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Full text of "Jahrbuch für Geschichte, Sprache und Litteratur Elsass-Lothringens"

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JAHRBUCH FÜR 



GESCHICHTE, 
SPRACHE UND 



LITTERATUR... 



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TH£ GIFT OF 

WILLIAM G. KERCKHOPF 

TO THE 

UMIVERSITY OF CALIFORNIA 
AT LOS ANGELES 




THE LIBRARY OF 
FKiEDRiCH KLUGE 



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ÜNlVEil.^jTy of CAUPORNU 

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JAHRBUCH 



FÜR 



l'..>LliiCll I K, SPRACIIl«: UND LITTHKATLK 



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JAHRBUCH 

FÜR 

GESCHICHTE, SPRACHE UND LITTERATUR 

ELSASS-LOTHRINGENS 

HERAUSGEGEBEN 

VON DKM 

HISTÜRISCH-LITTERARISCHEN ZWEIGVEREIN 

OBS 

VOGESEN-CLUBS. 



XII. JAHRGANG. 




STRASSBURG 

J. H. ED. HEITZ (HEITZ & MÜNDEL) 



117979 



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Inhalt. 



Seite 

I. Gedicht von AngostPietz 1 

IL Die Entwickelung und Organisation des elsäseischtn 

Weinbaues im Mittel aller vcn Dr. Aog. Herizog . . 8 

IIL Die Hexenplätze der Bnfacfcer HejicDürkuDdep Yon 

Theobald Walter 40 

IV. Gedichte nnd Mitiheilnngen von C. W. Faber ... 44 

V. Minwersheim oder Minversheim von Dr Kassel. . , 58 

YL Briefe von Johann Peter Hebel an Fran Weiler in 

Strassburg von ErnstMartin 67 

VII. Gedichte eines Frühvollendeten 75 

YIII. Die Rufacher Vornamen von HeinrichMenges \ . 81 
DL Münsterthäler Volkslieder von; J, Tip res er -\ . ,Jt)7: 

X. Die Münsterthäler Ginssformfein einst und jetzt von 

J. Spieser ,V- ' > % ; > ^ 115^ 

XI. Das Elsässor Judendeatsch von 'C." Th. Weiss . . . 121 
XIL Volksthtimliche Feste. Sitten nnd Gebräuche im Elsass 

von BrunoStehle 183 

XIII. Petius Dasypodius von M. Erdmann 199 

XIV. Chronik für 1895 201 

X3L Sitzungsberichte 202 

Uebersicht über den Inhalt der Bände I>XII .... 205 



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1. 



Auf! in die Vogesen! 

Von 

Angnst IHeta. 

Willst leiblich, geistige du genesen. 
Drückt dich der Qualm der Städteluft, 
Auf, auf, mein Freund, in die Vogesen 
Und atme wOrz'gen Tannendufl ! 
Hier, in den lichten Bergesräumen, 
Hier hebet freier sich die Brust; 
Hier magst' dein Erdenvreh verträumen. 
Hier schwelgt das Herz in Himmelslust ! 

Wie reiht, in zauberprächt'gem Kranze, 
Sich majestätisch Firn an Firn, 
Wie prangt im blauen Aetherglanze 
Ottihens telsgekrönte Stirn ! 
Des üngersberges mäclit'^^e Kuppe, 
Wie ragt sie stolz am Horizont, 
Und dort, ob malerischer Gruppe, 
Wie königlich der Beleben thront 1 

Und hundert traute Burgen ragen. 

Die stummen Zeugen alter Zeit, 

Erzählen uns viel Wundersag^en 

Von längst entschwundner Herrlichkeit. 

Wo halljzerborstne BoL'-enhallen 

Jetzt schmückt des Epheus dunkle Zier, 

Klang kliirend einst der Waffen Schallen 

Vom ritterlichen Kampfturnier. 

0 komm', — im schattendüstem Haine, 

Wo Tanne sich an Tanne reiht, 
Wie träumt es herrlich sich alleine. 
In lauschiger Waldeinsamkeit I 



— 2 — 



Iiier kannst du antlachlschauei ncl lauschen, 
Umspielt vom heil'^en Dämmerlicht, 
Wo nur des }3ächleins murmelnd Rauschen 
Die Kircheuslille unterbricht! 

Und stehst du frei auf hohen Zinnen, 
Das Her^ von sel'^er Lust geschwellt. 
Wie schweift dein Blick entzfickt von binnen 
In Gottes schöne Wunderwelt l 
Des Schwarzwalds Gipfel traulich grCissen 
Von drüben, nachbarlich verwandt, 
Und schimmernd ^Mänzt zu deinen Füssen 
Das paradiesische Heimatland. 

Und Abends erst, wenn ferne winken 
Helvetiens Gletscher hehr und klar. 
In ros'ger Flamrnenglut sie blinken, 
Altäre Gottes, wunderbar — 
Wie muss da wonnejdbelnd singen 
Dein Mund : cO prächt'ge Gotteswelt h 
Wie muss, wie Lerchenlied, sich schwingen 
Dein Lobgebet zum Himmelszelt ! . . . . 

Drum willst von Leiden du genesen, 
Drückt dich der Qn;ilm der Sfädlelun, 
Anf, auf, mein Freund, in die Vogesen 
Und atme wnr/'pen Tannenduft! 
Von Zauberllii-elii foit|/eti-;i^'en, 
Entfleucht der Sorgen düstre Pem, 
Verstummen alle Scbmerzensklagen : 
Hier musst, hier musst du selig sein. 



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II. 



Die EntwickeJung und Organisation 

des 

Elsässischen Weinbaues 

im Mittelalter. 

Von 

Dr. Aug. Hertzog 

in Colmar. 

In unsrer Darstellung folgen wir im Allgemeinen der 
Forschung und den Resultaten, welche Lamprecht in seiner 
deutschen Wirtschaftsgeschichte fQr das Moselland festge- 
legt hat. 

Denn wie das Moselgebiet, war auch unser Elsass vor- 
wiegend ein fränkisches Land, hafte wie jenes fränkisches 
Bechty fränkische Einrichtungen und Kultnrgewohnheiten. 

Eines aber dürfen wir von unserer bescheidenen Epigo- 
nenarheit sagen, dass die Einrichtung und Oi^ganisation des 
Weinbaues in unserem Elsass noch von keinem unserer Vor- 
gänger auf dem Gebiete elsässischer Geschichte erörtert wor- 
den ist, so dass wir für unsere elsässischen Leser, welche wohl 
zumeist LamprechVs Studien nicht kennen, doch recht viel 
Neues bringen dürften. 

Wenn wir ferner im Laufe dieser Arbeit eine gedrängte 
Darstellung der Entwickelung des Weinbaues durch Jahrhun- 
derte hindurch geben können, so glauben wir ein gutes Stück 
Rodungs- und Besiedelungsgeschichte geschrieben zu haben; 
bei der Schilderung der elsässischen Weinbautechnik der Ver- 
gangenheit werden wir auch die Möglichkeit bekommen, einen 
recht interessanten Vergleich der elsässischen Gegenwart mit 
jener Vergangenheit anzustellen. 



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Aus unserer Schilderung wird aber vor Allem hervorge- 
hen, dass in unserer Provinz, wo schon sehr fr&h allerlei 
Spezialkulturen in Schwung kamen, der hofrechtliche Verband 
ausnehmend schnell gelöst wurde und aus dem Leben unseres 
Bauernvolkes sehr früh verschwunden ist ; dass bereits im 
XVI. Jahrhundert, die Weistliümer Rechte feststellten, welche 
damals schon stark im Gedächtnisse der Betheili^ten verblasst 
waren. Die Weisthumer sind schon in jenei Zeit bei uns nur 
noch Rechtsalterihümer, viele von ihren Bestimmungen wurden 
damals schon nicht mehr geübt. 

Diese frühe Emanzipation der eisässischen Bauern, und am 
frühesten diejenige der Weinbauern, begründet sich und er- 
klärt sich leicht in wirtschaftlicher Hinsicht, aus dem Ueber- 
wiegen der Spezialkulturen, und zwar hauptsächlich des Wein- 
bauesy welches von jeher eine grossere Freiheit in der Betriebs- 
organisation und in der Boden- Verfügung erforderte, um die 
grösstmöglichen Erträge zu erhallen. Die grössere Freiheit in 
dem Betriebe derarti^cer Landgüter hing eng mit dem wich- 
tigen Umstände zusammen, dass diese Spezialkulturen meist 
Aussenfelder oder Gartenland einiKihmen, welche von der Ge- 
bundenheit des Hufenlandes l)etreil waren. Die aus dieser 
Freiheit entstehende Betriebsorganisation des Weinbaues hat 
es schnell zuwege gebracht, dass ursprün|jjlich ganz unfreie 
Arbeiter wie die Weinbauern, eine bevorzugte freiere Stellung 
einnahmen, wie sie keinem anderen Teile der ländlichen Be- 
völkerung vor 1789 zuerkannt wurde. 

Diese gesamte Entwickelung soll nun im Folgenden 
an der Hand zahlreicher Urkunden dargestellt werden. 

I 

Bekanntlich ist der Wemljau iai Elsass sehr fnih heimisch 
geworden. Die schöne Hügelreihe vor und längs den Vogesen 
rnu-sste sofort den Weinbau-kundigen Römern in die Augen 
fallen. Ob der bekannte Erlass des Kaisers Probus, 270 n. Chr., 
den Weinbau wirklich erst hierzulande eingeführt hat, ist nicht 
bestimmt festzustellen; wir sind geneigt zu glauben, dass dieser 
schon vorher Eingang gefunden hatte. Wenn Tacitus sagt: 
«Proximi ripae Germani et vinum mercantur» so möchten wir 
dies gerade als einen Beweis unserer Behauptung anführen; 
denn schwerlich dürften die gallischen Handelsleute oder Wein« 
Verkäufer den Wein aus entfernten Gegenden hergeholt und 
eingeführt haben, zu einer Zeit, da das berühmte römische 
.Strassennetz noch nicht ausgebaut war. Dieser Wein, den die 
Germanen zu Tacituit Zeiten kauften, wuchs damals wol schon 
an den sonnigen Hügeln des linken Rbeinuifers, welche nach 



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— 5 



und nach von ihrem Waldgeströpp befreit worden waren. Bas 
hekannfe Edikt Domitians hat dann den Weinbau auch nicht 
gänzlich verboten; untersagt ward er nur da, wo viel besser 
Getreidebau oder überhaupt Ackerbau getrieben werden konnte; 
dies Verbot hatte in neuerer Zeit ein Analogon an dem be- 
kannten Verbote Ludwig*s XV. der den Weinbau im Elsasse 
ebenfalls in bestimmte Grenzen schlug ; die Motive waren 
dieselben : Sicherung der Brotfirucht Durch ein .Verbot Wein 
auf den Högein zu bauen, auf welchen überhaupt nidits an- 
deres angebaut werden konnte^ wSre weder dem Ackerbaue 
noch dem Laude überhaupt gedient gewesen ; eine solche Nai- 
vetät dürfen wir dem sonst so klugen römischen Gesetzgeber 
gewiss nicht zutrauen. Ein solches Gebot, alle Reben auszurot« 
ten, wäre überhaupt schwerlich ausgeführt worden. Im Edikte 
des Probus finden wir somit keine Einführung des Weinbaues 
in Gallien, sondern nur die Aufhebung der Domitianischen 
Verfügung und Beschränkung. 

Ferner erzählt Plinius schon in seiner «Historia naturalis» 
von einer merkwürdigen Eigenschaft eines Rebgewäcliisei^, das 
im Wein ein Pechbouquel aufweise, den er den Weinen der 
Auvergne, des Sequanerlandes und der Helviker entgegenstellt. 
Es wurde also damals im sequanischen Oberelsass schon die Rebe 
angebaut. Viele Schriftsteller möchten diese Notiz nur auf das 
innere Sequanerland, die heutige Franche-Comt6 bezieben. Wenn 
man aber bedenkt, dass das elsässische Klima viel milder ist 
und war, als dasjenige der Franche-Comt6, so spricht dies dafür, 
dass jener Sequanerwein wol Elsässer Wein sein konnte, zum 
Teil jedenfalls. 

Wie es in Italien üblich war, wo man die Hügel schon 
längst mit Reben bepflanzte, nicht aber das flache Lnnd, den 
Acker, so wurden auch die meisten elsässischen Hii^el unserer 
ältesten Weindöi fer durch die Römer und ihre gallischen Schüler 
auf diesem Gel)iete, gerodet und mit Reben bestockt. Wäre dies 
nicht der ball, so könnten nicht so früh in den elsässischen Ur- 
kunden und in den geschichtlichen Mitteilungen über unsei* 
Land Reben auf Hügeln erwähnt werden; der spätere kapitalarme 
fränkische oder alemannische Bauer hätte unter den r)ran<^salen 
der Völkerwanderung keine Neurodungen und Neuaniagen vor- 
nehmen können. 

Auch darf man nicht ^laiilM^u, da?^? die Knej^e der Völker- 
wanderung- die Rehberge ganz und gar zerstört hätten. Allerdings 
mögen viele Rebslücke lange Jahre hintereinander nicht ange- 
baut woicien sein, wie wir dies auch aus der Zeit des dreissig- 
jährigen Krieges wissen. Die Reben sind aijer geblieben ; die 
Anlagen waren höchstens verwildert, wurden auch vielleicht 



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nachträglich nicht alle mehr in den früheren Stand gesetzt, 
wurden wieder zur Allmend, aber ein gewisser Bestand an 
Reben blieb immer. Die Hngelreben stammen in den ältesten 
Weinorten ohne Zweifel aus der rdmischen Zeit. 

Der Rebbau ging naturlich durch Vernachlässigung stark 
dezimiert auf die Alemannen und Franken Aber ; aber nie ver- 
schwand er in seinem ganzen Umfange. 

Als erobertes Land gingen die Rebstäcke in's König»land 
über und wurden unter die fränkischen Grossen vertheilt ; daher 
konrimt es, dass uns die ältesten Urkunden die Rebländer meist 
indenHänd« n s icher Dynasten, fränkischer Grossengeschlechter, 
zeigen. Auch hängt es wol damit zusammen, dass die Reben 
selbst als römischer Latifundienbesitz nur wiederum als solcher 
konstituiert werden konnten, da kleine Leute nicht genug Ka- 
pital und Arbeitskräfte zur Verfugung gehabt hätten, um sie zu 
Abernehmen. 

£s war also unter den Franken der Weinbau eine wahre 
Luxuskultur. Zur Zeit, als die Könige und Grossen des Landes 
unsere berühmten Benediktinerabteien dotierten, trägt der Reben- 
besitz derselben, wie all ihr übriger Besitz ganz den Charakter 
von Latifundien, a!)^^l• doch Lalifundienbesitz in Gemengelage ; 
solche Grossbesilze waren meist Streubesilz. Als Beispiel kann 
hier dienen der mächtige Besitz der Etichoniden, der elsässischen 
Herzogsfamilie, der sich über das ganze Land ausdehnte. Dieser 
weltliche Grossgrundbesitz stammt wol zum Teil aus der Er- 
oberung selbst, zum Teil aber aucli aus königlichen ScIieMkungeii. 
Ihn erwähnen unsere ältesten Kloslerschenkungen und Grün- 
dungen : so z. B. eine Schenkung des Etichoniden Eberhard 
an Murbach, worin auf der Gemarkung melirerer Ortsciiaften, 
unter anderen der meines Geburtsdorfes G e b e r s c h w e i h e r 
Reben geschenkt werden (7''28) ; ferner eine andere Schenkung 
für Weissenburg von 713, in der an einem U wa r i ga r genann- 
ten Orte des Niederelsasses im Zornthale ebenfalls Reben aufge- 
zählt werden. Es sind dies zugleich die zwei ältesten Rehenerwäh- 
nungen in Urkunden unseres Landes. Die Gründungsurkunde 
von Weissenburg, angeblich von 655, spricht auch schon von 
Rehen, jedoch besitzen wir diese Urkunde nicht in ihrer ur- 
sprünglichen Gestalt, sondern nur in späteren Urkunden aus- 
zugsweise, so dass die Erwähnung der Reben als Appendizien 
des ^,^eschenkten Gebietes wohl erst später hinein gelangen 
konnte. Sicher aber waren um (ioO herum schon Reben in der 
schönen Umgebung von Weissenburg. Hauplsächlich haben sich 
«lie zahlreich um's sechste und siebente Jahrhunderl j^egründe- 
ten Abteien unseres Landes, besonders aber die königlichen 
Villen um Hebung des Land- und Weinbaues verdient gemacht. 



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— 7 — 

Bekanntlich kennen einzelne Handschriften der Lex Sa- 
1 i ca die Reben und erwähnen die Weinbauern, welche damals ins- 
gesammt unfreie, aber gelernte Spezialarbeiter waren und darum 
auch einen hohen gesetzlichen Sühnewert zugesprochen erhielten. 

Die Aufnahme dieser Bestimmungen in einzelne H uidsrhrif- 
ten der Lex Salica beweist, dass zur Zeit ihrer Autzeichnung 
der Rebbau im fränkischen Reich bereits solche Wichtigkeit 
erlangt hatte, dasr^ der Gesetzgeber Bestimmungen darüber zu 
erlassen sich bewogen tühlte. In der Zeit von 050 bis 900 
finden wir in unseren elsässischen Urkunden schon 119 Reb- 
(lörter, d. h. solche, bei denen die Urkunden ausdrücklich «ler 
Reben Erwrdmung thun, genannt, welche jetzt noch alle auf 
der elsässischen Weinbaukarte figurieren, und bis i3U0 erhöht 
sich ihre Zahl bis auf 172. Die Summe der jetzigen Rebdörfer, 
wenn man darunter nur die nahmhaften Ortschaften mit Reb- 
bau verstellt, beträgt kaum etwas mehr wie 42U. Bedenkt man, 
dass alle diese Ortschaften r-chon älter sind als das XIIL Jahr- 
hundert, so kann ruhig behauptet weiden, dass um 1300 herum 
der weitausgrösste Teil des elsässischen Weinlandes angesteckt 
war : denn mit der Ro{lung wurde auch siciier der Rebbau 
dort Jiingebi-acht. 

Was bei der germanischen Besiedelung nicht okkupirt 
ward, also auch gewiss alle wieder zu Gestrüpp gewordenen 
Reben der Gallo-Römer, das blieb als Allmend liegen. Nach 
wie vor lagen die Rebgärten ausserhalb der Ackermark, nach 
der deutschen Sesshaftmachung also auf der Markallmende 
oder im eigentlichen Gartenlande. Die Römer kannten keine 
Alhnendländereien. Was nicht Privateigentum war, das geiiörte 
den Gemeinden oder dem staatlichen Fiskus, daher erklärt es 
sich, dass so viele Reben in königlichem oder herzoglichem 
Besitze waren, wie dies durch die alten Kloster-Urkunden 
daigethan wird. 

Dass die Reben auf der Allmend lagen, das kann heute 
noch deutlich in vielen Rebgemarkungen unseres Landes er- 
kannt werden. So z. B. in dem Banne der früheren Reichs- 
stadt Oberehnheim, all wo auf dem Plateau des Rebberges 
noch ausgedehnte Allmendflächen sich ausbreiten, während die 
Bergabbänge in Privateigenthum sich befinden und nichts als 
Reben tragen. Vorn gegen die Stadt zu ziehen die Parzellen 
Reben vom Fusse des Hügels bis dicht an die Plattform hinauf; 
weiter von der Stadt aber bat noch jede Rebparzelle eine Ver- 
längerung als Wald. Es ist nicht zu leugnen, in früheren Zei- 
ten war der ganze Bergabhang mit Wald bedeckt und Allmend- 
gut. Auf dieser Allmend wurde nach und nach gerodet und der 
Weinberg angelegt. 



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Roden konnte aber in frühesten Zeiten wer wollte und un- 
entgeltlich ; doch dies dauerte nicht lange; mit der Zunahme 
der Bevölkerung wurde das Roden eingeschränkt und an die 
Erlaubnis der Gemeinde gebunden, später, im XV. Jahrhun- 
dert, wurde das Roden überhaupt verboten. 

Das Recht der Rodung, das Bifangrecht, konnte natürlich 
am besten durch die Grossen aus-^eübt werden, weil diesen 
genug Arbeitskräfte zur Verfügun^i standen. Aut den von der 
Mark ausgeschlossenen grossen grund herrlichen Rodkomplexen 
entwickelte sich eme besondere Wirtschaftsform, die des B<Hin- 
dehndes, welche hauptsärlilich auf der Frondepflicht der Höri- 
gen gegenülier dem Grundherren gegründet war. Die Spuren 
von Beunde und Bifängen finden wir in unseren elsässischen 
Urkunden und in den jetzt noch üblichen Flurnamen sehr oft; 
wir werden weiter unten solche vorfi'iliren. Da wo der Grund- 
herr, wie dies hier/,ulan(ie w^lii immer der Fall war, auch 
noch Obereigentümer der Allmend gewesen ist, entwickelte 
sich das Recht des Grundherren Rodabgaben zu erheben ; so 
entstanden Heben auch neben den grundherrlicheu Beundereben 
auf flem Rodland der Allmend. Wahrend ein Gewann oder das 
andere eine Beunde war, wie wir solches in vielen Ortschaf- 
ten urkundlich nachgewiesen vorfinden, waren alle anderen Ge- 
wanne durch die Bauern selbst umgebrochen worden und zwar 
derart, dass auch die zu Reiianlaj^en bestimmten Flächen bei 
der Verteilung an die Einwohner einer Mark, wie die Aecker, 
gewannweise eingeteilt wurden, diese Gewanneinteilung ist im 
Elsass überall noch deutlich zu erkennen ; hierbei ist auch 
zu erwähnen, dass in späterer Zeit al« die Rebkullur wirtschaft- 
lich die Oberhand bekam , Reben auch in der Ackermark 
selbst angelegt wurden : hier bestand aber immer die Eintei- 
lung in Gewanne. 

Die Beben waren in früheren Zeiten immer Annexe, Zu- 
behöre der Hufe ; erst später enstanden die selbständigen Reb- 
güter. 

Um das Jahr iOOO herum beginnt im EHsasse die Zeil des 
grossten Ausbaues für SpecialliuHuren. Ben Beweis dafür er^ 
blicken wir darin, dass bis dahin die elsässischen Urkunden 
solche Hufanhängsel beinahe niemals erwähnen, oder wenn dies 
geschieht, nur in sehr allgemein gehaltenen Formeln es thun, 
ohne sie auf ihre Oberfläche und topographische Lage in der 
Mark näher zu bestimmen. 

So heisst es in einer Schenkungsurkunde eines gewissen 
Ebrohart*s von 739: cVineas tres cum vinitoribus», oder in 
vielen andern elsässischen Urkunden : c Quidquid habere visus 
sum in villa N. tarn mansis, mancipiis, vineis, terris, campis, 



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pascuis, silvis, aquis uquaramve clecursibus oder auch : 
Ad villam N. totum, tarn terris, ecclesüs, domibus, edificiis, 
pratis, pascuis, vineis, silvis, aquis aquarumve decursibus 
quantumcunque mibi et paterno mihi (sie) legibus obvenit vel 
de quocunque libet attracto. So lu lesen in Ortschaften, in 
welchen ganz bestimmt schon im 9. Jahrhundert Reben sich 
voifiDden. Sie waren als Hufen-Appendizien, welche alle Mark- 
genossen kannten, der Aufzählung noch niöht gewärdigt. Vom 
9. Jahrhundert an wird die Erwähnung der Reben als Hufen- 
Appendizien immer häufiger, um in den Reborten dann re- 
gelmässig zu werden, ebenso diejenige anderer Ausbaufelder, 
die dann beinahe immer neben dem Huflande als «Jurnales et 
terra aratoria» oder als Wiesen näher bezeichnet werden. Wenn 
mit der Zeit das Ackerfeld zu klein wurde fär die angewach- 
sene Bevölkerung, wurde einfach Allmend gerodet, so auch 
für den Rebbau. 

Unter den älteren elsässischen Traditions-Urkunden aus 
dem 8. und 9. Jahrhundert geben nur wenige derselben so 
detaillierte Angaben, wie diejenige einer Schenkung an Weissen- 
burg von Seiten eines gewissen £ngilbert's. Dieser giebt in 
der Döminger Glemarkung eine Hufe, auf welcher ein unfreier 
Bauer, und zwar wohl ein Winzer, dem Gute nach zu schliessen, 
ein Haus mit Scheune und Garten sich einrichten kann, und 
als Ausbauannexen dieser Hufe werden erwähnt : 21 Jurnales 
(Morgen) de terra arraturia (Rodland); de prato carradas 4 
(Wiesen zu 4 Wahren Heu), hier waren sogar die Wiesen noch 
nicht einmal nach einer gegebenen festen Fläche geteilt, son- 
dern nur nach einem Ertra{re von 4 Waiden Heues, so dass 
die der Hufe zufallende Wiesenfläche jedes Jahr verschieden 
sein konnte, je nach der Fruchtharkeit des Jahrganges; und 
ferner eine Rehe worauf ein Wagen Wein wächst. Auch hier 
noch dasseihe Phänomen wie hei den Wiesen, auch hei den 
Reben deutet dies aus sehr frühen Zeiten her auf zuerst unge- 
teilten Besitz der oder einer gesammten Flärlie, etwa eines 
Gewannes, deutet weiter darauf hin, dass wohl ein Gewann 
Allmend durch eine Genossenschaft der oder eines Teiles der 
Markgenossen vorgenommen wurde. Wo der kleine Mann sein 
Bifangrrecht an der {gemeinen Mark ausüben wollte, da war 
die« wohl anfänglich die übliche Art und Weise zu roden. 

Das normale Hofpfut eines Bauern wird dann immer als 
Mansus bezeichnet, und zwar ohne irp:end welche Massangabe, 
nur selten winl es auf Morgen bestiiinr.t ; das; Frohndegut, die 
«terra salica, indominicata», wird dagegen regelmässig in Jur- 
nales aufgezriiilt, und für die Beben kommt dann auch der 
Arpent in Gebrauch. 



— 10 — 



Bie Schenkungsurkunde des Strassburger Bischofs Heddo 
von Ettenheim-Münster (763) spricht von zwei Hufen zu Rufacb 
«cum vineisd, jedoch ohne nähere Angabe. 

Doch erhalten wir schon sehr früh aus zwei Urkunden 
genaue Nachrichten über cien Flächeninhalt zweier an Murbach 
geschenkter Feldstücke, die ihrer Natur nach Alimendausbauten 
waren, nämHch eines Baumgarten zu Annghi<haim an der 
Fecht (Ingersheim bei Colmar) : «qui habet in longo perticas 
decem et septem (17 Rutben) el in latum perticas duas etdinii- 
diani (21/2 Ruthen),» ferner eines Ackers zu Rädersheim : qui 
habet in iono^o perticas viginti et sex (26 Ruthen) et in latus 
perticas quindecim et sedecim et dimidiam (15 und IG^Is Ruthen). 
Hier musste natürlich jedes einzelne Grundstück genau bezeichnet 
werden, weil sie von der liufe losg^etrennt worden sind. Dies 
erwähnen wir, wiewohl hier nicht von Reben die Rede ist, 
als die ältesten Angaben über genaues Mass. Wir linden solche 
aber auch in Bezu«f auf Reben, so zu Erboldisvillare (an der 
Zinse!) (?) S2S : de vinea aripennos quatuor; Sigolsheim : 0 
arpentes Reben; Wangen 828 : de vinea aripennos duos; Zein- 
heiiii 828 : de vinea aripennos duos. Ks folgen nun hier auch 
noch andere An<,^jl)en, welche einigerrnassen auf das Mass der 
Oberfläche und auf die Einrichtung eines Weingutes schliessen 
lassen : Dämingeu 742 und 787 : vinea una, cariada una; Goersdorf 
787 : vinea 1 carradas 4 ; Handschuhheim 804 : ad siclos 30 : 
Kirrweiler 851 : vineam 1 carradas 3; Niefern 737 und 742: 
hobas 4 vineas '.). (Wie viel ist die Vinea, wenn sie so aufgezählt 
wird?); Piatolfesdorf heute Rottelsheim 828: vineas 2; Weiler 
880: homines 20, de vino unde exercere possunt karradas 20; 
es scheinen somit diese 20 Mann eine wahre RebbauLjenossen- 
•schait ;4ebildet zu haben. Biel)lenheim 1120: ad carradas i- : 
Colmar 805 mensum cum vineis: hier die Reben einfach als 
Appendix ei'wähnt. Dunzenheim 1120: vites ad carradas ti es ; 
serviunt in putandis et fediendis vineis. Dandiach 1130 : 2 
jugera vineae: Ergersheim 950 : ^^anz allgemein: quidquid vini- 
feri ; Eichhofen 1097 : viniferos agros duos. (Ob Mass ? dennoch 
wahrscheinlich); Fessenheim 1120: vineae ad carradas 4; 
Hohgoeft 1120: vitis ad carradas 6; Geudertheim 1120: vinea 
ad carradas 2; Gebweiler 1135: vineam unam (wie viel?) 
Hegeney 742: hobas 4, vineas 3; Hattsladt 1180: curiam cum 
vineis; Habsheim 1139: curtem et vineas; Marlenheim 1120: 
faciunt vineas et stercorant ad medietatem vini ; vinearum sunt 
23 ad medietatem vini et carradas 12 ; Mühlhausen 1264 : quat- 
tttor peticias vinearum ; Ingersheim, Angabe eines Gewann- 
namens 785: loco Rigoltesberg ; 794 bezeichnend der Ausdruck: 
in supercilio niontis ; Onoltswei 1er 1094: vineam unam; Oudels- 



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— 11 — 



wiüare 1120: vineae ad 4 carradas; Randas (Randingen?) 1120: 
de vineis ad carradas 9; Reutenburg 1120: vineanimad carra- 
das vini; Rixheim 1273: 5 manwerk vinearum; Sindelsberg 
1120: vinea ad duas carradas; Schoersheim 1120: 5 solidos 
solvimtur ex vineis ; operantur et unoquoque manso 4 jugera 
vinearum suo opere et suis sumptibus; colligunt ipsum vinui» 
suis sumptibus; sunt vineae ad carradas 6, sedet in ceteria 
vineis ad medietatem ; Sulzbad 1120 : ad medietatem vini ; wie 
hieraus ersichtlich ist der Halbbau vielfach üblich; Sennheim 
1139y 1180 : Cellarium et vineas, 1267 : die älteste urkundliche 
Verwendung des Wortes Schatz : Schados 23 fQr 30 Mark 
Silbers verkauft. Steinbach 1187 : cellarium cum vineis ; Sierenz 
1198: einfach Yineta; Westhalten 1103 : curiam 1 cum vineis; 
in Uffholz 1254 : 15 carradas rub ei vini defecati ; Wingersheim 
1120 : 17 agri vinearum ; Zellenberg 1120 : de vineis ad carra- 
das 10 ; Zellweiler 1133 : dimidium agrum vineae. In allen 
diesen Urkunden ist der Zusammenhang der Rebgärlen mit der 
Hufe recht deutlich; am deutlichsten aber in einer Tauschur- 
kundti zwischen Graf Erchengar und der Abtei Schwarzach, 
worin das Hufcnland als die Sors den Appendizien *?egenuberge- 
slelltwird (823); inZeinheini, Wangen und .Marlenheim werden 
vier Arpents J\eben, mit den dazugehörigen Unfreien 34 an der 
Zahl eingetauscht gegen zu Erl)olds\veiler gelegene 17 Hufen 
mit Wiesen zu 50 carradas Heu und ebenfalls 4 Arpents Reben 
mit 3i Servi. 

Betrachten wir diese Tauschurkunde, sowie viele andere, 
näher, so erkennen wir leicht, dass sie zum grössten Teile 
über Frohndegut verfugen ; diese Beundeländereien waren aber 
immer durch unfreie oder iialbfreie Bauern in Kultur gehalten^ 
darum werden solche samt ihren Hufensitzen auch immer mit- 
verkauft oder vertauscht, um dadurch die Arbeit dem Grund- 
herrn zu sichei'n. Der Zweck solcher Gütertausclie \var aber 
die Arrondierimg des oft zu grossen Sli'eubesitzes der Klöster 
und Grossen, die ilire Besitzungen nicht fiskusartig wie das 
königliche Haus an einem Stücke besassen, sondern im ganzen 
Lande zerstreut, je nach Gelegenheit der Schenkungen oder 
Käufe dnvch welche sie dieselben erliiellen. 

Dann aber finden wir auch Ui kunden, in welchen das Huf- 
schlagsland allein verkauft wird, und der Verkäufei' folglieli für 
sich nur die Beunden behrdt. Hiezu zählen aber die Reljen. 
Mit ihrer freien Bewirtschaftung waren sie für den Giundlierrn 
entsclueden von höiiereni Nutzen als das Hufcnland. 

Der Allmendausbau wird immer stärker betrieben ; die 
Hufenannexen als : Ackerland für Spezialkulturen, Gärten und 
Weinberge werden immer zahlreicher, ja es entstehen jetzt 



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— 12 — 



LandgQler, welche nur aus Rodland susammengesetzt sind, so 
dass nun beim Verkaufe derselben, eine grossere DetaillieniDg 
der Gutsleile notwendig wird; mit der zunehmenden Urbar- 
machung und der Zunahme der Landbevölkerung, tritt die Not- 
wendigkeit ein, die Güter zu teilen, da das Aufgreifen auf die 
Allmend nicht mehr möglich ist, und neue GQter- und ßauem- 
loose zu scliaffen. 

Jetzt lauten natürlich die meisten Urkunden nicht mehr 
wie früher auf ganze Villen, jetzt sind es nur noch einzelne 
Hufenparzellen und Rodlandstücke, welche verkauft werden. Wie 
sehr auch das Rodland zugenommen hat lässl, sich deullich aus 
den elsässischen Polyptichen und GüterurlKirieii l)i>: auf 1300 
nachweisen; ja zuletzt übersteigt sogar das Rodland die ursprüng- 
liche Loosgemarkung: um ein Bedeutendes. Noch sind aber 
diese Ländeieien nicht von <ler Hufe losgelöst. 

So hat z. B. ein Lehn;jut zu Empfliingen von i Hufe, 
nach dem Weissenburger Polyptichon, ein Bebst ück zu 4 
Wagen Weins als Hulenappendix ; nach derselben Quelle hat 
ein anderes zu Brunheim ebenfalls eine Hufe und ein Kehstück 
zu 1 Wagen Weins ; ein Benefizium zu Gotemarestein 3 Hufen 
und Reben zu 4 Wahren Weins; am selben Orte ein anderes 
1' 2 Hufen und Reben zu 4 Wagen Weins. Im Verzeichnis 
des Abtes Edelin von Weisseiiliurp^ sind die Weinabj^aben der 
Grundhörigen ausserordentlich zahlreich, und sind jedesmal auf 
die Hute Ackerlands bemessen, welche die Hörigen zu Erblehn, 
jure bereditario, besitzen, ha aber eine Hufe damals in den 
lllei.•^ten Fällen mehrere Besitzer hatte, so bildeten diese sozusajren 
eine AI»|.^'^bengenossenschaft ; sie bildeten auch eine Arl)eits- 
genossenschaft, wie wir das weiter nuten noch darlegen werden. 

Was nun die Art der Aulagen der Reben anbelangt, wur- 
den diese entweder blockweise oder gewannweise angelegt. Wo 
der Grundherr für sich und durch seine zahlreichen unfreien 
Arbeiter ein Reundeland zu Reben anlegen oder einen Garten 
mit Reben ansetzen lie^s, da ist von einer Blockanlage zu reden ; 
überall wo die ßnigei' einer Gemeinde, vielleicht sogar gemein- 
s< lial'llich einen Berg in Rodung nahmen, oder da wo der 
Grundherr eine Beunde zum Rebbau an eine (ienossensolial^t 
auf Teilbau verlieh, da ist die Anlage gewannweise geschehen. 
Die Gewannlage herrscht aber im KIsass überall vor. Mit der 
Zeit wurden auch die Blockanlagen in einzelne Gewannparzellen 
aufgeteilt, so dass in späteren Zeiten der (diarakter einer Block- 
anlage verloren gieng. Aus dem jetzigen Zustande könnte man 
nicht melir auf friihei'e Blockanlage schliessen ; nur aus Ur- 
kundenangaben erfahien wir, dass diese Anlage neben der ge- 
wannweisen vorkam, auch die heule noih üblichen Gewann- 



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namen weisen oft deutlich auf eine Blockanlage. Solche Block- 
anlagen waren wohl die in den HebgemarkiiDgen im Kataster 
oft erscheinenden Gewanne mit folgenden Bezeichnungen : Reb- 
garten oder Pflentzer (Plantatio); auch wo im Rebgeläode 
der Gewannname Bund, Bundte oder Beund, ferner der 
Name Bifang und seine verschiedenen Weisen vorkommen, 
ebenfalls wo die Gewannbezeichnung Werbacker auftritt, 
kann rnan auf Blockanlage schliessen, dasselbe gilt für das 
Wort Brügel. Eine Anzahl reciit deutlicher Blockanlagen 
finden wir im Lehnsverzeichnisse des Bischofs von Slrassburg 
im oberen Mundate (Gegend um Hufacb) aus der ersten Hälfte 
des 14. Jahrhundert^^ ; uich finden sich solcher mehrere im 
Urbar der Abteien Marbach, Murbach und Münster. Von urkund- 
lich genannten Blockanlagen erwähnen wir hier nur aus vielen : 
Die Frantzen haben zu Lehen 60 Schatz Reben zu Oll- 
weiler ; die von Haltstadt ein e-olches Feld Reben des Inhalts 
von 66 Schatz im Bann von Hattstadt in der Lüss. Innwendig 
des Dorfes Wettolsheim finden wir dann einen Rebgarten von 
10 Schatz. Jni Marbaclier Meverlehen zu Geberschweiher be- 
gegnen wir einer solchen Blockanlage von 30 Schatz Reben 
dicht nel)en dem Meyerliofe gelegen <nn dem garten» ; ebenso 
einem Block von 12 Schatz in der Sunigasse (Südgasse) des 
Dorfes j^ele^en, somit ebenfjills eine Gartenaiilage ; in demselben 
Meyerleiien Jiegegnen wir weittT einer solchen Blockanlage von 
20 Schatz Reben, welche einer ( lenossenscliaft von Lelimänern 
zu Erblehen verliehen sind; ferner einem solchen von 28 Schatz, 
die ebenfalls aneinander liegen und zu Erblelicn vergeben sind, 
dem Augensi lieine nach (diese Beispiele sind aus der Gemai'- 
kung lies Geburtsdorl'es des Vei fassers, Geberschweiiiei) gehörten 
noch 20 Schatz zu demselben (Komplexe sowie sie zum selben 
Lehen gehören, so dass diesei" Rebenblock die Ijedeutende Fläche 
von 48 Schatz inne hatte; der Werbacker, den wir im Mar- 
bacher Urbar lindeii, der jetzt nocl) ein Gewann in Hattstadter 
Gemarkung bildet, ist ebenfalls ein grosser Block von 50 Schatz. 
Ein grosses Rebstück, das der Bischof Berlhold von Strassburg 
(1333) an Hugo von Nortgassen zu Geberschweier verliehen 
hat, und ausdrücklich als Bunde (Beunde) jedoch ohne Gehalts- 
angahe, bezeichnet. Auch eine Beunde war das nacht räglicii noch 
näher zu betrachtende Rotlland, welches 1157 Abt Erpho von 
Neaweiler an eine Genossenschaft zur Anlage von Reben ver- 
geben hat. Ebenfalls an eine Blockanlage deutet sicher der 
Gewannname Fronberg hin. Einein Fronberge begegnen wir 
in der Egisheinier Gemarlcung. Sehr zahlreich sind die Ge- 
wannanlagen in den Lehenbuchern und den Urbarien; mehr 
Beispiele davon aufzählen zu wollen hätte keinen Werth. 



- i4 — 



In fliesen Aufeählungen, die beinahe alle aus dem Ober- 
Elsass stammen, finden wir nun ein neues Feldmass för Reben ; 
es ist der Schatz. Die älteste Erwähnung des Schatzes Anden 
wir in einer Verkaufsurkunde von 1267 aus Sennheim (Ober- 
Elsass), worin 23 Schados für 30 Mark Silbers verkauft wurden. 
Der Schatz als Masseinheit für Reben ist heute noch im Ober- 
Elsass, aber auch nur da im Gebrauch ; er ist jedoch nicht 
überall gleich gross, er wechselt sogar oft in einem und dem- 
selben Banne, wo er in der Ebene grösser ist als im Gebirge, 
wie man dort oben schon das Rebhügelland bezeichnet. Er 
bildet jedoch keine wirtschaftliche Einheit wie im Nieder*£l- 
$asse im Weissenburger Gebiete die Pictura, die Pister oder 
Pichter, oder wie der Arpent, Morgen, im übrigen F'Isasse. 
Diese Bezeiclinun^ien entsprachen ursprünglich gewöhnlich der 
wirtschaftlichen Einheit, die der Hufe als Zubehörung zugeteilt 
ward. Der Schatz als Hufenannexe hätte gar keine wirtschatV 
liehe Bedeutung, dazu wäre er viel zu klein. Er ist ein Strei- 
fen Landes zu 30 Ruthen Länge und einer Ruthe Breite und 
deutet somit auf eine überwiegende Anlage in Streifen ; wahr- 
scheinlich war damals ein Zustand starker Zerstückelung in den 
früheren Arpent^. >rorgen, den alten Anlageeinheiten, eingerissen. 

Als Blockanlagen sind doch wohl alle Reben anzusehen, bei 
welchen es in den Urkunden heisst : una vinea oder vinea» 
beides mit einer hohen Zahl von Wagen Weins begleitet. Wenn 
es in einer Schenkungsurkunde eines gewissen Radoinus an 
die Ahtei Weissenburg heisst : er schenke den vierten Theil 
der Reben die er auf dem Warip'-nrber^e besitzt, so ist darin 
entschieden eine Blocknnlape zu erkennen; die Winzer werden 
mit verschenkt. Wo der Ausdruck Vinea nur auf kleine Stücke 
zu schliessen erlaubt, da sind diese Heben meist in der Ge- 
mengelage verschiedener Gewanne. Wie gross solche Rebstücke 
waren, wo keine Erlragsangaben gemacht werden, ist nicht 
leiclit zu besliniriicn ; wir vermuten aber, dass es meist die 
wirtschaftliche Einheit lies Ai jxMits, des Ackers angeben soll. 
Manchmal heissen solche Rehshn ke pewannweiser Anlage pe- 
ciolse, kleine Stückchen, Stiviten, wie diese eheii in jedem 
Gewanne vorhanden waren, und diese während der fortwähren- 
den Erbleilung notwendig entstehen mussten. Als Pec iolae wä- 
ren dann die mit Schatz bezeichneten Parzellen anzusehen. 
Eine Blockanlage wurde manclimal schon bei der Errichtung 
in Sireifen desselben Flächeninhalts eingeteilt und so ward da- 
raus liinneii Kurzem eine Gewannanlage. 

Ein deutliches Bild die.-t^es Vorganges gewährt die Erzäh- 
lung einer Urkunde des Abtes Erpho von Neuweiler über 
zwei Beundeländereien aus dem Jahre 1157. Neu weder hesass 



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15 — 



damals zwei terra? salicte, « in der oberen und unteren Wolf- 
krefee» (soviel wie Wolfsgrube), welche über zwanzig Jahre 
schon wüst lagen und gar keinen Ertrag abwarfen. Der Abt 
übergab nun diese Beunden zu Ei*blehen an einige Hofgenossen, 
Gehdfer, zum Anbau von Reben, gegen eine jährliche Weinab- 
gabe eines Ohmens (50 Liter) Wein vom Morgen und eine>^ 
halben Ohmens vom lialben Morgen. Dies ein schönes Beispiel 
einer Wein-Geböferschaft. Das Xjand wurde behufs der Anlage 
von Reben in Parzellen von 1 und 2 Morgen aufgeteilt. Eine 
solche Parzelle von 1 bis 2 Morgen wurde dann oft als Vinea 
kurzweg bezeichnet. 

Eine Rebe mit einem Wagen, 25 Ohmen Weins enispricitt 
bei normalem Jahresertrage einem Morgen oder rund 1/4 bis 
1/5 Hektar. Solche Rebstücke kommen in den Güterverzeich- 
nissen oft vor. 

Allem Anscheine nach war also der Arpent, der Morgen, 
der Acker, das Mannwerk, alles Ausdrücke für dieselbe Reb- 
fläche, die der Hufe zugeteilte Wirtschaftseinheit für Reben, 
so lange es nicht ausschliesslich oder überwiegend aus Reben 
bestehende Bauerngüter gab, wie dies in den eigentliclieii Pieb- 
dörfern mit der Zeit eintreten musste. Den Ausdruck Vinea in 
den älteren Urkunden, bis in's XHI. Jahrhundert hinein, hal- 
ten wir also gleit Ii l)edeutend mit dem Morgen ; die Peciola da- 
gegen mit dem weit kleineren Schatz. 

Das Alles deutet auf eine frühzeitige und grosse Zerstücke- 
lung des Reblandes; denn wie wir sahen, kommt die Bezeich- 
nung Scadus, Schatz schon um 1267 in den oberelsässischen 
Urkunden vor. Somit herr.schte damals schon eine Zerstücke- 
lung der Rehen, ihe weit unter den Morgen hinabgieng. Der 
Morgen = '20 bis 25 Ar, der Schatz r= 4, 5 bis 8 Ar, er war 
antanglich wohl der fünfte Teil des Ackers, oder des Morgens 
oder des Arpents, was er annäliernd ja jetzt noch in vielen 
Gegenden ist, nämlich da, wo der Schatz 4 rsp. 5 .\r misst; er 
entspräche dann dem niederelsässsischen Viertzel oder Vierdegezal, 
ein Ma.ss das wir al^ Parzelle schon im Jahre 1196, in einer 
Urkunde aus der Zeit der Herrad von Landsberg vorlinden ; ja 
sogar verschenkt man um jene Zeit schon eine noch kleinere 
Rebparzelle an das Kloster Hohenburg, nämlich einen halbvier- 
zeligen Rebacker: «Agrum unum viniferum halbvirtigen». 

Das konnte nicht ausbleiben ; denn die Reijen als AUmend- 
ausbauten, als nicht zum Hnfschlaglande gehörig, waren darum 
schon allen erbrechllichen Beschränkungen entzogen, denen 
jenes Land unterworfen war ; das Hufschlagsland, die Sora der 
Bauern, und später nach Aufkommen der Feudalverfassung, 
besonders das hofhörige, lehnrechtliche Gut, durfte meist nicht 



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— 16 — 



^"^cteilt werden; erst verhältnismässig spät ward auch hier 
Teilun^,' üblich. 

Wollte man aber, teilen, so musste man ein kleineres Ein- 
heitsmass schaden und das ist der Schatz, ein firuchteil des 

alten Morgen oder Joch. 

Dass die alten Flächenmasse nicht überall gleich sind, 
hängt damit zusammen, dass unsere Voreltern beim Abmessen 
ihrer Güter deren natürliche Fruchtbarkeit mit in Betracht 
zogen; in fruchtbaren Feldern wurde der Morgen kleiner zu- 
gemessen als in weniger fruchtbaren, ebenso auch die Hufe, yon 
welcher der Morgen den dreissi^'^sten Theil bildet, so mussten 
auch die Bruclitheile dieser Einheiten grösser oder kleiner werden. 

Hufe und Morgen, ursprunglich wirkliche Feldmasse, wur- 
den beim germanischen Bauern zu Wirtschaftseinheiten. War 
doch der Arpent ein römisches Feldmass bestimmten Inhalts. 
Die Hufe ist das normale Bauerngut, und der Morgen die nor- 
male Grosse einer Hufenannexe, welche selbstverständlich 
immer demjenigen entsprechen niusste, was ein Hufner neben 
seinem Hufschlagland (Sors) behauen konnte. Darum ist der 
Morgen auch zum Mannwerk geworden : diejenige Reben- oder 
Acker- oder Wiesentläche, welche ein Mann neben seinem 
Norni.ilhesitze noch mit seinen eig-enen Kräften bearbeiten 
konnte. So wurde das Mannwerk von einer Wirtschaftseinheit, 
mit der Zeit zu einer Flächeneinheit. 

In dem Weissen burger Polyptichon heisst diese Einheit 
der Hufaijiiexeii für Hebland die Pictura, in anderen I i künden 
peditua, pedatura. Urspiünglich wie der Arpent eine römische 
Feldmesseinheit, wurde auch die Pic tura zur Wirthschaflseinheit 
und bedeutete in jenen Gegenden wo sie üblich war — in 
oberelsässischen Urkunden trifl't man sie nirgends — diejenige 
AVeinbergtläche, welche jeder einzelnen Hufe zug^egeben wurde. 
Dass sich dies lateinische Wort, die Bezeichnung eines rö- 
mischen Feldmasses erhalten hat, ist wiedei" ein Beweis, dass 
der Rebbau in unseren Gegenden schon zu Bomerzeiten stark 
verbreitet war; bedenken wir dass der Ausdruck pedetura, 
pictura, sich gerade im Mosel- und im Rheinlande erhalten 
hat, so können wir mit Recht auf das hohe Alter des Rebbaues 
unserer Gegenden schliessen. 

In der heieits erwähnten Weissenburger Urkunde heisst 
es von den Diensthufnern oft: ((Faciunt pedituram». 

Antan^s machten diese unfreien Hufner die Arbeiten der 
pictura auf dem Beundeland der Klosterreben nur für l{echnung 
der Grundherren, in V'erptlichtung für das von ihnen innge- 
habte ßauernlehngut ; erst Sjiäler erhielten sie d;inn djeselben 
Pictujae zu Erblehen oder in Erbpacht, ja oft auch nur zu 



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— 17 — 



Zeitpacht ge^geü Weinabgaben; neben diesen grundherrlicheii 
Aeben bauten die Hufner wohl auch mit Erlaubnis des All- 
mendherren auf der Allmend neue Reben an, wofür sie wiederum 
Weinabgaben jähriich entrichten mussten. Diess also der dop- 
pelte Ursprung der in den Urkunden erscheinenden Hörigkeits- 
ab^aben. 

Die Güter dieser Weinbauern können wir füghch als Wein- 
güter bezeichnen ; denn um das XIII. Jahrhundert herum giebt 
ihnen die Zugehörigkeit von Kebstücken zu denselben und zwar 
in hervorragendem Verhältnisse, diesen Charakter. An solche 
Weingüter müssen wir denken, wenn wir in der Scheu kunp^s- 
urkunde eines gewissen Ebrohart's für Weissenburg (8. Jiidt.) 
lesen, dass dieser der genannten Abtei tres vineas schenkt mit 
den Winzern, w elche sie bebauen. Auf jede vinea oder peditura 
entfiel wohl meist ein Mann mit seiner Familie. 

Auch hier konnte es nicht ausbleiben, dass die Pichter, 
als ein Alirnendausbau, noch mehr wie die Hufe, ganz verschie- 
dene Grössen annahm ; denn die Bodenbedingungen für Rodung 
sind nicht überall die f^leichea nach Grösse, Lage und Zugüng- 
lichkeit der betreffenden Allmenden; ferner musste infolge 
dessen ganz besonders die Höhe der ersten Anlagekosten 
schwanken. Diese verschiedene Grösse der Pichter bedingte 
noch Lamprecht, und Alles was die elsässischen Urkunden 
darthun, bestätigen seine Ansicht auch für unser Land, einen 
verschiedenen Entwickelungsganii" : kleine ^Pichter konnten als 
Kebenbauten immer im Hutenverhaiule l)leil>en, die dauernde 
Bestellung grösserer gin^f- aber selbstverständlich über die Kräfte 
auch eines Vollhüfners hinaus; sehr bald bildeten die grösseren 
Pichter selbständige Ileb^üter. 

Aus den ursprünglich gi undherrlichen Beundeländereien 
mit ihrer eigentümlichen Bewirtschaftiingsform durch Frohn- 
dearbeit, entstanden s[)äter einfach Weinlehengüter, w'ie die in 
Logunstein vom AVeissenburger Polyptichon erwähnten : 
Ruodelah vineas 5 et jurnales 7 ; Relig viiiea- 2 et jurnales 
6; Willibrord vineas 8 et jurnales 10; Dagilo vineas 3 et jur- 
nales 7; Waldbrot vineas 5 et jurnales 8; Kdilin vineas 2 et 
jurnales 7; Ruodil vineas '3 et jurnales 8; Favilo vineas 3 et 
jurnales 7; Guother vineas 3 et jurnales 15. Infolge des Üeber- 
gangs der grundherrlichen Reben-Beunden auf ihre Winzer 
oder auf andere Lehner, musste die Spezialbezeichnung für 
diese^ der Name Fictura, Pichter, auch bald wegfallen, und 
nun konnte man den hufengewonnenen Weinberg des gewöhn- 
lichen Mannes nicht mehr vom freien Weingut des Grundherrn 
unterscheiden. Eine Erinnerung an ihre frühere Eigensc^iaft 
blieb nur in lokaler Bedeutung, im Gewannamen übrig. Im 

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— 48 — 



Oberelsass kotnrnt aber die Pichter als Gewannamen nicht vor ; 
ob sie im Weissenburger Gebiete vorkommt, ist uns unbekannt; 
sicher ist sie aber durch Lamprecht im Mosellande nachge- 
wiesen. 

Da die Allmenden im Elsass alle grundherrliche Allmenden 
waren^ so waren die Rebj,niter meist zins- und frohndepflichtlg. 
Nun war aber die Möglichkeit j^^ejjeben, dass es ein Jahr oder 
mehrere Jahre keinen Wein gab, in diesem Falle heisst es dann 
in den Urkunden, sollten die Rebenbesitzer die Abjjalte in 
Geld bezahlen ; in jenen Zeiten abei- grosser Kapilalarmut musste 
es oft vorkommen, dass ein solcher Zins völligr uneinbrinj^lic h 
war. Dann ward auch oft festgesetzt, dass der vertallene Zins 
im nächsten Jalire, wenn es Wein jrälie, mit eistat tet werden 
müsse, und falls es nach diesmal nicht ^escliehen könne, s»» 
sollte der Grundherr nach seinem Belieben nher das Flebstück 
verfügen. Auch finden wir aus dem XIII. .lahrlmndert Urkun- 
den, in denen Reben nur gegen Geldzins verliehen werden. 

Infolge der wohl allzuoft vorkommenden Weinernten-Aus- 
fälle verfiel man auf den Gedanken, den Grundherrn auch an 
den Erntenauslällen teilnehmen zu lassen ; man bestimmte die 
jährliche Abgabe eines Rebgutes als einen (» sten Anteil an dem 
Ertrage, so z. B. auf die Hälfte des Ertrages, wie «lies übrigens 
in den elsässischen Urkunden sehr früh erscheint, z. B. in 
einer Urkunde des Abtes Anselm von Mauersmüuster (1 140-1154). 
überhaupt ist die FInIhpacht in rliesem Jahihundert schon sehr 
verbreitet im elsässischen Helilande. 

In dem Masse als die Rebbauern ihm h eigene Reben be- 
sassen neben denjenigen, die sie von Grundherren zu Lehen 
hatten, wuchs natürlich auch die Sicherheit der Abgaben; 
denn dann waren sie meist gezwungen, die Leistungen aus 
ihren eigenen Reben zu entrichten, wenn letztere einen Ertrag 
hatten und die' Pichter nichts trugen. 

Dann wird später in den Verieilmngsurkunden gewöhnlich 
die Bedingung ausgesproclien, dass auch ihre anderen Reben 
oder einzelne Stücke derselben mit ihrem Ertrage für die 
grundherrlichen Rebenzinsen hatteten ; ja sogar andeic Grund- 
stücke, oder .selbst das ganze übrige Gut wurde dafür verfestet, 
verhaftet erklärt. 

Ein solches aus grundherrlichen Reben und eigenen Wein- 
bergen, sowie aus Hof, Aeckern, Wiesen und Gartenland be- 
stehendes Gut, konnte nun gross oder klein sein, und lässt 
sich mit allen möglichen Bedingungen denken : bald mit mehr 
grundherriichen, bald mit mehr eigenen Reben ; wo die eige- 
nen Reben vorherrschten, da musste dies bald auf die ganze 
Bewirtschaftung von Einfluss werden. Solche Rebgüter waren 



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19 — 



weit freier, als die reinen Ackergüter. Die Reben wurden schon 
sehr früh als wertvoller Bestandteil eines Gutes immer und 
gerne geteilt ; jeder Bauer hielt daran, in der Gemarkung irgend 
ein Stück Reben zu besitzen. Daher entwickelte sich auch ein 
regerer Geschäftsverkehr in Reben ; sie wurden oft verkauft 
und wiederverkauft. Wir finden in den Polyptichen des XII. 
Jhrfadts. bereits recht kleine Rebgüter, und dann zählen ganz 
kleine Rebgüter schon eine grosse Anzahl von Parzellen. In 
den Urbarien vom 14. Jahrhundert kommen grosse Rebkom- 
plexe, falls die Reben zu Lehen gegeben sind, schon beinahe 
nie mehr vor; nur noch im Ruffocher Lehnsbuche des oberen 
MundatSy kommen grössere Rebanlagen als adelige Lehengüfer 
vor; der kleine und mittlere Bauer hätte mit solch grossen 
Komplexen nichts machen können. 

So zählt das Weissenburger Gutsverzeichniss viele solcher 
kleiner Parzellen upter dem Frongute der Abtei auf: zu Heries- 
heim, Weinberg zu 40 situlos oder 20 Ohmen ; in Frigesbach 
ein solches zu 10 situlos oder 5 Ohmen (darunter ist immer 
der elsässische Ohmen von 50 Liter und nicht die Ohm von 
150 Liter gemeint) so viel als der Durchschnittsertrag von 
einem Schatz Reben von 4 Ar; zu Heriesheim noch eines zu 
20 Situlos oder 10 Ohmen, gleich dem Ertrage von 2 Schatz ; 
in Hagenheim sogar ein solches kleines Rebstück zu 8 Situlos, 
4 Ohmen, somit etwas weniger als ein Schatz Reben. Solche 
Beispiele könnten noch bei Vielen angegeben werden. Geben 
wir jetzt noch in's Oberelsass, so treffen wir dort um dieselbe 
Zeit schon dieselben Verhältnisse der Gutszerstückelung an. Die 
angegebenen Beispiele ziehen wir abermals aus dem Lehnsver- 
zeicliiiisse des Bischofs von Strassburg für das obere Mundat, 
aus der Hälfte des 14. Jahrhunderts. Da finden wir Parzellen 
von 6, 9, 10, 12, 60 und 66 Schatz Reben, daneben auch ganz 
kleine Parzpllen von 1, 2 und 3 Schatz; Stücke von 4 und 5 
Schatz sind ebenfalls keine Seltenheit. Die Durchschnittparzelle, 
die sich nus hunderten von Angaben aus dem Marbaclier Urbar 
von 1433 herausrecbnen lässt, erreicht nicht die 5 Schatz; 
dies ist auch heute noch die Durchschniltsgrösse einer Rebpar- 
zelle im elsässischen Reblande; die Zerstückelung der Reben 
war also damals so stark, als sie es jetzt ist : eine Folge ein- 
mal der streifen weisen Anlagen in den Gewannen und dann der 
meist üblichen Erbteilung der Reben bei Todesfall. 

Bei dieser weitgehenden Zerstückelung mussten mit der 
Zeit auch die kleinen Rebgüter die grossen an der Zahl weit 
überragen ; die früheren Benndekomplexe gingen nach und 
nach ganz in den Lehnbesilz der Bauern über. Vom hnuern- 
recht liehen HoÜebn konnte der Grundherr nie grössere Erträge 



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— 20 — 



hekommen, für dieses war der Lehnzins für imuier {'estjiestellt. 
Nur die Beunden konnten freier verpachtet werden, somit 
höhere Pachtgelder erreichen und fol;^lich die Grundherren 
stärker am Ertrage des Gutes betheiligen. Bei den Beundelän- 
dereien kommt zuerst die gewdhnliehe Erbpacht, ja schon sehr 
früh die Zeitpacht in Gebrauch uud Geltung. Wir werden dies 
Letztere ganz besonders weiter unten noch eingehender zur 
Darstellung bringen. 

In Hutdg finden wir z. B. in einer Urkunde des Propstes 
zu St. Thomas von 1159 Erwähnung eines Rebgutes von 
6 Acker, das zum Drittelertrag zu Erblehen vergeben wird ; 
dies dflrfte damals schon die mittlere Ausdehnung eines Reb- 
gutes gewesen sein : so ungefähr d0->40 Schatz; diese 
Grösse findet sich in der That als Inhalt vieler Rebleben 
im 14. Jahrhundert, wie dies im erwähnten Lehnsbuche 
des Bischofs von Strassburg oft vorkommt. Es entspricht 
dieser Inhalt einem so ziemlich landublichen Mittel für 
Rebguter in einer Zeit, wo die Rebgüter bereits sich als selbst 
ständige Guter hervorthaten, wo sie die wirtschaftliche Grund- 
lage der Gutswirtschaft bildeten. Der allmälige Verfall der 
Hufenverfassung erleichterte den Ankauf von Landereien auf 
dem Mark- und Hufenlande; allmählig wurden die Aecker in 
Rehen umgewandelt, und so kam es, dass es heute Gemark- 
ungen giebt, die nur einen verschwindend kleinen Theil Aecker 
aufzuweisen haben* Aber auch der Markwald, der im 11. und 
12. Jahrhundert sicher noch viele unserer Rebhfigel zierte, 
musste der Rebe Platz machen. 

In jener Zeit nämlich fand in unserem Reblande, wo fast 
lauter fifänkische und allemannische Dorfschaften bestanden, 
ein letzter kolonisatorischer Anlauf statt : die Kolonisation des 
Münsterthaies, des Belchentbales bei Gebweiler, des Thaies 
von Sultzmatt, überhaupt aller unserer Vogesenthäler. Bei die- 
ser Besiedelung wurden in jenen Thälern, so weit es die Na- 
tur gestattete, die Hügel des breiteren unteren Teiles mit Reben 
angepflanzt. Die Neubesiedelungen gingen dann immot von 
einem Mutterdorfe aus, das früher in diesen Thälern sich un- 
mittelbar um eine Abtei herum i,^ebildet hatte ; an der Peri- 
pherie der gemeinen Marek l)ildeten sich neue Dorf- und Reb- 
anlagen. So entstanden wohl in dieser Zeit — denn vorher 
finden wir sie nirgends in Urkunden erwähnt — am Rand der 
gemeinen Mark der zwei Dörfer Pfaffenheim und Geberschweier 
im Oberelsass zwei Tochterniederlassungen : Sultzmatt und 
Osenbach, mit den Annexen Osenbühr und Wintzfelden. Sultz- 
matt erscheint zum ersten Male in den Urkunden um 1044. 
Mit dem Kloster St. Marx hinter Geberschweier liegend, bii- 



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deten diese vier Dörfer in der That eine Mark.,M3nossensc}iaft, 
welche 1258 noch deutHch erkennbar ist in einer Weidebe- 
rechtigung des Klosters, das auf der Mark errichtet worden 
war, an der Allmend der vier Dörfer. Um 1160 kamen die 
Dörfer Sullzmatt, PfafTenheim und Geberschweier, sehr in 
Aufschwung, wie es eine zeitgenössische Autzeichnung ver- 
merkt ; in jener Zeit wurden wohl die berühmten Terrassen- 
reben (Kammern) der Geberschweierer Pfaflenheimer, Öultz« 
matter und Osenbacher Gemarkungen angelegt. 

Solche Allmendausbauten finden wir auch in der Geschichte 
(ier Abtei Murbach und der Gründung sowie der Entwickelung 
der Stadt Gebweiler; ebenso auch im Münsleitliale. Auch für 
die Reichsstadt Oberehnheim ist für jene Periode die V'ürnahme 
der Rodung der Allmend deutlich nachweisbar. Im 14. Jahr- 
hundert war ja hier die Rodung der Allmend schon nicht melir 
frei. Aehnlich war der Vorgang sicher überall, und im 15. 
Jahrhundert spätestens war die Allmend völlig okkupiert ; nur 
noch ganz kleine Flächen blieben jetzt als Bürgerland übrig, 
das sich bis auf unsere Tage erhalten hat, da wo der fran- 
zösische Kaiserstaat nicht mehr damit autVäüineii konnte. So 
hat sich der Weinbau im Elsas.se nach und nach alle Hü^el 
bedeckend und die GegeiKi iiereichernd ausgedehnt, dass er 
um das 14. Jahrhundert herum dem heuligen Rebbaue an 
Ausdehnung sicher nicht nachstand. 

II. 

Warfen Ytw nun oinen Blick auf den Verkehr mit Wein 
während des Mittelalters; auf die Technik des Weinbaues 
sowie auf die Organisation der £iiiselwirtschaflen, so finden 
wir darin ein nicht minder mannigfaltiges Bild, das uns auch 
zu seinem Teile die rechtliche und wirtschaftliche Emanzipation 
des Reblandes zu deuten hilft. 

Von eigentlichem Weinhandel ist in ältesten Zeiten gar 
keine Rede. Die Grundherren hatten zum Behufs des Wein- 
verkaufes in ihrer GrundherrschafI, auf ihre Grundherrlichkeit 
begründet, den Weinbann; was sie nicht in ihrem HaupthotiB 
oder in ihrer Pfolz, oder in der Nähe des Klosters und in 
demselben selbst verbrauchten, das wurde durch Frohndefuhr- 
leute an andere Orte ihres oft weitverbreiteten und weit zer- 
streuten Besitzes verführt. Daher auch die Erscheinung, dass 
viele elsässische Klöster Häuser und Höfe in den elsässischen 
Städten besassen. So Maursm&nster, Neuweiler, Marbach und 
andere mehr in Strassburg; die Abteien Päris, Alspach zu 
Colmar. In den Städten mit ihrem regen Handwerksleben und 
Marktverkehre gab es Gelegenheiten genug, den Wein vorteil- 



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hart los zu werden. Die Angaria, die Frohnfuhre war bekannt- 
lich eine Reallasl für gewisse hörige Hufen. An solchen Markt- 
slädten oder Marktorten erhielten dann die Klöster und Kirchen, 
sowie andere Grundherren vom Köni'.,''e das Recht eine Schenk- 
wirt.schaft zu halten. Dann standen Kirchen, Klöster und Gross- 
grundbesitzer untereinander in verwandtschaftlichem, freund- 
schaftlichem und geschäftlichem Verkehre. Der Abt eines 
Klosters im reben losen Norddeutschland schrieb wohl an seinen 
Freund, der das Glück hatte, Abt eines Reben besitzenden 
Klosters zu sein; ein Bischof beschenkte seinen Mitbruder in 
minder begünstigten Gegenden, oder ein Fürst gab .seiner lieben 
Tochter ein stattliches Quantum Wein mit in die neue nor- 
dische Heimat. Ein grosser Teil der erzeugten Weine kam 
ferner aucli '"adurch zur Au.stuhr, dass freuuie Grundherr- 
schaften, Könige, Fürsten oder Bischöfe sowie Klöster Rebberge 
im Elsass kauften, oder sich schenken iiessen oder aucli damit 
belehnt wurden. So erhielt die Abtei Fulda 885 Reben in Ost- 
beim b. Golmar und in Kienzheim, ferner im selben Jahre 
noch zu Oberehnheim und Barr. Zahlreich waren von jeher 
die fremden Rebbesitzer in unseren elsässischen Weinlanden. 

Um's Jahr 900 herum gab es folj^ende fremde Grundherr- 
Schäften mit Rebbesitz im Elsass: Die Kirche von Speier in 
Jebsheim; Kloster Ettenheim^Mfinster in Cpfig, Nieder-, Mittel- 
und Oberhausbergen, sowie zu Rufach ; Kloster Fulda in Wolx- 
heim-Alfbronn, Avolsheim, Barr, Breuschwickersheim, Dings - 
heim, Dinsheim, Fridolsheim, Handschuhheim, Hürtigheim, 
Kienzheim, Nieffern (zerstörtes Dorf), Oberehnheim, Ost heim, 
Rosheim und Walf. 

Kloster €rengenbach (Baden) zu Kinzheim und Scherr- 
weiter; Kloster Hornbach (Pfalz) in Elbersweiler (zerstörtes 
Dorf) und Wasselnheim; Kloster Schuttern (Baden) in Herr- 
lisheim b. Colmar; Kloster Schwarzach (Baden) in Dangolsheim, 
Küttolsheim, Lampertheim, Schwindratzheim, Tranheim, Ven- 
denheim, Wangen» Zeinheim und Zinsweiler. 

Die Kirche von Ghur (Schweiz) in Schlettstadt ; Kloster 
Granfelden (Schweiz) in Sigolsheim; Kloster St. Gallen (Schweiz) 
in Habsheim; Kloster Zürich in iUtheim (zerstört), Ammersch- 
Weier, Kienzbeim, Kinzheim und Schlettstadt. 

Die Kirche von Rheims (Frankreich) in Bischofsheim b. 
Oberehnheim. 

Kloster jßtival, (Frankreich) zu Andlau, Sigolsheim; Kloster 
Luxeuil (Frankreich) zu Alschweiler (zerstört), Arzenheim^ 
Bennweier, Ingersheim, Rödern, Rosheim, Obersulz und Zel- 
lenberg; Kloster Moyenmoutier in Bergfaeim b. Rappoltswetler, 
Hindisheim jund Niederehnheim. Das Kloster von St. Denis 



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dui ch keine technischen Vorzüge sicli stützen und rectitlei ti^'^en ; 
nur die in früheren Anlaj,'^eperioden herrschende extensive 
Kulturart der lieben kann es uns erklären und iür jene Zeiten 
als begründet ersclieinen lassen. 

Die Rebensetzhnge sind entweder BHndhölzer «Klaben» oder 
Wnrzelreben «Würzlinge». Beim Ver<^iuben sind es Absenker 
eines älteren Stockes. Im Durchschnitt sind heute die Stöcke 
nach beiden Seiten hin 1 m dis 1.20 m entfernt, auch findet 
man Rebanlagen, wo in der Reihe die Stöcke nur 80 cm weit 
auseinander stehen, In ganz ahen Reben ist oft, durch das x 
allmählige Verziehen der Stöcke beim jährhchen Aufstellen und 
Richten der Weinpfähle, dem s. g. «Sticken», im Laufe der ^ 
Jahre die Reihe ganz verschwunden, imd das Stück erscheint 
dann nicht mehr stoekrecht, wie der Winzer sagt. Die jungen 
Stöcke sind sorgfältig zu pflegen, besonders vor Verunkraulung 
zu schützen ; im dritten Jahre tragen sie dann die ersten 
Trauben ; einen vollkommenen Herbst erhält man jedoch erst 
mit dem fünften Laube. Die Hauptarbeiten im W^einberge sind 
der Reihe nach : 

1. Das Schneiden, Beschneiden der Stöcke; 2. das Sticken^ 
Aufstellen der Rebpfahle; 3. das Anbinden der Stöcke an die 
Pföhle, «SteckeD» ; 4. das Biegen der beim Schneiden stehen 
gebliebenen Ruthen, «Gerten»; 5. das erste Hacken; 6. das 
Heften der grünen lang gewordenen Schosse ; 7. das Verkfirzen 
der Trauben tragenden Aeste und Ausbrechen der Austriebe 
am alten Holze, « Verbr|Bg)igp» ; 8. das zweite Behacken oder 
«Ruhren», oft auch ein drittes; 9. Einkönen der Jahrestriebe 
im August zur Beförderung der Holzreife; 10. Auslauben 



12. alle fünf Jahre wird gedüngt. Diese Angaben halten wir 
zum besseren Verständniss des Nachfolgenden für geraten. 

Im Mittelaller finden wir in einer Golmarer Verordnung 
von 1438 folgende Rebarbeiten aufgezählt: 

1. Schneiden; 2. Sticken; 3. Vergruben und Aufwerfen 
der Gruben im Voraus ; 4. Binden ; 5. Biegen ; 6. Hacken ; 
7. Heften ; 8. Rühren; 9. Verbrechen ; 10. Räumen ; 11. Dün- 
gen ; 12. Herbsten ; 13. Pßlhle ausziehen nach Herbst (geschieht 
heute noch in Golmarer Gemarkung auf der Au, aber nur in 
diesem Grewanne), denn es werden 14. die Stöcke ülier Winter 
in die Erde gelegt, um sie vor Winterfrost zu schätzen. 

Um 1471 erwähnt eine Mülhauser Weinbauverordnung 
folgenden Arbeitencyklus : 

1. Schneiden; 2. Sticken; 3. Anbinden; 4. Biegen; 5. 
Hacken ; 6. Grubenaufthun zum Versenken von Ersatzstöcken ; 
7. Dungen ; 8. Heften und Verbrechen ; 9. erstes Rühren : 10. 




Traubenreife ; 11.. Herbsten ; 



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zweites Uühien ; 11. Räumen «stüdniachen» ifO viel als ilie 
Staude ausrichten ; 12. Herl)??leii. 

Aus (lioseii zwei Arheits^liatnlog'en ersehen wir, dass unsere 
heuti-^en He!)ai-I)eitea einer sehr alten Praxis enlspiingeii. 

Erst wenn wir bis in's 13. Jahrhundert zurüci^^ehen, linden 
wir ein viel weniger sorgfältiges und intensives Kultnrverfaliren 
in den Quellen angegeben. Im Polyptichon des Abtes Edelinus 
von Weissenburg (1262 — 93) finden wir nur folgende Rebar- 
beiten verzeichnet: 

1. Putare, Schneiden: 2 Sticken; 3. Vincire, Binden; 4. 
Fodere, Hacken ; 5. denuo federe, xweites Hacken ; 6. fimare, 
stercorare, DQngen und 7. Herbsten. 

Eine Vorschrift, die wir einer Urkunde der schweizerischen 
Abtei Muri aus dem XI. Jhdrt. entnehmen (die Abtei hatte 
fu jener Zeit Güter im Elsasse), lässt uns ganz genau in die 
damaligen Gebräuche hineinblicken. Die Urkunde sagt: Jeder 
Rebmann soll in seinem ManuwJ(lie^(quod uni viro committilur 
zd colendum) alle Jahre sieben Wagen seines eigenen Mistes 
einführen (dasselbe auf den Rebgütern von Maursmfinster) ; 
dann soll er die Reben schneiden und anbinden ; somit war 
das Dungeinfuhren über Winter gemacht. Ferner soll er zwei 
Mal mit dem Karate bauen (Hacken) und die Reben^ nachdem 
die Gruben dazu gemacht worden sind, wenn nötig verpOanzen 
und ersetzen, ja vermehren; sie mit einem Hage oder auf 
sonstige Art beschützen, auch soll er Sorge tragen das zum 
Bepffihlen nötige Holz aus eigenen Mitteln sich zu beschaffen ; 
wenn dann die Trauben gross sind, soll er die Stöcke ausputzen, 
(das obenerwähnte Räumen) und dem gemeinen Bannwarten 
seinen Lohn geben. Wenn zu Osterzeit die Reben noch nicht 
geschnitten und gebackt waren, so wurde der Winzer gericht- 
lich und hofrechtlich ))elangt, dasselbe geschah auch, wenn um 
Johanni herum die Reben noch nicht zum zweiten Male gehackt 
und aufgeheftet worden waren. Nach Vandalhert (X. Jiidrt.) fand 
damals der Schnitt im Februar statt und zwei Monate später, 
im April steckte man die Plahle und die zweizinkigen Gabeln, 
um die Gerten mit Bast daran zu binden. Gewöhnlich fiel der 
Herbst in den Oktober, es ist unberechtigt, wenn einige be- 
haupten, früher sei die Lese vor diesem Termine vorgenonnnen 
worden. Septemberherbste sind von jeher eine Seltenheit und 
ein Zeichen guter Jahrgänge gewesen. 

