutsbesitzer in Inzkofen 1 

Neue Höhlen Untersuchungen In Bayern. 

Künstliche Höhlen. Von Dr. Bayer! *20 

(Tafeln and Fortsetzung zu diesem Aufsatz folgon io Heft 4.) 

Das llühlonorakel des Trophonios 21 

Natürliche llflhlen, in den Jahren 1894 bis 1898 untersucht von Dr. Max Schlosser. 

J. lieber die prähistorischen Schichten in Fraukon 25 

II. Höhlenstudien und Ausgrabungen bei Velburg in dor Oberpfalz 29 

III. Ausgrabungen und Höhlenstudien im Gebiet des oberpßllziftchen und bayrischen 

Jura 38 

IV. Höhlenstudien im fränkischen Jura, in der Oberpfalz und im Ries .... &2 

V. Ueter Höhlen bei Mörnsheim (Mittelf ranken) und Ausgrabungen b«*i Velburg 

(Oberpfalz) t>0 

Zur neolit bischen Keramik von Eichelsbncli im Spessart. Von Dr. P. Reinecko. 

Tafel 1-7 69 

Neolit hisehe Station mit Bandkeruuiik von Heidingsfeld bei WOrzburg Von 

Dr. P. Reinocko 73 

l'rnenfelder der Ältesten Hallstattzeit in der Nahe von Birkenfeld, fnterfrankeu 

Von Dr. P. Reinecke 74 

Das Jahr im oberbayerischen Volksleben mit besonderer Berücksichtigung der 

Volksmedicin. Von Dr. M. Hofier ... 75 

Eine bronzezeitliehc GussstAlte auf Münchener Boden Tafel 8. 

I. Fundbericht von Ernst Brug 119 

II. Beschreibung des Fundes von Fr. Woher 123 

III. Chemische Analyse von A. Schwager 128 

Bericht über neue vorgeschichtliche Funde in Bayern. Von Fr Weber . . . . 129 



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RECEIVED, 

SEP 20 1899 

FcADODY MUSEUM. 



Das vorgeschichtliche und das historische 

Inzkofen. 

Von Franz Glitte rinnior, 

Gutsbesitzer in Inzkofen, 




Helin»Ke xur Anlhroj>oloKle XIII. Bd. 1. u. 2. Heft 



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2 



Franz Mittarmaier 



Vorwort. 

Wissenschaftlicher Drang, die Geschichte unseres bayerischen Vater- 
landes naher kennen zu lernen, hat in unserem Jahrhundert zahlreiche 
Historische Vereine ins Leben gerufen, welche besonders in Hinsicht auf 
Ijokalgescbicbte Hervorragendes geleistet haben. Doch gibt es trotzdem 
noch zahlreiche Ortschaften, die ein hohes Alter, eine stattliche Geschichte 
aulweisen würden, wenn sich ihrer ein Geschichtsforscher annähme. 

Zu diesen gehört auch Inzkofen, eine kleine Ortschaft nordwestlich von 
Moosbnrg auf den linken Am|ierhüken (Hallertauer Hügelland) gelegen. 
Die Geschichte dieses Weilers hat Dr. Jolt. B. Brecht 1, freiresignirter 
Pfarrer und kgl. geistlicher Hallt, ein allbekannter Lokalforsrher, in seinen 
Geschichtlichen Nachrichten über Schloss und Pfarrei Inkulen (Sep.-Abdr. 
S. 83—86) bereits kurz augedeutet: die Aufgabe nachstehender Blätter soll 
es nun sein, ein grösseres Bild von der sehr interessanten Vergangenheit 
dieses Ortes zu entwerfen. Dabei möchte ich das Ganze in zwei Abschnitte 
theilen, nämlich in das vorgeschichtliche und in das historische Inzkofen. 

Inzkofon, iin Fobrunr 1H99. 

Der Verfasser. 



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Das vorgeschichtlich» um! das historische Inzkofen. 



3 



I. Abschnitt. 

Inzkofen In der prähistorischen Zeit. 

I. 

Wenn tnan von Moosburg her den) aut dem sanft ansteigenden Amper- 
btlgelland (Abdachung des sogenannten Hallertauer Hügellandes) gelegenen 
Weiler Inzkofen sich nähert und denselben raschen Blickes überschaut, so 
schreibt der Historiker, der mit der Geschichte dieses Ortes nicht vertraut 
ist, demselben ein Alter von ungefähr 1000 Jahieu zu, doch er bat viel zu 
wenig gerathen. Er braucht nicht lange Nachfrage zu halten, um zn erfahren, 
dass an dieser Stätte schon 2000 Jahre vor Christus ein reges Leben sich 
entfaltet hat. Da wo jetzt der kleine Weiler Inzkofen steht, ist früher vor 
mehr als 2500 Jahieu eine grosse Steinwaffenfabrik gestanden und hat die 
ganze Umgebung mit Werkzeugen versehen. Diese Behauptung, welche zuerst 
Dr. Joh. B. Precbtl, freiresignirter Pfarrer und kgl. geistl. Katli in Fi eising, 
ein allbekannter Spezial- uud Lokal-Geschichtsforscher in seiner Geschichte 
Inkofens öffentlich ausgesprochen hat, wird bestätigt durch zahlreiche Funde, 
welche der Steiuzeit angehören. Wie selbige aufgefundeu wurden, hat sich 
folgendermassen zugetragen : 

Vor ungefähr 50 Jahren batte ich die Herden meines Vaters anf die 
Weide zu führen. An kalten Tagen benützte ich die vielfach zerstreut uiuher- 
liegenden Feuersteine zum Feuermachen, ohne mich um die Herkunft dieser 
Steine näher zu kümmern oder an die Art und Weise ihrer einstigen Ver- 
wendung zu denken. Dessgleichen bemühte ich mich mit Hilfe sogenannter 
Steinkeile oder Steinbackeu nach Bubenart Thonöfen und anderes zu bauen. 
Jahrzehnte nachher wurde ich, nachdem ich den Ostermaierbof übernommen 
hatte, durch Vermittelung des Herrn Professors Hellmaier, gestorben als 
Kegens des Clericalseminars in Freising, eines geborenen Moosburgeis, Mit- 
glied des Historischen Vereins von Niederbayern. Als solches besichtigte 
ich einst die Sammlung dieses Vereins. Bei dieser Gelegenheit machte mich 
Herr Archivassessor Kalcher besonders auf die Steinkeile und deren hohe 
historische Bedeutung aufmerksam. Jetzt fielen mir wiederum die alten 
Feuersteine und die Steinbacken ein, uud ich machte den Vorsatz, recht eifrig 

1 * 



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4 



Fnuu Mittorniaier. 



diese Ueberreste zu sammeln. Was icb nicht selbst thnn konnte, liess ich 
durch andere besorgen, indem ich Belohnungen für aufgefundene Stücke ans- 
setzte Der Erfolg war in kurzer Zeit ein ganz befriedigender. Im Laufe 
der Jahre lief die Sammlung auf nahezu 1500, mitunter sehr seltener Stücke 
an. Mehr als 1000 Stücke dieser Steinwatfen gelangten durch Kauf in den 
Besitz der prähistorischen Sammlung des Staates, wo sie unter dem Namen : 
Sammlung des Gutsbesitzers Franz Mittermaier von Inzkofen zu sehen sind. 

Diese Steinfunde geboren dem höheren Lande an. Die Träger der Stein- 
zeit waren die arischen oder besser die indogermanischen Volker. Die meisten 
Stücke stammen aus der neolithiscben, einige vielleicht aus der paläolithiscben 
Zeit. Was ihre Verwendung Riibelangt, dienten sie als verschiedene Werk- 
zeuge, so als Schaber, Messer, Sägen, Pfeilspitzen u. s. f. Sie bestehen aus 
sogenanntem Feuer- oder Flintstein und wurden durch Schlagen in oben- 
genannte Form gebracht. Die rohen Feuersteinknolleu stammen theilweise 
von Kalkgebirgen der Alpen und des Jura; auch im Tertiärgebirge kommen 
solche vor. Die Steiukeile, Aexte, Hacken, pistillen Reiber und die Korn- 
quetscber bestehen nach Mittheilung des kgl. Ober Bergdirektors Herrn 
Dr. v. üümbel aus sogenanntem Hornblendegestein, bald mehr Amphibol-, 
bald mehr sogenannter Aktinolithschiefer. Die Herstellung dieser Waffen 
dürfte mittelst Schleifeu erfolgt seiu. Mehrere Stücke zeigen Spuren von 
Bohrung und wird dieses wahrscheinlich mittelst des sogenannten Quirlbohrers, 
welcher heutzutage noch bei den Wilden im Gebrauche ist, geschehen sein. 
Man nimmt zu solchen Arbeiten entweder ein Stück Hirschhorn oder Holler- 
banm. Der härtere Rand der beiden wird unter Zuleitung von Sand und 
Wasser dann so schnell durch vorgenannte Vorrichtung gedreht, dass in der 
Folge ein Loch zum Durchstecken eines Stieles entsteht ; aber so bald muss 
dies doch nicht der Fall gewesen sein, denn Herr Professor Dr. Fraas aus 
Stuttgart meinte in einem zu München gehaltenen Vorträge über Steinwaffen, 
es sei jetzt leichter eine Lokomotive zu bauen, als in fiuhester Zeit in einen 
Stein ein Loch zu bohren. 

Bevor die Besprechung der in Inzkofen gefundenen Steinwaflen beendet 
wird, sei noch auf die Schrift von Herrn Professor Dr. Johannes Ranke 
hingewiesen: „Die vorgeschichtliche Steinzeit im rechtsrheinischen Bayern.“ 
In dieser Abhandlung ist nämlich Seite 43 und 44 die Privatsammlung des 
Herrn Landrath Franz Mittermaier von Inzkofen zum Tbeil aufgefübrt. 
Auch sind die schöneren Stücke in Bildern beigegeben. 



II. 

Hat somit lnzkofeu in der Steinzeit eine ganz hervorragende Stellung 
eingenommen, so behauptete es auch in der Eisenzeit seinen Platz. 

Als nämlich vor mehreren Jahren im Garteu des Ostermaierhofes eine 
Quellenfassung vorgenommen wurde, fand man bei dieser Gelegenheit eine 
Masse von Gegenständen aus Bronze. Leider war man damals über solche 



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Das vorgeschichtliche und das historische Inzkofen. 5 

Funde noch ganz im Unklaren, und so kam es, dass alle diese Stücke von 
den Naehbarskindern, die damit spielten, verworfen wurden. Mehr noch als 
diese Funde machen Funde in der Umgebung die Wahrscheinlichkeit geltend, 
dass in dieser Gegend nicht blos eine Stein-, sondern auch eine Bronze- 
station bestanden habe. Unter anderem ist von besonderer Wichtigkeit 
hierüber ein hier gefundener Brouzearmring. 

Zeugen der vorrömischen Epoche, und zwar der vollentwickelten Eisen- 
zeit, sind auch die Hügel im benachbarten G'stocket. Darüber schreibt 
Dr. Prechtl in seiner Geschichte Inkofens und Umgebung wie folgt: 

„Vor vier Jahren (also 1878) hat Stadtpalier Johann Hellmaier von 
Moosburg an die Münchener anthropologische Gesellschaft einen Bericht er- 
stattet über die Ausgrabung antiker Grabhügel auf den Feldern der Gemeinde 
Niederambacb, genannt das G'stocket, l'/> km von Moosbnrg entfernt. Im 
Jahre 1854 betrug die Zahl dieser Hügel noch 150, deren aber früher bei 
weitem mehr (400) waren, wie alte Männer berichten. Im Jahre 1844 wurde 
beim Baue der neuen Brücke über die Amper durch Herrn Kreisbauassessor 
Klumpp die Dirtriktsstrasse mitten durch dieses Gräberfeld angelegt, wess- 
halb viele Grabhügel zerstört und eingeebnet wurden. Damals liess HeiT 
Landrichter Ueberreiter von Moosburg auf Veranlassung des Stadtpfarrers 
Paintner zu Moosburg solche Hügel bloslegen, wobei Stücke von zerdrückten 
Urnen zum Vorschein kamen. So auch im Jahre 1854, wo auf Wunsch des 
kg!. Universitätsprofessors Kunstmann ebenfalls zwei Hügel geöffnet wurden. 
Bei der ersten Ausgrabung am 20. Mai 1878 wurde ein Hügel von 20 Meter 
Durchmesser untersucht und vier zerdrückte Urnen mit Asche und Kohlen 
gefunden, ein anderer Hügel enthielt nur Scherben einer schlecht gebrannten 
Urne mit kohlschwarzer Boden unterläge. Bei der zweiten Ausgrabung am 
13. und 14. Juli dieses Jahres wurden unter Anwesenheit des kgl. Universitäts- 
Professors Dr. Job. Ranke ebenfalls zwei Hügel untersucht, und iu einem 
zwei Lanzen und drei Urnen gefunden, wovon die zwei grosseren zerbrochen 
waren, die kleinere aber vom Herrn Professor ganz herausgehoben und den 
kgl. Slaatssammlungen einverleibt wurde. Die Uruen waren aus gewöhnlicher 
Tbonerde, hie und da mit Verzierungen, aber nicht auf der Drehscheibe 
geformt. Der andere blosgelegte Hügel im nämlichen Acker war fast leer, 
uur einzelne Scherben fanden sich vor.“ 

in. 

Lassen nun die Steinwaffen und Bronzefunde auf die grosse Bedeutung 
Inzkofens in den ältesten Zeiten scbliessen, so fehlt es auch nicht an Be- 
weisen für die eines solchen Ortes zur Zeit der Römer, sowohl vor, als auch 
nach Christi Geburt. Diese Beweise bilden die unterirdischen Gänge und 
Hohlen, welche sich theils in Inzkofen selbst, theils in dessen nächster Um- 
gebung ziemlich häutig vortinden. 

Mehrere Grundstücke des Ostermaierhofes führen den Namen Tobelberg. 
Tobel oder Dobel (von taobl = Berglehne und il = gross [Obermüller, deutscb- 



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c 



Kranz Muterninier. 



keltisches Wörterbuch]) bedeutet nach Sch melier (II. 079) einen thalartigen 
Einschnitt in einem Bergsaume, Schlucht, Waldthal. Wirklich findet sich bei 
einem dieser Grundstücke ein Einschnitt (Einsturz), und es hat sich von dieser 
Stelle die Sage erhalten, dass selbige zu Kriegszeiten als Wohnplatz gedient 
hat. Es wurden nämlich grosse Hidzstämme darüber gelegt (das Grund- 
stück war früher Wald), und der daduich abgeschlossene Raum galt zugleich 
als Wohnung und als Festung. Dabei befand sich auch eine (Quelle, welche 
aber bei der vor einigen Jahren vorgenommeneu Drainirung versiegt ist. 

Die Sache stimmt hier mit der Geschichte in etwas überein. Strabo 
schreibt nämlich, dass die germanischen Priester ihren Kult im Schoosse der 
Erde gehalten und nur zur Nachtzeit die Oberfläche betreten hätten. Mit 
dieser Ansicht stimmt die des hochseligen Erzbischofes A nt onius v. Steichele 
überein, welcher die unterirdischen Höhlen uud Glinge zu Kultuszwecken 
verwenden lässt. 

Taritus schreibt in seiner Germanica ebenfalls, dass deutsche Stimme in 
Höhlen wobn»n. 

Diese Sage bekräftigen ferner die in der Umgebung vorkommenden 
Trichtergrnben, welche in prähistorischer Zeit als Wohnungen und als Vor- 
rathskammern gedient haben, wie wir aus der Chronik des Geistlichen Popp" 
(12. Jahrb.) ersehen können. 

Bei dem Ostermaierhofe befinden sich zwei Grundstücke, wovon eines den 
Namen Hollberg führt. Diese Grundstücke sind desswegen merkwüidig, weil 
man beim Darüberfahren ein unterirdisches Rollen vernimmt. Diess deutet 
auf unterirdische Gänge und aut die in Inzkofen heute noch bekannte Sage, 
dass auf dem Osterinaierhote die Bergmännlein gehaust haben. 

Ueberdiess erfolgte im Jahre. 1897 im Ostermaierhofe ein grösserer Erd- 
einbruch, der aber wegen der Nähe von Brunnen und Keller nicht weiter 
erforscht werden konnte. Auf der vor dem Hofe gelegenen grossen Wiese 
wurden neben dem grossen Weiher eine Menge l’fahlstümpfe gefunden, und 
in einer Mulde fand sich eine grosse Menge von Knochen unbekannter Thiere, 
welche jedoch an der Luft sofort zerfielen. Diese Funde scheinen darauf hin- 
zudeoten, dass der Ostermaierhof in trüberen Zeiten an jener Stelle gestanden 
habe Derselbe und mit ihm ganz Inzkofen mag wobl in den Zeiten der 
Völkerwanderung zerstört worden und erst nach langer Zeit wieder erstanden 
sein. Denn erst im 8. Jahrhundert finden wir ein geschichtliches Inzkofen. 

Bei dieser Gelegenheit sei in Bezug aut vorstehende Kuocbenlunde 
bemerkt, dass sich in den Kies- nnd Lehmgruben in und um Inzkofen zahl 
reiche Funde von folgenden vorweltlichen Thieren ergeben haben. Knochen 
und Zähne von Mastodon, Elephas primigenius, Dinotherium giganteum, 
Rhinoceros tichorinns, dann auch von einer Pferdeart, wie meine Sammlungen 
in grosser Zahl zeigen. 



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Der Ostermaierhof in Inzkofen im Jahre 1899. 




Das vorgeschichtliche uod des historische iozkofeo. 



9 



II. Abschnitt. 

Um historische Inzkofen. 

I. Kapitel. 

Inzkofen bis zum Jahre 1400. 

Wenn man so das kleine Dörflein betrachtet, sieht man es ihm nicht an, 
dass sich in demselben schon so’ vieles zugetragen bat. Schon in frühester 



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StaUgebäiide 





Der Ostertnaierhof in Inzkufen im Jahre 1899. 



Zeit tritt es nns in Urkunden entgegen. Der Name lautet in denselben bald 
Unzichofen, bald Incekofen, bald Unzechofen, bald Uuzinkofen, bald Unzi- 
kofen, bald Uznkofen, bald Unzkhoven, bald Uncitzchoven, und Herr Professor 
Sepp schrieb Inzenkofen, bis er endlich zu Inzkofen sich abändert, wie er 



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10 



Franz Mittcrm&ier. 



heut zu Tage geschrieben wird. Im Moosburger Traditionskodex kommt ein- 
mal (Nr. 89) der Name Utbkhofen vor; ob damit nnsere Ortschaft gemeint 
ist, bleibt dahingestellt, weil in der nämlichen Urkunde ein Cbuonrad von 
Uznkhoven als Zeuge auftritt. 

Zum erstenmal finden wir uusern Weiler in ilen Notitiae de origines 
(p. Gl) von Anton Nagl. Dort heisst es unter andern: Abt Virgilins 
unterschrieb vor dem Jahre 7G7, an welchem er den 17. Juli das Hislbtim 
Salzburg erhielt, des Herzogs Tassilo Uebergabe des Weilers Haselbaeh, vulgo 
Sixthaselbach, zn Ambara und die älteste Pfarrei Bergen, Marschbacb 
(Wanichenbacb), Schwanhiltadorf Schweinersdorf) und Unzikoven für das 
Seelenheil des Vaters des Herzogs Oatilo an die Abtei Maasburg. Auf diese 
Weise wurde ein Theil der Bewohner von Inzkofen Lehen des St. Kastulus- 
slifts in Moosburg. Zwischen dieser und folgenden Urkunde liegt, ein Zeit- 
raum von 300 Jahren, wahrend welchen sich gewiss manches zugetragen 
hat, das für uusern Ort von Bedeutung war um! dessen Kcuutniss vielleicht 
gerade sehr wichtig wäre. 

Unter der Regierung des Bischofs Meginward von Kreising (1078 — 1098) 
fibergab Kran Pertha von Wald (Peterswahl), was sie von einen Gut bei 
Heitinheim und Unzckoven und im Dorfe Deubelsdorf hatte, tauschweise 
für zwei Aecker, welche die freisingische Kirche in Amber hatte, und für 
ein gewisses Weidengebusch, Au genannt. 

Somit kam der andere Theil von Inzkolen unter den Lehensverband des 
Hocbstifts Freising. Im Laufe der Zeiten hat sich, wahrscheinlich aus den 
Ministerialien beider genannter Stifte, ein Edelgeschleclit von Inzkofen 
gebildet. Dasselbe tritt lange Zeit in Urkunden als Zeugen auf. 

Im Jahre II IG bezeugt neben andern auch ein Keginniar von Unzich- 
hoven die Schenkung eines gewissen Kraft von ltaubendorf zum Altäre des 
hl. Stephanus in Weihenstephan. (Mon. Boic. Vol. IX. Fol. 380.) Eine 
weitere Urkunde aus dem Jahre 1147 lautet: Es Ueliergibt der andächtige 

Abt Sigimarus von Weiheiistephan ein Gut von einen gewissen Mann vou 
Unzikoven mit Namen Eberhard den Kloster Weiheiistephan. Unter den 
4 Zeugen dieser Schenkung sind drei von Inzkofen, nämlich der soeben 
erwähnte Eberhard, dann Egilolf und Heinrich von Unzikoven (Mon. Boic. 
Vol. IX. Fol. 393). Später ist ein gewisser Frililo von tinzichoven, den wir 
in einer stattlichen Reihe von Urkunden als Zeugen begegnen. Er unter- 
schrieb 1141 als Zeuge die Schenkung eines gewissen Willibot von Wippen- 
hausen zum Altäre des hl. Erzmärtyrers Stephan (in Weihenstephan); (Mon. 
Boic. Vol. IX. Fol. 392). 1147 Unterzeichnete er neben 1 1 anderen Zeugen einen 
Kaufbrief des Abtes Sigimarus von Weihenstephan (Mon. Boic. Vol. 1 X. FoJ.406); 
ein Jahr später bestätigte er als Zeuge die Stiftung, welche eine Frau 
Hademout von Mosburk für ihre und ihres Mannes Seelenruhe, der auf einem 
Zuge nach Jerusalem gestorben sei, in der Kirche des hl. Petrus in Neustift 
machte (Mon. Boic. Vol. IX. Fol. 537); im Jahre 1150 tritt er uns in der 
Schenkungsurkunde des Probstes Wichmann von St. Andreas in Kreising 



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Das vorgeschichtliche ud>J das historische Inzkofen. ] 1 

entgegen (Mott. Boic. Vol. IX, Fol. 416). Ebenso begegnen wir seinem Namen 
in einer Urkunde des Moosburger Traditionskodexes. Dort heisst es bei 
Nr. 35, dass ein Moosburger Bürger, Namens Ercheiipertus sein Gut bei 
Tolparli an das Kanonikat des St. Kastulus verschenkte. Unter den 16 Zeugen 
befindet sich auch unser Fritel von Unzechoven. 

Dieser hatte auch noch zwei Brüder, die jedoch, wie es scheint, kein 
solches Ansehen hatten wie er, da sie viel seltener als Zeugen auftrelen. 
Ihre Namen gibt uns Meichelbeek in Nr. 1327 (pars I) an, wo Folgendes zu 
lesen ist: 

Es sei allen zukünftigen und gegenwärtigen Christgläubigen bekannt, 
wie ein Andächtiger dieser Domkirche, Ludwig, ein Gut, das er in Heido- 
ting hatte, ausgenommen dasjenige, was er von Tiruo erkaufte für sich und 
die Seinigen, zum Altäre der hl. Gottesmutter und des hl. Korbinian an- 
dächtig übergibt, mit der Bestimmung, dass so lange er lebe, dieses selbst 
zum Betiefizium habe. Dieser Sache Zeugen sind : Marhuwurt und seine 
Brüder Golteskalch und Obacher, Cuurat von Heidlfiug, Reginmar und seine 
Biüder Oitolf und Fritilo von Unzechoven, Altnmnn von Haselbach, Sigihart 
Miltaha und sein Schwager Isenhurt, Cheun ik von Stub, Heinrich von Ise- 
maning und seine zwei Söhne Heinrich und Fritilo, Altmann von Risen, 
Dietmar von Winhpolzing, von den zwei Brüdern Reginmar und Ortolf bezeugt 
der erstere 1147 die Uebergabe eines Gutes durch Gotschalt von Petenprun 
in die Hände des Fritilo von Suanibiltdorf (Mon. Boic. Vol. IX. Fol. 401); 
im gleichen Jahre bestätigt Reginmar im Verein mit seinem Bruder Fritilo 
einen Kauf des soeben erwähnten Fritilo von Suanihiltdorf (Mon. Boic. Vol. IX. 
Fol. 407), später bezeugte er mit seinem andeieu Bruder Ortolf eine Schankuug 
der Brüder Udalrich und Adalbero von Taunern an die Freisinger Dom- 
kirche (Meichelbeek Nr. 553 pars I). 

Diese drei Brüder waren, wie Geistl. Rath Dr. Prechtl annimmt, Söhne 
des oben angeführten Heinrich von Uuzikofen, der sowohl bei Meichelbeek 
(Nr. 1281 pars I) als auch in Moosburger Traditionskodex (Nr. 16) als Zeuge 
auftritt. Wer nun von diesen Dreien Söhne gehabt und wie sie geheissen, 
das lässt sich aus keiner Urkunde erkennen. So viel ist aber gewiss, dass 
mit ihnen das Geschlecht der Edlen von Inzkofen nicht ausgestorben ist. 

Dann 1170 tritt ein Adalbertovon Unzehoven als Zeuge in einer Schenk- 
ungsurkunde eines gewissen Fritilo Clugenhuseu auf (Mun. Boic. Vol. IX. 
Fol. 551). 

Um dieselbe Zeit begegnen wir im Moosburger Codex zwei andern Unz- 
khovern, nämlich einem Cbuonrad von Uznkhoveu (Nr. 89 und Nr. 140) und 
einem Lieder von Unzkhoven (Nr. 90). 

Vielleicht waren auch diese Drei Brüder! Dass einer von ihnen einen 
Sohn batte, geht aus folgender Urkunde hervor: 

Albero von Sliwinne, ein freier Mann und einstiger Graf, übergab auf 
Bitten seines Bruders Bernhard dem hl. Kastulus das Landgut Chozostorf, 
das auch einst seine Eltern übergeben hatten, und dass Albero selbst das 
Schirmrecht von unserem Grafen Cbuonrad und auch die Nutzniessung in 



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12 



Franz Mittermaier. 



eigener Person, und nacher sein Sohn erhalte. Zeugen sind: Unser Graf 
Chuonrad, Pernbard Graf von Cbruininpercb ; Ulrich, Bruder des Herrn Grimoald 
von Stain; Albero von Luterboven; Trutlich von Ergoltingen; Perchenger 
von Schoinburcb ; Ludwic von eben daher; Eberhard von Gainolstorf; unser 
Richter Eberhard; Chuonrad der Muudschenk; Karl von Ergoltingen; Friederik 
von Unzekoven; Pernger, ein Sesselmacher; Heinrich, ein Hirte; Chuonrat 
Tuchei; Rnodiger, des Gallus Sohn; Dietmar, Sohn des Dietmar; Ulrich 
(Codex Tradit. Nr. 167). 

Friedrich beschliesst die Reihe unseres Edelgeschlechts im öffentlichen 
Leben. Es mag wohl sein, dass er der letzte dieses Stammes war; denn es ist 
wohl nicht anzunehmen, dass, nachdem die Inzkofener so oft Zeugendienste 
geleistet hatten, sie sich plötzlich dieser Aufgabe entzogen, doch bleibt es 
immerhin nicht ausgeschlossen, dass das Geschlecht noch Jahrhunderte ent- 
weder in Inzkofen oder in einen andern Orte verlebte. Vielleicht bringt ein- 
mal eine bisher unbekannte Urkunde hierüber Aufklärung. 

Bevor wir Inzkofen in der alten Zeit verlassen, müssen wir noch ant 
zwei Ereignisse unser Augenmerk richten, von denen das eine die damalige 
Bedeutung dieses nur aus vier Häusern und einer Kirche bestehenden Ortes 
bekundet, während das andere den Ijehensverüand desselben mit dem Hoch- 
stifte Freisiug befestigte. 

In Unzechoven befand sich nämlich eine öffentliche Malstatt, 
wo grössere Versammlungen abgehalten wurden. Ao. 0. 1171 hielt Pfalz- 
graf Otto von Wartenberg (früher von Scheyern) zu Inzkofen mit seinem 
Richter eine Gmaiude (Rechtsuntersuchung), weil einige behaupteten, dass 
gewisse Aecker und Wiesen zu Ober- und Niedererlbach (i. d. Pfarrei Buch 
am Erlbach) nicht dem Stifte St. Kastulus, sondern dem Pfalzgrafen zuständig 
seien. Die Stiftsherreu von St. Kastulus zahlten uun bei dieser Versamm- 
lung, um fürderhin unangefochten zu bleiben, 5 Talente, worauf sich der Plalz- 
graf erhob und allen Ansprüchen auf diese Grundstücke entsagte. Zeugen 
waren Graf Siboto von Neuenburg (bei Weyarn, ein Falkensteiner), Heinrich 
von Trasmundesriede (im Amte Pfaffenhofen); Eberhart Steinbach; Dietrich 
und Beruhart von Moosen: Weruhart von Horbach (Horbach bei Landshut); 
Perhtold von Seiboldsstorf; Alhardt von Preising; Konrad voll Tegernbach; 
Heinrich Siebeuhaar; Heinrich Losenap; Ulrich von Holzhausen; Ulrich von 
Beuerbach; Otto von Holzen; Ainwich von Hültenfurt (Pfarrei Eching bei 
Landshut); Wezilo von Tubbach; Heinrich, Sohn der Frau Adelheit; Dietmar 
und sein Bruder Sibot; Konrad Hercast der jüngere (von Moosburg, wahr- 
scheinlich ein Vorfahrer der jetzigen Freiherrn v. Ascb); Waldmann und 
Maguus von Erlbach; Ulschalk von Berghofen (Pfarrei Eching); Chuonrat von 
Uznkoven. Codex Tradit. Nr. 89 von geistl. Rath Dr. Precbtl, Inkofen, pag. 85. 
Eine so grossartige Versammlung von Grafen und Edlen wird unser Ort 
wohl nicht wieder geschaut haben. 

Zehn Jahre später (1181) bestimmte Albertus I., Bischof von Freising, 
in seinem Testamente sein Gut zu Tagolfing und einen Hof zu Unzechofen 
zum Altäre des bl. Johannes des Täufers. (Veit Arnpeckh pag. 51.) 



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Das vorgeschichtliche uud das historische Inzkofen. 



13 



ln dem kgl. Reicbsarchiv zu München befindet sieb eine Handschrift 
des Moosburgerklosters : Liber redditnuin praediorum Moosaburgensis. Das- 
selbe ist für Inzkofen von einiger Bedeutung , da es einen Einblick in das 
Abbängigkeitsverbältniss gewühl t, in welchem diese Ortschaft zum St. Kastulus- 
stifte gestanden ist. Dort steht geschrieben wie folgt: 

Item Curiae Uenzchoven fernit Tutici III Modios Siliginuis II Modios 
uvene XI Modios. 

Item ad Carnes ommnus XIII. den. 

Item ad Pifces, V den. 

Item Madpfenning IIII or den. 

Item Molpfenning — V den. 

Item pro l’arco. III folid. Aenar. 

Et habet pro Regimine Uncam librarn den. Porcos Triennes Seminis XL 
metretas et fenam et cetera uinuta. 

Item de Veutzchoueu III folid. den. (Pore, den.) 

Item de Vnzchouen. V den (Molpfening.) 

Mit diesen interessanten Angaben, die freilich auch Andeutungen über 
das Lebensverhältniss erwünscht machten, in dem Inzkofen zum Hochstifte 
Freising stand, müssen wir das erste Kapitel unserer Abhandlung schliesseu, 
auf die Zeit von 1400 — 1800 übergehen. 



II. Kapitel. 

Inzkofen in den Jahren 1400-1800 

Haben wir im vorhergehenden Kapitel hauptsächlich vom Inzkoiner Edel- 
geschlecht gehört, so soll uns das folgende einiges mehr oder minder Bedeutende 
über die Inskofenerbewobner und ihren Besitz bringen. Trotz der eifrigsten 
Forschung ist es nicht gelungen, ausfindig zu machen, welches Schicksal das 
Wohnhaus des Edelgeschleebts ereilt hat. Die Ansicht, welche bereits geltend 
gemacht wurde, es habe in frübereu Zeiten in Inzkofen nnr den Ostermaier- 
Hof gegeben, kann desswegen nicht getheilt werden, weil, wie wir aus dem 
Vorausgebenden gesehen haben, die Ortschaft theils zu Moospurg, theils zu 
Preising gebürte und weil es im Testamente des Bischofs Albert 1. heisst: 
er Ubergab einen Hof zu Unzechoveu etc. Doch behauptete dieser Hof 
unstreitbar schon in frühester Zeit einen gewissen Vorrang unter den anderen 
und vielleicht war er das einstige Besitzthum der Edlen. 

Aus einem alten Verzeichnisse im Laudshuter Archiv geht die Existenz 
eines Reversbriefes vom Jahre 1383 hervor, nach welchem Conrad Huber von 
Schweinerdorf den Osterhof zu Inzkofen inne hatte. Weiter sind Reversbriefe 
von 1470, 1471, 1492, 1543 genannt, wahrscheinlich fielen in diese Jahre 
üutsbesitzveränderungen. 

Das älteste bedeutsame Dokument für diese stammt aus den Literalien 
des ehemaligen Landgerichts Moosburg, die sich jetzt im kgl. Reichsarchive 



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i i 



Franz Uittermaiar. 



in Miinchen befinden. Ein Steuerbuch des Moosburger Landgericht* 1465 
enthält unter der Ueberscbriit: Dy sechzehend Haublmanschafft ln des 
Paindorffers Amt auf fol. 20 folgenden Eintrag: 

Untzkoffeu. 

Item Peter Ostermaier, Teyrt XI. libr. tacit 11 libr. den. Syctzt hinter 
den Korbern Mospurg. 

Item Güntzel I’ücblmair, Teyrt XX. libr. facit 1 libr. den. Syctzt 
hinter den Korhern Freising. 

Item Anderl Wydman, Teyrt XXXV. libr. facit XIII sch. den. Syctzt 
hinter den Korhern Freising. 

Aus diesem Steuerbuch geht hervor, dass es damals nur 3 Hauern in 
Inzkoten gegeben hat, von denen der eine zu Moosburg, die beiden andern 
zu Freising gehörten. Ferner lässt sich veimuthen, dass in der Schankung 
des Herzogs Tassilo au das St. Kastulusstift der Ostermayerhof gemeint ist 
und unter dem 1181 von Bischof Albert I. verschenkten Gute dir Wydman 
(jetzt 1 Wimmer) Hube. 

Ein weiteres Steuer-Register des Moosburger Landgerichts vom Jahre 1527 
besagt uns den Hang Iuzkofens als Dort Dort heisst es unter der Uebersebrift: 
Landgericht Mospurg 
Amts Mauern 

Obmauscbaft Yntzkbuven (Fol. 40—42) 

Hanns Widtnan, Obman III sch. den. Von der Gillt gen Freising u. s. f. 

Summa der Obmauschafi XXVIIII libr. 1 sch. XXVIII den. 

In dieser Zeit muss also der Widmau den Ostermayer den ersten Hang 
abgelauteu haben , wenn er nicht als Vertreter des Huchstifts diese Stelle 
einnahm. Solches bestätigt auch das Steuerbuch Gerichts Mospurg: 

Vermerkt was Turkenbillgeld In Mospurger Landgericht gefallen 1532 
(Fol. 300, 397 und 398). 

Hans Widman, Haupman zu Inntzkouen gibt ftir sich und seine Eehalten 
1 M XXXVIII den. 

Georg Ostermaier von Intzkonen gibt fitr sich und seine Eehalten 1 M. 
III sch. XVII dem 

Wolfgang Pichelmaier von Intzkouen gibt 111 sch. XX U den. 

Conrat Mesner von Intzkouen gibt XXX den. 

Das zuletzt genannte Mesnergütlrin muss erst in der zweiten Hälfte 
des sechzehnten Jabihunderls dauernd entstandeu sein, da die Literalien von 
der Mitte des Jahrhunderts dasselbe nicht erwähnen. So ein Schal werch- 
buch Landgeiicbts Mospurg. Anno 1551. 

Fol. 24. Hanns Ostermaier zu Inntzkhouen besitzt ein Hoff des stiffts 
Mospurg scharwercht mit 1 Wagen. 

Fol 25. Thomau Widman zu Inntzkhouen besitzt ein Hueb, gehört dem 
Taimstift Freising scharwercht mit 1 halben Wagen 

Dagegen nennen zwei Beschreibungen aus etwas späterer Zeit das Gütlein. 
Wie die unter Hand 6 3 verwahrte Fürsll. l’flegericbts Mospurg Beschreibung, 
sie enthält unter der Uebersebrift: 



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Das vorgeschichtliche» uml das historische Inzkofen. 



15 



In dem Amt Mauern 
Obmannsdiaft Inzkofen 

auf Pol. 11 den Eintrag: 

Ganz Paurn : 

Hanns Ostermaier zu Yimtzkkouen behaust des Capitels in Landshut 
Hof mit bleiblicher Freistiift. 

Halbpaurn oder Hueber (Pol. 12): 

Christoph Widmann zu Ynntzkliouen besitzt St. Johanns in Freisiug 
Hueb, Neustiffts bleiben. 

Michael Pirhelmaierauf einer Hueb auf St. Johanns gültbar Neustiffts bleiben. 

Halbviertelpaurn oder Söldner (Fol. 14): 

Georg Pachmair, Mesner zu Ynntzkliouen im Mesnerhftusl ans Gottes- 
liattss gehörig. 

Ebenso erwähnt das Mesnergüil ein Scharwercbbncb , das so ziemlich 
gleichen Alters (NB. nur etwas fiülier) mit der Beschreibung ist. 

Obmanschaft Intzkouen. 

Obmann Hanns Loltmaier zu Dornbaselbach. 

Fol. 13) Hanns Ostermair zu Innzkhouen bewonth aiu Hoff, dabei er 
ein freistift oder Herrngnad bat, sonnsten den Stifft zu Mospurg gehörig, 
thut 1 farth. 

Jakob Widmati zu Innzkhouven bewonth ein Hueb freistifftsweis und 
Sauet Johannes Stifft In Freising gehörig scharwercht mit zwei Kossen und 

Tlioman Pichelmaier daselbsten zu Iniizkhoueti bewonth auch ein Hueb 
berttrten Sunct Johannes Stifft In Freising gehörig und ein Freistiftler Schar- 
wercht mit zwei Kossen spannen die baidt zusammen und thun ain Fahrt. 

Volgen die Haudscltarwercher dieser Obmannsdiaft. 

Jorg Mostler zu Innzkhouen bewohnt ein Sohlen dem Golzbaus daselbsten 
gehörig. 

Besonders interessant ist noch das ebenfalls ans dem sechzehnten Jahr- 
hundert stammende und im kgl. Reichsarchiv verwahrte Eebattt Büchel Sdimidtn 
und Padts der iloimarch Hagstorf von 1590. Dasselbe gibt uns nämlich 
Aufschlüsse über die Lohnverhältnisse jener Zeit. 

Es enthält unter der Uebersehrift. : 

„Voigt Erstlidien die Eehafft der Sdimidtn Halben" 
u. A. den Vortrag: Intkbouven. 

Ostermayr daseibs zu Inzkhotien gibt in die Eehafft Sdimidtn zweit 
Metzen Korn, zwo Sdtleiffgarb, ain Auss rieht laib, ain wax laib, wann Er 
besdiledit gen Winter. Darumb soll Schmidt thun und machen, was zu 
Wagen und Pflügen gehürtt. 

Widnian daseibs zu Inzkhotien gibt in die Eehafft Schtnidlit zweit Metzen 
Korn, zwo Sdtleiffgarb, ain Auss rieht laib, aiu wax laib, wenn er beschlecht 
gen Wintter. Darnmben soll Schmidt thun und machen was zu Wagen und 
Pflügen gebörlt. 

Pichlmai r alda zu Ittzklioiieii gibt in die Eehafft Sdimidtn anderlhalben 
Metzen Korn, aujetzt ain Sdtleiffgarb, bat hiuvor zwo geben, ain Auss riebt 



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] C Franz Mittormaier. 

laib, ain wäx lail* wann Er beschlecht gen Wintter, darumb soll Schmidt 
tbun und machen, wass zu Wägen und Pflügen gehbrtt. 

Hernach volgt auch die EehafTt des 

Padta Halben. 

Intzkhoueu. 

Oslermnyr alda zu Inzkhouen, gibt in die EehafTt dess Padts ain Halben 
Metzen Korn, zwen Laib, zwo Garb. Tbut ain Farth. Darumb soll In der 
Pader paden, Reiben, zwagen, geben ain schaff! mit Wasser. 

Wid man daselbst gibt in die EehafTt dess t'adts ain halben Metzen Korn, 
zweit laib, zwo garb, thuet ain Farth, darumb soll In der Pader paden, 
Reiften und zwagen, sambt seiner Hausfrauwen, und geben ain schafft mit wasser. 

Piichlmayr zu Inzkhouen gibt in die EehafTt dess Padts ain halben Metzen 
Korn, zwen laib; hat auch hiuvor zwo Galten geben, gibt aber anjetzt nur 
ain, Thuet ein Fahrt, darumb soll Ine der Pader paden, Reiben und zwagen, 
sambt seiner Hausfrauwen, und geben ain schafft mit wasser. 

Das nächste Jahrhundei t bringt uns zunächst wieder Aufschluss über 
den Ostermairbof, der stets zuuabm. Um 1615 sass auf demselben Georg 
Ostermair als Freistiffter und bezahlte damals zum St. Castulus- und Martins- 
stitt't in Landshut 4 Pfund 3 Schilling Grundgilt, 16 Pfennige Stiftgeld, 
2 Faslnachtbeunen, 1 Pfund Wachs und gab an Maysteuer 1 Gulden 2 Schil- 
ling 10 Pfenninge. Im Jahre 1612 stiftete er den Zeheutertrag aus des 
Huebers zu Ambach Aeckern, aus seinen eigenen (des Oslermaiers) Feldern, 
von welchen die dritte Garbe dem Pfarrer zu Schweinersdorf zugeborte, 
ferner halte er den Zehent von des Widmanus zu Inzkofeu Watscbaftäcker, 
danu auch auf des Fischers zu PUhlhofen Acker, den Zehent zu Mattem, 
beim Niedermair zu Niederndorf, beim Ratzen zu Alpersdorf, aus dem Acker 
beim Thormayr zu Wollersdorf, dann beim Saltzir.ayr und Furihmayr daselbst; 
mcistentbeils hatte Ostermayr von diesen Gründen die zweite Garbe, während 
der Pfarrer zu Schweinersdorf die dritte erhielt. 

Im Jahre 1634 kaufte Georg Ostermair für sich und sein Weib Loibrecht, 
das heisst er trat aus dem Freistiflverhältniss zum Stift St. Martin und 
St. Castulus heraus und erkaufte sich für sich und die Seilten den lebens- 
länglichen Gebrauch und Genuss seines zum obigeu Stift gehörigen Anwesens. 

Vorher, im .Iahte 1613, erscheint ein Michael Schreiuer zu Sixhaselbach 
mit einer Anloit zu Intzkofen, dann wird dortselbst ein Peter Waltinger 
genannt, der 1638 auch Leibrecht sich erkaufte und 4 Schilling 3 Pfenninge 
Grundgilt, 4 Pfenninge Stiftgeld an das St. Martinsstift alljährlich bezahlte, 
Dieses Besitzthum scheint Ostermair im Jahre 1644 an sich gebracht zu haben. 

Inzkofen scheint sich also schnell von dem Unglücke erholt zu haben, 
das die schrecklichen Zeiteu der zweiten Hälfte des 3Üjtthrigeu Krieges 
(1618—1648) besonders auch Uber die Moosburger Gegend gebracht hatten. 
Nur das Pichelmairanwesen hat während des Krieges zweimal seinen Besitzer 
geändert, nämlich 1638 uud 1644. Die obige Vermuthung, dass Ostermair 
die Pichlraair Bube an sich gebracht habe, bestätigt nachfolgende: 






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Das vorgeschichtlich« und das historische Inzkofen. 



17 



Beschreibung aller bemairth- und nnbemairtb Underthannen Chfstl. Pfleg- 
gerichts Mospurg, welche die Scharwerch zu laisten oder anjetzt das 
Geld hievor zu bezahlen schuldig. 

1666. 

Amt Mauern 
Obmanschaft Inzholen 
Höfe 

Hanns Ostermayr von Inzkhouen, den Statt Landshut, hat Erbrecht, 
10 Jocbart in ain Velder 6 Ross. 

Hueben. 

Simonn Ostermayr von Inzkhouen, die Pichl mayrbueb, St. Johannis Stüft 
in Freising, hat veranlaithe Freistüfft 6 Jochen in 1 Velde 2 Ros 

Caspar Widtman von Inzkhouen, St. Johannis Stüfft bat Erbrecht 
7 V« Jochart in ain Velde 4 Ros. 

Pausölden. 

Hanss Packmayr, Mösner von Inzkhouen, den Gottshaus, allda gehörig, 
blosse Freistüfft ain Jochart in ain Velde. 

Wörtlich denselben Inhalt weist eine alte Gütter-Beschreybung de 1666 auf. 

Einige Jahrzehnte darnach verschwindet die Familie Ostermayr, welche 
wahrscheinlich ausgestorben oder weggezngen ist, denn es befinden sich in 
der Umgegend von Inzkofen sehr viele Bauern mit dem Namen Ostermayr, 
wahrscheinlich Nachkommen dieser Ostermayr. Um 1698 hesass den Hof 
ein Jakob Oberprieler, welcher an das St. Maltinsstift an Grundgilt 10 fl. 
3 p 17 Pf, an Dienst waizen 3 Metzen zu leisten hatte. Sein Geschlecht 
blieb bis 1797 auf dem Hofe und kaufte die Widmannhuebe dazu, wie ein 
Steuerbuch des Churfstl. Pfleggerichts Mospurg aus dem Jalne 1752 bekundet. 

Dasselbe enthält unter Amt Mauern auf Fol. 46 den Eintrag 
Dorf Inzkofen. 

211) Bartime Oberprieler, Wimmer zu Inzkofen, Paur-Steuerbelegung 
6 fl. Dann gaudirt vorstehender Oberpriller 1 '/* Jochart haltend: walzenten 
Agger selbst eigen Steuerbelegung 24 kr. 

212) Mathias Forsler Pichelmayr alldu Panr 4 fl. 

213) Thomas Obermayr jetzt Maitin Stainberger Mesner und Schneider 
zu Intskofen gibt von der Profession, dann von seinen besitzenden Mesner* 
güll 1 fl. 12 kr. 

Thomas Oberprieller Ostermayr allda Paur 8 fl. 6 kr. Nota Vorstehender 
Ostermayr gaudirt auch in Forstaich Gerichts Erding den 6. Thail Graf 
zehent und gibt die Steuer hiruon zu diesen Gericht alwofern auch hiermit 
eingetragen zu finden sein wiirdt. 

Das Anlagsbuch des Churfürstl. Pfleggerichts Mospurg von 1760 erwähnt 
eine dritte Hueb; sein Inhalt ist folgender: 

Obmanschaft Inzkofen : 

ThomasOberpriellerOstermayrzuInzkofenmiteinenSteuerbetragvon8fl.6kr. 

Simon jetzt Mathias Forsler Pichelmayr zu Intzkofen mit 4 fl. 

Andreas jetzt Bartlmä Oberprieller Wimber allda mit 6 fl. 

Beiträge zur Anthropologie. Rd. XIII 1. u. 2. Heft o 



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18 



Fraox Mittormaier. 



Niklas jetzt Georg Krazer Landl zu WaDg geuiesst die Landlhueb zu 
Intzkofen 9 fl, 20 kr. 

Mathias jetzt Martin Stainberger Mesner zu Inzkofen mit 1 fl. 12. kr 
Dann folgt im Nachtrag (auf Kol. 1Ö9): 

Amt Manern 
Obmanschaft Inzkofen. 

Andreas jetzt Bartline Oberprieller Wittiber zu Inzkofen posseedirt 1 */» 
•Jochart haltend Walzenden Agger mit einem Steuerbetrug 24 kr 

Das letzte neueste Schriftstück jener Zeit endlich führt die Landlbuebe 
nicht mehr an, zählt hingegen den Bartime Sebrodl Wittibsmübler zur 
Obmanschaft Inzkofen: Das Anwesen zum Kiermair wurde nach früherer 
Mittheilung meines Giossvaters anfangs dieses Jahrhunderts, nachdem sich 
ilie einzige Tochter aus diesen Anwesen an drti Hnberbauern von Oberarn- 
bach verbeirathtete, abgebrochen, die Grundstücke wurden von Oberarnbach 
aus bewirtbscbaftet und erst vor etlichen Jahren au einige Bewohner von 
Inzkofen verkauft. Das zuletzt angeführte Schriftstück ist somit ziemlich 
werthlos. Kleine Beachtung verdient nur der zweite Tbeil: 

Sonderbar liehe Einnahmen an Kastnaclithonnen Gefühl. 

Amt Maurn 
Obmaiischaft Inzkofen. 

Höfe 11. kr. 

Ostermayr allda l — 12 

Wimmer oder 2 

Pichelinayr beide zu Inkofen 2 — 12 

Es ist nämlich auffallend , dass bei denselben die Wiltibsmühle nicht 
angeführt ist, und es heisst Wimmer oder Pichelmayer. Worin dies seinen 
Grund haben mag, lässt sich nicht wohl leicht denken. 

Bevor wir dieses Kapitel zum Atisrhlusse bringen, müssen wir noch auf 
zwei Begebenheiten hinweisen, die speciel! den Ostermaytbof angelten. Im 
Jahie 1774 wurden den Adam Oberprieler Leihrecht auf das Ostermayrgut ver- 
lieheii, die Gutsschiitzuug betrug damals 1 050 Gulden. Doch nur 23 Jahre 
genoss er diesen Vortlieil, denn 1797 ging, wahrscheinlich nach seinem Ableben, 
sein Hof in den Besitz eines gewissen Bartlme Schredl über. 

Da dies die letzte Augabe ist, welche für Inzkofen iu dieser Zeit von 
Belang ist, so wollen wir nun auf den dritten Tbeil unserer Abhandlung 
übergehen utid Inzkofen iu seiner Gegenwart betrachten. 

III. Kapitel. 

Inzkofen in der neuesten Zeit. 

Die Wirren zu Anfang unseres Jahrhunderts sind nicht ohne Einfluss 
auf unseren Ort geblieben. Dies mag wohl eiue Folge der Säkularisation 
gewesen sein ; Inzkofen gehörte ja theilweise zttm Stifte St. Martin, wie wir schon 
oit gehört haben. Im .fahre 1802 kam der Oslermairbot iu den Besitz des 
Franz Mittermaier, dieser vererbte ihn 1829 anf seinen Sohn, welcher sich 



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Das vorgeschichtliche und das historische Iuzkofco. 



19 



ebenfalls Franz Mittermaier nannte. 1857 ging das Anwesen auf den Sohn 
des Letzteren Uber, welcher sich ebenfalls Franz Mittermaier nennt, der 
es vielfach verbesserte und vergrösserte und es dadurch zu einen der ange- 
sehensten Anwesen der Gegend hob. 

Inzkofen selbst hat in neuester Zeit, wie bereits vorhin bemerkt, ein 
Hans eingebiisst. Gegenwärtig zählt die Ortschaft 4 Häuser, den Oster- 
mairhof, das Wimmer- und das Pichelmair-, dann das Messner-Anwesen. Die 
Alte Obmannschaft hat ausgelebt, dafür ist Inzkofen eine Gemeinde geworden, 
als welche sie noch jetzt besteht. 

Mein sei. Grossvater war der letzte Obmann und der erste Gemeinde- 
Vorstand (Bürgermeister), daher der Marne der Gemeinde Inzkofen. 

Die Vollständigkeit des Werkes hätte verlangt, dass in jedem Abschnitte 
neben dem politischen auch das kirchliche Leben Inzkofens behandelt werde. 
Doch die Nachrichten hierüber sind so spärlich , dass es besser sein dürfte, 
erst am Schlüsse Inzkofen in kirchlicher Beziehung zu behandeln. Das ist 
in wenigen Zeilen abgetban. Inzkofen gehört nämlich seit uralter Zeit zur 
Pfarrei des hl. Petrus zu Schweinersdorf. Mit ihr hat unser Ort das kirch- 
liche Leben getheilt. Doch Besonderes scheint nicht viel vorgekommen zu 
sein , ausser dass wahrscheinlich zu Anfang des vorigen Jahrhunderts eine 
grössere Restauration der Kirche stattgefunden haben dürfte, indem dieselbe 
am 3. August 1711 durch den Freisinger Bischof Johannes Franziskus neu 
consecrirt wurde (Liber Consecrationum beim Ordinariat München.) Wir 
können von Inzkofen nicht Abschied nehmen, bevor wir nicht dem alten 
romanischen Gotteshause daselbst eintn kurzen Besuch abgestattet haben. 
Bau und Lage erinnern uns an die Blulhezeit des romanischen Stiles. Den 
Hochaltar ziert ein hübsches Madonnenbild mit deu Figuren St. Jakob und 
St. Anna. Auf der Rückseite ist zu lesen: Dieses uralte Gnadenbildnitss 
hat renoviren und zieren lassen der Hocltw Pater Gregorius Lochner, Sub- 
prior im löbl. Kloster Weihenstephan 1745. Das Innere der Kirche aller- 
dings hätte eine Kestauraliou nöthig, doch was noch nicht ist, kann noch 
werden. 

So, und jetzt lebe wohl, du altes Inzkofen! Mögest du fort und fort 
deinen alten Ruhm erhalten und vermehren! 



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Neue Höhlen-Untersucbungen in Bayern. 

Künstliche Höhlen. 

Von Herrn Dr. rned. Bayer!, pr. Arzt in Aidenbach, sind bei der 
Redaktion die folgenden beiden Briefe eingelaulen, deren wesentlicher Inhalt 
in betreff der künstlichen Höhlen lautet: 

I. Brief. Aidenbach, 27. X. 98. 

Hochgeehrter Herr Professor! 

Cand. rer. nat. Huber schreibt mir, dass Herr Professor sich für die 
Zeichnungen der von mir vor lö .Iahten durchforschten und aufgenommeuen 
künstlichen Höhlen interessiren. 

Es sind vier Höhlen. Von zwei heissen die Orte Bergham, von einer 
Berg, von einer Hotzenham In keiner fand sich etwas vor. Es sind Gänge 
in Flugsand gegraben mit verschiedenen Lifngskammern durch Schlupflöcher 
verbunden. 

Iler Eingang erfolgte durch einen senkrechten Schacht. Eine dieser 
Hohlen bot eine merkwürdige Thatsche. Eine Seitenkammer war mühsam 
mit Koth UDd Abfall kolb aus einem Bauernhöfe wieder ansgestopft, und zwar 
wurde der Koth mühsam durch die Schlupflöcher dorthin befördert. Ich 
glaubte, eine Begrftbnissstälte vor mir zu haben und betorderte den Koth 
wieder heraus Dabei zeigte sich, dass die Kammer von oben her dem Ein- 
sturz drohte und desshalb repariit wurde. Wenn man nicht zur Zeit noch, 
als der auf dem HUgel stehende Bauernhof bereits bestand, Interesse am 
Bestände gehabt hätte, hätte man die Kammer einfallen lassen und von oben 
her das Loch ausfüllen können. 

Zwei sich fast gleichende Hohlen im Bau, beide auf die Ortsnamen 
„Bergham“ lautend, haben einen senkrechten Eingangsschacht von 1 qm, der 
keineswegs verborgen war. Auch sind die Kammern zu klein, um Vorrathen 
Verstecke zu bilden. Beim Durchlesen des höchst interessanten Werkes von 
Schwarz Uber die Siutfluth kam mir der Gedanke, dass diese zwei Höhlen 
„Schlafstätten“ gewesen seiu könnten fUr Zeiten der schweren Notli, wo man 
sich im Hause nicht sicher fühlte. 



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Künstliche Höhlen. 



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Eine Höhle, vielmehr Gang, 1,5 m breit und 1,5 m hoch, war am Ein- 
gänge im Bogen angelegt, hatte links uud rechts Sitznischen, aber keine 
Seitenkammern, so dass ein event. Licht keinen Schein nach aussen werfen 
konnte. Alle sind im Spitzbogenstyl erbaut, die zwei ersteren Höhlen aber 
nur 1 m breit und 1,20 m hoch, müssen geschlüpft werden. 

Dr. Bayerl. 



II. Brief. Aidenbach, 9. XI. 9b. 

Hochgeehrter Herr Professor! 

Anbei erlaube ich mir, Ihnen die Plane von drei Holden und einem 
Gange, sAmintlicb von mir selbst untersucht und aufgenommen, zur beliebigen 
Verwendung zu übersenden. 

Weng oder Berg, die beiden Höhlen Bergham, liegen neben menschlichen 
Wohnungen auf Bergen an und dürften mit diesen Wohnungen in ursäch- 
lichem Zusammenhänge stehen. 

Die Höhle in Weng war noch ganz neu, so viel wie nicht benützt, als 
sie mit einer Kiesgrube angeschnitten wurde. Die Seitennischen und Bögen 
waren wie erst gemacht ; die Kanten der Nischen noch ganz scharf aus dem 
Flugsande herausgearbeitet Die beiden Höhlen „Bergham“ hatten senk- 
rechte Kiugangsschachte, welche so gross uud offen lagen, dass an Verstecke 
kaum zu denken ist. Dafür spricht auch die Bauart nicht. Entweder sind 
es unterirdische Schiafstätten mit Familienabtheiluugeu oder altrömiscbe 
Cultusstätten, da ein römischer Schriftsteller schreibt: der Cultus der Ceres 
erat in ocultis. 

Es würde mich sehr interessiren, was Herr Professor über diese zahl- 
reichen Höhlen in Südbayern für eine Ansicht haben. Im bayerischen Walde 
und in der Oberpfalz, wohin die Körner nicht kamen, sind mir solche Höhlen 
nicht bekannt. Dr. Bayerl, pr. Arzt. 

Das Höhlenorakel des Trophonios. 

Der Zweck der „künstlichen Höhten“ ist noch nicht erkannt. 

Bei dieser Gelegenheit möchte ich an das unterirdische Höhlenbeiligthum 
und Orakel des Trophonios erinnern, von welchem Pausanias in der 
Beschreibung von Hellas, Buch IX, Boiotika, Kapitel 30, 3 bis Schluss und 
Kapitel 40, 1 nach eigenen Erfahrungen Kunde gibt. Das Heiligtbum 
des Trophonios erinnert in mehrfacher Beziehung an unsere künstlichen 
Höhlen. Doch soll der griechische Autor selbst reden, citirt nach der Ueber- 
setzuug von Ernst Wiedasch in: Sammlung der griechischen Klassiker 
in einer neuen teutschen Uebersetzung und mit kurzen Anmerkungen. Von 
einem tentscheu Gelehrteuvereiu. München. Verlag von E. A. Fleischmann. 

„3. Das Ausgezeichnetste aber in dem Haine (bei der Stadt Lebadeia, 
ehemals Mideia genannt) ist ein Tempel des Trophonios mit einer Bild- 
säule, die (auch) dem Asklepios gleicht uud von Praxiteles gearbeitet ist.“ 



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22 



Johamius Hauke. 



„4. Bei dem Orakel nun geschieht Felgendes: Wenn Jemand zu 
dem Tropbonios eiugelien will, so verweilt er zuerst bestimmte Tage in 
einem Gebäude, welches dem guten üämou und der guten Tyche 
(Geschick) geweiht ist. Während er sich da aulhält, reinigt er sich in 
allem Uebrigen und entbehrt auch des wurmen Bades; zum Bad aber dient 
der Fluss Herkyna. Fleisch auch hat er überflüssig von den Opfern; denn 
wer in die Höhle eiugehen will, der opfert nicht nur dem Trophonios selbst, 
sondern auch dessen Söhnen, sowie dem Apollon, dem Kronos und dem Könige 
Zeus, ferner der Hera Heniocha und der Hemeler mit dem Beinamen Europe, 
welche die Erzieherin der Tropbonios gewesen sein soll. Bei jedem Opfer 
aber ist ein Seher zugegen , der die Eingeweide des Opfertbieres beschaut, 
und während dieser Beschauung kUudigt er dem Eingehenden an, ob ihn 
denn Tropbonios woblwolleud und günstig nufuehmen werde. Von den 
übrigen Opferthieren nun offenbaren die Eingeweide nicht alle gleicherweise 
die Meinung des Tropbonios; in der Nacht aber, wo Jeder hinabsteigt, 
da opfert man einen Widder in einer Grube, wobei Agamedes augerufen 
wird. Auf die früheren Opfer aber, wenn sie auch günstig eischienen, wird 
keine Rücksicht genommen, wenn nicht die Eingeweide dieses Widders das- 
selbe ankttndigen wollen; stimmen aber auch diese dazu, dann erst steigt 
Jeder getrost hinab. Diess geschieht aber also. Zuerst fuhren sie ihn in 
der Nacht zum Fluss Herkyna, wo er von zwei Knaben ans der Stadt, die 
etwa dreizehn Jahre alt sind und Hermä heissen, gebadet und gesalbt wird. 
Dieselben baden ihn auch beim Hinuntersteigen und leisten als Knaben alle 
nöthigen Dienste. Von da aber führen ihn die Priester nicht sogleich zu 
dem Orakel, sondern zu Wasserquellen, die sehr nahe beisammen sind. Hier 
muss er danu erst das sogenuunte Wasser der Lethe oder Vergessen heit 
trinken, damit er Alles vergesse, was ihm bisher im Geisle war, und dann 
wiederum ein anderes Wasser, das der Mnemosyne oder Erinnerung 
trinken, um sich dadurch, wenn er hinabgestiegen, des Geschehenen zu 
erinnern. Nachdem er aber die Bildsäule gesehen, welche Dädalos gearbeitet 
naben soll und welche von den Priestern nur Denen gezeigt wird, so zum 
Trophonios gehen wollen, nachdem er diese gesehen und sie verehrt und 
gebetet hat, so naht er dem Orakel selbst, angethan mit eiuem leinenen 
Unterkleide, das mit Binden angegiirtet wird, und mit Schuhen versehen nach 
der Landestracht. Das Orakel nun befindet sich über dem Haine auf dem Berge.“ 
„Eine Einfassung von weissem Marmor ist rings um die Oeffnung 
gezogen; der Umfang der Einfassung ist wie eine kleine Tenne, die Höhe 
aber beträgt noch nicht zwei Ellen. Auf der Einfassung stehen spiessartige 
Stäbe, welche so wie die sie verbindenden Ringe von Erz sind; durch diese 
aber situ) Thüren gemacht. Innerhalb der Einfassung nun ist eine Erdöff- 
nung, die sich nicht von selbst so gebildet hat, sondern aufs genaueste mit 
Kunst und Regelmässigkeit gebaut ist. Dieser Bau hat die Gestalt eines 
Backgeschirres: die Breite im Durchschnitt könnte man etwa auf vier 
Ellen schätzen, die Tiefe aber möchte wohl nicht über acht Ellen betragen. 
Es ist aber keine Treppe angebracht, die auf den Boden hiuabfUhrt, sondern 



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Künstliche Höhlen. 



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wenn Jemand zum Truphnnios eingehen will, so bringen sie ibm eine schmale 
leichte [jeiter. Zwischen dem Huden alter und der gebauten Höhlung kommt 
er an ein Loch, das zwei Spaunen breit und eine Spanne hoch sein mag. 
Der Hinabsteigende nun legt sich mit seinem Honigkuchen auf den Boden, 
steckt aber die Fiisse vor in das Loch und kriecht dann selbst nach, indem 
er mit den Knieen in das Loch zu kommen sucht; der übrige Körper aber 
pflegt dann alsbald fortgezogen zu werden, und den Knieen so rasch nach- 
zufolgen, gleich, als wenn der grösste uud schnellste Fluss einen gebundenen 
Menschen in seinen Strudel hinabrisse. Die sich nun in dem innersten 
Heiligtbume befinden, denen wird das Zukünftige nicht auf eine und dieselbe 
Weise eröffnet, sondern der eine wohl sieht es, der andere hört es. Zurück 
aber kehren die Hinabgesliegeneu durch dieselbe Oeffnung, indem sie die 
FUsse vorausstrecken. Von den Hinabgestiegenen aber, erzählen sie, sei 
noch Keiner ums Leben gekommen, als ein Speerträger des Demetrios. Dieser 
habe aber an dem Tempel nicht die gewöhnlichen Gebrauche verrichtet, uud 
sei auch nicht hiuabgcstiegen, um den Gott zu befragen, sondern in der 
Hoffnung, Gold und Silber aus dem Heiligtbume zu holen. Auch wird 
erzählt, sein Leichnam sei anderswo zum Vorschein gekommen und nicht 
durch die heilige Oeffnung ausgeworfen worden. Noch vieles andere zwar 
wird von diesem Menschen erzählt, ich habe indess nur das Glaubwürdigste 
davon angeführt.“ 

„Wer nun von dem Tropbonios wieder heraufgestiegen ist, den nehmen 
sogleich die Priester in Empfang und führen ihn auf den sogenannten Sitz 
der Mnemosyne (der Erinnerung), der sich nicht weit von dem unzugänglichen 
Heiligtbume befindet. Dort sitzend wird er gefragt, was er sah und vernahm, 
und wenn sie dies erfahren haben, so übergeben sie ihn beauftragten Leuten. 
Diese nehmen und tragen ihu in das Gebäude, wo er sich früher aufhielt, 
zu der guten Tyche und dem guten Dämon, wobei er dann noch von 
Furcht ganz betäubt ist und weder von sich noch von seiner Um- 
gebung etwas weiss. Später jedoch gelangt er wieder völlig zu seiner 
vorigen Besinnung, und unter anderem kommt ihm auch ein Lachen 
an. Ich schreibe dies aber nicht etwa vom Hörensagen, sondern 
nachdem ich Andere gesehen, die dort gewesen und auch selbst 
den Tropbonios befragt habe.“ 

„Jeder aber, der in der Höhle des Tropbonios gewesen, muss das, was 
er gehört oder gesehen hat, auf ein Täfelchen geschrieben uiederlegen. Es 
ist auch noch der Schild des Aristomeues dort vorhanden; wie es damit 
war, habe ich schon in meiner früheren Erzählung eröffnet.“ 

„Kapitel 40, 1. Dieses Orakel, welches die Boioter vorher nicht kannten, 
entdeckten sie auf folgende Weise. Es wurden einmal aus jeder Stadt Ab- 
geordnete nach Delphoi geschickt, denn schon das zweite Jahr regnete es 
bei ihnen nicht. Als diese nun um ein Reitungsmiltel wegen der Dürrung 
baten, da antwortete ihnen die Pythia, W'enn sie zu dem Tropbonios nach 
Lebadaia gingen, da würden sie das Heilmittel finden. Wie sie aber nach 
Lebadaia kamen und das Orakel nicht fiuden konnten, da bemerkte Saon 



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JohannoH Rauke, Künstliche Uöhlon. 



aus der Stadt Akräphnion — dies war alier auch der Aelteste unter den 
Abgeordneten -- einen Bienenschwarm, und kam auf den Gedanken, wohin 
sich diese wenden möchten, ihnen zu folgen. Alsdann sah er die Bienen 
dort in die Erde hineinfliegen, und ging mit ihnen ein zu dem Orakel. Dieser 
Saon soll den bestehenden Opferdienst und was sie sonst bei dem Orakel 
verrichten, von dem Trophonios gelernt haben. 

Dieses selbsterlebte Hinuntersteigen zum Trophonios, welches l’ausanias 
so anschaulich mit all seinen Schrecken schildert, eriunert mich lebhaft an 
mein erstes Einfahren in den senkrecht nach abwärts in die Tiefe gehenden 
Schlund der künstlichen Höhlen bei Kissing. Auch ich habe mich, zum Theil 
mit den Füssen voraus, durch die engeu Schlupflöcher und Kamine, welche 
die weiteren Abschnitte der Höhle mit einander verbinden, auf dem Bauche 
kriechend hindurchzwängen müssen. Das Lachen und die Betäubung, von 
welcher Pansanias berichtet, deutet wohl auf eine Käucheruug und Ein. 
athmung von einem organischen Narkotikum. J. Rauke. 



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Neue Höhlenuntersuchungen in Bayern. 

Natürliche Höhlen 

in den Jahren 181)4 bis 1898 untersucht von 

l)r. Max HtthloHMor, 

KusUm der Keolejctsclicn 8*mmlun*cun dos SUwilea. 



I. 

Ueber die prähistorischen Schichten in Franken. 

Im Herbste des .Jahres 1804 wurde ich von Herrn Geheimrath v. Zittel 
beauftragt, Untersuchungen anzuslellen, ob sich auch in Franken eine Glieder- 
ung der prähistorischen Schichten beobachten Hesse, ähnlich wie am Schweizers- 
bild bei Schafthausen, einer Lokalität, welche für die Aufeinanderfolge 
der Pleistocänfaunen sowohl, als auch für die Kenutniss des prähistor- 
ischen Menschen die werth vollsten Aufschlüsse geliefert bat. 

Meine Untersuchungen beschränkten sich auf die Gegend von Raben- 
stein — Oberailsbachthal, Rabeneck — Wiesen ttlial und die Umgebung 
von Pegnitz, und wurden bei Kabenstein an vier, bei Uabeneck an 
einer und bei Pegnitz an zwei Stellen Ausgrabungen vorgenomtuen. Dagegen 
musste ich auf Untersuchungen im Veldensteiner Forst und iu der Umgebung 
von Rupprechtstegen aus mehrfachen Gründen verzichten und mich hier 
auf eine ganz flüchtige Begehung beschränken. 

In Neumüble fand ich die freundlichste Aufnahme bei Herrn Hans 
Husch, dem besten Kenuer der fränkischem Hohlen. Br begleitete mich 
nicht nur auf fast allen Exkursionen in der Gegend von Rabenstein, 
Rabeneck und Pottenstein, sondern wies mir auch die Plätze an, die 
noch einige Aussicht auf Ausbeute versprachen. Auch gab er mir Auskunft 
über alle früher von ihm untersuchten Fundstellen und die Art der hiebei 



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Dr. Max Schlosser. 



erbeuteten Objekte und überliess mir ausserdem mehrere wichtige Stücke für 
die paläoutologisclie Sammlung — Unterkiefer von II oh len Io wen und 
Höhlenbären, letztere verschiedene Altersstadien repräsentirend. 

Nach den Erfahrungen, welche sich Herr Husch durch seine langjährigen 
Forschungen erworben hat, sind Thierreate aus älterer Zeit ausschliesslich in 
Höhlen, Reste und Artefakte des neolithischen Menschen fast nur unter 
Felsvorsprüngen anzutreffen. Sichere Spuren des paläolithischen Menschen 
hat Hösch niemals beobachtet, Kenthierknncben , sowie die Kuocbeu von 
Nagern der Tundren- und Steppenfauna hat er nur zweimal, in der nach ihm 
benannten Höschhökle und in der Elisabethhöble bei Rabenstein 
gefunden, worüber Nehring berichtet hat. 

Spärliche Reste von jenen Nagern hat auch die Umgebuug von Polteli 
stein geliefert — Tborloch, Hasenloch, Zwergloch. 

Es bestand somit von Anfang an geringe Aussicht, in Frauken ein 
geschlossenes Profil der Pleistocän- und neolithischen Schichten nachzuweisen, 
ähnlich jenem vom Schweizerbild bei Scbaffbausen, umsomehr, als gerade die 
besten Fundplätze längst ausgebentet sind. 

Meine Untersuchungen waren also mehr Rekognoscirungen als eigentliche 
Ausgrabungen, da es ja weniger darauf ankam, grosse Ausbeute zu machen, 
als darauf, möglichst viele Stellen auf das etwaige Vorhandensein eines wirk- 
lichen Profiles zu erforschen. Ich beschränkte mich daher jedesmal darauf, 
senkrecht zur anstehenden Felswand einen Graben zu ziehen und denselben 
bis auf den Felsgrund auszuhebeti, der gewöhnlich in einer Tiefe von 50 bis 
HO cm erieickt wurde. Nur am Schwalbenstein bei NeumUhle und aut 
einer Felsterrasse dicht oberhalb der Sophienhöble kam der Felsgrund 
bereits in einer Tiefe von kaum 10 cm zum Vorschein. 

Humus war liier überhaupt nicht vorhanden, sondern blos feiner Dolomit- 
sand, der aber wenigstens am Schwalbenstein u eolitbisebe Reste — 
Topfscherben und Brandspuren — enthielt. 

Mächtiger war die neolitliisctie Schicht an zwei Plätzen zwischen der 
Sophien- und Höschbohle. An dem einen Platz tand ich dicht am Felsen- 
gruud ein Regenbugen-Schüsselchen, bei Kabeneck ausser zahlreichen Brand 
spuren, einigen nufgeschlageuen Knochen und Topfscherben einen Wetzstein, 
ein Fund, der iusoferne einiges Interesse verdient, als die Aecbtbeit derartiger 
Objekte von gewisser Seite angezvveifelt wird, liier jedoch über das wirklich 
neolitliiscbe Alter dieses Stückes nicht der geringste Zweifel bestellen kann. 
Auch am Dianafelsen bei Pegnitz beträgt die Mächtigkeit der ueolitli- 
ischen Schicht ungefähr */* Meter. 

Spuren des paläolithischen Menschen waren ebensowenig zu finden 
wie die Rentliierschicbt oder eine wirklich fossile Mikrofauna. Denn auch 
die in den tiefsten Nieschefl des Dianafelsens vorkommenden Nager- und 
Uaubtbierreste dürlteu wohl aus jüngerer Zeit stammen. Das Material sandte 
ich au Prof. A. Nehring zur genaueren Bestimmung. 

Immerhin bestätigen meine Untersuchungen voltkommen die Angaben des 
Herrn Hösch, der wie erwähnt ebenfalls ausserhalb der Höhlen stets nur 



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Natürlich» Höhlen in Rayern. 



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ueulithische Reste augetroffen bat , die allerdings zuweilen sehr zahlreich 
waren und mehrere Lager bildeten. 

Lassen sich nun die Verhältnisse in Flanken mit jenen am Schweizers- 
bild in Einklang bringen? 

Diese Frage glaube ich bejahen zu dürfen, denn wir haben sowohl hier 
als dort folgende Schichten: 

Schwoizersbild. 

Humus 

noohthische Schicht 

oboro Nagerschicht — Steppöimagcr 

palhclithischo odor Reothicrschicht 

untere Nagerachicht, subarktisch und arktisch. 

Frauken. 

u “' n “ 8 . ,, 1 meist vor den Hübten 

uoolithische Schiebt I 

Stegi>ennager | 

Kenthier in den Höhlon. 

arktische Nager I 

Allerdings ist in Frauken nirgends ein geschlossenes Profil zu 
beobachten wie am Schweizersbild, die Schichten sind vielmehr lediglich 
aus dem Vorkommen gewisser charakteristischer Arten konstruirt. Selbst in 
den von Nehring und Husch untersuchten Höhlen dürfte eine wirkliche 
Unterscheidung der drei letzten Horizonte nicht möglich gewesen sein. Immer- 
hin sind wir doch einigermassen zu der Annahme berechtigt, dass auch in . 
Franken die Reihenfolge dieser fünf verschiedenen Ablagerungen die uämliche 
war, wie am Schweizer sbild. 

Dass in Franken jene drei tiefsten Horizonte lediglich innerhalb der 
Höhlen zur Ablagerung gekommen sein sollteu, ist wohl kaum anzunehmen, 
es spricht vielmehr alle Wahrscheinlichkeit dafür, dass sie auch ausserhalb 
derselben an geschützten Stellen der Flussthäler vorhanden waren, später aber 
durch gewisse Ursachen wieder entfernt worden sind. Als Ursache hievon 
können wohl nur Hochtlulben in Betracht kommen. 

Für die Annahme von früheren Hochfluthen im Gebiet des fränkischen 
Jura sprechen verschiedene Umstände, vor allem die äusserst geringe Humus- 
decke in den Tbillern und die auffallende Seltenheit von eigentlichen Fluss- 
geröllen, die hinwiederum in der fränkischen Ebene grosse Bedeutung erlangen 
und der Hauptsache nach aus dem weissen Jura stammen, wie das häufige 
Vorkommen von Ammoniten des weissen Jura in der nächsten Nähe von 
N ürnberg beweist — die geologische Sammlung besitzt eine ziemliche Menge 
von solchen erratischen Ammoniten. — Ausserdem lasseu sich auch die 
Verhältnisse in der Sophienhöhle wohl kaum anders, als durch Hochfluthen 
erklären. Die Thierreste sind hier alle auf den Grund des zweiten Höhlen- 
raumes beschränkt und überdies förmlich nach dem Volumen sortirt, wenigstens 
liegen oben auf dem allerdings ganz versinterten Knochenhäuten die zahlreichen 
Schädel von Höhlenbären, grosse Hirschgeweihe und das angebliche 
Mammuthbecken, während die kleineren und schlankeren Knochen jeden- 



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l)r. Max SohluKser. 



falls durch di« Zwischenräum« geschlupft sind und wohl in der Tiefe des 
Haufens anznt reffen wären. 

Wie leicht überhaupt im fränkischen .Iura, wenigstens im Ailsbncb-, 
Püttlach- und Wiesentthale Hochwasser entstehen, davon konnte ich mich 
persönlich wählend meines Aufenthaltes in Neumühle überzeugen. Ein nicht 
einmal continuirlicber, keineswegs besonders heftiger, eintägiger Landregen 
reichte vollkommen bin, den Ailsbach derartig anzuschwellen, dass er binnen 
einer halben Stuude das ganze Thal fusstief unter Wasser setzte, nachdem 
die Niedet Schläge des letzten Sommers die schwereu Tbonbödeu im Quell- 
gebiete dieses Baches vollkommen gesättigt hatten, so dass alles atmosphärische 
Wasser ohne weiteres ablanfen musste. Auch die Püttlach und Wiesent 
waren damals aus ihren Ufern getreten, atn folgenden Tage aber, als ich diese 
Tbäler besuchte, bereits wieder in ihr Bett zurückgekehrt. 

Wenn nun schon in der tiegenwart so leicht Kltithen entstehen können, 
welche die Breite des ganzen Thaies ausfüllen, wie viel gewaltiger uittssen 
erst die Fluthen gewesen sein während der Eiszeitl Es liegt zwar der 
fränkische Jura ziemlich weit ausserhalb des ehemals vergletscherten Gebietes, 
aber die damaligen klimatischen Verhältnisse haben sich zweifellos auch hier 
geltend gemacht. Das kalte, feuchte Klima batte überreiche Niederschläge zur 
Folge, die in den engen Thälern als tiefe, reissende Flüsse nach Westen ihren 
Ablauf suchten und hiebei alles frei hegende lockere Material, wie ältere Fluss- 
Schotter, Humus, Löss, Thierknochen mit fortschleppten, beim Eindringen in 
Hohlen jedoch in tieferen und entlegeneren Bäumen zusammenschwemmten. 

Soferne nun jene drei tiefsten Schichten — die Steppeunagerschicht, die 
Heuthierschicht und die Schicht mit den subarktischen und arktischen Nagern 
— noch während der Eiszeit, oder doch wenigstens vor der letzten Ver- 
gletscherung entstanden sind, lässt sich ihre grosse Seltenheit in der Gegen- 
wart sehr leicht durch die Annahme erklären, dass sie eben zum allergrdssten 
Theil während der Periode der letzten Vergletscherung durch Hochflutben 
wieder zerstört wurden. Es würde, dann auch für Franken jene Chronologie 
zutreffen, welche Steinmann für die Ablagerungen am Schweizersbild aut- 
gestellt bat. Sie. steht allerdings in vollkommenem Widerspruch mit den 
Altersbestimmungen, welche Boule für diese Lokalität gegeben bat. 

Die Chronologie am Scbweizersbild ist nach diesen Autoien folgende: 

Stuiuluanu ltoule 

ItoKtglarial Waldfauoa 

IcUto Eiszeit | 

letzte Interglavialaait | üdcr U ““ ei * 

vorletzte Eiszeit 



Humus 

ueolithi&ch 

obere Nagerschicht 

paluoiithischo oder Itouthiorschirht 

untere Nagerschicht 

ticröllo 



jiostglat ia), weil bereits aus der 
jungst. Morano stammend. 

Sollte sich nun die von Boule gegebene Chronologie als die richtige 
erweisen, so müssten wir uns für die Verhältnisse in Franken nach anderen 
Erklärungen umsehen, denn dafür, dass gewaltige Hochtluthen am Ende der 
Steppenzeit oder bereits am Anfang der Zeit der Waldfauna eingetreteu 
wären, fehlt uns bis jetzt jeglicher Beweis. 



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Natürlich* Höhlen in Bayern. 



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II. 

Höhlenstudien und Ausgrabungen bei Velburg in der Oberpfalz. 

Im Herbste 1895 brachten die Tagesblätter die Nachricht, dass bei 
Velburg in der Oberpfalz eine neue Hiible entdeckt worden sei, welche, 
abgesehen von der Schönheit ihrer Tropfsteingebilde, auch desshalb grösseres 
Interesse verdient, weil sie zahlreiche Thierknochen und verschiedene Arte- 
facte des prähistorischen Menschen enthält. Herr Geheiinrath Prof. v. Zittel 
beauftragte mich, diese Höhle zu untersuchen, eine Aufgabe, der ich mich um 
so lieber unterzog, als hier die Garantie gegeben war, jene Beste noch auf 
ihrer ursprünglichen Lagerstätte anzutreffen, während die fränkischen Höhlen 
fast sämmtlich schon zu einer Zeit ausgeheutet worden sind, wo man auf 
scharfe Unterscheidung der einzelnen Schichten noch nicht zu achten gewohnt 
war, wesshalb auch ihr Inhalt für eine genauere Chronologie weuig geeignet 
erscheint. 

Was nun die topographischen Verhältnisse der neuen Höhle betrifft, so 
befindet sie sich am Südabhange des nördlich von St. Coloman, V* Stunde 
von Velburg gelegenen Hohenzuges und streicht ungefähr in der Biclitung 
von West nach Ost. Ihre Länge beträgt wenigstens 200 — 300 Meter, doch 
war ihr wirkliches östliches Ende zur Zeit meiner Anwesenheit noch nicht 
vollkommen sicher ermittelt. Die kleineren tiefer gelegenen Kammern zeichnen 
sich durch ihren Reichthum an herrlichen Tropfstein-Gebilden aus, dürften 
aber wohl zeitweilig zum Theil unter Wasser stehen. Die grösseren und 
hoher gelegenen Kammern entbehren zwar jenes Schmuckes, sind aber für 
uns insolente wichtiger, als sie eine nicht unbeträchtliche Anzahl von Thier- 
und Menschenresten geliefert haben. Der Boden dieser grösseren Kammern 
ist meist mit Gesteinsblöcken übersät, an der Decke zeigen sich Anfänge 
von Tropfsteinbildung in Gestalt kurzer wassererfüllter Röhrchen von Blei- 
stiftdicke, auch sind die Knochen häufig mit einer mehr oder minder dicken 
Sinterkruste überzogen. 

Anfangs war der Zutritt zu der Höhle nur durch einen einzigen Schacht 
ermöglicht, nachträglich aber stellte sich heraus, dass noch mehrere Eingänge 
vorhanden sein müssten, und war man bei meiner Anwesenheit damit beschäf- 
tigt, den zweiten Eingang für die Besucher praktikabel zu machen. Er 
mündet in den grössten Kaum der Höhle und ist auch insofern» wichtig, als 
durch ihu ein grosser Theil der Thierknochen, sowio alle Reste und Artefacte 
des Menschen in die Höhle gelangt sind. 

Der dritte Eingang befindet sich in nächster Nähe des zweiten, hat aber 
für uns keine Bedeutung, denn ausser Felstrümmern ist durch ihn sicher 
nichts weiter in die Höhle gelangt. Auch hat es fast den Anschein, als ob 
dieser Schlupf erst in späterer Zeit und zwar durch Menschenhand ver- 
rammelt worden wäre, um den die Höhle bewohnenden FUchseu und anderen 
Raubthiereii den Ausgang zu verwehren. Der vierte Eingang ist nahe dem 
östlichen Ende der Höhle. Er wird offenbar noch jetzt von Füchsen und 
Mardern benützt, denn in seiner Nähe finden sich Knochen von frisch erbeu- 



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I)r. Max Schlosser. 



teten Tbieren, darunter auch von Geflügel, Knochen und Kiefer von vor- 
wiegend jungen Füchsen und überdies sogar frische Losung. Durch diesen 
Schlupf ist eine grössere Menge von Löss in die Höhle herabgefallen, in dem 
ich jedoch keine Tierreste entdecken konnte. 

Was nun die Thierknocheu selbst betrifft, so sind dieselben nicht blos 
auf verschiedene Weise in die Höhle gelangt, sie gehören vielmehr sicher 
auch ganz verschiedenen Perioden an. Die ältesten sind selbstverständlich 
die Ueberreste des Höhlenbären. Sie fanden sich oberflächlich auf den 
Felsblöcken zwischen dein ersten und zweiten Eingang, auch glaube ich, einen 
stark mit Tropfstein incrustirten Schädel beobachtet zu haben, dessen 
genaueren Platz ich jedoch nicht mehr anzttgeben vermag. Es stammen diese 
Reste von Individuell, welche die Höhle selbst bewohnt haben und auch darin 
verendet sind. Ihre Zahl war indess ziemlich gering, denn bis jetzt wurden 
nur wenige Extremitfttenkuochen und Wirbel aufgelesen 

Die meisten Knochen stammen von Hausthieren, vorwiegend von 
Schwein und Rind, seltener von Schaf und Pferd. Sie sind durch den 
erwähnten zweiten Eingang in die Höhle gelangt Dem Erhaltungszustände 
nach hat es fast den Anschein, als ob auch sie zwei verschiedenen Perioden 
angehörten. Ein Tlteil stammt vermuthlich bereits aus der Zeit des prähistor- 
ischen Menschen, denn Artefacte desselben — Bronzespirale und Bronze- 
nadel — sowie zahlreiche Holzkohlen wurden zusammen mit solchen Thier- 
knocben gefunden. Der grössere Tbeil aber dütfte wohl erst ans historischer 
Zeit stammen, und hat die Vermuthung Federls, des Entdeckers der Höhle, 
dass etwa bei einer Seuche die gefallenen Thiere in die Höhle geworfen 
worden wären, in der That viel Wahrscheinlichkeit für sich. Dagegen glaube 
ich das Vorkommen der Thicrknorheii aus früherer Zeit, sowie das Vor- 
kommen der Artefacte und Holzkohlen darauf zurückführeu zu sollen, dass 
vor der Hohle eine prähistorische Station bestand, deren Abfälle in Folge 
einer Senkung des Bodens in die Höhle gestürzt sind. Für eine solche 
Senkung spricht in der That der Umstand, dass in dem unmittelbar an diesen 
Eingang greuzeuden Theile der Hohle, dem „Erlhain“ — uaeli einem der 
ersten Erforscher der Höhle benannt — die mehr als fussdickeii Stalaktiten 
fast sämmtiich in gleicher Hohe abgebrochen, die ihnen entsprechenden 
Stalagmiten aber umgefallen und zum Theil durch Felsbrocken verdeckt sind. 
Ueberdies zeigen auch die Felswände, sowie der Huhlenboden mehrfache Ver- 
werfungen und ist aus diesen beiden Erscheinungen sogar der ungefähre 
Betrug — 2 Meter — zu ermitteln, um welchen sich der Boden gesenkt 
hat. Bei diesem Vorgang musste auch die ihrer Stütze beraubte, vor der 
Höhle befindliche Kulturschieht in die Tiefe stürzen. Nachträglich wurden 
dann noch durch die iu der Hohle angesammelten Tropfwässer die leichteren 
Knochen, insbesonders aber die Holzkohlen, nach den tieferen Theilen der 
Höhle verschwemmt und hier in eine dicke, aber durchscheinende Tropfstein- 
kruste eingebackett. 

Die Menschenknocben-Oberkiefer eines jugendlichen Individuums, 
Scbädelknochen und das angebrannte Oberende eines Humerus — habe ich 



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Natürliche Hohlen in Bayern. 



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Herrn Prof. J. Hanke zur näheren Untersuchung übergeben, doch scheinen 
diese Reste aus späterer Zeit zu stammen. 

Dass die Hohle noch jetzt von Kauhlhieren bewohnt wird, und daher 
Knochen der von ihnen erbeuteten Thiere, sowie von Füchsen und Mardern, 
insbesondere von jungen Individuen namentlich in der Nähe des vierten Ein- 
gangs Vorkommen, habe ich bereits erwähnt. Mehr Interesse verdienen die 
Knochen und Kiefer von zwei Vespertilio-Arten, da sie in einem lockeren 
Kalktuff eingebettet sind und daher eher für fossil gehalten werden konnten. 
Die Bildung dieses Tuffes dauert indess noch in der Gegenwart fort, wie 
auch die Hohle noch jetzt von Fledermäusen bewohnt wird, wesshalb wir 
auch diesen Resten kein höheres Alter zuschreiben dürfen. 

Wir haben somit in der „König Olto-Höhle.“ sowohl Reste von Thieren, 
welche entweder früher — Höhlenbär — oder noch in der Gegenwart — 
Fledermäuse und Raubthiere — in der Höhle gelebt haben, als auch 
solche, welche bloss durch Zufall, zum Theil direct durch die Tbiitigkeit des 
Menschen, zum Theil durch Raubthiere in die Höhle gelangt sind, und 
zwar lassen sieb auch diese wieder auf verschiedene Zeiträume — prähisto- 
rische (Bronze Periode) Zeit, Mittelalter (V), oder neuere Zeit, und Gegen- 
wart — vertheilen; ganz ähnliche Verhältnisse zeigt die Charlottenhöhle 
bei Hürben in der Nähe von Giengen a. d. Brenz, über welche kürzlich 
Eberhard Fraas') berichtet bat. 

Ich möchte noch darauf binweisen, dass auf dem Boden ttuserer Höhle 
auch nussgrosse Kalkgerölle Vorkommen, — auch in der benachbarten 
Breitenwiener Höhle hat man solche beobachtet — . Ihre Herkunft ist 
völlig rälhselbaft, denn in der gauzen Gegend sind ähnliche Gerüllschichteu 
nirgends über Tag anzutreffen. Sind dieselben durch Fluthen in die Höhle 
verschwemmt worden oder kamen sie durch den Menschen in die vor der 
Höhle befindliche Kulturschicht und aus dieser dauu erst später in die 
Höhle selbst? 

Ausser der soeben besprochenen „König-Otto"-Hohle und der schon 
früher durchforschten, durch ihren Keichthum an Höhlenbären-Resten ausge- 
zeichneten Breitenwiener Hoble bat die Umgebung von Velburg noch 
eine ziemliche Anzahl grösserer und kleinerer Grotten aufzuweisen. *) Zwei 
grössere solcher, hier „Holloch" genannten Höhlen befinden sich nur 2 km 
von Velburg entfernt, bei St. Wolfgang. Die eine von ihnen ent- 
hält ziemlich viele Knochen; ich selbst fand im Vorranme frei auf dem Boden 
liegend einen Handwurzelknochen von Höhlenbär. Da jedoch beide Höhlen 
früher als Bierkelier gedient haben und ihr Boden desshalb an verschiedenen 
Stellen eingeebnet, bezw. aufgefüllt worden war, so erschien mir eine syste- 
matische Ausgrabung von vorneherein ziemlich überflüssig, da ich hier ja 
doch keine ungestörte Lagerung etwaiger Thier- und Menschenreste erwarteu 

') Jahresbefte dos Vereins für Naturkunde in Württemberg. J8Ü4. S. LXIi. 

’) Bald nach meiner Abreise von Velburg wurde auch bei Krumpenwien, etwa 3 km 
vou der König Otto-Hühle, oino sehr grosse Tropfstein hüb le eutdeckt, die jedoch bis jetzt 
keine organischen Ueborrcsto geliefert hat. 



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32 



Dr. Max Schlosser. 



durfte. Immerhin liess ich, um ganz sicher zu gehen, an den Seiten nnd in 
einem Nebengang der Vorhalle Gräben ziehen, die jedoch schon in ganz 
geringer Tiefe auf den Felsen trafen, ohne irgend welche Reste zu liefern. 
Um so mehr versprach ich mir von der Ausgrabung der zwischen den beiden 
grossen Höhlen befindlichen Felsnische, nnd hatten hier meine Forschungen 
auch reichlichen Erfolg, insoferne ich wirklich ein deutliches Profil verschie- 
dener prähistorischer Schichten feststellen konnte, ähnlich jenem vom 
Schweizersbild bei Schaffhausen, während in Frauken eine derartige 
Scbicbtenfolge bis jetzt noch nicht zu beobachten war. 

Mein Ergebuiss an anthropologischen Funden steht nun allerdings weit 
hinter denen, welche an jener berühmten schweizerischen Tmcalität gemacht 
winden, zurück, dagegen kann sich meine Ausbeute der aus der tiefsten 
Schicht — der Nagerschicht stammenden Wirbelthier-Ueste, sowohl was den 
Arten- als auch den Individuen-Keicbthum betrifft, so ziemlich mit den Auf- 
sammlungen von Dr. Nuesch am Schweizersbild messen. 



ri*. i. 




Die Nische misst au der einen Längseite l> m, an der anderen 5,5 m, 
an der Rückwand 3,5n), an ihrer Oeffnung 4 m; ihre Höhe beträgt minde- 
stens 3 m und bot daher dem prähistorischen Menschen wenigstens zu 
vorübergehendem Aufenthalt genügend Raum. Für einen solchen Aufent- 
halt war sie bei ihrer vollkommen windstillen, sonnigen Lage wohl geeignet. 

Da bei der vorgerückten Jahreszeit eine Unterbrechung der Ausgrabung 
zu befürchten stand, liess ich nacheinander Gräben ausheben in der Reihen- 
folge der römischen Ziffern — siehe die Skizze — um bei einer etwaigen 
Einstellung der Arbeiten noch für günstigere Zeit unberührte Stellen übrig 
zu lassen. Indess gestattete die Witterung eine vollständige Erforschung 
und Ausbeutung der Localiiät und zwar in der kurzen Zeit von vier Tagen. 



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Natürliche) Höhlon in Bayern. 



33 




DIo römischen Ziffern gelten die Relheofolgo der Gr&bcn an. 

A Feuenrtellu. H Leichenbrand. C D Richtung des ProUl* in Fig. 2. 

— — (jgc der Felapinltc. 

Grenze der Nngcrechtcht. 

a Humu«. h schwarze schieb», b' braune Schicht, e wtlswr Send, weiase Nagerachlcht. cf gelt*e 
oder Hauplnagerachicht. t Felsb rocken und Stunt. / Felsboden. 

Der erste Graben (I) wurde senkrecht zu der die Felsnische begrenzenden 
Wand gezogen, ergab jedoch nut steriles Erdreich und bei 1,2 m Tiefe 
blossen Felsboden, hingegen liess bereits der zweite, die beiden Seiten der 
Nische verbindende Graben (II) ein deutliches Profil erkennen, nämlich : 

0,5 in gewachsenen Boden mit Kesten des Höhlenbären und Topf- 
Scherben, 

0,5 m neolithische Schiebt — 0,2 m schwarze Erde mit Brouzeflbel und 
0,3 nt braune Erde — , 

0,1 nt gelbe, lössartige Nagerschicht, darunter Felsen. 

An der Rückwand der Höhle (Graben IV) reichte der gewachsene Boden 
ebenfalls bis 0,5 m hinab, dann folgte eine Schicht mit Kohlen und eine 
mit Steinen — zusammen 0,5 m, hieraut wiederum die Nagerschicht 
0,1 m und zuletzt gelber Dolomit-Sand und Felsboden. An der einen 
Seite der Holde (111) traf ich ebenfalls 0,5 m gewachsenen Boden, da- 
runter die schwarze Schicht, auf welche vorne nur Steine und zersetzter 
Fels, weiter hinten aber die Nagerschicht in einer Mächtigkeit von 0,5 m 
folgte. Die andere Seite (V) liess keine deutliche Schichtung erkennen ; nach 
0,5 m Erde kam bereits zersetzter Felsen. Auch in der Mitte der Nische 
(VI und VII) hatte der gewachsene Boden eine Mächtigkeit von ca. 0,5 tu. 
Darunter kam weisser Dolomit-Sand mit kleinen Felsbrocken von 0,1 bis 
0,3 tu Mächtigkeit, dessen tiefere Lagen Nager- und Vogelreste enthielten, 
hierauf folgte die gelbe Nagerscbicht zuletzt ohne Fossilien und atu Schluss 
Felsen. 

Zwischen IV, V, VI und VII zieht sich schou in geringer Tiefe eine 
Felsplatl.e bin, auf welcher die Nagerschicht hoch heraufreicht, allerdings in 
ihren oberen Lagen nicht als lüssartiger Lehm, sondern als weisser Sand ent- 
wickelt. In diese greift hei A eine Partie Kohlen, angebrannter Knochen- 
IrOmmer von Wiederkäuern und ungebrannten Steinen ziemlich tief herab; 
wir haben also aller Wahrscheinlichkeit nach eine Feuerstätte vor uns. 
Bei B war die schwarze Erde selbst bei 2 nt Tiefe noch nicht zu Ende, und 
scheint hier ein Spalt in den Felsen hinabztireichen , wenigstens konnten 

Buiträuc zur Anthropologie. XIII. B<). I. u. 2. lieft. jj 



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34 



Dr. Max Schlosser. 



Schaufelstiele bis au das Eisen hinabgesleckt werden. Die Erde war nament- 
lich gegen die Tiefe zu stark mit Kohlentheilchen gemischt, auch Topfscherben 
fanden sich häufiger als in den übrigen Tbeilen der Felsnische, wesshalb ich 
wohl die Vermuthnng aussprecheu darf, dass hier ein Leichenbrand bestattet 
worden sei. 

Der gewachsene Boden hebt sich zwar meistens ziemlich scharf von der 
darunter befindlichen braunen nnd schwarzen Lage ab, in Wirklichkeit dürfen 
wir jedoch wohl auch diese oberste Lage noch tbeilweise den neolitliischen 
Schichten zurechnen, wenigstens lassen sich die Topfscherben und Feuerstein 
abfalle der tieferen Lagen absolut nicht von denen, die bereits nahe dei Ober- 
fläche Vorkommen, unterscheiden. Auch scheinen die Bruchstücke der Röhren- 
knochen in den tieferen, sowie in den höheren Lagen von den gleichen Thier- 
arten — namentlich von Boviden — herzurühren. Auch zwei Artefacte 
fanden sich in oder nahe der Humusschicht. Die verschiedene Färbung der 
neolithischen Schichten ist daher wohl eher durch die mehr oder weniger weit 
vorgeschrittene Zersetzung der Humussubstanzen als durch Annahme wirk- 
lich verschiedener Perioden zu erklären. Die schwarze Farbe der tieferen 
neolithischen Lagen rührt augenscheinlich von beigemengten Kohlentbeilchen 
her. Die in dieser Weise zusammengefassten über der Nagerschicht vor- 
handenen neolithischen Schichten lieferten Reste von folgenden Thieren : 

Felis catus forua Linn. Untorkiefer, 

Must ela martos Kinn. „ 2 Wirbel, 

V ulpos vulgaris Liuo. „ Eckzalin, 1 Metatarsalo, 

Lupus vulgaris Linn. 3 Motacarpalia, 1 Plialangc, 

Ursus spelaous Kosonm. zahlreiche isolirto Ziilme, Knochen von Hand und Kuss, 1 Wirbel, 
Hyaena crocuta Zimmerm. var. spelaea, 4 Phalangen, 

Equus caballus Linn. 2 Zähne, 

Sus scrofa ferus Linn. 3 Untorkiefor, 1 SdiäUelfragment, 2 Metacarpalia etc. 

Sus scrofa domcsticus Linn. 1 Wirbel, 

13 os (Ilison?) 1 sehr grosso Phalango. 
ilos taurus Linn. 4 isolirtc Zähne, Phalangen, 

Cervus elaphus Linn. 1 Zahn, 2 Carpal ia, Phalangen, 

Kangifer tarandus linn. 2 fJeweihfragmente, 3 Phalangen, 

Lepus titnidus Linn.? variabilis Pali? .Scapula, Sternalknocben, 

Lagopus alpin us Nilss. Fiügol- und Fussknochon, 

Lagopus albus Omni. Flügel- und Fusskuoclien. 

Vollständige Kiefer oder ganze Röhrenknochen von grösseren Thieren 
waren nicht vorhanden, die zahli eichen Knochentrümmer zeigten weder Spuren 
von Bearbeitung noch von Beuagung, mir eine einzige Fibula von Rind war 
zu einem Pfriemen verarbeitet. 

Von Mensch liegen 3 Metacarpalien, Phalangen, 1 Humerusepiphyse 
und 1 Rückenwirbel vor, doch stammen dieselben ihrem Erhaltungszustände 
nach, insbesondere der Wirbel, höchst wahrscheinlich aus späterer Zeit. Sie 
fanden sich auch ziemlich nahe au der Oberfläche. Feuersteine sind nicht 
sehr häufig; von einem bestimmten Typus derselben kann nicht gut die Rede 
sein, es handelt sich vielmehr wahrscheinlich um Abfälle, nur zwei derselben 
könnten vielleicht als Schaber gedient haben. Auch die Topfscherben geben 



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Natürliche Höhlen in Bayern. 



35 



wenig Aufschluss über das genauere Alter der prähistorischen Schichten. 
Dagegen gehören die drei besser erhaltenen Artefacte, eine Bronzenadel, 
der erwähnte knöcherne Pfriemen, sowie ein durchlochter Wetzstein — 
wie er auch in Franken häufig vorkommt — sicher einer relativ späten Zeit 
an, denn sie lagen ziemlich nahe an der Oberfläche mit Ausnahme der Bronze- 
nadel, die wohl auch nur durch Zufall weiter hinabgerathen war. Zu er- 
wähnen wären noch als Spuren des Menschen einige Brocken von okta- 
edrischem Schwefelkies, der äusserlich zu Bolus verwittert war und daher als 
Farbe gedient haben wird, sowie die Holzkohlen, die oberhalb der Nager- 
schicht stellenweise geradezu einen vollständigen Horizont bilden. Beider 
reichen diese dürftigen U eher res te nicht hin, um hier die Unterscheidung 
zwischen paläolithischer und neolithischer Zeit zu gestatten; auf die 
erstere könnten höchstens ein paar Silex, sowie die unterste Kohlenlage be- 
zogen werden, vielleicht auch die (bei A gefundene) in die Nagerschicht hin- 
abreichende Feuerstätte. Dagegen wäre der (bei B vorhandene) Beicben- 
brand jedenfalls in die neolithische Periode zu rechnen. 

Merkwürdiger Weise finden sich die Reste von Höhlenbär, Hyäne, 
Wolf und die wenigen Zähne von Pferd ganz nahe an der Oberfläche des 
gewachsenen Bodens, während sie doch ihrem sonstigen Vorkommen nach 
sogar nur unterhalb der Nagerschicht zu erwarten wären. Ich zweifle indess 
nicht daran, dass diese Reste vom prähistorischen Menschen in den beiden 
benachbarten Höhlen aufgelesen und in unsere Nische verschleppt worden 
sind und zwar haben sie vermutblich als Spielzeug oder Zierrath gedient, 
wozu sie ja wegen ihrer hübschen Farbe und ihrer mannigfaltigen und ge- 
fälligen Form recht gut geeignet waren. Die Reste von Renthier und 
Schneehuhn dagegen fanden sich nur iu ziemlicher Tiefe und darf ihr Vor- 
handensein wohl als eine Andeutung der Periode von St. Madeleine, des 
Magdalönien oder der paläolithischen Zeit betrachtet werden. 

Die weisse Sandschicht, welche in der Mitte der Nische unter deu 
eigentlich prähistorischen Schichten folgt, an den Rändern aber höchstens 
durch lose Steine angedeutet wird, enthält wie die unter ihr befindliche gelb- 
braune Schicht, Reste von Nagern und Vögeln, jedoch in ziemlich geringer 
Anzahl. Ich konnte verschiedene Arvicola- Arten, sowie Bagomys, Talpa, 
Sorex und Bagopus darin nachweisen, von Myodes fand ich nur einen 
Humerus. Ob uttn diese Art wirklich noch dieser Schicht angehört oder 
nicht, wage ich nicht zu entscheiden. Es bleibt daher auch eine offene Frage, 
ob wir es mit einem selbständigen Horizont oder mit nur einer Facies der 
eigentlichen Nagerschicht zu thun haben, doch ist es nicht unmöglich, dass 
sie in der That die obere Nagerschicht vom Schweizersbild bei Schaff- 
hausen vertritt. Um so gesicherter ist nun die Identität unserer „gelben 
Nagerschicht“ mit jener vom Schweizersbild, was aus der auffallenden 
Uebereinstimmung ihrer Faunen unzweifelhaft hervorgeht. Diese Ueberein- 
stimmung erstreckt sich, wenn wir von dem Fehlen einiger seltener Arten 
absehen, sogar auf das Verhältniss der Iudividuenzahl bei den einzelnen 
Species, wie aus der kürzlich erschienenen Arbeit Nehring's: „Die kleineren 

3 * 



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36 



Dr. Max Schlosser, 



Wirbel thiere vom Schweizersbild" *) zu entnehmen ist . Ich konnte folgende 
Arten nachweisen: 

Talpix europaoa Linn. Maulwurf (selten), 

Sorox vulgaris Linn. Spitzmaus (häufig), 

Vuspertilio | 

„ 1 Fledermäuse (srltou), 

Plecotus auritus Dias. J 

Must ela (Foina) mar tos Linn. Marder (selten), 

Footorins orminoa K. u. Dias. Hermelin (ziemlich selten) [F. Krejcii Woldf. p. p.], 
FootoriuB vulgaris K. u. Dias. Wiesel (ziemlich selten) [F. imnutus Woldr.], 
Loucooyon lagopus Linn. Eisfuchs (selten), 

Lepus cfr. variabilis Pall. Schneehase (häufig), 

Lagomys pusillus fossilis Desm. Pfeifhase (ziemlich selten), 

Sciurus vulgaris Linn. Eichhörnchen (sehr selten), 

Mus sp. Maus (selten), 

Myodes torquatus Pall. Halsband- l/imming (sehr zahlreich); 

Wühlmäuse, nämlich: 

Arvicola amphibius (torrestris) Dias, (häufig), 

„ cainpohtris Dias, (häutig), 

„ arvalis „ * 

„ agrostis n (sehr zahlreich), 

» gregalis B „ „ 

„ ratticeps m m m 

„ nivalis Mart, (häufig), 

„ glareolus Blas, 'schon), 

Cer von elaplms linn.? Edelhirsch oder C. rnnadcnHis var. inaral, Ogilbv. ? 
(sehr selten), 

Sus scrofa ferus Linn. Wildschwein (sehr selten), 

Turdus 2 sp. V Drossel (selten), 

Fri ngillid ao 2 sp.? Sinpvogcl (selten), 

Corvus monodula Linn. beide (helton), 

Cor v us (selten), 

Tetrao totrix fjun. llirkhuhn (Rehr selten), 
f’ordix eiuorea lärm. Kcbhuhu (Hehr selten). 

I.ngopns alpiuuH Nilss. Alpsnschncohuhu {sehr zahlreich). 

„ albus Omel. Moorschueohuhn (sehr zahlreich), 

I.acerta Eidechse (sehr H*dten), 

Kana Frosch (Helten). 



Unter den Vögeln überwiegen bei Weitem die beiileti Schnee luilin- 
Arten, unter den S&ngetliieren die Arricoliden und der Halshand- 
I.emming, von welchem gegen 200 Unterkieier vorliegen. Unter den Arvi- 
coliden sind die häufigsten Arvicola gregalis und agre9tia mit je 
130 Unterkiefern, seltener sind schon ratticeps mit 55 und nivalia mit 
44 Unterkiefern. Als verhältnissniilssig häiufig wären auch noch Sorex 
vulgaris, Foetorius erminea und vulgaris, sowie Uepus variabilis 
zu nennen. Die Schneehuhnreste vertheilen sich auf mindestens 50 Indi- 
viduen, doch waren deren noch viel mehr vorhanden, lndess unterliess ich 
es, dieselben sämmtlich aufzulesen, da ich mein volles Angenmerk auf die 



') Denkschriften dor Schweizer naturforscheuden Gesellschaft. Ltd. XXXV. 1895. 



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Natürliche Höhlen io Bayern. 



37 



Ansammlung der doch unvergleichlich viel wichtigeren Nagethierkiefer ver- 
wenden musste. 

Die Nagethierschicht bedeckt, wie obige Skizze zeigt, den Boden der 
Uöhle zwar in ungleicher Tiefe, aber immer in einer durchschnittlichen 
Mächtigkeit von 0,1 m, hört aber unmittelbar am Ausgang, sowie an 
der einen Seitenwand der Nische vollständig auf. Eiue befriedigende Erklärung 
für diese Tbatsache vermag ich nicht zu gebeu. Wenn auch die lossartige 
Schicht, in welcher die Thierreste eingebettet sind, gleich dem Löss, von 
dem das vielfach angenommen wird, eine aeoliscbe Bildung darstellen, die 
Thierreste selbst aber aus Raubvugelgewöllen stammen sollten, wie Nehring 
angibt, so lässt sich dies mit der scharfen räumlichen Begrenzung und der 
gleich bleibenden Mächtigkeit unserer Nagerschicht doch recht schwer in Ein- 
klang bringen. Hingegen Hessen sich beide Verhältnisse viel leichter durch 
HoehHuiheti erklären Dieselben hätten eben das vor der Nische befindliche 
Material fortgeführt, während itas in derselben vorhandene in eine ziemlich 
gleicbmässig dicke Schicht über die Vertiefungen des Hohlenbodens vertbeilt 
wurde. Solche Hochfluthen müssten jedoch sehr bedeutende Dimensionen er- 
reicht haben, denn die Thäler bei Velburg haben eine viel grössere Breite 
als jene in Franken. Indess liegt es mir ferne, mich entschieden für die eine 
oder andere dieser beiden Erklärungen ausspiecheu zu wollen, doch wüsste 
ich zur Zeit auch keine besser befriedigende dritte Deutung anzugebeu. 

Es erübrigt mir uoch, die Schichtfolge unserer Ablagerungen mit dem 
berühmten Profil vum Schweizersbild zu vergleichen: 

Schweizersbild: 

Humusschicht, 

(irauc Kulturschicht, 

• Obere Breccien- oder Nagerschicht, 

Gelbe Kultursuhicht, 

Untere Breccien- oder Nagerschicht 
8t. Wolfgang: 

Humusschicht, 

Schwarze und braune Schicht, 

Woisser Sand, obere Nagerschicht? 

? 

Gelbo oder Hauptnagerschicht. 

Die bisher erzielten Erfolge berechtigen zu der Erwartung, dass die bis 
vor Kurzem noch so vernachlässigte Umgebung von Velburg auch in Zukunft 
noch ein reiches Fel»! für prähistorische Forschung bieteu dürfte. 

Ich möchte nicht scbliessen, ohne den liebenswürdigen Bürgern von Vel- 
burg für die freundliche Aufnahme und die vielfache Unterstützung, die mir 
von ihrer Seite zu Theil wurde, meinen herzlichsten Dank auszusprechen. 
Uiemit verbinde ich den Wunsch, dass ihre auf die Erschliessung der so 
sehenswertheil Tropfsteinhöhlen gerichteten Bemühungen durch recht zahl- 
reichen Besuch aus Nah und Fern belohnt werden möchten. 



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38 



Dr Uns Sdilos.w-r 



UI. 

Ausgrabungen und Höhlenstudien im Gebiet des oberpfälzischen 
und bayrischen Jura. 

