Skip to main content

Full text of "Die insel Bornholm; reisebeschreibung und touristenführer"

See other formats


HARVARD COLLEGE | 

LIBRARY | 

FROMTHE LIBRARY OF j 

KONRAD VON MAVRER | 

OF MVNICH 



THE GIFT OF 

ARCHIBALD CARYCOOUDGE | 

— CLASS OF 1887 — 
ASSISTANT PROFESSOR OF HISTORY | 
1904 1 




I 




Digitized by Google 



0 

Die Insel 




Reisebeschreibung und Touristenführer. 

a 

Von % . 

Th. Stromer. 



(Mit 1 Karte und 5 Illustrationen.) 




Berlin 1877. 

E. Bichteler & Co. 

Hofbuchhandlung, 



Digitized by Google 



\ 8.01- 3 



Harvard College Library 
Von Maurer Collectioi» 
Gilt ot A. C. Cooüdge 



Da» Recht der Ueberaetzung wird vorbehalten. 



Digitized by Google 



■ 



Inhalt. 



Seite 
1—8 



Einleitung 

Hinreise: — Von SwinemUnde nach Kopenhagen. — Kopen- 
hagen. — Von Kopenhagen nach Rönne .... 9—21 

Bornholm. 

I. Rönne. — Erster Eindruck. — Bomholmer Miliz. — Civü- 

Verwaltung 

II. Von RÖnne nach Allinge.— Sandfliigten.— R u n e n s t e i n. — 
Hasle. — Bergwerk. — Brandstellen. — Ruths- 
tit .in Kirche. _ Schwedische Pietisten 25—29 

III. Allinge. — Die Jons-Kapelle. — Sandvig. — Hammersee. 

Hammer. — Ruinen von Hammershuus. — 
Vang nq 

IV. Im nassen Ofen. — Das Paradiesthal . ! 39— 4G 

V. Hammershuus. — Sage und Geschichte („Die schwedische 

Vesper") 4ß_ fi o 

VI. Einige Bornholmer Bräuche. - „Das Scheuerfest«.*- 

Heirathen. — Ehescheidungen . . . 59— «4 

VII. Von Allinge über Gudhjem nach Svanike.— Dynd'alen 
(Amtmandssteen). — Helligdommen. — Rö- 
Kirche — Ein Sage. — Ertholmene (Christiansholm, 
* redenksholm, Graesholm). — „Randklöveakaa- 

na. svan.f - »4 u !!l u Ärtl nlt ei„: - 

Komische Anekdote. — Helvedesbakkerne. — Para- 
diisbakkerne. — Gamleborg. — Rokkesteen. — 
„Gryet". — Erederikssteinbruch bei Nexö. — Ein 
Blatt Geschichte. — Snogebsek. — Rettungs- Apparat. 

- Die Südküste. — Die Pouls- und die Peders- 
Kirchen — Der Rispebjerg. — Bonavede (Sage). 

— Eine Bekanntschaft. — Die Aakirche mit 

n- .i . »»^»Merkwürdigkeiten 78—87 

IX. Almindingen. — Der „Luisenbaum u . — Gamlebor* 

und die Sage von den „drei Ritterjungfrauen-. - 
„Ekkodalen"._„Ritterknregt".-„Kon- 
gemindet«.- C h r i s t i a n s h ö h o nebst Denk- 
v ™« mal - ~ Em Abenteuer 87 »o 

X. Rönne. (SchW)-Nykirke.- Eine Te^kc'ot'ten: 

Ti* l\ - Archäologische Funde — 
.7 £ ö ? n . er » Fned »«'- - Bericht über ein See- 
gefecht bei Rönne i J. 1563. _ Rückreise . . 93 -»7 



Digitized by Google 



IV 



Seit« 

Tonristenführer 100—109 

Sprachführer 

Illustrationen: .... 43 

Der nasse Ofen ü7 

Helligdommen 32 

Partie des Hammerberges 

Randklöveskaaret H ' 3 

SchlosBruine Hammershuus 

Karte von Bornholm. 



Orts- und Sachregister. 



Aakirke .... 
Aakirkeby . 
Allings . . . • 
Almiudingen 
Amtmaudssteen . 

Bautasteine . . . 
Bergwerk . • • 
Bonavede . . • 
Bomholm . • 
Bornholm's Name 
Brandstellen . - 

Christiaushöi . . 
Christiansholm 
Civilverwaltung . 

Dannergrotte . • 
Dyndalen . . • 

Ekkodalen • • • 
Krtholmene . • • 

Frederiksholm . . 
Frederiksstein- 
bruch • • - 

Gamleborg . • • 
Geschichtliches . 
Graesholm . . . 

Gryet 

Gudhjem .... 

Hammer . . • • 
Hammershuus . . 
Hammersee . . . 

Hasle 

Helligdommen . . 

Hellige Kilde . . 
Helvedesbakkerne 



Seite 
86 
84 
29 

25 u. 87 
65 

75 U. 81 
26 
83 
22 
4 
27 

SM 

71 

25 

89 
65 

89 
71 

71 
81 

81 u. 88 
48—58. 82 u. 96 
71 
81 
70 

34 
34. 46 
34 
26 
66 
68 
81 



Jons-Kapelle . . 

Kongemindet . . 
Kopenhagen . . 

Luiseubaum . . 
Luiselund . . . 

Militärverwaltung 

Nexö 

Nykirke .... 

Ofen (Höhlen) . .. 
Oles-Kirche ... 
Ostermarienkirche 

Paradiisbakkerne 
ParadieBthal . . 
Pederskircho . . 
Poulskirche . . . 

Randklöveskaaret 
RettungB- Apparat 
Rispebjerg . . . 
Ritterkmegt . . 
Rokkesteine . . 
Runensteine . . 
Ruthskirche . . 

Sagen ..... 
Sandflugten . . . 
SchwedischeVcsper 
Snogebwk . . . 
Südküste der Insel 
Svanike . . • • 
Terracotten-Fabri- 
kcn . . • ♦ 

Vang 

Ystadt 



Seite 
37 

89 
15 

87 
75 

24 

81 

93 

36. 42. 68 
65 
88 

81 
36. 41 

83 
83 

72 
83 
83 
89 
81. 89 
26. 79. 87. 94 
27 

5. 48. 70. 84. 88 
26 
50 
83 
83 
78 

93. 98 
37 
20 



Digitized by Google 



Einleitung. 

Das vorliegende Buch enthält die Beschreibung einer 
Reise nach Bornholra, welche ich im Monat August vori- 
gen Jahres gemacht habe. 

Die Veröffentlichung hat einen doppelten Zweck: 
einerseits ist sie bestimmt, die Aufmerksamkeit der Leser 
auf eine in Deutschland bisher wenig mehr als dem Na- 
men nach bekannte, aber für Naturfreunde, Künstler und 
Gelehrte gleichwohl höchst interessante Insel zu lenken; 
andererseits soll sie den Reisenden als Führer dienen. 

Was die Darstellung betrifft, so wählte ich die erzäh- 
lende Form, weil ich manche der erhalteneu Eindrücke 
mit ihren Consequenzen der Mittheilung nicht unwerth 
hielt und das Gesehene und Erlebte möglichst lebendig 
zu schildern wünschte. Ob und in wie weit es mir ge- 
lungen, dieser meiner Aufgabe gerecht zu werden, möge 
der geneigte Leser aus der Folge beurtheilen. — 

Wie in Deutschland so hat auch in Dänemark das 
Dichterwort : 

„Was willst Du in die Ferne schweifen? 
Sieh', das Gute liegt so nah!" 

seine volle Berechtigung. Noch bis in die neueste Zeit 
hinein wurden hauptsächlich Schweden und Norwegen 
von den dänischen Vergnügungsreisenden besucht, wäh- 
rend das nahe liegende, an Naturschönheiten und archäo- 
logischen Merkwürdigkeiten so reiche Bornholm fast un- 
beachtet blieb. Erst in den letzten Jahren hat man das 
Gute im eigenen Hause entdeckt und beginnt, freilich 
«twas spät, seinen Werth zu schätzen. 

Bornholm, eine dänische Insel von 10 3 / 5 Quadratmeilen 
Grösse, liegt zwischen 55<>17'30" und 54<>59'15" nördlicher 

Stromer, Die Insel Bornholm. 1 



Digitized by Google 



♦ 



2 Einleitung. 

Breite und 2° 08' und 2° 35' östlicher Länse — 24 Meilen 
südöstlich von Kopenhagen, 18 Meilen nördlich von Swine- 
münde und ca. 12 Meilen nordwestlich von Kolberg. Der 
Gestalt nach eine Rhomboide , deren Langseiten von 
WNW. nach OSO. streichen, unterscheidet sich diese 
Insel vom übrigen Dänemark besonders durch ihre geono- 
mische Beschaffenheit, denn ihrer Bauart nach gehört sie 
zu Skandinavien, während Dänemark gewissermassen den 
nördlichen Ausläufer der mitteleuropäischen Ebene bildet. 
Bornholm ist ein Felsplateau, das im Süden aus Sand- 
stein- und Schieferschichten, im Norden aus Granitlagern 
mit Grünsteingängen besteht. Von Süden nach Norden 
allmälig emporsteigend, fällt dasselbe auf der nördlichen 
Hälfte fast überall senkrecht in's Meer und bildet hier 
viele pittoreske Punkte, von denen die J o n s - K a p e 1 1 e , 
die Ringebakker, der Hammer, „Helligdom- 
men" bei Rö und „Randklöveskaaret" die interessan- 
testen sind. Weniger malerisch ist die südliche Hälfte, 
die von den Reisenden nur selten besucht wird. Fast 
Alle wenden sich sofort den „Höilyngen" (dem Hochlande) 
zu und machen vom Hafenort Rönne aus die Rundtour 
über Hasle, Allinge, Gudhjem, Svanike, Nexö 
Aakirkeby, mit einem Abstecher nach dem schönen 
Walde „Almindingen", oder umgekehrt. Durch diese 
Namen sind bereits die sechs Städte der Insel angeführt, 
welche, mit Ausnahme von Aakirkeby, sämmtlich an der 
Küste liegen. Im Innern des Landes stehen, in weiten 
Entfernungen zerstreut, Gehöfte und einzelne Bauern- 
häuser, deren Besitzer Landbau und Viehzucht treiben. 
— Die Gesammtbevölkerung Bornholms besteht aus 
ca. 33,000 Seelen. 

Der höchste Punkt von Bornholm, der „Rytter- 
knaegt", liegt fast im Centrum der Insel und ist 496 Fuss 
hoch. Dann folgt Ruths-Kirkebakke mit 436 Fuss Höhe 
und die nördliche Küste, deren Höhenmasse zwischen 
300 und 100 Fuss variiren. Die Vegetation hängt natur- 
gemäss ganz von der Bodenbeschaffenheit ab. Auf den 
nur mit einer leichten Erdkrume bedeckten Felsmassen 
wächst dürres Haidekraut; wo der Humus compacter 
wechseln grüne Gelände mit fruchtbarem Ackerland 
und schönen Waldpartien. Bornholm ist das Land der 
Contraste: meilenweit sieht man nichts als öde Haide 
und plötzlich steht man vor einem schattigen Hain, 
inmitten eines Rosengartens oder vor einem gross- 



Digitized by Google 



Einleitung. 



8 



artigen Felspanorama. Im Allgemeinen ist der Natur- 
charakter der Insel mehr streng als anmuthig, obschon 
es auch an idyllischen Landschafts-Scenerien nicht fehlt. 
Das Klima und die Witterungsverhältnisse weichen von 
denjenigen der anderen dänischen Ostsee-Inseln nur wenig 
ab. Einem kurzen Frühling folgt ein nicht zu heisser 
Sommer, diesem ein langer schöner Herbst und der AVinter 
ist im Durchschnitt weniger streng als in Norddeutschland. 
Die höchste hier beobachtete Wärme war 28 Grad, die 
grös8te Kälte 18 Grad. Die Mitteltemperatur des Winters 
wird auf 4 Grad angegeben. Die westlichen Winde ver- 
halten sich zu den östlichen wie 18 : 10. Die Beschaffen- 
heit des Wetters hängt wesentlich vom Winde ab und 
daher richtet sich auf den dänischen Inseln die Strenge 
oder Milde des Winters darnach, ob der Wind von Osten 
oder von Westen weht. Bemerkenswerth ist, dass Born- 
holms Ostküste eine acht bis zehn Tage frühere Früh- 
lings-Vegetation hat als die Westküste, weil der zwischen 
beiden liegende Höhenzug die kalten Nordwestwinde 
abschwächt. Die durchschnittliche Grundwärme des 
Landes beträgt nach Oerstedt und Esmarch 6% Grad 
Reaumur. 

Bornholms Pflanzenwelt ist ziemlich reichhaltig, 
wenn auch nicht so üppig, wie auf Seeland. Wir finden 
hier Eichen , Buchen , Fichten , besonders viele Birken, 
Ulmen, Linden, Espen, Eschen und Weiden und die 
sonst nur im Norden vorkommenden Achselbeerbäume 
mit fingerbreiten Blättern und röthlichen Beeren, ferner 
die wilde Mispel, Haselnuss- und Fliedersträucher , ver- 
schiedene Dornenarten und Wachholder. Die Obstgattungen 
sind vertreten durch Kirschen, Birnen, Aepfel und Pflau- 
men. An Feldfrüchten producirt die Insel alle in Deutsch- 
land bekannten Arten, die indess fast sämmtlich von den 
Bewohnern selbst consumirt werden. Grosser Ueberfluss 
herrscht dagegen an Farbekräutern und pharmaceutischen 
Pflanzen, unter denen (nach der Behauptung eines däni- 
schen Botanikers) viele gefunden werden, welche sonst 
nur auf den Schweizer Alpen und im Kaplande wachsen. 

Das Thierreich auf Bornholm ist, mit Ausnahme 
der Vögel und der Fische, ungefähr dasselbe wie in Nord- 
deutschland. Ausser den bei uns vorkommenden Vogel- 
arten sind der Tolk, eine Krähen-Species , die Cormoran- 
Scharbe ( grosser schwarzer Wasservogel), die Taerner (kleine 
Wasserschwalben) und die Schwarzköpfe (Svaarthaetter) 

1* 



Digitized by Google 



4 



Einleitung. 



auf Bornholm heimisch. Auch Eidergänse, Eisenten 
(Haugadisse) und Horsegöge (Pferdekukuk) besuchen die 
Insel und halten sich hier periodisch auf. Sehr zahl eich 
sind die Möven, die gross und klein, in Schaaren den 
Strand beleben. — Von Fischen werden besonders Heringe, 
Lachse, Flundern, Steinbutten, Markrelen, Horn- und 
Weissfische gefangen und als Handelsartikel zum grössten 
Theil in's Ausland gesandt. Auch Dorsche kommen häufig 
vor und sind so beliebt, das man diesen Fisch fast in 
jedem Haushalt stets vorräthig findet. Flundern werden 
wenig geschätzt , Heringe aber in grossen Quantitäten 
verbraucht. — Wie Qn^hl in spjpe™Biiphp ^Aus Däne- 
rnark " ^behauptet, giebt es auf Bornholm viele ^ScETangen 
'und giftige Würmer, von denen ich auf meinen Wande- 
rungen indess nichts bemerkt habe. Darin hat er jedoch 
Recht, dass die Insulaner zu ihrem und ihrer Gäste Heil 
Wanzen und anderes Ungeziefer bis jetzt nicht kennen, 
es sei denn, sie hätten diese Bekanntschaft auf Reisen 
im Auslande gemacht. 

Ueber den Ursprung des Namens „Bornholm" 
differiren die Ansichten. In's Deutsche übersetzt würde 
Bornholm „Quelleninsel" heissen. Diese einfache Er- 
klärung wäre allerdings motivirt durch die vielen Quellen, 
die sich auf der Insel, oft in unmittelbarer Nähe des 
Meeres, befinden; aber sie ist gleichwohl nicht richtig. 
Nach einer anderen Auslegung entstand der Name aus 
der Zusammenziehung und späteren Verkürzung dreier 
Wörter, nämlich aus „Borg under Holmen" (Burg auf der 
Insel). Auch diese Variante hat Manches für sich. Eine 
dritte Erklärung, und meines Erachtens die richtige, ist 
diejenige von „bur-gund-ar-ul-ma", d. h. Wasser-burg-land 
(auch Insel), woraus später Burgunder Holmur, Borgunder- 
Holmur, Burgunderholm, Boringholm, Borndholm und 
endlich Bornholm entstanden. Dieser Etymologie zufolge 
ist der Name keltischen Ursprunges. Ob die Ureinwohner 
der Insel wirklich Burgunder gewesen sind, wie hier und 
da angenommen wird, muss ich dahingestellt sein lassen. 
Jedenfalls aber lassen sich sowohl bei manchen Denk- 
mälern wie auch in der Sprache keltische Spuren nach- 
weisen. Für die vorstehende Ableitung des Namens 
spricht ferner eine Stelle in der isländischen „Knytlinga- 
Saga", die nach Quehl wie folgt lautet: 

„Borgunder - Holmur liggaeur austur i Hafed fra 
Scaney pat er mykid rike och liggur under Erkibys- 



Digitized by Google 



Einleitung. 



5 



kopsstolm i Lunedi par eru XII. Konungsbu oc XIV. 
kirkur." *) 

Endlich seien noch erwähnt zwei Sagen, welche die 
Entstehung des Namens behandeln. Nach der einen gab 
ein hunnisches Weib, Borgundar, der Insel den Namen, 
nach der anderen stammt derselbe von einem gewissen 
Beor ab. der um das Jahr 2264 nach Erschaffung der 
AVeit, mit Thielsar, dem Sohne des siebenten cimbrischen 
Richters oder Königs, Guthis, nach der Insel gekommen 
sein und Gudhjem gegründet haben soll. 

Wie die Erklärung des Namens, so bietet auch die 
heutige Sprache der Bornliolmer dem Linguisten Ge- 
legenheit zu interessanten Studien. Dieselbe ist ein Ge- 
misch von Schwedisch, Dänisch, Deutsch und Norwegisch 
und, von bornliolmer Bauern gesprochen, selbst den 
Dänen unverständlich.**) In den Städten spricht man 
ausser Bornholmisch selbstverständlich aucn Dänisch, 
Deutsch jedoch seltener als allgemein geglaubt wird. So 
lernte ich während meines Aufenthaltes auf der Insel nur 
sehr wenige Leute kennen, die der deutschen Sprache 
hinreichend mächtig waren, um darin eine Unterhaltung 
führen zu können. Auf Grund dieser Wahrnehmung habe 
ich diesen Blättern eine kleine Sammlung bornholmer 
Ausdrücke angehängt, die zur Verständigung über das 
Notwendigste ausreichen dürften. 

Schon oben wurde darauf hingewiesen, dass sich auf 
Bornholm besonders viele archäologische Merk- 
würdigkeiten befinden. Der Alterthumsforscher be- 
tritt hier ein für sein Fach ausserordentlich fruchtbares, 
bisher wenig kultivirtes Gebiet. Zahlreiche Hünengräber 
sind noch unerforscht, Bauta- und Runensteine, letztere 
mit gut erhaltenen Inschriften, harren, theils in Hainen, 
theils am Wege oder in Kirchen stehend, der Deutung, 
mehrere Ruinen, u. a. diejenige von Hammerhuus, und 



*) Borgunderholm liegt östlich im Meere bei Schonen; das ist 
sehr mächtig und liegt unter dem Erzbischofsstuhl von Lund. Dort 
sind 12 Königshöfe und 14 Kirchen. 

**) Ein Beispiel möge den grossen Unterschied zwischen dem 
Bornholmer Idiom und der dänischen Sprache zeigen: 

Bornholmisch: „Horrinj pusada mej reite." 

Dänisch: „Drengen spillede mig et slemt Puds. u 

Deutsch: „Der Knabe spielte mir einen schlimmen Streich." 



Digitized by Google 



Einleitung. 



vier sehr alte im Rundbogenstil erbaute Kirchen, die 
früher als Befestigungen gedient haben, bieten dem 
Studium ein reiches Material. Kurz, sowohl der Archäo- 
loge, wie der Naturforscher, und nicht am wenigsten 
der Naturfreund — und als solchen betrachte ich aucli 
den Landschaftsmaler — dürfte von den Resultaten 
einer Reise nach Bornholm in jeder Hinsicht befriedigt 
werden. 

Aber auch allen Denjenigen ist der Besuch dieser 
interessanten Insel zu empfehlen, welchen für eine Er- 
holungsreise nur geringe Mittel zu Gebote stehen. Die 
Bornholmer sind ein biederer Menschenschlag, der die 
hohen Preise unserer Seebäder und klimatischen Kurorte 
noch nicht kennt. Gleichwohl ist ihnen der Comfort 
nicht ganz fremd; sie verstehen recht gut zu leben, aber 
auch Ändere leben zu lassen. Die Hotels in den Städten 
sind durchweg gut, die Zimmer und Betten sehr sauber 
und die Speisen und Getränke lassen bei mässigen An- 
sprüchen kaum etwas zu wünschen übrig. Als Durch- 
schnittspreis pro Tag für Logis und Kost kann man 
3 Kronen*) ansetzen. Dafür erhält man ein freundliches 
Zimmer mit Bett , erstes und zweites Frühstück (Kaffee, 
feines Gebäck und Butter, belegte Brote und eine Flasche 
Ale), zu Mittag Suppe, mehrere Braten nebst Gemüse und 
Dessert, sowie Bier, dann Kaffee und kaltes oder warmes 
Abendessen, Alles ä Discretion. Servisgelder sind unbe- 
kannt; mit diesen drei Kronen ist Alles bezahlt. Da 
giebt es keine lackirten Kellner; Wirth oder Wirthin 
selbst empfangen die Gäste und sorgen für deren Wohl. 
Auf dem Lande herrscht grosse Gastlichkeit. Bei jedem 
Bauer kann man eintreten und als Erfrischung Milch, 
Brot und Butter bekommen. Nur äusserst selten wird 
der Eigner eine Bezahlung annehmen, er freut sich, wenn 
der „Besuch" vorlieb nimmt. Auf meiner Rundreise habe 
ich diese Gastfreundschaft wiederholentlich genossen und 
als Vergütigung den Kindern der betreffenden Familien 
kleine Geschenke gemacht , freilich stets gegen Wider- 
spruch der Eltern. Nun vergleiche man diese Zustände 
und den oben genannten Betrag für den Unterhalt mit 
den Preisen von Heringsdorf und Misdroy , oder in den 



*) 1 Krone = 1 Mk. 12,5 Pfgc. 



Digitized by Google 



Einleitung 



7 



Kurorten im Harz und in Schlesien, und man wird einen 
gewaltigen Unterschied finden, ganz abgesehen von den 
verschiedenartigen Nebenausgaben, die dem Reisenden 
fast überall erwachsen. Auen die Reise nach Byrnholm 



Bornholm bisher nicht, aber es ist zu hoffen, dass sie 
über kurz oder lang hergestellt werden wird. Der Rei- 
sende ist also genöthigt, sei es von Stralsund oder von 
Stettin (resp. Swinemünde) aus, zunächst nach Kopen- 
hagen zu fahren. Hier findet er fast stets Anschluss nach 
Rönne, dem Haupthafen von Bornholm. Von Stettiu 
fährt der Postdampfer „Titania" im Sommer wöchentlich 
zweimal, jeden Mittwoch und Sonnabend Nachmittags 
l 1 2 Uhr nach Kopenhagen und von Kopenhagen jeden 
Montag und Donnerstag Nachmittags 2 Uhr zurück nach 
Stettin. Die Ueberfahrt dauert 14 Stunden und kostet 
hin uud zurück (Retourbillets auf 30 Tage gültig) 1. Ka- 
jüte 30, 2. Kajüte 20 Mark. Von Kopenhagen vermitteln 
die Dampfer „Skandia" und „Heimdal" ebenfalls zweimal 
wöchentlich die Verbindung mit Rönne, derart, dass der 
deutsche Reisende in Kopenhagen einen Ruhetag hat, 
und diesen zu einer flüchtigen Besichtigung der dänischen 
Residenzstadt benutzen kann. Die Ueberfahrt währt, 
wenn das Dampfschiff bei Ystadt in Schonen anläuft, 
12, bei directer Tour ca. 10 Stunden und kostet (hin 
und zurück): 1. Kajüte 17 Kronen oder ca. 21 Mark, 
2. Kajüte 9 Kronen oder ca. 11 Mark. Die gesammten 
Reisekosten betragen also 51 Mark für Passagiere L Ka- 
jüte und 31 Mark für Passagiere 2. Kajüte. — 

Obschon die verschiedenen Partien der Insel in den 
nachstehenden Schilderungen beschrieben werden, dürfte 
es doch nicht überflüssig sein, schon hier zu bemerken, 
dass im Hinblick auf Natur-Scenerien wohl jeder Ge- 
schmack auf ßornholm seine Befriedigung findet. Wer 
den Norden liebt mit seinen wildzerrissenen Felsen, 
gegen welche die brandende See anstürmt, der gehe 
nach Allinge oder Gudhjem, wer ein Freund der thü- 
ringischen vVälder ist, wird sich in Almindingen ange- 



thal mit seinem klaren Bächlein nur ungern wieder 
trennen. 





Digitized by Google 



8 



Einleitung. 



Nach dem Vorangeschickten beginne ich die Be- 
schreibung meiner Reise mit dem Wunsche, dass die 
Leetüre recht viele meiner Leser anregen möge, die 
Insel Bornholm zu besuchen, um dort durch eigene An- 
schauung kennen zu lernen, was die Schilderung immer- 
hin nur mangelhaft darzustellen vermag. 



Digitized by Google 



Hinreise, 



Von Swinemünde nach Kopenhagen. 

Vor mehreren Jahren machte ich die Bekanntschaft 
eines alten Schiffscapitains, der mir viel von seinen Reisen 
erzählte und hei dieser Gelegenheit, die dänische Insel 
Bornholm als eines der schönsten Eilande des Nordens 
schilderte. 

Seine Mittheilungen hatten in mir den "Wunsch er- 
weckt, dieses meerumgürtete Eldorado durch persönliche 
Anschauung kennen zu lernen. War ich auch genöthigt, 
die Erfüllung desselben von Jahr zu Jahr zu verschieben, 
so gab ich gleichwohl den einmal gefassten Plan nicht 
auf und wartete auf eine günstige Gelegenheit für die 
Ausführung. Diese bot sich mir im Sommer vorigen 
Jahres, als ich meine Ferien theils in Misdroy, theils in 
Heringsdorf verlebte. Allwöchentlich zweimal sah ich 
den stattlichen Postdampfer „Titania" aus dem Hafen 
von Swinemünde hinaussteuern in die offene See und 
seinen Cours nordwärts nehmen, und jedesmal blickte 
ich ihm sehnsüchtig nach, bis er als ein winziger Punkt 
in der Ferne verschwand. 

Das andauernd günstige Wetter bestimmte mich, einen 
schnellen Entschluss zu fassen. So löste ich denn ein 
Retourbillet nach Kopenhagen und begab mich, mit dem 
Nothwendigen ausgerüstet, am Nachmittag des 2. August, 
als das von Stettin kommende Schiff am Bollwerk in 
Swinemünde anlegte, an Bord. Noch im letzten Moment 
hatte ein Reisegefährte, der mich begleiten wollte, sich 
daran erinnert, „dass das Wasser eigentlich keine Balken 



Digitized by 



10 



Hinreise. 



habe" und der projectirten Tour sein dolce far niente in 
Heringsdorf vorgezogen. Obschon dieser plötzliche Sinnes- 
wechsel mich unangenehm überraschte, machte ich mich 
doch bald vertraut mit dem Gedanken, allein zu reisen. 

Auf der „Titania", die ihren Namen nicht mit Un- 
recht führt, herrschte ein reges Treiben. Die neu ange- 
kommenen Passagiere suchten, nachdem ihr Gepäck unter- 
gebracht, möglichst gute Plätze zu erlangen und brachten 
so Bewegung in die auf dem Verdeck stehenden Grup- 
pen; vom Lande her wurden Frachtgüter verladen und 
zwischen dem Rufen, Poltern und Rasseln vernahm man 
das scharfe Zischen des den Ventilen entweichenden 
Dampfes. Endlich waren die letzten Ballen verpackt, 
die das Schifl' am Bollwerk festhaltenden Taue gelöst 
und der schrille Ton der Dampfpfeife gab das Signal zur 
Abfahrt. Zuerst langsam , dann allmälig schneller , glitt 
der Coloss dem Ausgang des Hafens zu. Schon nach 
wenigen Minuten lag Swinemünde hinter uns. Am Leucht- 
thurm vorüberfahrend, passirten wir die Molen und be- 
fanden uns bald auf hoher See. 

Das Wetter war köstlich. Kein Wölkchen trübte 
die Bläue des Himmels, kein Windhauch die Glätte des 
Meeresspiegels. Hoch auf rauschte das Wasser am Bug- 
sprit und an den Flanken des Schiffes, als sei es empört, 
dass Menschenmacht es in seiner Ruhe störe, und lange 
dauerte es, bevor die vom Dampfer gezogene Furche sich 
wieder ebnete. 

So lange die Küste sichtbar blieb, betrachtete ich 
diese. Bot doch der weite Halbkreis, welcher die Bucht 
im Hintergrunde begrenzt, einen ungemein anziehenden 
Anblick. Im Südosten leuchteten die hellen Häuser 
und der weisse Strand von Misdroy, mehr nach Süden 
zieht sich ein Kiefernwald längs dem Ufer hin, dann 
folgt der Leuchtthurm, als der am längsten sichtbare 
Punkt von Swinemünde, die Hafeneinfahrt, weiter nach 
West en da« „Wilhelmsbad", Waldung, das Dorf Aalbeck und 
endlich im Südwesten das lauschig im Grün der Bäume 
versteckte Heringsdorf mit seiner freundlichen kleinen 
Kirche. Damen und Herren lustwandelten am Strande, 
einige wehten mit lichten Tüchern den Reisenden Scheide- 
grüsse nach. So verging etwa eine halbe Stunde. Da 
wurden die Contouren undeutlicher, Strand, Wald und 
Häuser verschwammen in einander und bildeten eine 
bläuliche Linie. 



Digitized by Google 



Hinreise. 



11 



Jetzt wandte ich mich meiner näheren Umgebung 
zu. Das Schiff war mit Passagieren überfüllt. Hunderte 
von Personen sassen oder standen auf dem Verdeck, theils 
in Unterhaltung begriffen, theils der Betrachtung des 
Meeres sich hingebend, manche auch essend und trinkend. 
Noch waren die Kajüten nicht angewiesen und die Billets 
nicht controllirt. Unter den Anwesenden fiel mir zunächst 
eine zahlreiche Gesellschaft von Damen auf, die auf dem 
Hinterdeck Platz genommen hatte. Einige Gesichter 
kamen mir bekannt vor, aber ich wusste im ersten Mo- 
ment nicht recht, „wo ich sie hinbringen sollte". Ich 
sann und sann und endlich hatte ich's gefunden: im 
„Berliner Stadtpark" hatte ich sie gesehen, als Mitglieder 
der Damen-Kapelle der Frau Amann- Weinlich aus Wien. 
Dort waren sie in weissen Mullkleidern erschienen, hier 
dagegen sahen sie in ihren Alltags-Kostümen recht pro- 
saisch aus. Wie ich später erfuhr, war die Gesellschaft 
nach Kopenhagen engagirt worden und machte dort bril- 
lante Geschäfte. 

Etwas abseits von diesen weiblichen Musikern sass 
eine junge Dame, die -ein ältlicher Herr umfasst hielt. 
Die Dame verhüllte ihr Gesicht mit einem dunklen Tuche 
und blickte nur hin und wieder mit ihren schwarzen 
Augen schelmisch hervor, während der Herr französisch 
zu ihr sprach. Ich hielt sie für eine Südländerin, den 
Herrn an ihrer Seite für ihren Vater. Wie man sich 
doch täuschen kann! Eine Südländerin war sie allerdings, 
und zwar eine Römerin, ebenfalls ein Mitglied der Damen- 
Kapelle, und der Herr zu ihrer Rechten ihr — Lieb- 
haber, ein russischer Baron, der sich für sie ruinirt hatte 
und ihr auf allen Reisen folgt. Wie Fama in Person 
eines dänischen Agenten ferner berichtete, hatte von die- 
sen Damen übrigens fast „jede ihren Jeden", wahrschein- 
lich ad majorem musicae gloriam! 

„Haben... Sie..." fragte mich ein korpulenter Herr. 
Er konnte den Satz nicht Deenden, denn der Steuermann 
forderte die Billets. 

„Haben Sie..." setzte er wieder an und schnitt eine 
Grimasse, dass ich, in der Befürchtung, er bekomme die 
Seekrankheit, besorgt einige Schritte zurück trat. 

„Ja, meine Herren," hörte ich hinter mir eine Nasal- 
stimme , „Se mögen'8 mer glauben oder nicht , wahr ist 
es doch. Ich will nicht gesund stehen vor Ihnen, wenn 
ich rede die Unwahrheit." 



Digitized by Google 



12 



Hinreise. 



„Was ist wahr?" erkundigte sich ein hinzutretender 
Herr. 

„Aaron heisV ich," hob der Sprecher wieder an, 
,,und aus Königsberg bin ich. Fahre jährlich einmal 
nach Kopenhagen, zu besuchen die Muschpoche von 
meiner Frau, müssen Se wissen. Als ich fuhr, vor 'nem 
Jahr, müssen Se wissen, hatte ich bei mer die alte Kist* 
— dort steht se (und er zeigte auf einen alten Kasten) — 
mit Wäsche und getragenen Kleidern, müssen Se wissen, 
und die Herren Zollbeamten in Kopenhagen fragten, 
was drin ist. Was soll's sein, sagte ich, alte Sachen. 
Wollen die Herren sehen selbst? Und ich machte auf 
den Deckel. Die Herren Beamten aber traten zurück, 
müssen Se wissen , und rührten nicht an den Inhalt. 
Nun wie heisst , war nischt Unkoscheres drin , nur alte 
Hemden, Hosen und Strümpfe. Ich nahm also mein 
Kofferche unter'm Arm und machte den Herren einen 
Bückling. Aaron, sagte ich mir draussen, Du hast ver- 
dient zwei lebedicke Thaler, oder sechs Mark, müssen Se 
wissen. Denn unter den alten Sachen, im doppelten 
Boden versteckt waren extrafeine Seidenwaaren , die ich 
für die Muschpoche steuerfrei aus Deutschland „impro- 
visirte"." 

„ . . . schon . . . eine . . .* Ka ... ka . . . j üte ?" vervoll- 
ständigte der dicke stotternde Herr jetzt plötzlich den 
vorhin angefangenen Satz. Er hatte mich nicht aus den 
Augen verloren, und schien mich als Schlafgenossen er- 
sehen zu haben. Nun waren aber bereits alle Kajüten 
von den Damen besetzt und viele Passagiere mit Billets 
erster Klasse mussten auf ihre Rechte verzichten. Zu 
letzteren gehörte auch ich. Mir fiel es nicht schwer, 
denn die Nacht versprach schön zu werden, und eine 
warme Mondnacht auf Deck zu verbringen, ist ja der 
Uebel grösstes eben nicht. Ich bedeutete Sr. „Korpu- 
lenz" also, dass ich bedauerte etc. etc., und er suente 
sich einen anderen Kajütenmann, den er schliesslich 
auch fand. 

„Rügen in Sicht!" 

Dieser Ruf lenkte Aller Blicke der eben aus dem 
Meere auftauchenden Insel zu, deren Umrisse sich nach 
und nach deutlicher zeigten. Zugleich wurden auch die 
Bewegungen des Schilfes stärker und die ersten Symp- 
tome der Seekrankheit machten sich hier und dort be- 
merkbar: bei den Herren durch eine gewisse Unruhe 



Digitized by Google 



Hinreise. 



13 



und Fortwerfen der brennenden Cigarren, bei den Damen 
durch eine leichte Blässe, lebhaftes GHänzen der Augen, 
Entfärben der Lippen und Zucken der Mundwinkel. 
Dieser und jene -Reisende entfernten sich, angeblich „um 
einmal nach den Sachen zu sehen" ; ein alter Herr fluchte 
und schimpfte über Alles , was ihm in den Weg kam ; 
Dieser fand das Geräusch der arbeitenden Maschine un- 
erträglich, Jener nannte den Steewart einen Giftmischer 
und behauptete, von dem Bier unwohl geworden zu sein, 
und noch ein Anderer , der sich kaum auf den Beinen 
zu halten vermochte, wollte den Capitain „über den ver- 
änderten Cours" zur Rede stellen, kurz jeder der Be- 
treffenden hatte plötzlich über irgend Etwas zu klagen. 
Immer mehr lichteten sich die Reihen der auf dem Ver- 
deck Anwesenden. Arme Opfer der Seekrankheit! Mit 
bleichen Gesichtern und schlotternden Knieen schlichen 
sie davon, verborgenen Winkeln zu, um dort Neptun er- 
zwungene Opfer darzubringen. Vorhin noch so munter 
und zu allerlei Scherzen aufgelegt, fühlten sie sich jetzt 
unsäglich, elend. Manche glaubten bereits mit dem Tode 
zu ringen. Frau Amann -Weinlich dachte gewiss an 
nichts weniger als an den Dirigentenstab, aber sie diri- 
girte doch fast ihre ganze Damen-Kapelle auf Steuerbord, 
wo — horribile dictu est — ein Concert ohne Instrumente 
executirt wurde. Dort stand auch der korpulente Herr 
und stotterte das Meer an, während etwas abseits der 
Handelsmann Aaron aus Königsberg in seinem Halse 
„ein Härchen" suchte, das er natürlich aus Versehen ver- 
schluckt hatte. — 

Woher war es nur so plötzlich gekommen, jenes 
körperlose Ungeheuer, das so Vielen die See verleidet? 
Bisher hatten sich Alle, selbst die Aengstlichen, wohl be- 
funden, und nun trat bei mehr als vierzig Personen zu- 
gleich, ohne Uebergang ein Zustand ein, von dem es 
heisst, dass er schlimmer sei als die schlimmste Krank- 
heit. Da half kein Mittel als das Unabwendbare mit Ge- 
duld ertragen und in der Mitte des Schiffes , wo die Be- 
wegung am schwächsten ist, eine möglichst horizontale 
Lage einnehmen. Merkwürdiger Weise blieben manche 
solcher Passagiere verschont, die sich vorher am meisten 
vor der Seekrankheit gefürchtet hatten, so unter anderen 
mehrere sehr schwächliche Damen. Uebrigens ging der 
Anfall ziemlich schnell vorüber und schon nach einer 
Stunde waren fast Alle wieder wohlauf. Einige moquirten 



Digitized by Google 



14 



Hinreise. 



sich über sich selbst, was, wie man sagt, ein probates 
Mittel ist, den Spott der Anderen zu entwaffnen. 