Die Trauben wurden mit den Füssen auf der Kelter ge- 
treten, was Karl der Grosse in seinem Gapitulare de Villis 
verboten lint, weil er dabei die Reinlichkeit vermisste. Dieser 
Gebrauch bestand im elsässischen Reldande bis auf unsere 
Tage vielfach fort ; erst in der zweiten Hälfte unseres Jhrdt^s 




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wnrd er auf;^e;;eben, doch wir möchten keine Weile darauf 
ein;,^ehen, dass er überhaupt nirgends mehr geübt werde. Aus 
rein leclmischen Gründon kann das l'reten nicht gerade ver- 
worfen werden : dieTraulicu A\cr(]»Mi d.'tljei be.'^.ser gemischt ; und 
es giebt Oenologen, die behaupten, es [ordere sogar die Gäh- 
rung und die Bouquelentwickelun^^. In neueiei- Zeit hat man 
aber Maschinen gebaut, die das Mischen ebenso gut und jeden- 
falls schneller, aucli billiger besolden. 

In den ältesten Urkunden finden sich ao^iiv nur [olgeiide 
Rebarbeiten angegeben : 1. Putare, Schneiden, 2. fodere, Hacken 
und 3. Binden, was selbstverständUch eine vierte voraussetzt : 
4. das Bepfählen. Wohl hat man in jenen ältesten Zeiten den 
Stock noch nicht so aufgeputzt wie später ; da waren wohl 
überall die Stöcke nur ganz klein, Kopfschnitt, und die Gerten 
wie es Vandalbert andeutet, wurden nur mit hölzernen Gabeln 
hoch- und festgehalten. Vielleicht war sogar das Düngen nicht 
regelmässig ; findet man ja heutigen Tages noch immer Gewanne, 
deren Reben manchmal in 20 Jahren kein einziges Mal Dünger 
bekommen. Desshalb wird doch geherbstet. 

Vom 13. Jahihundert ab also sehen wir in der Zunahme 
der jährlichen Rebarbeiten einen Fortschritt ni der Technik 
des Rebbaues, der sich dann im 14. Jhrdrt. in Colmar schon 
ganz auf derselben Höhe befindet, wie in unseren Zeiten selbst. 

Alle Weinbauordnungen schrieben vor, bis zu welchem 
Termin die Arbeiten fertig sein mussten, so die Bergheimer 
(Kr. Rappoltsweiler) : Schneiden, Sticken, Biegen und Hacken 
sollen auf Georgitag (23. April) fertig sein; Erbrechen, Heften 
und EfihreD sollen auf Johanni gemacht sein; das Schiben 
und Rümen auf Bartholomäustag (24. August). Die Arbeiter 
wurden durch Schauer besichtigt, im Auftrage des Baugedings, 
das auch Qber schlechte Arbeiten urteilen musste. In einer 
Reibe von Verkaufs- und Lebensurkunden wird immer von 
einem grundherrlichen Boten des Klosters St. Leonhard zu 
Basel gesprochen (XIH. Jhdrt./ bei Trouillat), welcher die 
Reben zu besichtigen kam und der Weinlese auf Kosten der 
Ijehenshalter anwohnen musste, um den ausbedungenen Wein- 
zins entgegenzunehmen. 

Unterrichtend sind die Bedingungen eines Weinlehns von 
1402, welches Kloster Marbach (Kr. Colmar) einem gewissen 
Henselin Bartscher zu Ammerschweier über Reben im dortigen 
und Sigolsheimer Banne von 1 Acker und 1 Viertzel = 25 Ar 
Flächengehalt einteilte: der Lehensinhaber muss die Reben 
misten, düngen, und sie so halten und bauen, €mit allen 
Würcfaten (Arbeiten) nach beder bennen recht und gewohnheit 
ane geverde und sollent er und sin erben jerlich daruf tun zwei 



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fuder iiii>te.s und sollen denselben mist ungeveiiicli ui die guter 
teilen untl deiiein vortheils dar inne suchen». 

Das Kloster hat das [lecht diese jährlicli /.u beschauen, und 
falls «Misswürcbte» konstatiert würden, soll der Inhaber nach 
Urteil der ehrbaren Leute, welche die Reben schauten, dem 
Kloster Genüge thun. 

Aus der mannig faltij^^en urkundlichen Ueberlieferung, be- 
sonders aus den Gfiterverzeichnissen unserer elsässischen Ab- 
teien, geht hervor, dass die Inhaber einiger Diensthufen, mit 
welchen zugleich grundherrliche Reben verbunden waren, all- 
jährlich von ihrem selbs [gewonnenen Dünger in die Frohnreben 
bringen mussten ; in den Reblehensurkunden stand auch imnier 
eine diessbezügliche Clausel, welche vorschrieb, wie gedüngt 
werden musste. Es wurde, da alljährlich dieselbe Menge Düngers 
eingetragen werden musste, eine gewisse Rotation bei der 
Düngung eingehalten. Im obigen Murbacher Beispiele sehen 
wir, dass auf ein Rebgut von 25 Ar jährlich 2 Fuder Dünger 
eingeführt werden mussten; zwei Fuder Dünger reichen aber 
zur Düngung von 5 Ar, somit finden wir hier den allseits im 
Reblande heute noch üblichen fÜnQährigen Düngungsturnus. 

Bei dem schon erwähnten Beispiel von Muri werden auf 
ein Mannwerk Reben alljährlich sieben Garradas Dünger (Karren, 
wie diese Fahrzeuge heute noch im Reblande in Gebrauch 
stehen) einzufnhreD vorgeschrieben. Ein Mannwerk ist aber 20 
Ar ; 7 Karren reicht gerade für 4 Ar aus, somit auch hier 
ein fünfjähriger Turnus. 

Im 15. Jahrhdrt. war zu Colmar die Düngung der Reben 
ebenfalls alle fünf Jahre vorgeschrieben. Wie das Düngen wai 
auch das Erneuern der Reben unterm alten Beunde- Wirtschafts- 
system mit seinen Frohnden eine jährlich wiederkehrende Arbeit, 
welche durch die Gehöfer geleistet werden musste ; das Erneuern 
der Reben geschieht, entweder durch Neuanpflanzen von Wurzel- 
reben oder auch und zumeist durch Vergruben. So finden wir 
im Weissenburger Guts Verzeichnisse zu Altenstadt bei Weissen- 
burg Dienst hufen «Hobae ad opus domini abbatis pertinentesi 
\VL']che «ad transplantandas vites» zum Vergraben, Verpflanzen 
der Heben, «opus sufficiens» alle erforderliche Arbeit frohnde- 
weise leisten mussten. 

Zum Weinbau bedurfte man aber der Weiden, PfiUile, 
Fässer und Reifen, Die Weiden wurden durch Anlagen in be- 
sonderen Gewannen, i^ewöhnlich auf nahen gut bewässerten 
Wiesen, wo sie sich heute noch befinden, angebaut und bildeten 
dieselben sowie die anderen obgenannten Gegenstände oft aucq 
eine Frohndahgabe der Hufner an den Grundherrn. Das Pfahl- 
holz wurde durch die Gehöfer in früheren Zeiten, wo die 



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- 31 — 

Beundewirtschaft noch blühte, aus ihrem Hufenanteile am 
Markwalde entnommen, sowie auch das Fassholz, das Brennholz 
und die Reife zum Binden der Weinbottiche und sonstigen 
Herbstgeßsse ; manchmal und in den meisten Fällen, wohl wo 
nichts Näheres darüber angegeben wird, sind aber die in den 
Polyptichen erwälmten Holzfuhren nur solche von Holz aus 
dem Kammerwalde, dann waren die Hufner nur zum Hauen, 
Zubereiten und Heimfahren des Holzes verpflichtet. Wo dann 
das Holz an den Kellerer abgegeben werden musste, da können 
wir wohl darin Fass- oder sonstiges Daubenholz erkennen ; nur 
an zwei Stellen des Edelinischen Verzeichnisses von Weissen- 
hurg I ''^'%,'net uns eine Abgabe für Fassreife, also nicht die 
Keife selbst wurden mehr geliefert, sondern eine kleine Geld- 
abgabe erstattet : an Maria Geburt (8. September) 2 Pfennige 
und einen Heller, ferner für Pech und Keife 5 Pfennige. Im 
XIII. Jhdrt., in der Zeit der Abfassung des erwähnten Inventars 
von Weissenburg, war eben die Beundewirtschaft mit ihren Frohn- 
arbeiten schon stark durchbrochen. Die Frohnarbeiten wurden 
von Jahr zu Jahr schlechter ; die späteren Besitzer von Dienst- 
hnfen, welche vielleicht auch mit anderen namhaften privaten 
Lasten belegt worden waren, sahen sich <lurch die Frohnar- 
beiten beim Grundherren allzusehr bedruckt, und dies konnte 
auf die Gewissenhaftigkeit der Leisfuri_;en nicht anders als 
deprimirend einwirken. Daher finden wir im XII. Jhdrt. schon 
in der Mark Maursmünsler die Frohnden der Triduani, d. h. 
der Diensthufner, welche dt ei Tage in der Woche frohnen 
musslen, durch eine Geldal)gal)e von einigen Denaren ersetzt. 

Auch wicht i<j;ere Weinbergsarbeiten in den Frohnl)erjien, 
wie das Schneiden, das Hacken und Binden wurden zu Alten- 
stadt bei Weissenburg nut Geld geleistet: 5 Denare für das 
Schtjeiden ; IG für das erste Hacken : 4 Denare für das zweite 
nnd 3 für das Binden. Solche Beispiele könnten aus vielen 
andeien Teilen des Elsasses noch mehr mitgeteilt werden ; zur 
Bereitung der Kelter und Instandhaltung des Kelterhauses ; zum 
Instandset zeu der Herbstgefässe und zur Weinlese mussten ilie 
Altenstädter Hufner aber damals noch (.\III. Jhdrt.) die nötige 
Arbeit leisten. Solche Frohnarbeiten finden wir ebenfalls in 
den Urkunden Maursmünsters sowie in den verschiedensten 
Weistümern aus dem elssäsischen Weinlande. 

Mit dem Masse aber, als diese Arbeiten im Laufe der 
Jahre in Geld umgewandelt wurden, wuchs natürlich auch 
die persönliche Freiheit der Bebenarbeiter; nach einigen Ge- 
nerationen kannte Niemand mehr die Begründung jeuer Pfen- 
nige; dann wurden sie am Ende gar abgelöst oder nachgelassen; 
denn deren Einzug kommt meist teurer zu stehen als ihr Ertiag. 



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- 32 — 

So wurden die Rebarbeiter oder die Hufenbesitzer, welche 
solche Fröhnd en verrichten mussten, mit einem Male ganz 
freie Leute. An Stelle der alten Beundewirtschaft mit ihren 
Frohnden trat nun die gewöhnliche, einträglichere Zeit- oder 
Erbpacht zu einem gewissen Teile des Ertrages. 

Mit der Zeit verschwindet sogar noch das einzige Hofrechts- • 
band, die Dingpflicht und das feudale Bauernlehn, deren Ver- 
pflichtungen zum Erscheinen beim Huobding immer lästiger 
wurden. Dieser Befreiungsprocess ^ird uns norh deutlicher 
entgegentreten, wo wir von der hofrechtlicheu Weinbaugenos- 
senscbaft und ihrer Auseinandeispren^'-ung handeln werden. 
Wir können ilm hier nur flüchli^ andeuten. 

In den Städten linden wir dann einen eigenen Rebai'beiter- 
stand, der sogar als «Rebleutzünfte» oder ({Winzerzünfte» 
zünftige Verfassun^^ hatte, wie die anderen Handwerker. 

Zu Ck>lmar (1605) musste jeder Bürger, der Rebmann werden 
und Reben zur Bearbeitung in Verding nehmen wollte, zuvor 
folgende Probe bestehen : 1. Muss er Jeden Stock nach Art 
und Gattung erkennen, besonders sollte er darthun, dass er 
folgende Traubenvarietäten erkennt : Edeltraube (heule Roth- 
edel, Traminer, Heiiigensteiner KIävner), den Burger (gemein 
Gewächs, weiss Gemeines, Rheinelben), die Heimische (Grün- 
heunisch), den Olber (weisse Bouquettraube) und das rothe 
Gewächs. Ferner muss er beweisen, dass er vergruben und an- 
pflanzen kann. Die «Kräftzenji), Gruben darf er in Abwesenheit 
der Schauer ausführen, aber setzen muss er unter ihren Augen ; 
endlich muss der Zunflkandidat ungefähr einen halben Schatz 
schneiden, sticken und an))inden. Hat er all dies bestanden, 
so wird ihm verstattet Reben im Verdinge anzunehmen, wo 
nicht, so muss er sich noch weiter -tusbilden. In allem anderen 
j^Ieichen die Zunft Vorschriften der Winzer denjenigen aller an- 
deren städtischen Zünfte. 

Der Herbst gab in jenen Zeiten so ziemlich dasselbe lebhafte 
Bild wie noch beute ; die Arbeiten waren dieselben, und das dabei 
eingehaltene Verfahren hat sich bis in unsere Tage erhallen ; 
erst in neuerer Zeit kommen verbesserte Kelter- und Zerklei- 
nerungs-Masehinen zur Anwendung. Noch beute stehen im 
Rei)lande viele Keltern, welche über dreihundert Jahre alt sind ; 
diejenige meines Vaterhauses stammte von 1580, welche Jahres- 
zahl in zierlichen Charakteren oben am Kelterbaume eingehauen 
war. Das Treten dei' Trauben auf dem Kelterboden ist nirgends 
mehr ilblich, oder doch nur nvdi selten wolil anziitrefTen. Die 
grossen Rebbesitzer hatten ihre eigenen Kf^üern, daneben gab 
es aber auch Bannkeltern der Grundherren oder der Gemeinden ; 
der Kelterzwang bestand aber bereits im XVI. Jhdrt. in unseren 



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— 33 — 



fiel)Oi len nirgends mehr ; die Gemeinde- oder Bannkelter diente 
eben nur den kleineren Rebbesitzern, welche keine eigene 
«Trotte») besassen, und diese \'erliültni.sse trifTt mau noch in 
manchen Ortschaften des elsri.ssi5:chen Weinlaiules. 

Einige Wochen vor der Truubenreife wurden die Weuiberge 
durch die grundherrhchen odei' Genieindebearnten geschaut und 
dann ward der Bann als geschlossen erklärt ; für die Zeit bis 
zum Herbste wurden HCdfsbannwarte bestellt, und Niemand 
durfte ohne obrigkeitliche Erlaubnis die Wege des Kebgeländes 
betreten. Dies geschieht auch heute noch in vielen Gemeinden 
des Reblandes, 

Was nun die Welnbehandiung im Keller betrifft, so unter- 
schied sie sich nicht wesentlich von der heutigen, allgemein 
üblichen Keller Wirtschaft ; nirgends mehr als auf diesem Gebiete 
sind unsere elsässischen Weinbauern im altgewohnten, empi- 
risch ausgebildeten Schlendrian geblieben. Ja wir behaupten, 
dass heutigen Tages beim kleinen Bauer allgemein und auch 
vielfach beim grösseren Rebbesitzer, die Weine schlechter ge- 
pllegt werden, als in den Kellereien der Grossbesitzer früherer 
Zeit oder der Klöster und anderer kirchlichen Stiftungen. Die 
Güte der Klosterweine war allbekannt, die Mönche waren von 
jeher cPassds maltres» in dieser Beziehung. Der Honig wurde 
vielfach zur Verbesserung der Weine verwendet, und die Bienen- 
stöcke sowie zahlreiche Gewürzpflanzen fehlten gewiss in keinem 
Klostergarten. 

III. 

Zum Schluss bleibt uns nur noch übrig, das Lehn Verhält- 
nis der Weinbauern etwas näher zu betrachten, um so dadurch 
zur Erkenntnis zu gelangen, dass gerade in diesem Lehnver- 
hältnisse, welches die alte Unfreiheit der Weinbauern schon 
sehr früh beseitigte, der Keim zu ihrer recht frühen Emanci- 
pation, zur Befreiung vom Hofrechte, gelegen hat. Da die 
Weinbauern anfänglich als fachUch ausgebildete Arbeiter dem 
Grundherrn angehörten und nur der grundherrlichen Reben 
wegen gehalten wurden, anfänglich auch nicht jeder Bauer, 
jeder Hörige Rebmann war und sein konnte, so wurden sie 
durch das Hofrecht wie beamtete Handwerker behandelt ; sie er- 
hielten der Zeit gemäss als Entgelt ilirer Arbeitsleistungen auf 
dem grundherrlichen Saigute, ein kleines oder auch grösseres 
Gut, als ministerialisches, so zu sagen als Amtslehen. Noch in 
der karolingischen Zeit, zur Zeit der schriftlichen Abfassung der 
Lex salica, derjenigen Handschriften zumal, in denen von den 
Reben und den Winzern die Rede ist, waren die Rebleute 
mit den Handwerkern auf eine Stufe gestellt. Schon durch ihr 

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höheres Wehrgeld gegenülier dem gemeinen Bauern, standen 
die Rebleute weit über diesem. Unter der Guust reicheren Er- 
träges eines geleraten Handwerkes einerseits, sowie anderseits 
der an sich höheren Einkünfte aus dem Weingut, welches bald 
als selbständiges Weingut vom Hufen verbände sich los und 
frei machte, musste der Winzerstand i'echt bald zu einenn 
wirklich bevorzugten Bauernstande sich erheben. Die Win- 
gertbauerschaft bildete, um mit Lamprecht zu reden, ein wah- 
res Mittelglied zwischen höherer Ministerialität und bäuerlicher 
Hofgenossenschafl ; die Weinbauern wurden die Aristokratie 
der grundhörigAn Bewohner einer Gegend. Während in frühe- 
ren Jahrhunderten, bis in's XL hinein, die Verkaufsurkunden 
mit dem verkauften oder verlauschten Gute sehr oft unfreie 
Winzer erwähnen, verschwinden in der zweiten Hälfte des 
Mittelalters solche Angaben ganz aus den Urkunden. Einmal 
wol, weil man immer mehr zur Ueherzeugung gelangle, dass 
der Verkauf Mens* hen als Sachen nicht am Platze war, und | 
z\veifeii>, weil mit dein Hofrechl die volle persönliche Unfreiheit i 
aufgeliohen worden war. Während in frühester Zeit der Verkauf 
oder Uinlausch von Mancipien an sich gestattet war, so kennt \ 
das Hofrecht nur noch die Verausserung derselben mit dem | 
Gute, auf dem sie sassen. Sobald nun einmal überall Hel>en 
angelegt worden waren, sobald jeder Bewohner eines Weindorte^^ 
ein Winzer war, da ward weder eine Veräusseriin«; mit dem Gute 
noch eine solche ohne das Gut mehr nolweiuli-. So glaul)en 
wir, waren es zumeist wirtschal'tliche Rücksichten, mehr noch 
als sittlich-religiöse, welche zu diesem Foi tschritte ^lefuhrt halben. 
In Betracht kommt dann hiefür auch dei- Ersatz der Frohn- 
arheiten du»ch Geldabgaben. Das älteste ui kundliche H«.'ispicl 
hietür linden wir in den Urkunden der Ablei Maursmünster 
um 1120. Von da an wai ein Verkauf des Wiirzers durch den 
Grundherrn unnötig. Ks war dies ein erster Schritt zur Befrei- 
ung ; es bedurfte nur noch der Sprengung aller hnfi<»clitlu:hen \ 
Bande, welche die W'einielingehöferschaft zusammeiiiiielt. Am | 
wMrksanisteu war hierfür die Aufbe)»nnfr der I MngpClicht der i 
Hofi^enossen, wir wir dies für Gcjiweiler erfahren, wo schon 
im Jahre \W\ dci Dinghof zu Gel>weiler durch Abt Dietrich 
von Ha useii , i^iiUat von Murbat^h, aufi^ehoben, und die Güter, I 
die zu ihm gehörten, in einfache gemeinrechtliche Erbpachten 
umgewandelt wurden. 

Aus dem fifihmiltelalterlichen feudalen riebzinslelien ward 
eine einfache landrechlliche Erbpacht. Solche Erl)pachlgüter 
konnten dann zwischen den Erben geteilt werden, was ölme 
Erlaubniss des Grundherrn mit den ftMidnlen Lehngütern nicht 
geschehen durfte. Aus vielen Urkunden ersehen wir, dass die 




— 35 — 



Eigentümer einer Lehnhube oder eines Menlages, zur Erstattung 
des Gesammtzinses! desselben einen einzigen sogen. Hufenträger 

bezeichneten, und so eine Zinsgenossenschaft bildeten ; denn 
der Einzug der auf die einzelnen Parzellen entfallen den Zin- 
sen wäre sonst für den Gnindherren viel zu umständlich ge- 
worden. Dafür aber befand sich der Hufenträger immer in 
Gefahr, tür andere arbeitsscheue, sorglose oder arglistige Genos- 
sen zahlen zu mn?^en, weil er allein dem Grundherren für die 
Lebnzinsen haftete. Auch diese Uebung musste recht bald hin> 
fall ig werden ; es ward immer schwieriger einen Hufenträger 
zu finden ; niemand wollte mehr diese Ehre annehmen, so 
wurden die Genossenscliaftslehen, sowohl feudale als gemein- 
rechtliche, in individuelle Pachten umgewandelt, ja die Zeitpacht 
tritt im Elsass schon sehr früh auf. 

Vom XVI. Jahrhundert ab wusste man hierzulande in den 
Weinorten nur wenig mehr von den Hiiobdingen ; jedes Dorf 
hatte sein Dorfgericht, und die kleineren Grunriherren, wie 
Kirchen und Klöster hatten schon längst die Gewohnheit auf- 
gegeben, in ihren Dinghöfen die Jahrgedinge abzuhalten. Die 
Meierhöfe wurden sogar, wie uns das Urbar von Marl)ach von 
1430 belehrt, damals sclion in Zeitpacht, von einer Dauer von 
neun bis zwölf Jahren an den Meier vergeben, welcher nur 
noch die Zinsen und Gefälle einzog ; von einem Hubdinge ist 
aber dort schon keine Rede mehr. Gerichtsherr war nur noch 
der Bischof von Strassl)urg oder sonsi ein Grundherr, der fni' 
sich die Regalien erworben hatte. Im XVII. Jlidrl. ist die 
DingpOichl mit wohl wenigen Ausnalunen im Els.issc überall, 
selbst für <lie i]anern des platten Landes aufgehoJjen. Dies 
hing dann auch wiedei um mit der grossen Verbreitung zusam- 
men, welche die Handelspflanzen damals im Elsass erhielten, 
die mit ihrer freieren Wirtscliaftsweise die alten hofrechllichen 
Satzungen bald untergiaben hatten. Am längsten hielten sich 
die IJuuLdinge im eigentlichen Körnerbau treibenden Tbeile 
unseres Landes, dem Snndgaue. Dort finden wir noch Hotge- 
richte im XVIII. Jhdrt. und Weistümer, wekbe erst in jener 
Zeit geschrieben worden sind. Es war das Hofreclil in seinen 
letzten Zuckungen, welches sich noch wehrte und ungein ver- 
schwand. Um 1789 waren die grnndherrlichen Meier weiter 
nichts mehr als gewöhnliche iSchaflner, Gutsverwalter ohne jede 
Gerichtsbarkeit. 

Im XVII. Jahrhundert waren die Reben schon beinahe 
völlig frei und ledig geworden, und dies gewiss nur durch all- 
mähliche Ablösung aller darauf lastenden grundherrlichen Ab- 
gaben und Grundzinsen. Ein in meijoem Besitze befindliches 
Hausbuch von 1690> mit einem ausföhrlichen Gfiterverzeichnia 



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- — 



eines Urahnen thut dar, dass von 20 Parzellen, die der Bauer 
in der Gemarkung von Geberschweiher besass» Iceine einzige ir- 
gend etwas mehr zinste. Nur der Zehnte wurde noch davon 
gereicht und zwar an die Gemeinde seihst, welche denselben 
vom Zehntberm gekauft hatte. 

So lange jedoch das feudale Kand des Zinslehnes für die 
Rel)gu(er noch bestand, fanden sich auch die Winzer überall 
im Elsasse dem grundherrlichen Meyer noch unterworfen ; als 
Leiter der Frohnhofswirtschafl fiinj^ierle über dem Meyer meist 
ein Kellerer. Der Meyer hielt auch die Bau}^redinfj:e ah, in wel- 
chen die Rebenarbeiten der frohnenden Gehöfer auf ihre Qua- 
lität untersucht, und die hofrechtlich zu belangenden Vergehen 
gegen die Hotortlnung durch die Genossen abgeurteilt wurden. 
Der Meyer überwachte alle bereits ausführlich erwähnten Fron- 
arbeiten, so in Rosheim, in einem stark Weinbau treibenden 
Städtchen des Nieder-Elsasses, in welchem Klo<ter Hohenburg 
einen Dinghof besass. Zu diesem pflichteten alle Hintersassen 
des Klosters, welche in Rosheim wohnten, sie bildeten in Milte 
einer freien Reichsstadt eine Winzergenossenschaft gerade wie 
dies Lamprecht auch für das Moselland darthut. Solche kleinere 
und grössere Gehöferschaflen könnte man vor dem XVI. Jhdrt., 
vor der Zeit der Auflösung der Dingliöfe, zu Hunderten auf- 
zählen. 

Den feudalen Winzerlehen eigentümlich w'aren dann, wie 
auch dem Ritleriehen, folgende Hedinguiigen : der Lehnhalter 
niusste dem Gniiulherren huldigen, wie das dem feudalen Lehen 
entspricht; er bekam das Lehen «liereditario jure» und vererbie 
es natürlic h -tuch nach Lehenrechf, das heisst: ein solches Wein- 
zinslehen <hn'lte ohne sj)ezielle Einwilligung des Grundherren 
nicht unter die Erben naturaliter getheilt werden. Nichts hin- 
derte diese aber natürlich, <len Ertrag unter sich zu theilen. 
Behufs Allbaues neuer Weinberge wui'de das Land oft auf 
einige Jalire ganz zinsfrei verliehen. Der Zms wurde viellach 
als eine Theilbauquote, die Hallte der Trauben, tcstgeslellt, meist 
aber betrug diese Quote des Gcbuters nur den dritten Teil. 

Der Lpbniniiaber dai'f das Lelmgut nicht ohne Erlaubiiiss 
des Grundhei l II vpi kaiidMi, darf es nicht mit Renten und Ver- 
pländung belasten. In der oben bereits erwähnten llodungs- 
urkunde des Al)tes von Neuweüer (1157) wird bestimmt, dass 
die Lehensinbaber nur bei starker Notli veiknulcn dürften, aber 
zuerst das Gut an ihren nachstverwnndfen Holgenossen, dann an 
den Abt selbst resignieren sollten ; wollten diese das Gut nicht 
an- oder zurücknehmen, dann konnten sie dasselbe an einen 
andern, aber immer nur Hofgenossen vei kauten. Auch dui ften 
sie nichts anderes in dem gerodeten Lande anbauen als Reben, 



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unter Strafe des Verlustes ihres Erbanteils. Im Falle von Ver- 
saumniss wurde der Lehensinhaber durch Vogt und Abt in 
Strafe genommen (das Buding) und darauf bei dauernder 
Weigerung des Gutes yerlustig erklärt. Hier ist entschieden 
auf eine solche direkt unterm Grundherrn stehende Gehöfer- 
Schaft, wie sie Lamprecht ffir das Moselland erwähnt, zu schlies- 
sen. Bier wird sogar eines Meyers nicht Erwähnung gethan. 

Die Zinsansätze waren gar mannigfaltig, und der Zehnt lastete 
immer auf dem Weinbauern. Um uns von dieser Mannig- 
faltigkeit der feudalen Lasten eines Rebgutes zu überzeugen, 
dürfen wir nur jene Kapitel des Weissenbui^er Urbars, sowie 
aller anderen Kloster- und Städtenrharien durchlesen, in welchen 
die Abgaben weinbautreibender Orte aufgezeichnet sind, und 
wo von Grundzinsen auch ausdrücklich die Rede ist. Bas Wein* 
leben fiel an den Grundherren heim, ganz nach denselben 
Grundsätzen wie das höhere, minislerial-ritterliche Lehen; Un- 
treue, schlechte Wirtschaftsweise, Ungehorsam beim Baugeding, 
Nichterscheinen bei demselben und Weigerung der Huldigung, 
dies Alles konnte das Lebengut heimfallen machen; femer fiel 
es heim beim Absterben der Familie des Leheninhabers. Bei 
regelmässiger Zinsentrichtung und andauernd guter Kultur 
durfte aber das Gut nicht zurückgenommen werden. Wie über- 
all im Lehen recht richteten die Genossen selbst über solche 
Fälle. Jede Hofgenossenschaft bildete aucli eine Zinsgemeinschaft, 
sie zwang ihren Genossen den Zins richtig abzutragen oder er- 
klärte ihn bei dauernder Weigerung seiner Rechte verlustig; 
sie überwachte ebenfalls die gewissenhafte Ar}>eitsverrichtung 
ihrer Gonosson durch bestellte und beeidigte Schauer, sie ur- 
tbeihe iiber «Misswurchten» im Baugeding, das bei den Reben 
lim Johanni gehalten wurde. Solche Dinge fanden wir auch auf 
der Mark Maursmünsler, je nach der Heuernte, und zwar 
wurden sie auf den Frohn wiesen selbst im Freien abgehalten. 
So geschah es auch im Reblande zur Kontrolle der Sommer- 
arbeiten : dies finden wir in allen Rebbauordnungen des Ober- 
elsass: Colmar, Berglieim, Rappoltsweiler, Ammerschweier u. 
s. w. Die Klöster schickten n!] jährlich ihre Nuntii vindemiarum, 
ihre Windelboten, um die Arbeiten zu besichtigen. 

Eine Hauptursache der Auflösung solcher Lehensgenossen- 
schaffen wurde natürlich, wie wir es schon olirn angedeutet 
haben, die Aufnahme der landrechtlichen Erbpacht (sowie auch 
der Zeitpacht) und die damit verbundene freiere Bewegung in- 
folge von Erbteiinngen und Veräusserungen. Auf diese Weise 
mussten die Anteile an einer Hufe oder an einem Rebgute so 
zahlreich werden, und so schnell ihre Besitzer wechseln, dass 
es den Grundlien>en immer schwieriger werden musste, die 




1 



— 38 - 

Creßlle einzutreiben — es war dies ohnehin sehen eine sehr um - 
ständliche Naturalperzeption ; denken wir nur an die Art der 
Zehnteinziehung: — und die Din^'^pflicht der Gehöferzu erzwingen. 
Daneben wurde noch ein anderer Keil in die feudale Lehenge- 
nossenschalt eingetrieben : die Zeitpacht, welche rar den Grund- 
herren sowie für den Pächter eine weitgehende Beweg un^^sfrei- 
heit begründete. Doch hat dies Institut sich bei den Reben 
nicht bewährt» besondei^s nicht im Gefüge der Hofgenossenschaft, 
während hei der gemeinschaftlichen Erbpacht immer noch die 
für den Grundherren mehr Garantie bietende Zinsgemeinschafl 
bestehen bleiben konnte und auch bestehen blieb. Die Zeitpacht 
finden wir in unseren elsässischen privatrechtlichen Urkunden 
schon im Ausgang des 12. Jhdrts. 

Bald war die völlige Auflösung der schwer funktionirendea 
und wirtschaftlich für beide Teile nicht mehr rentirenden Ge- 
höferschaft nur noch eine Frage der Zeit, und wirklich fing^ 
man schon im 11. Jhdrt. an — wi^ Gebweiler und Marbach 
es beweisen — eine individuale Erbpacht einzuführen. Solche 
individuale Erbpachten, ohne jeden hofrechtlicheu Anstiicb 
mehr, sind alle Erblehen, welche im Marbacher Urbar (Mar- 
bach b.j Colmar) verzeichnet stehen. 

Somit war der Weinbauer völlig frei. Die Dingpflicht war 
versch wund III und das Lehensbahd, das Rand der persönlichen 
Unterthänigkeit, mit ihren Nfannenpllichten, war zerrissen. So 
kamen denn unsere elsässischen Weinbauern ziemlich früh zu 
einer Stellung, welche ihnen geshiitole, ihre Kräfte unbeschränkt, 
nach eig^enem Gutdünken in freier VVirthschaftsweise zu benut- 
zen. Der Weinzinsen, die noch l)estanden und weiter fortgege- 
ben wurden, erinnerte sich Niemand mehr in Bezug auf ihren 
Ursprung und Begründung. Von vielen konnte man nicht mehr 
sagen, ob Kapitalrente oder Grundzins. 

Durch die immer mehr überhandnehmende Ablösung' von 
Weinzinsen und wohl auch in hohem Masse infolge des Dreissig- 
jährigen Kriep^es, welcher eine ganz neue Ansiedelung benötigte, 
gingen viele Zinsen verloren oder geriethen in Vergessenheil. 
Nach diesem unheilvollen Kriege, der unser elsässisches Reb- 
land besonders hart mitnahm, war es dann nicht immer mög- 
lich, die alten Zinsen wieder aufleben zu lassen, obschon es hie 
und da versucht wurde. 

So sa^t das oben zitierte Hausbucli eines unserer üi ahnen 
von 1690 von einem Rebstück, das als cdedig eigen» bezeichnet 
wird : r'^Soll yetz dem Probst nacher St. Marx (Kloster bei Ge- 
berschweier, Oberelsass) zinsen 16 Mass Wein», oder von einem 
Haus : «Anno 1688 haben die Herren von Marbach Kin Zinss 
auil^ diss Hauss Erfundten aUs Nämlich 4 blappert und Ein 



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— 39 — 



Rappen ä Vier balz gerechnet.» Nur 8 Parzellen mit zusammen 
15 Sclirttz auf über sechzig Schatz lieben; die das ofterwälmte 
Hausbuch nachweist, waren zinsptlichüg, also im Verhältnisse 
von 1 za 4. 

Diese rechtliche und wirtschaftliche Freiheit niusste aber 
auf den Wohlsland des elsässischen Rebbauern besonders för- 
dernd einwirken, und in der Tlint war ja auch das elsässische 
Kebland von jeher bekannt durch den grossen Reichtum, den 
es in seinen schönen Dörfern barg. War ja doch auch unser 
Elsass eines der Länder, welche am frühesten und schnellsten 
zum Klee- und Kartoffelbau, sowie zu sonstigen fortschrittlichen 
Spezialkulturen übergingen. 

Die j^rosse französisciie Umwalziin,L» des letzten Jahrliundorts 
fand iin KIsasse einen Bauernstand vor, tier nicht mehr zu 
befreien war und Lieiade zu jenoi- Zeit wirlhschaftlich sehr p^iit 
stand. Die Feudallasten waren zumeist beseitigt, am schwersten 
iielen die Abgaben an den König von Frankreich und der Zehnt, 
welcher natürlich al^ Steuer vom Bruttoertrage besondei's schwer 
drucken musste. Dessenungeachtet meldet die elsiissisrhe Ge- 
scliiclite kein Ster]>ens\vörtchen aus jener Zeit von Bauernunter- 
dii'ickung lind masslosem Bauernelende, wie dies in anderen 
Lanilcstheilen des tranzösischt ii Königreiches der Fall war. Man 
darf nur die damaligen Caliiers de doleances durchlesen, um 
daraus zu ersehen, wie harndos die Forderungen unserer Wein- 
bauern dazumal gewesen sind. 



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III. 



Die Hexenplätze 

der 

Rufacher Ilexeiiurkunden. 

Mitteilung von 

Theobald Walter. 

Das Rufacher Siadtar -hiv enthält die Protokolle oder 
«Vigichte)^ \on 45 in der Zeit von 1585—1627 verurteilten 
Hexen. Die hingerichteten Opfer gehören samtlich dem weih- 
lichen Geschlechte an und sind aus dem oheren Mundat gefanjj- 
lich nach Rufach eingezogen worden. Wir treffen da etliche 
Flauen aus Egisheim^ Wettolsheim und Sulzmatt, die meisten 
aber stammen aus Rufach selbst. 

Das Hexen wesen in unserm Elsass ist nun zwar schon durch 
A. Stdber in seiner Alsatia Jahrg. 1856-57, S. 265-338 und von 
J. Klöle, Hexenwahn und Hexenprozesse in der ehemaligen 
Reichsstadt und Landvogtei Hagenau, 1893, u* A. eingehend 
behandelt worden. Nichtsdestoweniger glaubte ich die Rufacher 
Urkunden, die Stöber kaum erwähnt, einmal einer gründlichen 
Durchsicht unterziehen zu sollen, um womöglich einen weiteren 
Beitrag zur Geschichte jener unheimlichen Zeit zu liefern. Allein 
es stellte sich bald heraus, dass die cVrgichte» im allgemeinen 
wenig von den von Stöber aus anderen elsässischen Archiven 
mitgeteilten abwichen, und so richtete ich denn mein Haupt- 
augenmerk auf die in den Urkunden angegebenen Versamm- 
lungs- und Hochzeitsplätze. Ich gebe im Laufe der kurzen 
Abhandlung stets den Urtext und föge die nötigen Erklärungen 
in Fussnoten bei. Nicht uninteressant ist vielleicht auch die 



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— 44 — 



das Bild des Scharfrichters^ das ich inwendig auf der Decke 
eines alten Gerichtsbuches aus dem Jahre 1525 aufgefunden 
habe. 

Barbara HerboUerin (1625) bekennt : 

Baldt daraufT sey sie sambt Ihren Gespielen auff einen 
Karren, darfor ein Schwartz Boss gewessen auff den PoUen- 
bergi gefahren, allda mit besagtem Ihrem buohlen hochzeit 
gehalten. 

Sey vngefohr vor einem halben Jalir mit Ihren Gespiellen 

auff dem Bollenberf,^ y:ewes5;t, Alldorten gezehrt Fleisch- 
Brottos vndt win aber khein Brodt noch Sallz ^'ehabt. 

Hab eine von Gebweyler auff dem Pollenberg Hochzeit ge- 
haldten, damahlen habe Eine von jremellem Gebweyler ein 
Wetter gemacht, welches über den Leimen* überkhomen, 
aber kheinen Schaden gethan. 

Ferner sey sie vngofähr Sieben Jahr mit Ihrem gespiellen 
autr dem Affenberg^ zuesambenkhommen, dabey sich andre 
mehr befunden. 

Sie hab mit demselben Ihrem Buohlen Schuelle auff 
Gauchmatten^ Hochzeil gehaldten, auff einem Wagen, dar- 
for zwey Schwartz Boss gewessen, dahin gefahren. 

Baibnra Uuelmannin (1(516) hat «Mit Ihrem Buelen, der 
sich Peterlin L;eheissen, auff dem Fürstacker^ hochzit ge- 
halten, welcher ein Pfiifer aufgespielt.» 

Anna, Hans Humbrechts Hausfrau (1027) ist Amit Ihren 
Zwey Gespiellen (welche auff Kazen) Sie aber aufl' des Maul 
Bekhen hundt vber dass Ringelsthor^^ hinaussgefahren undt 



1 Der Bolienberg zwischen Orschwdier« Westhalteii und Beigholz, 
mit seiner alten Apolloniakirche, seinem altfränkiscben Grabfelde, 
seinen alten Steinkreisen nnd Menhiron und seiner kahlen, unfrucht- 
baren Hochfläche, machte auf das Volk von jeher den Eindruck eines 
unheimlichen Ortes; desshalb ist er auch von altersher zum elsäs- 
sischen Blocksberg gestempelt \torden. 

2 Der Leimen ist der Nordabbang des Bollenberges, woselbst 
heute noch Lehmgruben zu treffen sind. 

s Affenberg heisst der südliche Abhang des BoUenberges, in der 
Biehtong gen Berghols. 

i Die Ganchmatten befinden sich im Schäferthal .bei Salzmatt 
Auf dem Gaaohfelde liegt im Gebüsch verloren ein gewaltiger Men- 
hir, der Langenstein genannt. Vergl. Gebweiler Kreisbl* 1893 N**. 60. 

ö Der heutige First plan oberhalb Sulzniatt. 

6 Eigentlich Rheingratenthor, südliches Thor von Rufach bei dem 
heutigen Amtsgericht. Ein Weg hinter dem Amtsgericht heisst heute 
noch der Hexeupfad. 



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— 42 



bey St. Stephans Brunnen^ viel andei'e Ihrer gespiellen 
angetroffen, 

Susanna Becbereiin (1(516) gesteht: Weytera im Barren- 

gässlin- ein malzeit «gehalten, darzu eine einen schwarzen 
pfeffer vndt sie ein loj^^el voll win gebracht, gessen vndt gedanzl. 

Apollonia Gross (1627) hat «mit demselben Ihrem Buelen 
(welcher Hemmerlin geheissen) Ihr hochzeit auf der Juden- 
m a t l 3 jrehalten. 

Zn gleichen bekhendt Anna Marquartin (1625), das sie 
vnd Ihre gespielen hiebevor nachts nit weit von Pfaffen- 
heimber Capelle l)ey dem brunnen wider zusammen- 
khommen, ein Hochzeit zu halten. Haben nur zu trinkhen 
gehabt. 

Ungefohr bey 5 Jahr Sey sie sambt Ihren gespiellen auf f 
dem Schau enbergs gewessen, AUdohier Sie samt Ihrer 
Gevatterin Agatha häusslerin auf Kazen gefahren. 

Bekhandt ferner, dass auff ein Zeit sie vnd Ihre gespiellen 
nachts bey Ihrem hanss zusambenkhomben vnd auf steckhen, 
der Ihrig sei mit schwarzer salb von Ihrem buohlen gesalbt 
worden, vll d i e grossen G ehe r sc h weyrer Matten» 
gefahren, allda einen Dantz abgehalten. 



' Der Stephansbrunnen war ein Ueberrest des im XIY. Jahr- 
hundert verschwundenen Dorfes Suntheim Der Brunnen ist heute 
verschwunden; aber ein Rebstück führt noc!i den Namen «St. Steöe» 
und bezeichnet den Standort der einstigen Kirche zu St. Stephan, 
der Pfarrkirche von Suntheim. Vergl. Tb. Walther, Die verschwun- 
denen Dörfer des Kreises Gebweiler, Gebweiler 1895 S. 4 ff. 

2 Bekanntlich hatte ßnfach an seiner Südseite fr&ber einen Toc- 
orty die sog. Rote Vorstadt, die 12 J3 Teibrannt warde. Einzelne 
Gebäulichkeiten erhielten sich aber noch durch mehrere Jahrhunderte 
hindurch : desgleichen blieben auch die alten Gassennamen als Flur- 
namen bestehen. So giebt es ausser dem Bärrengässlein, das hierher 
gehört, auch ein Schliffgiisslein in demselben Kevier. 

5 Die Judenmatte ist heute ein der Stadt Rufach gehöriges 
Pacbtgut, das etwa 2 kui östlich von der Stadt liegt. Der Sage nach 
sollen dortselbst in den Jadenterfolgungen (?) viele Jaden le- 
bendig verbrannt worden sein. Vergl. Erwinia, Vereinsblatt des Alsa- 
bnndes, 1894. 8. 

^ Hier ist die St. Leonhardkapelle oberhalb Pfaffenheim gemeint. 
St. Leonhard war früher ein Kloster, das in den Bauernwirren 1525 
seinen Untergang fand. Von der nachher eingerichteten and 179H 
zerstörten Kapelle sind nur noch Trümmer vorhandon. 

^ Der Schauenberg ist die von Sagen umsponnene Wallfahrts- 
kirche zur schmerzhaften Gottesmutter oberhalb Pfaffenheim. 

< Genauere Lage ist mir nnbekannt. 



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— 43 — 



Sie i)eidiendt auch es seye wohl 8 Johr, das sie hochzit 
habe gehalten im Waldt ^egen Marbach, ^ dahin sie nachts 
auf steckhen gefahren, seyen damahlen veriagt worden dui'ch 
leuthe von Vokhelzhofen, allda sie wein vnd gläser stehen ge- 
lassen. 

Ägnesen Sponin (1647) hat «folgendts mit demselben Ihrem 
Buel Ihr hochzeit auf dreyen £gisheimb> gehalten, haben 
wein, gebrotes vnd Fleisch aber khein Saltz noch Brod gehabt.» 

Von Elisabeth Geigerin erfahren wir: Haidt darnach habe 
Bemeldter Federlin Ihr Buel sie zue Nacht in Ihr stückh reben 
in Dannen Bühl« gefürt, allda hochzit mit demselben zue 
halten. 

Und baldt demnach seye sie zue hoheneck^ mit Ihren 
Gespiellen wiederumb zusambenkhommen undt alldort eine 
yeder Ihnen Msche hochzit gehalten. 



1 Ein Wald bei Vögtlinihofen, der früher dem nahen Kloster 
Marbaeh gehörte. 

* Die sog. Egisheimer Schlösser, drei Exen, die schon im Seche- 

plappertkriege 1466 zerstört worden waren. 

s Heute heiest der Ort Bühel und ist eia Eebhügel bei Wettols- 
heim. 

^ Der bekannte Bergzipfel oberhalb Drei Aehren. 



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IV 



Gedichte und Mittheilungen. 

Von C. W. Faber. ^ 
I. Martin Malterer 
1. 

Der Fischzug^. 



Herr Malter«r tteht an dem Fenster nnd aieht 

Hinab anf die etradelnden Wellen, 

Wie Woge aaf Woge Torftberzieht, 

Die Fiechlein sich tummeln nnd schnellen 

Im Sonnenschein 

Bei Breisach im Rhein; 
Und wie auf den rauschenden Fluten 
Geschäftige Männer sich sputen 

Stromabwärts ziehen die Schiffe vorbei. 
Getragen von tanzenden Wogen ; 
Stromaufwärts werden mit grossem Geschrei 
Die andern gen Basel gezogen, 

Und auf dem Strand 

Dnrchwfthlen den Sand 
Die Mftnner nnd sieben nnd waschen. 
Gediegenes Gold zn erhaschen. 

In niedrigen Weidlingen fuhren dahin 
Die Fischer, die Netze zn heben 
Sie ziehen sie anf. Wie wimmelt^s darin 
Von fielgestaltigem Leben! 

Mit Schellenschall 

Und Peitschengeknall 
Wird dort ein Wagen voll Waren 
Zum Zoll an der Brücke gefahren. 



iQnelle: Pnsikan die Helden ▼on Sempaoh. Nach der Dar- 
stellung Schreibers» war Martin Malterer der Sohn einer schdneo 
Metzgerstochter von Freiburg and zu dieser Stadt in der Engelgasse 
geboren. Man zeigt allda noch sein Qebortshans. 



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So sieht «r zniii schimmernden Rheine hinab 
Dnd spricht in seinen Gedanken : 
«Was ich nur bin und was ich nur hab\ 
Das hab ich dem Rheine zu danken : 

ünd Blut und Mut 

Erfrischt mir die Flut 
Des Rheines, wenn ich im Bade 
Mich meiner Müde entlade. 

Es führen die Waren stromauf und stromab 
Für mich die gedungenen Knechte, 
Ffir nnsre Tafel liefert mau ab 
Die schönsten Salmen und Hechte, 
lu meinem Sold 
Durchwahlen nach Gold 
Die W&scher das üfergerölle, 
. Fox mich erhebt man die Zölle.» 

Doch plötzlich nmflort sich sein heiterer Blick : 
«FtLr wen soll ich weiter erwerben?» 
Es nahm mir vor Jahren ein herbes Geschick^ 
Den einsigen Sprossen und Erben. 

Denn ach ! mein Kind, 

Mein einziges Kind« 
Das ist im Bade versunken 
Und hiltios im liiieiue ertrunken. 

0, du bist neidisch und treulos zugleich. 
Was schenkst du mir Gaben und Güter 
Im üebermasse. Micli machst du nicht reich, 
Ich bin nicht Besitzer, nur Hüter. 

Und Well anf Well, 

Gehaltlos und schnell, 
So eilen die Tage von hinnen. 
Bis im Meere des Tods sie zerinnen I> 

Doch siehe! Da treibt anf dem Rheine heran» 
Ein Kahn ohne Bnder nnd Segel. 

Die Fischer verfolgen ihn^ halten ihn an 
Gerade beim Breisacher Pegel 

In raschem Lauf 

Kommt ein Fischer herauf : 
«Herr Malterer, kommt zu besehen, 
Was Wunder am Rheine geschehen. > 

Und er findet ein Knäblein, so fein and so zart. 
Allein auf dem Boden im Nachen. 
Es reibt sich die Aenglein nach Kmderart| 
Will eben vom Schlafe erwachen, 

Der Unschuld Bild, 

So lieblich nnd mild. 
Und es wird, an das Handlein gebunden. 
Bin Zettelein bei ihm gefunden : 



— 46 — 



«Beschirm* dich Gott, unser einziges Kindt 

Nie dürfen wir offen belcennen, 
Wer deine Eltern gewesen .^ind. 
Wir müssen auf ewig uns trennen. 

Gott schütze dich Kind, 

Unser herziges Kind. 
Seine Eugelein mögen dich leiten. 
Die Flfigelein über dich breiten 1» 

D» wird es dem alten Malterer warm 
Cms Herz nnd in stillem Entzücken 
Erfnsst er das Knäblein nnd nimmt's anf den Arm 

Dm es an den Busen zu drücken. 

Mein Kind ! Mein Kindl 

Mein einziges Kind. 
Der Fluch ist von mir genommen. 
Ich habe dich wieder bekommen. 

Das will ich vor Gottes allmächtigem Thron 
Hit ewigem Danke lobpreisen. 

Drum sollst du, wie mein verewigter Sohn 
Aach Martin Malterer heissen. 

Wie will ich, o Rhein, 

Stets dankbar dir sein, 
Dass du mir aufs neue zun^ Leben 
Die Würze und Weihe gegeben.» 



II. 

Das Turnier 

1888. 



Alt-Zofingen zeigt ein entzückendes Bild 
Bei der Aar aut dem blumichten Wierde ; 
Bs tommeln die Ritter mit Lanze nnd Schild 
Die prächtig gerfisteten Pferde. 
Znm Festtnmei 
Strömt alles herbei 
Ans der Schweiz, dem Elsass und Schwaben; 
So will es Herr Leopold haben. 



Quelle: L. Sc h o e n b a uj- 1. Ll-Olel de ville de Mulhoo&e, 
Text von E. Meininger. 



J 



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Des Herzogs Gemahlia, auf hohem Balkon 

Umgeben von reizenden Schönen, 
Bereitet die Kränze, mit würdigem Lohn 
Die Stirne dos Siegers zu krönen. 

So manche Brust 

Erbebt da mit Lust 
Und doch mit verzeihlichem Zagen, 
Den Kampf um die Krone zu wagen. 

• 

Und neben dem rot überzogenen Zelt 
Der Bürgermeister. Herr Thuet, i 
Bei den Ehrengästen von Zofingen hält. 
Sein verständiges Augenmerk ruhet 

Mit Lustgefühl 

Auf dem bnnten Gewflhl, 
Das sich, prftchtig und kr&ftig gestaltet, 
Vor den wandernden Blicken entfaltet. 

Und der Herzog winkt: es beginnt das Spiel 
Mit dem schmetternden Iriiif der i'anfare. 
De8 Gegners Schild nimmt die Lanze zum Ziel, 
ünd es sprengen die mutigen Paare 

Heran mit Macht. 

Die Lanze erkracht. 
Die Schäfte fahren in Splitter, 
Zn Boden fliegen die Rittex. 

Knr einer verbleibt in dem Sattel gerecht, 
Wenn alle strancheln und fallen, 
Da Porta, ^ ein Herr von welschem Geschlecht, 
Scheint den Sieg zu behalten vor allen; 

Denn jeder sinkt. — 

Herr Leopold winkt 
Einen alten Ritter zur Seite. 
Der rüstet sich eilig zum Streite 

Herr Guterolf ruft den Herrn Thuet und f^Agt : 
«Sagt an! Wie nennt ihr den Alten, ^ 



^ Thuet war Bürgermeister von Zofingen. Er führte in der 
Schlacht bei Sempach auf österreichischer Seite das Banner der Stadt. 
Zuletzt hielt er es noch mit den Zahnen fest, Seitdoni nmss der 
Bannerträger von Zofingen schwören, sein Banner zu verteidigen 
wie Bürgermeister Thuet. 

s Da Porta, ein Mailänder Ritter, spftter an Flüelen beheimatet 
nnd Znr Pforten genannt. In der Schlacht von Sempach war er 
nach des Gundoldingers Fall Anführer der Eidgenossen, 

3 Ulerich Bitter von Dornach genannt Gnterolf, war später der 
erste Bürgermeister von Mülhausen, ein Gegner der Habsborgischen 
Macht Siehe folgende Erzählung. 



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Oer den angleichen Kampf mit dem Hailftnder wagt? 
Den Sieg wird er nimmer behalten! 
Herr Thnet spricht: 

Den kennet ihr nicht? 
Man darf nur den Malterer nennen, 
So wird ihn auch jedermann icennen I» 

«Ist*8 der, den als kleines verlassenes Kind 
Man einst aas dem Rheine, gezogen ? 
Dem die Gtötter des Glückes ergeben sind 

Und die Grossen der Erde gewogen, 

Den Kaisers Macht 

Zum Freiherrn gemacht. 
Der die höchsten Würden erklommen, 
£iue Gräfin ^ur Gattin bekommen?» ^ 

Heim Halterer schwingt sich behende anfs Boss 

Und richtet sich anf in dem Bügel. 

Sie senken die Lanze zum sicheren Stoss 

Und fassen die hängenden Zügel 

Und stürzen los 

Mit Sturmesgetos', 
Es straucheln und stürzen die Pferde, 
Doch der Welsche fliegt rücklings zur Erde 

Und rauschend und sausend erbrauset im Feld 

Der Moiifjo begeistertes Rufen. 

Von dem Herzog geleitet, empfängt unser Held 

An des Thrones erhabenen Stufen 

Des Sieges Pfand 

Aub der Herzogin Hand. 
Wie der Qattin glückselige Angen 
Sich tief in die Seele ihm sangen ! 

Die Freunde des Mailänders schweigen verstimmt. 
Nur Guterolf, Ritter von Dornach 
Ruft, tief in der innersten Seele ergnmmt. 
Dem Bitter in rasendem Zorn nach : 

«Gieb acht! Qieb achtl 

Es kommt Über Nacht. 
Dran sollst dn mit Schrecken erschanen. 
Ob's klag ist, dem Glücke an tränen I» 



* Martin 3Ialterer war Landvogt des Herzogs Leopold voi> 
Oesterreich im Breisgau und Haupt des adligen Löwenbundes. Er 
hatte eine Gräfin Thiersteiu zur Gemahlin. Er hinterliess 2 Töchter^ 
aber keinen Sohn. 



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m. 

Der U eberfall MUlJtiauseiis 
1885. 



Der Bärgermeister Herr 6aterolf lag 
Um Mitternacht wach in dem Bette. 
Er sann and sann bei Nacht nnd bei Tag, 
Womit er Mülhausen errette. 

Doch horch, was ruff ? 

Was kommt durch die Luft 
Ans Kammerfenstei* geprasselt, 
Wie Hagel ins Aehrenfed rasselt ? 

El- öffnet den Laden des Fensterleins weit 

Und späht, was die Zei>h*^n wohl meinen. 

Da sieht er den Prüpstleiu. der ruft und schreit 

Und wirft nach dem Fenster mit Steinen : 

«Wacht auf! Wacht auf! 

Es kommen zu Häuf 
Des llalterers blutige Schergen, 
Die im lUzacher Forste sich bergen!» 

Da riss der Ritter das Schwert von der Wand 
Und rasch entflog es der Scheide, 
Dann eilte er so« wie er ging, wie er stand. 
Im Hemd nur als einzigem Kleide 

Zum Stall, zum Stand, 

Wo gesattelt er fand 
Sein Boss nnd die reissigen Knechte, 
Gerüstet zum ernsten Qefechte. 

Er ruft die Befehle; rasch schwingt er sich auf, 

Durchfliegt mit heftigem Grimme 
Die Strassen der Stadt in gestrecktem Lauf 
Und ruft mit dröhnender Stimme: 
«Fürjo ! Fürjo ! 
Der Find isch do ! 
kommen des Malterers Scharen! 
Wacht auf, die Stadt zu bewahren.» 

Und jämmerlich hallen die Glocken vom Turm 
Der Stephanskirche, es springen 
Die Bürger sofort aas dem Bett, nnd im Sturm 
Die gellenden Rufe erklingen: 

«Mordjo! Mordjo! 

Der Find isch do ! 
Ergreifet die Schwerter, die Helme l 
Vertreibet die blutigen Schelme 1» 



— üO ~ 



Sie eilen zur Mauer; es war aber Zeit, 
Fast sind achon die Zinnen erstiegen 
Doch nach einem kurzen und Mutigen Streit 
Die schrecklichen Feinde erliegen. 

Mit blutijiem Schopf. 

Mit gespaltenem Kupt 
Wird> was die Zinnen erklettert. 
Sofort in die Tiefe geschmettert. 

Im Osteii erhebt sich der Sonne Strahl, 
Die goldene Glui zu entfachen: 
Da endet der Streit, da beginnen znmal 
Die guten M&lbauser za lachen. 

Der Mann im Hemd, 

Der dünkt sie so fremd; 
Der Hock, die Uosen, die öchuhe, 
Die liegen za Haus anf der Truhe. 

So möge uns Gottes aUgatiger Bat 
Stets M&nner als Obrigkeit scltenken. 
Bereif und gerüstet zu männlicher That 
Und frei von kleinen Bedi-nken, 

Bei Tag und Nacht 

Getreulich heda ht. 
Den Bürgern mit i^itcr zu nutzen, 
Das Becbt tind die Freiheit za schützen! 



IV. 

Die Letztlinge der Schlacht von Sempach. 

Martin Malterers Tod. 
JuU 1386. 



Caosa Yictrix placet Ciceroni, ?icta Catoni. 

Und endlich geht zur Rüste auch dieser heissa Tag, 
Wo Leopold, der Biedre, den Feinden unterlag. 
Er hält um sich gesammelt sein letztos Aufgebot, 
Batschlossen und gerästet zur letzten Todesnot. 



Quelle: Pusikan die Helden von 8cmpach. 

* Die () Reinach waren: 1. Rudolf, genannt Rutschmann. 2. 
Rudolf II. des Yoiigeu Sohn, 3. Ulrich, 4. Friedrich, 5. üeiurich, 
6. Günther. 



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— 51 - 



Wo sind die blanken Ritter? Wo ist die grosse Schar, 
Die au dem frühen Morgen mit ausgezogen war? ' 
Dort liegen ihre Leiber aufs blut'ge Feld gesät, 
Sie hat des Todes Sichel mit breitem Schnitt gem&ht. 

Den starken Stamm der Reinnch hat lieat der Sturm entlaubt. 
Sechs seiner besten Sühne hat ihm das Schwert geraubt. 
Es liegen dort erschlagen am blutgetränkten Kam 
Der junge Geroldsecker, der alte Ochsenstein. 

So sank de^ Adels Blüte vom Rhein- und Donaustnuid, 
Vom Aargau und vom Thurgau und vom Tiroler Land. 
Es blutet für den Fürsten so mancher Bürgersmann, 
So mancher brave Bauer zu Sempach auf dem Plan. 

Auch bei den toten Schweizern gewahrst du edle Herrnj 

Vorab den Gundoldingen. Altschulthei?:s von Luzern : ■ 
Er hat die Schlacht geleitet, l.is er erschlagen war, 
l^un führt an seiner Stelle da Porta seine Schar. 

Im Schatten eines Birnbaums auf hartgestampftem Feld^ 
Liegt mitten unter Leichen ein todeswunder Held. 
Solang noch Heldenthaten besinnen wird ein Lied, 
Wird man dich selig preisen, o Arnold Winkelriedl 

Am Saum des Waldes halten, om Leopold geschart. 
Des Fürsten letzte Bitter, vom Tode aufgespart ; 
Obgleich von Kampf und Hitze ermattet bis ins Mark, 
Noch immer kampfesmutig und todesfreudig stark. 

Der Hersog nimmt vom Haupte den Helm mit goldnem Baif, 
Oeschmflckt mit Hahshnrgs Zeichen, dem hnnten Pfanenschweif, 
Die goldnen Locken wallen, bis auf die Schulter hin. * 
Da beugen sich die Eitter, vor Gott dem Herrn zu knien. 

Beim Herzog kniet Herr Martin, der Malterer genannt, 
Durch seine Heldenthaten im Lande weit bekannt. 
■Und als man ansgebetet das letzte Stosagebet, 
Fasst dieser alte Bitter des Herzogs Hand and fleht: 

cHerr Herzog, lasst euch bitten, nehmt hier das letzte Boss, 
Das van allein geblieben. Die andern nahm der Tross, 
Als er zur Flucht sich wandte. Wir halten tapfer stand 
Ünd decken enern Abzug. Erhaltet euch dem Landl» 



1 Man zeigt noch die Stätte von Winkelrieds Aufopferung. Es 
stand dort zwischen Eichen ein Grünbjrnbaum ; doch hat er das 
halbe Jahrtausend nicht ausgehalten, 1Ö22 hieb ihn Bartlme Troxler 
altershalben um. 

2 Aach die österreichischen Bitter und Hannen schmückten 
Wappen, Helm und Hat mit der Pfaofeder. 

Strophe 11 a. 12 enthält Leopolds Antwort beinahe wörtlich. 



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52 — 



Da scliüttölt seine Locken der edle Fürst und spricht: 
<0 lieber, alter Martin, gewiss so denkst du nicht. 
Du hast in alten Tagen mich ritterlich belehrt, 
Wie man mit Ehren streitet und Kampfgenossen ehrt. 

«Heut hat für mich gestritten so mancher tapfre Mann; 
Bei diesen will ich bleiben, solang ich atmen kann. 
Viel besser ist es sterben, als wie in Schande gehn 
Und bei den edlen Frauen nicht mehr in Ehren stehn.» 

«Doch sieh! der Schwyzer Haufen hat nunmehr ausgeruht^ 
Er fliegt daher zum Kampfe mit neugestäikter Wut !» 
Da sch.vingt der treue Martin das Banner in der Luft: 
«Hie Oesterreich! hie Habsburg I» der alte Recke ruft. 

Von allen Seiten stürmen die Feinde mächtig ein ; 
Es fliegen ihre Bolze, es fliegt manch schwerer Stein. 
Kein Helm wird aufj;ebundcn, kein Schild wird aufgezückt; 
Die tapfeni iutter stehen dem Tode unvernickt. 

Es streitet wie ein Lowe der Herzog Leopold; 
Auf seine Schultern wallet der Locken rotes Gold ; 
Es ficht an seiner Seite ein Held nach deutscher Art, 
Der sieggewohnte Maitin, in grauem Haar und Bart. 

Doch ach! des Herzogs Klinge zerbricht beim letzten Streich^. 
Und wehrlos sinkt zu Boden der Herr von Oesterreich. 
Es stützt den Todeswunden des Martins linker Arm, 
Der rechte wehrt mit Schlägen der Feinde grimmem Schwärm. 

«Herr Jesu!» stöhnt noch einmal der Herr von Oesterreich. 
Dann hat er ausgeröchelt, hin sinkt er starr und bleich. 
Daun bettet auf die Erde die Leiche seines Herrn 
Der altbewährte Hecke und hält die Feinde fern. 

Dann fasst er mit der Linken Herrn Leopolds Panier. 
Noch einmal rauscht im Winde des Herzogs Rhrenzior. 
Dann sinkt auch er getroffen vom schweren Morgenstern 
Und deckt mit Leib und Banner die Leiche seines Herrn. 

So hat sich deutsche Treue, mit Hand und Mund gelobt» 
Bei Fürst und Mann aufs neue in Not und Tod erprobt. 
So mag auch uns umdunkeln des Schicksals Wetternacht: 
Der Stern soll immer funkeln in seiner hehren Pracht 1 



Die Milclisuppe von Kappel 

1539. 

Bei Kappel auf freiem Felde man sieht 
Einen Stein mit Wappen als Zeichen, 
Wie weit die Luzerner mit ihrem Gebiet 
Bis an die Züricher reichen. 



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— 53 — 



Kein Eidgenosse vermag diesen Stein 
Je ohne Rührung zu sehen. 
Drnm soll hier getreulich berichtet sein. 
Was bei diesem Steine geschehen. 

Einst lagen Zi'irirh, Mülhausen und Bern, 
In Streit mit den alten fünf Orten; 
Noch kämpften sn Bans die gebietenden Herrn 
Znnftebst nnr mit spitzigen Worten. 

Und Stra&sburg hatte, auf Frieden bedacht, 
Seinen Städtemeister gesendet, 
Herrn Jacob Stnnn, and all seine Haebt 
Znm Besten des Friedens verwendet. 

Doch an den Grenzen da standen bereits 
Die Mannen zum Kampfe gerüstet 
Man siebt's an den Augen, wie sehr es des Streits 
Die mutigen Herzen gelflstet. 

Da fährt manch schneidender, beissender Witz 
Geflügelt hinüber, herüber, 
Und donnerndes Lachen begleitet den Blitz, 
Und trfiber wird's immer nnd trüber. 

Doch immer noch weiss man die blutige Thal 
Mit grossem GeäcLick zu vermeiden; 
Man wartet noch, bis sie zu Hanse im Bat 
Ueber Krieg nnd Frieden enfecheiden. 

« 

So ist auf beiden Seiten die Wacht 
Zu allem gerüstet zu hnden. 
Doch was man znm Essen von Hanse gebracht. 
Beginnt bedenklich zn schwinden. 

Die Schwyzer nnd Urner, die haben zur Not 
!N'och Milch, doch es fehlen die Brocken; 
Bei den Zürichern giebt es zwar immer noch Brot, 
Doch ist*s leider voll Schimmel und trocken. 

Da schleppen die Schwyzer die Mutten heran 
Und stellen sie über die Grenze 
Und mfen alsdann die Züricher an, 
Auf dass man die Sappe ergänze. 



Quelle: Heinrich Bullingers Chronik. Der Grenzstein steht 
noch heute. 

Hatten eigentlich ein Getreidemass, ein Bester oder Hetzen, 
von lateinisch modios. Es hatte nngeffihr die Form eines Scbweizer- 
käses; der Inhalt eines solchen Gefftsses war etwa 16 Liter. 

Die Verhandlungen führten damals zu dem Vergleiche von 
Kappel. Der eigentliche Kappeler Krieg, in dem Zwingli fiel, brach 
erst 2 Jahre später ans. 



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— 54 — 

Die bringen Jas Ikot und schneiden es ein, 
Und bald erweichen die Brocken. 
Da sieht man sie alle in trantem Verein 
Bei der Milchsappe sitzen nnd bocken. 

Ein jeglicher zieht ans der Tasche hervor 
Einen Löffel, geschmiedet von Eisen, 
Und alsbald beginnt man in munterem Chor 
Den Inhalt der Matten zu speisen. 

Doch wenn einer über die Mitte hinfährt, 
Ein grösseres Stück zn erwischen. 
So wird von den andern gleich aufbegehrt : 
«Ihr habt hier bei uns nichts zn fischen ! 

Genaa durch die Mitte der Matten hinzieht 
Die Grenze von unseren Landen. 
Die Hälfte dort dräben ist ener Gebiet: 
Der Rest steht zn unsern Händen l> 

Und Eidgenossen, so will es mir auch 
Noch heute am besten erscheinen : 
Es bestehe ein jeder nach altem Gebrauch 
Getreu und getrost auf tic:n Seinen. 

Doch will euch verführen zu blutigem Streit 
Der Parteien erregtes <T»Mni[)pel, 
So denket zurück an die frühere Zeit. 
Und die Milchbrockensuppe von Kappel. 



II. Ei im Fundament eines Hauses. 

Im Februar 1894 Hessen die Herren Ehrisman, Nähma- 
schinen händ 1er hier, den Neubau ihres sogenannten Zwiliings- 
baues in dem Rathausdurchgang beginnen. Zu diesem Zwecke 
wurden die Häuser zwischen der III und der Pfaffengasse 
niedergerissen. Dieselben waren nach dem Rathausbrande von 
1551 neu aufgeführt worden und hatten der häufigen Ueber- 
schwemmungen wegen nur kleine oberirdische Keller. Hier an 
dieser Stelle war man mit dem Fundament nur wenige Fuss 
unter die Oberfläche gegangen, weil man die Druckwasser aus 
der anstossenden III zu fürchten hatte. Als man am 1. Mäi-z 
das mittlere der 3 Hauser in der Pfaflengasse fast zur Boden- 
fläche abgerissen hatte, bemerkten die Arbeiter an der Giebel- 
seite zwischen den selir unre;;elmässigen Mauersteinen eine 
sorgfältig gearbeitete, Ii i i/ontaigelegene Steinplatte, die beim 
Anklopfen einen dumpfen Ton abgab. 



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— 55 — 



Die Arbeiter vermuteten sofort ein künstlich hergerichtetes 
Versteck, alle eilten herbei und spähten erwartungsvoll nach 

den erhofften Schätzen. 

Die Platte wurde gehoben; unter derselben zeigte sich, 
wie man vermutet hatte, ein kleiner Hohlraum und iii dem- 
selben statt aller Schätze — ein Huhnerei in einer kleinen 
Tasse autVechtstehend, sonst nichts! 

Die Enttäuschung? war gross. Schon wollte der glückliche 
Finder den neckischen Fund wegwerfen, als der Wirt des 
nahgelegenen WüIm Ihi Toll sich denselben von dem Arbeiter 
ausbat. Gerne üheriiess ihm dieser Tasse und Ei und tröstete 
sich mit dem schlecliten Witz, der Wirt werde ihm wohl aus 
dem Ei einen Eierdotsch (Ochsenauge) machen lassen und für 
den Becher das entsprechende Nnss spenden. 

Der Wirt benützte den Fund als Reklame für seine Wirt- 
schaft und Hess den verschiedenen Zeitungen eine Notiz über 
den Fund zugehen. 

Ich habe mir denselben am 22. März 1894 angesehen und 
habe folgendes gefunden. 

In einer Pappschachtel lag auf Walte gebettet eine kleine 
Tasse mit einem nicht ungewöhnlich grossen Ei, 

Die Tasse lialte eine Höhe von ungefähr 2 J/2 Centimeter 
und den Umfang eins gewöhnlichen Eierbechers. Sie schien 
aus Metall gestanzt oder getrieben zu sein. Der schwarzen 
Grundfarbe wegen hielt man das Metall für Eisen, der regel- 
mässigen Arbeit wegen glaubte ich auf Kupfer schliessen zu 
müssen . 

An der einen Seite ist vom ohci en Rande nach dem un- 
tern Drittel der Tasse ein etwa 3 Millimeter bi'eiter Streifen 
als Henkel anpenir-let. Das Ganze ist sehr sauber gearbeitet. 
Die Grundfarbe ist schwarz, aussen ist die>;elbc mit einer 
rofen Farbe (ob Mennige?) gedeckt, innen nach der Aussage des 
Wirts weiss angestrichen. Die Schale des Eies ist braungrau 
jedoch nicht vollständig gleichmässig, etwa so wie ein in- 
Zwiebelschalen gekochtes Ei, ilas wegen einer Feltschichfe nicht 
die ganze Farbe angenommen hat; und zwar bezieht sich 
dieser Vergleich sowohl auf den Farbenton als auf die un- 
gleiche Verteilung der Farbe auf dem Ei. 

.Tedenfalls scheint das Ei beim Einmauern weiss gewesen 
zu sein und die Farbe ersi durch Verfaulen seines Inhal! s und 
durch Ablagerung einer Staubschicht bekommen zu haben. 

Als das Ei aufgefunden wurde, war es noch ganz, und 
erst durch die liäutigen Rerührungen üel die Schale in verhrdtnis- 
mässig grosse !^tiu;ke. Der durch dieses Zerbrcidien an;::erichlete 
Schaden wird reichlich aufgewogen durch den Vorteil, duss 



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— 56 — 

man jelzt den lülialt derselben belrachlen kann. Deiselhe ist 
hart und fest und schliefst sich im allgemeinen den Formen 
des Eies an, zeigt aber statt der ursprünglich glatten Wände 
eine mehr oder minder höckerige Oherfläclie ; an der Spitze 
fehlt etwa ^120 des Gesamtinhalts. Ob dieser Schwund dem 
Eintrocknen zuzuschreiben ist, oder ob die Verschiebung der 
Bodenblase eine Senkung des Inhaltes bewirkt hat, kann ich 
nicht entscheiden. 

Die Farbe des Inhaltes ist dem der Schale ähnlich, nur 
etwas dunkler im Ton. Die Rücken der einzelnen Runzeln er- 
scheinen heller gefärbt. An der Spitze befinden sich kleine 
weisse Stellen, als ob sich dort Schimmel angesetzt hätte. 

Die Annahme, dass dieses Ei durch einen Zufall in das 
Fundament gekommen sei, ist durch die ganze Anlage seines 
Versteckes ausgeschlossen; wenn es aber mit Absicht einge- 
mauert wurde, was sollte es dort? 

Die deutsche M}ihologie von Jakob Grimm 4. Aufl. 1876 
berichtet Band II, Seite 956: «Tiere aber zeigten nicht bloss 
den Ort des Baues, es wurde auch oft für nötig erachtet, 
lebendige Tiere, selbst Menschen in den Grund ein- 
zumauern, auf welchen das Gebäude errichtet werden sollte, 
gleichsam ein der Erde gebrachtes Opfer, welche die Last auf 
sich duldet : durch diesen grausamen Gebrauch wähnte man 
unerschOtterltche Haltbarkeit oder andere Vorteile zu erreichen.» 
Neben lebenden Menschen, besonders Kinder, werden auch 
Pferde, Lämmer, Hunde, Schweine, Huhner und Hähne 
erwähnt* Besonders bei Brfickenbauten und sonstigen Bauten auf 
vom Wasser gefährdeten Boden wähnte man einer solchen Vor- 
sicht zu bedörfen. «Bei dem neuen Bruckenbau zu Halle, der 
im Jahre 1843 vollführt wurde, wähnte auch das Volk, dass man 
eines Kindes zum Einmauern in den Grund bedürfe.» Späterhin 
bat man wenigstens symbolisch leere Särge eingemauert. 

Aus dem Vorstehenden wird die Absicht klar. Nach einer 
auf derselben Wand eingebrachten Jahreszahl war der Bau 1553 
aufgeführt worden, also zu einer Zeit, wo die Erinnerung an 
den alten Aberglauben noch lebendig, die Sitten aber bereits 
so gemildert waren, dass man von der Einmauerung eines leben- 
den Huhnes oder Hahnes Abstand nahm und sich mit einem 
Ei begnügte, das ja den entwick elungsfähigen Keim 
eines lebenden Wesens enthält. 

Wohin Ei und Eierbecher gekommen sind, habe ich nicht 
erfahren können. Damals (22. März 1894) bestand die Absicht, 
es dem liistorischen Museum zu uherweisen, wenn es seine Zug- 
kraft — als Reklame für die Wirtschaft verloren haben sollte. 



57 — 



Berichtig^un§p. 

In dem Jalubucli für 1893 veröffentlichte ich unter den «Sagen 
und Yolksgebi&iicheii» als Nr. SO ein Elsass'Lied, dem ich folgende 
Bemerkiing beif&gte; «Den Verfasser, der nach den in dem Liede 
enthaltenen Andeutungen wohl noch leben könnte, habe icli nicht 

ermitteln können. > 

Nach einer Mitteilung des Herrn Heitzroann, Redakteur am 
hiesigen Express, ist der Verfasser Herr Schörlin, der als pensionier- 
ter Lehrer in Neuweiler. Kreis Mülliausen, lebt. 

Ebenso schrieb ich zu dem folgenden Liede D'r Sund^'au : 

«Dieses Sandgaulied ist jedenfalls von einem nicht unerfahrenen 
Knnstdichter and älter als das vor anstehende Elsass-Lied. Ben Ver- 
fasser kenne ich nicht.» 

Herr L. Schoenhanpt teilte mir noch knrz ror seinem Tode mit, 
dass Herr Georg Zetter, der unter dem Namen Fr. Otte schrieb, 
dieses Lied verfasst habe. 

Ich benutze diese Gelegenheit, beide Verfasser zu ihrem Rechte 
kommen zu lassen. Meine Vermutungen über Stellung der Dichter 
und die Aufeinanderfolge der I»ichtungen sind durch diese Aufklär- 
ungen vollständig bestätigt worden. 



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Minwersheim oder Minversheim ? 



Von 

Dr. Kassel iu Hochfelden. 