Die von mir vor mehreren Jahren begonnene Untersuchung der bayrischen 
Höhlen wurde auch im Herbste 1896 fortgesetzt, und erstreckten sich meine 
Forschungen auf das Gebiet zwischen Neubutg a. D. und dem Altmiihlthal 
bei Dollnstein, auf die Umgebung vou Velburg und auf das Schwarz- 
laberthal in der Oberpfalz zwischen Lupburg und Deuerling. 

Ich begann bei Heuburg a. D., in dessen Nahe bei Mauern sich 
mehrere grosse Höhlen befinden, die wie fast alle bayrischen Höhlen im 
Frankendolomit sich gebildet haben. Diese Höhlen versprachen insofertie lie- 
genderes Interesse, als hier ähnliche topographische Verhältnisse gegeben sind 
wie im Ries bei Nördlingen, wo die Ofnet-Höhle bekanntlich sehr bedeu- 
tende Mengen fossiler Tbierreste, vor Allem von Hyänen und Pferden ge- 
liefert hat. Da nun bei Mauern ebenso wie au der Ofnet bei Nördlingen 
die Jurahöben steil gegen eine weite Ebene — hier gegen deu Rieskessel, 
dort gegen die Donauebene abfalleu, so war es an sich nicht unwahrschein- 
lich, dass auch an der Donau ehemals eine ähnliche Thierwelt gelebt und 
wohl auch mehr oder weniger zahlreiche Reste hinterlasseu hätte. 

Leider hat sich diese Erwartung nicht bestätigt, denn die Ausgrabungen 
lieferten nur wenige dürftige Reste — Toptscberben ans neolithiseber Zeit 
Schon bei kaum '/« m sliess ich überall auf den Felsboden. Wir müssen uns 
desshalb die Frage vorlegeu, waren diese Hohlen im älteren Pleistocän über- 
haupt von Thieren, eventuell auch vou Menschen bewohnt oder nicht V 

Der örtlichen Lage — Südexpositiou, Nähe von Wasser und der Grösse 
der Höhlen — nach möchte ich diese Frage am liebsten bejahen, das Kehlen 
von Resten aus älterer Zeit wäre alsdann durch die Annahme zu erklären, 
dass sie eben später durch Hochtlutben weggeschwemmt worden seien. Diese 
Annahme wird auch durch die Beschaffenheit der Höhlen gestützt, denn ihr 
Boden erscheint nach aussen geneigt, in welchem Falle ich bisher noch nie- 
mals Reste der altpleistocäneu Thierwelt angetroffen habe. Schon in Franken, 
in der Rabensteiner, Pottensteiner und Pegnitzer Gegend habe ich bemerkt, 
dass der Boden aller Höhlen und Felsnischen, welche pleistocäne Reste ge- 
liefert haben, sich nach einwärts senkt, wodurch ihre Wegscliwemmung durch 
die späteren Hochfluthen verhindert wurde. Immerhin waren die Nach- 
forschungen in den Höhlen von Mauern keineswegs übei flüssig, denn es 
würde sich, soferne auch hier das Fehlen älterer Thierreste in der angegebenen 
Weise zu erklären wäre, die bereits in Franken gewonnene Erfahrung be- 
stätigen und eine Verallgemeinerung für das ganze Gebiet des bayrisch-frän- 
kischen Jura erlauben. 

Indess kommt hier doch vielleicht eine anderweitige Erklärung zur 
Geltung. Das Juraplateau, an dessen Südgehänge diese Höhlen liegen, biegt 
hier rechtwinkelig um und hat sich die Donau in den Kalken zwisebeu Neu- 
burg und Stepperg ein tiefes Bett gegraben. Bevor dies geschah, müssen 



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Natürliche Hohlen in Bayern. 39 

jedoch die hier vereinigten Gewisser des Lech und der Douatt einen See 
gebildet haben, dessen Spiegel am Juragebänge beträchtlich hoch hinaufreichte 
und möglicherweise die Höhlen selbst noch unter Wasser setzte, so dass sie 
überhaupt nicht von Landt liieren betreten werden konnten. Ueber diese 
Krage erhalten wir nun durch die Untersuchungen von Winter 1 ) einige 
nähere Aufschlüsse. Kr nimmt an, dass der Durchbruch der Donau zwischen 
Stepperg und Neuburg erst während des Pleistocitn erfolgt sei. Früher 
haben diese Wassermassen ihren Abfluss durch das jetzige Trockenthal zwischen 
Mauern, Wellheini und Dollnstein und von hier durch dus Altmühl- 
thal genommen und nicht etwa südlich vom Juraplateau in der Gegeud des 
Donaumooses, und zwar muss dieses Flusssystem sogar noch wenigstens 
während der älteren Pleistocänzeit existirt haben, denn sowohl im Well- 
lieimerThal als auch im Altmühlthal — bei Arnsberg in der Nähe von 
Eichstätt findet man Ablagerungen alpiner Gerolle. Der Lech muss schon 
damals seine jetzige Richtung eingeschlagen haben, denn das Pehlen der prä- 
glacialen Nagelfluh, östlich der Linie Augsburg- Pöttmes-Neuburg a. IX, 
erscheint bedingt durch einen in dieser Richtung verlaufenden Höhenrücken. 
Da aber der Lech in dieser Nagelfluh sein Bett gegraben hat, die Nagelfluh 
selbst aber altpleistocänes Alter hat, und die erwähnten alpinen Gerolle eben 
falls mindestens der älteren Pleistocän-l’eriode angehören, so wird es überaus 
wahrscheinlich, dass jenes Trockeuthal von Wellheim auch noch während 
eines grossen Theils der Pleistocänzeit als Flussbett gedient haben, der 
Durchbruch durch den Jura zwischen 8tepperg und Neuburg hingegen 
erst sehr spät erfolgt sein dürfte. Ehe dies jedoch geschah, haben vermuth- 
lich wiederholt betleutemle Wasseranstauungen stattgefunden. Der höchste 
Punkt in der Sohle des jetigen Trockenthales von Wellheira liegt 409 m, 
die Höhlen von Mauern etwa 420 — 430 in, es genügte also schon eine An- 
stauung um 10 — 20 m, um letzere für Landlhiere vollständig abzusperren 
Wenn wir bedenken, zu welch beträchtlichen Höhen die Gewässer im Franken- 
jura gestiegen sein müssen, um in die oft sehr hoch gelegenen Höhlen ein- 
dringen und das daselbst angehäufte Material theils wegführen, tbeils in 
tiefere Höhlenräume hinabltthren zu können, die Art und Weise der Ablage- 
rung der dortigen Knochenmassen aber eine andere Erklärung überhaupt 
nicht zulässt, so wird uns auch eine solche Anstauung der Donau Gewässer 
und die hiedurch veranlasste Absrbliessung der Hohlen von Mauern ziem- 
lich plausibel erscheinen Wir hätten es also hier mit dem gewiss sehr 
seltenen Fall zu thun, dass an sich überaus giiustig gelegene Höhlen zur 
Pleistocänzeit weder fUt Thicre noch für den Menschen bewohnbar gewesen 
wären. 

In der Velburger Gegend untersuchte ich: 

die Lutzmau nsteiner, die Breitenwiener, beide ziemlich nahe hei 
einander befindlich, etwa 7 — 10 km von Velburg, die Kittenseer Höhle, 

') Der Lech, seine Entstehung, sein lauf und die Ausbildung seines Thaies. XXXII. Bericht 
des naturwissenschaftlichen Vereines für Schwaben und Nouburg 1890, p. 53t;. leider erschien 
diese so wichtige Abhandlung erst, nachdem ich meine letstjährigcu Untersuchungen beendet hatte. 



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40 



Dr. Max Schlosser. 



etwa ü kra ebenfalls nördlich von dieser Stadt, ferner die im Herbst 1895 
entdeckten Hiiblen von St. Coloman — König Otto- Hoble — und 
Krumpenwien — Gaisberghöhle — und endlich mehrere kleinere Höhlen 
im Velburger Schlossberg und bei St. Wolfgang, sowie die Höhle im 
Herz Je8u-Berg, westlich von Velbnrg. 

Ueber die Verhältnisse in der König Otto-Höhle habe ich schon 
letztes Jahr berichtet Es erübrigt daher nur, von den wichtigsten inzwischen 
gemachten Funden zu sprechen. 

Meine frühere Augabe, dass die menschlichen Artelacte ganz verschiedenen 
Perioden angeboren, kann ich auch jetzt durchaus aufrecht erhalten, denn 
ausser verschiedenen Bronzegerätben kamen auch ein Flintenlauf und eine 
zu einem Dolch oder Pfriemen verarbeitete menschliche Ulna, sowie ein dureh- 
lochtes Geweihstück zum Vorsche.in, also allerjüngste Vergangenheit einerseits 
und mindestens neolithische Zeit andrerseits. Die Hausthierreste stammen 
wohl ebenfalls zumeist aus sehr junger Zeit und rühren vermuthlieb von ge- 
fallenen Tbieren her, die während einer Seuche in die Hoble geworfen wurden 
Höhlenbärenreste haben sich seit Eröffnung der Höhle nur wenige gefunden, 
und ist es sogar nicht unmöglich , dass die bis jetzt vorliegenden Knochen 
nur einem einzigen Individuum angehört haben. 

Die Verhältnisse in der Gaisbergbö hie sind denen in der eben er- 
wähnten König Otto-Hohle uugemeiu ähnlich. Auch diese Höhle zeichnet 
sich durch schöne Tropfsteinbildungen aus, die Thierreste geboren ebenfalls 
unseren llausthierarlen au und stammen ebenfalls aus der jüngsten Vergangen 
beit. Reste vom Höhlenbären sind noch seltener als in der Colomauer 
Höhle. Von menschlichen Artelacten ist mir überhaupt nichts gezeigt worden 

Die Lutzmannsteiner Höhle ist auscheiueud ausser in jüngster histo- 
rischer Zeit vom Menschen nur sehr selten betreten worden, was sich aus 
ihrer versteckten Lage sehr wohl erklären lässt. Die einzigen Spuren für 
frühere Anwesenheit des Menschen bestanden in einigen rohen Topfscherben, 
die jedenfalls aus neolithischer Zeit stammen. Sie lagen unmittelbar auf der 
Kalksinterdecke, die den Boden der ganzen Höhle überzieht und ziemlich 
viele Knochen vom Höhlenbär einschliesst — ich sah nnter Anderem auch 
einen mit diesem Sinter überzogenen Schädel dieses Bären. Schichten aus 
jüngerer Zeit fehlen hier vollständig. Höhlenerde wäre erst unter der Sinter- 
decke anzutreffzu. Da somit von einer Schicbtenfolge keine Rede sein konnte, 
so verzichtete ich auf eine eigentliche Ausgrabuug. Eiue solche würde vor- 
aussichtlich nur Reste vom Höhlenbär, vielleicht auch der einen oder anderen 
altpleistocänen Thierart liefern, wäre aber mit ziemlichen Kosten und beträcht- 
lichem Zeitaufwand verbunden. 

Die Breitenwiener Höhle war schon vor etwa 20 Jahren Gegenstand 
ausgedehnter paläontologischer und prähistorischer Untersuchungen, nichts 
destoweniger sind aber noch mehrere unberührte Stellen vorhanden. Wie die 
ersteren Forschungen ergeben haben, war diese Höhle von zahlreichen Höhlen- 
bären bewohnt — andere Tbierarten sind allerdings meines Wissens nicht 
naebgewiesen worden. Es erklärt sich dies auch sehr leicht dadurch, dass 



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Natürliche llohlcn io ilayoro. 



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letztere sich wohl gehütet haben werden, einen solchen Bärenhorst jsu betreten. 
Bei der hohen Lage der Höhle war es jedoch auch den Bären nicht wohl 
möglich, grössere Beutestücke einzuschleppen, daher das Fehlen oder doch 
die Seltenheit anderer, bestimmbarer Säugethierreste. Auf die Anwesenheit 
zahlreicher Bären muss auch die merkwürdige Glätte der Höhlenwäude zurück- 
geftihrt werden, denn sie reicht nur so hoch hinauf, als sich eiu Bär erheben 
konnte und ist besonders in einem sehr engen Gauge zu beobachten, durch 
welchen sich die Tbiere nur mit einiger Mühe hindurchzwängen konnten. 
Diese Erscheinung, die ohne Zweifel auf das Reiben und Anstreifen der 
Höhlenbären zurückzuführen ist, wurde auch anderwärts bereits mehlfach 
beobachtet und richtig gedeutet, so von O. Fraas in württembergischen 
Hohlen und von F. Kraus 1 ) im Schottloch am Kufstein im Dachstein- 
gebirge. Sie wäre wobl auch wenigstens iu der einen oder anderen fran- 
zösischen oder norddeutschen Bäienhöhle anzutreffen. Die bereits erwähnte, 
von zwei Velburgern — Gebrüder Spitzner — unternommene Ausgrabung 
der Breitenwiener Höhle bat beträchtliche Mengen vom Höhlenbär ge- 
liefert, welches Material iu der paläoutologischen Sammlung des Staates aut- 
bewahrt wird. Nichtsdestoweniger wären wohl auch noch jetzt ziemlich viele 
derartige Reste zu holen, da die genannten Forscher, denen ich durchaus 
volles Sachverstäuduiss zuerketiueu muss, noch mehrere Stellen unberührt 
gelassen haben. Viel weniger befriedigend sind hingegen die Grabungen nach 
prähistorischen Objekten, welche von Seile des Regensburger historischen 
Vereines vorgenommen wurden, denn es wurde hiebei selbst die erste Regel, 
nämlich den Boden bis auf den Grund auszuheben, nicht erfüllt und kann 
daher dieses Unternehmen überhaupt nicht als Forschung, sondern lediglich 
als Sclmtzgräberei bezeichnet werden, und überdies hat man es nicht einmal 
der Mühe werlh gefunden, die zahllosen Topfscherben mitzuuebmen, aus denen 
sich bestimmt bei einiger Sorgfalt noch eine Anzahl Urnen hätte znsammeu- 
setzen lassen. Die schwarze Erde, in welcher solche Urnen Vorkommen, be- 
finden sich in der ersten Halle und zwar vom Eingang aus an der rechten 
Seite. Unter ihr folgt direct der Felsboden. Die Bärenreste stammen, so 
viel ich in Erfalunng bringen konnte, zumeist aus der zweiten Halle. In 
den hinteren, nur durch einen engen Schlupf erreichbaren Räumen sollen 
organische Ueberreste vollständig fehlen, doch enthalten diese Räume sehr 
viel Hohlenerde. Der Boden der ersten Halle senkt sich stark nach ein- 
wärts, wodurch natürlich eine Verschwemmung der Bärenreste verhindert 
worden wäre, soferne hier in der Velburger Gegend die Gewässer während 
der letzten Glacialperiude überhaupt sehr beträchtliche Niveaus erreicht haben 
sollteu, was aber wenigstens für die hochgelegene Breiten wiener Hoble so 
ziemlich ausgeschlossen erscheint. 

Die Microfauna war hier durch einige. Vogelknochen — Tarsometatai-sus 
von Tnidideii und einige Nager-Kiefer (Jricetus frumentarius Fall, und 
Arvicola cauipestris Blas, angedeutet. Ich land dieselben frei umher- 



*) Hobler, kliij (Io V ien 1894, p. 223. 



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42 



Dr. Max Schlosser. 



liegend. Der Hamsterkiefer sowie die Tardidenknocben scheinen ihrer Er- 
haltung nach ein ziemlich hohes Alter zu besitzen. 

Die Kittenseer Hohle liegt iu dem üipfelfelsen einer der höchsten 
Erhellungen der Velburger Gegend. Typischer Höhlenlehm fehlt so gut 
wie vollständig — höchstens bis zu 10 cm mächtig — und tritt fast überall 
der Felsboden zu Tage. An mehreren Stellen bemerkte ich Holzasche und 
Kohlen bis zu 5 cm mächtig unter dem gewachsenen Roden , auch fand sich 
ein viereckiges Stück Feuerstein — jedenfalls nur ein Abfall — woraus mau 
wenigstens auf vorübergehenden Besuch seitens des neolitbiscben Menschen 
schliessen könnte. Reste kleinerer Tbiere sind nicht selten. Ich konnte 
nachweisen: 

Sorcx vulgaris Linn. 

Mycxus glis Ilias. 

Mus sylvatieu» lila». 

Arvieola camjicstris Blas 

Arvicola glareolus lila». 

Vogel knochou. 

Dem Erhaltungszustände nach stammen diese Reste insgesammt aus 
jüngerer Zeit, auch sind die meisten der angeführten Arten Vertreter der 
gegenwärtigen Microfauna, während sie in der diluvialen entweder gänzlich 
fehleu, wie Myoxus und Mus sylvaticus. oder doch sehr selten sind wie 
A. glareolus und campestris. Gleichwohl bieten diese Reste immerhin 
einiges Interesse, denn auch sie sind auf die gleiche Weise an ihre jetzige 
Lagerstätte gelangt, wie die Reste der eigentlich diluvialen Microfauna. Die 
Thiere wurden nämlich durch Eulen eingesebleppt und hier verzehrt, die un- 
verdaulichen grösseren Knochen, vor allem die Unterkiefer wieder ausge 
brochen. Kür diese von Nehring angegebene Deutung, dass wir es mit 
Raukvogelgewöllen zu thun haben, spricht nicht allein der Umstand, dass nur 
die allermassivsten Knochen erhalten geblieben sind, nämlich Röhrenknochen 
und insbesondere die Unterkiefer, während die feineren — Rippen sowie die 
leicht zerbrechlichen Schädelknocheu — vollständig fehlen, sondern noch mehr 
die Vertheilung dieser Reste, die hier immer klumptnweise beisammenliegen, 
was sich sogar auch bei ächt diluvialen Resten in der noch zu besprechenden 
Höhle im Velburger Schlossberg ziemlich deutlich beobachten Hess. Wenn 
aber eine Höhle oder Felsnische von Euleu bewohnt sein soll, muss sie ihnen 
auch Vorsprünge und Schiuptwinkel bieten, auf welchen sich diese Vogel 
niederlassen und ungestört uisten können. Auf tiieses Moment wird man 
wohl in Zukunft achten müssen und wird daher eilte recente oder fossile 
Microfauna nur dort zu erwarten sein, wo diese Vorbedingung gegeben ist, 
wie hier in der Kittenseer Höhle und in den Ftlsuiscben von St. Wolf- 
gang und dem Velburger Schlossberg. 

Die Höhlen von St. Wolfgang habe ich bereits im vorigen Berich: 
besprochen. Ich möchte hier nur bemerken, dass seit meinen Untersuchungen 
daselbst wiederholt Nachgrabungen veranstaltet worden sind. Von den hie- 
bei erbeuteten Resten verdienen indess nur ein Kiefer von Lemming, ein 
Knochen von Riesenhirsch und eiu Zahn von Hyaena spelaea besondere 



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Natürliche Höhlen in Bayern. 



43 



Erwähnung. Eiue wirkliche Sckicktenfolge konnte nirgends konstatirt werden, 
vielmehr scheinen alte und neuere Reste, wie dies in den Höhlen gewöhnlich 
der Fall ist, bunt durcheinander gemischt zu seiu, und gilt dies insbesondere 
für die hier beobachtete Microfauna. An einer Felswand wurden mehrere 
Urnen ausgewühlt, eine systematische Ausgrabung bis auf den Höhlenboden 
hat jedoch nirgends stattgefunden. Kür die Wissenschat dürfte jedoch daiatts 
kein Schaden entstehen, da ein Profil doch ohnehin nicht vorhanden ist und 
die Thier- und Menschenreste überdies recht spärlich sind, so dass auch bei 
sorgfältigeren Ausgrabungen nur wenige bessere und wichtigere Stücke zu 
erwarten wären. Nicht uninteressant scheint es mir zu sein, dass in nächster 
Nähe der von mir untersuchten Felsnische, aber in geringerer Höhe des 
Berghangs eine vollkommen leere Höhle sich befindet. Ihr Boden ist stark 
nach aussen geneigt und hätten wir also hier treffende Beispiele dafür, wie 
sehr die Fossilfühtung der Höhlen abhängig ist von der Beschaffenheit des 
Höhlenbodens. Neigung desselben nach einwärts verspricht mehr 
oder weniger reichliche Ausbeute, hingegen ist Neigung nach 
auswärts entweder verbunden mit völliger Entblössung des Fels- 
bodens oder doch nur mit Auflagerung einer wenig mächtigen 
neolithischen Schicht. 

Die Höhle am Herz Jesu Berg — westlich von Velburg — zeigt 
ebenfalls nur den blossen Felsbodeu. Das Fehlen von Höhlenlehm dürfte hier 
jedoch nicht so fast auf die Wegspülung durch Hochflulhen, als vielmehr da- 
rauf zurückzuführen sein, dass der Höbleninhalt auf die anstossenden Felder 
geschafft wurde. Biue Ausspülung ist bei der ziemlich hohen Lage dieser 
Höhle und der schwachen Neigung ihres Bodens wenig wahrscheinlich. Ich 
erwähne diesen Fall, um zu zeigen, von welchen Zufälligkeiten das Vor- 
handensein von Höhleninhalt abhängig sein kann. 

Der Velburger Schloss berg enthält ausser der am Schlüsse zu besprechen- 
den Nische eine ziemlich geräumige Höhle, die jetzt als Bierkeller dient. Der 
hinterste Höhlenraum wies jedoch eine noch völlig unberührte Stelle auf, und fand 
ich iu dem etwa 1 m mächtigen Höhlenlehm folgende, sicher fossile Tbierreste: 

Urans spelaeus, lucisiv, nebst Humerus und Pulvis eines sehr jungen Individuums. 

Canis lupus. lucisiv und Canin. 

Yulpos lagopus ? Canin und Motatareale. 

Lopus variabiiis. Molar und Ulna. 

Cervus megacoros. Tibia. 

ßangifer tarandus. Hetatarsus und Phalange. 

Lagopus alpines. Schnabel, Unterkiefergolenk, Mctacarpus und Flügelptialange. 

Auf die Anwesenheit des Menschen lässt ein pfriemenartiges Artefact, 
aus einem Röhrenknochen von Bind oder Hirsch gefertigt, schliessen, doch 
gehört dasselbe wohl sicher der neolithischen Zeit au uud ist offenbar erst 
später und nur zufällig in die Höhleuerde gelangt. Auch die erwähnten 
Reste stammen gewiss aus verschiedenen Perioden, nämlich Eisfuchs, Schnee- 
hase, Ben und Schneehuhn aus dem jüngeren, Höhlenbär, Wolf und lliesen- 
hirsch aus dem älteren Pleistocän. Ihre Vermischung ist durch die Fluthen, 
welche vor der neolithischen Periode statfgefunden haben, erfolgt. 



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44 



I)r. Max Schlosser. 



Auf der Höhlenerde fand ich frei herumliegend Knochen und Kiefer von: 

Khiunlophus sp. 

Sorox vulgaris l,ion. 

Eliomys nitula Schreb. 

Arvicola campestris lilas. 

Mus sylvaticus Blas. 

Cricetua fnnnciitorius I’aü 

Turdideo. 

Fiingillideu. 

Bufo sp. 

Kana sp. 

Eine ähnliche Fauna traf ich auch iu einer Felsspalte neben dem Keller. 
Ausser den bereits genannten Arten wäre noch Talpa europaea und Ple- 
cotus auritus namhaft zu machen. Für das jugendliche Alter dieser Itesle 
spricht schon deren Erhaltungszustand, ausserdem aber auch die Zusammen- 
setzung dieser Fauna, insbesondere die Anwesenheit von Mus sylvaticus 
und Eliomys nitela sowie die Häufigkeit der Fledermaus- und Hatrachier- 
reste. ln Acht pleistocäuen Ablagerungen spielen diese Arten 
meiner Erfahrung nach stets nur eine sehr untergeordnete Rolle. 

Dass die Velburger Gegend in prähistorischer Beziehung eiues der 
dankbarsten Gebiete Bayerns ist, geht wohl daraus am besten hervor, dass 
es mir hier abennals gelang, eine Schichtenfolge von neolithischen und pleisto- 
canen Ablagerungen zu beobachten und zwar iu einer Felsnische im Vel- 
burger Schlossberg, kaum 1 km von der im vorhergehenden Jahre atts- 
geheuteteti Höhle von St. Wolfgang entfernt. 

Allerdiugs ist diese zuletzt durchforschte Nische beträchtlich kleiner als 
jene von St. Wolfgang und daher auch die Ausbeute entsprechend geringer, 
allein dies wird aufgewogeu durch den Umstund, dass hier eine noch älteie 
Periode als bei St. Wolfgang wenigstens angedeulet erscheint, nämlich das 
ältere Pleistocaen auf normaler Lagerstätte, denn die allerdings dürftigen 
Reste von Höhlenbär, Rieseuhirscb und Mammuth liegen hier 
unter der Nagerschicht. 




Profit 

I Kolo 

II Kraue Schicht 

III I^Vss mit Mlerofattua 

IV Lobs mit wenig Knochen 
V leist, tt 

•• Lago der Urnen. 



Grundriss 

I Steine 

II Urnen 

III Grenze der NngerHchlcht 

IV Grenze der grauen Schicht. 



Was die räumliche Ausdehnung betrifft, so bat diese Nische 
von 3 und eine Länge von 2 m. Vor der Ausgrabung betrug 



eine Breite 
die grösste 



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Natürliche* Ihiblea in Bayern. 



4f» 



Hohe nicht viel mehr als 1, nach der Ausgrabung im Maximum 2'/* m. Das 
Profil ist vou oben nach unten: 

1. gewachsener Hoden circa 30 cm, 

2. graue Schicht circa 15 cm, 

3. dünne Lüssschicht mit Microfauna, 

4. Löss-ähnlicher Lehm mit sehr wenig Knochen bis 50 cm, 

5. Dolomitsand und Felsboden. 

Der Felsboden reicht an der Rückwand der Nische etwas höher herauf, 
als in der Mitte. Der gewachsene Boden enthielt eine Bronzenadel, Topf- 
scherben und einen Pfriemen aus einer Schweinsfibula. Wie bei St. Wolf- 
gang scheint er auch hier diesen Artefacten nach wenigstens mit seinen 
tieferen Lagen noch der neolithischen Zeit anzugehören und die directe Fort- 
setzung der grauen Schicht zu repräsentiren. Letztere beginnt erst in einer 
Entfernung von 1 m vom Eingang und wird gegen die Wand zu meist etwas 
schwächer. Sie enthielt nur wenige, überdies unbeslimmbare Kuochenfrag- 
mente; Artetacte fehlten vollständig. Der gelbe Lehm hat an der Wand 
und gegen die Oeffnung za eine Mächtigkeit vou etwa 30 cm. in der Mitte 
aber ist er 50 cm mächtig. An der linken Seite reicht er nur circa 15 cm 
lief hinab. Nur die oberste Lage enthält grössere Mengen Knochen , doch 
sind die Knochen aus tieferen Lagen mehr fossilisirt und meist schwarz gefärbt. 
An den grösseren Stücken, wie au dem Unterkiefer des Schneehasen, bemerkt 
man helle wurmförmige Streifen , die durch Berührung mit Pllanzenwurzelu 
und eine hiedurch bewirkte oberflächliche Verwitterung entstanden siud. 

Ungefähr in der Mitte nnd nahe der rechten Seilenwand, vom Eingang 
aus betrachtet, senkt sich die graue Schicht sehr tief in den Lehm herab, 
und fand ich hier zwei anscheinend ziemlich vollständige kleinere Henkel- 
urnen nebst Srlierbeu von einem oder zwei weiteren Exemplaren. Diese 
Urnen waren halbkreisförmig von grösseren Steinen umgeben. Wir halten 
es hier jedenfalls mit Spuren des neolithischen Meuschen zu thun und zwar 
mit bestattetem Leichenbrand, denn für eine eigentliche Wohnstätte wäre 
die Nische wohl doch zu klein gewesen. 

Die Microfauna setzt sich ans folgenden Arten zusammen: 

lMeootus auritus Utas? 2 Humerus, 4 Radius, I MotAcarpalo. 

Talpa curopaoa Linn Scapula, Humerus, Radius, 2 Ulna, Femur, 2 Tibia; Saerum. 

Foetorius Krejiei Woldr. 1 ) Unterkiefer, Radius, Fibula. 

Foetoriua vulgaris Keys. Unterkiefer, llumorus. 

Lepus v&riabilis Pall. Unterkiefer, 5 Incisivi, 5 Humerus, *> Radius, 5 Ulna, 

pl. Mctucnrpaha, 2 Pulvis, 6 Femur, 2 Tibia, 2 Astragalus, 2 (’aloanoum, pl. Meta- 

tarsalin, 5 Phalangen. Weitaus die meisten dieser Reste von jungen Individuen. 

Uagomys pusillus Desm. Unterkiefer Ulna. 

•) Ks wäre nicht uninteressant, diese von Nehring allerdings nicht auorkannto Art mit 
Dutorius hibornieus Thomas, Annals and m&g&sine of Natural liistory l#i>5 p. 374, der in 
dor Gegenwart Irland bewohnt und als selbständige Alt gilt, zu vergleichen. I)io Angabe, 
dass dieses Thier hinsichtlich soinor Dimensionen zwischen Hermelin und Wiese! steht, 
würde ganz gut für dio Identität mit Foetorius Krejici sprcchon, und hätte sich diese 
fossile Art also in der Gegenwart noch in Irland erhalten. 



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46 



Dr. Mas Schlosser. 



Mvodes torquatus. 2 Oberkiefer, 70 Unterkiefer, 1 Scapula, pl. Humerus, Radius, 
Ulna, Pelvis, Femur, Tibia. 

Arvicola arsalis Blas. 12 Unterkiefer. 

„ agrestis Blaa. 3 Gaumenstucke, 10 Unterkiefer. 

„ gregalis Desai. 2 Gaumenstucke, 17 Unterkiefer 
„ ratticops Rias. & Unterkiefer. 

„ nivalis Mart. 1 Schädel, 4 Unterkiefer. 

„ glaroolus Blas. 7 Unterkiefer. 

„ div. Species. Zahlreiche Extremitätenkoochen. 

„ amphibius Blas. 2 Schädelfragmente, 12 Unterkiefer, 3 Humerus, 1 Ulna, 
1 Radius, 3 Pelvis, 5 Femur, 2 Tibia. 

Crieetus frumentariue Pall. I Unterkiefer, Humerus, Ulna, Radius, Pelvis, 2 Femur, 
3 Tibia. 

Mus sp. 14 Unterkiefer, 2 Pelvis, pl. Humerus. Femur, Tibia. 

? Eliomys nitela Schrei., sp. 3 Femur. 

Falco Sperber. Tarsometatarsus. 

Picus medius fossilis Nehr. Dentale, 2 Tarsometatarsus. 

Turdide 3 sp. Coracoid, 2 Humerus, 3 Ulna, Motacarpus, 3 Tarsometatarsus. 

Frlngillidae div. sp. Coracoid, llumerus, Ulna, Motacarpus, Tibia, Tarsometatarsus 

Corvus mooedula Ijnn, Ulna 

Corvide div. sp.V Ulna 

Lagopus alpinus Nilss. Coracoid, 4 Ulna 

Tetrao tetrix Uno. Metacarpus. 

Hufo sp. numerus, Antibrachium, lleum, Femur, Tibia, Tarsus. 

Diese Liste unterscheidet sich von jener der bei St. Wolf gang ans- 
gegrabenen Wirbelthiere in mehrfacher Beziehung. Abgesehen davon , dass 
hier mehrere der dort beobachteten, namentlich grösseren Al ten fehlen, während 
wiederum einige dort fehlende hier vertreten sind , muss die Seltenheit der 
Schneebubureste einerseits, und die relative Häufigkeit der Reste von Mussp. 
andererseits , ganz besonders auffällen. Was zunächst diese Maus betrifft, 
so ist sie hier bedeutend häufiger als iu der Felsnische von St. WolfgaDg, 
wo ich nur 4 Kiefer fand, während ich hier deren 14 auflesen konnte. Sie 
ist also hier im Verhftltniss ebenso häufig wie die nirgends seltene Arvicola 
arvalis, lässt sich aber mit keiner der einheimischen Mausarten identifleiren, 
und dürfte es sich möglicherweise um eine bis jetzt noch unbeschriebene 
wahrscheinlich asiatische Art handeln, da auch Nehring, der sie unter dem 
Material vom Sch weizersbild constatirt hat, sie mit keiuer bekannten 
Art zu identificiren vermochte. An Crieetus phaeus, der ja zuweilen fossil 
in Mitteleuiopa vorkommt, ist auch nicht zu denken, denn der Kiefer ist 
ein typischer Maus- und nicht etwa ein Hamsterkiefer. Die Seltenheit der 
bei St. Wolfgang so überaus zahlreichen Schneehuhnknochen ist wohl bedingt 
durch die gelinge Ausdehnung und vor Allem die geringe Höhe dieser Fels- 
nische, wesshalb sie vermutblich von einer anderen und zwar kleinereu 
Eulenart bewohnt war, welcher die Erbeutung und der Transport von Schnee- 
hühnern zu schwierig war. Damit wäre es wohl auch zu erklären, wesshalb 
die Knochen des Schneehasen zum grössten Theil nur von ganz jugendlichen 
Individuen herrUhren. 

Als das wichtigste Resultat dieser Ausgrabung muss ich jedoch die, wenn 
auch spärlichen Fundevon Höhlenbär — ein unterer M« — , Riesenhirsch 



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Natürliche Hahlen in Bayern. 



47 



— eine Klane — und Mainmuth — Trümmer von Extremitätenknochen uud 
der Dornfortsatz eines Rückenwirbels — bezeichnen. Diese Reste lagen direkt 
auf dem Felsboden und waren förmlich zwischen die Vorsprünge des Felsens 
eingekeilt. Ihre Ablagerung muss sicherlich vor jener der Microfauna erfolgt 
sein, da ja doch sonst wenigstens die ziemlich langen Mammuthknochen noch 
etwas in die Nagerschicht hineinragen würden. Es machte mir ganz den 
Eindruck, als ob diese Reste gewaltsam zwischen die Felszacken hinein - 
gepresst worden wären und erkläre ich mir die ganze Ausfüllung der Fels- 
nische folgenderweise : 

Die erwähnten altpleistocänen Reste lagen ursprünglich vor der Nische, 
und wurden wohl schon vor der Periode, aus welcher die Nagerschicht stammt, 
durch Fluthen eingeschwemmt und darüber der tiefere nahezu fossilleere Löss 
abgesetzt. Später wurde die Höhle von Eulen bewohnt, durch welche die 
Microfauna eingeschleppt wurde. Die ziemlich regelmässige Vertheilung wurde 
durch Hochfluthen bewerkstelligt, welche der neolitbischen Periode voraus- 
gingen. In dieser letzten Periode endlich wurde die Felsnische wohl mehr- 
mals vom Menschen als Begräbnisstätte benutzt. 

Am Schlüsse meiner letztjährigen Untersuchungen unternahm ich noch 
eine Begehung des Schwarzlaberthaies zwischen Lupburg uud Deuerling, 
die jedoch erfolglos blieb. Es ist dieses Thal auf dieser Strecke zwar in 
Frankendolomit, jenem Oestein, in welchem fast sämmtliche bayerisch- 
fränkischen Höhlen liegen, eingeschnitten, doch konnte ich auf dieser ganzen 
Strecke nur zwei kleinere Höhlen auffinden östlich vom Marktflecken Laber. 
Beide Höhlen waren vollständig leer und enthielten nicht einmal Spuren des 
neolitbischen Menschen. Ich halte es jedoch für ziemlich wahrscheinlich, 
dass die Zahl der Höhlen in diesem Thale früher eine grössere war, als 
heutzutage, wenigstens traf ich sowohl oberhalb als auch unterhalb Beratz- 
hauseu einen Bergsturz, der wohl auf den Zusammenbruch von Höhlen 
zurückgefübrt werden muss. 

Meine bisherigen Untersuchungen im Gebiete des bayrisch-fränkischen 
Jura berechtigen mich zu folgenden Schlüssen : 

1. Die Existenz des eigentlich paläolithiscben Menschen, dessen Stein- 
werkzeuge nach den Fundorten in Frankreich eingetheilt werden in die 
Typen von St. Acheul, Solutrö und Moustier, ist in diesem Gebiete überhaupt 
noch nicht nachgewiesen, man müsste denn etwa den schon lange bekannten 
versinterteu Schädel aus der Gaileureuther Höhle auf den paläolithiscben 
Menschen zurUckführen. 

2. Auch der im südlichen Frankreich so häufige, sowie bei Scbussen- 
ried in Württemberg und am Schweizersbild bei Schaffhausen nach- 
gewiesene Mensch der Magdalenien-Renthierperiode ist bis jetzt keineswegs 
mit Sicherheit festgestellt. Man kennt zwar Renthierreste aus den ver- 
schiedensten Theilen von Bayern und Franken, doch fanden sie sich niemals 
zusammen mit unzweifelhaften Spuren des Menschen, wenigstens nicht in 
solcher Lagerung, dass mau auf die wirkliche Gleichzeitigkeit von Mensch 
und Ren schliessen durfte. 



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48 



Dr. Max Schlosser. 



3. Häutig hingegen sind die Ueberreate des Menschen ans neoiithiscber 
Zeit. Man trifft sie fast in jedem l'heil des Jaragebietes, wo der Franken- 
dolomit Hohlen oder doch Felsnischen darbietet und zwar scheinen diese 
letzteren vorwiegend als Begräbnisstätten, die ersteren aber als Wohnränme 
gedient zu haben. Dieser Mensch verstand bereits die Anfertigung von 
mannigfachen Gerätheu und Werkzeugen aus Knochen und Hirschhorn, sowie 
die Herstellung von irdeneu Geschirren. Er hat bereits Hatisthiere gehalten 
und jedenfalls in kleineren Verbänden gelebt nnd stand somit auf einer relativ 
hohen Kulturstufe. 

Wenn wir diese Verhältnisse mit jenen in Frankreich vergleichen, so 
müssen wir gestehen, dass unser Gebiet doch recht arm ist an prähistorischen 
Dokumenten, in Frankreich hingegen ist es geglückt, nicht blos die ver- 
schiedenen Kulturtypen der paläolithischen Zeit und des Magdalduien, sowie 
die den Menschen in jeder dieser Perioden begleitende Thierwelt an zahl- 
reichen Orten nachzuweisen, sondern nach den Untersuchungen von Piette 1 ) 
scheint es sogar festzustehen, dass sich die verschiedenen Kulturstadien an 
Ort und Stelle auseinander entwickelt haben, ohne dass man mehrmalige 
Einwanderung neuer Stämme annehmen müsste. Erst der neolithische. Mensch 
scheint aus der Feine gekommen zu sein. Wir müssen daher entweder an- 
nehmen, dass der paläolitbische Mensch und der Mensch der Kenthiei periode 
unser Gebiet gar nicht gekaunt haben, sei es, dass sie es auf ihren Wunder 
ungeu überhaupt nicht berühiten, oder dass ihnen der Eintritt durch Hoch- 
flutben verwehrt war, oder aber, dass sie sich zwar vorübergehend hier auf- 
gehalten haben, ihre Spuren jedoch wieder vollständig verwischt worden sind. 
Eine so zahlreiche und ununterbrochene Besiedelung wie in Frankreich hat 
jedoch bei uns während der paläolithischen Zeit und der lienthierpcriode 
auf keinen Fall stattgefunden, denn eiue solche hätte doch gewiss einige 
Spuren hinterlassen. 

Was die faunislischen Verhältnisse betrifft, so besitzen wir eine reiche 
ächt diluviale Fauna, in der Velburger Gegend typische Bärenhöhlen — 
Breiten wien and Lntzman n stein — bei Nördlingen — Ofnet — 
eine ächte Hyänenhöhle, in der fränkischen Schweiz hingegen hat anscheinend 
last Überall eine Vermischung der verschiedenen diluvialen Thierreste statt- 
gefunden, ebenso auch in den tiefer gelegenen Höhlen hei Velburg und kann 
diese Mischung nur durch Eindringen von grösseren Wassermassen iu die 
Höhlen erfolgt sein. 

Die diluviale Microfauna, charakterixirt durch arctiscbe und asiatische 
Hager, ist viel jünger als die Fauna mit Höhlenbär und Hyäne, fällt 
aber wohl zum Tbeil mit der Keiilhierperiode zusammen Auch das Main 
muth scheint hei uns meistentheiU der älteren Pleislocänlauna*) anzugehören, 



') Hiatus et lacuue. Vostiges do la jiöriodo de transitiou datts Ia grntte da Mas d'Aiil. 
Bullt tin du la sociSIC d Anthropologie do Paris 1895. p. 235—207. 

*) Woboi natürlich dio altploistocäuu Fauna mit Etopbas anti'iuus und Hhiuocuroa Merck i 
— Taultacb otc. — ausser i lotrecht bleibt. 



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Natürliche Höhlen in Bayorn. 



49 



während es in anderen Gebieten, z. B. Mähren, möglicherweise mit jener 
Nagerfauna zusammengelebt hat. 

Die Reste dieser Microfauna sind in grösserer Menge nur in kleineren 
Höhlen und Felsnischen anzutreffen. Diese kleinen Thiere wurden, wie 
Nehring mit Recht vermuihet, durch Eulen eingeschleppt und können daher 
solche Reste nur an Stellen erwartet werden, welche den Eulen einen ge- 
eigneten Aufenthalt — Sitz- und Nisiplätze — geboten haben. Auch die 
üeberreste dieser Microfauna haben sich nur dort erhalten, wo sie vor Weg- 
schwemmung gesichert waren. Wir müssen daher annehmen, dass auch nach 
der Periodo dieser „arctischeu und Steppenfauna“ wieder ein feuchteres Klima 
geherrscht hat, doch ist es zweifelhaft, ob die damaligen Hochfluthen das ge- 
summte jetzt in Höhlen befindliche Material an ihre jetzige Lagerstätte ge- 
bracht haben, oder ob dies mit den Resten der altpleistocänen Fauna nicht 
doch schon früher, nämlich vor der Periode der arctischen und Steppenfauna 
geschehen ist. Die letztere Möglichkeit hat wohl grössere Wahrscheinlichkeit 
für sich, doch müssen auch die Fluthen, welche die Verschwemmung der 
Steppennagerreste verursacht haben, sehr bedeutend gewesen sein, denn sonst 
wäre es nicht möglich, dass z. B. die Lemmingreste in der grossen Höhle 
von St. Wolfgang mit den Ueberresten von Höhlenbär und Hyäne ver- 
mischt und die zahlreiche Microfauna der Höscbhöhle bei Hubenstein 
in diese so hochgelegene Höhle hineingespült werden konnte. 

Jedenfalls lässt sich die Erscheinung, dass sowohl die Reste der älteren 
Pleistocän-, als auch jene der späteren Steppenfauna niemals vor den 
Höhlen, sondern stets nur in diesen angetroffen werden, nicht anders als 
durch die Annahme von Hochfluthen erklären, und wenn wir uns fragen, 
wann haben diese Fluthen stattgefunden, so muss die Antwort natürlich 
lauten, dies kann nur während ganz besonders niederscblagsreichen Perioden 
geschehen sein. 

Ueber die Ursachen , welche diese Fluthen veranlasst haben, geben uns 
jedoch die geologischen Verhältnisse im Gebiet des bayerisch-fränkischen Jura 
keinen Aufschluss, wohl aber das südlich angrenzende Gebiet der bayerisch- 
schwäbischen Hochebene und der nördlichen Kalk- und Centralalpen. Hier 
finden wir bekanntlich Ablagerungen, welche nur als ehemalige Gletscher- 
moräuen gedeutet werden können, mithin also auf ein kaltes niederschlag- 
reiches Klima scbliessen lassen und zwar lassen sich diese Moränen selbst 
wieder in ältere und jüngere abtheilen, woraus wiederum auch aut eine 
Wiederholung ähnlicher klimatischer Verhältnisse geschlossen werden darf. 
Dass aber das kalte feuchte Klima lediglich auf das Gebiet der Alpen und 
des Voralpenlandcs beschränkt gewesen sein sollte, hat nicht die geringste 
Wahrscheinlichkeit für sich, wir sind vielmehr durchaus zu der Annahme 
berechtigt, dass die klimatischen Verhältnisse auch das Gebiet des bayerisch- 
fränkischen Jura in Mitleidenschaft gezogen haben, wenn sie auch hier nicht 
wirkliche Gesteinsablagerungen, sondern nur Hochfluthen verursachen konnten. 
Die meisten Geologen nehmen eine dreimalige Vergletscherung der Alpen und 
ihres Vorlandes an, doch ist die erste derselben nach den Untersuchungen 

zur Anthropologie. Xlll B«l. 1. n. 2. floft 4 



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50 



I>r. Max Schlosser. 



v. Ammon’s') in der bayerisch-schwäbischen Hochebene nicht mehr nach- 
weisbar. Wir können sie daher, da ihre Annahme ohnehin auch für die 
Erklärung der Verhältnisse in Franken nicht unbedingt nöthig erscheint, 
gänzlich ausser Betracht lassen , hingegen ergeben sich zwischen den soge- 
nannten Interglacialperioden und den beiden letzten Eiszeiten einerseits und 
den Pleistocänfaunen und der Zeit ihrer nunmehrigen Lagerung andrerseits 
folgende Beziehungen : 

Bayerisch-fränkischer Jura: 

Humus I 

Neoüthischo Zeit I 

Veischwommnng der arctischeu und Steppeu- 1 
nagor-Reste / 

Periode der Nagerfauna 1 

? Mensch der Renthierperiode / 

Vorschweinmuog der älteren Pieistocänfauna 1 
Anwesenheit arctischer Thiere (Ren, Vielfrass) / 

Periode des Höhlenbär, Höhlcniöwea, Höhlen- 1 
hyäne,? paläolith. Mensch dos Solutrden. ! 

Moustierien J 

Natürlich soll biemit keineswegs gesagt sein, dass während der Ver- 
gletscherung der niedrigeren Theile der Alpen und des Alpenvorlandes der 
Fraukenjura überhaupt nicht von Thieren bewohnt gewesen wäre, vielmehr 
lebten hierMammutb und Rhinoceros ticborhinus, die wohl schon Zeit 
genossen des Höhlenbären waren, auch noch während der vorletzten Eis- 
zeit zusammen mit Ken, und ebenso sicher ist es, dass wenigstens die arct- 
ischen Nager schon mit dem Ren nach Mitteleuropa gelangt sind, sowie dass 
auch ein grosser Theil der Microfauna noch während der letzten Eiszeit ge 
lebt hat. Es soll obiges Schema vielmehr hauptsächlich zur Darstellung 
bringen, während welcher Perioden die Reste der älteren und 
jüngeren Pieistocänfauna an ihre jetzigeu Lagerstätten gelangt 
sind. 

Neliring*) ist zwar der Ansicht, dass die Steppenfauna in der zweiten 
(letzten) Interglacialzeil nach Mitteleuropa vorgedrungen und nicht allein auch 
noch während der dritten (letzten) Eiszeit, sondern sogar noch bis in die 
Postglaeialzeit existirt hätte. Ich bin hierüber anderer Meinung. Fürs Erste 
gestattet die zweifellose Gleichzeitigkeit von Lemming, also arctisches Thier, 
uml Pfeifhase, welcher als ein Hauptrepräsentant der Steppenfauna gilt, wohl 
doch nicht, von einer eigentlichen Steppenfauna zu sprechen, es scheinen viel- 
mehr während der letzten Interglacialzeit, in Mitteleuropa in Bezug auf 
Klima uud Vegetation, Verhältnisse geherrscht zu haben, für welche wir in 
der Gegenwart überhaupt kein völlig zutieffendes Analogon haben. Fürs 
Zweite aber ist es ganz undenkbar, dass diese jetzt bei uns fehlenden Thiere 
noch in der Postglaeialzeit existirt hatten, denn dieselben batten in diesem 

■) Die Gogend von München, geologisch geschildert. Festschrift der geographischen 
Gesellschaft in München. München 1894 (p. 126. Sep.). 

*) Einige Notizen über die pleistocäne Fauna von Türmitz in Böhmen. Neues Jahrbuch 
für Mineralogie etc. 18114 II. Bd. p. 13. 



Alpon-und Voralpenland: 
I I’estglacialo Bildungen. 
IPfahlbaoperiode. 

letzte Eiszeit, 
lotzte Interglacialzeit. 
vorletzte Eiszeit. 

vorletzte Interglacialzeit. 



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Natürliche Höhlen in Bayern. 



51 



Palle doch hier und dort auch noch in jüngeren Schichten Reste hinterlassen 
müssen. In Wirklichkeit sind aber ihre Reste, wie auch Nehriug gerade 
in dem citirten Aufsatz sehr stark betont, stets an ein ganz bestimmtes 
Niveau gebunden. Es haben also wahrscheinlich diese Thiere zwar noch in 
der letzten Eiszeit existirt, die jetzige Lagerung solcher Reste aber muss als 
das Endresultat der Hochfluthen betrachtet werden, welche wahrend der 
letzten Eiszeit stattfanden. 

Der Umstand, dass die pleistocäne Microfauna stets an ein bestimmtes 
Niveau gebunden ist, dieses aber durch die Untersuchungen im bayerisch- 
fränkischen Jura ziemlich genau flxirt erscheint, legt den Schluss sehr nahe, 
dass die hier gewonnene Chronologie auch auf andere Gebiete angewandt 
werden dürfe; vor Allem auf die berühmte Localität Schweizersbild bei 
Schaffhausen. Schon vor zwei Jahren habe ich an dieser Stelle *) die Ver- 
muthung ausgesprochen, dass die Chronologie, welche Stein man n J ) für die 
dortigen Ablagerungen aufgestellt hat, wohl doch den Vorzug verdiene vor 
jener, welche Boule 9 ) für dieselben gegeben hatte. Diese Vermuthuug kann 
ich nunmehr nach meinen jetzigen Erfahrungen in eine positive Behauptung 
umwaudeln, nur würde hiebei sogar die Steinmann'scbe Chronologie noch 
eine ziemliche Korrektur erfahren, insoferne die obere Nagerschicht mit 
der paläolithischen oder Renthierscbicht und der unteren Nager- 
schicht zusammen die letzte Interglacialzeit repräsentiren müsste. 
Ich trage auch kein Bedenken, eine solche Vereinigung vorzunehmen, denn 
erstens ist die Fauna der oberen Nagerschicht von jener der unteren, wie 
die von Nehring 4 ) gegebene Zusammenstellung zeigt, keineswegs fundamen- 
tal verschieden und zweitens lässt sich bei Velbnrg überhaupt keine so 
strenge vertikale Scbeiduug der Arten vornehmen, denn gerade die am 
Schweizersbild in tieferen Lagen so häufigen Arvicola und Myodes 
gehen bei uns in die höheren herauf, und werden daher beide Schichten zeit- 
lich nicht allzuweit auseinanderliegen, wenn auch eine gewisse Altersdifferenz 
keineswegs geläugnet werden soll. Die etwaige Vermischung der Faunen bei 
Velburg gegenüber der noch bestehenden Trennung am Schweizersbild 
würde sich sehr leicht dadurch erklären lassen , dass eben Schichten dort, 
wo sie eine grössere räumliche Ausdehnung besitzen, natürlich auch leichter 
in ungestörter Lagerung verbleiben können, als an einem räumlich so be- 
schränkten Platz, wie es unsere Felsnischen sind, deren spärlicher Inhalt ja 
schon in kurzer Zeit durch eindringeude Flutben eiue vollständige Durcli- 
wühlung erfahren konnte. 

') Ueber die prähistorischen Schichten iu Kranken. Correspondenzblatt der doatsch. 
Gesellsch. für Anthr., Ethe. and Urgeschichte. M buchen 1895. p. 1—3. 

r ) Das Alter der paläolithischen Station Tom Schweizersbild hoi Schaffhausen und die 
Gliederung des jüngeren Ploistoeäu, Berichte der naturforscbeudon Gesellschaft zu Freiburg i. B. 
Bd. IX IToft 2. p. 117. 

a ) La Station quaternaire du Schweizers- Bild pres de Schaffbouse et les fouilles du Dr. Nuesch. 
Nouveiles Archives des Missions scientifiquos et littöraires. 1893. 

4 ) Die kleineren Wirbelthicrc vom Schweizersbild bei ScbafThauseu. Denkschriften dor 
Schweiz, naturf. Gesellsch. Bd. XXXV. 1896. p. 8. 9. 

*• 



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52 



f)r Max Schlosser. 



Zum Schlüsse möchte ich noch bemerken, dass ich die Chronologie 
welche AI. Boule für die Ablagerungen am Schweizersbild aufgestellt hal, 
auch ausserdem für wenig berechtigt halte. Seine Begründung , dass die- 
selben auf Gerollen der jüngsten Moränen lägen, dürfte schon desshalb starken 
Zweifeln begegnen, weil die Altersbestimmung von verwaschenem Moränen- 
material mit erheblichen Schwierigkeiten verbunden ist und daher nur zu 
leicht zu Irrtuümern führen kann, was wohl auch in dem vorliegenden Falle 
geschehen sein dürfte. 

Wenn ich auch diesmal wieder auf diese berühmte Localitat zu sprechen 
kam, so that ich es desshalb, weil wir die dortigen Verhältnisse wegen des 
Keichthums an menschlichen und tbierischen Ueberresten und der klaren un- 
gestörten Profile auch stets den prähistorischen Untersuchungen in Bayern 
zu Grunde legen müssen. 



IV. 

Höhlenstudien im fränkischen Jura, in der Oberpfalz und im Ries. 

Meine im Herbste 18915 fortgesetzten Untersuchungen der bayerischen 
Höhlen waren 1897 weniger auf eigentliche Ausgrabungen als vielmehr 
darauf gerichtet, die von mir bisher noch nicht betretenen Tbeile unseres 
Höhlengebietes aus eigener Anschauung kennen zu lernen, um zu erfahren, 
an welchen Plätzen etwa spätere Ausgrabungen noch einige Aussicht auf 
Erfolg versprechen dürften. Zu diesem Zwecke unternahm ich die Begehung 
der Gegend um Eichstätt, Kallmünz im Naabthale, Sulzbacb, 
Pommelsbrunn bei Hersbruck und Nördlingen im Kies. Ich besuchte 
auf diesen Touren weitaus die meisten der auf der v. GUmbel'schen Karte 
notirten Höhlen, natürlich mit Ausschluss jener in der fränkischen Schweiz 
und der Velburger Gegend, die ich schon von früher her kannte. Leider 
war das Kesultat meiner Untersuchung im Ganzen ein negatives, iusoferne 
ich erkannte, dass nur an wenigen Plätzen eine wirkliche Ausgrabung sich 
verlohnen dürfte. l)er vorliegende Bericht kann daher nur wenige Daten 
von einiger Wichtigkeit liefern, ich muss mich vielmehr mit der allerdings 
ziemlich ttockeuen Aufzählung meiner Beobachtungen begnügen, die in erster 
Linie die Beschaffenheit der einzelnen Höhlen — ob dolinenartige Spalten- 
höhle, also Höhlen von vertikaler — oder saal- oder kammerartige Höhle, 
also Höhle von horizontaler Richtung — berücksichtigen. Es kann keinem 
Zweifel unterliegen, dass erslere für die Ermittlung einer Schichtenfolge 
überhaupt nicht in Betracht kommen können, da in solchen Höhlen in Folge 
von Rutschungen noch fortwährend Vermischung ihres etwaigen Inhaltes 
stattfinden muss. Ueberdies sind solche Höhlen ohnehin in den meisten Fällen 
vollständig leer. Günstiger sind dagegen die Verhältnisse in den Kammer- 
höblen, welche sich vorwiegend in horizontaler Richtung ausdehnen. Soferne 
hier der Boden nicht nach auswärts, sondern nach einwärts goneigt und 
ausserdem mit einer mehr oder weniger mächtigen Lage von Höhlenerde 



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Natürliche Höhlen in Bayern. 



53 



bedeckt ist, darf man wenigstens auf Funde von menschlichen Artefacten 
nnd Knochen von Thieren und Menschen hoffen, wenn auch eine wirklich 
deutliche Schichtenfolge nur in den kleinsten dieser Höhlen, in den Fels- 
niscben, erwartet werden kann. 

Was nun zunächst die Eichstätter Gegend betrifft, so bietet gerade 
das Altmtthlthal, obwohl es auf eine beträchtliche Strecke im Franken- 
dolomit eingeschnitten ist, doch auffallend wenige Stellen, die man als Fels- 
nischen bezeichnen könnte. Ich kenne nur zwei derselben an dem nördlichen 
Hange unmittelbar hinter Eichstätt selbst, habe sie jedoch nicht näher 
untersucht. Dagegen fehlen wirkliche Höhlen in diesem Flussthale voll- 
ständig. Nur im Spindelthale zwischen Konstein und Tagmersheim 
nnd im Wellheimer Tlmle, beide südlich vom Altmühlthale, sind aut 
den bewaldeten Höhen am Fusse von burgähnlichen Felsen einige grössere 
Felsnischen vorhanden, die eine südwestlich von Wellheim, die andere 
westlich von Konstein. Der Boden dieser Nischen ist jedoch lediglich mit 
herabgefalleneu Steinbrocken bedeckt, eine nähere Untersuchung wäre daher 
von vorneherein aussichtslos. Das ehemals von einem Einsiedler bewohnte 
Uebellocb der v. Gttmbe Ischen Höhlenkarte konnte ich trotz mehrmaligem 
Bachen nicht ermitteln. Das Pumperloch bei Monheim sowie die Höhlen 
bei Mörnsheim, von deren Existenz ich leider erst nach meiner Rückkehr 
durch Herrn Prof. J. Ranke Kunde erhielt, habe ich nicht besucht, hoffe 
jedoch deren Erforschung noch nachträglich vornehmen zu können, obwohl 
ich mir auch von ihnen nicht allzuviel verspreche. 

Etwas bessere Resultate erzielte ich bei Feldmühle, im Schütter- 
tbale, südlich von Eichstätt, wenigstens geben die dortigen Verhältnisse 
doch einige Anhaltspunkte für die Erklärung der Höhlenbildung. Hier finden 
wir nämlich nahe der Thalsohle, im Kränzelstein zwej kleinere Höhlen- 
kammern ganz ähnlich gewissen Höhlen in der Umgebung von Velburg und 
der fränkischen Schweiz. Auch hat der Felsen selbst jene gerundete, 
klotzige Gestalt, wie in den genannten Gebieten, während die höher gelegenen 
Dolomitparthien in ihrer Configuration vollkommen mit jenen im Altmühl- 
thale übereinstimmen uud wie diese fast senkrecht abfallende Steilwände 
und eckige Tbürme bilden. Soferne in diesem höhereu Dolomitniveau über- 
haupt Höhlen vorhanden sind, treffen wir stets nur in die Tiefe ziehende 
Spalten, — aber niemals Kammerhöhlen. Ich glaube dieses verschiedenartige 
Verhalten des höheren und des tieferen Dolomit auf ihren abweichenden 
petrographiscben Charakter zurückführen zu dürfen. Letzterer Dolomit besitzt 
nämlich ein sehr gleichutässiges , krystallitiiscb körniges Gefüge und bildet 
daher bei der Verwitterung gerundete, klotzige Massen, deren zahlreiche 
Hohlräume bei weiterer Verwitterung sich in horizontaler Richtung ausdehnen 
und so zur Entstehung von kammerähnlichen Höhlen führen. Decke nnd 
Boden dieser Höhlen haben im Ganzen parallele und zwar horizontale Lage. 
Nur an deu Rändern zeigt die Decke eine mehr gewölbte Form. Ich konnte 
wiederholt in der Rabensteiner Gegend — besonders in der Ludwigs- 
höhle, aber auch bei Velburg und ebenso hier bei Feldmühle beobachten, 



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54 



Dr. Max Schlosser. 



dass die Erosion stets von ganz engen Spalten in der Decke ihren Ausgang 
nimmt und von hier aus concentrisrb fortsrhreitel 

Ganz anders verhält sich nun der höhere Dolomit. Er hat ein viel 
dichteres Gefüge und spaltet sehr leicht iu kleine eckige Stückchen, und zwar 
erfolgt die Spaltung in zwei zu einander senkrechten Ebenen. Bei der Ver- 
witterung dieses Dolomites entstehen daher natürlich keine gerundeten Massen, 
sondern steile Felswände nnd schatfeckige Thürme, etwaige Hohlräume aber 
müssen zu steilen in die Tiefe ziehenden Spalten werden , die sich nach und 
nach zu Dolinentricbtern erweitern. Diesen Charakter haben nun auch, wie 
ich zeigen werde, die auf dem Juraplateau gelegenen Höhlen des südlichen 
bayerischen llöhlengebietes. Diese zweifache Gliederung des Frankendolomites 
in einen höheren und einen tieferen wird überdies auch durch die Art der 
Fossilführnug bestätigt. Der tiefere ist charakterisirt durch Terebratnla 
bisuifarcinata und Rhyncbonella lacunosa, der höhere durch Tere- 
bratula insignis und Rbynchonella Astieriana nebst Nerineen und 
Korallen. Wenn auch Fossilien nicht gerade häufig sind, so fehlen sie doch 
nirgends vollständig, und enthält gerade bei Feldmüble der höhere Dolomit 
sehr zahlreiche Nerineen nnd Korallen, in dem unteren habe ich zwar 
keine Fossilien beobachtet, jedoch kaun bei seinem ganz abweichenden petro 
graphischen Charakter und den ganz klaren stratigraphischen Verhältnissen 
ohnehin kein Zweifel darüber bestehen, dass wir es hier mit dem tieferen 
Dolomituiveau, dem eigentlichen „Höhlendolomit“ zu thun haben. Ich werde 
überdies in dieser Annahme noch dadurch bestärkt , dass die kaum 6 km 
entfernten Höhlen von Mauern, die ich im Herbste 1896 untersucht habe, 
ebenfalls durchaus den Charakter der Hohlen in der fränkischen Schweiz 
und der Umgebung von Velburg aufweisen und auch in dem petrographisrh 
gleichen Dolomit liegen, letzterer aber ausserdem bei Mauern ziemlich häufig 
Terebratula bisuffarcinata und Rbyucbonella lacunosa enthält. 

Die beiden Höhlen im Kränzelstein wurden vor etwa 10 Jahren von 
Herrn Baron v. Tücher in Feldmühle näher untersucht. Die kleinere war 
allerdings vollkommen steril , die grössere dagegen lieferte sowohl Artefacte 
aus verschiedenen Perioden als auch Knochen von Wirbelthieren. Ich 
bestimmte l ) die mir vorgelegteu Reste als Mammuth- Femurbruchstücke, 
Höhlenbär, Zähne und Knochen, Pferd, Knochen und Zähne, relativ zahl- 
reich und anscheinend z. Th. wenigstens vom Wildpferd herrührend, mithin 
ebenso wie Mammuth und Höhlenbär unzweifelhaft diluvial. Auch die 
Reste von Wolf, Fuchs und Wildschwein dürften ein relativ hohes Alter 
besessen haben. Hingegen stammen die vorliegenden Reste von Schaf, Rind, 
Edelhirsch und Hase höchstens aus neolitbischer Zeit. Die Microfauna, 
Frosch, Kröte, Maus, Siebenschläfer, Wasserratte und Häher, hat 
gleichfalls kein sehr hohes Alter. Sie dürfte etwa der Waldperiode, die 
ungefähr der neolitbischen Zeit entspricht, angehören, und ist mithin auch 
nicht mehr ächt pleistocän. 

') CorrespoDdcnzbliUt der deutschoo anthropolog. OeseUsch. 1889 p. 10. 



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Natürlich'' Hohlen in 1 hiyrn: 



55 



Die übrigen Hohlen der Eichstätter Gegend befinden sieh llieils auf 
dem Juraplateau — Holloch bei Oberhochstatt in der Nähe von Weis- 
senburg, Holloch im Raitenbucher Forst, Arngrub bei Attenzell in 
der Nähe von Kipfenberg, theils im Anlauterthale bei Tittiug. Die 
ersteren sind nichts weiter als Dolinentrichter von «um Theil sehr beträcht- 
licher Tiefe. Thierreste kennt man nur aus der Arngrub und zwar sind 
es Knochen und Kiefer von Haussieren aus allerjüngster Zeit. Die Furt- 
mUllerhöhle von Alldorf bei Titting ist ein enger Gang, der sich zu 
einer Kammer erweitert. Was dieser Höhle, die übrigens auf der schon 
erwähnten Höhlenkarte nicht verzeichnet ist, einiges Interesse verleiht, ist 
der Umstand, dass sie nicht im Dolomit, sondern in den unter diesem befind- 
lichen geschichteten Kalken des weisseu Jura entstunden ist, ebenso wie das 
Fucbsloch bei Titting, das Übrigens nur eine ganz kleine Nische unter 
einer Uberhängenden Platte ist und daher aus dem Verzeichniss der fränkischen 
Höhlen gestrichen werden sollte. 

Die oben erwähnte Unterscheidung eines höheren uud eines tieferen Dolomit 
dürfte vielleicht auch noch für die Umgebung von Kall münz im Naabthale 
zutreffen, wenigstens vermulhe ich, dass das „Osterloch“ im Schwaig- 
bauser Forst, eine sehr tiefe, nur mittelst Leitern zugängliche Spaltenhöble, 
noch in diesem oberen Dolomit sich befindet. Die übrigen Höhlen, die in 
dieser Gegend insgesammt als „Osterloch“ bezeichnet werden — im benach- 
barten Velburger Revier heissen sie Holloch — sind mit Ausnahme des 
Osterlochs von Rohrbach — das ebenfalls eine in die Tiefe ziehende Spalte 
darstellt — kleine Felsnischen. Eine derselben befindet sich im Schlossberg 
von Kallmünz, eine zweite etwa 7* km westlich von Kallmünz am rechten 
Ufer der Vils, zwei weitere näher gegen Rohrbach. Die beiden ersteren 
enthalten etwas Hühlenlehm, aber ohne Knochen oder Artefacte. Zwei kleinere 
und eine grössere Felsnische befinden sich im Thale des Forellenbaches 
bei der BlechmUble östlich von Hohenfels Ihre Lage, sehr nahe dem 
Wasserspiegel, erklärt hier sehr leicht das vollständige Fehlen von Hühlen- 
erde, denn es bedurfte nur eines Steigens des Wassers um etwa 4 — 6 m, um 
den Inhalt dieser Nischen fortzuspüleu. 

Ziemlich reich an Höhlen, hier ebenfalls „Osterloch“ genannt, ist die 
Umgebung von Sulzbach. Eine der bedeutendsten befindet sich in der 
Hainsburg bei Illschwang. Es ist eine mit massiger Neigung in die 
Tiefe ziehende Tropfsteinhohle. Das auf der v. Gümbel'schen Höhlenkarte 
verzeichnete Osterloch im Sternstein dicht bei Sulzbach existirt scheinbar 
nur in der Sage, sein Eingang wurde bisher stets vergeblich gesucht. Bei 
Niederricht finden sich im Walde mehrere grössere Felsnischen und in der 
Nähe des Bahnkörpers bei Trondorf ein früher als Bielkeller dienendes 
Osterloch. Es ist eine in die Tief« gehende Spalte mit schwachen Tropt- 
steinbildungen, der jedoch eine mehrere Meter breite und ebenso hohe Nische 
vorgelagert ist. 

Einen ganz ähnlichen Charakter hat auch das Helmloch bei Heuchling, 
nordöstlich von Pommelsbrunn, nur fehlt hier die Halle am Eingang, dafür 



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56 



Dr. Max Schlosser. 



erweitert sich aber der Spalt nach etwa 30 m zu einer ziemlich grosseu 
Kammer. Höklenlehm fehlt in beiden Höhlen. Das Winterloch bei 
Kirchenreinbach und das Osterloch bei Lockenricht sind tiefe Spallen- 
höhlen. Die erstere enthält oft im Sommer noch Schnee, die letztere Knochen 
von Haustbieren. Sie ist vermuthlick mit dem „Pumperloch bei Schönberg“ 
der Höhlenkarte identisch, aber unter diesem Namen in der Gegend durchaus 
unbekannt. Grösseres Interesse verdient die ausgedehnte Appelhöhle bei 
Steinbacb, nördlich von Neukirchen. Sie ist wegen ihrer hübschen Tropf- 
steinbildungeu für Besucher zugänglich gemacht. Im oberen Theile fanden 
sich früher viele Schädel und Menscheuknochen, die Herr Prof. J. Ranke 
untersucht hat, im tiefsten Theile im Höhlenlehme eingebettet zahlreiche Reste 
des Höhlenbären. Bei der Kürze der mir zu Gebote stehenden Zeit musste 
ich jedoch von einer Durchforschung dieser Höhle Abstand nehmen. 

Das Teufelslock bei Vilseck der v. GUmbel'schen Höhlenkarte muss 
jedenfalls auf einer irrigen Angabe beruhen, da Niemand in Vilseck davon 
Kenntniss hat, und überdies der Dolomit gar nicht so weit nördlich hinauf- 
reicht. Möglicherweise handelt es sich um einen alten Schacht oder Stollen. 

Leider war es mir aus verschiedenen Gründen , namentlich wegen der 
Ungunst der Witterung nicht möglich, das sehr weit abseits gelegene Wind- 
loch bei Kauerheim in Augenschein zu uebmen, doch glaube ich schon aus 
dem Namen Windloch darauf schliessen zu dürfen, dass wir es nur mit dieser 
Spaltenhöhle zn thun und daher in prähistorischer Beziehung recht wenig 
hievon zu erwarten haben. 

Der Grund, wesshalb die Sulzbacher Gegend trotz ihres nicht unbeträcht- 
lichen Reichthums ati Höhlen so wenig Ausbeute verspricht, liegt vermutklicb 
darin, dass die Höhlen vorwiegend den Charakter von Spaltenhöhlen besitzen 
und daher für tkierische und menschliche Bewohner wenig geeignet erscheinen. 

Auch die Nischen sind hier für Wohnzwecke nicht recht passend, da sie 
zu wenig seitlichen Schutz gewähren , was sich ohne weiteres aus der Art 
und Weise ihrer Entstehung erklärt. Sie haben sieb nämlich nicht durch 
langsame, von der Decke her fortschreitende Erosion, sondern vielmehr augen- 
scheinlich durch Zerbröckelung der seitlichen Felswaud gebildet, wodurch eben 
kein windgesebützter Hohlraum, sondern nur ein überhängendes Felsendarb 
entsteht. Eine eigentliche Wegsckwemmung von Thier- und Meusckenresten 
ist für dieses hochgelegene, jetzt so wasserarme Plateau, das überdies nur 
atn Rand ein paar Wasserläufe besitzt, nicht sehr wahrscheinlich, wir dürfen 
eher annebmen, dass die dortigen Höhlen und Nischen überhaupt wenig 
bewohnt waren. Nur die Appelhöhle macht hievon eine Ausnahme, sie diente 
wie oben erwähnt in früherer Zeit dem Höhlenbären als Wohnort und später 
dem neolithischen Menschen als Begräbnissstätte. 

Bei meinen ersten Höhlenforschungen besuchte ich auch eine grosse 
ballenartige Höhle bei Rupprechtstegen, vermutklicb das Wind loch der 
v. Gümbel’scben Höblenkarte, nahm jedoch von einer Ausgrabung Abstand, 
da es mir an Zeit fehlte, die hiezu nöthige Krlaubniss der Forstbebörde ein- 
zuholeu. Diese Hohle wurde inzwischen vom naturhistorischen Verein in 



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Natürliche Höhluu iu Bayoru. 



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Nürnberg durchforscht, jedoch trotz langer und kostspieliger Grabungen nur 
mit äusserst geringem Erfolge. Die ganze Ausbeute bestand trotz der riesigen 
Mengen von Hohlenlebm nur in sehr dürftigen Kesten von Höhlenbür und 
einer fragmentären Beckenhälfte von Mammuth. 

Prächtige Höhlenbildung finden wir im Hohenfels bei Happnrg in der 
Nähe von Hersbruck. Wir sehen hier eine weite, ziemlich hohe Halle, 
vor welcher die Felsen zu breiten Thoren und schlanken Thürmen verwittert 
sind, und erinnert die ganze Configuration einigermassen an die Vorballe der 
berühmten Sophienhöhle bei Babenstein. Der Höhlenlehm war hier wohl 
ziemlich mächtig, wenigstens scheint der Boden an den Bändern fast zwei 
Meter höher gewesen zu sein als jetzt, doch bestand der obere Theil aus einer 
mächtigen Breccienschieht. Der Hohlenlebm ist auffallend sandig und ver- 
muthe ich daher, dass die Ausbeute an Kesten älterer Thiere keine bedeutende 
gewesen sein dürfte, wenn auch, wie ich in Erfahrung brachte, Knochen und 
Zähne des Höhlenbären bei der Ausgrabung zum Vorschein gekommen sind. 
Dagegen war eine Microfauna ganz sicher nicht vorhanden, denn ich konnte 
in der ausgewortenen Erde auch nicht einen einzigen Knochen eines kleinen 
Thieres entdecken, was mich übtigens auch nicht in Erstaunen setzt, denn 
die Höhle eignet sich nicht zum Wohnorte von Eulen, auf deren Thätigkeit 
die Auhäufnng der Beste der Microfauua in den allermeisten Fällen zurück- 
geführt werden muss. Dagegen war die Hoble sicher vom neolithischen 
Menschen wenigstens vorübergehend bewohnt, wie ein von mir gefundener 
Topfscberbeu und einige allerdings unbestimmbare Knochenfragmeute von 
ziemlich frischer Erhaltung beweisen. Es ist mir nicht bekannt, wer seiner- 
zeit die Ausgrabung dieser Höhle unternommen hat und wohin die hiebei 
erbeuteten Objecte gekommen sind. 

Einen ganz abweichenden Charakter besitzet) die beiden Höhlen im 
Himmelreich, südwestlich von Nördlingen. Gleich den meisten Höhlen 
im benachbarten Württemberg liegen auch sie nicht im Frankeudolomit, 
sondern im plumpen Felsenkalk. Sie haben einen ziemlich schmalen, niedrigen 
Eingang und erweitern sich dann zu einer Halle, die jedoch im Vergleich zu 
den bedeutenderen Höhlen der fränkischen Schweiz und der Velburger 
Gegend nur ntässige Ausdehnung und geringe Höhe besitzt. Die grössere 
der beiden Höhlen, die Ofnet, hat ein paar seitliche Kammern, die kleinere 
uur eine ganz kleine Nebenkammer, etwa von der doppelten Grösse der 
zweiten, von mir bei Velburg ausgebeuteten Höhle. Die Höhlenerde ist 
in beiden Höhlen ziemlich mächtig. Die der Ofnet ist wenigstens zum Theil 
durch eine im hintersten Raume befindliche Spalte herabgekommen, wie der 
hier vorhandene Erdkegel vermuthen lässt. Dass jedoch auch die Thierreste 
sämmtlich diesen Weg genommen haben sollten, ist überaus unwahrscheinlich 
und lässt sich jetzt, nachdem die Höhle eine zweimalige Ausgrabung erfahren 
hat , auch nicht mehr feststellen. Es ist dies einer der weuigen Fälle in 
bayerischen Hohlen, wo HohlenausfUlluugsmaterial durch eine Spalte von dem 
über Tag befindlichen Plateau hereingekommen ist. Dass freilich in grossen 
Höhlen, wie z. B. iu der Sophienhöhle, Thierreste und Höhlenerde aus einem 



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Pr. Max Schlosser. 



höheren in einen tiefer gelegenen Höhlenraum hinabgeschwemmt worden sind, 
dürfte öfters der Fall gewesen sein. Wesentlich anders liegen dagegen die 
Verhältnisse nach den Untersuchungen von Fraipont und Tihon (Explora- 
tions seien tifiques des cavernes de la valide de la Mehaigne 1896. Bef. von 
M. Bonle in 1'Anthropologie 1897 p. 700) in Belgien, denn hier stammt 
der Höhleninhalt in den allermeisten Fällen von dem über Tage gelegenen 
Plateau. 

Die erste Untersuchung der Ofnet wurde von Prof. O. Fraas in Statt 
gart unternommen, jedoch offeubar nicht vollkommen erschöpfend, denn der 
vor der Höhle befindliche Aushub enthält selbst jetzt noch viele Thierreste 
und Feuersteine, so dass eine nochmalige Untersuchung keineswegs ergebnis- 
los wäre. Ich musste jedoch aus mehrfachen Gründen hievon Abstand nehmen. 
Die zweite Ausgrabung erfolgte vor ein paar Jahren von Seite des natur- 
historischen Vereins für Schwaben und Neuburg und erstreckte sich auf eine 
bis dahin noch unberührte Nebenkammer. Das erbeutete Material befindet 
sieb im Maximiliansmuseum in Augsburg und besieht der Hauptsache nach 
aus Zähnen von Pferd, Mammuth, Khinoceros, Riesenhirsch, Hohlen- 
byäne und Höhlenbär, unter denen jedoch die vom Pferd bei weitem 
vorwiegen. Ganze Kiefer und Knochen sind überaus spärlich. Auch vom 
Menschen liegen einige Knochen und Zahne vor. Die Feuersteine sind 
zwar sehr zahlreich, aber durchwegs ziemlich klein und von sehr indifferentem 
Typus Die eigentliche Mirrofauna scheint, wenigstens ihrem Erhaltungs- 
zustände nach, meist aus jüngerer Zeit zu stammen und vorwiegend aus lu- 
sectivoren und Fledermäusen zu bestehen, Lemmingreste fehlen gänz- 
lich, denn solche müssten doch bei der von mir vorgenommenen, wenn auch 
nur sehr oberflächlichen Untersuchung des Hoblenauswurfs zum Vorschein 
gekommen sein. Hingegen fand ich einen Metacarpusknochen von Lepus, 
dessen tiefbraune Färbung wohl auf ein höheres Alter schliessen lässt. 

Wesentlich verschieden von diesen Hohlen im Himmelreich ist die 
etwa eine Stunde hievon entfernte Hohlensteinhöble. Sie liegt nicht wie 
jene an dem felsigen Abhänge eines ausgedehnten Plateau s, sondern in einer 
Felsenburg mitten im Walde. Auch in ihrem Baue unterscheidet sie sich 
wesentlich von jenen, denn sie stellt eine lange, ziemlich hohe, massig ge- 
neigte Hülle dar, an die sich hinten noch eine sehr kleine Kammer auschliesst. 
Der Boden ist mit einer ziemlich mächtigen Schicht herabgefallener Steiu- 
hrocken bedeckt, die Höhlenlebmschicbt ist dagegen sehr dünn, mithin für 
Ausgrabungen sehr wenig versprechend. Die in der Nahe befindliche „Bohle 
im Thalberg“ der bayerischen Höhlenkarte konnte ich trotz längeren Sucheus 
nicht antreffen. Aus der Aebnliebkeit des Terrains glaube icli jedoch schliessen 
zu dürfen, dass sie auch eine ähnliche Beschafl'enheit anfweisen dürfte wie 
die Höhle des Hohlenstein. 

Nordöstlich von Oettingen verzeichnet die Höhlenkarte ein „Weiss- 
oder Waldmeisterloch hei Ursheim“. Es ist wie alle im Döekinger 
Forste befindlichen „Pumperlöcher“ der dortigen Bevölkerung nur eiu mit 
Wasser gefüllter senkrechter Spalt und keine wirkliche Höhle. 



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Naüirlicho Kühlen in Bayern. f)!l 

Für etwaige Fortsetzung der Untersuchung blieben demnach nur mehr 
übrig die Hohlen bei Hörnsheim, die beiden Höhlen des Hesselbergs, das 
Pumperlocb bei Weilheim, nordwestlich von Mouheim, das Windloch bei 
Kauernheim und die Höhlen bei Plech und Auerbach, doch glaube ich 
nach meinen Erfahrungen in benachbarten Revieren mir von allen diesen 
nicht viel versprechen zu dürfen. Nennenswerthe Ausbeute haben von allen 
Theilen des bayerischen Höhlengebietes lediglich die fränkische Schweiz 
und die Velburger Gegend — abgesehen von der Räuberhöhle bei 
Etterzhausen und der Ofnet bei Nördliugen — ergeben und liegt der 
Grund hiefür wohl darin, dass nur hier grosse, wohnliche Höhlen in nennens- 
werther Zahl vorhanden sind und noch dazu, was jedenfalls das Wichtigste 
ist, meist gruppenweise beisammenliegen. 

Bezüglich der bayerischen Höhlenkarte möchte ich hier noch einige Be- 
merkungen anfügen: Wie alle Karten, so hat natürlich auch sie nur für den 
Zeitpunkt ihres Erscheinens Anspruch auf grössere Genauigkeit. Alle 
späteren Vorkommnisse, im vorliegenden Falle also die Entdeckung neuer 
Höhlen, könuen unmöglich auf ihr berücksichtigt sein. Nun wurden aber 
in der That iu der Zwischenzeit verschiedene neue Höhlen aufgefunden z. B. 
bei Velburg und im Wendelstein. Ausserdem ist die Karte wenigstens für 
das Alpengebiet ohnehin vollkommeu ungenügend, indem hier kleinere Höhlen, 
wie sie die Karte im fränkischen Gebiete sehr häufig noch berücksichtigt, 
jedenfalls in viel grösserer Zahl ezistiren, als man bisher glaubte. Ich selbst 
kenne zwei solche, die eine in der Nähe der Eckalm bei Reut im Winkel, 
die andere ober dem österreichischen Zollhaus in Zill bei Berchtesgaden. Der 
Hauptmangel der Karte besteht jedoch darin, dass alle Höhlen, gleichviel ob 
gross oder klein, mit dem nämlichen Zeichen markirt sind. Besonders miss- 
lich ist es, dass sogar mehrfach höchst problematische Dinge, die überhaupt 
nicht als Höhlen angesproeben werden können, nach dieser Markirung den 
berühmtesten Höhlen völlig gleichwertig erscheinen. Es soll biemit dem 
Autor keineswegs irgend ein Vorwurf gemacht werden, denu die Eintragung 
von solch problematischen Dingen basirt offenbar nicht aut seiueu eigenen 
Beobachtungen, sondern auf Mittheilungen von Laien, deren Mitwirkung 
freilich bei einem solchen Unternehmen nicht völlig entbehrt werden kann. 
Sollte daher später einmal eine Neuausgabe der bayerischen Höhlenkarte 
wünsekenswerth erscheinen, so dürfte es sieb vor Allem empfehlen, nicht alle 
Höhlen mit dem nämlichen Zeichen einzutragen, sondern vielmehr für die 
verschiedenen Typen der Hohlen auch verschiedene Signaturen in Anwendung 
zu bringen, z. B. für die grossen meist horizontalen Kammerhöblen .a., für 
die in die Tiefe ziehenden Spaltenhöhlen [>, für blosse Felsnischen— Halb- 
höhlen Q. Sehr werthvoll wäre natürlich auch die Angabe, ob und wo Thier- 
oder Menschenreste gefunden worden sind, was ebenfalls leicht durch einfache 
Zeichen ersichtlich gemacht weiden könnte 

Selbstverständlich kounte die Mitwirkung besonderer Vertrauensmänner, 
die im Höhlengebiete selbst ihren Wohnsitz haben, nicht wohl entbehrt werden, 
besonders schätzenswerth wäre namentlich die Betbeiligung der kgl. Forst- 



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60 



I>r. Max Schlosbor. 



behürden. Ihre Mitwirkung hatte dabei vor Allem in der Ausfüllung hinaus- 
zugebender Fragebogen zu bestellen, die nicht blos auf das etwaige Vor- 
handensein, sondern auch auf die Beschaffenheit der Hoble gerichtet sein 
müssten, und zugleich mit dem Ansuchen zu verbinden wären, die Lagen der 
Höhlen auf dem betreffenden Blatt der bayerischen Generalstabskarte einzu- 
tragen. Mit Hilfe der auf solche Weise gewonnenen Grundlage wäre es 
leicht, eine Höblenkarte zu schaffen, die in ihrer Art der anerkannt vor- 
trefflichen Ohlenscblager'schen prähistorischen Karte von Bayern eben- 
bürtig wäre. 



V. 

Ueber Höhlen bei Mörnsheim (Mittelfranken) und Ausgrabungen 
bei Velburg (Oberpfalz). 

In meinem Bericht über die im Herbste 1897 unternommenen Höhlen- 
Studien erwähnte icb, dass in der Eichstätter Gegend, und zwar bei Mörns- 
beim noch verschiedene, auf der bayrischen Höhlenkarte nicht vermerkte 
Höhlen existiren, dass ich aber leider erst nachträglich hievon Kunde erhalten 
hätte, und daher die Untersuchung auf spätere Zeit verschieben müsste. Diese 
Lücke suchte ich nun im letzten Jahre auszufüllen, doch hegte ich von An- 
fang an geringe Hoffnung, hier wichtigere Funde zu machen, denn auch diese 
Höhlen gehören, wie die allermeisten im südlichen Tlieil des Frankenjuia, 
einem höheren Niveau des Juradolomit an als jene der fränkischen Schweiz 
und der Velburger Gegend. Da nun dieser jüngere Juradolomit seinem 
petrograpbischen Charakter nach der Bildung grösserer, hallenartiger Höhlen 
nicht günstig ist, sondern nnr kleine spaltenarfige Höhlen liefert, von der 
Grösse der Höhlen jedoch wieder deren Bewohnbarkeit und somit auch die 
Aussicht auf prähistorische Funde abhängig ist, so kann es wohl kaum über- 
raschen, dass meine Untersuchung keinen directen Erfolg hatte, und ich mich 
also auf die kurze Charakterisirung der Mörnsheimer Höhlen beschränken muss. 

Was ihre Lage betrifft, so befinden sieb zwei derselben südlich, an der 
Strasse nach Tagniersheim, die übrigen nördlich von Mörnsheim. Von 
den beiden ersteren ist die eine das „Ofenloch“, fünf Minuten vom Oite 
entfernt; die andere befindet sich neben dem vorletzten Hause von Mörns- 
heim. Das Ofenloch ist eine ganz seichte, kleine Nische. Hingegen erwies 
sich die Höhle dicht bei Mörnsheim als eine allerdings sehr enge und nied- 
rige, aber doch ziemlich lange Spaltenhöhle, in welcher auch Anfänge von 
Tropfsteinbildung zu beobachten sind. Die Höhlenerde hat freilich auch hier 
nur ganz geringe Mächtigkeit, wesshalb von einer Grabung ohne Weiteres 
Abstand genommen werden konnte. Von den nördlich von Mörnsheim ge- 
legenen Höhlen befinden sich zwei gegenüber Altenstatt, nahe der Ein- 
mündung des Forellenbaches in die Altmühl, die dritte, „das Hafnerlocb“. 
liegt schon im Altmühlthale selbst. Die ersteren erwiesen sich als Fels- 
nischen, von denen die eine immerhin 2 m lang und breit, aber ganz niedrig 



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Natürliche Hohlen io Bayern. 



61 



ist, während die zweite eigentlich nur durch ein Felsgesims, eine Art Dach 
gebildet wird und der Seitenwände gänzlich entbehrt. 

Das Hafnerloch hat ziemlich regelmässige, konische Form; seine Hohe 
und Breite beträgt ungefähr 2 m. Wie in den beiden Hohlen südlich von 
Mörnsheim ist auch in den drei nördlich gelegenen die Höhlenerde sehr 
wenig mächtig; hei 10 — 16 cm beginnt schon der zersetzte Felsboden, so 
dass also aller Erfahrung gemäss höchstens Funde von vereinzelten dürftigen 
Objekten aus ueolithischer Zeit, niemals aber eine wirkliche Schichtenreihe 
zu erwarten wäre. Auch die „Höhle“ hinter den Wielandshöfen, an der 
Strasse zwischen Dollnslein und Konstein würde voraussichtlich die Mühe 
einer Grabung nicht lohnen, umsomehr als sich ihr Boden nach auswärts 
neigt, in welchem Falle ohnehin das Vorkommen älterer Ueberreste gänzlich 
ausgeschlossen ist. Ueberrties hat diese „Höhle“ anscheinend bedeutende Ver- 
änderungen erlitten. Von der Strasse aus gesehen, nimmt sie sich zwar 
höchst stattlich aus, dagegen erweist sie sich bei näherer Besichtigung nur 
mehr als einfaches Felsentbor, das seine jetzige Gestalt offenbar dem Umstand 
verdankt, dass ein Theil der Decke und ein Theil der Seitenwände der ur- 
sprünglichen Höhle herabgestürzt sind. Da diese herabgestürzten Massen auch 
den Boden am Eingänge des Thores bedecken, würde die ohnehin voraussicht- 
lich fruchtlose Grabung auch noch durch Sprengarbeit wesentlich er- 
schwert werden. 

Der zweite Theil meiner Keise galt dem Höhlengebiet von Velburg und 
der Besichtigung und, soweit es die Tbierreste betraf, auch der Bestimmung 
der Objekte, welche der dortige Apotheker, Herr Würsching, durch meine 
Untersuchungen und Funde angeregt, in der Höhle von St. Wolfgang 1 ) er- 
beutet hatte. Ich unternahm diese Tour im Aufträge des Herrn l’rof. 
J. Rank6. Meine Voraussage, dass wir es in der Velburger Gegend mit 
einem reichen Felde für prähistorische Forschung zu thun hätten, hat sich 
nun auch in der That bewahrheitet, denn wiederum wurde hier die gleiche 
Schicbtenlolge konstalirt, wie in den von mir durchforschten Felsnischen, über 
welche Grabungeu ich schon wiederholt an dieser Stelle berichtet habe, nur 
sind eben entsprechend des viel bedeutenderen Umfanges des Fundplatzes die 
Thierreste viel zahlreicher und vor Allem die Artefacte des neolithischen 
Menschen viel mannigfaltiger als an meinen beiden Arbeitsplätzen. Ich hatte 
selbst in dieser, von genanntem Herrn ausgebeuteten Fundstelle, dem Vor- 
platze der grossen Höhle von St. Wolfgang, wiederholte Probegrabungen 
vorgenommen, doch waren dieselben sämmtlich erfolglos, insoferne ich stets 
in ganz geringer Tiefe an den Felsboden stiess. Zudem hatte ich ohnehin 
zu diesem Platze sehr wenig Vertrauen, weil der Boden augenscheinlich nicht 
mehr vollkommen unberührt, sondern wenigstens theilweise eingeebnet war, 
um die Zufahrt zur eigentlichen, früher als Bierkeller dienenden Höhle zu 
erleichtern. Es zeigte sich eben auch hier die alte Erfahrung, dass dem 
Laien das Glück viel öfter hold ist, als dem Fachmann. 

*) Die Nische bei St Wolfgang. Corrcspondcnzblatt der Deutschen anthropol. Gesell- 
schaft 1696, p. 7, und Ueber dio Nische im Schlossberg ibidem 1897, p. 30. 



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Dr. Max Schlosser. 



Was das Alter der Schichten betrifft, so lassen sieh auch hier, wie in 
der benachbarten Felsnische, unterscheiden: 

A Graue Kulturschicht, ueolithisch. 

B. Weisse Nagerschicht. 

C. Gelbe Nagerschicht. 

Die neolitbische Schicht ist hier sehr reich an Artefacten des prähi- 
storischen Menschen, und verdienen besonders Bildnisse aus Thon und Bein, 
sowie die in Knochen gefassten Feuersteinsplitter hervorragendes Interesse. 
Leider hat es der Finder unterlassen, diese Arteiacte sorgfältig auseinander- 
zulialten, denn dieselben können unmöglich sämmtlich der gleichen Periode 
angehören, wenigstens stammt ein Tbeil der Reiuschnitzereien, menschliche 
Arme darstellend, Beiuplatten mit eingravierten Menschenfiguren und Thieren, 
sowie die aus Thon geformten Menschenkopfe von I .ebensgrosse, nach Ansicht 
des Herrn Prof. J. Ranke, aus einer der christlichen Zeit unmittelbar vor- 
hergehenden Periode, eine knopfärtige Beinschnitzerei, in der Mitte ein 
Panther, möchte ich sogar entschieden für frühmittelalterlich ansprechen. Als 
wirklich ueolithisch verblieben höchstens einige aus Bein geschnitzte Fische. 
Dagegen kann es keinem Zweifel unterliegen, dass die Feuersteine, sowie die 
Mehrzahl der Topfscherben und die Knochenwerkzeuge, uuter denen nament- 
lich die zugespitzten, als Dolch oder Pfriemen dienenden menschlichen Ulnae 
und Fibulae erwähnenswerth erscheinen, wirklich der neolithischen Zeit an- 
geboren. An Magdalenien, wohin sie der Besitzer, Apotheker Würscbing, 
rechnen möchte, ist absolut nicht zu denken, denn trotz der sorgfältigsten 
Prüfung der aus der grauen Kulturscbicbt stammenden Thierreste war es mir 
nicht möglich, auch nur die geringste Spur von Renthier nachzuweisen. Auch 
unterscheiden sich diese Knochen von denen der gelben Nagerschicht, welche 
wirklich, obschon sehr selten, Reste von Ren enthält, sehr deutlich durch ihre 
Frische und ihre weisse Farbe. Ein Theil derselben ist auch mit einer 
dünnen Haut von Kalksinter überzogen, wie die meisten Tbierknocheu iu der 
nahe gelegenen König Otto-Höhle. 

Hervorragendes Interesse verdienen die Feuersteingerttlbe, denn sie zeigen 
so recht deutlich, dass die für Frankreich sehr wohl zutreffende Klassifikation 
in Solutröen, Chellöen etc. eben doch nur für jene Gegenden gültig ist, 
wo grosse Feuersteinkugeln in reichlicher Menge Vorkommen, nicht aber auch 
für solche, wo, wie im Frankenjura, grössere Hornsteinknollen schon an und 
für sich selten sind und überdies auch nur ausnahmsweise einen Kern von 
ächten Feuerstein enthalten. In diesem Falle war der Mensch genötbigt, 
mit dem Material sparsam umzugehen, und auch Stücke zu verwenden, die 
er an günstigeren Localitäten als blosse Abfälle zweifellos bei Seite geworfen 
hätte. Hier im Frankenjura jedoch suchte der Mensch die Kleinheit und 
ungeeignete Form seiner Steinsplitter bis zu einem gewissen Grade dadurch 
gut zu machen, dass er sie in Griffe aus Knochen einfügte. Ein hübsches 
derartiges Werkzeug ist ein Metacarpus von Schaf mit eingeklemmten Stein- 
Splitter. Wollte man die hier gefundenen Feuersteine nach dem Schema der 
französischen Autoren bestimmen, so kämen sie allenfalls iu das Clielleeu 



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Natürliche Höhlen in Bayern. 



63 



zu stehen, (loch erscheint eine solche Altersbestimmung bei Berücksichtigung 
der begleitenden Fauna ohne Weiteres gänzlich unstatthaft. Hiedurch wild 
aber doch der sichere Beweis geliefert, dass die Fauna bei Bestimmung 
des Alters entschieden den Vorzug verdient vor dem Charakter 
der Feuersieingerftthe. 

Knochen des Menschen sind in der neolithischen Schicht von St. Wolf- 
gang nicht allzu selten. Ich fand ausser den schon erwähnten bearbeiteten 
Menschenkr.ochen noch vier Tibien und ebenso viele Humeri, ganz abgesehen 
von Hand- und Fussknochou und verschiedenen Kiefer- und Schädeltrümmern. 

Die Hausthierreste vertheilen sich auf: Rind, Schaf (Ziege?), 
Schwein, Pferd, Hund. Von wildlebenden Thieren sind vertreten: Hirsch, 
Reh, Hase, Biber, Wildkatze nnd brauner Bär. Von letzterem liegt 
nur ein Zahn vor; auch die Reste der übrigen wildlebenden Säugethiere sind 
recht spärlich und bestehen zum Theil nur aus isolirten Zähnen. Nur 
Hirsch ist etwas besser, und zwar vorwiegend durch bearbeitete Geweih- 
stücke vertreten. Zu den genannten Waldthieren kommt möglicherweise noch 
Ur — Bos primigenius — hinzu, wenigstens fand ich unter dem unter- 
suchten Material auch Knochen eines sehr grossen Boviden, die wohl von 
einem einzigen Individuum stammen dürften. Weitaus die meisten aller 
Knochen gehören dem Hausrind an, und zwar einer audallend kleinen 
Rasse desselben, viel kleiner als jene aus den Pfahlbauten der Rosen insei 
im Starnberger See; indess haben wir es doch wohl mit der Torfkuh zu 
thun, die ja auch in Schussenried nur sehr unansehnliche Statur besass. 
Ks ist vielleicht nicht ganz überflüssig zu bemerken, dass auch in der Jetzt- 
zeit das Rind der Vel b u rger Gegend und überhaupt eines grossen Theiles 
der Oberpfalz nur sehr geringe Glosse hat. Wesentlich seltener als die 
Reste von Rind sind jene von Schwein. Auch sie lassen auf eine ziem- 
lich kleine Rasse scbliesseu. Pferd, sowie Schaf resp. Ziege sind nur 
sehr spärlich vertreten. Dass die wenigen in dieser Schicht gefundenen 
Knochen des Höhlenbären nur zufällig hineingeratben sind, ist um so 
wahrscheinlicher, als noch bei meinem ersten Besuch dieser Höhle ziemlich 
viele Höhlenbärenknochen und Zähne frei am Boden herumlagen. 

Die aus der oberen, weissen Hagerschicht stammenden Tbierresle 
konnte ich nicht näher bestimmen, da mir nur eine ganz unbedeutende Probe 
hievon vorlag, doch vertheilen sie sich anscheinend, wie bei meinem früheren 
Funde in der benachbarten Felsnische, zumeist auf die beiden Scbneehubu- 
arten, auf Halsb and- Lern m i ng und Wühlmäuse. 

Um so reicheres Material erhielt ich dagegen aus der unteren, gelben 
Nagerschicht, theils durch eigene, theils durch die von einem Arbeiter 
später vorgenommene Aufsammluug. Ich konnte folgende Arten uachweisen: 

1. Leucooyou lagopus Lina., Incisiren, Oberer M 1. 

2. Foetorius erminoa Keys, Kiefer, Bohädelfragmeote, Extremitätenknocbon. 

3. „ Krejici Woldr., Kiefer, Scbädelfragmente, Extreraitätenknocben. 

4. „ vulgaris Keys., Kiefer, Schädelfragmente, Extremitätenknocben. 

5. „ minutus Woldr.? Kiefer. 

6. Talpa europaea Lion,, Kiefer, Humerus. 



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Dr. Max Schlosser. 



7. Sorex vulgaris Linn., Kiefer, Humerus, Ulna. 

8 „ alpinus Linn, Kiefer, Humerus. 

9. Lupus variabilis Pall, Schädel frag mente und fast sämmtlicbe Skelottthoilo. 

10. Lagomis pusillus Desrn, mebrore Schädel, viele Kiefer und Extromitätonkoochcn. 

11. Myodes torquatus Pall, Schilde] fragmente, viele Kiofor und Extromifätcnknochofi. 

12. A rv icola am |ihi bi us Desrn , Schädel fragmente, viele Kiefer und ExtremiLä'.onknochon 

13. „ gregalis Blas., Schädelfraginooto und viele Kiefer. 

14. „ nivalis Mast., Schädel fragmente und viele Kiefer. 

15. „ ratticeps Blas, Scbiidelfragmonto und viele Kiefer. 

16. „ arvalis Selya, Srhüdelfragmente und viele Kiefer. 

17. „ agrestis Blas., .SchilJelfragmcnte und viele Kiefer. 

18. „ campestris Blas. V Kiefer. 

19. Cricetus frumentarius Pall, Schädel fragmente, Kiefer und ExtremiUtenknochco. 

20. Sus scrofa ferus Uno., Oberer P4, Phalangen, zwei Metapo<lien, ein Humerus- 
f i agmeut. 

21. Hangifer tarandus Sund, Magnum, Scaphoid, Phalango eines Seiteumctapodiums, 
Fragment eines unteren M. 

22. Lagopus alpinus Nilss., Schädelfragmente, zahllose Extremitätenknochen und Wirbel. 

23. „ albus Gmel., Schädel fragmente, zahllose Extrem itäteuknochen, Wirbel. 

24. Tetrao tot rix Linn., Humerus. 

25. „ urogallus Linn, Halswirbel 

26. Turdus merula Linn , Tarsometarsus. 

27. Fringillido sp., Schnabel. 

28. Hirundo (?) Humoius. 

29. Bubo maximus Linn., Zchenglied und Kralle. 

80. Syroium cfr. aluco Linn., Schnabel, Tarsometatarsus, 

31. Vanollus cristatus Mey., Tarsometatarsus. 

32. Rallus aquaticus Lina., (?) Humerus. 

33. Larus ridibundus Liun., Tarsometatarsus. 

34. Kana temoraria Linn, Extremitiltenknochen. 

85. Bufo sp., Extremitätenknochen. 

36. Salmo (?) Wirbel. 

Alle diese thierischen Reste liegen in einem gelbbraunen, mageren Lehm, 
der mit dem Löss sehr grosse Aehnlichkeit hat und wohl auch wie dieser 
durch Winde abgesetzt worden ist. 

Ausser den genannten Arten sind noch vertreten Höhlenbär durch 
einen Fnsswurzelknochen — Cnneiforme — und Höhlenlöwe durch eiu 
Zehenglied. Es ist mir indess wahrscheinlicher, dass diese Stücke aut* dem 
ursprünglichen Boden der Höhle lagen, als die Bildung der Nagerschiclit 
begann und daher von obiger Fauua getrennt gehalten werden müssen. Am 
häufigsten sind wie immer in dieser Tbiergesellschafl die beiden Schnee- 
huhn-Arten, sowie der Halsband-Lemming und Arvicola arvalis, 
agrestis und grezalis. Sehr zahlreich sind auch die Reste des Schnee- 
hasen; die meisten gehören jedoch jungen Individuen an. Unter den Vögeln 
verdienen Kiebitz, Wasserralle und Möve ein besonderes Interesse, 
denn aus der Anwesenheit ihrer Reste, sowie aus dem Vorhandensein der 
Fischwirbel lässt sich der Schluss ziehen, dass die dortige Gegend in jener 
Periode zum mindesten nicht wasserarmer war, als in der Gegenwart, wo 
die genannten Vögel schwerlich in solcher Zahl Vorkommen, dass ihre Reste 
in Eulenborsten gefunden werden könnten. Wie Ne bring annimmt, wurden 



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Natürliche Höhlen io Bayern. 



65 



nämlich die Schneehühner, Hasen und die übrigen Nager, sowie die 
kleineren Vögel, die Frösche — vielleicht auch wohl die Fische — von 
Eitlen eingeschleppt und hier verzehrt, und die kleineren Knöchelchen mit 
den Gewöllen wieder ausgebrochen. Diese Erklärung ist sicher die zutreffende, 
denn man findet thatsächlich sehr häufig diese Ueberbleibsel in Klumpen zu- 
sammengeballt. Manche Stücke zeigen auch einen weissen Ueberzug und 
dürften wohl durch den Darm gegangen sein. 

Es ist nicht wohl anzunehmen, dass diese Microfauna durch weitere Aus- 
grabungen noch bereichert werden dürfte, ausser etwa durch einige Vogel- 
arten, vielmehr kann ich mit ziemlicher Bestimmtheit Voraussagen, dass die 
Zahl der Nagerarten nicht weiter zunehmen wird, und dass also auch hier 
niemals weitere Arten zum Vorschein kommen werden, die zoogeographisch 
eine ebenso wichtige Rolle spielen wie der Halsband-Lemming. Ich 
meine hiemit Alactaga, Ziesel, Bobac und das zentralasiatische Stachel- 
schwein — Hystrix hirsutirostris. Das Fehlen dieser Formen in 
unserer Gegend ist recht auffällig, da sie zum Theil schon in den Höhlen 
der doch nicht allzufernen fränkischen Schweiz, — Stachelschwein — 
zum Theil — Alactaga und Ziesel — im Löss von WUrzburg Vor- 
kommen. Augenscheinlich geht die Südgrenze des ehemaligen Verbreitungs- 
bezirkes dieser Arten nicht so weit, wie jene des Lemmings, des Schnee- 
hasen etc., denn sie fehlen auch in den von Woldrich untersuchten Höhlen 
im Waldviertel — Niederösterreich — und von Zuzlawitz im Böhmer- 
wald einerseits und am Schweizersbild bei Schaffhausen andrerseits. 
Da aber Velburg zwischen diesen Lokalitäten liegt, so gewinnen die hier 
erzielten Ergebnisse um so höheren Werth, als die faunislische Ueberein- 
stimmung aller dieser Fundorte ausserordentlich gross ist. 

Zu Ken und Wildschwein gehören ausser den erwähnten Resten ver- 
mutblich noch einige unbestimmbare Trümmer von Extremitätenknochen. Es 
wäre nicht unwichtig, wenn sich ermitteln Hesse, ob die Zerkleinerung dieser 
Stücke auf die Thätigkeit von Raubt bieren oder auf die Thätigkeit des 
Menschen zurückzuführeu sei. Beide Erklärungen stossen auf einige 
Schwierigkeiten, denn einerseits gibt es unter den Thieren, die in dieser 
Schiebt beobachtet wurden, keine solchen Raubthiere, die sich an Ren oder 
Wildschwein gewagt hätten, und andrerseits ist die Anwesenheit des 
paläolithischen Menschen in der Velbnrger Gegend, sowie überhaupt im 
Frankenjura durchaus zweifelhaft. Ich habe zwar in der zuletzt eingesandteu 
Drohe aus der Nagerschicht ein Schftdelfragment und ein Zehenglied des 
Menschen gefunden , allein der Erhaltungszustand dieser Stücke ist ein 
derartiger, dass sie doch eher aus der neolithischen Schicht stammen und nur 
zufällig bei der Grabuug in die tiefere Nagerschicht gelangt sein dürften. 
Jedenfalls wird es sich empfehlen, bei weiteren Aufsammlungen gerade au! 
die allerdings sehr unansehnlichen Trümmer von grösseren Knochen beson- 
deres Augenmerk zu richten, denn nur mit Hilfe von reichem, derartigem 
Material wird es möglich sein, die Existenz des p aläolith isch en Mensch en 
zu ermitteln, beziehungsweise dessen Abwesenheit definitiv festzustellen. 

Beiträge *ur Anthropologie. XIII, Bd , I. n. 2. Heft. g 



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66 



l)r. Max Schlosser. 



Der vorliegende Bericht war eben fertiggestellt, als ich in den letzten 
Tagen des Januar laufenden Jahres abermals nach Velbnrg reisen musste, 
um den Ausgrabungen, welche für Herrn Professor Joh. Hanke in der üuz- 
mannsteiner Höhle vorgenommeu wurden, beizuwobnen. 

Diese Höhle, ungefähr zwei Stunden nordöstlich von Velburg, befindet 
sieb nahe dem Gipfel eines bewaldeten Hügels und ist vom Thale aus nirgends 
sichtbar. leb erwähne diesen Umstand, weil er vielleicht geeignet ist, darüber 
Aufschluss zu geben, ob die Hoble dauernd oder nur vorübergehend — als 
Zufluchtsort — bewohnt war. 

Durch eine ziemlich grosse, mittelst einer DoppeltkUre verschlossene 
Oeffnnng, kommt man in eine höbe nach innen zu sanft geneigte Vorhalle, 
die früher als Bierkeller diente. Mit der eigentlichen Hoble ist sie durch 
einen kurzen, niedrigen, schmalen Gang verbunden. Hat man diesen passirt, 
so befindet man sich in einer geräumigen Halle von durchschnittlich 2—3 m 
Höhe und 5 m Breite, deren Boden von dem erwähnten Eingang weg sowohl 
nach rechts als auch nach links sehr sanft austeigt. Der rechte Flügel dieser 
Halle ist kaum halb so laug als der linke, schliesst aber ebenso wie dieser 
mit einer hübschen Tropfsteinkaskade ab. Die Tropfsteine sind nur als dicker 
Siuterüberzng des Bodens und als Stalagmiten entwickelt, doch erreichen 
letztere zuweilen eine Höhe von fast einem Meter und einen Durchmesser 
von einem halben Meter. Dagegen fehlen Stalaktiten fast vollständig. Die 
Tropfsteinbildung dauert noch gegenwärtig fort, nnd finden sich auch auf den 
im Folgenden zu besprechenden Ueberresten des prähistorischen Menschen 
nicht selten cylindrische, am Oberende vertiefte Stalagmiten von 2 — 5 cm Höhe 
und Dicke. In der Halle selbst bestand der Boden ursprünglich ans einer 
ziemlich mächtigen Schicht von Höhlenlehm, mit spärlichen Resten des Höhlen- 
bären — unter ihnen ein Unterkiefer eines jungen Tbieres mit abnormen, 
verkümmerten dritten Molaren — jetzt ist jedoch dieser Lehm nur mehr an 
den Wänden zu sehen, während der Boden fast nur durch die von der Decke 
herabgefallenen zum Theil versinterten Felsplatten gebildet wird. 

Hebt mau nun eine beliebige von diesen Platten , so stösst man immer 
auf eine Schicht von verbranntem Getreide — vorwiegend Waizen — in der 
sich auch viele Urnenscherben und — allerdings ziemlich selten — auch Eisen- 
gerftthe — Lanzenspitze, Sichel — sowie thönerne Spinnwirbel vorfinden. 

Diese Schicht hat eine Mächtigkeit von etwa 2 cm. Sie enthält auch 
Brocken von Holzkohle, Knochen von Hausthieren — Schwein, Schaf, Eind, 
Pferd Vom Menschen selbst kamen mehrere Skelette zum Vorschein, und 
zwar im Höhlenlehm. Wir haben es hier sicher mit Leichenbestattung za 
lliun. Zwei dieser Skelette fanden sich in der Vorhalle, die übrigen in der 
eigentlichen Höhle. Sie gehören , mit Ausnahme vou zwei noch im Zahn- 
wechsel begriffenen Individuen, Erwachsenen an, doch vermag ich, so lang« 
nicht das Material zur Untersuchung eiugetrolien ist, deren Geschlecht nicht 
zu bestimmen. 

Welches Alter haben nun die hier gefundenen Menschenreste? 



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Natürliche Höhlen in liayern. 



67 



Das Vorkommen von Elsengerätken spricht dafür, dass wir es entweder 
mit La Tin«- oder mit Hallstatt-Periode zu thun haben, allein aus den wenigen 
bisherigen Funden dürfte sich diese Frage kaum entscheiden lassen. Bessere 
Anhaltspunkte versprechen die Urnenreste, unter denen sich auch Trümmer 
von Grapbitgeschirren befinden. Leider sind Bämmtliche Urnen durch die von 
der Decke herabgestttrzten Steinplatten — sie haben sich augenscheinlich unter 
der Einwirkung des Feuers von der Decke losgelöst — in Trümmer zerschlagen 
worden, indess dürfte es doch möglich sein, die eine oder die andere wieder 
zusammenzufügen, da ich den Arbeiter angewiesen habe, alle uuter einem Stein 
liegenden Stücke stets sorgfältig zusammenzulegen und von den übrigen getrennt 
zu halten. Vielleicht bietet auch ein durchlochter Eckzahn vom Wolf einigen 
Anhaltspunkt für die Altersbestimmung 

Vorläufig ist nur das eine sicher, dass der Volksstamm, welchem diese 
Ueberreste angehören, die Bearbeitung des Eisens und die Anfertigung orna- 
mentirter Thongeräthe verstand, und von Viehzucht und Ackerbau lebte, wie 
die Reste von Haustbieren, die erwähnte Sichel und die Massen von ver- 
branntem Getreide beweisen, und ebenso, dass wir es nicht mit eigentlichen 
Höhlenbewohnern zu thun haben. Dagegen scheint mir die Frage, ob wir 
hier einen wirklichen Begräbnissplatz oder etwa blos eine Zufluchtsstätte in 
Kriegszeiten vor uns haben, keineswegs gelöst zu sein, wenigstens spricht 
für lelzte.re Annahme der Umstand, dass auch in der Gaisberghöhle bei 
Krumpenwien, die ebenfalls eine ganz versteckte Lage hat, ganz ähnliche 
Artefacte, sowie gleichfalls grosse Mengen verbrannten Getreides zum Vorschein 
gekommen sind und auch die Thier- und Menschenknochen zum Theil eineu 
ähnlichen Erhaltungszustand aufweisen, wie jene der Lutzmannsteiner Höhle. 
Um diese Fragen zu lösen, muss jedoch ein specieller Kenner das gesammelte 
Material einer genaueren Prüfung unterziehen. 