Bei anbrechender Dunkelheit begab ich mich in den 
Innenraum. Aber o weh, „dort unten war's fürchter- 
lich !" Eine schwüle, drückende Luft erschwerte das 
Athmen, in den Centren der Gänge standen Kisten und 
Koffer, und zwischen diesen hockten und lagen Zwischen- 
deckspassagiere , welche sich bereits Ruhestätten für die 
Nacht zubereitet hatten. Unter ihnen befand sich eine 
Gesellschaft arabischer Akrobaten , ein alter Graukopf 
und mehrere jüngere Afrikaner. Auch sie waren nach 
Kopenhagen engagirt worden von einem Agenten, der 
sich mir am Abend unter seinem , in halb Europa be- 
kannten Spitznamen „Sklavenhändler" vorstellte. Letzterer 
hat, nach seinen Erzählungen zu urtheilen, ein höchst 
abenteuerreiches Leben geführt, das Stoff zu einem mehr- 
bändigen Roman liefern würde. Was und wo wollte der 
Mann nicht überall gewesen sein, bis ihn das Schicksal 
nach Kopenhagen verschlug! Von dort aus vermittelt 
er Engagements von Schauspielern, Balleteusen, Sänger- 
innen, Akrobaten etc. etc. nach aller Herren Länder. 
Sein Beiname ist also so ganz unmotivirt nicht. 

Die übermässige Hitze trieb mich wieder in's Freie. 
Hier sah ich einen prachtvollen Mondaufgang. So eben 
stieg Lima empor und sandte ihr bleiches Licht über die 
weite Wasserfläche, dass sie erglänzte wie flüssiges Silber. 
Wie funkelten die Schaumperlen an den Längsseiten des 
Schiffes, wie leuchtete die unabsehbar lange Furche 
hinter uns ! Eine schnurgerade Strasse inmitten der Wasser- 
wüste! Der Anblick war über alle Beschreibung schön. 
Köstlich war auch die Nacht , die jetzt ihren Sternen- 
baldachin über uns deckte, unter welchem die „Titania" 
friedlich dahin fuhr, die Spitze stetig nach Nordwesten 
gerichtet. Ich verbrachte sie träumend mit offenen Augen. 
Erst als der Mond untergegangen war und ein kühler 
Wind über das Schiff strich, suchte und fand ich einige 
Stunden Schlaf. 

Ein Sonnenaufgang auf See ist schon so oft, aber 
immer so mangelhalt beschrieben worden, dass ich nicht 
wasre, die Zahl dieser Schilderungen noch um eine zu 
vermehren. So bescheide ich mich denn mit der Be- 
hauptung, dass dieses Schauspiel überhaupt nicht zu be- 
schreiben ist, dass auch der reichsten Sprache Wörter- 
schatz nicht hinreicht, auszudrücken, was der Beschauer 



Digitized by Google 



Hinreise. 



15 



bei diesem Anblick empfindet. Vielleicht ist's ein stum- 
mes Gebet, das selbst der Ungläubigste dem Schöpfer der 
Welten in seinem Herzen darbringt, und — die innigsten 
Gebete haben ja keine Worte. 

Von der Morgensonne beschienen zeigte sich in der 
Ferne die dänische Küste: links die Insel Amager, 
„Kopenhagens Küchengarten"; vor uns als ein Chaos von 
Häusern und Kirchen Kopenhagen und, daran sich an- 
schliessend, dicht an den Strand herantretende Waldungen 
oder Parkanlagen. Je näher wir kamen, desto anziehen- 
der wurde das Panorama. Schärfer hoben sich einzelne 
Punkte vom lichten Untergrunde ab, zuerst die vier den 
Hafen dominirenden Seeforts, dann die Kirchen und ganze 
Stadtheile mit all' ihren Details. Bei der Einfahrt in den 
schönen Hafen sahen wir viele vor Anker liegende Orlo^s- 
schiffe, u. a. auch den berühmten „Rolf Krake" und eine 
ganze Flotille Kauffahrer aller Grössen. Nicht ohne Mühe 
wurde die „Titania" durch diese „schwimmende Stadt" 
zum Landungsplatz dirigirt. Manche Schwenkung musste 
ausgeführt werden, bevor die ungeduldig harrenden Rei- 
senden die terra firma betreten konnten. Endlich, gegen 
5 Uhr, überschritten wir die Landungsbrücke. Noch ein 
kurzer Aufenthalt im Zollhause und die Reisegesellschaft 
zerstreute sich nach allen Richtungen. Als ich die Douane 
verliess, hörte ich hinter mir die Worte : „Nur alte Klei- 
der, müssen Se wissen"; der Leser erräth, wer sie sprach. 
Dann durchwanderte ich das Hafen-Quartier und liess 
mich von einem Dienstmann (Bybud) in das mir empfoh- 
lene Hotel Aalborg führen. 



Kopenhagen. 

Klein nur, aber für die Behaglichkeit der Reisenden 
eingerichtet und mehr von Dänen als von Fremden be- 
sucht, ist das Hotel, in welchem ich ein hübsches Zimmer 
„samt reel og billig Betjening" — wie auf der Karte 
steht ■ — erhalten hatte. Der Besitzer, Herr L. Koefoed 
aus Bornholm, ist ein alter Schiffs-Capitain , der nach 
einem bewegten Seemannsleben sich mit seinen Erspar- 
nissen zur Ruhe gesetzt und dieses Hotel etablirt hat. 



Digitized by Google 



16 



Hinreise. 



Wie war der brave Mann doch bemüht, mir den Auf- 
enthalt in seinem Hause angenehm zu machen! Er er- 
zählte von seinen Reisen, bald dänisch, bald deutsch, 
trieb die Bedienung- an, brachte die neuesten Zeitungen . 
herbei und beschrieb mir die kürzesten Wege nach allen 
Sehenswürdigkeiten der Residenz. Diese Zuvorkommen- 
heit aber hatte ihren Grund nicht etwa in der gewohn- 
heitsmässigen Pflichterfüllung des Gastwirthes, sondern 
in dem gutmüthigen Herzen des biederen Menschen. 

Und solch' freundliches Entgegenkommen wie bei 
Herrn Koefoed wurde mir von vielen Kopenhagenern 
zu Theil. Trotz der Anweisungen meines Wirthes war 
ich auf meiner Wanderung durch die Stadt doch oft ge- 
nöthigt, nach dem Wege zu fragen und stets gab man 
mir in höflichster Weise die gewünschte Auskunft. 
Mehrmals führten mich die Gefragten, ihren Gang unter- 
brechend und umkehrend, ganze Strecken, bis sie mit 
Sicherheit annehmen konnten, dass ich nicht mehr fehl 
gehen würde. Auch in Läden, in die ich trat, um diesen 
oder jenen Gegenstand zu kaufen, fiel mir eine Artigkeit 
auf, die man in Berliner Geschäften nicht selten vermisst. 
— Nach meinen in Kopenhagen gemachten Erfahrungen 
möchte ich die Dänen, was Höflichkeit anbelangt, die 
Franzosen des Nordens nennen. Schade, dass unser Arndt 
in seinem „Lied vom Schill" durch die Verse: 

„Es schleichet vom Meer 

Der Däne, die tückische Schlange daher," 

deren sich gewiss Jeder erinnert, bei uns gegen die Dänen 
überhaupt ein Vorurtheil erweckt hat, das eben so wenig 
berechtigt wie schwer auszurotten ist. Ohne Zweifel giebt 
es auch in Dänemark „tückische Schlangen", ob aber 
mehr als in irgend einer anderen Nation, — das zu be- 
antworten wäre Arndt gewiss nicht im Stande gewesen. Der 
Wahrheit gemäss gestehe ich gern, dass ich von dieser 
sogenannten National-Eigenthümlichkeit absolut nichts be- 
merkt habe und vermuthe, dass sie weniger eine dichte- 
rische Wahrheit als eine dem Rhythmus gemachte Con- 
cession ist. 

In einem Tage vermag man von Kopenhagen nicht 
viel zu sehen. So beschränkte ich mich denn auf eine 
Umschau aus der Vogelperspective und einen Besuch der 
hochinteressanten Museen. Erstere gewährt in ganz vor- 
züglicher Weise die Plateform des „Runden Thurm es" 
an der Ecke von Store Kjöbmagergade und Landemaerket. 



Digitized by Google 



Hinreise. 



17 



Die Aussicht ist prachtvoll: man überblickt die ganze 
Stadt, ihre schöne landschaftliche Umgebung, den Hafen 
mit seinem Mastenwald und einen Theil von Amager. 
Schon bei dieser Umschau macht die Stadt den günstig- 
sten Eindruck, der sich bei der näheren Betrachtung der 
Einzelnheiten noch verstärkt. Es ist ein an Abwechslung 
reiches Bild, das sich dem Blicke hier darbietet. Nichts 
fehlt darin, was einer landschaftlichen Scenerie Reiz ver- 
leiht. Wasser, Wald und Wiesen umgeben die Stadt 
und bilden zu den ca. 8000 Gebäuden derselben eine 
malerische Folie. 

Nach dieser Thurmbesteigung besuchte ich zunächst 
das Thorwaldsen-Muscum , auf welches die Dänen mit 
Recht stolz sein dürfen. Das Gebäude ist im modernisirten 
griechischen Stil nach den von Thorwaldsen gebilligten 
Entwürfen des Architekten Bindesböll aufgeführt und 
enthält von Thorwaldsen's Hand 80 Statuen, 130 Büsten, 
3 lange Bilderreihen in erhabener Arbeit und 220 andere 
Reliefs, darunter auch den berühmten Alexanderzug, welchen 
der Künstler in unverhältnissmässig kurzer Zeit für den 
Empfang Napoleons I. in Rom ausgeführt hatte. Um- 
geben von seinen Werken ruht Thorwaldsen in einer 
Gruft inmitten des Hofes. — Die kostbaren Schätze der 
Skulptur bewundernd, durchschritt ich die beiden Etagen 
dieses Musentempels, in welchem der Genius klassischer 
Kunst auf und nieder schwebt und dem Besucher eine 
Welt der Ideale erschliesst. Sodann begab ich mich in 
das „Museum nordischer Alterthümer". Dasselbe besteht 
aus drei Stockwerken und umfasst in eben so vielen Ab- 
theilungen Erzeugnisse des Steinalters, des Bronzealters, 
und des Eisenalters, ferner Raritäten aus der früh- 
christlichen bis auf die neuere Zeit. „Es hat die Auf- 
gabe, die erste Lebensweise des Menschen im Norden 
und die erste namentlich Dänemark eigentümliche 
Civilisation aufzuklären 44 und erfüllt dieselbe in so hohem 
Grade, dass es Weltruf besitzt. Eine Wanderung durch 
die 19 Säle resp. Zimmer, ist eben so lehrreich wie 
interessant: kein Reisender sollte unterlassen, diese ausser- 
ordentlich reichhaltige Sammlung, wenn auch nur flüchtig, 
zu besichtigen. 

Flüchtig freilich konnte auch meine Betrachtung all' 
der verschiedenartigen Gegenstände nur sein, aber ich 
empfing doch einen Eindruck, der mich mit Hochachtung 
für die dänische Alterthumsforschung erfüllte. Gern hätte 

Stromer, Die Insel Bornholm. 2 



Digitized by Google 



18 



Hinreise. 



ich Manches eingehender studirt, indess die beiden Be- 
suchsstunden -waren schnell verflossen und die Gemächer 
wurden verschlossen. 

Am Nachmittag machte ich einen Spaziergang durch 
die Stadt und besuchte „Tivoli", ein Vergnügungslocal 
im mehrfach vergrösserten Massstabe des KrolPschen 
Etablissements zu Berlin. Hier bietet sich dem Fremden 
Gelegenheit, das einheimische Volksleben aus nächster 
Nähe zu beobachten. „Tivoli" ist ein Lieblingsort der 
Kopenhagener und ein neutrales Gebiet für alle Stände, 
die hier mit dem Gefühl der Gleichberechtigung unter 
einander verkehren und Fremde, ohne Rücksicht auf 
deren Nationalität, als willkommene „Gäste" behandeln. 
Bald war ich mit zwei älteren Herren, Professor M. und 
Buchhändler B. aus Kopenhagen, bekannt geworden. 
Sie zogen mich in ihre Unterhaltung und führten mich 
durch den grossen parkähnlichen Garten, in welchem all- 
abendlich Theater- und Kunstreiter-Vorstellungen, sowie 
mehrere vortreffliche Musik- Aufführungen stattfinden. Die 
für geringen Eintrittspreis in „Tivoli" gebotenen Genüsse 
sind so zahlreich, dass der Besucher damit förmlich über- 
schüttet wird. Kaum ist hier ein Concert zu Ende , so 
beginnt dort ein anderes, oder eine theatralische oder 
gymnastische Production. Auch Speisen und Getränke 
sind gut und ausserordentlich billig. — Schon am ersten 
Tage meines Aufenthaltes in Dänemark lernte ich als 
charakteristische Züge des Volkes sein scharf ausgeprägtes 
Nationalgefühl, seine Gastlichkeit und sein heiteres, für 
Vergnügungen empfängliches Temperament durch eigene 
Anschauung kennen. Als ich, ziemlich spät, in mein 
dänisches ,Jnome" zurückgekehrt war, da konnte ich mei- 
nem liebenswürdigen Wirth auf seine Frage: „Wie ge- 
fällt Ihnen Kopenhagen?" aus vollster Ueberzeugung 
antworten: „Sehr gut. Ich bedauere nur, nicht länger 
bleiben zu können." 



Von Kopenhagen nach Rönne. 

An Bord der „Skandia", eines kleinen Dampfers, 
der die Ueberfahrt nach Rönne vermittelt, verliess ich 
am folgenden Morgen 7 Uhr den Hafen von Kopenhagen. 



Digitized by Google 



Hinreise. 



19 



Das AVetter war schön und ein günstiger "Wind ver- 
anlasste den Capitain, Segel aufsetzen zu lassen. Dadurch 
wurde die Fahrgeschwindigkeit des Schiffes zwar um ein 
Bedeutendes erhöht, aber auch seine, zuerst nur leichten 
Schwankungen nahmen bald in dem Grade zu, dass es 
schwer fiel, auf dem Verdeck zu gehen, ohne sich an der 
Brüstung festzuhalten. 

Meine Reisegefährten bestanden aus Dänen und Schwe- 
den. Mit einem der ersteren, Hrn. Lehrer Holm aus 
Allinge auf Bornholm gebürtig und in Nykjöbing ange- 
stellt, wurde ich beim Frühstück bekannt. Er machte 
eine Ferienreise, um seine in Allinge lebende alte Mutter 
zu besuchen. Hatten mich schon sein intelligentes Ge- 
sicht und seine männliche Haltung angezogen, so lernte 
ich ihn jetzt als einen vielseitig gebildeten Mann kennen, 
der über verschiedene Themata recht interessant zu plau- 
dern weiss. Auch der Capitain betheiligte sich an der 
Unterhaltung. Seinen Namen habe ich leider vergessen, 
seine gedrungene, markige Gestalt aber mit dem von der 
Sonne aller Zonen gebräunten Gesicht, aus welchem zwei 
klare muntere Augen blitzen, schwebt mir noch deutlich 
vor. Er hatte uns eingeladen, ihm auf dem Commando- 
deck Gesellschaft zu leisten. Dort setzten wir das im 
Speise-Salon begonnene Gespräch fort , welches nur hin 
und wieder unterbrochen wurde durch, für den Steuer- 
mann bestimmte, die Leitung des Schiffes betreffende, 
Befehle, die dieser, als verstanden, stets wörtlich wieder- 
holte. Noch zwei Personen fielen mir auf. Sie gehören 
zur Schiffsbedienung. Die eine ist eine hübsche junge 
Norwegerin mit blonden Haaren und blauen Augen, 
welche flink und geräuschlos bald am Büffet, bald in der 
Küche schaltete, die andere, ein rothhaariger Bursche 
von vielleicht zwölf Jahren," ihr Sohn. Letzterer brachte 
uns auf des Capitains Geheiss wiederholt kleine „Herz- 
stärkungen" und bewegte sich mit einer solchen Sicher- 
heit und Behendigkeit, dass trotz des Rollens und Stampfens 
des Fahrzeuges aus den uns auf einem Teller präsentirten 
Oläsern auch nicht ein Tropfen verloren ging. Der Junge 
verspricht dereinst ein Musterkellner zu werden, wozu 
freilich gehört, dass er sein bescheidenes Wesen sich auch 
in Zukunft bewahrt. Hier möge erwähnt sein, dass auf 
der „Skandia" die grösste Sauberkeit herrscht und dass 
Speisen und Getränke bei vorzüglicher Qualität sehr 
billig sind. 

2* 



Digitized by Google 



20 



Hinreise. 



Ab und zu machte der Capitain uns auf vorüber- 
fahrende Schifte aufmerksam. „Das dort ist ein „Russe", 
der von Riga kommt." sagte er, ostwärts zeigend, , jener 
ein „Schwede", mit Kohlen beladen, und der schwere 
Kasten auf der Leeseite ein ausrangirter „Däne", welcher 
nur noch zum Holztransport taugt. Der geht nie unter, 
die Ladung hält ihn über Wasser, auch wenn er total 
leck wird." — 

Am Nachmittag erblickten wir die flache schwedische 
Küste. Das rastlos vorwärts strebende Schiff näherte sich 
dem Hafen von Ystadt. Dort w r urden Güter aus- und 
andere eingeladen, auch einige neue Passagiere kamen 
an Bord und nahmen die Plätze der uns verlassenden 
Schweden ein. Die etwa fünf 31inuten vom Hafen ent- 
fernt liegende Stadt sah ich nur als Gebäude-Complex, 
doch schien sie mir sammt ihrer Umgebung wenig an- 
ziehend. Zollbeamte, Kaufleute, einige schwedische 
Studenten und Obst zum Verkauf anbietende Kinder 
standen am Strande. In zwanzig Minuten war das Ver- 
laden beendigt. Wir setzten unsere Fahrt nach Born- 
holm fort. 

Mittlerweile hatte sich der Himmel mit Wolken be- 
deckt und die See eine schwarzgraue Färbung angenom- 
men. Die vorher langgestreckten Wogen wurden kürzer 
und wuchsen zu mächtigen Wellenbergen heran, auf denen 
die jetzt nur noch unter Dampf gehende „Skandia" wie 
eine Nussschale tanzte. Plötzlich strich ein Windstoss 
über das Schiff. Ein zweiter, noch stärkerer, folgte. In 
der Tiefe gährte und kochte es und ein unheimliches 
Sausen Hess sich vernehmen. Der Capitain kommandirte, 
der Steuermann drehte am Rade, das Schiff machte eine 
AVendung. Mehrere der auf dem Verdeck stehenden 
Passagiere stürzten, durch den Wogenstoss das Gleich- 
gewicht verlierend, zu Boden. Auch ich musste mich 
auf meinem erhöhten Standpunkt neben dem Capitain 
mit aller Kraft an den Tauen festhalten, um nicht zu 
fallen. Fast schien es, als berühre die Spitze des Schorn- 
steins das AVasser, so schief stand einen Moment das 
Fahrzeug. 

Im Nordosten hatte sich der Horizont ganz in Nacht 
gehüllt, die zu dem Sonnenlicht im Westen schroff con- 
trastirte. Nun schwand auch dieses. Immer heftiger 
wurden die Windstösse, einer jagte gleichsam den andern. 
Vom Sturm gepackt, wurde das kleine Fahrzeug hin und 



Digitized by Google 



Hinreise. 



21 



her geschleudert, aber es widerstand wacker dem auf- 
geregten Element. Bald hob eine Welle es empor, bald 
glitt es zwischen zwei Wasserbergen dahin. An ein Ver- 
ständigen durch Worte war nicht mehr zu denken; das 
Getöse um uns her übertönte Alles. Eine Handbewegung 
des Capitains lenkte meinen Blick nach Osten. Dort sah 
ich, düster und dräuend, eine wild zerrissene Felsenküste, 
gegen welche die brandende See mit Titanengewalt an- 
stürmte. Ein Niedergleiten des Schiffes entzog mir den 
Anblick für einen Moment. Dann sah ich vom Kamm 
einer Woge aus sie wieder , im Norden hoch und bergig, 
nach Süden zu allmälig abfallend. Es war Bornholm. 
Auf der Strandlinie zeigten sich zwei Häusermassen ; die 
ungefähr in der Mitte liegende ist das Städtchen Hasle, 
diejenige im Süden der Hafenort Rönne. Auf letzteren 
war der Cours der „Skandia" gerichtet. Nach Verlauf 
einer Stunde hatten wir , wiewohl mit grösster Mühe, 
die Einfahrt erreicht und betraten, nachdem das Schiff 
vor Anker gegangen war, am Abend um 6 Uhr unter 
Sturm und liegen das Land. Da ich die Nacht in Rönne 
zu bleiben beabsichtigte, Hr. Holm aber mit der Post 
sofort weiter fahren wollte, nahmen wir hier Abschied, 
mit dem Versprechen, am folgenden Tage gemeinschaft- 
lich eine Partie von Allinge nach den interessantesten 
Punkten seiner Umgebung zu machen. 



Digitized by Google 



Bornholm. 



I. Rönne. 

Der erste Eindruck, den Rönne auf mich machte, 
war so deprimirend, dass ich bedauerte, die Reise nach 
Bornholm unternommen zu haben und ernstlich daran 
dachte, mit der „Skandia" unverzüglich nach Kopenhagen 
zurückzukehren. 

Vom Landungsplatz aus betrachtet, erscheint das Bild, 
welches die Stadt dem Auge des Beschauers darbietet, 
monoton und keineswegs anziehend, besonders wenn, wie 
an jenem Tage, ein Regenhimmel als Rahmen dasselbe 
umspannt. Auf einer leichten Bodenerhebung, land- 
einwärts allmälig emporsteigend , breitet sich Rönne mit 
seinen 1260 Gebäuden auf einem ziemlich grossen Flächen- 
raum aus. Die Häuser sind mit wenigen Ausnahmen 
einstöckig und bilden 90 schlecht gepflasterte Strassen 
und Gassen, deren Bezeichnungen an viele gleichnamige 
Stadttheile Kopenhagens erinnern. Die einzige Kirche 
des Ortes ist klein und enthält nichts archäologisch Merk- 
würdiges. Im Nordwesten tritt die Stadt dicht an den 
mit Felsgeröll bedeckten Strand heran, im Südwesten 
liegt der Hafen, neben welchem ein Bassin ausgegraben 
resp. gesprengt worden ist, und jenseits dieser neuen An- 
lage, die später den Hafen erweitern soll, erblickt man 
auf der flachen Küste eine Badeanstalt, hinter dieser, 
mehr nach Süden den Friedhof und in der Nähe des 
letzteren das Arsenal und das sogenannte Castell, das als 
Pulverthurm benutzt wird. Noch ist zu erwähnen das 
am Hafen befindliche Leuchtfeuer, welches die während 
der Nacht vorüberfahrenden Schifte vor der gefährlichen 
klippenreichen Küste warnt. Kein Baum, kein Strauch 
schmückt den öden Strand, kaum einige grüne Halme^ 



Digitized by Google 



I. Rönne. 



23 



vermögen auf dem steinigen Boden ihr Dasein zu fristen. 
Nach Süden, Westen und Norden begrenzt die hier fast 
immer bewegte See den Horizont. 

Menschenleer und wie ausgestorben erschienen mir 
die Strassen, als ich nach dieser Umschau unter Führung 
eines Einwohners dem mir empfohlenen „Hotel Rönne 44 
zuschritt. Hier erfuhr ich, dass bereits alle Zimmer be- 
setzt seien — ein Fall, der übrigens äusserst selten vorkommt 
— und war so genöthigt, anderweit ein Unterkommen zu 
suchen. Dieses fand ich denn im „Hotel Dams", wo 
ich nicht nur ein gutes Logis, sondern auch eine so vor- 
treffliche Beköstigung erhielt, dass ich mit dem unfrei- 
willigen Tausch wohl zufrieden sein durfte. 

Den Rest des Tages benutzte ich, um Bornholms 
Hauptstadt näher zu besichtigen. Die Rönner Miliz zog 
soeben mit Musik durch die Strassen, hinter ihr her 
natürlich die Generation der Zukunft. Vor dem Hause 
des Commandanten nahm das Bataillon Aufstellung, ein 
Tusch ertönte und die Mannschaften wurden in die 
Quartiere entlassen. Mit ihnen zugleich verschwand auch 
ihre jugendliche Begleitung. Wenige Minuten später 
waren die Strassen wieder so still und einsam wie zuvor. 
Ein Gefühl der Kälte überkam mich und ich gestand 
mir im Stillen, dass ich um Alles in der Welt nicht in 
einer so wenig heimischen Stadt wie Rönne meinen dauern- 
den Wohnsitz haben möchte. Der Reisende fühlt sich 
hier losgelöst von der Aussenwelt, er vergleicht sich un- 
willkürlich mit einem Schiffbrüchigen, den ein Sturm 
auf dieses Eiland verschlagen hat. Möglich, ja sogar 
wahrscheinlich, dass man bei näherer Kenntniss der Ver- 
hältnisse dem Leben in Rönne manche Lichtseiten ab- 
gewinnt; aber man wird doch Vieles vermissen, was 
deutschen Provinzialstädten ihren eigenthümlichen Reiz 
verleiht, so u. a. die kleinen Gärten vor den Häusern, 
Schatten spendende Bäume in den Strassen, eine bergige 
Umgebung und Originalität der Bauart. Hier sind fast 
sämmtliche Häuser wie nach einer Schablone zum grossen 
Theil aus Fachwerk errichtet: vier nackte, mit Kalk be- 
worfene, oder aus gebrannten Steinen errichtete, Wände, 
darüber das Dach. Der geringe Verkehr in den Strassen 
und auf den beiden Plätzen der Stadt kann freilich nicht 
überraschen, wenn man bedenkt, dass die aus ca. 5500 
Seelen bestehende Bevölkerung sich auf 1260 Häuser 
repartirt. 



Digitized by Google 



24 



Bornholm 



Mein Spaziergang führte mich an der Wohnung des 
deutschen Consuls vorüber. Da letzterer einen Laden 
hält, der noch geöffnet war, so konnte ich als Käufer 
sans ceremonial die Bekanntschaft unseres Repräsentanten 
auf Bornholm machen. Ich hoffte, von ihm Auskunft zu 
erhalten über Sehenswürdigkeiten auf der Insel, aber 
was er mir mittheilte, wusste ich bereits durch in Kopen- 
hagen eingezogene Informationen und so verliess ich denn 
sein Haus bald, wieder, ohne durch die gepflogene Unter- 
haltung meinen Horizont erweitert zu haben. Gleichwohl 
will ich die Bereitwilligkeit dieses "Würdenträgers, mir 
gefällig zu sein, hier gern dankend anerkennen. 

Auch anderen Einwohnern von Rönne muss ich ihr 
zuvorkommendes Wesen nachrühmen. Wo ich fragte, 
erhielt ich stets eine freundliche-höfliche Antwort. Wie 
schon in Kopenhagen, fiel mir in Rönne das Grüssen auf. 
Erwachsene und Kinder ziehen vor dem Fremden mit 
tiefer Verbeugung ihre Mützen, ja selbst Frauen und 
Mädchen neigen, wo es immer sei, zuerst das Haupt zum 
Grusse. Das scheint hier eben so Sitte zu sein und be- 
rührt jedenfalls nicht unangenehm. 

Um mich noch ein wenig im Orte zu orientiren, bat 
ich einen am Hafen sitzenden Soldaten mich zu führen, 
was er, nachdem ich ihm eine Cigarre offerirt hatte, gern 
that. Sah ich auch auf unserer Wanderung kreuz und 
quer durch die Stadt nichts besonders Bemerkenswerthes, 
so interessirten mich doch die Mittheilungen meines Be- 
gleiters über die Militairverfassung der Insel in hohem 
Grade. Bornholm hat seine eigene, aus Artillerie, Infanterie 
und Cavallerie bestehende Besatzung, welche eine in ihrer 
Art einzige „Landwehr" bildet und von einem Oberst - 
lieutenant commandirt wird. Diesem zur Seite stehen 
ein sogenannter Exercir-Major und ein Adjutant , die, 
ebenso wie der Commandant, in der dänischen Armee 
rangiren. Alle übrigen Offiziere sind Eingeborene. Sie 
werden vom Oberbefehlshaber designirt und vom Könige 
zu Offizieren ernannt. Wie ihre Kameraden in der däni- 
schen Armee sind sie durch die Beförderung zugleich 
geadelt und haben das Recht , das Wörtchen „von" vor 
ihren Namen zu setzen. Jeder Bornholmer, mit Ausnahme 
der Prediger, Lehrer und Beamten, ist militairpflichtig, 
aber er kann in Folge alter Privilegien nicht gezwungen 
werden, ausserhalb der Insel zu dienen. Die Dienstzeit 
dauert vom 17. bis zum 60. Lebensjahre. Die jungen „Land- 



Digitized by Google 



II. Von Rönne nach Allinge. 



25 



wehrmänner" werden in wenigen Wochen „einexereirt" 
und dann entlassen mit der Verpflichtung, sich alljährlich 
zu einer grösseren Truppenübung zu gesteilen. Für die 
ziemlich einfachen Uniformen haben Offiziere und Mann- 
schaften selbst zu sorgen, der Staat liefert nur die Watten. 
— An der Spitze der Civil- Verwaltung steht der Amt- 
mann, dessen Stellung ungefähr derjenigen eines preussi- 
schen Landraths entspricht. Bei Ausübung seiner Dienst- 
obliegenheiten wird er unterstützt vom Amtsrath , der 
sich aus Deputirten der Städte und des Landes zusammen- 
setzt und über die Vertheilung der Steuern etc. etc. be- 
stimmt. Unter dem Amtmann stehen vier „Herredsfogde" 
oder Districtsvorsteher, unter diesen fünfzehn Schulzen 
(Sannemanner) für eben so viele Gemeinden. Ferner sind 
als Beamte zu nennen: ein Oberförster, ein Inspector der 
Leuchtfeuer, ein Zoll-Inspector mit mehreren Zoll-Con- 
trolleuren und vier Strandungs-Commisaare. Letztere 
haben bei Schiffbrüchen für die Bergung des Strandgutes 
und die Unterbringung und Verpflegung der Geretteten 
Sorge zu tragen. Ihr Dienst ist Kein leichter , denn ' im 
Herbst und Frühling gehen an Bornholms Küsten nicht 
selten Hunderte von Schiffen zu Grunde. 

Da es mittlerweile Nacht geworden war, konnte ich 
den beabsichtigten Besuch der berühmten Terracotten- 
fabrik des Herrn L. Hjorth nicht mehr ausführen. Ich 
verabschiedete mich von meinem gefälligen Begleiter und 
betrat das Hotel mit dem Vorsatze, am folgenden Tage 
nach Allinge zu marschiren und, sollte ich auch dort 
eine Enttäuschung erfahren, sofort die Rückreise anzutreten. 



* * 

II. Von Rönne nach Allinge. 

Die Bornholm besuchenden Vergnügungs-Reisenden 
machen vor Beginn ihrer Tour gewöhnlich eine Excursion 
nach Alm in dingen, einem schönen Walde, der 1 3 4 Mei- 
len östlich von Rönne, fast im Mittelpunkte der Insel 
liegt. Aber sie verursachen sich dadurch einen Zeitverlust, 
den sie vermeiden können, wenn sie den Besuch dieser 
Partie auf den letzten Tag ihrer Rundreise verschieben 
und, von Nexö nach Rönne zurückkehrend, von Aakirkeby 
aus (auf halbem Wege) den Abstecher nach Almindingen 



Digitized by Google 



26 



Bornholm. 



machen. Diese Bemerkung gilt selbstverständlich nur 
solchen Touristen, die in kürzester Zeit alle interessanten 
Punkte Bornholms sehen wollen, wozu fünf Tage voll- 
ständig hinreichen. — 

Am Morgen des 5. August verliess ich Rönne. Der 
nach Norden führenden, übrigens gut unterhaltenen Strasse 
folgend, gelangte ich bald an ein liebliches Birkenwäld- 
chen („Sandflugten") das sich links neben der Chaussee 
fast bis Hasle hinzieht. Durch dieses G-ehölz, in welchem 
sich zwei Vergnügungslokale „Villa-Nova" und „ S o m - 
merlyst" befinden, die von den Rönnern an schönen 
Sommertagen gern besucht werden, schlängelt sich ein 
lauschiger Pfad, von welchem aus man den Fahrweg im- 
mer im Auge behält und hin und wieder die See erblickt. 
Rechts neben der Chaussee liegen flache Felder, die zum 
Theil bereits abgeerntet waren. 

Das Wetter hatte sich während der Nacht gebessert. 
Ein weicher Südwind spielte mit den Blättern der noch 
jungen Bäume, im Laubwerk stimmten die gefiederten 
Sänger ihre Morgenhymnen an und hier und dort zeigte 
sich ein Landmann, der seinen Acker bestellte. 

Ungefähr eine Meile von Rönne gelangt man , Ange- 
sichts eines rechts liegenden grossen Hügels, an eine 
Brücke („Brogaardsbrücke") , neben welcher links ein 
schöner Runenstein steht. Derselbe hat die Form einer 
Stele, ist ca. 12 Fuss hoch und gegen 4 Fuss breit. Die 
zwischen mehreren parallel laufenden Ellipsen eingehauene 
Inschrift ist gut erhalten und berichtet, uass ein gewisser 
Herr Svenk vor nun 1000 Jahren diesen Stein zum An- 
denken an seinen Vater, seinen Bruder und seine Mutter 
errichten Hess. Der Mutter wird zuletzt Erwähnung ge- 
than, was freilich von keiner besonderen Galanterie gegen 
die Damen bei den „blonden Vorfahren" der Bornholmer 
zeugt. Zu beiden Seiten des Runensteines liegen be- 
hauene Grranitblöcke , auf denen der Wanderer sich aus- 
ruhen und, falls er Neigung verspürt, den selig Entschlafe- 
nen des Hrn. Svenk eine „Zähre der Rührung" weihen 
kann. Noch eine kurze Strecke und man erreicht: 

Hasle 

ein Städtchen von 1000 Einwohnern, in dessen unmittel- 
barer Nähe sich ein Kohlenbergwerk befindet, das zu 
besuchen ich leider unterliess. Leider, denn wie ich 
später erfuhr, sind daselbst viele interessante Petrefacten 



Digitized by Google 



II. Von Rönne nach Allinge. 27 



gefunden worden, welche der Director den Reisenden 
bereitwillig zeigt, Auch die Besichtigung der Grube 
selbst wird auf wünsch gern gestattet und soll wohl der 
Mühe lohnen. Die Bergleute sind in der Mehrzahl Aus- 
länder, Schweden und Deutsche. Früher arbeiteten dort 
viele Bornholmer, aber ihr Aberglaube legte dem Betrieb 
mancherlei Hindernisse in den Weg. So weigerten sie 
sich z. B. einmal, einen Stollen weiter zu treiben, weil 
sich, ihrer Meinung nach, hinter der zu durchbrechenden 
Schicht zur Zeit gerade die „Unterirdischen" aufhielten, 
deren Hämmern und Pochen sie gehört haben wollten. 
Sie waren nicht zu bewegen, die Arbeit fortzuführen und 
mussten durch andere Kräfte ersetzt werden. Bei Hasle, 
südöstlich und nordwestlich, liegen ferner mehrere Grab- 
hügel aus dem Eisenalter und ein alter Begräbnissplatz 
mit „Brandstellen".*) 

Hinter Hasle macht die Strasse eine Krümmung nach 
Nordosten und steigt allmälig bergan. Als ich, nach kur- 
zer Rast in Hartz r Gasthof, meinen Marsch fortsetzte, 
zogen am südlichen Horizont dunkle Wolkenmassen herauf, 
die nichts Gutes verhiessen. Auch der Wind war stärker 
geworden. Eine halbe Stunde später begann es zu regnen, 
leise aber „nachdrücklich", so dass ich bald total durch- 
nässt war. Da erblickte ich vor mir, links dicht an der 
Strasse, eine einsam stehende Kirche, die aus einiger Ent- 
fernung betrachtet , eine gewisse Aehnlichkeit zeigt mit 
einem kleinen Festungswerk. Es ist die 1 2 Meile von 
Hasle entfernte Ruths-Kirche, welche, im Rundbogen- 
stil erbaut, auf einem 436' hohen Hügel steht. In frühe- 
ren Zeiten mag sie wohl als Vertheidigungswerk gedient 
haben. Dafür sprechen die mächtigen Mauern, sowie 
die ganze Anlage. Jedenfalls ist sie sehr alt. Ein 
kleiner Friedhof umgiebt sie. Trotz des Regens nahm 
ich mir doch die Zeit, einige Grabinschriften zu lesen. 
Unter ihnen fiel mir besonders die folgende auf: 

,.Da skal i eder fryde 

Og i Jer Fryd fortryde 

At i for mig har greedt; 

I det som Gud mon ville 

Jer overgever stille 

O saa gjör han vist Hjertet let M 

die, wenn auch nicht dem Wortlaut, so doch dem Sinn 



*) Schwarze Flecke mit verbrannten Gebeinen aus der älteren 
Eisenzeit. 