\ on dem Dorfe Minversheim im Canton Hochfelden beste- 
hen zur Zeit die zwei verschiedenen Schreibweisen» welche den 
Titel dieser Abhandlung bilden. Wenn es schon im Interesse 
der Sache dringend geboten erscheint, die richtige Schreib- 
weise festzustellen und allein zuzulassen, so ist es nicht min- 
der inu>re>;santy über die Entstehung und Berechtigung der bei- 
den Schreibweisen nachzuforschen. Die Ergebnisse solcher Un- 
tersuchungen bilden den Gegenstand der vorliegenden Arbeit. 

Von den zahlreichen Quellen i3eti\icliten wir zuerst die geo- 
graphischen Karlen des Elsass, auf welchen das Dorf verzeich- 
net isl. Wir sehen da folgende Namen : 

1) Speckhn, ündei- Kl-as, l^TÜ : Minuersheim. 

2) Mercator, Vnter Elsass, 1597: Minuersh.; 

n) Janssen, Territorium Argentoratense, 1633: Minversheim. 

4) desgl. U\7iÖ : Minversheim. 

5) Sanson, Trihocci, Evesche de Strasbourg 1659 : Minnersh. ; 

6) Gg. Fried. Meyer, Alsniine *nperioris el inferioris accu- 
ratissima geographica Descriptio, 1077 : Mümuerschen. 

7) Seuter, Als. sup. et inf., 1702: Minverse. 

8) Lotler, Color.Karted.Ob.-u.ünt.-Els., 1760: Minversche. 

9) Utriusque Alsatiae superioris ac inferioris nova tabula^ 
aus der zweiten Hälfte des XVII. Jahrhunderts : Minuersh.; 

10) Vissther, Totius Alsatiae etc. : Munversche. 

11) de Wit, Utriusque Als. etc. : Minversche. 

12) de Sandrarl, Als. sup. et inf. etc. : Munversche. 

13) Homann, Landgraviatus Alsatiae : Munversche. 

14) Homanni heredes, Gursus Rheni a Basilea usque ad Bon- 
nain, Sectio Ii: Manverschen. 



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— od — 



15) Lehr, Carle feodale de TÄlsace en 1789 ; Minversheim. 

16) Jacob Andreas Fridrich, Carte de la Haute et Hasse 
Alsace, um 1790: Minversheim. 

17) Pedetli, Ganz neue Vorstellung des Rheinstroms von 
Basel bis Coblenz^ 1794 : Minversheim. 

18) d'Hoadan, Dep. du Bas-Rhin, 1818 : Minversheim. 

19) Simon, Carle min6ralogi((ue, um 1840: Minversheim. 

20) La^'uillermie etRainaud, Dep. du Bas^Rhln, um 1840: 
Minversheim. 

21) Carte topu^ia|)lu<[ue du depaitement du Bas-Rhin, 
Slrasboui - cliez Vve LevrauU, 1841 : Min^rersheim. 

22) Französische Karte aus der gleichen Zeit, ohne nähere 
Bezeichnung : Minwersheim. 

2:5) Carte top. du dept. du Bas-Rhin ((Fapres la carte du 
d^pöt de la guerre), Strasb., E. Simon, spater als 1851 : Min- 
wersheim. 

24) Ristelhuber, Carted.döptd.Bas-Rhin,1851 : Minwersheim. 

25) Kiep^iert, Specialkarte der deutsch-französischen Grenz- 
länder mit Angabe der Sprachgrenze, 1867 : Minwersheim. 

26) Straubs grosse, anscheinend eigenhändig gezeichnete 
Karte des FJsass, aus der neuesten Zeit : Minversheim. 

27) Baquols Karte im Dictionnaire, 1849: Minversheim. 

28) Algermissen, Special karte des Elsass : Minwersheim. 

29) Wagner, Wandtafel von Els.-Lothr. : Minwersheim. 
80) Kirchner, Eis. i. J. 1648 (1878): Minversheim. 

31) Kirchner, Eis. i. J. 1789 (1880) : Minversheim. 

32) Reuter, Distanzkarte v. Els.-Lolhr. 1880 : Minwersheim. 

33) Generalstabskarte : Minwersheim. 
3^1) Messtischblaft 3608: Minwersheim. 

35) Wandkarte der Kreise (Verlag von Bolze in Gebwei- 
ler): Minwersheim. 

Hieraus ist ersichtlich, dass Minversheim auf den älteien 
Karlen bis zur französischen Revolution (ausser No 5) einzig 
und allein mit v oder u geschrieben wird, nie mit w. Der ab- 
weichende Vocal der 1. Silbe in No 10, 12 und 13 (Mun verschen) 
und NO 14 (M^nverschen) kommt hier nicht in Betracht, ist auch 
wohl lediglich ein Schreib- oder Druckfehler. Die Karte No 21 vom 
Jahre 1841 ist die erste, welche den Namen Minwersheim bringt. 
Diese Schreibweise findet sich dann auf allen neueren Karten, 
auch auf denen, die ich nicht namentlich aufgeführt habe. Nur 
die (in meinem Besitz befindliche), wie ich glaube von der 
Hand des f General vicars Dr. Straub gezeichnete historische 
Karte des Elsass weist den Namen Minversheim auf. Jeden- 
falls hat der ausgezeichnete Gelehrte einen Grund gehabt, das 
Wort, abweichend von sämmtlichen modernen Karlen, mit v zu 



— 00 — 



schreiben. Aehnlicb verhält es sich mit 27, 30 u. 31. Die 
Schreibweise mit w ist demnach zuerst aufgetreten in der Zeit 
zwischen der französischen Revolution und dem Jahre 4841. 

Betrachten wir weiterhin das Gemeindearchiv v<in Minvers* 
heim. Die älteste Urkunde ist das ahe Bannbucli, hetilelt : Ge- 
ner;\l-Banns-Renovations-Protokoil, vom Jahr 1090. Dasei b.^t 
steht durchwe}^ Minver.slieinib. Im Einklang hiermit ist im Pro- 
tokoll (1* M Sitzun^^ des Presbyteriums von Alt- und Eckendorf 
vom 10. Juni 1738 Minversheim zu lesen. Hingegen ist auf 
einem Pinn der nt inarkung Minverslieim, welcher, wie der 
Vermerk f Bai II i.ij^e de Haguenau» beweist, aus der Zeit vor der 
französischen Pievolulion <1animt, Minwersheim zum 1. Mal mit 
w geschrieben. Ofl'enbar hat sie der l)etreflende Feldmesser ge- 
braucht nach Analogie der vielen deutschen Orts- und Feldbe- 
zeichnunjj^en jenes Plans, welche mit w geschrieben sijid. Jeden- 
falls glaubte er, dass das v des französischen Alphabels im 
Deutschen durch w dargestellt wird. So wird es auch verstruidlich, 
warum er jenes w durch zwei nebeneinanderstehende v (frz. 
double-v) darstellt. Seine mangelhafte Kenntniss der deutschen 
Sprache documentirt sich übrigens auch durch zahlreiche 
falsch geschriebene Bannbezeiclinun^-en. 

Im Jahre 1810 treffen wir zum ersten Mal den Namen 
Minwersheim in einem ofliziellen Aktenstück, und zwar auf 
den Titelblättern des tfHecueil offuiel des actes de la prefecture 
du Bas-Rhin » über die Jahre 1810 und 18P2, während alle 
vorhergoliendon und folgenden necueils von 180(3 bis 184S Iheils 
ohne Aufschrift sind. tb»^ils Minversheim haben. Diese St hrift- 
stücke wurden an der .Slrassluu'ger Präleclur geschrieben. 

Die Prüfung der slandps.imtlirhen Urkunden, welche bis 
zum Jahre 1800 liinaufivit lien, ergilil, dass bis 1817 sowohl 
in den fran/ösisclit^n, al< in den deutsch al)gefass!en Acten 
Minversheim .ue-^rhriehen ist. Am 2ü. D^•elnber 1817 treffen 
wir auf dem Tilelhl itt für d is Gab>U'lsregister von 1818 den 
Namen Min wersheiin. Die I^rkiinde is? ireschrieben und unter- 
zeichnet vorn Ilichter Hotfin inn am Ti il)unal de P- inslance 
in Zubirn. Die gleiche Stdireil »weise ist gebraucht auf den 
Titelblättern der Gei)urtsregister für 1819, 1822, 18-2"), 1833, 
183S, I84f)-i3, 18i5, 18 iO, ferner auf den Titelblättern der 
H-iralhsregi^ter für 1819, 182!}. 182.J-28, 1831, 1834, 1835, 
1840—42, 18i5 und der Sterl.eregister für 1837, 1839— 4i 
und 184(). Alrit'-eheii von einer vorübergehenden Ausnahme 
1802, wo die drei Puviste;' mit Min werslieim betitelt sind, 
ist auf allen nicht aulgelührlen Regislern l)is zum Jahr 187U 
die Schreibweise des ZaluMner Tribunals Minversheim. 

Die erwähnten Titelblätter bis zum Jahre 1831 sind zu- 



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- 61 — 



meist vtfm Ilichler HolVmann, theihveise von tlcn Richtern 
Schirmer und Lutlier zu Zabern ei^jenliändi^' geschrieben und 
unterzeichnet. Die Schuld an der Einlübrunj,'- der Schreibweise 
Minwersheini trägt demnach in erster Linie die Slrassburger 
Präfectur, später t'äUt sie den i^iherner Richtern Hotlmann, 
Schirmer und Luther zu, und mangels einer anderen Erkläruni^^ 
Ueibl eben keine andere Annahme ri!)rig, als Unachtsamkeit 
von Seiten jener Beamten. Als Entsrtiuldigung- kann bloss die 
Thatsache dienen, dass allerdings die Cunsonantengnippe nv 
auch den Elsässern — und als solclie müssen wir doch wohl 
die Herren Hoffmann, Scliirmer und Luther ansehen — un- 
gewöhnlicher erscheint, als die Zusammensleliung nw. 

Anders verhält ^i. ii die Sache nach 1831. Von da an 
brauchte der Präsident des Zaberner Tribunals oder dessen 
Stellvertreter, ein Richter, regelmässig Schreibhidfe, und die 
Schuld an der abweichenden Schreibweise fällt daher den 
Schreibern zur Last. Diese waren nun Iheils Franzosen und 
des Deutschen nicht sehr mächtig. Das geht l)eispielsweisc aus 
den Worten Minvercheim auf dem Geburtsregister für 1834 
und Miniverhein auf dem Titelblatt des Geburtsregisters für 

1844 hervor. Zum anderen Theil waren die Schreiber Elsässer, 
und mehreren unter ihnen war die mundartliche Aussprache 
des Dorfnamens zweifellos bekannt. Das i<t zu schliessen aus 
der Schreibweise Mimversheim auf den Sterbcie;:istern für 

1845 und 1847 und dem Hciralhsrei^ister für 1847. Diesen 
Elsässern bereitete die französische Sprache eben so viele 
Schwierigkeiten, wie den Fraijzosen das Deutsche, so dass 
wir z. ß. auf dem Geburtsregister für 1830 « (juators » statt 
«qnatorze» und auf einem andern « quinzaine statt «quin- 
zieme ^ lesen. Sehr interessant ist die Ueberschiift auf dem 
Heirathsregisler für 18i9, wo zuerst Minwerslieim ge- 
schriel)en war, welches nachträglich in Minversliciin verbessei't 
wurde. Die Bezeichnung .Minwprsli.niseri auf dem Gel)urtsregister 
für 1846 (nachträuflich verbessert in Minwersheim) ist aucli 
ein Zeichen mangelnder Aufmerksamkeit von Seiten des 
Schreibers. Die-er l.eicbtsinn ist es wohl einzig und allein, der 
die planlose VersLliiedetdieit m ilen beiden Schreil)weisen ver- 
schuldete, trotzdem derselbe Secretur jeweils die Titelblätter 
aller 3 Register schrieb. 

Während sich nun der Standesbeamte von Minversheim 
Anfangs um die ungewolndiclie Schreibsveise nicht kümmerte, 
linden wir in melireren Sterbeurkunden vom April 18*29 
.Minwersheim mit w geschrieben. In grösserem Massslab findet 
sich Minwersheim in den Slerberegistern vom Jahre 1830, jedoch 
noch immer nebenbei Minversheim. Zum letzten Male tritt 



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— 62 



Minwersheim auf in einem Act votu 1. Januar 1831 iiuHeiralhs- 
regisler. Von da an hin 1870 liudet sicli in den Civilstands- 
registern ausnahmslos Minverslieini. Eine Frklruun^ dieser 
ei;4enthrimlirhen Veilialtnis^e soll unten ver<urlit werden. Bei 
der Durchsicht der (ienieinderathsprotokolle (lle^ij^tre des dt''li- 
l)erations) ei'^ibl sich, dass Miiivt rsluMm (rnit den unten zu 
erwähnenden sein- interessanten Ausnahmen) von 17'.>'i his 
18'20 durchweg, auch in französischen Acten mit u, ^anz ver- 
einzelt mit V, aber niemals mit \v rjeschrielx^n ist. Am 24. Juli 
i8'26 stossen wir auf Minw'rsheim und linden his zum !25. Juli 
'IS'M theils v, tlieils w. Die Pialhspiotokolle sind in jener 
Zeit meist in fran/ösischer Sprache ah^elasst. Das einzi^^e in 
deutscher Spiachc aliiiefasste vom 1. Dezember 1829 weist die 
Schi i'ibw eise Minversheiiii auf. Vom '25. Juli 1831 an bis zum 
Jahre 187ü ist Minvcr.-licim ausnahmslos mit v ge- 
sclniel)en. Es sind iletiinacb auf (irund der Erjjebnisse des 
Gemeinde ircliivs 3 Perioden zu unteiM-liciden •. 

1) die ältere FVriode von IGOO bi- Ks-Jti. wn Minverslifini 
(mit der ^.inz vereinzelten, bereits näher beleuchteten Aus- 
nahme dt?s Bannplans) durchweg mit n oder v {geschrieben ist, 

2) einen vorübergelienden /»dtranm von 1820 Iiis 1831, wo 
die Schreibweise w neben dei" bisheii^en mit v geliraucht ist, 

3) eine neuere Periode von 1831 }>is 1870, in welcher das 
Wort auschliesslich mit v •,'^eschricben ist. 

Die Stbrineiiver^leichnn^ »MLnhl nun, dass die Schreib- 
weise Minwei >Iit'im in der Gemeinde selbst zuerst 1820 von 
einem Schreiher angewandt wurde, der (wohl in Vertretunjj^ 
des damaligen Lelirers und Genu'inleschreibers Huffmann) 
mehrere Gemeinderat hsprolokolle abl'assle und sich wahrschein- 
lich in der Schreibweise des Doi"fnamens an das Geburts- und 
Heirathsie^isler des voiherj^ehenden Jahres richtete, das, wie 
wir oben gesehen iiaben, vom Landrichter HofTmann in Zabern 
überschrieben worden war. Diese Schreibweir^e wui<le von dem 
seit 1828 als Gemeindeschreiber fungirenden Lehrer Ledoj^uu' 
angenommen und bis zum Jahre 1831 in allen Registern fort- 
gebraucht. Es mag ihm dann wohl mitgelbeilt woi'den sein, 
dass die einheimische Schreiltweise Minversheim sei. Mit den 
IVanzösischen Kenntnissen dieses Ledogai', übrigens damals eines 
ganz jungen Mannes, war es auch nicht sonderlich gut bestellt. 
Es finden sich nämlich in den von ihm verfassten Acten, fol- 
gende falsch geschriebene Worte, welche gerade für den vor- 
liegenden Fall das grö.sste Interesse haben : Sawerne, janwier, 
awril, wingt, quatrewingt, de son wivant, weuf, wendemiaire etc. 
Dieses Bestreben, wslali v zu schreiben, erstieckte sich offenbar 
auch auf das Wort Minversheirn und war durch den Umstand 



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— Ö3 — 

begünstigt, das» die Ausspraclie von v und w im Französischen 
dieselbe ist. Dass umgekehrt auch v statt w gesetzt wurde, 
beweisen Worte wie: Kinviller, Veitbruch etc., denen wir in 
dieser Schreibweise wiederholt begegnen. 

Wenn es demnach keinem Zweifel unterliegt, dass die 
Schreibweise Minwersheim durch Unachtsamkeit eingerissen ist, 
so frägt es sich nun, wie sie sich bis auf unsere Tage fortge- 
pflanzt bat, trotzdem, wie wir gesehen haben, in der Gemeinde 
selbst bis 1870 ausschliesslich die Schreibweise Minversheim 
angewandt wurde. 

im amtlichen Annuaire du Bas-Rhin findet sich von 1805 
bis 1870 ausnahmslos Minversheim. Das cDictionnaire des Postes 
aux letlres» vom Jahre 1835, ein dicker Band, der in derPost- 
verwaitung bis 1870 massgebend war, bringt hingegen die 
Schreibweise Minwersheim. Vielleicht rührt sie von einer be- 
hördlichen Mittheilung aus jener Zeit her, wo sie auch in den 
Gemeindeakten vorwiegt. Aus diesem Dictionnaire des Postes ge- 
langte möglicherweise die Schreibweise Minwersheim auf irgend 
eine Landkarte und von dieser, da bekanntlich die Ghartographen 
von älteren Karten abzuschreiben pflegen, auf alle folgenden. 

Im Jahre 1870 bediente sich die deutsche Verwaltung in 
dem ersten amtlichen Schreiben an die Gemeinde Minversheim 
der Schreibweise Minwersheim. Dies fiel dem noch jetzt im 
Amte befindlichen Gemeindoischreiber Herrn Lehrer Hertzog auf, 
jedoch hielt der damalige, nunmehr verstorbene Burgermeister 
Weber die Sache nicht für wichtig genug, um die Behörde darauf 
aufmerksam zu machen, dass die allgemein übliche Schreibweise 
Minversheim sei. Ein Theil der Schuld fallt aber wiedei um auf 
die Beliörde zurüi-k, dei- das amtliche Annuaire du Bis-Rliin 
mit der Schreibweise Miiiversheim vorlie^^en musste, falls sie 
nicht etwa das v als tVanzösisclie Schreil)\veiso sf itt w hielt. 

Seit 1870 findet sich vollkommene Ungleichheit in den amt- 
lichen Verzeichnissen und in sonstigen Aeusserun;^^en der Be- 
hörden. Auf den Gemeindereclinungen für 1870j71 !<teht w, 
von 1872-1874 v, von 1875-1883 w, und seitdem Nvi-ML^r v. Im 
Amtsblatt des Bezirks l'ufer-Klsass ifür 187(), S. 124 (Volks- 
zählung von 1875) sieht v, ebenso im Anitsl>latt für 1881, S. 
85 (Volkszählung von 188 ►). Mini,''e;^on schreibt die Beilage zu 
Ko 5ü|1886 zum Central- und Bezirks-Amtsblatt für Elsass-Loth- 
ringen in der Uebersicht uber die Volkszählung von 1885 \v. 
Im g:leichen Blatt für ISlU N*^ 49 ist aber in der Uebersicht 
der Volkszählun;^ von 18i>U v {geschrieben, jedoch merkwürdi- 
gerweise im Beiblatt der nächsten Nummer als Druckfehler(!) 
bezeiclinet und in w •,^eändert. Seitdem ist Minwersheim die 
amtliche Schreibweise ! 



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Von andern Verzeichnissen seien noch erwähnt das Kieffer- 
sche Adressbuch des Unter-^EIsass vom Jahre 1874, welches 
auf S. 16 des I. und S. 124 des IL Theils Minversheim, hin- 
geg^en auf Seite 110 des I. und Seite 10 des II. Teils Minwers- 
heim angibt. Im cVerzeichniss derOrtschaflen Elsass-Lothringens» 
von 1877, sowie in dem für die Steuerbehörden bestimmten Zim- 
mer'schen «Alphabetischen Verzeich niss der Gemeinden und 
Annexen in EIsass-Lothringen von 1884 steht Minwersheim. 
Ebenso schreiben das Ortschaftsverzeicbniss der Post von 1889^ 
die Handbucher für Elsass-Lothringen von 1888/89 und 1892, 
die amtlichen Distanztabellen der Gerichtsbehörden und der 
Wegebauverwaltung, sowie die Lehrerkalender der letzten 6 
Jahre durchweg Minwersheim. 

Eine ähnliche Verschiedenheit zeigt sich im Material der 
Wegebauverwaltung. Diese schrieb zu französischer Zeit stets 
Minversheim, wie aus den noch vorhandenen Schriftstucken jener 
Zeit hervorgeht. Namentlich findet sich auf dem «Etat g^näral 
des chemins ruraux » von 1839 und auf einem Plan der Orts- 
traverse von Minversheim aus den 40er Jahren Minversheim. Die 
älteren deutschen Wegweiser führen hingegen, abweichend von 
den französischen, die Bezeichnung Minwersheim. Es sind dies : 

1) der alte \Vo>,' weiser an der Brücke zu Alteckendorf, vor 
4 Jahren entfernt ; 

2) der Wegweiser am Kreuzungspunkt der Ettendörfer 
Strasse zu Alteckendorf ; 

3) die (2) Wegweiser auf der Schwindratzheimer Höhe, 

4) in Huttendorf, 

5) in Mommenheim an der Brumather Strasse und 

6) daselbst am Wittersheimer Weg. 

Auf den neuen Wegweisern steht ausnahmslos die Be- 
zeichnung Minversheim. Es sind dies folgende: 

1) am Galgenberg bei Hocbfelden; 

2) auf der Höhe zwischen Lixbausen und Alteckendorf; 

3) der neue gusseiserne Wegweiser an der Bahnhofsstrasse 
zu Alteckendorf; 

4) die Blechtafel am Hause der Hebamme Etter daselbst ; 

5) der Wegweiser zu Wittersheim an der Hagenauer Strasse. 
Der Wegemeister von Hocbfelden sagte mir auch, dass sämmt- 
liehe neuen Wegweiser diese Bezeichnung erhalten würden und 
war sehr erstaunt, auf meinen Hinweis in seiner Distanztabelle 
die amtliche Schreibweise Minwersheim zu finden. 

Der krasseste Widerspruch tritt aber darin zu Tage, dass 
«lie alten, wie die neuen^ vor kaum drei Jahren angebrachten 
Ortstafeln die Aufschrift Minwersheim tragen, während die drei 
Gemeindestempel auf Minversheim laufen, und zwar : 



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1) der älteste, bis 1856 und von 1870^73 benutzte, 

2) der kaiserlich franzdsische Stempel (1856—70), und 

3) der jetzt gültige Stempel. 

Endlich sei noch erwähnt, dass das gemalte Wappenschild^ 
>velches zur Decoration der Strassen beim Empfang des hoch- 
seligen Kaisers Wilhelm zu Hochfelden im Jahre 1879- verwendet 
wurde, gleichfalls die Aufschrift Minwersheim fQhrt. 

Was nun die Schriftstücke der \rerwaltung$behörden und 
insonderheit den Briefwechsel zwischen ihnen und der Gemeinde 
Minversheim seit 1870 anbelangt, so findet sich dieselbe Ver- 
schiedenheit biszum heutigen Tage vor. Bald wird Minversheim, 
bald Minwersheim geschrieben, und eine gewisse Consequenz 
lässt sich in keiner Weise finden. Jedoch scheint es, dass 
die Kreisdirektion vorwiegend Min versheim, das Bezirkspräsidium 
öfter Minwersheim schrieb. Das Bürgermeisleramt Minversheiin 
schreibt stets Minversheim. 

Zum S 'liln-:^ <^n no -h .i:e-I:ittef , die .Sclireibweiie lolgeader 
Gescliichtswerke uiul fiiiclier anzutiiliien ; 

1) Billings Gescluciite un*l Bescbreibung des EUass, Basel 
1782, S. 259: Mnnversheini. 

2) Aufschlägers ((Klsass» 1825, S. 269: Miaverslieim. 
Baquols Diclionnaire 1849: Minver<hein». 

4) Baquol-Hislelhulx'is Dict. 18^5, 8.268: Minversheim. 

5) Rabis Heiinathkunde des Landkreises Strasssurg 1838, 
S. 33 : Minver>lieim. 

Die Aiiiüritfil dieser Fdchwerke wird uns bei den ScUluss- 
lüige I u n g e n u n t e i s I ü t zen . 

Soviel ül)er die Schreibweise. Suchen wir nun noch 
einige AnhalUpunkte in der .Aussprache zu gewiinien. Der 
bciireib weise Minvei i^iieim entspricht das jetzt ühliche niundart- 
liehe Mempfarso (=Mini})te( si lieiui), wahrend Minwersheim in 
der Mundart Meijwarsd (=Miujrwerscheini) ergehen würde. Sehr 
interessant sind uns mehrere Stellen des Pr jtokolihuclis der 
Gemeinderathssitziii ge:) aus den Jahren 1794 — 96, welche be- 
weisen, dass dam i!' ebent'alls ((Mimpferscheim» ausgesprochen 
wurde. Wählend nämlich, wie l)erei!s ölten erwähnt, in den 
Sitzungsprotokollen au.sschiie^slich die Bezeichnung Minuersheim 
oder Minversheim gehraucht ist, deren Schreibweise in der- 
Gemeinde feststand, bedienen sich Fremde derjenigen Schreib- 
weise, die der im Voiksniunde * gebräuchiiehen Aussprache am 
nächsten kommt. So schieiben verschiedene Requisitionsbeamte 
auf Seite Ii des erwähnten Bandes Mürnverschheim, S. 19 
Minferscheim. S. 2U Mintersheim. Der Adjunct von H m hfclden 
schreibt auf S. 21 Mimuerschbeim und ein Coniniissar S. 3^ 

5 



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Mimverheim. Dann schreibt im Jahre 18t2(5 (S. 199) ein neuop 
Gemeindeschreiber — derselbe, d«M* die unselige Schieib weise 
Minwersheim einführle — Mimverscheim, und endlich bedient 
sich der Secretär des Tribunals zu Zubern auf dem Titelblatt der 
Sterl)eregisler für 1845 und 1847 und des Heiralbsrej^isters für 
1847 (s. 0,) der Schreibweise Mimversheiin. fclbenso steht in 
einem Taufakt des kaihoiiscben Pfanbuchs von Ingweiler vom 
3. September 1755 zu lesen MinilTt'rsbeim. 

Es wäre jetzt noch der Einwand zu entkräften, dass etwa 
vorübery:eliend die Aussprache v (= f) in w abj^escbwät bl worderi 
und dass die Schreibweise Minwersheim dadurch erklärlich und 
berechtiget ist. Die.ser Annahme ist entgegenzuhalten, dass eine 
Abschwächun^^ von. v (gesprochen f) zu vv(=nbd. w und b) in 
der 2u Minversheim ^•^esproclienen Mundart niemals vorkommt. 
Hing-eg^en ist gerade das Umgekehrte sehr oft der Fall, z. Ii. 
jPyestäfe' = Buchstaben, ^syf9r" = sauber, ^firüfa' = Feierabend, 
\ ,wünt,jrtVits' = Wunderwitz (Neugierde) u. a. Bei Wörtern, die 
dem Französischen entlehnt sind, ist dieser (ymsonanlen Wechsel 
tferadezu die Kegel. So sind gebildet jätor' = lavoir, ^faksier.»"' 
=veser, fafla-=fa bulleren (phantasieren), ,tesit'=visite, .fesdliöra* 
= visiter (ärztlich untersuchen), .ük^ri' = vicaire, .fisikatdr' = 
v6sicatoire (Blasenpflaster) u. a. m. 

Aus allen diesen Ausführungen ergibt sich Folgendes: 

1) Die Schreibweise Minwersheim hat weder eine geschicht- 
liche, noch eine sprachgesetzliche Unterlage und ist unter allen 
Umstünden unhaltbar. Sie wurde durch französische Beamte, 
welche der deutschen Sprache melir oder weniger unkundig 
waren, zuerst gebraucht, im Dorfe selbst vorübergehend nach- 
geschrieben, aber seit 1831 aufgegeben. Sie fand auf schwer 
Erklärliche Weise ihren Weg in das Dictionnaire <les Postes (1835) 
und auf sänitallii be Landkarten der letzten fünfzig Jahre mit 
Ausnahme der lein wissenschaftlichen. Die deutsche Verwaltung- 
hat diese Schreibweise, welche sich 1870 wiedei eingeschlichen 
und mangels eines Widerspruchs der (iemeiiide Minversheim 
bis in unsere Tage fort erhalten hnl, als die amtliche erklärt. 
Jedoch ist in der letzten Zeit daneben wieder die Schreibweise 
Minversheim iia Gebrauch. 

2) Die einzig richtige, gescliichtlich mit aller Bestimmtheit 
nacliwei^ltare und durchaus im Einklang mit der landläufigen 
Aussprache des Wortes stehende Schreibweise ist Minvers- 
heim. Sie ist zweifellos entstanden aus dem historisch 
beglaubigten Mumfredouilla (711) und Muuifredeshein (74Ü). 




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VI. 



Briefe 

von Joliami Peter Hebel an Frau Weiler 



Ijiiefe von Hebel an seine Strassburger Freunde, scböne 
Denkmäler seines Geistes und Herzens, hat Au^j^ust Stöber in 
der Alsalia für 1875 nnd 187G veröftentlichl ; umfassender und 
mit wertvollen Beig^aljcn ist die Saninilunir wiedeiholt worden 
in «Briefe von J. P. Hebel, h>^. von 0. Beliaghel» I Karlsruhe 
1883. Dazu kommen die hier folgenden, welche sich im Nach- 
lasse einer 1895 gestorbenen Enkelin der Adressatin, FrJ. Amalie 
Weiler vorfanden und mir von ihrem Neffen, meinem lieben 
€fevaUer Uerm H. Brandbofer in Dijon anvertrant worden 
sind. Frau Weiler, geb. Schneegans^ trägt einen Namen, der 
anch in der ei&ässischen Kunstgfeschichte bekannt ist : auf unsrer 
Ausstellung 1895 waren mehrere Miniaturporträts auf Email 
von Weiler zu sehen (s. Katalojjp der Ausstellung von Kunst und 
Alterlhum in Elsass-Lothringen No. 1252^1254.) 

Ihr Sohn Daniel war ein Schüler Hebels in Karlsruhe, er 
sludirte Theologie in Strassburg, ward aber Advocat und starb 
nach 1870. Von seiner Aufnahme in das Karlsruher Gymnasium 
1806 bandeln wesentlich diese Briefe Hebels. Doch berühren sie 
auch litterarische Dinge, so die Werke Jean Pauls; selbst die 
Politik wird gestreift. Die Bewunderung für Napoleon stimmt zu 
Hebels damaligen Kalenderaufsätzen ; schon bald darauf dachte 
er anders von den schrecklichen, unaufhörliche»! Kriegen 
Napoleons. Der Grundton auch dieser Briefe ist aber seine 
innige f hätige Freundschafr, die sich ebenso zartsinnig als lustig 
scherz- ncl ausspricht. 




Hitgetheilt von 



Ernst Martin. 



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- 68 - 



1. 

(la) Es lij^'^t mir s; iioii lan^e auldem Heizen, tlir'iicrste Freiin- 
<linn. <l;t!^"^ itli -;rhun, ich \v»m>< r-ellter uiiiimt'i' wie lang, nicht 
an Sie j^eschnohen hahe. Sie -iml so j^ut j:e<;en mich, und ich 
hin Ihnen <o gut, uh<1 doch ktuiiiiit man l)ald nicht mehr dazu, 
sicli einen .-rliönen guten Ahend nnd einen freundhchen Dank /u 
bieten. Wenn man nur niclit eine sd wichtige Mine dazu maclien 
müsste, wenn man von seinen vielen (ieschälten sprechen will, 
so möchte ich mich gerne ein wenig damit entschuldigen. Aher 
ich will nur sd viel geslehn : Wenn ich so viel zu thun und 
bisweilen aucli so vi.-l mitzuma« hen habe, dass mir nur käi'g- 
liche Zeil zum Sclüvibcn i'ibiig bleibt, lasse ich oft die g'uten 
Freunde am liingsten w.u tenj zu (b-nen ich das beste Zutrauen 
hal)e, von de(ibjncn i« h das l)este Zutrauen erwarte, und denke, 
wir kennen uns ia. Sie werden sagen, dis-; sey die Maxime eines 
unartig^en Freundes. Ich will wohl etwas daran gelten lassen. 
Ich will ia nicht Recht g"egen Sie haben. Ich wollte mich nicht 
enlschultligeu, soiciein nur beichten und micli ab.solviren la.s- 
sen. Und das thiit Ihr frommes freundliches riemüt ia gerne. 
Nicht wähl' '! — Empfangen Sie meinen besten freundlichen 
Dank lür die Strassburger Pastete. Es ist mir alles so werth, 
was von Klein Strassburg' kommt, selbst die Schachteln, noch 
viel mehr was darinn ist, noch vielmehr die Hand, die es liinein 
legt. Ich hab wohl gemerkt, wo sie herkam, hab sie auch mit 
guten Freunden draufhin freudig verzehrt. Aber eigentlich 
haben Sie es nicht thun sollen, zumal da Sie selber so viel 
Mühe damit gehabt habe.i 

Haufe*s Geschichte» macht mir schon lange Muhe und Sor- 
gen, eigentlich (Ic) schon von ihrem Anfang her. Er schrieb mir 
erst davon, als der Schritt geschehen und nichts mehr mit 
gutem Hath zu fruchten war. Ich verhelfe ihm daher meine 
Meinung zwar nicht, dass man einem Beruf treu bleiben sollte, 
in dem Gott einem Brod und Frau und Kind geschenkt hat, 
indessen da der Schrift geschehen war, wollte ich seinen Mulb 
durch keine Beden kl ich keiten niederschlagen. Auch hoffte ich 
wirklich, dass die dortigen Verhällnisse zu seinem Unteraeh- 
men günstiger seyn möchten, als mir bekannt sey. Leider schei- 
nen die neuen Ereignisse und Dekrete diese Hoffnungen nicht 



1 «habe» steht in der Hb. 

2 Hanffe, der den Lesern des Sebatskftstleins wohlbekannte Gold- 
schmied. 



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— 69 — 



selir zu rei ht (erlitten. Was inicli einiger uinssen }»eniliii^et, auch 
wenn dieses l'nh^rnehrnen scheitern sollte, ist clas Zutrauen zu 
seiner Geschicklichkeit und zu seinem Verstand, wenn er ein- 
mal ^ewitziget ist, und ich kehre zu nieineai ersten Trost zurück, 
den icli in dieser Sache fasle, dass ^rerade die uM>ithei n Zeiten 
auch dieieni^^en sind, in welchen dem Muth, dem Talent und 
dem Glück alles «relin^^en kann. 

(Id) Autlallend ist es mir, dass ich aus Ihrem Bi ief schliessen 
muss, er sey seihst der Unternehmer. Wie ei- mir münd- 
lich sag^te, wäre er nur der Dritte in einer Societät. Der eine 
da\on, und wie es mir schien, der H.ui [ttunlerneliuier wäre ein 
irelernler Fabrikant in diesem Fach und zu der Suiidität und 
Ik'sonnenlieit des andern habe ich so viel Zutiauen, dass mich 
auch das in etwas beruhigt. 

Ich möchte Sie jrerne bitten, mir l»isweilen Nachiicht über 
die An^^elejienlieiten unserer Fi eunde zu ^ebeu, über die ich sie 
nicht sell>er fragen mag-. Icli hätte dabei noch den schönen Gewinn 
neben her manches Liebliche von Ihrer Freundschaft zu hören. 
Aber ich darf es Ihnen nicht zu muthen. Sie schreiben mir auch 
gar nichts von Ihrer Gesundlieit, an der mir so viel g"elegen ist, 
auch nichts von Daniel, den ich so lieb habe. Fast sollte icli mit 
Ihnen zanken. Aber Nein. Man muss im Frieden schliessen. Le- 
ben Sie vergnügt und wohl. Ich bin mit herzlicher Freund- 
scliaft 

llir ergebenster 

H. 



(Adresse) An 

Madarne Weiler 
abzugeben bey 

HEn. Bijoutier Haufe 

Fischmarkt Nr. 116 
in 

S t r a s s b u r y . 

(2a) Carlsruhe d. 2. Sept. iSOG. 

Werden Sie mir nicht böse, meine theuerste Freundinn, 
oder bleiben Sie es nicht, denn wahrscheinl. sind Sie es schon, 
dass ich Sie auf die Antwort zu Ihrem lieben Schreiben so 
lange warten liess. Theils war Herr Kirchen- Rat Sander, mit 
welchem ich vorher noch reden wollte, noch nicht aus dem 
Bade zuröck, theils war ich auch ein wenig krank. 



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— 70 — 



Ich halte es für gut, dass Sie Ihren Sohn Daniel ausser 
Strassburg sein Studium wollen fort8et2cn lassen, u. lobe 
Herrn. Wdler dafir, dass er seine EinwiUigung dazu gegeben 
hat. Wollen Sie den guten Jongling unserer hiesigen Schul- 
anstalt anvertrauen, so erwarte ich ihn mit Vergnügen, und 
alles was Sie von einem ehrlichen Mann und von einem auf- 
richtigen und guten Freund erwarten und wünschen können, 
und was in meinen Kräften steht, das sey Ihnen für Ihn von 
mir zugesagt. 

(2b) Zu dem, was ich Ihnen, oder eigentlich Herrn Schneegans 
auf Ihre und seine Veranlassung nach meiner letzten Heimreise 
V. Strassburg über diese Angelegenheit geschrieben habe, kann 
ich indessen vor der Hand nicht viel neues hinzusetzen. Die 
Hauptsache ist gute Vei ptlegung in Kost und Logis. Kirchen- 
rath Sander, ein Mann der die Jugend sehr gut und vernünftig 
zu behandeln und zu leiten weiss gibt Wohnung mit Bett, 
Licht, Holz und kleine Aufwartung, Frühstück, Mittags- und 
Abendtisch wöchentl. für sieben Gulden, hat übrigens keine 
Frau, sondern eine Hausbalterinn, und Daniel würde ein artiges 
und geräumiges Logis von 1 Stube und 1 Cammer mit einem 
andern Pensionair HEn v. Rettberg aus Rheinweiler, einem 
artigen Jüngling gemeinschaftl. haben. Gefällt Ihnen diese 
Gelegenheit, so kann er eintreten, wenn er will. Bey der ge- 
ringen Wahl weiss ich Ihnen keine besse(2c)re zu empfehlen. Mit 
der Ankunft hätte es vor Ende des Oktober keine Eile. Die 
Lektionen des gegenwärtigen halben Jahres gehen mit diesem 
Monat zu Ende und im Herbst sind mehrere Wochen Ferien. 
Ich werde Ihnen wegen der Zeit, wenn die Winterlekfionen 
ihren Anfang nehmen schon wieder Nachricht geben. 

Wäre es doch nur auch etwas näher nach Strassburg, etwa 
so weit als nach Lichtenau, gern möchte ich geschwind zu 
Ihnen hinauffliegen und mich zu Ihnen gegenüber ans Fenster 
setzen und dieses und was sonst die gute Stunde brächte, 
mündlich mit Ihnen besprechen. Dass Sie diesen Sommer nicht 
nach Baden (.gekommen sind, will ich firr ein gutes Zeichen 
Ihrer Gesundheit halten. Oder haben Sie sich vor mir ver- 
heimlicht? Doch nein das haben Sic niclit, niu-h wäre es 
Ihnen übel gelungen. Denn ich habe in allen Verzeichnissen 
der angekommenen Gurgäste, mich fleissig nach den lieben 
Strassburger Namen umgeselien. Leban Sie wohl, meine 
theuerste Freundinn und fein lieiter! Meine herzlichen Grüsse 
in Ihrem und dem freundlichen Schneegansischen Hause. 
Ich bin mit gutem Blut 

Ihr ergebenster Fr. H. 



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- Ii — 



3. 

(Adresse) An 

Madame Weiler 
in 

Klein S t r a s - 
b u r g. 

(•ja) Meine theuerste Fieundinn I 

Statt meinen Ireudi^'^en Herh-^tflu^ nach Sl rasshnr«,^ zu tlum, 
und in un?:ern lieben Greisen mein Lehen wieder mit sclioiien 
Stunilen zu würzen, «ilze i< li da, und schreibe einen lahmen 
IJrief. So wollens (iismal die Umstände. Al)er Sie sind mii- 
doch ;,^ut, und ])ehalten mir ein tVenndMche;* Oe^icld auf das 
iiaclisteiual vor. Kost u. Lo;:is elr. ist für den j4Uten Daniel 
be>orj^L l'nsei'e Wintei lekl ii»nen werden l)is (b.'n 20. dieses 
Monats iliren Anfan^-^ nehmen. Wir wünsclien daher, (hiss 
Daniel etwa auf den Freytafi: vorher, ist zu sajien am Taj^e 
Sankt Floientin hiei eintreffen nir»;:t% damit die nöti^^en Xu- 
slalten zu einer Aufnahme in das Institut können i^ctroflni wer- 
<ien. I]is doi'thin wird auch Herr San(i^h_)der von ei ner kleinen 
Ueise, W'omit er seine Fei ien ausfüllt zurück seyn. Ich eiwarte 
ihn, u. wer den scliönen Einfall haben wird ihn zu be<zleiten, 
mit freundlichem Herzen. Leben Sie wohl meine Fieundinn und 
heiter. Mö;;e Ihnen der Himmel au Ihren Kindern viel Freuden 
aun>ewahrt haben. Von Herzen 

Ihr ergebenster Fr. Hebel. 



4.. 

Adresse) An 

Madame Weiler 
hinter d. Mauern bey 
d. Gasthof zur Stadt Wien 
in 

St rassbu r$^. 

(4a) Memo thener>le f ieundinn ! 

Dass unser «jfuter iJaniel zm* bestimmten Zeit ^»^esund und 
wohl bei uns an-^ekommen ist, wissen Sie schon aus seinem 
eigenen r>rief. Rs war mir «ehr angenehm, dass der Vorsteher 
unserer Leinanstalt die voiläiili»ie Pi i'ifun^:' de--» Iben mir sell>st 
anvertraut hat, und noch mehr veriinü^^te micli der Erfund 
seiner Kenntnisse. Entweder war- er letztes Frühiahr, als ich 
in Ihrem Hause eine kleine Prüfung mit ihm vornahm, etwas 



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— 72 — 



verleiien u. veriielh iiirlif, was er in sicli halte, oder er hat 
in dieser Zwixlienzt^it sehr jjlückliclip Forlschrilte jxemacht. 
GenuGT er leisleto inolir aU ich erwartet hatte, u. ich konnte 
iiin in die zweite Glaste unseres Gymnasii empfehlen, und ihm 
Hoffnun«? machen, (4h) wenn er recht nei.<?$i^ sein würde, bis 
Oslein in die erste zu kommen. 

Herr Kirchenrath Siunler h.it iim in seinem Hnuse selir 
freundlich uuf^enoinnien. Vielleicht ha hen Sie ihm ««el her schon 
{feschrieben, oder Ihun es noch. Ei ist ein Mann, der viel 
Sinn fni" der^^Ieiclien Beweise von Aiilnü't ksamkeii uejj^en ihn 
hat, und sich nicht darauf einschränkt, das zu leisten, wofür 
er l)ezahll wir<l, "^'»ndern nnch ;:erne n. mit vieler Kunst u. 
Delikatesse aul den Verstand und Gliarakter seiner iungen Haus 
u. Ti^^iii^enossen wirkt. 

L)a sich Daniel ielzt noch mit solclieii I.ehrge^enständen 
beschäl'lijiet, die in jedem gelehrten Fache erforderlich sind, u. 
in iedern ^ehildeten Stand zur Eniplelilung dienen, so mag er 
immerhin in der Wahl eines Heruts noch unentschieden seyn. 
Alles was er ietzl zu lernen hat, ist dorn Arzt, dem Rechts- 
^elehrten u. Geistlichen {rleich nöthii: und nützlich. Ge(4c)nug, 
dass er sich einsweileti ^ zum ^^tudium scheint entschieden 
zu haben. lÜss zum lelzlen halheii Jahr, ehe er die l'niversitiU 
bezieht •<teht ihm, wenn er zur Voisor^'^e doch das Hebräische 
miliei'iit, die nähere Wahl noch immer ojlen. Unterdes.sen 
wird sich schon eine bestimmte Nei^un-pi enlwickehi, u. er 
wird ein Jahr später l>esunnenei' wählen, als ein Jahr IVüher. 

Ich wünsciie u. holle, llmen immei- angenehme Nai b- 
richten erl heilen zn knnnen, i. . . niöcbfe icli Ihnen :i\i<h 
rühmen , wie enthusiasti>cli ich in diesem Krie^ Ihre 
Partbie. nemlich die Franz<»sisi lie verlheidi;je. Wu^v theils will 
ich doch an ein so trommes und sanl'le- Geniiilb wie das Ihrige 
keine ki'ie;:erischen Discour<e ndre.-sieren Ili«'ils li.ibe ich auch 
nicht mehr Zeit. Meine beizlicbfn ]>t^;jni-<iin;jrii Ihnen n. 
dem Schnee^aiisi.-$chen Hause. Lehen Sie wohl meine Freundin ! 

J. P. Hehel. 



1 einsweilen : so die Hs 
3 Lftcke im Papier 



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— 73 — 



5. 

(Adresse) An 

Madame We i I er 
wohnhaft hev dem Oasl- 
hof zur Stadt Wien 
hinter den Mauern 

zu 

Sf rassburg. 

(5a) Ich l>enutze mit Vei ;^iiri;4t:'ii eine Yeranla.-^üung, die mir 
Mad. Haute ;4il>t, an Sie theuer.ste Freuiuüjm, zu schreiben, und 
vor .illen Din;^en Ihnen zu sauren, da>s un'^er Daniel ^e^jund, 
sehr fleissi^-, u. ))rav ist, u. Hie Zufi iedonhoit und <h_Mi Beifall 
allei" seiner Lehrer hat. Icli scliicke Ihnen vielleicht ludd einen 
iungen Geistlichen, Mahlher^ zum Besuch, dei' bisher Daniels 
Tisch u. Hausgenosse war, und Ihnen mehreres mündUcli 
sagen kann. 

Was Hie MaH. Haute u. mein geheime.-^ Einver.ständniss 
mit ihr hinter ihrem Mann betrift, hüte ich Sie, ihr fol- 
p:enHes zu sagen oHer zu lesen zu gehen, aber ia dass es der 
Mann nicht meikt. 

Von Jean Paul ist in allen unseien Buchliiden nichts zu 
haben. Auch wage ich-=; nicht die Flegeliahie von Frankfurt 
zu beschreihen, weil sie theurer sind, nis die verwilligte Summe 
he(5h)sagt. Sie kommen auf 10 tl. Manche FlegelJahre sind 
zwar schon tiieurer gewesen. Doch tirnlc- ich diese auch nicht 
wohlfeil. Wenn Sie iedoch — ich meine meinen braven 
Minister,' in einen süssen Apfel heissen wollen, so hat es noch 
iunner Zeit, wenn Sie mir nur mit nächstei' Post wieder Nach- 
rif lil geben wollen. Denn ich kann Ihnen das Buch im Not h- 
tiille aus einer hiesigen Lesi luMiothek schicken, wo es noch 
ganz neu, und erst durch eine Hand gegangen ist. 

Die unsichtl»are Loge soll, wie ich iedoch nicht not Zuver- 
lässigkeit versicheni kann, zwar nur auf Liv. loh zu stehen 
kommen. Allein der Buchhändler sieht mir nicht dafiir, sie 
noch zeitlich genug lifern zu könn-Mi, Zwar kömjte ich Ihnen 
dieselbe aus der nemlichen Lesehibliutliek ebenfalls geschwind 
verschaifen, allein man sieht doch dem Buch an, dass es schon 
gebraucht ist. Lassen Sie mich doch ia mit nächster Post wis.sen, 
"wasichthun soll, (oz) Und nun meine beiden lieben Freundinnen, 



^ Seinen Minister nannte Hebel scherzhaft Madame Hanfe» 



— 74 — 



leben Sie wohl. Zwar ich bin ia noch nicht fertig. Es ist mir 
— doch nein, ich will aufhören, und der Pfarrer von Mahlberg 
Solls Ihnen mündlich sagen. Bleiben Sie freundlich und gut 

Ihrem 

ergebensten 
Fri 

Meine herzlichen 
Grosse an die 
Männer und alle 
Freunde d. 6 ten 
Deoember. 



1 Best abgerissen. 



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Vll. 



Gedichte 

eines Früiivollendelen. 

Friedrieh Julius Culmann, geb. 1827 zu Landau, fand 
im Juli 1849 durch einen Herzschlag einen plötzlichen Tod in 
den Wellen der III zu Strassburg. wo er seinen Studien oblag. 
Aus seinen hinterlassenen, von treuer Hand bewahrten Gedichten 
folgt hier eine kleine Auswahl, ein Echo jener für die Lyrik 
günstiger gestimmten Zeit. — £. M. 



Ruhm. 

Was ist der Ruhm ? So hab' aucli ich getragt. 
Und schvvei'bedeatend klang mir's in die Ohren : 
«Bs ist dei* Rnbm ein Irrlicht in der Nacht^ 
Ein falscher Kobold, dessen böse Macht 
Verfolgend, mancher seinen Weg verloren.» 

Was ist der Kubm ? «Als wachsende Lawine 
Rollt er nnd schwillt za einem Berg heran. 
Wälzt seinen Ball verheerend dnrch das Qrüne, 
Durch Berg und Thal — nnd wenn die Sonne schiene, 
Sähst Du ihn schmelzen mitten auf der Bahn.» 

Was ist der Rahm? «Wenn die Gewitter brausen, 
Die Erde rings nmher im Donner bebt — 
Dann blicke durch der Elemente Grausen, 
Dann sieh' den Blitzstrahl durch die Wolken sausen. 
Und folg* ihm, wenn er treulos schön entschwebt U 

Es ist der höchste Ruhm ein falscher Port, 
Und lockt zum SehiiFbrnch wogendes Qetümmel. 

Dem Weisen ist er nur ein leeres Wort, 

Hein Schall geht schwach und immer schwächer fort 

Und wird zu Nichts im unermess*nen Himmel. 

9. Aug. 1845. 



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— 70 - 



Rückkehr zum Rheine. 

Sei mir goginssct, Deutschlands treuer Hort, 
0 Vaier Rhein, gegrüsst bei tausendmal I 
Mein Herz echlftgt wonnig, und der Blick schweift fort 
Zu Höhen, über Berge, in das Thal 

Wie liess ich tönen schmerzlichen Gesang. 
Als ich in fremdem Lande musste säumen. 
Dich wollt' ich feiern! Nor in Verses Klang 
Kennt' ich zurfick zu deinem Strom mich träumen. 

Hier, wo die Erde gold'ne Früchte trägt. 
Wo reich die Thäler und die Berge prangen, 
Hier, wo die Liebe tiefre Wurzeln schlägt, 
Wo viele hehre deutsche Dichter sangen: 

Hier thut ein Himmel neu sich vor mir auf, 
Warme Gefühle in der Brust erwachen; 
Hinabgebogen folg' ich Deinem Lauf, 
Hit süsser Ahnung lausch' ich Deinen Sagen. 

Du fliessest majestätisch hin und gross! 
Wie weitet sich das Herz bei dem Gedanken, 
Dass dort in Deinem klaren Wasserschooss 
Viel tausend Jahre wohl die Finten schwanken. 

In Deinen Wellen spiegelt sich die Stirn 
Des Alpenglefschers rosig glüliend wieder, 
In deinen Fluten woget das Gestirn 
Der dunkeln Nacht so trftum'risch auf und nieder. 

Und wenn die Sonne aus dem Dunkel steigt, 
Wenn ]>eiiien Ufern ihren Strahl sie sendet, 
Wenn noch geheimnissvoll die Welle schweigt 
Und aufwärts die Natur sich betend wendet: 

Dann weithin schimmern wie ein Feuermeer 
Im keuschen Licht der Sonne I'eine Fluten, 
ßot, blutig rot blitzt es und giunzt umher, 
Das dürstend Auge leisst es in die Oluten. 

Ein unnennbar Gefühl schläft in der Brust 
Geheimsten Tiefen Es erwacht zum Leben, 
Nicht eine wilde, fessellose Lust, 
~ Ein ahnnngsvoUes. nie gefühltes Leben. 

Wer srhuf l>ich, grosser Strom ? Und wessen Hand 
Schrieb deinen Lauf so leuchtend in die Fernen? 
•— Gross! — doch ein Grösserer ist mir bekannt. 
Es lebt ein Gott, ein Schüpfer über Sternen. 

7. Sept. 1845. 



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All present life is bat 

uu iiiterjection, au 
„Ah" and .Oh" of joy 
und misery. Byron* 

An meine Schwester. 

Da eilest, Schwester, ron dem Uatterherzen, 
Vom Haase weg, wo Alles Dich geliebt, 
Olücklich und froh ! — Da ahnest keine Schmerzen, 

(Unschuldig Kind Dn!) wie die Welt sie gibt. 

0 mögest leben Du in diesem Glauben, 

Von keiner bösen Wolke je getrübt! 

Mög' nie das Unglück Deinen Wahn Dir rauben. 

Den frommen Walm. der ach. so leiciit zerstiebt! 

Er raube nicht die goldumsiiumte Jugend, 

Dein Herz, das pocht für Wahrheit und für Tugend. 

Im fremden Kieise wirst Du Dich bewegen; 
Kein Vater schliesst Dich liiclu-lud mohv in Arm. 
Dort E3hlägt kein Bruderherz Dir froii entgegen, 
Dort hält Dich keine Mutterbrust mehr warm. 
Kalt nnd geffthllos wird man am Dich stehen, 
Uitleidig lächeln über Deinen Harm: 
Geliebte 1 Ja, man wird Dich sterben sehen 
Mit trock'nem Auge, denn die Welt ist arm. 
Arm an Gefühlen für des Freundes Freaden, 
Unendlich ärmer noch für seine Leiden. 

Den Vater nnr kann rühren Dein Geschick, 

Den Vater und die Mutter und die Brüder. 

Verdunkeln Thränen Deinen heitern Blick, 

So bluten ihre tieuen Herzen wieder; 

Und schniei -helt Dir das wechselvolle Glück. 

So werden sie allein dem Gölte danken, 

Der Dich gesegnet ; fliehet es zurück. 

So stehen sie, wenn alle Stützen wanken. 

Noch aafreebt da; an den verwandten Herzen 

Sollst, Schwester Du, vergessen Deine Schmerzen. 

Wohlan denn, Iheurel nimm von meinem Munde 
Den letzten Knss der Bmderliebe mit! 
Vielleicht, o Schwester Dnl in dieser Stande 
Eilst Da dahin mit freadbewegtem Schritt 
Zu Deiner Frenndin, bringst die frohe Kunde, 
Dass. wenn die Sonne an den Himmel tritt 
Mit neuem (Tlanze, Du die grünen Felder 
Der Heiniath und die Berge und dio Wälder 
Verlässest — aber denke bei dem Scheiden, 
Dir folgen Brudergrüsse in die Weiten — 

9. Apr. 1845. 



78 - 



Sohwanenlied. 

Sanft spielend^ als wollten sie Liebe verkünden 
Durchziehen die silbernen Wölkcliea die Laft, 
Als sollt' er in ihren vertraalicheB Orfinden 
Einathmen den sftsseh» ätherischen Baft. — 

Es koiumen die Wölkchen vom theueren Strande, 
Als Boten der Liebe am Himmel heran; 
Sie locken ihn fort zn dem gastlichen Lande, 
Da spreizt er die Fl&gel« da hebt sich der Schwan, 

Und eilet, als wollt' er die Wolken erjagen, 
Im Chore der Wölkchen znr Heimath empor; 
Und höher nnd höher stets wird er getragen, 
Da schmettert ein Lied er am himmlischen Thor. 

Auf fliegen die Pforten und liebliche Töne 
Erwecken die Sehnsucht, die Himmel erglüh'n, 
Er schant voll Entsilcken das Ewige, Schöne 
Und schmilzt in harmonischen Klängen dahin. 

18. Okt 1844. 



Sonett an Körner s Eiciie. 

Was Dn geahnet, hast Da laut gesungen : 

Die Freiheit und Dein deutsches Vaterland; 

Du hast mit starker, kriegerischer Hand 

Die Leier hoch und hoch das Schwert geschwungen. 

In alle Herzen ist Dein Lied gedrungen. 
Es war der deutschen Helden schönstes Band, 
Der Freiheit war es und der Ehre Pfand, 
Und donnernd ist es in der Schlacht erklungen. 

Doch nicht allein im wilden Eriegestoben 
Ertönte, Edler, Dein erhaben Wort, 
Es schlag auch sanft nnd friedlich Deine Leier. 

Sie liess wie Himmelslante uns von Oben 
Vernehmen maiichen särtliehen Akkord, — 
Der Frieden war ihr, wie die Schlachten theuer. 

29. Apr. 1846. 



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An Alma. 



Von Palmen hab' ich viel o:etranmt, 
Und wie im kühnen Schwertertanz 
Das Ross sich uiitcMin Kelter baurat, 
So strebt' ich nacii dem Sängerkrauz. 
Ich glaubte schon, ein Kind des Rahmes, 
Mich in dem Sehnts det Heiligthames. 

Da nahtest Du mit Deiner Liebe, 
So himmlisch rein und fromm und gut: 
Ich folgte einem bessern Triebei 
Und all* den stolsen Jngendmath, 
Hein Hoffen all' and all' mein Streben, 
Da nahmst es bin mit meinem Leben. 

14. Febr. 1845. 



Da weinest, Mädchen ? Trockne diese Zähren 
Und komm', Geliebte, an mein treaes Hersl 
Lass sie, die Menschen, anserm Glücke wehren, 
Du sollst nicht weinen; nimmer darf der Schmers 

In diesen frommen, milden Augen wohnen. 

Nur Freuden sollten folgen Dir und Scherz. 

Doch will iJich Gottes Liebe nicht belohnen. 

Verzweifelst Du an Deines Lebens Glück 

Und kann auch Dich der Kummer nicht verschonen, 

Wohlan! so trage, trage Dein Geschick, 

Reich' mir die Hand aaf dankein Lebenswegen, 

Und richte aafw&rts Deinen Engelbliok. 

Dann tritt ein Freand, der leiste, ans entgegen, 

Der alle Erdenleiden sicher heilt 

Und weiht ans beide ein mit seinem Segen. 

16. Apr. 1845. 



Distichen. 
L 

Blicke^ mein Mädchen, empor sa dem sternbesfteten Himme^ 

Ob das unendliche Heer je Du zu zählen vermagst, 

Und dann blicke auf mich und zähle die Thränen der Liebe, 

Welche Dir flössen; sie sind, Alma, onendlicher noch. 



-so- 



ll. 

Sfingerin, deren Gesang so himmlisch ertönet! Dir fehlen 
Almaus Auge, ihr Herz, um erst vollkommen zn sein. 

III. 

Qn&le nicht länger das Ol&ck mit eiteln Klagen nnd Thr&nen. 
Z&rne eher Dir selbst, dass Da bisher ihm gelraat. 

IV. 

Achtzehn Jahre nicht alt und doch zum Sterben bereitet 
Bin ich seit Jahren; der Tod ist mir der treneste Frennd. 



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VlU. 



Die Rufaclier Vornamen. 

Untersuchung 

von 

Heinrich Monges. 
UI. 

Die Stelluuj^ der Vornamen im Volksleben erkennt man 
am l>esten aus ihrer Verwendunjjf als Gattungsnamen, 
in. Redensarten und SpxdchwÖrtern, in Reimen 
und Liedern. Ich teile daher noch mit, was ich hierüber 
im Laufe der Jahre von 67 Vornamen für Rufach gesammelt 
habe. Das» dabei manches Derbe mit unterläuft, das wird nie* 
mand Wunder nehmen^ der unsere Mundarten kennt. Ich 
glaube niehl) dass ich hier nötig habe, mich deshalb zu ent- 
schuldigen. Naturwuchsi'^'^keit und Derbheit gehören nun einmal 
zu unserem Volksleben und unserer Volkssprache. Aber sie 
Haben beim gewöhnlichen Volke lange nicht den bösen Beige- 
schmack, den sie bei dem in der feineren Schriftsprache Ge~ 
biMeten erzeugen. Wer indessen schwache Nerven hat oder 
sittlichen Schaden befürchtet, möge die folgenden Zeilen unge- 
lesen lassen. 

Unter den verwendeten Namen linden wir die häutigsten 
und die seltensten. Seiijst versländlich sind auch Joseph und 
Maria stark vertreten. Der Name Joseph kommt z. B. in dem 
folgenden Abzahlspruch vor: 

Aue dftae düübie [ftaa tftno ty'pie], 
kämme drSi Familie [khikma trM Fitmilie], 

Faaseuacht vuu Josäf [Fäsana/t fün Jös^fj, 
Zaggerbrot, Zuggerbrot [Tsükarpröi, TBÜkaxpröt], 
düu biach das [ty pi's tüs]! 

6 



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— 82 — 



Er Uü'^l mit seiner scherzhaften Sinn- und Zusammen- 
hangslosigkeit das Gepi äge eines echten Abzahlreims. Der Name 
Joseph ist hier wahrscheinlich nur deshalb ^ebraucht^ weil er 
dem Kinde, das den Sprach zum ersten Male bildete oder bil- 
den half, als häuGger Nume gerade einfiel, oder vielleicht auch 
weil zufällig ein Joseph in der spielenden Kinderschar war. — 
Bewusst und absichtlich kommt der Name in einem Spottreim 
vor: 

Säbbela mit dr Güg [S6p9l9 mit tr Kik], 
S&bbele mit dem Bass [Sipelo mit tom Piis]» 

Sabbele bat in d'Hoose gschisse [Scpala hct in VH6b9 k^sisa]» 
Sabbele, was isch das [S^pele, wäa i's täs] ! 

Da der Name Joseph so häufig in Rufach vorkommt, ist 
er zu dem geworden, was er und jeder andere Vorname zuerst 
war, nämlich zu einem Gattungsnamen, allerdings im ungün- 
stigen Sinne. Von einer starken und derben Weibsperson, die 
keck und mutig auftritt, sagt man : Das isch e Säbbi {ihs Ts d 
S»pi] 1 

Mit dem Namen Franziska tritt Joseph in einem Reime 
auf, den die Kinder oft auf der Strasse singen: 

Schollebihrebaimle, Gläckele dra ['Soloplrapaimla, Klekola trft], 
sFranzele mAes dr S&bbele hah [s Frantsela myes tr S&pala ha]! 

'Sola[iiro sind grosse tiaile Biiiioii. 

liäulig werden Ji>se|ili und Muijänlcna /,u>aiiiUR'nge.stellt, 
und zwar iu den Fornieii Sepi und Lt'-ni. Heide Namen ver- 
treten hier die andei.swo gebi auchliche Formel : Hänsel und 
Grelel. Vom Sepi und Leni handelt z. B. der folj^ende Spruch : 

Dr Säbbi sait züem Leni [tr Sepi sait ts^em Ltoi] : 

Leni schank dr ii [Leni 'saUk tr i], 

es isch, bi Gott, vuin güede [as i's, pi Kot, fum kyotaj 

Beerleganndrwii [Perlakantrwij. 

IV'rbkantrwi ist eine spasshat'le verdunkelnde Bezeichnung 
des Weins. Das Wort ist eine ZusarnmenrQckunj^ des Satzes : 
Beerle *^SLnn di- Wii [Perlo kan tr WiJ Beerlein geben den 
Wein. Ebenso bekannt ist ein anderer lieim : 

Dr Säbbi sait züem Leni [tr SSpi sait tsyam L6m]: 

Leni^ lägg di ah [Leni lek ti ä] ! 

Kumm, mir wann in s Kurze [khüm. mir wan in s Khürtsa], 
Ziwwelewaai (Zwiebelkuchen) müesch hah [Tsiweiewäi mya's hä]! 

*8 Khürtsd scheint eine frühere Bäckerei oder Wirtschaft 
gewesen zu sein. Neuerdings konnte man die Zusammensleilun^ 
der Formen Sepi und Leni auch in einer Parodie auf den An- 
fang des auch hier verhreiteten Gassenhauers liören : Im Gru- 
newald, im Grunewald ist Holzauktion. Sie be^jinnt: 



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0 



— 83 - 

Dr Säbbi lauft im Leui mit dr Holzaz noo [tr S&pi läyft im 
Uni mit tr Holts&ks nöj I 

Allein erscheint der Name Magdalena in dem Namen einer 
frähi'eifen Birnensorte: Magdelenebihr [Maktal^Ddpir], und in 
einem Scberzreim. Wenn beim Essen das Brot auf dem Tische 
fehlt, 80 sagt man wohl verblümt: 

Hailigi ]^^agdalene fhailiki Mäktalene], 

*s Brot mio mr lehne [s Prüt mid mr lenaj, 

's Wasser knmmt vu Lflddebach [s Wtor ]cbümt lü Lytopä/J ; 

isch dftsB nit e seheeni Sach [i*s t&s nit a 's6ni S2i)r]? 

Gemeint ist mit dem Wasser die vorüheifliessende Lam li, die 
im Gebweiler Tliale, hinter Lautenbach [Lylopä)^], entsj i inj^t. 
Der Spruch veraltet nach und nach j früher wurde er oft 
^^ehraucht. 

Noch iiäuli^er als der Name Joseph kommt sein vveibhches 
Seiteiistück Maria in Reimen vor. Zusammen treten sie in 
einem Liede auf, dessen eintormi'^-^e Weise von der Armut und 
Karjjheit der Worte iiüch an Kuustlüsijjkeit überlrollen \vird:i 

1. 0 Cinsesubb, o Linsesubb jliinsosüp], 
oh, oh, o Linsesabb, 

o Linsesubb ! 

2. Wer hat si kocht, wer hat si kocht [wer hhi si kho^tj, 

oh, oh, wer hat si kocht, 
wer hät si kocht ? 

3. Das Mäiele, das Mäiele [tes M^ielaJ, 
oh, ob, das Mäiele, 

das Mäiele ! 

4. Firr weene denn, firr weene denn [fir w6aa tenj, 
oh, ob, firr weene denn, 

finr Weene denn ? 

5. Fin dr Sftbbele, firr dr Säbbele [Ar tr Sdpale], 
ob, oh, firr dr S&bbele, ' 

firr dr S&bbele! 

Die Trägerin des Namens Maria wiid geneckt : 
Marii, Marii [Mari, Mkri], 

loss d Hiener nii (sonst : iine [inaj) [los t'Hianar nf] 
unn loss dr Güller ^auch : Gülli. Qüggl) laufe £üu los tr Kyler 

layfe] ! 

Her wann e morn vrkaüfe [mar wan e mom frkbäyfd], 
met lege*n-e nff dr Disck [mer Uke-n-e tS tr Ti*»] 
an broode-n-e wie*n-e Fish [fm pröte-n-e wie-n-e Fi'e] 



^ Die 3. Zeile jeder Strophe ist an Zeitdauer so lang als jede 
der beiden vorhergehenden. 



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— 84 — 



Mit Güller, Gfilli, Gügj^l ist lier llausliahn gemeint; dieser 
heisst <'il)er Halme [Hanoi, und Gidlor (uler GüUi isfder Name . 
des TnUlialiiis. — Kiii anderer schüii etwas veralteter Neckreiui 
auf den Namen Maria lautet also : 

Marii, Maraa [Mari, Maru], 
Marigg mer saa fMarik mar sä], 
wo ist denn deine Grossmama ? 
Si lügt im Bätt [si Hkt im Pöt] 
una fangt ihr* Fleh [üa faUkt Ir Fle] 
nun steckt st in das Boidmonneh [6n 'stAkt si in tU 

Portmonft]. 

Auch in Rufach, wie überall, spielen die Kinder jj^ern Schule. 
Wenn dann derSchüelniaischdr ['Syolmai'str] oder die Schwäschdr 
[Swastr] eins aulVordert, etwas aufzusagen, so wird von ihm 
oft der folgende Reim vorgetragen, natürlich in der Schrift- 
sprache, wie es sich in der Schule geziemt : 

Tanz (mit d gesprochen), Marie, tanz! 

Morgen kommt der Franz. 

'Er ist Schneider, 

bringt neue Kleider- 

Tanz, Marie, tanz! 

Deine Schuhe sind noch ganz. 

Von dem Namen Marie sei auch ein Schenspruch ange- 
führt, der von den Kindern auf jeden beliebigen männlichen 
oder weiblichen Vornamen «zesagt wird : 

Mari isch e scheene Namme [Mkri i's a 'gena Nnma], 
Mari mächt i doch nit haise [Märi m&y^t i to/, uit iiaisd], 
Hari hü, Hari haa LHiuri hl, Mitri h&],i 
Mari isch e Dsohoddlbaar [Märi i's e T'sotlpär] ! 

Audi ein Ileigenlied, in dem der Name wecliselt, möge 
hier mit dem Namen Maria an^jfogehen werden. Die kleinen 
Mädchen hallen sich an den Händen und drehen sich im Kreise, 
indem sie singen : 

Wir treten auf die Kette, 
dass die Kette klingt; 
wir haben einen Vogel, 
der so schöne singt; 



* Dass das r in har=her trotz der Verschlechterung des Reimes 
auf par nur dem vorhergehenden hi zuliebe ausgefallen ist, ersieht 
man aoeh ans anderen Hondarten. Wo man nämlich hi spricht, sagt 
man in diesem Spruche h&, s. B. aoeh in Beichenweier. Wo es aber 
hin heisst, steht h&r ; so lautet der Sprach a. B. in Westhofen (Kreis 
Molsheim) : Fritsl i's o »s^nar Niune, — Fiitsl meXt i toX nit hftise, 
— Fritsl hin, Fritsl h&r — Fritsl i s e Tsotlp&r. 



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— Sö- 
der Vogel ringt selion sieben Jahre; 
rieben Jabre sind hemm ; 
Memsen Marie dreht sich um. 

Marie ist der Name eines rnilspierenden Mädclien>;. Bei 
Nennung- seines Namens dreht es sich um und jreht nun rück- 
wärts im Kreise hemm. Dann wird das Lied wiederholt. Ein 
anderes Mädchen wird nun }i:enannt und muss sich umdrelion. 
So ^ehi das Spiel fort, his alle Kinder an die Reihe p-ekominen 
sind. Nachher wird ein anderes Hei<:enlie(i g-esung-en. — Die 
Form Mal [Mei] enthalten zwei Abzählreime. Der kleinere lautet: 

Ais, zwai, dräi [ais, tswai, tr^i], 
sait das Mai [sait t^s M^i]. 

Der grössere heisst : 

Mai, Mäi, [Mei. Mei], 
Subbebiii [SüpapciJ, 

gang mr üss de Bohne [kay mr ys te PonoJ, 

wenn dr Pf&ddr Miehl knmmt [wön ir Pffttr Mi/,1 khümt], 

se sehleed dr er ais off d*Ohre [so 's16t er tr ais üf VÖre]. 

Die Kosel'orrn Mäiele [Mei^loj bringt ein anderes Spi üciilein: 

0 Mäiele, o Mäiele [o Meisla, o Meials], 
stand uff nnn schlag e Liecht ['stänt üf ün 'slak 9 Lia/tj! 
Es rnmblt in dr Knch erum [da rüniplt in tr KhüX arüra], 
mr maint joo, s isch e Dieb [mr maini j6, 8 i's a Tiap]. 

Ein im Elsass bekannter Und viel gebrauchter Bibelspruch, 
Ev. Job. 3, 16) wird mit seinem Anfange auch in Rufach oft 
im Spass angefnbrl^ und zwar im Anschlnss an das häufig 
vorkommende Wörtchen also. Wenn einer sagt : Also [älso], so 
fällt ein zweiter sofort ein : hat Gott die Welt geliebt [hat Kot 
ti WMt kdUpt]. Ein dritter fährt fort : Unn dr Pfarr dr Koch 
[ün tr Pf&r tr Khoxl« Und ein vierter (oder auch der erste, 
zweite) schliesst mit der Spitze : Unn daa bat Marie ghaise [ün 
i& hki Märi khaisa]. — Maria als Name der Mutter Gottes 
[Mydtarkotas] wird in dem Ausruf angewendet: 0 Jeere Mariaa^ 
[0 Hr9 Märid] I Er dient zur Bezeichnung des Schreckens, der 
Verwunderung, des Erstaunens und wird ungemein häufig ge- 
braucht, im Ernst und im Spass. Wenn ihn ein Mädchen in 
nicht ernster Lage anwendet, fQgt man wohl im Spass hinzu: 
I mües e Mann haa [i m^s 9 Män hä]! — Auch der Doppel- 
name Maria Anna [Märiän] wird manchmal missbraucht. Wenn 
jemand fällt, anstösst oder geschlagen wird, so rufen die An- 
wesenden : 

Baüff, Slariann [Payf, Marian]! 

Häbb di an dr Wand [hhp ti än tr WäntJ 1 



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— 86 — 

Der letzte Zusatz felill auch bisweilen ; «las Wort payl" alimt 
den Fall, Stoss oder Schlag nach. — Ein Mäilchen, das den 
umgekehrten Doppelnamen Anna Maria trägt, muss sich 
Folgendes nachrufen lassen : 

Anne Marii hät känner Mann [Ana M&ri hhi khinar M)in], 
Anne M&rii iscb Scbnld darahn [Ane H&rf \*b 'Sült tarän (sonst : 

Anne Marii h&t alles verklopft [Ana Mari het älas faiklopft], 
dr ündeiTOck (auch frz. chignon) mit samt era Gaffedopf [tr 
Üntarrok mit samt dm Käfetopf (sonst: KäfehMa)]. 

Oder sie wird mit den folgenden Worten geneckt : 

Anne Marii h&t d^Mahlsnbb verbrennt [Ana Hkri hat t*M&l8iüp 

farpr&nt], 

isohmit em Koohläffi d*Staag aawe grennt ji's mit em Khoyjöfl 

d^'St&k äwa krentj. 

Dieser Spruch wird auch auf andere weibliche Namen an- 
gewendet. Dafür kann die Anna Maria aber von sich rühmen : 

Anne Maiiaiinle hais i [Anf> Miiriimlo liais i], 

scheen bin i, das wais i ['sen pin i, tcs vvais ij, 

doisik Dahler vrmag i [tolsik Tilar fnuftk i], 

doisik Dahler iach na nit gnüa [toisik T&lar i's nä nit knfa], 

nnn e scheener BAe derztie [ün a *86nar Pfa trtsya]. 

Eine etwas veräiiderle und verlänyerle Form dieses Spru- 
ches dient atii li als Scliaukcllied . Nur wird dann ein Leliebi^^er 
Nanio -cwäliK, ^ewöliiilicli der, den das Kind trü«;t, das der 
Erwachsene aul den Knieen hält, z. Ii. vom Adolf : 

Adälfele hais i [Atelfala hais ij^ 
scheen bin i, das wais i fsen piu i, tes wais iJ, 
rodi Schielele trag i [rnti 'SlobU trak i], 
hundert Dahler vrmag i ihüiitort Tälor frmak i], 
hundert Dahler isch nit geiiüe [hüntert Taler i's nit kanya], 
noch a scheeni Bnbb drzüe [no*/ » 's^ni Pftp trtsya]. 
Hat i doch di Bnbb nit gnnmme [hat i to/ ti P&p nit knüme], 
se waar i nit in s ünglick kämme [sa w&r i nit In s Ünkllk 

khüma]t 

Jetz wais i, was i mach [Jets wais i, wäs i mä/J : 
I nimm si uff dr Baggl nnn trag si in dr Bach [i nim si id 

tr Pukl ün tr&k si hi tr Pä/J. 

Der erste dieser Sprüche mit dem Namen Maria wird bis- 
weilen auch mit dem Namen Katharina gesprochen : Katbrii, 
Kathrii, loss d'Hiener nii [Khairi, Khatri, los t'Hianar ni], u. 
8. w. Ein anderer Raim auf diesen Namen lautet : 

Kathtine (Khatrina] 

losst dr Winder iine [lost tr Winter inaj. 