Vorläufig sei nur so viel bemerkt, dass in der Velburger Gegend folgende 
prähistorische Perioden narhgewieseu werden konnten : 

Neolithische Zeit : Höhlen von St. Wolfgang, Breitenwien, König Otto-Höhle. 

Bronzezeit: Höhlen von St. Wolfgang, Breiten Wien, König Otto-Höhle, 
stets spärlich vertreten ; soferne die wenigen Reste nicht schon den folgenden 
Perioden augehören. 

Eisenzeit: Lutzmannsteiner-, Gaisberg-Hühle, (König Otto-Hüble ?). 

Germanische (?) vorchristliche Zeit: Beinschnitzereien und Thonbildnisse, 
Höhlen von St. Wolfgang. 

Nicht ganz unwichtig erscheinen mir auch die Beziehungen zwischen 
der Beschaffenheit der Höhlen und den Ergebnissen der prähistorischen 
Forschung, wie folgende Untereinanderstellung zeigen dürfte. Wir finden bei: 
Lutzmanosteiuer und Gaisberg- Höhlo: 

Abgelegener, versteckter Platz mit engem Eingang. 
llegräboiB6platz oder Zufluchtatätto. 

Eiserne Geriitho. 

Getreidebau und Viehzucht. 

La Tone- oder Hallstatt-Periode. 



5 * 



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I) r. Max 8cblo«ter, Natürliche Kohlen in Bayern. 



08 



Hohlen von St. Wolfgang: 

Weite, offene Vorhalle, schon von Ferne »ichthar. 
Wohn platz, zugleich auch KegrSboissplatz. 
Gerüthe aus Stein und Knochen. 
Ausschliesslich Viehzucht? 
Neolithische Periode. 



Gruudriss-Skizze der Lutzmannsteiner Höhle (aus dem Gedächtnis» entworfen). 
Eingang. 




LJ Eingang. 

i I Schlupf zwischen Vorhalle und eigentlicher Höhle, 

OO Trapätelnblldungen. 

‘ö* Herabgestürzte Fehplatten. 

| M Skelette. 

X Schädel, resp Kiefer von Höhlonbftr. 



Zum Schlüsse möchte ich noch eines tragikomischen Ereignisses Er- 
wähnung thun, das immerhin nicht uninteressant erscheinen dürfte. Wie ich 
oben bemerkte, ist die Höhle durch eine Tbüre versperrt. Oer Schlüssel 
befindet sich beim Förster in Lutzmannstein und wurde seit meinem Besuche 
der Höhle im Herbste 1890 bis jetzt, Januar 1899, von Niemandem mehr 
verlangt und daher auch an Niemand mehr abgegeben. Mau sollte also wohl 
glauben, dass seitdem in der Höhle auch keine Veränderung vor sich gegangen 
wäre und folglich auch der mit Kalksinter überzogene Hoblenbärenschädel. 
den ich in meinem Berichte — Correspondenzblatt der deutschen anthr. Gesell- 
schaft. 1897. p. 28 — erwähnt batte, noch an seinem alten Platze liegen 
müsste. Dem ist jedoch nicht so. Vielmehr wurde in der Zwischenzeit der 
eine Thürflügel eingeschlagen, und an Stelle jenes Härenschädels sieht man 
jetzt nur mehr ein Loch in der Sinterdecke. Da ich nun von diesem Stücke 
Niemand mündliche Mittheilung gemacht, sondern nur in jenem Berichte des- 
selben Erwähnung gethan batte, so muss der Thäter sieh nothwendiger Weise 
unter den Lesern dieser Zeitschrift, oder doch unter den Lesern der Separat» 
meines daselbst veröflentliehten Aufsatzes sich befinden. Es wäre für mich 
auch nicht allzu schwer, die Namen der in dieser Hinsicht allenfalls in Betracht 
kommenden Persönlichkeiten zu errathen, indess halte ich durch vorstehende 
Bemerkung die Sache für erledigt, da man solch unbefugten und unberufene» 
Höhlenforschern doch ihren kindlichen Unverstand und blinden Sammeleifer 
zu Gute halten muss. 



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Zur neolithischen Keramik von Eiclielsbach 
im Spessart.*) 

(Mit 7 Tafeln und zwei Abbildungen im Text.) 

Von P. Reinecke. 



Beschreibung der Abbildungen. 

Tafel I. 

Fig. 1. 60 X 30'), grauschwarz, mit Buckel. 

„ 2. Randstück, 85 X 70, von röthlicher Farbe, mit Buckel und rohen Eindrücken unter 

dein Rande, von einem nahezu cylindrischen (?) GefRss. 

„ 3. Randstück, 60X50, braunschwarz, mit konischem, etwas nach oben gerichtetem 

Fortsatz und langgest reckten schmalen Fingereindriickon. 

„ 4. 60 X 30, röthlicb, mit langem schmalen Vorsprung, von welchom in verschiedener 

Richtung zwei roh eingerissene Linien ausgehen. 

„ 5. 50X35, langgestroekter, weit vorspringcndor Fortsatz. 

„ 6. Uandstück, 90 X 40, von schwarzrother Farbe, mit abgesetztom Rand, einom kräftigen 

Buckel und Reihen von Nageleindrücken. 

„ 7. Randstück, 70X70, grau, mit konischem, oben leicht eingedrücktem Vorsprung; der 

rechteckige Eindruck am Kando ist wohl nur zufällig entstanden. 

„ 8. 55X40 (Dicke 35), griirformiger, nach oben etwas umgebogener, kräftiger Ansatz, von 

grauer Farbe. 

„ 9. 70X60, mit kräftigem, etwas schief angesetztcin Vorsprung und plastischem Orna- 

ment (zwei nach verschiedener Richtung verlaufonde Linien, die vom Buckel aus- 
gehen), röthlichgrau. 

„ 10. 50 X 30, rothlich, mit kegelförmigem Vorsprung. 

Tafol II— III. 

Fig. 1. Grosser Henkel mit senkrechter Durchbohrung*), 60X35, 45 min vorspriugend, etwas 
nach oben ausgobogon, grauschwarz. 

„ 2. Gleichartiger Henkel, 45 X 65, 45 mm vorspringond, grauschwarz. 

„ 3. Gleichartiger Honkol, 50 X 35, 38 mm vorspriugend, von viereckiger Form in der Ober- 

ansicht, grauschwarz. 

„ 4. Gleichartiger Henkel, nur etwas kleiner, 50 X 40, 33 mm vorspringond, hakenförmig 

nach oben umgebogen, von schwärzlicher Farbe. 

„ 5. röthlicbes Gcfässfragment, 66 X 53, mit gleichartigem Henkel, 32 mm vorspringend, 

etwas nach oben gezogen; vom Henkel geht eine plastische Linie aus. 



•) Vorgl. Beitrüge zur Anthropologie und Urgeschichto Bayerns, XII, 1898, p. 165 u. f. 
') Die Maasse siud in Millimetern augegeben. 

’) ln der Abbildung falsch gestellt. 



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70 



P. Reinecke. 



Fig. 6. Gleichartiger Henkel, 50X60, grauschwar*. 

„ 7. Gelblich-graues Gefä&satück, 50X50, mit kleinem wagerocht durchbohrten Honkelansati. 

B 8. Grobes dickes Gcfässfragment von graubrauner Farbe, 100 X 100* mit abgebrochenem 

(senkrecht durchbohrten) Henkel. 

* 9. Wagerocht durchbohrter Henkel, 55 X 50, 33 mm vorspringend, grauschwan;. 

Tafel IV. 

Fig. 1. Randstück, 80X75, 9 mm dick, grauechwarz. 

„ 2. Dickes Randstück, 60X50, 12 mm dick, von rothlicher Farbe, mit wagerechter and 

schräger Reihe von schräg gestellten Fingernageleiodrucken. 

„ 3. 100X50, Bchwärzlichbraun, am unteren Rande eine Tupfenleiste. 

m 4 110XU0, mlang dünn, grau, mit rundem Buckel (abgebrochen) und Reliefverzierung 

(gebogene Linie, vom Buckel ausgehend). 

„ 5. 90 X 60» dick, von röthlicher Farbe, kräftiger Vorsprung (35 mm dick), von dem ans 

divergireod nach unten drei Rippen verlaufen. 1 ) 

„ 6. 70X48, graurbtblich , mit wagerecht verlaufender, stark vorspringender Leiste 

(14 mm dick). 

„ 7. Grosses graues Raodstück, 125X85» von einem cv lind rischen Ge fass, mit schwach 

abgesetztem Rande und zwei senkrechten, flach eingegrabenen Doppelreihen. 

Tafel V. 

Fig. 1. Randstrick eines ziemlich dünnwandigen, gTauschwarzen, matt glänzenden, bimförmigen 
Oefässes, 115 X 75, mit rundem Buckel, von welchem plastische Streifen, an den Seiten 
von eingeritzten Linien begleitet, ausgphen Sie bilden Bogen, von einem Buckel bis 
zum nächsten reichend); unter dem Rande eine wagereebte und vom Buckel aus- 
gehend eine senkrechte Doppelreihe von feinen, langgestreckten, rechteckigen Ein- 
drücken, letztere noch von einer eingeritzten Linie begleitet; analoge Verzierung in 
den von den plastischen Bogen gebildeten Feldern ; rechts oben am Rande ist ein 
Stück der aufgelegten Leiste abgeplatzt. 

„ 2. Grauschwarzes Randstück eines dicken, bombenformigen Getanes, 92X62, konisch 

vortretende Buckel mit schwachem Eindruck, vou dem nach oben, unten und beiden 8<*it«i 
schwach divergirend jo zwei breite eingefurchte (nicht eingestochene) Linien ausgeben. 

„ 3. Von einem grauschwarzen Gefass mit weiter Oeffnung und leichter Einziehung unter 

dem Rande, 60 X 45, mit plastischem Ornament (Leiste, von drei eingegntbeaen Linien 
begleitet) und Reiben, welche aus eingeritzten Linien und dreieckigen Eindruckes 
bestehen (plastisches Winkolmuster [?] mit füllenden senkrechten Rethen). 

„ 4. Randstück, 40 X 40, schwärzlich, von einem ühnltchon Gotas (modificirt bombenformig), 

verziert mit plastischem Bogenhand (die Leiste begloiton zwei Union), foroer mit 
wagerechten, senkrechten und schrägen Reihen, aus fernen eingestochenen, Bebr eog 
gestellten Punkten und eingeritzten Linien bestehend. 

„ 5. Fragment eines grauen, massig dicken Oefässos, 54 X 34, mit senkrecht durchbohrtem 

Henkel, über und unter diesem sind Winkel, welche von Reihen von grossen vier- 
eckigen Eindrücken uod eingegrabenen Linien gebildet werden, angebracht. 

„ 6. Mistig dickes, dunkles Fragment, 75 X 60, mit plastischem Bogen band (der Wulst an 

beiden Seiten von tiefen Furchen begrenzt), das Füllornament aus kurzen eingeritzteo 
Strichen bestehend.*) 

„ 7. 40 X 30, grau, dick, Band, aus einpegrabeneu Union bestehend, welche mit Reiben 

ziemlich grosser, halbmondförmiger Eindrücke gefüllt sind; die Eindrücke an de# 
Seiten sind nur unbeabsichtigt. 

„ 8. Randstück eines modifleirten ßombengefässes, 40 X -5, mit langgestreckten dreieckigen 

Eindrücken in senkrechter und wagerechter Reihe. 

*) In der Abbildung falsch gestellt. 

*) In der Abbildung etwa* unrichtig gestellt: die rechte Seite muss höher liegen. 



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Zur neolithischen Keramik von Eicholsbach im Spessart. 



71 



Fig. 9. Schwärzliches Randstück, 40 X35, unter dom Rando tiof eingestocheno Punkto in 
zwei Roiheu, ferner zwei senkrecht vorlau femlo Linien von flachen, grossen Eindrücken, 
daneben tief eingoritzte Linien, einen Winkel bildend. 

„ 10, 11. Rückseite und Vorderseite eines grauschwarzen Randstückes von einem bombenförmigen 
Gefass oder einer Schüssel (mit Innenverzierung), 60X50, auf der Innenseite grosse 
und kleine eingestochene Punkte io drei Reihen, auf der Aussenaoito drei Union von 
grossen, runden Eindrücken unter dem Rande, ferner Winkelband ^eingoritzte Doppel* 
Union). 

„ 12. Randstück von oinom schwärzlichen modifleirten Bombengofass , unter dom Rando 

schräggestellte lange Eindrücke, darunter Winkelband, fein schraffirt, links daneben das 
Stück einer offenbar von der Reihe unter dem Rande ausgehenden Fläche mit Schraffirung, 
neben dieser und im Winkel Küllornamente, aus langgestreckten Eindrücken bestehend. 

Tafel VI. 

Fig. 1. Graues, massig dickwandiges Randstück, 40 X 40, unter dem Rande zwei Doppelreihen 
unregelmässiger Eindrücke, darunter eingegrabeno gekrümmte Doppcllinie (von einem 
Spiralornament). 

* 2. Gelblichgraues Randstück eines dünnwandigen modifleirten BombeogofUssos, 90 X 60, 

am Rande zwei Reihen von grossen ruudlichen Eindrücken, drei eingeritzte Linien 
bilden einen Bogen (eines Spiralornamontea) ; in der von diesem eiogeschlosBeuen 
Fläche zwei sonkrechto Reihen länglicher Eindrücke (wohl Füllornament). 

„ 3. Dickes, schwärzlichgraues Randstück eines ähnlichen Gofässos, 55 X 50, breites Spiral- 

band mit gekreuzter Schraffirung und ausgesparten Feldern, unter dem Rando und 
als Füllornamente Doppelreihen von langgezogenen Eindrücken. 

„ 4. 50 X 35, dick, »chwarzgrau, mit dem eingorollleu Ende eiuer Spirale, bestehend aus 

drei cingeritzton Linien und doppellappigen grossen Eindrücken als Füllung des Sti eifern». 

„ 5. 45 X 45, massig dick, grau, Rest eines Spiralmusters, der breite, von zwei Linien 

begrenzte Streifen ist durch oinfacho und gekreuzte Schraffirung gefüllt. 

„ 6. 30 X 30, dünn, grau, Rest eines Spiralmusters, das Band von zwei eingeritzton Linien 

gebildet, mit einfacher Schraffirung gefüllt, Füllornamente aus sehr langgestreckten 
(strichförmigen) Eindrücken bestehend ; die Bruchränder folgen links oben und rechts 
unten dem Verlauf der das Band begrenzenden Linie. 1 ) 

„ 7. 60 X 42, grau, dick, Spiralband mit nicht zu eugor Schraffirung. 

„ 8. 70 X 40, grau, von dünnem, bombenförmigom Gefäss, unterer Tboil eines Spiral mustern 

(Band mit gekreuzter Schraffirung) ; bei der Spirale links schrumpft das Baud an der 
Krümmung zu eiuer einfachen Linie zusammen. 

„ 9. 50 X 50, grauschwarz, dünnwandig, zwoi eingegrabene divergirende gekrümmte Linien, 

dazwischen Schraffirung (von einem unbestimmbaren Bogenornament). 

„ 10 35 X 25, schwarz, matt glänzend, Ornament ähnlich Fig. 7. 

„ 11. 80 X 60, dünn, grau, unterer Thoil eiues Spiral bnndes mit gekreuzter Schraffirung, 

Füllornament aus dreieckigen Eindrücken bo-stobond. 

* 12. 45 X 30, dick, bräunlicbgrau, eiugograbeno Union (von cinotn Bogen- oder Spiral- 

muster) und grosso runde Eindrücke in zwei Reihen. 

Tafol VII. 

Fig. 1. Randstück eines massig dickwandigen, grauschwarzen Thongefasses in Bi rn form (?), 
90 X65; Winkelmuster aus eingravirten Linien und Reihen grosser, ungefähr drei- 
eckiger Eindrücke ; unter dem Rande zwei Reihen gleicher Eindrücke. 

„ 2. Randstück eines dünnwandigen, grauen Gefässes in modiflcirter Bombenform, 90 X 60; 

unter dein Rande zwei Reihen von runden Eindrücken; Winkelband, mit gekreuzter 
Schraffirung gefüllt uud mit ausgesparten Feldern, im Winkelfeld sonkrocht verlaufend 
eine Doppelreihe von einzelnen Eindrücken. 

*) Das Stück ist in der Abbildung schief gestellt, der Theil links oben muss tiefer, der 
Thoil rechts unten höher liegen, so dass das vom Spiralende ausgohendo Füllornament sonkrecht 
zu stehen kommt. 



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72 



P. Reinecke. 



Fig. 3. Graurothee Randstück, 50 X 40, unter dem Rande und etwas schräg von oben nach 
unten verlaufend je zwei Reihen von nahezu mondsichelförmigeo Eindrücken. 

* 4 Rand-Stück eines schwärzlichen, mässig dicken Gebisses von modificirter Bombenform, 

75X50» mit Rest eines Win keim usters: zwei eingravirto Limen, im oberen Wickelfeld 
senkrechte Doppelreihe von enggestellten, schräg angebrachten rechteckigen Eindrücken; 
ähnliche Eindrücke unter dem Rande. 

„ 5. Randstück eines grauschwarzon, mehr bombenförmigen Thongefässes, 60 X 55, unter 

dem Rande eine dreifache Reihe von runden Eindrücken, aus fünf ungefähr parallel 
verlaufenden eingeritzten Linien gebildetes Winkolband (?), drei senkrecht gestellte 
eiogegrabene Linien im oberen Winkelfelde und Füllornamente (Gruppen von runden 
Eindrücken). 

„ 6. 45 X 35, dick, grau, Streifen mit gekreuzter Schraffirung, von tief eingerit 2 tou Linien 

begrenzt, daneben eino Keiho von grossen, läuglichon Eindrücken. 

„ 7. 40 X 30, grauschwarz, Wolfszahnornament mit feiner, unregelmässiger Sch raffi rang. 

„ 8. Raudstück «inoR grauschwarzen Gefösses von modificirter Bombenform, 60 X 55, unter 

dem Rande zwei Reiben von grossen, etwas unregelmässigen, viereckigen Eindrücken; 
Winkelbaud, mit einfacher Schraffirung gefüllt 

„ 9. 55 X 30, grauschwarz, Ornament entsprechend Fig. 7. 

„ 10 110 X 70, grauschwarz, von einem bauchigen Gefitss, dessen Gestalt nicht ganz klar 

ist ; zwei Bänder, jo von zwei tief oingefurchten Linien gebildet (oben und unten 
begleiten die Brucbrnnder die die Bänder bildoudon Linien), im Bogen verlaufend, sich 
nach rechts zu nähernd, zwischen beiden, senkrecht auf ihnen, Doppelreihen von 
runden Eindrücken, ebenso neben dom unterem Band, parallel mit ihm. 




Fig. I. 

Fig. I, Aus Bruchstücken ergänztes Thon gefass von grauor Farbe, mit WiDkelmuster ; Durch- 
messer der OefFnung 16 cm, Höhe ca. 16,5 cm. 

„ M. Graues Thongefass von modificirter Bombenform; Durchmesser der Oeffoung 13,5cm, 
Höhe 15,5 cm, unter einer dreifachen Reiho von Eindrücken mit .Spiral mustern (drei 
(f ) -förmige Haken mit spiralig eingerollten Enden — der dritte in dor Abbildung 
nicht sichtbare llaken in entgegengesetztem Sinuc verlaufend — aus Streifen, welche 
mit gekreuzter Schraffirung gefüllt sind, bestehend, mit zahlreichen Füliornamentou) 
und vior warzenförmigen Vorsprüngen. 



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Xeolitliische Station mit Bandkeramik von Heidings- 
feld bei Würzburg. 



Vor mehreren Jahren fand man auf einem Hochplateau bei Heidings- 
feld (Bez.-Amt Heidiugsfeld, ünterfranken) in Wohngruben Topfscherben, 
Thierknochen, kleine Steine mit Brandspureu, Asche u. s. w. Herr G. H. 
Lockner iu Wiirzburg sammelte eine grosse Anzahl von diesen Kesten, 
welche sich jetzt in der Sammlung des Historischen Vereines für Unter- 
franken und Aschaffenburg zu Würzburg befinden. Viele der Gefässfragmente 
sind ornamentirt, und zwar zeigen sie eine typische Bandverzierung, wie 
wir sie von Eichelsbach im Spessart kennen gelernt haben. In der Nähe 
des Fundplatzes kam ein schuhleistenförmiger Steiukeil und das Bruchstück 
eines durchbohrten Steingeräthes zum Vorschein. Es handelt sich hier um 
eine neue neolithiscbe Ansiedlung mit bandverzierter Keramik aus Unter- 
franken. 

Ein genauerer Bericht über diese Funde wird später folgen. 

Reioecke. 



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Urnenfelder der ältesten Hallstattzeit in der Nähe von 
Birkenfeld, Unterfranken. 



In der Gegend von Birkenfeld (Bez.-Amt Marktheidenfeld, Unterfranken) 
hat Herr Lehrer Karl Spiegel (jetzt in Untei sambacb am Steigerwald) an 
mehreren Punkten Urnenleider, oder vielmehr kleine Gruppen von Flach- 
gräbern mit Leichenbrand in Thongefässen constatirt. Die Gräber fanden 
sich z. B. nordöstlich und nordwestlich vom Dorfe. Sie bildeten kleine 
Vertiefungen im festen Gestein (Wellenkalk), meist zngedeckt mit einer 
Steinplatte, darin stand das napfftirmige Ossuarium, mehrfach mit einer 
Schüssel bedeckt; die lockere Erde über den Gräbern war durchsetzt mit 
Kohlenstückeu und Topfecherben. Nennenswerte Metallbeigaben enthielten 
die Gräber nicht Sie lagen mitunter nahe beisammen, dann auch wieder 
etwas weiter von einander entfernt. Höchst merkwürdig ist, dass mehrere 
Male in gleicher Tiefe zwischen den Urnengräberu auch Skelettgräber, und 
zwar von einer kleinen Steinsetzung umgeben und mit Steinplatten bedeckt, 
angetroffen wutden. Die Thongefässe aus den Uruengräbern zeigen Formen, 
welche schon an anderen Punkten, bei Ochsenfurt, Ascbaüenburg, Hanau, 
in Oberhessen und am Rhein in Urnenfeldern und auch in Hügelgräbern, 
in Gesellschaft mit Bronzen, welche zeitlich denen der ältesten Villanovastufe 
Italiens entsprechen, bekannt geworden sind. Die Skelettgräber scheinen 
jünger zu sein , wenigstens deutet ein Thonscbälchen, welches bei einem 
der Skelette gefunden wurde, auf die entwickelte Hallstattzeit hin. Dass 
wir es hier mit wirklichen Flachgräbern, nicht etwa mit abgetragenen Grab- 
hügeln zu thun haben, geht unzweifelhaft aus dem Umstande hervor, dass 
die Beisetzungen mituuter sehr dicht bei einander lagen ; auch der ganze 
Bau der Gräber, kleine scbachtformige Vertiefungen im festen Gestein, 
spricht dafür. Reioecke. 



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Das Jahr im oberbayerischen Volksleben 

mit besonderer Berücksichtigung der Volksmedicin. 

Von Dr. M. Ilöflor (Tölz). 



Das Jahr, als eine Summe von 365 Tagen im Volksleben, ist eiD Bild 
tausendjähriger Kultur, zu dem unsere germanischen Ahnen den nicht 
geringsten Beitrag lieferten. Die mythologisch-germanische Forschung hat 
die ursprünglichen germanischen Jahresfeste mit hoher Wahrscheinlichkeit 
festgesetzt, d. h. wieder erschlossen; dieselben hingen zweifellos mit der 
Jahrestheilung — Sommer und Winter, weiterhin Lenz und Herbst — 
zusammen. Im Zeitalter der Merovinger, also noch in heidnischer voralt- 
hochdeutscher Zeit, drang der römische Julianische Kalender ein; schon 
damals fanden Verschiebungen der Festzeiten statt, die ehemals je nach Klima 
und ßodenbeschaffenheit zeitlich schon verschieden gewesen sein mussten. Der 
Gregorianische Kalender (1582) verlegte ebenfalls den Anfang der Jahreszeiten. 

Die beweglichen christlichen Festtage richten sich alle nach dem 
Ostertage, der nach einem Beschlüsse des Cour.ils zu Nikaea (325) am 
ersten Sonntage nach dem Vollmonde, der auf die Früblings-Nachtgleiche 
folgt, gefeiert wird. 

Im Grossen und Ganzen blieb das oberbayerische Volk bei der Jahres- 
einteilung in Sommer und Winter („Auswärts = der Sommer, iu dem man 
mehr draussen ist; „Einwärts“ = Wiuter, Herbst und Frühjahr). Trotz der 
(1439 zuerst gedruckten) Kalender oder Practiken („Pratti“ im Volksmunde) 
rechnet das Volk noch heute mehr uach den grossen Jabresfesten als nach 
den gregorianischen Kalendertagen; denn schon der Germane rechnete nach 
Wintern (= windige Jahresnacbt) und nach (Tages )Näcbten. Das grosse 
Sonnenrad am Himmel theilte das Jahr in Sommer (= höchster Sonnenstand) 
und in Winter (= windige Jahreszeit). Wärme und Licht im Sommer waren 
des Menschen Freund, Kälte (= Qual) und Schatten (= Schaden) seine Feinde. 
Der Kultus des Sonueulichtes äusserte sich in der hellen UbermUthigen Volks- 
freude über das Wiedererscheinen des Wärme spendenden Naturelementes, 
die zur jährlich wiederkehrenden Vegetations-Feier (Nachtgleiche, Sonnen- 
wende) führte. Der Winter-(Jahres-) Anfang war aber auch die jährliche 



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76 



Dr. M Hofier. 



Wendezeit, in welcher die in der Winternacht schwärmenden elbischen Dämonen 
vertrieben nnd die Seelen der abgestorbenen Sippengenossen oder Ahnen in 
eigenen Klageliedern gefeiert wurden; namentlich gilt dies fttr die sog. Zwölften. 
Die Dunkel- oder Nacht-Elbeu, welche in der Nacht die Menschen im Alp- 
traum mit Lust- und Unlustgeftlblen, mit Alp-Betrug heimsuchen, waren es 
auch, die in der Jahresnacht um die luftverdoi betten Wohnstätten der Menschen 
herumschwärmten ; sie bildeten den Gegensatz zu den Licht- oder Tages- Elben. 
Die Morgensonne, die unt die Zeit des lauten Hahnenschreies — „elfs ge- 
drochte scuwet syn laut“ — erscheint, vertrieb den elbischen Betrug, den die 
in der Tages- und .Jahresnacht fahrenden Gestalten veranlasst hatten. Der 
höchste Sonnenstand wurde so zum Heilmittel für jede Art elbischen Trugs 
oder der Krankheit. Der Alptraum ist die Urquelle der Patbologia daemoniaca, 
die in der Urmediciu — am meisten noch in der Volksmedicin erhalten — 
tlie Hauptrolle spielte. In der Zeit des höchsten Sonnenstandes war der 
elbische Betrug am leichtesten zu vertreiben durch Zaubermiltel , die die 
Natur selbst in dieser Zeit erzeugt batte. Das am Fuss getragene Kraut 
(Beifuss, Sonnwendfuss, das G'raut, die Raute) war ein solches Allheilmittel, 
der Gegenzauber gegen elbische Verwirrung (Fieber und fieberhaftes Delirium, 
Seuchen nnd Suchten) aller Art, wie sie den Menschen während der Nacht 
oder des Winters befiel. Diese Alpdämonen waren es auch, welche die 
Menschen plagend quälten, ihnen Wechselbälge einlegten oder die kommende 
Generation gefährdeten. Gegen sie traten die christlichen Heiligen als Notb- 
heifer oder Gegenbilfe auf; aber auch letztere konnten noch zn Plagheiligen 
für das Volk werden. Ver„söbn"ende, ge„sund" machende Opfergaben wurden 
ihnen allen gespendet. In welcher Weise diese Versöhnungsopfer allmählich 
sich in Geldopfer etc. uniwandelten , hat der Verfasser in der Abhandlung 
„Votivgaben beim St. Leonhard-Kult in Oberbayern“ (Beitr. zur Anthropologie 
Bayerns 1891, S. 109 nnd 1894, S. 45) dargelhan. Hinter jedem solchen Volks- 
Heiligen steckt eine ältere Volksanschauung; das Wesen derselben aber lässt 
sich nur auf Grund der Kenntuiss der gleichzeitigen Volksgebräuche, der 
Volksetymologie etc. erforschen. Auf solche Kalenderheilige, in deren Legenden 
das Volk gewisse etymologische Verbindungsfäden suchte oder deren Legende 
von vorneberein schon eine ältere Tradition ist, übertrug das Volk gewisse 
Gebräuche seiner früheren Religion oder Kultes. Glücklicher Weise sind 
solche aus dem germanisch-heidnischen Kulte stammende jahreszeitliche Volks- 
gebräucbe mit gewissen Freiheiten und Rechten verbunden gewesen, die sich 
kein Stand nehmen iiess und so erhalten geblieben sind; so sind z. B. viele 
Zinstage frühere Opfertage gewesen ; manche Kalbskopf Tage in der Spital- 
küche entsprechen dem trüberen vollen Kalbsopfer, mancher Aderlasstag einem 
vollen blutigen Pferde-Opfer; denn kein früher volles Opfer verschwindet 
ohne Rudimente; solche Ueberbleibsel sind ebenfalls nur verständlich aus dem 
zeitlichen Kultboden, auf dem sie gefunden werden. Die Urmedizin, die mit 
versöhnenden Opfergaben, mit Gegenzauber, mit Kraut-, Wort- und Stein- 
Zauber hantirte, liefert darum wichtige Beiträge zur Erforschung früherer 
Kulturepochen der Menschheit, weil gerade die Volksmedicin ein directer, 



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Das Jahr im oberbayerischon Vollziehe» et«. 



77 



vom kirchliclien Bekehrungseifcr viel weniger berührter Ueberlieferungskanal 
aus urgeschichtliehen Zeiten ist. IJie grosse Vorliebe des Weibes für Blumeu- 
zierde, die sich besonders auch bei der oberhayerischen Bauernfrau zeigt, 
kann ebenfalls als ein lleberbleibsel der vom germanischen Weibe aus- 
schliesslich gepflegten Pflanzenkunde gedeutet werden. Mit welcher Sehnsucht 
wird wohl oft ehemals die durch Winterseuchen deeimirte Sippe das erlösende 
Frühjahr mit dem frischen Wiesengrün und neuem Futter für das Melkvieh 
erwartet haben I 

Kann es uns Wunder nehmen, wenn das Volk für die ersten rothen oder 
weissen Frühlingsblumen eine besondeie Vorliebe hatte, sie zu gütigen, holden 
Geistern, die in Kelch und Blüthe schlafen, personifleierte oder sie später 
der christlichen Krautweihe tbeilhaftig machte. Es ist sicher, der alte Kult 
hatte dem versuchenden Volke gewisse Heilmittel gegeben, er war aber auch 
ein Hemmschuh für die weitere Entwickelung seiner medicinischen Kennt- 
nisse, da es, am Traditionellen hatten bleibend, immer wieder zum Kultobjecte, 
das an Kultort und Kultzeit gebunden war, zurückgekehrt war. Die herum- 
tastenden Versuche des Volkes, neue Sucht- und Seuchenmittel bei Epidemieen 
und Epizootieen ausfindig zu machen, erhielten namentlich durch die von den 
Römern eingeführte Kultur der Gartenpflanzen eine besondeie Anregung 
Die beste Zeit des Kränter Eintragens zum Hausvorrath wurde erprobt; die 
Natnrbeobachtung Schürfer und nicht blos aut das „Wetter“ allein, sondern 
auch auf kleinere Naturobjecte und Naturvorgänge gelenkt; immer noch aber 
blieben die mit dem früheren heidnischen Opferkulte*) zusammenhängenden 
(Zauber-)Mittel die angeseheneren und mit besonderem Wirksamkeitsglauben 
ausgestatteten Heilmittel; diese aber wareu, wie schon erwähnt, an die Kult- 
Zeiten gebunden, wenn auch der eigentliche Hintergrund dem Volke nach 
und nach ganz aus der Erinnerung verschwand. Das Verlangen nach Hilfe, 
das gerade bei schweren Volksseuchen mit aller Lebhaftigkeit und Rücksichts- 
losigkeit auftreteu musste, liess das Volk immer wieder zu diesen alten 
Zaubermitteln, die das elbische Kleinvolk vertreiben, zurückkehren; auf solche 
Weise erhielten sich Heilmethoden, deren Ursprung in der Urmedicin zu 
suchen ist, bis auf unsere Tage. Während der Glaube an die germanischen 
Götter vou den Glaubensbekehrern bis aut wenige und geringe Spuren (z. B. 
Hella, Tuitmantius), beim oberbayerischen Volke ganz ausgerottet worden war, 
erhielt sich der an das niedere elbische Kleinvolk sehr viel länger und deut- 
licher. Der Dämonenschwarm, die wilde Jagd, die Perchta und die drei 
saligcn Fräulein, das Hnjmaunl, der Bilwizsctmeider, das Schrattl, der Alperer, 
das Kasermandl, etc. etc., sie spuken noch alle, auch heute noch. 

Wie heftig aber muss damals der Kampf gegen das verhasste Heidenthum, 
das gewiss viele rohe Sittenzustände aulgewiesen hatte, gewesen sein, wenn 
selbst die Namen von Heiligen, deren Festtage die allen Opterfeste ver- 
drängten , zur Beschimpfung des alten Heideubraucbes bertialten mussten ; 
nur wäre es verfehlt, in jedem rothbartigen Heiligen oder schwarzen Pelz- 

*) Heber Opfer Auntomio s. Correspoodenzblatt f. Anthropologie 18%, Nr. 1. 



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Dr M Hüller. 



7H 



m.ti lfl irgend einen gei-manischen Gott zu vermutben; diese Art von ger- 
manischer Mythologie ist ein veralteter Standpunkt. 

In dem nachfolgenden Kuit-Calendarium*) liegen also die civilisatorischen 
Entwirkelungsstufen unseres Volkes, wie Glieder einer langen Kette, ai - 
einander; jedes Glied aber ist selbst wieder ein Stein, gebildet ans ver- 
schiedenen alten Schichten, die vom rohesten Anfang bis zu den ethisch höheren 
Volks-Ideen in Sitte und Brauch sich niedergeschlagen haben. 

Welch grosser Wandel itl der unbändigen Volkesfreude an der G ros.' - 
artigkeit der Schöpfung ist doch seitdem eingetreten; mag auch das Seeler- 
leben unserer Zeit ein vertiefteres und innigeres geworden sein, nüchterner, 
schaler und inhaltsloser sind uusere Volksfeste seitdem sicher geworden. 

Die Volkskunde — selbst ein Theil der Anthropologie — schöpft aus 
der Menschen Freude, noch mehr aber aus der Menschen Weh und Ach, 
aus der Volksmedicin, ihre besten Quellen. 

L 

Januar. 

(abd.) iarmanet, Jarmonet; Neujahr-Monat. 

(abd.) »Inlerinanot, wlntarmanoth, Winter-Monat (zur Zelt Karls d. Qr.) — 

(abd.) Jenner, Jeuare; (14831 genner Jänner; (dieser Name Ist im Zeitalter der Merovlnger aus dem 
Lateinischen Januarius entlehnt). — 

(abd.) bartmou, barderaan, hertlmAnOt — harttnonat (dl«» auch für November und Dezember gebräuchlich;, 
(von der Frostharte des Schnees?). — 

(angls.) ncru geola = erster Julmonsl (s. 33. Dezemb.}; altnord, tborri = Thor-Monat, vom Gotte Thor. 
Drei- Weizen-Monat; (1577) Klugmonat: KDnigsmouat. — 

Lass-Monat (rom Aderlass s. sub 6. Januar), 

Im älteren Nhd. in Mitteldeutschland als , .grosser Horn” bezeichnet. Der Februar (= Hornung) 
der Sohn (jung) des Januar (Horn). 

1. Neujahr. Eigentlich nur die Weihnacht»' Oktav, d. h. der 8. Tug (Acktentag) seit der Winter- 

sonnenwende. Neujahr- Ausingen : „Christkindl mit m krausen Haar“.**) Neujahr- 
Musik. Notyahr-Mieholbrod. Strützol-, Istzeiten- UDd Käse-Geschenk, sowie 
Stärketrunk (Meth) früher in den Spitälern und Klöstern. Der „Angang“ 
(erste Begegnung im Jahre) von alteu Weibern (Hexen) bedeutet Unglück fürs 
ganze Jahr; daher nimmt man den ersten Wunsch sich vorweg durch „das Neujahr- 
Abgewinuen“. Pantoffel wer feu (Fuzzbekleldung, ein Symbol der Fruchtbarkeit, s. Z. d. 
v. f. Volkskunde I8»i. 48 ff.). Das Schlafkraut (Atropa beliadonna) soll an diesem Tage 
ausgegraben werden, obwohl dieser sonst ein sog. Sehwendtag d. h. ein verworfener 
Tag (die* nefastus) ist, an dem jede Unternehmung fehlschlägt (dies atro, mala, bora 
mala der Horner; tu mlat. Kalendern häufig mit Care! bezeichnet). 

2 Macarius. Der Schädel dieses Heiligen (jicixdpto; = der Glückselige) wird für Kopfleiden 
aufgelegt. 

2. und 4. Schweodtage (in Tirol Nöttelez-Tage), dies aegri (= Kränktage) s maledicti 8. aegyptiaci; 

an denselben durfte man nicht zur Ader lassen. 



*) Wonn dasselbe auch schon früher an einet anderen Stelle z. Th. (Zeitschrift d. D. u. 
Oe. Alpenvereins 1893, S. 175) veröffentlicht war, so ist diese 2. Auflago desselben sicher 
berechtigt, weil das unterdessen weiter gesammelte Material sich vermehrt hatte und weil der 
Verfasser auf mehrseitigen Wunsch dieselbe mit zahlreichen Erläuterungen und Parallelen 
versehen hat Zu Grunde liegt dem betr. Jahre wieder das Kalenderjahr 1887. 

**) Sonn iit der Krausköpfige — Teufel. 



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Düs Jahr im oberbayerischen Volksleben etc. 



79 



5. — „Gocb-NacM ist unseres Herren Tisch I- Nacht“; die Goobnacht ist dio kinderbringende 

Zeit (s. 28. Dezember). Goeb = Kind (das den Müttern von den Perchteln „ge- 
geben“, geschenkt wird); („die ulten Uertnancn feierten vom Dezbr. bis zum 6. Januar 
ihr Winterfest, bei den Angelsachsen überliefert Beda die Benennung mbdra nlhtr der 
Mutter Nachte" Kluge *41«). Stern • Ansingen der Stornbuben. 3 Königslied; Wasser, 
in der Nacht vor h. 3 Königen geweiht, hält sich das ganze Jahr (analog zum 
Neujahrs-' Wasser anderer Gegenden). Wenn die Kinder nicht brav sind, kommt 
au diesem Abende „die Borchte“ (= Perchta) (abd. pcrhlunnaht, rfpcrahla unbt — Frau 
Hollen- Abend, s. Urquell lsas 8. 177). Schiessen (Hexen- und Dämonen- Vertreibung). 
An diesem Abend vor dom Tage der 3 Weisen häufig Aderlass ; die Aderlass-Schüsseln 
hatten dabei die ins Metallbockon eingetriobene Umschrift „Wisthum berathe“ 
(daher: Januar — Lassmonat). 

5. — 3. Rauch nacht. Agatha 8. 5. Fobr. 

Ü. Heilige drei Könige: 

Caspar ( Kasch perl, Gapper) (per*. Schatzmeister;. 

Melchior (Melcher) (hebr. Lichtkönig). 

Balthasar (Saldi, Wahl, Häusl) (hebr. Fürst de* Olanzes). 

Dies epiphauiae, Theophania (■■ ahd. giperchten naht); seit ca. 1300 ist das Fest 
Epiphania als „Berchtontag“ benannt (Bechtelis-, Berchtelis-, Borchtlig-Tag) und 
soll angeblich dio B*i chtonnacht eine aus kirchlichen Kreisen stammende Bezeichnung 
sein für Erscheinung dos Herren (Epiphania) (ahd. pröhau, mhd. prechen = erscheinen, 
glanzen, leuchten) = Brechentag, auch Gemmichtag («• Goebuachttag) genaunt; 
böebtou as perebten = am Porchteutago eiuen Rummel auf der Strasse macheu 
mit Umzügen und Percbtel böschen (den Vorläufern des Weibnachtsbaumes). Uobcr 
Perchta, dio jedenfalls koioo germanische Gottheit war, siehe: Urquell 1898, S. 177; 
sie hiess auch (1435) die mylte Becbte. Von der Witterung der Perchtanacbt 
wtid auf ein gutes Fruchtjahr geschlossen. Goebnacht-Perchtel = elbische Dämonen, 
dio in der Gocbuacht oder Perchtennacbt schwärmen; au diese erinnert der Perchten- 
tauz (Beruht Laufen) , bei dem schreckliche Mummengestalten die Perchteln ver- 
scheuchen sollten (similia sinulibus) , vielleicht früher auf den Perchten- Wiesen 
(ahd. perten wiaun) oder im Perchten -Loh (ahd. berahtl-loh). Porchtea-Mileh (Kult- 
6peise). Dio für diesen Tag gebackenen Nudoln (Hellkücholu) müssen besonders 
fett sein , „damit die Frau Berchte au dem geschmierten Leibe mit dem Messer 
abrutsehe“. Dio wildo Jagd und das Hojemaunl hört man in der Perchten nacht 
(Eibonschwarm) oder Oberst-Nacht. Gross- oder hohes Neujahr. Die hl. 3 Könige 
sind Patrone gegen Epilepsie. Dio Anfangsbuchstaben derselben C f M f B werden 
mit Kreide an Haus-, Zimmer- und Stalltbüreu unter Ausräucherung aogesch rieben 
(Diimonenvertreibung) zur Sicherung vor den Krankhoitsschelmen. Ueilig-3- Königs- 
Hauch, -Salz und -Wasser. Beim heil. 3 König- „Ansebreien“ befindet sich seit 
dem 15 Jahrhundert die drollige Figur des Möhrs als „schwarzer Kasperl“ 
(= Teufel, Ucdlou-Mobr, Kasperl von Krallonhofon). Das Kasparseh malz t nstreichen 
— schmeicheln, bestechen (mit Kultspeiae); Hauswolf = ein Kultgebäck am 
b. 3 Köuigstage; Bohnenessen am h. 3 Königstago (Kultspoise). Salzsteinbereitung 
mit dem Chrysamwasser (als Mittel gegen Unwetter auf dem Dachboden verwahrt). 
Pfeffei zelten (früher), Pfeffertag der Mädchon (s. 28. Dezemb.), Pfeffer lei ustag. 
An dem jüdischen Beschneidungstage oder Eben w r eih -Tage [= epiphania] wird 
auch dio Wünscholrutho geschnitten; er ist der Haupttag allor Loostage, daher 
auch AU-Losser (ln Schwaben) genannt. Fällt ein „Sonntag“ auf diesen Tag, dann 
wird das Lanksgebäu (Frühjahrssaat) gut uud der Sommer heiss (14. Jahrh.). Endo 
dor sog. erstou „Zwölften“ oder (12.) sog RaucbnXcbte. (Das „Sonnen“-Rad rückt 
wieder vor uud das neue Himmelslicht erscheint wieder, daher dies Epiphaniao). 
Erbsenessen hilft gegeu Knitze und Blutschwären, die durch Würmer veranlasst 
sein sollen. Schwendtag. 

6 — 18 . Loostage (1646 luesatago). (Schicksal verkündend.) 



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Dr. M. Höfler. 



7. Valentin (früher Velten), Valtl, Veitl. Apostel von Rhätia prima et secuoda (= Tirol, Ost - 
schwel*, Südbayern), dom der h. Korbinian einen besonderen Kult „Sankt Yalteins- 
Orden“ gewidmet hatte, ist durch Volksetymologie Patron bei dem „fallenden“ 
Siechthum (=» Epilepsia); dio „fallenden“ Leute (Epileptiker) besuchen St. Valen- 
tinskirchen, und St Valentins Hirnschaale oder dessen Reliquien worden ihnen auf 
den Kopf gelegt, (ln Krakau auch Patron der Leprosen.) St. Valentin ist auch Patron 
der Liebenden (ralere = stark, gesund sein) und galt angeblich als Apothekerskneoht 
(doch siehe: St. Veit, 16. Juni), (Verwechselung Ton Valtl, Veitl mit Veit, Vltnt); 
St. Valentins- Wasser war ein Mittel gegen die fallende Sucht. St. Valentins-(Veltios-) 
Beulen = I/sistendrüsenbeulen bei der Pest; St Valentins-Arbeit = Epilepsia 
(schwere Krankheit); St. Valentins-Brosten = Epilepsia; St. Valentina- Krankheit 
= Epilepsie und Veitstanz; St Valeotins-K rischein = Epilejtaie (mit Zähneknirschen-; 
St. Valeutios-Plag = Epilepsie, Eclampsie; St. Valentius-Siechtag = Epilepsie, 
Eclampsie ; St. Valentins-Tanz = St. Veitstanz (Epilepsie); St. Valentins- Wehtag 
es Epilepsie und kleiner Schlag; St Valentins- Kraut (herba St Valentina) = Sonneu- 
wendfuss, Boifusspflanze (Fruchtbarkeitsraittel) ; St. Valentins -Kreuz PeatamuleL 
St Valentiustag ist ein gutor Aderlasstag. „St Valentin — nimmt die Feiertag bin.“ 
Potz Velten! (Schimpfruf)- Ein St. Valentinstag geworfenes Kalb ist nicht taug- 
lich zur Zucht lieber St Valentin in der Fastnacht siehe 14. Febr, 

7. — Freitag, ein Unglückstag. 

7. St. Luziane-Tag. Lueians-Kraut = Arnica moutana fvermutbUch zu st. Lutte gehörig 12 . I>e- 

zember), (lucere * leuchten). 

8. Erhard (=■ Eberhart). Patron für Viehkrankheiten, Pest, und für die Schuster. Erhards-Brot 

(eino Form der „Heilbrote“ gegen Brotseuchen) io Zeltchcngcstalt werden als Mittel 
gegen Milz-„Brand“ dem Vieh ins Futter geworfen und den Kindern als sog. 
Schnuller gegeben. Erhards- Brunneo ; («. 28. Scpt.) 

9. — 14. — Abgang des Mondes: nicht Haare schueiden! 

9. — Ooebnacht-Sonntag. Der erste Sonntag nach heil. 3 König; ehemals der Tag des 

Amtsantrittes der neu gewählten Bürgermeister und Stadiräthe; ebenso Aus- und 
Einstand der Erhalten (= Dienstboten) ; man soll an diesem Tago keinen Stall aus- 
misten (zur Schonung der Dienstboten). 

10. — Der verlorene Mondtag (1606), an dem dor gewählte Magistrat eingeschworen 

wurde; daher auch an anderen Orten (1420) der geschworene Mondtag genannt, 
an dem jede Arbeit der Gemeindebehörden eingestellt war (Ruhetag). 

11. — Schwendtag. 

12. — Zeichen des Löwen. Aderlasstag. 

13. — 2. Oktav des Neujahrstag. 1. Oktav des Gioss Neujahrs (achtet de* obriaten). Auch 

Simpertag genannt, an dem sich die Semper, Zempcr, Simper, Zimbort (= Percbta) 
als Kinderschrecken einstollt; sie schlitzt den Kindern den Bauch auf (s. 6. Januar). 

14. — Freitag im Abgang des Monds ; guter Schröpftag. 

17. Antonius (Toni) (*u antiu*, ante = Bevontuirtcr), der Einsiedler; Patron gegen Epilepsie und 

Vorgicht, sowie gegen Wanzen, daher: Waozeutoni. St. Antons-Körner = Semen 
Paconiae (Gichtkörner) ; St Antonius-Brot (oin sog. heiliges Brot) schimmelt nicht, 
wenn man es aufbewahrt und ist auch gut aufs Flachsfeld zu legen (verhindert 
den „Brand“ auf den Foldern), wie überhaupt für dio Ackerfrüchte (Mutterkorn-, 
Biand-Mittel). Dor Volkswitz sagt, dass an diesem „Tönning Tage“ nicht allein 
dem h. Antonius (selbst bei den Lotten Schwelne-Tonnlocheu irenanntj, sondern auch 
seinem Tön'l-Schweino (Eber) geopfert wird (Antonio del porco); eine Verkirch- 
lichung und Verlegung des (heidnischen bzw. weihnächtlichen) Sehweiueopfere 
(Julebers) (s. 24. Dezomb.). Vergl. auch Autooius von Padua (13. Juni). 

18. — Petri Stuhlfeier (seit 678 bereit* übliche Feier in Rom) (s. 22 Fobr.). 

20. Sebastian (* Ehrwürdiger). (Bastei, Wastl, Bastian, Bascbi, Bcstel.) Der unter Kaiser 
Diokletian durch Pfeile gotodtete römische Heilige, der zum Pestpatrou au Stelle 
des Phoebus- Apollo wurde; Patron dor Büchsenmacher, Schützen (Pfeil), Tischler, 



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Das Jahr im oborbayerischen Volksleben etc. 



81 



Schreinerund Kistler; Pfeile sind Pestamulette. I’rozossion zu Pestkapellen. SchützeD- 
aufzügo. Schreinertanz oder Dioseltag. Freiwilliges Fasten der Sippcngonosson 
„bis dio Sterne eiDgehen“. St. Sebastians Minnetrunk aus der (angeblichen) Hirn- 
schale des Heiligen ; Schiitzcntrunk neuen Franken woius aus 8 Köpfen (kopfartigon 
Trinkgeschirren) „ab St. Sebastians Pfeil“ (1520 Regensburg). „Sebastians-Brote“ 
(heiliges Brot gegen Brandseuchen) werden dem Vieh unters Futter in den Barren 
gegeben (gegon Milz„brand“). In der Oberpfalz ist St. Sebastian auch Viehpatron 
(Viehpest). Sebastians-Theo = Lignutn Quassiae (Fliegenholz). Der Saft „schiessl“ 
in die Biiume. Als Jäger- odor Schützenpatron ist hierzulande nur St. Sebastian 
üblich; er hat beute noch einen sog. abgeschafften Feiertag.*) Weder St. Eustachius 
noch St Hubertus sind in Oberbayern volkstümlich; am ehemals französelnden 
Hofe wurde früher wohl am St Hubertustage (3. Nov.) eine sog. „Jägorinesse“ gelesen. 

20. Fabian (zu faba Bohne). Fabian ist einer der sog. Plag-Heiligeu. St Fabians Plage = Hungor. 

(Bohnen waren früher eioo Kultspeise, die mau nur zu gewissen Zeiten essen durfte.) 
21 Meinbard (= der an Kraft oder Macht marke). Der Alporer (Bergdäinoo) gebt zum letzteu 
Mal um. 

21. Agnes (erp 0 » = rein). Agnos- Wachsscheiben den Kindern gegen Verschreien oder Berufen 

(Zauber) umgeh ängt wie Frais- Amulette. 

21. — Freitag im Steinbock : guter Aderlass* und Schröpftag. 

22. Vincenz s. 5. April. 

22. — Schwondtag. 

25. — Pauli Be„kehr“ (ein seit 678 bereits volksüblicher Feiertag) = Win tormitte 

nach den früheren Kalendermacberu. Wetter-Loostag. 

28 } — Freitag^ } * Ql a ^ Q0 ^ meD( ^ eD ^ on( l ö: gute Aderlasstage. 

26. f — Dio Schlänkel-Weil (Zeit des Dienstbotenausstandes) beginnt; ebonso der: 

27. — allo 7 Jahre wiederholte Scbäfflertanz (Pest-Dämonen vertreibonder Kulttanz). 

27. Chrysostomua ( = goldener Mund). St. Johannostag mit dem guldin Munde. „Morgenstunde 

hat Gold im Munde“ (s. 24. Juni). 

28. Karl d. Gr. { = der starke Mann), der die deutschen KaleQdcrnaineu einführte. Carolina 

acaulis = die als Pestmittel dom Kaiser Karl d. Gr. von einom Engel verratbeno 
Eberwurz, Karlsdistel, Karlswurz; Karls Kirchenharz = Weihrauch (im Gegensätze 
zum heidnischen Waldrauche =■ Olibanum sylvaticum, Coniferenharz); Earls 
szepter = Pedicularis sceptrum carolinum. 

II. 

Februar. 

Za februare *= reinigen (a. 2. Febr.); ahd. hornung, bornunch = der Sohn dea Horna, der kleine Horn; 
llornleln; Hornungel, Hornickel in Mitteldeutschland ; ftlam. Kebmonat ; Redmonat (s. 20. Febr.}; Spörkel 
Monat; spurcaiia, die im foneil zu I.eptina 743 verboten waren; ndl. nda. aporkele, spurkele = sporcalia 
= Februar; angls. aeflera geola = zweiter (afterj Julmonnt a. 25. Dezember, solmonath. 

1 Brigitta (= die Glanzende, Prächtige Breid). Tochter des irischon Schmiedos mit der Flamme 
(s, 6. Januar: Percbta). Im ehemals bayerischen Tirol wird „der Schreck“ ein- 
geläutet. Lichtmess- Abend. Der wächserne Truteofuss wird gemacht gegen die 
den Alpschreck machenden Dämonen des Alptraumes. 

2. — Mariae Lichtmess. Mariä Reinigung (der Brauch des chrlstl. Rclulguugsfestca ist erst 

in der 2. Hilft« de« 5. Jahrh. von Jerusalem über Konstantinopel nach Rom gekommen, 
wo es an Stolle der früheren Lnpercalien trat). Unser Frauen Lichtmess, Lichtl-Tag 

•) Keine Klasse, kein Stand, vom niedersten bis zum höchsten, der DienBtboto nicht, 
noch weniger der Spitaler, lässt sich leicht und gerne dio horkömmlichea Vortheile verkümmern. 
Ruhetage, Kultspeisen, Fosteroignisse, Opfergcldor, Adetlasslätizel u. s f. bröckelten sieb nur 
sohr langsam ab. 

Beitrüge zur Anthropologie, XIII B4 1. u. 2. ffi-ft. ß 



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Dr. M. Höfler. 



Hiot- Wachskerzen- WeihA ; schwarz«» und rotho (D&tnonenfarbe) geg«?n Ungewit:er: 
Waehsuiarkt und Wjich?einkauf für Kirche, Haus und Dienstboten, Beginn des 
Hauet njahroa. Schlänkeltag. ft halten -Tag. Meth-Tag, Scheisstago (e. Scbmeller II. 761; 
Haubcrküchleiu ; Knödl mit Safran. Zins-Tag. Abends werden auf Holzsptoe. 
Milcbgi'schirre und Thürdrucker für die „armou .Seelen“ der Verwandten Lchü 
aufgeateckt, die Anchenüberreste Opferrest davon sind ein Mittel gegen Kopfveh. 
Sch Hinkel- Laib (Brot) wird angeschnitten (eont. angl». lilaf messe = engt, liotut - 
ml*** in qua benedictio panls flehet). Die neuen ft-halten (Dienstboten) stehen ein 
Kirchgang der Wöchnerinnen; „Hervor segnen“ zur Reinigung. Wetter Loostaj. 

2. Anna Maria (Anna =* di« Anmut ihr.) (Annomirl). Patronin der Schwangeren durch die 

biblische Legende. Anna-Brünnl. „Frau Auua“ tritt öftere in Krankheits-Segen 
auf. Annadreissigst (Nachfolger des Fraueudroissigor, Anna vertritt hiebei die 
hl. Maria). 

3. Blaßiua {= Basilius) Blasi, Blasi, Blosi). Patron der Aerzte, Seifensieder, Wachszieher, 

Windmüller und Biasiasten (auf Blasinstrumenten spielend« Musikanten); Blasi-Keucn 
licht gegen „infirmitates gulae, guttutis et uvulae." St Blasius ist schon 550 ab 
Halspation erwähnt; mau holt sich den Blasi Segen gegen Halskrankheiten in der 
Kirche, woselbst die Hakkrankcn eingeblascjt, geblasigt werden. (Volkietrmohgie 
blasen, lllasc); in Flandern ist St. Maserus ( » Blasius) patron van de blaien. Merlins 
St Blasii « St. Blasi usplagr», Mort us gulae sog. gefallenes Blatt, Angina mit 
Uvula-Üedem und Postkarbunkel; geweihte Wachskerzen werden utn Hals und 
Kehle gelegt gegen Halskrankheiten. Lichter werden vor den Hausern uni it 
Stallungen angezündet und man sammelt Almosen zu einem Brand zu Ehren 
St. Blasi (= Beisteuer zum Opferfouer) ; die (blasendeo) Winde werden an diesem 
Tage (wie Winddämonen) gefüttert. Blasi — ein Wind , ein Käuschlein. Kub- 
Blasi = ein dummer Kerl. Blasi -Brot v heiliges Brot) gegen Brandseucben, 

Aecker- Ungeziefer. Blasi- Wasser (an diesem Tage gesegnet) ist ein gutes Wunden- 
wasser; Blasi- Brunnen ; Blasi- Wein; guter Aderlasstag. 

3. — Schl&nkelmittwoch (Landfaschiug; ; abgeschaflter Feiertag; wer am Blasi-Tag ia 

den neuen Dienst eintritt, taugt nicht dazu. 

4. Veronika ( = die Siegbringende) (Vroni), die dem Hoilaude das Sch wcisstuch reichte, auf 

dem sich das blutige Antlitz abgebildet haben soll (Veronika-Zeichen); sie ist 
darum Blutstillcrin. 

4 — l’finztag nach Lichtmess Früher Schlänkelrnarkt der stellenlosen (herumschlin- 

kolnden) Dienstboten. 

5 Agatha ( = dl« Gute) (Ogath, Agä). Patronin gegen Feuersbrunst, Erdbeben und Hungers- 

noth (Mutterkoru- Brand, Brotseuchen* ; Agatha-Brot (heiliges Brot) gegen Feuer 
(Kothlauf, Brand) als Krankheit; auch auf die Aecker wird zur Sicherung vor dem 
Rostbrand 'Mutterkorn) und Ungeziefer das Agatbabrot gelegt; auch die am Brust- 
krebs (Brand) leidenden erhalten dasselbe. 6t. Agatha ist auch Patronin der 
Brustkranken, welche Agatha-Zeltelo ;Brotersatz) erhalten Agathazettel = Zauber- 
zettel gegen Brand uud Stallunglück. Der Agathon-(Aghien-. Akten-, Alten -)T&g, 
der die sog. Schlänkelweil beendigt, ist Kinstandstag der ft-halten. 

<». — Sonntag nach Lichtmess; (früher) Kapellen-Umritte. 

6. Dorothea (= Gottesgabe), die als armes Laodmftdchen diente, um nicht in die Gewalt des 

Kaisers zu fallen, + 287 ; die schöne Jungfrau, Patronin der Gärtner. 

7. und 8. Wachsen des Mondes im Löwen. Haarschnei detag. 

9. Apollonia (ApolKJny) (von dem heidnischen Licht-Gotte Apollo stammender Same, dessen Trtger 
einmal heilig g«?sprochen wurde). Die hl. Apollonia, + 249, soll durch einen starken 
Backenstreich ihre Zähno verloren haben; nach anderer legende soll ihr der 
Henker vor dem Tode die Zähne mit einer Zange ausgebroeben haben ; sio ist darum 

•) l’eber Brotseuchen ». Janus 189$, 8. 2®5. Die heiligen Brote ait Mittel gegen Ergo Us« tu 
sind wohl klrcbllchor Import aus Italien. 



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Das Jahr im oberbayerischen Volksleben otc. 8,3 

Patronin der Zahn- Leidenden; eine Appel — Plauderkathl , Schwätzerin; appel- 
haft = albern. An Apollonien-Statuen werden die aasgezogenen Zähne ex voto 
an einem seidenen Bündchen aufgehangen. Apollonia-Körner = Semen Faeoniae ; 
Apollonia Kraut oder -Wurzel = Aconitum napcllus (Pfeil gi ft ?) uod A. Störkeanum. 

11 . — Freitag nach Lichtmess im Abgang des Monds : Guter Aderlasstag für die Schwangeron . 

13. — Dominica Sexagesimae. Gebundene Zeit (s. Hundstago). 

14. Valentin (= der starke) in der Fasenacht; „Aller Narren Kirchwcibung“ (1532); Aderlasstag; 

die „unsinnige Woche“ beginnt; (1695) unsinniger Wocheu Schnurrer = Bettelmusi 
kaut, der in dieser Woche herumzieht (s. auch 7. Januar). 

15. — An anderen Orten der fette Dienstag (vcrmuthUch die Lupercalla und Bacch&nalia der < 

Römer). 

16. — Mittwoch vor Iuvocavit. Scheuertag in der Fasten. 

17. — Donnoretag nach Sexagesimae; Bauernjahrtag; unsinniger Pfinztag (itifiitrrj) = 

5. Tag in der unsinnigen Woche (da« Wort „Fflnztiur" verdanken die Bayern den arla- 
nischen Gothen, deren Nachharen »Se cinstmuls gewesen sein müssen). Früher auch Bad 
der „Unsinnigen“ in den hl. Geistspitiilern. Feister, schmotzigor (fetter), gumpiger 
(toller), lumpiger Donnerstag (vor Fassuacht), früher dor Anfang der alten Fase(l)- 
Nacht, Braten-Abend (Opforschmaus); dio lange Nacht; Weiber- Fasenacht. J ankel- 
oder Jaekelßcbutzen; Fuchsprellen. Gross-Taiding im Unter-Innthal ; Huttier- Laufen 
daselbst (Dämouon-Vortreibuug); je ntohr Huttier laufen, um so hoher und schöner 
werden Flachs und Mais. 

18. — Russigor, brummiger, pfraumiger, pfromiger (= von Fett triefend) Freitag (Schmalz- 

kost); Gesichterschwärzen mit Küchen-Russ (Dämonen- Vertreibung). 

19. — Schmalziger, gesell malzener Samstag (Schmalz-Nudeb) ; gesalzene Fastonbrotzel 

(Salzkultbrot). Die Kultbrote batten die Form eioes (Sonnen-) Ringes (Kringel) 
oder verschlungener Aormchen (brichiium, briccllum, brizitelia, brazil, brezil). Fasten - 
Lader am Fastelabeud (fetter Fastenabeud = mardi gras). 

19. Susanna ( - die Lilie) (Saonv, Susy), (anlvhnctid an den susenden, sausenden Glocken-Ton und aua 

MlaevcratkudtiUa dca am Glockcnrande häufig eingegossenen Hosianna) ; häutiger Name 

für (dam onen vertreibende) Glocken: „Ich heisse Susanna, treib’ das Wottor von 
danna“; „Susanna treibt das Foll (von den Augen, pannus) uud die Blattern von 
danna 1 '. Patronin der Blattern- und Augenkraoken und für (vom Wetter bedrohte) 
Obstbäume. Susannenkraut = Myosotis palustris (weil sich Susanna in einem 
Teiche badete) uud Veronica teucrium. 

20—26. Fress- Woche; Butter-Wocho; Käs- Woche (Lacticlnien), Schucksen-Nudel. 

20. — Fasten -Sonntag; Souutag Invocavit (Fr ühl inga- Vorfeier). Um 12 Uhr Mittags 

früher Landsprache (daher Redinonat = Februar) beim Gerichto (invocavit!) bebufs 
Vorlesung des Weisthums für den Ort. Dio junge oder rechte Fassnacht. Narron- 
kirebweih. Faseoachts-Bier ; Fasching- Würste, -Fische, -Bretzen, -Krapfen; sfisso 
Milch; I^rvengehen mit Holzmasken (SchlaraflFengesicht) (zur Dämonen-Vertroib- 
ung). Erschlagen dor Haborgeiss (Ernteopfer); das Flachs - Abrupfet ; dTetzt 
(— Ernteopfer um dio zukünftige Frucht reichlich zu erhalten). Wenn ein Mann 
während des lotztcn Jahres von seiner Frau Schläge erhalten hatte, hing man ihm 
an diesom Tage eino Keule (Schlegel) an (1688). Wenn an diesem Tage ein 
Spinnrad geht, heissen dio Fröscho den Faden ab (alte Vorschrift diosou Tag fest- 
lich zu feiern). 

21. — Fasenacht-Montag; der gute Tag; (1550) blauer Montag (vom blauen Altartueh 

in dei kirchlichen Fastenzeit ; spator auf allo durch Schmäuse gefeierte Montage 
übertragen); Frass-, Frosch- Montag; unsinniger, schmalziger, feister, damische». 
Fliegen-, Geil-Montag (gaiaraunti) ; beliebter Hochzeitstag; Reiten der Metzger um 
Brunnen, in Thierfelle verkleidete Metzger springen in dieselben. Umführen dos 
Pfluges (1459), (1893) SchöfT- (Schiff) uud Pfiügeziohon ; Bäronstechen, Reiftanz; 
Schüffleriauz (früher vielleicht auch Schwertertanz). Zweierlei Schmalznudeln 
Alle Würmer gehen nun ins Wasser (16. Jahrh). 

C* 



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Pr. M. Höfler. 

Petri Stahlfeier (auuerhalb Kom). Janks- Erwecken; Mai-Erklopfen; Kornauf wecken. 
St Petri Pfannkuchen an anderen Oiton, wo dann die Lichtarbeit (das Abend - 
Wirken) aufhört. Peter-Feuer (Sonnenkult durch Opferfeoei). 

Fase-Nacht (Fasching), eigentlich die Nacht, in der man faselt, Unsinn treibt. 
„Fastnacht-Irchtag — aller Narren Kirchtag“; Torkeltag: Knödol-Irtag; Kuchelball; 
Jackeischutzen; Faseuachtlaufen ; Sommer- und Winterspiel; Fasenarht-Sehimmel 
(Blassl); Bchellen-Geliiut ; Blöcke- und Brettorziehon durch die Dirnen; Klosterbier 
(Schöps) an die Armen. Nüchtern baden an diesem Tage hilft fur's Kreuzweh 
(Süirfcemittel) ; (Kult ) Brote in Form von Miinulein, Hasen odor Hirschen (Frucht- 
barkeits-Symbole); Ilaaro waschen mit Flusswassor Mittags zwischen 11—12 Uhr 
(= Schönheitsmittel) ; Nachts 12 Uhr wird die Fasenacht begraben Id Mecklenburg 
heisst du Schrattl (Ilex aquifolium) : Faitdabend. 

Aschermittwoch; aschriger Mittwoch; gotdone Quatember- Mittwoch. Palm- Aachen- 
Weihe. Einaschein mit Palmeu-Asohe hilft für den Friorer (=* fobris); (früher 
in Mittenwald) Härtloinstanz ; das Holzweibleia (hart = Holz) gehl um; die alten 
Jungfern ; Hexen) müssen die Frauenthüruie in München abreiben; Altweiber- 
Fastnacht (ln der Pfalz}; „er kommt hinten nach wie die alte Fasinacht“ (katzen- 
jiimmerlich); Scheuertag; Aderlasstag; Geldbeutel- Witsche; Quatember-G'sund- 
bäder. Loos-Tag (1645). Die Fastenzeit beginnt. Fronfasten = Quatemberfasteu. 
Fobruarquaternber. Quatemherkiud =: Fronfaatenkind (s. 27. Febr.), es ist das oiu 
frühwitziges Witzboldkmd, das aber nicht alt wird, d. h. altklug, wie die rhaehi- 
tischen Kinder, ist aber gefährdet. 

24. Mathias (= Uo«e»geifihenk} (Matbeiss, Mathies, Hicsl). Der durch das Loos zu den Aposteln 

gezählte Heilige. Loos-Nacht; Aderlasstag. Hiesel (Bauername) = dummer Mensch. 
8 t. Mathias der scmpßzer = Schnüffel- Mathies wegen der häufigen Nasenkatarrhe 
in dieser Zeit; kleines Matbiesl = Räuschchen (Aderlass * Lätizel) ; Reiss-Mathias = 
Rheumatismus (Wortspiel) (s. 21. Sept.). 

25. Walpurga (= die Bergerin der Gefallenen auf der WabUtatt) (Walpi). Todestag der Heiligen 

(s. 30. April.) (abd.) Sancta Waldburga. 

26. Castulua (= Keuscher) (Kastl). Patron gegen Wildfeuer (= Blitz und Rothlauf) und der 

Rossdiebe, die ihn amufuu: 

„0, heiliger 8t. Kastulus, du kreuzbraver Mann, 

Beschütz’ uns're Häuser, zünd‘ and' re dafür au.“ — 

„Heiliger 8t. K&stulus und uusre liebe Frau 1 

Du wirst uns schon noch kennen, wir sind von der Hallertau. 

Sollten uns’rer neune sein und siud nur uuser drei, 

Sechse sind beim Schimmelstehleu ; Maria steh* uns bei!“ — 

K astul us- Berge. 

26. — Besonders guter Aderlasstag im Zeichen des Steinbockes. 

27. — Dominica quadragesimae. 1. Sonntag in der Fasteu(zeit) ; die „alte grosso Fast- 

nacht“ der Bauern ;iu Böhmen Alk‘rmann§Fa«chlng). Funkentag; Funken-Sonntag 
(Opferbrand), lim Franken reiche 1 c Joar des br&ndoas. Domlulra brandonum). Funken- 
Kücholn; Höhonfeuer (Sonnenkult); an diesem Tage isst man zum ersten Male 
Abeuds ohne Licht. Hole-Pfannnntag (Tirol); Uutzclsonntag; kalte Milchspeisen. 
Schönheits- und Stärketrank (Meth). Ein am .Sonntag in der Frohnfasten ( 8 . 23. Febr.) 
geborenes Sountagskind (=3 elbisches Glückskind) wird nicht alt, ist aber sehr 
gesebeidt, geisterncliend. 

28. Oswald (= Azcnwalter) (Ose). Viehpatron. Oswald- Kapellen meist auf Höben. Oswald- 

Stauden — Rhododendron ferrugineum. „St. Oswald, der englische König, ist längst 
als christliche Unterstellung des heidnischen Gottes Odin = Wuotan nachgewiesen“ 
(J. zliiRerle) (?) s. auch 5. August. 

28. — Blinder Montag. Hirschmontag Weiber- Fasenacht (Wirthshausbeauch der Weiber 

aus uralter Tradition). 



84 

22. - 
22 . — 



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Das Jahr im oberbayerischen Volksleben etc. 



8Ö 



m. 

März. 

In der Merowlngerzelt aus latelo. Martlus entlehnt; ahd. rearceo, raertzo, merzo, merze, mhd. mertze, mlrcze, 
martzemAn; volkaäbllch Mtrzen ; ahd. lenglzln-, lenzl-, len/ln , lenze-, langez-mAnOth, Lenzenmonat; ahd. 
lenglzo = LAngfl. Lank« (noch üblich), die Zelt, ln der der helle Tag länger wird. Glentz = Frühling (1S90); 
Frühlings-Monat; Drtrr-Monat (trockener Marzcnataub) ; Joseph- Monat. 

Murz -Flecken =z Sonnenflecken (Ephelides). Märzen -Luft macht Kopfweh (Schnupfen). 
Morbus vernuB. März-Schrunden = durch die Kälte und Trockenheit der Luft veranlagte llaut- 
Rhagadoo. llorbus martialis. Märzen-Schnee thut Kötnern und Früchten weh. Märzon-Staub 
bringt Gold wie Laub (d. h. die Luftrockenheit verhindert die sonst zu frübo Entwickelung der 
Gräser, die dnnn durch Ftühreife Schaden erleiden würden). Märzen Donner macht fruchtbar. 
Kiuder und alte Leute thut das Marzou-Kalbl ( = MArzenwlud, den man gleich wie einem Dämon am 
Todtenaonnug ein Kalb opferte) abstechen. März- Hackel, oin Ki odergespenst. auch „Rlutschink“ 
in Tirol genannt. März = der ausmärzende Tod. Marz-Vieh, das zur Zuchthaltung nicht mehr 
taugliche Vieh, das abgesondert ist, ausgenmizt, wie man im Mürz die Weideschafe absondert; 
Märzschaf = ausgomustertes Schaf. März-Hase = der Hase vom 1. Satz. Der Bolen geht auf; 
dio (»Trier geht auf; dio Kinder spielen mit Schussern, „Tegerln“ (= tegula), wobei nach altem 
Vorbild« mit der Spanne der Hand noch gemessen wird. Märzeublümcrl = Anemone hepatica. 
Märzenveigerl = Viola odorata. Märzenwurzel = Geuin urbanum, Radix caryophyllat Märzen 
glüclchon = Leucojum vernum, Galanthus nivalis; Märzeublati =Tussilago farfara. Märzbecher ~ 
Narcissus pseudonareiesus. Märzcuoägelein — Daphne mezoreum 

1. — Hirschdienstag. Wirthsbaus- Besuch der Weiher. 

1. — Unglückstag. 

2. — Quatcmber-G’sundbäder; frühor Aufzug der sog. Quatember -Manu’ln (Öiechen- 

spitaler) in die Kircheu; auch sie erhofften vom neuorwachonden Frühlinge Besser- 
ung ihrer Leiden. 80 Martyror-Tng. 

3 Kunigund (= siammenheldiu) (Gundl). Ehemals Rrctzensponde (ln Salzburg). Kunigunden-, 
Künigsch- Kraut = Hunnisch- Kraut — Bidens oemuus L. und Eupatorium canna- 
bioum L. gegen dio Hunnische (seil. Krankheit) = Milzbraud-Epizootie verwendet, 
auch gegen Märzschrunden, Leberflecken etc. 

3. — Miirzenbäder am Abend vor dom 1. Freitag im März galten als ein Schönheitsmittel. 

4. — 1. Freitag im März. Der Lauf (Spriuger) eines an diesem Tage geschossenen Hasen, 

der damit dreibeinig, d. h. dämonenhaft wurde, ist oin besondere gutes Amulett 
(Stärkungsmittel) gegen Lumbago und für leichte Entbindung 
6 Fridolin ( = der kleine Frledcl), der fromme Bauersmann und Wetterpatron. Haarschneido- 
und Aderlasstag. 

6. — 2. Sonntag in der Fastenzeit. Quatember-Umgang. 

6. -9. II aa/ schneidetage am Löwen- und Jungfrauentag des Kalenders. 

7. — Die Zahl 7 ist massgebend zu einem Aderlässe am rechten Arm; auch die Kuh- 

hörnerspitzen wurden (l(»S4) abgeschnitteu (-= Rudimente früher er voller, blutiger 
Hirten -Opfer). 

10. — Märzen bäder am Abende vor dom 2. Freitage im März. 

10. — Vierzig Ritter, Wetterhenen (wahrscheinlich = 2 X 7 = 14 Ritten oder 77 Fieber 

bedeutend, dio mau in dieser Frühlingszeit besprach oder in den Wald verbannte). 
12 Gregorius (=■ Wacher) (Gori). Frühlings-Erwachen; Erwachen der Lebenskraft. Der ehe- 
malige Schlag mit der Lebensrutho (virga) erhielt sich als „Gregory“ (virgatum) 
in den Schulen bis auf Kurfürst Max HL Schüleraufzüge; Schul- Bischofsspiel ; 
St. Gregor: holz r= Prunus padus, Elsen (— alahsamo), auch Prunns avium. 

13. — 3. Sonutag in der Fasten(zeit). Oculi; Augousonntag. 

14. — - Schwendtag. 

15. Christophorus (= Chriatustrtger) (Stoffel, Stöffel, Töfel). dor riosigo Heilige ans Kanaan. 

Pest patron. Schatzgräborpatron. Christofe Is-Gebot heim Schatzgräbern Christof- 
Kapellen im Mittelalter meist au verkehrsreichen Strassen gelegen. Ueberlohens 



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Dr. M. Höflor. 



grosse Christof-Bilder an Häuser* und Kirchen mauern angemalt, sicherten vor dem 
gälten Ritten und jähen Tode (Pestileuz) denjenigen, der das riesengrosse Bild er- 
blickte. Morbus St. Christofori — Pestkarbunkel. St. Christof musste als Pest- 
patron nach dom Volksglauben (16. Jahrh.) Knoblauch in der Tasche tragen als 
Zukost auf seinen Wanderungen und als Präservativ gegen die Pestilenz. Christof 
galt auch als Namen für Bildsäule oder Oelgötze (wie Leonhard), Christof-, Chri- 
stoffelkraut = Althaea spicata und Osmunda regal is, Viccia cracca; Christoffboere = 
Rihes grossularia; Christoffelblumen = Dianthus deltoides. Christof ist auch Patron 
der Schiffer und der Schwangeren. Im Mittelalter gab es auch Christofs- Gesell- 
schaften (Verbrüderungen). Christof als häufiger Bauern-Narao (Stöffel) = eia 
fauler, schläfriger, ungeschickter Mensch; Heu-Stöffel s. 25. Juli; Winter-Stöffel 
8. 26. Dezember. 

16. — Mittwoch nach Oculi. Mittfasten; Märzenhader (schon 930 üblich). (bisheriger Winter- 

schlaf der Vegetation) ; Todaustragen oder Todaustreiben ; Zinstag. Fasten blu me = 
Primula veris, olatior, officinalis. 

17. — Märzenbäder am Abende vor dem 3. Freitage im März. 

17. Gertraud <= vielgeliebte) (Trudl), auch = St. Kakukabilla (Cutubilla) mit den Mäusen. 

„Gertraud, lauft die Maus zo feld aus.“ (9. Z. d. V. f. V. k. I. 444, II , 199 ] 
Die in Wälsch -Tirol fehlende Patronin gegen Mäuscfrass, Herborgspatronin und 
erste Gärtnerin, da aD ihrem Tago die Wärme zuerst von der Erde aufgeht. Sie 
zieht wie Perchta spinnend und reitend (auch in der Geisterkutsche fahrend) 
durchs Ijrnd. Bei ihr (in der Erde) schlafen die Todton die erste Nacht. Die 
Bienonkörbe werden nun aufgestellt und die Bäuerinnen hören das abendliche 
Spinnen auf; dio Gartenarbeit beginnt, nachdem die Maus den Spinnfaden im 
Hause abgebissen hat Gertruds- Kapellen vielfach in der Nähe der Spitäler vor 
den Stadtthoren (Pestacker?). Gertruden -(Zauber-)Büchel mit der Spinnerin auf 
dem Titelblatte. Gertruds Miunetrunk (s. 24. Juni). Dio besten Eier werden in 
der Gotraudsuacht gelegt. Geitraudskraut (Ruta graveoleus) vertreibt die Kröten 
und wird ins Sonnenwcndfeuer geworfen. Gertrauds-Schürzen berühren die Augen- 
kranken. Gertrauds- Vogel = Schwarzspecht. 

18. — Erster Tag der Welt, weil man bis zum 16. Jahrhundoit glaubte, die Welt sei 

um die Frühlings- Nachtgleicho geschaffen worden. 

19. Joseph (bebr. der IlinKugeihnne), der Nährvater, (Sepp). Bog Hab-Tag (die* amorla). Josefi- 

Kränze (Kultspeise) ; Märzen -Scbneewasser an diesem Tage besonders gutes Schön- 
heitsmittel; Josefi-Gürtel; Josefs-Salbe =s Uugt. ophthalm. comp.; Josefi- Lilien = 
Lilium bulbifcrum, candidum und deren Oel, namentlich dor am Johannestag ein- 
gesammelten Gartenlilien werden gegen Rothlauf und Hautverbrennungen etc. ver- 
wendet; Josefs-Blume = Tragopogon pratenso; Josefs-Stab = Naicissus pseudo* 
narcissus, Leucojum vernum, Pbiladelphus coronarius; Josefs-Thrüne = Coix la- 
cryma; Joseph!«», Joseph = Hyssopus officinalis (aus letzterem sprachlich entstellt); 
Josefi-Kraut = Satureja Hortensia (Bohnenkraut); Kotz-Josef = oiner, der häufig 
kotzend hustet 

20. — 4. Sonntag in der Fasten. Dominica Laetare. Frühlings-Sonnenwende 

(1695); Froudcn-Sonntag (1645); dor Todten-Sonntag, der Todestag des Wintere, 
der früher als Stroh-Puppe („dei Götzo“) ins Wasser oder in den Koth geworfen 
wurde (Todaustragen, Todaustreiben) und als Pestmittel gegen den gachen Tod 
galt; früher auch Kalbskopfessen (= Miirzenkalbl) in den Spitälern (Rudiment 
des blutigen Thier-Opfers; der Kalbskopf war die (uxlesgabe beim Kultopfer) 
(1542); Kosen (Rasen- ?)Sonntag ; Maien-Somitag; Sommortag; Sommergehen (Flur- 
gang); Beginn des germanischen Sommers; Halbfasten(zeit) ; Stau b(Stab-)aus- Lied 
(In der Mal«) beim Todaustragen, -Austreiben (Kampf zwischen Sommer und Winter) 
(s. auch 25. März). 

21. Benedictas (= dor Gesegnete) (Dickl). Patron dor Metall- Arbeiter (Kupferschmiede und 

Rothgiesser). Frühlings-Nachtgleiche. Benedictas- „Münzen“ waren Pestamulette 



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Das Jahr im oberbayeriBchen Volksleben etc. 



87 



und Mittel gegen Sterilität und Verzauberung. Brot und Geld wurden geweiht. 
Benedicten-Wurz = Artemisia abrotanum, Geum mootanum, reptans, virginianum, 
rivalo, urbanum, (die Wund dieser radix cnryophyllnta bat GewUrznelkenduft und war 
früher eine sehr geschätzte Arznei narb Jessen 165), CoicUB benedictus. Benedikten- 
Rosen =» Faeonia officinalis; Benedikten -Distel =■ Carduus benedictus. 

21. — 24. A dor lasstage. 

24. Gabriel (hebr. « Starke Gottes) (Gaberhol , Gabor 1). Gaborl = ein übereilt, unbesonnen 

handelnder Mensch. 

25. — „Mariä Verkündigung kommen dio Schwalben wiederum 4 *; die Schwalben als Früh* 

liugsboton gelten noch mIs gute Hausgeister. Aderlasstag für die Schwangeren; 
die Aderlass-Schüsseln tragen da« Verkündiguugsbild. Vieh Segen (früher); Zilistag; 
Nasen- Feiertag, weil um dieso Zeit dio Nason (Fische) laichen. 

25. — 5. Sonntag in der Fasten 'zeit). Judica. Namenloser Sonntag. (1645) „etliche haben 

jhn den lahmen, losen Sontag genandt, dass sich an dem Tage gemeiniglich was 
sonderlichs uad erschroecklichs zugetragen.“ Unglückstag, schwarzer Sonntag 
(weil die Altäre schwarz verhüllt werdoo); wenn man ausgeht, begegnet einem 
dor Teufel (daher auch Todteusonntag genannt, s 20. März). 

27. Rupertus (Ruotprecht = rothgianzond). Der h. Rupert (ca. 600 ) war angeblich der Wieder- 
auffinder der bayerischen Salzquellen zu Reichenhall und Salzburg; er wird mit 
einem Salzfass abgcbildot. Uebor den Knecht Ruprecht als Begleiter des St. Nikolaus 
s. Urquell 1898, S. 142 und s. 6. Dezember. Volksetymologisch ist das rothe 
Rothprochts- oder Rothlaufkraut (Geranicum robertinnum) dem b. Ruprecht (Rupert) 
zuhenannt. Herba St. Kuporti = orval, d. h. gegen den Urfall, Erdsturz oder Milz- 
brand als Viohfall gebraucht. In der ehemals deutschen Franche Comti wurde diese Pflanze 
mythologisch sogar zu Wind- und Wassergeistern (les Orvals de St. Anne) (Melusine I. 316). 

31. — Schmerzhafter Freitag. Austrägler, Alto und Gebrochlicho erhalten dio Provisur. 

IV. 

(gesprochen Uvril). 

ahd. «prelle, abrcllo. 1334 abrill, 1370 «brülle, 1483 April, aus dem Latein erst am Ende der ahd. Zelt 
entlehnt. — ahd. i‘»*tar mAtiud = Ostermonat. — Bel Fischart Klrinsbtsz d. h. der Monat, In dem die Tago 
der St. (julrluzbusa sind (s. 30- April); auch Marx-Monat genannt (a. 25. April). 

1. — 1. Apriltag, schlechter Tag; ja kein Aderlass! April-Narr; (1778) ein Fest dor 

Narren, „wahrscheinlich der letzte Rest eines zu Anfang April mit Possen, Spässen 
und lustigen Schwänken gefeierten Frühlingsfestes“, (1655) in den April schicken 
(s. auch 1. Mai). 

1. Judas (Jaud), dor Erzschelm, ist an diesem verworfenen Tage geboron. Judas-Ohr = 

Holundorechwamin, Kxidia auricula judae, Auricularia sambuciua, Fungus sambuci, 
auch Gallae ebinenses gegen „wärchende“, „werkelnde 44 Augen gebraucht. Judas- 
Baum = Cercis siliquastrum (aus Südtirol); Judas-Silberling = Luuaria biennis 
rediviva; Judas-Kirschen = Fructus Alkekengi. Judasfeucr am Osterabeud. 

2. Franciscus von Paula. Patron der Einsiedler. Franz — ein weicher, schwacher Manu 

(franclocus = Frinkliug}. 

3. — Pal m tag (schon mhd ); Pal u» -Sonntag; Blumontag ; Blumon-Sonntag; Blühen-Sonntag; 

grüner Sonntag. Weihe der Palm- Weiden büschel, des Waxlaub (Ilex, stochpalm, 
auch Schrättl genannt) und des Säfeihaumes (Sabina) auf Hasolnuss-Stöcken (Hexen- 
besen, Wetterbüsche, die bei Gewitter am Herdfeuer verbrannt oder auch in die 
Aecker gesteckt werden). Beichttag der ledigeu Leuto; dio Weibnr haben ihren 
Tag; hölzerne Palmeselin in Prozessionen mitgeführt (*. darüber Allgem. Zeitung war», 
Nr. 68. 29. M&rz ; di« knlturhlstor Skizze von R. von Btrele ln Zcitochr. d. 1). u. Oe*t. 
Aliwn-Ver. 1897, XXVIII. S. 185 und Urquell 1898. 8. 47). — Besuch der Spitäler. Das 
Palmkätzl dor Weide wird gegen Fieber, Zahn- uud Kopftveb, sowie gegen Blitz- 
schlag getragen, bezw. verschluckt; in Ostpreussen schluckt man dafür dos sog. 
Fieberbrötchen odor man trägt drei (Mohl-)Kastanien in der Tasche. 



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88 



Dr. M. Höfler. 



3. -6. Haarechneidotage und Kopfwasohtage für die Kinder im Zeichen des Löwen und 

der Jungfrau. Die sog. „Grint-Büsserin“ besorgte diese hygienische M aas rege 1 
ehemals (anlchncod nn diesen Namen schuf FUchart (m 16. Jahrh. die Quldns-Buae, s. 
so. April). Solche Haarschneidotago können auch kulturellen Haaropfertagen der 
Sippen (Haarschur-Godschaft) entsprechen. 

4. Isidor (*= der von der Isis geschenkte). Der fromme Bauersmann oft auf Bauernhäusern 

abgebildet als Hauspatron. 

5. Vincenz (Zenz). Patron der Holzknechte. Ehepatron, guter Hochzeitstag, (rlncere über- 

winden.) „St. Vincenz Sonnenschoin — bringt viel Körner herein u . 

6. — Mittwoch io der Karwoche oder (Märtel) Marterwocho oder Grüonenwocbe, Platz- 

mittwoch (weil das Osterlamm auf deu Marktplatz gebracht wurde); krumer 
(eigentlich grüner) Mittwoch in der sog. kiumen (grünen) Woche (ahd.) man Klage. 

7. — Gründonnerstag. Mändeltag (ahd. mendlKm = scherzen, fröhlich sein; mitten In der 

Karwoche war an diesem Tage ehemals das Fasten unterbrochen und so oin Freudentag); 
heiliger Pfinztag; Pfinztag in der Mertelwocho; Speis- Pfinz tag; Weihen- Pfinztag. 
Aotlass- Pfinztag; Dies viridiurn (volksctymoiogisch su: grün); Dies absolutionis = 
Autlass (Sündenorlass). Frauen -Antiass. Eier (Frühlings-Ostereier) hochheilig. 

Pflanzon in dieser Nacht vor dem Karfreitag eingetragen sind besonders heilsam; 
Kräutlsuppe mit neunerlei neuen Kräutern; Nisslsalat. Brod und Gold- Weihe. 
Scbeitelbolz- Weibe; Ausstrouen der Antiass- Eier- Schalen auf die Felder ins Frei?. 
Zu sog. Sytnpatbiekuren besonders goeignetor Tag, bozw. Nacht vor dem Kar- 
freitag; Fasten sichert vor Fieber fürs ganze Jahr. Besuch der Spitäler. 

8. Dionysius (= der Tom «otte Dionys summende). Dionysius exereitio medicus (ca. 410) von 

den Gotheu unter Alarich ob seiner Kunst geschätzt. Sankt Dionys „verantwortet“ 
die Blattern, d. h. ist BIattorn-(Variola-)Patron. Dionysia = Kranichblume, Geranium 
robertianum (s. 27. März). 

8. — Karfreitag (ahd.) garoing; ahd Kar =» Wchgc«chrei, Klage (in dem Kirchlichen auf 

des Heliands Tod bezogen; sonst war der Kartag ein Tag, an welchem ein Ver- 
storbener unter Klagegeschrei beeidigt und dann der Todtenschtnaus gehalten 
wurde = Karjaminer); (nthd ) der hob martertac; höchster „Fiei(a)“-Tag im Jahr. 
Freitag: urdeutsch frija-dag (8.-4. Jahrh.) al» l'ebcmetzung de« Die« Vcncrl*. Am Kar- 
freitag früh vor Sonnenaufgang schnitt man den Thioren ins Ohr und in den 
Schwanz, dass sio Blut gaben (Rudiment des blutigen Thieropfers) als Mittel gegen 
den Milzbrand. Getreide- Säetag mit Saat-Hahn-Gescbenk (Sclimeller II, 334). Man 
bekommt Eissen (furunculi), wenn man am Karfreitag Bohnen isst; u «geschmolzene 
Wasser-Erbsensuppe; sog. Karfreitag-Häute (Kultspeise in Fladeuform beim früheren 
Todteukult); Eierspendo der Bauern- Messuer an die Klöster; verstörte Messe; 
Zwingmessen (a. d. Vcrf. Volka.Medizin 27), eine Parallele zu dem Fetischpriester, 
der geprügelt uud so gezwungen wird. Verlorenes wieder findbar zu machen. 
Nägel- Abschnoiden, „ungues die Mercurii demi opportet“, ein den Römern schon 
bekannter Spruch. Drei Hufnägel (Opfergabe) worden zur Sicherung vor Seuchen 
an die Stallthüre geschlagen. Beklopfen der Fruchtbäumo. Brüchige Kinder oder 
angewachsene (— rhachitische) Kinder worden zur Wiedergoburt durch Spalten 
junger Eichenbäume dreimal schweigend vor Sonnenaufgang gezogen (cotif. un vienx 
rite mödical p. H. ciaido* 1892). Schöpfen des „stillen“ Wassers zum Waschen 
(Schönheitsmittel); die Hexen, welche mit ihren Köpfen rückwärts schauen («io 
elbisches Kennzeichen) sind Nachts in der Kirche demjenigen sichtbar, der auf 
einem Schemel aus neunerloi Holz kniet. Im „fliessendeo“ Wasser baden ain 
Karfreitag hilft für reiuo Haut, d. h. gegeu Krätze und Fieber; aber mau soll sich 
nicht Bart oder Haare scheren lassen, sonst bekommt man Kopfweh. Am Kar- 
freitag vor Sonnenaufgang Nage’kraut (.Scheelkraut, Chelidoniuin majus) graben, 
einen Haselzweig abhauen oder einen Hasen sebiessen, dessen Schweis« (rothes 
Blut) hilft als Gegeuzauber gegen Rothlauf und zauberische Schäden überhaupt. 
Am Karfreitag unterm Scheiduogs- Geläute (es wird aber nicht geläutet au diesem 



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Da« Jahr im oberbayerischen Volksleben etc. 89 

Tage, sondern Uos geratscht) soll man gegen die Gicht boten. Ausschlaftag für 
Klostergeistliche (weil keine Messe früh ist). 

[). — Ksrsamstag. Judas-Samstag. Judas- oder Oster-Kohlen , das Holz dazu wird 

geweiht; Scheitolweiho ; Holzsplitter aus den Scheiten werden auf die Aecker 
gesteckt oder unter das Dach; Judas- oder Fastenfeuer; Judas •Brennen, d. h. Ver- 
brennen der alten Pnlmbüscbol zu Palmaschc, die mit Schmalz verrieben eine 
Heilsalbe gibt. Osterfeuer (oovus iguia de lapido excussus); Oster-Manu-Vor- 
brennen (Symbol des früheren Kultopferbrandes); kalter Hausherd wird mit Oster- 
kohlen oder mit glühenden Grab-IIulzkreuzen (Opfer- Rudiment) odor mit Hasolholz 
angeschürt. Beim ersten Zusammenläuten der an diesem Tago wieder tönenden, 
„verstorben* 4 gewesenen Glockeu soll man stillschweigend aus fliessendem Wassor 
sich waschen (Schönheitsmittel) ; auch soll man die Hexe unterm Bette auskohron 
und Gras ausraufen, das zur Reinigung der Kuh beim Kälbern zu fressen gegeben 
wird, weil dann das dümonistisch aufgefassto „Wesen* 4 (= die faule Placcuta) 
abgeht; überhaupt gibt Karsumstag-Gras viel und schtnalzreicho Milch; alle io 
dieser Nacht vor Ostern eingetragenen Pflanzen sind besonders heilkräftig. Oster- 
Abend; Osterfeuer auf Rcrgspitzen (Ostcrbcrge). „Christus ist erstanden“ die 
einzigen vom römisch-katholischen Geistlichen an dem Altäre gesungenen deutschen 
Worte. 

10. — Ostorsonntag; 09tertag. Ostern-Aowünschon ; rothe Oster hasen-Eier, die die Mädcheo 

(als Fruchtbarkeits-Symbol) den Burschen schenken ; kommt der rechte, ist es ein 
„geschliffenes“ (das Osterei ist ein altheidnisches Frühlings-Opfer); der fruchtbare 
Haso (als Kultgebäck und Patbenbrot) trägt in sich ein Ei. Osterkuchen, Ostor- 
fladen, Osterbrot, Eierwecken vor Sonnenaufgang gegessen, sichert vor Krätze 
(Hautwürmer); Ostersuppe = Biersuppe mit Safran; auch golbo Sauermilch-Suppe. 
Hahoenbrod. Ostorliuimlein- Brote mit rothen Osterfahnon wordon von» Pathen 
dem Godl geschoukt. Oster- Kipfl (Kultbrot), sie werden geholt und gefordert; 
Spitzeln oder Specken = Eierpicken Ost or wasser; Tauf wasser- Weihe für das 
ganze Jahr. Das vor Sonnenaufgang aus dem Flusse schweigend geschöpfte „stille“ 
Wassor (Osterbrunnen) ist besonders heilkräftig gegen Hautkrankheiten (Griot) 
und Fieber. Fieber-Segen sprechen vor Sonnenaufgang nackt unterm blauen Himmel 
sichort vor 77 Ritten (*hd. rlto = Kleber) und Würmern; Ostoisaiz (geweiht); 
Ostorwein (= Kräuterwein); Bockbier (München); Oslermcth (Salvometh); Oster- 
Ritt; früher Ostertanz (Oster Keigon auf der Osterwiese); Osterlied, Osterepiel; 
(1722) Österlen r= ein kurzweiliges Ostermährlein (Ostergeläohtur, risus paschalis) 
erzählen (Ostcrgeredi). Osterwachs, Osterlicht, Osterstock (Wacbsstock), Oster- 
kerze. Oster- Lain ms- Braten, -Schweinsbratoo (Weih-Fleisch); einige Knochen des 
gleich nach der Kirchfahrt verzehrten Oslerbratens worden der Hexen wogen auf 
dio Kornfelder gestreut. Ostorkalb (Zinskalb); Besuch der Spitäler; Fasten am 
Ostortage, d. h. kein Fleisch essen, war 1611 ein Mittel gegen Fieber; Widder- 
opfor mit vergoldeten Hörnern und Buxzweigen (bis 1654 in Jachenau); Ostor- 
krenn (Meerrettig); die Aecker werden gepalmt gegen den Bilwizschneidor (Korn- 
dliinon): Oster- Apfel; Osterblümerl = Bellis porennis, Anemone nomorosa, Primula 
auricula (Achonthal); Oster-Veigorl = Viola trioolor; Osterluzei = Anstolochia 
Clematitis; Oster luzei* Wassor = Aqua aromatica; Osterkerzo und Osterkraut = 
Verbascuin (Königskerze); O.stcrschelle = Anomono pulsatilla; Osterglöckchen = 
Auoinono pratensis, nomorosa; Ostorlilio = gelbo Narzisse. Zum Färben der 
Ostereier wird auch Gentiana verna benützt; Oster Käfer *■» Maikäfer. 

11. — Ostermontag ; Km maus (= eben aus) gehen ; Ostermiihrlein (s. 10. April) ; Aderlasstag. 

12. — Osterdienstag; Osterziostag; Ostermarkt; Osterjagd. PfeiUchiossen der Jugend beginnt. 

14. — Aderlasstag für Augenkranke. 

15 Anastasia ( = Auferataadene) (Stasi). Anastasia- Hänberle werden den Kopfwebkranken auf- 
gelegt; hoebgeweihte Anastasia -Laibe rin (heiligo oder Kultbrote). 

16. und 17. .Schwendtage. 



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Dr. M. Höflor. 



17. — Dominica in albis (a. 19. Mai), woissor Sonntag; Freudonsonntag ; Methtag; Schön- 

hcits- und Stärketrunk in dun Methhäusern, wo die Gäste sich mit Lebkuchen 
(sog. Schifferin) beworfen. Agnus-Itai- Wachsabdrücke aus den Resten der vorjährigen 
Osterkerze werden vertheilt. Georgi-Ritt mit Fahnen (Traunstein) (s. 24. April). 

21. — 29. Die neun Walpurgis-Nächte, auch die Erntetago der h. Walpurga genannt. 

21. Georg (- Landwirth), (Girgl, Irgl, Jörg, Jürg), (der lateinische „Georg“ ist eine Art Gegen- 
satz zum deutschen Michel; daher Georg auch lateinischer Michael genannt). 
Der streitbare Rittor auf dem Schimmelross, der den (Pest*) Drachen besiegt, d»r 
Sigurd der christlichen Legende, Erzmartyrer und angeblich (aut g-eorg überMtst) 
auch Ackersmann, Vieh- und Wettorpatron ; Gefangenenpatron. St Georgs-Hemd 
(1411 «and jdrgenn hemd) ein stich-, hieb- und auch kugelsicheres Noth- und Sieghemd, 
aus einem von dem Teufel verfallenen unschuldigen Mädchen Sonntags gesponnenen 
Garn gemacht (die Brünne dos Wuotan); Gcorgi-Ritt, Goorgi- Ritter; Goorgi-Thaler 
(Soldaten-Amulett); Georgi-Sogen für Rom«. 8t. Georg i*t Im Luxenborglscben * 
St. Kürchtert, der wegen de« Taror nocturnu« (Nacht*chreckens,i der Kinder angerufen wird. 
Morbus fit Georgii = Angriff (Milzbrand) und Kothlauf. In Nordeuropa in St. Georg 
der Wurratodter, auch Patron der l^ptoten und Fratizo*<m-Kr*nken (8t. GOran, St. Orlen). 
Man fingt die Schlangen für da* Gicbtol (Scblangenhaut ln Leioül) ein. — Dünner Jörgen = 
Diarrhoe. St. Georgs-Tropfen = Oleum terobinth. sulf. Görg war so viel wie = ein 
grober, lärmender, händelsüchtiger Mensch (Bauernnamen). Die Kuhhirten säget» (als 
Rudiment des vollen Thiefopfers) den Kühen die Hornspitzen ab. Georg-Laibbrote 
(Kultbrot beim Opfer) als Geschenk. Schlinkeltag ; Zinslag; abgeschaffter Feiertag; 
der Graswucha beginnt; die Wiesen dürfen nicht mehr betteten werden; daher Gras- 
ausläuten (in Tirol); Aufstellon der ft-Zäune (verordnet); der Bilwizschneider geht um 
und macht den Bockschnitt ( — aran«cartl, A ehren «Charter, Gra»remummler der Lege* 
Bajuwariorum). Schttuerprozcssionen ; Pferdemarkt ; an einer Unde bei St. Georg im 
Chiemgau heilt dor Felderumgang Pferdekrankheiten; auch sonst Felder- Um gütige; 
St. Georgskraut = Herba Valorianae Phu.; St. Georgsholz = Prunus padus (Elsen); 
St Georgswurz = Lathrca squamaria, Orobancho aphvllos; St. Georgsrosen = 
Lonioera s. Caprifoliura Periclymonum ; Georgisch warn in =• Agaricus eainpestris. 

24 — Der 2. Sonntag nach Ostern; Bocksonntag, Hirtensonutag; Rossdiebe und die alten 

Landrichter, „die grössten Sündoubücke“, beichten an diesem Tage ; die „tyran- 
nischen“ alten Landrichter, dio das Volk umgehen lässt, sind Wodaus-Eritinerungen. 
Sonntag Miserore. — Miserero = Ileus. 

Marcus (= der streitbare). (Marx, Margsr.) Nach diesem Marx-Tag hat der April bei Fiscbart 
(Kode de* 16. Jabrh.) den Namen Marx-Monat. Das durch den Handelsverkehr 
mit Italien im 15. Jahrh. eingeführte St. Marci panis (Martzipan, ltol m»ruei>«n 

panis martlna war durch die Kreuzritter von Vcnedla nach Deutlichland gebracht worden). 
Vom Fechter von Sau Marco haben die Klopf- uud Fedoifechtor den Namen St. Markus- 
Brüder (8. 18. Okt.); St. Marx hiess auch ein Spital zu Wien für Franzosen- Kuren. 

28. Vitalis (tu rita = Loben). Aus dem Schädel dieses Heiligen wurde den Kranken zu trinken 
gegeben (Minnetruok). 

HO, Catharina (= die Sitten reine) von Sioona (Kathl, Katlmün.) Jungfer Kathl = Menstruatio, 
Reinigung; schnelle Katbrino und laufende Kathl = Diarrhoe (anlebncnd an Kata- 
rbin = Abfluss) ; Marie-Kathl = dumtno Weibeporeon; Kathl ist das Weib de** 
Kasperls in der Volksposso. Schnee Katherl = Ixmcojum vernum ; Katharinen- 
Rädlein = Nigollaarvonsis; Kathrein-Blümerl == Primnla farinosa, Nigella arvensis; 
Jungfer Kathl t= Galauthus nivalis; Katharinenblumen-Sainen (brennend scharf) s= 
Semen Nigellae. Kathroin-Oel = Oleum petrae album s. rubrum, feuergoboodes 
Oel (s. auch 25. November). 

HO. Walpurgis (« die Berge rill der auf der Wahlitatt Gefallenen). (Waltburg, Walpi, Wnlpel, Burgel), 
abgobildet als eino h. Nonne mit drei Aehren oder einer Spindel in der Hand. 
(1474) der walpurg heiliger tag Pestpatronin mit dom Huude. Wal purgis- Kapellen 
(Wal perle) meist auf Bergkuppen inmitten eines Burgwalles oder Opferstatte mit 



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Das Jahr im oborbayerischen Volksleben etc. 



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Wall. Der gegen Somtnorsprossoo, Hautunreinigkeiten, Griot, Schäbigkeit etc. 
heilsame Walpern (= Wal purgis)- Th au (ros matutious in vere) wird in der 
Walpornnacht früh vor Sonnenaufgang unbeschrieen („still* 4 ) gesammelt, oder 
man wälzt sich nackt darin. Am St. Walpurgistage vor Sonnenaufgang soll 
man Schlüsselblumen brechen und zu Pulver vorreiben als Mittel bei Vieh- 
krankheiten. ln den Frühstunden des Walpurgistagos vor Sonnenaufgang sitzen 
oder stehen die Traden oder Hexen auf Butterkübeln auf Beigeshöhen; sie 
liegen auch als äoccubi oder Incubi iu der Walpurgisnacht an der Seito der 
Eheleute, d. h. erzeugen Wechselbälgo , Teufelsbrut; sie leiten auch auf 
Bückon, Ofengabeln oder kommen als Kröten am Walpurgi&abond zum Vor- 
schein. Walperts-Baum = Maibaum, Walpern- Mai = Lonicera xylosteum und 
Büschel von Escheuzweigen. Walpurgis-Kraut = Botrychium lunaria (Abortiv- 
und Milch -Mittel), Filix, Corydalis bullosa; feuorgebendes Walpurgia-Ool (1270 bereits 
erwähnt) ist an vorschiedeneu Orten ein Wunderöl Oleum petrao; Walpurgis- 
Wurzel (für Gichtkranke, Fusslahme, sog. Thauscblepper, oder Thaust reicher) = 
Radix Aristolochiae cavae; Walpl ist auch wie Kathl = dummo Weibsperson. 

In der trüber deutlichen Franche Comttf haben die Tbauschlepper die gouttc* aaint Valber 
(Golbert, Melusine I, 479); sonst heisst sic ln Frankreich Sie. Vaubourg Gwalbourg. 

30. Quirinus (Kirein, Kirin, Körin, Köry) dor Pestpatron, nach dessen Namen das bei St. Quirin 
am Tegernsee gefasste petroleum praostaotissimum tegurinum (Apian) ein feuer- 
gebendes Ool, Quirins-Ool bezeichnet ist. St Quirin verantwortet die Oel-Schenkel 
(mit Oedem — Delle), ortritt auch in Flüchen als Plagheiliger auf. St Quirins-Buss = 
1. Salzfluss am sog. Oelschenkel; 2. Dermatitis eczematosa; 3. Phlegmone; 
4. Cartos; 5. Cancer cruri8; 6. Oelschenkel. St Quirins-Marter =. 1. Pest; 2. Io 
mal St. Quiriu, Krebs; St Quirins-Rache = 1. St. Antonius-Fcuor; 2. Pest; 
3. Krebs; St Quinns Rauch = St Quirins Rache. Nach St Quirins Busse 
hieS8 Fischart den Monat April: Kirinsbiss, des Kirisz buss; le mal Salut CoCrl* (in 
der ehemals deutschen Franche Com (4) = Gliederanschwellung. St Quirins-Kraut = 
Tussilago Farfara; St. Quirins-Onadeomünzcn = ein Präservativ gegen Krankheiten 
(Ablösung einet Opfergabe). 

Es ist sehr bezeichnend, dass diese 3 Heiligen vor der Haupt-Trudon-Nacht 
(Hexensabath) d. h. vor dem 1. Mai auf einen Tag fallen und alle drei mit dom 
Erdöl (Feuer) einen Zusammenhang haben. Das Tyrsehen-Oel, das die Tyrscheler 
(Steioöl -Träger) aus Secfeld (Ichthyolqtielle) hausierten, galt schon in alten 
Zeiten für heilsam; sein Ruf drang selbst bis in die Franche Comte. Die in 
dieser Nacht eingetragenen Kräuter sind besonders wirksame Hexenkräuter. Die 
Tbüren der Viohställe werden damit und mit dem Truten- Kreuz vorsehen. Der 
Haupthexenplatz in dieser Nacht ist die Scharnitzcr Klause bei Seefeld an dor 
bayerisch-tirolischen Grenze. Die Bilwize fahren aus; Hullfabrt (Oberpfalz). 

V. 

Mai. 

Au» lat. Mäju» Im Zeitalter der Merowinger entlehnt. 

ahd. malo, mein, (1334) mayen, (14S3) may. 

I'flngstrmmat ; Witiue-Monnt (ahd. utinnirnanolb, winetnäuütb, wunnemnnoth) = Wonnemonat, ln welchem 
der Wünnemnnt die Volksfreude über die wiedergekommene Wunne = Malengrün beschützte. 

Drelraclcbcr (angls. trimllcl; Westfalen: Trltnllae, Trlmlnac, Tritnse, Tremse), well man die Kühe dreimal 
melken konnte. 

Maier: = Galium verum, Wald-Maier = Asperula odorata, Galium cruciatum, Borg-Maier: 
Asperula cynanchica. 

Maien Birke : Betula alba (Pfingst-Maien, grüne Festzweige). 

Mai-Kräutchen : Botrychium lunaria (Hexenkraut). 

Mai-Kraut: Aegopodium podagraria, Chelidonium majus, Ranunculus ficaria, Amaranthus Blitum. 

Mai-Nagerl: Viola odorata, Cheirauthus cheiri. 



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Dr. M Höflor. 



Mni-Ruscrl: Convallaria inajalis; Mai-Raum = 1. Maienbachen (Antlassbuehen), die bei Um- 
gangen auf die Folder gestellt worden; 2. Prunus padus (Elson); 3. der gezierte Mai- 
baum vor dem Maiorbauern oder Wirtshaus. 

Maieu-Fostblutno: Gnaphalium dioicum ; Artemisia abrotanum ; Maionblume = Maj&nthcmum, 
Convallaria majalis. 

Maien = 1. Maibaum (Wal|iertsbaum), (Laubbaum, Dirke, Buche); 2, Maiblumenstrauss; 3. die 
schon grüne Birke. 

Maieren = die in der wärmeren Jahreszeit sichtbaren Sommersprossen (Ephelides) oder Mai- 
blümchen im Gesichte. 

Maier n der Bauer beim Maibaum. Hoiz-Maior = dor Tod, der wio ein Holzhauer die 
Menschenleben u mach lägt. Flachs-Maier = ein flachshaarigor Mensch. 

Maien-Kell = Brachfell, Augenfell im Mai (b. Pferden). 

Mai-Koder = Schaf- oder Ziegenhusten im Mai (Luogenwurm), 

Mai-Seuche und Maisucht: = 1. Pohlenlähme; 2. Lungen wurm 

ln den Mai-Nächten sind die Elben (Hexen) besonders thiitig; darum heisst's. „Im Maien 
soll man nicht freien“ ; denn die Kinder der Hexen, dio in der 1. Mainacht mit 
dem Teufel erzeugt werden, werden als Wechselbälge (elbisch- veränderte Kinder' den 
unbodachGamen Muttern in die Wiege gelegt, untergeschoben, ausgo wechselt. 

Mai-Kuren: Maien-Thau auf Weizeoäekern oder im Alchemisten-Kraut (Alchemilla) ist ein 
Schönheitswasser und gibt Mark in dio Knochen = Walpernthau (s. 30. April) auf den 
Maiwiesen; Maienbad aus Kegen wasser und Maienthau gegen Hautkrankheiten, fulleodo 
Sucht, lahme Glieder und kranke Augen; Maien -Milch für die Kranken. Maien-Bier, 
Mai-Brunnon, Maicn-Buttor , Maienschmalz, (= Maien-Aukon) (dies auch gegen Ver- 
brennungen, giftige NVürm und Pest gebraucht); namentlich ist der D-Tag- Butter 
im Mai von Kühen, dio zum ersten Male gekalbt haben (Erstgeburt) in den ersten 
9 Tagen bereitet, gegen Brandwunden besonders heilsam. Maien-Brctzen für die Kranken. 
Maien-Gänse, gefoppte (= Aprilnarren im April); „Maien- Sk urpen (=» Skorpiou) geht im 
Balsam“, ist besonders wirksam ; das Krötengcspeich (schleimiger Froschlaich) im Maien 
ein besonders wirksam nies Vieh-Heilmittel (1541), dio Weiber- Nessel (Latnium album) 
►oll eingetragen werden. Mai-Gang = Sjwixiergang der Schüler im Mai. Mai- Messe = 
aufs Walpcrle (s. 30. April) zioben, walpern gehon. Maümüuiz um dou Maien- oder 
Tanzbaum beim „Maier“; früher auch Maientanz der Schworttänzor aus Braunau in 
München (1783). Die Stockweiblein verrichten in der 1. Mai-Nacht dio Hausarbeiten, 
damit die Mädeln zum Maientanz geben können. Madleu-Badon (Tirol). Mai- Buhle; Mai- 
Braut iMalenlehcn oder Mal-Geding in Ostdeutschland Versteigerung der DorfscbOneu an die 
Meistbietenden). Mai- Grafen -Spiel, Mai-Gerichte, Mai Ritte, Mai Feuer, Hexen- Ausbtenoeo, 
Hexen auspla&cban (peitschen). Maienstätte (Majestät) = Maiengrün, Maierwald, Maien 
wang, Xiaisteige, Mai-Erklopfen (an dio Bäume) (a. darüber d. Vcrf. Baum- und Waldkult 8. H. 
97, 150, 1S3, 165). 