Digitized by Google 



28 



Bornholm 



nach, mit unserm schönen Liede „Was Gott thut, das 
ist wohl gethan" übereinstimmt. 

Lange vermochte mich der Ort unter diesen Witterungs- 
verhältnissen nicht zu fesseln. Noch einen Blick auf die 
in der Ferne wild wogende See werfend und das düstere 
Bild meinem Gedächtniss einprägend, verliess ich die 
an den Tod gemahnende Stätte und betrat nun, etwa 
hundert Schritte weiter, einen links von der Chaussee ab- 
zweigenden Feldweg, der durch das sogen. „Kaempedal" 
direct nach der viel gerühmten „Jons-Kapelle" füh- 
ren sollte. 

Die Gegend , welche ich während der ersten halben 
Stunde durchschritt, ist flach und ohne landschaftliche 
Reize. Es sind Felder, deren dünne Ackerkrume das 
darunter liegende Gestein an vielen Stellen durchblicken 
lässt. Zwischen ihnen zieht sich der Weg hin, lang, un- 
absehbar. In weiten Entfernungen liegen Gehöfte zer- 
streut, jedes für sich eine abgeschlossene Welt bildend. 
Auch am Wege steht ein solches. Ich trat ein und bat 
um ein Glas Milch. Eine Bauerfrau nöthigte mich in die 
schmucklose Stube und brachte mir das verlangte. Ich 
fragte, wie weit es noch bis zur „ Jons-Kapelle" sei. Sie schüt- 
telte lächelnd den Kopf und präsentirte mir, als ich die 
Frage wiederholte, ein zweites Glas. Darauf holte sie 
Brot und Butter herbei. Nochmals fragte ich, zuerst 
dänisch, dann so gut es ging bornholmisch. Die Frau 
antwortete in einer Sprache , die ich nicht verstand. 
Plötzlich schien ihr eine Eingebung gekommen zu sein. 
Sie nahm ein auf der Kommode liegendes Buch, schlug 
es auf und zeigte es mir. Es war eine Schrift für Pie- 
tisten in schwedischer Sprache. Die Frau war also 
eine Schwedin und eine Pietistin zugleich. „Pietista?" 
fragte ich. „Ju väl, I oeksä ?" entgegnete sie. Ich nickte, 
obschon ich nichts weniger als Pietist bin. Da ergriff" 
die Frau meine beiden Hände und drückte sie herzlich. 
Bezahlung für die Erfrischung wollte sie nicht anneh- 
men. So schied ich denn mit einem „Jag betackar mig!" 

Nach und nach verlor das Land sein uniformes Aus- 
sehen. Die Gehöfte lagen näher an einander und hin 
und wieder zeigten sich Obstgärten. Dann lotete eine 
Strecke Wald, diesem ein Felsbruch und endlich wurde 
die Chaussee wieder sichtbar. Ich hatte den richtigen 
AVeg also verfehlt , meinen Marsch aber gleichwohl um 
eine beträchtliche Strecke abgekürzt, denn das alterthüm- 



Digitized by Google 



III. Allinge. — Die Jons-Kapelle 



29 



liehe Gebäude, rechts an der Strasse, konnte nur die un- 
weit von Allinge stehende „St. Oles-Kirche" sein. 
Ich hatte mich nicht getäuscht und schritt erwartungs- 
voll dem Ziele meines ersten Tagemarsches entgegen. In 
Allinge sollte es sich ja entscheiden, ob ich die Reise 
nach Bornholm umsonst gemacht. 



III. Allinge. — Die Jons-Kapelle. 

Gegen Mittag erreichte ich A 1 1 i n g e , ein Städtchen 
von ca. 800 Einwohnern, welches auf der Nordspitze der 
Insel, am Fusse des Felsplateau, unmittelbar an der 
steinigen Küste liegt und mit dem nur zehn Minuten ent- 
fernten Ort Sandvig eine Commune bildet. 

Da es noch immer regnete, beeilte ich mich, ein 
Unterkommen zu suchen. Nach Grove's „Reisehandbuch 
für Dänemark" und Woldt's Notizen über Bornholm soll 
Allinge zwei Hotels, „Skandia" und „Hammerhuus", be- 
sitzen, von denen das erstere mit Angabe der Preise 
besonders empfohlen wird. Aber vergeblich fragte ich 
die Leute auf der Strasse nach dem einen und dem 
anderen dieser Gasthäuser ; sie schüttelten die Köpfe und 
wussten mir keine Auskunft zu geben. Missmuthi^ durch- 
wanderte ich die Stadt, überall spähend, allem ohne 
Erfolg. Entweder existirten die Hotels überhaupt nicht, 
oder sie waren inzwischen eingegangen. Die letztere 
Annahme wurde mir übrigens später bestätigt. Von neu- 
gierigen Blicken verfolgt, trat ich endlich in einen Kram- 
laden in der Nähe des Hafens und wiederholte hier meine 
Frage wohl zum zehnten Mal. Der Zufall war mir gün- 
stig: er hatte mich an die rechte Stelle geführt, nämlich 
in das Gasthaus selbst, das einzige im Orte, welches ein 
Herr M a r c h e r hält. 

So war ich denn für den Moment geborgen und 
besser, als ich es erwartet hatte. Das mir angewiesene 
Zimmer war sauber und freundlich, das schnell zube- 
reitete „Middesmäd" vortrefflich. Auch in der Folge 
durfte ich mit der Bewirthung wohl zufrieden sein. Der 
biedere Besitzer des Hauses gab sich alle Mühe, mir den 
Aufenthalt in demselben so angenehm wie möglich zu 
machen. Nach Tische offerirte ich ihm eine Berliner 



Digitized by Google 



Bornholm. 



Cigarre und er Hess zwei Glas Bornholmer Grog kommen. 
Da sassen wir nun und plauderten, wahrend der Regen 
gegen die Fenster prasselte und die See schwere Wogen 
mit donnerndem Geräusch gegen den klippenreichen 
Strand rollte. Das abscheuliche Wetter erhöhte nur die 
Behaglichkeit des Zimmers. Von hier aus überblickt 
man den kleinen, zum Theil im Granit ausgehauenen, 
Hafen, an welchem die Commune nun schon seit mehr 
als einem Decennium mit unermüdlicher Ausdauer baut. 
Ein ansehnlicher Damm , aus Quadersteinen aufgeführt, 
schützt denselben gegen die See , über deren schaum- 
gekrönte Wellenberge Schaaren von Möven mit unheim- 
lichem Kreischen pfeilschnell dahinflogen. Das Bild, 
welches sich meinem Auge darbot, war ungemein düster 
und ich konnte mich einer gewissen Bedrückung nicht 
erwehren. Mein Wirth, der diesen Eindruck bemerkt 
hatte und, wie alle Bornholmer, sich auf das Wetter ver- 
steht, versicherte mir, dass der Regen nicht lange andauern 
und Allinge sich bald in einer freundlicheren Beleuchtung 
zeigen werde. Und er hatte recht, denn schon nach 
einer Stunde hatte Gott Pluvius sein Füllhorn anschei- 
nend erschöpft; freilich nur für kurze Zeit, aber es war 
gleichwohl eine Wendung zum Besseren. 

Den Moment benutzend, begab ich mich an den 
Strand, um zunächst eine kleine Umschau zu halten. 
Was ich hier sah, übertraf alle meine Erwartungen. Er- 
scheint die Umgebung des Ortes, von der aus der Höhe 
niedersteigenden Chaussee her betrachtet, monoton und 
wenig anziehend, so zeigt sich dieselbe jetzt so verändert, 
dass man sie kaum wieder erkennt. Der Grund für diese 
Metamorphose liegt darin, dass man vom Plateau aus 
nur eine kleine Strecke des Strandes zu übersehen ver- 
mag, da die Felsen rechts und links von Allinge bis 
dicht an die See heran treten und nun plötzlich fast 
perpendiculär abfallen. Gegen diese Felsmassen hat das 
Meer seit vielen Jahrhunderten angekämpft und tiefe 
Risse und Schluchten hineingewaschen. Verloren die 
isolirten Felspartien nun ihre Stützpunkte, so stürzten 
sie, dem Anprall der Wogen nachgebend, zusammen und 
bildeten die bizarrsten Formen, welche besonders nach 
Osten hin ausserordentlich mannigfaltig erscheinen. 
Die Bestandtheile dieser Felsen sind Granit mit röth- 
lichem Feldspath, schwarzgrüner Glimmer und weisser 
Teinkörniger Quarz, der auch Granaten enthält. Chaotisch 



Digitized by Google 



III Allinge. — Die Jons-Kapelle. 



31 



liefen Blöcke in allen Grössen am Ufer hingestreut, zu- 
weilen überdeckt von Seetang, in welchem Legionen von 
Insecten ihre Brutstätten haben. Die Flora ist hier, wie 
in der ganzen Umgebung des Ortes, höchst dürftig und 
die Fauna sah ich nur durch einige Strandvögel, nament- 
lich Möven, vertreten. Richtet man den Blick südwärts, 
so zeigt sich Allinge mit seinem kleinen Kirchthurme 
terrassenförmig am Abhänge aufgebaut. Mitten vor der 
Stadtfront vertieft sich das Felsl>assin, künstlich erwei- 
tert, zum Hafen, in welchem eine Flotille von Fischer- 
booten vor Anker liegt, mehr westwärts, rechts neben dem 
Hafen springt eine kleine Landzunge vor, auf welcher 
sich dem Auge des Besuchers ein schreckenerregender 
Anblick bietet. Hier liegen nämlich zahlreiche Trümmer 
gestrandeter Schiffe: mächtige Anker, Ketten, Maschinen, 
Balken, ganze Cabinen und Masten und erinnern daran, 
dass man sich auf einem der für Seefahrer gefähr- 
lichsten Punkte des Felseneilandes befindet. Düster wie 
das Bild selbst war auch der Rahmen, der es umfasste; 
schwarzgraue Wolken hingen im weiten Kreise herab, 
gleich einem ungeheueren Trauerflor. Ein entsetzliches 
Sausen und Brausen betäubt das Ohr und der Mensch 
fühlt sich unendlich klein inmitten der wilden Scenerie. 
Und doch ist dies nur der erste Act der grossartigen 
Naturtragödie, die sich nun nach und nach vor den Augen 
des Reisenden abspielt. 

Nach dieser Umschau suchte ich meinen Reisegefähr- 
ten Holm auf. Er war sofort bereit, die verabredete 
Tour nach der Jons-Kapelle mit mir zu machen, wenn 
ich — wie er bemerkte — von dem Vormittagsmarsche 
nicht zu ermüdet wäre. Das war nun nicht der Fall und 
im Hinblick darauf, dass am folgenden Tage das Wetter 
noch ungünstiger sein und die Partie thatsächlich „ver- 
wässern" könnte, nahm ich sein freundliches Aner- 
bieten an. 

Um vier Uhr begannen wir unsere Wanderung, die 
uns auf der Chaussee zunächst nach Sandvig führte. 
In diesem Appendix von Allinge, der ca. 225 Seelen zählt, 
war mein Begleiter längere Zeit Lehrer gewesen und 
wünschte nun, das kleine Schulhaus und seine ihm so 
wohlbekannten Räume einmal wieder zu sehen. Auf dem 
Wege dahin wurde er oft angesprochen, denn alle Welt 
kannte ihn und hatte ihn augenscheinlich gern, vom 
ältesten Mütterchen herab bis zu den kleinen Jungen in 



Digitized by Google 



32 



Bornholm. 



Pumphosen. Das war ein Begrüssen und Fragen im rein- 
sten Bornholmer Patois, von dem ich nur einige Brocken 
verstand, und ein Händedrücken, bei welchem auch ich 
nicht leer ausging. So manche schwielige »Seemannshand 
schüttelte da die meine, manchmal so stark, dass die Ge- 
lenke knackten und ich einen Ausruf des Schmerzes nicht 
.unterdrücken konnte. Ja, ja, lachten die herkulischen 
Männer dann, das ist so Bornholmer Art. Im Lehrer- 
hause empfing uns der Amtsnachfolger des Herrn Holm, ein 
intelligenter junger Mann, der uns die reinlich gehaltene 
Schulstube zeigte und uns dann eine Strecke begleitete. 




Partie des Hammerberges. 



Hinter Sandvig biegt die Fahrstrasse links ab und 
steigt bergauf. Wir verliessen dieselbe und folgten einem 
Pfade, der uns in der Richtung nach Südwest bald an 
den Hammersee führte. Dieser See ist das grösste 
und zugleich tiefste Binnengewässer der Insel. Er liegt 
nur fünf Minuten vom Meere entfernt und würde, mit 
diesem durch einen Kanal verbunden, den schönsten Hafen 
der AVeit bilden. Wie ich hörte, hat man an die Aus- 
führung eines solchen Projectes bereits gedacht, aber die 
Schwierigkeiten des Durch'bruches sind 90 gross und kost- 
spielig, dass man wieder davon Abstand nehmen musste. 



Digitized by Google 




Digitized by Google 



34 



Bornholm. 



Man hätte nämlich diesen Kanal durch eine mächtige 
Granitschicht zu sprengen, und was das sagen will, wissen 
die Einwohner von Allinge durch langjährige Erfahrungen. 
Der Ausbau ihres kleinen Hafens hat ihnen schon schweres 
Geld gekostet und dürfte bis zu seiner Fertigstellung 
noch bedeutende Summen verschlingen. Freilich würde 
ein Hafen an dieser Stelle den übrigen Häfen der Insel 
erfolgreiche Concurrenz machen und alljährlich Hunderte 
von Schiffen vor dem sicheren Untergang retten. — Der 
Hammersee ist auf der Landseite von Bergen umgeben. 
Der grosseste dieser letzteren heisst der Hammer oder 
der „Steilebjerg". Er besteht aus übereinander gethürm- 
ten Granitfelsen, steigt als eine Art Vorgebirge senkrecht 
aus dem Meere ca. 300 Fuss hoch empor und trägt auf 
seiner Kuppe einen Leuchtthurm, aessen Feuer einen 
weiten Horizont, das ganze sogenannte Hammermeer, 
beherrscht. Von hier aus kann man bei hellem Wetter 
die sechs deutsche Meilen entfernte schwedische Küste 
sehen. 

Südlich von Hammer erhebt sich ein anderer Felsen- 
berg, der nach den Ruinen auf seinem Rücken Hammers- 
huus, von den Bornholmern auch „Slotted" (das Schloss) 
genannt wird. Er war das nächste Ziel unserer "Wan- 
derung. Um dasselbe auf dem kürzesten Wege zu er- 
reichen, mussten wir in eine ziemlich tiefe Schlucht hinab- 
klettern, welche zwischen dem Hammer und dem Ruinen- 
berg eine kleine nach Westen zu offene Meeresbucht 
bildet. Nicht ohne einige gefährliche Rutschpartien, 
zweimal dicht am Rande schauerlicher Abgründe vorbei, 
gemacht zu haben, gelangten wir in die Tiefe. Hier 
brauste und dröhnte es, als wollte die Insel jeden Augen- 
blick bersten. Schlüpfriges, von der See bespültes Ge- 
stein bedeckt den Boden, Felsen, starre Felsen umgeben 
die Schlucht auf allen Seiten. Kein Baum, kein Strauch 
belebt diese Einöde, wohin der Blick fällt, überall zeigt 
sich , starr und kalt , der verwitterte Granit , gegen den 
die brandende See Woge auf Woge schleudert. Selbst 
den Höven mag diese Stätte ungastlich scheinen, denn 
wir bemerkten daselbst keinen einzigen dieser auf Born- 
holm fast überall heimischen Vögel. Nach kurzer Rast 
verliessen wir den unheimlichen Ort und stiegen wieder 
bergan. Langsam nur kamen wir vorwärts, da der glatte 
Boden das Gehen ungemein erschwerte. Endlich er- 
klommen wir den letzten Höhepunkt. Da lagen sie vor 



Digitized by Google 



III. Allingo. — Die Jone-Kapelle, 



35 



uns, die Ruinen von Hammer shuus, welche als die 
schönsten und interessantesten in Dänemark mit Recht 
gerühmt und durch Grösse und Umfang schwerlich von 
irgend einer Burgruine des Auslandes übertroffen werden. 
Es mu8s ein gar gewaltiger Bau gewesen sein, der sich 
einst hier erhob, eine trutzige Veste, mit Türmen, Ring- 
mauern und einer starken Besatzung. Wie sie sich jetzt 
dem Besucher zeigt, ist sie ein Bild gefallener Grösse, 
aber einer Grösse, die, selbst nach dem Sturz noch, Ach- 
tung gebietet. Ernst und düster erschienen uns diese 
Ruinen. Wolken huschten darüber hin, vom Nordwind 

Gepeitscht, der in dem alten Gemäuer pfiff und stöhnte. 
>er Horizont war begrenzt : wir vermochten nur einen 
kleinen Umkreis zu überblicken und kaum noch den 
Leuchtthurm auf dem Hammer zu erkennen. Auf der 
Westseite schäumte die wogende See, im Süden thürmen 
sich Felsen auf Felsen, und nach Südosten gehen die 
Höhen in coupirtes Terrain über 

Nähert man sich der Burg von Osten, also auf dem 
directen Weee von Allinge, so gelangt man an eine Stein- 
brücke, welche über den Wallgraben in einen geräumigen 
Vorhof führt. Eine (nach J. P. Trap*) ca. 1200 Ellen 
lange äussere Ringmauer umgiebt denselben und steht 
in Verbindung mit einer inneren Ringmauer, die ein 
Polygon bildet und auf der Südwestseite zwei Rundthürme 
trug. Innerhalb dieser zweiten 3Iauer erhob sich das 
eigentliche Schloss als ein mächtiger Gebäudecomplex, 
der noch heute die einstige Bestimmung der Räume ohne 
Mühe erkennen lässt. Dem Grundrisse nach ein ver- 
schobenes Viereck, bestand dasselbe aus einem sechs Stock 
hohen Mantelthurme, der Schlosskirche, den Herrschafts- 
wohnungen und den Räumen für das Dienstpersonal. 
Das Souterrain enthält ein Burgverliess und mehrere 
Keller. Diesen Colossalbau umgaben längs der Mauer 
Wartthürme, Kasernen und Magazine. Noch bemerkt 
man in der nordöstlichen Ecke des Vorhofes die Ueber- 
reste eines Gebäudes, welches der Besatzung bei Aus- 
fällen als Versammlungs- und Zufluchtsort gedient haben 
mag. Das Ganze macht den Eindruck einer kleinen, aber 
zur Zeit, als das Schiesspulver noch nicht erfunden war, 



*) Statist; ek-topographiek Beskrivelee af Kongeriget Danmark. 
Kopenhagen. 1872. Das beste derartige Werk über Dänemark. 

3* 



Digitized by Google 



36 Bornholm. 

uneinnehmbaren Festung. Aufgeführt ist dieselbe zum 
grossen Theil aus Felssteinen. Zu späteren Anbauten 
und Reparaturen sind Mauersteine verwandt. Ueberall 
ist der Mörtel so fest, dass es schwer fällt, zu Boden ge- 
stürzte Mauerstücke zu zerschlagen. 

Im Wallgraben und zwischen den Ruinen wuchern 
Brombeersträucher, Schlinggewächse aller Art und wilde — 
Rosen, von denen mehrere in vollster Blüthe standen. 
„De smukke Blomsker" — wie der Bornholmer sagt — 
boten uns ein freundliches Willkommen und Hessen uns 
. der Dornen nicht achten, die hämisch hin und wieder 
die Haut ritzten. Sträusse pflückend, wanden wir uns 
durch Hecken und Gebüsche, kletterten über Geröll und 
Mauern, stiegen hinab in die Keller und traten dann 
durch eine Schlupfpforte wieder in's Freie, wo uns ein 
feiner Sprühregen empfing und zu einer Berathung zwang, 
ob wir die Tour fortsetzen, oder nach Allinge zurück- 
kehren sollten. Wir entschieden uns für das erstere, ich 
mit dem Vorsatze, am folgenden Tage die Ruinen von 
Hammershuus noch einmal und zugleich das am Fusse des 
Berges liegende „Paradiesthal" zu besuchen, das uns 
heute leider verschlossen blieb. Auch auf die Besichtigung 
zweier Höhlen mussten wir verzichten. Sie führen von 
der Seeseite in die Felsmassen. Die kleinere von beiden, 
„den törre Ovn" (der trockene Ofen) benannt, kann 
man zu Fuss erreichen, wenn man die Felsen hinab 
klettert, was indess nur schwindelfreien Personen zu 
rathen ist. An jenem Tage war das Gestein so schlüpfrig, 
dass schon ein Versuch lebensgefährlich gewesen sein 
würde. In die zweite, grossere und bei Weitem interessan- 
tere, Höhle „den vaade Ovn" (der nasse Ofen) kann 
man bei günstigem Winde nur mittelst Boot gelangen. 
An eine solche Fahrt war natürlich nicht zu denken. 
Kein Fischer der ganzen Insel würde während des an- 
haltenden Sturmes das Wagstück unternommen haben. — 
Wieder stiegen wir bergan. Immer wilder, gross- 
artiger zeigt sich das Felsenpanorama. Wir passiren 
„Slotslyngen" (die Schlosshaide) und schreiten in 
schwindelnder Höhe auf einem schmalen Pfade dahin. 
Er führt uns bergauf, bergab, über zackiges Gestein und 
durch Schluchten, stets an der brandenden See entlang. 
Braunes Haidekraut wächst links am Wege, rechts hän- 
gen Epheuranken über zerbröckelnde Felswände. Hin 
und wieder hat auch eine wilde Rose Wurzeln gefasst 



Digitized by Google 



III. Allinge. — Die Jons-Kapellc. 



37 



und Knospen und Blüthen getrieben, die unbeachtet ver- 
welken oder vom Sturm zerzaust werden. Noch ein 
halbstündiger Marsch, und wir sehen, rechts in der Tiefe, 
das kleine Fischerdorf Vang, welches seinen Namen 
(Aue) durch nichts rechtfertigt. Abgeschlossen von der 
Welt liegt es da, am Fusse der Felsen, ein Ultima Thüle. 
Seine Bewohner sind Fischer, rauhe, durch den Kampf 
mit den Elementen abgehärtete Männer, die „Europens 
übertünchte Höflichkeit nicht kennen und ein Herz, wie 
Gott es ihnen gegeben, von Cultur noch frei, im Busen 
fühlen". Von vang aus erreicht man, die See immer 
rechts behaltend, in etwa 3 / 4 Stunde eine 252 F. hohe, 
jäh in's Meer fallende, Klippenwand, die sogenannten 
„Ringebakker", in deren Nahe die „Jons-Kapelle" 
sich befindet. Letztere entzieht sich dem Blicke so 
lange, bis der Wanderer vor dem Felsspalt steht, welcher 
den Zugang vom Lande ermöglicht. 

Der sich hier darbietende Anblick wirkt unmittel- 
bar, überwältigend. Zwischen zwei senkrechten Granit- 
wänden, die zuerst allmälig, dann kreisförmig auseinander 
treten und einen nach dem Meere zu offenen Felskessel 
umschliessen , führt eine steile Treppe von 110 Stufen 
hinab in die Tiefe, in welcher aus chaotisch umherliegen- 
dem Geröll ein Felsblock wohl vierzig Fuss hoch empor- 
ragt und eine natürliche Kanzel bildet, während hinter 
demselben andere Klippen scheerenförmig in die See 
treten, die, grollend und schäumend, in ohnmächtiger 
Wuth Welle auf Welle in die Rotunde schleudert. Hier 
hat der Sage zufolge in alten Zeiten Jon , der erste 
Missionar auf der Insel, den Einwohnern gepredigt und 
er hätte in der That keinen passenderen Ort wählen 
können, denn dieses Felsenthal bildet einen Dom, so hehr 
und feierlich, dass heilige Schauer die Seele des Besuchers 
beschleichen und sie eindrucksfähig machen dem, was 
das Buch der Bücher lehrt. Vervollständigen wir das 
Bild und denken uns den ehrwürdigen Missionar auf der 
Kanzel, umgeben von Zuhörern, die in rauhe Felle ge- 
kleidet, auf den Steinen rings umher sitzen, schweigend, 
erwartungsvoll, lieber der Halle wölbt sich der Himmel, 
vor derselben rauscht geheimnissvoll das Meer. Da öffnet 
der Priester das Buch und begingt: 

-Und die Erde war wüste und leer, 
Und t-B war finster auf der Tiefe, 

Und der Geist GotteB schwebte auf dem Wasser 1 * 



Digitized by Google 



Bornholm. 



Und in den Felsen hallt es wieder und von der See her 
weht ein Hauch über und durch die Versammlung. Der 
Redner aber fährt fort : 

„Da machte Gott die Veste und schied das Wasser unter 
der Veste von dem Wasser über der Veste. 44 

Zu welchen Excursen bot dieser Ort nicht willkommene 
Gelegenheit! "Wüste und leer waren die Felsen im An- 
fang aller Dinge. Dann streute das Machtwort: „Es 
werde!" Keime des Lebens in ihre Spalten und hervor 
sprossten grüne Blätter und immer fort wachsende Ran- 
ken. Es war der Epheu, das Symbol des Glaubens und 
der Hoffnung. Nach dem Epheu erschien die Rose als 
Sinnbild der Liebe. Immer hat sie mit jenem gute 
Nachbarschaft gehalten und noch heute findet man beide 
hier und an vielen Punkten der Insel in inniger Um- 
armung. — 

Lange standen wir am Eingang und betrachteten 
schweigend das unbeschreiblich grossartige Panorama. So- 
dann stiegen wir in die Halle hinab, erkletterten die 
„Kanzel und suchten nach Höhlen, deren ich vier von 
verschiedener Grösse entdeckte. Alle Müdigkeit war ver- 

? essen und kaum achteten wir darauf, dass das matte 
'ageslicht allmälig in ein nebelerfülltes Düster überging. 
Endlich aber mussten wir doch an den Rückweg denken, 
der im Finstern reich an Gefahren ist. 

Die Nacht brach an, als wir den Ort verliessen. Drei 
Stunden hatten wir bis Allinge zu marschiren, im Regen 
und in der Dunkelheit. Oft glitten wir aus und stürzten 
in Vertiefungen, aus denen wir uns nur mühsam und mit 
zerschundenen Gliedern empor zu arbeiten vermochten. 
So auf dem schmalen Felsgrat vorwärts strebend, er- 
reichten wir gegen 9 Uhr \ ang. Dort traten wir, da es 
an einem Gasthaus fehlt, in eine Fischerhütte, in welcher 
man uns auf unsere Bitte bereitwillig einige Erfrischungen 
vorsetzte. Letztere bestanden aus frischer Milch, Brot, 
Butter und grünen Heringen, wofür wir den ausser- 
ordentlich geringen Preis von 40 Oere (ca. 45 Pfge.) zu 
bezahlen hatten. Durch das frugale Mahl gekräftigt, setz- 
ten wir unsern beschwerlichen Marsch fort und gelangten, 
müde zum Hinsinken, um 11 Uhr nach Allinge. Mein 
Wirth hatte mich erwartet, nicht ohne Befürchtung, dass 
uns auf der Tour ein Unfall zugestossen sei. Er wollte 
seinen Ohren nicht trauen, als ich ihm sagte, dass wir 
die Jons- Kapelle besucht hätten. Freilich war dieser 



Digitized by Google 



IV. Im nassen Ofen. 



39 



Marsch einer der anstrengendsten, die ich je gemacht, 
denn ich hatte an jenem Tage etwa sieben Meilen zurück- 



im höchsten Grade befriedigt und konnte, wie Graf 
Pückler von den Adersbacher Felsen , so mit Recht von 
der Strandpartie zwischen Hammershuus und Jons-Kapelle*) 
sagen, „dass dieselbe eine Reise von 500 Meilen 
reichlich lohne." 



Als ich am folgenden Tage erwachte, durchfluthete 
heller Morgensonnenschein das Zimmer. Vor den Fen- 
stern zwitscherten die Schwalben und im Hause wurden 
Stimmen und Schritte laut. Ein Blick auf die Uhr machte 
mich emporfahren, denn ich wollte den Vormittag nicht 
unbenutzt vorübergehen lassen. 

Nachdem ich gefrühstückt und mit meinem freund- 
lichen Wirthe einige Minuten geplaudert hatte, sichtete 
ich die botanische und mineralische Ausbeute des vori- 
gen Tages und schrieb einige „Brevkorter", die ich so- 
dann zur Post trug. Hier lernte ich in Herrn Post- 
meister Marckmann, einen ebenso vielseitig gebildeten 
wie liebenswürdigen Mann kennen, welcher die vier wich- 
tigsten Aemter der Stadt verwaltet : er ist nämlich Bürger- 
meister, Zollcontrolleur , Telegraphen-Director und Post- 
vorsteher in einer Person. Zuerst hielt er mich für 
einen Engländer, war aber nicht unangenehm enttäuscht, 
als ich mich ihm als Deutscher zu erkennen gab. Da er 
selbst ein wenig „Tyscht" spricht, so mochte ihm die gewiss 
seltene Gelegenheit, mit einem Deutschen über deutsche 



*) "Wie schon bemerkt, führt auch ein Feldweg, der sich von der 
Chaussee zwischen Hasle und Allinge, hinter der Ruths-Kirche links 
abzweigt, nach dem Strande und zur Jons-Kapelle. Da der Tourist 
Jedoch der Eventualität ausgesetzt ist, Umwege zu machen und lange 
zu suchen, so empfiehlt es sich, zuerst nach Allinge zu gehen und von 
hier die Partie zu unternehmen. 




IV. Im nassen Ofen. 



Digitized by Google 



40 



Bornholm. 



Verhältnisse zu sprechen , vielleicht willkommen sein^ 
Er stellte mich seiner Familie vor und lud mich zn 
Abend ein. 

Angenehm berührt durch dieses herzliche Entgegen- 
kommen, schritt ich dem Strande zu, um an demselben 
entlang noch einmal nach Hammershuus zu wandern. Mein 
Weg führte mich am Friedhof vorüber, auf welchem die 
kleine Kirche des Ortes steht. Letztere stammt aus dem 
16. Jahrhundert , gleicht in ihrem Aeusseren etwa einer 
deutschen Dorfkirche und enthält nichts besonders Merk- 
würdiges. Auf dem Gottesacker liegen mehrere alte 
Grabsteine aus der Zeit der Lübecker Herrschaft über 
Bornholm, u. a. einer (in der Vorhalle), der den Namen 
des ehemaligen Hauptmanns von Hammershuus, Blasius 
von Wikede (-j* 1547) trägt. In den Strassen herrschte 
wenig Leben ; nur hin und wieder zeigten sich Passanten 
in ihrem Sonntagsstaat, die Männer mit Holzschuhen auf 
Stelzen, die im ersten Moment seltsam erscheinen, auf 
den ungepflasterten Wegen sich aber wohl praktisch er- 
weisen mögen. 

Am Strande war es recht einsam. Man hörte nichts 
als das leise Plätschern der Wellen, sah nur das nackte 
Gestein und die weite azurblaue Wasserfläche, in welcher 
die Sonne sich spiegelte. Hier und dort sprang ein Fisch 
auf, während in den Lachen am Ufer träge Quallen sich 
sonnten. Wie hatte das Bild sich doch plötzlich ver- 
ändert ! Gestern wogte und brauste das Meer, vom Sturm 
aufgewühlt, heute lag ein hehrer Friede darüber ausge- 
breitet ; Wind und Wellen ruhten , die Natur feierte 
Sabbath. Unwillkürlich dachte ich da an ein anderes 
Bild, das ich jüngst in Berlin gesehen hatte, an Böcklin's 
wunderbare „Meeres-Idylle". Nur wer das Meer kennt 
mit seinen Schrecken und mit seinen Reizen, wer es ge- 
sehen in seiner entfesselten Kraft und in seiner stillen 
Grösse, wer seine Geheimnisse belauscht hat, vermag 
jenes Bild ganz zu verstehen. Der Künstler könnte das 
äusserliche Motiv sehr wohl der Umgebung von Allinge 
entlehnt haben. Ragt doch in einiger Entfernung von 
der Küste eine bräunliche Klippe aus der Tiefe. Dort 
zeigt sich bei stürmischem Wetter ein dunkelfarbiges 
Ungeheuer, welches, halb Fisch, halb Mensch, Tod dro- 
hend in die Ferne schaut, Wehe dem Schiffe, das in 
seine Nähe kommt; es ist dem Verderben geweiht. An 
sonnigen Tagen aber ruht auf dieser Klippe ein ideal 



Digitized by Google 



IV. Im naBscn Ofen. 



41 



schönes Weib. Wer es gesehen, den erfasst unnennbare 
Sehnsucht, er muss hinaus auf die See und kann sie nim- 
mer lassen, denn sie selbst ist ja jenes Weib, das ihn 
ganz besitzen, ihn auch im Tode noch sein nennen will. 
Dann nimmt die Meeresbraut ihn in ihren Krystallpalast, 
legt sein Haupt an ihren Busen und singt ihm süsse 
Schlummerlieder. Auch ich meinte, die Herrliche zu 
sehen, so wie sie Böcklin's Pinsel auf die Leinwand ge- 
zaubert. Hold lächelte sie mich an und doch gewann 
ieh's über mich, zu gehen. Sie aber folgte mir und 
schwebte wie ein Phantom dahin über die asser. Als 
ich den Strand verliess und hinter Allinge mich land- 
wärts wandte, da blitzten ihre Vergissmeinnichtaugen noch 
einmal auf; dann war sie verschwunden. 

Der Strasse folgend, Hess ich heute, nachdem ich 
Sandvig passirt, den im Sonnenschein wie Silber schim- 
mernden „Hammer" rechts und gelangte nach etwa einer 
halben Stunde an ein einzelnes Gehöft, in welchem Schank- 
wirthschaft betrieben wird und auf Bestellung auch Zim- 
mer (ä 1 Krone) zu haben sind. Von hier aus erreicht 
man in wenigen Minuten das am Fusse des Ruinenberges 
liegende „Paradiestha 1", das seinen Namen wahrlich mit 
Recht führt. Aus der kahlen, starren Felsenwelt tritt 
der Wanderer plötzlich, ohne Uebergang, in eine bewal- 
dete Schlucht, deren üppige Vegetation in Erstaunen 
setzt. Und mitten durch dieses Thal, um den Fuss des 
Berges herum, nach der See zu, [zieht sich ein Promenaden- 
weg, wie ich ihn auf allen meinen Reisen nie schöner 

fesehen habe. Auf beiden Seiten desselben stehen in 
ichten Hecken Rosen und Hollunderbüsche , die sich, 
etwas über Manneshöhe, über den Weg neigen und so 
einen natürlichen gewölbten Gang bilden, der mit Wohl- 
gerüchen erfüllt und selbst bei der grossesten Hitze 
stets kühl und schattig ist. Durch diesen Gang schritt 
ich, mich ganz dem Naturgenusse hingebend, thatsächlich 
auf Rosen daher, deren Blätter den Boden bedeckten. 
Im Dickicht sangen die Vögel und zirpten die Grillen 
und vor mir flatterte ein Schmetterling, der mit den hier 
und dort durch das grüne Laubdach blitzenden Sonnen- 
strahlen zu spielen schien. Allmälig erweitert sich der 
Weg. Ein schwellender Rasenteppich, mit einigen Bäu- 
men bestanden, liegt zur Linken, während rechts hohe 
Farren träumerisch ihre Fächer wiegen. Noch eine kurze 
Strecke durch dieses Eden und der Wanderer bleibt 



Digitized by Google 



42 



Bornhofen. 



überrascht, entzückt stehen, denn vor ihm liegt die See, 
tiefblau, wie ein mächtiger Stahlspiegel. Ein frischer 
Wind weht herüber und kräuselt kleine Wellen , die 
flockigen Schaum aufwerfend, muthwillig gegen die am 
Ufer liegenden Felsblöcke springen. Ich stieg hinab, um 
dem anziehenden Schauspiel ein Weilchen zuzusehen. 

Rechts neben der Mündung des Thaies führt ein 
Pfad hinauf zur Burg und von dort auf die Nordseite 
des Berges, wo sich der „Nasse Ofen" befindet. Diesen 
zu sehen, war eigentlich der Zweck meiner Morgen- 
wanderung, welche ich nach kurzer Rast in der bezeich- 
neten Richtung fortsetzte. Nun hatte ich über die stets 
wechselnden Eindrücke der Gegend ganz vergessen, dass 
man in der unmittelbaren Nähe der Hohle kein Boot findet 
und ein solches entweder in Sandvig oder in Vang 
miethon muss. Nach Sandvig zurückzukehren hatte ich 
keine Lust, Vang lag mir zu weit entfernt, den „Nassen 
Ofen" wollte ich aber gleichwohl sehen. Da war denn 
guter Rath theuer. Ich sann vergeblich auf ein Mittel, 
bis mir endlich einfiel, dass ich ein Boot vielleicht ent- 
behren und die Höhle durch Schwimmen erreichen könnte. 
Das Wasser war lau und ein Seebad mit diesem Zwecke 
ungemein verführerisch. Rasch machte ich den Gedanken 
zur That und befand mich bald zwischen den Klippen 
im Wasser. 