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— 87 — 



Dieses Spiichwort lieziL'lit .sicli den T;i;j, der lieili<ren 

Katharina ('25. November), an dem der Wmter vor der Tliiire 
steht. Dieser Tnj^ ist für Rufach in doppelter Hinsicht wichtig^, 
einmal wegen des Kathriinezins [Khatrinolsins], des am Kathrii- 
nedaajj [IChatrinatak] tällij^en Pachtprehles (ausserdem gieht es 
noch den Mardiinizins [Märlinitsins]), und sodann wej^en des 
Kathriinemark [Khatrinamark]) eines der am stärksten besuch- 
ten der fünf Rafacher Jahrmärkte. Der Name Katharina steht 
also in Ehren^ was schon aus seiner Häufigkeit hervorgeht. 
Das kommt wohl daher, dass lüe heilige Katharina die Beschüt- 
zerin des früheren hiesigen Franziskanerklosters war, dessen 
Kirche als Gloschderkirech [Klö'slorkhiray] jetzt noch vorhanden 
ist und benutzt wird. Ein grosses Altarbild darin stellt die Leiden 
der hl. Katharina dar. Früher gab es nicht weit davon in der 
Stadtmauer auch einen Kalharinenturm, von dem jedoch keine 
Spur mehr zu sehen ist. Trotz seines Ansehens und seiner 
schönen Bedeutung (griech. die Reine) muss der Name Katha- 
rina auch hier zur Bezeichnung einer Sache dienen, die man 
nicht gern l)eim rechten Namen nennt : d'schnall Kathrin 
[i"snall Khatrin]. Aber daran tragen die Rufacher keine Schuld. 
Der Ausdruck, der ja wohl auf scherzhafte Weise mit Anleh- 
nung an lat. catarrus = Fluss entstanden ist, hat sich aus 
dem übrigen Deutschland auch hier eingebürgert. — Denselben 
Sinn wie die obige Wetterregel hat eine andere mit den Namen . 
Simon und Jttda : 

Simon Jüüdi Oktober) [Simon .Ty'ti] 
hangt Sciinee au d'Stüüdi Lhaüktäuc an t'ötyti] (sonst. -Sty te- 
Stauden). 

Der mit der Koseform Möidid angeführte Spruch wird mit 
einigen Abänderungen auch häufig mit dem Namen Sitsarina 
gebraucht : 

Süsannclo, Süsanncle [Sysanola, Sysiiiialal, 

stand uff unn mach e Liechtele ['slünt üf un nui/ o I/id'/talej! 

Es iaiift e Gaischt im Hüss eruin [as Uiyit o Kai'st im Hys 

arüm (sonst: uraö)]; 
i malDi es iscli e Dieb [i main, es l*s e Tiop]. — 
0, o, i fäärch mi nit [o, 6^ i för/ mi nit]! 

Zwei Verkleinerurig:sformcn dieses Namens, Dsniisi [Tsy'si] 
und Dsiiiisele [Tsy'sdldJ, sind zu Gattnn^'snamen ein kleines 
artiges MiuUdien gewoiden. Das vursehlaiiende d isl wold nichts 
anderes als der muadarlliclie weibliche Artikel rl' — «lie. 

Von dem mit Maria zusammen^^eslellten Namen Franz sei 
hier gleich noch ein Spottreim erwähnt : 



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— 88 — 



Frans [Friints], 

Kabbidanz [Khiipitänts (ancb : Khämpdtänts. Kbüpat&nts)], 
dräi Neegl (auch: Eesli itrei N6kl (auch: fisl)\ 
dräi Kcogl <auch : Fleegl) [träi Kh6kl (aach: Fi6kl)J, 
Güggügg LKykyk] 1 

leb habe vorhin beiläufig die Namensfornien Hansel und 
Greiel erwähnt. Dass beide deutsche Abkürzungen und Verklei- 
nerungen der fremden Namen Johannes und Margareta sind, 
weiss Jedermann. Wie Joseph, so ist auch Johann infolge 
seiner überaus häufigen Anwendung in früherer Zeit zum Gat- 
tungsnamen geworden. Das nämtiche kann man ja auch in der 
Schriftsprache lieobachten« z. B. in den Zusammensetzungen 
Fabelhans, Marterhans, Prahlhans, Schmallians, Sparhans, Sauf- 
hans. Dem Worte klebt bei diesem Gehrauche stets etwas Nie- 
driges un(i Spötlisches an, wie dem Ausdrucke Kerl. — Eine 
starke, *!i i l)e Frauensperson, die keck und männlich auftrill, 
Leissl in Uufacli nicht nur Subbi [Sepi], s(Mi(]ern aucli Hans 
[Hans], und zwar i>t das Wort männlich (\<^\. Grimms Deut- 
sclies Wörterhucti iV« 458). — Hans [Hans], Hansi [Hänsi], 
Hansl [Hänsl] oder Hänsele [Hän^.ib] ist ein heliel)ter Name 
für Pferde und ^ezälirnte Vögel (z. II. Grabb [Krap] Rabe, 
Aagerscht [Äkar'st] Eisler, Mannen wachder [Mänawayjar] Turm- 
falke, Wäi [Wc'i] Weihe, Ufd [Yl] Dohle, Kanaari" [Khänäri] 
Kanarienvogel). — Für den fiegriff, den man in der Schrift- 
spraclie mit dem Fremdwort renc:! ni'i^ren bezeichnet, sagt der 
Rufacher : der Gschwulle spihle [tr K'swülo 'spila], oder: dr 
Grosshans mache [tr Kroshans mä/9]. Der letzte Ausdruck ist 
ohne Zweifel ein liest aus früherer Zeit; denn im 16. und 
47. Jahrhundert gebrauchte man für einen reichen, angesehe- 
nen Mann die formelhafte Bezeichnung: : ?rrosser Hans oder 
Grosshans, im Gegensatz zum Klciiihans (Deutsches Wiirler- 
bucli IV2 450 und V lllÜ). — Audi die seit dem 15. Jahrhundert 
häntige I3ezeichnung eines Dununkopfs oder Narren mit dem 
Worte Hans liegt noch in der Kufaclier Versicherungsformel : 
Ich will Hans haise, wenn s nit wohr isch [iy wil Hans haisa, 
wvvi s nit wur i.s], einer Redensart, die sich im ganzen El.sass 
und auch in anderen deutschen Gegenden findet, z. D. in Thü- 
ringen, während «Hans heissen» in Bayern gerade das Gegen- 
teil bezeichnet ; vorzüglich sein in seiner Art (Schmeller, Bay- 
lisches WYjrterhuch, Ausgabe von Frommann, I 113i). — 
Dann ist ein Hans auch weniger ein dummer als ein i^utmüti- 
ger Mensch. Wer den andern gegenüber immer dienslltereit 
ist, oder wer allerlei Arbeiten venichtet, die nicht jeder thun 
mag, zu ileni sagt man wohl : Hans, hank dr Monn nsse [Hans 
haQk tr Mön ysdj i Hans, worum Jiäscb U')Starne na nit ahzunde 



[Hans, worum luW fSlnrn^ nä nil alsüntn] ? — Auch in oini- 
£fen Worlverbindnn^^en, in denen das Wort Hans als erster 
Teil nmit einem andern Namen oder mit einem somsligen Aus- 
drucke zusammenjicrückt ist, hat es etwas LächeHiches und 
Ungünstig'es an sich. Das Deutsche ist selir reich an solchen 
Verl)induni?en. Moritz Heyne tnhrt in Grimms D. W. IV2 450 
nicht weniger als 45 an fv^H. auch das unterelässische Hans 
Drabb [Hans Träp]). ])ie Hufacher Mimdarl besitzt die fol- 
genden. Kin Hanskascliber [Hänskhä'spDr] oder Hnnskaschberle 
[Hänskhä'sporloJ ist eine drolli^^e, spasshafle Person. Mit dem- 
selben Sinne wird auch der Ausdruck Hanswursclit [Häns- 
wiirstj j,^ebraucht, z. H. in den folgenden Redensarten: Dü 
bisch e H. [ty pi's H.] ; jelz kunun ich, sait dr H. [Jets 
khi'im iy, sait fr H.] ; s f;elit lang-, Ijis s bässer kummt, sait dr 
H. [s ket lÜQ. pis s pesor khümt, sait Ir H.]. Verwandt damit 
ist die Zusammen rückung Hansmichl [Hinsmiyl]. So nennt man 
in Rufach einen Spassma<:ber, der die Gesellschaft durch seine 
lustigen, närrischen Einfalle aufheitert. Vielleicht kommt der 
Name von dem Titel des hier gelesenen, schwänkereichen Ka- 
lenders : Der lustige Hans Michel. So steht der Name Hans 
auch in folgenden Schens-Fi ayen und -Antworten : 

Wie haisch [wia hai's]? — Hans Gaischt [Hiins Kai'st] 1 

"Wie- noch [wie noyj? — Hans Bloch [Hans PloyJ ! 

Wie meh [wie me] ? — £ Säggele yoU Fleh [a Sekald fol FU]! 

Etwas ganz anderes ist ein Schind bans [*Sinlhäns], nämlich 
einer, der schwer arbeitet oder schindet. Das Wort klingt 
wohl ein wenig an den Namen des berüchtigten Räuberhaupt- 
manns Schinderhannes an. Wie im ganzen Lande, so erzählt 
man sich auch in Rufach von ihm und seinen Streichen. Einem 
weinenden Kinde wird gedroht: Bisch still, odder dr Schinder- 
hannes kummt unn holt di [Pi*s 'slil, otor tr ^Sinfarhänas khümt 
iin hölt ti] ! Und einen, der Menschen und Tiere quält, nennt 
man einfach Schinderhannes ['Sintarhänas]. — Sogar für etwas 
Lebloses verwendet der Rufacher das Wort Hans. Er nennt 
das Geläute, womit jeden Samstag Abend die Woche gleichsam 
zu Grabe geläutet wird, Wuchehans [Wü/ehäns] (an anderen 
Orten, z. B. in Ballersdorf hei Altkircb, heisst es Wuchemichel). 
Der Ausdruck ist vermutlich aus Scherz entstanden. Man kann 
jetzt noch die folgende Frage und Antwort hören. Wenn einer 
nicht gerade daran denkt, dass es Samstag Abend ist, und beim 
Lauten verwundert fragt : Was liddets jätze [Wäs litets jfctse] ? 
oder : Wer isch gstorwa [w6ri*s k'slorwa]? so erhält er in spöt- 
tiscbem Tone die Antwort: A, s isch dr Wuchehans [ae, s *is 
tr Wü}^9häns] l Auf diese Weise, zum Hohn für den Frager, 



— 00 — 



mag der Name Wuchehans aufgekommen sein. Das Wort Hans 
hat man als AllerweHsnamen für etwas verwendet, wofür man 
nicht eine andere Bezeichnung hatte. So geht es dem Namen 
Hans gerade wie dem der Katze, der auch so häußg missbraucht 
wird. Aehnlich ist es noch in zwei anderen Ausdrücken. Wer 
gern disputiert, immer Recht haben und Meister sein will, wird 
Dischbedihrhans [Ti*spdlirbäns]oder Maischderhans [Mai'.st9rhäns] 
genannt. — Die Geringschätzung, die in dem Namen Hans 
liegt, ist wohl Schuld daran, dass das jüngere Geschlecht diese 
Namensform nicht mehr gebraucht. Es liebt mehr das frz. Jean 
oder dessen Ersatz Schang ['Sinn], Schangi ['SaQi]. Doch auch auf 
diese Form hat sich etwas vom Hans übertragen, freilich nur 
in der Zusammensetzung Salatschangt [SaUt^sa^i]. So nennt 
man einen Menschen, der gern und viel Salat ist. — Zum 
Schlüsse sei noch ein Reim erwähnt, den man im ganzen Lande 
singt und sagt, der vom Hans im Schnoogeloch. Von einem 
stets unzufriedenen Menschen gehen auch hier die folgenden 
Worte im Schwang : 

Dr Hans un Schnoogeloch [tr Hüiis im '?:?iiükelQ/] 

hat alles, was er will [het kUs, was er wil]. 

Unn was er will, das bät er nit [ün was ar wil, tes hftt ar nlt]; 

unn was er bat, das will er nii [ün wäs er hhi, Ob wU er nit]. 

Dr Hans im Schnoogeloch [tr Häns im 'Snökelo/] 

hät alles, was er will [hht kies, wäs er wil]. 

Mil 'It'iii XanuMi Ji".[iLi^t ist Jrtliaiiii /u (lein liäuli^fMi Dop- 
polnaMK'ii Joliunii liapiif^t vcrluindeii, imnidarllich Srliaiiii)t.'*li.ss 
['Sämpofisj. Ilim wii'il Vdji ilec (Vöh!i< |i,>ri Kiiifl^.M-scIiar auf der 
Gasse der rollende Vei s in.s islamiribuch yesjchrieljen (natürlich 
nicht buchstablicli) : 

Schanibediss ['S^mpatis]« 

griidcwis [kvit."!\vis]. 
kohlosch\vai-ts [kh<'ib'swartsj, 
Bücke(uinas [Pekanäs] ! 

Auch zum Gattungsnamen ist dieser Ooppcdnaine geworden. 
Wenn einer vom andern etwas verlangt, was dieser nicht thun 
will, weil es üiierflussig ist, so sagt er; 

Kaseh der iibilde, Sambediss [kha^s tr ipilta, 'Schampetis], 
d'Gane geh barfües [t^Kans kh6 p&rf^ee]! 

Diese lieden.sart eiinnert niicdi an eine andere, fast lileiche, 
mit dem Namen lynaz. Wenn nändicli einer eine Fordeiunjr 
stellt, deren Xichterfnllun^^ sich V()n selo^t viTstcht, s.i sa;:^t 
man wohl zu ihm : .htij, ka.-icli dr iihilde, Nazi [Ju, kliä's ti- 
ipillo, Natsi] I Manchmal wird noch hinzu^elitj^t : s gidd e Wai- 



— 91 — 



zer [s kit 9 Wältsar] t Das bedeutet so viel als die Redens- 
arlen : Kummsch morn dure [khüm's morn f üra] I o<1er : Mer 
drait dr s noch haim [mar trait tr s no)r haim] I oder : Habb 
da MfiQs am Waadl [h^p (a My$ am Witl|! oder: Job, Pfifle- 
dagg] [J6, Pfifölökl] 1 oder : Job, Hafekaas [J6, Häfekbis] 1 Der 
Name Ignaz $^iit überhaupt als Sinnbild der Dummheit und 
Einfalt. Wer mit diesen Gaben gese^et ist, den nennt man 
kurzweg Nazi [Nätsi], oder man sagt von ihm geradezu: däs 
isch e dummer Nazi [*ts i's o tümar Ndtsi]. Er braucht «les- 
halb ^nr nicht Ignaz zu lieissen. 

Wir linbeii vorhin ^ohort, <lass die Elufacher den Hanswurst 
auch finnsixaschber [iUnskhaspdr] nennen. Der Name Kaspar 
hier auch zum rmli nnpfsnninen ;4ewoi-i]on und hat, wie Hans, 
den Sinn eines histigen, tlrolhgen Men-( heii angenommen* 
Diese ßedeulunj^^ Hegt besomlers in der V'erkleinerungsform. 
Ein Ivaschherle [Khas'parlo] ist ein Geck und S[>.issmachcr, wohl 
mit Rücksicht auf das Kaschberlef heater [Kha'spoilollie.Kar] 
Puppentlieater. Kin dummes, unwahres Gerede heisst Kaschber- 
larilaari [Khäs i>oi lärilai i] ; Dfi dummer SimbI, das isch Kasch- 
berlarifaaridings [ly tüunr Simpl, tfes is Kha<'[>"" ''^^''''<>''''n)^j • 
— Auch der Teufel wird in euphemislisclier Rede Kaschljerle 
genannt ; ein -oftlover Wunsch lautet : Wenn e nurr dr Kasi h- 
berle daat hole [w^n d nur tr Kha'sparlo tat höla]! Den gleichen 
Nanf»en irfiLt ein Gespenst oder Kobold ; einem unarti- 
gen Rinde droht man : Wenn d' nit brav bisch, se holt di 
s Kaschberle [Wen l' nit präf pi's, so holt Ii s Kha'spdridjl 
Dauiit verwandt ist die Benennung des Todes ; zu einem Kran- 
ken sagt iler besuchende Freund wohl: Wehr di, ass di s 
Kaschberle nit holt [Wer Ii, as Ii s Kha'sporlo uit holt]! — 
Diese Bideutungen hat (nach dem D. W. V '251)) der Name Kas- 
par daher eiha'ten, dass in den früheren Dreikönigsspielen 
von den heiligen drei Königen Kaspar, Melchior und Balthasar 
der eine, eben Kaspar, als lustige Person und als ^^'lhr mit 
geschwärztem Gesicht aufgetreten ist. In dem Alv^lauze diesci' 
Spiele, deui Umherziehen dreier Knaben als Sterusinger, gab 
und giebt sich der eine siofs als Kaspar aus dem Mohrenlande 
aus (vgl. Jahrb. Vil ^205, .\ 

Doch ich rnuss nun wieder zur Margarete zurückkehren, 
die ich bei dem Namen Johann erwähnt habe. Beide gehören 
unicr der Fann Hansel und (Wietel im Volksl)ewusstsein zu- 
sammen, wie uns schon das bekanjite Man heu lehrt. Wenn 
sie in lUifach auch durch den Sepi und die L<''ni vcilreteii ww- 
den, so kommen sie doch auch hier in einem Schnuderhüpfel 
vor. Es lautet : 



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— 92 — 



Dr Hansl imn s Greedl [ir EknsX ün 8 Kr6tl] 
sinn baidi brave Lait [siu paiti prafd Lait] (sonst: Lit); 
dr Hansl isch narrichi [tr Hansl i's nariyt], 
nnn s Greedl isch nit gschaii [üa s Kr6tl i^s nlt k'saif] (sonst: 

k'seit). 

Auch sonst lia!>en beule Namen manches Gemeinsame. Sie 
werden gleich seilen ^-^ebraucht, und nnch Mnrjrnrele wird zur 
Bezeichnunj,Mler Dummheit verwendet. Eine einfältige Frau heisst 
dummi Gred [tümi Kret] ; seihst einem Tiere sagt man so, z, 
B. einer Katze, wenn sio niclit rrleich das hingeworfene Stück- 
chen Fleisch lindet. Und die folgenden Reime zeugen auch nicht 
von besonderer Ehrung des Namens: 

Greedle [Kr6tla]. 

zaig di Baschdeedle [tsaik ti Pii'st6Ua] ! 

Greedl, Baschdeedl ^Kvetl, Pä'stetl], 

was machen die Gans*? 

Sie sitzen im Wasser 

und Wäschen die Schwfinz*! 

und : 

Hitt isch Kllb unn mom isch Kilb [hUi*8 Kbllp, ün morn i's 

Khilp], 

bis am Zischdig z Oowe [pis am Tsi'stik ts Owa]. 
Wenn dr Pfäddr Michl kummt [wen tr Pfetr Mi/.l khüml], 
se sait er güete-n-Oowo [sa sait ar ky9tA-n-()w9\ 
güete-n-Oo\ve, aldi Creed [kyata-n-Owa. alti Kiet^, 
zaig mr. \vü di Bäddlaad schteet [tsnik mr, \vu ti Petliit 'stetj! — 
Hindern! Oofe an dr Wand [hintann Ufa än tr Wänt], 
wü di alt Greed dTIeh fangt [wu ti Itlt Kr6t tT16 fäi^t] 
(Variante : Eiechle bache isch ke Schand [Khtd*/,l9 pä^o i's kh& 

•Sint)] 

Der Name M;uv;iiete wird nncti in einem nndern Sprudie nii-s- 
braucbt, den niaji einer alk'ien iedi|j:en Frnuens[>erson .singt : 

Greedl nurr Geduld. Geduld. [Kretl, nur Koiült, KetüU], 
bis emohl aine kummt [pis amöl aina khumt]! 
Bis emohl ainc kummt [pis amöl aina khümt], 
Greedl, nurr Geduld [Kretl. nur Kalült]! 

Doch in ein<'r Peziehunjr wird der Name Margarete, seiner Be- 
deutung (die Perle) entsprechend, ^-^eebrl: eine in Gärten ge- 
zojrene Spielart des gewöhnlichen Gansebhimchens oder Mass- 
liebcben5(in Piufacb Massbliemle [MäsplifJinla]) heis^t Margeriddle 
[Markaritb], nach dem fi'z. marguerite = Massliebchen. 

Auch der Michael, der als Pfetter Midie! schon bei der 
Mei und bei der Gred auftrat, ist nicht jrross angesehen. Man 
kennt hier zwar keinen deutschen Michel, wohl aber einen 
französischen. Den frz. Liniensoldaten wird nämUch, wie auch 



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antlerswo im EUas^, der Spollnaiiu? Micliele [MiyoL»] gejj^eben, 
aber niclit wej^eri ihrer rnbeholteiiheil und Giilnirilii,dieit, son- 
dern wegen ihres kleinen Wuchses. Sü nennen die Rufaclier 
Knaben auch <lie frz. Fusssoldaten auf den BilderljOi^en, um 
die sie aut der Gasse BalHederhs mache [Päiiolarhs nuiya], d, 
Ii. mit kleinen Kugeln (Päliotar) spielen. — Ein Knabe, der 
ikn Namen Michael träj^t, wird von seinen Altersgenossen mit 
liem folgenden hübschen Keime geneckt : 

Miehele, Machele [MiyaU. MaXdla], 
brunz ins Kachele [piünts in s KhaX9la]l 
S Kachala rinnt [s Kha/ala rintj, 
8 Miehele stinkt [s s'tiQktjl 

Und dem erwachseneo Michel singt man im Wirtsbause oder 
an anderen Versammlungsorten gerne ein höchst poesieloses 
Spottlied : 

Dr Michl, dr Michl (auch frz. Michels [tr Mi/^l, tr Mixl], 

der isch e biave Mann [ter i s e präfa Man] ; 

er macht jo gaarn rutsch, ratsch, ratsch [ar ma'/t jo kärn 

rnt's, rüt's, rüt's], 
anu doobai geht er futsch [üa töpai ket ar fü a] I 

Der Name Michael gilt auch zur Bezeichnung der Beschrankt- 
heit. Den Ausdruck «dummer Micheb kann man häufig hören. 

Wie Joseph, Johann, Ignaz, Margarete und Michael, so 
werden noch andere Vornamen im niedrigen Sinne als Gat- 
tungsnamen verwendet. Es sind meist solche, die hier selten 
oder gar nicht gelragen werden. Zur Bezeichnung der Dumm- 
heit gebraucht man hier, wie anderswo, den Namen Christoph 
in der Verkürzung Stoffel ['Slofl] : das isch e St. [\hs Ts 9 'Stofl], 
e dumme St. [a lüma 'Stofl], e 'stiffe St. [a ^stifd' Slofl] (wenn 
er noch ungeschickt ist). 

Noch ärger ist aber der Name Urban gesunken, Irotz seiner 
schönen Bedeutung (der Städtische, Gesittete, Höfliche) ; denn 
ein Urwe [Ürwa] ist hier ein häufiges, sehr starkes Scheltwort 
mit der Beideutung: dumm, tölpelhaflig. Dass dieser Name so 
sinken konnte, hängt wahrscheinlich mit einer allen Sitte zu- 
sammen. Der heilige Urban war auch im Elsass der Schutz- 
patron des Weinstocks, und das Wetter an seinem (SS5. 
Mai) betrachtete man als massgebend für die Gute des Weins. 
Regnete es, so niissriet die Weinernte; war es aber schön, so 
gab es einen guten Tropfen. August Stöber fuhrt in Frommanns 
deutschen Mundarten (VI 8) einen darauf bezöglichen elsässi- 
schen Spruch an, dem ich hier die Bezeichnung in der Laut- 
schrift beifuge : 



- 94 — 



Het Sankt Uiwe Suiuieschiin [het Süi.ikt Uiwa Büna'siir. 

gitt s im Heibbcbt e güete W'iin [ki: s im Herp'st a k\eia Win]. 

Ebenda berichlel August SlOber über eine früher in Süd- 
(leulschland verbreitete Sitte : « Dass Sl. Urban 80^ar der Haupt- 
VVeinheld war., bezeugt Fleiiuniug in seinem vollständi|^'eti deut- 
scben Jäger III 1^30 : «. Man findet im ganzen Jahre keinen 
Tag, an dem die Allen des AVeins balJjer so viel ersehen, als 
eben an diesem, da sie SU Urban fiii den recbteii Weinbeiligen 
gehalten, deswegen auch sein liildiiiss an etlichen Orten he- 
rumgetragen wird, liei heiterm "Wetter sind sie mit grossem 
Frohlocken ins Wirt <li aus gezogen und haben sich allda mit 
dem Trünke sehr erireut, weil sie es für ein gutes Vorzeichen 
gehalten, dass es ein reiches Weinjahr geben weide. Ist aber 
Regenwetter eingefallen, so Iial»en sie ihren Weinheiligen in 
den Brunnen geworfen, zum Zeichen, dass die Weinernte rniss- 
ralen und man dafür Wasser trinken müsse. » — In Nürn- 
berg wurde der St. Url)anstag, noch im 17. Jalnhunderl, rnit 
grosser Feierlichkeit begangen, wobei die Weinausi ufer einen 
besoiulern Umzug bildeten, den Vulpius, Curiositäten IV 
also ])CSLhieiljt : « ^'onin gieng ein Stadtdiener, ihm folgten 
Musikanten mit Sackpfeilen und Schalmeien, hierauf eiii lot 
gekleideter Mann mil rundem Hute, einen jungen Fichtenbaum 
tragend, der niil Spie^elchen und alleilei (ilaski.igelchen behan- 
gen war. Dann kam St. Urban !^ell)st. auf seinem Uosse hin 
und her wankend, eitiem Trunkenen gleich, zuweilen ausru- 
fend : Juchhei ! Juchhei ! liim zui" Seite gien^ ein Mann, der 
ihn zuweilen zu stützen schien und einen silbernen IVcher trug, 
aus welchem St. Urhari zuweilen einen Zug thal. Dem Tiink- 
patron zur andern SeiU' i^it-ng eine Frau, einen Korb aul dem 
Rücken, gefüllt mit Spiegelchen und (Ilaswaren, die der Hei- 
lige teils verkaufte, teils verschenkte. Hinter ihm giengen 
zwei rot gekleidete Männer mil roten Hüten, an einem Rohre 
über die Achsel zwei grosse Flasclien tragend, in welche sie 
den geschenkten Wein füllten. Dem Zuge nach strömte die 
Volksmenge und schrie: Uiban, Urban, du n)ussl in den Trug! 
Regnete es an dem Tage des Umzugs, so wurde der Reprä.sen- 
tanl des Heiligen in einen der Lorenzkirche gegenüber befind- 
lichen Wasserlrog geworfen» (Frommanns deulsdie Mundar- 
ten VI, 8 u. 9). — Diese Sitte bestand wahrscheinlich auch ini- 
Elsass und der Pfingschtptliddei i [PliQstpflilej i] im benachbare 
ten Dorfe Pfafleuheim (\>;l. Jahi huch VI 1(57) ist wohl der letzt 
Rest davon. Die schlechte Deliandlung, die sich der beilige Ur- 
ban bei ungünstigem Wetter gefallen lassen niusste, trägt ver- 
mutlich die Schuld, dass sich mit seinem Namen allmählich der 
Begrifl' der Dumn.heil und Tölpelhaltigkeil verband. 



— 95 — 



Xiclil .sü sclileclit .'^lelil iiiil (It'in Namen Jakob. Kr 
dient melir zur Jiezeiclmung einer ^iitniütij'en, unbeliultenen 
Manu.sper.son : .lojigl [JuklJ, .!o;z;:elo ^JokolaJ, Jo^yi [Joki\ Die 
Zusanunensetzunjj^ Driickju^^l [TrakjokP kennzeichnet einen un- 
.siul)eren Mann otler Knaben. Einen jiezälinjten grösseren \'ojjiel 
nennt man Scliaa*ji fSaki] oder Schaaj^ele ['S.tkola] fvom frz. 
Jacques). Auf <ien Xanien Jakob yiebt es auch ein Lied, das 
besonders in dei- Weinlese häulii.'' im Chor j^esunjren wird (vgl. 
dazu das untei tdsä^siiiclie Märclieii vom Sclinürciiele und Schnär- 
chele, Jahrbuch 1 85): 

1. Ihr Ifaischder schickt dr Joggele Üsse [tr Mai'ator *slkt tr Jo- 

k9l9 ysa] 

firx ge Bihrle schiddle [fir ke Pirla 'sitla]. 

Joggele will uit Bihrle schiddle [Jokdla wil nlt Pirla *sHU], 

Bihrle wann nit falle [Pirla wan nit fiile]. 

Jüi'ihe. Joggele, lice [Jyiie, Joksla, he]! 

Joggele will nii baime geh [Jokala \vU uit haimo kej. 

2. Dr Maiftchder schickt däs Hindele üsse [tr Mai'star 'sikt tes' 

Hmtdla ysaj 

firr ge .Toggele bisse [fir ke Jokala pisa]. 

Hindele will nit Joggele bisse [Hiutala wil nit Jokala pisa], 

Joggele will nit Bihrle schiddle [Jokala wil nit Pirla *6ltla]. 

Bihrle wftn nit falle [Flrla wan nit fiila]. 

Jüflh6, Joggele, hee [Jy h6, Jokala, hij 

Jodele will nit haime geh [Jokala wil nit haima k6]. 

3. Dr Haischder schickt däs Hangele üsse [tr Mai'star *^kt tds 

PaQdla yse] 

firr ge Hindele schlaage [fir ke Hintala 'släka]. 
Bangele will nit Hindele schlaage [Paijala wil nit Hintala 'släkej, 
Hindele will nit Joggele bisse [Hlntolo wil nit Jokala pisa], 
u 8. w. wie der Schluss von Strophe 2. 

4. Dr Maischder schickt däs Fürle üase [tr Mai'star sikt tes 

Firle ysa], 

firr ge Bangele brenne [fir ke Pail^h^ prena]. 
Fiirle will nit Bangele brenne [Firle wil nit Paijala prena], 
bangele will nit Hindele schlaage [Paijele w il uit Hintala 'släka], 

u. s. w. wie m Str. 3. 

ö. Dr. Maischder schickt das Wasserle üsse [tr Mai star 'sikt tes 

Wasarla ysaj, 

firr ge Fiirle lasche [fir ke Firla le'sa], 
Wasserle will nit Firrle lasche [Wasarla wil nit Firla le'sa], 
Fiirle will nit Bangele brenne [Firle wil nit PaQala prena]; 

n. s. w. wie in Str. 4. 

6. Dr Maischder schickt däs Kalwele üsse [tr Mai'star 'sikt tto 

Khalwale yse], 

firr ge Wasserle siiffe [fir ke Wasarla Byfa]. 



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— Uli — 

Kalwele will nit Wasserle süffe [Khalwalo iidl nlt WasorU syfa]; 
Wasserle will nit Fürle l&scbe [Waserl» wll nit FirU Ww»]; 

u. 8. w. wie in Str. 5. 

7. Dr. Maischder schickt dr Hätxger nsse [tr Mai^stor 'alkt tr 

firr ge Kaiweb raätzge [fir ke Khalwala metska]. 

Mätzger will jo Kalwele raiUzge [Metgkar wil jo Khalwala metska] 

Kalwele will jo Wasserle süffe [Khalwjla wil jo Waserle syfa]; 

Wasserle will jo Fiirle lasche [Wasaila \vU jo Firla Ic'sal; 

Fiirle will jo Bangele brenne [Firla wil jo PaUala prenaj; 

Bangele will jo Hindele schlagen [PaQald wil jo Hintala 'slakaj; 

Hindele will jo Joggele bisse [Hintela wil jo Jokele pisa]; 

Joggele will jo Bihrle schiddle [Jokele wll jo Ptrlo *Mtl»]; 

Bihrle wann jo falle [Plrla wann jo ßile]. 

Jüühß, Joggele, hee [Jy'he, Jokala, h6]I 

Joggele will jo haime geh [Jokale wil jo haima k6]! 
Vom Namen Jakob wäre noch zu sa^^en, dass eino früh- 
reife Trauhensorte Joggobstriiwl [JokopsdiwI] heisijt, weil sie 
in warmen Somtnorn um Jakobi (25. Jtuli) reift, und dass er, 
mit dem Namen Phüipp zusammengestellt, in dem folgenden 
Beim vorkommt: 

Philipp nnn Jakoowi [Filip ün Jakhöwi] 
sin oi zwee groowi [sin oi tswe kröwi]. 

Ob sich (1( r Spruch auf die beiden Heiligen »iieses Namens 
und auf das Wetter an ihren Tagen Ijezieht, weiss ich nicht. 

Auch Frauennamen dienen zur Bezeichnung der Einfältig^- 
tigkeit. So betitelt man mit dem hier gar nicht gebräuchlichen 
Namen Leonore eine dumme Frau: Dü dummi Leenor [ty 
tümi Lenor] ! 

"Wenn sie dabei noch steif und unjjeschickt ist, nennt man 
sie latzi Hnen [latsi Hy^n], latzi Glefons [latsi Klefus] (wahr- 
scheinlich eine Zusammensetzung aus dem ersten Teile von 
frz. Clemence und dem zweiten Teile von Alphonse) oder latzi 
Doredee [latsi Torate]. Das lelzte Wort ist die mundartliche 
Form des Namens Dorotliea, der aber in Kufach gar nicht 
vorkommt. Dass er hier nicht in Ehren sieht » das geht nus 
den folgenden Reimen hervor: 
Dorodee [Toratej 

hat Liis unn Fleh [het Lis ün F16] 
hat Aier im Sack [het Aiar im Sakl. 

macht gaggedigagg [ma>/,t käkatikakj (d. h. schlägt sie aneinan- 
der), 

und: 

Dorede mit de lange Fiese [Toret6 mit t» Uno Flesa (sonst : 

Ft«s)) 

iscb drüi Johr im Himml gsih [i's tr^i Jör im Himl kst], 
hftt Widder awe miese [hkt witar &W9 mtese (sonst: mlen>]l 



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— 97 — 



Aehnlich wie Dorothea wird auch 'Iherese als Galtun^^s- 
name ^(ebraucht. Du hjsrh e latzi Therees [ty pi^s a latsi Theres] ! 
sagt <\\e Mutler zu ihrer unaufme rksaineu und un<,'eschickten 
Tochter. Die Bezeich miii^'^ soll von einer in den 7üer Jahren 

verstorbenen Frau herrühren, die Therese hie.ss, sehr bequem 
und ungeschickt war imd, wo sie giag und stand, die linke 
Hand auf dem Rücken tru«^. 

Eine schmutzige Frauensperson wird mit dem Namen Ur- 
sitla belegt: Urschi [Uisi], Uischl [ürsl], Drackurschi 
[Trakürsi], Drackurschi [TrakiirslJ, Knddlurschi [Kliütb'ir'^^sij. 
Der Vater sagt z. B. zu seiner unreinlichen Tochter : Dü kummscli 
dohaar wie ne Kuddlurschi [ty khüms toliar wie na Khüllursi] ! 
Eine Kuddl [Khütl] ist sonst ein Darm oder eine Blutwurst. 
Der Ausdruck erklärt sich wohl dnher, dass die Gestalt einer 
groben, unbehoU'enea Person an eine NVursl erinnert; vgl. den 
Ausdruck Hanswurst (D. W. IV 2 iOl). ^ liebrigens iiat der 
Name Uisula in Rufach nui' eine Vertreterin, welche zudem 
aus der Nachbarschat t eingeheiratet ist. 

Das Seitenstück dazuist der Name Sebastian. Drack- 
baschi [Trakpä.si] oder Soiljaschi [Soipäsi] ist ein häufiger Aus- 
druck für einen schmutzigen Mann, Jüngling oder Knaben. 
Einer, der viel Waai [Wäij (Flammenkuchen) isst, wird Waaiba- 
schi [Waipäsi] genannt. 

Ein unsauberer Junge, der im Kote spielt, heisst Soidoni 
[Soitoni], Dass der Name Anton mit dem Namen des grun- 
zenden, im Kote sich wälzenden Tieres zusammengesetzt wird, 
soll nach der Ueberlief'erung der I'evölkerung darin seinen 
Grund hal)en, dass der heilige Antonius aus grosser Bescheiden- 
heit Sauhirt war. Der Name dieses Heiligen wird beim Suchen 
eines verlorenen Gegenstandes angerufen : 

Hailiger Andonio [hailikar Antonio], 
hilf mer süecbe, was i verlöre hah [hilf mer syd/d, 

frL'tra liä] ! 

Statt Soidoni [Soitoni] wird mitunter auch Soiniggl [Soinikl] 
gesagt. Der zweite Teil dieses Worts ist eine Abkürzung von 
Dominika Andere Zusammensetzungen mit diesem Namen . 
bezeichnen verschiedene Dinge: Dummeniggl [Tümdnlkl] 
ist ein dummer, Drackniggl ]Traknikl] ein unsauberer, Stumbe- 
['Stümponikl] oder Duümeniggl [TymdniklJ ein 



1 Wilhelm Borohardt: Die BprichwöitUchen Redensarten im 

dentschen Volksmunde (Neubearbeitang von GnstavWastmann, 5. Aofl t 
S. 209) erklärt den Ausdruck andeis: «Hanswarst bezeichnet eigentlich 
einen Menschen, der sich von andern als Hans gebrauchen lässt, nm 
bei ihnen za schmarotzen (eine Wurst zu verzehren;.» 

7 



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- Ö8 — 



kleiner Mensch. H it ein Knabe sein Kopfhaar abschneiden lassen, 
so necken ihn die andern : 

Si'honroni^Tgele ['Soranikola], 

Drack am Biggele [Irak am Pikalaj 1 

Der NaniG Dominik wird auch in einer Redensari verwendet. 
Wenn nämlich einer langrsana arbeilet un<l seine Geschäfte ver- 
nachlässig!, so urleilt man von ihm : Ar isch allewill hinde- 
drah wi <h' Dine Niggi [ar is älewil hintdträ wi tr Tiro Niki]. 
Diese Redensart kommt von einem früheren Schmied Dominik 
Dürr her, dessen Langsamkeit und Gleichgiltigkeit sprichwörtlich 
geworden ist. 

Ein schlapper, fauler Mensch heisst Lunzi [Lünisi], wenn 
er noch unsauber ist, Dracklunzi [Trakliint>i]. Wir haben hier 
wohl eine fruliere Koseform des Namens Leontius, mit An- 
lehnung an das mundartliche Zeitwort luenlsrhe [lyont'so] = 
faul umherlie^'on (D. W. VI 1309 ; Schweizerisches Idiotikon 
III 1347). Ein SpoLtreim auf einen solclien Menschen lautet: 

Dr Lunzi kunimt, dr Lnnsi kommt [tr Lftntsi khfunt, tr 

LÜDtsi khümt], 
mit eme Sack voll Lnmbe [mit ema Säk fol Lümpa] ; 
i bah — n — e heere blambe (d. h. stark auftreten) [i hä • 

— n — ehöra plümpaj: 
blum, blum, blnm [plüm, plüm., plüm]! 

Ein anderes Scheltwort liefert der Name Agnes. Von 
einer unzufriedenen, klagenden Frau heisst es : Das isch e 
rachdi Angenees [tes i» e rayli A^ones] ! oder das ische 
dummi Nees [tes i's a tumi Nes]I Eine N6s (mit Nnsen- 
laut gesprochen) ist eine durch die Nase sprechende, Nissi 
[Nisi] eine zänkische Frau. Wenn das Mädchen hei Tische 
wählerisch ist und dieses oder jenes Gericht niclil will, so 
sagt der Vater oder die Mutter zu ihm: Du hisch e Nee$i 
[ty pi s 9 N^siJ ! — Der Reim 

Neesle [NteleJ 

mit em Gleesle [mit em KUsla]! 

soll von einer früheren Frau Agnes herrühren, die dem Trunk 
ergeben war und von den Kindern damit oft verspottet wurde. 

Der Name Maihilde wird in der Form Matz [Mats] als 
Bezeichnung für ein leichtfertiges Frauenzimmer gebraucht. Von 
dem schriftdeutschen Metze gilt ja dasselbe (D. W. VI 2151). 

Als Sinnbild der Unordnung kommt der Name Elisabeth 
(Elise) vor. Ein Mädchen oder eine Frau, deren Haare nicht in 
Ordnung sind, heisst Kützeliisi [Khytsalisi]. Man sagt auch wohl: 
S isch e Kötz [s Vs 9 Khyts], si isch vrkützt [si i's frkhytst] ; 
und die Mutter schilt die zerzauste Tochter : Dü bisch kfitzig 



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— 99 — 



hile, me maint, dü liattsch iH nit gätrahlt [ly pi^s khytsik bita, 
mo maint, ty hat's Ii nit k'stralt] I Eine frz. Form des Namens 
Elisabeth, Lisette [Liset], wird, ebenso wie Charlotte ['Sär- 
lot 'Särloti] und Georgette f Soi *set,' 'Sor*sfeU], als Pferdena- 
men viel verwendet. Dalür kommt Elisabeth in einem allerliol)- 
sten Spruchlein zu Ehren. Wenn der Bursch sein Mädchen zum 
Tanz auffordert, sagt er wohl im Spass : 

Hopsa, Lissele, lipf dr Fües [hopsa, Llsala, lipf tr Fyos], 
wenn i mit dr danze mües [wenn i mit tr täntsa myasjl 
Danze, danze kah-n i nit [täntsa, täntsa khä-n-i nit], 
wenn d dr Fües nit lipfe witt [wenn tr Fj9s nit lipfa wit]! 

Auch die Kinder auf der Gasse singen diesen Reim als Rei- 
gen lied. 

Ganz unbeliebt ist der Name Barbara, Er dient zur Be- 
zeichnung verschiedener Eigenschaften. Eine unsaubere Frauens- 
person nennt man Drackbaawi [Trakpawi]; eine dicke, unbe- 
holfene hetsst Blumblunibaawi [Plümplümpawi] ; eine Schwätze- 
rin wird Libblbaawi [Liplp^wi] gescholten. Von einem ge- 
schwätzigen Mädchen sagt man in weniger derber Weise: 

S isch s Baawele [s \*b b Piwols] 
mit em Schnaawele [mit am *Sn&wole]. 

Ein anderer Neckreim auf diesen Namen lautet : 

Baawele, Baawele, bick, bick, bick [P&wela, P&wole, idk, pik, 

pik], 

mach mer d'Sobb nit so dick [may mar t' Siip nit so tik], 

mach mer si nit so raas 'inu"/ mar si nit so rds], 

üdder i scblaag dr ais ins Gfraas [otar i 'släk tr ais ins Kfräs] ! 

Die UnbeliebÜieit des Namens Barbara «reht noch aus einem an- 
dern Kinderspruche hervor. Er enthält eine Bitte an den heili- 
{jen Nikiaus, den Sandiklaüs [Sänti-Kläys]. Am Vorabend des 
Niklauslages (6. DeremberJ j^ebt dieser in (leslalt eines ver- 
mummten Bur^^cben (oder Mädchens), begleitet vom Knechte 
Rüübälz [Rypelts], im Orte umher, besucht die Kinder, bestiaft 
die l)öscn und belohnt die guten mit allerlei Ess- und Spiel- 
waaren.^ Da darf bei den Mädchen natürlich die Puppe nicht 

1 Der erste Teil Ton RYpults(i) gehört wohl zu Rnpreckt (ahd* 
Hmodpraht = der Bnhmglftnsende), einem Ehrannamen Wodans; 
nnd der zweite Teil von Ry'pMt8(i) erinnert an das Pelzkleid dieses 
Gottes. Sänti-Klä,ys und Py'pelt8(i) Tortreten in Rufach die unterel- 
BBseischen Christkinde! und Hanstrapp. Sie sind, wie diese beiden, 
wahrscheinlich auf die nächtlichen Umzüge zurückzuführen, welche 
nach altgermanischer Anschauung Wodan und Berchta um die Win- 
tersonnenwende in deutschen Landen hielten. Der Esel, der in Ru- 
fach den Sänti-Klays und den Rypeits(i) früher begleitete, ist ein Ver- 
treter Ton Wodans Schimmel. 



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— 100 — 



fehlen. Aljer sie wollen keine mit dem Namen Barbara und 
bitten deshalb den Heiligen : 

Sandi-Klaüs, i bitt di [S^nti-Klkys, i pit Ii], 

bring mer doch e Bibbi [pnQ mar to'/ 9 Pipi] 

(Variante : schank mer e schecn Bibbi ['saljk mar o 'sen Pipi]), 

awwer känns, wu Baawi haisst [awar kh^as. wü P4wi baistji 

anseht will i kais [sü'st wU i khaisj ! 

Wenn die Kinder nicht mehr recht glauben wollen, dass die 
vermumnile Geslall der Sänti-Kläys ist, so sagen die Erwach- 
senen zu ihnen : 

Sandi-Klafts hinderm Lade [Sknii-Klays hlntarm Läta], 

das, wa-n-e k&nnt, daa h&t dr Schade [ti, wü-n-e khönt, id hht 

tr 'Säta] ! 

Diese Worte haben wohl foI<jenden Sinn : Wer liie vermummte 
Gestalt erkennt und also weiss, dass sie nicht der Sänli-Kläys 
ist, der erhall auch nichts mehr von ihm. — Dem umherzie- 
henden iSänti-Klays singen die Bulben auf der Gasse nach : 

Niggo-, Nigogolaüs psnko- , Nikoläys], 

Niggo-, Niglaüs [Niko-, Nikoliiys], 

d&a bisch dr schön« Niggolaäa [ty pi't ir 'söna Nikoläysjl 

Das Liedchen wird bisweilen auch zu andern Zeiten ge- 
sungen, und zwar als Spott auf den Namen eines weltlichen 
Nikiaus, Nach seinen Worten und seiner Weise ist ein an- 
derer Reim gebildet; nur hat er einen gemeinen Zusatz: 

Kütze-, Kützeklaüa [Khytss-, Khytsaklays], 

scliiss in d'Hand ann bschaüs [s'is in d^Hänt ün p'says]! 

Dflfi bisch dr schOne Kützekl&ys [ty pl*8 tr 'aöna Khytsokläys] ! 

Damit verspolten die Gassenj untren manchmal einen unter dem 
Namen Khytsaklays sladlhekannten Mann. Der erste Teil dieses 
Namens ist nicht etwa sein Familien-, sondern ein ererbter 
Spitzname. 

Der Sänti-Kläys kommt noch in einem andern Reim vor, 
in dem auch der Name Andreas steht: 

Andreas [Antr^sJ. 

macht dr Saudi KUkys bees [miixt tr Stoti-Kläys pto]. 

Dieser Spruch dient zwar meistens zur Verspottung irgend eine» 
Andreas, geht aber wahrscheinlich auf den Andreastag (30. No- 
vember), der darin als Vorläufer des Nikiaustages betrachtet 
wird, weil er wie dieser, schon d'Winderkälde [t WintarkhältaJ 
bringt. 

Es seien hier gleich noch ein paar andere Namen genannt^ 
die auf Heiligenlage Bezug haben. Vom MaUhiag geht das im 
ganzen Lande bekannte Sprüchlein auch hier im Schwange : 



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— lOI — 



Maddis [Mätis], 
bricht 8 las [priy t s Is] ; 
hat er kais |liltt or kbai«], 
macht er ais [lakyi er ais]. 

Wie der Matthias das bevorstehende Ende des Winters 
(24. Februar), so bezeichnet Lorenz das des Sommers (10. 
August); desshalb sagt das Volk: 

Loranz [Lorants], 

loss im Summer e Scbranz [los im Signier e 'Srants] ! 

Ein Spottreim auf diesen Namen (auch auf Vincenz [Fit^ants]) 
lautet : 

Dr Loranz [tr Lörants] 

bfit d'Hoose Yrschlanzt [höt t^Höse fr'slantst], 

dr Kiddl ^anrisse [tr EhUl fsrlse], 

d*Bai aawe gschiese [t*Pai ftwe k'sise]. 

Aehnlich vird der Träger des Namens Moritz geneckt : 

Moritz [Mörits] 

hat d'Hoose verspritzt [het t'Hösa fr'spritst]. 

Von tler Agathe .<;i^t man im Hinljück auf <ien Agalhetag 
(5. Hornunn), an dem die Erde oft aufgeweicht ist: 

S Aaget isch e Drackloch [b Aket i's e TrakloyJ. 

Da der April oft Fröste bringt» heisst es in einer Wetter- 
regel von den Tagen des heiligen Georg (28. April) und des 
heiligen Marcus (25. April) : 

Jerg nnn Marks [Jörk ün H2urka] 

bringe noch was Arks [prlQe noX wia Arks]. 

Der Name Georg ist in ^^eiller Verkleinerungsform auch zum 
Gallungsnamen geworden. Pei Tische sagt wohl einer zum 
andern : Schärscheie, IctUi^ d Blatt ['Ser'salo, Iri] t PInt] I Der 
Ausdruck wird vielleiclil aus dem Grunde gebrauch!, aus dem 
man mit 'Sor's (Georg) einen Kellner bezeichnet, wie mit Johann 
einen Hausknecht (D. W. V 2749). * 

Früher beleten die Kinder vor dem Schlafengehen zum 
heiligen Veit : 

Hailiger Sant-Vit [hailiker Sänt-Fit], 

wäck mi in der Zit [wek mi in tr Tsit], 

dass i nii z friej unn z spoot [täs i nit ts fridj üu ts 'spötj, 

dasa i in dr Zit kumm [ihn \ in tr Tsit khft»]! 

Der heilige Veit ist nämlich nicht nur der Beschützer und 
Heiler der vom Veitslanze Befallenen, sondern auch der Be- 
wahrer der Kinder vor nachlliclier Beltnässe.i 



Curt Mandel führt in seinen Hanssprtichen und Inschriften 



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Den Namen des heiligen Cornelius eathält der folgende 

Reim : 

Sant-Nelli [Siint-Neli], 

nnn e Mann (Frau) well (will) i [ün a Man (Fray) wel i] ! 

Er wird den Unverheirateten nachgerulen, die nach dem 
Schauenberg hei Geborschweier oder nach dem Schüt'erthale 
hei Sulzmatt wallfahrten. In der Nähe beider Wallfahrtsorte 
befinden si( h nämlich kleine Kapellen, die dem heiligen Cor- 
nelius j^e widmet sind. 

Auf den Namen Blasius geht der tolgeade Reim : 

Blaasi [Plasi], 

ischlagg (Variante: schisd) dr ai& aft s Naasi [i '8läk( sis) tr ais 

üf s Näsi] ! 

Das wird von den Knaben auf der Strasse häufig zur Zeit des 
Bläsiustages («3. Hornung) gesprochen. Durch eine kirchliche 
Feier werden sie an diesen Tag erinnert. Den Gläubigen, na- 
mentlich den Schulkindern, werden nämlich an diesem Tage 
die Hälse fi;^'wiche[kwiy8] geweiht, d. h. der Priester hält ihnen 
zwei geweihte brennende Kerzen kreuzweise vor den Hals und 
spricht einige Worte dazu. Dadurch wird der Hals gegen al- 
lerlei Uebel gesdiulzt; denn der hl. Blasius isl der Helfer 
gegen Halskranklioiten . 

Doch nun wollen wir die Heiligen verlassen und noch 
einige Reime antühn n, die sich auf gewöhnliche Menschea 
beziehen. Da ist zunächst einer auf den Namen Thomas : 

Damas [Türaas', 

drei Moos (ein ])ioos=2 1.) mache dr Hals nass [trei M6s mky9 

tr Hals nks] ! ' 

Das ist eine Redensari, mit der im Wirtshause mitunter einer 
aufgefordert wird, den, andern etwas zu bezahlen. 

Von dem Vornamen Cliristine stammt der Gattungsname 
Grischingele [Kri*siQalo]. Damit bezeichnet man eine alte ledige 
etwas wunderliche Weibsperson. Der Ausdruck hat sieb auch 
auf alte Junggesellen übertragen. 

Der Name Felix tritt nur in einem Spottreime auf. 
Wenn eine Verlobung zurückgegangen ist, wird den Beteiligten 
gesungen : 

aus dem Elsass (Strassburg, 18S3, S. ß4) einen ganz ähnlichen Spruch 
an, der anf einer Uhr stand. Er lautet : 

Heiliger Sanct Veit, 

WeG]c mich in der Zeit, 

Weck nicht za fr&h nnd nicht m spät, 

Weck mich, wenn es fünfe schl&ht. 
Vgl. auch Jahrb. IX, S. 59. 



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— 103 — 



Du mein liewer Felix [tu maxii 11 war Feliks], 

aüi QDsrer Liw« ist ja widd«r nix [äys linsrar Liw9 Ut j& witer 

Nur des Heims \ve},^en steht der Xaine August mit 
seiner frz. Forin Aug-uste in der fol^^^ndon lledensart : 

Schüst ['Syst] (frz. jaste=nchtig), 

Ogüst [Okyst] ! 

wird im Spnss liäufij,' angewendet, um die Zu- und Ueber- 
einstimmun^ auszudrücken. 

Der seltene Name Salome wird mit den folgenden Worten 

verspoltet : 

Hobberdi» hobbeidi, Salomee [Hoparli, hoparti, Salom6], 
8 Danze wnrd dr acha Tergeh [s Tantsa würt tr 'sd frki] ! 

Dass auch der Name Peter nicht sehr geachtet ist, ersieht 
man aus dem folgenden Reime: 

Betder [Piter]. 

Stupf dr Eeal, se geht er ('st^pf tr fisl, se k6t er] t 

Ein unsauberer Mensch wird Flohbeeder [Flopetdr] genannt. 
Die Antainette oder die Eugenie necken die Kinder: 

Andonäddle [Autonetld], 
Bihrebläddle [PirapletlaJ, 
üesehenii [Y'seni], 
Bareblü [Parapli] ! 

Der Name Martin tritt mit frz. Ansspraclie in einer 
scherzhaften Redensart aut\ Um einen zum Stillschweigen auf- 
zufordern, saijft man lutiüi^ : Da doa, Mardin [le loa, MartiJ 
(frz. tais — toi, Martin) ! 

Der verliebte Jiiiiylinx siii;^i seiner an^'^ehetetcn Rosa die 
Sehnsucht und die liewunderun;? in den folgenden Worten : 

Dil harzgebobbeltes Reeslc [ty liartskapopaltas Reslaj, 
o wenn i di nurr hatt [o wen i ti nur hat] ! 
Vum Käpfle bis ans Fiosle [füni Ktioptlo pis üus Ftasle] 
bisch dü so mainaidig nat [pi's ty so raainaitik nat] ! 

Eine Abkürzung des Namens BaHholomäus haben wir 
wohl in einer Redensart, die im ganzen Elsass und drüber 
liinaus bekannt ist: Wart i will dr zaige, wü dr tiardi dr 
Moscht holt [wärt, i wii tr tsaika, wü tr Parti ti- Most holtj ! 
So droht wohl einer dem andern. Doch ist die Herleilnng 
vom Namen Rartholomäus nicht sicher, da der Ursprung der 
Redensart noch nicht genügend aufgekirirt ist. 

In einer andern, ebenso h;iuligen Redensart stehen die 
Namen Konrad und Bernhard mit ihren Verkürzungen 
Küenz [Kh^ents] und Banz [Punts] für eine grössere Gruppe 



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— 104 



alltäglicher Menschen. Wenn z. B. jemand einen Gegenstand 
bei verschiedeneu Personen vergeblich gesucht hat, so sagt er 
zuletzt missmutig: I bin bim Küenz unn bim Banz umegloffe 
unn hah s nit bekumme [i pin pim Khydnts ün pim Pants 
Cimaklofd ünhä s nlt pakhüma] ! Und wenn die Frau das Unrecht 
ihres Mannes bezeugen will, beruft sie sich auf das dflfentliche 
Urteil mit den Worten: Du kahsch zQem Küenz unn züem 
Banz geh, dQ wurdch nit Rachl flnde [ty kh&^s tsyam Kh^yants 
ün ispm Pants ty wür's nit Ra^t fmta] ! — Den Tod reicher 
Leute kündigt man an, indem man alle, den armer Leute, 
indem man nur zwei Glocken läutet. Im letzleren Falle 
strengen sich die Läuter nicht an, weil sie doch nicht viel dafür 
bekommen. Es giebt daher oft nur eine Bammeläi [P&malei] 
ein schwaches Greläute. Dann sagt das Volk: As liddet firr 
dr Küenz unn dr Banz, Küenz, Banz [as litat flr tr Khyents 
ün tr Pants, Khyants, Pants]. Dabei ahmt es durch die Wieder- 
holung dieser beiden Namensformen das Geläute nach, i ^ Die 
elsässische Zusammenstellung beider Namen bedeutet also das- 
selbe wie die schrifldeutschen Heinz und Kunz (Heinrich und 
Konrad, D. W. V 2748 und IV > 889) oder Hans und Kunz 
(D. W. IV « 456). 

Auch die Numen Leodegar und Gertrud werden auf 
ähnliche Weise gebraucht. Auf die neugierige Frage: Wer 
bat der s gsait [wer höt tar s ksait]? erfolgt wohl im Spass 
die ausweichende Antwort : S Loode^aaris Druddi [s Lötakäris 
TrytiJI Das ist nur scheinhar eine Antwort; denn SO jemand 
gieht es hier nicht. Die Seltenheit der beiden Namen hat 
wohl die Redensart vernnlassl. 

Eine eigenartige Nebenbedeutunj^ hat der Name Justinus 
erlangt. Seine frz. Form Justin bezeichnet in Hufach einen 
drolligen, ühersp.innten Mensclien, ebenso die Zusammensetz- 
ungen Schüslibämbes ['Systlbpämpas] und Schüstlgadoors 
['Systlkatörs]. 

Noch sonderharer ist es dem Namen Julius er<rangen. 
Die frz. Form Jules (in Rufaeh: 'Syl) ist nämlich auch eine 
euphemistische Bezeichnung des Nachttopfes (anscheinend aus 
Frankreich eingeführt). 



1 Hier noch ein anderes Beispiel aoa Rufaeh, wie das Volk den 
Qlockenton deutet. An jedem Wochentage wird nm 1 1 Uhr Vormittags 
das Gloscbderglöckle [Klö'sterkUkle), das Glöcklein auf der Kloster- 
kirche, geläutet, um den Leuten im Feld und in den Reben den be- 
vorstehenden Mittag anzukündigen. Den eintönigen Klang ahmt 
man nach, indem maa singend sagt: Oang beim, trink ais (käQ 
haim, tri^k ais) ! 



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— 105 — 



Auch Thiöbaud, die frz. Form von Dieboid ist hier ein 
Gattangsname. Diebbo [TiepoJ heisst nämlich ein viel gebrauchter 
Rauchtabak. Das Wort kommt aber nicht von dem Vornamen 
her, der hier gar nicht in der frz. Form üblich ist, sondern 
von dem Familiennamen des auf den Päckchen genannten 
Strassburger Fabrikanten. 

Die Redensart: im ÜlriQjli riefe [Im Ytrix Hdfo] bedeulet 
auch in Rufach : sich erbrechen. Sie hat ihren Grund aber nur 
in der Klang-Ähnlichkeit des Namens Ulrich mit dem wider- 
lichen Tone jener Thätigkeit. 

Von jüdischen Namen gehen in Reimen besonders Itzig 
(Isak) und Schmule (Samuel) im Schwange, obgleich kein 
einziger Jude hier wohnt. Ich führe nur zwei Sprüche an : 

Dr Itzig kumnit ge raide [tr Itsik khümt ke raitd (sonst: rit9)]t 
di Zaidung in dr Hand [ti TsaituH (sonst: TtitüQ) in tr Hkntj, 
nna sprach (sonst kein Imperfekt) züe seiner Mämme [ün 'spräx 

tsfa sainer (sinre) liäma]: 
di Gollra iicb im Land [ti Kolr& l's Im L&nt] 
und : 

Dr Itzig unn dr Schmule [tr Itsik ün tr 'Smüle], 
digehn mitnand«r in d'SchuUe [ti k4n mitnkntor in t*'Sül3 (sonst : 

'Syal;]; 

dr Itzig nimmt das Nüüdlebratt [tr Itsik nimt täs Ny tbprai] 
unn schleed Im Schmulle d'Naas ewagg [ün 'sUt im 'Sraüla t'Nas owak]. 

Viele Namen trct^Mi in dem Lied von der armen Magd 
auf. Es ist lialb .schnlldeutsch, halb mundarJlich und soll hier 
den Besch lu SS bilden: 

Äch, ich arme Magd! 
Meine Not mich täglich plagt. 
Solang ich noch ledig sei. 
schlaf ich alle Nacht allein. 
Sei es Tag oder Nacht, 
schlaf ich oder sei erwacht, 
mich begrfissen 
anf den Füssen 

und raein armes Bild veracbtH.^ 

Alle Morgen in der Früh' 

fair ich nieder anf meine Kniej 

bete alle Götter an 

mir zu bescheren einen Manu. 

Br mag bucklig sein, 

oder mit einem krummen Bein, 

er mag hinken oder stinken, 

Schlaf ick doch nicht mehr allein! 



Hier scheint etwas zu fehlen oder verstümmelt zn sein. 



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— 10t) — 



JSxg, Beed«?, Hichel, Franz [Jitk, P^r, WX^l Fränis], 

Kaschber, Mälcher oder Hans ^Khä'spdr. MM^^r ötor H^], 

Valediines, Luudewig [Falatinas, Lütawik], 

Baardle odder Doomonik Purtlo otar Toraanik], 

haist er Naazi odder Staffe [haist dr Nätsi otai 'Staf»], 

haist er Michael [haist ar M\'/k61]. 

Ulrich odder Raffael lÜlriy, otar Rafä6l], 

haist er Chrischdian [haist ar Kri'stian] 

odder Basohdian [otar Pik'atUui]: 

wenn s nnrr haist: er li&t Hoose — n — ah [w6n s nta liaiat: 

er het Höse — n — &]. 
Sai er Beck odder Färber [sai er Pek otor Färper], 
Schnaider odder snnscht e Gärber ['Snaitar otar sün'st o K&rper]» 
sai es glaich c Hosestiicker [sai as klaiy a Hosa'strikdrj, 
Schüeschder odder sunscht e Flicker ['Syo'ster otar sün'st a Flikar]* 
sai es glaich ja gar a Jaager [sai as klaiy ja kär e Jäker], 
miiretwaage e — n— andere Faager [miratwaka 9— n— äntara Faker], 
sai es glaich e Uftsikant [sai es Mai^ e Ifysikhiuit], 
knmm i e Gotts Namme üs em leedige Stand [khtm i e Kots 

Nkme ys em 16tike «Stkntll 

NadUrag : Aus Versehen ist aut S. lO'J des vorigen Jahr- 
«^angs hinter Ambrosius der Na nie Atiäreas vergossen gebliehon. 
Seine Formen lauten : Antrcs, -i, -la, -alo, Tresi, Trcslo, 
Tresele, Ä^tre (frz. Andr^). 



Sclilfcsel zur Lautbezeiclmung nach Kräuter. 

Jeder Laut hat nur ein Zeichen, jedes Zeichen bedeutet nur einen 
Laut. Daher "/ = cä, q = ngt s oder $ — ■ sch, ts = z. Da das Elsüs- 
sische b und p, d nnd t nicht anterscheidet, so wird nur p t gebraucht ; 
g wird darch k mtreten, k Tor Vokal erh&lt ein h : khan = ich 
kann. Doppelkonsonanten werden ▼ereinfaeht. Bei den Vokalen wird 
olfone, dem a n&here Ansspraehe durch Gravis angedentet: ö ist 
~= ä] h, ist dunkles a; Accent bezeichnet Länge: S6 =: See; Circam- 
tiex Länge bei offener Aussprache: Tsän = Zahn. Dehnungszeichen 
fallen weg. y ist = ü ; a dumpfes e in Nebensilben. Nasalirte Vo- 
kale erhalten ein untergeschriebenes Häkchen, welches die Druckerei 
in Erraangolaii<i; der hierzu nötigen Typen durch ein Häkchen zur , 
Seite ersetzt hat: Lu^t = Land im Münsterthale. Jß. M. 



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IX, 

Münsterthäler Volkslieder. 

Gesammelt von 
J. Spieser. 

A. Salirisciies. 

1. 

S[i Jtek fitm Si3L,tr*na.liet.^ 

Tr Khäplrrnatsab kliümt ta Kliulwdi ri^ kaläpt, 
r het (i Peltskhäp ewr Yor -nd^ koläpt. 
*sö loitt r fürt pels e la -Walt, 
S9 würt m to}( ae,i, 'Yor ne(t) khaltl 

Leiesa Mätsold khämt *o trtsyü; . 
tar hht 9 'JUem äs we a -Khyü; 
r hhi tsw^i *FaIja ün 9 'Peil. 
wM tyüf to^ Leiasa 'Mätsala so weill 



1 Für die (von Kräuter verarteilte) Verwendung von Grossbach- 
Stäben innerbalb meiner dieq&hrigen Laatsebrifttezte lehn« ioh die 
Verantwortang ab. Der Leiter des Jahrbaehes hat dieselben in meine 
Handschrift hineinkorrigiert Ich hatte ganz in derselben Weise ge* 

schrieben wie im vorigen Jahrbuch S, 209 ff. Da die Druckerei zu 
§ keine Majuskel besitzt, hat sie dieselbe durch J ersetzt. J. Sp. 

2 Wie mein Vater mir erzählte, gab es einst in Sondernach ein 
Lied, in dem jedpr einzelne Bürger dos Dorfes mit einem Spottvers 
bedacht war. Aus diesem Lied kannte er aber nur die Paar Verse, 
die ich hier mitteile. Die Art, wie darin die Eigenheiten jedes der 
Besungenen kurz und treffend gezeichnet sind, genügt wohl, um die 
Anlagen der alten Sondernacher zn satirischer Dichtang an kenn* 
xeichnen. Nach der nachfolgenden Obersetz uag darf freilich daa 
Original nicht beurteilt werden. 

«Der K. kon)mt den Kohlweg hereingetappt, er hat die Pelz- 
mütze nber das eine Ohr hinabgestülpt ; so geht er fort bis in den 



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— 108 — 

Tr 'Lörä.tsamätr, 
iäs e§ e k\9 *Faljamäxr er Fätr. 
r msejft, r e§ tr *riy§t e tr 'kä.ts 'KamMn ; 
r hfet *8ewat$& Fiertl -/[lak tdh^im. 

Hiets kaq i -nrem e Jü^rs Hys; 
tr -Patl trükt ti -Mvro nvs; 
e Jurirs -Hys, t<'Mt es s 'ne(ji) klar: 
ti Jpärd '^iesa fa tr Jir. 

2. 

3 Jnitr wyünt üf Si\trnd^, 

ds es 8 tionr laijr Ma., 

(9)r es 9myol len a Waltolo kät^B 

ü höt 9 Mys fer a ^i^r k£äi[|d. i 

3. 

ä Jnitr wyünl uf Su.trnä,, 
tar hhi so klöini L'tsoli\ 
89 täp9 n dm ewr ta Pükl nä. 
we so jüQi MUdlr. < 

4. 

Waen tr Jnitr Tito wel, 

sa TÜ r üf m Pok; 

nyo •spänt r s Kifoia 'fofDe U\, 

nyo fära sa sem Ka*lop.^ 



Wald. So wird ihm wenigstens das eine Obi* nicht kalt. — L. M. 
kommt aneli daxn, der hat eine Stimme wie eine Kab; er hat swei 
Felgen nnd ein Beil. Wie thnt doch L. M. so wild! — Der L.. 
der ist aller Felgenmacher Vater. Er meint, er sei der Reichste in 
der ganzen Gemeinde. Er hat nämlich 17 Viertel Speck za Hanae. 
— Jetzt geh ich nicht mehr in J.'s Haas. Die Armnt drückt die 
Wände hinaus; in J.'s Hans ists nicht geheuer, die Sparren schiessen 
von der Scheune». (Leiasa, Gen. v. Leias d. i Elias, hier Hofname ) 
1 «Ein Schneider wohnt zu Sondernach, es ist ein dünner langer 
Mann, er gieng einmal iu ein Wäldchen and fieng eine Maas für ein 
Eichhörnchen». 

BEin Schneider wohnt an Sondernach, der hat so kleine L&nschen, 
die laufen ihm den Bnckel hinah wie so junge M&nschen. 

' Wenn der Schneider reiten will, so reitet er anf dem Bock; 
dann spannt er die Ziege Torne dran, dann fahren sie im Galopp. 



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109 — 



Ii. M e 1 k e r i i e d e r. 
5. 

Melkers Bergiied.i 

*WaBn ti Trae^kb :klffi]|9y 
'W!cn ti Malkr isae^s, 
'wsen \ks kriena :Kräs 
*üf t9 Pan 'Mhi ; 
*waen ti Kh^ilr iw^ita, 
'hkt ir Malkr :Fröit9 : 
•lüätik -jyo'hö ! 
Waen ti Sün üfwäyt 
*ün e s Hello !äyi, 
*kiil tr *Malkr nys, 
iost Ii 'Kböilr ys. 
*w8en ti *Kh^ilr w^ite« 
hhi tr -Malkr Fr^ita: 
*lü§tik 'jto*bö! 

Klu'imt tr Meylsta, 

müs r tan» Paii ra. 

Kryt ün Rynwa müs r fraso, 

Tsekr ü Polinat miis r frkasd^ 

ö ty tryriks Mt/dli 

fer las Malkrli ! 

6. 

Melkers Abschiedslied am Stephansta^. > 

*Het e§ trei 
'Psentelastd, 
*mom eS trei 
•Trel. 



' Auch hiorvon kann ich leider nnr ein Brachstück mitteilei> 
«Wenn die «Trinkein» (eine Art Kuhglocke aus Blech) klingen, und 
die Melker singen, wenn das grüne Gras auf den Bergen steht, wen» 
die Kühlein weiden, hat der Melker Freuden. Wenn die Sonne auf- 
wacht, und ins Hüttlein lacht, geht der Melker hinaus, liisst die 

Ktlhlein ans Kommt der Miehaelistag, mosa er vom Berg 

herab^ Kraat und Bftben moss er freseeo, «Ziger» and cBottmatt» 
(gewisse als Delikatesse geltende Melkerspeisen, die er sich auf dem 
Berg nach Belieben herstellen konnte) mass er ▼ergessen. 0 da traa- 
riges Michelein für das Melkerlein ! > 

2 Nach dem Grundsatz « ein Knecht, eine Magd und ein »Stroh- 
hut sind nnr für ein Jahr gut» ivgl. Jahrb. VI, S. 147) pflegten die 



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•laki ini tr all 
•Meistr iTm Ars, 
•\v;eu r nii iiiein 
•wel ! 



7. 

•E[)llnivüs ü P»!'i3invüs 
*ma/t äs iy läin Meistr myüs, 
•awr Kryt \i Jpak 
•priL'^l nii nel üwak.* 



8. 

Wieg^eniied. 

*Ni,nolo na^nyld, Wäkcilo \tioi, 
•hat i kt' Klia'iiläld. wixii ke Froi. 
•hat i nie kl' Ma^ konuino, 
•Nvari nie es Ur\klek khüma. 
•Selwari Keif üu tafoli Päin, 
*}i;i^ni kotrMt ivm letika Jtäin. 
•äiös het mr tr Ma frsof », 
*s es m s Kürild 'na^köiuid. 3 



Bauern, bevor Fabriken im Thal waren^ alljährlich ihre Knechte zu 
wechseln. Am 26. Christmonat fand der Umsug der Knechte, das 
«Bftndeln» zn ihrem neuen Meister statt. Warum das Wort «drei» 
hineingeflidct Ist, < heat* ist Dreibünde^einstag >, weiss ich nicht za 
sagen, ebensowenig den Ansdmck « Drei Drill > zu erklären. Sollte 
vielleicht ein Tanz oder sonst eine Lustbarkeit am dritten Weih* 
nachtstag stattgefunden haben und damit gemeint sein 

^ Beispiel eines Konj. Präs., welches nicht ausgestorben ist, wie 
Mankel gemeint hat («Laut- und 1 lexionslehre » Seite 49.) Andere 
Beispiele: khüm r etr khüm r uetj mä/, r was r wel; kuU ^'tr 
net; sei r tsafrite ötr net 

^ Apfelmns und Bimenmns macht dass ich vom Meister mnss; 
«her Krant und Speck bringt mich nicht hinweg. — tmyiuB» statt 
«mtis», lind «äwr» statt «awr> um des Reimes und der Betonung willen. 

3 Ninele, nanele, Wiegelchen, Stroh, hätt ich kein Kindchen^ 
war ich keine Frau. Hfitt' ich nie einen Mann genommen, war ich 
nie ins Elend gekommen. Silbere Reife und taffetno Bänder hab ich 
getragen im ledigen Stand. Alles hat mir der Mann versoffen, es ist 
ihm die Gurgel hiuabgelaufeu. 



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— 414 — 



9. 

S gtoli 8 Peweloi ä tr Wa,l, 

het 9 Epfola c Ir Hä,t«; 

het s welo piota*, 

es rn ne köiutoi. 

s kliüinl 0 iMys 

ün pist in trys ; 

s khümt 0 Khü 

ün lakt 1) m tsü i) 

s khümt 0 Keis 

ün losl d krösr % krösr Pyrsseis. s 



40. 

Rita, rita. Räsaldl 
üf Päsl mi 9 {l^sala, 
üf Kholmr Stiel e Klokeliys, 
s lyüka Irei Märeia rys: 
hin Spannt Sita 

ti äjtr Spsent [oder iräii] Witd 

ti tret §psent [oder rhini] Häwrgtroi : 

half tr Kot, mi liewi Patlfroi. « 



1 Fftr stiöt, piewola, pryota, kdryot», khyü, isytt, kryosr. Inder 

Kindersprache treten für die Diphthongen ie, ie, yo, yti die langen 
Vokale e, v., 6, ü ein, bzw. haben sich erhalten. Solange ein Kind 
diese Diphthongen, sowie das Zaugen-i nicht sprechen kann, sagt man, 
es rede «kheinis« (kindisch). 

* «ha^t> statt «harj» um des Reimes willen. Doch kommt es 
auch sonst vor; z, B, fa hi\t von Hand; ferner in allen Zusammeusetz- 
OBgen: ha thep, hä^tsreft, hä^tyü/, (Handhabe, Handschrift. Handtuch). 

s Es steht- ein Büblein an der Wand, hat ein Apflein in der 
Hand, hat es wollen biaten, es ist ihm nicht geraten. Es kommt 
eine Maus und beisst ihm draus, es kommt eine Knh nnd sieht ihm 
zn; es kommt eine Qais und lasst einen grossen, grossen Bauei n sch ..^ 

^ Wird gefiungen, wenn man ein Kind auf den Knien schaukelt : 
Reiten, reiten, Pferdchen. Zu Basel steht ein Schlösschen, zu Kolmar 
steht ein Glockenhaus, es schauen drei Marien (?) heraus. Die eine 
spinnt Seide, die andere dreht Weiden, die dritte reinigt ilaberstroh : 
helf dir Gott, meine liebe Bettelfrau! 



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11. 

tr Hör sekl ini ewr s Prekalo, 

wdr mr epas ket, tar es ,< Ai^ila, 

ü wdr mr 'nit ket, e& 9 üiik, tlrik ÖfapaQdia.i 

12. 

Lu§tik> wil mr 'letik sa;J^, 
lüStik, wü mr l&wa, 
w«en Ii Triwl *tsitik ssej^, 
kie(n) mr e ti Räwa.s 

13. 

Anoiiieiold "heis i, 

heps pceni, täs 'weis i, 

ryoti Jlnejjifi^lr ha^ni, 

liü^tit Tair frma^ ni. 

hiVtrt 'lair sa^ 'ne koiivu, 

s müs nä, n o hepsr Jut.-i Irtsyü. ^ 

14. 

Kiknrikik lem kriena Kräs, 
i ti hora rysa. 
Meitab, na'in kö }>ie.sr Mil^, 

15. 

Ryotr Wi, 
ü Tsükr tri^ ! 

harisik JatsaKi, ty peä nii, 
dwr net Ter eika. 