1 — „Der erste Tag Mai“, (1570) in dom ersten mayen. Maibaum -Schlag- und Setzen, 

früher Aufzüge mit Mai-Köuig und Maieo-Konigin an dem Frühlmgsfesto , tu 
dessen Kult sich heidnisch-germanische, christliche und ult klassische Elemente 
mischen. 

1. Philippus (= Pferdefreund}, und Jacobus (Lippl). guter Aderlasstag, Haarechneidotag ira Zeichen 
der Jungfrau. Lippl = ungeschickter, plumper Mensch (Batzen- Lippl), I.ipperl = 
Kasperl, Hannswurst, lippelo = zum Narren haben. Philipps-Nacht — Mai- 
Nacht (Possen mit Diebstählen zum Scherze, oder Ulk). 

I. — Erstor Sonntag im Mai; der 8. Sonntag nach Ostern (Jubilate) „alte Fasenacht. - 

1.— 3. Mai -Feiertage. 

1. — 12. Die „anderen“ Zwölften, im Gegensätze zu den eigentlichen Zwölften im Dezember 

(Schwarmzeit der olbischen Geister) (*. 24. Dezembor). 

2. Athanasius (« der unsterbliche) = Patron gegen Kopfschmerz. 

2. Corona s. 14. Mai. 



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Das Jahr im oborbayerischon Volksleben etc. 93 

3, — Kreuzerfindung. Kreuz woche nach Ostern; 1567 „ermaite“ man sich in dcrselbon 

im grünen Kirchhof-Gras (Kultbodeu) und ass Eier. Anbrenoen der Wetterkerzen. 
Wettersegen gegen Blitzfouer. 

4 . Florian {= Bl übender. Leuchtender) (Flori). Patron der Feuerarbeitor, oft in Gesellschaft 

des h. Urban (s, 25. Mai) auf Häusermauern abgemalt als Schutz gegen Brand. 
Feiertag der mit dein Feuer arbeitenden Schmiede. 

4 Monika (= die Mahnerin) (Moni). Monika-Gürtel; Monika-Oel =■ Oleum hyperioi. 

G. — 1. Freitag im Mai. Aderlasstag. Scherrmluse im Neumond des Mai, die neu aus 

dom Bau kommen, zu Pulver gebrannt, helfen gegen don Kitten (= Fieber). Dem 
Vieh gibt mau gegen Milzbrand oin G'leck (=» Lecksalz mit Kräutern). 

G. Johannes aute portam latiuam Hansel vor dem Thor. Johannes vor der lateinischen Pforte. 

7. — 8. Schwendtage. 

8. — 2. Sonntag im Mai, der 4. Sonntag nach Ostern 

12., 1H., 14. Servatius, Pancratius, Bonifacius, die 3 Patzi, 3 Eismänner, 3 g’strengen Herrn. 

St Servaz ist auch Patron gegen Schweinekraukheiten. St. Pankraz ist in uraltou 
Kapellen öfiers als Kirchenpatroo zu finden. (=s Alles- Beherrscher.) Auf Paukruz 
zog mau früher „gen Almau“. 

13. — Freitag vor Christi Himmelfahrt. Scbauerfreitag. Wotterkerzen anbrennen. 

14. Corona (= Krone) (Karony), dio dio Martyrerkrone (f ca. 140) erhielt. Dio Schatzineisteriu 

des Himmels. Man betet zu ihr um ‘J9000 Dukaten gangbare Münz. Corona- 
Kapellen an Orten mit Bchatz-Sagon. Corona-Büchl zum Beschworen von Schätzeu. 
Auch eine der 3 h. Schwestern Iness Corona. 

15. Sophia ( = die Wetae). St. Sufigentag. Sophienkraut = Sisymbrium Sophia; Sophienbohne = 

Phaseolus vulgaris. 

15. — Sonntag vor Christi Himmolfahrt. Vieh- und Jahrmarkt der Albigonor in der 

Hallertau. 

IG— 18. ln der Auffahl tsworhe soll man während des Mittaglautens (das die Hexen ferne 
hält) das Schwindelkraut oder den gelben Speik (Primula auricula) gegen das 
Hinfallend (Epilepsia) sammeln; Felder-Umgang; 3 Kreuztage in der Bittwoche 
(rahd. kriusvdur. alin. gaitKdiger). Scheib um'» Feldgang, Esch prozession zur 
Sicherung der Fluren vor Uagelschlag (s. auch 19. Mai). 

16 Johannes ( »der von Gott Gegebene) Nepomuk (Muckl), der iu die Fluthcn der Moldau geworfene 
Beichtvater. (Muckl, Hanns.) Hanns A . . . ., weil er auf dom A . . . . schwimmt; 
Patron dor Wasscrleute (Flösser, Schiffer, Müller etc.), sowie für Ehre und guten 
Namen. Wassorfahrt dor Isarflbsser zu Johannes-Statuen, die meist auf Brücken- 
köpfen stohon. 

18. — Non- Abend (mhd, oon-ibent) = der Abend vor dem Nontag (s. 19. Mai). 

19. — Christi Himmelfahrt; immer an einem „Donners“ -Tage; nach dem Volksglauben 

kommt an diesem Tago immer ein Gewitter. Wettersegen. 1696 wurde iu der 
Eichstätter Diözese mit Bet-K ranzen auf ein Christusbild iu der Kirche von einer 
bestimmten Wetterseite her geworfon, um die Gewittor abzuwehreu. Kranzl- 
Juogferntag (Wettor-Krauzl-Trägorinuen) (s. 30. Mai). Goldene Non-Tag (non* idl. 
hör« cantaia, Nachmittags 3 Uhr). Breuueudo Toufets-Figureu wurden in die Luft 
( Wetterd ft mooeo) geworfen; die Fetzon davon werden (wie die Palm- oder Hexen- 
Beson) in die Felder gegen Hagelschlag gesteckt. Zinstag; in manchen Gegenden 
wird Geflügel (Kultopfer) gebraten. Himrnelauffahrts-Blüinerl = Polygala vulgaris 
(Wetterschutz), Banunculus aoonitifolius. Himmelfahrts-Blume = Guaphuliurn 
dioicum, Polygala amara. Gegeu Wundblutuugen werden an diesem Tage Eschen- 
späbne geschnitten. 

19. — Die Himmelauffahitswoche, Gangwoche, die aus heidnischer Zeit auf die christ- 

liche Zeit übernommen wurde, ist noch immer die häufigste Wallfahrtszeit, 
namentlich zu Kultbrunneo. Brunnen feste. Entzündung von Hagel feuern, St. Veits- 
feuero. 



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Dr. M. Höfler. 



20. — Freitag nach Christi Himmelfahrt. Schauer- Freitag, Kreuzritte (Ritte um die 

Fluren in der sog. Kreuzwoche s. 19. Mai); Felder Umgänge, 8t. Leonhards- 
Wallfahrten. (Auch in Frankreich werden am 4. Sonntag nach oatern 8t. Leonhardi- 
Keilqiiien-Kiatchen ausgeitellt). 

22. — Sonntag Exaudi; cs beginnt die heisso Zeit: „die Bremen werden am Pilgrams- 

Berge (Straubing) ausgelassen.“ 

25. Urbanus (= der Sl&dlischo) (Urbl). fr«. 8t. Orban, hilft dort aus Volksetymologie gegen o rbillon« 
und or gelcts ; St. Urbani plaga est ebriotas, St Urbaus Plag, die den Menschen 
besteht odor angeht, ist der Deutschen Plag „nehmlich, dass sich einer voll sauf 
und mache den Sew-Mo(n)“ (Agrlcoia). St. Urbans-Plag ist auch «* Gicht (Podagra 
und der Rangen (= Kankkorn, Milzbrand). Am St. Urbans Tage pflegte man auch 
die Kühe gegen Milchschwund zu feien. 8t. Urban gehört zu den sog. Marter- 
heiligen, da er mit Podagra plagt; er ist Patron der „Schäffler“ und Winzer 
(17. Jahrh.) Urban-Reiten mit ilem possen reissendeo Gams-t'rbl. Gams = eine 
Zille, langer Nachen, Schiff („Schöff“). 

27. — Kreuzritte am Freitag vor Pfingsten. 

28. — Pfiugstabcnd ; dio Hexen werden ausgepeitseht (Pfingstschnalzen). 

29. — Som mer-Kegonfest mit Opforn (namentlich von Geflügel) in heidnischer Zeit. 

Pfingsten ntvrixosrrj (=s fünfxlgster Tag nach OBtern), durch gotbisch-arianiscbe 
Vermittelung eingeführte Bezeichnung. Angls, bwltan-§unn«n-di»cir; engl. Whlt-Bunday; 
nord. hvit« dagar, „weil Pfingsten ein Haupttag für Taufen war und die Neu- 
getauften in der Woche der Taufe vvois.se Kleider zu tragen pflegten; bei uns hat 
der woisso Sonntag (s 17. März) daher seinen Namen“ (Kluge) ; der Tauftag ist 
hierzulaude aber der Johannestag (24. Juni). Alle alten Taufkircben sind Johannes- 
kirchen. 117» phiucintac =-: Pfingsttag. Häufige Wallfahrtou zu Wasser (Chiemsee, 
Iun); Wasser- Vogel ; Pfingstvogel) , ein mit Reisig, Laub und Schilf bekleideter 
Mensch, der ins Wasser geworfen (169G, und dann in feierlicher Prozession (als 
Opfer für die regenspendende Gottheit) um dio Felder getragen wurde unter 
Erbittung guten Wetlors für die Ernte; fruchtbarer Pfmgstthaa. Pfingst-Maieo 
(Betula) wurden gesetzt. Pfingstbcsen (l^bensruthe); Pfingstkränzo (Wetterkrünie); 
PÜDgstrose = l'aeonia offiemalis; Pfingstnelke = Diaothus plumarius; Pfingst 
lilie = Iris psoudo-acorus; Pfingstgranten *= Daphne cneorum; Pfingstveigeri = 
Hesperis natronalis; Pfingstblumen = Flores Spartii, Genista. — Pfingstel-Ritt 
Pferde- Reuneu: „dio Fuhr“ (Benedictbeuern) ; der zweitstärksto Bursche beim 
Pfingstritte war der Pfiugst-Recke oder ITingstlümmel (auch eine Strohmannsfigur. 
Pfingst-Männcl, Pfing-st-Butz, Plingstb&nsel, 1 'fingst Dickel); Umreiten und Boschen- 
stechen. Pfingsthammel. Pfingstkönig (Schützenkönig) ; die Pfingst- Königin lag ganz 
nackt im Bette (Pfingst braut). Die Piingstbuben trugeu dio (Zins-)Gaben zu einem 
Aufzuge (und zum gemeinsamen Kultessen) ein ; die dabei gesungenen Lieder erhielten 
sich an manchen Orten, als das gemeinsame Mahl an der Mahlstatto längst ver- 
schwunden war. l’fingst-Ochse (Kultopfer). Pfiogsttaoz, I'fiugstspiel; Pfingstjackel 
(pballus-Symbol) wurde von den Hammerieuten herumgetragen und gesebutit 
i Jackeischutzen) auf der Pfingst- Wieso, auf der die „pfingstlicho Lustbarkeit“ mit 
Wettläufen oder Wettreunen der Rossbuben statt fand ; Pfingst-Bier; Pfingsttaube«- 
Esseu. I’fingsthühner (Ziusgabe), Pfmgstkilse (Zinsgabe). Die Männer und Hexen 
haben ihren Tag .8. Palmsonntag) =* Hcxeutag. Dio Goldamsel trifft um Pfingsten 
ein = Pfingstvogel. 

30. — l’fingstmontag. Wer am längsten an diesem Morgen schläft (Pfingstechläfer), heisst 

der Pfingstlümmel , weil an diesem Tage Alles schon früh munter und fröhlich 
sein sollte; auch die Zechbrüder uannto man so. Pfingstl-Ritt, Pfingstling-Aufzog. 
Z’saramträgi-Aufzug (s. vorigeu Tag); Uanul und Oretl-8piol. Eschgaog, Esch- 
ritte; Jacklschutzen ; Vogelschiessen (Pfiugstschiessen). Das Vieh wird auf die 
Pfingst weido getrieben. 



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Das Jahr im oberbayerischen Volksleben etc. 



95 



30. Mechthlldis [= die machtvolle Kämpferin), (Mechel, Mclchel, Mathilde, Matze, Motze), ein 

das ganzo Mittelalter hindurch voll gebrauchter (nicht gekürzter) Weibernamen. 
Matze, Metze (gekürzte Koseform) = Müdchen niederen Standes, leichtfertige Geliebte, 
Ilure. Gewitter-Patronin; Mechtbilden-Kr&uze. 

31. — Pfingstdienstag, blinder Jrtag (Erichtag) .Schwele, 1395 an dem hüpschen zistag 

{ = Dienstag] *e phlngsteu. Nachfeiertag. 

VI. 

Juni. 

(ahd.) brächodo, brach-, brac-, präch-manoth ; mhd. bracbmänet, (1334) prahmonad, (1370) brachmanot, 
(1483) brachst = aratlo prima, die erste t'mbrechnng des Hodens. Hrachmonat. (1477) der ander Mai; 
(IC. Juhrh ) Mähder-Monat, ,.da wüthet die Sense im Heu“; rängst- Monat ; Kirsch-Mond; Rosenmonat; 
diese Namen sind alle nicht rolksübllcb ; ,.im Auswärts" hört man dagegen häufig. In den Monaten 
Juni — August rechnet das Volk in Oberbayern meist: x Tage nach diesem oder vor Jenem feste des 

betr. Monat». 

]. — Mittwoch nach Pfingsten; hoher Mittwoch, Quatomber-G'sundbäder. 

2. Erasmus (= der liebenswürdige), (Rasimus, Ras)}, (ltal. 8t. Rrmo; St. Klmo). St. Elmsfeuor 

(= Friedefeuer, □elenenfeuer). St Erasmus gehört zu don 14 Xothhelfern und 
ist Patron gegen Hals- und Unterleibs-Schmerzen. 

3. — Freitag vor Dreifaltigkeit; laufender Freitag, vermutlich früher Rossrennen (Um- 

ritte). Lichter- Opferung. 

5. — Droifaltigkoits-Sonntag. Reunsonntag, (1373) rlnnesontag; Rosslauf (bei Kischart) ; Mai- 

tanz; dem Volksglauben nach ein hüufigor und bedeutungsvoller Wettertag. Im 
Namen der hl. Dreifaltigkeit, „der 3 höchsten Namen“ (3 salige Fräulein?) be- 
ginnen viele Krankbeits-Bannformeln. Dreifaltigkeits Tbee und -Blümorl = Bollis 
perenuis (gegen Fraisen); Dreifaltigkeits-Wurz == Viola tricolor, Archangelica offic., 
Dreifaltigkeits Klee = Gnaphalium. Salz- Weihe (Ffalx). 

6. — Stolzer Mondtag. Moudtag nach Pfiugsteo. 

H. — 7 Tago vor St. Veit ist im Zeichen dos Skorpions der Erdspiegel zu machen. 

8. Medardus. Regen- und Wetterpatron, dessen ßildniss auf manchem Bauernhaus zu finden 

ist, der aber soviel wie nie zum Namenspatron genommen wird. Alinstoige müssen 
bis nun verbessert sein. 

9. — Frohnleichuamsfest. (vrönlichnara ; Irö = Herr; lihhlnhamo = Flclschbülle , Körper; 

aus der Sprache der Dichter in die gewöhnliche Diction übernommen; grosser AlstJass; 
heiliger Bluttag; Kröol- oder Kranzl-Tag (Prangerkrönlein); Antlass-Kosen =■ 
Paconia officinalis; Aut lass- Birken, = Betula s*p. ; Antiass- Kran zl (Prangerinen - 
Krauzl, Mcchthildoukränzl s. 30. Mai). Antlass- Kreuze; Antiass- Ritte. Wetter- 
Segen, Prozession zwischen Maien und auf Gras. Die letzte Frau in der Prozession 
hat dabei immer einen brauuen Schurz. Kranzlkraut == Sedum acre (Wetterschutz) ; 
die blaue Kornblume an diesem Tage gepflückt, stillt das Nasenbluten, wenn man 
deren Wurzeln vor Sonnenaufgang mit der Hand erfasst. Desgleichen soll man 
in der gleichen Zeit mit einem Donner-Holzsplitter (Blitzschlag) das Nagelkraut 
(Cbelidonium majus) gegen deu Augennagel (— Keratitis chron.) graben, welches 
das Angesicht vorändert und etwas verschwinden macht. 

10. — Vieh-Freitag. Vieh-Segen. 

12. — Frohuleiobnams-Sonntag ; Antlass- Sonntag ; „Schöner Umgang“ ; Drachenstich 

(Furth i/W.). 

13. — 2. Montag nach Pfingsten, „guter Mondtag“. 

13. Antonius von Padua (= der Bevorzugte), (Antoni, Toni, Toni). Töningtag. „Antoni, Lemoni, 
Pomeranzen, bum-bum!“ Spottvors auf die oltentalionische Heimath des Heiligen 
mit dem Kinde. Patron für Liobhaber und Eheleute, sowie bei Verlusten. Antoni- 
Brunnen, wo dio Mädchen sich einen Rräutig&m erbitten. Antoni-Schwein (Rennsau). 
Antonius mit der Sauglocke (s. 12. Juli und 17. Januar). Antoni-Glöckerl; Antoni- 



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96 



Pr. M. Höfler. 



Kreuz (3armig); Antoui- Wasser = Wasser mit Reliquien des Heiligen berührt, 
gegen St. Antoni-Feuer. Zur Pflege derjenigen, welche am heiligen Feuer {KrgotUmt», 
Brotwnichc etc.) erkrankt waren, wurde 109.=. zu Siidtrankreich ein Ordo St. Antonii, die 
Antouiter, gestiftet, welche ein T ala Ordenaxetchen hatten ; dieselben besa&aen am Kode 
de« 18. Jabrh. ein Qehelmmlttel gegen da« hl. Feuer, das schon Im 12. Jahrh. Ignls 
8t. Antonii hieas => 8t. Antonius-Feuer. St. A ntoni-Krankheit , St. Antonius-Flag, 
St. Antonius- Rach (Hauch), St. Antoni-Pein, St. Antoni- Brunst. „Keine Arzoey von 
Eisenwerk mag solchen Schaden heilen.“ St Tönings Feuer, St Thöogis-Feuer, 
St Anthonis-Fewr = Morbus St. Antonii. Herpes esthiomenus, Zoster, Cancer 
ulcer., tiangraena, Milzbrand etc. St. Antoni- Kraut = Herba divi Antonii, 
Nigritella cdficinalis (= Braun eile. gtandclwurx, Buhenkraut, Satyrion}, Epilobium 
aiigustifolicum ( m Kberkraut, Feuerkrant), Scrophularia aquatica (in aus acrota = Schwein! , 
8t. Antoni-Blüh Philadetphus eoronarius; St. Anton-Rüblein = Ranunculus 
bulbosus (= Drüsen wurr) ; St Antonius-Theo = Herba Betonicae, Stachys botonica 
(= Andorn); Antoni Salbe Ungt veratrt albi; weisser, schwarzer Anton (== Au- 
dorn). Vergl. auch 24. Juni und 12 Juli. 

15. Vitus (Veit, Veitl, Veitlein), der 12j8hrige Knabe, der grosse Exorzist, der in Ool gesntteo 
wurde, darum mit einer Oclbüchso i Hafen) abgebildet ist; im Volkamunde daher 
der Apotheker genannt, auch Apothekerkneeht (s. 7 Januar); wegen des Häferls 
auch Patron der Bettnässer; er trügt auch den Haushahn, den Hauspropheten als 
Abzeichen, d. h. den Verkünder des anbrochendcn Morgenlichtes, das die nächt- 
lichen Dämonen und den Elbentrug vertreibt ; in der St Veibsnacht ist Freiheit 
für alle Zauberei und Gegenzaubei ei, besonders für den clbt&chen Korndämoo 
(= Btlwizschneider) ; St. Veitstag fällt wie das Jobuunesfest mit der Sooncnweod- 
feier (*= Licht- oder Feuerkult) (». 24. Juni) zusammen; daher (1G95) St. Veits- 
Feuer = Hagelfeuer, Sonuenfeuer, Sonnenwendfeuer, Igots sacer St Viri; darum 
auch St. Veitstanz — Chorea St. Vit» vom ehemaligen heidnischen Kulttanze, der 
in der Zeit der Sounenwendo die elbischen Trug- oder Kraukheitsdiimonen ver- 
treiben sollte. Schwarze (dämonenvertreibeude) Hühner oder (stellvertretende) 
schwarze 8t. Veits- Pfennige wurden gegeo das Kinder- Vergicht (Eclampsia infantium) 
oder eiserne Kröten gegen den St. Veitstanz geopfert ; der wilde Alperer (Elementar- 
Pänion) geht um; auf dun Veitensteinen hausen Zwerglein (Dämonen); ebenso bt 
der Katzen-Veit ein Kiodersch recken (Davor uocturnus) bringender Haas- und 
Waldgeist (Fichtelgebirge) in Gestalt eiuer Katze; Lugen-Veit = Windbeutel; 
Sankt Fiecht (*= Vitus) (1529) verantwortet die Franzoseu. St. Veits-Wurm = 



Geis wurm, Status gastricus. St. Veits- Ar beit = St. Veitstanz ; Geburtshelferkröten 
werden eingetragen, Holzeintrageu zum Sonnenwendfeuer. Pferdem&rkte früher); 
St. Veits-Buchen (Buchenholz-Feuer) ; St. Veits-Blume =* Prunella vulgaris, (Veitele, 
Veitleinskraut, St. Antonskraut, Bubeokraut, Satyrion); St. Veitssalbe •« Lagt 
hydrargyri praeeip. albi (gegen Katzen-Veit); St. Veiteoskraut = Paeonia < fficinali-% 
(Gicbtrose, Vergicht = Eclampsia) ; St. Veits-Bohne = Phaseolus vulgaris ; HL Veits- 
Nägele = Dianthus caesius (Hiogstnägelo). St. Vit — bringt Fliegen m t. 
lt>. — Kieme Antiass; alte Herrgottstag. Flurritte. 

17. — Schwendtage. 

20. — Zweiter Montag nach Frohnlciehrmm. Bruderschaft* -Montag (luuungs-Taj ). 

21. AlbanuB, Patron für Ungewitter, Kopf- uud II ulssch merzen, I^eibschadeu, Harn ui d Gries, 

Epilepsie. 

22. — 7 Tage nach St. Veit im Zeichen des Skorpions Erdspiegel machen (». d. Vor* 

Volks Medlcln 166). 

23. — In der Nacht vor Johannes d. T. sind die brüchigen Kinder durch die Sps Iten voe 

Eichenbäumen zur Wiedergeburt durchzuzieheu (s. un vieuz rite medical p. u. Gs Joi , 
Aderlasstag; die Heilpflanzen, Schwindwutz, Nagelkraut z. B., sind an dies m Sonn- 
wend- (Sunwend-, Sumet-, Simot-) Abende Nachts einzutragen; die Liliec vurz für 
das Lilienöl ist ebenfalls zu stechen ; namentlich die Lindenblüh zu satr nein für 



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Dm Jahr im oberbayerischen Volksleben etc. 



97 



die im Mutterleibe „angowachsonen“ Kinder per signaturam rerum (die Frucht- 
körnlein sind auch an das Lindenblühblatt angewachsen). Durch Lindenspalten 
durchziehen war früher eino geburtshilfliche Methode bei „angowacbsenen“ Kindern. 
Die Wald f rauen haben in dieser Nacht die grösste Gewalt über den Menschen. 
Kohlen (vom Kultfeuor) werden zu Gold (= fruchtbare Bodon wärme). Die Wünschel- 
rute {». d. Verl. Baum- und Waldkult 147) wird geschnitten. Tanztag; Johannes-Feuer, 
Sonnwendfeuer auf Zimmets- oder Sümmetsbergen (reu sunnewenden , ninnbend, 
Blnnbent, soebeml); Sunnwendfuss = Beifuss (Artemisia, bivuoz) = (falach verstanden) 
siebenter Kuss (s. nachfolg. Tag). 

24. Johannes d. T. (- Gottgegeben) (Hans, Hansl, Baptist). Patron der Kürschner und Schneider, 
weil er sich sein Kleid aus Fell machte; früher ein sehr häufiger, noch heute be- 
liebter Bauern- und Dienstbotennamo , so dass bei Pestepidomion 1t llannsen in 
ein Grab zu liogen kommen konnten. Foior des Geburtstages Johannis Baptistä ; 
Uannsdampf (wegen der hoissen Nudeln und Johannes- oder Hollerkücheln); Hanns- 
narr, Hanoskas|>erl (wegen der Ausgelassenheit an diesem Tage); s. auch 16. Mai 
und 27. Dezember. Sommer-Johanni (im Gegensatz zum Winter Johanuos) ; rauher 
Johannes; Methhannsl. Banns in vielen Zusammensetzungen iu dor Landsknocht- 
unU Soldatensprache: Federhanns = Schweizerknabc, Landsknecht mit der Karott- 
Fedor, auch Teufel; Fabel-, Fuchtel-, Fasel-, Fackel-Hanns = ein überspannter 
Mensch. Maul-, Prahl, Poch-Hauns; Schmal- Hans ; Jung-Hanns; Faul-Hanns ; 
Junker Hanns; Grauhanns und Grünhanus = Teufel ; Meistor-Hanns => Henker ; 
gewaltiger oder grosser Hanns = Offizier, Bitter, Grossthuer; das heisst Hanns =* 
ist eine wirkliche Thal; Plapper-Hanns = GroBshanns, Prahler, Sprecher; kleiner 
Hanns = gemeiner Soldat; Bart- Han ns = ein stark Bobarteter; Hanns ohne Bart; 
Gaukel -Jianns =• Betrüger; Kneip -Hanns = Markotender; Marter- Hanns = Maro- 
deur; Rob-Hännslein = Weintrinker; Scher- Hanns = einer, der sieh davon schert; 
Scbramm-IIauns =a mit Hautschrammen besetzter Haudegen; Spiel- Hänsl = Spiel - 
ratte; Wald-Hannset = Waldbauer mit Ileilwurzeln etc.; llannsAff = MaulafFo; 
1 lanns- Sepp = Tölpel; Ilorn - Hanns = Hahnrei , betrogener Ehemann; Hanns- 
Knöchler = Tod: Hanns-Mist = Bauer: Wurst-Harms = ein dicker Fresser; Hans =» 
Teufel, Tod, Henker; Hauus-Mors = Tod. „Dor Umstand, dass der Tag Johannes 
des Täufers an die Stello dos heidnischen Festes der Sonuner-Sonnen-Wende 
{Somme r-Weihnachten) getreten ist und dass der Namo des Heiligen heidnische 
Gebräuche decken muss, hat den Namen Johann (Hanns) mit einem unheimlichen 
N’cbcnsinn umgeben“. St. Johannes mit dem goldenen Muüde (chrysostomo*), weil 
die (Opfer*) Morgenstunde Gold im Munde hat, wie Iring der Allvater der Ger- 
manen goldene Zähoo hat. St. Johaunes- Busse = Gangroena, Caries ossis, offene, 
fliossende Schäden (Eczema cruris); St. Johannes-Trug = Sr. Johannes- Krankheit, 
Epilopsia, Besessenheit, Geisteskrankheit, durch olbischen Zaubertrug veranlasst; 
St. Johanuos- Fouer = Rothlauf (Erysipelas) ; Kt. Johannes- Krankheit = Epilepsia, 
Morbus solstitialis, St. Veitstanz; St. Johaunes- Rauch (Rache) — St. Johannesbusso ; 
St. Johannes- Sucht = St. Johanneskrankbeit; St. Johannes - Tanz = St. Voiistanz, 
Epilepsie, Hystero-Epilepde; St. Johannes Uobc! = Epilepsio, Veitstanz, Hystero- 
Epilepsiu. Hupfer- Uannsl oder Hüpfauf = das Brustbein vom Gänseknochen, aus dom 
die Kinder ein selbst aufhüpfendes Spiel work machen ( Wahrsagebein beim Otinseopfor- 
braton, s. 11. Nov.). Johannes- Wasser vom Weihhrunnen oder Jobannesbrunnon 
ein Augenheilmittel. Johannas-Bad au Quollen oder Flüssen des Morgens oder in 
den Stundon der Johannosnacht genommen, namentlich mit verschiedenen Bader- 
salbeu gegen Hautkrankheiten (z. B. Hanns komm her, Hanns geh weg = Ungt. 
griseum contra scabiom). Johannos-Köpfo an Ketten sind uicbt selten in der 
N’äho von Flüssen in Kapeilen-Xischon uotergebracht ; ins Wasser goworfen, zeigt 
der Stillstand dos hurahgeschwomrnencn hölzernen Kopfes die Stätte eines im 
Flusse Ertrunkenen an (hölzerne Stellvertretung des germanischen Flussopfers). 
Johannes- Kirchen (fast immer Taufkirchen) stehen nicht selten an der Stelle heid- 
Beltrftgo xtir Anthropologie. Bd. X1J1. 3. Heft. 7 



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Dr. M. Höllor. 



nixchon Kultus. 8t Johann os Wein (der den Gertrudoo-Minno-Trunk in Deutsch 
land verdrängte) an gehlieh, weil St Johannes schadlos vergifteten Wein getrunken 
haben soll. Johannos-Freitaoz in den Meth-Hausern (Methhannsel) ; Krauzltanr, 
runde Johannes Küchel, sog. Lus Küeliel (Ijis^Scbwein, Erinnerung an das Schweifte- 
Opfer bei der Sonnen wendfoier); St. Johannes- Kraut » Sempervivum tectoram 
(gegen Hlitzgofahr) , Sedum telephium, Gentiana cruciata, Hypericum perforatom 
(Hartheu), Linaria alpina, Arniea montan«, Molaiouca hyperieifolia, Antbemi* 
tinetoria, lUi| hthatmnm speciosum, Leucanthemunt vulgare, Salvia adarea (Wettar- 
krant), Bellia porounis, Orchis (=: Fotzzwang 1639), Corydalis eava ( Farronaameo- 
kraut, 1695 von lüdorlicheu Burschen in der Johannesnacht als A phrodisiaram 
geholt). Johannes-Gürtel =>* Artemisia vulgaris, nitida, abrotanuin (= Sonnenwende 
fuft-s oder Beifuss, woil am Frauenschenkel getragen), Lycopodium clavatom. 
Johannes- Wurz *= Allium Victoiialis, Aronicum glaciale, Anmcyclus Pyrethrin«, 
Aspidium FilÜC Inas Johannes- Beeren = Haccae s, fructus Kibis rubri, alpini, nign; 
Johannes- Brot = die Frucht der Makrube, Ceratonia siliqua dulcis (Himraetsbrot; 
doreu Saft soll der wilde Honig gewesen sein, dor dem h. Johannes in der Wüste 
zur 8poiso gedient); Johannes- Wedel = Spiraea ulmaria , fUipendula; Johannes- 
llandl = Filix ; Johannes - Haupt = A rum inaculatum; Johannes- Muttertropfen m 
Tiuctura Yaleriauae; Johannes-Saft = Syrupus Kobium, rhoeados; Johannes- Feste 
lenzwurz (Johannes Fatscherle, Johannes-Hand) *= Khizoma filicis ; Johannes-Träab- 
lein = Uva ursina (ee Solanum nigruni, Nachtschaden) ; Johannes-Ohr = Exidiuiu 
auricutar. sambuci; Johannes- Kerze «»Verbascum ; Johannes- Apfel = Malus para- 
disiaoa ; Johannes-Blut (= Elfen-Blut) = Johannesöl, der rothe Saft aus Hypericum 
perforatum, mittels kochenden Oels ausgezogen ; wenu man Johanneskraut (auch * 
Scleranthus perennis) in dor Johanuesnacht pflückt , so quillt ein Tropfen Blut 
heraus, der ein gutes Zaubermittel (gegen elbischen Betrug) ist = die rotho pol- 
nische Cochenille; schwarzes Jobanues-Oel=01eum pbilosophorum; Hannslam Weg= 
Polygouum avieuiare; schöner Hanns = Dianthus bar bat us; fliegender Hans = 
Hbinauthus crista galii; klingender Haus = Hbinanthus raajor (Alectorolophus 
orista galii) (klappcrndo Samoukapsel) ; Johann es- Papel a= Malva sylvestris; Johannes- 
Holz =s Populus alba (= heiliges oder Gotzeubolz, weil Heilige daraus geschnitzt 
worden). Pie Schlüsselblume, die am St Johannestage (noch) wächst (auf Bergen), 
gibt die Schlüssel zum verborgenen Goldschatz (Metallader V) ab, Johaiines-Käferl =* 
Cocciouella septem punctata; Johunues - Kühlein, Johannes - Würmlein = Limits; 
Johannes-Stein = Stein kreuz als Amulett gegen das Hinfallendc. Kreuzwurz (Modd- 
geer) soll gegraben werden {«. d. Verl. Volks - Medizin s. 121). Mi tt - Sommerfest, 
das heidnisch -germanische Sommer-Weihnachten, ehemals von 14 tägiger Hauer, 
so dass auch St Veit und St. Anton (13. und 14. Juni! Theile dieses Volksfestes 
übernommen haben können. Sommer-Sonnenwende. Stillstand und Niedereteigen 
des Sonnenrades (im Gegensätze zum 25. Ikv.embor) vom höchsten Stande. Zeit 
dos Schwarms der elbischen Geister in der Sonnenwend- Nacht (s. 23. Juni); auch 
sieht man die 3 Fräulein und don auf dom Bocke reitenden Bilwizschneider io 
der Früh vor dem Ave-Maria- läuten. »Sjunonwend-IJoder. Keuersprung durch* 
Sonnenweudfeuer (mit Nothfeuer früher entzündet) vertreibt Kreuzweh und lasst 
don Flachs gerathen; Scbeibent reiben (Souneorad); Feuer jucke© ; Jackelscbutieo; 
•Suonwendfuas (fälschlich: siebenter Fuw = fteltu«, Artemisia) vertreibt am (Jütte! 
(„Gürtler“) oder am Schenkel (der Frau) getragen, die durch e! bischen Betrug oder 
Zauber entstandenen Krankheiten. Sonueriwond-Gürtol (Aitotnisia vulgaris, atirota- 
uum, Tauacetum halsamita — Schmecker) wurden früher zum Füllen des wohl- 
riechenden Frauengürtols verwendet und bislaug ins Sonneuwendfeuer geworfen 
llatin.sl ä weiblicher Unterrock (sehr kurz, beim Kultreigoo ehemals getragen). tt* 
„Madeln“ werden zum Staunzen -Wem oder Bremsen- Woiu geführt (Stauoz «sdor 
erklärte Liebhaber dos Mädchens); 7 — Öorloi X udol - Speisen ; Krapfen- Zwölf« 
(= Kultgebäck- Ablösung); Butter- Roichniss (=*= Hirtonopfer). 



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Das Jahr im oborbayorischon Volksloben otc. 



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28. Eberhard f* stark wie ein Eber) Vieh patron, dessen Grabes-Erde, „Heilerde“, gegen Vieh- 
seuchen schützt (= Kultboden), (a. 28. Sept.) 

26. Johannes und Paulus. „ Aller- Wetterherren-Tag“ (mhd.) wßrterhörro; Hagelfouer. 

27. — Siebenschläfer- Tag, nllnord. JuIaOasbr (*. 2 -'>. Dezb); 802 dies 7 trat rutn menge Julio ; 

7 Dormanta d'Ephßse, 7 Salnts, 7 Frßres («. Mßlusinc I 202.) die 7 Brüder, welche 176 
Jahre in einer Höhle schliofen unter Decius. Paulus Warnefried in den Gesta 
Langobardorum I 4 vorsetzt sie in eine epelunca oceani in ultimis partibus septen- 
trionis inter Srintefingos; sie sollen die 7 Söhne eines nordischen Unterwoltgottes 
sein. Eiskraut eintragen gegen Kopfweh und Schlafsucht, Flusskrebse ointragen 
gegen Hundswuth; Siebenschläfer = Myoxus (eine Eichhörnchen-Art); Sieben- 
schläfer = Oenotbera biennis, die ihre Blüthon selbst bei Tage nicht Öffnet 
(sieben « immer), sondern nur Abends. 

28. PetruB (Peter) = dor bärtige Apostel, kahlköpfige Zwölfbote, der Thorhüter an der Himmels- 

pforte für dio Abgestorbenen, die dort um Einlass bitten; ihm schreibt das Volk 
auch das rollende Kogeln im Himmel zu (= Donnern); Wolfspatron ; Brand- 
patron; sein Festtag hat vielfache Beziehung mit dem vorangogaugenen Sonnen - 
wendfest (s. Johannestag), das früher 14 Tage dauerte. St. Peters-Brunnen; St. 
Peters-Wasser (mit Reliquien berührt) gegen Fiobor ; Peters-Feuer. St Petor 
steht in Hrandsegen unterm Eichenbusch. Zur Peterlos Wurz = Kultboden im 
Eichenwald (Loh) = I’egräbnissplatz untor Eichen; Peters-Bergo ; St. Peters-Schlüssel 
zum Bronnen der Wunden von tollen Hunden (= Lyssa). St. Peters-Stein — 
Kreuzstein (Amulett) für das Hinfallende. Schweinefleisch- Essen. Pe(i)terle- 
Fleisch — Rindfleisch mit Petersilie; 8t. Peters- Wein; Zinstag; Schwarz Petor » 
Peterlspiel (Spielteufel); Höllen-, Uolle-l’eter *= Teufel ; Hunds-, Kröten-, Mauor- 
Pcterleio = Conium maculatum (giftiger Schierling); Ross-Peterl ~ Levisticum 
offin.; Kuh-Peterlein = Anthriecus silvestris; Kuhpeter ist aber auch in Tirol == 
Colostrum placentae (Kuhpriestor, Biestmilch, Ehret, Angebot oder Tributgabe an 
den Priester), (dieses Petcrl hat wohl Kezng auf: böten, bieten). Toll-Pcterl = Conium 
maculatum (Tollkraut); St. Petors-Schlüssel = Primula offlcinalis, voris, Botty- 
chium Lunaria; Peterskraut =■ Gentiana cruciata (= Modelgeer, s. d. Verf. Volks- 
Medidn s. 22 ), Hypericum quadrangulare, Primula veris, Matricaria s. Pyrcthrum, 
Gentiana pnoumouauthe, Parietaria erecta, Succisa pratensis; Steio-Pcterling, Peter- 
lein = Petersilie; Peters-Stab =s Solidago virga auroa, Senecio vulgaris. Viele 
gefiederte und haarige Blumen und lllumonsamen tragen St Peters Namen, z. H. 
Geum reptaus, montan uro, Anomoue vernalis, alpina, Primula sp. Die weinen Lar- 
ven von Kho-Jites rosae L. wohnen in den zottigon , haarigen Auswüchsen der 
R< sa canina; letztere heissen Petersbart, vulgo Schlaf- Kieuzel (= Bart), Schlaf, 
Schlafputzen; sie werden unters Kopfkissen als Schlafmittel (Schlafdorn) gelegt; 
auch sind sie ein Storilitäts- hezw. Abortivmittel. Der eigentliche St. Peters- 
Stamm (= Stab) = Primula hirsuta s. villo&a; Sau- Peterstamm (Saupeterl) = 
Silcne pumilio, Primula minima; St. Petersblume = Melampyrum arvonse; 
St. Poters-Kappe =» Aconitum napellus; St. Peters-Strauch = Sytnpboricarpus orbi- 
culata; Foters-Korn = Briza media. Loliuni temulontum, Triticum monococcum, 
apeltha; Peters- Beere — Symphoricarpua racemosa; Poters-Gerste — Uordeum 
Zcocriton sativum; Kisenpeter = Carex arenaria ; Potorles-Sainen = Semen Paeoniae. 
Peter- Oel = Oleum hyperici petrae, Petor- ( Bitter- jSalz = Magnesia sulf urica 
Peter als häufiger Bauern-Name (wie Hanns) in Zusammonsetzungen : Bläss- 
Peter = Glatzkopf, Kahlkopf; Krüh- Peter = Frühauf, Frühling = Frühkind; 
Hatsche- Peter ein hatschend gehoodor, unbehilflichor Mensch: Dreh- Petor = 
schwindelig gehender Mensch; T Aigen-Peter = Lügoubcutol ; Katzen- Peter s=s 
Ziegenpeter; holzernor Peter = roher, fauler Mensch, Struwel- Peter = Strobel- 
kopf; Ziegenpeter — Bauern Tölpel (Mumps, Parotitis epidem.) und Pfordefeifel ; 
dämme Peter (Fastnacbtsvorkleidung) ; Blut- Peterlein = Conium maculatum 
(Illutschierling); Katzen , Kröten- Peterlein r= Aethusa cynapium ; Stein-Peter = 

7 * 



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Dr. M Holler 



Pitupinclla Saxifraga. Peter-Kopf = schnurrender, kopffonnigor Kreisel, eigen- 
sinniger Mensch; Peter- Läufer = Stunnschwalbo ; Potor- Vogel = desgl.; Petor- 
Männchen = Hannsl , d. h. kurzer l’nterroek der Frauen, früheres Tanx- 
Kleidehcn; Petor-Flock = Zeugfleck am Unterrocke. Hannsl — Teufel ind 
Penis, Kleinling, r, Speitoufel, Hauskobold. Peters-Fisch = Häringskönig, weil der 
Sage nach St. Peter den Zinsgrosc.hen aus dom Maule dieses Fisches entnahm. 
S. auch 29. Juni, ln der Nacht zwischen */« 2 und 2 Uhr vor Potor und Paul 
soll die blaue Hundslauf, blaue Wegleuchte (Cichorium Intybua) mit einem Donner 
Holzsplitter innerhalb einer Viertelstunde gegraben werden. Während dieser Zeit 
besitzen zwei Engel die Macht über die Pflanze, die übrige Zeit des Jahivs hat 
sie der Hose io Gewalt. 

29. St. Peter u. Paul, Paulus (= der Geringe). (St. Pauls Gedächtnisstag; St. Paul* gebueunte! 

St. Peter und Pauls Todestag, ein uralter Ding- und Wetter- Loos-Tag, an dem 
Flüsso ihre Opfer fordern. St Paulus-Erdo (Heilerde? Kultortbodon ?) „ein 
Mittel, dass jedem Gifte widorsteht“ (Tabernaemontanus}; St Pauls- Wurzel = 
Rhizoma Imperatoriao (== Peucedanum ostrotbium), Meistorwurz. St Pauls- Wurzel 
= Primula veris, olatior. An diesem Tage ist vor Sonnenaufgang Eschenholz von 
uutenauf nackt zu schneiden und der Krassen (= Ahscbabsel des gtünen Rinden- 
teils) auf blutende Wunden zu legen. Petor und Paul : di© zwei Heiligenfiguren 
oder zwei sogenannten Kölner-Glocken angeglichenen zwei Hängebrüste bochbusiger 
korpulenter Weiber, denen man an diesem Tage gratuliert. Tonsura Pauli = die 
ehrenvollere Stirnglatze (vom Denken veranlasst', Tonsura Petri — die vom 
Hinterhaupte aus beginnende, vom lustigen Leben abgeleitete Glatze. 

VII. 

Juli. 

1394) der erste auste = der dem (eigentlichen 2.) August vorangehende Monat im Gegensatz zum anderen 
2. August. 

fahd ) hovmanodo, hawi bewf-m&noth, houue manoth; (1154) houmanot; (1370) hoemonol. haetimon; 
(14S3) hewttt, howmonet, au gein.-germ. hauja - hauen — das zu hauende Heu — Heumonat; 
(IS. Jahrh ) der rosen manet = Kosen -Monat 

(alid.) dul eme. In deroaran = in der Ernte ; in dciu suit, hawersnit =- im Haber-Scbnilte. 

(16. Jahrh.) Imndcmaen » Hundsmonat (mit den sog. Huudfttngen, s. 23. Juli). Wttrrae-Monal. Diebohl-Monst 
(a. 1. Juli); Jakob-Monat (a. 25. Juli). 

1. Theobald ( = Volk«gcwaliiger) ; (DictboM, Dippolt) ; nach diesem Tuge benannte Fischart (Kode 

de* 16. Jahrh.) den ganzen Monat Juli Dieholdsmonat. 

2. — iKir Tag unserer Krauen, da sio übers Gobirg gegangen ist. Mariä Heimsuchung. 

Haselzweige und Koscnkiänzo werden ans Fenster oder in den Kamin gehängt 
gogen Uuwotter. Zinstag. .St Johannes Achter (Oktave). 

4. Ulrich ( =-- Beherrscher de* Erbgutes), (Uol, Irl, Irch, Utz), Bischof von Augsburg; St Ulrich« 
Todestag; „ln der Gunst und unter dem Segen dieses Heiligen standen die Theil 
nehtner an rriukgelagcn; aber sein Namen spielt onomatopoetisch in den üblen Klang 
des Erbrechens hinein“; Ulrichen = St. Ulrich anrufen, nach übermässigem Trinken 
sich übergeben. Schutzpatron gegen Pest, Haus- und Feldplage, Cholera, Ratton, 
auch Epilepsie und Veitstanz. Ulrichs- (Irch-, Uorch-) Brunnen versiegen nach 
dem Volksglauben selbst in den heisscstcn Sommern nicht U Irichsiickor, Ulricbs- 
foldor sind bevorzugte (von ächormänsen verschonte) Felder. Zu St. Ulrichs Grab 
in Augsburg gingen die Kranken mit einem Uaseluussstock (Lebensruthe?); mit 
St Ulrichs Schlüssel wurden die Bisswunden toller Hunde gebrannt. Wer aus 
dem von St. Ulrich in der Messe im Schlosse Firtnian (Tirol) gebrauchten Silbor- 
keloho „trank“, wurde von schwerer Beängstigung frei. Ulrichs Pflaster (ein 
Badermittel) = Emplastrum corussan. St Ulrichs-Minne; „St. Ulrichs-Segen gibt 
Regen“. Utzen = hänseln (s. Johannes); Loostag; Kapellen-Omritte gogen Mäuse- 



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Das Jahr im oberbayorixclion Volksleben etc. 



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frass, Erntesebadeo, dämonenhaftes Ungeziefer, Wassermangel etc. Milchopfer Tür 
dio Gesundheit der Kindor. St. Ulrichs-Pestkreuz. St. Ulrich ist auch Schutz- 
patron für Reisende. St. Ulrichserde (= Kirchhoferdo von St. Ulticbs-Kircbcn) 
gegen Ungeziefer. St. Ulrichs Fisch (cbristl. Symbol?). St. Ulrich macht den 
Schluss dos Mittsommers oder der vierzohntägigen Son normend- Feier (s. St. Jo- 
hannes); vielleicht ist er auch der Erbo einer altgormauiscbcn Sommergottheit. 

4., 11., 18., 25-, dio sog. „Leonhardstäge“, d. h. dio Sonntage im Juli, an welchen St. Loon- 
hard (s. 6. Nov.) durch Umritte an den Loonhards-Kapeilen Orten gefeiert wurde; 
(1373) Rinne-Sonntage (Hof-Rennen), wobei die ,, Rennsau“ oftmals der Gcwiun war. 

5. Wendelin (= der kleine Wende) ; (Wendel), der Wolfs- und Vieh-Patron, Baueruln iliger, 
dessen Bildniss vielfach auf Wetterfabnleiu oder in der Nahe von Vieh -Stall ungun 
angoinalt zu finden ist. Wendel = Cichorium Intybus; Weudelbeorstrauch =. 
Ribes uigrum. 

7. Willibald (= der wuienskühno); (Willibold, Boldl); WillibaM-Hrunuon ; Pferde- Rennen ; 
Pferdfr Würste. (Ilirtou-Opforfest.) 

H. Kilian „mit seinen Gesellen“; (Killi): Würzburgor Piözesan- Heiliger. Kiliansberge. Meister 
Kilian = Scharfrichter. Patron für Flüsse (Rheuma) und Gicht; Kilians- Wassor 
und -Brunnen heilsam für dio Augen. Durch Höhlungen in St. Kilians-Grab kroch 
man zur Heilung der Lumbago (Kreuzweh) durch, zur Abstreifung der Iiämouen 
oder zur Wiedergeburt (vercbristlichto Sitte durch Spalten der Kultbäumo sich 
durchzuzwängen). „0 heiliger St. Kilian mein! lass' dich doch gebeten sein, trnibo 
aus die böse Gicht, das mich so im Leibe sticht“ 

11. — Der 3. Sonutag vor Jakobi, Kolomannssonntag (s. 13. Obtob.) ; Wallfahrer-Sonntag 

Dor 2. Sonntag im Juli. Schlänkeltag. 

12. Monns (Mannus), ein Irländer, mit der Sauglocko (nach der Legende soll soin Schwein 

eine bronzene Glocke im Erdboden aufgewühlt haben) spielt dieselbo Rollo wie 
dor Abbas Antonio del porco, der (wie Frevr mit dem Eber) auch eiu Ehepatron 
war. St. Monuskrankhcit = Syphilis, bei der aber der hl. Leonhard als besonderer 
Patron galt. Vielleicht steckt der altgermaubcho Tuit-Mannus (Geschleclitsgott) 
dahinter, der auf Dietmous- Borgen verehrt wordoo zu sein scheint. 

15. Heinrich (= oberster des Hel nia), (Heinra, Heine, Hoinerlo, Heindl, Hoinlc, Heinz); dor 
Einsiedler aus unbekannter Zeit, blos selig, nicht heilig gesprochen. Der gute 
Heinrich (= Chonopodium bonus Henricus) ein haufigos Sconermittel ; als früh- 
grünes Küchenkraut früher iu den schlimmsten Jahren der Missernte als Goinüso 
(= Musbrei), Brotkraut benützt (auch Meister Heinrich genannt; stolzer, armer 
oder flinker Heinrich); böser Heinrich =• Mercurialis perennis, Orobancho; grosser 
Heinrich = Inula helcnium; eiserner Heinrich = Polygonum avicularo. Stinken- 
Heinrich = Senecio vulgaris; schöner Heinrich — Erbium vulgaro; rothe Heinrich 
= Chonopodium b. H. (auch ein rothes Corrosivpulvor hiess so). Heiuerich = 
ein beinonder, weinender Jammer-Meusch. ’n lieiudi habeu = Verdruss haben. 
Heindl = einfältiger Mensch, Narr; knöcherner Heinrich « knochendürrer Mensch. 
Felder- Um gang gegen Schauerschlag ; am St. Heini ichstag muss ciuor sich erhängen, 
zu Tode fallen oder ertrinken (Menschenopfer-Erinnerung). Freund Heinrich = 
Tod, engl, old Harry « Teufel. 

15. — i>er hl. Zwölfboten Scheidungstag, der Tag der Trennung der Apostel. 

17. — SkapulierfesL Skapulier-Fleckl, welche geweihte Kräuter enthalten, werden gegen 

Leibcsnöthe und zu leichten Entbindungen getragen. Schwendtag. 

20. Wilgefortis (Virgo foril# = die sündhafte Jungfrau), Sanctus Kuuiorus, Scta. Paula barbata, 
Scta. Galla, Venus barbata, Venus deus, indisch Inana Kuntara, ägypt. Kornre, 
franz. Combre, St. Uülpo = hl. Kuinmemuss (8. Gomera alias Ontcomera) mit 
dem blinden Geiger lein, die Pantoffel schenkende, bärtige Heilige (ln Korsika- St. Julia), 
trau*. -Sto. St. Millefort{e) hilft gvgun KhacbUi» und Eclampsia ln fallt. ; Kheputroniu und 
Patronin der Augen kranken und Bekümmerten. Die echte Kummerniss ist bebartot 
und hat ein blaues Gowand; sie wird von den Frauen „wogen der Mannerleute“ 



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Dr. M. Hofier 



angorufeu uud mit Kloiderspenden (dio Hülle für das Ganze) beehrt; sie ist der 
„Woibor-Liondl“ (=- Leonhard s 6. Nov.) und St.-Helferio; sie wird wie die auf 
den gleichen Tag fallende uud ähnliche Züge tragende hl. Margaretha an Wald- 
kultorten (Buchen, Linden) besonders verehrt, auch in der Nähe von Helf-, Hilf- 

Orten. Cont. Schau in’a I-anil 1891. 87; Fr. l'lant: Eine Volkshcllige; Melusine IV. 507, 
Vcrf. Volks-Medicln 18; Verf. Hau in- und Waldknlt 29, 74, 75, 78, 82, 88. 89, 91, 93, 140, 
145. Kummortiissl = Sileno I’uniiliu. 

21). Margaretha (= Perle, Meergrie*;. (Grell); ein seit dem 12. Jahrfa. üblicher Gedacht nissiag; 

eine der 14 Nothhelfer, die vom Drachen befreite Jungfrau, nach der die ganze, 
unheilvolle, toddrohende Woche (ft. 15. Juli) „Margaretheuwoche“ benannt wird 
Nicht leicht wird man einen Margarethen-Berg linden, auf dessen Höhe nicht eine 
Spur alter Befestigung oder oinor Üpferstello sich wahr 'nehmen Hesse Zu St. Mar- 
garetheu-Kirchen wallfahrten namentlich die Krauen, um schone Kinder zu erhalten; 
sie ist eine häufige Helferin in Kindsnötheu. „St Margret ist zur not e n hebatnm 
in Kindsarbeit“ ; sie ist die das Geburisschloss eröffnende Schlüssel -Grete (= l'orchla) 
Margaretha ist auch Patronin der Gärtner und im Yolksinunde als lleubruiuerio, 
ileuseicherin, Ketzgreth benannt. Heu und Stroh waren auch Geburtsiager. „Die 
böse schwarze Margaretlr reitet auf einem weisseo Rosse M itteroachts durch die 
Lüfto (Elbenschwarm Anführerin). Sand-Gretl (von unterirdischen Gängen); tolle 
Gretl, Aschen -Grell, Bauern-GretJ, faule Greil, zottige Gretl (■■ heidnische, ver- 
spottete Gestalten), Tutten liretl (hochbriistig), Murr-Gretl, Furcht-Gretl. Marga- 
rethen-Pulver — Semen foeuugraoei pnlv. (wohlriechend); Margaretben-Ssft = 
Syrup au raut. tlor. Margaretlicn- Buchen ; Marg&rethon-Stärke-Oürtel (Geburtshilfe- 
Mittel). Rasse Gretl, Gretl hinter der Staudeu, Gretl im Boschen = Nigella 
damascena; Gretl im Giüncu; llaimsl uud Gretl » Veroniea chamaedry»; schöne 
Margaret!), feine Margareth = Foeuum graeoum, UmpbaJodes vorna, Dianthua 
(vermutlilich weiblicho Duftbluinen beim Kult- Reigentanz) (s. 15. August): Mar^a- 
rethon- Blume = Bellis perennis, Chrysanthemum Loucaiithemum, moutanum; 
Margarethou -Kraut = Achilloa niillelollium (s. 28. Juli); Margarethen-Nelke = 
Diantlius carthusianorum; faule Gretl = Fumariu off.; zottige Gretl = Diantlius 
plumarius; Margarethen- Röschen = Adonis acstivalis; Alpon-Gretl = Chrysan- 
themum alpin. Die Gret gilt auch als mächtige Wetterfrau (Tirol); Gretl (V) =» 
Gobilrmutter (= Krötl). Gretchen in der Küche = eine noch ungeborene Tochter. 

20. Arnold Adlerheld), Patron der Zithernmsicher, Lautenmacher. 

22. Magdalena (bobr. = die Erhobene], (Ijoni); die weinende Büssorin, die mit ihren gesalbten 
Haaren dio Füsse dos Heilands trockueto; Patronin der Friseure, Salben macber 
und Kammmacher; Magdalena pulchra; an Magdaleneubruunou solleu an diesem 
Tago die „thronenden“ Augen mit dem Goldfinger gewaschen werden. Wallfahrt 
der von der Ertrinkungsgefahr (io der Margarethonwocho) Befreiten za alten Kuh- 
orten ; gegen Unwetter weiden Magdaleneubilder unter Dach gestellt. Loos-Tag; 
Bauernfeiertag ; Bergpredigten auf Almböden. Die ersten reifen Tiauben werde« 
geopfert (Bozen). Magdalcnen-Kraut , -Wurzel = Chrysanthemum, Cbamomilla, 
Valeriana officio , coltieu, Bellis perennis, Levisticum, Lavenduta spioa (Schmuck- 
kraut, Waschkraut), Magdaicnen- Birnen, -Pfirsiche, -Apfel, Si. Madclalne l*t In Frank- 
reich Patroniu der Hautkranken (KlephantiMU); tnarielcitie» de Coiniaercjr = Kultbrot. 

23 — Humlstago- Anfang. Aufgang des giossou Hunds- Gestirns (Sirius), ln den Hunds- 

tagon gohou allerlei Fieber und Gämporien (teuflische Kiankheiteo) um. Hunde- 
Opfer (früher) am Anfänge dor Huodstage. In den Huudstagon soll mau nicht 
purgireu (Hlppokr. Aphorismen IV, 5). „Io den Hundstagcu haben dio Mcüicameuta 
keine Statt.“ frz. la canlcule = Ich Jours canlculaires, geschlossene Zeit für die 
Elieleute (conjugium pcrturbatuiu) wegen des Einflusses des Gestirns auf die 
Leibesfrucht (s. auch 23. August). 

2-1. Christina (=* christliche), (Kristl, Kristine). Christians- Wurz = Assa dulcis astragalus = 
Astragalus glycypliyllus, Lathyrus tubetosus. C'hristiucukraut » luula pulicam. 



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Das Jahr im oberbayeriscbon Volksleben etc. 



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24. — Am Vorabende vor Jakobi (s. 25. Juli) wurden Ziogonböcko von Höhon herab 

geworfen, deren (Opfer-) Blut war ein Arznei-Mittel wio auch die Bockleber im 
August gegen die Harnwinde. 

24 Christophorus (Kristoff, Stoffel), (s. 15. März) ; dies der sog. Heustöffel, d. h. der Christof 
io der Heuzeit (s. auch 3. August). 

25. Jacobus (hebr. der Freudenverkündende). (Jackl, Jäckl). 8t. Jakobstag im Schnitt, in der 

Ern(t)o, dor Zwölfbote. Pilger patron; Jakobs-Brüder = Wallfahrer; Patron der 
Hutmacber (Pilgerhut); Wetterherr; Patron gegen alte Flüsse Kornpatron, (früher) 
Ausingen der Studenten. Jakobs-Brunnen; Jakobs- Beeren gegon Flüsse (Darm- 
katarrh) — Vaocinium Myrtillus: Jakobs-Strasse — Milchstrasse (Milchweg am 
Himmel) uud Galaxia. Milehmcsseu, um diese Zeit am ergiebigsten, auf der Alm = 
jakobsen. Jöckerlo = ein kleiner K tusch (jocus). Jackl — gemeiner Xaino für 
Dumm köpf, Tölpl; jackelo = ausgelassen lärmen. (Fastnacht-, Pfingst-, Huren , 
flauem-, Schmier- etc. Jackl.) Jakobs-Stab, „darin ein Schwei t verborgen“, eine 
bitnmlischo Wehr, auch = Senecio Jacohaeo (— Jakobs-Kreuzkraut); Jakobs- 
Blume = Chrysanthemum Leucaothemum ; Jakobs-Lilie = Amaryllis formosissima; 
Jakobs-Leiter = Poleinonium leptaoa; Jakobs-Holz =. Salix alba, amygdalina; 
Jakobs- Lauch — Allium Schoouoprasum ; Jakobs- Zwiebel rat Allium flstulosum ; 
Jakobs Klee = Lotus Jacobaeus ; Jakobi-Salbo = Unguentum |K»tab. rubr. ; Jakobi- 
Balsam = Bnlsainum poruv. ; Jakobs- Pilaster = Ceratum aorugiuis; Jakobs-Tropfen 
= Tiuctura odoutalgica, vermuthlicb lauter Badermittel bei deu öffentlichen Baler- 
stubeu. Jakobi-Trauben, -Birnen; Jakobi-Federn = Stroh um Jakobi geschnitten; 
Jacklschutzen, Jackl-Ilammer (Phallus-Symbol); Jockl-Krügo; Jackelthurm. 
Jakobi-Pferderennen. Der Hilwizschuuidor reitet auf dem Bocke um. Früher in 
Klinglerloh unterm Hunds tein (b. Salzburg) das Klinglerepiel (Schwerttanz). 

28. — Acht Tago nach Margareth soll man das Margaret henk raut (Achillea niillefol.) 

im zunehmenden Mond graben, an der W urzel findet inan rothe Würmer, (Cocci- 
onella ?), wovon drei Stück Glück bringen. 

29. Martha (*yr. = die Herrin de» Hanse« ; die Horgsaine Hausfrau), Salvator» bospita, Patronin 

der Ga-dwirtho, (tu Frankreich auch der in Spittlern untergebrachlen Leprosen) ; Martha- 
Kothholz = IJgnuni hrasilianum rubrum. 

29. — Schaucrfri itag, Schauerkreuze, Fachgänge. 

31. Ignatius (au IgnU = Feuer), (Natzi) ; „Hoiss Natzi!“ ruft der gemeine Mann, wenn er sich 
gehranot hat. Ignatzi- Wasser « lleilwasaor. Ignatz- Bohnen = Semen strychuos 
Jgnatii (aus: Jgasur) oder Iguatia amara gegen Epilepsie. Ignaizi-Uäuberle gegen 
Kopfleiden aufgesetzt. Schwendtag. 

31. -— Sonntag nach Jakobi. Almen- Kirchtag. Zwischen den ständigen Jah ros festen, die 

nn orsteu Sommer, bozw. ersten Wiutermouate vom ganzen Volke gefeiort wurden, 
schoben sich schon in germanischen Zeiten auch die 8ipperife»to der Bauern und 
Hirten ein. 

vm. 

a ugruHt« 

(ahd.) agusto, ögest, (115-1) östmannt; (1370) In den ougsten, (1419) Augst, (1515) äugst, (1H. Jabrh.) äugst man, 
nugust raaned. Im Zeitalter der Meroringer uns lat. rom. Augustus entlehnt. 

(ahd.) arau-mänod, eruemanotb, nrnomatioth; dies die echte altdeutsche Bezeichnung - Erntemonat (mit 
Thleropfern); (1470) hewmond = Heumonat (wieder Juli, fl. d.). 

(1517.1 herbstmon = Ilcrbstmonat. 

(ahd.) bis-männt = der Monat, ln dem das Weidevieh von der „Bisfliege" (Breme BeUswurm) gestochen wird. 
(14. Jabrh.) der andero auste man » zweiter Augustmonal (s. Juli), Koch-, Obst- und IliUe-Monat. 
Schnitt-Monat ; (1590) Peters Baud bei Fischart wegen Petri Kcttoufelcr (1. August). (1590) Adolf-Monat 
(s. 29. August). 

Int August -Wädel soll Yssop (Hyasopus officiualts) gebrochen werden. Int August soll 
mau nicht barfuss geben oder blossköptig au der Sonne stehen (Sonnenstich); die Augustsonno 
macht faul, was sie „begreift“, und ist ihre Zeit von böser Art. August- Blumen = Floies 



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I)r M Hufler. 



Stoechados; August- Apfel, -Birne, -Kirsche, -Traubo. August-Pilz = Boletus lutcus (Steinpilz). 

Augustblütbo = Gnaphalium aronarium, Euphrasia officin. AugustnuBS = Coryllus avellanx 

Augustziegor = Euphrasia officinalis (= Augustiuas). 

1. — Petri Kettenfeier; St. I’eterstag in der Ern(t)e; Uoglückstag, weil an diesoru Tage 

der Teufel aus dom Himmel geworfen wurde. Kräuter-Weihe (früher im EUaaa). 
„Petrus zuo Rome gerangen wart, und wihet mau krut den mauneo alsdenne” für 
dio Kräutlleute oder Waldhanusel. 

3. Stephanus (Stöffel); St. Stefanstag in dem Schnitt (in der Erntezeit), im Gegensätze zum 
Winteretöffol (26. Dezember). 

5. Oswald (« Asanwalt) (Ose), einer der 14 Nothhelfer; der Herr der Schnitter und Mähder, 
der wohlthätige Brotvater, Viehpatron in hochgelegenen Kapellen. Oswald-Garbe 
(Opfer); Hahnopfor für die Ernte. Oswald-Brunnen gegen Vergicht (Eclampsia und 
Podagra); Oswaldstaudou , Oswaldroscn == Rhododendron hirsut. ferrug). Oswald 
hat Züge, die vielleicht an Wodan erinnern. 8t. Oswald hilft auch gegen die 
Windsbraut. St. Oswalds Todestag. 

5. — Maria Scbneo (Maria ad nives) bewahrt vor Wasscrsnoth und ist Beherrscherin 

der Wolken ; ihre Kapellen liegen meist auf Bergen, an besonders warmen Stellen 

5. — Schauerfreitag; Schauers reuze. 

6. Sixtus (Six). 

10. Laurentius {m laurea = Lorbecrcj (Lorenz, tauz), der auf dem glühenden Roste verbrannte 
Märtyrer; Patron der Köche und gegen Feuersgefabr. Brand-Kohlen, Mittags 
12 Uhr am Lorenzitage gegraben, bewahren vor Brandwunden und Keuersbrunft. 
St. tarenz tritt auch in Brandsegen auf. (1312) Morbus St taurentii =■ Glock- 
feuer (Erysipelas Herpes). Lenz (ein häutiger Bauem-Namo) = Lorenz ; Faulenzer 
(1554 fauler tanz, dies volksotymologisch aus vülezon gebildet) ; der gut tauz 
gutmüthiger Mensch ; Breonsuppeu-tanz = ein Meusch, der viel, aber schlecht isst ; 
Hemed-tanz = Penis (unterm Hemd). Der erste Herbsttag, llerbsteinläuten 
(8. 15. August), Siehelhenkot, Flegelhenket (Opfergabe für die Ernte), Zinatag, 
früher Pferdemarkt Lorenzkraut = Saoioula europaoa, Ajuga reptans, pyramidalis, 
Cyoanche vincetorieurn ; Lorenzibirnon (um diese Zeit reifend); tarenzi- Roggen 
(um diese Zeit ausgosät); Loren zi-Bergo. 

11- Susanna (Susi. Sanni), s. 14. Febr. 

12. Clara ( = die Keine). 

12. — Schauerfroitag ; Scbauerkreuze. 

15. — Unserer lieben Frauen-Tag, der oberen (der früheren), im Gegensätze zum 8. Sep 

tember: Mariä Himmelfahrt. Unser Frauou Schidungstag Hoch unser Frauentag, 
der grosse Frauentag, Tag unserer Krauen, da man sie zu Himmel führt Wende 
tag des Sommers. Wetterkerzen - Weibe. Unser lieben Krauen - Wurzweih. 
Krftutl- Weihe, Krautwisch- Weihe, Kraut Messe (i& Jabrh.) Krud-mis»«*; Kräuterfest, 
Himuielbrand-Blüb =*• Folia farfarae, Verbaseum thapsus (■■ Wetterkerze), Verben» 
(Himmelwurzl, Heliotropiurn (Sonnen Wirbel, der im Zeichen dos Löwen im August 
gebrochen werden soll); 77 Krauzlkräuter = Opfer- oder Altarkräuter; UirameU- 
kehr = Herba artemisiae. Ki ich fahrt der Almenbesitzer nach Hinterriss. Anfang 
dos Krauondre issiger (30 Tage), in weichem die Heilkräuter und Hexenbüscbel, 
dio giftigen Thicre (zu Fraisbotern =s Rosenkranz aus Natternwirbel), Natteinbalge, 
die Hollerblüh, die Wetterkorzo eingetragen worden sollon. Krauendreissigerblüh = 
Prunus spinosa; Dreissignt Kraut = Plantago major; Drrissigstschleh = Prunus 
spinosa; Frauendreissigst Eier (angeblich niemals faulend) ; Frauen Vögelnisten; das 
Hirschherzkreuzl, besonders gesucht im Fraueudreissigor. Unser lieben Frauen- 
Milchkraut = Herba pulmonaria. Unser lieben Frauen-Bettstroh = Galium; nur die 
„brennende Liebe“ (*= Dianthus) nimmt die Kräutlweili gar nicht an (früher weib- 
liche Duftblumo beim Kultreigen, s. 20. Juli). 



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Das Jahr im oborbayorischen Volksloben etc. ]05 

IG. Rochus (Rochius) aus Montpellier, dor alten Medizinschulo auf dem blumenreichen Mons 
pesulanus, wo schon seit uralten Zeiten heilkräftige Pestkräuter gepflöckt wurden ; 
der auf den Strassen wandernde Pilgor mit der kranken Ferse (t 1327 ), oder mit 
dem Wehle, Achele; Marschalk der Pestilentz, Pestpatron; volksetyraologisch wurde 
Rochus zu Rache (Gottes-Rache) (1516) gestellt Waihle-Rochus = ein wehleidiger 
Mensch, ein Mensch voller Hautwunden. St Rochus-Uebel (mal st. Roch) = Strasaen- 
arbeiter oder Steinhauer • Krankhoit, Pestkrankheit, Fersenschmerz. St Rochus- 
Kapellen, -Spitäler; Rochusbecher aus Steinbockhorn. 

18. Helena (* die Leuchtende) = die h. Kreuz-Finderin ist, wie der gekreuzigte Andreas, Patronin 

gegeu Zauber. Helenen wurz = Inula helenium (= Alant, ehemals berühmlo Arz- 
nei), Corydalis cava (iiöllwurz). 

19. Sebaldus (UUnlalrt aus Sclbold = siglwalt, Siegwalter), (Sewald, Seibold, Soibol); „ehemaliger 

Hauptheiliger und Nothholfer der Nürnberger “ ; soibeln = nürubergerisch sprechen. 

20. Bernhard (- stark wie der Bar), (Beindl) ; der honigsüsse Lehrer, Doctor mellitluus. Patron 

dor Impker, Lebzelter und Wachszieher; er trägt Brolkipfel. In Frankreich wird 
8t. Bernardln Reifen das Mutter-Ersticken (= Suffocatlo bysterlca, suffocatlo de nuttrlce) 
aoge rufen. St. Bernhards Feuer = Brandrose, blaue, laufende Rose, Brotsencho. 
St Bernbardskraut = Cnicus bonedictus (Boncdictenwurz, Braun-, Born-, Börn- 
wurz). Bemhardsbodlein = Lilium martagon (= Chlmisten-llgen = Chemikerliliej. 
20., 21. — Schwondt&ge. 

21. — Erster Sonntag int Frauendroissiger. Baldrian wurzelgraben. „Baldrian, greif mich an !“ 

(Aphrodisiacum); zwischen den zwei Frauentagen soll man mit Kreuzmessern und 
daon mit Silber dio (woisse) Woge wart- oder Hundslauf- Wurzel (Cichorium In 
tybus) graben, die stich- und wundfest macht. 

21.— 25. — Abgang des Monds im Frauendreissiger. Schwindwurz (Chelidonium tnajus) und 
Schwiodholz (Esche) eintragen. 

23. — Maria- Ach ta(g). Acht Tage nach Maria Himmelfahrt. 

23. — F.ndo der 45 Hundstage. Dies caniculares ; während derselben ist Aderlass-Stillstand 

und Ende der früher für das conjugium gefährlich en sog. gobundenen Zeit In der 
Nacht vor Barthlmä gebon „Reiter“ um. 

24 Bartholomaeus, St. Mäha (hebe. = streitbarer Sohn), (Bartlmfi, Bartl) ; „dor geschundono 

Märtyrer“ ; Patron dor Gerber, Metzger, Bauern und Winzerer; „er woisa, wo Bartl 
den Most holt“ = wo der um diese Zeit gelesene, neue Wein ist, dor den besten 
Most gibt = sujterklug; „der orste Herbsttag“ nach den Hundstagen ist ein 
guter Aderlasstag; häufiger Jahrmarkts- und Zinstag. Bartlmä - Kapelleu mit 
Schimmel-Segen. Bartlbrunnen. Bartholomäus-Kraut = Ilex par&guayensis. Endo 
der Almen- Ankehrzeit; Aimonabtrieb. Meister Hartl = Henker; Goishartl = TölpI, 
Ziegenpeter; Schussbartl — einer, der einen sog. Schuss hat, übercilig, ein Hasen- 
fnss ist; Schmutz- Bartl = Kobold ; dummer Bartl = BauorntÖlpel, Narr; Sau- 
bartl = unreiner Mensch etc. Die Almen-Nüssl (Gebäck) worden vertheilt von 
den Sennern (0. Audorl). 

25 — 2. Sept. Wachsen dos Monds im Frauendreissiger. Die Tiere, welcho für das Schwinden 

helfen, sollen eingetragen werden. 

25. Ludwig f - der Berühmte), (Wiokerl); der König von Frankreich (1226 — 1270), dor zuerst 
seinen Vollbarl abgelegt haben und dann in seinen Müssest unden Uuchbindor- 
arbeit gemacht haben soll. Patron der Buchbinder und Barbierer. Beliebter Natno 
in Herrscherhäusern. 

28. Augustinus ( = der Herrliche). (Augustio, Gustl); (f 410) Patron der „ Augen “-Kranken. 

28. — Zweiter Sonntag im Frauendreissiger. Pfaffonröhrlein (= Evonymus europ , Leon- 

todon taraxacum) und Baldrian eintragon (Diuretioum, Aphrodisiacum). 

29. Adolf < ■ Edelalt, Edel seist], der 24. Bischof von Strassburg; ln Schwaben und Klsass Gericht« - 

titR. Adolfsmouat (bei Fiscbart) = August. 

29. — Unglückstag; Schwendtag. 



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I)r. M. Möfler. 



LX. 

September. 

(1370) *ep1 etnbtr. (15. Jahrh.) der VII. mont; (1394) der «rate berlMte man!; (1515) erat lierbat mou. 

lahd ) herbei-, bcrbcst-manotb ; (1334) herbst mon; (1420) blrbint mont ; (16. Jnhrb.) Herbst Mond _= Herb»t 
moua!, llirbat, lürgHt als SpÄtJahr, Zelt der Obal- and Weln-Kmle; Spätling; l'eberherbtt. (1477) der 
ander Atin(u)»t. 

(13. Jahrh.) fulmänt, (1433) volmonct; (15. Jahrh.) luilmont *» Fiillmonat, der Monat der Göttin Follä. der 
Fülle uud dea Keicbthum» durch die Krnte = Krnte-Monat- — (abd.) uuitu-manolb, (1154) wlm- 
nianot = Wind-Monat (s. 29. 8ept.). 

(1534J Sau-Monat (Saemoriat?), Schaf-Monat (wegen der Schafschur). 

(1477) *A£mon = Saemoriat (für das Wlntergetrclde). 

Schnitt Monat (v. Ilaberechnitt). Volksüblich sind in Oberbayern Ilirbst, Hlrj'st und ,,lm Hinwärts". 

1. — Unglück&tag. Verena, die Schiffer- uud Mtillerpatroniu, ist hier nicht volksüblich. 

1 Aegidius ( - Zicklein) (Egidi, Gidi, Gigl, Gilg, Ilg, Santilg, Sant Dyligen, Till, Dill, DideJ); 

einer der 14 Nothhelfer; Vieh patron; der Heiligo mit der Hirschkuh und mit dem 
Pfeile, mit dem er am Halse verletzt wurde. Ülto 11., Bischof von Bamberg, ver- 
breitete seinen Kult besonders im 12. Jahrhundert Gidi = uubesouuener Mensch ; 
er hat den Gidi = ist verwirrt. Gilgonkreuzer (an Stelle eines Ernteopfers oder 
Fruchtbarkeitssymbols) boi Gebärmutterloidcn goopfert. Keforloher - Markt (Dult) 
und Kirchweih; (1331) an St. Egidian äbout und an seinem Tag, an Sand Gilgen* 
lag als tult da ist. „Da gehta keforlohensch zu** = gemein , sinnlich; Schneider 
(Bock) und Schleifer haben ihren Jahrtag. der Bilwizschneider (KorndAmoo) reitet 
auf einem Bocke um. Strumpf*Gidi ; 6t. Gilgentag war ein Erntefest mit aller 
Sinnenlust des Volkes. St. Gilg darf nicht vor wechselt werden mit St Eligius 
(1. Dezember). 

4. — Schutzengolfcst. Kirchgang der Almleuto. 3. Sonntag im Frauendrcissiger. Bal- 

drianwurz ausgraben. 

6. Magnus (= d. Groe») (Mang), der Dracheubesioger und Mäuse*' Vortilger; Patron gegen den 
Fingerwurm. 

8. — Unser Frauentag in der Saat ; der letzte Frauentag. „Mariä Geburt (liegen di« 

Schwalben furt“. Eschgang. Brombeeren brockon und eintragen. 

10. Nicolaus (Klaus) von Tolentine. Tolontin-Broto gegen Vergicht 

11 Maria ( ^ die widerstrebende) (Marie, Mirl; II. Jahrh. Margen, Marjen). „Mariä Nam — 
kommen d'Schwalben z'samm“ (zum Fluge); Eschgang. Marieufädeu, Marien - 
Oaru = Altweibersommer, lila divae virginis, .Sommerfäden, die die fliegenden 
Spinnen im Spätsommer oder Herbst weben; lliegonder Sommer (s. 16. Oktbr.) ; 
das Spinnengewebe ist ein uraltes Blutstillungsmittel, da« bei den Schweden Zwcnn- 
naht hcisBt; bei den l.eltcn iriit auch «lue volksmedlzlni&chc AdernAherin auf ( = h. Jung- 
frau). Marien- Roso = Morbus St. Mariae; Kose, Rothlauf, entsprechend der Pell-Mcrge 
und Bäll-Rosc der Norddeutsche» (= Kryalpelaa). Die 3 Fräulein wurden öftere von der 
Frau Maria vertreten (3 Morgen). Marien-Bottatroh *= Herba capillorum Veneris, 
galii, sorpylii; Marion-Mantel =■ Herba Alchemillac; Manenkraut *= Majoran, Arnica 
montana; Marien blunto = Paeonia officinalis, Bellis peronois; Marienwurz = Pyre- 
tbrum balsamita, Herba Marrubii; Marien-Nessel = Nepeta Cataria, Herba Mar- 
tubii; Marien -Kösl s Linum beatae Mariae (Agrintonia Githago), Silene inflata, 
Lychuis vespertina uud visearia, Paeonia peregrina; Marien-Gras = Spergula ar* 
vousis, Uierochloa odorata, Pbalaris arundin ; Marien-Dom = Rosa cauiua; Marien- 
Itosen == Flores Paeoniae; Marion-Flachs = Stipa pennata, Linaria vulgaris; Marien- 
Mainou — Fruclus Cardui Mariae; Marien- Distel = Silvbum Marian um ; Marien- 
Schuhe = Cypripedium calceolus; Marien -Th räne = Lithosperm um officinale, Coix 
laeryma; Marien -Siegel = Polygonatum vulgare; Marion- Lilie = Uliunt candidum; 
M arion-Thal- Blume = Couvallaria majalis; Marien- Balsam == Taiiauetum ; Marien- 
G locke — Catn pauula Medium; MarieukrÖDchen = Bellis pereuuis; Stolze Maries 



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Das Jahr im oberbayerisckun Volksleben etc. 107 

Stincus mariuuN ; Marienblätter = Herba tanaceti (= Frauenblatt, Schmecker, 
Gürtler); Marien-Geist = Spiritus Melisaae comp.; Marieu-Glas = glacie« Mariae; 
Marien-Schellen = Flores Convallaria; Marion-Tropfen = Spiritus rosmarini ; Marien- 
Wurzel = Radix Bardanao, Valeriana«; Marien - Würml = Cocciouella; Schöne 
Marie = Semen foeuugriiei; Feine Mario = idera. 

12. — Schwondtag im Frauendrcissigor; Sauigol (Eboropfcr- Stellvertretung) ist gegen 

Kreuzweh und Brüche (hornia, impotontia, storilitas) als Stärkeinittel zu schlossen. 

13. — Ende des Fraueudroissiger ; Beginu des Aunadroissigst. In dem Festkalender sind 

sicher auch frcnidartigo, importirto und jüngere Gebrauche mit der Zeit eingedrungen. 
14 Nothbtirga (—die £chirmerln in der Kampfcanoth}, (Burgl), die Dienstmagd von Eben am 
Achensee, wohin die Weiber aus dem Isarwinkel mit Vorliebe wol Ifah rieten ; sie 
warf die Sichel an den Himmel, so dass sie dort haften blieb. Patronin für 
Frauen, Kinds-Menscher und Hausmägde. St. Notbburgas Grab-Erdo =s Heilerde 
vom Kultboden (Erdduft wurdo auch Krankeu empfohlen). Nothburga trügt 
Brot-Kipfel. 

IG. Wilpet, eine der drei heiligen Fräulein. 1. Ainpct (= Kln-perta, Kgin-reria, Schreck perchta). 

2. Wilpet {*= Wllperta; wila- Welle, Stunde, die Schirksalsstunde bcRtlnuncude Perehla). 

3. W alpet, Worpet (=\Varperia; wahrnehinende Perchta. 8 auch 4. Dezember). 1 — 3 
sind die drei Perchten (Putten), die drei spinnonden Basen, drei Hoilrütkinon, 
drei lispelnden Schwestern, Schicksalsfrauen etc. Ainpct, Warpet und Wilpet 
gehören zum Gefolge der hl. Ursula (= Perchta mit dem Elbonschwarm); sie 
Stauden namentlich den Kreissenden, in Kindsnöton (s. 14. Sept) befindlichen Frauen 
bei und verhalfou zum Kindersegen. Uobor Perchta s. Urquell 1898, 8. 11*9. 

10. Cornelius (zu curnu = Horn). Nach ndd. Volkaglaubon lat 8t. Cornelius ein fflüboutlcr Mann, der 
einen jährlichen Kitt macht und alljährlich um einen HahnenzchriU naher kommt ( = Sonne). 
St. Cornelius-Seuche ndl. Slnt. romellua zlcktc = St. Johanries-Uebel, St. Johannes- 
Trug (s. 14. Juni), a. rrquell lsss, 8. 100 : Cornelius-Kirsche := Cornus mas (= llorti- 
baum, Hartriegel; zum Riegelschienen* Verband eheinala benützt). 

17. LambertUS. In Westfalen Beginn der Abendarbeit (Abendwirken) beim „ Lampen* '-L4obt; dort wurde 

auch um St. LambertUH-llAuuio getanzt. Lambertua- Lieder ; „Saint Lambert gu^rit la teigne, 
ruals excluRivemcnt damt lu Var“ (BrtaMud, hialolre dea expresslons popul airea 227). Viel- 

leicht hierher dor sog. bimperter = Cbeiraothua choiri; Lamborts-Nuss = Corylus 
tubulosa. Freiung-Läuten (Salzburg); während desselben konnte man seinen Gegner 
ohne Strafe prügeln; es bestand der Glaube an Zauberfieibeit (Bilwizfreiheit, 
Dezemberfreiheit z. B.) ; der Zauborer kouuto dom Gegenzauberer seine Streioho 
fühlen lassen, aber wieder nur mit Zaubormittolu (Haselzweige z. II.) 

18. — Dritter Sonntag im September. Almen-Kiruhtag an manchen Orten. 

21. Mathaeus (hebr. = der von Oott Geschenkte). (Matteus, Matheiss). Quatember-G'sundb&der. Auf- 
zug der Spitaler und Siechen in die Kirchen (früher). Mit ihm ist auch Mathaoi 
am lotzton = er stirbt bald (mit Bezug auf dos letzte Kapitel des Evangelium 
Mathaoi, woselbst vom Tode Christi dio Rode ist, s. auch 24. April). 

23. — Froitag vor Michaeli = Holl-Tag. An Michaeli-Kirchen befindet sich manchmal 

eine Hell-Gasse (Todtenweg). Herbstnachtgleiche. Beginn des germanischen 
Jahres (s. 10. November), mit einor Todtenfeier verbunden (s. 26. u. 29. Sept.). 

27. Cosmas und Damianus, artis medicae et virtutum professiono clarissimi, die uutor Dio 

clctian gestorbenen Acrzte und Zwillingsbrüder; Post patrone (Castor und Pollux). 
Hader und Scherer hatten als Zunftwappen das Bildnis» dieser beiden römischen 
Hoilkünstler. Ueber boiligo Aorzte schrieb Abraham Bzovius. S. Th. Mag „No- 
mcuclatura sauctoium professiouo modieorum“, Ronrae, 1621. 

28. Eberhardt, ein einheimischer Volksheiliger aus Tintenhausen bei Freising. Vieh und Pest- 

patron. Von seiner Grnbeserdo (Kultboden im Loh) wird dem Viehfuttor bei- 
gemischt (s. 8. Januar und j5, Juni). 



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108 



Dr M llöfler. 



28. — (Augsburg) „die Ueberlleferung nennt einen t>lea deae rl»ae, worin l.nlstner einen ml*» 

verstandenen i'lsatajj, Biaatag sieht. Neben ahd. sisesang Todtenlied, neula, wir«- »i*elag 
eigentlich ein Kartag, ein Tag der Klagelieder". (Golther .'vSO Schweller II, 1166) — Sctden- 

leichtag, Todtenfeier. 

29. Michael (hebr. =* wer ist wie Gott ?), Micholi, Michel) ; sacer Mars Christianorum (s. 10. Nov ), 

dessen Bildniss auf dem deutschen Reichsbanner stand ■■ deutscher Michel, Protector 
Germaniae. Auf Michaeli ist Kirchweih im Himmel und auf Erden; grosser Wetterherr, 
„donnert der Michel — viel Arbeit die Sichel." Galläpfel am Michaelstage sind 
ein Fruehtbarkoitö-Prognostikon (nach dem Inhalte). Wenn der Michols Mond voll 
ist, und man süt Weizen, so wird dieser niemals brandig Der Michels Wind hat 
das ganze Jahr (s. 23. Sept ) das Vorrecht. Zinstag; Huhnopfer. Gebirgssohützen- 
Aufzuge. 8t. Michaels Kapellen, häufig bei heidnischen Kultorten mit lx>h-Xamou. 
Kuchen-Michel, Michelbrot (Kultbrot) ; abgeschaffter Feiertag. Eröffnung der Wiesen 
zur Heimwoido. Das Gallen, Gailmen (= Hirtenlied} beginnt. Michel, ein häufiger 
Bauernname; dummer Michel = Narr: Quatsch-Miehel =Schwützor; Klotz-Michel = 
der zuletzt in die Schule kommt Dreckmichel, Saumichel, Schnaufinichel, Pelzmichel 
Läusmichel (Spottnamen). Michelblume = Colchicum autumnalc. Jaga- Michel = 
Hypericum perforatum (Dämonen vertreibend) ; Michelkraut = Chrysanthemum fana- 
cetum; Michelatropfen = Mixtur, oleos. balsara.; Miciiel-llerzpulver = Pulvis anti- 
epilepticus (■. Sammler, uwo. 1X4 — 116 ). Das Todtonfest der Germanen fiel auf den 
Beginn des germanischen Jahres und Winters, wann dio (Michaeli- Winde heulen 
(a. Öct.). Diese Todtenfeste lebten auch im Chriatenthum fort und erscheinen 
im Allerseelentag (s.2. Nov.) geregelt; da wurdo den Seelen auf den Gräbern 
(im „Loh)“ geopfert, ja, sogar in den Häusern wurde ihnen eia Gastmahl (Kult- 
speise) zurecht gemacht (Uolther 92). St. Michael ist der Führer der Seelen vor 
Gottesgericht, Patron der «Sterbenden und der verstorbenen Seelen. Am Souutag 
nach Michaeli ist die Missa pro defunctis. 



X. 

October. 

(ahd.) uuimlun-, uuiude-, winl-nianoih. (UM] wlnl-mauol = Windmouat (». 29. Sept.). (1420) wyntermand = 
Wintermonat. Spatjabr. 

(14. Jabrh.) herbeat ; (1370) ln dein ersten tierbat. 

(1394) der andere herbstman, -mun. (1483) herbst. (1477) birbst. 

(15. Jabrh.) berbatmont — Herbst (Qirbst, lllrpst). 

(1334) rezenmoii = Rcgemnonat. 

(1516) aeimonat — Saumonat (Sauachlacbten, a. 16. October). 

(1452) weinmon = Weinmonat, Rebinonat, Wolfs-Monat (a. 31. Oclob.). 

(15. Jabrh.) laubbrust, laubprost = Laubbrtich. Laublallscit. 

(1591) luxmonat (a. 18. Octob.). 

I. — 1. goldene Samstag- Nacht. Tag der Wallfahrten zu alten Kultorten. Würdinger 

Lupfen (Phallus-Kult, S. Beiträge *. Antbropol. Haycrna 1891, IX. 115). 

2 — 1. Sonntag im October. Rosenkranz-Sonntag. Erntefost mit 2X3 Aehreubtiodeln- 

4. Fr&nziscns Seraph (bebr. = der englische). Seraphi-Gürtel. Franziskerl = Räucherkerzclnm ; 

Franziskiblume = Senecio Jacobaea; Franzkraut — Agrimonia eupatoria; Frans- 
bohne = Phaseolus vulgaris nana, s. 2. April. 

6. — Schweudtag. 

8. — 2. goldene Samstag- Nacht. Würdinger Lupfen (Umarmung eines Eisonbildes). 

Wallfabrtstag (Sippen- Uirtonfest). 

8. Brigitta s. 1 . Februar. 

9. Dionysius s. 8. April. 

12. — Ende dos Anna-Dreissigst. 



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Das Jahr im oberbayorischen Volksleben etc. 109 

13 Kolomann (KolmanD, Kolbmann, Kolmar, Kölbl), der einfache Pilger mit der Schnur und 
Kürbisflascho (Kolben, cambucca); Uebernehmer uralter, volkstümlicher Wall- 
fahrer- Gebräuche; uralte Kultorte, wohin das Volk aus Tradition wallfahrtcte, 
erhielten sein Patrocinium. Die Kolomanns- Sonntage sind besonders gute Wall- 
fahrer Tage; sein Namenstag ein besonders guter Einnehme- Tag (zum Abführen 
und Krochen); seine Kapelloo sind meist „Bötborge“ = traditionelle Opferstätten, 
wo Opfer angeboton worden; sie haben meist hochgeschätzte Wettorglocken und 
heilkräftige Brunnen Quellen; manchmal stehen sie, obwohl nicht kirchlich geweiht, 
in besonderem Volksglauben ; schwimmende heiligo Holz-Bilder, obwohl beseitigt, 
keluton immer wieder zu solchen Kapellen zurück. Mädchen, die einen Mann 
wünschen, beten : 

Heiliger Sankt Kolotnann ! 

Oh, schenk' mir auch ’n Mann, 

Abor Dur kein' rothen. 

Kölbl- Kraut = Satyrium nigrum und Rutenkopf, Stabwurz = Sanguisorba officin. ; 
St. Kolmar- oder Kollmanns - Kraut = Anagallis arveosäs (blüht bl* aut diese Taue). 
Der Kolomancssegen macht den menscblichen Körper so fest wie Eisen; St. Kolo- 
mann ist auch Festpatron und Patron der Gehängten (er endete sein Leben in 
dor Stockerau durch den Honkorstod) ; man hört boi seinen Kapellen die Gehängten 
(Mouschonopfor V) schreien. Dor Baum, an dom seine I<eicho hing, fing wieder zu 
grünen an. Pferde-Uroritto. Kolomanns-Gürtel. (Vergl. Kaum- und Waldkult v. Verf., 
8. 38.) Kollmanns- Büchel = Zauberbüchlein. 

11. Burghard (= der Burgfestej, Burkart, Burchard. Buikharts- Wocho, eino unglückliche Saat- 
wocho (in der die Elben besondere rührig sind). Keim Herbstbeginn niilieit sich 
die Sonno dem Winter, dor Jobresnacht, in doi auch die dunkleu Elben ihren 
Einfluss auf die Frucht ttussern. 

15. — 3. goldene Samstag-Nacht. Würdinger Lupfen. Wall fab rtstag. (Sippon-Hirtonfost.) 

Kirtag-Nacht. Ausbcssorn des Herdos, der Küche und Wohnungen für die Kirta- 
Wocho oder Schopp- Woche. 

16. — Kirchweih-Sonntag (Kirta) ; Bock- Eissen ; Kirta-Breiu; Kirta-Brot; Kirta-Nudeln ; 

in jedem Hause aber Fleischspeisen sehr häufig, Rannen (blutrotbe Rüben) und 
das lotzto alto Bier; Saathabn (Opfermahl nach der Ernte) ; Kirta Tanz ; Kirta- 
Fahnen; Schlossen; Strickhutschen (Schaukeln, incitamentum) ; Schurrer; gosegoetes 
Kirchweih-Brot ist gut für die Maulsporro (Trismus) ; Kirta-Brein, Kirta-Brot und 
Schröpfschmalz wird an die E- Bader geschenkt. 

16. Gallus (= der Gallier oder Hahn, Gam?), (Galli) ; dor Speise spendende Viohpatron (in Vieh- 

segnn auftretend); Galli, Galle hiesson dio Weber (Fadenzieher). Gallus-, Gallon- 
Sommer = Altweibersommer (s. 11. Sept. und 21. Octob.). In der Galli- Woche, 
ln der die Elben besonders rührig sind, geborene K luder werden in norddeutschen 
Gegenden zu Waldreitern (Dämonen, clbixch geicichnete Wesen) und Nachtwandlern; 
es ist die Schach- oder Flugzeit des Elbenschwarms. Gallibtift (Opfertag) ; Zinstag; 
Gans-Galli = ungologouer dummer Mensch. Nach St. Galli beginnt die Schlacht- 
zeit (zum Einsalzen des Sehweinofloischos, Surfleisch). 

17. — Schwondtag. Kirchweih-Montag. Betteltanz, wobei die Weiberleut zum Tanz ein- 

laden. Kreuzertanz. 

IS Lukas ( = der aus Luka stammende, Lucanu»), (Lux, Laux); Medicus et pictor, der Evangelist 
mit dem Ochsen. „Lukas! dio Studenten inducas!“, d. h. aus den Ferien zum 
„Ochsen“. St. Laux- odor Lux ent ag, nach dem der October boi Fischart 1591 
Lux-Monat heisst Dio Feder- und Klopffechter batten den Namen Lukasbrüder. 
Lukaszettein (Ersatz der Geburtsrunen) untern Strohsack (Geburtslage!) stecken 
gegon die elbischen Geister. Ein fangen dos als Aphrodisiacunt benützten Laub- 
frosches. 

20. Wendelin (Wendel) s. fl. Juli. 



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110 



Pr. M Hofier. 



21 Ursula (= die Bärenstarke), (U rech i), mit «Ion 1 1 TKK) Jungfrauen (= Scta Ursula et Scfa. Cn- 
dccimella, virgines-, als undecim mille falsch gedeutet): die Engel (= Elbeusch wann) 
fliegen io der Luft; Altweibersommer (s. 14. und 18, October). Haus-Urschel =■ 
ein Weib, das immer nur zu Hauso hockt. 

2*2. — Zeichen des Skorpions. Krdspiegelmachcn. 

23. — Nachkirehweib. Aopfelküchel. 

24 Raphael (hehr. ~ der Arit Gottes), (Raffel) ; Arzt. Engel, Pestpatron, Schutzpatron der Pilger 
und Apotheker (Engelapothekeo mit dem goldenen Engel). 

28. Simon und Judas. 2 Apostel, (Simon = der Gehorchende}, (Simjudi, Simmejüd); der gute 
Gespann; Sie-MamJl = einer, der von seinem Weibe Schlage erhält; auch ein 
solcher weiblicher Siomann ist früher erwähnt. Siemandl- Bruderschaft, die am 
Siraoni-Markt-Tage ihre Sitzung abhiclt und Sie- Mandl Briefe ert heilte. (lT.Jahih.) — 
Ungliickstag; Wallfahrtstag; Wolfs Segen; Simonswurz = Malvn alcea (Simooa- 
kraut). „Simon und Jud; backt Biiurin keino Nudl, so ist s* eino Trud.“ Auf 
St. Simeon ist auch der Merseburger Segenspruch übertragen ( 16 . Jahrb.) 

31 Wolfgang (Wolf, WÖlfl). (Lapanibutus = warcgängel ; war« = würgender Wolf; einer, der ala 
Werwolf umgeht, d. h. In der Mülle eine« Wolfea; Mann mit dem Wolfskleide = Hjrpcr- 
trichoais, die besonder* behaarten Menschen freiten ala unterncbmunftftlustlKO. thatkr*ftl*e 
Menschen ; „er hat Haare auf den Zehen“.) Der christliche Wolfgang mit dem Beile 
ist durch Volksetymologie Wolfspatroo oder Helfer gegen den Wolf (= Intertrigo 
in Folge von Darmkatarrh), Blutgang, Bauchgrimmen, Vorgicht etc. Blut- Wölfl = 
Haematuria. Der Wolfszahn als Amulett gab Veranlassung, dass W öl fei = Zahn- 
beule (Parulis) ist. W ol fgangs-Segen über Hörnt teh, Schafe und Rosse gegen 
Wolfsbiss. Knallen der Peitschen (Hexenvertreibung); lichtergehen (Rockengehen) 
beginnt. Wolfs- Angang galt als Glück. Wulfgangs-Beil ein Amulett gegen Krank- 
heiten. Wolfgangshrunnen ; man kriecht in St. Wolfgangs Kapellen durch Erd- 
und Steinlöcher gegen Lumbago (Kreuzweh) (= Wiedergeburt durch Baumspalten). 
Wolfswurz = Aooniturn Napellus; Wolfgangs- Kübele = Cyclamen ouropaeum. 

XI. 

X overaber. 

ahd. uuintcr-, wint tuanotb . (1334) wlndcrmonad ; (1394) der erste wlntermonat = Wintcrmonat. 

ahd. herlulst manoth; (1164) herbest-mnnoth ; (1370) ln dem andern herbatmonat = Ifcrbsimonat. 

(1477) der ander lllrbat; der dritte Hirbst, 

(ahd.) mftnot niunto = l'cberseUuuK den lateinischen November. 

(golh.) fruina jiulein = Vor-Julmonat (a. 25. Dezember;. 

(15. Jahrh.) wolf-maoed-mon = Wolfsmonat (». 31. Octob., 1. Nor.). 

(14. Jahrh.) lauproz, lanbrjM; 

(15. Jahrh.) latiery*« ( = Laube-Rlse, Laubfall) (■. October). 

angln, blütmonalh ( — Schlncbtblut). 

(1463) schlachl uionet — Schlacht-Monat; 

(1534) Soumonat (vom Sftuschlachten). 

(14. Jahrh.) euenmant (-= Eber-Monat?, Saueber, Saujagd). 

1. — Der Aller-Heiligen-Tag — der Vorreitor der „armen Sutden“. Die Nacht vor Aller- 

seelen (8. 2, Nov. und 22. Sopt.) gibt dio Geister (der Verstorbenen) frei. Or&bergang. 
Aller- Hot ligen- Holz = Lignum Guajaci (Eisou* oder Blattoruholz) ; Allor-lleüigeu 
3 Kräuter = Si»ecies hierae picr. Honigkrapfon-Goback. Beschonkung der Godl 
(= Pathen*)Kindor mit Nüssen und Hciligon-Strützel. 

2. — Arme- oder Aller-Seelou-Tag (s. 22. Sopt.). Spitzelstag; Bitehelu = Armenbrot; 

»in die Zelten gehen“. Seeleuzelten = Seelenzöpfe, zopfförmige Kultbrote, die 
von den Pathen an dio Godl oder Seeleuleuto geschenkt werden. Seelen-(Säldeu-) 
Zopf = Weich sei- (Wichtel-) = Hollenzopf. Lebkuchen und Meth ; Brotspitzeln 
(spitzige, mondsicbelartige) Kultbrote; Weizeo-Kücholu. Buchenkohlen auf die 



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Das Jahr im oborbiiyerischen Volksleben ctc. 



111 



Gräber geschüttet; Kinder beten die Seel raus. Die i Dämonen -)K röten gehen auf 
den Freithofen aus den I/»chorn (= Maren-GestaUen aus den Gräbern); das 
Wurmhaus wird offen. Seelenholz, Allerseelen- Holz = Lignum Guajaci (gegen 
den Franzosonwurm) und l^onicera xylosteum (Walperomai). 

3. Hubertus ( = durch glAmcud) (Hugibert, Kunibert, Umbrecht, Hugiprecht, Huppet t), 

der h. Kitter und Jäger mit dem kreuzt ragenden Hirsch aus dum Ardennenwnld 
(+ 727); Jagerpatron. Früher an anderen Orten Jägerfest. lIubertiiB-Ordcn am 
hayor. Hof, nach französischem Muster. Jiigermcase. Hubertusbrote (in Belgieu); 
Hatten patron (s. 6. Sopt.); Patron gegen Hundswuth, Wahnsinn, Mondsucht; 
Hubertus-Schlüssel (nach der Legende dem Heiligen vom Ä|*o«tel Petrus über- 
gebon) gogen Bisswunden toller Hunde, die mit dem hornartigen, glühenden 
Schlüssel auf die Stirne gebrannt wurden. Mit der Stola berührtes Hubertuswasser 
hilft ebenfalls gogen den Biss winniger oder toller Hunde (auch mit 8t Ullrichs 
uod St. Petrusschlüssel , auch Aldingorschlüssol wurden die Gebissenen gebrannt). 
Wallfahrt nach Andain St. llubort, wo des Heiligen Gebeiue seit 743 soin sollen 
und wo in einem Einschnitt der Stirne Kräuter (oder Stola- Fäden) eingelegt 
wurden; nach 40 Tagen sollte die Heilung erfolgen; auch Wallfahit nach 
St Hubert in Oegterreichisch Geldern. 

& Zacharias fhebr. = «ott gedenkt). Pestkreuze (Amulette) (15. Jahrb.). 

5. — Samstag nach Allerheiligen Opferung von 3 schwarzen Pfonnigon (= schwarze 

Hühuor- Ablösung) für die 3 Heilruthinen (Postpatroninen). 

6. — Allerseelen Sonntag. 

6. Leonbart < = stark Wie ein Löwe) ■; Lionhard, Liendl) der Band-Loser (fr«. St. LU-nard ; 11 Ile ei dolle : 
Volksetymologie. Melusine I. 13t»), Uobor den St. Leonhartskult s. Beiträge zur Anthro- 
pologie Bayerns 1891 IX. 109 und 1894 XII. 46 ff. St Leonhart ist der „Manna- 
Liendl“ im Gegensätze zum „Weiber- Liendl“ (St. Kuinerniss 20. Juli); Patron der 
Hainmerleute ; Erlöser der Gefangenen ; Helfer der Kinder begehrenden Weiber, 
der entbindenden Frauen, bei Syphilis, bei Fouersgofahr ; erst seit eiuigen Jahr- 
hunderten blos noch Viehpatron; seine Kapellen, meist in Wäldern uud auf An- 
höhen, sind kottomnnspamit. Der Lconharts-Nagel (phallus) wurde bislang golupft 
(analog: Würdinger Lupfen), aufgelegt und geküsst; Manna- Liendl -Schutzen (ana- 
log dem Jackeischutzen auf Pfingsten); 3 maliger Kapollon-Umritt (Fuhrt in Leon- 
harts Truhen : von Mfinnoru und Fraüeu im frühen Morgutigrauen ; Peilschenknallon; 
Opferung der Ewigrinder aus Eisen und Wachs (an Stello dos lebendon Kindes); 
Brot und Salz wird gesegnet Bauern-Jahrtag (s. 10. November); St. Lconhart ist 
als Viehpatron allmählich der wichtigste Bauornheilige goworden. ln den Li«n- 
hartstiigen = im Juli (s. 4. Juli). St. Leonhart hat Beziehung zum Eisen durch 
die Hainmerleute, Ketten, Nagel etc., so dass Sebast. Frank (1601) sagt, dass dor 
h. lconhart so geizig sei auf sein Eisen, „der gibt’» keinem, mau stehle ihm's 
denn.“ Auffälliger Weise gibt es keine Leonharts- Bluinou. Liendl = ein pupon- 
haft unbohilflichor Bteifer Mensch. Aus Anlass der Leonharts Klotzfigurcn heisst 
jedes Heiligen -Standbild Liendl (auch Stoffol). 

10. — St. Martins-Abend. Im Julianisehon Kalender fallt der Wiuteraufaog auf diesen 

Tag; auf diese Zeit wurden auch religiöse, bürgeilicho und bäuerliche Gebräuche 
von dem germanischen Jahres -Anfang (s. 23. Sopt.) verschoben Beginn des 
gemeindlichen Koch nungsjah ros (früher). Das Kasonnaudi fährt von dor Alm ab 

11. Martinus { = der streitbare, Martialische, s. 29. Sept.) (Marti, Marti, Martini), der seit ca. 500 

verehrte Heilige der Volkerwanderungszeit ; vom 6. bis 9. Jahrh. häufig neben 
Stefan, der ebenfalls ein Heiter ist, gestellt. Scbiinmelreiter und Soldat mit dom 
blauen Mantel. Wetter- Herr; Hirten- und Wolfspatrcn; er sitzt, wio St. Anton 
unter Schweinen, St. Leonhart unter Rossen, so unter Gänsen, eigentlich als ihr 
Hirte. Patron dor Soldaten und Tuchmacher; Pelzmärtel (Winteranfang); er hat 
als Bedienter dpn Teufel neben sich, wio St. Nikolaus den heidnischen Ruprecht 
(Pcrchta Stampa, s. 27. März und 6. Januar). Martins Gestämpe = Perchta, die 



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112 



Dr. M. Hofier. 



ebenfalls am Jahresanfänge and in den Martinsimclilen aaf Stampa-Acckem auf- 
tretende Anführerin des elbischen Dämonen-Schwarms, der die elbische Betrüg« iss, 
die Stampaney, veranlasst. Nach dem Volks-schcrzo ist Sb Martin der lang- 
weiligste Heilige, weil or, obwohl auf einem Rosse (Schimmol) reitend, doch erst 
nach Allorheiligon (s. 1. November) eintrifft ; Dach Anderen ist er wieder der vor- 
nehmste Heilige, weil er, während alle anderen Heiligon zu Kuss gehen, allein als 
Kitter zu I’fcrd erscheint. Auf diesen ehemaligen Neujahrstag, der damit 
nuwh alter Tiuseltag und Zinstag war, übertrugen sich volksübliche, unahschaff- 
bare Gebräuche aus älteren Zeiten. Opfers, hmäusc, bei denen man 8t. Märten 
oder Sant Martine zo lobe und ze miunen trank (Minnetrunk, Martinsminne, Märteti- 
Trunk); Martinswein (Heurigor); die Schdno und .Stärke trinken. Hübner- und 
Giinso-Opfor (Martini-Gockel, Martini-Gans, der den Winter voraus ausagende 
Martins-Vogel). Aus der mehr oder weniger rotbeu Farbe des Güuso-Kuckbcins (pars 
pro toto) weissagte man auf den kommenden Wintorfrost; Gänsebraten (selbst bei 
Bauern früher). Martius-Krapfon, Martinsschnitten, Bockhörndlbrote, Kauchweckeo, 
Freitafel der Hirten. Martins-Haber (loco Pferdoopfer), Pferdo und Schweinchen- 
Stallsegen; Martins* Brunnen; Opferung vod schwarzen Pfennigen (schwarze Opfor- 
gabe zur Dämonen vertroibung) von Seite der kiuderbegohrendeu Woibor. Martius- 
gerte (Lebensrutlie) = Juniporus communis; guter Aderlass-Tag mit Laetizolessen 
und Zecherei, dahor Sb Martini- Kraukhait = Katzenjammer final Monalear Saint Mar- 
tin = (Jurgelweb und ,, martialisch" brennendes Kotblauf, mal Saint Martini). St. Martin ist 
auch Patron der Trinker. Der dünne Martin = dünnor Jörg = Diarrhoe. Maitins- 
Ritto; Schimmelkapellen sind meist Sb Martinskapellen. Wallfahrt der Hirten 
und Bauern zu Sb I,eonbaitskapellen. Martini- Lieder ; Hirten -Jahrtag; Hirten- 
Sprüche; Martini- Freudenfeuer; Feuerrad; Funkentag. Märtel = Juncus campestris; 
Sb Martins - Handl = Potentilla reptans; St. Martioskraut = Sauvagcsia erccta; 
Martins-Korn = Secale cornuturn; Martins-Birken = Hexenbeseo, Birkenreis zur 
Martinsgerte; Sb Martins-Trunk = mit Alant versetzter Kräuterwein; Martins- 
Weinbeere = Solanum dulcamara. Dio festliche Uobereinstimraung von St. Martin, 
Sb Leonhart und St. Michael ergibt sich aus dem Hintergründe der Fcior des 
germanischen Jahresanfanges mit soinon gleichen Gebräuchen. 

17. Florianus ( = mit Blüihen Geschmückter) (Flory), Patrou gegen Fouersgofahr ; auf Häuscr- 
inaucrn abgebildet, meist unterm Dacbgicbel. „Heiligor St. Florian! 0, schütz' 
unser Haus, zünd' and re an.“ 

19. Elisabetha fbebr. = die bei Gott Schwörende), (Lisy, Klsbeth, Elsa, llsa) ; die fromme Land- 

gräfin von Thüringen, Elsa, wurde mit dor lautlich verwandten Elisabeth der 
Bibel verschmolzen. Die „rauhe Else“, (1221) eiu behaartes Waldweib; die gute 
Hetha = Porchta (s. 3. Januar) ; gute Bethatag = 3. Januar. Lise = eino dumme 
Persou (Norddeutschi.), grosser Triukkiug, Strohlagor, die beide immer zur Hand 
sind, zu haben sind; dumme Liese; Kittor-Else = eino beständig kichernde, weib- 
liche Person; Train pel-Lise — Hexenname (Stampe?); faule Liese = Anagallis ar- 
vousis; St. Elsbeth-Bluinenkraut = Uelianthemum vulgare. Elsbeth-Kapollen. 
häufig im Walde, ßet s. auch 16. September. 

20. Korbinianus (Kurbi); Korbinian-Eichen, -Brunnen (lokale Hirtenfeste). 

21. — Mariä Opferung (Haaropfer); guter Haarschneidetag. 

22. Caeciiia (*dio Blinde), (Cilly) ; dio Patronin der Musikanten, Geigenmacher. Cäcilien-Kraut = 

Hypericum porforatuiu, androsaemum. 

25. Katharina (Kathl, Kathrein), von Alexandrien, mit dum Rade, dom Bilde der Sonne ; 

Patronin der Gelehrten und Studenten, d. h. der früheren Kalondermacher, die den 
Sonnenlauf berechneten und die Wetterprognosen stellten; daher auch Wetter- 
prophotin; sie löst alle Ringe und Bande. An diesem Tage darf kein Rad (Mühl- 
rad, Spinnrad, Schloifrad) gehen; Methtag; Habtag, an dem sich dio Geliebten 
„haben“. Tauztag. „Kathrein — stellt den Tanz ein.“ Am letzten Tanztag vor 
dem Advent: „Hou(n)t is Kathrein, nat ein Jeder die soiii(ige), Wer s‘ net hat, 



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Das Jahr im ober bayerischen Volksleben oto. 