Da ich im Schwimmen nicht ohne Uebung bin, so 
hielt ich die Ausführung meines Projectes für leicht, 
sah jedoch bald ein, dass ich mich darin getäuscht hatte. 
Der Wellenschlag war stärker als ich gedacht und mehr- 
mals wurde ich recht unsanft gegen aie vorspringenden 
Felsen gestossen, um nicht zu sagen geschleudert. Aber 
ich wollte die Höhle nun einmal sehen, da galt es denn 
ausdauern. Audacem fortuna juvat! vorwärts also! Immer 
schwieriger wurde es gegen die Springwellen anzukämpfen 
und je weiter ich kam, desto fühlbarer machte sich ihr 
stossartig wirkender Druck. Schon sah ich die düstere 
Wölbung, noch eine letzte Anstrengung und eine heran- 
rollende Woge trug mich hinein in den gähnenden 
Schlund. 

Der Strömung folgend , gelangte ich etwa fünfzehn 
bis zwanzig Schritte weit in's Innere der Höhle. Hier 
wurde das Wasser merklich kälter und ein trübes Dämmer- 
licht, das nach der Tiefe zu in vollständige Finsterniss 
überging, lies9 die Umgebung im ersten Moment nur un- 



Digitized by Google 



43 




Der nasse Ofen. 



Google 



44 



Itornholm. 



deutlich erkennen. Vergeblich sah ich mich nach einem 
Punkte um, auf welchem ich ein wenig ausruhen 
konnte. Ich war ermattet und vermochte kaum noch die 
Arme zu bewegen. Aber nirgends, wohin ich auch blickte, 
zeigte sich eine zum Rasten geeignete Stelle. Tief unter 
mir lag der Meeresgrund und zu beiden Seiten ragten 
selrwarzgraue Granitwände empor, die, vielfach zerrissen, 
sich in der Höhe zu einem Spitzbogen vereinigen. Eisig 
kalte Tropfen rieseln an ihren Flächen herab und machten 
mich durch ihre Berührung erschauern. Tastend und 
suchend schwamm ich längs der Wände, bald rechts, 
bald links, immer vorwärts. Endlich stiess ich mit dem 
Fusse auf einen harten Gegenstand. Es war ein unter 
dem Wasserspiegel verborgenes Rift*. Halb erstarrt hob 
ich mich mit Aufbietung aller Kräfte auf seine Oberfläche. 
Da sass ich nun, vollständig erschöpft und dachte mit 
Grauen an den Rückweg. Würde icn aus dieser Höhle 
wieder heraus kommen, oder sollte ich hier meines Lebens 
Ziel erreicht haben ? Ich verwünschte meine Unvorsichtig- 
keit, aber die Reue kam als hinkender Bote. Kaum hatte 
ich einen Blick für meine Umgebung, die zu betrachten 
ich doch kurz zuvor selbst Geiahren nicht scheute. Jetzt 
beschäftigte mich nur der Gedanke, den Ort so schnell als 
möglich zu verlassen. Alles gemahnte hier an das Grab. 
Und an diesen Gedanken, der immer bedrückender wurde, 
hing sich mit Centnerlast die physische Abspannung. Zu- 
weilen seinen es mir, als ziehe eine dämonische Gewalt 
mich in die Tiefe, als müsste ich vom Felsen hinab- 
gleiten und könnte mich nicht mehr halten. Dann machte 



dass ich meine Glieder noch in meiner Macht hatte. 

Die Distanz zu messen blickte ich auf den Eingang. 
Geblendet musste ich die Augen schliessen. War, was 
ich so eben gesehen, Wirklichkeit oder ein berückendes 
Traumbild? Aber ich wachte ja, hörte das Rauschen und 
Klatschen des Wassers in meiner Nähe, fühlte den eisigen 
Luftstrom aus dem Hintergrunde der Höhle. Und doch 
war das meinen Blicken sich darbietende Naturschauspiel 
fast zu schön, um wahr zu sein. 

In der Ferne blitzte die von der Sonne beschienene 
See wie flüssiges Silber, im Schatten der Felsen war sie 
tiefblau. Diese Bläue spiegelte sich wieder in der Wöl- 
bung der Höhle, so dass die Granitmassen aussahen wie 
Saphir. Selbst ihre Dichtigkeit schienen sie verloren zu 



ich unwillkürlich eine B 




icl 



üb 



Digitized by Google 



IV. Im naasön Ofen. 



45 



haben, denn der Ton war so duftig und lichterfüllt, dass 
auch die Felsen transparent erschienen. Etwas weiter 
nach dem Innern zu wich das Blau einem leuchtenden 
Grün, welchem ein helles Roth folgte. Letzteres ging 
dann über zuerst in ein warmes Braun und endlich in 
tiefes Schwarz. Blau, grün und rosa schimmerten auch 
die aufsprühenden Wassertropfen, während aus den 
Seitenwänden hervortretende Quarzstücke durchsichtigen 
Edelsteinen aller Farben glichen. Es war ein Anblick, 
den keine Feder zu beschreiben, kein Pinsel wiederzugeben 
vermag, eine Variation des Farbenspiels aus der „blauen 
Grotte" von Capri. — 

In Betrachtung versunken, hatte ich meine Lage 
ganz vergessen. Da' schwang Merlin seinen Zauberstab 
in Gestalt einer emporzüngelnden Welle, die mich rück- 
wärts in's Wasser stürzte. V erschwunden war das wunder- 
bare Bild, ich sah nur noch die weite Höhle mit all' 
ihren Schrecken. Diesen so schnell wie möglich zu ent- 
rinnen, schwamm ich dem Ausgang zu. Schon war ich 
in der blauen Region, nahe der Mündung, angelangt, als 
eine neue W T elle mich wieder zurückdrängte. Ein zwei- 
ter, ein dritter Versuch hatten denselben Misserfog. Meine 
Situation wurde immer ernster und ich gestehe gern, 
dass ich nahe daran war, an meiner Rettung zu ver- 
zweifeln. In solchen Momenten erscheint Alles düster. 
Schatten huschen an unserm Blick vorbei, wir hören 
Stimmen, kämpfen mit Phantomen. — Lasciate ogni 
speranza! glaubte ich beständig zu vernehmen, überall 
in Lapidarschrift zu sehen. Entsetzen packte mich, 
Angstschweiss trat mir auf die Stirn, ich schwamm um 
mein Leben. Dicht vor dem Ausgangspunkte schmiegte 
ich mich gegen die Wand und hielt mich krampfhaft am 
Gestein fest, bis die eben eingedrungene Woge vorüber- 
gerollt. Meine Hände bluteten , Arme und Schultern 
waren zerschunden, aber ich achtete nicht darauf. Jetzt 

war die Oeffnung frei eine Minute später befand ich 

mich vor der Höhle, ich war gerettet. Wohl wurde es 
mir schwer, zwischen den Klippen hindurch an das Ufer 
zu gelangen, indess, das Schlimmste hatte ich überstan- 
den. Als ich den Strand betrat, da brach ich fast ohn- 
mächtig zusammen und konnte längere Zeit kein Glied 
rühren. Ich war nach meiner Uhr nahe an zwei Stunden 
im Wasser gewesen. 



Digitized by Google 



46 



Bornholm. 



Und wieder entfaltete das Meer alle seine Reize. 
Sonnig und blau lag es da, verführerisch lächelnd und 
doch eine Sphinx, unergründlich, voller Geheimnisse*) . . . 



V. Hammershnus. 

Den Nachmittag verbrachte ich auf einem schattigen 
Plätzchen zwischen den Ruinen von Hammershuus, wo ich 
nach einigen Chroniken die Geschichte der alten Veste 
und zugleich diejenige von Bornholm studirte. 

Die Luft war warm und gewürzt durch den Duft 
des abblühenden Hollunders, der am Fusse der Mauer- 
reste in dichten Büschen steht. Sommerfäden schwebten 
in anmuthiger Wellenbewegung dem Meere zu, auf wel- 
chem in weiter Ferne mehrere Dreimaster majestätisch 
dahin zogen. Am äussersten Horizont zeigten sich die 
bläulichen Contouren der schwedischen Küste. 

Stille herrschte rings umher; die Natur schien, in 
sich versunken, zu träumen. Und traumumfangen blickten 
auch die grauen Burgruinen auf mich herab und erinner- 
ten mich an Vergänglichkeit und Vergangenheit. Ich 
ruhte auf historischem Boden. Hier hatten die alten 
Bornholmer gekämpft gegen fremde Usurpatoren, hier 
hatten sie die Treue gegen ihr angestammtes Königshaus 
mit ihrem Blute besiegelt und dadurch sich und späteren 
Generationen Privilegien erworben, die noch heute be- 
stehen als ein theures Vermächtniss dankbarer Regenten. 
Bornholmer, ihr dürft stolz sein auf diese Stätte, sie muss 
euch heilig sein! Denn über ihr schwebt mit leisem 
Flügelschlag der Genius der Liebe und der Treue zwischen 



*) Die Höhle ist 60' lang, ca. 20' breit und 15 — 18' hoch. Ihre 
Benennung „Ovn w rührt wohl von der Aehnlichkeit ihre» Einganges 
mit demjenigen eines Backofens her. Um sie zu besichtigen, hat der 
Reisende entweder in Sandvig oder in Vang ein Fischerboot (2—3 Kron.> 
zu miethen. 



Digitized by Google 



V. HammerBhuup 



euch und eurem Köni^. Hier singt auch ferner die schö- 
nen Lieder, die ihr mit euren dänischen Brüdern gemein- 
sam habt, und gedenket der sinnigen Verse aus dem 
„Danevang" : 

„Hil dig Drot og hil dig Land! 
Ved den blanke Vove, 
Blomsteröer, grönne Strand! 
Lyse Bögeskove ! 
Her er Troskabsfuglen graae 
Faedres Höie grönne! 
Vennen trofast, Himlen blaae, 
Stettens Möer Bkjonne! 

zu Deutsch : 

„Heil dir König, heil dir Land, 
Mit der Silberwelle! 
Blumeneiland, grüner Strand, 
Buchenwaldes Helle! 
Hier Bind: Treue altersgrau, 
Hünengräber immer-grün, 
Freunde treu, der Himmel blau 
Und der Mädchen Wangen bltthn!" 



Der Chronik („Bornholm's Saga") zufolge wurde 
Bornholm in ältester Zeit von eigenen Königen regiert, 
die sich durch Seeräuberei weithin gefürchtet machten. 
Das bestätigt auch der alte Seefahrer Wulfs tan 
(880 n. Chr.), der die Insel Bornholm von Dänemark 
unterscheidet, weil sie ihren eigenenKönighab e.*) 
Ferner spricht der König Alfred**) von zwei Reichen 
der Dänen, einem südlichen und einem nördlichen 
(worunter jedoch das östliche und das westliche zu ver- 
stehen sind), und dem Reiche Bornholm. Zuweilen 
herrschten hier zwei und mehrere Könige zugleich, deren 
Machtgebiete indess begreiflicherweise eine sehr geringe 
Ausdehnung hatten. Wo aber die Geschichte beginnt — 
übersetzt Quehl diese Chronik im Auszuge — da findet 
sich auch Bornholm unter der Herrschaft und dem Schutze 
der Könige Dänemarks, die mit geringen Unterbrechungen 
durch Statthalter regierten. Erst um die Mitte des 
11. Jahrhunderts war das Christenthum durch den Scho- 
nischen Bischof Eginus nach Bornholm gebracht worden. 
Es hatte eine willige Aufnahme gefunden und die alten 



*) „Geschichte von Dänemark" von F.C.Dahlmann, Bd. I, pag. 66. 
**) EbendaB. 



Digitized by Google 



48 



Bornholm. 



nordischen Götzen waren überall der Vernichtung an- 
heimgegeben. Da begab es sich, hundert Jahre später, 
dass der dänische König Sueno Grathe mit dem Erz- 
bischof von Lund in Streit gerieth und den alten Prälaten 
in einem Korbe unter der Wölbung des Domes in Lund 
aufhissen Hess. Sei es, dass die erzbischöflichen Truppen 
sich anschickten, diesen Schimpf zu rächen, sei es, aass 
König Sueno später Gewissensbisse empfand, genug, er 
gab demselben Erzbischof zur Sühne und Entschädigung 
für die erlittene Unbill die drei grössten Theile Born- 
holms — das nördliche, südliche und östliche Herred — 
die für alle Zeiten und mit allen ihren Einwohnern unter 
den erzbischöflichen Stuhl von Lund gehören sollten. 
TJm diese Zeit etwa oder wenige Jahre später wurde das 
Scilloss Hammershuus *) erbaut, jene gewaltige Veste, deren 
Ruinen noch heute von ihrer einstigen Grösse zeugen. 
Die erzbischöfliche Herrschaft, das sogenannte „Guldalder" 
oder „hellige Tidslöb", dauerte 373 Jahre, Oft kam es 
während dieser Zeit zwischen den Königen von Dänemark 
und den Erzbischöfen von Lund zu Streitigkeiten. Zu 
einer derselben rief man auch den Fürsten Jarimarus von 
Rügen zur Hülfe herbei, der nach glänzenden Siegen auf 
Seeland wie Bornholm da, wo er sich am allersichersten 
glaubte, bei seinen geistlichen Freunden in Lund selbst, 
seinen Tod von der Hand eines Weibes fand, das ihn — 
man weiss nicht, ob aus Vaterlandsliebe, Eifersucht, oder in 
Vertheidiguug ihrer Ehre — mit einem 3Iesser durch- 
bohrte. Aber, wie oft sich auch das Glück der Waffen 
für die Königlichen entschied: die geistlichen Herren 
gingen doch in der Regel aus dem Streite schliesslich 
als Sieger hervor und so findet auch noch der Krieg, der 
1522 zwischen Dänemarck und Schweden ausbrach, das 
ganze Bornholm als ein Lehen des Erzbischofs von Lund. 
3lit dem 1523 folgenden Frieden wurde das Land auf ein 
halbes Jahrhundert an die Lübecker abgetreten, die den 
Schweden beigestanden hatten. Der Erzbischof von Lund 
erhielt als Entschädigung; ein Lehen in Schonen und die 
Lübecker saugten während jener fünfzig Jahre das Land 
nach Kräften aus. Die Einwohner, die in den bis- 
herigen Kämpfen eine ziemlich passive Rolle gespielt, 
sich im Uebrigen aber unter der milden Herrschaft 



*) Wahrscheinlich in der ersten Hälfte des 12. Jahrhunderts. 



Digitized by Google 



V. Hammershuus. 



49 



des Krummstabes sehr wohl gefühlt zu haben schei- 
nen, empfanden die Lübeck'sche Habsucht sehr bitter. 
Aber vergeblich beklagten sie sich ,.over de Lübske 
Vampyrer" beim König von Dänemark, der sich die 
höchste Entscheidung in weltlichen Dingen und die 
Landesoberhoheit vorbehalten hatte. Sie möchten sich 
selbst helfen, lautete die Antwort. Die Bornholmer 
liessen sich das nicht zweimal sagen, griffen 1538 zu den 
Waffen und würden vielleicht die Lübecker verjagt haben, 
wenn sie — wie es in der Beschreibung des Probstes 
Jens Pedersen sehr naiv heisst — schon damals das 
Schiessen hätten vertragen können. Der Erhebung folgte 
ein noch grausameres Regiment, durch welches Wohl- 
stand, Landbau und Handel so zurückgingen, dass eine 

f rosse Anzahl von Bauerhöfen gänzlich verfiel, die Ge- 
äude einstürzten und auch die von den Bischöfen ge- 
gründeten Kaufstädte einen gar traurigen Anblick boten. 
Wohin dieser Zustand führen würde, war nicht abzusehen, 
da Christian HI. den Lübeckern für erlittenen Ausfall 
noch einen vierzehnjährigen längeren Besitz der Insel 
zugestanden hatte. Da machte ein Zwischenfall dem- 
selben ein Ende. Bei einem Besuche nämlich, den 
Friedrich II. der Stadt Lübeck abstattete, tanzte er mit 
der eitelen Gemahlin des dortigen Bürgermeisters, die 
sich für die hohe Ehre, „at danse med Kong Frederik den 
Anden", dadurch erkenntlich zeigte, dass sie des Gatten 
Wohlweisheit vermochte, Bornholm beim bevorstehenden 
Ablauf der fünfzig Jahre wieder abzutreten. — Seitdem 
existirt die in Lübeck, Dänemark und auf Bornholm 
wohlbekannte Redensart: „Bornholm vertanzen"*) 
Man pflegt damit Leichtsinn und Unüberlegtheit in allen 
Lebensverhältnissen zu bezeichnen und will so von vorn- 
herein auT die Folgen hinweisen. 

Während der nun folgenden siebzig Jahre — von 
1572 — 1642 — erholte sich das Land afimälig. Als die 
wichtigsten Ereignisse aus jener Zeit führt die Chronik 
an: die 1602 auf Bornholm ausgebrochene Pest („den 
sorte Dod") und ein Blutbad (1619) bei Nexö, von wel- 
chem später die Rede sein soll. Mit grosser Ausführlich- 



*) Im Lübecker Rathhaust findet sich ein grosser silberner Becher 
mit der Inschrift: „dar danzet Bornholm hen" (da tanzt Born- 
holm hin). 

Stromer, Die Insel Bornholm. 4 



Digitized by Google 



50 



Bornholm. 



keit ist sodann die Vertreibung der Schweden von Born- 
holm, oder „Die schwedische Vesper" beschrieben, 
eine historisch denkwürdige Begebenheit, deren Schilde- 
rung auch Quehl in sein Buch „Aus Dänemark" über- 
nommen hat. Ich lasse dieselbe mit einigen Zusätzen 
und einem Briefe Friedrich III. an die Bornholmer hier 
folgen. 

Nach dem schwächlichen Lehnsherrn Holger Rosen- 
kranz war einer der ersten dänischen Grossen, Ebbe 
Ulfeld, der Schwiegersohn des Königs, Lehnsherr ge- 
worden. Aber in dem damals in Dänemark zwischen der 
Monarchie und der Aristokratie entbrannten Kampfe er- 
griff Ebbe Ulfeld die Partei seines Bruders, des Korfits 
Ulfeld und flüchtete nach dem Falle und der Flucht 
dieses mächtigen Günstlings wie dieser nach Schweden, 
wo beide am Hofe die freundlichste Aufnahme fanden. 
Korfits wurde schwedischer General und trug nicht 
wenig dazu bei, den Schwedenkönig Karl Gustav bei 
dem Siegeszuge gegen Dänemark zu unterstützen, der in 
kurzer Zeit fast das ganze Land eroberte und am 26. Februar 
1658 zu dem für Dänemark so unglücklichen Frieden von 
Roeskilde beitrug. Durch diesen Frieden ward auch mit 
der ganzen Provinz Schonen Bornholm von Neuem an 
Schweden abgetreten. Am 29. April nahmen bereits die 
ersten schwedischen Truppen unter Anführung eines 
Obersten Johann Prinz en s kj old von dem Lande 
Besitz und schlugen ihr Hauptquartier in Hammers- 
h u u 8 auf. 

Gleichviel, ob der damals sechsundvierzigjährige Oberst 
früher als simpler Reiter, oder als Adjutant des Prinzen 
von Zweibrücken in Deutschland und Polen gekämpft 
hat : er war durch seine körperliche Stärke und Gewandt- 
heit, seine Unerschrokenheit und das Glück, das ihn in 
allen Schlachten gegen Wunden und Tod geschützt hatte, 
eine grosse militairische Notabilität geworden, hatte von 
Karl Gustav den Namen Prinzenskjold (Fürstenschild} 
erhalten und schien seinem Könige wie dazu geschaffen, 
um mit einer kleinen Macht aus einem neu erworbenen 
Lande so viel Steuern zu erpressen wie nur möglich, und 
es dabei doch in Ordnung und Gehorsam zu erhalten. 
Beide Theile dieser Aufgabe hatten freilich ihre Schwierig- 
keiten. Denn Bornholm, das sich von den früheren Un- 
ruhen noch nicht ganz erholt hatte, war erst kürzlich 
von einer furchtbaren Pest heimgesucht, welche die ohne- 



Digitized by Google 



V. Hammershuus. 



51 



hin schwache Bevölkerung gelichtet hatte. Häufiger Miss- 
wachs und Viehseuchen waren gefolgt und hatten zum gänz- 
lichen Verfall vieler Höfe beigetragen, unter denen ohne- 
hin die Vornede gaarde — d. h. Höfe, die Eigenthum 
des Königs und von Bauern gefaestet waren — sehr 
schlecht bewirtschaftet wurden. Also die Kuh, die ge- 
melkt werden sollte, war dürr und mager — man kann 
freilich sagen, auch kraftlos, um sich gegen allzu grosse 
Ansprüche zu wehren. Auch sorgte Prinzenskjold bald 
nach seiner Ankunft dafür, dass von der ohnehin nur 
geringen Zahl der waffenfähigen Männer über die 
Hälfte theils als Soldaten nach Stettin und Riga, theils 
als Matrosen auf die schwedische Flotte gebracht wurde. 
Aber dieser Statthalter hatte in seinem eigenen Charak- 
ter eine Schwierigkeit, an der sein Werk scheitern musste. 
Wie rauh, streng, unerbittlich die wahren Haudegen und 
die Soldaten vom Kopf bis zum Fusse auch sein mögen, 
sie pflegen immer gerecht zu sein. Sie sind nicht geneigt 
Unterschiede der Geburt und Stellung gegenüber der 
Pflichterfüllung anzuerkennen, und das Bewusstsein ihrer 
Kraft lässt sie immer die Regel vernachlässigen: Divide 
et impera ! (Theile und herrsche.) Hätte sich Frinzenskjold 
mit dem Adel, der Geistlichkeit und den Beamten gegen 
den Bürger, Kaufmann und Fischer verbunden, sein 
Regiment würde länger gedauert und keinenfalls das 
tragische Ende genommen haben, dem es nunmehr ent- 
gegen ging. Aber er vernichtete die Steuerfreiheit der 
bis danin Privilegirten , Hess gleich nach dem An- 
tritte seines Amtes das ganze Land genau vermessen, 
die Bewohner nach Vermögen und Einkommen ab- 
schätzen , hiernach die Steuern vertheilen , und rührte 
sogar an die Zehnten der in diesem Punkte besonders 
empfindlichen" Geistlichkeit. Ohne Zweifel würden die- 
selben Massnahmen, wenn sie zu anderen Zeiten und 
von der nationalen Regierung ausgegangen wären, 
in den mittleren und unteren Ständen eine grosse Zu- 
friedenheit erzeugt und die Regierung befestigt haben. 
Aber Prinzenskjold war der Vertreter eines verhass- 
ten Eroberers, die Zeiten waren ohnehin drückend 
und der ganze Steuerbetrag erhöht. So konnten die 
mittleren und unteren Classen weder eine Erleichterung 
ihrer Lasten noch eine Entschädigung für dieselben in 
dem Gefühle nationaler Selbstständigkeit und Ehre er- 
warten, und so musste der erbitterte Hass des Adels 

4* 



Digitized by Google 



52 



Bornholm. 



und der Geistlichkeit auch bei ihnen eine geneigte. Auf- 
nahme und bereite Hand finden. Dazu kam, dass der 
dänische König Friedrich III., nachdem Schweden den 
kaum geschlossenen Frieden wieder durch den Einfall in 
Seeland gebrochen, unter dem 8. November 1658 die 
Bornholmer aufforderte ,. sich , wenn irgend möglich , der 
schwedischen Herrschaft zu entledigen. 

Das königliche Schreiben*) lautet in wortgetreuer 
Uebersetzung : 

„Friedrich III. grüsst Euch Alle und Jeden, Geist- 
lichkeit, Bürgermeister und Gemeindeleute , die Ihr von 
jeher mit Gott und durch Unsere Gnade einmüthiglich 
auf Bornholm wohnet, — Wie Euch wohl bekannt ist, sind 
Wir vom König von Schweden, trotz abgeschlossener 
Contracte und Unseres guten Einvernehmens mit sei- 
nem hiesigen Gesandten, unvermuthet mit Kriegsmacht 
hier in Unserem Lande Seeland überfallen und in Unserer 
Residenz - Stadt Kopenhagen zu Wasser und zu Lande 



Gottes gnädigen Beistand und der Holländer ansehnlichen 
Succurs, so weit gekommen sind, dass Wir, dank 
Gottes Hülfe, des Feindes Flotte nicht mehr zu furchten 
brauchen, da der Feind sein Belagerungswerk hier vor 
der Stadt verlassen hat , so wollen Wir , im Vertrauen 
auf Eure Treue und gute Affection gegen Uns und 
Euer Vaterland, Euch sämmtlich ermahnt und erinnert 
haben, dass Ihr unablässig auf Mittel und Wege bedacht 
sein müsst , durch welche Ihr Euch vom Schwedischen 
Joche befreien, wie Ihr im Besonderen die Garnison 
auf demSchlosseHammershuus, wennmöglich 
vollständig, vernichten und, dieweil Inr die Schwe- 
dische Flotte nicht mehr zu fürchten habt , das Land 
wieder unter Eure Defensive stellen könnt. 

Wir wollen Eure Treue, die Ihr Uns in dieser Zeit 
beweist, in allen Gnaden anerkennen , sobald Gott fried- 
liche Zustände giebt und ausserdem (wenn Ihr Euch gut- 
willig unter Unsere Regierung stellt) Euch ferner mit 



*) „Bornholms Saga", pag. 54 u. 56. 



belagert worden. Nachdem 




durch 



Digitized by Google 



V. HammerBhuue. 



53 



solchen Privilegien und Begnadigungen versehen, von 
denen Ihr Nutzen und Gutes haben könnt. 

Gegeben auf Unserem Schlosse in Kopenhagen, 
den 8. November 1658. 

Unter Unserer Hand und Siegel. 

Friedrich R." 
(L. S.) 

Dieser Brief fiel wie ein Funke in ein Pulverfass. 
Aus der allgemeinen Gährung heraus bildete sich unter 
der Leitung der Geistlichen und der Vornehmsten so- 
wohl in den Städten wie auf dem Lande eine grosse 
Verschwörung, die sich zuerst mehr passiv, dann aber 
plötzlich activ äusserte. Die schwedischen Soldaten — 
und Prinzenskjold hatte damals ein Commando von 
1500 Mann zu seiner Verfügung auf Hammershuus — die 
sich einzeln sehen Hessen, wurden misshandelt oder ver- 
schwanden. Hier und dort wurden Steuern verweigert, 
und die Abgesandten des schwedischen Statthalters mit 
Hohn nach Hause geschickt. Prinzenskjold wollte diesen 
Excessen mit einem Schlage ein Ende machen und die 
Schuldigen bestrafen, aber das Mittel, das er hierzu er- 
griff, war gerade dasjenige, auf welches die Bornholmer 
gerechnet und den Plan der Vernichtung der schwedischen 
Herrschaft gebaut hatten. Er verbreitete nämlich 1000 
Mann seiner Truppen über das ganze Land, die sich auf 
die einzelnen Hofe vertheilen und die rückständigen 
Steuern eintreiben sollten. Zwar waren sie vorsichtig 
genug, immer nur in kleinen Trupps und niemals 
einzeln auf den Höfen Quartier zu nehmen , aber die 
scheinbare Ruhe, mit der die einzelnen Bauern und ihre 
Familien die soldatischen Brutalitäten ertrugen, machte 
sie bald so sicher, dass sie trotz jener Vorsicht ihrem 
Verderben entgegen eilten. Während sie nämlich am 
Tage ihrer traurigen Beschäftigung der Steuereintreibung 
una Pfändung eimg oblagen, entschädigten sie sich des 
Abends durch Trinkgelage und gingen niemals anders 
als sinnlos betrunken zu Bett. So sollte nach dem Plane 
der Bornholmer auch die Zeit des ersten Rausch-Schlafes 
die Zeit der Rache und des Todes werden, und über das 
ganze Land war die Verabredung getroffen, dass am 
9. December keiner der einquartierten Schweden „weder 
den Mond noch die Sonne mehr aufgehen sehen solle"^ 



Digitized by Google 



54 



Bornholm. 



Prinzenskjold selbst trug wider seinen Willen dazu 
bei, dass dieser Plan auch allseitig pünktlich ausgeführt 
wurde. Als tüchtiger Commandant wollte er sich mit 
eigenen Augen überzeugen, dass Alles nach seinem Willen 
vorwärts ginge, und seine Soldaten ihre Schuldigkeit 
thäten. Er ritt daher am 8. December gleich nach Mittag 
auf seinem prächtigen Hengst „Skjold", nur von einem 
Secretair und zwei Reitknechten begleitet, von Hammers- 
huus. Snep, sein treuer Hund, folgte dem Statthalter, 
der zuerst seinen Weg nach Hasle nahm, dort an des 
Bürgermeisters Haus hielt, den Herrn Bürgermeister, in 
dessen Wohnung eben eine Anzahl Verschworener tagte, 
herauskommen Hess, um ihm zu erkennen zu geben, dass 
auch Hasle nächstens Einquartierung zu erwarten habe, 
wenn es sich ferner in der Steuerzahlung säumig zeigen 
sollte, und dann unbesorgt seinen Weg nach Rönne fort- 
setzte. Ein vortrefflicher Reiter, traf Prinzenskjold dort 
bei guter Zeit ein, stieg bei dem Bürgermeister ab und 
begab sich in das Besuchszimmer, wo er hinter einem 
grossen Tische Platz nahm, dessen schwere steinerne 
Platte auf einem kolossalen Fusse von Eichenholz ruhte. 
Die Verschworenen aus Hasle waren ihm nachgeeilt, und 
während Einige von ihnen die Rönner allarmirten und 
vermochten, dass sie keinen der wenigen in Rönne selbst 
liegenden schwedischen Soldaten mehr aus der Wohnung 
Hessen, wurden Andere an die Hausthüre des Bürger- 
meisters als Wache gestellt, und nur gegen zwölf Mann, 
von Kopf bis zu Füssen bewaffnet, traten in den Saal ein. 
Sie fanden den Statthalter und den Bürgermeister be- 
reits in lebhaftem Wortwechsel. Der letztere hatte er- 
klärt, dass die Bürger keine Steuern an Schweden mehr 
zahlen würden. Prinzenskjold erging sich in Flüchen und 
Drohuno-en. Auch die drohenden Mienen und höhnischen 
Worte der Eintretenden Hessen noch keine Furcht in 
ihm aufkommen. Als aber einer von seinen Reitknechten 
athemlos mit der Meldung hereinstürzte , dass sich auf 
der Strasse bewaffnete Männer zusammenrotteten, fasste er 
einen schnellen Entschluss. Mit seiner riesigen Kraft 
wirft er den grossen Tisch , vor dem die Verschworenen 
und hinter dem er selbst stand, um, gewinnt unter der 
Betäubung der Erschrockenen die Thür und eilt nach 
dem Stalle, um sein Pferd zu holen. Aber er findet die 
Stallthür von innen verriegelt. Vergeblich ruft er sein 
Pferd, vergeblich schreit das treue Thier zur Antwort 



Digitized by Google 



V. Hammershuus. 



55 



und sucht sein Gefängniss zu zerstossen. Da beschliesst 
Prinzenskjold, zu Fuss zu entfliehen. Er schlägt mit ge- 
waltigen. Hieben die beiden Wachen nieder, die sich ihm 
in den Weg stellen und gewinnt die Strasse. Von meh- 
reren Seiten wird er erkannt und auf ihn gefeuert. Er 
bleibt unversehrt. „Gegen Blei ist er sicher, mit Silber 
muss er geschossen werden," ruft ein ehrsamer Bürger 
vom sicheren Fenster aus, schneidet die schweren silber- 
nen Knöpfe von seiner Festjacke, ladet sie in die Büchse 
und — Prinzenskjold liegt, sogleich zu Tode getroffen, 
am Boden. Alles stürzt auf die Leiche zu, aber noch 
vertheidigt sie der treue Snep , bis er selbst , von vielen 
Kugeln durchbohrt , auf ihr niedersinkt und die Leiche 
seines Herrn, von einigen herbeigeeilten Leitern des Auf- 
standes gegen Plünderung und Misshandlungen geschützt, 
nach dem Rathhause getragen wird. Die Begleiter 
Prinzenskold's waren schon vorher auf der Strasse ermordet. 
Die anderen schwedischen Soldaten in der Stadt hatten 
kein besseres Schicksal, sobald sich die Nachricht von 
dem Tode des gefürchteten Anführers verbreitete, und das 
geschah mit Blitzesschnelle. Jens Kofod, einer der 
eifrigsten Leiter des Aufstandes, sandte eben so rasch 
Boten über das ganze Land mit der Mahnung, mit dem 
„Schweineschlachten" nicht zu zögern und nach seiner 
Beendigung an den vorher verabredeten Orten in der 
Nähe von Hammershuus sich zu sammeln. 

So brach die verhängnissvolle Nacht vom 8. zum 
9. December herein. Um Mitternacht begann das Blut- 
bad unter dem Geläute der Kirchengloclcen , denn die 
Schweden sollten nicht wie Heiden sterben, sondern 
christlich zum Himmel fahren — offenbar eime Anordnung 
der geistlichen Herren , die sie für ihre Mit Wissenschaft 
und Betheiligung vor Gott und Menschen rechtfertigen 
sollte. Herren und Knechte, Greise und Knaben, Frauen 
und Jungfrauen — Alles vereinigte sich zum blutigen 
Werke. Nur zwölf Schweden fanden die erbetene Gnade, 
aber 965 wurden zum allergrössten Theil im Schlafe er- 
mordet, später aber auf der Nordseite der Kirchhöfe 
„christlich" begraben. 

Jens Kofod hatte sich inzwischen an der Spitze einer 
kleinen Schaar aus Rönne und Hasle in der Nähe von 
Hammershuus in einen Hinterhalt gelegt. Er ritt den 
Hengst „Skjold" und trug des gefallenen Statthalters 
Hut, Pistolen und Schlachtschwert. Mehrere Patrouillen 



Digitized by Google 



56 



Bornholm. 



und Boten, die man während der Nacht und beim Tages- 
grauen vom Schlosse entsandt, wurden überfallen und 
ermordet, so dass man in Hammershuus keine Nachricht 
von den schrecklichen Ereignissen der Nacht haben und 
erhalten konnte. Der Gemahlin des Statthalters, die mit 
dem näch8tcommandirenden Offizier in des Gemahls Ab- 
wesenheit das Commando getheilt zu haben scheint, fiel 
es freilich schwer auf das Herz, dass ihr Eheherr am 
Abend den versprochenen Boten nicht gesandt, und dass 
keiner von denjenigen zurückkehrte, die sie während der 
Nacht ausgeschickt hatte. Es wurde daher am Morgen 
eine grössere Truppenabtheilung , einen Adjutanten 
Prinzenskjold's an der Spitze, nach Rönne geschickt — 
aber auch sie fiel in die Hände Jens Kofod's, der in- 
zwischen bedeutende Verstärkungen erhalten , und nach 
furchtbarer Metzelei kehrte der Anführer, selbst schwer 
verwundet, allein nach Hammershuus zurück mit der 
schrecklichen Botschaft der Ereignisse des vorigen Tages 
und der vergangenen Nacht. Bald sah man auch auf 
den Höhen die Schaaren der Bornholmer sich ausbreiten, 
die von allen Seiten hinzuströmten. Aber diese Heeres- 
macht war doch nichts weniger als furchtbar. Sie zählte 
nur eine kleine Zahl waffenfähiger Männer, der grösste 
Theil bestand aus Krüppeln, Greisen und „Schürzenreitern 4 ' 
wie die Bornholmer Jungfrauen (die sonntäglich zur 
Kirche zu reiten pflegten) zu Pferde genannt wurden. 
Ein muthiger Ausfall vom Schlosse mit der ganzen Mann- 
schaft hätte unzweifelhaft diese Masse vernichtet, und da 
das Schloss mit Nahrungsmitteln gut versorgt war, hätte 
es sich wohl halten können, bis Verstärkung aus Schweden 
herbei kam. 

Aber Jens Kofod und Genossen wussten wohl, dass 
sie in der belagerten Burg einen mächtigen Bundes- 

fenossen — in den Truppen selbst — hatten. Prinzenskjold 
atte nämlich circa 500 Soldaten aus der neuen schwe- 
dischen Provinz Schonen, und da er sie für weniger zu- 
verlässig hielt und mit den Landesbewohnern, ihren 
früheren Landsleuten, nicht in Berührung kommen lassen 
wollte, hatte er gerade die zuverlässigen Schweden über 
das Land verbreitet und die Schonen zurückgelassen. 
Sobald diese Truppen nun hörten, dass ihre Kameraden 
vernichtet, der Statthalter ermordet, und die Bornholmer 
Herren des Landes geworden seien, verweigerten sie den 



Digitized by Google 



V. Hammerehuus. 



57 



Gehorsam und nöthigten die Gemahlin Prinzenskjold's, 
gegen Sicherung des Lebens und freien Abzug , das un- 
einnehmbare Schloss den Bornholmern zu übergeben. 
Jens Kofod wurde zeitweiliger Commandant, und seiner 
Schlauheit gelang es, die ganze Besatzung eines, 
einige Wochen später mit Verstärkung anlangenden 
schwedischen Transportschiffes gefangen zu nehmen und 
das Schiff in den Hafen von Könne bringen zu lassen. 
Ein zweiter Versuch einem anderen Schiff gegenüber 
missglückte ihm freilich. Der Commandant desselben 
merkte Unrath und Hess in den Booten, die der falsche 
Prinzenskjold ihm sandte, Niemanden an das Land 
gehen. Vergeblich ritt Jens Kofod auf dem bekannten 
K088 des Ermordeten und mit seiner ganzen Kleidung 
und seinen Waffen geschmückt am Ufer hin und her, 
winkte und drohte. „Des Löwen Haut sehe ich wohl," 
sagte der Schiffs-Commandant , „aber sie bedeckt keinen 
Löwen" — und er nahm die Bootsführer gefangen und 
kehrte um nach Schweden. 