1 Gesungen von einem Kinde, das die Augen zudrückt und die 
Hand ausstreckt: «Steuert, steuert Mückchen, der Herr schickt mich 
übers Brückchen. Wer mir etwas giebt, der ist Engelein^ uud 
wer mir nichts giebt, ist ein feurig, feurig Ofenbengelein.» 

s Lostig, 80 lang wir ledig sind; Instig so lang wir leben: wwin 
die Trauben zeitig sind, gehen wir in die Beben. 

' Annamariechen heiss ich, hübsch bin ich, dass weiss ich; rot» 
Strümpfchen hab ich, Handelt Thaler Termag (besitz) ich. Hundert 
Thaler sind noch nicht genug, es mnss noch ein hftbscher Schats 
dazu. 

* Kikeriki im grünen Gras, ich hab dich hören rauschen. Mäd- 
cbeOf nimm keinen bösen Mann, du kannst ihn nicht mehr vertauschen. 



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^ 113 ^ 

Jis es Khapolo 

a\k iwn T.septVtlo, 

s würt tr ti'leitdU 

16. 

Wet ty mi/ net, 

wel iy fi/ net, 

S9 hd^ iy tiy n.om karn ; 

im laks ty miy pi Ta ivin Ais, 

so pry/s ty ke La* tarn.* 

17. 

höp s Watald wit *nAJs 
18. 

Jnak, Jnak, strek ti Herrir lys, 
etr i -wert ti evvr äli Heka nys. * 

19. 

Tr 'H4ntsl km P^x 
-loitr kyät S4x, 
höt wöla kö «feSa, 
hhi ti *Hös9, fr— resa.» 

20. 

Säpala P^paia Päralrak, 

pis e tr Khäts as Lo^ awak.* 



' Roter Wein und Zucker drein; herzig Schätzchen du bist 
mein. Aber nicht für eigen. Seh. ins Käppcheu, saag am Zipfel- 
chen, es wird schon verleiden ! 

* Willst da mich nicht, Will ich dich nicht, so bab ich dich 
nicht mthr gern, and . . so brauchst da keine Laterne. 

s Bselein, la ; Haltes Sehw&aschen weit hinab 1 

* Sohneeke, Schnecke^ stieeke die Hdrner heraas, oder ich 
werfe dich über alle Hecken hinaas. 

^ «Der Hansel am Bach hats einzig gut : hat wollen fischen 
gehn. hat die Hosen Ter — > rissen.» Wird iCnaben, die Hans heissen, 
nachgesungen 

<^ Spottlied auf den Namen Josef. Seppele, Peppele, Bärendreck, 
Beiss der Katz das L. hinweg 

8 



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21. 

*Ryotr 'Füks sem 'HienrSläl, 
•fres ti fai^kta Hieiir ä\J 

22. 

Kikdti kikali rätsa, 
morn khümo ti Jpätsd, 
ewrmorn Ii Fa?ijka, 
äli Jytd btiCQka.s 

23. 

Nu äsa minr sürna, 
ti Kliatso iiiaya Jüip, 
söwana en ainr 'Nayt. 
tr Teifl hei Ii Jylü keiiiaxl.3 

24. 

Fäsanäytliet.* 

^Ütaf^ts um täs Hys 
s stidt 0 sieni f roi icm Hys, 
Khieylr rys, Khieyjr ryt-, 
^tr i sla a Lo^ e s Hys! 



1 Spottlied für Rothaarige. Eoter Fachs im üöbnerotaU, Fr'm 
die verreckten Hühner alle. 

- Geigen, geigen, ratzen ! morgen kommen die Spatzen, über- 
morgen die Finken, alle Juden stinken. 

8 Mit Nachahmung der Judensprache. „.V . Neschomme [hebr. 
nesämä Seele] die Katzen machen Jnnge, sieben in einw Nacht, der 
Teufel hat die Jaden gemacht.'* 

* Gesängen beim Sammeln der Fasnacbtekftchelchen am Sonn- 
tag Invocavit Diesen Sonntag nannte man aach die Banemfasnaeht 
(«Pyr8fftssn&Xt*)> zam Onterschied von der «Herrenfasnacbt» am 
Sonntag vorher. Seit 2 oder 3 Jahren scheinen sich die Grossthäler 
Bauern als «Herren» zu fühlen, indem sie jetzt ebenfalls die «Herren- 
fasnacht> feiern im Gegensatz zum frühem Gebrauch Seidenfaden 
um das Haus ! Es steht eine schöne Frau im Haus Küchlein, heraus, 
Küchlein heraus ! oder ich schlag ein Loch in's Haus. 



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X. 



Die Münsterthäler Grussformeln 

einst und jetzt. 

Gesammelt von ' 

J. Spieser« 

Leitwort : 

O unglQckserge Stuade, da das Fremde 
In diese still beglQcklen ThSler kam, 
Der Sitten firomme Uoschuld zu zerstören. 

Schiller. 

Als Knabe hörte ich öfter folgendes Geschichteben erzählen: 
Ein Münsterthäler gieng einst «ins Welsche» (es walSa) um eine 
Kuh zu kaufen und kehrte mit seinem Begleiter, den er als 
Dolmetscher mitgenommen hatte> in Gerzei (Körtsöi, franz. 
Gerardmer) in ein Wirtshaus ein. Dort fiel ihm das Benehmen 
eines ihm gegenüber sitzenden Gastes auf, der ihm, so oft er 
niesen musste, die unverständlichen Worte ca vöt sä^te!» (avoire 
santi) zurief. Er hielt das für Spott und fragte seinen B^leiter, 
was es wäre. Der teilte ihm mit, es sei ein arges Schimpf- 
wort, was jener immer wiederhole, er wisse aber noch ein 
viel ärgeres, das er ihm als gebührende Antwort empfehle, und 
das laute cmörsii. Unser Münsterthäler merkte sich dieses 
Wort genau, und als der welsche Tischnachbar ihm wieder 
sein «a vöt sä.te» zurief, antwortete er mit grosser Entrüstung: 
cMörsi, *Mtai, ü 'nä^ myol M^fBi, iy *kröwr *LäpiI» 

Der also seinen Gefühlen Luft gemacht, hätte gewiss nicht 
geahnt, dass einst in .seiner Heimat das Wort, welches er als 
vermeintliches grobes SchimplVort einem cWelschen» an den 
Kopf geworfen, als «höflichere», cvornehmere» Dankesformel 
das einheimische ctä^kikol» oder « täQktrkot», Dank euch (dir) 
Gott! verdrängen \Nurde. Die Meinung, dass im Kampf ums 
Dasein immer das Bessere siege, und das Minderwertige zurück- 
weiche, wird unter anderm auch durch die Beobachtung Lugen 



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— llü — 



gestraft, dass im Müosterthal die abgeschmackten eintönigen 
Interjektionen c'püs&r» und cpüswar)», Cbon jour, hon soirjy 
bei denen sich die Mehreahl der Sprecher nichts zu denken 
vermag, die schönen, manni;;faltigen, sinnigen Grussformeln^ 
deren sich die Thalbewohner bis noch vor zwei oder drei Jahr- 
zehnten bedienten, fast völlig aus dem Felde geschlagen haben. 

Um die in den allen Grussformeln enthaltene Welt voll 
Poesie nicht ganz in Vergessenheit sinken zu lassen, möchte 
ich hier den Versuch machen, sie wenigstens auf dem Papiere 
der Nachwell zu überliefern. 

Ich möchte dabei .einen Unterschied machen, zwischen 
GrussförmeJn, . die im Hause und solchisn, - die beim Bei^nen 
auf der Strasse gebrs^uchb wurden. 

Trat man aar Morgen i n ein* Haüs^ so lautete der Gruss 
gewöhnlich «*küta Morja», die Antwort darauf entweder 
ckütäqk» oder cläQkt'r Kot» (bezw., wenn der Gintretende 
älter war als die Angetreten, ciä^ki Kot»). Ebenso lautete 
der Gruss am Abend «*k ü* la N y o w 8» — c*k ü Tä q k»,i bezw. 
ctäQktr Kot (tä'Qki. Kot). Kam man zu einer andern 
Tisigeszeit, .sö grfisste man beim Eintreten in die Wohnstube 
mit, c'K ü t ha 1 f i» (Gott helf euch), virorauf ebenfalls mit 
«-KütäQk» gedankt wurde. Traf man die oder den Haus- 
bewohner vor dem Hausis an und gieng dann mit ihm in die 
Stube, ' 80 erfolgte dW Gruss erst beim Betreten derselben.* 
Db dieser Gebrauch mit Mat. 10, 12 «cWö ihr aber- in ein Haus 
gehet, so grüsset dasselbe» zusammen ^hängt, möchte ich nicht 
entscheiden. Traf man die Leute beim Kssen, so sagte man 
«Küthalfi, Sai tKot» (segne» Gott) — ctäQktr.Kot^ 
wet (btffiw. waj^r) 'o methilta? (willst du auch mithalten?) 

cndi, aeS tä^k aiswärt,, i hä, *krät o kasa» (nein, es 
ist dankenswert; ich habe soeben auch gegessen)« Gieng man 
fort, so lautete der Abschledsgruss ocKhüpieti» (Gott behüt 
euch) [mit Versetzung der Aspiration in die Tonsilbe, vgl. 
' griechisch dpt^ gen. tptxoc, th r i k s, t r i k h ö s,]* die Antwort 

1 Ob <Kii' t!\t,lk» Gott danke) oder ckiV Tar\k» (guten Dank) zu 
schreiben ist, vermag ich nicht zu entscheiden. Das Beispiel zeigt 
eben, wie unzuträglich überhaupt Grossbuchstabeii in wisseuschaft- 
, lipher Schi eibung sind. . .. . . 

; i Auch weun die Stube ganz leer war. 
' ' ^ Scign^' heisst s &i'»; In unbetonter SttfllnDg wird s&i ta 
's.ai verkftrat. ■■ " *• ' \- 

^ Ein anderes 'Beispiel diescir Art bietet der raandarlliche Name 
des Epheu, der in Giinäbäeh «>*&p h ä i», in Mühlbach « häwdi» 
heisst Die hochdeutsche 'Aä8i(irachj» i«£fea» bierabt bekanntheh aäf 
.iaUcker. Aaffasann^ diaa pb. ri / : ; >: ■ r 



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«*pbieti> IL dilti Fanä. der Abschied nachts «tott/ (nrait matü 
«ts9 kwalta» [zum Abendbeiiich] gewecisii)^ so ilauteU der Grussii 
cküt -N äx't»''=*- -«p-hieii iSlbt»^ :w<«u et^a'. lioch ^ *kam 
4'Slyöf» wyölU — 4tw«e:ns Kots 'Wel e^Sj'&n^ 't J 'ol» 
(W^n's Gotte» Wille ißt, und! du auch!) > • ' . . . ' . i 

Beiinl Zu tritikeb- sagte man oKsii^iitb^i t») worauf dei^ 
Andere erwiderte «sai -Kot». . «Gesund» heisst aber 4ii der 
ITundart- «k si\ tD, aonsiil ist': das Zutrinken nU -cKBÜnthfeit» 
TerhSltnismSssig. jüngier; in älterer Zeit i'soU mäti 'Statt dessen 
(gesagt haben ci pra3Q t rs» (ich brin^ dir's), zU dessen Ver-- 
sfAndnis zu beachten ist, dass alle aus Einern Glase tranked;> 
csai*Kot — tä^iktr Kot» (tä?;ikikot) war auch der Griiss, 
wenn man auf dem Felde voriibergieng, wo gerade ein ImbiiB' 
oder das Mittagsmahl eingenommen wurde ' 

Wenn einer liieseii mussfe, sd sagte man « «h« 1 f t r Kot »• 
(•half i Kot), worauf er antwortete «c'täqk i 'K'bt,' half -os 
Kot e ä lo ! » (Dank Ih nen Gott ! helf uns- Gott 'allen f) 

Arn Neujahrstag lautöte der Gruss : ccküthalh (kufö^ 
morjo); i wnpj.s i 9 kiekhaftik sälik(s) rtüijyo'r, Kiek:' 
ü Ksu^theit ün älas wis r i salwr - w'fls,i;»a. » — rf 
W«,i,s (mr wajj ja) tr (i) o so fil.» (Gott helf Ihn^n ; ich 
wünsche Ihnen ein glückhaftig selig Neiyahr, Glück ühd Gesund-' 
heit und alles, was ilir ench selber wünscht ! — ich Wünsch^ 
(wir wünschen) dir (Ihnen) auch so viell) ' * *' 

•Was die Formel des Dankes anbelangt, so ist zu bemerken, 
däss nicht- für jede Kleinigkeit, wie Thüraufmachen, Aufheben 
eines 'auf den Boden {»^efallenGn Gegöiislandes 'u. s.' w. gedankt 
wurde. Weder Fall wirklicher Dankbarknit fjogeben war, sagte 
man: «hiets tärikiKot, pets is k h .Wet mä)r85> (jetzt 
dank euch Gott bis ichs vergelten kann.) Ott auch: «was pseni 
hiets äültik? » (was bin ich jetzt' schuldig?) — (hitj a e^ 

» Bemerkt seil "hier beiläufig, dass nie, auch auf dem Felde nichts 
ohne Tischtuch (Tesla/a) gegessen wurde. Die Mahlzeiten watelr 
<s Frei^tek» (Frühstück), bestehend aus «Khas ö •Pryot> bei Tages 
anbruch, »s -Moriaasa» bestehend ans irgend eipem Gemüae 
(Kryt, Ilyüwd, Päsu^;io, iLpflmyü?, Perafliyüs, Kwats^pfafr, Plät- 
i^mältsani^ Pflüta^ ArpsQpap, Pyuuapäp JXr^ut, Kühen, Gelbrüben, 
A|»fel]nas, Bj^nenmna. <iaeW]iflav^^ Pli^tte ßeschmel^tja 

(Kartoffeln)«, Kartoffelbrei, Brbsen^^ u. s. w.) etwa um 

8 Uhr; 8 T 8 ö w ea (liittäs(8iliBhlX beiteböid aiis'Kbäs e iH^pfl mit' 
Wein oder KhesmeliX dazu, s Fierdstekla bestehend ans Eise 
und Brot nnd Wein, und endJichiÄ Nä'/t. a/s a bestehend ans irgend 
einer Suppe oder Kapi'aklta (Bratkurtoffela) iinib cKhesmeli/», wdche 
der Khaspyuiin der «Heioapes.^ vom. 6erg< mit heraaterg^bracbt hatte; 



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net trwärt.» — sa wöis i nit äs täftk ir .Kot« 
pets i s khä, (mr s khaena) :w^t inäx^-» 

Bei Begegnungen ausserhalb des Hauses unterUess man ei- 
nen eigentlichen Gruss, wenigstens so weit mein Gedächtnis 
reicht. Die, nur persönlichen Feinden gegenüber unterlassene, 
Höflichkeiisbezeugung bestand bloss im «epds tsyü eim 
säka» (etwas zu einem sagen), was meist eine Frage enthielt. 
Nur am frühen Morgen sagte man cküta *Morja» — worauf 
der andere mit ckuti^k » antwortete und irgend eine der nach- 
stehenden Fragen daran knüpfte. Bloss zum Pfarrer oder sonst 
einer vornehmen Persönlichkeit, sagte man auch «küta Tä» 
und ckütd Nyo wad (g. Tag, g. Abend). Die Frage, die man statt 
eines Grusses stellte, richtete sich ganz nach dem, was der An- 
geredete gerade that. Gieng man an einem Unthätigen vorüber, 
so fragte man «wäs *kets?» was giebt es? worauf die Ant- 
wort folgte «f 'net f i 1 » nicht viel. Dieselbe Frage richtete man 
an Leute, die auf der Strasse Iwieinander standen und schwatz- 
ten. In diesem Fall sagte man wohl auch: «s t ry osa nr? » 
«c strasset » ihr?* — < M (1" solchen Antworlen wurde 
das sonst kurze a von «ja» meist gedehnt). Einen Hirten 
(nv^ie man: «hes (bzw. haj/) kyiit Sä^r?» (hast du gute 
Sache?) Einen Ruhenden «'tyiitsos (aso)? geht es so? oder 
«pes bzw. (sLe^i^r) am rüia?» (bist du am Kühen?) Einen, 
der einem auf der Strasse begegnete, fragte man: «wet (bzw. 
vva j^r) t ü r i y n ü f (bzw. türi/ 'nd,)?» oder auch «w et -hei m?» 
oder (icvvel üf -heim los?» (willst du nach Hause?) bzw. 
wet 'fürt? wobei man natürlich wissen musste, wo der Be- 
treffende wohnte. P)ekanntere Leute fi-ag-fe man auch ccwu'wet 
äno?» (wo willst du hin?) « wü pes k s iß, ? » (wo bist du 
gewesen?) Zur Essenszeit fragte man: waj, r -o kö asa? 
wajj- ü f s Tsöwaasa los? bzw. ha^i^r-o kasa? haj^rtsa 
Morjo kasa? h a j r -tsowokasa? haj/ tsa Nay t kasa? 
Konnte man die Frage nicht bejahen, antwortete man etwa 
•he t n ä, net (heut noch nicht) oder auch s ü 'f i l m y o 1 (schon 
oft). Traf man jemand am Brunnen, .so lautete die Frage je 
nach der Beschäftigung «haj^r Türst?» «a^i^r Wäsr höla?* 
waj^r traQkd (tränken)?» «wa i r syfr mäya?» (wollt ihr 
waschen?) In der Heuernte h-d'^ie man die Mäher: «hoit s 
a s (p r d f) ? oder (f Ii o i t s k y ü t ? » (schneidet es gut ?) Ant- 
wort : «ja» «(ja)», oder ccnet so kari) (nichtsehr); oder wenn 
einer dengelte, a s le^i^r am särpfmä;^9?^ «ta^lanr?» Zu 



^ Unter < Strassen » versteht der Münsterthäler zan&chst auf der 
Strasse bei einander sfehen bleiben, iim zn schwatzen : er sagt aber 
auch, er «gebe za Strassen», wenn er auf Besuch in ein Haas gebt. 



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den andern < Höiwrlit » sagte man c s tß^i^r äxa Spröita (seid 
ihr am ausbrdten?) bsw« waQo (wenden) bsw. tsama 
mä}^9? (zusammenlegen) oder chaj/ ters?» (habt ibrDQr- 
res?) Bei der Kartoffelernte fragte man: C8»j,r äm talwa?» 
(seid ihr am ausgraben?) oder ckets wyol *ys?i> (giebt es 
guten Ertrag?) War lelstere Frage nicht zu bejahen, so hiess 
die Antwort c*net so kär» oder es kihi ko'raeQlÄx^ 
*här» (es geht gering zu). Einen Fuhrmann fragte man «haj.r 
'0 wetr Ifltün» (habt ihr auch wieder Ladung?) einen mit 
der Herde umziehenden Melker oder die, die mitgiengen 
cwitfilonr?» (zieht ihr um?). Am Sonntag fragte man : cwaj,r 
*o e ti K he lix?» (wollt ihr auch in die Kirche?) «waj/ *o k& 
pa 1 0 ?» ch& S -o k 9 p at ?» War ein Leiehenb^ängnis^ «k i en 
r *o mssm Lix^?» (geht ihr auch mit der Leiche ?) 

Selbstverständlich macht dies Verzeichnis auch nicht ent- 
fernt auch nur auf halbe Vollständigkeit Anspruch. Es soll 
nur einen Begriff geben, in welcher Weise man einander an- 
redete. Oft knüpfte sich an derlei Fragen noch ein weiteres 
Gespräch. Man mag in diesen cGrussformeln» den eigentlichen 
cGruss» zwar vermissen; aber in der Sitte, dass der Münster- 
thäler an keinem menschlichen Wesen vorbeigeben zu dürfen 
glaubte, cohne etwas zu ihm zu s*agen», lag doch etwas sehr 
Schönes. Bas Nichtgrössen nennt der M ünsterthäler <n ä w a 
nä^tr f^rloifd we Hüin» (neben einander vorbei laufen wie 
Hunde) und bezeichnet es damit als menschenunwürdig« 
Dem Mflnsterthäler fällt es, wenn er z. B. in die Nordwestecke 
des Elsasses > kommt, immer sehr auf, dass die Leute dort im 
Dorf beinahe an einander stolpern, ohne einander zu beachten, 
und dass, wenn sie einmal etwas zu einander sagen, dies in 
den meisten Fällen ir^fend ein Uz ist. 

Und was ist nun aus dem genannten Formenreichtum heute 
geworden ? Es ist beinahe alles auf die beiden fremden, unver- 
ständlichen Inteijektionen c p ü ä ü r » und cp ü s w ar» zusammen 
ges('.hrnmpft. Und was das auffallendste ist, dieses vollständige 
Gberwuchem des Einheimischen durch Fremdes, Welsches, 
hat sich grossenteils erst seit 1870 vollzogen, seit der Zeit, wo 
die amtliche Verwelschungsarbeit aufgehört hat. Wer tragt 
die Schuld? Einmal die sogenannten Gebildeten des Thaies, 
die um ihre überlegene Bildung zur Schau zu tragen, kein besseres 
Mittel wissen, als in fremden Zungen zu reden, als oh jeder 
welsche Brocken dem Sprechenden eine Art Adelsbrief verliehe. 
Sodann scheint es mir eine UnterlassungssQnde von Seiten der 



l Die Beobachtung habe ich zunächst in Waldhambach gemacht« 
sie wird aber wohl auch für die Umgagend vielfach zutreffen. 



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Schule^ dass sie solchem irreleitenden Einfluss nicht mit aller 
Macht entgegentritt und dergleichen Thorheiten vor der. heran- 
wachsenden Jugend gebührend lächerlich macht. 

Auf den volkswidrigen Einfluss der vorhin genannten Kreise 
ist auch die Unsitte wohlhabender Bauern des Thaies zurück- 
zufuhren, ihre erwachsenen Kinder einige Monate eins Welsche» 
zu thun, als ob man dadurch Bildung erlangte, dass man in 
einer zweiten Sprache ungebildet ist. Die Sitte ist allerdings 
nicht neu und hatte vor 1870 ihren Sinn, obwohl damals schon der 
Erfolg nicht immer den gemachten Ausgaben entsprach. So 
erzählt die Oberlieferung von einem Bauern, der der reichste 
seines Dorfes war und es darum für standesgemäss hielt, seinen 
Erbprinzeu «es Wal So» zu thun. Dieser Bauer kam eben 
von einem Besuch seines Sohnes in Pöfrt fBelfortJ oder- 
M äB, if p l * k äirt fMonthäliard ) zurück, und wurde von seinen 
Landsleuten gefragt: cw e e § s , k h ä^ t i n r P y ü § ü wa l § 
cwalS 'röte nä, n et» .war die Auskunft, «äwr äfä^a 
wali 'frasa» . (Wie ist*s? Kann dein Sohn schon franzö- 
sisch? — Französisch sprechen noch nicht, aber einstweilen 
doch französisch fressen (d. h. er hat einstweilen französische 
Tischsitte angenoimmen)). 

Nun, zum welsch Red en habens die Mfinslerthäler, 
Gott sei Danky auch heute noch nicht gebracht, aber doch zum 
welsch G r ü s 8 e n ; auch sind sie eben daran, die Vornamen, 
sowie die Bezeichnungen für verschiedene Verwandt- 
schaftsgrade zu verwelschen. Auch beginnen sie, leider nach 
dem Vorgang.der sogenannten c Altdeutschen», die einheimischen 
deutschen Monatsnamen durch die welschen zu ersetzen.. 
Hoffentlich dienen diese Zeilen dazu, das Auge unserer Schul- 
bebörden auf diese En t Wickelung der Dinge zu lenken, und sie 
zu veranlassen, das Ihrige zu thun, um unter einem urdeulschen 
Volks^tamm, der einst sein Deutschtum unter französischer 
Herrscliaft so treu bewalirl, deutsche Art und Sitte auch 
u nter deutscher He rrsc ha ft zu erhalten. . 



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Das Elsässer Judendeutscli. 



Von 

C. Th. Weiss. 

Es ist etwas Eii^enlhüinliclies um die Muiidarl der JudcMi. 
Als sog. Judentleulscli, ^ verachtet, unterdrückt oder hicherlich 
gemacht wie seine Tr.'ipj'r, !)ietet es <U^cli für Spiacli- und 
Volks^^escbichte lulere-^sautes i^enuLT. Einiges davori lung liier 
anj^'^edeutet werden, sdWtMl es aul die nachfolgende L);u""<lelking 
des Wortschätze s des iieuligen Elsässec .ludendeutscli JJczii;^ hat. 

Zur Geschichte des .liKUscIt-driitsrljcn isl liii^r nur kurz zu 
heineikeii, dass sich die Juden si hon zu ihicn .illt-ii Zt^iten 
fremde Spiache und GuUur in liohem Gradf anzueignen ver- 
standen hahen, so hesonders Araniaeisch. Seitdem sie dann unter 
den Deulsclien lel)teu, suclilen sie nalüi iich, hesonders \V(» und 
so lange ein freier und reger Verkehr zwischen heiden hen - hie, 
sich in Sprache und liehen ihrer Umgehung zurecht zu linden. 
JDa .sie al)er zähe an iinem fVennlen Starnmeslum festhielten 
und äussere und innere Störungen die Weiteren! wickelung 
hindeiten, hlichen sie auf halhem We^ie stehen und so zeigt 
ihre Sprache denn alle die Gehrechen und L'nvollkoninienheiten, 
wie sie jeder Fremde im Volkstum hei hlosser Aneignung der 
Sprache oline Aufjjeben seiner Besouderlieit uns heute auch zeijjt, 

* Die versch, Definitiunen des Judendeatsch s. bei Ave-Lalleinant 
Das deutsche Gaunertum. Leipzig 18H2, III T. S, 198— 207. L'eber 
Judendeutsch übeihaupt vergl. bes. Ave-Lallemant a. a. 0. 
ÜLT. 8.41— 56, 196>^7 (die ältere Litteratur S. 21 i - 259). IV T. 
Anhang A. 8 821~6ld (Wftrterbnch des J.-D./, J. M, Jost Ge* 
«ehichte des Judentums n. s. Sekten t839, iU 'S. 'SCÜB, 1^79 -9S ; 
Z^n« Goltesdienstl. Vorträge 1832, S. 438—441. Ersch u. Gruber 
Allgem. Encyclopädie der Wissenschaften und Künste II Sect» T. 3? 
S.' 323 Art L D von J. M. Jost und sp&teir citierte» 



— 122 — 

wie z. B. bei uns ansässi^^ gewordene italienische Eisen- 
babnarbeiler. 

In sich aber war diese Sprache gefestigt, und so begann 
für sie mit Erfindung der BuchdrucIceriKunat eine Blöteieit. 
Aeusserlich verbreitete sie sich nun rasch in ganz Mitteleuropa, 
sie schuf sich eine eigene Schriftart und brachte es zu einer 
bedeutenden Litteratur, an der auch das Elsass in erheblichem 
Maasse betheiligt war. Ihr Inlialt war fast ausschliesslich 
religiöser und moralischer Natur. Nachdem das BedOrtnias 
gestillt war, trat bald wieder Verfall ein, und als endlich seit 
Mendelssohn eine wirkliche Reformation des Judentums von 
innen heraus begann, und der Staat sie in die Gemeinschaft 
seiner BQrger aufnahm, da verschwanden jüdisch -deutsche 
Litteratur und Schriftsprache immer mehr und hörten schliess- 
lich ganz auf. 

Dagegen hat sich das Judisch-deutsche selbst, von Mund 
zu Mund fiberliefert, in den niedern Schichten als gemeine Ver- 
kehrssprache erhalten ; auch ist für den schrifllichen Verkehr 
die iiequeme Kurrentschrift üblich geblieben, hesonders fürRahbiner 
und Gescliäftsleute. Denn es lässt sich in ihr, ^ abgesehen 
davon, dass sie für Dritte kaum zu entzifTem ist, — auf demse)l>en 
Haume mehr als doppelt so viel mitteilen, als es in deutscher 
oder lateinischer Schrift möglich ist. 

Doch auch der Umfang dieses mundartlichen Juden- 
deutsch ist in stetem Abnehmen begrÜFen. Wie der deutsche 
Dialekt von den höheren Gesellschaftsschichten abgelegt und 
verleugnet wird, weisen auch die eine bessere soziale Höhe 
einnehmenden Juden ihre angeborene Mundart ab. Die 
charakteristischen Züge schwinden so allmählich aus dem Juden- 
deutsch. Aus.<;er den gesellscha filichen Verhältnissen wirken 
hierfür besonders noch zwei Gründe, einmal der gleichmachende 
Einfluss der Volksschule und dann der bessere Heligions- und 
Sprach-Ünterricht der eigenen Lehrer. Gebildete und geschulte 
Rabbiner und Vorsänger haben die früheren polnischen Lehrer 
ersetzt, die den in Polen modificierlen und verdorbenen Dialekt 
der seit dein 15. Jahrhundort dahin ausgewanderten oberdeut- 
schen Juden zurückbrachten und weiter pflegten und verdarben. 

So sind der heranwachsenden Jugend schon eine ziemlirlie 
Menge von Ausdrücken und Worten fremd geworden oder un- 
bekannt; an deren Stelle sind deutsche Worte im Gebrauch. 
Pflege findet das Judendeutsche eben nur noch m der i'amilie 
und hier mehr nach der Seife der Rehgion, Sitte und dem Ge- 
brauche des häuslichen Lebens. Und auch hier — es sind 
die einfachen und orthodoxen Familien — zeigt sichder Einfluss der 
inneren Emancipation der Juden, es werden nämtich die Diaiekt- 



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— 123 



Wörter durch die in die deutsche Sprache eingestreuten reinen^ 
classisch- hebräischen Ausdrücke ersetzt. 

Einen Beleg fnr das Absterben erhält man^ wenn man z* 
B. mit dem folgenden Wörterbuch das vor etwas fiber lOO 
Jahren au^estelte und bisher vollständig übersehene cVerzeichnis 
der von denen Juden sonderlich auf Ross Märkten gebräuchlichen 
hebräischen Wörter und Redensarten» von W. E. Freiherrn von 
Reizenstein,! Anspach-Beyreuth .Geh. Rat undOberstallmeister^spä* 
tem Ober-Amtmann zu Uffenheim, vergleicht. Trotzdem er nur die 
aus dem Hebräischen stammenden Worte giebt, bietet er doch 
einen 5fachen Wortschatz und zwar nicht etwa bloss Schacheraus- 
drücke, sondern ein vollständiges jüdisch-deutsches Wörterbuch» 
Das deutsche Element kommt in den beige^^ebenen 5 Gesprä- 
chen zur Geltung. Man vergleiche auch das im Anhang mitge> 
teilte Gerichts-Protokoll von Mutzig aus der Mitte des vorigen 
Jahi hunderts mit seinem Wortschatz. 

Gehen wir noch weiter zurück und nehmen ein Elsässer 
Beispiel selbst. Da stellt uns Moscherosch im 6ten seiner Ge- 
sichte Philanders von Sittenwald zweiten Teils ein Verzeichnis 
der Feldsprache, d. h. Gaunersprache von ca. 268 Aborten 
auf.* Von den ca. 30 jüdisch-deutschen Worten darunter sind 
kaum mehr ein Dutzend, zum Teil etwas verändert, mit Ablei» 
langen und Zusammensetzungen im Gebrauches sei es nun^ 
dass die andern als specißsche Gaunerwörter in Misscredit ge- 
raten oder dass sie sonst abj^egangen sind. 

Etien.weil sich in der niederen Schachersprache der Judeo 
gemeine und gemeinste Ausdrücke genug finden, die nur in 
engen, fast verborgenen Kreisen bekannt sind, ist das Juden- 
deutsch vom Gaunertum für seine Zwecke ausgebeutet worden. 
Als man sich dann mit der Gaunersprache näher beschäf- 
tigte, und in derselben die vielen hebräischen Wörter fand und 
auch das Judisch-deutsche selbst einen nicht kleinen Gehali von 
Bezeichnungen für moralische und andere Defekte bei oft derber 
und niederer Ausdrucksweise aufwies, kam man dazu, Gauner- 
sprache und Judendeutsch für gleichbedeutend anzusehen. 
Trotzdem ist das Judendeutsch streng zu unter«icheiden von der 



' Dasselbe tiiidet sich in dessen Werk : Der vollkommene Pferde- 
kemier etc. I. Teil. Anhang S. 17H ff. 1780. Anspach. 

s H. M. Moscheroaeb v. Wilstätti . . Gesichte Philanders von 
Sittewald. Anderer Theil. Strassbnrg, bey. J. R. H&lben 1648. 

8. 629—652. 

3 Es sind die folg.: acheln (No. 3\ alchen (204), barlen (421),. 
beth (28), bosshart (61 \ brajen (426), genffen (157j, lebem (232)» 
mess (265), seffel (378), schoeker (326). 



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eigentlichen Gaunersprache. Beide sind in ihren Elementen 
grundverschieden. 

Allerdings lag es sehr nahe; Juden- und -Gaunersprache zu- 
sammenzuwerfen, schon wegen des dehnbaren Begriffes des 
Gauners* Auch stellten: die Juden einen grossen Prozentsatz der 
Mitglieder der Gaunergesellschaft, oder sie bildeten die Helfer 
und Hehler derselben. Die deutsche sittliche Rechts-Anschauung 
aber hat von yther den Stehler für so ^nt wie den Hehler ge- 
halten. Dann wird aber auch das Jüdisch-deutsche von den 
Ju(ien ^erne als geheime Geschäflssprache benutzt. Indem ich 
Beispiele aus der Litteratur anzuführen, unterlasse, mag hier 
nur bemerkt werden, das? mir selbst der Vorsieher einer gröss- 
eren israelitisch en Gemeinde lundweg jede Auskunft verweij^erte 
unter der austührlichen £e;:ründLin<,% dass durch das Erforschen 
und Aufzeichnen scliliesshcfi doch nur dem gemeinen Manne 
un<l Bauer ein Handbuch der jüdischen Geschäflssprache in die 
Hände kommen könne, durch welches er dann in Wirtschaften 
und auf dem Markt, in Handel und Verkehr die Juden be- 
lauschen könne und so Kiiil)lick in deren Geschäfte bekäme. 

• Sehen vvir das Juden-deutsch auf sein«^ Bestandteile 
hin an, so finden vvir grosse Manni,:f"ilt igkeit. Den Kern des 
Wortschatzes bilden althehräische und daneben auch aramäische 
und rahbiniscb-talmudische Wörter nehst deutschsprachlichen 
Weiterbildungen, der^^eihen.i 

Auch sinnlose Bildungen kommen mitunter vor, die mit 
der früheren Unterrichtsart zusammenhängen, nach der die 
Kinder ohne Verständnis oder Erklärung einfach die vorgespro- 
chenen Worte, spätei" Zeile um Zeile der Grundlehren und Ge- 
bete der jüdischen Religion nachspreclien und auswendig lernen 
mussten. Ein Beispiel hielet Nr. vgl. auch 2. am Ende. 

Eine kleine Gruppe bilden die aus dem Lateinischen, Ara- 
bischen und Französischen aufgenommenen Worte. Grösser und 
interessanter sind die Entlehnungen aus .dem Deutschen und 
seinen einzelnen Mundarten. 

Die aufgenommenen deutschen Worte, denen mauerst in neue- 
rer Zeit besondere Beachtung zu schenken scheint, 2 sind zugleich 
auch ein Merkzeichen für die Kullui entwickelung der deutschen 
Juden. Die meisten sind alten Ursprungs aus mittelhoch- 
deutsclier Zeit. So hat die jü<lische Sprachhildung aus jener Zeit 
manches getreulich howahrt, das uns verloren gegangen ist. 
Vgl. in Nr. 43 die alte Endung auf m, wo wir heute ü setzen 



' Vereinzelt auch cabbalistiacbe Bildungen wie die No. 145.310. 
2 Vergl. bes. Max Qrüubsam j&4isch r deutsche . Chrestomathie 
Leipzig 1882. z * . , . 



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— 125 — 

Damals lebten die Juden nicht nur im Volke, sondern auch, mit 
dem Volke; erst. mit dem 14. Jahrhundert trat die grosse, blei- 
bende Trennung ein, welche die Juden in ihrem Verkehr auf 
die niedersten Klassen beschr&nkte. Vorher beteiligten sich Juden 
mit bei. den grossen. Kulturleistungen des ganzen Volkes. Sang 
doch in Franken : ein jüdischer Minnesänger, Süsskind von 
Trimbergy .und wirkte noch 1331-36 ein Jude im Elsass, Samp- 
sön Pine,' als Itolmetscb der französischen Vorlage bei der Par^ 
civalerweiteruog mit, die Wisse und Colin im Auftrage des Herren 
Ulrich von Rappoltslein dichleten.' üeber den Dolmetsch ist 
nichts überliefert als nein Name. Er ist aber wohl mit den 
P^lfichtlingen in Beziehung zu bringen, die Frankreich in der 
Zeit von i^280-130ü verlassen mussten ; denn im Allgemeinen 
zeigen die Elsässer Juden nicht mehr französische Kenntnisse 
und Beziehungen als die Elsässer selbst. Auch giebt es eine 
jödischdeulsche Bearbeitung des Ritterepos von Wigalois. 

Nicht nur die Juden haben damals aus der deiilsc hen Sprache 
sich bereichert, sondern auch diese nahm manches hebräische Wort 
auf, das uns heule als einJieimisches Volks wort ersehenen will.^ 

Nicht in allen deutsclien Ländern erhielt sich rmtan^'^ und Bil- 
dung, des Jüdisch-deutschen gleicli. VViesicli aiH'h (iit.Mleiil.^che Spra- 
che in ihre Mundarten gliedert, so zerfällt auch das Jüdisch-deutsch 
anlehnend an diese in seine Provin/ialdialekte. Eine bedeutende 
Stelle unter denselben gebührt dem Elsässer Juden- 
deutsch. Von den ältesten Zeiten leben gerade im Elsass 
die Juden bis in <lie kleinen Dörfer im ganzen Lande zerstreut, 
wo sie mit dem. Volke in engerer Ijerührung bleiben mussten. 
Als Erinnerung an diese Zeit enthält denn auch das Elsässer 
Jüdisch -deutsch manch altes deutsches Wort, an dessen Stelle 
im benachbarten Baden hebräische Ausdriu k.^ '„gebraucht werden 
z. B. die No. 460 (173); 443 (380); 439. 43G. (434). 427. 

Aus dem Französischen dagegen hat das Elsässei' Juden- 
deutsch nicht mehr entlehnt als der Elsässer Dialekt selbst. 
Die Elsässer Juden waren deutsche Juden und verkehrten und 
handelten auch s[>äter a!il(M" tVanzösischer Herrschaft mehr nach 
Deutschland und im Lande selbst Vergl. die No. 421. 426» 
.428. 430 (?) 

Einen besondern Elsässer Juden Dialekt, verschieden von 
der aligemeinen Mundart , unterschieden Mitte des vorigen Jahr- 



1 Parciväl Ton Clans Wisse n. Ph. Colin hg. t. K. ScHorbach in 
B. V der Eis. Litt. Denkm. von B- Martin a. B. Schmidt 1888, Strass- 
bnrg, S XX. XXXL XLI. 

* Beisp giebt 0. Behaghel. Die deutsche Sprache, in Wiss. der 
Gegenwart, im, ii. I2ö. 



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— 126 



btinderts Prof* Ghryaander in seinem Schriftchen «cvom Nutzen 
des Juden Deutschen». 1750. Wolfenbültel. S. 4 und unter den 
Neuere J. M* Jost in Erscii und Gruber a. a. 0. S. 32ö. 

Das Eigentümliche des Elsässer Jüdisch-deutsch zeigt sich 
besonders, wenn man es mit dem der Nachbarschaft vergleicht. 
So sind in Baden eine Menge els&sser Ausdrücke einfach unbe- 
kannt, sie werden nicht verstanden ; es sind die unter folgen- 
den Nummern aufgeführten: 2. 13. 18. 2::$. 26. 39. 40. 41. 47. 
50. G2,b. 71 letzte Hedensari. 83 b. 87. 88. 98. 99. 115. 130 
Ra. 138. 171. 178. 183. 189. 212. 223 Ende. 234.235. 266 b. 
270. 271. 275. 277. 288. 315. 344. 361 Ra. 374. fast alle 
deutschen Worte bes. 41G. 419. 421. 422. 424. 425. 427. 428. 
431. 434. 435. 438. 443. 449. 453. 458. 459. 460. 470. 473. 
475-77. 479. 481. 485. Andre werden als selten bezeichnet und 
wieder andere gelten als verpönt, ja man bezeichnet sie geradezu 
als «r Jaunen Wörter», als nur für die untersten Elemente 
verständlich, als gemein und verachtet sie. 

Anderseits wieder kennt das Elsässer Judendeutsch eine Reihe 
sonst üblicher Ausdrücke nicht, so z. B. die in Baden gebrauchten 
wie sie die folg. Nummern enthalten: Nr. 3b, 6. 10. 20 Ra. 
47. 51. 54 Ra. 55. 56. 60. 60 b. 69. 72. 73 Ra. 74. 
81 Ende. 105. 108b. 109. 124b. 126. 147. 150 151 a. 152a. 
153. 154. löl. 162. 173. 181 b. 190. 193 Ende. 200. 204. 
208. 209. 225. 226. 230. 238. 246a. 248. 249a. 252. 255b. 
258 . 261. 26i Ra. 269. 273 Ha. 276b. 283. 284. 286. 291. 
29i. (30ü). 303. 3ü4a. 306. 310d. u. 310e. 313b. 320b. 323. 
326. 331. 332. 335. 347. 350. 354. 361b. 365. 367. 369. 380. 
386. 389. 391. 398. 405 Ha. 410. 411. 418. 430. 432. 437. 
440. 446 . 448. 461. 464. 4(j6. 467. 480. 

Vor den andern zeichnet sich die ELsässer Mundart 
durch iliren fast regellos erscheinenden Vokalwechsel aus, 
ihre breite Aussprache und die besondere Vorliebe für den 
Diphthong au, die .sie nur mit den schwäbischen und polnischen 
Juden gemeinsam hat. Dieselbe gebt soweit, dass sie auch in fal- 
scher Analogie deulsche Worte ergreift /. B. 470 und 655, wo unser 
deutsches Woi t malen, elsüssisch mole (mola), zu jdd. maule wird. 

AL'hiiliches passii t auch mitunter im Bereiche der deutschen 
Mundarten bei tUmi Bemüiien sich schiiftdeulsch auszudrücken. 

Ergieht Mch schon aus dem vorher Gesagten, dass das 
Judendeul.scli eine deutsche Mundart ist, so tritt dies noch 
deutlicher hervor, wenn man die Wort- und Satzbildung näher 
verfolgt. Wir erkennen, dass das Elsässer Jüdisch- deutsch auf 
<ilemannischer Grundlage ruht, dass es sich eng an die Volks- 
inundart anschliesst. Eine Granuuatik desselben giebt es nicht, 
wie auch der einzelne Volksdialekt keine hat. 



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\ 



— 127 — 

Ausserdem hal das Judisch-deutsch doch manche hehr&ische 
Formen gerettet: so die Plural-Endungen im und os und auch 
besonders in Zusammensetzungen den hebräischen Artikel ha und 
einiges Andere mehr. Sonst tritt um den Kern hebräischer Stämme 
deutschsprachliche Umrahmung, und das so gestaltete Wort 
wird als deutsches weiterbehandelt ; aber nicht nach Schrift- 
deutsch, sondern, wie oben bemerkt, gar oft in veraltetem, 
verdorbenem, missverstandenem Dialektdeutsch. Dieser oft son- ' 
derbar anmutenden, halb unbeholfenen, halb fremdartigen und 
kindlichen Ausdrucksweise verdankt das jQdisch-deutsche seine 
grosse, oft unfireiwillige, komische Wirkung und Verwendung. 
Kein reines Judendeutsch mehr zeigt sich in den Juden -Witzen 
der Witzblätter, letwa der «cFIiegenden Blätter» mit ihrer 
Sammlung «Der judische Spassvogel Jocosus Hebricosus» 
u. dergl. m. Denn es ist hier eine wohl auf dem einzelnen 
Charakteristischen beruhende,aberverall{remeinerte und stereotype 
Judensprache herausgebildet worden, ähnlich der Sprache der 
Studenten, der Zofen, dem Lieutenantsdeutscb derselben 
Witzblätter. 

Was das Hauptwort angeht, so zeigt die jüdisch-deutsche 
Sprache hebräische Worte in allen Formen, vielfach im Plural, 
die wie ein deutscher Singular bebandelt werden (vergl. z. B. 
Nr. 3. 7. 14. 46. 149.) 

Neue WWle werden },'ebildet durch Anhängen der Silbe 
ket gleich iinscrm deutseben heit an hebräische Adjective z. B. 
Nr. 18. 218. 281. 

Eine andere jüdisch-deutsche Endung ist isch, die aber nur 
noch vereinzelt vorkommt: so bei No. 60a und 444. Beliebt wie 
im Alemannischen und Fränlcischen sind die Deminutiv-Endun- 
gen auf le und clie, die auch an den Plural angesetzt werden 
z. B. No. 41. 51. 15'2. '2-23. 310. 310. 351. 454. 401. 402. 404. 
Das Femininum wird sehr mannigfach gebildet durch Anhängen 
einer Silbe: vergl. die No. 29. 279. 220. 286. 308. Der 
Plural wird entweder hebräisch gebildet, oder mit der deutschen 
Form er wie bei No. 11. 294. 309. 352; auch ein angehängtes 
s findet sich einmal bei No. 316. Manchmal wird das Wort 
auch mit seinem deutschen oder hebräischen Artikel zur Ein- 
heit verschmolzen: so l)ei No. 97. 306. 402. nnd 5. 7. 13. 187. 
240. 253. u. a. m. Eine merkwürdige Umwandlung hal beim 
Gesi.lileclit der Worte nach deulsch-dialectlicher Seite hin slatt- 
i;t'tiiii(len. Im Hebräischon giebt es keine Neutra. Für das El- 
sässer .ludendeulsch werden aljer eine Menge Worte als neutra 
bezeiclinel, die vielfach unter dem Einfluss des sächlichen Ge- 
schlechts des deutschen W^ortes diese Wandlung vollzogen balHMi 
werden i so die unter folg. Nummern berichteten : No. 5. 7. 14. 



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59. 71. 73. S3. 85. 8G. 94. 106. 108. 139.158. 176, m. 186. 
188. 195. 232. 2:]:3. 2i6. 254. 255. 256.. 31». 347- 351. 371, 
376. 379. 384. 394. mi. 

Eine Ei<^eatüinlichkeit des Jüdisch-deutschen bilden auch die 
nach deutscher Analogie j,^ehildeten Zusammensetzungen, in denen 
sicli wohl auch hebräisi lic und deutsche Worte zusammen finden: 
vergl. die Xo. 28. 29. 30. 42. 00. 124; 134..146. 183. 215. 
■224. (324), 349 und No. 81. 87. 331. ' . 

Das Adjectiv ist nicht sehr stark vertreten im Jüdisch,- 
deutschen wie auch im Hebräischen. Einzelne deutsche Bildnn- 
$(en finden sich z. B. in No. 310 und. 320, eine Besonderheit 
bietet No. 436. 

Das Fürwort ist fast stets das deutsche, . doch einip^e he- 
bräische bal)en sich behauptet, besonders wo sie mit dem>be- 
zügHchen Worte zusammenschmolzen und so oft interessante 
Neubildungen ergaben, verjjl. we und in No. 71. 98. 412. 414; 
el, le liin, zu in No. 22. 231. 230; he in, an, mit in No. 34* 
Am -häufigsten ist das zur Partici(jialbildung gebrauchte min, 
von wegen, das als mi, abj^^eschwächt »le, vorgesetzt wird, vergl. 
u. a. No. 124. 241(42. 244. 262/63. 272. 275f76. 

Ebenso wie hebräische Substantive und Adjective deutsch 
behandelt werden, wird auch der hebriusche Verbalstamm deutsch 
conjugierl, ja es werden oft einfach hebräische Worie -als 
Verba nach deutscher Art flectiert. 

Solche einfache Zeitwörter sind No. 3. 20. 40. 91. 115. 
117. 124. 185. 204. 218. 227. 457. 455. 252. 261. 276. 289. 
311. 321. 330. 334. 338. 3^i5. 399. 400; 173. 246. Andeie 
Verba erhalten deutsche Praefixe wie ein in No. 115, ver 
in No. 277. 315. 320. Besonders beliebt sind iui Jüdisch-deut- 
schen die mit sein verbundenen Adj. und Parlicipialformen 
vergl. 7.. ß. die No. 58. 115. 19Ü. 211. 214. 242 . 245. 262. 
26.3. 276. 280. 281. Andere werden rellexiv gebraucht, so No. 
40, 78. 274. 287. 358. Auch haben und machon werden 
als Hülfszeitwörter angewandt vergl. die No. 34. 47. 155. 181. 

Die Aussprache und Betonung ist ganz mundartlich deutsch, 
der Accent tritt von den Endsilben zurück auf die Stammsilben, 
damit verbunden ist eine Abschwächung der Endsilben -Vocaie. 
Aber auch sonst zeigt sich bei den Vocalen grosser Wechsel 
in der Aussprache, besonders tritt u an Stolle des o, vielfach 
ei an Stelle des einlachen e; o wieder verwandelt sich in au, 
u wird zu i (No 77). 

Gleicherweise werden die deutschen Worte behandelt. Auch 
hier lienscht, in Anschluss und Weilerbildung an die Mund- 
art mannigtaltigster Vokalwechsel : z. B. werden o und a au in 
No. 435. 470 . 475. 477, dagegen aus auch jd. ach und in No. 



— 129 



415a. 447. 452, ei zu e 465. und i zu ei 449. 464. 474. 
476. 483. 

Eine Scheidung^, was davon deutschsprachliche (mundartliche) 
und judendeutsche Bildung ist, kann hier nicht versucht werden. 
Bestimmte Regeln lassen sich hier nicht leicht aufstellen. 

Auch die Aussprache der Consonanien weicht vielfach von der 
granrimaticalischen ab, wodurch das Wortbild oft sehr weit ver- 
ändert wird ; besonders werden auch die Anfangssilben wie im 
Deutschen durch Verschlucken des Vokals verkurzU 

Wir haben also in Wort-, Salz- und Sprachbildung eine 
deutsche Mundart nur mit fremden Bestandteilen vor uns. 
Nur aus diesem Grunde wird das .lüdisdi- deutsch auch von 
Nichtjuden verstanden und wohl im Verkehr anj^ewandt und 
aus diesem Grunde hat so manches hebräische Wort seinen 
Weg in den den l schon Sprachschatz j^efunden. An Orten, wo 
schon lange Juden dauernd ansässig sind, versieht das ge- 
wöhnliche Volk, das in stetem Verkehr mit ihnen lebt, ihre Um- 
gangssprache oft fast vollständig, miluntei- l)esser als z. B. ein 
besserer jüdischer Kaufmann, der sich bemüht hochdeutsch 
zu reden. 

Ueber das im niederen Volk bekannte und angewandte 
Jüdisch-deutsch kann ich nur für Baden einige, vielleicht auch 
hier nicht ganz unangebrachte Bemerkungen machen. Die Kenntnis 

beim Volke ist am ^nössten, wo die meisten Juden sind ; so 
sind in der badisch-bayerischen Pfalz die jüdisch-deutschen Aus- 
drücke allgemein bekannt, ebenso in der Ortenan : hier wird 
z. B. in einer Gemeinde (Orschweiei ) noch Judisch-deutsch 
gekannt und gesprochen, trotzdem seit 1852, wo sich die israe- 
litische Gemeinde auflöste, kt^in Judo mehr daselbst ansässig 
ist. Fast gar kein jüdisch-deutscher Ausdruck ist im Seekreis 
bekannt, wo bis vor etwa 30 Jahren Wangen, Worblingen, 
Geilingen und Bandegg die einzigen 4 Gemeinden mit jüdischer 
Bevölkerung waren; ebenso wenig wird in Württemberg das 
Judendeutsch gekannt ausser in der Gegend um Nordstetten. 

Auf Sitten und Gebräuche ist nur soweit es zum Ver- 
ständnis der Worte nötig w'ar Bezug gonommen worden. 
Weiteren Aufschluss erhält man aus Dan. Staubon fPseud. liir 
Prof. Aug. Vidal) Scenes de la vie juivc en Alsace, Paris 1800. 

Zur Zurü( kführung der Ausdrücke auf ihre liebräischen 
Mutterwörler wurden die Wörterbücher von Gesenius (8. Aufl.) 
und Fürst benut/t, ]>i-:\veilen auch O. P»Mles Beiträge zur 
Geschichte der heijr. und aramaeischen Studien. München 1882 
und oben Citierte. 

Von den im folgenden Wörterbuche aiige wandten Zeiclien 
bedeutet ein * dass das betr. Wort auch in Baden bekannt sei ; 

9 



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ein f , dass das betr. Wort nur in Baden bekannt sei ; 

ein G-Spr., dass das betr. Wort in die Gaunersprache 
aufgenommen sei. 

Worte ohne Zeichen sind also als spezifisch Elsässer Aus- 
drücke anzusehen. 

Um zum Schlüsse ein Beispiel der An wendunjj des elsässer 
Judendeutsch zu j^eben, drucke ich als dritte Abteilung die Ab- 
schrift eines Protokolls aus dem im Rabbi nafs-Archiv in Mutzig 
befindhchen Prolokoll))U( h über die vom Rabbiner Löh Elsass 
ausgeübte Gericht sbnrkeit, hier eine Vormund schaflssache, ab. 

Die nicht im AVorterbuch der jetzijjen Judensprache mehr 
vorkommenden Ausdrücke habe ich in den AninerkuDgen erläutert, 
für das hebräische Urteil eine Interlinear-Uebersetzung gegeben. 



Wörterbuch des Elsässer Judendeutsoh.^ 

I. Abteilung. 

Die aus dem Hebräischen und damit ver- 
wandten Sprachen stammenden Wörter des 

Jud en d eu t sch. 

1. Abikores(Apiküras) Gotlesiäugner * ui. tuhiiudisch von 
griech. srixoüoo;. 

2. Achlu'oscli (cr/prös) Dieb ; von uii.siclierer Ab.slain- 
mung; vielleiclil trotz dem Anschein nicht hebräi.scli. Tendlau 2 
No. führt CS auf den Sprucii Jer. Baba Mez. 8. G. 
Achberi rescbii (ayperi resiij die Mäuse .sind Nichlswüi'dis^e zurück. 
Itzig- Feilel Stern erklärt es in seiueui Lexicoa der Lus.-;iiokoudi- 
schen Spiache mit A : pi;^ontlirh Achper-Rosch, Mouskopf, 
pfiniger, ralTinirter Mensch, Schhngel, Schellem, Yoketives, 
Dieb, Spit/.bub, Tuckmauser.* G. Spr. 

3. achle [ayln] essen* Verb. hebr. akliäl essen. Hieizu : 
Achilem (ayilom) rn. das Fussen : f hol der achiiem ri (h(M 
tor ayildm ri) brin^ das Essen herein I vom hebr. okhel pl. 
ükhehm. 

4. Af (üf) der lünfte Monat des jüdischen Jahres * 
hebr. Abli. 



1 Dies Wörterbach hinsichtlich der etymologischen Ableitung durch* 
smgeheu und zu berichtigen hat auf auBere Bitte Herr Prof. Euting 
die Güte gehabt. Red. 

- Ahr. Tendlau Sprichwörter und Redensarten deutsch-jüdischer 
Vorzeit. Frankfurt a. M. 1Ö60. 



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131 — 



5. Afdaule (aftäula) Segensspruch, mit welchem die 
Werktage eingeleitet werden* n. von hebr. liadai scheiden, inf. 
Aphel, afdaläh Abtrennung. 

6. Äff (af) Nase f hebr. äph die Nase. 

7. Afeiles (aföibs) Trauer * n. hebr. abhelüt die Trauer 
Bist a. komme? Bist Du in Trauer gekommen? cf. No. 25. 

8. Afere (aförs) Uebertretung des Gesetzes* :en afere 
thun (an aföra tyn) sündigen, vom hebr. Subst. 'abhdräh. 

9. ajen (ajan) 70* vom hebr. 'ajtn dem 16. Buchstaben 
im Alphabet mit dem Zahlwert 70. 

10. Aisig^ (äisik) Isakf hebr. Jizchak, vulgär Itzig und 
Eisig. 

11. einajemer (ein^amar) die Augen* pl. m. hebr. 
*ajin, Dualis; 'dnajim Auge* cf. No. 144. 

12. alafem (alüfom) 1000 * vom hebr. jßlef, pl. alafim ; 
beisalufem (peisalAfam) 2000 etc. 

13. Amhorez (ämhörats) Laie, Unwissender : hebr. zsges. 
*am Volk, dem Artikel ha und ärez Land, also eigentlich Volk 
des Landes. G-Spr. 

14. Anifes (anifas) Demut* n. hebr. subst. 'anawäh 
die Demut unter gleichzeitiger Verwechslung mit ^aniwüth 
«Armut». In Baden nur selten gebraucht. 

15. arboo (arpöo) vier* vom hebr. n. arba'äh. 

16. Arufes (ärüfas) Bfirgschaft * v. hebr. Subst. 'arabhftth 
hebr. <arebh Bürgschaft leisten, Parttcip« ^orebh Bürge. Ich 
bin der erf drfür (iy pin tar erf tarfyr) beim Handeln gebraucht 
in der Bedeutung : ich übernehme jede Verantwortung für das 
Handelsobject ; ein sehr stark gebrauchter Ausdruck, auch den 
Bauern gut bekannt. Vgl. No. 1 i7. 

17. Aschkenas (äskanas) Deutschlan«!.* hebr. Aschke* 
na? ein Name der bibhschen Völker-Geographie [Genes. 10. 3] 
und schon frühe mit Deutschland identificirt cf. J. M. Jost 
Gesch. des Judentums III. S. 199. 207 ff. G. Spr. 

18. Asseskat (asaskät) Frechheit f. vom liebr. 'assis sfark 
frech, .schamlos mit der jüdisch-deu Ischen Endung kat, die der 
Endung keit des deutschen entspricht. 

19. asore (asörd^ asdro) zehn." hebr. 'asarah zehn. 

20. asre (Äsra u, ösro) für \erboten ei klären* hebr. 
asär binden, part. pass. asur verboten), des deiTsch osra nit 
(las t^rfs osra nit)-}- das isch der osre (tas is tdr ösra)j- es 
ist dir verboten. Ein sehr oft gebrauchtes Wort. 

21. asuse (asysd) «^(Gesundheit» als Zuruf beim Niessen.* 
vom chald. nsullia die Heilung. 

22. Asusel, Asosel (äsnsol, asösol) Teufel * hebr. 
'asasöl m. Name eines Dämons, Typhon? lasusel (idsüsal) zum 



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— 132 — 



Teufel^ geh lasosel, geh zum Teufel, Uebr. ia (le) praep. zu. cf. 
m Mos. 10. G. Spr. 

23. Atsumes (ätsütnds) die Knochen von hebr. '^zem, 
plur. 'azamoth der Knoclien. 

24. Auder (autüi) der 12. Monat im jüdischen Jahr 
(Februar/März).* Hohr. Addr vergl. No. 414. 

25. Aufel (äufdl) ein Trauernder.* hebr. abhdl adj. 
trauernd, cf. Nr. 7. 

26. auleme weje (aubma weia). Der Welt wegen, hebr. 
'dam Ewigkeit, späthebr. Welt, wegen em auiem (wekan dm 
aulam) der Welt zu lieb. 

27. auscher (aüsar) reich f hebr. adj. aschir reich 
subst. oscher Reichthum. 

B. P. 

28. Baljes (pajas) Haus.' hebr. bajilh Haus. Beiskise 
(p^iskhisa) Abort. * zsges. aus hebr. belh und kissd eigentl. 

Haus des Stuhles. 

29. Bai (päl) Herr von hebr. baal, nicht allein vorkom- 
mend, nur in Zusammensetzungen : Balbns Hausherr (pälpüs)* 
von (ba al) herr und ));\jith Haus u. BaÜDUSte lern, (palpü^ta) 
Hausherrin. * Balhuke (palhükha) der betreffende, in liede 
stehende, Gele;;enheits Mann. * vom hebr. baal und hakhä 
«der hier Anwesende», man bezeichnet damit auch einen Ver- 
liebten, der zu seinem Mädchen geht, f cf. Tendlau Nr. 1011. 
G. Spr. Baljeies (päljeias) ein eingebildeter, liochmütiger 
stolzer Mensch -j- c. Nr. 108. vom hebr. bä'al und ge'ulli eigtl. 
Herr d. i. Inhaber der Hoheit, des Hochmuths. Balsasseren 
(pälsasornn) Maklei * m. vom hebr. bä'al u. j.-d. sarsur, sasser 
(sarsur, sasar) Unterhändler, Kuppler vom hebr. sirsör Mackler. 
G. Spr. siehe Nr. 323 a. 

30. Bar (par) der Sohn* aramäi.sch bär Sohn G. Spr. 
Bar mizwe (pai' mitswa) eigtl. Sohn des Gesetzes, er isch 
bar m. (er is par mitswa; ein gesetzpflichtig Gewordener d. h. 
er ist in kirchlicher uiul moralischer Hinsicht mündig, ver- 
pfliehtet» die Gebote wie ein Erwachsener zu beobachten, mizwah 
Gebot. Die Geremonie besteht darin, dass der Knabe an dem 
auf sein 13. Geburtstag folgemlen Sabbath in der Synngoge 
zur Thora Vorlesung aufgerufen wird, eine religiöse Handlung, 
die etwa dei- clirisl liehen Konlirmatiou entspnclit. cf. Zuuz. 
Ges. SchriHen. U. S. 214. 

31. Parnes ([»ärn(^-) eine bedeutende F'ersönlichkeit. * 
m. von ( bald, ivirnas VerpÜeger, Ernährer, Fürsorger, Leiter,. 
Gemeindevorsteher. 



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32. pattere (pätai-a) fortschicken * vom heljr. patär eigtl. 
hervorbreclien, frei s^ein, entlassen, fortprelien. ich hab'en ge- 
palterl (kopätart) ich hab ihn wej^gebracht. f 

33. patersche ([Kiforso) trächtig sein * vom hebr, 
p6ter ((Mutterleibs», e baddersch bore (9 pätors pora) eine träcli- 
lige Kuh (cf. No. 49). 

34. bedeie hawe (-pat^ia hawa) im Sinn haben * zsmges. 
aus der hebr. Präpos. be (((in») und d^'dh «Wissen, Sinn». 
Was hosch morn bedeie? (was h(')s mom p.)? Was liast du 
für morgen vor? f -"^o- ''^'^^ ""d 2ö5. 

35. Beheime (pDhriüir») Tier, dann übertragen dumm 
analog, dem franz. böte.' 1". vom hebr. behemäh Vieh; des isch 
e B. (t^s is a p.) Das ist ein Dummkopf, und das isch e mase 
Jjeheime (täs i}5 a mdsa p.) vom hebr. ma'asäh das Werk in 
derselben noch verstärl&ten Bedeutung. (No. 255.) 

36. Bei, B3 (pei, p»^) Mund' n. vom hebr. päh Mund: 
ball's Bei Thalls pei) hälfe den Mund. G.-Spr. 

30 a. beis (peis) zwei* vom hebr. bdth, dem 2. Buchstaben 
des Alpliabels. 

37. Pei (pol) die Zahl 80* vom hebr. pe Name des Buch- 
stabens p, als 7,,ihl\v(M t 80. 

38. Beisech, Peiser, Besach f (peis?^/. peisar, posay) 
Ostern, Passah* f. sing, ohne Dim. u. PI. von hebr. pesach 
Versöhnungsopfer, Paschnhfeior. Peiser ist die äiterey 
aber auch schon \vi*fder im Abgehen begriflene Form. 

:3'J. Ben, Bein (pen, peia) der Jjohn m. vom hebr. 
bÖD Sohn. cf. No. 253. 

29 d. henschen von lat. beneiiicere. 

40. berjene (p nrjotir)) sich in seiner ganzen Grösse 
zeigen, renommieren vom ncuhebr. bari «gesund kiäftig wohl- 
beleibt;) substaiilivisfli gebraucht in der P»A. er i^l c berje far is 
d b;erja) er ist tüchtig in seinem Fach, f der imf sich geberjent 
(ter hol siy kr)pa?rjent) cf. Tendlau No. 1008. G.-Spr. 

41. Besotlke (pesk,)) Ma^id, Madchen l". vielleiclif umge- 
setzt aus hebr. sciiiphchiih «Ma^di». Dem. Bischkeli (pi.skali) 
[SchniieheimJ. f 

42. Bete-Kiine (peta Kyna) in schönen Kleidern" eigtl. 
in den Kleidern des Priestertums, /smgezogen aus hebr. bigde 
kehunah (((Kleider des Priestertums») «in ponlificalibus». 

43. Beten (peton) Leib, Bauch* m. vom hebr. beten Leib; 
in Ettenlieim wird Betern, Bidem (petam, pitom) gesprochen. 
Me hat e Bidem vor sich (ma hat a p^tam for s'iyj er ist ein 
starker (wohlbeleibter) Mann.f 

44. hetüch (P''>ty-/) betucti (i'oluy)* wohlhabend vom 
hehr, Part pass. hatüach «versichert, sicher» ; hierher geliört 



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aucli die RA. er ist l»e(lüclit (er is' p^tyyl) er ist betrunken 
cf. Jahrlxirh TV. S 44. IX S. 118. G.-Spr. 

45. Püieni, Bfele (pfilo, pfeb) Gebetriemen * von nach- 
bibl. lefillliii «Geheti'it'meii» G.-Spr. 

46. Bilbülem pilpylom) Ränke, Intri^men, Lügereien* 
pl. vom ral)h. hilhul Vermisclmng, Verwirrung ; er sucht B. 
(ar syyl p.) ei- macht Ränke^ chicaniert, intri^^uiert. G-Spr. 
(in der Form balbal = unerlaubler Beischlaf) dazu mefulbel 
(mafülpai) Part. Pulpal verwirrt, coafus. * 

47. Pleite machen (pleila ma)(^a) durchbrennen vom 
hebr. i)eletah Fluchl, Errettung, Entkommen, cf. Jahrbuch IX. 
S. 119 ar isch bleide (ar is pleita) total betrunken. Das Wort 
ist vollständig ins Deutsche übergegangen. Daher stammt auch 
der Ausdruck c Flöten (rehen> ^plattdeutsch (((leiten gähn». G.-Spr. 

48. Lau poke we lau nuge, lau büke we lau nuge (lau 
poka wa lau nükd, lau pfika vva lau nüka) das passt durchaus 
nicht hierher, eigentlich es stüsst nicht und rührt nicht daran, 
vom hebr. Id nicht (cf. No. 230) und pagä' Stessen und nagä' 
berühren, anrühren, antasten. Dazu: er ist böge (ar ist p6kd) 
er is gewandt, geübt, f 

49. Bor (por) • Stier. Bore (pöra) Kuh * f. vom hebr. 
pär Stier, päräh Kuh. E baddersch bore (9 p&tdrä pöra) eine 
trächtige Kuh (cf. No. .33). Bei Nicht juden sagt man von einer 
alten, schiechten Kuh; s'isch e bore (s iä 9 pöra)*!- (Euenheim.) 
G.-Spr. 

50. Posche (p6§a) ein Abtrünniger.* m. s. vom hebr. 
Partie, posch^^a Sünder. 

50a. Brauges cf. No. 313. 

51. B^imle (pro^ynb) weiblicher Eigenname fnr alle mit 
B beginnenden andern Namen wie Babette, Bertha, Betty, Bona, f 
Dem. von altd. bruna (pruna). cf. L. Zunz die Namen der Juden 
S. 72—75. 

52. Brero (pröro) Wahl* f. s. vom späthebr. Subst. 
b^rür cWahl», b^Hräh «das Aussuchen». Du hast die Br. 
Du hast die Wahl, f 

53. Presmile (pr^mila) Beschneidung * f. s. vom hebr. 
berith Bund und miUh Beschneidung (cf. No. 251). 

54. Bruche, Beroohe (paruxa, p9r6xa)Segen* f. vom 
hebr. berakhäh Segen. B. heisst der Segen über das Brot 
am Sabbatabend, der aber im Abgehen ist. Es isch kei breche 
an em (s iä khei pr. an am) ; Man hat Unglück mit ihm im 
geschäftlichen Verkehr, f (Etlenheim) cf. No. 257. 

55. Bschitem (psitam) ein Pfennig, f Vom hebr. 
Verb, paschät, ausbreiten, also eigentlich JPl. peschitim «ein 



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tliches (lünne.s GelcUtuck)) im Ge^Jionsatz ZAiin solidus, b'lacli- 
slücke, Pteiiui^e. S iscli bschile (os is i»<ito) es ial klar, selbst- 
verständlich von spathebr. adj. pes< hila einfach, klar t (l*falz). 

50. Bsulo (psulo) die keusche Juij^lVau, die noch kein 
Mann eiknnnt bat, Fräulein f f. vom hobr. belhuläh die 
Jungfrau, die zurückj^ezogen, dei Ehe lern ini KIterniiause lebt. 
Auch werden anständi;,^e Christeiunädcben (iin Ge^^euisatz zu 
Schiksel cf. No. 351.) so bezeichnet. G.-Spr. 

57. Budik (pntik) untersucht,* in Baden bcdiko, badig^e 
(patiko, pälika) beim Schäcliten vom späthebr. badak eindringen, 
untersuchen, badiiL untersucht. 

58. Buke sei (puko) erfahren, bewandert sein* vom 
späthebr. adj. baki erfahren, cf. No. 48. 

39. Bunem, Bonim (punom, ponim) Gesicht, die Augen.* 
n. vom hebr. pänim m, pl. die Oberfläche, An*^esicht. Mach 
kei so dumm Bunem (may kci so tum B.) mach kein so dumm 
Gesicht; er hat en B. wie e tuches (ar hat a B. wie 9 i^y9B) 
er ist ein hässlicher Mensch, (cf. Nr. 130) 

60. PUrem (pyram) Fest am 14. u. 15. Adar, z. Z. 
unsrer Fasnacht, zum Andenken an die Rettung der Israeliten 
vor der Rachsucht des Haman. eigl. p). von dem pers. Worte 
pur (pur) das Loos. 

60a. Von den Kindern wird an diesem Festtage den Eltern, 
Grosseltern und Verwandten l'ol^^endcs Liedchen vorgesungen, 
um die übliclien Geschenke zu erhalfen. 

Gut Pürera, güt Purem, ihr liwi Leit. 
Ich well eich verzeileh, was Pürem bedeit, 
Dr" Pürem bedeit: Kichbsch ze n esse. 
Und der Hüiueu net zu vergesse ; 
Dr Homen sich a heiser Hann, 
Hot jan lanti Heslisch an. 
D' Fra hast Merlah, 
D' Tochter hast Serlah, 
Dr' San hast Kalme, 
Henk sie an dr galjeh 
Vorna an die Naudelspetz (Nadelspitze) 
Wü. de Homeu selber setzt. 

(Kyt pyrem, k. p. ar h'wi leit 
iX wel ei"/ fartseila, was p. patdit 
tar p, pateit : ki/,lis tsa n esa, 
nnt tar Homen nat tau farkesa; 
tar Hornau es a peisar man, 
hot jau rauti hteliX an. 
ta fr& h4st M«rla, 
te t/otar h&st S^rla, 



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tar syn b&st £hftlili9, 
haQk si an tor K&ija 
fona an ii N&ntolsp&tt 
jrj te Homan tiftlper shtaL) 

Auch eine Fasnachtszeitung wird mitunter auf diesen Tag 
xusammenfrestellt, so z. B, in Allorf bei Ettcnheim. 

61. husche (pusa) sich schämen f. vom hebr. bösch, sich 
schämen. G. Spr. Dazu: Bosches Bonem (po^ds pönam) 
schiicliiern, keusch/ vom hebr. b^het Scham, Schande. 

62. Buser (pusdr) Fleisch/ n. vom hebr. basAr Fleisch. 
G. Spr. (Bosser). 

63. Pusik (piisik) Vers.* m. vom hebr. päsük. 

64. busel (^tusol) verboten zum Genüsse.* adj. vom hebr. 
päsäl eigtl. aushauen, päsül unerlaubt, untau<^lich. 

65. butel (pütal) mOssig, nichtig.* adj. vom hebr. bätöl 
wertlos. 

€h. 

60. Ghattes, Kattes (yatas, Khatas) Lump, leichtsinniger 

Mensch, besonders einer, der trinkt.* 

m. vom hebr. chatld Sünder; des isch en schöne Chaites, 
das ist ein rechter Lump, f Elten heim. G.-Spr. 

66a. Ghadeisem (yateisam) Lumpen 1 pl. von chatta, cha- 
tesim (yalesim) G.-Spr. (chadeism = Lumpen-Gesindel). 

67. Ghatiche (/atiya) Stück. * f. vorn hebr. chätikhah. 

68. Ghidisch ixiiii) NeuigkeiL " f. vom hebr. chiddüsch 
Neues. G.-Spr. avon sich verchidische (si^ ferxiüsd) »ich ver- 
wundern. * G.-Spr. 

69. Ghafruse (yafrü.so) Gesellschaft, Verkehr, Gesellig- 
keit, f f. vom späthebr. chabhrutha Ge.sellschaft Er liebt eh., 
er liebt Gesellscliaft. Davon en Ghafruseuer (an ^afrüsanar) 
ein Gesellsclinftcr. G.-Spr. 

70. chajef sain (yajaf sain) schuldi-^ sein. ' vom hebr. 
chajjebh scliuldi}^, davon chajob (x^^b) Schuldner v. hebr. chaj- 
jabh «Schuldner» vgl. No. 97. 

71. Gtiajes (yäjö^^) Leben *n. von späthebr. chnjuth (hibl. 
chajjim) ((Lel)en)). Andre Form is^t Heijes (htMj.)s) -j- IIa. das 
ist mein h. Das ist mein Lieb, mein Schatz, t e vercheist's 
Paar (a for/eists pär) ein verliebtes Paar, fchaj wekajem 
rufe (yäj wakhäjam ryfe) den Himmel um Hilfe anrufen von 
hebr. chaj wekajjam «0 Lebendii^'^er und beständiger». 

72. Ghalaumes (yalai'imos) leeres Geschwätz, f pl. eigtl. 
Träumrr.'i.Mi vom helir. ciialom (Pluralis chälomotb) der Traum, 
chuleme (^^üluma) träumen.* 



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73. Ghalef (yalof) das Sciilaclitmessei-, >«peciell das 
Schücht-Messnr. • n. von talinmlisch rhälipliulh und chalapboth 
f. plur. «Messer». Wertspiel en chalef isch en chalef 
(an yalaf is aü /alaf;. Ein Wechsel (chillüfj ist ein Messer, 
t Pfaiz. 

74. Ghali (yal) Fenster f, abgekürzt aus hebr. challon 
Fensler. G.-Spr. (Challon). 

75. Ghamer (yamar) Esel, Dummkopf * von hebr. cha- 
mur Esel. G.-Spr. 

76. chamische (yamiso) fünf ' von hehr, cliainischah fünf. 

77. Ghanike (yanyk^j) Name eines 8lä^i^en Festes um 
die Weihnachtszeil* von hebr. cimnukkdh Eiuweihungs-Fest 
des Tempels. 

78. sicli charbei.e (siy yarpana) sich schämen * von 
hebr, chorpah Scham, Schande, Spott. G.-Spr. 

79. Ghas we schulem (yas wo sülam) ferne sei 
das, Gott bewahre 1 * vom hebr. chas «Schunungs, vve-schal6m 
cund Friede». 

80. Ghasen (yasan) Vorsänger, Vorbeter* von sf^thebr. 
chassän Vorbeter. G.-Spr. 

81. Ghaser (yasar) Schwein * von hebr. chasir m. Schwein, 
e Ghaserkopf (a yasarkbopf; eigtl. Schweinskopf d. h. ein 
Mensch, der schwer begreift, ein sehr oft gebrauchtes Wort, 
bedeutet auch einen un^schickten, frechen, ungebildeten, in 
Essen und Trinken unmässigen Menschen» auch die Form 
Gbaserresch findet sich in derselben Bedeutung, Saukopf, 
cSch weinige]», von rosch «Kopf», davon ein adj. chaseresch 
(}fa89r8§) schweinisch. 