113 



Der mag s' oet.“ Früher Scliweiuskopf-Geld für die Siechen in den Spitälern als 
Kultosseo am St. Andreas-Abend (30. Nov.). Mau schoitt früher vom Kult-Opfer- 
tiere deu Kopf als Opforgabo ab, der zurückbleibeode Kumpf oder Bottich, d. h. 
dessen Ilaut dionte zum Bottich, das Fleisch zum Sippenmahio. St. Kathariuou- 
Blume = Agrostema Gitbago (Kornrade, Radblunio); Katharinen- Blumonaamou — 
Semen Nigellae; Katharinen-Wurz = Arnica montaua; Lioaria vulgaris ; Aconitum 
Lycoetonum; St. Catharin-Badl = Nigolla sativa ; Katharinen- Flachs — Linaria sp. 
Katbaiinen-Ool s. 30. April; Allweisac Katharine = Aloe. Kathareinlein (xä&appa) = 
Augenunroinigkeit, Augonbuttor, Groek. Katharinen- Wiel = rad förmig sich aus- 
dehnondor Ringwurm der Haut (s. auch 30. April). 

30. Andreas (an &vqp = Mann), (Aodni, Anderl); + 69 an einem schriig gestellten Balken 
(Andreaskreuz X). Sein Tag wird seit dem 5. Jahrhundert gefeiert. Was an 
diesen Tag (u. St. Nikolaus) sich nach der Einführung des Juliauischen Kalenders 
angoheftet hat, sind Vorzeichen der heiligen Zeit der Wintersonnen- 
wende unter Einwirkung der kirchlichen Advent Feier. Andreas 
ist Patron der alten Jungfern, die noch beirathen wollen Andreas-Nacht — Loos- 
nacht für deu Zukünftigen {Ehemann), man hört Hundebeilen in der Richtuug, 
wo der Zukünftige kommt. Andreaszweige blühen in der Nacht. Ueber St Andreas 
als Heiratlisstifter s. Urquell, 1897, S. 69 ff., 191; er ist der gütigste aller Heiligen. 
Wer am Andreastage stirbt, kommt „vom Mund auf“ in den lliinmet (s. Urquell, 
1891. Nr. 2 .); die an diesem Tage verstorbenen Kinder sind goistorsiehtig gewesen; 
das Andreaskreuz ist als Kreuzeszeichen ein Mittel gegen Zauber, Kaltweh, Vor- 
gicht; Schweiusopfor (früher). Androasmünzeu (17. Jahih.) mit dem Andreas- 
Kreuz. Gebet an den hl. Andreas beim St roh bett-T roten der Verliebten; der 
nackte Fuss, auch der Pantoffel ist ein Fruehtharkeits-Symhol (Zelttebr. d. V. I. 
Z K.. 1H9I, 8. 49). Ilulzlziohnn (in Böhmen Tremclciuben) = LoosUDg mit dem Holz- 
kreuze. Andreas -Krank heit = Jgnis sacer, Schwoino-Rothlauf, auch St Antoni- 
Krankhcit (wegen des Schwnineopfers) und Vergicht, Gicht. Andreas-Kreuz 
Gnlium cruciatum, auch die sechseckigen Schneeflocke» heissen Andreaskreuz ; 
die Audrcas-Nncht ist die erste Klöpfolsnavht (Glöokleiabend), in der mit dem 
Hammer (Kultobjekt) au die Thören geklopft wird — in die Klopfe Umächtc laufen; 
darum feiern auch am folgenden Tage die „Hammerleute“. ln Böhmen heisst der 
St. Andreas!** Anlsrh-Fest, wegen dt-* mit Anis (Pimpinella anismn) bestreuten Kultbrotes. 
l'implnell = BltH-rnell war t-ln alles, lumonni vertreibendes Uewürs. 



XII. 

I lezember. 

(1512) der zehend rnonat (Ueberseuung de* lat. DMombtf). 

(16. Jahrh.) vollril, volrot (» Vorrats- Monat, Krntefülle). 

(ahd.) heilag-manöth, hellug-manöth, (1164) hailich-manoth, (1587) heylig-mancd -- heiliger Monat (wegen 
der Christnacht) ; crist-, cliriM-rnnued — Christ monnt; (1594) hoere-monat = höhere Monat. 

(ahd.) herti-, herte-, hart-manoth. (1331) hardmonad ; (1425) hard<-maned ; (1182) hartinan (wegen der 
Frostharte) — Hartmonat. — (angls.) gluli, geola — Julmonat (a. 25. Detcmber). 

(14. Jahrh.) der wintermaned, erst wlniermaned, andere winlcromant ; (1370) winternianat; ander Winter- 
monat; (1477) der Winter. 

(15. Jahrh.) slachtmün = Schlachtiuonat (wegen des Schweinescblachteus) ; Ebcrmouul, Schweinsmonat. 
(1517) wolff-, wolffs-marn-d = Wolfs Monat (Wolfssegen). 

(1591) Kindlmonai (s. 6. und 28. Dezember). 

(14. Jahrh.) Martlnsmun m Martinsmonat (*. 11. Nov.); zeitlich nahe Monate halten öfters einen Namen 
oder tauschen Ihn. 

BtcfTnman - Stephans-Monat («. 26. Dotember). 

Thomas-Mond (s. 21. Deceinhcr). 

Andreas-Mond (s. 30. November). 

J alt res- Ende- Monat. LcUt-Mo tiat. 

Beitrüge nur Anthropologie. XIII. Bd. :t. Heft. u 



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114 



Dr. M. Hofier. 



1. — Uriglückstag, weil Südoma und Gomorrha an ihm versunken sind. 

1. Eligius (= der Arme), (Gilg), Tran*, ßt. Eloy; Bischof von Noyon (7. Jabrh ). (Gloy-Tag) der 
Pferdehoilkünstlcr, Sehmied, dessen legende mythologisch ist und schon früh in 
romanischen Ländern auftritt; er hat mit dem Balder des Merseburger Seg«?ns 
keine germanische Beziehung (Melusine VI. 78.) ; er ist Patron der Hammcrleute 
(Schmiode), sog. Nagolpatron wie St. l.eonhard (s. 6. Nov. und 30. Xov.), auch 
•Skorbutjiatrou. mal de ßt. Gilles = cancer. ( 13 Iß) morbus St Eligii = uleera, 
apostema, flstula ani. Gilgeokreuzer wurden bei Gehärmuttorleidon geopfert (Stell- 
vertretung einer eisernen Votivgabe) (s. 1. Sept). 

1. — 1. Advent- Donnerstag. Advent ist die sog. gelungene oder geschlossene Zeit, 

(15. Jahrh. vertun no alt = wptuaKealma, a. 6. Febr.). in der keino Heirathcn statt- 
tinden sollen; denn die elbischen Dämonen, von denon das Perchtl am Donnerstag 
im Advent zum Fenster bereinscliaut, haben Einfluss in diesor Zeit auf die zu- 
künftige Frucht. Herumwandornde Heiligenbilder wurden an diesem Tage (als 
Genesuugsmittel) zu den Kranken getragen (Frauentragen'. Klöpfolsnacht. Klopfen- 
gehen mit dem Hufe „bolle, holle, Klopfesnacht!“ (s. 30. Nov.). 

2. — 4. Abgang des Mondes und Zeichen des Krebses; schlechteste Adorlasszeit. 

3. Franziscus Xaverius (Xaverl). Xavori- Wasser. 

4. — 2. Quatember-Sonntag. 

4. Barbara (= die Fremde), (Bärbl, Babet, Barljet [= Borbet], Wawe, Waam); fr», ßt. Barbe 
durch Volksetymologie Patronin der BorsLenmacher (la barbe). St. Barbara, die edle 
Braut, eine der 14 Nothholfer = die Borbot (a. 16. Sept), als wabrnehmonde 
Schicksalsfrau, wird in der Todesstunde angorufen. Sie ist (als eiue Vertreterin 
der in Lochern hausenden drei Fräulein, «. d. Verl. Baum» and Waldkult 8. s u. 9) auch 
Patronin der Bergleute, Artilleristen, Mineure, der untorirdischen Geweihe und 
Feuerwehrleute: St. Barbe = Pulverkammer auf franz. Schiffen; Barbara- Wurzel 
= Allium Victorialis (= Kraft, Siegwurz) verleiht Unverletzbarkeit (= Allernianns- 
harnisch); Barbarakraut = Erysimum barbaroa L ; Barbelkruut — Barbaren vul- 
garis R. Br. (Horba Barharae); St. Bärbel k raut = Daphne Mezereum , Solanum 
uigrum ; Barberstaude = Arctostaphylos uvao ursi; Kirsch bäum -Zweige, am st. Bar- 
baratage ins Wasser gestockt, blühen in den Weihnächten (Barbara- Baum). Bar- 
bara =s Kadix rhei (Rhabarber). Siehe auch: „Die Schutzheilige ile« 1 . Dewmber" ln 
Miincbcoer Neueste Nachrichten 1892. 4. Dcxbr Umbindung der Übstbäumo mit Stroh 
gegen die Hexen. Barbarazwei ge, die in der Christnacht treiben, entsprechen 
wohl den Porchtaboschen. 

6. Nikolaus ( ~ Volksbchemchcr) (Klaus, Klos, Sanaklos, Klas, Nikolo, Nickel), ein beliebter 
Bauernname. Die Verehrung des Heiligen hat sich erst seit dem Ende des 
11. Jahrh. ausgobi eitet ; er gilt in der Legende als kiuderliobender Bischof, welcher 
auf Abbildungen 3 Kinder in der Wanne (= Schaffellen, Schaff) zeigt und 3 goldene 
Aepfel (Fruchtbarkcitssymbole; Apfel essen mögen [wie Adam] = nicht impotent 
sein) ; auch Nüsse (Frucbtbarkcitssymbol) und Birkenruten vertheilt der Geschenke 
einlegende oder Kinder beschenkende Nikolaus auf soinem Umgauge in Begleitung 
des Knechts Ruprecht (dies an anderen Urten ; hier zu Lande heisst dieser Klaub- 
auf oder Wauwau) Ucber den Knecht Ruprecht und seine Genossen s. Urquell 
1898 S. 142 u. 192. Ruprecht (s. 27. März) erinnert hier sehr an die Perchta- 
ligur, die vorn christlichen Bischor zur Kindenrchenche erniedrigt wurde. 8t. Niko- 
laus ist anticipirter Vertreter der biblischen Weihnachtsiiguren ; in sein besiegtes 
(heidnisches) Gefolge hat sich die „I‘erchta“-Figur als Kinderbringerin umgewandelt. 
Was sich au den St. Nikolaustag sonst im Laufe der Zeit augeheftet hat, ist als 
Vorzeichon der heiligen Zeit der Wintersonnenwende unter Ein- 
wirkung der kirchlichen Adv ent zeit aufzufassen. (Wcinbold, z. d. V. f. v.- 
K. iS»» 231.) Er ist darum auch Patron der .Schuljugend, dor im Wasser (Badschäffel) 
ertrinkenden, aspbyk tischen Kinder, der Flösser, KaPbrenner und Schiffer in 



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Pas Jahr im oberbayerischen Volksleben etc. 



115 



Wassern öthen und der sog. Sautreiber (Lärm und Rummol am Klasentag). Der 
Nachtklas ist guter Klus, der Rumpel-Klas = böser Klas. 

„Heiliger 8t. Nikotas! 

In meiner Noth mich nit verlass. 

Kommt heunt zu mir und legt mir ein 
ln moin klomes Schiffolein, 

Damit ich Euer gedenken kann. 

Dass Ihr seid ein braver Mann. 14 

Papiorsohiffchonspiel; liebzelten in Schiffchen form, in Gestalt des Bischofs, Männlein, 
Hirsch, Hase, Reiter und der Spinnerin (= Perohta) ; Nickel = ein kleinor Mensch, 
kriippelhaftes Kind (im Gegensatz zum grossen Hanns); der Koboldnamc Nickort, 
Nix, Nickel spiolt hierbei herein; für St. Nikolaus arbeiten = für Nichts (Nix). 
Nickel findet sich dosshalb in vielen Zusammensetzungen in der Bedeutung des 
Wichtes. Das Putenmannl (Klaubauf) wird io thierähnlicher Maske umhergeführt 
(Berchtesgaden). .St. Nikolaus, dem man nach Plant 12 dio Gaben in einotn Schuh 
(Fruchtbarkeitssymbol) darbringt, geht namentlich in Flachsstuben um; vor seinem 
Umgänge beten die Kinder iu Wolfratshausen : „Heil. Nikolo, bring mir einen böhm- 
ischen Gockel oder eine zigeunerische Henne." Pelznickel (Winterflgur). 8t. Nikolaus 
•oll Patron der i^pro*en «ein. (?) Vorfeier der germanischen Winter • Sonnen- 
wende. Nikolaus-Umritte; Bergfeuer; Schweinskopf-Essen (Schwein-Nickel, Sau- 
nickel); Frauentbalor-Geschonke an dio Klöster (Ablösung des Sch weineopfers) ; 
Nikolo-Birnen; Kletzen-(Birnen-)Broi; Nudeln (Kultspeise); abgeschaffter Feiertag 

6. — Schwendtag. 

8. — 2. Donnerstag im Advent (s. 1. Dezbr.); Klöpfelsnäehto, Boxeinächte; Birnbrot 

mit Fähnlein; K rip|«*nzeit beginnt. 

8. — Mariä -Empfängniss, Klcibl- (= Ge-Leibgewinnungs ) Tag; früher der verhohlene 

Frauentag genannt; Frauentragen (in Tirol). 

11. — Scbwcndtag 3. Quatember- oder Advent-Sonntag. Quatember-Kinder = Sonntags- 

Kinder. Die 3 Sonntage vor Weihnachten sind dio .Stampanüchtu, iu welchcu dio 
Stompa (Stampa) diu Menschen tritt im Alptraume, Alpdruck und elbische Sonn- 
tagskinder erzeugt. 

12 Luzia (= diu Leuchtende, mcbilae). „Frau Lutze“ sehr wahrscheinlich = Perchta (= die 
(•lenzende), die sich aus dem Cieisterschwarm , der in der „längsten Nacht“ 
(=i l.uziennacht) umzieht, als Frau Fasto oder Fmu Lutze erhebt und ihren Namen 
nach der Schwarmzeit erhielt (auch dio Spinnerin genannt). St Luzia ist durch 
Volksetymologie Patronin für Augenkrankheiten und (als stellvertretende Perchta) 
für Bluttlüsse. St. Luzienacheio = Uexenauge, Triefauge; St. Lnzienkreuz iu Weiden- 
riuden (Pämonenvertreibung) ; verfressene, versoffene Lnzei (bei abgoblasston Dä- 
monengestalten bleiben solcho Schimpfworte); Lucienskraut — Ainica montan« 
(Mutterwurz); Luzienholz = St. Bailurazweig (s. 4. Dezbr.), Prunus Mab kleb wegen 
ihres Standortes am Minoritenkloster St Lucio bei Michel, aber auch =. Prunus 
padus (A lab -Samen = Elsen) = Luzienholz ; Ottilienkraut = Cousolida rcgalis ; Del- 
phinium Consolida = Günsel == consol(ida) = Wundkrant. 

12. Ottilla («Rrbgut-Herrln), (öttily, Tudl); Patronin der Augenkranken; ihr Bild hat zwei 

Augen auf oinem Buche; Haupttrudon-Nacht; Schüleraufzügo früher; Ottilien- 
bniniieu. 

14. — Quatembermittwoch. Quateraber-G'sundbädcr ; früher Aufzüge der Siochon in die 

Kirchen zum Schutze vor den Krankheiten 

15. — Schwendtag. 

17. Lazarus (Lazari); der arme Aussätzige in dor Bibel. Lazaius-Krankhoit = Morbus St. La 
zari = Lepra; mal St. Ladre; dio sog. guten l^eute wohnten in ljuaretten {156(3 
lazarclto; lazzaronl = lea lCpreux vivant hont de la vllle): Lasorkraut = lazarwort Laser- 
Sucht = Lazatusübol, Lazaruskrankheit. Lazarustropfen = Tinct chinae comp. 
Iazaribüelior = Heitinittel-Manuscript für Einsiedler und Klosterleute. 

8 * 



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116 



Pr. M. Hofier. 



17. — 24. — Work woche ; Gäuwoche ; Nidolnäehte, dio sieben Nächte vor Weihnachten, Klöpfel- 

nächte. Nidel-, Nudel- Kultgobäck io Knödel form (ahrt.) cmstula orionuüe* vocant 
Kenn« panl» quod non vocnmiw neoriea. 

18. — Vierter Adventsonntag. Quatemberfeior, in alter Erinnorung an frühere Seuchen 

mit Kasten (an den Quatembertagen) gefeiert Traueramt mit Gräborzierde an 
einigen Urten. Thomasnacht; Nidelnacbt (H. J«brh ); lange Nacht (s. 12. Dez). 
An Kreuzwegen, wo sieh die Wege kreuzen, an sog. Unstätten ist io dieser 
Nacht der Zauber besonders thättg. 

12. Thomas (hebr. = d<*r Zwiiiinafibruder), (Toma, Tömel, Demml). Das wilde G'jaid (Windgottheit) 
geht um ; Rumpelnacht; Heinzolhier für die Armen. Thomaszucker = Sacch. 
cristall. fuscum (an Stelle der früheren Honigkultspeise). Honiglobzelten in den 
Spitälern. Thomas-Balsam = Balsam tolut. Thomas-Ringbrote; Halter- (= Hirten-) 
Segen. Thomas-Schwein (Kultspeiso) ; Pan to Bel- Werfen; Kunkeln; Löseln Blei- 
gioseen mit einem Kreuzschlüssel (a. Andreas, 30. Nov); man sieht den Aller- 
liebsten und den Teufel. Mädchen sagen an diesem Tage : „Strohsack (= I^ger 
der künftigen Kntbindung) ich tritt Dich! Hl. Thomas! ich bitt Dich, Lass 
mir heut* Nacht erschein en) Den Herzallerliebsten mein.“ Auch die Hausväter 
sprechen verschiedene Khesegen in der Thomasnacht. Kranbcoren und Krauen- 
kräuter worden in die Räuchorungs-Gluthpfaime geworfeu (Rauchnacht). Thomas- 
Geisel es Lycopodium Phlegmoma. 

21. — Mittwoch vor Weihnachten. Frohnfastnacht; Hexen- oder Sträggeluacht, Prftgel- 

nacht; F rohnfasten- Kinder sind eingelegte Wechsel bälge, dio die Dämonen als 
ihre elbische Brut don Kindern der Menschen unterschieben, besonders zur Zeit 
des Kl bensch warm es in der längsten Nacht des Jahres (Nachtalp- Wirkung). 
Um dieso Zeit muss dAs Fasten eine allgemeine Volkssitte, oino heilige (fron 
Sache gewesen sein (Fron fasten), ein sog. Hoche-Zeiten-Tag, vor welchem das 
Volk fastete, d. h. kein Fleisch ass zur Sicherung vor Fieber. 

22. — Vierter Donneistag im Adveut. KlöpfelsDacht; Anklopfon und Singen. 

24 — Christ-« Nacht“, Weih- „Nacht 4 *. Krste Kaucbtiacli»; jeder der zwölf kommenden 

Rauchtage zeigt das Wetter der kommenden zwölf Jahresmonate an. Wetler- 
i/oostag. Räthsel-Lieder Der in der Christoacbt blühende Baum = Weihnachts- 
bäum. Weihnachts-Tau (!) gilt als besonders fmchtbar, doch sieht man den Schnee 
auf Weihnachten gerne; grnno Weihnachten — weisse Ostern. Liegt kein Schnee 
auf Weihnachten, dann sterben viele KmdMterinnen (die Sippe wird unfruchtbar' 
Händlern -Pfennige (stellvertretend für ein anderes Opfer) wurden in die Obstbäume 
guschlagen, und dies« gegen dio Hexen mit Stroh umwickelt. Dio Hühner 
werden zum besseren Eierlegen in dieser prognostisch wichtigen Nacht besonders 
gefüttert; dio in dieser Nacht gelegten Eier werden zu Pulver gerieben und 
für s Augenfell verwendet. Der in dieser Nacht gesponnene Zwirn wird, zum 
Kleid vernäht, dieses lausfrei machen. Schuh- und Panloffelworfen wie in 
der Tbomasnacht (s. 21. Dez); Wachs-, Zinn- und Bleigiesson (^= Fetttropfen 
vom Opforthiero als augtirium). Das Vieh, das iu dioser Nacht weissagen 
und Gesichter anmeldeu kann (= Opfer-Augurium), liegt dabei nuf den Knieen. 
Dio Dirnen liegen neben den Stallungen, damit sie das Vieh reden hören 
(= das Weib als Opferpriesterin verstand allein das Augurium zu deuten), 
ln der Weihnacht soll dio gegni Suchten und Pest heilsame Christwurz (Heim- 
wurz, Helleborus niger) eingetragen werden. Das Baden in der Weihuacht galt 
als besonders heilsam. Kultbrote: Birubrot, Lebzelten, Marzipan, Ringbrote, 
Hauswolf, Woihnachts-Strützel, -Bretzel, -Nudeln. Rauchweizen in der Milch; 
Rauchkäse erhielten die Bader; Grünfuttor und Aeltron werden an die Elemente 
(Witnlgeister, zur Versöhnung) ausgestreut; Aufstellen eines Perchtelboscheo (Flchten- 
kopjt« für die Däinoniu Porohta) auf der Gattersäule des Escbzaunes; erst in 
nouoster Zeit auch Weihnachtshaum im Hause. Weihnachtsrosen, Barbarazweigo 
gehen auf, Blumen Muhen (Sonnenwende); (Jhristfeuer; Ohristbrandholz, davon 



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Das Jahr im oberbayerischeu Volksleben etc, 



117 



werden Splittor (Opferbrand-Rest) unter» Bott gelegt, Schweineachlacbten (= Jul- 
Eber); Saumetton; Metteukuoehen ; Metten Würste werden in dieser Mettonnaeht 
(matutina) gegessen (nächtliches Opfermahl); Mettenholzbloek (= Jul klotz, Julblook 
ss da» auf das IlauNinnere beschränkte Sonnwendfouer). Esstische werden an 
Kotton gelegt (Absperruug des Mahlplatzos) ; die Mädchen erhalten ßirnbrot- 
Sponden. Die Untorsberger Mann! sind in der Kirche (Kultplatz) sichtbar; obonso 
dio Hitzen; auch geht es in »Wallburg“ (Walpurg) um. Weihnachts-Gobi = 
Christkiud. Blasen mit Almenschalmeien in Kirchen. Weihnachtslied. Krippen- 
besuch. Umtragen von Bildern mit der schwangeren Maria (Tirol), sog. Frauen- 
tragen. 

25. — Christtag; Gottes-Friede (Trouga Dei). Christdornkörner == Fructus cardui Mariae. 

Christi Gnadenkraut = Horba hyperici. Christi Kreuzblut = idem. Christ- 
Wurzel = Holleborus = Arnica mont, Rad. Helenii, Pyrethrum gern». Winter- 
Sonnenwende. (Mittwiuter, Julfest), wildo Jagd oder das wütheudo Hoer gebt 
um. Stillstand und Wiederaufsteigen des .Sonnenrades, das mit Lustbarkeit (angls.) 
geobliol, aehhol. geol« joculu», Joll] gefeiert wurde (Julmonat). 

24.-6. Januar. Zwischen Weihnachten und hl 3 Könige (s 6. Januar) fliegt (an anderen Orteu, 
15. Jahrh.) Hera (= Perchta) durch die Lüfte, dies sind die sog. Zwischcnuächte, 
in denen der Seelen- (Maroo-, Elben ) Kult am stärksten hervortritt. Die 12 heiligen 
Nächte, Unternachte; Kauchnächto (Küebentage). Rauch- Uiuten; Hauchweizen 
(Kultessen); Rauch- Wecken; keine Erbsen oder Bob non essen, sonst bekommt man 
aus Rache der elbischen Dämonen II autsch wären, Hautflecken oder wird verwirrt 
(= hat Bohnen gegessen); früher „Dezember-Freiheit“ in den Rauch mich ton ; dio 
Hexen werden durch Schlagen, Peitschen, Schlossen aus den fruchtbaren Obst- 
bäumen Vortrieben, um im küuftigen Jahre eine gute Obstornte zu haben ; Be- 
räucherung des Hofes und dor Stallungen au den Donnerstagen in den Rauch- 
nächten mit Himmolauffahrtsblumeu und Königskerzon : Heuopfer; die Kraft der 
Hexen ist in dieseu Nächten am stärksten, daher dio stärksten Mittel nothig sind; 
auch die 3 Fräulein erscheinen: das germanische Todtenfest fiel in die Zeit 
de» Jahresbeginnes, s. 29. Sopt. 

26 Stephanus i=* der Gekrönte), (Stöffol), = WinterstÖffel. (sOg) ►tephandaghr ; der grosso 
Pferdetag, au dem man geweihtes Heu und Haber den Pferden zu fressen gab. 
(1609) St. Stophaosbrot = Haberbrot. Bündeltag (14 Jahrh.) — Verdingtag der 
Dienstboten; der eigontlicho älteste Viehpatron; Patron der Kutscher und gegen 
verhexto Rosskrankheiteu ; StefTel.stag ; Pferdetag; Haberweih; Pferde- Aderlass (im 
17. Jahrhundert verboten, aber immer noch geübt = Rossopfer); Pferde- Um ritte; 
Steffels-Groschen (Opfergabe, stellvertretend) in dio neun Stoffels- Aepiel gesteckt ; 
Steffcls-Meth; Hühnoropfor au Stephansorton ; Schweinskopf-Easeu ; Stoffelrausch 
(d* Letzt'); der Bursch wird von seinem Mädchen zum (Brot-) Lai bausch neiden 
eingeladen. Milch mit Kahm zum Frühstück. Steffols- Körner = Semen staphidis 
agriao von Deiphiuium offio. = Läuseköruei ; Stefanienthee = Herba pulniooaria; 
Stephanskraut = Circaea (Hexenkraut). 

27. — Steffel-Nachi (= Nachfoiertag). 

27. Johannes Ev. — der ewige (Ev.) Johannes; der Johannes in den Winter Weihnächten im 
Gegensätze zum Sommor-Johannes (24. Juni) ; die» ist der sog. Engetinanu oder 
unschuldige Kindermann (s. 2b. Dez.), dessen Tag dor sog. Kimlornacht voraus- 
geht und eigentlich nur eine Mitfeier des Kiudleintages ist (s. 5. Januar). Uauns 
Wurst (wegen der Mettenwurst). Wein-Hanusl, Schnaps-Hanns! ; St Johannes- 
Wein, ein „einweudiges“ Amulett gegen Suchten (Johannes-Minnetrunk Ihm Hoch- 
zeiten und vor Reisen); Johannes-Segen für den Viehstand ; Johnnnes-Singen; 
Johaunesbrot ; Johanues- Wasser für leichte Entbindungen. Der St. Johannes-Wein 
geht von Mund zti Mund: „Ich bring dir 'n St. Johannes- Wein.“ Antwort: „Ich 
g'segn dir ’u St Johannes-Segen.“ Salzstein-Weibe. 



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118 



Dr. M. Flöllci, Dos Jahr itu ober bayerischen Volksleben etc. 



28. — Unschuldige Kinder oder Kindleiutag, nach christlicher Logendc der Tag, an dem 

die Kinder zu Hcthlehem gemartert (gomertolt) wurden. Dio römische Kirche 
passte sich für diesen Tag Obenfalls dem vorhandenen deutschen Volksglauben an 
und vereb ristlichte deu Perchta-, Hora , Holda-Kult, (die Anführerinnen der un- 
geboronen oder abgestorbeneu Seelen, Elben, der nicht getauften und noch kom- 
menden Kinder) in diesem Feiertage, der seit Karls d. Gr. Kircheuorduung schon 
besteht. An diesem Tage wurden die Miidcheu aufgekiudelt, gefitxtelt, gepfcITert 
mit der Kindl-Kute (= Wachholder, I>ebensrutc) ; daher auch Pfefferieinstag, 
Fltaleiutag genannt; PfefTcrzelten (Lebzelten vom Kramer) lösten dasselbe von 
der erotischen Sitto; dahur auch der Spruch: „wer Knien kindlen will, muss 
Kincrit auch krainen“, muss dom Müdchoo auch e.n liitizcl kaufen. Nach diesem 
Tage heisst der Dezombor bei Ftechart (1504) auch Kiudolmonnt. Sch hierauf* iigo 
mit Gregory (b. 12. Mäiz); Uischofsspiel in den Schulen; Stomsänger. Kultgel.äck 
(Wickelkinder, Hühner etc ), das bei Feuersgcfahr iu die Hrandloho gewoifcn wird 
(Ablösung des vollen Opfers). 

31. Sylvester (= Waldmenoch, Wilder), (Vestl, Vester) ; Viob patron. Wallfahrten der Futterleute 
zu Sylvester Kirchen (um ein gutes Jahr). Sylvostorblümel = Veiouica Ghamaedry». 
Sylvestern acht Löwin, Wachs- und Blcigiesseu (Tropfen), Kalender verbrennen. 
Händlein-hrol in Kletzenbrüh. Neujahr- A uschiessen (Dämonen vortroiben), Neujahr- 
Anfängen, früher namentlich vor den Thüren schöner Mädchen 



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Eine bronzezeitliche Gussstätte auf Münchener Boden. 

(Mil Tafel s und zwei Abblldungeu im Text.) 



I. Fundbericht. 

Von 10i*n«!it Kruif. 

Anlässlich der Kanalisationsarbeiten in der Widemnayerstiasse zwischen 
Liebig- und Prinzregentenstrasse wurden am 8. Februar 1899 von Arbeitern, 
welche mit der Verschalung und Verbolzung des Kanalbauschachtes betraut 
waren, Bronze-Erzeugnisse aus prähistorischer Zeit ausgegraben. Ohne dass 
die Bauleitung vorschriftsmässig in Kenntniss gesetzt worden war, wurden 
die Funde von den Arbeitern theilweise an sich genommen, theilweise in 
Verstecken untergebracht. 

Durch einen glücklichen Zufall kam ich nach Verlauf von etwas mehr 
als drei Wochen, am 3. März, in den Besitz eines Schwertgrifi'es mit Scheiben- 
knauf und Klingenansatz, sowie eines Theiles einer Schwertklinge, was mich 
veranlasste, sofortige Nachforschungen anzustellen, wann und wo diese beiden 
Gegenstände gefunden, beziehungsweise ausgegraben wurden. Wohl konnte 
ich in Erfahrung bringen, dass es der ausgegrabenen Bronzeerzeugnisse 
mehrere waren und dass sich dieselben in verschiedenen Händen befinden, 
nicht aber Zeit*) und Fundort. Dnrch gütige Worte und Geldversprechungen 
gelang es mir, die in fremdem Besitze befindlichen Fundgegenstänüe, zwei 
Lanzenfüsse und eine Lanzenspitze, ferner ein Bruchstück einer Schwertklinge 
zu erhalten Zwei Lanzenspitzeu wurden weitab vom Fundort unter Holz- 
laschen versteckt aufgefunden. 

Nun galt es den Fundort der Bronze-Erzeugnisse selbst ausfindig zu 
machen, was um so schwieriger war, als genauere Anhaltspunkte hiezu fehlten 
uud die Angabeu der Arbeiter, weil sehr widersprechender Natur, in keiner 
Weise verlässig waren. Ein Ausweg, der zur Ermittlung tühren konnte, bot 
sich in der sofortigen Ausführung der sfimmtlichen seitlichen Hausanschlüsse 
und Strasseneinlaufe. Trotzdem dieselben in beträchtlicher Tiefe (4,5 m 
durchschnittliche Tiefe am Kanalanschluss) ausgeführt wurden, gelangte ich 
zn keinem Resultate. Ich hätte, wie sich später herausstellte, auch zu keinem 

*) Obigo Zeitangabe konnte ich nachträglich aus den Aufzeichnungen über den täglichen 
Stand der Arbeiten festatellon. 



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120 



Ernst Brug. 



gelangen können, da sieh die Bronzegegenstände in weit grösserer Tiefe vor- 
fanden, als die Anschlüsse sich erstreckten. 

Zur Zeit der Ausführung der seitlichen Anschlüsse wurde der über- 
flüssige Erdausbub, vom Hauptkanalbau Schachte noch herrührend, abgefttbrt 
und hiebei nicht ermangelt, auf ersteren während der Abfuhr ein besonderes 
Augenmerk zu richteu. Diese Vorsicht wurde belohnt durch Auffindung 
zweier Bronzelanzenspitzen nächst der Liebigstrasse, ein Umstand, der mit 
einiger Sicherheit daraut schliessen Hess, dass der Fundort nur in nächster 




Nahe, d. h gegenüber dem Erdaushub, in dem sich die Gegenstände vor- 
fanden, zu suchen sei. 

Es wurden nun nach eiugeholter bauamtlicher Genehmigung am 10. April 
oberhalb der nördlichen Hausflucht der Liebigstrasse längs des eingefülltrn 
Kanalbauschachtes auf der westlichen Seite desselben (westlich der Kanalaxe, 
dicht an der Verschalung der Baugrube sollen sich die von den Arbeitern 
ausgegrabeneu Bronzegegenstände befunden haben) ein 11 m langer und 



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Eiuo broozozoiUicbo Gussstätto auf Uüuchonur Buden. 



121 



0,!I0 m breiter Schacht abgetrieben, und bereits am 12. April Nachmittags 
stiess man 6,0 m oberhalb der erwähnten Flucht in der Tiefe von 
4,!)4 m nach Durchbrechung einer ungefähr 10 cm starken sehr 
widerstandsfähigen, anscheinend tertiären Kalkmergelscbichte auf eine Bronze- 
lanzenspilze. Nach sorgfältiger Entfernung der ersteren wurden weitere zwei 
Lanzen-Füsse, Lanzenspitzen, eine Schwertspitze, ein Kelt, ein Messer, Bronze- 
klumpen etc. ausgehoben, welche, in einem Gemenge von anliegendem Tertiär 
und Gerolle eingebettet, in einer Fliuzmulde am Sudende des Scbttrf- 
schachtes lageu. 





A l'mgearbeiu ter Urund. B Alluvialgcrollschlchte. C Anscheinend tertWtie Kalkmcrgclschk-hte. 
JJ TeriiAni'mdM.'hlt-lit« tFlinzsund). E Ende der Kalkmeigelachichte gegen Süden, f Fundstelle 
der HrunzevrirugnlMe 0 Anstehendes Teruar (Plins). 



Dass der Fundort entdeckt war, war ausser allem Zweifel, biefiir sprachen 
mit Sicherheit obige Lanzen Filsse und Lanzenspitzen. 

Der Längenscbnitl des SchQrfschacbles von Süd nach Nord zeigt auf eine 
Länge von 4 m die verschiedenen Untergrundschicbteu und die Lage der 
Bronze-Erzeugnisse 



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122 



Ernst Iiiag 



A. Umgearbeiter Grund *) 

B. Alluvial-Gerölle. 

C. Anscheinend tertiärer Kalkinergel. 

D. Terliärsaiidschichte (Flinzsand). 

G. Anstehendes Tertiär. 

F. Fundstelle der Bronze Erzeugnisse. 

Ob der anscheinend tertiäre Kalkinergel, welcher am Südende des Schürf 
Schachtes bei E plötzlich aufhörte, wirklich der Tertiärformation angehört 
oder ob es sieh nur um aufgearbeitetes, mit Kalk infiltrirtes Tertiär handelt, 
welches angeschwemmt wurde, kann mit Bestimmtheit nicht angegeben werden. 

Die Flinzschichte G verliert sich sowohl gegen Süden, wie nach Norden 
rusch, während sie gegen Westen ansteigt. Ziehe ich in Betracht, dass in 
dem nebenan liegenden um 0,80 in tiefer ausgehobenen Kanalbau Schachte 
seiner Zeit keine Spur von Fliuz beobachtet wurde, so ist mit Sicherheit an- 
zunehmen, dass derselbe gegen Osten an der Grenze der beiden Schächte 
steil abfällt. 

Die Mergelscbicbte C scheint gegen Osten die Flinzschichte in Folge ihrer 
grösseren Widerstandsfähigkeit**) überragt zu haben, da nach Aussage der 
Arbeiter sich die Lanzenspitzen etc. zwischen einer grünlich- weissen, sehr 
halten Schichte und Kies, in einem Gemenge von braunem Sand und Kies, 
vorgefunden liabeu. 

Die Bronze-Erzeugnisse lagen somit tbeilweise auf der Südseite einer 
von Westen nach Osten vorspringenden Flinzklippe an der Grenze der 
Schwemm- und Tertiär-Schichte (vorausgesetzt, dass der Kalkmergel nicht 
der Tertiärformation angeboren sollte), theilweise östlich dieser Klippe 
zwischen der anscheinend tertiären Kalkmergel. Schichte und wahrscheinlich 
alluvialem Gerolle. 

Die Mergelschichte fand sich auf der ganzen Länge des Schürfschachtes 
bis an das .Südende desselben intakt vor und da mit Bestimmtheit anzunelnnen 
ist, dass sie bereits bestand, als die Bronzegegenstände zwischen dieselbe und 
das anstehende Tertiär eingebraebt worden sind, so konnte die Einbringung 
nur seitwäits von Ost und Süd geschehen sein. Ob zwischen obengenannten 
Schichten eine Höhle durch Wasserspülung erzeugt worden war oder ob sie 
durch Menschenhand künstlich entstanden ist, um einen geeigneten Auf- 
bewahrungsort für die Bronze-Erzeugnisse zu schaffen, darüber zu entscheiden 
bin ich nicht in der Lage. 

Die verschiedenen Bronzegegenstände lagen auf einem kaum I qm hal- 
tenden Raume und betrug der grösste Abstand zwischen Mergel und 
Flinz 0,21 m. 



•) Der Sckürfcchacht fiel mit einem alten ausgefüllten Entwässerungsgraben zusammen. 

••) Es ist mit grosser Wahrscheinlichkeit anzunelnnen, dass der Fundort in dor Nähe oder 
am Ufer eines Nebenarmes oder der Isar selbst gologen war, dass die Flinzklippe mit dor da- 
rüber lagernden Mergelschichto vom Wasser freigespült wurde und die letztere der Aufarbeitung 
durch dasselbe einen grösseren Widerstand entgegensetzte. 



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Kiijc bronzozoitliche Gawstltto auf Münchener Boden. 



123 



II. Beschreibung des Fundes. 

Von IT. Weber. 

Als Herr Ingenieur Brug mir gegen Mitte März den ersten Theil des 
Fundes zur gutachtlichen Besichtigung zu überbringen die Güte hatte, glaubte 
ich, dass die Arbeiter auf einen sogenannten Depotfund von Bronzewaaren 
gestossen seien. Nach dem weitern Verlauf der Fundverhältnisse und dem 
Ergebniss meiner eigenen Beobachtungen an Ort und Stelle unterliegt es aber 
wohl kaum einem Zweifel, dass hier die Uebeibleibsel einer vorgeschicht- 
lichen BrnnzeGussstätte zn Tage kamen. Zwar halten sich in Folge der 
unter erschwerenden Umständen (wegen der Tiefe der Auffüllung und der 
nothigen Verbolzungen) auszuführenden Grabung nur schmale Striche des 
Untergrunds untersuchen lassen und konnte von einer in die Kunde gehenden 
Aufdeckung keine Rede sein. Es fanden sich also weder Spuren einer ein 
stigen Wohnstätte noch des Gussplatzes selbst, der allenfalls durch die Herd- 
stätte, Schmelztiegel, Gussformen tt. dergl. Ueberreste markirt gewesen wäre. 
Dugegen stiess man auf den Lagerplatz der Metallreste der Giesserei, auf 
Gussklumpen, zum Einschmelzen bestimmte, unbrauchbar gewordene Stücke 
und wahrscheinlich auf frisch gegossene Produkte. Dem Inhalt nach kamen 
an der im Plane näher bezeiebneten Fundstelle 29 ganze oder verdorbene 
Bronzegegenstände, 8 Gussklumpen von Bronze, vom kleinen Abfall- 
bröckchen bis zum Klumpen von 8Ö5 gr Gewicht, und ein kleiner Zink- 
barren zum Vorschein. 

Die anscheinend ganzen, also möglicher Weise hier gegossenen Bronzen*) 
bestanden aus : 

1. Lanzenspitze, 27 cm lang, das Blatt in der Mitte leicht eingezogen, 
nach unten und oben ausladend mit bis zur Spitze verlaufender 
schwacher Mittelrippe und kurzer Tülle (5 cm). Das Blatt ist an den 
Rändern durch eine parallele Längslinie verziert, die Tülle ohne Orna- 
ment. (Taf. VIII Fig. 2.) 

2. Lanzenspitze, 24 cm lang, mit etwas breiterem aber weniger einzieh- 
enden Blatt, durch 3 Lftngsliuien den Rändern entlang versiert; die 
unverzierte Tülle misst 5,5 cm. (Taf. VIII Fig. 1.) 

3. Lanzenspitze, 23 cm lang, mit 4,5 cm langer Tülle, ähnlich der vorigen. 
(Taf. VIII Fig. 3.) 

Sämmtliche drei Stücke sind von eleganten, flachen Formen und 
weichen von den bisher in Oberbayern gefundenen Lanzentypen aus 
der Bronzezeit völlig ah. 

4. laut zenschart- Fuss , 13 cm lang, rund, mit flügelartigen Ausladungen 
am oberen Theil, zwischen denen das Gehäuse durch Strichornament 
verziert ist. Auf einer Seite ist unterhalb des Flügels ein Gusszapfen 
sichtbar; auf der entgegengesetzten befindet sich ein rundes kleines 
Loch zur Befestigung des Fusses an den Schaft mittelst eines Nagels. 
(Taf VIII Fig. 8.) 

•) Allerdings lagen sie mit den unbrauchbaren auf einem Haufeu ; dio kleinen jetzigen 
Verletzungen küunen aber recont sein. 



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124 



F. Weber. 



5. Dessgleichen, Spitze abgebrochen, noch 6,5 cm lang, rund, ohne Flügel 
mit einem durch Kauten und Halbbogen ornamentirten Gehäuse. Kr 
war beim Auffinden noch ganz, der Arbeiter schlug aber den nnteren 
Theil ab, um sich eine Stockzwinge daraus zu machen, und ging dieses 
Stück verloren. (Taf. VIII Fig. 11a und b.) 

6. Dessgleichen , 16 cm lang, rund, mit FlUgelansätzen in der Mitte des 
Gehäuses, ohne Verzierung, aber von eleganter, schlanker Form. 
(Taf. VIII Fig. 9.) 

7. Dessgleichen, 13 cm lang, ohne Flügel, kantig und nicht ornamentirt. 
(Taf. VIII Fig. 10.) 

Auch diese vier Stücke können ueue Produkte sein. Aehnliche Typen 
kamen bisher in Oberbayern und überhaupt in Süddeutschland nicht vor. 

Unter den augenscheinlich nach längerem Gebrauch verdorbenen, zum 
Einschmelzen befindlichen Gegenständen befanden sich: 

8. Schwertgriff mit Klingenfragment; der Griff ist 11 cm lang, Vollgttss, 
durch drei Querwulsten und zwischen diesen durch Reihen von kon- 
zentrischen Kreisen verziert. Der Knauf ist durch eine mit Halb- 
bögen und Punkten darüber verzierte, nicht gelochte Scheibe mit kräf- 
tigem, mit Strichoruament verziertem Knopf in der Mitte gebildet; das 
Griffende ist hufeisenförmig und mit zwei Nägeln an die Klinge 
befestigt. Der kurze Klingenrest ist wie die Scheibe des Knauls mit 
Halbbögen und Punkten darüber entlang den Rändern verziert. (Taf. VIII 
Fig. 4 und 4a.) 

9. Schwertklingenfragment, 19 cm lang, durch doppelte Parallellinien am 
Rande verziert, Mittelstück, gehört anscheinend nicht zum vorigen. 

10. Kleiner, ebenfalls durch Längslinien verzierter Klingeurest eines 
Schwertes, mit einem anderen Bronzestückchen zusammengeschmolzen, 
stark verbogen und dem Feuer schon ausgesetzt geweseu. 

11. Klingenbruchstück eines Schwertes, glatt, mit starker Milteirippe und 
alten Scharten. Die Bruchstellen scheinen neu. 

12. Sehwertspitze, durch Längslinien den Rändern entlang verziert, mit 
alter Bruchstelle. 

Die Klingeureste 9 — 12 gehören nicht zusammen, so dass alte Bruch 
stücke von vier Schwertern vorliegeu. 

13. Lanze mit abgebrochener Spitze , 16 cm lang; mit Längslinien ent- 
lang den Rändern verziertes, breites Blatt mit kuizer Tülle. Die 
Bruchstelle ist anscheinend neu und kann das sonst gut erhaltene 
Stück auch zur ersten Abtheilung der fertigen Fabrikate gehört 
haben. Iu der Form weicht sie von den früher aufgeführten 
etwas ab. 

14. Obertbeil einer Lanzenspitze, 5 cm lang, glatt; der Bruch ist an- 
scheinend neu, jedoch gehörte das Bruchstück nicht zu der vorigen. 

15. Lanzenspitze, 20 cm lang, mit breitem glatten Blatt und starker Mittel- 
rippe; die Spitze ist all abgebrochen, die Tülle kurz und iu Folge 
neuer Verletzungen nicht mehr ganz. 



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Kino bronzozeitlinbo GusssUitto nuf MQnchoner Bojen 125 

16. Lanzenspitze, 18 cm lang, ganz, aber in der Mitte alt fast im rechten 
Winkel abgebogen, wahrscheinlich durch einen Stoss aut festen Körper. 

17. Dessgleichen, 19 cm lang, von den Arbeitern beim Herausuebmen in 
drei Stücke zerbrochen, ganz gewesen. 

Sowohl diese als die vorige sind an den Rändern durch doppelte, 
parallel laufende Litngslinien verziert, haben alte Scharten und stumpfe 
Spitzen, waren also unbrauchbar geworden. 

18. Unterer Theil einer Lanzeuspitze mit kurzer Tülle. 

19. Spitze einer Lauze. 

20. Tülle einer Lauzenspitze. 

18 — 20 von verschiedenen Stücken herrübrend. 

21. Kelt mit Schaftlappen, 25 cm lang; die Lappen sind kurz und kräftig, 
fast zusammensrhliessend, der Rücken ist zum Theil abgebrochen (alte 
Bruchstelle), die schwach abgerundete Scheide alt verbogen, ebenso 
ein Lappen abgebrochen, das Geräthe offenbar durch Gebrauch ver- 
dorben. (Taf. VIII Fig. 7.) 

22. Bronzemesser, 13 cm lang, mit geschweifter glatter Klinge und Ansatz 
des Hefts, Spitze und Heft alt abgebrochen. (Taf. VIII Fig 6.) 

23. Bruchstück eiues Arm- oder Fussreifs aus starkem Bronzestab, innen 
glatt, aussen etwas gewölbt und mit Strichornament verziert. 

24. Bruchstück einer dünnen, glatten Bronzenadel, 8,5cm lang, Kopf alt 
abgebrochen. 

25 — 27. Drei Bruchstücke einer ähnlichen Nadel mit nagelförmigem Kopf. 

28. Kleines, 2 cm hohes Zierstück von konischer Gestalt, vollgegossen; 
an dessen Basis ein viereckiger Ansatz mit Oeffnung zur Aufnahme 
eines Stifts, durch den es auf einem flachen Gegenstand festgehalten 
wurde. 

29. Grosses, starkes, halbrund geschweiftes Bronzestück unbekannter Be- 
stimmung, 270 gr schwer. 

Die Patina aller dieser Gegenstände war (vor ihrem jetzigen Zustand) 
von weissgrünlicher matter Farbe, dick und bröselig, so dass der Sand, 
anf dem sie auflagen, grünlich gefärbt war. 

Von Bronzekuchen oder Gussklnmpen wurden acht Stücke beisammen 
gefunden , grosse und kleine, das grösste im Gewicht von 855 gr, von 
gleicher Patina bedeckt wie die übrigen Gegenstände. Der kleine 
Zinkbanen (Taf. VIII Fig. 5 und 5a) ist 47,147 gr schwer, 6 cm lang, 
1,5 cm breit, 6 mm dick. Die untere Seite ist glatt, die obere hat einen 
schmalen, etwas tieferen Rahmen und an einem Ende eine halbrunde 
Oeffnung, die anscheinend ursprünglich ein rundes Loch bildete, an dem 
der Barren vielleicht an einem Draht angereiht war, von dem er beim 
Gebrauch durch Abscbneiden des halben Lochrands abgetrennt wurde. 

Von den Fundstücken wurden Nr. 1, 2, 3, 4, 5, 8, 9, 10, 13, 23 schon 
Anfangs Februar von den Arbeitern gefunden und mit Ausnahme des Stückes 
Nr. 13, das einer derselben an das National Museum verkaufte, später an 
den bauführenden Ingenieur wieder eingeliefert. Im Aushub wurden an der 



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126 



F. Weber. 



Fundstelle nachträglich die Nr. 14, 15 und der Zinkbarren, im wiedergeöff- 
neten Schacht unter der Einflillungsmasse das Stuck Nr. 11 gefunden. In 
dem anstossenden neuangelegten Schacht endlich wurden in ihrer ursprüng- 
lichen, unberührten Lagerstelle in einer Tiefe von 4,95 — 5,20 m die Nr. 12, 
16, 17, 18, 19, 20, 21, 22, 24, 25—27, 28, 29 und 6 und 7 in geringer Aus- 
dehnung hinter- und übereinander am Südende des Schachts und etwas nord- 
lieb davon die acht Bronzeklumpen in einem Haufen beisammen gefunden 
Die Art der Lagerung der Gegenstände, zwischen welche Sand eingeschwemmt 
war, deutet darauf hin , dass sie von dem Giesser auf einen Hauten gelegt 
waren. Die erstgefundenen von den Arbeitern erhobenen Stücke lagen in 
gleicher Tiefe anstossend an die lelzlgefnndenen, da sie nach Einvernahme 
der Arbeiter zu unterst im Schacht an der westlichen Schachtwand sich be- 
fanden, 20 cm tief in diese hineinreichten und hervorgezogen werden mussten. 
Der ganze Kaum, auf dem sämmtliche Stucke lagen, war daher sicher nicht 
über 1 m im Quadrat gross. Die im Aushub und in der Einfüllung gefun- 
denen Stücke gehörten zur ersten Fuudgruppe und waren von den Arbeitern 
entweder unbeachtet herausgefördert oder als werthlos weggeworfen worden. 
Da die aus ihrer alten Lagerstetle erhobenen Stücke zwischen einer Flinz- 
platte und einer tertiären Kalkmergelschichte lagen, ist anzunehmen, dass 
der Giesser entweder eine natürliche Nische zur Lageruug benützte, oder 
eine Grube bis auf die Tertiärschichte gegraben und diese mit Flinzplatten 
bedeckt halte. Die Wahl des l’latzes zur Gussstätte mag mit Rücksicht auf 
den hier leicht zu gewinnenden Flusssand, vielleicht auch wegen der Tbon- 
flinzmasse erfolgt sein, da man ersteren beim Giessen, letztere zu Gussformen 
verwenden konnte. Wir haben uus die Gussstittte also an einem Ufer ent- 
weder eines Flussarmes oder des Flusses oder auf eiuer Flussinsel zu denken. 
Die Stätte muss dann plötzlich — wahrscheinlich in Folge von Hochwasser — 
verlassen uud die Vorräthe müssen an ihrem Lagerplatz überschwemmt und 
in Alluvialsand und Kies eingebettet worden sein, der die Nische oder Grube 
beim Zurücktreten des Wassers ausfüllte. Dass der Giesser anscheinend 
fertige, d. h. neugegossene Stücke mit den zum Umguss bestimmten und dem 
Rohmaterial an einem Ort hinterlegt hatte, mag seine Erklärung dariu linden, 
dass er sich diesen besonders hergeririitet hatte oder dass er ihm besondere 
Sicherheit zu bieten schien. Wie hoch das Metall im Werth stand, geht da- 
taus hervor, dass selbst die kleinsten Stückchen, wie z. B. Nadelbruchstücke, 
wieder gesammelt wurden. 

Etwa 60 m nördlich dieser Fundstelle stiess mau Milte März bei An- 
lage eines Seitenschachts in einer Tiefe von 3—3,5 m auf mehrere feine 
Bionzegegenstände, spiralförmig gebogenen, dünnen Bronzedraht, dünnes 
Bronzeblech vom Gürtelbeschlüge; schmale Brouzeblechbänder, an denen 
zum Tlieil geschmolzenes Glas haftete, wie wenn Glasperlen daran gereiht 
gewesen wären, rohrenartiges Beschlagstilck, Ringelten von gewundenem 
Bronzedraht, nebst vielen Kohlen, festen Thonntasseu wie von Gussfortnen, einem 
Bronzeklumpen und grossen Granit- oder Gneissteinen, völlig überglast, die 
oüenbar einem starken Feuer ansgesetzt waren. Diese unzweifelhaft viel 



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Eine bronxezsitliche OusssüUt« auf Münchoner Boden. 



127 



jüngeren Ueberreste stehen zu (1er südlich gelegenen Fundstelle augenscheinlich 
nicht in Beziehung. Die hier zu Tage gekommenen ßrouzereste reichen über 
die La Tene-Periode nicht hinaus, wahrend die Bronzen der südlichen Fund- 
stelle der Bronzezeit angehören und das erste Jahrtausend vor der gegen- 
wärtigen Zeitrechnung überschreiten. 

Die Wichtigkeit des Fundes dieser bronzezeitlichen Gussstätte fällt in 
die Augen, weil damit einerseits in kaum anzufeebtender Weise die Thatsache 
einheimischer Bronzegiesserei durch die Landesbewobner nachgewiesen er- 
scheint und also die Imporltbeorie eine neue Widerlegung erfährt; anderseits, 
weil wenigstens für die bayrische Bronzezeit neue Typen Vorkommen, nämlich 
die Lanzen-Spitzen und -Fdsse und das Zierstück von konischer Form, 
Typen, deren elegante und gefällige Formen auf eine schon vorgeschrittenere 
Kunstfertigkeit im Bronzeguss schliesseu lassen. Inwieweit der anscheinend 
aus der gleichen Fundstelle wie die Bronze gekommene Ziukburren zu den- 
selben in Beziehung steht, muss der technisch-sachverständigen Beurtheilung 
überlassen werden. 

Es ist diess zwar nicht der eiuzige, wohl aber bisher der bedeutendste 
Bronzefund, der auf dem Boden des heutigen München oder dessen nächster 
Umgebung gemacht wurde. Schon Ende der siebziger Jahre wurde ein Waaren- 
Depot-Fnnd von 7 oder 10 Kelten und einer Dolch- oder Lanzenspitze am l'Urken- 
graben gehoben, der bis aut 2 Kelte, die in die prähistorische Staatssammlung 
gelangten, durch eineu Antiquitätenhändler leider vollständig verschleudert wurde. 
In den achtziger Jabreu wurde ferner bei Gruudausbebung zu einem Neubau an 
der Isar ebenfalls ein bronzezeitlicher Fund, bestehend aus langen, ornatneutirten 
Kleidernadeln, grossen Spiralarmspangen von Bronze und einem Halsgehäuge 
von Hirschhornscbeiben, gemacht, der in die Hände des bauleitenden Archi- 
tekten gelangte und seither verschollen ist. Endlich wurde im Jahre 1800 
nicht sehr weit von der gegenwärtigen Fundstelle entfernt, ca. 650 m unter- 
halb der ßogenhausener Brücke am rechten Isarufer auf dem Kiesgrund eines 
vom Hochwasser weggeschwemmten Uferstückes ein Bronzekurzschwert von 
42 cm Lauge mit hufeisenförmigem Klingeuansatz und 4 Nägeln gefunden, 
das in die prähistorische Staalssammlung gelangte. Nach dem Fundbericbl 
des Finders, Freiherrn v. Löffelholz, lag dasselbe ursprünglich wahrschein- 
lich in einer Schichte ungemischten Alluvialkieses, und wurde vom Hoch- 
wasser an seinen Fundplatz fortgetragen. Es ist nicht unmöglich, dass das- 
selbe von unserer Gussstätte stammt. 

Unser Fund ist auch nicht die erste Spur von bronzezeitlichen Uuss- 
stätteu in Oberbayern. Eine solche kam schon in den dreissiger Jahren bei 
Peterskireben, B.-A Mühldorf, zu Tage, ohne dass damals nähere Unter- 
suchung erfolgte; nur ein Gussklumpen und eine abgebrochene Lanzenspitze 
von diesem weit grösseren Fund hat sich in der Sammlung des historischen 
Vereins von Oberbayern erhalten. Ein neuerer Beweis der einheimischen 
Bronzeiudustrie ergab sich bei der im Jahre 1890 entdeckten neolilhischen 
Ansiedlungsstätte auf dem Auhogl bei Hammerau, B.-A. Laufen, worüber die, 
Beiträge in ßd X und XI Näheres enthalten. 



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128 



Ad. Sohwagcr, Km» brouzczeitticlio Guns^tutto auf Hüochoner Itodoo. 



Ich kann es schliesslich nicht unterlassen, dem hauleileuden Ingenieur Herrn 
Brng Dank und Anerkennung in vollstem M nasse auch hier anszusprechen, da 
ohne sein eigenes Verständnis* und lebhaftes Interesse und seine an den Tag ge- 
legte Energie dieser wichtige Fund für die prähistorische Forschung und 
Wissenschaft gänzlich, wie leider so viele andere, verloren gewesen wäre. 

III. Chemische Analyse. 

Von Ad. Schwager, Aasisteot am geognostischea Huro.au de« kgl. Oberbergamte«. 

1. Die licht-grünlich graue Mergelschicht Uber der Bronze-Fundstelle hat 
folgende Zusammensetzung: 

66,43 °/o kohlensaurer Kalk, 

2,50 „ kohlensaure Bittererde, 

31,07 „ Silikate (meist Quarz, neben Thon, Glimmer etc.) 

100,00 

2. Ein von dem Funde genommenes Bronzestückchen, durch Säuren von 
Patina und sonstiger Verunreinigung möglichst beireit, zeigt die Bestaudtheile : 

Zinn 18,30 •/« 

Eisen 0,23 „ 

Nickel 0,16 „ 

Blei Spur 
Kupfer 81,31 „ 

100,00 

3. Der mit den Bronzewaffen gefundene Zinkbarren besitzt ein spezi 
fisches Gewicht von 7,147 und nur geringe Verunreinigungen von Eisen 
und Blei. 



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Bericht über neue vorgeschichtliche Funde in Bayern. 

Für die Jahre 1897 und 1898 zusammengestellt von Pp. Weber. 



Ausgrabungen 
A. Hügel- und Flachgräber 
I. Im Walddistrikt Raff« zwischen Pou- 
holz and Burglongoufold, Oberpfalz, 
wurde durch Herrn Gyninasialprofessor Stein- 
metz in Rogensburg ein Grabhügel geöffnet. 

Derselbe, 80 Schritt Umfang, 1 in Höhe, 
aus Sand und Steinen, enthielt im nördlichen 
Viertel 2 Skcletto, ein männliches und ein 
weibliches, im südlichen Theil fand sich ein 
FrauenskoleU, von Süd nach Nord orientirt, 
östlich davon Schädel- und Knochen roato eines 
Kindes und ein Brandplatz, nördlich Roste 
von *2 Kihdorskelülten Im östlichen Theil des 
Hügels wurden ebenfalls 2 Leichen von Süd- 
ost nach Nordwest orientirt gefunden, daneben 
ein Rrandplatz. Das erste Doppelgrab war 
von einer 8 teinschichte, bei den übrigen Be- 
gräbnissen jede laiche von einer solchen um- 
geben. An Beigaben fanden sich im eisten 
Doppelgrab 2 eiserne Lanzenspitzeii, ein Hals- 
ring von Bronze, dessgloichon ein dünner Arm- 
ring und 3 Fibeln, eino Schliesse und kloino 
Fragmente eines Bronzegiirtols, ein sehr kleiner 
Goldring und ein Spinn wiitol von Thon. Dos 
zweite Frauengrab enthielt 2 Fussringe, einen 
grossen Ring aus starkem Bronzestab und ein 
Zierstüok mit Anhängsel aus Bronze. Das 
zweito Doppelgrab war ohne Metallbeigaben. 
Bei sümmtlicho» Leichen waren ungefähr 
11 ThoDgefiisso verteilt, die meisten von Natur- 
farbe, andere bemalt und grafitirt. 

Das Grab gehörte der Hallstattzeit an. I)io 
Funde befinden sich in dor Sammlung des 
historischen Vereins in Regensburg. 

Beiträge *ur Anthropologie. XIII. Bd., 3. Heft. 



im Jahre 1897. 

der von ömischen Metallzeit. 

2. Herr Regiorungsrath Streit in Sulz- 
bach lioss im Herbst 1897 vier Grabhügel im 
B -A. Sulzbach öffnen und entnehmen wir 
seinem dessfatlsigen Fundbericht biorüber Fol- 
. gendes : 

Grab 1, Östlich von Schwand, Gemeinde 
I Baohetsfeld, 1,70 m hoch, 35 Schritt Umfang, 
als Best einer grösseren Gruppt» auf einer 
‘ Hochfläche gelegen, von ovaler Form, hatte 
einen äusseren und darunter einen inneren 
Steinmantel aus theilweise kolossalen Steinon. 
j Kh war ein Massengrab von 10—12 Buchen 
in gleicher Schiebt, deren Köpfe dem Auscheino 
nach rund aiuunanderstiessen , so dass dio 
Füsse strahlenförmig nach auswärts liefen (V). 
Dio Skelette waren schlecht erhalten. An Bei- 
I gaben fanden sich: 1 Bronzearmbaiid, 4 Fibeln, 
1 Lanzcnspitze von Bronze mit Nieten, eine 
solche von Eiten, I kleines Eisenmosser, 1 ganzes 
| Thongefäsa, viele Scherben. 

Giab 2 in der Nähe der Eiuöde Boden- 
hof, Gemeinde llachetsfeld, war nicht mehr 
I intakt. Es fanden sich Scherben in geringer 
Anzahl von schwarz gebranntem Thon, an den 
: Bruchstellen wto an den Innen- und Aussen* 
| tlächen schwarz, weder ornamentirt noch be- 
malt und grafitirt. 

Grab 3 zwischen Köckenricht und 
Fromberg, Ortsgemoindeflur Fromberg, war 
ein runder Hügel von 11 m Durchmesser und 
; 1,10 m Höhe, Rest einer grösseren Gruppe. 

Im nordwestlichen Viertel befand sich unter* 
| halb des zweiten 8teingewölbos die Bestattung. 

9 




130 



Franz Wobor. 



Hör Sohridol, nach Norden schauend. Ing auf- 
rocht, darunter Rückenwirbel, Bocken- und 
Schenkelknochen. Io den übrigen Theilen des 
Hügels fanden sich nur wenige Knochen und 
Gefässschorben. Die Beigaben, sämmtlich im 
nordwestlichen Viertel, bestanden ans 2 grossen , 
Gewandnadeln von 67 cm Lriugo , 2 kleineren 
Nadeln, I Armreif, 2 Fingerringen, 2 Fibel- 
bruchstücken, 10 Fragmenten von Gürtel- 
beecfcllge, fiammUiebes von Bronze, 1 Eberzabn. 

Grab 4 , auf der Hochfläche zwischen 
Röckon rieht und F romberg, Ortsilur 
Fromberg, enthielt nur zerstreute Scherben in I 
geringer Anzahl von einfachen Thongofasscn. j 
die schon als Scherben in den Hügel gekommen 
sein mussten, und einige Knochen, die jedoch 
kein vollständiges Skelett bildeten, namentlich 
fehlten Schideltheile, Zähne und Extremitäten 

Die Hügel gehörten der früheren Hall statt 1 
zeit an. Die Funde befinden sich im vor- 
geschichtlichen Staat smusoum. 

3. In dem 24. Jahrgang der Zeitschrift des 
historischen Vereins von Schwaben berichtet 
Herr Expositus Daroer in Schwahegg über 
seine Ausgrabungen im Jahre 1897 an zwei 
Grabhiigelgi uppou der Umgebung. 

I. Gruppe von 7 Hügeln in den Kirchen* 
wiesen bei der Pfarrkirche von Sieb- 

nach, B.-A. Mindelheim, Schwaben. 

Grab 1, 48 Schritt Umfang, 60 cm hoch, 
aus schwarzer Erde, enthielt 4 Thon ge Hisse im 
gewachsenen Boden von Südost uaeh Nord west 
aufgestollt. Das grösste hatto 14 cm Boden 
durchmesser bei 35 cm Höhe und stand in 
Mitte des Hügels. Alle GefSs.se waren schlecht 
gebrannt, von Naturfarbe und »invertiert. 

Grab 2, 70 cm hoch bei 60 Schritt Um- 
fang , ebenfalls aus schwarzer Erde , hatte 
5 Thongefnase in der östlichen Hälfte des 
Hügels; das der Mitte zunächst liegende mit 
8 cm Bodondurchmpsser und 14 cm Höhe war 
dickwandig, aussen von gelblicher Karbe. Eines 
der Gefässe soll auf der Drehscheibe gefertigt 
und verziert sein. 

Die Hügel wären demnach der La Tene- 
Periodo einzureihen. 

II. Gruppe von 4 Hügeln östlich von 
Schwabegg, B.-A Augsburg, Schwaben. 

Grab 1, 73 Schritt Umfang, Höhe nicht 
mehr intakt, war aus Erde und ein Brandgrab. 
An Beigaben fanden sich: 4 Bronzearmreifo 



aus */« cm starkem Bronzestab, einer gekerbt, 
einer mit 3 Uorizontalrippen mit Quorkerbungen, 
2 gleiche mit Strichornament ; eine 8 förmig 
gebogene Nadel, 29 cm lang, mit gereifeltem, 
gpsch weih 'nein Hals und ein Fragment (Kopf 
und Hals) einer ähnlichen Nadel; ein 9 cm 
langer Dolch mit dachförmiger Klinge ohne 
Mittolrippe und halbmondförmigem Klfngen- 
ansatz mit Griffniigeln; ein Fragment einer 
Zierschcibe von Bronze, Reste eines dickwan- 
digen, schlecht gebrannten Thongefässes. Sämm t- 
liche Bronzen haben vom Feuer stark gelitten. 

Grab 2, 40 Schritte Umfang, 50 cm hoch, 
aus Erde, enthielt 2 Brandgräbor in Nord und 
Südwoat, mit Knochenresten, Urnenscherben 
und im ersteren einem Stuck versteinerten 
Geweihes. 

Grab 3, 30 cm hoch bei 30 Schritt Um- 
fang, war ohne Inhalt Die Gräber gehören 
nach Ansicht dos Ausgräbers der jüngeren 
Bronzoperiodo au, die Kunde befinden sich im 
Museum des historischen Vereins in Augsburg. 

4 Herr Forotaratsassessor Kuttl er setzte 
die Ausgrabungen von llugelu im Eriliaudistrikt 
bei Z ös eh in gen fort und berichtet hierüber 
im X. Jahresbericht dos historischen Vereins 
von Dillingeu. Hienach waren dio geöffneten 
Begräbnisse Brandgräbor der Hallstattperiode 
mit lAÜchonbrand und aus l^ehmerde ohne 
Steinkorn, nur der Boden mit Steinen gefüttert. 

Grab 1, schon veiflscht, 10 m im Durch- 
messer, enthielt nm Boden uoversierte Gefiase, 
darunter ein roth bemaltes mit graphitirtem 
Hals, das 2 klemeto Schklchen barg. 

Grab 2, 70cm hoch bei 12 m Durchmesser, 
ergab gleichfalls roth bemalte uud schwarz- 
graue, un verzierte Thongeschirre. 

Grab 3, verflacht, 17 m Durchmesser, ent- 
hielt ein 17 */• cm langes Eiseumeaser mit ge- 
rader, 9'/« cm langer Klinge. Die Griffzunge, 
mit Holzresten dos Belage*, hatto 3 Nagel, der 
herzförmige Knauf 2 solche nebeneinander, 
i sämmtlich mit Bronze Verzierung; ferner mehrere 
hronzcarui reife von l'/amni starkem Draht mit 
5 cm lichter Weite; 3 durchlochte ßernstein- 
schoiben ; mehrere Brouzcarinreife von Draht 
mit Strichornament, dio Enden übereinander- 
tretend; Perlen von dünnem Bronzeblech io 
grosser Anzahl, Gurtelscbliesse und Hacken 
von Eisen mit Bronzeverzierung vom ljeder- 
gürtel; ausserdem 9 — 10 ThongeHisse, roth und 
schwarz, in Schüssel- und U rnenform, mit Graphit 
bomalutig, aber ohne eingeritzte Ornamente. 



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Bericht über nouo vorgeschichtliche Fundo in Bayern. 



131 



Auch ein grösserer, fast rechtwinklig behauener 
Stein war im Grabe. 

Grab 4 ergab nur 2 Thongefässo und 
Leichenbrand innerhalb einer 20 cm unter dem 
Hoden befindlichen Kalksteinschichte. 

Die Funde befinden sich im Veieinsmusoum 
in Dilliogen. 

5. Die Hügelgruppen in der Umgebung 
von Kick liegen wurden durch Herrn Pfarrer 
Schäblo im Jahre 1897 weiter untersucht, 
worüber aus dessen eingehenden Schilderungen 
im X. Jahresbericht dos historischen Vereins 
von Dillingen Nachstehendes zu entnehmen ist : 

Hügel im mittleren Ried. 

Grab 4, 47 Schritt Umfang, 75 cm hoch, aus 
Moorerde, enthielt 2 kreuzweise übereinander- 
liegende Skelette von 1,73 und 1,70 m Läogo. 
Das nach unten gelegene hatte keine Beigaben 
und ruhte etwas seitwärts mit dom Kopfe auf 
dem linken Arm. Das obere, dio Armo über 
der Brust, hatte am linken Arm zwei massive, : 
geschlossene Armreife, der eine mit Strich- 
verzierung, ain rechten Arm 3 unverzierte 
Armringe; ausserdem 2 Ohrringe aus dünnem i 
Broiizcdruht, einen Lwlergürtel mit Besatz von j 
dünnem Bronzebleeh mit Buckeln, eisernem 
Haken und Gegenstück, mehrere Brunzefrng- , 
mente und 14 Thougefässe zu beiden Seiten 
der Leichname, von vereohiedener Form und I 
Grösse, mit und ohne Verzierung, rotli bemalt, ' 
graphitirt und von Naturfarbe; auch ein Eber- ] 
köpf fand sieh in einem derselben. 

Grab 5, schon verflacht, enthielt 20 cm unter 
der Oberfläche ein topfartiges Gefäsa von 
schwarzem Thon, 45 cm tief ein Skelett in 
gestreckter Lage, Kopf in Süd, Küsse nach 
Nord; am rechten überarm lag eine 8.3 cm 
lange, unverzierte Nadel mit umgebogonera 
Okertheil, die Spitze nach der Brust, auf der 
rechten Brustsoitv ein Zangchen, Oh rlöffelchen 
und Kopfkratzer, auf der linken ein kleines 
Zangchen und Nagelputzer (?), längs der rechten 
Seite des Skelettes standeu 7 Thongefässo 
verschiedener Form nnd Grösse, zum Tlieil 
rot bemalt und graphitirt, zum Tlieil mit 
Eberknochen. Diese Gräber gehören wie die 
3 im Vorjahr geöffneten der Hallstattperiode an. 

Hügel auf den „Briicklesmähdern“. 

Die Gräber sind durchweg aus Sand ohne 
Steinbauten und enthalten L-ichcnbrand. Grabt, 
28 Schritte Umfang, 50 cm hoch, ergab 11 Thon- 
gefässe verschiedener Form und Grösse, zum 



Tlieil in einander, mit vertieften Verzierungen, 
rotli und naturfarben, jedoch nicht graphitirt. 
In einem Gebisse waren kalcinirte Knochen, 

Grab 2, 32 Schritte Umfang, 55 cm hoch, 
hatte 7— HThongefässe, darunter ein graphitirtes. 

Grab 8, 16 Schritte Umfang, 30 cm hoch, 
enthielt Knochen und Zähne vom Pferd , da- 
neben links und rechts 5 Thongcfits.se. 

Grab 4. 27 Schritte Umfang, 50 cm hoch, 
Kohle und verbrannte Knochen zwischen 
15 Thongefässen aller Formen, zum Tbeil in- 
einander. meist roth bemalt, wenige schwarz, 
mit eingeritzten Verzierungen und glatt 

Grab 5, 42 Schritte Umfang, 53 cm hoch, 
ergab am gewachsenen Boden 19 Thongefasse, 
roth, schwarz, graphitirt, ohne Verzierungen, 
in Schalen-, Schüssel-, Urnenforra, einige kleine 
Näpfe und Becher in grosseren Geschirren. 

Grab 6, 28 Schritte Umfang. 44 ein hoch, 
enthielt G Thongefasse, oruamontirt und glatt, 
meist schwarz, zum Tlieil ineinander. 

Grab 7, 23 Schritte Umfang, 44 cm hoch, 
mit 2 Brandplätzen, auf denen zerstreut Knochen 
und einzelne Scherben lugen. 

Dio Begräbnisse gehören der jüngsten Hall- 
stattperiode an. 

Hügel am Weidcgräberfold. 
südlich von Ricklingen. 

Von dieser Gruppe waren schon in den 
Vorjahren 9 Gräber goöffnet. Die Hügel sind 
aus Sand und bergen Lcichenbnutd. 

Grab 10, mit 18 Schritten Umfang, 41 cm 
hoch, batte am Brandplatz einen Steinkreis aus 
ItollsteintMi , in welchem Scherben von 2 Ge- 
lassen. Kohle und kalcinirte Knochen lagen. 

Grab II. 18 Schritte Umfang, 25 cm hoch, 
enthielt die Scherben eines bemalten und graplii- 
tirten, grosseren Gefnsses. 

Grab 12, 19 Schritte Umfang, 43 em hoeh ; 
auf dem kleinen Brandplatz stunden 6 Thon- 
gc fasse, roth und braun, mit eingeritzten Ver- 
zierungen. 

Gral» 13, 23 Schritte Umfang, 50 cm hoch, 
enthielt 3 Thongefasse. Schalen und Unten 
ohne Verzierung und viele Schmelzbrocken von 
Eisen ; 

Gral» 14, 19 Schritte Umfang, 20 cm hoch, 
nur Scherben von 2 Tbongefässen. 

Grab 15, 15 Schritte Umfang. 20 cm hoch, 
hatte 20 ein tief eine römische Nachbestuttung 
in Mitte dos Hügels mit Scherben von 8 — 10 
verschiedenen Befassen durcheinander gestreut, 
nebst Glasscherben, einem Nagel und eisernen 

9* 



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132 



Franz Weber. 



Messer. 30 cm tief kam auf einem Brand platz 
die alte Bestattung mit Kohlen, kalcinirten 
Knochen und vorrumischen üefiSssschcrbon. 

0 rab 1 ö, 18 Schritte Umfang, 35 cm hoch, 
enthielt I» Thongeffisse . darunter ein kleines 
mit Verzierungen in einem grösseren. 

Diese Gräber, wie die früher geöffneten, 
gehören der La Timt*- Zeit an und reichen in 
die römische IVrinde herab. Die Funde aus 
allen Gräbern befinden sich im Museum zu 
Dillingen. 

G. Uebor die Oeffnung eines tirabhügels 
aus der Fiüh-La-Tene-Zeit bei Elpersdorf 
B.-A. Heilsbronu. Mittelf, -unken, berichtete II. 

P. Heinecke im XII. Band dieser Zeitschrift 
S. 179. 

7. Die authropulngische Sektion der natur- 
wissenschaftlichen Gesellschaft in Nürnberg 
liess laut .lahresliericht für 1897 drei Hügel 
auf dem WcisscnbrunnerL-rg bei Weixsen- 
bruuti B.-A. Nürnberg öffnen. 

Grab 1 in der Wuldabtbeiluug Breitenlohe 
enthielt 5 nicht gleichzeitige Bestattungen von 
Männern, Frauen und Kindern. Der üiigcl 
hatte 14 in Durchmesser, I in Höhe und war 
aus Eide mit Kalksteinen durchsetzt, ohne 
Stein bau. Bei einer Luche Lfand sich ein 
Bnmzearmriiig mit verjüngten ul>etvi minder 
tretenden Enden von starkem Ürunzestah ohne 
Ornamente; bei einer andern ein sogenanntes 
Rasiermesser mit Kinggnff; Lu einer dritten 
ein Bruuzzäugcben mit breiten, aber kurzen 
ornauiciitirtcu Seitentheileii und 2 Gruuzeiiadein, 
die eine mit Schmul»cnk<ipf. 33 cm lang, die 
andere oben zu einem Kmg mngebogen, 14 cm 
lang; ferner Scherben eines Tliongefüsxex mit 
dreifacher Wulfszahnornameutiruiig zwischen 
Linien, stark erhaben. Bei Miünmtlieheu lunchen 
kamen Scherben von Tliongefiisseu, die sieb auch 
sonst durch den Hügel zogen, vor. Es Hessen 
sich eine kleine gehenkelte Tasse, eine flache 
.Schale und ein Lleiues Schüssclclicn wieder 
ivcuiist rui reu. Dioelben sind obuo Grmunent 
und Bemalung, au«-h nicht graphitiil. 

Die Bestattungen .sind aus der Bronzezeit. 

Gral» 2 in der Waldabtheilung Vogelherd 
von 9 in Durchmesser und 0,70 m Höhe. In 
einer Tiefe von 0,30 in lag ein normal g»*stivck- 
tes Skelett, der Kopf nach Sud, Kusse nach 
Nord mit einem Brouziuirmriug und einer Feuer* 
steiupfeihpitze. And.rc Skelett ktiochen lag»-n 
zerstreut, duL-i 2 Fvuersteinsplitter. Die Be- 
stattung scheint aus einer alteren Phase der j 
Bronzezeit zu sein. 



i (•rab 3 in der Wnldnbtheilung Bnlgeten 
von C 1.50 in Höhe, und 4 auf 5 m Durchmesser 
, enthielt eine oben offene Steinkiste mit Knochen, 
und an der äusseren nördlichen Seite denselben 
einon offenen, ornameutirten Bmnzearmring 
und 2 kleine Bronze* Hohl ringe (Ohrringe V) 

Der Hügel scheint der Hallstattzeit nnzu- 
gehöreu. Die Funde befinden sich in der 
I Vetvinssanimlung. 

8. Von einem Privaten wurde eiu Grab- 
hügel bei Schwund, H -A. Sulzbach. Uber- 
pfalz, von (filier Grup|»e von 7 Hügeln geöffnet. 
Derselbe, 0,üU m hoch, hatte ovale Form und 
war aus Erde mit Steinen aufgeschüttet. Er 
enthielt 2 nicht gleichzeitige Bestattungen, die 
Skelette in linkender Stellung. Bei dem einen 
befanden sich au jedem Arm ein offener, ge- 
kerbter Armreif von rundem ilronzcstab und 
au einer Zehe 2 kleine King«! von dünnem 
Bronzedraht; zu Häupt«m (Scherben eines Thon- 
gefässes. Bei dem undoreu waren an jedem 
Arm ein Armband von geripptem Bronze blech, 
offen und au den Enden verjüngend, ferner 
2 HronzcLu'kel vom Gürtclbcschlfigo und ein 
kleines K rüglein mit Henkel von grauem Thon. 
8 ein hoch, mit geradi-m hohem Hals ohne 
Verzierung. 

Der llugcl gehört der jüngeren Bronzezeit an. 
Die Funde befinden sich in der Sammlung der 
uatunvisM-nsrbaftl. Gesellschaft zu Nürnberg. 

9. Bei (»old buch, B-A. Aschaffen bürg, 
wurde von Herrn Hauptmann a. I). v. Haxt- 
hausen ein Grabhügel geöffnet, welcher 
mehrere B«-stattuugcu und als Beigaben 5 Fuss- 
ringe, 2 Annreife, 3 Ohrringe, 1 Halsschmuck 
mit Hullen, daun 2 vollgcgosscne und 2 SpiraJ- 
ann Linder von Bronze, 2 «.‘isern«; Messer und 
Hinge, 2 Feuerstcituuesser, 2 ganze Tlnmgefasse 
und 1 kleinen fh*eln*r von Thon, sowie zalil- 
reiche ScherLm «-iithalLu haLm »»11. Nahen* 
Angaben ülier den GrabL-fund mangeln. Wo- 
hin die Funde kamen, ist unbekannt. 

10. Nach einer Notiz in der „Allg. Zeitung“ 
vvuide von dem schon früher Lfkannten prü- 
historisehen tiniUrrfeld mit Fla»digraL*m bei 
Birken fel«i , B.-A. Marktlicideufcld, Unter- 
franken, iicucidiugs ein Grab uufgedeckt, das 
«•in Tli»uig<-fü» mit Löclienbrand, mit einer 
ThottNcbüsstd zugedtvkt, obue sonstige Beigaben 
enthielt. Beule GefUsse sind ohne Verzierung, 
die Urne von roter, die Schüssel von schwärz- 
licher Farbe. Du* Urne stand ohne Steiukranz 
*>,G0 m ti*-f auf dem gewachsenen Hoden. 

VVuh in die Funde kamen, ist unbekannt. 



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Bericht über neue vorgeschichtliche Funde in Bayer«. 



133 



11. Au* den auf Kosten der akademischen 
Kommission für Erforschung der Urgeschichte 
Bayerns im Jahre 1K97 gemachten Ausgrab- 
ungen des Historienmalers Dr. Naue gingen 
der vorgeschichtlichen Stants.-*nmmluiig nach- 
stehende Funde ohne FuimUr* richte zu : 

1. Aus Grabhügel» in Oberbayern und 
zwar 

a) von einer Gruppe zwischen Traubing 
und Maehtlfing, von welcher im Vor- 
jahr 32 Grillier geöffnet wurden, aus 

Grab 35. Bniuuliche Schüssel und S« baleii- 
seherben; 

Grab 37. Kleine eiserne Lanzenspitzc und 
Scherben, kleine verzierte, braune Schale und 
grusse, verzierte, rote Urne mit kleinem lienkel, 
Schalonscherit'ii, uuverzierte Scherl>**ii : 

Gral» 8#. Verziertes, zusammcugelKigenes 
Bronzen rm I »and ; 

Grab 39. Vaseukopfige Bronzemulel ; 

Grab 40. Skelett roste, ßrouzebleeh regste; 

Grab 43. Bruchstücke eines stabfö riiiige» 
Bronzearmrings; 

b) von einer kleineren Gruppe ebendasellwt, 
aus 

Gralil. Bruchstücke einer Bronzefibel. 7 stab- 
förmige Bronzearmringe, Bruchstücke von 
2 schalenförmigen Bronzeblechohrringeu, 0 .stab- 
förmig** Bnmzearm ringe, 2 grosse und 1 klein* 1 
fiLsseheiiföruiige Bernstein |ierlco und keines 
Bernst**instück , Bruchstücke eines Bnmzt*- 
gürtcl blech s, einschneidiges Eiseuschwert mit 
Griffzunge uu*l King, Scherben von Thon- 
gi* fassen ; 

Grab 2. Kleine schwarze Schal«*, Bruch- 
stücke einer Situla; 

Grab 3. Kleines Feuersteinmesser, 3 Eisen- 
sliiekchen, klein«? ScIutIhmi ; 

Grab 4. Bruchstücke «*im*s Eisenmessers, | 
1 EiM iinagel, Scherben; 

e) von einer Gruppe hei T rau bi ng. an der 
Strass«* nach Machtlfing nus 

Grab 2. Bruchstücke von eisernen Rad- 

n üben ; 

d) von einer Gruppe Ik»i Aschering aus 1 

Grat* 1 — 3. Thonscherlien; 

Grub 4. Eisern«*« llidlstattschwert in ll«*lz- 
scheMe . Brachst üeko einer gerippten Bronze- , 
schale, grosse, aussen und innen rot und [ 
schwarz bemalt«* Urne, ebensolches umenartiges 
Gofüss, 2 kleine, braune und schwarze Schalen, j 
verzierte und unverzierte Scherben und solche I 
einer roten und schwarzen Urne; 



Grab H. RronzcHchwert mit vollgegossenem 
t*riff und (iriffangel, 3 kleine Bronze-Süube- 
rungsgerathe und 1 schmales, flugeiartig ge- 
legenes Bronzestiiek, Eisentheilc von Kadnaben 
und Wagon 1n;*s< Ii liig« *n, eiserne Radreifen, Urnen- 
und Schalenseherben ; 

Grab 9. Grosser Eisen ring und Seherin*!!; 

Grab 10 und 11. Scherben. 

2. Aus Grabhügeln der Ober pfalz und 
zwar von 

a) Grupp« 1 bei Paul usliofc n , BA. Bciln- 
gri«*s, von welcher im Voijahre 2 Hügel 
geöffnet wurden, aus 

Grab 9 Skelett reste, geschlängelt«*, ösen- 
artig amgebogene Brunzenadcl, kleiner, flacher 
Brrmzedolch mit Griffznnge, kleines Kcueistcin- 
atück,kl«*inc, schwarze, halbkugclförniigeHenk«*l- 
schale, reichverziertes, schwarzes t;«»f&ss mit 
2 Henkeln; 

Grab 10. Skelettreste, übereindergidn «gene 
Bronzeringclchen , kleine Bronzedruhtspirale, 
Thonscherben ; 

Grab 12. Kleiner Rronzedolch mit 2 Griff- 
nageln; 

Grab 13. Bnichstüeke eines Bronzcfingcr- 
rings und 2 Bronzestiiekchen , Tliongefiiss, 
Scherben. Skelettreste ; 

Grab 14. Bruchstücke einer Bronzenadel, 

Skelett rote; 

Grab 15. Bronzefingerring, (»efässscherben, 
Skelett reste; 

Grab lti und 17. Skelettreste ; 

Grab 1H. Verzierter, offener Bronzearmring 
und Haken; 

Grab 19. Thungefäss und Scherben eiucr 
kleinen Schale; 

Grab 20. Gefüssscherben; 

Gral» SSI. Kleine Schale, bau« liige Schale, 
Scherben. Skelettreste; 

Grab 21 Kleine, ölten dreimal eingeschnürt«* 
Brunzenailel. Bronzefingerring, 2 kleine Bronzc- 
ohrrilige, 2 Bruchstücke eines schalen förmigen 
Bron/.eohiring***, Bruchstücke eines eisernen 
Ringes, braun«* S«*hale. Bruchstücke verseil ie- 
d**ner verzierter und bemalter Gefasse, eines 
topfartigen Gelasses, Skelettivste; 

Grab 25. Kleine schwane Si'hale, schwarze 
Schalen* uudTellericherbeii. ll»*iike|tr»pf-,Urnen- 
und Sehaleusclicrbeu, kleine natu rfarbene Schale, 
kleine schwarze S«*hal<* mit Rand: 

Grab 27. Bruchstücke einer Bronzefibel, 
Scherben. SkeMt reute; 

Grab 29. Kleiner, offener Eisenring, Bruch 



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134 



Franz Weber. 



stück»* einer rothen Schüssel mit Graphitorna- 
ment, Scherben; 

Grab 30. Kleiner Bronze ring, Bruchstücke 
eines Bronzearm riugi*«, d»*ssgl. einer geknickten 
Bronzefibel, braunes, mit Kami»* graphitirtea 
(iefiiMs, grosse schwarze, iuneu verzierte 
Schüssel, verzierte Urnenwherlieii, Sclierben 
eines llenkeltopfes, l’rno und Schale; 

Grab 31. Bruchstücke einer Bronzenadel 
mit kleinem Schalenkopf, kleine schwarze und 
weissgelbe bemalte Schale, Urnen- und Schalon- 
scherbon , Reste von 2 Skeletten, ein Thier- 
knochen ; 

(irab 32. Schwarzbraunes, tupfartiges Befliss, 
rothbraune Schale, innen mit Graphitstreifen 
und am Boden mit concent rischen Kreisen 
verziert, kleine, schwarzbraune Kenkelscbsile, 
Bruchstücke einer schwarzen Schale, einer 
grossen Schüssel uiit feinen Linienomanicnten, 
rothe, bauchige Schale mit kleinen Warzen, 
Bruchstücke eines Hcnkeltopf.« und einer kleinen 
Schale , verschiedene Scherben, Skelett reute ; 

Gral) 33. Kleineridter llenkeltopf, kleine roth- 
braune Schale, schwarzes ( iefüss, amobem Bauch 
verziert, kleine, bräunlich« Schale, Scherben 
2r»ther, 1 schwarzen, I kleinen schwarzen Schale, 
Urnen- und sonstige Scherben, Skelett reste ; 

Grab 34. Bruchstücke eines Topfes mit 
grossem Henkel, verschiedene Scherben, Skelett - 
roste ; 

Grab 35. Scherben von 3 Urnen, 3 Schalen, 
2 kleinen Schalen, durehlochtes Bodenstück, 
Bodenstück mit Kreuz; 

Grab 30. Bruchstückeeiner kleinen, sch Warzen 
Schale, Urnen- und Schalenscherben ; 

Grab 37. 2 kleine, schwarze Schalen, 1 kleine, 
braune Schale, verschiedene Urnen- umlSehalon- 
seherben, Skelettreste. 

b) Gruppe l>ei Staadorf, aus 

Grab 3. Ein kleiner, flacher Bronzeknopf 
und Skelettrest«. 

c) Gruppe bei M mit lach, aus 

(irab 1, 2 und 3. Scherben und Knochen; 

Grab 4. Spitze einer Bronzenadel; 

Grab 5. Kleine BrutizepfeiLspitze und Brouze- 
uadel mit rundem Kopf und gervifeltem Hals, 
Skelett raste; 

Grab (». Go*chläiigcltc Rrnnzimadcl mit 
scheibenförmigem Kopf, kurzem durehloehten 
Hals, Skelettreste. 

Grab 8. Scherben und Knochen. 

d) Grup|»e von Harren zhofen, B.-A. 

Parsberg : 

Grab 1. Bruchstück einer eisernen Schwert- 



klinge, verziertes Knochenstück, Seherben und 
Skelettreste. 

Gi ab 2. 2 Bruchstücke von Bronzeblech. 

e) Gruppe zwischen Lengenfeld und 
Daissmauer, B.-A. Parsberg: 

Grab 1 Ausgeschnittene, schmale Bronze- 
bleehstücke, einig»» mit Vogelköpfen, ganz kleine 
Bronz*»stift«, Bruclistücke von Eisen und von 
Brunzebleih, gross** scdiwarz-rath-weiss verzierte 
Urne von seltener Form, Bruchstück»; einer 
graphitirten Unn* und kleiner Schale, verbrannte 
Knochen, kb*ine Ilenkelschale und halls* Schale. 

f) Gruppe zwisch»*n Giebing und Friken- 
ho f : 

(irab 1 Röthlich« Urnen- und graphitirte 
Schalenscherhen, verziert».* Urnen- und sonstige 
Sclierben, Knochen. 

Gral» 2 Bruchstücke einer Bronzefibel, 
eines Bronzegürtelhlechs, eiserne Pfenletrense, 
kleines im Winkel ge Imgen es Eisenstück, Bruch- 
stück eines Bronze- und eines Eisen rings, zweier 
schwarzer Schalen, verschiedene Scherben und 
Schädel raste. 

12. In »lie gleich»* Sammlung kamen die 
Funde aus Hügelgräbern der Oberpfalz, B.-A. 
Sulzbacb, welch«* ll**rr I)r. Balm ind»*n Jahren 
I HD5 — 07 öf finde, und zwar: 

1. aus einem Hügel l»*i Aicha zun dt, 8 m 
Durchmesser von West nach Ost, 4 von Süd 
nach Nord, in welchem unter einem regellos 
aufgeworfenen Steinhaufen in der Mitte 3 Ske- 
lette von Ost nach West lagen, ein kleiner 
eiserner Hing und eine Bronzekl»*klenind**l vom 
mittleren Skelett. Drei andere Hügel derselben 
Gruppe waren schon früher aufgeinacht worden, 
in einem derselben konnten 2 Steinl ranze, 1,2t) 
hezw. 2,30 in vom Mitt«*lpunkt entfernt, in 
einem zweiten 4 nebeneinander liegende Skelett»*. 
d»*ren Köpfe nach Osten auf je einer Steinplatte 
ruhten, constatirt werden. 

2. Aus einem Hügel iin Beckerhölzl beiG ras- 
be rg, der elienfalls nicht mehr unversehrt war 
Bruchstücke »*in«*s dickwandigen Thongefikwes 
mit schwarzem Bruch, sowie Skelettteile. 

3. Aus einem Hüg»*l bei Schwend, woselbst 
in der Waldparzelle „Ziegel“ ungefähr 12 — 15 
Gräber sich befinden, und »l»*r 7 in Durchmesser 
von Ost na»4i W«*st, 5 in von Sü»l nach Nord hatte, 
die» Reste um 2 unter einem unregelmässigen 
in Mitte zweier Steinkranze befindlichem Stein- 
kem am gewachsenen Boden liegenden Skeletten, 
Thonscherben von 2 ineiuanderstehenden Ge- 
fässen, ein Armreif und ein»; Entenkopffibel 
von Bronze. 



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Bericht über neue vorgeschichtliche Funde in Bayern. 



135 



B. Reih 

1. Auf dem Grabfeld von Schrot /heim 
wurden nach dem X. Jahresbericht des histor- 
ischen Vereins von Dillingeri im Jahre 1898 
noch 17, im Jahne 1897 aber 31 Gräber geöff- 
net. so dass die Gesainmtzahl nunmehr ein- 
schliesslich der Thierbestattuugcn 2117 beträgt. 

l>er Inhalt der 189(1 geöffneten Gräber war: 

Grub 1. Kraueuskelett, 1,45 in lang. Am 
rechten Ohr Pcrlcukrnnz, am Hals IVrlenschimr. 
im Hecken Eisctisclmalle; unter dein Kinn 
silberne SrheihcnfiM mit Almandinen , auf 
der Brust Yogelfibel mit Einlagen, am linken 
Knie Messer, am linken Ohr herzförmiges 
Bronzegehiinge ; ausserdem rote Glasscherben 
und Bronzezierstück. 

Grab 2. Frauenskelett (?) 1,56 m I. Tin 
den Hals Perlenschnur. Gürtelschnalle, Bronzc- 
nadcl im Becken , rechts Lanze (?), auf der 
Brust 2 Bronzepin ttchen, zwischen Ubeisehen- 
keln Kamm mit Scheide, am linken Knöchel 
länglicher Bronzohonkol , am rechten kleines 
( i lasst ück. 2 zerbrochene Eisen ringe und 2 Bronze- 
zungen. 

Gral» 3. Kinderskelett, 1 m I. Schüssel- 
förmiges Thongefiiss. 

Grab 4 Mannsskelett. 1,80 in I. 2 Eisen- 
Pfeilspitzen. 

Grab 5. Kindcrskelctt. 1.20 m 1. Perle, Gürtel- 
schnallc. am linken OlierMchenkcl Messer, am 
rechten Knöchel Thongefass. 

Grab 8. Frauenskelett, 1,40 ml., mit Perlen- 
schnur am Hals. Gürtelschnalle im Reken, 
olierhalb Nadel in L-derfutteral, Kleiderhalter (?) 
aus Bronzedraht. bikonkaves Beinscheibchen, 
grosser Eisenring und 2 Eiscnnägel. 

(Jrab 7. Kinderskelett , 0,9ü in 1,, Perlen- 
schnur mit Silhcrplüttchon am Hals, zu Füssen 
n-ehts Thongefiiss. 

tirab s. Fmueiigrab? Zerbrochenes Messer, 
in der llerzgrulie Feuerstein und Eisenteile, 
links am Gürtel runde, rechts viereckige Platte; 
ferner Nieten und Nagel von Bronze; vom 
Gürtel abwärts eiserne K leide rspnngc. 

Grab 9. Frauengrub. Perlen am Hals und 
linken Ellenbogen, Schnalle im I lecken, abwärts 
eine Bronzcschnallc ; 2 Schulisch nullen ; unterm 
RinnSchcilienfibcl mUGhiscinhigcn, desgleichen 
auf Brust; Messer, Urne am rechten Knie, 
Bronzestähchen auf Brust, Bei nschei liehen am 
Gürtel, Kamm mit Scheide; am linken Knie 
2 Bronzeringe und Bronzedraht, am linken Unter- 
schenkel Zierscheibc von Bronze mit Beinring. 



ngräber. 

Grab 10. Kindergmb. Gürtelschnalle und 
Messer. 

t»rab 11. Kindergrub. Gürtelschnalle. 

Gruh 12. Kinderskelett, 1,10 nt 1., Thon- 
gefiiss am rechten Kuss. 

<»rab 13. Fnmenskelett. 1.55 in 1., Gürtel- 
schnalle, llalsgehäng. Messen*; am linken Knie 
grosser Eisenring, zu Küssen grosses Thongefiiss. 

Grab 14. Fraueuskelett, 1,25 in 1. Grosse 
Perlenkette, Gürtelschnalle, links tief ein Weber- 
Schwert mit durchlöcherter Bronzekapsel und 
Niete, am Gürtel 2 zusammenhängende Bronze- 
ringe, am linken Knie Bronzezierscheilie mit 
Beinring. 

tirab 15. Kinderskelett. 1 m 1., mit Gürtel- 
schnalle, Messer, 2 Pfeilspitzen und Thongefiiss 
zu Füssen. 

Gral» Hi. Mannsskelett, 1,70 m I.. mit Gürtel- 
schnalle und Messer. 

Grab 17. (?J Skelett, 1,35 ui I.. mit Gürtel- 
schnalle. 

Die 1897 geöffneten Gräber enthielten: 

tirab 1. Kinderskelett, 1,20 m 1., mit einigen 
Perlen unterm Kinn. 

Grab 2. Kinderskelett, 1,35 ml., mit Gürtel- 
schnalle. 

Grab 3. Fraueuskelett, 1,66 in 1,3 Perlen 
unterm Kinn und Gürtelschnalle. 

Grab 4. Skelett, 1.85 m 1., ohne Beigaben. 

Grab 5. Mannsskelett, 1,80m 1. Eisernes 
Gürtelbesehlng mit Metallnägeln, Sax in linker 
Band mit Spitze nach oben, 4 Pfeile* in Holz- 
seheide rechts am Gürtel abwärts liegend, Thon- 
gefäss mit Fenstermuster. 

Grab 8. Mannsskelett, 1,70 in I. Gürtel- 
schnalle, Sax zur Linken mit Spitze nach olien, 
Spatha darunter mit Spitz»* abwärts, Zierplatte 
aus Eisen und Feuerstein. 

Grab 7. Kinderskelett, 0,95 m I. Thougefäss 
zu Füssen, Eisen sch nalle, Bernstein- und Glas- 
ierten unterm Kinn, dolchartige Waffe quer 
über Hüfte, Spitze nach links, Urnenscherben. 

Grab H. Manusskelett, 1,80 m 1. Unterm 
Kinn kleine Bittnzeschlies.se mit 2 Nieten und 
Oese, an linker Schulter eiserne Schliesse, 
am Becken grosse Gürtelschnalle von Eisen, 
2 kleine Bronzeschliessen ; Spathamit Beschläge 
der Scheide, Sax desgleichen, Riemenzunge von 
Bronze, 2 Schnallen mit Kiemenzungen von 
Bronze, grossem und kleine Bronze-Riemen- 
zunge, Thongefass am linken Fuss. 




136 



Franz Weber. 



Grab 9. Hannsskelctt, 1,110 m 1. Zu dessen 
Füssen C'i’fass aus stcingutartigor Masse; von 
recht» nach links über dem B*s-ken 48 nn I. 
SftX, spitze abwärts, mit Hochlägllioilcti der 
Scheide; links am < iürtel Messer und Gurfeel- 
schnalle von Eist-u . eine lYeilspitzo ; rechts 
< iürtel bescbläfje und 2 Pfeilspitzen von Eisen. 

Gral» 10. Tiergrah , Skelett unkenntlich, 
mit ELscnselieciv. 

Grab II. Maurisskclrtt, 1,70 m I. Quer über 
Hecken Sax mit Be>«lilägtcib»n der Scheide, 
darunter Messer und Gürtelschnalle von Ei.M»n, 
links an der Saxspitzc I*feil und Beschlagstürk 
mit 3 Silbemieten. 

Gral» 12. Skelett vermodert. In der liemleu- 
gegend Eisenstiicke, Gürtclliesrbläge, Schnall»* 
und Spangen, quer ül«*r Ilccken Sax. Spitze 
abwärts. 

Grab 13. Mannsskelett, 1,60 in I., mit eiser- 
ner Gürtelschnalle. 

Grah 14. Mannsskelett, 1,70 m 1. Am Bocken 
Kiseuteile und Pfeil, im linken Arm Sax mit 
Beschliigstückcn der Scheide, Spitze aufwärts, 
Eisenschnallo und -Theile, Feuerstein. 

Grab 15. Maunsskelett, 1,75 in I. Sax im 
linkeu Arm, Spitze aufwärts, darunter Messer 
und Eisentbeilo; Spatha, Gürtelschnalle, kleine 
Schnalle am rechten Kuss, Thongefäss zu Füssen. 

Grab 16. Frauenskelett, 1,65 m I. Zu dessen 
Küssen Thongofu-a; zwischen den Unterschcukelu 
Zierscheibe mit Ring und 2 Besdilügspangcn 
von Bronze, darunter kleine Fibel, 2 silberne 
Riemenzungen und kleine Bronzesclmallo; auf 
der Brust grosse Stocknadel, 18 cm I., von 
Bronze; über der Hüfte kleine Kiseoschnallc, 
neben dem Oberschenkel 4 cm I. Ei.sennagcl, 
zwischen den Schenkeln 2 Perlen, vom Knie 
abwärts 11 Brorizomünzen auf einem Leder- 
streifen befestigt und kleino Riemenzunge von 
Bronze; am rechten Unter scheu kel 2 Bronze- 
ringe und Eiseomesser. 

Grab 17. Frauenskelett (V), 1,5t) m I. Oürtel- 
k-schlngo von Bronze, Spinustein, Hrunzeschnallo 
mit Anhängsel vom Gürtel, Messer von Eisen, 
60 cm 1. Sax mit Spitze nach oben und Thoilon j 
dos Scheiden beselilägs, rechts zu Füssou Thon- 
gofias. 

Grab 18. Frauenskelett, 1,75 ml. Reicher 
Perlenschmuck, Ohrlöffelcbon von Bronze am 
linken Schlüsselbein ; Gürtelschnalle mit Zunge 
von Silber; am linken Knie Karamfassuug mit 
Eisenring, am linken Unterschenkel Kamm- und 
Eisontheilcheu. Zwischen den Unterschenkeln 



Spinnstoin aus Glas und Thougofass mit zweitem 
Spinustein. 

Grab 11t. Mannsskelett, 1,60m I. Gürtel- 
schnalle von Eisen, Bronzenieten der Messer- 
scheido, Kleiderhalter (?) von Bronze, 2 Feuer- 
steine, Messer und gebogenes Stück von Eisen, 
sümintlich auf dem Becken ; Spatha von 88 cm 
Lunge mit Knauf auf linker Seite neben dom 
Skelett. 

Grab 20. Kindcrskelotr, 1,37 in 1. Thon- 
gefäss zu Füssen, Eisennagel, Perle und Glas- 
scherbe, eiserner Ring, Eisen fragmente und 
Beiuplatto über den Knieen; Messerund Bronze- 
platte mit Henkel zwischen Unterschenkeln. 

Grab 21. Mannsskolett , 1,40 m 1., mit 
3 Pfeilspitzen, Feuerstein, Kamm, Messer, 
Bronzescbualle, Eiscnfragmentcii. 

Grab 22. Kraneuskelett, 1,65 ml. Perlen- 
schnur auf der Brust, Gewanduadid von Bronze 
auf linkem Beckenknochen, grosso Gürtel- 
schnalle von Eisen uud Kamm am Gürtel. 

Grab 23. Frauenskelett, 1,55 m 1. Haar- 
nadel von Bronze au huker Kopfseite, Pericn- 
gebänge, kleine Güitulsehualle von Eisen. 

Grab 24. Kinder skclett, 1,30 m I., ohne 

Beigaben. 

Grab 25. Mannsskelett, 1,70 m 1. Quer 
über der Blust von rechts nach liuks 30 cm 
I. Sax mit der Spitze nach oben, Bronze- und 
Eisenschnallo vom Gürtel. 

Grab 26. Kiodeiskelett, 1,10 ml. Eiserner 
Doppolhenkel. 

Grab 27. Kinderskelett, 0,65 m 1., ohne 
Beigabe. 

Grab 2S. Frauenskelett, 1,45 m I., mit Hals- 
gehänge von Perlen und Spinustein zwischen 
Unterscbeukelu. 

Grab 20. Frauenskelett, 1,60 m 1. Kleine 
Gürtelschnalle von Eisen, Stewkugel am liukcn, 
Messer am rechten Unterschenkel 

Grab 30. Mannsskolett, 1,85 m 1. Schild 
buckel über dein Haupt mit beiden Spangen, 
Gürtelbescbläge, Spatha mit Griff, 92 cm 1, 
au der linken Seite vom Ellbogen abwärts, mit 
Regten der Holzscheido. 

Grab 31. Kinderskelett, 1,40 m I. Zu Füssen 
grosses Thongefäss mit Eierschalen, Gürtel- 
schnalle, Messer, Pfeilspitze und Gürtelbescbläge 
von Eisen. 

Die Funde befindon sich im historischen 
Museum zu Dilliugen. 

2 Im Oktober 1897 wurden gelegentlich 
Bahuerweiterungsbauten in Uorpolding, 



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Bericht über neue vorgeschichtliche Funde in Bayern. 



137 



R.-A. Traunstein, Oberbaiern, 3 Gräber des 
schon fiühor vom historischen Chiemgau-Verein 
in Traunstein theilweise uusgebouteten Reihen- 
grabfeldes angeschnitten. Es scheinen Frauen- 
gräber gewesen zu sein, da als Beigaben nur 
Halsgehängo von einfachen Thonperlen er- 
wähnt wurdeu. Wohin die Funde kamen, ist 
unbekannt. 

3. Aus don 1894 aufgedockten Reihen - 
griibern im Ort Pasing, Oberbaiern, kamen 
1894 vior Skramasaxe, eioo Spatha und oino 
I-anzonspitzo ins baierische Nationnlmuseum. 

4. Ein neues Reihetigrabfeld wurde bei 
Oross-BocktMi heim, B.-A. Frankeuthal, 



Pfalz, entdeckt. Aus demselben kamen in die 
Sammlung von Speier eäu 61 cm 1 Skramasax, 
Th eile eines Sehildgespänges, oino 5'/* cm breite 
Eisenschnulle, eine viereckige ornamentirte 
lironzeschnalle mit daraiihiingendcm grossen 
Hionzering, eine lOVtcm lange, 1,8 cm breite 
Riumenzungo mit Ornamenten und 2 Nietn&gelo, 
, eine römische Klcinbronze eines späteren Kaisers, 
13 kleine farbigo Tbooporlou, Bruchstücke von 
Messern, Beschlagstücke von Eisen, un verzierte 
Thongofässresto. Wie viele Gräber geöffnet 
wurden, und wie sich dio Funde auf dieso 
veitheilen, konnte leider nicht aus dem Bericht 
i entnommen worden. 



Kinzelfundc. 



I. Der im vorjährigen Berichte erwähnte 
Fund eines Bronzesehwertes nebst 13 Armringen 
bei Oberneu k i rehe n, B.-A. Mühldorf, Ober- 
buiem , hat sich als acht hernusgestollt. Die 
Bronzen wurden ln*im Pflügen, 45 ein tief, im 
Acker „am Staudererfeld* beisammen liegend 
gefunden. Die zum Theii zerbrochenen Ringe 
haben alte Bruchstellen. es ist daher möglicher 
Weise ein Depotfund. Das Schwert ist summt 
Griff 50cm lang, der Vollgriff allein 8 cm. Die 
Klinge ist von schöner Sehilfhlattform mit 
starkem Grat, an den Rändern sehr dünn, 
scharf zugeschliffen, wahrscheinlich in Folge 
vollständigen Abseh leifens der Patina. Am 
Griffansatz ist sie stark eingezogen und hat 
nur 2,5 ein Breite, während sie in der Mitte 
eine solche von 3.5 cm hat. Der Schwerpunkt 
ist, um den Hieb wuchtiger zu machen, nach 
vorn gelegt, die Spitze jedoch abgebrochen. Der 
klingcnunsutz ist halbmondförmig geschweift, 
mit je einem Nagel an den Enden. Der jioly- 
gonalo Griff ist Vollguss und hat drei hori- 
zontale Wülste, sein l'mfang betrügt 6 etn. 
Auch vom Griff ist die Patina aligeschliffen 
und die Ornament irung dadurch zerstört, so 
dass sich davon nur .schwache Spuren, hori- 
zontale Striche, erkennen lassen. Der Griff 
endet in einen acheibcnartigun Knauf, ober der 
Platte ist noch eine runde Erhöhung (Knopf). 
Die Scheibe ist durchlocht, auch sie war or- 
namentiri Das Schwert ist von äusserst zier- 
licher Form. 

Die 13 Armringe sind von verschiedener 
Grosse, innen glatt, aussen gewölbt, au» starken 
Bronzestäben, von ovaler Form, vorn offen mit 
scharf abgesohnittenoii Enden, an den Kanten 
vielfach zugeschliffvn , roh irn Guss, schön 



jtatinirt. Alle sind mit Striehomainentcn ver- 
sehen, die drei grössten haben etwas anderes 
Muster als die übrigen. 3 Stücke sind ver- 
bogen und fragmentarisch, die übrigen ganz 
l gleiche Stücke haben 67*. 3 gleiche 7, je 
eiu Stück 7 */*, 8 und 8 l Jt cm lichten Durch- 
messer in der Breite. 

Der Fund ist im Besitze des städtischen 
Museums in Mühldorf. 

2. Nach gefälliger Mittheilung des Heim 
Majors Sign» u t» d wunleu vor mehreren Jahren 
im Schutt eines Steinbruchs an der Roscnheim- 
Kufstciuoi Strasse, am Westfuss des RietllU-rgs 
südlich von Nunsdorf a. I., Oberbaiern, ein 
Brouzckelt mit kleinen, schmalen Schaftlappe n 
in der Mitte, 18 cm lang, mit 47* »rin breiter, 
runder Schneide, 37* cm breitem, geradem 
oberen Ende; ferner 1897 bei Abführung einer 
Hodcncrhühnng in der Nähe d»*s Orts ein kurzer 
Bronzedolch mit sehr schmaler Spitze und 
breitem Klingcueude, mit 4 Nägeln, sowie an- 
geblich Skelettreste gefunden. Ob in letzterem 
Fall ein Begräbnis» (Grabhügel j zerstört wurde, 
ist Imm Mangel genauerer Beobachtung nicht zu 
entscheiden. Schon Mitte der vierziger Jahn* 
wurde Is i Nussdorf auf einem hügeligen Felde, 
nördlich von dem an den Inn führenden Sträss- 
chen, etwa 850 Schritt von der St. I/*otihards- 
kirehc, ein Bronzeschwert liebst anderen nicht 
näher festzustellenden Gegenständen gefunden. 
Wo diese Funde »ich liefiiidcii, ist unbekannt. 

Die leiden neueren Funde, Kelt und Dolch, 
kamen in das prähistorische Staatsmuseum. 

3. In die Sammlung des historischen Vereins 
von Neuburg n. D. kam eine beim Sehutt- 
aufladen zwischen D i n k <■ 1 s h a u s e n und 



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138 



Kran* Weber. 



Seiboldsdorf, B.-A. Neuburg, gefundene | 
Bronzepfcilspitxe. 

4. In das städtische Museum zu Weilheim 
kamen : 

ein Steinl»eil aus Granit mit Bohrloch. | 
gefunden im Ammerbett, eine Stunde nördlich 
von W e i 1 h e i in ; 

eine 76 ein lange Spatha mit kurzer Parir- 
stange und «*in Schildhuckel von ovaler Form 
mit kleinem Kund und 1 NagcUöehorn m W 

1 Nagel hieran sowie Schiidelfragmciite aus 
den Heihengräbom am sog. Betlterg. dem alten 
Fri**dbof von W e i 1 h e i m. 