Bald nachher sandten die Bornholmer eine Depu- 
tation an König Friedrich IH. nach Kopenhagen mit 
einem Gabe-Brief, der dem Könige Friedrich III. von 
Dänemark persönlich, für sich und seine Nachkommen, 
Bornholm zu ew'gem Erb' und Eigenthum schenkte. 
König Friedrich III. antwortete unter dem 29. De- 
cember der Deputation mit einem Briefe, in dem er zum 
Lohne ihrer Treue den Bornholmern solche Privilegien 
versprach, wie sie dem Aufkommen des Landes nur för- 
derlich sein könnten. Ausserdem versprach der König 
auf eine Zuschrift des Bornholmer Adels vom 19. Januar 
1659 unter dem 3. Mai dieses Jahres noch ausdrücklich 
und feierlich, Bornholm niemals wieder den Schweden 
zu übergeben. Beide Zusagen sind gehalten worden. 
Auch wurde das Land in jeder Hinsicht mit Vorrechten 
bedacht, die zum Theil noch heute existiren. „Seit jener 
Zeit hat keines Feindes Fuss Bornholms Klippenstrand 
ungestraft betreten. Das Land aber blühte auf und be- 
fand sich glücklich unter Friedrich III. väterlicher . 
Regierung". Damit schliesst die Chronik. Bemerkens- 
werth ist darin noch das sogenannte Prinzens kjold- 
Lied, welches, eine Parodie auf Prinzenskjold's Nieder- 
lage, in witziger Weise die vergeblichen Bemühungen dea 
schwedischen Statthalters, sich zu retten, schildert. — 



Digitized by Google 



58 



Bornholm. 



Die Geschichte des Schlosses während der letzten 
beiden Jahrhunderte bietet wenig Interessantes. Vom 
Juli 1660 bis zum December 1661 wurden Corfitz Ulfeid 
und seine Gemahlin Leonora Christine auf Hammershuus 
gefangen gehalten. Später Hess man das Schloss als 
Festung eingehen und so fiel es denn, da Reparaturen 
daran nicht mehr ausgeführt wurden, allmälig in Trüm- 
mer. Uebrigens tru^ auch die umwohnende Bevölkerung 
das Ihrige dazu bei, das Zerstörungswerk zu beschleu- 
nigen, indem sie Steine abbrach und zu anderweiten 
Bauten verwandte. Gegen Ende des vorigen Jahrhunderts 
stürzten nach Grove die Gewölbe des Schlosses ein und 
erst durch königliche Resolution von 1822 wurden die 
damals noch übrigen Ruinen vor fernerer Zerstörung be- 
wahrt. Jetzt wuchert Gestrüpp und Unkraut zwischen 
den Mauerresten und der Wanderer gedenkt beim An- 
blicke der verfallenen Veste wohl der Worte Zephanja's 
über Ninive : 

„Wie ist sie so wüste geworden u 



Ja, wüste ist sie in der That, diese einst so belebte 
Stätte, wüste und unheimlich , wenn der Sturmwind sich 
in dem alten Gemäuer fängt und darin ächzt und stöhnt, 
wie zu Tode Gemarterte, wenn der Regen gegen die 
Wände prasselt , das Meer Woge auf Woge dröhnend 
gegen den Fuss des Berges rollt und ein wolkenbedeckter 
Himmel als Rahmen das Ganze umspannt; — wüste, 
wenn falbe Blitze die Scenerie momentan erhellen, wenn 
des Mondes Silberlicht zitternd die Trümmer streift ; 
wüste, auch wenn freundlicher Sonnenschein den Ort be- 
leuchtet, wenn kein Hauch die Gräser bewegt und die 
azurne See in der Tiefe melodisch murmelt, wüste, ein- 
sam und doch unbeschreiblich schön! Vergangenes wird 
hier wieder gegenwärtig, poetisch verklärt, und Bilder 
auf Bilder entstehen und reihen sich aneinander zu einem 
Panorama, in welchem Dichtung und Wahrheit, Natur 
und Geschichte sich harmonisch vereinigen. 

Stunden waren vergangen, seit ich die Lecture be- 
gonnen und mich in die Betrachtung meiner Umgebung 
vertieft hatte. Schon wurden die Schatten, welche die 
Gebäudefragmente warfen, länger und die Sonne sank 
tiefer und tiefer, als ich mit einem Scheideblick auf die 



Digitized by Google 



VI. Einige Bornholmer Bräuche. 



59 



gefallene Grösse den Heimweg antrat. "Wie verschieden 
war doch der Eindruck, den ich heute empfangen, von 
dem gestrigen! Und doch möchte ich auch den letzteren 
nicht missen. 



VI. Einige Bornholmer Bräuche. 

Unweit der Brücke, welche über den Wallgraben zu 
der verfallenen Burg führt, sass in einer natürlichen 
Laube eine Gesellschaft von mehreren Damen und einem 
Herrn beim — Kaffee. Ohne auf die einzelnen Personen 
zu achten, wollte ich grüssend vorbeigehen als ich beim 
Namen gerufen wurde. Ich wandte mich um und er- 
kannte, näher tretend, den Bürgermeister Marckmann 
und in den Damen meine würdige Wirthin und deren 
Verwandte aus Rönne, die eine Spazierfahrt nach Allinge 
gemacht und hier oben Kaffee geKocht hatten. 

„Drik en Kop Kaffe med os!" redete Herr Marck- 
mann mich an, während die Damen auf der roh gezim- 
merten Bank näher an einander rückten, um für mich 
Platz zu schaffen. Und dieser Einladung mehr Nach- 
druck gebend, nahm er mich beim Arm und zwang mich, 
trotz dankender Ablehnung meinerseits , ihm zu folgen. 
Gleichzeitig hatte auch Frau Dams die Kaffeekanne aus 
einer w T ollenen Umhüllung- befreit und mir eine Tasse 
eingeschenkt, neben welche eine andere Dame schönes 
weisses Gebäck legte. Nun half kein Widerstreben mehr 
und ich ergab mich nicht ungern der Uebermacht. 

Die Unterhaltung, in die ich sofort hinein gezogen 
wurde, als sei ich ein alter Bekannter, drehte sich um 
den nahe bevorstehenden Besuch des Königs auf Born- 
holm, den als Fest zu feiern bereits jetzt überall Vor- 
bereitungen getroffen wurden. Dann ging das Gespräch 
über auf Volksfeste überhaupt und auf das alte Born- 
holmer „Scheuerfest" im Besonderen. Letzteres ist 
originell genug, um hier in Kürze erwähnt zu werden. 
Als Hammershuus noch Gouvernementssitz war, mussten 
die Bauern dorthin die Steuern in Geld und Naturalien 
bringen und wurden dann jedesmal mit Bier und Brannt- 
wein bewirthet. Später blieb diese Bewirthung aus. Als 



Digitized by Google 



60 



Bornholra. 



Ersatz dafür erhielt jede Gemeinde ein steuerfreies Grund- 
stück, dessen Ertrag zur Bestreitung der Kosten für ein 
jährlich zweimal stattfindendes Volksfest bestimmt war. 



findungsgabe hatten die Bornholmer Frauen in diesem 
Privileg eine Anerkennung ihrer Reinlichkeit zu erblicken 
geglaubt und nannten das Fest „Skuregilde" oder Scheuer- 
fest. J ede Gemeinde hatte ihren Präsidenten (Oldermand), 
welchem der „Skraaherre" (Richter), zwei Stuhlbrüder 
und ein Feuermann zur Seite standen. Wurde während 
des Gelages der Tumult zu gross , so schlug der Vor- 
sitzende mit seinem Stocke auf den Tisch, worauf Schwei- 
gen eintrat und alle Anwesenden ihre Hüte abnahmen. 
Pflicht des Feuermannes war es, dafür zu sorgen, dass 
den Rauchern die Pfeifen nicht ausgingen. Im Jahre 1739 
wurde dieser Brauch abgeschafft und der Ertrag der 
steuerfreien Gemeindeländereien durch eine königliche 
Verordnung zur Errichtung von Volksschulen verwendet. 
— Noch eine Stunde sassen wir so plaudernd beisammen 
und traten dann, als die Sonne unterging und Meer und 
Insel mit ihren letzten Strahlen in eine Purpuratmosphäre 
hüllte, gemeinschaftlich den Heimweg an. vor dem klei- 
nen Wirthshause in der Nähe des Ruinenberges erwartete 
uns der bereits angespannte Wagen der Frau Dams. 
Wir stiegen ein, der Bürgermeister auf den Bock — ob- 
schon ich ihn bat, den mir angewiesenen Platz im Fond 
zu nehmen — und fuhren in raschem Trabe nach Allinge. 
Hier verabschiedeten wir uns von den Damen, welche 
die Fahrt nach Rönne fortsetzten. 

Der schon am Morgen erhaltenen Einladung zufolge 
begleitete ich Herrn Marckmann in seine Wohnung, wo 
ich von der Familie — seiner Mutter, seiner Gattin und 
zwei blühenden Töchtern — auf das Freundlichste 
empfangen wurde. Bald sassen wir in gemüthlicher 
Tafelrunde und plauderten über nationale Eigentümlich- 
keiten, zu denen eine mir vorgesetzte Lieblingsspeise der 
Dänen, „röd Gröd", welche aus Grütze, Himbeersaft und 
anderen Ingredienzen bereitet wird und eben so wohl- 
schmeckend wie erfrischend ist, die sachliche Veranlassung 
bot. Ich will versuchen, einige Details aus unserm Ge- 
spräch, insoweit dieselben das Leben der Insulaner be- 
treffen, aneinander gereiht, hier wieder zu geben. 

Die Bevölkerung Bornholms besteht im Wesentlichen 
aus Seeleuten und Ackerbauern. Wer am Strande wohnt, 




Geschlecht eierenthümlichen Er- 




Digitized by Google 



VI Einige Bornholmer Bräuche. 



61 



ist Fischer oder Schiffer, wer im Lande lebt, Landmann. 
So war's in alten Zeiten und so ist's noch heute. Die 
Söhne der Fischer werden Fischer und diejenigen der 
Bauern übernehmen den Besitz ihrer Väter, um ihn 
später ihren Kindern zu vererben. Alle Strandbewohner 
gelten für tüchtige Seeleute. Sie saugen das Seeleben 
gleichsam mit der Muttermilch ein, haben das Meer immer 
vor Augen, begleiten schon als Kinder ihre Väter, wenn 
diese auf den Fischfang ausziehen und hören deren kriti- 
sirende Bemerkungen über vorbeisegelnde Schiffe. Spricht 
ein solcher Seemann von irgend einem Punkt der Insel, 
50 sagt er nicht, er liegt rechts oder links von diesem 
oder jenem Ort, sondern er nennt genau die Himmels- 
oder Windrichtung, die er anzugeben weiss, auch wenn 
man ihn mit verbundenen Augen mehrmals im Kreise 
herumgedreht hat ; fragt man ihn z. B. : „wo wohnt Ihre 
Braut," so antwortet er: „ost-süd-ost," oder: „west-süd- 
west eine Stunde von hier," oder gar: „eine halbe Meile 
leewärts." *) Auffällig bei beiden Klassen der Bevölkerung 
ist das viele Branntweintrinken. Der Arbeiter beginnt 
und beschliesst sein Tagewerk mit einem „Sy" (Schnaps) 
deren er täglich fünf zu sich nimmt. Man hat berechnet, 
dass jeder Bornholmer pro Jahr ca. 75 Quart Spirituosen 



zu ihren Brotherren soll auf dem Lande ein vorwiegend 
patriarchalisches sein. Sie essen und trinken am Tische 
ihrer Herrschaft und betrachten deren Interessen als die 
ihren. Die Hauptbestandteile der Mahlzeiten sind Fische, 
die , wie die Bauern sagen f im Magen revoltiren , wenn 
sie nicht im Branntwein schwimmen können. Fast jeder 
Bornholmer hat sein eigenes Haus. Will ein Bonde 
(Bauer) sein Gut an einen Fremden verkaufen, so muss 
er es zuvor für die stipulirte Summe einem seiner Ver- 
wandten anbieten und hat dann erst das Recht den Kauf 
abzuschliessen. War der von Verwandten, geforderte 
Preis höher als der vom Käufer gezahlte Betrag, so hat 
der frühere Besitzer seinen Verwandten die ganze Summe 
als Strafe zu zahlen. Ueber die Art und Weise, wie auf 
Bornholm Heirathen zu Stande kommen, giebt Panum**) 



*) Unter dem Winde. 

**) Welchen auch Quehl in seinem Werke „Aus Danemark" 
anzieht. 



consumirt. 




der Knechte und Mägde 



Bornholm. 



■ 

folgende Beschreibung, die ich dieser Charakteristik an- 
schliesse. 

„Wer ein heirathsfähiges Kind, Sohn oder Tochter, 
besitzt und eine passende Partie für dasselbe ersehen hat, 
wendet sich an einen oder den anderen Mann, von dem 
man weiss, dass er sich mit solchen „Arrangements" be- 
schäftigt. Dieser Makler zieht nun über Vermögen, Mit- 
gift etc. der betreffenden Person Erkundigungen ein und 
empfangt für seine verschiedenen Bemühungen eine Kuh, 
einen Ochsen oder auch 100 bis 200 Thaler. — „Alles 
nach Vermögen der Betheiligten." Oft geht es so weit, 
dass ein Mädchen die Person nicht einmal von Ansehen 
kennt, mit der sie durch Hülfe des Maklers verbunden 
werden soll und erst, wenn die „Partie geschlossen", die 
Mitgift bestimmt, ja auch der dem Madchen einst als 
Erbe zukommende Hof an den Bräutigam verkauft ist, 
bekommt sie ihn zu sehen. Gefällt er ihr dann durch- 
aus nicht, so hat sie doch keine Wahl mehr, als sich ent- 
weder mit einem Manne, den sie nicht leiden kann, zu 
verbinden oder ihm um sehr geringen Preis den Hof zu 
überlassen. Man muss sich darüber wundern, dass die 
Sache noch oft so gut geht und Scheidungen und un- 
glückliche Ehen so selten sind. Doch fehlt es nicht an 
Beispielen, dass Mädchen, welche glückliche Frauen und 
tüchtige Hausmütter geworden wären, wenn sie nach ihrer 
Neigung sich hätten vermählen dürfen, durch Gram und 
Schmerz über die unglückliche Ehe frühzeitig in das Grab 
gebracht wurden. Aber weit allgemeiner ist es, dass sich 
diese Frauen mit bewundernswertner Geduld in ihr Schick- 
sal ergeben und die Launen eines alten, geizigen, oft auch 
dem Trünke ergebenen Gatten ertragen und mit Unver- 
drossenheit seiner Haushaltung vorstehen. Eine Partie 
zwischen einem reichen Manne und armen Mädchen oder 
umgekehrt, ist nicht häufig, und man muss sich hierbei 
oft über die Hartnäckigkeit sonst vernünftiger Eltern ver- 
wundern. Die erste Frage, vor deren Erledigung die 
Eltern nie die „Partie abschliessen" lassen, ist immer: 
Wie viel Schulden sind auf dem Hofe u. s. w.? Macht 
man den Eltern Vorwürfe, ihre Tochter an einen reichen 
Geizhals oder Trunkenbold weggegeben zu haben, ant- 
worten sie gleichgültig: „Ja, er lebt wohl nicht lange, 
dann kann sie ja nehmen, wen sie will." Letzteres ge- 
schieht auch, denn zum zweiten Male wählen die Frauen 
selbst, wen sie lieb haben. Indessen kommen auch manche 



VI. Einige Bornholmer Bräuche. 



„Inklinations-Heirathen" vor; jedoch bliebe zu wünschen, 
dass die oben erwähnte Sitte weniger allgemein wäre als 

sie ist, denn gute Ehen gehen selten genug aus ihr 
hervor. Die vorstehende Betrachtung schliesst mit einer 
Anekdote, als Beweis, „wie man bei solchen Freiereien 
zuweilen einig werde". „Eine wohlhabende Bauers- 
frau hatte eine sehr hässliche Tochter. Indessen fand 
sich doch ein Bewerber ein. Er hatte sich genau nach 
der Mitgift erkundigt. Man kam mit allem Anderen ziem- 
lich gut in das Reine. Da verlangte der Freier durch- 
aus noch eine Partie „Hjulfiel", nämlich Holz zu den 
Ringen der Wagenräder. Die 3Iutter antwortet : Er solle 
sie wohl gerne bekommen, aber sie hätte in diesem 
Augenblicke selbst keine „Hjulfielne". Er blieb bei seiner 
Forderung, sie bei ihrer Weigerung. Endlich sagt er: 
„Er müsse durchaus „Hjulfielne" haben, denn die Tochter 
— sei doch gar zu hässlich". Das war zu stark, die Eitel- 
keit der Frauen fühlte sich verletzt und so schnell, wie 
man eine Hand umwendet, ergriffen Mutter und Tochter 
den Freier und warfen ihn vor die Thüre!" 

Wie schon bemerkt, kommen Ehescheidungen äusserst 
selten vor. Tritt ein solcher Fall ein, so muss der An- 
trag dem Amtmann eingereicht werden. Sodann wird ein 
Sühneversuch durch den Geistlichen gemacht. Bleibt 
dieser fruchtlos, so müssen die Eheleute drei Jahre warten 
und sich nach Ablauf dieser Zeit zu einem zweiten 
Sühne-Termin stellen. Ist auch letzterer ohne Erfolg, 
so werden sie sofort geschieden, wobei jeder der beiden 
Theile die Hälfte des Vermögens erhält, wenn er sonst 
nicht des Ehebruchs überführt worden ist. — 

Ausser Fischfang und Ackerbau werden auf der Insel 
noch einige industrielle Gebiete cultivitirt, so u. a. der 
Schiffbau, die Uhrmacherei, das Schleifen von Halb- 



früher in Dänemark sehr beliebt waren, und die Terra- 
cotten-Fabrikation, durch welche Rönne gewissermassen 
Weltruf besitzt, denn die dort, in der Anstalt des Herrn 
L. Hjorth, gefertigten Waaren werden nicht nur nach 
fast allen Ländern Europas, sondern auch nach Amerika, 
ja selbst nach Ostindien versandt. — Der Name Rönne 
erinnert mich übrigens daran, dass auch Bornholm 
seine „Müller" und „Schulzen" hat, die hier aber „Rönne" 
und „Kofod" heissen und in allen Orten zu Dutzenden zu 
finden sind. 





Bornholmer Diamanten, die 



Digitized by Google 



64 



Bornholm. 



An diese en resume zusammengefassten Mitthei- 
lungen knüpfte sich ein Gespräch über religiöse und 
philosophische Fragen, das ich indess, als nicht zum 
Gegenstande meiner Darstellung gehörig, übergehe. Da- 
egen kann ich nicht unterlassen hervorzuheben, dass ich 
urch die gepflogene Unterhaltung eine Familie näher 
kennen gelernt habe, deren Herzens- und Geistesbildung 
sie wohl eines besseren Schicksals werth macht, als auf 
Bornholms zwar grossartig schönem, aber von der civili- 
sirten Welt abgeschlossenem Felsenstrand ein isolirtes 
Dasein zu führen. Es mochte nahe an Mitternacht sein, 
als ich sie verliess mit dem hoffnungsvollen Grusse : „Auf 
Wiedersehn !" 



VII. Von Allinge über Gudhjera nach Svanike. 

Wenn der Leser auf der Karte die Entfernung misst, 
die zwischen Allinge und Svanike liegt und „netto" 5 
Meilen, „brutto", d. h. mit Abstechern nach links und 
nach rechts, aber noch mejjr beträgt , so dürfte er wohl 
geneigt sein zu glauben, dass ich von einem Vergnügungs- 
reisenden zu viel verlange, indem ich ihm zumuthe, diese 
Tour an ein^m Tage zu machen. Indess, ich erwarte das 
keinesfalls, rathe dem Touristen vielmehr, die Route zu 
halbiren und als Ziel des ersten Tagemarsches Gudhjem 
in Aussicht zu nehmen. Wenn ich selbst diesen Weg an 
einem Tage zurücklegte, so bewoo; mich dazu der Wunsch, 
meine Wanderung, uoer Nexö hinaus , auch auf die Süd- 
küste auszudehnen und den durch einen Parforce-Marsch 
gewonnenen Tag darauf zu verwenden. Schon jetzt aber 
will ich gestehen, dass nach dem, was ich vom Süden 
Bornholms gesehen und von Bewohnern dieses Striches 
darüber gehört habe, der Besuch desselben nicht der Mühe 
lohnt, es sei denn , er werde zum Zwecke geognostischer 
Studien gemacht. — 

Herr Holm, der den Sonntag zu einer kleinen Reise 
nach dem Innern der Insel benutzt, hatte versprochen, 
mich am Montag eine Strecke zu begleiten. Er erschien 
zur verabredeten Stunde im Hotel. Nachdem ich meine, 
für Logis und Beköstigung auf zwei Tage im Ganzen 



VII. Von Allingc über Gudhjem nach Svanike. 



65 



kaum 5 Mark betragende Rechnung bezahlt und vom biederen 
Wirth Abschied genommen hatte, begannen wir, vom 
schönsten Wetter begünstigt , unsern Marsch , welcher 
uns in östlicher Richtung zunächst nach Rö führen sollte. 
In einiger Entfernung von der Stadt verliessen wir die 
landeinwärts biegende Chaussee und betraten einen Vici- 
nalweg, der sich längs dem zerklüfteten Strande hinzieht 
und beim Dorfe Teign Fiskerlei in die Allinge mit 
Gudhjem verbindende Strasse mündet. Da man auf die- 
ser Wanderung die St. Oles-Kirche fortwährend zur 
Rechten und die See zur Linken erblickt, so ist der Weg 
nicht zu verfehlen. Wir folgten ihm, bis wir, nach ca. 
l l / 9 Stunde auf der Chaussee angelangt, die St. Oles- 
Kirche ungefähr einen Büchsenschuss weit, direct hinter 
uns, also gerade im Westen, sahen und schritten nun auf 
der Strasse dahin. Letztere ist an beiden Seiten durch 
Getreidefelder begrenzt, die rechts hin und wieder mit 
entfernt liegenden Gebüschen abwechseln , während das 
Land links allmälig zu Felsen erstarrt, welche als Strand 
viele pittoreske Punkte aufweisen, hinter denen die azur- 
blaue See den ganzen nördlichen Horizont bildet. Nach 
Verlauf einer halben Stunde erreicht man einen rechts 
zum Strande hinabsteigenden Pfad, den wir einschlugen. 
Er schlängelt sich zwischen Gärten hindurch und führt 
in ein bewaldetes Thal. Vor dem Eintritt in dasselbe 
bat mich mein Begleiter, auf wenige Minuten die Augen 
zu schliessen und mich von ihm an der Hand führen zu 
lassen. Ich folgte dieser Weisung in Erwartung des 
Schauspiels, das sich bald darauf meinen Blicken zeigen 
sollte. Nachdem wir so etwa zwei Minuten halb neben, 
halb hinter einander, gegangen waren, stand mein Führer 
still und sagte: Wenn Sie jetzt die Augen öffnen, so 
sehen Sie: 

Dyndalen. 

Vor mir lag ein paradiesisches Waldthal, welches 
sich muldenförmig von Süden nach Norden hinzieht und 
dort bis dicht fcn die See herantritt. Wir standen am 
westlichen Rande auf einem Felsvorsprung, dem soge- 
nannten „Amtmandss teen", von dem man die 
schönste Aussicht über diese in ihrer Art einzige Wald- 
landschaft hat. Der Anblick wirkte auf mich so über- 
raschend, dass ich im ersten Moment kaum meinen Augen 
zu trauen wagte und fürchtete, das liebliche Gebilde 

Stromer, Die Insel Bornholm. 5 



Digitized by Google 



66 



Bornholm. 



würde plötzlich in Dunst zerrinnen. Nimmer hatte ich 
geglaubt, dass Bornholm inmitten seiner strengen Fels- 
Formation so anmuthige Punkte als köstliche Perlen berge. 
Stumm, bewundernd, stand ich da, keines Wortes mäch- 
tig. Auch mein Begleiter überliess sich ganz dem Ein- 
drucke, welchen das ihm längst bekannte Dyndal jetzt 
wiederholt auf ihn machte. Zu unseren Füssen in der 
Tiefe murmelte ein Bächlein, vor uns, zu beiden Seiten 
desselben, erhoben sich dichtbewaldete Böschungen, deren 
frisches Grün dem Au^e ungemein wohlthut. Die ver- 
schiedenartigsten Laubhölzer stehen hier dicht bei ein- 
ander und zeigen in ihrem Blätterschmuck so schöne 
Nuancirungen, als habe ein Künstler dieselben zusammen- 
gestellt. Welche Harmonie der Farben! Vom Dunkel 



einen stufenweisen Uebergang mit so feiner Abtönung, 
dass wir kaum zu erkennen vermögen, wo die eine Farbe 
aufhört und wo die andere beginnt. Ueber das duft- 
umwobene Waldthal hinwegschauend, erblicken wir links 
die See und in weiter Ferne, nach Osten zu, die Insel- 
gruppe Ertholmene. Das ist ein Motiv für Landschafts- 
maler, ein Motiv, das keiner Idealisirung bedarf. 

Vom „Amtmandssteen" führt ein Pfad hinab in die 
Tiefe und an den Strand. Folgt man demselben, so sieht 
man links schroff abfallende Granitwände, an welchen 
Epheu und Flechten emporklettern, sowie einen aus der 
Höhe herabstürzenden Wasserfall, — rechts dagegen, auf 
dem weniger steilen Abhang üppiges Laubholz und fast 
undurchdringliches Gebüsch. Dann gelangt man, nahe 
dem Strande, an eine kleine Brücke und, wenn man diese 
überschritten und den nun bergan steigenden Weg noch 
ungefähr fünf Minuten lang fortgesetzt hat, auf den Vor- 
platz von ,,H elligdomsgaard", eines Bauerngutes, in 
welchem der Reisende Logis und ländliche Bewirthung 
erhalten kann. Wir begnügten uns mit der letzteren und 
begaben uns nach kurzer Rast wieder an den Strand, der 
hier einen so wildromantischen Charakter zeigt, dass man 
sich plötzlich in eine fremde Welt versetzt wähnt. Ver- 
schwunden ist die anmuthige Waldlandschaft von Dyndalen 
und eine strenge, aber grossartig schöne Fels-Scenerie : 



fesselt den Blick. Zerklüftete Granitmassen ragen aus 
dem Meere empor, hier als senkrechte Wände, dort als 



er Blutbuche bis 



zum 




Helligdommen 



Digitized by Google 




Digitized by Google 



68 



Bornholm. 



freistehende thurmhohe Klippen. Sie umschliessen eine 
kleine Bucht, in die wir mit einiger Mühe hinabkletterten, 
um die seltsam gestalteten Steingebilde mehr in der 
Nähe zu betrachten. Dem felsigen Grunde entspringt 
die „hellige Kilde", eine Quelle, welche schon den Urein- 
wohnern der Insel als heilig galt und dem Orte seinen 
Namen (Heiligthum) gegeben hat. Weht der Wind von 
Norden, also von der Seeseite, so liegt dieselbe unter dem 
Meeresspiegel und ist nur durch einen kaum wahrnehm- 
baren Strudel zu erkennen; bei entgegengesetzter Wind- 
richtung tritt sie zu Tage als ein kleiner Born, der sein 
krystallKlares Wasser in die See ergiesst. Obschon fast 
Windstille herrschte, sahen wir doch nur den Strudel 
und die Oeffnung in einer Tiefe von Stockes Länge. Vor 
uns, zwischen zwei Scheeren, befindet sich ein hübscher 
Landungsplatz, links erhebt sich ein mächtiger Granit- 
block, welcher auf seinem Gipfel einige Bäume trägt, 
rechts steht ein ca. 70 Fuss hoher Felskegel , neben ihm 
liegen die Trümmer eines andern, der vor fünfzig Jahren 
umgestürzt ist, ein Schicksal, das auch dem noch erhal- 
tenen Klippengebilde über kurz oder lang bevorsteht, 
denn es ist bereits stark verwittert und vermag dem 
Wogenanprall bei Nordstürmen schwerlich noch grossen 
Widerstand zu leisten. Ihrer Form wegen wurden beide 
Klippen „Lysene" oder die Lichter genannt. Ein 
dritter isolirt dastehender Steinkoloss heisst die „Gans " 
(Gaasen), aus welchem Grunde, sei dahingestellt, da selbst 
eine lebhafte Phantasie eine Aehnlichkeit zwischen ihm 
und der Gestalt einer Gans kaum entdecken würde. Noch 
sind als bemerkenswerth zu nennen zwei grosse Höhlen, 
die eben so wie diejenigen unter Hammerhuus „der 
trokene und der nasse Ofen" heissen. Der erstere ist 
75' lang, 6—8' breit und 10—12' hoch, der letztere 60' 
lang, 20' breit und 16' hoch. Beide sollen mit einer 
Tropfsteinschicht bedeckt sein, von welcher ich im 
„trockenen Ofen", den man zu Fuss erreichen kann, jedoch 
nur einen embryonischen Ansatz bemerkt habe. Auf die 
Besichtigung der anderen Höhle verzichtete ich, weil ein 
Boot nicht in der Nahe war und ich in Folge der Tags 
zuvor gemachten Erfahrungen zu einer zweiten Schwimm- 



Nachdem wir noch eine halbe Stunde lang auf den 
Felsen umhergeklettert waren und die nach Osten zu sich 
fortsetzende, eigentümliche Klippenbildung genugsam 



partie durchaus keine Nei 




ȟrte. 



Digitized by Google 



VII. Von Allinge über Gudhjem nach S^anike. 



69 



betrachtet hatten, verliessen wir diesen überaus pittoresken 
Ort und folgten einem schmalen Pfade, der an „Hellig- 
domsgaard" vorüber, direct nach Süden zur Chaussee 
führt. Hier nahmen wir von einander Abschied; Herr 
Holm kehrte nach Allinge zurück, mein Ziel lag ostwärts. 
Noch ein „farvel" und mein Begleiter war an einer Krüm- 
mung des Weges verschwunden. 

Nach kurzer Wanderung erblickte ich die links neben 
der Chaussee stehende, von Gebüsch umgebene RÖ- 
Kirche, welche der Sage zufolge von einem Bauer 
Rö und seinen zwölf Söhnen erbaut sein soll. Sie ist 
klein und einfach und besitzt als einzige Merkwürdigkeit' 
einen silbernen Kelch, der angeblich von einem 1678 ge- 
strandeten schwedischen Transportschiff herrührt und fol- 
gende deutsche Inschrift trägt : „Diesen Kelk und Patent 
hat der Oberster Lieutenant Stahl machen lassen vor dem 
Uplandischen Regiment zu Fuss. Es haben Officir und 
Soldaten dazu geben ; gehöret also dem Regiment, Got gebe 
seine Genat und Segen durch Jesum Christum ! Ao. 1664. 
Stettin 23. April." Eine zweite Inschrift ebenfalls in 
deutscher Sprache, die sich hier auf zwei Grabsteinen 
von weissem Marmor findet, lautet: „Hinrich G. Jehan: 
disse Sten und Stede gehöret M. S. Jehan und sine 
Ervenn," woraus man schliessen darf, dass in der Rö- 
Gemeinde früher deutsche Ansiedler lebten, die vielleicht 
vom Sturm nach Bornholm verschlagen waren. Weniger 
anspruchslos als ihre Kirche ist die umwohnende Bevöl- 
kerung, welche sich Roer nennt, „röisch" spricht und auf 
die anderen Einwohner Bornholms geringschätzig herab- 
blickt. Sie hält ihr Idiom mindestens für gleichberech- 
tigt mit der dänischen oder- der deutschen Sprache und 
unterscheidet das „Röische" bei jeder Gelegenheit vom 
„Bornholmischen", von dem es im Grunde genommen 
nur eine Mundart ist. 

Vor der Rö-Kirche macht die Strasse eine Biegung 
nach links und läuft dann etwa 3 / 4 Stunde parallel mit 
der Strandlinie bis zu einer Brücke, die über die durch 
ein bewaldetes Thal fliessende Bobbeaa führt. Von 
diesem Punkte aus erreicht man, sich bald wieder nach 
Nordosten wendend, in einer Stunde Gudhjem. Auf hal- 
bem Wege zwischen Rö und dem letztgenannten Orte 

rillte sich zu mir ein Wanderer, der mich um Feuer 
seine irdene Pfeife bat und darauf ein Gespräch an- 
knüpfte, aus welchem hervorging, dass er ein in Gudhjem 



Digitized by Google 



70 



Boraholm. 



wohnender Fischer sei. Den Weg gemeinschaftlich fort- 
setzend, plauderten wir über die Gegend und zuletzt auch 
über die im Munde des Volkes umlaufenden Sagen. Da 
hörte ich denn zu meiner Ueberraschung die Variation 
einer Legende, die mir vor Jahren einmal ein Appen- 
zeller über seine Heimath erzählt hatte. Sie scheint mir 
interessant genug, um hier angeführt zu werden. Vor 
alten Zeiten — so begann mein Gewährsmann — hatte 
unser Herrgott noch hier und dort ein Plätzchen auf 
Erden, wo er von der Wochenarbeit ausruhte und sich 
heimisch fühlte. Ein solches Plätzchen war auch Gudhjem 
oder „ Gottesheim". Damals grünte und blühte dort Alles 
und die Vöglein zwitscherten in den Zweigen der Bäume 
das ganze Jahr hindurch. Nun begab es sich eines 
Tages, dass der „Ruhelose" mit einem Sack voller Steine 
von Schweden her über die See gerade auf Gudhjem zu- 
gepflogen kam. Da ergrimmte unser Herrgott und warf 
mit einem Steine nach dem Bosen, den er so traf, dass 
der Sack platzte und sein Inhalt auf die Küste , gerade 
da, wo jetzt Gudhjem steht, herabfiel. Seitdem ist das 
so geblieben, aber unser Herrgott hat gleichwohl Gudhjem 
nicht verlassen. Nur ist er unsichtbar geworden und hat 
uns statt der Garten- und Feldfrüchte seinen Fischsegen 
gegeben, der übrigens auch seinen Mann ernährt. Doch, 
da sehen Sie den Ort selbst! 

Gudhjem 

das grösste Fischerdorf der Insel, besteht aus ca. 85 Ge- 
bäuden und einer kleinen Kirche. Aus einiger Entfer- 
nung betrachtet, gleichen die terrassenförmig vom Strand 
aufsteigenden Häuser Schwalbennestern , die frei und 
keck gegen die Felsen geklebt sind und in ihrer Ge- 
sammtheit einen höchst malerischen Anblick bieten. Die 
Strassen sind eng und den Bodenverhältnissen entspre- 
chend uneben. Man steigt bald bergauf, bald bergab. 
Längs der Häuser und nicht selten quer über die Strassen 
sind Schnüre gezogen , an denen lange Reihen von He- 
ringen zum Trocknen hängen. Ueberall merkt man den 
Fischgeruch, der indess nicht gerade unangenehm wird. 
Die Kirche steht inmitten des Friedhofes, rechts neben 
der Strasse. Vor der Stadt liegt, zwischen Scheeren ge- 
schützt, ein kleiner Hafen mit einer beträchtlichen An- 
zahl von Booten. Rechts und links neben Gudhjem ist 
die Küste mit zerrissenen Granitmassen bedeckt, die, an 



Digitized by Google 



VII. Von Allinge über Gudhjem nach Svanike. 



71 



vielen Stellen, in die See hinaustretend, allerdings den 
Gedanken erwecken, sie seien in chaotischer Unordnung 
aus der Höhe auf diesen Landfleck herabgestürzt. Wer 
den Norden bereist hat, wird hier lebhaft an gewisse 
norwegische Küstenpunkte erinnert. Richtet man den 
Blick seewärts, so sieht man in einer Distanz von etwas 
über zwei Meilen die bereits genannte Inselgruppe 
„Ertholmene" — Christiansholm (2200' lang und 
1240' breit), Frederiksholm (1400' lang und 400' 
breit) und Graes ho Im (1400' lang und 700' breit) — 
welche bei günstigem Winde von Gudhjem aus in weni- 
gen Stunden zu erreichen ist. Auch findet sich oft Ge- 
legenheit zur Ueberfahrt. In früheren Zeiten waren diese 
Felseninseln als Sitz von Seeräubern verrufen. Angeb- 
lich, um dem Kaubwesen ein Ende zu machen, in Wahr- 
heit aber um Ertholmene für Schweden zu erobern, 
rüstete Karl XI. eine Expedition aus, die indess, als sie 
vor den Inseln anlangte, auf Christiansholm bereits die 
dänische Flagge wehen sah. Ein Hund soll die Veran- 
lassung gewesen sein, dass der Plan des Schwedenkönigs 
an Dänemark verrathen wurde. Die Dänen kamen zuerst 
und mahlten zuerst, wie es im Sprichwort heisst. Um 
nun die Inseln vor einem feindlichen Ueberfall zu schützen, 
Hessen Christian V. und seine Nachfolger Ertholmene 
befestigen und daselbst eine Schicht Erde aufschütten, 
die mit vieler Mühe von Kopenhagen und von Bornholm 



aber auch ihre Fruchtbarkeit, denn es gedeihen auf ihnen 
nicht nur Küchengewächse, sondern auch Erdbeeren, 
Weintrauben und selbst Feigen und Melonen. Die 
Festung ist in neuerer Zeit aufgenoben, ebenso das früher 
auf Frederiksholm erbaute Staatsgefängniss. Dagegen 
steht jetzt auf Christiansholm ein aus Granit aufgeführter 
• Leuchthurm mit Lootsenstation. Die Einwohner treiben 
Fischfang. Für Ornithologen besonders interessant ist 
die unbewohnte Insel Graesholm. Dorthin kommen wäh- 
rend des Frühjahrs und Sommers grosse Schaaren von 
Eidergänsen, die ihre Brütezeit halten und im Herbst 
wieder abziehen. Dann aber finden sich andere Seevögel 
ein, welche daselbst überwintern. 