82. Gharaute (xarauta) Reue* f. von späthebr. chäraf&h 
die Reue. 

83. chaule (x^ul^) krank* vom hebr. choläh Part, krank 
(seiend). Dazu Halas (haläs) Krankheit n. von hebr. cho. 

81. Ghauscher (/auäar) Finsternis * f. verstümmelt von 
hebr. cbdschekh Finsternis. 

85. Ghausem (xäusam) Siegel * n. von hebr. cholhäm. 
Siegel. Der muss uff Alles sei Gh. dricke (tsr mys üf alas sei 
Gh. trika) der muss fiberall sein Wort mitreden. 

86. Gheider (x^idar) Zimmer spec. Schule* n. p1. cha* 
dorem (^^atöram) von hebr. ch4der, pl. chädadm Gemach, 
Zimmer. G.-Spr. 

87. Scbandel-Gheilef (s'andol-cheilaf) Talg, zsgsetzt aus 
franz. la chandelle, und hebr. chölebh Fett, Talg.* cf. tSchan- 
delliecht» für Kerze. G.-Spr. 

88. Gheilik (x6ilik) Teil von hehr, cb4lek m. Teil, An- 
teil. G.-Spr. RA. 's bot e jeder sai Gh. (as hot a jätarsai Gh.) 



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Jeden diückt etwas; in Sierenz spricht man Kchillik (Kyiük): 
es is mer ke K( h. (as is mar khe Ky.) es ist mir gleidi. Du 
kasch die Küeh keuife oder nit, es isch mer user ke kcli. (to 
khils ti Kliya klueife oder nit, as i§ mar usor khe ky.) Du 
magst diese Kuh kaufen oder nicht, es ist mir wahrlich kein 
Unterschied. 

89. Gkein (x^in) Armut* m. von hebr. chön m. Armut 
Sprw. Ka ch. un ke schein (Kha /. un khe Sein) u. eh. geit 
ewer schein (/. keit öwar s'ein) Anmut geht über Schönheit. 

90. Gherem (x^raoa) der Bani^* m. von hebr. eh^rem 
Fluchweihe bes. bei eroberten Stfidten, wo Menschen u. Tiere 
niedergemacht wurden u. auf die Wiederaufhauung ein Fluch 
gesetzt wurde. Luther übersetzt das Verbum mit verbannen. 

90 a. Ghes iyhs) die Zahl 8* hebr. chet. 

91. Ghesch baunes (x^paunas) Rechnungen* von 
hebr. chescbbondfh pl. von cheschbon Rechnung. G.-Spr. 
chesohbene (yespino) rechnen. 

92. Ghesohwen (/eswan) der 8. Monat des jüdischen 
Jahres (Okt. u. Nov.) * von hebr. marcheschwän auch bloss 
cheschwdn. 

93. Gholef. Ghulef jölof, yßBt) Milch«* f. von hebr. 

chaläbh süsse Milch. 

94. Ghorben pl. Ghorbenes (yorben, x^>^^i^^) 
Verwüstung, Durcheinander. * n. von jd. chorhan, Verwüstung. 

Hi. GhOSeilyKusein, Ghusem (/.osan, Khusam, xüsan) 
Bräutigam* m. sing. pl. Kusems (KhAsams), Demin. Kusemle 
(Khusomla) von hebr. chathan m. Bräuti^^am. (VV. Sommer 
Eis. Gesch. 2. 283.) RA. Der Ghusem und die Kalle (Braut 
cf. No. 156) sin mil'nander im Dreck na g'falle. f (Ettenheim.) 

96. Chotser (xotssr) Hof* m. von hebr. chazer Vorhof, 
Hol. G.-Spr. 

97. GhOV iyo^) Schuld, die man einzutreiben hat. * m. 
pl. chaiives (x^uwos) von hebr. chöbh m. die Schuld, cf. 

No. 366 und 70. 

98. Chuchem, Kochern (yü/am, Khoyam) der Weise 
dazu chochme (yo/mo) für Weisheit von hehr, chakh.lm 
weise, chokhmäh Weisheit. RA. Des isch en ch. das ist jetzt 
ein «gescheiter Mensch. Feichuchem (feiyuyom) ein Super- 
kluger, ein (Jehergescheidter * eii,''tL wc-chakhani «und Weiser», 
d.h. noch mehr als ein Weiser, wird spöltelnd von jemand gesagt, 
der sich immer überweise zeigen will. Vgl. die ühnl. Wort- 
bildung No. il i. 412. TIA. Der ch. schlaust sich an allem 
(tar y. staust siy an alom) der Weise >;tösst sich an allem, 
d. h. es geht ihm niclils Aunallcinles unbeineikt vorbei, auch 
im Scherze gebraucht, wenn .sich jemand gestosseu hat. ♦ 



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00. Ghulsche (y,ülsd) Olinmacht f. von chaid. 
chulschci fiScIiwüche». 

100. Ghusch (x.y«) Gedanke, Sinn* von hebr. chüscb 
Nachdenken. 

101. Chüsed (yusot ) ein Frommer* pl. cliasedem (yasetam) 
vom liel)r. chasid pl. chasidini adj. fromm, liel)reicli. 

'U '>2. Ghuschem (yysam) laub, vergesslich * ist vermutlich 
abzuleiten von Chuschim einem Sohne des Dan, der der Sage 
nach taub gewesen sein soll. I. Mos. 46, 23 (Jalkut Ber. 162). 

103. Ghuzbe (j^ütsp») Frechheit f vom chald. chuzp4 
Unverschämtheit. 

104. Chuschef ("yC^^^Q gut, sehr* vom Part, pass» 
chaschübh angesehen, geachtet. Das esch ch. (tas e^ x-) 

ist gut. Es isch ch. kalt, es ist sehr kalt. 

105. Gliutse (xutsa) Hälfte * f. vom hebr. chäzi Hälfte 
(Mitte) cf. No. 410. 

106. GhuQes (Xi'^Qos) Euter der Kuh n. vom chald. 
chäbhith, pl. chabh^dth Fass zum Aufbewahren von Wein und 
dergl. Im Elsass sagt man, diese Kuh hat ein Euter wie ein 
Fass, auch nennt man das Euter überhaupt Fass. 

107. GhalElu (xaklt^) grober Flegel* m. ungeschliffener 
Mensch von späthebr. chakla'äh Bauer. 

108. Tachschet (täysat) Schmuck, Geschmeide, Juwel * 
m. u. n. Iren, ein Prachtmensch, das isch e T. (las is a l.) 
das ist ein guter Junge. Tachschute (tax^yto) des isch e t. 
(dös i^ 9 t.) von Frauen und Mädchen, ernst und ironisch : das 
ist ein schönes Kind, eine .schöne Erscheinung, auch ein schönes- 
Bcnehmen. Dann überhaupt etwas «Schönes» vom hebr» 
Ukbschit Schmuck cf. Tendlau No. 49. 50. 397. 453. 

109. Bajeine (taj^ine) genug f vom hebr. d^y Subst» 
Genüge, adv. genug. 

110. Dajes tajes) Soigcn * pl. vom liel)r. deagah Kummer. 
III) Dalfen (lallen) ein Armer*, wird sehr veischioden 

erklart, witzig von Zunz als Dal von : An.doixie zu unsorm Herrn 
von Habenichls. cf. Teivllau No. 203. 789. Ave Lallemant 
III. 532. Im ersten Teil steckt jedenfalls das hebr. Adj. dal 
«arm» er isch en d. (or is an t.) er ist ein armer Teufel. 
G. - Spr. 

112. Dalles (talos) Geldverlegenheit, üeldniangel, Armut * 
m. von hebr. dalluth «Armut» RA. Er hit den D. er ist 
in Geldverlegenlieit. Die Christen wenden es in dem Sinne an: 



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«r hat den D., er ist krank, sehr herunter gekommen, dem Tode 
nah, ziun Tntlo reif, f G.-Spr. 

113. Dam (täm) Geschniäck * m. vom hebr. ta^am 
tri. Goschniark. RA. Das hot ka 1)., un ka reieeh (täs liot 
khr» t. un khü reioy) hel»i'. n-ach Genicli. Das hat kein Chic: 
(iljerhaupt eine S.tclip, n» fhM' niclils Gutes und Scliönes ist. 
Davon gebildet unbotamt (impahlml) ungeschüHen, ^roh. 

114. Tames flämas) der 4 Monat des jüdisclien Jahres 
Juni — .hdi)* von hehr. Tammus der Monat der Adonis- 
feierlich keilen. 

415. tan sain (tän sain) I)eschuldi^on. Jemanden tan 
sain, jemanden beschuldigen; von hel)r. ta'än belasten, trag:en ; 
hikll. eine Meinung vortra},^en .aitane (äitän.») mitsprechen * 
zsgesetzt vom deutschen ein u. tan. HA. Der kan net aitane 
(ter khan nal ait.), der versieht gar nichts von der Sache. Der 
t.uif ai, dass mr ml znhöie kann. Der schwatzt .so dumm, dass 

f Du tansch ai (tii läns ai) Du sprichst mal dummes 

Zeug.f 

Danes (tanas) Fasttag* m. u. f. von hebr. ta'änith 
f. Kasteiung, Fasten. 

117. teble, dible (tepla, tipb) fallen* von hehr, naphäl 
fallen, (tippol du wirst fallen). 

118. Teife, Deife (leifi>) die Arche (Noahs)* f. von 
iiebr. tehbäh f. Kiste, Kasten. G.-Spr. 

119. Teifes (t^ifds) der 10. Monat des jüdischen Jahres 
(Dec, Jan.)* von heb. Tebh^t. 

120. Tel (tel) Beei digung, Leichenzug,* f. vom hebr. töl m. 
Aufschrutung, Hügel, Steinhaufen. 

121. Deles ((^las) die Thure,* f. von hebr. döieth f. 
Thure. G.-Spr. 

122. Tenef (t^naf) Kolb, Unrat/ von sp&thebr. tinnüph 
Schmutz, Unrat, G.-Spr. 

123. Tes-wuf (t^s-wAf) 15. zsj^es. aus hebr. teth 
= 9 und wdf 6, ausnahmsweise, weil die regelrechten Zabl- 
seichen jud 10 und he = 5 die beiden Anfangs- 
buchstaben des den Juden unaussprechlichen Namens Jehovah 
enthalten. Tes-sujen (t^s-si^an) 16,* ebenso aus denselben 
Rücksichten ausser der Reihe gebildet, von teth 9 und sa*jin 
7. TischenLeie (tis'^meia) 900,* zsgesezt aus teschä' 
<9) und me*äh (100); cf. Nr. 265. 

124. Tforem heteilem (tforam pdtöilem) leeres Gerede, 
nichtige Worte,* hebr. debhariro betelim ceitle Worte»; 
Diwwere (tiwora) sprechen .f G.-Spr. medawere (ma- 
tawra) sprechen,* von bebr. dibbdr reden, Particip. medabbör 
cf. Nr. 239. 



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— Ui — 

125. Tischre (tis'ie), der 7. \fonal des jüdischen Jahres- 
(vom Nisan gerechnet). (Sept. Okt.)* von hebr. Tischri. 

120. Does (\ü9s) Irrtum,t pl. von spälhebr. ta'ülh Irrtum» 

127. tof (tof) gut,t von hebr. !ol)h g^ut, angenehm» 
G.-Spr; ein selir oft {^gebrauchtes Wort, aticli von Christen. 

127 a, Doled (tobt) vier/ von hebr. dalelli, dem 4. 
Buchätal)en des Alphabels. 

128. Tore (tora), das Gesetz Mosis/ I. von hebr. tordb 
Lehre, Gesetz. 

129. treife, tr^fe (trßifo, treta, ir;« fa) unkoscher, ver- 
botene Speisen,' von hebr. terophah f. /(Missenes, zum Ge- 
nüsse Ver!)oteiies. KA. er isch tr. (er tr.) er ist ein Pech- 
vogel.* G.-Spr. 

130. Duches (lu/os), das Gesiiss, liinleie, (entsprechend 
unserni ^^emeinen Arsch).* Durch Missversländniss aus der hebr. 
Präposition fachath «unter, an seiner Statt». G.-Spr. (bes. die 
RA.) Er liebt de Dukes zum Fenschler nus (or liept ta lükes 
tsym tenstor nys) = Er ist bankrott. Die RA. ist in Baden 
nicht bekannt. 

131. Dugim (tukiüi) Fische/ von hebr. däg Fisch. 
131a. tume tarne (tunid, tamd) unrein (moralisch)/ von 

hebr. tamö unrein. 

132. ehscher (öpsör) vielleicht/ von spdthebr. ephschlir 
möglich. 

133. echod («'70t) eins/ von hebr. 'm h.Ad eins; eched- 
beched O^X^l-p^/et) 100 Prozent eigtl. eins auf eins; seil. 
Gewinn. 

135-. Efentof (etantof) Edelstein/ zsgsetzL. aus hebr, 
ebluMi m. Stein und lobh gut. G.-Spr. 

[■'■>o, efer (»'tor) blind* von hebr. 'iwwor blind. 

130. t-n- Efere (on ofero Uebertretung (des -Gesetzes)* 
vom liebr. 'nldierah üebortretunj^. 

137. Eljeii (etj.tn) Dürftiger, Armer* m. von hebr. 
eblijdü adj. dürfti'i, arm. 

138. Eiche nur in der R.-A. Das isch en eiche (las ij> 
an- eiyo) das ist ein Jammer; von liel)r. ekliah ((wie» klagend; 
«warum doch» dem Anfangs- Worte aller Klaj^^eiieder. 

139. Eigel (oikol) K.dl)* n. von hebr. 'ejrel f. Kalb. 

140. Eime (eirnd) Angst* t. von hebr. emäh Schrecken^ 
Furcht. 

141. Eitse (eits9) Hat* f. pl. eitses (eitsos) R.-A. Mit 
eitses bin ich versehne, bar Geld broch ich (mit eitsas pin 
ix farsöna, par kell pio/ i/J von hebr. *ezdh, PL*ez6th Rat. 

142. El (^1) der 6. Monat des jridischen Jahres (August- 
Sept.)* von hebr. m. Elül. 



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— U2 — 



14"! . Olef (olaf) die Zahl eins* von hebr. aleph dem 
«rsten Buchstaben des Alphabets. 

144. Elef (ölaf) 1000* vom hebr. ^leph m. Tausend. 

145. Enajim (anajim) die Augen* von hebr. 'äjin, 
Auge, Dualis 'dnäjim. cf. No. 11. 

145a. emes (6mas) wahr, Wahrheit* m, vom hebr« 
«möth Wahrheit. RA. Des isch emes (tes IS bmos) das ist 
wahr. Das ist der emes, sa^ mer der emes : das ist wahr, sag 
mir die Wahrheit.f G.-Spr. (besonders Creständnis). 

140. Emune nur in den Zusetzungen : Tauflemune 
und Gbadischemuiie ((aufbmiind, yuti^müna) katholische 
und protestantische Religion vom hebr. tounAh f. Glauben und 
hebr. fabbäl «untertauchen, taufen» und ehaddsch «neu» cf, 
No. 68. 

147. Bref (öraf) Bürge f (richtiger 6rdf? vgl. No. 16) 
vom hebr. 'ordbh Bärge. R.-A. Ich hin dir erf dervor (i)r 
pin tor drf torför) ich steh Dir gut dafür.* 

147 a. Erefraf (^rafrat) Gesindel von spälhebr. Plur. 
■^ärabhiebhin. 

148. Erel und Orel (<>rdl, orol) Nichtjude* von hebr. 
■*arel «unbeschnitteni) ein Schimpfname für Nichtisraeliton. 

140. en- Eschires (en-osiros) eine grosse Menge l)eliehijie 
Oe^^enslände, Heicblum * vom liebr, 'ascliirüth «lleichtuni» 
i)er hat en esch. Das ist ein reicher Mann. 

G. K. 

150. Futze Kappore (Fh\s9 Khapöro) zerbroc-hen, ver- 
nichtet, f Die Ableitung ist scliwierig: wohl von hehr, kapparäh 
Sfihnopfer. Futze, auch pfulze leitet Ave-Lallemant IV. S. 392 
von vice her, also f. k, =k. vice an Stelle des Sülinopfers, ein 
Fluch wort ; futze könnte auch ein Wort des Abscheues sein, 
iUinlich unserm pfui 1 f O.-Spr. (Kapore fetzen.) 

151. Katsef, Ghatsef (Khatsaf) Fleischer, Metzger* m. 
vom späthebr. Kazzäbh Metzger. Ketsaufes (Khotsaufos) 
und Ghatzaufes (Khatsaufos) Metzig f n. von hebr. pl.Kazofos 
<Khat8öfos), und godel Ghatsaufes Schlachthaus, f 

152. Kaf (Khaf) 20* vom hebr. Kaph dem 20ten Buch- 
staben des hebr. Alphabets dazu Kaffer (Khalbr) 80 Pfennig, 
m. s. e Kafferle (a Khaförle) cein Zwanziger» ein 20 Sous- 
:8täck =1 Fr. = 80 Pfennig (Rappol Isweiler) ; in Baden be- 
zeichnete man die Zwanzgerle (Sechsbäzner) als Kafferle ; dsenso 
<iie heutigen Zwanzigpfennigstücke. 



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— 143 — 



153. Kaffer (Khafar) Bauer, Tölpel 7 vom späthebr. 
Kophdr Bauer. Unser Schimpfwort Kaffer Rcheint sich hievon 
herzuleiten . 0 . -Spr. 

154. Gafeh (Kata) Stolz, Einbildung f f. vom hebr. 
gaawäb Hochmut, Ra. er bat ein g. er ist eingebildeter Mensch. 
Vgl. elsässiscb Gowa annemmo düaj was nimmt sich das Maidle 
Gow9 an ?» 

155. Kaljes machen (Kaijos ma/d) jemandem hindernd 
in den \Ve<> tieten.'*' von hebr. kal£^ zurückhalten, hemmen. 
G,-Spr. (Kal^lu'^^.) 

150. Kalle (KImIo) Braut* f. s. vom hebr. kalioJi f. 
Braut. (W. Sommer Eis. Ge^^oli. II. 284.) G.-Spr. 

157. Ganf, Ganef (Kan^f) Did) * m. vom hebr. gannubb 
Dieb. Davon g-anfe (kanfo) stehlen. G.-Spr. 

158, Ganeiden (Kaneitan) Paradies. * n. zsgs. aus hel)r. 
^'dii Garten und *<iden m. Wonne also Garten der Wonne, 
Wonneland. 

159 Cliaref (Kharaf) ein Scharfsinniger* von spätiiebr, 
cbariph scharf, scharfsinnig^. 

lß(). Kasne, Ghasne (Khasnn) Hochzeit* f. s. vom 
liebr. cliathniniah f. Hochzeit, auch von Glaislen <;ehi'auciit . 

161. Gäu (K(i'y) nur in der R.-A. uf (^!^^iu gehe (nf tö 
Ku'V keha) auf den llainlcl j^etien vom hehr, gaj Ebene, Thal. 
Hauptsächlich von den Metz^^ern gehraucht, wenn .sie auf die 
Dörfer und Höfe gehen, um Vieli einzukaufen. Eine weniger 
wahrscheinliche Abteilung wäre vom mhd. göu — Dorf. 

,162. Kaufei (Khäufol) der Hutf m. vom hehr, kohhä* 
m. Helm, Hut. R.-A. Die hat en K. auf, die hat mal einen 
cBeckeb auf. 

168. Kaufer, Kofer (Khaufar, Khofdr) ♦ Leugner, einer, 
der seinen Glauben verläugnet vom hebr. kaphär verdecken, weg- 
leugnen. Parlicip. Kophör ein Abtrunniger, Prosei yt* 

164. Kauscher, Koscher (Khau^sr, yosor) zum Genüsse 
erlaubt* von hebr. adj. koscher gerade, recht, schicklich, gut. 
G.-Spr. 

165. Kedaches (Kot6/os) Fluchwort, eigtl. die Fieber- 
hitze* von hebr. kaddäehath Glut. Du K. honem, ein gemeines 
Schimpfwort, (cf. No. 59.) 

166. Kedisch, Kidisch, Kadisch (KMtis, Khitiä, 
Khätis) der S^ensspruch, mit dem die Feiertage eingeleitet 
werden, eigtl. Heiligung* vom hebr. kiddüsch Heiligung, 
Segensspruch, jaijin K. der Segen mit dem Wein, der jeden 
Freitag Abend stattnndel.(cf. No. 206.) 

167. Kefeilim (Khaf^ilim)* Kfeilem (Kföilam) f ein 
Louisd'or (24 Frcs.) pl. von Keifel (Khöifel), Dublone vom hebr. 



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— 144 — 



k('>p]ie) m. Veriloppelungr, <las Doppelte, analog dem franz. Double 
gebildet, z. B. jus beis Kf. 12 Louisd'or. 

108. Geies (Keios) Hochmutb, Stolz* m. vom hebr. 
gö'üth f. Erbabenheit« Stolz, cf. No. 29. 

160. Keilef (KheilaQ m. Hund* vom hebr. kdlebh m. 
Hund, als Schimpfwort übertragen auch von einem Geizhals 
gesagt. G.-Spr. 

170. Gemore (Kemöro) Talmud* f. von gemarä die 
Vollendung, Titel des zweiten Teils des Talmud. 

171. Kinem, Kenem (Khinam, Khenam) Lause, 
Ungeziefer n. vom hebr. Kinnäh, Plur. Kinnim Mücke. Die 
dritte Plage in Aegypten (Uappoltsweiler) ; in Baden nicht 
bekannt. G.-Spr. 

172. Keren (Klieren) Kapital * n. vom talmudischen 
k^ren Kapital, Selbstkostenpreis. G.-Spr. 

17.1. Gescliem. (Khesarn) Rejjen f vom hebr. geschein 
der Hegen, 's gisclienit (o.s kisaml) es regnet. 

174. Gesere (Kos«*mo) schümmes Dekret, Verhängnis* 
f. vom hebr. j^eserah \erliängniss (Juden verl'olyung) R.-A. me 
hat g. man hat Streit. G.-Spr. 

175. Keslef (Kheslof) Xame des neunten Monats im jü- 
dischen Jalii \oni iSisan an gereciinet, uugeiälir iJecembcr* 
vom hehl'. Kislnw m. 

170. Getseke (Kolseko) Gesihrei* n. Suhst. {gebildet 
vom hehr. Verhuia za'ak schreien mit. den Deutseben Präfi.v 
ge. cf. No. UX). 

177. Giber (Kipar) stark * von hebr. gibbör stark. 

178. Giks (Kiks) Irrtum m. von? 

179. Giljeii (Kiljdn) Hand an den Blättern eines Baches/ 
ra. von spathebr. gillajdn unbeschriebener Rand eines Buches. 

179 a. Gimmel (Kimal) die Zahl drei/ von hebr« Gimek 
dem 3. Buchstaben des hebr. Alphabets; auch die Form g^emel 
(Kemol) kommt vor. 

180. Kibudem (Khipydam) Aufwartungen, Complimente^ 
Höflichkeitsbezeugunt^en/ pl. von hebr. kabhdd m. Ehre^ Ruhm. 
RA. mach kei k. (may khei k.), mach keine Geschichten, 
wenn man einem Besuche etwas anbietet. 

181. Blippe (Khipa) halb» Hälfte/ von späthebr. kuphäh 
Korbt Schachtel (im Sinn v. Lade, Gasse). RA. Kippe machen, 
gemeinschaftlich ein spitzbübisches Geschäft machen, coinpte 
ä deux. [W. Sommer Eis. Gesch. II. 318.] G.-Spr. Ich halt 
K. dra, ich mache halbpart, f e K. isch e Klippe (a K. i§ e 
Klipd) eine Gompanei ist eine Teufelei, d. h. eine Klippe, an 
der man scheitert, die einbm Verderben bringen- kann. 



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— 145 ^ 



182. Kischef (Khisof) Hexerei,* n. von späthebr. kisch- 
schäph m. Zuuberei* Magie cf. No. 243. 

183. Klipe tuiiie (Kli|i9 tüma) ein verschmitzter Mensch 
zsges. von liebr. fomo unrein und kelipliäh Schale, 
Schüssel. Kl. I. ist cahhalistiscb die Ikzeichnung der unreinen 
Geilster, Dämonen^ liie den inneren heiligen Kreis umschweiien; 
cf. «Caliban» in Shakespeares Sturm, 

18 i. Gnafter (Knäftar), in Baden Kafter (Khalor) Knopf, 
m. von Ueltr. ka|)lili<r m. Knaut, eine kugelförmige Zierrat am 
goldenen Leuchter [Uappol Isweiler]. 

185. Knase (Knasi») l)eslrafen/ deutsch ^^ebiidetes Verb, 
von chald. kenas Sirafe. RA. Ich bin geknast worden, ich bin ge- 
straft worden. G.-Spr. 

186. Kol (Khoi) Stimme/ n. von hebr. kol m. Stimme 
G.-Spr. 

187. Kol (Kol) alle,* von hebr. köl alle, ganz, davon hakel 
bakel (häkal pakal) alles zusammen,* von bebi". ba-kül ba-köl 
Alles in Allem. RA. Dem sei H. ist so und so viel, sein ^^auzes 
Verrnö^^en ist so und so viel [Pfalz]. G.-Spr. Kolbau (Kol- 
pnu) im AII;,'emoii)pn,* i\ol IV) <(Alles darin» ist der Titel 
eines ljuelies, das ITii- alle Ta^e im Jahr und für alle Fälle im 
luenschlichen Leben die reli;iiOsen Vorsehi'iften entbäll. Dann 
auch von Menschen anj:;e\vandt, er ist ein K. er ist ein 
wandelndes Conversationsle.\ikün, einer der Alles weiss, ein 
All-Genie. 

188. Kos (Khos) Glas, Hei htM / n, von hebr. kos Becher. 
181). Grue biue lewe (kr\ i plyo lewa) in .sehr schmaler 

Ko.<;t leben zs^^es. aus den hebr. Partie, pass. karu'a und i)alu 
zenissen und verlumpt. 

100. Ksaunes (Ksäunas) Hetiid,f von he})r. K?ith6neth 
IJemd, Leibrock, daher unser Kasonettstolf und Catun. G.-Spr. 

191. Ksifene (i^sifono) .schreiben* von bebr. kathab 
schreiben. 

192. Gudel, Godel (Kutel, Kotol) ^nx>ss* adj. von bebr. 
gadöl i^noss. Godel isch (Kütal is) Büigei-meister, maire, 
eigtl. grosser Mann (i.sch cf. No. ti20) G.-S|»i . Jam hagodel 
(jam hakütöl) der Ocean von hebr. jam ba-;^adol das Meer, 
das },^rosse.* rf. auch No. 151. 

id'K Gu.i (Kiij^ der Nichtjude, spec. Christ. * m. vom 
hebr. gdj Volk, Volkerschaft, besondeis die nichtjüdischen. 
G.-Spr. goie (goja) f. eine Christenfrau, -j- 

195, Gule (Küb) Erlösung* f. vofh hebr. ge'üläh Er- 
lösung. 

195. Gules (Külas) Verbannung, Exil* n; vom hebr. 
galüth Gefangenscbaft, E.xil. 

10 



— 146 — 



IfK). Kusche sai (KhiVs^) sei) auflallend sein* vom liehr. 
kasehüh hart, schwer, R.-A. Es hc\] e K. es ist die Frage, 
es ist noch nicht bestimmt, unsicher. Es isch mer K. es ist 
mir jileichfrültig. 

197. Kuten (khui^n) klein* adj. \om liebr. katön klein. 

198. Kutsen (Kiiutsani ein reicher Mann, ein Mann, der's 
machen kann, * m. vom hebr. kazin m. Entsclicider, ßeslunmer, 
Richter. 



199. Hamenam (liämenani) Menge, Auflauf, besonders bei 
Festen.* m. f^. vom hebr. hamön Menge und *äm Volk, also 

Volksmfri;.!e Fl.-A. l)?)s i^t r-in h. 

200. Harwe, harbe (harwa, harpa) vielf vom hebr. 
Inf. absol. Hipliil harlieb. adverbialiter «(viel. )i ^Vic b. \\ie viel? 

t>01. Hefker (hefkar) herrenloses Gut* vom späthebr. 
haphker frei, Allmend. 

202. Heiemeie. Heilemeie (biic^meia, heildmeio) 
Zinsen. * votri bebr. he. dem 5 {»mi Buchstaben des lie))r. Alphabets 
und le-me'äh «zum (vom) Hundert)) a'so 5 von lOOrzro^'io. 

20.1. Hesik (hesik) Schaden ' m. von spiUbebr. liässek 
«das Bescbädifren», aucli von Christen viel gebraucht. RA. H. 
hawe, Schaden haben, mit H. verkaufen, mit Schaden ver- 
kaufen. 



204. holche (holye) fortgehen, f von hebr. haläkli gehen 
G.-Spr. 



205. Jad (jät) Hand; Macht, Einfluss, Ansehen.* f. von 
hebr. jad Hand. G.-Spr. 

206. Jajiii (jajin) Wein.* von hebr. jäjin m. Wein. G.-Spr. 
jainSKorf (jainstsorf) Schnaps, Branntwein von jäjin sarüf (ge- 
brannter Wein», t 

207. Jaikig, dim. Janikle (janik, janikb) jung, ein Kind, 
Fohlen.* von hebr. jondk Parlicip. tSäugling» RA. Sie hat en 
Janikle. Sie hat ein kleines Kind. 

208. jaugre (j&ukra) teuer. f von hebr. jakdr «teuer» 
RA. Wiej.? Wie teuer? G.-Spr. 

209. Jaime (jäuna) Vulgäre Form för Jonäh, Jonas, f 

210. RA. des isch e scheine Jaadeielischel (dis i^ a 
^ine jaut^a li^l) das i«t ein rechter Dummkopf. * eigtl. hebr. 
schä-^no jodda* lisch'öl. «einer, der nichts zu fra^ren weiss.» 

211. jautse sei (jautse sai) seine Pflicht gethan haben* 
von hebr. Partie, jozd «hervorgehend (sein),» verkürzt aus der 



I. J. 




Formel jnza jed(e chobhalhö, d. h. aus den Händen (Uer Macht, 
der Antordei un^^) seiner Pflicht hervorgegangen sein, ilir entspro- 
chen haben. G.-Spr. 

212. Jaus, Jausle, Jeisle (jaus, jausld, jei^ld) Vulgär- 
formen für Joseph. 

213. RA. Das geit iwer mai Jeohaules (täa keit iwor 
mei jayaulas) das geht ober mein Vermögren. * vom hebr. Infin. 
jekhöieth «das Können». 

214. Jedie (jatia) Idee, Ahnung. * V^Tissen, Kenntnis vgl. 
No. 34. f. von hebr. jidi'ilh Erkenntniss RA. Er ist j. er weiss 
etwas. 

215. Jeitser höre (jeitsar höre) des böse Trieb, die Be- 
gierde. * zsgesetzt vom hebr. j^r ha-rä' «Der Trieb zum Bösen.» 

216^ Jeruache G^y^) Erbschaft.* f. vom bebr. jeru- 
schäh «Erbschaft». 

217. Jiohes CÜxds) Vornebmheit, Adel, sehr gut.* von 
jichüs «Geschlecht, Familie, Abstammung». 

218: Jidischlcat (jitiskhat) der jüdisch-religiöse Sinn, das 
Leben nach jüdischem Gebot. " U von Deutschen «jüdisch» mit 
der Substantivendung «keit». (cf.Avö-Lallemant. in, S. 54.) 
dazu : jidsohe (jit^) beschneiden, jüdisch d. h. zum Juden 
machen.' 

219. Ir (ir) Name des 2ten Monats im jüdischen Jahr. 

(April)* von hebr. Ijjar. 

220. Isch (is>) Mann * von hebr. isch m. Mann. RA. e schei- 
ner isch (b seinar is) ein schöner Mann. vgl. No. 192. dazu fem. 
Ische, Ischo (isa, iso) Frau, Weib. " vom hebr. ischschäli G.-Spr. 

221. Joscher (jüsar) das Recht, adj. recht.* von hebr. 
Adj. jaschar recht und Subst. jöscher Geradheit, Recht. RA. 
der Mann hat maschume j. der Mann hat meiner Seel Recht (cf. 
No. 296.) 

222. Juohed (jüxdt) der Einzelne, einzig.* von hebr. 
jachid «einzig» G.-Spr. 

223. Jud Gyt) 10. " von hebr. Jod, dem 10. Buchstaben 
des hebr. Alphabets, davon Juserle (jysorlo) ein Zehner^ Zeh- 
nerle, Jühserla (jysdrla) [Kappoltsweiler] d. h. ein Zehnerle 
(10 Sousstück = 40 -j). 

224. Jum, Jom (jum, jom) T'd'^.* von hebr. jdm m. 
Tag. G.-Spr. Jontev (jontat) Festtag, pl. Jomtaufem (juntäu- 
fam) zsgi<. aus jom Tag und töljh i^-^ut. Jum Kiper (jum Khi- 
p^r) Versöhnungstapr. von hebr, \om ha-kippurim «Tag der Ver- 
söhnung.» (cf, No. 150). 



— 148 — 



2^25. Lafaie (lafaija) Leiclienzug, Beerdigung, f vom spät- 
hebr. liwjah «Geleite, Ti-auer» G.-Spr. 

2'2G. Lailo, Liaile, (iaito, leild) Nacl^t f voo hebr. Idilab 
Nacht. G.-Spr. 

227. lajne (lajno) lesen, beson'lers in den Thora P«ollen, 
Gebet, Nachtgebet.* Tendlau No. 104. Grünbaum S. :\2. HA. 
me lainl (ma lainl) sagt man, so lange aus der Tliorali-Rolle 
vorgelesen wird (weil die öfTentliche Bibel-Lection in der Syna- 
goge nicht auswendig vorgetragen werden dart, nach der Stelle 
im Targum jer. zu Gen. 3, 15 le'ajj^n beorajthä. Aus diesem 
missverstandenen Inliniliv Pa'el mit Präpos. le ist ein Verbum 
lejne gemaclit worden. G.-Spr. 

228. Lamden (lamtan) ein Gelehrter f vom hebr. lamad 
«lernen». G. Spr. 

229. lamed (lamot) als Zahlhuchsfiibe aO.f 

230. lau, lo, (lau, lo) nicld.f vom liebr. adv. 16 nicht, s'isch 
loi (as is loi) es ist nichts. [Orsch Weier bei Etteuheim, auch in 
christlicliem Gebhiuch]. G. Sj)r. 

231. lechachles (I^Xa/los) eigens, ex:f)ress,t aus hehr, 
lehakliis ^(nm zu ärgern:». RA. Das thu ich 1. Das thu ich zu 
Leid, aus Hache. 

232. Lecliem, Laechem, Lichem (lö/om, heyem, 
Iij(am) Brot.* n. von hehr. m. lechem Speise Brot. G. Spr. 

233. Lef (let) Herz.' n. von hebr. I^bh «Herzj». Herz. cf. 
NO. 349. G. Spr. 

234. Lefische (letlsa) Furz. m. s. verdorben aus hebr. 
nephichäh Wind, crepitus v. 

235. Leiser (leiser) Vulgäi torm lür den Namen Elieser — 
La/.iius. }']li'iiser (Leser) Lazarus. 

230. Lese hasch (losa.s) zum Teufel ♦ zsgs. aus Praep. 
le «zuj) und schasch einer Abkürzung aus schem Nainen und 
sched, plur schedim. Dämonen, ToulV»l, ins Teufels Namen. 
G. Spr. Die volle Form heissl auch leschem scheidim, zum 
Teufel, (lasem .seitim). 

237. Levune (lafuno) der Mond.* L von hebr. lebha- 
näh f. Mond, eigtl. die Wei.sse. Wegen des fem. vrgl. Grün- 
baum S.- 43. G. Spr. 

238. loiofen (loiofan) wustf von ? 

239. liOSchen (lo^n) Zunge, Sprache/ von hebr. laschdn 
m. u. f. Zunge. RA. Der hat ne schoene 1. der hat eine schöne 
Sprache. G. Spr. Dazu: Luschen hakaudisch (lü^n 
hakhauti^) die hebräische Sprache, eigtl. die alte heilige Sprache 



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140 — 



aus hebr. leschon ha^ködesch «Sprache der Heiligkeit» ; lussene- 
kaudisch madewwere (lueaiid kautet matöwara) hebräisch 
sprechen (cf. No 124). 

240. Luch (lyy) der Judische Kalender.* f. von bebr. 
lüäcb. Tafel, Tabelle.' G. Spr. 

91. 

241. maberes (maptias) schwanger/ von hebr. Partie. 
Pual fem. me'ubherelh ».f^rosrhwnn^ert)'. 

242. machule mediulle (mayülo, ni^yülc) Bankrott, zu 
Grunde gerichtet.* von hebr. Pari. Pual mekhuiläh «zu Ende 
gebracht, ruinirt». RA. er ist m., er ist bankix>tt, er ist m. 
worre (ar is m. wöre) er ist um sein Vermögen irekomnian. m. 
sai, in schlechten Vermögens Verhältnissen leben, arm sein. 
G. Spr. 

243. Machscheife (mays^ifa) Flexe. * von hebr. Part. 
Piel mekhaschschephali tcZauiiererin». cl'. N'^ 182. 

244. Machatemesen (mayateinas^n) Verschwägerte, 
Gegenschwäger, die 2 Mütter Verlobter Kinder, * Mechuten 
(m?yuton) die 2 (Schwäger) Väter eines verlobten Paares* vom 
hebi". Part. Pual mekhutlän taerschwägertw . 

2i"). mater sai (niatar i>ai) erlauben.* von hebr. mattir 
(Part. Hi. von nalär) «erlaul)pnd». 

246. Majiiii(niajin)) Wasser*, n. von hehr, mäjim pl. Wasser. 
RA. 's rnaijmt fos rnaijnit j es regnet -|- (-f. Nr. 173, Schocher 
majim, schükoniajitn (soy.nni. sokein.) Kaffee, eigtl. srlnvar- 
ZQii Wasser, von schachur adj. schwarz, und müjim Wasser 
G. Spr. 

247. Makes uii fauli Fisch (mäkas un läuli Fis) Be- 
zeichnung eines doppellen Schadens* pl. von hebr. makkdh 
Schlag, Wunde, Plage. G. Spr. 

248. Malbisch pl. malhusche fmalpis, maipüba) 
Kleid. -j- von nebr. malhnsch Kleid, ui. G. Spr. 

24! I. Malech (maloy) Engel. * m. von hebr. mal'äkh 
m. Bote, Engel. RA. Du bist mein meiler (meilcu) Du bist mein 
f>ngel, sagt man zu seiner Geliel)len.-{- 

250. Mcilech (meilay) König.* von liebr. melekh. König. 
Malke (Malkha) Königin vom hebr. malkäh i\ KTuiigin. 
Malches (mälyos) Königtum, n. vom hebr. malkhuth f. König.s- 
herrschatt. G. Spr. 

251. malle (maUi) beschneiden, spoc. religio.s von hebi-. 
niul schneiden, beschneiden. Mul (niül} der Beschneider (der 
Kinder) m. von hebr. mohöl. Brösmile (prosmila) Beschnei- 
dungsfest von berith miläh «Bund der Beschneidung » G. Spr. 



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— 150 



252. Maloche (maloya) Geschätl. f von hebr. nielakliah 
Geschäft, Arbeit. Davon malauchne (malair/na) Spitzbüberei 
treiben bearbeiten ; IIA. Er hat mich malauchnet (maläuyanet) 
er hat mich betrogen. Malochner (rnalöynar) ein iiuler Ar- 
beiter. Er i>:( h a m. er ist ein ^aiter Arbeiter G. Spr. 

253. Maraser (mamsar) Bankert, dann nf^erhaupt Kind* 
vom hehl", rnarnsei' m. TJnehhclier, im Tahiuul ein in Ehebruch 
oder Bhitschande erzeugtes Kind. RA. Das isch e schons Mam- 
serle rmains-^rla) das ist ein hübsches Kind, M. ben ha- 
nide, zs^jz^en benette, (m. j^Mi hanita, pene(a) ein un- 
echtes Kind eigtl. ein in menstruis cuncipiertes Kind, von hebr. 
mamser Bankert, ben Sohn, (Nr. 39.) u. niddah ^^en•^truation. 
Beides sind gemeine Worte, die in vielfacher Bedeutung ge- 
braucht werden z. B. von der Person Christi, dann von freclien 
Menschen «Bube», auch ein witziger durchtriebener Mensch, 
von dem man nicht weiss, wer seine Eltern sind und woher er 
stammt. In der Gaunersprache ist es das gemeinste Schinipt- 
wort. Moses hatte den Geschlechts- und jeden anderen Verkehr 
zwischen Mann und Frau um die Zeit der Menstruation bei 
Todesstrafe verboten. Weiteres siehe bei J. .1. Beck. Tractatus 
de juribus .Tudaeorum, vom Recht der Juden etc. cap. Xlll. 
§ 18 S. r,<]7tT c. VII § 20 S. 118. Nürnberg 1761. 

manescliume cf. neschume. 

254. Maref (maraf) Westen.* n. vom hebr. ma'arabh 
Ort wo die Sonne untergeht. 

255. Mase (mäsa) That, Thun *. n. von hebr. ma'asäh Werk. 
255 a. Masematten (masamatan) Handel, Geschäft, f 

Zssetzung von späthebr. massä €Nehmen» u-mattän «und Geben» 
G. Spr. 

256. ICaser (misar) der zehnte Theil. * n. v. ma'asör m. 
der Zehnten. 

257. RA. ze Majssel und ze Broche (tsa mas$a1 unt tse 
prö/a) zu Glück und Segen.* auf den j&dischen Neujahrskarten 
steht meist m. u. br. zum neuen Jahr, vom hebr. massAl 
cGlück» und b^rakhdh cSegen». cf. Nr. 54. [W. Sommer Eis. 
Gesch. II. 176.] 

258. Hassik (masik) ein böses Pferd vom hebr. massik 
cbeschädigendi» auch von unartigen Kindern, du bist m. du 
bist unartig. 

258 a. mazze (mätsa) oder Pluralis mazzes (mÄtsas), von 
hebr. mazzdth ungesäuerte Brode (Osterspeise). 

259. Maukem (maukam) die Stadt* vom hebr. maköm 
Ort, Stelle, Stadt, Dorf. G. Spr. 

260. Mausehef (maus'df) unnützes, werthloses Zeug, 
Nixnutz, von moschäbh Sitz, (Satz, Ueberbleibsel). Gewöhnlich 



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— 151 



höit man M. <le H.iyonne. M. von der Stiiill B. Aus der 
Ge;^eii(l von Saarj^einüiid-Blieskastel füliie ich noch den Aus- 
druck Ctmrau.ses de Bayoiine an (yaiHuses auch in der Bedeu- 
tuni^ einer werthlosen Sache ; von späthehr, charosetli (Mischung 
\on getrockneten Früchten, bei der Passah-Mahlzeit gebraucht.) 
(vgl. Nr. 377 u. 378.) 

'iOl. mauschle (maüsla) zusammen schwatzen, tu-<i:liehi,-|- 
v<in Mauschel (mausel) Spottname für Juden als Deminutiv 
vuii Mausche (Moses) Griaiin VV. ß. VI 1819 u. 1820 jüaisch- 
deutscli reden. 

'262. mechabed sei (ma-^apat sei) ehren,' von hehr. 
Partie. Fiel mekliahbed «ehrend». 

263. mechalel sai (md^alal sei) entweilien,* besonders 
Fest- und Sabbathtage, gegen die Gebote liandeln, von hebr. 
Part. Pi. mecliallel «entweihend», KA. kh bin m. ich habe 
die Gebote überschrilten.-j- 

264. Mechile praie (ma/ila praia), um Verzeihung 
bitten,"* von spüthehr. mechülh t. Verzeihung und pr. von 
franz. prier. BA. Ich praj dich m. Ein im Abster])en be- 
begriffener Gebrauch, wo die Verwandten und Freunde 
an den offenen Sarg eines Veistorbenen unten herantraten und 
>^|)rachen : wenn ich dir etwas zu Leid gelhan hab, so sei mir*s 
mochel (möyei) von hebr. Partie, niochel «verzeihen G.-Spr. 

265. Meie (ineia) 100,' von hebr. tnö*dh «hundert» 
meielofim (tneia lofim) hunderttausend von m. u. dem pl. äla- 
phiin «Tausende» von eleph, tausend (cf. No. 143). R.\. Meies 
mache Deies (m. maqjt t^ias) Geld bringt schon Gedanken 
im Menschen hervor,* von späthebr. ma*öth Plur. v. ma'<4 
«Obokis», Plur. ciGeld«, 1 ihi>r auch das studentische Moos, und 
Plur. de'oth «W^issen, Gedanken». Die Aussprache meies (die 
zunächst allerdings eher auf hehr, me'oth «Huudei'te» hinweisen 
würde) ist wohl nur durch die Anlehnung an deies zu er- 
klären, (et*. No. 34). 

266. mem (mem) U),' von hebr. mem, Name des 13. 
Buch^tahen im hehr. Alphabet; memrat (m^mrat) siehe 
No. 31U Memmer (memar) ein Vierziger, ein vierzig Sous-stäcii 
( = 1 jt 60 ^) [ftappollsweiler]. 

267. Memme (mema) Mutter,* l. wohl aus dem Deutschen. 
Das Wort ist im Abgehen begrilien und nur noch in alt 
orthodoxe II Familien in Gebrauch, (ct. Xo. 456) 

267a moxnen oder mumes (mörnan mümds) Geld, von 
späthebr. matnon <t Mammon».* G.-Spr. 

268. Menhig (menhik) Mode, Gebrauch,* m. von hebr. 
minhäg Führung, Brauch, Kilus. 



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269. Menuche menü*/r>) Uulie^f von liebr. nienuchäh 

270. menuse (uiduuse) geprüft , bewiilirt von liebr. 
Part. Pu'al menussSh ^'eprüfl. 

271. Menuwelte (moni'ifaltd) bässliches Frauenzimmer, f. 
(Avö- Lallemenf IV S. 400), fem. Part. Pual. menubb^leth «eine 
VerunslaUefe, hässlicli Gewordene». [\V. Sommer Eis. Gresch. 
S. 285). 

272. Merame (marama) ein Beträger/ von hebr. Part. 
Piel merammSh «ein Betrügender». RA. Ich bin m. gewesen, 
ich habe Betrug geübt. G.-Spr. 

273. Mesa meschine, Misemeschinne (mesa, mesena) 
ein schreckliches Fluchwort/ von hebr. mlfhdh meschunnäh 
«eine absonderliche Toüesart]», ein jäher ungewöhnlicher Tod. 
RA. e M. aineme (9 m. ain^ma) [einnehmen] eines jähen Todes 
sterben. Nimm de M. nei in der Bdtg., dass dich der Teufel 
hol.f G.-Spr. 

274. sich meesbne (si^ maspana) genug von einer Sache 
nehmen, z. B. beim Essen/ von hebr. Part. Niphil masbia* 
«sättigend»; misbe (mispa) das Futler,t von hebr. mispö' das 
Futter (für das Vieh) misbene (mispand) futtern, von taim. 
Aphel aspe' füttern, ätzen. 

275. Heschamer und Matschel (ma^amar unt 
matsal) Ausruf: 0 Gott, von den hebr. Participien meschamm^r 
«Bewahrer» und mazzil «Erretter» 

276. meschullme (ma^ulni{*) zahlen, auf^zahlen/ von 
spätbebr. schail^m «wiedererstatten, bezahlen». G.-Spr. HA. gut 
meschulemt sal (Kyt ma^ulaml sei) gut bezahlt sein, d. h. 
hart heimgesucht sein.* 

'277. Mesire (mosire) An^'^eheiei f. pl. inesires (masiras) 
Vei leum(liin<,'en, von tiebr. mesirah, pl. ine.sirotli Auslieleiun^^, 
Verrälherei (Ez. 20. 37). RA. e M. anbiinge (e M. anprii].i) 
Jemanden verleumden ; vermasern (förmasara) verrat hen, * 
zsges. von deutschen Präfix ver und hebr. masär «öberliefern 
(ein Geheimniss), preisgel^en», 

278 Mesrach (mesray) Osten.* m. von misräch m. Son- 
nen au f<;;in<j, Osten. 

'279. Mesujef (ma.suj^it) liässlich,* fem. Mesujefte 
(a masüjafta) ein bässliclies Frauenzimmer vom hebr. Part. 
PumI rnesiijjaph -aerfitl-chl, verdorben.» 

1280. metsar sei (malsar sei) sie Ii helrüben,* trauern, 
vorn spälhebr, V:\v\. I^ael meza'ei- Ijeh übend. 

'281. mies sai (mitts j*ei) zu wieder sein*, mies (miH.s) 
wösl, liässlit h' von späthebr. rne'i.s verworfen, zuwider, unleid- 
lich. G. Spr. KA. Es ist mir m. es ist mir verleidet, besonders 



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viel in iler Pfalz s^o gebiauclü. Sie ist inir' m. sa^t man von 
eiiieiii häuslichen Frauenzimmer. Mueskat (muöskai) Ekel- 
halti-keit, Iliisslichkeit.* gebildet von spiithebr. nii'us Hiiss- 
iichkeit. G. Spr. 

28'2 Milchume (milyriine) Ki•ie^^* f. \on hebr. t. luii- 
chamah Ki iey;. G. Spr. diizii milcliolem (milyolam) ein Krie;j:s- 
rnann, Soldat, (^icwohnliehei' aber bälniacli, eigentl. l)ä'al niil- 
chaniäh Inliaboi- des Kiiege.-^. Plui\ h.tlmachönie.s). 

283. Mischug-ge (mis'ük.i) verrückt. 7 von hebr Part. 
Pu'al niesciiii;^<^;i' verrückt. f^A. an m. Menscli, ein wilder 
Men>;cb, en Mischug'ger ( ini.s nk.>r) ein Verrückter. 

2S'^n. Mitswe cf. Nr. 30. von hebr. mizwaii, Gebot, 
Gesetz, verdienstliches Werk 

283 b. Mole (mola) voll, vom hebr. adj male voll, gefüllt. 

'16'- > c. More (mora) Furcht; täbschlich auch nior^s von 
hebr. mora* Furcht, An^'^üt. 

284. Moschef (mo.sdl) Abort, f von hebr. mo.schäbh 
in. Sitz, Sessel. 

285. Muchsen (mü/ä^n) Zöllner, Octroibeamter, Steuer- 
einnelimer, Äccisor, von hehr, mokh^ Zöllner. 



28(». Kaizge, Nafge (nattsko, nat'ka) Dirne, Hme f 
von s[>äfhebr. naphekät (bara) f tlerumiäulerin (nach anssenl, 
l'n/.üchli;,'e)) vgl. ((au-^traben» (in den deutsclien Fasnacht.spielen) 
in G. Spr. die -gemeinste Prostituirte. 

287. sich nau kerne (si)r naukanid) sich rächen* von hebr. 
nakäm, sich rächen. 

288. nauntse (nauntsa) murren. Nebenform von 
schwäbisch und alemannisch maunze wimmern, winseln. 

289. nausne (nansna) j^eben.* von hebr. nalhän geben. 
RA. i naus der eins an bunern (1 naus tar eins an pänani). Ich 
schlage dir in*& Gesicht ; naus em sie, z. R. I>eim Kuhhandel, 
Uieb sie ihm. G. Spi . 

290. Nechaunes (na^dunas) Vorbereitungen* von hebr. 
nekbonöth «Bereitetes, Zugerüsfetes». RA. mach dir kein so n., 
bei Aufwartungen fOr einen Besuch, mach doch nicht so viel 
Aufhebens, Wesens. 

291. nechile (o /üa) nichts, f von späthebr. n&khiläh 
«Trügerisches». 

292. Nedlsje, Netinge (nelinje» ndfi^d) Mitgift. " f. 
von spälhebr. nedunja Mitgift der Braut. (W. Sommer, Eis. 
Gesch. II. 284.) 



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154 — 



1^)3. Nekunie (nikunio) ll iohe, Schadenfreude. ' f. von 
hehr. n»'?kanKUi (. Haclu', < leim^thuun^, HA. Ich liah n. au em 
häp n. nn .^m) ich treue niii-li, diss es iiiin so sclilecht i;cht. 

'204. Nelem pl. nelemer (nnUni, nt-loniar) Schiili, 
Schuhe, f von lielir. nä'al, pl. ne'aUni Sandale^ Sciiuh. G. Spr. 

29(>. Neschume (no.sutn^») Seele/ von hehr, neschanuih 
f. Odem, Hau« h, Seele. RA. maneschume (menasüma) 
iSchwuiformel: Meiner Seel', turwahr/ zsge.s. au> dem deutschen 
«mein» und hehr, nescliumah «cSeelej», analog, dem tVanz. nia foi 
gebildet. G.-Spr. 

297. newich (newiy) leider,* wurde verschieden zu er- 
klären ^^osucht , so von Zunz j*^otte.sdienstl. Vor1rä<;e, 
8. 4il ans dem Polni.schen (/usammengezo},^en aus niech Pan 
Bo;( Itroni cGoll sei's geklagU)^ TenJiau No. G33 ; nach Ave- 
Lallemanl anders. G.-Spr. 

298. Nisen (ni.san) Name de.s ei-sten Mt»üats im jüdisclien 
Jahr," von hebr. Nisän m. 

!2d9. Nitses (nitsds) Funken,* ni. von hebr. nizöz Funke. 
300. nu (nu) rei^ehnässi^ das erste Wort, mit dem die 
Juden XU sprechen bejiinnen,* deutsch «nun!» 

301. Nufe (nufd) Prophet/ m. von hebr. nabhP Prophet, 
in G.-Spr. Wahrsaj^er. 

302. nun (nyu) 50, Name des 14. Buchstabens des hebr. 
Alphabets mit dem Zahlwerth 30. 



O. 

303. Odem (dtam) Mensch, f m. vom hebr. addni m. 
Mensch, auch collectiv Menschen. 

304. Olef (olaf) eins.* vom hebr. Aleph, dem Namen des 
ersten Buchstabens des hebr. Alphabets. Vgl. Nr. 12 u. 143. 

3()ia. orum (örum) nakt. f vom hebr. *aröm nakl. 

305. en Os (an os) ein Wort.* vom hebr. oth Zeichen, 
Buchstabe. 

306. Osnaijim (osnaijim) die Ohren, f vom hebr. ösen, 
Dual osnäjim.f. Ohr, Ohren. G. Spt. 

R 

307. Raohmunes (ra'}rmünds)BarmherziglLeit, Erl)armen, 
Erbarm ung.* von spat hehr, rachmanüth, «Erbarmen, Milde» . 

3ü8. Raf (raf) Habhiner, spec. der angestellte Rabbiner,* 
Rabbeine (rapeino) hebr. rabbenu unser Lehrer, heisst 
jeder Gelehrte, wenn er auch nicht angestellt ist. Rabl>i 



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(rapi) mein Herr, mein Lehrer. Das Wort komint er.sl im Tal- 
mnH vor, über Ursprun{( un»! Bedeutun«; f. Jost Gesell. <les 
Judentums u. s. Sekten, I. S. 270. Anitv Form ist R,ewe 
(re\v.->), Rewetsen (röwots.in) die Frau de-^ Rabbiners und 
Rewetsche (rewal^). * Zu Grund liegt räbb viel, gross, Meister. 
G. Spr. 

;iO'J. Raklajemer (raklajamar) pl. Füsse.* vom bebr. re- 
gel, Duali« jagiäjim Fus«, Fü>:so, 

310. Hat (rat) Tlialer.* akn)plionis( Ii aus den .\nlaij^.sl)Ui li- 
.staben der deutschen Bezeiclinunj? R(eichs) T(baler). Dimin. rae- 
tel (r;i'tr'»l) n. sin^. 1 Tlialer (3 Mark) [Happnlt^weilci l. cha- 
disch rat (/atis rät) m. ein Krontlialer cf, Nr.*>N, (ti trs.) 
auob die Form scbatisclmat (satisiräl) kommt vor, von ciiadAscb 
(dieu», also Neullialer. Jiihsrat (jysiäl) in. plur. 10 Tldi-. ? 
oder Jubsrat (Baden). Foifrat (toitVat) m. pbir. 5 'ihli-. (15 
i\I.) ? in Baden unljekannt. [Rappollsweiler |. Foifzarat 
(foiftsarat) m. plur. 15 Tbir. (i5 M.)? unbekannt in Baiien. 
[Rappoltsweiier]. Khafischirat (kbalisirat) m. plur. 20 TbIr. 
(60 M.) aus Kapli=:20 u. der .Vdj. Endunj,^ iscb, aucb blos 
Kafrat (kbafrat) s. Nr. 152, ausser de?n alldem. Gebraucb. [luap- 
poltsweiler]. Memrat (memrät) io Tblr. (120 M.)* s. Nr. 
266, in Rappoltsweiier -leich 25 Tlilr. (75 M. V) 

311. ratze (latsd) lauten.* vom bebr. ruz laufen. UA. ^^eb 
ratz (ke rats) ^eh fort, -f- G. Spr. 

312. Raufe (rauta) Arzt." vom bebr. roph«^' Arzt. G. Spr. 
dazu Hefue (rafyd) hehr, rephu'dh f. Heilung, Heilmittel. 

313. rauges (raukds) zornig.* vom hebr. ragäs erzürnt 
sein, meist in der Form braukes (praukas) gebräuchlich von 
hebr. Präpos. be «in» und rdges Subst. «Zorn». RA. er isch br. 
wora (9V ih praukas wöra) er ist zornig geworden, roohes 
(r6}r9s) der Zorn, f vom bebr. röges Toben, Zorn. 6. Spr. 

314. Reiech {ve\dy) Geruch, vom hebr. i'öach m. Geruch, 
Duft. G. Spr. RA. do ruaohts wieder (to nia^ts witar) es 
stinkt da. f 

315. vex*ruche, verrueche (vdry;^a, varryaya) in Grenuss- 
sucht durchbringen, verputzen, mit dem deutschen Praef. ver 
gebildetes Verb. v. rüach Wind, in den Wind werfen (verwehen). 

316. Reifeoh (r^ifa}C) Gewinn.* m. vom hebr. r6wach 
Raum, Weite, Ausbreitung, dann bildl. Gewinn. RA. er macht 
R. (ar oAyii rceyfix) er macht Gewinn. 

317. Reikem (r^ikam) Soldat. * m. pl. Reikems (röikams). 
Dim. Reikemld (r^ikamla) von hebr. r^k, plur. rekim, leer, los, 
dann ssmuthwillig, leichtfertig, Bösewicht. G. Spr. RA. Vorne 
getrummelt un hinte kei Reikem (fornakatrummalt un hinta khei 
reikam): Viel Lärm um nichts. 



— 156 — 



318. Retseiech (rdtseio/J Mörder.* m. vom hebr. rozd- 
hehf MürHei . 

319. Risches fii.sa.s) Bosheit, hesonders von der Vertol- 
giin<j:8sucht ge^en Juden.' n. vom hebr. rischHtili Bosheit, GräueU 
that 

3-2<t. Rosch (los) Kopf.* in. vom liehr. ro!!;cli Kopf. G. 
Spr. Z^.setzun^'^on Rausch-Ghaudesch (raus yautos) Neu- 
iiionil liiid Resch chaudisch (res-y.intis).* vom hehr, rosch 
clu'ulesrh «- AiifatiL: ih's Moicits». RoSCh haschone (i n.s h:isi'iuo). 
NeujahrsfLst.' vom liebr, ro«ch ba-schauah ttAntanjf des Jahres x). 
vgl." Nr. 81. 

3'2i. Ruf (nii) Huii;:L»r.* m. vorn hehr. ra'.Uih in, Hun-er, 
dann rufig (rülik) geizig, karg j und verrufe (verüefa) 
verhmij^eri).* 

322. rujene (lujdnd) sehen.* vom lieh»-, ra'äh .sehen. 

H. 

3'i3. samech fsamoy) Oü." Nanu n des 15. Buchstabens 
da^ heltr. .\l|)hahels, mit dem Z;ddweilh (ü). 

32i. Sanne (sano) Schüizeujäjrer, ilnrenvojrel. j vom spät 
hehr, simiia' Huier. HA. Du hist ein Saiinepeler, du bist ein 
rechter Hnreiilien;ist. 

32ia. Sasern (sasarn) Makler von spathebr. .sar.sor Un- 
terhändler, Makler, aus tiem persischen .stammend simsär Händ- 
ler, daraus arabisch sursür, sachkundiger Geschäftsmann und 
dann in die al)endläadischen Spi-achen ül>ei-gegangen in der 
Form «Sensal». Das Abstractum ist saseres (sasarss), lliäti^ikeit 
(auch Lohn) eines Maklers. 

325. RA. Der Schabbesoleiiie anhawe (tor ^apd- 
soleina änhawd) das Sabbatkleid tragen.* d. h. er ist arm, muss 
ohne Unterschied an Werk- und Feiertagen eben anziehen, was 
er hat. Ein gewohnheitsmässig ohne Sinn zsgesioppelies Wort 
aus schabbut *at^nu «Sabbai auf uns». 

326. Schatohonim (saixonim) Heirats- Vermittler, Scbad- 
chen.' pl. vom spätbebr. Verb, schaddökh verheiraten (Heirat 
stiften) Schadehen pl. Schadchonim (sät/en, satyonim) Ehever- 
mittler. G. Spr. s. Nr. 346. (W. Sommer, Eis. Gesch. 2. 281.) 

327. Schsecher (^sey.'>i) Bier.f vom hebr. schekhär m. 
berauschendes Getränk. G. Spr. s. Nr. 350. 

328. Schalle (^aila) Frage auf religiösem Gebiet, ob etwas 
erlaubt sei oder nicht.* vom hebr. Subst. sche'elüh Finge. 

329. Schalef (^laf) Bursche, rauher Kerl.* m. von un- 
sicherer Ableitung, nach Av^-Lallemaot IV S. ein lang aufge- 



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schossener, d. h. ungeschliffener, noch in der Bildung' be^^riffener 
imv^Gv Mensch, ein unnülzer Bummler. G. Spr. In Baden nur 
gelten gebraucht. 

3!)0. Schames (sumas) Bedienter, Diener (besonders der 
Syni^^oge.)* m. vom spätliebr. schammäsch «Diener» G. Spr. 

schasclikene (saskan.")) viel und stark Irinken.* 
venjiisclit aus den zsvei hehr. Ver))en schathah und scliakah 
«tlrinken». in die Volksspraclie ühergej^an^j^ener Ausdi uek. G. Spr- 

iJ3J. RA. e lau Schaufe lau säute) ein Nichtsnutz. f 
\om hebr. lo' scliowäli «niclifswertiiig». 

;J33. Schaufel, schofel (siutal, i^olel) sclilerht, ar-ni- 
selig. Y vorn hebr. .\dj. schapbri niedriy^, .mrinu;. l<t in's 
Deut.setie auri^enoninien. HA, schautle tnaseinadilens (saufle nia- 
samatens) sclilechte (.les( lifirte (s. Ni-. !255.) (i. Spr. 

3:U. Schaute, Schote (saufo, soto), Dummkopf, Narr, 
Einer der nicht recht im Kopf ist. -|- in. vom spätln'1.r. schotäh 
(Partie.) irrend, Narr \-'^\. 336. G. Spi-. Zs. Bechor Schaute, 
Bchorr Schaute (^d/pv s., p/or s.) Krznarr.* vom hebr. 
beklior Erstgeborener. 

335, sohtikene, schtichenem (^»tikana, stiyanara) 
schweigen.* in Baden .schtigne (stikne) -(■ vom späthebr. scha- 
tak schweigen. Wenn mir ein Bekannter ein Geheimnis erzählt 
hat, sa;,4 er ztnn Schluss: awer sclitichenem (äw9v .stiyanom), 
aber sub rosa, aber reinen Mund -gehalten, vgl. unser ät ! Schtl 
ßst I Zeichen, stille zu sein. G. Spr. 

336. Schtuss (stns) Narrheiten f vom späthebr. schetülb 
Unsinn, Narrheit, s. Nr. 334. 

336. Sehe (§e) Stunde.* vom späthebr. scha'uh.f. Blick, 
Augenblick, Minute. G. Spr. 

337. Sohed (töt) Teufel/ vom hebr. schM Dämon, Teufel. 

338. sohefe (äöfo) liegen, sitzen, besonders im Bett.* von 

hebr. ja.schäbh silzen. RA. er schift, er «sitzt» (im Gefängnis.) 

339. Schefues (sofyos) Pluiijsten.* v. bebr. ciiäg ^cha-, 
bhu*üth «Fest der Wochen», weil dasselbe 7 Wochen nachdem 
Mazzuth-Eest g^eleierl wiid. ' • 

340. Scheijets, Soheits (seijats, seits) dim. Scbeitsle 
(seilsla) nichtjüdischer BuiM-h, Bul), Bühle.* vom hehr, sche- 
kez eij^tl. (jreuel, Bezeichnung für einen Chi istenknaben.. s. 
Nr. 351. ^ ■ •" • * ' ' "' ' 

341. scheiker (.seikor) lügenhaft, .falsch.* vom späthebr. 

scliukkar Lügner, Tän.scber, ' " ' '' ' 

342. Schelmes Bletter (seimas pleloi ) Biälter, auf denen 
der Name Gottes steht.* pl. vom hßbr. sch^m, pl. schemOth 



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— 158 — 



Name. Ifulche Blälter (Zeltel) werden aus Pietät gesammelt und 
sorgi'äitig autlje wahrt. In Baden ist die Sitte aber schon fast 
ganz abgestorben. RA. er handelt mit Sch. Bl. ist eine schei-z- 
hafte Antwort nuf die Frage «was treibt er», mit der Bedeu- 
tung : viel wie nichts. 

343. Schemkene (»emls^nd) Uebername, Schimpfna- 
me* vom hebr. scliAra «Name» und kinnCij Beiname, Zuname. 

344. rota Schemser (rota ^msar) roter Schern sei , 
Spitzname für einen rothaarigen Menschen. Etymologie dunkel. 
In Baden ist der Ausdruck unbekannt. 

345. SC hechte, scheschte (seyta, .sesta) schlachten, 
schachten.* vom liehr. scliaciiat schlachten s. Nr. 363. G. Spr. 

346. Schidech (Jsit^'X) Heirat, Partie.* vom späthebr. 
schiddükh Verheiratung, s. Nr. 325. [W, Sommer Eis. Gesch. 
U. 318.] 

347. Schiffche (sif*/®) Magd, f n. vom hebr. schiphchäh 

Dieneiin, Ma;;d. 

348. schife (sifa) sieben.* vom hebr. sch^bha', fem. schi- 
bh'ah m. sieben. 

349. Schiferief (sif^^rlet^ Herzeleid, herzbrechend.* vom 
hebr. schebher «das Brechen, Bruch» und lebh «Herz» s. Nr, 
233. 

351). Schikker (sikor) Rau.sch. fdim. Schikkerü (sikerli) 
vom hebr. srhikknr bitrunken, s. Nr. 326. Das Wort ist voll- 
ständig in (Itjn Volksniund übergegangen, s. Jahrbuch IX. S. 119. 

351. Schikseli, Schiksele (t^iksali, siks^^l^) nichtjüdi- 
sches Mädchen.* Dim. von Scliiks (siks,) das nur in der Verbin- 
dung Judenschiks in der Pfalz vorkommt für ein (zwei- 
deutiges) jüdisches Frauenzimmei-. f in Frankfurt: schicks;*!, 
vom hebr. .schekez eigtl. Greuel, (s. Nr. 340.) G. Spr. Auch 
findet sich Schiks im Volksmund für wej^en Unsittlichkeit ver- 
rufene Mädchen, gleichviel ob jüdisch oder christlich. 

352. Schinajemer (sinajamer) Zähne.* pl. vom hebr. 
sehen m. Zahn, Dualis schinnäjim Zälme (eigtl. die beiden 
Zahnreihen). 

353. schische (sisa) sechs.* vom hebr. schesch, fem. 

schischschah sechs. 

354. Schkorem (skorem) Unwahrheit, f vom hebr. sch6- 
ker, pl. .schekarim Lügen. Flausen. G. Spr. RA. der macht Sch, 
er lügt, er ist ein Lügenschwätzer. 

354a. Schlamassel (Slamä889]) Unheil, vom hehr, schäl- 
Id'massäl cwas kein Glück ist». 

355. sohlausche (alau^) drei/ vom bdbr. schalösch^ 
fem. sch^oscbäh cdcer». 



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356. SGlileinil (M^mil) Pechvogel, Dummkopf,* unprak- 
tischer, unbrauchbarer Mensch. Von unsicherer Abstammung, 
vgl. die Erklärung H. Heines, cf. ferner Tendlau Nr. 625, 748. 
764. S. 419 Anm. Chamisso schrieb Schlemihi. G. Spr. Dazu 
Schlemuchem Neben form und synonym zu Sehlem iL* RA. 
Du bist ein rechter Schi. Du bist ein unpraktischer Mensch.* 

357. Schlich, Schliech (sliax, i^Hx) Gesandter, Bote.* 
m. vom späthehr, scheliach Bote. 

358. sich sohmade (si/ smata) zu einer andern Religion 
übergehen.* nicht von hehr, schamid verderben, abfallen, 
sondern wie schon Hai Gaon (10. Jahrh.) richtig erklärt, con- 
trahirt aus i^^ha'med (Schafel von 'amäd) ctaufen». Part. pass. 
meschömmed (meschu'mäd) «getaufli». 

339. schmaune (smauna) acht* v. hebr. schemonäh, 
fem. schemonäh «acht». 

359a. schmaunem (smaunam) 80.* vom hebr. schemo- 
n!m caehzig». Zssetzunj: schmaunemeie (s- meia) 8(K). 

36(K Schmeohe (stn»*/^>) Fiemie." nnderwürls simche, 
f. vom hebr. simchah Freude, Fröhlichkeit. 

301. Schmue (sniya) Gerede.* pl. Schmues (smya?) Re- 
dereien, Gerücht, vom hehr, schemu'ah Gehörtes, Gerücht, p!ur. 
schemu'cMh Gerüchte, Redereien. G. Spr. RA. Ich hah die Sch. 
schon 'rnal ^^ehört, ich hal)e die.se Erzählun«^ sclion einmal 
gehört. 7 Spr.-W.: e beisi Sch. fligt weit (r"> pei.si s. 
flikt weit) ein hö?'e?:*Gerücht verbreitet !?ich leicht, weif und rasch, 
schmeie, schmeia (smei^, .smeia) hören. vom liel)r. 
schamä' und .schamea' Verb, «hören» und Adj. verbale «liörend». 
RA. er isch loschmea (ar is losmea) er hört nichts. G. Spr. 
Ein deutscher Ausdruck ist: bisch hoerich? (pi.^ hoeriy) hörst 
du nicht, f Femer gehört hierher schmusen, Schmuhs 
machen (smysan, smAs rnäyo) (eigentl. cschemu'öth machen» 
leere Redensartrn machen, schmeicheln, schön thun), und 
Schmuser (^mAsdr) Schwätzer, lästiger Schmeichler, f G. 
Spr. 

362. schnajim(snajam')zwei.* vom hebr. schenajim czwei». 

363. schnorre (snora) betteln, und Substantiv sclmorrer 
(^norar) Bettler von — ? 

36i. Schochet (söyet) Schächter.* m. vom hebr, Particip. 
schochet Schlächter. G. Spr. Nr. 3i5, ein nur intern jüdi- 
sches Wort, bei Christen nicht bekannt. 

365. Scher (äor) Ochs.* vom hebr. sehör Stier. 

■ 366. S'chore (s/ora) St oft, Waare. f vom hebr. sSchorfth 
Handelsverkehr, später Waare. 



— 160 - 



Schuk (syk) Strasse, Messe, für Markt, f vom hehr. 

stcliMk Strasse, Markt, it. Spr. 

368. Schulchen (syl/en) Tisch.* vom hebr. schulchAn 
Tisch, dahin ;/ol)ort auch Sdjulch.iii ^n ukh «der ^^edeckle Tisch», 
Titel des in 4 Bücher zeriailenden jüdischen Gesetzbuches, von 
Joseph Karo verfassi. G. Spr. 

369. Schumliohem u. Schalem (^unili/am, bi^lam) 
ist der jüd. d. Gruss und Gegen^russ. Das erste Wort ist zs. 
gezogen aus schaldm ^dlekhäm «Friede über euch», das zweite 
ist das bebr. schaldm «Friede» allein. 

370. Schunre(^unrd) Katze/ vom späthebr. schunrä' Katze. 

371. S'chas (s/us) Verdienst.* n. vom späthebr. sekbuth 
cReinheit, meritum». 

37'2. Schuschke (suska) Kleinigkeit, geringer Preis.* 
Abieitunp^ dunkel. 

3713. Scliwat (swal) der 11. Mona! des jüdischen Ja iires 
(Januar-Febru.nj.* vom hehr. Sc|ie))!:at in. 

374. Schwije Anije singe (swija anija siija) ein 
Junimerhed sinken. ])ie Hedensari ist zsgesetzt aus hebr. .sche- 
bhijjali 'aiinijjäii ({arrn>elige Oelan^^ene». Das sind die Anfanfrs- 
worte eines \'ei'si>hiiung.sgehci.'s, von Salomo Gabirol veilasst, 
»nid dein deutschen Zeitwort singen, s. Zunz, Litgesch. der synag. 
Poesie S. ill. Nr. 9. 

375. Sechel (se/dl) Verstand.* m. vom liebr, sekhel Ein- 

sichl, Verstand. 

370. Seicher, Secher (sci/or, sey^ar) Andenken." n. 
von hebr. sekher Erinnerung:, Gedenken. 

377. Seider nur in der HA. Mer man! er will de Seider 
gewe (nior inant ar wil \9 seif^r kew.») so breit und bequem 
setzt er sich hin.* vom hebr. seder Anordnung, so heisst die 
FesKeier am Passahabend, \vegi}n welclier mancherlei Anord- 
nungen getroffen werden. Für den, welcher die Cerenionien 
ausfiihrt, wird ein l)esondere)-, bequemer Sitz Ijereilet, das? er 
sicli an diesem Abend der Befreiun^^ als Freier und Edler 
fühlen soll. In Baden nur selten gebraucht. 

378. Seifei (seifal) Mist, Kot.* m. vom späthebr. s^bhel 
Mist. G. Spr. 

379. Seif er, Sefer (seifar, söfar) Buch.* n. vom bebr. 
sSphar Buch. 

380. Seir (seir) das Haar, f vom hebr. se*är m. Haar, 
8. 443. 

381. Sekune (sakdna) Gefahr.* f. vom späthebr. sakkandh 
«Gefahr». 



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— 161 — 



38l2. Sman rsoman) die Zeit." in. u. f. gewöhnlich ein 
hüll» Jahr, auf welche Zeit r,t'<inilo ^e(hin|j:on wird, vom 
spül iiehr. seinan in. l)e>tiinintt' Zfit, Fi'isl. G. Spr. 

383. Sike (sike) «iie Hütte.* f. von helir. sukkali fem. 
Hiitle, Lauhhulle. pl. sukkoUi, tlavon Sikes, Bigges (sikas) das 
Lau l)h ritten fest. 

;)84. Sikoren (sikoran) Gedächtnis.' n. von hel)i'. sik- 
karon ni. .Vndenken, Gedächtnis. \{\. a schlecht s. hawe (a 
sleyt s. ha wo) ein schlecht Gedäclitnis haben. 

385. Siwen (siwen) Na nie des 3tea Monats im jüdischeu 
Jahr.* vom hehr. Siwän. 

386. Sliches (sliyas) Gebete, besonderes Bussgehete.f pl. 
vom hehr, selidiöth Gebete um Vei>;ebunji- der Sunden, Buss- 
l^ebete. Diese Gebet-Dücher und ^ottesdienstlichen Riten sind 
nach den verschiedenen Ländern verschieden. So halten die 
Elsässer Juden solche von den in Deutschland üblichen ab- 
weichende Sl. Diese «Sliches F^lsassi) sind aber auch bis heute 
in wenigen früher zu elsässer Territorien gehörenden badischen 
Judengemeinden erhalten geblieben, während im übrigen Deutsch- 
land die «Sliches .\schkenas» im Gebrauch sind. 