5. Die Sammlung des historischen Vereins 
der Pfalz in Speier wurde 1 S!HJ durch nach- 
folgende Funde Im? reichert : 

aus der vorrnmischoti Metallzeit und zwaraus 
einem zerstörten Grabhügel liei Jiigersburg- 
Erbaeh. B.-A. Hombuig. ein 75 cm langes 
La Tene -Sch wert, ein kleiner Bronzering mit 
Wülsten, eiue 21 cm lange eiserne Lanzen- 
spitze, Bruchstücke eines Messer» von Eisen 
und Gefüsssc herben ; 

aus der frtihgennanisidien Zeit aus fränk- 
ischen Kcihcngr.d*cru bei dem Osthof nächst 
Wachen heim. B.-A. Neustadt a. 11.: Spat ha. 
ohne Griff und Spitze. HO cm lang. Kax mit 
43 cm langer Klinge, 19 cm langem Griff, 

2 Lanzenspitzen von 21 und 32 cm Länge. 

0. ln Burg ha u.sei), Überbaieni, wurden 
nach einem Fundberieht in den Mitt. »I K K. 
Central-Commission v. IH'.»7 an der Westseite 
des Burgbeigs gefunden: ein halbes Steinbeil 
mit Bohrloch, ein 13 cm I. Steinmeisel, eine 
Bronzepfeilspitze mit Klügeln, ein Knopf von 
Bronzehleeh, eine klein«* Bnmzcuadel mit Kopf, 
der Oberteil einer ornBmentirten Broiizenadel. 
Die Funde h* a find< > ii sich in Privat1***sitz. 

7. In die Sammlung des historischen Vereins 
von ftegenshurg gelangte ein l***i Taimering, 
B.-A. Kcgcuaburg , gefundener zierlicher La 
T ene- Armring mit 3 omamentirten Anschwell- 
ungen. wahrscheinlich aits einem Begräbnis» 
herrührend. 

8. In die vorgeschichtlich** Staatssamtnlung 
gelangten: ein Halsreif mit einigen Bingchcn 
von Bronze, eine Vogelkopffibel und 3 Bruch- 
stücke von Broiizeaiinlüindern aus einem zer- 
störten Grabhügel bei Hogen. B.-A. Sulzbach ; 
ein 1H> cm langes, einschneidig*« Schwert mit 
dem Ende des Scheidenboschlägs und einem 
Sdieidenimmd aus Siiberblech , ersten« mit 
12, letzterer mit 3 kleinen Musetten aus Silber 
vorzielt, gefunden bei Eh ring, 11.- A. Regens- 



burg, an der linken Seite eines Skeletts, mit 
der SpitZO mu h oben; der H**st eines Hügnl- 
grab-lnvcntars der Hallstattzeit aus Ober- 

1 ei nach. B.-A. Würzbuig, ülier den Herr 
P Heiueckc im XII. B. d Beitr. S. 1H0 
ausführlich berichtete ; 75 Stück Steinkeile, 
itciWoiue. Wetzsteine und Fragment*» solcher 
aus verschiedenen Orten im Spessart; ein 
Bronzckclt aus der Nahe von Moos bürg in 
Oburbaiem, von schmaler Form, 16 cm lang, 
mit breiten, fast zusauimentivtenden Schaft- 
lap|M<n am oberen Theil und einer Dump an einer 
Seite. Di** gerundete Schneide ist 4 cm breit; 
da» obere Ende hat eine halbrunde Hoffnung 
in der Mitte d**s Kunde» 

9. In diu Sammlung dos historischen Vereins 
von Schwal»**n in Augsburg gelangt** ein Bnmze- 
dolch mittlerer Grösse mit Mittelrippe uud 

2 Nagellbehern am Kling*'nausatz. der in einem 
Torfmoore l»**i I Hertingen gefunden wurde. 

I Er gehört der jüngeren Bronzcperi«»de an. 

10. In der Sammlung der naturwissenschaft- 
lichen Gesellschaft zu Nürnberg liefinden sich 
aus der Bronzezeit an Kinzelfunden : 

1. Ein Bronz* »schwert, Klinge 60, Gnff- 
zung** 11 cm I., ersten* weidenblattförmig, 
lctzt**re mit üU*rt rötenden Kündern; der Griff- 
Mag (Llorn oder Holz) war mit 5 Nageln, 
2 am Klingenansatz, 3 am oberen End«? be- 
festigt; eine Broiizenadel 22 cm 1., mit Sch rau- 
hen köpf, und eine unverzierte mthe Schal** 
von 10 cm Höhe, siimmtlich wahrscheinlich au» 
einem ahg*»trag»*nen Hügelgrab hei Hammer, 
B.-A. Nürab»?rg. 

2. Ein K**lt von I I cm 1«ängc, mit rund- 
licher Scheide und schmalen Schuftlappcn von 
Riippr*‘chtategeii, B.-A. Sulzhach. 

8. Ein Bmuzemesser, 10 cm I., mit bogen- 
förmigem Kücken mul einem ovalen I/>ch am 
kurzen Nth-lausat* von der II ou birg, Gern. 
Uappurg, B.-A. Ilenibniek. 

11. Das historische Mus**um der Stadt 
Straubing enthalt für die Vorgeschichte 
Baioms ausserordentlich wichtige Fund**. In 
der '/* Stunde südlich der Stadt gelegenen 
Ortlerschen Zi* , g»*l**i liefaud »ich augenschein- 
lich ein Bestattungsplatz au» der 1-« Tcne-Zeit 
mit Flachgribern , dessen Wichtigkeit leider 
nicht gleich richtig erkannt und der daher uicht 
systematisch untersucht und ausgegrabon wunle, 
sondern von dessen Inventar nur bruchstück- 
und gcl cg« • uh** i ts weise einig»« seit den Stier 
.1 ahren in «las städtisch«* Museum gelangt«*. 
Die dort befindlichen Funde erstrecken sich 



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Bericht über neue vorgeschichtliche Funde in Bayern. 



139 



von der Mittel-I.a Tenozeit bi« zum Beginn 
der Spätzeit Auch einige mehr oder minder 
vollständige Skelett»* sowie Schädel halten sieh 
aus diesem Hestattungsplatz »Thalien , wovon 
in.sliesondere ein ziemlieh vollständiges Zwerg- 
skelett als CuriüHum zu erwähnen Ist An 
Beigaben fanden sich bei einem Sk»*l»*tt 7 Arm- 
reife von Bronzedraht, bei dem Zworgskdett 
an den Armknochen BiYinxeriiigc von diinucm 
Draht, hei anderen Armknochen 4 grosse Arm- 
reife mit ovalen, halliej förmigen aneinander 
gereihten Ferien; ferner Gagat- (?) oder Lig- 
nit- (V) Hing»* für das Handgcleuk , iÜKrnbrtt«, 
Fibel und Hinge von Eisen, Bruchstücke eines 
Eisenschwerts und einer I<anzc; ein anscheinend 
kurzes Eisensehwert mit spitzer Klinge und 
Griffzunge von Eisen nehst dem unteren Stuck 
der eisernen Scheide; grosse Eisentrense, offene 
und geschlossene Eisen ringe verschieilener 
Grösse, gekerbter und gejierltor Bronz«*armring, 
Filieln v»m Eisen und Hmnzu; aus jo einem 
(irabe scheinen zu »ein: ein sehr schönes 
Schwert mit Eisenscheide, Lonzciispitze, Trema*, 
Schild buckelfrag ment , Brwuzofibel uml kleiner 
Armring von Bronze*) , sodann ein kurzes 
Schwert die Tüll»* einer Lanzenspitze und »*in»* 
Kis»*iifils*l. Noch immer werden auf dem l»e- 
I reffenden Grundstück Funde gemacht, das 
meist«* ist leider achtlos verworfen worden. 

An sonstigen Funden siud zu erwähnen: 

17 Stücke der grossen offenen Bronzeringe 
mit umgebogenen Enden aus einem Depotfunde 
von 23 solchen zwischen Niede rsii nzing 
und Saldi ing, B.-A. Straubing; ein grosses 
uud breites Eiseninstrument mit hacken förmiger 
Spitze uud kurzem Griff, wahrscheinlich luud- 
wirthschafUiche (»eriithe aus der LaTcn»‘|H.‘ rinde, 
angeblich aus einem Hügelgrab bei Mailing; 
eine Sputha und buntes Thoii|M*rlcng<‘liäiig aus 
einem Heihengrab bei Fiebing und ein Scbild- 
buckel der KeihciigräberzeÜ aus «lern sog»*n. 
Srhanzl bei Straubing. 

12. ln die Sammlung d«*s historis»hen 
Vereins von Mittelfranken in Ansliach kamen 
in den letztvergangenen .lalireu naehst«*hende 
Kunde: 

1. aus einem Hügelgrab U*i Horabach. 
BA. Hotheiilnirg o. T , welchen von einem 
l^omimann eingci*bn«*t wunle. ein 15'/« cm 
langer Brunzekclt mit sehr niedrigen Schaft- 
lappcn, «*in Stück Gagat (V) un»l Bruchstücke 
eines Thong«»fäss»w und einer Hirnschale; 

*) cf. N. 14 d. Mitth. d. Mus.-Ver. f. v< 



2. aits einer Bestattung bei Hergersbach, 
B.-A. lleilsbronn, welche anlässlich eines 
Neubaues zu Tage kam, 2 Schädel und ein 
dünner Armreif von Bronze; 

3. aus einem Grabfund bei Hudelsdorf. 
BA. Schwahach , 2 eiserne Messerklingen von 
8*/* cm Länge ; 

4. aus HeiheugrälN*rn slavischer Herkunft 
bei Weiherach neidbach, B.-A. Feueht- 
wangen, 2 Silben! nihtringe von 7*/t cm Durch- 
messer mit S-förmigem Ende (Schläfen ringe) 
uml eine Bronz«*nadel von 7'/i cm Länge, völlig 
ähnlich den Funden, welche in den slavischen 
Hcihcugrübem l»**i dem *}* Stunden entfernten 
Grussbrciteiibrunn 1SS4 gemacht wurden; 

5. eine k»*ltis«-lie Goldmünze (Kcgenlwgen- 
aehüsselchon), welche 1SHI» auf einem Acker 
bei Altontrüdingen. B.-A. Dinkclsbühl, ge- 
funden wunle. Auf der konkaven Beite sind 
3 mit dein Rücken zusammenstossende Halle 
liionde (?). auf der konvexen Seite nur mehr 
ein Theil d»*r Humb-infasMing sichtbar. 

13. Ein hervorragender Fund, jedoch zweifel- 
haft ob prähistorisch, wurde 1S!»7 in l’fersee, 
B.-A. Augsburg, gemacht, nämlich 21l«*lmhaubcn 
von Eisen mit einst veigoldetoiu Silberblech 
überzogen, die beim Kiesgralmn in einem ver- 
lassenen Arin il«*r Wert ach von Arbeitern ge- 
fundcn wunlcn. Der eine ll«*ln» gelangte nach 
mehrfacher Wanderung l»*i Anti<|iiitätcnhiiudleni 
in »las germanische Museum zu Nürnberg, der 
and«*rc aus »lt*r Ilaml d«*s Finders in Frivat- 
liesitz eines Augsburg»T Sainmlers, d»*r ihn im 
Maximilians-Museum in dank«*uswerther Weise 
ansg«*st»*llt hat. 

Beide Helme gehören augenscheinlich einer 
Zeit an und sind in der Hauptsache von gh*ich«‘m 
Typus. Es sind Eisenhanlieii von ovaler Kopf- 
form, bis an die Srirn»*, das Hinterhaupt frei- 
lassend, ähnlich älteren Formen des frühmittel- 
alterlichen Helms. Am Scheitel läuft ein 
Kamniband. »las gegen Stirn und Hint»*rhaupt 
in rtmdc, knopfförmtge Ausladungen über- 
geht. D«*r vollständigere Nürnberger Helm hat 
ein Wangen- uml Nasenhouil. w«*lche der 
weniger gut erhaltene Augshuiger wahrschein- 
lich auch hatte, w»*nigst».*ns sehein<*n algetrennte 
Kisenstücke davon herzurühren. 

Beide Helme sind omameutirt; der Augs- 
burger mit bandartigen Reihen von schräg- 
gestellten kleinen s, der Nürnberger ausser 
diesen von solchen mit kleinen concent rischen 

g. Alterth. Bayerns. 



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140 



Franz Weber. 



Kreisen und in den Reken mit nus kleinen 
Hinsehen zusammengesetzte». einen Baum dar- 
stellenden (Jebilden. Auch da* Wangen- und 
Nasenltanii sind ornamentirt. enteren mit l»and- 
artig umlaufenden Sehlaugenlinien und Kreisen 
in den Vertiefungen, letzteres mit Strichelehen 
und Krisen in Kreuz- und Kauten form. 

Von den beiden Museums -Verwaltung**»! 
weiden die Helme der germanischen Frühzeit, 
3. — (>. Jahrhundert, zugosch rieben Man findet 
übrigens ähnliche Kennen auch auf .Miniaturen 
des 12. Jahrhunderts, und die Ornamente 



scheinen mit denjenigen der Seitenspangen des. 
in Lindcnschinidts llandb. d. d. Altcrthiimskundc 
Seite 25H ahgcbildeten Helms, dessen Stirn- 
spange schon romanische An klänge hat. Ver- 
wandtschaft zu besitzen. Vielleicht wäre an 
die I^echfeldsehlaeht (955) zu denken. Sonstige 
Reste oder Spuren eines Begräbnisses hatien 
sich trotz Xachsuchung in der ganzen Um- 
gebung des Fund platzen nicht gefunden. Die 
Helme scheinen vom Wasser hergesehwemmt 
und dann in den Kies eingebettet wurden 
zu sein. 



Verschiedenes. 



Höhlen. 

1. Eine grosse Höhle bei Ruppr echt- 
st egen, B.-A. Sulzhnch. wurde von der natur- 
wissenschaftlichen Gesellschaft in Nürnlmrg 
untersucht, wobei jedoch nur dürftige Reste 
vom IhihlenlKircn und Maiimiuth. dagegi'n keine 
Spuren menschlicher Anwesenheit enttbrkt 
wurden. 

2. Im „Hohenfels 4 * bei Happurg, B.-A. 
Ilcrsbruek. fand IJerrDr. Schlosser l*i ciueiu 
Besuch im Herbst 1897 von unbekannten Aus- 
grabungen herrührende Topfsehorbeu und 
K ms- hen fragincnte, welche sicher auf die An- 
wesenheit des neolithix'licii Menschen in dieser 
Höhle scliliessen lassen. Corr.-Bl. d deutsch, 
anthr. (»es. v. Mürz 1K!W. 

3. Von Herrn licutnant a. I). Leick wurden 
Teile des sog. Rauberfe|^>ns gegenüber dem 
Klösterl oU-rhalb Kclhcini, N iederhaiern, 
untersucht. Seinem Bericht hierütar in den 
Verhandlungen d. Iiistor. Ver. v. Nösioriiaiern. 
Jhrgg. 1 h'j 7. ist Nachstehendes entnommen. 

Etwa 20 m vom Dotmuufer nahezu senk- 
recht aufwärts ist der Eingang zu einer tiefen 
Höhle, von der aus man in eine zweite gelangt, 
in welcher an der Oeffnung nach dem Fluss 
zu Maucrresto aus dem Kalkstein des Felsens 
mit festem Mörtel verbind erkennbar sind. 
Links vom Eingang, höher gelegen, sind zwei 
Nischen an der Felswand, 38 m über dem 
Wasserspiegel, cl>ciifaJls mit Mmierresten an 
der äusseren Oeffnung. Zwischen lieidcn 
Nisehon zieht eine halbkreisförmige Mauer- 
brüstung auf der vorspringend eil Felsplatte, 
von der aus inan eine weite Fernsicht hat. 
An den Felseuwuriden der ersten Nische sind 
oberhalb der Mauer rechtwinklige Locher aus- 



j gemoisclt, welche als Balkeulager dienten. In 
beiden Nischen wurde der Erdboden bis auf 
den Felsen »ligcholien. In der 1 m tiefen Eni- 
srhiehte kamen eine grosse Menge priihistor- 
iseher Seherin.»», Knochen. Eberzäh ne und zwei 
grosse Eckzähue vom Bären, zwei durehlochte 
Thonsch**iben von ca. 3 cm Durchmesser (Spiun- 
wirtel?) zum Vorschein. Intcrhalb der ersten 
Nische ist eine kleinere Nische und am Fusse 
des Felsens wieder eine Höhle, die U*ide nach 
aussen vermauert waren; auch hier fanden sieh 
im Boden Thonscbcrben prähistorischer Befasse 
Die Holden und Nischen scheinen unter sich 
durch natürliche (Junge verbunden zu sein: die 
Mauerreste an den Aussenöffnungcn deuten auf 
mittelalterliche Anlagen, sei es einer Felsen bürg 
<tdcr von Zufluchtsstätten der Klostericutc bei 
Feindesgefahr. In prü historischer Zeit scheinen 
di" Höhlen als Wohnstätten g»*dient zu haben f 
Wobin die Kunde kamen, ist nicht Vkannt 

Wohnstätten. 

I Im limctirmim der Engtdslurg bei 
Rothenburg a/T. (Mittelfranken) befanden 
sich in neolithiscber Zeit Wohnstätten, wie 
schon früher durch Funde von Steinwaffen 
und Instrumente nahe gelegt war. In neuerer 
Zeit kamen in die Sammlung des histor. Ver- 
eins von Mittel frank"» in Ansbach aus dem 
auf drei Seiten schroff abfallenden, auf der 
| vierten durch einen Steinwall von der IL*ch- 
elx'Ue al»gct rennten Wohnplatz I ein dick»? 
Shorben eines Thongcfässcs . dessen obere 
Weite 40 cm (•ctrug, ferner vier (»etreide- 
Mahlsteine von Syenit, drei Komquetseher. 
mehrere dem Feuer ausgesetzt gewesene Steine 
und Thonklumpen von Heiden, Funde, die auf 
i einen längeren Aufenthalt des prähistorischen 



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Bericht über neue vorgeschichtliche Funde in Bayern. 



141 



Menschen in der wohl in der neolithischo Zeit 
angelegten Umwalle ng liindeuten. 

5. Kino noolithisehe Ansiedlung ist nach 
Mittheilung von Dr. Mehlis im Corr. - Bl. d. 
deutsch, anthr. Ges. V. April 1808 hei Gross- 
Xiedesheim an der Nonlostgrenze der Pfalz 
entdeckt worden. Es worden gefunden ein 
Fragment eines Steinbeils, Gefässsclicrheri init 
Ornamenten der neolithischen Zeit. Bruehstücko 
von Getreidemühlen, aufgeseh lagern* Tier- 
knochen u. A. Die Funde (»efinden sieh im 
Museum zu Dürkheim. 

Hochäcker. 

t». Herr Expositus D urner in Srhwaliegg 
hat neuerdings einige bisher unlH'kaiinte Hoch- 
ückernuste in der Umgebung seines Aufenthalts- 
orts entdeckt Solche befinden sieh nach seiner 
Mittheilung im 24. Jahrg. d. Zeifsr hr. d. hist. 
Vor. v. Schwaben an folgenden Orten: 

Wenige hundert Schritte östlich von der 
Pfarrkirche in Siehnach. B.-A. Mindelheim; 
auf den sogen. Kirchen wiesen, in der Nähe 
einer t*rabhügc|grup|ie, besonders nördlich der- 
selben; in den „Stauden“ zwischen Sehwabcgg, 
B.-A. Augsburg, einerseits, Sc her stetten, 
Erkhausen, und Konradshofen, säinmt- 
lieh B.-A. Mindelheim, anderseits, besonders 
am F ussweg 8 c h w a be g g - E r k h au se n und 
in den jetzigen Aockern links der Strasse von 
S e h w a b eg g nach K 1 i m n a c h , B.-A. Augs- 
burg; feiner zwischen Seherstetten und 
M ittelneuf nach, B.-A. Mindelheim, südlich 
der Strasse im Walde; nordwestlich von AI et s- 
hofen, B.-A. Mindelheim. auf den Waldholien. 

Befestigungen. 

7. Im Aufträge der Commission für Er- 
forschung der Urgeschichte Bayerns untersuchte 
Herr Ok^Uutowit Sing in Neuburg a/D. 
die Befestigung auf «lern Stätte borg bei Step- 
perg, B.-A. Neuburg, am rechten Donauufer, 
die bisher für römisch gehalten wurde. Dessen 
Bericht im Neub. Collekt-Blatt für 1887 ent- 
nehmen wir Folgendes: Auf dem Stütteliorg 
und der südöstlich vorgelagerten Höhe befinden 
sich aus gleicher Zeit herrüli runde Befestigungs- 
A ii L igen . Die Donau liuttc damals cm anderes 
Kiunsal. es waren beide Anhöhen als Halbinsel 
vom Wasser umspült. Auf der südöstlichen 
Anhohe lief ein Wall vutt 1- 2iu Höhe aus 
fester mit Bruchsteinen vermischter Erde 
quer über den Bücken. Der Umstund, dass 
ein römischer Steinbruch diesen Wall unter- 



bricht, scheint zu beweisen, das letzterer aus 
vorrömischer Zeit ist. Auf dem Stüttelierg 
selbst ist eine Umwallung von unregelmässiger 
Form, dem Gelände angepasst Auf der Süd-, 
Ost- und Xordseite lauft, den natürlichen Grenzen 
folgend, ein an der Basis 5-Hm breiter, 
1 '/• — 2 ‘/t ni hoher Wall ; auf der steil- 
abfallenden Westseite ein llallMiaiiun (Brust- 
wehr?). Das Innen 1 ist leicht gegen Nonien, 
die westliche Hälfte auch nach Westen gesenkt. 
Die ganze Umwallung betrügt tM 10 m, der Inuen- 
rauin 7 ha. Zwei Eingänge au der südwestlichen 
und südöstlichen Ecke scheinen neu zu sein. 
Von einem Grabeu findet sich nirgends eine 
Spur. Ein scheinbarer Vorwsdl ist nur durch 
Abheben des vor dem eigentlichen Wall lie- 
genden Erdreichs auf 80 — 70 in Entfernung 
und Verwendung desselben zum Hauptwal] 
entstanden. 

Bei der Untersuchung dieses Walles an der 
Ostseite ergab sich, dass er einen am Boden 
aufsitzenden Stcinkern von 1,25 m Höhe und 
2,50 in Breite enthält, oberhalb dessen eine 
Isdimsehichte mit Brandspuren kam. Stein- 
und Ziegrlbroeken waren durch Kalk verbunden. 
Auf der Westseite luncht der Wall nur aus 
Loh morde. Jm Innern wurde nichts gefunden, 
dagegen an der innern Wallseite viel Kohle 
und leichtgehranute, theilweise mit gerippten 
Hautenfeldern verzierte, prähistorische Scherben. 
Nach Ansicht des Untersuchenden ist die 
Befestigung prähistorischer Piovenient. < Aller- 
dings würde die Verwendung von Ziegel und 
Kalk dagegen sprechen. Der Berichterstatter.) 

Trichtergruben. 

H. Im Laufe des Jahres 1807 fanden mehr- 
fache Untersuchungen von Trichtergruben 
Seitens der aiithru|M>|<>gischcn Seetion der 
naturwissenschaftlichen Gesellschaft zu Nürn- 
berg statt, und zwar von 

a) Grul>en bei Osterdorf. B.-A. Weisseu- 
burga/S- und am Nagelberg bei T reue h tl i ngen; 
Fund: «in Feuers teinsplittcr. 

b) GruMi bei Kinliofen und Beh rings- 
dorf, B.-A. llersbruck, ohne Binsultat. 

c) Gruben bei Holienul theim , B.-A. 

Nördliugen; Funde: Feuersteinsplitter und 

Knochen rcste von Pferden. 

d) Zwei Gruben ls*i Lind, Gern. Leichendorf. 
B.-A. Fürth, woselbst 78 Gruben sieh befinden. 
Die eine der untersuchten hatte 7 in Durch- 
messer und 1,80 in Tiefe, die andereu 6 bzw. 
1,70 m. in Tiefe von 0,40 in unter der Boden- 



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142 



Franz Weber. 



fläche kam ein« Holzkohlenschiehtc, die Mitte | 
des Uruhi'nUidi'DK war k«>liU*iafr<*i. Artefakte , 
fanden sieh nicht. 

Kerner wunie eine ausgcfüllto Grube bei J 
Lind untersucht. In (1,50 — I m Tiefe kamen 
überall IIolzkohlciiKpuron, Brandschichtcu und 
vom Feuer geröthete Steine. In 1,20 m Tiefe 
zeigte sich ein Steinpflaster aus grösseren oder 
kleineren Sandsteinen. Funde ergaben sich nicht. 



e) Groben auf dem Weiasenbronnor-Berjr, 
Dem. Weisse n hr u n n, B.-A. Nürnberg. Es 
zeigten sich starke Feuorspuren auf beiden 
Seiten eines den Trichter durchziehenden Walle* 
in 0,50—0,70 m Tiefe. Bis zu 1.20 in Tiefe 
kam Erde, der natürliche Buden ist fester 
Jurakalk. Auch hier ergaben sich keine Funde 
(Aus dem Jahresitericht der tiefudlschaft für 
IH97.) 



Ausgrabungen im Jahr« 1898. 

A. ilügcl- und Flachgrüber der vorrdmiacben Metallperioden. 



1. Im Mai 1898 wurden durch Herrn Haupt- 
mann a. 1). von Haxthausen zwei Hügel- 
gräber im Bezirksamt Obernberg, U titerfranken, 
geöffnet, das eine bei Mömlingen im Scbordor, 
das andere auf dem Brunnenberg in der Ge- 
moinde waldung von Wenigenumstadt. 
Leider mangeln hierüber Berichte, ln dom 
einen befanden sich Bruchstücke von 7 — 8 
Thongefässen, ein gereifeltes und ein Spiral- 
Armband, kleine, birnförmige Anhängsel und 
Fibelbniebstücke von Bronze, der Griff eines 
Schwertes von Eisen und angeblich der läufcr 
einer Handmühle; in dem anderen (Skelettgrab) 
ein rob gegossener Arm- und 2 hohlo Fuss- 
nnge von Bronze, die obore Hälfte eines Stein- 
kcils, 2 Hornsteinsphtter und ein GofüssfusH 
mit Scherben. Die Funde befinden «ich in 
der prähistorischen Staatssammlung in München. 

2. Ebendahin kamen aus fiüheren Grab- 
ungen auf dem Flachgrabfeld dor La Tenezeit bei 
Manching, wahrscheinlich aus den Gräbern 
b, c, d dos Plans im XI. Bd, der Beitrüge z. 
Anthr u. Urgesch Bayerns, nachstehende Kunde 
Bronzcfibel mittlerer Grösse, kleine Gürtel- 
schliesso uud ilakeu von Eisen, die Hälfte 
oines ornamentirten Armreifs von ßroozeblech, 
2 Obcrarmritige von bl&uom Glas mit gelbem 
Schmelz, eine vollständige lange Bronzekette 
mit feinen Gliedern und grösseren Mittel- 
stücken, sowie Haken und Schließe; Hals- 
kette aus kleinen und grösseren blauen Glas- 
perlen mit Bernsteinperleu dazwischen aus 
Frauengiftbern ; eine lanzenspitze mit grossem, 
dünnen Blatt, scharfer Mittelrippo und kurzer, 
kleiner Tülle aus einem Mannsgrab; endlich 
ein auf der Drehscheibe geformtes mit feinem 
.Strichornament um Jen Hals verziertes Thon- 
gefüs.s von grauer Farbe im Typus der späteren 



provinzial -römischen Graburnen, vollständig 
erhalten. 

3. Von der Hugelgräbergroppo bei Rick- 
lingen, B.-A. Dillingen, im mittleren Ried 
graberfeld wurlen im Herbst 1898 von Herrn 
Pfarrer 8c h ft bl e 4 Grabhügel geöffnet. Sach 
diwaet» Bericht im Jahrbuch d. bist. Vor. v. 
Gillingen für 1»98 enthielt 

Grab 1 (7), 55 cm hoch, 24 Schritte Um- 
fang, zunächst Scherben eines dicken GefftWfl, 
dann 1»0 cm tief 5 Rollsteine im Halbkreis, 
80 cm tief die Brandachichto mit Kohle. Asche 
und Oefäss-schorben nebst kaicinirtcn Knochen; 
in dieser lag die 4 cm lange Spitze einer dünnen 
Bronzenadel; umher standen 14 Thongefasse, 
flach« und gebauchte Schalen. Schüsselchen 
und Urnen, roth bemalt, schwarz und grau, 
I die kleinen in den grösseren, zum Tbeil orna- 
mentirt 

Grab 2 (8), 80 cm hoch, 29 Schritte Um- 
fang, enthielt oben ein beeberartiges, braunes 
Thongefass; SO cm tief kam I/dchunbestuttung, 
Kopf im Süden, Füsse im Norden, mit Eisen- 
stückchen ; zu Häupten 2 Gefässo, eine Schale 
und eine Platte; aussen umher fanden sich 
10 Thongefasse, die kleinen in den grösseren, 
rot und schwarz, zum Theil ornamentirt. 

Grab 8 (9), 1 ni hoch, 54 Schritte Umfaog, 
enthielt zwei Bestattungen übereinander; 40cm 
tief lagen ein mänuliohe« Skelett und die UeWr- 
roste eines verbrannten Wagens mit 4 Rädern; 
das Eisen besch läge ist grösstentheils erhalten 
In einer Brandschichte östlich vom Wagen 
lagen eine Punze von Bronze, ein Halsreif 
von dünnem Bronzedraht, 2 kleine Ringe, eine 
Schnalle und ein unbestimmbarer Gegenstand 
von Eisen. Auf der Brust des Skelettes war 
| eine Gronzefibel mit geknicktem hohlen Bügel, 



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Bericht über neue vorgeschichtliche Funde in Bayorn. 



143 



am Becken das Beschläge eines Gürtels von 
Bronzeblech; zur Hechten aufrecht eine eiserne 
52 cm lange Lanzenspitze. In der Umgebung 
des Wagens waren 6 Thongefässo, .Schalen 
und Vasen, braun, roth und graphitschwarz, 
zum Theil verziert, aufgestellt. 

Die untere Bestattung ergab l^eichenbrand, 
ein Stück einer Bronzenadel , 2 Glasperlen, 
eine kugelförmige weiss-grünliche, und eine 
halbkugelige, blau mit gelbem Schmelz, sowie 
14 Thongefässe, Schüsseln, Schalen und Urnen, 
roth, schwarz und gelblich, ornamentirt und 
glatt 

Grab 4, 70 cm hoch, 36 Schritte Umfang, 
mit Hrandschichte am gewachsenen Boden und 
8 Thongefässen , ähnlich den vorigen, ohne 
Metallbeigaben. 

Die Hügel waren sämmtlicb aus Erde, mit 
Kiesel gemischt. Die Bestattungen gehören 
nach Ansicht dos Oeffnera der jüngeren Uall- 
stattperiode an. Die Fundu beünden sich im 
Diliinger Museum. 

4. Herr Forstamtsassessor Kuttler setzte 
nach gleichem Jahrhuch die OeiTnung der bei 
Zöschingeu, B.-A. Dillingen, befindlichen 
Grabhügel gruppe» fort und untersuchte 5 Hügel, 
zwei von der Gruppe oberhalb Zuschingcos, 
von welcher damit sänuntlicho 13 Hügel go- 
öffnet sind, und drei von einer Gruppe bei 
Bachhagel. 

Grab 1, 60 cm hoch, enthielt nur Leichen- 
brand und roth und schwarze Thonscherben. 

Grab 2, 65 cm hoch, 45 Schritte Umfang, er- 
gab bei 60 cm Tiefe Thonscherben, zum Theil 
ornamentirt. Unter denselben kam eino kleine, 
graphitirtu Schüssel von 9 cm Höhe, Eisen- 
theile und ein Stück Bronzeblech; bei 45 ein 
Tiefe ein blau patinirter Bronzehalsreif, 4 mm 
dick mit umgebogeuen Enden, eine grünlich- 
weisse Perle, I ziehen br and und schwarz und 
rothe Thonscherben mehrerer Gefüsse. 

Die Hügel waren von Lebinerde obneSteinbau 
und gehörten nach Ansicht des Oeffnera dor 
jüngeren Hallstattzcit an. 

Grab 3, 2,30 m hoch, 80 Schritte Umfang, 
ergab boi 2 in Tiefe Thonscherben grosser, 
rot her, unverzierter Gefässe, dann milche mit 
graphitiilen Halsstucken und dicker Wandung. 
Am Boden dos Grabes lag ein geripptes Bronze- 
armband, vollgcgOHsen, noch den Enden sich 
verjüngen ], Eisenreste und kleine Bronzetheile, 
links davon 3 Bernstein- und 3 Gagatringe 
von kleinem Umfang, (Ohrringe?); sodann ein 



Lignitarmhand und ein weiterer Oagatring, 
südlich davon verzierte und bemalte Thon- 
scherben, endlich Leichonbrand. 

Grab 4, vou gleichen Verhältnissen, ent- 
! hielt im östlichen Theil in 50 cm Tiefo ein 
urnennrtiges Gofüss von 13 cm nöhe; gegen 
Norden kam ein kleiner Steinkern , unter 
welchem jedoch nichts vorgefunden wurde. 
Auf der südöstlichen Seite war bei 60 cm Tiefe 
eine Urne mit Graph itaustrioh und Wolfszahn- 
1 Ornament von 14 cm Höbe aufgestellt. Süd- 
östlich lag ein grosser Kalkstein, an dessen 
Breitseite kamen zwei dünno, kleine Bronze- 
draht- Armreife, an den übereinander reichenden 
Enden mit kleinen Stricheinschnitten ; ein 
Bronzedraht-Halsring mit umgebogonon Enden, 
ebenso verziert, 8 durchlochte tonnenförmige 
Bernstein perlen und dabei kleine, gegossene 
Bronze- llohlkügelchen, tbeilweise an Btonze- 
ringchen hängend, Reste von Bronzeblech und 
Ijnichenbrand. 

Grab 5, 2,50 m hoch, 80 Schritte Umfang, 
wurde durch Einschnitte geöffnet, enthielt 
Schorbcn von grossen rothen, grapbitirten 
Gefässen, einen Thondreifuss (?) und Eisen- 
fheile, auch 2 kleine Bronzeringe ohne Patina, 
die jedoch zerfielen. 

Die übrigen Hügel wurden durch Kessel- 
stich geöffnet, sie bestanden aus Lehinorde 
! und gehören nach Ansicht des Oeffnenden 
ebenfalls dor jüngeren Hallstattzeit an. Die 
Funde befinden sich iin Diliinger Museum. 

5. Nach einer Notiz im 40, Bande des 
i Unter fränkischen Archivs von 1898 wurde im 
I Juli 1898 ein Hügelgrab im AdelhoD hei 
i Acholshausen, B.-A. Oehsenfurt, Unter- 
I frnnken, geöffnet, woselbst ungefähr 24 Gräber 
| vorhanden sind. Dasselbe war 2,5 m hoch, 
| hatte 22,5 m Durchmesser und im Innern 
| einen Steinhau; zuerst kam eiue Bestattung, 
' bestehend in 2 Skeletten, einem wahrscheiu- 
l lieh männlichen und einem weiblichen. Dabei 
| fanden sich Scherben verschiedener Thongefässe, 
| darunter ein Bodeustück mit 74 cm Durch- 
' m osser und 12 mm Dicke, grobkörnig and 
1 anverziert. Unter dieser Bestattung kam ein 
I ßrandgrab ; auf einer Kohlenschichte von 1 ,20 m 
| Durchmesser lagen l.eichenbrand, Tierkuochen, 
1 8« 'herben vou groben und feinen, zum Theil 
. graphitirten Gefässen; ein kleines, schüssel- 
artiges, von 10 cm Durchmesser und 5 cm 
Höhe mit einer Wandstärke von 4 rnm in einer 
I grossen Urne konnte ziemlich vollständig er- 



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144 



Franz Weber. 



hoben werden; dio Thonüberreste waren ohne 
Verzierung, Metallbeigaben fanden sich keine. 
Der llügel wurde übrigens nur durch eiuen 
Einschnitt geöffnet, nicht regelrecht abgetragen. 
Wohin die Funde kamen, ist nicht bekannt 

6. Im September 1898 wurden durch Herrn 
Gymnasialprofessor I)r, Köberlin zwei Hügel- 
gräber bei Krögelsteiu, B-A. Ebermannstadt, 
Oberfranken, geöffnet. 

Grab 1, 0,90 in hoch, 4,5 m Durchmesser, 
war ein Brandgrab und enthielt an Beigaben 
eine Bronzeuadol, 9,3 cm lang, mit ornamen- 
tirtem kleinen Kopf, eine rnit doppcltgliedrigeni 
Kopf, 10 cm lang, Bruchstücke zweier Bronze- 
riDge, eines Stein gerathes, eines kleinen roten, 
gehenkelten Tbongcfässes und einer Schale. 

Grab 2, 1 m hoch, 6 m Durchmesser, 

ebenfalls Brandgrab, enthielt eino hohle Thon- 



kugel (Klapper), Bruchstücke einos Bronzo- 
artnringes, Roste von 12—13 Thongefässon, 
Schüsseln, Näpfe, Schalen und Töpfe. 

Di« Funde befindeu sich im prähistorischen 
Staats in uso um. 

7. Bei Duttenbrnnn, B.-A. Karlstein, 
Unterfranken, wurde ein Hügelgrab, über 2 in 
hoch, geöffnet, das in einem Steingewolbe zwei 
Bestattungen enthielt; hei den Skeletten lagen 
Theile eioes Hirschgeweihe«, ein Feuerstein- 
messer, ein Bronzeringchen, Bruchstück einer 
ornamentirten Brouzefibol, Schorben von zwei 
verschiedenen Tbongefässcn, darunter ein Rand- 
stück eines rollten, groben, durch Fiogertupfen 
ornamentirten Gefässcs. Ein GefiUs stand zu 
Uüupteu des einen Skelette«. 

Die Funde kamen ebenfalls in das prä- 
historische Staatsmuse um. 



B. Reihengräber. 



1. Von dem Reihenfriedhof bei llellmitz- 
heim halte Herr Pfarrer Wilke im Jahre 1897 
5 Gräber, die Nummern 10- 14, geöffnet, wo- 
rüber Bericht nicht vorliegt; im April 1898 
wurden sodann die Gräber Nr. 15, DJ und 17 
geöffnet. 

Grab 15 enthielt ein Frauonskolett mit 
Eisenmcssor und oiner kleinen viereckigen 
Gürtelschliesso von Bronze. 

Grab DJ, ein Mannsskelett mit langem 
Skramasax, grösserem Eiseumesser mit gerader, 
kleinerem mit geschweifter Klinge, Eisenschnalle, 
Bronzegürtclscbliesse. Anhänger, 2 Nadeln und 
3 Knöpfe von ßrouze, 2 Pfeilspitzen von Eisen 
und 2 Gold-Solidi zwischen dem Daumen und 
Zeigefinger der rechten Hand, einer von Justinian, 
der andere von barbarischem Gepräge. 

Grab 17, Frauenskelett mit Halsgehaugo 
von Thon-, Bernstein- und Glas|»erlon, 2 grosseren 
Perlen von grünem Glas, 2 vergoldeten Bronze- 
fibeln, einem kleinen Goldschmuck rnit Glas- 
schmelze; tilage auf der Brust, Zierscheiben von 
Brouzc an Lenden und Kniecn; 2 durcblocbfen 
römischen Bronze- und 2 Silbormünzon, letztere 
von Nerva und Philippus Arabs, endlich 2 gol- 
denen kleinen Ohrringen. Die Funde befindeu 
sich in Privatbesitz des Finders. 

2. Auf dem alamanniseheo Friedhof bei 
Schretzheim wurden 1898 weitere lOGrüber 
aufgedeckt, so dass nunmehr die Gesammt- 
zahl mit Errechnung einiger Tiergriiler 307 
beträgt. 



Grab 1. Mannsskelett, 1,75 m lang. Reste 
von Tierknoclien zu Hiuptcn, spatha zur 
Rechten, schwache Bronzoplättchen an linker 
Schulter; Messer und Eisontheile auf der Brust, 
Bronzoziingchen, 7,5 cm lang, auf Unterleib, 
6,5 ein langer Kisennagel. 

Giab 2. Kind. Skelett 1.10 m ohne Bei- 
gaben. 

Grab 3. Frau, Skelett 1,65 m Zwischen 
Unterschenkeln 2 Glasscherben, auf der Brust 
2 Rosettenfibeln mit Filigran und Almandinen; 
Halskette aus 43 grossen und kleinen Perlen, 
Spinnwirtel von Glas, 2 Anhängsel von Go!d 
mit Filigranverzieruug, 17 mm Durchmesser; 
eine kleine Silbermünze mit goldener Oese, 
Fingerring aus BroDzoblech mit Platte, durch- 
bioehene Bronzezierscheibe, kleine Eiseu- 
sclmalle. im Becken Uirschhornscbeibe von 
6,5 cm Durchmesser, Kette aus Bronzeringeu, 
kleine viereckige Bronze-Schnalle am linken 
Fussbnöchel. 

Grab 4. Mannsskelett, 1,70 cm lang, Tier- 
knochen und kleiner Bronzoring zu Häupten, 
| Spatha mit Bronzeknauf am rechten Oberarm, 
80 cm lauge Klinge, 12,5 cm langer Griff; 
eiserner Fingerring; Bronze- Ring und Plättchen 
am rechten Oberschenkel ; quer unter der 
| Spatha ein 25 cm lange« Kiseomesser mit 
Griff; 2 eiserne Klammern am liuken, Lanzen - 
spitze nacli abwärts mit schmalem Blatt, 34 cm 
lang, am rechten Fuss, 2 Feuersteine, 2 grosse 
Bronzeknöpfe von konischer Form und ein 
j grosso«, löffolartiges Bronzeblech. 



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Bericht über neue vorgeschichtliche Funde in Bayern. 



145 



Grab 5. Mannsskeletl, 1,80 in, mit kleinem 
Messer. 

Grab 6. Kindsskelett, 1,15 m lang, mit 
Messer. 

Grab 7. Frauenskelett, 1,70 m lang. Hals- 
kette voü 100 Forlen, darunter ein Amethyst, 
eiseine Gürtelschnalle, 2 Bronze-Ringe, eia 
eisernes Schnalleben, Eisenfragmente am linken 
Oberschenkel, henkelförmige Schnalle am linken 
Knie, Riemenzunge, Beschläge, King von Bronze, 
eisernes Messer und Ringe, durchbrochene 
Bronzezierschcihcn, Muschel und Beinreif am 
linken Unterschenkel. 

Grab 8. Fiauenskelctt, 1,61 m lang. Halskette 
aus 50 Perlen, dabei Üernstein|»cile und Ame- 
thyst mit weissem Glasschmelz ; eiserne Gürtel- 
schnalle, Bronze -Zielscheibe und Beinringe, 
Bronzo-King und Riemenzunge. 

Grab 0. Manusskelett, 1,60 m lang. Ueber 
dem Becken ein Snx , 17 cm lang, Gürtel- 
brschläge von Eisen, 15 Bronzeniigel vom 
Beschläge der Sehwertscheide. 

Grab 10. Manusskelett, 1,70 m laug, mit 
30 cm langem Sax am linken Unterarm und 
Gürtelbeschlage. 

Die Funde belindeu sieh in der Vereins* 
samtnlung zu DillingeD. 

3. Eine interessante Aufdeckung eines 
fränkischen Reihongrabfeldes fand uach Mit- 
theilungon in der Monatsschi ift dos Alter- 
thunisveroins Fiankenthal für März 1800, in der 
Nähe der Stadt Frau kenthal, Pfalz, statt. 
Schon im Jahre 1801 wurden beim Bau des 
Taubst umiueninstituts südlich der Stadt Spuren 
davon gefunden, die indess nicht weiter be- 
nclitet wurden. Spätere fachmännische Unter- 
suchungen ergaben, dass das ausgedehnte 
Gräberfeld schon bei der Belageruug der Stadt 
durch die Spanier 1621 theilweise durch An- 
lage von Laufgräben und Gesebützatäuden 
zerstört worden war, derou Spuren nebst zahl- 
reichen spanisehoo Armaturstückeu, Kugeln, 
Münzen, wieder zum Vorseheiu kamen. Die 
Gräber liegen uicht ganz. 1 m tief unter der 
Oberfläche. 

Grab 1 enthielt ein schon zerstörtes Skelett 
ohne Beigaben. 

Grab 2 war ein Dopi>olgiab. Das eine 
Skelett, 1,65 in lang, gehöito einem anscheinend 
älteren Manne an und war ohne Beigaben; 
das andere, dicht daneben, war ein 1,60 m 

Uellrittfo zur Anthropologie XIII. Bd. 8. Heft. 



I langes Fiauenskelctt mit einer Perlenkette um 
I deu Hals uud einer Schliosso mit eingesetzten 
rothen Steinen ; am linken Oberarm lagen fünf 
, grössere Perlen von einem Armband , über 
dem Becken eine eiserne Gürtelschnalle, an 
i dor lioken Hand ein Spinnwirtel von Glas, 
| 5 cm im Durchmesser bei 2 cm Stärke, mit 
j abgerundeten Kanten und einor int Durch- 
messer 12 min breiten Oeffuuug; derselbe ist 
mit eingelegten Boguoliiiien verziert. 

Grab 3 enthielt ein 1,10 m langes Knaben- 
skelctt ohne Beigaben, uud in Grab 4 lagen 
die Knochen wirr durcheinander, ebenfalls 
ohne Beigaben. 

Grab 5 war ein Frauengrab, in welchem 
eine Perlenkette mit einer Schliesso in Gestalt 
eines Vogels, mehrere Scherben, zerstreute 
Knochen und ein zerbrochener Schädel lagen. 

I (Fortsetzung folgt.) 

4. Auf dem Amalienberg bei Hammel- 
burg, Unterfrauken, wurde Ende 1807 ein 
reiches, fränkisches Grab, etwa aus dem 7. Jahr- 
hundert n. Chr., ausgegraben. Dasselbe war 
in einem Weinberg in deu felsigen Untergruud 
eingeechaclitet und enthielt ein männliches 
Skelett AU Beigaben fanden sieh bei dem- 
selben: eine Spatha mit Renten des Scheiden- 
munda aus Silberblech mit aufgelegtem Gold- 
1 blech, durch herausgotriobene Linien in Art 
einer Goldleiste verziert; eine lange Lnnzen- 
«pitzo mit Flügelansatzcn uud Tülle mit langen 
Seitonbändcru von Eisen; ein Fianz ska-ähn- 
liches Beil mit starkem Gehäuse und geschweifter 
Schneide; 6 Pfeilspitzen von Ejseu von vei- 
schiedencr Form, nämlich 2 kleino mit Flügeiu 
und Widerhacken gewöhnlicher Art, 2 kleine 
mit drei seitwärts hervorstohonden Flügeln uud 
Spitze statt Tülle, 2 kleine blattförmige mit 
Tülle; ein eisernes kleines Messer mit Griff- 
zunge von Eisen, an deren Endo ein Besohläg- 
stück aus Silbci blech, einen Thiel köpf dar- 
stellend, befestigt war, der Spuren der Ver- 
goldung zeigt j ein runder Scnildbuckel von 
Eisen mit lang vorstehender Spitze uud Bruch- 
stücke vom Gespiinge; mehrere eiserne und 
silberne Beschlagstücke von einer Tasche sowie 
kleine Schnallen von Eisen; ein kleiner massiver 
King mit vortretenden Kerben vun Bronze (La 
Töne- Form); 2 Silberdenare von Theodosius 
von sehr guter Erhaltung; eiu Trinkbecher von 
■ grünem Glas mit erhabenen horizontalen Kippen 
| uud spitzem Boden, hornartig, aber geiade, 
10 



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146 



Franz Weber. 



zum Einsetzen in ein Fussgoatoll, endlich eine Dieser überaus schöne und seltene geschlos- 

Perle von woissom Glas, geschliffen und in seuo Grabfund kam in das National’ Museum 
der Grosse und Form eines Spinnwirtels. zu Münchon. 

Einzelfunde. 



1. Im Uerhfct lHi»H wurde im Paarfeld hei 
Kissing, B.-A. Fried Ix* ig, auf der Eheno des 
Lechfelds ein BronzcKchwert beim Ackern 
gefunden, das angeblich senkrecht mit der 
Spitze nach oben im Boden stak. Dasselbe 
ist 66 cm lang; die Klinge, 56 cm lang, ist 
nicht blattförmig und nur sehr schwach ab- 
gcdacht ; vom halbmondförmigen Griffansatz 
setzt sie sieh 6 cm lang gerade fort mit feinen 
sägeartigen Einschnitten an den Kündern, und 
geht daun erst in die eigentliche zweischneidige 
Klinge über, die bis zur Spitze gerade verläuft. 
Der tö cm lange Griff ist vollgegossen, die 
Handhabe klein imd zierlich, oval und muh 
oben und unten eingezogen, mit dreifachen 
feinen, horizontalen Wülsten. Der Griffansatz 
ist mit zwei Nägeln an der Klinge befestigt, 
der Knauf oval scheibenförmig, 4 cm im Durch- 
messer, durchloeht und mit einen» Knopf in 
der Mitte. Ornamente lassen steh weder an 
der HandhaU* noch am Knauf erkenen. Der 
Erhaltungszustand Ist gut, die Patina matt 
grün, an einigen Stellen blank briinulich, die 
Schneide hat lieiderseits alte Scharten. 

Das der jüngeren Bronzezeit angohörige 
Schwert befindet sich in Privatl»esitz. Auf 
dem Kissinger Leehfeld wurde schon früher 
ein Bronzedolch der gleichen Periode gefunden, 
welcher sich in» prähistorischen Staatsmuseum 
befindet 

2. Im Sommer 1K98 fiel in einer am süd- 
östlichen Ende des Dorfes Stätzling, B.-A. 
Friedberg, befindlichen Sandgrube beim Ab- 
stechen von Sand eine grössere Humusschichte 
herab, in welcher sich ein Flaehbegrabniss 
der La Tcne-Zeit liefutHleu zu halten scheint. 
In dem Humus fanden sich nämlich Skelott- 
theile eines Erwachsenen und 3 Bronzeringe 
au« feinem Bronzestab. Der eine King ist 
ein offener Halsring mit petsehaftförmigen 
Enden, die beiden anderen sind sattelförmig 
geltogen, der eine ganz geschlossen, der andere 
offen, mit einem konisch, einem breit aus- 
laufenden Endstück. Die Oeffnungen sind für 
F»»ss oder Ann eines Erwachseneu zu klein. 
Ornamente sind nicht erkennbar. Sonstige Bei- 
gaben fanden sich nicht vor. Der Fund befindet 
sich im Maximilians- Muse um in Augsburg. 



3. Nach einer Mittheilung von Dr. Mehlis 
in» C'onespondeiizblatt der westdeutschen Zeit- 
schrift vom Mai I8J*8 stiess man im März d. J. 
an der Nonlost.neite der Heidenmauer bei Dürk- 
heim, Pfalz, zufällig in einer ca. 4 m tiefen 
Lissschichte Ihm 3,26 m Tiefe auf 2 Skelette, 
3 — 400 m von» Ramie der Heidenmauer ent- 
fernt. Diese logen parallel in 2 m A ••stand, 
das eine eines Kindes nach Norden, das andere 
eines Erwachsenen nach Süden sehaueud. 
Letzteres war ohne Beigaben, erste res hatte 
einen Armreif von 7 cm Durchmesser aus 
3 mm starkem Bronzedraht. Leider konnten 
die Schädel niebt ganz erhoben werden. Nach 
Meinung des Mittheilenden waren es versenkte 
Flaehgräber der älteren Bronzezeit Der Fund 
befindet sich im Kantonalmuseum zu Dürkheim. 

4. Anderthalb Stunden ausserhalb Am borg 
an der Distriktsstrasse nach Haselmühle, 
i »berpfalz, stiessen Arbeiter l>eim Snndabheben 
auf eine Htcinirölhung von grösseren Steinen, 
unter welchen sich Skolettreste , 2 Schädel, 
KimlerkniM'hen und Thonscherben fanden. An 
Metall beigaben wunl**u erhoben und an die 
prähistorische Staatssammlung eingesendet : 
1 Bronzeniesser mit Niete, eine Thierkupf- 
fibcl, 2 offene Am»riiige aus starkem Bruuze- 
stal> mit Verzierungen , 2 solche und ein 
Fragmeut aus dünnem Bronzestab, ein Bronzo- 
annring mit Knopf, ein zweiter mit wulst- 
artiger Verdickung, 5 mit gereifelten Ver- 
dickungen, 1 Bronzedrahtring mit 2 Bommeln, 
1 blaue Glasperle und verschiedene Brunze- 
stiieke. Offenbar wunien Begräbnisse und 
Nai’hbegräbnLsse verschiedener Perioden, die 
unter einem Hügel lagen, hier aufgedeckt und 
vermischt. 

5. Bei Fo roh hei in, B.-A. Beiingries, 
OI*erpfalz, wurden auf dem Walburgisbcrge 

I ein Halsriug aus Bronzedraht und zwei hohlo 
Arrn ringe von Bronze gefunden und gelangten 
in die prähistorische Staatssammlung. 

6. Eben dahin kam aus Mömlingen, B. - A . 
Obernberg, l'nterfranken, ein vollständiges 
Thongefjiss mittlerer Grösse, mit roter Grund- 

i färbe, reich v erzielt mit Zickzacklinien zwischen 



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Bericht über neue vorgeschichtliche Fuudo io Bayern. 



147 



horizontalen Parallellinien, und 2 kleinen durch- 
bohrten Warzen an» Bauch. Der Boden ist 
klein und flach. 

7. In das städtische Mu.scmii zu Straubing 
kamen 2 goldene keltische Münzen (Kegen- 
bogenschüsselohen », welche in Straubing 
1898 bei einer Kellenuilage in der Nähe des 
St. Potor- Münsters gefunden wurden. 

8. Sehen vor mehreren Jahren wurden beim 
Bau der Bahnlinie Murnau-Ganniseh hart an 
dem Kirchlein von Weicba, Ocm. Ohlstadt, 
B.-A. Garmisch , Reiheqgiftber angeschnitten, 
woljei eine Anzahl Skelette, Bruchstücke eiserner 
Schwerter und andere Beigaben zum Vorschein 
kamen, aber nicht weiter beachtet wurden. 
1895 traten neuerdings beim Tieferlegen eines 
(•rohes am dortigen Friedhof und nördlich 
davon in einem anstoßenden Baumgarten beim 
Stockruden Brillier dieses Keihengrabfelds zu 
Tage, woraus einige Bruchstücke von ein- 
schneidigen Hiebmessem in die Sammlung des 
historischen Vereins von Oberbayern kamen. 
Sachgemasse Untersuchung und Ausgrabungen 
halten nicht stattgofuiiden. 

9. Auf einer Anhöhe hart beim Pfarrhof , 
vonStamhani am Inn, B.-A. Altotting, stiess 
mau im Frühjahr 1898 bei Abtragung derselben 
auf Keihengrüber, die ungefähr 1 in unter dem 
Boilen in der Sandschichte eingebettet waren. , 
Mehrere Skelette wurden in der normalen j 
Lage mit «lern Kopf nach Westen, den Füssen , 
nach Osten, aufgedeckt. Bei einem lag an i 
der linken Seite eine Sehwertkliuge, lud andern 
kürzere oder längere Messer. Die Klinge ge- 
hörte einein Ifangs ax iui und soll mit driff 
80 ein laug sein. Am Griff befinden sieh Koste 
des Uolxbelags. Aussenlem fanden sich ein- 
zelne Eisenstücke mit Spuren darankaftenden 
Gewebes, 2 abgerundete Brunzefragmcute mit 
eingelegten Sillierplüttcheii. ein ballier Bein- 
kanun mit doppelter Zahnreihe und einer mit 
Eisennieten befestigten (Jucrspange von Bein. 
Diese gelegentlichen Funde sind in Privatbesitz. 
Sachkundige Ausgrabungen haben nicht statt- 
gefunden. Auch früher sollen schon Gräber 
angeschnitten worden sein. 

10. Auch bei Loi eh i ng, B.-A. Dingolfing. 
Xicderbaiern, stiess man im Juli 1898 auf 
ein Keihengrabfeld. In einer I^chmgrube nächst 
dem Wirthshaus wurden 6 Skelette aufgcdeckt. 
Bei 3 weiblichen befanden sich Halsketten aus 



Thonperlen, bei einem männlichen lag über 
der Brust ein eisernes Schwert. Von sonstigen 
Beigaben ist zur Zeit nichts bekannt Die 
zufälligen Funde kamen nach Dingolfing 
in eine dort im Entstehen liegriffene historische 
Sammlung. Systematische Nachforschungen 
haben noch nicht stattgefunden. 

11. Auf Brandgräber, anscheinend vor- 
römischer Periode», stiess man in Mistelbach. 
B.-A. Bayreuth, Oberfranken, woselbst schon 
früher Hügelgräber geöffnet wunlen. Wahr- 
scheinlich aus solchen nicht vollständig aus- 
gegrubenen oder aus eingeebneten rühren die 
Reste von schwarzen und rothen Thongcfässen 
und die Aschen-, Kohlen- und Knochenülwrtvstc, 
die auf einem Acker in der Nähe des Dorfes 
im Spätherbst 1898 zu Tage kamen, her. Nähere 
Berichte ülier die zufällig gemachten Funde 
fehlen. 

12. In die Sammlung des historischen 
Vereins der Pfalz in Spcier kamen nach einen» 
Bericht im IV. Heft der westdeutsche» Zeit- 
schrift Jahrg. 1898 nachstehende Einzelfunde 
aus vorrömischer und germanischer Zeit: 

1. ein geschliffenes Beil aus schwarzer 
Gesteinart mit einer länge von 5.5 cm und 
einer Breite von 3.5 cm, gefunden bei Hass- 
loeh, B.-A. Neustadt a/H.; 

2. ein solches von dunkelgrauein Stein 
mit 8 cm länge und 5.5cm Breite aus Eusser- 
thal, B.-A. BergznlMTn; 

3. zwei Bronze- Arm ringe aus dünnem 
Bronzeblech von 0 cm Durchmesser, mit Linien- 
verzierung. in runde vorspringende Köpfe 
endigend, gefunden an der Kreuzbrücko bei 
Böhl, B.-A. Ludwigxhafen; 

4. ein Brouzcfund aus einem Flachgrab mit 
Bestattung aus der I*u Tenezeit, bei Nieder- 
mohr, B.-A. Homburg, in der Flur Breideudel, 
bestehend aus 3 Hals-, 4 Arm- Hingen, einer 
FiM mit rückwärts gebogenen» Schlussstück 
und einem Fingerring; 

5. aus einer Reiliongrülierlwstattung hei 
Niedergailbach, B.-A. Zweibrücken, eine 
eiserne l.an/.cnxpitzo von 31 cm länge, ein 
Sehildhuckel, 2 Saxe von je 44 cm länge, 

; 2 Spathen von jo 75 ein Lange, dio eine mit 
Bronzeknauf und 9 cm langem Griff, 3 eiserne 
Messer, 10 Stücke eines goldtausebirten 
| Gii rtel bescl» lägs ; 

10 * 



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148 



Franz Weber. 



6. aus einer Mulchen bei Battenberg. 
B.-A. Frunkenthal, 2 Stärke einer K|sitha, 
zusammen noch 45 ein laug, und ein kleines 
gelbes, 12 ein hohes Thongefäss mit dunkel - 
rothen. nach unten spitz zulnufoudon Blattern 
bemalt, einer bis jetzt in germanischen Weihen - 
gräbern nicht vorgekommenen Art von bei- 
gesetzten Thongefässen. 

13. Kin hervorragender Fund von 3 Bronze- 
schwertern aus dem Kude der Bronzezeit wurde 
in einem Moore bei Preinersdorf, B.-A. 
Traunstein, Oberbaiern, gemneht. Bei der 
vorzüglichen Erhaltung derselben ist an einen 
llmidolswaaren- Depotfund zu denken. Jedes 
der Schwerter hat eine andere Griff-Form, 
während die dünnen und flachen Klingen ziem- 
lich ähnlich sind. 

Das erste, mit 58 cm Klingen-, 8 ein Griff- 
Länge, hat einen in eine ovale Schale endigenden 
tirifT, die aber nicht hohl, sondern nur schwach 
gebogen ist Der Griff des zweiten endigt in 
einen barock geformten, grossen Kropf, der 
durch etwas erhabeno Linien verziert ist. 



Dieses hat (>3 cm Klingen-, 10 cm Grifflänge 
Das dritte Schwort hat als Griffende eine ovale, 
geiado I'latto und darüber isolirt eineD rauten- 
förmigen Aufsatz, der einst durch eine Holz- 
oder Horufülhing mit der Platte verbunden 
war. Auch die Handhabe bat in der Mitte 
eine durch 3 Nägel befestigte Horneinlagc. 
Dieses Schwert hat 53 cm Klingen-, 10 cm 
Griffluage. Der Abschluss des Griffs gegen 
die Klinge ist bei allen geradlinig mit einem 
Spitzwinkel in der Mitte, die Griffe sind flach 
und hohl gegossen, die beiden entölen mit 
2 oder 3 schwach angedeuteten Wülsten. Die 
in dor Bronzeperiode übliche OroAincntirung der 
Griffe fehlt gänzlich, sie wird nur durch ein- 
fache erhabene oder vortiefto Linien ersetzt. 
I «gegen sind dio schwach blattförmigen Klingen 
durch dreifache latigshmcn gegen die Mitte 
der Klinge, die nur einen wenig angedeuteten 
Grat hat, verziert. Die Patina ist, dem Fund- 
platz entsprechend , braun und blättert ab. 
Der werthvolle Fund kam in das k. National- 
museum. 



Verschiedenes. 



W ohnstätten. 

1. Spuren einer Niederlassung aus der I 
jüngeren Steinzeit wurden nach einer Mittheiluug 
von Dr. Mehlis im Korresjtondenzblatt des 
GosammtvortünsdorGesehichts- und Alterthums- 
Vereine Deutschlands im Jahn* IS'.ik olterhalh 
Neustadt a ll., Pfalz, in einer Waldung beim 
Hoden gefunden. Sie bestehen aus geschlagenen 
Feuersteinen, rohen Thongi-fässscherU*n, 3Stein- 
geräthen, darunter ein Fragment einer Bodeii- 
hacke von 10 1 /* cm lünge. 

Wohin die Funde kamen. ist unbekannt. 

Höhlen. 

2. In Fortsetzung seiner Höhlenforschungen 
berichtete Herr Dr. M. Schlosser im Corresp- 
Bl. d. deutsch, anthr. Gosel Isch. v. Febr. 1803 
über seine L’ntersuchung der Höhlen bei Vel- 
burg, B.-A. Parsberg. Oberpfalz, im Jalirc IKOH. 

ln dor Höhle bei St. Wolfgang fanden sich 
Reste aus paluoli Wäscher, ocolitbischer und 
letzter vorchristlicher Zeit. Aus ersterer 
Knochen vom Renthicr- und Wildschwein, 



möglicherweise vom Menschen zerkleinert und 
benagt; aus der mittleren henrbeitete und un- 
bearUfitete Meuschonknochen, zahlreiche Kno- 
chen vom Wind, weniger vom Schwein und 
selten vom Schaf und Pferd. Aeusserst selten 
kamen solche vom Hirsch, Reh, Hasen, Biber. 
Wildkatze, braunem Baren; möglicherweise 
sogar vom Pr. Ilöhlenl«ircn und Hohlenlöwen 
zum Vorschein. An Artefakten ans dieser Zeit 
kamen vor: Bearbeitete Feuei steine, Knochen- 
werkzeug**, liesoiiders Dolche und 1 Pfriemen, 
Topfschorhcu und aus Bein geschnittene Fische. 
Aus der letzten Periode fanden sich Bein- 
sehnitzereien, nachgebiblete menschliche Arme. 
Beinplatton mit eingravirten Menschen- und 
Thiorgostalten, Menschen köpfe von Thon in 
I ebonsgriijiso. 

In der sog. Lutzmannsteiner-Ilülile konnte 
; nur ein Begräbnis* platz oder eiuo Zufluchts- 
stätte, kein ständiger Wohnplatz eonstatirt 
wenlen. Es zeigten sieh Skelette von Begräb- 
nissen der Hallstatt- oder La Tcne-Zeit, mit 
| verzierten und unverxiorten Thongefässen, eine 



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Bericht über neue vorgeschichtliche Funde in Bayern. 



149 



eisern«* Lanze und eine Sichel in einer Schicht 
von verbranntem Getreide. 

Eisen schmelzen. 

3. Herr Pfarrer Schäble in Ricklingen 
berichtet im 11. Jahrg. d. V ereinszeitachrift 
des hist. Yer. von Dillingon von Entdeckung 
von prähistorischen Eisenschmelz- Werkstätten, 
die sich auf den im westlichen Theil der 
„Bertenau“ liei Ricklingen gelegenen, insel- 
artigen Bodenerhebungen, im Volksmund „Bür- 
sten“ genannt, befunden haben sollen. 

Schon bisher wurden auf den umgebenden 
Aeekem bis zu 20 Pfund schwere Eisenschraelz- 
b rocken gefunden, besonders auf einem Acker 
werden sie alle Jahre massenhaft herausgeackert. 
Hier Angestellte Nachgrabungen ergaben Ueber- 
reste eines Schmelzofens, rothgebrannte Lehm- 
stücke, unter welchen sich Tlieile des Aus- 
flussrohres befinden sollen. Dazwischen lagen 
Rohleu und grosse Eiscnschmolzbrücken, auch 
kleinere blaue Schmelzbrocken wie tilas. Da 
iu den Hügelgräbern 2, 9 und 13 des Weido- 
griiberfeldcs ebenfalls solche Eisenschmelz- 
brocken in der Tiefe des Grabes gefunden 
wurden , scheint eiue Gleichzeitigkeit der 
Schmelzstätten mit den Hügelgräbern gegeben. 

H ochäc k er. 

4. Derselbe Berichtende fand Spuren von 
Hochückom in den „Gaistheilen 1 * links der 
Loudstrasse Ricklingen-Binswangen, 
welche bisher in der Literatur nicht bekannt 
waren. 

Befestigungen. 

5. Eino wenig bekannte Befestigungsanlage 
befindet sich an der südlichen Chiemsee- Um- 
rahmung in einem Wald bei Zeiering, 
Gern. Holzhausen, B.-A. Traunstein, welche bei 
den Bewohnern den Namen „Bürg“ führt. 
Die l/igo ist ziemlich versteckt in Hochwald, 
der von Süd. West und Ost durch angrenzende 
Höhenrücken überragt wird und nur nach 
Nord freien Ausblick bietet. Hier ist der 
Abhang am steilsten, auf der Ostseite fiankirt 
ein Wasserriss , der tiefer abwärts zur 
Schlucht wird. Die Westseite fällt wenig 
steil ab, die Südseite hängt mit dem fort- 
laufenden Terrain zusammen. Auf der Nord- 
und ( tstseitc I »“durfte es daher einer künstlichen 
Sicherung nicht; dagegen ist die Westseite 
grössentheils , die iSüdscite vollständig durch 
Wälle und Gräben befestigt. Der Innenrmtm 



hat ungefähr 150 Schritte Durchmesser von 
Nonl nach Süd, 100 von West nach Ost und 
senkt sieh, dem natürlichen Boden entsprechend, 
von Süd nach Nonl. Das System der künst- 
lichen Sicherung ist ein ca. 3 — 4 m hoher 
Wall mit Graben vor und hinter sich, der 
äussere Graben ist 2—3, der innere 1 — 1 •/* in 
tief. Dies«* Sicherung beginnt an der Siidost- 
spitze. zieht sich bogenförmig zur Nonlwest- 
spitze und ist ungefähr 280 Schritte lang; auf 
der Südseite ist der Wall hoher und der 
Grabeu seichter, auf der Westseite umgekehrt 
der Gralien tiefer und der Wall niedriger, der 
innere (irabeu hört gegen Xordwest ganz auf. 

Ungefähr 300 Schritte von dem äusseren 
Graben liegt gegen Süden ein 52 Schritt 
langer nicht sehr hoher Wall mit Graben 
davor, der jedoch auf der Ost- und Westseite 
plötzlich aufhört und den Eindruck einer an* 
gefangenen, nicht fertig gewordenen Arbeit 
macht. 

Nach der OertJichkeit und Situation ist nicht 
ausgeschlossen, dass hier ein prähistorischer 
umwallter Wohnplatz (keine eigentliche Be- 
festigung in der Weise der Huhensehäftlarner- 
Birg) vorhanden wärt*, obgleich auch die Mög- 
lichkeit einer mittelalterliehen Burgstelle nicht 
abzuweisen ist Ohne entscheidende Kunde 
und Nachgrabungen wird Gewissheit hierüber 
schwerlich zu erlangen sein. 

6. Ein ebenfalls bezüglich seines Alters 
zweifelhaftes, vom vorigen gänzlich verschie- 
denes. schon Ijekanntes Eni werk liegt etwa eine 
Viertelstunde nordwestlich von Eins hach, 
B.-A. Dachau, im sog. Haidholz. Der durch 
Wälle und Härten gesicherte Raum ist voll- 
ständig in der Tiefe, rings überhöht von 
Hügelwollen der Boden beschaff enheit. Der ge- 
sicherte Kaum ist ungefähr 3 Tagwerk gross, 
hat Dreieeksgestalt mit der Spitze nach Westen 
und liegt zwischen zwei kleinen Bächen, die 
aber gestaut werden konnten, wodurch auf 
der westlichen Seite, wo sie auseinander laufen, 
eine Versumpfung des Terains herbeigeführt, 
wurde. Der Innenraum senkt sieh von Ost 
nach West, und enthält an der südöstlichen 
Ecke einen durch seichte Gräben liesondere ab- 
getrennten Raum von 25 bis 30 Schritt Durch- 
messer. 

Der umwallte Raum ist 500 Schritt lang 
bei einem Durchmesser von 170 Schritt von 
Ost nach West und 100 Schritt von Nord 
nach Süd. Die Walllinien sind nicht schnur- 
gerade, sondern etwas unregelmässig und an 



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150 



Kranz Weber, Bericht über neue vorgeschichtliche Funde in Bayern. 



den Ecken abgerundet. Die Südfront ist jetzt ' jedenfalls nicht, auch eine mittelalterliche Burg- 
ziemlich zerstört . die Ost- und Xonlostfrout J stelle ist nach der Situation ausgeschlossen, da 
dagegen gut erhalten. Die Ostseite Ist durch für eine solche dominirende Höhenpunkte 

einen hohen Wall und tiefen Graben, die Xonl- in nächster Nähe zahlreich vorhanden waren, 

ostseite durch einen Doppelwall von je 10 m Auch eine umwallte prähistorische Wohnstätte 

Hohe mit dazwischenliegendem Graten von ist ausgeschlossen. Man kann daher nur an 

etwa 4 m Tiefe geschützt : wahrscheinlich war eine wirkliche Befestigung, eine Zufluchtsstätte 

auch auf der Südseite ein Doppelwall. Nach denken . für die sich aber eine Erinnerung 

Westen nimmt die l’mwallung an Höhe ab und aus historischer Zeit nicht erhalten hat Eine 

ist nur mehr einfach: wahrscheinlich war die nähere zeitliche Fixirung ist mangels Fund« 

westliche .Spitze durch Sumpf und Wasser und Nachgrabungen vorerst nicht möglich, 

zu schützen. Ein alter Eingang auf der Nord- In der weiteren Umgebung befinden sich Hügel- 
seite war durch zurück tretende Hackenwälle grate r in den ausgedehnten Waldungen, Hoch- 

gedeckt. Römischer Herkunft ist das Werk äckerspuren sind nicht vorhanden. 



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BEITRÄGE ZUR ANTHROPOLOGIE. 



Hand XIII, l.-.T. Heft, Taf. I. 




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BEITRÄGE ZUR ANTHROPOLOGIE. 




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Band XIII, 1.-3. Heft, Taf. II — III. 




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BEITRÄGE ZUR ANTHROPOLOGIE. 




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Band XIII, I.-3. Heft, Taf. IV - V. 







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BEITRÄGE ZUR ANTHROPOLOGIE 




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Rand XIII, 1.-3. Heft, Tat’. VI— VII. 




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4 uv wM 




sehen Gebäudereste 
ettelsheim. 



durchströmt die Altmühl ein 
einen halben Kilometer sich 
m ziemlich hoch aufregenden, 
rund des Hahnenkammes und 
offenen Hügellande zwischen 

enden Hauptrücken eben er- 
oder die Teufelsmauer, und 
ig führt aus der tiegend von 
dlich eine da und dort noch 
nde links des Flusses ist von 
inige auch über die Altmühl 



Etwa zwei Drittel Wegs von tinnzenbausen nach Trencbtlingen buchtet 
der Steilrand des Hahnenkammes einmal bei Meinheim, das zweite Mal bei 
Berolzheim in westlicher Richtung ein.“ ') 

Die ganze Gegend ist sehr fruchtbar und überdies« landschaftlich schön; 
so ist es denn nicht zu verwundern, dass dieselbe schon in den ältesten 
Zeiten dicht besiedelt gewesen ist. Es finden sich in Berolzheim und dessen 
nächster Umgebung Deukmäler aus fast allen grösseren Zeitabschnitteu der 
Menscheugeschichte vom Mittelalter herab zur fränkischen, römischen und 
vorrömischen Zeit. 

Das nach seinen äusseren Verhältnissen ansehnlichste Denkmal ans ver- 
gangener Zeit ist wohl das „Steinhaus", eine Ruine im Hintergründe der 
zweiten Einbuchtung des Steilrandes des Hahnenkammes bei Berolzheim ge- 



') „Das Steinhaus bei Markt Berolzheim". Von K. Popp. Monatsschrift das hist. Vereins 
von Oberbayero. Januarheft 1897. 

Brltnlv« aur Anthropologie. XIII. Btl. 4. Heft. jj 



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162 



Dr. Wollcüwebor. 



legen, und zwar fast in der Milte derselben am Waldesrand, da, wo der Fuss 
der Steilabdarhung und der obere Saum der Tbalterrasse sieb berühren. Das- 
selbe ist in verschiedenen Kartenwerken eingezeichnet; über seine Geschichte 
jedoch ist so gut wie nichts bekannt. Ein am Ende des 18. Jahrhunderts 
in Berolzbeim lebender Pfarrer Ulmer, der in der dortigen Kircbenchronik 
einen „Versuch einer Uebersicht von den Alterthilmern des Marktfleckens 
Berolzbeim“ niedergelegt hat, weiss nur zu berichten: „Die Leute hier sagen, 
es sei ein Schloss gewesen, Niemand aber, auch die Altesten Männer nicht, 
haben mir sagen können, was Ihr ein Herr es innegehabt Imt. Soviel ich 
mir MUhe gegeben habe, auch in alten Büchern und Handschriften, habe ich 
keine Spur davon finden können .... Es kann ein Kloster ebensowohl als 
ein Schloss gewesen sein.“ 1 ) 

Musste schon das geheime issvolle Dunkel, das Uber dem Steinhaus 
schwebte, den Altertliumsfieund reizen, sich an die Erforschung desselben 
heranzumachen, so wurde dieser Anreiz noch um ein Beträchtliches erhöht 
durch den besonderen Umstand, dass in der Umgebung des Steinhauses, sowie 
an dem Gebäude selbst einwandfreie, römische Leistenziegel sich landen. 

Im Herbst 1896 machte sich nun Herr Generalmajor a. D. Carl Popp 
gemeinsam mit dem Berichterstatter au die Erforschung. Es wurde ein in 
grossen Verhältnissen und ungemein massig angelegtes rechteckiges Befestigungs- 
werk, das mit mächtigem Wall und Graben umgeben ist, aufgedeckt, bei dem 
insbesondere das massenhafte Vorkommen von römischem Baumaterial, ins- 
besondere von römischen Leistenziegeln im Schuttwall, vereinzelt auch im 
Mauerwerk selbst, auffiel; in letzterem Falle dienten die Ziegel zum Aus- 
fullen von LUcken zwischen den Bruchsteinen. 

Die Frage nach der Entstehnngszeit uud Bestimmung dieses eigenartigen 
Bauwerkes konnte jedoch mit Sicherheit nicht gelöst werden, auch nicht durch 
die im nächsten Jahre fortgesetzten Arbeiten. Während nämlich die ganze 
Anlage und Bauart auf das Mittelalter als Entstehnngszeit hiuwiesen, so 
stand dieser Annahme entgegen das schon erwähnte Vorkommen von un- 
zweideutigem römischem Baumaterial im Baue selbst und seiner Umgebung. 
Ihrer Lösung nahe gebracht wurde diese Frage erst durch die Arbeiten des 
Herbstes 1898. Davon soll später noch die Rede sein. 

Die Ergebnisse der Erforschung des „Steinhauses“ hat Herr General- 
major Popp näher geschildert in einem im Dezember 1896 im historischen 
Verein für Oberbayern gehaltenen Vortrag.*) 

Bot schon die Erforschung des „Steinhauses“ genug des Anregenden 
und Ueberrascbendeu, so sollte die Ueberraschung bald noch in erheblichem 
Grade gesteigert werden durch das nun Folgende: 

Vor dem „Steinhaus“ liegt in nordwestlicher Richtung ein grosses Felder- 
viereck im beiläufigen Ausmass von 130X170 Meter. Die Süd- und Ostseite 
ist begrenzt durch eine bis Über zwei Meier höbe Böschung. Musste schon 

l ) Ulrner .Vorsuch einer Uebersicht von den älterthiimern dee Marktfleckens Bereis- 
heim 1780“ ; in der Kirchenchronik von Berolsheim. 

*) Popp, 1. o. 



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Di« Steinhaus und dio römischen Gebfiuderesto bei Borolzheim und Wettelsheim. 153 



di« rechtwinklige Form dieser Flcrabteilung, „die Steinhausäcker“ genannt, 
sowie die Böschung an der südlichen und östlichen Umgrenzung, die sich bei 
näherer Erforschung als Bauschuttwall herausstellte, die Vermnthung nahe 
legen, dass diese Anlage ursprünglich einem ganz besonderen Zwecke gedient 
habe, so wurde diese Vermnthung zur Gewissheit, als man beim Begehen 
dieser Feldgewanne an vielen Stellen grosse Massen von Bauschutt, und zwar 
von römischem Bauschutt, wie die einwandfrei römischen Leistenziegel bezeugten, 
Vorland. An einigen Stellen bildete dieser Bauschutt sogar deutliche, flache 
Bodenerhebungen. Angesichts der rechtwinkligen Anlage und der Grössen- 
verhältnisse war der erste Gedanke der, dass es sich um ein Castrum handle. 
Diese Vermuthung des Herrn Generalmajor Popp schien durch die angestellten 
Grabungen ihre Bestätigung zu finden. Denn es wurden sofort ziemlich in 
der Mitte der Ostbegrenzung „die rechtwinkligen Fundamente zweier, ca. 8 m 
von einander entfernter, unter sich parallel liegender Räume, welche in ihren 
Dimensionen aber auch ganz den Thorthurmresten unserer Limesbollwerke 
glichen“, freigelegt. Doch bestätigte sich die Annahme, dass ein Castrum 
vorliege, weiterhin nicht. Die nächsten Tage brachten die Gewissheit, dass 
man hier ein grösseres, sehr regelmässig und luxuriös angelegtes, mit Hypo- 
caustum, gewölbtem Präfurnium u. s. w. ausgestattetes Privatgebäude vor 
sich habe. 

Die Erforschung der „Steinhausäcker“ wurde im Herbst 1896 und in 
den beiden folgenden Herbsten durchgeführt, und es mag darüber Folgendes 
berichtet werden. Es wurde eine ganze Reihe weiterer Fuudamente von 
Wohn- und Wirtschaftsgebäuden freigelegt, so namentlich in dem nördlich 
gelegenen Winkel, in dem südlichen Winkel, ferner in der Mitte der west- 
lichen Umgrenzung gegen das „Steinhaus“ bin. Hier wurde auch eine sehr 
gut erhaltene Silbcrmünze, ein Elagabal, gefunden. Anstossend an das zuerst 
freigelegte Fundament in der Mitte der Ostseite wurde ein mächtiger, 1,65 m 
langer, aus hartem Juiakalkstein herausgearbeiteter Rinnstein gefunden; 
ferner mehrere Meter nördlich von dieser Stelle eine aus gewaltigen Jura- 
kalkquadern gebildete, 5 in lange Thorscbwelle, die in die östliche Umgrenzung 
eingefügt war, und deren Oberfläche entsprechend der Spurweite der Rüder 
durch das Befahren geglättet und wie polirt war. Hier wurden auch einige 
grosse Bronzemünzen getunden, die sich nicht mehr bestimmen liessen. Thor- 
schwelle und Rinnstein fanden sich etwa einen Meter tief im Boden. 

Kleinfunde wurden in grosser Anzahl gemacht, Nägel, Kloben, mehrere 
Schlüssel, Eisenbeschläge, ein Messer, eine Broncenadel, einen Vogel dar- 
stellend und ganz genau ebenso beschaffen, wie eine solche auf der von 
Tröltsch 'sehen Tafel abgebildet ist*) Diese Sachen fanden sich meisteingebettet 
in Brandschutt oder Asche, in letzterem Falle meist in der Nähe eines Hypo- 
caustum; römische Leistenziegel und Heizkacheln fanden sich in grosser An- 
zahl; einzelne Exemplare sogar vollständig erhalten. 



*) Tröltsch, E. von, „Alterthiimer ans unsoror Hoimath. 4 ' 



11 * 



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154 



Dr. WolUowetor. 



Im Herbst 189b gelang es auch, die Frage nach der Entstehungszeit und 
der Bestimmung des Steinhauses um einen bedeutsamen Schritt ihrer Lösung 
naher zu bringen. Es wurden da nämlich etwa 3 m tief im Boden liegend 
die Mauerzüge eines einwandfrei römischen Gebäudes aufgedeckt mit wobl- 
erhaltenem Hypocaustum, die an die massigen Grundmauern des „Steinhauses“ 
an der Nordostseite dieses Baues anschliessen oder besser sich unter die- 
selben hinziehen. Eine organische Verbindung zwischen diesem römischen 
Bau und dem Steinhaus besteht nicht; vielmehr erscheint das Mauerwerk des 
Steinhauses auf die Grundmauern eines römischen Baues aufgesetzt. Das 
Steinhaus ist also später entstanden , als die römische Ansiedelung. Es ist 
im Mittelalter aufgeföhrt worden unter Benützung des in den römischen 
Ruinen damals in grossen Massen noch vorhandenen vorzüglichen römischen 
Baumateriales 

Zu erwähnen wäre noch, dass bei der Aufdeckung des römischen Gebäudes 
im Steinhaus sehr gut erhaltener und sehr fein gearbeiteter römischer Wand- 
verputz gefunden wurde, und zwar einfarbige Flächen in poinpejanisch Roth, 
dann aber auch Stücke mit Wandmalerei, nämlich sehr gnt erhaltene Ara- 
besken nnd Rankenwerk, in lebmfarbenen Linien ausgeführt auf schwarzem 
Grund mit scharlachrotben und blauen Knospen ; ferner ein Schachbrettmuster 
als einfassendes Band u. A. Die Arbeiten zeigten alle eine ungemein flotte 
Manier und hohe künstlerische Entwicklung. (Siehe Tafel XI.) 

Aber nicht nur in dem Feldei Viereck der „Steinhausäcker“, auch ausser- 
halb desselben kamen allenthalben in den benachbarten Fehlem mehr oder 
weniger gut erhaltene Grundmauerzüge zum Vorschein. Und auch an einer 
ganz anderen Stelle der Berolzheimer Flur, in der etwa 1 km nach 
Nordeu vom Steinhaus entfernt gelegenen Flurabtheilung „Auf der Maiei“ 
(Mauer) fanden sich im Boden römische Grundmauerzilge. Hier lag ebenfalls 
eiue räumlich recht ausgedehnte, Uber viele Tagwerk Aecker sich ausbreitende 
Ansiedelung vor. Dieselbe wurde in den Jahren 1896 und 1897 erforscht, 
und dabei etwa 15 mehr oder weniger gut erhaltene Hypocausten mit Gebäude- 
grundmauern aufgedeckt. Meist waren es kleinere Gebäude; wie ja die ganze 
Anlage nicht so grossartig war, wie die auf den „Steinbausäckern“ ; nur ein 
paarmal wurden recht lange, gerade verlaufende oder rechtwinklig zusammen- 
stossende Mauerzüge freigelegt, wahrscheinlich Umfassungsmauern eines Ge- 
höftes oder einer Uarteuanlage. Es liegt hier jedenfalls auch eine Civil- 
niederlassung vor, aber immerhin eine recht ausgedehnte und wohlausgestattete. 
Auf einen nicht geringen Grad von Wohlhabenheit der einstigen Bewohner 
weist neben der sehr regelmässigen und soliden Anlage vor Allem der Um- 
stand hin, dass unter den Kleinfnnden sich viele Dinge finden, die auf einen 
gewissen Luxus scbliessen lassen. Es fanden sich Scherben sehr schöner 
Gefässe von Terra sigillata ; dann ausserdem viele Scherben von sehr zier- 
lichen, nrtienförniigen, in edlen Formen gehaltenen Gefässen von (einem grau- 
braunem Thon, die mit schönen, künstlerischen Verzierungen versehen waren. 
Diese feinen zierlichen Gefässe zeigten nach Form und Verzierung eine hohe 
künstlerische Entwicklung. Ausserdem fand sich ein grösseres Ornamentbrnch- 



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Pils Steinhaus uui die lumiscbeu Gebäudereste bei Derelzheim und Wettolsheina. 155 



stück von Terra sigillata, vielleicht eine Dachverzieruug; weiter fand sich 
auch ein schön geformter stiltis von Bronze mit myrtbeublattfürmigem End- 
stück Man sieht, der einstige Besitzer dieses Hauses brachte sein Leben 
nicht ausschliesslich damit hin, „paterna rura exercere bobus suis“; er fand 
auch Zeit, den Mnsen zu huldigen. Ausser diesen Dingen wurden auch hier 
die sonst vorkommenden Kleinfuude in grosser Anzahl gemacht, wie Nägel 
und Kloben, mehrere Schlüssel, ein Thürschlossbeschläge, massenhaft gröbere 
Gefässscherben, einige Brouzemünzen, die sich nicht mehr bestimmen liessen, 
Thierknochen u. A. 

Diese Ergebnisse der Grabungen waren um so überraschender, als Nie- 
mand eine Ahnung hatte, dass hier so ausgedehnte und wohlerhalteue, weil 
eben noch unberührte, Reste des Wirkens und Schaffens eines auf einer hohen 
Kulturstufe stehenden Volkes im Boden verborgen liegen, das unsere Gegend 
vor nahezu zwei Jahrtausenden bewohnt hatte. Freilich den Ortseingesessenen 
war es nicht ganz unbekannt, dass an diesen beiden Plätzen Mauerwerk im 
Boden verborgen liegt; und namentlich die Besitzer der Felder spürten öfter, 
als ihnen lieb war, beim Pflügen die im Boden steckenden Grundmauern. 
Man hielt diese Mauern für die Ueberreste von Theilen des Marktes Berolz- 
heim, der in früheren Jahrhunderten eine viel grössere Ausdehnung gehabt 
haben soll, und der im 30jährigen Kriege zum grössten Theil zerstört wurde, 
wie das ja geschichtlich nachgewiesen ist. 

Nach solchen überraschenden Funden in der Beiolzbeimer Flur war es 
naheliegend, auch die Umgebung von Berolzbeim abzusuchen auf das Vor- 
kommen von römischen Ueberresten. Der Zufall kam diesem Vorhaben 
schneller, als man erwarten konnte, zu Hilfe. 

Gelegentlich seiner Praxisfahrten hatte der Berichterstatter im Frühjahr 
des Jahres 1898 auf den Strassen um Wettelsheim, das 5 km von Berolz- 
beim in südöstlicher Richtung entfernt liegt, an zwei Plätzen in den Stein- 
haufen, die alljährlich zur Strassenbeschotterung angefahren werden, Bruch- 
stücke von römischen Leistenziegeln und Heizkacheln entdeckt. Er ging der 
Sache nach, und es wurden als Fundstelleu zwei Feldlagen ermittelt, die Flur- 
abtheilung „Im Weiher", südöstlich von dem Dorfe Wettelsheim, hart an 
der Wettelsheim — Treuchllinger Distriktsstrasse gelegen, und die Flurabthei- 
lung „Die Wehr’n“, südwestlich von Wettelsbeim am rechten Ufer des Kobrach- 
bächleins vor seinem Eintritt in das „obere Dorf" liegend. An beiden Oert- 
lichkeiteu fanden sich über mehrere Tagwerk Ackerfeld ausgebreitet massen- 
haft Trümmer von römischen Leistenziegelu und Heizkacheln und sonstigem 
Bauschutt frei zu Tage liegend. Es wurde zunächst eine besonders augen- 
fällige Bauschultanhäufung in der Flurabtheilung „Im Weiher“ in Angriff 
genommen. Schon nach ganz kurzer Arbeit gelaugte man zu recht bemerkens- 
werthen Ergebnissen. Man stiess bei den Grabungen sofort in 30 bis 
40 cm Tiefe auf solides Grundmauerwerk und auf ein wohlerbaltenes 
Hypocäustum, wobei fortwährend zahlreiche Kleinfunde, Nägel, Scherben u.s. w. 
erhoben wurden. Es wurde nun planmässig an die Freilegung gegangen und 
Folgendes festgestellt. Das fast in allen Theilen wohlerbaltene Grundmauer- 



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156 



Dr. Wollenweber. 



werk zeigt eine rechtwinklige Anlage mit 14,9 X 9.9 m Flächeninhalt. Die 
längere Achse verläuft vou Nordwest nach Sttdost. Durch einen 2 m 
breiten, die Längenachse rechtwinklig schneidenden Gang ist das Gebäude in 
zwei nahezu gleiche Theile getheilt, welche wieder durch Quermauern in 
Unterabtheilungen zerlegt sind. In der nordwestlichen Hälfte des Gebäudes 
treffen wir aut eine in allen Theilen sehr gut erhaltene Heizanlage, wir sehen 
das Präfurnium, dem eine mächtige Aschen- und Schuttscbicbte vorgelagert 
ist, in welcher zahlreiche Kleinfunde, Geschirrscherben, Nägel, Hacken, eiserne 
Scblilssel und sonstiges Eisenzeug zu Tage kommen. Von dem Präfurnium 
aus führt ein mit Backsteinen und Leistenziegeln — denselben, wie sie zur 
Dacbdeekung gebraucht wurden — gemauerter Heissluftkanal in das eigent- 
liche Hypocaustum. Hier sind fast sämmtliche Hypocanslensäulcheu noch 
gut erhalten und sitzen zu zwei, drei und vier Stück in Mörtel gebettet auf 
einander; sie sind ganz den modernen Backsteinen ähnlich, nur etwas niederer 
und quadratisch. Aufgesetzt waren diese Säulchen auf eine sehr gut erhaltene, 
sorgfältig geglättete Estrichtenne, die etwa 1& cm stark, aus Ziegelklein und 
Moiteluiasse hergestellt war. Daneben fanden sich grosse Bruchstücke aus 
mächtigen quadratischen, 5— 4 cm dicken Backsteinplatten, nach denen sich 
eine Plattengrösse von 55 X 95 cm konstruiren liess. Doch gab es auch 
kleinere Formen. Diese Plätten waren augenscheinlich auf die Säulchen auf 
gelagert und bildeten die Decke des Hypocaustums und zugleich den eigent- 
lichen Fussboden des Gemaches, auf welche Bestimmung anch der an manchen 
Stellen noch auhafteude Estrich hinweist. (Siehe Tafel IX.) 

Dieser Raum, jedenfalls der eigentliche Wohnraum, zeigte an zwei gegen- 
überliegenden Seiten ein eigentümliches, nach innen vorspriugendes recht- 
eckiges Mauerwerk. In dem eiuen dieser beiden Mauerzüge, dem inneren, 
ist ein etwa 2*/* in langer, ovaler Raum ausgebrochen, in welchem eine 
fränkische Leiche bestattet gefunden wurde. Doch darüber spater. 

In der südöstlichen Abtheilung des Gebäudes fand sich in der westlich 
gelegenen Unlerabtheilung ebenfalls ein Hypocaustum, doch nur schlecht er- 
halten. Es waren nur noch die Reste von drei Backsteinsäulchen an der 
ursprünglichen Stelle vorhanden. Auch dieses Hypocaustum war auf eine 
ähnliche und ebenso gut erhaltene tennenarlige Unterlage aufgesetzt; nur war 
hier nicht Ziegelklein, sondern Kies, der in der Nähe zu haben ist, mit dem 
Mörtel verarbeitet. 

Dieser Raum war bemerkenswert!! als Fundstätte zahlreicher Gegenstäude. 
Die tennenartige Unterlage, auf welcher die Backsteinsäulchen des Hypocau- 
stums aufgesetzt waren, war bedeckt mit einer 10 — 15 cm mächtigen Aschen- 
schicht. In dieser fanden sich ausser zahlreichen Stücken von Leistenziegeln 
und Heizkacbeln, die ja über das ganze Objekt zerstreut vorkamen, viele 
Geschirrscherben, massenhaft eiserne Nägel und Kloben, ein atilus- oder haar- 
pfeilähulicher Gegenstand, eine gut erhaltene irdene Ampel mit Deckel, eiserne 
Schlüssel, eine Thürangel, ein ThUrgriff mit zwei Bronzeeicheln als Verzier- 
ung, ferner eiue mächtige 1,20 m lange, 0,20 m breite Waldsäge, ganz ähn- 
lich den modernen Waldsägen, und — last not least — eine wunderbar er- 



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Das Steinhaus und die rümisohou Gebäudereste bei Rerolzheim und Wettelaheiin. 157 



lialtene Silbermünze, welche im k. Münzcabinet in München als Elagabel be- 
stimmt, einen wichtigen Anhaltspunkt für die Bestimmung des Alters unserer 
Kolonie abgibt; ganz die gleiche Münze, wie sie ein Jahr vorher in der 
Berolzheimer Kolonie gefunden wurde. Fast sämintliche anfgefnndenen Gegen- 
stünde waren wunderbar gut erhalten; manche sahen aus, als lügen sie erst 
einige Monate in der Erde. So würde es ein Leichtes sein, die Thürangel 
durch Einülen im Gelenk wieder beweglich zu machen. Dass die Gegenstände 
so wenig durch den Rost gelitten haben, ist zu erklären einmal dadurch, dass 
sie ganz in Asche gebettet waren, welche durch ihren Gehalt an Soda die 
Rostbildung verhindert nnd weiter dadurch, dass der überall im Gelände vor- 
kommende Jurakalkstein, von dem ja das Regenwasser stets eine grossere 
oder geringere Menge auflüst, in gleicher Richtung wirkt. 

Bemerkt soll noch werden, dass über die ganze Anlage ansgebreitet eine 
bis zu 10 cm mächtige Schichte feinen gelben Sandes unter der Bodenoberfläche 
sich fand, die von den einstigen Bewobuern offenbar aus Gründen der Rein- 
lichkeit aus einer benachbarten Sandgrube herbeigeschafft norden war. 

Von dem Felde, auf dem das im Vorstehenden beschriebene Grundmauer- 
werk anfgedeckt wurde, ziehen sich, deutlich sichtbar, Banschuttspuren in 
südlicher und östlicher Richtung hin. In erster Richtung konnten aus 
äusseren Gründen weitere Nachforschungen damals nicht angestellt werden; 
dagegen wurden die östlich gelegenen angrenzenden Felder bis hinüber zur 
Weltelsheim-Treuchtlinger Distriktsstrasse eingehend erforscht. Das Ergebnis» 
war nur ein Geringes; es wurden folgende Objekte anfgedeckt: östlich von 
dem freigelegten Gebäude traf man auf die Reste zweier Grundmauern, 
15 und 19 m laug, 0,50 — 0,60 m breit, parallel verlaufend in der Richtung 
von West nach Ost, tbeilweise ausgebrochen; ferner auf eine kiesübertragene 
Fläche von etwa 15 in Länge und 10 m Breite und von einer Mächtigkeit 
von etwa 0,20m. Die Form war annähernd die eines Rechteckes; die Ver- 
laufsrichtung ging von Ost nach West Augenscheinlich handelt es sich hier 
um eine Strassenanlage. Dem natürlichen Boden gehört diese rechteckige 
Kiesscbicht nicht an; der Kies ist ohne Zweifel aus einer benachbarten Kies- 
grube durch Menschenhand herbeigeschafft worden. 

Noch weiter nach Osten, hart gegen die genaunte Distriktsstrasse zu, 
fiel beim Begehen der Felder das massenhafte Vorkommen von Leistenziegel- 
und Heizkachelbruchstücken und sonstigem Bauschutt auf. Doch auch hier 
hatten die Grabungen nur eineu geringen Erfolg; man fand wohl massenhaft 
Bauschult, viel Asche und Kohle, Nägel und Geschirrscherben; doch das 
Grundmauerwerk war bis auf kleine Reste herausgebrochen; es fanden sich 
nur noch die Fundauientgräben. Doch konnte die ursprüngliche Anlage an- 
nähernd festgestellt werden. Augenscheinlich war hier ebenfalls ein Wohnbau» 
gestanden, das in seinen Verhältnissen von den auderen aufgedeckten nicht 
merklich abwich. Erwähnenswert!) ist, dass hier ein Fund gemacht wurde, 
den der Berichterstatter für einen Theil einer Handtntthle zu halten geneigt 
ist. Aus einem etwa 1 m langen und 0,50 m breiten Jurakalkstein block war 



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158 



Dr. Wollenweber. 



in der Mitte eine ziemlich kreisrunde bis 0,15 m hohe und 0,40 m im Durch 
messer ballende Scheibe oder Säule herausgearbeitet. 

Bei den Wohngebäuden sowohl wie bei den Wirtschaftsgebäuden treffen 
wir im Allgemeinen immer die gleiche typische Anlage; überall rechtwinkliger 
Grundriss; bei den Wohngebäuden Einteilung durch Quermauern in mehrere 
kleinere Gelasse; dabei das Vorhandensein eines meist gut erhaltenen Hypo- 
caustums; bei den Wirtschaftsgebäuden massigere Anlage in grosseren Verhält- 
nissen, wenige, aber grosse Käume und Fehlen der Heizanlage. Als Muster 
für die Anlage eines Wohngebäudes mag das auf Tatet IX dargestellte Funda- 
ment des auf der Flurabteilung „lm Weiher“ in Wettelsheim aufgedeckten 
Wohngebäudes dienen; als Beispiel der Anlage eines Wirtschaftsgebäudes 
das Fundament auf Tafel X, welches das in dem südlichen Winkel der „Slein- 
hausäcker“ bei Berolzheim aufgedeckte Wirtschaftsgebäude darstellt. 

Fränkisch-alemannisches Grab. 

Prähistorische Gräber sind im Altmühlthale nicht selten ; so finden sieb, 
wenn man nur die Gegend zwischen Günzenhausen und Treucbtlingen in 
Betracht zieht, im Wiesgrund zwischen Ehlheim und Gundelsheim hart an 
der Altmühl etwa 20 anscheinend noch unberührte Hügelgräber. Ferner bat 
vor etwa zehn Jahren Herr Bezirksarzt Dr. F-idam gemeinsam mit dem 
Berichterstatter sechs ebensolche Gräber im Altmühlwiesgrund, zunächst dem 
Bahnhofe Berolzheim gelegen, aufgedeckt und erforscht. Dieselben erwiesen 
sich nach den erhobenen Funden, Gefässe mit einfachen linearen Verzierungen 
und spärliche Bronzegegenstände, als der Hallstattperiode angehörend. 
Im Sommer 1898 Hess der eben genannte Forscher im Walde des 
Hahnenkammes hart an der uralten Völkerstrasse gelegen, die von Treucbt- 
lingen nach Heidenheim a/H. führt, drei Hügelgräber öfinen, die, inmitten 
von Hochäckern gelegen, zu den älteren Gräbern dieser Art zu zählen sind, 
wie aus den gefundenen Gefässbeigaben zu schliessen. Eine halbe Stunde 
von dieser Oertlichkeit entfernt befindet sich auf dem 601 m hohen Vier- 
(Feuer-?)steinberg eine alte Kultusstätte mit mächtigem halbkreisförmigem 
Steinwall, woselbst massenhaft prähistorische Gefässscherben zu Tage liegen, 
und wo im Sommer 1898 eine der vorrömischen Zeit angehörende Bronze- 
amispange gefundeu wurde. Am Fusse des Viersteinberges, etwa '/* Stunde 
von dieser Kultusstätle entfernt, liegt unser Arbeitsfeld. Auch bei dem Bahn- 
bau im Jahre 1864 sollen, wie in Berolzheim vielfach erzählt wird, Gräber 
geöffnet worden sein, die nach den Schilderungen von „langen Schwertern 
und Messern“ wohl auch der fränkisch-alemannischen Zeit angehört haben 
mögen. 

Das Grab nnn, das im Folgenden beschrieben werden soll, befand sich, 
wie schon oben erwähnt, in dem zuerst aufgedeckten römischen Gebäude, 
und zwar in dem eigentlichen Wohnraum, in dessen eiuem, an der Innenwand 
gelegenen rechteckigen Mauervorsprung ein ovaler Raum von etwa 2‘/i m 
Länge bis auf die unterste Steinlage ausgebrochen war. Die Leiche befand 
sich etwa 0,5 m unter der Bodenoberfläche; die Längsachse verlief von Süd- 



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Das Steinhaus und die römischen Oebauderesto bei Boroizheim und 'Wcttobheim. 159 

west nach Nordost; der Schädel nach Südwest gelegen. Die Leiche war 
gerade ausgesi reckt, sie lag auf dem Rücken; die Augenhöhlen standen himmel- 
wärts, das Gesicht war nach Nordost gerichtet. Vom Skelett war der 
Schädel noch recht gut erhalten, wenn auch natürlich in sich zusammen- 
gedrückt; die Zähne waren grösstentheils vorhanden und gesund. Von den 
Rippen hatten sich nur einige kleine Bruchstücke erhalten; die weicheren 
Knochen, die Wirbel, die Hand- und Fusswurzelknochen und das Becken 
feblteD ganz; ebenso war von den langen Röhrenknochen nur das harte 
MittelstUck noch da. Zur Linken der Leiche lag das zweischneidige Lang- 
schwert, die Spatlia, mit bronzetauscbirtem, schönverziertem Knauf; zur 
Rechten das einschneidige Kurzschwert, der Skramasax; die Spitzen der beiden 
Waffen kreuzten sich in der Gegend unterhalb der Kniee. Ein kurzes, dolch- 
artiges Eisenmesser lag links mehr gegen die Mitte zu. Auf der Mitte der 
Leiche fand man einen eisernen Schildbuckel und um ihn herum zahlreiche 
schlackenähnliche rostige Eisenstücke, die Reste des eisernen oder eisenblech- 
beschlagenen Schildes. Ein solches Eisenstück, das eine längliche, spangen- 
artige Form hat und vielleicht die Haudhabe des Schildes darstellt, da es 
zudem stärker ist, als die übrigen Eisenstücke, zeigt deutlich die gehärteten 
Lehmabdrttcke von Gewebe, und zwar in mehrfacher Lage über eiuander. 
Das Gewebe ist ziemlich grob und von einfacher Webart, ähnlich wie das 
grobe, selbstgesponnene Linnen der ländlichen Bevölkerung. Rechts von der 
Leiche, etwa in der Höhe der Kniee, stand ein natürlich auch zusammen- 
gedrücktes, dickwandiges, mit einfachen Verzierungen versehenes, schüssel- 
ähnliches Gefäss von 0, IG bis 0,18 m Durchmesser. 

Weiter fanden sich, der Lendenhöhe der Leiche entsprechend, drei Bronze- 
knüpfe mit je drei Löchern und einem nageläbnlicben Fortsatz in der Mitte, 
etwa 2cm im Durchmesser haltend; ferner verschiedene bügelartige Bronce- 
verzierungen, eine Bronzeschnalle mit eisernem Dorn und eine grosse Anzahl 
bronzener Ziernägel von Hanfkorn- bis Halberbsengrösse, diese fast sämmtlich 
mit rechtwinklig abgebogener, viele auch mit gebrochener Spitze. Alle diese 
Gegenstände wurden auf's Sorgfältigste in ihrer Lage im Boden durch Ab- 
stechen kleinster Schichten Erde mit dem Taschenmesser und Abschabeu 
herausgearbeitet, einmal, um bei der Kleiuheit der Gegenstände nichts zu 
übersehen, sodann, um die Lagerung in der Erde feststellen zu können. Dabei 
stiess man auf Anordnungen der Zieroägel in dtei Reihen zu je drei Stück, 
wodurch Quadrate gebildet wurden, die sich mit den Ecken berührten. Die 
Ziernägel steckten znm Theil iu einer kaffeesatzähnliche Masse, augenscheinlich 
den Ueberresten des ledernen Wehrgebänges. Solche Stellen wurden mit dem 
Messer sorgfältig abgehoben ; doch liess es sich nicht vermeiden, dass beim 
Transport die ursprüngliche Anordnung zerfiel (siehe Tafel XII). 

Dieses Grab aus fränkisch-alemannischer Zeit — denn dass es sieb um 
ein solches handelt, steht ja wohl ausser allem Zweifel — ist in mehrfacher 
Hinsicht sehr bemerkenswert)!. Es kann als Typus einer Bestattung aus 
dieser Zeit gelten. Alle Beigaben, die man sonst bei diesen Bestattungen 
findet, trifft man hier, und zwar aussergewöhnlich gut erhalten, an. Ein Kopf- 



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160 



Pr. Wollen weber. 



schmuck fehlt, wie das ja die Kegel ist. Dass eine römische Ruine als Be- 
stattungsort gewählt wurde — zur Zeit der Bestattung ragte das römische 
Gebäude ja noch weit aus dem Boden empor — , hat man bei Bestattungen 
aus fränkisch-alemannischer Zeit auch sonst schon beobachtet. Bemerkenswerth 
Ist insbesondere auch, dass sich das Alter des Bestatteten bis auf ein oder 
zwei Jahre bestimmen lässt. Lässt sich schon aus der DUnnwandigkeit und 
der zarten Beschaffenheit der Schädelknochen, sowie aus der Grösse der 
Röhrenknochenreste und der Rippen ira Allgemeinen der Schluss ziehen, dass 
es sich um ein jugendliches Individuum handelt, so liefern die Zähne, die in 
grosser Anzahl gefunden wurden, den umumstösslichen Beweis, dass der 
Bestattete ein Alter von zehn bis zwölf Jahren hatte. Ausser anderen Merk- 
malen an den Zähnen, auf die eiuzugehen hier zu weit fuhren würde, stützt 
sich diese Behauptung auf die Thatsache, dass ein Stück des rechten Unter- 
kiefers vorhanden ist mit dem Eckzahn und dem ersten Backenzahn, wobei 
wunderbar schön zu sehen ist, wie der letztere den ihm entsprechenden Hilcb- 
zahn, der auf ihm reitet, eben aus dem Zahnfach herausschiebt. Ebenso ist 
der rechte Unterkieferwinket erhalten mit zwei Zähnen, den letzten Mahl- 
zähnen, deren einer, der Weisheitszahn, erst ganz unvollständig ausgebildet 
ist und noch tief im Kieferknochen steckt. Wenn nun ein so jugendliches 
Individuum im vollen Kriegerschmuck bestattet wurde, so ist vielleicht der 
Schluss nicht zu gewagt, dass der Todte der Sohn eines angesehenen Stammes- 
genossen, vielleicht ein Fürstensobn, gewesen ist. Der schön verzierte Schwert- 
knauf, die zahlreichen Bronzeornamente sind nur geeignet, diese Annahme zu 
bekräftigen. 

Auch die Wettelsheimer Ortseingesessenen wussten um das Vorkommen 
von Mauerwerk in ihren Feldern. Sie erklärten diese Thatsache damit, dass 
Wettelsheim in altersgrauer Zeit aus drei Höfen bestanden haben soll, deren 
Ueberreste eben diese Grundmauerzttge darstellten. 

Sicher birgt die Gegend noch Vieles an AlterthUmern. Wandeln wir 
hier ja doch auf einem ganz hervorragend klassischen Boden. Im Norden 
erblickt man Theilenhofen mit seinem vor mehreren Jahren aufgedeckten 
Castrum; weiter nach Westen sieht man Gunzenhausen, wo ebenfalls in aller- 
letzter Zeit ein Castrum aufgedeckt wurde. Noch weiter nach Westen sieht 
man in die Gegend von Gnotzheim, und auch hier wieder ist ein Kastell 
vorhanden, wie auch in Weissenburg, das nach Osten sichtbar ist. Von 
Theileuhofen nach Gunzenbausen zieht sich der Limes, der in Günzenhausen 
die Altmühl überschreitet Mehrere Römerstrassen durchziehen das Gelände, 
die bei Trommetsheim und bei Bubenheim die Altmühl überschreiten. Im 
Südosten liegt Treuchtlingen, in dessen Schloss ein römischer Grabstein mit 
gut erhaltener Inschrift sich eingemauert findet, und das auch sonst römische 
Alterthümer aufweist. In den fruchtbaren Gefilden hinter dem schützenden 
Limes ist sicher die Besiedelung eine besonders dichte gewesen. Und nicht 
zum wenigsten werden es ausgediente Legionssoldaten gewesen sein, die hier 
ihren häuslichen Herd gründeten. 



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Das Steinhaus uud die idtnischeu Gobäudorosto bei Rerolzheim und Wettclshoim. 101 



Durch römische Legionssoldaten ist wohl auch der Kult des „Miplezet'' 
nach Emetsheim gebracht worden, das man gerade nach Westen, eine Stunde 
von Berolzheim entfernt, liegen sieht. Denn dass dieser Kult, der übrigens 
bis zum Jahre 1771 sich forlerhielt, wo der damalige Pfarrer in Emetsheim 
den „Miplezet“ vergraben liess, um dem damit getriebenen Aberglauben zu 
steuern, 1 ) dass dieser Kult aus dem fernen Orient zu uns gekommen ist, 
darüber besteht ja wohl kein Zweifel. Berichtet ja schon die Bibel, dass 
der König Assa sich veranlasst sah, gegen die Unsitte des „Miplezet" vor- 
zugehen.*) U Im er glaubt übrigens uicht au den römischen oder gar asiatischen 
Ursprung des „Miplezet“. 1 ) Freilich muss man ihm zu Gute halten, dass, als 
er seine Aufzeichnungen Uber die „Altertbtimer des Marktfleckens Berolz- 
heim“ niederschrieb, eine prähistorische Forschung eigentlich nicht existirte. — 
Dass anch der orientalische Mithraskultus auf diese Weise in das römische 
SUdwestdentschland verpflanzt wurde, ist ja sicher naebgewiesen. 1 ) — 



Ueberblicken wir das bisher Erreichte noch einmal, so stehen wir über- 
rascht vor dem, was wir aus der Erde erstehen sahen. Es treten vor unser 
Auge die Ueberreste einer längst vergangenen Zeit, die Spuren der Thätigkeit 
eines auf hoher Kulturstufe stehenden, thatkräftigen Volkes. Wir sehen uns 
in die Zeit zurückversetzt, wo dieses unternehmende Volk nach Niederwerfung 
der einheimischen Bevölkerung ein wohldurchdachtes und überaus vervoll- 
kommnetes System von Befestigungswerken in unseren Gauen anlegte, wo es 
das eroberte Land mit einem dichten, wohl ausgedachten Strasseunetz über- 
zog, wo es seine soliden und gut eingerichteten Wohnungen erbaute, die 
Wälder ausrodete nnd das Land urbar machte. Dieses Volk hat von der 
verbttltnissmässig kurzen Spanne Zeit, die es unser Land im Besitz hatte, 
viel mehr Zeugen seiner Thätigkeit binterlasseu, als das folgende Jahrtausend. 

Unser Staunen ist um so grösser, als von dem Vorhandensein solcher 
Spuren gerade an den Plätzen, an denen sie hier gefunden wurden, nicht 
das Mindeste bekannt war. 



’) Haupt, Hermann, Dr, : „Her römische Grenznah in Deutschland n. s. w.“. Jahres- 
bericht des hist. Vereines Würzburg. 1885. 

*) Bibel, l. Buch der Könige, 15. Kap., 13. Vers: „ . . Uud Assa rottet« aus den Miplezet 
und verbrannte ihn am Bache Kidron“. 