Die Sonne hatte den Zenith längst überschritten, als 
ich nach eingenommenem „Middesmad" im kleinen Gast- 
hofe Gudhjem verliess und nun einem längs dem klippen- 




Digitized by Google 



72 



Bornholm. 



reichen Strande sich hinziehenden Fusswege folgte , der 
durch mehrere kleine Fischerdörfer in etwa l*/ a Stunde 
nach der Felspartie: 

Randklöveskaaret 

führt. Gern hätte ich zuvor eine Bootfahrt nach Ert- 
holmene unternommen, aber sowohl der conträre Wind, 
wie Mangel an Zeit verhinderten mich, diesen Wunsch 
auszuführen. So begnügte ich mich denn mit dem An- 
blick aus der Ferne. Bei Randklöveskaaret stehen meh- 
rere Bauernhäuser, deren Bewohner auf ihren Feldern 
mit der Ernte beschäftigt waren. Alle Thüren standen 
offen, ein Beweis, dass hier Verwechslungen von „Mein" 
und „Dein" nicht vorkommen. Vor einem der Häuser 
wetzte ein alter Landmann seine Sense. Ich bat ihn um 
ein Glas Wasser. Er ersuchte mich, ihm in seine Woh- 
nung zu folgen , wo er mir einen Krug Bier und ein 
Kästchen voll Tabak vorsetzte mit der Einladung, mir 
eine Pfeife zu stopfen. Alsdann begleitete er mich eine 
Strecke und machte mich auf die Gefahren aufmerksam, 
welchen der Besucher von Randklöveskaaret ausgesetzt 
ist. Diese Warnung war nicht überflüssig und noch 
heute fühle ich mich dem braven Mann dafür zu Dank 
verpflichtet. 

Wenn ich mir das Bild vergegenwärtige, welches ich 
damals als Strandlandschaft vor Augen hatte, so werden 
auch die Eindrücke wieder lebendig, die es im Moment 
der Betrachtung auf mich ausübte. Als ich Randklöve- 
skaaret erblickte, war ich zuerst erstaunt ob seiner wilden 
Schönheit. Dann, näher tretend und vorsichtig an einer 
Granitwand hinab kletternd, empfand ich ein Grauen und 
fühlte, wie mich ein kalter Schauer überlief, so dass ich 
einen Moment nahe daran war, schwindelnd in die Tiefe 
zu stürzen. Endlich, glücklich auf dem Grunde ange- 
langt, vermochte ich nur noch zu bewundern all' die 
phantastischen Felsgebilde, die mich umgaben. Randklöve- 
skaaret ist , wie schon der Name iSkaaret: die Scharte) 
ankündigt, ein Spalt, der ca. 40' tief in eine fast überall 
von senkrechten Felswänden umgebene Schlucht hinab- 
reicht, letztere ist nach allgemeiner Schätzung ungefähr 
200' lang und 100' tief. Die vielfach zerklüfteten Wände 
zeigen in ihren einzelnen Partien bald die Form mäch- 
tiger Thurmruinen, bald diejenige colossaler Pfeiler, 
während der mit Granitblöcken bedeckte Grund an das 



Digitized by Google 




Digitized by Google 



74 



Bornholm. 



Innere einer verfallenen Ritterburg erinnert. Am Süd- 
ende dieser nach der Seeseite zu offenen Schlucht soll 
sich eine, jetzt nicht mehr zugängliche, Höhle befinden, 
in welcher, der Sage zufolge, in alten Zeiten ein Gatten- 
mord verübt worden ist. Auch ohne diese legendarische 
Zugabe ist der Ort unheimlich, besonders wenn man 
allein dort weilt und, beim Rauschen der Wogen und, 
Angesichts der an den Felswänden auf und ab huschen- 
den Schatten der vorüberziehenden Wolken, der Phan- 
tasie freien Spielraum lässt. Für die Wanderung am 
Rande der Schlucht ist die grösste Vorsicht zu empfehlen, 
da einige schmale Spalten mit Moos und Schlingpflanzen 
bedeckt und unsichtbar sind. Ein Fehltritt kann den 
Tod durch den Sturz in die Tiefe zur Folge haben. Man 
thut also wohl daran , einen Führer aus der Umgegend 
zu nehmen. Randklöveskaaret ist gewissermassen der 
Knotenpunkt der bei Allinge beginnenden über Gudhjem 
bis Svanike sich fortsetzenden und hinter Nexö endenden 
Klippentyldung , die nirgends einen so grossartigen, im- 
ponirenden Charakter zeigt wie an dieser Stelle. Hier 
scheint eine aus dem Innern der Erde heraus wirkende 
Gewalt ihre höchste und letzte Anstrengung gemacht 
und dann an Kraft allmälig abgenommen zu haben, denn, 
je weiter man nach Südosten kommt, desto mehr verliert 
sich das scharfe Gepräge des specifisch Wilden. 

Von Randklöveskaaret führt ein anmuthiger Pfad längs 
der Küste nach Svanike. Diesen Weg beschritt ich 
jedoch nicht, obschon er der kürzeste ist, denn ich wollte 
meinen Tagesmarsch nicht beenden, ohne den an der 
Landstrasse liegenden Hain Luiselund besucht zu haben. 
Mich wieder landeinwärts wendend, folgte ich einem 
Steige, der sich zwischen Getreidefeldern hinzieht und in 
der Nähe eines grossen Gehöftes die Chaussee kreuzt. 
Auf der letzteren meine Wanderung nach Osten zu fort- 
setzend, musste ich an dem Hain vorüberkommen. Um 
meiner Sache gewiss zu sein, fragte ich einen am Wege 
stehenden Mann, den ich seiner Kleidung nach für einen 
Knecht auf dem links neben der Strasse liegenden Gute 
hielt, wie weit es noch bis Luiselund sei. „In etwa einer 
Stunde," antwortete er mir, „werden Sie rechts von der 
Strasse ein Gehölz und aus demselben eine Flaggenstange 
hervorragen sehen; das ist der Hain." Als der Land- 
mann darauf einige Schritte neben mir herging, forschte 
ich weiter: „Sie dienen wohl auf jenem Hofe dort?" — 



VII. Von Allinge über Gudhjem nach Svanike. 75 

„Nein, Herr," erwiederte er, „ich bin der Besitzer." Ich 
war natürlich nicht wenig überrascht und stotterte eine 
Entschuldigung. Wer hätte auch errathen können, dass 
der mit Jacke, Zwillichhose und Holzschuhen beklei- 
dete Mann der Eigner eines Gutes sei, dessen Werth 
vielleicht 300,000 Mark übersteigt! So findet man auf 
Bornholm Wohlhabenheit mit Einfachheit oft beisammen 
und darf gewärtig sein, dass ein hinter dem Pfluge ein- 
herschreitender Bauer sich im nächsten Moment als kö- 
niglich dänischer Lieutenant oder gar Hauptmann der 
Bornholm er Miliz vorstellt. 

Die Gegend, durch welche die Strasse als schnur- 
gerade Linie sich hinzieht, ist monoton. Der Blick sucht 
nach einem Haftpunkt und kann ihn nicht finden. 
Dämmerung sank herab, immer enger ward der Horizont, 
und die noch sichtbaren Gegenstände zeigten sich in 
jenem Halblicht, das ein bestimmtes Erkennen nicht mehr 
zulässt. In einiger Entfernung taucht eine dunkle Masse 
auf. Es ist ein links neben der Chaussee stehendes 
„Bondegaard". Rechts soll der Hain liegen. Und in der 
That zweigt sich hier ein Feldweg ab, der in die Niede- 
rung führt. Aus dieser steigen leichte Nebel empor und 
treiben mit dem Winde dahin. Zwischen ihnen markiren 
sich tiefe Schatten, Baumgruppen werden sichtbar, auch 
die Flaggenstange fehlt nicht; es ist 

Luiselund. 

Eine Mauer umfriedet den Hain. Die kleine Pforte 
stand offen, ich trete ein. Ermüdet zwar vom langen 
Tagesmarsche will ich ihn doch näher kennen lernen. 
Links am Eingang ragt ein Bautastein. Er ist dreieckig 
und ungefähr acht Fuss hoch, nach oben zu sich ver- 
jüngend. Man möchte ihn für einen versteinerten Wächter 
halten. Ein Steig führt in den schönen Laubwald, ein 
anderer zieht sich längs dem Steinwall hin. Ich folge 
dem letzteren, um mich zuerst ein wenig zu orientiren. 
Wie einsam es hier ist ! Ich höre nichts als das Knirschen 
des Sandes unter den Füssen und das Wispern der Blät- 
ter über mir. Die gefiederten Bewohner dieses „Hellig- 
doms" scheinen bereits zu schlafen. Ein Geraschel lässt 
mich einen Moment stille stehen. Es ist eine Eidechse, 
die sich verspätet hat und jetzt zu ihrem Schlupfwinkel 
zurückkehrt. Während ich noch auf sie achte, sehe ich 
plötzlich im Grün der Gebüsche etwas Leuchtendes. 



Digitized by Google 



76 



Bornholra. 



Einige Schritte weiter glimmt ebenfalls ein Funke, dort 
noch einer und so zähle ich solcher Feuerpunkte einige 
zwanzig. Der abergläubische Bornholmer würde sie für 
die Augen der „Unterirdischen" halten und sofort den 
Ort verlassen. Alle diese Funken sind harmlose Glüh- 
würmchen. Aber, was steht dort, halb hinter einer Buche 
versteckt? Der Gestalt nach könnte es wohl ein Mensch 
sein, der den einsamen Wanderer belauert. Vorsichtig 
trete ich näher und rufe, da sich nichts regt: „Hvem 
er der ?" Keine Antwort. Jetzt taste ich mit dem Stocke, 
der einen harten Gegenstand, einen — Bautastein, be- 
rührt. Meine Wanderung fortsetzend, erkenne ich nach 
und nach mehrere derartige primitive Denkmäler und 
erinnere mich unwillkürlich des „Hävämal" der Edda, in 
dem es heisst: 

„Bautasteine stehn am Wege selten, 

Wenn sie der Freund dem Freund nicht setzt.* 

Von mehr als zwanzig Freundschaften giebt dieser 
Hain Kunde. Die Freunde sind längst gestorben, ihre 
Namen und Thaten vergessen, ihre Freundschaften aber 
sind in Stein verewigt. Stumm und geheimnissvoll stehen 
sie da, diese uralten Gedenkzeichen, das eine nach rechts, 
das andere nach links geneigt, wie wenn die Last vieler 
Jahrhunderte sie zur Erde beugte. Könnten sie doch 
reden und erzählen von den alten Vickingen, die einst 
die Insel bewohnten und die See beherrschten! Aber sie 
schweigen, sie sind ja die Sphynxe des Nordens. — 

Etwa eine halbe Stunde ist verflossen. Wieder stehe 
ich vor der Pforte. Hinter mir rauscht es wie gewaltiger 
Flügelschlag. Die Bäume neigen ihre Wipfel im Abend- 
winae. Tiefer sinken die Schatten der Nacht und mahnen 
zum Aufbruch. Und doch vermag ich den Ort noch 
nicht zu verlassen. Was fesselt mich nur, Waldeszauber, 
Sagenpoesie ? Ich weiss es nicht. . . . Horch ! . . . Welch 
süsser Ton, so voller Liebes-Lust und Klage? Ist's eine 

Sirene, die sich hier verborgen hält? ... Er verstummt 

Da hör' ich ihn wieder Das kann nurPhilomele sein, 

die Sängerin der Nacht! Immer schmelzender, verführe- 
rischerwird der Gesang. Wie er lockt! Lauschend folge 
ich der Klangrichtung und befinde mich nach wenigen 
Schritten unter dem dunklen Laubdach schlank gewach- 
sener Buchen. Rechts und links am Wege stehen Bänke. 
Ich gehe weiter, einer kleinen Lichtung zu, die ein Rondel 
bildet. Auch liier laden Ruheplätze zum Verweilen ein. 



Digitized by Google 



VII. Von Allinge über Gudhjem nach Svanike. 



77 



Vor einer Gruppe von Bautasteinen mache ich Halt. Ein 
Stein liegt am Boden, er soll mir als Bank dienen. 

Die gefiederte Sängerin schliesst so eben mit einem 
Tremolo. Im Osten erhellt sich der Horizont : M a n i , 
Mundilfori's Sohn, beginnt seine Wanderung durch das 
All. Wie eine silberne Fluth ergiesst sein Licht sich 
über den Hain, der jetzt einen wahrhaft magischen An- 
blick gewährt und als ein Bild hehren Friedens dem Ge- 
dächtniss sich einprägt für alle Zeit. — Nicht ohne Gefahr 
für den phantasievollen Besucher ist der Aufenthalt in 
Luiselund um diese Stunde, denn der Ort ist wie ge- 
schaffen, um aus dem altnordischen Mythos, der ja auch 
auf Bornholm eine heimische Stätte hat, eine sinn- 
berückende Fata Morgana entstehen zu lassen. Soll 
doch vor wenigen Jahren ein reisender Engländer von 
hier in jähem Entsetzen geflohen sein und später in 
Svanike behauptet haben, Asen seien ihm erschienen und 
hätten um ihn her einen lautlosen Reigen aufgeführt. 
Sodann habe er ein dumpfes Brausen und dazwischen 
die Worte gehört: 

„ Ich bin Odin's Sohn, 

Meili'8 Bruder und Magni's Vater. 

Du kannst mit Thor sprechen. 

Ich frage Dich nun: wie heisscst Du? u 

Plötzlich wäre es dunkel geworden. Da habe er es nicht 
länger aushalten können und sei „über Hals über Kopf 
geflohen. Hut und Schirm, die er im Schrecken ver- 
gessen, waren am folgenden Tage verschwunden. 

Für diese Vision giebt es nur zwei Erklärungen : 
entweder war die Phantasie des Reisenden überreizt und 
die am Nachmittag gelesene Edda spukte ihm im Kopfe, 
so dass er Phantome sah und seine eigenen Gedanken 
als Stimme hörte — was ja bei grosser Nervosität vor- 
zukommen pflegt; oder ein Spassvogel, gleichviel ob ein 
Bornholmer oder ein fremder, hatte ihm einen Streich 
gespielt, der leicht schlimme Folgen hätte haben können. 
Für Hut und Schirm mochte sich am andern Morgen 
wohl ein neuer Besitzer aus der Umgegend gefunden 
haben. Wie dem auch sein mag, der eine „Thor" oder 
der andere war in der Edda wohl belesen, denn die 
angeführte Stelle findet sich fast wörtlich im „Harbardhs- 
liodh" (9). 

Solche Hallucinationen beängstigten mich nun nicht, 
obschon die Phantasie ein wenig zu vagabondiren ver- 



Digitized by Google 



78 Bornholm. 

suchte. Directen Anlass dazu boten die vor mir stehenden 
Bautasteine, auf deren Flächen das Mondlicht spielte und 
so dem Auge von Zeit zu Zeit neue Prospecte vorführte. 
Als Palliativmittel gegen diese Versuchung lenkte ich 
meine Gedanken aui den Ursprung der mysteriösen Ge- 
denkzeichen, konnte indess ein befriedigendes Resultat 
des Nachdenkens nicht erlangen. Ohne Zweifel ent- 
stammt die Benennung einer keltischen Wurzel, und zwar 
dem Worte bod, baidh (fiubaidh), Heerführer, Held, aber 
das, mit einem Hinweis auf die allerdings unzureichende 
Erklärung der Edda, ist auch so ziemlich Alles, was sich 
darüber sagen lässt. Ich habe später viele Werke über 
nordische Alterthümer durchforscht, nach dieser Richtung 
hin leider erfolglos. Was nun diese Bezeichnung „Luise- 
lund" anbetrifft , so ist dieselbe verhältnissmässig neuen 
Datums und dem Orte zu Ehren der Gräfin Luise von 
Danner, welche den Hain während ihrer Anwesenheit 
auf Bornholm stets mit Vorliebe besuchte, gegeben 
worden. 

Es war bereits spät, als ich das schöne Wäldchen 
verliess. Ich hatte gefunden, was ich gesucht: ein Stünd- 
chen ungestörter Ruhe. Mit einem „Farvel Luiselund!" 
trat ich meinen Marsch wieder an, der mich auf der 
Chaussee in 8 / 4 Stunde nach Svanike führte. 



VIII. Svanike. — Nexö. — Aakirkeby. 

Svanike 

ein betriebsames Städtchen von ca. 300 Häusern mit 
1200 Einwohnern, leitet seinen Namen von den vielen 
Schwänen ab, die sich früher in dieser Gegend gezeigt 
haben sollen. Es liegt auf dem östlichsten Punkte der 
Insel auf drei Felshügeln, die ein mit geringen Kosten 
zu unterhaltendes, allerdings wenig ebenes, Strassen- 
pflaster hergeben, und ist der Geburtsort des berühmten 
Philologen Prof. Joh. Nie. Madwig. Wie bei Allinge 
so ist auch hier der 12 — 15 Fuss tiefe Hafen theils von 
der Natur gebildet, theils aus dem Granit gesprengt. 
Vor der Einfahrt, oder vielmehr inmitten derselben ragt 



Digitized by Google 



VIII. Svanike. — Nexö. — Aakirkeby. 



79 



eine Klippe aus dem Meere, welche wegen ihrer eigen- 
thümlichen Form „Jomfruen" oder die Jungfrau heisst. 
In der, auf einem der Hügel stehenden, an sich wenig 
interessanten, Kirche befinden sich mehrere Grabsteine 
noch aus der Zeit der Lübecker Herrschaft und ein 
schöner Runenstein mit der Inschrift: „Bufi Hess (diesen 
Stein) ritzen zum Andenken an seinen guten Vater Aukil. 
Christ helfe seiner Seele."*) Auch die Glocke trägt eine 
Inschrift (in dänischer Sprache), welche besagt, dass der 
„eherne Mund" unter Bischof Bornemand und Probst 
Morsing umgegossen wurde. 

Als ich am Abend gegen 10 Uhr Svanike erreicht 
hatte, waren die Strassen finster und menschenleer. Auf 
gut Glück vorwärts schreitend, erblickte ich endlich eine 
Frau, die ich fragte : „Hvor er den bedste Gjaestgivergaard 
i Svanike?" Sie zeigte auf ein wenig einladendes Haus, 
aus welchem mir lautes Rufen entgegen schallte. Das 
konnte unmöglich der beste Gasthof des Ortes sein! 
Zweifelnd ging ich weiter, bis ich einen Burschen traf, 
der mir indess dieselbe Anwort gab. „En Hotel !" wieder- 
holte ich. „A, ju Herre," entgegnete er, sich besinnend, 
„vaer saa god, og folg mig." Und nun führte er mich 
durch mehrere Strassen und Gassen an den Hafen, wo 
ich vor einem Hause ein grosses Schild hängen sah. Es 
war Hotel Oestersen. Inzwischen hatte ich die 
Schlussfolgerung gezogen, dass man in Svanike, wie auch 
in anderen Städten Bornholms , unter „Gasthof" etwas 
ganz Anderes versteht als unter „Hotel". Der erstere 
ist eine Schenke, das letztere einLogirhaus für Reisende. 

Während ich im Fremdenzimmer auf das bestellte 
Abendessen wartete und die nicht mehr ganz neuen 
Kopenhagener Zeitungen durchblätterte , wurde meine 
Aufmerksamkeit durch einen Herrn angezogen , der , die 
Hände auf die Hüften gestützt und eine Melodie pfeifend, 
tänzelnden Schrittes im Räume auf und ab ging. „Hau 
er en Dandsmester," raunte mein Nachbar zur Rechten, 
ein alter Schiffs-Capitain , mir zu und bemerkte weiter, 
als der Herr ein „balance" ausführte und dabei die Dau- 
men in die Westenärmellöcher steckte: „for et Mandfolk 
er det meget latterligt!" Er hatte Recht, der Mann 
machte sich allerdings recht lächerlich mit seinen ver- 
schiedenen Posen, die er als Tanzlehrer der Jugend von 



*) Nach dem Runenkenner Lehrer L. Petersen auf Bornholm. 



Digitized by Google 



80 



Bornholm. 



Svanike einzuüben beabsichtigte. Nach einiger Zeit setzte 
er sich zu uns an den Tisch und zeigte sich hier als ein 
so aufdringlicher Patron, dass ich ihn kurz abfallen liess. 
Sein Jargon erinnerte übrigens sofort an die hebräische 
Satz-Construetion. 

An der Wand hing ein Bild , welches den heiligen 
Geist, in Gestalt einer Taube herabschwebend, darstellte. 
Als ich dasselbe, halb unwillkürlich, einen Moment be- 
trachtete, rückte der alte Seemann seinen Stuhl näher an 
den meinigen und fragte: „Hat man Ihnen in Gudhjem 
nichts von einem solchen Bilde erzählt? 4 ' Ich verneinte 
und bat ihn um die Geschichte , denn ich merkte wohl, 
dass er etwas derartiges auf dem Herzen hatte. „Kam 
vor Jahren einmal ein Franzos nach Gudhjem und wollte 
dort eine gebratene Taube essen," begann der Capitain 
sein „Gespinnst" abzuwickeln. „Verstand aber nicht 
Bornholmisch und der Wirth in Gudhjem noch weniger 
Franzmännisch. War guter Rath also theuer. Der Franzos 
verlangte immer „pigeon roti", der Wirth schüttelte den 
Kopf. Da sieht der Fremde ein solches Bild an der 
Wand hängen. Hvod er det? fragte er, mit dem Finger 
darauf zeigend. Den hellig Geist! antwortete der Wirth. 
Steg mig den hellig Geist ! (braten Sie mir den heiligen 
Geist!) rief der Franzose. Der entsetzte Wirth lief hin- 
aus und holte seine Frau und einige Nachbarn herbei. 
Steg mig den hellig Geist, tout de suite! schrie der 
Fremde noch einmal, dass das ganze Haus erdröhnte. 
Man hielt den Reisenden für verrückt und er musste sich 
beeilen, den Ort zu verlassen," schloss mein Nachbar seine 
komische Erzählung. 

Inzwischen war mein Abendessen servirt worden, das 
weniger zu wünschen übrig liess als die Solidität der 
Stühle, deren einer unter mir zusammenbrach, so dass 
ich in ziemlich unangenehmer Weise mit dem Fussboden 
Bekanntschaft machte. Nach beendigtem Mahl begab ich 
mich in das mir angewiesene Zimmer, wo ich die Nacht 
hindurch von Thor, Odin. und gebratenen Geistern träumte, 
die der Tanzlehrer verspeiste. 

Der folgende Morgen war trübe und nebelig. Im 
Hafen, der unmittelbar vor den Fenstern liegt, begann 
ein reger Verkehr. Fischerboote fuhren aus und ein, 
Händler feilschten um den Nachtfang und ein englischer 
Kutter machte sich segelfertig. In Erwartung des Früh- 
stücks durchwanderte ich die kleine Stadt, besuchte die 



Digitized by Google 



VIII. Svanike. — Nexö. — Aakirkeby. 



81 



nördlich von Svanike stehenden, durch ihre eigenthüm- 
liche Form bemerkenswerthen „Tempelklippen" und 
kehrte dann in's Hotel zurück. Unterwegs machte ich 
die auch anderen Reisenden nicht entgangene Wahr- 
nehmung, dass, wenn drei oder vier Svanikerinnen bei- 
sammen sind, alle drei oder vier zugleich über fast eben 
so viele Abwesende sprechen, was man vulgär „klatschen" 
nennt. Fama behauptet sogar, dass von sieben zu einem 
Oirkelchen versammelten Damen gewöhnlich sechs das 
Bedürfniss fühlen, ihre Stimmen unisono zu hören. Doch 
das ist gewiss eine Uebertreibung. 

Die Entfernung zwischen Svanike und Nexö beträgt 
V l4 Meilen. Der Weg führt jetzt nach Süden und zieht 
sich längs dem Strande hin, der, zwar noch reich an 
Klippen und nicht gerade arm an malerischen Punkten, 
ailmälig an Grossartigkeit der Felsformation abnimmt und 
nach und nach flacher wird. Rechts von der Strasse da- 
gegen erhebt sich das Hochplateau, „Höilingen" mit 
vielen schönen Aussichten, sou. a. „Helvedesbakkerne" 
und „Klintebakken", welche man ohne grossen Zeit- 
verlust auf dem Marsche besuchen kann. Andere inter- 
essante Punkte sind „Paradiisbakkerne", mehrere 
wilde Felsschluchten und die „Gamleborg", eine Burg- 
ruine, deren Geschichte sich in die Sage verliert. Ferner 
sei hier genannt der „Rokkesteen", einer jener merk- 
würdigen Steine, die so auf ihrem Schwerpunkte ruhen, 
dass trotz ihres bedeutenden Gewichtes*) ein einzelner 
Mann sie in eine schaukelnde Bewegung versetzen kann. 
Endlich verdient noch Beachtung „Gryet", ein Gehölz mit 
mehreren schönen Bautasteinen. Dieser Hain ist jedoch 
viel kleiner als Luiselund und vermag nicht den Wanderer 
lange zu fesseln. 

Nach dreistündigem Marsche erreichte ich 

Nexö 

ein freundlich gelegenes Städtchen, das auf der Landseite 
von flachen Feldern umgeben ist, einen inneren und einen 
äusseren Hafen besitzt und aus ca. 385 zum grössten 
Theil einstöckigen Häusern mit 1600 Einwohnern besteht. 
Vor der Stadt liegt der „Frederikssteinbruch", in welchem 
hin und wieder schöne Versteinerungen gefunden werden. 



*) Der grösste wiegt ca. 4000 Centner. 
Stromer, Die Insel Bornholm. 6 



Digitized by Google 



82 



Bornholm. 



Früher auf Staatskosten betrieben, ist dieses Unterneh- 
men in neuerer Zeit in Privatbesitz übergegangen. Man 
bricht dort einen vortrefflichen Sandstein, ist aber nicht 
im Stande, ihn genügend zu verwerthen, da die geringe 
Tiefe des von Sandbänken umgebenen Hafens den Export 
des Materials durch Schilfe unmöglich macht. So treten 
denn nicht selten Betriebsstockungen ein. 

Nexö selbst ist weniger interessant als ein Blatt sei- 
ner Geschichte. Im Sommer des Jahres 1645 war dieser 
Ort der Schauplatz blutiger Ereignisse. Zu jener Zeit er- 
schien hier der schwedische Admirai Wrang el mit 29 Schiffen 
und bombardirte die Stadt, während 500 Mann nordöstlich 
bei dem Strudel „Malqvärn u landeten. Nexö wurde genom- 
men und von den Schweden geplündert. Als die Soldaten 
am Strande ihr wüstes Gelage hielten und den Raub unter 
sich vertheilten , versuchte Albert Wulften , ein Bürger- 
sohn aus Svanike, mit einer Schaar junger Männer einen 
Ueberfall, der auch gelungen wäre, wenn die Nexöer ihm 
Hülfe geleistet hätten. Aber die Einwohner waren voll- 
ständig entmuthigt und Hessen es geschehen, dass die 
kleine Truppe heldenmüthiger Kämpfer der Üebermacht 
unterlag und vor ihren Augen massacrirt wurde, indess, 
nicht ohne zuvor eine grosse Zahl schwedischer Soldaten 
erschlagen zu haben. Wohl zog die Bornholmer Miliz 
heran, bereit, mit Einsetzung ihres Lebens den Feind zu 
verdrängen, aber ihre Führer, der Statthalter Holger 
Rosenkranz an der Spitze und die bornholmischen Edel- 
leute Sivert Gagge, Just Nicolai und Christian Makkabäus, 
die zu den reichsten Familien des Landes gehörten, waren 
von den Schweden gewonnen und hatten Bornholm an die 
Feinde verkauft. Durch den Frieden von Brömsebru, 
der im folgenden Jahre geschlossen wurde, gelangte Born- 
holm wieder in dänischen Besitz ; die Verräther erhielten 
jedoch nicht die verdiente Strafe, sondern kamen durch 
Vermittelung des schwedischen Hofes mit einer geringen 
Geldbusse davon. Seitdem ist Nexö von keinem anderen 
Feinde heimgesucht worden als von Seestürmen, die 
allerdings ziemlich arge Verwüstungen angerichtet haben, 
zuletzt derjenige im Herbst 1872. 

Wie schon bemerkt verändert sich der Charakter des 
Landes nicht nur durch allmälige Verflachung der Küste, 
sondern auch durch die Beschaffenheit des Bodens. Wäh- 
rend im Nordwesten und Nordosten der Insel die Fels- 
massen fast ausschliesslich aus Granit bestehen, treten im 



Digitized by Google 



VIII. Svanike. — Nexö. — Aakirkeby. 



83 



Süden vorwiegend Sandstein- und Schieferschichten der 
Silurformation zu Tage, die eine, nach dem Meere zu leicht 
geneigte, mil Flugsand bedeckte, Ebene bilden. Durch 
diese im Allgemeinen wenig interessante Gegend setzte 
ich meine Wanderung so lange fort, bis ich mich durch 
den Augenschein überzeugt hatte, dass eine Tour um die 
Südküste Bornholms nicht der Mühe lohne, und kehrte 
dann zum Fischerdorfe Snogeboek (Schlangenbach) zu- 
rück, wo die Strasse eine Biegung nach Westen macht. 
Snogebeek ist eine für Schifte verhängnissvolle Stelle. 
Hier erstreckt sich eine Sandbank fast eine Meile weit 
in die See und viele Fahrzeuge gehen alljährlich auf 
dieser Untiefe zu Grunde. Seit 1854 besitzt Snogebaek 
einen R e 1 1 u n g s - A p p a r a t für Schiffbrüchige und zwar 
ein Boot mit nur sechs Zoll Tiefgang, das weder um- 
schlagen noch untergehen kann und im Gebrauchsfalle 
von 6 — 8 Mann bestiegen wird. Dasselbe ist mit einer 
Korkbekleidung und mit Ventilen zum Ablaufen des 
Wassers versehen und steht beständig auf einem langen 
Wagen in einem Schuppen am Strande. Die Bemannung 
trägt Schwimmgürtel, welche am Boote befestigt sind, 
damit Niemand über Bord gespült werden kann. Macht 
ein zu hoher Seegang das Auslaufen des Fahrzeuges un- 
möglich, so schiesst man auf Entfernungen von 1000 Schritt 
nach den gestrandeten Schiffen mit Raketen, die eine 
starke Schnur nach sich ziehen und durch letztere die 
gefährdeten Seeleute in den Stand setzen, ein langes Tau 
an^uholen und an diesem dann mittelst Fahrstuhl die 
Landung zu bewerkstelligen. Snogebaek ist ferner da- 
durch bemerkenswerth, dass in seiner Nähe das russische 
Telegraphen -Kabel in's Meer gesenkt ist. 

Der nach Rönne, resp. nach Aakirkeby führenden 
Strasse folgend, kam ich in Intervallen von je einer 
Stunde an zwei Kirchen, der Pouls- und der Peders- 
K irche, vorbei. Unweit der ersteren, die aus schwarzem 
Kalk- oder Cementstein aufgeführt ist, erhebt sich ein 
ca. 200 Fuss hoher Hügel, der „Rispeb j erg" (Riesen- 
berg), auf welchem in alten Zeiten die jetzt nur noch durch 
einige Ruinen angedeutete „Ring bürg" gestanden hat. 
Dieser Hügel soll, wie die Sage berichtet, früher von 
Riesen und Zwergen bewohnt gewesen sein. Einer der 
Riesen hicss Bonavede. Er ist gewissermassen der 
Stammvater der Bornholnier und . seiner Charakteristik 
nach zu urtheilen, der Urtypus der Insulaner. Bonavede's 

6* 



84 



Bornholm. 



Vater war ein Bonde (Bauer), seine Mutter eine Vaette 
(Meerfrau). Zieht man diese Benennungen zusammen, so 
entsteht Bondevaette, woraus sich später . Bondevedde, 
Bondevede und Bonavede gebildet haben mögen. Bona- 
vede war eben so gutmüthig wie schlau. Wollten die 
Puslinge oder „Unterirdischen" ihm einen Streich spielen, 
so kam er ihnen zuvor, denn er war ,.synsk u , d. h. er 
konnte sehen, was Andere nicht sahen. So wusste er 
auch , dass die Berggeister ihn eines Tages betrunken 
machen und dann tödten wollten. Gleichwohl nahm er 
den ihm von den Zwergen dargereichten Becher an, 
schwang sich aber damit rasch auf sein Pferd und sprengte 
davon. Den Pokal schenkte er als guter Christ später 
der Peders-Kirche, wo derselbe noch heute zu sehen sein 
soll. Nach einer anderen Legende war die Insel im An- 
fang aller Dinge von guten und von bösen Geistern be- 
wohnt. Bonavede hiess der Anführer der guten, Ulfson 
derjenige der bösen Geister. Beide Theile bekämpften 
sich fortwährend und führten endlich bei Hammershuus 
eine Entscheidungsschlacht. Bonavede und die Seinigen 
gingen als Sieger hervor und trieben Ulfson mit seiner 
Schaar über das Meer nach Schweden. Seit jener Zeit, 
also von jeher, kam aus Schweden nichts Gutes herüber. 
Das ist die Rache der bösen Geister. 

Hinter der Pederskirche zweigt sich rechts von der 
Strasse der Weg nach 

Aakirkeby 

ab. Die Entfernung zwischen beiden Punkten beträgt 
ca. eine Meile. Schon von Weitem erblickt man den auf 
einer felsigen Höhe (280') liegenden Ort, der nicht nur 
die einzige Stadt im Innern des Landes, sondern auch 
die älteste der Insel ist. Als Zeit ihrer Gründung wird 
allgemein die Mitte des 12. Jahrhunderts angenommen : 
doch ist es nicht unwahrscheinlich, dass der Erzbischof 
Eskild, welcher 1149 den grössten Theil von Bornholin 
als Lehen erhielt, hier bereits eine Ansiedelung vorfand. 

Als ich am Nachmittag in Aakirkeby anlangte, war 
ich so ermüdet und — warum soll ieh's verschweigen? 
— so hungrig, dass sich meine Localstudien vorläufig 
darauf beschränkten, das Aushängeschild eines Gasthofes 
zu entdecken, in welchem ich zunächst die Bedürfnisse 
des physischen Menschen befriedigen konnte. Bald hatte 
ich gefunden, was ich, rechts und links blickend, gesucht, 



Digitized by Google 



VIII. Svanike. — Nexö. — Aakirkeby. 



85 



und widmete mich nun der passiv- activen Beschäftigung 
der Ruhe und der körperlichen „Erbauung" bei einem 
schnell zubereiteten frugalen Mahl. Beim Eintritt in das 
Local hatte ich einen Herrn bemerkt, der ebenfalls ein 
Reisender zu sein schien. Er mochte einen Kostenüber- 
schlag machen ; darauf Hessen die vor ihm auf dem Tische 
ausgebreiteten Rechnungen und Bankscheine wenigstens 
schliessen. Nachdem er die Papiere zusammengerafft und 
an sich genommen, trat er zu mir heran und sagte auf 
deutsch : 

„Sie gestatten mir wohl, Sie zu fragen, ob Sie ein 
Deutscher sind?" 

„Das bin ich!" erwiederte ich, „und Sie sind, Ihrem 
Accent nach zu urtheilen, aus Schlesien." 

Der Fremde lächelte. „Sie haben's errathen," fuhr 
er fort, „ich bin aus Breslau und lebe jetzt seit zwanzig 
Jahren in Dänemark.'' Und er stellte sich mir vor als 
Kaufmann A. Buhl, in Horsens auf Jütland ansässig. Wir 
wechselten einen Händedruck. Dann erzählte mir Hr. 
Buhl, dass er viele Jahre in Rönne gewohnt und dort ein 
Vermögen erworben habe. „Jetzt befinde ich mich auf 
einer Geschäftsreise." fügte er hinzu; „in etwa einer 
Stunde fahre ich nach Rönne zurück. Wollen Sie mein 
Begleiter sein, so soll's mich herzlich freuen. Wir können 
die Tour über Almindingen machen und dort zu Abend 
essen." 

Obschon dieses freundliche Anerbieten sehr verlockend 
war, wollte ich doch nicht sofort zusagen, denn meinem 
Reiseplan gemäss beabsichtigte ich , die Nacht in Aakir- 
keby zu bleiben und erst am folgenden Tage über Almin- 
dingen nach Rönne zu gehen. Mein neuer Bekannter 
bat mich jedoch so dringend, ihn zu begleiten, und unter- 
stützte seine Offerte durch so gute Gründe, dass ich ihm 
bedingungsweise meine Zustimmung gab. „Aakirkeby 
besitzt nichts Bemerkenswerthes als seine Kirche ," sagte 
er unter Anderem „und diese können Sie in Zeit von einer 
Stunde eingehend besichtigt haben. Ist das geschehen, 
so werden Sie sich langweilen und in dem hiesigen Hotel 
weniger gut schlafen als in Rönne. Für Almindingen 
bleibt uns der Rest des Tages. Ich lasse inzwischen an- 
spannen, wir fahren scharf zu, und dort angelangt, führe 
ich Sie, wohin Sie wollen. Ob wir dann um zehn, um 
elf oder um zwölf Uhr Nachts in Rönne eintreffen , ist 
mir gleichgültig. Alles steht in Ihrem Belieben." 



86 



Boruholm. 



Gegen solche Motivirung Hess sich freilich nichts ein- 
wenden. Ich gab meine Reisetasche dem Wirth zur Auf- 
bewahrung und versprach in spätestens l 1 2 Stunde zurück 
zu kehren. Auf der Promenade durch die Stadt sah ich 
nun selbst , dass Hr. Buhl mit seiner Beauptung Recht 
gehabt hatte. Aakirkeby als Stadt vermag keinen Be- 
sucher zu fesseln. Die Häuser sind klein und einfach: 
sie lassen weder einen bestimmten Baustil noch Schönheits- 
sinn ihrer Besitzer erkennen. Jedes Gebäude erfüllt eben 
nur seinen Zweck als Behausung, voilä tout! Der An- 
blick ist recht prosaisch, denn man sieht nichts als 
das absolut Xothwendige. Bei Weitem interessanter ist 
die Kirche mit dem sie umgebenden Friedhof. Auf letz- 
terem befinden sich viele schöne Monumente aus Marmor 
und Sandstein, die zum Theil sehr kunstvoll gearbeitet 
sind. Unter ihnen fiel mir besonders auf ein Grabstein 
aus weissem Marmor, auf welchem in Medaillonform die 
Bibelstelle: „Lasset die Kindlein zu mir kommen!" bild- 
lich dargestellt ist. Die Ausführung ist meisterhaft und 
macht ihrem I rheber alle Ehre. Schade , dass ein so 
ungewöhnliches Talent sich hier vor der AVeit verbirgt ! 