387. Snuss (snus) Buhterin, Dirne.** vom hebr. senüth 
t. Buhlerei, Unzucht. 

388. Socher (söyar) Kramer, Kaufmann.* eigtL einer^ 
der herum (hausieren) geht, von hebr. sochör reisender Han- 
detsmanm cf. Nr. 365. 

389. Sof (söQ Gulden. t eigfl. sohof vom hebr. sahAbh 
Goldmünze, Goldgulden. Auf dem Lande wird bisweilen noch 
nach Gulden gerechnet. G. Spr. 

390. Sude (syte) Mahlzeit.* besonders die bessere Mahl- 
zeit, f. vom späthebr. se'udäh Mahlzeit (slomachum fultura). 

391. Saden (sütan) Teufel, Satan.f vom hebr. satän 
Widersacher. Gegner, spez. der Widersacher, Satan. RA. Geh 
em Sudem zu (kb om sütam tsu) dass dich der Teufel hol. f 

392. siijen (si^jdn) sieben.* von S^in dem 7ten Buch- 
staben des hebr. Alphabels. 

393. Sunef (sünaf) Schwanz, Schweif.* m. vom hebr. 
m. sandbh Schweif, Wedel. G. Spr. Davon in Ettenheim die 
verdorbene Form sunft (siinft) das männliche Glied, Penis. 

394. 8us^(sus) Pferd.* n. von hebr. sAs m. Boss, Pferd. 
G. Spr. 

T. Z. 

395. Zadik (tsatik) ein Frommer, Gerechter.* vom hebr. 
zaddilc m. Gerechter, cf. Nr. 398. 

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— 162 — 

'•V.H'}. Zarfes ('ts.irfos) Xamt.» tVir Kiankieich.' ;uicli die 
Form Salles (s:n(V><) komrnJ vor. vom hel)i', Zaietaili Name 
eines leinen Landes der hiMischeii Geoyiapliie, das als Frank- 
reich i^^edeulel wurde, (i. Spr. 

397. Zawer (tsaworj Hals.* m. aueli in der Form Zaler 
(tj<arr).-|- vom hehr, zavvwar m. Hals. G. Spr. 

nnS. Zdog'O (Islöko) Almosen.* von späthehr. zedakah 
Almosen. HA. madoim zdoLio (mälono ts'foko) eine Gahe, .Al- 
mosen, die '^ew. Iiitie helleliKier Juden, von matlanä /edakali 
«eine Gahe, ein Almi)<on)>; im Elsass indci'Form z l u ke(tstukti) 1. 

3t)9. zefene (Iselan^) schla^'^en.* von — ? 

iOO. zeg^ene (Is ekdod) schreien.* vom bebr. za^ak schreien, 
cf. Nr. MG. • 

iul. Zeilem (Iseilom) Kreuz/ n. vom liebr. zelem m. 
Üild, .*:päter : Kreuz, Götzenbild. 

Tschufe ffsywo, tsyld) Anlworl, Busse." f. von spat 
hel»r. teschnblifdi 1) Umkehr (von den Sünden), 2) Aniwoi't. 
Tschufe VVociie (Isyltjwoya) heissen die 10 Bussta^^^e zwischen 
Neujahr und Versöhnungstajf. f HA. Worum ;:iisch mer kei 
tsehute? (worum ki^ mor kei l.) = Warum gil)Sldumir keine 
Antvvorl ? cf. 97.* er gel mer ken T., er gel ken T. fun sich 
(or kel mar ken t., ar ket ken i. tun siy) er lässl sich niclil 
stören. </\h\ keine Antwort, .sehenkl mir kein Gehör. 

403. Zoehe (tsö/d) Docht der Lampe.* spec. der Docht 
in der Sabbalhlampe. m. von — ? 

404. Zluche (tsh'kye) GlQck, Gelingen* vom hebr. 
zelächäh (azlacbä*) Gedeihen Glöck. RA. Andemischka Bruche 
un ktt Tsluchd (an fem Is kel i)ruyd un ka tslü/d) An diesem 
ist kein Segen und kein Glöck cf. Nr. 54. 

405 a. Zor wechor (tsorwa;ror) Lumpengesindel. Das 
Wort enthält die Eigenamen zweier midianitischer Könige 
4. Mos. 31,8. 

405. Zure (tsyra) Gestalt.* f. vom hebr. suräh Bild, Aussehen 
Gestalt*. RA. Du hast kei schoenizura =Du siehst schlecht aus. f 

40Ü. Uclief (üyoO Hi uder.* vom iiebr. ach (ay) Bruder 
(eiyll. achiw ttsein Hrudero). 

407. Ufes (ül'as) die Vuler* vom hebr. abli, plur. abhötli 
Vatei. Väter. 

408. Urne (üniej Sippe, Geiellsciiaft.' 1. vom hebr. um- 
inüii Volk. Nation. 



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— 163 — 



408 a. ünbatämt un^e^cliliUen groh. aus deulsch un — 
umi l»el)r. bo"ta'ani al^■o eigtl. niclit mit Geschmack. 

4(.H>. user (üsar) Schwurtormel für «rnein» vom liel)r. 
Part. pass. asür gel)umien = verholen, also so viel als : «las 
soll tili- rnicli verholen sein. HA. Ich Ilms user nit fi'/ tnsüser 
nit) Ich thue es wahrliattig niclit. Das isch u. wohr (las i.s ü. 
wor) das ist sicher wahr. 

V. 

410. vachuze (vayütsa) haJb, die Häifle.t von bebr. chäzi 
Hälfte mit vorgesetztem wa «iindj». cf. Nr. Iü4. 

411. vajuchem (vajüyom) sich entfernen, fortgehen, f 
missverstanden aus hebr. wajjftkom cund er stand aufd 

412. vjifrach (fajefrdx) weggeben, sich entfernen.* aus 
dem iiiissverstandenen iiebr. wajjibhräch «und er entfloh» eine 
beim Handel gebräuchliche Redensart. Wenn z. B, zwei Judetf 
mit einem Bauern in Unterhandlung über einen Kauf stehen 
und das Gresehuft vorteilhafte)- wird, wenn sich einer entfernt 
und dem andern den .Ahschlnss nberlässl, so sagt dieser zu 
jenem v. Man sagt vifrach holcbo «weiter gehen». 

413. wei (wei) Ausruf «wehe».' vom späthehr, wäj 
«wehe». 

4'14. Weieiuder (weiautor) Name des im jüdischen 
Schalt'ahre eingeschalteten 13. Monats.' Weadäi eigtl. zs^is. 
aus hehr, we «und» und Adar der zwölfte Monat cf. No. *24. 
eine ähnl. Bildung veigl. m So. 1>8. 

415. wuf (wüf) sechs.* vom hehr, waw dem Namen des 
.sechsten Buchstahens des hehr. Alphahels ; auch die Form fauf 
(fauf) kommt, aher nur im Elsass, vor. 



II. Abtheilung. 

Die aus dem Deut^i lien und andern nicht he- 
bräischen Sprachen s t a m m e n d e n Wörter des 

Juden-deutsch. 

A. 

418. Almemer (ahn«'ni9r) Pult, woraufin der Symejoge die 
10 rrehote f-elesen weiden, t aus dem arahischen al niinbai die 
Kanzel; über die frühe Ausbreitung und das Vorkommen des Wortes 



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- 164 



cf. Gi ünl)auiii Cliivstoin. S. iO'J. Pei les S. 56. Heine verwendet es 
in seinem Runianzt'io, Ave-Lalleniant III S. tZlX^ Anm. 2. 
(Zunz), er sell»st nimmt es zu omar sa^^en IV. S. 329. 

415 a. Ag. (ük) Auge. Deutsch. In ßaden unbekannt cl. 
Nr. 144. 

416. aiwasche (aiwasdj einweichen. Das deutsche eiti- 

waschen . 

417. ai werfe (aiwerfej die Gabe eines Hochzeits-Ge- 
schenkes liehen.* Das deutseiie einwerfen in den Drautschatz. 
Hast du einen sdiönen Einwurf gegeben? fragt wohl ein Hoch- 
zeits^iast den andern. 

419. Auer (auar) Uhr. f. unser Wort Uhr. 

420. bafen (paf.m) trinken.* wohl vom lat. hibere. cf. 
Jahrl). IX. S. 116. HA. achle un bafe (ayla ün päfa) gut essen 
und trinken, (bs. in RnfTach.) dazu : Bafmes (päfmes) Trink- 
geld * liber mes (n)i-) <"reld cf. oben Nr. 265. in der G. Spr. 
des XVI Jahrb. boufen bei Avö-L. IV. S. ()6. 

421. R.A. nix zebarle g^e(niks sa parlakisa) sagt man« 
um das Verlangen eines Andern abzuweisen, barle ist das franz. 
parier, das sich auch in d. G. Spr. findet. (G. Spr. barlen). 
gise?'/ Beide Worte, auch die RA. in Baden nicht bekannt. 

422. häufe (paufa) schlafen. * fast nur im Eis. bekannt, 
gemeines Wort gegenukr dem gewöhnlichen durrne Nr. 430. 
ein abd. u. mhd. Wort, das sonst nur noch in der Kinder- und 
Bordellsprache erhalten ist : als in PuppeM, das Kind ins P. 
le^^en, es soll ein P. machen» und Pulf=:BordeU. RA. Derbouffl 
eniol (t^r poufl amöl). 

421. beis (peis) bös cf. No. 62 u. 361. 

423. beiiBohe (pto^a) beten. * stammt aus dem ital. seit 
Ende XV. Jabrh. zu lat. benedicere. cf. Perles S. 129. In Ba- 
den nur für die Kinder gebraucht, wenn sie Abends heim 
sollen zum b. ; im Eis. noch gleich segnen, das Dankgebet nach 
Tisch verrichten. 

424. berschte (pirSta) börsten. Deutlich, 

425. RA. s'Blettle hot sich gwendt (s'pl^tla bot 
siy kwent) Mit dem Glück ist es vorbei. Deutsch. 

4'"i6. braje (piäja) einladen.* vom franz. prier. cf. Nr. 
264. Grünbaum S. ^35. G. Spr. 

42<)a. Bräunle cf. Nr. 51. 

427. Buch (pyy) Buch. n. in Baden wird nur Seifr ge- 
braucht, cf. Nr. 37Ü. 

428. Bunes Cpnnas) schalkhafter Mensch; Narr, vom 
franz. bonace, in Baden unbekannt. 



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— 165 



429. Doter (Totar) Theodor/ 

430. durme (tüniie) 8c)ilafen,f von lat. dormire; es scheint 
aber eher das alte Wort darmen zu sein : Schmid, Schwach. 
Wrlb. u. dörmeln Grimm II. S. 1733. G. Spi . 

431. Butsch (tüts) Name. RA. Du bisch ka D. (ty bis 
ka t.) Du bist nicht dumm (ironisch), in Baden unbekannt. 
Zur Ableitung vgl. das niedd. Docz, Dummkopf, zu Doz, Duz, 
Lärm von ahd. diezen, diessen, tosen, heläuböi und ditzen in 
Seb. Brants Narrenschiff, cit. bei Av6-L. IV. S. 61. 

432. eh, ei, en ein unwilliger Ausruf, wedn die Kinder 
während des Betens Lärm machen, sagen die Alten (Betenden) 
ei, -indem sie zurücktreten, aber weiter beten, da man sein 
Gebet nicht unterbrechen darf. Eis ist ein unartikulierter Ausruf 
und weder dem Deutschen noch dem Hebr. zuzuschreiben, f 

433. Ette (Ma) Vater. * deutsch, ahd. atto, alem. Aetti. 
Das Wort verschwindet allmahlig und wird im Eis. bes. durch 
papa, in Baden durch Vatter ersetzt. G. Spr. 

F. 

434. Fan ut (fan ut) n. Kind.* Ableitung? zu unserm 
Wort Fant? oder zu franz. enfant, lat. inCans. cf. das bei 
Av6-L. IV. S. 70 aus dem cBedeler Orden» vom Anfang des 
XVI. Jahrh. vorgeführte. Gaunerwort Vantisfür Kind. G. Spr. 
(fantem%r Kinder) cf. Nr. WI, 

435. RA. Nach Gott unn der Welt nix frauge 
d. h. sich um kein göttliches noch menschliches Gebot kümmern, 
frauge (frauke) unser fragen. Die ganze BA. stammt aus 
dem Deutschen. 

436. gating (kaliii) angenehm schön/, schwäbisch gattig 
zusamrnon (passend). 

4-37. S'gedorrt (s'kotoi t) Fiiedhof.f zsgezogen aus dem 
deutschoü guter Ort. Im \o\k heisst der judische Friedhof 
(in Scliinieheim) der Juden Garten. 

438. RA. Gvatterschaft isch en £hr, macht awer 
de Beitel leer. (Kfataräaft en ör, maxt awdr ta paital iör) 
eine deutsche RA. 

439. gife (kifa) atmen, leben,* schon seit dem XIV. Jährt, 
im J.- D. Herkunft dunkel, wohl von mhd. gewen, giwen 
= jrähnen (d. Ii. leben), cf. Grünbaum Chrestom. S. 465. 
Perles S. 15. Weiteres Vorkommen s. Staub ^Tobler Schweiz. 
Idiotikon II S. 129. 



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— m — 



440. Gadl, Gitel (KAtdl, Kilal),t Kosenamen für Gutta, 
heute für Ida gebraucht, offenbar zum deut&chen Wort j,'ut ge- 
hörend. Schon im II. Jalirdl. hei den Juden ein beliebter 
Frauenname. cf. Zunz. Ges. Schriften II, 49. Vjjl. Zimmer'sche 
Chronik 2. Aufl. UI S. 347 Z. 15. Bona sive Gula comitissa 
de . . • . 

441. RA. des isoh harb (tas iS harap) das ist schwer 
zu verstehen ; harb ist das deutsche herb. 

442. Harrle (härld) Grossvater* (Herrlein) spez. schwäb. 
Wort. cf. 1. C. V. Schmid. Schwab. Wtbuch. 1831. Das 
Wort ist nicht mehr gebräuchlich in Baden, nur noch in der 
Beseichnun)2f «der H. selig», f 

443. die Hoor (ti hör) die Haare, nur im Eis., in Baden 
wird das hebr. Wort angewandt, cf. No. 380. 

444. Jeng^le, Jing^lisoh (je^b; ji^lis) ein Jün^ding, 
junj^er Mann.* Deutsch. 

445. Jochene (joyand) laännl. Vorname f aus Jochanari 
G.-Spr. 

446. Juclel(jutdl) manu üciier Vorname * für Judas. G.-Spr. 

45-7. Kafe fk atV») kaufen.* Deutsch. 

448. Kaiherich {kn\\mi'/j Sti.'fkalh.f Deutscli. 

44^). e Kimbett unn e beisi Brüse ht Kimpet 
un ti peisi priisl) zur Bezeichnung eines doppelten LJebels, wo- 
von jedes für sicli allein gerade ^enu^"- wäre. Deutsch. 

450. Krais (Krals) m. Felder.' Das Wort ist schon ver- 
schiedentlich abzuleiten versnclit worden. Zunz schreibt Greis 
und will es von hebr. ^rioth herleiten ; Auerbach liält es iür 
das talitnul. ^aras, lesen, studieren, also Iiier ein falsches 
Lesen, falsclie Lesart. Es kann aucli statt Zirkel gesetzt wor- 
<len sein und würde dann bedeuten, einen Zirkel machen im 
Delinieien. 

451. Kugel (Kuk^l) ni. eine Mehlspeise, Art Pudding, die 
am Sabbath gewöhtdich gegessen wirtl.* Das Wort stammt 
oüenbar aus dem Deulschen : cf. Ave Lallement III S, '203 
Anm. 1. Kuchel (von Kuclien) u. el)enda (^dieite. vgl. unser 
Gugel in der Verbindung Gugeliiupf. Schmeller II S. 22. 

451 a. lajne cf. Xo. '221. 

45^2. lafe (laf^^j laufen,* schwäb. Form. cf. J. G. v. Schmid 
Schwäb. Wörterb. S. 338. 

453. Leitsch (leils) rn. kleine Geldmünze, Heller, Deut, 
vielleicht m lettsche (letissa) Hündin, um etwas Verächtliches 
und Gemeines zu bezeichnen, analog, dem derben Hundsfott. 



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— 167 — 



-ioi. Madie (in;'i(l.>i M.id. lit.'ii.* DeuUch. 

i55. maule u. iiiole (maul»), mola) malen.* Deut^:(•h. 

i5(). Memme (nu'Miio) Mutter/ cf. Xo. t2()7. d". (iiinua 
VI. S. '2<>Ui, der eü nacli Vilinnr in Hessen angel)lic'li nur in 
Jiidenkreiseii liiid.'t, ver^jl. auch die Art. Mama ebd. S. 1517 
u. Mamille S. 15iü. 

O. 

457. ore (oraj iielen,* \o\\\ Itt. orare. RA. Wenn ein 
Jude aus der Svnnjro;;e koiund, wiid er ^efra^^t «hoscli ^aiel 
g'orlV» liasl du t:ut pöbelet ?» Die Chrision liezeichnen dfuiiit 
auch (Ins Scliwatzeu der auf der Gasse heisanmiou stellen- 
den Juden. Der Platz in Altorf, wo dies meist gesi hiebt, heisst 
der L (tseliari-Platz, vielleicht lehnt sieh das Wort auch an das 
schwäh. sd. nre, rufen an. Sclunid u. a. 0, S. u. Beil. 
XVI. G.-Spr. 

I\ 

458* Pupaier (pupaiar)n. Papier. elsQssisch, schwäbisch: 
Papeier, sonst auch in der Kindersprache. 

n, 

S59. räche (räye) reichen, deutsch. RA. dis rächt nil 
(tis ra/t nil) es reicht nicht. 

•i()0. rejne (rejno) regnen.* deutsch, nur in Eis.; in Baden 
wird das hehr. Wor» gebrauch!, cf. Nr. 173. • 

461. Reisele, Roesele (r^isdla, rdesala) weibl. Name 
für Rosa.f schon im lilcn Jahrhdt. beliebter Name, cf. Zunz 
Ges. Schriften IL S. 50. 

462. Resainle (rasainlo) Rosinen.* 

463. Schalet (^let) m. Brotkuchen, eine Art Pudding, 
beliebte Sabbatspeise.'f' auch die Form Schalent kommt vor. 
ZssetzungenJ^udelschalety Matzeschalet. Ableitung ist dunkel. 
Man kann vielleicht an das franz. galette denken. Av6-Lalle- 
mant III S. 204 Anm. verweist auf das ilal. scaldato nach Zunz. 
S. 44i. 

464. Scheinele» Schoenele (seindld, ^cenala) weibl. 
Name.'J' ist im Abgang begriffen, ^'ehört zum deutschen schön, 
cf. Nr. 89, und Zunz Ges. Schriften II S. 50. wie Nr. 461. 



— 468 — 



465. schmechle (Sm^ylo) lachein/ unser schmeicheln, 
ahd. smeichen<i cf. engl, to smile (lachen). 

466. sclimutzen (smutsan) kfissen.f zum deutschen 
Schmutz und Schmatz, derbe Bezeichnung für Kuss. Schmeller 

III S. 479. 

467. Schmu (^mü) die weiblichen Geschlechtsteile.! eine 
Unish'llurin vom deiitsclien musch, mosclie, moese, etc. Sciimellei* 
Bayi'.-Woertb. II G42. (vei-l. auch III. S. 402. 4Ü9. Grimm 
VI S. 2595 mosche eigtl. junge Kuh, in Schlesien liebkosend 
für Mädchen. G, Spr, cf. Nr. 361. dnzu Scii. machen, schmu.<en, 
sich in gemeiner Art um die Gunst Jemands bewerben. Anders 
Adelun;^ l\ S. 493 = Gewinn m neben. 

468. schnorre (snöra) betteln, Almosen fordern* u. 
Schnorrer (§norar) ßeltler. von ahd. snurren, schnurren, scbwäb. 
schnurren umherlaufen (Schmid a. a. 0. vergleicht unser 
Schnurrant und Bettelmusikanl. Schmeller III S. 494. Av6 L. 

IV S. 293. Cr. Spr. 

409. RA. Em Schtas gsat (am stas ksal) eipril. «dem 
Stein <(M es ;4e-^a^^l)\ die HA. wurzelt im Aberj^lauben vom 
Anwünschen. Wenn Jemand einem Andern von einem Uebel 
erzähll, woran er leidet, so wird diese RA. eingeschoben, um 
zu versichern, dass man das Uebel nichl auf den Andern, den 
Zuhörer, übertrap;eii wissen will.* 

470. schtause (st insr) sl«»ssen. Deutsch, cf- No. 98. 

471. sich schtrake (sij^ ätrakd) sich hinleijea.* Deutsch 
(sich .st lecken). 

472. schtrandle (stranllf») zweifeln,* ein bildl. Ausdi-uck 
wie Schiflliruch lei<len, eigtl. kein Mut haben und daher am 
Strande hin und her liehen, zöjrern, zweifeln. Ave Lallement 
IV S. 012. Schmid S. 513 hat es in der ßdttr. unsclilüssi«- 
Sern und vergleiclit es mit frz. tiainer, in die Län;;e ziehen. 
Kommt aucli in der niederen Volksspiache in Heidelberg vor. 

473. Schtul (slyl) m. Stuhl. Deutsch. 

474. seie (^eija) .sehen.* Deutsch. 

475. I{A. Der Taud will an Ursach hawe (Tr 
taut wil an ursay hawa). Die RA. entliält ei^tl. eine Beobach- 
tung, eine Bemerkung; denn wenn Jemand gestorben ist, fragt 
und forscht man, wie und woran der Bet reifende gestorben sei, 
obschon die Ursache sehr natürlich ist. 

476. RA. Vil Techter, geit am aus s' Glechter. 
(yil Töyter, keit am aus as Kld}rt9r). Bei vielen Töchtern ver- 
liert man das Lachen. Deutsch. 

477. RA, Trübsal blause (trä[>-al plau^a). Trübsal 
blasen, d. h. seufzen und .stöhnen, sich im Unglück belinden 
und darüber jammern. 



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— 169 



478. Trop (trop) m. die Accente in der heiligen Schrift/ 
wohl vom grieeb. xpdzo^. cf. Zanz S. 441 

479. RA. Fraind tuns am (fraint tyns am). Freunde 
schaden einem. 

%V. 

480. WafEle (wafla) Mund,f deutsch mdartl. bs. schwäb. 
Waffel f. b(Ü. einen grossen Mund, Muul mit iierabhängenden 
Lippen, ct. Scbmid Wib. und No. 36. Schmelier bayr. Wtb. 
iV S. 34. 

481. RA. Die mir welle (ti mir w^b) Verwünschung« 
eigtl. die mir Böses wollen, denen soll es schlimm ergehen. 



482. zaohne (tsä^no) zeichnen.* deutsch. 

483. <zeile (tseile) zählen.* deutsch. 

484. zele (ts^U) zahlen .f deutsch. 

485. RA. Dem Zuluker is nix zu schwer (T^m 
fsylykar is niks tsa kvehr). Dem, der zuschaut (zuguckt) ist 
nichts zu schwer, der findet Alles ausführbar uud erträglich etc. 

Dem Zuschauer ist kein Spiel zu hoch. 



III. Abteilung. 

£in Protokoll aus dem Gerichtsbuche des 
Rabbiners in Mufzig von 1746. 

Ha' jesdmima lv'(liar)3 Läse* w'^ochiv« lC(liar)8 Awrohom 
hen^ Awrohom sal8 tövirns l'dödom K'(har) Läse rnikan 
al hejöso'' murschois sclielühem'* hatoroni'ä rn((Mu r )i6 Mosche 
Balberin machmas^'^ aswin'^ awi siknom Kliars Seli;^man 
m' Tanl)ach20 sals sch'niinsar l'jodö^i Ieli22 iioi infentMiiutn 
lianaasoh^s h'Tanbaei» join'* Uosch-chodesch^* TamusSä Tof 
Kuf Alef26 soll er (^lie'^cbbon " gebin m'Kabolas*» w'hozöosW 
ur'wochiinso s( hchnjusoa l^sob rnin«o möos*ö banalst scbeninisar 
rjodö32 riüsvas 33 hajes6inim3* w'äjramSä verlangt schwuös** 
apolropsinST schekolss cheschbön6soo8» zedek*o w'scheiiisasek *' 
b'chullon'iä riowas33 liaj'sömiin khar» Läse beschiv**, dass 
er kein Apolropos^"^ ist gwesin laut ho>iiit'enlaiiutn, rak^ er 
hol solin ha irioos*^ einnemin unl rhakozin^^ khar Aron 



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— 170 — 



/t/eni. [Randbemerkg. in anderer Schrift: tml ploni hakodnM 
Bab' Aren u$ apotioposs? gwesin leitend infentaria.] belanirt 
chefichbon,iT hot er (Laser) cbeachbontr immomAT ghalien 
ITonai^ uw*niaamad<> döddmi^^ khai' Iizig ukhar NateM 
tml ate kabin mir mein cheschboo" gesiandenp] m'KabolasM 
w' hozoos>« rak^iseb^i Punkieiiy d'heinuAi was ich for Lose 
ausgebin kab for ein Malbusch u be Kolmar uni m&m bes 
sehnbim^B» welehi er TMochiv« khar Hertel scbejichje gebin 
hot gam » for malbuschim wie ihm Khar Läse ae^6eii gheisn 
hol zu gebin for malbuschim hot gtagt^ heUi ein Schabbos 
Mal husch fis netig wie sein ochiv ihm ein Scbablios Malbusch 
hot gemacht achar sös ist Läse wieder kumin unt hot gsakt, er 
heti sin Malbusch netig Lose saht, ist sehunt^^ ühoson» 
gwesin^ beoso schohoMa «ote er das Malbusch scblischiM be- 
kumin hot, so hot khar« Hirzel ihm gemacht unt noch sunsehtn 
Sachen^ was er nelig hot ghat, unt Läse josom* banal hot 
gvously das er l'Mochiv* mein besM s^hubim» gebin hot^ unt 
ich bin l'ochi* orav^i gwesin unt ihm gheisin schejiclije, er 
soll for Lose aus gebin, unt begert Läse ben Menachemw 
zu wissen, ob sie cheschbon<7 an nemen^ gatn^ sagt kliar 
Lase ben Menachem, dass er haimoos,** was noch l'fiw cliesch- 
bon«7 r56jsomiin* gchert^ for sein s'chai W turcho*^ hallen 
Willy Ursach Ickofßß b'schaas^? chaliikas^s asowin ^8 awi sik- 
nom J9 ha na 131 ist kumin ^ achoso«9 Moi as^o Matel " inn 
b'noh^^ khar Läse, er soll imoni*' TTanbachä« w'lib*josonW» 
murscho *s scheiohen,?» unt sie wolin ihm was zalen, wie er 
avcÄ dolet ^^a- jomim scboin 76 gwesin ist unl jom 74 wolaj- 
loh 76 iber Kesowain'ß gsessin, kaasclier" j'dua's l'aadoniw 
niöriso hag^oon^i av bes din.82 Ryndheinerkung : i;:arn bes din 
irom be Rapischwir gschribn hot im «lo<lom l'misdipot laut 
infenlaria, gam fil turcho"'» gehat ha moo^ ein zunemim unt 
khar I.nse ttnt Awrohom habin gheisn die sacken zu sclireibn. 

iriungf r'\vocbin,3o sagt khar Läse l)'nienachem, er ist keine 
schuldig, weilin er rplt)ni bar ploni »3 Ahton hot wolin 
tekot'ß* bes ineosS* s'huwim^ä gebin, so er ein gturmin hot 
w'lo rozoh plodi hnr iiloiii 83 Ahron: ach hat er verhoiin 
dodorn,JO in Tanbach solin ihm kein nioos*» mehr gebin^ ist er 
gar wol zujridn gwe^^in ad l'acha! »' sos »» ist khar Itzi«^ 
ezel^^ ploni83 khar^ Aliron kumin unl ihm iiun)s wolin gebin 
w'lö rozoh»o rkabIoni9i w'öno.sau»;« lo sob k's;,\ schejiten^* Ijada^ 
khar» Läse uvvüc:!)^^^^ lizij,^ w'oinar^« i'^ßkliitrs Läse, wen 

er ha-moos*5 nii nemi, schickts an gref(fierV)w unt k'sav 
moreino scbejichje gewesn. heti er nil 

unt ein chodisch99 demach l'ereeh »öo hat er mir gbrachl 
arbuioi meos** uschloscbim w acbloscho »o* s'huwim,»» äiezwahr^^^ 



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— 471 — 



ich hüb ein gnomin sch'nasioi tuf ku( alef>05 lcfra1kolon>oß 
usch'nas »0* tuf kaf beisW^ hab ein gnomin bei ind beis meos i08 
w^achamischim los s'huwim w ; habi gleich davon aus gebn ches 
meies bachamischim io9 sehubim an Mauscbe Humsweilrni 
unt an Herzel. Ren dorf unl an NentI achausom,"3 keUti ich noch 
ibfig gehal iio)et meies sehubim das hab ich musen behal- 
ten^ wen die Jungen etwas brauchn, sie zu gebin^ wie ich 
ihnen auch gebin hab, gam^^ habi musn m<»o.s*ö hanaf in der 
Hand halten, weilin ich bin oretßi gwesin for Läse, wie ich 
werochi^* ihm ein Knnsui glegt habin, habm wir sich ge- 
schribn for oref for die neduiije;"^ unl tut kof fiei ne 
habi ich ihm ein Knas"* hat schon gwehrl von tuf 

kof >/\me\ bis tut' kof hei,n» so habi ich ml ywusl, wenn ich 
moos^^ brauch, unter der zeit habi ich ihm auch fll tnoos 
gebin unl sclinas tuf kuf wol »» Uk.ne f^abi ich erst wider 
das ibrig ein gnumn. 

Heisohit " ha murschois banal «^', nia ißs sehe '20 oriiar »7 
Khar Läse, das er kein apoiropos »7 tst ywesin, weil in man ihm 
nit dazu gmachl hol, so ist zu weisn, das man ihm nii 
niarnini2i gwesin ha, nioos*^ ni'usoxin bejoilo^» zu halten, 
bechen 122 Jiat er lej^amre'** kein resclius »2* ha' nioos^^ zu 
brauchn, gnm 3^ heist er ein posc hei^s^ welches t^nieloschon 
Aschkenasi26 ein Mislyreifer, weilin er htt liyinuot. *ä le lau 
wes*3 josomims an wendin soln i, unt hei ha moos^ä for ha' 
Kotsen i=*7 rabbii29 Alii on ein hendiyen solin. u^rna i^s sche- 
omari2®,ö7^ das er iial welni leererh>''J8 heis meies los sehiihiniä* 
ha* Kelsen 127 for ral)hii*9 Ahroii ein hendiyen unl {»loniss 
hanal 51 hat es nit nemin wolin, ist ho' urs.ich, weilin er ha 
nioos^^ nit bei samen yhal hal, das ein grause suma ti^ahr, 
bischwil Kach hat planniss jabbii»» Ahion banal si nit 
nemin woUn achas le achasisi^ unl wan schon rahbi^^^ Ahion 
banalst gar ha moos** nit hei wein i nemin ^ het er ha nemo- 
lies tst gich ineazinei93 nii gebin soln sich zu ein apotroposST 
zu maekht^ rak** er het soln i gein i>sa eizel ho afbesdin 8s unt 
hoafbesdin zu sagin etUehs^ $0 het bo af bes din« nero joiriM 
Mchon gewist Kedas ma laasos ha' moos ^ einem zu gebin le 
tauwesM bajsomim.sbecheni» Ml das ein bweis^ das er nieh- 
aderiM hat gwesin, ha moos» bejodo» zu /lallen^ wni hat 
das gethan le tanwosd, iMa bechen ><> kan er kein s'chires 
fordern^ iiam hat er kein 8*chire.si>T me'i afbesdin *> be Dan- 
hacb gfodertf ist zu wisn^ das er kein s'chires (erlangt 
hat, rak^A beit'M mikoacbis^ ketitus'^ unt meriwusi^i mi^ 
haisomim fordert er ha s'chires.i^f 

[andere Schrift.] al se'M hei schiff khar Läse das der 
emes ist, erist kein apoiropos *t gwesin, rak ^ hat ha moos» 



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— 172 — 



ct7i nemin solin unl lejad 95 plauni »3 Kanal 3i gebin laul infent.^ wi 
er ach iaun hol wolin; unl das er ihm tiil mcJir als heis meies 
s'hubim»^ gebin hat wolin. ist gwesin, ivediu er nil mehr ghal 
hoty und das ha rnurscho»* hanal'i sagt er /leli es lejad 9^ af- 
besden 82 neiran joir »s* gebin solin^ ist er nil mechujef^** gtoesin 
laui infentarium^ 

(hier setzt die alte Schrift wieder ein.) uni wegin ha 
s'chires'37 hu [ mir Läse josem 2 hanal3i ein shoch gschikt^ 
das ich kumin sol unl gsagt; das er mich wil zufriden sielin 
und ein jom '-^ darfor hat er mich yheischen kumin, so bin 
ich dolet 'sa joinen 7*, iber keso wani 76 (jscsin und bin mur- 
scho' iG fjtres}} /, welchs ich m i aljus^ afliesd^n 82 nerojoir 
niRapischwir bweisn kan, was an langt rewo( Inni 30^ i(at Läse 
josein 2 haiial^i beteiriisch '^^ zu mir gsagt^ er begehrt fun mir 
kein rewochimso, weilin ich ihm gar fil gutsch gthan^ was an 
ligt ha 1 cheshenä?^ habi scheloscho |»e ominiiis-'^ m'l sie 
grechnet let'onai*8, unl sie habin mir alsch [Alles] geschlandn^ 
was ich aus ijehin hab, unt was ich ochic Herzel for ihm 
gebin hab ; unt ich hab nil^s ylhan belijedies^^ fun ha ko- 
tsen lvli;it Vhron schei jchje 

toan'i>i hainiu slIio '3 hanal 3i khar' Läse Aa/ e/n cheschbon 
momon j^i ij^ii achoso'^s khar Läse auf Holet Louisd'or 
chodoscli wochezijä^ welches tnoos *^ hat er bezahlt bischwil '8o 
susOj'äj so er koneh^^» hat gwesin hischwiliäo dodoit>* khar 
Herzel wie auch khar Läse davon ywusl haL das was er 
handelt, is gwesin for khar Heizel ; achsciiow lä? fordert er 
saeh haho|3i an»i Khar» Läse josotn 2 hanal,8J so er b'wadaj i59 
sulchs wert im 72 dodo '<> khar Herze! ver rechent habin, 
weilin er gwust hat^ das hasuss gehert i'khai'äe Hei-zel 
unl isl hisi'hwiio «3o * gekauft worden, bee*lien 122 soll khar Läse 
kolel 77 hisclivvuoh 1*^0 seiT?, ob er 111008*^» banal 32 nit mit ochiv^ 
khar* Herzel ver rechent hat, niachmasi' bachamiscliim lo» raf,i6i 
was khar Läse taant,'äi o- hct sie gebin Tochiv* khar Herzel, 
loan '51 hamurscho banal, teer hat ihm reschus 124 gebin, 
moos-i^ banal 3« l'ochivß ZU gebm^ er kan moos*^ hanalsi 
meocbiv* fordern. 

al seb^^ he schiv^s khar Läse, was anlangt hacheschbon 
momon IM von dolet Louis chodo^ch \vo( he2i,»54 eklet noch mehr 
moos 4» unl Sachen dabei, ^"-^ so hab ich ein cheschbon momoni^ 
von ihm, das ich ihm sulchs selbscht gebin hab, machmasi^ 
ha'chamischirn J09 ral,'ci habi ihm ein Malhuscli 53 gmacht be 
Kolmar, (am Rand: hat gkoscht kaf olef'ß« s'huwim s«) im 
erschien Jahr wie er ('?) I'ochiv ß kamen isl unl menn bes s'5*hu- 
wim 6i lun Läse jo8om> ihm gkeien^ er toU ihm Kleider kaufen, 



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— 173 — 



gam>& üier for Läse orav^i g'wesn auf Obwenkemer marki 
for jud beis s'buwim,^ welchei er hai zahlen musen. 

Toan bainurschois khar* Läse hai selbschtn ysagt 
khar M,8 Läse josom* babalichoao ezel ^ dodo kbar Herzel, 
tfii«kbar9 Herzel ihm wert malbuscbim»* machen b'chinnoniyiM 
wMi «r a6er gwusi hei, das bamalbuschim mtmonoitr 
katten^ hei er sie nii ynomin^ umabi** xbetoan^^i kbar Läse, 
das Laze josom * ihm ver sprachen hai s*chirus,>ST so isi doch 
j*duo»78 das j'somims ihm for kein murscboi* haben neiig 
gehai^ weilin doch kbar morenu boraw Josef Rumsweiler 
schom gewesin uni hai ihm kein s'cbires «er sprachen, 

umab scbetoan kbar Laze, das sein chescbboa 
isi Jeder zeii for gui erkeni wordn, darauf heisehiv ba- 
muracbo,» ri8cbon><* isi ftetn cbeschbon st unier schribn ubose 
ixiukor,!^ dttss sie bachescbbon st nii for gui erkini haben 
scbenisiTi is mVakeri^o zusein^ das ir sche\6^f* he einuno>M 
fli moos^ baj'somim * gehandeli hai, weilien er hei solinl'kbar * 
Herzel Ringndorf et« kos schel kesef ^4 ^cm v/of ^4 » 
Louisd'or gebin uni hai es ihm nii gebin we af al pi ken 
findei man nii, das er bamoos«» für den becher rj'somiin < rechnet 
(Randbemerkung: sondern er rechnei bamoos«* rj'somims das 
er bakos>76 scbel i^s kesef m ihm gebin hai) uwosecb m'wuor,iTo 
das er poscbe hai gwesin b'moos^ bajaomim^s gamW soll 
er koiel sem biscbwuos ^ apotropsin ^ mab im scbeisvbir- 
wiacbiT« b'moos^ bajsomim,* uni wen er schon nichts damit 
gwunin^ hai er doch posche i*^ gwesin; das er hai bamoos^' 
b'jodosft ghaliin, weilin er doch nii da^iu bervfin worden isi, 
bamoos ^ tacbas jodo ^ jzu halien, 

Kbar* Laze toan,>&i das es scbeker^so ist, er hai nii 
gsagi, das kbar Herzel ihm malbuscbim becbinom^M machen 
wert, rak^ er hat gsagi, er isi becbinomiss bei ihm, wen er 
ihm etwas gibt, is er ihm schuldig zu danken, gam*^ bleibt 
khor Laze })e taaiiusoj^i das lia Laze josoiriS ihm gheisn hat, 
er sol ochiv< kbar> Herzel gell gebin for inalbuscbim,i^s gamS& 
Ä/ei6/ er betaanusojisi das er is Murscho" ywesin^ machmasiT 
hakosne schel i^s kesefi74 hab ich khar Herzel bezahlt, gam 3* 
|pei7m Laze josom « gsagi hai lefonai,*» das ich hab falsch 
gschribn b'cheschbon momon J** von dolel Louisd'or wochezi,i54 
so ver lange ich, das er sol es m'warrer"« sein, oder ein 
onesch J82 zu machen korouj.'ss 

ha Murscho haiinl heischiff: al noabiw sche"o t(»an^öi Khar3 Laze, 
das Laze josom 2 hat ihm ver spruchifi^ er will kein r'wocbimM 
von ihm, toan i^i: Kach i3o omai Laze josom«, wenn er ihm 
sein gelt in gutem^ was ihm gebihri, gibt, unt braucht nii 
xor zusiein, Jiifne hesdin so will er ihm eiwas nachlasn hiV 



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— 174 — 



naim sosiss^ weJlin sulchs aber nicht geschehn is, so fordert 
er sein r'chwoL-liiin 3\ kliar3 Laze toani^i h'taanosoisi hanal3J, 
er hoi b' feruscli gsagl, er will kein r'wochim 3^ von ihm. 
Kol 186 han(u:li3i loaii i^i hanal i8!> liajomiss jom'* doletis«^ 
wovi87b kislevisT. Tow Kow chethi87a Ifk. Poh'ss Mutzig Klieser 
ben M'nacliem Sal« Elieser beii Avrohom Sal.8 Avrohom ben 
Avrohom Sal.8 



Urteil. 

L*achar2M scheschomati taanosovisi w*roisi 
nachdem ich gehört habe seine Einwände und gesehen habe 
hamaaseiM. badowor hanaseh 

die Sache (Geschichte) im Betreff die abgeschlossen wurde 

rosch chodeschM Thaniusss tow Kow alefi* 

am Tag des Neumonds im Monat Thamus 501 (= 1741 Chr.) 
b* Tanbach w'roisi ko|i86 hacheschbonosw schel"» 

in Dambach und ich gesehen habe alle Rechnungen des 
khar3 Läse ben M'nachem wgam35 cheschbon momom'^T 
Herrn Läse, Sohnes des Monachem und auch Rechnung 

schel kbar Läse, ben Avrohom posakti, 
des Herrn Läse, Sohnes des Abraham, habe ich entschieden, 
si:he khar Läse m'chujowi'W radialem* rajsomim^ schenischar 
dass Herr Läse schuldig ist zu zahleu den Waisen, was übrig ist 
adaj in bejodo^^ b*momonom^^ ITi 

noch in seiner Hand von ihrem Vermögea gemäss 
chesc libonom'T meoh ** usch'monim *** s'huwim 
ihrer Rechnungen hundert und 80 Gulden 

w^khar* Läse jischba bahanochas jodo^« 
und (dass) Herr Läse schwöre, durch Auflegen seiner Hand 
sefer* Thora^M" schekol'^« cheschbonosov^T hemo emes^^s 
anf die Thora-RoUe, dass alle seine Rechnugeu seien wahr 

wozedek^ w'jifrot 
und gerecht richtig und dass besonders von ihm zu bestimmen sei, ' 

schenosanM leMRhar Herzel Ringsndorf hamoos^ 

dass er gegeben habe dem Herrn Herzel Ringsendorf das Geld, 

schehewi b' chesehbono 27 awnr Kösiw schel 

das er in seine Rechnung gebracht bat in Betreft des 
Kesef'^* w'gain 3j jitVot schekol '86 ma^^s schehewi 

silbernen Bechers und ebenso erkläre, dass Alles, was er in 

b' cbe.schbono ^^ 
seiner Rechnung angeführt hat, 



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— 175 — 

schenitanM Tochi« khars Herzel awur 

das er seinem Bruder, He^rn H. gegeben habe in Betreff 
khar Läse ben Awrohom nosan 9> lo mitchilo 
des Hrn. Läse, Sohnes d, Abr. ihm von Anfang? an gegeben habe 

rzorech khar Läse banalst w'noda 

ffir das BedQrfnis des Herrn Läse obengenannl, und dass ihm 

lo ijam keil sclicocliiv^ hozioni 

auch bekannt sei, tlass sein Bruder sie aus^e;;eben habe 
Tzorcho o scliekbar Liise ben Awrohom nosim^a 

zu seinem Bedarf, oiler dass Herr Läse S. d. Ahr. ihm 

In r<'schus'24 lilen lo Tzorcbo 

Erlaul)nis i;egeben habe sie ihm gejxeben liabe zu seinem Bedarf; 

gam 35 jifroj schehamoos^ä^ nun bes s'hu- 

auch soll er bestimmt anj^eben, dass das Geld 52 Gul- 
wim ^ ascher jisch lo cheschbon momon i&s min khar Lazar 
den, von dem er eine Beclmunp- hat von Herr Laze 

banal we gam jud lies sehn wim^^ scheorav<i baado 
obgeo. und auch 12 Gulden wegen der er sich verbürgt hat 
we gam ^ huzrach t*schal1em b'Obrenheim nosan ** 
und auch genötigt war zu zahlen in Ober-Ehnheim auch gegeben 
üitm» ken Tzorech Läse w' lo bisch wil iso ochiv« khar 
habe zum Bedarf Lazes u. nicht wegen seines Bruders, Herrn 
Herzel w' lo kubbol hamoos^*» banal mijad?* 
Herzel, u. nicht genommen habe das erw. Geld aus der Hand 

ochiv* banalst w'gam's lo bo immo 

seines gen. Bruders u. auch dass er nicht mit ihm gekommen sei 

rcheschbon ad**« schejikro lo \v' gams^ 

zu ihm zum Rechnen bis er ihn j;erufen habe und auch 
jichlol bischvvuoso hanal 3i schelo 
soll er in dem iiim oben anferle;^lon Schwur beteuern, dass er 
Jinjüh ]o re wach 30 mi moos-*:) i'soinim 2 hanaUi o schejifrot 
keinen Profit hatte vom Geldc der eiw. Waisen, oder dass er 
kainiiio hi lo w' jitten lajsomim 2 banal oclieu 

bestimmt sage, wieviel es war u. es haben die Waisen jedoch 

habriro * b'jad'i khar Laze b. M., b' im scbwozo 

die Wahl in die Hand des Herrn L. S. d. M., ob er geben 
litten Ij'somim* hnnaM» mi moos*^ hannl scliehojo b'jodo»* 
wolle den obgen. Weisen vom bezgl. Geld, welches sieis in 

tomiv Vü cheschbon S7 banal &i Tmeoh 

seiner Hand war nach der Rechnung wie oben 5 vom 
r schonoh potur misch' wuoh sos machmas^? 
Hundert jährlich soll frei sein von diesem Schwur wegen 



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— 170 



hamoos^ Val dowor schetoani^i schekhar 

des Geldes und wegen der Sache, dass er behauptet, dass Herr 
Laze hen Afrohom mochal lo b' ferusch^ kolM 
L. S. d. Abf. ihm erlassen habe ausdrücklich alle 
hor'wochim to jichlol bischwuose m i jirzech 

Zinsen soll er in seinem Eide aussprechen, ob er will, 
schekhar Laze mochal ** lo b' ferusch b' Ii schuro 
dass Herr Läse, ihm erlassen habe ausdrucklich ohne irgend welche 
t* noiniisi w* lo k'mo scheloan^si khar' Laze w' jiflor 
Bedingung und nicht wie behauptet Herr Läse und er absondere 
mechelek * r'wochiinso schel khar Laze w' jitten 1' khar 
den Teil der Zinsen des Herrn L. und gebe dem Herrn 
Afrohom chelko** ub' m i schejirzeh khar Laze ben 
Ahr. sein Anteil und wenn Herr Laze, S. d. M., will 

M'nachem jichlol ^iam^s ken bischwuose banal sch' 
schüesse er auch in seinen ev. Eid ein, dass 

khar Laze ben Afrohom w* immo Moras'® Matel 
Herr L. S. d. Abr. und seine Mutter, Frau M, 
hivtiach lo b* ferusch liten lo 

ihm die Versicherung gegeben habe ausdrücklich ihm Belohnung 
s'chirusi'T w' osjusom s'char tercboso 
zu geben, und dann wird ihm sein Hühelohn auferlegt werden 

m' itti V zerech (?) poh hamdino. 
von mir nach der Schätzung der hiesigen Provinz. 

[Die folg. Zeile ist unleserlich.] 

hakol88 schorir w' ktgom 
Schluss-Formel : Alles ist richtig und in Ordnung stehend: 
Poh Mulzig jom he dolet Kislev tov, 

hier in Mufzig, Freilag (5. Wochentag) den 4. Kislev 508 
kov, cbes. (gez.) hakoton** lehudo Leib Elsass m' Mutzig 
(» 1747 Chr..) Der kleine (junior) Ichudo Löh Elsass von Mulzig 
w' i hoachim Khar Laze ben Afrohom w' Khar Afrohom 
und die Brüder Herr L. S. des Abr. u. Herr hir. 

j' kahb* lu b* cheiem * scheenu 

werden übernehmen unter Slrafe des Bannes, dass sie 
niaschbioiu V dodom lo b'chinnon 1' chol perotini 

nicht schwören lassen ilireu Unkel umsonst nach allen IiLk e 

wk'loliui. 
und allen Einzelheiten. 

(gez.): hakolon ** Thudo Leib Elsass in Mutzig. 



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177 



Anmerkungen zu Abtlieilung Iii. 

I hebr. Artikel : der ; imtuer mit dorn zugehüienden Wort ver- 
■ehmolsen. 

s pt. die Waistii. Jmsoid, pl. jdisomim. 

s K". AbkArsimg. f. Kewod hor«w rabbi die Ehre des gelehrten 

Babbiswürdiger Herr. 

* Läse d. ältere Abkrsg. fär Elieeer. Tgl. Nr. 230. 

* und. 

6 ach = Bnulei- vgl. W. B. Nr. 406. ochiv sein Brader, achos 

Schwester, achoso seine Schwester. 
^ Sohii. vgl. W. B. Nr. 39. 

* Abkrsg. f. sichrono liTroebo sein Andenken sei gesv>gaet. 
> klagen, bringen vor. 

ihe rn Obetm, dod Oheim, dodom mit Pronom. possessiv. 

II von hier selbst, anges ans min, mi Ton n. kaan hier, hier^ 
selbst. 

1* Abkrzg für dafür, dass ist (seiend) zsges. aus al (von olo) 
wegen, für, in Gemässheit and Part. Form v. baja sein. 
1* d Beauftragte, Sachwalter. 
1* von ihnen 

1^ Thoragelehrter, Artild ha n. 

19 d. Ehrwürdige, der Herr von jd. moro körperlich gedeihen, 
stark, morenn horav rab. 

" wegen, 

18 Verlassenschaft. 

1^ ihres Grossvaters ; atisikin Qros&vater. mit Possessiv Fronom. 
wie Anm. 10. vgl. W. B. N. 4' '7. 

*0 von; min, mi, me von, aus. T. ist Dambach (bei Beofeld). 
*i die ihm übergebene. 
n gemftss» naoh 
gemacht. 

24 Abkrzg. B. Ch. Nenmond vgl. W. B. Nr. 319. 
S5 ^fonatsname Tamns vgl. W. B. Nr. 114. 

2ö [5] ÖOI. 

-i' Rechnung vgl. W. B. Nr. 91. 

28 von Einnahmen vgl. A. 20. von gebä chald. einsammeln. 
" und Ausgaben v. hozooh. jd. hauzes. 
^ n. Gewinn, Zinsen Tgl. WB. Nr. 816. 



— 178 — 



3" a jd. scbobo bleiben, werden. 
3"b ihm. 

3^ die ibm aus genanntein Gelde geworden sind Abkrzg f. ha- 
nitkor lael des (der) oben Erwfihote, Oedaoble. 
^* das ihm fibergeben war. k. 21, 

^ snm Besten, von towa Gute, OefoUen, Wohl, Giack Tgl. W. 

B. Nr. 127. 

st der Waisen A. 2. 
35 und auch. 

3ö Eid pl. zu sch wua von hebr, schabaa Tdrsiebnen, vgl. Anm. 
lÜO, schwören weil 7 Zeugen nötig waren). 

87 vom griech. drjjZO'jTjj- u. Vormund, des Hebr. Wort apo- 
tröpos, richtiger wäre £~iTooz<>;. 

88 dass alle Anm. 18 i. 
a» Tgl. A. 27. 

«0 richtig Tgl. W. B. Nr. 395 n. hdH, 

41 nnd dass er sich hat angelegen sein lassen. 

bei den Rechnungen. 
43 er erwidert replicirt. he, hi, hei jd. er n. jd. meischef sein 
antworten. 
** nur 

« vgl. W. ß, N. 2üi. 

40 dem achtenswerten vgl. W. B. Nr. 198. Anm. 1. 

47 mit ihnen (den Waisen). 

48 Yon mir. 

49 und unter Betstand. 
^ Abkrag. f. Natan. 

5' einige 

das sind nämlich jd. dehaino. 
03 Kleid vgl. W. B. Nr. 248 
ö4 42. abgkrzt M b. 
- ^ Galden Abkzg. sh, vgl W. B. Nr. 389. 

^ le an, Dativ Bezeichnnog vgl. Anm. 48^ 21, 3% 46, 10. 
BT schon. 

*8 Bräutigam vgl. W-B Nr. 95. 

Wa zu dieser Stunde Anm. 67. 
59 das dritte vgl. W. B. Nr. H55. 
6" der obengenannte Anm. ."il. 
61 Bürge vgl. W. B. Nr U7. 

Akrzg. b! M!, = Sohn des Menachem 
08 nach, laut, gemäss. Anm. 22. 

M&helohn vgl W. B. Nr. 866 von sechar Lohn. 
M gleich, sofort jd tekepf. 

07 Augenblick, korae Zeit, Stande also rar Zeit, in der Stunde 
von jd. Schoo schanen, anfmerken» 

08 Teilnng TOn jd. cholak teilen, . . Tgl. W. B. Nr. 88. 
08 seine Schwester, Anm. 6. 

70 ehrwürdige Fran, die Herrin, fem. in Anm. 16« 

71 Eigennamen. 



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479 — 



" mit. 

"a ihrem Sohn Dat. vgl. W. B. Nr. 39. 
n sein 

nnd dra Waisen vgl. Anm. 2, 56, 5. 
4 Tag» A. 138. Abkrzg. d, jom, vgl. hinten dendeotsch ge- 
bildeten Fl. jomen Ygl. W. B. Nr. 224. 

»a Tier vgl. W. B. Nr. 137a Abkzg. d. 

w dort. 

T5a und Nacht vgl. W. B. Nr. 226. 

7'' Schriftstücke, Urkondeu jd. Kessaw. pl. Kessowim za Kos 
saw schreiben 

n Ka — ascher, wie — das dieses. 

^ wie das bekannt ist W. B. Nr. 34. 

w Dat mit le. meinem Herrn Tater. 

M nnd Lehrer jd. more. 

dem ehrwürdigen, herrliohen Art. ha. n. jd. gaon Herrlickeit. 
Excellenz, Titel des obersten Landes = Rabbiners. 

8^ Gerichts-Vorsitzender. Abkrzg. abd = aw bes. din. Ehren- 
titel des Rabbiners eigtl. Vater des Hauses des Rechts, vgl. Anm. 19- 

*8 Dat. dem Herrn, ploni bedeutete der Unbestimmte, nnserm. 
N. N. u. X. entsprechend bar Sohn, vgl. W. B. N. 30. 

M S€0 Tgl. W. B. Nr. 36 a und 265 

» nnd er hat nicht gewollt, lo nicht vgl W. B. Nr. 230. 

8« bis. 

*V^^ nach diesem Ablers. ach''s. 

89 ZU, bei 

90 vergl. Anm. 85. 

öl annehmen, empfangen von jd. Kowal. 
»2 und hat gegeben vgl. W. B. 289. 

ein Schreiben vgl. Anm. 76. 

an bringen, übergeben. 
^ an Händen vgl. W. B. Nr. 205. nnten bejodo. 
^ nnd sein Bmder vgl. Anm. 5 n. 6. 

nnd er hat gesagt. 
9^ von nlt an unleserlich 
99 Monat vgl. W. B. N. 319. 

nach der Schätzung = circat etwa 

vier vgl W. B. Nr 15. 

und SS., schloschim dreissig und scheloscho fem. drei vgl. 
Anm. 59. 

Jahr, sehenos, schone« PI. von schono. 

105 501 im Jahre 5601 jftd. Rechnung. Abkrzg. T. K. A. taw = 
400 £npf ^ m, Alepb = 1. 

10« Abkrzg. Ifk. nach der kleinen Zahl jd. liphrat Koton. 
i07 fi02 Tgl. Anm. 106 nnd W. B. Nr. 86 a. 
i08f 09 1350; rgl. W. B. Nr. S^a 86a. Abkrsg. zsgs. Ton we nnd 
chantisehim 50. Tgl. W. B. Nr. 76. 

"0 850 fl ; chez acht vgl W. B. Nr. 90a. 



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— 180 — 

III nach dem Dorf Romolsweiler gebilddtir Name, 
ihre Schwester ¥gL A. 60 n. 6. 

118 400. 

* mein Bruder. 

"* Busse Strafe (in Geld) vgl. W, B. Nr. 185. 
"5 Mitgift vgl. W. B. Nr. 292. 

(5) hOb. abgkrzt t. K. h 

Zeit» Weile vgl. W. B. 882. 
118 (5) 505. abgkrst A. K. g. — A. K. h. 
»» 606. 

120 er. 

121 maamin fmeinem) sein, glanben, Tenranen, Ton hebt, emimali 
t Festigkeit vgl W B. Nr. 146. 

I2i item, ebenso. 

vollständig von jd. gomar endigen vgl. W. B. Nr. 170, 
124 Erlaubnis. 

Onredliober, üebelthSter Tgl. W. B. Nr. 50. 
IM Abkrzg. bl». in der dentacben Sprache. Tgl. W. B. Nr. 839 
and 17. 

»27 Richter. Weiser vgl. W. B. Nr. 198. 

128 Abkrzg. 1. 8s nach der Schätzung, etwa, circa. Anm. 100. 

"9 Abkrzg. r. = rabbi vgl. W. B. Nr 308. 

130 rabb. hebr. (von) wegen, so, für deshalb. 

isi eins zu eins, eins zum anderen, einzeln = abschläglich vgL 
W. B. Nr 133. 

US Zuverlässigkeit vgl. Anm. Iii n. V. Nr. 146. 

IS* selbst jd. azmo von osem stark, mftohtig sein. 133 a geimi. 

IM Abkrzg. n. j. sein Licht möge kochten. 

IS5 was er zu thun hätte, stereotyp. Wendung nach Esther. 

is^ Am Rand steht die Erklärung meheder [nach etwas trachten, 
beabsichtigen, lür er ist darom nach glofin. wohlza. j d. chodarsiok 
verbergen. 

13« a zu seinen Gunsten, vgl. A. 33. 

1" Lohn, Provision PI. von jd. seciuro vgl. Anm. ü4. 

18S eigtl. ha jom den Tag. bente. Anm. 74. 

ISS auf Grand. 

14<> Zank. Hader. PI. von Ketoto, Eetat. 

141 Streit Fl. von meriwa zu riw streiten, zanken. 

Abkrzg. as. auf dieses? oder ist besser zu lesen ad sires? 

'43 Wahrheit, hier als m. gehraucht vgl. W. B. Nr. 145. 

schuldi;^. Partie, form, vgl. W. ß. Nr. 97 u. 70. 
145 Bote vgl W. B. Nr. 357. 
IM Anm. JH. Vormund ! 

Rappoltsweilw. 

1^ mit AosdrAcklicbkeit jd* bepherasch za porasch tranneni 
onterscheiden, erklären. 

102 dreimal. 

148 a gemeinschaftlich, mit ihnen. 

i-is ohne Wissen vgl. W. B. Nr. 2U u. 34. 

1^ Abkrzg. sj. dass er lebe. vgl. W. B. Nr. 71. 



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— 481 — 



Es wendet ein, erwiedeit. vgl. W. B. Nr. 115, 
i^>2 Abkrzg ch/' m. Geldrechnung vgl. Anm. 27. 
IM vom Sohne seiner Schwester = Neffe vgl. Anm. 11, 7, 2. 

4V« neue Ld! vgl. W. B. Nr. 68. 410. 
1» Pferd ygl. W. B. Nr. m, 
IM Kone sein kanfen. 

* übers, fnr Min Onkel. 

jetzt. 

'ä^ die Summe, Menge, 

bewadai ganz gewiss. Tgl. W. B. Nr. 109. 

* für ihn. 

in Eid genommen werden von sch'wua Eid. Anm. 36. 
IW Thaler vgl. W. B. Nr. 310. wegen der 50 Thlr. 

* vom Bruder Tgl. Anm. 90 n. 6. 

168 21 ; kapk. zwanzig, oleph eins. Abkr^. K. a. 
1» anf dem Wege. 
1^ nmsonst. 

von seinem Geld. 

was, wie. 

erstlich eigt der £rste, Anfang, zu rosch der Kopf igL 
W. B. Nr. 319. 

i^ und damit ist bewiesen. 

zweitens, fem. zn scheni. der zweite, 
in nicht mit Gewissenhaftigkeit vgl. Anm. 86 und W. B. 
Nr. 146. 

173 Gene iT Partikel, Ton. 
17^ Silber, 
m a sechs. 

und wenn auch, so. 
W> der Becher vgl. W. B. Nr. 188. 
ITI beschwören. 

was er Terdient hat mit, zu rowach weit werden, marwiach 
sein Terdienen Tergl. auch Anm. äO. 

1Y> unter (seinen Eftnden) Tgl W. B. Nr. 180. 

gelogen, lügenhaft vgl. W. B. Nr. H41. 

181 bei seiner Behauptung vgl. Anm. löl. 

182 (Geld) Strafe, Busse mit Geld. 

183 üblich. ' 

* 80 behauptet er. 

IM vor Geriobt Tgl. Anm. 83. 

an diesen Bedingungen Tgl. Anm. 151. 181 sos dieses. 

Alles Tgl. W. B. Nr IST. Anm. 88. 
i^a der vieite Tag d i. Mittwoch 
is^b den fünften 

187 Monatsname KisleT Tgl. W. B. Nr. 175 
i»7a [5] 508, 
iw hier. 

PI. hanis korim lemalo. 
^ leacher nachdem. 

Tgl. W. B. 265. 



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- 182 — 



♦ Tgl. W. B Nr. 276. 
*♦ vgl, W. B. Nr. 265. 
*** vgl. W. B Nr. 359. 
192 Abkrzg. 8 T. 

* vgl. W. B. Nr. 379. 

♦ Tgl. W. B. Nr. 58. 

* TgL W. B. Nr. sei. 

vgl. W. B. Nr 88. 

• Tgl W. B. Nr. 90. 

Der Kleine vgl W. B. 197. 



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XII. 



Volkstümliche 

Feste, Sitten und Gebräuche 

im Elsass. 

1896. 

Mitgeteilt von 

Bruno Stehle. 

Weibnachten. 

Liebidorf (Kreis Altkiroh.) — Am Vorabend des Weibnacbtsfestes 
and am Weihnacbtstage selbst gehen arme Eindw abends von Hans 

zu Haas und bitten um Gaben. Sie erhalten meist Geld oder 
Backwerk. Früher gab es keinen Weihnachtsbanm. Er wurde erst, 
als das Eisaas lti71 wieder dem deatschen Kelche einverleibt warde, 
eingeführt. 

PJetterhausen i Kreis Altkirch.) — An Weihnachten gehen die 
Kinder von Hans zo Hans, um milde Gaben in Empfang za nehmen. 
Sie singen dabei Weiknacbtslieder, wie: «Stille Nacht, heilige Nacht» 
Q, s. w., oder «Ihr Kinderlein kommet.» 

Uffheim (Kreis Mülhansen.) — Wenn es am Christabend 
«Heilewog» ^ läutete, nahmen die Leute Strohbänder, gingen anf 
das Feld und banden die Bänder um die Obstbäume, damit sie 
mehr ir rüchte hervorbrächten. Dieser Gebrauch kam noch vor zehn 
Jahren vor. 

MUtiach (Kreis Colmar.) — In der Christnacht werden in allen 
Ftaiiliett drei Rosenkränze gebetot. Hierauf wird ein Giftscben 
Branntwein getranken and anch wohl etwas gegessen. Um 12 Uhr 
gebt man dann Tor die Haasthttre, am sn sehen, weleher Wind 
wehi Man glaubt dann« dass dieser Wind das ganze Jahr hinduich 
wehe. Auch glaabt man, dass in dieser Nacht ^s Rindvieh sprechen 
könne. 



1 Vergl. YL Jahrgang 1890 S. 168. 



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— 484 — 



AU Thann (Kreis Thann.) — Seit der ältesten Zeit ist es hier 
gebräuchlich, die Weihnachtsrose als Wetterpropheten für s ganze 
folgende Jahr zu befragen. Am Weibnachts ibend stellt man die 
genannte Wanderrose in ein Glas mit Wasser and harrt mit ge- 
•pannler Erwartung des Aafblüben8. Und wirklich! — Gegen IsSUhr 
tnreiten eicli die Blötenfietehen «nseioander nnd verbreiten einen ange- 
nehmen Daft. Die Beobachter Bind voller Freude; denn das Aaf- 
blühen der prophetischen Rose stellt ein firachtbares Jahr in Aussicht. 
Blüht die Rose aber nicht, eo sieht man mit Bangigkeit dem kom- 
menden Jahr entgegen. 

Kaa»b8 (Kreis K&lhaosen.) — Hier herrscht die Sitte, dass 
man zur Weihnachtf^zeit in ein mit Erde gefülltes Gefäss die ver- 
schiedenen Kornarten sät Diejenige Kornart, welche sich am 
vollkommensten entwickelt, gedeiht im nächsten Sommer am besten. 

Hipshrim (Kreis Erstein.) — In der Christnacht um 12 ühr 
geben die Leute ihren Kühen und Pferden Futter, damit auch 
sie in dieser heiligen Stunde wach seien und Freude haben. 

Hipsheim (Kreis Erstein.) — In der Christnacht um 12 ühr 
gehen die jungen Burschen im Dorfe umher und knallen mit der 
Peitsche, um die Stunde der Geburt unseres Heilandes anzukündigen. 

Hipsheim (Kreis Erstein.) — In der Christnacht binden manche 
Leate Strohseile am ihre Bäume Sie glauben nämlich, dass die- 
selben dadurch im folgenden Jahre viele Frftchte tragen. 

Geispolsheim (Kreis Erstein.) — Hier herrscht der Aberglaabe, 
dass in den Nächten vor Weihnachten Hexen in der Luft umherfliegen. 
Dieselben haben Laternen nnd Besen bei sieh nnd rote Böcke 
an. Hängt zu dieser Zeit anfällig auf einem Baum ein Stück Yon 
einem Kleid, so sagt man, das rühre von den Hexen her. 

Wittitihem (Kreis Mülhausen.) — Am Tage Tor dem hl. Weih- 
nachtsfeste ging der Pfarrer in die Stalle der Bauern und besprengte 
dieselben mit Weihwasser. Während es das Fest einläutete, beteten 
die Angehörigen: 

Heiliwog, 
Gottesgob, 
Glick ins Häs 
Un *s Ungliek drüs. 

Der Gebrauch herrschte bis 1820 

Wittenheim (Kreis Mülhansen.) — Am Tage vor dem hl. Weih- 
nachtsfeste, als es um 12 ühr das Fest einläutete, wurden alle 
Obstbäume mit Strohbändern umbanden, damit es reichlich Obst 
daran gebe. 

Der Gebrauch herrsehte bis l^K 

Bhtsheitn (Kreis Mülhausen ) — Um die Hexen des Dorfes za 
effcennen» mnss man drei ausgefallene Zähne einer Egge besitzen^ 
welche man von ungefähr so findet, dass die Spitsen derselben dem 
Betreffenden sngekehrt sind Diese Zähne werden übereinandergelegt« 
nnd durch das Loch, welches man hindnrchbohrt, kann man dia 



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— 185 — 



Hexen während der Wandlung der Mitternachtsmessc sehen, da sie 
nämlich rückwärts schauen. Nun muss aber der Beobachter raachen, 
dass er mit dem Ende des Wandlnngsläutens zuhause ist. da sonst 
die Hexen bis zum Angelusläuteu in der Fiühe Gewalt über ihn 
haben. 

St Ulrich (Kieis Altkirch.) — Wenn einer, der in die 3Iitter- 
Bachtsmesse geht, ein«ii Eggenzabn findet, nimmt er ihn mit in die 
Kirche. Diejenige Fran, welche eich bei der Wandlang umdreht, 
«ird als Hexe bezeichnet. Der. welcher den Eggenzahn gefunden 
hat, stellt sich dann auf einen Kreuzweg; hierhin mass sich auch 
die «Hexe» stellen. 

IMlern (Kreis Thann.) — Ein Kind, das an Weihnachten 
wfthrend der Mitternachtsmesse geboren wird, ist ein Glückskind. 

Dammei-lirch (Kreis Altkirch.) — So lange die Weihnachtsmesse 
dauert, soll das Vieh im Stalle stehen. Das Heiliwogläuten beginnt 
in der Weihnachtsnacht um halb 12L'hr. Alk s steht schon lange vorher 
mit einem Bund Stroh bereit und mit dem ersten Schlag rennt jeder 
nach seinem Lieblingsbaum und bindet das Stroh nm den Stamm, 
nm ihn so Tor der Gewalt des Windes zu bewahren. 

Sylvester nnd Neujahr. 

MitÜa^ (Kr. Colmar). Inder Sylvestemacht geht die männliche 
Jagend des Dorfes in die Wirtschaften, wo nm die «Nenjahrswecken» 
gespielt wird. Um 18 Uhr wünscht man sich dann gegenseitig Olflck 

zum neuen Jahre, worauf den Gästen Fleisch (Schinken . Brot und 
Wein unentgeltlich vorgesetzt wird. Dann wird das Spielen fortge- 
setzt bis 4 oder 5 Chr. Hierauf gehen die jungen Burschen, die 
gewonnen haben, vor das Haus ihrer Mädchen (Liebsten) und bringen 
ihnen die Wecken. 

AU Thann iKr. Thann;. In der Sylvesternacht ist es hier Brauch, 
dass die Kinder vor allen Thüren singen, nm eine Gabe zu erhalten. 
Bekommen sie aber in einem Hause nichts, so ist es Üblich, den 
«Knickern» folgendes Sprüchlein za sagen: 

I wenseh i h glickhaftig Ne^johr, 

A Bhng&lk henter*8 Ohr, 
* A Stei en d'r Nacka. 

Dass'r s' ganza Johr d'ihenter blibt stacka 

PfetterTiausen (Kr. Altkirch). Am Sylvesterabend gehen arme 
Kinder von Haus zu üaus, um Gaben zu erhalten. Dabei singen 
sie folgendes Lied : 

Mer kUmraa dohar am Owa ^ so spot, 

Mer weiischa &Qch alla a neies güats Jobr ; 

Ä neies güats Johr nnd eine fröhliche Zeit, 

Die nn& Qott Vater em Eemmel verlaiht. 

Her senga- un pflffa so tapfer druff los, 

We mer hia nit bek&mma, so geh mer uf Moo8,3 



1 Abend. * singen. ' ein Kachbarsort. 



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— 186 — 



Uiiil wenn der is jetzt kai Weckla wait ga, 
So siill eicl) der Iltis d'Hianer all nah. 
Und das Cbch wohr, und das esch wobr, 
Mer wensehe eich alla a neies gQats Johr. 

Uff heim Jvreis Mül hausen i. In der Nacht von Sylvester auf 
Neujahr wird den alten Jungfern, welche nicht nnter die Haube ge- 
kommen sind, eine grosse Strohluretzel an die Dachrinne geh&ngt. 
Fftr den Spott in den nächsten Tagen branchen die Betreifenden 
nicht zn sorgen. 

Ohrnnheim (Kreis Schlettstadt). Am Tage vor Neujahr soll nicht 
gebacken werden. Das Brot h&It nicht so lange als sonst; «es be- 
schützt nicht>,i wie die Leute sagen. Der Glaube herrscht bei vielen 
jezt noch. 

Witteriiheim (Kreis Erstein). Am Sylvesterabend ziehen Knaben, 
gewöhnlich zwei, von Haus zu Hans und singen ein Nenjahrslied. 
Ist dieses gesungen, so sprechen sie folgenden Vers : 
«Liawi Hüssvattr unn liawi Hossmiattra! 

Len euch net verdriassa 
Unn thuan uns ebs i d Tascha schiassa? 
A Groscha, ke za kleina uuu ke za giussa, 
Dass er uns thuat dr Sack verstnssa.» 
Hernach empfangen sie die Geschenke : Geld, AepfeK Wecken. 

Pfetterhaiisen iKreis Altkirch). Hier ist jeder Pate und jede 
Patin verpflichtet, den Fatenkindeiu an Neujahr die Neujahrswecken 
und an Ostern Ostereier zu spenden. Die Patenkinder holen die 
Geschenke nicht anders als in weissen Servietten. Reiche Leute 
haben hier sehr viele PatenkindoTf weil vom Reichtum der Paten 
die Grdsse der Neigahrswecken abhängt. 

8t. Utrkh (Kreis Altkirch\ Am 1. Januar ziehen arme Kinder 
vor den Häusern umher und bitten um eine Gabe; dabei singen sie: 

cMer kämme dohart am Owe so spot, 

Me winsche ech alle e neus gnets Johr: 

e neus gnets Johr, e frehliche Zeit, 

die uns Gott Vater vom Himmel verleiht, 

vom Himmel verleiht un s ewige L<äwa|. 

ihr solle das Johr mit Fieide erläwa, 

zu Betlehem in dei kleine Siadt 

wo Maria Chrischtkindala gebore hat; 

sie hafs gebore und das isch wohr, 

jetz schickt uns Gott Vatter e neus guets Johr». 

Gemar iKreis Rappoltsweiter.) An Neujahr ist es Sitte, dasi die 
Messdiener in ihren Kirchenkleidem von Haus zu Haus gehen, sich 
in jeder Wohnstube aufstellen und ein Neujzhrslied singen. Darauf 

rüttelt einer der Messdiener eine Sparkasse znm Zeichen, dass die 
Leute ein Geschenk hineinlegen sollen. Die Gfesamteinnahme wird 



1 d. h. es giebt nicht aus, es ist nutzlos bald gegessen. 



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dann anter die Measdiener vom Phxtet verteilt and dient dazu, 
sie für den Kircbendienst za enteoh&digen. 

Fastnaeht, Fasten, Fronfasten. 

Hiräfelden ^Kreis Gebweiler). — lu Hirzfeldea uad den um- 
liegenden Ortschaften waren bis am 1860 der Fastnacht- Sonntag, 
Montag and Dienstag grosse Freadentage. In den Wirtschaften wnrde 
getanzt, am Dienstag Warden in allen Familien Birnen- und Aepfel« 
schnitze mit Schinken and drgl. gekocht. Wer während dieser Tage 
spann, dem frassen nach dem Volksglauben die Mäuse das Garn. 
Von diesem Aberglauben sind einzelne Leate jetzt noch beherrscht. 

Alt-Thann (Kreis Thann). — Am Sonntag nach Fastnacht iWeiber' 
oder alte Fastnacht) nach der Vesper zogen früher die Jünglinge 
mit einem Leiterwagen durch das Dorf, um fclolz für die Fastnacht- 
fener einzusammeln. Unter den lauten Rufen : Stkngälä, Stangälä 
Strai (Stroh), oder a alta LuiupaLl'rai] (frau) gingen sie von einem 
Haas znm andern. Hatten nnn alle ihren Beitrag abgeliefert, so fahr 
man mit dem aaf dem Leiterwagen anfgesehtchteten Holze anf einen 
aasserhalb des Dorfes liegenden Schntthaafen, wo das Holz abgeladen 
and in 2 Haufen geteilt wurde, der eine für die Männer, der andere 
für die Weiber. Hieranf warde das Holz angezündet, und bald lo- 
derten die Flammen empor. Die herbeigeströmte Volksmenge tanzte 
nun wohlgemut um die beiden Feuer herum. Nach Beendigung des 
Tanzes ging"s ans * Scheibenschiessen » . Ein in der Mitte durch- 
bohrtes, rundliches Brettchen wurde an einer langen Stange ins 
Feuer gehalten. War das Brettcheu, Scheibe genannt, glühend tmd 
fenrig, so warde dasselbe anter dem Rnfe irgend eines Mädchen- 
namens, das an der Feier teilnahm, in die H5he geschlendert. Als 
die Feier zw Ende war, gingen die Weibsleute wieder heim, am 
ihren häuslichen Geschäften nachzugehen. Die Jünglinge and Männer 
dagegen begaben sich in eine Schenke, am sich bei einem gnten 
Glase Wein gütlich zu thnn. 

Dieser Brauch währte bis 1850. 

Alt-Thann (Kreis Thann). — Hatten an Jungfrauenfa^tnacht 
(am zweiten Sonntag nach Fastnacht) die Jungfrauen allerorts die 
Fastuachtküchlein gebacken, so wurden sie von den Jünglingen ab- 
geholt. Waren alle eingesammelt, so wurden sie in einem Wirts- 
haas verzehrt. Fanden sich aber anter den Küchlein welche, die 
nicht schmackhaft and fehlerhaft gebacken waren, so TMsammelten 
sich die Jünglinge vor dem Bathanse and nagelteü die misslnngenen 
Küchlein an die Thüre desselben. 