•) Elmar, 1. c.: „. . . die, welche goro den Namen der Oerter von alten deutschen 
Götzeu borfeilen, mögeu immerhin mit Borolzheim gleichfalls ihren Witz nnd ihre Einbildungs- 
kraft üben; denn mir kömmt es sehr einfältig für, Hitteuheim rem Gott Theut, Börnhausen 
vom Gott Thor n. s. w. herzuleiten; auch aus dem alten steinernen Bilde in doB Wirts zu 
Ktnmezhoim Garten einen Priap oder gar Miplezeth zu machen. — — Waa haben wir nötig, 
so gar weit zuriiekzugoben, fast 1000 Jahre, and die Abstammung aller dieser Namen in den 
heidnischen Zeiten aufzusuchen? Der Emmezheirr.er Stoin war nichts anderes, als ein Uober- 

bleibsel und architektonischer Zierrath eines ehemaligen adelichea Schlusses daselbst. 

Dia Namen der alten Ortschaften betreffend, was wussten unsere alten heidnischen Vorfahron 
von einem Mouiua der Börner, vom Consus, einein IViap, dem Miplezeth?“. 

*) Haupt, 1. c-, Beite 300. 



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1 62 Dr. WolloBweboT, Das Steinhaus und die rüm. Gobuudereste bei Berolzbeitn u. Wettelabeim. 



Möge die Folgezeit noch recht viele Zeugen dieser längst vergangenen 
Zeit in ansei em AltmUbltbale zu Tage fördern. 

Zum Schlüsse möge es gestattet sein, auch an dieser Stelle dem Herrn 
Generalmajor a. D. Carl Popp den ergebensten Dank auszusprechen für die 
grosse Bereitwilligkeit, mit welcher derselbe seine aussergewöhnlichen Er- 
fahrungen und Kenntnisse jederzeit f(lr unsere Arbeiten zur Verfügung ge- 
stellt hat. — 



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Künstliche Höhlen. 

Von Di-, Bnvorl. 

Fortsetzung zu Seito 20 ff. 

(Mit Tafol XIII-XVIIII. 



Die Gegend südlich der Donau in den Bezirksämtern Griesbach und Vils- 
liofen birgt künstlich angelegte Gänge, meist in unmittelbarer Nähe eines 
Gebäudes, in Berge mit Flins oder Flugsand, der sich gut miniren lässt und 
dennoch dauerhafte Gänge ermöglicht, eingebaut. Die Gänge sind sämmtlich 
sehr exact mit schaifeu Kanten und Ecken und schönen Spitzbogen nach 
oben, am Boden oval angelegt. An den Wänden finden sich öfters Nischen 
eingescbnitten, die fast gar nicht abgenützt sind, so z. B. waren die kleinen 
Nischen in dem Gange in Weng (v. PI. A, B, C) noch so scharf an den 
Kanten, als wären sie soeben mit grösster Sorgfalt angelegt worden. Von 
einer Benützung zu irgend einem Zwecke kann bei dieser Höhle keine Rede 
sein, sonst wären die scharfen Sandkanten abgestossen worden. 

Die Höhlengflnge in Bergham bei Crähdorf, in Bergham bei Aidenbach 
(Primsenhöhle) und in Weng bei Griesbach sind alle drei so ziemlich nach 
gleichem Priucipe angelegt. Vielleicht ist es auch kein Zufall, dass die eine 
in einem Dorfe Namens Bergham (BergbeimI), die andere bei einer Einöde 
mit dem Namen Bergham und die dritte in Weng bei einem Gehöfte, das 
der „Bauer atu Berg“ heisst, gefunden bezw. erbaut wurden. Möglich, dass 
diese Höhlengänge mit den anslossenden Gehöften in unmittelbarem Zusammen- 
hänge stehen. Die Eingänge waren, wie diess die senkrechten Eingangs- 
schachte in den beiden Höhlen von Bergham I uud 11 beweisen, nicht ver- 
steckt, es waren ziemlich grosse, viereckige Schachte von 1,2 m im Quadrate 
in unmittelbarer Nähe des Gehöftes angelegt. Die Höhle in Weng war wie 
erst frisch gebaut und machte mit ihrem Kreuzgangabschluss mit drei Seiten- 
nischeu in einer Höbe von 60 cm, vom Boden in die Wände eingeschnitten, 
einen mehr der christlichen Zeitrechnung attgebörenden Eindruck. Diese 
Höhle muss wenig benützt worden sein. 

Die Gänge sind selten Uber 1 bis 1,2 m hoch, 80 bis 90 cm breit, die 
Schlupflöcher, welche in höher gelegene Gänge führen so eng, dass ein starker 
Mann sie nicht mehr schlüpfen kann. 



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Dr. Ray«rl, Künstlich* Höhlsn in Bayern. 



lf>4 



In keiner der Hohlen fanden sich Anhaltspunkte für deren Zweck, keine 
Funde von Knochen oder Gebrauchsgegenständen. Bei dem kleinen Räume 
in Form von engen Gängen, in denen zwei Personen nicht einmal sich aus- 
weichen können, kann an Verstecke für Vorräthe u. dgl. nicht gedacht werden. 
Dagegen spricht auch der grosse, unversteckte, senkrechte Eingang. Die 
Schlupflöcher scheinen nur den Zweck zu haben, für sich selbstständige Ab- 
theilungen zu schaffen zur Sonderbenützung für einzelne Personen, vielleicht 
als warme Schlafstätten, wenn diese Gänge nicht religiösen Zwecken, viel- 
leicht dem Cultus der Coros, gedient haben. Es ist mir nicht bekannt, dass 
auf der nördlichen Seite der Donau ähnliche Gänge gefunden wurden, und so 
scheinen diese Gänge mit der Zeit der Römerherrschaft zusammenzufallen 
und dem Cultus gedient zu haben. 

Am interessantesten ist die Höhle in Bergham bei Crähstorf im Vils- 
thale. Dort wurde der Gang 0 bis P mit Hof- und Strassenkoth sorgsam 
ausgestopft gefunden, weil das Sickerwasser (wahrscheinlich wurde der Hof- 
raum oberhalb dieses Ganges abgefahren) den Gang zum Einfallen brachte, 
was die mühsame Entleerung des Ganges seitens des Dr. Bayerl klar legte. 
Das Material zum Ausstopfen musste mühsam durch den Eingangsschacht in 
der Länge von C bis D durch ein Schlupfloch in der Richtung G bis H, von 
da nach E und O bis P geschafft werden. Wenn die Bewohner des Geholtes 
nicht ein grosses Interesse au der Höhle gehabt hätten, würden sie einfach 
den Gang von aussen blosgelegt und eingefüllt haben. Ein weiterer kleiner 
Gang in der Richtung A bis B war ebenfalls künstlich ausgestopft wegen 
Gefahr des Einsturzes 

Abweichend von den drei genannten Höhlengängen ist ein hoher, breiter 
Gang, in einen Kiesberg hei Hötzenham, B.-A. Griesbach, führend. Derselbe 
ist halbbogeuförmig in den Berg minirt derait, dass man am Eingänge ein 
Licht im letzten Dritttheile des Ganges, der links und rechts mit Sitzplätzen 
versehen ist, nicht leuchten siebt, was jedenfalls mit der krummen Anlage 
bezweckt werden wollte. Dieser Gang war auffallend hoch und breit, so dass 
man bequem gehen und zwei Personen sich ausweichen konnten. In einer 
halben Stunde Entfernung, dem Dorfe Ultlau, soll ebenfalls ein ähnlicher 
Höhlengaug bestanden haben, jetzt verfallen. 



< 



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Beiträge zur Vorgeschichte von Oberbayern. 

Von F. W München. 

(Mil Tafel XIX.) 

I. 

Zu den vorrömischen Perioden. 

Spuren des vorgeschichtlichen Menschen der Diluvial- oder palftolitbiscben 
Periode wurden bisher in Oberbayern nicht gefunden, obwohl in den west- 
lichen Nachbargebieten in fast gleichen Breitengraden solche Ueberreste be- 
kanntlich mehrfach zu Tage traten. Die natürlichen Höhlen unseres Gebirges 
sind bis jetzt nach solchen Spuren allerdings auch nicht untersucht worden. 

Dagegen treten in der Alluvialperiode auch hier allenthalben die Beweise 
menschlichen Daseins entgegen. 

Zu den schon früher bekannten Niederlassungen der jüngeren Steinzeit 
im Pfahlbau am Wört im Würmsee und bei Inzkofen, B.-A. Freising, ’) 
kamen in neuerer Zeit schwache Ueberreste einer im Moment der Entdeckung 
fast schon ganz zerstörten neolitbischen Ansiedlung bei Huglfing, R.-A. 
Weilheim, mit einigen bearbeiteten Knochen und einem Feuersteinsplitter, ferner 
ein bei Ludwigsried, B.-A. Weilheim, aufgedeckter Begräbnissplatz, von 
dessen Inhalt ein Flachbeil aus Uralith in die vorgeschichtliche Sammlung 
des Staates gelangte. 

Ein bedeutenderer Ueberrest aus dieser Periode hat sieb, abgesehen von 
mehreren Einzelfunden an verschiedenen Orten des Gebietes, an der äussersten 
SUdostgrenze Oberbayerns gefunden, nämlich eine nach dem ausgegrabenen In- 
ventar mit den benachbarten Ansiedlungen bei Bischofshofen anf dem Götschen- 
berg und an den Ufern des Mond- und Attersees eng verwandte Niederlassung 
auf dem sogenannten Auhögl bei Hammerau, ß.-A. Laufen. Wie westlich 
in den Pfahlbauten der Schweiz und des Bodensees wurden in dem östlichen 
österreichischen Alpengebiet eine Reihe neolilhischer Wohnstätten anfgefumlen, 
die auch in der nachfolgenden Bronzezeit noch besiedelt blieben. 

Der Platz der an der Grenze des jetigen Bayern gelegenen Ansiedlnng 
ist ein isolirter breiter Höhenrücken, bestehend aus Kreidefels mit ein- 

*) Die Fun ao tos diesen Stationen beOuilen sich in der prähistorischen Staatssammlnng 
io München 



Aeltcre 

Steinzeit 



Jüngere 

Steinzeit. 



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166 



F. Weber. 



gesprengtem Flint, der einst ganz vom Wasser umgeben und dadurch wie ein 
Pfahlbau gesichert war. 1 ) Die auf einem kleinen Theil des Hügels, am Nord- 
Ost- und -Westrand gemachten Funde umfassen das geschlossene Inventar 
einer lange Zeit hindurch bewohnten neolithischen Ansiedlung: Pfriemen und 
Nadeln aus Knochen, Spinnwirtel von Thon, Mahlsteine und Reibkugeln, 
Klopfsleine, Netz- oder Webstuhlgewichte, Dolche aus Knochen und Geweih- 
sprossen, Handhaben und Keulen aus Geweihstangen, durchbohrte Eberzähne 
als Schmuck, über hundert Pfeilspitzen verschiedener Form, Sicheln, Dolche, 
Lanzenspitzen und ein Beil aus Feuerstein, über hundert Meissei und Keile, 
durchbohrt« Beil- und Kugel-Hämmer aus hartem Gestein, eine Menge 
Messer, Schaber, Sägen, Bohrer aus Feuerstein, endlich Bruchstücke einer 
grossen Anzahl Thongefässe aller Art.') Geräthe und Waffen wurden augen- 
scheinlich von den Ansiedlern selbst gefertigt, das Rohmaterial gab der Hügel 
und der Fluss, der harte Gesteinsarten aus dem Gebirge in Menge herbei- 
führte. Viele angefangene oder zersprungene Stücke, Abfallsplitter in Masse, 
hergerichtetes Rohmaterial und Schleifsteine bezeugen die Bearbeitung an Ort 
und Stelle; eine Menge Tbierknochen aller Art, die erst der Untersuchung 
harren, sind als weggeworfene Speiseüberreste in der Fnndscbichte zerstreut. 
Unter den Topfscherben befanden sich Reste von Häfen, Näpfen und grossen 
Kochgefässen , mit und ohne Henkel; die Mehrzahl der Geschirre war mit 
primitiven Verzierungen am Rand oder Hals durch Finger- und Nägelein- 
drücke, rohen Einkerbungen von Halbmonden, Dreiecken, Zähnen und Ein- 
schnitten versehen, einige dünnwandige Reste auch mit reichen, mit weisser 
Masse ausgefüllten neolithischen Mustern. 

Was die Ansiedlungsstätte aber so ausserordentlich interessant und für 
die oberbayerische Vorgeschichte wichtig macht, ist der Umstand, dass man 
bei ihr den Uebergang von der Steinkultur in die Anfänge der Metallzeit 
deutlich verfolgen kann. Es fanden sich nämlich ausser einigen wahrschein- 
lich als Gussformen in Betracht kommenden Bruchstücken der Rest eines 
Schmelztigels mit daranhafteuder Bronze, Gussklumpen und Gusstropfen, und 
rohe, zinnarme Bronzeerzeugnisse, Reste, die augenscheinlich beweisen, dass 
die Ansiedlung die neolithische Periode überlebte und dass die Nachkommen 
der Neolitkiker, die so geschickt den Stein bearbeiteten, auch den Metallguss 
leinten und an Ort und Stelle betrieben. Zu diesen älteren Stücken zinnarmer 
Bronze, wenn uicht reinem Kupfer, worüber die chemische Analyse noch aus- 
steht, gehören ein den Flachbeilen von Stein nachgebildetes Metallbeil, eine 
kleine, roh gearbeitete Spirale aus gehämmertem Kupfer- oder Bronzedraht, 
ein unbearbeitetes Stück gezogenen Drahts, ein Stück einer langen Nadel. 
Diese Metallstücke sind offenbar nicht importirt, sondern an Ort und Steile 
gegossen, wozu das Rohmaterial aus dem nahen Kupferbergbau am Mitterberg 
bei Bischofshofen gekommen sein kann. Bei einigen anderen gefundenen 



l ) Sichere Spuren von Pfahlbauten habon sich in Oberbayern ausser im Wüimsoe nicht 
gefunden. 

*) Die Funde befindon sich zur Hälfte im Museum des Chiemgau -Vereins in Traunstein, 
zur Ilalfto in Privatbcbitz. 



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Beiträge zur Vorgeschichte ron Oberbayern. 



167 



Bronzen einer entwickelteren Form und Technik (Schraubenkopfnadel, Kelt, 
Bronzemesser, Armreif, Nähnadel mit Oehr) ist zwar die Möglichkeit eigenen 
Erzeugnisses auf dem Hügel nicht aasgeschlossen, immerhin der Import aus 
Süden wahrscheinlicher. Jedenfalls beweist das Vorkommen dieser Stücke 
wie auch ein Theil der Gefässfragmente die Fortdauer der Ansiedlung in der 
Bronze-Periode. 

Unmittelbar am Fusse der Ausiedlung wurden auch in ziemlicher Tiefe 
im Lehmboden Begräbnisse aufgefunden, durch beigestellte Tbongelüsse, deren 
jedes durch einen Kranz von Feldsteineu umgeben und mit einem Stein zu- 
gedeckt war, sowie durch Beigabe einiger Feuerstein-Pfeilspitzen markirt, 
während weder von Skeletten noch von Leichenbrand Spuren sich zeigten. 

Auch in dem benachbarten Thalkessel von Karlstein, B.-A. Berchtes- 
gaden, wurden am Fusse des Zwiesels unter dem Schutt einer römischen An- 
siedlung Gräber mit steinzeitlichem Inventar (Feuerstein-Pfeilspitze und Messer, 
Eberzähne, Kuocheupfriemen) gefunden, in deren einem auch bronzezeitliche 
Stücke (Dolch und Nadeln mit Scbeibeukopf) 1 ) sich befanden. Es zeigt sich 
anch hieraus die Contiuuität der Bewohner. Jedenfalls ist durch die älteren 
und neuen, wenn auch bisher dünn über ganz Oberbayern zerstreuten Funde 
der Nachweis gegeben, dass das Land schon iu neolilhiscber Zeit dauernd 
besiedelt war und dass eine Steinperiode in Oberbayern wirklich bestand. 

Dagegen ist eine ausschliessliche Kupferperiode auf dem Boden unseres 
Gebietes nicht nachweisbar. Geräte und Waffen sowie Schmuck ans reinem 
Kupfer sind unter den oberbayerischen Funden mit Sicherheit nicht fest- 
gestellt, wohl anch nicht in grosser Zahl zu erwarten, da das werthvolle 
Kupfer später wieder eingeschmolzeu worden sein wird. Allerdings hat eine 
chemische Analyse unserer oberbayerischen Bronzen bisher noch nicht statt- 
gefunden, obwohl eine solche Untersuchung schon desahalb höchst erwünscht 
wäre, da wir von ihr wichtige Aufklärungen über die Provenienz der ver- 
wendeten Metalle erwarten dürfen. 

Sowie wir das Gebiet der Metallperioden berühren, taucht vor Allem 
die einschneidende Frage auf, wie lernten die Menschen der Steinzeit den 
Gebrauch der Metalle kennen? Die Beantwortung dieser Frage ist bis jetzt 
nicht gelungen; sie wird aber jedenfalls für verschiedene Gebiete verschieden 
ausfallen. Es liegt nahe, dass die in geringer Entfernung von metallreichen 
Gebirgen wohnenden Stämme früher mit der Verwendbarkeit der Metalle 
vertraut wurden, als andere, entfernter angesiedelte. Nun finden sich gerade 
in den südöstlichen Alpen nicht fern von den Grenzen Oberbayerns kupfer- 
haltige Gebirge, in denen man Spuren prähistorischen Bergbaus gefunden hat 
(Mitterberg und Kitzbicbler Gebirge); schon dieser Umstand könnte anf die 
Vermuthung leiten, dass die Kenutuiss der Verwendung des Metalls von 
dorther sich nach Oberbayern verpflanzte. 

Es fehlt auch nicht an positiven Beweisen, dass die Bevölkerung unseres 
Gebietes schon in der Bronzezeit mit dem Giessen vertraut war und dass 



’) Funde im fv. prähistorischen btaatsmuiflum. 

BellrüK« *ur Anthropologie. Bd. XIII. 4. Heft. j*> 



Metall Perioden. 
Kupferperlode 



Kermtnim und 
Verbreitung der 
Metalle. 



Einheimische 

MotallludiiHtrle 



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168 



F. Weber. 



Ules«.«ttttton. 



Kaminelenu 

Puiule, 



Kohiuaterlitl- 

Kumle. 



Giessstätten sich im Lande befanden. In erster Linie kommen einige auf- 
gefundene Qussformen in Betracht, nämlich ausser den schon erwähnten 
vom Auhögl bei Hammerau eine solche für eine Lanzenspitze allein und 
eine für eine Lanzenspitze, eine Dolchklinge und einen Flachmeissel zusammen 
in einem Stück, welche bei Margarethenberg an der Alz, B.-A. Altotting, 
gefunden wurden und im Nationalmuseum sich befinden. Ferner gehfiren 
hieher die Funde von Gussklumpen, Bmnzekuchen , Guss-Schlacken und 
Tropfen, sowie von Schmelztigeln, wie solche aus l’eterskirchen, B. A. 
Mühldorf,') von Mitterscheiern, B.-A. Pfaffenhofen, ans dem Stadtgebiet 
München l/J.*), von Pullacb, B.-A. München II *) und vom Aubügl bekannt 
sind. Sodann sprechen iür einheimischen Bronzegussbetrieb die sogenannten 
Sammelerzfunde, d. b. zum Zwecke des Einschmelzens und Umgiessens ge- 
sammelte, zerbrochene Dnd unbrauchbare Bronzen, wie ein solcher ausser au 
den Giessstätten von Peterskirchen, Mitterscheiern und München wahr- 
scheinlich auch in der Umgebung von Priel bei Bogenhausen, B.-A. München I, 
gemacht wurde.*) Endlich gehören hieher die in unserem Gebiet besonders zahl 
reich vorkommenden Massenfunde von Rohmaterial, Kupfer oder Erz, das 
in einfachen, zum Transport- und Tauschverkehr geeigneten Formen impoitirt 
wurde. Diese sich immer gleich bleibenden Typen haben entweder die Form 
von offenen, hufeisenförmigen Ringen oder von langgezogenen, rippenäbnlicben 
Spangen, beide mit umgebogenen Enden, an denen sie mittelst Bronzedrabts 
zusammengehalten wurden; nur vereinzelt kommen grosse, mehr geschlossene 
Ringe vor, wie ein solcher ausTUrkenfeld im Besitz des historischen Vereins 
von Oberbayern ist. 

Massenfunde von Ringen wurden 1843 in Reut, Gern. Burheim, B.-A. 
Laufen (über 100 Stücke)*), und 1883 in Bernhaupten, B.-A. Traunstein 
(108 Stücke)*), gemacht; in kleineren tjuantitäten (5 bis 22 Stücke) kamen 
sie vor bei Söchtenau , Grub, Haifing, Götting, B.-A. Rosenheim. Holz- 
kirchen, B.-A. Miesbach, Tegernau, B.-A. Ebersberg, Lampoding und 
Palling, B.-A. Laufen, Unterwessen, B.-A. Traunstein. 1 ) In Langesüd, 
Gern. Fridolfing, B.-A. Laufen, und Altmüblhausen. B.-A. Ebersberg,*) traten 
sie in Verbindung mit unverzierten Spiralreifen von sieben- bis elffachen 
Windungen aus dünnen Bronzebändern auf, die, wie es scheint, ebenfalls 
als Rohmaterial zu weiterer Verarbeitung in den Handel kamen. Ein 
Massenfund von Spangen wurde zwischen Pfaffenhofen und Nieder- 

') ln der Sammlung des historischen Vereins von Oherhayern. 

*) Im k. prähistorischen Staatsniuseum. 

•) Im k. Nationalmuseum. 

*) Sammlung dos historischen Vereins von Oberbayern. 

•) Zehn Stücke davon in der Sammlung des historischen Vereins von Olforhayern und fünf 
im k. Nationalmuseum. 

*) 80 Stüeko davon im prähistorischen Staatsmuseum, fünf in dem SUatsmuseum des 
Chiomgau- Vereins in Traunstoin, zwei in dor Sammlung dos historischon Vereins in München. 

T ) Hievon befinden sich ein King aus Talling und zwei aus Unterwessen in der Sammlung 
des historischen Vereins von Oberbayern, die übrigon sind tlieils in Privathesitz, tbeits verschollen. 

$ ) Aus beiden Funden Tbeile io der Sammluug des historischen Vereins von Oberbayern. 



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Beiträge zur Vorgeschichte too Oborbayern. 



169 



scheiern gemacht (Uber 100 Stacke), ein kleinerer bei Thaining, B.-A. 

Schongau (7 Stücke).') 

Wie hieraus ersichtlich, kommen die Ringe mehr im östlichen, die Spangen 
im westlichen Teil Oberbayerns vor. 1 ) Es scheint diess für die Fabrikations- 
stätten dieser Formen nicht ohne Bedeutung zu sein. Die Fundkette der Ringe 
weist auf die schon genannten Bergwerke, deren Produkte weithin verfrachtet 
wurden. Behauptet doch Montelius, dass Kupfer vom Mitterberger Bergwerk 
bis nach Dänemark und Südschweden gelangte. 3 ) Es wäre also wohl möglich, 
dass wir in den Ringfunden die Ausfuhrwaare der südöstlichen Bergwerke, 
in den Spangeufunden die aus westlichen Betrieben vor uus haben. 

Man versetzt alle diese Funde in die Bronzeperiode, weil sie mit bronze- 
zeitlichen Typen zusammen Vorkommen. Die Formen haben sich aber gewiss 
lange forterhalten, da die oflenen Ringe z. B. auf provinzialrömischen Sigillaten 
als Ornament auftreten. 

Wie für die vorausgebende Periode liegt vor allem auch für die Bronze- Broniei»rto<ie. 
Periode die Vorfrage nahe, ob in Oberbayeru eine eigentliche Bronzezeit über- 
haupt einmal bestanden hat. Diese Frage wird in Hinblick auf das in den 
oberbayerischen Sammlungen 4 ) autbewahrte Material, das allerdings meist aus 
Eiuzel- und Grabfunden, nicht aus dem Inventar von Wohnstätten besteht, die 
bisher — abgesehen vom Pfahlbau im Würmsee, Inzkofen und Auhögl — nicht 
gefunden wurden, und mit Rücksicht auf die vorliegenden Fundbericbte unbe- 
dingt bejaht werden dürfen. Diese Periode muss auch eine lange Zeit hin- 
durch gedauert haben, da sich eine allmähliche Vervollkommnung der Formen 
und der Technik und aus den vorhandenen Grabstätten eine Zunahme der 
Bevölkerung in der späteren Zeit wahrnehmen lässt. Der eigenartige Charakter 
dieser Kultur, welcher sich sowohl von der vorhergehenden Steinzeit, als der 
nachfolgenden Hallstattperiode scharf unterscheidet, legt die weitere Frage 
nahe, welches Volk bei uns Träger dieser Kultur war, ob eine Kontinuität 
mit der Bevölkerung in der Steinzeit besteht oder nicht und worin die Kultur- 
unterschiede und Fortschritte bestehen. 

Schon ein oberflächlicher L'eberblick Uber die Ueberreste dieser Periode 

aeneibvD. 

führt darauf hin, dass die Träger dieser Waffen und Schmucksachen ein zier- 
licher, körperlich nicht grossgewachsener Menschenschlag gewesen sein müssen. 

Die Dünge der Bronzeschwerter bewegt sich in der Regel nur zwischen 50 bis 
liö cm, während die Hallstattschwerter zwischen 70 und 00 cm lang sind, der 
Griff ist auffallend schmal und kurz und setzt eine kleine Hand voraus; 

’) Aus ersterem Funde 20, aus letzterem eiu Stück in der Sammlung des historischen 
Vereins vou Oberbayern, die übrigen verschollen. 

*) Auch ausserhalb Oborbayerns kommen die Spangenfunde meist in westlichen Gebieten 
vor; so stammt ein grosser Fund im prähistorischen Staatsmuseum in München aus Krumbach 
in Schwaben; einer im germanischen Museum zu Nürnberg aus Schwaben ohne nähere Bezeich- 
nung; einer im Landesmusenm in Zürich aus Ludwigshafen ; oiuor im Museum in Chur aus Thurgau. 

*) 8. Archiv für Anthropologie Bd. 26. 8. 470. 

4 ) Solche bestohen z. Zt. ausser den drei Sammlungen in München in Friedberg, Sobroben- 
hauseu, Ingolstadt, Freising, Erding, Mühldorf, Wasserburg, Burghauseu, Tittmoning, Traunstein, 

Tölz, Weilheim, Kosen heim, Reicheuhall. 

12 * 



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170 



F. Weber. 



Kultur* 

Entwicklung- 



ebenso weisen die übrigen Waffen und Geräte, die kurzen Dolche, die kleinen 
Lanzen und Kelte wie die Scbmucksachen auf feine Gliedmassen und zier- 
liche Körperdimensionen. Es ist daher nicht undenkbar, dass die spateren in 
Oberbayern zahlreich namentlich im Gebirge umlaufenden Sagen von erz- und 
scbmiedekundigen Zwergen ein Niederschlag traditioneller Erinnerungen an 
den physischen Habitus jener einstigen Bewohner des Landes siud. Denn 
von allen nachfolgenden Bewohnern, den Hallstattleuten, den Kelten und Ger- 
manen, wissen wir theils aus den Bodenfunden, theils aus den Nachrichten 
der alten Schriftsteller, dass sie hochgewachsene und breitgliedrige Menschen 
waren. Leider liegt jedoch bis jetzt kein genügendes somatisches Material 
aus den bronzezeitlichen Gräbern zu Messungen und Untersuchungen in dieser 
Richtung vor. 

Dagegen fällt sofort bei einer Vergleichung der bronzezeitlichen Waffen 
und Gerhthe mit denen der Steinzeit bei uns auf, dass hier in Bezug auf die 
Grös-e und Massigkeit eine Verwandtschaft besteht. Auch die Meissei und 
Keile, Hämmer, Messer, Schaber und Pfeilspitzen, Klopfsteine und Reiber 
der neolithischen Zeit Oberbayerns setzen einen eher kleinen als grossen 
Menschenschlag voraus. Insbesondere ndthigen die mit den Fingerspitzen uud 
Nägeln hervorgebrachten Verzierungen der Thongefässe dieser Zeit zur An 
nähme massiger Proportionen dieser Glieder. 

Schon diese Thatsache widerspricht nicht einer Fortdauer der gleichen 
Bevölkerung in der Stein- wie in der Bronzezeit. Die Berechtigung zu dieser 
Annahme wird aber verstäikt durch die schon erwähnten weiteren Umstände, 
dass auf dem Auhögl in der unzweifelhaft steinzeitlichen Niederlassung der 
Uehergang von der Steinknltur zu den Anfängen einer Metalltechnik sich 
verfolgen lässt, wie diess auch bei der einzigen Pfahlbaustation Oberbayerus 
im Würmsee der Fall zu sein scheint. Nicht minder spricht hiefür auch 
die augenscheinliche Entwicklung des ältesten Metallbeils aus dem Steinbeil, 
und die Fortdauer der Formen und Ornamentik der Thongefässe, wie sich 
beides an der Station am Aubögl wahrnehmen lässt. Es ist also hier wenig- 
stens eine Kontinuität der Bevölkerung kaum zu bestreiten und es wird nicht 
zu gewagt .-ein, diese Beobachtung auf ganz Oberbayern zu übertragen. 

Ueber die ethnologische Zugehörigkeit der Stein- und Bronzezeit-Leute 
in Oberbayern sind wir noch vollkommen im Dunkel; ebensowenig lässt sich 
eine begründete Ansicht anführen, ob sie auf uuserem Boden autochtüon sind, 
oder ob vor ihnen wieder eine andere Bevölkerung anzuuehmen ist und wo- 
her in diesem Falle die neuen Eiuwanderer kamen. 

Die Kontinuität der Stein- und Bronze-Zeitleute Oberbayerns spricht sich 
auch in der langsam und stetig fortschreitenden Kultur aus. Schon die 
ersteren finden wir in festen Niederlassungen (Wört im Würmsee, Inzkofen, 
Auhögl) mit Hausthieren ; sie verstanden sich auf Bearbeitung des Steins und 
der Knochen, auf Töpferei, auf Flechten und Spinnen, Weberei und Gerberei; 
die Mahl- und Keibsteine deuten auf Körnernahrung neben Jagdbeute und 
Fischfang. Von dem systematischen Betrieb des Ackerbaues haben wir aller- 
dings sichere Spuren so wenig wie in der nachfolgenden Bronzezeit, wenn 



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Beiträge zur Vorgeschichte von Oberbayern. 



171 



nicht die Stein- nnd Bronzesicheln als solche, genommen werden wollen. Zn 
diesen Fertigkeiten und Kullurerrungenschaften tritt in der Bronze-Periode 
der Metallgnss, der am Ende derselben schon auf hoher Stufe steht, ferner 
Tausch- und Handelsverkehr, der in der Steinzeit für unser Gebiet noch nicht 
nachweisbar ist; endlich die Ausnützung der Salzquellen, worauf die Besied- 
lung des Reichenhaller Tbalbeckens schon um diese Zeit weist. Die Beweise 
für den Handelsverkehr liefern die Depotfunde von Rohmaterialien, die 
Handelswaarendepots und der Import von Zinn und der verschiedener ent- 
wickelterer und feinerer Watten, Geräthe nnd Schmucksachen, die ans dem 
Süden Uber den Brenner und durchs Oberinntbal kamen. Der schon in dieser 
Periode auftretende Bernsteinschmuek bezeugt anderseits Handelsverkehr 
nach Norden. Von Waarendepots wurden in Oberbayern bisher nur wenige 
sichere Spuren gefunden, so eine Anzahl (7 — 10) Kelte mit schmalen Rand- 
leisten und runder Schneide nebst einer Lanzenspitze oder Dolchklinge, die 
am TUrkengraben in München, *) zwei ähnliche unter sich gleiche Kelte, die 
in Unfriedshausen, *) B.-A, Landsberg, zu Tage kamen nnd andere dabei 
befindliche nicht weiter beachtete oder verschleppte Stücke vermuthen lassen.*) 
Die einheimische Produktion von Metallgerüthen beschrankte sich Anfangs 
auf die einfachsten und nöthigsten Gegenstände, Flachbeile, Dolchklingen, 
lange Kleidernadeln, Bronzedraht, der in Spiralen gewunden wurde; spater 
versuchte mau sich auch in Armringen und Scbmucknadeln, wie die rohen 
und plumpeu Arbeiten aus den Gräbern bei St. Andrä, B.-A. Weilbeim, 
in der Sammlung des historischen Vereins von Oberbayern u. A. beweisen. 
Die feineren Metallarbeiten blieben noch lange Zeit Importwaare. 

Die sociale Kultur der Steinzeitleute spricht sich nur in dem Zusammen- 
leben von Familien in gemeinsamen Wohnstätten (Pfahlbau im Würmsee, 
Inzkofen, Auhögl) aus; in der Bronzezeit lassen sieb schon sociale Standes 
gliedernngen wahrnehmen, die aus der Art des Begräbnisses hervorgehen. 
Die Gräber der Steinzeit sind, wie schon erwähnt, in Oberbayern noch nicht in 
genügender Zahl und Sicherheit aufgefunden, um aus ihnen Schlussfolgerungen 
in dieser Richtung zu ziehen. Dagegen sind Gräber der Bronzezeit aus den 
verschiedensten Gebieten Oberbayerns zum Theil schon seit langer Zeit bekanut. 
Den ältesten Verkehrswegen, den Flüssen entlang, lassen sich die Grab- 
stätten gruppenweise verfolgen. Aus dem Lechgebiet sind die bronze- 
zeitlichen Gräberfunde von Rederzhausen (Museum Augsburg), Kissing 
(prähistorisches Staatsmnseum), Todtenweis (Augsburg und München) be- 
kannt; aus dem Isargebiet die von Deisenhofen und Grünwald 
(National-Museum), aus dem Ampergebiet die von Pähl, Kerschlach, 
Rottenried, St. Andrä (sftmmtlich historischer Verein von Oberbayern); 
aus dem Inngebiet ist ein bronzezeitliches Urnenteld bei Allmannsberg, 

*) Je ein Stück in der k. prähistorischen St&atssainmluog und ira Nationalmuseum. 

*) Sammlung des historischen Vereins von Oberbayern. 

”) Auch an den muthmasalichon Oiossstätten von München (Stadt) und Pullach wurde 
anscheinend nouo Waare gefunden. Vgl. Monatsschrift des hist Ver. ▼. Oborbayern Heft 6 
von 1899. 



Haudi'l*- 

verkehr. 



Wanren 

nltMlcrlageu. 



Boclale 

Verhältnis««. 



Qräbor. 



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172 



F Weher 



Gera. Edling, B.-A. Wasserburg, bekannt, das einzige Oberbayerns, das sich 
den im L'nterinnthal bei Innsbrnck befindlichen den Funden nach (Sammlung 
des historischen Vereins in München) anreibt und dessbalb ethnologisch 
von besonderem Interesse ist; andere bronzezeitliche Gräberfunde stammen 
aus Brandstätt, Gern. Steppach, und aus Eislfing, beide B.-A. Wasser- 
burg (Sammlung des hist. Vereins von Oberbayern und k. Nationalmuseum); 
aus dem Inn- und Alzgebiet die reichen Hügelgräberfunde von Leonberg 
und bei Wald a/A., B.-A. Altötting (historische Vereins-Sammlungen in 
München und Landshut), Oberneukirchen (Sammlung Mühldorf); aus dem 
Saalach- und Sal zachgebiet endlich die Gräberfunde von Karlstein, 
Bayrisch-Gmain, Ramsdorf und Fridolfing (Traunstein und München); 
aus den Seegebieten sind zahlreiche Bronzefunde rings um den Chiemsee, 
aus dem Würmsee die von den Pfahlbauten im Wörth und aus dem süd- 
westlichsten Winkel Oberbayerns die Gräberfunde am Südende des Ammer- 
sees und am Staffel- und Riegsee bekannt. Da die Hügelgräber auch 
Ansiedlnngen in ihrer Nähe voranssetzen, sehen wir demnach schon in der 
Bronzezeit ganz Oberbayern von West bis Ost von solchen bedeckt und 
zwar in den ebenen Theilen sowohl als an den Vorbergen. 

Eine Besonderheit des Grabbaus gegenüber den späteren Perioden tritt 
dabei nach der Gesammtheit der vorhandenen Berichte nicht hervor; wir 
finden Steine verwendet, wo solche zur Hand sind, wie im Vorgebirgsgebiet; 
wo diess nicht der Fall ist, wird der Hügel aus dem vorhandenen Material 
aufgeworfen. Dagegen wird die Annahme gerechtfertigt sein, dass die bis 
in unsere Zeit herein meist erhalten gebliebenen, in den letzten drei De- 
zennien grösstentheils zerstörten Hügel nur dem social hervorragenden Theil 
der bronzezeitlichen Bevölkerung, nicht der Masse des Volkes errichtet wurden. 

Sp ,”'™mu“ u Der gewölbte Hügel, der in steinreichen Gebieten im Innern mit einem 
runden Steinkern, oft nur einem Steinkranz, versehen ist, sollte dem Todten 
eine bleibende Wohnung sein, ähnlich der gewohnten irdischen, daher die 
runde, gewölbte Form (an das Zelt erinnernd?), iu welche ihm Alles mit- 
gegeben wurde, was er im Leben bedurfte, Waffen, Geräthe, Schmuck, 
besonders auch Speise und Getränke in Gefässen, damit er nicht umher- 
zuschweifen gezwungen wäre oder auf dem laugen Reisewege in ein Jenseits 
nichts entbehre. Es liegt diesem schon entwickelten Grabkultus der Glaube 
an eine Fortexisteuz des Todten zu Grunde, der in seiner weiteren Ent- 
wicklung zum Afanenknlt und Gespensterglauben führte. Die Begräbniss- 
plätze sind als solche eigens ausgewählt, wahrscheinlich entfernt von den 
Wohnstätten aus Furcht vor dem Umherschweifen des Todten; sie blieben 
längere Zeit hindurch im Gebrauch, da sie sich den Beigaben nach Uber die 
ganze Bronzezeit nnd oft noch weiter erstrecken, was wieder ein Beweis für 
die Sesshaftigkeit der Bronzezeitleute ist. Auch auf die gleiche sociale Stell- 
ung von Mann und Frau darf insofern geschlossen werden, als die Ausstattung 
der Männer- und Frauengräber gleich sorgfältig und reich ist. Auffallend ist, 
dass innerhalb der Bronzezeit, also einer einheitlichen Bevölkerung, ein 
Wechsel in der Behandlung der Leiche eintritt, indem der ältern Bestattung 



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Beitiäge zur Vorgeschichte von Oberhayern. 



173 



die jüngere Verbrennung folgt, ein Wechsel, der in ganz Oberbayern, nicht 
bloss in einem beschränkten Gebiet davon, zu beobachten ist. Mit der Leiche 
sind auch die Beigaben dem Feuer ausgesetzt gewesen und daher in der 
jüngeren Bronzezeit meist mehr oder minder verdorben. Die Bestattungeu 
sind stets Einzelbestattungen, es scheint also ein Mitbegraben von Frauen, 

Dienern etc. wie es später und bei anderen Völkern üblich war, in der 
Bronzezeit nicht Sitte gewesen zu sein. 

Wenn wir die tiesammtheit der Ueberreste ans der Bronzekultur Ober- 
bayerns Überblicken, so lassen sich Unterschiede derselben gegenüber der * cbl ' u ' n - 
Bronzekultnr der Nachbarländer nicht nachweisen, vielmehr schliessen sich 
die oberbayerischen Funde aufs engste den in den Nachbaigebieten von 
Niederbayern, Schwaben, Nordtirol und Salzburg gemachten an. Leider ist 
bei den früheren Gräberfunden die Keramik nicht beachtet worden, bei der 
lokale und ethnographische Unterschiede zuerst auftreten. 

Auch äusserlich hervortretende Stammesunterschiede und Eigenschaften,, »i*«™«- 
besondere technische Fertigkeiten, Beschäftigungen, hervorstechende Neigungen 
sind bei der oberbayeriscben bronzezeitlichen Bevölkerung nicht zu erkennen. 

Unter den Funden kommt, wie überall, am häufigsten der Kelt in verschied- 
enen Entwicklungsstufen vor; von Waffen sind Dolche, Pfeilspitzen, Lanzen 
häufiger als Schwerter, deren aus ganz Oberbayern bisher nur etwa 30 be- 
kannt sind. Von Scbmucksacben fehlt die Badnadel ganz, dagegen sind lange 
Kleidernadeln und Armringe häufig. Auch das sogenannte Basirmesser der 
Bronzezeit kommt in einigen Exemplaren vor. Im Verlauf der mehrere Jahr- 
hunderte umfassenden Periode tritt augenscheinlich eine Vermehrung der 
Bevölkerung ein, da die Funde aus der jüngeren Bronzezeit wie die Gräber 
zahlreicher sind als die aus der älteren. 

Wie in den Nachbargebieten, folgt auch in Oberbayern auf die Bronze- 
zeit die unter dem Namen der Hallstattperiode bekannte Styl- und Kultur- 
epoche zugleich mit dem ersten Auftreten des Eisens. Auch sie ist nur durch 
Einzel- und Grabfunde bei uns vertreten, Wohnstättenfunde mangeln bisher 
gänzlich. Dagegen ziehen sich die Gräbergruppen dieser Perioden über ganz 
Oberbayern, vom liech im Westen bis zur Salzach im Osten, von den Höhen 
des rechten Donauufers, die das Donaumoos begrenzen, im Norden bis zu 
den Vorbeigen im Süden. Nur im gebirgigen Theile Oberbayerns sind mit 
Ausnahme des hintersten Grundes des Beichenballer Thalbeckens weder Hügel- 
nocb Flachgräber zu finden und mangeln hier bis jetzt die Spuren einer 
dauernden Besiedlung des gesammten Gebirgs bis in die römische Zeit herab. 

Ebenso haben die Donauniederungen (Moosgebiet) keine solche Spuren auf- 
zuweisen. Im mittleren Gebiete Oberbayerns aber gehören die meisten der 
Gräbergruppen dieser Periode an, namentlich die stets in der Ebene liegenden 
grossen Gräberfelder, die bis in das letzte Drittel des 19. Jahrhunderts oft 
an 200 Hügel betrugen, jetzt aber meist eingeackert und verschwunden 
sind. Flachgräber, wie sie in Hallstatt die Kegel bilden, sind bisher bei uns 
nicht zum Vorschein gekommen. Grössere Hügelgruppen befanden sich bei c.r»t*r. 
Friedberg, Kissing, im Heilachwald, B.-A. Friedberg, bei Pttrgen, im 



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174 



F. WeW. 



R*Tölk«?runif« 

Wechsel. 



Westerholz hei Haltenberg und bei Schwabstadel, B.-A. Landsherg, im 
Forst von Altomünster und in den Waldungen zwischen Sulzemoos and 
Fappacb, B.-A. Dachau, in den Waldubtheilungen Bögelschlag und 
Bruckerbolz bei Bruck und im Bruckeneichet bei Schöngeising, 
zwischen Esting und Geiselbnllach, B.-A. Bruck a/Amper, bei Ober- 
schleissheim , Allach, Pullach, B -A. München I, hei Stegen am Ammer- 
see, im Mühlhart zwischen Wildenrot und Mauern, bei Pöcking und 
Königswiesen, zwischen Machtlfing und Traubing und in den Wald- 
uugen nördlich von Grafrath, B.-A München II, am bayerischen Lechfeld 
bei Unterach und Sand, B.-A. Aichach, am Beinberg, B.-A. 
Schrobenhausen, im Forst von Ilmmünster, B.-A. Pfaffenhofen, bei Moos- 
burg, B.-A. Freising, bei Höresham, im Schützinger und Daxen- 
thaler Forst, B.-A. Altötting, zwischen Brandstatt und Breitmoos, 
B.-A. Wasserburg; in den Vorgebirgsgebieten zwischen Reichling und 
Ludenhauseu, B.-A. Schongau, bei Oderding, Wilzhofen, Wielen- 
bach, Mitterfischen, B.-A. Weilheim, bei Unterleiten und auf dem 
Heufeld zwischen Högling und Aibling, B.-A. Rosenheim, im Haid- 
forst and bei Wimmern, B.-A. Traunstein, sowie in kleineren Gruppen an 
vielen anderen Orten. Die Menge der Hügel setzt eine starke Bevölkerung 
voraus und lasst auf eine lange Dauer der Periode schliessen. 

Die Hauptfrage, die sich an den Beginn der neuen Stylperiode anknüpft, 
ist die nach der Ursache von deren Erscheinung, die in einem friedlichen, durch 
Handel und Erfindungen blühenden Zeitalter, oder in kriegerischen, einen 
Bevölkerungswechsel mit sich bringenden Verhältnissen beruhen kann. Es 
lassen sich sowohl für die eine wie für die andere Annahme Wahrschein- 
lichkeitsgründe anführeu, die gewichtigeren scheinen aber doch für einen 
Bevölkerungswechsel zu sprechen. Das Auftreten des Eisens wäre au sich 
kein Grund hiefür, da es sehr wohl auf friedlichem Wege eingeführt oder 
durch eigene Entdeckung bekannt geworden sein könnte, zumal es im Lande 
selbst vorkommt und schon in alter Zeit bekannte Eisenbergwerke im öst- 
lichen Nacbbargebiet sich befanden. Dagegen scheint vor Allem für das Auf- 
treten eines anderen Volkes zu sprechen, dass die Waffen der Hallstattgräber 
durchweg grosse starkgebaute Menschen voraussetzen. Die Länge der wuch- 
tigen Eisenscbwerter bewegt sich zwischen 70 bis 90 cm, die Griffe setzen 
grosse und breite Hände voraus; ähnlich wachsen Dolch, Lanzenspitzen, 
Messer und Kelte an Länge und Wucht. Auch der Schmuck dieser Periode 
verlangt vollere und breitere Körperformen, wie schon der Anblick der grossen 
Doppelspiralnadeln, der Fibeln mit Anhängseln, der grossen Arm- und Fass- 
ringe ergibt. Somatisches Untersucbungsmaterial ist auch aus dieser Zeit 
noch nicht in genügendem Grade vorhanden. 

Ein zweiter gewichtiger Grund ist das Auftreten vieler neuer Formen, 
die nicht aus denen des Bronzestyls sich entwickelt haben können, sowie das 
Verschwinden anderer, wie z. B. der langen Kleidernadeln, der Bronzedolcbe 
und Rasirmesser u. A. Zu eigenartigen neuen Formen gehören vor Allem 
die in der Bronzezeit bei uns nicht bekannte Fibel, die Fussringe von ovaler 



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Beitrüge zur Vorgeschichte von Oberbayern. 



175 



anfgebogener Form, die breiten Gürtel und Armbänder ans dünnem Brooze- 
blech, die grossen Eisenmesser mit breiten geschweiften Klingen, die langen, 
spitzen und schmalen Wurilanzen von Eisen u. A. ; Erscheinungen, die auf 
andere Tracht und Sitten wie auf eine fremdartige Geschmacksrichtung und 
andere Technik hinweisen. Oie seltsam stylisirten Fibeln mit Vogelgestalien 
und mit klirrenden Anhängseln und Klapperblechen, die Gürtel mit herab- 
hängenden Ringen, die Armreifwulsten, das Auftreten von grotesk stylisirten 
Thier- und Menschengestalten, dies Alles klingt an barbarische Formen an, 
die zu den weit edleren und strengeren der guten Bronzezeit in nationalem 
Gegensätze stehen. Auch in den Gefässeu, den gerippten Cisten und grossen 
Kesseln von Bronze, besonders aber in den oft ungeheuerlichen keramischen 
Geschirren, in der buntgrellen Bemalung derselben mit Hausrot, Weiss und 
Graphit, die in der Bronzezeit ganz unbekannt ist, und die sich nun durch 
ganz Oberbayern hinziebt, tritt ein neues und fremdes Element zu Tage. 

Ein weiterer besonders wichtiger Gruud für die Annahme eines Bevöl- 
kerungswechsels ist die geänderte Importrichluug. Das üinterlaud der ober- 
bayerischen Hallstattleute ist nicht mehr wie das der Bronzeleute der Süden, 
sondern der Osten und Südosten, die Donauländer und östlichen Mittelmeer- 
gebiete, wohin die neuen Formell und Typeu sowie die Geschmacksrichtung 
und Fundkette weisen, während die Hallstattfuude nach Süden zu spärlich 
werden und jenseits der Alpen lokal veränderte Gestalt annehmen. 

Endlich treten auch im Grabkultus neue Sitten auf. Zwar wird nicht 
der wiederholte Wechsel in der Behandlung der Leiche, in älterer Zeit die 
Bestattung, in jüngerer die Verbrennung, einen Bevülkeruugsweclisel noth- 
wendiger Weise voraussetzen, da eine solche Aenderung ebenso bei der gewiss 
einheitlichen Bevölkerung der Bronzezeit vorkommt und auf einem Wechsel 
religiöser Anschauung beruhen kann; wohl aber wird diese Annahme noth- 
wendig sein bei dem Auftreten gewisser Barbarismen, die, allerdings noch nicht 
zweifellos, in hallstattzeitlicben Gräbern beobachtet wurden und in Zerstückelung 
der Leiche, theilweisem Verbrennen und Bestatten, Abtrennen des Schädels u. A. 
bestehen, Vorgänge, die auf alte, mitgebrachte Sitten schliessen lassen. 

Diesen Gründen, welche für Eindringen eines fremden Volkes sprechen, 
stehen allerdings andere gegenüber, welche eine Geschmacks- und Styländerung 
auch ohne diese Voraussetzung möglich erscheinen lassen. Vor Allem gehört 
hieber die Thatsache, dass manche hallstattzeitliche Typen solchen der Bronze- 
zeit nachgebildet oder ans diesen entwickelt sind, wie die Klingen der Bronze- 
und Eisenschwerter, die Schaftlappenkelte, Lanzenspitzen mit breitem Blatt u. A. 
Ferner der Umstand, dass die neuen Stylformen nicht unvermittelt 
und ausschliessend, sondern allmählich einsetzen und dass in den älteren 
Gräbern der Hallstattzeit vielfach noch die Formen der Bronzezeit wie das 
Metall selbst vorherrschen. Auch die Furtbenützung der Begräbnissplätze, bei 
denen sich bronze- und hallstattzeitliche Gräber bisweilen berühren, sowie der 
theilweise gleichartige Todtenknltus, Aufwerfen von Hügeln, Mitgabe von 
Waffen, Schmuck, Speise und Trank, könnten als Beweis der Kontinuität der 
Bevölkerung augeführt werden. Vielleicht lassen sich aber manche dieser 



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176 



F. Weber. 



Trajjür t1t*r 
IIulKtaUkulUir. 



Knltur- 

Ef«oiieimitiR«*ii 



Erscheinungen damit erklären, dass die bisherige Bevölkerung nicht vollständig 
und mit einem Schlage beseitigt, sondern wie diess bei jeder Eroberung der 
Fall sein wird, dienstbar gemacht, im Uebrigen aber bei ihren Sitten belassen 
wnrde ; vielleicht auch mit einem friedlichen Zuzug neuer, verbündeter Stämme, 
die dann gemeinsam mit den bisherigen das Land bewohnten. 

Auch die österreichischen Forscher nehmen für ihr mit unserem durch 
gleichartige Kulturerscheinungen eng verwandtes Gebiet einen Volkswechsel 
mit Beginn der Hallstattzeit an. So sagt Szombathy: 

„Zu Anfang des Jahrtausends vor Christi wurden die in Ostgriechenland 
wie am Süd- und Nordrand der Alpen sesshaften, mit entwickelter Bronze- 
kultur ausgestatteten Völker nicht plötzlich, aber doch in ziemlich raschem 
Cebergang abgelöst durch ein Volk, welches sich durch die Eisenschmiede- 
kunst sowie durch einen entwickelten geometrischen Ornamentstyl, endlich 
durch den Gebrauch der Fibel unterschied. Woher dieses gekommen, ist 
nicht zu bestimmen, jedenfalls nicht aus Norden und Ungarn, weil dort der 
Bronzestyl länger dauerte.“ 

Und Hörnes nimmt als Träger der Hallstattkultur die am Gestade des 
adriatiscben Meeres sesshaften, illyrischen Veneter an, welche von Osten her tief 
in die Alpen eingedrungen sein und ihre Kultur in deren Vorgebiete getragen 
haben sollen. 

In neuester Zeit werden solche illyrische Stämme auch als Bewohner der 
nachmals von gallischen Kelten besiedelten Vorberge und Alpen in der Hall- 
stattzeit angenommen. Ein sprachlicher Ueberrest jenes Volkes soll sich in 
der Wurzel des später latinisirten Partanum erhalten haben. Auch der Fluss - 
name Licus wurde schon als illyrischer Herkunft erklärt.') 

Hie sonstigen Spuren eigenartiger Kultur der Hallstattperiode in Ober- 
bayern sind sehr spärliche. Wir wissen nichts von der staatlichen Gliederung 
der Bevölkerung dieser Zeit, von ihrem Götterglanben, ihrem Kultus, der 
Anlage und Einrichtung ihrer Wohnstätten, den Einzelheiten ihrer Beschäf- 
tigung und Lebensweise. Dass in der Hallstattzeit wie in der Bronzezeit 
Ackerbau getrieben wurde, ist sicher anznnehmen, jedoch sind Spuren hievon 
wahrscheinlich nicht mehr vorhanden. Ein nicht unbedeutender Handel geht 
aus dem Vorkommen von Bernsteinschmuck, blauen Glasperlen und Goldschmuck 
hervor. Auch ist der Import fertiger Bronzewaaren und wenigstens in der 
Frühzeit der der neu aultretenden Eisenwaffen aus Osten und Sttdosten un- 
zweifelhaft, wenn auch später Eisen im Inland verarbeitet wurde. Der ein- 
zige, in die ältere Hallstattzeit gehörige Depotfund fertiger Waare wurde in 
Oberbayern bei Steinrab zwischen Niederseeon und Truchtlaching gemacht, 
wobei eine Anzahl schwerer, massiver Bronzeringe mit Kerbungen angeblich 
in Verbindung mit einer langen Kleidernadel vorkameu (Sammlungen der histo- 
rischen Vereine von Oberbayern und Schwaben). Neu sind die Funde von Pferde- 

') Stolz, dio Urbevölkerung Tirols. Innsbruck lb&2. Abschnitt VII: dio Illyrier. Der Ver- 
fasser führt auch den Venetberg zwischen Imst und Landcck und den latioisirten Namou dee 
Bodenseee, lerne Venetua, sowie mit Pauli den des Venediger auf einen möglichen Zusammen- 
hang mit den Lllyrischen Venetern zurück. 



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Heitrflgo zur Vorgeschichte von Oberbayern. 



177 



geschirr und von zwei- und vierräderigen Wagen in Gräbern, wie z. B. in 
Pullach, Bruck a. d. Alz, Uffing, Aschering u. A. Die Keramik stand auf 
hoher Stufe, die Drehscheibe ist jedoch noch nicht in Gebrauch. 

In dem Grabkultus ist die Verschiedenheit der Leichenbebandlung in der 
älteren und jüngeren Zeit bereits erwähnt. Die Zunahme der Hügel in 
letzterer deutet auf eine Vermehrung der Bevölkerung; dagegen nehmen in 
dieser Zeit die Beigaben an Werth und Zahl ab. Während in der älteren 
Hallstattzeit Waffen wie Schmuck reichlich Vorkommen und auf ein krieger- 
isches und besitzreiches Volk sowie auf eine Blüthezeit der Periode hin- 
weisen, enthalten die jüngeren Hügel fast nur mehr Thongefässe, diese aller- 
dings oft in grosser Zahl, und keine Waffen. Mag davon ein ZurUckgeben 
der Kultur überhaupt, ein Verarmen des Volkes Ursache seiu oder sind in 
einer langen Friedenszeit die anfänglich kriegerischen Eigenschaften des Volkes 
eingeschläfert oder verdrängt worden, diese Frage ist nicht zu entscheiden ; viel- 
leicht gehören letztere Gräber schon der von den keltischen Eroberern unter- 
worfenen einheimischen Bevölkerung an. Jedenfalls ist aus der Menge und der 
Grösse der Gräbergruppen dieser Zeit auf eine lange DauerderPeriodezuscbliessen. 

Der Hügelbau ist anfänglich an sich derselbe wie in der Bronzezeit, mit und 
ohne Steinkern, später verschwinden die Steiubauten mit der wachsenden Masse 
der Gräber. Im Allgemeinen tritt die Hallstattkultur in Oberbayern in den 
gleichen Erscheinungen und Typen auf wie in den Nachbargebieten , wenn 
auch nicht annähernd so reich wie in den südöstlichen Alpenländern. Dabei 
ist nicht ausgeschlossen, dass sich namentlich bei den inländischen Fabrikaten, 
insbesondere der Keramik, lokale Besonderheiten etgeben. 

Der Hallstattkultur war es bei uns anscheinend vergönnt, sich wirklich ÜrtESS’ 
auszuleben ; sie scheint nach den Befunden der oberbayerischen Hügelgräber 
dieser Zeit am Schlüsse erschöpft. Es war daher für eine neue Kultur um 
so leichter, die Herrschaft zu gewinnen. Schon in den Grabhügeln der jüngeren 
Hallstattzeit treten mitunter vereinzelt Schmucksachen einer von dem Hallstatt- 
styl gänzlich verschiedenen Richtung auf, die durch Handels- und Tausch- 
verkehr unter die Hallstattbevölkerung gekommen zu sein scheinen. Hieher 
gehören die Grabfunde von Menz ing, Erding (National Museum), Alzgern , 
die Fibeln von Parten kirchen (?). Pöcking (Historischer Verein von Ober- 
bayern), Ringe von Stätzling (Museum Augsburg) u. A. Diese Funde wären 
noch nicht entscheidend für die Annahme einer wirklichen La Tene-Kultur 
in Oberbayern. Die volle Herrschaft des La Töne-Styls aber beweisen einige 
Hügelgräber bei Hohenpercha und Massenhausen int Bezirksamt Freisiug, 
in denen neben Leichenbrand Thongefässe sich befunden habeu sollen, in welchen 
die Eisenwaffen, Sehwertund Lanze, zusammengebogen und unbrauchbar gemacht, 
enthalten waren, 1 ) eine Sitte, wie sie in der Hallstaltzeit nie üblich war. Sodann 
wurdeu aus der gleichen Periode Flachgräber in Art der Reihengräber mit 
Leichenbestattung und ausschliesslichem La Töne-Iuventar aufgefunden, deren 
reiche Beigaben die volle Blütbe dieses Styls in Oberbayern, wie sie auch 



*) Sammlung dos historischen Vereins von Oborbayern. 



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178 



F Woher. 



in den westlichen Gebieten der Schweiz auftritt, beweisen. Das erste dieser 
FlachbegräbnissB wurde beim Bau der Eisenbahnlinie Augsburg — Ingolstadt 
iu der Nabe von Schrobenhausen aufgedeckt, ohne dass weitere Nachforsch- 
ungen stattgefunden hatten. Aus diesem Begrabniss kam ein Schwert mit 
Scheideresten, ein Schildbuckel und eine Fibel, alles von Eisen, in das Museum 
des historischen Vereins iu Augsburg. Sodann wurde Anfangs der neunziger 
Jahre ein solcher Begräbnissplatz bei Manching, B.-A. Ingolstadt, in der 
Nahe, aber ausserhalb der bekannten Umwallung daselbst aufgeiunden und 
zum Theil systematisch ausgegraben. Aus diesem kam der Inhalt von zehn 
bis elf Gräbern iu das prähistorische Staatsmuseum. Die Beigaben bestanden 
bei den Männern in Schwertern mit Scheide, Lanzenspitzen, Schildbuckeln, 
Fibeln von Eisen, bei den Frauen in Armreiten von blauem Glas mit gelbem 
Schmelz, Bronzeketten, Fibeln und Armreifen von Bronze, Halsgehängen von 
kleinen blauen Glasperlen mit Bernstein untermischt. Besonders wichtig sind 
die in einigen Gräbern gefundenen urnenartigen Thongefässe von hartem Brand 
und auf der Drehscheibe gefertigt mit einer neuen einfachen Verzierungsweise, 
die Vorläufer späterer provinzial-römischer Formen. In diese Periode gehört 
auch ein Skelett-Frauengrab (wahrscheinlich Flachgrab), das 1889 bei Trann- 
stein aufgedeckt wurde und ausser Bronze- und Eisen-Beigaben ebenfalls ein 
bartgebranntes, auf der Drehscheibe gefertigtes, uu verziertes Thongefäss enthielt.') 

Neuerlich sind bisher nicht beachtete Spuren von Flachgräbern der La 
Töne-Zeit unter darüber angelegten germanischen Reihengräbern aufgetaucht. 
Aus einem in der Sammlung des historischen Vereins von Oberbayern erhalten 
gebliebenen Bericht mit Abbildungen des verdienstvollen Wiesendvom Mai 1852 
Uber damals auf dem sogenannten Beinfeld von Fridolfing, dem ersten 
bekannt gewordenen bajuwarischen Reihenfriedbof, gemachte Funde geht 
unzweifelhaft hervor, dass man auf La Töne- Flachgräber stiess, die wahr- 
scheinlich nuter oder zwischen den Reiheugräbern lagen und deren Inhalt 
mit den Funden aus diesen vermischt wurde. Es fanden sich nämlich bei 
einem männlichen Skelett eine zusammengebogene Lanzenspitze und eiu Arm- 
ring, bei einem zweiten ein Lanzeufuss and Schaltring von Eisen, zu den 
Füssen eines anderen ein Tbougefäss von entschiedenem La Töue-Charakter, 
daneben Bronzestücke des Völkerwanderungs-Typus. Die Funde selbst gingen 
damals in den Besitz Wiesends über, der eine reichhaltige Sammlung besass, 
sind aber zur Zeit mit dieser verschollen. 1 ) 

Ferner fand Dr. P. Reinecke unter den nach Betlin verkauften 
Reichenhaller Reihengräberlunden „viel La Töne-Malerial (Knotenringe, 
Theile Von GUrtelketten mit Behang, La Töne-Gefässreste u. A.)“, worüber 
er sich folgendermassen äussert: „Bei Anlage dieser Necropole (nämlich des 
bajuwarischen Friedhofs) war sicherlich ein La Töne Gräberfeld zerstört worden, 
was der Herausgeber dieser (der Reihengräber-) Funde nicht erkannt hat." 5 ) 

') Museum in Traunstein. 

*) Leider gelang es bisher nicht, über den Verbleib dieser wissenschaftlich werthrollen 
Sammlung Aufschluss zu erhalten. 

*) Studien über Denkmäler des frühen Mittelalters von Paul Reinecke in den Mit- 
tbeüangen der anthropologischen Gesellschaft Wien, H 2Ö, S. 41, Anm. 2. 



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Beiträge zur Vorgeschichte von Oberbayern. 



179 



Wir linden also den bei Ausgrabuug des Allacber Reibengrabfeldes 
beobachteten Voigang, dass dasselbe auf einer Nerropole der Hallstattzeit 
angelegt wurde, bei den bajuwariscben Reibeufriedhöfeu von Fridolfing 
und Reiehenhall mit La Tene-Necropoleti wiederholt, ein Zug, der durch 
die ganze vorgeschichtliche Zeit zu gehen scheint, da auch Hallstattgrabhitgel 
in den Necropolen der Bronzezeit Vorkommen und die Grabhügel der ersteren 
Periode wieder zu Nacbbestattungen in der La Tene-Zeit verwendet wurden. 
Mau benützte, wo immer thuulirb, den früheren Leichenplatz für die späteren 
Begräbnisse, woraus sich manche unerklärliche Mischung von Funden aus 
verschiedenen Perioden aufklärt. 

Endlich kommen aus der letzten, an die römische Periode sich anschliessende 
Epoche der La Tönezeit eine Reihe Hügelgräber mit Leichenbestattung vor, 
die ausschliesslich Inventar dieser späteren Zeit enthalten. Solche Begräb- 
nisse wurden bei Traubing, B.-A. München II, bei Oberacb und Au, 
B.-A. Aichach, aufgedeckt, deren Inhalt sich in der Sammlung des historischen 
Vereins von Oberbayern und der prähistorischen Staats-Sammlung befindet. 
Sie enthielten nur kleine Eisenwaffen, Messer und Pfeilspitzen, die man nur 
als Jagd- nicht als Kriegswaffen erachten kann, Nadeln von Eisen, gering- 
fügigen Bronzescbmuck, und ärmliche, meist uuverzierte Keramik, darunter 
in Oberach ein hartgebranntes, dünnwandiges Gefäss, das auf der Diehscbeihe 
hergeslellt ist ln einem zur Hügelgruppe von Au gehörigen Grabe war 
reiches, römisches Inventar mit einer Münze von Vespasian. 

Aus allen diesen Gräberfunden gebt unzweifelhaft hervor, dass sich auch 
in Oberbayern wie in den Nachbargebieten zwischen die Hallstatt- und 
provinzial-römische Periode eine solche der La Tbne-Zeit einschiebt. Ein 
weiterer Beweis hiefür fand sich bei Ausgrabung eines römischen Gebäudes 
bei Karlstein, B.-A. Berchtesgaden, unter dessen Schutte eine kleine 
keltische Silbermünze zum Vorschein kam (Museum in Reichenhall). 

Dass mit dem Auftreten der La Töne Kultur in Oberbayern ein Be- 
völkerungswechsel stattfand, kann wohl keinem Zweifel unterliegen. Die 
Brandhügel der letzten Hallstattzeit, die fast uur mehr Thongefässe dieser 
Periode enthalten, und die Hügel- und Flachgräber mit La Tene-Kultur, in denen 
ein von Waffen strotzender, kriegerischer Stamm bestattet liegt, können un- 
möglich einem und demselben Volk angeboren. Wenn bei dem vereinzelten Auf- 
treten von Früh La Töne Typen an ein zufälliges Eindringen fremder Kultur- 
erzeugnisse gedacht werden kann, so nicht mehr bei diesen Gräbern mit aus- 
schliesslichem Inventar der Mittel und Spät-La Töne. Hier müssen Angehörige 
eines anderen Volks ruhen, das sich nach seinem Waffenreichthum in derBlttlhe- 
zeit dieser Kultur als das herrschende zeigt. Nicht weniger überzeugend 
spricht für einen solchen Wechsel der völlig verschiedene Styl der Grab- 
ansstattung, der sich nicht aus dem Hallstattstyl entwickelt haben kann, sondern 
eine originale Geschmacksrichtung zeigt. Nicht das Zurücktreten der Bronze 
gegenüber dem Eisen ist das unterscheidende Merkmal, sondern das ganz 
verschiedene Prinzip in der Formgebung und im Ornament, dessen Motive 
gegenüber den geometrischen der Hallstatlzeit malerische, aus der Thier- 



Bovolkernnir«- 

wecbsel. 



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180 



F. Woher. 



Tr»Ker der 
Iji Tfiie-Kullur 
In Oberb« jrern. 



und Pflanzenwelt entnommene sind. An Stelle der auffallenden Ausstattung 
mit Zierrath und Schmuck in der Hallstattzeit tritt ein schon durch 
das verwendete Metall (Eisen) gebotenes eintacheres und strengeres Aus* 
sehen der Träger der La Töne-Erzeugnisse, das bei den Frauen durch die 
blauen Glasringe und Perlen gemildert erscheint; es spricht sich ein mehr 
kriegerischer Habitus in der Tracht und Ercheinung dieses Volkes aus. 
Dabei ist der Wechsel der Bewaffnung zu beachten: Dolche, Messer und 
Kelte verschwinden fast ganz, Pfeile werden seltener. Auch die Geftisse 
werden einfach, ohne Bemalung uud prunkvolle Verzierung, aber besser gebrannt. 

Mit mehr Sicherheit als bei der vorhergehenden Kultur lilsst sich die 
Frage, wer die Träger der La Töne-Kultur in Oberbayern waren, beant- 
worten. Wir haben in ihnen mit grösster Wahrscheinlichkeit jene Stämme 
anzunehmen, welche sich bei der im sechsten Jahrhundert v. Chr. beginnenden 
Wanderung der Kelten aus dem westlichen Europa nach Osten von 
dem Wanderzuge absplitterten und in unserem Gebiete niederliessen , die 
nach römischer Ueberlieferung den Nameu der Vindeliker und Noriker führten 
und der von ihnen eingenommenen Landschaft, wozu auch das ganze heutige 
Oberbayern gehörte, den Namen gaben. Diese von den römisch-griechischen 
Schriftstellern als Kelten bezeichneten Stämme waren nach deren Schilderung 
kriegerisch, gross von Körperbau, blond und blauäugig wie die Germanen. 
Damit stimmeu die Funde aus den Flachgräbern Uberein, indem sowohl die 
Skelette selbst als auch die Grössenverhältnisse der Waffen und des Schmuckes 
auf einen hochgewachsenen, breilgliedrigen Menschenschlag weisen. 

Dr. P. Reinecke, der die Skelettreste aus den Manchinger Gräbern 
bearbeitete, ist ebenfalls der Ansicht, dass diese den keltischen Vindelikern 
angehörten. ') Auch die österreichischen Forscher nehmen für ihre südöst- 
lichen Alpengebiete einen solchen Volkswechsel in der La Töuezeit an. 
Szombathy sagt : „Es tritt während der Mittel La Töne-Periode ein Wandel 
ein und wir treffen Mittel- und Spät-La Tene in Flachgräbern mit Leichen- 
brand und mit ganz spezifischem Eiseninventar. Diese Veränderung scheint 
nur durch einen einschneidenden geschichtlichen Akt, wahrscheinlich die Besitz 
ergreifung des Landes durch die Kelten, erklärt werden zu können." 

Diese aus dem Westen kommenden Eroberer hatten in ihren Stamm- 
lündern schon einen ausgeprägten nationalen Styl, den sie in die neuen Wohn 
sitze mitbrachten und dort einführten. Man hat aus dem Mangel au Hegräb- 
nissplätzen der älteren La Tenezeit, sowie aus der gegenüber der Menge der 
Hallstattgräber geringen Anzahl der Mittel- und Spät-La Tönegräber den 
Schluss gezogen, dass eine La Tene- Periode in Oberbayern überhaupt nicht 
geherrscht habe. Allein die geringere Zahl solcher Funde hat theils äussere 
Ursachen, weil die Flacbgrttber nicht wie die Hügelgräber in die Augen 
fallen und ihre Entdeckung nur vom Zufall abhängt, theils innere, weil Eisen 
nicht so widerstandsfähig ist wie Bronze, und Eisenfuude wie Thongefässe 
früher keine Beachtung fanden. Es ist übrigens auch die Möglichkeit 



') Boitnigo zur Authropologie und Urgeschichte Bayern* Bd. XII 8. 27 IT. 



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Beiträge zur Vorgeschichte von Oberbayero. 



181 



gegeben, dass die in Vindeiicien and Norikum sich niederlassenden Eroberer 
an sich nicht sehr zahlreich und Uber das den unkriegerischen Resten der 
Hallstaubevölkerung abgenommene Land weit zerstreut waren , wie etwa 
später germanische Stämme in dem nnterjochten Italien. Es können also 
viele Grabhügel der späten Hallstattzeit, in denen sich nur Thongefässe, diese 
aber in Form und Verzierung dem bisherigen Typus angehörig, wenig Eisen 
als Schmuck und fast keine Waffen vorfindeu, wie die von Dnterleiten, 
Scbleissheim, Moosburg, Kissing, Heilachwald n. A. noch in die La Tenezeit 
hineinreichen und der unterjochten Hallstattbevölkerung, die nicht gleich ganz 
verschwand, angeboren. 

Deu Gräberfunden schliesst sich eine Reihe anderer Beweise dafUr 
an, dass lange vor der Römerherrscbaft, aber an diese anschliessend, 
eine gallisch keltische Bevölkerung im heutigen Oberbayern sesshaft war. 

Hielier gehören vor Allem die Funde keltischer Gold- und Silber- 
münzen, sowohl der sogenannten Regenbogeuschüsselchen , als der Nachahm- 
ungen makedonischer Gepräge in Gold und Silber, wovon Oberbayern allein 
ein Drittel aller rechtsrheinischen bayerischen Fundorte aufweist, darunter 
die grossen Schatzfunde von Gagers und Irsching mit ungefähr 1400 und 
1000 Stück. Eine so intensive Verbreitung dieser La Tenezeitlichen Münzen 
ist nur denkbar, wenn Kelten längere Zeit hindurch Herren des Landes 
waren. Ferner sind aus Oberbayern eine Reibe Fluss , Berg- und Ortsnamen "“JjJ 1 ”*' 
bekannt, deren Ursprung und Wurzel etymologisch auf keltische Sprache orun*m«n. 
znrückgeführt wird und die schon die Römer vorfanden und romanisirten ; 
eiuige solcher in den Karten und Schriften der Alten überlieferter Ortsnamen 
sind mit den Orten selbst verschwunden, andere haben sieb bis heute erhalten. 

Zwar schwindet die Zahl der früher als keltisch erachteten geographischen Namen 
vor der neuen etymologischen Forschung mehr und mehr zusammen, immer- 
hin aber scheint ein kleiner, unvei drängbarer Rest übrig zu bleiben, der zum 
Teil auch in anderen gallisch-keltischen Gebieten wiederkehrt. ') 

Sodann haben sich auf in Oberbayern gefundenen römischen Altar- und ton Ui| 
Votivsteinen Namen einiger Gottheiten der Eingesessenen erhalten, die theil- 
weise auch in underen keltischen Ländern Vorkommen. Es sind dtess die 
Götternamen Arubianus, Grannus, ßedaius und Alounae, die als Jupiter 
Arubianus, Apollo Grannus, Bedaius Augustus oder Sanctus und deae Alounae 
in den römischen Olymp aufgenommen erscheinen. Ebenso finden sich auf Kisennsmen 
Monumenten und Töpfergeschirren unseres Gebietes Eigennamen von Ver- 
storbenen und Töpfern, die ebenfalls der keltischen Sprache angeboren. 

Ein fernerer Beweis für die unmittelbare Berührung der gallisch-keltischen 
und römischen Kultur auf unserem Boden liegt in der Aufnahme vieler Typen rhmuctien zeit, 
und Formen des La Tenekreises in die römische Provinzialkultur, wie sie in 
Vindeiicien und Norikum aultritt, und ein weiterer gewichtiger in dem Zu- 
sammenfallen der nördlichen Grenzen der norischen und vindelicischen Pro- 
vinz mit der Verbreitnngsgrenze der keltischen Münzen und der Hochäcker, 



') Siehe Seite 101. 



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182 



F. Wob«r. 



Kultur* 

iu*t*ii<le 



l'ollltwhe und 
MO«'inlr< Ver- 
haltnl*sc. 



Wuhiwrt. 



Religion. 



Handel 



Ilamlwerk. 



wonach diese Urenze als alte keltisclie Volksgrenze gegen die Germanen er- 
scheint, an die sich die Römer hei Unterwerfung dieser Stamme gehalten 
haben. Auch Cohausen nimmt vom militär-technischen Standpunkte aus au, 
„dass die Linienführung des Pfahlgrabens und der Teufelsmauer älteren Grenzen 
von Gemeinden und Volksstämmen gefolgt sei.“ 1 ) 

Es wird also das Vorhandensein einer I<a Tene- Periode in Oberbayern, 
deren Träger Vindeliker und Noriker waren, kaum ernstlich bezweifelt werdeu 
können. 

Zum ersten Male lüftet sich auch der Schleier, der bisher über den 
Kulturvei bältnissen der vorrömischen Perioden lag, ein wenig, und wir können 
uns ein etwas deutlicheres Bild von den Zuständen Oberbayerns in der La 
Töne-Zeit machen als von denen der früheren Perioden. 

Die Vindeliker zerfielen in vier Unterstämme, deren Namen das Tropaeum 
Alpium überliefert, von denen wir aber nur die Likater als die Anwohner 
der beiden Lechufer kennen ; die Wohnsitze der übrigen Stämme sind un- 
bekannt. Diese Stämme standen unter Häuptlingen, Fürsten ; die Noriker, 
die vom Inn östlich wohnten, batten einen König. Wir finden also eine 
sociale und staatliche Gliederung in Fürsten, Edle und Volk, auch, wie es 
scheint, einen Kriegerstand, der in den Flachgräbern iu seinem Waffenschmuck 
auftritt, und einen Bauern- ' oder Hörigenstand, der die Hochäcker gemein- 
schaftlich für das Dorf oder für den Grossgrundbesitzer bebaut, da ein der- 
artiger Ackerbau bei parcellirtem Besitz ausgeschlossen erscheint; ferner 
Bergwerk- und Salz- Arbeiter, die sich unter den Schlitz der deae Alounae 
stellen, wahrscheinlich auch professionelle Töpfer und Schmiede 

Das Volk wohnt in offenen Dörfern und Städten, wahrscheinlich in runden 
Hülteu, die mit Stroh gedeckt werden, und haut eigentliche Befestigungen, 
kastellartige Erdwerke, als Zufluchtsstätten und Vertheidiguugsplätze hei 
Feindesgefabr, von denen sieb iu Oberbayetu einige erhalteu haben. 

Von dem Kultus des Volks kennen wir zwar nur einige Götteruamen in 
römischer Interpretation, die aber schon aut eine weitgehende Ausscheidung 
personiticirter Naturkräfte schliesseu lassen. 

Die Fortschritte des Handels gelten aus zahlreichen Importstückeu, die 
jetzt aus Westen und Südwesten kommen, wie aus dem Gebrauch eigener 
Münzen hervor, der Handel ist aus dem Stadium des Tausch Verkehrs getreten. 
Zu den Importstückeu gehören sicher die Eisenfibeln, Glasringe und Perlen, 
wahrscheinlich auch die Schwerter und Lanzen, von denen sich ganz gleiche 
Foimen in der Westscbweiz und in Frankreich finden. Ebenso sind die Roh- 
eisenbarreu hieher zu rechnen, von welchen in Oberbayeru Funde bei An- 
wal d i n g (Museum Fridberg) und Roggenstein (verschollen) gemacht wurden. 1 ) 

Die Fortschritte im Handwerk gehen vor Allem in der Keramik aus 
dem Gebrauche der Töpferscheibe, sowie dem harten Brande und der Festigkeit 

*) ▼. Cohausen, Befestigungsweson der Vorzeit uod des Mittelalters 8. 103. 

*) Solche Eisauharren wurden in der Weetschweiz mehrfach mit charakteristischen La 
Töne -Erzeugnissen zusammen uod in Bayern an mehreren Orten Schwaheua gefunden, scheinen 
also von Vesten her importirt worden zu sein. 



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Beiträge rur Vorgeschichte von Oberbayero. 



183 



der Gefässe gegenüber den hallstattzeitlicben bervor (Gefässe von Manching, 

Oberacb, Traunstein). Auch das Eisen scheint später im Lande selbst ver- 
arbeitet worden zu sein, wie die obenerwähnten Funde von Eisenbarron als 
eingeführtes Rohmaterial vermuthen lassen. Funde von Handwerkszeug aller 
Art, wie sie in der Schweiz gemacht wurden, fehlen bisher in Oberbayern. 

Die allgemeinen Kulturfortschritte in der Lebensführung überhaupt könnten 
nur durch Wohnstättenfunde, die bisher noch gänzlich mangeln, festgestellt 
werden. Während in der Bronze- und Hallstattzeit schon verschiedene Ge- 
räthe zur Körperpflege, Rasirmesser, Ohrlötfelchen, Nagelreiniger, Zängchen, 
dann Nähnadeln von Bein und Bronze, Kessel, Eimer und Schalen von Bronze 
Vorkommen, sind solche Gegenstände aus der La Teue-Periode auf unserem 
Boden bisher nicht gefunden, so wenig, wie wir die aus römischer Zeit be- 
kannten Verfeinerungsmittel des Haushalts, wie Lampen, Schlüssel, Glocken, 

Spiegel, Gabeln, Löffel, Flechtnadeln, Waage und Gewicht, Badestriegel, Kämme, 
Schreibgriffel und dergleichen bei uns schon in der La Tönezeit antreffen Ent- 
weder war man unmittelbar vor der römischen Zeit noch nicht auf dieser 
Kulturböhe, oder der Boden gab bisher die Beweise biefür nicht heraus. 

Im Grabkultus stossen wir auf mannigfache Verschiedenheiten und wieder- «™i,k"itu«. 
holten Wechsel innerhalb dieser Periode. In der älteren Zeit findet sich 
Leicbcnbrand, in der mittleren und jüngeren Bestattung. Scheinbar aus 
gleicher Zeit kommen Hügelgräber mit Leichenbrand und unbrauchbar 
gemachten, io Thongefässen geborgenen Waffen neben Flacbgräbein mit 
Bestattung im vollen Waflenschmuck vor. Ob hierin Verschiedenheit des 
Gaues, der religiösen Anschauung oder sonstige Motive zu suchen sind, ist 
vorerst nicht festzustellen. 

Einerder wichtigsten Kulturreste, den wir nach dem Stande der gegenwärtigen icv*rb«n 
Forschung mit höchster Wahrscheinlichkeit dieser letzten vorrömischen Periode 
einreihen dürfen, sind die besonders in Oberbayern zahlreich erhaltenen Hoch- 
äcker, die das Bild der La Töne Landschaft ganz besonders beleben. Wir 
finden diese in der Richtung von West nach Ost mit noch grossen Complexen 
in den Bezirksämtern Landsberg, Bruck, München I und II (vor kurzem 
selbst noch im Stadtgebiet), Erding, Ebersberg, den nördlichen Theilen von 
Schongau, Weilheim, Miesbach, Rosenheim, Tölz und Traunstein, mit kleineren 
Ueberresten in deu Aemtern Friedberg, Dachau, Freising, Mühldorf, Alt- 
ötting, Wasserburg und Laufen. Fast völlig mangeln sie in den Bezirken 
Aichach, Ingolstadt, Schrobenhausen und Pfaffenhofen, wahrscheinlich theilswegen 
der schon in alter Zeit wie noch jetzt dort vorhandenen ausgedehnten Wälder 
und Sümpfe, tbeils wegen der stets intensiven Ausnutzung des freigelassenen 
Getreidebodens in späteren Perioden, wodurch die Spuren der Hochbeete ver- 
wischt wurden. Das Gebirge ist selbstverständlich hocbäckerfrei, nur in den 
Vorbergen finden sich vereinzelt hochäckerähnliche Erscheinungen. Die Hoch- 
ärker haben demnach einst den mittleren Theil Oberbayerns vom Lech bis an 
die Salzach bedeckt, und haben sich hier noch in schützenden Wäldern, die nach 
ihrer Auflassung darüber anflogen, oder in später unbebaut liegen gebliebenen 
zu Haiden gewordenen Landstrecken erhalten. Hieraus ist auf eine starke 

zur Atilhrupologtv. XIII. Bl. 4. Heft, jj 



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184 



K. Weber. 



Bevölkerung zur Blüte ihres Bestehens zu schliessen, während allerdings auch 
der Art des Ackerbaus, die den Boden nicht intensiv ausnützte und viel Land 
bedurfte, diese Ausdehnung zum Theil zuzuschreiben ist. Die dünnere Be- 
völkerung in germanischer Zeit bedurfte uicbt so viel Landes für ihren Getreide- 
bau, und diesem Umstand ist die Erhaltung zahlreicher Horhäckergebiele 
zu danken. Die Art der Verbreitung der lloehäcker ist für die Frage 
ihres Alters und ihrer Perioden Zugehörigkeit von hervorragender Wichtigkeit. 

Eine Reihe schwerwiegender Gründe spricht dafür, dass die Hochäcker 
unserer bayerischen Hochebene aus der La Tenezeit stammen unii von der deu 
Römern im Besitz des Landes unmittelbar vorhergehenden keltischen Volks- 
schichte angelegt und von ihr auch während der römischen Herrschaftsdauer 
fortbebaut wurden. 

Zunächst ist zu beachten, dass sich die Grenzen der Verbreitung der 
Hochäcker mit denen der Verbreitung der keltischen Münzen und beide mit 
den nachmaligen Grenzen des römischen Reiches nach Norden decken *) Es 
sind diess mit höchster Wahrscheinlichkeit die alten, von den Römern Vor- 
gefundenen Stammesgrenzen zwischen Germanen und Kelten. Jenseits des 
Limes, des Mains und der Donau Süden sich Hochäcker und keltische Münzen 
nach dem Stand der gegenwärtigen Statistik nur mehr sporadisch. Wären 
die Hocbäcker schon in der Hallstaltzeit oder noch früher angelegt worden, 
so wäre es doch höchst auffallend, dass sich ihre Spuren nicht auch jenseits 
obiger Grenzen ebenso zahlreich erhalten habeu sollten, wie diesseits, da in 
jenen Gebieten eine ebenso ausgebivitete bronze- und hallstattzeitlicbe Bevölk- 
erung nach den bekannt gewordenen Gräberfunden sich befand, wie in Sud- 
bayern. ln der La Tönezeit sassen aber dort nachweisbar schon Germanen, 
die einen anderen Ackerbaubetrieb batten, als den in Hochäckerbeeten. 

Sodann spricht für das jüngere Alter der Hocbäcker der Umstand, dass 
sie den Hügelgräbern der Bronze- und Hailstattzeit überall regelmässig aus- 
weichen and diese als Vorgefundene geweihte, vielleicht noch umfriedete Stätten 
respektireu. Die Umgebung geschieht entweder bei einzelnen Hügeln in der 
Art, dass die Beete nach beiden Seiten des Grabes eine schräge Richtung 
annehmen, oder bei Gruppen, dass sie diese völlig im Viereck einschliessen, 
oder dass sie kurz vorher aufbören und jenseits wieder, manchmal im rechten 
Winkel aut die früheren Stränge, sich fortsetzen, kurz immer so, dass man 
die absichtliche Schonung der Hügel nicht verkennen kann.*} 

Ein weiterer Grund für die aufgestellte Annahme ist das Verhalten der 
Römerstrassen und Meiereien zu den Hocbäckern. Nach den eingehenden 
Untersuchungen H. v. Rankes 9 ) durcbschneiden die Romerstrassen von Augs- 
burg nach Salzburg und Kempten — Verona die Hochäckerbeete nicht willkür- 
lich wie etwa unsere Landstrassen und Eisenbahnen, sondern die Hochäcker 
schliessen sich an die Strassen zu beiden Seiten an, sind also gleichzeitig 

') Siehe Tafel XIX and oben S. 181 and 1H2. 

*) Hügelgräber auf Hochäckerkämmen habe ich in Oberbayeru auf violjährigen Wander- 
ungen nie angetroften. 

*) Beiträge zur Anthropologie und Urgeschichte Bayerns Bd. X. 



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Beitrüge zur Vorgeschichte von Oborbayorn. 



185 



oder jünger. Ebenso beobachtete Hugo Arnold nach den Anführungen 
Rankes, dass ein von ihm aasgegrabenes Landhaus aus römischer Zeit bei 
Machtlfing, B.-A. München II, von Hocbäckern umgeben, nicht auf zer- 
störten Ackerbeeten angelegt war. Beide Beobachtungen sprechen also dafür, 
dass die keltische Bevölkerung, welche die Römer hier antrafen, diesen Land- 
bau w&brend der römischen Herrschaft noch betrieben. 1 ) 

Ein zeitlich weiteres Herabsetzen der Hochäcker unter die La Tune- 
periode , also in frübgermanische Zeit, ist wie die Annahme der Einführung 
derselben durch die Römer schon früher eingehend widerlegt worden. 1 ) 

Auch die naturalistische Anschauung, dass Hochäcker zu jeder Zeit je 
nach der Bodenbeschaftenbeit angelegt wurden, mag für einige hochäckerähn- 
liche Erscheinungen, wie sie bei nassem Boden namentlich im Vorgebirge bei 
uns Vorkommen, angehen, nicht aber für die Masse der ächten Hochäcker 
auf trockenen Lagen der oberbayerischen Ebene. Es müsste sich sonst doch 
wohl eine historische Erinnerung bei der Bevölkerung erhalten haben, während 
diese der Erscheinung tbatsäcblich als einer völlig fremdartigen gegenübersteht. 

Die La Töne-Kultur konnte sich bei uns nicht wie die der Hallstattzeit nebergangaieit 

xur provlnzlAl- 

völlig ausleben, da sie durch die römische Invasion plötzlich unterbrochen 
und an der weiteren Entwicklung gehemmt wurde. Es änderte sich jedoch 
dadurch nicht Alles mit einem Schlage, vielmehr lässt sich noch eine Ueber- 
gangszeit zur provinzial-römischen Periode beobachten, die noch bis zum letzten 
Viertel des ersten Jahrhunderts wenigstens in den Begräbnissen bervortritt. 

Es finden sich nämlich in Oberbayern namentlich um das römische Kultur- 
centrum Augusta Vindelicorum am rechten Lecbufer bei Affing, An, 

B.-A. Aichach, Gebenhofen, Derching, Friedbergerau, B.-A. Fried- 
berg, zwischen Olching und Locbhausen, B.-A. Bruck, Grabhügel, ganz 
nach bisheriger Weise gewölbt, in denen jedoch schon römisches Inventar 
und Münzen Vorkommen, an Thongefässen aber nicht nur das mit den Leichen- 
resten gefüllte Ossuarium, sondern auch nach bisheriger Sitte mehrere 
andere in ganzem Zustande beigesetzt, während in römischen Gräbern der 
späteren Zeit ausser ersterem nur Scherben und Bruchstücke von Gelässen, 
welche bei der Leichenfeier verwendet waren, enthalten sind. Auch Metall- 
beigaben, die dem Feuer nicht ausgesetzt waren, finden sich in solchen 
Gräbern. Die Münzen gehören meist der frühesten Kaiserzeit (August und 
Tiber) an und reichen höchstens bis Vespasian. Aehnliche Gräber fanden 
sich in der Umgebung von Castra Urusa (Pähl) bei Fischen, Wilzhofen, 

Pähl, Kerschlach mit Ossuarien, ganzen Gelässen aus terra sigillata, 

Bronze- und Eisenbeigaben und Münzen von August. Auch in einem Grab- 

') Ohlensch lager in aoinom Vortrag „Bayern unter don Römern“ (Correspoodonzblatt 
der deutschen anthropologischen Gesellschaft von 1877) spricht sich dahin aus, „dass die Hoch- 
Ücker vor nnd unter deu Römern bebaut wurden.* 4 Kbeoso sagt er in dem Aufsatz „lieber 
Alter, Herkunft und Verbreitung der Hocbückor“ 1883: „Fassen wir die Ergebnisse unserer 
Untersuchungen kurz zusammen, so ergibt sieb, dass eia grosser Xiteil der bayerisches lloch- 
ücker wahrscheinlich vor oder vielleicht auch während der römischen Herrschaft angelegt ist 44 

*) H. v. Ranke, Ueber Feldmarken der Münchener Unrgebuug und deron Beziehung 
Zur Urgeschichte, Beitrage Bü, IV uad „Ueber Uoclräcker 44 Bd. X. 

13 ’ 



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186 



F. Weber. 



Bodrnettffi- 

thümcr 

rencblnirticr 

Perioden. 



KrdaUÜk-, 



hügel bei Dietersheim, B.-A. Freising, kam eine La Tönefibel mit römischem 
Inventar und je einer Münze aus der Zeit des Augusius und Trajans vor. 1 ) 
Während nach römischer Anschauung iu dieser Zeit die Beigaben nur der 
Erinnerung an den Todten geweiht sind, werden hier nach keltischer Sitte 
die sicher mit Speise uud Trank gefüllt gewesenen Gelasse wie sonstige 
Dinge dem Todten zum Gebrauche auf dem Wege ins Jenseits mitgegeben. 
Diese Gräber scheinen demnach aller Wahrscheinlichkeit nach der keltischen 
Provinzialbevölkerung anzugebören, sie zeigen den Beginn von deren Romani- 
sirung und verschwinden nach deren Volleudung noch vor Ende des 
ersten Jahrhunderts, um fortan den im gauzen römischen Reiche üblichen 
versenkten Brandgräbern Platz zu machen. Denn die keltische eingesessene 
Bevölkerung der Vindeliker und Noriker wurde von den Römern nicht, wie 
früher angenommen wurde, völlig ausgerottet und iu andere Länder verpflanzt, 
sondern sie blieb in der Hauptsache auf dem heimischen Boden, bebaute die 
Hochäcker fort und stellte den neuen Herren des Landes zuin Heere vier 
vindelicische Cohorten, den alten vier Stämmen entsprechend, und mehrere 
norische. Aber der keltische Nationalcharakter ging in dem Universalrömer- 
thum auf. 

Ausser den bisher besprochenen Ueberresten aus der vorrömischen Zeit 
Oberbayerus finden sich noch eine Reihe andeter aller Erscheinungen, deren 
Zutbeiluug an eine bestimmte Periode und Bevölketnugsschicbte noch schwierig 
und unsicher ist, da entscheidende Funde uicbt bekannt und systematische 
Untersuchungen und Ausgrabungen noch nicht erfolgt sind. 

Dahin gehören zunächst die unterirdischen, Erdkammern oder Erdställe 
genannten Räume mit langen Schlietgäugeu und senkrechten Schlieflöchern, 
die in den Löss der Flussuterhdhen und sonstiger Höhenrücken iu der Hoch- 
ebene Oberbayerns eingearbeitet sind. Die Gänge sind spitzbogenartig bis 
zu 1 m Höhe und Breite, die Kammern viereckig, geräumig, für den Aufent- 
halt mehrerer Menschen geeignet, mit Nischen zum Aufstellen von Licht, aus 
dem Sand gehauenen Sitzen und Lnftscbächten versehen. Die Arbeit setzt 
ein Volk voraus, das gute Grabinstrumente und Kenntniss in der Technik 
des Minirens hat, Bergbaukundige mit Eisenwerkzeiigen. Das Gebiet dieser 
Erdställe ist vornehmlich das mittlere Oberbayern, vom Lech bis znm Inn; 
die meisten befinden sich in den Aemtern Bruck und Freising, etwas weniger 
zahlreich kommen sie in Friedherg, Dachau, Mühldorf, Erding und Altötting, 
vereinzelt in Ebersberg, Pfaffenhofen, Schrobenhausen vor. Im Vorgebirge 
sind nur aus dem Bezirksamt Miesbach ähnliche, wahrscheinlich hielier ge- 
hörige Gänge bekannt. Ihr Charakter ist ein einheitlicher, eine Zweck- and 
Altersbestimmung aber am so schwieriger, als man bisher noch keinen eul- 
seheidenden Fund iu ihnen gemacht bat. Der Eindruck der ganzen Anlagen 
ist aber der sehr hohen Alters und prähistorischer Herkunft; auch hat sich 
im Volk kein geschichtliches Bewusstsein von ihrer Entstehung erhalten. 
Im Mittelalter kannte man sie vielfach noch und benützte sie als Zufiuchts- 

’) Funde aus diesen Gnibern befinden sich im Museum zu Augsburg, im k prähistorischen 
Staatsuiuaeum uud in dur Sammlung des bist. Ver. von Oberbayeiu in München. 



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Beiträge zur Vorgeschichte von Oberbayern. 



187 



statten bei Feindesgefahr. Wahrscheinlich dienten sie auch ursprünglich 
diesem Zweck. Andererseits ist auch ihre Aehnlicbkeit mit den Steinkammern 
und Otogen der sogen. Hünengräber der nordischen Stein- und Bronzezeit, 
welche eine Nachahmung der irdischen Wohnung sein sollten, nicht zu verkennen. 

Eine andere Kategorie muthmasslich vorgeschichtlicher Bodenalterthümervricintnp-uben. 
bilden die sogen. Tricbtergrnben , Anlagen von meist grösseren Gruben- 
komplexen auf sanft ansteigendem Boden in der Nähe von Wasserlänfen, oft 
200 bis 300 Gruben umfassend. Diese sind verschieden an Tiefe und Um- 
fang, von 1 bis 6 m und 20 bis 100 Schritten, stets aber trichterförmig angelegt. 

Der kreisrunde Boden hat 10 bis 40 Schritte Umfang. Die Gruben liegen 
oft nabe beisammen, nur durch einen schmalen Damm getrennt, oft bis zu 
50 Schritten auseinander. Bisweilen umgeben mehrere kleinere einen grossen 
Trichter. Am zahlreichsten sind sie in den Forsten um Augsburg, auf der 
bayerischen Seite bei Tbierhaupten , Unterhaar, Oberscbnaitbach bei 
Aicbach; vereinzelt kommen sie angeblich auch in den Wäldern um Bruck 
a/Amper und in anderen Forsten Oberbayerns vor. 

Da nach den Schilderungen der römisch-griechischen Schriftsteller die 
Hütten der in Vindelicien und Norikum Vorgefundenen dorfweise siedelnden 
Bevölkerung zeltartig ans Baumstämmen gebaut und mit einem spitzen Stroh- 
oder Scbilfdacb gedeckt waren, hat man in diesen Grubenkomplexen die 
unterirdischen Räume solcher Hütten, die als Vorrathsräume oder im Winter 
als warmer Aufenthalt dienten, vermuthet. Möglicherweise dienten sie aber 
auch als blosse Aufbewabrungsverstecke für Feldfrüchte oder als grössere 
prähistorische Anlagen zu Jagdzwecken, Wolf- und Bärenfang u. dgl. Genaue 
Aufnahmen und Untersuchungen durch Ausgrabungen sind noch nicht erfolgt, 
zufällige Funde aus diesen Gruben nicht !>ekaunt. Ausgeschlossen ist, dass 
sie Naturgebilde oder durch forstliche Arbeiten, Stockausbeben etc. ent- 
standen sind. 

Als umwallte Wohnplätze, nicht als eigentliche Belästigungen (Volks- „^hnpiilu. 
zufluchten, oppida, refugia) werden mehrere in Oberbayern erhaltene Erd- 
werke anzuseüen sein, die gewöhnlich auf vorspringenden Hohen von Fluss- 
ttfern angelegt, auf drei Seiten durch den natürlichen Abfall gesichert und 
auf der vierten von dem sich eben fortsetzenden Hinterland durch blossen 
Wall oder durch Wall und vorliegenden Graben abgeschnitten sind. Der so 
gesicherte Kaum ist bald grosser bald kleiner, immer aber so gross, dass 
einige Familien dort ständig bansen konnten. Die Profile von Wall und 
Graben sind sehr verschieden, oft von nur einem, oft von G bis 8 m Höhe 
bezw. Tiefe. Man wird sieb die Wallzinne mit Hecken oder Pallisaden 
bestanden denken müssen und dann konnte die Verlbeidigungsanlage immer- 
hin vor einem plötzlichen Ueberfall einiger Menschen oder vor dem Eindringen 
wilder Tliiere den Bewohnern und ihren Heerden Schutz bieten. Die älteren 
dieser Anlagen werden die blos durch einen Erdwall geschützten sein. Denn 
zum Ausheben eiues tieferen Grabens gehörten schon Eiseninstrumente. Die 
Zugehörigkeit dieser Erscheinungen an die vorgeschichtlichen und speziell vor- 
römischen Perioden geht aus deren Grössen Verhältnissen hervor, die nicht für 



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188 



F. Weber. 



Befestigungen. 



eine einzelne Familie, sondern für mehrere zusammen berechnet waren; ferner 
daraus, dass lediglich Erdwälle znr Sicherung aufgeworfen sind. Von röm- 
ischer und mittelalterlicher Herkunft ist desshalb ganz abzusehen. Jedenfalls 
waren einst viel mehr solcher Anlagen vorhanden'); erhalten geblieben nnd 
hieber zu rechnen sind vorerst nur die Umwallungen von Königsbrunn 
und Sand am Lech, Rederzbausen und Manching an der Paar, Fend- 
bach au der Mangfall und die auf dem Herren- Wört im Chiemsee. Die 
grösste dieser Umwallungen ist die von Manching mit einer Ausdehnung 
von ca. 10000 Schritten, die einer ganzen Dorfscbnft Raum bot. 

Ernstliche Untersuchungen durch Ausgrabungen haben nirgends statt- 
gefnnden, Einzelfunde sind nicht unbedingt massgebend. An solchen stammen 
aus der Umwallung auf dem Herrenwört, in deren Nähe auch Hoch&cker 
sind, drei Armreife der Bronzezeit, aus der Fendbacher Umwallung Thon- 
scberben von Gefässen der La Tfenezeit und ein Lanzenfuss von Eisen. In 
Manching wurden ausserhalb des Ringwalls, doch in der Nähe, die oben an- 
geführten Flachgräber der La Tenezeit ausgegraben, ausserdem innerhalb der 
Umwallung Funde aus keltischer (Goldmünze), römischer nnd germanischer 
Zeit gemacht, aus dem Wallkörper selbst stammen einige Gegenstände röm- 
ischer Provenienz. Funde aus römischer Zeit sind auch aus den Wohnplätzen 
von Königsbrunn (Schlüssel und Mauerwerk) und Herrenwört (Münze) bekannt, 
woraus deren Fortbenutzung in dieser Periode hervorgeht. Aus Rederzhausen 
sind, zwar nicht aus der Umwallung, aber aus der Nähe derselben, Funde 
aus einem Grabhügel der Bronzezeit, ferner solche römischer Münzen und 
germanischer Reihengrüber bekannt. 

Abgesehen von diesen nicht als eigentliche Befestigungen zu erachtenden 
geschützten Wohnplätzen sind in Oberbayern bis jetzt ebenfalls nur wenige 
wirkliche, ständige Vertheidigungsaulagen bekannt, welche für die vorge- 
schichtliche, speziell vorrömische Zeit vorerst mit einiger Sicherheit in An- 
spruch genommen werden können. Hieber gehören: am Lech die Befestig- 
ungen im Kaderl bei Todtenweis, B.-A. Aichach, und im Westerholz 
bei Haltenberg, B.-A. Landsberg; an der Isar die sog. Römerschanze ober- 
halb Grünwald und die Birg bei Hohenschäftlarn, B.-A. München I 
und II; an der Mangfall die Birg bei Grub, B.-A. Miesbach. 

Alle diese Werke sind nur Erdwerke ohne Steinwalle und keine Ring- 
oder Rundwälle, ähnlich den aus Norddeutschland und Böhmen bekannten, 
welche in Oberbayern überhaupt nicht Vorkommen ; sie haben das gemeinsame 
Charakteristikum gegenüber den römischen und mittelalterlichen Befestigungs- 
anlagen, dass sie sehr höbe, oft unmittelbar hintereinander liegende, bogen- 
förmige Wülle und tiefe Gräben, eine grosse Spannweite derselben und einen 
grossen Innenraum haben, auf Bergnasen oder hohen Flussufern nud meist 
versteckt liegen und nur zur Defensive bestimmt sind. Die Grössen- 
verhältnisse der Umwallungen nnd die Tiefe der Gräben setzen gute Grab- 
werkzeuge von Eisen und eine grosse, gemeinsam arbeitende Menschenmenge 

') Kiue »ulcbe Anlage bei Ueilig Kreuz, B.-A. Traunstein, wurde 1B60 zerstört und 
eiugoebnet 



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Beiträge zur Vorgeschichte von Oberbayorn. 



189 



voraas, wie auch ihre Verteidigung nur durch eine grössere streitbare Be- 
satzung ermöglicht war. Im Uebrigen folgen sie nicht alle dem gleichen 
Anlageprinzip. Dieses und damit auch die Zeit der Errichtung haben gemein- 
sam die Befestigungen oberhalb Grünwald an der Isar und die im Westerholz 
am Lecb, welche als Vertheidigungs werke der Flussübergängu gedient zu haben 
scheinen; sodann die Birgen bei Hohenschäftlarn und Grub als eigentliche 
refugia oder Volksznfluehten ; die Befestigung im Kaderl hatte zwar ebenfalls 
diese Bestimmung, ist aber nach anderem Prinzip angelegt als die Birgen. 

Die Befestigungen oberhalb Grünwald und im Westerholz haben am Hoch- 
rande der Flussufer Kernwerke und vor diesen mehrere Vertheidigungsabschnitte, 
welche durch halbkreisförmige, mehrfache Wälle mit vorliegenden Gräben 
geschützt sind. Die Front der Werke ist nach Osten gerichtet, der Fluss 
liegt bei beiden im Rücken nach Westen. Die Flüsse Isar und Lecb können 
also keine Stammesgrenzen und die Werke keine Grenzbefestigungen gewesen 
sein, da sie sonst hinter den Flüssen und diese als bestes Sicherungsmittel 
vor der Front liegen mussten; vielmehr dienten sie zur Abwehr des Fluss- 
Ubergangs eines von Ost kommenden Gegners. Man hat daher von militär- 
archäologischer Seite angenommen , dass sie aus der Zeit der römischen 
Eroberung des Landes stammen und von keltischen Völkerschaften angelegt 
seien. Sie würden somit der La Tene-Periode angehöreu. Zu dieser Ansicht 
würde stimmen, dass ersteres Werk von den Römern umgeändert wurde und 
letzteres von ihnen zerstört worden zu sein scheint, wenigstens ist es nicht 
mehr intakt erhalten, und sind die Veränderungen zum Theil in augen- 
scheinlich alter Zeit und zum Zweck der Zerstörung vorgenommen ; ') auch 
scheint für die Errichtung des Werks kurz vor dem Kriege zu sprechen, 
dass es anscheinend nicht fertig ausgebaut wurde, indem ein weiterer Wall 
und Graben vor der Angriffsfront angefangen aber nicht vollendet ist. 

Die Birgen bei Grub und Schäftlarn sind auf vorspriugendeu Berguasen 
der Uferhöhen angelegt, die von drei Seiten vom Wasser umspült oder durch 
steile Abhänge geschützt sind. Die mit dem Hinterland zusammenhängende 
Seite ist durch ein System hoher Wälle mit Gräben gesichert und vor der 
Angriffsfront sind Annäherungsbindernisse iu Form von Erhöhungen und 
Vei liefungen angelegt. Der mehrere Tagwerke grosse Innenraum bot Raum 
für Familien, Heerden und fahrende Habe einer ganzen Dorfechaft, es waren 
also eigentliche Refugien. Innerhalb der Befestigung bei Schäftlarn und 
ausserhalb dieser und der Birg von Grub sind in nächster Mähe Hochäcker. 

Die Befestigung im Kaderl bei Todtenweis ist nicht auf einer Beiguase 
sondern auf einem Holieuzug hinter dem Lechiain sehr versteckt angelegt, und 
war daher zum Theil durch Doppel-Wälle und Gräben nach Ost und West 
geschützt. Auch hier ist der Innenraum sehr gross und der Charakter der 
ganzen Anlage ein vorgeschichtlicher. 



*) Unserer Zeit war es Vorbehalten, eine weitere Zerstörung diese« Denkmals tod höchstem 
geschichtlichen Wertho durch Einbau einer Eorsthütte, Abtragung eine« Walletückee und Ein- 
füllung de« dazu gehörigen Orabena erleben zu tnü6aen. 



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190 



F. Weber. 



KuItussUtton, 
Schalen- und 
opfcr»Uiue etc 



Stnuson und 
Saum weg«!. 



Noch sind einige andere Werke in Oberbayern zu erwähnen, bei welchen 
mit Sicherheit nur die römische Provenienz ausgeschlossen ist, die aber eben- 
sowohl einer vor- als nachrömischen Zeit angehören können, die erst durch 
eine Untersuchung mittelst Ausgrabungen festzustellen wäre. Es sind diess 
die Umwallungen bei Weiler Burgholz zwischen Beuren und Zanken- 
hansen, B.-A. Landsberg; zwischen Einsbach und Sulzemoos, B.-A. 
Dachau; oberhalb St. Zeno, B.-A. Berchtesgaden; bei Zeiering, B.-A. 
Traunstein und bei Puch, B-A. Bruck. Keinen vorgeschichtlichen Ursprung 
haben die in der früheren Litteratur hieber bezogenen früh-mittelalterlichen 
Burgställe von Sigharting und Sifferling, B.-A. ßosenheim, die Burg- 
ställe der Wasserburgen im Seebammer- und Laugenbürgener See, 
B.-A. Miesbach und Traunstein, und ein anscheinend überhaupt uicht künst- 
liches, sondern natürliches Gebilde ist die als Artobriga in Anspruch 
genommene Stelle im Bürgerwald bei Traunstein, gegenwärtig vou 
dichtem Jungholz bewachsen und schwer zugänglich. Ob von den nahezu 
600 Erdwerken, welche die ältere Litteratur in Oberbayern aufzählt, 1 ) noch 
das eine oder andere für die vorgeschichtliche Zeit in Anspruch zu nehmen 
sein wird, kann erst eine nach den Erfahrungen der neueren Zeit angestellte 
Untersuchung durch Sachverständige entscheiden; doch besteht keine grosse 
Wahrscheinlichkeit für eine bedeutende Vermehrung unserer vorgeschichtlichen 
Denkmale in dieser Richtung. 

In der früheren Litteratur finden sich auch verschiedene Plätze als prä- 
historische Kultstätten angeführt, von denen jedoch keiner vor einer ernsten 
Forschung Stich hält. Ob die unterirdischen Erdställe, über denen hie und 
da christliche Kirchen und Kapellen liegen, und die man desshalb als heid- 
nische Anlagen zu Kultuszwecken erklärte, dieser Bestimmung wirklich dienten, 
ist bis jetzt durch Beweise zu begründen uicht gelungen. Ebenso fanden sich 
in Oberbayern bisher keine megalithischen Bauten und Denkmale, einzelne 
vorgeschichtliche Schalen- oder Opfersteine auf der Erdoberfläche vor, nur 
in einem Grabhügel der Hallstattzeit soll ein schalensteinähnliches Gebilde 
gefunden worden sein. 

Dagegen liegt die Wahrscheinlichkeit sehr nahe, dass schon in vor- 
geschichtlicher Zeit gebahnte Wege das Land nach verschiedenen Richtungen 
durchquerten. Die ältesten Verkehrswege führteu den Flüssen entlang, wie 
an diesen auch die ältesteu Ansiedlungen zu vermuthen sind. Schon der Im- 
port von Rohmateiial und fertigen Waareu iu der Bronze und Hallstattzeit 
setzt wenigstens Sanmstrassen nach Kord und Süd, Ost und Südost voraus; 
die Funde zwei- und vierrädriger Wagen in den hallstattzeitlichen Gräbern 
deuten auf befahrbare Wege, und ans der La Tene-Zeit ist der Verkehr 
römischer Kanfleute nach den Bernsteinländern im Norden und Osten von 
Europa bekannt, der schon auf Strassen vor sich gegangen sein wird. Von 
der in Ausführung begriffenen archäologischen Karte Oberbayerns in grossem 
Massstab mit Ausscheidung der einzelnen Perioden werden wir in dieser 

') S. Kontier, llandbucb der üebiets- und Ortsfeuade das Königreichs Bayern. I. Ab- 
schnitt. Oberbayern S 76 ff. 



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Beiträge znr Vorgeschichte von Oborbayorn. 



191 

Hinsicht sicher wichtige Aufschlüsse erwarten dürfen. Auch besteht 
begründete Vermutbung, dass manche römische Strasse auf der Grundlage 
einer vorrömischen liegt, wie namentlich die Verbindungen zwischen den 
keltischen Städten Juvavum und Cambodunum, die alten Züge der Brenner- 
strasse und der Heerstrasse von Salzburg über Pähl und Epfach. 

Ancb von den Salzwerken in Reichenball führten vermutblich alte Saum- 
und Fahrwege über das Gebirge in die Ebene, wovon vielleicht die in den 
Felsen eingedrückten Radgeleise auf dem Jochberg bei Karlstein herrübren. 
Möglicherweise haben auch die schiffbaren Flüsse schon in prähistorischer 
Zeit als Wasserstrassen gedient, und vielleicht reicht das Alter des bis iu 
die jüngste Zeit noch am Chiemsee heimischen Einbaums in seinen Anfängen 
in die im Dunkel sich verlierenden Tage des vorgeschichtlichen Menschen in 
Oberbayern zurück. 



Zusammenstellung 

einiger oberbaysr. Fluss-, Berg- und Ortsnamen aus r&tiscben, illyrischen 
und keltischen Spracbwurzeln. 