Die Aakirche stammt aus der letzten Hälfte des 12. 
oder aus dem Anfang des 13. Jahrhunderts. Sie ist aus 
schwarzem Cementstein aufgeführt und besteht aus einem 
Langbau mit Chor und Chorrunduug und einem mäch- 
tigen viereckigen Thurm, der ursprünglich als Befestigungs- 
werk zur Verteidigung gedient haben mag. Der Lang- 
bau ist durch fünf viereckige Pfeiler in zwei gleich grosse 
Schiffe getheilt, an deren Seitenwänden ebenfalls Pfeiler 
stehen, die durch Rundbogen vereinigt sind. Der Thurm 
hat vier Stockwerke, von denen die ersten drei durch 
Tonnenwölbungen von einander geschieden sind, während 
die oberste Abtheilung ein zweitheiliges, am First ge- 
zacktes Dach mit vier eckigen Ausläufern trägt. \on 
dem Bilderschmuck in der Kirche sind besonders be- 
merkenswerth die aus der Zeit der Lübecker herrühren- 
den Fresken an den Wänden, ein Altarbild (Christi 
Kreuzigung) und ein auf Holz gemaltes Wappen mit der 
Jahreszahl 1623. An die Herrschaft der Lübecker auf 
Bornholm erinnert ferner ein im Vorbau aufgestellter 
Grabstein, auf welchem der Landvoigt Sveder Ketting 
und seine beiden Frauen in ganzer Figur abgebildet sind, 
lieber und neben den drei Gestalten befindet sich eine 
altdeutsche Inschrift, unter ihnen sind drei Wappen- 



Digitized by Google 



IX. Almindingen. 



87 



scbilder in den Stein gemeisselt. Die reich mit Schnitze- 
reien verzierte Kanzel ist wahrscheinlich hundert Jahre 
älter als dieser Stein. Der interessanteste und archäolo- 
gisch werthvollste Gegenstand der Aakirche aber ist ein 
Taufbecken aus weissgrauem Sandstein, dessen Alter sich 
schwer bestimmen lässt. Es hat die Form eines mächtigen 
Pokals und zeigt auf seiner äusseren Wölbung einige 
3Iomente aus der Leidensgeschichte Christi in erhabener 
Arbeit dargestellt. Die Reliefs sind in Fehler eingetheilt, 
über welchen die Erklärung der Bildwerke in Runen- 
schrift steht. Aus dem Fusse treten vier Thierköpfe her- 
vor, um welche sich Schlangen und Arabesken winden. 
Endlich verdienen noch Beachtung zwei gut erhaltene 
Runensteine, die sich in der Vorhalle, neben der Grab- 
tafel des Landvoigtes befinden. 

Nach der Besichtigung dieser Antiquitäten kehrte 
ich zum Gasthof zurück, vor welchem ein mit zwei kräf- 
tigen Pferden bespannter Wagen mich bereits erwartete. 
Wenige Minuten darauf lag Aakirkeby, zu deutsch Bach- 
kirchendorf, mit seinen 180 Gebäuden hinter uns. In 
sclinellem Trabe auf der nach Norden führenden Strasse 
dahinfahrend , erreichten wir in etwa einer Stunde den 
Saum des schönen, ca. eine Quadratmeile grossen Staats- 
waldes, welchen die Bornholmer 

Almindingen 

d. h. Gemeinfeld oder „Unser Aller Eigenthum", nennen. 
Hier verliessen wir den Wagen, der voraus fahren sollte, 
und besuchten nun, bald diesem, bald jenem lauschigen 
Pfade folgend, viele pittoreske Punkte, die ein Tourist 
ohne Führer nur schwer und mit grossem Zeitverlust finden 
würde. Mein freundlicher Cicerone kannte sie alle und 
schien es förmlich darauf abgesehen zu haben, mich fort- 
während zu überraschen. Zuerst zeigte er mir als ein 
merkwürdiges Naturspiel den „Luisenbaum". Eine 
Eiche und eine Buche sind wenige Fuss über der Erde 
zusammengewachsen und haben ihr Laubwerk derart ver- 
mischt, dass man an den Zweigen Eichen- und Buchen- 
blätter dicht beisammen findet, Da, wo die Stämme sich 
vereinigen, sieht man die Namenszüge F.VII. LD., zur 
Erinnerung an einen Besuch, welchen Friedrich VII. und 
seine Gemahlin, die Gräfin Luise von Dauner, Almindingen 
am 13. August 1851 gemacht haben. Dann erblickten wir 
den grossen schilfbewachsenen Teich „P y k k e k u 1 1 e k j a? r" 



88 



Bornholm 



und, unsere Wanderung unter dem grünen Laubdach fort- 
setzend, einen kleineren Waldsee „K o h u 1 1 e t u , in welchem 
sich die an den steilen Ufern stehenden Birken spiegeln. 
Kohullet gleicht einem leuchtenden Smaragd in reizen- 
der Fassung. Poesievolle Stille herrscht rings umher, 
Alles scheint hier zu ruhen und zu träumen. Von diesem 
schönen Punkte führt der Weg durch ein anmuthiges, 
mit Laubholz, Brombeersträuchern, Wachholder und wil- 
den Rosen bewachsenes Thal zum „Ro kkesteen", der 
15' lang, 4' breit, 5' hoch und, wie derjenige zwischen 
Svanike und Nexö, beweglich ist. Unser nächstes Ziel 
war die „Kolde Kilde'\ eine nahe der, Almindingen 
von Osten nach Westen quer durchschneidenden, Chaussee 
aus dem Boden hervorsprudelnde Quelle. Von hier folgten 
wir der Landstrasse eine kurze Strecke und beschritten 
dann einen Pfad, der in den Wald und, an dem kleinen 
„Borresee" vorüber, zur „Lillcborg" führt. Letztere 
scheint, dem Umfange der auf einem Hügel stehenden 
Ruinen nach zu urtheilen, früher eine ziemlich bedeutende 
Burg gewesen zu sein, obschon der Name sie als klein 
bezeichnet. Man erkennt noch das Fundament einest 
starken Thurmes mit Burgverliess und eines grösseren 
Gebäudes. Aus den auf Lilleborg gefundenen alten 
Waffenstücken und Münzen lässt sich schliessen, dass die 
Burg schon zu Anfang des 13. Jahrhunderts existirt habe. 
Unweit von Lilleborg, in südlicher Richtung, stand in 
alten Zeiten eine andere Burg „Ga m le -B org u ,*) deren 
Trümmer jetzt unter Gesträuch und Unkraut begraben 
liegen. Wie die Sage berichtet, hatte der letzte der Burg- 
herren drei Söhne und drei Töchter. Die Söhne zogen 
hinaus in ferne Lande, als die Schwestern noch klein 
waren, und kehrten erst zurück nach vielen Jahren, um 
Eltern und Schwestern zu besuchen. Nahe dem Vater- 
hause sahen sie auf dem Lyng drei schöne Jungfrauen, 
welche im Begriff waren, nach der Oestermarien-Kirche 
(1 Meile westlich von Svanike) zu gehen. Von Begierde 
erfasst, wollen sie den Mädchen Gewalt anthun. Diese 
wehren sich und werden von den Rittern erschlagen. Als 
die Gräuelthat verübt, erkennen die drei Brüder in den 
Gemordeten ihre Schwestern. Ein Steinhaufen, „ V a r p e r n u , 



*) Nicht zu verwechseln mit der gleichnamigen Burg zwischen 
Svanike und Nexö. 



Digitized by Google 



IX. Almindingen. 



m 



dicht am Wege zwischen der Oestermarien- und der 
Bodils-Kirche, bezeichnet die Stelle, an welcher die Jung- 
frauen begraben sein sollen, und ein kleiner Platz in der 
Nähe, „Ridderj omfruerne", wird für den Ort des Ver- 
brechens gehalten. — Almindingens schönster Punkt ist 
„Ekkodalen" (das Echothal). Steigt man von der 
„Gamle-Borg," am südlichen Bergabhan^, hinab in eine 
Schlucht und folgt dieser Richtung noch eine kurze Strecke, 
so bemerkt man ein kleines Felsplateau, von welchem aus 
der Blick eine schöne Landschalt, „Römersdal", umfasst. 
Wald, Wiesen und Felder vereinigen sich hier zu einem 
harmonischen Ensemble, das sich uns, als wir die Granit- 
platte betraten, von der Abendsonne zauberhaft beleuchtet 
zeigte. Das Echo ist kaum weniger stark als dasjenige 
bei der Rosstrappe. Ich hatte meinen Revolver mitge- 
bracht und liess meinen Begleiter, der eine solche Schuss- 
waffe nie gesehen, die im Thal verborgene Nymphe durch 
wiederholtes Feuern wecken. Sie antwortete bei jeder 
Detonation wohl sechs bis acht mal. Minuten lan«- dauerte 
der Widerhall, der endlich als leiser Weheruf in der 
Ferne erstarb. Das Echothal verlassend, statteten wir 
der „D anner-Grotte" einer kleinen Felshöhle — welche 
der Gräfin Danner zu Ehren diesen Namen führt — noch 
einen flüchtigen Besuch ab und stiegen wieder bergan. 
Nach einiger Zeit gelangten wir auf den Gipfel des 
„Rit t erknregt", des höchsten Berges (496') der Insel, 
wo ein 40' hoher viereckiger Thurm, „Kongemindet" 
(Königsdenkmal) steht, welcher 1855 56 zum Andenken 
an einen Besuch Friedrich VII. aus Felssteinen erbaut 
worden ist. Eine Treppe von 68 Stufen führt auf die 
Plateform. Von dieser Höhe aus überschauten wir die 
ganze Insel. Soeben tauchte die Sonne in's Meer und 
von ihren letzten Strahlen beschienen erglühten die Fels- 
partien des Nordens in rosigem Licht, während die Süd- 
küste sich in einen transparent-violetten Schleier hüllte. 
Es war ein entzückender Anblick, von dem wir uns kaum 
zu trennen vermochten. Aber die herabsinkende Nacht 
gemahnte an den Aufbruch. Wir passirten ein Thal und 
erreichten nach einer Wanderung von ca. 20 Minuten 
,.C h r i 8 1 i a n s h ö i". Hier erhebt sich inmitten eines freien 
Rondels ebenfalls ein von der Bevölkerung (dem König 
Christian VII.) errichtetes Denkmal in Form eines Obe- 
lisken, der 20' hoch ist und auf seinen vier Seitenflächen 
folgende Inschriften trägt: 



Digitized by Google 



Bornholm. 



Auf der westlichen Seite: 



For 

Christian Frederik 
Prinds af Danmark 
Kongens og Folkets Yen 
indviede 
Almeen Borgerand 
dette 

Kjaerligheds Minde 
og 

Haedrede Stedet 
Med Kavne 
Christiaushüi. 



Für 

Christian Friedrich 
Prinzen von Dänemark 
des Königs und des Volkes Freund 
weihete 
Gemeinsamer Bürgersinn 
dieses 
Liebeadenkmal 
und 

Ehrte die Stätte 

mit Namen 
Christianshöhe. 



Auf der südlichen Seite: 



Aar 1824 
Den 21. Juli 
samlede 
Prinds Christian 
her 

Bornholmerne 
til en 
Folkefest 
Og dettog med 
Mildhed og Naade 
i 

Folkets Jubel. 



Jahr 1824 
Am 21. Juli 
versammelte 
Prinz Christian 
hier 

die Bornholmer 
zu einem 
Volksfeste 
Und nahm Theil mit 
Milde und Gnade 
am 

Jubel des Volkes. 



Auf der östlichen Seite 



Under 
Folkets Fryderaab 
og 

Enighed i Aand 
Udtaledes her 
Dannerfolkets Oensker 
for 

Landets Fader 
Frederik den VI. 
af 

Kongens Fraende 
Danmarks Christian. 



Unter 

dem Freudengeschrei des Volkes 
und 
Einigen Sinnes 
Wurden hier ausgesprochen 
des Dänenvolkes Wünsche 
für 

den Laudes-Vater 
Friedrich deu VI. 
von 

Verwandten des Königs 
Dänemarks Christian. 



Auf der nördlichen Seite: 



Prinds Christian 
glaedede 
Landets Indvaauerne 
med 

Sin Hoie Naervaerelse 
fra 

12. til 25. Juli 
MDCCCXXIV. 

Naar fyrsten glaede finder 
I folkets kjaerlighed 
I hjerterne han vinder 

Et varigt mindestedt. 



Prinz Christian 
erfreute 
des Landes Bewohner 
mit 

Seiner hohen Gegenwart 
vom 

12. bis zum 25. Juli 
1824. 

Wenn Fürsten Freude finden 

An der Liebe des Volkes 

So errichten sie sich in seinem 

Herzen 
Ein dauerndes Denkmal. 



Digitized by Google 



IX. Almindingen. 



91 



In der Nähe dieses Obelisken steht ein Pavillon, in 
welchem man Logis (1 Krone) und gute Bewirthung 
findet. Wir liessen uns ein Abendessen geben und be- 
stiegen dann den Wagen, der uns vor dem Hause er- 
wartet hatte. Es war inzwischen so finster geworden, 
dass wir den vor uns sitzenden Kutscher kaum noch er- 
kennen konnten. 

Als wir ungefähr eine halbe Stunde lang gefahren 
waren, begann es zu regnen. Der Wind hatte sich ge- 
dreht und ein nasser Schauer rieselte auf uns herab. „Da 
müssen wir schon ein homöopathisches Mittel gebrauchen," 
sagte mein humoristischer Begleiter und rief dann dem 
Kutscher einige Worte auf Bornholmisch zu, welche dieser 
mit: „Jau Herre!" beantwortete. Bald darauf hielt der 
Wagen vor einem Bauernhause. „Hier giebt's ein Glas 
guten Sherry," erklärte Herr Buhl, indem er ausstieg 
und an die Thür klopfte. Die Bewohner schienen bereits 
zu schlafen, denn es dauerte geraume Zeit, bevor geöffnet 
wurde. Während mein Begleiter eintrat, ging ich einige 
Schritte abseits, um zu prüfen, ob mein Revolver, den 
ich im Zimmer abtrocknen wollte, entladen war. Ich 
Hess den Hahn wohl zwölfmal anschlagen: die Watte 
schien keinen Schuss mehr zu enthalten. Jetzt begab ich 
mich ebenfalls in's Haus. Mein Reisegefährte sass hinter 
einem Tische, auf welchem eine Lampe und zwei gefüllte 
Gläser standen. Näher tretend, war ich eben im Begriff, 
den Revolver aus der Hand zu legen und mein Glas zu 
ergreifen, als ich plötzlich einen Ruck fühlte und gleich- 
zeitig einen Knall hörte. Die Lampe war erloschen, im 
Zimmer herrschte Todtenstille. Ich war vor Schreck 
einen Moment vollständig gelähmt. Dann rief ich, von 
Entsetzen gepackt: „Herr Buhl! Herr Buhl!" - Keine 
Antwort. — „Du hast ihn erschossen!" flüsterte eine 
Stimme in meinem Innern. Aber, es war ja nicht mög- 
lich ! Die Watte, welche ich in zwei Kriegen gründlich 
kennen gelernt zu haben glaubte , hatte nie versagt und 
konnte, nach der doppelten Probe vor dem Hause zu ur- 
theilen, nicht geladen gewesen sein. Und doch zeugte 
die Thatsache für das Gegentheil. Am ganzen Körper 
zitternd und kaum im Stande, mich aufrecht zu halten, 
rief ich noch einmal: „Herr Buhl! Sind Sie verwundet? 44 
— Nichts regte sich. Da Öffnete sich eine Thür und 
der Hausbesitzer trat mit einem Licht in die Stube, hinter 
ihm her seine Frau, beide kreidebleich. Sie hatten den 



Digitized by Google 



Schuss natürlich gehört, waren dadurch aber so erschreckt, 
dass sie fast eine Minute lang weder Hand noch Fuss 
rühren konnten. Diese Minute war für mich zur Ewig- 
keit geworden. Jetzt, beim falben Licht der Kerze, fiel 
mein erster Blick auf das Sopha, mir gegenüber. Dort 
lag mein Begleiter lang hingestreckt, anscheinend leblos. 
31 ir schwindelte der Kopf, ich musste mich am Tisch 
festhalten, um nicht zu fallen. Der Bauer und seine Frau 
traten an den Todten oder Verwundeten — noch war 
der Unterschied nicht zu erkennen — heran und rüttelten 
ihn. Vergeblich. Dann holte die Frau ein Glas Wasser 
herbei und besprengte das Gesicht. Da zuckten die Augen- 
lider, der Mund öffnete sich und der Körper machte eine Be- 
wegung. Ich athmete auf. Das Schlimmste war also nicht 
geschehen. Eine Centnerlast wich von meiner Brust. 
„Fühlen Sie etwas?" fragte ich den allmälig zum Be- 
wusstsein Zurückkehrenden. Er sah mich gross an, er- 
hob sich, betastete seine Arme und Beine und erwiderte : 
..Ich . . . glau . . . be . . . nicht. Nein ... ich bin . . . 
unversehrt. 4 * — Wie doch das Komische neben dem Hoch- 
tragischen einhergeht ! Unter anderen Umständen würde 
ich über das drollige Tasten nach etwa empfangenen 
Wunden gewiss herzlich gelacht haben, in diesem Falle 
blieb jedoch die Nachwirkung des Entsetzens vorherr- 
schend. Ich war froh, mit der Angst davon gekommen 
zu sein. Eine Strafe, mehr materieller Natur, wurde mir 
indess noch nachträglich auferlegt. Als ich nämlich 
Herrn Buhl, der vor Schreck ohnmächtig geworden war 
und sich rasch erholte, den Hergang erzählte und ihn 
um Entschuldigung gebeten hatte, suchte ich an der 
Wand nach der Stelle, welche der Schuss getroffen haben 
konnte. Ich entdeckte nichts, weder ein Loch, noch einen 
Kugelabdruck. Zum Tisch zurückkehrend, auf welchem 
die vorher durch den Luftdruck ausgelöschte Lampe jetzt 
wieder angezündet stand, bemerkte ich, wie von dem- 
selben eine dünne Rauchsäule emporstieg. In der Mitte 
der Decke war ein grosser, noch glimmender Brandtleck, 
und gerade unter letzterem sass, zwischen Splittern ver- 
steckt, die Kugel, deren Spitze aus der unteren Fläche 
der fast einen Zoll starken rlatte hervorragte. Das Ge- 
schoss war genau in der Richtung auf Herrn Buhl in 
den Tisch gedrungen und würde unzweifelhaft verderben- 
bringend gewesen sein, wenn ich die perfide Waffe im 
verhängnissvollen Moment um wenige Linien höher ge- 



Digitized by Google 



X. Rönne. (Schluss.) 



93 



halten hätte. Nach dieser Entdeckung, die mir noch ein- 
mal den schrecklichen Vorfall mit seinen möglichen Con- 
sequenzen vor die Seele führte, fühlte ich mich dem 
Hausbesitzer zu einer Entschädigung verpflichtet. Ich gab 
ihm auf sein Verlangen 16 Kronen, womit meines Er- 
achtens nicht nur die zerschossene Tischplatte, sondern 
auch sein und seiner Frau Schreck mit bezahlt war. Ob 
wir unsern Sherry getrunken oder stehen gelassen haben, 
vermag ich nicht zu sagen, wohl aber erinnere ich mich, 
dass wir unsere Fahrt nach Rönne bald fortsetzten und 
auf den anhaltenden Regen kaum noch achteten. Wie 
ich von Herrn Buhl erfuhr, ist das Haus, in welchem 
die Begebenheit sich zutrug, das Selveiergaard (Selbst- 
eignerhof) No. 59. Der Besitzer heisst P. Hansen. Zum 
Schluss dieser Episode will ich noch erwähnen, dass Herr 
Buhl keinen einzigen Vorwurf gegen mich laut werden 
liess, sich vielmehr bemühte, dem Ereigniss eine humo- 
ristische Seite abzugewinnen. „Sie haben — scherzte er 
unter Anderem — der Gesellschaft, bei welcher mein 
Leben versichert ist, 5000 Thaler gerettet. Darf Ihnen 
diese dankbar sein, so bin ich's nicht minder, denn ich 
weiss jetzt, was es heisst, im Feuer gestanden, oder rich- 
tiger gesessen zu haben." Obschon ich nach dem eben 
Erlebten auf solche Witzeleien nicht eingehen mochte, 
wusste ich ihm doch Dank um der guten Absicht willen. 
So kamen wir endlich gegen Mitternacht nach Rönne, 
wo wir uns bis zum folgenden Tage von einander ver- 
abschiedeten. 



X. Rönne. (Schluss.) 

Den letzten Tag meines Aufenthalts auf Bornholm 
benutzte ich zu einer Excursion nach der N y k i r k e und 
zu einem Besuch der T erracottenfabri k von L. 
Hj orth in Rönne. 

Nykirke (Neukirche), eine der vier Rundkirchen* 



*) Oleskirke, Nylarskirke, Oesterlarskirke und Nykirke. 



Digitized by Google 



94 Boraholm. 

der Insel, steht 3 1 Meile nordöstlich von Rönne. Dem 
Namen nach ist sie neueren Ursprungs, in Wirklichkeit 
aber wahrscheinlich das älteste Gebäude Bornholms. Die 
Nykirche ist aus Granit aufgeführt und erscheint, von 
aussen betrachtet, als ein starker zweistöckiger Thurm 
mit mehreren kleinen Anbauten. Der Thurm zeigt den 
rohen, altnordischen Baustil und dürfte aus dem 11., spä- 
testens aus dem Anfang des 13. Jahrhunderts stammen. 
Er war, wie die Thürme der anderen Rundkirchen, ur- 
sprünglich ein Festungswerk, wofür nicht nur die mäch- 
tigen Mauern, sondern auch die noch vorhandenen Schiess- 
scharten zeugen, und wurde anscheinend erst später zum 
Gottesdienst benutzt. Im Innern dieser Kirche, das aus 
einer Rotunde und einer Chorrundung besteht, befinden 
sich viele alte geschmacklose Malereien, u. a. ein Bild, 
welches Christum als Prediger darstellt, zu dessen Füssen 
ein Schwein und ein Hund liegen, während im Hinter- 
grund der Teufel in Gestalt einer Schlange mehrere ge- 
nutzte Menschen zu verschlingen sucht. Die Erklärung 
dieser seltsamen Composition geben die darunter stehenden 
Verse : 

Selv Jesus ordet för n Jesus selbst führt das Wort, 

En deel det glad annammer Welches ein Theil fröhlich an- 

nimmt, 

Som hund <>g Soen gjör Wie es Hunde und Säue thun, 

En deel dog pra>gtig braramer. Während ein (anderer) Theil sich 

eitel aufblüht. 

Ungleich interessanter sind eine alte Kirchenthür mit 
Schnitzwerk und ein im Anbau, dem sogenannten Wappen- 
hause, befindlicher Runenstein, auf welchem zu lesen ist: 
,, — Enke setzte diesen Stein seinem Sohne Svend , der 
ein guter Junge war. Christ helfe seiner Seele!" — — 

Am Nachmittag besuchte ich in Begleitung des Herrn 
Buhl, der den Schreck des vorigen Abends verschlafen 
hatte, die oben genannte Terracottenfabrik. Der Besitzer, 
ein noch junger Mann, führte uns durch die Räume, zu- 
erst in das Waarenlager, dann in die Werkstätten, 
und erklärte uns in zuvorkommender Weise die Aus- 
führung der verschiedenen Arbeiten. Wir sahen schon 
geformte Vasen aller Grössen mit kunstvollen Malereien, 
Statuetten und Medaillons nach Modellen berühmter Bild- 
ner, namentlich von Thorwaldsen, köstliche Fruchtschalen, 
Blumentöpfe und viele allerliebste Nippessachen. In den 
Ateliers wurde geformt , gedreht und gemalt. Ein Ar- 
beiter nahm auf Geheiss des Hrn. Hjorth einen Klumpen 



Digitized by Google 



X. Könne. (Schluss.) 95 

Thon, knetete ihn, bestieg damit die Drehbank und Hess 
nun vor unseren Augen eine zierliche Vase entstehen, an 
welche ein anderer Arbeiter die inzwischen gefertigten 
Henkel setzte. Alles geschah schnell und geräuschlos. 
Man hörte nur das Schnurren der Räder und das Schlei- 
fen des geschmeidigen Materials. Letzteres wird bei Rönne 
in grossen Massen gefunden. Der Besuch dieser Fabrik, 
die ihre Erzeugnisse in alle Welttheile versendet, ist Jedem 
gestattet und den Reisenden mit Recht zu empfehlen. 
Uebri^ens sind die Terracotten ausserordentlich billig 
und eignen sich als Specialität der Rönner Kunstindustrie 
besonders zu „Souvenirs" an Bornholm. 

Mein Aufenthalt auf der Insel ging zu Ende. Um 10 
Uhr Abends gedachte ich mit der bereits im Hafen lie- 
genden „Skandia" die Rückreise anzutreten. Gern hätte 
ich zuvor noch die Bekanntschaft eines in Dänemark viel 
genannten Alterthumsforschers, des Amtmann Vcdel 
gemacht, der sich zur Zeit ebenfalls auf Bornholm befand ; 
aber Niemand konnte mir sagen, wo dieser Herr sich im 
Moment aufhielt. Wie ich später erfuhr, hatte der um 
die nordische Archäologie hoch verdiente Gelehrte in 
jenen Tagen wieder mehrere Hünengräber blossgelegt und 
darin mancherlei Geräthe aus der Broncezeit gefunden. 
Mein Gewährsmann, Hr. "War r er in Kopenhagen, wollte 
einer solchen Excavation, unweit der Oesterlarskirche, 
beigewohnt haben. Nach seinen Angaben begann man 
die Ausgrabung im Nordwesten des Hügels und stiess 
hier nach einiger Zeit auf gebrannte Knochen, in deren 
Nähe eine Broche, ein schlangenförmiges Armband, beide 
aus Bronce, und ein Kranz Perlen lagen. Die letzteren, 
aus Glasmasse, Porcellan und gebranntem Thon gefertigt, 
waren zu einem Halsband an einander gereiht. Vier die- 
ser uralten Perlen wurden mir von dem Genannten ge- 
schenkt. Sie sind linsenförmig, in der Mitte durchbohrt 
und messen \ 2 Centimeter im Radius. Beiläufig bemerkt, 
ist Jeder gesetzlieh verpflichtet, die im dänischen Staate 
gefundenen Antiquitäten , mit Ausnahme kleinerer, oft 
vorkommender Gegenstände wie Perlen etc. , gegen eine 
entsprechende Remuneration an die Direction der Museen 
in Kopenhagen abzuliefern, eine Massregel, die nicht nur 
Anerkennung verdient, sondern auch gern und gewissen- 
haft befolgt wird. 

Ein letzter Spaziergang galt dem Rönner Friedhof, 
welcher, wie bereits erwähnt, südlich von der Stadt, hoch 



Digitized by Google 



Boraholm. 



am Strande liegt. Mein Weg führte mich am Hafen vor- 
über. Hier hatte sich während meiner Wanderung um 
die Insel ein beklagenswerther Unfall ereignet. Der 
Damm der neuen Hafenanlage war von der See durch- 
brochen und das mit vieler Mühe und grossen Kosten 
geschaffene Bassin stand vollständig unter Wasser. Vom 
Friedhofe aus hat man nach Westen hin einen weiten 
See-Horizont, Die Stätte selbst erinnert an Vergäng- 
liches und Vergangenes, u. a. auch an eine historische 
Begebenheit, die sich am 30. Mai 1563 in einiger Ent- 
fernung von derselben auf der See zutrug. An jenem 
Tage fand nämlich, Angesichts der Küste, ein Marine- 
Gefecht statt zwischen einer schwedischen und einer 
dänischen Flotille , die wohl durch Missverständniss in 
Kampf gerathen waren, denn zwischen den beiden Mächten 
herrschte damals Friede. In dem Bericht eines Augen- 
zeugen*), der dieses Gefecht beschreibt, lautet eine Stelle 
wie folgt: „Dieser Scharmützel bei Bornholden hatt ge- 
veret vber drei grosse Stunden von zweien schlagen an 
bis nach funffen, vnd sein vf beiden Seiten vber die tau- 
sent schusse gescheen, seint auch auf irer seiten vil per- 
sonell todt bliben vnd ersoffen auch vber 900 gefangenen, 
darunter ir Amirall Jacob Bruckenhaussen vnd andere 
haubtleut vnd von Adell laut beiliegendes verzeichniss. 
— Es seint auf dem „Hercules" allein 220 stück vf reder 
gestanden; one was vf den andern beiden Schiffen von 
Geschütz gewesen , welches wir nicht gehabt haben , ist 
aber nicht onder 300 stücken vf denselben zweien Schiffen 
gewesen, das also vf den dreien Schiffen bis ca. 500 stück 
vnd vil Kenult vud Lott erobert wurden. Letztlich haben 
auch die vnderthanen vf Bornholm, so denemerkisch ist, 
vnd ihr die von Lübeck pfandtsweise inhoben, sich be- 
fürcht, wir würden Inen in das Land fallen vnd sie etwa 
brennen. Derwegen vns eine Summe gelts, nemlich sechs 
tausend thaler gebotten. Es hat aber vnser Amirai vud 
der von Gerau sambt den andern Gesandten, one weitern 
beuelich Kon. W. zu Schweden, nichts annehmen wollen, 
dieweil inen von iren Konig so hart beuolen ist gewesen, 
gegen niemand was vindtfiches vorzuuemen." — Viele 
Augenzeugen dieser Begebenheit schlummern auf dem 



*) Der damalige Kurhessische Gesandte am Sehwedischen Hofe. 



Digitized by Google 



X. Rönne. (Schluss.) 97 

• 

Rönner Friedhot' dem Auferstehungstage entgegen. Unter 
ihnen, am Strande, rauscht das Meer, ewig ruhelos. — 

Nachdem ich von meinen Bekannten Abschied ge- 
nommen, begab ich mich an Bord, in hohem Grade be- 
friedigt durch eine Reise , auf welcher ich in wenigen 
Tagen viel gesehen und erlebt hatte. Mit grossen Er- 
wartungen war ich nach Rönne gekommen, aber diese 
waren, nach der ersten Enttäuschung, noch übertroffeu 
worden. Die Rückfahrt nach Kopenhagen und von dort 
nach Swinemünde verlief ganz nach Wunsch und bot 
nichts Bemerkenswerthes. So nehme ich denn Abschied 
auch von dem Leser, der mich bis hierher begleitet, und 
danke ihm für das freundliche Interesse, welches er 
meinen Aufzeichnungen vielleicht geschenkt hat. Zum 
Schluss möchte ich allen Naturfreunden zurufen: AVer 
Grossartiges sehen will und auf einige Bequem- 
lichkeiten verzichten kann, der besuche Born- 
li o 1 m ! 



Stromer, Die Insel Kornholm. 



7 



Touristenführer. 



Reisezeit. Als geeignetste Zeit für eine Reise nach Bornholm 
lind die Monate Juli und August zu empfehlen, da während der- 
selben die Witterung auf der Insel andauernd günstig zu sein pflegt 
und die Felspartien sich dann in ihrer vorteilhaftesten Beleuchtung 
zeigen. 

Ausrüstung:. Pass nicht nothwendig, Legitimationskarte indess 
empfehlenswerth, falls der Reisende Werthsendungen erwartet. — Geld : 
deutsche Goldmünzen, die überall vollwerthig, oder doch gegen einen 
Verlust von nur wenigen Pfennigen, angenommen resp. umgewechselt 
werden. — In ganz Dänemark rechnet man nach Kronen und Ören ; 
1 Krone 100 Qre l deutsche Reichsmark 12,5 Pfge. — Für die 
Bekleidung sind die körperlichen und Bequemlichkeitsbedürfnisse des 
Reisenden, sowie die Dauer seines Aufenthalts auf der Insel, mass- 
gebend. Der Tourist wolle sieh so wenig wie möglich beschweren: 
leichter, haltbarer Anzug, solide Stiefeln oder Schuhe, Paletot, Wäsche 
zum Wechseln, Schirm, Reisetasche zum Umhängen, Compass. — Raxtchern 
sei die Mitnahme von Cigarren empfohlen. 

Transport. In Ermangelung einer directen Dampfschifffahrt 
zwischen Deutschland und Bornholm ist der deutsche Reisende genöthigt, 
den Umweg über Kopenhagen zu machen, der ihm Gelegenheit bietet, 
die Hauptstadt Dänemarks eu passant zu besichtigen. Schiffskurse 
und Fahrpreise sind auf 7 Seite angegeben. 

Aufenthaltsorte für längere Zeit : Almin dingen (resp. Rönne) 

— Helligdomsgaard bei Rö — Allingc. Durchschnittspreis 
pro Tag für Logis und vollständige Beköstigung 3 Kronen. In allen 
Städten (Rönne, Hasle, Allinge, Svanike, Nexö, Aakirkeby) sind Wagen 
zu haben. Fuhrlohn nach Vereinbarung. 

Touren und Routen. Ein rüstiger Fussgänger vermag die schön- 
sten Punkte der Insel in fünf Tagen zu besuchen. 

Erste Tour: Von Rönne nach Allinge (3> 2 Meilen). Rönne. 
Hötels: „Hötel Rönne", „Dam's Hötel", „Hötel Bornholm u (am Hafen). 

— Des Besuches werth : Arsenal, Kastell, Friedhof, Hafenanlagen; die 
Terracottenfabriken von L. Hjorth, Ed. Fr. Sonne, N. Th. Sommer; 
die Kunsthandlungen von Colberg, L. F. Bjerg, G. Stöckel, Th. Spelling 
(wo photographische Ansichten aller pittoresken Punkte der Insel 
käuflich zu haben sind). — Wagen bei Richard Funck, Storegade. — 
Von Rönne führt eine gut unterhaltene Strasse in nördlicher Richtung 
nach Allinge. Längs derselben zieht sich (links) ein anmuthiger Pfad 
durch das Gehölz „Sandflugten", in welchem sich die Vergnügungs- 
Locale „Villa-Nova" und „Soinmerlyst" befinden, fast bis 
zum Städtchen Hasle. Am Wege dahin, ca. \ t Meile vor Hasle, 
neben der „Brogaardsbrucke", ein schöner Runenstein. Bei Hasle 
ein Kohlenbergwerk. — In der Stadt Hartz» Gasthof. — Eine 
halbe Meile nordöstlich von Hasle steht auf einer Anhöhe, hart an der 
Strasse, die „Ruths-Kirche" (schöne Aussicht auf die See) ; ca. 
100 Schritte weiter zweigt sich linkB ein Vicinalweg ab. Folgt man 



Digitized by Google 



99 



demselben eine Strecke und beschreitet min eiuen 1. nach dem Strande 
hinableitenden Pfad (den Verfasser verfehlte), so gelangt man zur 
„Jons-Kapelle" und von dort, die Wanderung am Strande nach 
Norden zu fortsetzend, zuerst nach V a n g (Fischerdorf), dann nacli 
„Hammershuus", dem Hammerberg, Sandvig und endlich 
nach A 1 1 i n g e. (Hat der Reisende über mehr als fünf Tage zu ver- 
fügen, so möge er Bich von Rönne direct nach Allinge begeben und 
von dort aus die höchst lohnende Partie nach der Jons-Kapelle als 
zweite Tour machen.) 

Zweite Tour. Von Allinge nach Gudhjem (2'/.j Meilen). Der 
Weg führt längs dem klippenreichen Strande nach Osten. Nach ca. 
zweistündigem Marsche erreicht man das reizende Waldthal „ D y n d a 1 - 
( Aussichtspunkt „Amtmandssteen"), sodann, bergan steigend, das Ge- 
höft „Helligdomsgaard" (Logis, Beköstigung) und befindet sieh 
nun in der unmittelbaren Nähe von „Helligdoinmen", einer gross- 
artig schönen Felspartie. Von Helligdomsgaard führt ein Pfad in süd- 
licher Richtung zur Chauss6e, auf welcher man, an der Rö-Kirch c 
vorbei , in wieder zwei Stunden das Fischerdorf G udhjem erreicht. 
(Koch's Gasthaus.) Vou Gudhjem Abstecher nach der Inselgruppe 
„Ertholmeue". Ueberfahrt billig, oft Gelegenheit. 

Dritte Tour. Von Gudhjem nach Svanike (21. . Meilen). Strand- 
weg bis zur Felspartie „Randklöveskaaret" (dort Führer aus 
einem der in der Nähe stehenden Bauernhäuser), dann Chaussee. — 
Ca. 1 . Meile vor Svanike, rechts neben der Strasse „Luiselund w , 
ein schöner Hain mit vielen Bautasteinen. In Svanike sehenswert h: 
der Hafen, die Kirche mit Runenstein, nördlich von der Stadt die 
„Tempelklippen**. — („Hötel Oestersen", „Carlsen's GasthauB**.) 