Bollern (Kreis Thann). — lieber den, der am Aschermittwoch 
des Abends nach dem Läuten des englischen Qrasses im Freien 
umherläuft, haben die bösen Geister Gewalt. 

Alt-Thann ; Kreis Thann) — Am Aschermittwoch wurde früher 
<die Fastniiöht begraben» sichrere Jünglinge trug3n auf einer mit 
Stroh belegten Leiter einen ihrer Genossen niehnnals durch die 
Strassen dea Dorfes. Gewöhnlich war der auf der Leiter Liegende 



- 188 — 



einer, der tags zuvor des Guten zu viel gethan hatte, und bald war 
er in des Schlafes Armen aller Mühseligkeit des Lebens enthoben 
Die Hintei ^-'tdanken seiner Träger merkte er nicht. Sobald sich diese 
überzeugt hatten, duss er fest schlafe, trugen sie ihn an die nahe 
vorbeifliessendd Thür, — und plumps, — lag er in dem kalten 
Nats; das nnfreiwillig« Bad weckte ihn ant seinem Traum und 
brachte ihn znr Besinnnng. 

Dieser Brauch wfthrte bis 1986. 

Aspaeh (Kreis Altkirch). — Am 1. Fastensonntag wird auf einem 
nahegelegenen Hügel ein grosses Feuer gemacht. Nachmittags ver- 
sammeln sich die jungen Buiscben und ziehen durch das Dorf, um 

Holz und Stroh einzusammeln. 

Dabei singen sie folgenden Vers : 

Stroih, St.roih, 
fer a alti Froi: 

Stangel. Stangel 
fer a Seeibangel: 

Stier, Stier 
fers Fasnachtsfier. 

Abends wird das Holz und das Stroh angezündet, und wenn 
das Feuer ausgelöscht ist, begiebt sich die Jugend unter Gesang 
nach Hause. 

Hirzfelden (Kreis Gebweiler). — Hierorts sammeln sich am 
Nachmittage des ersten Fastensonntsgs (der sogenannten Kiachlaftt- 
aanacbt=Kücbleinfastnacht, zum Unterschiede von der sogenannten 
Hermfastnacht) die jungen Burschen und die Schuljugend des Dorfes, 

um zum Fastnachtsfeuer Holz und Stroh zu holen. Die fröhliche 
Schar sieht dabei von Hans zu Haus und singt: 

«Alti, alti Tübäksfrau! 

Stier, stier zum Fksnächtsfier* 

Gan is a Bosa Stran 
Oder a alti Frau! > 

Bis gegen Abend sind zwei bis drei Wagenladungen Brennstoff 
gesamnjelt, welcher dann unter Jubel, Sang und fröhlichem Schei- 
benscblageu ausserhalb des Dorfes Terbrannt wird. 

Noch bis um die Mitte dieses Jahrhunderts wurde beim Fast- 
nachtsfeuer geschossen, die Musik spielte, und Y&ter und Söhne, 
Mütter und Töchter bewegten sich im fröhlichen Tanse um das nächt- 
liche Feuer. 

Am ersten Fastensonntage, der Kiachlefäsanacht, gehen die 
schulpflichtigen und noch nicht schulpflichtigen Kinder zu ihren 
Taufpaten, hier Gätti und Cotta genannt, zu Oheimen und Tanten, 
welch letztere hier zu Lande auch Basie heissen, um bei ihnen die 
Fastnachtskflchlein und zwei oder mehr Butterwecken zn holen. 

Hirzfelden (Kreis Gebweiler;. — An Mittelfasten begaben sich 
die Kommunikanten in eine Scheune. Dort wurde ein Knabe oder ein 
M&dchen vollständig in Stroh eingefloohten. Mit dem Vermummten, 
der «Hierlagieger» oder auch « Biesagieger > genannt wurde, zog 



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— 189 — 



dum die kleine Schar, gefolgt von der ganzen Schuljugend, von 
Haue m Hans nnd sang: 

Hit ieeh Mittelflischta, 

Ka müess uns Kiachla bacha. 

Wie der Winter isch so kalt, 

Drei Rösle doch im griana Wald, — 

Ma hert die Frau iwar uffa go, 

Sie wird uns äbbis awa lo. 

W^ie der Winter isch so kalt. 

Drei Rösle doch im griana Wald. — 

Ha hert die Pfknna krächa; 

Ha wird nns Kiachla b&cha. 

Wie der Winter isch so kalt, 

Drei Rosle doch im griana Wald, — 

Ma hert d'r Schlisse! kliugla, 

Ma wird uns älbis bringa. 

Wie der Winter u. s. w, — 

Gannisi Zwatschga, 

M*r wann ach^ nit Yerratscha. ^ 

Wie der Winter n. s. w. — 

Qannis Pflflma, 

H'r wann is nit TerBAma. 

Wie der Winter n. s w. — 

ün wenn'r uns nit wann ga, 

Sil müass'ch der Marder d^Hianer na. 

Wie der Winter u. s. w. 

In jedem Hanse erhielt die jugendliche Schar Geld, Kuchen, 
Zwetschen, Pflaumen. Aepfel oder Eier, was sie dann unter sich ver- 
teilte. Der < Hierlagieger » aber erhielt den dreifachen Auteil. Dieser 
Gebraneb bestand bis vor etwa 80 Jahren. 

Hirafelden (Kreis Gebweiler}. Hier and in der Umgegend sind 
die Eltern anglücklich, wenn sie an .Pronfasten zwischen elf 
nnd zwölf Ühr ein Kind bekommen. Ein solches Kind, Fronfasten- 
kind genannt, kann nämlich nach dem Glauben des Volkes auf 
Erden nicht glücklich werden Man glaobt auch, es gebe aas den 
Fronfastenkindern vielfach Nachtgiinger; wenn sie nach dem Angelas 
aasgehen, haben sie Einblick in die Geister- und Hexenwelt. 

Pfetterhausen (Kreis Altkirch.' — Hier ist es allgemein Gebrauch, 
dasB am Palmsonntag nach der Palmcnweiiie die Palmen in den Ge- 
müseo;arten gesteckt werden. Kindern erzählt mau, dass der Oster- 
hase Eier in dieselben lege. Die Palmen werden bis zum Ostersonntag 
im Garten gelassen. Lftsst aber jemand seine Palmen an diesem 
Tage nach dem Angelaslftnten abends noch stehen, dann werden sie 
Ton den Dorfbarschen mit Beschlag belegt. Die Besitzer müssen 
dieselben dann doreh drei Ostereier wieder einlösen. 



1 Gebet uns. 

2 Euch. 

3 verretschen = verklatschen 



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— 190 - 



Blotzhcim (Krois ^füllinusen.) — Es ist Sitte, dass man am 
Palmsonntage die geweihten Palmen in den Garten steckt und sie 
während der Karwoche bis zum Ostertage stehen lässt An diesem 
Tage holen die Kinder die bunlen Ostereier, welche der Osterhase 
unter die Palmen gelegt hat. Nachher spielen die Kinder mit den 
Eiern. Sie schlagen nämlich die Spitzen derselben g«g^einander. 
Wessen Ei unversehrt bleibt, der erhält vom andern ein Osterei. 

Winzenheim (Kreis Colmar.) — Stellt man am Palmsonntag 
frischgeweihte Palmen auf den Dünger, so kommen in der Nacht 
Hasen nnd legen Eier daranter. 

Tiirhlieim (Kreis rdniar.^ — P)ekanntlich werden vom Grünen 
Donnerstag bis zum Karsamstag die Glocken nicht geläutet. Nach 
dem Glauben der Kinder reisen dieselben während des Amts am 
Ordnen Donnerstage nach Rom znm hl. Vater nnd kommen dann 
Karsamstag mit den Ostereiern wieder von da znrftck. Im Anschluss 
an diesen Glauben besteht in einigen Familien Tiirkbeims folgender 
Gebrauch. Bevor sich die Kinder am Grünen Donnerstag in das 
Hochamt berreben. legen sie ein Glöckchen vor das Fenster. Kommen 
die Kinder aus der Messe /urück, so ist es verschwunden. Es hat 
mit den Kirf henglocken die Keisc nach Rom angetreten. Nach dem 
Amt am Karsamstag liegt das Glöckchen wieder vor dem Fenster. 
An demselben hängen jetst aber schdne Ostereier, die es den Kindern 
von Rom mitgebracht hat. 

Winzenheim (Kreis Colmar.; — Auf die Küchlein, die am Kar- 
freitag ausschlüpfen, soll man besondere Sorgfalt verwenden, denn 
es giebt sehr gute Hühner. Sie legen grosse Eier und wechseln 
jedes Jahr am Karfreitag die Farbe ihres Oefiedeis. Diese Hfilhner 
nennt man Karfreitaehflbner. 

Bekanntlich soll in der Fronfastnaeht das Fronfastenweibchen 
spinnende Franen besuchen. Es wird als eine Feindin der Frauen 
gef&rchtet denn gewöhnlich stiftet es Unheil. So erzählt man fol- 
gendes: Eine Frau hatte am Tage vor der Fronfastnacht (Dnrch- 
spinnnacht) Wasser in einen Brennkessel getragen. In der Nacht 
kam ein weisses Fräulein und verlangte einen Wasserkübel. Die 
Frau aber gab ihm einen Korb. (Sie hatte schon gehört, dass man 
dies thun soll.) Da sagte das Fräulein : «Du hast Glück gehabt, 
denn ich hätte Wasser getragen, bis Du in dem Hanse ertrunken 
wärest.» Darauf verschwand es. Des andern Tags war die Frau 
ktank. 

Seiligkreuz (Kreis Colmar.) — Wird während der Fronfasten 
ein Kind geboren, so sagt man, dasselbe werde ein Nachtgänger. 
Abergläubische Eltern geben sich darum alle Mühe, dies bei ihren 
Kindern zu verhüten. 

Hirtfelden (Kreis Gebweiler.) — Noch vor dreissig Jahren war 
hier, so wie auch in Roggenhausoi der Donnerstag vor dem grünen 
Donnerstag der letzte Fleisehtag vor dem Osterfeste. Nach dem 
Mittagessen öffneten sich in sämtlichen Häusern die Fenster, undvon allen 



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- 491 — 



Seiten vernahm man den dreimaligen Raf: cSchmntzig! Schmntzig! 
Schmatzig !> 

Bamenheim (Kreis Mülhausen.') — Der Bauer gieht nie «in 
Stiohband (von einer Garbe) dem Vieh als Streu, ehe er es aufge- 
knüpft hat. Man sapt nämlich, es gehe in den Fronfasten eine 
Frau herum, weiche die Kinder, die an diesem Tage abends zwischen 
11 nnd 18 Uhr zur Welt kommen, mit diesen Strohbändern schlage. 

Aach sollen diese Kinder am Abend die Geister sehen. 

Karwoche. 

Wittf-Isheim (Kreis Thann). — Am Karfreitag werden in Wit- 
telsheini die Hühnerställe gereinigt; ao weiden, wie man glaubt, das 
ganze Jahr hindurch keine Hühnerlänse mehr in dieselben kommen. 

Hirzfelden (Kreis Gcb\veiler>. — Ob Ostern früh oder spät fiel, 
unsere Eltern durften erst vom Karfreitag ab barfass gehen; anch 
Warden die L&mmohen an diesem Tage zam ersten Male ins Freie 
gelassen. 

Den am Karfreitage gelegten Hühnereiern schreibt man eine über- 

natürliche Kraft zn Wer nämlich am Ostersonntag nüchtern eines 
dit-ser Kavfrcitagseier austrinkt, soll während des ganzen Jalires; von 
keinem Fieber befailen weiden ; die aus solchen Eiern kriechenden 
Hühner sollen alljährlich ihre Farbe wechseln, 

AU'Thann (Kreis Thann). — Bekanntlich werden während der 
drei letzten Tage in der Karwoche die Kirchenglocken nicht geläutet. 
Damit die Lente dennoch wossten, wann der Gottesdienst beginne, 
stieg in fiüherer Zeit der Küster aal des Kirch tarms obersten Gang 
and gab mittelst einer «Bebelade» die nötigen Ankündigungen. Da 
aber dies Zeic hen nicht von allen Leuten gehört werden konnte, 
gingen die Kinder mit «Bebeladen». «Raren» nnd «Rafelu» durch die 
Strassen des Ortes und verübton damit einen Höllenlärm, wodurch 
nicht selten die Ordnung gestört wurde, weshalb mau diesen Brauch 
am das Jahr 1860 abschaffte. 

Gehweikr. — Zur Zeit der Karwoche durften die Frauen nie olme 
Schürze das Haus verlassen, weil der Teufel sich seiner Zeit vom 
Abte von Marbach die Erlaubnis erbeten hatte, jede Welle, die nicht 
gebunden wäre, als sein Eigentum betrachten zn dürfen. So war es 
bis zum Jahre 1866. 

JDdOem (Kreis Thann). — Wenn am Karfreitag die Totenuhr 
schlägt» so stirbt jemand aas dem Hause, in welchem sie geschlagen 
hat. 

Kri'it (Kieis Thann). — Bei vielen Leuten dieses Dorfes herrscht 
der Aberglaube, dass die Eier, welche am Karfreitag gelegt werden, 
nie faulen sondern austrocknen. Wenn man ein solches Ei an 
Weihnachten in die Mitternachtiuesse nimmt, so sieht man die Hexen 
des Dorfes Dieselben kehren sich in der Kirche um. Wie es aber 
beginnt, Wandlung zu läuten, muss man sich entfernen: denn ist 
man nicht zn Hause, wenn es zu läuten aufhört, so ist man den 
Hexen preisgegeben und ▼erloi'en. 



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— 192 — 



Banzenheim (Kreis Mü!hausen\ — In früheren Zeiten ging man 
in der Karsamstagnacht, genau um 12 Uhr, prozessionsweise um die 
Kirche. Die Mädchen und Knaben trugen Wachskerzen. Der Hei- 
land wurde aus dem Grabe genommen. 

Pfingsten. 

Tjiehsäorf (Kreis Altkirch ) — Am Pfingstsamstag nachmittags 
ging früher der Hirt des Dorfes in den Häusern herum. Er trug 
einen Korb bei eich und in der Hand hatte er einen grossen Stock. 
Im Korbe befand sieh ein Uehlsack. Ein sweiter, es war ein Knabe, 
war mit schlechten Kleidern angethan. Seine Hände nnd sein Ge- 
sicht waren schwarz gefärbt Um den Leib hatte er eine Kette, 
man nannte ihn den «Pfingatblibel.» Der Hirt führte ihn an der 
Kette von Hans zn Hans. In jedem Hanse sagte er den Spruch: 

•Mer han der Pfingatblibel gfange 

>ff t ere isige Stange. 
Eier, Mahl eder Anke I» 

In jedem Hause erhielt der Hirt ein Geschenk. Dieser Gebranch 
ist in letzter Zeit abgekommen. 

Heutenhurg bei ^raursmünster. — In diesem Orte besteht der 
Gebrauch, dass am Pfingstmontag ein Knabe so in ein Strohbündel 
eingewickelt wird, dass man nichts mehr von ihm sieht, als den 
Kopf nnd die Beine. Dieser Knabe geht mit den andern im Dorf 
umher und fordert von den Leuten Eier und Speck. Beinah m 
jedem Hause bekomini er etwas. Beim Empfange der Gaben singen 
alle Kinder: «Do han mer da alte Pengschteklotz ; ar esch vom 
Böem 1 af agfalla on het da Bega * gebroche. Der Dokter het niga 
erlaubt as Eier nn Spack.» Am Abend werden die Gaben gemein- 
sam verzehrt 

St. Johanni. 

E^iHieim (Kreis Schlettstadt). — An Johanni (24. Juni) geht 
die männliche Schuljugend von Hans za Hans, am Holz za erbitten« 
Dabei singt sie folgendes : 

«Holz erfis, Holz erüs, 

oder mer Innn' i dr Fachs ens Hianrhlks » 

Oder; 

«Holz erüs, Holz erüs, 

Mer batten'i 3 drnu* a Vatrunser ens Hüs.» 

Das fzesammelte Holz, gewöhnlich Reisigwellen, wird auf einem 
grossen Ast vor das Dorf «geschleift», wobei mehrere mit einer Welle 
auf dem Kücken folgen. Nach angebrochener Dämmerung wird das 
Holz unter lantem Jabel veibrannt. Dies ist das sogen. Kanzdifier» 
(Johannifeaer.) 



1 Baum. < Rücken. 

' beten. ^ darnach. 



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— 193 — 



Hipsheim (Kreis Erstein). — Am Abend des 24. Juni ist es Sitte, 
vor dem Dorfe oiii Johannisfener anznzünden. Am Tatje vorher fahre» 
die Knaben des Dorfes mit einem Wagen umher und sammeln das 
Holz. Alle Leute versammeln sich am Abend bei dem Feuer. 

Am St. Johannisfeste ziehen die Buben von Matzen he im nach 
d«r Vesper dureh die Strassen und sammeln ReisigwelUn and rofsn 
dabei: 

Ganfs aui a Stirl 

Züam a Haul Firl! 

St. Thoma. St. Thoma, 

s' well gar lang nigs knmma 

St. Martha, St. Martha, 

Mer kenna nemm erwarta. 

St. Bei. St Bei, 

War niks get, knmmt in d*H&ll. 

St. Peternall« St Peternall. 

Gani's aui a grasai Wall! 

St. Vit, St Vit, 

Gani's aui a grnss Schitt 

St. Blasa, St. Blasa. 

Gani s aui a alta Basa. 

Haben die Buben einen Karren voll gesammelt, so fahren sie 
damit ins Frcio. (am liebsten auf eine Wiese/ setzen das Holz auf 
einen Haufen, um es anzuzünden, wenn es dunkelt. Wenn die Flam- 
men hell auflodern, springen die Instigen Bnben über*s Fener. ' Sie 
rufen einander zn : cNnr hoch gesprungen, dass das Korn hoch wird.»' 

BeiUgkreug (Kreis Colmar). — An dem Feste des hl. Johannes 
d. Tf. steigt niemand anf einen Baum oder eine Leiter, wenn es nicht 
dringend notwendig ist ; anch geht niemand baden ; denn man sagtt 
«An diesem. Tage fällt einer tot vom Baume, einer ertrinkt nnd einer 
erhängt sich « 

Kirchweih. 

Winsetüiem (Kreis Colmar.) — An deh Kilbetagen singen die 
Kinder: 

Ret esch Kelb nn morn esch Kelb bis am Somschtig znwa i - 

Wann dr Vetter Jeri knmmt, said er gota nnwa. 

Gota nnwa alti Greth. 

Zeig mer wo die Bettlad steht. 

Henderm Ofa an der Wand, 

Wo d' alt Greth Fleh fangt. • 

Ausser dem Sacklaufen besteht hier an den Kilbetagen noch 
folgender Gebrauch. Eine aufgestellte Stange wird mit Seife ein^je- 
schmiert, so dass sie recht glatt wird Auf derselben werden seidene 
Tücher oder dergl. befestigt. W^er nun diese Stange erklettern kann, 
erhält einM der Tficher als Preis. Es weirden anch andere Preise 



1 Abend. 

13 



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4Ü4 — 



gegeben wie z. B. mehrere Pfund Seife. Selbstverständlich ist das 
Erklettern der Stange schwierig, und meistens rutscht der Kletterer 
unter dem Qelfichter der Zuschaner wieder henmter. 

Es kommen hier an den Kirchweibtagen noch folgende Spiele 
▼er. Es wird ein Zaber mit Wasser gefüllt, und Aepfel. Nüsse nnd 
TalgUchter hineingeworfen Wer nan mit dem Monde von den 
Sachen ans dem Wasser herausnehmen kann, darf sie behalten. 
Dieses Spiel ist sehr lustig, da die Aepfel oder die Talglichter aus- 
weichen, wenn man sie mit dem Munde fassen will. 

Manchmal werden auch Krüge aufgehängt und zwar in einer 
Reibe ungefähr 2 m hoch. Einige dex Krüge werden mit Aepfelu, 
Nüssen, Spielsachen oder Kleidungsstücken gefüllt. In andern aber 
befindet sich Wasser. Dem Spielenden werden nnn die Angen ver* 
bnnden* Mit einem Stocke darf er einen der aufgehängten Krüge 
zerschlagen Hat er Glück, so zerschlägt er einen, in welchem sich 
von den genannten Sachen befinden. Diese kann er behalten. Er 
kann aber auch einen Krug zerschlagen, in dem sich Wasser befindet. 
Dieses fällt nun natürlich auf ihn herab. 

Allerheiligen und Allerseelen. 

Dollern (Kreis Thann.) — Wer am Allerheiligenfeste des Abends 
nach dem Läuten des englischen Grusses bei einem Kirchhof vor- 
beigehty der hört die Toten miteinander sprechen. 

Pfetterhausen (Kreis Altkirch } — Am Alierlifiligenabendc wird 
abends nach dem Betzeitleuten eine Stunde lang für die armen Seelen 
geläutet. Dies besorgen die Erstkommnnikanten. Während des 
Läutens beten die Leute in den Häusern für die Seelenruhe der 
Verstorbenen drei Rosenkr&nze. .Nach dem L&nten wird ein Korb 
ToU Nüsse anf den Tisch gesetzt. Alle Hansbewobner sitzen am 
den Tisch hemm nnd krachen Nüsse, bis der Vorrat verzehrt ist. 
Am Allerseelenmorgen wird wieder eine Stunde zum gleichen Zwecke 
geläutet. Nachher gehen die € Läuter» in den Häusern nmher, wo sie 
entweder übst oder Geld erhalten. 

ESi^ersheim (Kreis Mülhausen.) — Jedes Jahr läuten die Mess- 
diener am Allerheiligenabend und am Allerseelenmorgen eine Stunde 
lang die Kirchenglocken. Während des Läutens werden in allen 
Familien drei Rosenkränze und Litaneien zum Tröste der armen 
Seelen im Fegfeuer gebetet. Nach dem Läuten gehen die vier eisten 
Messdiener^ je in zweien, in Terscbiedenar lUchtaag. mit einer bren- 
nenden Laterne und einem Geldsftckchen ¥on Hans za Bans nnd 
bitten nm eine Qabe für die «Länter». Vor jedem Hanse rufen sie: 

«Mr ban fer d'&rma Seela glüta.^ 

Teile nis fibis met, 

Wänn's i bliabt !<e 
Gewöhnlich erhalten sie dann Geld (bis 1 J^), beim Metzger 
auch zu ihrer Stärkung ein Kränzchen Würste, bei den Wirten einen 



• 1 geläutet. 2 beliebt. 



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I 



— 195 — 

Schoppen Wein u. s w. Wenn dagegen auf erneuertes Bitten iiiemand 
erscheint, so rufen sie noch lauter : 

<Mr han fer d ärma Seela glüta, 

Teila nis äbis met. 

Oder s geht a Bangala uf d' Rep!> i 

Allen Familien, die nichts, oder weniger als 4 Pf. geljen, werden 
mit Kreide grosse Kreuze an die Thüren und Laden gemalt, um sie 
80 dffentlicb als «Bftcheri (d. h. Qeishälse) ed beseichnen. Am foU 
gendeii Tage inrd der Ertrag der Sanmlnng dem Pfarrer übergeben 
der ihn unter die Messdiener verteilt. 

WiUenhßim (Kreis Mftlbausen.) — An Allerseelen geben die 
Hessdiener von Hans zu Haus und bitten um Geld, indem sie 
Spreeben : 

Fir d* Seele hainm'r glüte fir d' arme ; 
Drum han o mit uns e wenig Erbarme. 

Fest der hl. Dreikönige. 

Oberbruck (Kreis Thann) An diesem Feste ist es bei manchen 
Leuten Sitte, einen Kuchen zu backen ; in diesen Kuchen legt man 
eine schwarze Bohne. Wer nun bei Tische die Bohne kriegt, der 
ist König. Jedesmal, wenn dann der König trinkt^ so rufen alle 
Oftste: «der K6nig trinkt I- der König trinkt !9 

Wittenheim (Kreis Mülhausen). Ehedem (1840) war es Sitte, dass 
drei Knaben sich verkleideten und in ein Wirthshaus gingen. Sie 
assen und tranken nnd machten sich, ohne ZU bezahlen, daVOn. 
Die Jugend aber lief ihnen nach und schrie: 

«D'heiligp drei Kinige mit ihrem Staru 
Söffe und frasse uu zahle ni gern. 

oder 

«D^beiUge drei Kinige mit ihrem Stam 
Kracba die Nuss und Trasse d*r Karn9. 

Fest der hL Agatha (o. Februar). 

Friesen (Kreis Altkirch). Am Feste der hl. Agatha weiden hier 
Brot und die sog. «Agathazeltel» geweiht Von diesem geweibtm 
Brote isst jedes Familienglied ein bischen. Auch wird derj Haus- 
tieren davon gegeben, auch den Hühnern, damit sie ¥or Krankheit 
bewahrt bleiben.. 

BedentongSTOlIe Tage. 

Gebfeeüer* — Da an Marifi lachtmess (9. Februar) die Tage ISnger 
an werden beginnen, so pflegt man das Spinnrad, den Zeitvertreib 
der langen Winterabende, bei Seite zu stellen, weshalb man sagt: 

«Maria Liachtmass 

Hetts Spinne vergass', 
Bi Tag z'Nacht gass!»* 

> einen Stecken auf die Bippe. 
s Iss bei Tag an Nacht. 



I 

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— m - 



Dolkrn (Kreis Thann). Wer am ersten April den Kuckack 
schreien hört und Geld in der Tasche hat, der hat das ganze Jahr 
Modarch Geld. 

nieder liiorachwcier (Kreis Rappoltsweiler). In der Nacht vom 
30. April zam 1. Hai wurden tun 12 Uhr alle Glocken gelautet, da- 
mit anC die Farsprache der Matter Gottes die Beben vor Reif und 
Frost bewahrt werden sollten/ Vom Jahr 1830 ab l&atete es fOr den 

König Ludwig Philipp, weil sein Namenstag auf den ]. Mai (lel. 
Als Ludwig Philipp abgesetzt wurde, wusste man nicht mehr, dass 
früher geläutet wurde, um Reif und Frost von den Reben fernzu- 
haUen, und der Gebrauch hörte von dieser Zeit ab vollständig auf. 

Wittraheim Kreis Mülhausen). Am 1. Mai bekränzten mehrere 
Mädchen eine Freundin mit Laub und Blumen und zogen von Haus 
zu Haus Sie sangen und sammelten Mehl, Eier, Oel u s w. Nach- 
her versammelte mau sich in einem Hause. Hier bereitete man 
Kuchen und den Eaff«e und verzehrte es unter frdhlichem Geplauder. 
Die M&dchen sangen also : 

«Der Slai, d*r Mai d*r kunt a 

Ues eme griftne Wald Ilse, 

So fahrt d'r Mai in d*Rose. 

Wenn ihr uns kai Eier wann ga, 

Mftas i der Iltis d'Hiahner na. 

Wenn ihr uns kai Mahl wann ga, 

Müas i der Miller s hahve na. 

Wenn ihr uns kai £1 ^ wann ga, 

Derf i der Acker koi Lewat^ me ga. 

Wenn ihr uns kai ICilch wann ga« 

M«as i d^Kuäh kai Milch me ga. 

Der Gebrauch herrschte bis 1890. 

Sif. VlrUA (Kreis Altkiroh). Am 1 Hai versammeln sich alle 
schulpflichtigen Mädchen und bekr&nzen ein Tannenb&umchen ; dann 
ziehen sie von Haus zu Haus und sammeln Eier, Mehl, Milch und 
Oel, die sogenannten «Kiachla» zu backen. 

Dabei singen sie 2 

«Wenn er is ke Eier wann gab, sali ech der Iltis alie nah ; 
wenn er is ke Mähl wann gab. sali ech der Miller 's Halwe^ nah; 
wenn er is ke Milch wann gab, seil ecb d'Küha känni meh gab». 

Liebsdorf (Kreis Altkircb.) — Die Leute sagen: Am Hamenstag 

€Heinrich> (15. Juli) müsse si?h einer aufhängen, einer müsse er^ 
trinken und ein dritter müsse durch Herunterfallen den Tod finden. 
Abergläubische Leute gehen deshalb an diesem Tage nicht auf die 
Kirschbäume. 

Kingersheim (Kreis Mülhausen.) — Am Maria Magdalenentage 

(22. Juli) schneidet man den Mädchen ein wenig von den Haarlocken 

ab, weil sie dann durch die Fürsprache dieser Heiligen schönes, 

▼olles Haar bekommen. 
* 

1 Oel. > Beps. 8 die H&lfte. 



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197 — 



Banzenheim (Kreis Mülhausen.) — Wenn einer am Feste des hl 
Laurentius (10. Augast) zwischen 11—13 Uhr mHtajga An irgiend 
tmer Stelle die Erde aufgräbt, so findet er gans gewiss Holskohlen. 
Der hl. LAnrentins starb den Feuertod zwischen 11—12 Dhr. 

Banzenheim (Kreis Ufllhansen.) — Am Feste der hl. Katharina 
(25. November) standen fifther alle Mfthlen still; es wnrde kein Ge- 
treide gemahlen. Die hl. Katharina wnrde nimlieh gerädert. 

Xt#eiid<M/ (Altkirob) — Den Vorabend des Festes des U. 
Andreas benataen • die jungen Mädchen von Iiuffendorf. um zu er- 
fahren, was sie für einen Mann bekommen weiden. Dabei verfahren 
sie folgondermassen: Sie stellen sich so an einen Holz- 
haufen, der ans kleingespaltenem Holz besteht, dass der Rücken 
dem Haufen zugewandt ist. Dann heben sie. ohne auf den Haufen 
zu schauen, ein Stück auf, und je nacli der Beschaffenheit und dem 
Aussehen dieses Stückes, schli essen die Mädchen auf das Aussehen 
ihres zukünftigen Gattra: Ist das Holssittck z. B. lang, so bedeutet 
es einen hochgewachsenen Hann, ist es dagegen kurz, so bedeutet 
es einen kleinen. V^^wii* Hat das Holzstftdc Erhöhungen, so bedeutet 
es einen Mann mit einem Buckel, und ist das Stück mit Moos be- 
wachsen, so deutet es einen Mann mit einem starken Bart an. 

Gebweüer. — Am Andreastage (30. November^, dem grössten 
Jahrmarlctstage in 6 ebveiler, kaufen die Jünglinge grosse Lebkuchen- 
männer» gehen am Abend vor die Häuser ihrer Geliebten und singen* 

«Jungfer. Jungfer! herüs, herüs! 
S isch a zudcersiasser Mann drfls.» 

Fesl des hl. Nikolaus. 

Oh€fbmdt (Kreis Thann) — Mehrere Wochen lang vor dem 
Feste beten die Kinder jeden Abend den Bosenkrans, damit ihnen 

der hl. Nikolaus recht schöne Geschenke beschere. Sie haben ein 
sogenanntes ^Bathelzli" ; ^ in dieses Stäbchen wird nach jedem vol- 
lendeten Rosenkranz ein Schnitt gemacht. Kommt dann der hl. 
Nikolaus, so verlangt er gleich das «Bathelzle»; sind dann die Ein- 
schnitte in demselben zahlreich, so itt auch das Geschenk dem ent- 
sprechend; sind sie aber selten, so kriegt der faule Beter derbe 
Butenstreiche. 

GebiveiJer, — An St. Nikolaus (6. Dezember) pflegt die muntere 
Jugend sich bisweilen einen Scherz zu erlauben, indem sie ein langes 
Seil, an dem wohl auch ein Korb befestigt ist, am Fensterflügel an- 
bindet und auf den Boden hinablässt, um am andern Morgen zu 
sehen, ob Knecht Buprecht auch dieses Jahr wiederum seine segens- 
reiche Hand anfgethan habe. 

MiHlach (Gemeinde Metzerai ) ~ Vom 6. Dezember (St. Nikolaus- 
tag) ab geht jeden Sonntag das Christ kindlein durch die Häuser. 
Drei junge Mädchen verkleiden sich ] ebenso ein junger Bursche. 



1 Bethölzchen. 



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— 498 — 



Dieser mnM al« Esel dienen und wird Pickeresel genMmt. Dsnii 

gehen alle vor ein Haus. Der Pickeresel muss draussen warten, 
während die andern fragen : cDarf das hl. Christkindlein nicht hin- 
ein ?» Antwort: «Ja doch.» Darauf tritt das Christkindlein in die 
Stube und sagt: «Jetzt tret' ich in die Stab hinein, als ein schnee- 
weisses Christkindelein, die braven Kinder zu besachen, ob sie 
schwören oder fiochen. Die Bösen nimm ieh anf die sehwarse Grabb 
(Bezeichnnng für Fiekeresel) nnd fahr* sie in die Höir hinab. Die 
braven Kinder nehm ieh anf einen Schimmel und f&hr sie in den 
Himmel.» Darauf masseh die Kinder beten. Wenn sie nicht schon 
beten können, erhalten sie eine Rate; andemfolls werden sie mit 
Obst und Zackersacheu beschenkt. 



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XIII. 

Petrus Uasypodiiis. 

« 

von 

M. Erdmann. 

Diesei- (lelehrte war nicht Arzt, wie (la>? Jöclier'sche Ge 
lehrtenlexikoii talschlich angiel)t (so aurli Grimm DVVB I, Spalte 
XX. XXXI), sondern Schullehier. Das Richtij^e steht in der 
Monui^raphie von Hirzel (im Schweizer Museum, liisel 18(>0) : 
«D. hatte Züricti, wo er .ils Lehrei' wii kle, 1530 verlassen und 
war nach Fi'auenfeld als P r e d i e r und L e h r e r zurück- 
i^'ekehrt». Mit dem Lundvo-t Brunner war er helVeundet. 
Nach der Schlacht hei Kappel wuide seine Lage unerträglich ; 
durch Bulliii^'cr'^. und Blarer's Vermittlung wurde ihm die An- 
stellung in Strassitnrg zuteil. Ceher die Verhandlungen betrefTs 
seiner Berufung existieren noch handschririliche Bemerkungen 
im Thomas -Archiv (Auszüge aus den Rats-Prolokollen), aus 
welchen mit Sicherheit hei vorgeht, dass er eigentlich Peter 
Hasenfuss hiess (also nicht Rauchfuss, wie bei Ersch und 
Gruber steht, auch nicht Rauhbein : Meyer*s Conv.Lex. 5. Aufl.)« 
auch nicht Hase, wie Grimm vermutete, auch nicht Hasenfralz, 
was Hirzel bewiesen zu haben j^laubte. 



Aus Brant's Protokoll -Auszügen 

fortgesetzt von Wenk er. 

(Thomas - Archiv) : 

Mittwoch 15. X. Ioo3. Meister Christophel Rauhe, Buigers 
Sohn alhie suppliciert und bittet um das Schulmeisteramt zu 
Frawenbrüdern. Daneben hat H. .1. Sturn» und H. Kniebs an- 
zeigt, nachdem ihnen als Schulhenen befohlen, nach einem zu 
gedencken, seien ihnen vier anzeigt, der allenthalben sie Er- 



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4 



— 200 — 

tahiuii},' und Nriehlraji ;^eliai)t. Sei der eine Petrus Hasen- 
fus, Scliulnieislei- zu Fraueiifehl bei Costanz .... Dieser 
Raucli. als bie hören, sei gelehrt genu-i, aber zu seinei Jujreud 
zienilieli frech und eines stolzen Geistlins . . . . Erkandt: 
den von Frauenfeld, M a ji. P e t r u m D a ä y po (1 i u m oder 
Hasenfus anzuneinnen . . . 

Vergl, Engel in <lei Festsi ln ift des Pi«»t. G\ niti. I S. 1 lü. 
Auch ein Exemplar des Dictionariuuis auf dei Sti-. Uli.- Bibl. 
hal hand.schriftlich Hasenfuss liehen Dasypodius. 



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XIV. 



Chronik für 1895. 

2. Jan.: stirbt der Dichter Aujcust Lustig in Mülhausen, 
geb. 4. Nov. 1$40 in Hartmannsweiler bei Sulz, 

23. Febr.: Goldene Hochzeit des Staatsrathes Dr. J. von 
Schlumberger in Gebweiler. 

11. März : stirbt D. Charles Schmidt, Prof. emer. der Uni- 
versität ftt Strassburi,', geb. 20. Juni 1812 zu Strassburg. 

17.18. April: Hauptversammlung des Vemns für Refor- 
mationsgeschichte in Strassburg* 

-18. Mai bis 15, Sept.: Oberrheinische Industrie- und Ge- 
werbeausstellung in Strassburg. 

26. Blai : Enthüllung des Nesslerdenkmals in Strassburg. 

2. Juni bis. 15. Dkl.: Ausstellung für Kunst und Alter- 
thum in der Orangerie zu Sirassburg. 

4. 5. August : Vi. Kreisturnfest des X. deutschen Türn- 
gaues in Strassburg. 

8. Sept. Trachtenzug auf der Strassburger Ausstellung. 

1 8. Sept. : Enthüllung des Den kmals für Kaiser Friedrich HI . 
in Wörth. 

18. 19. Okt.: Kaiser Wilhelm II. und Kaiserin Auguste Vic- 
toria in Strassburg. 

29. Nov.: Einweihung des Neuen Bibliothekgebäudes in 
Strassburg. 



Sitzungsberichte . 



Vorstandssitznil g 

17. November 1895, im^nnaiiistisehenSeiiiiiaAr der Universitftt. 

Anwesend : die Herren Sarack, Erichson, Euting, Harbordt, 
Lienhartf Martin, v. Schlamberger. 

Entschuldigt : die Herren Oeecke, Francke, Herrenscbaeider, 
MöndeK Renaud, Wie^nd. 

Der Vorsitzende Prof. Marlin, le^'t zunächst einige Schrift- 
stücke, die von auswärtigen Vet^inen bei ihm eingelaufen 
sind, zur Kenntnisnahme vor. Er teilt sodann im Namen des 
abwesenden Kassenwarts mit, dass die Rechnungslage günstig 
und der Kassenabschi uss durchaus befriedigend sei. 

An Stelle der freiwillig ausscheidenden Mitglieder Oeecke 
und Herrenschneider werden die Herren Prof. Dr. Faber aus 
Mulhausen und Dr. Aug. Kassel aus Hochfelden vorgeschlagen. 

Um die Einnahmen unseres Zweigvereins zu erhohen, 
schlägt Prof. Euting vor, die Landesbibliothek um einen be* 
stimmten Zuscbuss zu ersuchen für die Tauschexempiare des 
Jahrbuchs, die derselben jetzt unentgeltlich zugestellt werden. 
Die Mehrheit der Anwesenden erklärt sich mit diesem Vorschlag 
einverstanden; zu einer endgiltigen Entscheidung kam es 
indessen nicht, weil die Versammlung nicht beschlussfahig war. 

Nach einem kurzen Hinweis auf das zu errichtende 
Stöberdenkmal werden sodann die für das nächste Jahrbuch 
vorliegenden Arbeiten besprochen, und zur Beurteilung unter 
die Mitglieder verteilt. Der Vorsitzende stellt ausserdem für 
den 12. Band ein Gesnmtregistcr aller bis jetzt Vom Zweig- 
verein veröffentlichten Arbeiten in Aussicht. 



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— 503 — 



Geheimei'at Barack berichtet sodann über die mit uns im 
Schriftenaustausch stehenden Gesellschaften und Vereine. Aus- 
geschieden ist der Historische Verein für Ermland in Brauns- 
berg; neu bei«(etreten sind im Jahre 1895 : 

1. der Verein für luxemburgische Geschichte, Litteratur ^ 
und Kunst in Luxemburg ; 

2. der Allertumsverein in Wien ; 

3. der akademische Verein deutscher Historiker in Wien, 
so dass die Anzahl der Tauschexemplare jetzt auf 116 ge- 
stiegen ist. 

Es foljjt darauf die 



AUgemeiae Sitzaug. 

Prof. Martin eruH'aet tiiesell)e mit deai Recheaschattsbericlit 
iiijei' (he Eliilwickeluii^- des Zvvei;^vereins im ah;^elaufeneii Jahre 
und stellt ;ils Ort der iKichstjahri^eri Flauptversainmlnng das 
neue <.Teliatule des Dezirksareliiv.s in Aussicht. Er teilt terner 
das Er^^ebnis der vorgenommenen Neuwahlen mit und kommt 
im Anschluss an das schöne Trachtenfest «reie^ientlich unserer 
hiesi;ren Industrie- u. Gewerbeausstedunx' auf den Aufti ai^ zui ück, 
welcher dem Voi\stand auf der letzten Hauotversammhing erteilt 
wurde, mit dem Behierken freilich, ilass es demselben bis z. Z. 
unmöj^lich gewesen sei, irgend eine betriedigende Losung jener 
Aufgabe herbeizuführen/ 

Zum Schluss hält Prof. Martin einen Vortra-r über «Das 
Wöiterbuch der elsassischen Mundarten«), welcher am 20. No- 
vember in den hiesigen «Neuesten Nachrichlen:» und sodann 
auch als Sonderdruck erschienen ist und — so lange der Vorrat 
reicht — von dem Vortragenden, Ruprechtsauer Allee 41, hier 
unentgeltlich bezogen weixlen kann. 



Yorstaadssitzung 

11. Mttrs 1896, im germanistisehen Seminar der Universltftt. 

Anwesend: die Herren Baiack, Ei'iclison, Eutin;:;, Harhordt, 
Kassel, Lienhart, Martin, Mündel, Schricker, Wiegand. 

EntschuKli-t : die Herren Faber, Ihme, Renaud. 

Der Vorsitzende teilt eine Ziisi hrift Sr. Durchlaucht des 
Fürsten Statthalters mit, in welcher der Dank für die Zusen- 
dung des letzten Jahr))uchs ausgedrückt ist, sowie ein Schi'eiben 
Sr. Excel lenz des Herrn Staatssekretärs von Puttkamer, in 



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— 204 — 



welchem wieder ein Züsch uss von 30() Mark als Beihilfe für 
das nächste Jyhrbucli zugesichert wird. 

Bei der unvermutet raschen Steigerung der Mitghederzahl 
während des vorigen Jahres sind eine grössere Anzniil von 
alten Mitgliedern, deren Beiträge sehr spül eingelaufen sind, 
um das Jahrbuch X zu kui-z grekommen. Es soll deshalb eine 
entsprechende Anzahl des betr. Jahrbuches auf nnastalisoheni 
Wege hergestellt un*l den Mitgliedern, die noch nicht im Besitz 
desselben sind, zugestellt werden, wozu der Vorstand einen 
Kredit von 200 Mark bewilligt. 

Um einen von mehreren J?eilen laut «lewordenen Wunsch 
zu erfüllen, soll künftig jedem JalnluK Ii, das sprachliche Ar- 
beiten enthält, in denen die Kraeuter'sche Lautschrift zui- An- 
wendung kommt, ein Schlüssel des betr. Lautsystems beigefügt 
werden. 

Anschliessend an die letzte Vorslandssitzung stellt sodann 
Prof. Enting folgenden Antrag:: 

«rEs mochte die Landesbibliolli» k Im die von ihi* im Tausch 
bezogenen Exemplaie unseres Jahrltuclis der Vereinskasse einen 
Betrag von einer Mark füi- das Exemplar entrichten)^. 

Der Antrag wird angenommen. Geheitnerat Barack als 
Direktor dei- Landes- und UniversitätsbibliulLek will weiter 
überlegen, wie er sich in Zukunft in Betrefl der Tauschexem- 
plare verhalten will. 

Dr. Hans Li en hart, 
Schriftführer. 



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Uebersicht 



über den Inhalt der Bände I — XII. 
I. Mitarbeiter. 

Arnold M. : XI 135-137. 

Bargmann A. : II 174—176; II 178-191, III 115—145, V l5l 

IV 101—104, VI 1^ u. 132^ XI 2!1 
Bastian Ferdinand: XI 75—76. 
Bechstein 0 : VII 1—82. 
Boke 0.: VI 76-82. 
Bresch F. : Vlll 88-137, IX 194—242. 
Buchenau H : I m U£L 

Bühler W.: Bilder V loßj X (vgl. X 284-285.) 

V Dadelsen: V 151—160. 

Dahlet J. : VII 175-178. 

Deecke W.: VIII 37-44; X 1 — 11. 

Dietz Äugast: III liO. IJOi XII 1. 

Eber Carl: III 01—93; VI 133—137. 

Ehrismann K: X 110—164. 

Ensfelder Ed. : II 159—165 ; V 107—111 ; VII 101-105. 

Erdraann M. XII. 

Erichson : II 178-191. 

Faber K W. : IX 4-75. XII 44-57. 

Francke : II 178—181 ; II m 

Friedrich A. : XI 132-134. I 

Fuchs, A : IV. 122-129. 

Gasser: II 178—191. 

Gayelin Georg: 1 IL 78_; U 169—173; II 178-191. 
Graf J. : IV 80-82. 

Greber Julius: X 189-216. ; • . 

Hackenschmidt K. : VIII 45—56. 

Hedera Helix : X 93-95. 

Hering Ed. : I 45-56 ; II 96—111. 

Herrenschneider E A.: I 25—39, II 156—158; III 77—80. 
Hertzog A. : VIII 207—225; X 65-90; XII 3-39 
Hollaender Alcuia : III 94-98; V 112—114. 
Horning Wilhelm: VI ll-fil_ 

Horsch Daniel Gustav Adolph: VIII 182—193; X 165—179. 
Ihme F. A. : I 67-76. 



— 206 — 

Jansen : V 151—160. 

Kassel: X 180-168; XI 188- SOI ; XU 68-66. 

Knod Q. : 1 54-66. 
Kossmann E. F. : X 96-109. 
Lauchert Friedrich: VI 120—130. 

Lempfria Heiniich: III 65-76; III 144 und 145; IV 88— 100. 
Lempfrid Fritz . III bl— 90. 
Letz Fritz ; VI 69-75. 
Letz Karl: X 62—84. 

Lienhart Bans : II 112-144, III S3-&6, lY 19-6fi; lU 189 und 190; 
VU 188—199; YII 207. S08; VIII 76—50, XI 202— S08; TIH 
164. 166; IX 167—198; X 261—283. 

Löper C. : II 72—95. 

Lustig A. : VII 181. 182. 

Mankel W. : III 189. 190; IV ISO. 

Marckwald E. II 214—250; III 14^—188. 

Martin Emst: 5-24; lOö; 107; II 61 u. 63; 145—155; 

193—194; 1111-22; 189 u. 190; 53— c6; 116; IV 57— 62; 

130; 131; 132-135; V 90-106; 141-150; VI 81 u. 82; 

8Sa. 83; 84-95 ; 97—107; 117; 164-160; TO 109—116; 

117—122; 207 14.208; VIII 2—36; IX 102-114; 129—147; 

167-193; X 251-283; XH 67—80. 
Mathis Frits: VII 160-174. 

Menges Heinrich: IX 115-^128; XI 77—109, XII 81-106. 

Mündel C. : I 107-109 ; 111—144; II 187. 214—250; III 146—188. 

Nessler F. : III 106—109. 

Ney C. E : IX 148-166, X 12-30. 

Oberthür Emil: VII 183—187; VllI 194-208. 

Rathgeber Julius : 1 82— 87; IV 63-71; V 57-89; VI 108-112; 

188— 143; VII 18:'$^187; 128-140; 141— 145; VUI 67- 68; 81-84; 

84-87; I.K 96—101. 
Reinbait Th. (s. auch Theodor Vnl|»iinis). I 1—4; II 61—67. 
Renas Ludolf: II 196—213. 
Schadow Bichard : II 5—60 
Schemmel : II 178-191; lU 115—145. 
Schmidt Adolf: I 57-63. 

Schmidt Christian: II 176 u. 177; VI 118 n. 119; 119 u 120; 

VIII 1 u. 2; IX 1; 2 u. 3; X 91; 91u. 92; 92 u. 9-3; XI 1-3. 
Schöll Th.: X 31-36; XI 21-38. 
Schräder: III 115—145; V 151—160. 

Schricker August: I 40-44; lU 99-105; IV 122 u 123; VII 

106— 10t». 
Socin A.: U 192 u. 193. 
Spanier M. : Vm 63— 75. 

Spieser J.: 1 78-82; U 166—169; IV 72—79; V 127-132 ; 138-140; 

VI 144-153; VUI 138-142; 148-158; 1X98-97; X248-260; 

XI 87—92. 209,-224. 
Spiacbknndiger, ein einheimischer : XI 110—131. 



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— 207 — 



Stehle Bruno: Ul 57-64: 115-145; IV 112-121; VI 161-180; 
VII 200-206 : VIII 159—181; X 217-242; XU. 

Stengel : I 87—92'; XI 39—71. 
Stieve : XI 7-19. 

Stöber Adolf: I 93—104; III 110—114; IV lOn-lll; V 115-126; 

VI 113— iiü ; VII 179-181; VIII 226-229; Vlll 230 u. 231. 
Streinz Franz: IX 76—82. 
Tille Alezander : VI 62-68. 

üblhom A, : IV ! 12— 121; VII 146-149; IX 83^86. 

Vnlphius Theodor (s auch Th. Beinhart): IV 6— 18; V 1-56; VI 

1-10; X 37-61. 
Waldner Engen : XI 6. 
Walter Theobald : XI 4- C; XII 40—48. 
Weiss C. Th. XII 121 — 182, 
Wetlily Gnstav: VI 117 u. 11.^ 
Winckelmann Otto: VII 83—100 
Wolfram Georg : I 106 n. 107. 



XI. Nach dem Inhalte.^ 

A. Geschichte. 

a) Staats- und Stammesgefiehichte. 

a) Urzeit und römische Herrschaft. 

Die Ligurer im Elsass. X 1 — 11. 

Notiz über den Ursprung von Bari, II 96 — 111. 

Der Donon und seine Denkmäler. VII 1 — 82. 

Argentovaria-Horburg, I 25—39, II 156—158. 

Die Mosella des Dec. Magnus Ausonius deutsch IV 5-18. 

ß) Mittelalter. 

Drei lateinische elsässische Kaiseigedichte aus alter Zeit, VI 1 — 10. • 

Dichtungen des Ermoldus Nigellus, II 81 — 71. 

Die Marca aquileiensis oder Eichelmark, IV 122—129. 

Ganthers von Pairis Historia Coiistantinopolitana, V 1—56. 

Die GzafiBchaft Ober-Salm in den Vogesen, XI 7—19. 

"Y) Neuzeit. 

Ein Fördeier des Verkehrswesens in Elsass-Lothringen im 16. Jahr- 
hundert, VU 83-100. 

,Das Vaterunser so im Elsass anno 1610 ist gebetet worden von den 
Bauern', V 112—114. 



1 Die Beiträge sind nnr einmal angeflUirt; wenn einige an meh- 
reren Stellen erscheinen könnten, entschied der Hauptgesichtsponct. 



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— 208 - 



Aas einer elsnssischen Familienchronik. Bilder aas. .dem dreissigjih^ 
rigen Kriege, VIT 123—127. : 

Drei Lieder anf Strassbnigs Uebeigabe 168!, VI 76 — 83. 

Die Gedenktafel am Qeburtshause der Landgiatia Caroline von Hes- 
sen-Darmstadt in Strassbarg, II 194. 

Das Elsass bei dem Ausbrach der firaozdsitcben Revolation, T &3 — B9. 

In der Schreckenszeit von Bonrglibre (Saint-Lonis) nach Colmar und 
zurück, VIII 2-36. . : 

Graf Dürckheim. Ein Lebensbild. VIII 45 - f»6. 

Chronik (für 1884—1895) I 145, II 2.M. III l'Jl, IV 136, V 161, VI 
181, VII 20a, VIII 232, IX 21S, X 286, XI 225, XII 213. 

b) Ortsgeachiehte. 

a) Stftdte nnd Dörfer. 

St. Amaiinthal; Beamten- und Bürgereide des St. As., III 65— 
Hagenau: Die geschichtliche Entwicklung der jetzigen Eigentnmsver* 
hältnisse in dem heiligen Forste bei H., IX 148 -166, X 12—30. 
Ingweiler : Aaszag aas der Chronik der Stadt I, VI 69» 75. Znr 

Geschichte von I., X 62—64. 
Lothringische Orte: Verschwundene 1. 0 , IV 83—100, 
Metz : Volkssprache in M. im 16. Jahrhundert, I 107. 
Miuveisheim : .Minwersheim oder Minversheim? XIIö8'~(i6. 
Rufach : Zur Geschichte der Stadt R , XI 4 —6. 
Strassburg : Das napoleonische Wappen von St., VII lOd — 108. 
Wattweiler ^ Stadtordnang von W. im Obarelsasa. m 67—61. 
W^ar : An» dem Geraeiadebiioh- von Dorf W., DI 77^^. 

^) Burgen und Sohlösser. 

Bilstein : Die zwei Schlosser B,, V. 107—111. 

Fleckenstein: Zwei Berichtigungen betrefiPend Burg^., I 67—76. 

Hohkönigsl>nrg . Le chAteau de Hohkoenigsbourg« I 45—56. Notix 

über den Neubau von 1479, II 192 u. 193. 
Reichenstein oder das alte Schloss bei Reichenweier, VII 101— 10& 
Scbwanau zerstört, I 105. 

c) Kirchengescbichte. 

Ämuletringe des Heiligen Theobald von Thann, VTII 37—44. 

Das Stift Jung-St. Peter. Beiträge zu seiner rteschichte, VI 11 — 61. 

Die Sirassburger und die St. Petersburger Blessigstiftung, Vill 57—62.. 

d) Kunstgeschichte. 

Die Fensterrosetten der Fa^ade des Südkreuzes ain Strassburger 

Münster. I 4(»-44. ' ' ".• 

Bilderwerke an Häusern, 109 u. iiu. 

Handzeichnungen von Thomas Marner zu seiner üebersetzapg der 

Weltgeschichte des Sabellioiis, IX 102—114. 
Bilder zam Siegfrieäslied von 1580 k?\ VI 81—96. 



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— tZOl) - 

Daniel Speeklin, sein Leben und seine Thätigkeit als Baumeieteis 

II ö~60. 

• Analecta Speckliniana. II 196 — ^213. 
Tbeophil Schaler, III 1— IS 

e) Knltnriircscliichte. 

(Gewerbe. Zünfte, Klima, Uiiu'lÜL'ksf.iUc. Strafordnung) 
Zur Geschichte der Bergwerke bei Markirch, II 72 — 95. 
Schiitzenorduung von Reichenweier, II 159 -lö6. 
Färbersonftordnang des Bistams Strassbnrg dndder Orafsehaft lieh- 

tenberg vom Jahre 1659—60, HI 
Abschriften einiger Protokolle der Strumpf- nnd Hosenstriekeraunft 

von Oberbvonn, III 91—93. 
Or<lnnngen der Strassbnrger Malerzunft, III 99 — lOö. 
Eine elsässische MäklerzaiitL. VIII 209 — 225. 

Das elsässische Wii tshausU l en während des JU.ittelalters, X 65 — 90, 
Geschichte des Weinbaus, XU 3—39. 
Harter Winter 1789, I 107—109. 

Brand der Herberge zum Spanbei in Stra^tsbarg 1497, I, 57 — 68. 
Kulturhistorisches ans den Jahren 1546 nnd 1547, III 95 — 98. 
Eine Hinrichtung in Bischweiler im Jahre 1667, IX 83—86. 

f; Sittengeschichte. 

Die Hexenplätze in den Riifacher Hexcnin ozt^ssen, XII 40 — 43. 

Elsässer Landestracht im 16. Jahrhundert. III SJ4 und 95. 

Memorabilia quaedam Argentorati observatata. VI G2— G8. 

Notizen eines Strassbar<:er Bürgers um 1625, VII IU9 — 116. 

Zar elsässischen Sittengeschichte, I 86 u. 87. 

Die Kunkelstube, Vni 76-80, XI 902-808. 

Zur Yolkssitte im Elsass. X 170—188. 

Volkstrachten in Oberseebach, X 284 u. 285. 

Zur Volkskunde im alten Hanau«'rland. XT 138-201. 

Volkstümliche Feste, Sitten und Gebräuche in Rlsass-Lothringen, 
II 178—191. III 115—145. IV 112—121, V 151-160, 161—180, 
VU146 u. 147, 200-206, Vm 159— 181,X 217-242, Xil 183—198. 

g) Litteratargeschichte. 

Ein bisher unbekanntes Werk Sebastian Biants, I iOd u. 107. 
Deber Thomas Miltners Üebersotzungen aus dem Hebräischen, VIII 

68-75. 
J6rg Wickram, XI 6 
Petras Dasypodius XII. 

Ein Strassbnrger Vogelbach von 1554, IV 53—56. 

Landsknechte nnd Hofleute in elsässischen Dramen des 16. Jahr- 
hunderts, V 90—106. 

Die Schicksale einer Strassbur";er Bibliothek. IV 63—71. 

Zur Geschichte des iMeistergesangs in Strassbarg, IX 76—83. 

Eine Stirassburger Dichterin aus dem Anfang des 18. Jahrhunderts, 
IV 67—62. 

14 



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— 210 - 

Elsässische Litteratur zur Zeit Gottscheds, VII 117— '122. 

Der Goethelingel bei St'senheitu, VI 07 — 107 

£m Stiassburger Schullehrer und Geschichtsschreiber vor 100 Jahren 

« Johannes Friese), X 31 — H7. 
August Stöber, I 5— J4, VI 108—112. 
Adolf Stöber, Leben und Sobriften, IX 139-147. 
Georg Qayelin» VI 121— 13C. 
Georg Zefcter. III 19—29;. 

Zwei elsftssiche Dichter (Carl Candidus und Gustav Mühl), II 14.5 — 156. 
Jnlins Friedrich Emil Rathgebci-. Lebensbild eines elsässiscben evftn- 

gelischen Geistlichen und Gelehrten, X 110 — 164. 
Drei Mitforschern zum Gedächtnis (Johann Friedrich Kräuter, Wil- 
helm Mankel. Jobannes Crüger), V. 141 — 150. 

h) Briefe von berühmten Männern nnd au solche. 
Sechzeim l>riefo Ptter Schotts an Geiler von Kaysersberg. X 37—61. 
Zwölf ungedruckte Briefe von Pfeffel, VII 128—140. 
Elf darcb Lenz, Voss, Gotter and Göckiagk an Pfeffel gerichtete 

Briefe, XI 21-~38. 
Briefe von Hebel, XII 67—74. 

Briefe von Ladwig Uhland an Augast Stöber,, I 20—84. 
Briefwechsel von Adolf Stöber and Gustav Sebwab, X 96 -110. 



B. Sprache. 

a) AUgemeiue^. 

Aufruf zur Herstellung eines elsässiscben Idiotikons HI 189. 190. 
Zum elsässiscben Idiotikon IV 131 VI 154—160. 
Das Wörterbuch der elsässiscben Mundarten VII 207. 208. 
Zum Wb. der eis. Mundarten IX 167—193. X 251-283. 

b) Bincolmnndarteii. 

3t) Oberelsas s. 

Bufacher Ausdrücke für die Begriffe: trinken, betrunken sein. Ge- 
wohnheitstrinker IX 1 In — 128. 
Spracbpioben aas dem Mdusterthale 179; VI 144, 145. 
Müasterthäler Anekdoten V 127. 128; IX 87—91; X 243. 250. 
Einige Bemerkungen zar schriftstellerischen Behandlung der Mund- 
arten dtirch Beispidle aus dem M&nsterth&ler Dialekt erläutert 
Vm 1Ö8-141. 
Schwammen IV 130. 
Münsterthäler Volkslieder VII ^^I— lOß. 
Mänsterthäler Grussformein XII 107—120. 

1^) Unterelsass. 

Strassburger Redensarten XI 110—131. 

Die Mundart des mittleren Zoruthales lexicalisoh dargestellt 11 
112-144, in 22—56, IV 19-52. 



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- iill - 



Alliteration. Anonanz und Vergleichnngen in der Zornthaler Mundart 
Vn 188—103. 

Zillinger Sprachproben V 118 — 140 

Spriclnvörter in Waldhambacber Mundart. In laattrener Schreibang 

IX 93—97. 

MuiK^nrtliche Sprachproben aus den Dörfern Wiebersweiler, Wald- 
hambach und Rosteig VIII 14>J — lö8. 
Allerlei ns nm Westrieb XI 89—64. 

Die Saargeraünder Redensart: Ich lege den Schlttssel aufs Grab 

Y) Das Jndendentsch im Elsass XII 121—182. 

c) Namenkunde, 
a) Ortsnamen: 

Die Form Vosegns als alter Name des Wasgaos II 194. 

Der Name Beleben II 193, 194. 

Die Münstertbäler Ortsnamen VIII 88-1H7: IX 194-242 
Die Mundartlichen Formen der Ortsnamen der Umgegend von Wald- 
hambach XI 211—224. 

^) Personennamen 

Die Riifacher Vornamen XI 99—109; XII 81—106. 
Die Münstertbäler Vornamen XI 209. 210. 



G. Xiitteratur. 

a) Gediohte in der Schriftspraflie. 

Als Vorwort, von Tb. Reinhart, I 1—4. 
Epistel an Angust Stöber, Jnni 1867, von F. 0 , I 17—19. 
Poetisches ans dem Elsass, Ton Adolf St5b«r (I. Das Land dei f&nlF 
gnten W., 8. Elsfisser Bannerfarben', 8. Peter von Hagenbachs 

Vermählung und Sturz Anno 1474, 4. Bitter Lazams von 

Schwendi 1522—1583). I 93—102. 
Dar letzte Gottesdienst in der Mattenkirche bei Markirch, von Gröts- 

inger, II 86 und 87 Anmerkung 
Die weisse Fran am Montorifels^en. von A, ßargmann, II 174 — 176. 
Mein Elsas.s, von Chr. Schmitt, 11 17t) und 177. 
Fata Morgaua, von F. Nessler, III 106-109. 
Frahlings Branting, von Diets» III 109 nnd 110. 
Ulrich von Hatten in Uahlhansen, von Ad. Stöber, IV 106— 109. 
Marie Antoinette in Strassbni^, T 115-123. 

Einige ungedmckte Gedichte von Aug. Stöber. (1. Lottebens Engel- 
ruf. 2. Mein Lied, H. Weihnachtslied, 4. Verse für ein Stamm- 
buch, 5. Der Gänso Jubellied bei Erfindung der Stahlfedern, 
6. Volksliedchen), VI 108—112. 



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— 212 



An Adolf Sföber zum tiiiifzigjühiigen Pfaneijubilüum am 29. März 

1890, von E. Maiti.j. VI 117. 
Lebenswege, von G. Wethly, VI 117 und 118. 
Ein Brautpaar, von Chr. Schmitt. VI 118 und 119. 
Der Rosheimer Kellerkrifg. ?on Chr. Schmitt, VI 119. 120. 
An mein Elsass, von Chr. Schmitt, VIII 1. 

Ein nngedrucktes Gedicht von Karl fioese (Beim Ansstocken in Al- 
geriern. VIII 86 und 87. 

Das IliUlebiandsUed. In freier Nachdichtaug. Von Ad. Stöber» VIIl 
220—229. 

Mävzlied, von Chr. iSchimtt, iX 1. 

Herbstttimmnng von Chr. Schmitt, IX 2. 

Der Markircher Silberzwerg (Eine Vogesensage in freier Bearbeitang) 

Ton Chr. Schmitt, IX 2. 
Albnm der dentachen Geeellschaft znr Rettung Schiffbrüchiger 1883, 

von Ad. Stöber, IX 135. 
Frühling, von Ohr Schmitt. X 91. 
Ergebung, von Chr. Schmitt, X 91 und 92. 

Dichterwansch (Beim Lesen der Gedichte von August Stöber), von 

Chr. Schmitt, X 92 und 93. 
Graf Hugos Busse, von Hedera Ilelix, X 93 — 95. 
An Gnstar Schwab (Spätjahr 1837), von Angnst Stdber. X 108. 
Am Grabe Jnlins Rathgebers, von Eduard Spach, X 146- 
Im Bergforst (Nach trüben Krankheitstagen entstanden in Bocken am 

Zürichersee), von Chr. Schtniit. XI 1, 
Abseits (entstanden in Arn am Zürichsee), von Chr. Schmitt. XI 2. 
Rückkehr aus der Schweix 1894:, von Chv Schmitt. XI 2 und 3. 
Auf! in die Vogesen ! von A. Dietz XU 1. 
Gedichte von W. Faber XII 14-54. 
Gedichte eines FruhvoUeiideten iJ. C. Culmann) XII 79—80 

b. Gedichte in der Mundart. 

Oberelsftsslsche Dichtangen von Gayelin (1. *8 Schfiferthal bei Suis- 

matt, Volkssage; 2. Quacksalverei, Schwank). I 77 und 78. 
£ Gaartners Gschichtcl von Anno 1418 iStrassburger Mundart), von 

Ad. Stöbor, I 102 und 103. 
Der Bohneuköuig (Strassburger Mundart) von Ad Stöber, 1 103 und 

104. 

D'zwäi Stiäfschwesterle. von Q. Gayelin, II 169--178. 

Aufzug elsässischer Banern vor Kaiser Wilhelm am 14. September 

1886 (Strassbnrger Mnndart), von Ad. Stöber III 1!0~U8. 
D^Zit isch do ! d'Zit isch do! (Strassbnrger Mnndart}von Ad. Stöber, 

III 113 und 114 
Die Holzschlitfer im Wasgau, von Ad. Stöber, IV 109 und 110 
Wie es im EUass in Spiunstubeu zogeht, von Ad. Stöber, IV 110 

und III. 

Elsässische Dialektdichtung vom Jahre 1749, IV 131—135. 

Wie es nm Neujahr schneit, auch weun^s nicht schneit (Strassburger 

Mundart), von Ad. Stöber. V 193 nnd 124. 
Der Nnssbäame Klagelied (Strassbnrger Mnudart), von Ad. Stöber, 



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V 125 and 126. 

£i]i Steckelborjer- Ausflug (Strassbarger Mii]idart}| von Ad. Stöber 
Y! llä and 114. 

Ein SchifferBtechen anf der lU (Strassbarger Mandart), Ton Ad. Stö- 
bei. VI 115 und 116. 

Kiiabonliedcheii im Mai von Ad, Stöber, VI 110. 

Wie guet mei's in der Heimet het ^Strassbarger Mundart), von 
Ad. Stüber, VII 179—181. 

Urwes (Brinnernugi, von A. Lustig, VII 181 and 182. 

Ifeisenlockerstreieh gegen den Franzosenkönig Anno 1651 (Strass- 
barger Handart) von Adolf Stöber, Vm 230 and 231. 

Elsass-Lied (von J. Schoerliu), IX 71-74. 

Dr. Sandgäo (von J. Otte), IX 74 und 75. 

Ans vergilbten Papieren, ein »älteres Gedicht in elsässischer Mundart: 
Meine erste ökonumiscbe Mehlsappe), XI 72—74. 

c) Hmidiirtliche Oramen. 

Der Pankratz — Da oder e Tbee-Owen am Wasserzoll (Strassbur- 
ger Ifandart), Schwank iu einem Akt, von Emil Oberthar, VII 
183-187. 

I>er Hüsherr (Strassbm'ger Mandart) Lastspiel in e. Akt, von D. Q*' 
Ad. Horsch, VIIl 1{<2-I»d. 

D'Milionedande üss Amerika oder d' Verwände af der Prob (Strass- 
barger Mundart), Schwank in 2 Akten, von £. Oberthür, VIII 

194-208. 

Dr Unkel (Strassbarger Mandart), Comödie in ein Akt, von D. Q. A. 

Horsch, X 1(55-179. 

£ Hochzyddcr im Kleiderkaschtc (Strassbarger Mundart), Schwank 
in 1 Aufzug, von Jul. G reber, X löU — 21(5. 

d) Yolkstfiinlkhe Spricbwöiter, Spittche, Reime und Lieder 

Aas dem Untcrelsass (Elsassiscbe Kinder- and Wiegenlieder, Liebes- 
freand and Liebesscbmerz im elFässisehen Volkslied, Der frfthe 
Morgen. 1 82->85. 

KirmeBs*Lied aas Deatseh*Lothringen,,I 60. 

Sprttcbe in Forbachtr Handart, IV €0—82. 

Elsftssiscbe Kinder^ nnd Wiegenlieder, Kindereime. VI 138—37. 

Blsftssische Sprichwörter and sprichwörtliche Redensarten, anch 

Volksreime and Kinderlieder dabei VI 188—1411, VH 141-145; 

VIII 81—87, IX 98—101, 
Sprftche zam Necken, Absählen asw., VII 147—149. 
Elsässische Kinderlieder in Bappoltsweiler Mandart, VII 105—174. 
Ter Th^welt üns Törtel, Gedicht in Völlerdinger Mandart VII 

175-178. 

Liedchen beim Heiraths-Spiei in der Kankelstube, VIII 80. 

Weibnacbtslieder St. Veits-Lit^d. Karfreitaglied and Pfingstlied aas 

dem Sundgau, IX 60 und 61, 62. 65. 

s Urschel, ein Knnkelstnben-Lied (von Berdelle), XI 207 and 208. 



— 2i4 - 



e) Märchen, Sagen, Schwanke und andere Erzählungen in Prosa. 

schri f tdeutscbe. 

Die silberne Rose, II B5, 

EUässer Sagen, IV 101—104 (1. Nächtliche Irrfahrten des Ammer- 

schwoier Müllers, 2. Der Geist Laxi im Biederthaler Schloss, 3. 
Der nachgemachte Hexenritt, 4. Die ertappte Hexenbraut). VI 

181—132. 

Sagen und Volksgebräuche aus dem Sund-Gau, IX 4—71. 
Der goldene Wagen vom Beichensee (Eine Uordfeldsage), XI 20. 
Die goldenen Eiersohalen vom Hogstein, XI 75 nnd 76 
Ei im Fundament eines Hanses XII 54 — 56. 

3) mnndartliche. 

Elsässische YolksrnSrchen in nnterelsftBsiseber Mnndart (1. Die drei 
Wünsche, £. Das M&rchen von Scbnnrehele nnd Sehnävchele), 
I 8^ nnd 86. 

Sagen und Geschichten aus Deni8ch>Lothringen (1. Dr wild Jäger, 
2. Dr Deiwel un de Kartespielere, 'S. Di Schäferpeter un dr 
Klee, 4. Wie's Bärwel vrzehlt. 5. Di alt Jackob, 6. Dr growe 
Dokter, 7. Wu nus mit der Milclisupp?). I 87—92. 

Dorfpublicität ^ein Volksscherz in oberelsässischer Mundart), VI 160. 

Anekdoten aus Alt-Strassburg (1. Wie einer d' verlöre Muttersprooch 
irider gfnnde het» 2. Der ruhige Hansvater, 8. Was die Alten 
snngen, das zwitschern die Jungen) XI 182—134. 

Dö Paradess an d*H611 (Hundert von Gentringen bei Dledenhofen) 
XI 135-187. 



Anhang. 

1. Bibliographie. 

ElBass-Lothringische Bibliographie 1883—1884, bearbeitet von 
C. Mündel, I 111—144; desgleichen für 1885, bearbeitet von 
E. Marckwald und C. Mündel, II 214 — 250 ; desgleichen für 
1886, bearbeitet von E. Marckwald und C. Mündel, III 146— 
18ß ; desgleichen für 1887, IV 138. 

Anzeige der 3. Auflage der Geschichte des Elsasses von 0. Lorenz 
und W. Scherer, II 196. 

Eine Freisanfgahe des Vereins für Geschichte der Deutschen in Böh- 
men» n 195. 

Uebersieht Über den Inhalt der Bände I— XII, Xn 205—215. 

2. Statuten, Geschäftsordnung, Sitzungsberichte. 

Statuten. I 147. 
Geschäftsordnung, I 147. 

Sitzungsberichte, I 148, II 252 und 253, III 192 und 193, IV 137 und 



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— 215 — 



138, V 162 und 163, VI 182 and 183, VII 211 und 212, VIII 
m and 2dö. IX 244 und 245, X 287 und 2b8, XI 226-228, XU. 

8. Verzeichnis der Vereine und Gesellschaflen, 

welche mit dem Zweigverein in Schriftenauslausch getreten sind, II 
9&4-956, IV 139, XI 236 und 227. 

4. Verzeichuis der Mitglieder des Zwei|;vereliis 
aas dem Jahre 1886, m 194—204. 

Bilder 

in Farbendruck betiudeu sich im Bd. II. V. X. 



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1 



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Verlag von ivarl J. Trüijiier ui Strassburg. 

r5trassbiir;ü: und seine Runten. Unter Mitwirkung von Lanilesgeolo^^e 
E. Öchnmacher, Privatdocent Dr. H Herges eil, Dr. E. von 
Bo rries . Professor Dr. G. Dehio. ArcliivJ'K ktor Dr. 0. Wirw V o I - 
mann, Stadtbaurath Ott u. a. heran en vom ki» 

und Ingenieur-Verein für Eisass-Lothringen. Mit f>55 Abbilii 
im Text. 11 Tafeln und einem Plan der Stadt Strassburg, Lcx. ö '. 
XII, (;8()S. 18^4. Preis brosch, .//: 20.—, in Halbfranz geb. 23.— 

Woltmanu, Dr. Alf., Geschichte der deutschen Kiinst im Elsass. 
Mit 74 Holzschnitten. 8». IX, 330 S. 1876. {.M 10.) 5 — 

i&Uä(fi(d)C 3»ofß6f^^•^cr , gcianiinelt unb Ijcrnusgcgcbcn üon ff in t 
a)iüiibct. 8". XIV, 302 B. 1884. »rojcf). Ji 3 — , geb. J< 

Soeben cvirf)icn: 

SJletjf (*^<irl C?biiarb/ lieber unb tHi'tmrrctcn eines oHcn ^j»ntiu-o(fl$ 
ttU6 ber i!^fnf.\. .'Dcirf)beiitirf) inib in l)eimifd)er ^JJhmbnrt. 80. VllI, 

2(to ^ r^-u: 'i&vo\d) J{. -1 in üeinro. gcb ' ön 

lJrmii.icl»i.t erscheint in adUer mllstümlig umgearbeiteter Außaye: 

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Wörter und sprichwörtliche Redensarten aus dem Elsass. / 
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Fisehiirt, Job., Das GlückhafFt Schift' von Zürich. Nach dem Jübin'boJi . 
Druck von 1577 herausgeg, von Th. Baggesen. 4". 23 S, J6. 1 

Herinjt?, Ed . Schloss Spessburg. Vortrag. 8". 31 Seiten. 1879. Ji 1 

— Schloss Girbaden. 2 Vorträge. 8'». 22 Seiten mit 1 Tafel. 18.^i. 

Ji — \ 

Himpel, J. St., Flora von Eisass-Lothringen 8'*. 325 
1891. geb. ./( 3 

Ihme, F A., Burg Falkenstein im Wasgau. 12» 4« S. 1874. — . " 

Mündel. Curt, Haussprüche und Inschriften aus dem Elsass. h 
7fi Seiten 1883. - hu 

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J. IL S. Hipp. 1896. Eleganter Einband. ./< 1 80 

• Das ßflchlein ist mehr eine Marthen-Novelle als ein Mfl 
durchhauclit von dorn |>oetischen Dufte, der Ober den V 
lagert. ■ • MOncbener Noueste Nachricht» 

Schiler, Friedr., Die Schreckenstage von Woerfh im 
Kriege 1870/71 erlebt und geschildert. Rückblicke ein 
Elsässers auf 22 Jahre. 12». 90 Seiten 1893. JL \ - 

Strassburger Gassen- und llUu.sernameii im Mittelalter. Zweite 
Auflage. 1888. S«. 206 Seiten. J,' 

Str<>b<'l, A. W., Vaterländische Gescbichte des Elsasses von der 
frübcsten Zeit bis 1815. 6 Bde. 2. Ausg. 1861. JL in 

Die alten Territorien des Elsass n. d Stande v, 1. Januar 
Mit Ortsverzeichnis u. 2 Karten-Beilagen. Hrsg. v. Statist. 1) 
d. K. Ministeriums f. Eisass-Lothringen. 1896. f 



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