A. Flussnamen. 



Donau 


Danuviua 


Ion 


Genus, Aenus, Enus, 
Atvoc 


Lech 


Lik us, Licca, Atxtac 


Isar 


Isara, 'ladpa; 


Amper, Ammer 


Ambra, Ambara, Ambris 


Loisach 


Liubts-aha 


Glon 


Clanis 


Paar 


Parra 


Abens 
Part nach 
Kelsbach 

K int sch hach (B.-A. 
Weilheim) 


Abusina, Abunsoa 

Früherer 


Isontus, Ivarus, Iu- 
▼arus 


| Salzach 



altkelt. (Zeuss, die Deutschen und ihre Nachbar* 
Stämme). 

altkelt (Zeuss; Holder, altkeltischer Sprach- 
schätz). 

v. kelt. lik (Buck, Verdeutsche Fluss* u. Orts- 
namen in Schwaben, Zeitschr. d hist Ver. v. 
Schwaben, 7. Jhrgg.). 
altkelt. (Holder). 

v, kelt amb = Wasser, imber. (Riezler, Orts- 
namen der Münchener Umgebung, 0. A. B. 44; 
Holder.) 

v. aUkynir. lif (Riezler). Dagegen vom gennan. 
Persocon- Namen Li u bis (Wessinger, bayr. 
Orts- u. Flussnamen.) 

v. kelt glan — puruB. (Steichele, Bisthum 
Augsburg II.) Dagegou v. ah«l. glatioa = glatt, 
(Wessinger). 

v. kelt bars = netzen (Buck). Dagegen von 
ahd. paro = nemus (Wessinger). 
altkelt. (Holder), 
s. Partenkircben. 
s. Keleusum. 

v. kelt cann, cant = weise (Riezler). 

Flu88name: 
altkelt. (Holder). 



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1Ü2 



F. Wobor, Boiträgo zur Vorgeschichte von Oberbavoru. 



Karwondel und Zu* 
aammensetzungon 
mit kar 

Kofel 

— kogal 



— kircb, kirchl 
Allgäu B.-A. Miesbach 



Viadelicia , 



Epfach 

Paitenkirchcn 
Krün B-A.Garmiseb 



Marzoll B.-A. Berch- 
tesgaden 

Pretzen, Hriizen B.-A. 

Erding 

Tölz 



Tcgern — see, bach, 
dorf etc. 



Ad Coreliäcas 
Ad (Pontes) testen ios 
Ad (oaatn) Urusa 
Ad Ambro 
Ad Euum 

Bratananium, ßrata- 
nianum 

Isiniaca, Isunisca 

Bodaium 

Artobriga 

Koleusum 

Turum 



Kofel 



B. Bergnamen. 

v. r&t. kar =. Bergesbau pt (Steub, Zur rätischen 
Ethnologie; Westermayer, Chronik v, Tölz). 
Dagegen Hiozlor u. Wesaingor von ahd. 
kar = muldenförmige Vertiefung, Schüssel. 
t. rät. kofel (Stoub). 

v. kolt. coioho-il (Westermayer). Dagegen 
v. kogl, mundartlich für Kogel (Wessinger) 
v. kogel = Kugol (Kiez ler). 
v. kolt. cuiro = Spitze (Westermayer). 



C. Landschaftsnamen. 

Alpaeowe, Alpagawi I v. kolt. al-penn (Westermayer). Dagegen v. 

ahd. alpun, alpi u. gawi = Oau vor den Alpen 
| (Wessi» gor). 



Aelterer Name: 

| v. Vindelici, kelt viod = weiss (Buck). 



D. Ortsnamen. 

Gegenwärtige: 

v. kelt Eigennamen Abudius (Buck; Holder). 

illyr. (Stolz, Die Urbevölkerung Tyrols). 

rät (Steub). Dagegen carinae, roraao (Riezler) 
u. v. ahd. groni = grün (WosBinger, Mitt. 
d. Mus.-Ver. f vorgesch. Alterth. Bayerns Nr. 3). 
kelt. (Zillner, I>or Volkn>tamm der Noriker). 
Dagegen v. marciölus, den Monat März be- 
treffend. Aleman. B XII S. 254. 
v. gleichem Stamm wie Bratananium (Riezler). 

v. kelt toi = Hügel (Buck, Oberd. Fluruamen- 
buch u. Westermayer). Dagegen von ahd. 
dola = Dole, Abzugsgraben (Wessinger, 
Mitt. d. Mus -V. Nr. 3). 

v.kelt. tigern = Herr (Buck, Riezler). Dagegen 
von alid. tegar = gross, dick oder v. einem 
ahd. nicht nachweisbaren Personennamen Togaro 
(W essin ger). 

Frühere: 

i v. rat. kofel oder Personennamen Covelius(Buck). 
kelt. Stamm ? 
kelt. Stamm ? 
v. Flussnamen Ambra, 
v. Klussuamen Knut, 
j alt kelt. (Holder). 

| altkelt. (Holder), 
altkelt. (Holder). 

altkelt, Berg oder Vesta das Altos (Tlolder). 
altkelt. (Holder). 

| kelt. Stamm ? 



Abodiöcutn, Abudiacum, 
Eptaticum 

Partanum , Partenuin, 
Parradum 
Caruna 



Marciölao 



Prezzun 

Tolenze 



Ti'garinseo, Tegerinbaoh, 
Tcgrandorf etc. 



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Frühmittelalterliche Gefässe aus den Höhlen 
von Velburg (Bez.-Aint Parsberg). 

(MH Tafel XX und XXI.) 

Auf der XXX. allgemeinen Versammlung der Deutachen anthropologischen Gesell- 
schaft zu Lindau (4. — 7. September 1899) besprach Herr Professor Dr. J. Ranke die 
neuesten in den Velburger Höhlen gemachten Funde. 

Ausser GefOssresten der Hallatattperiode fanden sich „zahlreiche unglasirte, aber 
auf der Töpferscheibe vortrefflich bergestellte, fein und sehr hart gebrannte Scherben, zum 
Theil mit dem für Norddeutschland charakteristisch slavischen Wellenornament Vlrchow's. 
Die Scheiben erinnern sehr nahe an die fränkischen Thongefäase der merowingischen 
Periode, welche namentlich mit der Sammlung im Paulusmuseum in Worms bekannt sind 
und ihrerseits an römische Vorbilder mahnen. Mehrere Scherben in den Velburger Höhlen 
tragen aber doch einen entschieden jüngeren Charakter. Es ist gelungen, zwei dieser 
Gefässe zu reconstruiren, es sind Wasserkrtlge.“ *) 

Auf Tafel XX sind diese beiden Gefässe abgebildet. 

Fig. 1 stellt einen Krug dar von 86 cm Höhe. Der Umfang des Gefftssbauches be- 
trägt 68,5 cm, der Durchmesser des Bodens 15 cm, der Querdurchmesser der Oeffnung 13 cm. 
Wie aus der Figur ersichtlich, besitzt das Gefäss sowohl einen Henkel als auch einen 
Ansgussschnabel. Der Rand, der in einem schönen, nach aussen konkaven Bogen in den 
Gefässbatich übergeht, ist etwas nach aussen umgebogen, 2 cm unterhalb desselben be- 
findet sich eine doppelte erhabene Leiste. Der zwischen Gefäss bauch und Rand befind- 
liche Hals ist mit rotbbraunen, horizontalen und vertikalen Streifen verziert. Die Grund- 
farbe des ganzen Geffisaes ist hellgrau, sehr hart gebrannt, unglasirt, der Thon ist mit 
Quarzkörnern durchmengt. Die Dicke der GefAsswand ist 4 mm. 

Figur 2 zeigt einen ganz Ähnlichen Krug. Die Höhe ist ebenfalls 36 cm, der GcfAss- 
bauch hat 68 ein Umfang, der Durchmesser den Bodens betragt 13 cm, der Querdurch- 
messer der Oeffnung 13,5 cm. Die Verzierung besteht aus rolhbraunen, horizontalen 
Streifen, unter dem Rande ziehen, je 1 cm von diesem und unter sich entfernt, zwei Leisten 
rings herum. 

Diesen beiden reconstruirten Krügen ähnliche, aber kleinere Gefässe befinden sich 
in den Museen der historischen Vereine von Kegensburg und Stmubing. 

Auf Tafel XXI Fig. 1 ist das Straubinger Gefäss abgebildet. Ks ist 24,5 cm hoch, 
äusserlich theilweise etwas geschwärzt. Gefunden wurde das Gefäss an der Stelle des 
Cafö Schrupp, jetzt Cafg Schmaus. 

Die in Fig. 2—6 dargestellten GefAsae befinden sich im Museum des histor. Vereins 
zu Regensburg. Die einzige Notiz über dieselben findet sich in Verhandlungen dea Vereins 
Bd. XVIII (N. F. X) 1868 8. 428. Dort heisst es: „33) Römische (?) Geschirrtrömmer, 

*) Corres pondenzblatt der Deutachen anthr. Gee. 1899. S. 153. 



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194 



Dt. F. Birkner, Frühmittelalterlich* Gofäaso au« den Hehlen von Velburg. 



Leuchter (?) und andere Bruchstücke, hei Abgrabung des ehemaligen Judenhannes L. K. Nr. 35a 
im Mai 1357 gefunden und geschenkt von Herrn Kaufmann Joh. Conr. Büchner hier “ 
Herr Professor Steinmetz, der mich in bereitwilligster Weise auf diese Stelle aufmerksam 
machte, theüte mir mit, dass diese« Haus in der alten Judenstadt, atu jetzigen Keupfarr- 
platz, stand. Die Juden wurden 1519 von KegenBburg vertrieben und halten, wie es scheint, 
die Gefässe zurückgelassen. Sie sind also wohl als „frühmittelalterlich“ zu bezeichnen. 

Fig. 2 ist 21,4 hoch, der Umfang des Gefäs« bauch es betittgt 37,5 cm, der Durch- 
messer des Bodens 9,7 cm. Der Queidurchmeeser der Oeflnung, die rechts etwas defekt 
ist, wird etwa 8,8 cm betragen halten. Der Thon entspricht ganz dem der Velburger 
Gefässe, vorn ist das Gefäs« äusserlich vom Feuer geschwärzt. Der nach aufwärts her- 
vortretende Uand und die darunter betind liehen zwei Leisten sind 7 mm von einander 
entfernt. 43 mm unter dem Bande ist, den ganzen Hals umgreifend, eine nach oben von 
einer kleinen Leiste begrenzte seichte Furche. 

Fig. 3 stellt ein Gefäss von 21,4 cm Hohe dar, der Henkel mit dem anschliessenden 
l'heil des Gefftssrandes fehlt. Der Gefässbauch hat einen Umfang von 39,0 cm, der Durch- 
messer des Bodens ist 9,5 cm, der tjuerdurchmesser der OelTnnng mag ebenfalls etwa 
8,8 cm betragen haben wie bei dem vorher beschriebenen. Der Rand ist einfacher 
modellirt, er erscheint nicht nach aussen vortretend, 14 mm unter dem Rande befindet 
sich eine leiste. 29 mm und 79 mm unter dem Rande ist das Gefäs« mit gelben 
horizontalen Streifen verziert. 

Wenn auch Fig. 4 und 5 von den Velburger Gefässen in der Form abweichen, so 
zeigen sie doch in dem Material, aus dem sie gemacht sind, und in der Verzierung 
Analogien. Die Gefässe haben nämlich ausser den erhabenen Leisten und Furchen, wie 
sie an der Zeichnung erkennbar sind, am Halse und Fig. 5 auch atn Gefässbauch Ver- 
zierungen von gelben und röthüch-braunen Streifen. 

Fig. 8 und 7 zeigen hartgebrannte, aus demselben Material wie die Gefässe ver- 
fertigte Deckel. 

Fig. 6 wurde bei Anlage eines Ilolzlagerplatzes oberhalb Steinweg am rechten Regen- 
ufer 1857 gefunden. Der Durchmesser betrügt 12,2 cm. Der Rand ist etwas nach auf- 
wärts gebogen, ln einer Entfernung von 12 mm von diesem und unter sich umsieben 
einen ca. 24 mm hohen Knopf von 32 mm Durchmesser zwei concentrische niedrige ziem- 
lich scharfkantige Leisten. Der Knopf ist mit einem fast bis zum Grunde des Deckels 
gehenden Loch versehen. 

Das Fragment eines ähnlichen Deckels wurde in der Grtlneckhöhle bei Velburg ge- 
funden. Er ist aber etwas grösser. Der grösste Durchmesser des Knopfes beträgt 35 mm, 
die eine concentrische nicht so scharfkantige Leiste ist vom Centruin 35 mm entfernt, 
während diese Entfernung bei dem vorher beschriebenen nur 31 mm beträgt. Die Ent- 
fernung der beiden leisten, die etwas massiver sind, unter sich ist 14 mm. 

Fig. 7 zeigt einen ähnlichen Deckel. Der Durchmesser beträgt 11,6 cm. Der Rand 
ist ebenfalls aufgewulstet. 26 mm vom Centrum entfernt befindet sich eine rohe, seicht« 
Stich Verzierung. Der Knopf von 27 imu Durchmesser und 18 inm Höhe ist massiv und 
hat nur oben eine seichte Aushöhlung. 

Den beiden Museen in Regensburg und Straubing sei hiemit der wärmste Dank 
gesagt, dass sie die Gegenstände zum Studium und zur Verölfentlichung zur Verfügung 
stellten. 

Dr. F. Birkner. 



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Mitglieder- Verzeichntes 

der 

Anthropologischen Gesellschaft München. 

Nach dem Stande vom 1. Mai 1900. 



Protektor des Vereins: 

Seine Königliche Hoheit Prinz Luitpold 

des Königreichs Bayern Verweser. 



A. Mitglieder ans dem Königlichen Hause. 

Ehrenmitglied: 

S. K. Hoheit Prinz Ludwig Ferdinand von Bayern. 

Ordentliche Mitglieder: 

S. K. Hoheit Prinz Arnulf von Bayern. 

8. K. Hoheit Herzog Carl Theodor in Bayern. 

B. Ehrenmitglieder. 

1. Andrian- Werburg Freiherr Ferdinand von, Dr. phil , I. Fräsident der anthropologischen 
Gesellschaft in Wien, Wien. 1889. 

2. Braunwart Loreoz von, Excellenz, Präsident a D. des k. Verwaltungsgerichtshofes, 
Leopoldstr. 40/o. 187G. 

3. Dalmasio Ludwig Heinrich. 1878. 

4. Dresch Eduard, Direktor in Ebrach. 1878. 

5. f Feddersen Arthur 1878. 

6. Fiedler Wilhelm, Kapitän. 1878. 

7. f Fraas L)r. Oskar, Oberstadionrath, Stuttgart. 1889. 

8. f Fröbel Dr., deutscher Konsul in Smyrna. 1874. 

9. f Hosiua Dr. geheimer Regierungsrath, Münster in Westphalen. 

10. Ten-Kate Dr. H., Scheveningon, Niederlande. 1882. 

11 Kollmann Dr. Julius, Universitätsprofessor, Basel. 1878. 

12. Leiner, Stadtrath, Konstanz. 

13. t Lindenschmit Ludwig. 1889. 

14 Martin Dr. Ludwig, prakt. Arzt, Sumatra 1887. 

15. Much Dr. Matthäus, k. k. Regierungsrath, Wien. 1889. 

IG. Neeser, Kapitän, Kopenhagen. 1888. 

17. Ohlenechlager Dr. Friedrich, k. Gymnasialrektor, München. 

18. t Pulszky Dr. Franz vod, Direktor des Nationalmuseums, Budapest. 1889. 

19. Ratzel Dr. Friedrich, Geh. Rath, Universitätsprofessor, Leipzig. 1887. 



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J96 



Mitglieder- Vorzoichnias. 



20. f Schaaffhausen Dr. Hermann, Universitätsprofessor, Bodq. 1849. 

21. Scbiess Boy, Dr. J., Alexandria. 1889. 

22. f Schliemann. 1889. 

23. Schneider Dr., Müochen. 1887. 

24. Schubert Dr., kaiserl. Marinostabsarzt, Kiel. 

25. Selenka Dr. E. f k. Universitütsprofnssor, München. 

26. Spiegelth&l, schwedischer Konsul, Smyrna. 1874. 

27. Török Dr. Aurel von, Universitätsprofessor, Budapest, 1882, 

28. Topinard Dr. Paul, Professor, Paris. 1882. 

29. Ujfalvy Dr. Karl Eugen de Mezö-Kövosd, Universitätsprofcssor a. D., Florenz. 

30. Virchow Dr. Rudolf, Univorsitfttsprofes&or, geh. Medizi nalratb, Berlin. 1889. 

31. Waldeyer Dr., Universitätsprofessor, geh. Medizinalratb, Berlin. 1889. 

32. f Werthern Ural von, ExcoÜouz, k preuss. Gesandter a. D„ Beichlingen in Thüringen. 

33. Wosinsky Moritz, Deohant, Szegszurd, Ungarn. 

Promotionen und Ernennangen beim 25jäbrigen Jubiläum am 16. März 1895. 

(c. = correspondirondes Ehrenmitglied.) 

34. An dren Dr. Richard, Braunschweig. 

35. Aranz&di Don Tolesforo de, Catedrätico de la univorsidad Granada Spanien, (o.) 

36. Bartels Dr. Max, k. (Job. Sauitätsrath, Berlin. 

37. f Bogdano w Di . Anatol, Moskau. 

38. Buschan Dr. mcd. et phil. G., Arzt für Nervenkrauko, Stoltin. (c.) 

39. Doerpfeld Dr. Wilhelm, Professor, Athen. 

40. Feilenberg Dr. Edmund von, Museumsdirektor, Bern. 

41. t Fiala Franz, Kustosadjuukt, Sarajevo, (o.) 

42. Fraas Dr. Eberhard, k. Professor, Stuttgart. 

43. Fritsch Dr. Gustav, geh. Medizinalrath uud Universitatsprofessor, Berlin. 

44. Glttck I)r. Leopold, Arzt, Sarajevo, (c) 

45. Grempler Dr. Wilhelm, geh. Sanitätsratb, Breslau. 

46. Gross Dr. Viktor, Arzt, Neuveville, Schweiz, (c.) 

47. Hampel Dr. Joseph, Universitatsprofessor, Budapest, (c. seit 1889.) 

48. H&zelius Dr. Arthur, Direktor dos nordischen Museum, Stockholm. 

49. Heger Franz, k. k. Itegierun^sratb, Leiter der authrop.-othuologischen Abtheiluug am k. k. 
anthrop. -prähistorischen Hofmuseum, Wien. (c. seit 1889 ) 

50. Heierll Dr. J., Privatdozent, Zürich. 

51. Helbig Dr. Wolfgang, Rom. 

52. Henning I)r. Rudolf, Univorsitatsprofessor, Strassburg. 

53. Herrmann Dr. Anton, k. Professor, Budapest (c.) 

51. Hildebrand Dr. Hans, Reichsantiquar, Stockholm. 

55. Hölder Dr. H. von, k. übermodizinalrath, Stuttgart. 

56. Hoernes Dr. Moriz, Universitätsprofessor, Wien, (c.) 

57. Hoerm&nn Constantia, Hofrath und Museumsdirektor, Sarajevo, Bosnien. 

58. f Jagor Dr. Fodor, Berlin. 

59. Lindenscbmit Ludwig Sohn, Conservator des Römisch -germanischen Centralmuseums in 
Mainz, (c.) 

60. Lisaauer Dr. A., k. Sanitiitsrath, Berlin. 

61. Luscban Dr. Felix von, Umvorsitütsprofessoi, Berlin. 

62. Marcbesetti Dr. Carlo de, Museumsdirektor, Triest. 

63. M&rtel E. A., Avocat, Agregöe au Tribunal de Commerce de la Seine, Paris, (c.) 

64. Mestorf Julio, Professor und Museumsdirektor, Kiel. 

65. Mayer Dr. A B., geheimer Uofrath und Moseumsdirektor, Dresden. 

66. Montelias Dr. Oskar, Professor, Stockholm. 

67. t Mortillet Dr. Gabriel de, Professor. Chateau de St. Germain-eu-Laye. 

68. Mucb Dr. Rudolf, Privatdozent an der Universität Wien, (o.) 



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Mitglieder- Verzeichnisa. 



197 



69. Näcke I)r. med. Paul, Oberarzt in Hubertusburg bei Leipzig, (o.) 

70. Nehring Dr. A., Professor an der landwirthschaftlichen Hochschule, Berlin. 

71. Olöriz Don Federico, Catednitioo de Anatomia de la Universidad, Madrid, (o.) 

72. OlBhausen I)r. Otto, Berlin. 

73. f Omstein Dr. B., Generalarzt der k. griechischen Armee a. D., Athen. 

74. Figorini Dr. Luigi, Univeraitätsprofessor und Museumsdirektor, Rom. 

75. f Radimsky, Berghauptmann, Sarajevo. 

76. Räuber Dr. A., Universitätsprofossor, Dorpat. 

77. Reber B., Apotheker, Genf. 

7m. Reinach Saiomoa, Chateau de St. Germain-on-Laje. 

79. Retzius Dr. Gustav, Uoiversitütsprofessor, Stockholm. 

SO. Schmidt Dr. Emil, l'niversitatsprofessor, Leipzig. 

81. j Schwarz Dr. W., geh. Regierungsrath, Berlin. 

82. Steinen Karl von den, Univorsitätsprofessor, Berlin. 

83. Stieda Dr. Ludwig, Geh. Rath, Universitätsprofessor, Königsberg i. Pr. 

84. Szombathy Joseph, k. k. Kustos, Wien. (o. seit 1889.) 

85. Stolpe Dr. Hj&ltnar, Stockholm. 

86. Tappeiner Dr. Franz, Meran. 

87. Tröltsch von, Major, Stuttgart. 

88. Truhelka C., Kustos, Sarajevo, (o.) 

89. Valle Antonio, Adjunkt am naturhistorischon Museum, Triest, (c.) 

90. Virchow Dr. Hans, Uuivorsitütsprofesaor, Berlin. 

91. Voss Dr. Albert, Direktor am k. Museum für Völkerkunde, Berlin. 

92. f Wankel Dr. Heinrich, Olmütz. 

93. Wei8bach Dr. Augustin, k. k. Oborstabsarzt und Sanitätschef, Sarajevo. 

94. t Welcker Dr. H., Geh. Rath, Univoreiiätsprofessor, Halle a. S. 

95. Wieser Dr. Fr. von, k. k. Hofrath, Universitätsprofessor, Innsbruck. 

96. Zograf Dr. Nicolaus de, Professor an der kais. Universität, Moskau. 

97 Haxthausen Frbr. von, iu Darmstadt, (c.) 

98 Koehl Dr. med. C., in Worms, (c.) 

99. Nuesch Dr. Jacob, in Schaffbausen. (c.) 

100. Moreira Dr. Juliano, in Bahia, (c.) 

101 Makowsky Dr. Al., Hochschulprofessor in Briiun. 

102. Anutschin Dr. N-, Universitätsprofessor in Moskau. 



C. Vorstand und Ansschass. 

Vorsitzender: Schriftführer: 

Prof. Dr. J. Ranke. Privatdoceot Dr. 8. Mollier. 

Stellvertreter: Stellvertreter: 

Prof. Dr. J. Rtickert. Dr. F. Birkner. 

Kassier: 

Oberlehrer Weismann. 

Ausschuss: 



Hftuptmann a. D. Arnold. 
Ohermedizinalrath Professor Dr. Bollinger. 
Uborstleutenant a. D. B. Förster. 
Generalarzt I. Kl. Dr. Friedrich. 

Prof. Dr A. Furtwängler. 

Prof. Dr. 8. Günther. 

Prof. Dr. E. Kuhn. 



Gebei inrath Prof. Dr. K. v. Kupffer. 
Prof. Dr. F. Lindemann. 

Prof. Dr. H. v. Ranke. 

Generalarzt Dr. K. Seggel. 

Geheim rath Piot Dr. K. v Voit. 
Gohoirarath Prof. Dr. F. ▼. Winckel. 
Geheimrath Prof. Dr. K. v. Zittel. 



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198 Mitglieder- Verzeichnis«. 

j 

D. Ordentliche Mitglieder. 

(Wo der Ort nicht angegeben, ist derselbe München.) 

1. Ackermann Theodor, k. ITofbuchhindler, Promenadepl. 10/». 

2. Adlerstein Arnold, Rechtsanwalt, Prinz Ludwiggtr. 14/«. 

3. Amann Josef Albert, I)r. mod., Privatdozeut au der k. Universität, Arcisstr. 26/a. 

4. Ammann Ottmar, Dr. med., Stabsarzt, Assistenzarzt 1. Klasse der Reserve, Theresieustr. 25/t. 

5. Ammon Dr. Ludwig von, k. 0 1* r Ix* rgam tsasse&sor und Privatdozent an der techu. Hoch- 
schule, Akademiestr. 13/«. 

6. Angerer Ottmar, Dr. med., k. Universitätsprofessor und Generalarzt I. Klasse, Schwan* 
thalerstr. 10/t. 

7. Arnold Dr. Bernhard, k. Gymnasial rektor, Thierschstr. 46/t. 

8. Arnold Hugo, k. Hauptmann a. D., Schellingstr. 1/«. 

9. Arnold Karl, k. Justizrath, k. Advokat und Rechtsanwalt, Rindermarkt 9/t (llüberistr. 6a). 

10. Aahton Ludwig, Dr. med., ]»rakt. Arzt, Hundskugel 7. 

11. Aubigny < • ntf von, Kxcellenz, französischer Geschäftsträger, Loojtoldstr. 34. 

12. Barlow Richard, Dr. med., pr. Arzt, Privatdozent an der k Universität, Karlstr. 20. 

13. Bassermann Otto, Verlagsbuchhändler, Theresicnstr. 80/ a . 

14. BaBsermann-Jordan Dr. E., Schönfeldstr. 14/a III. Eingang. 

15. Bauer Dr. Franz, Assistent am mineralogischen Institute der k. technischen Hochschule. 

16. Bauer Dr. Gustav, k. Universitätsprofessor. Tiirkenstr. 21t/«. 

17. Baumann Dr. Franz Ludwig, k. Reichsarchivrath, Damenstiftstr. 14/*. 

18. Baumeister Dr. August, kaiserl. Ministerialiath z. D., Adalbertstr. 86/«. 

19. Bayeradorfer Ad., I. Konservator der k. Zentral-Geinüldcgallerie, Adalbertstr. 64 ». 

20. Bechmann Dr. August von, Reichsrath, Universitätsprofessor, Bareistr. 52 /». 

21 Becker Ludwig, Dr. med., k. Ilofstabs- und prakt. Arzt, Arcostr. 6/i. 

2 2. Benzino Heinrich. Rentier, Kaulbachstr. 19/*. 

23. Berger Albrecht, Dr. med., k. Hofrath, Augenarzt, Arcostr. 8/*, 

24. Berlepsch Hans Eduard von, Kunstmaler, Findlingstr. 25) i. 

25. Berliner I^eopold, Dr. med., prakt. Arzt. Christophstr. 9/». 

26. Beutelrock Isidor, Zahntechniker, Kau fingerst r. 12/*. 

27. Bezold Friedrich, Dr. med., k. Universitütsprofessor, Fiirstenstr. 22 *. 

28. Billinger Dr. Otto, prakt. Arzt, Herrnstr. 18/*. 

29. Binzer Julius von, k. preuss. Amtsrichter a D., Leopokistr. 63,1 1. Aufgang. 

30. Birkner Dr. Ferdinand, Assistent der anthrojM.logisehcn prähistorisc hen Sammlung des Staates, 
Herzog Wilhelmstr. 9/*. 

31 Böhm Alexander, I)r. med., k Prosektor an der Anatomie der Universität, Spitalstr. 4/i. 

32. Bollinger Otto, Dr. mod., k. Obermedizinalrath und Univeraitätsprufessor, Goethestr. 54/ 1 . 

33. Boscowitz Nathan, k. Justizrath. Advokat und Rechtsanwalt, Theatinerstr. 44 i. 

34. Branca Max Freiherr von, Ex«., k. b. Generalleutnant und k. Flügeladjutant. Karlstr 21*. 

35. Brattier Wilhelm von, Dr. med., k. Medizinulrath, Hofstabs- und prakt. Arzt, v. d. Tann- 
strasse 10/*. 

36. Brendel Karl, Dr. med., Privatier, Triftstr. 6. 

37. Brubacher Heinrich, Dr. med., prakt. Arzt und Hofzahnarzt, Karlsplatz 23/i. 

38. Brug Karl, k. Major, Nürnberg. 

39. Brunner Franz, Dr. med., k. Hofrath und Oberarzt der Chirurg. Abtheiiung des Kranken- 
hauses r/I., Maxiinilianstr. 12/i. 

40. Brunner Max, Justizrat, Rechtsanwalt am k. Landgericht in Traunstein. 

41. Buchholz A., Buchhändler, Ludwigstr. 7. 

42. Büchner Hans, Dr. med., k. Universitätsprofessor, Thorwaldsenstr. 16/#. 

43. Btirchner Dr. Ludwig, Gymnaaialprofessor, Salvatorstr. 3/*. 

44. Biirkel Dr. Emil, Maximilionstr. 43/t. 

45. Bürkel Georg, Architekt, Frauenplatz 5/i r. 

46. Bulle Dr. Heinrich, Galleries tr. 4/i. 



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Mitglieder- Yerzeichniss. 



ioy 



47. Bnllinger Gustav, k. Bezirksingenieur, Marsstr. 11/t. 

48. Bumüller Johann, Präfekt, Augsburg. St. Stephan. 

49. Bursian Heinrich, Pr. med., prakt. Arzt, Akademiestr. 9/*. 

50. Cairati II., Architekt und Kunstmaler, Goethestr. 02. 

51. Castell Gustav Graf zu, Obersthofineister, Ex cd lenz, Residenz. 

52. Cat Winkel Eduard, Privatier, Königinstr. 35 a/o. 

53. Chlingensperg auf Berg Max von, Pr. phil., Türkenxtr. 106/ 0 . 

54. Christ Pr. Wilhelm von, k. Geheimratli, Universitätsprofessor, Bareretr. ßß;2. 

55. Clausa Emil, Privatier, Ainmillerstr. 2/t. 

5t5. Cles8in Stephan, k. Bahnverwalter, Uchsenfurt a;M. 

57. Cordes Joachim Euiil, Dr. med., k. Hof rat h, Bruderstr. 9. 

58. Dachauer Gustav, Kaufmann, Neun bürg v/W. 

59. DalTArmi Georg, Kitter und Edler von, Pr. med., prakt. Arzt, Goethestr. 50. 

00. Dazenberger Emil, Dr. med., prakt Arzt, Herzog Wilhelmstr. 10/t. 

01. Defregger Franz von, k. Akadeinieprofesxor u. Kunstmaler, Kdniginstr. 31/o. 

02. Deinhard Ludwig. Schriftsteller, Oeorgenstr. 13/». 

03. Diehl Julius, Pr. med., k. Ilofrath und prakt Arzt, G Kicks tr. la/i. 

04. Drey Ign. M., Privatier, Arebwtr. 32/*. 

05. Dürk Dr. Hermann, Privatdozent und Assistent am pathologischen Institut Galleriestr. 18/», 
Oti. Dürkheim Montmartin, Graf Alfred, k. Oberst u. Regiments-Kommandeur, KMzenstr. 4/». 

07. Eckert Karl, k. Justizrath und Rechtsanwalt, Herzog Wilhelmstr. 32/* r. 

08. Eidam \V., Dr. mud., k. Bezirksurzt in Günzenhausen. Für den „Verein der Alterthums- 
freundo“. 

09. Emden Robert, Dr. phil., Sehellingxtr. 107/« r. 

70. Endrea Hans David, Baurath a. D., Herzog Heinrichstr. 7. 

71. Escherich Friedrich, k. Oberlandesgerichtsrath, Yeterinärstr. 10/». 

72. Feury auf Hilling Freiherr von, cand. theol., Wilhelmstr. 8/s. 

73. Fink Josef, k. Gymnasialprofessor, Schellingstr. 62/». 

74. Fischer Egal, Dr. med., prakt Arzt, Giesingerbe rg 4. 

75. Fischer Max, k. Notar, Herzogspitalstr. 14/». 

70. Fleissner Enist, Apotheker, Ingolstadt. 

77. Förster Brix, k. Oborsthmtenaut a. D., Königinstr. 5. 

78. Förster Sigmund von, Dr. med., Augenarzt, Nürnberg, Egidien platz 35. 

79. Francke Kari, Dr. med., Spezialarzt für innere Leiden, Findlingstr, 17/*. 

80. Fraunberg Georg Frhr. von und zu, k. Olterstleutnnnt x. D., Kommandeur des Lnndwehr- 
bezirkes II München, Schellingstr. 1/*. 

81. Fressl Johanna, k. Reallehror, Weilheim. 

82. Freymadl Josef, Dr. med., kaiseri. Marine-Stalwarzt, 

8:$. Friedrich Emil, Dr. und., k. Generalarzt I. Klasse a. D., Christophstr. 7 n/s. 

8-1. Fuchs TheobaM, rechtskundiger Bürgermeister in Bad Kirnungen. 

85. Furtwängler Dr. A. f Uni ve rsitätaprofessor und Konservator, Direktor der k. Glyptothek, 
Maria Josephastr. 8. 

86- Gallinger J., Grosshiindler, Nüniherg. 

87. Gentner Alois, Direktor der Heilanstalt für Spraobkranke, Pliiiganserstr. 07/«. 

88. Gessele Emil, Dr. med., prakt. Arzt. Traunstein. 

89. Gietl Max von, k. Ministerialrat!). Karlstr. 21,'* 1. Aufgang. 

IHi. Glück Eduard, k. Zollinspektor, Bothinerstr. 8/*. 

91. Gotthelf .lakob, k. Justizrath, Advokat und Rechtsanwalt, Hessstr. 14/i. 

92. Graetz Ijoo, Dr. phil., k. Universitatsprofessor, Arcisstr, 8/». 

93. Grashey Hubert, Dr. med., k. Oheriiiedizinulrath, Prinz-Regentenstr. 18/*. 

94. Grempler, geh. Sanität.srath, Breslau, Gartenstr. 35/*. 

96 Grünewald Max, Dr. mod., prakt. und k. Balmarzt, Nymphenburgerstr. 37/». 

%. Günther Dr. Sieginund, k. Professor an der techn. Hochschule, Abademiestr. 5/*. 

97. Guggenheimer Eduard, Banquier, Arcisstr. 14/*. 

lk-lini.u «tir Anthropologie XIII. Bd 4. Heft. , . 



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200 



Mitglieder- YeraeichniB*. 



98. Guggenheimer Moritz, k. Koui ine men rath, Hanquier, ÄR-isstr. 14/«. 

99. Gutlebon Josef, Banquier, Thejitinerstr. *12/,,. 

HX). Haberer Dr. Paul Jonathan. Professor. Itudnpest, Daehscngasse 7/«. 

101. Haberer, Dr. nu*d. et |thil., A., Yokohama 25, Ja|ian. 

102. Hackl Max, cand. med., Solln !>/ München. 

108, Hagen Bernhard, Dr. innl., liofrath. Frankfurt a M.. FriiHlbitrpTinlagif 26. 

104. Hagenbucher August, Gmsshiindlcr, Schwant luderst r. 36*. 

105. Hager Dr. Georg, Konservator am Katiniialinuseum, I^andwehrstr. 85 *. 

106. Halm Dr. Philipp, Kunsthistoriker, IJeliigstr. 16,«. 

107. Hammer E. H, Direktor des Handels-Panoptikum. Neuhauserstr. 1. 

108. Hammerschmid P. Anton, Provinzial, Tölz, Knuiziskam*rkloster. 

10U. Harburger l>ak, Dr. jur., Justizruth und Rechtsanwalt, Murieuplutz 29,*. 

110. Hartig Dr. Roheit, k. Universitiitsprofcssor, bi)|io|(Lstr. 27. 

111. Hartmann Dr. August, k. HiMiothekar der llof- und Staatsbibliothek. AdallsTtstr. 34;*. 

112. Harz Dr. Karl. k. Pii*f«*ssnr an der thierftrztl. Hochschule, Anmlienstr. -II j. 

113. Ha8selmann Fritz, Architekt, Nymphenlmig, de la Puzstr. 12. 

114. Haug Dr. Rudolf, Privntdozent au der k. Universität, Eisen man nstr. 1. 

115. Hecking Hans, Kaufmann, lleustr. 3/i. 

116. Heigl Richard, Dr. ined., Oherarzf, Coblenz, Sehlossstr. 23, i. 

117. Heintz Karl. Dr. m**d., prakt. Arzt. Maximilinnstr. 2, 's. 

118. Hellermann Max, Dr. nn*d., k. liofrath, prakt. Arzt. Sophienstr. 5/». 

119. Hellmann Dr. Friwlrich, k. Uiiiversitatspruf«*xsor und Rechtsanwalt, Galie|sl*ergen»tr. la;*. 

120. Henle Dr. Sigmund von, k. geh. liofrath, Itiirklcinstr. 14, i. 

121. Hertwig Dr. Richard, k. Univorsit2itsproft*vsor und Konservator, 8i»*gesstr. 30. 

122. Hiendlmayr Anton, Kusti»s und Iii*|a>ktor an der z<»o|og.-zoototnisch. Sammlung des Staates. 
Ott< Kstr. 3/«. 

123. Hirth Dr. Friedrich, Professor, J/*o|N*Idstr. 59. 

124. Hirth Georg, Dr. phil. und Schriftsteller, I.uisenstr. 31. 

125. Hock i •eorg, (•yinnasialassistent, TheRsienstr. 30/ 0 Kgl». 

126. Hoffmann Dr. F. W. t Assistent am hayer. Nationulmtiseuin. 

127. Hoffmann Dr. Jakoh. k. Gymnasial professor, Müllerstr. 51*. 

128. Höfler Max. Dr. med., k. liofrath, prakt. Arzt. Tölz. 

129. Hösslin Gustav von, Dr. med., k. Hofstahs- und prakt. Arzt. Maximiliaustr. 33,'». 

130. Hösslin Rudolf von, Dr. med., Neu-Wittelslwuh, Ko maust r. 13; i. 

131. Holzer, Professor, Neu-Ului. 

132. Holzmann Josef, k. Ilauptmanu a. D., Auguste nstr. 30 *. 

133. Holzmann Franz, Dr. med., prakt. und Dahnarzt. Westerham hei llolzkiirhcn. 

134. Hommel Dr. Fritz, k. l’iiiversitiitsprofeasor, Sch wahinge riaudst r. 50. 

135. Horchler Adolf, Bürgermeister, Kempten. 

136. Hüttig Paul, Vertreter der Veriagsiuistalt Fr. Bruckmaun, Pnppenheimerstr. 12;*. 

137. Johanning Karl, 0berin.s]iektor a. D., Fürxtoustr. 2;» r. 

138. Kaindl Heinrich, cand. med., Atnalienstr. 16, s. 

139. Kaufmann Dr., k. liofrath, Bezirksamt, Dürkheim i Pfalz. 

144). Klaatsch Dr. Hermmin. k UniverxitütsprufoHsor, Heidelberg. 

141. Klaassner Dr. Ferdinand, liofrath, k. Universitätspmfcssor uml Vorstand der ehinirg 
Poliklinik, Kreuzstr. 30/i. 

142. Klein, Dr. med . Bezirksamt in Winzheim. 

143. Knöpfler Dr Alois, k. Universitätspmfessor, Schellingstr. 22 i. 

114. Knorr Franz, Rentier, Giselastr. 5;*. 

145 Königs Dr. W., k. l'niversitätaprofessor. Areisstr. 8;t. 

146. Königaberger Eugen, Dr. med., prakt. Arzt, Sclnit zeust r. 2. 

147. Köppel Dr. August, Assistent, Nürnberg, Allersborgeretr. 64/t. 

148. Kö8tler Karl, k. Generalmajor a. D., Maillingerstr. 16;*. 

149. Köhler Martin, atud. jur., Ickstattstr. 18/i. 



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Mitglieder-Verzeiclinisa. 



201 



150. Kollmann Emil, k. OI>er|KiKtrath n. D., Karlstr. 22/«. 

151. Kopp I)r. med. Karl, UnivorsitÄtsprofossor, Karlstr. 4/». 

152. Kuhn l)r. Emst, k. Universitatsprofessor, Hemtr. 3/i. 

153. Kuntzen August. Pr. und., prakt. Arzt, Gabelsberge rstr. 10. 

154. Kupffer Karl von, I)r. mwl., k. Geheim rath, Uuiversitiitsprofessor, GabcUlwrgerstr. 76a/i. 

155. Kuppelmayr Rudolf Miehael, Historienmaler, Schellingstr. l/o r. 

156. Lala Paira Mall, Arzt, Pension Finekh, Barerstr. 38. 

157. Lallinger Josef, Baude rstr 68/t. 

158. Lamping August, Dr. med.. Frauenarzt, Knufingerstr. 3/t. 

159. Lauber Dr. Julius, k. Bezirksarzt, Neuburg a/D. 

BÄ). Lehmann-Nitsche Robert, Dr. phil., Sektionsohef für Anthru|x>logie am Museo de lu Plata 
Argentinien (Kittergut Gocanowo lad Kuschwitz in Posen). 

161. Leisewitz !>r. Karl, k. Professor an der tcchn. Hochschule. Findlingstr. 28/i. 

162. Lermann I)r. phil., Then'Hienstr. 19/*. 

163. Liebhaber Wilhelm, Dr. med., prakt. Arzt, Holzkirchen. 

164. Liebig Georg Freiherr von, Dr. med., k. llofmth und Privatdozent, Amsstr. 19/». 

165. Lindemarm I)r. Feidinand, k. Universitätaprofessor, Franz Jasofstr. 12/i r. 

166. Lippl Oskar, Dr. med., k. Regierungsdirektor u, Abtheilungsvorstand b. d. Generaldiruktion 
der k. b. Staats« ivn bahnen, Luiselist r. 15. 

167. Lismann Benjamin, Knpferwerksbesitzcr und k. Handelsrichter, Waagmülle rstr. 12/i. 

168. Löw Floreutiii, Bankdirektor a. D., Maximiliansplatz 4/i. 

169. Löwenfeld Theodor, Dr. jur., Rechtsanwalt im>l Honorarprofessor an der k. Universität 
Pfjuidhauvdr. 3/t. 

17Ü. Lossow Paul v., Ingenieur u. k. Professor a. «I. t»vhn. Hochschule, GaUdshergerstr. 78/». 

171. Lufft Ludwig, k. Haupfinauii a. D.. Barerstr. 54/*. 

172. Maron Moritz, Rentier, Maximilianstr. 18/». 

173. Matiegzeck Josef, Kunstmaler, K lugst r. 10. 

174. Max Gabriel, k. Professor und Kunstmaler, Becthovenstr. 6/i. 

175. May F cnliuand, l)r. med., Hofratli. Maximiliansplatz 6/». 

176. May Richard, Dr. med., Assistent an der med.-prepiid. Klinik und Privatduzeut an der 
Universität, Krankenhausstr. la/o. 

177. Mayer-Doss G. 1*, Rentier, Partenkirchen, Villa Christina. 

178. Mayer Hans, Kaufmann, llermstr. 1/«. 

179. Mayr Dr. Albert, k. Gymnasiallehrer, München, Herzog Willielmstr. 4. 

180. Mayr Dr. Gg. von, o. Professor, kaiserl. UnterstantssekrotÄr z. 1)., Georgenstr. 38/t. 

181. Mayr Dr. Karl, Privatdozent und Sekretär der k. Akademie d. Wissenschaften, Galleriestr, 19/*. 

182. Mayr Raimund. Dr. mod., k. Hofrath. prakt. Arzt, Schillerstr. 15/i. 

183. Minde Johann Richard. Dr. med., prakt. Arzt, lleustr. 13/*. 

184. Mittermaier Franz, Gutsbesitzer, Inzkofen bei Moosburg. 

185. Mollier Siegfried, Dr. med., Privatdozent an der Universität, Arcissstr. 15/*. 

186. Müller Dr. Adolf, k. Bezirksarzt I. CI., 8t. Annaplatz 1/*. 

187. Mueller Dr. Arthur, Frauenarzt, Luisonstr. 27. 

188. Näher Georg, Dr. med., k. Hofrath und prakt. Arzt, Sophienstr. la/». 

189. Naue Julius, Dr. phil., Historienmaler, Promenadcplatz 6/4. 

190. Neustätter Otto, Dr. med., Kaufingorstr. 14/*. 

191. Niquet Dr. Emil, prakt Arzt, Neuhause rstr. 45. 

192. Oberhummer Eugen, I)r. phil., k. Universitätsprofessor, I/eopoldstr. 12,'*. 

193. Oberhummer Roman jun., Knufingerstr. 2/*. 

194. Obermaier Hugo, cand. theol., Regensburg, Kreisbibliothek. 

195. Oebbecke Dr. Kourad, Professor, Karlstr. 24/*. 

196. Ohlenschlager I)r. Friedrich, k. Gymnasial rektor, Gabe lsberge rstr. 20a. 

197. Oldenberg Dr. Adolf, k. Professor und Gymnasiallehrer a. D., Kaulbachstr. 56/*. 

198. Oldenbourg Rudolf sen., Veriapsbuchhündler, Glücktr. ll/o. 

199. Ostermaier Paul, Dr. mod., prakt Arzt, Promenadeplatz 21/i. 

14 * 



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202 



Mitglieder -Verzeichn iss. 



200. Oswald Karl Ritter von, k. Miriisti'rialdiroktor a. 1)., Schommorstr. 9/». 

201. Pachmayer Otto, I)r. nud.. k. Oenoralarzt a. D. t Augustenstr. 40/». 

202. Palmberger Richard, cand. inol., Ilildegnrdstr. 1/«. 

203. Paster Klemens, I)r. mwl., prakt. Arzt, Pfumlhnusstr. 5/*. 

204. Pauly August, Dr. phil., k. Univm'sitiitsprufessor, Aiumillerstr. Io,*. 

205. Pechmann Wilhelm Freiherr von, Bankdirektor, Baremtr. 30. 

206. Pemerl Br. Jakoh, prakt. Arzt, Cliirkstr. 10/*. 

207. PethÖ Dr. Julius von, k. Chefgcolnge, ltiidu|M'.st, Andrassystr. 33. 

208. Pfistermeister Kr. X. von, Dr. med., k. Ilofnndieui« und pinkt. Arzt. Rumfonlstr. 45/». 

209. Pieverling Dr. Ludwig von, A]>othokor, Fürsbrnstr. 4,». 

210. Poppel Johann, Dr. med., prakt. Arzt, Am*str. 5/», 

211. Poschinger Henriette von, K unstmnlcrin ans Tlieresienthal, Mnx-J^fstr. 2,« r. 

212. Prtmhuber Wilhelm, Dr. med., prakt. Arzt. Karlstr. 54 a. 

213. Ptickler-Limpurg Kduanl, Graf von, k. Major a. I). und («utdteHitzer, Amalienstr. 7 

214. Radlkofer Dr. Ludwig, k. Universitatsprofessor, Sonnenstr. 7/». 

215. Ranke Heinrich von, Dr. med., k. Uuiversitntxprofessor, Direktor der k. Universität»- 
Kimlerklinik, Sophienstr. 3,*. 

216 Ranke Johannes, Dr. nud. u. phil., k. Universitätsprofessor, llriennerstr. 25/». 

217. Rath I! ein rieh, Optiker, k. h. Hoflieferant, Rosidenzstr, 21. 

218. Rehlingen uml Haltenberg Rudolf von, Major z. D.. I’romonadeplnlz 18/». 

219 Reiser Dr. Karl, k. Renllehrer, IJehigstr. 16/*. 

22<l. Reuleaux Karl, Ingenieur, Widtherstr. 1 1/&. 

221 Renling August, 0b**rins]»ektor hei der sinkleutsrhen Ikdenemlitlwnk, Marsstr. 29, i. 

222. Reuling M. D., Professor und Direktor der Maryland Augenheilnnstalt, Baltimore 79 W 
Monument St. 

223. Richter Emst, k. Oberst a. D-, Mnximilianstr. 28. 

224. Riehl Max, Dr. med., Rückertstr. 4/* . 

225. Rietzl Anton, Kassier, l’nnnen wieplatz 18. 

226. Riezler Dr. Sigmund, k. Professor, Vorstand des k. Maximilianen ms, Hussen: Maximilianstr. 20;». 

227. Rikoff Tlieodor, Kunstmaler, Findling-rr. 21». 

228. Rittershausen Dr. Carl, k. Oberstabsarzt 1.(1., CornelitiKstr. 30 *. 

229. Roder Knust, k. liatiptmnnn, Türkeustr. 103/». 

230. Röder von, Dr. Adolf, prakt. Arzt, Landwehrstr. 7. 

231. Rose Karl, Dr. und., Ibifzahnarzt, llriennerstr. 2;t. 

232. Rosipal Karl, k. span. Konsul u. Inas. Vizekousul, Küuiginxtr. 28 •. 

233. Rothmund August von, Dr. med., k. Geheimer Rath n. Universitiitsprnfet«or, Ottostr. 8/». 

234. Rothpletz Dr. August, k. Kniversitiitsprofessur, Prinz-Regeutenstr. 26/*. 

235. Royer Charles Nie., franz. Konsul, Ludwigstr. 17 a/* I. 

236. Rückert Johannes, Dr. und., k. Univendttitsprnfexsor, Landwehrstr. 57. 

237. Rump Hermann, Prokurist der Kunstanstalt Meisenltach, Riffarth & Co., Findlingstr. 29. 

238. Sand Wilhelm, k. Stabsauditeur a. D., Preysingstr. 2. 

239. Schachinger, Kaufmann, Neuhauserstr. 14/t. 

240. Schallmeyr Dr. Wilhelm, prakt. Arzt, Wilhelmstr. 17/*. 

241. Schäfer Hermann, k. I«undgeri< htsrath, Ijingerstr. 2 a. 

212. Schech Dr. Phil. k. I' niversit;itspii*fi*ssor, Sophienstr. 2/». 

243. Scherman Dr. Lueian, Privnfdozent, Giselastr. 8 «. 

241. Schiller August, Dr. med., k. Oberstabsarzt und Regimentsnrzt, Königiustr. 37,«. 

245. Schillinger Alfred, Rentier und Konsulent für Fischerei, I>s,|H»|dstr. 9/ t . 

246. Schlösser Karl, Dr. med., Privatdozent an der Universität u. prakt. Arzt, Maximilians]»!. 6/». 

247. Schlösser Louis, Parti» ul ier, Ludwigstr. 6 ». 

248. Schlosser Dr. Max, k. Kustos der geol. Sammlung des Staates, Christofstr. 9/*. 

249. Schmaedel Josef Ritter von, k. wirk!. Rath, Hossstr. 6/t. 

250. Schmauss Adolf, Ingenieur, HilduganJstr. 4/*. 

251. Schmid Dr. Adolf, k. Hofrath und prakt. Arzt, Reichenhall u. München, Bavariaring 24/». 



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Mitglinler- Verzeichnis«. 



203 



252. Schmid Dr. Wolfgang M., k. Bibliothekar u. Sekretär am b. National tnuseum, Stomstr. 14/$. 

253. Schmidt Ad., Kunstmaler, Hessstr. 30/*. 

2i»4. Schmidt I)r. Wilhelm, k. Direktor der Kupferstich- und Handzeichnungen-Sammlung, 
Sonnenxtr. 18/$. 

255. Schnee Gotthilf, k. preuss. Hauptmann a. D., Adalbertstr. 31/i. 

M Schnorr von CarolBfeld Dr. Hans, k. Oberbibliothekar an der U uiversitätsbibliothek, 
Leopoldstr. 83/$. 

257. Schönborn Graf Wiosentheid Erwein, stud. jur., Schellingstr. 42/o. 

258. Schrauth Dr. Karl, k. Oberstabsarzt, Marsstr. 11/,. 

259. SchrenkN otzing Albert Frhr. von, Dr. mcd. prakt. Arzt, Max Josefstr. 2/o. 

260. Schwab Friedrich, Kaufimum, Herzog Rudolfstr. 2. 

261. Seggel Karl, Dr. mcd., k. Generalarzt, Vorstand des Operationskurees für Militärärzte, 
Findlingstr. 4/t. 

262. Seiller P. Bernhanl. Augsburg, St. Stephan. 

2t»3. Seitz Karl. Dr. mcd., Umversitäteprofessor, Rarvrstr. 52/t. 

264. Selenka Emil, Dr. phil. et tned., Universitätsprofessor honoris causa, Loopoldstr. 9/i. 

265. Seuffort Dr. Karl, k. Üborxollinxpektor a. D., Maximiliansplatz 9,$. 

266. Seydel Dr. Karl, k. Olwrstahsarzt I. Kl. bei der Kommandantur und Privatdozent an 
der Universität, Odeonsplatz 1. 

267. Seyler Emanuel, k. Hauptmann a. D. t An isstr. 11/t. 

2t»8. Sicherer von Otto, Dr. m«*d., Privatdozent an der Universität. I,andwehrstr. 1/tr. 

269. Sittl Karl, k. Babiioffjzial a. D. u. beeid. 1 1 audsch rif tenexjs 1 rte, Jägerstr. 10 /•. 

270. Soxhlet Dr. Franz, Professor an der technischen Hocliaehulc, Louiserwtr. 34/t. 

271. Spatz Bemhaid, Dr. mcd., Hof rat h, prakt. Arzt, Ottostr. l/$. 

272. Spiegel Karl, I^dirwr, Birkenfeld bei Untersambarh, B.-A. Wiesentheid. 

273. Spiess I)r. Theodor, Professor, Auguslenstr. 50,$. 

274. Stengel Emil Freiherr von, k. Generalmajor z. D., Ohmstr. 

275. Stephinger Haimund, A|>otheker, Steinheilstr. 21/#. 

276. Stemfeld Dr. Alfred, prakt. Arzt, Spezialist für Zahnln'ilkunde, Türkenstr. 16/i. 

277. Sternfeld Dr. Alfnd, Dentist, Kostthor 2/$. 

278. Sternfeld Hugo, I)r. mcd., prakt. Arzt, Kostthor 2/t. 

279. Steuerwald Dr. Will»., k. Gyinnasialpnifesw»r, Kaulbachstr. 85/i. 

280. Stranb Finnin. Buchdruckeivibcsitzer. Ottostr. ll/i. 

281. Stüt2el Tlusulor, Kommerzienrat!), Grosshändler u. k. Handelsrichter. Candinenplatz 5. 

282. Stumpf Ludwig. Dr. ined., Mcdieiualrath. k. Zentrulinipfarzt u. prakt. Arzt, A misst r. 15/'o. 

283. Stumpf Max. Dr. med., Professor a. d. k. llelnammenschulu und Privatdozent a. d. k. Uni- 

versität. Sophienstr. 6/t, Eingang An -isst r. 

284. Stumpf Dr. Philipp, k. Gymnasial prüft >ssor, llildegardstr. 2/i. 

285. Tappeiner Hermann Edler von, Dr. m»*d., k. Universitätaprofeseor, Davariaring 14/». 

28t». Thaeter Hermann. A|>otheker, Geoigenstr. 15/t. 

287. Thallmaier Ernst, Kunstmaler, Maximilianstr. 35/i r. 

288. Thallmaier Hans, k. Httfporzellanmuler und Kunsthändler. Maximilianstr. 35 / 1 r. 

289. Thiersch August, k. Professor an der technischen Hochschule, Parkstr. 4, Nymphenburg. 

290. Thiersch Ludwig, Historienmaler. Karlstr. .'40/$. 

291. Tolmatschew Dr. Nikolaus, Univerxitätsprofessor, Kasan, Russland. 

292. Trojanovic Dr. Sima, Professor, Belgrad. 

293. Übelacker Cajetan, k. Reehnnngarath, Schwanthalendr. 68/$ 1. 

294. Vierling Albert, k. llath am 01>orston Landgericht, Rudolfstr. 6/$. 

295. Vogel Hermann, Dr. mcd., k. Obermediziniilrath a. IX, fürstl. Hofrath, Erhardtstr. 30/t. 

296. Vogl Friedrich, k. Oberstnhsauditeur, Kochstr. 11/t. 

297. Vogt Dr. Karl, prakt. Arzt, Rosenthal 9/t r. 

298. Voit Karl von, Dr. med., k. Geheimrath, k. Oberroedizinalrath und Uuiversitätsprofesaur, 

Havdiistr. 10/t. 

299. Voithenleitner Hans, Dr. mod., prakt. Arzt, Nikolaist r. 2/$. 



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204 



Mitglieder- V erzeichniss. 



300. Volz Dr. Friedrich, Rentner, Karl st r. 40/«. 

801. Waagen Gustav von, Exeellenz, k. Genorallioutenant z. D., Herzog Itudolfstr. 9/#. 

802. Waitzfelder Theodor, Banquier, Maximilianstr. 82/«. 

308. Weber Franz, k. Oberamtsrichter a. D-, Mühlstr. 31'». 

804. Weiser Johann, k. lns|*»ktur und Generaidin'ktioiis-Sekivtär, Blütenburgorstr. 60/i. 

305. Weism&nn Johann, Oberlehrer a. D., Theatine nstr. 3t», 4. 

806. Weiss, Gutsbesitzer, Deidesheim. 

307. Werner l)r. Karl, Oeheimsekretär im k. gab. Staatsarchiv, Finkenstr. 3b/*. 

308. Wertheimer Siegmund, Dr. nu*d., prakt. Arzt, Maffcistr. 2/*. 

809. Wiedenfeld I-othar von. k. Regierung* rath a. 1)., Stemstr. 25/*. 

310. Wieser Dr. Franz von, k. u. k. Refrath, Cniversitätsprofcssor, Innsbruck, Meinlmrtstr. 4. 

311. Wild Friedrich, Grusshiindler, Thorwald senstr. 4/i. 

312. Wild Hermann, k. Abthoilungs- Ingenieur u. k. Lieutenant a. D., llildegnnlstr. I8/1. 

313. Winckel Franz von, I)r. mod., k. wichs. geheimer Modiziualrnth. k. h. Obermedizinalrath. 

UnivereitiUxprofessor und Direktor der Uuiversitütsfrauenklinik, Sonuenstr. 16a/i. 

314. Winkelmann Dietrich, Gutsbesitzer, Pfünz hei Eichstätt. 

315. Wohlmuth Max Dr., prakt. Arzt, k. Hofrath, Areisstr. 15. 

316. Wolff Dr. Emil, Augustenstr. 59/i. 

317. Wunder Justin, Chemiker, Nürnberg, Wob nl lmuptst r. 31. 

318. Xylander Heinrich Ritter von, Exeellenz, k. General der Infanterie und Kommandeur des 

k. b. III. Armee-Corps, Nürnberg. 

319. Zell Franz, Architekt, Klenzestr. 97. 

320. Zeiller Dr. Joseph, Franziskaner» tr. 3/i, z. Zt. Freising, Klerikalseminar. 

321. Zenone di CaBtelceriolo Cäsar Graf von, Giselastr. 28/*. 

322. Zeulmann Dr. Rudolf, Oherrcgierungsrath im k. StaatsminLsterium des Innern, Mnxi- 

mihanstr. 39/*. 

323. Zichy Theodor Graf von, k. k. osterr.-ung. ausserordentlicher Gesandter und bevollmächtigter 

Minister, Königiostr. 1. 

324. Ziemasen Dr. Hugo von, k. Geheimrath, Obermediziualrath, Universitatsprofessor und 

Direktor des allgemeinen Krankenhauses, Ijndwurmstr. 2 /<». 

325. Zintgraf Heinrich, k. Justizrath und frei res. Notar. Qallcriestr. 15a/». 

326. Zittel Dr. Karl Ritter von, Präsident der k. Akademie der Wissenschaften, k. Geheimrath, 

Universitiitsprofessor. Ludwigstr. 17'/t 111. I. 

327. ZmigTodski Michael Dr., Bibliothekar iu Sucha bei Krakau. 



E. Vereine. 

1. Alterthumsverein Kempten, Vorstand: llorchler, reebtskund. Bürgermeister in Kempten. 

2. Alterthumsverein für Weissenburg a S. und Umgegend. Vorstand: Troltsch, Fabrik- 

besitzer. 

3. Anthropologische Sektion der Natu rhis torisch e n Gesellschaft zu Nürnberg. 

4. Historischer Verein Dillingen. 

5. Historischer Verein für den Chiemgau, Traunstein. 

6 . Historischer Verein von Niederbayern, Iamdshut 



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Inhalt 

der 

Beiträge zur Anthropologie und Urgeschichte Bayerns. 



Organ 

der 

Münchener Gesellschaft für Anthropologie, Ethnologie und Urgeschichte. 

Begründet und herausgegeben 
von 

W. y. Gümbel (f), N. Rlidinger (f), J. Kollmann, F. Ohlenschlager, 

J. Ranke, C. v. Zittel, 
redigirt von 
Johannes Ranke. 

Hnml I— XIII. 



I. Band. 

Beite 



Unsere Ziele, von Professor I)r. Johannes Ranke, im Einvernehmen mit dem Redactions- 

auHschusse III 

Erlasse der kOnigl. bayerischen Staats- Ministerien, den Schutz vorhistorischer Denk- 
mäler in Bayern und deren topographische und kartographische Aufnahme 

betreffend VII 

Anhaltspunkte zur Erforschung und Aufnahme vorgeschichtlicher und geschichtlicher 

Alterlhümer, von Professor Ohlcn schlager X 

Die Pfahlbauten im Würmsee, von Sigmund von Schab, k. Landrichter. Mit Tafel I— XVII 1 
Auszüge aus den Sitzungsberichten der Münchener Gesellschaft für Anthropologie, 

Ethnologie und Urgeschichte, redigirt von Professor Dr. Johannes Ranke . 91 

1. Uebersicht Über die Thiltigkeit der Münchener anthropologischen Gesell- 
schaft von ihrer Gründung im April 1870 an bis zum Juli 1876 von 
Prof. I>r. Johannes Ranke. 

Statuten der Münchener Gesellschaft für Anthropologie, Ethnologie und Urgeschichte 105 

Mitglieder- Verzeichniss Juli 1876 108 

Beschreibung der Tafeln 1 — XVII 111 

Ueber die Völker der Platten- und Reihengräber in Bayern: 

I Ueber oberbayerische Plattengräber und die muthmassliche Stammesangehörigkeit 

ihrer Erbauer, von Professor Dr. Heinrich Ranke. Mit Tafel XX u. XXL . 113 

II Ueber die Reihengräber bei Oberhaching von Professor Dr. Marggrajf 133 

III Ueber die Reihengräber bei Oberhaching von August Ilurtmann 138 

IV. Die Platten- und Reihengräber in Bayern von J. Wxirdinger, k. hayer. Major a. I>. 



•uu laiei 

V Schädel aus alten Grabstätten Bayerns, von Prof. Dr. Kollmann. Mit Tafel 

XVI 11 und XXI 151 

Auszüge auH den Sitzungsberichten der Münchener anthropologischen Gesellschaft . 222 



2. Moorleichunfund bei Rettenbach am Auerberg, kgl. Bezirksamt Oberndorf, 
von Professor Dr. Johannes Ranke. 

3. Neue Einlaufe in Bezug auf die prähistorische Karte. Referent Herr 
Professor Ohlcnschlager. 

Die Schädel der altbayerischen Landbevölkerung, von Prof. Dr. Johannes Ranke. 

I. Abschnitt. Zur Physiologie des Schädels u. Gehirns. Mit Tafel XXII u. XXIII. 



Einleitung 227 

Kapitel 1. Die Schläfenenge 236 



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206 



Inhal ts- Verreich uiss von Band I— XIII. 



Seite 

Vorläufige Mittheilungen über die Unterschiede der Grosshirnwindungen nach den Ge- 
schlecht beim Foetus und Neugeborenen mit Berücksichtigung der angeborenen 
Bracbycephalie u. Dolichocephalie, v. Prof. Dr. Rudinger. Mit Taf. XXIV— XXVI. 286 
Auszüge aus den Sitzungsberichten der Münchener Gesellschaft für Anthropologie, 
Ethnologie und Urgeschichte: 

4. Entdeckung eines Reiheugräherfeldes bei Oberdorf (bei itiessenhofen). 

Referent Professor Ür. Johannes Ranke 302 

5. Diskussion über die Stein-, Bronze- und Eisen periode der vorgeschicht- 
lichen Zeit, mit grösseren Vorträgen des Herrn Dr. uied. Iiwldrus, der 
Herren Prof. I)r. Marggraß , Sepp, Qhlemehlayer, Rateei , von Christ, Zit fei, 

H. Ranke, des Herrn Hermann von Schlagintweit-Sakünlünski und des 
Herrn Bergdirector Dr. Emil Stohr 309- 330 



n. Band. 



Der Schädel der altbayerischen Landbevölkerung, von Professor Dr. Johannes Ranke. 

Mit Tafel I, II, III. 

Kapitel 11. Partielle Erweiterungen des Himraums 1 

Kapitel III. Der Schadelinhalt und der Horixontahinifang des Schädels hei der alt- 
bayerischen Landbevölkerung 47 

Schlusabetrachtung 62 

Tabellen 77 

Die Begräbnissarten aus urgeschichtlicher Zeit auf bayerischem Boden, von Professor 

F. Ohlensehlager. Mit Tafel IV, V, VI 81 

Auszüge aus den Sitzungsberichten der Münchener Gesellschaft für Anthropologie, 
Ethnologie und Urgeschichte: 

Culturbistorische Beiträge zur Erforschung der Vorzeit in den slavischen 
Ländern. Von Michael v. Zmigrodxki. Mit 1 Holzschnitt im Text 110 

Die Germanisirung Tirols, von Dr. L. Steub. 

1. Die rhattsche und romanische Zeit 131 

Die Unterschiede der Grosshirnwindungen nach dem Geschlechte bei Zwillingen von 

Professor Dr. Rudinger. Mit Tafel VII und VIII 140 

Künstliche Höhlen in Oberbayern. 

I. Die neuentdeckten künstlichen Höhlen in Unterbachorn und Kissing, von 

Professor Dr. Johannes Ranke 146 

II. Die künstlichen Höhlen in Unterbachern und Kissing, von Prof. A. Thierseh. 

Mit Tafel IX 151 

III. Ueber unterirdische Gange und künstliche Höhlen, von Seraphin Hartmann, 

kgl. Gerichtsschreiher in Bruck. Mit Tafel X und XI 165 

A. Statistik der in der Umgebung Münchens bis jetzt bekannt gewordenen 

künstlichen Holden 156 

B. Allgemeine Gesichtspunkte für Beurtheilung der künstlichen Höhlen . 166 



IV. Aua der Discussion über die künstlichen Höhlen. (Sitzung v. 15. Febr. 1878) 172 

1. Herr Staatsbibliothek-Sekretär August Hartmann. 

2. Herr Major Wiirdinger. 

3. Herr Professor Ohlensehlager. 

V. Die labyrinthischen Berggänge in Altbayern u. a. Ein Beitrag zur Vater- 



landsgeschichte von Professor Dr. Sepp 175 

Auszüge aus den Sitzungsberichten der Münchener anthropologischen Gesellschaft: 

1. Ueber Farbenbezeichnungen in den Indianeraprachen von Dr. Oscar Low . 179 

2. Ueber Wortfthnlichkeiten zwischen amerikanischen u. ostasiatischen Sprachen 

von Dr. Oscar Low 180 

3. Hermann von Schlag mt weit : Bericht über die ethnographischen Gegenstände 

etc. mit Holzschnitt im Text 184 

4. Schädel vom „Hochgestad" bei Unterhausen a/D. Professor Dr. F. Kollouinn 187 

5. SchalenBteine im Fichtelgebirge von L. Zapf 189 



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Inhalts- Verzeichntes von Band I — XIII. 



207 



Seite 



Die natürlichen Höhlen In Bayern 

I. Ueber Bildung von Höhlen In Bayern von Oberbergrath Prof. Pr. OürnM. 

Mit Tafel XIV. Höhlenkarte von Bayern 191 

II. Das Zwergloch und Hasenloch bei Pottenstein in Oberfranken von Professor 

I)r. Johanne » Ranke. Mit Tafel XII und XIII 195 

III. Die anthropologische Bedeutung der Funde in fränkischen Höhlen. Von 

Professor Pr. K. Zittel 22Ü 

IV'. Die Fosailreste der Mikrofautia aus den oberfränkischen Höhlen. Bearbeitet 

von Dr. Alfred Nehring ( W olfen böttel) 229 

Der Schädel der altbayerischen Landbevölkerung von Professor Pr. Johannes Ranke. 

Tabellen. Schluss 239 

Auszüge aus den Sitzungsberichten der Münchener anthropologischen Gesellschaft . 266 



III. Band. 



Prähistorische Karte von Bayern, im Anschluss an die von der deutschen anthropo- 
logischen Gesellschaft vorbereitete prähistorische Gesammtkarte Deutschlands, 
bearbeitet im Auftrag um! mit Unterstützung der anthropologischen Gesellschaft 
in München von Prof. F. Ühlenschlager. Mit 3 Blattern der prähistorischen 

Karte von Bayern: Manchen, Kempten, Rosenheim 1 

Ueber den Oberpfälzer Dialekt von Gustav Fink, kgl. q. Stadtrichter 29 

Die vorgeschichtliche Steinzeit im rechtsrheinischen Bayern von Prof. Pr. Johannes 

Ranke. Mit Tafel 1— V. Einleitung 34 



A. Statistisches Material und direkte Untereuchungsergebnisse. Beschreibung und 
statistische Aufnahme aller prähistorischen Sternwarten aus Fundorten des rechts- 
rheinischen Bayern, welche zur Zeit in wissenschaftlich zugänglichen .Sammlungen 
in Bayern aufbewahrt werden. Mit Unterstützung der Herren Oberbergrath 
Prof. Gümbcl und Prof, Haushofer, bearbeitet von Prof. Pr. Johannes Ranke 38 



1. Pie oberbayerischen Sammlungen .... 3H 

II. Sammlung in Niederbayern 44 

III. .Sammlung in der Oberpfalz 44 

IV. Sammlungen in Schwaben und Neuburg 45 

V. Sammlungen in Unterfranken 47 

VI. Sammlungen in Oberfrartken 49 

VII. Sammlungen in Mitteifranken 49 

Liste der Fundorte prähistorischer Stein wallen im rechtsrheinischen Bayern . 50 

Tabelle der Materialien der bayerischen Steinwatfen und die geographische 

Yertheilung derselben 52 

Pie im rechtsrheinischen Bayern gefundenen geschliffenen Sternwarten und 

geschlagenen Feuersteinobjekte 52 

B. Ueber das im rechtsrheinischen Bayern zur Herstellung der Stein walfen ver- 
wendete Material und dessen Herkommen 54 

1. Milt bedungen des Herrn Oberbergdirektor Prof. Pr. Gilmbel 54 

11. Kurzer Bericht über die von Herru Landrath Mittermuier zu Inzkofen hei 
Moosburg gesammelten prähistorischen Funde von Herrn Dr. Haushofer, 
Professor der Mineralogie an der kgl. technischen Hochschule zu München 55 

C. Allgemeine Resultate der Untersuchung über d. bayer. prähistorischen Steinwnffen f»7 

I). Erklärung der Tafeln I— V ....... 67 

Bericht über die Ausgrabung antiker Grabhügel auf den Feldern der Gemeinde Nieder- 

ambach, genannt das Stocket vou Joh. Hellmair , Stadl paiier in Moosburg . 63 

I. Ausgrabung 64 

11. Ausgrabung 65 

Ueber einige Bildungen an der Hinterhauptschuppe des Menschen von I)r. med. Bernhard 

Hagen aus Germersheim. Mit Tafel VI ... 67 

Anatomisch-topographisches 68 

Entwicklungagescbichtliches 73 

Statistische Bemerkungen über die Linea nuchae, die Protuberantia externa 

und das Tuberculum lineartim 76 

Statistische Bemerkungen über den Torus occipitali« 78 



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203 



Inhalts- Verzeichnis» von Band l— XIII. 



Seite 

Anhang- Statistik des Torus transversus bei alten deutschen Gräber- und 

ägyptischen Mumienschädeln 83 

Anthropologisches 83 

Erklärung der Tafel VI .... 86 

Auszüge aus den Sitzungsberichten der Münchener anthropologischen Gesellschaft 

itn Jahre 1878 91 

Die Muldensteine des Fichtelgebirges von Ludwig Zapf. Mit Tafel VII 99 

Die Schädel der altbayerischen Landbevölkerung von Prof. I >r Johann** Ranke. 

II. Abschnitt. Ethnologische Kraniologie Bayerns. Einleitung. Ethnologische 

Charakteristik der Altbayern 108 

Kapitel V. Die altbayeriache Brachycephalie 115 

1. Einleitende Bemerkungen 115 

2. Da« Untersuchungsmalerial nnd seine Yerwerthnng 118 

3. Die Mittel wer the des Langenbreiten Verhältnisse« der Sch&del der alt- 
bayerischen Landbevölkerung 1*22 

3a. lhe Verkeilung der verschiedenen Längenbreitenindice« der Schädel inner- 
halb der altbayerischen Landbevölkerung 126 

4. Das bayerisch tyroler Hochgebirge als ein AuMtrmhluogacentrura der alt- 

bayerischen Brachycephalie 137 

5. Das westliche Maingebiet als ein Ausstrahlungacentrum der Doliebo- und 

Mesorephalie für diu bayerische Bevölkerung 141 

6. Darstellung der bisherigen Resultate in Kurvenform 152 

7. Die Beeinflussung der altbayerischen Brachycephalie durch die slavisch* 

oslfrBnkische Bevölkerung Oberfrankens 155 

8. Die schwäbisch -alemannische Brachycephalie in ihrem Einfluss auf die 

Schftdelformen in Althayern 161 

9. Ausblick nach Skandinavien und in die Vorzeit 164 

10. Die Bchädelböhe 172 

Haupt Resultate des vorstehenden Kapitels 177 

Tabelle I— XIII 180- 205 

Die Felsenwohnungen aus der jüngeren Steinzeit io der fränkischen Schweiz von 

Prof. Dr. Joh. Ranke 206 

Die Knochen-, Stein- und Thongerftthe der Felsenwohnungen 206 

1. Die ßteingerlths 909 

2. Knochen* und Horninstrumente 210 

3. Reste von Thongerftthen 215 

Aufzahlung der Kundobjekte aus Felsenwohnungen in der „fränkischen Schwei*“ 217 
Beschreibung der Tafeln 229 



IV. Band. 

Statistik und Physiologie der Körpergrösse der bayerischen Militärpflichtigen in 

«len 7 rechtsrheinischen Regierungsbezirken nach «len Voratellungslisten der 
kgl. Ober Ersalzkouiinissioiien vom Jahre 1875. Bearbeitet von Prof. Dr. J. Ranke. 

Mit Tafel (Karte) 1 und 11 1 

1. Vorarbeiten und Methoden 1 

2. Mindermaass und Uebcrmaass 6 

3. Kleine und Grosse 13 

4. Resultate 17 

5 Erklärung der Karten 18 

6. Tabellen 21 

I. Slavische Nachklänge im bayerischen Vogtlande, von Ludwig Zapf .... 36 

II. Ueber die Formen der Gewandnadeln (.Fibeln) nach ihrer historischen Bedeutung 

von Dr. (J. Ttuchler, Königsberg* Mit Tafel III — VI. Vortrag in der Münchener 
anthropologischen Gesellschaft, gehalten den 23. Dezember 1880 47 

Einleitung 47 

All-Italische Fibeln 50 

Halbkreisförmige Fibel 51 

Kahnfürmigc Fibel 53 

Schlangen fibel 54 

Certosa- Fibel 56 

Ackere süddeutsche Fibeln 57 

Pauken- Fi bei 59 



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Inhalts-Verzeichniss von Band I — XIII 



209 



Seite 



T- Fibeln 60 

A eheste Arm brüst- Fibeln 60 

Armbrust-Fibel mit Thierkopf 62 

Ijl Töne- Fi bei 62 

Armbrust- Fibeln mit Thierkopf 66 

Fibeln mit Hacken und oberer Seime 70 

Armbrust- Fibeln mit uingäschlngenem Fuss 75 

Armbrust' Fi bei mit kurzem Nadelhalter und Nadelscheide 77 

Armbrust-Chamier-Fibel ...» 78 

Jüngere nordische Fibeln 79 

Erklärung der Tafeln 83 

III. Resultat der Messungen von 130 Schädeln des Gebirgsbezirkei Tölz, von Dr. 

3/. Höflcr, prakt. Arzt In Tölz 85 

Haupttabelle 89 

Tabelle der SchUdelmaasse ans dem Gebirgsbezirke Tölz 90 

IV. Neue Fuudberichte mit Tafel VII 9s 

Kölnische Grftber im Striethwslde, von J. Broili 98 

Kine neue künstliche Höhle, von Holzmann, Lieutenant 98 

Ein Schatzfund, von A. Nagel 99 

Ein neuer Schalenstein, von L. Auer, Hauptmann 100 



Prähistorische Karte von Bayern, im Anschluss an die von der deutschen anthropo- 
logischen Gesellschaft vorbereitete prähistorische Gesammtkarte Deutschland», 
bearbeitet im Auftrag und mit Unterstützung der anthropologischen Gesellschaft 
in München von Professor F. Ohlenzchlager. Mit 3 Blättern der prähistorischen 
Karte von Bayern (Fortsetzung): 



Ortsnamen verzeichn iss 102 

Ulm 107 

Archäologische Karte der Umgebung von Bruck a. d. Amper 112 

Kegensburg 117 

Ansbach 118 

Plan der Reihengräber bei Nordendorf 130 

Plan der 74 Ucihengräber bei Langweid 131 

Ueber die Ernährung des Menschen in verschiedenen Klimaten, Vortrag, gehalten in der 
Sitzung der Münchener anthropologischen Gesellschaft vorn 25. Febr. 1881 von 

Carl v. Voit 133 

Das Plateau an der nördlichen Ausbeugung der Mangfall. Archftologisch-fortificaiorfeche 

Studie von Ludwig Auer, ilauptmnun a. D. Mit Tafel VIII 140 

1. Fortiticntionen und Strassen an der Nordgrenze des bayerischen Hochgebirges 

überhaupt 146 

II. Das Mangfalldreieck und das grosse Lager zwischen Mangfall und 1-eizach im 

Allgemeinen 150 

HI. Die einzelnen zum verschanzten I.ager gehörenden Befestigungen: 

1. Südbefestigung bei Fendbach, Funde aus dem Femlbueher Lager und dessen 

nächster Umgebung 152 

2. Westseite des verschanzten Lagers 160 

3. Befestigung der Nordseite 160 

4. Befestigung der Ostseite 162 

5. Vorgeschobene Befestigung nördlich der Mangfall und die dortigen Funde 165 

IV. Sonstige Forlificationen, Strassen und Funde auf dein Mangfall- Di eieck 171 

1. Weyarn, die St. Jacobs-Kapelle daselbst, der unterirdische Gang, die 

Hocbäcker und Funde 171 

2. Befestigungen und Wahrnehmungen io der Nähe der Leizach . 174 

3. Westrand des Mangfalldreiecks, Strassen und Befestigungen an der oberen 

Mangfall und Schlierach 179 

4. Südseite des Mangfalldreieck», Strassen, Befestigungen, Wahrnehmungen 

und Funde 181 

5. Ostseite des Mangfalldreieck», kurze l 'ehersicht über Strassen, Befestigungen, 

Wahrnehmungen und Funde an der unteren Mangfall und detu Inn . 185 

UebersiehU-Tabelle 193 

Angaben zu Tafel VIII • 196 

Ringwälle io Bayern, insbesondere die Houbirg, von Albert Vierling, k. Landgerichts- 

Rath in München 197 

Ueber Krankheitserscheinungen bei den Pflanzen, von Prof. Dr. Hartig. Vortrag in 

der Münchener anthr. Gesellschaft am 13. Mai 1881 208 



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210 



I obalts-V erzeicbniss von Band I -XIII. 



V. Band. 

Seite 

Ueber Feldmarken der Münchener Umgebung und deren Beziehungen zur Urgeschichte. Vor- 
trag gehalten in der Münchener anthropologischen Gesellschaft am 28- Apiil 1882 

von Prof. Dr. Heinrich Ranke. Mit Tafel I 1 

Markomannen und Bajuwaren. Hin© Studie zur Geschieht© der deutschen Völker- 
wanderung von L>r. C. Mehlis. Mit einer Kartenskizze, Tafel II 25 

Beitrage zur physischen Anthropologie der Bayern von Johannes Ranke (Fortsetzung) 
init 10 Tafeln: 

Kapitel VI. Die Bildung den Gesicht« bei der ultbayerischeu Landbevölkerung 53 
Vorbesprechung. Mit Tafel III., IV., V 53 

1. Die Bildung der Stirn bei der nltbaverisehen l,andbevölkerung. Mit 

Tafel VI., VII , VIII. und Tabellen 1 und 2 57 

Anhang zur Untersuchung über die Bildung der Stirn (Schädelbasis) . 78 

2. Die Bildung «1er Augenhöhlen hei der althayerischen Landbevölkerung . 03 

Resultate. Mit Tafel IX. und Tabellen 5, G, 7 104 

3. Di© Bildung der Käse bei «ler altbayerisclien Landbevölkerung . . 113 

Resultate. Mit Tafel X., XI. und XII. und Tabellen 8, 9 und 10 . . . 131 

4. Der Profil winkcl, Mittulgesichtswinkel um! Alveolarwinkel bei der altbayer* 

ischen Landbevölkerung. Mit Tabellen II, 12 und 13 141 

Resultate 153 

5. Di© Bildung des knöchernen Gaumens bei der altbayer. Landbevölkerung. 

Mit Taladlen 14, 15 und 16 160 

Resultate 169 

6 Gesichtsbreite und Gesichlslänge der altbayerischen Landbevölkerung. Mit 
Tabellen 17, 18 und 19 * 176 

7. Messungen an Lebenden und Schlussbetrachtungen dieses Kapitels. Mit 

Tabellen 20 und 21 192 

8. Die althayerischen und die oberfränklschen Schädel. Mit Tabellen 22, 23 u. 21 204 

Gesammtresultate des VI. Kapitels 215 

Kapitel VII. Einblick im übrigen Deutschland 226 

1. Vergleichung «ler unter «len Altbayern beobachteten kraniologisohen Ver- 
hältnisse mit den Ki&ultateu der Untersuchung«Mi v. Holder« über die in 

Württemberg vork«»nimemlen Schä«lelformen 226 

Resultate 230 

2. Vergleichung «ler unter den Altbayern beobachteten kraniologisohen Ver- 
hältnisse mit den Resultaten der Untersuchung unter dein alemannischen 
und alemannisch -schweizerischen Volksslamm durch Ecker und Rüti- 

ineyer und liis 233 

Resultat«; 239 

3. Kraniologischer Einblick im Übrigen Deutschland 240 

Oie Hügelgräber mit dem Fürstengrabe bei Pullach (München) von Julius Naue. Mit 

Talei XIII. bis XX 249 

Beschreibung der 8 Tafeln 270 

Prähistorische Karte von Bayern, im Anschluss an die von der deutschen anthropo- 
logischen Gesellschaft vorbereitete prähistorische Gesaimntkurte Deutschlands, 
bearbeitet im Auftrag und mit Unterstützung der anthropologischen Gesell- 
schaft in München von Prof. F. Ohlenschlager. Mit 3 Blättern «1er prähistor- 
ischen Karle von Bayern (Fortsetzung): 

Ortsnauienverzeiehniss 275 

Scliweinfurt. Blatt 1 282 

Würzburg. Blatt 2 287 

Sclutusee. Blatt 6. Ueber Aller, Herkunft und Verbreitung der Hoch» 

äcker in Bayern 293 



VI. Band. 

Eia Burgwall auf dem Waldstein im Fichtelgebirge. Von Ludwig Zupf (Münchberg) 

Mit Tafel I — III 1 

Die Hügelgräber mit dem Fürstengrabe bei Pullach (München). Von Julius Naue. Mit 

Tafel IV — XL (Fortsetzung und Schluss) 21 



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Inhalts-Verzeichniss von Baoi I — XIII. 21 1 

Seile 

Die Gräber von Leimersheim (Pfalz). Von Pr. C. Meklti r. Mit Tafel XII .... 5G 
Oie prähistorischen Schwerter. (Vortrag gehalten in der Anthropologischen Gesellschaft 

in München am 211. Februar 1884.) Von Julius Xauc. Mit Tafel XIII — XXIII. Gl 

Die Leimersheimer Bronzelunde. Von Ür. W. Harster— Speier. Mit Tafel XXIV. . 79 

Beschreibung und Anwendung eines neuen kraniometrischen Instrumentes. Mit Tafel 

XXV u. XXVI. Von Dr. Josef Mies , approh. Arzt aus Köln a. Rb. ... 83 

Zur Kraniologie der Kelten. (Vortrag, gehalten in der Münchener anthropologischen 

Gesellschaft am 27. Februar 1885.) Von I’rof. Pr. H. Hanke 109 

lieber die genaueren gränzen der Baiwaren unter dem königlichen hause Wittelsbach 
gegen die stamme der Schwaben und Franken mit einer karte, sowie einiges Uber 
spräche und abstammung der gesamten Baiwaren. Von Johannes Fressl. Mit 

Tafel XXVII 122 

Verschwindende Dialektformen. Von Rath Vierling . 135 

Bericht Uber einen aufgefundenen unterirdischen Gang im Orte Figelsdorf in der Hallertau 

im iahre 1884. Von Franz Mittermaier und Joh Uellmair , Stadt pulter . 139 

Notizin über ausgegrabene, unterirdische Gänge im Dorfe Haag an der Amper mit Grund- 
riss und Prifllzeichnung. Von Franz Mittermaier und Joh. Uellmair , Stadtpalier. 

Mit Tafel XXVIII Ul 

Archäologische Untersuchungen bei Gräfenberg. Von Dr. C. Mehlin. Mit Tafel XXIX, 

gezeichnet von C. Krell ...» 144 

Bericht über neue vorgeschichtliche Funde in Bayern sowie Kleine Mittheilungen. Zu- 

aaininengestellt von Fr. Weber, kgl. Amtsrichter in Mieahach 154 



VH Band. 

Die Grabhügelfelder zwischen Ammer- und Staffelsee. Eröffnet und beschrieben von 

Julius Naue. Mit Tafel 1 und II 1 

Die Ortsnamen des k. b. Bezirksamtes Miesbach. Ein Beitrag zu deren Erklärung und 

zur Ansiedelung der Bayern. Von Anton Wettinger 33 

Bericht Uber neue vorgeschichtliche Funde in Bayern. Zusammengestellt von Fr. Weber, 

k. Amtsrichter in Mieehach 78 

Prähistorische Karte von Bayern, im Anschluss an die von der deutschen anthropo- 
logischen Gesellschaft vorbereitete prähistorische Genammlkarte von Deutsch- 
land, bearbeitet im Auftrag und mit Unterstützung der anthropologischen 
Gesellschaft in München von Professor F. OhlamhUujer. Mit 3 blättern der 
prähistorischen Karte von Bayern (Fortsetzung) 

Blatt 2. Lichten fein 93 

Blatt 9. .Straubing 97 

Blatt 12. Passau 99 

Ortanamenverzeichnis* zu Blatt 1 Schweinfurt lind 4 Würzburg 103 u. 105 

Unterirdische Gänge. Von Dr. August llartmann Mit Tafel III 93 

Das Römer-Castell bei Pfünz. Von Karl Fopp, kgl. Generalmajor a. D. Mit Tafel 

IV— VI 120 

Die Grabhügelfelder zwischen Ammer- und Staffelsee. Eröffnet und beschrieben von 
Julius Naue. Fortsetzung und Schluas. Mit Tafel III — VII fortlaufende 
Nummer für den Artikel, VII — XI fortlaufende Nummer für den Bund . 137 

Cretlnistische Veränderungen an der lebenden Bevölkerung des Amtsgerichtes Tölz 
von Dr. M. Büßer, praet. Arzt in Tölz. Mit Tafel XII und einer Kalte des 
Amtsgerichtes Tölz . 207 



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212 



lubalts-Verzeichniss von Hand 1 — XIII. 



VIII. Band. 



Seite 



8 



Die Grenzen des fränkischen und schwäbischen Idioms. Von Albert Friekhinger, d. Z. 

UandtAgaabgeordneter. Mit 1 Kflrtchen im Text 

Ueber die Ortsnamen im Ries und seine nächsten Angrenzungen. Von C. Mayer. (Referat) 

Der Römerhügel bei Keilmünz an der Iller. Ein Begräbnisaplatz aus der Bronzezeit. 

Von Heinrich Schiller, k. Stndienlehrer in Memmingen. Mit Tafel I und II 

und einer Karte auf Tafel 111 

Die Besiedlung des Alpengebietes zwischen Inn und Lech und des Innthales in vorge- 
schichtlicher Zeit. Von Fr. Weber. Mit einer Karle auf Tafel 111 . 

Volhsmedicin und Aberglaube in Bayerns Gegenwart und Vergangenheit. Von Dr. M. Hofier , 

Arzt in Tölz (krankenlieil). (Referat) 

Ueber Votiv-Gaben. Hin Beitrag zur Volksmedizin and Aberglauben in Oberbayern 

Von l)r. M. Hofier, Arzt in Tölz (Krankenlieil) 

Alte Befestigungen zwischen Fichtelgebrige und Frankenwald, zwischen Saale und Main. 

Von Ludwig Zapf. Mit Tafel IV 

Beiträge zur physischen Anthropologie der Bayern. Die Körper Proportionen des bayer- 
ischen Volkes. Von Johannen Ranke 

Das germanische 6räberfeld bei Thalmässing. Von F. ühlemcldager .... 

Ueber Hügelgräberfunde bei Parsberg, Oberpfalz. Von I)r. Heinrich Scheidemandel 

prakt. Arzt. (Referat) 

Slvavische Fundstätten in Franken. Von Ludwig Zapf. Mit Tafel V . . 

Römer-Castell bei Pfünz. (Fortsetzung). Von Karl l*opp, Generalmajor a. I». Mit 

Tafel VI, Vll und VIII 

Vorgeschichtliche Spaziergänge in der Umgebung von München. Altes und Neues. 

Originalmittlieilnngen von E. Schneller. Mit Tafel IX und X 
Ethnographische Karte des nordöstlichen Oberfrankens. Von Ludwig Zapf Mit Taf. XI 
Bayerische, volksübliche Ausdrücke in Krankheitsfällen und Benennungen von Körper 

theilen. Von Dr. M. Hofier in Tölz 

Denkmale des Jupiter DQlichenus zu Pfünz und Faimingen. Mit Taf. XV, XVI, XVII 
Vortrag, am 26. Mai 1889 in der Anthropologischen Gesellschaft zu München 

gehalten von Hugo Arnold 

Verhandlungen der Münchener anthropologischen Gesellschaft. 

•Sitzung den 3. November 1888: 

J. Ranke: Vorstellung einer bftrligen Dame, Krau Marie Lent, genannt 

Zenora Pastrana und der Mumie der Julia Pastrana. Mit Tafel XII . 

Dazu Rudinger 

A. Goerinyer : Geber die modernen Probleme Magnetismus, Hypnotismus 

und Spiritismus 

Dazu Grashey (12) 

Sitzung, den 30. November 1888: 

Rönnet: Ueber Vererbung von Veistümmelungen (25) 

Th. lloveri : Die Vorgänge der Befruchtung und Zelhheilung in ihrer Be- 
ziehung zur Vererhungsfrage. Mit Taf. XIII — XIV’ ...... (27) 

Kaufmann Ulrich: Plane der neuen Ausgrabungen in Kempten und dor 

Fund römischen Daruenschmuckes von Wiggensbach (40) 

Sitzung, den 28. Dezember 1888: 

Rankt und Becklet ; Einige Funde aus Reihengnibern von Altstetten bei Fischen (41) 



22 



37 



102 

107 



117 



127 

147 



162 



179 



(i) 

(C 

( 4 ) 



IX. Band. 



Die Urbewohner Altbayerns. Grundlinie einer neuen Alterlhumsgeschichte unseres 
Vaterlandes. Von Dr. Sepp 

Vorgeschichtliches aus dem Alpengebiete zwischen Inn und Salzach. Studie von Franz 
Weber, k. Obevmmterichter in Reichen hall. Mit 1 Karte, Tafel V . 

Neue Funde aus Parsberg. Von Dr. Lubor Xiederle aus Prag. Mit Tafel I— IV . 

Ueber haus und hof des baiwarischen landmannes. Von J. Frezsl 

Ueber Unterschiede im Altersaufbau der Bevölkerung. Von Dr. Georg von Mayr. Mit 
Tafel VJ u. VH 



8 

18 

33 



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Inhalts- Verzeichnis» von Band I— XIII. 



213 



Seite 

Hügelgrab bei Dechsendorf. Von Otto Erhard , Pfarrverweser in Ileidenheim. Mit 

Tafel VIII, IX, X 74 

Bericht über neue vorgeschichtliche Funde in Bayern. ZusammengeBtellt von Franz 

Weber, k. Oheramtsnchter in Keichenhail 77 

Verhandlungen der Münchener anthropologischen Gesellschaft. 

Sitzung den 28. December 1888: 

Prof. l)r. Siegmund Günther : Ueber Zahl begriff, Zahlschreibung und liechen- 

kunst im Lichte der Völkerkunde (I) 

Prof. Dr. Jotef Laufh : Wieland der Schmied (3) 

Sitzung den 18. Januar 1889: 

Dr. Deyt, Amtsarzt aus Surabaja auf Java : Vörstellung eines „eingeborenen 

Javanen" (3) 

Dazu: Anthropologische Aufnahme de« Javanen Ali (4) 

Friedrich von Hellwald : Die Zigeuner, ihr Leben und Treiben .... (6) 

Ilaupimann //. Arnold: Die ncuaufgefundenen V'otiviafeln aus den» Tempel 
des Jupiter Dolichenus nächst dem Pfünzer römischen Castell ... (7) 

Dr. Al. Hofier, prakt. Arzt in Krankenheil: Volksmedizinisches .... (7) 

Sitzung, den 22. Pebramr 1889: 

Prof. Dr. Emat Kuhn: Ueber die Verbreitung und die älteste Geschichte 

der slavischen Volker (14) 

Privatdocent Dr. Eugen Oberhummer: Archäologische Keiscskizzen ans Cypern, 
nebst Bemerkungen über die erste Bevölkerung der Insel und über cyp- 

risebe Alterthümer (22) 

Sitzung, den 15. Mürz 1889: 

Prof. Dr. J. Ranke: Vorstellung «Ick Herrn Naueke, sowie des Zwergs l’lpa (23) 

Dazu; Das Körpergewicht und seine Extreme (23) 

Prof. Dr. Sepp: Die Urbewohner Althayerns (27) 

Historienmaler Dr. J. Kaue: Die vorgeschichtlichen Entdeckungen und Funde 
der Gebrüder Siret in Süd-Ust-äpanien mit Demonstrationen .... (27) 
Sitzung, den 26. April 1889: 

Oberinedicinalratb Professor Dr. Bollinger: (Jeher paitielles Kiesen wach»- 

thum und angel>orene Fettsucht (28) 

Hauptmann Hugo Arnold: (Jeher die Denkinüler des Jupiter Dolichenus zu 

Pfünz und Faimingen (29) 

Sitzung den 24. Mai 1889 : 

Obermedicinalrath Prof. Dr. Bollinger: Vorstellnng eines Mannes mit par- 
tieller Fettsucht (30) 

Dr. me«l. L. Martin: Mittheilungen aus dem inulayischen Archipel und Vor- 
stellung eines Eingeborenen von der Insel Bawian (31) 

Prof. Dr. J. Ranke: Ueber die somatische Aehnlichkeit zwischen Malayen 

und Mongnloülen (31) 

Balmofficial K. Sittel: Die Handschrift und ihre Verhältnisse zur Anthropol. (33) 

Ausflug der Münchener anthropologischen Gesellschaft nach Pfünz (33) 

Prähistorische Karte von Bayern, im Anschluss an die von der deutschen anthropo- 
logischen Gesellschaft vorbereitete prähistorische Gesammtkarte Deutschlands, 
bearbeitet im Auftrag und mit Unterstützung «ler anthropologischen Gesell- 
schaft in München von Rector F. (Jhlermhlager. Schlusslieferung mit 3 Blattern 

der prähistorischen Karte von Bayern 87 

Blatt 3. Titelblatt mit Ueberaichtskärtcben. 

Blatt 5. Nürnberg. 

Blatt 15. Traunstein. 



Votivgaben beim St. Leonhards-Kult in Oberbayern. Von Dr. M. Ho/Irr, Tölz (Kranken- 
heil). Mit Tafel XI — XJU mit von 1 — 40 fortlaufender Numerirung der Ab- 
bildungen 109 

Eine Wohnstätte aus der jüngeren Steinzeit in Südost-Bayern. Von Franz Weber, 

kgl. Oberamtsrichter in Keichenhall. Mit Tafel XIV 137 

Bericht über neue, vorgeschichtliche Funde in Bayern. Zusammengestellt von F. Weber, 

k. Oberamtsrichter in Reichenhall 142 



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214 



Inhalta-Vcrzeichoiss von Band I— XIII. 



X. Band. 

Seite 

Ueber einige gesetzmässige Beziehungen zwischen Schädelgrund, Gehirn und Gesichts- 
Schädel. Mit 30 Tafeln. Von Johannes Ranke. 

Einleitung. 

1. Ueber Correlationen im ßchfldelbau 3 

2. Untersuchungsplan und Methoden 8 

3. Allgemeine Orientirung 16 

7. Abschnitt. 

Untersuchungen an Thiersch Adeln. 

I. Untersuchungen an Aflenschädeln 22 

Einige allgemeine Verhältnisse an der Schädelbasis und ihre Beziehung 

zur Ciesichtsbildung 22 

Sehluesergebnisse der Untersuchungen au AtTenschädeln 48 

II. Untersuchungen an Mundeschädeln 49 

Klick blick auf die Untersuchungen und Resultate des I. Anschnittes . 65 

11. Abschnitt. 

Untersuchungen an Menschenach äde ln. 

I. Untersuchungen am wachsenden Menschenschädel 68 

1. Schädel und Köpfe von Embryonen 68 

2. Schädel und Köpfe von Neugeborenen 76 

II. Untersuchungen am unverletzten erwachsenen Menschenschadvl . 87 

Rückblick als Einleitung 87 

Fortsetzung der Untersuchung 93 

III. Untersuchungen an 100 sagittaicn Dur ihachü Uten erwachsener Menschen* 

schsklel 108 

Schlussresultate und Betrachtungen. Die menschliche Prognathie . 121 

Beschreibung der Tafeln 129 

Bericht über neue vorgeschichtliche Funde in Bayern. Ehr das Jahr 1890 zusammen* 

gestellt von F Weber 133 

Ueber Hochäcker. Mit 2 Tafeln und 13 Karten. Von Prof. Dr. Heinrich ron Ranke 141 

Eine alte Felszeichnung in Fichtelgebirge. Von Ludwig Zapf 181 

Bericht über neue vorgeschichtliche Funde in Bayern. Für das Jahr 1891 zusammen- 
gestellt von Fr. Weber 185 



XI. Band. 

Die Orts- und Flussnamen in der Umgebung von Regensburg. Von A. Wessinger. 

Vorwort 1 

§ 1. Der Kegelt. Kegcnsburg 2 

§ 2. Die Nab 6 

§ 8. Die Daher 7 

§ 4. Die Donau 10 

§ 5. Prüfening und Köfering 11 

§ 6. Pfattcr und Pfatterbach 14 

§ 7. Koning (Ober-) und Koding 15 

§ 8. Kager, links von der Donau, westlich von Winzer . 16 

§ 9. Prüll und Metten 17 

tj 10. Abach, Poikam, Kd heim 18 

S 11. Eine Reihe Patronymika . 19 

12. Eine Reihe mit Personen-Nanie» zusammengesetzter Ortsnamen 21 

§ 13. Weitere Ortsnamen südlich der Donau 23 

§ 34 Umschau nördlich der Donau 25 

§ 15. Erste Nachlese 30 

§ 16. Zweite Nachlese 31 

Namenverzeichnis* 32 

Flachgräber der Mittel lateneperiode bei Manching (Bezirksamt Ingolstadt). Ausgegraben 
von J. Fink, kgl. Oymnasialprofessor in Würzburg. Mit Beiträgen von Dr. 

U\ Schmid und Professor Dr. G. Kriiss. Mit zwei Doppel-Tafeln. 

A. Fundbericht 34 

B. Beschreibung der Funde 37 

C. Chemische Analysen 42 



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Inhalts- Verzeichn isB von Band I — XIII. 



215 



Seite 

Votivgaben beim St. Leonhards-Kult In Oberbayern. Von Dr. M. Höfler . Töl* (Kranken- 
heil). II. Theil 45 

Bericht über neue vorgeschichtliche Funde in Bayern. Für das Jahr 1892 zusamtnen- 

gestellt von Franz VlVbrr, k. Oberamtarichcr in Reichenhall 90 

Kleine Mittheilungen aus der prähistorischen Sammlung des Staates. Mitgetheilt durch 
Vorstand Johannes Ranke. Einige neue Fundstellen. Frfthislorisi he Forschungen 
im Spessart. Bronzedepotfund von Vachendorf hei Bergen. Spangenfund b«d 
Krutnbach. Figürliche Tauschirungen aus der Yülkerwanderungsperiode. Mit 

9 Abbildungen im Text 99 

Aufruf zur Sammlung bayer. Volksüberlieferungen 105 

Neue Beiträge zur physischen Anthropologie der Bayern. Aus dem Münchener anthro- 
pologischen Institute. 

I. Zur ethnographischen Untersuchung des Tastsinnes der Münchener Stadtbe- 
völkerung. Von Dr. Adolf Stern. Tafel 1 und 2. 

Erster Theil. Untersuchung der Hauleinpfindlichkeit. Mit 2 Abbildungen 

Im Text 109 

Zweiter Theil. Untersuchung der Taatrosetten an den Fingern. Mit 9 Ab- 
bildungen im Text 129 

II. Zur Anthropologie der Hand mit besonderer Berücksichtigung der als Rassen- 
merkmal angegebenen Schwimmhäute. Von Dr. Ferdinand Rirkner. 

Tafel 3-5. 

Einleitung 145 

Erstes Kapitel. Einiges über die Scliwimmhaulhildung der Hand der 

menschenähnlichen Affen 153 

Zweites Kapitel. Beitrüge zur embryonalen Entwicklung der sog. Schwimm- 
haut an der Hand des Menschen 157 

Drittes Kapitel. Beitrüge *ur Entwicklung der Schwimmhaut des Mittel- 
fingers nach der Gehurt 167 

Viertes Kapitel. Schlussfolgerungen 193 

III. Untersuchungen über die langen Knochen der südbayerischen Reihengräber- 
bevölkerung. Von Dr. R. Lehmann- Xitzche. Tafel 6. 

Einleitung 205 

Erster Theil. Die „Bajuvaren" aus dem Heihengrüberfeld von Allavti 207 

Zweiter Theil. Die „Schwaben und Alemannen" aus den Keihengrüber- 
feldern zu Dillingen, Gundelfingen, ScbreUheim, Memmingen und Fischen 238 

Rnssentabellen 253 

Dritter Theil. Die Körpergrösse der stld bayerischen Reihengrftberbevrtlkeiung 257 
Vierter Theil. Methoden der osteometriNchen Untersuchung mit besonderer 

Berücksichtigung prähistorischer Verhältnisse 275 

Bericht über neue vorgeschichtliche Funde in Bayern. Für das Jahr 1893 zusammen- 

gestellt von Franz Weber , k. Oberamtsrichter in Reichenhall 297 

Anhang: 

Das 25 jährige Jubiläum der Münchener Gesellschaft für Anthropologie, Ethnologie und 

Urgeschichte am 16. Mürs 1895 1— -38 



XII. Band. 

Die Anfänge des bayerisch-österreichischen Volksstammes. Von Dr. Rudolf Much. . 1 

Trichter der Stein- und Bronzezeit zu Eichelsbach. B.A. Obern bürg a/M. Von von 

J faxt hausm. Tafel 1 und 2 11 

Beschreibung der Skelettreste aus dem Flachgräberfeide von Manching. Von Dr. Paul 

Rcineekc 27 

Oie Hügelgräber auf dem bayerischen Lechfelde. Von Fr. lUrftcr Tafel 3. 

1. Gruppe bei Sand. ... * 38 

2. Gruppe von l’nterach . . :1Ä 

3. Gruppe von Oberach ... 39 

4. Hügelgruppe bei Au 40 

5. Gruppe bei dem Hofe Limienau 44 

6. Gruppe bei der Station Kisibng ... 45 

Beitrage zur Anthropologie. XIII. Bd , 4. H fl. 15 



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Inhalts- Verzeichntes von Hand 1— XIII. 



Heite 

Zur bayerischen Volkskunde. Von Johanna Ranke. 

1. Zwei Rauch -Häuser am Tegernne«. Tafel 4 tind 5 47 

2. M ittelfrftnklacbe Ornamente. Doppeltafel 6 und 7 51 

Bericht Uber neue vorgeschichtliche Funde in Bayern. Für die Jahre 1894—1896 zu- 

sammengestellt von Fr. Weber 53 

Todtenbretter im bayerischen Walde. Von Dr. Ph. M Halm. Tafel 8 und 9 . 85 

Die Bevölkerung des bayerischen Schwabens in ihrer geschichtlichen Aufeinanderfolge. 

Von Dr. Baumann, Reichsarchivrath 105 

Schädel der bayerischen Stadtbevölkerungen. Von Johannes Ranke. 

1. Frühmittelalterliche SSch&del aus Lindau. ... 127 

Zur neolithischen Keramik von Eichelsbach im Spessart. Von P. Reinecke ... 165 

Bericht über neue vorgeschichtliche Funde in Bayern. Nachtrag zum Bericht für 1896, 

zueammengealellt von Fr. WV£»er ,....* 169 



XIII Band. 

Das vorgeschichtliche und das historische Inzkofen. Von Franz Mittermaicr, Guts- 
besitzer in Inzkofen .... I 1 

Neue Höhlenuntersuchungen in Bayern. 

Kiinstliohe Höhlen. Von Dr. Bayerl 20 

Das Höhienorakel des Trophonios 21 

Natürliche Höhlen, in den Jahren 1894 bis 1898 untersucht von Dr. Max Schlosser. 

I. Ueber die prähistorischen Schichten in Franken 25 

II. Höhlenstudieti und Ausgrabungen hei Velburg in der Oherpfalz ... 29 

III. Ausgrabungen und llöhlenstudien im Gebiet des oberpfälzischen und bay- 
rischen Jura 38 

IV. Höhienstudien im fränkischen Jura, in der Oberpfalz und iin Ries 52 

V. lieber Hohlen hei Mörnsheim (Mittelfranken) und Ausgrabungen bei Vet- 

burg (Oberpfalz) 60 

Zur neolithischen Keramik von Eichelsbach im Spessart. Von Dr. P. Reinecke. Tafel 1—7 69 

Neollthische Station mit Bandkeramik von Heidingsfeld be! Würzburg. Von Dr. P. Reinecke 73 
Umenfelder der ältesten Hallstattzeit in der Nähe von Birkenfeld, Unterfranken. Von 

Dr. P. Reinecke 74 

Das Jahr im oberbayerischen Volksleben mit besonderer Berücksichtigung der Volks- 

medlcin. Von Dr. M. Hofier 75 

Eine bronzezeitliche Gussstätte auf Münchener Boden. Tafel 8. 

I. Fundbericht von Ernst Bruy 119 

II. Beschreibung des Fundes von Fr. Weber 123 

III. Chemische Analyse von A. Schwager 128 

Bericht über neue vorgeschichtliche Funde in Bayern. Von Fr Weber . . 129 

Das „Steinhaus" und die römisohen Gebäudereste bei Berolzheim und Wettelsheim. Von 

Dr. Woltenwrber , k. Landgcrichtsarzt in Neuburg a/D. Tafel 9—12 . . 151 

Künstliche Höhlen. Von Dr. Bayerl. Fortsetzung zu S. 20. Tafel 13—18 .... 163 

Beiträge zur Vorgeschichte von Oberbayern. Von F. HVber-München. Tafel 19 . . 165 

Frühmittelalterliche Gefässe aus den Höhlen von Velburg (Bez.-Amt Parsberg). Von 

Dr. F. Birkner. Tafel 20 und 21 193 

Mltglleder-Verzeichniss der Anthropologischen Gesellschaft München. Nach dem Stande 

vom 1. Mai 1900 195 

Inhalt der Beiträge zur Anthropologie und Urgesohichte Bayerns. Baud i — XII l . . 205 






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BEITRÄGE ZUR ANTHROPOLOGIE, 



Römisches Gebäude 

im südlichen Wink»! der. Steinhausäcker 



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*u|9*d«ewi Grundmsuerreshe im 
südl. Winkel der.Steinhausacker 



Gr*nx«tein NSI 
in der Wal deck«* o 







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BEITRÄGE ZUR ANTHROPOLOGIE. 



Band XIII , 4. Heft, Taf. XII. 



Broncezierrat am Wehrgehänge 

aus dem fränkisch -alamannischen Grabe in Wettelsheim . 




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BEITRÄGE ZUR ANTHROPOLOGIE. 



Band XIII., 4. Heft, Taf. XIV 





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BEITRÄGE ZUR ANTHROPOLOGIE. 



Band XIII., 4. Heft, Taf. XVII. 



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BEITRÄGE ZUR ANTHROPOLOGIE. 



Band XIII., 4. Heft, Taf. XIX. 




U ebersich tskar te 

der bis 1896 bekannten Fundorte keltischer Gold* und Silbermünzen im rechtsrheinischen Bayern. 



Fundorte: 

1. Wüneburjr, 

2. ArnnhautMMi, 

3. Rlmlmrh, 

4. K<>nig>hofen, 

6 . IpthauMi'ii, 

6. l>rtigcndorf. 

7. Müggendorf, 

h. Hl|HWK, 

9. Peteradorf— Font, 

10 . AllmannMlorf, 

11. Melnfeld. 

12. HurggrieKbach, 

13. Bcrchlng, 

II. Hellngrte*. 

15. Pauluxhofon, 

16. Regennborg— Jtnrg* 
weint Ing, 

17. Hchnabbvci*, 

18. Wetssenburg a/S., 
iy. (inotzhfim. 

20 . Hlurzr'lhtu'h, 

21. Ucidenhelin Krot- 
tenmühle. 

22. Flonheim, 

23. Hüttlng. 

21. limlfliach, 

25. Obere R«‘i«mühle > 
20. TtonanwftrUi, 

27 nilllngen, 

28 . (.niilngen, 

29. LeebH'nd, 

150. Kn*c-hlng, 

31. ArxberK. 

32 Kelhflm, 

Xt AhtMCh, 

31. lüirrlnu Ingen, 

35. Ataliugea, 

36. Onmdrt-uimlngirn, 
37 UnmiDr, 

:tn. DntUhelm, 




39. Neubtirg a/l>., 

40. Auhbfe, 

41. IrHebiiur, 

42. Itoekolding, 

43 Manching, 

41. Krclhaldcn, 

W. Srhrnbcnhau«cn, 
4i». IHcpoldahofen. 

47. Peutenhauwn, 

48 . Mattenkofen, 

49. Wnllerndorf, 
f4>. Ml rile ring, 

51. Hirblingen. 

52. Batzenhofen, 

A3. l.«*ch hauten, 

54. CulerzcU, 

55. Paar, 
fit, liagger«», 

57. Wasentegernbach. 
AM. Ainpting, 

59. Vllshofcti, 

60. Tlefenbu.-b, 

61. Obcrrnth, 

62. Bergstellcn, 
in. Itronneti, 

64. Mcrlng, 

65. Ijunerdlngen, 

66. Omnertahofon, 

»17. Türkanfald, 

68. Interdlesaen, 

69. IWeiwen, 

70. Waging, 

71. Kempten, 

72. Polling. 

73. Itnierxoien, 

74. Vallel, 

75. Srblachtcr*, 

76. Kickenbach. 

77. Mmmerberg. 

78. KnrUtein. 



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BEITRÄGE ZUR ANTHROPOLOGIE. 



Band XIII., 4 Heft, Taf. XXI. 




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