Vierte Tour. Von Svanike über Nexö nach Aakirkeby (3 Meilen). 
Iiis Nexö l 1 /* Meilen Strandweg. Rechts neben der Strasse die Aus- 
sichtspunkte „Helvedesbakkerne**, Paradiisbakkerue" und „Klinte- 
hakken", ferner ein Rokkcsteen, die „Gammelborg-Ruine* 1 und, 
links bei Nexö, „Frederikssteinbruch". (In Noxö „Korup's 
Gasthaus".) Statt jetzt der landeinwärts führenden Strasse zu folgen, 
gehe man noch ca. 3 4 Stunde an der Küste entlang bis zum Fischer- 
dorfe Snogeba>k (Rettungs-Station) und beschreite nun die Chaussee. 
Rechts neben derselben, in Intervallen von je einer Stunde, die P o u 1 s - 
und die P e d e r b - K i r c h e u (aus schwarzem Kalkstein aufgeführt, 
hei der ersteren der „Rispebjerg". Hinter der Pederskirche rechts 
Nebenweg nach Aakirkeby (dort „Pederaen's Gasthof*). Des Besuches 
werth die alte Kirche (2 Runensteine, Taufbecken, Grab- 
stein des Lübecker Hauptmanns Sveder Ketting und seiner beiden 
Frauen, Altarbilder). 

Fünfte Tour. Von Aakirkeby über Almindingen nach Rönne 
<2' t Meilen). Strasse bis Almindingen in nördlicher Richtung. Zum 
Besuche aller interessanten Punkte in Almindingen bedarf man meh- 
rerer Stunden. Führer zu nehmen räthlich. Sehenswerth: „L u isen- 
hau m u , der „Rokkesteen", die Ruinen von „Lille- und Gamle- 
l'urg", „Ekkodalen", die „Dannergrotte", „Kongemiudet" 
und das Denkmal auf Friedrichshöhe. In der Nähe des letzteren steht 
ein Pavillon, in welchem man Logis (auch für längere Zeit) und 
gute Bewirthung findet. Die Entfernung zwischen Almindingen und 
Rönne (westlich) beträgt l'/a Meilen. — 

Da in der vorstehenden Schilderung sowohl die Märsche wie die 
einzelnen Punkte bereits beschrieben worden sind, so glaubte ich an 
dieser Stelle mich nur auf kurze Notizen beschränken zu dürfen. 



7* 



Digitized by Google 



Sprachführer. 

Aussprache. 

Aa vor t, dt, tt wie o im Worte sonst wie ein langes o. Ae und 

A wie a in Jahr, a? wie ä in Ahre. — Steht a vor einem v, dem 
ein anderer Consonant folgt, so klingt av wie au. z. B. Xavued (Name i 
oaun ed. 

<i>, das «leutache ö, ist zwischen zwei Consonanten kurz, wie in 
Rönne, spr. Rönne, am Anfang und am Ende einer Silbe gedehnt; vor 
f, 1, st, t und x klingt es fast wie ein kurzes ü — Ou (dänisch ov) 
lautet wie au, z. B. Voun (Wagen) spr. Waun. 

Y wie ü, z. B. Tyacht (deutsch) tuscht. 

G und k vor j werden respect. wie d und t ausgesprochen, z. B. 
gjerna (gern) spr. djerna, kjöra (fahren) spr. tjöra. 
H vor j und v stumm, z. B. hva (wie) spr. va. 
Anmerkung: ©inj wie: e-iuj. 

Grammatikalisches. 

a> Der bestimmte Artikel: inj der,*em die, et das (Plural: na(a>, 
er, en) wird dem Substantiv augehangt, z. B. Steninj, Stejen, 
HuHtd (Plur. Steuana, Steierna, Husen), der unbestimmte (einj 
ein, en eine et ein) ilim vorangestellt, wie „einj Pias", ein Platz. 
Der Genitiv wird gebildet, indem man den Substantiven ein 8 anhängt: 
z. B. Hnseds — Alle anderen Casus bleiben unverändert. 

b) Pronomina personalia: jä ich, mej mir, du du, dej dir 
dich, hainj er, inj oder hannem ihn ihm, sej sich, hon sie, heinje 
oder na ihr, deinj, ded es, vi wir, vos uns, .1 ihr, jer euch, di sie, 
dorn ihnen, sej sich. — Pronomina possessiv a: min, mit, mina 
mein, diu, dit, dina dein, sin, sit, sina sein, vor, vort, vora unser, jer, 
jert, jera euer. — Pronomina demoustrati va: masc. und fem.: 
deinj oder deinja (Gen. dfcinjs, deds) derjenige, diejenige, ded dasjenige; 
di. desse diejenigen, dorres derjenigen, dorn denjenigen, m. und f. dein- 
jaher oder dciujhersen, n. deher, deher8en,((ienitiv : deinherscns), Plur.: 
dihersen(s), dieser, diese, dieses, deinjder, deiujdersen (s, di-s) jener, jene, 
deder, dedersen (s, di-s) jenes. — Pronomina relativa: hvikkinj, 
hvikken, hvikked (Plur. hvikkena), welcher, welche, welches. — Pro- 
nomina interrogativa: hvikking, hvaforeinj, hvaforeu, hvaforet, 
Plur. hvaf' rnaana was für ein u. s. w. und hvem(8). 

c) Einige unregelmässige Comparative : go, here, best gut, besser, 

am besten; gammel, »Ire, adst alt, älter, am ältesten; laang, laengre, 
beugst lang, länger, am längsten ; lidinj (en, cd), minjre, minjst klein, 
kleiner, am kleinsten; on, onara, onast (oder unregelmässig: on, varre, 
varHt) böse, böser, am bösesten: stor, storre, störst gross, grösser, am 
grossesten; ong, yngre, yngst jung, jünger, am jüngsten. 

d) Einige Adverbien: alti, e-mmcr immer, alt schon, alri nie, 
saa, derette nachher, ette nah, inu noch, einjgaang einmal, naar wenn, 
nu nun, jetzt, uuistan beinahe, ida heute, igaar gestern, imärra morgen, 
iforregaars vorgestern, ommentrennt ungefähr, retnu, Btraijs sogleich, 
snärt, paa Stuinjen bald, tit oft, uinjetiden zuweilen, isa?r besonders, 



Digitized by Google 



101 



ilja schlecht, omsonst vergeblich, aaasom als, knapt, noue kaum, nöje 
trenau, som wie, vel wohl, hvorfor warum, hvöddau wie, inte nicht, 
kainjsje, maasje vielleicht, monne ob, ou auch, aa saa vidre und so 
weiter. 

e) Konjunctionen: aa, ou und, ou, auch, vel zwar, raen aber, 
livel doch, nm, dersom wenn, naar, hvis wenn, fost zuerst, aasaa wor- 
auf, naar wann, da, als, mens, imens während, boiu wie, als. 



f. Zahlen 



1 £n, et 

2 to 
8 tre 
4 tira 
*> fem 
0 sex 

7 «ju 

8 aata 
«i ni 

10 ti 



11 eiljua 

12 täl 

13 trettan 
fjourtan 
femtan 
sejstan 
syttan 
attan 
nyttan 



14 

15 
10 
17 
18 
in 



20 tjyve, tjive 



21 en aa tjyve 
30 treddua 
40 förre 
r>0 haltrös 
60 trös 
70 halfjers 
80 Ars 
90 halfems 
100 hunrede 
1000 tuBen 



1. deinj fossta 



8. deinj aatene 



2. 


» 


anra 




n 


S. 


n 


tridde 


10. 


r> 


4. 


n 


fjere 


20. 




5 


n 


femte 


21. 


» 


6. 


rt 


sjette 


30. 


r» 


7. 


n 


sjuene 


40. 


n 



nieno 

tiene 

tjyvene 

vn aa tjyvene 

treddute 

förrene 



50. deinj haltrösene 



00. 
70. 
80. 
90. 
100. 
1000. 



n 
» 

n 
n 
n 



tröaene 

halvfjersene 

hrsene 

halfemsene 

hunredene 

tuaene 



g. Einige Hilfszeitwörter und Zeitwörter : 



Ich habe, du hast, er, sie hat, wir 
haben, ihr habt, sie haben. 

Ich hatte, du hattest, er, sie hatte, 
wir hatten, ihr hattet, sie hatten. 

Ich werde haben, du wirst haben, 
er, sie wird haben, wir werden 
haben, ihr werdet haben, sie 
werden haben, — gehabt. 

Ich bin, du bist, er ist, sie ist, wir 
sind, ihr seid, sie sind. 

Ich war, du warst, er, sie war, wir 
waren, ihr wäret, sie waren. 

Ich werde Bein, du wirst sein, er, 
sie wird sein, wir werden sein, 
ihr werdet sein, sie werden sein, 
— gewesen sein. 

Ich muss, wir müssen, ich musste, 
wir mussten, — gemusst. 

Ich mag, wir mögen, ich möchte, 
wir mochten, — gemocht. 

Ich kann, wir können, ich konnte, 
wir konnten, — gekonnt. 



Jft har, duh&r, hainj har, hon har, 

vi ha, J hä, di ha. 
Ja hadde, du hadde, hainj hadde, 

hon hadde, vi hadde, J hadde, 

di hadde. 
Ja ska (vil) h&, du ska hA, hainj 

ska hä, hon ska hä, vi ska hä, 

J Bka hä, di ska hä, — hat. 

Jä e, du e, hainj e, hon e, vi e 

J e, di e. 
Jä va, du vä, hainj va, hon va, 

vi va, J va, di va. 
Jä ska varra, du ska varra, hainj, 

hon ska varra, vi ska varra, J 

ska varra, di ska varra, — hä 

vad. 

Jä bör(maa), vibör(maa), jä bore 

(maatte), vi bore (maatte), — 

borad (maattad). 
Jä gjider. vi gjida, jä gad, vi gad, 

— goddad. 
Jä kainj, vi kainj, jä kuinje, vi 

kuinje, — kuinjad. 



Digitized by Google 



103 



Ich lasse, wir labst n, ich liess, 
wir Ii essen, — gelassen. 

Ich darf, wir dürfen, ich durfte, 
wir durften, — gedurft. 

Ich will, wir wollen, ich wollte, 
wir wollten, — gewollt. 

Ich fahre, ich fuhr, — gefahren. 

Ich bitte, ich bat, — gebeten. 

Ich befehle, ich befahl, — befohlen. 

Ich trinke, ich trank, — getrunken. 

Ich sehe, ich sah, — gesehen. . 

Ich sage, ich sagte, — gesagt. 



Ja lar, vi lar, ja lo, vi lo, — lad . 

Ja torr, vi torr, ja tore, vi tore, 

— torad. 

Ja vil, vi vil, ja vilje, vi vilje, 

— villad. 

Ja äger, ja agte, — äged. 

Ja ber, ja ba, — bed. 

Ja befäler, ja befalde, — befält. 

Ja drikker, ja drak, — drukked. 

Ja ser, ja saa, — set. 

Ja sejer, ja sä, — sajt. 



Vocabeln. 



Abend 

Abendbrot 

Abfahrt 

Abreisen 

Abschied 

Allein 

Andenken 

Bauer 

Bauerngut 

Bett 

Bier 

Boot 

Brief 

Brot 

Buch 

Caffee 

da 

Däne 

danken 

Dienstag 

Donnerstag 

Essen 

Felsen 

Feuer 

Fisch, Fischer 
Frau, Fräulein 

Freitag 

Führer 

Fuhrlohn 

Fuss 

gehen 

Geld 

Glas 

gross 

Hafen 

Hammelbraten 



Autan, masc. 
Autansmäd, m. 
Bortresa, Vtt- 

krejsa, fem. 
resa, rejsa 
Afsje, f. 
ena 

Aaminjelse, f. 
Bone, m. 
Bonagaar, in. 
Seinj, f. 
Öl, neutr. 
Baad, m. 
Brev, n. 
Brö, n. 
Bog. f. 
Karle, f. 
der 

dansk, dansker, 

danskt 
takka 
Tirsda 
Torsda 
M6d, m. 
Hailjen,Klyppa, 

Fyr, f. 

Fisk, Fiskara, m. 
Konna, Fru, 

Fröken, f. 
Freda 

Vejvisara, m. 
Vounleja, f. 
Fod, m. 
gaa 

Peinja (nur im 

Plural gebr.) 
Glas, n. 
stor 

Haun, f. 
Lammastej, f. 



heiss 

Herr 

hoch 

hören 

Hotel 

hübsch 

in 

Junge, Knabe 

Jungfrau 

kalt 

Käse 

keine, kein 

krank 

kurz 

Lachs 

Mahl 

Meer 

miethen 

mit 

Mittwoch 
Montag 
Nacht (gute 

Nacht!) 
nass 

nicht, nichts 

Ort 

Osten 

Post 

rasch 

Rinderbraten 
(Beefsteak) 
Runenstein 
Sonnabend 
Sonntag 
Stiefel 
Stube 
Wasser 
Weg 

woher, wohin 
Zimmer 



hed 

Herre, m. 

höj 

höra 

Hotel, n. 

smokk 

i 

Horra, m. 

Jomfru, f. 

koilj 

Ost, m. 

injinj, injed 

»jög 

kort 

Lajs, m. 

Maal, n. 

Sjö, r«, Hav, n. 

leja 

me, v6r 

Onsda 

Manda 

Nat, f. (goNat!) 
vaad 

ikje, injed 
Stä, m. 
Ost 

Post, m. 

rask, hortijhouse 
Oxastej, f. 

Runesten, m. 
Lourda 
Sönda 
Stevla, m. 
Stoua, f. 
Van, n. 

Vej, m. (Vejinj) 
hvorfraa, hvor- 

hen, hvorte 
Kammers, n. 



Digitized by Google 



103 



t 

cd 

CO 
CD 



O 

'S. 

CO 

cu 

o 



o 
PQ 

| 

Pi 

aj 
•<-i 
c 



0. 

* s 

3 I 

© — > 



_ Ih 



8 



Od« 



2i 

u 

M 

Ii 

4S 



ig 

a «s 
w p 

o — 



i 

x 

0 



JJ 
C x 

© " 

HM CO .sS 

v. :C Ü 

3 ia 

12 fl •-? es 
§ 8 S 

Im •«-» 2 S * 



58 c 



'^3 

OD 

Vi 

© 



CS 
13 
eS 

© ~ 

~M * 

'S -<-• 

s- 
sl 

« OD 

I 

Im 

<8 
J3 



. CS 

■a s 

CO 



a 

3 



.5 ^ 



ri - 
CS > 



HÜ 



M 
v 

© 

s 

Vi 

© 

o 

»4 

PQ 

X 

© 

Im 



»4 

X 



S e- 

Ii 



53 ef 



*<2 

US 

TS 

" .. 

fa 

«8 > 



«© 



B 



5 £ 



2 



2 -.5 

11 

.5 C © 
- Z 

2 - e 

S ** 



a fl h S 



0 

I 



s 

a 



Sä I 

JMS 

tC 

3* -= 

'S S 

W 

> s 

a — 



« ° i 

s I I S 

m M SC — 



Im 



h 2 



2 £ es 

BS« 




c 

Cd 
Vi 
♦* 
g 

o 
> 

C 



I 

PH 

h 

Im es 



§ 



V 



•* — 



a d 



*Ö Cw 

B| 

Vi S 

o » 



V) ~ 



S M «s 



1 




je eS 



.->• — 

o • a o 

ti — C i-i ^. 

= OJ -H 5? > ^M * U 

— ~Z ■ — j- —i ca 



XI 



t — © a — • 

z = „ a J3 9 a 

- = " COS l 



— c 
60 S 5 

_ X - 

F»9 . «3 



.2 a 



•PM ~ 

!> 90 



♦ *M ij 

Wim 



Vi l-M 




{ 
I 

B 

R 

M>> 

9 

1 
I 



4 

V 

ej 

B 
E 



V 

s 



: 

85 



Digitized by Google 



104 



8 
> 

& es 
O x. Pi 

5 II 

i | 

* es 

*«■ 



o 

m 



a 

i 
© 

9 



TS 

o 

« 

eS 

§ 

a 

s 



0> 

w 

■-—1 

© 



•eS 



a 

ei 

2 



es 



Ih 



0 

fcc »- 

§ c 
—> 

es * 

cv. a 



es -r _ b 



« 



^ es 



3 * 



CS 



1 « « © 



es 
M 
u 

eS 

2 5 

9 ö 

r? ► 
! «eS 



es 
es 



5 

CO 

© 

X 



© 
15 



fig. n *C es 



- 

43 



eS 

S 
.© 



£ .© — 

5 



£ ■ eS 

e 2 a 

c a E 
So* 



i 

ÄS. 



•I 



2 .2, i s « 

=0*5 SU es 



es « 
eS n 



a a »a 
.3 155 * 



a . £ 

Iis 

tu 

<C0 «© 
- - O 

eS c< 

■ 1.1? 

h o 2 

h Z es 



t> o 
5m 



OD 

(V 
h 

c 
o 



a « * 

SSel 



■S 



a 



•57 
a 

1 

2 i % 
1— 1 ■> 






« es £ 



ÄS 



«■2 ß 
»- S es 

ar 



^3 



0) 

> 



>> CO 

« s 

II 



> 60 



3 



*M 

i 

a 

n 

es 

! 



e 



a 

ep 
X 

o 



& : 2 



H 

5© 



Oy 
05 

► 



© 



© (9 



-a-© 

8 £ 



© 



© a 
•0 * 

E 

- -j. " 

M CB 

5j •-< © pH 



© 

■c 

a 

© 

o © 
as > 



3 -e 



© 



5 8 3 ©* 



5 
■1, 
© 

© 

^c 



> 



es ® ©^ 
a. a - 

II?« 



»8 © 



© 



£ £ SbÖ g 



»Cm 
W d cS 



s 5 2 es c 

s so 2 

^ a _© « 



n co 

8 ■ a ä 2 «« & 

©•© , S fi- r ^5 

6C »- *■ 

© © , 

»Ii 



'S s 

Isla 



a © 

© • TS 

? r 
r X 

's gl 



'äs 
S 8 * 

Co 

i fc 

a es © 

^ © 
e o »h 
es 

S 

« B a 



tat 

00 

44 

I 

b S 

a 

© 



■ — 

a 

o 



fcc 
«-'S 



sag 



44 

- 'S c S. 1 a 

= ^ a »j< 
0 »- ö 0 

Ih ©^^ 5 



O 

p 




Digitized by Google 



105 



2 



» +» ts 61 

* fi fl 
r; {*■» K 

■-SSI*""? 

CO Oj P"W I-i 



i 

§ 
1 



2 

■tj 

eS 
3 



ew 
'S 

S 
3 

ao 

I 

U 

CJ 



9 '3 



cj 

3 



m 
ao 

'S «5 



2 



-f) 



rz 5 CS 



•2, ö 
•3.2 ► 

«sS 

HS M 



3 2 
g 3 



5 

JA 

eS 

> 




s 

- 3 



5 
PH 

M 
B 

5 

rH Im 



? g 

H 

00 

es 
i— i 

Ü 



8B > * 

> W 4o 



1 



j 



g « CO «■< 

ao — 
^. P > 

Hl M 



1 tc 
6 S 



O 



u 
© 



Vi 

n ^ 9 



•—I 

o 

IC 

•eS 



9 8 



s 3 



© 

•3 

P 
p— < 



3 3 00 

0 3 1 

, «PN 



w *e es 

W p» 



CJ 

>• 
•5b 

o 

p 



cv. 

e8 
> 

«? 
4 



e 

ej cw eS 



" CJ «2 

IIA 
<~ .© <S 

.5 -ei 

eS A es 

c CJ 

x£'3 



00 

CJ 

JO . 

- 'S* 
Q " 

SS 2 

CJ r; 
2 O 

«es 
9 — 

cS^ 
> O 

W P 



CJ <v. 



0 



ec jj oj 



I 



S 



o 
S 

P * 



7 



eS cj 
Jcj 



CJ 

es 

n 



o 

0 9 



00 60 

3 äp 




slll 



™ cj QO ® 

ST *" - 

= 5 ^ <u 

1115 

- ü 



CJ 



i 

»—4 

I 

■ 

A 



CJ 
In 
♦» 
CD 

ß 

l 

•3 

CJ 
Sh 



CS 

CJ 

— 

u 

09 
•r- 

S 
P 



CJ 

g 

! 
& 

o 

S 

o 

p 



a 

0J 



03 

.13 
> ~ 

a * 
.2 «'• ä 

00 3» 
1—1 « 

* *-* S 
6 g' 5 

«Sit 

CJ fc 

g es 6 

es 0 pg 



Digitized by Google 



106 




s 

1 
a 

o . 

as c C • 
P - t».fl ■ 

W K * 




Ol 



a fc s c ^ > ^ .© w 



Qu m 



& S 
•s x 

s 

s s 



* S g 
| »P 

a 



5 



© £ S 



ÄS» 5 
t» o«S 

H t» ÖD 

® © © 



I 



q 3 > e 

P fl-S 

3) Q0 Ol 

■als«! 




d g g 
• « 07 

«s © 2 

tjcfl ., es -2 

1 2 eT- 2 4 ji 5 

a © o; £ 

"O V m *C 

«« * i > a 

«■ C M r ►* 




© 'S 
S «i 

© es 

* »-sx 

SS 5) 

* 31 

8 cd 

© „r © j= 

Iflfl 



Digitized by Google 



107 



* 

I 

— * 

X 



TS 

4> 



e 



2 

9» 
TS 

■3 

SS 

- 

SS 




O =5 3 ■— 



c 

P g 

K tj > 

1*5 Jj 

"*"**" i* 

|| SS O 

> > > 



c 



? 1 g 
fl "fl 5 

'3?-= *• 



TS 

"9 
2 

sS 
fc 

c 

a 



£ Kx 



u d ** 

si« 



c 
fl 

•—»■•-» - 
fl t> 




Oy 



SPS 

SS — 



b ■ a 



•$»58 
■ 

o ^ 



• S J 
2 £ g 

" g| 

a» C > 

TS . ^ 
SU 



s 



fl 



s 

o 



•fl 

eS 
ei 

M 
*» 

§0 



— ■ 

e 

8 
fl 

M 

5 

•5 fc|fl 

- * tc 
5 2 S 

<a > > > 

£ XX c 



d 

1 

3<< 
es .5 

gj 

Mi 22 



9 % 

p4s- 



Ii O © 
T5 iq 

's" 3 



CD 



es es O 
► > 

MM M 

rlH i" 



0) 



7- 

I 



C 
T3 



■ 



5 "8 



i.V. 



& ■ 

so« 

I >G 
P s - 

OD . 



iL p. I 

n x i-3 



Ii 

09 

ä 

i 



u 

i 

2 



- 



s-S 

ei X 
C 



•gg. 




fr N Tat' 



B 9 HD 

5 5 * * 3 



■ 

c 

o 



■ 



£ 

Im 

i 

e 

o 

fl 



cS . 

"O »fl 

: a> fl 



OD 



5> a> 1 
h ! 



fl e fl 

S E 

9 fl 4i 

Im 4) h 



s 

a 

i 

& £ 

1* 

!•§ 

c 2 

6 

fx d 



fl 



s 

5 

fl 

•s 

fl 

Ö 

••i 

■f. fl 

cv. K 

ö 1! 
0) ^ 



fl 



TS 

_ C 

ja A 
%< 
'Sc 

OSO 
53 



2 fl 
N S 

£ c 



c Ssa 



s 

8 

Si d 
.2 -2 



ja 



fl *5 
o cj fi <] 

- - CS 



tj 

c c 

CO CO fr] 

oo w r 

a> « ® 

J3 ffl ? 

.2.2 o 



e 5 -I 

Ii 5 

ä • .2 

N cp C 
«C fc« 

.2 ffi c 
2 

aj flos 

•2 'S T. 



E i 



fit -4) 

C _ 

♦* kT C — 



Digitized by Google 



108 



s 



S 



E 

B 

.? : 



> 



O 

cv. > 

" Cv 



d 



I 

C 

5 

cv. S 

<3 

S « 

a s 

Sä 

Ä — 
t-l r-< 

2" 

»3 

00 

tv 
h 
U 



o 



•SS 
P 
— 
cl 



ks ä n i-s 




IM 

.0 



► s 

d 

's 68 



■ 
■ 

£ »öS 

Q ap| H CO 

<~ -4) sä C © 

S«? - 'S 

flj P-» 



sä? 

CS 

iE 



1 1« 



'S 



fi 'S 



sS 

te- c 



s 65 

2 5 . 
S "3.2 

i» © 



© > 8 

'Isis 



i 



s 

— 0 

« S 

a 

03- ~ 

5 

13 



2 



o 

1 
P 



• s 

Ii 

B 

Ol - 

'2% 

pg Ö 



•s 

•3 



cv. 
© 

d o 
S 2 

=« 

,3 «-> 

H £ 

® ö 

3 = g 

eu K — Ä p 

c — * S • _a 

fe 33 

e> ai fS 



* 2 
© ^ .— 



© £ 13 ® g _ "-5 



C © C C es 

CS Ä ► es > > 



© 
es 

CO 
CO 

CS • 

i H 

9 X 

2 a 




c« 
•j-j 



Cv CO 

S * u 

o sc S 
■M es 

— — 

« Cö « 



73 2 o o es Ö 

> S 



* PJS SiS 
fe ► B • B » 

U Cv ,° Sv «8 ® 



8, 



O 
CO 

ü 
P 




9 

8 
C 

71 

M 

t- Sb *r 

C * Ä 

« § I : 

S es co 

© CD 

C'f 'S Sv • 

2 *3 'S - .5 

-S ic 3 ä et 



Digitized by Google 



109 



s 

© 

u 

§ 

u 

5 

. -CS 

• h 



I 



^;©> 

eu x 

si 

x s ? 



B 

S 



9 



© h> «3 



-* > 

. 0 0 — i 

•>H B x\5 

* • CS £ 

3 § II 



■- — sä 
B ^ *i 

e R 

Vi M 

— ö 



*r o c 

*© ^ *» 

II 32 

O -Sä 

"Ö d «»'S 



'd 2] S 

> C -SS 

ÄÄÄ 



5" g * 

Htt SS 



eS 
ei 

CCf 

£ 
I 

t 

O 

w 



•0*8 

H»3 




1 M es 'S 3 4 jt 

H"jfgf 



CJ 
P 



- i H §, E S 

es „ 8 d r" H "9 

- - ._ — 



9d 



eS 'J? © ~ 
- S ? 



2 d ^ 



| 

e 



2*5 rf» ~§'© * * 



h 

s 

CO 

u 



3; 



dM 

o 3 . © 

— 'S © S 



(Ii 
.SP 

'3 

u . 

* .g ja 

es 
T3 



B 

c 

OB 

TS 
© 

'S 



© - 



,5 » ► 



" ej 



I 



hl 

OS £ 
co "© 

i| 

7. 



6 ■ K 



!Tj 0+ ^ 

Ji| C eS 

u 

z 



•SP» 

Bgft 
0> o * 

Cw 

1-8 >"9 



I 

I 




« a es ©,2 B o> > d 




hi £ S- CU 

S — S ■ ä 



© £ 



— iS 

Ol 



■ — w - — 



""2 'S ^22 

S Ü.'ö .2 a> 
eo eo a 

oo .© o 



X. 



2 



© u a 

> s a 

Q 



j>9 0 

vi i r 

ÄS 
> £- W S 
a © ** r* 

"-'S • 
.s^<© 

hl ~ x 

^3 d " 41 



g JJ g ü M 



© 



9 S v 
2 CO fe- « 

O u sj , 
«Ig Ii 

i© • 



a> sj so es cu 

■ i— • ■ w jC >l— I .«4 

'S *© »d *© "© 

• ^ ^ « 

ISS'f s 

« o " & § 

-©'S 5; w 75 
• •© — - 

CJ " w <j 

S « s 

' hi 60 © 

eü 



h> 

u z> c w 

o 1 § 9*3 



.2 © - 

«j d 



M W 4 ; N 

£ Ä M h3 



Digitized by Google 



Bei E. Bichteler & Co., Hofbuchhandlung in Berlin, 
sind ferner erschienen und durch alle Buchhandlungen zu 
beziehen : 

lllustrirtes Reise- und Skizzenbuch 

für Schweden 

von 

$ mit 3. gotta*, 

Königl. Dänischem Wirkl. Kammerrath. 

Zweite vollständig umgearbeitete und vermehrte Auflage 
mit 9 Karten und Plänen und 20 Illustrationen. Elegant 

gebunden. Preis 8 Mark. 

Für die Vorzüglichkeit des Buches bürgen die vielen 
von der gesammten Presse erfolgten anerkennenden Ur- 
theile; wir lassen hier nur das des „Magazin für Litera- 
tur des Auslandes" (So. 8 des Jahrgangs 1875) folgen: 

„Das illustrirte Reise- und Skizzenbuch für Schweden 
von E. J. Jonas darf mit zu dem Besten gezählt 
werden, was in Bezug auf Reiseliteratur die letzten 
Jahre gezeitigt haben. Typisch ausserordentlich sorg- 
fältig ausgestattet , bringt es eine Reihe hübscher und 
geschickt ausgewählter Illustrationen und trennt die be- 
schreibende Abtheilung des Skizzenbuches auf eine jeden- 
falls der Einheitlichkeit der Darstellung sehr zweckent- 
sprechende Weise von den materiellen Angaben zum Zweck 
der Bequemlichkeit und Sparsamkeit der Reisenden." 

Ebenso günstige Besprechungen sind eingegangen über 
das in demselben Verlage erschienene: 

Illustrirte 
Reise- nnd Skizzenbuch für Norwegen. 

Von Emil J. Jonas, 

Kttnigl. Dänischem Wirkl. Kammerrath. 

Mit 14 Karten und 32 Illustrationen. Elegant gebunden. 

Preis 8 Mark. 



Digitized by Google 



Verlag von E. Bichteler.Ä Co., Hofbuchhandlung in 
Berlin, Linkstrasse 15: 

SCHWEDEN 

und 

feine tttiDtMimfi tu uolheiDirtljnhaftliitjBr unö geiziger 
§ ejieljmtg tuäijrenü leiten lajjrjeljnts. 

Ein Beitrag zur Statistik 

von 

Emil J. Jona». 

8. Brochirt. Preis : 1 Mark 25 Pf. 



NORWEGEN 

und 

feine ©ntoitolung in DOlhsrairtiifiljaftliiJier geling 
lüQljrenö ies legten Mrjelptk 

Ein Beitrag zur Statistik 

von 

Eiiiii J. Jonas. 

8. Brochirt. Preis : 75 Pf. 



pro 
Heft 
1 Mark. 



In demselben Verlage erscheint allmonatlich: 

Titti Ftutti. 

Humoristische 
Illustrirte Feuilleton-Bibliothek 

Herausgegeben 



12 Hefte 

von 

Siegmey, 10 Mrk j 

Der freimüthige Ton, der humoristische Inhalt, die Beliebtheit 
der Mitarbeiter, die Reichhaltigkeit den Gebotenen, die originellen 
Illustrationen und die geschmak volle Ausstattung dieser Monatsschrift 
haben die Anerkennung der PreBse und die freundlichste Aufnahme 
beim deutschen und ausländischen Publikum gefunden. 



.NW«.* v»-">» 



Digitized by Google 



Verlag von E. Bichteler & Co., Hofbuchhandlung in 
Berlin, Linkstrasse 15: 

Der SeisterseSier* 

Bilder aus Nordland (Norwegen) 

von Jonas Lie. 

Im Ben itorroeairdjen ütofcW, mit ^armort unö $üjp?i)ic 

Mtfeljeit 

von Emil J. Jonas. 

Autorisirte Uebersetzung. — Mit dem Bildniss des Verfassers. 
8. Eleg. gebunden 3,50 Mk. Sauber broeh. 2,50 Mk. 

Mit dieser höchst spannenden Novelle, welche ungemeines Auf- 
sehen machte, und in wenig Zeit in dem ihm zu Gehote stehenden 
kleinen Sprachgebiete, da» nur Dänemark und Norwegen umfasste, 
fünf Auflagen erlebte, eroberte sich Lie mit einem Schlage einen 
ehrenvollen Platz unter den besten Namen der jungen 
norwegischen Literatur, wie überhaupt in ganz Skandinavien. 
Bis heute steht diese Novelle als das Frischeste und Beste unter den 
Erscheinungen der skandinavischen Literatur der Neuzeit unerreicht 
da, und ist Lie durch dieselbe in ganz Skandinavien populair ge- 
worden und mit vollem Rechte. 

Sich selbst im Wege. 

Ein Stimmungsbild 

von 

Maximilian Bern, 

Verlasser von : „Auf s c h w ankern Gr r u n d e" . 
6 Bogen Octav. Eleganteste Ausstattung. 
In Pergament-Umschlag. Preis: 1 Mark 50 Pf. 

Maximilian Bern hat sich mit seiner ersten Erzählung „Auf 
schwankem Grundo", welche die gesammte Presse veranlasst hat, 
den jungen Autor in den Vordergrund der zeitgenössischen 
Novellisten zu stellen, einen so geachteten Namen errungen, dass 
jede neue Dichtung von ihm beim Publikum wie bei der Kritik 
dem lebhaftesten Tnteresse begegnet. 

Die soeben erscheinende Novelle „Sich selbst im Wege", die 
zum Theil in Theater kreisen spielt, ist mit so viel poetischem und 
geistigem Gehalt erfüllt, so reich an sinnigen Natur- und Stimmungs- 
bildern, so farbenprächtig im Colorit und dabei so originell in der 
Erfindung und der streng logischen Entwicklung, dass sie nicht nur 
alle zerstreuungssüchtigen Leser ungemein fesseln, son- 
dern auch vornehmere Geister sehr ansprechen dürfte, die für die 
Tiefe eines Problems, sowie für die feine psychologische 
Detailmalerei Sinn und Verständniss haben. 



Digitized by Google 



AIb Unterhaltungslectüre , zur Reise und für die 
Bäder bestens empfohlen : 

Touristen-Fahrten. 

Reisebilder 

von It. Ii # Stab. 

(Berlin, Denicke's Verlag [Georg Hemke].) 

Paul Lindau sagt über dies Buch in der „Gegen- 
wart" u. A. : 

„Diese Reiseskizzen sind durchaus anspruchslos, sie 
wollen dem Leser nichts Neues lehren, sie wollen ihm 
nur sagen: „so habe ich, ein fahrender Zeitungsschreiber, 
die Sachen gesehen, und vielleicht macht es Euch Ver- 
gnügen, meinem Geplauder zuzuhören. Kennt Ihr die 
Dinge nicht, von denen ich spreche, so wird's Euch viel- 
leicht intcressiren , darüber etwas von einem Menschsen 
zu hören, der sieh schmeicheln darf, einiges Talent 
zum Reisen zu besitzen ; und kennt Ihr sie, so werden 
Euch die Erinnerungen, die ich wachrufe, Freude be- 
reiten." — Die Darstellung ist gewandt, ungekünstelt 
und lebendig; es ist nicht eintönige Schilderung und 
Beschreibung; durch den Dialog, den unser Ver- 
gnügungsziigler häufig anwendet, durch Rede und 
Gegenrede kommt Bewegung und Lebendigkeit hinein. 
Es ist ein liebenswürdiges, munteres Buch." 
G 1 a s b r e n n e r's „Montags-Zeitung" schreibt : 
„Wir empfehlen das Werk mit aller Wärme und 
rathen sogar dem gebildeten deutschen Publikum, 
es sich zu kaufen!" 

Die „N a tional -Zeitung" schreibt: 
„Ein vielbeschäftiger Journalist, der mit seinen 
Mussestunden ökonomisch haushalten niuss, beherzigt 
Stab das carpe dient des Horaz und giebt diesen Rath 
allen, die, wie er, nur eine kurze Spanne Zeit erübrigen 
können und diese zu einer Erholungsreise benutzen 
wollen." 

Die „Düsseldorfer Volksztg." bemerkt: 
„R. L. Stab hat es vortrefflich verstanden, seinen 
Skizzen ein anregendes, originelles Gepräge zu ver- 
leihen." 

In ähnlicher Weise sprechen sich sämmtliche darüber 
erschienenen Kritiken aus. 



Digitized by Google 



3$.($J1 aS»^Ji clWj: s&ßJi <i/<jdr» ii^äji 




IT" -,, 

1 

Ii 

i 




Von 

Gr. Stöckelt 

Könne. Bornholm. 

werden Prospecte u. Stereoskopbilder von 
Bornholms Felsenparthien empfohlen. 








( 



Terracotta. 

Die Terracottafabrik von 

Ed. Fr. Sonne 

Storegade 1030 

Rönne. Bornholm. 

empfiehlt antique Vasen und 

Schalen. Stej 






Digitized by Google 



$1). Spefltnfl 1 » pjofoörap^ifcfje» Atelier 



Lille Tord 




Könne. 



Boriiholm. 

empfiehlt Prospecte von den Felsenpartien Bornholnis. 



Hotel Bornholm 



am Rönne-Hafen belegen, wird den geehrten 
Reisenden empfohlen. 

N. P. K o fo e d. 

Es werden mehrere Sprachen gesprochen. 



Richard Funck 

Storegade. Könne. 
Bornholm. 

Vermiethung von Wagen. Die feinsten und 
elegantesten Chaisen, sowohl geschlossene wie 
offene Landauer und Char-a-bancs zur Be- 
nutzung der geehrten Reisenden. 



Digitized by Google 





Bornholm 

Store Toni. Rönne. 
1/ ^Jttdh /rnnft-, Rapier- unh pu(lfta«en- 

Eine außergewöhnlich grosse Auswahl Born- -t< 
C' holmscher Prospeete in verschiedenen Grössen, 
nebst Stereoskopbildern zu billigen Preisen eni- 
f$ pfohlen. Reisebücher, Karten sowie geschichtliche <£jf 
P Beschreibungen der Insel sind immer vorräthig. 




Fabrik 

von 

• TL Sommer 

Rönne. Bornholni. 

eniptiehlt alles zum Fache Gehörende. 




U. PÄte'ache Huchdruckcrd (.Otto lluuthalj iu Naumburg »/S. 



Digitized by Google 






. \ 



■ ' i 

Digitized by Gock 



Digitized by Google 



I 



Digitized by Google 



Digitized by Google